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Full text of "Johann Samuel Traugott Gehler's Physikalisches wörterbunch"

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1 


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Johann  Samuel  Traugott  Gehler's 

Physikalisches 

«  » 

Wörterbuch 


neu  bearbeitet 


toll 


Brandes.    Gmelin«    Hörnen    Muncke«    PfalT« 


Fünfter  Band 

Zweite    Abtheilung» 
.1    und    K.« 


>lit    Kupfettafel»    XlV  bis  XXX. 


L  e  i  p  z  i^g, 

bei      E«      B;      S  c  h  w  i  c  k  e  r  t. 
1  8  S  0. 


S^^.xs 


I 


Physikalisches    Wörterbuch 

V.    B  a  n  d. 

Zweite    Abt  h'e  i  I  u  ii  g. 
I  und  K. 


Artikel     Krystall 


Herrn    Professor    HesseJ. 


ii 


Jahn 

Aanus;  an,  annee;  year.  Die  Zeit,  in  welcher  aia 
Sonne  zu  einer  gleichen  Stellung  am  Himmel  zurückkehrt,,  nach 
deren  Verlauf  daher  gleiche  Erscheinungen  der  Tageslänge ,  der, 
Kalte  und  Wärme ,  des  Pßanzenwuchses  u.  a.  w.  eintreten»  Die 
genaue  Bestimmung  der  Dauer  eines  Jahres  besteht  darin  ^  da[s 
man  die  Zeit  einer  Rotation  der  Erde  mit  der  Dauer  eines  Um- 
lau£s  der  Erde  um  die  Sonne  vergleicht,  und  so  die  Anzahl  der 
Tage  bestimmt ,  die  ein  Jahr  ausmacht.  Hierzu  boten  sich  dem 
mit  wenigen  Hülfsmittelo  ausgerüsteten  Beobachter  theils  die 
Beobachtungen  der  Aufgänge  und  Untergänge  der  Sterne,  theils 
die  Beobachtungen  des  höchsten  und  niedrigsten  Standes  der 
Sonne  am  längsten  und  kürzesten  Tage ,  als  Bestimmungsmitlel, 
dar.  Schon  die  ältesten  Völker  bemerkten  nämlich,  dals  nach 
einem  Zeiträume  von  365  Tagen  die  Stellung  der  Sterne  gegen 
die  Sonne  sich  ebenso  wieder  zeige,  dafs  zum  Beispiel  ^in  Stern, 
welcher  vor  365  Tagen  Abends  gleich  nach  Sonnenuntergang  am 
Östlichen  Himmel  aufgegangen  war ,  sich  auch  heute  wieder  in 
eben  der  Stellung  zeige.  Diese  Beobachtung,  die  in  einem 
einzigen  Jahre  keine  hinreichend  genaue  Bestimmung  der  Länge* 
des  Jahres  geben  würde,  kann,  mehrere  Jahre  durch  fortgesetzt, 
wenigstens  sehr  nahet  richtige  upd  für  das  hürgerliche  Leben 
zoreichende  Resultat?  geben.,  und  es  ist  von  den  Aegyptiem  be-« 
kannt,  dafs  sie  durch  die  Achtsamkeit  auf  den  heliakischen  Auf« 
gang  (Frühaufgan^g)  des  Sirius  erkannten,  dafs  das  Jahr  sehr 
nahe  365i  Tage  umfasse.  Die  Solstitien  gaben  eine  wegen 
des  Vorrückens  der  Nachtgleichf  n  noch  passendere  Bestimmung 
der  Länge  des  Jahres.  Man  beobachtete  nämlich  den  Tag ,  wo 
der  Schatten  eines  Gnomons  um  Mittag  kürzer,  als  an  den  vor- 
hergehenden und  folgenden  Tagen,  war,  und  die  Wiederkehr 
V.  Bd.  Uu 


664  Ja  hl-. 

dieser  Erscheinung  gab  den  Zeitraum  zwischen  den  beiden  läng- 
sten Tagen ,  die  Dauer  des  Jahres  an.  Aber  da  um  den  läng- 
sten Tag  die  Mittagsliöhe  der  Sonne  sich  wenig  ändert,  so  war 
diese  Beobachtung  nicht  gut  genau  auszuführen,  und  deswegen 
zog  schon  HiPFAKCHUS  die  Beobachtung  der  Aequinoctien  vor ; 
er  stellte  nämlich  einen  grofsen  Ring  in  die  Ebne  des  Aequators 
und  bemerkte  den  Zeitpunct ,  da  der  Schatten^  der  vorderen 
Hälfte  genau  die  hintere  Hälfte  bedeckte.  .  Diese  Beobachtung 
würde ^  so  weit  die  Gröfse  und  richtige  Aufstellung  des  Instru-^ 
mentes  es  erlaubte,  ganz  vollkommen  den  Zweck  erfüllen ,  wenn 
nicht  die  Strahlenbrechung  eine  Ungleichheit  in  dem  täglichen 
scheinbaren  Wege  der^Sonne  hervorbrächte.  Wenn  man  indefs 
solche  Beobachtungen,  viele  Jahre  durch  oder  in  sehr  weit 
«US  einander  liegenden  Jahren  angestellt,  benutzt,  so  kann  man 
'  die  wahre  Län<)e  des  Jahres  sehr  wohl  daraus  bestimmen.  Un- 
sers  jetzigen  Instrumente  und  Methoden  zur  Bestimmung  des 
Ortes  dtr  Sonne  geben  uns  Mittel,  die  Zeit  der  Nachtgkiche 
genauer  zu  erhalten ;  aber  wenn  wir  uAsere  jetzigen  Beobach- 
tungen mit  jenen  sehr  alten  vergleichen,  so  giebt  die  lange 
Reihe  der  seit  dem  verflossenen  Jahre  einen  höchst  genauen 
Werth  der  Länge  des  Jahres.  Hii'PARCH  beobjichtete  zum  Bei- 
spiel  eine  Nachtgleiche,  die^  nach  unserer  Zeitrechnung  am 
24»  März  des  Julian ischen  Kalenders  146  Jahre  vor  Christi  Ge- 
bnrt  in  Alexandrien  1  Stunde  vor  Mittag,  also  2  Stunden  51' 
i&'  vor  dem  Pariser  Mittage  eintrat;  da  nun  Cassivi  1880 
Jahre  später  im  Jahre  1735  am  10.  Märe  des  Julianischen  Ka- 
lenders 2  Uhr  20'  40"  Morgens  als  Zeitpunct  einer  beobachte- 
ten Nabhtgleiche  angiebt ,  so  waren  1880  Julianische  Jahre  we- 
niger 14  Tagen  6  St.  48'  4"  (24.  März  9^  8'  44"  —  10.  Mära 
2^  20'  40''),  .oder,  da  ein  Julianisches  Jahr  365^  Tage  enthält, 
686655  Tage  17  St.  1 J'  56"  für  1880  wahre  Jahre  verflossen; 
ein  Jahr^  der  Zeitraum  zwischen  zwei  Nachtgleichen,  beträgt 
elso  hiernach  ^  365  Tage  5  Stunden  49  Min.  3|  See. ,  und 
dieses  ist  nur  um  wenige  Secunden  von  der  durch  neuere  Be- 
stimmungen gefundenen  Dauer  des  Jahres  verschieden ,  welche 
,.         Lalandb    ===  365  Tage  5^  48^  48". 

vosr  Zach  =  365    —    5    48  50,875.    - 
PiAzzi       =1  365     —    5   48  50,27. 


1  loBLBis  Handbnch  der  Chronologie.  !•  34* 


Jahr.  605 

Dsi^AXBHKy  inreichem  C^auvi  folgt  ^)t 

^  365  Tage  5'  48"  51,3936.  . 
LiTTiiowr=  365  —  5  48  50,832. 
alft  das  genaue  Mittel  zwischen  den  beiden  letzteh  Bestimmungen 
annimmt.  Hiernach  kann  man  also  365  Tage  5  Standen  48^ 
51''  als  sehr  genau  der  Wahrheit  entsprechend  anse)\en ,  wenn 
gleich  eine  Unsicherheit  Ton  wenigstens  0)5  Secunden  dabei 
übrig  bleibt. 

Die  bisher  aufgesuchte  Länge  des  zwischen  zwei  Nacht- 
gleichen verfliefsenden  Jahres  ist  für  die  menschliclie  Gesell- 
schaft am  wichtigsten,  da  die  Rückkehr  der  Sonne  zur  Frühlings- 
Nachfgleiche  und  die  an  eben  so  groisen  Zeiträumen  statt  fin-- 
dende  Bückkehr  der  längsten  Tage,  der  kürzesten  Tage  u.  s.  w« 
das)enige  ist,  worauf  es  bei  der  Beobachtung  der  Jahreszeiten 
und  bei  der  Anordnung  unserer,  in  nothwendiger  Beziehung  zu 
den  Jahreszeiten  stehenden,  Geschäfte  am  meisten  ankämmt. 
Aber  die  Beobachtung  zeigt ,  dafs  die  Zeiten ,  in  welchen  die 
Sonne  zu  einerlei  SteUung  gegen  die  Sterne  zurückkehrt,  nicht 
ganz  einerlei  mit  dem  Zeiträume  zwischen  zwei  Frühlings- 
Nachtgleichen ^ ist;  ferner  dafs  nicht  jeder  einzelne  Zeitraum 
cwischen  zwe;  auf  einander  folgenden  Frühlings -Nachtgleichen 
vollkommen  genau  gleich  grofs  ist. 

Die  letztere  Bemerkung  fuhrt  uns  zu  üer  Ueberzeugnng, 
dats  wir  die  mittlere  Länge  des  Jahres  von  der ,  hiervon  bald 
im  Mehr  bald  im  Minder  etwas  abweichenden,  Länge  eines  ein- 
zelnen Jahres  unterscheideo  müssen ,  und  dafs  die  vorigen  Be- 
trachtungen uns  das  mittlere  Jahr  kennen  lehnen ,  statt  dafs  %ine 
Berechnung  der  auf  die  Bewegung  der  Erde  einwirkenden  Stö- 
inngen  der  Planeten  und  des  Mondes  erforderlich  ist,  "um  die 
Länge  jedes  einzelnen  Jahres  genau  anzugeben.  Die  erste  Be- 
merkung dagegen  führt  uns  zu  dem  Unterschiede  des  tropi- 
schen und  des  siderischen  Jahres. 

Das  mittlere  tropische  Jahr  Qanrrue  solaris  tropicus)  ist 
die  Lange  des  vor  bin  bestinunten  Zeitraums  zwischen  zwei 
Frühlings  -  Nachtgleichen,  zwischen  zwei  Herbst  -  Nachtglei- 
cheo ,  zwischen  zwei  längsten  Tagen,  zwischen  zwei  kürzf^ten 
Tagen  u.  u  w»,  aber  da  der  Nachtgleichenpunct  unter  den  Ster« 


_*)  Esposisiotte  di  nn  nnoro  netodo  dt  costruire  le  tsTole  a«troa 
applicato  alle  tarole  del  Sole  di  F.  Cabliiti.    MiUno  1810. 

Uu  2 


666  Jahn 

nen  fortrückt,  und  die  Fixsterne  ihk'e  Lfing^  jäfi/lich  um  50'',1 
vermehren,  so  ist 'das'  siderische  Jahr  (annus  sidericus')^  das 
ist,  die  Zeit  eines  ganzen  scheinbaren  Umlaufs  der  Sonne 
um  den  Himmel,  •  bis  sie  wieder  zu  demselben  Fixsterne 
gelangt,  um  so  viel  langer,  als  das  tropische  Jahr,  als  die 
Sonne   gebraucht,,  um  durch  50'^l  fortzurücken.     Diese  Zeit 

50",! 

=    r~' \    .ii^  •  mult.  mit  der  Dauer  des  tropischen  Jahres 

359*>  59'  9  ,9  ^' 

ist  =  20'  19",96;  und  das  siderische  J^r  ist  also  =  365  Tage 

6  Stunden  9'  ir',35  S  wenn  man  DBLAMBRE^sBestimmung  an- 

•   nimmt,  oder  365  Tage  6  Stunden  9'  11"  als  »ehr  nahe  richtige 

Angabe. 

Da  die  elliptische  Bahn  der  Erde  nicht  genau  eine  unver- 
änderte Lage  im  Welträume  behält ,  sondern  die  Hauptaxe  der 
Ellipse,  die  Apsidenlinie,  ihre  Lage  gegen  die  Sterne  jährlieh 
tim  11  ",8  verändert,  so  ist.  diejenige  21ert,  welche  die  Sonne 
gebraucht ,  um  zu  einer  gleichen  Stelle  ihrer  elliptischen  Bahn 
zurückzukehren ,  oder  eben  die  Anomalie  wieder  zu  erreichen^ 
noch  um  5'  12''  Zeit  gr^öfser^  und  so  viel  länger  ist  also  das 
hjiomalistlsche  Jahr^  (denn  so  nennt  man  die  «wischen  glei- 
chen Anomalien  verfliefsende  Zeit)  als  das  sideristhe  Jahr,  oder 
25'  32"  gröfser,  al^  das  tropische  Jahr. 

Ehe  ich  die  Bemühungen,     unser  bürgerliches  JiOir   dem  ^ 
wahren  tropischen  Jahre  entsprechend  s^u  machen,  erzähle ,  mufs 
ich  noch  die  zweite  Art  von  Jahren  anführen,     nach  welcher 
mehrere  Völker  gerechnet  haben ,  nämlich  die  Mondenjcüine, 

Die  schon  sehr  früh  gemachte  Bemerkung,  dafs  nach  zwölf 
Mondwechseln  die  Sonne  ziemlich  zu  denselben  Sternen  und 
zu  denselben  Stellungen  gegen  den  Aequator  zurückgekehrt  sey, 
gab  die  Veranlassung ,  diese  Zeit  ein  Mondenjahr  zu  nennen« 
Da  die  mittlere  Dauer  eines  synodischen  Monats,  nämlich  von 
ein^m  Neumonde  bis  zum  andern ,  29  Tage  12  Stunden  44'  3^' 
ist,  so  beträgt  das  mittFere  Mondenjahr  354  Tage  8  Stunden 
48^  36"»  Aber  die  Abweichung  dieses  Jahres  vom  Sonnenjahre, 
welche  11  Tage  beträgt,  macht,  wenn  nicht  die  Jahreszeiten 
alle  Monate  des  Jahres  durchlaufen  sollen,  eine  Einschaltung 
nöthig.     Diese  Einschaltung  besteht  darin ,  dafs  man  einzelnen 


1  Nach  Laplacb  z=  S65  Tage  6  StiUiden  ^  ir,5a4.    Expos,  da 
tjit  dii  monde  p.  116, 


Jahr.  667 

Jahren )  di«  alftjanii  Schaltjahre  (anni  bissextileä)  heifseiif 
entweder  einen  Tag  (dies  ißtercalaris)  oder  einen  ganzen 
Monat  QwnensU  intercalaris)  mehr  als  den  übrigen^  die  gemeine 
Jahre  Qtirmi  communes)  heifsen,  beilegt. 

Die  Anordnung  der  bürgerlichen  Jahre  (armi  ciuihs) 
1>ei  den  yerschiedenen  Völkern  gründet  sich  entweder  auf  das 
Sonnenjahr  oder  anf  das  Mondenjahr,  und  bei  den  meisten  Völ- 
kern wird  selbst  das  Mondenjahr  durch  Einschaltungen  an  das 
Sonnenjahr  angeknüpft;  nur  die  Türken  haben  ein  reines  Mon-. 
denjahr,  dessen  Anfang  durch  alle  Jahreszeiten  durchrückt.         •« 

Die  KenntniiSy  dab  das  Sonnenjahr  36S(  Tage  umfaCit,  , 
besaCsen  schon  die  Aegyptier«  Da  sie  aber  durch  Festtage  und 
heilige  Gebräuche  an  die  Zahl  der  365  Tage  gebunden  w^^rt, 
so  behielten  sie  ein  unveränderliches  Jahr  von  365  Tagen  ohne 
Einschaltung  bei  \  und  vier  ihrer  Jahre  waren  tim  einen  Tagrsa 
kurz,  so  dafs  nach  365|  •  4  =  1461  Jahren  erst  der  Anfang 
des  Jahres  wieder  in  die  genaue  Jahreszeit,  auf  den  Tag  des 
Soniien Jahres  (so  fem  man  hier  365i  ak  dessen  genaue  Länge 
annimmt)  zurückkam^  wo  er  allezeit  zu  Anfang  dieses  Zeit- 
raumes gewesen  war.  ~  Diese  Periode  ist  die  HiindssternsperiodB 
{^annui  magnus  s«  caaiQularis)  ^  und'weiln  man  anniqimt,  daGs 
beim  Anfange  oder  bei  Einführung  dieser  Zeitrechnung  der 
Frühaufgang  des  Sirius  mit  dem  Anfange  des  Jahres  zusammen 
traf  y  so  trat  eben  dieses  Zusammentreficn  erst  im  1461.  Jahre 
dieser  Zeitrechnung  wieder  ein.  Nach  Censorit^us  traf  im 
Jahre  139  unserer  Zeitrechnung  der  Anfang  des  Aegyptischen 
Jahres  mit  dem  Friihaufgange  des  Sirius^  zusammen ,  und  1322 
Jahre  Tor  Christo  scheint  also  dieses  unveränderliche ,  aber  in 
Beziehung  auf  die  Erscheinungen«  'der  Sonne  und  der  Jahreszei- 
ten bewegliche  Jahi^  eingeführt  zu  seyn. 

Da  es  hier  nicht  der  Ort  ist,  die  Jahre  der  verschiedenen 
Völker y  deren  Kenntnifs  nur  in  Beziehung  auf  die  Geschichte 
-wichtig  ist,  anzugeben,  sa  gehe  ich  sogleich  zu  den  Einschal-« 
tnngsarten  über,  die  bestimmt  waren ,  äas  bürgerliche  Jahr  mit 
dem  wahren  Sonnenjahre  in  Uebereinstimmung  zu  bringen. 


1  iDELca  I.  126.  Ich  werde  mich  Hier  immer  svr  auf  Idelers 
trrfBiches  Bach  beziehen ,  nod  darf  dieses  um  so  mehr,  da  er  wirklich 
808  den  Quellen  geschöpft,  und,  wo  es  nÖthig  ist,  diese  wörtlich  ange- 
führt bat;  die  minder  wiclitigen  dtcllen  sind  wenigslens  vollständig  an- 
gezeigt. 


668  Jahr. 

Das  Jahr  der  R^mer  <rar  in  den  ältesten  Zeiten  seht  ab— 
weichend  von  dem  nnsrigen;  dafs  es  zehn  Monate  hatte,  darf 
man  liach  Idslik's  MeinuTig  nicht  in  Zweifel  ziehen ,  aber 
diese  Monate  waren  vermuthlich  *  nicht  nach  dem  LIlufe  des 
Moikies  geordnet,  sondern  (wie  PlütakcU  dngiebt)  nngleich 
lang  isind  also  entweder  nach  andern  Erscheinungen  am  Himmel 
Cetwa  den  Aufgängen  und  Untergängen  der  Sterne),  oder  nach 
den  Beschäftigungen ,  die  jede  Jahreszeit  forderte,  eingetheilt; 
und  so  konnte  dennocK  ihr  zehnmonatliches  Jahr  so  genau,  als 
ein  ungebildetes  Volk  es  fordert,  sich  an  das  Sonnenjahr  an- 
8<Sk-}iefsen.  Diese  uralte  Anordnung  des  Kalenders  soll  schon 
Ni^llA  abgeschafft  und  ein  Mondenjahr  eingefiihn  haben,  wel- 
ches' jedoch  schon  von  ihm  oder  von  spätem  Verbesserem  des 
Bömischen  Kalenders  mit  dem  Sonnenjahre  durch  einen  Schalt- 
DibiUit  in  Verbindung  gesetzt  wurde.  Da  nämlich  das  Monden- 
jahrum  H  Tage  kürzer  als  das  Sonnenjahr  ist,  so  würden  die 
Tage  des  Kalenders,  welche  jetzt  mit  irgend  einer  Stellung  der 
Sonne  zusammen  treffen,  im  nächsten  Jahre  11  Tage,  im  zwei- 
teu  Jahre  22  Tage  und  so  ferner,  früher,  als  eben  die  Stellung 
der  Sonne  eintreffen.  Um  dieser  Ungleichheit  auszuweichen, 
schalten  die  Völker,  die  sich  gern,  ganz  an  den  Mondlauf  ar»- 
schli^lsen  wollen,  zu  angemessenen  Zeiten  einen  Monat  von 
29  oder  30  Tagen,  einen  ganzen  Mondenmonat  ein;  die  Rö- 
mer hingegen  haben  alle  zwei  Jahre  einen  Schaltmonat  von  22 
oder  23  Tagen  zu  Hülfe  genommen.  Nach  den  Angaben  der 
•Iten  Schriftsteller  ^  war  es  Regel ,  diese  Einschaltung  $o  statt 
finden  zulassen,  dafs  der  Februar  in  diesen  Schaltjahren  nur 
23  Tage  hatte,  und  dann  der  mensis  intercalaris  folgte,  wel-  ^ 
eher  27  oder  28  Tage  erhielt.  Ioelsh  bemerkt,  dafs  diese  Ein- 
schaltung, nach  einigen  Aeufserungen  der  alten  Schriftsteller 
zu  urtheilen ,  wohl  manchen  Unregelmafsigkeiten  unterworfen  / 
seyn  mochte ;  sie  hat  aber  für  uns  eine  Merkwürdigkeit ,  weil 
noch  jetzt  unser  Schalttag  nach  dem  23*  Februar  eingeschoben 
wird  ,  und  seit  CAE8AJi*b  Zeiten  im  Schaltjahre  der  24.  Februar 
als  Schalttag  angesehen  wird. 

Obgleich    aber  durch  diese  Anordnung   der  gleichmäfsige 
Fortgang  d^  Jahre  und  ihr  Zusammenstimmen  mit  dem  Laufe 


1  JOBtSR  II.  39. 

t    Die  loBLE»  U.  57*  anführL 


Jahr.  660 

in  Sonne  gesichert  schien ,  so  haben  doch  die  Willkörlicbkei- 
teo,  die  man  sich,  gewisser  Feste  und  anderer  Rücksichten  haU 
Wr,  erlaubte,'  die  gröüsten  Unordnungen  hervorgebracht^,  so 
dals  kurz  vor  Cabsah's  Zeit  die  Kalenderfeste,  die  sich  auf  die 
Emdte  bezogen,  nicht  im  Sommer,  und  die  sich  auf  die  Wein-* 
kse  bezogen,  nicht  im  Herbste  gefeiert ^ wurden  ^.  Julius 
Cabsaü  fand  daher  nöthig,  die  Schahjahre  bequemer  zu  ordnen, 
imd  ihm  verdanken  wir  die  im  JulLanischen  Kalender  angenom- 
mene Anordnung  der  Schaltjahre.  Um  zuerst  die  bis  zu  seines 
Zeit  entstandene  Abweichung  des  Kalenders  von  denjenigen 
Zeitpnncten  der  Jahreszeiten ,  mit  welchen  gewisse  Tage  über- 
einstimnren  soUten,  zu  corrigiren,  fand  er  nÖthig,  dem 'Jahre 
708  nach  Erbauung  Roms ,  oder  46  vor  unserer  Zeitrechnung, 
obgleich  es  schon  einen  Schaltmonat  am  Ende  des  Februars  ge- 
habt hatte,  noch  zwei  Schaltmonate  von  67  Tagen  zuzulegen, 
so  dafs  dieses  Jahr  445  Tage  erhielt.  Der  Anfang  des  Jannars 
war  nämlich,  nach  Ioeleh^s  Bestimmung,  am  13*  October  des 
rück^rärts  fortgerechneten  Julianischen  Kalenders,  und  das  Jahr 
würde  also,  des  regulären  Schaltmonates  ungeachtet,  sich  mit 
dem  25.  Julian.  October  geschlossen  haben  >  aber  die  zwischen 
November  und  December  eingeschalteten  67  Tage  brachten 
den  1.  Januar  an  den  Ort,  wohin  er  gehörte.  Der  Anfang  des 
Jahres  sollte,  wie  sich  aus  der  Berechnung  zeigt,,  wenn  gleich 
die  Schriftsteller  darüber  schweigen,  nicht  allein  um  die  Zeit 
des  kürzesten  Tages,  wie  ehemals,  fallen,  sondern  zugleich  auch 
mit  dem  Neumonde  zusammen  treffen;  da  die  Rechnung  näm- 
lich den  Neumond  gerade  als  auf  den  so  angeordneten  1.  Januar 
709  nach  Erbauung  Roms  fallend  ergiebt ,  so  kann  man  daraus 
am  besten  Caesak^s  Absicht  und  den  Grund,  warum  er  nicht 
den  kürzesten  Tag  selbst  zum  Anfangstage  des  Jahres  machte, 
errathen. 

Die  Länge  des  Jahres  ward  jetzt  für  drei  hinter  einander 
folgende  Jahre  auf  365  Tage  gesetzt,  das  t^ierte  Jahr,  als  Schalt» 
iahr,  erhielt  einen  Tag  mehr,  und  nach  Caesah^s  Anordnung 
sollte  hiermit  unausgesetzt  durch  jeden  Zeitraum  von  4  Jahren 
fortgefahren  werden.  Dem  Schalttage  gab  Gaesah  die  Stelle, 
welche  ehemals  der  Schaltnionat  euinahm ,    nämlich  zwischen 


1  Ideles  II.  99« 

2  SnetoD«  Caes.  cap.  40L 


670  Jahr. 

dem7ten  und  6ten  antä  Caiendaa* Mariias i  und  dies.er  Tag 
wurde  als  bissextus  ante  Calend€u  Martias  angegeben,  dem  der 
ueptimus  (xnte  Calendas  voranging ;  so  entstand  der  Name  iÜäg 
bUsextilU  und  annus  bissextilis,  der  nach  Idvler's  Bemerkung 
unrömisch  ist ,  und  erst  später  statt  dies  bisstxtus ,  annua  6m- 
eexlus.  vorkommt.  Diese  Stelle  des  Schalttages  behielt  Caesa& 
darum  bei ,  weil  er  überhaupt  die  Festtage ,  so  weit  es  nur  mög- 
lich war,  in  ihrer  Ordnung  lassen  wollte^  und  daher  den  Schalt- 
tag zwischen  dieienigen  Tage  setzte,  wo  das  Volk. ohnehin 
scl^on  eine  Einschaltung  gewohnt  war«  Auch  di.e  Zahl  der  Tage, 
welche  er  jedem  Monate  in  dem  von  da  an  verlängerten  Jahre 
beilegte ,  stand  mit  ähnlichen  Rücksichten  in  Verbindung. 

Die  so  von  Julius  Gaesaa  angeordnete,  von  ihm  theils 
nach  eignem  Studium,  theils  auf  des  Sosioknes  Rath  gewählte 
Einschaltungsmethode  macht  das  Wesentliche  des  Julianischen 
Kalenders  aus,  dessen  man  sich  bei  chronologischen  Ver- 
gleichungen ,  wegen  der  Einfachheit  der  Einschaltungen ,  gern 
selbst  auch  fiir  die  Zeitpuncte  bedient ,  die  seiner  Einfuhrung 
vorausgehen. 

DilB  kurze  Verwirrung,  die  nach  CAESAK^s^Tode  noch  ein-- 
mal  einrifs  ,  weil  die  Priester  nicht  begriffen  hatten ,  dafs  vier 
Viertel  eines  Tages  erforderlich  wären ,  um  einen  ganzen  Tag 
einzuschalten ,  sondern  schon  am  Anfange  jedes  vierten  Jahres, 
das  ist  am  Ende  des  dritten  Jahres,  den  Schalttag  einrückten^ 
ward  von  AuOustus  bald  bemerkt  und  gehoben,  so  dafs  seit 
dem  Jahre  757  Roms  (3  nach  Christi  Geburt)  die  Anwendung 
des  Julianischen  l^enders  keine  Störung  litt. 

Diese  Julianische  Einsphaltungsmethocje  würde  das  bür* 
gerliche  Jahr  mit  dem  Sonnenjahre  beständig  einstimmig  erhal- 
^  ten,  wenn  das  tropische  Sonnen  jähr  365  Tage  6  Stunden  hielte  ; 
aber  daran  fehlen  H  Min.  10  See,  welche  in  129  Jahren  fast 
genau  einen  Tag  ausmachen.  Im  Julianischen  Kalender  wurde 
also  in  129  Jahren  ein  Tag  zu  viel  eingeschaltet,  und  es  ent>* 
femte  sich  daher  das  bürgerliche  Jahr  zwar  langsam ,  aber  doch 
je  mehr  und  mehr,  von  den  Erscheinungen,  mit  welchen  ge« 
wisse  Tage  ehemals  zusammengetroffen  waren.  -  Man  wurde 
hierauf  im  fünfzehnten  Jahrhundert  aufmerksam,  und  Pbtads  . 
DE  ALLiACOund  NicoLAüS  CusAVUS  wünschteu  eine  Verbesse« 
rung  des  Kalenders.  Sixtüs  IV.  wollte  eine  solche  Verbesse-* 
rang  durch  den  Astronomen  Regiomovtakus  veranstalten  lassen, 


J  a  li  r.  671 

Atmen  Tod  ab«r  die  Ansfuhrnng  hindeite.  Erst  unter  dem. 
Piibete  GAEBoa  XIII.  kam  die  Verbesseriing  su  Stande,  wobei 
des  A1.018IUS  Ltlius  Vorschläge  zum  Grunde  gelegt  wurden« 

Die  Bulle  yom  24*  Februar  1581  bestimmte  die  neue  An- 
ordnung des  Kalenders ,'  die  durch  eine  Schrift  der  vom  Pabste 
niedergesetzten  Gommission :  Canon$$  in  GaUndOrium  Grega* 
rianum perpetuum,  und  durch  eine  Schrift  des,  mit  zur  ^Com« 
Biisftion  gehörenden,  Clatius:  Romani  Calendarii  a  Gab* 
eoKio  XIII.  pont.  jnax.  resiituti  explicatio-,  erläutert  wurde. 
Der  Zweck  dieser  Verbesserung ,  die  den  Namen  dk%  Gr$goria» 
nischen  KalenderB  erhalten  hat,  war  ein  doppelter,  erstlich  für 
jenen  Zeitpunct  Mti  Tag  der  Frühlings  -  Nachtgleiohe  auf  den 
21.  März 'zurückzuführen  und  dem  Osterfeste  (wovon  im  Art« 
Kalender  die  Rede  seyn  wird  )  seinen  richtigen  Platz  anzuwei- 
sen, zweitens .  aber  künftigen  ähnlichen  Abweichungen  durch 
eine  neue  Einschaltungsmethode  vorzubeugen.  Um  den  ersten 
Zweck,  so  weit  er  hier  betrachtet  werden  kann,  zu  erreichen, 
sollten  im  October  des  Jahres  1582  zehn  Tage  weggelassen  und 
sogleich  nach  dem  4ten  Oft.  der  l^te  Oct.  gezählt  werden ;  um 
den  zweiten  zu  erreichen,  sollten  in  vier  Jahrhunderten  3  Schalt- 
tage ausgelassen  'Verden.  Da  nämlich  das  wahre  Sonnenjahr 
fast  genau  fordert,  dafs  in  129  Jahren  ein  Schalttag  ausfalle, 
oder  dafs  in  387  Jahren  3  Schalttage  ausfallen ,  so  wird  diesem 
genauen  Werthe  des  Sonneojahrs  auf  die  bequemste  und  von 
der  strengen  Richtigkeit  wenig  abweichende  Weise  Genüge  ge« 
leistet,  wenn  man  unter  den  Secularjahren ,  mit  welchen  sich 
ein  Jahrhundert  schliefst,  und  welche  nach  der  Julianischen 
Begel  sämmtlich  Schaltjahre  seyn  sollten,  Mir  jedes  vierte,  näm- ' 
lieh  1600,  2000,  2400  und  so  ferner  StJialtjakre  seyn  läfst, 
den  übrigen  aber  (nämlich den  Jahren  1700,  1800»  1900,  2100y 
2200,  2300  u.  s.  w.)  keinen  Schalttag  zulegt.  Dieses  ist  die 
wichtige  Anordnung,  wodurch  der  Gregorianische  Kalender 
sogleich  von  Anfang  um  10  Tage  vom  Julianischen  abwich, 
und  sich  in  der  Folge  noch  weiter  von  ihm  entfernte.  Vermöge 
jener  im  October  1S82  weggelassenen  zehii  Tage  traf  nämlich 
der  Julianische  5«  October  mit  dem  Gregorianischen  15.  Octo- 
ber, der  Julianisohe  1.  Januar  1583  mit  dem  Gregorianischen 
11.  Januar  zusammen.  So  blieb  es  bis  zum  Jahre  1700 ;  da  aber 
der  Julianische  Kalender  im  Februar  1700  einen  Schalttag  hatte, 
welcher  im  Gregorianischen  Kalender  fehlt,  so  war  von  da  an  der 


672  '  Jahr. 

Jaüanisdie  Erste  jedes  Monats  mit  dem  (kegorianischen  Zwölf* 
ten  einerlei  ,  bis  zufu  Februar  1800  9  seit  welcher  Zeit  aus  glei^ 
chem  Grunde  der  erste  Tag  jedes  Monats  im  Julianischen  Ka^ 
I«nder  mit  dem  dreizehnten  Tage  jedes  Monats  im  Gregoriani-> 
sdien  Kalender  zusammentrifft.  *  . 

Diese  Einschaltung  würde  völlig  genau  seyn,  wenn  das 
Sonnenjahr  363  Tage  5  Stunden  49'  iT  enthielte ;  da  es  aber 
ungefähr  22  Secjinden  kürzer  ist,  oder  nach  Lalakue  24  Se-» 
cunrden ,  so  beträgt  die  Abweichung  in  3600  bis  3900  Jahren 
einen  Tag ,  der  in  36  bis  39  Jahrhunderten  zu  viel  eingeschaltet 
wird. 

Wollte  man  blofs  nach  mathematischen  Regeln ,  ohne  auf 
die  Bequemlichkeit  ftlr  das  bürgerliche  Leben  zu  sehen ,  eine 
.  Einschaltung  erfinden ,  so  müfste  man  den  Ueberschöfs  des  Sod-* 
nenjahrs  über  365  Tage  durch  einen  continuirlichen  Bruch  aus- 
drücken und  die  Näherungswerthe  desselben  aufsuchen.  Jener 
üeberschufs  betragt  nach  Lalawdb  5  St.  48'  48"  =  20928"^ 
und  da  1  Tag  =:  86400'^  ist ,  so  erhält  man  jenen  Bruch  = 

20928        109  t 


ÖÖ400        450        4  + 


7  + 


3  + 


Die  Näherungswerthe  sind :  ^,  das  heifst  man  mufs  jährlich 
i  Tag  oder  in  4  Jahren  einen  Tag  einschalten;  -3^,  das  heifst 
e^  müssen  in  29  Jahren  nur  7  Tage  eingeschaltet  werden ,  der 
Schalttag  des  28sten  Jahres  mufs  allemal  bis  zum  29sten  Jahre 
ausgesetzt  werden ;  al|er  do  wie  ein  Schalttag  in  4  Jahren  etwas 
zuviel  beträgt,  so  betragen-^  Schalttage  in  29  Jahren  etwas  zu 
wenig,  und  man  erhält  als  dritten  Nähern ngswerth  7V9  ^a&  ist 
in  33  Jahren  sollen  nur  8  Tage  eingeschaltet,  •  nicht  das  32ste 
Jahr  soll  zum  achten  Schaltjahre  erwählt  werden ,  sondern  das 
33ste  Jahr;  der  vierte  Näherungswerth  ist  yVir»  das. heifst  in 
.128  Jahren  sollten  nur  31  Schaltjahre  seyn,  statt  dafs  die  Julia- 
hische  Regel  32  Schalttage  giebt;  der  fünfte  Näherungswerth 
'At  fordert  39  Schalttage  in  161  Jahren,  und  so  ferner. 

Als  eine  Anwendung  einer  Einschaltungsmethode ,  die  ge- 
nauer als  die  Gregorianische  sey,  giebt  Gatte aer  die  von  dem 
Sultan  Dschelal  -  roDiir  Melek  -^  Scrah  eingeßihrte  an.  Er 
und  seine  Astronomen,   unter  welchen  Omar  Alcheijam  ge- 


J  ah  r.  §73 

mont  wird ,  fanden  nikniich ,  dafs  man  nicht  alle  4  lahr«  einen 
Tig  einschalten  dürfe,  sondern  dkts  die  Einschatfnng  zuweilen 
mi  <Us  fan/te  Jahr  hinübertreten  müsse.  Es  scheint  daher  4i* 
EiBricbfang  statt  gefundeif  zu  haben,  dafs  die  Jahre  4,  8,  12, 
16,  20,  24,  28,  33,  37,  41,  45,  49,  53,  57,  62  Schaltjahre 
waren,  wobei  in  3487  Jahren  um  einen  Tag  gefehlt  würde,  statt 
dafs  die  Gregorianische  Anordnung'erst  in  3600  Jahren  um  einen 
Tag  fehlt.  Diese  neue  Jahrrechnung  nahm  mit  demjenigen  Jahr» 
den  Anfang,  wo  die  Sonne  ziemlich  genau  bei  ihrem  Aufgange 
in  den  Widder  eintrat,  nämlich  1079  am  15«  März  des  Juliani-^ 
sehen  Kalenders ,  uild  der  Eintritt  in  den  Widder  sollte  immer 
auf  den  Anfang  des  Jahres  fallen.  Ein  solches  Jahr  hätte,  w^nnr 
fortwährend  die  Anordnung  beobachtet  worden  wäre,  den  Vor- 
tag, dafs  auch  in  den  Zwischenjahren  der  Jahresanfang  nie 
von  dem  richtigen  Phncte  ab\Yiche,  welches  im  Gregorianischen 
Kalender  allerdings  der  Fall  ist,  aber  die  minder  bequeme  Be« 
Technung  der  Schaltjahre  macht  eine  solche  Einschaltungsme- 
tbodedoch  zum  bürgerlichen  Gebrauche  weniger  angemessen« 
Nach  der  Absicht  der  Urheber  dieser  Jahresordnung  sollten,  wie 
Ibeler  erzählt,  sogar  die  einzelnen  Monate  sich  strenge  an  den 
Lanf  der  Sonne  binden  ^ ,  es  sollte  nämlich  der  erste  eines  Mo- 
nats derjenige  Tag  seyn ,  wo  die  Sonne  in  ein  neues  Zeichen 
eintrat,  und  die  Länge  jedes  Monats  also  durch  astronomische' 
Berechnung  bestimmt  werden;  aber  diese  Anordnung  scheint 
nicht  zur  Ausführung  gekommen  zu  seyn^  Dagegen  versichert 
MoNTUCLA  ^,  der  vorzüglich  aus  Leo E.vriL^s  Nachrichten  ge- 
schöpft hat,  dafs  bei  den  Indiern  solche  Monate  von  einer  unbe- 
stimmten ,  allemal  erst  astronomisch  zu  berechnenden  ,  Anzahl 
Tage  statt  fanden.  Ihre  Monate  bestanden ,  wie  er  angiebt ,  aus 
Tagen  und  Thcilen  von  Tagen ,  welche  nach  dem  Zeitpuncte, 
da  die  Sonne  den  dreifsigsten  Grad  des  Zeichens  vollendet,  be- 
stimmt werden.  Die  Rücksicht  auf  diesen  genauen  Anfang  der 
Monate  sey  ihnen  darum  wichtig ,  weil  es  viel  darauf  ankomme, 
die  Stunde  zp.  kennen ,  wo  ein  gliickllöher  oder  unglücklicher 
Tag  sich  endiget  oder  anfängt. 

Alles  bisher  Angeführte  betraf  das  Schaltjahr,  welches  mit 
dem  bürgerlichen  Sonnenjahre  verbunden  werden  mufS|  lun  die- 


1  IftELBE  II.  526. 

2  lliat.  d.  Math.  I.  434. 


074  Jabr. 

ses  mit  dem  Himmel  in  Uebereinitimmaiig  zo  Erhalten»     iy»9 
Mondenjahr  führt  zu  andern  Einschaltungen.  ' 

Wenn  das  M ondenj^hr  ds  reines  Mondenjahr  in  Gebrauch 
ist,  wie  bei  den  Arabe/n  und  Türken,  so  ist  von  irgend  eii^er 
Einschaltung  gar  nicht  die  Rede.  Der  Mon^  fängt  an ,  wenn 
der  Neumond  zuerst  gesehen  wird ,  und  zwölf  solche  Monate 
heifsen  ein  Jahr ,  ohne  dafs  man  sich  um  das  Znsammentrefi^n 
mit  gewissen  Stellungen  der  Sonne  bekümmert.  Idelcr  macht 
die  sehr  wahre  Bemerkung  ^ ,  dals  bei  Völkern  in  heifsen  Ge- 
genden ,  welche  meistens  Nachts  mehr  als  am  Tage  thätig  sind, 
und  durch  keinen  sehr  auffallenden  Wechsel  der  Jahreszeiten  an 
das  Sonnenjahr  erinnert  werden,  2umal  wenn  sie  als  Nomaden 
.keinen  Landbau  treibea^  ein  solches^  blofs  vom  Mpnde  abhän* 
giges,  Jahr  sich  gar  wohl  bilden^konnte ,  und  dafs  dieses  wohl 
4er  Grund  ist,  warum  wir  es  eindg  bei  den  herumziehenden 
Arabern  finden,  vou  denen  Mobaiuued  es  annahm  und  mit 
seinen  religiösen  Festen  in  Verbindung  setzte*  Die  jetzige  Zeit- 
rechnung der  Mohammedaner  rechnet  diese  Jahre  voti  Moham-* 
»lEn's  Flucht  an,  jedoch  so,  dafs  nicht  der  Tag  dieser  Flucht 
den  Anfang  des  Jahres  macht,  sondern  der  1.  Moharrem,  ob-^ 
gleich  er  68  Tage  vorher  fiel,  als  Anfang  des  Jahres  angenom-» 
men  ward ,  den  man  auf  den  15.  oder  16«  Juli  des  Jahres  622 
fallend  findet  2*    ^ 

Jene/ Monatsbestimmung ,  die  vom  Wahrnehmen  des  Neu- 
monds abhängt,  kann  bei  regelmäfsigen  Angaben  nicht  gebraucht 
werden,  weshalb  Alferoasi  und  Ulugh-Bcigh  die  Monate 
abwechselnd  zu  29  und  30  Tageu  anrechnen«  Aber  ein  solches 
Alondenjahr  von  354  Tagen  ist  gegen  das  wahre  Mondenjahr  8 
Stunden  48^  zu  kurz,  es  müssen  daher  in  30  Jahren  1 1  Tage  ein- 
geschaltet werden,  und  dieses  geschieht  in  den  Jahren  2,  5)  7, 
10,  13,  16,  18,  21,  24,  26,  29  des  30 jährigen Cyklus,  näm- 
lich in  den  Jahren,  wo  der  Ueberachufs  mehr  als  12  Stunden  be- 
trägt. Hiernach  lassen  sich  die  Tafeln  für  die  Anfangstage  des 
Türkischen  Jahres  beurtheilen ,  wie  zum  Beispiel  Littruw  sie 
mittheilt  K     Dals  der  Nöujahrstag  dieses  Kalenders  in  etwa  33 


1  iDBLBa  II.  28, 

2  Idblee  giebt  an,  warnm  jeder  dieser  beiden  Tage   als  Anfang 
diefe«  Jahres  kÖone  angesehen  werden.  II.  486» 

S    Calendariographie.  S.  149» 


Jahr.  675 

lahm  aSe  Jahreszeiten  durch  wandert,  ISfst  sich  leicht  über* 
sebeo. 

Eine  ganz  andere  Einschaltung  ist  nötUg,  .wenn  man  das 
Mbndenjahr  immer  in  naher  Uebereinstimmong  mit  dem  Wahren 
Sonnenjahre  erhalten  will.  Dann  wird ,  weil  dss  Mondenjahr 
um  11  Tage  zu  kurz  ist,  die  öftere  Einschaltung  eines  ganten 
Mooats  n((thig.  Schon  die  Griechen ,  die  filiher  sich  nach  des 
Wahrnehmnng  des  wieder  erscheinenden  Neumondes  richtete», 
fiiUten  das  Bedürinif s ,  eine  Reihe  von  Sonnenjahren  aufzufin* 
den,  in  denen  eine  Reihe  ganz  vollendeter  Mondmonate  enthaltea 
waren,  und  sie  fingen  deshalb  an,  a^uerst  ein  Jahr  i^ms  andre, 
s^er  nach  anderen  ungenügenden  Regeln  dem  aus  zwölf  Monden- 
monaten  bestehenden  J^re  noch  einen  Schaltmonat  beizufügen* 
Erst  MzTOV  und  EuKTZMOir  machten  die  selbst  in  unserm  Ka- 
leader  noch  berücksichtigte  Bemerkung ,  dafs  I9  Sonnenjahre 
fcdnahe  6940  Tage  enthalten ,  und  daüs  damit  die  Zeit  von  235 
synodischen  Mond -Umläufen  sehr  genau  übereinstimme,  dafs- 
dso  in  19  Jahren  im  Ganzen  7  Schaltmonate  Platz  finden  müb- 
tm.  Die  Anordnung  der  dem  zu  Folge  bestimmten  Monate 
wich  von  der  früheren  auch  darin  ab ,  dafs  nicht  mehr  die  Mo- 
nate von  29  und  Ton>  30  Tagen  geradezu  wechselten ,  sondern  ^ 
unter  den  235  Monaten  nur  110  dreilsigtägige  waren.'  Wahr*- 
scbeinlich  machte  Metov  das  dritte,  fünfte,  achte,  eilfte,  drei-v 
zehnte ,  sechzehnte  und  neunzehnte  Jahr  zu  Schaltjahren  ^ ,  gab 
aber  dem  Schaltmonate  nicht  immer  30  Tage,  sondern  bestimmte 
seine  Länge  sowohl,  als  die  Abwechselung  der  30tägigen  und 
29tägigen  Monate  so,  wie  es  der  Uebereinstimmung  mit  dem 
Himmel  am  gemäfsesten  schien^« 

Unter  den  Völkern,  die  jetzt  noch  ein  mit  dem  Sonnenjahre 
in  Terbindang  stehendes  Mondenjahr  anwenden,  sind  die  Juden 
uns  am  nächsten.  Schon  seit  sehr  alter  Zeit  haben  sie  nach  Mon-- 
denjahren  gerechnet,  aber  durch  Einschaltung  eines  ganzen  Mo- 
nates setzten  sie  in  der  altern  Zeit  den  Anfang  ihres  Jahres,  der 
damals  auf  den  Anfang  des  jetzt  Nisan  genannten  Monats  fiel, 
immer  in  die  Zeit  der  anfangenden  Eindte  y  so  dals  die  Noth- 


1  loZLEB  I.  SSU 

2  Ja  Hinsicbt  aaf  genauere  Bestimmangen  glaube  ich  auf  iDKLcm 
▼enreiscn  zn  dürfen,  da  eine  Anleitung  aar  Kenotnits  de«  athenieosi- 
tdien  Kalenders  nicht  hierher  'gehört. 


076  .Jahreszeiten. 

«rendigkeft,  «inonMcftaat  einzuschalteDy  vielleicht  nach  dernocH 
nicht  weit  genug  vorgerückten  Reife  der  Gerste  hestimmt  wurde. 
In  'der  epfttern.  Zeit  ward  eine  bestimmtere  Regel  der  Einechal— 
tungen  eingefiihrt  und  der  Anfang  des  Jahres  sechs  Monate  spä— 
tejr»  .nämlich  mit  dem.  Anfange  des  Monats  TUchri  ^meiste^9  ia^ 
September)  angenompiep.  JQ^r  Schahifaoqat  wird  aber  nicht  am 
Ende  des  Jahres ,  sondetn  gegen  das  ehemalige  Ende  desselben, 
welches' sich  mit  dem  Mopate  Adar  schlofs,  jeingeschaltet ,.  doch, 
bemerkt  Id«i.br,  dab  nicht  der  im  Schaltjahre  auf  den  Monat 
Mcar  folgende  Feadar  tis  Schaltmonat  anzusehen  sey ,  sonderia 
vielmehr  jener  erste  AUar.  Die  Monate  haben  theils  SOytheils 
29  Tage ,  und  zwar  £ndet  dieses  in  den  regelmäfsigen  Gemein-» 
Jahren  so  statt,  dafs  30  nnd  29  Tage- abwechselnd  vorkommen^ 
ia  den  regeUnäfsigfjn,  Schaltjahren  kommt  ein  SOtägiger  Schalt«  ' 
Bfionat  hinzu;  aber  um  die  me$glichste  Uebereinstimmung  mit 
liem  Monde  zu  erhalten,  bekommt  suweilen  der  Monat  Mar^ 
thMvan  (der  zweite  des  Jahres)  30  Tage,  wodurch  das  Jahr  eia 
überzähliges  wird,  und  zuweilen  wird  dem  KUUp  ein  Ts^g. ge- 
nommen ,  wodurch  es  ein  mangelitaftes  wird.  Das  regeknäf^^ 
Gemeinjahr  hat  354,  das  iiberi^ählige  355,  das  Mangelhafte  3ä3 
Tage.  Ip  jedem  Cyklus  von  19  Jahren  sind  die  Jahre  .3}  6«  % 
11»  14,  17)  19  Schaltjahre,  und  man  findet  ^e  Schaltjahrei 
v^enn  man.  die  jüdische  Jahrzahi,  die  sie  von  Erschaffung  der 
Welt  an  gerechnet  annehmen,  mit  19  dividir^,  wo  pämlich 
diejenigen  Jahre  Schaltjahre  sind,^  welche  die  eben  erwähnten 
Keste  lassen.  Die  Regeln ,  nach  welchen  die  luigleiche  Länge 
der  Gemeinjahre  bestimmt  wird ,  giebt  Idslkr  vollständig  an^ 
da  sie  aber  nicht  eigentlich  auf  astronomischen  Gründen  beni- 
^  hen ,  so  %ty  es  mix  erlaubt,  sie  liier  zu  übergehen^*  J?; 

Jahreszeiten. 

Quatuor  tempora anni ;Ie8  Saisons;  the seasons. 

Jahreszeiten  heifsen  diejenigen  Abtheilungen  des  Jahres,  welche 
durch  die  ungleiche  Tageslange ,  durch  die  Verschiedenheit  von 
Wärme  und  Kälte ,  durch  bestimmte  Ungleichheit  der  Witte- 
rung, durch  das  Ausbrechen  der  Blätter  oder  ihr  Abfallen  und 


1    IoBi.ma  T.  548.    BeaoATio:   <or  fierechoang  aad  Getchichte  daa 
Jttduchen  Kalenders.    Berlin  1817. 


Jahrejseiten.  677 

ikith  aimlidbo  UmstSnde  bettknmt  werden*  Wir  pflegen  vier 
Uveszeiten.aDXttiiehmeny  deren  Aofang  iiiidEnd#  eich  aus  dem 
Stande  der  Sonne  aetrononaiech  bestimmen  lasten ,  nnd  von  die-- 
leo  werde  ich  zuerst  handeln,  dann  aber  die  Ungleichbeiteni  wel« 
cbe  in  verschiedenen  Gegenden  der  Erde  statt  finden ,  angeben. 
Der  Wechsel  der  Jahreszeiten  hängt  von  der«  ungleichen 
BähB  ab ,  welche  dje  Sonne  über  dem  Horizonte  desselben  Or«- 
tes  in  den  verschiedenen  Theilen  des  Jahres  erreicht«  Fiele  die 
Ebee  des  Aeqnators  der  Erde  mit  der  Ebne  ^er  Erdbahn  zusammen} 
so  wurde  an  einem  bestimmten  Orte  der  Erde  die  Sonne  immer 
eben  gleichen  täglichen  Lauf  am  Himmel  haben,  und  die  Abwech- 
sdnog  von  Sommer  und  Winter  fiele  dann  weg»  Aber  die  schein- 
bare Bahn  der  Sonne  am  Himmel  ist  gegen  den  Aequator  ge- 
neigt, die  Sonne  befindet  sich  daher  bald  nördlich,  bald  südlich 
Von  demselben ,  erscheint  den  Bewohnern  der  nördlichen  Hälfte 
der  Erde  höher  ül^r  dem  Horizonte  und  giebt  ihnen  einen  län«; 
geren  Tag,,  wenn  sie  nördlich  v(An  Aequator  steht.  Hiervon 
bogt  theils  die  Ungleichheit  der  Jshresze^en  an  demselben  Orte, 
theib  die  entgegengesetzte  Beschaffenheit  der  Jahreszeiten  aufdeis 
beiden  durch  den  Aequator  der  Erde  getrennten  HaIb)KUgeIn  ak 
Wenn  die  Sonne  sich  nach  ihrer  AnkunCt  im  Nachtgleichenpuncte 
des  Widders  nördlich  vom  Aequator  entfernt,  so  tritt  fiir  die 
nördliche  Hälfte  der  Erde  eine  gröfsere  Mittagshöhe  der  Sonne 
and  ein  längerer  Tag  ein ,  und  dieses  Höhersteigen ,  so  wie  die 
Znnahme  der  Tageslänge  dauert  fort,  bis  die  Sonne  beim  Ein* 
trifte  in  den  Krebs  ihre  grölste  Entfernung  vom  Aequalor  erreicht 
hat;  dann  nehmen  auf  der  nördlichen  Halbkugel  die  Tage  wie« 
der  ab  und  die  Tageslänge  ist  der  Länge  der  Nacht  gleich,  wena 
die  Sonne  in  der  Waage  den  Aequator  wieder  erreicht*  So  ent- 
steht der  Frühling ,  während  die  Sonne  vom  Aequator  bis  zn  ih* 
ler  höchsten  Stellung,  der  Sommer,  während  sie  von  dieser  bis 
com  Aequator  fortrückt^  der  Herbst  dauert  von  diesem  Zeitpuncte 
btt  zur  tiefsten  Stellung  der  Sonne  und  der  Winter  endlich  vom 
tiefsten  Stancjpuncte  der  Sonne ,  bis  sie  höher  steigend  den  Ae- 
quator wieder  erreicht  Oafs  unterdefs  die  südliche  Halbkugel 
kürzere  Tage  gehabt  hat,  während  die  Tage  auf  der  nör41ichea 
Halbkugel  am  längsten  sind,  erhellet  leicht ;  denn  da  die  nördlich 
vom  Aequator  stehenden  Gestirne  in  den  Gegenden  der  südli-* 
«ben  Halbkugel  einen  niedrigen  Bogen  am  Himmel  durchlaufen 
mid  nicht  so  lange,  als  die  Sterne  im  Aequator,  über  dem  Ho« 


678  Jähre«2eiteiu 

riconte  verweSen,  so  ist  dieses  auch  mä  der  Sbime  der.Falli 
i^enn  sie  nördlich  vom  Aequator  steht;  es  Dinnint  daher  die  Mit- 
tagshöhe .der  Sonne  anf  der  südlichen  Halbkugel  ab^  wenn  sie, 
hei  uns  zunimmt ,  die  Tage  sind  dort  am  kürzesten ,  wenn  sie 
^bei  uns  am  längsten  sind,  nnd  die  Jahreszeiten  geben  dort  ge- 
.rade  die  entgegengesetzten  Erscheinungen  von  denen,  welche 
^r  zu  eben  der  2^it  bei  uns  beobachten. '  Wenn  wir  also  bei 
•dem  J^tritte  der  Sonne  in  den  Nachtgleichenpunct  des  Widdeis 
sagen,  die  Sonne  sey  in  der  Frühlingsnachtgleiche,  so  beziehen 
wir  dieses  auf  die  nördliche  HalbkugeL 

Um  zu  übersehen  ,  wie  diese  Ungleichheit  bei  der  wahren 
-Bewegung  der  Erde  um  die  Sonne  hervorgebracht  wird,  dacf 
-man  sich  nur  erinnern ,  dafs  die  Axe  der  Erde  bei  dem  Umlaufe 
nm  die  Sonne  immerfort  eine  parallele  gegen  die  Ebne  derErd« 
bahn  geneigte  Lage  behält.  Ist  nun  die  Erde  an  der  Seite  der 
-Sonne,  wo  sich  unser  Nordpolarstern  beJindet,  gegen  welchen 
hin  der  nördliche  Theil  derErdaxe  gerichtet  ist,  so  ist  der  Nord- 
|>oi  der  Erde  von  der  Sonne  weggewendet,  und  wird  nicht  voa 
der  Sonne  beschienen.  Der  Nordpol  selbst  und  die  ihm  nahe 
liegenden  Gegenden  kommen  um  diese  Zeit,  obgleich  die  Erde 
sich  um  ihre  Axe  dreht,  dennoch  nie  über  dieLichrgrenze,  wo 
die  Beleuchtung  der  Erde  von  der  Sonne  sich  endigt,  hinaus, 
nnd  haben  daher  längere  Zeit  Nacht ;  die  über  23i  Gr.  w^eit  vom 
Pole  entfernten  Gegenden  der  nördUchen  Halbkugel  treten  zwar, 
l>ei  der  Umdrehung  der  Erde ,  auf  die  Seite ,  welche  Lacht  voa 
der  Sonne  empfängt ,  aber  da  der  gröfsere  Theil  der  nördlicheo 
Halbkugel  in  der  Nachtseite  liegt,  so  verweilen  jene  nicht  lange 
in  dem  Räume ,  welcher  dann  Licht  von  der  Sonne  empfängt, 
die  Tage  sind  daher  auf  der  nördlichen  Halbkugel  kurz  und  vor- 
süglicli  kurz  in  der  Nähe  der  nördlichen  kalten  Zone.  Dieses 
ist  der  Fall,  wenn  die  Sonne  uns  in  den  südlidisten  Gestirnen 
der  Ekliptik  erscheint,  weil  nämlicli  dann  die  Erde,  von  der 
Sonne  aus  gesehen ,  sich  in  den  nördliclisten  Gestirnen  oder  an 
der  Seite,  wo  der  Nordpolarstern  steht,  befindet.  Gelangt  die 
Erde  in  die  Stellung ,  wo  sie  den  Sonnenbewohnem  90  Grade 
vom  Nordpolarsterne  und  eben  so  weit  von  den  Sternen  steht,  die 
nnserm  Südpole  entsprechen ,  so  befindet  sieh  die  Sonne  in  der 
Ebne  des  Erdäquators  und  erscheint  auf  beiden  Erd polen  im  Ho* 
risonte;  die  erhellet e  Hälfte  der  Erde  umfalst  dann^den  hadben 
Aeqnator  nnd  jeden  ParoUelkreis  halb,  daher  verweilt,   bei  der 


labresee^iten.  670 

&olt6oo  iet  Erde  in  24  Standen  >eder  Ort  eben  lo  lange  in  der 
T^ite,  als  in  der  Nachtseite,  und  es  ist  auf  der  ganzen  Erde 
Tag  und  Nacht  gleich  lang.  Je  weiter  die  Erde  auf  die  Seite  der 
Sonne  hinübergeht,  die  dem  Nordpolarsteme  gegenüber  liegt, 
desto  tiefer  tritt  der  Südpol  der  Erde  in.  ihre  Nachtseite  und  de- 
sto mehr  entfernt  sich  der  l^ordpol  der  Erde  von  der  Nacht- 
grense,  tiefer  in  die*  erhellete  Hälfte  eintretend;,  die  Sonne 
steigt  daher  über  dem  Homonte  des  Nordpoles  hQher ,  die  ihm 
nahe  liegenden  Gegenden  haben  fortwährend  Tag,  und  da,  je 
mehr  der  Nordpol  deSiErde  sich,  von  der  Nachtgrense  entfernt, 
desto  mehr  Gegenden  in  den  erhellten  Raum ,  welcher  wahrend 
der  UrndTdinng*  stets  erleuchtet  bleibt,  gelangen,  so  nimmt 
die  Gegend ,  in  welcher  die  Sonne  nicht  mehr  untergeht,  von 
Tage  zn  Tage  ku,  bis  die  Erde  den  Punct  ihrer  Bahn  ge*- 
tadt  dem  Nordpolarsterne  *)  gegenüber  erreicht  hat ,  wo  dann 
;  die  Nachtgrenze  allmälig  wieder  anfängt ,  sich  dem  Nordpole 
[der  Erde  za  nühern.  Dafs  unterdefs  der  Tag  an  jedem  Orte 
[der  nt$rdlichen  Halbkugel  länger  als  die  Nacht  ist,  und  dals 
diejenigen  Orte,  die  dem  Pole  ziemlich  nahe  liegen,  nur  auf 
Imxe  Zeit  in  die  Nachtseite  eintreten,  also  kürzere  Nächte  lu^ 
1)en ,.  als  die  dem  Aeqoator  näheren  Orte  ,  lälst  sich  leicht 
ubmehen* 

Diese  Bestimmungen  ergeben  die  Dauer  der  astronomischen 
Jahreszeiten;  die  meteorologischen  Jahreszeiten  sind  zwar  an 
diese  geknüpft,  aber  doch  manchen  Ungleichheiten  theils  in 
den  einzelnen  Jahren ,  theils  an  verschiedenen  Orten  unterwor- 
fen« Was  den  regelmäfsigen  Gang  der  Witterung  in  der  nörd- 
lichen gemäfsigteq  Zone  betrifft,  so  tritt  der  Frühling,  so 
fem  wir  darunter  das  Grünwerden  der  Bäume,  das  dauernde 
Fortwähren  angenehmer  Witterung  verstehen,  bei  uns  erst  ziem- 
lich lange  nach  der  Frühlingsnaciitgleiche  und  in  den  nördlichen 
Gegenden  noch  später  ein.  Um  nur  etwas  von  dieser  Verschie- 
denheit mitzutheilen ,  setze  ich  hierher  die  Angabe  der  mittlem 
Wärme  jedes  Monats  für  Petersburg ,  Mannheim  •  und  Rom, 
I  worin  sich  die  ungleichen  Wechsel  der  Temperatur  in  südli- 
chem und  nördlichem  Gegenden  übersehen  lassen» 


*)  Statt  Nordpolarstern  müfite   ee  eigentlich  Nordpol  heifteff; 
ich  ^ehalte  indef«,  nm  Yerstandlicher  an  sejua,  jenen  Aüsdmck  bei. 
V.  Bd.  X  X 


680  Jahresa&eiteii. 


' 

Rom.                   Mannheim. .     Peterabor^. 

Janaar 

6,6' R.    :    i    .+  0,7"R.   .    -*•  8,6'B. 

Febraar 

6,8    ....        2/)    :    .    •#•  7,6 

Mfin 

8,6    ...    .       3,9    .    .     •*-5,5 

ApriL 

11,1    ....       8,5    .    .    +  1,2 

Mai 

14,4    .    .    .    .      12,5    ...     5,7 

Juni 

17,6    ...    .      15,2    .    .       11,5 

JuU 

19,6    .    :     4-    ,        iß,1     '     '          14,1 

August 

19,7 16,0    .    ,       13,3 

September  17,5    .    .    ...      13,2    .    :          8,6 

October 

13,6    ...    .       8,1    .    .         2,-9 

Novembei^ 

,   9,7    ...    .       3,1    .    .     -i-  23. 

December 

74    .    .    •    .       03    .    »    -^  5,9 

Die  gröfste  Kälte  ist  überall  b«Jd  nach  dem  Anfange  dea  JaHref, 
die  gröfste  Warme  zwischen  dem  20«  Jali  andjS.  August,  ndd  «w«r 
in  den  nördlichen  Gegenden  am  frühesten ;  die  mittlere  Temperatür 
des  ganzen  Jahres  tritt  ein  nm  den  20^  April  und  um  den  -20.  Octo« 
her.  Aber  obgleich  dieser  Gang  der  Warme  ziemlich  für  die  ganzen 
.gemäfsigten  Zonen  gilt,  so  ist  er  doch  nach  der  Lag«  der  Ojrte 
•in  der  Mitte  des  festen  Landes  oder  am  Meere ,  auf  Bergen  oder 
in  der  Ebne  und  nach  andern  Umständen  sehr  Verschieden.,  . 

In  der  kalten  Zone  ist  die  Zunahme  und  Abnahme  der 
Wärme  zwar  der  in  der  gemäfsigten  Zone  ähnlich,  aber  der 
.Uebergang  von  einem  heftigen  und  mehr  gleichförmig  kalten  Win- 
ter zur  Sommerwärme  erfolgt  plötzlicher  und  auch  im  Herbste 
sinkt  bei  Abnahme  der  Tageslänge  die  Wärme  Schneller,  als  in 
den  nördlichen  Theilen  unsrer  gemäfsigten  Zone. 

Auf  die  heibe  Zone  ist  unsere  £inlheilun<;  der  Jahreszeiten 
gar  nicht  wohl  anzuwenden.  Die  Tageslänge,  die  auf  dem  Ae-> 
quator  selbst  immer  der  Nacht  gleich  bleibt,  ändert  sich  auch 
in  den  wenig  vom  Aequator  entfernten  Gegenden  nur  unbedeu- 
tend. Die  Aenderungen  der  Wärme  sind  ebenfalls  viel  gerin- 
ger als  bei  uns;  die  Bäume  stehen  niemals  längere  Zeit  entlaubt, 
sondern  erhalten  schon  neue  Blätter,  während  die  alten  Blätter 
sich  entfärben  und  abfallen,  Bliithen  und  Bl-üchte  aber  sieht  man 
zu  jeder  Jahreszeit  an  den  Bäumen  ^.  Was  man  in  jenen  Ge- 
genden Winter  nennt,  ist  die  Regenzeit,  und  das  ganze  Jahr 
theilt  sich  dort  in  zwei  Jahreszeiten ,  die  trockne  Jahreszeit  and 


1    Yollmert  Gemälde  der  TropenISnder«  8.  216. 


Inflammabilien*  ^1 

ia^  Begensait.  -Diese  tritt  indefi  nidit  dam»  ein,  wann  d^ 
SoQDe  aicfa  am  weitesten  vom  Zenitli  entfernty  tondern^  obgleich 
«(?  TOD  Örtlichen  Umstanden  abhängt ,  meistens,  dann ,  wenn^ia 
^nqe  das  Zenitfa  des  Ortes  erreicht«  Nach  voir  Huxsqldt's 
£naUung  ist  in  den  tropischen  Gegenden  nördlich  vomAequAr 
Joi  vom  December  bis  Febniai:  der  Himmel  vollkommen  heij^r 
und  der  Ostnordostwind  ununterbrochen«  Gegen  Anfang  dasMär^ 
xeigen  sichSpuicen  von  Feuchtigkeit  in  der  Luft,  es  treten  Windr 
ftillen  ein,  und  im  April  fängt  die  Regenzeit  an«  Diese ^Z^ei^ 
der  Regen  und  Stürme  tritt  sehr  nahe  dann  ein,  wenn  die  Sonna 
4as'2enith  des  O^es  erreicht,  und  v.  Humboldt  suc^t.di^Ur- 
^chen  nachzuweisen,  die  diese  Aenderung  der  Witstervng  bef 
wirken  K  Dab  mit  dieser  Angabe  die  Regenzeit  im  i&itüen^ 
Africa,  nördlich  vom  Aequator,  und  in  Arabien ,  die  Zeit  daf 
Nil-Ueberschwemmungen,  die  Regenzeit  in  Bengalen.  Ts^sam-? 
iiieotii£ft|  lälst  sieb  aiu  Reisebeschreibungen  leicht  nacbv^en« 

I  n  f  1  a  m  m  a  b  i  1  i  e  n« 

Unter  diesem  Worte  Versteht  man  bald  sltmmtliche  brenn«, 
bare  Stoffe,  bald  blofs- die  nicht  metallischen  einfachen  Stoffe, 
die  sich  durch  Brennbarkeit  auszeichnen,  Gw  ' " 

Inflexion  des  Liclites, 

BengQ^g  oder  Diffraotion  des  Licli^ 
tes;  Inßexio  8.  diffractio  luminia ;  inflexion  ou  dlf* 
fraclion  de  la  lumiere;  inßexion  ordiffractionoflight* 
Die  Erscheinungen  der  Beugung  des  Lichtes  aeigen  sich  am  « 
Rande  des  Schattens  der  Körper,  indem  theils  Lichtstrahlen  in-; 
nerhalb  des  Raumes  hingelangen,  der  ganz  von  Schatten  bedeckt 
seyn  sollte,  theils  hejlere  und  farbige  Streifen  sich  am  äuüseren 
Randa  des  Schattens  zeigen.  Diese  Erscheinungen  sindindels 
za  mannigfaltig  und  zu  sehr  zusammengesetzt ,  um  kurz  darge- 
stellt zu  werden';  es  inag  daher  hier  geniigen  zu  bemerken,  jdals 
eine  Ablenkung  der  Lichtstrahlen  von  ihrem  geraden  Wege,^  wejl-; 
che  beim  Vorübergehen  an   dem  Rande  fester  Körper  eintritt| 


1    Anaales  de  Gh. -et  PL 'TUT.  p.  179. 

Xx  2 


683  Innexion  des  Lichte^ 

Beugimg  iSes  Lichtes  Iieiftt«  Um  die  mannigfaltigeii  nnd  tintev 
verschiedenen  Umständen  sehr  nngleicb  sich  darstellenden  Er^ 
scheinungen  der  Beugung  des^ Lichtes  so  vollständige  als  es  die 
Wichtigkeit  des  Phänomens  fordert ,  kennen  zu  lernen,  iüt  es 
vortheilfaaft,  sie  in  der  Ordnung ,  wie  sie  entdeckt  sind,  darzu- 
stellen.' Ich  werde  daher  die  Bemühungen  der  einzelnen  Phy«^ 
isiker  meistens  nach  der  Zeitfolge  erzählen  und  ihre  Meinungen 
übet  diese  Erscheinungen  mittheilen ,  indels  mich  zugleich  he*- 
muhen ,  bei  der  Verschiedenheit  der  Erscheinungen  stets  auf 
den  Cruhd  dieser  Verschiedenheit  hinzudeuten« 

Oaimaldi  machte  zuerst  in  der  Mitte  des  17.  Jahrhandert* 
Versuche^,  Wodurch  er  zeigte,  dafs  Lichtstrahlen  beim  Vor« 
{ibergehen  an  festen  Körpern  eine  Beugung  erleiden ,  und  zwar 
theils  nach  atiTsen ,  als  ob  der  Lichtstrahl  sich  von  dem  KOrper 
entferne,  theils  nach  Innen,  als  ob  er  nach  dem  Innern  des 
Schattens  hineingezogen  werde.  Er  setzte  nämlich  schteale  un-^ 
durchsichtige  Körper  dem  in  das  dunkle  Zimfher  fallenden 
Strahle  aus,  undfand^  ^^fs  ihr  auf  weifsem  Papiere  üul^efangenex 
Schatten  breiter  sey,  als  er  nach  dem  geradlinigen  Fortgänge  der  am 
iland.e<^  vorbeigehenden  Lichtstrahlen  seyn  sollte ;  aber  umgekehrt 
fj^nd  er  auch,  dafs  der  erleuchtete  Raum,  welchen  der  ins  dunkle 
Zimmer  einfallende  Strahl  beschien,  gröCser  war,  als, er  nach  d^ 
geometrischen  Bestimmung  fiir  gerade  Lichtstrahlen  seyn  sollte. 
Er  nannte  diese  Erscheinung  Diffraction.  Et  beobachtete  rich- 
tig die  Farbenränder ,  welche  den  Schatten  eines  schmalen  Kör« 
pers  theils  im  Innern  des  Schattens ,  theils  aufaeifaalb  qmgeben. 
Diese  Versuche  sind  von  späteren  Beobachtern  wiederholt  und 
mit  andern  in  Verbindung  gesetzt,  und  ich  brauche  daher  hie- 
bet nicht  zu  verweilen.  Aber  merkwürdig,  und  erst  durch 
neuere  Beobachtungen  als  recht  merkwürdig  ins  Licht  gestellt, 
ist  eine  Beobachtung  GniiiiALDrs,  die  in  folgendem  Theorem  ' 
dargestellt  ist:  Ein  erleuchteter  Körper  kann  dunkler  werden, 
wenn  ein  neues  Licht  zu  dem  ihn  schon  erleuchtenden  hinzu* 
komqoit.  Die  Beobachtung ,  die  er  zur  Bestätigung  dieses  Satzes 
anfiihrtj  scheint  mir  zwar  unvollkommen,  aber  die  neuesten  Beob- 
achtungen werden  zeigen,  dafs  die  Behauptung  richtig  ist, 
und  sich  weit  vollkommener  darthun  läÜstf  als  es  aus  Gaimal- 


1    Orimardi  pkysico-oiatheiis  de  lamine,  colonbna  et  iride;  It^ 
hn  dao.   Bologna  1665« 


luflexioo  des  Lichtes«  (83 

vf%  Beobachtmig  hervorgeht.    Er  liels  sw«i  Lichtstrahlen  dardi 

kMse  OeflTnuDgen  in  das  dunkle  Zimmtr  fallen ,  und  fing  si« 

'  ^aof,  wo  die  erleuchteten  Klreise,  welche  iie  auf  einer  Ta£el 

danteUten,  in  einander  griffen.     War  nur  eine  der  kleinen  Oeff« 

mugen  frei ,  so  bemerkte  man,  da(s  der  erleuchtete  Kreis  mitten 

bdUcTy  ab  nach  den  Rändern  erschien;  waren  beide  Oeffnun« 

g«B  frei ,  so  zeigte  sich  freilich  derjenige  Theil  beider  Kreise, 

wo  fie  auf  einander  fielen ,  im  Uebrigen  stärker  erleuchtet,  abec 

£e  RandHnie  jedes  .Kreises  war  in  diesem  erhellten  Räume  ak 

dnükler  zu  erkennen.  Unstreitig  empfing  diese  Gegend,  die  dem 

^  Bande  des  einen  Kreises ,  hineintretend  in  den  andern,  entsprach| 

tben  das  Licht  von  der  einen  Oeffnung ,  die  anderö  mochte  frei 

ivyn  oder  nicht,   und  gewifs  empfing  sie  auch  von  der  andern 

Oeffiiung  hinzokommendes  Licht ,  dennoch  erschien  sie  minder 

editUt,  als  die  übrigen  gegen  den  Rand  hinliegenden  nur  durch 

eineOeffnung  erhellten  Theile  4«r  einen  oder  andern  Kreisfläche« 

GftiiULni  sucht  die  Ursache  hiervon  in  einer  in  dem  Lichte  ent« 

itandenen  Wellenbewegung  oder  Fluctuation,  welche  an  den 

Bindern  der  Oeffnung  hexvorgebracht  wird ,  und  verm^e  wel- 

dwrdie  so  erschütterten  Lichtstrahlen  dem  Auge  des  Beobachters 

UoeB  so  lebhaften  Sindruck  bringen,  als  andre  Lichtstrahlen  "*}• 

NiwTOv  scheint  nachGiiiMAi.ni  der  erste  gewesen  zu seyn^ 

«dcher  diese  Versuche  wiederhiolte  und  in  einigen  Rücksichten 

teDkommenev  anstellte,  doch  aber  nicht  auf  alles,  was  schon  Gri«* 

«iu»  gesehen  hatte,  gehörig  achtete.    Nj^wto  v  liels  durch  eine 

wk  enge  Oeffioiung  einen  Lichtstrahl  in  das  dunkle  Zimmer  £sl- 

Im  and  mais  den  Schatten  ab,  den  dünne  K(»rper  hervorbrach« 

teor,  wenn  sie  diesem  Lichtstrahle  ausg^setat  wurden;  er  fand 

&ieD  Schatten  breiteiCi  als  er  seyn  sollte,  indem  zukn  Beispid 

ttt  Henschenhaar,  ungefähr  rhr  ^^  ^i^^  f  12  ^^  von  der  klei« 

11^  Oeffnung  aufgestellt,  in  4  Zoll  Entfernung  hinter  dem  Haare 

«nenSchatten  ae  ^  Zoll  breit,  2  F.  hinter  dem  Haare  einenSchat^ 

teils:  ^2oll  breit,  10 Pub  hinter  dem  Haare  einen  Schatten  «l 

M  breit  hervorbrachte.    Er  fand,  dafs  diese  Schatten  gleich 

Bicit  blieben,  auch  wenn  das  Haar  im  Wasser  zwischen  Glasplat«^ 

Ha  s&gebracht  war,  und  hieraus  zog  er  den  SchluCs,  dafs  es 

aicht  eine  Brechung  des  Lichtes  in  der  Luf^  sey,  welehe  diese 

Veiindemng  in  4er  Richtung  der  lichtstrahlen  heivoc  bringe^ 

0  Tergl.  Ann.  de  CK  et  Ph.  X.  806. 


684  InfUxion  des  Liehte«; 

p.  sondern  ^mch  efaieBengung  werde  das  Licht  in  eine  andre Ricli« 
l^.tnng  gebmcht«  Er  scMofs  ans  dem  Umstände,  dafs  nach  c,  • 
keine  Strahlen  zn  gelangen  schienen ,  dafs  schon  in  einigem  AIh^ 
Stande  vom  Haare  a  die  Lichtstrahlen  bc,  de  nicht  nach  c,  # 
kommen,  wohin  sie  den  gewöhnUchen  Gesetzen  gemäfs  gelan^ 
gen  sollteni  sondern  nach  f,  g  zu  gehend  dem  Schatten  jene  gre- 
isere Breite  geben. ^  Diese  Beugung  schien  starker  zu  seyn.  bei 
nüher  vorbei  gehenden  Strahlen,  indem  die  Verbreiterung  des 
Schattens  in  der  Nähe  stärker  war.  Sie  betrug  nämlich  in  4ZoIl 
Entfernung  ,V  —  ttv=  tW  ^öII  j  und  hiernach  hätte  die  ver- 
grö(serte  Breite  in  der  sechsfachen  Entfernung  =s  .ji^  Zoll ,  also 
idie  ganze  Breite  =s  ^Vtr  +  Trirr  =^  ^  ^^11  seyn  miissen ,  si« 
war  aber  nur  ^  Zoll  oder  nur  etwa  halb  so  breit;  sie  hätte  in 
10  Fnfs  Entfernung  =«  30.^^  +  tItt  =  **  +Ttir  =  IR^tt 
seyn  müssen ,  war  aber  nur  =  ^  =3  ,y^  Zoll ;  dieses  schien  den 
.  Schlufs  zn  begründen  I  dafs  die  entferntem  Strahlen  hi,  kl  den 
Raum  f  g  zutn  Theil  erleuchteten ,  welchen  die  in  m  n  den 
Schatten  begrenzenden  Strahlen  dunkel  lassen  wurden. 

Die  Schatten  der  so  dem  Lichte  ausgesetzten  Körper  zeig- 
ten drei  Farbenränder,  unter  welchen  der  dem  Schatten  am 
nächsten  liegende  am  breitesten  und  lichtvollsten  warJ  Um  di« 
Farben  dieser  Ränder  deutlicher  zn  sehen,  wurde  der  Schatten 
auf  einem  schief  gegen  die  Richtung  des  Lichtsti^ahles  aufgestellt 
ten  Papiere  aufgefangen ,  und  dann  iiels  sich  wahrnehmen  ,  dafs 
der  innere,  dism  Schatten  nächste,  Farbenrand  an  der  inneren 
Seite  Violett  und  Dunkelblau,  dann  lichteres  Blau',  Grün,  Gelb, 
Roth  zeigte ;  der  zweite  hatte  Blau  an  der  inneren  Seite,  worauf 
Gelb  und  Roth  folgte ,  und  eben  so ,  nur  noch  schwächer ,  war 
der  dritte  Rand  gefärbt«  Die  Bläschen  und  Ritzchen ,  die  sich 
znfallig  im  Glase  fanden,  hatten  eben  solche  Farbenränder  um 
)hre  Schatten,  und  Nbwtov  erklärt  die  farbigen  Bogen,  wel- 
the  man  sieht,  wenn  man  die  Sonne  durch  eine  nahe  vor  d«s 
Auge  gehaltene  Feder  ansieht ,  auf  ähnliche  Weise,  indem  die 
auf  die  Netzhaut  geworfenen  Schatten  eben  solche  FarbennLii^ 
der  um  sich  haben. 

Zn  einer  andern  Reihe  von  Versuchen  diente  der  schmde 
Spalt  zwischen  zwei  gerade  geschliffenen  Messerscharfen ,  die 
entweder  einander  parallel,  oder  unter  einem  kleinen  Winkel 
gegen  einander  geneigt  in  dem  durck  eine  enge  Oe£fnung  in 
das  dunkle  Zimmer  eingelassenen  Lichtstrahle  aufgefstellt  wurden. 


Inflexion  de«  Licfites.  685 

Hier^^aren  die  Erscheinungen ,  die  sich  anf  einer,  das  dnrcli 
den  Späh  dnrehgelassene  Licht  äuffongenden ,  kbene  zeigten^ 
ifeib'  nach  der  Entfernnng  dieser  Ebene,  theil^  nach  defT  grdfsem 
oder  geringem  Weite  des  Spaltes  verschieden.  Fing  man  das 
licht  nicht  allznweit  hinter  dem  Spalte  auf^  und  war  dieser 
durch  diepstfallel  gehahenen  Schärfen  der  Messer  begrenzt ,  s^ 
atzten  sich  drei  Farbenränder  an  jeder  der  Messen^chneideti 
a»  dem  Rande  des  hellen  Hanmes,  die  deutlicher  und  breiter 
worden,  so  wie  man  den  Spalt  verengerte;  bei  weiterem  Ver- 
engern des  Spaltes  verschwand  zuerst  der  äulsere  Farben 8 treif,- 
^ann  der  zweite,  dann  der  innerste;  und  wenn  man  die  alt- 
mälige  Verengerung  fortsetzte ,  wobei  der  erleuchtete  Raum  si^h 
Vreiier  zeigte,  so  entstand  in  derMitte  dieses  erleuchteten  Raumes 
cbdmikler  Schatten,  welcher  bei  noch  gröherer  Verengerung 
des  Spaltes  breiter  wurde,  und  endlich  den  lichten  Raum  ver- 
deckte. 

i  Wenn  die  beiden  Messerschneiden ,  statt  parallel  zu  seyn, 
OBeii  sehr  kleinen  Winkel  von  nicht  v(dlig  2  Graden  mit  einan- 
fo  machten,  so  erhielt  man  auf  ^iner  nur  etwa  1  Zoll  von 
^vm  Spalte  entÜsrnten  Tafel  eben  die  Farbenstreifen  an  >eder 
iti  beiden  Messewehneiden ,  mit  den  Grenzen  ihrer  Schatten 
pnallel;  diese  Streifen  bildeten  eben  so  grolse  Winkel  mit  ein- 
ander als  der,  welchen  die  Schneiden  selbst  mit  einander  mach- 
ta,  und  gingen  nicht  über  den  Scheitel  des  Winkels  hiaattS) 
var  aber  die  Tafel  zum  Autfangen  des  Lichtes  in  hinreichender 
Entfernung  aufgestellt,  so-  erstreckten  sich  die  Farbenstreifen  hy- 
perbolisch in  den  Schatten  hinein.  Um  diesen  sch&nen  Versueh 
deotlich  ztt  übersehen  mufs  man  sich  auf  einer  mit  den  einan- 
iei  gegenübesstehenden  Schneiden  parallelen  Ebene ,  auf  wel« 
eher  das  BiM  mit  seinen  Farbenrändern  auijgefangen  werden  soll, 
die  beiden  geraden  Linien  gezeichnet  denken ,  die  bei  geradem 
FoVtgange  der  Lichtstrahlen  die  Grenzen  der  Schattens  darstel- 
len würden«  ^£>a  wo  der  Spalt  noch  ziemlic];i  breit  ist,  sieht 
aan  diesen  Raum  erleuchtet  und  die  drei  Farbenränder  liegen 
i&Btthalb  desselben  parallel  mit  der  Grenze  des  Schattens ;  da 
kiikgegen,  wo  der  Spalt  zu  eng  wird,  um  diese  Farbenninder 
noch  zu  fassen ,  durchschneiden  sich  die  den  entgegengesetzten 
Sckarfen  angehörigen  Ränder  and  gehen  in  den  entgegenger 
setzten  Schatten  hinein,  so  dafs  jeder  der  Farbenstreifen  eine 
Vp^bolische  Krümmung  erhält,  deren  Asymptote  eine  gerade 


686  Inflexiou  des  Lichtes. 

Linie  ist,  die  durcli  den  Scheitel  des  dem  gertdlinigea  Fort* 
gange  der  Lichtstrahlen  gemäüii  gezeichneten  Winkek  senfarecl^ 
gegen  die  Halbimngslinie  dieses  Winkels  gezogen  ist.  Man. 
▼ersteht  den  Ursprang  dieser  Hyperbeln  am  besten,  wenn 
man  in  eben  der  Entfernung,  wo  man  ihr  Entstehen  bei  einer 
Neigung  der  Schneiden  gegen  einander  beobachtet,  die  Beoh- 
achtubg  mit  parallel  gestellten  Schneiden  wiederholt  und  dsi 
sieht 9  wie,  bei  sehr  starker  Annäherang  der  Schneiden,  die 
Farbenstreifen  immer  tiefer,  aber  nun  parallel  mit  den  Schneiden 
bleibend,  in  den  Schatten  hineinriicken  und  einen  hellen  Raum 
zwischen  sich  lassen.  -  Das  was  hier  nach  und  nach  bei  engerem 
Zusammenrücken  geschieht,  das  stellt  sich  dort  an  den  ungleich 
nahen  Theilen  der  Schneiden  zugleich  dar,  indem  die  gegen  den 
Scheitel  des  Spaltel  einander  ungemein  nahe  liegenden  Theile 
der  Schneiden  ihre  Farbenränder  sehr  weit  entfernt,  in  den 
Schatten  hineingeriickt ,  neben,  sich. haben« 

Ich  tbeilb  hier  die  Messung  Niwtoi's  nicht  mit,  da  ähn- 
liche Messungen  aus  neuern  Versuchen  noch  belehrender  se  jn 
werden*  Dagegen  mufs  ich  noch  den  wichtigen  Versuch  er* 
sählen,  wo  die  Beugung  des  ungleich  farbigen  Lichtes  unter«* 
sucht  ward.  Der  durch  eine  enge  Oeffnung  in  das  finstere  Zim«* 
mer  eingelassene  Lichtstrahl  fiel  auf  ein  Prisma,  und  der  Kdr« 
per,  dessen  Schatten  und  Farbenränder  am  Schatten  man  be« 
obachten  wollte,  wurde  einem  bestimmten  Farbenstrahle  ausge« 
•etzt»  Dann  waren  die  Farbenränder  nur  einfarbig,  aber  breiter 
im  rothen  Lichtstrahle,  schmäler  im  grünen  und  am  schmälsten 
im  violetten  Lichte. 

Nkwtoh's  Erklärung  der  Phänomene  ist  unvollkommen 
und  geht  ungefähr  dahin,  dafs  das  Licht  von  seiner  geraden 
Bichtung  abgelenkt  wird,  und  deshalb  in  der  Mitte  des  engen 
Spaltes,  bei  gewissen  Stellungen  der  Tafel,  gar  kein  Licht  ^urch« 
zugehen  scheint ,  weil  nämlich  das  hier  durchgegangene  Licht, 
abgelenkt  nach  beiden  Seiten ,  nicht  den  mittlem  Raum  tnffV, 
welchen  es  bei  geradem  Fortgange  der  Lichtstrahlen  treffen 
sollte.  Er  stellt  über  die  Entfernung,  in  welcher  die  in  jedem 
der  einzelnen  Farbenstreifen  kenntlich  werdenden  Lichtstrahlen 
am  Rande  des  festen  Körpers  vorbei  gehen ,  nähere  fietrachtun«» 
gen  an ,  und  bemerkt  vorzüglich ,  dafs  die  weniger  brechbaren 
Strahlen ,  die  rothen  nämlich ,  einer  stärkern  Beugung  unter« 
werfen  sind ,  als  die ,  welche  brechbarer  sind« 


Inflexion  des  Lichte«.  ^ 

Nach  Newtov  kt  £»ftt  im  gan/en  «ohtztfhQi«n  Jahrlmiidert« 
seil  wenig  {ur  diese  L^hre  gescheheD.  Djb  L'Islx  und  Maaaldx 
9l«0ten  einige  Versuche  an,  die  hierher  gehleren«  Der  erste 
Jwb  den  Schatten  einer  runden  Scheibe i  die  dem. ins  dunkle 
Zimmer  eintretenden  Lichtstrahle  ausgesetzt  war ,  auf  eine 
Ebene  fallen  und  bemerkte  den  hellen  Rand  um  den  Schatten; 
diesen  verglich  er  mit  dem  bei  totalen  Sonnenfiostemissen  um 
den  Mond  gesehenen  Binge  K  Makaxdi  hing  eine  Kugel  oder 
änen  Cylinder  im  freien  Sonnenlichte  auf,  upd  bestimmte  die 
Länge  des  Schattens ,  die  er  erheblich  kürzer  fand ,  als  sie  nach 
der  Gföfse  des  ^onnenSurchmessers ,  bei  geradem  Fortgange 
der  Lichtstrahlen ,  seyn  sollte«  Er  bemerkte  den  helleoi  Ring, 
womit  der  Schatten  sich  umgeben  zeigt ,  und  die  vermfinderte 
Schwärze  des  Schattens  durch  gebeugte  StraUen  selbst  in  dem 
Ranme,  wohin  nach  den  gewöhnlichen  Regeln  der  Optik  kein 
Sonnenstrahl  gelangen  konnte*  Andere  Versuche,  auch  im  dun- 
keln Zimmer  angestellt,  will  ich  nicht  erzählen,  um  nicht  einer-« 
Id  Gegenstand  öfter  zu  wiederholen  ^. 

ft'  Gaatesajtds  '  eignel  den  Körpern  in  der  Nähe  eine  an- 
sehende Kraft  zu,  in  gröberer  Ferne  eine  abstofsende,  welche  * 
die  Beugung  der  Lichtstrahlen  in  den  Schatten  hineinwäjts  und 
Tom  Schatten  abwärts  hervorbringe.  Er  bediente  sich  eines  In^ 
stmments,  welches  auch  FLAuaiaGUBS  undBiOT  beiihroa  Ver- 
soeben  anwendeten ,  welches  nämlich  so  eingerichtet  ist ,  dals 
zwei  Stahlplatten,  entweder  genau  parallel,  oder  unter  einem 
kleinen  Winkel  gegen  einander  geneigt,  einander  genähert  wer- 
den können*  Durch  den  so  erhaltenen  engen  Spalt  liels  er  den 
in  das  dunkle  Zimmer  eingelassenen  Lichtstrahl  gehen  und  fand, 
iaü  der  helle  Raum,  welcher  sich  zwischen  den  Schatten  d^r 
sehr  genäherten  Stahlplatten  zeigte,  zwar  zuerst  mit  der  Annä- 
herung der  Platten  gegen  einander  abnahm,  dafs  aber,  bei  sehr 
eng  werdender  Spalte ,  drei  Farbenränder  sichtbar  wurden ,  und 
bei  noch  mehr  verminderter  Weite  des  Spaltes  der  helle  Raum 
nch  verbreiterte,  die  FarbenstreiCen  aber,  da  sie,  wie  er  sagt, 
ans  dem  nach  beiden  Seiten  angezognen  Lichte  entstehen ,  sich 
seitwärts  entfernen  und  einen  dunkeln  Raum  zwischen  sich  lassen. 


i  }ä4m.  de  Paris  1715.  p.  147. 
S  M^o.  de  Paris  1725;  p.  111« 
S    FhysScea  eleaienta  p.  725« 


688  In.fl«zioii  dea  Lichtes« 

Diese?  vergröbert  sich  nach  s'  GaAVBSA^rov's  Meinung  b^fgrO 
Iserar  Annäherung  der  Platten  darum,  weil  die  von  der  einen  Pliat 
angezogenen  Strahlen  in  den  AbatoCsungskreis  der  andern  Plai 
gelangen.  Er  beobachtete  ferner,  da£s  die  an  beiden  Seiten  des] 
hellen  Zwischenrattmet  erscheinenden  hellen  Linien  oder  Farben«-» 
streifen  durch  jede:  ein«elne  der  beiden  Scharfen  der  Stahlplatt ettl 
afificirt  wurden ;  denn  eine  zitternde  Bewegung  einer  Platte  bracfatel 
die  Farbetfränder  an  beiden  Seiten  in  zitternde  Bewegung.  Auch^ 
er  bemerkte,  da£s  nach  Entstehung  des  dunklen  Zwischenraumes -3 
in  der  IVlitte  bei  noch  gröfserer  Verengerang  des  Spalts  die  in*  \ 
nern  SireUen  zuerst  verschwanden.  sTjRAve8  4VDE  stellte  d^n 
VersuQfh  auch  so  an ,  dafs  die  beiden  Stahlplatten  nicht  in  einer«- 
lei,  auf  den  Lichtstrahl  senkrechten,  Ebne  einander  genähert 
wurden ,  sondern  dab  die  eine  das  Licht  empfing  und  in  einiger 
Enlfertmng  hinter  jener  die  zweite  so  aufgestellt  war,  dafs  das, 
beim  Vorbeigehen  an  der  ersten  Schärfe ,  gebeugte  Licht  sie  traf 
und  aa.  ihr  vorbeiging.  Hier  wurden,  nach  s^  Okavcsanob^s 
Ansicht ,  beim  Vorbeigehen  an  der  ersten  Schärfe  einige  Strah« 
)en  angezogen,  andere  abgestoben,  die  ersteren,  als  in  den 
Schatten  hinein  gebeugt,  wurden  deutlicher  sichtbar,  die  an«^ 
dern  vermischten  sicJi,  so  lange  keine  zweite  Platte  sie  auffing, 
mit  dfm  direct  oder,  ungebeugt  einfallenden  Lichte.  Ad 
der  zweiten  Schärfe  verhält  es  sich  eben  so ,  So  lange  noch  «in 
hinreichend  breiter  Raum  für  die  zwischen  beiden  durchgehen-» 
den  Lichtstrahlen  offen  bleibt.  Wird  aber  die  zweite  Platte  so 
nahe  herangerückt,  dafs  bloCs  den  Lichtstrahlen  Raum  bleibt, 
welche  der  Wirkung  der  ersten  Platte  unterworfen  gewesen  wa^ 
ren ,  so  bemerkt  man  bei  sehr  verengertem  Zwischenräume ,  dafs 
die  Farbenstreif en  an  der  Seite  der  zweiten  Schärfe  (die  das  Licht 
später  au£fängt)  verschwinden^  wahrend  die  an  der  andern  Seite 
noch,  bestehen. 

Auch  Mar  AT  ^  hat  die  hierher  gehörigen  Versuche  mit  ei^ 
nigen  auf  neue  Weise  angeordneten  bereichert.  Er  bemerkt,  dalj 
das  Licht,  welches  durch  eine  runde,  kleine  Oeffhung  fällt,  am 
Rande  heller,  in  der  Mitte  weniger  hell  erscheine,  dafs  man 
aber  auch,  bei  richtig  gewählter  Entfernung  der  Ebene,  welche 
das  Licht  auffängt ,  nachdem  es  durch  eine  enge  runde  Oefinung 


1    Masat'«  EotdeckoDfiea  übor  das  Licht;    über«»  Toa  Waigel« 
Leipzig  1785.  8.  2.  i.  u.  s.  w. 


InflexioQ  des  Lichte«.  C99 

gsgugen  itt,  in  dem  «rlencliteteo  runden  Raome  nritteii  cioeii^ 
lidtpfiDef  ivrahniehive.  Diese  Verschiedeiiheit ,  ob  ein  stärke« 
lesoder  tcbwächeres  Licht  im  Miltelpuncte  erscheint,  hängt  won 
dar  fintfemong  der  erlenchteten  Ebne  ab*  -o 

BadvoRAM  gab  sich  viele  Mühe,  bestimmte  Gesetze  für  ei«* 
;  sige  hierher  gehOäge  Phänomene  aufzufinden^,  indeüs  sind  doch 
mrterseinen  Versuchen,  die  zara  Theil  Wiederholungen  der  New-» 
toa'schen  waren ,  nur  die  von  hinreichendex  Wichtigkeit  ,*  um* 
Ucr  erwähnt  .zu  werden ,  welche  die  durch  Reflexion  entstehen«« 
deaFarbenbildev  betrefiep»  £r  liefs  im  dunkeln  Zimmer  das  Licht 
anf  ein«  polirte  Nadel  fallen ,  und  üng  die  bunten  Sonnenbilder, 
&.wir  an  solchen  Körpern  oft,  als  durch  zurückgeworfene 
Sinblen  entstehend^  bemerken,  auf  einer  Ebne  auf.  W^urde 
&  Nadel  im  prisi|iatischen  Farbenbilde  so  gehakeh ,  dafs  die 
flinsslnen  FarbeustraUen  sie  in  verschiedenen  Puneten,  nach 
der  Lange  der  Nadel,  trafen,  so  waren  die  Bilder,  die  jeder  ein«* 
sdne  FarbenstfaU* machte,  kenhtlich  und  getrennt,  und  es  £and 
ach  das  rafche  Bild  am  breitesten ,  das  violette  am  schmälsten, 
Bö  einem  andern  Versuche  wurden  die  eingelassenen  Strafaleti 
doch  ein  Prisma  in  Farbenstrahlen  zerstreut;  diese  wuvden  durch 
.  eise  Glaslinse  aufgefangen,  wo  sie  dann  jenseits  des  Brennpun^ 
des  wieder  divei^iftcto;  hier  fielen  sie  auf  ein  zweites  Prisma,  da» 
die.  divergirenden  Farbenstrahlen  in  einen  weifsen  Stsahl  verei« 
nigte,  und-  dieser  weilse  Strahl  fiel  endlich  auf  die  Nadel,  um  die 
farbigen  Bilder  durch  Reflexion  hervorzubringen.  Ward  dann 
hioter  dem  ersten  Prisma  irgend  ein  Farbenstrahl  durch  einei^ 
Sdiinn  aufgehalten  und  gehindert ,  die  Linse  zu  erreichen  ,  so 
fehlte  dieser  in  dem  reflectiften  Farbenbilde. 

Baoügkai&  scUielst  ans  diesen  Experimenten,  dafs  hier  die 
]iiittl«ni  Strahlen  unter  einem  dem  Einfallswinkel  gleichen  Win-« 
kel,  die  rothen  unter  einem  kleinern,  die  violetten  unter  einem 
gidfsem  Winkel  refiectirt  werden*  £i< überzeugte  sich,  dals  die 
von  jeder  Farbe  eileuohteten  Bäume  eben  die  verhältniJsmäfsige 
Ausdehnung,  vne  im  priematischeü Farbenbilde,  haben.  Eben- 
derselbe bemeKkt,  dals  nur  die  spiegelnden  Körper,  welche  auf 
iber  Oberfläche  streifig  sind,  solche  Büder  geben;  bei  ebnen 
Flächen  aber  zeigen  sie  sich  nicht  so  leicht ,  als  bei  Flächen  Von 
sehr  Ueifveo)  Krtimqiungsha|bme)»sei:|.  weil  meisteu«  dis  zwei 


1   PhiL^r.  Ibr  ITIW.  p.  3«7. 


890  Inflexion  des  JUichtea. 

■ 
benächbttten  in  einander  faUen  und  eine  weibe  Fatben 

geben«  Ana  diesen  bei  der  Zonickwerfnng  entstriienden  Farben! 

dem  eiUaxt  er  die  sarten Farbenbilder, 'die  wir  so  oft  an  Geg( 

standen  mit  feinen  Haaren  sehen  ^  wenn  diese  gehörig  derSoi 

ausgesetzt  werden ,  o«  s.  w«  ' 

Einige  hierher  gehörige  Bemeikungen  von  ns  Chavi. 
nnd  HsasCHBL  ^,  die  gewisse  Versuche  Nswtom's  betroffeaj 
darf  ich  wohl  übergehen  ,  nnd  eben  so  Johüah^s  Versuche  ^, 
sie  zwar  in  jener  Zeit  (1799)  einigen  Werth  hatten,  aber  do( 
zu  dem  Bekannten  wenig  hinzufugen ,  nnd  manche  seiner  Ein* 
würfe  gegen  Newtov  nicht  ganz  richtig  sind.  Er  legt  zu  visl 
Werth  anf  die  Bemerkung,  dab  das  durch  die  engeOeffnung  in 
das  dunkle  Zimmer  eindringende  Licht  dort  durch  Beugung 
eine  Divergenz  eihalte.  Seine  Beobachtungn|i  über  die  Schatten 
schmaler  Körper  sind  den  von  FLAVOBaouKs  «DjgesteUten 
ähnlich. 

Der  Zeitfolge  nacfai  würden  hier  Thomas  Torao's  Untersu- 
chungen folgen  müssen,  da  sie  aber  eine  ganz  neue  Idee  zar  Spracke 
brachten ,  die  Flaugeroues  ,  Biot  und  andern  Physikern  un- 
bekannt blieb ,  so  lasse  ich  zuerst  die  Untersuchungen  folgeOf 
die  sich  am  nächsten  an  das  Vorige  anschlieben  K  Die  Akade- 
mie zu  Mismes  hatte  im  Jahre  1811  einen  Preis  anf  die  beste 
Abhandlung  über  diesen  Gegenstand  gesetzt,  den  Flauoebgues 
erhielt,  nnd  den  Inhalt  seiner  Abhandlung  mnis  ich  hier  zu- 
nächst mittheilen  \ 

Man  hange  im  vollen  Sonnenlichte ,  nicht  im  finstem  Zim- 
mer, eine  mit  Rnb  geschwärzte  Kugel  auf  und  lasse  ihren  Schatten 
auf  eine  weiCie  Tafel  &llen,  so  zeigt  sich  der  Schatten  nngleicfay 
ie  nachdem  man  die  weilse  Tafel  mehr  oder  minder  entfernt 
Steht  die  Tafel  sehr  nahe,  so  ist  der  gleichförmig  dnnUe Schätz- 
ten mit  einem  schmalen  Halbschatten  nnd  dieser  mit  einem  sehr 
schmalen  hellem  Kreise  umgeben;  entfernt  man  sie,  so  wird 
der  Schatten  kleiner ,   der  Halbschatten  wird  breiter  ^  und  der 


1  Mte.  de  Pacad.  de  Paris  poor  1756.  156^  Phil«  Tnasact  tf^t 
1807.  $.  85. 

8  6.  xvni.  1. 

S  Unter  den  altern  Uatersacbongen  tckeiaen  mir  die  von  Mai- 
ran  (M<m.  de  Pari«  17S8.  p.  5.),  als  blofte  hypothetische  EMiiuagett 
enthaltend  9  wenig  Werth  zu  haben. 

4    Jonnal  de  Phjrriqne  LXXY.  16L  LXXTt  141.  tfS. 


Inflexion  de»  Lichtes.  091 

MteKrrfs  mrd  bfritef  nnd  matter;  bei  einer  Bntfenraitg  von  fi 
KigeUiirchoieeseni  wird  die  Mitte  des  Sohattent  der  Kngel,  jgleick 
OMmHalbsehettenf  matt  erlenchtet^  der  Rand  des  Schattens  a&er 
Malt  seine  Scbwane;  entfernt  man  die  Kugel  bia  auf  104  oder 
ms  Kngeldarcbmesaer,  so  ist  in  der  Mitte  des  Schattens  diefir^ 
kttckaog  so  concentriit,  dafs  sie  fast  wie  ein  weifserPanctmit^ 
tniin  dem  schwarzen  Schatten  erscheint;  bei  noch  grltfsererBn^ 
fasiiDg  yersdiwindet  der  helle  Punct  und  ein  dttnkhr  Punct 
yM  kenndich ,   der  et^vra  in  der  Entfernung  von  107  Kogel^ 
dvrdnnesseni  aobh  Tersehwindet.     Diese  Entfernung,   die  sich 
wk  der  scheinbaren  GrObe  der  Sonne  etwas  ändert,  ist  diejenige, 
beiiifelcher  der  Rand  der  Sonne  vom  Rand  derKngel  verdeckt  wird. 
DicsePhinomene  bleiben  dieselben,  es  mag  der  schattenwerfende 
KOrpereine  Kugel  ^eyn,  oder  eine  blofse  Kreiescheibe.  Wenn  man 
Italiener  dichten  Scheibe  eine  in  derACtte  durchbohrte  anwen^ 
dct,  so  tritt  eine  doppelte  Erscheinung  ein ;  an  der  Seite  derOeil^ 
mag  indet  eiiie  Beugung  der  Strahlen  vom  Rande  abwärts  nach 
der  Mitte  %n  und  vom  Rande  einwärts  gegen  den  Schattenring 
n  statt,  und  ebenso  werden  am  Kaisern  Rande  der  ^Scheibe 
Slnhlen  nach  dem  Innern  des  Schattens  und  Strahlen  vom  Schale 
1«  kinaoswärts  abgelenkt;  die  in  den  heDen  Raum  in  der  Mifee 
kiaein  gebeugten  machen  einen  hellen  Punct  auf  darin  der  Mitte  - 
ctkeUtf n  Fläche ,  und  auf  dem  ringft^f migen  Schatten  bemerict 
Bum  in  der  Mitte  mehr  ErheÜang,  umschlossen  von  sehwänern 
Kreisen,    FLAUGiaeuKS  macht  hierbei  die  Bemerkung,  dafs  def 
Sdntten,  indem  man  a}s  seine  Begrenxmag  den  schwareen  Kreift 
ifif  Ange  fabt,  immer  genau  so  grob  ist,  als  es  ohne  Beugung 
der  Fall  seyn  w#rde,  imd  dafs  dar  Schatten  sich  da  endigt,  wo 
der  Halbmesser  der  Scheibe  mit  dem  Abstände  der  l'afel  divi- 
dirt  gleich  wird  der  Tangente  des  halben  Sennendnrchmessers, 
pxa  so ,  wie  es  dem  gw«den  Fortgange  der  Lichtstrahlen  ge- 
aus  ist;  aber  obgleich  diese  richtige  Gren2e  des  Schattens  kennt« 
Kch  bleibt,  so  ist  doch  das  Innere  de$  Schattens  durch  gebeugte 
StftUen  erhellet.    Eine  andere  Reihe  von  Versuchen  zeigt,  dab 
die  Oberfläche  und  die  innere  Beschaffenheit  der  Ktfrper  keinen 
Unterschied  machen ,   indem  polirte  und  matt  geschliffene  Me- 
talle, Kugeln  von  Holz,  Metall  oder  Harzen,  Scheiben  voi> 
I    ^mchiedeuen  Metallen  und  Tropfen  Quecksilber  oder  Dinte^ 
'   zachen  Gläsern  platt  gedrückt,  gleiche  Erscheinungen  gebeik 
j    ^,B  *o  gleich  blieben  die  Erscheinungen ,  wenn  man  Metall<<> 


68)  Zniliexioii  de«  Lichtea. 

s^hfiil^en  swisdMn  ebntf  Glaspkttcnlegto  nni  sie  hM  not  Lmkf 

ib«ld  mit  Wasser,  bald  xnitWeidgeistumgebeii  beobachtete«    Auch 
luvgleiebe  Temperatur  hatte  keinen  Einflnfs}  SoodLern  kalte  ßiamiv» 
kogela  und  Sisebkugeln  bis  anim  Glühen  eriiil2t  zeigten    glei^ 
4]he  Erscheinungen  des  Schattens,  wenn  man  nur  bei  den  letzta- 
jren  den  Lufuug,  welehen  heibe  K(5rper  b^Mnntlieh  neben  sich 
veranlassen ,  durcli  Versobliefsen  in  Gbsge&fee  hinderte« 
. ,    ,  Den  JUnfiuCs »  welcbAn ;  das:  Jlnnähern  «^ine»  )zweiten  acbat- 
tenwarfenden  Körpers   hat^    eeigt  Ki^ivastembi /auf  iölge«|de 
Weite;.    Wenn  die  hinteii  det  JSugel  avfgestellte  weifse  Fjäoh« 
so  entfernt  ist,   dafs  der  Schatten  in  d«r  Mkte  erhellet  und  Aur 
von  einem  dunkeln  Rande,  umgeben  eirsi^heinty^^  so  bringe  man 
einen,  andern  dunkeln  Körper  näher  bei  der  den  Schatten  anf«* 
jEang^nden  Ebne  in  den  Schattenkegel ,  und^  dieser  wirft  einea 
jehr  kenntlichen  Schatten  auf  jenen  Schatten;    isti«abet  dieser 
^iVieite  dunkle  Klbrper  mehr  als  einige  Zolle  von  der  Eben«  ent* 
lernt;,  so  ist  der  Schatten  nicht  mebt  kenntlich.     Wenn  man 
das  Auge,  selbst  (am  besten  gedeckt  dtxeh  ein  .Venlunkelung»* 
glas;  «m  den^Glans  zu  ertragen)  in  den  Solüattenkegel  hinter 
der  Kugel  bringt ,    so. sieht  man  diese  von  einem  leuchtenden 
Hinge  .umgeben ,  der  immer  glänzender  wird ,  }e  mehr  das  Ange 
eiotdcir  Spitte  des  Schettenkegels  näheit   Dieses  Ton»  Rande 
der  Kugel  in  den  Schatten 'hereingebeugte  .Licht  ist  auch  die 
Ursache,  das*  SdiattenS|   den  man  von  einem  zweite*  Körper,  gt^ 
'  Worten  Mehl ,  obgleich  er  im  Schatten  des  eisten  ist  *)•    Wenn 
man  im  Schattonkegel  das.  Auge  so  bewjpgt»   da£i  es  der  Grenze 
des  Schattenkegels  nahel  kommt ^  so  sieht  man  den  Rand  der 
Kugel  da  9  Wo  der  »Sonnenrand  zu  erscheinen' i*i  Begriff  ist,  ah- 
Flg.  geplattet,  v/^elches  dahet  kommt,  weU  die  gebeugten  Stralilen  in 
1^-  einer  Richtung,  wie  AB,  zum  Auge  kommet  und  daher  dem  A»ge 
inB,   wenn  es  sich  in  der  Spitze  des  Kegels  der  gebeugten 
Strahlen  befindet,   den  Sonnenrand  nach  der  Richtung  BA   zu 
suchen  Veranlassung  geben ;  ruckt  das-  Auge  nach  C  oder  c ,    so 
siebtes  den  wahren  Somienrand  nach   CA  und  es  ist  so,   «Is 
ob  der  Rand  der  Kjigel  ungefähr  nach  D  zkiriickgerückt  wäre, 

*)  Hiergegen  findet  indefs  ron  Göthe'«  Einwarf  statt,  dals  man 
iii(^t  immer  auf  das  von  den  Seiten  her  eiafaUende,  vom  hellen  I)im- 
mel  herkommende  Licht  gcaag  Rücksicht  genommen  habe ;  nud  in 
der  That  raaoht  dieftea  alle  im  freien  Sonnenlicfate  angeatelltd  Yersn* 
che  weniger  brauchbar« 


Inflexion  de«  Lichteii  003 

.  odtf  ilsoB  an  der  Stell«»  wo  det  ,wahr#  Söntenrind  IiMrrotlritr, 
ifft  Halbmesaei  der  Kogel  veriniBd«it  wäre».  Eine  ähnliche  Er-* 
tcheiimiig  zeigt  sieb  auch »  .wenn  mao  nach  biaem  KenMnIichte 
oder  aoüem  helleo  Gegenstände  am  Rande  «ioeactonkelnK/^fpexa 
UaUickt. 

Im  dunkeln  Zimaal^  triederholle  FiiA'volciiftVita  die  ▼(» 

NiWTOjr  und  anderi)  angoitsUtenVevnebe'y. zeigt  adbergenaüex 

!  dsdiefruharn  Beobachter,  wie  die  EgsAetrtUgen  .aicbünden»» 

wott'der  schatteniwecfemU' Körper  «ehx  ecbmsJl  ist.     tinß  mit 

!  Bah  geedbwarzte   Heaiingi^te  .wanl,.de«t.  Sonnenstrahk  im 

:  'oak#b  Zinmez  ausgesatsl:  pa4  Uejr  &ttd  ^i>b.nttn.»dec<eigent«« 

\  Kdie Scbatten  so  breit,  «b  ex'naoh  deft'G^seitseb  des  gee4dlini#r 

'  gtiiFortgapges  deii  Lich^atraUesi  seyn  vuifste,    aber  eo  jedev 

&itßbiglatet(Von  dreijadte  viei:  Farbenstreifen)  die  dem  Bande 

i«  Schattens  parallel  aind*    Diese  helleren  »Streifen,  .haben  Faiw 

beoiäame,  und  zw^  alle^^dae  Blau  ge^n  den  Schatten  hin,  des 

,  Gdb  ofid  Roth  am  aniexn  Hände »  abev-  disise  Farben  mit  abneh-' 

ninderliebhaftigkeit  beim  zweiten,  dritten  Yind  vierten  Streifen^ 

vdfihe  oamliich  weither  von  der  Grenze  des.  Schattens  entfernt 

äod.    Die  hellen  mit  Farbensäamen  versehenen  Streifian  sind 

I  üiier  Mitte  ^eifs  und  üofctvoUer^  als  das  jnbrige  direpte  Sonnen«» 

'  ^H  fangt,  man  das  licht  anC  einer  hintseiehead  sdhief  g^nei|^ 

I  ^  Tafel  auf,  so  erkennt  man  in  dem  Weifs  die  ganze  Farben« 

Uge,  .Wenn  die  den  Schatten  auffang^dsi.  Tafel  nahe  hintef 

^r Platte  stand,,  so  war  dar  Schatten  scbari  abgeschnitten,  abet 

^giöfserer  Entferntiog  erhelken  sich  die  Bänder  des' Schatten« 

ösd  wurden  einem  Halbschatten  ahnlich;   bei  erheblich  grofs^ 

Bveite  der  Platte  enaichte  diese  ErhellUk^  disr  Biändeir  noch  nicht 

4»Mm^ 

Wurde  der  einfallende  Strahl  durch  ein  Prisma  in  Farben«* 
.itrahleD  zerlegt». und ^ ein  S.Linien  breites  Kupferblech  in  diese 
Parbeostrahlen  gehalten , .  ao  zeigten  sich  eben&Us  drei  dem 
^de  des  Schattens  parallele  Streifen  9  ebenso  gefärbt,  wie  das 
anf&llende  Licht  es  forderte,  aber  mit  lebhafterer  Färbung,  als 
'äeiRaum,  wo  die  durch  das  Prisma  gehenden  Strahlen  nnge« 
<ündeit  auf&elen.  Wenn  der  Rand  des  Schattens  die  ungleichen 
Farbenstrahlen,  die  vom  Prisma  ausgingen,  durchschnitt,  ao 
«f^t&rnten  sich  die  im  rothen  Theile  des  prismatischen  Farfaen- 
oMti  erscheinenden  Streifen  etwas  mehr,. als  die  violetten,  vom 
^de  des  Schattens«      Die  Beugung  wirkt  also»    wie -schon 


694  Xnflexion  de«  Lichtes. 

Kki9VCB  es  bemetkt  Hatte,  stitrker  auf  4ierotfaenStniUeii|  all  anf 
die  yicletteii;  aber  dirWiederholang  derselben  Farben,  in  den 
dreifachen  und  selbst  mehrfachen  Rändern,  seigt,  dab  hier 
nicht  eine  stetige  Wirkung  statt  £ndet,  sondern  da(s  diese  in 
gewissen  Abständen  sich  ändert  und  in  grdtseren  Abständen 
t^^itfder  eintritt,  und  sioK 'also  iii  Hinsieht  auf  diese  Wiederho« 
holungen  (wie  Fcauokaouss  .bemedct)  den  NewUmschegi 
uihmmnMungen  ähnlich  Jteigti 

*'• '  Bei  einem  schmalen  schatteawedfenden  Körper'  "v^area 
nicht  bloCi  jene  Streifen  an  dem  äulsern  Rande  der  Schaf« 
tens,  sondern  der  Schatten  selbst  war  seiner  ganzen  Laagn 
nach  in  parallele  farlnge  Streifen  getheilt«  Hatte  ein  solcher 
schmaler  Körper,  etwa  ^  Linie  breit,  die  Form- eines  rechten 
Winkels  oder  eines  gro&en  Griechischen  Gamma  (P),  so 
durchschnittefi  sich  dieäulsem  Farbenstreifen  an  der  Seite  ,  \ro 
der  Winkel  von  90  Graden  lag ,  an  der  andern  Seite  umgeben 
sie  gekrümmt  die  Ecke  des  Schattens,  der  selbst  ebenso  wie 
ein  schmaler,  gerader  Körper  in  farbige  Streifen  getheik  "war; 
dabei  zeigten  sich  an  dieser  Ecke  dunkle  Qoerstreifen^  welche 
die  hellen  Ränder  durchschnitten« 

Um  die  Verschiadenheit  der  Erscheinungen  bei  einem  1»^ 
teren  und  einem  schmaleren  Körper  zu  zeigen,  wandte  Fjla0«> 
GKiiouBS  eine  Platte  an,  welche  die  Gestalt  eines  gleichschenk* 
ligen  Dreieckes  hatte;  die  Grondlinie  war  ss  1"',  269  die 
Höhe't=s  8"'%  50;  das  Dreieck  ward  vertical  mit  der  Spitse 
Mch  oben  aufgestellt,  4  Fufs  von  der  Oeffnung  im  Laden ,  die 
weifse  Ebene  stand  4  bis  5  Fufs  hinter  jener.  Hier  zeigte  sich 
an  dem  breiteren  Theile ,  gegen  die  Basis  zu ,  blofs  einige  Er«- 
hellung  innerhalb  der  Ränder  des  Schattens  und  colorirte  Strei* 
fen  aufserhalb.  Da  wo  der  Schatten  schmäler  wird ,  zeigen  sich 
im  Innern  des  Schattens  an  jeder  Seite  drei  dunkle  Streifen ,  die 
gegen  die  Spitze  hin  divergirend  und  immer  lebhafter  werden ; 
Weiter  gegen  die  Spitze  laufen  die  hellen  Streifen  in  einander, 
so  dafs  der  Schatten  hier  ganz  verschwindet,  ganz  mit  dem 
Lichte  der  gebeugten  Strahlen  bedeckt  ist.  FLAUGsaouzs  zieht 
aus  seiner  Abmessung  den  Schluls,  dals  ein  0,7  Linien  breiter 
Körper  in  jener  Entfernung  gar  keinen  eigentlichen  Schatten  mehr 
wirft ,  und  fuhrt  einen  eigenen  Namen :  Poikilogramm  ( poici«» 
logramme,  &rbiger  Fleck)  ein,  um  diesen  Raum  eigenthümlich 
SU  bezeichnen.    Dieses  Poikilogramm  nannten  GiiiMALni  nnd* 


Inflexion  des  Lichten«  /    ^  095 

HiWTOV  Schatten  9  und  fo  fem  hatten  sie  Recht,  von*  einem 
Breitiiwerden  cles  Schattens  tu  reden«  Eine  Nadel  giebt  statt 
des  Schattens  einen  gelben  Streif en,  begrenzt  Von  zwei  dunklem 
liDieo.  Damit  diese  Erscheinung  entstehe,  mnfs  der  Ktfrper 
sehr  schmal  seyn  und  beide  Ränder  zugleich  einwirken  kennen. 
Biisgt  man  an  .einer  Stelle  eines  so  schmalen  Körpers  an  der 
einen  Seite  ein  angeklebtes  Stück  Papier  oder  eine  andere  schatten- 
weifende  Materie  an ,  so  erhält  man  sogleich  einen  ordentlichen 
Schatten,  und  statt  dafs  der  Rand  des  Poikilogramm's  gerade 
VfWy  ist  nun  der  Rand  des  Schattens  an  der  Stelle,  welche  den 
sogeklebten  Stücke  an  der  andern  Seite  entspricht ,  eingebogen, 
nicht  mehr  geradlinig  zusammentreffend  mit  der  Grenze  der 
«BToUkommenen  Beschattung  des  schmalen  Theils.  Die  Stiei- 
feo,  die  im  Innern  des  bunten  Halbschattens  (  Poikilogramm's ) 
CQtitehen ,  scl^einen  in  der  Nähe  des  breiteren  Stückes  sich  ein- 
wärts zu  beugen.  Hieraus  folgt  also,  dafs  die  Einwirkung  eines 
sähe  hegenden  zweiten  Randes  oder  der  an  einem  zweiten 
Bande  vorbeigehenden  Strahlen  nöthig  ist ,  um  die  Farbenzev- 
«teonng  bei  der  Beugung  hervorzubringen,  statt  dab  eine  blofiM 
Hineinbeugung  aller  Strahlen ,  eine  matte  ErheUung  des  Scha^- 
tens  in  seinem  Rande,  statt  findet,  wenn  bei  einer  breiten  Platte 
nv  ein  Rand  einwirkt.  Diese  zur  Hervorbxingung  der  Fat« 
Wtreifeo  nothwendige  Einwirkung  eines  zweiten  Randes,  an 
wdchem  die  Strahlen  hinstreifen ,  zeigt  sich  noch  auf  eine  an- 
^e  Art  Haf  man  nämlich  eine  nicht  sehr  schmale  Platte  auf- 
gestellt, bringt  aber  hinter  dieser  den  Rand  einer  zweiten 
Platte,  parallel  dem  Rande  der  erstem,  so  gegen  die  Grenze 
des  Schattens  heran,  dafs  die  zweite  innerhalb  des  von  des 
entern  geworfenen.  Schattens  in  die  gebeugten  Strahlen-  ein- 
tritt, so  bemerkt  man,  dab  aus  den,  bis  dahin  blols  den  Schatten 
etwas  erhellenden ,  Strahlen  alsdann  farbige  Streifen  hervorge- 
hen, die  also  aus  einer  neuen  Beugung  und  Zerlegung  in  Far- 
henstrahlen  an  der  zweiten  Platte  entstehen.  Flau^IKROUKS 
gUnbt  hieraus  schliefsen  zu  dürfen ,  dals  man  zwei  Krüfte  an^ 
n^men  müsse,  eine  anziehende,  wodurch  die  Strahlen  in  den 
Schatten  hinein  gebeugt  werden  und  welche  auf  alle  Farben*- 
strahlen  gleichmafsig  wirke,  also  blofs  matte  Eileuchtung  ohne 
Farben  hervorbringe ;  eine  zweite  repulsive ,  durch  welche  die 
Stnhlen  sich  von  dem  eigentlichen  Schatten  entfernen,  tind 
Wehe,  stärker  wirkend  auf  die  am  wenigsten  brechbaren  Stralb- 
V.  Bd,  Yy 


'  696  Inflexion  des  Lichtes, 

len,  die  Farbenriinder  hervorbringe,   zngleich  aber,    als  nicht 
stetig  >Tirkend,  sondern  in  gewissen  Entfernungen  zu  und  wieder 
abnehmend,  die  Wiederholungen  der  Farben  hervorbringe ;  eine 
Erklärung,  die.  schwerlich  als  genügend  angesehen  werden  kann, 
^o  wie  der  letzte  Versuch  dienen  sollte  zu  zeigen,  Mrie  die 
Erscheinungen  sich  ändern,  wenn  der  schattenwerfende  Kör- 
per sehr  schmal  ist,  so  sollten  die  folgenden  Versuche  den  Ein- 
ÜvS»  einer  zweiten  dunkeln  Platte  zeigen ,   wenn  der  Spalt  zwi-« 
sehen  beiden  sehr  eng  ist.     Es  ward  hierzu  eine  Vorrichtung 
mit  zwei  Stahlplatten ,  die  in  gerade  geschliffene  Schärfen  sich 
endigten ,  angewandt.    Diese  Stahlplatten  lassen  sich  vermittelst 
einer  feinen  Schraube   einander  so  nähern ,  dals  der  Spalt  zwi- 
-schen  beiden  sehr  eng  wird ,  und  dabei  kann  man  ihnen  entwe- 
,der  die  parallele  Stellung  lassen,  oder  auch  der  einen  Platte  mit 
•  Hülfe  einer  andern  Schraube  eine  kleine  Drehung  geben ,  damit 
:  die  Schärfe  dieser  Platte  mit  der  Schärfe  der  andern  einen  klei- 
.nen  Winkel  mache.     Diese  beiden  feinen  Schärfen  geben,  wenn 
-man  sie  parallel  an  einander  bringt ,  Schatten ,  zwischen  denen 
•der  durch  die  Sonnenstrahlen  noch  erleuchtete  parallelogrammi- 
sche  Raum  übrig  bleibt ,  und  die  Grenzen  der  beiden  Schatten 
sind  nach  aufsen,  das  heilst,  in  das  Innere  des. hellen  Raumes 
hinein,. mit  Farbenstreifen  umgeben.     Rücken  die  Platten  '  all- 
mälig  immer  näher ,   so  nähern  sich  jene  Streifen  einander  und 
gehen  bei  noch  grOfserer  Nähe  üb^r  einander  hin,  ohne  sich  za 
vermischen ,  ja  selbst  in  den  entgegengesetzten  Schatten  gehen 
•diese  Farbenstreifen  hinein  und  man  sieht  sie,  mit  dem  Blau 
zunächst  am  Schatten,  mit  dem  Roth  am  meisten  davon  entfernt, 
deutlich  in  beide  Schatten  eingerückt    Wenn  die  Schärfen  bis 
4iu£  etwa  ^  Zoll  einander  nahe  gekonimen  sind ,  so  sieht  man 
^     allmälig  in  beide  Schatten  ein  weifses  licht  sic}i  verbreiten.    Bei 
noch  gröfserer  Annäherung  fährt  zwar  zuerst  noch  die  Breite  des 
-.  ^jleuchteten  Parallelogrammes  fort  abzunehmen;  aber  bei  der 
151,  Entfernung  =  ^  Lin.  hat  es  seine  geringste  Breite  erreicht,  und 
4er  erhellete  Raum  wird  breiter,  wenn  die  Schärfen  noch  mehr 
gegen  einander  zu  rücken;  bei  ^V  i^i°*  Abstand  fängt   in  der 
J^tte  eine  dunkle  Linie  an  sichtbar  zu  werden.     Sind  die  Schär- 
fen gegen  einander  geneigt,  so  sieht  man  zuerst  eine  dreieckige^ 
erhellte  Fläche  mit  den  oft  erwähnten  Rändern  an  der  Aufsen- 
seite  jedes  Schattens,  die  sich  da,  wo  die  Platten  schon  einander 
nahe  kommen,    durchkreuzen»      Da  sie    unter  sehr  spitzem 


I^nflexion  des  Lichtes.  697 

^lokel  einander  begegnen,  so  entsteht  an  der  Spitze  ein  dunk- 
ler Zwischenraum  in  der  Mitte,  Die  hyperbolische  Form  der 
Streifen,  die  auchFLAuÖERGUES  ausgemessen  hat,  will  ich  hier 
nicht  noch  einmal  beschreiben^  da  sie  mit  Newton's  Angaben 
übereinstimmen.  . 

Nach  ähnlichen  Gesetzen ,  wie  hier  die  Streifen  sich  erwei- 
tem, ändern  sich  auch  die  Erscheinungen,  welche  durch  die 
Sonnenstrahlen  hervorgebracht  werden,  die 'durch  enge  Ldcher 
gehen.  Läfst  man  dem  Loche  eine  Weite  von  3  bis  4  Lin,,  so 
ist  det  helle  Krei^  mit  Farbenringen  umgeben ;  wählt  man  L(5« 
eher  von  kleinerem  Halbmesser,  so  gehen  «diese  Farbenrioge  im- 
aermehr  nach  der  Mitte  zu;  bei  noch  engern  Löchern  ver6ini- 
gen  sie  sich  in  der  Mitte,  und  so  wie  man  allmelig  immer  engere 
Löcher  wählt,  treteo  sie  wieder  aus  der  Mitte  hervor,  und  ge- 
hen endlich  in  den  Schatten  über,  statt  dafs  sie  bei  nicht  so  en-- 
gen  Löchern  im  Hellen  erscheinen.  Hierbei  wird  ein  immer 
gleicher  Abstand  der  das  Bild  autfaiigenden  Tafel  vorausgesetzt. 

Dieses  ist  der  Inhalt  der  Abhandlung  von  Fl^^ugeroues, 
im  ich,  weil  seine  Versuche  sich  so  leicht  nachmachen  lassen 
nnd  so  viel  belehrende  Mannigfa^igkeit  darbieten ,  etwas  ge- 
nauer angegeben  habe. 

Was  vov  GöTHB  über  die  Beugung  sagt^,  fiigt  zu  dem 
Bisherigen  nur  wenig  Neues  hinzu.  Seine  Versuche  «ind  mei- 
stens nur  Wiederholungen  der  schon  bekannten,  und  obgleich  die 
Bemerkung ,  dafs  man  auf  das  Ausgehen  von  Lichtstrahlen  von 
dem  die  Sonne  umgebenden  hellen  Himmel  Rücksicht  nehmen 
nols,  wahr  ist,  so  erklärt  doch  weder  diese  Bemerkung,  noch 
das  Hervorbringen  der  Doppelschatten  durch  zwei  Lichter  die 
mehrfachen  Farbenringe^  und  im  ünstem  Zimmer  verliert  jene 
Bemerkung  ganz  ihren  Werth«  Dafs  die  farbigen  Sonn^nbildez 
tn  Metallsaiten ,  an  Spinn enfäden  n.  s.  w.  hiej^her  gehören  ^  hat 
vos  GöTBE  richtig  bemerkt.  Ich  werde  auf  diese  Erscheinungen 
später  zurückkoaunen« 

Zu  den  wichtigem  Beobachtungen ,  die  zu  einer  wahren  Er- 
weiterung des  Vorigen  dienen,  gehören  dagegen* Biqt'b  Versu- 
che, die  er  mitPouiLLET  vereinigt  austeilte^.  BiOT  fängt  seine 
Betrachtungen  mit  einer  Bemerkung  an,  die  hier  einen  Platz  fin- 


1   Farbeulehre  t  161. 

^  Bio-  Tratte  deph^s-  IT»  p- 74S. 

Yy  2 


698  Inflexion  des  Lichtest» 

den  mag,  Mreil  sie  zugleich  angiebt,  wie  wenig  im  finstem Zim- 
mer der  Halbschatten  das  Entstehen  der  Beugungsphänomene  er- 
klärt. Wenn  ipan  in  das  dunkle  Zimmer  das  Licht  durch  eine 
Oefifnung  von  1  Lin.  Durchmesser  einläfst,  und  in  10  oder  12 
Fufs  Entfernung  eine  Platte  mit  einer  sehr  kleinen  Oeffnung, 
etwa  einem  blofsen  Nadelstiche ,  aufstellt ,  so  ist  der  ganze  an{ 
diese  letztere  OefTnung  fallende  Strahlenkegel  so  schmal  und  zu- 
gleich so  bestimmt,  dafs  man  seine  dem  geradlinigen  Fortgänge 
d^s  Lichtes  entsprechenden  Grenzen  ganz  genau  angeben  kann; 
der  erleuchtete  Kreis  aber,  den  das  durch  diese  Oeffnung  ge- 
hende Licht  auf  einer  dahinter  gehaltenen  Tafel  darstellt,  ist  grö- 
fser ,  als  es  diese  Bestimmung  erlaubt.  Dafs  aber  diese  Aende- 
.  rang  in  der  Richtung  der  Lichtstrahlen  bei  dem  Durchgänge 
durch  die  kleine  OefTnung  selbst  statt  findet,  erkennt  man  theils 
daran,  dafs  die  Farbenränder,  die  sich  in  bedeutendem  Abstände 
hinter  der  OefTnung  yergröfsert  zeigen ,  schon  gleich  hinter  der 
OefTnung  und  zwar  so  verkleinert,  wie  es  dem  Ausgehen  der 
Lichtstrahlen  von  der  OefTnung  gemäls  ist ,  sich  zeigen ,  theils 
erkennt  man  es  an  den  Farbenringen ,  mit  welchen  man ,  beim 
Hindurchsehen  durch  diese  kleine  Oefihung,  die  gröfsere  Oeff- 
'  üinng  umgeben  sieht. 

«  Einen  Hauptgegenstand  von  Biot's  und  Pouillkt's  Un- 

tersnchuDgen  machten  die  Abmessungen  der  Farbenränder,  so 
wie  sie  bei  verschiedenffurbigem  Lichte  erscheinen ,  aus.  Nach- 
dem sie  die  Versuche ,  die  ich  als  von  Flaugeroues  schon  an- 
gestellt erzälilt  habe ,  gleichfalls  angestellt  hatten^  wo  zwei  feine 
gescfaMte  Stahlplatten  nahe  an  einander  gerückt  wurden ,  und 
wobei  sich  dann  die  verschiedenen  Erscheinungen  den  unglei- 
chen Abständen  gemafs  darstellten,  gingen  sie  zu  folgenden 
Versuchen  über,  die  ich  umständlich  mittheifen  mufs« 

Der  Sonnenstrahl  wurde  in  das  finstre  Zimmer  durch  eine 
Oe£fnang  von  nur  1  Millimeter  Durchmesser  eingelassen ,  durch 
ein  in  diesen  Lichtstrahl  gestelltes  Prisma  wurde  das  Licht  in 
Farbensirahlen  zerlegt  und  ein  Farbenstrahl  nach  dem  andern 
auf  jenen  engen  Spalt  des  Instruments  geworfen ,  an  dessen  fei- 
nen Schärfen  die  Beugung  statt  finden  sollte ;  die  durch  diesen 
Spalt  gegangenen  Lichtstrahlen  wurden  auf  einer  an  der  Hinter* 
p.  Seite  matt  geschliffenen  Glasscheibe  in  grolser  Entfernung  aufge- 
152«  fangen.  Die  Farbenstreifen,  welche  so  entstanden,  und  die  hier 
einfarbig,   der  Farbe  des  auffallenden  Lichtes  gemäls ,  erschie» 


Inflexion  des  Liohtet.  099 

mn,  waren  durch  vollkommen  schwarze  ZwischeitrSume  ge*     * 
traiiit,  und  man  sah  eine  grofse  Zahl  solcher  Streifen  an  beiden 
Sdren  des  Mittelstreifes,   indem  das  matt  geschliiFene  Glas  sie 
flBgemein  gut  '«wahrzunehmen  erlaubte,     Ihr  Licht  nahm  mit  der 
Entfernung  von  der  Mitte  ab,   so  dafs  die  letzten  immer  minder 
ieutlich  wurden«     Jeder  einzelne  dieser  hellen  Farbenstreifen  er** 
•chien  gleich  breit  und  ebenso  auch  jeder  der  dunkeln  Streifen,  nur 
wenn  die  zum  Einlassen  des  Lichtes  bestimmte  OefTnung  erheb- 
lich erweitert  wurde ,  nahmeh   die  schwarzen  Streifen ,  wegen 
eines  dann  mehr  ausgebreiteten  Lichtkegels  und  Halbschattens, 
ab,  aber  die  Mitte  jedes  Streifens  blieb,  bei  Anwendung  des- 
Klben  Farbenstrahles ,  genau  an  derselben  Stelle.     Die  Abstand« 
lex  einzelnen  Streifen  von  der  Mitte  wurden  abgemessen  und  zMrar 
bd  jeder  Farbe  anders,  aber  doch  immer  so  gefunden,  dafsder  Ab- 
sUnd  des  zweiten  dunkeln  Streifes  von  der  Mitte  gleich  dem  Dop- 
peltes, der  Abstand  des  dritten  dunkeln  Streifes  gleich  dem  Dreifft-  * 
ckea  n,  8.  w.  des  beim  ersten  stattfindenden  Abstandes  war ,  die< 
ieDen  Streifen  aber  dazwischen  genau  in  der  Mitte  lagen.   Nennt  pi 
sun  nämlich  die  Entfernung  von  der  Mitte  der  ganzen  Erscheinung  153. 
bis  zur  Mitte  des  ersten  duAkeln  Streifes  =s  4  e,  so  war  die  Entfer- 
tfnog  TOD  jener  Mitte  bis  zur  Mitte  des  zweiten  dunkeln  Streifes  ss 
8e,  bis  zur  Mitte  des  dritten  =  12e,  bis  zur  Mitte  des  vierten  =3 
16e;  dagegen  bis  zur  Mitte  des  ersten  hellen  Streifes  =:6e,  bis 
nir  Mitte  des  zweiten  hellen  Streifes  =  10  •»  bis  zur  Mitte  des 
Glitten = 14  e,  und  so  ferner.   In  dieser  Ordnung  zeigen  sichdi« 
Streifen  und  ebenso  auch  die  das  Bild  einer  runden  OefTnung 
umgebenden  Ringe  bei  jedem  auf  die  OefTnung  fallenden  ein- 
fachen Farbenstrahle ;   aber   der  Werth  von  e  ist  nicht  für  alle 
Fvbenstrahlen  einerlei,  .das  heifst,  die  Gr(5ße  aller  Ringe  oder 
dieGrölse  der  Abstände  jener  parallelen  Streifen  ist  bei  verschie- 
denen Farben  anders«     Hat  man  für  den  äufsersten  rothen  Strahl 
ita  Halbmesser  irgend  eines  Ringes  =  1  gefunden ,  so  findet 
"»0  —  0,9243  für  die  Grenze  des  Roth  und  Orange,  =  0,8855 
&die  Grenze  des  Orange  und  Gelb;  endlich  =r;  0,6300  iur  die 
äufsersten  violetten  Strahlen.  Diese  Zahlen  stimmen  aber  mit  den 
Anwandlungen  ganz  genau  überein ,   und  es  ergiebt  sich  daher 
das  Gesetz:  dafs  diefentfemung  der  farbigen  Streifen  oder  Ringe 
von  der  Grenze,  ^ie  der  gerade  fortgehende  Lichtstrahl  angeben 
vürde,  genau  proportional  ist  der  Länge  der  Anwandlungen  de? 
^wdnen  Farben.     Diese  Länge  der  Anwandelungen  wird  näm- 


700  Inflexion  ders  Lichtes*. 

lieh  daroh  die  Dicke  der  Luftschichten  an  den  S^ellep ,  wo  sich 
in  den  Newtonschen  Farhenringen  der  Ring  irgend  einer  Ordnung 
im  Roth,  Orange,  Gelb^u.  s.  w.  zeigt,  bestimmt,  und  diese 
Dicken  sind  für  die  äufserste  Grenze  des  Roth,  für  die  Grenze  des 
Roth  und  Orange  ^  für  die  Grenze  des  Orange  und  Gelb,  für  das 
äufserste  yiolett 

6,35  ;     5,85  ;     5,60;^   4,00, 
und  die3e  Zahlen  verhalten  sich  wie 

1,000  ;      0,921  ;     0,882  ;     0,630  ^ 
Die  Beugungen  hängen,    wie  schon  s^ Gratest vde  und 
nachher  mit  noch  mehr  Sorgfalt  Fi^augeroues  gezeigt  haben, 
nicht  von  der  Natur  der  Körper  ab,  an  welchen  das  Licht  hin- 
streicht, .sondern  bei  gleichen  Abständen  der  Ränder  von  einan* 
der  bleiben  die  Erscheinungen  der  Beugung  ungeändert ;   dieses 
stimmt '  ebenfalls  mit  der  Natur  der  Aocesse  überein  ,  welche  bei 
senkrechtem  Durchgange  des  Strahles  durch  ein  Medium  bloCs 
von  der  Beschaffenheit  dieses  Medii  abhängen.     An  diese  Be« 
trachtung  knüpft  sich  aber  die  zweite,  dafs,  so  wie  die  Länge  der 
Aocesse  eine  andere  ist,  in  einem  anderen  Mittel,  so  auch  die 
Beugung  eine  andere  sey  n  müsse ,  wenn  sich  jene  scharfen  Kann- 
ten nicht  in  der  Luft,  sondern  in  einem  andern  Medio  befinden. 
Schon  NcwTOir  hatte,  um  den  Einilufs  verschiedener  A|ittel  za 
bestimmen,   ein  Haar  zwischen  Glasern  mit  Wasser  umgeben 
und  die  Farbenringe  ebenso  gefunden ,  wie  sie  sich  zeigten ,  als 
das  Haar  sich  in  der  Luft  befand.     Biot  und  Pouillet  stellten 
diesen  Versuch  so  an ,  dals  sie  den  Apparat  mit  dem  schmalen 
Spalt  in  .ein  kleines  Wassergefäfs  setzten ,   dessen  Wänd^  aus 
parallelen  Glasplatten,  2  Gentimeter  von  einander  entfernt,  be-* 
ständen ;  auch  hier  zeigten  sich  die  Farben  streifen ,  wenn  man 
sie  entfernt  von  jenem  Gefäfse  auf  einer  Tafel  auffing,   genaa 
gleich ,   es  mochte  sich  der  enge  Spalt  im  Wasser  oder  in  der 
Luft  befinden.     Dieser  Erfolg  zeigt  also,  dafs  die  Ablenkung  bei 
der  Beugung  in  den  verschiedenen  durchsichtigen  Mitteln  so  ge- 
lindert  wird,  dals  die  nachherige  Brechung  beim  Hervordringen 
in  die  Luft  diese  Aenderung  genau  compensirt.     Nach  den  He'* 
geln,  die  sich  für  die  Gröfse  der  Anwandlungen  in  verschiede* 
nen  Mitteln  ergeben ,  ist  die  Länge  der  Anwandlungen  dem  Bre- 
fhungs- Exponenten  proportional^;  ebenso  sollte  also  auch  hier 


1    Vergl.  Art..  Anwandlungen.  Th.  I.  S.  812.         2  Th,  I.  S.  316. 


Inflexion  des  Lichte«.  70i 

die  Ablenlnog  beim  Wasser  «=  0,77  e  seyn  y  vrenn  sie  s=  e  in 
der  Luft  ist ;  ab^r  der  unter  diesem  Winkel  vom  Einfalislothe 
anf  die  Fläche,  wo  der  Strahl  in  die  Luft  eintritt ,  abweichende 
Stnhl  geht  unter  dem  Winkel  =se' geneigt  in  der  Luft  fort,  und 
die  Erscheinungen  nach  dem  Hervordringen  in  die  Luft  bleiben 
abo  ganz  ungeandert.     JJm  indef»  die  in  dem  andern  Mittel  ein* 
tretenden  Aendern^gen  wahrzunehmen ,  ehe  der  Strahl  in  die 
Luft  übergeht  y  und  jenes  wichtige  Gesetz ,  dafs  sich  die  Beu- 
gung wirklich  dem  Brechungs Verhältnisse  gemäts ändere,  deut- 
lich zu  bestätigen ,  wurde  ein  2  Meter  langes  GefäTs  genommen, 
wn  darin  jene  beiden  den  engen  Spalt  bildenden  Schärfen  ein- 
zotanchen,    und  dieses  ward  am  Ende  mit  einem  matt  geschlif* 
fenen  Glase  geschlossen.     Das  Gefäls  mulste  eine  bedeutenda 
lÄige  haben ,  damit  das  matt  geschliiFene  Glas,  auf  welchem  die 
Barbea  sich  zeigen  sollten  i  denjenigen  Abstand  habe  i^  in  wel- 
chen sich  schon  alle  Farbenstrei&n  gehörig  darstellen.      Der 
Yetsack  wurde  zuerst  angestellt,  wenn  das  Gefär«  bloCs  mit  Luft 
gefuUtwar,  die  Farbenstreifen  wurden  genau  abgemessen  und  dann 
dasGe&fs  mit  Wasser  geftillt    In  derThat  nahmen  die  Abstjinde 
der  Streifen  ab  und»  wurden  |>  dessen ,   was  sie  vorhin  waren, 
ganz  so,  wie  es  das  Verhältnifs  der  Brechung  fordert.    Eben 
der  Versuch  ward  so  wiederholt,  dale  (|ie  den  «Spalt  bild  enden 
Flachen   von  Crownglas   waren,    eingetaucht  in  l^erpentinöl, 
welches  fast  eben  so  stark  als  Glas  bricht;  aber  auch  da  bestätigte 
fidi  dasselbe  Gesetz ,    dafs  die  Ablenkungen  den  Accessen ,  so 
wie  sie  in  diesem  Medio  seyn  müssen ,  gemäfs  sind. 

Ich  habe  wohl  nicht  nöthig,  bei  den  Schlüssen  zu  verwei- 
len^ welche  BiOT  hieran  knüpft;  denn  wenn  die  Abweichung. 
der  Strahlen  bei  der  Beugung  so  bestimmten  Regeln  folgt ,  so  ist 
es  klar,  dafs  man  da,  wo  gemischte  Farbenstrahlen  auffalleni 
den  Ort  bestimmen  kann ,  wo  der  Farbenstteif  der  einen  Farbe, 
und  den  Ort,  wo  der  Farbenstreif  der  andern  Farbe  hinfällt, 
hSs  man  also  anch  die  Mischungen  von  Farben  angeben  kann, 
die  da  entstehen ,  wo  eine  Erleuchtung  von  beiden  Farben  zu- 
gleich statt  findet.  Ist  das  auffallende  Licht  ein  weifses  Licht, 
10  zeigt  sich  in  der  Mitte  Weifs ,  weil  alle  Farbenstrahlen  dort 
Licht  hin  gelangen  lassen;  dieses  Weifs  ist  mit  Roth  umgrenzt, 
weil  das  Roth  sich  weiter  erstreckt ,  als  alle  andern  einzeln  auf- 
fallenden Farben,  oder  weil  der  Abstand  des  ersten  dunkeln 
Stieils  für  das  Roth  grö&er  ist,   als  für  die  ü|>rigen.     Aber  da 


702  Inflexion  des  Lichtes« 

wo  das  Dankel  zwischen  den  rothen  Farbenstreifen  erscheinen 
würde,  wenn  das  rothe  licht  allein  auffiele/  da  fallen  schoa 
die  Grenzen  des  zweiten  violetten  und  dann  des  blauen  Streifes 
hin  y  die  sich  daher  sogleich  an  dem  ersten  Roth  zeigen ;  und  so 
kann  man  d^ie  Entstehung  aller  sich  dicht  an  einander  wieder<- 
holenden  Farbenstreifen  bestimmen,  die  eine  genau  den  New- 
ton^schen  Farbenringen  entsprechende  Erscheinung  darbieten. 
Die  Uebereinstimmung  würde,  wieBiOT  bemerkt,  ganz  vollkom- 
men seyn,  wenn  die  Intensität  der  einzelnen  Farbenstreifen  eben 
die  wäre,  wie  bei  den  Newtpn'schen  Farbenringen ;  da  aber 
hier  die  von  der  Mitte  entferntem  Streifen  weniger  Intensität 
haben,  so  ist  ihr  Einflufs  bei  dem  Aufeinanderfallexi  der  Farben 
verschiedener  Ordnungen  schwächer« 

Zu  den  bisher  angefiihrten  Versuchen,  die  alle  die  Streifen 
auf  einer  in  beträchtlicher  Entfernung  aufgestellten  Tafel  betref- 
fen ,  fugten  Bioi»  und  Povillzt  noch  eine  zweite  Reihe  hinsu« 
Wenn  mah  die  Tafe),  auf  welcher  die  Farbenstreifen  si6h  dar- 
stellen sollen,  weit  genug  «von  der  Oeffhung  entfernt,  9o  dab 
die  sämmtlichen  Farbenstreifen  sich  schon  alle  deutlich  ent^^k- 
kelt  haben,  so  verändert  ein  noch  weiteres  Entfernen  der  Ta- 
fel nur  die,  Dimensionen  der  Ringe  oder  Streifen ,  aber  ihre  An- 
ordnung bleibt  dieselbe;  nähert  man  dagegen  die  Tafel  der 
Oeffnung ,  so  lernt  man  genauer  die  Bildung  der  Farbenstreifen 
kennen ,  und  nähert  sich  der  Bestimmung  des  Weges  der  sie 
bildenden  Strahlen. 

Bei  den  folgenden  Versuchen  wurde  der  Lichtstrahl  doich 
eine  Oeffnung  von  1  Millimeter  in  das  dunkle  Zimmer  gelassen, 
dann  wurde  er  durch  ein  vertical  stehendes  Prisma  gebrochen 
und  die  gebrochenen  Farbenstrahlen  auf  den  Spalt  jenes  sehr  ent- . 
femt  stehenden  Instruments  mit  zwei  scharfen  Kanten  geworfen, 
wobei  man  durch  Drehung  des  Prisma'sjede  einzelne  Farbe. auf 
den  Spalt  bringen  konnte.  Die  mattgeschliffene  Glastafel  war 
an  einem  langen  Lineale  so  befestigt,  däfs  man  sie  anfalle  be« 
stimmten  Entfernungen  stellen  konnte.  Hier  ergab  sich  non 
Folgendes.  Dem  Spalte  wurde  eine  Oeffnung  von  1  Millimeter 
gegeben  und  fast  die  äulsersten  rothen  Strahlen  auf  denselben 
gelenkt.  Stand  nun  die  matt  geschliffene  Glasplatte  in  2  Milli« 
meter  Entfernung ,  so  sah  man ,  selbst  mit  einet  starken  Loupef 
nur  einen  gleichfCJrmig  erhellten  Streifen ,  1  Millimeter  breit, 
mit  scharf  abgeschnittenem  Schatten  f  entfernte  man  aber  allmä- 


Inflexion  des  Lichtes.  703 

Kg  das  matt  gesdififfent  Ghs,   so  ssh  iiuin  das  liclit  ati  den 

Soten  lebhafter  irerden ,  während  der  innerhalb  an  diesen  Rän- 

dtro  anhegende  Theil  etwas  von  seinem  Glanse  verlor;  bei  32,6 

KOimeter  Entfernung  sieht  man  an  jader  Grenze  des  erlench« 

ttten  Rechtecks  (nämUch  an  den  Grenzen  j  die  dnrch  die  Schat* 

fea  beider  Schärfen  hervorgebracht  werden)  eine  helle  Linie,  an 

welcher  sich  innerhalb  eine  dunkle  Linie  seigt  \  beide  sind  der 

Gfrtze  des  Schattens  parallel ;  der  zwischenHegende  erlenchtete 

Bamn  erscheint  noch  gleichförmig  hell«     Entfernt  man  die  Glast* 

platte  noch  etwas  mehr,  so  sieht  man  unter  dem  einfachen  Ver-* 

giObcrangsglase  diesen  Raum  gestreift,  mit  einer  Menge  höchst 

feiner  dunkler  Linien  gefüllt^  die  durch  sehr  zarte  glänzende  Li- 

neu  von  einaoder  getrennt  sind,  und  deren  Helligkeit,  beträcht-* 

Kch  geringer,    als  die  der  ersten  hellen  Linien  am  Rande,    sieh 

gegen  die  Mitte  zu  vermindern  scheint.     Lälst  man  die  Entfer« 

Boog  abermals  zunehmen ,  sb  sieht  man  die  hellen  und  glänzen* 

te  Linien'  an  Zahl  abnehmen,  wobei  aber  die  Breite  der  noch 

ninig  bleibenden  gtöUex  nhd  kenntli^cher  wird«     Ist  man  so  fort- 

genickt,  so  kommt  man  zu  einer  Stellii ,  wo  man  diese  Streifen  . 

ahleo  kann ,   z«  B.  bei  d^m  hier  erzählten  Versuche  waren  es 

5beBe  und  4  dunkle  in  dem  Räume  eines  Millimeters ,  indem  die 

Mitte  hell  war ;   entfernt  man  die  mattgeschMene  auffangende 

Gfatttafel  aber  etwas  weiter ,   so  gehen  die  beiden  dunkeln ,    die 

der  Mitte  am  nächsten  waren «  zusammen ,  und  der  helle  Streif 

vt  atis  der  Mitte  verschwunden ,,  so  dafs  man  nur  noch  4  helle 

vnd  3  dunkle  Streifen  hat ;   dieses  war  deutlich  eingetreten  bei 

91,8  Millimeter  Entfernung,   wo  der  ganze  erleuchtete  Raum 

>och  iijimer  1  Millimeter  breit  und  in  sieben  ziemUch  gleiche 

Strafen  zerlegt   schien.     Bji»i  einer  noch  grOfsern  Entfernung 

weiden  die  dunkeln  und  hellen  Linien  wieder  unbestimmter; 

^r  wenn  man  in  dieser  anscheinenden  Verwirrung  die  Verän- 

^ngen  des  mittlem  Streifens  genau  beobachtet,  so  sieht  man 

^  alimälig  schmaler  werden ,   die  hellen  Streifen ,  die  ihn  be- 

penzten,  nähern  sich  einander,  decken  dann  einander,  so  dafs 

SV  zwei  schwarze  und  drei  helle  Streifen  übrig  bleiben ,  wenn 

£s  Glasplatte  bis  zu  134  Millimeter  weggerückt  ist.     Ebenso 

vennindert  wieder,  bei  noch  grOfserer  Entfernung  der(^8platte, 

der  helle  Mittelstreif  seine  Breite,  die  ihn  begrenzenden  schwär« 

zen  Streifen  gehen  zusammen  und  decken  sich ,  wenn  der  Ab- 

'^d  197  Millimeter  beträgt,    so  dala  dann  nur  ein  dunkler 


704  Inflexion  des  Lichtes. 

MIttelstreif  mit  zweilielleiiSU'eifeiiiadem  noch  immer  IMalhmeter 
'  breiten  Räume  übrig  bleibeo.     Endlich  bei  noch  gröberer  £iit« 
femung  vereinigen  sich  die  zwei  hellen  Streifen  und  der  ganze 
1  Millimeter  breite  Raum  ist  gansr  erleuchtet«    Aber  wenn  man 
die  Tafel  abermals  weiter  entfernt,  so  fangen  die  Streifen,  durch 
einander  hindurch  gehend,   an,   sich  in  den  entgegen<^esetzten 
Schatten  hinein  ausseubreiten,  and  je  ^weiter  man  die  Glastafel  ent- 
fernt, desto  breiter  wird  der  nicht  mehr  von  dunkeln  Linien 
unterbrochene  helle  Raum  in  der  Mitte,  welcher  ako  durch  zwei 
von  jeder  der  beiden  Scharfen  sich  ausbreitende  und  durch  ein- 
.    ander  hindurch  gehende  Lichtsl^ahlen  gebildet  zu  werdep  scheint. 
154*  Die  Figur  stellt  dar,   wie  BfOT  sich  hiernach  den  l&ang  der 
Strahlen  glaubte  «vorstellen',  zu  müssen,   und  sie  zeigt  aUerdings 
leicht  den  Oit,  wo  6  dunkle,  wo  5  dunkle,  4  dunlle,  SMunfcle 
Zwischenräume  u.  s«  w.  sichtbar  sind.     Man  erkennt  auch    in 
dieser  Figur ,^  wie  außerhalb  des  mittlem  Raumes  Farbenstreifen 
mit  dunkeln  Streifen  abwechselnd  entstehn.     Sobald  nämlich 
der  von  der  rechts  liegenden  Schärfe  am'  entferntesten  ausge* 
hende  dunkle  Streif  über  die  Grenze  jenes  Raumes  hinaus  fällt, 
sobald  der  erste  helle  Streif,  der  twjeite  dunkle  und  so  ferner  die- 
sen Platz  erreichen,  so  zeigen  sich  diese  a^s  Farbenstreifen  außer- 
halb jenes  mittlem  Raumes.     Hiernach  schien  es,  als  ob. man 
sich  den  ganzen  Weg  der  lichtstrahlen,   die  senkrecht  in  den 
engen  Spalt  eintreten,  so  denken  k($nne,  als  ob  diese  Lichtstrah- 
len sich  in  eine  Menge  kleiner  Strahlen  theilten,  so  als  ob  sich 
das  Licht  in  diesen  kleinen  j  getrennten  Strahlen  verdichtet,   in 
den  zwischenliegenden  Räumen  dagegen  verdünnt  hätte ;  diese 
Verdichtung  mülste  in  der  gröfsten  Nähe  an  der  Schärfe,    an 
welcher  der  Lichtstrahl  vorbeigeht,   am  stärksten  und  die  Ab« 
lenkung  geringer  seyn,   als  weiter  nach  der  Mitte  des  Spaltes, 
In  Rücksicht  dieser  Ablenkung  glaubt  Biot  folgende  Gesetze 
feststellen  zu  können  *)•    Der  unmittelbar  an  dem  festen  Körper 
selbst  vorbeigehende  Lichtstrahl  ist  gar  nicht  abgelenkt,    und 
deshalb  ist  der  Schatten  so  strenge  auf  gleicher  Breite  mit  dem 
Spalt  begrenzt,  so  lange  die  Strahlen,  welche  Abwechselungen 
von  Hell  und  Dunkel  bilden,  noch  nicht  alle  aus  diesem  Räume 


♦)  Und  die«e  Gesetze,  wenn  sie  auch  den  Gang  der  gebengten 
Strahlen  selbst  nicht  angeben,  seigen  doch  den  Ort  der  dimkela  imd 
hellea  Linien  an« 


.  Inflexion  des  Liebte««  705 

liemtrgegaDgen  und«    Neben  diesem  ersten  lichtstrafale,  de«-» 
sen  entferntere  Theile.ein  wenig  abgelenkt  sind,  liegt  der  lerste 
B^iffl  verdünnten  Lichtes,    der  zweite  mehr  abgelenkte ,  aber 
mattere  Strahl  verdichteten  Lichtes  grenzt  hieran ,  u.  s.  w«    Das 
Uebnge  erläutert  die  Zeichnung  zureichend ,   und  was  hier  für 
äae  Art  von  Farbenstrahlen  gezeichnet  ist ,  das  fände  für  jede 
ebzeloe  Art  Farbenstrahlen  statt,  nur  mit  eines  mindern  Abwei- 
cfaaog  fär  die ,  welche  brechbarer  sind« 

Noch  eine  geometrische  Bestimmung  war  bei  diesen  Versn« 
chen  zu  erhalten,   nämlich  wie  die  Ablenkung  des  ersten,  fast 
ohne  merklichen  Abstand  von  der  Schärfe  des  Seitenrandes  aus- 
gehenden,  dunkeln  Raumes,  de»  ersten  Strahles  verdünnten  Lieh« 
tes,  wie  Biot  es  nennt,  sich  ändert  mit  der  Weite  des  Spaltes; 
dazu  diente  oämlich  die  Abmessung  des  Abstandes ,   bei  Wel- 
chem der  erste  dunkle  Streif  die  Mitte. des  erhellten  Raumes  er- 
reichte.    Hieraus  ergiebt  sich 

hei  einer  Weite  des  Spaltes  =:  0,35  Millim.  Ablenk.  =:35'.  49^'. 

0,50    •••...    18.  41. 
0,75    ..;•.•    10.  44. 
1,00    ••»••'•     6.    3. 
1,25    .   •    .    ;   •    .     5.  19. 
1,50    «••...     4.  28. 
1,75    .•••;.     3.  16. 
2,00    .....    .      3.  13. 

3eoe  Abweichung  'des  ersten  p  die  dunkeln  Zwischenräume  her- 
voihringenden ,  Strahles  hängt  also ,  obgleich  dieser  Strahl  in 
einer  ungemeinen  Nähe  an  der  einen  Schärfe,  vorbei  9  gleichsem 
voD  der  Oberfläche 'dieser  Scharfe  selbst  ausgeht,  dennoch  von 
itm  Abstände  der  zweiten  Schärfe  ab ;  und  eben  diese  Abhän- 
gigkeit muCs  daher  bei  allen  ^att  finden ,  «da ,  wie  wir  gesehen 
haben,  die  Lage  aller  dunkeln  Zwischenräume,  in  regelmäfsiger 
Anordnung  sich  gleichroäfsig  bei  allen  erweitert  oder  verengert« 
Vftun  man  den  beiden  letzten  Angaben  für  1^  und  2  Millimetec 
tnnen  kann ,  wo  die  so  wenig  gegen  einan46r  geneigte  Rich^ 
tang  beider  Strahlen  keine  strenge  Bestimmung  erlaubt,  so 
icheint  die  Ablenkung  sich  einer  Grenze  zu  nähern,  welche  als 
diejenige  anzusehen  wäre,  die  selbst  bei  völliger  Abwesenheit 
einer  zweiten  Schärfe  blofs  als  dem  Rande  des  einen  K.örpex]| 
angehörend  müfste  angesehen  werden. 

Auf  dieser  bei  grölserer  Weite  des  Spaltes  geringer  wer- 


TOft*  InflexioB  de«  Lichtes. 

denken  Äblenkmig  benibt  es,  AaSs  man  auf  einer  sehr  entfernt 
vom  Spalte  aufgestallten  Tafel,  wenn  der  Spalt  sehr  eng  ist,  die 
Farbenstreifen  so  weit  ans  einander  treten  äieht,  da(s  sie  bei 
gröberer  Erweiterung  des  Spaltes  sich  gegen  die  Mitte  zusam- 
mendrängen und  endlich  einer  nach  dem  andern  in  den  mitt- 
lem erhellten  Raum  hineingehen.  Dafs  darin  zugleich  auch  die 
Erscheinung  hyperbolisch  gekrümmter  Streifen  bei  einem  gegen 
das  eine  Ende  hin  verengerten  Spalte  mit  begaffen  ist,  leuchtet 
von  selbst  ein.  i 

DaEi  auch  die  eine  Seite  des  Spalts  schon  hinreiche,  um 
für  sich  allein  Lichtstreifen  oder  Farbenstreifen  vermöge  der 
Beugung  hervorzubringen,  und  dafs  diese  sich  daher  an  jeder 
Kante  eineis  festen  Körpers  zeigen  müsse ,  zeigt  auch  der  Ver- 
such im  dunkeln  Zimmer  dadurch,  dafs  man  die  Ränder  des 
Schattens  aller  dem  Lichtstrahle  ausgesetzten  Körper  mit  Licht- 
rändern  umgeben  sieht.  Die  abgelenkten  oder  gebeugten  Licht- 
strahlen gehen  von  der  Kante  abwärts  und  zeigen  daher  um  den 
Schatten  auüserhalb  Lichtstreifen ;  aber  da  die  Ablenkung  in  die- 
sem Falle  sehr  geringe  ist,  so  mufs  man  sich  weit  entfernen, 
um  eine  Folge  ven  heUen-  Streifen  deutlich  zii  sehen« 

Die  merkwürdigen  Erscheinungen ,  die  sich  da  zeigen ,  wo 
ein  schmaler  dunkler  Körper  das  Licht  aufTängt,  und  w^o  die 
grofse  Nähe  einer  zweiten  Grenze  des  schattenwerfenden  Kör- 
pers auf  die  Farbenstreifen  an  der  ersten  Kante  einen  grolsen 
Einfluls  zeigt,  hat  Flauoeroites  Vollständiger  t}s  Biot  beobach- 
tet und  Letzterer  versucht  es  nicht ,  diese  Erscheinungen  zu  er- 
klären. FftZSiTEL  üud  YousG  haben  auf  sie  ganz  vorzüglich 
ihre  Aufmerksamkeit  gerichtet« 

Auch  bei  der  Reflexion  finden  Farbenränder  durch  Diffraction 
statt.  Ist  eine  sdiön  polirte  Fläche*  sehr  schmal,  oder  giebt 
man  ihr  eine  so  schiefe  Richtung,  dafs  sie  nur  in  einem  sehr 
schmalen  Räume  die  Lichtstrahlen  auffängt,  so  erleidet  das  zu- 
rückgeworfene Licht  eben  die  Einwirkung,  als  ob  es  durch 
einen  so  schmalen  Raum ,  wie  die  Zurückwerfungs  -  Ebne  ihn 
angiebt,  durchgelassen  würfle.  Wäre  ein  $o  enger  Spalt  statt 
der  zurückwerfenden  fläche  da  gewesen,  so  würde  sich  das 
durchgelassene  Licht  iit  einzelne  Strahlen  zerlegt  haben,  und 
desto  mehr  gegen  die  Mitte  abgelenkt  worden  seyn ,  je  mehr 
entfernt  von  den  Rändern  es  vorbeiging.  Ganz  diesem  ent- 
sprechend zeigt  sich  auch  der  reflectirte  Strahl  gebeugt:     Auch 


lafJexion  des  liielitea  707 

Idermrd  das  einfarbig»  I»iobt,  wenn  die  «nriickweifeiide  Ebene 
not  parallelen  Seiten  begrenzt  itt,  Lichtliiiien,  den  Hindern 
fviilel,  «eigen,  nnd  auch  luer  gehen  die  einselnen  Strahlen  von 
dereinen  Seite  durch  die  von  der  andern  Seite  kotfimenden ,  te 
ixls  das  Verschwinden  eines  Streifens  nach  dem  andern  bei  zn^r 
Dornender  Entfernung  wahrgenommen  wird.  Auch  die  Ver* 
idiiedenheit  bei  ungleichen  Farben,  tritt  gane-  ebenso  eitf  ^  wie 
bei  den  dorch  einen  engen  Spalt  dorcfagekssenen  Strahlen ;  .die 
Verhältnisse  der  Ablenkungen  bei  verschiedenfarbigen  SCrah- 
len  scheinen  ein  wenig  von  dem  Verhaltnisse  der  Accesse  ab* 
znweichen,  aber  da  diese  selbst  vom  Einfallswinkel  abhängen 
nad  dieser  bei  den  Versuchen  85^  betrug,  so  läfst  sich  dieses 
Termnthlich  aus  dieser  Aenderung  erklären«.  Da  der  anfgefan-« 
gene  Lichtbtischel  sehr  schmal  sejn  mufs ,  wenn  die  Erschein 
oniigen  sich  zeigen' sollen,  so  mufs  man  bei  einer  breiteren  Spie«- 
gelfläche  sie  nm  so  mehr  gegen  den  Lichtstrahl  neigen  oder  den 
vom  Perpendikel  an  gerechneten  Winke!  um  so  mehr  vergrO- 
(sem;  und  vrenn  die  Zunlckwerfung  unter  sehr  schiefen  Win«^ 
kein  geschieht,  so  bringt  jede  kleine  Aenderung  des  Winkels 
eine.groCse  Aenderung  in  den  Erscheinungen  der  Farbenstrah- 
len hervor.  Die  bei  einer  solchen  Beflexion  hervorgebrachten 
Faibemiüider  scheinen  aber  darin  von  denen  v^  die  ein  enger 
Spalt  hervorbringt,  abauweichen,  dafs  auch  bei  einfarbigem 
lichte  die  Abnahme  der  Intensität  des  Idohtes  der  auf  einander 
blgenden  Ränder  bedeutender  ist« 

JoH.  Tob.  Matea  hat  die  Lehre  von  der  Beugung  des 
Lkhtes  ebenfalls  durch  einige  neue  Versuche  bereichert.  Ich 
werde  den  Inhalt  seiner  Abhandlung  kürzer  darstellen  kOnnen, 
da  sich  Manches,  als  mit  dem  schon  Erzählten  übereinstimmend^ 
leicht  übersehen  läfst  K 

Matkk  beschreibt  zuerst  Versuche,  wo  ein  dünner  cylin* 
irischer  Körper  den  freien  Sonnenstrahlen  ausgesetzt  und  der 
Schatten  in  mehr  oder  minder  grofser  Entfernung  aufgefangen 
wird,  deren  Resultat  ganz  mit  den  von'FLAüOERöUKS  beschne- 
benen  Versuchen  übereinstimmt«  Bei  der  Qeschreibung  der  £f* 
schainangen,  die  der  Schatten  eines  etwa' 4  Linie  dicken  Cy* 
Baders,  dem  Sonnenstrahle  im  dunkeln  Zimmer  ausgesetzt,  dar^ 


1    Comment.  recant.  fociet,  reg.  Gotting.  Yol.  IV.   Clasi.  math. 


708  Inflexion  dea  Liohtef. 

bietet,  bemeilt  Mater,  dafs,  wenn  die  matt  gescMifiWne  Glas- 
tafel 12  Zolle  weit  entfernt  war ,  der  Schatten  jenes  Cylinden 
anfing  weniger  dnnkel  zä  erscheinen ,  und  das  Mikrqskop  zeigte, 
dalis 'dieses  dnrcfa  eine  Menge  weifser  Lichtlinien ,  die  der  Axe 
des  Schattens  parallel  mit  danklem  Linien  abwechselten ,  her-* 
Torgebracht  wurde;  bei  2  FuCs  Entfernung' der  Glasplatte  zeigtea 
sich  die  schwarsen  und  hellen  Streifen  schon  dem  blofsen  Auge, 
und;  man    erkannt«  zwei  schwarze   den  Schatten  beorenzende 

o 

Linien,  daran  zwei  helle  Linien  im  Innern  des  Schattens >  ao 
diese  grenzten  noch  zwei  dunkle  Linien  und  dann  ein  heller 
Raum  in  der  Mitte.  Bei  etwas  Termehrtem  Abstände  zeigen  sich 
die  weiTsen  Streifen  als  farbige ,  die  schwarzen  Grenzlinien  des 
Schattens  werden  matter  und  fiielsen  mit  dem  Weils  zusammeD, 
anfserhalb  der  Schattengrenze  aber  zeigen  sich  die  oft  erwähnten 
den  Schatten  umgebenden  Farberstreifen.  Da  bei  dickeren  Cy- 
lindem  mehrere  helle  und  dunkle  Linien  in  dem  Schatten  vor* 
banden  zu  seyn  schienen,  die  sich  aber  undeutlicher  zeigten, 
so  fand  Matkb  es  besser,  die  Strahlen' nicht  auf  ein  matt  ge- 
schliffenes Glas ,  sondern  geradezu  auf  eine  Linse  von  2  bis 
3  Zoll  Brennweite  fallen  zu  lassen ;  damit  das  Auge  nicht  ge- 
blendet werde,  wurde  es  mit  einem  dunkeln  Glase  beschützt  ^ 
und  dann  zeigten  sich  bei  richtiger  Stellung  der  Linse  sechs  und 
mehr  Streifen. 

Die  Versuche  mit  dem  durch  einen  schmalen  Spalt  durch- 
gelassenen  Lichte  bieten  nichts  Neues  dar.  Was  die  Ursachea 
der  Erscheinungen  betrifft,  so  glaubt  Mater ,  man  könne  zwar 
eine  anziehende  und  eine  abstofsende  Kraft  als  zugleich  wirkend 
annehmen,  aber  es  sey  natürlicher  anzunehmen,  dafs  einige  Lkht- 
theilchen  aus  einem  mechanischen  Grande  ohne  eine 'eigentlich, 
abstofsende  Kraft  von  ihrem  Wege  abgelenkt  werden.  So  näm- 
lich ,  wie  bei  dem  Anstofsen  eines  flüssigen  Körpers  an  einen 
festen  einige  Theilchen  ihre  Richtung  behalten,  andere  dage- 
gen abgelenkt  werden ,  so  könnte  es  audi  hier  statt  finden« 

An  diese  Versuche  und  Erklärungen  Matek's  schlief se  ich 
Paarot^s  Erklärung  der  EtscKeiMingea  an  i.  Nach  Par^QT 
haben  sie  blofs  ihr^n-  Ursprung  in  der  ungleichen  Erwärmung 
des  die  Köipei  umgeb^den  Medii.  Allerdings  lälst  sich  .wohl 
glauben,    dafs  allemal,    und  vorzüglich  einem  staxken  Lichte 


1    Theoretische  Physik.  IC.  !!€4.  G.  LI.  247. 


Inflexion  des  Lieble«.  706 

«nsgtsetet,  die  Öbtrlächeii  äet  Körper  iw^baer^  ab  die  Luft, 
Ba^,  und  daJb  sie  daher  eine  verdünnte  Atmosphilre  nm  siek 
hhen ,  die  erst  in  etwas  gröfsem  Abständen  zar  gew^fhnlidien 
Dichtigkeit  der  Luit  übergeht  j  aber  wenn  unt  auch  davon  ab- 
seben wollen,  dals  diese  Erwärmnng  doch  wohl  gewifs  an  dar 
Obeifläche  einigei  Kttrper  grdfier,  an  der  ObfrflMche  anderer 
kldner,  damit  also  dieStaifce  der  Bengong  von  der  Nator  der 
Körper  abhängig  wära ,  so  scheinen  anch  die  Piiänomene  nicht 
10  einfach  zu  seyn,  als  sie  nach  dieser  Hypothese  seyn  mülsten« 
Entlich  nämlich  erhellet  nicht,  wie  zu-  gleicher  Zeit  eise  Ab^ 
knknng  der  Lichtstrahlen  von  der  Grenze  des  Schattens  t^nd 
sogleich  ein  Hereinbeugen  gegen  den  Schatten  zu  statt  fihden 
sollte,  nnd  zweitens  erhallet  noch  weniger,  wie  man  das  Pe« 
liodische,  die  Wiederholung  mehrerer  Farbenringe  erklären 
soU^ 

Um  die  bisher  beschriebenen  Erscheinungen  auch  ohne 
Teidonkeltes  Zimmer  selbst  zu  sehen ,  thut  man  am  besten ,  am 
einen  Enda  einer  R(flire  von  Pappe  oder  einem  andern  undurch* 
nchtigen  Körper  eine  Glaslinse  von  kleiner  Brennweite  so  ein* 
setzen  zu  lassen ,  dafs  hier  kein  andres  Licht  eindringen  kann» 
IMe  Röhre  mnÜB  aus  mehreren  Auszugröhren ,  nach  Art  eines 
Ferarohres,  bestehen,  und  am  andern  Ende  ein  Ocular,  eine 
Glaslinse  von  etwa  1  Zoll  Brennweite,  haben,  ^um  hier  das  Auge 
anzobringen.  Will  man  sich  begnügen ,  blob  die  Erscheinun- 
gen der  Ränder  um  einen  dunkeln  Körper  zu  sehen,  so  hat  man 
nichts  weiter  nöthig ,  als  irgendwo  in  der  Slitte  der  Röhre  eine 
Nadel  oder  auch  einen  etwas  breitern  Körper  anzubringen ,  das 
Rohr  gegen  die  Sonne  zu  richten ,  damit  das  Licht  durch  die 
kleine  Linse  einfalle,  und  das  Ocular  zuerst  bis  so  weit,  dals 
der  Körper  sich  im  Brennpnncte  desselben  befindet ,  zu  nahem, 
^nn  aber  allmälig  die  Qcularausziige  zu  verlängern,  um  die 
Erscheinungen  in  verschiedenen  Entfernungen  von  dem  schat- 
tenwerfeiiden  Körper  wahrzunehmen«  •  Man  sieht  dann  die  den 
daokeln  Körper  s^erh^b  umgebenden. farbigen  Lichtränder,  die 
iea  Schatten  umgeben ,  wenn  man  den  Schatten  auf  einer  Tafel 


1  Langer  Bei  dieser  Theorie  za  verweilea  scheiat  jetzt  annö- 
Üiig,  da  seit  1815 ,  als  Pabrot  schrieb ,  Umstäade  bei  den  Erschein 
Bimsea  bekanot  gewordea  sind,  die  sich  nach  dieser  Theorie  se  ve- 
ug  ab  zach  den  übrigen  bisher  angeführtea  erklareii  lassen« 


710  Xnflexion  .defl  litchte«. 

.«uffifngt ;.  tna9  jiebt  ßie  im  Innern  eines  schitialen  Schattens  nch 
dtiTOteUeDden  Ferbenlinien ,  «die  liier  äU  auf  der  Nadel  selbit 
•ihrer  ganzen  Länge  nach  erscheinen  $  und  .deren  Zahl  gr(jXser  ist, 
wenn,  man  das  Auge  der  Nadel  nahe  bringt.  Ist  der  K&iper 
schmal  genug,  od^r  die  Nadel  zugespiut,  so  sieht  man  den  hel- 

'  len  Streif  an  der  Alitte,  so  dals  die  Nadel  an  der  Spitze  gespaL- 
ten   erscheint«     Wenn   man  andere  Erscheinungen  beobachten 

/'wiU,  so  mufa  man  die  Röhren  so  einiiphten,  dals  man  in  ihrer 
Mitte  irgendwo  die  nöthigen  Vorrichtungen,  ohne  fremdes  Liebt 
zuzulassen:,   anbringen  ,   dabei  aber  die  Öcularlinse  nähern  oder 

.entfernen  kann«  Bringt  man  einen  schmalen  Spalt  so  an,  dsb 
das  einfallende  Licht  nur  durch  ihn  cum  Auge  gelangt,  so  kann 
man  bei  allmäliger  .Entfernung  des  Ociilars  alle  die  von  Bxot 
besbhriebenen  Erscheinungen  seh^n ,  und  thut'am  besten  da  an- 
zufangen ,  wo  der  Spalt  sich  in  dem  Brennpuncte  des  Oculan 
befindet»  Das  Mayer^sch  Inflexioskop  ist  von  dieser  Einrichtung 
aur  darin  verschieden ,  dafs  es  am  einen  Ende  eine  kleine  Oeff- 
nung  zum  Einlassen  des  Lichtes  hat ;  eine  Linse  ist  aber,  wie 
Fabskel  gezeigt  hat,   besser,  um  Lichtstrahlen  fast  genau  von 

•  einem  Puncte  ausgehend  zu  erhalten. 

Versuche ,'  welche    diese    Erscheinungen    auf    die 
Theorie  der  InterferenÄen  zurückführen. 

Dieses  waren  ungefähr  die  Kenntnisse,  an  welche  Thoil 
Touv»,  Frssstbl^  Aaago  und  Faaushofba  diejenigen  B^b- 
achtungen  und  Schlüsse  anknüpften ,  welche  (der  ganzen  Lehre 
von  der  Beugung  des  Lichtes  ein  andres  Ansehn  geben ,  and 
ich  stelle  diese  Beobachtungen  deshalb  hier  erst  zusammen,  ob- 
gleich Youvo  weit  früher  als  B^ot  seine  Untersuchungen  an- 
Btelhe«  Seine  Abhandlungen  sind  aus  den  Jahren  1801 ,  180% 
1803  und  enthalten  Folgendes  K 

Yoüvo  war  durch  mehrere  Betrachtungen,  die,  so  weites 

n9thig  ist ,   im  Art«  Interferefi%  angeführt  werden ,  darauf  gelei- 

.  tet ,    dafs  zwei  Lichtstrahlen ,  die  sehr  nahe  nach  einerlei  Rieh-* 

tung    fortgehen,  bei  ihrem  Zusammentreten  nicht  immer  zur 

Verstärkung  der  Erleuchtung  beitragen ,  sondern  dafs  unter  ge- 


1    Auf  d«  Phil«  Trantact«  in  Tonngf  lectnrcs  on  nataral  philoio* 
pbj.  n.  613.  abgedrackt. 


InflexioB  des  Liolitea.  711 

tUms^den  der  eine  den  andern  verstärkt)  tt»tt  daCi  in 
•ehr  nahen  andern  Puncte  der  eine^  Lichtstrahl  die  durch 
im  andern  bewiihte  Erleuohtttng  zerstritt,  un^  dafe  (welches 
lue  allerwichtigste  Bemerkung  ist)  diese  ungleiche  Einwirkung 
steh  der  Ungleichheit  der  Wege  heider  Lichtstrahlen  regelmä- 
lag  abwechselnd  eintritt.  £r  sieht  dieses  als  die  Folge  einer 
Uodalationsbewegung  des  Äethers  an,  welche  sich  wie  der 
SchaS  fortpflanst  $  diese  bringt  einen  verstärkten  Licht-Eindmck 
iMrror,  wenn  d^^  verdichtende  Theil  der  einen  Welle  mit  dem 
verdichtenden  Theile  der  andern  zusammenfällt  und  dann  auch 
&itwihrend  eben  dieiSfs  ZusammentrQiFpn.  gleichaftiger  Wel- 
leudieile  fortdsueit;  sie. bringt  dagegen  ksiinen  Licht -«Eindruclc 
knror,  wenn  sie  nlit  e}ner  nm  eine  halbe  Wellenbreite  spüler 
a&konmenden  Welle:  zusatomentriff^  ,  wo  der  verdichtende 
Thal  der  einen  Welle  mit  dem  verdünnenden  Theile  d^ 
eodem,  und  umgekehrt ,.  in  demselben  Puncte  zusammentrifft» 
Cehen  also  an  dem  Rande  einer  OefTnung  oder  überhaupt  -  ^n 
4«r  Kante  eine«  festeuKörpersLichtstrahki^  vorbei,-  die  h^  dem 
Antreffen  eine  von  dieser  Kante  ausgehende  Un^ulation  hervor^* 
^gcn»  so  trefiFto  diese  Wellen  mit  den  gerade  eintretenden 
'Wellen  zusaounen,  der  Weg  jener  ist  langer  als  dj^.Weg  dil;*^». 
sct,  und  weün  AB  gepau  um  eipe  h^lbci  Wellenbreitn  länger  155.' 
ab  CB  ist,  so  tritt  in  B  eine  Interferenz,  ein ,  und  B  ist  dunkel^ 
M  dagegen  A  D  um  eine  ganze  Wellenbreite.  länger  «Is  £  D ,  '80 
ist  in  D  verstndtes  Licht,  und  so  mnis  abwechselnd  eine  dunkle 
end  eine  helle,  flen  Rand  d^s  Schattens :umgebende,  Linie  sich 
■eigen.  Etwas  Aebnliehes  wird  de  statt  finden ,  wo  vom  zwei 
Seiten  her  Strshlen  in  den  Schatten  hineingebeugt  mit  einen* 
tezasammeätreAen  K, 

Die  Veisttche,  welche  Youv^  anstel]t^^>  betrafen  zu« 
siehst  die  FadbeilstreiCuiy  die  sich'  in  dem  Schatten  eines  sehr 
scbnalen  dunkeln  KC^rpers  sfieigen,  dafs. nämlich,  «über  den 
^Schatten  lungehenden  Rändern,  sich  auch  der  ganze  Schat- 
ten selbst  in'  Farhenstreifen  zerlegt. zeigte,  die  an  Zahl  verschie- 
den waren  nach  der  Entfei^ung  der  den  Schatten  auffahrenden 
^ne.  Aber  hier  iabte  er  den  von  Flauoeagubs  zwar  sorg- 
^kig  beobsichteften,  nber  doch  nicht  gut  erklärten  Umstand  auf^ 


1  p.  629.  685,    . 

2  p«  6S9. 

V.  Bd.  Zz 


712  Iivflexion  Jes  Lichtes. 

%fs  die  Farbenstreifen  im  Innern  des  Scfeittens  sogleich  vct- 
'schwinden ,  wenn  die  am  einen  Rande  des  Körpers  vorbeige- 
gangenen Strahlen  micht  m€hi  sich  mit  denen  vereinigen ,  die 
ant  tindern  Rande  vorbeigegangen  sind.  Flauosasues  hatte 
schon,  bemerkt,  dafs  die  streifige  Erscheinung  im  Innern  4es 
Schattens  sogleich  in  eine  gleichförmige  matte*  Erleuohtmig 
durch  hineinwarts -gebengte  Strahlen  überging,  wenn  man  an  die 
andere  Seite  des  schmalen  Körpers  ein  breiteres  Stuck  Papier 

'  toder  dergleichen  anklebte.  Youvo  stellte  einen  SchinA  bald  vor 
%ald  hinter  den'einen  Rand  jenes  schmalen  Körpers,  um  die  an 
ihm  •  vorbeigehenden  Strahlen  nicht  zu  dem  Orte  des  aufge&n- 
geVietl' Schattens  gelangen  zu  lassen,  und  dieses  hatte  den  si- 
thern  Erfolg ,  auch  die  dem  andei^n  Rande  angehörenden ,  ia 
Iniiern  des  Schattens  liegenden  Streifen  zti  «zerstören.  Wurde 
d^i-  kleine  Schirm  zwischen  dem  schattenwerfenden  KK^er  und 
der  den  Schatten  auffangenden  Ebne  aufgestellt,  so  mufste  er 
hinreichend  tief  in  deh  Schatten  reinrücken,  um  die  schon  sd 
weit  von  diesem  Rande  nach  Innen  abgelenkten  Sttahlen  wirk« 
lieh  aufzufangen. 

Um  dieM^sinüng,   itti  diese  Wechsel  dunkler  und  heflei 

.  ;Litlieu  teirklich  ans  dem  angeführten  Umstände  zn  erklären  sind, 
tn  bestS^igen,  stellt*  er  Berechnungen  an,  umdie Länge  des 
Von  jedem  Liehtstrahle  durchlaufenen  Weges  zu  bestimmen. 
fher  Wurde ^auk  der  Voraussetzung,  dafs  der  eine  Lichtstrahl 
gerade  fortginge,  der  andere  von  den  Kanten  das  festen  Körpeif 
«US  s^ihefn  Weg  forts^itztp,  berechnet,  wie  viel  in  dem  PnncCa^ 
Wo  sJe  bereinigt  auf  der  den  Schatten  auffangenden  Tafel  anka- 
men , '  die  Differenz  der  Wege-  betrug,  Aus'Nbwtoä's  Versu- 
chen mit  den  zwei  Messerschneiden  findet  sich 'diese  DifSerens 
für  das  VerscWinden  zwischen  »0,0000122  und  0,0000182 
schwankend ,  woran  offenbar  die  Schwierigkeit  ganz  genauer 
Messungen  Schuld  ist.  Aus  desselben  Beobachtnngen  des  Schat- 
tens eines  Haares  geht  hervor,  da  daS  Haar  rhr  ^H  breit  war, 
144  Zoll  von  der  Oeflnung  und  252  Zoll  von  der  Tafel  abstand, 
der  Zwischenraum  zwischen  dem  zweiten  Paare  heller  Linien 
aber  ^  Zoll  gefunden  wurde,  dafs  das  Viertel  des  Unterschie- 
des der  Wege  beider  Lrchtstrahlen  s=  0,0000 14^  Zoll  betrag; 
das  Viertel  aber  mufste  hier  benommen  werden,  wenn  man  die 
dem  ersten  Verschwinden  entsprechende  Differenz  der  Wege 
ausmitteln  wollte,  denn  die  erste  helle  Linie  entspricht  der  dop- 


Inflexion  des  Lichtes.  713 

pclten,  die  zweite  heUe  Linie  der  vierfachen  Dififerenz  oder  jene 
«ntr  ganzen ,  diese  zwei  ganzen  Wellenbreiten« 

Bei  Touvo's  eigenen  Versuchen ,  die  ich  sogleich  beide 
neben  einander  hersetze,  war  es  der  Schatten  eines  schmalen 
Gegenstandes ,  an  welchem  der  Abstand  vorzüglich  des  zweiten 
PuKS  der  dunkeln  änbern  Linien  gemessen  und  4-  der  Dififerenz 
ia  bis  dahin  gehenden  Wege  berechnet  wurde«  Hier  war  t 
Btatt  des  Gegenstandes  =  0,434;  =  0,083 ;  AbsUnd  des  Gt^ 
genstmdes  vou  der  OefiTnung  =s  125;  es  32;  Abstand  der  den 
Schatten  auffangenden  Ebne  von  der  Oeffnung  =:  250;  =250; 
Alkstand  zwischen  jenen  beiden  dunkeln  Linien  =  1,167;  =a 
li309;  f  Differenz  oder  Unterschied  der  Wege  bei  dem  ersten 
Vendiwinden  der  Erleuchtung  =0,0000149;  =0,0000137* 
Toüie  glaubt ,  dals  diese  Länge  des  Raumes ,  den  man  nach 
dem  Vorigen  gleich  einer  halben  Lichtwelle  angeben  mülste, 
etwas  la  grofs  ist ,  wofiir  er  den  Grund  aber  nicht  überzeugend 
n^ebt; 

Diese  Erklärungen  vonTouvG  scheinen  eine  Zeit  lang  wenig 
Whtet  worden  zu  seyn ,  wenigstens  kannte  Frksvel  sie  nicht, 
>b  er  die  Versuche  anstellte,  die  ich  jetzt  beschreiben  will, 
oad  Äiieo ,  der  ihn  auf  Youvo's  Bemerkungen  aufmerksam 
Mdite,  scheint  doch  auch  erst  um  diese  Zeit  (1815}  ernstlich 
^  ^sfoe  Bficksicht  genommen  zu  haben. 

PaisvKL^  bediente  sich,  auf  Aiiaoo's  Rath,  um  ein  star- 

I  b,  von  einem  einzigen  Puncto  ausgehendes  Licht  zu  erhalten, 

I  QBet  in  den  Fensterladen   des  dunkeln  Zimmers  eingesetzten 

'  Conveicglases  von  kurzer  Brennweite ,    dessen  Brennpunct  die 

i  <vr  fiewirkung  der  Phänomene  erforderlicheniLichtstrahlen  aus« 

;  ttodete;  je  kleiner  dessen  Brennweite  ist,  desto  kleiner  ist  der 

I  I'toct,   in  welchem  eich  das  Bild  der  Sonne  vereinigt,   und 

'  dcito  besser  kann  man  alle  Versuche  damit  anstellen.     Um  die 

V  von  dem  Rande  eines  Gegenstandes  ausgehenden  Strahlen  so- 

I  gleich  bei  ihrem  Ursprünge ,    recht  nahe  hinter  dem  schatten- 

Werfenden  Körper,    zu  beobachten,   wandte  auch  Frbsvzl  zu- 

est  ebe  matt  geschliffene  Glasscheibe  an ,  auf  welcher  er  durch 

eioe  eb&che  Linse  die  Farbenstreifen'  beobachtete ;  er  fand  aber 

^U,  dafs  diese  Linse  ihm  nicht  blofs  die  auf  dem  Glase  auf- 

Sefangenen  Streifen  zeigte ,  sondern  dals  er  die  Streifen  ebenso 

1  Ann.  de  Chiffli  et  Phya.  I.  239. 

Zz  2 


714  Iiiflexlou  de«  Lichtes. 

in  der  freien  Luft  fortgebend  saR,  und  er  tibeneugtä  sich  h^ 
dann  vollständig ,  dab  die  Lonpe  die  Farbenstreifen  genaniso 
ceigt ,  wie  sie  in  ihrem  Brennpuncte  wirklich  vorhanden  sind, 
oder  wie  sie  sich  dort,  aufgefangen  auf  einer  Ebne,  darstellen 
würden  *)•  So  liefs  sich  also  mit  Hülfe  der  Loupe  die  Entsteh 
hung  der  Farbenstreifen  noch  genauer  verfolgen ,  uiid  es  zeagtt 
sich  ganz  deutlich-,  da(s  die  sie  bildenden  Strahlen  vom  Handb 
des  Körpers ,  ohne  einen  irgend  merklichen  Abstand  von  dem- 
selben ,  ausgingen ,  indem  man  den  Rand  des  Körpers^,  an  we^ 
ehern  die  Lichtstrahlen  vorbeigehen,  ganz  rein  sieht,  wenn 
er  sich  im  Brennpuncte  der  vor  das  Auge  gehaltnen  Linse  be-t 
findet.  Um  dieses  und  um  zugleich  die  Erscheinungen  zu  sehei^ 
die  sich  nahe  bei  dem  Körper  darstellen,  befestigte  FjiKSVtt 
die  Linse  selbst  auf  einer  festen  Unterlage  und  verband  mit  ihr 
ein  Schief  durch  ihren  Brennpunct  gehende  Haar,  von  dem 
Itlso  einige  Thjeile  näher  bei  der  Linse  dds  der  Brennpunct  y  ei'» 
nige  entfernter  Jagen ,  und  da  war  nur  der  Theil ,  welcher  m 
Brennpuncte  lag,  von  Streifen  frei,  statt  dafs  beide  diiesseit 
oderij'ellseit  der  Brennweite  liegenden  Theile  mit  aufsern  Strei* 
Iksn  umgeben  waren. 

Um  die  Winkel  zu  finden,  unter  welchen  die  fitrahleiif 
welche  die  Farbenstreifen  bilden^  ^on  dier  geraden  Linie'  dtc 
eigentlichen  Schattenbegrenzung  abweichen ,  wurde  d^r  Schill 

*)  Da  n)an  aich  dnrok  eigne  Erfahrang  leicht  ron  dem  gennga- 
nanen  Uebereinftimmen  der  Erscheinungen  auf  einer  Tafel  find  d«K 
durch  die  Linse  gesehenen,  wenn  «amlich  der  Brennpunct  der  LioM 
da  H«gt,  ^o  eben  die  Tafel  lag,  überzeagcq  kann,  so  will  ich  den 
iheor^thchen  Grand  nur  kurz  ertrahnen.  Die  conrexe  Linse  giebt 
auf  detnx  Boden  des  Auges  ein  genaues  Bild  dessen,  was  sick  Im  brenn'* 
|)uncte  der  Linse  befindet.  Da  nun  die  Streifen ,  welche  auf  deni 
Glase  im  Brennpuncte  der  Linse  aich  seigen,,  dorch  «wei  sidf  dfli«K* 
kreuzende  Lichtstrahlen  hervorgebracht  werden^  so  stellt  sioh  mit 
Mulfe  der  Linse  auf  der  Netzhaut  das  deutliche  Bild  eben  diese« 
dunkeln  oder  hellen  Punctes  dar.  Man  kann  daher  mit  der  lins» 
^on  der  Kante  an,  wo  das  Phänomen  seinen  Ursprung  hat,  in  allen 
Eoffernuogen  die  Erscheinung  der  Streifen  im  Schatten  und  am  Bebst-» 
trn  wahrnehmen ;  die  Erscheinungen  zeigen  sich  aber  sehr  Tiel  glaii« 
zender,  als  auf  einer  Tafel,  weil  man  durch  die  Linse  das  vo/le  Liebt 
der  Farbenstreifeu  empfängt.  Wenn  man  die  Linse  so  nahe  an  die 
Kante  des  die  Beugung  bewirkenden  Gegenstandes  bringt,  dafs  der 
Brennpunct  jenseits  nillt,  so  treten  eben  die  Erscheinungen  ein,  als 
wenn  der  Brennpunct  eben  so  weit  diesseits  lüge. 


.   Inflexioo  des  Lichtes.  715 

tn  einet  |  Millaneter  dicken  Eisendrabtcs  auf  ein^r'  1  Meteif 
«antfemten  Tafel  aufgefangen  ^  und  bei  einer  Erleuchtung  mit 
iMBOgenem  rothen  Lichte  der  Zwischenraum  zwischen  den  dun* 
Un  Linien  gemessen.  Hier  fand  sich  bei  verschiedenen  Ab* 
tttnden  des  Körpers  van  dem  Licht  aussendenden  Puncte  Fol«' 
goodes: 

Ablenkungswinkel  für  Ablenkungswinkel  für 

AbiCtnd  den  ersten  dunkeln  den  zweiten  dunktini 

Meter  Streifen  Streifen 

WTl     •    .    .    .    4'.  5".    ......      5.58". 

1,991     •    .    •    .    4.4a 6.35. 

ft997     .....    5.  ».     ..    V    ...      7.  31. 
O;»!     •    .:  ;    •    9.11.     ...:..    13.  13. 
Bei  dem  letzten  Versaehe  war  der  dunkle  Streif  der  ersten  Ord- 
w»8  2f  17"  Vreit.     Uebrigens  bemerkt  FiiEenL ,  dafs ,  wenn 
into,   nach  Nkvttos's  Meinung  ^    die  gebengten  Strahlen -alt 
idion  in  einiger  Entfernung- vom  festen  Körper  vorbeigehend  , 
ansehen   wollte,    die  Beobachtungen   fordern    würden,    diese 
Eotfanung  0^45  Millimeter  (etwa  \  Lin.)  anzunehmen ,  welches 
p^  va  grofs'ist. 

Ungleich  wichtiger  aber,  als  diese  Abmessungen ,  erschien 
dm  Beobachter  die  Bemerkung ,  dals  ein '  angesetztes  Papier-» 
stndLchen  an  der  einen  Seite  des  Metalldrahtes  alle  im  Innern  des 
Schattens  entstehenden  Streifen  ganz  aufhob,  und  erschlofs^  ohne 
Toners  Untersuchongen  zu  kennen ,  eben  so  wie  dieser ,  dafs 
also  diese  im  Innern  des  Schattens  sichtbar  werdenden  Streifen 
▼on  der  Durchkreuzung  der  von  beiden  Rändern  ausgehenden 
Sttahlen  abhängen  miibten,  und  so  svie  Touvo  glaubte  er  nur 
nach  dem  Undulationssysteme  diese  Erscheinung  erklären  zu 
bonen«  Wenn  man  den  Körper  von  einem  leuchtenden  Puncte 
W  sein  LicBt  empfangen  lälst ,  so  gehen  alle  Undulatioüen  von 
einer  einsigen  Quelle  ans,  und  man  kann  die  Puncto  des  zur 
Terttarkung  und  aur  Schwächung  geeigneten  Zusammentreffens 
angeben.  Zuerst  nämlich  mufs  man  die  Undulationen  als  von 
dm Mittelpuncte  S  ausgehend,  kreisförmig  um  diesen  Punctp;^^ 
nch  verbreitend  und  in  gleichen  Abstanden,  die  man  die  Breite  156. 
einer  Welle  nennen  miÜste ,  einander  folgend  zeichnen.  Diese 
Wallen  gelangen  dahin  nicht,  wohin  der  Körper  AB,  dessen 
Mitte  G  ist,  nach  den  gewöhnlichen  Gesetzen  der  Optik  sei-» 
nn  Schatten  wedEen  würde.'    In  derFigur  sind  die  halben  Wel- 


716  Inflexion  des  Lichtes* 

lenbrtiten  gezeichnet,  und  die  pnnctirfen  länien  Unoen  ,  nadr 

der  Analogie  des  Schalls  zu  reden ,  die  kleinste  Dichtigkeit ,  di» 

Viasgezogenen  Linien  die  grölste  Dichtigkeit  in  jeder  Welle  an« 

geben.    Nimmt  man  nun  an ,   dafs  von  den  Grenzen  des  KOp* 

pers  Ä,  B  neue  Undalationen  ausgehen,  welche  durcli  die  um 

diese  Mittelpuncte  gezeichneten  Kreise  angegeben  werden  ,    so 

haben  die  Wellen  dieser  Undulationen,    weil  es  dieselbe   Art 

von  licht  ist,  dieselbe  Wellenbreite,  und  es  lassen  sich  nnii 

sowohl  die  Durchschnittspuncte ,  wo  entweder  Verdichtung  mit 

Verdichtung  oder  Verdünnung  mit  Verdünnung  zusammentiiffl^ 

also  wo  eine  Verstärkung  des  Lichtes  eintritt,    angeben,    als 

diejenigen,  wo  Verdichtung  mit  Verdünnung,  eben  deswegen 

aber  ein  Verschwinden  der  Erleuchtung  beobachtet,  werden  muEi» 

In  der,  ganz  nach  Fhesskl^s  Angabe  gez^chneten,  Figur  stellen 

F'  F',    F«  F*   und   F*  F*    die  Hyperbeln    vor,    in   welchen 

sich  anJberhalb  des  Schattens  die  dunkeln  Poncfte  befinden  miis* 

sen;  ff,   f*  f*   zeigen  eben  diese  Orte  der  Interferens  inner* 

halb  des  Schattens  an. 

Hier  sieht  man  nun  sogleich ,  wamm  nahe  bei  dem  Körpat 
die  Zahl  der  dunkeln  Linien  in  dem  Innern  des  Schattens  grtflser 
ist )  als  wenn  man  sich  weiter  von  dem  schattenw^rfenden  Kär« 
per  entfernt»  Auf  der  Mitte  des  Schattens  tre£Fen  die  gleichar- 
tigen Undulationen  zusammen^  oder ,  um  ohne  alle  Hypothese  • 
zu  reden,  hier  sind  die  durchlaufenen  Wege  beider  Lichtstrah« 
len  gleich ,  und  es  ist  daher  in  der  Mitte  des  Schattens  hell.  In 
der  ersten  dunkeln  Linie ,  rechts  und  links  von  der  Mitte ,  ist 
die  Differenz  der  Länge  der  Wege  derjenigen  bestimmten 
Grtflse  gleich,  welche  adlemal  das  gegenseitige  Aufheben  der 
Erleuchtung  zur  Folge  hat,  oder  es  fallen  nach  der  Undula- 
tionstheorie  die  ungleichen  Hälften  der  Wellen  in  diesen  Fun cten 
unaufhörlich  auf  einander.  Wollte  man  die  Orte  der  nächsten 
hellen  Linie  zeichnen ,  so  müfste  man  die  Puncto  verbinden, 
wo  die  Differenz  der  Wege  das  Doppelte  des  Vorigen,  nach 
der  Undulationstheorie  eine  volle  Wellenbreite  ist,  u.  s.  w« 

Hat  man  einmal  diesen  Gedanken  als  wohl  bewiesen  anf- 
gefa&t,  dafs  bei  der  Differenz  S3e;s3:3e;=s5eder  Weg« 
zweier  zusammentreffender  Lichtstrahlen  eine  Interferenz,  «in 
Zerstören  ihrer  Wirkungen,  bei  der  Differenz  =  it e ;  6=3  4e; 
=zß^  dagegen  eine  Verstärkung  der  Wirkungen  statt  findet,  so 
ist  die  Entstehung  der  Farben  in  diesen  Liehtiinxen  und.  Scha<^ 


InflexioD  des  LicJiteA.  717 

tnliiiieD  kicht  sb  erklären.  Dar  Werth  von  e  ht  anglMckbei 
iok  ungleichfaTbigen  StraMen^  oder,  mit  den  Worten  der  Hy- 
pothese, die  Breite  der. Lichtwellen  ist  ungleich,  am  kleinsteii 
bdden  violetten,  am  gröisten  bei  den  rothen Strahlen ,  und  da-« 
hn  zeigen  sich  die  rothen  Lichtstreifen  als  die  breitesten,  und 
bei  auffallendem  weiTsen  Lichte  mufs  die  Farbenfolge  und  di* 
Faibenmischnng  so  seyn,  wie  die  Erfahrung  si<f  zeigt  Dafs 
Wi  den  äofsern  Farbenrändern  nur  so  wenige  >Viederfaolungea 
Bchtbar  lorerden,  glaubt  FassvsL  mit  daraus  erklären  zU  müs« 
SOI,  dab  bei  gröfserer  Entfernung  der  vom  Körper  abwärts  ge* 
banden  Strahlen  diese  sich  sehr  schwächen« 

Einen  zuerst  nur  ans'  der  Beobachtung  gefolgerten  und  in 
&  Theorie  übertragenen  Umstand  macht  Favsnsl  hierbei  be- 
mecUich,  nämlich,  dftfs  bei  den  von  den  Kanten  des  K<$rpers  % 
ausgebenden  Undulatione'n  eine  halbe  IJndulation  verloren  geht. 
Die  Zeichnung  macht  dieses  dadurch  kenntlich ,  dafs  d^  erste 
ober  die  Kante  hinaus  gehende  Kreis ,  dessen  Mittelpunct  in  S 
ist,  ein  punctirter,  der  erste  von  A  als  Mittelpunct  gezogene 
Knift  ein  ganz  ausgezogener  Kreis  ist;  Hierzu  n(^thigte  die 
Beobachtung  deshalb ,  weil  sonst  die  Verstärkungspuncte  genau 
in  die  gerade  Begrenzungclinie  des  Schattens  fallen  würdeUr 

Fig. 
um   die   Orte  der  Interferenzen  zu  berechnen  sey  S  ieti^y[ 

leacbtende  Punct,   Ä  die  Kante  des  festen  Körpers,  SA  =  a, 

AE  sey  =b  und  a  -f"  h  der  Abstand,  in  welchem  man  in  F  die. 

hterferenz  beobachtet,  so  ist  fiir  SP  =x,   PF  =  y,   x'+y* 

=(a-|-b)*,  und  fiiJr  den  um  A  gezeichneten  Kreis  , 

(x-a)«  +  y»=(b+d;«,   ■ 

b«f  d  nämlich^  weil  nach  der  eben  erwähnten  Voraussetzung 

eine  halbe  Wellenbreite  =  4  ^  zugelegt  werden  mufs  und  die 

eiste  ungleichartige  Welle  also  um  d  von  jenem  Rande  entfernt 

»t.    Daraus  folgt  für  den  Durchschnittspunct 

o^er,  wenn  man  mit  Fabsnsl  alle  höhern  Potenzen  des  unge- 

.   ,,  .         ,         1..P               T  /2b(a  +  b)d\ 
mein  kleinen  d  weglafst ,  jrsrrf    I  — ^ i—  1 . 

Nach  dieser  Formel  liefs  sich  der  Ort  der  dunkeln  aufserhulb 
des  Schattens  erscheinenden  Linien  berechnen.  Da  die  im  \vei- 
fsea  Lichte  angestellten  Messungen  stets  auf  den  Punct  zwischen 


718  Inftexiöa  des  Lichtesi« 

dem  eisten  Roth  und  dem  rvreiten  Violett  gerichtet  gewesen  wä- 
ren ,  so  muFste  auch  der  Werth  von  d  dem  gemäb  angenommen 
werden.  Nun  gjebtNEWTOir  fiir  seine  Farbenringe  beim  Ue- 
bergange  vom  zweiten  Roth '  zum  dritten  Violett  20}-  Milliontel 
des  Zolls  =  0,0005t76  Millimeter  als  Dicke  der'  diesem  Ringe 
entsprechenden  Luftschicht  an ,  und  diesen  Werth  mufs  man 
c=ä:  d  in  die  Formel  setzen  *).  Will  man  die  zweite  Schatten- 
Knie  haben,  (oder  bei  weii^em  Lichte  die  Trennnngslinie  der 
Farben  der  zweiten  und  dritten  Ordnung)  so  mu&  mah  2  d  statt 
d  in  die  Formel  setzen,  und  die  Abstände  von  der  'wahren 
Schattengrenze  verhalten  sich  also  bei  den  auTsern  dunkeln  Li- 
nien, wie  1  :  1^2  :  O  ;  K4  u,  s.  Wr  —    . 

Nach  dieser  Fornrel  vergleicht  Frbsnel  seine  Beobachtungen* 
mit  der  Theorie  und  findet  bei  einer  Reihe '  von  Beobachtungen 
Differenzen ,  die  selten  bis  auf  045  Millimeter  gehn ,  und  nur 
in  den  Fällen,  wo  die  gemessenen  Gtölseft  Selbst  ungemein 
klein  wurden,  bis  auf  mehr  als  t^  ihres  gafazen  Werthes  sith 
erheben.  Ich  üb.ergehe  diese  und  theile  nur'  Sie  Vergleichung 
lAit,  wo  durch  ein  rothes  Glas  nur  das  rothe  und  orangefarbne 
Licht  durchgelassen  wurde.  Dieses  Licht  konnte  daher  immer 
als  genau  einerlei  angesehen  werden,  d  wurde  hier  den  Beob- 
achtungen NEWtoH's  gemäb  =  0i000623  ])IiUimeter  für  diesen 
f  ^henstrahl  gesetzt« 


*)  Im  Artikel  If\terfertnz  wird  gezeigt,  warom  die  Dicke  der 
Luftschicht  fdr  den  ersten  hellen  Ring  gleich  dem.  Yiertel  ei« 
ner  Wellenbreite  ist»  darnach  ist  ^also  die  halbe  Wellenbreite 
gleich  der  Dicke  der  Laftschlcht  an  dem  Orte  des  ersten  dankein 
Ringes. 


Inflexidu  de»  Läclite«* 


719 


Dq>peUnAbstMMir    :.:..' 

Abttenddes 

Oüdnnng 

in  $iUeifeB»  von 

Fadens  vom 

Abstand  des 

derdupk. 

der  geometrischen 

leachtenden 

Fadens  vopa 

'  änfsern 

Schatten  grenze. 

Differenz 

Puncte. 

Mikiomet. 

Streifen. 

heobacht.lberechn. 

- , 

Meter.   . 

Myiimeter 

Millim.  . 

1 

0,201 

1,000 

1 

5,34 

5,46 

—0,12 

3 

e,aoi 

1,000'. 

2 

7,69 

7,72  , 

—0,03-, 

3 

0,997 

1,000 

1 

2,99 

3,16 

—0,17 

4 

0,997 

1,000 

2- 

4,37 

4,47 

—0,10  . 

5 

1,991 

1,000 

1 

2,79 

2,74 

+  0,05. 

6 

1,991 

1,000 

2 

3,83 

ä,87  . 

—0,04 

7 

3,971 

1,000, 

1 

2,38 

2,50 

—0,12 

8 

3,971 

1,000 

2 

3,47 

3,53 

—0,06-; 

9 

3,828 

0,313 

1 

1,23 

1,30 

-0^07: 

K 

3328 

0,313 

2 

1,83 

-:l,84 

—0,01,. 

tl 

3,828 

1,192 

1 

2;64 

V9 

-0,15, 

12 

3»828 

.1,192 

2 

3,89 

3,95. 

-0.06  • 

13 

3,860 

0,294 

1 

.1,26 

1,26 

0,00 

14 

3,880 

0,294' 

2 

1,77 

1,78 

— «;01  - 

15 

3,860 

1,125 

1 

2,59 

2,69 

— o.io-. 

16 

3,860 

1,125 

2 

3,85 

331 

+  0,04 

17 

5,935 

1,015 

1 

2,47 

2,43 

+  0,04 

18 

5,935 

1,015 

2 

3,45 

3,44 

+  0,01  • 

19|    5,935 

1,0J5 

3 

4,16 

4,21 

—0,05 

2C 

1    5,935  • 

1,015 

4 

4,85 

4,86 

—  0,01 

Die  letzten*  vier  Beobachtungen  waren  mit  Vorziiglickar 
Sorgfak  mit  einem  Metalldraht -^  Millim.  dick  angestellt,  und 
ia  hier  alle  vier  Streifen  so  wohl  abereinstimmen ,  so  bestätigt 
£eses  den  Werth  von  d ,  so  wie  er  nach  Ns wtov  angenommen 
ist  Dab  man  nur  bei  Anwendung  eines  homogenen  Lichtes  d 
genau  erhalten  kapn ,  dafs  die  Mischung  der  Farben ,  welche 
bei  anifallendem  weifsen  Lichte  in  den  Streifen  verschiedener 
Ordnungen  nicht  ganz  gleich  ist,  einen  ungleichen 'Werth  von 
i  för  die  Streifen  der  verschiedenen  Ordnungen  zn  geben  seheint, 
KCst  sich  leicht  abersehn.  Die  grofseUebereinstimmung  der  für 
dor  abstand  der  dunkeln  Streifen  i^  veüschiedenen  Entfernun- 
geii  berechneten  Werthe  mit  den  beobachteten  zeigt  deutlich, 
^  iies6  Interferenzpnncte  wirk&ch,  wiii  die  Formel  es  angiebt^ 
>iif  hyperbolischen  Aesten  lieget ,  und  nicht  «u£  geraden  Li*«- 
Wßy  wie  min  es  sonst  anzunehmen  geneigt  war.  Dafs  die 
pQncte,  in  welchen  man  beim  weitern  Entfernen  de»  Tafel  pder 
An  Mikrometers  die*&elbe  dänkle  Linie  fmdei,  nicht  in  gerader 
lUchtong  li^^en,    zeigt  PKKft«£i«  ans.  einem  ander«  Vexsuohe, 


790  lufl^xidn  desLicht^fi. 

wo  bei  den  Abstanden  de»  Mikrome|ter6  =0,012;  «s  0,585 ; 
==  3^195  die  EntferifaDgen  von  der  ceometrischen  Schatten- 
grenze =3  0,105 ;  ==  0,880 ;  =  3,01  waren ;  hier  erhielt  man 
die  Neigung  der  zwischen  den  beiden  ersten  Puncten  gezpgenen 

775  .        . 

Sehne  durch  -—  =  1,35  j    die  Neigung  der  zwischen  den  bei- 

2130 
den  letzten  Punctcfn  gezognen  Sehne  durch  ^ttt:^  =*=  0,82  bc- 
'     .  2bl0 

stimmt ,  also  ist  die  Curve  concav  gegen  die  Axe ;  sie  ist  eine 
Hyperbel ,  deren  Brennpuncte  mit  dem  leuchtenden  Puncte  und 
der  Kante  des  Körpers  zusammenfallen ,  und  deren  Aeste  freilich 
'  bald  sich  so  weit  der  geraden  Linie  bähern ,  dafs  es  schon  sebr 
genaue  Beobachtungen  fordert,  um  die  Abweichung  von  ihr  zu 
bemerken.  Da  die  Asymptoten  dieser  Hyperbeln,  die  man  nach 
dem  bisher  Gesagten  nicht  mehr  selbst  als  gezeugte  Lichtstrahlen 
ansehen  wird,  in  einiger  Entfernung  von  der  Kante  des  Körpers 
vorbeigehei\,  so  muEste  sich  leicht  der  Irrthum  erzeugen ,  dafs 
die  gebeugten  Strahlen  nicht  die  Kante  selbst  berührten« 

Zu  eben  solchen  Betrachtungen,  wie  sie  bisher  fiir  die  nacb 
auTsen  von  der  Kante  ausgehenden  Strahlen  odef  Lichtwellen 
angestellt  sind ,  in  Beziehung  auf  ihr  Zusammentreffen  mit  den 
frei  bei  dem  Körper  vorbeigehenden  Licbtstrahlen  oder  Wel- 
„.  len,  führen  nun  auch  bei  schmalen  Körpern  die  Lichte  und 
158.  Schattenlinien  im  Innern  des  Schattens.  Zieht  man  die  Mittel-» 
linie  CD ,  nennt  die  auf  ihr  genommenen  Abscissen  =  x ,  die 
Senkrechten.  =  y,  die  ganze  Sreite  des  schattenwerfenden  Kör- 
per« s=:  c,  so.  sind  offenbar 

*^+Cy— 40«=xbS  und 

x*  +  (y  +  iO*=(b  +  +  d)« 

die  Gleichungen  für  zwei  Kreise,  die  um  eine  halbe  Wellenbreite 

verschieden,  also  so  beschaffen  sind,  dab  sie  beim  Durchschneiden 

einen  dunkeln  Punct  geben.    Wegen  der  Kleinheit  von  d  ist  ako 

y  =  -—  und  in  irgend  einer  Entfernung  =  b  hinter  dem  sckat« 

tenwerfenden  Körper  i^t  der  Zwischenraum  zwischen  den  zwei 

an'   beiden.  Seiten,    der   Mittellinie  liegenden   ersten   dunkeln 

b.d 
Linien = — .     Ebenso,   da  die  zweite  dunkle  Linie  von  dem 
c  .     ' 

•#  • 

Zusammentreffen. der  um  IJ  Wellenbreiten  vepschieden^j^Kreiae, 
die  .dritte  |7on  den  um  2i.W^l^ri^i(ei)  verschüedenen  Kreisen 


Inflexion  de«  Lickte».; 


721 


ablängt,  so  sind . , 

c 


6hd 


die  Abstände  der  dunkeln  Linien  der 


nreiten  und  dritten  Ordnung  von  einander*  Die  oft  ansgespro* 
cfene  Erfahrung,  dab  die  Innern  Schattenstreifen  gleich  weit  von 
onander  entfernt  sind ,  findet  sich  abo  der  Hypothese  der  In» 
torierenzen  and  der  Uodolationen  gemäfs* 

Bei  diesen  innern  Streifen ,  die  auf  einer  Ebene  anfgefan«- 
gen'  allemal  matt  erscheinen,  fand  Faesvel  vorzüglich  das 
Auffangen  mit  der'L6upe  vortheilhaft ,  und  aufser  vielen  andern 
Messungen ,  die  im  weifsen  Lichtstrahle  angestellt  wurden ,  (die 
er  nicht  mittheilt,)  ergeben  folgende  im  rothen  Lichte  (wofür 
^  =  0iKXX)623  Millimeter)  angestellte  Messungen  eine  nahe 
Debereinstimmnng  mit  der  Theorie. 


Abttand  des 

Abst.  des 

Durch- 

Anzahl 

lenchtenden 

Drahts 

messer 

der 

Abstände  von 

Pancts  vom 

vom  Mi- 

des 

Zwi- 

der Mitte 

Diflerenz. 

M»t»JJdWht, 

kromet. 

Drahts. 

schen- 

gemes.|bercht. 

• 

Meter, 

Meter 

Millim 

räume.- 

Milliiaeter 

Millimeter 

t 

1,430 

0v')4Ö 

6,76 

1 

U,45 

U,45 

V 

2 

1,430 

0446 

1,01 

3 

0,98 

1,01 

—  0,03 

3 

5,95 

0,546 

1,01 

3 

0,98 

1,01 

—0,03 

4 

1,447 

1,093 

1,56 

3 

1,30 

1,31 

—0,01 

5 

1,447 

1,093 

2,56 

7 

1,90 

1,86 

+  0,04 

Eigentlich  liegen  auch  Uer  die  Puncto ,  zu  welchen  man  Beim 
Fortrücken  der  Tafel  gelangt ,  wenn  man  auf  eben  der  dunkeln 
Linie  bleibt,  auf  einem  hyperbolischen  Aste,  aber  die  Krüm- 
mung desselben  ist  so  klein ,  dafs  die  Linien  vOllig  als  gerade 
encheinen ,  wie  es  auch  die  Formel ,  die  auf  die  höhern  Glie- 
der keine  Rücksicht  nimmt,  schon  zeigt« 

Die  Formel  ys= —  zeigt,' dafs  bei  gleicher  Entfernung 
c 

»  b  der  den  Schatten  auffangenden  Tafel  der  Abstand  der  dun- 
keln Linien  von  der  Mitte  beträchtlich  wird,  wenn  9  klein  ist, 
and  dals  daher  ein  spitzer  Körper,  wie  eine  Nadel,  einen  an  der 
Spitee  gfspaltnen  Schatten  zeigen  mufs.,  weil  die  dunkeln  Li- 
nien da^  wo  c  auf  ein  Zehntel  abgenon^men  hat,  zehnmal  so 
weit  von  einander  absj;ehep ,  dafa  uian  aber  aus  eben  dem  Grunde 
io  dem  Schatten ,  ^es  breitern  T^ils  der  Nadel  mehrere  dunkle 
Lmien  gewahr  werden  mufs* 

Diese  einfache  Vergleicljuiig .  der.  Wege  reicht^  wie  Fäes- 


722-  InflexioH'  des^LicIttes« 

p.    VEL  bemexkt  ^,  li|er  «os,  weil  dif^  kleioea  Wteliep,   die  von 
159.Puncten  a,  b,  entfernt  von  der  Ecke  A  des  festen  Körpers,  aas- 
gelieoi    sich  in  P  fiaat  vt^Uig  serstöcen»     Wenn  nämlich  Aa, 
ahy  böycd,..*  so  genommen  sind,  dafs  die  Voll  den  ISuden  die- 
ser Wellentheile  nach  P  gezognen  Wege  um  eine  halbe  Wel* 
lenläoge  verschieden  sindy  so  zerst^^ren  ab  und  cd  vereinigt  .die 
Wirkang  der  zwischenliegenden  b  c ,  und  in  P  wird  nur  noch  die 
halbe  Wirkung  de$  letzten  Wellentheiles  Aa  statt  finden,  dessen 
halbe  Wii^ku^g  durch  ab  zerstört  ist.     Dieses  findet  genau  statt, 
so  lange  man  die  Wellentheile  Aa,  ab^  bc,  cd .  •  •  •  als  gleich  an- 
Sfihen  kann,  das  heiJüit,  so  lange  P  noch  ziemlich  entfernt  ist,  es 
findet  auch  genau  genug  statt  um  die  Slitte  des  Schattens  des 
Körpers  AB,   dagegen  bei  Q  darf  man  nicht  mehr  so  vollkom- 
men die  EUiTerenz  der  nach  der  Mitte  von  A  a  und  B  e  gezog- 
nen liinieq  mit.  der  Differenz  der  AQ,  BQ  vertauschen,  upd 
'  die  hier  erscheinenden  Streifen  sind  dahev  der  Mitte  des  Schat- 
tens ein  wenig  näher,    als  sie  nach  der  Formel  seyn. sollten, 
welche  die  Wege  von  den  Grenzen  des  Körpers  an  mifst.      « 
Weit    schwieriger  als   dieser  Fall  ist  derjenige,    wo  die 
Fig.  Strahlen  durch  eine  enge  Oeffnung  eidtreten  unfl  wo  die  E^<* 
löO.  wj^.J^^ng  beider  Bänder  A,  G  auf  die  Wellen  des  Zwischenrau- 
mes betrachtet  werden  mufs.     Indeb  ist  folgende  UeberlegiBig 
klar«    Es  sey.  P  ein  Punct,   für. welchen  die  Wege  AP,  PG 
ym  eine  ganze  Wellenlänge  verschieden  sind^  und  PI  sey  um 
eine  halbe  Wellenlänge  von  beiden  verschieden.     Da  I  als  in 
der  Mitte  zwischen  A  und  G  liegend  angesehen  werden  kann, 
so  nehme  man  gleiche  Stücke,  Qa,  Ib  und  so  weiter,  und  es 
ist  offenbar ,    dals  die  von  G  und  I  kommenden  Wellen  in  P 
eine  Dunkelheit  hervorbringen ,   eben  so  die  von  a  und  b  kom- 
menden Wellen  und  so  femer ,  und  dafs  also  der  dunkle  Streif 
P  sp  liegen  wird,  dafs  die  Differenz  der  Wege  AP,  GP  eine 
ganze  Wellenlänge  beträgt;  fih*  den  zweitenr  dunkeln  Streff  wird 
die  Differenz  der  Wege  zwei  Wellenlängen  und  so  femer  gleich 
seyn.     Die  Erfahrang  bestätigt  dieses,  indem  die  dunkeln  Strei-* 
fen ,  odet  bei  Weifsem  Lichte  die  Grenzen  der  Spectra^.  in  Ent- 
ifernungen,   die  sich  wie  1,2,  3' verhalten,   erscheinen,  wie 
es  vorzüglich  FfiAUirHOFeK's  bald  zii  erwähnende  Beobachtun- 
gen zeigen;      Dafs  diese  Bestimmung  afufhö^t' genau  zu  Beytii 


'  V  Anh.  dft  Chhn.  et  Ph;  Xl.  fÜSS. 


'  Inflexi^n  des  Lickae«!  733 

lAG  ^heblich  gegen  OP  itti  ventelil  ifafc  von  telttt,  da 
Hin  I' nicht  mehr  In  die^  Mitte  zwiicken  A  Und:' 6  fiBti  wnm 
AP^lPssIP^GPBejwsdll.  ...     ; 

D«  bei  d«n"Axrch  «in»  Oeffnulig  gebende»  Strabkn^die 
Eikbehningen  so  sebv» ungleich  sind,  je-nöchdem  man  dje^Far*- 
benstyeifen  in  einer  oder  der  andern  Antfetnuhg  von  1dc«:Oeft^ 
naiig  beobaohterv-'so  stordit  FtL^sßVh' S»-¥tägi'*ziiä  baantweited, 
vtf  die  das  gebt«^  Xiobt*  aiffCfangeiide»  Ebene  aioh  .befindtetopj 
wha^i'  davnt  bei  «ttrgkaefatn  Oefb otogen  A  Q[:  A'&  niie  i^ar^  161. 
teB&ad  gleich  endleine;    Eaeey  ^Imk'm  ^  Cl'^än   dinBiritft&r 
ang   des   lettcShteiidett  JPanctet  Van^-derOüffmingy  O'I  ss  b^ 
t/\';salf  die'  zu  jeiie«  i&9rtcke  erfbrdealioluiifidtfisnitiflg  ider   ,,| 
TaM^  AO  seye=2s&,  A^sssc*    Damit  nun  zuerst  hierin« O 
snkommenden  Strählenteben  die  ErsckanungentwieiinCy  her- 
Toibringen ,    mufs  C  A  -f^  AO  ^  CO  ä  CA!  +  A'CX  —  C'O' 
str)^o,  also,  -wenn  die 'Kreisle  nm  C,  O,  C\  (/ giezogen  sind, 
Mf.t^r^A'r.     Da  nun,.        .  V 

•-ilO  =  r{'(bia-r(a»-icO)*+'*c*} 
od«r  «Dgenähert  •  .'.  t-  .,.'.'.■. 

•         .   «--  «^  ^-  •    *  .•   •    ab 

.    ...   {a+b)c»         (a  4-b')c'*         ^  j      •    :,.   ».^  '        -.   , 
so  amis  *^  '   ' - —  =  ^"  '■;, /  '■'  «eyn:  damit  die DüFeren*  dei' 

Wege  für  O  und^O'  gleich  sey.  Sollen  auch  für  P  und  P"  4i^ 
glichen  Erf aheinungeinpinireten  ,  so.mubil  wenn  man  CP,  CV 
si(^t|    und    diese  die  l^o^en  I6,   XQl  in'M,  M*  s^aeiden, 

M :  m'-:=t  c:  c'  seyn;  und  da  auch  poiuu.^LiüiL^.  ^ 

fMVa'^+'bS  ^  ''  '"  ^  *  '•'  '  ' 
; ^==P'0'  seyrt  soll,  well  wir  fordern,  dafs  diegähzcf 

Fsib^nerscheinnog;  um  O  und  um  O^  gane  einerlei  sey,  sof^l^t 
/    I  1.x    '  ''r  *  %  \J\  1       (a4-b)c    c  cc'Ca'+b'j 

b       ,  .b        ,     ;       a  J^    ,      / 
and    dieses   sollte    n4ch    der    ersten    Beclin^ungsgleichung   ss. 

rp — r  also  -r-  =  -T   seyn  ,     woraus   dann    auch   a   es: 

ab  b  b        "^ 

ab'« 


724'  Inflexion  des- Lichten, 

FAsftnzr  liit>  diese  Fjoniiel  geprüft,'  itideiti  er  b*i'iiB^ei«> 
«den'  Qeffnungeit  den  Ort  des  leuchtenden-  Punctes  und  des  Mi- 
krometen  zu  Abmessung  der  Farbeoersoheianngen  so  ai^rachte^ 
wie  eftdie  Formel*  fefdert-,  und-  wiiiklich  «gleiche  Fcorbeiutreifen 
erhielt.  Aber  :en  diese  leichtem  Folgertmgen,  welche  tut  JBie* 
stimmwig  tder  G«Mtze  dl^c  Beugung  de»  bieht^e  dienen,  knüpft 
f  ABSV8L  noch. einige:  ackwierigere  Uotoaudhuiigen.  Wenn  wir 
das  Phändnien  genau^ 'W4>llen  kenndn^lenveo,^  j  so  müssen  wir 
'  •  •  für  *jeden  einzelnen.  Funct .  die  Inte niMi4f  .der  Tcjirm^tger .  des.  vei^ 
echiedeneb  Wellen  dorthin  gelangenden  :£ylettchtung  berechoea 
Irtfnnen.  Jedes  BlemelitaItheilche»•'de]r•*1^on  C  ansgegsangenett 
l^|]  W«Ue.bringt  Anetden.Punct  P  treffen deOsoillatioa  hervor^  und 
5^enn  wir,  den  fast  als  gerade  anzoisaehei^den  Ih>gen  MZ  =s  %', 
Zz  =  dz  nennen I  CM  bs  a,  PMtts,b,<-S0'ist,  wie,  wir  oben 

gesehen  haben  ^  Z  u  =  4^  —        ■  ■ ,  ako,  wenn  eine  Wellenlango 

s=  1  ist,  so  wird  i    * '^T>     ^®  Anzahl  von  Wellen  und  Wel- 
\^        -.abA,      .'  •- 

lentheilen  geben,  welche  auf  diesem  Abstände  Raum  hat,  und 
die  Wirkung  der  Welle  ist  eine  solche  pexiodische  Function  die- 
ser Orölse,  dafs  sie  für  das  Stück  dz  als  aus  zwei  Theilen 

•  ^.:    z«(a+b)       ,  ^     ,^zfl(a  +  b) 

dz  ,  Sin.      >  7.'  ■  ■  Pfad  d^  Cös^-    .T  ü\    ' 
2abÄ,      .     .         .  2abX 

unter    rechtem  Winkel,  zusammentreffend  angesehen  werden 

kann*);  die  gesammte  Wirkung  aller  Vom  Bogen  z  herrührenden 

Wellen  ist  daher  s=ar       '  • 

Diese  Integralen  müssen  von  M  bif  zu.den  Grenzen,  wo  sich 
die  die  Lichtstrahlen  aufhaltenden  Schirme  befinden,  genom- 
men werden» 

Wendet  man  dieses  auf  die  Verschiedenen  hier  vorkommen- 
den FfiUe  an ,  so  findet  sich  folgendes.  Erstlich ,  wenn  man 
die  Erleuchtung  innerhalb  der  Grenze  des  Schattens  eines  die 
Sonnenstrahlen  ^auffangenden  breiten  Körpers  sucht,  so  nimmt 

■  '    'T        ■  '    '       ' 

*)  Die  Herleitung  dieser  beiden  aagleich  eintretenden  Wirkangen 
(Aiin.  XL  257.  286.)  ist  mir  nicht  so  klar,  daCs  ich  sie  in  wenig 
Worte  zn  fassen  wurste»  ich  verweise  daher  lieber  auf  das  Original 
selbst.  Anch  Poisson  ist  mit  dieser  Theorie  nicht  ganss  zuÜrieden« 
Vergi.  Ai^n.  de  Ch.  et  Ph.  XXU.  250.  XXIII.  32.  HS. 


^ 


Inflexion  de«  Lichtea«  725 

d»  Erlendtong  imiinterbro«hen  ilr,  jetiefer  imn  in  4mi  Silitl^ 
tn  hineintritt;  es  finden  keine  MudmM,  und  Minim*  itatt*^  vnd 
teet  ist  der  Br&iivung  genäb,  weldkehier  keme^hwedMe^ 
kiDgeB  Ton  Hell  und  Bunkel  seigt^  Die  TJieorie  leeigt*  iibciu. 
dies,  dsb  die  bei  Tmrichil»denen£ntfeniaDgen  der  das  Licht  «irf^ 
bogenden  Ebene  gleich  stark  erleuchteten  Pnocte  nicht  in  ge«- 
nder  Linie  ^  sondern  euf-  einer  hyj>e)eboljscben  linie  liegen» 
Zweitens,  wenn  der  Schirm  aar  von  einer  Seite  den  Dogen  ZM 
begrenzt,  oder  wenn^die  Kante  eines  sehr  breiten  Schirmt  den 
Schatten  wirft  und  M  auberhalb  der  Grenze  des  Schirmes  li^gt^ 
so  ergeben  sich  Maxima  und  Minimar  der  Brlenchtung,  )edoch 
ist  auch  an  den  am  Siftkwächsten  erleuchteten  Steilen*  diese  nicht 

=  0;  da  nach  Faesvel^s  Formeln  vs=  zV^  ist,  so 

^       übX  ^  ^ 

labt  nch  dieser  Wechsel  in  folgenden  Zahlen  übersehen ,  wenn      ;»> 

man  y  in  Theilen  des  Quadranten  ausdrückt : 

fär  V  =  1,2172  ist  4ie  Intens,  des  Lichtes  ==?  2,7413    .       [ 

=  1,8726 1,5570 

«  23449  .•.-..../.,•  .2,3990 

=  2,7392  .    .    V    . I56867   ' 

=  3,0820  #•••...•••    2,3022 
=  3,3913  .•...->•♦.    1,7440 
=  3,6742.    .    .    ...*..    .    2,252^ 

=  3,9372 •    •    .    .    1,7783 

md  so. weiter.  Diese  Beslimtnuhg  weieht^etwas  von  derfenigea 
ab,  die  sich  Mols  an  die  Differenz  der  W^ge  ^w^erLichtstrahlert 
Udt,  die  jetzige  Bestimmung  nänhlich  giebt  für  die  erste  dunkle 
^i«  13726,  statt  dafs  jene  2  gäbe,  FiiKaircL  theilt  hier  eine 
Dene  Reihe  von  Versuchen  mit,  die  genauer  mit  dieser  Theorie 
ab  mit  der  vorigen  übereinstimmen.  Drittens,  wenn  dasXicht 
^h  eine  enge  Oeffnung  ftllt^  so  muls  man  die  Integrale  ge-> 
1^0rig  in  Beziehung  auf  beide  Ränder  derO^fiFnung  nehmen,  und 
^es  findet  statt  sowohl  wenn  die  von  P  nach.C  gezogene  Li-» 
nie  zwischen  den  Rändern  der  Oeffnung  durchgeht,  als  auch 
^enn  sie  den  Schirm  schneidet.  Hier  gi^bt  die  Formel  wie- 
der abwechselnde  Maxima  und  Minima  der  Erleuchtung^  die 
Mb  nahe  dahin  fallen ,  wo  die  Beobachtung  sito  angiebt ;  die 
^älle,  wo  die  Abweichung  bedeutender  ist,  glaubt  FftBSVKr 
auf  die  Schwierigkeit,   den  genauen  Punct- der.  geringsten.Er* 


72B  Infldxion  deifl  JLichtea. 

feens  «auch  för  die  in  dui  Schatten  tinet  sehr  ecbmaleii  K^rgm 
Iiiaiki  .g^Iangendea  !Licbit>trahlea  Maidna  udd  Minitaa  4tatt  ^t 
•den'i'  läist  iioh  aus  flem  Vorigen  sehon -«rWarten.  IJnttx  rnndera 
«rgab  sich  hier 'einQ  rUebereitietimmung  «wischen  Theorie  uAnd 
Brfahrong  dadurch, ;da£$.!  bei  gleich; bleibender  Breite  des  Köt*- 
f/trsltnd  gleichem  ÄbSitande  der  dal  Licht  auffangenden  TaCal 
bd^drndes'^likiomeiersMdie  .Farbeostreifen  sich  änderten  9  trenn 
deb  iAiiatand  idei  leuchtenden  Funptee  geändert  wurde »  Inf 
deb!  betragen  .diese  Aendfrungen  nur-.einige  Hund^it^l  des  Mil^ 
limeteirs,  und  da;di^  AbVreichungen  der  Beohtmng  vom  9««al täte 
des  .Versuchs  atuch  nicht  in  engere  Qrens^n.  eingesdilossen  «tind| 
so  darf  man  kein  so  sehr  grofises  Gewicht  hierauf  legen..  Merk- 
würdiger sind  die  Berechjiungen  über  einige  andere  Fälle  ^  ftUUI 
Beispiel,  da&  sich  bei  a  :=5  5,049  Meter,  b  ==  0,615  Meter,  csa 
der  Breite  des  dunke}n  I^Örp.ers  f=i  Q,7S  M^V^ßtet  ^  die  beiden 
ersten  dunkeln  Linien  so  ungemein  fein  zeigten  und  die  dritte 
fast  gar  nicht  erschien ;'  die  Rechnung  zeigte ,  dafs  hier  "VdASch 
die  Erlbüchtüng'ineixlenr  sehr  engen  Räume  beträditlich  kleiner 
seyn  mulste ,  als  am  Rande  eines  breiten  SchSrtnes,  und  dals  für 
die  dritte  dunkIe*Linie'nur  ein  sehr  schwaches  Minimum  statt  fin- 
den konnte«  Alte  mit  derRethnung  vi^rglichenen  Beobachtungen 
geben  eben'  sbiche  Ueberein^nfmitng'mit  der  Theorie. 

Eine  Folgerung,  Velche  PoiSsov  aus  der  Theorie  Frks- 
velS  herleitete, '  bestand  darin,  dafs'  nttch  dieser  bei  einem  kreis- 
£t;»rmig^n  Schirme  von,  geringer  Breite^  der  Mittelpunct  so  erhel- 
Uft^Utf  aU.pb.gar  keiQ  /^hirm  Vorhanden  wäre»  Und  wirklich 
aeigte  ein  zwei  Millimeter  in^  Dur.chm^sser  l^altender ,  auf  eine 
reine  Qlasplatte  aufgejklebter  'Schirm  einen  hellen  kleinen  Kreis 
nahc^nm  den  ;|VIitteIpunct*  Berechnet, mptn  nach  eben  den  Prin- 
^^ien  die  £rieuchtung;in  der  Mitte  des  hellen  Raumes ,  den  die 
kreisförmige  Oeffnung  eines  Schirms  auf  der  Mikrometerpljatte 
darstellt,  so.  findet  man  diese  dunkel,  wenn  der  Abstand  der 

^r*  ar* 

Mikrometerplatte  vom  Schirme  =:B  =  •.'■"    ■  oder  =  ;; — r r 

^  ad— r*  3ad — r* 

ar^                              ar' 
ist,  dagegen  hell,  wenn  b  =  5— -r j  j  oder  =  j— -r j  ist« 

Da.  mmlich   a   die  Entfernung  des. leuchtenden  Punctes  vom 


1    Po3)sendorff  Ann«  ¥•  S46. 


Inflexion  des  Lichtes*  737 

Schinne,  r  den  Halbmesser  der  Oeffhung,  d  eine  ganze  Wel-; 
leoliDge  bedeutet,  so  soll  für  «ine  Verstärkung  der  Erleuchtung 
dmch  die  vom  Rande  der  Oeifnung  ausgehenden  Strahlen 
a+b+  d  =  rCa*+r*)  +  H^'+O 

—  a+^  +  4^  +  4^  ^^^"^^ 

dso  b  = ,  Die  Beobachtung  zeigte  \trirk1ich  bei  den 

2ad  —  r* 

richtigen  Entfernungen  einen  völlig  schwarzen  Fleck  im  Mittel- 
poncte  jenes  Raumes. 

So  viel  indeCs  hier  erklärt  ist »  so  bleiben  doch  noch  scbwie:« 
rige  Fälle  übrige  bei  denen  man  mit  der  Differenz  der  Wege  al- 
\m  nicht  auAreicht,   und  deren  Berechnung  auch  nach  Faes- 
fiL^s  Methode  nicht  so  leicht  ausführbar  scheint.     Befinden  sich 
£e  beiden  Schirme ,  welche  durch  einen  an  beiden  Seiten  eng 
begrenzten  Raum  das  Licht  durchlassen ,  nicht  gerade  einander 
gegenüber,  sondern  gelangt  das  Licht  an  die  Kante  des  zweiten, 
nachdem  es  schon  der  Beugung  an  der  Kante  des  ersten  unter- 
worfen gewesen  ist ,  so  läfst  sich  leicht  einsehen  j  dafs  die  Far^ 
benstreifen  nicht  mehr  an  beiden  Seiten  symmetrisch  seyn  wet-^ 
^en,   aber  es  scheint  sehr  schwer ^    die  Erleuchtung^  welche 
^n  aaf  jeden  Punct  einer  hinter  dem  Orte  des  zweiten  Schir« 
Des  aufgestellten  Tafel  fallen  mu(s,  richtig. zu  berechnen.   Eben 
,  <e  Terhah  es  sich,  wenn  man,  wie  Fladobagues  es  that,  in« 
i   nerhalb  des  Schattens    eines  breitern  Schirmes  einen  zweiten 
i  Schirin  der  Grenze  des  Schattens  so  nähen,  dafs  die  in  jenen 
I  Schatten  hineingebeugten  Strahlen  den  Rand  des  zweiten  Schir- 
I  Bei  treffen.     Dafs    das  Austoben    der  Lichtwellen  an  diesen 
zweiten  Schirm  neue  Wellen  und  ein  Interferiren  mit  den  am 
I  Bande  des   ersten  Schirmes    gebeugten  Wellen  hervorbringen 
Äofc,  erhellet  wohl;  aber  hier  wären  wenigstens  Versuche  zu 
Eibischen,  ob  der  Erfolg  dem  gemäfs  ist,  was  die  Differenz  dev 
Wender  einmal  und  der  zweinuJ  gebeugten  Lichtstrahlen  odex* 
Jj«htwellen  fordert. 

Doch,  wenn  sich  gleich  noch  mehr  Fragen  hier  anfwerfen 
llttsen,  und  manche  Zweifel,  ob  die Undulationstheerie  sich  fiic 
*'«  genügend  zf^igen  wird ,  übrig  bleiben  mögen ,  so  läfst  sich 
dennoch  nicht  leugnen,  dafs  diese  Theorie  ungemein  viel  lei-» 
i^^t,  tun  diese  so  mannigfaltigen  Phänomene  weit  besser  unter 
einfache  Regeln  zu  bringen  ,  als  es  Vorher  je  möglich  schien. 
^•Bd.  ^  Aaa  . 


738  vlnflexiou  de«  Lichtes« 

Einen  merkwürdigen  Beitrag  zu  der  eben  erklärten  Heike 
▼on  Phänomenen  hat  Arago^  bekannt  gemacht*  Wenn  mao, 
statt  die  von  der  einen  Seite  in  den  Schalten  eines  schmalen 
Körpers  hereingebeugten  Strahlen  durch  einen  undurchsichtigen 
Schirm  aufzufangen,  sie  mit  einem  durchsichtigen  Glase  auf- 
fängt 9  so  verschwinden  die  Farbenstreifen  im  Innern  des  Schat- 
tens ebenso  wohl.  Hier  gelangen  die  durch  das  Glas  gehenden 
Strahlen  zwar  zu  den  Puncten  hin ,  wo  sie  vorhin  die  Erschein 
nung  ^  der  hellen  und  dunkeln  Linien  hervorbrachten ,  aber  da 
die  Undulationen  nicht  mehr  so  wie  vorhin  zusammentreffen, 
80  entsteht  jene  Erscheinung  nicht  mehr  oder  entsteht  wenig- 
stens verändert.  Wendet  man  naöh  und  nach  dickere  Gläser  an, 
«o  ^gelangt  man  allmälig  zu  der  Grenze,  wo  die  Streifen  verschwin- 
den. Ungemein  dünne  Glasscheibchen  bringen  nämlich  nidit 
das  Verschwinden  hervor ,  sondern  verändern  nur  den  Ort  der 
Streifen,  und  bei  grölserer  Dicke  scheinen  die  Streifen  nur  dämm 
zu  verschwinden  ,  weil  sie  über  die  Grenzen  des  Schattens  hin- 
ausrücken ,  wo  sie  in  stärkerem  Lichte  unkenntlich  werden. 
Diese  Veränderung  hängt  davon  ab ,  dafs  die  Lichtwellen  im 
Glase  eine  andere  Breite  erlangen ,  also  die  Dicke  des  Glases 
nicht  genau  so  viele  Wellen  als  vorhin  erhält,  weshalb  die  glei- 
chen Erscheinungen  nun  nicht  mehr  genau  gleichen  Wegen  ent- 
sprechen, sondern'!  statt  des  wahren  Weges  der  im  Innern  des 
Glases  durchlaufene  Weg  gehörig  reducirt  in  Rechnung  gebracht 
werden  mülste. 

Eine  ganz  eigenthümlich  angeordnete  Reihe  von  Versacken 
über  die  Beugung  des  .Lichtes  hat  endlich  Fraüvhofsr  ange* 
stellt  ^ ,  die  ich  jetzt  noch  im  Auszuge  mittheilen  werde.  Der 
wichtigste  Vorzug,  den  Faavhhofbr  seinen  Versuchen  gab, 
besteht  darin,  dafs  er  die  durch  Beugung  modificirten  Lichtstrah- 
len auf  das  Objectivglas  "^eines  Fernrohres  fallen  läfst ,  so  da(s 
man  die  Erscheinungen  dnrch  das  Fernrohr  vergrölsert  sieht 
Ist  dieses  Fernrohr  auf  einem  Theodolit  befestigt ,  so  erhält 
man  zugleich  die  Mittel ,  die  Winkel  der  Ablenkung  des  Lichtes 
zu  messen.  Um  solche  Versuche  vollkommen  anzustellen,  mufs 
man  sich,  wie  Fhadithofer  es  that,  eines  Heliostaten  bedienen, 


1  Ann.  de  Ch.  et  Ph.  I.  190.  199, 

2  Denkachr.  d.  Aciid.  cu  München,  Tiri.  Band,  and  Schnmacher's 
attroo,  Abb.  S.  46. 


Inflexion  dej  Lichte«.  729 

damit  der  SonaenstTaU,  des  FortrUckeDS  der  Sonne  nngeeditet,  fort* 
«rihrend  in  einerlei  Richtong  mf  das  Instrument  falle.  Läüit  man 
deoLichtstfahl  so  auf  das  Objectiv  des  Femrohrs  fallen,  dab  dieses 
genau  anf  die  den  Strahl  einlassende  Oefihnng  sieht,  dafs  nämlich 
der  Mikrometer£adeh  im  Femrohre  mitten  vor  der  Oe£Pnnng  er- 
scheint, nnd  bringt  dann  einen  Schirm  mit  einem  schmalen,  durch 
parallele  Seiten  begrenztisn,  Spalte  vor  dasObjectiv,  so  sieht  man«, 
m  der  Mitte  des  Feldes  einen  weifsen,  hellen  Streifen  LX',  derlei! 
gegen  die  beiden  Seiten  gelb  nnd  am  äufsersten  Rande  roth  er- 
ficheiiit,  in  dessen  Mitte  der  Mikrometerfaden  K  gesehen  wird; 
dann  grenzt  an  beiden  Seiten  gleich  ein  zweites  Farbenbild  LX", 
dessen  tiefes  Blau  an  jenes  stOfst ,  und  dann  alle  Farben  bis  zum 
Both,  weiter  entfernt  von  der  Mitte,  zeigt;  diesem  folgt,  weiter 
Ton  der  Mitte ,  ein  nenes  Farbenspectmm  Uli" ,  •schwächer  als 
das  vorige,  in  welchem  Blau,  Grün,  Gelb^  Roth,  das  le|ztere 
am  weites^n  von  der  Mitte ,  an  einander  gereihet  sind-;  ein 
noch  matteres  Farbenbild  U*^!/^  mit  eben  der  Anordnung  der 
Falben  schlielst  sich  an  dieses  an ,  und  so  folgen  noch  mehrere 
BÜt  zunehmend  matteren  Farben,  und  diese  endlich  in  einen 
laatten  Lkhtstreif  übergehenden  Spectra  dehnen  sich  sehr  weit 
nach  beiden  Seiten  aus,  indem  das  Fernrohr  hier  noch  den 
sdiTvachen  Lichteindrack  zu  beobachten  gestattet,  den  man  mit 
einer  blolseil  Loupe  nicht  wahrnehmen  könnte.    .  '       . 

Die  Breite  des  Spaltes  wurde  bei  jedem  Versuche  mit  ei- 
nem an  demselben  angebrachten  Mikroskope  und  Mikrometer 
so  genau  gemessen  j  dab  ^er  Abstand  als  bis  auf  ein  Funfzigtau^ 
sendtel  des  Zolles  genau  bekannt  angesehen  werden  kann. 

.Die  Farbenbilder  S^eigten  sich  so ,  dals  die  Uebergänge  von 
noer  Farbe  zur  andern  in  jedem  derselben  nicht  strenge  be« 
grenzt  sind,  und  auch  Von  dem  Roth  des  einen  zum  angrenzen- 
den Blau  des  andern  ein  allmäliger  Uebergang  statt  findet  DaCs 
die  Ablenkungswinkel  sich  mit  Hülfe  des  Theodoliten,  an  wel- 
chen das  Fernrohr  befestigt  war ,  genau  messen  liefsen  ,  erhellt 
▼on  gelbst ,  und  da  di^  aus  diesen  Messungen  hervorgehenden 
Resultate  so  ungemein  einfach  sind,  so  brauche  ich  von  den 
Versuchen  nur  einige  wenige,  anzuführen.  Nahm  Frauhhofkr 
den  Winkel  von  der  Mitte  des  hellen  Streifes  bis  zur  Grenze  des 
ersten  Koth ,  wo  nämlich  das  Violett  oder  Blau  des  zweiten  Far« 
henbildes  anfing,  ferner  den  Winkel  von  der  Mitte  bis  zur 
Grenze  des  zweite« Roth,  dann  bis  zur  Grenze  des  dritten,  end- 

Aaa  2 


730  Infioüon.des  Lichtes«  ' 

lieh'  bis  znr  Grenze  des  vierten  Roth,  so  waren  die  Winkel  im 
VerJiähnifs  der  Zahlen  1:3:3:4;  zum  Beispiel  bei  einer  Weit« 
des  Spaltes  =  0,06098  paris.  Zoll  waren  jene  Ablenkungswin- 
kel, oder  die  Breiten  jener  Farbenbilder  von  der  Mitte  der  gan-« 
zen  Erscheinung  bis  zu  den  eben  genannten  Grenzen,  t=sl'  ll",6; 
=  2'  :22",7;    =  3'  31'' J ;    =  4'  44",6.      Das   zweite  Resultat 
dieser  Messungen  war,  dais  diese  Winkel  genau  in  umgekehrt 
tem  Verhältnisse  der  Breite  des  Spaltes  standen,  zum  Beispiel 
zu  der  Weite  des  Spaltes  =  0,06098  gehörte  i'  i  l",6, 
zu  der  Weite  =  0,01210  gehörte     6'    O" 
0,00337  ....    2i'    3" 
0,00114  .  .  .  .  V4'53:' 

Diese  und  eben  so  alle  übrigen  Beobachtungen  geben  mit  zurei- 
chender Uebereinstimmung  für  die  rothen  StrahUn  den  Winkel 

L  =;  ,  wenn  y  die  Breite  des  ppaUes.ist,  (zum. Bei« 

/ 

spiel  ^^^^^^^j,^  =  0,000346  =  1'  ir',6)  und  ebenso  für  den 

'^        0,00096  ^ 

zweiten  rothen  Rand  h"  =  2 ♦  ■'   "     ■    " ,  und  so  iii«  die  fcl-c 

-"  '   ■' 

genden.  , 

Wenn  das  Licht  nicht  durch  einen  engen  Spalt,  sonderl» 
diirch  eine  kleine  kreisförmige  Oeffnnng  eingelassen  wrirde, 
ao  zeigten  die  Farbenringe«  um  die  OelTnung  sich  ganz  so  im 
Fjernrohre,  wie  es  die  Farben^treifen  neben  dem  Spähe  getha» 
hatten ,  nur  mit  dem  Unterschiede  y  dals  der  Halbmesser  des  er« 
st^n  rothen  RinJes,  oder  vielmehr  der  Grenze  desselben,  Wo  er 
an  die  nächste  Farben  folge  grenzte,  etwas  gröfser  war,  ^o  dafSy 
wenn,  dem  Vorigen  gemäfs,  L  den  Halbhiesser  dieses  Ringes 
bezeichnet,  y  den  Durchmesser  der  OeSnvag  in  pariser  Zollea 

j  .-w    r'       0^0^)0<)^i»'>7  r-      .•     ri       j       n- 

ausgedruckt,  L  =  war;    liir   die   folgenden  Ringe 

ward  eben  die  Grenze  durch  L"  =  L'  -[•     ' 


V'=V  +  2. 


r 

0,0000214 


r 

angegeben.  Den  Grund  für  die  Erweiterung  des  ersten  Ringes, 
welche  bei  den  folgenden  Ringen  nicht  verdoppelt  vorkommt, 
giebt  Fbaüh HOFBK  nicht  an  ^  «ie  mufs  indefs  wohlf  darin  liegen, 


Inflexion  des  Lichtes«  731 

dafs  die  nach  dtil  Sehnen  gemessenen  geringeren  Abstände  der 
nidisten  Wand  eine  stärkere  Ablenknng  hervorbringen« 

Eine  zweite  Reihe  Ton  Versuchen  betraf  die  Ablenkung, 
&  durch  zwei  Schirme ,  welche  einander  nicht  gerade  gegen-^ 
überstehen,  hervorgebracht  wird.  So  lange  hier  die  beiden 
Sdineiden  der  Schirme  noch  so  standen ,  dafs  die  Breite  des 
merst  an  der  einen ,  später  erst  an  der  andern  Seite  begrenzten 
Lichtstrahles  noch  0,04  bis  0,02  Zoll  betrug ,  so  zeigten  sich  die 
Spectra,  wie  in  den  früheren  Versuchen;  bei  noch  mehr  ver- 
engerter Oeffnung  aber,  das  ist,  wenn  die  mit  der  Richtung 
des  Strahles  parallel  durch  die  Schärfen  beider  Schirme  gezo- 
genen Linien  noch  näher  an  einander  rücken,  hört  die  Symme- 
tne  der  Bilder  auf,  die  Bilder  verbreitern  sich  an  der  Seite,^  wo 
der  dem  Objectiv  nähere  Schirm  ist ,  mehr ,  als  an  der  andern 
Seite.  Wird  die  OefFnung  sehr  enge  ,  so  breitet  zuerst  dps  ent- 
fernteste, z.  B.  fünfte  Bild  sich  sehr  weit  aus  und  wird  unkennt- 
lich, bei  noch  grHfserer  Annäherung  der  Schirme  geht  es  mit 
dem  vierten ,  dem  dritten  u.  p,  w.  ebenso ;  an  deip  andern  Seite 
verschwinden  die  Bilder  nicht  so  allmälig,  sondern  erst,  wenn 
•n  der  ersten  Seite  das  letzte  Bild  verschwindet  und  die  Schnei- 
den gar  kein  Licht  mehr  durchlassen. 

Noch  einen  merkwürdigen  Versuch  bot  eine  auf  die  Gold- 
blättchen-Belegung eines  Glases"  radirtc- Kreislinie  dar.  Ein^ 
lokhcs  mit  Goldblättchen  belegtes  Glas  ist  undurchsichtig ;  ra- 
dirt  man  auf  dem  Golde  eine  gerade  Lihie  oder  befreit  man 
eine  sehr  kleine  Kreisfläche  vom  Golde?,  so  zeigen  sich  eben 
die  Erscheinungen,  als  wenn  die  gerade  Linie  oder  die  Kreis- 
fiache  Oeftnungen  in  einem  Schirme  wären  ;*  war  dagegen  die 
Tom  Golde  befreite  Linie  eine  blofse  sehr  feine  Kreislinie ,  so 
cnchienen  eben  solche  Farbenrirge,  wie  bei  einer  KreisöfFnung, 
iber  die  Durchmesser  dieser  Ringe  waren  nicht  durch  den  Halb- 
messer Jfener  Kreislinie  bestimmt,  sondern  blofs' durch  die  Breite 
der  radirten  Linie,  so  dafs,  wenn  diese  =  /  war,  der  Halb*- 
messer  des  ersten  Kreises,    den   die  Grenze  des  R"oth  bildet, 

_0,000021t^  der  HalbÄesscr    des   zweiten  doppelt  so  grof» 


7 

war.  Diese  Ringe  blieben  noch  vollständig,  wenn  man  auch 
di*  Hälfte  des  Kreises  bedeckte;  ward  aber  ein  Segment  = 
180'4-  X  bedeckt,  so  fehlten  in  den  Ringen  an  zwei  einander 
gegenüberstehenden  Seiten  Stücke,  die  x  Grade  umfafsten. 


732  Inflexion  des  Lichten. 

Um  diesen.  Versuch  riehdg  zu,  verstehen ,  rnnff  mte  rfch 
erinnern ,  dafs  die  Beobachtungen  mit  dem  Femrohre  angestellt 
wurden.  Wären  die  durch  jene  Kreislinie  einfallenden  StraIi-> 
len  sämmtlich  der  Axe  parallel,  so  würden  sie  bloCs  einen  er- 
leuchteten Pnnctim  Brentipuncte  des  Objectivs ,  also  einen  klei^ 
neu  hellen  Pnnct  in  der  Mitte  des  Feldes  darstellen;  wegen  der 
Neigung  der  bei  der  Beugung  getrennten  Strahlen  stellen  sich 
für  jeden  sehr  kleinen  B^gen  des  Kreises  kleine  Farbenbilder  ne- 
ben dem  Brennpuncte  dar,  genau  so,  wie  es  der  Fall  seyQ 
würde,  wenn  ein  eben  so  kurzer  Spalt  vor  der  Mitte  des  Ob-- 
jectivs  läge.  Die  .Bilder,  welche  zwei  diametral  gegen  ein« 
ander  liegenden  Bogen  zugehören,  fallen  zusammen,  und  darum 
bleiben  cUe  Ringe  vollständig,  wenn  auch  der  Halbkreis  bedeckt 
ist,  bedeckt  man  aber  einen  grölsem  Theil,  so  müssen  Stücke 
der  Ringe  fehlen. 

Eine  andere  Reihe  merkwürdiger  Vexisuche,  die  noch  nie 
so  angestellt  worden  waren,  betrifH:  die  gegenseitige  Einwirkung 
gebeugter  Strahlen«   Um  auf  der  ganzen  Fläche  desObjectivs  eine 
grofse  Anzahl  gleich  gebeugter  Strahlen  zu  erhalten,   wurden 
parallele  Fäden,   alle  von  gleicher  Dicke  und  alle  in  gleicJien 
Entfernungen  von  einander,    vor  dem  Objec^ve  ausgespannt, 
und  kein  andres  Licht ,  als  das  durch  diese  Zwischenräume  ge- 
gangene, fiel  auf  das  Objectiv.     Das  Fernrohr  war  auf  eitie  0,01 
Zoll  breite  Oeffnung  gerichtet,   durch  welche  das  Sonnenlicht 
einfiel,  und  man  sah. nun  im  Fernrohre  erstlich  jene  Oeffnung 
^g|' A  am  Heliostat  ganz  so ,  wie  man  sie  ohne  Fadeqgitter  auch  ge- 
sehn hätte,   scharf  begrenzt ,   ohne  Farben;  daran  gTen2:te,  an 
beiden  Seiten  symmetrisch,  ein  völlig  dunkler  Raum  AH';  an 
diesen  zweitens  ein  Farbenbild  H'C',  welches  das  Violett  gegen 
das  erste  Bild ,  gegen  die  Mitte  der  ganzen  Erscheinung^  vren- 
^et ;   dann  wieder  ein  dunkler  Raum  C'H^' ;  hieran  grenzt  drit- 
tens ein  zweites  doppelt  so  breites  Farbenbild  H"C" ,  worin  die 
Farben   eben   so   wie   im  vorigen  auf  einander  folgen;   ohne 
dunkeln    Zwischenraum   grenzt  hieran    ein    drittes  Farbenbild 
C"D'"  ,  dessen  Violett  schon  mit  dem  Roth  des  vorigen  zusam- 
«        menfällt;    ein  viertes  Bild  D'"P'' ,.  dessen  Blau  sich  schon  in 
das  Roth  des  dritten  verliert,  grenzt  an  dieses,  und  so  folgen 
mehrere  Bilder  mit  schwächer  werdendem  Lichte,    die  immer 
mehr  und  mehr  auf  einander  fallen.      Wenn  das  Fernrohr  so 
'     weit  ausgezogen  war,  dafs  man  ohne  Fadengitter  die  Oeffnung 


Inflexion  des  Lichte«,  733 

gMa  «lentlich  begr^Dzt  mJi,  so  wurden  auch  bx9Sf  wis  in  dsm 
durch  d»  Prisma  zsrstrenteii  Sonnenlichte,  eben  die  dunkeln  Li» 
nien  in  den  Farbenbildern  ^  >yahrgenoRinien.  Die  Grobe  dieser 
Fvbenbiider  hängt  nicht  von  der  Dicke  der  Fäden  allein  nnd 
siebt  von  der  Breite  der  offenen  Zwischenräume  aQein  ab,  son- 
dern von  der  Breite  des  Zwischenraumes  zwischen  der  Mitte 
zweier  Fäden ,  oder  von  der  Summe  der  Fadendicke  und  des 
offenen  Zwischenraumes ;  je  kleiner  diese  ist ,  desto  breiter  sind 
die  Farbenbilder,  Eben  deswegen  aber  müssen  diese  Fäden  und 
ilire  Abstände  auch  genau  gleich  seyn,  damit  nicht  einige  TheiU 
des  Gitters  eini^  andere  Breite  der  Farbenbilder,  als  andre  Theile, 
bewiHien  ,  wodurch  eine  gegenseitige  Verdeckung  und  Undeut- 
lickkeit  eintreten  würde.  Am  schönsten  zeigten  sie  sich ,  wenn 
entweder  feine  Parallellinien  in  Glas  eingeschnitten  oder  auf  die 
Goldbeleguog  eines  Glases  radirt  wurden. 

Ich  schalte  hier  die  Bemerkung  ^in ,  daTs  diese  Farbenbilder 
ganz  dieselben  sind,  die  man  schon  mit  recht  schönen  Farben 
geziert  sieht,  wenn  man  durch  ein  recht  gleich  gewebtes  seid- 
ofls  Florband  nach  einem  20  Fub  oder  weiter  edtfernten  Lichte 
siebt;  selbst  bei  dem  Blinzeln  mit  den  Augen,  wo  die  Augen- 
vim^m  ein  ähnliches  Gitter  darstellen,  sieht  man»  wenngleich 
QDTollkommener,  eben  solche  Farbenbilder  |  wenn  man  eint 
Lishtflamme  ansieht  ^» 

Diese  Farbenbilder  nennt  Paaushofke  mittlere  Spectn 
vollkommenez  Art.  Sie  sind  bei  groiser  Feinheit  der  Gitter  breit 
und  von  ausgezeichnet  schönen  Farben.  Aber  wenn  die  Zwi- 
Khemänme  zwischen  der  Mitte  der  Fäden  ziemlich  grofs  und 
eben  deshalb  diese  Spectra  von  geringer  Breite  sind ,  so  sieht- 
man ,  vorzüglich  bei  etwas  dickeren  Fäden ,  da ,  wo  diese  mitt- 
leren Spectra  vollkommener  Art  schwächer  werden ,  andre  Spe- 
ctn, deren  Breite  sich  blofs  nach  den  freien  Zwischenräumen 
der  Fäden  richtet,  und  die  sich  so  verhalten ,  wie  bei  einer  ein- 
zelnen schmalen  Oeffnung,  Jene  mittlem  Spectra  vollkommner 
Art  bestehen  aus  vollkommen  getrennten  Farbenstrahlen  ^  so  dafs 
jede  einzelne  Farbe  ganz  homogenes  Licht  enthält.  FaAUHHO- 
rta  zeigte  dieses  dadurc)i,  dals  er  vor  demOculare  seines  Fem- 
lohres  ein  kleines  Prisma  anbrachte.     Dieses  Pxisms^s  Axt  ist 


1    Yergl.  Art.  Farhm.  Th.  lY.  8.  77. 
t  G.  XTUl.  W. 


734  '  Inflexion  dei  Lichtes. 

horizontal,  wenn  man  verticale  Streifen  beobachten  will ,    «od 
man  bemerkt  dann,  dafs  da,  wo  durch  eine  einzelne  OefFnung 
das  Licht  eindringt  und  diese  mit  ihren  farbigen  NebenbiMern 
gesehen   wird ,  sich  am  einen  Ende  selbst  der  rothen  Strahlen 
ein  Blau   und    umgekehrt    am  andern  Ende   selbst  der  blauen 
Strahlen  ein  Roth  zeigt,  zum  Beweise,  dafs  jene  rothen  Strahr 
len  und  diese  blauen  nicht  homogen  sind«     Bei  den  mittlem 
Farbenbildern  vollkommener  Art  findet  dieses  nicht  statt.      Die« 
ses  Ocularprisroa  dient  noch  auf  eine  andre  Weise ,  um  die  Ho-t 
mogeneitat  des  Lichtes    zu  prüfen.      Wenn  man  durch  dieses 
Prismj^  ins  Fernrohr  sieht,  und  es  ist  der  Kreuzfaden  mit  ho- 
mogenem Lichte  erlei^chtet,  so  erkennt  man  ihn  deutlich,   i^eil 
nämlich  nun  selbst  das  Prisma  keine  Zerstreuung  des  von  ihm 
ausgehenden  Lichtes  bewirken  kann,  dagegen  wird  er  unsicht- 
bar, wenn  er  von  gemischtem  Lichte  erieuchtet  ist.     Bei    den 
Beobachtungen  des  gebeugten  Lichtes  ist  dieser  Faden  abwech- 
selnd  von   verschiedenartigem  Lichte    erleuchtet,   indem   zum 
Beispiel  bei'  den  Farbenbiidern ,  welche  ^as  Bild  eines  einzigen, 
das  Licht  durchlassenden  Spaltes  begleiten ,  auf  einen  Theil  des 
i^adens  das  erste,   auf  einen  Thetl  das   zweite  Spectrum  fsllt; 
habeu  nun  diese  Spectra  in  ihren  einseinen  Theilen  kein  ho- 
mogenes Licht  ^  so  sieht  man  da  den  Faden  gar  nicht;  haben  sie 
in  einem  Puncte  rein  violettes,  in  einem  andern  Puncte  rein  ro- 
thes  Licht,  in  einem  dritten  Puncte  wieder  rein  violettes  Licht, 
so  erscheinen  diese  drei  Puncte  nicht  in  gerader  Linie,  sondern, 
während  das  Bild  des  Fadens ,    so  wie  man  ihn  in  der  ganze/i 
Farbenfqlge  von  Violett  bis  Roth  sieht ,  als  schief  hinaufwärts 
gehend  erscheint,  fangt  er,  gleichsam  abgebrochen,  anten  wie- 
der an ,   wo  das  zweite  Violett  ihn  erleuchtet ,  und  die  Stücke 
des  Fadens  bezeichnen  daher  das  Ende  der  einzelnen  Farben- 
bilder.    Bei  den  mittlem  voUkommnen  Farbenbildern  sind  die 
Farben  der  Bilder  rein  und  homogen,   so  lange  nicht  die  Gren- 
zen  derselben   auf  einander  fallen,    welches  bei  dem  dritten, 
vierten  Farben  bilde  immer  mehr  und  mehr  eintritt. 

Bei  diesen  Farbenbildern  wurden  ebenso,  wie  bei  den 
durch  eine  einzige  OefFnung  dargestellten  Farben ,  die  Abstände 
von  der  Mitte,  welche  als  Mafs  für  die  Ablenkung  der  ge- 
beugten Strahlen  erscheinen,  abgemessen ;  da  aber  hier  die  dun- 
keln Linien  (welche  mit  strenger  Genauigkeit  ein  Licht  von  be- 
stimmtet Pxecbbaikeit  bezeichnen ,  oder  die  Stelle  im  prismati- 


I^flexion  des  Lichte«;  73S 

iden  Farbenbilde ,  wo  eine  bestiomte  Drecbimg  staU  findef| 
mgebeq)  sichtbav  waren ,  go  konnte  mit  Beslknmtheit  für  jeden 
farliigen  Strahl  jene  Ablenicung  angegeben  werden.  Richtete 
DM  luf  irgend  eine  dieser  Linien  aowolil  im  eisten  ab  in  jedem 
folgenden  Spectmm  die  Messung,  so  ^waren  die  Abstände  von 
dffMirte  im  zweiten  Bilde  doppelt,  im  dritten  dreimal  sq  grofs, 
ab  im  eisten,  und  so  ferner.  Man  erkennt  zum  Beispiel  im 
oraDgefarbnen  Tkeile  des  Farbenbiides  4  eine  dunkle  Linie  D,  für 
welche  die  Winkel  =  38'  19"  J .  =  1*»  16'  SS'* ;  =  1«  55*  0" ; 
=  y  33'  15"  gefunden  wurden ,  wenn  y  +  8=  0,001952  = 
der  Samme  der  Fodendicke  und  des  Faden «-Abstan des  betrug; 
dagegen  wnrde  fiir  eine  Linie  H ,  die  im  Anfange  des  Violetten 
»chtbar  ist,  der  Winkel  =  25'  42'',  =  51*32"  gefunden; 
du  Mittel  aus  ienen  ist  =  38'  19'',2  =  0,0111468  =  D,  und 
0.(^^4.^)  —  0,00002176;  das  Mitlel  aus  den  letztern  ist  s 
J5-  44''  =  0,0074815  =  H,  und  H  .(y  +  Jj  =  0,00001461: 
IKeie  Zahlen  D .  (/  +  ^)  9  ^  •  (/  4*  ^)  ^^^  ^^  ^^^  übrigen  auf  ganz 
bestiminte  Parbenstrahien  bezogenen  ühden  sich  bei  allen  Faden-t 
gitteni  constant,  wenn  man  unter  D.immer  eben  den  bestimm-r 
ten  Theil  des  Farbenbildes  im  Orahge ,' unter  H  den  andern  ber 
Mimmten  Punct  im  Violett  versteht.  Fkauhtbofbr  giebt  dieses 
för  noch  mehr  einzelne  Puncte  des  Farbenbildes ,  wo  sich  deutr 
fich  ausgezeichnete  Linien  zeigen ,  an  und"  findet^  es  allgemein 
bertärigt. 

W^rom  hier  die  hellen  Farbenbilder  desto  breiter  werden, 
j«  veiter  von  der  Mitte  sie  sind ,  und  warum  sie  über  einander 
greifen,  erhellet  hieraus.  Bei  dem  Gitter,  welches  ich  eben 
trwähote,^  war  die  im  Violett  (also  nahe  am  einen  Ende  des 
Part)enbildes)  beobachtete  Linie  zum  ersten  Male  25'  44"  von 
der  Mitte  entfernt,  sum  zweiten  .Male  51'  28",  zum  dritten 
Male  hStte  sie  77^  12"  entfernt  seyn  müssen ,  w«nn  sie  da  nicht 
KhoD  mit  dem  Roth  der  zweiten  Ocdoung  zusammen  gefallen 
wäre;  eine  Linie,  die  nahe  am  rothenEnde  des  Spectrums  li^gt, 
iwte  die  Abstände  44^  45",  89'^  30",  also  war  von  «em  reinen 
Bilde  in  der  Mitte  an  gerechnet  ein  Zwischenraum  von  etwa 
2S'  bis  zum  nächsten  Bilde,  dessen  Violett  bei  25',5  anfing,  und 
dessen  Roth  bei  44'  45'^  endigte;  der  nächste  dunkele  Zwi- 
scfaeBnuqi  betrug  nur  etwa  6\  und  dann  hätte  daa  zweite  ^per 


1   Vergl.  Bd.  IT.  Tab.  H.  Fig.  19. 


736  Inflexion  des  Lichtes* 

ctram  von  51'  bisSd'^  etwa  38^  breit  folgen  sollen,  wenn  nicht 
das  dritte  Violett  schon  12'  näher  bei  der  Mitte  angefangen  und 
sich  daher  mit  dem  Roth  gemischt  hätte. 

Erst  in  einer  spätem  Abhandlung^  hat  FRAUVHOFKa  daranf 
aufmerksam  gemacht,  dafs  die  Zahlen,  von  denen  ich  hier  zwei 
==  D(;'  +  ^)  und  s=  H(/4~^)  mitgetheilt  habe,  gleich  sind 
der  Länge  der  Lichtwellen  in  der  von  Youvo  und  FaKSVSi«  an* 
genommenen  Theorie^  und  hier  genau  die  Länge  derjenigen 
Lichtwellen  ausdrücken,  die  ganz  bestimmten,  Theilen  des  Far* 
benbildes  entsprechen. 

Warum  hier  die  Farbenbilder  genau  so,  wie  das  blofse 
Ange  sie  sehen  würde,  erscheinen,  ist  leicht  zu  übersehen,  wenn 
wir  zuerst  bei  der  Vorstellung  stehen  bleiben ,  als  ob  wir  blofs 
die  durch  Beugung  abgelenkten  Lichtstrahlen  zu  verfolgen 
brauchten.  Waren  nämlich  die  auf  das  Gitter  auETallenden  Strah- 
len unter  sich  parallel,  so  sind  auch  die  von  allen  einzelnen 
Fäden  des  Gitters  ausgehenden  violetten  Strahlen  der  ersten 
Ordnung  unter*  sich  parallel,  und  als  parallel  auf  das  Objectiv 
des  Fernrohrs  gelangend  vereinigen  sie  sich  in  einem,  ihrem 
Ablenkungswinkel  gemäfsen , .,  Abstände  vom  Brennpuncte  neben 
diesem ,  und  eben  das  gilt  von  den  rothen  Strahlen  der  ersten 
'  Ordnung ,  von  den  violetten  der  zweiten  Ordnung  und  so  fer* 
nf*r,  Waren  die  auffallenden  Strahlen  nicht  genau  parallel ,  so 
befanden  sich  diese  Vereinigungspuncte  doch  immer  noch  neben 
dem  Puncte ,  wo  das  gewöhnliche  Bild  jener  nur  wenig  diver- 
girenden  Strahlen  entsteht ,  und  das  Fernrohr  muTste  daher ,  um 
die  Farbenstreifen  ganz  deutlich  zu  erkennen,  genau  ebenso 
ausgezogen  werden ,  wie  es  nöthig  war^  um  jenen  divergiren*- 
den  Strahlen  angemessen  zu  seyn ;  darauf  beruht  es,  dafs  FK  Ausi« 
HOFEA  das  Ocular  des  Femrohrs  so  stellen  mulste,  wie  es  nö- 
thig  war,  um  die  Oeffhung  am  Heliostat  ganz  scharf  zusehen; 
bei  dieser  Stellung  waren  auch  die  Farbenstreifen  vollkommen 
deutlich. 

Um  die  Beobachtung  auf  die  Interferenzen  zurückzoßihrenf 
mufs  man  Folgendes  überlegen.  Wenn  die  Strahlen,  die  zu- 
nächst um  den  Mittelpunct  des  Objectivs  einfallen,  allein  da 
wären ,  so  hinge  die  Bestimmung  der  Lage  eines  Punctes  ,  wel-r 
eher  durch  den  zusammenwirkenden  Einiluls  eines  directen  und 


1    G.  LXXIT.  SS7. 


Inflexioii  des  Lichtes.  737 

eine»  gebengten  StnhU  erleuchtet  vriri^  davon  ab^  dafs,  wentip. 

AC  s=  y  -^  d  ht,   BC  am  n  ganze  Wellenlängen  kürzer  als  AB  165. 

sey;  sieht  man  also  den  Kreisbogen  CD  als  ein  Perpendikel  auf 

AB  an,  so  soll  AD  =  nd,  und  folglich,  wenn  AG  =  p'  -)-  d  isr, 

'      nd 
Sin.  ABC  =  — ; — r  seyn.     Da  dieses  für  die  durch  die  Mitte' 
r  +  0 

des  Objectivs  gehenden  Strahlen  gilt ,  so  gilt  es  fiir  alle ,  welche 
mit  jenen  parallel  sich  in  dem  Bilde  sammeln. 

Die  Versuche  können  nur  dann ,  wenn  /  4*  ^  recht  klein 
wird,  darüber  entscheiden,  ob  der  Winkel  oder  der  Sinns  dem 

Werthe  von  ^  proportional  ist    FftAUVKOFsa  bediente  sich, 

um  diese  Entscheidung  durch  Versuche  zu  erhalten,  ^eines  mit 
den  zartesten  Linien  auf  Glas  gezeichneten  Gitters ;  die  Linien 
\raren  mit  Diamant  so  gleichförmig  eingeschnitten,  dals  sich, 
obgleich  /  -]-  ^=  0,0001223  Zoll  war,  dennoch  keine  in  den 
Farbenbildern  irgend  merkliche  Undeutlichkeit  zeigte.  Die  Ver- 
suche gaben  fiir  einerlei  Licht,  nämlich  für  eine  im  Orange  kennt- 
liche Linie,  die  Ablenkungswinkel  für  die  beiden  ersten  Spectra 

=  10^  14'  31'  und  =  20»  49'  44". 
Die  Sinns  dieser  Winkel  sind 

=  0,1778052  und  =  0,3555783; 
so  dals  der  Winkel  =  20**  49'  5l",  welchem  der  genau  dop- 
pelte Sinus  des  erstem  zugehört ,  nur  wenig  von  dem  beobach- 
teten abweicht,    statt  dafs  der.  doppehe  Winkel  =  20®  29'  2" 
sich  um  ganze -20  Minuten  von  der  Beobachtung  entfernt  hätte'. 
Die  Uebereinstimmung   mit    der  Theorie   läfsl:   sich  noch 
vollkommener  nachweisen  in  Versuchen ,   wo  das  Gitter  nicht 
senlLrecht    gegen,  die   auffallenden  Strahlen  gestellt  ist«      Hier 
müssen  die  Spectra  nicht  mehr  symmetrisch  um  die  Mitte  liegen, 
sondern  an  der  einen  Seite  breiter,    als  an  der  andern  s^yn.p;. 
Stellt  nämlich  ABC  das  Gitter,  AB  es  BC  die  Abstände^  der  Li- 166. 
oien  von  einander  =  /  4*  ^  ^o'»   >o  ^'^  ^^  Unterschied  der 
Wege  für  die  nach  B  und-  nach  C  gelangenden  Strahlen  saz  BD 
=  (/'\-8)Sm»a9  wenn  a  der  Winkel  ist,  welchen  die  parallel 
einfallenden  Strahlen    mit    dem  Einfallslothe   einschliefsen ;   es 
muls  also  CT  —  BT  =  {y  +  d)Sin,a  +  nd  seyn,  wenn  in  T 
das   nte  Spectrum   soll   gesehn  werden»    Sieht  man  hier  den 


1    G.  UCXIV.  549« 


733  InFlexion  des  Lichtes.» 

Bogen  BE  alt  eia  Perpendikel  auf  GT  an ,  so  ist  offenbar 

Tang,BCT=^      V  ..  ■    (^^g^sin/a  +'nd      "^  '   ' 
oder  COS.BCT  =Sin.q  +  -^,  und,BTC=:90*— ?— BCT. 

Datretren  für  den  an  dem  Faden  A  nach  t  gebeugten  Strahl  mub 
Bt  —  At  =  nd  —  (y  +  S)  Sin.  a  seyn ,  also 

•        Tang.ÖAtq=-A ^  +  ^/sin.  a  -  n  d 

lilso  Cos.(180**— BAt)  =  Sin.a  — -^p-j  und 

BtA  =  90^  ^  BAt  +  a. 
Unter   den  VcTSUchen    mit  eben  jenem  Gitter,    wo  y  +  4  = 
0,0001223  Zoll  war,    fanden   «ich  die  beiden  ersten  Spectra  an 
})eiden  Seiten   bei  q  =  55*  und  für  eben  den  farbigen  Licht- 
Strahl  =  30**  33'  10"  und  =  15**  6'  36".       Da  nun  für  dieses 
prangefarbene  t'cht  d  =  0,000Q2175  paris.  Zoll  und  hier  n  =  l 
i»^  SQ  ergab  sich  Cps.BCT  =  Sip.g  +  0,17784(4 
Cos.(180"  — BAt)  ==  Sin.a— 0,1778414, 
BCT  =  4^  26'  38";  90^  —  a  —  BCT  ==  30'  33'  22" 
'  ISO*  — BAt=50«6'3ü";  90'  +  a  — BAt.=  15"   6' 36" 
beinahe  aufs  all  erstrengste  dp.n  Versuchen  entsprechend. 

Zum  Schlüsse  dieser  nut  Gittern  i^ngestellten  Versuche  be- 
merke ich  noch,  dafs  die  Erscheinungen  ganz  gleich  bleiben, 
wenn  manjzwei  genau  gleiche  Gitter  hinter  einander  stellt,  da- 
V  S^gc>^  die  Ci'soheinungen  sich  so  darstellen ,  wie  es  dem  engern 
Gitter  angemessen  ist,  wenn  z\yei  ungleiche  Gitter  hinter  einan- 
der aufgestellt  werden« 

Eine  andere  Reihe  von  Versuchen  war  bestimmt,  um  die 
Verschiedenheit  der  eben  betrachteten  Farbenbilder,  welche 
Fhauhhofer  mittlere  vollkommener  Art  nennt,  und  derjenigen 
näher  kennen  zu  lernen,  welciie  durch  einen  einzigen  engen 
Spali  entstehen,  und  welche  Fraunhofer  äuTsere  Farbenbilder 
nennt.  Diese  Versuche  Zeigen  die  Einwirkung  einer  geringen 
Anzahl  gebeugter  Strahlen  auf  einander.  Wenn  man  vor  ein 
Fadengitter  einen  Schirm  mit  einer  schmalen  OefTnnn^  stellt, 
und  diese  so  verengert,  da(s  nur  «in  einziger  Zwischen- 
raum zwischen  den  Fäden  offen  bleibt  ,  so  sieht  man  die 
Spectra  ebenso  wie  es  vorhin  bei  einem  einfachen  Spalte  an- 


Inflexian  des  Lichtes.  739 

gegeben  isf,  wie  Fig.  Ii03;'  es  darstellt,  dasheifst,  sogleidi'aft 
das  mit  Roth  endigende  erste  Spectiuio  schliebt  sich  das  Viplett 
eines. eben  so  bFeiten  xweiten,  an  dasRotfc  de«  zweiten' das  Violett 
eines  eben  so  breiten  dritten  an  u«  s.  W.  Oeffoet  man  den  Spalt 
des  Schirmes  so ,  dafs'  er  ^etiatr  zwei  Zivischt nräume  des  Git- 
ters offen  läfst,  so  hat  sich  das  erste  Farbenbild  verändert,  wäh- 
rend das  zweite,  dritte  u.  s.  w.  unverändert  bleiben.  Jene^  *"*^i7» 
BunEckbat  sich  in  eiDeJleihe  ntfuerFarbenbild^KM^  M'M^V^;x6/ 
u.  s.  V.  getheiit, .  Welche  in  Riieksicht  der  Farbenfplge  tnit  den 
▼origen  übereinstimmen.  FAAUNHOFcn  nennt  sie  mittlere  Spe«« 
ctea  unvollkommener  Art.  Wenn  der  Sd)irm'  das  Liciu  durch 
drei  Faden  Zwischenräume  auffallen  läfst,  sa  theilt  das^erstsydez 
bei  zWei  Strahlen  eiftstandenCtn  neuen  Farbenfailder  KM'  sich 
^eder  in  mehrere,  die i daher  inner«  Farbenbilder  heifsen  ;  daf 
sweite  und  die  folgenden  jener  mittler^  Farbenbilder  unvoU^' 
fconipener  Art  bleiben  «ien^lich  ungeändert.  Bei  vier  Strahlen 
"werden  die  im  innersten,  Farbenbilde  entstandnen  Spectra  klej* 
ner  und  so  fort  bei  mehreren  eingelassenen  Strählen,  Die  mitt- 
lern  Farbenbilder  QnvQllkommener  Art  (des  Jieifst  das  eweitf^ 
dritte 9  vierte  der  Farbenbilder,  welche  bei  zwei  Oeifnungfn.io^ 
Baume,  des  einer  Oeffila'b;g  entsprechenden  ersten- DildeS' ent- 
stehen) bleiben 'weqtg  g;^$^dert^  so  langet  die' Zahl  der  frei  ge-* 
laMenen  Oeffnungen  geringe  UX;;  bei  .^iner  grö&ern  Anzahl  freier 
Oeffnungep  ändern  «ie  aijob  in  Hinsicht  ihres  Zusammenh^t^geii 
und  desAbstandes  vqn  d^r-Mitte  iKtld  gebe>  endlich  in  die  mitt-» 
lern  Spectra^  voUkooiDlener  Art  über.  .AJs  Hauptresultate  giebt 
F)LAuvHOFCR  folgende  Sätze  an:  Bei  einem  und  demselben Git*7 
ter,  aber  einer  ungleichen  Anzahl  frei  gelassener  Fäden,  ver^ 
halten  sich  die  Abstände  der  Spectta  intierer  Art  von  der  Axe 
und  die  Grobe  derselben  umgekehrt  wie  die  Anzahl  der  durch 
die  schmalen  Zwi^^iienräOme  gebeugten  Strahlen.  Zum  Beispiel 
bei  dem  Gitter,  dessen  Faden-* Abstände  =  0,007745  warep, 
dieilte  sich  für  zwei  Oeffoniigen  das  einer  einzelnen  Oeffhung 
entsprechende  erste  Farbenbild  KL'  in  vier,  deren  Grenz efi  die 
Abstände  ir  =:4'32";  M'  =  13' 32";  M"'=22'42";  M«^t=5 
31^.  53^'  von  der  Afitte  hatten ;  bei  drei  freien  Oeffnungen  tbe^lte  sich 
des  erste  derselben  KM'  in  zwei  Spectra  innerer  Art,  deren  Breir 

teBK'=3'r;  N''=5'57"  («o  aafs  N'=^^^^)  betrugen  • 

fiir  di«  folgenden  blieb  Ii"al2'l6";  M"'^22'il";  Tl"aa 


740.  Inflexion  des  Liclttes. 

3l'44"f  fast  trie  vorhin.  Wurclen  mehr  Oeffnniigen  frei  gdas- 
seil 9  80  gingen  die  Werthe  von  M";  M'";  M^^...  nur  ^Tvenig 
herunter ,  so  dals  sie  bei  acht  Oeffnungen  waren  M"  es  11'  4''  t 
M'"  =  21'59";  M'=31'31";  aber  die  Theilung  des  ersten  Rau- 
mes gab  bei  vier  Strahlen  N'  =  Z'  15";  N"  =  4' 29"  5  3>r"= 

6' 35",  (also  ]r=y-^*^^^  bei  fünf  Strahlen  N'  =  V  4a'i 

N"  =  3'34";  N"'=5'21";  bei  sechs  Strahlen  N*=5  1' 29^; 
N"  =3'4"}  N'''  =  4'  30";  N'^=5'55";  bei  sieben  Strahlen 
N'=1'16";  N"=2'34-';  N'"=3'50";  N«^=5'ir;  bei  acht 
Strahlen  N'  =  f  4",5;  N"  =2'  15";  Pr'=  3'  20";  N-  =a 
4'27";N^=|5'40". 

Bei  verschiedenen  Gittern,  aber  gleicher  Anzahl  der  ofiTenes 
Zwischenräume  verhalten  sich  die  Abstände  der  Spectra  innerer 
Art  (die  mit  N',  N"  bezeichnet  sind)  umgekehrt  wie  der  Ab- 
stand zwischen  der  Mitte  zweier  Fäden,     Im  Allgemeinen 


Piff 


K*  =  -~ — r—zr  i  wenn  n  die  Anzahl  der  Strahlen  und  y  +  d 

die  Summe  der  Breite  der  Oeffnung  und  der  Fadendicke  he^ 
ttichneU 

Von  den  Versuchen,  wo  das  Licht  durch  wenige  rnnde 
Oeffnungen  auf  das  Objectiv  fiel,  will  ich  nur  einen  anfuhren 
und  die  verkleinerte  Zeichnung  aus  Fraührofer's  Abhandlung 
jQ^.  mittheilen.  Hier  waren  in  einem  vor  dem  Objectiv  angebrach- 
ten dünnen  Bleche  vier  kreisförmige  Lacher  von  0)01596  Zoll 
Durchmesser  so  gestellt ,  dafs  ihre  Mittelpnncte  die  Eckpuncte 
eines  Quadrats  von  0,02897  Zoll  Seite  bildeten.  Die  Verglei- 
chung  dieser  Erscheinung ,  in  welcher  die  einzelnen  Bilder  nach 
lüinlichen  Gesetzen  wie  bei  den  Gittern  farbig  sind,  mit  den 
bisher  umständlicher  erwähnten  Farbenbildem  bei  schmalen  Oeff- 
nungen mufs  ich  übergehen.  Ich  füge  nur  die  Bemerkung 
hinzu,  dafs  man  ähnlich  vervielfältigte  Bilder,  wenn  gleich 
von  minderer  Schönheit ,  sich  leicht  verschaffen  kann ,  wenn 
man  nach  einem  recht  hellen ,  aber  nur  einen  kleinen  Sehewhi- 
kel  einnehmenden  Lichte  durch  ein  aus  rechtwinklig  sich 
durchkreuzenden  Fäden  bestehendes  Gitter  sieht«  Die  schon  er- 
wähnten Florbänder  sind  dazu  als  am  allgemeinsten  zur  Hand 
zu  empfehlen. 

Die  letzte  Reihe  der  hier  zu  erwähnenden  Versuche  Fr  aus* 
Bon&*8  betrifft  die  durch  gegenseitige  Einwirkung  gebeugten 


Inflexiou  des  Lichtes.  741 

fdlectiiten  Strahlen»  Er  bediente  tich  eines  auf  einer  Seite 
Mrgfähig  mit  Goldblättchen  belegten  Planglases,  wo  in  das  Gold 
ifl  genaa  gleichen  Entfernungen  Panllellinien  radirt  waren.  Die- 
ses Glas  wurde  so  vor  das  Objectiv  des  Fernrohrs  gestellt,  dafs 
die  vom  Spalt  des  Heliostates  kommenden  Strahlen  von  der  un- 
helegten  Seite  auf  das  Objectiv  reflectirt  wurden,  und  man  sah 
niu  alle  Erscheinungen  im  Femrohr ,  Welche  ein  durch  ein  Git- 
ter eilendes  Licht  darstellt,  nämlich  die  mittleren  Spectra  voll- 
kommener  Art  mit  den  darin  kenntlichen  Linien,  und  die  Spe» 
ctn  aafserer  Art.  Die  Ablenkungswinkel  sind  gröfser,  als  wenn 
das  licht  durchgelassen  wird ,  weil  wegen  der  schiefen  Rich- 
tung die  parallelen  Linien  des  Gitters  so  wirken ,  als  ob  sie  en- 
ger an  einander  lägen. 

Die  Farben ,  welche  sich  hier  «eigen ,  sind  eben  die  schon 
in  Artikel  Farbe  S.  100.  erwähnten.  Einige  Versuche  über  die- 
selben hat  schon  YoüitG  angestellt  ^. 

FRAUHHOFcn's  Abhandlungen  enthalten  noch  viel  Lehrrei-  * 
ches,  was  ich,  um  diese  Untersuchungen  endlich  zu  schliefsen, 
übergehen  mufs.  Aber  bemerken  will  ich  noch,  dafs  in  yov 
Utzschitbider's  optis<$hem  Institute  ein  ungemein  vortrefHicher 
Apparat  aur  Anstellung  der  wichtigsten  hier  erwähnten  Ver- 
'saclie  Fravvbofeh's  verfertigt  wird.  Es  befinden  sich  dabei, 
iQJser  den  Stücken,  deren  Beschreibung  nicht  zu  meinem  jetzi- 
gen Zwecke  gehOrt ,  eine  ganze  Beihe  solcher  Gitter ,  wie  sie 
hier  erwähnt  worden  sind«  Diese  bestehen  aus  feinen  Li- 
nien, die  bei  den  meisten  in  eine  auf  Glas  angebrachte  6o)d- 
belegnog  radirt ,  bei  einer  mit  Diamant  in  Glas  geschnitten 
sind;  sie  sind  ungemein  schön  ausgeführt  und  geben  Farben- 
spectra  von  den  reinsten  Farben.  '  Aufserdem  befinden  sich 
dabei  die  zur  Darstellung  eines  sehr  engen  Spaltes  dienen- 
den, durch  feinp  Schrauben  verschiebbaren  Platten,  das  oben 
ennrähnte  Ocnlarprisma  u.  %,  w.  'Die  Gitter  und  der  Spalt 
können  auf  eine  vorn  am  Fernrohre  aufzuschiebende  Vorrich- 
tung eingesetzt  werden.  Wenn  man ,  da  kein  Winkelmesser 
dabei  ist,  das  Fernrohr  auf  einem  Theodoliten  anbringen  kann; 
so  lassen  sich  auch  die  Messungen  Faaunhofka's  mit  diesem 
Inttmmente  wiederholen. 

Die  im  täglichen  Leben  uns  oft  vorkommenden ,  auf  Beu- 


1   G.  XXXIX.  188. 


7^  Inklinatorinm« 

güng  d«^  Lichtes  beruhenden^  Phänomene  habe  ich  eam  Theü 
gelegentlich  schon  erwähnt«  Es  gehdren  dahin  die  undeutli- 
chen Bänder,  die  wir  sehen,  wenn  wir.  einen  dunkeln  Körper 
vor  einem  sehr  hellen  Gegenstande  vorbeifuhren^  die  dankein 
Linien ,  die  mhh  zwischen  zwei  mit  parallelen  Seiten  einander 
sehr  genäherten  dunkeln  Körpern  vor  einem  hellen  Hintergründe 
sieht,  das  anscheinend  su  schnelle  Gegeneinanderriicked  dieser 
parallelen  Seiten,  Wenn  bei  ungleichem  Abstände  der  beidea 
dunkeln  Körper  Vom  Auge  der  Spalt  sehr  eng  wird.  Dia  Far* 
benbilder ,  die  wir  an  dünnen  cylindrischen  Körpern ,  an  Spin- 
nenfäden ,  an  unSern  eigenen  Haaren  sehen ,  die  ganz  gleich- 
mäfsig  geordneten  Farbenreihen ,  die  sich  an  vielen  neben  ein- 
ander stehenden  kleinen  Härchen,  am  Hutfilz  u.  dgl.  zeigen, 
die  Farben  an  feinen  Ritzmen  in  Glas  und  andern  Körpern 
gehören  hieher.  £inige  Spiegel  zeigen  farbige  Streifen,  wenn 
man  sich  mit  einem  brennenden  Lichte  vor  sie  stellt,  vermuth- 
'  lieh  weil  ihre  Politur  eine .  gleichförmige  Reihe  sehr  feiner  pa- 
ralleler Linien  enthält;  sind  dies^  parallelen  Linien  ungleich 
entfernt  von  einander,  so  zeigen  sich  nur  unvollkommene  Licht- 
schweife senkrecht  auf  die  Richtung  derParallellinien,  und  diese 
Lichtschweife  sind*  es ,  die  sich  an  der  Seite  einer  Lichtflamme 
zeigen,  wenn  wir  sie  dinrch  ein  Glas  ansehen,  auf  welchem. 
Fetttheilchen  und  dergleichen,  nach  einer  einzigen  Richtung  ab- 
gewischt, sich  in  parallelen  Liniep  angelegt  haben.  Das  Schillern 
der  Vogelfedern  scheint  mit  den  Farben  iiberein  zu  stimmen,  die 
wir  an  Glastafeln  mit  feinen  eingerissenen  Parallellinien  sehen« 

Inklination    s.    Neigung. 

Inklinatorium. 

Neigungsnadel;  jicus  inclinatoriai  Boussole 
d'inclinaison;  Dipping  needle.  Ein  Instrument,  um  den 
Winkel  zu  messen,  unter  welchem  eine  vollkommen  aequilibrirte 
Magnetnadel  im  magnetischen  Meridiane  gegen  den  Horizont  ge- 
neigt wird. 

Die  im  nördlichen  Europa  allgemeine  Erfahrung,  dafs  das 
Nordende    einer  gehörig  abgeglichenen  stählernen  Nadel  nach 


.GeaoHichte.  743 

don  Ibgnedsireii  'schwerer  tvirdi  mnfatedcii  VerCntigeni  Toii 
Compassen  schon  frühe  euffallen.  Doch  onr  der  Engländer  Ro« 
vultNokmavs^  Compalsmaeher  zu  Ratcli£F|  war  aofmerksam 
genug  9  die  Wahrnehmung  zum  Versuche  zu  erhehen,  und  diese 
Senkung  durch  eine  eigens  veranstaltete  Einrichtung  der  Nadel 
n  messen.  £r  bestimmte  sie  im  Jahre  1576  zu^London  auf  71^ 
5(/>  t>ie  Angaben  späterer  Beobachter  an  andern  Orten  zeigten, 
da(s  die  Neigung  mit  der  geographischen  Breite  zunehme ,  ja  so- 
gar,  dab  sie  (wenigstens  im  nördlichen  Atlantischen  Meere)  auch 
mit  der  westlichen  Länge  gröfser  werde«  Dals  hierauf  bald 
Voiscbläge  zur  Bestimmung  der  Breite  zur  See  und  wohl  aucji 
nur  Findung  der  so  schwierigen  Ljinge  gegründet  wurden »  war 
oatärliclu  Die  Möglichkeit  des  Letztern  bemühte  sich  nebst 
Afidem  Voi^üglich  Hbnat  Bohd  in  einer  eigenen  Schrift^  dar- 
z&thun.  Aus  Mangel  an  Beobachtungen  war  es  ihm  jedoch  nicht 
toöglich,  diese  Idee  Yur  Attsführnng  zu  bringen.  Besser  war 
^11  WhiStoM  ausgerüstet,  welcher  die  der  Beobachtung  abge*  • 
iiende  Genauigkeit  durch  eine  untaugliche  Verlängerung  der  Na« 
M  (von  2  bis  4Furs)  erseteen  wollte.  So  wenig  sich  auch  von 
diesem  Vorschlage  erwarten  liefs  y  so  ist  doch  nicht  zu  läugnen, 
dsb  ia  gewissen  Gegenden^  bei  anhaltend  bedecktem  oder  neb- 
lichten  Wetter  und  ruhiger  See  eine  gute  Neigun^sbeobachtung 
dem  Seefahrer  wenigstens  zur  Breitenbestimmung  einigeimalsen 
dieoen  kann. 

Die  einüacfaste  Darstellung  eines  magnetischen  Inklinato- p| . 
nams  ist  ein  in  vier  Quadranten  getheilter ,  verticaler  Kreis ,  an  169 
ttoem  Bing)»  so  aufgehangen ,  daTs  die  Ahfangspüncte  a  nnd  b 
seiner  Quadranten  genau  in  der  durchs  Centrum  c  gehenden 
VerticaDinie  liegen.  Auf  dem  Stege  de  und  einem  zweiten  da- 
lunter  liegenden  befindet  sich  bei  c  in  einer  Höhlung  die  Quer* 
ae  der  Nadel,  und  diese  letztere  ist  so  beschaffen ,  dafs  sie  im 
mchtmagnetischen .  Znstande  in  jedem  Azimuth  des  Ringes  ge- 
saa  horizontal  liegt,  gleichviel  welche  Seite  der  Nadel  sich  nn« 
teihalb  oder  oberhalb  des  Centrums,  befinde.  Die  Erfahrung 
nigt  jedoch,  dals  diese  Bedingung  schwerlich  mit  der  riOthigen 
Scharfe  erreicht  werden  kann ,  indem  durch  die  Wirkung  des 
Erdmagnetismus  alle  stählernen  Werkzeuge  schon  während  der 
^beitong  mehr  oder  weniger  magneüsch  werden ,  so  dafs  es 

1   The  LoBgitade  foimd.  Lond.  1670. 
V.Bd.  Bbb 


744  Inklinatorium. 

beinahe  HnmÖglich  ist,  die  »tatische  Abgleic|iung  der  Mägnet- 
.  nadel  für  sich  allein  2u  bewerkstelligen.  Die  .Reibung,  welche 
die  £nden  der  Queraxe  in  den  Lagern  erleiden ,  verhindert  die 
'  Nadel ,  zumal  wenn  sie  schwach  magnetisirt  und  von  einigem 
Gewichte  ist,  sich  in  die  Richtung  des  magnetischen  Stromes 
zu  setzen;  Excentricität,  Theilungsfehler ,  Schwierigkeit  der 
Schätzung  beim  Ablegen ,  nicht  genau  cylindiisebe  Zapfen ,  in- 
hitrirender  Magnetismus  des  messingenen  Ringes  sind  ebenso- 
viele  Quellen  von  üngenauigkeit ,  so  dafs  zuverlässige  Neigungs- 
beobachtungen zu  den  soi-gfälfigern  physikalischen  Versuche» 
gehören  ^,  welche  ebensa  sehr  die  Genauigkeit  des  Künstlers  bei 
Verfertigung  des  Werkzeuges,  als  die  Gewandtheit  des  Kxpm*- 
mentators  beim  Gebriracli^ -desselben  in  Anspruch  nehmen. 

Die  Mangel  der  früher  gebrauchten  Inklinatorien  veranlafs- 
ten  die  Pariser  Akademiedet  Wissenschaften  im  Jahre  17439  auf 
die  beste  Construction  dieses  Instruments  einen  Preis  auszusetzen, 
den  Daviel  Bbahoullx  erhielt.  Dieser  sachte  der  UnvoUkom- 
menheit  des  Aequilibrttens  der  Nadel  durch  Anbringung  eines 
kleinen  Gewichtes. zu  begegnen-,  das  um  die  Axe  derselben  be-^ 
17o!^^S^^^^  waf«  Auf  die  Queraxe  der  Nadel  NS  war  nämlich  als 
Gewicht, ein  kleiner  Zeiger  CQ  aufgesteckt^  dessen  veränderli'*> 
che  Stellung  auf  dem  eingetheilten  Kreise  A£Q  bemerkt  wurde. 
Es  wurden  dann  alle  Neigungen  der  NadeKnothrt^  -welche  die-* 
selbe  4^or  dem  Magnetisiren  bei  den  verschiedenen  Stellungen 
des  Zeigers  darbot,  wodurch  man  eine  AtqiuUionstafei  erhielt, 
und  eben  diese  Stellungen  des  Zeigers  wurden  sodann  auch  mit 
der  magnetisirten  Nadel  durchprobirt.  Die  Lage  der  Nadel,  \7el- 
eher  iii  beiden  Fällen  ein  gleicher  Stand  des  Aequations- Zeigers 
entsprach ,  gab  die  wahre  Neigung  zu  erkennen.  Kraft  ^  und 
Aldcüt  £üLEii  ^  verfolgten  diesen  sinnreichen  Gedanken  und 
der  Erstere  zeigte,  wie  man  durch  Anwendung' einer  kleinen 
Rechnung  die  Aequationstafel,  deren  Construction  immer  müh-^ 
sam  war,  entbehrlich  machen  könne.  So  grofs  auch  die  Sorg- 
falt war,  die  der  geschickte  Bj&AirbEn  ^  als  Künstler  auf  diese 
Inklinatorieh    verwendete ,    so  entsprachen  sie  dennoch  ihrem 

1  Hakstbrn's  Ürthcile  in  Schumacher'»  astron.  Nachr.  No.  144. 

2  Acta  Acad.  Pctropol.  A.  1778.  P.  2.  p,  170. 
S    Hiit.  tlo  l'Acad.  de  Berlin.  A.  1755. 

4    Beschreibung  det  magnet.  DecUnatorii  and  Incliaatorii,    Ang«^ 
bnrg  1779.  8. 


Geschiclite.  745 

Zwecke  nur  sehr  tmvoIIkomixieD ,  woran  9owt>hl  die  Kleinheit 
derEintheilnng  auf  dem  Aequationsringe,  als  auch  die  eben  durch 
denselben  vermehrte  Belastung  der  Nadel  und  die  Reibung  ihrer 
Zapfen  Schuld  war.  Dieser  suchten  die  englischen  Künstler 
durch  Anbringung  grofser  Frictionsrollen  zu  begegnen,  deren 
Zipfen  aus  einer  Legirung  von  Gold  und  Kupfer  bestanden  und 
in  Löchern  von  Glockenmetall  liefen.  Allein  der  zarte  Bau  die- 
ser Räder  macht  die  Genauigkeit  ihrer  Kreisform  sehr  zweifel- 
haft, und  tiberdem  waren  auch  diese  Nadeln  statt  des  Zeigers 
mit  eiaem  kleinen  Kreuze  beschwert,  das  vier  stellbare  Kugel- 
chen  als  Momente  trug,  durch  welche  die  Nadel  dergestalt  abge- 
glichen werden  sollte,  daCs  sie  in  allen  Lagen  und  auch  nach 
Timwendung  der  Pole  stets  die  nämliche  Neigung  zeigte.  Sol- 
che Instrumente  wurden  von  Nairive  mit  grofser  Sorgfalt  vet-» 
fertigt,  und  auf  Cook's  zweiter  Heise,  auf  Phifs  Reise  nach 
dem  Nordpole,  auch  auf  Kiius£nstehn's Expedition  gebraucht; 
aDein  die  mit  denselben  angestellten  Beobachtungen  sind  keines-^ 
Wegs  fehlerfrei  und  besonders  setzte  das  angebrachte  Abglei- 
chungskreuz ,  wegen  der  veränderlichen  Entfernung  seiner  Po- 
tenzen, noch  mehr  als  der  Aequationäzeiger  den  Beobachter  der 
Gefahr  ans,  die  Neigung,  die  er  suchte,  selbst  zu  construiren» 

In  den  'neuern  Zeiten  ist  man  mit  Vortheil  wieder  zu  der 
einlachen  ursprünglichen  Idee  einer  Neigungsnadel  zurückgekehrt. 
Min  gleicht  die  Nadel  durch  Schleifen  bestmt$glich  ab,  gieht  den 
Enden  der  Quera^te  möglichst  feitae  Rapfen  und  löfst  diese  auf  ^ 
horizontalen  Achatflächen  laufen.  Das  Verdienst  dieser  Vetb^s- 
serang  gehOrt  Borda  zu,  und  die  Beobachtungen,  welche  Hum- 
boldt, Nouet,  BiOT  in  den  Jahren  1799  bis  1805  mit  einem  so 
Tereinfuchten  Instrumente  von  kleinen  Dimensionen  angestellt  ha- 
hen,  sowie  die  Beobachtungen  der  neuesten  französischen  Entdek- 
kngsreisen,  scheinen  die  Vorzüge  diesÄrConstruction  zu  bestätigen. 

Die  Beobachtung  selbst  bleibt  jedoch  immer  noch  verschie- 
ienen  Einflüssen  ausgesetzt,  die  der  Künstler  nicht  ganz  zu  ent- 
fernen Vermag.  Schob  die  unleugbare  Schwierigkeit,  eine  Na- 
clel  in  Völlig  unmagnetischen  Zustand  zu  Versetzen ,  oder  sie 
darb  zu  erhalten ,  macht  eine  ge'^aue  Aequilibrirung  unmöglicH. 
Eine  geringe  Polarität  des  einen  Endes  der  Nadel  wird  ihn  gUu^- 
W  machen^  die  Nadel  sey  ihrer  Länge  nach  im  Gleichgewicht, 
.wifarend  dem  sie  es  in  Beziehung  auf  dii^  V^rtheilung'der  Mä- 
t«rie  wirklich  nicht  ist.    Leichter  mOchte  fes  seyn ,  zu  erfahren, 

Bbb  2 


746  Inkliuatorium. 

ob  die  tragende  Axe  auch  d/$r  Breite  nach  durch  die  Mitte  der 
Masse  gehe,  indem  eine  Oberlast  durch  eine  Geneigtheit  zum 
Ueberscfalagen ,  die  Unterlast  aber  durch  eine  Tendenz  zur  ho- 
xizontalen  Lage  sich  verrathen  würde  ;  doch  können  auch  diese 
Wirkungen  durch  einen  etwelclien  Magnetismus  der  Nadelf  noch 
einigermalsen  verhüllt  werden«  Man  pflegt  daher  sowohl  beim 
Abgleichen  der  Nadel  Vor  dem  Magnetisiren ,  als  auch  bei  der 
wirklichen  Beobachtung  die  Nadel  auf  ihren  Lagern  so"  umzule- 
gen, dafs  die  untere  Seite  der  Queraxe  nach  oben  zu  liegen 
kommt.  Sodann  ist  es  zweitens  die  Frage,  ob  der  Theilangskreis 
richtig  d.  h.  so  gestellt  sey ,  da£s  seine  beiden  Nullpunkte  wirk- 
lich in  der  Horizontallinie  liegen.  Dieses  kann  direct  durch 
ein  Loth  ausgemittelt  werden ,  welches  die  Theilstriche  yon  90^ 
obep  und  unten  an  der  Theilung  durchschneidet,  oder  man  ver- 
sieht das  Inklinatorium  mit  einer  verticalen  Axe ,  an  welcher  es 
um  180^  umgedreht  werden  kann ,  was  die  Englander  durch  die 
Benennung  face  East,  face  TVeBt  bezeichnen.  Da  aber  hierbei 
die  Nadel  eine  gegen  die  Weltgegenden  verkehrte  Richtung  er- 
hält ,  so  ist  sie  genöthigt  umzuschlagen ,  und  so  wird  die  Prü- 
fung der  CoUimation  mit  der  in  No«  1.  bemerkten  Ungewißheit 
vermischt.  Der  Fehler  einer  Excentricität  3)  der  Nadel  wirjl 
durch  Ablesen  der  Eintheilung  an  beiden  gegenüber  stehenden 
Enden  berichtigt.  Endlich  ist  es  4)  keineswegs  ausgemacht, 
dals  die.  Richtung  des  Magnetismus  in  der  Nadel  genau  mit  der 
geraden  Linie  zusammenfalle,  welche  beide  Enden  derselben 
verbinden  Dieses  kann  nur  dadurch  entschieden  werden ,  dafs 
man  mit  einem  hinreichend  starken  Magnete  die  Pole  der  Nadel 
umwendet,  wodurch  zugleich  auch  die  in  No.  1.  erwähnte  un- ' 
gleiche  Schwere  der  Hebelarihe  sich  zu  erkennen  giebt.  Die 
Beseitigung  aller  dieser  Fragen  hat  daher  allezeit  vier  Beobach- 
tungen nöthig  gemacht,  um  eine  magnetische  Neigung  zu  be- 
stimmen; nämlich  die  östliche  ifnd  westliche,  {face  Ea»t  xknA 
face  Weei)  vor  dem  Umwenden  der  Pole,  und  eben  diese  nach 
demselben ,  wobei  jedesmal  das  Mittel  aus  den  diametral  ein- 
ander gegenüber  stehenden  Theilangsangaben  genommen  wirdL 
Da^  arithmetische  Mittel  aus  diesen  vier  Beobachtungen  wurde 
bisher  immer  für  die  wahre  Neigung  angenommen ,  was  eigent- 
lich nur  in  dem  Falle  zulässig  ist ,  wenn  dieselben  nur  wenig 
von  einander  abweichen.  Dem  würdigen  Sphne  des  berühmten 
Tonus  Matkh  in  G^ttingen  gebulirt  das  VerfUeDst,  e«tf  diese 


Theorie  der  Messungen.  747 

VerntcMamgUDg  zuerst  aufmerksagi  gemacht  und  das  PhHno« 
men  der  Neigung  einer  genauen  Untersuchung  nach  den  Grund- 
sitzen- der  Statik  nnterwoifen  zu  haben  K 

TheoH.e  der  Messungen. 
Es  bezeichne  nämlich  c  das  Centram  der  verticalen  Dewe-]^^' 
gong  der  Neignngsnadel  ab ,  die  wir  in  dem  magnetischen  Me- 
ridiane nns  dedken,  cn  sey  die  senkrechte  Richtung,  ocm  die 
Riditang  des  magnejtischen  Stromes  und  g  der  Schwerpnnct  der 
Nadel  Man  setze  femer  die  ^beobachtete  Neigung  der  Nadel 
gegen  die  Verticale  cn  oder  den  Winkel  acn=c^,  die  wahr» 
NeiguDg  gegen  eben  diese  Linie  oder  den  Winkel  mcn  ssscr, 
•oAich  den  Winkel,  acgs=:i»f ,  $o  ist  die  Lage  der  Nadel  das 
Resoltat  aus  den  zwei  auf  sie  einwirkenden  Kräften ,  der  Kraft 
des  niagnetischen  Stromes  und  der  senkrecht  herunterziehenden 
Knft  des  Sch^irerpunctes  g.  .  Man  kann  sich  die  ersterjs  Kraft, 
£e  wir  mit  M  bezeichnen  wollen,  als  am  Ende  des  Hebels  ac 
▼eRioigt  denken ,  und  sie  durch  ac  X  M  ausdrücken ,  ohne  uns 
nm  die  Frage  zu  bekümmern ,  ob  die  Summe  der  in  der  Nadel 
entiultenen  magnetischen  Kräfte  wirklich  im  Endpuncte  der  Na- 
del lieh  befinde  oder  nicht,  indem  wir  beide  Factoren  unbe-. 
itimmt  lassen.  Von  'dieser  Kraft  wirkt  nur  der  auf  m  c  senk- 
lechtf  Theil  zur  Drehung  der  Nadel ;  er  ist  also  =  ac  X  M  X 
Sin. mca,  oder  (da  mca=smcn-—  acn)=acXMX 
Sin.  (a  *-  f)).  Ebenso  wird  auch  von  der  vertical  wirkenden 
Kraft  P,  welche  das  Uebei;gewicht  der  Nadel  im  Schwerpuncte 
iQSÜbt,  nur  der  Theil  gd  zur  Drehung  verwendet,  indem  gf 
in  der  Richtung  des  Radius  zieht«  Es  ist  aber  g  d  =  g  e .  Sin.  g  e  d  ; 
oad  da  ged  =3  fge  =s  fcn  £=:  acn  —  ^cg»  so  ist  für. 
den  Hebelarm  cg  das  Drehnngsmoment  cg'^V'^Sxu*{q>—ff)0 
Wenn  also  die  Nadel  in  der  Richtung  ab  ruht,  so  mufs  ac  X 
M.Sij^(a—9)  =  ge  X  P . Sin.(y  — jy)  seyn,  (L)    Setst  man 

-------- =  e,  und  entwickelt  die  Sinus  der  Differenz  zweier 

Wmkel,  so  erhalt  man     ^ 

Sia.a.  Cos.9 — Cos.a  •  Sin«^  es  e  •  Sin.^  •  Cos.j}  -—  e  •  C0S.9  •  Sin.^ ; 

nnd  indem,  man  durch  Cos.  9  dividirt  j 

1  Gommentatio  de  aau  accaratiori  acut  inctinatoHae  mSgnetic«« 
ia  den  Corameat.  rec.  80c.  teg.  aedent«  GottiogentM.  GL  Math.  T«  lil. 
^^  lad  ia  G.  XLYÜU  ttd. , 


748  Inklinatoriam. 

^  ^        Co8,a  +  e.Co9tij 
Der  Winkel  q>  bezeichnet  demnach jiie  Richtang  gegen  die  Ver- 
ticallinie,  in  welcher  die  von  den  Kräften  M  und  P  soUlcitiite 
Nadel  zur  Ruhe  kommt.    Keilnte  man  e  und  17,.  so  liefse  sich 
aus  der  Beobachtung  von  9  der  Winkel  a  oder  das  Complement 
der  wahren  magnetischen  Neigung  herleiten»     Wäre  die  Nadel 
vollkommen  aequilibrirt ,   so  wäre  ge  s=  0;   abo  auch  e  =  0, 
nnd  Tg.  9  =  Tg.a,   indem  die  Nadel  einzig  der  Richtung  des 
'  magnetischen  Stromes  folgen  würde.     Da  aber  eine  solche  Vor^ 
aussetzung  dem  Zwecke  dieser  Untersnohung  gerade  entgegen 
ist,  so  müssen  wir  durch  Veränderung  des  Versuchs  die  unbe- 
kannten Gröfsen  zu  eÜminiren  suchen.     Kehrt  man  nämlich  dl« 
Nadel  um ,  so  dafs  die  untere  Seite  die  obere  wird ,  so  liegt  g 
oberhalb  der'Axes    die  Nadel  muls  daher  unter  einem  andern 
Winkel,  als  zuvor,  ^ux  Ruhe  kommen;  der  Winkel  f}  wird  ae» 
gativ  und  yrix  erhalten  in  diesem  Falle 
,       Sin.  a  —  e  .  Sin.  ij 
**'  ^         Cos.  a  ^  e  .  Cos,  i; 
W£re  die  Nadel  so  weit  abgeglichen,  dafs  sie  im  unmagnetischen 
Zustande  genau  horizontal  läge,  wobei  derSchweppunct  g  senk- 
recht unter  c  sich  befinden  würde,  so  hätte  man  1^=90*;  also 
-,  Sin.a  +  e       ,_      ,       Sin.«  —  e         ... 

Tg.y  +  Tg.9'==2Tg.«.     (in.) 

Um  jedoch  auch  diese  Annahme ,  deren  genaue  Erreichung  in 

der  Ausführung  ziemlich  schwierig  seyn  dürfte ,  entbehrlich  za- 

machen,  ist  es  rathsamer,  durch  Bestreichen  mit  einem  kräfti«- 

gen  Magnete  die  Pole  der  Nadel  umzuwenden.    Dadurch  erhalten 

wir  noch  zwei  neue  Bestimmungen  von  9),    in  welchen  der 

Schwerpunct  g  gegen  den  dominirenden  Pol  in  eine  Lage  kommt, 

die  den  beiden  vorigen  diametral  entgegengesetzt  ist.     In  die« 

sem  Falle  wird  der  Winkel  tj  oder  acg  stumpf,  und  somit  sein 

Cosinus  negativ ,  und  wir  haben 

_       „       Sin.a  +  « •  Sin.«  . 

Tg.  cp   =r ■ -7; — ''  ,   wobei  I  statt  e  gesetzt 

®  ^         Cos.a  •—  <  .  Cos. 9 

Fl^^.wird,  indem  nicht  anzunehmen  ist,  dafs  die  Nadel  nach  dem 

1^.^  Umwenden  der  Pole  einen  gleich  starken  Magnetismus  wie  vor« 

175.  her  erhalte.    Man  hat  also  für  die  viar  in  den  Figuren  beceich- 


Theorie  der  Md«äuiigen.  749 

neteaLagvn  der  Nadel  folgende  GleichuDgen,  in  welcKea  wir 
,   dk Werthe  tod  9»  durch  die  Buchstaben  F,  f,  G  und  g  unter- 
sdiöden  wollen : 

ilir Flg.  172.  Tg. F  =  S'"'«  +  ^'S'">^ 
Co$.a+  e  •  Cos.91 

fiirFig.173.    Tfi.f=g=lfL^JLLS!Bl9 
C08. a -t-  •,  Co», if 

für  Fig.  174.  Tg.G  =  «»•«  +  «  -^V 
Cos.  a  —  « .  Co»,  jy 

ii-    17-     A-w^    m  Sin.a  —  €  .  Sin.» 

fiir.Eg.l75.  Tg.g  =  - ^ —-y 

Cos.  a  —  €  .  Sm.  iy 

Aqs  der  ersten  erhalten  wir 

Tg.  F.  Cos.  a— .Sin.a       ,         , 

•  =  5: = — =r-7; und  aas  der  zweiten 

Sin.  17  —  Tg.F.Cos.);^ 

Tg.f.Cos.a  — Sin.«        ^.  .;.  ^      ^ 

"^®=^c^ ,  •  rrt  'r  r^ •      DividiTt  man  durch 

Sin..j»;  +  Tg.  f .  Cos.  ?i 

Cos.  ij  f  so  wild 

(Tg.F.Cos.ö  — Sin.a)X(Tg.i7  +  Tg.f) 

=  (Sin.a  — Tg.f.Cos.a)X(Tg.J7-Tg.F) 

Also  auch     2 .  Sin.  a .  Tg.  17  —  (Tg.  F  -f  Tg.  f; Cos.  a .  Tg. 9 

*    r=  Tg.  F .  Sin.  a  —  Tg.  f.  Sin, a ;    mithin  . 

_  (Tg.F— Tg.f). Sin.a  ,^--^      ^  ; 

Tg.fy='    ^,      ^ — ■      „/^    r-zz (IV.)      Gan»  auf 

^  '       2.Sina— (Tg.F  +  Tg.f)Cos.a   ^      ^ 

dieselbe  Weise  erhält  man  aus  der  dritten  und  vierten  (xleicbung 

T^  --         (Tg.G--Tg.g).Sin.a 
.        ^•^~<Tg.G  +  Tg,g)Cos.a— 2.Sin.a^         .     '    ' 
Bezeichnet  man  der  Kürze  wegen  die  Summe  der  Tangenten  von 
f  und  f  mit  M,   ihrr  Differenz  mit  m,   ebenso  die  Summe  der 
Tangenten  vonG  und  g  mit  N,  Ihre  Differenz  mit  n,  so  ist  mit 
Weglassung  des  gemeinschaftlichen  Factors  Sin.a, 

m.N.Cos.a — m.2Sin.a  =3:  n.2Sin.a— n.M.Cos.af 
oder  indem  man  durch  Cos.  a  dividirt 

m.N.— m,2Tg.as=n.2Tg.a— h.M;  also 

m.N  +  n.M 

2Tg.ag=..>     ];       .^ 
m  +  n 

Da  man  gewöhnt  ist  j   die  Neigung  der  Nadel  auf  die  Horison- 

tallinie  zu  bezieben,  so  ist  i^aQü^  — -a;  also 

-   ^  ^      .       m  .  N     ,    n  .M 
2.Cotgx=— -—  +  — — , 
m  •{*  ^        m -J-a 


75D  Inklinatorittm« 

wobei  jedoch  die  Winkel  F,  f ,  G,  g  ak  AbstSnde  vom  Fab^ 
ponct  gemessen  werden.  Ist  das  Instrument  so  getheilt^  dab 
die  beiden  Nnllpuncte  in  der  Horizontdiinie  liegen ,  so  mals 
man  natürlich  die  Cotangenten  dieser  Winkel  nehmen«  Ist  der 
Einfluts  des  Schwerpunctes  der  Nadel  so  grofs ,  dals  das  N erd- 
ende der  Nadel  in  den  südlichen  Quadranten  übertritt ,  so  ist 
jener  Winkel  tmd  seine  Tangente  negativ.  Ein  Beispiel  ans 
Matxa's  trefilicher  Abhandlung ,  aus  welcher  diese  ganze  Dar- 
stellung entnommen  ist,  wird  diese  fiir  genaue  Bestimmungen 
unentbehrliche  Methode  erläutern. 

.  AUtbe  beobachtete  am  2.Mclrs  1814  in  Gtfttingen  folgende 
Zenithdistanzen  der  Nadel: 

F=56^45'j  f~— 32^13';  Gä=50^12';  g=— 28M0r. 
Es  hf  nun 

Tg.F=      1,5252  Tg.G=a      1,2002 

Tg,  f  aa  >^0,6301  Tg.  g  =  —03354 

M  n^       ö;8951  N  =       0,6648 

m  »       2,1553  n  =       1,7356 

m  4-  n  £9  3,8909 
Log.  m  =  0,33350  Log.  n  s=  0,23944 

;    Log.  N  =  9,82269  Log.M  =  9,95187 

Log.  ?^  =  9,56625     Log.^l^  =  9,60137 

Zu  diesen  Logarithmen  gehören  clie  Zahlen  0,36835  und  0,39931; 
ihre  halbe  Summe  ist  038383  gleich  der  Tangente  von  69^  0',2» 
Sind  M  und  N  gleich,  so  ist  dieses  ein  Zeichen,  dals  die 
Nadel  ihrer  Länge  nach  richtig  abgeglichen  sey ,  und  dann  be- 
darf es  des  Umwendens  der  Pole  nicht.  Wären  auch  F  und  f, 
und  ebenso  6  und  g  gleich ,  so  wäre  die  l^idel  auch  der  Quere 
aach  gleichfljlrmjg ,  das  Umlegen  derselben  wäre  überflussig  und 
jede  einzelne  Beobachtung  gäbe  sogleich  die  richtige  Neigung 
an.  Da  jedoch  dieses  Umlegen  keine  Schwierigkeit  macht,  so 
hat  maiy  nur  darauf  zu  sehen,  dafs  man  der  in  Formel  (III.)  aus-- 
gesprochenen  Bedingung  genüge,  und  tj  dem  rechten  Winkel^ 
möglichst  nahe  bringe«  Man  kann  jedoch  nach  dem  schicklichen 
Rathe  von  G«  G.  Schuidt^  jene  Umkehrung  der  Pole  dazu  be-* 
nutzen,  um  ein-  für  allemal  den  Winkel  ti  an  einer  Nadel  zu 
bestimmen ,  und  dann  mit  Hülfe  desselben  die  Neigung  aus  ei- 
nem einzigen  Beobachtungspaare  ohne  Umkehrung  der  Pole  ab« 

1    G.  LXUI*  1*^16. 


Beobachtangen  aufacr  d^m  Meridiane.    751 

ndaitea;  vniB  um  so  wöntchenswerdier  ist,  dt  diese  Op«vstioii 

dann  doch  die  urten  Endep  der  Qaeraxe  einer  0ftera  Gefahr  der 

Vevletxiing  aussetzt,  und  ihre  Ansfiihning  leicht  durch  Zeit  und 

Umstände  erschwert  werden  kann«  « 

Man  hat  nämlich  mit  Beibehaltung  der  angenommenen  Be-> 

«cichnung  nach  (lY«) 

m         ^^  m.Sin.g  >n.Sln.o 

^*'  ~  2.SiD.a_M.Co8.a  "^  N.Cos.A— 2.Sin,a 

f.  ^  2  — M.Cot.«        N.Cot.a— 2 

i.otg,  ij  = =s ,   nudun 

m  n  ' 

n.               2 — m.Cot.w         n.Cot.w4.2  ^^^      , 
Cotg.«  = j^ 1  =: fp-^— •  (V.)    alao 

(m.N+n.M)Cot.i7  =  2M^2N   oder 

2Tg.,  =  ^  +  ^.    (VL) 

In  obigem  Beispiel  ist  M  —  N  =  0,2303 ; 

Log.  mN  =  0,15619  Log.nM  =  0,19131 

Log.2(M— N)  =  9,66332  Log2(M-N)  =  9,66332 

num.  Log.     0,49287  num.  Log,    0,52799 

»  3,1107  =  3,3728; 

ihre  Summe  6,4835  ist  die  Tangente  von  17  =  81*  13',9  oder 
^ebnehr  von  98"  46',1  ;  denn  da  F  =  56°  >  a  (=  21**)  ist, 
so  nrals  der  Schwerpunct  g  in  der  südlichen  Hafte  der  Nadel 
hegen  und  11  oder  acg  ist  hier  ein  stutdpfer  Winkel.«  Hätte 
man  also  nur  F  und  f  beobachtet ,  so  wäre  nach  Formel  (V.) 

Cot*a  5=  Tg,i  =  *       '^1  wobei  Cot i}  das  Zeichen 

wechselt.     Man  erhält  demnach 
Log.  m  =  0,33350 
Log.  Cor.jy  =  9,iaS19  +2, 

num.  Log.        9,521Ö9  ==  +  0,3324 

Log.  2,3324         «0,36780 
Log.M  =  9,95187 

Log,  Tg.  69^  (f^  =  0,41593 

Beobachtungen  anfser  dem  Meridiane« 

Man  hat  auch  vorgeschlagen,  durch  Beobaditungen  auCser 
dem  magnetischen  Meridiane  die  wahre  Neigung  2U  bestimmen. 
An  sich  scheint  es  bei  so  delicaten  Beobachtungen  nicht  rathsam» 


752  Inklinatorium« 

die  obneliin  schwache  Wirkung  des  magnetischen  Stromes  nocb 
durch  eine  ungünstige  Richtung  zu  verringern.     Doch  möchte  in 
'  seltenen  Fällen ,  wo  entweder  die  Meridianrichtung  nicht  su  er^ 
halten  wäre,  oder  etwa  um  die  Rundung  der  Zapfen  inverschie- 
denen  Neigungen  zu  prüfen,  ein  solcher  Versuch  statt  finden. 
Welche  Neigungen  die  Nadel  in  den  verschiedenen  Abweichan- 
Fig.  &^^  ,vom  Meridiane  annehme ,   labt  sich  leicht  aufEnden.     £s 
i76.sey  nämlich  MDAF  der  Azimuthaikreis ,  MA  der  magnetische  ' 
Meridian;  in  C  befinde  sich  die  Queraxe  der  Nadel,  welche 
ihr  nur  eine  Erhebung  und  Senkung  in  der  l^chtung  des  jedes* 
maligen  Azimuths ' erlaubt ;  CA,  CD,  CF  seyen  solche  Neigun- 
gen*    Da  nun  der  magnetische  Strom  einzig  nach  der  Richtungr 
des  Meridians  wirkt,  so  bleibt  von  der  Kraft,  die  er  im  Meri- 
diane aasübt,  und  die  durch  AI  als  Tangente  der  Zenithdi- 
stanz  der  Nadel  ausgedrückt  wird,  in  der  Richtung  ID  nur  der 
Theil  ED  übrig,  und  diese  Gröfse  hat  man  auf  der  Richtung 
1 D  aufzutragen ,  so  dals  I B  =  E  D.    Die  Verlängerung  der  Na- 
del beschreibt  mithin  auf  der  Ebene  ADMF  einen  Kreis,  des- 
sen Durchmesser   dem  Maximum  ihres  Zenith-Abstandes  AI 
pj^  gleich  ist.     Es  ist  nämlich  ED  =  IK  =  IB,  und  die  Dreiecke 
177. IKD  und  IB  A ,  in  welchen  der  Winkel  I  von  gleichen  Seiten 
eingeschlossen  ist,  sind  eirilwder  gleich ;    das  letztere  ist  also  in 
B  rechtwinklig,    eine  Eigenschaft,  welche  nur  dem  Winkel  an 
der.KreisUnie,  deren  Diameter  AI  ist,  zukommt.    Die  Zenith- 
Abstände  der  Nadel  (IG  =  HF)  nehmen  also  ab,  wenn  die  Abwei- 
chung vom  Meridiane  zunimmt,  und  sind  Null,  wenn  die  Ebene 
der  Nadel  mit  demselben  einen  rechten  Winkel  bildet.     Alsdann 
ist  die  dirigirende  Kraft  des  magnetischen  Stromes  ganz  wir- 
kungslos, weil  sie  parallel  mit  der  Queraxe  geht,  und  die  Na- 
del folgt  nur  dem  noch  übrigen  verticalen  Zuge  des  schief  nie- 
dergehenden Stromes;  sie  steht  senJbreoht.    Bezeichnet  nun  AI 
die  Tangeute  der  magnetischen  Zenithdistanz  im  Meridiane,  so 
ist  im  Dreiecke  BAI  die  Linia  BI=  AIxCos.AIB,    also 

^^^^  CosTaTb'  ^^*''  ^®°"  ™*°  ^^  magnetische Aiimuth  der 
Nadel  mit  a^  ihre  in  demselben  beobachtete  Zenithdistanz  mit 
rbezeichuet,  ^g-F  =;=  T"^!^.     Da  mau  die  Nadel  auch  in 

umgekehrter' Lage  beobachten  muls-,  so  ist  auch  Tg.f  a=-^^- 

Cos.  es* 


Methode  der  Schwint^ungen.'  753 

^  Cos.  C0  Cos. » 

ücba  Resnltsta  erhalt  man ,  wenn  man  dio'  Nadel  auch  nach  der 
entgegengesetzten  Seite  des  Meridians  um  cfren  so  viel  abwei- 
dien  laTst,  so  dab  diese  Operation ,  insofern  man  den  Abwei- 
diungswinkel  nicht  sehr  grofs  annimmt,  allerdings  den  Vortheil 
gewährt,  eine  grttfsere  Zahl  Von  Beobachtungen  zu  liefern,  wo- 
durch die  Ungenauigkeit  der  einzelnen  Angaben  einigerma&ea 
compensirt  wird.    Doch  ist  nicht  zu  vergessen,  dafs  man  hieraus 
sieht  das  Complement  der  Wahren  Neigung ,   sondern  nur  das 
Maximum  der  Zenithdistanzen  erhält ,   wriches  für  eine  gege- 
bene Nadel  an  einem  Orte  mtf  glich  ist.     Die  wahre  Neigung  mufs 
alsdann  entweder  dn^ch  Umwendung  der  Pole,  oder  durch  Zu- 
ziehung des  Winkels  j;  nach  Formel  (V.)  hergeleitet  werden. 
La&t  man  die  Nadel  zu  beiden  Seiten  des  Meridians  um  45°  ab- 
weichen, so  wird  der  Winkel  bei  I  ein  rechter  und  man  hat 
Tg.ar  +  Tg.»r=Tg.»F. 

Metl)ode   der  Schwingungen. 

Noch  sind  einige  indirecte  Methoden  zur  Bestimmung  der 
Inklination  vorgeschlagen  worden,   die  als  Mittel  zur  Controle 
der  directen  Messungen  ihren  Werth  haben,  mit  dem  nämlichen 
Apparate  sich  anstellen  lassen,  und  bei  gehöriger  Vorsicht  eine 
hinreichende  Genauigkeit  gewähren.     Sie  beziehen  sich  sämmt* 
lieh  auf  den  Satz:    dats  die  Schwingungen ,  die  eine  um  ihren 
Schwerpunct  bewegliche  Nadel  in  verschiedenen  Ebenen  voll- 
fdhrt,    den  Kräften  propor^onul  seyen,   die  in  diesen  Ebenen 
auf  sie  wirken,  oder  genauer  ausgedruckt:  dafs  die  Quadrate 
der  Schwingungszeiten  zweier  Pepdel  von  gleicher  Länge  sich 
nmgekehit,   wie  die  soUicitirenden  Kräfte  verhalten.     SteUen^.^ 
wir  diese  durch  Linien  dar,  so  daft  ca  die  Kraft  des  magneti-i78* 
sehen  Stromes  im  Meridiane  und  in  der  Richtung  der  Neigungs- 
linie  ausdrucke,    so   bezeichnet  ad  denjenigen  Theil  dersel- 
ben,  welcher  iii  der  venicalen  Richtung  cn  (d.h.  nach  dem 
Vorigen,  in  tfer  auf  ^den  Meridian  senkrechten  Ebene). wirksam 
ist,   und  cd  den  Theil,  in  welchen  sie  nach  der  horizontalen 
Richtung  zerlegt  wird.    Lassen  wir  also  eine  und  dieselbe  Na- 
del in  den  drei  auf  einander  senkrechten  Ebenen,   1.  im  magne- 
tischen Meridiane,  2.  index  Richtung  von  Ost  und  West,  und 


734  Inkliaatoriaa. 

3*  in  horizontaler  Lage  um  ihr  Centram  eine  gleiche  Ansalil  Ton 
Schwingungen  vollenden ,  so  geben  uns  die  Qaadratzahlen  die* 
ser  Schwingnngsseiten  drei  Groben  an  die  Hand,  aus  d«reB 
Veihäkniasen  wir  «ach  den  Lehren  der  Trigonometrie  den  Nei- 
gungswinkel i  bestimmen  k(Jnnen.  Es  ist  nämlich,  wenn  wir 
die  magnetische  Kraft  ca  in  der  Richtung  der  Neigungslinie  mit 
M,  ihren  verticalen  Theil  da  mit  P,  den  horizontalen  c4  mit 
H  bezeichnen , 

(1)  M:P=il:Sin.i; 

(2)  M:H»l:CQ&i;  und 

(3)  H:P  =  l:Tg.i. 

Da  nun  die  Quadrate  ßer  entsprechenden  Schwingungszeiten  m, 

|> ,  h  diesen  Kräften  umgekehrt  proportional  sind ,  so  ist 

m*  m*  ,    ■  h* 

SiB.i  =  ----;   Cos,i  =  -rT-,  und  Tg,i  =  — • 
p'  n*    .  p' 

Ein  Beispiel  möge  dieses  zu  erläutern  dienen.  Im  September 
1821  machte  Capt.  Sabive^  in  London  folgende  Beobachtungen : 
Im  Meridiane  machte  eine  wohl  abgeglichene  Neigungsnadel  70 
Schwingungen  in  260)25  Zeitsecunden ;  senkrecht  auf  demsel- 
ben brauchte  sie  dazu  268f38  See.  und  in  der  horizontalen  Lage 
445>5  See.     Man  hat  also 

Log.  m  =2,41539 2,41539    Log,p«r2,4l»75 

Log.  p  =  2,42875    Log.  h= 2,64885 >  2,64885 

9^98664  "9,76&')4  9777990 

htaltipl.mit2=:;  9,97328  9,53308  9,55980 

Log.  Sin.  (i  ==.  70*  6',5)  Log.  Cos.  70^  2',8  Log.  Tg.  70*  i,% 
Der  blofse  Anblick  der  Figur  zeigt,  dafs  die  erste  dieser  Me« 
thoden,  die  von  La  Plack  herrührt,  desto  genauer  wird,  je  ge-^ 
ringer  die  Neigung  ist;  daher  sie  vorzüglich  für  geringe  Breiten 
sich  eignet.  Die  zweite,  die  Ton  Sabivx  zuerst  ausgeführt 
wurde ,  ist  dagegen  in  hohen  Breiten  zu  empfehlen.  Die  dritte, 
von  Coulomb  zuerst  vorgeschlagen,  palst  am  besten  für  mittlere 
Neigungen. 

Bei  den  Versuchen  selbst  ist  Folgendes  zu  beobachten:  1. 
Die  Nadel ,  die  man  schwingen  läCst,  muls  möglichst  gut  aeqoi« 
librirt  seyn.  Man  erreicht  dieses  entweder  durch  ein  angesteckt 
tes  Xüreuz  mit  vier  Kugeln,  oder  nach  Sabivb's  Beispiele 
durch  einen  am  leichteren  Schenkel  umgebundenen  Seidienfiiden, 


i    Philot.  Traut,  f.  1891  nnd  C.  LXXVI.  17. 


Methode  der  Schilv'inguiigeu»  '  755 

oder  iwcdk  ein  Stock  an^klebtes  Wacbi.  2.  DieSchwii^ungs^ 
bogen  I  bei  denen  aan  anfingt  zu  säUen,  dürfen  niclit  all* 
nigrols  sejn,  wenigstens  nicht  über  30  Grade  betragen.  3^ 
Beiffl  Zählen  derselben  ist  folgendes  Verfahren  sa  empfehlen : 
Um  bemerke  an  einer  guten ,  gleichförmig  gehenden  Secnnden«» 
ohr  das  genaue  Ende  der  1.»  3.,  &)  7*  und  0.  Schwingung, 
madie  sodann  eine  Pause  während  der  zehn  folgenden ,  und 
ootire  wieder  das  Ende  der  10-  f  13.  t  15*  etc.  bis  sur  19«  Auf 
gleiche  Weise  bemerke  man  die  ungeraden  Sphwingongen  de« 
zwaaziger,  dreilsiger  und  der  folgenden  Reihen.  Zieht  man 
diese  Angaben  Ton  einander  ab ,  so  eAält  man  eine  bedeutende 
Menge  yon  Weitfcen,  welche  die  Dauer  von  10  Schwingungen 
uudnicken.  fie  genfigtaucb,  nur  je  db  10« ,  30^,  30*  Schwin<«> 
gong  zu  notiren ,  oder  überhaupt  auch  greisere  Intervalle  anzu^ 
aehmen^.  Die'  Zeiten  sollten,  wo  möglich,  in  Zehntelsecundv»*, 
Bidi  dem  Gebrauche  der  Astronomen,  angegeben  werden ;  nicht 
unbequem  ist  es,  sich  hierbei  .von  einem Gehiilfen  entweder  di^ 
Secunden  zählen  oder  wenigstens  die  Momente  schreiben  zu 
hsten.  4*  Die  Schwingungen  in  den  beiden  verticalen  fiheneii 
hnen  sich  allerdings  am  besten  durdh  die  Nadel  des  InUinato« 
riaiDS  bewerkstelligen.  Um  jedoch  auch  eben  diese  Nadel  zu  den 
liorizontalen  Schwingungen,  zu  bentttzen,  hänge  man  dieselbe 
an  einem  ungezwimten  Seidenfaden  anf ,  welcher  an  der  Quer-^ 
axe  befestigt  wird,  wozu  entweder  ein  durchgebohrtes  LocU 
oder  auch  die  in  derselben  eingedrehte  Furche ,  deren  unten  ge- 
dacht werden  soll ,  dienen  kann.  DaC»  der  herabsinkende  Pol 
der  Nadel  beschwert  werden ,  überhaupt  dafs  die  Nadel  in  ho* 
montaler' Ebene  schwingen  müsse,  bedarf  wohl  keiner  besen^'^ 
dem  Erwähnung.  5«  Auch  die  horizontalen  Schwingungen  mti$->' 
len  in  einem  verschlossenen  Glaskasten  vor  sich  gehen.  6<  Die 
Beobachtungen  der  Nadelschwingungen  in  den  verschiedenen 
Ebenen  sollten  wenigstens  in  der  nämlichen  Stande  und  bei 
gleicher  Temperatur  vorgenommen  werden.  Dab  sie  an  der 
nunlichen  Stelle  und  entfernt  von  Wänden  oder  Von  versteckten 
EUenmassen ,  am  besten  iln  Freien,'  geschehen ,  ist  nicht  minder 
wesentlich. 

Bei  der  groben  Genauigkeit ,  mit  welcher  sich  die  Schwin-- 


1    Beispiele  dieser  Metliode  findet  man  in  G.  liXXTI.  in  SASfSff's 
AbWdkng,  and  ahnHche  ron  üasstbiv  LXYIII.  268. 


756  Inklinatorium* 

guttgszeiten  alsMittelzaU  vieler  Angaben  bestimmen  lasseni  gielit 
diese  dreifache  Anwendung  der  Scfiwinganganethode  unter  Be- 
obachtung der  angeführten  Vorsichtsregel»' Resultate,  die  an 
Genauigkeit  und  Zuverlässigkeit  mit  denen  der  directen  Mes- 
sung wetteifern  kßnnen*  Sie  hat  überdies  den  Vorzug  der  Rin— 
fachheit,  indem  nie  dep  ^ingetheilten  Kreis  und  das  Umwenden 
der  P^ole  entbehrlich  macht.  Die  Uhr,  deren  man  sich  bedient, 
braucht  nicht  berichtigt*  zu  seyn ,  und  ihr  Gang  muls  nur  auf 
kurze  Zeit  sich  gleteh  bleiben ,  was  schön  von  einer  guten  Cy^ 
lindertaschenuhr,  insofern  die  Temperatur  sich  nicht  anderT, 
eioh  erwarten  läfst«  Auch  auf  Schiffen  mdohte  sie  bei  den  lang- 
samen Schwankungen^  auf  ruhiger  See  noch  ekn  so  genaue  Re- 
sultate gewähren,,  als  «die  Messung  am  Giadbqgen^  mir  muls, 
wie  auch  bei  der  directen  Beobachtung ,  darauf -gesehen  werden, 
dals  während  des  Versuchs  das  Schiff  sein  Azimuth  nicht  än«- 
derei  Weniger  hingegen  möchte  die  Methode  der  Schwingun- 
gen -zur  Untersuchung  der  geringen  täglichen  oder  stündlichen 
Variationeil  der  Neigung  sich  eignen,  da  bei  den  vevtiealen 
Schwingungen  die  Reibung  der  Ax^  es  unmöglich  macht,  eine 
hinreichend  graCse  Anzahl  derselben  sn  erhalten.  Weit  eher 
dürfte  dieser  Zweck  durch  eine  leichte  Nadel  von  ungewöhnli- 
cher Länge  erreicht  werden ,  die ,  an  ihrem  südlichen  Ende  als 
Centrum  nach  Art  der  Sortir  «*  oder  Gamwagen  aufgehängt ,  ihre 
ganze  Ausdehnung,  zum  Radius  des  zu  messenden  Bogens  darböte. 
Der  Vollständigkeit  wegen  mag  hier  noch  eine  Beschreib 
bung  des  Verfahrens  folgen,  durch  welches  Coulomb  das  Ver- 
hältnils  der  magnetischen  Kräfte  in  der  horizontalen  und  in  der 
Verticalen  Richtung  zu  bestimmen  suchte^.  Von  dem  vorher 
erwiesenen  Satz  ausgehend,  dals  die  Summe  der  Momente  aller 
Kräfte^  welche  eine  horizontale  Nadel  dem  magnetischen  Meri— 

diane  zutreiben,  durch  die  Formel  ~r  ausgedruckt  werde,   in 

welcher  p  das  Gewicht  der  Nadel,  1  ihre  halbe  Länge,  und  X 
die  Länge  des  einfachen  Pendels  bezeichnen ,  das  mit  der  Nadel 
gleichzeitige  Schwingungen  macht,  bestimmte  er  zuerst  durch 
directen  Versuch  das  Gewicht  der  Nadel  und  die  Dauer  ihrer 
horizontalen  Schwingungen ,  nebst  dem  Gewichte ,  mit  welchem 
ihr  südliches  Ende  beschwert  werden  muüste,  um  sie  in  die  ho- 


1    Mdm.  de  rinstliut.  T.  IV,  p.  565. 


Instrumente.  757 

xizontale  Lage  za  bringen.  Ans  den  beiden  enteren  Graben 
berechnete  er  mit  Hülfe  der  obigen  Formel  das  horizontale ,  aus 
dem  Letztem  das  verticale  Moment  der  Nadel ,  beide  für  die 
Einheiten  der  Länge  nnd  des  Gewichts,  nach  welchen  die  Länge 
dei  Nadel,  ihr  Gewicht  und  die  £ntfemang  des  Gegengewichts 
angegeben  wurden.  Da  die  Nadel  nicht  aeqoilibrirt  war,  so 
noisten  ihre  Pole  umgewendet  und  sie  geiadd  so  stark  magne«- 
tisiit  werden ,  dafs  ihre  Schwingungszeit  von  der  vorigen  nicht 
merklich  aWich ;  auch  muiste  der  Versuch  mit  dem  Gegenge« 
'wichte  wiederholt  werden.  Bei  Coi^LOttB^s  Nadel  war  p  s=s 
88,808  Grammes,  \=s  213,3 Millimeter,  und  da  sie  50Schwin*- 

nnd  hieraus  das  horizontale  Moment  ^Y"  =*  13,824  Gr.   auf'l 

Hillim.  Abstand  vom  Centrum  der  Nadel.  Um  sie  horizontd 
zu  stellen,  bedurfte  es  eines  Gewichts  voii  0)2  Gr«  inl70>5M.M.  ,, 
Distanz  von  der  Axe,  und  nachdem  die  Pole  umgewendet  und  .  i 
die  Nadel  wieder  bis  auf  den  nämlichen  Sättigungsgrad  maghe«' 
lisirt  war,  so  dais  diu«  horizontalen  Schwingungen  mit  den  voa* 
vigeii  gleichzeitig  worden ,  war  ein  Gerwicht  von  0)2093  Gr.  in 
1S4,5  M.M.  Distanz  «erforderlich.  Man  erhäk  hieraus  für  das 
verticale  Moment  im  Mittel  37)348  Gr.  auf  IJ^M.  Abstand.   Der 

Qnotient  beider  Kräfte  nämlich  ^   '-.  giebt  2,70167  =  Tg. 69* 

4lV3,  als  die  Neigimg  in  Paris  um  das  Jahr  1798* 

Infttrtitneiite. 

Wir  kommen  nun  zur  Beschreibung  der  zum  Beobachten 
erforderlichen  Instrumente ,   und  zwar  geben  wir  zuvörderst  ein 
loUinatorium  an ,  welches  bei  möglichster  Einfachheit  die  von 
einem  physikalischen  Versuche  zu  erwartende  Genauigkeit  sup;^. 
gewähren  verspricht ,  Und  zugleich  den  verschiedenen  Beobach-  ^^^ 
tuqgsmethoden  sich  anpassen  lafst*     a  b  a' b'  ist  ein  viereckiger  i^o. 
Rahmen  von  Messing  (bestimmt^  den  Kieis  c  d  und  das  Gestella 
der  Nadel  zu  tragen)',  welclier  auf  die  Aufsätze  p  p^  an  den  hüU 
zemen  Seitenwänden  des  Glaskastens  AB  au^elegt  wird.     Ei^ 
ist  von  hinreichender  Höhe  und  Dicke,  um  ungeachtet  der  kreis* 
runden.  Durchbrechungen  nahe  an  seinen  End^n  dennoch  die 


758  laklinatorium. 

gehörige  Steifheit  eu  behalten  ^  und  doch  von  der  Eintheilong 
80  wenig  als  möglich  zu  bedecken,  Au^  seiner  AuTsenseite  und 
in  der  Mitte  seiner  Länge  sind  die  beiden  Lager  1  und  V  ange- 
p.  schraubt,  welche  zwei  schmale  hervorragende  Achatstiicke  e  und 
181. e%  deren  Seiten  etwas  keilförmig  geschIi£Pen  sind,  durch  An- 
pressung  festhalten.  Die  oberen  Kanten  dieser  Achate  miisaen, 
wenn  sie  einmal  an  dem  Rahmen  unveränderlich  befestigt  sind^ 
zugleich  mit  einer  planen  Fläche  abgeschlitf  en  werden,  (wozu  ein 
planer ,  feiner  Schleifstein  dienen  kann , )  damit  ^e  genau  in  ei- 
ner £bene  liegen.  Auf  diese  m6*glichst  polirten  Achate  werden 
die  dünnen  Zapfen  der  Queraxe  der  Nadel  sachte  hingelegt,  Mrai 
vermittelst  des  beweglichen  Rahmens  m  n  m'  n'  bewerkstelligt 
wird.  Dieser  ist  der  Seitenansicht  nach  dem  Rahmen  aba'b' 
völlig  gleich ,  und  an  den  gleichen  Stellen  durchbrochen  ^  so 
dafs  er,  wenn  die  Nadel  frei  .spielt,  von  der  Seite  her  gar  nicht 
lüchtbar  ist.  In  seiner  Mitte  befinden  sich»  elwas  erhölu^ 
p.  ;rechtwinklige ,  gabelförmige  Einschnitte,  welche  die  Axe  der 
182.  Nadel  in  swei.  eingedrehten  Rinnen  rr'  Tlnterstiitzen,  Die  Na- 
del selbst  ist  auch  nach  ihrer  Dicke  keilförmig  gestaltet,  damit 
ihre  EndeU  auch  beim  Umwenden  derselben  in  die  Ebene  der 
Vorderseite  des  Kreises  zu  liegen  kommen.  Da  die  Enden  der 
Nadel,  wenn  sie  auf- die  Achate  abgesetzt  ist,  die  innere  Kante 
des  Kreises  beinahe  berühren  müssen ,  so  mufs  dieselbe  in  einer 
schräg  herunter  steigenden  Richtung  in  ihre  Lage  gebracht  wer- 
den. Zu  diesem  Ende  ist  der  Rahmen  mnm'n'  an  seinem  Ende 
mm'  um  einep  Zapfen  seitwärts  beweglich,  während  die  verti- 
p{g,cale  Erhebung  durch  die  Federung  dieses  Endstückes  möglich 
179  wird.  Diese  Erhebung  und  Senkung  des  Rahmens  wird  an  sei- 
jgO.  ^^^  andern  Ende  n  n'  durch  eine  excentnsche  Scheibe  u  bewirkt^ 
auf  welcher  er  aufliegt ,  Und  die  vermittelst  des  von  aufsen  an* 
gepafsten  Schlüssels  y . .  •  umgedreht  wird.  Ein  Paar  abweisende 
Stifte  im  Innern  des*  Rahmens  ab  sind  hinreichend,  die  erfor- 
derliche Seitenbewegung  des  Rahmens  m  n  m'n^  hervorzubringen. 
Am  Gestelle  ab  hängt  an  der  Rückseite  das  Niveau  fr.«.,  wel- 
ches'den  horizontalen  Stand  der  Achatlager  versichern  soll.  Um 
es  einzustellen ,  wird  über  diese  ein  Spiegelglas  von  parallelen 
Flächen  gelegt,  auf  dieses  ein  anderes  freies  Niveau,  aind  das  In- 
strument vermittelst  der  drei  Stellschrauben  ss^s'' abgeglichen; 
nachher  giebt  das  feste  Niveau  Rechenschaft  von  dem  Stande  der 
Zapfenlager.  Ein  kleines  Querniveau  im  Fulse  dea^  Kastens  wird 


In«tr.umente.  759 

«of  gleicba  Art  berichtigt,  und  versichert  die  HoriiontalitXt  anch 
in  der  andern  Richtung.     Der  Kasten  ist  in  der  Richtung  seiner 
grOfsten  Ebene  durch  twei  in  hölzerne  Rahmen  verkittete  Glas- 
tafehi  verschlossen ,  von  denen  die  hintere  weggenommen  wer*- 
den  kann ,  um  die  Nadel  einlegen  zu  kennen.    Die  vordere  ist 
iB  der, Bütte  durchbohrt,  und  daselbst  ein  Gewinde  q  eingekit- 
tet. Welches  die  Zapfeabewegung  zweier  Mikroskope  rr'  an£- 
nimmt ,  die  auf  die  Enden  der  Nadel  gerichtet  werden  kjinnen. 
Man  kann  dieselben  ^  wenn  sie  aus  zwei  Linsen  bestehen ,  mit 
einer  Glasscale  versehen,  welche  die  Sübdivisionea  der  Abthei« 
hmgen  des  Kreises ,  die  bei  einem'  Durchmesser  von  8  Zollen 
etw%  auf  20  Minuten  gehen  mögen,    enthalt«      Das  nämlich« 
Gewinde  dient  auch ,  um ,  wenn  man  zur  Beobachtung  der  ho«- 
rizontalen  Schwingungen  den  Kasten  umlegt,    eine  Glasröhre 
einzuschrauben ,  welche  den  Seidenfaden  zur  horizontalen  Auf- 
hangung der  Nadel  in  sich  schlieIsU     Im  Boden  des  Kastens  be«» 
.findet  sich  ein  Loch,  dessen  oberer  Theil  bestimmt  ist,  einem 
Senkel  t  Raum  zu  geben  ^  das  etwa  vom  Deckel  herunter  gelas-« 
sen  wird,    und  die   richtige   Stellung   der  Verticalpuncte   der 
Theilung    zu    versichern   dient.      Der    untere    Theil   e    pafst 
auf  einen  hölzernen  Zapfen ,    der  bei  erforderlicher  Drehung 
des  Instrumentes  in  verschiedene  Azimuthe  als  Centrum  dient. 
Da  es  nämlich  rathsam  ist,  die  Beobachtungen  nicht  im  Zimmer, 
sondern  wo  möglich  immer  im  Freien  anzustellen ,  so  gehört  zu 
diesem  Inklinatorium  ein  Bret ,  in  welches  sich  nöthigen  Falls 
drei  FiiTse  einschrauben  lassen ,  utid  das  an  seiner  oberii  Fläche 
weils  angestrichen  ist,   um  eine  Gradeintheilung   zu  erhalten, 
welche  sich  mit  schwarzem  F'imils  vermittelst  einer.  Reilsfeder 
mit  hinreichender  Schärfe  auftragen  läfst.     Im  Centrum  dieser 
Theilung^  ist  jener  Zapfen  befestigt«  Vermittelst  der  Stell^chrau. 
ben  s,s',s''  wird  das  Instrument  leicht  in  jeglicher  Lage  berich- 
tigt.   Dafs  der  Kreis  mit  der  Axe  der  Nadel,  so  wie  sie  auf 
dem  Lager  abgesetzt  wird,  concentrisch  sey»  so  dafs  ihre  En- 
.  den  in  horizontaler  und  verticaler  Lage  gleiche  Gradtheile  ab- 
schneiden ,  ist  die  Sorge  des  Künstlers* 

Bei  der  Beobachtung  isllvor  allem  darauf  zu  sehen,  dab 
die  Achatflächen  nach  der  Richtung  ihrer  Länge  genau  horizon- 
tal seyen ,  damit  nicht  die  Axe  der  Nadel  eine  Tendenz  zum 
Vor-  oder  Rtickwärtsrollen  erhalte,  AlsdaUn  wird  die  Nadel  auf 
den  beweglichen  Rahmet  gelegt,  und  durch  Drehung  des 
V.  Bd.  Ccc 


760  Inklinatorium. 

Schlüssel»  langsam  auf  die  Achatlager  niedergelassen  ;  eine  Ope* 
ration ,  die  ein  Paar  IVf ale  wiederholt  werden  mufs ,  damit   die 
Nadel  so  ziemlich  in  der  erforderlichen  Neigung  selbst  abgesetzt 
werde.     Hierauf  wird  die  Äxe  der  Nadel  um  180*  umgelegt^ 
und  überhaupt  dasjenige  Verfahren  wiederholt,  was  oben  durch 
Vorschrift  und  Beispiel  erläutert  worden    ist.     Sollen  die  Pole 
umgewendet  werden  >  so  legt  man  die  Nadel  auf  ein  daza  be- 
stinimtes,   stai^kes  Bret,   in  welches  dieselbe  sammt  der  einen 
Hälfte  der  Axe  eingelassen  ist ;  eine  in  der  Bichtung  der  Nadel 
auf  dem  ßrete  befestigte  Leiste ,  an  welche  der  künstliche  Ma^ 
'gn'et  beim  Bestreichen  angehalten  wird,  schützt  gegen  das  Aas— 
gleiten.     Die  Form  der  Nadel  ist  gemeiniglich  die  eines  Stabes 
von  4  oder  mehr  Linien  Breite,  und  4-|  1  bis  14-  Linien  Dicke; 
sie  ist  entweder  ganz  prismatisch ,  oder  nach  den  Enden  za  in 
beiden  Sütendimensionen  verjüngt.     Die  Enden  sind  zuweilen 
breit  oder ^ kreisförmig  abgerundet,  zuweilen  scharf  zugespitzt; 
dafs  die  auf  den  Endflächen  zu  beiden  Seiten  gezogenen  Striche 
genau  übereinstimmen ,  ist  von  vorzüglicher  Wichtigkeit«     Man 
hat  auch  Nadeln  aus  zwei  hohlen  Konen  Verfertigt,  welche  nach 
Art  der  Axen  von  Passageinstrumenten  in  einen  Kubus  sich  ein- 
182.  schrauben.     Die  Queraxe   der  Nadel  ist  besonders  abgebildet« 
An  derselben  ist  der  Ansatz  o  aufgeldthet,  und  mit  ihr  zugleich 
abgedreht;  die  Platte  p  wird  aufgeschraubt;  beide  können  von 
Messing  Verfertigt  werden.     Bei  r  und  r'  sind  Rinnen  einge*» 
dreht,  deren  Entfernung  durch  die  Breite  des  Rahmens  mnm'n 
bestimmt  wird.     Da  die  Nadel  gewöhnlich  nicht  viel  über  zwei 
Unzen  wiegt,  so  dürfen  die  Zapfen  der  Axe  sehr  fein  verfer- 
tigt w^erden ;  vorzüglich  ist  auf  ihre  genaue  Rundung  zu  sehen. 
Havsteeit  bemerkt,  dafs,  da  die  Unterstützung  der  Axe  nicht 
in  ihrer  Mitte,    sondern  unterhalb  derselben  statt  findet,    die 
p.    Nadel  immer  eine  gewiss^  Oberlast  haben  werde.     Man  könnte 
18$.  dahei'  ihre  Enden  auch  keilförmig  zurichten ,  und  für  die  weg- 
genommene Masse  unten  durch  eine  Schraube  compensiren.  Die 
Axe  müfste  sich  dann  in  der  Nadel  durch  Reibung  genau  um- 
drehen lassen ,  damit  die  Schärfe  des  Keils  bei  jeder  Neigung 
nach  unten  gekehrt  wäre«     Die  beiden  Schneiden  so  zu  beari)ei- 
-  ten ,  daüs  ihre  Schärfe  genau  in  der  Drehungsaxe  liege ,  ist  für 
den  Künstler  allerdings  eine  schwierige ,  jedoch  nicht  unerreich- 
bare Aufgabe.    Diese  Einrichtung  möchte  anch  bei  gröfsem  Na- 
deln, namentlich  auch  bei  solchen,  die  für  bleibende,  stünd- 


Fig. 


Iiiftrumente.  761 

Gehe  Beobachtilogen  bei timxnt  wiüren ,  durch  ihre  sehr  geringe 
Beibaog  sich  empfehlen.  Um  jedoch  auch  bei  den  schwenten 
Nadebi  alle  und  jede  Reibung  aufzuheben ,  k&nnte  man  folgen- 
ies Mittel  anwenden.  Man  stecke  an  die  Queraxe  zwei  Schei- 
ben von  hohlem  Eisen  oder  Von  Buchsbaumholz,  das  in  Oel  ge- 
kocht worden  ist ,  und  lasse  diese  in  zwei  Trägen  auf  Quecksil- 
ber schwimmen ;  die  äüfsersten. Zapfenenden  müssen  dabei  lose 
zwischen  zwei  vertikalen  Schneiden  spielen ,  um  die  Nadel  im 
Centram  des  Kreises  zu  behalten.  Giebt  man  einer  solchen 
Scheibe  2  Zoll  Durchmesser  bei  4-  Zoll  Dicke ,  und  läfst  sie  auf 
0,7  Zoll  in  das  Quecksilber  sich  einsenken ,  so  erhält  man  eine 
Tfagkraft  Von  mehr  als  5 Unzen;  das  Nämliche  erhält  man  mit 
Scheiben  von  H  Zoll  Durchmesser  bei  4  Zoll  Dicke ;  dagegen 
wi^t  eine  stählerne  Nadel,  bei  einer  Dicke  Von  04  ZöU,  nur 
etwa  24  Unzen. 

Die  Abgleickung  der  Nadel  por  dem  Magnetisiren  gehtirt 
u  denjenigen  Operationen ,  welche  die  Sorgfalt  und  Geduld 
des  Künstlers  am  meisten  in  Anspruch  nehmen.  Das  Schwie- 
tigite  ist  die  Entfernung  jeder  Spür  von  Magnetismus  aus  der 
noch  angestrichenen  Nadeh  Sollte  ein  solcher  sich  bei  Anna- 
henug. einer  empfindlichen  Doussole  wahrnehmen  lassen ,  so 
mag  man  versuchen,  ihn  durch  Bestreichen  ipit  den  gleichnami- 
gen Polen  schwacher  Magnete  aufzuheben ,  und  so  die  Nadel 
in  einen  neutralen  Zustand  zu  versetzen*  Alsdann  bringe  man 
nein  eine  auf  den  magnetischen  Meridian  senkrechte  Richtung, 
ttad  gleiche  sie  in  dieser  Lage  in  Beziehung  auf  die  Länge  und 
Schwere  der  Hebelarme  sorgMtig  ab* 
,  Um  hierhei  die  Einwirkung  der  stählernen  Instramente  zn 
Vermeiden ,  muls  man  sich  durch  Abschleifen  zu  helfen  suchen. 
Man  kann  auch  noch  nach  Mater^s  Vorschlage  der  Nadel  ein 
Wenig  Oberlast  geben ,  und  in  der  Nähe  der  Axe  an  der  un- 
tern Kante  einen  kleinen ,  etwas  schwerern  Messingstreif  anlö- 
ihen ,  von  welchem  dann  das  Nöthige  weggefeilt  wird.  Ebenso 
bnnman  die  Nadel  oben  und  unten  mit  zwei  kurzen  Schrau«^ 
henstiften  Versehen,  an  welchen  zwei  messingene  Kiigelchen 
oder  Cylinder  so  lange  versetzt  werden ,  bis  die  gewünschte 
Aeqoilibrining  erreicht  ist.  Doch  kann ,  nach  den  Erfahrungen 
^on  J.  T.  MjiTSR  und  Sabivb  ,  selbst  eine  merkliche  Unterlast 
svar  sehr  abweichende  Angaben  in  den  vier  Lagen  der  Nadel, 
*het  nach  Matsr^s  Formel  berechnet  dennoch  ein  richtiges 

Ccc2 


762  Inklinatoriuin, 

Resultat  hervorbringen ,  und  es  ist  sogar  Zuweilen  vortbeilhaft, 
durch  'willkürliche  Versetzungen  jener  Kügelchen  neue  und 
abweichende  Angaben  hervorzurufen,  um  tüit  einer  einzigen 
Nadel  eine  Verschiedenheit  det  Resultate  zu  erhalteti ,  in  Wel— 
eher  sonst  mehrere  Nadeln  erforderlich  gewesen  wäreii*  Diese 
entschiedene  Unterlast  gewährt  iibefdiefs  den  Vortheil,  dafs  die 
Nadel  besser  Vermögend  ist,  die  Reibung  der  Zapfen  zu  tiber- 
winden I .  und  sich  immer  iA  diejenige  Richtung  zu  v^rsetsftert, 
welche  dem  Verhältnisse  der  magnetischen  Kraft  und  der  Solli* 
citatibA  des  Schwerptonktes  entspricht,  Während  bei  einer 
ganz  abgeglichehen  Nadel  die  magnetische  Kraft  den  Wider- 
stand der  Reibuhg  nicht  immer  ^U  überwinden  vermag,  Wo- 
durch "eine  Unentschiedenhieit  iti  der  5tellüiig  der  Nadel  ent- 
steht, di6  der  gehauen  Beobachtung  hinderlich  ist.  Wesent- 
lich ist  jedoch,  dafs  der  Schwerpunct  möglichst  genau  in  der 
Linie  liege ,  welche  auf  die  Länge  der  Nadel  senkretht  ist.  ße- 
treiFend  die  Härjtung^  welche  man  der  Nadel  zu  geben  hat,  be^ 
ziehen  wir  uns  auf  dasjenige,  was  hierüber  im  Art.  Compcus^ 
bemerkt  worden  ist,  dem  Zufolge  die  strohgelbe  Farbe  des 
Stahls  beim  Anlassen  als  die  tauglichste  Temperirung  empfohlen 
wird» 

Wünscht  man  am  Inklinatorium  genauer  abieülesen,  und 
deil  Inklinationswinkel  durch  Repetition  genauer  zu  erhalten, 
so  lasse  man  nach  einer  der  vorhin  beschriebenen  Arten  die 
Nadel  (ohne  Kreis)  in  einem  Glaskasten  spielen ,  und  setze  vor 
diesen  einen  Kreis,  dessen  äufserer  LimbUs  an  seiner  Peripherie 
ein  Paar  Mikroskope  mit  Fad^ii  trägt,  welche  auf  die  Enden 
der  Nadel  gerichtet  "^er«äen.  Ob  iiidefs  eine  solche  astronomi- 
sche Genauigkeit  mit  der  Natur  eines  physikalischen  Versuchs 
und  den  Schwierigkeiten ,  welche  Reibung  und  die  nicht  genau 
geometriische  Beschaffenheit  der  Nadel  nach  sich  ziehen,  in 
üebereinstimmung  stehe,  dürfte  man  wohl  bezweifeln. 

Dife  löklihatörien,  Wfelche  fiir  deh  Gebrauch  zur  See  be- 
stimmt sind,  unterscheiden  sich  von  den  eben  beschriebenen 
hauptsächlich  dadurch,  dafs  sie  nicht  auf  Stellschrauben  ge- 
stützt, sonderh  freischwebend  aufgehängt  sind,  um  sich  selbst 
in  die  verticale  Richtung  zu  versetzen.  Man  bedient  sich  am 
besten  hierzu  eines  auf  Viet  Füfs'en  ruhenden ,  etwa  4  FuCi  ho- 


I  9.  Th.  IL  d.  m. 


luitrumente«  763 

lim  Gestelki,  an  deften  D«ck«l  oder  Schlaff hret  der  Glaeka- 
sten  mit  Kreis  und  Nadel  derge9talt  zwiichen  zwei  winkelrecht 
auf  einander  beweglichen  Rahiqen  aufgehängt  ist ,  dals  es  allen 
Schwankungen  des  Schiffes  folgen  kann,  ohne  jedoch  irgend 
eine  Seitendrehung  annehipen  zu  kQifnen«  Die  Queraxe  der 
Nadel  liegt  entweder  auf  Frictipnsrollen ,  oder  es  sind  ihre  auf 
Achat  laufenden  Zapfenenden  zwischen  zwei  aufrecht  stehen- 
den, wohl  polirten  ßtreifen  loße  eingeschlossen ,  so  dafs  die  Na- 
del zwar  sich  frei  bewegen,  aber  nicht  von  den  Unterlagen  her- 
unter gleiten  kann.  Da,  selbst  auch  in  den  Windstillen,  die 
Bewegung  nie  ganz  aufhört,  SQ  muls  man  sich  begnügen,  durch. 
Beobachtung  der  Extreme  den  Stand  der  Nadel  zu  bestimmen  ; 
Beobachtung  und  Rechnung  werden  "nach  den  oben  gegebenen 
Vaischriften  ausgeführt.  Aucli  die  drei  ^  Methoden ,  'durch 
Schwiogongen  der  Nadel  die  Neigung  zu  bestimpsen,  dürften 
deswegen  zur  See  eine  besonders  gute  Anwendung  finden,  Veil 
die  lebhaftem  Schwünge  der  Nadel  durch  die  langsame^  Schwan- 
kungen des  Sphiffe,s  wenig  Störung  erleiden.  Ob  aber,  wenig- 
stens^ in  hohen  Breiten ,  der  Magnetismus  des  SchifTeisens ,  der 
die  Deklination  so  bedeutend  verändert,  nicht  auch  auf  die  Nei- 
gung und  auf  die  Schwingungizeiten  der  Nadel  ^t((rend  ein« 
wiike  (s.  Ablenkung)^  ist  kaum  zu  bej^weifeln ,  ynd  schwerlich 
mischte  hierBABLOw's  neutralisirende  Eisen^cheibe  den  erfprderr 
liehen  Nutzen  gewahren«  ^Dalj  man  übrigens  Sorge  tragen 
müsse,  bei  solchen  Beobachtungen  die  Länge  und  Breite,  der 
Station  zuverlässig  anzugeben,  darf  deswegen  erinnert  werd^9j 
weil  sie  oft  nur  nach  der  laufenden ,  durch  die  Schiffsrechnung 
oder  einen  unsichem  Chronometer  bestimmten  Länge  notirt 
werden ,  deren  spätere  Cprrection  auch,  auf  diese  physikalisch« 
Beobachtung  anzuwenden  leicht  vergesaen.  wird  \ 

Nocli  müssen  >tir  eines  Vorschlags  zur  Beatimmupg  det 
magnetischen  Neigung  erwähnen,  den  die  neuem  üntdeckungen 
über  die  Darstellung  des  terrestrischen  Magnetismpf  im  u^ßifs€a$ 
BUm  erzeug^ haben,  tuid  den* der  verstorbene  Vbliv  in  Mün-* 
eben  wirklich  zur  Ausführung  gebracht  hat.  Bekanntlich  ^eigt 
eme  vertical  gehaltene  Eiseiistange  oben  Süd-|  ux^ten  NaxdpChf 


1  Abbildangen  lolcher  Inklinatorien  mifc  ihren  Geitellen  finden 
»icli  in  W.  Baily's  astron.  Obtenr.  za  Cook*s  Reisen ,  and  in  Pbips 
Voy.  towards  the  North  pole. 


764  luklinatortuoi, 

larität ,  und  in  der  Mitte  der  Stange  eine  indifierente  SteHe,  bei 
welcher  die  Nadel'  von  einer  nahe  daran  gehaltenen  Boassole 
gar  nicht  gestört  wird.  Schon  im  Jahre  1800  hatte  der  Profes- 
sor Egidius  Hkllxh  in  Fulda  eine  Reihe  von  Beobachtungen 
über  die  Entfernung  des  IhdifferenzpuncteS'  vom  obern  Ende 
der  Stange  oder  die  Länge  ihres  siidpolaren  obern  Theiles  an-» 
gestellt,  und  diese  je  nach  Tagen  und  Jahreszeiten  und  Aea. 
Phasen  des  Mondes  veränderlich  gefunden^.  Aus  den  im  Art* 
uiblenhüng  mitgetheilten  Beobachtungen  Bahlow's  ergiebt 
sich  ferner,  dafs  die  Ende^i  einer  Eisenstange  die  stärkste  Pola-p 
rität  zäigen,  wenn  diese  in  der  Richtung  der  magnetischen  Nei-^ 
«  guiig  gehalten  wird ,  und  gar  keine ,  wenn  sie  mit  dieser  Rieh« 
tung  einen  rechten  Winkel  bildet.  Diese  beiden  Lagen  der 
184. Stange  zu  messen  dient  folgender  Apparat.  An  der  Axe  CO 
eines  mit  Theilung  und  Vernier  versehenen  verticalen  Kreises 
AB  befindet  sich  der  Bügel  DE,  in  welchem  die  Stange  von 
reinem,  weichem  Eisen  DN  so  befestigt  isti  dafs  ihr  eines  Ende 
D  genau  dem  Centrum  der  Axe  gegenüber  stehe.  In  gleicher 
Köhe  mit  demselben  und  nahe  dabei  befindet  sich  auf  einer 
hölzernen, Säule  die  kleine  Boussöle  O,  deren  Nadel  in  der 
Röhre  F  aQ  einem  ungedrehten  Faden  aufgehängt /ist.  Wird 
nun  ]^reis  und  Stange  in  den  magnetischen  Meridian  gestellt, 
so  wird ,  wenn  die  Stange  in  der  Ebene  des  magnetischen  Ae- 
quators  liegt,  die  ost-  oder  westwärts  daneben  stehende  C^m« 
pafsnadel  keine  Abweichung  zeigen,  dagegen  aber  die  grdfste 
Störung'  verrathen ,  wenn  die  Stange  in  der  Richtung  des  ma-^ 
gnetischen  Stromes  siph  befindet.  Es  kommt  nun  darauf  an ,  die 
eine  odiir  andere  Lage  (oddr,  wenn  man  will,  auch  beide)  mit 
der  horizontalen  Richtung  zu  vergleichen.  Die  letztere  erhält 
man  durch  Anhängung  eines  berichtigten  Niveau's  an  die  eylin* 
drisch  abgedrehte  Eisenstange,  und  zwar  jedesmal  in  ^wei  um 
180^  entgegengesetzten  Stellungen.  Ist  nun  der  Kreis  zum  Re-?' 
{>etiren  eingerichtet,  so  stelle  man  erstlich  den  mic  der  Eisen- 
stange verbundenen  Vernierlimbus  auf  Null,  drehe  alsdann  den 
Hauptkreis  ACB,  bis  die  Stange  horizontal  liegt,  und. bewege 
hierauf  den  Kreis,  bis  4Ue  Abweichungsnadel  im  Meridian  steht, 
so  hat  man  den  Winkel ,  welchen  die  Ebene  des  magnetischen 
Ae^uators  mit   d^r  Horizoatalliiiie  bildet,    Eine  zweitß  Hon« 


-j P 

l    G.  IV.  478. 


'  Inpcmiderabilien.  705 

seotalstelloiig  der  Stange  mit  Hülfe  des  Kreises  A  und  weitere 
Drehung  derselben  in  die  Lage  ihrer  magnetischen  Unwirksam- 
keit giebt  das  Doppelte  des  vorhin  gemessenen  Winkels  Eine 
Controle  für  diese  Bestimmung  liefert  die  Aufsuchung  derjeni- 
gen Lage  der  5tange,  bei  welcher  die  Boussole  im  Maximo  ab- 
gelenkt wird  f.  wobei  das  im  Centrum  befindliche  Ende  abwech- 
selnd südliche  oder  nördliche  Polarität  erhalten  wird.  Die  letz- 
tere Beobachtangsart  zeigt ,  dafs  die  Eisenstange  im  Verhaltnifs 
SU  der  Boussole  nicht  allzu  grofs  seyn  dürfe ,  weil  sonst  eine 
Ablenkung  von  90^  statt  finden  könnte  ,  noch  ehe  die  Stange  in 
die  gönstigate  Neigung  gebracht  wäre.  Auch  dürfte  vielleicht 
die  im  Art,  Compt^fs^  angegebene  sehr  empi^dliche  Einstellung 
der  Nadel  vor  der  Aufhängung  an  einem  Faden  den  Vorzug  ha-  ^ 
ben,  dals  die  langweiligen  Schwingungen  sogleich  zerstört ,  die 
Nadel  selbst  aber  nicht  seitwärts  aus  ihrer  Stellung  .  gezogen 
trerden  kannt  Die  Stange  soll  in  ihrer  Fassung  bei  E  sowohl 
■Q  ihre  Axe  gedreht ,  als  auch  überhaupt  umgewendet  werden 
tonnen.  Um  ihr 9  nachdem  sie  ausgearbeitet  ist,  so  viel  mög- 
lidi  jeden  Magnetismus  zu  benehmen ,  dürfte  es^  rathsam  seyp, 
nein  der  Richtung  des  magnetischen  Aequators  und  senkrecht 
auf  den  Meridian  auss^Uglühen,  und  ohne  Annäherung  oder  Be- 
räluang  von  Eisenmassen  oder  eisernen  Werkzeugen  in  dieser 
erkaken  zu  lassen ,  auch  nachher  sie  vor  Stöfsen  oder  Erschüt- 
terongen  zu  bewahren,  und,  wenn  nicht  beobachtet  wird,  sie 
in  einer  auf  den  Meridian' senkrechten  Richtung  zu  erhalten.  Der 
ganze  Apparat  kann  übrigens  vermittelst  dreier  Stellschrauben, 
99  viel  erforderlich  i^t)  pivellirt  werden«  47« 

Inponderahilien« 

Unwägbare  Stoffe;  Jnpondirahilia.  Dieje- 
nigen Potenzen,  welche  die  Erscheinungen  des  Lichtes,  der 
Wärme,  der  Biektricität  und  des  Magnetismus  hervorbringen, 
werden  unwägbare  3toffe,  Inponderabilien  genannt,  weil  sie  sich 
^OB  den  übrigen  bekannten  materiellen  Substanzen  dadurch  un^ 
^^ischeiden,  da&  sie  nicht  gewogen  werden  können.  Eben 
^cse  nennt  man  auch  IncoercibilUn  ^  weil  es  keine  Hülie 
8^bt,  welche  dieaelbeji  bleibend  einzuschliefsen  vermag.     In 

1   8;  Th.  II.  ak  186. 


766  InponderaMlien. 

dieser  BezeicTinung  liegt,  genau  genommen ,  sugkich  JUa  Be- 
kenntnifs ,  daüs  die  Erscheinatigen  dazu  berechtigen ,  ein  diesen 
zum  Grunde  liegendes  materielles  Etwas  anzunehmen,  welches 
sie  erzeugt ,  von  dem  übrigen  Materiellen  ^ber  sich  durch  die 
genannte  Eigenschaft  unterscheidet;  denn  man  ist  nicht  geneigt 
X.  B.  den  Schall,  als  den  Effect  gewisser  Bewegungen ,  jener 
Classe  anzureihen ,  selbst  auch  nicht  die  sogenannte  Lebenskraft 
oder  das  problematische  Nervenfluidum*  Darüber  ist  man  indeb 
einverstanden ,  dafs  es  noch  wohl  andere  ähnliche  Potenzen  ge- 
ben möge,  als  die  vier  genannten,  welche  vielleicht  bei  den 
verschiedenen  Aeufserungen  der  Lebensthätigheit  wirksam  sejn. 
könnten ,  und  denen  dann  im  Voraus  ohne  die  Gewifsheit  ihrer 
Exsistenz  und  um  so  mehr  ohne  die  Kenntnifs  ihrer  Wesenheit 
diese  Eigenschaft  beigelegt  wird ;  inzwischen  versteht  man  ia 
der  Regel  nur  jene  vier  genannten ,  wenn  im  Allgemeinen  von 
Inponderabilien  die  Rede  ist,  und  da  die  wirkliche  Exsisteas 
von  diesen  keinem  Zweifel  unterliegt,  so  bleibt  nur  zu  unter— 
suchen ,  ob  und  mit  welchem  Rechte  ihnen  jenes  Prädicat  zo-» 
komme. 

Die  genannten  Potenzen  heifsen  zuvörderst  in  so  fem  mit 
Recht  Incoercibilien ,  als  man  dieselben  bisher  in  keinen  un- 
durchdringlichen Hüllen  eingeschlossen  erhalten  konnte)  eb 
man  indefb  berechtigt  sey^  daraus  zu  schliefsen ,  es  könne  dUesee 
überall  nicht  geschehen ,  ist  eine  andere  Frage»  Inzwischen  ist 
nach  höchster  Wahrscheinlichkeit  die  Auffindung  einer  sie  bleic- 
hend einschlielsenden  Hülle  nicht  zu  erwarten«  Von  der  andern 
Seite  werden  alle  vier  Potenzen  von  verschiedenen  Körpern  mit 
ungleicher  Stärke  festgehalten,  und  der  Magnetismus  dringt 
nicht  frei  durch  eiserne  Scheiben.  Jm. Ganzen  genommen  ist. 
die  Eigenschaft,  falls  sie  auch  al|i  völlig  erwiesen  betrachtet 
wird ,  das  Wesen  der  zu  untersuchenden  Potenzen  wenig  be- 
zeichnend, und  ea  (lelohnt  sich  daher  kaum  der  Muhe,  weit- 
lauftige  Untersuchungen  darüber  anzustellen,  denn  es  lälst  sich 
selbst  nicht  einmal  ein  Schlub  für  oder  wider  die  iMaterialität 
derselben  darauf  gründen*  Letzteres  ist  zwar  verschiedentlioh 
•  geschehen ,  aber  sehr  mit  Unrecht  Einestheils  ist  nämlich  die 
Coercibilität  der  m^eisten  Materien  aus  der  Erfahrung  abstrahirt, 
«her  nicht  aus  dem  Wesen  derselben  gefolgert,  weswegen  man 
auch  nicht  schliefsen  darf,  es  sey  etwas  nicht  materiell,  dem 
diese  Eigenschaft  mangelt;  ;3indemtheila  ^]feit  sind  sehr  viele  ent- 


InpoiTderabilien«  7fi7 

mideA§n  matericlla  Bubstanzen,  s.  B«  die  elastischen  und  tropfr-* 
bsien  Flüssigkeiten,  für  eine  grofse  Menge  von  Körpern  incoer- 
cäel,  so  dafs  also  die  genannten  Potenzen  diese  Eigenschaft 
ma  in  einem  höheren  Grade  besitzen  'würden. 

Um  übet  die  Wägbarkeit  der  genannten  Potenzen  zu  ut^ 
dieiieo,  muls  zuvörderst  der  Begriff  dieser  Eigenschaft  genau  festr 
gesetzt  seyn.  Versteht  man  unter  Wägbarkeit  die  Fähigkeit,  auf 
eines  Waage  gewogen  au  werden ,  so  mufs  sie  ihnen  für  sich 
genommen  schon  deswegen  abgesprochen  werden  j  weil  sie  sich 
nicht  in  Hüllen  einschliefsen  oder  fds  abgesondertes  Volumen 
darstellen  lassen.  Sie  können  indefs  insgesammt,  mit  Ausnahme 
des  Lichtes ,  an  Körper  gebunden  werden  y  und  man  wollte  dar 
lier  durch  dieses  Mittel  des  JVägens  eine  durch  sie  erzeugte 
Gewichtszunahme  erforschen ;  allein  in  dieser  Hinsicht  zeigen 
sie  ein  wesentlich  verschiedenes  Verhalten«  Zuvörderst  ist  die 
Bindung  des  Lichtes  in  den  sogenannten  Lichtsaugern  (Phos'r- 
phoren)  zu  problematisch,  und  ihrem  Wesen  nach  zu  wenig 
genau  erklart,  als  dafs  dabei  von  einer  Gewichtsbestimmung 
Oberhaupt  nur  die  Rede  seyn  könnte.  Die  Anhäufung  des  Ma- 
gnetismue ,  wie  sie  namentlich  beim  Eisen ,  Nickel  und  Kobalt, 
adserdeni  aber  im  Leiter  der  Elektricität  statt  findet,  besteht  in 
emer  blofsen  Scheidung  beider  Magnetismen ,  ohne  eine  Veru- 
nehrung oder  Verminderung^  und  auberdem , unterliegt  ein  solv 
eher  magnetischer  Körper  sogleich  dem  Einflüsse  des  telluri- 
sdien  Magnetismus  auf  eine  solche  Weise,  dals  auch  hierbei 
ven  einer  Wägung  keine  Rede  seyn  kann.  Bei  der  Elektrici-« 
tats- Erregung  findet  nach  der  vorzüglichem  dualistischen  Theo- 
rie zwar  eine  Anhäufung  der  einen  oder  andern  Elektricität  statt, 
allein  zugleich  ein  dieses  proportionaler  Mangel  der  andern, 
weswegen  selbst  bei  einem  vorausgesetzten  Unterschiede  der 
specifischen  Gewichte  beider  an  keine  eigentliche  Wägung 
eines  auf  allen  Fall  höehst  feinen  Stoffes  zu  denken  ist.  Hiwr 
nach  verschwindet  schon  an  sich  die  Möglichkeit  einer  Wägung 
bei  allen  vier  Potenzen,  ausgenommen  bei  der  Warme,'  deren 
ganz  eigentliche  Vermehrung  und  Verminderung  nicht  in  Abr 
rede  zu  stellen  ist,  und  hierin  mag  denn  auch  die  Ursache  lief 
gen,  weswegen  blols  bei  der  letztem  eine  wirkliche  Wägung 
bisher  versucht  wurde.  Man  darf  in  Gemafsheit  dessen  jenexi 
drei  Potenzen  allerdings  das  Prädioat  der  Unwägbarkeit  beile-^ 
gen 9  jedoch  nur  in  so  fern,  als  dio.Bedingungen  einer  wirkli«^ 


768  Inpoiiderabilieo« 

chen  Wägnng  nicht  gegeben  werden  ktenen,  keineawtgs  aber, 
um  damit  eine  von  der  wägbaren  Materie  charakteristisch  un- 
terscheidende Eigenschaft  zu  bezeichnen,  deren  wirkliche. Esn- 
stenz  hiemäch  gar  nicht  erwiesen  ist«  Wenn  man  indels  vom 
-der  Unmöglichkeit ,  die  Bedingungen  einer  Wägang  zn  erhal- 
ten, abstrahirt,  welche  blols  bei  der  AVarme  nicht  vorhanden 
ist,  so  sind  aufserdem  die  vorläufig  als  matsiiell  angenommenen 
Grundlagen ,  der  sogenannten  Inponderabilien  so  fein ,  da(s  es 
schwerlich  eine  für  Versuche  dieser  Art  hinlänglich  empfindlich^ 
Waage  geben  kann;  Um  aber  die  mögliche  Exsistenz  so  feiner 
Materien  zu  begreifen ,  darf  man  sich  nicht  weit  von  bekannten 
Erfahrungen  entfernen.  Verhielte  sich  nämlich  die  Dichtigkeit 
einer  dieser  Potenzen  zu  der  des  WasserstofTgases  unter  dem 
einfachen '  atmosphärischen  Drucke,  wie  die  Dichtigkeit  von 
letzterem  zu  der  des  Platin ,  oder  wären  die  materiellen  Theil- 
chen  derselben  so  fein  vertheilt,  <ds  der  verbreitete  Dunst  riech* 
barer  Stoffe ,  so  würde  jede  wirkliche  Wägung  unmöglich  sejn, 
ohne  dafs  man  ihnen  das  Prädicat  der  Unwägbarkeit  im  streng— 
sten  Sinne  beizulegen  berechtigt  wäre.  Bezeichnet  man  sie 
also  dessen  ungeachtet  mit  dem  Ausdrucke  Inponderabilien, 
so  darf  dieser  nur  die  angegebene  beschränktere  Bedeutung  ha** 
•ben,  die  Untersuchung  einer  wirklichen  Wägung  aber,  welche 
aus  oben  angegebenen  Gründen  blofs  bei  der  Warme  stattfinden 
kann,  nebst  den  daraus  erhaltenen  Resultaten  wird  am  zweck-* 
mälsigsten  im  Art.  Wärme  angestellt  werden. 

Die  JSigenschaft  der  Un^ägbarkeit  läCst  sich  indefs  noch 
aus  einem  andern  Gesichtspuncte  betrachten.  Offenbar  wird 
tiämlich  das  Gewicht  der  Materie  durch  die  Kraft  gegeben ,  vro-> 
mit  sie  durch  die  Erde  nach  dem  Mittelpuncte  derselben  hin  an- 
gezogen wird,  und  alles  dasjenige  ist  dem  Wesen  nach  schw^ex 
oder  ponderabel ,  was  gegen  die  Erde  gravitirt.  Hiernach  ist 
also  fraglich ,  ob  den  Inponderabilien  diese  Eigenschaft  der  Gra* 
vitation  nicht  gleichfalk  beizulegen  sey.  Hierauf  lälst  sich  in-* 
zwischen  im  Allgemeinen  nicht  fuglich  antworten ,  sondern  für 
jede  der  einzelnen  Potenzen  besonders,  und  indem  dieses' in 
-den  ihnen  gewidmeten  Artikeln  ausführlicher  geschehen  mufs, 
so  genügt  es  hier,  nur  im  Allgemeinen  Folgendes  zu  J[>emerken. 

Das  Licht  zuvörderst  ist  entschieden  kosmisch,  und  findet 

^ich  so  gut  bei  den  entferntesten  Fixsternen  als  bei  der  Sonne 

undatiE  der  Erde,  so  dafs  dabei  also  von  einer  Gravitation  gegen 


laponderabilien,    .  739 

£e  letztere  öbeiall  die  Rede  nicht  seyo  kann.  Hiermit  fällt  dann 
die  Wägbarkeit  desselben,   aber  keineswegs  seine   lüateiialität 
aus  den   oben  angegebenen  Gründen  von  selbst  weg,  urid  be- 
rechtigten  die  Erscheinungen  übrigens  dazu ,  dasselbe  für  ma- 
teriell zu  halten,   so  wäre  hiermit  ein  Inponderabile  oder  ein 
unwägbarer ,  nicht  gegen  die  Erde  gravitirender  Stoff  gegeben. 
Die  Erscheinungen  des  Magnetismus ,  nach  den  neuesten  Erwei-*- 
terungen  dieses  Zweiges  der  Physik,  sind  von  der  Art,  dals  sie 
ZOT  Annahme  eines  sie  bewirkenden ,   an  verschiedene  Körper 
gebundenen ,  übrigens  aber  allgemein  über  die  Erde  verbreite- 
ten,  Substrates  fuhren..    Nach  den  Beobachtungen  von  Gay-^ 
LvssAC  ^  nimmt   die  Stärke    des   tellurischen  Magnetismus   in 
mefsbaren  Höhen  über   der  Erdoberfläche^  nicht   merklich    ab, 
nnd  da  die  magnetische  Kraft  ^  wie  die  der  Newtonschen  At- 
traetion  ,  den  Qnadraten  der  Entfernung  umgekehrt  proportional . 
ist,  so  folgert  man  hieraus,  dals  auch  der  Magnetismus  kos- 
misch sey.     Es  versteht  sich  von  selbst ,  dafs  dieses  nur  in  Be-^ 
Ziehung  auf  beide,  «ur  Neutralität  gebundene  Magnetismen  gek- 
lagt werden  kann ,  keineswegs  aber  von  irgend  einer  magneti- 
schen Erregung,  also  auch  nicht  vom  tellurischen  Magnetismus« 
Ist  alles  dieses  richtig,  so  kann  von  einer  Gravitation  dieser  Potenz 
gleichfalls  nicht  die  Rede  seyn ,  und  sie  darf  sonach  mit  Recht 
unwägbar  genannt  werden.    Die  Elektricität  hat  ein  unleugbares 
Bestreben,  der  Erde  zuzuströmen,  welche  gleichsam  ihr  grofser 
Behälter  zu  seyn  scheint:    Von  hieraus  ündßt  eine  stete  Wech-« 
felwirkung  zur  Atmosphäre  statt ,  welche  sieh  in  dem  bekann-r 
ten  Verhalten  der  Lnftelektricität  zeigt.      Wenu  man  aber  be-ip 
rücksichtigt ,  dafs  hohe  Grade  der  Kälte  der  Elektricitäts -^  Erre^ 
gong  nicht  günstig  sind ,   dafs  Paar't  auf  der  Insöl  Melville 
mit  den  feinsten  Werkzeugen   keine  Spu|:  vpn  Luftelektricität 
entdecken  konnte,    und  dafs  endlich   das    elektrische  Fluidum 
den  luftverdünnten  pnd  leeren  Raum  frei  durchströmt,   nm  an 
die  festen  Kö^er  überzugehen,  an  welche  es  im  Zustande  der 
Neutralität  beider   vereinten  Elektricitäten    gebunden    zu  seyn 
•dkeint,  so  ist  man  berechtigt  zu  schliefsen,  dafs  dasselbe  den 
absolut  kalten  und  leeren  Raum,  in  welchem  sich  unsere  Erde 
bewegt,  gleichfalls  nicht  durchdringt,  und  somit  an  den  Erd- 
baD  gebunden  ist,     Ist  dieses  alles  richtig ,  so  wäre  dem  elek-* 

I    G.  XX.  IL  , 


770  InUrftBrenjH 

tiischen  Flaldom  aüerdlnga.  eine  Art  iet  Giavhadon  beisi^egeiiy 
und  es  könnte  in  diesem  Sinne  keio  InponderabOe  seyn,  ob- 
gleich dasselbe  ein  unverkennbares  Bestrebeb  zeigt ,  sieb  der 
Atmosphäre  mitzutheilen ;  denn  eben  dieses  findet  auch  bei  den 
Dämpfen  statt,  denen  deswegen  weder  Schwere  noch  Wägbar^ 
keit  abgesprochen  wird.  Ob  endlich  die  Wärme  gegen  die 
£rde  gravitire ,  ist  eine  Frage ,  welche  nur  nach  vielen  voraos* 
gehenden  schwierigen  Untersuchungen  beantwortet  werden 
kann.  Wenn  man  annimmt,  dafs  sich  die  Erde  in  einem  absor> 
,  lut  kalten  Räume  bewege ,  so  mufs  jene  bejahet  werden ,  findet 
nber  eine  Strahlung  gegen  jenen  hellen  Himmelsraum  3tatt^  so 
wird  hierdurch  die '  Entscheidung  wieder  zweifelhaft.  Wäro 
die  Wärme  nicht  an  die  Erde  gebunden ,  so  ist  kein  Grund  auf^ 
zufinden,  warum  sie  diese  nicht  verlassen  und  dem  kälterea 
Räume  zuströmen  sollte.  Dabei  mufs  dann  vorher  erst  eine 
andere  Frage  er{$rtert  werden,  nämlich  ob  durch  irgend  ein 
Mittel,  namentlich  das' Licht,  fortwährend  neue  Warme  erzeugt 
werde.-  Alles  zusammengenommen  übersieht  man  bald,  dafe 
zuvor  das  eigentliche  Wesen  der  Wärme  n$iher  bestimmt  seyn 
mufs ,  ehe  die  vorliegende  Aufgabe  gelöset  werden  kann.  Nach 
meiner  individuellen  Ansicht,  welche  ich  im  Art.  H^ärme  %n 
begründen  suchen  werde,  bildet  die  Wärme  allerdings  eine 
eigenthümliche ,  der  Erde  angehörende  Atmosphäre  5  welche  an 
fliese  gebunden  sie  nicht  verlassen  kann. 

Aus  allen  diesen  Betrachtungen  folgt,  dals  man  zwar  die 
vier  bekannten  und  ihnen  ähnliche  Potenzen  mit  dem  Namea 
3er  Inponderabilien  belegen  ktfnne,  dafs  es  dabei  aber  immer 
noch  fraglich  bleibt,  ob  dieser  ihnen  überhaupt « oder  ^  ganzer 
ßtrenge  zukommt,  wobei  auf  allen  Fall  das  Wes^n  derselben 
f(.eipe8wegs  dadurch  erl()ärt  wird^  Jf^ 

I  n  t  e  r  f  'e  r  e  n  z» 

Interference;  interference *\   Mit  diesem  Worte 
bat  Yoirvo  zuerst  ein  Züsamnientretfen  der  laditstiahlen ,  we 


*)  Voo  dem  engl.  Worte:  tu  iia^r/cr^ysasammentrefieo,  wider- 
atreitea.  Im  Lateinisclien  wurde  man  wohl  notbwendig  aa  einer  Um* 
Schreibung  leioe  Znflacht  nehmen  müssen. 


Jnt^t£eten%.  771 

One  Wirlcnngen  eibandex  anfliebeti,  bezeichi^et,  tpüterUn  ist 
es  auch  auf  andere  Gegebstände  angewandt  worden» 

Di«  bei  de*  Bewegung  def  Wellen  eintretende  Interferei» 
macht  die  hervorgehende  Ausgleichntig  am   besten    deutlich  <« 
Eiregt  man  in  einer  schmalen  Rinne  eine  Welle  sö^  dafs  sie  die 
ganze  Breite  der  Rinne  gleichförmig  einnimmt  ^   so  geht  diesd 
Welle  Aach  der  Länge  der  Rinne  fort^   tihd  mehrere.  Wellen 
*  folgen  ihr.     So  wie  die  erste  Welle  das  Ende   der  Rinne  er- 
reicht ,  -welches  trir  uns  dnrch  eine  anf  die  Richtung  der  gan- 
zen Binne   senkrecht  stehende  £ben«  begrenzt  denken^   wird 
sie  zurückgeworfen  j  ttnd  indem  nun  diese  Zurückgehende  Welle 
mit  def  irorwärts  gehenden,    ihr  begegnenden  zusammentrifFY^ 
giebt  es  Zeitpuncte,    wo  der  Wellenberg   der  einen  mit  dem 
Weüenthale  der  andern  so  zusammenfällt,  dafs  die  eine  Welle 
die  andere  ausgleicht  und  die  l^asserhöhe  dem  Zustande  des 
Gleichgewichts  gemäfs  ist.    Dieses  ist  eine  InUrf%ren%.     Um  sie 
genau  zQ  verfolgen ,  wollen  wir  das  Fortrücken  •  der  Welle ,  de- 
ren vorangehende,    schon    zurückgeworfene  Theile   den  noch 
vorwärts  rückenden,   nachfolgenden  Theilen  begegnen,   näher 
betrachten«     Wenn  wir  uns  den  Wellenberg  als  vorangehend 
denken,  so  bleibt  dieser  mit  dem  ihm  folgenden  Wellenthale  in 
gleichförmigem ,  nngeändertem  Fortgange ,  bis  er  die  Wand,  an 
welcher  die  Znrückwerfung  erfolgt,  erreicht.    Wir  wollen  uns 
oan  fünf  Puncto  der  Welle,  die  ungefähr  in  gleichen  Entfer- 
snngen .hinter  einander  folgen,  bemerken,  erstlich  den  mit  der 
'  Höhe  der  natürlichen  Oberfläche  des  Wassers  gleich  hoch  lie- 
genden vorangehenden  Fufspunct  des  Wellenberges,   zweitens 
den  Gipfel  des  Wellenberges ,  drittens  den  nachfolgenden  FuTs 
des  Wellenberges ,  def  zugleich  der  vorangehende  Anfangspunct 
des  Wellenthals   ist   und  in  dl»r  natürlichen  Wasseroberfläche 
liegt,    viertens  den  tiefsten  Punct  des  Wellenthales,  fünftens 
den  nachfolgenden  Rand  oder  Endpunct  des  Wellenthales ,  der 
auch  in  der  Höhe  der  juhenden    Wasseroberfläche   liegt  und 
zugleich  wieder    der.  Anfangspunct   eines  neuen  Wellenberges 
ist    Wenn  der  erste  Punct  an  der  zunickwerfenden  Ebene  an- 
kommt ,  so  hat  die  Welle  noch  ihre  gewöhnliche  Form  \  bei  der 
Ankuift  des  zweiten   Punctes  an  der  zurückwerfenden  Ebene 
ist  der  erste  Punct  so  weit  zurückgegangen ,   dafs  er  mit  dem 


1   WBBim's  Wellenlehre.  S.  225. 


772  Interferen«. 

dritten  ztisanmeiifallt^   die  Anschwellung  tiber^   die  sich  Tom 
ersten  bis  zum  zweiten  Puncto  nach  und  nach  erhob ,  hat  sieb 
jetzt  in  umgekehrter  Ordnung  mit  der  Anschwellung  verbunden^ 
die  als  hinterer  TheiL  des  Wellenberges  zwischen  dem  zweiten 
und   dritten  Puncte  stait   fand,    die  mit  ihrem  Gipfel  an   die 
Wand  stofsende' Welle  ist    daher  ziemlich   genau  doppelt    so 
hoch ,  als  sie  im  ruhigen  Fortgange  war ,    indem  die  Erhöhung, 
die  nahe  vor  dem  höchsten  Puncte  statt  fand ,  sich  nun  zurück* 
gehend  mit  der  Erhöhung ,  die  nahe  hinter  dem  höchsten  Puncte 
lag  y  vereinigt ,  die  mindere  Höhe  in  der  Mitte  der  schön  z.a- 
rückgeworfenen  Vordera  Hälfte  sich  mit  der  mindern  Höhe  in 
der  Mitte  der  hintern  Hälfte  verbindet  u.  8.  w.    In  dem  Augen- 
blicke also,  wo  der  höchste  Punct  der  Welle  antri£Pt,  hehäit 
der  nachfolgende  Fufspunct  der  Welle  die  Höhe  der  natürlichen 
Oberfläche,    und   der^  zwischen  ihm  und    der  Wand  liegende 
halbe  Wellenberg  hat  noch  eben  die  Länge ,  aber  die  doppelte 
Höhe,     Ist  dagegen  im  Fortrücken   der  Welle  der  dritte  Punct 
bei  der  zurückwerfenden  Wand  angekommen ,  so  trifft  der  zu-** 
rückgehende  zweite  Punct  mit  dem  vierten ,  der  zurückgehende 
erste  Punct  mit  dem  fünften  zusammen«     In  diesem  Augenblicke 
tritt  die  Interferenz  für  die  ganze  Welle  ein,   oder  die  ganze 
Welle  bildet  nun  eine  mit  der  natürlichen  Wasseroberfläche  zu- 
sammenfallende Horizontallinie ,  indem  jener  dritte  Punct  selbst 
in  dieser  Horizontallinie  liegt,   der  ihm  zunächst  folgende  be— 
nachbarte   Punct   zwar  den    Anfang   des    Wellenthales  bilden 
sollte ,  aber  durch  das  Zusammenfallen  mit  dem  letzten  Theile 
des  Wellenberges  eben  so  viel  vermehrte  Höhe  erhält,  als  ihm 
vorher  fehlte ,  und  ebenso  jeder  Punct  des  Wellenthales  bis  zur 
Höhe  der  Horizontalfläche  ausgeglichen  wird  durch  die  mit  ihm 
zusammenfallende    äöhe   des    zurückgeworfenen  Wellenberges. 
Verfolgen  wir  die  Bewegung  der  Welle  weiter,  so  ist  beim  An- 
treffen des  vierten  Punctes  an  die  Wand  ein  Zusammenfallen 
des  dritten  und  fünften  Punctes  eingetreten,  und  das  halbe  Wel- 
lenthal, welches  zwischen  dem  vierten  und  fünften  Puncte  lag, 
hat  zwar  noch  seine  ebenso  grofse  Länge ,  aber  eine  in  jedem 
Puncte  doppelte  Tiefe.     Folgt  auf  diese  Welle  eine  eben  solche 
«weite  Welle,    so  giebt  die  Ankui^ft  des  fünften  Punctes  an 
der    zurückwerfenden  Wand   wieder   eine   Interferenz  für   die 
ganze  Welle ,  indem  dieser  Punct  selbst  in  der  HorizontalUnie 
der  ruhenden  Wasserfläche  liegt,  jeder  nahe  hinter  ihm  folgende 


Interferenz.  ^  773. 

Ptaoct  etwas  höher  lag,  aber  lOi  Zusammentreffan  mit  dem  so* 
TÜckgehandea  WellantliAle  eine  genaue  Ausgleichung  erfolgt. 

WcBER  hat  diese  Verdoppelung  der  Höhe  des  WeUenber- 
gas  und  der  Tiefe  des  Wallentbales  abgemessen  und  aur  um 
weniges  geringer  gefunden,  als  die  genaue  Verdoppelung  for* 
dette.  Auch  über  die  Interferenz  finden  sich  dort  genauere 
Beobachtungen^.  War  der  Wellenberg  an  der  zurückwerfen- 
den Ebene  angekommen,  so  bemerkte  man  für  die  bei  jenem 
Versuche  erregten  Wellen ,  wenn  man  einen  etwa  8  Zoll  von 
dieser  Ebene  entfernten  Punct  ins  Auge  fafste,  da(s  dieser  bei 
weiterem  Fortgange  dar  vorwärtsgehenden  und  zurückprallenden 
Welle  in  der  nngeänderten  Mittelhöhe  blieb ,  während  an  der 
Ebene  sich  bald  ein  hoher  Wellenberg ,  bald  ein  tiefes  Wellen- 
thal bildete^  in  der  Mitte  zwischen  beiden  Zustanden  war  die 
ganze  von  dort  bis  an  die  Ebene  sich  erstreckende  Welle  durch 
Interferenz  verschwunden«  Eben  dieses  bemerkt  man  auch, 
miocher  zufälligen  Unregelmalsigkeiten  ungeachtet,  im  offenen 
Wasser,  wo  Wellen  an  einen  steilen  Gegenstand  gelangen  und 
ZQTÜckgehende  Wellen  bilden.  Diese  Interferenz  findet  mehr 
oder  minder  genau  statt,  je  nachdem  Wellenberg  und  Wellen* 
tbal  vollkommen  oder  minder  vollkommen  dieselbe  Form  haben,  , 
und  sofern  zum  Beispiel  der  nachfolgende  Theil  des  Wellen- 
berges mehr  Wasser  enthielte,  als  der  vorangehende  ,  aber  nicht 
geoan  so  der  entsprechende  Theil  des  Thaies  einen  grölsem 
Raam  darböte,  würde  die  Interferenz  unvollständig  seyn.  Der- 
leaige  Interferenzpunct  aber,  wo  unaufhörlich  die  herankom- 
mende und  die  zurückkehrende  Welle  eine  gleiche  Höhe  unter- 
kalten,  liegt  um  ein  Viertel  der  Wellenbreite  vom  Zurück- 
wexfungspuncte. 

Eine  ähnliche  Interferenz  beim  Schalle  haben  zuerst  E.  und 
W.  WsBza  bemerkt,  und  von  dem  Letzteren  ist  sie  genauer 
untersucht  worden  K  Da  der  Schall  in  der  Luft  durch  eine  ab- 
irechselnde  Verdichtung  und  Verdünnung,  durch  Vibrationen, 
die  wellenartig  fortgehen,  fortgepflanzt  wird,  so  läfst  es  sich 
wohl  denken,  dals  da,  wo  gleichzeitige  Verdichtungen  zweier 
Schallwellen  zusammentreffen,  eine  Verstärkung  des  Scjialles 
merkbar  seyn  mnls,   und  dals  gleichzeitig  eintreffende  Verdün- 


1  8.  8.  228. 

2  Wellenldire  8.  507.  Sokweigg.  Joam.  XLYIII. 


774  Int^rferentf« 

littngen  eben  dieees  be^rken  müssen,  dagegen  wifd  da,  tro 
der  verdiehtete  Theil  einer  Sehallwelle  mit  dem  im  verdünntea 
Zustande  befindlkhen  Tiieile  einer. -zweiten  Welle  zusammen- 
trifft,  eine  Interferenz,  eine  Unterbrechung  der  aus  abwech«- 
selnden  Verdichtungen  nnd  Verdünnungen  bestehenden  Vibr«-^ 
tionen  statt  finden*  Gäbe  es  einen  Putoct,-  Vro  von  zwei  Puncten 
ausgehende  Schallwellen  sich  fortwährend  so  träfen  ^  dals  alle^ 
zeit  die  Verdichtete  Hälfte  der  einen  mit  der  verdünnten  der 
andern  und  umgekehrt  gleichzeitig  ihn  erreichte,  so  würde  man 
in  diesem  Puncte  gar  keinen  Schall  hbren ,  das  gleichzeitige 
EinttefFen  zweier  gleichen  Schallerregungen  würde  keine  Ver-^ 
Stärkung ,  sondern  ein  gegenseitiges  Auslöschen  bewirken.  Eine 
Verstärkung  des  Schalles  durch  zusammentreffende  Schallwellen 
kannte  man  lange  in  dem  Mitklingen  eines  tieferen  Tones, 
wenn  zwei  höhere  angegeben  werden*  Wenn  man  auf  einer 
rein  gestimmten  Orgel  zwdl  Pfeifen  tönen  läfst,  deren  eine  die* 
höhere  Quinte  der 'andern  angiebt,  so  hört  man  zugleich  die 
tiefere  Octave  der  tiefsten  von  beiden  als  mittönend.  Die  Ton- 
lehre nämlich  zeigt ,  dafs  wenn  ein  Ton  irgend  eine  Anzahl  von 
Schwingungen  in  gegebener  Zeit  macht ,  so  ist  für  die  höhere 
Quinte  die  Anzahl  der  Schwingungen  anderthalbmal  so  grofs ;  es 
trifft  daher  jede  zweite  Schwingung  des  einen  Tones  mit  jeder 
dritten  Schwingung  des  zweiten  zusammen,  und  unser  Ohr 
empfindet,  aufser  den  beiden  angegebenen  Tönen,  noch  eine  in 
gleichen  Zeiträumen,  in  Zeiträumen  doppelt  so  lang,  als  sie 
beim  ersten  Tone ,  dreimal  so  lang ,  als  sie  beim  zweiten  Tone 
sind,  eintretende  Verstärkung,  welche  wegen  ihrer  in  gleich 
abgemessenen  Zeiträumen  statt  findenden  Wiederkehr  als  ein 
Ton ,  und  wegen  der  nur  halb  so  oft  als  beim  ersten  Tone  ein- 
tretenden Wiederkehr  als  tiefere  Octave  dieses  ersten  Tones  ge-> 
hört  wird. 

Eine  Unterbrechung  des  hörbaren  Tones  giebt  ein  Veiw 
such,  den  man  mit  tönenden  Stäben  oder  mit  der  Stimmgabel 
anstellen  kann.-  Wenn  man  eine  gewöhnliche  Stimmgabel 
p.  während  ihres  Tönens  in  verticaler  Richtung  vor  dem  Ohre 
ISSihält,  und  so  um  ihre  Axe  drehet,  dafs  bald  die  Seite  ab,  bald 
^ie  Seite  b  c  dem  Ohre  zugewandt  ist ,  so  hört  man  den  Ton 
£ast  genau  gleich,  das  Ohr  mag  sicl^in  einer  auf  ab  oder  in 
einer  auf  b  c  senkrechten  Linie  befinden ;  ist  dagegen  das  Ohr 
in  einer  Bichtung,    welche  ungefähr  in  der  Mitte  zwischen 


Interferenz*  775 

i  leiden  Senbecbten  liegt,  so  TeiscliwiiKlel  der  ^oniaet 
pnz«  Um  %a  seigea,  dalSi  dieses  aueb  bei  einem  ejnfacbeo 
Stabe  statt  findet,  bediente  Wf  WssisA  eicb  einea  8  p.  ZoU 
kngen,  2  Linien  breiten  und  dicken,  sehr  genau  gearbeiteten 
Messiagstabes»  An  diesem  wurde  auf  ^  seiner  Länge,  wo 
uUnlidi  ein  SchwingnngsLnoten  liegt,  in  feinen  Einschnitten 
ein  Faden  amgebunden ,  und  so  der  Stab  aqfgehangt ;  w^rd  nun 
der  Std>  durch  Anschlagen  an  seine  Seite  in  Schwingungen  ge- 
setzt, so  wurden  bei  der  Drehung  des  Stabes  vor  dem  Ohre 
jene  Unterbrechungen  deutlich  bemerkt.  Um  genauere  Be« 
Stimmungen  des  Ortes  9U  erhalten  ^  wo  jen^  Interferenzpuncte 
liegen,  wandte  Wima.  die  Stimmgabel  wieder  an.  Man  hört 
bei  ihrem  Tönen  die  Unterbrechungen  am  besten  und  bestimm-« 
testen,  wenn  man  sie  über  einem  mittönenden  Glase  klingen 
lalst  *)y  und  WxBXA  gab  diesem  Glase  oben  nur  eine  03  Linien 
weite  Oe£Fnung,  um  sehr  genau  den  Ort  au  bestimmen,  den 
diese  Oeffnung  einnahm.  Die  Stimmgabel  wurde  mit  einem 
WoUastonschen  Goniometer  so  verbunden,  dafs  sie  mit  diesem 
um  ihre  Längenaxe  gedreht,  und  dafs  an  dem  Gradbogen  des 
Goniometers  diejenige  genaue  Lage  der  Stimmgabel  angegeben 
wurde,  welche  mit  dem  Verschwinden  des  Mittönens  zusam- 
■engehörte;  denn  ebenso,  wie  bei  bestimmter  Stellung  des 
Ohres  der  Ton  der  Stimmgabel  nicht  gehört  wird,  so  verschwin- 
det auch  das  Mittönen  der  Luftsäule  im  Glase,  wenn  jene  OeiF- 
9mig  sich  an  dem  Orte  der  Interferenz  befindet.  Die  sorgfältige 
Abmessung  zeigte,  dals  erstlich  die  Interferenzpuncte  in  der* 
lelben  Entfernung  und  Winkelrichtuog  gegen  den  Querschnitt 
der  Zinke  der  Stimmgabel  liegen,  man  mag,  welchen  Punct 
der  Länge  der  Zinke  man  will,  der  OelFnung  gegenüber  sjteJtlen; 
dals  aber  zweitens  die  Winkelrichtung,  welche  man  der  Stimm- 
gabel geben  mnb,  eine  andere  ist  bei  verschiedenen  Entfer-  * 
Hangen  der  Oe£fnung  von  derselben.    Der  geometrische  Ort  der 


*}  Dieses  Mittonen  findet  statt,  wenn  dio  Stimmgabel  über  ein 
eyüiidrisches  Gla^  gehalten  wird,  dessen  Höhe  so  grofs  ist,  dafs  die 
Laftsättle  in  demselben  bei  ihren  Schwingaogen  eben  den  Ton,  wie 
die  Stimmgabel,  giebtr  Ist  dieses  nicht  völlig  der  Fall,  so  kann  man 
bei  tu  gfofser  Höhe  des  Glases  durch  ein  wenig  eingegossenes  Was-» 
ler  ihm  die  richtige  Höhe' geben.  Wenn  diese  statt  findet,  so  hört 
aan  den  Ton  der  Stimmgabel  sehr  Terstarkt,  statt  däfs  eine  solche 
Verstärkung  bei  einer  andern  Lüoge  der  LufUäole  nicht  eintritt. 
V.  Bd.  .  ^^^ 


776  Interfer^na« 

I  nterferentpuncte  bildet  also  eine  gekiäiiiM^  fttche^  dniM 
geradlinige  Durchscknittälinien  mit  der  -  LängenacKe  der  Zinke 
jparallel  sind ;  die  auf  diese  senkrechteti  Querschnitte  sind  abes 
hyperbolisch ,  und  ufogeben  den  Querschnitt  der  Stimmgabel  in 
.  einer  Symmetrischen' Stellung,  so  dafs  die  Bfennpuncte  der  Hj- 
186.  perbeln  in  den  Kanten  der  Stimmgabel  liegen.  Die  Figur  stellt 
die  aus  den  Versuchen  abgeleitete  Lege  der  Int^ferenzpuncte 
dar,  ccdd  sind  die  Querschnitte  der  Zinken,  deren  Seite  2 
lin.  betrug ,  und  die  Versuche  ergaben  bei 

3"\23  Entfernung ,  den  Winicel  e=  30xV% 
4j  38    ;*'•.;•'•••    40^ 

6,  1      .........    4&h 

so  dafs  die  Interferenfepuncte  in  hyperbolischen  Aesten  lagen, 
deren  Gleichung  1,8175  (x* — 0^5)  =3  y«  ist,  w«m  man  x 
und  y  in  Linien  ausdruckt. 

An  diese  Versuche  knüpft  Wsbbr  die  Frage ,  wie  denn 
die  Schallwellen  beschaffen  seyn  müssen ,  damit  sie  durch  ihr 
Zusammentreffen  diese  Interferenxen  bilden.  Jeder  dieser  hy- 
perbolischen Aeste  ab  hat  seinen  Mittelpunct  in  der  Mitte  4ler 
ihm  zugehörigen  Seite  c  d ,  und  es  erhellet ,  dafs  die  Halbmes- 
ser der  um  c  gezeichneten  Kreise  eine  bestimmte  Abhängigkeit 
Ton  den  Halbmessern  der  um  d  gezeichneten  Kreise  haben 
müssen,  wenn  der  geometrische  Ort  ihrer  Durchschnittsponcte 
jene  Hyperbel  seyn  soll*  Nimmt  man  den  Abstand  zweierKreis'- 
13^] Büttelpuncte  A,  B=2f,  und  die  Halbmessers^  und=^ 4*  S 
•  so  ist,  wenn  man  die  Coordinaten  beider  Kreise  von  G,  mitten 
zwischen  A ,  B  an  rechnet ,  und  die  Abscissen  x  auf  AB  nimmti 
y  aber  als  Ordinate  des  einen,  y  als  Ordinate  des  andern  Krei- 
ses betrachtet, 

yt  =  ji_(f  +  x)«undy'«  =  C9+c)t~(x-f)% 
'  da  also,  wo  beide  Kreise  sich  schneiden, 

y  *  =  yS  und  4ix  =  —  2cp  —  c«.     ' 

Elin^nirt  man  mit  diesem  Werthe  von  p,  qz=s  —  ic  ^^ f. 

>  c 

den  Halbmesser  aus  der  Gleichung  für  beide  Kreise,  so  hat 
man  den  geometrischen  Ort  der  Durchschnitte  aller  Kreise,  de« 
ren  Halbmesser  um  c  verschieden  sind«  Die  Gleichung  für  die- 
sen geometrischen  Ort  ist 


y*'==(^-0^*' "*"'>• 


Interferensi,  772 

Nteh  den  empinsch  bestimmten  Werthen  det  yorfgen  Fonnd 
isif  =1  nndfolgCch  |c*  =  0355, 

€  =  1,192  par.  Lin. 
Die  Versuche  zeigen  also,  daTs  die  sich  interferirenden  Wellen, 
die  von  einer  Kante  ausgehen ,  a1)emal  eini&n  um  1,192  Linien 
grSfseren  Halbmesser  haben ,  als  die  .von  der  andern-  Kante  aus- 
gegaogenen.;  die  eine  Welle  ist  also  um  einen  Zeitraum  von 
0,000485  Tertien  der  andern  vergeeilt^  denn  in  dieser  Zeit 
darchlänft  die  Schallwelle  1492  Lin. ,  Wenn  man  1024  Fürs  in 
i  See.  rechnet.  ' 

Um  dieses  Resnitat  des  Versuches  richtig  zu  übersehen,' 
«Kissen  wir  folgendes  überlegen.  Indem  die  Zinke  der  Stimmt* 
gabt!  angeschlagen'  wird ,  weicht  ihre  Sufsere  Seite  zurück  und' 
brii^i^  der  Lnft  eine  mit  Verdünnung  anfangende  Welle  her-' 
▼or,  die  innere  Seite  drängt  sich  gegen  die  Luft  und  erregt  dort 
eine  mit  Verdichtung  anfangende  Welle ;  diese  beiden  Wellen- 
aber  entstehen  nicht  gleichzeitig ,  sondern  die  letztere  ein  wenig 
hiUier,  oder  wenigstens  so,  dafs  sie  beim  Fortgange  allemal 
den  Radius  q  -f-  1,192  hat,  Wenn  der  Halbmesser  der  andern 
s^ist.  Da' die' Entfernung  der  heiden  Kanten  von  einander 
=  2  angenommen  wurde,.* so  erreichen  beide  Wellen  einandef 
zuerst,  wend  2(>  +  1,192  =  2  ist,  und  in  der  Entfernung 
^  =  0y404  vom  äulsem  Eckpuncte  def  Gabel  .tritt  die  erste  In- 
terferenz ein.  D^  die  Stimmgabel  den  Ton  g  gab,  so  tritt 
der  gleiche  Zustand  der  Vibration  nach  j-^  See.  ein ,  denn  die-» 
ser  Ton  macht  384  Vibrationen  in  1  See. ,  und  die  Schallwellen 
folgen  also  in  Entfernungen  von  VV^  Fufs  =  384  Lin.  auf  ein-> 
ander  ,  das  heilst ,  wenn  die  zweite  Verdünn ungswelle  tou  der 
anisem  Seite  der  Zinke  ausgeht,  so  ist  der  Halbmesser  der  er- 
sten Verdünnungswelle,  die  eben  da  ausging,  =  384  Lin.,  der 
Halbmesser  der  ersten  Verdichtungswelle.,  die  Vöh  der  andern 
Seite  ausging,  =  385,192  Lin.  Die  zweite  Welle  kann  also 
nirgends  mit  der  ersten ^  eine  Interferenz  bewirken,  weil  diesd- 
jener  bei  weitem  zn  weit  Voraus  ist ;  die  Interferenz  al^er ,  wel- 
che die  beiden  ersten  Wellen  für  q  =  0,404  zu  bewirken  an- 
fingen, rückt  beim  Fortgänge!  der  Welle  in  der  durch  die  Ver- 
suche und  die  geometrische  Betrachtung  angegebenen  Hyperbel  _,. 
£e  fort,  und  da  eben  diese  Interferenz  aus  dem  immer  um  gleich  188/ 
viel  verschieden  bleibenden  Halbmessier  der  einander  genau  aus- 
gleichenden Theile  der  Wellen  stetig  ,foit  hervorgeht,  so  wird 

Ddd2 


778  Interferens. 

iott  fortdauiernd  kein  Ton  geliM»    Der  zweite  Ast  der  'Rypw-^ 
bei,  welchen  die  Geometrie  angiebti  hat  hier  keine  akastiscbe 
Bedeutung.  Nehmen  wir  nSmlich,  statt  c  =  1,1929  c  =s  1,3,  so 
triirde  die  Interferenz  mit  Q  =s  0i4  und  Q^  ss  1,6  anfangen  ;  die 
Kreise  mit  q  =s  0,5,  Q  =  1,7 
^  ^  =  0,6,  p' =  1,8 
geben  wahre  Interferenzen;  die  Geometrie   scheint  aach    ßix 
^  ==  1,6  und  f'  s=  0,4 
p  =  l,7  ?'=0,5 

Interferenzen  zu  geben ,  aber  wenn  der  am  meisten  Terdiinnt« 
TheU  der  Welle  bis  ^  =  1,6  vorgedrungen  ist)  so  trifft  nicht 
der  am  meinen  verdichtete  Thetl  in  f  =s  0,4  ein ,  sondern  eiiÄ 
Theil ,  welcher  um  2,4  hinter  jenem  hergeht ,  der  also  keines« 
Wegs  eine  genaue  Interferenz  bewirkt*  Abo  kann  nur  diejenige 
Seite  des  Stabes  die  zwei  Aeste  der  Interferenzhypetbeln  neben 
,  aioh  haben,  von  welcher  die  etwaji  retardirteir  Wellen  ausgin- 
gen. Die  Erfahrung  an  einzelnen  Stäben  zeigt  aber,  dafs  sich 
an  allen  vier  Kanten  solche  Interferenzlinien  finden,  und  dals 
sie  bei  Stimmgabeln  nach  der  Seite,  die  auswärts  liegt,  da 
sind,  die  erste  äufsere  Welle  mag  eine  mit  Verdünnung  oder 
eine  mit  Verdichtung  anfangende  «eyn. 

Man  ist  daher  genöthigt  anzunehmen,  dafs  jede  mit  Ver- 
dichtung anfangende  Welle  jenen  kleinen  Vorsprung  vor  der 
mit  Verdünnung  anfangenden  Welle  gewinnt,  wo  dann  in  dem 
wechselnden  Hin-  und  Hergange  der  Zinken  beide  Hyperbeln 
entstehen.  Webzr  bemerkt,  bei  der  Stimmgabel  könne  man 
die  der  innern  Seite  der  Zinken  zugehtfrenden  Interferenzhyper^ 
beln  nicht  beobachten ,  weil  aufser  den  von  der  innern  Seite 
der  Zinken  ausgehenden  Wellen  auch  noch  eine  zweite  AH 
Wellen  durch  das  Znsammen  drängen  der  beiden  Zinken  ent- 
stehen, eben"^  diese  Art  Wellen  aber,  indem'  sie  sich  tait  den 
stark  seitwärts  gebogenen  Wellen  der  Innenseite  vereinigen, 
machen  die  Inteiferenz  an  der  Aufsenseite  in  der  H3rperbel,  de- 
ren Brennpunct  der  äufsere  Eckpunct  ist ,  desto  vollkommener. 

Ueber  die  Ursache  des  Voreilens  der  verdichteten  Welle 
hat  WzBEA  folgende  Vermuthung  aufgestellt.  Wenn  die  Zit- 
terungen der  Zinke  statt  finden,  so  macht  eine  quer  durch  die 
ganze  Zinke  gehende  Reihe  von  Puncten  ihre  Excursionen 
gleichzeitig ;  läge  diese  Reibe  von  Puncten  in  einer  Senkrechten 
gegen  die  Längenrichtung ,  so  erzitterten  zwei  einander  gegen- 


Interfereiis»  779 

fibttttobtade  Ptanola ,  folglich  aach  bttd«Endpfnict#  der  Zink« 
gmM  gleichseitig;  da  da«  meht  dev  FaU  ist,  so  mu(s  die  Vi« 
hndon  dte  Zii^,  welche  sugleieh  in  ^i^  See.  als  Qaerribra-i 
tioDToUcndet  wird,  und  zugleich  in  eben  der  Zeit  die  Länge 
der  Zinke  hin  und  zurück  durchl^uftf  bei  diesem  E^nrchlaufen 
au  der  eiiien  Seite  um  .Qf'',00048  firüher  in  dem  Endpnncte  an- 
kommeu,  und  eben  das  mufs  für  jede  andere  zwei  sich  senk«- 
vscht  gegenüb^^ehende  Puncto  gelten«  Nimmt  man  dieses  an, 
so  i^  allerdings  der  Zeitpunct,  da  die  eine  Welle  Tom  End« 
punda  ausgeht,  um  O''',00048  früher,  und  die  Erscheinung  ist 
aildärt.  Aber  sollte  nicht  diese  Voreiluqg  noch  ainen  andern 
iGnmd  haben  können?  Nach  Wibek's  Angaben  ist  die  ver- 
diiktende  WeUe  diejenige ,  welche  der  verdünnenden  um  1,192 
litt,  vcreilt;  aus  anderp  Schliisaeu  aber  hat  Laflack  gefolgert, 
dab  dio  Geschwindigkeit  der  Schallfortpfianzung  in  der  Luft 
VCD  der  bei  jeder  Verdichtang  frei  werdenden ,  bei  j^eder  Ver« 
duonung  gebunden  werdenden  Wärme  abhängt ;  soQte  es  daher 
Sicht  wahrscheinlich  seyn ,  dals  im  ersten  Momente  dex,  Ent- 
Hehung  die  verdichtete  Welle,  als  gewaltsamer  verdichtet,  mehr 
Winne  frei  machte ,  als  es  nachher  im  freien  Portgan«e  in  dec^ 
Laft  der  Fall  ist,  und  bei  der  verdünnenden  Welle  das  Gegen- 
tbed  statt  lande  ?  Dana  würde  j[ene  in  den  ersten  Thei^Uii  ei- 
ner Tertie  mehr,  als  der  regelmäfsigen  Geschwindigkek  des 
Schalles  gemäfii  ist,  diese  dagegen  «weniger  durchlaufen.  Ick 
wiH  annehmen ,  dieses  betrüge  so  viel ,  daff^  in  0,0001  Tertia 
die  Fortrückung  jener  Welle  0,260  Linie,  die  Fortrüdtung 
dieser  Welle  0,230  Lin.  ausmachte  ^  dann  würden  in  0,004 
Tettie  die  durchlaufenen  Wege  os  10,4  und  3=  9,2  Linien  be« 
tiagen,  und  eine  wäre  schon  sehr  nahe;  na^ph  ihrer  Entstehong, 
ia  j^  Tertie ,  der  andern  um  1,2  Lin.  vorgeeilt  f  in  ^o  firolsec 
Entfernung  von  der  ersten  gewaltsamen  Erschütterung  kannte 
aber  der  Einflufs  dieser  nur  momentan  wirkenden  Ursache  yov* 
iiberseyn,  und  daher  in  jeder  uns  bequem  Khelsbaren  Entfer- 
Hang*  die  Welle  als  jenen  Vorsprang  behaltend  angesehen  ^er- 
den. Doch  auch  diese  Ableitung  4«t  Voreilens  ist  blofso  Vex* 
niatfanng. 

Idi  komme  iK|n  auf  die  Interferenzen  t  M^elche  das  Licht 
zeigt.  Im  Artikel  Jn/Uxion  waideu  die  sahireichen  Erschei- 
aongeii  angefahrt,  welche  eine  solche  Interferenz  als  Folge  der 
Beugung  des  Liobtas,  indem  es  an  festen  Körpern  ytHrbeigefat," 


780P  InterferetiB. 

der  BeobiMililiiiig  daTlSefeti^  ich  mU  hier  &hbf  niiv  einige  FlSSm 
anfiihren,  die  doitfaln.  nicht  gehören.  Im  AU^meinen  bestellt 
diese  Einwirkung  der  Lichtstrahlen  anf  einander  darin,  d^fk 
zwei  Lichtstrahlen ,  die  Ton  nner  Lichtquelle  aasgehend  «auf 
etwaa  verscliiedenen ,  jedoch  sich  anter  einem  sehr  kleinen 
Winkel  durchsc^eidanden  Wegen  in  einem  Puncto  ankommieii,- 
erstlich  die  Erleuchtung  verstärken ,  wenn-  die  durchlaufeneia 
Wege  in  einerlei  Medio  gleich  lang  sind ;  zweitens,  dafs  bei  ei- 
ner gewissen  Ungleichheit  der  Wege,  die  s=  d  heifsen  naag^^ 
die  vereinigten  Lichtstrahlen  keine  Verstärkung  der  Erleuchtung^ 
sondern  eine  fast  gänzliche  Zerst(jrung  derselben ,  ein  Dunkel, 
hervorbringen;  drittens,  dafs  dagegen,  wenn  der  Unterschied 
der  in  einerlei  Mittel  durchlaufenen  Wege  sc  2  d  oder  =s  4  d 
oder  3=  6 d  ist,  die  Verstärkung  der  Erleuchtung  wie  bei  glei- 
chen durchlaufenen  Wegen  statt  findet,  dafs  aber,  wenn  der 
Unterschied  der,  Wege  s=3  3d  oder  =  5d  und  so  femer  ^t^ 
•ben  die  Zerstörung  der  Erleuchtung  wie  bei  dem  Unterschiede 
s=sld  stattfindet;  viertens,  dafs  der  Werth  von  d  bei  jedem 
einzelnen  verschiedenfarbigen  Strahle  ein  anderer,  aber,  wenn 
der  Strahl  sich  in  der  Luft  fortpflanzt,  bei  dem  rothen  immer 
gleich,  bei  dem  violetten  immer  gleich,  und  so  ferner,  iet; 
endlich,  dafs  der  Werth  dieses  d  beim  .Durchgange  durch 
verschiedene  Mittel  sich  so  ändert,  dafs.  dabei  eine  gewizse 
Uebeteinstimmung  mit  dem  ßrechungsverhältmsse  nicht  zu  ver- 
kennen ist. 

Da  die  Emissionstheorie  keinen  in  der  Natur  der  Licht- 
dieilchen  nachzuweisenden  Grund  angeben  kann ,  wodurch  das 
Lichtthedchen  in  einem  Augenblicke  die  Wirkung  des  andern 
irerstärkt,  im  andern  aber  sie  zerstört,  so  ist  es  nicht  wohl  an- 
ders naöglich  ^  als  hier  derjenigen  Darstellung  zu  folgen,  welche 
dae  Undulationstheorie  darbietet,  obgleich  auch  sie  bei  den  Phä- 
nomenen ,  die  ich  am  Schlüsse  anführen  werde»  nicht  ganz  ohne 
Schwierigkeit  die  Erklärungen  zu  geb^n  scheint;  ich  werde  da- 
•her  hier  meistens  nach  Youhg's  und  FAfisvst's  Beispiel  von 
einem  verdichteten  Theijie  und  einem  verdünnten  Theile  der 
Lichtwelle  genau  so  reden ,  wie  wir  es  beim  Schalle  zu  thun 
•pflegen,  und  annehmen,  dafs  zwei  fast  in. gleichen  Richtungen 
zn  einem  Puncte  gelangende  Lichtwellen,  die  von  demselben 
Puncte  aasgehend  auf  versahiedenjsn  Wegen  ankommen  j,  dann 


\ 


mA  riaaiicler  aoEUbfo,  wean  dio  lÄDge  ihf«r  Wegt  an  ^lae 
lialb«  Wellenlänge  vexsdüeden  ist* 

Ab  einen  Hai^ktversuch  fuhrt  Faesvei.    folgenden   «n  K 
Wenn  nen  zwei  unbeleg^e  Spiegelglaeer  nimmt,    die^  an  det 
Bbtoneite  geKhwäret  «ind,  um  keine  doppelten  Bilder  zu  ge« 
hukf  odei  statt  dieser  Gläser  zwei  Metallspiegel  anwendet,  so 
kann  man ,  indem,  man  ihre  fiänder  in  vollkommen^  Berührung 
iningt  und  die  Spiegel  «inen  sehr   nahe  en  180  Grade  kom- 
menden Winkel  mit  einander  machen  läf^,  ja  sehr  leicht  awei 
BiMer  eines  nnd  desselben  leuchtenden  Ponctes  erhalteA ,  zwi'^ 
schen  diesen  aber  zeigen  sich  Liichtstreif^n  durch  die  gegensei^.l^l 
lige  Einwirkung  heider  Lichtstrahlen  auf  einander.     £s  9ey  A 18S 
der  leuchtende  Punct»  EG  der  eine,    CD  der  andere  Spiegel, 
so  labt  sich  leicht   übersehen,    dafs   das  Auge  £  im  Durchs* 
schnittspuncte  der  reÜectirten  Strahlen  ein  zweifaches -Bild  des 
leachtenden  Fupctes  in  F  und  G  sieht«     Eibenso  würde  ein  Auge 
inH  zwei  Bilder  in  I  und  K  sehen,  nnd  es  i^t  hekanpt,  da(s 
die  Ton  dem  einen  Spiegel  kommenden  Lichtstrahlen  die  Rieh- 
tuiig  haben ,  als  ob  sie  von  dem  Bilde  V,  die  von  dem  andern 
Spiegel  kommenden ».  als  ob,  sie  vpn  dem  Bilde  U  ausgingen, 
und  diese  Bilder  liegen  auf  den  gegen  €  3*  und  C  Q  senkrecht 
gezogenen  Linien  A T,  AS ,  so  dal»  V  T  =  A  T  und  US  =  AS 
ist.    Zieht  man  nun  dieJLiinie  £CW  ^a,  daüs  sie  den  Winkel 
yCU  halbirt,  so  liegen  auf  ihr  die  Durchschnittspuncte  derje-^ 
lügen  Strahlen,     welche   von  A    bis  zum  Durchschnittspuncte 
gleiche  Wege  durchlaufen  haben«  .   Denn  erstlich  ist  offenbar 
CA:=5CU  =  CV,  nnd  da  zweitens  £W  die  Mitte  der  UV 
senkrecht  trifft,  so  ist  EV^^süU,  aher.EV=  AF  +  FE  ist. 
der  vom  einen  Strahle,    EU=:AG4-(^E   der  vom  andern 
Strahle  durchlaufene  Weg«    Da  diese  gleich  sind ,   so  kommen 
iaE,  und  ebenso  in  e,  allemal  die  verdichtenden  Theile  der 
I4chtwellen  des  einen  und  andern  Strahles  zugleich  an ,  ebenso 
die  verdünnenden  Theile  zugleich  und  so  immerfort^  so  dafs 
die  Strahlen  beide  beitragen,  den  Lichteiu druck. zu  verstärken. 
In  den  Puncten  wie  Lnnd  H,   oder  1  und  h,  dagegen  ist  die 
Samme    der  von  dem  einen  Strahle  durchlaufenen  Wege  A  K 
-f  KH  um   etwas   verschieden    von  der    Summe    der   Wege 
S3  AI  +  IH>    die  der  andere  Suahi  durchläuft,  und  wenn 


.^] 


1    Poggrad.  Ana.  JU.  96.  T.'2I3. 


J 


782  -s  lnt*rferen«. 

dS«8e  Verschiedenheit  gerade  so  viel  betragt,  «le  eine  Inilb« 
Wellenlänge  y  eo  bringen  die  in  fl  und  ebenso  die  in  L  ttnter 
einem  sehr  kleinen  Winkel  zasammentTeffenden  Strahlen  keine 
Erlettchtnng  hervor,  sondern  müssen  nach  dieser  ^Theorie  der 
.Interferenzen  einander  auslöschen.  Es  Mst  sich  leicht  tiber^ 
sehen ,  daCs  für  Puncte  wie  m  und'  n  die  Differenzen  der  Weg<» 
noch  gröfser  werden ,  und  wenn  sie  hier  einii  ganze  Welien— 
tenge  betragen ,  so  treffen  hier  wieder  zwei  einander  verstiir— 
kende  Lichtstrahlen  zusammen.  Wegen  der  ungemeinen  Kurse 
einer  Lichtwelle  liegen  -  diese  Puncte,  wo  in  e  verstärktes  Licht^ 
in  h  und  1  Dunkel,  in  m  und  n  verstärktes  Licht  ist,  sehr  nahe 
bei  einander,  und  nur  wenn  der  Winkel,  den  beide  Spiegel 
mit  einander  machen ,  ungemein  wenig  von  zwei  rechten  Win- 
keln verschieden  ist,  wird  dieser  Abstand  grofs  genug,  un 
wahrgenommen  zii  werden.  Bringt  man  bei  so  geneigten  Spie- 
geln eine  Linse  von  kurzer  Brennweite  etwas  jenseit  mheln 
io  an,  dafs  e  im  Brennpuncte  derselben  liegt,  also  alle  diese 
Puncte  so  nahe  am  Brennpuncte,  dafs  ein  jenseit  der  Linse 
stehendes  Auge  die  Abwechselungen  von  Hell  und'  Dunkel 
deutlich  erkennen  kaiin ,  so  mufs  man  diese  neben  einander  er- 
scheinenden hellen  und  dunkeln  Strei&n  sehen.  Und  so  ge- 
schieht es  wirklich;  es  zeigen  sich  unter*  diesen  Umständen, 
wenn  das  Licht  bei  A  von  einem  nur  kleinen  Puncto  ausgeht, 
Lichtstreifen  mit  dunkeln  Zwischenräumen  in  der  hier  angege- 
benen Richtung  neben  einander  liegend,  und  ihre  Abstände 
sind  so  grofs,  dafs  man,  beim  Berechnen  der  vom  Lichte  durch- 
laufenen Wege,  die  Differenzen  derselben  dem  gemäfs findet,  "was' 
vorhin  über  die  zum  Verstärken  oder  Zerstören  des  Lichtes  erfor- 
derlichen Verhältnisse  gesagt  worden  ist,  und  dem  gemäls,  w«8 
andere  Versuche  über  die  absolute  Länge  der  Lichtwellen  ergeben« 
'Dafs  diese  hellen  und  dunkeln  Streifen  wirklich  von  der 
gegenseitigen  Einwirkung  der  zusammentreffenden  Lichtstrahlen 
abhängen ,  läfst  sich  dadurch  erweisen ,  dafs  ein  Schirm ,  wel- 
cher den  Zutritt  des  einen  zurückgeworfenen  Lichtstrahls  ent- 
weder vor  oder  nach  seinem  Antreffen  an  den  Spiegel  hindert, 
die  Erscheinung'  sogleich  aufhebt,  so  dafs  also  zu  dem  vom 
einen  Spiegel  herkommenden  und  für  sich  eine  Erleuchtung  be- 
wirkenden Lichte  ein«anderer,  für  sich  diein  ebenfalls  Erleuch- 
tung bewirkender  Lichtstrahl,  kommen  mufs ,  um  jenes  Dunkel,^ 
das  Zerstören  der  Erleuchtung  9^  herv^rzüb|rlhg#«h,  »* 


InterferetiB*  |8S 

DItttt  Virnofk  tontirntj  dafii  di*  RKodcr  d«r  bcÜMi  %){«<• 
|«I  genan  ohne  Vorsprang  an  einandet  anluigea ;  denn  dm  di« 
Libige  «nar  Licbtw^e  so  nngeaein  klein  ist,  so  machen  selbst 
Hnndertstel  einer  Linie  grofse  Untensthiede  ^  weil  die  Interfe^ 
lenzen  nnr  sicliH>«r  Werden  ^  wenn  der  Unterschied  dar  Weg^ 
Mdev  liehtstrahlen  Wenige  W«UenMi>gen  «nsmacht;  sobald  et 
mehrere  Wellenltngen  beträgt,  so  wird  bei  weifsea  Lichte 
sdion  sehr  bald  di)ft  ganze  Erscheinung  aoflitfren,  und  selbst  bei 
dnfaxbigem  Lichte  ISCst  sich  keine  so  strenge  Homogeneität  er<^ 
hahiBn,  dab  nicht  auch  da  ein  Verdecken  der  der  einen  Wellen« 
fimge  entsprechenden  dunkeln  Streifen 'durch  die  der  andern 
Wellenlänge  entsprechenden  hellen  Streifen  eintrete.  Da  näm-^ 
fich  die  verschieden  brechbaren  odsr  verschiedenfarbigen  Stufen 
fett  nach  dem  Undulationssysteme  eine  ungleiche  WeHenlÜnge 
besitzen ,  so  tritt  merst  «in  Mischen  der  Farben  ein ,  wenn  der 
Unterschied  der  Wege  einige  Wellenlängen  beträgt,  dann  bei 
dner  grllfsem  Differenz  ein  Zusammenfallen  der  Farben,  welche 
einer  gewissen  Anzahl  von  Wellenlängen  zugelK$rten ,  mit  dot* 
Ben,  die  der  nächst  grölsern  Atfzahl  zngehdren,  und  eben  da^ 
Airch  ein  ganzliches  gegenseitiges  Zerstören  der  hellen  und 
dankein  Streifen.  Bei  einfarbigem  Lichte  ist  dieser  Nachtheil 
nm  weit  geringer,  aber  W«tln  die  DüFefens  der  Wng«  einer 
sebr  grofsen  Anzahl  von  Wellenlängen  gleich  ist ,  so  hindert  es 
dennoch  das  -Sichtbarwerden  der  dunkeln  nnd  hellen  Streifen» 
Damit  dieses  Aneinanderpassen  der  Gläser  ohne  einen  nachthei*-* 
hgen  Vorsprung  des  einen  vor  dem  andern  erreicht  werde ,  em-« 
pfiehk  Fnvsvxi.  ein  Eindrücken  beider  Gläser  in  eine  Unterlagn 
Ton  Wachs,  damit  man  durch  leise  Abändemng  der  Lage  den 
Zweck  erreichen  kdnne. 

Dafs  die  Kleinheit  des  Winkeb  erforderlich  ist,  um  die 
Streifen  weit  genug  auseinander  zu  rücken,  läfst  sich  leicht 
übersehen.  Stellt  nämlich  ep  einen  Theil  der  dem  Bilde  V  an- 
gelrifrenden,   eq  einen  Theü  der  dem  Eilde  U  angehiJrendea 

pq         ^ 
Welle  vor,  so  ist,  qep  =  S  CT  imd  ep  =  ^ — *-^ —  giebt  an^ 

wie  weit  man  auf  det  einen  WeOe  fottgehen  mub ,  um  einen 
gewissen  Abstand  =3  p  ^  der  andton  Welle  zu  erreichen.  Stellt 
also  pq  eine  halbe  Wellenlänge  i^ötj  so  ist  e  q  der  Abstand  des 
mitdem  hellen  Streifes  vom  nächsten  dunkeln ,  und  bei  der  on« 
*      gemeinen  Kleinheit  der  Wellenlänge,   deren  Hälfte  nnr  etwa 


784  Int  e  r  f  er  e  ne« 

ehi  Adtttansettdstfll  eitlbr  Llnia  iit,  taxlb  qcfp'  nia  kiiili  seyn, 
damit  e  p  eine  meitiiche  GHSbe  erkalte. 

Dab  der  leud^tende  Pttoct  A  eo  viel  ale  n(5gUch'aiif  euien 
wirkUeh  geometriacheD  Punct    besfibränkt  irerden  mob,    läfst 
eich  kiemach  gleichfalls  leicht  übersehen;  denn  bei  einem  ir-- 
gend  erheblich  grofsen  leachtendeo  Körper  verdecken  die  dem 
einen  Pnncte    desselben   eugehcjfrenden  Uchtrerstarkongen   die 
dunkeln  Stellen,  die  dem  andern  Puncte  entsprechen  wurden« 
Endlich  ist  auch  der  Umstand,   dab  dieser  leuchtende  Punct 
«ine  Reihe  heller  Streifen  hervorbringt,  leicht  zu  erklären.    Das 
nämlich ,  was  die  Figur  als  in  einer  einzigen  Ebene  vorgehend 
vorstellt,  ereignet  sich  ja  nicht  in  dieser  Ebene  allein,  sondern 
w^nn  wir  uns  die  Ebenen  der  Spiegel  BC^  CD  als  auf  der  Ebene 
des  Papiers  senkrecht  stehend  denken,   so  liegt  ein  wenig  vor 
und    hinter   der  Ebene  des  Papiers  neben  M   ein  Punct,   der 
nahe  neben  e  eine  Liohtyerstä^ung  hervorbringt,    und. neben 
F  ein  Punct ,  welcher  nahe  neben  1  eine  Zerstfjrung  des  Lichte 
herv<Mrbringt,  und  so  müssen  Lichtstreifen   senkrecht  auf   der 
Richtung,  in  welcher  sie  an  einapder  gereihet  sind,  erscheinen. 
Als  Beispiel ,  wie  die  Interferenzen  >auch  andere  Phänomene 
erkläifen ,  will  ich  hier  nur  bei  den  Newtonachen  Farhenringen 
verweilen,  und   die  Erklärung  andfrw  Phänomene  im  Artikel 
Idcht  I  wo  die  Undolationstheotie  vollständiger  erklärt  werden 
i9ub,  mittheilen.'    Wenn  man  ein  an  der  untern  Seite  wenig 
eonvexes.GIas  auf  ein  ebenes  Glas  legt,  so  zeigen  sich  um  den 
Punct,  wo  die  untere  Platte  die  Kugelfläche  des  convexen  Gla- 
ses  berührt ,   farbige  Ringe ,   welche   bei  auff^leodem  weifäea 
Lichte  alle  verschiedenen  Farben  zeigen^«     Um  jetzt  nur  den 
einfachem  Fall  zu  betrachten ,  will  ich  das  auftaUende  Licht  als. 
einfarbig  ansehen ,  damit  nicht  von  einer  ungleichen  Länge  der 
Lichtwellen  die  Rede  zu  seyn .  brauche*    Es  ist  bekannt,   dab- 
19o!  «^n  in  A  B  auffallender  uHd  in  B  die  untere  OberHäo^e  des  einen. 
Gkses  erreichender  Lichtstrahl   hier  eine  tjieilweise  Reflexion 
erleidet,  so  dafs  also  Lichtwellen  von  B  ausgehend  nach  der 
Gegend  A  zurückgelangen,    ab^r  auch  von  dem  bei  B  nach  G 
SU  fortgehenden  Lichte  wird  in  ,G  ein  Theil  zurückgeworfen, 
und  die  von  B  und  C  nach  ei^ierlei  Richtung  ziuUckgehenden 
Lichtstrahlen  miis$en  also  einaipder  verstärken  oder  schwächen, 


Flg. 


1    Art.  Anwandlungen» 


laterferoBs*  785* 

ja  oachdim  ue  fo  in  Irgend  ttnom'  Ftencla  ankommen ,  dab 
gleidiaitige  oder  nDgleicheitige  Weltentheüe  snsamBrenfmUen« 
Um  aber  .hier  ricbtig  über  die  von  B  anagehenden  Wollen  zu 
viAeilen^  mob  man  aus  der  Undulationstbeorie  den  Satz  ent-- 
lebaen ,  da£s  bei  der  Reflexion  nach  dem  Innern  des  dtchtera* 
KSip^s  zurück  eine  Welle  von  entgegengesetzter  Art  hervor« 
gebracht  wird,  als  die|eniga  ist,  welche. bei  der  Reflexion  vom 
dichteren  Körper,  in  die  Luft  zurück  entstehen  wüsde.  Wenn 
daher  der  Zwischenraum  zwischen  B  und  C  selbst  in  Verglei* 
chttog  der  ungemein  geringen  Ausdehnung  einer  Lichtwelle  klein 
oder  =s  0  ist ,  so  bringen  die  beiden  zurückgehenden  Wellen 
auf  ihrem  ganzen  Wege  ein  loterferiren  hervor,  weil  ihre  durch- 
Lmfeneo  Wege  gleich,  sie  selbst  aber  von  Anfang  an  so  entge^ 
gengesetzter  Art  sind ,  dab  die  Verdichtung  det  einen  mit  der 
Verdünnung  der  andern  znsammenffillt.  Ist  BG  gleich  der  Hälfto 
einer  Wdlenlänge,  so  ist  in  eben  dem  Augenblicke,  da  ein. 
verdichteter  W^entheil  •  in  C  ankommt  «nd  zurückgeworfen, 
wird  9  ein  verdünnter  Wellentheil  in  B,  der  eine  zurückgewor— 
fene  Welle  hetvorbringt.  Wären. dies«  Wellen  beim  Zurück* 
gehen  beide  den  ankommenden  gleicbai^kigi  so  würde,  da  die 
Differenz  ihrer  Wege  eine  gante  Wellenlänge  beträgt,  eine 
Verstärkung  des  Lichts  hervorgebracht,  aber  da.^e  eitfe  beim 
Aastritt  aus  dem  dichteren  Mittel,  die  andere  beips  Eintritt  in 
das  dichtere  Mittel  reflectirt  wird,  so  ist  im  einen  Fall«  eine, 
halbe  Undulation  verloren  gegangen ,  und  diese  Wellen  zerstö- 
ren, auf  ihrem  ganzen  Wege  einander.  .  Dagegen  wenn  BC 
gleich  dem  Viertel  einer  Wellenläbge  ist,  so  sind  die  Wege  der 
von  B  und  von  C  zurückkehrenden  Wellanum  eine  halbe  Wel- 
lenlänge verschieden,  und  die  £ntgegensef;|ting  der  Einwirkung, 
welche  die  eine  und  die  andere  bei  der  Reflexion  erlitten  hat, 
bringt  eine  zweite  Differenz  von  einer  halben  Wellenlänge  hin- 
an,  so  dals  nnn  auf  dem  ganzen  Wege  nach  A  zu  und  weiter 
hiiians  die  verdichteten  Theile  mit  den  verdichteten  und  die 
verdünnten  mit  den  verdünnten  zusammentreffen ,  also  einem 
Auge  in  A  einen  versüirklen  Uchteindruck  gewähren.  So  ent- 
steht für  das  in  A  beobachtende  Auge  in  der  Mitte ,  im  Beruh- 
rungspuncte,  ein  dunkler  Fleck,  da  wo  der  Abstand  der  Gläser 
ein  Viertel  eiiier  Wellenlänge  beträgt,  ein  heller  Kr.eis^  wo  der 
AbsUnd  die  Hälfte  einer  Wellenlänge  beträgt,  ein  dunkler  Kreis, 
und  so  abwechselnd,  genau  wie  es  die  Erfahrung  ergiebt. .  Ist  das 


786i  Interf^rens, 

licht  nieht  homogen  ^  tp  dedkm  £o  heüea  vaA  ümMn  Baag«^ 
die  den  verschiedeBen  Farben  angehören ,  einander  snm  Tfaeil, 
denn  da  die  Wellen  dea  violetten  Strahles  kinrter  aind,  so  liegt 
fiir  sie  das  Viertel  einer  Wellenlänge  dem  Mittelpancte  dar 
Hinge  näher,  und  die  violetten  Ringe  sind  kleiner,  die  rotbea 
^  dagegen  sind  die  gröbten ,  und  die  Bestimmung  des  Aufeinan« 
deifallens  findet  so  statt,  mo  es  im  Art«  jinwancUungBa  go~ 
xeigt  worden  ist  ^«  > 

Nach  der  Undulationstheorie  sind  im  Wasser,  überhaupt  in 
stärker  brechenden  Biaterien,  die  Wellen  kürzer,  und  folglich 
18t,  wenn  sich  Wasser  zwischen  den  Gläsern  befindet,  die  Stelle, 
die  dem  Viertel  einer  Wellenlänge  entspricht,  näher  am  Mittel- 
pnncte,  die  Ringe  also,  kleiner,  wie  es  fich  auch  wiiklich  findet. 

Als  einen  besonders  wichtigen  Triumph  der  Undulations* 
tlieori^  sehen  es  die  Vertheidiger  dersdben  an,  dafs  selbst  die 
chemischen  Wirkuttgen  des  Lichtes  sich ,  den  Interferenzen  ge-* 
mäfs ,  da  nicht  zeigep ,  wo  Wellentkeile  entgegengesetzter  Art 
zusammentreffen.  Araoo  hat  hierfiir  folgenden  Versnob  aus- 
geführt^. Erliefs  die  von  zwei  Spiegeln  auf  die  oben  ange- 
führte Weise  refieetirten  Lichtstrahlen ,  welche  also  durch  il&re 
Interferenzen  dunkle  und  kelle  Streifen  hervorbrachten,  auf 
frisch  bereitetes  Chlorsilber  fidlen,  und  fand  hier,  data  die 
Schwärzung,  welche  die  Einwirkung  des  Lichtes  allemal  aaf 
dem  Homsilber  hervorbringt,  durch  Zwischenräume  unterbro- 
chen, also  die  Schwärzung  nur  da  entstande;n  war,  wo  die  In- 
terferenzen der  Lichtwellen  ein  wirksames  Zusammentreffen  deis. 
selben  gestattet  hatten.  Also  ist  allerdings  auch  die  chemische 
Wirkung  ebenso  d^ch  das  Znsammentreffen  der  Lichtstrahlen 
bedingt,  wie  es  die  Wirkungen  auf  das  Gesicht  sind;  die  che- 
mischen Wirkungen  hören  auf,  wo  die  Differenz  der  Wege 
durch  das  ],  3,  5,  7fäche  einer  gewissen  Gröfse  d  ausgedrückt 
wird,  und  sie  erreichen  ihren  grölsten  Werth,  wo  diese  Diffe- 
renz der  Wege  das  2,  4«  6>  Stäche  u.  s.  w.  eben  jenes  d  ist. 
Ära  OD  hat  gtzeigt,  dafs  diese  ungleiche,  durch  Streifen  unter- 
broi^hene  Schwärzung  des  Chlorsilbers  nicht  mehr  statt  findet^ 


1  Annales  de  Ch.  et  Ph.  XXII.  337.  XXIXI.t29.  n.  Foggendorff's 
Ann.  XIU  197. 

2  Einen  ähnlichen  Versuch  hat  auch  Yockg  ansgefuhrt,  Lectnrea 
OD  nat.  phil.  11.  647. 


^pp«ini  owii  Jen  rfam  lichtstrahl  intch  i^aM  SehfimMifiKiigt^ 
da6  also  in  der  That  das  Zusaumentreffen  *w«ier  Liofctttfahl«» 
«•  itt|  wovon  anch  hier  die  geschwiohfo  und  selbst  sentOrt* 
UVufanig  des  lichtes  abhängt. 

Es  seheint  mir  hier  nieht  int^glich  ^  die  laterferens-EYsehei- 
mmgen,  welche  das  polarisirte  Licht  darbietet,  sn  eritiileiK' 
Attch  diese,  insbesondere  die  Erscheinung,  dafs  bei  polarisir« 
ten  Sirahlen  nnter  gewissen  Umständen  die  Interferenzen  nicht 
«niveten,  hat  Fbesvkl  ans  seintf  Theorie  erkl&rt,  ind^b  hat 
er  dabei  eine  neue  Hypöfhese  za  Hülfe  genommen ,  welche  we* 
nigstens  die  Einfachheit  der  bisherigen  Betrachtungen  snm  Theil 
mBiebt  ^*        _  '  Si 

I     0     d. 

lodine;  lodwn^  JocUnaf  lode;'  Jodine;  (röm 
toftüf^j  veilchenfarbig),  von  Courtoi»  1811  entdeckt,  findet 
nch,  meist  als  hydtiodsaures  Natron,  im  Meere,  in  verschiedenen 
im  und  am  Meere  wachsenden  Pflanzen ,  in  einigen  Seethieren, 
in  manchem  Steinsalz,  mehreren  Salzsoolen  und  einigen  andern 
Mineralwässern;  Es  wird  ans  der  Lange  der  eingeäscherten  See-* 
gewächse,  nachdem  ,man  daraas  die  minder  löslichen  Salze 
dorch  Abdampfen  und  KryMaliisiren  geschieden  hat,  durch  Er- 
hitzen mit  Vitriotol  nnd  Braunstein  subfimirt.  Es  krystallisirt  in 
spitzen  rhombischen  Oktaedenr  und  dünnen  Blättchen,  ist  weich 
nnd  leicht  zerreiblich,  hat  nach  Gut- LtissAC  ein  specifisches 
Gewicht  von  4,948,  erscheint  bei  auiFallendem  Lichte  eisen- 
sdiwarz ,  bei  durch  dünne  BISttchen  fallendem  rodi ,  während 
dickere  Massen  undurchsichtig  sind;  es  schmilzt  nach  Gat-^ 
LvsSAC  bei  107^  nnd  siedet  bei  175  bis  180^;  sein  Dampf  ist 
dunkel  violett  nnd  hat  nach  DumaS  ein  specifisches  Gewicht  von 
8,716  (das  der  Luft  =  1,000). 

Das  lod  lOst  sich  in  7000  Wasser  mit  bräunlich  gelber  Farbe. 

Aufser  der  noch  nicht  völlig  erwiesenen  iodigen  Säurd 
giebt  es  nur  eine  Verbindung  des  lods  mit  Sauerstoff,  nämlich 
die  lodsäure  (125  lod  auf  40  Sauerstoff) ,  wcifs,  geruchlos,  von 
scharfem  Geschmack ,  in  der  Hitze  in  loddämpf  und  in  Sauer- 
stoffgas zerfallend  und  mit  brennbaren  Körpern  verpuffend.    Sie 


1    Po^gendorff  Ann.  der  Phys.  XIT.  S66. 


7«  I  o  A 

jh$s«t  sich  kicht  in  Wütaer,.  !m4:  b|fd«t  j|i9^  depi  Salsbaseo  tte 
iodsauren  Salza^  welch«  ia  der,  Hitze  entweder  blofs  Saaer- 
«^o£Pga8  dDtwickeln,  wältirendlodmetallUe^t,  qder  Saner^tofi^ 
gai  und  loddampf  9  wahrend  Metalloxyd  b^ibt,  und  wd[^e.^u£ 
^lühe.nden  Kohlen  Ye;rpufiBn ,  }«doch  «ehwacher  ale  die  chlor- 
j^vsttm  Sake.  . 

-  Mit  dem  >V!aß8erstp{r  bildet  das Jo4A}|9^Jr^d^ä»r«.(^ 
Iod.und  1  Wasserstoff)«.^  Diese. erMdtlQia^.b^iaiißrwärmeik^  voa 
Jodpht^^hpr  mit  sehr  wenig  Wassev,  als  ein  farbloses,  sauer 
xiediendes/i  nicht  bf^npbares  Gas  v.en..4»3677  spec.  Ge^cht^ 
4urchSauef Stoff  und  versQhie4eqeSBi^ei;s|i^^{taItende  Verbinda&r 
gen  und  durch  Chlor ,  welche  den  Wasserstoff' entziehen ,  e^ 
wie  durch  Metalle,  welche  das  lod  entziehen,  zersetzbar,  sich 
mit  den  meisten  Metalloxyden  i|\  WOser  und  in  lodmetall  ver- 
wandelnd. Dasselbe  wird  vom  Wasser  reichlich  verschluckt  zu 
«iner  farblosen,  saaem  Flüssigkeit,  deran  specifisches  Gewicht 
hU  zu  1,700  gehen  kana,  wobei. si«  ^ineii  Siedpunkt  von  ]29 
bis  128^  zeigt  und.  ohne  Zerset^uag  vetdempft.  Pja;^?  .Hjtr 
dxiodsäure  mit  einigen  Metalloxyden  schon  in  der  Külte  in  Was-: 
i|er  undlodmetaU.zerjfällt,  so  liefert  sie  nur  mit  einem  Theito 
derselben  hydriodsauxe  Salze ,  die  aber  theils  schon  beim  Kry- 
«tallisiren,  theils  beim  Abdampfen  zur  Trockne  und  ;£rhitzen 
unter  Wasserbilduhg  ebenfalls  in  lodnietalle  übergehen.  D^v 
hydiiodsauren  Salze  lassen  bei  Anwendo)9g  überschüssigen  Vi« 
triol^ls  lod  frei  werden ,  und  da  dieses  mit  Stärkemehl  ^ne 
lebhaft  violett  blaue  Verbindung  eingeht,  so  läfst  sich  in  eineüip 
Flüssigkeit,  die  wenig  hydriodsaures  Salz  enthält,  durch  Ver«^ 
setzen  mit  VitrioM  und  wenig  Stärkemehl  mittelst  der  Färbung 
des  letztern  das  lod  entdecken.  Auch  geben  die  in  Wasser  ge- 
lösten hydriodsauren  Salze  mit  Oleisalzen  und  Quecksilberoxy^ 
dulsalzen  einen  gelben ,  mit  Quecksilberoxydsalzen  einen  schare 
lachrothen,  mit  Silbersalzen  einen  gelbweifseh  Niederschlag; 
letzterer,  das  lodsilber,  unterscheidet  sich  durch  seine  Unauf- 
Jdslichkeit  in  wässerigem  Ammoniak  vom  Chlorsilber. 

Sofern  die  wässerige  Hydriodsäure  und  die  wässerigen  hy- 
driodsauren Alkalien  noch  eben  sovieliod  aufzunehmen  verm($- 
gen,  als  sie  bereits  enthalten,  womit  eine  dunkelbraune  Färbung 
verbunden  ist,  kann  man  eine  iodreichere  oder  Wasserstoff- 
ärmere  hydriodige  Säure ^  so  wie  hydriodigsaure  Salze  unter- 
scheiden. 


Jridinm.  789 

Daslod  vmmigt Bßhf  itom  Theil  tMdh.mehiäT^n  y«rhKlt*f 
lussen,  mit  KohlenstofiP,  Phosphor ,  Schwefel,  Chlor,  Stick«toS 
und  Cyan;.e8  löst  sich  in  SchmrefelkohlenAoff  mit  lebhaft  vio« 
ktter  Farbe. 

Das  lod  ist  Qiit  den  meisten  Metallen  vexbindbar,- ^snni 
Theil  unteir  Wärme-  oder  Feuer  - Entwickelung.  Die  lodipf-* 
lalle  sind  im  AUgemeinen  den  Chloripetallen  verwandt;  sie  be- 
sitzen keinen  Metallglanz i  dagegen  oft  lebhafte  Farben«  In.deit 
Glühhitze  treibt  der  Sauerstoff  aus  den  meisten  derselben ,  da^ 
Chlor  ana  aUen,  das:Iod  aus.  Die  meisten  lösen  sich  im  Was- 
ser mid  diese  Losungen  sind  als  Lösungen  hydriodaaurer  Metall- 
oxyde za  betrachten.  .        G»     •    , 

I  r  i  d  i  n  m. 

Iridium;  Iridium;  Iridium.  Dieses  von  Wolla- 
STOV  entdeckte  Metall  findet  sich  im  Platinerz  theils  in  einzel- 
nen Körnern ,  die  fast  blob  aus  Iridium  und  Osmium  bestehen, 
theils  den  Platinkömchen  selbst  in  kleiner  Menge  beigemischt« 
Es  bleibt  beim  Auflösen  des  Platinerzes  in  Verbindung  mit  Os- 
mium als  ein  schwarzes  Pulver  grölstentheils  ungelöst  zurück 
und  wird  hieraus  auf  einem  umständlichen  Wege  für  sich  dar- 
gestellt. 

£s  erscheint  als  ein  grauweifses  Pulver,  oder  nach  dem 
Schmelzen,  was  blofs  durch  eine  starke  Voltasche  Säule  öder 
durch  das  Knallgasgebläse  möglich  ist ,  in  weifsen ,  sehr  glän- 
zenden ,  spröden  Kügelchen  von  18>68  specüischem  Gewichte« 

Das  Iridium  oxydirt  sich  oberflächlich  bei  mäfsigem  Glühen 
an  der  Luft ,  und  wird  bei  heftigem  Glühen  wieder  reducirt ;  ea 
Scheint  mit  Sauerstoft  4  Verbindungen  zu  bilden. 

1)  Iridiumoxydul  (98,7  Iridium  auf  8  Sauerstoff).  S^chwaiw 
zes,  schweres  Pulver.  Bildet  mit  Wasser  ein  graugrünes  Hydrat, 
welches  sich  in  Säuren  zu  schmutzig  grünen  Salzen  löst  und  mit 
wäasrigem  Kali  eine  Lösung  bildet,  die  an  der  Luft  erst  pur- 
purn ,  dann  blau  wird ,  sofern  sich  darin  ein  mittleres ,  blaues 
Oxyd ,  zwischen  Oxydul  und  Sesquioxydul ,  bildet« 

2)  Iridium^  Se$quioxydul  (98,7  Iridium  auf  12  S.).  Zartes^ 
schwarzblaues  Pulver,  welches  durch  Wasserstofigas  in  der 
Kälte  untcfr  Wärmeentwickelung  reducirt  wird ,  und  beim  Er- 
hitzen mit  brennbaren  Körpern  verpufft.    Sein  Hydrat  ist  dun- 


7fi0  IrrUaht 

fcelbnim^  teliie  Ltftiuig  in  SKonolst  hsma  oJUt  •ohmitfalg  pur- 
purrotfa. 

3)  Iridiumoxyd  (98,7  Iriai«uii  auf  16  Sanantoff).  PTicbt  fiEi 
eich  bekannt;  bildet  mit  Salzaäure  und  Schwefelsänre  gelbiotb« 
LOaangeBy  wekhe  nicht  durch  Alkalien  ffällbax  aind,  in  denen 
et  leicht  löslich  ist* 

4)  Iri€Uum''Se§quioxyd  (98,7  Iridiom  auf  24  Sauentofi). 
Sein  Hydrat  iat  braungelb  oder  grünlichgelb  und  seine  Aufltbung 
SB  Salssänre  ist  rosenroth. 

Mit  Chlor  bildet  das  Iridium  4  entsprechende  Verbindungen  : 

1)  Einfach"  Ckloriridium  (98,7  Iridium  auf  35,4  Chlor). 
Leichtes  dunkelolivengriines «Pulver ,  kaum  in  Wasser,  wenig, 
mit  grünlich  gelber  Farbe,  in  Salzsäure  löslich,  bildet  mit  Chlor^ 
kalium  eine  grünliche,  stiahlig  krystalliairende  Verbindung.  ^ 

2)  jinderthalh'- Chloriridium  (98,7  Iridium  auf  53,1  Chlor). 
Dunkelbraun«  Vereinigt  sich  mit  Chlorkalium  zu  einem  dunkel« 
gelbbraunen,  nicht  deutlich  krystallisirenden  Körper. 

3)  Doppelt -Chloriridium  (98,7  Iridium  auf  70,8  Chlor). 
Schwarze  Masse ,  erst  in  starker  JEiitze  Chlor  verlierend ,  leicht 
in  Wasser  und  Weingeist  löslich.  Bildet  sowohl  mit  Chlorka- 
lium als  mit  Salmiak  rothschwarze  Oktaeder  von  dunkelrothem 
Pulver,  mit  dunkelrother  Farbe  in  Wasserlöslich. 

4)  Dreifach"  CJUoriridium  (98,7  Iridium  auf  106,2  Chlor). 
Nur  in  Verbindung  mit  Chlorkalium  bekannt,  welche  Verbin- 
dung bei  aufTallendem  Lichte  braun ,  bei  durchfallendem  rubin- 
roth  ist ,  und  sich  mit  rosenrother  Farbe  in  Wasser  löst. 

Indem  man  durch  Auflösung  der  4  Oxyde  in  Salzsäure  Hy-* 
drothionsäure  leitet,  so  Erhält  man  schwarzbraune  Niederschläge, 
die  als  verschiedene  Arten  von  ScJui^efeliridium  zu  betmchten 
aiod«  G. 

Irrlicht 

Irrwisch;  Jgnis  fatuus,  ambulo;  Feu  fei- 
let; fi^ile  with  the  ff^isp.  E»  ist  in  der  That  sonder* 
bar,  dafs  man  allgemein  von  den  Irrlichtern  als  einer  durchaus 
bekalinten  Sache  redet  und  lange  Zeit  geredet  Jiat ,  ohne  dafs 
dennoch  weder  das  eigentliche  Wesen  derselben^  noch  auch  so- 
gar selbst  das  Thatsächliche  bisher  genügend  ausgemittelt  wurde. 


Irrlicht  »1 

SfliMm  Gntsft*  bemeikte  diMes,  und  fo  vi4  aneh  seitdem  fili 
die  Efweitemag  der  Nataduiiide  geschahen  kt,  eo  hat  dooh  in 
iroriiegeiide  Gegenstand  in  diesem  Zeiträume  keine  nlthere  Aof- 
Uinug  erfaaken,  ja  es  sind  mir  selbst  ans  den  zshbeicfaen  Zeit-* 
Schriften  kaum  neue  ErfiJnrungen  bekannt  geworden^.  Vermuth«» 
lidt  hat  daher  Vomrtfaeil  und  Täuschung  manches  geschaffen, 
was  bei  aiherer  Untersuchung  sich  nicht  bestKtigt.'' 

Unter  Irrlichtern  versteht  man  gemeiniglich  kleine  Flamm« 
ehen«  welche  nicht  hoch  über  der  Oberfläche  der  Erde  zum 
VcMSchein  kommen ,  eine  hüpfende ,  unruhige  Bewegung  «eigen 
nnd  schnell  wieder  Terschwinden.  Meistens  sollen  sie  an  der- 
sdben  Stelle,  wo  das  erste  zum  Vorschein  kam,  sidk  wiedexholl 
sogen ,  euch  in  grobem  Zahl  an  den  geeigneten  Orten.  Insbe* 
sondere  Kirchhofe,  Sumpfige  Gegenden,  Moore  und  solche  Plätze, 
auf  denen  gestorbene  Thiere  verwesen ,  sind  diejenigen  Orte, 
wo  sie  am  häufigsten  beobachtet  wurden.  Dab  sie  namentlich 
aaf  Kirchhöfen  oft  gesehen  sind,  muls  ich  nach  dem  Zeugnisse 
eines  vorutheilsfreien  und  wahrhaften  Mannes  glauben ,.  wel-* 
eher  mir  wiederholt  erzählte ,  dals  er  sie  in  seiner  Jagend  beim 
Besuche  der  Frühschule  dort  häufig  gesehen  habe;  anfiallend 
aber  scheint  es  mir,  dab  ich  selbst  bei  aller  Aufmerksamkeit  auf 
dieses  Phänomen  nur  einmal  ein  solches  Licht-  gesehen  habe, 
ohne  wegen  zu  weiter  Entfernung  mit  Gewibheit  gegen.  Tau- 
ichnng  gesichert  zu  sejn.  Man  hat  nach  Volta'  diese  eigent- 
Üchexft  Lrriichter  für  kleine  Massen  Phosphor^asserstoifgas  ge« 
kdten,  welches  allerdings  aus  vereinten  vegetabilischen  und 
tUerischen  modernden  Körpern  entbunden  wird.  Nach  seiner 
Ansicht  sollte  zwar  dieses  Gas  nur  Sumpfluft  (Koblenwasser- 
stoffgas}  seyn ,  welche  er  mit  etwas  atmosphärischer  Luft  ver- 
bmid^  leicht  auch  durch  den  elektrischen  Funken  entzünden 
konnte,  und  die  Entzündung  desselben  war  er  dann  geneigt 
auch  bei  den  Irrlichtem  von  derEIektricität  abzuleiten.  Gehler 
wendet  jedoch  hiergegen  ein ,  dab  die  Irrlichter  eigentlich'  nur 
buchten,  ohne  zu  brennen ,  und  ist  daher  geneigt ,  sie  fiir  Wir* 


1  Worterb.  T.  H,  8.  692. 

2  Gilbert  in  seinen  Ann.  LXX.  S.  225.  klagt,  dafs  er  nirgends 
glaubhafte  nevere  Beobachtmgen  über  diese  Phänomene  finde,  wes- 
wegen er  geneigt  aej,  ihre  JE»istena  ganz  zu  leognen. 

5  Lettere  suir  aria  inflammabile  naüva  delle  palndi.  Comol776.8. 
V.  Bd.  Eee 


792.  IrrHoht 

klingen  einer  dnrch  Eftalnib  erzeugten  phosphorescirenjte  Ma- 
terie SU  halten  y  um  so  mehr,  als  tnan  sonst  die  das  Gas  eotzUn«* 
.denden  elektrischen  Funken  hiiyzudenken  miilste*  O«  Bf  sc  ho»  ^^ 
welcher  gleichfalls  nur  einmal  in  seinem  Leben  Irrlichter  ge- 
sehen zu  haben  erzählt ,  bezweifelt  die  von  Volta  aufgestellte 
Erklärung  ^  weil  die  Irrlichter  weder  bei  Tage  gesehen  werdeO| 
noch  auch  ein  Verpuffen  hören  lassen,  welches  beides  bein 
Phosphorwas^erstoffgas  eintritt,  Kastsbü  dagegen  versiehert, 
sie  oft  und  anhaltend  an»  einem  sumpfigen  Orte  neben  HeideK 
berg  beobachtet  iu  haben ,  und  theilt  eine  Beschreibung  nut, 
welche  kaum  eine  andere  Erklärung,  als  diese  gewöhnlichei  zu« 
läfst.  Ersah  dieselben  einige  Fufs  über  det  Erde,  dem  etwas 
verstärkten  Leuchten  der  Johanniswürmchen  ähnlich,  und  wie 
eine  in  Kohlensäure  getauchte  Flamme  verteschend»  Die  hu- 
pfende Bewegung  schien  bei  einigen  auf  einer  optischen  Täu- 
schung zu  beruhen  und  von  mehreren  in  ungleichen  Entfer- 
nungen schnell  entstehenden  und  erlöschenden  Flämmchen  her- 
zurühren ,  bei  andern  dagegen  eine  bogenförmige  Bewegung  un- 
verkennbar vorhanden  zu  seyn  ^. 

Die  Hypothese  einer  Entzündung  der  aufsteigenden  Gas- 
blasen durch  die  Elektricität  ist  allerdings  ganz  unhaltbar;  nach 
all^n  übereinstimmenden  Beschreibungen  aber  müssen  die  eigent- 
lichen Irrlichter  aus  Gasbiesen  bestehen,  und  da  sie  blo&  bei 
Nacht  gesehen  werden ,  so  kann  ihr  Leuchten  nur  ein  schm- 
ches  phosphorisches  seyn»  Berüeksichtigt  man  femer  die  Be- 
schaffenheit derOerter,  wo  sie  überhaupt  oder  am  sahlreieb- 
sten  beobachtet  werden,  an  denen  Moderung  thierischer  und 
vegetabilischer  Körper  in  einem  hohen  Grade  statt  findet,   so 


1    Kastner  Arcliiv.  V.  17Öw 

2  Kasthbe's  Hypothese,  wonach  die  trrliehter  eor  Clasae  der 
Sternschnuppen,  fliegeuclen  brachen  nnd  Kometen  gehören,  s.  a.a.O. 
und  dessen  Metöorol.  L  4l6,  verdient  wohl  keine  eigentliche  Widcr^ 
Jegung,  da  die  kletniten  Meteore  dieser  Art,  die  Stemsehnoppen, 
nach  den  neuesten  Untersuchungen  von  Branobs,  a.  dessen  Unterhal<« 
tnngen  für  Freunde  d.  Physik  u.  Astronom.  Hft.  J.  Leipz.  1826,  blola 
in  so  bedeutenden  Höhen  und  von  aufserordentlich  schneller  Bewe- 
gung gesehen  werden.  Keine  der  zahlreich  beobachteten  war  niedri- 
ger als  eine  geographische  Meile,  und  die  ältere  Erklärung,  wonach 
sie  ans  schwefligen  Dünsten  bestehen  sollten,  ist  hiernach  gaus  «n- 
sttläsaig. 


Irrlicht.  783 

lügt  es  ulbr  nahe,  phosphorhaltiges  Waflantoffgas  als  die  Ur- 
sache ihres  Entstehens  anzunehmen ,  ohne  dab  dieses  gerade  das 
eigentlicfae ,  beim  Zutritt  der  atmosphärischen  Luft  mit  vielem 
Lichte  Yerbrennende  I^hosphorwasserstofTgas  seyn  mufs.  Zugleich 
iet  es  immerhin  leicht  möglich ,  dafs  sie  in  der  neuem  Zeit  sel« 
tenetbeobachtet  wurden,  als  dieses  in  früheren  der  Fall  war, 
vml  man  Kirchhöfe  und  sonstige  zu  ihrer  Erzeugung  geeignete 
Orte  mehr  ans  dem  Bereiche  der  Wohnungen  entfernt,  über-> 
liaupt  auch  mehr  auf  die  Reinheit  der  Luft  gesehen  hat;  man^* 
che  Beobachtungen  derselben  mögen  aufserdem  aber  einet  Be<« 
kanntmachung  nicht  werth  geschienen  hab^en« 

So  leicht  und  natürlich  es  übrigens  ist,  Irrlichter  der  ge* 
tMunten  Art  anzunehmen ,  eben  ^ö  grofs  ist  auf  der  andern  Seite ' 
die  Wahrscheinlichkeit,  dafs  bei  manchen  Erzählungen  dieser 
Eiteheinungen  Furcht  und  Aberglaube  das  wirklich  Beobachtete 
tvigxölsert  haben.  Hierauf  beruhen  ohne  Zweifel  die  Sagen, 
da(s  die  Irrlichter  entfliehen  sollen ,  wenn  man  sich  ihnen  nä-« 
hert,  wovon  der  Name  derselben  herrührt,  insofern  sie  den 
Wanderer  irreführen,  den  Fliehenden  dagegen  verfolgen.  Per 
Aberglaube  machte  sie  sogar  zu  bösen  öeistem  oder  zu  Seelen 
Iferstorbener  Atenschen ,  welchen  Vorurtheilen  selbst  Physiker, ' 
wie  CAAtiAVus^,  äsHVCilT^  und  andere  huldigten.  ~  Unglaublich 
ist  es  auch,  was  Bbgcaria^  erzählt,  dats  ein  Irrlicht  eine  Ita- 
lianische  Meile  treit  vor  einem  Beisenden  hergegangen  sey. 

Wenn  man  berücksichtigt,  wie  oberflächlich  Und  gattjs 
ohne  das  Bestreben  nach  griindlicher  Erforschung  der  Sache 
grölstentheils  alle  'die  Irrlichter  beobachtet  Wurden,  "Vorüber 
Nachrichten  mitgetheilt  sind,  so  dringt  sich  die  Vermüthung  auf, 
dats  der  phosphorische  Schein  in  Zersetzung  begriflener  Vegetfi-^ 
bilischer  Substanzen  wohl  nicht  selten  damit  verwechselt  worden 
sey.  5o  erzählt  ÖsnBAM ^,  er  habe  einst  ein  Solches  gesehen,  wel- 
ches um  eine  modernde  £)istel  zu  hüpfen  geschienen,  es  sey  indefs 
vor  ihäi  geflohen ,  als  er  sich  genähert  habe^  In  nicht  seltenen 
Fallen  mag  auch  bloül»  einleuchtendes  Insect,  ein  hell  scheinen- 
des Johanniswürmchen  (JLamp/ris  noctiiucä)  oder  eine  sonstige 


1    De  rarieUie  terain  t.  ^Itf.  c.  fö. 

S   Bpitome  natnr.  scient»  Anut  1651.  12.  L.  11«  ^p.  % 

B    Bakow  Phjrtica  dogmatica.  ^.  II.  p.  2Si. 

4    FhiL  f  ranl.  XXXYL  n.  41i. 

Eee  Ü 


794  Irrliclif. 

Gattang  mit  {enein  Phänomene  verwechselt  worden  seyn ,  wenn 
«uchWiLLoüGHBY,  Rat  Und  Vallisveri  *  vermuthlich  zu  weit 
gehjsn,  insofern  nach  diesen  alle  Irrlichter  von  leuchtenden  Inse— 
cten  herrühren  sollen.   Hiermit  stimmt  sehr  gut  iiberein ,  dafs  sio 
vorzüglich  häufig  in  Italien  und  in  Spanien  beobachtet  worden  sind, 
wo  jenelnsecten  in  grofser  Menge  uiid  stark  leuchtend  gefunden 
werden,  obgleich  wärmeren  Gegenden  auch  stärkere  Modening 
und  Gasentbindung  eigen  ist.     Gehler  leitet  manche  derselben 
von  der  Elektricitat  ab,  und  rechnet  unter  sie  daher  auch  die 
durch  V.  Trebra^  beobachtete  nordlichtartige  elektrische  Er- 
leuchtung.   Dieses  specielle  Phänomen  kann  indefs  nicht  füglich 
unter  die  Classe  der  Irrlichter  gezählt  werden ,  mit  desto  gröfse- 
rer  Wahrscheinlichkeit  aber  läfst  sich  annehmen ,  dafs  die  nicht 
selten  sich  zeigenden  elektrischen  Flämmchen  an  spitzen  'Gegen- 
ständen,'das  sogenannte  Elmsfeuer,  für  Irrlichter  gehalten  worden 
sind.  RsiMi^iius^  hält  die  Irrlichter  nicht  für  elektrisch,  weil  ihr 
Licht  zu  wenig  hell  sey.  Da  sich  diese  Aeufserung  wenigstens  zum 
Theil  auf  eigene  Beobachtungen  gründet ,  so  geht  hieraus  deut- 
lich hervor ,  /dafs  jene  nur  aus  einem  schwachen  phosphorischen 
Schimmer    bestehen  kennen ,    indem  das   elektrische  Leuchten 
selbst  nicht  aufserordentlich  hell  ist ,  Und  dieses  bestätigt  um  so 
mehr  die  Vermuthung ,  dafs  das  ganze  Phänomen  aus  demLeuch- 
ten   einzelner  phosphorescirender  Theile  aus  dem  Thier-  und. 
Pflanzenreiche   und  zugleich   aus    schwach  phosphorescirendea 
Gasen  erklärbar  sey.     Solche  Körper,   namentlich  phosphoresci-^ 
rende  Pflanzentheile  und  animalische  Substanzen,  sind  in  Menge 
vorhanden^  und  wenn  man  voraussetzen  darf,    dafs  die  Beob-> 
achter  derselben  statt  näherer  Untersuchung  yön  Furcht  ergrüTen 
sich  entfernten  und    das  wirklich  Gesehene  vergröfserten  ^   so 
wird  leicht  begreiflich ,  warum  früher  so  viele  und  grofse ,  die 
vielfachsten  Bewegungen  zeigende  Irrlichter  gesehen  worden  seyn 
sollen,  da  sie  doch  gegenwärtig  nur  selten  beobachtet  werden. 

Vorzügliche  Aufmerksamkeit  verdienen  noch  die  Aussagen 
glaubhafter  Augenzeugen  über  eine  hiermit  auf  allen  Fall  sehr 
nahe « verwandte  Erscheinung.       Dxchales  ^  nämlich  erzählt,* 


1  Opp.  .T.  I.  p.  85. 

t  Teotscher  Merkur.  178!^.  Öct. 

8  S.  die  Schrill:  Vom  6Utze.  .Hauib.  1788.  f  100  u.  168. 

4  Mandat  mathem.  T«  lY« 


Irrlicht  705 

RoBEET  Fludb  habe  einst  ein  Iirlicht  rerfolgt,  zn  Boden  ge- 
schlagen and  eine  schleimige  Substanz  wie  Froschlaich  gefunden/ 
Eine  ganz  gleiche  Beobachtung  erzählt  Chladvi^*  Dieser  sah 
1781  an  einem  warmen  So^nmerabende  in  der  Dämmerung  kurz 
nach  einem  Regen  191  Garten  bei  Dresden  viele  leuchtende  Puncte 
im  nassen  Grase  hüpfen,  welche  sich  nach  der  Richtung  des 
Windes  bewegten  und  deren  einige  i(ich  an  die  Rader  des  Wa- 
gens setzten,  ßie  flohen  bei  dpr  Annäherung ,  i;ind  es  war 
schwer,  sie  zu  erhaschen;  diejenigen  aber^  welche  Cml  ad  vi 
fing,  zeigten  sich  als  kleine  gallertartige  Massen,  iem  Frosch- 
laich oder  gekochten  Sagok^^rnem  ähnlich.  Sie  hatten  weder 
«Ben  kenntlichen  Geruch,  noch  Geschmi^ek ,  und  schienen  mo- 
dernde Pflanzentheile.  zn  seyn ;  möglich  bleibt  ejs  indeCi  immer, 
dab  sie  aus  dem  Tbierrei^he  entsprangen  seyn  konnten.  Auch 
die$e  Beobachtung  bestätigt  die  Richtigkeit  der  oben  gegebenen 
EiUärung  über  den  Ursprung  der  eigentlichen  Irrlichter,  diejeni- 
gen &scheinungen  aber,  welche  MusscHEVBaoEK  ^  unter  dem 
Ksmen  amhulonea  incendiarii  zu  den  Irrlichtern  oder  Irrwischen 
<a  zählen  scheint,  gehören  nicht  hierher  und  sollen  im  Artikel 
Fulcan,  Goßpulcan  erwähnt  werden.  Gewisse  jDQch  räthsel- 
hafte  Meteorei,  welche  dejn  eigentlichen  Irrlichtern  am.  meisten 
gleichen,  aus  der  Erde  auf^teJgeQde  gröf^ere  Flammei;^,  die  sich 
momentan  entzünden  und.  wieder  erlöschen,  auch  ihi;^  Ort 
schnell  wechseln ,  finden  sich  in  Italien ,  namentlich  auf  einigen 
düpran  Hiigeln  in  der  Gegend  um  Ni^za  3.  Sie  werden  Irrlich« 
ter  genannt ,  und  das  Y<^lk  l^nüpft  viele  ^bexgläubige  VorsteUun-' 
gen  an  ihr  Erscheinen*  Sie  sollen  sich  nach  älteren  Nachrichten 
jax  den  morastigen  Wiesen  am  Po  und  um  Bologna  häufig  zei- 
gen, und  mögen  wohl  aus.phosphQrhahigen,'aiis  den  n^pdern- 
deo  Substanzen  aufsteigenden,  nicht  eigentlich  brennenden,  son- 
dern nur  leuchtenden  Gas^rten  und  Dämpfen  bestehen.  Von 
dieser  Art  muls  dann  auch  das  Jieuchtebde  Metepr  gewesen 
s^yn,  welches  sich  dem  Di;.  Doe  in  einer,  moorigen  Gegend 
naweit  Brienne  zeigte  \  eine  Höhe  von  10  bis  12  Fufs  hatte, 
in  ei^er  Viertelstunde  aber,  bis  etwa  3  Fufs   herabsank ^   und 


1    Ueber  denUrtpmng  einiger  Eis enmaasen.  Leips.  1794,4.  S.SM* 
«    jDtrod.  T.  II.  §.  2508. 

3  Histoire  natnrelle  de«  principalet  prodoctiona  de  rEarepe-  me- 
ridioeale  c;et.    Par  A.  Risso.    Par.  1826.  p.  296. 

4  G.  LXX.  225. 


796  Irradiation. 

in  der  Dunkelheit  rine^r  sternhellen  Nacht  so  hefl  lenchttte ,  dafs 
man  dabei  lejsen  konnte.  Kein  eigentliches  Brennen  j  sondern 
nur  ein  Leuchten  ^ül  dfii  Beobachter  selbst  wahrgenommefi 
haben.  Jlf. 

Irradiation. 

Irradiatio;     Irradiation;     Irradiation ,    ist  ein» 

durch  die  Stärke  des  Lichtes  )iervorgebrachte  scheinbare  Ver» 
gr'bfserung  des  glänzenden  Gegenstandes.  Sie  entsteht  wegen 
der  It.ei9sbarkeit  unserer  Sehei^erven  yorziiglich  daraus,  dab  nicht 
blob  im  strengsten  Sinne  diejenigen  Theile  der  Netzhaut  im 
Auge  von  dem  Lichteindrucke  eines  sehr  nellen  Gegenstandes 
afficirt  werden  y  auf  welche  das  hauptsächlich  durch  die  Kry-* 
stalllinse  des  Auges  hervorgebrachte  Bild  fällt,  sondern  auch  die 
beiiachbarten  dcr^  Eindruck  des  Lichtes  mit  empfangen.  Die 
bekannteste  Wirkung  der  Irradiation  des  Lichtes  ist  die  Täu^ 
schung,  dals  uns  der  noch  wenig  erleuchtete,  sichelförmige  Mond 
die  matt  erleuchtete,  im  asch&rbigen  Lichte  sichtbare  Scheibe  des 
Mpndes  zu  umfassen,  jene  Sichel  einem  gröübem  Kreise  als  die 
niHtf  erleuchtete  Mondscheitfe  anzugehören  scheint. 

Ob  alle  Augen  wegen  Irradiation  die  Himmelsktfrpei  an 
gleich  viel  vergrölsert  sehen ,  ist  ^pht  nngewift ,  indefs  nimmt 
ipap  an ,  da£i  der  Sonnendurchmesser  uns  um  6  bis  7  See.  gr^ 
^er  erscheint  I  als  es  ohne  Irradiation  der  Fall  seyn  wi^e« 
64TpaEGLi  berechnete  ^  bei  der  Soiineniinsternifs  von|  7.  Dec 
1820,  dafs  die  Pauer  derselben  um  19  See.  verschieden  ausfiele, 
weqn  man  den  Sonne^durchmesser  als  um  7  Seo.  durch  Irradia- 
tion vergröfsert  ansähe.  Ihre  Dauer  mtilste  ^twas  kürzer  seyn ; 
depn  wenii  keine  Irradiation  statt  fönde ,  so  wäre  itir  den  Halb- 
messer =  r  der  Sonne  der  Eintritt  des  Mondes  dann ,  wenn  der 
scheinbare  Abstand  des  nächsten  Mondrandes  vom  Mittelpuncto 
der3opne=r  ist;  T^Hre  aber  jener  Halbmesser  aij^s  dem  eigentli- 
chen Halbmesser  rsr  — 3^  tind  der  Irradiation  =  3"  zusammen- 
gesetzt, so  mula  der  Mondrand  bis  auf  r  —  3'^  dem  Sonnenndt— 
t^lpuncte  nahe  gekommen  seyn  y  wenn  die  Bedeckung  des  Mon- 
des von  der  Sonne  anfangen  soll.  BÜR&  machte  bei  der  auf  die 
Beohachtung  eben  dieser  Sopoen^nstarnifs  gegründeten  Rechv 


1    De  Zach  corr.  astr.  IV.  174« 


Irradiation*  797 

mmg  die  Bemeikiingi  jab  die  Beobachtung  drs  Eintrittes  und 
AiiHrittef  des  Mondes  eine  Verminderang  der  Summe  der  Halb- 
messer, die  Beobachtnng  des  Ringes  •  eine  Verminderung  der 
DIfferent  der  Halbmesser  beider  Himmelskörper  esgebe.  Das 
entere  ist  das,  was  ich  vorhin  bemerkte;  ,was  aber  die  Bildung 
des  Ringes  betri£f);,  $o  fangt  dieser  an  zu  entstehen ,  \venn  die 
Entfernung  der  Mittelp^ncte  der  Differenz  der  eigentlichen 
scheinbaren  Halbn^esser  gleich  ist.  Sein  Entstehen  tritt  also  spä* 
ter  ein,  wenn  wir,  durch  Irradiation  getäuscht,  der  Sonne  einen 
zn  grolsen  Halbmesser  beilegten.  Die  Beobachtungen  deuteten 
as,  dafs  man  den  Halbn^esser  der  Sonne  3'',9  kleiner,  als  ihn 
DsLAimaK^  Tafeln  geben,  und  den  Halbmesser  d^s  Mondes 
2f'3  kleiner,  als  ihn  BüBo^s  Tafeln  geben,  ansetzen  müsse.  Ob 
dieses  als  Wirkung  der  Irradiation ,  verbunden  mit  der  Wirkung 
der  Beugung  des  Lichts,  anzusehen  sey ,  glaubt  Biine  nicht  mit 
G^mdfaheit  entscheiden  zu  können  K 

Diese  Irradiation  ist  es ,  die  uns  die  Fixsterne  so  zeigt ,  als 
hinten  m  einen  scheinbaren  Durchmesser,  Auf  diese  Täuschung 
beliehen  sich  Hbaschbl's  Untersuchungen  über  den  richtig 
oder  unrichtig  angegebenen  scheinbaren  Durchmesser  kleiner 
Gegenstände.  Findet  sich  nämlich  bei  verstärkter  Vergröfserung, 
ja(s  der  scheinbare  Sehewinkel  in  dem  genau  richtigen  Verhält- 
nisse wächst,  wie  die  Vergröfserung  es  fordert,  so  darf  man 
die  Messung  als  den  wirklichen  scheinbaren  Durchmesser  enge« 
bend  ansehen,  dagegen  fällt  die  Abmessung  des  undendicKen 
Bildes  solcher  Gegenstände,  deren  Halbmesser  sehr  klein  ist, 
Iwi  stärkeren  Vcrgröfserungen  nicht  so  grofs  aus,  als  das  Verhält- 
nifs  der  Vergröfserung  fordert*.  Schhotcr  bemerkt  in  Bezie- 
long  auf  die  von  Herschel  bei  diesen  Bestimmungen  ange- 
wandten Vergleichutigen ,  dafs  jeder  leuchtende  Körper,  in  grö- 
bere Entfernung  gestellt,  nicht  so  an  scheinbarem  Durchmesser 
abnehme,  wie  es  die  Entfernung  fordre,  weil  die  Irradiation 
den  schon  sehr'  klein  gewordenen  scheinbaren  Durchmesser  nach 
Verhältnifs  ipehr  vergröfsert,  als  es  in  Vergleichung  gegen  den 
gtöls^m  scheinbaren  Halbmesser  der  Fall  war  K  B,^ 


1    Astr.  Jakrii.  1324«  S.  1». 

t    PbiL  Traosact.  for  ISOi» 

8    Schröter'a  Beobachtan^en  aber  die  drei  neoen  Planeten  S.  ISO. 


799  Iflolatoriam. 

Isolatorium. 

Isolirendea  Stativ;  Isolatorium;  Xsolatoire; 
Jsolatory*     Diesen  Namen  fuhrt  eine  Vomchmng,   nm  bei 
elektrischen  Versuchen  Körper ,  denen  man  Blehtricität  mitthai^ 
leu  und  in  denselben  anhäafen  will,   zu  isolirep.'    Daza   ge-^ 
braucht  man  Pech  -  oder  Harzkuchen ,   at<ix   wohl  Schwefelku- 
eben,   auf  Icurzen  Füben  stehende  Rahmen,  die  mit  seideii«n 
Stricken  dttrchflochten  sind,  vorzüglich  aber.  Bretohcn,  die  auf 
GlasfiiTsen  stehen.    Bei  der  medicinischen  Anwendung  der  BIA^ 
tricität  kommt  man  (öfters  in  den  Fall ,  den  Kranken  isoliren  va 
müssen.     Ein  starkes  Gestell  von  gedtfirtem  and  in  Oel  gesott«« 
nem  Holze  auf  starken  Glasfdlsen,  die  wenigstens  3  Zolle  hoch 
seyn  müssen,  ist  dazu  dienlich,  und  führt  im  engem  Sinne  den 
Namen  eines  Isolirscbemels.     Im  Falle  der  Kranke  auf  einem 
Stuhle  sitzend  darauf  gebracht  werden  soll  ^  mufs  es  von  znrei« 
chender  Ausdehnung  seyn.     Da  das  Glas  an  und  für  sich  nicht 
zu  den  vollkommensten  Nichtleitern  gehört,  besonders  weil  es 
sich  leicht  durch  Anziehung  der  Feuchtigkeit  mit  einer  dünnen 
Wasserhaut  überzieht,    so  ist  es  nothwendig,    diese  Glasfttlso 
^wohl  zu  über£rnissen ,  entweder  durch  wiederholtes  Ueberstrei- 
chen  mit  einer  Siegellackauflösung  in  Weingeist,    wodurch  ein 
Siegellacküberzug  zurückbleibt,  oder  noch  besser  durch  lieber« 
'  streichen  mitBernsteinfirnirs,  den  man  gehörig  austrocknen  lafst« 
Auch   kann  man    zu  noch  vollkommnerer  Isolining  die  Bieter 
selbst  überfimissen.     Dabei  müssen  alle  Kanten  und  Ecken  des 
Gestells  wohl  abgerundet  seym    Nullit  wandte  zum  Isoliren 
von  Menschen  schon  mit  hinlänglichem  Erfolge  Schuhe  von  ge- 
dörrtem und  in  Oel  gesottenem  Holze  an.    Um  kleinere  Körper 
bei^el^trischen  Versuchen  zu  isoliren ,  kann  man  sich  auch  im 
Nothfalle  eines  umgekehrten  Trinkglases,   einer  Porz^antasse 
n.S/w.  bedienen«    Man  rnuis  aber  wohl  darauf  sehen,  dals  diese 
Unterlagen,    so  wie  auch  jene    eigentlichen  Isolatorien  recht 
trocken  seyen ,  weswegen  man  sie  besonders  bei  feuchter  Witte-* 
lung  vorher  zu  erwärmen  pflegt.      Harzkuchen ,  auf  jene  mit 
seidenen  Schnüren  durchzogenen  Rahmen  gelegt,  welche  zur  Un^ 
terlage  der  zu  isolirenden  Körper  dienen ,  haben  in  dieser  Hin- 
sicht Vorzüge  vor  Glas  und  Porzellan »  da  sie  die  Feuchtigkeit 
weniger   anziehen  und  an  und    für  sich   schon  volikommnere 
Nichtleiter  sind.  P. 


laoliran.  799 

-       I  8  o  1  i  p   c  n. 

Insulare;  laoier;  Insulate.     Emon  Ktfrper  isoliren 
helfet ,  ihn  mit  lauter  Nichdeiteni  der  Elektridtät  umringen  und 
▼o»  aller  leitenden  Verhindutig  mit  dem  Erdboden  ausschlieisen. 
Mir  dadurch  wird  es  möglich ,  Elektridfät  bis  zu  einer  merkli- 
then  Spannung  in  eihem  Körper  anzuhäufen  und  znx  sichtbaren 
Thätigkeit  zu  bringen.    Wenn  die  Luft  kein  Nichtleiter  wSre, 
to  'wiirde  fiär  uns  das  grolse  und  interessante  Gebiet  der  Elek- 
tricitätscrseheinnngen ,  die  wir  durch  die  gewöhnlichen  elektri- 
•eben  Werkzeuge  hervorrufen ,  wohl  gar  nicht  exsistiren.  Eine 
Hetallstange ,    die  in   reiner    und    trockner  Luft'  an  seidenen 
Schnüren  hängt,    aof  einem  gläsernen  Fufse  steht  und  dergl., 
istisolirt,  weil  sie  nichts  als  Luft  und  Seide  oder -Glas,  mithin 
lauter  Nichtleiter  berührt«     So  wird  ein  Mensch  isolirt,  wenn 
er  sich  auf  einen  Harz  -  oder  Pe'chkuchen  stellt.     In  einer  Luft, 
welche  mit  Wasserdnnsten  überladen  ist,    so  dafs  wegen  des 
Deberschreitens  des  Maximum  von  Feuchtigkeit  für  die  gege- 
bene Temperatur  bereits  ein  'Niederschlag  von  Wasser  auch  nur 
in  ganz  unmerklichen  Theilchen  statt  fihdet',  kann  man  daher 
keinen  Körper  gehörig   isoliren,    daher  auch    in  einer   solchen 
Luft,  namentlich  ako  in  einem  Zimmer,  in  welchem  sich  viele 
Menschen  befinden,    die  durch  das  Ausathmen  und  ihre  Aus- 
dünstung  die  Luft   mit  ^Feuchtigkeit    übersättigen,    elektrische 
Versuche ,  deren  Erfolg  Von  der  gehörigen  Isolirung ,  z.  B.  des 
Leiters  der  Elektrisirm aschine  u.  s.  w.,  abhängt,  seiir  schlecht 
von  Statten  gehen«    Aber  auch  durch  Verdünnung  hört  die  Luft 
anf  y  ein  Nichtleiter  zu  seyn,  und  daher  gelingen  auch  die  elek- 
trischen Versuche  an  sehr  heifsen  Sommertagen  weniger  gut^ 
wobei  die  Wärme  an  und  fiir  sich ,  auch  ohne  Rücksicht  auf  die 
von  ihr  abhängige  Verdünnung  der  Luft,  das  Moment  der  Iso- 
lirung durch  dieselbe  zu  vermindern  scheint.     Die  Absicht  der 
Isolirung  ist,  zu  verhindern,  dafs  der  Körper  die  Elektricität,  die 
er  schon  hat,  oder  die  man  ihm  erst  mittheilen*  will,  nicht  wie-' 
der  abgebe ,  welches  geschehen  würde ,  wenn  er  mit  mehreren 
Leitern  und  durch   diese   mit  dem  Erdboden  zusammenhinge. 
Daher  mufs  z,  B.  der  erste  Leiter < oder  Hauptleiter,  an  welchem 
man  die  durch  eine  Maschine  erregte  Elektricität  sammeln  will, 
derzeit  isolirt  seyn. 

Gewisse  Absichten  bei  den  elektrischen  Versuchen  erfor- 


800  J  u  n  Ot 

deni|  dafSi  man  niclit  isolizo*,  ödet  ifjs  Sie  fsoliraiigi  wenn  tie 
schon  veraostaltet  ist ,  wieder  aufgehoben  werde.  Eine  Flasche 
'S.  B. ,  welche  man  laden  will ,  darf  ftitht  isolirt  seyn.  Wenn 
eine  Glasmaschine  den  Conductor  stark  positiv  elektrisiren  soll, 
so  darf  das  Reibzeag  nicht  isolirt  seyn ,  so  wie  im  Gegentheil«, 
wenn  die  negative  £lektricit%t  im  Conductor  des  Reibseugs  an^ 
gehäuft  werden  soll,  dieser  isolirt  seyn  und  dagegen  die  Isoli«- 
pxng  das  ersten  Leiters  aufgehoben  werden  muls.  Um  nun  eine 
solche  vorher  statt  gehabte  Isolirung  sogleich  aufzuheben ,  decf 
man  nur  eine  metallene  Kette  von  dünneip  Drahte  um  den  lUr» 
per,  schlingen  und  ihr  Ende  auf  den  Fufsboden  fallen  lassen» 
ßo  wird  ein  lL($Bper|  z.B.  der  metallene  Conductor)  durch  eine 
leitende  Verbindung  mit  dem  Fufsboden,  welpher  stets  Feuch?- 
.figkeit  genug  hat,  um  bei  seiner  grofsen  Oberfläche  sehr  gut  za 
.leiten,  und  durch  diesen  mit  den  übrigen  Theilen  des  Gebäudes 
pnd  mit  der  Erde  selbst  verbunden«  Um  die  Isolirung  wieder 
herzustellen  ist  nichts  weiter  nöthig,  als  die  Kette  entweder 
.ganz  abzunehmen,  oder  nur  zu  verhindern ,  dafs  ihr  Ende  den 
Boden  und  andere  Leiter,  die  zu  demselben  führep ,  berühre. 
Unter  dem  Artikel  Leiter  wird  übrigens  noch  näher  von  dem 
Einflüsse,  welchen  die  verschiedenen  Grade  des  Leitungs  *  und 
Jsolirungs  -  Vermögens  der  Körper  auf  mehr  oder  weniger  voll— 
.jLommene  Aufhebung  und  'Vyie^erl^erstellung  der  Isolirung  ha* 
.}je?>,  dip  Redese^i).  ^, 

Juno. 

Der  Name  eines  der  neu  entdeckten  kleinen  Planeten,  Ha&- 
Diira  entdeckte  ihn  am  1.  3ept.  1804  in  den  Fischen,  und  trug 

-diesen  kleinen  Stern  als  Fixstern  in  &eine  Charte  ein,  fand  ihn 
»her  am  4.  Sept.  fortgerückt,  und  versicherte  sich  nun  bald,  dab 
es  ein  beweglicher  Stern  sey,  der,  ohne  allen  Nebel,  mit. Ceres 

.  und  Pallas  su  einer  Classe  zu  gehören  schien  K  Die  forlgesetz-» 
ten  Beobachtungen  bestätigten ,  dafs  dieser  kleine  Stern ,  der  im 
Ansehen  ganz  einem  Fi^teme  8ter  Grtffse  glich,  ein  Planet  ney. 
Oaüss    berechnete   schon   aus  16tägigen  Beobachtungen  seine 

.  Bahn.  Aus  den  länger  fortgesetzten  Beobachtungen  halben  sidi 
folgende  j^lemente  derQahn  ergeben; 


1    Berlin.  Jahrb.  1807.  244. 


Inno.  ^1 

Balbe  grobt  Axe  a  2,668676  »  551540190  itfeilm 

Excentricität         =  0,259675  ae  14333000  Meilen 

Umlanfeseit  =  150?,!  Tage  a»  4  Jt  131,1  Tage. 

Tilgl.  mitd.  trop.  Beweg.  e=  814**,022. 

Neignng  Aet  Bahn  ss  IS»  3'  26^. 

Lange  des  aufst.  Knoten  ts±  171«  if  2^^ 

Lange  des  PeriheUi  =  53<*  25'  IS''. 

Mittlere  Länge  1826,  Oct  31.  0^  Mannh.  44^  55'  23". 
^  Diese  Elemente  sind  von  Nicolai  ans  den  Beobachtungen  bi< 
1826  berechnet^. 

ScHaÖTBB  giebt  von  den  BemüfamigeD,  ihre  GrOlüie  zu  be-r 
stimmen,  folgende  Nachrichten?.  Der  Planet  erschien  mit  136* 
maliger  Vergrölserang  des  ISfüCiigen  Qeflectors  mit  weifsem,  rq- 
higem  Licht«  und  unterschied  sich  von  den  benachbarten  klei«- 
n^i  Fixsternen ,  die  in  seiner  Nähe,  ihrer  Irradiation  zum  Theil 
beraubt,  nuralsPnncte  erschienen,  statt  dafs  der  Planet  einen, 
wenn  gleich  feinen,  doch  mefsbaren  Durchmesser  zeigte.  Tfach 
ScHn^fTEK^s  vind  HaIV^ixg^s  Beobachtungen  war  da^  Licht  dev 
Juno  in  Vergleichung  gegen  die  umstehenden'  Sterpe  nicht  alle-r 
mal  gleich,  aber  eine  regelmäfsige  Periode  dieser  Ungleichhei<r 
ten  Uefa  sich  nicht  entdecken.  Messungen  des  Durchmessers 
vermittelst  Projectionsscheiben  gaben  bei  verschiedenen  Vergri{- 
bernngen  im  September  1804  den  scheinbaren  Durchmesser  2'^4 
bis  2f  ,6r  Die  Messungen  sowohl  dan)a}s  als  im  December ,  bei 
gri^fserei  Eptfernung  der  Erde  vom  Planeten  angestellt,  gaben 
übereinstimmend  den  wahren  Durchmesser  der  Juno  =7  309 
geogr.  Meilen.  Eine  dichtere,  sie  nebelithnlich  umgebende  At- 
mosphäre, wie  Schrote A  bei  Ceres  und  Pallas  fand,  hat  Juqo 
laicht, 

HBESGHEL*a  PeQbachtpngen  stimmen  hiermit  nicht  gan^ 
ubefeint  So  wie  er  alle  die^e  kleinen  Planeten ,  die  beinahe  in 
gleicher  Entfernung  von  der  3onne  ihre  Umläufe  vollenden, 
kleiner  findet,  90  ist  es  auch  mit  Juno  der  Fall  \  Da  sie  bei 
allß|i  Vergr^lserungen  bis  zur  879maligen  noch  kein  regelmäl^- 
ges  GröEserwerden  de^  ^cheinbitf en  Durchmessers  zeigte^  und  nie 

1  Schamaeker^a  attr.  Nachr.  Y.  129.  Lirraow  giebt  in  d.  ^pol. 
Astron.  Elemente  an ,  die  etwas  hierrof^  yertphied^n  sind. 

t  Lilienthol«  3eob.  der  drej  neu  entdeckten  Planeten  Geres,  Fal-r 
las,  Jane.  (Göttingen  1805») 

S    Tgl.  Art  Cer$i.    PhiL  Tr.  1807. 


SOi  Jopiteiv 

mit  hinreichenfcr  Deudidikeit  tb  Selmbe  enchigB|  so  gkabt 
HeascheIi  ihran  sclMinbareii  Darchmessec  nicht  über  0,3  See 
ansetzen  zu  körnien ,  wonach  ihr  wahrer  Durchmesser,  dem  der 
Pallas  ungefähr  gleich,  QX)ch  keine  30  Meilen  betragen  würde. 
Olbishs  bestimmt  aus/ der  Lichtstärke,  welche  die  Planeten  Gen- 
res und  Juno  bei  ihrer  sehr  nahen  Zusammenkunft  im  December 
1804  zeigten,  den  Durchmesser  der  Juno  als  nicht  einmal  gleich 
der  Hidbe  des  Cejresdurchmessers  K 

Das  für  die  Juno  eingeführte  2ioicheii  ist  {^  J7. 

Jupiter. 

Name  eines  Planeten ,  fiir  den  das  Zeichen  H  eingeführt  ist. 
£r  zeichnet  sich  durch  ein  schönes  weihes  Licht  aus  und  steht 
einzig  der  Venus  an  Glanz  nach.  Die.  Elemente  seiner  Bahn 
sind  folgende  fdr  1801 : 

Halbe  grpfse  Axe  =  5,202791t  =  107525000  Meilen. 

Excentricität         =  0,0481784  =      5180000  Meileiu 

Sider.  ümlaufszeit  =  11  J.  314  T.  20  St.  13'  40". 

Neigung  der  Bahn  =     1**  18*  52^ 

Länge  des  aufsteig.  Knotens  c=  98*  25'  34'-. 

Länge  des  Perihelii     '  =11«    8' 35". 

Hiernach  ist  die  kleinste  Entfernung  von  der  Sonne 

=  1Ö2345000  geogr.  Meilen, 
die  gröfste   ==  112705000  geogr.  Meilen*). 

Was  die  scheinbare  Bewegung  betrifft,  so  ist  die$e,  \irie 
Bei  allen  öbem  Planeten ,  um  die  Zeit  der  Opposition  rücklaufig, 
und  diese  rückläufige  Bewegung  dauert  ungefähr  3^-  Monate ;  in 
dieser  Zeit  geht  er  durch  ungefähr  10  Grade  zurücL  Seine 
scheinbare  Gröfse  beträgt  bei  der  Opposition  i  Min. ,  dagegen 
beinahe  4-  Min. ,  wenn  er  nahe  bei  der  Spnne  steht.      • 

Jupiter  zeichnet  sich  durch  eine  sehr  von  der  Kugelgestalt 
abweichende  Figur  aus,  indem  bei  seiner  n^ittlerq  Entfernung  . 
von  der  Erde  sein  AequatoriaUurchmesser  38^^,442,  sein  Polaf- 
durchmesser  35'^645  nach  Stru^e^s  Messungen  betragt?.  Seine 

Abplattung  ist  daher  jr--  des  AequatoriUdurchmessers.    Schon 


13,7 


1  Berl.  Jahrb.  1808.  179. 

*)    Den  Abstand  der  £rde  von  der  Sonne  es 20667000  M.gerechndt 

2  Sdnimacb.  attn  Nachr.  Y*  15. 


Jupiter.  803 

dieser  Gestalt  ttfit  rieb  an!  eine  tehhelile  AottfloA  gchlielk^ii^ 
die  sich  anch  dcdrch  Beobachtung  seiner  Flecken  bestStigt- 
hat.  Die  ümdrebnngs -  Axe  des  Jnptter  Steht  befnäfae. senkrecht 
anf  der  Ebene  seiner  Bahn  nnd  weieht  nnr  etwa  3  Grade  toa*. 
iex  senkrechten  Lage  ab,  daher  kann  Ton  einem  Wechsel  der 
Jahreszeiten  auf  diesem  Planeten  vermutfaKefa  weifig  bemerkt 
werden«  WoDten  wir  nach  der  Analogie  tinsrer  geographischett 
Bestimmungen  ihm  eine  wärmere  Zonej  iMrti  gemi^sigte  und* 
zwei  kalte  Zonen  zuschreiben ,  so  würde  die  wärmere  Zone  sieb 
nnr  bis  zu  3  Gr.  Breite  an  jeder  Seite  des  Aequators  erstrecken, 
die  Polarzonen  würden  nur  drei  Grade  Halbmesser  haben«  Auf 
den  Polen  des  Jupiter  erlangt  die  Sonne  nur  eine  Hdhe  vom  3* 
Graden  über  dem  Horizonte,  und  da  Jupiter  eine  äiiehiliofa  di^htd' 
Atmosphäre  zu  haben  scheint,  so  mufs  Mhst  auf  dem  Pole*  ein» 
lehr  helle  Dämmerung  die  Polarnacht  unaufhörlich'  erhellen.  Be- 
rechnet man  die  Erleuchtung,  welche  dieser  107500000  Meilen 
von  der  Sonne  entfernte  Planet  von  der  Sbhne  erhält,  so  ist  diese' 
ungefähr  ^  so  grofs  als  auf  der  Erde.  Die  äfohne  hat  dort  einet^ 
scheinbaren  Durohmesser  von  nicht  mehr  als  6  Minuten« 

Den  mittlem  Durchmesser  des  Jupiter*  findet  man  =  It,^ 
Erddurchmesser  =s  19300  geogr.  Meilen.  Seine  Oberfläche  ist 
daher  126mal  so  grofis,  als  die  der  Erde,  sein. körperlicher  In^ 
halt  über  1400mal  so  grofs  als  der  der  Erde.  Nicht  ganz  dieser 
Grölse  angemessen  findet  man  die  Masse  dieses  Planeten,  die^nuif 

■  der  Sonnenmasse  oder  =  31299  der  Erdmasse  angegeben 

lU/Op 

wird.  Diese  Massen -Bestimmung,  die  BorvARD  aus  den  Per-*^ 
tnrbationen  hergeleitet  hat,  stimmt  nicht  ganz  mit  derjenigen 
übeiein,   die  mau  sonst  aus  den  Elongationen  der  Trabantenr 

S3  '^^^    ■  ansetzte,  indefs  hat  Laflace  sich  für  j^ne  erklärt^.» 

Diese  Vergleichung  von  Gröfse  und  Masse  zeigt,  dafs  die  Dich- 
tigkeit nicht  einmal  ein  Viertel  der  Dichtigkeit  der  Erde  beträgt. 
Der  Fall  der  Körper  an  seiner  Oberfläche ,  der  Übrigens  am  Ae- 
qnator  erheblich  langsamer  als  am  Pole  seyn  muls  i  beträgt  38 
Fuls  in  der  ersten  Secunde.  l 

Wenn  man  den  Jupiter  mit  Fernrohren  beobachtet  ^  so  be- 
merkt man  nach  der  Riehtolkg  seines  Aequators.  toehrere  Streifen, 


1    In  d.  5.  Aasg.  d.  fizpesit.  da  syst«  da  mba^Ae« 


9fA  Jupiter. 

di»  abtir»o)ueIiid  hell«ra  ttnd  dunUere  Gärtel  InUeo.  Schon 
Hop&  beobachtete  1^64  drei  dunkle  Giktel  und  einen  Fleck^  der 
die  Rotation  des  Jupiter  zeigte^;  er  und  besonders  tijiftsilir  be* 
«^bacbtete  eipen  Fleak,  dfft  üß  Umdrehungszeit  9  St.  56'  angab. 
Die  Streifen  gehen  ineisteus  so  gleichförmige  dem  Aequator  pa^ 
railel.,  nm  den  Jupiter^  dafs  sie  nicht  wohl  zur  Beobachtung  det 
Rotatioaszeit  dienen  können ;  zuweilen  aber  sind  sie  untarbro-^ 
<^hen ,  so  dafs  mati  das  eine  Ende  in  die  scheinbare  Scheibe  des 
Jupiter  eintreten  und  sich  über  sie  fortbewegen  sieht«  Solcher. 
Falle,  wo  das  Ende  eines  kenntlichen  Streifes  bei  der  Rotadott, 
des  Jupiter  beobachtet  wurde ,  giebt  Cassini  mehrere  an  ^,  und^ 
auch  Schroter  hat^  einen  der  grauen  Strei£en  als  abgebrochen 
gesehen,  wo  dann  seid  ("ortrucken  auf  der  Jupitersscheibe  suc, 
Bestimmung  der  Rotation  dienen  konnte*  ^ 

Unter  deti  Flecken ,  die  sich  zuweilen  auf  dem  Jnpitet  zei- 
gen, haben  sich  einige^  die  voii  Gassikz  beobachtet  wurden, 
durch  sehr  langes  Bestehen  ausgezeichnet«  Der  1665  beoback« 
tete  Fleck)  der  an  dem  südlichen  Streifen  lag,  ward  damals  6 
Monate  beobachtet,  ir  verschwand  alsdann  und  erschien  in  der- 
selben Gegend  des  Jupiter  yon  1672  bis  1674  wieder;  damals 
gaben  seine  oft  wiederhohen  Umläufe  die  Rotationszeit  =  9^ 
55  51''  bis  52";  seine  folgenden  mehrmals  unterbrochenen  Er- 
«cheinungen  gaben  immer  fast  genau  dies($lbe  Ümdrehungszeit 
des  Jnpiter.  Cassisx  bemerkt,  dafs  et  einen  Fleck,  den  er  fiir 
«ben  denselben  alten  hält,  noch  im  Nov.  und  Dec.  1689  immer 
iik  derselben  Lage,  anhängend  an  dem  südlichen  Streifen,  beob- 
achtet habe.  Im  Jahre  1686  wurde  ein  neuer  langer  Fleck  be- 
obachtet, der  i  des  Jupitersdurchmessers  einnahm,  und  einen 
Umlauf  in  9^"  55'  vollendete»  169Ö  zeigte  sich  ein  neuer  Fleck, 
der  mehrere  Umläufe,  jeden  in  9^5l',  vollendete,  und  auch  seine 
Gestalt  veränderte  K  Am  1*  März  1672  beobachtete  Cassivz 
einen  ganzen  Umlauf  des  einen  Flecks  in  einer  ,Nacht.  1699 
erschienen  drei  neue  Flecken  in  dem  hellen  Streifen ,  der  zwi- 
schen den  beiden  dunkeln  liegt  |  wo  auch  sonst  schon  Flecken 


1  Piin.  transact.  l666.  p.  Ä.  24Ä. 

2  U6m.  de  Parit.  T.  IL  p.  101 

S    Schröter's  JSeitzäfle  sa  den  nene^tes  astrbm  Entdeck»  ErtterTh. 
Berlin  1788.  S.  (tti 

4    Uim.  de  i^aead.  de  Paris,  tome  iL  p.  12.  107.  IC.  BIS. 


Jupiter.  SM 

bediMidstet  xnsM  Aber  andi  die  Steifen  hetfeii  sich  TdMddeit^ 
der  s<$rdliehere ,  welcher  40  Jaiire  lang  der  breitere  geweeeiii 
wtti  Jbatte  in  den  beiden  leteten  Jahren  an  Breite  Terloren ,  der 
Zwianbenianm  war  breiter  geworden  ^  und  auch  der  aiidliche? 
Streif  war  breiter  geworden  K      •      . 

Aehnliehe  Beobacfatmagen  theUt  ALkBALni  mit  ^«    Ini  Jahre- 

1706  wvd   ein  Fleck  ewiechen  den  beiden  südUcheirtt  dunkeln 

Steifen  anhängend  an  den  siidlichen  und  eiemlich  ebeoao  dnn- 

kel  ala  jene  beobachtet;  aber  im  Januar  1709)  ab  der  Pknet 

wieder  ans  den  Sonnenatrahlen  herrovging,  war  der  Fleck  Ter-> 

schwnnden  und  die  Steifen  hatten  sich  verändert»  In  den  nach*»* 

fiten  folgenden  Jahren  sah  man  xnweilen  nur  einen  Streifen,  en-* 

weilen  vier«    Im  Jahre  1712  waren  wieder  zwei  breite  dunkle* 

Streifen  sn  sehen,  denen  ähnlich^   die  1706  am  nächsten  am 

HittelpaDete  beobachtet  iBNirdeni      Im  Jahre  1713  zeigte  sich 

antser  diesen  noch  ein  dritter  Streif,  der  auf  der  einen  HaUte^ 

des  Jupiter  sehr  deutUch  nnd  breit,  auf  der  andern^  fünf  Stnn->- 

den  spater  sichtbar  werdenden  Hälfte,  schmal  und  nndeiitlich|i 

kaum  zu  erkennen  war.    Mibaidi  bemerkt  dabei,. dais  dieaee 

Mal,  und  auch  sonst  es  so  scheine,  «k  ob  das  Entstehen  einer 

scJchen  neuen  Zone  mit  einer  Abnahme  oder  falbst  mit  eineni 

gänzlichen  Verschwinden  der  früher  vorhandenen  verbunden 

uy.    Mit  diesen  Veränderungen  war  abermals  die  Erscheinung. 

des  Fleckes  verbanden,  den  man  nach  seiner  Lage  fiir  einedei 

mit  dem  ehemals  beobachteten  halten  konnte. 

Diese  Beobachtungen  zeigen  wohl  deütUeh,  dabdie  Strei« 
fen  nicht  feste  Gegenstände  auf  der  Oberfläche  des  Jupiter  sind, 
dsb  aber  gewisse  Gegenden  vorzüglich  geeignet  seyn  müssen, 
ihr  Entstehen  zu  begünstigen«  Ob  dieser  Fleck,  den  man  im- 
mer sehr  nahe  in  derselben  Entfernung  vom  Aequator  des  Pia-» 
neten  beobachtete,  und  der  auch  ^  wenn  man  die  Zeit  der  Um"^ 
drehung  auf  9^  56'  setzt ,  ziemlich  gut  mit  den  frühem  Erschei-» 
Bongen  zusammenstimmend  in  Rücksicht  der  Zeit  seiner  Sioht««^ 
barkeit  anf  der  uns  zugekehrten  Seite  erschien,  ein  fester  Kifr^ 
per  anf  dem  Jupiter  sey,  bleibt  wegen  der  Unmöglichkeit  einer 
ganz  genauen  Bestimmung  der  Rotationszeit  und  wegen  der  Vei-* 
aüderhchkeit  andei^er  Flecken  immer  zweifelhaft« 


1    Mtfm.  de  Paris  poar'i69$«  m^m.  p.  lÖl. 

t  M4m.  de  PaHj  poor  1708.  p.28S$  1714.  p.-SS. 


8QS  Jupiter« 

Selbfl  fieBAOTBa*8  lange  fortgaietzts  Beobaebtnngmi  haben 
ober  die  vevänderiiche  Bewegung  der  Flecken  keine  ganz  genü- 
genden Aubchliisse  gegeben;  aber  raeikwüidige Thatsachen  bie-* 
ten  sie  vide'  dar.  Zwiacben  dem  12*  Nov.  1785  und  dem  1& 
Jan.  1786  aah  SonaoTia  gleichsam  unter  seinen  Augen  einen 
neneü  Streiftn  entstehen,  von  welchem  am  12*  Nov.  nur  erst 
ein  kleines,  am  14.  Nov.  ein  längeres i  mit  den  übrigen  Streifen 
paralleles  Stück  sichtbar  war,  und  der  sich,  während  trübes 
Wetter  keine  Beobachtung  gestattete,  am.  18»  Jan.  sn  einem  über 
die  ganze  Halbkugel,  des  Jupiter  gehenden  Streifen  ausgebildet 
hatte,  doch  aber  sich  nicht  um  die  ganze  Kugel  herum  erstreckte. 
Auch  in  den  übrigen  Streifen  zeigten  sich  Veränderungen ,  die 
sich  über  weit  ausgedehnte  Gegenden'  eiztreektan«  Ein  den  Ja-» 
piter  nicht  ganz  umgebender  dunkler  Streif  wurde  im  November 
1785  anhakend  beobachtet,  und  die  Wiederkehr  seines^  freilitch 
etwas  verwaschenen,  Endpunctes  erfolgte  beinahe  genau  der  Gas- 
«inischen  Rotationsperiode  gemäTs;  aber  am2«,Dec.  hatte  sich 
eben  der  Streif  so  sehr  verlängert,  dafis  er  schon  durch  die 
ganze  Scheibe  des  Jupiter  sich  erstreckte,,  als  er  noch  lange  nicht 
so  weit  vorgerückt  seyn  konnte;  er  mufste  eife  Verlängerung 
von  20000  Meilen  erhalten  haben ,  die  aber  wenige  Tage  nach« 
vher  wieder  verschwunden  war.  Auch  in  den"  liellen  2^nen 
eehi^inen  abwechselnde  Zustände  statt  zu  finden,  indem  ihr  Licht 
zuweilen  minder  hell  ist^  und  die  Breite  der  Zonen  nicht  immer 
genau  dieselbe  bleibt.  Die  graue  Farbe  der  dunkleren  Zonen 
rührt  nach  Schrötzjl's  Beobachtungen  davon  her ,  dafs  sie  mit 
sehr  feinen,  dem  Aequator  des  Jupiter  parallelen  Streifchen  be« 
deckt  sind ,  und  mit  eben  solchen  kleinen  streifigen  Erscheinnn« 
gen  sind  auch  die  Polaraonen'des  Jnpiter  bedeckt  Obgleich  dia 
Streifen  nicht  ganz  genau  immer  über  einerlei  Gegend  des  Jupi;« 
ter  sich  befinden,  sondern,  wie  sich  aus  dem  abwechselnden 
Breiterwerden  und  Schmälerwerden  schlleCsen  lälst,  nicht  ganr 
strenge  in  gleichen  Abständen  vom  Aequator  des  Planeten  blei^ 
ben^  so  glaubt  doch  auch  ScHAÖTia,  dals  gewisse  Gegenden 
vorzugsweise  geneigt  sindy  die  Erscheinungen  der  grauen  Strei- 
fen darzubieten« 

Die  seltner  erscheinenden  Flecken  zngen  mannigfaltige 
Verschiedenheiten.  Einige  unter  ihnen  sind  dunkel  und  andere 
heller,  als  die  übrige  Fläche  des  Jupiter,  einige  sind  sehr  verän- 
derlich und  von  kurzer  Dauer,  während  andere  viele  Rotationen  ' 


Jupiter«  807 

^■rclft  nch  mmlich  gleich  bleiben«  Beispiele  Vofk  dunkeln 
Flecken,  die  schon  am  n&obslen  Tage  wieder  Teischwadden  wa- 
ren, fiihit)ScjiAÖTin  viele  an,  tind  unter  diesen  mehrere,  wel-» 
che  sich  so  schnell  doroh  die  scheinbare  Scheibe  desJopiter  foH^ 
•  bewegten ,  dals  man  ans  ihrer  Bewegung  eine  viel  schnellere 
Beution,  als  die. von  Cassivx  bestimmte,  hätte  schlieben  miis-  - 
aen»  Einige  solche  Flecken  seigten  sieh  mit  geringer  Acnde^* 
mng  der  Gestalt  nnd  in'  so  übereinstimmender  EntCsmnng  vom' 
Aeqnator  des  Jupiter  nach  mehreren  Tagen  wieder  (z.B.  am 
36»  Oct.«  31»  Oct,  5.  Nov.),  dals  man  Grund  hatte,  sie  für  ei<« 
nerlei  ztt  halten,  dann  aber  attch  genOthigt  war,  ihnen  eine  Um« 
laniszeit  von  nur  etwa  7  Stunden  ( bei  einem  Flecken  waren  ei 
^  H\  bei  einem  andern  7^^  7^  u.8«w.)  beizulegen.  Diese  dun- 
keln Flecke  waren  also  in  Rucksicht  auf  die  Bewegung  sehr  Toti 
den,  ebenfalls  dunkeln ,  Flecken,  welche  GASSivi.beobaehtetei 
Terscfaieden;  denn  wenn  es  gleich  bei  den  von  Cassivi.  und 
Mahalui  beobachteten  Flecken  nicht  gewifs  ist,  ob  der  damale 
so  genannte  41U0  Fleck  wirklich  immer  an  eider  genau  gleichen 
Stelle  wieder  erschien ,  so  hat  doch  Casszvi  ihn  so  lange  Zeit 
nnunterbrochen  erscheinend  und  regelmäfsig  wiederkehrend  be«- 
obachtet ,  dats  die  Rotationsperiode  als  ^  56'  bis  56'  betragend 
mit  Sicherheit  angenommen  werden  durfte*  Die  von  SchaOtzü 
beobachteten^^  vorhin  erwähnten  Flecken  zeigten  aber  ihre, 
schnellere  Bewegung  schon  merklich,  während  man  sie  die  sieht-« 
bare  Hälfte  des  Japiter  einmal  durchlaufen  sah« 

Diese  Beobachtungen  k((nnen  indefs  die  eigentliche 'Rota«. 
tionszeit  des  Jupiter  nicht  ergeben,  indem  das  Ende  des  den* 
Jupiter  nicht  ganz  umgebenden  Streifes  und  mehrere  helle 
Flecke  eine  nur  wenig  von  Cassivi^s  Bestimmung  abwjeichendtf: 
Periode  angeben.  Die  an  den  Streifen  wahrgenommenen  £rschei-«i 
nnngen  gaben  nicht  ganz  gleiche,  aber  doch  nur  wenig  unter 
sich  verschiedene  Perioden,  , indem  im  December  1786  eine 
Zeit  lang  die  Wiederkehr  derselben  Erscheinung  auf  eine  Periode 
von  nicht  valiig  Q''  55^  pafste,  später  dagegen  diese  Periode  sa 
9^  SSjS  angenommen  werden  muüste,  dann  wieder  9^  54'^  und 
ans  noch  spatem  Beobachtungen  9^  55',75 ;  9^  53',5 )  9^  56' ge-, 
folgert  wurde»  Nicht  viel  von ,  diesen  Bestimmungen  verschieden 
fallen  die  aus,  welche  aus  dem  Oftem  Wiedererscheinen  eines 
Lichtflecks  hervorgehen ,  der  an  der  Grenze  des  hellen  Aequa*« 
torialstreüs  lag«  Die  Periode  dieses  hellen  Fleckes  wurde  zuerst 
Y.ßd.  F" 


808  Jupiter. 

tn  Ö^  30 li  bestimmt ,  währenil  der  südliche  Streif  in  eben  den 
Tagen  f^  55  bis  56^  g^ib^  nachher  sohlen  er  seine  Bewegung  za 
andern.  Rin  anderer  iieller  Fleck  in  der  n^rdlicfiem  hellen  Zone 
gab  die  Umdrehnngszeit  fast  «[enan  der  Cossinischen  Bestimm ang 
gemäfs  zu  9^  55'  bis  56^,  doch  auch  mit  kleinen  Ungleichheiten« 
Aus  allen  diesen  Beobachtungen  folgt,  daTs  atmosphärische 
Veränderungen  an  den  Erscheinungen  dieser  Flecken  einen  be— 
deutenden  Antheii  haben  m^gen.  Da  das  £nde  des  Streifes  sehr 
bedeutenden  Veränderungen  unterworfen  war,  so  kann  man,  auch 
da^  wo  diese  nicht  so  in  die  Augen  fallend  waren,  wohl  anneh- 
men ,  dafs  sie  dennoch  dnrch  eine  Aenderung  in  der  Periode  der 
Wiederkehr  sich  zeigten,  und  dafs  eine  Verlängerung  von  Osten 
nach  Westen  statt  fand,  die  nach  den  Beobachtungen  vom  1« 
Deo;i786  bis  14.  März  1787  über  10000  Meilen,  öder  in  jeder' 
Secunde  etwa  32  Pnfs  betragen ,  mochte ,  aber  bald  schneller, 
bald  langsamer  Fortschritt^.  Auf  ähnliche  Weise  lassen  sich  dte^ 
nur  wenig  ungleichen  Perioden  erklären,  welche  die  liebten 
Flecken  ergaben.  Nimmt  man  nämlich  an,  dafs  diese  durch  eine 
Aufheiterung  der  Atmosphäre  entstanden,  und  dafs  man  da,  wo 
sie  erschienen,  die  feste  Oberfläche  des  Planeten  sah,  so  konnten 
gar  wohl  diese  Aufheiterungen  der  Atmo&phäre,  während  sie 
ziemlich  eben  die  Ausdehnung  behielten,  nach  und  nach  zu  an- 
dern Gegenden  fortrücken.  Nach  den  Beobachtungen  vom  6  bis 
13*  Jan.  mnfste  dieses  Fortrücken  350  bis  400  Fufs  in  jeder  Se- 
cunde, oder  in  1  Min.  etwa  1  Meile  betragen.  Scanöt^R  glaubt 
diese  Bewegungen,  die  man  in  den  atmosphärischen  Erschei- 
nungen bemerkt,  einem  Winde  zuschreiben  zu  dürfen,  der  also 
nach  unserer  Vorstellung  sehr  heftig  seyn  müfste ;  denn  ein 
Sturm  von  350  bis  400  Fufs  Geschwindigkeit  würde  über  drei- 
mal so  schnell,  als  die  heftigsten  Orkane  auf  der  Erde  seyn. 
Man  kann  aber  Vielleicht  folgende  Erklärung ,  auch  nach  Analo- 
gie irdischer  Erscheinungen ,  eben  so  gut  annehmen.  Wir  be- 
merken nicht  selten,  dafs  in  sehr  kurzer  Zeit  sich  der  ganze 
uns  sichtbare  Himmel  mit  Wolken  belegt,  und  dafs  also  auf  eig- 
nem Räume ,  dem  wir  30  Meilen  Durchmesser  beilegen  können, 
eine  Verdunkelung ,  in  andern  Fehlen  ebenso  eine  Aufheiterung 
statt  findet.  Ob  diese  Veränderung  fortschreitend ,  zum  Beispiel 
von  Westen  nach  Osten,  sich  immer  weiter  verbreite ,  wissen 


1    Schröter  8.  €6.  124. 


Jupiter.  809 

trir  nicht»  aber  Pnx  ktfonen  es  unt  wenig«teiis.gar  wohl  a)i  mtg^ 
lieh  denken ;  and  wenn  sie  so  statt  findet,  so  würde  der  erhellte 
Fleck  auf  der  Erde  y  bei  fortrückender  Attüheiterang ,  mit  einer 
Geschwindigkeit  von  mehr  als  1  Meile  in  der  Minute  fortrücken 
können,  obgleich  Völlige  Ruhe  auf  der  Oberiläche  der  Erde 
herrschte.  So  liefsen  sich  vielleicht  auch  die  noch  schnellern 
eigenen  Bewegungen  der  dunkeln  Flecken  erklären,  d^en 
Schalter  eine  ungefähr  3  Stunden  kürzere  Rotationsperiode  zu- 
schreibt, als  wir  dem  Planeten  selbst  beilegen*  Wir  haben  z^ar 
in  der  Meteorologie  der  Erde  schwerlich  etwas ,  das  wir  mit  ei^« 
ner  so  schnell  und  zugleich  ziemlich  regeloiafsig  fortschreiten-- 
den  Erscheiniing  vergleichen  könnten  ;  aber  denkbar  wenigstens 
ist  es,  dafs  eine  über  uns  entstehende  Verdunkelung  der  Atmo- 
sphäre sehr  schnelLku  östlichern  Gegenden  überginge,  ohne  ge- 
rade die  ganze  Luftmasse  mit  fortzuführen«  Der  Gipfel  der 
Flathwelle  rückt  auf- der  Oberfläche  unserer  Meere  mit  sehxgro- 
User  Schnelligkeit  fort ,  ohne  dafs  der  Schiffer  einen  Strom,  der 
ihn  fortrisse,  empfindet ;  wenn  also  durch  irgend  eine  Einwir« 
kang  eine  Verdichtung  der  Atmosphäre  in  einer  Gegend  ent*- 
stände  und  sich  der  nächsten  mittheilte ,  während  in  jener  der 
Himmel  sich  wieder  aufheitert,  so  könnte  uns  das  den  Anschein 
einer  mit  Sturmes  Eile  fortbewegten  Masse  darstellen.  Fälle, 
wo  in  einem  Nachmittage  halb  Europa  mit  Gewitterwolken  um-  ^ 
hüllt  wurde,  Fälle,  wo  die  gestern  in  Frankreich  und  am  Rhein 
trübe  gewordene  Luft  heute  auch  im  östlichen  Deutschland  trübe 
wird ,  lassen  sich  nachweisen ;  es  fehlte  also  nur ,  dafs  diese 
Niederschläge  schneller  und  um  die  ganze  Erde  foftschreitend  ' 
wären,  so  hätten  wir  eine  jenen  schnell  bewegten  Flecken  ganz 
ahnliche  Erscheinung.  Nach  Schaötea^s  Berechnung  ruckten 
einige  jener  dunkeln  Flecken ,  die  am  öftersten  an  der  Grenze 
eines  hellen  und  eines  dunkeln  Streifes  beobachtet  wnrden, 
11800  ^ufs  in  1  See.  oder  30  Meilen  in  1  Minute  fort,  und  das 
ist  freilich  noch  weit  schneller,  als  die  Entstehung  einer  Wol- 
kendecke,  die  vich  in  denselben  Nachmittagsstunden  über  ganz 
Ettropa  ausbreitet ;  indefs  wird  auch  niemand  Gleichheit  der  Er- 
icheinnngen  unter  ganz  versciiiedenen  Umständen  erwarten. 

Waram  die  atmosphärischen  Verdichtungen  auf  dem  Inpi**- 
ter  so  sehr  geneigt  sind,  sich^als  Streifen,  dem  Aequator  parallel, 
niederzuscklageh/ dävdii  k^fhnen  wir  auch  die  U^che  nicht  an- 
geben«    Doch  verdient  es  als  Vergleichung  berücksichtigt  mi 

Fff  2 


810  Kadmium« 

werden ,  dafs  die  tropisclien  Regen  in  einerlei  Ptoallelbeise  det 
Erde  ziemlicK  gleichzeitig  entstehen  und  also  auch  dem  entfefn« 
ten  Beobachter  als  dunkle  Gürtel  um  die  Erde  erscheinen  m^gen  ; 
mit  den  Nebeln  der  Polarzonen  mag  es,  wenigstens  übet  der 
Oberflache  der  Meere,  ziemlich  ebenso  seyn» 

Dafs  Jupiter  eine  Atmosphäre  hat»  ist  schon  aus  dem  Vori- 
gen gewifs;  es  erhellet  überdiefs  aus  der  minder  deutlichen  Sicht* 
barkeit  der  Streifen  und  Flecken  in  der  Nähe  des  Randes,  wo 
die  Gesicbtslinie  länger  durch  die  Atmosphäre  fortgeht,  und  ans 
der  Veränderung  der  Gestalt  der  hinter  den  Jupiter  tretenden 
Monde ,  wo  die  Refiraction  in  der  Atmosphäre  des  Planeten  sie 
abgeplattet  zeigt  ^.  B* 

K  a  d  m  i  u  nu 

Cadmitim)  Cadmium;  Cadmium.  Dieses  1818  von 
Strometer  und  Hermavit  entdeckte  Metall  findet  sich  i^  vie- 
len Zinkerzen  ,  jedoch  nur  in  kleiner  Menge. 

Es  krystallisirt  leicht  in  Oktaedern ,  i$t  weich ,  jedoch  här- 
ter als  Zinn,  lälst  sich  in  dünne  Platten  ausbreiten  und  za 
Draht  ziehen;  es  zeigt  einen  hakigen  Bruch  lyid  nach  dem 
Schmelzen  ein  specüisches  Ge\^icht  von  8,6  bis  S»?)  nach  dem 
*"  Hämmern  von  8,7  bis  9)0 ;  es  schmilzt  unter  der  Rothgliihhitze 
nnd  verdampft  etwas  über  360%  ohne  dabei  einen  besondem 
Geruch  zu  verbreiten. 

Die  einzige  Verbindung  des  Kadmiums  mit  Sauerstoff  ist 
das  Kadmiumoxyd  (56 Kadmium  auf  8  Sauerstoff)* .  Es  ist  braun- 
gelb  oder  rothbraün  und  in  der  heftigsten  Weifsglühhitze  weder 
schmelz  -  noch  verdampfbar.  Mit  Wasser  bildet  es  ein  weifses 
Hydrat.  Seine  Verbindungen  mit  Sauren  sind  meistens  farblos 
und  zeigen  brechenerregende  Wirkung ;  Zink  fället  aus  ihnen  me- 
tallisches Kadmium ;  Hydrothionsaure  fället  daraus  das  Schwe- 
felkadmium. Das  Salpetersäure ,  salzsaure  und  schwefylsaare 
Kadmiumoxyd  schielst  in  wasserhellen  Säulen  an^  Krystallwas«* 


1  Berl.  Jahrb.'  1817.  8.  186.  Zar  Berechnang  der  Stellangen  des 
Japiter  dienen  die  Tables  attronomiquet  publikes  par  le  borcan  des 
long,  de  France,  cont^nans  let  Tablet  d»  Jupiter,  de  Satnrne  et  d'tTra« 
nat,  conitruitet  d'aprds  la  th^orie  de  }a  mtfcani^ao  Celeste  par.  M«  A. 
Bonvard.  Paris  1821« 


Ka)eidophon.  811 

wahdtsnä^j  leicht  In  Wasser  I<iilich ;  das  Kadmianioxyd  ist  in 
Ammoniak  lösHth. 

Das  Chlor JbadnUum  (56  Kadmium  anf  35,4  Chlor)  ist  farb- 
los, durchsichtig,  stark  glänzend ,  blättrig  •  krystallisirt ,  leicht 
schmelzbar  und  verdampfbarv-^  'DdA  Ipdhadn^um  (56  Kadmium 
anf  125lod)  schielst  in  grofsen,  wasserhellen,  sechsseitigen  Ta- 
{ein  an,  #chmil£t  äulserst  leicht  und  verliert  beim  Glühen  an  der 
Luft  lod.'— *  Das  Sci/f/iefMadimwn  (56  Kadmium  auf  16  Schwe« 
fei),  durch  Fällen  eines  Kadmiumsalzes  mittelst  der  Hydro- 
thionsäure  erhalten ,  ist  ein  pomeranzengelbes,  eine  vorzügliche 
Malerfarbe  abgebendes  Pulver,  erst  in  anfangender  Weifsglüh- 
hitze schmelzend,  ohne  zx\  verdampfen ,  und  beim  Erkalten 
Uaniig-kiystallisirendt  Oi 

Kaleidoplion 

oder  Phonisches  Kaleidoskop  (von  xqAoq  schtfn, 
iQo$  die  Gestalt,  der  Anblick,  und  iqpcov/o»  ich  tdne)  i«t  eine  von 
Whiatstove  erfundene  akustische  und  zugleich  optische  Spie- 
lerei, -wozu  Th.  Youyg  die  Veranlassung  gab.  Dieser  rieth 
nämlich  \  die  Schall^chwingungen  einer  grofsen,  mit  Siiberdraht 
übersponnenen  Ciaviersaite  dadurch  sichtbar  zu  machen,  dafs 
man  auf  irgend  einen  glänzenden  Fleck  des  Drahtes  einen  Licht- 
stnhl  durch  eine  Oe£Pnung  im  Fensterladen  fallen  liefse,  und  die 
▼on  dem  hell  erleuchteten  Flecke  beschriebenen  Curven  vermit-* 
teht  des  refiectirten  Lichtes  in  dem  verdunkelten  Zimmer  wahr- 
nähme« Whbatstohe  kam  hiernach  auf  den  zwar  nahe  liegen- 
den, aber  dennoch  allerdings  glücklichen  Gedanken,  statt  dei 
Saiten  elastische  Stäbe  mit  facettirten^  und  polirten ,  das  Licht 
daher  stark  reilectirenden,  Kn^pfchen  zu  nehmen ,  woraus  dann 
sein  interessanter  A*pparat  hervorging  ^«  Dieser  besteht  aus  ei- 
nem runden,  etwa  9  Z.  im  Durchmesser  haltenden  Brete,  aufp. 
welchem  die  lothrechten  Stäbe  a,  b,  p  in  gleichem  Abstände  vom  191« 
Rande  nnd^on  einander  befestigt  sind.  Der  eine  a  dieser  etwa 
einen  Fufs  langen  Stäbe  ist  rund,  0,1  Z,  dick,  und  trägt  oben 
ein  Kntfpfchen ,  welc}ies  am  besten  aqi  eiper  in  Messiqg  ge- 


1   Phil.  Trans.  180q. 

t    Qnarterly  Journal  of  Seieflce.  New  8er.  N.  II.  p.  844.    Tei^gL 
PoggendoriT  Ann.  X*  470. 


^2  Kaleidophon. 

fafsten  tind  aafgeschrobenen ,  inwendig  foliirten,  0^4  Z.  Durchs 
messerhaltenden  Glasperle  besteht,  deren  eine  OefFming  in  der 
Fassung  steckt,  die  andrere  aber  verschlossen  oder  geschwärzt 
wird,  um  die  Regelmafsigkeit-der  Lichtreflexion  nicht  xu  stören« 
Sollen  sie  farbiges  Licht  reflectiren ,  so  müssen  undurchsichtige 
Farben  auswärts  auf  der  Perle  aufgetragen  werden.  Auf  dem 
zweiten  ähnlichen  Stabe  b  befindet  sich  eine  bewegliche  Platte, 
deren  Ebene  horizontal ,  schief  oder  loth recht  gestellt  werden 
kann  und  auf  geschwärzter  Fläche  verschiedenfarbige ,  symme* 
trisch  geordnete  Knüpfe  trägt.  Der  dritte  Stab  c  ist  vierkantig 
und  oben  mit  einer  ähnlichen  Platte,  als  die  eben  beschriebene, 
versehen.  Hierzu  kommt  noch  ein  vierter,  in  der  IVfitte  rechter 
winklig  umgebogener  d,  mit  einem  ähnlichen  Knöpfchen,  als  anf 
dem  ersten.  Aufserdem  befandet  sich  in  dem  Brete  neben  dem 
erstenStabe  noch  eine  Nufs,  mit  einer  Schraube  befestigt,  um  die 
Rigidität  desselben  zu  regyliren;  alle  Stäbchen  aber  werden  ver- 
mittelst eines  mit  Leder  überzogenen  Hammers  und  eines  Vio- 
linbogens in  Schwingungen  versetzt,  y^ermügt  deren  die  Kntfpf- 
<;hen  verschiedene  Gurven  in  so  kurzer  Zeit  beschreiben ,  dafs 
der  Eindruck  des  reflectirten  Lichtes  auf  das  Auge  längere  Zeit 
dauert ,  als  ihre  Vollendung  erfordert ,  weswegen  man  dieselben 
ganz  wahrnimmt,  wie  die  ICfeise  eiqer  umgeschwungenen  glti* 
lienden  K.ohle, 

Aus  dieser  bloften  Beschreibung  ergiebt  sich  schon,  dafii 
die  Knöpfe  auf  den  Stäbchen  je  nach  Verschiedenheit  der  Länge 
und  Dicke  der  letzteren  und  dem  Orte,  wo  sie  geschlagen  oder 
gestrichen  werden ,  also  nich  der  verschiedenen  Art  der  erzeug-* 
ten  Schwingungen  sehr  mannigfaltige  Curven  beschreiben  mii«— 
sen«  Der  einfachste  Versuch  ist ,  wenn  einer  der  Stäbe  nach  sei- 
ner ganzen  Länge  schwingt  (wobei  also  sein  Schwingungsknoten' 
im  Pnncte  seiner  Befestigung ,  das  Ende  des  Schwingnngsbogens 
im  leuchtenden  Knopfe  liegt),  in  welchem  Falle  das  leuchtende 
Knöpfchen  eine  Ellipse  beschreibt,  deren  grofse  Axe  stets  ab- 
nimmt, während  die  kleine  wächst,  bis  letztere  zur  groben  wird, 
und  auf  diese  Weise  in  verschiedenen  Wechseln.  Ungleich  .zu- 
sammengesetztere Curven  werden  erhalten  ,^  wenn  das  Licht  von 
mehreren  leuchtenden  Puncten  auf  einer  horizontalen,  noch  mehr 
auf  einer  schrägen  Fläche  refiectirt  wird,  und  der  Stab  nicht 
blofs  nach  seiner  ganzen  Länge,  sondern  auch  nach  kürzeren 


Kaleidofiop.  813 

Abtheilaogen  tdiwipgt  WsBia  bemearkt  ^  dafsman  die  ilan- 
nigfaltigkeit  der  Figaren  Mchon  dadarch  vermehren  kann ,  wenn 
man  versciiiedene  leuchtende  Pancte,  a wischen  dunkeln  Stellen 
hervorragend,  symmetrisch  t^rdnet,  wodurch  an  sich  schon  Sym- 
metrie gegeben  wird,  sobald  diese  durch  den  schwingenden  Stab 
10  Bewegung  ^gesetzt  werden«  Ein  tonender  Körper  kann  su-* 
gleich  einen  Grundton  und  einen  höheren  Flageolett-Ton  geben. 
Werden  beide  g]leichzeitig  durch  die  Schwingungen  eines  Stabef 
hervorgebracht,  so  mufs  das  leuchtende  Knöpf chen  in  sich  selbst 
sanickkehrende  cykloidische  Curven  beschreiben.  Wenn  es  dar-*» 
auf  abgesehen  ist,'  die  Erscheinungen  mögliehst  brillant  zu  m^ 
eben,  /wä6  doch  eigentlich  der  ganze  Apparat  bezweckt,  so  mu£i 
mau  hauptsächlich  darauf  sehen ,  dafs  das  Auge  durch  kein  an<« 
deres  licht,  als  durch  dasjenige  afücirt  wifd,  was  tnit  möglich« 
ster  Intensität,  am  besten  von  der  hellscheinenden  Sonne  kom- 
mend, durch  die  blanken  Stellen  der  Kpöpfohen  reflectirt  wird. 
Der  wissenschaftliche  Nutzen  des  Apparates  beruhet  allein  dar*» 
auf,  dafs  vermittelst  desselben  die  Schwingungen,  welche'  «uv 
Erzeugung  der  Töine  erCordeiUch  sind^  dem  Auge  -aichlbar  ge-- 
iQacht  werden«  Jtf. 

Kaleidoskop, 

Caleidoscopium ;  caleido^cope ,  iDulii  plicateur^ 
tran&figurateur ;  caleidoacope  (von  iiaXog  schöp,  J&$  di« 
Gestalt  und  auoni»  ich  sehe»,  beobachte).  Der  Name  zeigt  ein 
Instrument  &n ,  welches  bestimmt  ist,  etwas  Schönes  au  betrach- 
ten ,  und  ist  dem  hier  zu  beschreibenden  Instrumente  deswegen 
ertheUt  wordeji,  weil  sich  so  mannigfaltige  und  oft  recht  schönoi 
aUem^il  »ymmetiiache  Bilder  darin  darstellen. 

Das  Kaleidoskop  besteht  aus  zwei  ebenen  Spiegeln,  die,  pa- 
ralldogrammisch  geschnitten,  unter  einem  Winkel,  der  ein 
Sedistel,  oder  ein.  Achtel,  oder  ein  Zehntel  u«  s.  w.  von  vier 
Rechten  seyn  mufs,  gegen  einander  geneigt  sind.  Diese  schma- 
len und  ziemlich  langen  Spieget  sind  unter  jenem  Winkel  an 
einander  befestigt,  in  eine  Höhre  eingeschlossen,  an  deren  ei- 
nem Ende  sich  ein  nur  mit  einer  kleinei^  Oeffnung ,  zum  Hin* 
einieheji  mit  rinem  Äuge ,  versehener  Boden  befindet ;  am  an<» 


1    Scbwcigg.  Jettui.  L.  490. 


814  Kaleidoskop. 

dem  Ende  ist  die  Röhre  mit  zwei  Gläsern  gescMossen,  welcÄ« 
•parallel,  beide  gegen  die  Axe  der  Röhre  senkrecht  sind,   und 
zwischen  welchen  sich  bunte  Körper,  ein  besten  durchsichtige 
oder  ilurchscheineade,  befinden,  welche  beim  Drehen  der  Röhr© 
.  sich  in  immer  neue  Stellungen  legen.     Damit  das  Auge  beim 
Hindurchsehen  nicht  durch  die  aufser  der  Röhre  liegenden  Ge- 
genstände gestört  weide ,  mufs  das  äufsere  Glas  ein  wenig  matt 
geschIi£Pen  seyn,  das  innere  ist  dagegen  vollkommen  durchsichtig. 
Der  im  Kaleidoskop  befindliche  Winkelspiegel,  in  welchen 
das  Auge  durch  dieOeffnung  hineinsieht,   zeigt  die  zwischen 
den  beiden  vordem  Gläsern  liegenden  Gegeöstände  vervielfacht, 
und  wenn  dieser  Gegenstände  viele  mit  mannigfaltigen  Farben 
sind ,  so  bilden  die  vervielfältigten  Bilder  bunte ,  sternartig  oder 
vieleckig  geordnete  Figuren.    Wegen  der  Beweglichkeit  |ener 
Gegenstände  erhält  man  es  leicht,    daüi  ihre  Lage  sich  ändert, 
wodurch  ein  ganz  neues  Bild  hervorgeht ,  und  dieser  beständige 
Wechsel,   ^et  mit  fast  unendlicher  Mannigfaltigkeit  neue  Er- 
scheinungen gewährt ,  ist  es  vorzüglich,  wodurch  das  Auge  sich 
so  iingenehm  abgezogen  und  unterhalten  findet. 
p.  Um  die  Entstehung  der  vervielfältigten  Bilder  zu  übersehen, 

l^l', Stelle  AC  den  einen,  BC  den  andern  Spiegel  vor,  die  hier  ^- 
pen  Winkel  von  60  Graden  nut  einander  machen;  ß  sey  ein  Ge- 
genstand zwischen  beiden  Spiegeln ,  einer  der  bunten  Körper, 
die  sich  Bwischea  den  parallelen  Gläsern  am  Ende  der  Röhre  be-t 
finden.  Bekanntlich  sieht  man  im  Spiegel  allemal  die  Gegenstände 
fo,  als  ob  ihr  Bild  in  dem  Perpendikel  ebenso  weit  hinter  dem 
Spiegel  läge,  als  der  Gegenstand  vor  demselben  liegt,  und  fojr^ 
einen  zweiten  Spiegel  ist  die  Abspiegelung  dieses  Bildes  genan 
na »  aU  qb  das  Bild  selbst  ein  Gegenstand  wäre«     Sind  also  ßm^ 
ßn  auf  beide  Spiegel  senkrecht  gezogen  und  so  Verlängert ,  dafs 
Vm  =/)m,  b"n  =^n  ist,  so  sind  b',  b"  die  beiden  ersten  Bil- 
der des  Gegenstandes  ß.     Zieht  man  von  b'  auf  den  zweiten 
Spiegel  bp  senkrecht  und  nimmt  'b'p  =  b p,  so  ist  ^b'  das  eine 
dvirch  zweimalige  Reflexion  erscheinende  Bild,  und  ebenso  gtebt 
\/^q  senkrecht  auf  d^n  ersten  Spiegel  und  %"q  =  b''^  den  Ort 
des  andern  durch  zweimalige  Spiegelung  entstandenen  Bildes 
^'b",     2^ieht  man  von  V  die  Senkrechte  'b'r  auf  den  ersten  Spie« 
ge}  und  nimmt  Vv  ?=;=  'br,  so  ist  b^''  das  durch  drei  Znrückwer- 
fangep  entstandene  Bild ;  aber  wenn  man  ''b"s  auf  den  zweiten 
Spiegel  senkrecht  zieht,  und  b'^'s  aas  ''b'^s  nimmt,  so  fällt  dieses 


r 


Kaleidoskop*  315 

fiiU  b*^  mit  dem* vorigen  b"^  «neunmen  und  die  ZeU  der  Bilder«. 
ist  damit  rolIeDdet.  Ebenso  würde,  wenn  der  .Winkel  ACB^isSi 
welchen  die  Spiegel  mit  einander  machen,  c=  45^  ist,  ein  acht- 
faches Bild  gesehen  werden  ;  oa'  ist  nämlich  senkrecht  auf  den 
eisten  Spiegel,  a' V  iiaf  den  SKweiteta^  *^'^\  ^  den  ersten, 
und  V,  a'"  auf  den  zweiten;  es  sind  also  V,  Vj  und  a"'  die 
durch  mehrmalige  Reflexion  entstehenden  Bilder  des  Bildes  a\ 
und  genau  so  lassen  sich  die  des  Bildes  a"  bestimmen. 

Wollte  man  den  Kreis  in  7  oder  9  gleiche  Theile  eintheileii 

360** 
and  die  Neigung  der  Spiegel  =s  ■  a"  oder  cxs  40*  nehmen  |   so     ^   ^ 

fallen  die  Bilder  nicht  sobald  zusammen.   Im  Allgemeinen  näm-- 

lieh,  wenn  AGB  =  ^.  360''  und  ßCB  =u  ist,  hat  man  furf^* 

das  Bild  b'  den  Winkel  BCb'  =,  a  und  für  die  von  diesem  Bilde 

t 

tusgehenden  Reflexionen  AC'b'  «;  ACb'  =  - .  360*  +  a,  BCb 

=  -.  360^  +  a.  Bezeichne  ich  die  folgenden  mit  %'!'bV^b*, 

i««tBC'b'=:-.3eO*+«,  BCfb'  =  -.360»  +  a,     • 
n  n 

AC'b'  =  i .  360»  +  «  =!  ACIV, 

n 

A 

BG^b'  z=i:  ^ .  360''  +  e  —  BC'^b'  und  so  ferner;  und 
n 

wenn  ich  die  vom  zweiten  Bilde  b"  herkommenden  Bilder  mit 
V,V/'!b",«^b*' bezeichne,  soistAC/?=ACh':=i  .  360*  —  e, 

BCb"=;?-,360^^e«BCb^ 

n 

ACb''=^  •  360^  --  a  SB  AC'V, 
n 

BG^b"==^ ,  360*  -«  a  Ä  BC'V,  und  so  weite». 

Iitalson=;«6,  so  ist  |.  S60*  +  a  +  |.  360^ -«*  a  «360« 
o  o 

und  die  dritten  Wiederholungen  beider  Bilder  fallen  susamn^en; 

7 
wäre  dagegen  n  =3  7»  so  geschähe  dieses  erst  für  -?-.  360*  +  a 


816  Kaleidoskop, 

und  -^  •  360^  -— a»  and  die  Utaten  darch  fünf-  und  teciumalige 
n 

Zuriickwerfang  ent^and^nen  Bilder  würden  zu  m<itt  werden« 

Bei  dem  Kaleidoskop  hat  man  es  am  besten  gefundf^n,  statt 
belegter  Spiegelgläeer  nur  unbelegte,  aber  hinten  schwarz  lackirt^ 
Gläser  (von  reinem,  wohl  geschliffenen  Glase)  zu  nehmen.  Jena 
nämlich  zeigen ,  besonders  dann,  wenn  Äuge  und  Gegenstand 
dem  Glase  sehr  nahe  stehen,  doppelte  Bilder,  welche  die  Schön- 
heit der  vervielfachten  Bilder,  indem  sie  jedes  als  verdoppelt 
undeutlich  machen,  vermindern.  Sind  die  Glaser  hinten  schwarz; 
»o.  ist  es  nur  4ie  vordere  Spiegelfläche,  welche  Spiegelbildec 
giebt,  und  die  hintere  Fläche  des  Glases  reflectirt  keine  Strah-> 
len.  Die  Bilder  sind  bei  ciieser  Art  von  Spieg«hi  allerdings  mat- 
ter^ als  bei  gev(F($hnIichen  Spiegeln,  aber  die  Reinheit  jedes  JQil- 
des  giebt  ihnen ,  w^enn  man  nicht  zu  viele  wiederholte  Zurück- 
werfungen fordert,  dennoch  den  Vorzug, 

Etw^s  von  d.er  Einrichtung  des  Kaleidoskops  ^verschieden 
ist  das  Nürnberger  Sira/ilenkästchen,  Hier  bilden  nämlich  drei 
Spiegel  eine  gleichseitige  ebgek^r^te  Pyramide ;  die  Spiegelflä- 
chen sind  gegen  das  Innere  der  Pyramide  gekehrt,  und  man  bringt 
vor  die  kleinere  offene  Grundfläche  ein  durchscheinendes,  dieser 
Dreiecksüäche  gleiches  Bild ;  vor  der^Ctte  dergrtsfsern  Gnindflä-* 
che  wird  eine  OefFnung  zum  Hineinsehen  angebracht.  Fa&t  man 
nun  eine  Ecke  jenes  dreiseitigen  Bildes  ins  Auge,  so  sieht  man  so- 
gleich ^  dafs  sich  diese  und  mit  ihr  das  ganze  Bild,'  sechsmal  an 
einander  gefiigt,  darstellt ;  eben  diese  Versephsfachung  findet  an 
feder  der  dreißcken  atatt.  Aber  da  jedes  dieser  an  der  einen  Ecke 
entstehenden  Bildq;  sich  als  eine  Erweiterung  des  Hauptbildes  an 
dieses  anfiigt,  so  geben  die  an  der  zweiten  und  dritten  Ecke  ent^ 
stehenden  Bilder  an  der  ersten  Ecke  neue  Bilder,  and  das  ganze 
Gesichtsfeld  ist  in  sehr  breiter  Ausdehnung  mit  diesen  Bildern 
erfüllt  Da  das  Auge  sich  jn  der  gröfsem  Grundfläche  der  Pyra- 
mide befindet ,  so  treten  die  Bilder  etwas  hinter  die  Ebene  der 
andern  Grandfläche  zurück.  Uebrigens  werden  hier,  wo  die  aus 
den  Vervielfachungen  um  einen  Eckpunct  entstehenden  neuen 
J3ilder  durch  sehr  vielmalige  Reflexion  hervorgebracht  werden, 
diese  Bilder  matter.  In  dem  Strahlenkästchen,  welches  ich  hier 
beschrieben  habe,  eben  dem ^  welches  Gilbkjlt  erwähnt*,  sind 


1    Ö.  LHC.  S47. 


fCalender.  817 

mehrere  dreieckige  Bilder,  die,  durchscheinend  und  gegen  das 
Licht  betrachtet,  die  beschriebenen  Wiederholungen  geben; 
wenn  man,  wie  bei  dem  Kaleidoskop,  bewegliche  K{5rper  statt 
eines  solchen  Bildes  anbrachte,  so  würden  die  Erscheinungen 
poch  weit  mannigfaltiger  seyn. 

Das  eigentlich  sogenannte  Kaleidoskop  wurde  von  Briw* 
STtR  zuerst  gekannt  gemacht  und  ihm  im  Jahre  1817  in  England 
ein  Patent  darauf  ertheilt ;  es  wurde  bald  so  allgemein,  als  ange-* 
nehmes  Spielwerk,  naehgemacht,  dafs  es  fast  in  aller  Menschen 
Händen  war.  Indefs  machte  man  sehr  bald  die  Bemerkung,  dafs 
die  Erfindung  nicht  ganz  neu  sey,  und  fuhrt  aufser  dem  Nürnber- 
ger Strahlenkästchen  auch  RiGH,  Bradl^t's  ähnliche  Anordnung 
von  Spiegeln  an  *. 

Wie  man  auch  aus  vier  rechtwinklicht  gegen  einander  ge- 
stallten Spiegeln  ein  ähnliches  Instrument  bilden  könne ,  ist  in 
den  von  Gilbert  mitgetheilten  Abhandlungen  angegeben,  wo 
auch  über  die  grofse  Verbreitung  dieses  Instruments  und  die  Vor- 
thcile,  die  es  dem  mit  einem  Patente  bevorrechteten  Erfinder, 
BaiwsTEA,  brachte,  Nachrichten  vorkommen^.  j?, 

Kalender, 

Calendarium;  Calendrier;  Calendar.  Unter  Ka- 
lender versteht  man  theils  die  bei  irgend  einem' Volke  einge- 
rdhrte  Zeiteintheilung  nach  bestimmten  lahreti,  Monaten  t^.&.  w., 
theils  auch  das  Verzeichnifs  der  einzelnen  Tage,  wie  sie  nach 
einer  solchen  Zeiteintheilung  einem  bestimmten  Jahre  entspre- 
chen. Im  ersten  Sinne  sagen  wir-z.B.,  der  Julianische  Kalender 
weicht  jetzt  um  12  Tage  vom  Gregorianischen  ab , .  im  zweiten 
Sinne  reden  wir  von  dem  Kalender  für  ein  bestimmtes  Jahr. 
Der  Name  stammt  von  den  Calenden  (Caiendae)  der  Römer  her, 
welches  in  jedem  Monate  der  Name  des  ersten  Tages  war ,  und 
▼OD  welchem  an  die  Tage  des  vorigen  Monats  rückwärts  als  dies 
onuCaUndas  gezählt  wurden  ;  und  der  Name  CaUndaeV^^m  von 
dem  Ausrufen  (jcaXcS)  her,  indem  einer  der  Priester  zugleich  den 
beobachteten  Neumond  und  die  Zahl  der  bis  zu  den  ^onen  noch 
ZQ  rechnenden  Tage  v-erkündigte* 


1  New  improvements  of  planting  and  gardtning  by  R.  Bradley.  1710, 

2  G.  UX.  365.  869. 


818  K^lenaer« 

Der  Kalender  erdnet  iie  Tage  in  gewisia  Abthallangen  Ton 
Wochen,  Monaten  und  Jabreq;  er  umfafst  gewöhnlich  ein  gan«- 
^es  Jahri  von  dessen  verschiedener  Anordnung  der  Art.  Jii^r 
handelt.  Was  zuerst  unsem  Kalepder  betrifft ,  so  ist  die  Sin- 
fbeilung  in  Wochen  von  7  Tagen  bekaT^ntUch  bei  den  Hebräern 
seit  den  ältesten  Zeiten  eingeführt  gewesen ;  sie  wurde  bei  den 
Römern  uni  die  Zeit  des  Anfangs  unserer  jetzigen  Zeitrechnung 
ao  bekannt 9  dafs  n^an  anfing,  sich  häufig  pach  dieser  Einthei- 
]ung  VQU  7  Tagen  zu  richten ,  obgleich  friiher  die  nuudinae  bei 
ihnen  jedesmal  am  achten  Tage,  nach  siebentägiger  Arbeit,  einei| 
Feiertag  dargeboten  hatten^.  Die  Benennung  der  Wochentage 
knüpfte  sich  an  die  astrologischen  Meinungen  von  der  Herrschaft 
der  einzelnen  Planeten  über  die  Stunden,  wo  nach  der  Ordnung 
4^r  sieben  Planeten  Saturn  1,  Jupiter  2,  Mars  3]  Sonne  4^  Vei- 
pus  5»  Mercurius  6  $  Mond  7)  am  einen  Tage  (dies  3atumi)  der 
Saturn  die  erste,  achte,  fünfzehnte  und  zwei  nnd  zwanzigste 
Stunde  beherrschte ,  also  Jupiter  die  23ste ,  Mars  die  24ßte ,  Sie 
Soqne  die  .erste  Stunde  des  folgenden  Tages,  der  also  dies  Solit, 
Sonntag,  war.  Wenn  man  so  fortrechnet,  so  erhält  man  nach 
der  Ordnung  dies  Lunae,  Martis,  Marcurii,  Jovis  |  Veneris,  Sa*- 
turni  u.  s.  w. 

Unsere  Monate  haben  ihre  LSnga  noch  jetzt  nach  Gassak^s 
^Ordnung  beibehalten ,  welcher  die  elf  Tage ,  um  welche  das 
'Sonnenjahr  länger  ist,  als  12  Mondenmoi^ate,  so  austheilte,  dafa 
^r  den  Monatei)  Januarius ,  Seztilia  ( nachher  August  genannt) 
pnd  December,  welche  sonst  29  Tage  hatten,  zwei  Tage  zu* 
legte,  wodurch  sie  31  Tage  erhielten,  der  März,  Mai,  Quintilis 
(nachher  Julius  genannt)  undOctober  hatten  schon  in  dem  äkern 
römischen  Kalender  31  Tage,  Aprilis,  Junius,  Septeipber,  No- 
vember, die  29  Tago  gehabt  hatten,  erhielten  jetzt  30  Tage,  der 
Februar  behielt  in  den  Gemeinjahren  28  Tage ,  un^  die  Festtage 
picht  zu  ändern ,  die  den  Verstorbenen  gewidmet  waren j  und 
Februalia  hiefsep  '• 

lieber  die  Anordnung  der  Länge  unserer  Jahre  und  der  Ein- 
schaltungen enthält  der  Artikel  Jahr  alles  hieher  Gehörige ,  und 
es  ist  daher  nur  noch  übrig,  vou  der  Berechnung  derjenigen 
Tage  unsers  Kalenders ,  die  von  astronomischen  Bestinunungtfn 
^bhängep ,  ptyraa  zu  sagen, 

1    Ideler  11.  1S6.  177. 

S    Arfiim*«  rö'm.  Altetth.  S.  5M. 


Ealenden  919 

W«s  ment  die  Beitlmmting  he/tnSii  wekker  Tag  tmsen 
Kalenders  .eiii  Sodntag  ist ,  eo  hnngt  die^ea  vom  $onnencirkel 
aad  dem  Sonntagsbachstaben  ab.  Man  bezeichnet  nümlich  in 
dem  Jalianischen  und  Gregorianiachen  Kalender  ^  die  Tage  aller 
Jahre  vom  1*  Janaar  an  fortlaufend  mit  A,  B,  G^  D,  E,  F^  6,  nnd 
fiingt  dann  mit  A  'wiedei  an^;  ist  nun  zum  Beispiel  in  einem 
Jahre  der  3-  Januar  ein  Sonntag ,  so  heilst  (}  in  diesem  Jahre  der 
Sonntagsbuchstabei  und  der  10.  Jantiar,  der  7.  Februar  und  alle 
mit  C  bezeichneten  Tage  sind  Sonntage,  In  deli  Gemeinjahreir 
geht  dieses  ohne  Anstob  fort ,  aber  da  in  den  Schaltjahren  der 
Schalttag,  24*  Februar ,  mit  eben  dem  Buchstaben  F  bezeichnet 
wird  9  den  jetzt  auch  (so  als  ob  der  248te  nicht  da  wäre)  der254' 
Februar  erhält,  so  hat  nun  QQ*  Febr.  O,  27.  Febr.  A^  28.  Febr. 
By  39.  Febr.  C,  1.  März  ebenso  vie  in  andern  Jahren  D<  War 
mm  aber  im  Anfange  des  Jahres  C  der  Sonntagsbuphstabe ,  also 
der.21.  Febr«  ein  Sonntag,  so  ist  auch  der  28*  Febr.  ein  Sonntag, 
obgleich  er  den  Buchstaben  B  hat,  und  der  Sonntagsbuchstabe 
isl  nach  dem  Schalttage  B,  wenn  er  ^or  dem  Schalttage  G  war. 
Aus  diesem^  Grunde  hat  jedes  Schaltjahr  zwei  Sonntagsbuchsta-; 
Ben,  Ton  welchen  der  eine  vor,  der  andere  nach  dem  Schalt'% 
tage  gilt*  Kennt  man  also  den  Sonntagsbucbstaben,  so  lehrt  ein 
Bück  in  den  immerwährenden  Kalender  alle  Sonntage  des  Jahrea 
kennen,  und  zeigt  also  zugleich y  welchen  Wochentag  man  an. 
jedem  Monatstage  hat. 

Um  den  Sonntagsbnchstaben  ZU  finden,  reieht  im  Juliani^ 
sehen  Kalender  eine  höchst  einfache  Heehnung  hin.    Der  Son-^ . 
nencirkel  fängt  mit  einem  Schaltjahre  an  und  hat  ^e  Sonnugs-  > 
bnchstaben  G,  F ;   in  diesem  ersten  Jahre  des  Sonnencirkels  ist 
also  der  Neujahrstag  ein  Montag  und  der  letzte  Decamber  ein 
Diianslag,  der  erste.  Sonntag  des  nächsten  Jahres  ist  also  am  5« 
Januar,  einem  mit  £  bezeiehnetep  Tage,   und  E  ist  also  der* 
Sonptagsbuchstabe  im  zweiten  Jahre  des  Sonnencirkels.    Da  der ; 
letzte  December  den  Buchstaben  A  hat,  so  ist  dieser  ein  Mitt* 
woch,  wiQ  der  Nenjahrstag ,  und  der  ejcate  Sondtag  im  dritten 
Jahre  des  Sonnencirkels  ist-am  4«  i  »nuar,  idso  der  Sonniagsbuch* 
Stabe  D.    So  entsteht  folgendes  T^felchen  der  Sonntagtbuchsta- 
ben  im  Julianischen  Kalender; 


1   Vergl.  Art.  Jahr» 

8   S»  den  diesem  Art»  beiijeäigten  immerwakrtndtn  Salendir* 


Kalender. 

i.  G.  F. 

a  B. 

15.  C. 

2.  E. 

9.  D.  C. 

16.  B. 

3.  D. 

10.  B. 

17.  A.  G. 

4.  C.    . 

11.  A. 

la  F. 

5.  B.  A. 

12.  0. 

19-  ß. 

6.  G. 

13.  F.  E. 

20.  D. 

7.  F. 

14  D. 

21.  C.  B 

angegeben  ist,  dafs  man  z.  B.  für  1829  setzt, 


labt 


820 

22.  A. 

23.  G. 

24.  F. 

25.  E.  D. 

26.  C. 

27.  B. 

2a  A. 

Das  Jahr  29  ist  wieder  da$.  erste  des  Cyklus.  ,  Ein  solches  erstes 
Jahr  des  Socmeiicirkels  war  das  Jahr  9  Vor  unserer  Zeitrechnung 
(nämlich  9  ein  Schaltjahr^  8^  7>  6  Gemeipjahre ,  5  ein  Schalt-' 
jähr,  4,  3,  2  Gemeilijahfe  ^  1  ein  Schaltjahr,  und  nun  die 'Jahre 
unserer  Zeitrechnung  1,  2,  3  Gemeinjahre,  4  ein  Schaltjahr  und 
so  ferner).     Daher  entsteht  die  Aegel,   die  im  Artikel  Cyklus 

1829  +  9 
28 

ISzumAest,  also  ist  1829  das  18te,detSonnencij;keU  und  hat 
folglich  ini  Julianischen  ILalender  F  zum  Sonntagsbuchstaben. 

Im  Gregorianischen  Kaiendet  ist  ^s  nicht -so  einfach.  Da,  wie 
im  Art.  Jalir  bemerkt  worden  ist,  dieser  sich  im  Jahre  1582  nm 
10  Tage  vom  Julianischen  entfernte,  so 'waren  auch  die  Sonntage 
utn  10  Moiiatstage  fortgerückt,  und  aka- wurden  »von  1583 'bis' 
zum  Februar  1700  die  Wochei^tage,  di«^flOi  Jalianischeta  Kaleh« 
d«r  ectf  Tag(^  ttAfr  A  4)exeichnet  fielen ,.  auf  Tage  mit  D  bezeick« 
net  versetzt,  und  der  Sonntagsbuchstabe  A  in  jenem  forderte  t> 
in  diesem  ,  B  im  Julianischen  stimmte  mit  £  im  Gregorianischen 
übttrein.  Da  Im  Jahre  1700  eine  Einschaltung  im  Gregoriani-* 
sehen  Kalender  ausfiel ,  so  stimmte  bis  tn  1800  Her  Sonntags- 
buchstahe  A  im  Julianischen  mit  E  im  Gregarianfischen  Kalender 
iiberein,  und  endlich  in  unserem  Jahrhundelt  stimmt  A  im  Ju-^ 
liaiiischen  mit  F  im  Gregorianischen  Kalender  zusammen.  WIt 
haben  daher  für  unser  Jahrhundert  folgende  Tafel  der  Grego- 
xitoischen-Sonntagsbuchstaben'ffir  die  Jahre  des  Sonnencirkels  : 


B. 


Demnach  hat  das  Jahr  1829  in  unserm  Gregorianischen  Kaien« 
der  als  18tes  Jalir  des  Sonnencirkels  den  Sönntagsbuchstaben  D, 


1.  E.  D. 

a  c.      1 

15.  A. 

22.  F. 

2.  C. 

9.  B.  A.    ■ 

16.  G. 

23.  "E. 

aß. 

10.  G. 

17.  E.  E. 

24.  D. 

4.  A. 

11.  F. 

18.  D. 

2$.  C 

5.  G.  F. 

12.  E. 

19.  C. 

2t).  A. 

6.  E. 

13.  D.  C. 

20.  B. 

27.  G. 

7.D. 

14.  B. 

21.  A.  G. 

2a  Fv 

Kalehder.  821 

nDJ  es  sini  der  4.  Januar  |    der  1.  Februar ,  der  !•  März ,  der  5. 
April  n.s.  w.  Sonntage. 

Unter  den  Festtagen  unsers  Kalenders  giebt  es  bekanntlich 
viele,  die  an  bestimmte  Monatstage  geknüpft  sind  und  daher  un- 
bewei^Iiche  Feste  heilsenj  andere  sind  bewegliche  Feste,  und 
diese  jiängen  alle  von  der  veränderlichen  Zeit  des  Osterfestes  ab. 
Da  dieses  nach  dem  Mondlaufe  bestimmt  wird,  so  entstand 
schon  früh  in  der  christliche^  jvirche  das  Bediirfniis ,  nach  Re- 
geln, die  mit  astronomischen  .Bestimmungen  in  Verbindung  ste* 
hen,.  das  Osterfest  zu  berechne^« 

Die  Juden  feiertet)  ihr  Passah  am  14  Nisan,  das  ist,  «n  dem 
Tage  desjenigen  Vollmondes ,  der  um  die  Zeit  der  Nachtgleiche 
lunacbst  nach  derselben  eintritt ;  der  1.  Nisan  ist  nämlich  der  Neu- 
mond, welcher  der  Nachtgleiche  zunächst  fiUt.  An  dies^  Oster- 
feier  der  Juden  knüpften  die  Christen  von  jiidi»oker  Abkttbft  ihr 
christliches  O^erfitt,  ab  £rinnerung<stag' der  Atiferstehnng  Chri-* 
sti,  und  in  den  frühesten  Zeitteil  des  Chi^tenthntiis  behielten  sie' 
ganz  jenen  Tag,  14.  Nisan,  als  den  dem  Passahmahle  bestimm« 
ten  Tag  bei  ,  machten  aber  Ineistens  den  16*  Nisan  cum  eigent- 
lichen Gedäcbtnilstage  der  Auferstehung^  Die.  von  Niohtjuden 
abstammenden  Christen  gaben  dagegen  einem  Freitage  und  Sonn- 
tage in  dieser  Jahresseit,  um  die  Nachtgleiche,  die  besond^tf' 
Beziehung  anf  dieee  Erinnerung. '  Eine  allgemeine  Vereinigung 
aUer  Christen  sm  eiiMr>  gleichzeitigen  Osterfeier  wurde  schon. 
.früher,  namentlich  Ton  EuSEBrva,  als  wiinschenswerth  darge* 
stellt  and  auf  der  lUrchenversamitiluag  zuNicaea3259  nnd  naeh- 
^nicklicher  auf  der  zu  Antiochia  341  versucht  Es  würde  festge- 
setzt, dafs  dieses  Fest  am  Sonntage  und  nicht  mehr  an  dem  ,^ auf 
jtden  andiem  Wochentag  fallenden,  jüdischen  Osterfeste  gefeiert 
weiden  soll«* 

Die  Regel,  das  Osterfest  an  dem  Sonntage  zu  feiern,  wel- 
cler  data  Frühlingsvollmonde  folgte,  war  nicht  so  bestimm^  fest- 
gesetzt, aber  sie  war  Schon  früher  von  vielen  Christen  befolgt 
worden,  und  da  die  Frühlings -Nachtgleiche' um  jene  Zeit  am 
31.  März  fiel  und  man  daran ,  dafs  sie  nicht  immer  so  falle,  nicht 
dachte,  so  setzte  man  den  am  21.  März  oder  zunächst  nach  dem 
21.  März  fallenden  Vollmond  als  Ostervolhnond  fest,  nacÜ  wel- 
chem am  nächsten  Sonntage  das  Osterfest  gefeiert  werden  sollte;  " 
fiel  der  Ostervollmond  oder  die  Oster^renze  auf  ein^n  Sonntag, 


822  Kalender/ 

SO  Torschob  mtn  die  Feier  bia  eom  naehsten  Sonntage  \  Diese 
nach  und  nach  angenommene  flegel  hat  schon  £rüh  za  BemuhnD<^ 
gen  9  den  OstervoUmond  Toraus  zu  bestimmen  f  geflUtrt  \  und 
der  lOjährige  Cyk-lus,  nach  welchem  die  Vollmonde  zu  demsel- 
ben Tage  des  Jahres  zarackkehren^  scheint  "^  von  den  Aleitandri-» 
tiern  schon  zu  Dioci.etiav^s  ^eit  gegen  das  Ende  des  3.  Jahrh. 
angewandt  Worden  zu  seyn.  Man  befolgte  dabei  das  Verüah-» 
re«,  dafs  mai^  von  einet  einmal  bekannteti  Ostergrenze  des  einen 
Jfahres  11  Tage  zunickging,  um  die  Ostergrenze  des  zweiten 
Jahres  zu  finden,  und  dafs  man  dieses  Zurückgehen  um  11  Tage 
nur  dann  in  ein  Vorwärtsgehen  um  19  Tage  Verwandelte,  Wena 
)ene8  die  Zeit  des  Vollmonds  i>or  dem  21.  März  angab  ,t  Wohin 
die  Ostergrenze  nicht  fallen  darfite.  Diese  Regel  blieb  richtig 
bis  zum  letzten  Jahre  des  19  jährigen  Gyklus;  um  aber  dann 
wieder  auf  den  Anfangstag  zurückzukommen ,  muDste  man  zwölf 
Tage  zurückgehen,  welches  man  den  stätus  iiMae  nannte* 
WenB  man  den  5i  April  %vm  Aafangstage  oder  znr  Ostergrenze 
des  ersten  Jahrea  macht»  Bo  hat  man  5*  April»  2&  März,  13* 
April,  2.  Apr.,  22.  März,  10.  Apr.,  3ftMärz,  18.  Apr.,  7. 
Apr.,  27*  März,  15.  Apr.,  4*  Apr.,  24.  März,  12.  Apr.,  1.  Apr., 
UO*  Apr.,  9«  Apr.,  29.  März,  17.  Apr*  als  Ostergrenzen  oder 
Vollmondstage  für  alle  19  Jahre,  und  nun  sollte  nach  der  Ab» 
augsregel  von  11- Tagen  der  6*  April  folgen,  aber  der  vollendete 
19jährige  Cykhis  fordert  den  5.  April,  also  eben  jene«  schon  an* 
geführten  Sprung«  Diese  19jährige  Periode  enthielt  nach  der 
Lage  der  Schaltjahre  6939  oder  6940  Tage  ^  jede  vier  Perioden 
ober  enthielten  27759  Tage ,  welches  mit  der  Von.  Kaliffus 
herrührenden  Verbesserung  de$  MetonscJien  Cyhlus  überein-, 
stimmt«  Nach  dieser  Regel  wurde  schon  früh  und  ziemlich  re— 
gelmäfsig  das  Osterfest  in  den  morgenländischen  Kirchen  ge- 
feiert, bei  den  abendländischen  Kirchen  galten,  theils^andere  Be-i 
rechnungsmethoden,  zum  Beispiel  der  Oster ^  Kanon  des  ViCTO- 
mus ,  theils  wollte  die  abendländische  Kirche  die  Fälle,  wo  das 
Osterfest  nach  jener  Anordnung  sehr  spat  gefeiert  werden  sollte, 
nicht  gelten  lassen ,  und  man  sah  dann  den  Märzvollmond  für 


1    Ideler  a.  a.  O.  II.  S07. 

.   S    Yon  den  frühesten  Bemuhaagen,' die  OUer^ewte  la  berechnen, 
•..Idelei:  11.  215* 

.  8,., Nach  Ideler  II.  2l2« 


Kalender.  823 

die  Ostergrenze  an,  obgleich  er  f^r  4er  Nachtgleiche  eiqtrat» 
Als  einen  wahncheinlkhen  Grand  für  die  Regel  der  römischen 
lUrche,  das  Osterfest  nicht  später  als  am  21*  April  zu  feiern« 
giebtiDXLER  nach. einer  sich  darauf  beziehenden  Stelle  ausPAo-- 
srta's  Chronikon  an,  dals  die  Circensischei^  Spiele  am  11.  ante 
Cdendas  Maji,  an  dem  angeblichen  Tage  der  ersten  Gründung 
Roms,  noch  immer  gefeiert  wurden,  und  dala  dieie  unmöglich  * 
in  der  Charcroche  gefeiert  werden  konnten. 

Erst  dem  Bischof  Dio!rt8ius  Exigüus  gelang  es,  ums  Jahr 
525,  die  Anordnung  der  Osterberechnurtg  nach  dem  19jährigen 
Cykitu  allmalig  auch  in  den  abendländischen  Kirchen  einzufüh- 
ren, so  dals  endlich,  nachdem  bei  den  Dritten  Beoa  um  710  die 
Einführung  derselben  Berechnung  befördert  hatte ,  die  sammtli« 
eben  christlichen  Kirchen  gegen  das  Ende  des  achten  Jahrhun- 
derts in  diesem  Puncte  einig  waren« 

Man  glaubte  mit  dieser  Dionysischen  Anordnung  nun  für 
immer  auszureichen,  bedachte  aber  nipht,  dafs  weder  die  Julia« 
nische  Einschaltung ,  noch  die.Ostekperiode  im  strengsten  Sinne 
genau  sey.  Den  Fehler,  welchen  die  um  ll'  10''  vom  wahren 
Jahre  abweichende  lünge  des  Julianischen  Jahres  hervorbrachte, 
habe  ich  im  Art.  Jahr  näher  betrachtet ;  aber  hier  kommt  auch 
der  zweite  Umstand,  dafs  der  19jährige  Cyklus  von  235  syno« 
dischen  Monaten  um  1  St.  28^  Min.  zu  kurz  ist,  in  Betrachtung. 
Wegen  des  ersten  Umstandes  traten  die  Nachtgleichen  alle  128 
lakre  nm  1  Tag  fiüher  ein,  wegen  des  letzten  mulsten  die  Neu« 

monde  aflc  310Jahre  um  1  Tag  (indem  ^2i^^J^  =  23^59' 52")  . 

früher  kommen.  Jene  Regel  zur  Bestimmung  des  Osterfestes 
ward  daher  immer  minder  richtig ,  und  nachdem  schon  früher 
aehrere  Gelehrte  hierauf  aufmerksam  gemacht  hatten,  suchte  der 
Papst  Gaboorius  XIII.  durch  seine  Kalenderverbesserung  auch 
dieser  Unsicherheit  abzuhelfen.  Hierzu  diente  diejenige  allmä- 
lige  Abänderung  des  Epakten- Cyklus,  welche  LxLius  in  Vor« 
schlag  brachte.  Die  Epakte  sollte  jedesmal  das  Alter  des  Mon-« 
des  am  Neujahrstage  angeben ,  und  man  setzt  sie  daher  I,  wenn 
der  Neumond  am  31*  Oec.  statt  gefunden  hat.  In  diesem  Falle 
kommt  nach  der  Abwechselung  der  Monate  von  30  und  29  Ta- 
gten auf  den  30-  Jan.,  28.  Febr.,  30.  März,  28*  April  u.  s^  w. 
•in  Neumond  und  alle  diese  Tage  sind  im  inmerw&hxendea 
T.  Bd.  Ggg 


824  Kalender. 

Gregorianischen  KaUnder  mit I bezeichnet^;  im  nHchsten  Iahte 
ist  der  Mond  am  I.Jan.  12  Tage  alt,  die  Epakte  ist  XII,  ui^d  am 
19.  Jan  ,  17*  Febr.  u.s.^w.  treten  Neumonde  ein ;  diese  Tage  sind 
mit  XII  bezeichnet ,  und  alle  faiit  XII  bezeichneten  ^age  gebea 
durchs  ganze  Jahr  die  Neumonde  des  Jahres  an,  dessen  Epakte  XJI 
ist.  So  findet  es  für  alleEpakten  statt.  Indem  nämlich  vom  1.  Jan. , 
der  mit  ^  bezeichnet  ist,  an,  die  Zahlen  XXIX  am  2.  Jaouar, 
XXVIII  am  3.  Jan.  geschrieben  werden  und  so  fortgefahren  wird, 
erhält  man  zum  Beispiel  für  die  Epakte  IV  den  ersten  J^eumond 
am  27«'  Januar  und  so  ferner*  Bei  diesem  Riickwärtszählen'  hat 
der  31.  Jan.  wieder  ^,  der  1.  Febr.  XXIX,  aber  da  im  Monden* 
Wechsel  Monate  von  30  und  29  Tagen  wechseln ,  so  mufs  in 
dieser  zweiten  Zahlenfolge  ein  Tag  ausfallen ,  daher  setzt  man 
auf  den  5-  Febr.  XXV.  XXIV,  auf  deii  6.  Febr.  XXIU  und  so 
ferner.  So  erhält  der  1.  März  und  der  31.  März  *,  der  5-  Apr. 
XXV.  XXlV,  der  29»  April  *,  der  29.  Mal  *,  der  3.  Juni  XXV. 
XXIV,  der  27.  Jan.  und  27.  JiJ.  *,  der  1.  Aug.  XXV.  XXlV, 
der  25.  Aug.  und  24.  Sept.  *^  der  29.  Sept  XXV.  XXIV,  der 
23.  Ocn  und  22.  Nov.  *  der  27.  Nov.  XXV.  XXIV,  der  21. 
Dec.  %  und  mit  XX  am  31.  Dec.  schliefst  sich  das  Jahr  ^,  das 
ist  in  demjenigen  Jahre,  welches  am  31.  Dec  einen  Neumond 
hat ,  war  die  Epakte  XX,  sie  ist  also  im  nächsten  Jahre  (statt 
XXXI,  wie  ihr  Wachsen  um  elf  fordern  würde)  =  I ,  oder  der 
Mond  am  Neujahrstage  1  Tag  alt.  Dals  für  jene  Doppelzahl,  die 
an  irgend  einem  Tage  zu  setzen  war,  gerade  XXV«  XXIV  gewählt 
worden ,  ist  willkürlich.  Mit  dieser  Epakten  -  Anordnung  wäre 
jedoch  nicht  viel  gewonnen  ,  wenn  man  sie  immerfort  nach  dem 
19jährigen  Cyklus  %leichmäfsig  wechseln  liefse;  aber  die  Bück- 
sieht  auf  die  Abweichung  des  wahren  Mondlaufes  von  dem  19- 
jährigen  Cyklus  macht,  so  wie  die  Veränderung  der  Einschal- 
tung an  den  Secülarjahren ,  das  eigentliche  Verdienst  der  von 
LiLius  angegebenen  und  von  Gb£GOH'iu^,^II.  angenommenen 
Verbesserung  aus.  In  dem  früher  geltenden  Mondcirkel  traf  für 
das  erste  Jahr  des  Cyklus  ein  Neumond  auf  den  23«  Jan. ,  also 
für  das  zweite  auf  den  12.  Jan. ,  fiir  das  dritte  auf  den  1.  Jan. 
und  so  ferner.  Da  durch  die  Weglassung  von  10  Tagen  im  Jahre 


1  8.  den  immerwähr.  Kai.  am  Schlasse  dieses  Art. 

2  Der  diesem  Art.  angehängte  iinmer^äiirende  Gregorianiscke^a- 
lender  zeigt  dieses  noch  betten 


Kalender.  825 

1582  iet  Netimond  des  ersten  Jahres  vom  23*  3^*  atf  den  2« 
Febn  überging  (oder  mit  andern  Worten  der  Julianische  23.  Ja- 
Bnar  mit  dem  Gregorianischen  2«  Febr.  einerlei  war) ,  so  fiel  im 
enten  Jahre  des^  Cjklos  auf  den  2.  Febr.  der  zweite,  auf  den  3. 
Jan.  der  erste  nach  dem  Cyklus  berechnete  Neumond ;  aber  dei 
Cyklos  hatte  sich  um  etwa  3  Tage  vom  wahren  Mondlaufe  ent-* 
fernt,  und  Lilius  nahm  daher  den  vorhergehenden  31.  Dec«  als 
Neamondstag  an ,  sp  dals  mit  dem  ersten  Jahre  des  Cyklus  odef 
mit  der  güldenen  ZcM  1  die  Epakte  I  im  Gregorianischen  Kalen*^ 
der  zusammentraL  Die  Epakte  nimmt  dann  mit  jedem  Jahre  um 
XI  zu,  und  macht  nur  vom  19ten  Jahre  bis  zum  ersten  des  neuen 
Cyklus  den  schon  erwähnten  Sprung ,  nämlich  Von  XIX  auf  L 

Diese  Anordnung  konnte  nur  so  lange  bestehen,  als  die 
Schaltjahre  alle  4  Jahre  ordentlich  Wiederkehrten ,  und  bedurfte 
einer  Aenderung,  wenn  am  Ende  des  Jahrhunderts  ein  Schalttag 
•nsfiel«  Diese  Aenderung  nannte  man  die  Sonnengleichung  * 
Aber  noch  eine  zweite  Aenderung  war  nöthig,  weil  in  310  Jah-* 
Ten  oder,  wie  Lilius  rechnet,  in  3124- Jahren  derMondcyklus  um 
1  Tag  vom  wahren  Mondlaufe  abwich ,  und  dieses  wurde  die 
Mondgleichung  genannt»  Wegen  der  Sonnengleichung  ni;nmt 
die  Abweichung  des  Gregorianischen  Kalenders  vom  Julianischen 
am  Ende  derjenigen  Jahrhunderte  ,  die  sich  mit  einem  Gemein-^ 
jähre  endigen ,  um  einen  Tag  su ,  und  die  Epakten  vermindern 
ach  um  1.  Es  ist  nämlich  offenbar,  Mafs  bei  regelmäfsiger  Ein- 
schaltung ,  nach  dem  Julianischen  Kalender,  der  erste  Januar  im 
eisten  Jahre  des  Cyklus  I  als  Mondesalter  bekommen  h&tte ,  abet 
wegen  des  "weggelassenen  einen  Tages  bei  ^em  Uebergange  in 
ein  neues  Jahrhundert  der  Mond  am  1.  Januar«  erst  0  Tage  alt 
ist  Dieser  Fall  trat  mit  dem  Jahte  1700  ein ,  und  statt  dab  die 
Epakten  I,  XII,  XXUI  u.  s.  w.  für  die  Anfatigsjahre  des  Cirkels 
gehörten,  so  gingen  sie  nun  in  *  XI,  XXII,  HI  und  so  weiter 
ober*  Mit  dem  Jahre  1800,  sollte  eine  gleiche  Aenderung  in 
Beziehung  atif  die  Einschaltung  eititretfen,  aber  da  alle  300  Jahre 
^er  Neumond  einen  Tag  zurück  rücket ,  so  hat  man  für  1800 
som  ersten  Male  diesen  der  Mondgleichung  entsprechenden  Tag 
in  Rechnung  gebracht  und  so  jene  Aenderung  aufgehoben.  Bi^^ 
zum  Jahre  1900  gut  daher  die  Epaktentabelle ,  wo  der  güldenen^ 
Zahl  1.  *  entspricht, 

mit    %  Xi,        3.  XXII,        4.  lU, 
5-  XIV,     6.  XXV,       7.  VI, 

GggÜ 


g26  Kalender. 

mit  8.  xvn,      9.  xxvm,      io.  ix,     . 

IJ*  XX^  12.  1,  13.  XU, 

14.  XXIII,       15.1V,  16.  XV, 

17.  XXVI,       18-  VII,  19.  XVlIt 

zusammengehöi-en.  Im  Jahre  1900  rückt,  wegen  der  Einsclul- 
tung  oder  Sonnengleichung ,  der  Gregorianische  Kalender  ani  1 
Tag  Äuriick  und  der  güldönen  Zahl  1  entspricht  die  Epakte 
XXIX.  So  bleibt  es  bis  2200,  weil  2000  ein  Schaltjahr  ist  und 
also  keine  Sonnengleichüng  statt  findet,  2100  dagegen  wegen 
der  seit  1800  verlaufenen  drei  Jahrhunderte  eine  Mondgleichung 
fordert,  welche  die  Sonnengleichung  aufhebt.  Nach  2200  kömmt 
zur  güldenen  Zahl  1  die  Epakte  XXVIII,  nach  2300  zur  gülde- 
nen Zahl  1  die  Epakte  XXVlI;  aber  im  Jahre  2400,  wo  die  Ein- 
schaltang so  wie  im  Julianischen  Kalender  statt  findet,  dagegen 
die  SOOjährjge  Periode  der  Mondgleichung  um  ist,  erhält  das 
erste  Jahr  des  Mondcifkels  wieder  die  Epakte  XXVHI,  die  mit 
dem  Jahre  2500  in  XXVII  übergeht.  Ebenso  ist  für  die  femera 
Zukunft  zu  rechnen,  wobei  nur  das  zu  bemerken  ist,  dab  die 
Mondgleichung,  da  sie  eigentlich  nach  310  Jahren,  oder,  wie 
LiLius  annahm,  nach  3124-  Jahren  erst  eintreten  sollte,  jiicht 
unbedingt  am  Ende  jedes  dritten  Jahrhunderts  berechnet  w;erden 
mufs,  sondern  nach  sieben  solchen  Perioden  einmal  um  ein  Jahr- 
hundert  hinausgeriickt  ^rd;  sie  wird  also  zwar  in  den  Jahren 
1800,  210a,  2400,  2700,  3000,  3300,  3600,  3900  in  Rechnung 
gebracht,  dann  aber  erst  4300,  4600  und  so  femer.  Diese  Mond- 
gleichüng  ist  zwar  auf  eine  Länge  des  synodischen  Monats  be- 
rechnet, die  nicht  genau  richtig  ist,  aber  der  Unterschied  ist  auf 
lange  Zeiten  hinaus  Von  keiner  Erheblichkeit* 

Das  Osterfest  läüst  sich  mit  Hülfe  dieser  Bestimmungen  (iir 
alle  Zeiten  finden.  Die  güldeiie  Zahl  erhält  man  nämlich,  indem 
man  die  Jahrszahl  zu  1  addirt  und  die  Summe  mit  19  dividirt, 

1830 
der  Rest  ist  die  güldene  Zahl;  z.  B.  für  1829  ist,  da  -r^  sum 

Beste  Cläfst,  der  Mondcirkel  =  6«  Damit  gehört  in  unserm 
Jahrhundert  die  Epakte  XXV  zusammen ,  und  diese  Zahl  steht 
in  dem  vorhin  beschriebenen  immerwährenden  Gregorianischen 
Kalender  neben  dem  6*  Januar,  neben  dem  5«  Februar,  neben 
dem  6.  März  und  5-  April ;  diese  Tage  sind  die  Neumondstage, 
und  wenn  man  13  zulegt,  so  hat  man  für  19.  März  und  18- April 
des  Mondes  Alter,  welches  man  sonst  Luna  XIV  benannte,  und 


ItaUiider.  827 

imß  T«ge  geNa  dit  Otteigseoat.  D«  der  19»  Mar«  vor  der 
Kachtgleiche  fallt,  so 'iat  nicht  die^r  Vollmond,  Bopdern  der 
folgende  am  18»  April  der  Ostervollmppd.  Da  nun  der  Sonn- 
tigsbiichglab^  1829  D  iat,  «o  haben  wir  am  19*  April  einen  Sonn- 
tag und  dieae«  i#t  der  Ostersonntag  i. 

Im  JuIiMiiachen  Kalender  ist  im  6*  Jahre  des  Mondcirkels 
der  Neumond. am  28i  Januar ,  26*  Febrpar,  28.  März,  also  der 
Ostervollmoiid  %m  10*  April ,  und  da  F  der  Sonntagsbuchstabo 
ist,  also  der  14  April  ^in  Spnntag,  so  ist  dieses  der  Ostertag 
des  JoUiuiis^hen  Kalenders.  Dabei  ist  zu  bemerken,  dafs  ihr 
10.  April  unser  22»  April  ist,  ihrCyklus  also  den  Vollmond  irrig 
^giebt,  aber  dennoch  findet  die  Festrechnnng  so  statt. 

Unter  den  Mängeln ,  die  bei  der  Gregorianischen  Einschal- 
iBSguad  Festitchnui^g  übrig  bleiben ,  muls  ich  hier  noch  zwei 
bemerken;  1.  dab  die  Nachtgleiche  nicht  ({epau  am  21t  Merz 
bleibt,  sondern  w^geii  der  am  Ende  der  Jahrhunderte  auf  ein- 
mal eintretenden  Ausgleichung  um  diese  Zeit  am  meisten  ab- 
weicht;. 2f  dafs  die  von  Lilius  ang^noml^senen  Neumonde  ^ur 
Zät  der  Kalenderverbcsserung  selbst  nicht  genau  sind.  Er  nahm 
jMunlieh  die  Abweichung  des  Gyklus  bis  zu  seiner  Zeit  um  e^as 
ai geringe  an  und  luitte  ataff  3  Tagen  4T^ge  f^nsetzen  sollen.— 
P«s£rstere  ist  nicht  anders  möglich,  da  die  Einschaltung  nach 
ganzen  Tagen  geschehen  muls  und  auch  die  Ausgleichung  am 
(nde  der  Jahrhunderte  am  bequemsten  geschieht.  Das  zweite 
CDtschnldigt  Cla yiu8  dadurch ,  dafs  so  der  14.  Tag  des  Mond« 
dt^a,  Vrie  die  Kirche  es  annimmt,  nie  yor  dem  wahren  Voll- 
Iftond  falle ;  cnie  Entschuldigung ,  die  nicht  ganz  genügt« 

Znr  Geschichte  des  Kaleiiders  gehört  nun  noch  Folgendes^ 
dtt  Gregorianische  Kalander  wurde  in  dem  gr{>fsten  Theile  Ita-** 
Kens,  in  Spi^nien  und  Portugal  der  Anordnung  des  Papstes  ge- 
&ali  sogleich  eingeführt.  /In  Frankreich  wurden  erst  im  Decem- 
Ui  die  zehn  Tage  ausgelassen ,  welche  dort  schon  zwei  Monate 
früher  weggefallen  waren.  Auch  die  katholischen  Cantons  der 
ßdiweiz  traten  1583,  Polen  1586,  Ungarn  1587  der  Verbesse- 
mng  bei.  In  Deutschland  th^ten  es  nu4*  die  kathoUscben  Stände, 


'  1  AndoM  Reget»  der  Berechoong  :von  Oacss  and  CrccoLiHit.  in 
T.  Z«ch  Monatl.  Corr.  H.  121.  uiid  Cqrresp.  asfr.  VI.  514.  Xiy.  24$. 
^  X.  417.  Uelier  cinzeine  hierher  gehörige  Fragen  t.  Corretp.  astr. 
XI.  597.  Xm.  Sl.,;^64f^.«ad  Aatroe^  ^ahtb»  1818.  277. 


828  KalendeFt 

die  protestantischen  hingegen  blieben  dem  jetzt  so  genanntea 
alten  Style  treu.  Die  Weigerung,  den  Oregorianischen  Kaien* 
der  anzunehmen ,  setzten  die  protestantischen  Stande  Deutsch-? 
Iand9  bis  zum  Jahre  1699  fort,  und  4^  erst  entschlossen  sie  siph, 
unfer  deni  Name^  des  verbesserten  Kalenders  einen  neuen  Ka<^ 
lender  einzuführen.  Bs  wurden  dem  zu  Folge  im  Jahre  1700  im 
Februar  elf  Tage  ausgelassen^  so  dafs  nach  dem  18*  Februar  so- 
gleich der  1.  März  folgte.  Weil  man  aber  in  Rücksicht  des 
Osterfestes  Einiges  an  der  Gregorianischen  Anoidnung  zu  tadela 
fand,  so  setzte  man  fest,  dafs  der  Vollmond  nach  deii  Rudol- 
phinischen  Tafeln  astronomisch  und  zwar  auf  den  Uranibnrger 
Meridiap  berechnet  werden  sollte ,  damit  so  das  Osterfest  seine 
genau  richtige  Bestimmung  erhalte.  Diesem  Beschlüsse  traten 
die  Vereinigten  Niederlande  und  Dänemark  sogleich,  die  prote- 
stantischen Cantons  der  Schweiz  ein  Jahr  spater  bei«  In  Eng- 
land dagegen  wurde  erst  im  Jahre  1752  der  alte  Kalendev  abge- 
scfhafft,  und  durch  ein  Auslassen  von  elf  Tagen  im  September, 
wo  nach  dem  2.  Sept.  sogleich  dei:  14  Sept.  folgte,  die  Ausglei* 
chung  zu  Stande  gebracht.  In  Schweden  geschah  dieses  1753 
im  Februar.  In  Rufsland  und  bei  der  Griechischen  Kirche  be- 
steht noch  ein' im  Wesentlichen  mit  dem  Julianisohen  überein- 
stimmender Kalender  \  und  mau  unterscheidet  daher  dort  alten 
und  neuen  Styl. 

Jener  verbes^erte  Kalender  stimmte  in  den  meisten  Fallen 
Tpolt  dem  Gregorianischen  auch  in  Hinsicht  des  Osterfestes  über- 
ein ,  aber  da  die  cyklische  Rechnung  nicht  allemal  mit  der  astro- 
nomischen zusammenstimmen  kann,  so  kamen  Fdle  vor,  wo  dia 
eine  itechnung  den  Sonnabend,  die  andere  den  Sonntag  zur 
Ostergrenze  machte ,  und  wo  der  letzteren  zufolge  dann  das  Fest 
erst  acht  Tage  später  gefeiert  wurde.  Da  1778  ein  solcher  Fall 
wieder  bevorstand,  so  bewirkte  Fribd Rick  II,  j  dafs  die  evan- 
gelischen Stände  der  cjklischen  Rechnung  beitraten,  und  unter 
dem  Namen  des  allgemeinen  Reichskalenders  wurde  nun  ein 
gleichförmiger  Kalender  im  ganzen  deutschen  Reiche  eingeführt^ 
deui  auch  die  übrigen  evangelischen  Staaten  beigetreten  sind  \ 


1  Ueber  elnigo  Eiganthämliolikeiten   des  Bttfi.  Cal«  i«  Littkrow*s 
KaleadaviograpHie.  .       . 

2  Im  Art  Epakte  Bd.  ITL  8.  791  Z.  12.  ist  in  Besfehting  hfenraf 
ein  Fehler,  weichen  man  hierofteh  leicht  verbetset«- kann* 


Kalender«  Q29 

leb  kann  jUeg «n  Asdkel  nicht  «cUiellBeD ,  o^ne  noch  einige 
Worte  über  die  Spoche  unserer  Zeitrechnung  zu  sagen.  Es  ist 
!>ekannt  genug,  däb  erst  DiovTftiva  Ezieuus  diese  Zeitrechr 
iioig  einföbrte ,  und  dafs  er  in  einem  viel  zu  spaten  Zeitalter 
lebte,  um  als  eine  sichere  Aat%>rität  für  die  Richtigkeit  des  von 
iim  angenommenen  Geburtsjahres  Christi  zu  gelten.  Diontsius 
tcheint,  da  man  allgemein  den  25.  Dec  als  den  Tag  der  Geburt 
Cbisti,  anzusehen  pflegte,  diesen  Tag  im  ersten  Jahre  unserer 
Zdtrechnung  oder  im  754aten  der  Stadt  Rom  dafiir  angenommen 
ni  liaben.  Die'  Angaben  früherer  Kirchenväter  ha&en  schon 
lange  Veranlassung  gegeben^  das  Jahr  der  Geburt  Christi  als  drei 
lahrs  früher  fallend  anzusehen,  aber  InELza  zeigt,  dajüs  man  es 
loch  früher  und  zwar  mit  groifser  Wahrscheinlichkeit  auf  das 
Uur  747  der  Stadt  Rom  setzen  mub.  Der  Grund  hierfür  liegt 
Torzüglich  in  der  Zeitbestimmung,  die  wir  für  den  Tod  4es 
EiEODKS  besitzen,  in  dessen  letzter  Krankheit,  nach  Josisr^us 
Erzählung,  eine  MondinstemifiB  bei  einem  kurz  vox  dem  PMS&b 
eiitsetendes  Vollmonde  statt  fand*  Eine  solche  hat  sich  ^ber 
aa:hInzi.ER*s  Berechnung  im  Jahre  Roms  750  in  der  Nacht  vom 
12.  lom  13*  März  ereignet ,  und  i/or  diesem  ^eitpuncte  iat  ^Iso 
die  Geburt  Christi  anzusetzen ,  aber  sehr  wahrscheinlich  .^uch 
iber  zwei  Jahre  früher ,  da  Hbroues  alle  zweijährigen  Kiqder 
tödien  liels.  Dieses  würde  ungefähr  schon  auf  das  Jahr  747 
fabeu,  zumal  wenn  man  den  alten  Traditionen  gemäls  die  Ge- 
bort Chiisti  an  das  Ende  des  Jahres  setzt.  Hiermit  vereinigt  sich 
ncn  eine  Stelle  des  Tjsrtvlliah,  welcher  den  Sevtivs  Satuil- 
iiius  als  denjenigen  eigentlichen  Präses  von  Syrien  nennt,  uQter 
vebhem  die  Schätzung  statt  fand,  deren  der  £vange}iet  LccAS 
gedenkt;  dieser  SsKTitsSATURNivus  war  aber  nur  bis  zum  Sem- 
>Bei  748*  im  Besitze  dieser  Stelle.  Nach  diesen  Gründen  hßh 
Ii»EUR  mit  grofser  Wahrscheinlichkeit  747  der  Stadt  fü)c  das 
wahre  Geburtsjahr  Christi  K  Hiermit  verbindet  sich  auf  ei^e  in 
der  Ibat  überraschende  Weise  ein  astrx>nomisches  Ereigniis« 
Schon  Kepler,  hat  darauf  aufmerksmn  gemacht ,  dafs  die  Er- 
scheinung am  Himmel,  welche  die  Magier  nach  Jerusaleui  flthrte, 
wohl  die  Conjunction  des  Jupiter  und  Saturn  gewesen  seyn  mtf- 


1  Hiermit  ihid  anoK  die  Kirtorisohen  VnterseeliuQAen  au  verglei- 
^eVi  die  Mustbh  anstelltvia  leiuer  Schrift:-  Der  Stern  der  Welteo» 
Copenhagen  1827.  8.  96. 


SSO  Kalender, 

ge ,  die  um  diese  Zeit  statt  fand.  Mtf  nxJL  hat  diesen  Gedanken 
mit  neuen  Gründen  unterstützt,  indem  er  ^us  ,einem  rabbioi- 
schen  Schriftsteller  späterer  Zeit  xeigt ,  dafs  man  dieser  Con jnn-» 
ction  eine  wichtige  Bedeutung  beilegte,  besonders  wenn  sie  sieb 
im  Sternbilde  der  Fische  ereignete ,  und  dals '  man  die  Ankanfi 
des  Messias  damit  in  Verbindung  setzte.  Eine  solche  Gonjan-i 
ction  des  Jupiter  und  Saturn  im  Sternbilde  der  Fische  hat  nun 
allerdings  im  Jahre  747  nach  Erbauung  der  Stadt  Rom  statt  ge-r 
funden.  Nach  In^LBa's  genauer  Berechnung  ^  waren  beide  Pla- 
neten am  20.  Mai  dieses  Jahres  zum  ersten  Male  in  Conjunetion 
und  nur  1  Grad  von  einander  entfernt;  bei  ihrem  Rückgange 
fand  am  27-  Oct.  eine  zweite  Conitinction  statt  und  am  12*  Nov. 
eine  dritte  im  15.  Grade, der  Fische,  bei  welcher  «abermals  die 
beiden  Planeten  nur  1  Grad  von  einander  abstanden.  Die  Plane-i 
ten  zeigten  sich  also  mehrere  Monate  durch  einandeif  so  nah^ 
dafs  die  Conjunction  den  auf  diese  Aspecten  achtenden  Astrono 
men  allerdings  als  med^würdig  erscheinen  muTste« 

Von  der  Einrichtung  des  Kalenders  anderer  Völker  za  n^ 
den  scheint  mir  hier  nicht  der  Ort,  zumal  da  das,  was  die  Aar 
Ordnung  der  Jahre,  der  Schaltjahre  u,  s.  w.  betrifi%,  schon  oben 
vorgekommen  ist.  Wer  sich  über  den  Kielender  der  Russen, 
Juden  und  Türken  belehren  will ,  findet  alles  Erforderliche  in 
LiTTAOw's  Kalendaripgraphie.   Wien  1828^. 

Als  das  wichtigste  diesen  Gegenstand  betre£Pende  Buch  habe 
ith  schon  oft  genannt:  Idblbh'i^  Handbuch  der  mathematische 
und  technischen  Chronologie,  aus  den  Quellen  bearbeitet.  2Thfet 
BerKn  1825—26, 

Von  altem  Schriften  nenne  ich  nur  einige  der  wichtigstdn  i 

CESSOAiffUS  de  die  natali,  ein  Buch,  das,  im  Jahre  238  on- 
sferer  Zeitrechnung  geschrieben ,  in  den  ersten  Capiteln  zienlich 
unbedeutende  Gegenstände  enthält,  welche  sich. auf  den  Ge-^ 
burtstag  im  Allgemeinen  beziehen,  in  dessen  zweiter  Hälftt  aber 
die  wichtigsten  Nachrichten  über  die  altern  Zeitein^heilangen 
und  chronologischen  Bestimmungen  zu  finde^  sind, 

Gsifiiri  isagoge  in  A^rati  phaenomena» 


1  Ideler  11.  406. 

2  Ueber  die  Berechndog  des  judisGhen  Oatel^iMtet  nach  Gaof^*« 
Anleitatg  •#  v.  Zaok  Motu  Gerr,  Ü.  121.  und  dessen  Corr«sp.  astro- 
nomi(^ue  I.  556.  11.  458. 


Kalender, 


m 


DiqsTSii  epistpla  «d  Petroniuar. 
D10VT911  epiBtob  ad  Bonifaciunif 
Bbda  de  temporam  xatione, 

Clatii  explicatio  romapi  calendar^i  a  Oregotio  XIII.  xesd« 
tndy  Clemeqtis  VIII.  jnssq  «dita. 


Immerwährender    Jalianischer    Kalender, 
Januar, 


i.  A.  in. 

11.  D.  xm. 

21.  G. 

2.B. 

12.  E.  n. 

22.  A.  XU, 

3.C.  XI. 

13.  F. 

23.  B.  1. 

4.D. 

14.  G.X. 

24.  C. 

5.KXIX. 

15.  A. 

25.  D.  IX. 

tF.  vm. 

16.  B.  XVUI, 

26.  E. 

7.  G. 

17.  C.  VIL 

27.  F.  XVII. 

a  A.  XVL 

18.  D. 

2a  G.  VI. 

ft  B.  V. 

Jti.  E.  XV. 
50.  F.  IV. 

29.  A. 

lac, 

30.  B.  XIV, 

: 

Februar. 

31,  c.  in. 

1.  D. 

11.  6. 

21.  GL 

2.  E.  XI. 

12.  A.  X. 

22.  D. 

3.  F.  XIX. 

13.  B. 

23.  E.  BC. 

4  G.  Vllt. 

14.  C.  XVffl. 

24.  F. 

5.  A. 

15.  D.  VII. 

25.  G,  xvn 

6.  B.  XVl 

16.  E. 

26.  A.  VL 

7.  C.  V. 

17.  F.  XV. 

27.  B. 

ao. 

la  G.  IV. 

28.  C.  XIV. 

9.  E.  XIII. 

19.  A. 

10.  F,  II. 

20.  B.  XII. 
Mars. 

I.D.  D;. 

11.  G.  xm.        1 

21,  C. 

2.  E.        • 

12.  A.  11. 

22.  D.  XIL 

3.  F.  XL 

13.  B. 

23.  E.  I. 

4.  G. 

14.  C.  X. 

24.  F. 

5.  A.  XI  x; 

15.  P. 

25.  G.  IX. 

6.  B.  VIIL 

16.  E.  XVUI. 

26.  A. 

7.  C. 

17.  F.  VII. 

27.  B.  XVU. 

a  D.  XVI.  - 

18.  G. 

28.  C.  VL 

9.E.  V, 

19.  A.  XV. 

29.  D. 

10.  F. 

2a  B.  IV. 

30.  E.  XIV. 

. 

^ 

3i:  F.  HL, 

m 

April. 

^ 

i.  G. 

11.  C; 

21.  F.  I. 

2.  A.  XL 

12.  D.  X. 

22.  G. 

3.  B. 

13.  E. 

23.  A.,IX, 

4.  C.  XIX. 

14.  F,  xvm. 

24.  B. 

5.  D.  Vlll. 

15,  G.  VIL 

25.  a  xvu. 

6.  E.  XVI. 

16.  A. 

26.  D.  VL 

7.  F.  V.V 

17,  B.  XV, 

V-  ^' 

8.  G. 

18.  0.  IV. 

28.  F.  XIV. 

9.  A.  xin, 

19.  D. 

29.  G.  m. 

10.  B.  U, 

20.  E.  xn. 

30.  A. 

i.  B.  XI.   . 

11.  E. 

21.  A.  1, 

2.  C. 

12.  F.  X, 

22.  B. 

3.  D.  XIX., 

13.  G. 

23.  C.  IX. 

4.  E.  VlIL 

14.  A.  xvm. 

24.  D. 

5.  F. 

15.  B.  VIL 

25.  E.  XVU, 

6.  G.  XVJ* 

16.  C. 

26.  F.  VI. 

7.  A.  V. 

17.  D.  XV. 

27.  G. 

a  B. 

18.  E.  IV, 

28.  A.  XIV. 

9.  c.  XIU* 

19.  F. 

20.  G.  xn. 

29.  B.  lU. 

la  D.  IL 

30.  C. 

i 

31.  D.  XI, 

J  n  q  i  u  s. 

1.  E. 

11.  A. 

21.  D.  K. 

2.  F.  XIX. 

12.  B.  xvm. 

22.  E. 

3.  G.  VIU. 

13.  a  VIL 

23.  F.  XVU. 

4.  A.  XVL 

14.  D. 

24.  G.  VL 

5.  B.  V. 

15.  E.  XV. 

25.  A. 

6.  C. 

16.  F.  IV. 

26.  B.  XIV. 

7.  D.  xin. 

17.  G. 

27.  C.  UJ. 

8.  E.  IL 

18.  A.  XU. 

28.  D. 

9.  F. 

19.  B.  h 

29.  E.  XL 

10.  G.  X, 

2a  c, 

30.  F. 

Julius. 

/ 

i.  G.  XIX, 

11.  c. 

21.  F.  DC 

2.  A.  VUI, 

12.  D.  XVIIL 

22.  G.  • 

3.B. 

13.  E.  VU. 

23.  A.  XVIL 

4.  C.  XVI. 

14  F. 

24.  B.  VL 

5.  D.  V. 

15.  G.  XV. 

25.  C. 

6.  E. 

16.  A.  IV. 

26.  D.  XIV. 

7.  F.  XIU. 

17.  B. 

27.  E.  lU. 

8.  G.  U. 

18.  C.  XU, 

2&  F.      ' 

9.  A. 

19,  D.  L 

29.G.  XL 

•iaB.x. 

20.  E. 

30.  A. 

31.  B.  XIX. 

K«lend«v: 


883 


i.  c.  vm, 

2.  D.  XVI, 

3.  E.  V, 

4.  F, 

5.  G,  Xffl, 
e.  A.  IL 
7.  B. 

&  C.  X, 
9.  D.' 
10.  E.  XVllI, 


1.  F.  XVI. 

2.  G.  V. 

3.  A. 

4.  B.  XIII. 

5.  CIL 
6l  D. 

7.  E.  X, 

Q    F 

9.  a  xviir, 
la  A.  vii, 

•  1.  A,  XVI. 

2.  B.  V. 

3.  C.  XIII, 
4.D.  U, 

5.  E. 


6.  F. 

7.  6. 

8.  A. 

9.  B. 

lac, 


xvin. 
vu. . 


xui, 
u. 


1.  D. 

2.  E. 

3.  F. 
4.G. 

5.  A.  X. 

6.  B. 

7.  c.  xvnr, 

&  D.  VII, 
9.  E. 

la  F.  XV. 


■  '  A  n  g  a  •  t 

ji.  F.  vn. 

12.  G. 

13.  A.  XV^ 

14.  B,  IV, 

15.  C. 

16.  D.  XIL    . , 

17.  E.  J. 

18.  F. 

19.  6.  DC       . 

20.  Ä, 

September 

11.  B. 

12.  C.  XV, 

13.  D.  IV, 
14  E. 

15.  F.  XII, 

16.  O.  L 

17.  A. 

18.  B.  IX, 

19.  C, 

20.  D.  XV?I. 

O  c  t  o  fc  e  r,  . 

11.  D,  XV, 

12.  E,  IV. 

13.  F. 

14.  G.  xii; 

15.  A.  L 

16.  B. 

17.  C  IX,-   . 

18.  D. 

19.  E.  XVHj 

20.  F,  VI, 

November. 

11.  G.  IV. 

12.  A. 

13.  B.  xm 

14.  C.  L 

15.  D. 

16.  E.  HC. 

17.  F. 

1&  G.  XVII, 
19.  A.  VI,      ' 
'2a  B. 


21.  B.  XVU. 

22.  a  vl 

23.  D. 

^4.  E.  XIV, 
25.  F.  IIL 
:26.  G, 

27.  A,  XI. 

28.  B. 

29.  C.  XIX. 

30.  D.  VUL 

31.  E. 

21.  E.  VI, 

22.  F. 

23.  G.  XIV. 

24.  A,  HI. 

25.  B. 
•26.  C.  XL 

27.  D. 

28.  E.  XIX. 

29.  F.  VIII, 

30.  G, 

21.  G. 

22.  A.  XIV, 

23.  B.  III. 

24.  C. 

25.  D.  XL 

26.  E. 

27.  F.  XIX, 

28.  G.  VIII, 

29.  A. 

30.  B.  XVT, 

31.  C.  V. 

21.  G.  XIV. 

22.  D.  IIL 

23.  B. 
^24.  F,  XI, 

25.  G. 

26.  A.  XIX. 

27.  B.  VIII, 

:28.  c.  ■ 

29.  D.  XVL 
3Ö.  E.  V. 


«^ 


1.  F.  XI«, 

2.  G'.  II. 

a  A.  : 

4.  B.  X. 

5.  C.     • 

6.  D.  XVJII, 

7.  E.  VlL 

8.  F. 

9.  G.  XV. 
^0.  A.  iV; 


pj  •  ftmM  •  t. 

11.  B. 

12.  C.  XIIj 
131  D.  h 

14.  E.  . 

15.  F.  liJf. 
.  16;  G.  • 

57,  A.  XVIL 

jis:  B.  VI. 

19.  C.      •       • 
§0.  q.  XIV.  " 


21.  E.  m. 

F. 
G.  XI, 

24.  A. 

25.  B.  XIX. 
'26.  C.  VIII. 
'27.  b. 

28.  E.  xvr, 

29.  F.  V, 

30.  G. 

31.  A,  XIII. 


Immerwälireii^^r  Oregpr.inuia^I^eT'  Kale|ider<, 


J  •  n  u  «  f , 


1.  A.  *,                J 

11.  D.  X^, 

12.  K  XIX.      * 

21.  0.  X 

i  B.  XXI3^. 

22.  A.  IX. 

3.  C.  XXV Hl. 

13.  F.  XVUI.  • 

23.  B.  VIII. 

4.  D..  XXVII. 

14.  G.  XVII. 

24.  C.  VII. 

5.  E.  XXVI. 

15.  A.  XVI. 

25.  D.VI. 

6.  F.  XXV, 

16.  B.  XV. 

26.  E.  V, 

7.  G.  XXIV. 

17,  C.  XIV, 

27.  F.  IV. 

8.  A.  XXIII. 

1&  D.  XIII.  . 

2&  G.  m: 

9.  B.  XXII.      . 

IW.  E.  XU.         • 

29.  A.  II. 

10,  C,  ÄXI, 

20.  F.  XI, 

30.  b:  1. 

, 

31.  C.  %, 

'    •     • 

Februar. 

1.  D.  XXCX. 

11,  G.  XVUI. 

21,  C'VIII. 

2.  E.  X3?vrH.. 

12.  A.  XVII, 

22.  D.  VII. 

3;  F.  XXVII. 

13.  B.  XVI. 

14.  C.  XV,    -  . 

23.  E,  Vt,; 

4.  G.  XXV  i. 

.?4.  F,  V. 

5.  A.xxv.xxiv» 

15.  D,  XIV.. 

25.  G.  IV. 

6.  B.  XXllJ, 

16.  E.  Xlll. 

26:  A.  111. 

7.  C..XXII. 

17.  F.  XII, 

27.  Bi  11. 

8.  D.  XXI. 

18.  G.  XI.     .  . 

28.  C,  j.  . 

9.  E.  XX.          ^ 

l"»     *»^    J^\            / 

10,  F.  XIX. 

•20.  B.  IX.     .:.  ., 

•- 

Kalender. 

1 

M  X  r  s. 

1.  D,  ». 

ii.  G.  XX.* 

21.  C.  X. 

'2.  E.  XXIX. 

12.  A.  XIX. 

22.  D.  IX. 

3.  F.  XXVIII. 

J3.  B.  xviii. 

23.  E.  viir. 

4  G.  XXVII. 

14.  C.  XVlI. 

24.  F*  VII. 

5.  A.  XXVfc 

15.  D.  XVI. 

25.  G.  VL 

ft  B.  XXV. 

16.  E.  XV. 

26»  A.  V. 

7,  C.  XXIV. 

17.  f.  XIV. 

27.  B.  IV. 

8.  D.  XXI  IL 

18.  G.  XIII. 

2a  C.  111. 

9.  K,  XXII. 

19.  A.  XII. 

29.  Dv  n. 

10.  F.  XXI. 

20.  B.  XI. 
April. 

30.  E.  I. 
81.  F.  *. 

t  G.  XXIX. 

11.  a  XVIII. 

21.  F.  VIII 

2.  A.  XXVIII. 

12.  D.  XVII. 

22.  G.  VIL 

3.  B.  XXVII. 

13.  E.  XVI. 

23.  A,  VI. 

i  C.  XXVI. 

14.  F.  XV. 

24.  B.  V. 

SD.  XXV.  XXIV. 

15.  G.  XIV. 

25.  C.  IV. 

6.  E.  XXIII. 

46.  A.  Xtll. 

26.  D.  HL 

7.  F.  XXII. 

17.  B.  Xll. 

27.  E.  11. 

&  G.  XXI. 

la  C.  XL 

2a  F.  L 

9.  A.  XX.     ■ 

19.  D.  X. 

29.  G.  ♦. 

la  B.  XIX. 

20.  E.  IX. 
Mai. 

30.  A.  XXIX. 

1.  B.  XXVIII. 

11.  E.  XVHL 

21.  A.  ViU. 

2.  C.  XXVII. 

12.  F.  XVII. 

22.  B.  VIL 

3.  D.  XXVL 

13.  G.  XVI. 

23.  C.  VI. 

4.  E.  XXV. 

14.  A.  XV. 

24.  D.  V. 

5.  F.  XXIV. 

15.  B.  XIV. 

25.  E.  IV. 

6.  G.  XXIH. 

1&  C.  Xill. 

26.  F.  III. 

7.  A.  XXII. 

17.  D.  XII. 

27.  G.  II.  ♦ 

a  B.  XXI. 

18.  E.  XI. 

28.  A.  I. 

9.C.  XX. 

19.  F.  X. 

29.  B.  ». 

la  D.  XIX. 

20.  G.  IX. 

30.  C.  XXIX. 

31.  D.  XXVlIL 

J  Q  n  i  u  s. 

1.  E.  XXVUl. 

11.  A.  XVI. 

21.  D.  VL 

%  F.  XXVl. 

12.  B.  XV. 

22.  E.  V. 

1  G.  XXV.  XXIV. 

13.  C.  XIV. 

23.  F.  IV. 

4.  A.  XXIII. 

14.  D.  XIU. 

24.  G.  IIL 

5.  B.  XXII. 

15.  E.  XII. 

25.  A.  IL 

a  c.  XXI. 

16.  F.  XI. 

26.  B.  I. 

7.  D,  XX. 

17.  G.  X. 

27.  C.  *. 

a  B.  XIX. 

la  A.  IX. 

•2a  D.  XXIX. 

9i  F.  XVIII. 

19.  B.  VW.    . 

29.  E.  XXVlIL 

10.  G.  ;cvii. 

20.  C.  VIL 

30.  F.  XXVII. 

839 


839 

Kalender. 
J  Q  1  i  a  s. 

1 

i.  G.  XXVI. 

11.  C.  XVI.      . 

21.  P.  VI. 

2.  A.  XXV. 

12.  D.  XV. 

22.  G.  V. 

3.  B.  XXIV. 

13.  E.  XlV. 

23.  A.  IV. 

4.  C.  XXIII. 

14.  F.  XIIL 

24.  B.  III. 

5.  D.  XXII. 

15.  G.  XII. 

25.  C.  JI. 

6.  E.  XXI. 

16.  A.  XI. 

26.  D.  I. 

7.  F.  XX. 

17.  B.  X. 

27.  E.  ». 

8.  G.  XIX. 

18.  C.  IX. 

28.  F.  XXIX.      , 

9.  A.  XVIII. 

19.  D.  VIII. 

29.  o.  xxviir. 

10.  B.  XVlI. 

20.  £.  VIL 
A  a  g  n  8  t. 

30.  A.  XXVII. 

31.  B.  XXVI. 

1.  C.  XXV.  XXIV. 

11.  F.  X»V. 

21.  B.  IV. 

2.  D.  XXUI. 

12.  G.  XIII. 

2i  C.  III. 

3.  E.  XXII. 

13.  A.  XII. 

Ö3.  D.  II. 

4.  F.  XXI. 

14.  B.  XI. 

24.  E.  I. 

5.  G.  XX. 

15.  C.  X. 

25.  F.  ». 

6.  A.  XIX. 

16.  D.  IX. 

26.  G.  XXIX. 

7.  B.  xviir.  , 

17.  E,  VIII. 

27.  A.  xxviir. 

8.  C.  XVII. 

18.  F.  VII. 

2a  B.  XXVII. 

9.  D.  XVI. 

19.  G.  VI. 

29.  C.  XXVI. 

10.  E.  XV. 

20.  A.  V. 

30.  D.  XXV. 

31.  E.  XXlV. 

September 

i.  F.  xxm. 

11.  B.  xm. 

21.  E.  ra. 

2.  G.  XXII. 

12.  c.  xn. 

22.  F;  IL 

3.  A.  XXI. 

13.  D.  XI. 

23.  a  I. 

4  B.  XX. 

14.  E.  X. 

24.  A.  «. 

5.  C.  XIX. 

15.  F.  EC. 

25.  B.  XXIX. 

6.  D.  XVIII. 

16.  G.  vm. 

26.  C,  XXVIIL 

7.  E.  XVII. 

17.  A.  VIL 

27.  D.  XXVII. 

8.  F.  XVI. 

18.  B.  VI. 

28.  E.  XXVI. 

9.  G.  XV. 

19.  C.  V. 

29.  F.XXV.XXiV. 

10.  A.  XIV. 

J|0.  D.  IV. 

O  c  t  0  b  e  r. 

30.  G.  XXHL 

1,  A.  xxn. 

11.  D.  xii. 

21.  G.  II. 

2.  B,  XXI. 

12.  E.  XI. 

22.  A.  I. 

3.  C.  XX. 

13.  F.  X. 

23.  B.  ». 

4.  D.  XIX.. 

14.  G.  IX. 

24.  C.  XXIX. 

5.  E.  XVIII. 

15.  A.  VIIL 

25.  D.  XXVIIL 

6.  F.  XVIL 

16.  B.  vn. 

26.  E.  XXVIL 

7..  G.  XVL 

17.  C.  VL 

27.  F.  XXVL 

8.  A,  XV. 

18.  D.  V.      . 

28.  G.  XXV. 

9.  B.  XIV. 

19.  E.  IV. 

29.  A.  XXlV. 

la  C.  Xllt 

20.  F.  UL 

30.  B.  XXIIL 

31.  c.  xxn. 

Ralinm. 

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NoT*iiib«rk 

• 

i.  D.  XXI. 

11.  Gl  XI. 

51.  C.  L 

2.  E.  XX. 

12.  A.  X. 

22.  D.  ».  ^ 

3.  F.  XIX, 

13.  B.  K. 

23.  E.  XXlX. 

4.  6.  XVIIL 

14.  c.  vm. 

24.  F.  XXVlK. 

5.  A.  xvn. 

15.  D.  Vit 

25.  G.  xxvn. 

6.  ß.  XVI 

16.  E.  VI. 

26.  A.  XXVI. 

7.  C.  XV. 

17.  F.  V. 

27.  B.XXV.XXIV. 

8.  D.  XIV. 

la  6.  IV. 

2a  c.  xxm. 

9.  E.  XIIL 

19.  A.  in. 

29.  D.  XXII. 

10.  F.  XII. 

20.  B.  It 
Dee»mh»tt 

30.  £.  XXI. 

1.  F.  XX. 

11.  B.  X. 

21.  E.«. 

2.  G.  xrc 

3.  A.  XVUlj 

12.  C.  IX. 

22.  F.  xxrx. 

13.  D.  VHI; 

23.  G.  XXVIII. 

4.  B.  xvn. 

14.  £.  VII. 

24.  A.  XXVIL 

5.  C.  XVI. 

15.  F.  VI. 

25.  B.  XXVI. 

6.  D.  XV. 

16.  G.  V. 

26.  C.  XXV. 

7.  E.  XIV. 

17.  A.  IV. 

27.  D.  XXIV. 

8.  F.  xm. 

18.  B.  m. 

2&  E.  XXIIL 

9.  G.  XII. 

19.  C.  IL 

29.  F.  XXII. 

10.  A.  XI. 

20.  D.  J. 

30.  G.  XXL 

31.  A.  XX. 

Ä 

Kalium. 

Calium;    Potassium;    Potassium. 

Dayt  s^elgte  1807,  dafs  die  fixen  Alkalien  und  Erden,  wel-« 
die  bis  clahin  den  Zerlegungarversttchen  widetstanden  hatten^ 
Terbindnngen  Von  Metallen  mit  Sauerstoff  »eyen ,  und  zerlegte 
suerst  das  Kali  in  Kalium  und  Sauerstoff.  Dieses  Metall  findet 
sich  alS'Kali  in  sehr  vielen  Treit  verbreiteten  Steinen,  wie 
Feldspatb,  Glimmer  n.  s.  w.^  in  allen  auf  dem  Binnenlande  wach-« 
senden  Pflanzen  und  in  kleiner  Menge  in  den  meisten  Thieren. 

Man  erhält  das  Kalium  entweder,  nach  Dxvt,  indem  man 
schwach  befeuchtetes  Kalihydrat  in  den  Kreii  einer  starken  Vol- 
taschen Säule  bringt,  wo  es  sich  an  den  negativen  Leiter  in 
kleinen  Kügelcfaen  absetzt,  die  jedoch,  wenn  sie  nicht  schnell 
unter  Steinöl  gesammelt  werden  ,  sogleich  wieder  verbrennen  ; ' 
oder,  nach  GAT-»LtJS8iiG  und  Tnil^BriiRD,  indem  man  Kalihydrat 
aBmalig  durch  einen  beschlagenen  FUntenlanf  leitet,  in  welchem 
sich  fein  vertheiltes  .Eisen  in  heftiger  ySfM^^vibhiXzt  befinde^ 


838  Kalloni. 

welches  dttrch  Aufnahme,  des  Stnentoffes  den  WiMserstoff  des 
Wassers  und  das  Kalhiin  ded  Kali's  frei  macht;  oder,  nach 
CuRAVDSAü)  BnunsR  n»  Ahy  indem  man  kohlensaures  Kali  mit 
Kohle  in  Gefa/sen  aus  Schmiedeeisen  weifs  glüht  ^  wobei  sich 
KoUenoxydgas  und  Kaliumdampf  entwickelt. 

Das  Kalium  ist  da»  leichteste  Metall,  üidem  sein  specific 
sches  Gewicht  ntir  0,865  beträgt«  Es  ist  zinnweifs ,  bei  0^  C. 
brüchig,  bei  19*  weich  wie  Wachs,  bei  25* nnvoUkommen,  bei 
58*  vollkommen  flüssig.;  es  verwandelt  sich  etwas  unter  der 
Rothglühhitze  in  einen  grünen  Dampf.  Es  leitet  gleich  andern 
Metallen  die  Wärme  und  Elektricität* 

Seine  Verbindttttgen  mit  Sauerstoff  sind  das  Kaliumsuboxyd, 
das  Kali  und  das  Kaliumhyperoxyd* 

1)  DsiB  Kaliumauboxyd  bildet  sich,  wenn  fein  zertheiltes 
Kalium  mit  viel  weniger  Luft  oder  Sauerstoffgas  in  Berührung 
steht,  als  zu  seiner  Umwandlung  in  Kali  nöthig  ist,  oder  wenn 
es  mit  Kali  erhitzt  wird.  Es  ist  grau,  nicht  metallglänzend,  sehr 
schmelzbar  und  spröde  und  entzündet  sich  an  der  Luft  schon  bei 
20*  bis  25*  C.  Vielleicht  ist  es  blob  ein  Gemenge  von  Kalium 
und  Kali. 

2}  Das  Kalij  Kaliumoxyd  oder  if$g$ud}ilisch€  Alkali  (39,2 
Kalium  auf  8  Sauerstoff)  bildet  sich  bei  vollständigerer  Oxyda- 
tion des  Kaliums.  Die  Affinität  dieses  Metalk  zum  Sauerstoff 
ist  so  grob ,  dafs  es  sich  nicht  blols  bei  gewöhnlicher  Tempe* 
ratur  an  fiuchter  Luft  allmälig  in  Kalihydrat  verwandelt,  son- 
dern es  zersetzt  auch  l>ei  gewöhnlicher  Temperatur  das  Wasser 
und  bei  etwas  evbOhter  die  sämmtlichen  Sauerstoffsäuren  und  die 
meisten  Metalloxyde  und  ihre  Salze,  immer  unter  Wärme-  und 
meistens  auch  unter  Fenerentwickelung ;  auf  Wasser  geworfen 
entwickelt  es  Wasserstoffgas,  welches  beim  Zutritt  von  Luft 
sich  entzündet  und  seine  Entzündung  dem  Kalium  mittheilt  In 
allen  diesen  Fällen  bildet  sich  Kali.  Man.  erhält  dieses  in  rei- 
nem Znstande,  wenn  man  das  durch  Verbren r.en  von  Kalium  in 
trocknem  Sauerstoffgas  erhaltene  Kaliumhyperoxyd  durch  hefti- 
ges Glühen  vom  überschüssigen  Sauerstof!  befreiet,  oder  wenn 
man  Kalihydrat  mit  so  viel  Kalium  erhitzt,  als  zur  Zersetzung 
des  Hydratwassers  nOthig  ist.  Das  reine  Kali  ist  grau  und  sprOde, 
schmilzt  in  mäfsiger  Glühhitze  und  verdampft  erst  in  viel  stär- 
kerer; es  ist  geruchlos,  aber  von  seHr  ätzendem  Geschmack,  so 
wie  es  von  allen  Alkalien  die  stärkste  ätzende  Wirkung  besitzt 


Kalium.  830 

Ott  Kali  bildet  mit  wtDig  W«un  cbs  K(^Ukydtai  (d^n 
Mt%gtein  oiitx  fjßpU  eoMuticuBj^  welches  viel  länger  bekannt 
ist,  als  das  reine  Kali,  und  durch  Digestion  von  koklensauTem 
Kali  mit  Kalk  nnd  Wasser  und  Abdampfen  der  *o  erhaltenen 
Aetzlauge^  bis  sich  kein  \Tas|er  mehr  entwickelt,  erhaltefi  wird« 
Es  unterscheidet  ^iqh.vpm  wasserfreien  Kali  durch  weifse  Färb« 
und  leichtere  Scbmelssbarkeit  nnd  Verdampfbarkeit.  Ans  eineic 
ccmcentrirten  Ltlsuog^  des  Kali's  in  warmeip  Wasser  schiefsen  ia 
der  Kälte  ]8^rystalle  pn»  welche  viel  mehr  Wasser  enfh^l^p^.els 
4as  Hydrat.  -^  J>as  Xali  zerÜielst  ^d^neU  m^  der  Lufit  und  l^t 
(ich  in  Wasser,  .vondffnes  nur  etwas  üb/sr  j-  nttthig  hat,  ni^itec 
Wjirmeentwickelang^^  Pi^  elf  Aetzlapge  hekannte  Lösung  i^  um 
so  specifisch  .schwe^ret  mtdum  ao  schwieriger  gefnerbari  je  coo«» 
sentrirter  sie  ist 

Das  Kali  oeutralisirt  die  Säuren  sehr  vollständig,  so  dafi^ 
bei  schwachen  Säuren  Sfuine  alkalische  Reaction  überwiegen^ 
bleibt,  und  bildet  dai^it  die  Kalisalze,  Alle  Kalisalze  sind  im 
ü^fSfcr  löriick#  ifdoch  ^ige  schwierig,  wie  der  Weinsteia 
iM».  der  Kalialaun,  ^lyi  ^ie^auf,  sp  wie  auf  die  Fällung  derselben 
^joh  salzf^resPlatinQjLyd  gründet  sich  die  Unterscheidung  -de« 
KaJi's  un4  seiner  Salze  von  Natron  und  den  Natronsalzen.  Als 
vichtigereSabMi  d||S:KaIi'4  sind  zu  nennen  saipetersaures  KcUi 
oder  Salpßter*  Man  bereitet  ihn  im  Gfofseo ,  indem  man  stick-f 
Stoff  haltende  organische  Materien  in  Berührung  mit  kalk-  und 
Ulihakenden  Stoffen  en  -der  Luft  verwesen  labt  ^  die  dadurch 
gebildeten  salpetersauren  Salze  mit  'Wasser  auszieht,  aus  det 
LOseng  den  Kalk  und  die  Bittererde  durch  kohlensaures  Kali, 
fidlet,  sie  hierauf  weiter  abdampft,  das  dabei  krystallisirende 
Kochsalz  herausnimmt  und  die  Fliissigkeit  iiji  Gefälsen  erkältet^ 
vo  der  ivhe  SalptUr  anschielst«  Dieser  wird  durch  Auflösen 
in  heifsem  Walser,  Klären  und  Kiystallisiren  in  gereinigten 
oder  raffUiiiten  Salpeter  Verwandelt,  welcher  jedoch  nur  durch 
^ederholtes  Krystallisiren  gänzlich  vom  Kochsalz  befreiet  wer- 
den kann.  Der  Salpeter  schielst  in  Rectangulär  ^  Oktaedern  und 
nnregelmäisig  sechsseitigen  Säulen  an ,  welche  bald  mit  2  9  bald 
imt6Flächenbe9njiigt.siod  und  kein  Wasser  halten.  Er  schmeckt 
lühlend'*  scharf.  Er  schmilzt  unter  der  Glühhitze  ohne  Zersez- 
zung  zu  einer  klaren  Flüssigkeit;  beim  Glühen  entwickelt  er  un- 
ter AuÜK^häumen  Sauerstoffgas  nebst  etwas  Stickgas.  Mit  brenn* 
biren  Körpern  verpuffi  ex  heftig  in  der  Hi^e,  indem  der  Sauer« 
V.  Bd.  Hhh 


840  Kaliam. 

ixdftmner  SalpetenSbre  sicli  nnter  Feüerenlwickelung  mit  dem 
brennbaren  Körper  vereinigt  und  der  Stitkstoff  ab  Gas  in  Frei-* 
heit  gesetzt  wird. 

Der  Salpeter  braucht  bei  0^  C;  8  Theüe  und  bei  400*  we« 
inger  als  ^  Theil  Wasser  Kor  Auflösung;  'Von  seinen  Gemengen 
Initandem  Körpern  sind  am  wichtigsten '  das  Schiefepuiper  (s. 
diesen  Artikel) ,  das  Xhatlpuh^er  und  das  Sckmelzpulper.  Dai^ 
Knallpulptr  besteht  aus  1  Theil  SchWefel,-  2  l^h.  kohlensaures 
Kali  und  3  Salpeter,*  welche  in  möglildhst  trockenem  Zust^tfde 
innig  gemengt  wetden.  Berührt  man  dieseii  Oiamenge  mit  eineif 
glühenden  Kohle,  so  <6rfolgt  allmätige  Verbrentiung,  von  schwa*« 
tfaem  Verpuffen  begleitet;' Erhitzt  man  es  dagegen  in  dnem  ei-(> 
semen  >  oder  andern  GeMse  dlmälig'  immer  stärker,  io  wird  es- 
vom  Rande  aus  braun  und  teigig  und  verpu£Pk  dann  mit  äufserst 
liefdgetn  Knä^Iie  und  unter  Zerschmetterung  des  Gefkises,  sobald 
es  nicht  statrk  genug  ist\  Wahrscheinlich  bildet  sich  beim  all-^ 
Aiäligen  Erhitzen  aus  dem  Schwefel  uhd  kohlensaurem  Kali  Schwe- 
felleber, also  ein  Gemisch  aus  Schwefelkalium  und  schwefelsau* 
rem  Kali;  mit  dieser  mischt  sich  der  Salpeter  innig;  sobald  alber 
die  Temperatur  einen  gewissen  Grad  erreicht ,  reilst^as  Kalium: 
nebst  dem  Schwefel  den  Sauerstoff  derSalpetersSure  unter  Feuer» 
entwickelung  an  sich  und  setzt  den  Stickstoff  der  Salpetersäure 
als  Gas  in  Freiheit,  i^elches  de^n  die  Explosion  veranlafst  Die 
ehemalige  Thebrie,  nach  welcher  sich  aus  dem  Salpeter  Sauer— 
stoflgas  und  aus  dem  Schwefel  und  kohlensauren  Kali  hydro-» 
thionsaures  Gas  entwickeln  sollten,  die  dann  gemengt  eine  sich, 
entzündende  KnalUuft  bildeten,  ist  unrichtig ,  1)  w^  die  Hitze 
feu  gering  ist,  als  dafs  der  Salpeter  Sauerstoff  entwickelte;  2) 
weil  bei  trockenen  Ingredienzien ,  welche  gerade  die  stärkste 
Wirkung  Zeigen,  kein  Wasserstotf*  gegeben  ist,  also  an  die  Ent- 
wickelung von  Hydrothiohsäure  nicht  gedacht  werden  kann; 
3)  weil  diese  zwei  Gase ,  wenn  sie  sich  auch  entwickelten ,  sich' 
nicht  in  grofser  Menge  über  dem  Knallpulver  ansammeln ,  son- 
dern mit  dem  Zöge  des  Feuers  aufsteigen  und  in  der  umgeben-« 
den  Luft  verlieren  würden ;  und  4)  weil  die  explodirende  Wir* 
kung  vom  Knallpulver  selbst  ausgeht  und  nicht  von  einem  obep* 
halb  des  Knallpulvers  befindlichen  Räume, 

Das  Schmelzpulper  oder  Baume's  Schnellflufs  ist  ein  Ge- 
menge aus  1  Theil  Schwefel,  1  SägSpane  und  3  Salpeter;  füllt 
man  hiermit  eine  NofiMchale  oder  einen  kleinen  Tiegel,  bringt 


Kaliuim  841 

Sd  die  BStte  eine  Ueine  Silber-  oder  Knpleminiize  and  entsüa^ 
det  dasPuIveri  so  reicht  die  hierdorch  erzeugte  Hitze  zur  Schmelz* 
sang  des  Metalls  hin ,  während  die  Nobschale ,  weil  die  Feuer- 
entwidcelung  bald  beendigt  ist,  wenig  verbrannt  erscheint. 

Das  chlorsaurä  KaH  oder  hyperoxygenirt^salzMaure  Kali 
krystallisirt  in  meist  sehr  kurzen ,  tafelförmigen ,  schiefen,  rhom« 
bischen  Säulen  von  salpeterähnlichem  Geschmack,  die  kein  Krj- 
Stallwasser  halten,  beim  Reiben  im  Dunkeln  Funken  entwickeln, 
io  gelinder  Wärme  ohne  Zersetzung  schmelzen  ^  sich  bei  schwa- 
dier  Glühhitze  unt.er  Entwickelung  von  Sauentofigas  in  Chlorka- 
hnm  verwandeln,  mit  brennbaren  Küjrpem,  wie  Kohle,  Schwefel| 
Phosphor,  Zucker  u.s.w.  theils  in  der  Hitze,  theils  schon  beim 
Drücken  unter  lebhafter  Feuerentwickelung  verpuffen  und  mit 
Titriolöl  Chloroxydgas  erzeugen,  welches  theils  vom  Vitriolöl 
Bit  braungelber  Farbe  absorbirt  bleibt ,  theils  sich  entwickelt^ 
Qnd  durch  theilweise  Zersetzung  lebhaftes  VerpuiFen  veranlafst» 
Dieses  Salz  dient,  mit  Schwefel,  Hexenmehl,  Holzstaubund 
Salpeter  gemengt,  als  Zündpulper  oder  Percussionapulifer  zum 
Entzünden  von  Gewehren  durch  den  Schlag;  mit  Schwefel, 
Harz,  Zocker,  Traganthschleim  und  Zinnober  gemengt,  zur  Ver- 
üerttgung  der  rothen  oder  chemischen  Schwefelhölzer  oder  Ea- 
pyrions^  welche  sich  in  Vitriolöl  entzünden.  Berthollbt  ver- 
sachte  auch,  ächiefspulver  aus  chlorsaurem  Kali,  Kohle  und 
Schwefel  darzustellen;  da  jedoch^dieses  Gemenge  sich  schon 
durch  den  Druck  entzündet,  so  ist  sowohl  die  Bereitung  als 
auch  die  Versendung  dieses  Pulvers  mit  Lebensgefahr  verbun- 
den und  aufserdem  müfsten  die  Gewehre  für  dasselbe  stärker 
gemacht  werden ,  da  es  sonst  sie  leicht  zerschmettert. 

Leitet  man  durch  wasserfreies  kohlensaures  KaU  nicht  so 
viel  Chlorgas,* als  zur  Austreibung  sämmtlicher  Kohlensäure  nö- 
tUg  ist,  so  erhält  man  eine  Flüssigkeit  von  stark  bleichender 
Kraft,  in  welcher  von  einigen  Chlorkali  als  vorhanden  angenom- 
men wird,  von  andern  eine  Verbindung  des  Kali^s,  einerseits  mit 
Salzsaure ,  andererseits  mit  Chloroxyd ,  welche  letztere  Substanz 
äne  bleichende  Kraft  besitze. 

Das  einfach  achwefelaaiire  Kali  schiefst  in  kleine'n,  hatten, 
ihombischen  und  Zeitigen  Säulen ,  mit  4  oder  6  Flächen  zuge- 
spitzt^ an  f  welche  k^ein  Krystallwasser  enthalten ,  in  der  Hitze 
veiknistem  und  schmelzen,  schwach  bitterlich  schmecken,  gegen- 
Pfianzenfarben  neutral  sind  und  sieh  in  12  Th«  kaltem  Wasser 

Hhh  2 


842  Kalium. 

l^fseoi^'^-*  Das  doppA  schwefeisaure  Kaii  ist  leidit  9chmdzhtat^ 
sehr  sauer,  schmilzt  tinter  der  Glühhitze,  verliert  erst  in  hefti-» 
ger  das  zweite  Misohnngsgewicht  SchwefeUäure ,  tost  sich  leicht 
In  Wasser  und  schiefst  daraus  in  wasserhaltenden  Säulen  und 
Ifadeln  an. 

Das  einfach  kohlensaure  Kali  wird  dnrch  Ausziehen  der 
Holzasche  mit  "Wasser  und  Abdampfen  im  unreirieren  Zustande 
als  Potasche^  durch  Ausziehen  des  geglühten  Weinsteins  mit 
Wasser  im  reineren  Zustande  als  TVeinateinsalz  dargestellt.  Es 
ist  Weifs ,  fest ,  in  starker  Bothglühhitze  schmelzend ,  von  alka-* 
lischer  Reaction  und  geringer  Aetzkraft ,  zerfliefät  schnell  an  der 
Luft  und  braucht  nur  gleichviel  Wasser  zur  Lösung.  Die  ge- 
sättigtere Losung ,  das  Weinsielnöl,  hat  Oelconsistenz ;  sie  lie- 
fert in  der  Kälte  wasser haltende  Krystalle.  -*-  Das  doppelt  koh-^ 
hnaaure  Kall  krystallisirt  leicht  in  Verbindung  mit  Wasser^ 
schmeckt  un^  reagirt  sehr  schwach  alkalisch  und  verliert  bei 
mäfsigem  Erhitzen  die  Hälfte  der  Kohlensäure ,  so  dafs  einfach 
kohlensaures  Kali  bleibt,  und  zerfliefst  nicht  an  der  Luft. 

Das  mangansaure  Kali  ist  bereits  erwähnt  ^. 

Mit  der  Kleesäure  bildet  das  Kali  ein  einfach-,  doppelt- 
und  vierfach^ saures  Salz«  Das  doppelt  kleesaure  Kali  ist  als 
Sauerkleesalz  bekannt. 

Das  doppelt  weinsaure  Kali  setzt  sich  als  Weinstein  aus 
dem  Weine  ab«  £s  ist  eins  der  am  wenigsten  im  Wasser  lösli- 
chen Kalisalze.  Durch  völlige  Neutralisirung  mit  Kali  geht  es 
in  das  einfach  weinsaure  Kali  oder  in  den  tartarisirten  Wein-- 
stein  über ,  der  sehr  leicht  in  Wasser  lösliqh  ist,  in  rhombischen 
Säulen  enschielst,  und  aus  dessen  wässeriger  Lösung  selbst  schwa- 
che Säuren ,  durch  Entziehung  der  Hälfte  des  Kali's ,  wieder 
Weinstein  fällen,  so  dafs  die  Flüssigkeit  bei  hinreichender  Con- 
centration  fast  ganz  gesteht.  Das  essigsaure  Kali  oder  die  ge^ 
blätterte  JFeinsteinerde ,  durch  Sättigen  des  kohlensauren  Kali's 
mit  .destillirtem  Essig  und  Abdampfen  erhalten ,  krystallisirt 
schwierig  und  ist  besonders  durch  schnelle  ZerfLielsl^chkeit  an 
der  (*uft  ausgezeichnet 

Als  wichtigere  Doppelsalze,  welche  Kali  enthalten,  sind 
ztt  nennen :  das  sehttHt/slsaute  Alaunerde^KaU  (KaU-^^laun), 


1    3.  Mineralisclies  Chamaeleon  Th.  IL  8,  91» 


Kalium.  843 

das  fpanuftav  Kairon-^Kali  {SeignHt9^Sal%)  mai  das  wein^ 
tmre  Antimonoxyd^KuU  (BrechtifeüuUtn). 

Das  Kali  ist  eodHch  noch  mit  Tielec  schwachem  Salsbasen 
VOL  in  Wasser  theils  unauflöslichen,  theila  lOslicheo  Verbindangen 
▼ereinhar.  So  läfst  es  sich  mit  der  Alaunerde,  Süfserde  und 
Kieselerde  znsammenschmelsen  und  maqht  sie,  sobald  es  vor-»  ' 
waltet,  im  Wasser  löslich;  die  Verbindung  mit  Kieselerde  ist 
glasartig';  bei  geringem  Kaligehait,  wo  sie  unauflöshch  ist,  stellt 
sie  das  KßUgla»  dar ,  zu  welchem  das  meiste  Kronglaa  und 
Spiegelglas  zu  zählen  ist ;  die  Verbindung  der  Kieselerde  mit 
mehr  Kali  ist  zwar  auch  glasartig ,  löst  sich  jedoch  in  Wasser 
auf  und  bildet  damit  die  Kieeelfeucfuigheitf  Liquor  Silicump 
ans  welcher  sich  j  so  wie  sie  liicbt  sehr  verdünnt  ist ,  durch  ^ 
Säure  die  Kieselerde  in  gallertartigen  Flocken  fällen  labt.  Auch, 
mit  mehreren  schweren  Metalloxyden ,  wie  Titanoxyd,  Tantal- 
oxyd,  Tellnroxyd,  Wismnthoxyd,  Zinkoxyd,  ^nnoxyd  und 
Bleioxyd,  labt  sich  das  Kali  theils  auf  trockenem,  theils  auf 
nassem  Wege  vereinigen,  und  durch  seine  Vermittelung  werdep 
BMlizere  dieser  Oxyde  in  Wasser  löslich. 

3)  Das  Kßliumhyperoxyd  (  39,2  Kalium  auf  24  Sauerstoff) 
entsteht  beim  Verbrennen  des  Kaliums  in  trocknem  Sauerstoff- 
gas* Dieses  erfolgt  bei  gewöhnlicher  Temperatur  langsam»  ohne 
FenerenfwickelQTig ,  dagegen  bei  60  bis  80^  rasdi  Ämter  Ent« 
Wickelung  einer  lebhaften,  röthlich  weifsen  Flamme.  EaistpOm* 
meranzengelb  und  schmilzt  noch  unter  der  Glühhitze  zu  ein^m 
gelblichen  Oele,  das  beim  Brkalten  blättrig  gesteht.  Es  verwandelt 
sich  in  Kali  durch  Verlust  des  überschüssigen  Sauerstoffs,  so- 
wohl bei  heftigem  Glühen ,  als  auch  beim  Zusammenbringeii  palt 
Wasser,  in  welchem  es  sich  unter  Aufbrausen  als  Kali  l^st,  und 
beim  Zusammenbringen  mit  brennbaren  Stoffen,  an  welche  es 
den  Sauerstoff  meistens  unter  Feuerentwickelung  abgiebt. 

Das  Kalium  ist  ferner  verhindbar  mit  Fluor ,  Cnlor ,  Brom, 
lo3,  Selen,  Schwefel,  Phosphor,  Cyan  und  Schv^efel - Cyan. 
Die  Verbindungen  mit  den  zuerst  genannten  4  Stoffen  krystalli- 
liren  alle  in  farblosen  Würfeln, 

Da«  Fluorhalium  (39,2  Kalium /auf  18,6  Fluof)  schmilzt 
nnter'der  Glühhitze,  reagirt  alkalisch  und  zerÜielst  an  der  Luft; 
in  seiner  wässerigen  Lösung  kann  es  als  flubsaurfes  Kali  bettach*- 
tet  werden.  Es  ist  sowohl  mit  Flufssäure  als  auch  mit  Fluox- 
boron  vereinbar. 


844  Kaliuoi* 

Das  Chlorkaliu^n  oder  Diffestifsal»  (39,2  Kälinvi  «af  35,4 
Chlor)  bildet  sich  sowohl,  wenn  man  Kaliani  in  Chlorgas  bringt, 
wo  es  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  lebhafter  Feuerent«- 
wickelung  verbrennt ,  als  auch  beim  Vermischen  von  Kali  mit 
wässeriger  Salzsäure  und  Abdampfen ,  sofern  hierbei  Wasserbil- 
dung eifolgt  und  die  entstehenden  Krystalle  weder  Wasserstoff 
noch  Sauerstoff  enthalten«  Die  Verbindung  ist  in  der  Gliihhitxo 
schmelzbar  und  verdampfbar ;  sie  schmeckt  salzig  und  reagirt 
weder  alkalisch  noch  saner;  in  Wasser  geltet  kann  sie  ab  aaU^ 
saures  Kali  betrachtet  werden. 

Vom  Schßvtefel^  KaHumsindi  wenigstens  5  Arten  zu  untere 
scheiden,  sofern  3(^,2  Kalium  mit  16,  33,  48,  64  und  80  Schwe- 
fel verbindbar  sind.  Die  Verbindung  des  Kaliums  mit  Schwefel 
erfolgt  bei  mä£siger  Warme  unter  heftiger  Feuerentwickelung. 
Gewöhnlich  stellt  rnun  das  Schwefelkalium  dar  als  KaliBchHße^ 
fellebery  indem  man  ein  Gemenge  von  1  kohlensaurem  Kali  und 
4*  bis  •}  Schwefel  in  einem  irdenen  oder  gläsernen  Gefäbe  bis  zum 
Schmelzen  und  aur  Austreibung  der  Kohlensaure  erhitzt.  Hier- 
bei bildet  sich  ein  Gemenge  von  Vielfachr,  Dreifach-,  Vierfach- 
oder Fünffach -Schwefelkalium  mit  wenig  schwefelsaurem  Kali, 
sofern  sich  ein  Theil  Schwefel  mit  Sauerstoff  des  Kali's  zu  Schwe- 
felsäure vereinigt  und  das  so  desoxydirte  Kalium  einen. andern 
Theil  des  Schwefels  aufnimmt.  Sämmtliche  Verbindungen  des 
Kaliums  mit  Schwefel  sind  braun,  in  der  Glühhitze  schmekbar 
und  verdampfbar  und  in  Wasser  löslich.  Die  Lösung  des  Ein- 
fach -  ächwefelkaliums  in  Wasser  ist  farblos,  und  nimmt  man  an, 
das  Kalium  habe  hierbei  aus  dem  Wasser  Sauerstoff  aufgenom- 
men und  der  Schwefel  Wasserstoff,  so  ist  sie  als  wässeriges 
hydrothionaaupes  Eali  zu  betrachten ;  die  wässerige  Lösung  des 
Fünffach  •*  Schwefelkaliums  ist  braun  und  als  wässeriges  ky^ 
drothionigsaures  Kali  anzusehen,  söfem  hier  auf  den  aus  dem 
Wasser  freigewordeneu  Wasserstoff  5  mal  $o  viel  Schwefel 
kommt,  als  bei  der  erstgenannten  Lösung.  Alle  wässerigen  Säuren 
entwickeln  aus  dem  Schwefelkalium  Hydrothionsäure»  dMiier 
diese  im  Anfang  Schwefelleberluft  genannt  wurde. 

Das  PhoäphoT'^  Kalium  ist  rothbraun ,  schmelq^bsr,  ver- 
brennt beim  Erhitzen  an  der  Luft  und  entwickelt  im  W^vser 
Phosphorwasserstoffgas. 

Das  Cyanialium  erhält  man  rein  durch  Erhitzen  von  Ka- 
lium in  Cyangas  oder  Blausäure  -^  Dampf,  unrein  dureb  Glühen 


Katoptrik.  845 

vcm  koUeosanmn  K«fi  mit  stickit^filidltigen  orgtmso^n  Sub* 
stanzen,  a(.  B^  mit  g^lrodknelem  Blute,  deren  Kohleottoff  theils 
4iept  dem  Kali  den  SaqeKgtofi:  zu  entziehen,  theils  mit  dem 
Stickstoff  Cyan  zu  bilden ,  welches  sich  dann  mit  dem  reducirr 
teq  KiJim^  yefeii\igt,  Was«er  zieht  aus  der  kohligen  Masse  das 
ßyan-Kalium  ab  bUulaures  Küli ;  diese  L<lsung  heilst  BltUlatigs 
fmd  di«Qt  vorzüglich  aw  Darstellung  des  Benlinevbkfu^s, 

Das  Schi^i^el^Cyßnt'KaUunk  kryjtijlisirt  in  salpeterahnr 
lichen  Säulen ,  kein  Wesseir  haltend ,  ist  ip  der  Hitze  leicht 
schmelzbar,  an  ^er  Luft  sehr  ze/flieblich.  S^iiie  LQiiung  im 
Wasser,  die  als  wässeriges  schwefelbIaqsauresKali  zu  befrachten 
ist,  dient  als  Reagens  für  Eisen  r  Oxyd -Salze,  welch^  dadurch 
gelbroth  gefärbt  werden*  G, 

Catopirica;  Catoptrique;  CatQpfrics}  derjjqnige 
Theil  der  Optik,  welcher  voq  der  Zuriickwerfun^  der  Licht*» 
strahlen  fin  Opieoeln  handelt.  Der  ehemals  auch  ^ebra^ c]ite 
Name  Anakamj)tik  ist  nipht  mehr  gewöhnlich. 

Der  Inhalt  dieser  \yis5ens9baft  ist  sehr  leicht  zu  ube^seh^Uy 
indem  in  derselben  nur  das  Gesetz  der  ZuriiickweTfung  der  lichte 
Strahlen  von  spiegelnden  Flächen  bestimmt  und  dann  die  rein 
geometrische  Anwendung  auf  die  Zurückwerfung  ypn  gegebenen 
Spiegelfiächen  gemacht  wird.  Diese  Untersuchungen  sind  um  so 
eia£ache£,  da  «man  nur  die 'Fälle  hier  zu  betrachten  pflegt,  wo 
^r  Zuriickwerbmgs Winkel  deqi  Einfallswinkel  gleich  ist  und 
keine  Zerlegung  in  Farbenstr^len  statt  findet^  die  Falle j  tvo 
katoptrische  Farben  ents^eh^n  \  rechnet  man ,  als  von  ähnlichen 
Gesetz^  wie  die  Beugung  des  Lichts  abhängend,  nicht  hier- 
her. Dagegen  gehören  manche  Instrumente,  die  SpiegelmÜcro* 
skope  und  Spiegelteleskope,  der  Katoptrik  an« 

Dieser  Theil  dei;  Optik  ist  früher  als  die  Dioptrik  angewandt 
and  ausgebildet  worden.  Spiegel  zum  gewöhnlichen  Gebrauch^ 
und  sogar  Brennspiegel  ^  sii^d  den  Alten  bekannt  gewesen.  Bec^K- 
1L4W  ^  bemerkt  ^  daf^  die  metallenen  Spiegel  am  frühesten  in 


1  Art  Fark€*  8.  JOS.  ^nd  Art.  J^cdrien« 

2  S.  Art.  Br^^napiggeL 

3  Beckmann^s  Anlelt.  z*  Technologie  etc.  22.  Ahs9biiiit. 


816  Katoplrik, 

Gebrao^h  warvn ,  aber  auch  die  gUaernen  schon  früh  erfaüdan 
worden  sind.  Nach  Plixiv»  Angaben  sdieine  die  Verfertigung 
der  Glaisptegel  in  Sidon  erfunden  worden  zu  aeyn ;  anfongs  haj>e 
man  dem  Glase ,  um  es  zu  Spiegeln  brauchbar  zu  machen ,  eine 
dunkle  Farbe  gegeben ,  dann  Blei  und  endlich  Amalgam  alt  Be* 
legang  der  HintMläche  gebraucht.  Nach  den  Ton  Bbokmavit 
angeführten  Stellen  ist  in  der  Mitte  5les  13.  Jahrhunderts  das  Gtas, 
mit  eiller  Belegung  von  Blei  (auf  das  heilse  Glas  wurde  Blei 
gegossen)  zu  Spiegeln  angewandt  worden. 

Die  wissenschaftliche  Bearbeitung  der  Katoptrik  ist  auch 
schon  in  sehr  alter  Zeit  versucht  worden.  Wenn  auch ,  wie 
Grcoort  glaubt,  die  dem  Eusllzdks  beigelegte  Katoptrik*  nicht 
von  diesem  grofsen  Gf*ometer  seyn  mag,  woran  man  wegen  der 
darin  vorkommenden,  eines  grofsen  Geometers  unwürdigen,  un- 
richtigen Behauptungen  zu  zweifelh  Ursache  gefunden  «hat,  so 
bezeugt  doch  dieses  Buch ,  dafs  man  schon  früh  dia  Bestimmung 
des  Brennpunctes  bei  hohlen  Kugelspiegeln  uud  ähnliche  Be- 
,  Stimmungen  aufsuchte.  Auch  Ptolemaeus  hat  in  seiner  Optik 
die  Lehre  von  den  Spiegeln  aufgenommen,  aber  auch  hier  finden 
sich,  wie  Dblambre  versichert,  Wahrheit  und  Irrthum  ver- 
mischt* Von  Aachimedes  undHEEp^s  hierher  gehörigen  Schrif- 
ten ist  sehr  wenig  bekannt'. 

Viel  mehr  hat  der  Araber  Alhazes  im  11.  Jahrhunderte  ge* 
leistet'.  Erlöste  das  schwierige  Problem  auf^  den  Ort  des  Re^ 
flexionspuncts  beim  Ki;^elspiegel  zu  findeni  wenn  die  Lagen  des 
Auges  und  des  Gegenstandes  gegeben  sind ,  und  erweiterte  auch 
auf  andere  Weise  diese  Wissenschaft*  Vitellio  bat  zu  diesen 
Kenntnissen  wenig  hinzugefügt*  Als  Schnftstelleri  die  für  diese 
Wissenschaft  thätig  gewesen  sind,  verdienen  genannt  zu  werden: 
AKTBKBiiuS|  welcher  Untersuchungen  über  elliptische  Spiegel 
und  über  die  dem  Aachimedes  zugeschriebene  Anwendung  der 
'  Brennspiegel  anstellte,  Regiomovtavüs,  desseij  Schrift  über 
Brennspiegel  verloren  zu  ^eyn  scheint,.  Raphabl^Mirami  (In- 
ttodttzione  alle  prima  parte  della  specularia  o  sie  ecienza  d^U 
apecchi*  Firenze  1584^»  .MAUftOLTOue  (Theoremat»  delumine 


1    In  Eoclidis  opp«  ed.  Gregory  1706. 

8    Priestley  Gesch.  d.  OptU;.  3.  25  der  Uebart. 

S    Biineri  opticao  Uietaarat.  Basti.  1572* 


Katoptrik.  847 

et  umlnra)^,  KKn.BH  ( Paralipomena  ad  Vitellionem.    Fnuicol 
1604)9  Babrow  (lectiones  opücae.  LoQdri674)« 

Die  theoretische  Katoptrik  i^t  nachher  durch  Huosnius 
and  Slusius,  durch  Smith  (A  compleat  System  of  Optics), 
Kastxcr  u.  a.  erweitert  worden.  In  der  neuesten  Zeit  hat 
QuKTEiyET  die  Lehre  von  den  ßrennlinien,  die  durch  TschirtT' 
UAVSms  zuerst  bekannt  geworden  und  nachher  durch  De  CA 
HiRE,  Jag.  und  Joh.J3e&noulli  u.  a.  bearbeitet  worden  ist, 
sehr  vervollständigt*. 

Die  praktischen  Anwendangeq  der  Katoptrik  haben  theiU 
an  den  jCy linderspiegeln 5  Kegelspiegeln,  convexen  Kugelspie- 
geln geführt,  theils  zu  den  Hohlspiegeln,  deren  Anwendung  zu 
Spiegelteleskopen  so  wichtig  geworden  ist.  Da  von  allen  diesen 
Gegenständen  einzelne  Artikel  handeln,  so  will  ich  hier  nur 
karz  anfuhren,  dals  um  die  Spiegelteleskope  früher  New toh  und 
ÜBHSCHSK.  und  in  der  neuesten  Zeit  Amici  sich  grofse  Ver- 
dienste erworben  haben  und  dab  Amici  auch  Spiegelmikro-* 
ftkopa  von  grober  Vollkommenheit  verfertigt, 

«-         Die  Katoptrih  ist  in  den  Lehrbüchern  der  Optik  mit  abgei» 

bandelt«  Unter  diesen  hat  lange  Zeit Smith's  vollständiger  Lehr«» 

begriff  der  Optik ,  mit  Anmerk,  von  Kastveü  ,   Altenb.  1755, 

einen  vorzüglichen  Platz  behauptet,  und  es  fehlt  uns  jetzt  an 

einem  gleich  vollständigen,   dem  jetzigen  Zustande  der  VPis-*- 

senschaft    angemessenen  Werke,      Lamösdorf's    Grundlehren 

der    Photometrie  (Erlangen  1803,  1805)   enthalten    zwar  viel 

Dranchbares ,  namentlich  in  der  Katoptrik ,    das  Buch  ist  aber 

docb  durch  eine  weitschweifige  Art  der  Darstellung  weniger  nütz*- 

lieh  geworden.     Vieth  hat  in  seinem  Lehrbucbe  der  physisch 

angewandten  Mathematik,  2ter  Theil,  eine  sehr  brauchbare,  aber 

kurze  Darstellung  dieser  Wissenschaft  geliefert     Zur  Geschichte 

der  Wissenschaft  ist  Päiestlei:'8  Geschichte  und  gegenwärtiger 

Zustand  der  #ptik,  übersetzt  von  Klügel  (Leipzig  1775),  noch 

immer  brauchbar,   obgleich  seit  50  Jahren  viele  Zusätze  noth« 

wendig  geworden  sind,  "'  J?. 


1    Vgl,  Monteola  I.  S89u  tt).  64S. 

%    NoQT.  m^in.  de  Pacad*  de  Bruxalles«  Tome  III,  ponr  1825  nnd 
ein  Anssng  in  F^russac  Ballet,  math.  1827.  Xaqv. 


848  KauaticUat 

Kaust  icität. 

Aetzbarkeit,  Aetzkraft;  FU  causthoy  cor^ 
fosip;  Causticite;  Caustichnesa ;  das  Vermögen  ver- 
^hiedener  Substanzen^  thierische  iind  Pflanzenstpffe  i^nf  eine 
solche  Art  va  veränderny  dafs  ^i<»  ihren  Zusammenhalt  verlieren| 
also  zerfressen  werden,  piese  Aetzkraft  kommt  nur  solchen. 
Stof&n  zu ,  die  als  Ganze  oder  ihren  Bestandtheilen  na.ch  ipit 
gröfsern  Affinitäten  gegen  die  organischen  Materien  als  Ganze 
oder  gegen  einzelne  Bestapdtheile  derselben  begabt  sind.  So  wir- 
ken Salpetersäure  und  salpetersanres  Silberoxyd  ätzepd  vermög<( 
ihres  Sauerstoffs,  welcher  von  dem  Kohlenstofie  und  Wasserr 
Stoffe  der  organischen  Materie  mit  Begierde  angezogen  wird) 
fChlbr  vermöge  seiner  Affinität  zu  Wasserstoff^;  Vifriolöl ,  Salz- 
säure, Chlorantimon  u.  s.  w.  atzen  theils  wegen  ihrer  grofsen 
Affinität  zum  Wasser,  dessen  Bildung  sie  aus  dem  Wasserstoff 
lind  dem  Sauerstoff  der  organischen  Materie  veranlassen ,  tl^eils 
wegen  ihrer  Affinität  zu  der  ganzen  organischen  Materie,  die  sie 
in  einem  oft  ni)r  wenig  veränderten  Zustande  auflösen;  auf  dem 
culetzt  genannten  Grunde  beruht  auch  die  Wirkung  der  reipen 
i^lkaUen ,  welche  besonderj^  die  thierischen  Stoffe  mit  Leichti^^ 
keit  auflösen*  Diese  ätzende  Wirkung  der  reinen  Alkalien  wird 
«chon  durch  ihre  Verbindung  mit  der  schwachen  Kohleqsäure 
gröfstentheils  gehoben,  durch  die  Verbindung  mit  einer  stärkern 
Säure  vollständig ,  i^eil  dici  Affinität  gegen,  die  Säuren  gröfser  ist, 
als  die  gegen  nicht  saure  orgai^sche  Stoffe.  Schon  langst  un- 
terschied man ,  ahne  den  Gruqd  noch  zu  kennen,  die  reinen  AI* 
kalien  als  ätzende  yon  d^n  kohlensauern,  die  man  ^Idf  nanpte. 
Dafs  der  Kalk  durch  das  Brennen  ätzend  wird,  leitete  xpan  vor- 
siiglich  von  der  Aufnahme  von  Feuer  ab  ;  Meter  zugleich  von 
der  Aufnahme  einer  hypothetischen  Substanz ,  welche  er  ^d" 
^Lum  pingufi  nannte;  mag  aber  auch  der  Kalk  beim  Brennen  eine 
gewisse  Menge  von  Feuer  binden ,  so  wird  doph  jetzt  allgemein 
mit  Black  angenommen,  dafs  nicht  hiervon  dessen  Aetzkraft 
herrührt ,  sondern  von  der  Austreibung  der  Kohlensäure  beim 
Glühen >  wodurch  er  in  den  freien  Zustand  versetzt  wird,  in 
welchem   er  seine  Affinität  gegen   organische  Köxper  äulsem 


KegeUpiegel.  849 

Kegelspiegel. 

Speculum  conicum;  l^iroir  conique;  Conical 
mirror»  Ein  Spiegel,  detscn  Oberfläche  eine  convexe  Kegel'» 
flache  hildeL 

Man  könnte  die  ]Prage  allgemein  zu  beantworten  sucheni 
wie  sich  einem  in  gegebener  Stellung  befindlichen  Ange  ein  Ge- 
genstand im  konischen  Spiegel  darstelle,  ja  man  könnte  die  Frag^ 
sogar  auf  versohiedene  Arten  von  Kegeln  ausdehnen ;  aber  dieso 
wenig  Nuts^n  versprechende  Untersuchung  pflegt  m^n  so  zu 
beschränken,  daTs  sie  erstlich  nur  auf  den  geraden  Kegel  bezo- 
gen wii;d ,  und  dafs  man  zweitens  dem  Auge  seine  Stellung  in 
eioem  Puncte  der  über  die  Spitze  hinaus  verlängerten  Axä  an- 
weiset. Bei  dieser  Beschmnkuqg  ist  qs  nicht  schwer ,  die  dop- 
pelte Aufgabe  zn  lösen ,  1)  eines  gegebenen  Gegenstandes  Bild 
sof  die  Grundfläche  des  Kegels  projicirt  zu  zeichnei),  2)  diejer 
oige  Anamorphose  zu  zeichnen »  welche ,  im  Spiegel  gesehen| 
dem  Auge  ein  bestimmtes  Bild  darstellen  soll. 

Es  sey  F  ein  gegebener  Punct ,  dessen  ßild  im  Spiegel  man  Pig. 
bestimmen  will ,  so  legt  man  durch  ihn  und  durch  die  Axe  des  ^^* 
Kegels  eine  Ebene,  welche  des  Kegels  Oberfläche  in  AD,  DB 
schneidet ;  £  sey.der  Ort  des  Auges.  Zieht  man  nun  FQ  senk- 
recht auf  die  Verlängerung  von  BD  und  nimmt  f  G  =  FG,  sq 
bestimmt  £f  den  Punct  H,  wo  die  Zuruckwerfung  statt  findet, 
indem  oflenbar  DHE  =  BHf  =  BHF  ist,  De^  Durchschnitts-» 
(Kinct  der  £f  mit  AB  giebt  die  Stelle  an,  wo  das  Auge  den  ge« 
spiegelten  Pund  auf  die  Grundfläche  projicirt  sieht»  Für  einen 
bestimmten  Gegenstand  könnte  man  auf  diese ,  Weise  die  Lage 
^«r  Puncte  des  Bildes  finden« 

Will  man  dagegen  eine  Zeichnung  machen,  welche  im  Spie- 
gel gesehen  ein  bestimmtes  Bild  darstellt,  so  yerfttbrt  man  auf 
folgende  Weise.  Man  zeichnet  in  einen  der  Grundfläche  des 
Kegels  gleichen  Kreis  die  Figur ,  welche  das  gesehene  Bild  dar** 
«teileq  soll,  zieht  dann  durch  einen  in  die  Ani^morpl^ose  einzu-^gl] 
tragenden  Punct  A  dieses  Budes  den  Radius  OB  \  errichtf^t  in  C 
eine  auf  CB  senkrechte  laqie  lind  nimmt  ^darauf  CD  der  Höl^e 
desl^egel^,  DE  der  H(>he  des  Auges  über  der  Spitze  des  Ke-^ 
gels  gleich;  zieht  ^A,  und  nimmt  an  dem  Puncte  H,  wo  diese 
'in  DB  einschneidet,  den  Winkel  GQB  ==?  AHB;  4afin  ist  d^r 
pUTchschnittspunot  a  der  Linie  HG  mit  dem  Radius  derjenige 


föO  '  1  Keil, 

Panct  der  Anamorplio8#^  der  sein  BiM  ni  A  darstellt.  Es  er- 
hellet daher  leicht ,  dafs  die  Pimcte  ^  welche  sich  als  dem  Um- 
fiiDge  der  GrandAäche  nahe  liegend  zeigen  sollen ,  nur  wenig 
anfserhalb  des  Kreises  gezeichnet  werden,  diejenigen  hingegen, 
die  dem  Mittelpuncte  des  Kreises  nahe  liegen  sollen ,  am  ent- 
ferntesten vom  Umfange  des  Kreises  zu  zeichnen  sind.  Die 
Grenze  des  verzerrten  Bildes .  wird  gefunden ,  indem  man  BD 
nach  L  verlängert  und  MDB  s=  LDE  nimmt;  alle  Pancte ,.  die 
auf  einem  um  C  gezogenen  Kreise  vom  Halbmesser  ^  CM  lie- 
gen ,  erscheinen  dem  Auge  als  im  Centro  C  vereinigt.  Hieraus 
entstehen  die  sonderbaren  Verzerrungen ,  dafs*  zum  Beispiel, 
wenn  man  durch  die  Spiegelung  ein  Portrait  als^  Brustbild  so 
sehen  soll,  dafs  der  Mund  die  Mitte  ausmacht,  die  Lippen  das 
ganze  verzerrte  Bild  umgeben,  statt  dafs  an  einer  Seite  die 
Haare  y'aü  der  andern  die  Bekleidung  der  Brust  unmittelbar  a» 
dem  Umfange  des  Kreises,  den  die  Grund^äohe  de»  Kegels  be- 
deckt, anliegen,  B. 

Keil. 

Cuneua;    Coin ;    Jf^edge. 

Jeder  in  eine  Spitze  oder  Schneide  zulaufende  Kö'rper  kann 
als  Keil  betrachtet  werden ,  jedoch  versteht  man  hierunter  mei-» 
stens  einen  Ktfrper,  welcher  durch  drei  quadratische  und  zwei 
dreieckige  Flächen  eingeschlossen  ist«  Hiernach  entsteht  ein 
Keil ,  wenn  ein  Dreieck  sich  in  der  Ebene  eines  auf  eine  seiner 
Ecken  gefällten  Perpendikels  bewegt,  und  gehört  zu  den. sechs 
einfachen  mechanischen  .Potenzen ,  obgleich*  man  ihn  meisten« 
auf  die  geneigte  Ebene  zuruckRihrt  oder  als  zwei  mit  ihren 
GrundÜaohen  an  einander  gelegte  geneigte  Ebenen  betrachtet. 
Es  werden  dann  an  demselben  der  Kopf,  die  Seiten  oder  Sei- 
tenflächen und  die  Schneide  oder  Schärfe  unterschieden* 

Ueber  die  Theorie  des  Keiles  sind  schon  von  den  ältesten 
Zeiten  her  Untersuchungen  angestellt  worden  und  die  Geometet 
waren  seit  Aaistoteles  hierüber  nicht  einerlei  Meinung.  E* 
scheint  mir  indefs  überflüssig,  bei  einer  so  einfachen  Maschine 
die  äheren  Ansichten  von  Mehskvne,  Guido  Ubaldi,  Pahent, 
Cartesius,  Wallis,  Decha^les,  de  La  ms,  Rbill,  Borellt, 
Casati,    de   LA  HiKE,   Variohov  ,    v.  WoLF  Und  Andern 


KeiL  dil 

■ntxHtfaeikn  \  und  idi  begnüg«  micli  ail  folgender  ^geneinea 
OarateUang, 

Es  sey  ABC  der  Dordbschmtt  «ines  Keiles,  DE,  lothrechlFIff. 
g#geD  den  Kopf.decselben,  dio  Bichtong  einer  auf  ihn  wirken*^  ^^* 
den  Kraft  =  P*    Von  dem  Puncte  E,  .a^f  welchen  diese  wirkV  . 
fülle  man  die  Perpendikel  £F,  FG  aaf  die  beiden  Seitenflächen 
des  Keils,  gegen  welche  der  zu  überwindende  Wideratlmd  statt 
findet,  so  sind  diese  die  Componirenden  der  Kraft  P,  welche  X 
nnd,  Y  heilsen  niOgen.    Wird  dann  DE  bis  zu  einem  willküiii« 
«kea  Poncte  e  Teililngert,  nnd  zieht  man  ans  diesem  die  Paral«> 
leleft  eftmd  eg  mit  E6  nnd.EF,  so  hat  man  das  Parallelogramoi 
der  Ktäite,  dessen  IXagonal^  Ee  ist,  und  es  folgt  dann 

P  1  X  :  Y  =  Ee  :  Ef :  Eg. 
Es  ist  aber  fessEg,  also  P:X:Ys£e:Ef:£e,  nnd  weil  die 
Seiten  des  Dreiecks  Efe  auf  den  Seiten  des  Dreiecks  AGB  loth-^ 
recht  stehen,  so  sind  beide  Dreiecke  einander  ähnlich,  also 

P  :  X  :  Y  =  AB  :  AC  ;  BC, 
d.  h.  es  Terhalten  sich  für  den  Zustand  des  Gleichgewichts  die 
drei  ipvirkenden  Kräfte  bei  einem  Keile  ,  wie  die  drei  Seiten  des 
Dreiecks  ABC*  Es  sind. aber  diese  drei  Seiten  die  Darchschnitüe 
dorch  die  Ebenen  de?  Kopfes  und  der  beiden  Flächen  des  Kei^ 
las,  und  da  diese  gleiche  Höhen  haben,  folglich  sich  verhalten 
wie  diese  ihre  Durchschnitte ,  so  kann  man  auch  sagen :  es  ver«« 
liäll:  sich  beim  Keile  die  gegen  den  Kopf  desselben  anzuwen- 
dende Kraft  zu  dem  Widerstände ,  welcher  gegen  seine  beiden 
Seitenwände  ausgeübt  wird ,  wie  die  Fläche  des  Kopfes  zu  sei- 
nen beiden  Seitenflächen^.  Da  die  Form  des  Keiles  willkürlich  Fig. 
ist,  so  lassen  sich  die  auf  seine  drei  Seiten  wirkenden  Kräfte 
dvnrch  drei  Perpendikel.be,  ee,  ae  ausdrücken,  welche  sich  für 
den  Zustand  d^s  Gleichgewichts  aber  in  einem  Puncte  schneiden 
müssen ,  weil  sonst  eine  Drehung  erfolgt  K  Weil  aber  fiir  den 
Znstand  des  Gleichgewichts  die  erforderlichen  Kräfte  den  Fiä«* 
dieu  proportional  sind,  ^  folgt  zugleich,  dab  die  Wirkung 
eines  Druckes  oder  Sto&es  gegen  den  Kopf  eines  Keiles  unand« 

lieh  wird,  wenn  die  Fläche  dieses  Kopfes  verschwindet. 

■  « 

1    Jdan  fiodet  diese  in  G.  F.  Bärmann^s  Dissert.  de  Caueo.  Yiteb« 
1751.  4.    Vergl.  A.  G.  Kästkkr  Anfangsgr.  der  Mechanik.  Gört.  1780. 
AniD.  {.  105.  8. 63.    Ludlam's  Essay  on  the  power  of  the  Wedge.  1770. 
'2    Vergl.  Poissoir  Trait^  de  M^cati.  T.  J.  p.  601. 
8    TergU  Toang  Leoturea  T,  I.  p.  71.  T.  U.  p.  42. 


832  Keil. 

Die  gew0hnUch«te  Fonn  der  Keile  ist  die  eines  rechtwink- 
ligen oder  gleichschenkligen  Dreiecks,  und  dann  fällt  seine 
•  Construction  mit  der  einer  geneigten  Ebene  zusammen ,  wobei 
man  nicht  sowohl  den  Zustand  des  Gleichgewichts,  als  vielmehr 
die  GrOfse  der  Kraft  untersucht^  welche  erfordert  wird,  um  ver^ 
mittebt  des  Keiles  eine  gegebene  Last  2u  heben.  In  beiden  Fäl-« 
len  wird  dann  angenommen ,  dafs  die  geneigte  Ebene,  also  der 
Keil,  gegeh  die  su  hebende  Last  bewegt  wird,  welches  aufdi» 
p.  Theorie  keinen  weiteren  Einflafs  hat«  •  Bildet  also  der  Dtorbhft 
198. schnitt  des  Keiles  ein  rechtwinkliges  Dreieck,  so  komnKt  d«i^«» 
eelbe  vollstündig  mit  der  geneigten  Ebene  ttberexn,  und  e>  ist 
dann  auf  ihn  unmittelbar  dasjenige  anzuwenden ,  was  in  B^ef« 
hung  auf  diese  letztere  bereits  nachgewiesen  ist^,  nämlich  dab 
die  Kraft  sich  eu  der  zu  hebenden  Last  verhält,  wie  die  Höhe 
der  geneigten  Ebene  zu  ihrer  Länge,  oder  wie  AB  zu  AC  Die^ 
ses  Verhältnils  ist  aber  das  des  Neigungswinkels,  und  heifst  die» 
ser  also  =  a,  die  zur  Erzeugung  des  Gleichgewicht»  erforder- 
liche Kraft  =  P,  die  drückend«  Last=Q  ^  «o  ist  P  e=Q.  Sin.  tf. 
p.  Ist  dagegen  die  Durchschnittsfläche  des  Keils  ein  gleichsehen k<» 
199.  liges  Dreieck,  so  ist  derselbe  als  aus  twei  mit  ihren  prundflächen 
zusammengelegten  geneigten  Ebenen  AGB  pnd  A'CB  bestehend 
zu  betrachten.  Es  wäre  hiernach  also  dasVerhältnifs  von  AB :  AC 
und  von  A'B  :  AC^  also  von  AA' :  AG  gegeben,  und  wenn  der 
ganze  Winkel ,  welchen  die  beiden  Flächen  des  Keiles  bilden, 
s=  a  heifst,  so  ist  P=:2Q.Sin.  \a.  Hierbei  wird  vorausgesetzt, 
dafs  die  Last  senkrecht  gegen  die  Seiten  des  Keiles  drückt,  wie 
dieses  in  den  allermeisten  Fällen  statt  findet ;  ist  aber  die  Rioh-^ 
tung  der  Last  der  Ebene  des  Keilriickens  parallel ,  so  ist  für  den 
rechtwinkligen  KeilP^zaQ.  Tang,  a  und  für  den  gleichschenk-, 
ligen  P=a2  Q.  Tang.  \x».  Aus  allen  vier  Formeln  ergiebt  sich 
übereinstimmend  ,  dafs  die  Wirksamkeit  des  Keiles  so  viel  gr(S« 
fser  seyn  wircl ,  je  geringer  seine  Dicke  gegen  seine  Länge  ist. 

Zur  Kenntnifs  des  Keils  und  seiner  Wirksamkeit  genügt 
das  bisher  Angegebene  vollkommen ,  da  seine  Anwendung  zwar 
sehr  häufig ,  aber  nie  complicirt  ist ,  selbst  nicht  bei  gewölbten 
Bögen ,  deren  einzelne  Ausschnitte  als  Keile  betrachtet  werden. 
Meistens  bedient  man  sich  des  gleichschenkligen  Keiles  zum 
Spalten  des  Holzes  oder  zum  Hinauftreiben  von  Balken ,  La- 


1  s.  Th.  TFT.  8.  er. 


KeiL  853 

sten  n.  s.  w,|  nnd  da  die  Dicke  der  Keile  in  der  Regel  tmgleiek 
geringer  ist,  als  ihre  Länge,  so  macht  eft  keinen  merklichen  Un«> 
tersdiied,  ob  die  Berechnung  nach  dem  Sinns  oder  der  Tan« 
gente  angestellt  ^ird;  Ueberhaupt  aber  wird  der  'mechanische 
E£Fect  des  Keiles  selten  berechnet ,  sondern  gewöhnlich  bringt 
man  denselben  onr  nach  allgemeinen  Hegeln  einer  groben  Em- 
pirie in  AxTwendnng.  Weit  weniger  geschieht  dieses  feiner  iH 
der  Art,  dafs  drei  Kräfte  gleichzeitig  ^egen  den  Kopf  nnd  die 
beiden  Flächen  des  Keiles  drücken ,  als  dafs  gegen  ersteren  eiü 
Stofs  ausgeübt  wird,  um  die  Flächen  zwischen  die  Widerstand 
leistenden  Körper  ztt  treibeii ,  mid  dabei  wird  dann  in  der  Regei 
ohne  nähere  Unttosuchtfng  vorausgesetzt,  daTs  die  Riehtung  der 
drei  Kräfte  auf  diese  Flächen  lothrecht  sejr.  Ist  diö&es  nicht  der 
Fall,  so  kann  die  Kraft  bei  bekannter  Richtung  detselbeh  leicht 
redneirt  werden.  Wäre  z.  B.  der  Kefl  acb  und  die  Richtung  der|^* 
Kraft  ed  g^gen  denselben  gegeben,  so  ist  diese  als  die  Diagonale 
der  Gomponireliden  ef  und  fd  zu  betrachten,  woron  die  letzter^ 
Verschwindet,  die  erstiere  aber  als  effectiT  wirksam  bleibt.  Es 
ist  aber  ef  der  Cosinus  des  Neigungswinkels  der  Kraft  mit  der 
geometrischen  Axe  des  Keiles,  uüd '  Innenn  dieser  =  a  ge- 
nannt wird ,  so  ist  die  reducirte  Kraft  k'  =  k.  Cos.  a.  Eben 
diese  Formel  ist  auch  zur  Rednction  der  Kräfte  genügend, 
welche  iq  gegebener  Richtung  gegen  die  Seitenflächen  des  Kei- 
les wirken. 

Nur  selten  kommt  es  zur  praktischen  Anwendung ,  dafs  der 
Keil  als  durch  drei  auf  seine  Flächen  lothrecht  gerichtete  Kräfte 
im  Gleichgewichte  erhalten  betrachtet  Wird ,  wenn  nicht  etwar 
bei  der  Gonstruclion  gewölbter  Bogen.  Wenn  man  sich  dessel- 
ben bedient,  z.  B.  beim  Spalten  des  Holzes  und  der  Steine  oder 
sum  Hinauftreiben  von  Lasten ,  so  wird  er  durch  die  Reibung 
in  dem  gemachten  Spalte  festgehalten ,  woraus  schon  von  selbst 
folgt ,  daüs  diese  aufserordentlich  stark  seyn  mufs.  In  d^n  mei- 
sten Fällen  würde  er  ohne  di^se  iast  seipe  ganze  Brauchbarkeit 
verlieren,  wie  man  unter  andern  dann  wahrnimmt,  wenn  seine 
Flächen  zu  glatt'  sind  und  er  bei  jedem  Schlage  auf  seineu  Kopf 
•wieder  zurückspringt.  Die  starke  Reibuqg  ist  bei  ihm  dalxer 
nothwendig ,  aber  es  fol^t  daraus  auch  zugleich ,  dafs  ein  grofser 
Tbeil  der  auf  ihn  verwandten  Kraft  dadurch  wieder  verloren 
geht.  Manche  Schriftsteller  bringen  den  Reibnngs  -  Goefficienten 
und  die  Richtung  dieser  Reibung  gegen*  seine  Flächen  sugleich 


IS54  KeiL 

mit  in  Rochnung^y  allein  der  Reibungs  -  Coefficient  ist  zu  wenig 

genau  bestimmbar.     Am  einfachsten  ist  es  daher ,  mit  Huttos  ^ 

dqzutiehmen,  dafs  die  Reibung  gerade  so  stark  ist,  als  der  gegen 

/ihn  ausgeübte  Druck;   denn  wäre  sie  geringer ^  so  würde  d^r 

vorwärts  getriebene  Keil  bei  nachlassender  treibender  Kraf^  sick 

wieder  zurückbewegen.    In  der  Regel  ist  aber  die  Reibung  noch' 

ungleich  stärker,  als  diese  angegebene  Grölse,  denn  sonst  rnjüTste 

man  einen  durch  Schlagen  hineingetriebenen  Keil  mit  leichter 

Mühe  wieder  zurückziehen  können.     Hiernach  mufs  aber  zur 

Bewegung   eines,  Keiles  die  doppelte  ]^aft  angewandt  werden| 

wenn  mau  Lausten  durch  ihn  hej^ien  will ,  ,  und  der  durch  ihn  za 

erhaltende  mechanische .  Effect  könnte  daher  nicht  grob  seyn, 

wenn  der  Keil,  nicht  zugleich  den  Vortheil  gtswährte ,  dftfs  fo; 

durch  den  Stofs  g.etrieben  wird,  was  bei  keiner  sonstigen  einfa-^ 

chen  mechanischen,  Potenz  der  Fall  ist.    Es  wird  aber  im  Art« 

Siofs  gezeigt  werden,  dä(s  die. Kraft  ^»tofsepder  KCirper,  z^  Bf 

eines  geschwungenen  Hammers^,  eines  Schlägels  u.  s,  w.,  den^ 

Quadrate  der  Geschwindigkeit  muUiplicirt  mit  der  Masse  de^el7 

h?n  proportienal  ist ,  und  eine  Masse,  ypn  1  $^.  mit  meiner  Ge« 

schvvindigkeit  von  ^1  F*  in  einerSeounde  einen  Effect  von  Oi47£; 

giebt.     Da  aber  ein  Mensch  mit  der  Hand,  einem  Körper  eine 

Geschwindigkeit  von  50  F.  in  1  See.  zu  geben  vermag  ^,  so  läfs^ 

sich  ein  Hamn^er  an  einem  Stiele  vielleicht  zur  doppelten  £nd<% 

geschwindigkeit  bringen ,  und  wurde  dann  bei  einem  Gewichte 

von  1  S?.  zu  einer  Kraft  von  4700  ,{?•  gebracht  \verden.     Will 

man  aber  auch  nur  j^ne  Geschwindigkeit  von  50  F.  in  1  Seo^ 

annehmen,   so  beträgt  die  Kraft  doch  1175  S^«    Für  die  oben 

mitgetheilte  einfachste  Formel,  •  nämlich  P=:Q.  Sin. a,  ist  die 

gefundene  Zahl  der  Werth  von  P,    und  es    ergiebt  sich  dann 

leicht,  wie  grofs  Q  seyn  darf,  oder  was  für  eine  Last  vermittelst 

eines  Keiles  durch  stärkstes  Schlagen  mit  einem  Hammer  von 

1  S.  Gewicht  gehoben  werden  könnte,   sobald  a  bekannt  ist* 

Wäre  a  =  15^,  und  rechnet  man,  dafs  durch  Reibung  die  Hälfte 

der  Kraft  verloren  wird,  so  wäre  für  den  obern  Werth  von  P 

4700 
die  gefundene  Wirkung  Q=  r-r: — -—  =  9079,7  and  für  den 

1  S.  Lasgsdorf  Handbach  der  gemeiaea  nnd  höheren  Mechanik. 
18Ö7.  8.  212.  • 

2  Dictiooaxry  T.  IL  p.  505.  .  ^ 

3  &.  dieses  Wortert.th.  IV.  8.  1B52. 


KeiL  855 

1175 

kzieren  Q  =  ^   *     ^^  ■  ^  2270  {?•    Die  liier  erhaltenen  Re- 
2.  Sm.  15*» 

soltate  sind  gewifs  nicht  übertrieben  und  die  Bestimmungen, 
mit  Ananahme  des  allezeit  unsichem  Reibung8coe£5cienten,  hin- 
länglich genau ,  insbesondere  ist  die  Kraft  des  Stofses  nicht  za 
grofs  angenommen ,  d»  die  Erfahrung  lehrt ,  dafs  durch  schwere 
Hämmer  von  8  bis  10  oder  12  {?•  Gewicht  starke  eiserne  Keile 
zerschlagen  werden.  Hüttov  ^  sagt  daher  mit  Recht,  daüs  das 
schwerste  Schiff  vermittelst  eines  unter  dasselbe  getriebenen  Kei- 
les gehoben  werden  kann. 

Bishei^  ist  unter  dem  Widerstände,  welchen  der  Keil  zu  über-' 
\nndlen  hat,  nur  der  Druck  gegen  seine  Seiten  verstanden  worden« 
Inder  praktischen  Anwendung  hat  jedoch  die  Schärfe  des  Keiles 
oft  ein  widerstehendes  Hindernifs  zu  durchschneiden,  welches 
einen  desto  gröfseren  Aufwand  von  Kraft  erfordert,  je  härtet 
der  zu  trennende  K($rper  und  je  stumpfer  die  Schneide  des  Kei- 
les ist.  In  allen  Fallen  ist  daher  der  mechanische  Effect  de» 
Keiles  um  so  gröfser,  je  geringer  spine  Höhe  im  Verhältnib  zu 
seiner  Länge  und  je  feiner  seine  Schneide  ist ,  jedoch  läfst  sich 
beides  nicht  so  weit  treiben,  dafs  der  Keil  die  erforderliche 
Starke  Verliert  Uebrigens  können  Messer,  Degen,  Säbel,  Beile^ 
Hacken,  Pflugscharen,  Stemm-,  Hebel-  und  Dreh -Stahle,  Gral^- 
Stichel ,  Nägel ,  Nadeln  u.  V.  'a.  zum  Keile  gerechnet  werden  ^. 

Um  das  angegebene  Gesetz  der  Wirkung  des  Keile».  diSch 
einen  Versuch  zu  prüfen,  hat  MvsschevbaÖek.^  einen  Ap^ant* 
angegeben,  welcher  durch  Latosdorf^  etwas  abgeändert  und 
Gomphometer  (von  y6(i(f>ög  Keil)  genannt  worden  ist.  An  den  uta  p« 
ibre  Axen  leicht  beweglichen  Scheiben  a,  b  sind  die  gleichen  He- äo! 
beiarme  ad,  ag ,  bd',  bh  rechtwinklig  angebracht,  so  dais  die  Ge^ 
^chte  Q,Q'  mit  ihrer  ganzen  Kraft  die  leicht  beweglichen  Wal- 
zen oder  Rollen  g,  h  gegen  die  Seiten  des  Keiles  drücken  und 
nach  dein  Verhältnifs  des  Winkels ,  welchen  diese  einsohliefsen, 
den  durch  das  Gewicht  P  herabgezogenen  Keil  am  Herabsinken 


1    A  Coarsa  of  Mathematics  cet.  Lond,  1811.  II«  p.  iSd. 
-  2    Die  Theorie    des  Keiles   findet  man   in  alleii  Lehrbüchern  der 
Mechanik  and  der  mechanischen  Physik,  weswegen  es  überfiüssif  ist, 
die  Literator  einzeln  anzugeben«  ^ 

3  Introd.  §.  466.  %  l  p.  133. 

4  Handbach  der  g^naeinen  «od  höheren  Mechanik.  8«  2l3« 
V.  Bd-  ,•  lii 


856  Klima. 


hinäern.  Die  Schraube-  op  dient  dann,  die  Neignng  der  beiden 
Flächen  des  Keiles  za  verändern ,  um  yerscbiedene  Verhältnisse 
von'  P  zu  Q,  Q'  zu  erhalten.  ßf. 


Klima.* 

Clima-y    Climat;    Climate, 

Unter  Klima  (xXtfia,  von  %Uvto  ich  neige)  verstand  man 
ehemals  die  Neigung  der  Erdoberfläche  gegen  die  Sonne,  welche 
ohne  Rücksicht  auf  die  veränderliche  Deklination  der  letzteren 
unter  dem  Aequator  =  0  und  auf  den  beiden  Ilalbkugeln  der 
Erde  den  Graden  der  Breite  direct  proportional  ist.  Nach  dieser 
Neigung  wurde  dann  die  Erde  vom  Aequator  an  nach  jedem  der 
Pole  .hin  in  Zonen  getheilt.  Welche,  von  ungleicher  Auadeh« 
nung,  mit  jenem  parallel  laufen  und  durch  die  zunehmende 
Länge  der  Tage  bestimmt  sind.  Nach  den  alten  Geographen  ^ 
begreift  nämlich  jedes  folgende  Klima  diejenige  Zone,  in  wel- 
cher der  längste  Tag  um  30  Minuten  wächst,  und  in  so  fern 
dieser  unter  dem  Aequator  12  Stunden  beträgt,  unter  dem  Po- 
larkreise aber  24  Stunden ,  so  begreift  dieser  Raum  24  Klimate. 
Die  spätem  Geographen  theilten  die  Polarzone  dann  noch  in  6 
Klimate ,  in  denen  die  Tagesläng'e  um  einen  Monat  zunimmt, 
bis  unter  den  Pol  selbst,  wo  das  Jahr  nur  einen  Tag  und  eine 
Kacht  enthält.  Diese  nur  noch  zum  Verständnifs  der  Alten  wis* 
•enswertfae  Eintheilung  zeigt  folgende  Tabelle  K 


1    Ptolkicabi  Geogr.  L.  I,  c.  8.  Riccioli  Geogr.  reform.  Lib.  VU. 
c  9»  Tarbhu  Geogr.  geaer.  Sect.  YI.  c«  25» 

S  '  Nach  Taibvivs  a«  b.  O» 


Klima. 


857 


Ansdehoang 

T^fltlliT 

Klima. 

bis 
Breitengrade. 

begreift 

J^ttUVf 

in  lüngsten  Tages. 

•  1 

8»    34' 

8"  34 

12  St.  30  Min. 

2 

16     44 

8    10 

13 

3 

24-    12 

7    28 

13       30 

4 

■  30     48 

6    36 

14 

5 

36     31 

5    43 

14       30 

6 

41      24 

4    53 

15 

7 

45     32 

4    08 

15       30 

8 

49  *  02 

3    30 

16 

9 

52     0» 

2    58 

16       30 

10 

54     31 

2    31 

17 

11 

56     38 

2    07 

17       30 

12 

58     27 

1    49 

18 

13 

60     00 

1    33 

18       30 

14 

61      19 

1    19 

19 

15 

62     26 

1    07  , 

19       30 

16 

63     23 

57. 

20 

17 

64     11 

48 

20       30 

18 

64     50 

39 

21 

19 

65     22 

32 

21       30 

20 

65     48 

26 

22 

21 

66     08 

20 

22       30 

22 

66     21 

13 

23 

23 

.66     29 

08 

23       30 

24 

66     32 

03 

24 

25 

'67      23 

51 

1  Monat 

26 

69     50 

2    27 

2      — 

27 

73     39 

.3    49 

3     — 

28 

.  78     31 

4    62 

4     — 

29 

84     05 

5    34 

5     — 

30 

90       0 

5    55 

6     - 

Mit  der  Entfernntig  vom  Aeqtiator  und  der  ihr  proportional 
len  gröfseren  Neigung  der  Sonne  gegen  die  Horizontalebene 
nimmt  die  Wärme  ab ,  und  dürfte  man  die  Temperatur  der  Ter* 
schiedenen  Orte  blob  als  eine  Folge  jener  Neigung  betrachten, 
so  liefse  sich  dieselbe  jganz  genau  berechnen.  Unter  Klima  ver- 
stand man  daher  später  die  höhere  oder  niedrigere  Temperatur 
der  verschiedenen  Erdzonen  und  suchte  Formeln  auf,  wonach 
man  diese  tfus  den  Graden  der  Breite  ohne  oder  mit  Rücksicht 
auf  die  Erhebung  der  Orte  über  die  Meeresfiiäche  berechnen 
l^önnte,  wie  dieses  namentlich  durch  Hallet,  Maiaait,  Simi»- 
BQV»  Tob.  Matka^  L.  EulbRi  Käbtaea  n.  a.  geschehen  ist. 

Iii2 


858  '  Klima. 

Weitere  Untersuchungen  zeigten  indefs,  dafs  die  berechneten 
Temperaturen  mit  den  beobachteten  keineswegs  übereinkamen, 
und  obgleich  die  herrschende  Wärme  mit  Riicksicht  auf  ihre 
Stärke  und  Dauer  unter  die  wesentlichsten  Bedingungen  der  Be- 
schaffenheit de^  Klimans  gehört,  so  ist  sie  doch  keineswegs  die 
einzige,  indem  namentlich  Oerter,  wo  trockene  Wärme  herrscht, 
sich  sehr  wesentlich  von  solchen  unterscheiden ,  welche  starkem 
Regen  unterworfen  sind.  Je  genauer  und  vollständiger  über- 
haupt die  Kenntnifs  der  Länder  und  einzelner  Gegenden  gewor- 
den ist,  je  mehr  man  den  Einflufs  der  daselbst  herrschenden 
Witterung  auf  das  Thier-  und  Pflanzenleben  erkannt  hat,  um 
desto  mehr  ist  der  Begriff  der  KilmatologU  erweitert ,  so  dafs 
letztere  in  diesem  Augenblicke  einen  weitläufigen  yind  wichti- 
gen Zweig  der  physikalischen  Untersuchungen  aasmacht.  Man- 
che einzelne  hierbei  in  Betrachtung  kommende  Theile  sind  au- 
Iserdem  von  grofsem  Umfange  tind  erfordern  eine  so  ausfuhrliche 
Behandlung,  dafs  der  Artikel  KUma  zu  einer  ungebührlichen 
Länge  anwachsen  miifste ,  wenn  man  sie  insgesammt  darin  auf- 
nehmen Wolke.  Es  scheint  mir  dahei:  am  angemessensten,  dio 
wichtigsten  Bedingungen  des  Klimans  einzeln  namhaft  zu  ma- 
chen ,  zugleich  aber  diejenigen  blofs  anzudeuten ,  welche  in  ei- 
genen Artikeln  näher  untersucht  werden  müssen  K 

1)  Die  erste  und  wesentlichste  Bedingung  des  Klimans  ist 
die  Temperatur,   von  welcher  die  Production  im  Thier-  und 
Pflanzenreiche  in  einem  solchen  Grade  abhängt,  dafs  beide  in 
Fülle  und  Ueppigkeit  von  der  gänzlichen  Unfruchtbarkeit  der 
erstarrten  Polargegenden  bis  zur  unglaublichsten  Production  der 
äquatorischen  Zonen  der  wachsenden   Wärme,  proportional  zu- 
nehmen.    Die  hierbei  bedingende  Temperatur  ist  dann  in  Be- 
Kiehung  auf  ihre  Quelle  und  ihre  verschiedenen  Modificationen 
eine  gedoppelte;   zuerst  diejenige,  welche  dem  Kerne  und  der 
Kruste  der  Erde,  ihrer  Oberfläche,  und  Atmosphäre  in  Folge  einer 
bleibend  vorhandenen  Wärme -Menge    eigenthümlich  ist  und 
durch  die  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  erzeugt,  in  Thätigkeit 
gesetzt  .oder  niodificirt  wird.     Diese ,  welche  der  Erde  gleich*- 
sam  nothwendig  zugehörend  anzusehen  ist ,  wurde  bereits  abga« 
handelt^,  worauf  ich  daher  verweisen  dart     Zweitens  aber  wird 


1    Yergl.  ?.  Humboldt  in  6.  LXXXYU.  1.  ff. 
t    8.  Art.  Brie.  Th.  IlL  8.  ^0  fF. 


Klima,  659 

die  Temperatur 'sehr  durch  Oertlichkeilen  modificirt^  ist  eine 
andere  und  verstthiedenen  Wechseln  unterworfen  in  grofseni 
Continenten  und  auf  Inseln  oder  Küsten ,  in  Thälem  und  auf 
Berten,  in  feuchten ,  sumpfigen  und  vielem  Regen  ausgesetzten 
Gegeuden  und  in  trocknen  Sandwüsten ,  unterscheidet  sich  aus-« 
nehmend  rücksicHtlich  der  Extreme,  indem  diese  an  einigen  Or- 
ten zwischen  12^  C  ,  an  andern  zwischen  60,  ja  80^  C,  schwan- 
ken, unterliegt  aufser  diesen  jährlichen  Veränderungen  noch  ^ 
täglichen  Schwankungen,  welche  Sogar  an  der  Oberfläche  der 
Erde  oder  in  geringen  Höhen  über  derselben  ändert  sind  als  in 
gröfseren  u,  s«  w.  Diese  letzteren  weitläuftigen  Untersuchungen, 
wekhe  ohnehin  mit  der  Theorie  der  Wärme  genau  zusammen- 
hängen, müssen  einem  eigenen  Artikel*^  vorbehalten  bleiben,  * 
indem  es  hier  genügt,  zu  bemerken,  daTs  das  Klima  auf  zweier- 
lei Weise  durch  die  Temperatur  bedingt  wird ;  zuerst  durch  die 
Gröfse  der  mittleren  Warme,  wonach  sich  heilse  Zonen  von  den 
gemäfsigten  und  kaken  unterscheiden,  und  zweitens  durch  das 
Maximum  derselben,  insofern  für  das  Reifen  und  den  gröfseren 
Frtrag  der  Fruchte,  namentlich  des  Weines,  oft  nicht  sowohl 
die  Höhe  der  mittleren  Temperatur,  ak  vielmehr  die  Intensität 
der  Wärme  in  den  Sommermonaten  bedingend  ist. 

2)  Die  zweite  Hauptbedingung  ^%  Klima's  ist  der  Peuch^ 
tlgkeiU%u8tand  der  Attrhosphäre ,  welcher  von  der  Trockenheit 
der  herrschenden  Winde ,  von  der  Menge  des  Thaues ,  der  Ne-» 
bei,  des  Regens  unä  Schnees  ,*  kurz  der  sogenannten  IIydron\e-* 
teore  abhängt.  •  Alle  diese  müssen  rücksichtlich  ihrer  verschie- 
denartigen Beschaffenheit,  ihrer  alfgemeinen  und  örtlichen  Stärke, 
ihrer  mehr  oder  minder  häufigen  Wechsel ,  ihrer  Ursachen  und 
Bedingungen  einzeln  untersucht  werden ,  welches  in  den  Arti- 
keln: Nebel  j  Regen  ^  Thau,  Verdunstung  xx.  s,  w.  geschehen 
soIL  Im  Allgemeinen  unterscheidet  man  hiernach  die  feuchten 
und  trocknen  EJimate,  indem  einige  Gegenden  durch  hauJige 
und  starke  Regen  stets  feucht  sind,  in  andern,  als  in  Aegypten, 
Lima ,  einigen  Sandwüsten  Africa's  u.  »*  w.  es  selten  oder  gar 
nicht  regnet ,  in  noch  andern  zwar  starke  periodische  Regert  ge- 
wöhnlich sind ,  zuweilen  aber  gegen  10  Monate  ausbleiben ,  so 
dafs  alle  Vegetation  verdürret,  viele  endlich  nur  zwei  Wjschsel, 
die  Zeit  der  Trockenheit  und  die  Regenzeit,  haben ,  wo  dann  in 


1    8.  Art.  Temperatur, 


860  Klima. 

^er  er»teren  unglaabliclio  Trodini&  herrscht,  in  der  letzteren  die 
'  furchtbarsten  Regengüsse  mit  kurzen  Unterbrechungen  den  höch- 
sten Grad  der  Fenchtigkeit  erzeugen.  Nicht  wenige  Gegenden 
der  äquatorischen  Zone  haben  sogar  einen  doppelten  Wechsel 
dieser  Art  als  feste  Regel. 

3)  Im  nächsten  Zusammenhange  hiermit  steht  eine  dritte  be-r 
dingende  Ursache  des  Klima's,  nämlich  die  Beschaffenheit  des 
Bodens,  Manche  Gegenden  sind  feucht  durch  das  Wasser,  wel- 
ches in  der  Erdkruste  von  nahen  Gewässern  aus'an  die  Ober-- 
fläche  dringt.  Dahin^gehören  die  Ufergegenden  der  Flüsse,  Mo- 
räste und  Sümpfe,  insbesondere  aber  die  Oasen  in  Africa^.  Der 
unterscheidende  Charakter  diesen  grolsen  Welttheils  ist  nämlich, 
dafs  derselbe  aufser  den  Gebirgen  unabsehbare  Sandebenen  ent- 
hält, welche  sich  zwar  von  geringerer  Ausdehnung  auch  in  Asien 
und  seltener  in'  America  beünden ,  dort  aber  die  Eigenthümlich- 
keit  zeigen,  dafs  mitten  in  den  flachen,  ganz  unfruchtbaren, 
keine  Pflanzen  und  kaum  einige  seltene  wilde  Thiere ,  selbst 
keine  V^gel  darbietenden ,  Sandwüsten  gröüsere  oder  geringere 
Flächen  mit  der  üppigsten  Vegetation  bekleidet  gefunden  wer- 
den.    Die  Ursache  hiervon  liegt  darin ,  ds^s  an  den  meisten  Or- 

*ten  das  atmosphärische  Wasser  sich  in  dem  tiefen  Sande  verlierti 
daher  die  Dürre  aufs  Höchste  gesteigert  wird,  und,  indem  hier- 
durch zu£ileich  die  Luft  den  höchsten  Grad  der  Trockniüs  er-' 
reicht,  folglich  alle  Hydrometeore  mindestens  Monate  lang  feh- 
len ,  alle  Pflanzen  verdorren  und  die  Thiere  diese  nahrungslo- 
sen Orte  fliehen.  Wenn  sich  dagegen ,  unter  dem  Sande  eine 
feste  Grundlage ,  namentlich  Granit,  findet,  woiiein. das  Wasser 
nicht  dringen  kann ,  welches  sich  in  näheren  oder  entfernteren 
Gegenden  aus  den  Hydrometeoren  angesammelt  hat,   und  aus 

•  diesem  Gründe  fortdauernd  als  Quelle  zur  Oberfläche  dringt ,  so 
vereinigen  sich  Wärme  und  Feuchtigkeit  zur  üppigsten  Vegeta- 
tion und  bedingen  die  kühlen ,  fruchtbaren  und  reizenden 
Oasen ,  welche  durch  den  grellen  Abstand  von  der,  zum  Ver- 
schmachten dürren,  sie  umgebenden  Sandwüste  so  'viel  wunder- 
voller erscheinen. 

Aber  auch  ohne  diese  sehr  auffallenden ,  örtlich  wirkenden 
Ursachen  ist  die  Beschaffenheit  des  Bodens  von  grofsem  Ein- 
flüsse.    Schwarz^  basaltische  Strecken  werden  leicht  und  st^rfc 


1  .  Verßl.  Th.  HI,  S,  1134. 


IClimiu  861. 

durch  den  Einflofs  der  Sonneiutralilen  erhitzt,  feiner  Sandboden 
trocknet  durch  Wärme  schnell  aua  und  macht  tlie  Gegenden  heib, 
wenn  sie  die  durch  die  Sonnenstrahlen  erzeugte  Wärme  nicht 
durch  Verdampfung  des  zurüchgehaltenen  atmosphärischen  Was- 
sers veiüeren*  Von  einem  kalkhaltigen  Boden  werden  die  Son- 
nenstrahlen stark  reflectirt  und  verbreiten  gröfsere  Wärme  um* 
her ,  statt  dafs  thonhaltige  und  mit  einer  dicken  Lage  fruchtba- 
rer DammerdjS  bedeckte  Gegenden  längere  Zeit  feucht  bleiben. 
Insbesondere  halten  mit  Vegetation  überzogene ,  namentlich  be- 
waldete Gegenden  die  Feuchtigkeit  stärker  zurück,  werden  durch 
die  Sonnenstrahlen  weniger  erhitzt  als  unfruchtbare  und  ziehen 
eben  hierdurch  die  atmosphärischen  Niederschläge  mehr  an,  sind 
daher  nicht  blo(s  selbst  kühl,  sondern  verbreiten  auch  eine  er- 
quickend abkühlende  Luftstr(imung  über  die  heifsen  Umgegen- 
den« Endlich  darf  map  es  wohl  als  ausgemacht  ansehen ,  d^s 
die  Fossilien  von  eigenthümlicher  BeschafiFenheit,  woraus  die  Erd- 
kruste besteht ,  namentlich  diejenigen ,  welche  das  Wasser,  'ins- 
besondere des  Winterschnees,  lange  zurückhalten  und  über- 
haupt Feuchtigkeit  begierig  anziehen,  die  Men^e  des  auf  sie  fal-p 
lendep  atmosphärischen  Wassers  vermehren,,  dadurch  selbst  kiih- 
1er  l^eiben  und  die  starke  Erhitzung  der  berührenden  Luftschich- 
ten verhindern.  Man  darf  n\it  Grunde  behaupten ,  dafs,  die  Be- 
schaffenheit des  Bodens  den  atmosphärischen  Niederschlag  be-. 
dingt,  woraus  dann  ^er  angegebene  klimatische  Einflufs  von 
selbst  folgt. 

4)  Auf  das  Klims^  haben  fetner  die  herrschenden  lFip,de 
sowohl  rücksichtlich  ihrer  Richtung  als  auch  ihrer  Stärke  einen 
sehr  grolsen  Einiiufs«  Im  Allgemeinen  ^nd  auf  der  nördlichen 
Halbkugel,  hauptsächlich  in  Europa,  die  Nord-  und  Ostwinde 
die  kältesten  und  trockensten ,  weil  sie  meistens  aus  kalten  Ge- 
genden  oder  über  grofse  Continental -Ebenen  kommen,  die 
südlichen  und  südwestlichen  aber  die  wärmsten  und  feuchtesten, 
erstere,  indem  sie  die  wärmern  Luftschichten  herbeifuhren,  letz- 
tere, weil  sie  in  Europa  die  über  dem  Atlantischen  Oceane  aufge-r 
nommenen  Wasserdämpfe  ei:tha]ten.  Aehnliche  Ursachen  brin- 
gen in  andern  Gegenden  ähnliche  Wirkungen  hervor.  Dieser 
Einflufs  der  Winde  erstreckt  sich  bis  in  die  höchsten  Polarge- 
genden.  NachScoAEsnic^  wird  der  Wind  von  grofsen  Eisflächen 


1    G.  LXII.  1  ff. 


862  Klima. 

gleicluain  zurtickgesto&en ,  so  daCi  eine  von  diesen  ansgehende 
liuftströmung  und  dne^  andere  ihr  entgegen  wehende  bis  auf 
die  Entfernung  von  einigen  Hundert  Fufs  sich  gleichsam  das 
Gleichgewicht  halten.  Hieraus  wird  es  erklärlich,  däfs  die  v^in 
Eise  ganz  umgebenen  Schiffe  hierdurch  einen  Schutz  gegen  die 

-  Whid6;erhalten  und  vom  Bise  ganz  umschlossene  Stellen  des 
Mee^res  eine  sehr  ebene  Fläche  bilden.  Sind  die  wärmeren  Luft- 
strömungen von  überwiegender  Stärke,  so  verlieret  sie  ihre 
Feuchtigkeit  bei  der  Berührung  des  Polareises ,   es  giebt  daher 

^m  Rande  desselben  den  meisten  Schnee,  und  auf  eben  dieser 
Ursache  beruhet  die  anhaltende  Heiterkeit  des  Himmels  über 
dfen  durch' Eis  ganz  umgebenen  Ländern.  Aus  einem  ähnlichen 
Grunde  sind  in  vielen  Gegenden  die  über  hohe  und  beeisete 
Berge  kommenden  Luftströmungen  trocken ,  wie  namentlich  die 
ßüdr  und  Südostwinde  im  südlichen  Deutschlande,  statt  dafs  die 
südwestlichen  und  noch  mehr  die  nordwestlichen  Regen  bringen. 
Der  Einflufs  der  Winde  auf  die  klimatkche  Beschafienheit  d^ 
Oerter  mufs  übrigens  so  viel  gröber  seyn ,  je  stärker  und  atihal«- 
fender  sie  selbst  sind* 

So  gewifs  und  mit  vieljähriger  allgemeiner  Erfahrung  übePr 

.  ^einstimmend  dieses  übrigens  auch  ist,  so  darf  man  doch  auf  der 
imdern  Seite  nicht  in  einen  sehr  gemeinen  Irrthuni  verfallen  und 
die  jedesmalige  Witterung  von  der  kUmatischen  Beschaffenheit  ^ 
derjenigen  entfernten  Gegenden  ableiten ,  woher  die  hervschen- 
den  Luftströmungen  scheinbar  kommen,  indegfi  die  Winde  auf 
^ö&ere  Strecken  vielfach  wechseln.  Nicht  selten  herrschen 
Dämlich  z.  B.  kalte  Winter  in  den  Polargegenden ,  wenn  sitf'  bei 
pördlichen  Winrden  unter  weniger  hohen  Breiten  gelinder  sind, 
lind  umgekehrt  haben  die  letzteren  oft  strenge  Kälte  bei  iinge— 

^  Wohnlich  gelinder  Temperatur  der  Polargegenden. 

5)  Die  Lage  der  ein  schien  Orte  riicksichtlich  ihrer  Umge* 
bung  hat  einen  sehr  entscheidended  Einflufs  auf  das  Klima.  Am 
wesentlichsten  ist  die  Nachbarschaft  des  Meeres,  welches  wegen 
seiner  gröfsereq  Wärmecapacitat  in  den  heifsen  Jahreszeiten  eine 
Menge  Wärme  absorbirt,  in  den  kälteren  aber  abgiebt,  so  dafs 
die.  Extreme  der  Temperatur  in  seiner  Nähe  bei  weitem  geringer 
sind,  als  in  der  Mitte  grober  Gontinente.  Nicht  blofs  das  Meer, 
sondern  selbst  auch  grofse  Seen  und  Flüsse  erzeugen  aufserdem 
starke  Nebel ,  erhalten  die  Luft  feucht  und  mildern  die  Hitze. 
Von  grofsem  Einflüsse  auf  die  klimatische  Beschaffenheit  der 


Klima.  863 

Omter  ist  ferner  ibreLage  Unnchtlich  des  Schutzes  benachbarter 
Qerge  gegen  den  EinilüTs  beifser  oder  kalter  Luftströmoogen, 
Id  mittlen^  utid  böhem  Breiten  ist  namentlicb  die  jiüdlicbe  Ab- 
dachung der  Gebirge  ein  hauptsächliches  Mittel  zur  Erhöhung 
der  Temperatur,  und  die  Concentrirung  der  Sonnenstrahlen  in 
Schluchten,  welche  gegen  die  kalten  Winde  schützen,  macht 
es  in  Norwegen  möglich ,  Obst  und  namentlich  Kirschen  zur 
Reife  zu  bringen , '  statt  dafs  die  nördlichen  Abdachungen  der 
nämlichen  Berge  nicht  einmal  den  Bau  der  Cerealien  gestatten* 
Grofse  Waldungen  sind  wegen  des  erzeugten  Schattens  und  der 
zorückgehaltenen  Feuchtigkeit  stets  kühl  und  mildem  daher  die 
Temperatur  der  Luftströmungen ,  welche  von  ihnen  aus  bis  in 
mäfsig  entfernte  Gegenden  flielsen.  Ein  auffallender  Beweis  hier-r 
für  liegt  schon  in  der  bekannten  Erfahrung ,  dafs  der  Samum 
seine  verheerenden  Eigenschaften  über  Gegenden  verliert,  auf 
denen  sich  vegetirende  Pflanzen  befinden.  Mit  einem  entgegAi- 
gesetzten  Effecte  aber  können  sie  auch  durch  ihre  gröbere  Wär?- 
meoapacität,  durch  die  zurückgehaltene  Feuchtigkeit  und  durch 
ihren  mechaiiischen  Widerstand  die  kalten  und  zugleich  trock^ 
nen  Luftströmungen  mildem ,  aus  welchem  Grunde  grolse  Wal- 
dungen in  sehr  kalten  Gegenden,  oder  auch  beträchtliche  Er- 
höhungen ,  Bergketten  u.  s.  w.  dem  Einflüsse  der  kalten  Winde 
und  Stürme  widerstehen ,  wogegen  einmal  ausgerottete  Wälder 
aof  keine  Weise  leicht  wieder  herstellbar  sind. 

6)  Das  Klima  wird  vorzüglich  bedingt  durch  die  Höhe  über 
der  Meeresßäche  und  selbst  durch  die  Nachbarschaft  hoher  Berge. 
Mit  der  absoluten  Höhe  eines  Ortes  nimmt  zuerst  seine  Tempe- 
ratur ab ,  zugleich  aber  die  Dichtigkeit  der  ihn  umgebenden  At- 
mosphäre. Beide  Ursachen  erzeugen  die  sogenannte  scharfe  Luft, 
welche  dem  animalischen  und  vegetabilischen  Leben  nicht  zu- 
träglich ist ,  indem  einestheils  die  Trockenheit  und  Dünne  der 
umgebenden  Luft  die  Verdunstung  sehr  befördert,  anderntheils 
aber  die  nicht  durch  die  dickere  Luftschicht  dringenden ,  mithin 
ungeschwächten,  Sonnenstrahlen  eine  höhere  Wärme  erzeugen, 
welcher  die  in  der  Nacht  folgende  gröfsere  Kälte  höcihst  nach- 
theilig entgegenwiikt.  Endlich  aber  erhöhen  die  Winde,  durch 
widerstehende  Gegenstände  in  ihrer  Bewegung  nicht  gehindert, 
die  eben  genannten  Einflüsse.  Zwischen  den  Gipfeln  sehr  hoher 
Berge  sammeln  sich  aufserdem  die  Schnee-  und  Eismassen  zu 
Gletschern ,  die  Temperatur  ^f  ihnen  ist  niedriger  als  in  glei- 


864  Klima, 

eben  Höhen  über  Ebenen,  und  es  senken  sich  daher  die  kalren 
Luftschichten  von  ihnen  herab,  die  über  sie  hinströmenden 
Winde  werden  abgekühlt  und  beid^  Ursachen  erniedrigen  die 
Temperatur  derjenigen  Gegenden ,  in  welche  sie  herabsinken* 

7)  Endlich  ist  wohl  nicht  zu  verkennen ,  dafs  noch  hren-- 
n^nde  F'ulcane  die  Beschaffenheit  des  Klima's  einzelner  3trecken 
bedingen.  Die  Herde  derselben  liegen  zwar  im  Allgemeinen  zu 
tief,  als  dab  die  Oberfläche  des  Bodens  durch  das  unterirdische 
Feuer  erwärmt  werden  sollte ,  indem  namentlich  die  Spitze  des 
Aetna  mit  Schnee  bedeckt  ist  uqd  auf  Island  Rauch  und  Flamme 
«wischen  Gletschern  emporsteigen ;  oft  aber  werden  eben  auf 
letzterer  Insel  ungeheuere  Eismassen  durch  die*Hitze  der  Vulpane 
geschmolzen ,  die  heiisen  Quellen  erwärmen  bedeutende  Strek-  - 
ken  und  die  Luft  überhaupt  muls  in  jenen  Umgebungen  noih- 
wendig  etwas  erwärmt  werden,  den  Einflufs  der  Dämpfe  und 
Gasarten  nicht  gerechnet,  welche  aus  den  Kratern  und  Bergspal- 
ten dringen  und  sich  in  der  Umgegend  herabsenken. 

In  Gemäfsheit  dieser  hauptsächlichen,  einzeln  oder  gemein- 
schaftlich wirkenden,  Ursachen  giebt  es  verschiedene  eigends  be- 
^  nannte  Klimate.  Berücksichtigt  n\an  einzig  oder  vorzugsweise 
die  Temperatur ,  so  hat  man  in  dieser  Hinsicht  die  ganze  Erd- 
oberfläche in  1000  Theile  getheiU)  deren  398  auf  die  Aequato- 
rialzone  kommen.  Die  Sonne  geht,  mit  Ausnahme  der  äufser- 
sten  Grenzen ,  zweimal  im  Jahre  durch  das  Zenith,  und  es  giebt 
also  a^uf  gewisse  Weise  zwei  Winter  und  zwei  Sommer,  die 
Tage  dauern  zwischen  10,5  und  13)5  Stunden ,  und  die  drük- 
kende  Hitze  wird  sehr  durch  die  lange  Dauer  und  in,  manchen 
Gegenden  die  bedeutende  Kühle  der  Nächte  gemildert.  Die  ge- 
mäfsigten  Zonen  von  den  Wendekreisen  bis  zu  den  Polarkreisen 
nehmen  520  Theile  ein ,  deren  Klima  aber  von  dem  heifsesten 
bis  zu  dem  für  Europäer  unerträglichen  abnimmt  und  daher 
nicht  allgemein  bezeichnet  werden  kann.  Ein  zunehmender  un?» 
Verscheidender  Charakter  sind  die  Jahreszeiten ,  welche  in  dea 
südlichsten  Gegenden  als  zwei,  Sommer  und  Winter,  anfangen,  - 
allmälig  in  vier  übergehen  und  nahe  am  Polarkreise  abermals 
wieder  ab  zwei  endigen.  Kommt  man  in  den  übrigen  Welt-  ' 
theilen  über  den  40sten ,  im  westlichen  Europa  über  den  50steii 
Breitengrad  hinaus,  so  wachsen  annehmend  die  Unterschiede 
zwischen  der  Hitze  des  Sommers  und  der  Kalte  des  Winters 
und  nehmen  weiter  nach  dem  Pfte  hin.  wieder  etwas  ab.     Die 


Klima«  66S 

beiden'  kalten  Zonen  entfaaken  nnx  82  Theile  nnd  »ind  mit 
Ansnaliine  der  Eoropäischen  Länder  und  einiger  Kiistendistiicte 
meistens  mit  ewigem  Schnee  nnd  Eise  bedeckt« 

Wird  auber  der  Temperatur  tioch  der  Fettchtigkeitsznstand 
berücksichtigt,  so  gieht  es  namentlich  in  den  heifsen  Gegenden 
ein  feuchtes  und  ein  trocknes  JCIima«  Am  anjGPallendsten  sind  die 
Dtstricte  wie  Lima ,  Aegypten  u.  a. ,  wo  es  gar  nicht  oder  nur 
in  sehr  seltenen  Ausnahmen  regnet ;  im  Allgemeinen  aber  haben 
die  Aeqaatorial2onen  tTestimmt,  und  minder  merklich  auch  die 
südlicherh  Gegenden  der  gemäCsigten  Zonen,  eine  oder  zwei  Re- 
geozeiten  und*  eben  so  viele  Perioden  anhaltender  Trocknifs«  Auf 
allen  Fall  ist  eine  gewisse  Periodicitat  beider  überall ,  selbst  auf 
den  Inseln ,  wo  sie  zuweilen  am  wenigsten  bemerkbar  ist,  nicht 
za  verkennen.  Die  Regenzeit  macht  gleichsam  den  Winter  jener 
Gegenden  aus  und  ist  bei  weitem  am  unangenehmsten.  Die 
Hitze  ist  wegen  gehemmter  Ausdünstung  dann  noch  unerträgli- 
cher, insbesondere  an  den  oft  eintretenden  sonnigen  Tagen;  alle 
Hygroskopischen  Körper,  als  Holz,  Elfenbein  u.  s«  w.,  dehnen 
sich  durch  die  atmosphärische  Feuchtigkeit  aus,  das  Eisen  rostet, 
die  Salze  zerfliefsen ,  FruchtkOrner  keimen,  das  Fleisch  verdirbt 
in  kurzer  Zeit,  Vegetation  und  Erzeugung  der  Insecten  und  Wür- 
mer sind  ungeheuer.  In  der  andern  Jahreszeit,  welche  man 
auch  Sommer  nennen  könnte,  ist  die  Luft  meistens  heiter,  sel^ 
ten  wolkiger  Himmel  nnd  die  Temperatur  auf  Inseln  und  in 
gröCserer  Erhebung  über  der  Meeresfläche  gemäfsigt,  in  den 
Sandwüsten  Africa's^  dagegen  ganz  unerträglich.  Daselbst  herrscht 
nnaasstehliche  Dürre ,  wodurch  Gräser  und  Kräuter  ^Terdorren 
nod  nur  einige  Saftpflanzen ,  als  Aloe ,  Cactns  u.  s.  w« ,  in  man<^ 
eben  Districten  aber  auch  nipht  einmal  diese ,  sich  zu  erhalten 
vermögen.  Dort  wehen  die  heifsen  Winde,  unter  denen  die 
Sandstürme  wegen  der  Menge  des  fortgeführten  Sandes  am  furcht- 
barsten sind ,  die  Hitze  verursi^cht  Halsschmerzen ,  Bersten  der 
Lippen  und  der  Haut ,  Entzündung  der  Augen  u.  a.  Die  Dürre 
erreicht  zuweilen  einen  solchen  Grad ,  dafs  Auflösungen  von  Al-^ 
kali  trocken  werden« 

In  den  gemäTsigten  Zonen  giebt  es  keine  eigentliche  Regen- 
zeit, wohl  aber  lange  anhaltende  und  starke  periodische  Regen. 
Kommt  man  weiter  in  höhere  Breiten,  so'  verschlimmert  sich 
namentlich  in«  Europa  die  sonst  angenehme  Frühlingswitterung, 
der  kalte  Winter  geht  durch  eine  kurze  regnerische  Periode  bald 


866  l^lima. 

in  einen  ziemlioh  heifsen  Sommer  über,  der  Herbst  dagegen 
\nrd  länger  dauernd ,  heiter  und  angenehm«  In  der  n^dliohen 
Polarzone  giebt  es  nur  den  einförmigen ,  kalten ,  aber  meistens 
heitern  Winter,  welcher  im  höchsten  Norden  einen  unglaubli- 
chen Grad  der  Strenge  erreicht ,  und  wenige  Monate,  selbst  nur 
wenige  Wochen  eines  meist  trüben,  durch  Nebel,  Regen  und 
Schnee  höchst  unangenehmen  Sommers.  Bei  allen  diesen  Be- 
stimmungen muCs  aber  wohl  berücksichtigt  werden,  dab  das 
westliche  Europa  bis  zum  höbhsten  Norden  rücksichtlich  seiner 
Temperatur  eine  auffallende  Ausnahme  von  den  jn  aiidern  glei- 
chen Breiten  gültigen  Regeln  macht ,  denn  in  einer  nördlichen 
Breite  von  Spitzbergen  an  irgend  einem  andern  Orte,  als  eben 
dort,  zu  überwintern  ist  wahrscheinlich  für  Menschen  über- 
haupt, auf  allen  Fall  für  Europäer  unmöglich. 

Kommen  zu  diesen  Hanptbedingungen  noch  einige  der  übri- 
gen hinzu ,  namentlich  dei^  Einfiufs  der  Umgebungen ,  so  erhält 
man  die  hiemach  eigends  bezeichneten  Klimate.  Dahin  gehört 
vorzüglich  ^dA  Continental  -  Klima,  wie'  es  in  überall  weiter  Ent- 
fernung von  den  Küsten  der  Oceane  oder  den  Ufern  grölserer 
Binnenmeere  gefunden  wird,  hauptsächlich  im  Innern  von  Africa, 
Asten,  America,  und  selbst  diesen  etwas  ähnlich  im  östlichen 
Europa.  Als  unterscheidenden  Charakter  triiTt  man  daselbst  einen 
auffallenden  Unterschied  zwischen  der  Wärme  des  Sommers  und 
der  Kälte  des  Winters,  der  Hitze  am  T\ig^  und  der  auffallenden 
Abkühlung  während  der  N^cht.  Schon  lange  wufste  man,  dafs 
in  Ungarn,  Polen  und  dem  südeuropäischen  Rufslande  die  Sonl-* 
mer  vorzüglich  heifs,  die  Winter  dagegen  eben  so  ausgezeichnet 
kalt  sind,  indem  namentlich  in  Dorpat  die  Temperatur  zwischen 
38"*  unter  und  31%5  über  dem  Gefrierpuncte  der  hunderttheiKgen 
Skale  wechselt  K  In  den  innem  nordamericanischen  Provinzen 
stehen  ein  strenger  Winter  und  ein  heUser  Sommer  einander  Ge- 
genüber, allein  gleich  auffallend  oder  noch  auffallender  zeigt, 
sicli  dieses  in  Asien,  Von  der  Wüste  Gobi ,  der  ausgedehnte- 
sten Hochebene  im  östlichen  Asien,  zwischen  32^  bis  43«'  N.'B. 
ist  schon  aus  der  Geschichte  des  berühmten  Dscringis-Chait 
bekannt,  dais  dort  nach  einer  furchtbaren  Winterkälte,  gefet) 
welche  sich  die  Mongolen  nur  durch  ihre  Schafpelze  zu  schützen 


1    $•  Die  Kaiserliche  Uaiversität  zu  Dorpat    Denkschrift  der  Ju- 
belfeier.   Dorp.  1827.  Imp.  Fol.  S.  53. 


Klima.  '       867 

wissen,  mit  dem  Anfange  JtmVs  ein  Sommer  eintritt,  dessen. 
Hitze  sehr  hoch  steigt  und  der  bis  in  den  September  dauert ,  in 
welcher  Zeit  dann  auf  ^oniiigo  und  warme  Tage  eine  so  empfind- 
liche Kälte  der  Nacht  felgt^.  dafs  das  Wasser  mit  einer  dicken 
Eisrinde  überzogen  wikd^.  In  den  Sandwiisten  Sind,  in  Kabu- 
Hstan  und  Beludschistan  ist  der  Abstand  zwischen  der  brennen- 
den Hitze  des  Tages  und  der  Kühle  während  der  Nacht  so  un-* 
erträglich,  dals  namentlich  von  dem  Personale  des  Gesandten 
Elfkiitstohb  ^  in  den  ersten  acht  Tagen  40  Menschen  starben. 
Am  merkwürdigsten  aber  ist ,  de^s  nach  den  neuesten  Berichten 
der  Beisenden  im  Iranern  von  Africa  jenseit  der  grofsen  Wüste 
und  fast  unter  dem  Aequator  bei  Nacht  eine  empfindliche  Kälte 
herrscht,  indem  namentlich  der  Reisende. Dr.  Oudvey  an  der 
Grenze  von  Bornu  unter  13^  N.  B.  zu  Ende  Decembers  in  einer 
Höhe  von  nicht  mehr  als  1200  F.  über  der  Meeresfläche  vor  Kälte 
mnkam,  als  das  Thermometer  mindestens  bis  7^)5  G.  herabge«- 
ionken  war^« 

Auffallend  verschieden  hiervon  ist  das  /?MiS/-  und  Küstern 
Klima  i  insofern  es  sich  durch  eine  mehr  gleiahhieibende  Tem«f  ~ 
peratmr,  durch  einen  häufigem  Wechsel  von  Trockenhjait  un4 
Regen  und  durch  die  meistens! reg elmäüsig  wechselnden  l^pd** 
Qod  Seewinde ,  in  höheren  Breiten  aber  zugleich  durch  häufige 
Stürme,  Wintergewitter  und  anhaltende  starke  Nebel  auszeichnet, 
Die  Ursache  hiervon  liegt  in  der  groisen  Wärmecapaci^it  des 
Wassers,  welches  durch  die  eindringenden  Sonnenstrahlen  kei- 
neswegs so  schnell  und  stark  erwärmt  wird ,  als  die  feste  Erd«* 
onde,  zugleich  aber  auch  ungleich  später  erkaltet,  hauptsächlich 
aber  durch  immerwährende  Mischung  der  kalten  Polargewässes 
ond  der  wärmeren  aus  den  heifsen  Zonen  eine  mittlere  mildere 
^Temperatur  bis  zu  ^ohen  Breiten  hinauf  beibehält  Die  über 
demselben  abgekuhhen  Luftstr(Jmungen  dringen  bis  zu  betri^Ght- 
liehen  Entfernungen  von  den  benachbarten  Küsten  und  mildem 
^denEinfluTs  derbrennenden  Sonnenstrahlen,  namentlich  in  dei; 
aqnatorischen  Zone.  Von  der  andern  Seite  aber  hindern  die  übec 


*  1    C.  Ritter'«  Erdkunde  Th.  I.  ».495- 
I  2    S.  Elphiostone's  Geschichte  der  engl.  Gesandtsch.  an  den  Hof 

I      von  Kabul.    In  Neue  Bibl.  d.  Reis.  Weimar  1817. 

8    8.  y.  Humboldt   in  O.  LXXXYII.  34.      Weitere   Ubtersaelma- 
gen  hierüber  •.  Art.   Ttmptratur» 


868  Klim^. 

demselben  erwMmiten  titid  honpts&chUch  mit  Wasserdampf  ge- 
sättigten Luftmassen  die  tiefe  Erkaltung  nördlicher  Gegenden, 
indem  die  grofse  specifisohe  Wärmccapacität  des  l^assers  um  so 
vnrksamer  ist ,  je  mehr  Wärme  hiernach  im  Sommer  von  dem- 
selben aufgenommen  und  im  Winter  wieder  abgegeben  wird. 
BuMFOHD  ^  hat  dieses  hauptsächlich  erläutert  und  zugleich  noch 
den  Umstand  berücksichtigt,  .dafs  die  Wassertheilchen  der  Ober- 
fläche ihre  Warme, an  die  berührende  Luft  abgeben ,  dadurch 
schwerer  werden,  herabsinken  und  wärmeren  aufsteigenden  Platz 
^machen.  Dieser  Einflufs  findet  übrigens  nur  so  lange  statt,  als 
das  Wasser  nicht  mit  einer  Eisdecke  belegt  ist,  und  mufs  daher 
namentlich  in  Beziehung  auf  die  Winterkälte  an  den  Küsten  des 
Meeres  stärker  seyn ,  als  an  den  Ufern  gtofser  Sülswasserseen, 
und  ist  aufserdem  am  auffallendsten  an  den  westlichen  europäi- 
schen Küstenländern,  wohin  der  Golphstrom  die  Ungeheuern 
Massen  des  unter  dem  Aequator  am  stärksten  erwärmten  Wassers 
wälzt,  weswegen  auch  schon  oben  '  bemerkt  worden  ist,  dafs  Jen« 
ihr  hngewöhhlich  warmes  Klima  ohne  Zweifel  verlieren  würden, 
wenn  nach  der  Durchgrabung  der  Landenge  von  Panama  jener 
riesenhafte  Strom  ganz  aufhCfren  oder  mindestens  sehr  vermin- 
*dert  werden  sollte. 

Berge  sind  von  bedeutendem  Binfiusse  auf  die  klimaüsiche 
Beschaffenheit  der  Oerter,  hauptsächlich  weil  die  auf  ihnen  an- 
gehäuften grofsen  Eismassen  und  selbst  ihre  eigene  überwiegend« 
Kälte  und  grofse  Feuchtigkeit  die  ^uf  ihnen  ruhenden  und  sie 
amgebenden  Luftmassen  abkühlen ,  zugleich  auch ,  weil  sie  iifi 
Richtung  und  Stärke  des  Windes  bedingen  und  auf  die  Regen- 
menge der  benachbarten  Gegenden  einen  nicht  geringen  Einflofs 
haben.  Einzelne  hervorragende  Pic^s  geben  daher  nicht  das  ei- 
gentliche Bergklima,  weil  ihre  Mafssen  hierfür  zu  unkräftig  sind, 
ftnd  ihr  Einflufs  erstreckt  sich  daher  nicht  viel  weiter  als  auf  die 
höhere  Kälte,  welche  mit  der  größeren  Erhebung  über  der  Mee- 
resfläche nothwendig  verbunden  ist.  Grofse  Gebirgsmassen  da- 
gegen, als  die  Alpen,  die  Pyrenäen,  die  Cordilleren,  die  Monds- 
berge, der  Himlaya  u.  a.,  kühlen  die  Luft  ab,  welche  sichdann 
in  die  Thäler  und  umgebenden  Ebenen  herabsenkt,  wie  z.  B. 
die  Hitze  in  Madrid  durch  die  von  den  Pyfenäfen  kommenden 

1  G.  I.  445. 

2  VcrßL  Th,  m.  8.  lOOS. 


Klima.  869 

Winde  gemildert  wird;  auf  ihnen  sammelt  aich  das  Wasaer  der 
'  Hydrometeore ,  welches  dann  den  Quellen  dauernde  Nahrung 
giebt,  die  hierdurch  gespeiseten  Flüsse  bringen  verhältnifsmäfsig 
kälteres  Wasser  in  die  Ebenen  und  bedingen  deren  Fruchtbar- 
keit. Bei  einigen  Bergziigen  ist  es  sehr  auffallend ,  wie  sehr  sie 
gerade  diejenigen  Winde  ^  welche  Regenwolken  herbeiführen, 
zurückhalten,  so  dafs  letztere  sich  blofs  an  der  einen  Abdachung 
der  Gebirge  ihrer  Feuchtigkeit  entfaden  und  zwei  durch  eine« 
Bergkette  getrennte  Länderstrecken  sich  durch  ungleiche  Grade 
der  Feuchtigkeit  sehr  unterscheiden,  EndlicK  scheint  es  mir 
nicht  zweifelhaft,  wenn  es  gleich  bisher  nicht  durch  eigentliche 
Messungen  hinlänglich  constatirt  ist ,  dafs  die  Menge  des  atmo<- 
spharischen  Wassers,  welche  auf  grofse  Gebirgsmassen  herabfalit, 
gröfser  ist,  alsbei  einem  glei(;hen  Flächeninhalte  ebener  Gegenden« 
Hieraus  scheinen  mir  a.  B«  namentlich  die  häofigen  und  meistens 
plötzlichen  Ueberschwemmungen  der  Donau  erklärlich ,  welcha 
den  grötsten  Theil  der  von  der  nördlichen  Abdachung  der  Al- 
pen kommenden  Flüsse,  die  Hier,  den  Lech,  die  Isar,  den  ino, 
die  Traun ,  «die  £ns ,  die  Raab ,  die  Drave  und  Save  aufnimmt 
und  durch  deren  plötzliche  Anschwellungen  zu  keiner  Jahreszeit^ 
aulser  im  Winter ,  gegen  verheerende  Ueberschwemmungen  ge«- 
nchert  ist,  statt  dafs  dagegen  der  Rhein  und  die  Weichsel,  wel- 
che nach  ihrem  Ursprünge  nicht  so  vidie  eigentliche  Gebirgs- 
fiEsse  aufnehmen.,  auCser  demFriihlingsschwellen^eine  weit  con- 
stantere  Höhe  haben.  Auf  den  Spitzen  hoher  Berge  ist  dasKli-» 
ma  nicht  anders,  als  die  Wihfi  über  der  Meeresfläche  und  die' 
iiieraus  folgende  gröfsere  Kälte  mit  sich  bringt,  dagegen  zeigen 
iit  Hochebenen  durch  ihre  klimatische  Bescha£Penheit  nicht  blols 
den  Einflufs  dv  grötseren  Höhe ,  sondern  die  beim  Durchgange 
durch  die  dünneren  Luftschichten  ungeschwächten  Sonnenstrah- 
len bewirken  daselbst  eine  gröfsere  Wärme ,  welche  mit  stärke- 
rer Kälte  während  der  Nacht  wechselt ,  und  aufserdem  enreichen 
die  schwereren  Regenwolken  jene  Höhe  nidit;  die  Berge  sind 
daher  nicht  blofs  W^erscheiden,  wie  denn  noch  namentlich  im 
Sommer  1828  in  Italien  die  auiFallendste  Dürre ,  in  Deutschland 
anhaltendes  Regenwetter  herrschte,  sondern  zuweilen  ist  auf  den 
hohen  Berjpbenen  heiteres  Wetter,  wenn  im  tiefern  Lande  eine 
Menge  Regen  fällt* 

Das  Thalhlima  ist  auf  allen  Fall  ein  eigenthümliches»    In 
heiüsen  Gegenden  unterscheiden  sich  die  Thäler  durch  eine  grö- 


876  Klima. 

fsere  Ktihle  in  Folge  der  kalten  Lüft8tz$nlu<igen,  die  von  den 
Spitzen  der  begrenzenden  Berge  in  ^e  herabsinken;  die  über 
waldige  Bergrücken  hin  bewegte  Luft  ist  milder ,  in  den  Thä- 
lem  sammelt  sich  die  Feuchtigkeit  der  Quellen,  meistens  werden 
sie  von  Bächen  oder  Flüssen  durchströmt ,  welche  Fruchtbarkeit 
erzeugen ,  und  sie  eignen  sich  daher  vorzugsweise  zum  Aufent- 
halte der  Menschen  und  Thiere ,  w^wegen  man  in  eigentlichen 
Berggegenden  die  Thäler  fast  allein  be^iV^ohnt  findet.  Unter  nie- 
deren Breiten',  bei  dem  höhern  Stande  der  Sonne,  ist  die  Lage 
der  Thäler  gegen  die  Weltgegenden  von  gar  keiner  oder  nur  ge- 
ringer Bedeutung ,  der  EinÜufs  hiervon  wächst  aber  mit  zuneh- 
mender Polhöhe ;  unter  mittlel-en  und  etwas  <  darüber  hinausge- 
henden Breiten  ist  derselbe  daher  schon  so, merklich,  dafs  auf 
der  nördlichen  Halbkugel  die  südlich  gerichteten  Thäler  warm 
nnd  höchst  fruchtbar,  die  nach  Norden  liegenden  dagegen  kalt 
und  unfruchtbar  &ind ;  in  Norwegen  namentlich  reifen  in  sonni- 
gen und  gegen  denEiafiufs  der  Winde  gänzlich  geschützten  Thä- 
lexn  feinere  Obstsorten ,  wo  an  der  Nordseite  selbst  die  Gerea- 
lien  nicht  fortkommen.  In  den  Thälern  sind  die  Extreme  dex 
Temperaturen  bei  weitem  nicht  so  grofs ,  als  in  den  dicht  unter 
ihnen  liegenden  Ebenen,  weil  sie  durch  Schatten  und  belaubte 
Umgebungen  gegen  die  grelle  Hitze ,  durch  die  einschliefsenden 
Berge  aber  wieder  gegen  den  EinfluCs  der  kalten  Winde  geschützt 
sind.  Zugleich  aber  ist  das  Thalklima  im  Allgemeinen  ein  un- 
beständiges, insofern  sich  in  den  Thälern  leicht  die  kälteren 
Luftmassen  von  den  Bergspitzen  und  die  wärmeren  aus  den 
Ebenen  mischen  und  hierdurch  unmittelbar  wässerige  Nieder^ 
.schlage  erzeugen ,  oder  die  Gewitter ,  welche  vorzugsweise^  an 
den  Spitzen  hoher  Berge  gebildet  werden,  in  sie  herabsinken«. 
Werden  einige  Theile  derselben  durch  die  Sonnenstrahlen  vor- 
zugsweise erwärmt ,  so  dafs  die  leichtere  Luft  daselbst  aufsteigt, 
so  erzeugt  dieses  eigenthümliche  Winde,  welche  zuweilen  tag- 
lich, zuweilen  in  längeren  Perioden  regelmälsig  \\echseln  und 
nicht  selten  mit  bedeutender  Stärke,  ohne  Rücksicht  auf  die 
übrige  allgemeine  Luftströmung ,  wehen.  Auch  ohne  diese  spe- 
ciellen  Bedingungen  sind  die  Thäler  in  gewissem  Sinne  Wind- 
fänge ,  weswegen  auch  nach  ihrer  Richtung  und  der  Lage  der  sie 
einschüefsenden  Berge  gewisse  Winde  einzig  oder  vorherr-^ 
sehend,  meistens  aber  unausgesetzt,  in  ihnen  angetroffen  werden. 
Endlich  lagern  sich  in  den  Thalern  gern  die  Nebel  und  machen 


Klima.  671 

daher  namenUich  äle  nnter  mittleren  uxki  höheren  Breiten  Be- 
genden,  hauptsachlich  zur  Zeit  des  herannahenden  WiotarSi 
leicht  feucht  und  trübe. 

Sowohl  die  oben  angegebenen  Biadingungen ,  als  auch  die 
Wirkungen  derselben  zur  Erzeugung  der  genannten  individuel- 
len KJimate  kommen  in  der  Erfahrung  mit  gr(S(serer  oder  gerin- 
gerer Scharfe  der  Anwendung  vor.  Indem  es  aber  unmöglich 
ist,  die  speci eilen  klimatischen  Verschiedenheiten  aller  einzelnen 
Theile  der  Erde  und  selbst  einzelner  Orte  namhaft  ^zu  machen^ 
wird  es  genügen,  einige  der  kenntlichsten  aus  verschiedenen 
Welttheilen  und  von  unterscheidendem  Charakter  etwas  nähet 
zu  beschreiben. 

Das  Klima  im  Innern  von  Africa  ist  so  gut  als  gar  nicht  be«* 
kannt ,  und  fast  eben  so  die  Westküste  dieses  Welttheils ,  weil 
ihrer  Unwirthbaikeit  wegen  nur  sehen  Europäer  sich  aii  dersel- 
ben zur  See  oder  zu  Lande  aufhalten»  Vor  nicht  langer  Zeit  hat 
indets  der  Gapitain  Marwood  Kellt  über  ein  Jahr  lang  dort 
die  Witterung  in  den  Busen  und  am  Ufer  des  Meeres  beobachtet 
nnd  macht  davon  im  Wesentlichen  folgende  Beschreibung  K  In 
der  Gegend  zwischen  5^  N.  B.  bis  zum  Aequator  unterscheidet 
man  die  Zeit  der  Tornado^ 8  ,  die  regnerische ,  die  neblige ,  die 
zweite  regnerische  und  die  schöne  Jahreszeit.  Von  der  Sierra 
L«ona  bis  Gap  Apollonia  fangen  dieTornado's.in  der  Mitte  April 
an  nnd  dauern  bis  Mitte  Juni«  Selten  gehen  dann  zwei  Tage 
ohne  die  furchtbarsten  Gewitter  hin.  Die  Menge  des  in  eines 
Stunde  fallenden  Regens  ist  unglaublich ;  es  folgt  heiterer  Him- 
mel ,  und  die  Nässe  .verschwindet  augenblicklich  wieder«  Die 
Heftigkeit  der  Tornado's  übersteigt  alle  Vorstellung ,  sie  sind 
höchst  gefährlich  für  die  Schiffe  uiid  würden  fiUe  Cultur  am 
Ijande  zerstören,  wenn  der  Boden  bebauet  wäre.  Sie  zeigen  sich 
zuerst  als  dunkler  Wolkenrand  am  östlichen  Horizonte ,  weicher 
zuweilen  ein  bis  zwei  Stunden  wächst,  ehe  die  Wolke  selbst 
sich  mit  Blitzen  und  entferntem  Donner  in  Bewegung  setzt.  Bald 
nachher  erhebt  sie  sich  höher,  steht  vorher  nochmals  still,  ba« 
"wegt  sich  dann  unter  furchtbarem  Donnern  und  Blitzen  bis  ins 
Zenith,  wobei  eine  plötzliche  Kälte  gefühlt  wird,  und  entladet 
sich  mit  einem  alle  Vorstellung  übersteigenden  Sturmwinde  und 
Regen  in  etwa  einer  halben  Stunde^  worauf  es  wieder  heiter 


1    Mn.  of  FhiL  1828.  Mai«  p.  860. 
y.  Bd.  \  Kkk 


872  Klima» 

^mii.  Die  Schiffe  müssen  alle  Vorkebrungen  treffen ,  wenn  sie 
durch  den  wüthenden  Sturm  nicht  umgestürzt  werden  sollen. 
Während  seiner  Dauer  verkriecht  sjich  jedes  lehende  Wesen, 
aber  nach  dem  Ende  desselben  ist  der  Himmel  heiter  und  das 
Wetter  Heblich. 

'  Gegen  die  Mitte  des  Juni  fängt  die  Regenzeit  an  und 
dauert  bis  Anfang  November  oder  wohl  noch  länger,  indem 
«ine  Periode  iiirer  Unterbrechung ,  eben  wie  das  Ende ,  durch 
dicken  Nebel  bezeichnet  ist*  In  dieser  Zeit  herrschen  die  dort 
so  getährlichen  interinittirenden  Fieber*  Der  Nebel  vergeht  erst 
im  Anfange  oder  in  der  Mitte  des  Decembers  und  dann  beginnt 
der  trockne  Wind ,  der  Harmattan,  welcher  bis  zum  Wiederan- 
fange der  Tornado^s  wehet.  Man  kann  dieses  die  schöne  Jah- 
reszeit nennen.  Die  Hitze  ist  mäfsig  und  übersteigt  auf  der  Se^ 
in  der  Nähe  der  Küste  seften  23®  C. 

,  Auf  der  Goldküste,  welche  etwas  höher  liegt,  fangen  die 
^ornado's  schon  iftiMärz  an  und  endigen  im  Mai,  sind  aber  we- 
niger heftig.  Auf  diese  folgen  die  Regen  und  dauern  von  Mitte 
Mai  an  sechs  Wochen ,  während  welcher  Zeit  die  intermittiren- 
den  Fieber ,  aber  minder  heftig ,  herrschen.  Die  Nebel,  welche 
Anfangs  Juli  beginnen,  dauern  bis  August,  worauf  die  schöne 
Jahreszeit  folgt,  bis  in  der  Mitte  Septembers  die  zweite  Regen- 
zeit beginnt,  welche  weniger  nafs  ist  und  vom  Ende  Octo- 
1>er8  an  der  schönen  Jahreszeit  und  dem  Wehen  des  Härmattan 
weicht,  bis  die  Tornado's  wieder  anfangen«  Die  ganze  Gegend 
iiat  keine  Brunnen ,  weil  das  Wasser  im  Sande  versiegt,  und  die 
Einwohner  müssen  sich  daher  mit  Cistemen  behelfen.  Die  Ge- 
gend von  Gap  St,  Paul  bis  zum  Flusse  Ramos ,  um  Benin  ,  ^  hat 
gleiches  Klima,  als  die  Goldküste,  ausgenommen,'  dafs  die 
«weite  Regenzeit  im  September  mit  weit  hefdgera  Tqmado^s 
'  anfängt. 

Die  Gegenden  America^s  unter  der  Linie  unterscheiden  sich 
sehr  von  denjenigen ,  welche  in  Africa  einer  gleichen  Polhöhe 
und  der  etwas  nördlicheren  zugehören.  Statt  dafs  in  den  letz- 
teren auber  der  Regenzeit  eine  verzehrende  Dürre  herrscht, 
giebt  es  zwar  in  den  ersteren  gleichfalls  einige  Districte,  weiche 
gegen  das  Ende  der  trocknen  Jahreszeit  entlaubt  werden  und 
wo  die  Vegetation  aus  Mangel  an  Wasser  fast  gänzlich  erstirbt, 
allein  ganz  eigendiche,  völlig  verödete  Sandwüsten  sind  den- 
noch daselbst  nur  ausnahmsweise  und  von  verhähnifsmäfsig  ge- 


Klima.  873 

ringer  Ansdehnnag  Torluiideii,  '  Aus  dieser  Untclie  fehlen  ench 
ilaseihst  die  Sendstorme  und  die  dem  Hamattan  oder  Samnm 
ähnlichen  Winde ;  vielmehr  ist  da^&Iima  im  Allgemeinen  fencht, 
die  Temperatnr  sehr  gleickhieibend  und  im  Ganzen  milde.   Die 
Ursadie  hiervon   liegt  darin,  dafs  die  herrschenden  Ostwinde 
iiber  dem  Atlantischen  Oceane  abgekühlt   und  feucht  werden, 
Westwinde  aber  wegen  der  hohen  Gebirge  nicht  in  die  flacheren 
Röstengegenden  gelangen  können«    Eben  diese  hohen,^  auf  ihren 
Gipfeln  stets  mit  Eis  bedeckten  Beige  sind  aber  die  Ursache^ 
dab  die  RiesenstWime ,  namentlich  der  Orinoko  und  der  Ama- 
sonenflufs,  so  ungeheure  Massen  von  Wasser  in  denOcean  wal- 
ten, die  von  ihnen  ausgehende  Verdanstung  erhält  die  Luft 
feucht,  und  da  auCserdem  daseftst  unertnefsliche  Strecken  mit 
Urwiddem  bedeckt  sind,  sa  läfst  sich  die  klimatische  fieschaf-- 
fisuheit  jener  Gegenden  aus  diesen  Gründen  sehr  leicht  erklären^« 
Die  Abwesenheit  des  Winters  und  statt  dessen  ein  Wech- 
sel der  Regenzeit  mit  einer  periodischen  Trocknifs  ist  allgemein 
in  den  Gegenden  innerhalb  10  Breitengraden  vom  Ae^uator,  er- 
streckt sich  indefs  minder  kenntlich  noch  weiter  nach  beiden 
Seiten  und  fällt  nicht  überall  in    dieselbe -Zeit ,  vielmehr  sind 
beide  auf  den  verschiedlenen  Halbkugeln  einander  entgegenge- 
setzt.    Auf  Java  föngt  die  Regenzeit  im  October  an ,  wird  an- 
haltender im  November  und   December  und  hört   allmdig  bis 
zum  Mite  ganz  auf-    Beim  Uebergange  aus  einer  Zeit  in  die  an- 
dere ist  das  Wetter  am  unbeständigsten,  die  stärksten  Regen  fal- 
len im  December  und  Januar,  am  trockensten  ist  es  im  Juni  und 
Jnl^,  und  dann  sind  die  Tage  am  heifsesten,  die  Nächte  am  kai- 
testen*    Indeb  giebt  es  auch  dann  oft,  und  auf  den  Gebirgen 
fiist  täglich ,  Gewitter,  so  wie  in  der  Regenzeit  die  ununterbro- 
chenen Regenschauer  selten  länger  als  zwei  Tage  anhalten ,  wo- 
bei aber  das  Wasser  wie  in  Strtf men  vom  Himmel  fallt«     Hier- 
durch unterscheidet  sich  Java  vom  Indischen  Continente.     Die 
Wärme  ist  im  Mittel  21^,1  bis  23^3  C.  am  Morgen  und  28«,3 
am  Nachmittage,   steigt  indefs  ausnahmsweise    auch  bis  30*^,6 
und  32^,2*    Zugleich  ist  der  Einilub  der  Seewinde  und  der  gro- 
Isen  Feuchtigkeit  bei  diesem  Inselklima  sehr  begreiflich^« 

1  Vergl.  Dr.  Williamso«  in  Trans,  of  the  Amer,  Soc.  T.  I.  p, 
272 «  kanptsächlicli  aber  v.  Huxboldt  ^n  «einen  Beisen,  D.  Ueb.  Th«  I^ 
II  o.  III.  a.  T.  O. 

2  Rimss  Htttefy  of  lava*  T.  L  p.  BOL 

Kkk2 


874  Klima.     ^ 

Das  KilsUnhlima  auE  dem  Vorgebirge  ^et  gnteti  HoShung 
ist  bereits  lange  duröh  die  Beschreibung  des  La  Cailxk' be- 
kannt und,  diese  stimmt  mit  späteren  Angaben  genau  iiberein« 
Jener  Astronom  war  vorzüglich  veraolafst,  dasselbe  zu  beach- 
ten, welches  au<Jh  vom  Mai  1751  bis  Februar  1752  geschah. 
Die  Temperatur  daselbst  ist  sehr  gemälsigt ,  allein  am  mnange-  . 
nehmsten  sind  die  so  häufigen  heftigen  Südostwinde,  welche 
vier  ZehntheUe  des  Jahres  herrschen.  Oft  gehen  dieselben  ia 
eigentliche  Stürme  über,  welche  die  Dünen  am  Ufer  des  Mee- 
res versetzen  und  grofse  Massen  Sand  fortführen«  Sie  hindern 
die  Bäume  am  Wachsen  und  zerbrechen  sie  nicht  selten ,  stür- 
zen Mauern  um ,  bringen  die  Schiff e  in  der  Bucht  in  Gefahr  und 
erfordern  eigene  Vorrichtungen  zum  Schutze  der  Häuser  und 
Gärten.  Daneben  herrschen  dort  viele  und  dichte  Nebel,  wel- 
che picht  blolf^auf  der  See  gelagert  sind ,  sondern  auch  auf  dem 
Lande,  so  dafs  nur  ein  Drittheil  des  Jahr/s  eigentlich  heiter  ist^* 
Inzwischen  ist  dieses  Klima  der  Gapstadt  und  der  Küste,  worauf 
sie  liegt ,  nur  ein  sehr  specielles  und  kann  nicht  als  das  eigent- 
liche von  Südafrica  betrachtet  werd-en.  Letzteres  wurde  mit 
gröfserer  Allgemeinheit  untersucht  durch  Dr.  Kvox^  vermittelst 
meteorologischer  Register  zu  Graaf  Reynet  unter  32®  ll'  3.  B. 
und  135  engl.  Meilen  vom  Meere,  bis  wohfn  eine  weite  Ebene 
ausgedehnt  ist»  Die  Kälte  erreichte  ini  ganzen  Jahre  den  Ge- 
frierpunct  des  Wassers  nicht ,  die  Wärme  stieg  aber  einmal  im 
Februar  auf  38*  C.  bei  einem  ganzjährigen  Mittel  von  16^,77  C. 
Anhaltende  Dürre  wird  auf  der  ganzen  Colonie  leicht  nachthei- 
lig und  die  Regen  verbreiten  sich  meistens  nur  über  einzelne 
Districte.  Die  verheerenden  Südostwinde  der  Capstadt  findet 
man  dort  nicht  und  im  Allgemeinen  ist  das  Klima  sowohl  ange- 
nehm als  der  Gesundheit  zuträglich. 

Diesem  Klima  correspondirt  das  von  Buenos  -  Aires,  gleich- 
falls eines  Küstenlandes  unter  34®  35'  26"  S»  B.,  bis  nach  As- 
sumption  in>Paraguay>  mehr  landeinwärts  unter  25*  VS  4if*  In 
letzterer  Stadt  steigt  das  Thermometer  im  Sommer  nicht  selten 
auf  30«  C.,  erreicht  aber  wohl  38°,  sinkt  dagegen  im  Winter 
einigemale  auf  den  Gefrierpunct.  Die  nördlichen  Winde  sind  da- 
selbst warm,  die  südlichen  kalt;  Westwinde  giebt  es  wegen  der 


1    G.  LXVI/1S6. 

t    Edinb.  FMK  Joani.  N.  X.  p.  279. 


Klima.  675 

ihrer  grofsen  Entfernung  ungeachtet  »chütaenden  Befge  gtr  nicht 
Die  ^herrschenden  Winde  sind  Ost-  nnä  Nordwincie,  Stürme 
sind  an  beiden  Orten  selten ,  dann  aber  zuweilen  sehr  verhee« 
rend«  Die  Feuchtigkeit  ist  in  jenem  ganzen  Striche  ungemein 
grofs,  Nebel  sind  selten  9  Gewitter  häufig  und  gefährHch;  ein 
einziges  im  Januar  1793  schlug  in  Buenos -*  Aires  37inal  ein  und 
t^dtete  19  Personen  ^ 

Eine  klimatische  Eigenthümlichkeit  nördlicher  Küstenländer 
ist  diese,  dafe  daselbst  die  Gewitter  im  Winter  nicht  blofs  häu- 
figer, sondern  fast  ausschliefslich  vorkommen.  Von  de»  Norwe- 
gischen Eust« ,  Island  und  den  Far<$er- Inseln  ist  dieses  schon 
früher^  nebst  den  Ursachen  angegeben  worden,  welche  dieseJben 
erzeugen,  allein  die  Sache  ist  ganz  allgemein,  denn  auch  auf  din 
Shetländischen  hisela  gehören  die  Gewitter  der  Regel  iiach  den 
WinterstSrmen  zu ,  jedoch  sollen  sie  im  Allgemeinen  doPt  sel- 
ten seyn,  denn  Scott ^  hlhte  daselbst  nur  einmal  in  einem  gan- 
zen Jahre  Donner.  Auf  Kamtschatka  und'den  aleutischen  Inseln 
giebt  es  nur  ab  seltene  Ausnahmen  Gewitter  im  Sommer^  indem 
sie  daselbst  nach  Lavo»dorf  ^  gleichfalls  fast  ausschliefsHch  dem 
Winter  angehören ,  anderer  Zeugnisse  nicht  zu  gedenken ,  aus 
denen  die  Sache  als  Hegel  hervorgeht. 

Unter  die  schönsten  Klinotate,  die  sehr  angenehmen,  frucht- 
baren und  gesunden,  gehdren  die  der  Inseln  des  grofsen  OceanSi 
wenn  die  Hitze  der  heifsen  Zone  durch  die  Seewinde  gemildert 
wird  und  der  Regen  die  üppige  Vegetation  unterhält.  Dahin 
rechnet  r.  Khusbii9T£ah^  unter  andern  das  der  Washington^s- 
Insehi,  wo  die  Temperatur  fast  stets  gleichbleibend  die  des 
Sommers  unter  mittleren  Breiten  ist.  Marchavd  giebt  z.  B«  den 
Stand  des  Thermometers  auf  St.  Christina  za  33^,75  an,  T. 
KausEVSTBRiff  aber  fand  in  Port  Anna  Maria  fast  beständig  28^,5 
bis  30^  O.  und  ak  gröfste  Hitze  nur  34^  C. ,  dabei  die  Men- 
schen gesund  und  die  Fruchtbarkeit  ausgezeichnet,  wenn  der 
Begen  nicht  fehke,  welcher  indeJEs  zuweilen.  10  Monate  ausbleibt* 


1  Yoyagea  dans  I^Am^qae  mtfridionale  par  Don  Felix  de  Azaiu^ 
•te.  Par.  1809.  XY  Tom.  T.  I.  chap«  1. 

2  Art«  Gewitter^  Th.  IV.  8.  1387* 

S    Sdinb.  PhiL  Joani.  N.  8^.  N.  T.  p.  120L 

4-    8.  dessen  Beisen  Th.  II. 

5    Deaaea  Reisen  Tb.  I«  t.  165. 


•876  '     Klima. 

Auf  den  StndTridi- Inseln  fand  Cook  ^  gleichfalb  die  Tempe« 
ratur  ungleich  milder^  als  anf  den  Westindischen  |  auch  ist  der 
Regen  dort  häufiger.  Nach  den  Beobachtungen,  welche  W* 
Ellis^  daselbst  vom  August  1821.  bis  Juli  1822  anstellte ,  war 
die  höchste  Temperatur  =  31^4  C,  die  niedrigste  =  15*,  die 
mittlere  =  23^»9t  Hierzu  waren  dort  nur  40  Regentage  und 
übrigens  heiterer  Himmel;  dennach  soll  nach  ihm  daslüima 
ungesund  und  für  Europäer  zu  sehr  schwächend  se3m« 

Unter  die  merkwürdigen  InselhlimcUe  gehOrt  das  von  St« 
Helena  unter  16®  S.  B.  Die  hohen  Bergspitzen  daselbst  sind 
fast  allezeit,  in  den  Wolken ,  der  Boden  ist  stets  feucht ,  höchst 
fruchtbar  und  die  Temperatur  kiihL  Dabei  ist  es  merkwürdig, 
dab  dort  stets  Südostwind  herrscht,  und  gerade  dann  am  hef- 
tigsten, wenn  auf  dem  genau  in  Südost  liegenden  Cap  die  Nord- 
Westwinde  am  heftigsten  wehen  3*  Auf  den  canarischen  Inseln, 
deren  Klima  durch  L.  v*  Bircu^  genau  beschrieben  worden  ist, 
zeigt  sich  der  Unterschied  von  dem  tropischen  darin ,  dals  kein 
zweifacher  Wechsel  der  Jahreszeiten  herrscht,  vielmehr  fällt  ia 
Folge  der  Abkühlung  durch  das  Meer  die  grdfste  Hitze  in  den  Au* 
gust  und  erreicht  meistens  26^)05  C,,  die  geringste  in  den  Januar 
=  17^97  und  das  Mittel  des  ganzen  Jahres  beträgt  21^^64»  Au«  . 
Üserdem  haben  dieselben  keine  Spur  von  eigentlichen  tropischen 
Regen  ^  auch  fängt  die  durch  Abkühlung  des  Wasserdampfes  be- 
dingte Regenzeit  dort  erst  im  November  an  und  dauert  nicht 
über  den  März  hinaus ,  statt  dab  man  sie  in  Italien  von  der  er- 
sten Hälfte  Octobers  bis  in  den  April  datiren  kann«  Im  Sommer 
dagegen  gleicht  das  Klima  v({llig  dem  tropischen  durch  die  an- 
haltende Dauer  des  nordöstlichen  Passatwindes,  welcher  so  an- 
haltend wehet,  dafs  man  von  Teneriffa  nach  Ferro  in  einem  Tage 
kommt,  zurück  aber  leicht  vier  oder  fünf  Wochen  bedar£  Zugleich 
werden  dort  die  oberen  entgegengesetzten  Luftströmungen  auf 
eine  interessante  Weise  kenntlich,  indem  alle  Beobachter  ohne 
Ausnahme  auf  der  Spitze  des  Pic*s  Westwind  antrafen.  Aus  diesen 
beständig  über  einander  hinstreichenden  entgegengesetzten  Luft— 

1  G.  XXXV.  «53. 

2  Kästner  ArduT  XU.  8.  369. 

8    LicBTBvsTBW  Reisen  II.  8.  594.   ' 

4  Berlm.  Denkschriften  1820  a.  21.  S.106.  Umatändlioher  in  des* 
een:  Phyticalitche  Betchreibang  der  canarischen  Inteln*  Berlin  1825* 
gr.4.  8.  68  ff.    YcrsL  Ann.  Ghim.  et  Phjt.  T.  XXII. 


Klima.  877 

Strömungen  leitet  v,  BvCV  den  ungew9hnli«h  hohen  Sarorntter- 
stand  auf  jenen  Inseln  ab ,  welcher  auf  0^  T«  and  den  Spiegel 
des  Meeres  reducirt  339>09  par.  Lin.  beträgt.  Femer  scheinen 
jene  Westwinde  schon  »über  dem  atlantischen  Oceane  sich  herab« 
susenken  und  den  andringenden  Nordwinden  den  Zugang  zu 
versperren ,  woraus  die  auffallende  Eigentliiimlichkeit  erklärlich 
wird ,  dafs  zu  Las  Palmas  auf  Gran  Canaria  die  grölste  mittlere 
WäAip  nicht  in  den  Juli  oder  August,  sondern  in  die  Mitte  des 
Oetobers  fallt,  indem  sie  vom  Ende  des  Septembers  an  plötzlich 
steigt  und  vom  Ende  Octobers  an  noch  schneller  wieder  ab-^ 
nimmt ,  so  dafs  die  mittleren  Temperaturen  des  Decembers  und 
Januars  nur  wenig  von  einander  abweichen.  Eben  daher  ge<« 
deihen  die  Dattelpalmen  daselbst  ganz  vortrefflich,  wovon  der 
Ort  seinen  Namen  hat«  Die  Thatsache  dieser  ausgezeichneten 
klimatischen  Beschaffenheit  jenes  Ortes  ist  wohl  nicht  streitig, 
der  Zulässigkeit  der  Erklärung  steht  aber  der  Umstand  entgegen, 
dals  eine  so  allgemeine  Ursache  ihre  Wirkungen  auf  allen  cana- 
Tischen  Insem  än£sem  mülste«  Ein  Herabsinken  dieser  westU« 
ehen  Luftströmungen  ersieht  man  übrigens  deutlich  ans  den 
Wolken,  welche  im  October  die  Spitze  des  Pjc,  von  Süden  her, 
einhüllen,  sich  inouner  tiefer  senken ,  endlich  sioh^anf  den  etwas 
über  6000  F.  hohen  Kamm  des  Gebirges  zwischen  Orotava  und' 
der  südlichen  Küste  lagern,  wo  sie  in  furchtbaren  Gewittern 
aoabrechen,  und  erst  pach  einer  Woche  etwa  an  der  Meeresküste 
empfanden  werden,  wo  dann  Monate  lang  Regen  herrscheUf 
während  der  Pic  9iit  Schnee  bedeckt  wird. 

Auf  Madeira  unter.32^  36^  N.  B.  ist  der  Sirocco  nicht  alle 
Jahre  gleich  anhaltend ,  allein  wenn  er  herrscht ,  so  ist  er  von 
der  stärksten  Trockeuheit  begleitet  und  kein  Wölkchen  am 
Himmel  zu  sehen,  obgleich  er  direct  von  .der  africanischen 
Küste  kommend  300  engl,  Meilen  über  das  Meer  zurücklegt 
Seine  Richtuiig  ist  aus  OSO.  und  er  erregt  eine  Empfindung, 
wie  ein  Strom  heilser  Luft  aus  einem  Ofen,  trocknet  unglaublich 
ans,  ist  |iÖchst  beschwerlich,  ohne  selbst  bei  denen,  welche 
sich  ihm  aussetzen,  der  Gesundheit  eigentlicK  nachtheilig  zu 
seyn.  Im  vollkommenen  Schatten  steigt  die  Hitze  bei  ihm  nicht 
höher  als  30®  C.'  Die  Regenmengen  daselbst  sind  sehr  ungleich 
und  wechseln  zwischen  wirklich  gemessenen  43,35  und  20}43 
Zollen,  weswegen^ einige  40  Z. ,  andere  30  Z«  als  Mittelzahl  an- 
nehmen.   Die  Hexbstregen  fangen  meistens  im  September  an 


878  Klima; 

und  endigen  Im  December,  wobei  mehr  einzelne  Schaner  gebil- ' 
det  werden,  als  dafs  der  Regen  ganze  Tage  anhaltend  seyn  sollte. 
Die  Winterregen  im  Januar  und  Februar  sind  dagegen  eigentlich 
periodisch.  Im  März  und  April  kommen  abwechselnd  einzelne 
Schauer,  Mai  hat  wenige  derselben,  Juni,  Juli,  August  und 
Anfang  Septembers  sind  aber  die  eigentlichen  trocknen  Monate^ 
wo  selten  nur  ein  Tropfen  Regen  ^ällt,  aufser  rfuf  den  Berg- 
fipitzen,  wo  es  stark  thauet,  und  oft  regnet,  wenn  es  in  ebenen 
Gegenden  trocken  ist«  Ueberhaupt  kann  das  Resultat  der  Beob« 
achtungen  an  irgend  einem  gegebenen  Or^e  ^nicht  als  Regel  für' 
die  ganze  Insel  angenommen  werden.  Die  wechselnden  See- 
tind  Landwinde  sind  fast  das  ganze  Jahr  regelmäfsig ,  bufserdem 
ist  die  Richtung  des  Windes  sehr  beständig  und  er  wehet  zu- 
^^ilen  Monate  lang  unausgesetzt  aus  Nord ,  Nordost  und  Ost, 
wobei  heiteres  Wetter*  herrscht.  Der  Ost -Süd -Ost -Wind  ist 
der  Sirocco ;  geht- er  ganz  nach  Süden  oder  Westen,  so  folgt 
drückende  Wärme  und  anhaltendei:  R^gen.  Der  Nordwestwind 
bringt  Kälte  und  auf  den  Bergen  zuweilen  Schnee.  Gewitter 
init  Blitz  und  Donner  sind  im  Ganzen  selten.  Die  Temperatur 
geht  in  Funchal  nicht  leicht  unter  10^  C.  und  übersteigt  eben  so 
selten  28®  G. ,  ist  alsofim  Ganzen  sehr  gleichmäfsig^. 

'  Am  bekanntesten  wegen  des  unterscheidenden  Charakters 
ieines Inselklima's  ist  Großbritannien,  weil  Beobachtungen  der 
Witterung  und  Vergleichung  derselben  mit  denen  an  andern  Or- 
ten des  europaischen  Continentes  am  häufigsten  sind.  Die  Städte 
Berlin ,  Amsterdam  und  London  liegen  fast  unter  gleichen  Gra- 
den N.  B.  und  ohngefähr  zwei  Grade  nördlicher  ils  Charkow, 
aber  die  klimatische  Beschaffen heit  dieser  Oerter  ist  ausnehniend 
verschieden.  Die  letztere  Stadt  hat  kältere  Winter  als  Berlin, 
dieses  kältere  als  Amsterdam,  und  in  London  genügen  Gamine 
zum  Erwärmen  der  Zimmer,  auch  kommen  in  England  die  Schafe 
den  ganzen  Winter  hindurch  nicht  aus  dem  Freien.  Dagegen 
ist  die  Sommerhitze  daselbst  gemäfsigter  und  steigt  in  der  Re- 
gel nur  auf  kaum  27*  G.,  indem  die  Winterkälte  hur  etwa 
—  7^  C.  erreicht ,  statt  dafs  in  Charkow  30*  C.  über  und  fast 
toben  so  viel  unter  dem  Gefrierpuncte  nicht  als  etwas  Uhgewöhn- 
Eches  anzusehen  ist.     In  Manheim  sind  die  Winter  strenger  als 


'  i    8.  Hbiiibus  ia  Philot«  Ma^as.  and  Ann.   of  PhiL    Yol.  11.  N. 
11.  p.  862, 


Klima.  B79 

•n  der  Seekiiste  j  aber  'schon  im  Mit»  gieht  die  Wäriiie  ^selbst 
über  die  in  London  hinaus  K  Selbst  das  gebirgige  Schottland 
hat  nur  gelinde  Winter. 

Die  insularische  Beschaffenheit  ist  irfdöfs  nicht  allezeit  im 
Stande,  die  anderweitigen  klimatischen  Bedingungen  zn  über-' 
'winden.  Kn  redendes  Beispiel  hjervon  giebt  die  Insel  Terre^ 
Neuve,  welche  sich  an  der  nordamericanischen  Küste  von  47 
bis'51^  N.  B.  erstreckt;  also  nicht  einmal  die  Polhöhe  von  Lon«^ 
don  erreicht,  und  dennoch  6  bis  7  Monate  anhaltend  mit  be-^ 
ständigem  Schnee  bedeckt  ist^,  so  däfs,  nach  den  dort  wachsen- 
den Pflanzen  zu  schlielsen^  die  miniere  Ehrliche  Wärme  ,1®, 4 
bis  3^R.  nicht  übersteigt.  Df  Ia  Pilatb  beobaclitete' daselbst 
im  Winter  —  18®  R.,  im  Sommer  1816  stieg  aber  die  Wärme 
nie  über  18*  R.,  nufser  in'Thälern  ,  worin  die  Sonnenstrahlen 
concentrirt  wurden.  In  andern  Jahren  erreichte  sie  indefs  mei-* 
atens  20  bis  22^  R.  y  ja  wohl  noch  mehr.  Hiernach  gleicht  also 
das  Klima  mehr  einem  continentalen ,  als  einem  insularischen. 
Am  nördlichen  Theile  der  Insel  wurde  1816  nur  einmal  ein  Ge- 
witter beobachtet,  statt  deren  die  Nordlichter  sich  dort  sehr 
häufig  zeigen ,  *  am  südlichen  Ende  aber  sind  tlie  Gewitter  nicht 
sehen.  Am  15.  Febr.  1820  erlebte  De  la  Pilatb  daselbst  ganz 
unerwartet  ein  Gewitter,  welches  auf  plötzlich  eintretendes  ge- 
Enderes  Wetter  folgte  und  mit  starkem  Nebel  verbunden  war. 
Stürme  -von  grofser  Heftigkeit  sind  dort  nicht  ungewöhnlich, 
insbesondere  zur  Zeit  der  Herbst -Nachtgleichen;  im  Sommer 
dagegen  bringen  die  vom  americanischen  Continente  herkom-* 
inenden  Siidwestwinde  die  gröfste  Wärme.  Eigentlicher  warmer 
Sommer  fängt  erst  mit  dem  Juli  an  und  dauert  bis  zum  10«  Sep- 
tember, derOctober  bildet  den  Herbst  und  der  Anfang  No- 
vembers giebt  mit  Frost  und  bleibendem  Schnee  einen  schnellen 
Uebergang  zum  Winter.  Auch  früher  tritt  zuweilen  plötzliche 
Kälte  ein,  z.  B.  am  25«  August  1816 9  an  welchem  Tage  der 
Boden  mit  Reif  bedeckt  wurde  und  die  Seen  auf  kurze  Zeit  ge- 
froren, was  sich  aus  der  Wirkung  kalter  nördlicher  Luftströ- 
mungen erklären  läfst.    Das  Aufthauen  des  Winterschnees  be- 


1    Vergl.  Bdaitdes  Beitrage  sar  WitteruDgsiande  S.  24./  Rees  Gy- 
clopaedia  cet.  Art.  Giimate.   T.  VlII.     Ueber  das  Klima  in  London  t.  . 
The  Climata  of  London.   By  L,  Howard.  In  two  Vol.  Lond«  1818.  8» 

t    Mtfm.  de  la  80c.  Lind^enne  da  Paris.  T.  IV.  p.  443. 


880  Klima, 

ginnt  im  April |.  wird  it)>er  erst  imlani  yolUtändig,  w^l  der- 
selbe bei  trockner  Luft  durch  Verdunstung  schwindet.  Der 
Schnee  fällt  meistens  in  feinen  Nadeln,  ist  sUubartig  und  wird 
durch  den  Wind  stark  fortgetrieben ,  ja  selbst  duich  die  Fugen 
der  hölzernen  Häuser  gejagt.  In  den  Sommernächten  ist  es  an- 
genehm warm ,  aber  die  Insecten  sind  sehr  beschwerlich.  Au- 
fserdem  hat  die  Insel  oft  dicke  Nebel,  welche  vom  Oceane  her- 
kommen und  im  Mai  und  October  sehr  häufig  sind,  wogegen  die 
Heiterkeit  des  Himmels  in  den  Sommermonaten  selten  durch  Re- 
gen unterbrochen  wird.  Viele  von  diesen  klimatischen  Erschei- 
nungen werden  dadurch  erklärlich ,  dals  das  Meer  um  die  Insel 
wegen  dei  Strömungen  aus  dem  Polarmeere  stets  sehr  kalt  ist. 
Es  findet  dieses  in  einem  so  auffallenden  Grade  statt,  dafs  das 
Baden  in  der  See  dadurch  unmöglich  wird  und  nur  an  solchen 
Orten  geschehen  kann,  wo  das  wärmere  Wasser  aus  den  Flüssen 
die  Temperatur  des  Meerwassers  mildert. 

Als  ein  Beispiel  'des  Klimans  hoher  Bergebenen  (Plaietnix) 
dient  insbesondere  das  der  Hochebene  von  Quito,  welche  8000  F. 
über  der  Meeresfläche  weit  ausgedehnt  liegt  und  wo  deswegen 
Frostkälte  unter  dem  Aequator  eintritt.  Diese  Kälte  dauert  vom 
Mai  bis  zum  November  und  die  Früchte  erlangen  die  letzte  Reife 
durch  den  Frost  am  hellen  Tage  im  Mai.  Die  gröfste  Kälte  dort 
ist  etwa  —  3°  C.  und  die  Temperatur  oft  so  gleichbleibend,  dafs 
das  Thermometer  wohl  10  bis  20  Tage  stets  0'  zeigt.  Die  Wet- 
terveränderungen daselbst  sollen  nach  Don  Ulloa  von  den  Süd- 
winden abhängen.  Sind  diese  nur  miifsig  stark ,  so  treiben  sie 
die  Wolken  gegen  die  Erhebung ,  und  im  flacheren  Lande  ist 
Regen  oder  Nebel,  wenn  oben  heiterer  Sonnenschein  herrscht} 
wehen  aber  jene  Winde  stärker,  so  treiben  sie  die  Wolken  bia 
auf  die  Hochebene  und  dort  entsteht  Regent 

Nicht  selten  sind  die  S.limate  zweier  sehr  nahe  gelegenen 
Gegenden  sehr  von  einander  verschieden ,  nicht  sowohl  wegen 
ungleichen  Höhe  über  der  Meeresfläche,  welches  unter  die  be- 
kannUn  und  nothwendigen  Bedingungen  gehört,  als  vielmehr, 
weil  benachbarte  Berge  einen  Schutz  gegen  die  Winde  ^eben 
und  somit  den  Einflufs  von  diesen  aufheben.  Am  bekanntesten 
in  dieser  Hinsicht  ist  die  schon  erwähnte  Nord-  und  Südseite 
der  Gebirgszüge,  aber  ein  anderes  sehr  auffallendes  Beispiel  giebt 


1    Ver^I.  T.  IlciuoLDT  Rei«.  Th.  I.  $.  SS8.  u.  a.  a.  O» 


Klima  ^ 

d«r  BÜdHche  Thell  d«9  Mahratt^n -Staates  twiacfaen  14*  20'  nai 
t6®  26'  N.  B. ,  wo  also  der  Einflufs  der  nOrdlichen  oder  siidli« 
eben  Abdachung  ganz  wegfällt.  Von  diesem  kleinen  Tractns 
hat  nach  CHaiSTis^s^  Beobachtungen  der  westliche  Theil  eia 
aufseilet  feuchtes,  der  östliche  dagegen  ein  eben  so  trocknes  Kli- 
ma^ indem  dort  nicht  selten  in  e\nem  Monate  so  viel  Regen 
fiillt,  als  hier  im  Mittel  das  ganze  Jahr,  nämlich  20  bis  26  engl, 
Zolle«  Allgemein  darf  man  annehmen,  .dafs  zu  Darwar,  wie  im 
übrigen  Indien,  der  Wind,  von  Mitte  April  bis  Mitte  October 
südwestlich ,  in  der  andern  Hälfte  des  Jahres  nordöstlich  ist ,  in 
beiden  Kachtg^eichen  aber  veränderlich.  Im  April  und  Mai  sind 
dort  häufige  Gewitter,  aber  die  periodischen  Regen  fallen  erst  in 
den  Juni  und  lnli.|  der  Wind  ist  dann  westlich ,  aber  nach  3 
Uhr  Nachmittags  sammeln  sich  die  dichtesten  Wolken  im  Osten, 
welche , endlich  unter  heftigem  Donnern  und  Blitzen  gegen  den 
westlichen  Wind  anrücken,  bis  dieser  sich  plötzlich  umsetzt 
und  starken  Regen,  oft  mit  Hagel,  bringt.  So  dauert  es  auf 
gleiche  Weise  einige  Tage,  bis  der  Südwestwind  anhaltend  wird. 
Es  fällt  dort  zwar  ziemlich  viel  Regen ,  aber  ungleich  weniger 
als  an  der  westlichen  Küste ,  auch  geben  die  von  den  2500  F. 
hoben  waldigen  Gauts  -  Gebirgen  wehenden  Winde  jenen  Ge- 
benden bei  der  grofsen  Sommerhitze  allezeit  einige  angenehme 
Kühlung,  welche  der  westlichen  Küste  fehlt,  wo  hauptsächlich 
die  Regen  eben  so  stark  als  anhaltend  sind. 

Von  dem  bedeutendsten  Einflüsse  auf  das  Klima  sini  gro/00 
Waldungen,  hauptsächlich  insofern  sie  in  heilsen  Gegenden  die 
Feuchtigkeit  der  Atmosphäre  anziehen ,  die  vorbandet^  länger 
zurückhalten  und  sowohl  hierdurch  als  auch  durch  Mäfsigung 
der  durch  die  Sonnenstrahlen  erzeugten  Wärme  eine  sehr  auf- 
Ssdlende  Kühlung  hervorbringen.  Man  sieht  dieses  sehr  deutlich 
auf  den  Cap-Verdischen  Inseln  und  auf  Barbados,  wo  wegen 
zu  starker  Ausrottung  der  Urwälder  zuweilen  in  drei  Jahren  iLein 
Regen  fäUt^  so  dais  alles  verdorret.  Auf  einigen  Westindischen^ 
Inseln  hat  man  daher  Wälder  aufs  Nene  anlegen  müssen ,  auf 
andern  ist  es  bei  schwerer  Strafe  verboten,  die  in  Wäldern  zum 
Regen  vorbehaltenen  Länder  (so  nennt  man  sie)  abzuholzen  ^. 
Dureh  die  im  ameiioanischen  Continente  noch  vorhandenen  Uc*« 


1    Ediob.  PhiU  Joara.  N.  S.  Nr.  X.  p.  88. 

t    FoBtna  Stoffe  mm  Nachdenken  q«  •»  w«  8.  14. 


882  Klima.  , 

ipritlder  ist  jener  Welttheil  feucht  und  fruchtbar  im  Gegentetze 
gegen  die  sandigen  Districte  Von  Asien  und  AfWca.  Moreau  de 
JossKS^  zeigt,  dafs  die  grofse  Hitze  und  Trockenheit  eines 
Theils  von  Persien,  der  Tartarei,  selbst  der  Gegenden  um  Ka- 
bul und  der  Wüste  Sind  eine  Folge  der  ausgerotteten  Bäume 
aey ,  welche  übrigens  in  der  Umgebung  bewohnter  Oerter  sehr 
gut  gedeihen  und  daher  keineswegs  in  Folge  der  Unfruchtbar* 
keit  des  Bodens  so  gänzlich  mangeln.  Nach  v.  Humboldt^» 
Urtheile  '  würde  America  eine  gleiche  Veränderung  erleiden, 
wenn  es  seine  Wälder  durch  gänzliche  Ausrottung  verlöre.  Hier- 
durch, sagt  er,  bereiten  die  Menschen  unter  allen  Himmelsstri- 
chen den  kommenden  Geschlechtern'  gleichzeitig  eine  -doppelte 
Plage ,  Mangel  an  Brennstoff  und  an  Wasser.  Die  Baume  ver- 
breiten um  sich  eine  kühleret  feuchte  Atmosphäre  und  wirken 
auf  den  Reichthum  der  Quellen ,  indem  sie  den  Boden  gegen 
die  unmittelbare  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  schützen.  Die 
Zerstörung  der  Wälder,  wie  die  europäischen  Colonisten  dieselbe 
in  America  allenthalben'  mit  unvorsichtiger  Eile  vornehmen ,  hat 
iie  gänzliche  Austrocknung  oder  wenigstens  die  Abnahme  der 
iQuellen  zur  Folge,  •      '    . 

Eben  dieses  ist  nach  LiCHTfevsTEift  ^  der  Fall  auf  der  Süd- 
apitze  von  Africa,  Dort  gedeihen  die  Wälder  nur,  wo  Feuch-» 
tigkeit  ist,  also  tn  den  Bergschluchten,  in  denen  die  Bäume  wie. 
derum  den  Boden  gegen  das  Austrocknen  schützen»  Diesen  Wal- 
dungen allein  verdankt  die  ganze  Südküste  v6n  Africa  ihre 
l^ruchtbarkeit ,  sie  aushauen  hiebe  diese  Gegehden  für  mehrere 
Jahrhunderte  unbewohnbar  machen.  Mehr  nördlich  und  in  grö- 
Cserer  Höhe  über  der  Meeresfläche,  am  Orangerivier,  fand  Licir- 
TEKSTKiiff^  das  Klima  ganz  anders,  als  das  der  südlichen  Colo- 
nie.  Im  Winter  herrscht  daselbst  eine  trockne,  frische  Kälte 
bei  meistens  heiterer  Luft.  Nachts  und  vorzüglich  bei  Sonnen- 
aufgang sinkt  das  Thermometer  unter  den  Gefrierpunct,  aber  nie 
unter  — 3^  C,  eine  Stunde  nach  Sonnenaufgang  aber  ist  der 


1  Untertachuagen  über  die  YeräDderangen ,  die  darch  die  Aqs- 
rottaog  der  Wälder  in  dem  physischen  Zustand  der  Lander  entatehea 
tt.  t.  w.  Uebers.  von  Wiedemaon.  Tübingen  1828.  $•  151. 

2  Reisen.  Deutsche  Ueb.  lil.  121.  Vergl  deaien  E$nj  Poltt.  aar 
la  Nonr.  Eap.  L  208. 

S    Reisen.  U.  8.  217. 
4    Bbend.  U.  8.  '938. 


Klima.  8B3 

Reif  schon  weggeschmolzen  und  um  lOUhT  ist  es  T(SlIjgerSom* 
Hier.  Mittags  werden  die  Sonnenstrahlen  lästig ,  doch  ist  es ' 
kühl  im  Schatten ,  denn  es^  streicht  ein  stets  gleichmafsiger  Süd- 
wind über  die  Flache.  Diese  Witterung  ist  sehr  beständig  und 
ändert  sich* selten.  Als  Vorzeichen  einer  Aenderung  weicht  dex 
Wind  nach  Westen  und  bleibt  dann  südwestlich,  die  Luft  wird 
neblig ,  der  Qeif  des  Morgens  ist  dicker ,  es  fallt  bald  Regen, 
bald  Schnee,  je  nachdem  ^er  Wärmegrad  der  Tagszeit  es  mit 
sich  bringt  \  oft  bleibt  es  blob  beim  Nebel ,  dtas  Wetter  wird 
nach  einiger  Zeit  wieder  heiter  und  der  zurückkehrende  Süd7 
wind  bringt  die  vorige  Witterung  wieder«  Nux  selten  Ueibt 
der  üeif  oder  Schnee  zw^i  Tage  liegen*  Im  August  und  Sep^ 
tember  wird  es  wieder  wärmer,  nördliche  Winde  fangen  an  zif, 
herrschen,  aber  das  Wetter- bleibt  trocken  bis  za  den  heilsen 
Monfiten,  wo  der  Friihling  mit  anfangenden  Gewitterregen  be* 
'  ginnt«  Diese  Gewitterregen  folgen  einander  in  Zwischenzeiten 
Ton  zwei  bis  drei  Tagen  und  erzeugen  eine  unglaubliche  Vege^« 
tation.  Kurz  vor  diesen  Gewittern  steigt  die  Hitze  oft  auf  einen 
unerträglichen  Grad,  sinkt  aber  bald  wieder,  selbst  wenn  das 
Gewitter  nicht  eigentlich  ziam  Ausbruche  kommt ,  sondern  wenn 
es  nur  wetterleuchtet«  Die  Herbstmonate  (der  südlichen  Halb« 
kugel)  sind  wieder  troqken  und  die  angenehmsten  im  gan* 
sen  Jahre. 

Zwischen  dem  achten  und  zehnten  Gtade  N.  B.  diesseit  de» 
Orinoko  giebt  es  nachv*  HrMBOLDT^  Districte,  wo  die  Bäume 
im  Januar  und  Februar  ihr  Laub  verlieren  und  bei  grofser  Wär- 
me das  Bild  einer  Winterlandschaft  darbieten.  Die  Ursache 
hiervon  ist  Mangel  an  Feuchtigkeit ,  weil  jene  Zeit  von  den  pe- 
riodischen Regen  am  weitesten  absteht  und  nur  die  Pflanzen  mi| 
glänzenden ,  saftigen  Blättern  diesen  Mangel  an  Wasser  ertra- 
gen« Also  schützt  hier  die  Vegetation  nicht  gegen  den  £influ£i 
tdlzulange  anhaltender  Dürre^;  die  Ufer  des  Stromes  erhalten 
indefs  ihre  Umgegend  feucht,  welche  sonach  jene  Erscheinung 
nicht  z^igt. 

Das  Klima  von  Nordamerica  ist  wegen  der  grofsen  dort 
herrschenden  Kälte  bekannt ,  wodurch  die  n($rdlichen  Gegenden  - 
fast  vom  50sten  Breitengrade  an  für  Europäer  unbewohnbar  wer- 
den.    Es  ist  daher  begreiflich ,  dafs  die  unter  niedrigem  Breiten 


1    Beisen.  D^  Ueb.  in«  55. 


884  Klima. 

gelegenen  Distiicte,  welche  hiernacli  dem  Biniinsse  der  liiift* 
Strömungen  aus  der  fiqaatoriachen  Zone  nnd  aus  den  erstantea 
nördlichen   Gegenden   unterworfen  sind}    häufige   nnd   suAb 

<  Wechsel  entgegengesetzter  Temperaturen  zeigen,  mit  Ausnahme 
der  Küsten ,  welche  zwar  dem  Einflüsse  des  Meeres  aukgesetzti 
im  Allgemeinen  aber  hauptsächlich  unter  höheren  Breiten  un- 
gleich kälter  sind ,  als  die  unter  gleichen  Breiten  liegenden  Kü- 
stenländer Europa's  ^.  Nach  der  Beschreibung  vc^n  DüVBAa* 
ist  z.  B.  in  New  -  Orleans  unter  31  •jS  N.  B.  der  Wind  im  ^'Vln- 
ter  sehr  veränderlich,  der  östliche  bringt  Regen ,  der  wesfliche 
heiteres  Wetter,  und  es  wechseln  stets  wenige  kalte,  Regen 
tind  Schnee  bringende^  Tage  mit  eben  so  wenigen  heitern.  Der 
Frühling  beginnt  im  Februar  mit  Südwinden,  welche  zugleich 
die  übermäfsige  Winterfeuchtigkeit  entfernen.  Während  des 
Friihlhigs  und  Sommers  herrschen  meistens  die  zwischen  S.  O« 
nnd  S.  W.  liegenden  Winde ,  wobei  die  Hitze  im  Juni  und  der 
Ersten  Hälfte  des  Juli  den  höchsten  Grad  erreicht,  bevor  die  er- 
frischenden Regen  anfangen,  welche  bis  in  den  Anfang  desSep« 
tembers  dauern.  Hierauf  folgt  die  äufserst  angenehme  kühle 
Witterung, des  Octobers,  welche  sieben  Wochen  lang  bei  18 
bis  23  Graden  C.  anzuhalten  pflegt,  aber  schon  im  November 
t^rd  die  Frostkälte  der  Nacht  den  Gewachsen  ge&hrlich,  und 
dieses  um  so  mehr,  je  näher  die  Oerter  den  grofsen  Waldungen 
Segen.  Im  Thale  des  Missisippi  sind  daneben  die  Herbstnebel 
unangenehm.  Der  Winter  beginnt  im  December,  aber  südliche 
Winde  können  auch  dann  eine  Wärme  von  24*^  G.  erzeugen^ 
welche  zuweilen  abhaltend  ist  und  schon  im  Januar  grüne  Erb« 
Sen  giebt,  statt  dafs  die  Umänderang  derselben  in  Nordwind 
einen  strengen  Winter  herbeifuhrt >  welcher  alle  frische  Vegene* 
tion  sogleich  tödtet»  Jene  Gegenden  zeichnen  sich  überdiefs  noch 
durch  die  heftigen  Winde  aus.  Blols  Mai  und  October,  die  an- 
genehmsten Monate  im  Jahre ,  sind  ganz  frei  von  Stüiteen ,  alle 
übrige  haben  die  mit  Regen  begleiteten  von  kürzerer  Daaer 
(ßqutUls)  j  welche  meistens  aus  N.  N.  O.  kommen ,  riur  einige 

^  Minuten  anhalten ,  dennoch  aber  Hänser  und  Bäume  umwerfen« 
ungleich  furchtbarer  aber  sind  die  anhaltenden  Orkane  (On 


1  Weitere  Uoter«uehaDgen  hierfiber  s.  Art  Tgmperatur* 

2  Trantact«  of  the  American  Soc.  of  Fhilad.  T.  YL  p»  1.  Darant 
la  G.  XXXf.  4SI. 


Klima.  885 

'^anff)  im  August  edler  S«pteiDl)er,  welche  selten  tiefer  landein- 
wärts gehen,  als  bis  New-Oileans,  und  meistens  in  der  Rich- 
tung von  Nord  nach  Süd  oder  ans  Ost  und  Südost  Strecken  von 
einigen  Meilen  ganz  verheeren ,  Häuser  umwerfen,  die  BSuma 
der  Waldungen  mit  den  Wurzeln  ausreifsen  oder  sie  abbrechen, 
die  Emdten  fortführen  und  nicht  blofs  die  SchifTe  auf  dem  Mis- 
sisippi  umstürzen,  sondern  auch  selbst  das  Wasser  desselben  aus 
seinem  Bette  treiben.  Nicht  selten  ereignet  es  sich  dabei ,  dals 
nach  einigen  Stunden  des  Tobens  dieser  Orkane  eine  plötzliche 
8chauerlich*e  Windstille  eintritt,  einige  Minuten  anhält  und  dann 
der  Sturm  mit  gleicher  Heftigkeit  in  entgegengesetzter  Richtnng 
zu  toben  fortfährt.  Noch  einige  Grade  weiter  nördlich ,  in  Pen- 
silvanien,  gleicht  das  Klima  vollständig  dem  im  mittleren 
Deutschlande»  Dr.  Pöffio  beobachtete  in  M'Conelsburgh  unter 
39*  53'  N.  B.  und  78®  ^  W.  L.  von  London  die  gröfste  Kähe 
=  — 19«,  die  gröfste  Wärme  =  36*  C.  und  eine  Kälte  von 
—  15^  C.  ist  durchaus  nicht  ganz  ungewöhnlich ,  hält  aber  nie 
länger  als  drei  Tage  an  K 

Die  klimatische  BeschafFenheit  hoch  nördlicher  Gegenden 
ist  so  einfach ,  dafs  sich  aufser  der  Angabb  der  Temperatur  we* 
nig  darüber  sagen  läfst,  und  zugleich  sind  Beobachtungen  in 
denselben  selten,  indem  erst  der  Forsch nngsg eist  der  neueren 
Zeit  diese  Kenntnisse  erweitert  hat.  Ueber  Lappland,  wo  noch 
die  meiste  Veränderlichkeit  Wegen  der  unverhältnirsmäTsig  hohen 
Temperatur  herrscht,  haben  L.  ^okBucr,  Vahoas  Beuemaa 
und  Wahlkvbeho  übereinstimmende  Nachrichten  mitgetheilt. 
Nach  dem  Letzteren  ^  ist  der  Gang  der  Witterung  nach  den  Jah- 
reszeiten im  hohen  Lappland ,  namentlich  in  Enontekis,  in  der 
Regel  folgende.r.  In  der  Mitte  Septembers  wird  das  Laub  der 
Birke  gelb  und  &llt  ab.  Mit  dem  Anfange  des  Octobers  gefriert 
die  Erde ,  di^  Seen  werden  mit  Eis  überzogen ,  es  iilllt  Schnee, 
dann  Regen,  aber  selten  so  viel,  als  erforderlich  wäre,  den  iVtiheT 
gefallenen  Schnee  wieder  zu  schmelzen.  Während  des  Winters 
schmelzt  der  Schnee  nie,  weswegen  die  kleinen  Flüsse  vertrock- 
nen. Beides ,  das  Schmelzen  des  Schnees  und  das  Fliefsen  der 
kleinen  Bäche,  fängt  erst  in  der  Mitte  des  Mai  an^  jedoch  bleibt 


1  8.  Proriep  Notizen.  18t5.  Nr.  25S. 

2  Geographisk  och  ekonomitk  Beskrifaing.  om  Kernt- Lappmaik* 
Stockh.  18M.  4.  Uebars.  ron  Blambof.  Aasgciogen  voq  6.  XLf.  tXB- 


88a  Klima. 

es  kalt,  ^e  Alpengewässer  treten  dann  ans  nnd  fuluren  ihr  Eis 
fort,  worauf  mit  Anfang  Juni  die  Birken  ausschlagen  und  de^ 
kurze  Sommer  wegen  der  Länge  der  Tage .  mit  verhältniTsmäfsig 
grofser  .Warme  beginnt.  Genaue  thermometrische  Deobacbtun-» 
gen  ergeben  dort  eine  mittlere  Temperatur  von  — 2^.86  C.  und 
dennoch  im  Juli  eine  bia  15^}5  steigende  Wärme  5  so  dafs  Wäl- 
der und  sogar  Küchenkräuter  dort  gedeihen.  Warlehbbro 
nennt  dieses  Klima  ein  Sibirisches  oder  Continental -Klima,  in- 
sofern sich  dasselbe  vom  Insel-  oder  Küsten  -  Klima  des  Norwe- 
gischen Lapplandes  unterscheidet,  welches  ein  Isländisches  ge- 
nannt wird;  indefs  ist  das  eigentliche  Sibirische  und  noch  mehr 
das  americanische  Continental -Klima  ungleich  rauhei^und  käl- 
ter« Der  Unterschied  ergiebt  sich  schon  aus  einer  Vergleichung 
mit  Torneö,  welches  etwa  zwei  Grade  tiefer,  aber  an  der  Spitze 
des  Finnischen  Meerbusens,  übrigens  unter  dem  Polarkreise, 
also  fast  67^  N.  B.  liegt,  in  welcher  Höhe  das  americaqische 
Continent  für  Europäer  unbewohnbar  ist.  Daselbst  fand  L.  tov 
BucH^  die  angenehme  Herbstwitterung  mit  mäüsigen  Nachtfrö- 
sten bis  über  die  Mitte  Septembers  dauernd ,  wobei  das  Ther- 
mometer Mittags  auf  10°  C,  stieg,  die  Bäume  behielten  noch  ihr 
Grün  und  feste  Schneebahn  bringt  erst  der  October.  In  Tromsöe 
unter  69°  38'  N.  B.  ist  zwar  kein  Kornbau  mehr,  wohl  aber  sind 
Wiesen  daselbst^  und  auf  dem  Festl^nde,  dieser  Insel  gegenüber, 
reichen  die  Bäume  bis  600  F.  Höhe.  Auf  der  Insel  selbst  bleibt 
die  Sonne  zwei  Monate  über  dem  Horizonte ,  dann  herrscht  bei 
Nacht  milde  Wärme ,  bei  Tage  aber  steigt  diese  bis  17^,5  C. 
In  Lyngen ,  unter  fast  gleicher  Breite,  wird  Korn  gebauet  und 
Kartoffeln  gerathen  dort  gleichfalls  ^ ;  am  13-  Juli  stieg  das  Ther- 
mometer in  Altengaard  unter  70°  N.  B.  auf  27°  C»,  ja  die  Mit- 
.  teltemperatur  dieses  Monats  ist  meistens  17^)5  C.  Indefs  ist 
dort  der  nördlichste^  Kornbau  und  ein  9  Monate  dauernder  Win- 
ter« Am  nachtheiligsten  in  jenen  Gegenden  sind  die  Stürme, 
welche  von  West  und  Nordwest  mit  unbeschreiblicher  Wuth 
blasen.  Da,  wo  in  jenen  Districten  die  Sonnenstrahlen  ihre 
Wirkungen  nicht  äuFsern  können,  wechseln  lange  anhaltende, 
wenn  gleich  nicht  übermäfsig  strenge  Winter  mit  einer  nebligen, 


1  Reise  dorcb  Norwegen  ui4  Lapplaad«    2  TMe.   Berl.  18iO.  8. 
Th.  ir.  3.  276. 

2  £bend.  I.  S.  449. 


Klima.  887 

traben ,  kalten  '  und  unßreundltchen  kurzen  Sommerwitterung, 
weswegen  zu  Kielvig  auf  Mageröe  der  Scorbut  schon  verheerend 
wirkt. 

Die  unter  gleich  hohen  Breiten  liegenden  Gegenden  Sibi- 
riens und  noch  mehr  des  americanischen  Continentes  sind  für 
Europäer  unbewohnbar ,  allein  selbst  auch  südlicher  gelegene, 
etwa  zwischen  50°  bis  65^N.  B.,  unterscheiden  sich  sehr  von  den 
europäischen  durch  eine  unglaublich  strenge  Kälte  dfs  Winters« 
"welche  namentlich  im  nördlichen  America  höchst  auffallend  ist. 
Insbesondere  haben  die  neuesten  Reisen  des  Cap0i  Faankliv 
hierüber  sehr  entscheidende  Auskunft  gegeben ,  dessen  erhaltene 
Resultate  durch  Richabdsov  der  Hauptsache  nach  zusammen- 
gestellt worden  sind  K  Die  Expedition  reisete  ab  von  Carlton«* 
House,  unter  53®  N.  B.  und  ohngefähr  in  der  Mitte  zwischen  beiden 
grofsen  Oceanen  gelegen ,  und  gelangte  bis  an  die  Mündung  des 
Kupferminenüttsses  unter  67®  47'  N.  B.  durch  eine  im  Ganzen 
•bene  Länderstrecke  mit  wenigen  Bergen^  unter  denen  die  höch- 
sten etwa  lOOÖ  bis  1200  Fufs  über  die  umgebendet  Fläche  her- 
vorragen. In  Cumberland-House  unter  53®  57'  kam  das  Ther- 
mometer im  .Schatten  während  des  ganzen  Monats  März  nicht 
va£  den  Gefrierpunct,  ja  am  2.  April  sank  es  bis  fast  —  26®  C» 
nnd  stieg  auch  an  diesem  Tage  nicht  bis  auf—  6®*  Dennoch 
hette  die  Sonne  schon  im  März  an  vielen  Stellen  den  Schnee 
weggeschmölzen  und  die  Flüsse  zu  einigem  Schwellen  gebracht» 
Gegen  die  Mitte  des  Aprils ,  am  17ten ,  stieg  die  Wärme  bis  auf 
24®  C,  ging  aber  am  IQten  wieder  bis — 6  ,1  C.  herab  und  stieg 
am  208ten  nur  bis  l',l ;  eine  in  Europa  unter  gleichen  Breiten 
gewifs  ganz  unerhörte  Veränderlichkeit.  Im  Monat  Mai  wird 
dort  die  Gerste  gesäet  und  im  Alonat  August  nach  etwa  90  Ta- 
gen geerndtet,  während  welcher  Zeit  die  mittlere  Temperatur 
etwa  19®,8  C.  ist.  Diese  letztere  ist  bedeutend  und  es  gedeihet 
dort  eher  der  Mais,  welcher  nach  Hichardson  in  Edinburg  un- 
ter 56®  N.  B.  in  der  Regel  durch  ungünstige  Witterung  fehl-  . 
schlägt,  weil  dort  die  mittlere  Temperatur  in  jenen  Monaten  nur 
13® 4 2  C*  beträgt«  Dagegen  ist  die  ganzjährige  mittlere  Tem- 
peratur in  Cumberland  -  House  =  0®  C.',  in  Edinburg  aber 
=3  8®,7i  In  Carlton  -  House ,  welches  nicht  volle  zwei  Grade 
südlicher  liegt ^  aber  an  der  Grenze  einer  weiten,  zum  Theil 


1    £dinb.  PhÜ.  Joium.  N.  XXIT.  p.  197. 
y.  Bd.  LH 


888         •  '  Klima. 

sandigen  Ebene,  i^rd  .die  Gerste  schon  im  April  g^sSet  und 
steht  im  Mai  im  vollen  Grün«  Kommt  roail  bis  50^-  N.  B.  in  die 
Gegend  von  Red- River -Colonie,  so  geht  dort  die  mittlere  jähr« 
liehe  Temperatur  nicht  über  3^)5  C. ,  aber  da  die  drei  Sommer- 
monate bis  22®  G.  mittlerer  Temperatur  reichen ,  so  ^^rdo^  dc^r 

'  Weih  dort  reifen ,  wenn  die  Stöcke  der  Winterkälte  widerste- 
hen könnten«  Ab  etwas  Eigenthümliches  darf  man  es  hiernach 
ansehen ,  dafs  in  jenen  Gegenden ,  namentlich  in  Gumberland^ 
House,  wo  das  ganz  eigentliche  nordamericanische  Continental^ 

.  Klima  herrschend  ist ,  auf  einen  sehr  strengen  Winter  ein  vor«* 
süglich  heifser  Sommet  folgt ,  wobei  nach  v.  Hchbolbt  eine 
gewisse  grofse  Reizbarkeit  der  Vegetabilien  und  Animalien  statt 
findet ,  so  dafs  erstere  schnell  wachsen ,  letztere  aber  denen  ans 
südlichem  Gegenden  gleichen,  insofern  namentlich  die  Sticke 
der  Mosquito^s  an  der  Hudsons  -  Bay  aufserordentlich  giftig  sind. 
Entfernt  man  $ich  weiter  nördlich  nach  Fort  Ghepewyan  am 
Athabasca-See  unter  58®  43'  N.  B.,  nach  dem  Sdavehsee  unter 
-61«  12'  N.  B.  und  bis  Fort  Enterprize  unter  64«  SS'  N.  B.,  so 
nimmt  die  Temperatur  schnell  ab ,  es  bleibt  ziemlich  der  nam-» 
liehe  Unterschied  zwischen  der  höchsten  und  niedrigsten  War*« 
me,  jedoch  mit  einiger  Verminderung ;  indefs  tödten  die  schnei-^ 
len  Uebergänge  von  einer  durch  südliche  Luftströmungen  er* 
zeugten  Wärme  zu  einer  durch  nördliche  herbeigeführten  em*- 
pfindlichen  Kälte  die  Cerealien ,  welche  deswegen  dort  nicht 
melir  mit  Vortheil  gebauet  werden  können.  So  Stieg  das  Ther«> 
mometer  am  12«  Juni  auf  25^,6  C  und  ging  am  17ten  wieder 
auf  —  V^  zurück,  Wobei  Schnee  und  Graupeln  fielen.  Die  Ur- 
sache hiervon  liegt  darin ,  dafs  die  Gegenden  nicht  durch  Berge 
geschützt  und  daher  den  Einwirkungen  der  kalten  und  der  war- 
men Luftströmungen  frei  ausgesetzt  sind.  Weiter  nördlich  an 
den  von  Europäern  besuchten  Plätzen,  Winter  -  Island  unter 
66^25,  Igloolik  uhter  69^,3  und  Melville- Island  unter  74S7S 
N«B,  nimmt  die  Zahl  der  Tage,  an  denen  das  Thermometer 
über  den  Gefrierpunct  steigt ,  stets  mehr  ab ,  und  sie  bieten  da*» 
her,  aufser  der  unglaublichen  Kälte,  keine  der  Beachtung  werthen 
klimatischen  Eigenthümlichkeiten  dar,  indem  die  übrigen  meteo- 
rischen Erscheinungen,  als  die  der  Nordlichter,  Nebensonnen  und 
dg].,  so  wie  der  Eindruck,  welchen  sowohl  die  leichter  zu  ertra- 
gende höhere  Kälte  bei  Wii^^^tille  und  trockner  Atmosphäre,  als 
die  schwerer  auszuhaltende  geringere  bei  Winden  und  Nebeln  auf 


Klima.  * '    '      i:f89 

den  menschlichen  Kb'rpet  macht ,  nicht  eigentlich  in  diese  Un« 
.  tersuchungen  gehören. 

Dem  Klima  jener  letztgenannten  Orte  correspondirt  das  der 
Ostkiiste  Grönlands  und  namentlich  Spitzbergens  ',  wo  die 
Strengste  Kälte  anhaltend  im  Winter  herrscht,  im  Sommer  etwas 
mildere  Luft  mit  Nebel,  Regen  und  Schnee  wechselt.  Die  Pe- 
rioden eines  heitern  Himmels,  wenn  südliche  oder  westliche 
Winde  über  das  vom  Eise  freie  Meer v wehen,  dauern  meistens 
nur  Wenige  Tage  oder  selbst  nur  Stunden  ohne  Unterbrechung 
fort,  allein  dennoch  vermögen  die  Sonnenstrahlen  während  der 
langen  Tage  so  viele  Wärme  zu  entwickeln,  als  erforderlich  ist^ 
nm  einige  wenige  Pflanzen  zwischen  Felsenritzen  und  an  ge« 
schützten  Stellen  hervorzurufen.  Der  Anblick  jener  Öden ,  in 
ewiges  Eis  gehüllten  Gegenden,  wo  Scoaesbt^  nur  ein  einzi- 
gesmal  9^  C.  beobachtete^  hat  etwas  so  abschreckendes,  dafs 
selbst  Missethäter  es  vorzogen ,  die  Todesstrafe  zu  dulden ,  als 
dort  zu  überwintern  ^  auch  blieb  bei  den  angestellten  Versuchen 
dieser  Art  der  Scörbut  selten  aus  und  tödtete  meistens  im  dritten 
Monate  diejenigen ,  Welche  jenes  gefahrvolle  Wagestück  unter«* 
nahmen^.  Selbst  in  den  drei  Sommermonaten  steigt  die  Tem-* 
peratnr  selten  über  1^,5  C. ,  obgleich  es  vier  Monate  ununter-^ 
brochen  Tag  ist«  Die  Winternacht,  Welche  vom  22«  Octobeif 
bis  etwa  22.  Februar  daqert ,  ist  übrigens  nicht  absolut  dunkel, 
indem  die  Sonne  nur  13^)5  unter  den  Horizont  sinkt  und  also 
täglich  etwas  Dämmerung  eintritt.  Zu  dieser  geringen  Erhellung 
kommt  das  Nordlicht ,  der  helle  Glanz  der  Sterne ,  der  Schein 
des  Mondes,  welcher  12  bis  14  Tage  bei  jedem  Umlaufe  nicht 
tmtergeht,  und  der  Wi^d erschein  des  blendend  weifsen  Schnees^ 
so  dafs  es  für  das  ohnehin  durch  starkes  Licht  nie  gereizte  Auge 
lieU  genug  zum  deutlichen  Erkennen  der  Gegenstände  ist« 

Schon  am  Ende  Septembers  beginnt  dort,  nämlich  auf  Spits^ 
bergen,  der  Winter;  die  Vögel  Siiehen  in  mildere  Gegenden, 
und   schon  im  October  gefroren  einst  dis  Bifcrgefäfse  in  den 


1  ScoRBtSt  Aecotint  of  the  Afctle  ftegiöni  cet.  Edinb.  182Ö.  ll 
Toll«  8.  Will.  Scoresby^s  Tagebuch  einer  Reise  auf  den  Wallfischfang 
n.  8.  w,  Uebers.  ton  F.  Kries.  Hamb.  1825.  Tb.  A.  Latta  in  Edtnb. 
Phil.  Joarn.  N.  Ser.  N.  V:  p.  91.    Fahrt  ebend.  YUL  S6$. 

ft    Accoaot  T.  I.  p.  1264 

8    Ebend,  I.  48.  IL  189. 

tll2 


690  Klima. 

Hütten  der  Jager  bei  8  Fnfs  Abstand  vom  Feuer.  So  streng  in- 
defs  die  Kälte  auch  vom  November  an  mit  dem  Verschwinden 
der  Sonne  wird,  so  kommen  doch  zuweilen  mildere  Tage  mit 
wärmeren  südlichen  Luftströmungen  >  an  denen  auf  kurze  Zeit 
selbst  Thauwetter  einfällt.  December  und  Januar  sind  die  hei-<> 
tersten  Monate  i  aber  dennoch  vergehen  selten  vier  Wochen 
ohne  Stiirme,  ja  man  darf  zwei  Drittheile  des  Jahres  stürmisch 
nennen.  Die  heftigsten  Stürme  fallen  in  die  Nachtgleichen  und 
sind  meistens  südlich.  Schneestürme  sind  gewöhnlich,  oft  meh- 
rere Tage ,  selbst  ^yochen  anhaltend ;  sie  häufen  eine  Menge 
Schnee  in  den  Schluchten  auf,  über  ebenem  Grunde  liegt  er  in« 
zwischen  selten  höher  als  3  bis  5  Fufs.  Weifse  Bären  sind  die 
einzigen  vierfufsigen  Thiere,  welche  auch  im  Winter  ausgehen, 
denn  obgleich  Füchse  undRennthiere  dort  überwintern,  so  trifft 
man  sie  in  einiger  Menge  doch  nur  zu  gewissen  Zeiten ,  und 
zwar  die  er&teren  vom  Februar  an,  im  März  aber  sehr  zahlreich, 
zu  welcher  Zeit  auch  die  Bären  häufiger  gesehen  werden. 

Die  ersten  Menschen,  welche  sich  längere  Zeit  bleibend 
dort  aufhielten,  waren  9  Engländer»  Es  geschah  durch  einen 
Zufall,  dafs  das  Schiff,  wozu  sie  gehörten,  durch  das  Eis  fort« 
getrieben  wurde  und  nicht  wieder  an  jene  Stelle  gelangen  konnte« 
Sie  starben  sämmtlich,  aber  1630  wurden  auf  ähnliche  Weise 
8  Personen  dort  zurückgelassen  und  überlebten  alle  die  Zeit  ihrer 
grauenvollen  Gefangenschaft.  Im  Jahre  1633  machten  7  Hollän- 
der den  gefährlichen  Versuch,  ohne  umzukommen,  aber  eine 
gleiche  Anzahl  anderer  starben  sämmtlich  im  folgenden  Jahre  am 
Scorbut.  Spätere  Versuche  wurden  der  Unsicherheit  wegen  nicht 
gemacht ,  bis  1734  vier  Russen  an  der  Ostküste  zunickbliebeo, 
weil  ihr  Schiff  gleichfalls  durch  das  Eis  weggedrängt  wurde.  Sie 
suchten  sich  mit  den  Lebensmitteln  zu  erhalten,  welche  von 
den  Schiffen  dort  in  Menge  zurückgelassen  und  der  Kälte  wegen 
unverdorben  im  folgenden  Jahre  wieder  gefunden  werden  ^  auch 
liefert  die  Jagd  hinlängliche  Mittel  der  Subsistenz.  Einer  der*- 
selben  starb ,  die  übrigen  drei  aber  >vurden  nach  6  Jahren  und 
3  Monaten  durch  ein  zufällig  dort  landendes  Schiff  aus  ihrer  Ein--» 
samknt  erlöset,  nachdem  sie  sich  durch  vieles  Pelzwerk  bedeu- 
tend bereichert  hatten.  Neuerdings  überwintern  dort  nicht  sel^ 
ten  Fischer  und  Jäger  von  Archangel  ^. 


1    Amu  ot  Phil.  1817.  Mal. 


Klima.  891 

Das  Klima  9luI  ausgedehnten  Meere»  onterscheidet  sich  blofs 
durch  eine  mehr  gleichbleibende  Temperatur ,  indem  die  Luft 
über  denselben  stets  feucht  ist  und  die  anderweitigen  Bedingun- 
gen, welche  auf  dem  Lande  als  modiücirend  erkannt  worden  sind, 
mit  Ausnahme  einiger  periodischen  Winde,  dort  fehlen.  Etwas 
bedingend  sind  aufserdem  die  gröfseren  Meeresstrdme  und  die 
Uenge  des  vorhandenen  Eises  in  den  Polarmeeren* 

Die  Klimate  dar  verschiedenen  Gegenden  sind  im  ^Uga- 
meinen  und  der  Regel  nach  stets  gleichbleibend,  schwanken  in- 
dejüs  mit  gröberen  oder  geringeren  Abweichungen  um  ihre  mitt- 
lere Beschaffenheit;  Insbesondere  sind  die  mittleren  Tempera- 
turen und  Regenmengen  zwar  alle  Jahre  einander  ziemlich  gleich, 
inzwischen  unterscheiden  sich  dennoch  die  kalten  und  gelinden 
Winter,  die  hei£sen  und  kühlen  Sommer  an  den  nämUchen  Or- 
ten so  sehr  von  einander ,  da(s  ausnahmsweise  in  einzelnen  Jah- 
ren Bäume  erfrieren,  welche  viele  J^hre  hindurch  das  Klima 
ertrugen,  und  dafs  selbst  in  verschiedenen  Sommern  nicht  blofs 
der  Wein,  sondern  selbst  die  Cerealien  mif^rathen.  Von  gro- 
tsejja  Einflüsse  ist  dabei  die  Vertheilung  der  Warme  und  Fcuch- 
tiiikeit  auf  die  einzelnen  Jajireszeiten.  Es  können  nämlich  die  . 
mittleren  Temperaturen  und  Regenmengen  im  ganzen  Jahre  sich 
gleich  bleiben,  und  dennoch  ist  die  klimatische  Beschaffenheit 
eine  ganz  verschiedene ,  wenn  auf  einen  gelinden  Winter  ein  . 
kühleiC  und  regnerischer  Sommer  folgt,  als  wenn  der  letztere 
durch  Hitze  tind  Trockenheit  die  Menge  des  Schnees  und  dia 
Leftige  Halte  des  ersteren  compensirt.  Mehr  als  die  mittleren 
Temperaturen  wechseln  übrigens  die  Regenipangen  *,  wie  haupt- 
sächlich aus  der  gröfseren  oder  geringeren  Ergiebigkeit  der  Quel- 
len hervorgeht,  auch  hat  Gay-Lussac  durch  Vergleichung  viel- 
jahriger  Beobachtungen  aufgefunden,  dafs  die  Regenmengen  zu- 
"Weilen  in  langen  Perioden  eine  stete  Zunahme  und  dann  virieder 
Abnahme  zeigen«  Solche  klimatische  Wechsel  sind  zwar  allen  Ge- 
genden eigen ,  vorzugsweise  aber  denen  unter  hclheren  Breiten, 
indem  die  unter  niederen  weit  grössere  Beständigkeit  zeigen^  In 
manchen  Gegenden  der  nördlichen  Halbkugel  ereignen  sich  aufser- 
dem nicht  ^Iten  sehr  auffallende  plötzliche  Weclisel  der  Tempera-  ' 
tur,  welche  10  bis  20  Grade  der  hunderttheiligen  Scale  betragen 
und  womit  dann  anderweitige  Folgen  nothwendig  verbunden  sind. 


1    Tergl.  Art.  Regen» 


Öiaä  '  Klima. 

Eine  wesentlichere  Veränderung  der  Rlimate  tnufs  aber  er- 
folgen, wenn  die  sie  bedingenden  Ursachen  aufgehoben  odermo- 
diÜcirt  werden.  Dafs  das  KÜnia  der  nördlicher  gelegenen  Linder 
in  der  vorgeschichtlichen  Zeit  sehr  verschieden  von  dem  jetzigen 
gewesen  sey,  ist  oft  behauptet  worden,  und  wenn  es  gleich 
schwer  ist,  hierüber  zur  vollen  Gewifsheit  zu  gelangen,  so  lassen 
sich  dpch  allerdings  eine  Menge  triftiger  Gründe  für  diese  Hypo- 
these aufsteilen.  Inzwischen  ist  dipse  Frage  schon  früher  ^  erörtert 
und  dabei  zugleich  gezeigt  worden,  dafs  die  mittlere  TeroperaluT 
der  gemäfsigten  und  kalten  Zone  auf  der  nördlichen  Halbkugel  in« 
nerhalb  des  Zeitraumes,  aus  welcheni  sichere  Beobachtungen  vor- 
handen sind^  nicht  wesentlich  vermehrt  oder  vermindert  worden 
seyn  könne.  Die  meisten  bleibenden  klimatischen  Veränderungen 
.  sind  durch  Ausrottung  der  Wälder,  durch  Austrocknung  derSfimpfe 
und  durch  Urbarmachung  des  Bodens  hervorgebracht  worden,  wie 
namentlich  Moae^ü  de  Joitnes  ^  durch  eine  zahlreiche  Menge  von 
Beispielen  dargethan  h^t.  Hierdurch  sind  verschiedene  Districte 
der  heifsen  Zone  vertrocknet  und  gänzlich  verödet,  manche  Ge- 
genden unter  dem  gemäfsigten  Himmelsstriche  aber  warmer, 
trockner  und  milder  geworden.  Letzteres  ist  wohl  unverkenn- 
bar in  Italien  der  Falh  Dieses  Land  hatte  nämlich  zur  Zeit  der 
Römer  ausgedehnte  dichte  Waldungen,  deren  Holz  vorzüglich 
nutzbar  war  und  deswegen  Äuch  ausgeführt  wurde  3,  weswegen 
aber  die  Winterkälte  ungleich  stärker  war,  als  sie  jetzt  ist,  so 
dafs  die  Tiber  sogar  durch  die  Menge  des  Eises  unschifFbar 
wurde  und  der  Soracte  einen  anhaltend  mit  Schnee  bedeckten 
Gipfel  hatte  ^^  In  Deutschland  mufs  sich  das  Klima  in  so  fern 
geändert  haben ,  dafs  die  Sommer  heifser  ge>Yorderi  sind,  indem 
«u  den  Zeiten  Caesak's^  noch  Rennthiere  im  Hercynischen 
Walde  gefunden  wurden,  welche  gegenwärtig  die  Sommerwärme 
schwerlich  ertragen  wurden.  Irland  war  nach  W-Hamiltqn*  in 
früheren  Zeiten  mit  vielen  dichtep  W4^UPgc^  bedftckt,  und  eben. 


1    Art.  Geologi4.  Th.  IV.  S.  ISS?. 

%  Untersuchangen  über  die  Veränderungen ,  die  durch  die  Aq«~ 
fottung  der  Wälder  in  dem  phys.  ZustaQ4  der  l4äader  ent^tdhen. 
Tiib.  1828.  8. 

3  Vitrur.  II.  10.  Liy.  IX,  96. 

4  Liv.  V.   13.  Inv.  Bat.  VI.  513.  Hör.  CariQ.  I,  8. 

5  De  Belio  GaU,  VI.  23. 

fi    Trau«.  0f  the  Acad.  of  Irland.  T.  VI. 


Klima.  803 

dieses' i«t  vonEngknd  als  unbestreitbare  Thatsache  ausgemacht, 
V^eswegen  denn  daselbst  die  Menge  und  Dichtigkeit  der  Nebeln 
des  Regens  und  des  Schnees  ungleich  grüiser  war,  als  yetzt^ 
Dagegen  glaubt  Bahbow  \  dafs  England  erst  seit  dein  15.  Jahr- 
hunderte eine  entgegengesetzte  kliinatische  Veränderung  erlitten 
habe  und  seit  jener  Zeit  bedeutend  kälter  geworden  sey,  weil 
damals  die  {istliche  Küste  Grönlands  mit  einer  Ungeheuern  Masse 
Polareises  umgeben  wurde ,  wodurch  die  niirdlichen  Luftströ« 
mungen  abgekühlt  werden,  Als  hauptsächlichster  Beweis  fiir 
diese  Behauptui^g  gilt  ihm  der  Umstand ,  dafs  die  H{{mer  nach 
ßem  Zeugnisse  desTACiTUS  den  Weinbau  hinbrachten  und  Aach 
Urkunden  die  Geistlichen  später  den  Zehnten  vofn  Weine  unter 
ihren  Einnahmen  hatten.  Ob  inzwüschen  das  Polareis  auf  solche 
Entfernung  noch  einen  Einfluls  ausübe ,  i«t  sehr  problematisch, 
und  aulserdem  reifen  die  Trauben  allerdings  noch  jetzt  in  Eng- 
land, abei;  der  saure  Wein,  welchen  sie  geben,  kann  die  an 
besseren  gewöhnten  Zungen  nicht  wohl  befriedigen.  Endlich 
aber  ist  es  noch  die  Frage,  ob  aus  solchen  Urkunden  der  wirk- 
liche Weinbau  gefolgert  werden  kann ,  dft  nach  einer  richtigen 
Bemerkung  von  Scbouw^  die  Schenkungs  t  Urkunden  der  l^Iö- 
ster  nach  einen)  allgemeinen  Schema  abgeffdst  und  darin  Ueber 
mehr  als  weniger  Einkünfte  aufgenommen  wurden« 

Die.  Scandinavische  Halbinsel  soll  nach  Vakoas  BinEMAU^ 
in  früheren  Zeiten  durch  dichtere  Waldungen  gegen  den  Einflufs 
der  kalten  Winde  geschützt  gewesen  seyn  und  daher  ein  milde- 
res Klima  gehabt  haben.  Es  sprechen  hierfür  allerdings  die  in 
Gegenden  gefundenen  Baumstämme«  wo  sie  gegenwärtig  nicht 
mehr  wachsen ,  allein  man  weifs  lucht ,  aus  welchen  Zeiten  sie 
herrühreii ,  obgleich  die  Vermuthung  selbst  durch  keine  sichern 
ThatsacheQ  widerlegt  werden  kann.  Solche  Zeichen ,  deren  ei- 
gentliche Zeit  nicht  bestimmt  ist,  gehören  auf  allen  Fall  zu  den 
finsichern.  Dagegen  hat  Schouw  ^  durch  eine  sehr  genaue 
luitische  Prüfung  der  vorhandenen  Ns^chrichten  dargethan,  dais 


1    Tacitm  Agric.  c.  1|. 
•2    Qoarterly  Reyiew  1818.  Febr.  Nr.  85.  Dari^as  in  G.  LXU.  187. 
S    Hertlia  Bd.  X.  8.  828. 

4  Reise  nach  dem  hohen  Norden.  1819.  Th.  1.  S.44,  .165  u.  a.a.O. 

5  Skildring  af  Yeirligets  TtUtand  i  Danmark.  Kiobeaharn  1826. 8. 
Dazaiia  in  Hertha  Bd.  X.  S.  807. 


894  Klima. 

die  Geschiclite  zwar  manche  einzelne  kalte  Jahre  erwfthnt,  wie 
i>ie  in  den  neuesten  Zeiten  nicht  mehr  votgekommen  «ind,  allein 
manche  dieser  Angaben,  an  sich  unglaublich,  beruhen  oft  auf 
bloCsen  Sageii  und  sind  daher  zur  Begründung  einer  ausgemaoh*  ' 
ten  Wahrheit  keineswegs  genügend.  In  derjenigen  Periode  da« 
gegen ,  aus  welcher  zirv^erlässige  Beobachtungen  über  Danemark 
und  die  benachbarten  Gegenden  vorhanden  sind  und  welcha 
einen  Zeitraum  von  mehr  als  einem  halben  Jahrhunderte  um- 
fasst,  haben  zwar  manche  Schwankungen  unter  und  über  der 
mittleren  Temperatur  und  Regenmenge  statt  gefunden,  eine  ei- 
gentliche Veränderung  kann   aber  keineswegs  daraus  gefolgert 

'  werden. 

Es  ist  sehr  zu  vermuthen  ^  dafs  diese  genügend  erwiesene- 
Wahrheit  als  allgemein  gültig  angesehen  werden  kann,  %vean 
nicht  die  Ursachen  einer  Veränderung  des  Klima's  zugleich  be- 
kannt sind,  wie  die  von  Italien  und  Deutschland  angegebenen, 
wo  in  früheren  Zeiten  die  ausgedehnten  Waldungen  auf  die  Wit- 
terung nothwendig  einen  Einflufs  haben  mufsten.  Auf  gleiche 
Weise  ist  nicht  zu  vexkennen ,  dafs  einzelne  Orte  z.  B.  durch 
das  tiefere  Herabsinken  der  Gletscher,  durch  das  Vertrocknen  der 
Flüsse,  welche  sie  bewässerten  ,  oder  benachbarter  Sümpfe  und 
Moräste ,  desgleichen  durch  das  Hinleiten  fliefsender  Gewässer 
in  dieselben  oder  Anhäufung  stagnirender,  endlich  auch  durch 
zunehmende  und  abnehmende  Cultur  des  Bodens  eine  Verände- 
rung des  Klima's  erleiden  können ,  im  Grofsen  aber  lafst  sich 
dasselbe  auf  eine  solche  Weise  als  gleichbleibend  betrachten, 
dafs  die  nur  vielleicht  möglichen  Veränderungen  in  ungleich  län- 
geren Perioden  wahrnehmbar  sind,  als  wohin  die  genaue  ge- 
schichtliche KenntniCs  reicht.  Aus  dieser  Ursache  sind  daher 
die  verschiedenen  Angaben  einander  geradezu  widersprechend. 
So  behauptet  unter  andern  Dr.  Willi amson  ^  dafs  das  Klima 
von  Nordamerica  durch  das  Ausrotten  der  Wälder  ungleich  mil- 
der geworden  sey,  und  sucht  dieses  durch  eine  Menge  Thatsa- 

*  chen  zu  beweisen,  was  auch  in  mancher  Hinsicht  gewifs  ge- 
gründet ist ,  sofern  diese  Ursache  die  genannte  Folge  nothwen- 
dig nach  sich  zieht;  Dcjnbüa^  dagegen  beweiset  aus  seinen  Be- 
obachtungen ,  das  Klima  namentlich  von  New  -  Orleans  habe 


1  TraoMctiODs  of  the  Amerioan  Philot.  So«.  T.  I«  p.  272. 

2  Q.  XXXI.  421. 


Klimok  805 

sich  in  sofern  gditndert,  dafs  die  Winter  kiOter,  die  Sommer 
dagegen  vrärmer  gefunden  würden.  Das  Thermometer,  welches 
sonst  nie  unter  **3°  C.  herabgegange^  isey,  habs  später  in  jedem 
Winter  einigemale  —  6^,6  bis  —  8^,2  und  am  12,  Dec.  1800 
sogar  —  11^,1  C.  gezeigt.  Uebrigens  ist  es  keineswegs  unmög- 
lich, die.  Ansichten  beider  mit  einiinder  9u  vereinigen ,  in  wel« 
ohem  Falle  aber  im  Ganzen  ein  Gleichbleiben  des  Klima's  voh 
selbst  folgt»  Aufserdem  giebt  es  wohl  ohne  Zweifel  einzelne^ 
"wenn  gleich  nicht  zahlreiche  Veränderungen  des  Klima's,  deren 
Ursache  nicht  wohl  aufzufinden  ist,  weil  man  die  gesammten 
mitwirkenden  Locjil- Verhältnisse  nicht  kennte  So  erzählt  unter 
andern  Lichtenstein^,  dafs  auf  dem  Roggefeld's- Gebirge  vor 
•  50  und  mehreren  Jahren  so  viel  Wasser  war,  dafs  die  Bewohn 
ner  wegen  der  Flüsse  und  Moräste  nicht  zu  einander  kommen 
konnten.  Keine  Woche  verging  damals  ohne  Gewitter  und  vie<« 
len  Regen.  Später  waren  die  Gewitter  nicht  *  blofs  selten ,  son* 
dern  blieben  manche''  Jahre  ganz  aus ,  und  1803  und  4  litt  die 
Viehzucht  sehr  durch  übergrofse  Dürre. 

Die  Beschaffenheit  des  Klima's  hat  einen  entschiedenen 
Einflufs  auf  das  Pflanzenreich  und  das  Thierreich.  Das  Leben 
und  Gedeihen  der  Pflanzen  ist  nur  dann  möglich,  wenn  sich  die 
zu  ihrem  Wachsthume  erforderliche  Menge  Feuchtigkeit  in  den  « 
ihre  Wurzeln  umgebenden  Substanzen  vorfindet,  unter  dieser 
Bedingung  aber  hangt  die  Exsistenz  und  die  volle  Ausbildung 
derselben  blofs  von  der  Temperatur  ab.  Man  sieht  daher,  dats 
in  heifsen  Gegenden  die  bis  in  die  Schneegrenze  ragenden  Bergß 
in  ungleichen  Höhen  mit  den  verschiedenartigsten  Gewächsen 
bekleidet  sind ,  und  findet  auf  diese  Art  von  unten  nach  oben 
die  tropischen  Pflanzen  bis  zu  denen  der  Polarzone.  Diese  Un« 
tersuchung  wird  daher  am  schicklichsten  mit  den  Betrachtungen 
der  verschiedenen  Temperaturen  verbunden.  Das'  Thier  geht 
unablässig  seiner  Nahrung  nach  und  wählt  diejenigen  Oerter,  wo 
es  die  ihm  zusagende  am  leichtesten  und  in  gtöüster  Menge  fin<* 
det.  Aufserdem  aber  können  gewisse  Thier  -  Species  nur  in  hei-» 
fsen ,  andere  nur  in  kalten  Klimaten  leben ,  und  so  hängt  also 
ihz  Gedeihen  gleichfalls  zunächst  von  der  Temperatur  ab,  wobei 
indeüs  manche  mit  mehr  oder  minder  bedeutenden  Veränderun-' 
gen  sich  in  verschiedenen  Zonen  acclimatisiren»     Der  Mensch 


1    Reiiea.  Th.  I.  8.  159. 


896  Klima, 

aUein  lebt  unter  allen  Ebunm eisstricken ,  muh  jedoch  in  den  äa-> 
bersten  Extremen  verschiedene  Hülfsmittel  anwenden,  um  den 
äufsern  Einflüssen  nicht  zu  unterliegen /und  geht  bei  anhalten- 
der Entbehrung •  des  Tageslichte«,  verbunden  mit  Mangel  an 
Ausdünstung,  in  den  unterirdischen,  blofs  gegen  die  Kälte  schüz- 
senden  Höhlen  durch  überhandnehmenden  Scorbut  unter ;  denn 
Pabht|s  Begleiter  habven  zwar  auf  MelviUe- Island  überwinteit, 
und  noch  jetzt  geschieht  dieses  durch  die  Archangelschen  Jägec 
auf  Spitzbergen,  allein  nur  vermittelst  mitgebrachter,  am  Orte 
selbst  nicht  zu  erhaltender  Hüifsmittel  und  in  steter  Gefahr, 
Opfer  des  Scorbutes  zu  werden.  Eigentliche  Einwohner  der 
nördlichsten  Districte  sind  die  Arküsehm  Hqchländer ,  welche 
Ross  zwischen  76^  bis  78^  N.  B.  antraf,  ein  isolirter  Stamot 
EsqMumaux^,  Ob  es  noch  Bewohnet  höhe^  gelegener  Länder 
giebt  und  ob  die  Samojeden  sich  bis  zur  äuTsersten  Spitze  des 
Cap  Ceverovoslotchnoi,  also  bis  fast  zu  gleicher  nördlicher  Höhe, 
erstrecken,  ist  fraglich,  gewifs  dagegen  ist,  dafs  eigentlich  cul-r 
tivirte  Menschenstämme  bis  zu  so^  hohen  Breiten  nicht  wohnen 
können  und  die  Grenze  ihres  bleibenden  Aufenthalts  da  finden, 
wo  die  für  sie  geeignete  vegetabilische  Ifahrung  s|ufhört, 

Diese  Frage  ist  indels  in  Beziehung  auf  die  klimatische  Be-r 
schafiFenheit  der  verschiedenen  Zonen  die  weniger  interessante; 
ungleich  wichtiger  dagegen  ist  eine  seit  langer  Zeit  verschieden 
beantwortete ,  nämlich  bis  wie  weit  die  psychische  und  morali- 
sche Beschaffenheit  der  Menschen  durch  das  Klima  bedingt  wird, 
womit  sich  dann  eine  zweite  Untersuchung  über  die  Vorzüge 
und  Nachtheile  verbinden  läfst,  welche  die  Beschaffenheit  der 
einzelnen  Gegenden  rücksichtlich  der  Gesundheit  ihrer  Efawoh^ 
xier  mit  sich  bringt. 

Wird  zunächst  der  psychische  und  moralische  Einflqfs  des 
Klimans  auf  die  Bewohner  d^r  verschiedenen  Lander  berücksich- 
tigt, so  ist  Montesquieu^  hauptsächlich  derjenige,  welcher 
denselben  sehr  hoch  anschlägt  und  als  einzige  oder  vorzügliche 
Bedingung  der  geistigen  und  körperlichen  Thätigkeit ,  des  Cha- 
rakters und  der  Sitten  dar  verschiedenen  Völker  betrachtet*     Mi^ 


}    John  Ross  EntdeclLUiigsreiie  q«  ■*  w^  Ueb«  TQii  V*  A«  ^BfenMU^. 
Leips.  1820.  4.  S.  59. 

2    Esprit  des  Lois,  I4.  XIV.  u.  XVII.  . 


.^Hma.  ff  897 

ilrak  nbeieinstimmeiid  halten  FALConR^  und  andere  die  Bei? 
-wohner  der  heifsen  Zone  {iir4räge ,  weniger  geis^ger  und  k(jr-; 
perlicher  Anstrengung  fähig »  leidenschaftlich ,  wenig  kühn  und 
unternehmend,  eher  feige  als  tapfer  und  die  Sklaverei  leicht  duW 
dend.  Den  Bewqhnern  der  kalten  Zone  wird  geringeres  Gefühl, 
Gutmüthigkeit,  Behanrliphkeit ,  Thätigkeit,  zugleich  aber  Aust 
Schweifung  im  Trunk  und  Spiels^cht  beigelegt ;  dagegen  solleii 
die  der  gemäfsJgten  2k>ne  minder  leidenschaftlich ,  gelassen,  thär* 
tig,  tapfer,  freiheitliebend ,  munter  und  launig,  zum  Theil 
aber  auch  unbeständig  und  unzufrieden  seyn«  Die  Hypothese  ist 
indefs  durch  andere  und  namentlich  durch  Volnkt^  mit  triftige^ 
Gründen  bestritten  worden,  indem  er  namentlich  zeigt,  dafs  die 
Bewohner  der  nämlichen  Gegenden,  also  auch  dem  £influsse  des, 
nämlichen  Klimans  ausgesetzt,  zu  verschiedenen  Zeiten  moralisch 
and  psychologisch  ganz  verschieden  sind.  Assyrier  und  Meder, 
Palmyrener  und  Parther  waren  zu  gewissen  Zeiten  höchst  krie")* 
gerisch,  die  Griechen  wSiren  ganz  anders  auf  den  Feldern  von 
Marathon  und  in  den  Thermopylen ,  als  unter  Constastiit,  und 
die  Rtfmer  unter  Scifio  anders  als  unter  Stcla*  ' 

Wenn  man  blof^  den  kriegerischen  Geist  der  Nationen  al^ 
den  lilaCsstab  ihrer  innern  Kraft  betrachtet,  so  haben  die  mei- 
sten eine'  Periode  gehabt ,  in  welcher  sie  sich  dadurch  auszeich- 
neten ,  und  noch  jetzt  finden  wir  Beispiele  eines  wilden  ]üi{uthea 
bei  den  Bewohnern  der  verschiedensten  Länder ,  ja  die  nämlir 
chen  Generationen  sind  zu  einer  Z^eit  tapfer  und  zur  hindern 
feige,  je  nachdem  der  Gegenstand  ist,  welcher  sie  aufregt^  die 
Anfuhrung  derselben  und  das  Gelingen  der  ersten  WafFenthateut 
Ueberhaupt  ist  der  Erfolg  der  Schlachten  kein  sicherer  Mafsstab 
für  die  Tapferkeit  der  Völker,  auch  haben  noch  neuerdings  die 
Sadami- ricaner  und  Griechen,  obgleich  Jahrhunderte  .lang  durch 
das  Joch  der  Sklaverei  gebeugt  9  Beispiele  grpisen  Muthes  ii|i 
Kampfe  gegeben.  Es  lassen  sich  indels  der  Behauptung  des 
MoNTBSQUiBU  noch  andere  Gründe  entgegensetzen,  welche 
ihre  Allgemeinheit  widerlegen.  Die  wilden  Vdlker  in  Nord- 
america  ,  die  Mdurischen  Stämme  in  Africa,  die  Bewohner  von 
Timor  und  mehrere  Jnseln  der  Südsee  sind  falsch  und  grausam, 


1  Remerkiingen  über  den  EiDfloTs  des  HiminelsstriohB  aaft  Tem- 
perameot,  Sitten  u.  t.  w,  l^eipz.  17SS.  8, « 

2  Keisea  ia  itegypten  und  Syrien.  Vol.  J(« 


896  Klima. 

die  oben  erwähnten    arktischen  Hochländer,    die  Osagen  mid 
viele  Insulaner  des  grofsen  Oceans  sind  gutmüthig ,  und  eben  so 
seigten  sich  ehemals  die  Hindas  und  Peruaner.   Es  läfst  sich  da- 
her nicht  verkennen ,  dafs  aufsex  dem  Klima  noch  die  Eigen— 
thiimlichkeit  gewisser  Völkerstämme,  die  Regierungsform ,  der 
Grad  der  Cultur,  die  Religion  und  insbesondere  das  Bediirfniüs, 
wie  VoLVRT  richtig  bemerkt ,  den  psychischen  und  moralischen 
Zustand  der  Menschen  bedingen.     Bietet  der  Boden  von  selbst 
und  ohne  Mühe  hinlängliche  Nahrung  und  Bequemlichkeit  dar, 
80  wird  die  Anstrengung  seiner  Bewohner  geringer  seyn,   als 
wenn  sie  nur  darch  Mühe  und  Fleifs  sich  ihren  Unterhalt  ver- 
schaffen können ,  dagegen  aber  werden  die  Menschen  träge  und 
indolent  y  wenn  sie  die  Früchte  ^ihrer  Thätigkeit  nicht  erndten 
können ,  wie  sich  bei  Leibeigenen  und  sklavisch  unterdrückten 
Nationen  zu  allen  Zeiten  und  unter  allen  Himmelsstrichen  ge- 
zeigt hat.     So  gewib  indefs  diese  letzteren  Bedingungen  von 
grölster  Wichtigkeit  sind ,  äufserdem  auch  die  natürlichen  An- 
lagen der  verschiedenen  Völker^tämme  als  einander  sehr  ungleich 
erkannt  werden,  insofern   z.  B.  namentlich  die  Bewohner  von 
Badak  und  andern  Südsee -Inseln  zwar  gutmüthig,  freundlich 
und  gelehrig,  für  eigentliche  Geistesanstrengung  aber  zu  scl]|Wach 
sind  ^,  so  ist  doch  von  der  andern  Seite   ein  eigentlicher  klima- 
tischer Einflofs  keineswegs  in  Abrede   zu   stellen.     Zahlreich« 
Beispiele  zeigen  nämlich,   wie  die  thätigen,  beharrlichen  und 
iLÜhn^n  Europäer  in  heilsen  Klimaten  auf  den  Westindischen 
Inseln,  selbst  in  Mexico  und  Brasilien,  allmäUg  träger,  weich-» 
lieber ,  feiger  und  zur  Geistesanstrengung  weniger  geneigt  wcr^ 
den,  wobei  es  jedoch  noch  nicht  ausgemacht  ist,  ob  das  Klima 
allein  oder  in  Verbindung  ikiit  der  dortigen  Lebensweise,  der 
bürgerlichen  Verfassung  n.  s,  w.  oder  Letzteres  allein  als  Ursache 
hiervon  anzusehen  ist.    Im  Allgemeinen  ist  körperliche  und  gei- 
stige Bildung ,  so  wie  vorzügliche  Stärke  des  Geistes  und  Kör- 
pers ein  Geschenk  der  gemäfsigt-en  Klimate  und  dem  europäi- 
schen Menschenstämme  in  einem  vorzüglichen  Grade  eigenthüm- 
lich,  denn  namentlich  fand  Lastgsdorv^  bei  den  Einwohnern 
von  Neu  -  Californien  unter  38**  N.  B.  und  ohngeachtet  der  sehr 
milden    Behandlung,    welche  ihnen  unter   der   Herrschaft  der 


1    Kotkbbvb'«  Reise, 

3    Dosen  Reiseo  Th.  11.  S.  1^. 


Klima.  bi^ 

Blitsionen  zu  Theil  wird,  einen  eben«  so  hohen  als  bleibenden 
Grad  der  Dammheit. 

Ungleich  sicherer  ist  der  Einflafs  der  Klimate  auf  den  Ge- 
sundheitszustand der  Menschen,  mit  der  allgemeinen  Regel,  dafs 
^ie  £)ngebornen  den  Krankheiten  gewisser  Gegenden  weniger 
unterworfen  sind,  als  die  Fremden.  Stagnirendes  Wasser  in 
Verbindung  n^it  Wärme,  anhaltendes  Modern  vegetabilischer 
und  insbesondere  thierlsch er  Stoffe  und  plötzlicher  starker  Wech«- 
sel  der  Temperatur  bei  Tage  und  wahrend  der  Nacht  sind  der 
Gesundheit  am  meisten  nachtheilig.  Daher  die  Ungesundheit 
der  stark  bewässerten  Reis-  und  Zuckerrohr  -  Felder ,  jder  PoA-r 
tinisichen  Sümpfe  und  der  Länder  unter  der  Zone  wahrend  delr 
Regenzeit,  wo  eben  deswegen  die  tödtlichen  Fieber  sp  anhaltend 
Herrschen  1.  In  Aoepulcoy  einem  guten  H^fen  in  Mexico^  wii- 
thete  jährlich  eine  ansteckende  Krankheit.  Ein  Wundarzt  gab 
•inen  benachbarten  Teich  als  Ursache  derselben  an,-  dieser  wurde 
ausgetrocknet  und  die  Krankheit  hörte  auf  2.  Der  Einflufs,  wel- 
chen die  klimatische  Beschaffenheit  der  verschiedenen  Gegenden 
auf  den  Gesundheitszustand  ihrer  Bewohner  hat ,  ist  unter  an- 
dern hauptsächlich  durch  Fivu^^f  Schhuhri^a^,  Robertson ^t 
Cababtis^  und  Vieret^  untersucht  worden.  Im  Allgemeinen 
lassen  sich  folgende  Sätze  annehmen : 

1)  Krankheiten  entstehen  durch  die  eigenthümliche  klima«- 
tische  Beschaffenheit  gewisser  Gegenden  und  pflanzen  sich  von 
da  in  andere  fort.  Ob  dieses  bei  der  orientalischen  Pest  der  Fall 
ist,  dürfte  in  so  feni  streitig  seyn,  als  diese  vermuthlich  nur  aus 


1  Histoire  des  Maraia  et  des  Maladiet  eao^^et  par  let  tfman«« 
tions  des  eaox  stagaantes.  Par  J.  B.  MontfalcoD.  Par.  1825.  8. 

2  Langtdorf  Reisea.  Th.  II.  S.  188. 

S  Yerf  ach  einer  medicioisch-  practischen  Geographie.  Leips.  179IL 
UlToll.  8. 

4  Geographische  Nosologie  a.  s«  w,  Stattg.  1813.  Die  Krankhei- 
ten des  MenscheDgeschlechts  historisch  und  geographisch  betracl^tet 
TOn  Dr.  F.  Schnurrer.   Tüb.  1826.  II  vol.  8. 

5  General  Taew  of  the  natural  history  of  the  Atmosphere,  and  öt 
its  connection  with  the  Sciences  of  Medicine  and  Agricaltore,  includ- 
iDg  an  £isay  on  the  causes  of  epidemical  Diseaae«.  Lond.  1808.  II  voll.  8« 

6  Rapport  da  Moral  et  da  Physiqae  da  rkomme.   T.  II.  p.  1  ff. 

7  Im  Dictionnaira  dea  Sciences  medicales  etc.  Par.  1813.  T.  Y., 
wo  viele  Thattachen  kara  susammengedrangt  sind. 


gOO  Klima. 

übermäfsigerUnreiillichkeit  entspringt  oder  ilbethaupt  nur  durch 
Ansteckung  weiter  verbreitet  wird;  mit  mehrerem  Rechte  gilt 
es  dagegen  von  der  ägyptischen  Augen -Entzündung. 

2)  Manche  Krankheiten  verändetn  sich  in  andern  Klimaten 
und  werden  nach  Umständen  bösartiger  öder  gelinder. 

3)  Andere  aagegen  gehören  einzelnen  Ländern  eigenthüm* 
lieh  zn,  ja  man  kann  Personen,  welche  in  solchen  Gegenden  er- 
krankt sind ,  blols  durch  Veränderung  des  Wohnortes  heilen« 

4)  Gewisse  Krankheiten  bleiben  in  manchen  Gegenden  blob 
«af  die  Städte  beschränkt  und  verbreiten  sich  nicht  auf  dem 
Lande ,  wo  frischere  Luftströmungen  ihre  Verbreitung  hindern. 

Um  von  den  verschiedenen  klimatischen  Krankheiten  nur 
einige  zu  nennen ,  mögen  die  Hautausschläge  der  heiüsen  Gegen-> 
den,  als  Elephantiasis,  Boak  und  Barras,  in  Arabien  einheimisch, 
erwälmt  werden«  Die  Menschenpocken  sollen  aus  dem  Innern  von 
Africa,  die  Masern  erst  im  Jahre  572  ans  Aethiopien  über  Arabien 
und  Aegypten  nach  Europa  gekommen  8eyn,was  übrigens  wenig- 
stens bei  den  letzteren  fraglich  ist.  Der  Weichselzopf  gehört  in 
die  grofse  Tartarei,  Siehenbürgen ,  Ungarn  und  Polen,  und  hat 
wahrscheinlich  mit  der  Wolosetz ,  einer  Art  Haargeschwüre  im 
südlichen  Rufslande ,  Aehnlichkeit.  Die  Air  ist  eine  Art  von 
Betäubung  der  Glieder,  welche  in  Brasilien  von  der  kalten  Mor- 
gen ^  und  Abendluft  erzeugt  werden  soll.  Albinos ,  Kretinen 
und  Kakerlaken  finden  sich- ausschliefslich  oder  Vorzugsweise  in 
den  engen  Bergschluchten ,  namentlich  der  Alpengebirge«  In 
Pondichery  findet  sich  mit  der  heifsen  Jahreszeit  ein  eigener 
Hautausschlag  ein,  welcher  mit  feinen  Blattern  auf  Stirn  und 
Schultern  anfängt,  mit  empfindlichem  Jucken  und  Stechen  ver- 
bunden ist  und  bis  zur  nassen  Jahreszeit  dauert.  Das  gelbe  Fie- 
ber, in  Peru  Chapetonade,  sonst  auch  Siamsfieber  oder  schwarzes 
Erbrechen  genanntj  ist  ursprünglich  in  heifsen  Ländern,  als  Peru, 
Westindien  ,  Barbados ,  Mexico  u.'s.  w.  zu  Hause ,  hat  sich  seit 
mehreren  Jahren  über  Nordamerica  und  von  dort  über  die  Kü- 
stendistricte  Spaniens  bis  nach  Italien  hin  verbreitet  und  nimmt 
an  Heftigkeit  ab,  je  weiter  es  in  nördlichere  Gegenden  fortschrei- 
tet, so  dafs  es  schwerlich  bis  Frankreich  und  noch  weniger  nach 
Deutschland  vordringen  wird.  In  Aegypten  trifft  man  eine  ei- 
genthümliche  Krankheit,  Demeljuja  genannt,  welche  mit  Kopf- 
schmerzen nebst  Augenentzündung  anfiingt  und  leicht  in  Raser«! 


Klinometer«    ,  (K)l 

iiitd  Schlagilcifs  tibergeht,  tretin  si«  sarucktritt.  bekannter  ist 
die  ebendaselbst  einheimische  Angenentzündung,  wahrscheinlich 
eine  Folge  der  Wärme,  der  Trockenheit  und  des  heifsen, .durch 
den  Wind  bewegten  Sandstaübes  daselbst,  Welches  sich  nament- 
lich den  dort  gewesenen  französischen  und  fooch  mehr  den  eng- 
lischen Truppen  mitgetheilt  hat  und  seitdem  epidemisch  unter 
Riesen  geworden  ist*.  Di«  Epilepsie  soll  vorztiglich  in  Norwe- 
gen beim  weiblichen  Geschlechte  häufig  seyn  j  auch  findet  man 
eben  daselbst  die  Radesyge,  eine  Art  Elephantiasis ,  welche  sich 
auch  über  Schweden  verbreitet*,  so  wie  in  Rufsland  und  in  kal*^ 
ten  Ländern  die  Rose  sich  häufig  findet,  Katarrhe,  Rheumatismen 
Q«  s.w.  aber  d^a  veränderlichen  KÜmaten  vorzüglich  zngehtfren. 

'     Klinotneter. 

Die  zahlreichen  Apparate,  vermittebt  deren  die  Neigung 
einer  Linie  oder  Ebene  gegen  ^ie  Horizontal  -  Ebene  gemessen 
Midrd ,  .nennt  man  in  dieser  Beziehung  Älincmeter  (von  tiUvm 
ich  neige).  Sie  beruhen  insgesammt  auf  einem  eben  so  leichten 
als  einfachen  geometrischen  Principe  und  deswegen  werden  sie 
mit  verschiedenen  Modificationen  zum  jedesmaligen  Gebrauche 
passend  constmirt*  Ist  nämlich  ab  eine  in  die  Horizontal -Ebene  ^|* 
fallende  Linie,  de  eine  verticale,  so  sind  bekanntlich  die  beiden 
Winkel  bei  c  rechte  Winkel,  und  da  die  erstere  durch  die  wa«<- 
gerechte  Oberfläche  jeder  Flüssigkeit  (Wasserwaage ,  Nivellir- 
-wa^ge,  Libelle),  die  letstere  durch  die  Richtung  eines  Fadeos, 
^07oran  ein  schwerer  Körper  hängt  (Faltlinie,  Senkel),  gegeben 
'wird,  so  läfst  sich  nicht  nur  aus  der  einen  die  andere,  sondern  ^ 
auch  aus  der  Veränderung  der  Winkel  bei  c  die  Abweichung 
der  Linie  ab  von' der  horizontalen  Richtung  oder  die  Neigung 
derselben  gegen  den  Horizont  (Inklination)  leicht  finden.    Wird 


1  tTober  den  EiDflafs  de«  Aegyptischen  Klima's  anf  die  Geaand- 
Iieit  «.  Relatiop  hiatorique  et  chirargicale  de  rexp^dition  de  l'Armäe 
d'Orient.  Par  Laerbt.  Besser  noch  sind  dessen  M^moires  et  Observa- 
tiona  snr  plusieurs  maladies,  qai  ont  affect^  les  troapes  de  TArmtfe 
fraD^oise,    Sie  gehören  zor  Description  de  TEgypte. 

2  Fr.  Holst  commentatio  de  morbo  Radesjge  etc.  Christiania 
1818.  4. 


902  Klinoroeier. 

nämlich  die  RichtUDg  von  ab  durch  eine  WadserwSMgQ  anTer* 
'  änderlich  erhalten  und  der  Winkel  haß  oder  ba^^  welchen  eine 
Ebene  mit  dieser  bildet ,  gemessen  y  so  giebt  dieser  die  Inklina- 
tion gegen  den  Horizont  unmittelbar.  Ist  dagegen  de  unverän- 
derlich auf  ab  befestigt,  so  erhält  diese  Stange  bei  vorhandener 
Neigung  die  Richtung  dd  oder  dd',  und  da  die  FalUinie  de  des 
Senkels  sich  ^ets  gleich  J^leibt,  so  erhält  man  im  ersten  Falle 
ans  dem  Winkel  ddc  =  ^ab ,  im  zweiten  aus  d'dc  =  ß^ab  die 
Neigung  gleichfalls«  Jedes  Klinometer  bedient  sich  daher  des 
Gradbogiens  und  Senkels  unmittelbar  zur  Messung  des  Neigung«* 
Winkels ,  oder  der  Wasserwaage  zur  Beibehaltung  der  Horizon* 
tal  -  Ebene  und  Aufündung  des  Winkels ,  welchen  die  geneigte 
Ebene  mit  dieser  macht.  Von  den  zahlreichen  Constructionen 
der  Klinometer,  deren  man  sich  entw^eder  zum  Messen  der  Nei- 
gung einer  Fläche ,  eines  Berges  u.  s.  wi ,  oder  hauptsächlich  bei 
geognostischen  Untersuchungen  zur  Bestimmung  des  Fallens 
eines  Lagers,  einer  Schichte  u.  s«  w*  bedient,  werde  ich  nur 
'einige  beschreiben,  ohne  dabei  die  eigentlichen  Nivellir-In8tra<*- 
mente,  als  der  Canalwaage  mit  Quecksilber  oder  Wasser,  oder 
des  Ramsdenschen  Nivellir  -  Apparates  mit  Wasserwaage ,  Fern- 
rohr und  Gradbogen  zu  erwähnen,  obgleich  insbesondere  dieser 
letzte  zum  Messen  der  Neigung  bequem  und  zugleich  wegen 
seiner  grofsen  Genauigkeit  vorzugsweise  brauchbar  ist. 

Das  einfachste  Werkzeug  dieser  Art  ist  die  gemeine  Setz- 
waage der  Maurer,  Schreiner  u.  s.  w. ,  welche  aber  in  ihrer  ge- 
wöhnlichen Gestalt  die  Abweichung  von  der  horizontalen  Fläche 
ohne  genaue  Messung  nur  anzeigt  und  in  .dieser  Beziehung  da- 
her richtiger  Klinosböp  genannt  werden  müfste.  Die  französi- 
schen Geometer  bedienten  sich  zum  Messen  des  Neigungswin- 
kels ihrer  Mefsstangen  eines  sehr  feinen  Apparates»  Das  recht- 
I'  winklige  Dreieck  AGB  ruhet  auf  den  völlig  plan  geschlüfenen 
Fülsen  A,  B,  und  tragt  in  seiner  Spitze  G  eine  auf  dem  einge- 
theilten  Gradbogen  sich  frei  bewegende  Alhidade,  an  welcher 
das  Niveau  aß  so  befestigt  ist,  dafs  sie  beim  völlig  horizontalen 
Stande  des  Kiinometers  mit  0  auf  60^  der  Theilung  des  Grad- 
bogens zeigt.  Ist  die  gemessene  Ebene  nicht  horizontal,  so  ver- 
schiebt man  die  Alhidade  nach  der  einen  oder  andern  Seite  so 
lange ,  bis  das  Niveau  wieder  den  horizontalen  Stand  zeigt,  und 
liest  den  Neigungswinkel  ab«  Zu  gröfserer  Genauigkeit  wird 
die  Alhidade  zuerst  mit  der  Hand  geschoben,  dann  vermittelst 


^linometer.  9Ü3 

minn  Sohranbe' festgestellt  und  zoletst  durch  eim  Mikrometeir 
•chxaabe  bewegt ,  die  Theilung  aber  mit  der  Loupe  abgelesen^. 

Ein  ähnliches ,  sinnreich  ausgedacfates  Werkzeug ,  welches 
fax  feinere  und  grObere  Messungen  beqnem  /eingerichtet  werden 
kann  ,  hat  IirocBonsop^  in  Vorschlag  gebracht  Der  horizon- 
tale Balken  abcd  ruhet  auf  zwei  gleich  langen,  in  stählerne  Spiz*. 
fcen  auslaufenden  Fiilsen  pp'  und  trägt  den  getheilten  Bogen  mn«  204. 
Unter  diesem  bewegt  sich,  um  eine  feine  Axe  leicht  drehbar,'  der 
Apparat  rsq,  dessen  oberer  Theil  rs  ein  gleichfalls  getheilter 
Halbkreis 9  der  untere  q  aber  excentrisch  ist,  so  dafs  sein  unter 
dem  Mittelpuncte  liegender  Schwerpunct  allezeit  in  der  yerticä- 
kn  Linie  zur  Ruhe  kommt , .  wobei  das  0  beider  Theilungen  zu-» 
sanuneniallt ,  wenn  die  FuCsspitzen  pp  in  einer  völlig  horizon- 
talen Ebene  liegen  j  weichen  sie  aber  hiervon  ab ,  so  seigt  die 
Theilung  des  Halbkreises  den  Neigungswinkel.  Dafs  bei  beiden 
Apparaten  die  zwei  getheilten  Bogen  zugleich  als  Nonien  die- 
nen j  versteht  sich  von  selbst,  auch  ist  an  dem  letzteren  ein 
Visir  vermittelst  derOeffnungen  aß  angebracht,  statt  deren  auch 
ein  Femrohr  mit  horizontalem  Faden  gewählt  werden  könnte* 

Einfacher,  aber  minder  genau  als  beide  ist  der  Gradbogen, 
welcher  an  einer  Schnur  aufgehangen  den  Neigungswinkel  durch 
ein  kleines  Senkel  angiebt.  Witd  nämlich  das  Seil  ab  mit  der  j05* 
zn  messenden  geneigten  Ebene  parallel  ausgespannt  und  der 
Gradbogen  daran  gehängt,  so  zeigt  das  kleine  Senkel  o^,  wel- 
ches oben  im  Centrum  des  getheilten  Halbkreises  befestigt  ist 
den  ElevationswinkeL  Dabei  kann  die  Schnur  nicht  fiiglich  ge- 
rade ausgespannt  werden,  sondern  muls  sich  biegen,  worauf 
beim  Messen  Rücksicht  zu  nehmen  und  zugleich  darauf  zu  sehen 
ist,  dafs  das  Senkel  genau  über  0®  oder  90**  der  Theilung  her- 
abhängt, wenn  die  Schnur  die  horizontale  Richtung  hat.  Da 
dieser  einfache  Apparat  zur  Bestimmung  des  Schichten  Falles  dem 
Geognosten  hinlängliche  Genauigkeit  giebt,  zum  eigentlichen 
Nivelliren  aber  eins  der  oben  beschriebenen  oder  ein  nach  dem 
nämlichen  Principe  construirtes  Werkzeug  angewandt  zu  werden 
pflegt ,  so  ist  es  .nicht  sachgemäls ,  solche  künstliche  Apparate* 
namentlich  zum  Messen  der  Neigung  der  Felsschichten  zu  con- 


1  Base  da  Syildme  m^triqne  T.  11«  Mon.  Corr.  XYII*  S.  5^7. 

2  AcU  Apad.  Pet.  III.  X.  188. 

V.  Bd.  Mmm 


904  Kuotcix. 

smiiren  ,  als  jnrch  Wkb  SEYiioün  ^  gesclieheil  ist.  Ein  äürch 
seine  Einfachheit  und  Kleinheit  sich  empfehlender  Apparat,  vrel^ 
eher  leicht  transportirt  werden  und  ^r  Besümmung  des  Neigungs- 
winkels der  Mefsstangen,  wo  |nicht  ein  ausgeseichneter  Grad  dei 
Genauigkeit  erfordert  wird,  ebenso  wie  eines  Berges  odbr  ein» 
p.  Felsschicht  dieneti  kann ,  ist  durch  Paatt  ^  angegeben  Worden* 
206.  Die  beiden  parallelen  Lineale  von  Buchsbaonholz  A  und  B  sind 
vermittelst  eines  Charnieres  in  der  Art  beweglich,  dafs  der 
Gradbogen  fg  den  Winkel  mi&t^  welchen  beide  ittit  Änauder 
bilden.  Auf  dem  oberen  Lineale  B  befindet  sich  die  Libelle  ab, 
vermittelst  deren  dasselbe  in  die  horizontale  Ebene  gebracht  und 
;  in  derselben  erhaUeil  werden  kann ,  und  wenn  d^nn  das  ander« 
Lineal  A  auf  die  Ebene  gelegt  oder  parallel  mit  derselben  ein-» 
visirt  ist,  deren  Neigung  gemessen  werden  soll,  so  giebt  die 
Theihing  des'Bogens  f  g  diese  unmittelbar  an.  Das  vom  Centrum 
entferntere ,  eben  daher  gröfsere  Theile  des  Kreises  enthaltend« 
und  somit  eine  schärfere  Messung  gewährende  Bogenstirck  d  a 
.  hat  MoTLK^  hinzugesetzt;  auch  pfiegt  man  in  die  Fläche  des 
unteren  Lineals  A  einen  kleinen  Compals  einzusenken ,  um  ver* 
mittelst  desselben  zugleich  das  Streichen  der  Schichten  zu 
messen.  M* 

Knoten. 

Nodas;  Noeud;  I^ode.  Den  Durchschnittspunct 
zweier  gröfsten  Kreis«  an  der  scheinbaren  Himmelskugel  nennt 
man  Knoten.  Wenn  man  nämlich  die  Ebenen  der  einzelnen 
Planetenbahnen,  in  welchen  allen  die  Sonne  sich  befindet,  sich 
vorstellt,  so  haben  je  zwei  eine  gemeinschaftliche  DurcKschnitts«« 
linie,  welche  ihre  Knotenlinie  (linea  nodorum ;  la  Herne  dee 
noeuds;  the  line  ofnodea)  heifst.  Am  meisten  beziehen  wir 
dieses  auf  die  Ekliptik ,  und  die  Knoten  einer  Planeten  -  oder 
Kometenbahn  sind  daher  diejenigen  Puncte,  wo  der  Himmelskör- 
per von  einer  Seitt  der  Ebene  der  Erdbahn  zur. andern  über- 
geht; derjenige  Knoten  heifst  der  aufsteigende  (nodus  ascendens), 
wo  er  sich  nördlich  von  der  Ekliptik  zu  entfernen  anfängt,  der» 


1  Tran«,  of  the  Geolog.  See.  T.  III.  p.  385. 

2  AnQ.  of  Phil.  New  Ser.  I.  p.  48.  Schweigg.  Jonra.  XXXIl.  136. 
S    ADD.  of  Phil.  N.  8.  1824.  Febr.  p.  122, 


Kobalt  905 

jenige  der  diedersteig^ixle  (nodus  descendens) ,  wo  er  auf  die 
Südseite  der  Ebene  der  Erdbahn  übergeht;  der  erstere  wird  durc]i 
^  ,  det  andere  durch  fS  bezeichnet.  In  Beaiehung  auf  die 
Mondbahn  findet  derselbe  Ausdruck  statt. 

Diese  Knotenlinien  bleibet  nicht  unveründerUch »  sottdeni 
die  Lage  der  Ebene ^  iti  welcher  irgend  ein  Himmelskörper  sich 
bewegt,  ist  kleinen  Aendernngen  unterworfen  und  daher  )end 
Durohschnittslinien  veränderlich.  Bei  der  Mondbahn  beträgt  diese 
Verriicküng  €er  Knoten )  welche  eine  rückgängige  ist,  so  viel, 
äafs  die  Mondknoten  in  19  Jahren  dntch  alle  Zeichen  des  Thier-* 
kreisea  i'ücken«  Dieses  Fortrücken  der  Moudknoten  entsteht 
durch  die  Anuehnngskraft  der*  Sonne ,  VArmtfge  welcher  der 
Mond  bei  jedem  Umlaufe  etwas  eher  in  die  Ebene  der  Erdbahn 
eintrifft,  als  in  einem  Puncte,  welcher  Vod  der  Erde  aus  ge-* 
sehen  rückwärts  liegt,  so  dafs  die  Knoten  vom  Stier  zum  Wid-» 
der ,  vom  Widder  zu  den^Fischen  u.  s.  w.  zurückgehen.  Man 
kann  sich  dieses  so  Vorstellen ,  als  ob  der  Mond ,  ili  einer  gegen 
die.  Ekliptik  geneigten  Ebene  laufend,  durch  die  SonUcf  gegen 
die  Ebene  der  Ekliptik  herabgezogen  werde  und  daher  etwas 
früher  in  die  Ebene  der  Ekliptik  eintreffe,  «als  es  geschehen 
'Würde ,  Wend  er  seine  Bahn ,  ohne  Einwirkung  der  Sonne ,  um 
die  Erde  beschriebe.  Die  Neigung  der  Bahn  gegen  die  Ekliptik 
bleibt  dabei  fast  gana  ungeändert^  B*     . 

Kobalt. 

l^obold;  Chballum;  Cobalt;  Cohalt.  Daesea 
errt  seit  d^r  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  bekannte  Metall  fin« 
det  sich  theils  im  Mefteoreisen,  theils  in  Verbindung  mit  Schwe-» 
fei  utid  Arsenik  im  Kobaltkies,  Kobaltglatiz  und  Speiskobalt| 
theils  als  atseliiksanres  und  als  schwefelsaures  Kobaltoxyd,  theils 
als  unreines  KobalthyperOxyd.  Im  möglichst  reinen  Znstande 
ist  es  etwas^ductil^  doch  machen  es  schon  geringe  Beimischung^ 
gen  von  Kohlenstoff  spröde ;  es  ist  röthlich-^grau-weifj,  z^igt 
ein  specifisches  Gewicht  Von  üngeföhr  8>  6 » .  schmilzt  erst  in  hef- 
tiger Weilsglühhitae ,  jedoch  leichter  als  Eisen,  nnd  zeigt  sich 
magnetisch.  Nach  Wollastoh  Verhält  sich  der  Magnetisrnns 
des  Kobalts  zu  dem  des  Eisens  =5  bis  6  :  6  bis  9 ;  nach  Lam^ 
VADiixa  des  nicht  gana  reinen  Kobalts  zu  dem  des  Eisens 
»25  3  55^ 

Mmm  2 


906  Kobalt. 

Mit  SauerstofiP  bildet  es  ein  Oxyd  und  ein  Hyperoxyd.  Das 
JTohaitoxyd  (29,5  Kobalt  auf  8  Sauerstoff)  ist  ein  hellgraues^ 
nicht  magnetisches  Pulver.  Es  bildet  mit  den  Säuren  Salze, 
welche  durch  lebhaft  rothe  Farben  ausgezeichnet  sind.  Sie  wer- 
den durch  reines  Kali  blau,  durch  kohlensaures  rosenroth  und 
durch  hydrothionsaures  schwarz  gefället;  der  in  ihnen  durch 
überschüssiges  Ammoniak  erzeugte  Niederschlag  löst  sich  bei 
Luftzutritt  wieder  mit  brauner  Farbe  auf.  Das  salpe^rsaure 
Kobalioxyd  schiefst  in  kleinen  rothen  Säulen  an  ;  die  mit  seiner 
Lösung  auf  Papier  gebrachte  Schrift  wird  bei  jedesmaligem  Er- 
iiitzen  lebhaft  roth.  Das  schwefelsaure  Kobaltoxyd  liefert  rothe 
wasserhaltende  Krystalle,  ganz  von  der  Form  des  Eisenvitriols. 
Das  Kobaltoxyd  löst  sich  in  schmelzendem  Borax  und  gewöhn- 
lichem Glase  mit  dunkelblauer  Farbe  auf;  letztere  Verbindung 
stellt  nach  dem  Pulvern  die  Smalte  dar.  ,  Glüht  man  Alaunerde 
mit  salpetersaurem  Kobaltoxyd ,  so  bleibt  eine  schöne  blaue  Ver- 
bindung von  Alaunerde  und  Kobaltoxyd ,  das  Leidner  Blau, 
mit  dem  auch  das  Thenardsche  Blau,  durch  Glühen  von  Alaun- 
erdehydrat mit  phosphorsaurem  oder  arseniksaurem  Kobaltoxyd 
erhalten,  verwandt  ist.  Bittererde  mit  salpetersaurem  Kobalt- 
oxyd geglüht  liefert  eine  rosenrqthe  Kobaltoxyd -Bittererde. 

Das  KcbaUhyperoxyd  (29,5  Kobalt  auf  12  Sauerstoff)  ent- 
steht beim  Glülien  des  Kobaltes  oder  des  Kobaltoxydes  an  der 
Luft;  es  stellt  eine  schwarze  zusammenhängende  Masse  von 
muschlichem  Bruche  oder  ein  braunschwarzes  Pulver  dar;  es 
löst  sich  in  Salzsäure  upter  Entwickelung  von  Chlorgas ,  in  er- 
Utzter  Salpeter-  und  Schwefelsäure  unter  Entwickelung  von 
Sauerstoffgas  ^zu  einem  Kobaltoxydsalze  auf.  —  Es  scheint  noch 
eine  KobaUsäure  (29»5  Kobalt  auf  16  Sauerstoff)  zn  geben,  die 
man  nicht  für  sich ,  sondern  nur  in  Doppelsalzen  kennt  und  die 
sich  beim  Uebersättigen  der  Kobaltoxydsalze  mit  Ammoniak  bil- 
det, sobald  Luft  hinzutritt. 

Pas  Chlorkobalt  V&t  sich  durch  Abdampfen  des  Salzsäuren 
Kobaltoxydes  erhalten;  es  ist  hellblau  und  etwas  flüchtig.  Mit 
Wasser  bildet  es  eine  rothe  Lösung  von  saUsaurem  KobaUoxyd, 
ans  welcher  sich  wasserhaltende  rubiorothe  Krystalle  erhalten 
lassen.  Die  rothe  Lösung  wird  beim  Vermischen  mit  concen- 
trirter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  blau,  bei  W^asserzusatz  wie- 
der roth.  Mit  dem  wässerigen  salzsauren  Kobaltoxyd ,  welches 
atieh  HitLOT^f  sympathetische  Tinte  heifst,  auf  Papier  gemachte 


Kohleniftoff.  007 

Schriitziige  werden  beim  jedesmaligen  Erhitzen  blau^  bein^  Er* 
kalten  wieder  roth.  Entweder  kommt  die  blaue  Farbe  von  dem 
Uebergapge  des  saluauren  Kobaltoxyds  in  Chlorkobalt »  indem 
sowohl  die  stärkere  Säare  als  auch  .das  Erwarmen  Wasserbil* 
düng  aus  dem  SauerstofF  des  Kobaltoxydes  und  dem  Wasserstoff 
der  Salzsäure  veranlassen  kann ,  oder  es  exsistirt  ein  sauiiss  salz- 
saures  Kobaltoxyd ,  welches,  blau  ist,  dem  jedoch  durch  mehc 
Wasser  die  überschüssige  Salzsäure  entzogen  wird.  O. 

Kohlenstoff. 
Carbonium ;    Carbone  j    Carbon^ 

So  heifst  dasjenige  Element ,  aus  welchem  die  gewöhnliche 
Kohle  fast  völlig  besteht  und  welches  den  Hauptbestandtheil 
•  aller  organischen  Körper  ausmacht.  Lavoisikh  unterschied 
suerst  diesen  Stoff,  während  man  früher  die  kohlenstoffhalten- 
den Körper  als  solche  betrachtete ,  die  überhaupt  reich  an  Phlo« 
giston  seyen«  , 

Der  Kohlenstoff  zeigt  in  seinen  Eigenschaften  auffallende 
Verschiedenheiten  je  nach  dem  Zustande ,  in  welchem  «er  sich 
befindet.  Denn  entweder  ist  er.  krystallisirt  oder  nicht  krysti^"* 
lisirt  f  wie  in  der  Kohle.  Der  krystallisirte  kann  2  verschiede-  ' 
nen  Systemen  angehören  und  ersoh^int  daher  entweder  ab  Dia- 
mant oder  als  Graphit, 

Der  Diamant  erscheint  in  Oktaedern  und  andern  dem  re- 
gelmäfsigen  Systeme  angehörenden  Formen  krystallisirt,  meist 
mit  convexen  Flachen  und  nach  den  Flächen  des  Oktaeders  spalt-* 
bar."  Er  ist  der  härteste  Körper,  zeigt  ein  specif.  Gewicht  yon 
3,5,  ist  durchsichtig  und  farblos  (wenn  nicht  zufällig  gefärbt)^ 
zeigt  einen  eigenthümlichen  Glanz,  bricht  das  Licht  im  höch- 
sten Mafse  und  leitet  nicht  die  Elektricität.  Der  Diamant  ist 
nach  allen  bis  jetzt  angestellten  Untersuchungen  als  reiner  Koh- 
lenstoff zu  betrachten«  Da  er  einigemal  in  einer  Gebirgsart  ge- 
fiinden  worden  ist,  welche  den  vulcanischen  anzugehören  scheint* 
so  dürfte  man  vermuthen,  dafs  er  .durch  das  vulcanische  Feuer 
geschmolzener  und  beim. langsamen  Erkalten  der  Lava  regelmä- 
Isig  krystaUisirter  Kohlenstoff  sey. 

Der  bereits^  kurz  erwähnte  Graphit  kommt  theils  natürlich 


1    8.  öbtn  Th.  HI.  8.  162. 


906  Kohlenstoff, 

▼or,  th^ik  wird  er  kiinstlich  erhalten,  wenn  man  Eisen  und 
einige  andere 'Metalle  in  Berührung  mit  überschüssiger  Kohle 
schmelzt  und  langsam  erkalten  läfst,  wo  der  vom  Metall  im  Uer 
berschnfs  aufgenommene  Kohlenstoff  als  Graphit  heraoskrystal- 
lisirt.  Die  Krystallform  des  <jraphits  ist  eine  regelmfifsig  6sei- 
tige  SMuIe;  er  ist  weich,  in  dünnen  Blättchep  biegsam,  abfär- 
bend, fettig  anzufühlen,  von  i,8  bis  2,0  specif.  Gewichte,  stahl- 
grau ,  undurchsichtig  und  ein  guter  Leiter  der  Elektricität.  Man 
hijlt  ihn  gewöhnlich  für  eine  Verbindung  vpn  viel  Kohlenstoff 
mit  Eisen  oder  eipem  andern  Metalle ;  da  jedoch  nach  den  Er- 
fahrungen von  Karstens,  Brrzslius  u.  A.  mancher  natürliche 
uqd  künstliche  Graphit  ohne  Rückstand  verbrennt,  so  scheint 
der  Metallgehalt  zufällig  und  seine  Verschiedenheit  vom  Dia- 
iViant  wäre  at|9  der  verschiedenen  KrystaiUsatipn  zu  erklären,  so 
wie  Schwefelkies  und  Wasserkies  bei  ganz  gleichem  chemischen 
Bestände  eine  verschiedene  KrystallisatioQ  und  damit  auch  in 
fmdern  Eigenschaften  Verschiedenheiten  zeigep« 

Die  fCohU  komint  theils  natürlich  Vor,  als  Anthracit,  theils 
wird  sie  künstlich  erzeugt ,  sowohl  durch  Zersetzung  'der  Koh- 
lensäure mittelst  Kaliums  oder  Phosphors  und  des  Kohlenwasser- 
ftoiPgases  durch  Glühhitze ,  als  auch  vorzüglich  durch  Glühen 
organischer  Verbindungen  bei  abgehaltener  Luft.  Soll  letztere, 
ohne  Asche  zu  lassen,  verbrennen,  so  sind  hierzu  verdampf  bare 
organische  Verbindungen  anzuwenden,  welche  durch  das  Ver- 
dampfen von  den  beigemischten  fixen  StofiBen  befreiet  werden  ; 
•o  erhielt  man  eine  ohne  Rückstand  verbrennende  Kohle  beim 
Hindurchleiten  der  Dämpfe  von  Weingeist  ode^  flüchtigem  Oele 
durch  eine  glühende  Porcellanrlfhre»  Ist  zur  Bereitung  der  Kohle 
^ne  gelinde  Hitze  angewendet  worden^  so  enthält  sie  noch  merk- 
liche Mengen  von  Vt^asserstofT  und  Sauerstoff;  sie  ist  brennbarer, 
ein  schlechter  Leiter  für  Wärme  und  ein  Nichtleiter  fürElektrici- 
tät;  naph  stärkerem  Glühen  dagegen,  wobei  sie  poch  Wasserstoff 
und  Sauerstoff  in  Gestalt  von  Wasserstpffgas  und  Kohlenoxyd- 
gas  entwickelt ,  leitet  sie  die  Wärme  ziemlich  gut  und  die  Elek- 
tricität  niich  den  Metallen  am  besten.  Ihr  specifisches  Gewicht 
beträgt  1,5727;  sie  ist  zwar  sehr  zerreiblich,  kann  aber  durch 
heftiges  Weiftglühen  im  Kreise  der  Voltaischen  Säule  nach  Davt 
so  hart  gemacht  werden ,  dafs  %ie  Glas  ritzt.  .  Sie  zeigt  noch 
einige  andere  oierkwürdige  Verhältnisse ,  welche  dem  Diamant 
und  Graphit  nicht  zukommen,  nämlich  sie  absorbirt  mit  Begierde 


Kohlenstoff.  909 

ItVasser,  Oase  und  verschiedene  riechende  Dämpfe*;  sie  nimmt 
4usi  wässerigen  Flüssigkeiten |  welche  riechende,  schmeckende 
und  färbende  Stoffe  enthalten ,  diese  auf  und  eignet  sich  hiei;- 
durch  zur  Reinigung  des  faulen  Wassers  und  vieler  gefärbter 
Flüssigkeiten,  Alle  diese  Verhältnisse  zeigt  die  Kohle  in  um  so 
höherem  Gra^e ,  je  mehr  Berührungspuncte  sie  darbietet|  Die 
Verschiedenheiten  ^er  Kohle  vom  Diamant  und  Reisblei  mögen 
vorzüglich  von  ihrem  loclLerni.  nicht. krystaUisirten  Z^^tande 
herrühren,  vielleicht  {luch  noch  von  kleinen  Beimischungen  von 
Wasserstoff  und  Sauerstoff^  besonders  wenn  sie  nicht  einer  bef- 
ugen Weifsglühhitze  ausgesetzt  wqrde, 

Det  Kojilenstoff  scheint  bis  jetzt  noch  nicht  geschmolzen 
wordpn  zu  seyn,  wenigstens  scheint  die  geschmolzene  Masse, 
welche  Si(.lxmav  und  IJAas  prhidtep,  als  «ie  Graphit  oder 
Holzkohle  in  den  Kreis  des  Deilagrators  brachten ,  wie  dieses 
wenigstens  Vavhcxbm  fand»  niclit  geschmolzener  Kohlenstoff 
^u  seyn ,  sondern  die  4sche  dieser  kohligen  ßubstanzen  im  ge- 
schmolzenen Zustande.  £her  scheint  noch  die  Verdampfung  des 
Kohlenstoffes  im  elektrischen  Kreise  das  Deflagrators  erwiesen 
ZVL  seyn,  «ofern  nach  den  Ve^-su^hen  von  H^ai  und  Sii.l?mav, 
wenn  man  an  jeden  Polardraht  einen  zugespitzten  Cylinder  von 
Holzkohle  befestigt,  beide.  Spitzen  erst  iu,  I(erührung  sets^t,  dann 
mich  erfolgtem  heftigen  Glühen  etwas  von  »inander  entfernt,  ein 
{«bhaft  leuchtender  Flammenbogen  mit  aufsteigendem  weifsen 
Bauche  entsteht  und ,  während  die  Kohle  der  positiven  Seite 
schnell  ihre  Spitze  verliert,  sich  ^n  4®r  der  negativen  ein  üf- 
f^xs  abbrechender  nnd  sich  wieder  erneuernder  Anwuchs  bildet; 
welcher  unter  dem  Vergröfs^rungsglase  eine  warzige,  glatte,  me- 
talJglänzendei  graüSchwarze  Oberfläche  zeigt,  schnell  iq  Vi- 
triolöl  niedejrsinkt  und  in  der  Hitze  langsam ,  unter  Erzeugung 
von  Kohlensäure  iind  bisweilen  unter  Rücklassung  von  Asche 
verbrennt, 

Die  Verbindungen  des  Kohlenstoffes  iiriit  dem  jSauelrsto&  sind 
das  Kohlenoxyd  und  die  Kohlensäure. 

Das  Kohl&ioxyd  (6  Kohlenstoff  auf  8  Sauerstoff)  bildet  sich 
beim  Glühen  von  Kohle  ^t  Zinkoxyd  und  andern  Metalloxyden,  ^ 
die  den  Sauerstoff  nicht  zu  lose  enthalten,  und  beim  Glühen  von 
Kohlensäure  oder  kolüensa^urem  Alkali  mit  Kohle    oder  Eisen. 


1    VcrgK  dieaea  Wörlcrb.  'Ih.  I.  S.  86. 


910  Kohlenstoff. 

Es  erscheint  ab  ein  farbloses  Gas  von  0,9706  spedfischem  Ge* 
^chte,  von  schwachem  Gerach,  beim  Einathmen  von  sehr  er- 
stickender Wirkang.  Es  wird  wenig  vom  Wasser  verschluckt. 
Setzt  man  einMafs  dieser  Gasart  mit  einem  gleichen  Mafse  Chlor* 
gas  gemengt  dem  Lichte  aus,  so  verliert  das  Gemenge  seine 
gelbe  Farbe ,  verdichtet  sich  auf  die  Hälfte  und  ist  in  das  Pho9^ 
gengaa  verwandelt,  welches,  ein  spec.  Gewicht  von  3,4249  ht^ 
sitzt,  noch  erstickender  und  unangenehmer  als  Chlor  riecht 
und  die  Augen  zum  Thränen -reizt  und  welohes  sich  in  Beruh* 
rung  mit  Wasser  in  Salzsäure  und  Kohlensäure  zerset9t« 

Die  Kohlensäure  j  Luftsäure  oist  fixe  Luft  (6  KohlenstoflP 
auf  16  S|iuevsto£P)  bildet  sich  vorzüglich  beim  Verbrennen  koh- 
lenstoffhaltiger Ktfrper  in  Luft  oder  SauerstofFgas.  Diamant  und 
Graphit  bedürfen  zum  Verbrennen  einer  viel  starkem  Glühhita« 
als  Kohle.  Die  Verbrennung  ist  besonders  im  Sauerstofigas  sehr 
lebhaft  und  geht  beim  Diamant  bis  zum  Schmelzen  des  Platins, 
worauf  er  sich  befindet.  ImSauerstoIFgas  fährt  der  Diamant,  nach-* 
dem  er  einmal  entzündet  ist,  zu  brennen  fort;  in  atmosphäri-* 
scher  Luft  erlöscht  er,  wenn  man  nicht  ihn  zu  erhitzen  fort- 
fährt, wegen  der  erkältenden  Wirkung  des  in  der  Luft  enthal- 
tenen Stickgases.  Das  durch  das  Verbrennen  von  Diamant  in 
Sauerstoffgas  erzengte  kohlensaure  Gas  hat  dasselbe  Volumen, 
wie  das  verbrauchte  Sauerstofi^gas ,  und  es  kann  dahes  das  koh« 
lensaure  Gas  angesehen  werden  als  Sauerstoffgas ,  in  welchem 
sich  Kohlenstoff  gelöset  hat,  ohne  dab  irgend  eine  Volumena- 
änderung  des  Gases  eingetreten  wäre.  Ein  Gemenge  aus  1  Mab 
Kohlenoxydgas  und  \  Mais  Sauexstofi^gas ,  verpufft  durch  den 
elektrischen  Funken  oder  einen  flammenden  Körper  mit  unmerk- 
lichem Knalle  und  liefert  1  Mafs  kohlensaures  Gas.  Man  ver« 
schafft  sich  die  Kohlensäure  durch  Zersetzung  eines  kohlensaa- 
ren  Salzes ,  wie  des  kohlensauren  Ammoniaks  oder  Kalkes  mit* 
telst  einer  starkem  Säure.  Erfolgt  diese  Operation  in  dem  einen 
Ende  einer  starken  ziligeschmolzenen  Glasröhre,  wahrend  das  an- 
dere Ende  erkältet  wird ,  so  sammelt  sich  im  letzteren  die  Koh- 
lensäure als  eine  wasserhelle,  tropfbare  Flüssigkeit  an,  in  grober 
Kälte  nicht  erstarrend ,  das  Licht  vi^  schwächer  brechend  ab 
Wasser^.  Unter  gewöhnlichem  Luftdrucke  entwickeh  sich  die 
Kohlensäure  als  ein  farbloses  Gas,  von  1,5252  spedfiscbem Ge- 


1    Vergl.  oben  Tii.  HT.  8.  1020, 


Kohlenstoff.  OH 

Wichte,  miTerlireiiiilich,  das  VerbreniMii  andever  Körper  nioht' 
miterhaltend ,  Lacknrastinctur  schwach  r0th6ti4i  von  stechei^dem 
Geruch  und  sehr  erstickender  Wirkung  beim  Einathmen.  Nor 
iprenige  Stoffe ,  wie  Kalium ,  Natrium  und ,  bei  Gegenwart  einer 
starkem  Salzbasis,  auch  Phosphor  und  Boron,  vermOgen  der 
Kohlensäure  den  Sauerstoff  zu  entziehen  und  den  EohIensto£F  in 
Gestalt  einer  kohligen  Materie  abzuscheiden« 

Das  kohlensaure  Gas  ist  in  Wasser  zu  gleichen  Mafsen  ab- 
sorbirbar' ;  das  natürliche  und  künstliche  Sauertposs^r  ist'  durch 
verstärkten  Druck  mit  grtffseren  Mengen  von  Kohlensäure  Ter« 
btmdenes  Wasser,  welches  aufiierdem  noch  einige  Salze  enthält; 
Die  Verbindungea  der  Kohlensäure  mit  Salzbasen  sind  nicht 
sehr  innig ;  die  Glühhitze  treibt  aus  den  meisten  derselben  und 
stärkere  Säuren  treiben  aus  allen  die  Kohlensäure  aus;  sie  brau-  , 
sen  daher  mit  tropfbar  flüssigen  Säuren  auf*  Die  Verbindungen  . 
der  Kohlensäure  mit  Ammoniak ,  Kali ,  Natron  und  Lithon  rea« 
giren  noch  alkalisch ,  weil  die  schwache  Saure  nicht  iik  Stande 
ist,  diese  stärkeren  Basen  zu  neutralisiren.  Die  meisten  koh- 
lensauren Salze  sind  nicht  in  Wasser  löslich,  auiser  bei  Ueber- 
schuls  an  Kohlensäure, 

Mit  Wasserstoff  bildet  der  Kohlenstoff  das  oUrzeugauU  und 
das  KohUnwatnerstoffgaa.  Das  dierzeugende  Gas  (6  Kohlenstoff 
auf  1  Wasserstoff)  entsteht  bei  der  Zersetzung  verschiedener  or-^ 
ganischen  Verbindungen  und  wird  vorzüglich  erhalten  durch  Er- 
hitzen von  1  Weingeist  mit  4  Vitriolol  und  Sdiütteln  des  ent- 
"wickelten  Gases  mit  Wasser  und  Kali ,  um  es  von  Aether  und 
schwefeliger  Säure  zu  befreien«  Es  ist  farblos»  von  0,9706  spe- 
cifischem  Gewicht  und  starker  lichtbrechender  Kraft;  es  zeigt 
«neu  unangenehmen  Geruch  und  wirkt  beim  Einathmen  in  rei^ 
nem  Zustande  sehr  erstickend.  1  Mafs  dieses. Gases  hält  2^afs 
Wasserstoffgas;  wird  es  daher  durch  Glühhitze  oder  Öfteres  Hin- 
durchschlagen elektrischer  Funken  veranlabt,  seinen  Kohlen- 
stoff abzusetzen,  so  zeigt  es  sich  in  reines  Wasserstoffgas  von 
verdoppeltem  Umfange  verwandelt.  Es  verbrennt ,  an  der  Luft 
entzündet,  mit  äuberst  lebhafter  Flamme;  ein  Gemenge  von  1 
Mals  Olerzeugendem  und  3  Mab  Sauerstoffgas,  durch  den  elek* 
frischen  Funken  in  einer  dicken  Bi5hre  (  die  hierbei  leicht  zer- 
schmettert wird)  entzündet,  verwandelt  sich  in  Wasser  und  in 


1    Tergl.  oben  Tb.  I.  8.  46  ff. 


906  Kobalt 

Mit  Sauentofif  bildet  es  ein  Oxyd  und  eiti  Hyperoxyd«  Das 
KdhoHoxyd  (29,5  Kobalt  auf  8  Sauerstoff)  ist  ein  hellgraues, 
nicht  magnetisches  Pulver.  Es  bildet  mit  den  Säuren  Salze, 
welche  durch  lebhaft  rothe  Farben  ausgezeichnet  sind.  Sie  wer'-^ 
den  durch  reines  Kali  blau,  durch  kohlensaures  rosenroth  und 
durch  hydrothionsauxes  schwarz  gefället;  der  in  ihnen  durch 
überschüssiges  Ammoniak  erzeugte  Niederschlag  löst  sich  bei 
Luftzutritt  wieder  mit  brauner  Farbe  auf.  Das  salpeteraaure 
Kobalioxyd  schiefst  in  kleinen  rothen  Säulen  an  ;  die  mit  seiner 
Ldsung  auf  Papier  gebrachte  Schrift  wird  bei  jedesmaligem  Er- 
hitzen lebhaft  roth.  Das  schtpefelaaure  Kobaltoxyd  liefert  rothe 
wasserhaltende  KryStalle,  ganz  von  der  Form  des  Eisenvitriols« 
Das  Kobaltoxyd  löst  sich  in  schmelzendem  Borax  und  gewöhn- 
lichem Glase  mit  dunkelblauer  Farbe  auf;  letzter^  Verbindung 
stellt  nach  dem  Pulvern  die  SmalU  dar.  .  Glüht  man  Alaunerda 
mit  salpetersaurem  Kobaltoxyd ,  so  bleibt  eine  schöne  blaue  Ver- 
bindung von  Alaunerde  und  Kobaltoxyd ,  das  Leidner  Blau^ 
mit  dem  auch  das  Thenardsche  Blau,  dnrch  Glühen  von  Alaun- 
erdehydrat mit  phosphorsaurem  oder  arseniksaurem  Kobaltoxyd 
erhalten  9  verwandt  ist.  Dittererde  mit  salpetersaurem  Kobalt- 
oxyd geglüht  liefert  eine  rosenrothe  Kobaltoxyd -Bittererde* 

Das  KchaUhyperoxyd  (29,5  Kobalt  auf  12  Sauerstoff)  ent- 
steht beim  Glühen  des  Kobaltes  oder  des  Kobaltoxydes  an  der 
Luft;  es  stellt  eine  schwarze  zusammenhängende  Masse  von 
muschlichem  Bruche  oder  ein  braunschwarzes  Pulver  dar;  es 
löst  sich  in  Salzsäure  upter  Entwickelung  von  Chlorgas ,  in  er- 
hitzter Salpeter-  und  Schwefelsäure  unter  Entwickelung  von 
Sauerstoffgas  Ieu  einem  Kobaltoxydsalze  auf.  —  Es  seheint  noch 
eine  Kobaltsäure  (29|5  Kobalt  auf  16  Sauerstoff)  zn  geben,  die 
man  nicht  für  sich ,  sondern  nur  in  Doppelsalzen  kennt  und  die 
sich  beim  Uebersättigen  der  Kobaltoxydsalze  mit  Ammoniak  bil- 
det, sobald  Luft  hinzutritt. 

Pas  Chlorkobalt  ]äüt  sich  durch  Abdampfen  des  salzsauren 
Kobaltoxydes  erhalten;  es  ist  hellblau  und  etwas  flüchtig.  Afit 
Wasser  bildet  es  eine  rothe  Lösung  von  salsLeaurem  Kobalioxyd, 
ans  welcher  sich  wasserhaltende  rubiorothe  Krystalle  erhalten 
lassen.  Die  rothe  Lösung  wird  beim  Vermischen  mit  concen- 
trirter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  blau,  bei  Wasserzusatz  wie- 
der roth.  Mit  dem  wässerigen  salzsauren  Kobaltoxyd ,  welches 
aneh  Hillot^  »ympathetiecke  Tinte  heibt,  auf  Papier  gemachte 


Kohlenstoff.  907 

Schriftztige  werden  beim  jedeimaligen  Erhitzen  blau^  beini  Er- 
kalten wieder  roth«  Entweder  kommt  die  blaue  Farbe  von  dem 
Uebergange  des  ealzsauren  Kobaltoxyds  in  Chlorkobah ,  indem 
sowohl  die  stärkere  Säure  als  auch  .das  Erwärmen  Wasserbil« 
duDg  aus  dem  Sauerstoff  des  Kobahoxydes  und  dem  Wasserstoff 
der  Salzsäure  veranlassen  kann,  oder  es  exsistirt  ein  saures  salz« 
saures  Kobaltoxyd,  welches  blau  ist,  dem  jedoch  durch  mehc 
Wasser  die  überschüssige  Salzsäure  entzogen  wird«  tf. 

Kohlenstoff. 
Carbonium ;    Carbone  j    Carboni 

So  heifst  dasjenige  Element ,  aus  welchem  die  gewöhnliche 
Kohle  fast  völlig  besteht  und  welches  den  Hanptbestandtheil 
.  aller  organischen  Körper  ausmacht.  Lavoisier  unterschied 
amerst  diesen  Stoff,  während  man  früher  die  kohlenstoffhalten- 
den Körper  als  solche  betrachtete ,  die  überhaupt  reich  an  Phlo- 
giston  seyen.  , 

Der  Kohlenstoff  zeigt  in  seinen  Eigenschaften  auffallende 
Verschiedenheiten  je  nach  dem  Zustande ,  in  welchem  er  eich 
befindet.  Denn  entweder  ist  er^  krystallisirt  oder  nicht  krysta^- 
lisirt ,  wie  in  der  Kohle«  Der  krystallisirte  kann  2  verschiede«  ' 
nen  Systemen  angehören  und  erscheint  d^her  entweder  als  Dia- 
mant oder  als  Graphit» 

Der  Diamant  erscheint  in  Oktaedern  und  andern  dem  re- 
gelmäfsigen  Systeme  angehörenden  Formen  krystallisirt,  meist 
mit  convexen  Flächen  und  nach  den  Flächen  des  Oktaeders  spalte 
bar.-  Er  ist  der  härteste  Körper,  zeigt  ein  specif.  Gewicht  yon 
3^5,  i^t  durchsichtig  und  farblos  (  wenn  nicht  zufällig  gefärbt}| 
zeigt  einen  eigenthümlichen  Glanz,  bricht  das  Licht  im  höch- 
sten Mafse  und  leitet  nicht  die  Elektricität.  Der  Diamant  ist 
nach  allen  bis  jetzt  angestellten  Untersuchungen  als  reiner  Koh-« 
lenstoff  zu  betrachten.  Da  er  einigemal  in  einer  Gebirgsart  ge«- 
fnnden  worden  ist,  welche  den  vulcanischen  anzugehören  scheint« 
so  dürfte  man  vermuthen ,  dals  er  ^durch  das  vulcanische  Feuer 
geschmolzener  und  beim- langsamen  Erkalten  der  Lava  regelmä- 
fiug  krystallisirter  Kohlenstoff  sey. 

Der  bereits^  kurz  erwähnte  Graphit  kommt  tbeils  natürlich 


1    8.  ebtn  Th.  HI.  8.  162. 


906  Kohlenstoff, 

▼or,  thdik  wird  er  künstlich  erhalten,  wenn  man  Eisen  und 
einige  andere 'Metalle  in  Berührung  mit  überschüssiger  Kohle 
schmelzt  und  langsam  erkalten  läfst,  wo  der  vom  Metall  im  XJe^ 
berschnfs  anf^enornmene  Kohlenstoff  als  Graphit  heraoskryatal- 
lisirt.  Die  Krystallform  des  Graphits  ist  eine  regelm&|sig  6sei« 
tige  Sä^le ;  er  ist  weich ,  in  dünnen  Blifttchep  biegsam ,  abfär- 
bend, fettig  anzufühlen,  von  iß  bis  2,0  specif.  Gewichte,  stahl-> 
grau ,  undurchsichtig  und  ein  guter  Leiter  der  Elektricität.  Man 
hiilt  ihn  gewöhnlich  für  eine  Verbindung  vpn  viel  Kohlenstoff 
mit  Eisen  oder  eipem  andern  Metalle ;  da  jedoch  nach  den  Er« 
fahningen  von  KiRSTEVS,  Bbrzclids  u.  A«  mancher  natürliche 
pqd  künstliche  Graphit  ohne  Rückstand  verbrennt,  so  scheint 
der  Metallgehalt  zufölljg  und  seine  Verschiedenheit  vom  Dia- 
mant \^äre  ai99  der  verschiedenen  KrystalUsatipn  zu  erklären ,  so 
wie  Schwefelkies  und  Wasserkies  bei  ganz  gleichem  chemischen 
Bestände  eine  verschiedene  Krystallisation  und  damit  auch  in 
ftndern  Eigenschaften  VerKhiedenheiten  zeigen. 

Die  fCohla  kommt  theils  natürlich  Vor ,  als  Anthracit,  theils 
wird  sie  künstlich  erzeugt ,  sowohl  durch  Zersetzung  'der  Koh- 
lensäure mittelst  Kaliums  oder  Phosphors  und  des  Kohlenwasser- 
stoffgases  durch  Glühhitze ,  als  auch  vorzüglich  durch  Glühen 
organischer  Verbindungen  bei  abgehaltener  Luft.  Soll  letztere, 
ohne  Asche  zu  lassen ,  verbrennen ,  so  sind  hierzu  verdampfbare 
organische  Verbindungen  anzuwenden,  welche  durch  das  Ver« 
dampfen  vpn  den  beigemischten  fixen  Stoffen  befreiet  werden  ; 
•o  erhielt  man  eine  ohne  Rückstand  verbrennende  Kohle  beim 
Hindurchleiten  de^  Dämpfe  von  Weingeist  ode^  flüchtigem  Oele 
durch  eine  glühende  «Porcellanr^hre.  Ist  zur  Bereitung  der  Kohle 
eine  gelinde  Hitze  angewendet  worden,  so  enthält  sie  noch  merk- 
liche Mengen  von  Wasserstoff  und  SauerstofF;  sie  ist  brennbarer, 
ein  schlechter  Leiter  für  Wärme  und  ein  Nichtleiter  für  Elektrici- 
tät; nach  stärkerem  Glühen  dagegen,  wobei  sie  poch  Wasserstoff 
und  Sauerstoff  in  Gestalt  von  Wasserstpffgas  und  Kofalenoxyd- 
gas  entwickelt ,  leitet  sie  die  Wärme  ziemlich  gut  und  die  Elek- 
tricität nqch  den  Metallen  am  besten.  Ihr  speciflsches  Gewicht 
beträgt  1 ,5727 ;  sie  ist  zwar  sehr  zerreiblich,  kann  aber  durch 
heftiges  Weifsglühen  im  Kreise  der  Voltaischep  Säule  nachDAVT 
so  hart  gemacht  werden ,  dafs  sie  Glas  ritzt.  Sie"  zeigt  noch 
einige  andere  oierkwürdige  Verhältnisse ,  welche  dem  Diamant 
und  Graphit  nicht  zukommen,  nämlich  sie  ahsorfairt  mit  Begierde 


Kohleuitoff.  9Ö9 

WMser,  Oase  und  verschiedene  riechende  Dampfet;  sie  nimmt 
aus  wässerigen  Flüssigkeiten ,  \yelche  riechende,  schmeckende 
und  färbende  Steife  enthalten ,  diese  auf  und  eignet  sich  hie^- 
durch  zur  Reinigung  des  faulen  Wassers  und  vieler  gefärbter 
Flüssigkeiten*  Alle  diese  Verhältnisse  zeigt  die  Kohle  in  um  sp 
J^öherem  Grade ,  je  mehr  Berührungspuncte  sie  darbietet,  Die 
Yeischiedenheiten  ^er  Kohle  vom  Diamant  und  Reisblei  mögen 
vorzüglich  von  ihrem  lockern,,  nicht. krystallisirten  Zustande 
lierrühren ,  vielleicht  $^uch  noch  von  kleinen  Beimischungen  von 
Wasserstoff  und  Sauerstoff,  besonders  wenn  sie  nicht  einer  hef- 
tigen Weifsglühhitze  ausgesetzt  wurde, 

Dei*  Kojilenstoff  scheint  bis  jetzt  noch  nicht  geschmolzen 
worden  zu  seyn,  wenigstens  scheint  die  geschmolzene  Masse, 
welche  Si^uvljlv  und  Üaek  ^rhidten,  als  «ie  Graphit  oder 
Holzkohle  in  den  Kreis  des  Deilagrators  brachten ,  wie  dieses 
wenigstens  Vashuxi^m  fand}  nicht  geschmolzener  Kohlenstoff 
^u  seyn ,  sondern  die  Asche  dieser  kohligen  ßubstanzeu  im  ge- 
schmolzenen Zustande«.  Eher  scheint  noch  die  Verdampfung  des 
Kohlenstoffes  im  elektrischen  Kreise  des  Deflagrators  erwiesen 
SU  seyn,  sofern  nach  den  Versuchen  von  Haas  und  SiLLmAN, 
wenn  man  an  jßden  Polardraht  einen  zugespitzten  Cylinder  von 
Ilolzkohle  befestigt,  beide.  Spitzen  erst  in  Berührung  set^t,  dann 
nach  erfolgtem  heftigen  Glühen  etwas  von  einander  entfernt,  ein 
lebhaft  lei^chtender  Flammenbogen  mit  aufsteigendem  weifsen 
Rauche  entsteht  und,  während  die  Kohle  der  positiven  Seite 
^chaetl  ihre  Spitze  verliert,  sich  f^n  ^er  der  negativen  ein  öf-* 
tßm  abbrechender  und  sich  wieder  erneuernder  Anwuchs  bildet; 
welcher  unter  dem  Vergröfserungsglase  eine  warzige,  glatte,  me- 
talJglanzende I  graußchwarze  Oberfläche  zeigt,  schnell  iu  Vi- 
trioksl  niedersinkt  und  in  der  Hitze  langsam ,  unter  Erzeugung 
von  Kohlensäure  und  bisweilen  unter  Rücklassung  von  Asche 
verbrennt, 

Die  Verbindungen  des  Kohlenstoffes  uiit  dem  jSauelrstoff  sind 
das  Kohlenoxyd  und  die  Kohlensäure. 

Das  KohUnoxyd  (6 Kohlenstoff*  auf  8  Sauerstoff)  bildet  sich 
beim  Glühen  von  Kohle  ^it  Zinkoxyd  und  andern  Metalloxyden, 
die  den  Sauerstoff  nicht  zu  lose  enthalten,  und  beim  Glühen  von 
Kohlensäure  oder  kolilens%urem  Alkali  mit  Kohle    oder  Eisen. 


1    Vergl.  dieaes  Wörterb.  l'h.  I.  S.  86. 


9Ö6  Kobalt. 

Mit  Sauerstoff  bildet  es  ein  Oxyd  und  eiti  Hyperoxyd.  Das 
Kohaltoxyd  (29,5  Kobalt  auf  8  Saaerstoff)  ist  ein  hellgraues, 
nicht  magnetisches  Pulver.  Es  bildet  mit  den  Säuren  Salze, 
welche  durch  lebhaft  rothe  Farben  ausgezeichnet  sind.  Sie  wer-' 
den  durch  reines  Kali  blau,  durch  kohlensaures  rosenroth  und 
durch  hydrothionsaures  schwarz  gefallet;  der  in  ihnen  durch 
überschüssiges  Ammoniak  erzeugte  Niederschlag  löst  sich  bei 
Luftzutritt  wieder  mit  brauner  Farbe  auf.  Das  Salpetersäure 
Kobaltoxyd  schiefst  in  kleinen  rothen  Säulen  an ;  die  mit  seiner 
Ldsung  auf  Papier  gebrachte  Schrift  wird  bei  jedesmaligem  Er- 
liitzen  lebhaft  roth.  Das  schwefelsaure  Kobaltoxyd  liefert  rothe 
wasserhaltende  KryStalle,  ganz  von  der  Form  des  Eisenvitriols. 
Das  Kobaltoxyd  löst  sich  in  schmelzendem  Borax  und  gewöhn- 
lichem Glase  mit  dunkelblauer  Farbe  auf;  letzterö  Verbindung 
stellt  nach  dem  Pulvern  die  Smalte  dar.  .  Glüht  man  Alaunerda 
mit  salpetersaurem  Kobaltoxyd ,  so  bleibt  eine  schöne  blaue  Ver-* 
bindung  von  Alaunerde  und  Kobaltoxyd,  das  Leidner  Blau j 
mit  dem  auch  das  Thenardsche  Blau,  durch  Glühen  von  Alaun- 
erdehydrat mit  phosphorsaurem  oder  arseniksaurem  Kobaltoxyd 
erhalten  9  verwandt  ist.  Dittererde  mit  salpetersaurem  Kobalt- 
oxyd geglüht  liefert  eine  rosenrothe  Kobaltoxyd -Bittererde. 

Das  KobdUhyperoxyd  (29,5  Kobalt  auf  12  Sauerstoff)  ent- 
steht beim  Glühen  des  Kobaltes  oder  des  Kobaltoxydes  an  der 
Luft;  es  stellt  eine  schwarze  zusammenhängende  Masse  von 
muschlichem  Bruche  oder  ein  braunschwarzes  Pulver  dar;  es 
löst  sich  in  Salzsäure  upter  Entwickelung  von  Chlorgas ,  in  er- 
hitzter Salpeter-  und  Schwefelsäure  unter  Entwickelung  von 
Sauerstoffgas  ^zu  einem  Kobaltoxydsalze  auf.  —  Es  seheint  noch 
eine  Kobaltsäure  (29|5  Kobalt  auf  16  Sauerstoff)  zn  geben,  die 
man  nicht  für  sich ,  sondern  nur  in  Doppelsalzen  kennt  und  die 
sich  beim  Uebersättigen  der  Kobaltoxydsalze  mit  Ammoniak  bil- 
det, sobald  Luft  hinzutritt. 

Pas  Chlorkobalt  läfst  sich  durch  Abdampfen  des  salzsauren 
Kobaltoxydes  erhalten;  es  ist  hellblati  und  etwas  flüchtig.  Mit 
Wasser  bildet  es  eine  rothe  Lösung  von  salzsaurem  Kobaltoxyd, 
aus  welcher  sich  wasserhaltende  rubiorothe  Krystalle  erhalten 
lassen»  Die  rothe  Lösung  wird  beim  Vermischen  mit  concen- 
trirter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  blau,  bei  Wasserzusatz  wie- 
der roth«  Mit  dem  wässerigen  salzsauren  Kobaltoxyd ,  welches 
aneh  Hillot^  sympathetische  Tinte  heifst,  auf  Papier  gemachte 


Kohleuartoff.  907 

Schriftziige  werden  beim  ^edeimaligen  Erhitzen  blau^  beini  Er- 
kalten wieder  roth.  Entweder  kommt  die  blaue  Farbe  von  dem 
Uebergange  dea  aalzsauren  Kobaltoxyda  in  Chlorkebalt ,  indem 
sowohl  die  stärkere  Saure  als  auch  .das  Erwärmen  Wasserbil* 
duDg  aus  dem  Sauerstoff  des  Kobaltoxydes  und  dem  Wasserstoff 
der  Salzsäure  veranlassen  kann,  oder  es  exsistirt  ein  sauüas  salz- 
saures  Kobaltoxyd,  welches  blau  ist,  dem  jedoch  durch  mehc 
Wasser  die  überschüssige  Salzsäure  entzogen  wird.  tf. 

Kohlenstoff. 
Carhonium ;    Carbone  j    Carbon» 

So  heifst  dasjenige  Element,  aus  welchem  die  gewöhnliche 
Kohle  fast  völlig  besteht  und  welches  den  Hauptbestandtheil 
aller  organischen  Körper  ausmacht.  Lavoisikr  unterschied 
merst  diesen  Stoff,  während  man  früher  die  kohlenstoffhalten- 
den Körper  als  solche  betrachtete ,  die  überhaupt  reich  an  Phlo« 
giston  seyen.  , 

Der  Kohlenstoff  zeigt  in  seinen  Eigenschaften  aufCdlende 
Verschiedenheiten  je  nach  dem  Zustande,  in  welchem  «er  sich 
befindet.  Denn  entweder  ist  en  krystallisirt  oder  nicht  krysta^- 
lisirt ,  wie  in  der  Kohle.  Der  krystallisirte  kann  2  verschiede-  ' 
nen  Systemen  angehören  und  erscheint  daher  entweder  als  Dia- 
mant oder  als  Graphit, 

Der  Diamant  erscheint  in  Oktaedern  und  andern  dem  re- 
gelmäfsigen  Systeme  angehörenden  Formen  krystallisirt,  meiit 
mit  convexen  Flächen  und  nacH  den  Flächen  des  Oktaeders  spalt«- 
bar.^  Er  ist  der  härteste  Körper,  zeigt  ein  specif.  Gewicht  yon 
^j5,  ist  durchsichtig  und  farblos  (wenn  nicht  zufällig  gefärbt)! 
zeigt  einen  eigenth^mlichen  Glanz,  bricht  das  Licht  im  höch- 
sten Mafse  und  leitet  nicht  die  Elektricität.  Der  Diamant  ist 
nach  allen  bis  jetzt  angestellten  Untersuühungen  als  reiner  Koh- 
lenstoff zu  betrachten.  Da  er  einigemal  in  einer  Gebirgsart  ge- 
funden worden  ist,  welche  den  vulcanischen  anzugehören  scheint« 
so  dürfte  man  vermuthen,  dals  er^durch  das  vulcanische  Feuer 
geschmolzener  und  beim- langsamen  Erkalten  der  Lava  regelmä- 
£üg  krystallisirter  Kohlenstoff  sey. 

Der  bereits^  kur^  erwähnte  Graphit  kommt  tbeils  Batürlic]i' 


1    8.  eben  Th.  HI.  6.  162. 


906  Kohleniitpff, 

▼or,  thdik  wird  er  kiinstlich  erhalten,  wenn  man  Eisen  ond 
einige  andere 'Metalle  in  Benihrang  mit  überschüssiger  Koble 
schmelzt  und  langsam  erkalten  läfst,  wo  der  vom  Metall  im  Uer* 
berschnfs  anf^genommene  Kohlenstoff  als  Graphit  heraaskrystai- 
lisirt.  Die  Krystallform  des  -Graphits  ist  eine  regelmä|sig  6sei* 
tige  Sfi|ile ;  er  Ut  weich ,  in  dünnen  BISttchep  biegsam ,  abfÜr* 
bend,  fettig  anzufühlen,  von  iß  bis  2,0  spedf.  Gewichte,  stahl-> 
grau ,  undurchsichtig  nni  ein  guter  Leiter  der  Elektricität.  Man 
hült  ihn  gewöhnlich  für  eine  Verbindung  von  viel  Kohlenstoff 
mit  Eisen  oder  eipem  andern  Metalle ;  da  jedoch  nach  den  Er« 
fahrangen  von  K^rstems,  Bbrzbliüs  u.  A.  mancher  natürliche 
liqd  künstliche  Graphit  ohne  Rückstand  verbrennt,  so  scheint 
der  Metallgehalt  sufallig  uud  seine  Verschiedenheit  vom  Dia- 
mant wäre  aqs  der  verschiedenen  Krystailisatipn  zu  erklären,  so 
wie  Schwefelkies  und  Wasserkies  bei  ganz  gleichem  chemischen 
Bestände  eine  verschiedene  KrystalUsation  und  damit  auch  in 
fmdern  Eigenschaften  Verschiedenheiten  zeigep. 

Die  fCohle  kommt  theils  natürlich  Vor ,  als  Anthracit,  theils 
wird  sie  künstlich  erzeugt ,  sowohl  durch  Zersetzung  'der  Koh- 
lensäure mittelst  Kaliums  oder  Phosphors  und  des  Kohlenwasser- 
Stoffgases  durch  Glühhitze ,  als  auch  vorzüglich  durch  Glühen 
organischer  Verbindungen  bei  abgehaltener  Luft.  Soll  letztere, 
ohne  Asche  zu  lassen ,  verbrennen ,  so  sind  hierzu  verdampfbare 
organische  Verbindungen  anzuwenden ,  welche  durch  das  Ver- 
dampfen von  den  beigemischten  fixen  Stoffen  befreiet  werden ; 
so  erhielt  man  eine  ohne  Rückstand  verbrennende  Kohle  beina 
Hindurchleiten  de^  Dämpfe  von  Weingeist  oder  flüchtigem  Oele 
durch  eine  glühende  Porcellanr^hre.  Ist  zur  Bereitung  der  Kohle 
eine  gelinde  Hitze  angewendet  worden,  so  enthält  sie  noch  merk- 
liche Mengen  von  Wasserstoff  und  Sauerstoff ;  sie  ist  brennbarer, 
ein  schlechter  Leiter  für  Wärme  und  ein  Nichtleiter  für  Elektrici- 
tät; naph  stärkerem  Glühen  dagegen,  wobei  sie  poch  Wasserstoff 
und  Sauerstoff  in  Gestalt  von  Wasserstpffgas  und  Kofalenoxyd- 
gas  entwickelt ,  leitet  sie  die  Wärme  ziemlich  gut  und  die  Elek- 
tricität nach  den  Metallen  am  besten.  Ihr  specifisches  Gewicht 
beträgt  1,5727;  sie  ist  «war  sehr  zerreiblich,  kann  aber  durch  ' 
heftiges  Weifsglühen  im  Kreise  der  Voltaischep  Säule  nachDAVT 
so  hart  gemacht  werden ,  dafs  91«  Gla«  ritzt.  Sie  zeigt  noch 
einige  andere  oierkwürdige  Verhältnisse ,  welche  dem  Diamant 
und  Graphit  nicht  zukommen,  nämlich  sie  absorfairt  mit  Begierde 


Kohleuitoff.  909 

WMser,  Oase  und  verschiedene  riechende  Dampfet;  sie  nimmt 
au4  wässerigen  Flüssigkeiten,  welche  riechende,  schmeckende 
und  färbende  Stoife  enthalten ,  diese  auf  und  eignet  sich  hie^- 
durch  zur  Reinigung  des  faulen  Wassers  und  vieler  gefärbter 
Flüssigkeiten*  Alle  diese  Verhältnisse  zeigt  die  Kohle  in  um  so 
höherem  Grade,  je  mehr  Berührungspuncte  sie  darbietet.  Die 
Yeischiedenheiteo  ^er  Kohle  vom  Diamant  und  Reisblei  mögen 
vorzüglich  von  ihrem  lockern,,  nicht. krystallisirten  Zustande 
herrühren ,  vielleicht  ftuch  noch  von  kleinen  Beimischungen  von 
Wasserstoff  uud  Sauerstoff^  besonders  wenn  sie  nicht  einer  bef- 
ugen Weifsglühhitze  ausgesetzt  wurde, 

Deif  Kojilenstoff  scheint  bis  jet^t  noch  nicht  geschmolzen 
worden  zu  seyn,  wenigstens  scheint  die  geschmolzene  Masse, 
welche  Sii*i.iVAV  und  ü^as  ^hidten,  als  sie  Graphit  oder 
Holzkohle  in  den  Kreis  des  Ueilagrators  brachten ,  wie  dieses 
wenigstens  Vavhuxbm  fand,  nicht  geschmolzener  Kohleustoff 
^a  seyn ,  sondern  die  Asche  dieser  kohligen  Substanzen  im  ge« 
schmolzenen  Zustande.  Eher  scheint  noch  die  Verdampfung  des 
Kohlenstoffes  im  elektrischen  Kreise  des  Deflagrators  erwiesen 
%u  seyn,  sofern  nach  den  Versuchen  von  Haak  und  SiLLtHAH, 
wenn  man  an  jeden  Polardraht  einen  zugespitzten  Cylinder  von 
Holzkohle  befestigt,  beide.  Spitzen  erst  iu  Berührung  set^t,  dann 
n4ch  erfolgtem  heftigen  Glühen  etwas  von  einander  entfernt^  ein 
lebhaft  leuchtender  Flammenbogen  mit  aufsteigendem  weifsen 
Hauche  entsteht  und,  während  die  Kohle  der  po^tiven  Seite 
schnell  ihre  Spitze  verliert,  sich  nn  ^er  der  negativen  ein  öf- 
ten  abbrechender  und  sich  wieder  erneuernder  Anwuchs  bildet; 
welcher  unter  dem  Vergröfserungsglase  eine  warzige,  glatte,  me- 
taUglänzepde,  graußchwarze  Oberfläche  zeigte  schqell  iu  Vi- 
tridiöl  niedersinkt  und  in  der  Hitze  langsam ,  unter  Erzeugung 
von  Kohlensäure  u^d  bisweilen  unter  Rücklassung  von  Asche 
verbrennt, 

Die  Verbindungen  des  {Kohlenstoffes  uiit  dem  Sauerstoff  sind 
das  Kohlenoxyd  und  die  Kohlensaure. 

Das  Kohlenoxid  (6 Kohlenstoff  auf  8  Sauerstoff)  bildet  sich 
beim  Glühen  vonKphle  ^it  Zinkoxyd  und  andern  Metalloxyden, 
die  den  Sauerstoff  nicht  zu  lose  enthalten,  und  beim  Glühen  von 
Kohlensäure  oder  kolilens%urem  Alkali  mit  Kohle   oder  Eisen. 


1    Vcrgh  dieses  Wörterb.  'ili.  I.  S.  86. 


920  Komet« 

gen  eine  neae  VöransbereclinaDg  auf  Jas  Jahr  1825  9  ^e  mit 
den  jin  diesem  Jahre  von  vielen  Astronomen  angebellten  Beob« 
achtungen  so  vollkommen  zusammentraf,  dafs  sie  als  das  glän- 
zendste Beispiel   astronomisdier  Berechnungen    allgemeine  Be- 
wunderung erregte«    Auch  im  Jahre  1828  hat  sich  die  Vorans- 
berechnung  bei  abermaliger  Erscheinung  des  Kometen  bewahrt^« 
Dieser  Komet  vollendet  in  3  Jahren   HO  Tagen  einen  Umlauf 
um  die  Sonne  und  nähert  sich  ihr  auf  64*  Millionen  Meilen ,  statt 
dafs  der  entfernteste  Theil  seiner  Bahn  85  Millionen  Meilen 
(nicht  so  weit  als  Jupiter)  von  der  Sonne  entfernt  ist.     Die  ge- 
nauef  Berechnung  dieser  wiederholten  Umläufe  zeigte ,  dafs  man 
bei  diesem  Kometen  eine  kleine,  nicht  in  der  Theorie  der  At- 
traction  begründete  Correction  anbringen  mufste ,  um  die  Beob- 
achtungen darzustellen.     Es  scheint  eine  Verzögerung  der  Rück- 
kehr zum  Perihelio  statt  zu  finden ,  die  mit  Abnahme  der  Bx- 
centricität  der  Bahn  verbunden  ist  und  die  ganz  das  Ansehen 
hat,  als  ob  sie  von  einem  WiderStande  des  Aethers  •hervoi^»-' 
bracht  würde;  und  ein  solcher  Widerstand  wäre  hier  wohl  nicht 
so  ganz  Unerwartet,  da  ein  so  wenig  dichter  WeltkGrper ,  ^e 
es  dieser  Komet  gewifs  ist,  weit  mehr  die  Folgen  vom  Widci^ 
Stande  eines  vorhandenen  Aethers  zeigen  mufs ,  als  die  so  sehr 
viel  Masse  enthaltenden  Planeten.     Dafs  der  Komet  namentlich 
in  der  Materie  des  ZodiakalUchtes ,  durch  welche  er  sich  fortbe- 
wegt und  die  wohl  eine  in  Vergleichung  gegen  den  Kometen 
nicht  ganz    unerhebliche  Dichtigkeit  haben  mag,   einen   Wi- 
derstandleiden könne,  darauf  hat  besonders  Olbbrs  aufmerk- 
sam gemacht. 

Noch  ein  Komet  von  kurzer  Ümlanfsperiode  ist  im  Jahre 
1826  bekannt  geworden.  Schon  früher  hatte  disr  am  Ende  des 
Jahres  1805  erschienene  kleine  Komet  die  Aufmerksamkeit  der 
Astronomen  auf  sich  gezogen  und  vorzüglich  hatte  Gauss  über 
ihn  die  doppelte  Bemerkung  gemacht',  dafs  sein  scheinbarer 
Lauf  stark  von  einer  Parabel  abweiche  und  dafs  seine  Bahn  sehr 
nahe  mit  derjenigen  übereinstimme,  in  welcher  der  Komet  von 
1772  aich  bewegte.    Da  sich  indefs  über  die  Periode  der  Wie- 


1  Aitr.  Jahrb.  1822.  S.  195.  1823.  S.  211.  Id2ß.  S.  106.  129.  1828. 
8.  200.  De  Zach  corr.  aÄtr.  XlIL  183.  382.  ScHüxicHEft's  Astroa. 
Nachr.  Nr.  148.  150.  102. 

'      2    Ol  Zach  Mon.  Com  XFIf.  85.  XIV.  73. 


Bahnen   derAolbeu.  921 

detkehr  Und  i^OL  Gilincl  der  Ungldchheit  in  den  Elenieiiten 
beider  Bahnen  nichts  mit  Gewißheit  schlieiben  lieb,  so  blieb  die 
Frage ,  ob  ein  und  derselbe  Komet  zweimal  beobachtet  worden 
sey,  damals  unentschieden»  Erst  1826»  als  im  März  ein  Komet  er* 
schien,  dessen  Bahn  mit  den  Bahnen  jener  heiden  Kometen  nahe 
übereinstimmte ,  machte  von  Biela  bekannt  y  dals  er  die  Rück- 
kehr, dieses  Kometen  vermuthet  habe«  Er  hatte  also^  wie  es 
scheint,  die  Zwischenzeit  vom  Februor  1772  bis  zum  Ende  De- 
cembers  1805  als  einen  Zeitraum  mehrerer  Umläufe  betrachtet 
und  bemerkt,  dab  eine  Umlaufszeit  von  6  Jahren  und  9  Mona- 
ten in  jener  Zwischenzeit  5  mal  aufgehe ,  eine  solche  Umlaufs-^ 
zeit  aber  den  Kometen  zum  dritten  Male  seit  1805  im  März 
1826  in  die  Sonnennähe  bringe«  Die  Beobachtungen  von  1826 
zeigten  auch  zwei  andern  Berechnern,  Clauskn  und  Gambaat, 
dafs  der  Komet  sich  in  einer  Ellipse  von  6i  Jahren  bewege,  und 
so  baben  alle  drei  einen  Antheil  an  der  Entdeckung ,  dab  auch 
dieser  Komet  eine  so  kurze  Periode  hat^»  Die  Sonnennähe  die-* 
SM  Kometen  liegt  der  Erdbahn  sehr  nahe  und  in  der  Sonnen- 
feme enreicht  er  eine  Entfernung  von  127  Millionen  Meißen*  Da 
derselbe  bei  seiner  Sonnennähe  der  Erdbahn  sehr  nahe  kömmt, 
so  ist  ein  sehr  nahes  Zusammentreffen  mit  der  Erde  selbst  mög-* 
lieh;  bei  seinem  letzten  Erscheinen  war  der  kleinste  Abstand, 
seiner  Bahn  von  der  Erdbahn  nur  66  Erddurchmesser,  aber  die 
Erde  befand  sich  weit  von  diesem  Puncte  entfernt*  -  Vkäme  er 
gerade  am  Anfange  des  Decembefs  in  der  Gegend  seiner  Bahn 
an,  welche  der  Erdbahn  so  nahe  ist,  so  würde  er  sehr  in  der 
Nähe  der  Erde,  die  sich  an  diesen  Ta^en  in  eben  der«Gegend 
befindet,  vorbeigehen,  so  wie  es  schon  einigermafsen  1805  der 
Fall  war.  Für  seine  nächste  Wiederkehr  giebt  Olbkas,  zum 
Theil  nach  DAMOisiAu'e  Berechnungen ,  folgende  Bestimmun* 
gen^.  Der  Komet  gelangt  am  28»  Nov.  1632  zum  Perihelio 
und  seine  Bahn  ist  in  dem  nächsten  Puncte  nur  41  Erdhalbmes* 
ser  von  der  Erdbahn  entfernt,  <|ber  der  Komet  erreicht  diesen 
Pnnct  schon  am  20.  Oct.,  statt  dafs  die  Erde  erst  am  30.  Nov. 
dahin  gelangt.  Ein  nahes  Zusammentreffen  beider  Weltkörper 
ist  also  sobald  wenigstens  nicht  möglich. 

Als  einen  merkwürdigen  Kometen  von  kurzer  Umlaulszeit 


1  SchnmacberU  astr.  Kachr.  IV.  466.  4?0«  « 

2  Spbamachex's  astr.  Nashr.  Nr.  129.  Astn  Jfhrb.  id29..  8.124.  i4|. 

Nnn2 


922  KomeU 

mala  icH  noch  den  von  1770  erwäinen ,  dessen  damalige  Bahn- 
eine in  54-  Jahren  zu  durchlaufende  Ellipse  war,  der  aber,  wie 
Laylace  gezeigt  hat,  durch  Störungen  des  Jupiter  im  Jahro 
1767  in  diese  Bahn  gezogen  und  im  Jahre  1779  durch  ähnliche 
Störungen  wieder  in  eine  viel  weitere  Bahn  versetzt  wurde  K 

Von  andern  Kometen,  deren  Umlaufszeit  man  berechnet 
hat ,  kann  ich  hier,  der  Kürze  wegen,  nichts  anfuhren,  sondern 
mufs  auf  die  oben  erwähnte  Olberssche  Tafel  verweisen. 

Ob  alle  Kometenbahnen  Ellipsen  sind,  ist  nngewils ;  bei  ei-* 
nigen  wenigen  scheint  die  Abweichung  von  der  Parabel  so  zu 
seyn,  dafs  man  die  Bahn  für  hyperbolisch  halten  miifste.  Na-» 
mentlich  ist  dieses  bei  dem  Kometen  von  1771  and  dem  zwei« 
tenvon  1818  der  Fall  ^. 

Die  Bahnen  der  Koifieten  sind  aber  nicht  blofs  darin  sehr 
ungleich,  dafs  einige  ziemlich  kurze,  andere  so  lange  Ellipsen 
sind,  dafs  die  Umlaufszeit  mehrere  Jahrtausende  betragt,  andere 
endlich  vielleicht  gar  Hyperbeln  seyn  mögen ,  sondern  auch  in 
Rücksicht  der  Abstände,  welche  die  Kometen  in  der  Sonnen« 
nähe  erreichen ,  findet  sich  die  gröfste  Ungleichheit«  Der  Ko« 
met,  welcher  unter  den  berechneten  der  Sonne  am  nächsten  ge«« 
kommen  ist,  war  der  von  1680,  der  bei  seiner  Sonnennähe  nur 
128000  Meilen  vom  Mittelpuncte  der  Sonne,  also  nur  32000 
Meilen  von  ihrer  Oberfläche  entfernt  blieb ;  der  Komet  von  1729 
dagegen  näherte  sich  ihr  nicht  weiter,  als  bis  auf  84  Millionen  . 
Meifen,  so  dafs  selbst  die  nächsten  Theile  seiner  Bahn  nur 
wenig  innerhalb  der  Jupitersbahn  liegen.  In  Rücksicht  der  Lage 
der  Bahnen  ündet  di6  mannig^tigste  Verschiedenheit,  sowohl 
in  der  Lage  der  Knotenlinien,  als  in  der  Neigung,  statt.  Es  giebt 
ungefähr  eben  so  viele  rückläufigie  als  rechtläufige  Kometen  und 
der  Neigungswinkel  der  Ebene  ihrer  Bahn  ist  bei  einigen  sehr 
nahe  ^in  rechter  Winkel. 

Die  Zfthl  der  Kometen  mufs  sehr  grofs  seyn ,  denn  da  jetzt 
deren  in  jedem  Jahre  beobachtet  werden ,  so  läfst  sich  auf  einc^ 
grofse  Anzahl  derer,  die  in  unsern  Gesichtskreis  kommen,  sckiie« 
fsen,  und  sehr  viele  m^gen  ihre  Umläufe  um  die  Sonne  so  völl- 


ig' Eine  nach  Laplacb's  Angaben  gezeichnete  Figur  in  Brandes 
Vorlei.  über  die  Astronomie  I.  Tafel  X.  macht  diefs  noch  deutlicher. 
Laplace  Mtfc.  ctfl.  T.  JV.  p.  iS2. 

t    Aiitr.  Jahrb.  1824.  S.  145.     De  ?Jach  Corr.  astr.  Y.  iS7. 


Bahnen  tleraelbeu.  923 

•ndeti ,  dafs  sie  auf  der  Erde  nie  sichtbar  werden.  GewiTs  mnfs 
ih#e  AnzM'in  die  Tausende  gehen«  Wie  grofs  der  Ranm  ist, 
in  welcben  diö'KcAneten  kommen  müssen,  um  uns  sichtbar  zn 
VFerden,  darüb^  lefst  sich,  da  er  nach  der  Gröfse  und  dem 
Glänze  derKometen  sehr  ungleich  seyn  mufs,  nichts  bestimmen« 
Der  grofse  Komet  Ton  1811  ward  entdeckt,  obgleich  man  von 
•feiner  Ankunft  nichts  wissen  konnte,  als  er  noch  56  Millionen 
Meilen  von  der  Sonne  und  40  Millionen  Meilen  von  der  Erde 
•ntfemi  war,  und  er  wurde  im  folgenden  Jahre^  als  man  seinen 
Qrt  kannte,  noch  wieder  aufgefunden,  als  er  90  Millionen  Mei* 
len  von  der  Sonne  und  70  Millionen  Meilen  von  der  Erde  ent- 
fernt war.  Diese  J^ntfernungen  möchten  auch  wohl  ungefähr 
die  Grenzen  seyn ,  über  welche  hinaus  kaum  noch  eine  Sicht-«' 
ba]f:eit^  wenigstens  mit  den  gewöhnlichem  Hülfsmltteln  ,  statt 
findet. 

Die  Frage ,  ob  je  ein  Komet  mit  der  Erde  zusammentrsfFen 
kZfnne,  hat  mehrmals  die  Aufmerksamkeit  des  gröfsern  Publi- 
cums  auf  sich  gezogen.  Jede  Kometenbahn  durchschneidet  die 
Ebene,  worin  die  Erdbahn  liegt ,  in  zwei  Puncten;  diese  Puncto 
liegen  in  den  meisten  Fällen  weit  entfernt  von  der  Erdbahn, 
indem  es  schon  ein  seltenes  Zusammentreffen  ist ,  wenn  der  Ko- 
hlet gerade  dann,  wenn  er  eben  so  weit  als  die  ^rde  von  der 
Sonne  entfernt  ist,  von 'der  nördlichen  Seite  der  Ebene  der  Erd- 
bahn zur  südlichen,  oder  umgekehrt^  übergeht;  es  ist  also  in» 
Allgemeinen  nur  bei  sehr  wenigen  Kometen  die  Möglichkeit 
eines  nahen  Zusammentreffens  mit  der  Erde  vorhanden ,  indem 
höchst  selten  einer  jener  Durchschnittspuncte  in  die  Linie  selbst, 
welche  die  Erde  durchläuft,  fallen  wird.  Aber  wenn  dieses 
auch  der  Fall  ist,  wie  es  bei  dem.  Bielaschen  Kometen  beinahe 
zutrifft,  so  kann  der  Komet  an  364  Tagen  im  Jahre  dutch  die- 
sen Punct  gehen,  ohne  der  Erde  irgend  nahezu,  kommen,  und 
nur  wenn  er  an  demselben  Tage,  wo  die  Erde  sich  in  jenem 
Puncte  befindet,  dahin  gelangt,  kann  er  ihr  nahe  kommen«  Ja 
diese  Zeit  ist  noch  in  viel  engere  ^Grenzen  eingeschlossen.  Die 
Erde  durehläuft  1000  Meilen  in  4 Minuten;  um  der  Erde  bis 
auf  8000  Meilen  nahe  zu  kommen ,  muls  der  Komet  also  schon 
in  jenem  Puncte  in  eben  der  Stunde ,  in  welcher  die  Erde  ihn 
erreicht,  ankommen.  Die  Wahrscheinlichkeit  des  Zusammen- 
treffens ist  also  in  jedem  Falle,  höchst  gering.  Das  Jithr  hat 
8766  Stunden  und  unter  diesen  iist.nur  eine,  die  gefährlich  seyn 


924  Kämet 

iönnte^.  Auf  diese  DetMchtungon  gründet  sich  dicjeDigeWabr^ 
scheinliclikeitsrechnung,  welche  angiebt,  wie  viele  Falk  des 
Nichtzusammentrefl^ns  dem  einzigen  Falle  des  Zosammentref* 
fens  gegenüberstehen.  Da£s  übrigens,  selbst  bei  sehr  bedeo^ 
tender  Annäherung  des  Kometen ,  die  Erde  von  seiner  anzie- 
•  henden  Kraft  Wenig  Nachtheile  erfahren  würde,  lälit  sich  bei 
der  geringen  Masse  dieser  Himmelskörper  wohl  mit  Sicherheit 
annehmen.  Nach  Laflagb^s  Berechnung  *  irt  der  Komet  voa 
1770  sehr  nahe  an  dem  Jupiter  und  seinen  Jtfonden  vorbeige^ 
gangen ,  ohne  in  deren  Laufe  merkliche  Störungen  za  bewirken* 

Natur     der     Kometen. 

Ueber  die  Natur  der  Kometen  wissen  wir  99  wenig,  daü 
wir  selbst  die  wichtige  Frage,  ob  sie  mit  eignem  Lichte  leuchten 
oder  ihr  Licht  blofs  von  der  Sonne  empfangeui,,  nqch  nicht  voll- 
kommen beantworten  können.  Für  die  Meinung ,  dafs  sie  seihst 
leuchtend  sind,  hat  man  angeführt,  dafs  man  niemals  sie  halb 
erleuchtet  oder  Lichtph^sien  zeigend  gesehen  habe,  da(s  ihx 
Licht  zuweilen  zu  glänzend  sey,  um  für  zurücl^eworfenes  ge- 
halten zu  werden,  und  dafs  die  Abnahme  der  Intensität  ihres 
Lichtes  nicht  den  zunehmenden  Abständen  von  der  Sonne  an^ 
gemessen  aey,  Dals  Laiüar  an  dem  Kometen  von  1682,  Cag-» 
ciAToas  an  dexa  von  1819Lichrphasen  zu  beobachten  glaubten, 
kann  hier  nicbt  sehr  in  Betrachtung  kommen ,  da  in  Rücksicht 
auf  die  ersteren  Beobachtungen  Hooxjb's  gleichzeitige  Beobach« 
tungen  zeigen ,  daJb  es  keine  Phasen  eines  kugelförmigen  Ker«» 
pea  waren,  was  Lahias  beobachtete,  und  CACcxAToaB's  Be-r 
obachtungen  wohl  Veränderungen  im  Kometen  selbst  andeuten 
können,  aber  nicht  durch  eine  Erleuchtung  von  der  Sonne  er- 
klärt werden ,  indem  der  am  meisten  erleuchtete  Theil  eine  Zeit 
lang  nicht  gegen  die  Sonne  zugekehrt  war ,  sondern  die  durcli 
die  liörner  gezogene  Li^ie  na«h  dem  Schweife  zu  ging  9«    Abeir 


1  Eine  TolUtandige  Beantwortung  der  Fra^e ,  welohe  Wahrsokeini. 
Itcbkett  ein  Zusammentrefiea  eia^i  Kometea  mit  der  Erde  liabe,  .ist 
Ton  Olbbri  gegeben  worden.  V.  Zach  Mon.  Gorr.  XXIf«  409.  und 
Schamacher  astr.  Nachr.  Nr.  128.  Unvollkommener  hat  ov  Sejova  eben 
die  Frage  beantworte! :  Traittf  «or  le«  comdte«, 

S    M^an.  ctfl.  Tome  IV.  p.  2Sf. 

9    Aon.  de  Qlu  6t  Ffijs.  XIY.  il7. 


Beschaffenheit  derselben.  {Jüi 

l«)f|in  gleich'solcfae^Lichlpluiaeii  nicht  «Mt  finden,  lo  ist  dock 
dieses  daram  kein  Grand  gegen  eine  Erleuchtung  von  derSonue^ 
"Weil  idelleicht  k«in  Könnet  einen  sp  dichten  kugelförmigen  Kern 
bat,  der  e^en  Schatten  \yerfen  oder  dessen  von  der  Sonne  ab- 
gekehrte Seite  dunkel  erscheinen  könnte.  Selbst  der  dichteste 
Theil  d«5  Kometen  mag  wohl  als  eine  blofs  verdichtete  Dunst- 
piasse  durch  und  durch  erleuchtet  werden  und  daher  nichts 
«iner  Phase  Aehnliches  darbieten. 

Auf  den  grofsen  Glans  des  Kometen  von  1807  hat  beson*> 
ders  ScHAüTEA^  viel'^ewicht  gelegt,  um  die  Meinung,  er  habe, 
^enthümliches  Licht  gehabt,  zu  unterstutzen.  Aber  Oxjbeiis 
lwnr\ei;kt^,  -dafs  dieser  allerdings  unter  den  Kometen  sich  aus- 
zeichnende und  mit  vorzüglich  lebhaftem  laichte  glänzende 
Weltkörper  doch  weit  hinter  dem  zurückblieb ,  was  ein  Planet 
in  derselben  Stellung  hätte  zeigen  müssen«  Nach  der  Entfer- 
nung von  des  Sonne ,  die  er  im  Anfange  seiner  Erscheinung 
hatte,  würde  die  Intensität  seines  Lichtes  in  jedem  einzelnen 
Pnncte  50  mal  so  grofs ,  als  die  des  Jupiter  gewesen  seyn,  wenn 
er  das  Licht  eben  so  gut,  als  dieser,  zurückgeworfen  ^ätte; 
•  statt  dessien  aber  war  die  beobachtete  Intensität  des  Lichtes  nur 
wenig  gröfser,  als  die  des  S.aturn.  Und  so  ist,  bemerkt  Olber^, 
hei  allen  Kometen  der  Grad  ihrer  Helligkeit  imtner  sehr  geringe, 
wenn  auch  die  gesammte  Lichtstärke,  wegen  der  scheinbaren 
Grälse  ihres  Lichtnebels  zuweilen  recht  bedeutend  ist. 

Ueber  die  Zunahme  der  Erleuchtung  bei  der  Annäherung 
zur  Sonne  und  über  die  Abnahme  derselben  bei  der  gröfsern  Ent- 
fernung Von  derselben  läfst  sich  wegen  der  Veränderungen, 
die  der  Komet  selbst  erleidet  und  welche  zuweilen  höchst, auf- 
fallend sind ,  nicht  genau  urtheilen.  Indefs  bemerkt  Olb9|IS  in 
der  schon  angeführten  Abhandlung ,  dafs  die  gesammte  Licht-« 
Stärke  keineswegs  allein  nach  Mafsgabe  des  gröfsern  Abstandes 
von  der  Erde ,  sondern  vorzüglich  auch  nach  Mafsgabe  des  grö- 
V  fsern  Abstandes  von  der  Sonne  abnehme  und  dafs  insbesondere 
beim  Verschwinden  des  Kometen  nicht  seine  geringe  scheinbare 
GrO&e ,  sondern  das  imraerlnatter  welrd^nde  Licht  desselben  die 
Ursache  des  Unsicfatbarwerdens  sey'« 

1  Ueber  den  groüSien  Gometen  ron  1807  (Gottidgen,  Tandeiihoek. 
18110  S.  74.  105. 

2  Astr.  Jahrb.  1819.  8.  195, 

&   Eben  das  bemerkt  FuiuozJiouss^  Joarn.  d^  Phyt.  LXX^Y.  179. 


yse  Komet» 

Der  bedeutendste  Grand  für  ein  eigenthSqulitbes  Licht  des 
Cometennebeh  ist  noch  der'vönHsksGnL  mehrmals  angeführte, 
dafs  ein  so  dünner  Nebel ,  der  das  Licht  der  Sterne  ohne  irgend 
eine  merkliche  Schwächung  durchlasse ,:  wohl  nicht  Sonnenlicht 
genug  zurückwerfen  könnd^  um  uns  sichtbar  ta  werden.  Indeb 
scheint  doch  auch  dieses  unerwiesen ,  und  man  kann  wohl  nicht 
anders,  als  Olbeivs  beistimmen,  der  x)ie  Kometen  für  an  sich 
dunkle  Körper  hält,  welche  uns  durch  ein  zurückgeworfenes 
Sonnenlicht  sichtbar  werden  K  Und  diese  Meinung  hat  kürzlich 
^eine  neue  Stütae  durch  Ar AOO^a  Behauptung  erhalten ,  dafs  sich 
an  dem  Kometen  von  1819  Spuren  von  Polarisirung  des  Lichtes 
zeigten,  die  sich  nur  hei  refiectirtem  Lichte  so  zeigen  können^. 

Die  eben  schon  erwähnte  Frage ,  ob  die  Kometen  einen 
festen  Kern  haben ,  ist  zwar  auch  nicht  gerade  völlig  entschie« 
den ,  doch  scheinen  sich  viele  Gründe  für  die  Meinung  zu  ver- 
einigen, dafs  selbst  der  glänzendste  Theil  des  Kometen,  dei| 
man  als  den  eigentlichen  Kern  ansehen  müTste ,  nur  verdichteter 
Nebel  ist.     Die  beste  Gelegenheit ,  um  hierüber  zu  entscheiden, 
wäre  der  Vörübergang  eines  Kometen  vor  der  Sonne,  wo  ein 
undurchsichtiger  Kern  sich  uns  als  dunkler  Fleck  zeigen  mülste ; 
aber  eine  solche  Beobachtung  eines  Kometen  vor  der  Sonne  ist 
noch  nicht  mit  Sicherheit  oder  wenigstens  nicht  mit  Genauigkeit 
angestellt  worden^.  Der  Komet,  welcher  im  Juli  1819  beobachtet 
wurde^  war,  wie  die  nachherige  Berechnung  zeigte,  am  26.  Juni 
Morgens  durch  die  Sonne  gegangen ;  aber  da  dieses  allen  Beob«» 
achtungen  des  Kometen  vorausging,  so  hatte  niemand  seine  Auf- 
merksamkeit darauf  richten  können.      Unter  den  Beobachtern, 
welche  zufällig  um  diese  Zeit  die  Sonne  beobachtieten,  habea 
vovGAUiTHtTisi^N,  WiLDT   uud  Pastorf  einen  Fleck  mitten 
in  der  Sonne  gesehen,   voii  welchem  man  glauben  kann,  dafs 
es  der  Komet  gewesen  sey^  aber  diese  Beobachtungen  sind  zu 
unbestimmt,  um  viele  Belehrung  daraus  herzunehmen^.    Eine 


1  ScQBÖTBA  hat  mehrmals  die  estg^gen^esetzie  Meiaan^  geaa* 
fsert,  M.  Beobaoht.  über  denCom^teo  Too  iSli  (Göttiagen  1815}  ^2^ 
und  ebenso  Herscqei.. 

8  BiUioth.  ubivert,  XXZIV.  p.  241/..  Aanal.  de  Gfaim.  et  Phys. 
XIII.  108. 

S    Vcrgl.  Aair.  Jahrb.  1804,  S.  185.  208. 

4    Schumacher  astr,  Nachr*  JHu  8?«    Aitr.  Jahrb.  1829.  S.  188. 


Beschaffenheit  derselben.  S27 

dKe  Angabe,  als ^oV  einmal  ein  Komet  den  Mond  veidnnkefe 
habe ,  ist  ah  mifst^ntanden  nachgewiesen  -worden  ^. 

Der  Umstand  l  d^fs  o^an  nie  den  Schatten  eines  Kometen** 
kemes  oder  eine  unerleuchtete  Seite  wahrgenommen  hat*,  macht 
es  wahrscheinlich,  da(8  diese  Kerne  der  Kometen  entweder  keine 
festen  KOrper  sind,  oder  eine  höchst  nnhedentende  GrOfse  haben 
müssen.  Dieses  wird  noch  mehr  dadurch  bestätigt,  daft  man 
zuweilen  in  dem  Nebet  des  Kometen  auch  nicht  eine  Spmr-eines 
nur  nvt  einigem  Rechte  so  zu  nennenden  Kernes  hat  finden  kön- 
nen ,  und  dafs  man  mehrmals  Fixsterne ,  Selbst  durch  die  Mitte 
des  Kometen,  eit>lickte.  In  dem  Kometen  vom  December  1708 
konnte  OlbxAs  gar  keinen  Kern  entdecken ,  und  der  Xera,  den 
Messisr  gesehen  zu*  haben  glaubt ,  konnte  auch  nur  27  Meilen 
Durchmesser  haben.  Bei  Gelegenheit  dieses  Kometen  bemeikt 
Olbehs  ,  dafs  er  nur  in  einem  einzigeh  d^r  bis  dainn  Ton  ihm 
beobachteten  Kometen  einen  Kern ,  den  man  för  einen  fasten 
Körner  halten  konnte,  gesehen  habe,  und  in  jenem  ein»geB 
Falle  war  es  aubh  ein  sehr  schlecht  begrenzter  Kern ,  also  Ter« 
muthlich  kein  fester  Körper^.  Olbehs  Sah  einen  Stern  7ter  bis 
8ter  Grafse  fastdurch  die  Mitte  des  im  Juni  1825  erschieneaea 
Kometen,  und  das  Licht  dieses  Sternes  brachte  ein  beinahe  Töl« 
figes  Unsichtbarwerden  des  Kometennebels  hervor,  wihrend  das 
Licht  des  Sternes  ungeändert  blieb  K  Eben  diese  Skfatbaikeit 
Ton  Sternen  durch  den  Kometen  hat  Öfter  statt  gefunden  ^.  AU 
den  mattesten  Nebel,  den  je  ein  Komet  ihm  gezeigt  habe,  be^ 
schrieb  Pons  den  Kometen  vom  Februar  18t8^* 

Bei  andern  Kometen  hat  man  freilich  einen  ziemlich  deutli- 
chen Kern  gesehen,  aber  meistens  sehr  klein,  immer  schlecht 
begrenzt  imd  stets  TOtt  viel  matterem  Lichte,  als  es  dem  von 
einem  festen  Ktfiper  zurückgeworfenen  Sonnenlichte  angemessen 
wäre.  In  dem  Kometen  vom  December  18ß5 ,  den  ich  unter 
dem  Namen  des  Bielaschen  angeführt  habe,  zeigte  sich  ein  Kern, 


1  De  Zach  Mon.  Gorr.  XXIII.  196,    De  Zach  Gonetp.  artrono- 
miqae.  YHI.  188.  390, 

2  Astr.  Jahrb.  1802.  8.  200. 

9    iistr.  Jahrb.  1^.  S.  151,  Ebeoio  der  Enkesche  Komet.  Scham. 
astr.  Nachr.  Nr.  154. 

4  Mehrere. Beispiele  giebt  voa  Zach  an,  Gorresp. astroD.VII.2d2. 
TIU.  87.,  ond  Hbrscübi.  Phil.  Tr.  1795.  p.  60.  and  1807.  p.  266. 

5  Astr.  Jahrb.  1821.  S.  159. 


929  Komet    . 

den  Sc&jiOTKR  zä  30  Mulen  Diurcfiikiefli«&  beraphnet^»  •  la  dtm 
gröfsern  j^ometen  von  1825  beobaditete  Hkr^crkl  zwar  einen 
Kern,  der  aber  keinen  lebheften  Glans  hatte,  f^ondera  ^Uecht 
begrenzt,  doch  nur  ab  ein  mehr  glänzender  Nebel  e&Bchien^. 
Selbst  in  dem  groJben  Kometen  von  1811  hatte.der  KOzper^  den 
Hbrsckbl  planetarifch  nennt,  nur  etwa  lÖO  Meilen  im  Durch.- 
messet ,  und  obgleich  ScKAO'TBa  den  Kern  grö&er  angiebt,  so 
kann,  man  doeb  den  von  ihm  abgemeaaenen  Ktfrper  woU  sicher 
nicht  iiir  einen  festen  Körper  annehmei;^  \  Mehc  hervorglacsend 
zeigte  sich  ein  Kern  in  dem  Kometen  vom  Juli  1819^  und  an&, 
meisten  mit  hellem  Lichte  iu  dem  von  1807-  B^i  dem  letztem 
findet  sich,  in  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  der  scheinbaren 
GrtiTse  dieses  Kernes,  eben  die  Verschiedenheit  Zwischen  Hsa- 
sCHBi^'a  und  Schrütea's  Angaben,  wie  bei  dem  Kometen  von 
1811,  indem  Hbr«chei<  ihm  nur  einen .  Durchmesser  =  yV 
des  Erddurchmessers  beilegt,  Scbötsk  dagegen  seinen  Durch- 
messer nahe  an  1000  Meilen  findet^.  Welche  Angabe  man  aber 
auch  annimmt,  so  bleibt  die  Vermuthung ,  dals  dieser  Kern  kein 
fe^er'KiJrper  «eyn  konnte,  weil  sein  Glanz  dazu  nicht  lebhaft 
genug  wWr,  immer  gleich  beacfatenswerth«  Als  eine  noch  ganz 
einaeln  dastehende  Beobaohtiuig ,  die  vielleicht  auch  mehr  ,die 
neblige  Hülle,  als  den  Kern  des  Kometen  betrifft,  erwähne  ich 
hier  noch  Du vIiüf's  Behauptung,  da£s  die  periodisch  wieder- 
kehrenden gleichen  Erscheinungen  des  einen  Kometen  von  1825 
auf  e^ne  Rotation  in  19  St,  36'  hindeuteten  und  dafs  die  fiota« 
tionsaxe  in  der  Richtung  des  Schweifes  lag  ^. 

Id  Rüoksicht  ihrer  übrigen  Beschafi[enheit  scheinen  die  Ko- 
meten, wiewohl  sie  alle  in  einen  Nebel  gehüllt  sind  und  die 
meisten  einen  von  der  Sonne  abgeMhrten  Schweif  haben ,  den-» 
noch  sehr,  verschieden  zu  seyn. 

Ueber  den  Kometen  von  1807  hat  ScHaoTKR  sehr  voUstän* 
dige  Beobachtungen  angestellt  und  den  Durchmesser  seines  Lichte 
nebeis  30000  bis  44000  Meilen  gefunden.    Dabei  war  es  merk- 


1  Attr.  Jahrb.  1809.  S.  142.  1829.  8.  124. 

2  Bibl.  qnir.  XXXIV.  87. 

5  Phil.  Tr.  1812.  p.  118.    ScBao'Taa  über  d«  Com.  r.  1811.  8.228. 
4  Astr.  Jahrb.  1821.  S.  179. 

6  Phii.  Tr.  1808.  p.  156.   Scb^ötir  a.  a.  0.  3.  170. 
6  Edinb.  Journ*  of  Science  1827«  Jan.  2^. 


Beschaffenheit  derselben.  029 

-«iFlMig,  jtab  diese  Orfifte,  ^rilhrend  der.  Kernet  tick  von'  der 

ErBe  und  von  der  Sonne  entfernte ,    in   vierzehn  Tagen  von 

26000  bis  aof  44000  Meilen  zugenommen  hatte  nnd  auch  nach« 

her,  bei  noch  mehr  wachsender  Entferauibg  von  der  Sonne,  nicht 

eehx  abnahm*   Diese  heUe  Atmosphäre  scheint  bei  manchen  Ko^ 

mecen  zwar  gegen  die  Afitte  hin  etwas  dichter  zu  seyn ,  aber 

keineÄ- dichtem  Rem  zn  umhüllen.    Bei  manchen  Kometen  ist 

sie  nach  aufsen  hin  e^as  mehr  begrenzt,  bei  andern  mehr  ver-^ 

waschen*    Oft  verhiiUt  sie  den  eigentlichen  Kern  so ,  dafs  man 

diesen  gar*  nicht  als  irgend  deutlich  begrenzt  sehen  kann^,  in 

mdcvn  Fällen'  scheint  sie  dagegen   den  Körper,  den  man  den 

Kern  nennen  müfste,  fast  ganz  nnverhüllt  zu  zeigen^*    In  vie-« 

Jen  Fsflien  ist  diese  atmosphärische  Hülle,    die   den  Kopf  des 

Kometen  ausmacht,  die  ihn,  verwaschen  naoh  aufsei  hin  sich 

verli erbend,  als  Haar  umgiebt-,  nach  der  von  der  Sonne  abg^ 

wandten  Seite   ausgedehnter  imd  bildet  dort  den  Schweif;  in 

andern  Fällen  dagegen  ist .  sie  von  dem  Schweife  durch  einen 

leeren  Zwischenraum ,  in  welchem  sich  keine  leuchtende  oder 

erleuchtete  Materie  befindet,  getrennt.     Das  letzte  war  bei  dem 

schönen  Kometea  von  1811  der  Fall,  dessen  kleiner  Kern  mit 

einer  glänzenden  Atmosphäre  von  27000  Meileb  im  Durchmes-» 

ser  umgeben  war;    aber  über  dieser  befand  sich  ein  dunkler 

Raum,  dessen  Durchmesser  nahe  an  oder  vielleicht  über  100000 

Meilen  betrag,  der  von  einer  aweiten  leuchtenden  Hülle,  deren 

ganzen  Durchmesser  Schröter  zu  205000  Meilen  angiebt,  nm« 

geben  war,  und  diese  erst  bildete,  nach  der  ven  der  Sonne. ab-» 

gekehrten  Seite  ausgedehnt,  den  langen,  schönen  Schweif  des 

Kometen  3.     Diese  einzelnen  Theile  erlitten  während  der  langen 

Zeit  der  Sichtbarkeit  dieses  Kometen  mani;herlei  Aenderungen, 

von  denen  ich  bei  der  Beschreibung  seines  Schweifes  noch  Ei-« 

niges  ^anführen  mufs<    Aehnlrche  A enderangen  zeigen  die  Ko-^ 

meten  sehr  oft,  und  dadurch  wird  es  so  schwer,  zu  entscheideui 


1  ScHR^TKR  ersHhIt  dietei  zum  Beispiel  TOn  dem  Kometen  Ton 
1807  am  6.  Dec.  (S.  149.) 

2  Das  war  nach  HEBfcnEL's  Bemerkang  bei  dem  swetten  Kometea 
TOB  1811  der  Fall.  Phil.  Tr.  1812. 

S  Hesscrbl's  ond  BcbrÖtbe's  Meis^ng^n  stimmen  hier  nicht  gans 
iiVerein,  offenbar  weil  die  yerwasehenen  Grenzen  der  dunkeln  Atm(K 
Sphäre  keine  strenge  Bestimmung  gestatteten«  Phil«  Tr.  181^  p*  118, 
ScBaÖTsa  am  ang.  Orte  $•  267. 


930  Koa^ti 

welche  Aendtertnigett  dein  VeianäerteneBlUde  gfiged  Sonne  oImI 
Erde  zuzuschreiben  sind  und  welche,  dagegeti  in  der  ^bterie  des 
Kometen  slatt  finden.     Aber  eben  diese  Aendterungen .mächen  es 
aiich  desto  mehr  zweifelhaft ,  ob  selbst  der  Kern  ein  fester  pla*- 
netarischer  Körper  ist,  und.  lassen   eher  rermuthen,   duls  Tön 
diesem  selbst,  wie  Von  einem  derVexffiichtigungfiähigenJCifupffrt 
bedeutende  Theile  in  die  sich  eben  dadurch  verdichtende  Atm>« 
Sphäre  übergehen  und  als  'den  Schweif  biidend  ganz  vdm  Ko^ 
,  meten  getrennt  werden  mögen.    Sokbe  oft  sehr  grofse  Verände«» 
yungen  hat  man  an  mehreren  Kome'tea  beobachtet«    .OLBBma.hiifc 
dieses  zum  Beispiel  an  dem  von  Messier  beobachteten  Koilieten 
von  1780  nachgewiesen.     Da  dieser  nach  4er  Entdeckung  «ich 
der  Erde  näherte,    so  Hätte  er,   wenn  er -selbst  lenchtenfl  war, 
such  allmälig  etwas  besser  zeigen  müssen ,    dagegen  |  wnntk  er 
sein  Licht  von  der  Sohne  «mpfipg,  von  welcher  er  sieh  Dnt«- 
feinte ,  so  mufste  er  ein  nach  und  nach  stark  abnehmendes  Lieht 
zeigen.     Beides  war  nicht  der  Fall,  sondern  ein/e  Zeit  lang  nahm 
der  Komet  an  LicKtstäilLe  zu ,  so  daCs  er,  Am  8.  NoV^  gut  mit 
bloüsem  Auge  a;n  sehen  war,   statt  dafs  man  ihn  am  26.  Oct« 
noch  nicht  mit  einem  Nachtfernrohre  von  2  Fu£b  hatte  erkennen 
können ;    dagegen  war  er  am  21.  Nov.  wieder  ganz  schwach 
und  hörte  mit  dem-  3«  Dec.  auf  ^  sichtbar  .zu  seyn,    obgleich  er 
linterdefs  der  Erde  naher  gekommen  war^     Ganz  ahnliche  Ver-r 
gleichtmgen  stellt  Evk.«  über  den  sehr  lichtschwachen  Kometen 
im  Febr.  1818  an.      Man  mochte  ihn  als  selbstlenchtend  oder 
als  Von  derSowne  erleuchtet  ansehen,  so  hätte  er  am  1,  Mai, 
als  man  ihn  aus,  dem  Gesichte  verlor^    viel  mehr  Lioht  haben 
sollen,  als  im  Februar ,  wo  er  sich  am  besten  zeigte ;  es  mufste 
also  in  ihm  nach  seiner  Sonnennähe  eine  Veränderung ,  die  fast 
einer  allmäligen  Auflösung  ähnlich  sah,    voigegangen  seyn  2, 
Aehnliche  Beobachtungen  liefsen  sich  mehrere  anführen  ^^     Die 
merkwürdigste   ist  vielleicht  die,    welche  Burckhaaiit   von 
dem  Kometen  von  1770  anführt,   der  gegen  das  Ende  seiner 
Sichtbarkeit  48  mal  so  grob»  als  bei  den  frühem  Beobachtun- 
gen war. 


1  Astr.  Jahrb.  1819.  8.  197. 
a  i«tr.  Jahrb.  1821,  S.  165. 
S    De  Zach  Con.  ättr.  IV.  619. 


Schweife.  931 

Schweife     der     Kometen« 

Dbr Schweif  des  Kometen  (cauda  cometae}  la  gueued'ela 
c  o  m  ^  t  e  ;  ihe  iail  ofa  Cotnet)  iit  eine  den  Kometen  begleitende, 
von  seiner  Nebelhülle  fast  immer  nach  der  von  der  Sonne  ab* 
gewandten  Seite  ausgehende,  Lichterscheinuug ,  die  von  nebli- 
gem Ansehen  und  allemal  dünne  genug  ist,  um  das  Licht  der  Sterno 
beinahe  ganz  ungeschwächt  durchzulassen.  Man  hat  das  An- 
sehen der  Kometenschweife  mit  dem  Nordlichte  verglichen  und 
daran  denn  freilich  auch  die  Vermuthung ,  dals  sie  mit  eignem 
Lfichte  glänzen,  geknüpft«' 

jDer  Schweif  der  Kometen  hat  oft  eine  sehr  grofse  Länge, 
so  dafs  er  am  Himmel  zuweilen  90  Grade  eingenommen  hat, 
und  auch  in  Fällen ,  wo  seine  scheinbare  Länge  nicht  so  viel 
betrug,  zeigt  doch  die  Berechnung,  dafs  die  wirkliche  Länge 
oft  sehr  grofs  war«  Da  ich  an  einem  andern  Orte'  die  Länge 
and  Gestalt  der  Schweife  mehrerer  Kometen  angegeben  habe% 
so  will  ich  nur  von  dem  Kometen  von  1811  anfuhren,  dafs  sein 
deutlich  sichtbarer  Schweif  eine  Länge  von  12  Millionen  Meilen 
batte  und  dafs  sein  Durchmesser  in  der  Nahe  des  Kometen 
liOOOOO  Meilen,  gegen  datf  Ende  hin  1200000  Meilen  betrug, 
Heaschel  fand  die  Länge  des  Schweifes  sogar,  indem  er  ohne 
Zweifel  die  fiir  andere  Beobachter  zu  ichwach  ^leuchtenden  ent- 
ferntem Theile  des  Schweifes  noch  wahrnehmen  konnte,  22 
IVIillionen  Meilen. 

Die  Gröfse  dieser  Schweife  richtet  sich  bei  den  verschiede- 
nen Kometen  nicht  allein  danach,  ob  sie  im  Perihelio  der  Sonne 
sehr  nahe  kommen.  Denn  obgleich  allerdings  die  Kometen  von 
1680,  1665,  1769,  1577,  1744  als  solche  angeführt  werden 
können,  die  bei  grof^er  Annäherung  zur  Sonne  sehr  schtfne 
Schweife  hatten ,  und  obgleich  es  einigermalsen  als  Regel  gilt, 
dafs  die  der  Sonne  nahe  kommenden  Kometen  8ch(Jne  Schweife 
zeigen ,  so  haben  doch  auch  andere  sich  durch  lange  Schweife 
ausgezeichnet ,  ohne  der  Sonne  so  nahe  zu  kommen.  Unter  die- 
sen gehört  der  erste  Komet  von  1811  zu  d^n  merkwürdigsten, 
da  er  sich  der  Sonne  nicht  einmal  bis  Zu  der  Entfernung,  wo 
die  Erde  sich  befindet ,  näherte  und  doch  als  einer  der  Kome- 
ten, die  einen  ausgezeichneten  Schweif  hatten ^  genannt  werden 
mufs.    Andere«Kometeo ,  die  des  Sonne  n&hex  kamen  und  die 


1    Unterhaltangon  fElr  Freunde  d.  Phys.  a.  Astroii.  8.  78; 


932  Komet 

auchgrofs  genug  waren,  um,  wie  wix  artheilen  würden,  Ma- 
terie genug  zu  einem  langen  Schweife  zu  enthalten,  haben  den- 
noch keinen  bedeutenden  Schweif  gehabt,  zum  Beispiel  der  von 
1652 ,  dessen  Durchmesser  gegen  3(XKX)  Meilen ,  die  Länge  des 
Schweifes  höchstens  700000  Meilen  betrug.  Indefs  ist  es  wohl 
gewifs  I  dals  die  Schweife  erst  um  die  Zeit ,  da  der  Komet  die 
Sonnennähe  erreicht,  sich  ausbilden,  und  bei  der  grdfsern  Ent- 
fernung von  der  Sonne  nehmen  sie  wieder  ab. 

Nach  Verschiedenheit  der  Stellungen  des  Kometen  und  sei- 
nes Schweifes  gegen  die  Erde  können  die  scheinbaren  Formen 
des  Schweifes  sehr  verschieden  seyn ,  wenn  auch  in  der  wahren 
Gestalt  desselben  keine  Veränderung  vorgeht,  und  auf  solchen 
Verschiedenheiten  beruhte  es  zum  Theil,  wenn  man  ehemals 
die  Kometen  bald  bärtig ,  bald  geschweift  u.  s.  w*  nannte.  Aber 
auch  in  der  wahren  Gestalt  des  Schweifes  sind  mannigfaltige 
Versehiedenheiten^  so  da&  eine  Beschreibung  mehrerer  Kometen 
nöthigwäre,  um  alle  Merkwürdigkeiten  aufzuzählen.  Als  Haupt- 
umstände,  die  immer  vorkommen,  kann  man  indefs  angeben, 
dafs  der  Schweif  Vi)n  der  Sonne  abgekehrt  ist^,  dafs  er  seiner 
Haujptrichtung  nach  in  der  Ebene  der  Kometenbahn  liegt ,  dafs 
er  in  einiger  Entfernung  vom  Kometen  eine  Zurückbeugung  zeigt, 
daEs  seinp  in  der  Bahn  vorangehende  Seite  schärfer  begrenzt 
scheint. 

Um  bei  der  Reichhaltigkeit  des  Gegenstandes  nicht  über  die 
Grenzen  der  hier  angemessenen  Darstellung  hinaus  au  gehen, 
werde  ich  blofs  aus  den  Beschreibungen  deijenigen  zwei  neuern 
Kometen ,  über  welche  Hersobel  und  Schröter  vollständigere 
Beobachtungen  angestellt  haben,  einige  Umstände  mittheilen  und 
von  andern  Kometen  nur  gelegentlich  etwas  erwähnen. 

Der  Komet  von  1807  ^  wurde  erst  nach  seiner  Sonnennähe 
sichtbar.  -  Er  hatte  ein  schönes  weitses  Licht ,  dessen  Intensität 
aber  doch  Schröter,  am  9-  Oct. ,  als  der  Komet  16  MilUonen 
Meilen  von  der  Sonne  entfernt  war.,  nur  etwas  gröfser  als  bei 
dem  Uranus  angiebt.  Der  Schweif  litt  mehrere  Veränderungen. 
Am  19*  Oct.  war  er  gegen  das  Ende  hin  breiter  als  am  Kopfe, 
am  20«  Oct.  hatte  er  die  beträchtliche  Breite  am  Ende  fast  ganz 


1  Und  doch  leidet  selbst  diese  Regel  Ansnahtnen.* 

2  Schrötze's    BeobacbtuDgeD    des    grorsen  Gometen  ron   18^. 
Göttingen  1811.  «ad  Phil.  Trans.  1808.  p.  145. 


▼erioren  und  lief  in  swei  Spitzen  ans  i  die  an  den  folgenden  Ta« 
gen  noch  aufFallender  wurden.  Schon  am  20*  Oct.  hatte  Olbers 
bemerkt ,  dafa  die  nördliche ,  vorangehende  Seite  des  Schweife^ 
»ich  in  gerader  Richtung  stark  verlängert  Jiatte  und  dala  so  ain 
doppelter  Schweif  entstanden  war,  indem  der  breitere,  schon 
immer  etwas  gekrümmte  Schweif,  von  diesem  geraden  Schweife 
abweichend,  getrennt  fortlief«  Diese  Trennung  beider  Schweife 
beobachtete  in  den  folgraden  Tagen  auch  ScHR^TKrt  und  fand 
am  22.  Oct.  den  Durchmesser  des  Lichtnebeb  294OO9  die  Länge 
des  Schweifes  1820000  Meilen ;  aber  nach  Olbbrs  Beobachtung 
konnte  man  ihn  noch  in  viel  gWffserer  Entfernung  erkennen.  Am 
23.  October  konntet  ScstrOtea  Anfangs  von  diesem  nördlichen 
Schweife  nichts  mehr  auffinden,  sondern  blofs  der  südliche  brei- 
tere Schweif  war  noch  zu  sehen ;  aber  nachher  ward  abwech^ 
selnd,  momentan  hervorglänzend,  auch  der  gerade,  n(Jrdliehe 
Sehweif  wieder  kenntlich  und  zwar ,  gegen  die  sonst  gewöhn«« 
liehe  Art  der  Erscheinung,  erschien  dieser  in  gröfserem  Abstände 
Vöm'Katneteh  heller,  als  in  den  zwisohenliegenden  Theilen* 
Ebenso  zeigte  er  sich  am  25«  Oct. ,  so  wie  die  Nordlichtstrahlen 
fortzuschiefsen  scheinen ,  bald  theilweise ,  bald  ganz ;  der  süd-« 
liehe  Schweif,  dessen  convexe  Seite  mehr  Licht  als  die  andere 
hatte,  zeigte  sich  beständig  und  ohne  solche  Strahlenschiisse» 
Am  29*  Oct.  erschien!  der  südliche  Hauptschweif  viel  kürzer,  ala 
einige  Tage  früher,  und  von  dem  nördlichen  Schweife  blieben  nur 
ebenso  schwäche  Spnren  noch  sichtbar.  Der  Durchmesser  des 
Lichtnebels  hatte  am  Ende  des  Octobers  bis  auf  35000  Meilen  im 
Durchmesser  zugenommen  und  nahm  auch  nachher  noch  mehr 
zu.    Die  folgenden  Beobachtungen  übergehe  ich* 

Bei  diesem  Kometen  erschien ,  wie  Scbrötkr  ausdrückh'ch 
bemerkt ,  der  Schweif  wie  eine  Fortsetzung  des  den  Kopf  des 
Kometen  ausmachenden  Lichtnebels;  der  grofse  Komet  von  1811 
zeigte  »ich  dagegen  ganz  anders  K  Alle  Beobachter  erkannten 
an  ihm  mit  zureichender  Deutlichkeit  einen  dunkeln  Zwischen- 
raum zwischen  dem  kugelförmigen,  nebligen  Hauptkörper,  in 
welchem  Herschel  und  Schröter  einen  dichtem  Kern  wahr- 
nahmen, und  der  konoidi^cheh  Hülle,  die  jenen  Hauptkörper 
gegen  die^  Soitoe  hin  halbkugelförmig  umgab  und  sich  von  der 


/       1    ScBEOTEA's  Beobachtapgen  über  den  gtoüea  Gotiieten  von  1812. 
Gottingen  1815.  PkiL  TravMet.  1812.  p.  115.. 


g34  Komet. 

Sönna  abwirta  in  Form  zweier  langon  Schweife  oder  eigentfich 
in  der  Fprm  eines  hohlen  Konoides  fort  erstreckte.  Es  war 
nämlich  aus  der  ganzen  Ansicht  dieses  Schweifes  wohl  tu  schlie« 
den,  dafs  er  nur  dämm  an  beiden'Seiten  "^iel  glänzender,  in 
der  Mitte  dagegen  der  ganzen  Länge  nabh  matt  erschien ,  we3 
die  Gesichtslinie  an  den  Seiten  durch  viele  hinter  einander  lie^ 
gende  Theilchen  d«r  nur  dünnen ,  unge&hr  einen  hohlen  Kegrf 
bildenden ,  Schicht  ging  ^  die  uns  das  Licht  zusendete ;  da  wo 
die  Gesichtslittie  diese  dünne  Schicht  ungefähr  senkrecht  dorch* 
schnitt;  traf  sie  auf  zu  wenige  solche  Theilchen  und  deswegen 
war  hier  das  Licht  so  sehr  sohwachb     • 

'  Derjenige  Raum  ^  welcher  zwischen  dem  hellen  kugelförmi« 
gen  Körper  und  diesem  konoidischen  Mantel  dunkel  ersohieii) 
war  so  durchsichtig^  dafs  Herschel  sehr  kleine  Sterne  durch 
ihn  erkannte}  ob  er,  wie  Herschel  glaubt,  mit  einer  elasti^ 
sehen  Atmosphäre  erfüllt  war,  bleibt  wohl  sehr  zweifelhafif^  da 
^  wir  diese  unsichtbare  Atmosphäre  mit  gleichem  Rechte  als  im 
Innern  des  SchWeitkonoids  bis  auf  12  IVCUionen  Meilen  eusge» 
dehnt  annehmen  könnten.  Ueber  die  Veränderungen,  die  der 
Schweif  nach  und  nach  seigte  ^  besitzen  wir  mehrere  Beobach* 
tungen,  unter  welchen  die  von  ScHHÖTBa,  Herschbl  und 
HARniv&  die  vorzüglichsten  sind«  Aus  diesen  werde  ich  das 
Wichtigste  nebst  den  Von  mir  aus  den  Be6bachtungen  berechne- 
ten Resukaten  hier  mittheilen  K 

Bei  den  ersten  Beobachtungen  dieses  Kometen  ist  auf  den 
Schweif,  der  nicht  sehr  bedeutend  gewesen  seyn  muCs)  nicht  viel 
Rücksicht  genommen  worden ;  aus  den  gegen  Ende  des  August 
angestellten  Beobachtungen  scheint  sich  schon  eine  sehr  ansehn- 
liche wahre  Grtffse  des  Schweifes  zu  ergeben^,  indefs  erlaubte 
die  ungünstige  Stellupg  des  Kometen  keine  genaue  Angabe;  aber 
schon  am  10.  Sept.  ward  die  (vorangehende  Seite  des  Schweif- 
kottoids  10  Millionen ,  die  nachfolgende  12  Millionen  Meilen 
lang  gefunden  und  in  dieser  Länge  erhielt  der  Schweif  sich 
lange  Zeit.  Die  konoidische  Dunsthülle  hatte  um  diese  Zeit  schon 
in  einer  Entfernung  von  4  Millionen  Meilen  vom  Kometeii  einen 
Halbmesser  von  600000  Meilen ;  aber  diese  Weite  des  hohlen 
glänzenden  Schweifes  nahm  schon  im  November  so  ab ,  dafs  am 


1  <  Aitroo«  Zeitscbr.  von  t.  Lindenan.  I«  594* 

2  Olbbki  Beob.  in  t*  Zach's  nton.  €orr.  XXV.  4* 


Soll  weife.  0ä6 

!&  NöV.  Jl«f  Halbneuer  mir  noch  160000  Melleh  oder  am  2|. 
Nov.  240000  Meilen  in  etwa  5  MillicHien  Meilen  Etitfernnng 
▼om  Kometen  betrag;  tind  ungefähr  so  verhielt  es  sich'anch  im 
December,  wo  jedoch  Hardivo  am  9«  Dec.  den  Halbmesser  in 
eben  der  Entfernung  noch  wieder  ztt  290000  Meilen  angab. 
Wenn  man  dieses  Schweifkonoid  als  einen  Kegel  mit  etwas  ge« 
krümmter  Axe  ansieht,  so  machte  die  Seitenlinie  des  Kegels  mit 
aeiner  Axe  am  18.  Sept.  einen  Winkel  Von  74  Gr.,  am  1].  Oct. 
einen  Winkel  von  5  Gr.,  in  der  Mitte  des  November  einen' 
Winkel  von  Ij^Gr.,  am  6«  Dec.  einen  Winkel  von  1  Grad. 

ScRROTEa  giebt  mehrere  kleine  Veränderangen  an^  die  der 
Komet  selbst  und  sein  Sch^reif  erlitten ;  den  dunkeln  Raum  swi-* 
sehen  der  Kometenkugel  und  der  konoidischen  LichthUlle  glaubte 
er  zuweilen  genau  dem  umgebenden  Blau  des  Himmels  glelehi 
zuweilen  etwas  heller  zu  sehen;  am  16.  Oct.  zeigte  sich  auf 
kurze  Zeit  ein  Nebenschweif  am  vorangehenden  Schweife,  so  wie 
einige  Tage  früher  Olbias  etwas  Aehnliches  am  nachfolgenden 
Schweife  gesehen  hatte;  aber  im  November  traten  aulfallendere 

.  Aenderungen  ein«  Am  7*  Nov.  zeigte  sich  an  dem  nachfolgen-* 
den  Schweife  ein  an  der  den  Kofi  umgebenden  NebelhüUe  an<^ 
fangender  dritter  Schweif^  der  aufserhalb  des  grofsen  Schweifes 
lag;  am  9*  Nov.  hatte  sich  noch  ein  zweiter  solcher  Neben«! 
schweif  an  der  andern  Seite  gebildet,  so  dafs  das  Schweifkörioid 
ungefähr  aussah ,  als  ob  es  noch  von  einem  zweiten,  das  erstere 
umfassenden  und  berührenden,  Schweifkonoide  umgeben  sey, 
oder  es  erschienen  noch  •  zwei  Schweife ,  die  beiden  Haupt-> 
schweife  umfassend  und  am  Scheitel  berührend.  Beide  Neben«» 
schweife  zeigten  sich  einige  Tage  nachher  nicht  mehi'.  Im  De* 
cember  waren  die  beiden  Schweife  in  der  Nähe  deä  Konteten 
nicht  mehr  gut  als  getrennt  zu  unterscheiden,  weil  ihr  Z\Vl' 

,  schenraum  mit  Lichtdünsten  gefüllt  war,  und  ebenso  wai*  dei' 
dunkle  Raum  um  den  Kometen  herum  nicht  mehr  gut  zu  et* 
kennen ,  weiter  vom  Kometen  entfernt  aber  trennten  sich  b^lüe 
Schweife;  indeüs  zeigted  sich  darin  an  verschiedenen  Abenden 
Ungleichheiten,  indem  zuweilen  schon  in  geritigerer  Entfernung 
Vom  Kometen,  zuweilen  erst  in  greiserer  Entfernung,  diese 
Trennung  der  beiden  Schweife  von  einander  kenntlich  wurde 
und  bald  der  eine,  bald  der  andere  Schweif  der  längere  war; 
am  18*  December  war  wieder  ein  Nebenschweif  sichtbar.  — • 
Aehnliche  Veränderungen  zeigen  Hakdiko's  scbdne  Abbildung 
T.  Bd.  '  Ooo 


936  Komet. 

gen  dieses  Kometen^,  nach  welchen  man  den  doppelten  Haupt* 
schweif  am  8'«  October  als  durch  einen  dunklern'  Zwischenraum 
gi^theilty  am  16-  October  einen  kleinen  Nebenschweif,  am 
6*  und  16*  December  wieder  einen  Nebenschweif  sah  u.  s.  "w» 
PiAzzi  bemerkt,  dals  die  Aenderungen  oft  so  schnell  auf  ein-* 
ander  gefolgt  seyen ,  dals  es  nöthig  gewesen  wäre ,  jede  Stunde 
eine  neue  Zeichnung  zu  mAchen ,  wenn  man  sie  alle  hätte  dar- 
stellen wollen ;  besonders  in  dem  nördlichem  Schweife  hätten 
sich  so  oft  abgerissene  Stellen ,  Sprünge  und  Ungleichheiten  ge- 
zeigt ,  er  sey  bald  zweispitzig ,  bald  dreispitzig  u.  s;  w.  gewe- 
sen^. Allerdings  stimmen  hiermit  manche  von  ScHaOTBa's  Be- 
obachtungen überein,  zum  Beispiel  am  8- Nov.,  am  21*  Nov.,  am 
18«  Dec.)  auf  welche  ScHaÖTia  selbst  vorzüglich  aufmerksam 
macht.  In  Rücksicht  der  wichtigsten  und  dauernden  Verände- 
rungen bemerkt  HzascHEi.,  dals  schon  um  den  9«  Nov.  die 
planetarische  Scheibe,  wie  er  den  in  dem  runden  Nebel  beob- 
achteten Kern  qennt^  nicht  gut  mehr  zu  erkennen  und  am  13» 
Nov.  ganz  verhüllt  war.  Um  eben  diese  Zeit  fing  der  leere 
Zwischenraum  zwischen  dem  kugelförmigen  Kometennebel  und 
der  konoidischen  Umhüllung  an ,  sich  zu  verlieren ,  und  beide 
leuchtenden  Erscheinungen  vermischten  sich  mit  einander;  aber 
am  9«  Dec.  zeigte  sich  eine  schmale  Trennung  wieder,  die  indefs 
nicht  von  langer  Dauer  war.  Die  Frage,  ob  diese  als  Doppel- 
schweif den  Kometen  umgebende  Lichterscheinung  wirklich  als 
ein  Konoid  anzusehen  sey,  oder  ob  es  nicht  als  ein  ebener  Bing, 
der  in  zwei  Schweife  auslief ,  angesehen  werden  könne,  hat 
Hcas.cBEL  bestimmt  beantwortet,  indem  er  zeigt,  dals  ein  sol- 
cher ebener  Bing  nicht  in  den  verschiedenen  Stellungen  des  Ko- 
meten gegen  die  Erde,  als  ihn  halbkreisförmig  umgebend,  er- 
scheinen konnte.  Meine  Berechnungen  über  die  Gestalt  dieses 
Schweifkonoids  zeigen  auch  eben  das  in  Beziehung  auf  die  vom 
Kometen  entfernter  liegenden  Theile,  indem  sie  wohl  nicht  so 
gut  unter  sich  übereinstimmen  könnten,  wenn  die  beiden  schein- 
baren Schweife  als  zwei  in  der  Ebene  der  Kometenbahn  lie- 
gende wirklich  getrennte  Schweife  anzusehen  wären. 

Es  ist  wahrscheinlich ,  dafs  unter  den  altern  Kometen  meh- 
rere ,  die  uns  als  zw^  oder  mehr  Schweife  zeigend  beschiieben  - 


1  T.  Zach't  Mon.  Gorrespond.  XXVIL  999. 

2  Della  cometa  drll'  anno  1811,  osserv.  nellft-«pec.  di  Palenno. 


Schweife.  937 

^pr^rden,  2üm  Beispiel  der  von  1769^  ^V'en  solche  Sch^e}fko<*«- 
noide  um  sich  hatten  nod  dafs  dieses  auch  bei  dem  schönen 
Kometen  von  1744  9  an  welchem  db  Chssiaux  sechs  Schweife 
beobachtete,  der  Fall  war*. 

Unter  den  zahbeichen  Merkwürdigkeiten,  welche  die  Ko- 
metenschweife darbieten,  miifs  ich  noch  die  erwähnen,  dafs  der 
Komet  von  1824  eine  kurze  Zeit  lang  einen  gegen  die  Sonne 
zu  gerichteten  Schweif  hatte ^,  von  dem  Olbers  glaubt,  man 
k($nne  ihn  ni'i6ht  als  blofs  scheinbar  in  die  gegen  die  Sonne 
gerichtete  Linie  fallend  ansehen.  Etwas  Aehnliches^  bemerkt 
Strotk  bei  der  im  Jahre  1828  beobachteten  Erscheinung  dM 
Eükeschen  Koiheten^,  dafs  nämlich  der  hellste  Theil  desselben, 
in  welchem  man  zwar  keinen  Kern  entdecken  konnte ,  der  sich 
aber  doch  als  Kernn«bel  hinreichend  auszeichnete ,  nicht  an  der 
der  Sonne  zugekehrten  Seite  lag ,  und  dafs  ^der  Nebel ,  der  die- 
sen hellem  Theil  umgab,  sich  an  der  beinahe  gegen  die  Sonne 
zugewandten  Seite,  der  Lage  jenes  Kemnebels  gegenüber,  so 
matt  verwaschen  zeigte ,  wie  map  es  am  Ende  des  Schweifes  zu 
sehen  gewohnt  ist,  statt,  dafs  die  entgegengesetzte  Begrenzung, 
xiMmlich  an  der  von  der  Sonne  abgekehrten  Seite,  bestimm-^ 
tcr  war. 

Endlich  darf  ich  ein,  wahrscheinlich  nicht  im  Kometen- 
schweife selbst  liegendes ,  Phänomen  doch  nicht  ui^erwähnt  las^ 
sen ,  welches  von  vielen  Beobachtern  wahrgenommen  und  selbst 
von  ScHR($TER  noch  als  dem  Kometen  eigenthümlich  angefahrt 
worden  ist.  Dieses  ist  das  Scintilliren  oder  Strahlenschiefsen, 
'Was  man  im  Schweife  der  Kometen  oft  bemerkt  hat.  Von  altern 
Beobachtungen  will  ich  nur  die  von  Cysatus  und  Kefleh  am 
Kometen  von  1618  angestellten  anfuhren^,  die  mehrmals  ein 
ptotzliches  Sichtbarwerden  der  entferntem  Theile  des  Schweifes 
und  ein  eben  so  plötzliches  Verschwinden  beobachteten ;  Ctsa- 
Tus  sagt  zum  Beispiel ,  am  7,  Dec.  habe  man  zuweilen  ein  Fun^ 
kein  des  Kometen  selbst  bemerkt  und  dann  habe  zugleich  der 


Ir    Loys  de  Gheseauz  trait^  de  1a  com^te  eto.  Laosanne  1744. 
2    Attr.  Jahrb.  18271  8.  138.  185. 
^         8    Schumacher  astr.  Nachr.  Nr.  154.  ^ 

4  Gysati  jnathemata  astroii.  de  loco,  mota,  fnagnitadina  et  caaiis 
eometae  anno  1618,  1619  pbierr.  logolst.  1619.  Kepler!  libri  tres  de 
cometis.  Flaugbrgoss  .  führt  noch  mehr  Beobachtungen  an.  Journ«  de 
Phy«.  LXXXIV.  177. 

Ooö  2 


938  Komet 

Sc]>weif  eine  wellenaTlige  Bewegung  gezeigt,  eine  plötzIic}M 
Verlängerung  und  ein  Breiterwerden  und  dann  wieder  ein  Ver- 
kürzen der  Schweifstrahlen.  Schröter  beobachtete  eben  diese 
£rscliemung,  die  er  mit  dem  Strahlenschiefsen  der  Nordlichter 
vergleicht,  an  dem  Kometen  von  1807  und  hält  sie  fiir  einen 
Beweis  einer  wirklichen  Veränderung  in  dem  Lichte  des  Kom«^ 
•  ten ,  die  von  einer  Naturkraft  bewirkt  werde ,  welche  der  elek- 
trischen oder  galvanischen  ähnlich  aey^  indem  diese  Lichtwech- 
sel sich  in  wenigen  Secunden  auf  1  Million  Meilen  fortpflanzen 
mülsten.  So  sehr  aber  auch  Schröter  diesen  momentanen  Licht- 
wechsel als  etwas  den  Kometenschweifen  £ige\)thiimliches  ver-* 
theidigt ,  so  gestehe  ich  doch  ,  dafs  ich  mir  diese  Veränderungen 
durchaus  nicht  anders  als  blols  scheinbar  denken  kann  und 
,hierin  auch  Olbers  Autorität  für  mich  hat.  So  wie  nämlich 
das  Funkeln  der  Sterne  durch  den  ungleichen  Zustand  unseret 
Atmosphäre^  durch  ein  Vorüb erziehen  ungleich  brechender  Luft— 
und  Dunstmassen,  bewirkt  wird,  so  scheint  auch  jenes  Strahlen- 
schiefsen nur  in  der  ungleichen  Durchsichtigkeit  der  Atmosphäre) 
deren  momentane  Aenderungen  uns  nur  bei  so  matt  leuch*» 
tenden  Gegenständen  kenntlich  werden,  seinen  Grund  zu  haben. 
Einen  Hauptgrund  gegen  eine  im  Schweife  selbst  vorgehende 
Veränderung  hat  Olbers  angefahrt  und  diesen  halte  ich  for 
unwiderleglich.  Wir  wissen,  dafs  das  Licht  ungefähr  24  See. 
braucht,  um  1  Million  Meilen  zu  durchlaufen,  und  haben  gar 
keinen  Grund 'anzunehmen,  dafs  das  Licht  eines  Kometenschwei- 
fes sich  hierin  anders  verhalte.  Gesetzt  nun,  das  eine  Ende  des 
Kometenschweifes  sey  1  Million  Meilen  weiter  von  unserm  Auge 
entfernt,  als  das  andere,  und  beide  würden  vollkommen  gleich- 
zeitig.heller  leuchtend,  so  könnte  jene  wahrhaft  momentan  den 
ganzen  Schweif  durchfliegende  Erhellung  uns  doch  anf  entfern- 
tem Ende  erst  24  Secunden  später  als  am  nähern  Ende  sichtbar 
werden.  Da  nun  in  einigen  Fällen  diese  Erscheinungen  für  noch 
gröfsere  Unterschiede  der  Entfernungen  statt  gefunden  haben, 
ohne  merkliche  Zeitverschiedenheit,  so  scheint  es,  dafs  man  gar 
nicht  annehmen  darf,  dafs  sie  auf  reellen  Veränderungen  im  Zn- 
stande der  Kometen  beruhen  K 


1     SciiRÖTEa^s  Sitiwürre  hingegen  (In  den  Beobacbtangen  des  C<v> 
metea  von  1811,  S.  281.)  scheiaen  mir  nicht  jiinreichend  begründet. 


9Ildu|i^  der  Schweife;  939 

Visrmuthungen    über    die   Entstehung   der 

Schweif^    und    über    die    Ausbildung    der 

Kometen   überhaupt 

Unter  den  Meinnngen  nber  die  Bildung  der  Schweife  will 
ich  zuerst  diejenige  anfiihren ,  welche  zu  mathematischen  Unter- 
suchungen geeignet  mir  am  meisten  fiir  sich  zu  haben  scheint. 
Obgleich  Kbpleii  schon  etwas  Aehnliches  geäufsert  hatte ,  so  ist 
doch  wohl  Newto»  als  der  Erste  au  nennen,  der  die  Behaup- 
tting,  die  Schweife  entständen  aus  Theilchen,  welche  mit  gro- 
sser Schnelligkeit  von  der  Sonne  abwärts  getrieben  werden ,  nä- 
her untersucht  hat^.  Er  zeigt,  dafs  alle  Erscheinungen  der 
Schweife,  namentlich  ihre  ZhrückheqgUDg  hinter  den  verlän- 
^rten  Radius  Vector  des  Kometen,  ihre  Krümmung,  die  un- 
gleiche Grtlfee'  dieser  Krümmung,  die  uns  nur  dann  kenntlich^ 
wird ,  wenn  unser  Auge  von  der  Ebene  der  Kometenbahn  ziem- 
lich entfernt  ist,  beweisen,  dafs  die  Schweife  aus  Theilen  ent- 
stehen,  die  vom  Kopfe  des  Kometen  von  der  Sonne  abwärts 
aufsteigen.  So  wie  der  Rauch  in  der  Luft  gerade  aufsteigt  von 
^inem  ruhenden  Körper,  aber  eine  schiefe  RauchsÜnle  giebt^ 
wenn  der  Körper  immer  den  Ort  verläfst,  von  wo  die  ^iiher 
aufgestiegenen  Theile  ausgingen ,  so  müsse  auch  dies6  vom  Ko- 
meten aufsteigende  Materie  einen  rückwärts  abweichenden  Schweif 
hervorbringen ,  und  diese  Abweichung  müsse  geringer  seyn  in 
der  Sonnennähe,  wodas  Aufsteigen  der  Theikhen  schneller  sey. 
Die  gröfsere  Helligkeit  der  vorangehenden  Seite  des  Schweifes» 
w^elche  man  so  sehr  oft  viel  schärfer  begrenzt  und  glänzender^ 
«Is  die  nachfolgende,  gesehen  hat,  erklärt  New  tobt,  wohl  nicht 
ganz  genügend,  daraus,  dafs  der  den  Schweif  bildende  Dunst 
hier  etwas  neuer  und  deshalb  dichieK  sey.  Die  Zeit,  in  welcher 
diese  Matecie  vom  Kopfe  bis  zum  Ende  des  Schweifes  aufsteige,  ' 
k^ne  man  ungefähr  kennen  lernen,  wenn  man  vom  Ende  des 
Schweifes  eine  gerade  Linie  nach  der  Sonne  ziehe  und  den 
Panct  bemerke,  wo  sie  die  Kometenbahn  schneide;  dieser Punct 
wUrd^  der  genaue  Funct  seyn ,  von  welchem  die  am  Ende  an- 
^ekomiAenen  Theile  ausgegangen  waren,  wenn  die  Schweif* 
th eilchen  nicht  die  mit  dem  Kometen*  schon  erlangte  Geschwin- 
digkeit'behielten]^  bei  ^  einer  cenauera  Bestimmung  miU&e  man 


X    Prinotp.  phil.  aat.  Ed.  8.  p.  51L 


940  Komet. 

hierauf  Rücksicht  nehmen.  Auf  diese  Weise  ergebe  eich ,  dab 
bei  dem  Kometen  von  1680  der  am  10«  Dec.  beobaehtete  Schweif 
in  zwei  Tagen ,  der  am  25.  Januar  beobachtete  Schweif  in  45 
Tagen  aufgestiegen  sey,  und  dafs'  der  wahrend  der  ganzen  Sicht- 
barkeit des  Kometen  gebildete  Schweif  fast  alle  die  Theilcfaen 
enthielt  9  .die  seit  der  Zeit  des  Perihelii  aufgestiegen  waren.  Die 
folgenden  Schlüsse  scheinen  mir  nicht  so  klar.  NfiWTOir  sagt 
nämlich  zuerst,  da  die  schnelle  Bewegung  dieser  feinen  SchweiS- 
theilchen  ungeandert  fortdauere,  so  finde  gar  kein  Widerstand 
im  Himmelsraume  statt;  dann  sagt  er  aber  doch  auch,  dieHim- 
melsluft  {aura  aeiherea)  «i^erde  durch  die  Sonnenstrahlen  er- 
wärmt, werde  dadurch  specifisch  leichter  und  reibe  so,  indem 
sie  von  der  Sonne  aufsteige,  die  Schweiftheilchen  mit  sich  fort, 
die  uns  durch  ihre  Zunickwerfiing  des  Lichtes  sichtbar  werden« 
Kbflba's  Meinung,  dafs  die  Sonnenstrahlen  diese  Theilcfaen 
mit  fortreifsen ,  scheint  ihm  weniger  angemessen. 

Aehnliche  Vorstellungen,  wie  Newtov  sich  von  dem  Ent«- 
stehen  der  Schweife  machte ,  haben  auch  andere  nachher  mehr- 
mals dargelegt,  jedoch,  so  viel  mir  bekannt  ist,  ohne  die  Un-* 
tersuchung  weiter  zu  forden,  Hciirsivs  ^  sucht  die  einzelnen 
Umstände,  welche  in  Beziehung  auf  den  Kometen  von  1744 
eine  Verlängerung  des  Schweifes  begünstigen  )oder  hindern 
mubten,  genauer  anzugeben  und  thut  dieses,'  so  weit  es  ohne 
strenge  Rechnung  möglich  ist ,  auf  eine  recht  genügende.  W^i^e, 
wenn  er  gleich  darin  zu  fehlen  scheint ,  dab  er  die  Veränderun- 
gen alle  theoretisch  zu  erklären  sucht  und  auf  zuMlige  Aende- 
rungen,  die  bei  andern  Kometen  wenigstens  oft  ganz  unleugbar 
scheinen ,  keine  Rücksicht  nimmt.  D«  Cbeskaux  hat  eben  die- 
sen Schweif  ganz  nach  Newtov's  Anleitung  berechnet  und 
auch  über  den  Kometen  ron  1577  und  den  von  1680  einige  Be- 
rechnungen angestellt;  so  sehr  er  sich  aber  auch  als  gründlichen 
Forscher  zeigt ,  so  sdbeinen  mir  seine  Bemerkungen  doch  kein 
neues  Licht  über  diesen  Gegenstand  zu  verbreiten  \ 

Dafs  sich  der  Schweif  als  ein  vom  Kometen  aubteigender 
Dunst  betrachten  lasse,  der  durch  irgend  eine  Kraft  von  der 
Sonne  abwärts  getrieben  werde,  entweder  indem  er  als  leichtere 
Materie  in  dem  den  Weltraum  erfüllenden  Aether  aufsteige,  oder 


1    BetchreibuDg  des  1744  erschienenen  Oometen,  S.  4{2. 
t    Traitrf  cte  la  comdte  ^e  1744.  p.  162.  170.  171. 


Bildung  der  Schweife.  941 

indem  er  durcli  eine  eigenthiiiiiliche  abstofsende  Kraft  von  der 
Soime  zurückgestofsen  werde,  oder  indem  die  Sonnenstrahlen 
ihn  mit  fortrissen ,  ist  von  Mehreren  behauptet  worden ;  na-  , 
mentlicli  haben  Hersobkl,  LAFLACs^nnd  Nicollbt^  diesen 
Gedanken  geäuTsert;  Fiscbkr  nennt  diese  Kraft  ^  eine  negative 
Schwere  ;  alle  aber,  begnügen  sich ,  nur  bei  der  Betrachtung  im 
Allgemeinen  stehen  ku  bleiben.  Ob  man  nun  dabei  an  Elektri* 
cität,  wie  dbLuc^  undBBLLAVi^,  oder  an  eine  Entstehung  aus 
der  Sonnenatmosphäre,  wie  Mai  ras  ^,  denkt,  ist  ziemlich  gleich«- 
giiltig,  da  wir  über  die  physische  Beschaffenheit  des  Schweifeüs 
so  sehr  wenig  wissen. 

FcAvoBaGüBS  hat  in  seiner  Kritik  aller  Meinungen  iiber  die 
Kometenschweife  auch  diese  Newtonsche  Hypothese  zu  wider- 
legen gesucht 7.  Er  bemerkt  allerdings  mit  Recht,  dab  es  nicht 
erwiesen  Bey^  dafs  die  Wärme,  welcher  die  Kometen  in  der 
Nähe  ^er  Sonne  ausgeseta^  sind,  so  sehr  grofs  sey  *,  dafs  auch- 
Kometen ,  welche  eich  der  Sonne  nicht  so  sehr  näherten  ,  lange 
Schweife  gehabt  haben,  und  dafs  bei  der  Berechnung  Nbwt ob's, 
bis  zu  ^elcheni  verdünnten  Zustande  Luft  und  ähnliche  elasti- 
sche Fluide  sich  ausdehnen  können ,  der  Zweifel  übrig  bleibe, 
ob  so  verdünnte  Materien  denn  noch  Licht  genug,  um  uns 
sichtbar  ztt  wenden ,  refiectiren  können.  Diese  Einwürfe,  wel-^ 
che  die  uns  unbekannte  natürliche  Beschaffenheit  der  Sctiweife 
betreffen,  lassen  sich  nicht  widerlegen.  Derjenige  Einwurf  aber, 
welcher  den  mathematischen  Theii  der  Newtonschen  Theorie 
betrifft,  ist \inrichtig.  FLAuefiROUBS  nämlich  glaubt,  nach  dieser 
Theorie  müsse  der  Schweif  immer  dem  Kometen  folgen ,  da  er 
doch  nach  dem  P^nhelio,  als  von  der  Sonne  abgewandt ,'  dem 


1  Expos,  da  syst,  du  monde.  Liv.  2.  qliop*  5« 

2  Biblloth.  univ.'  XXXIV.  247. 
S    Astt.  Jahrb.  1825.  S.  96. 

4  Astr.  Jahrb.  1605.  8.  92. 

5  Johtd.  de  Pfaysique.  XGI.  401. 

6  Tratte  de  raurojre  bortfale.  Pari«  17S2. 

7  Joarn.  de  Phyt.  LXXXIV.  l73.  LXXXT.  193.  LXXXVL  101. 
lÄXXVII.  81. 

8  Fladcxagcbs  berecbnet  sie  für  die  ganten  55  Taga»  die  der 
Komet  in  einer  geringem  £ntfern\iog,  als  die  der  Erde  von  der  Sonne, 
zubrachte,  als  etwa  der  Wärme  dos  koclmenden  Wassers  gleich.  Aber 
alle  diese  Recbnungen  sind  sehr  unsicher. 


D42  Kopiptr 

Koii>eten  vielmehr  eiqigerraafsei)  vorangehe«'.  Alkrdsiigs  bleiben 

rlie  entferntem  Schw^ifrheilchea  nicht  blob  nach  dieser  Theoris, 
sondern  auch  n^ch  den  I^eobachtungefi  etwas  hinter  dem  Radius 
Vector  des  Kometen  zurück,  aber  Flaü&br&ubs  hätte  nur  die 
Berephnuog  auf  nähere  Theilchen  anwenden' und  darauf  Riickr- 
^icht  nehmen  sollen ,  dafs  gewifs  eine  Kraft,  welche  die  Theil-» 
f.hen  ypQ  ^ex  Sonne  abwärts  tveibt,  da  seyn  murs,  so  würde  er 
diesen  Einwurf  y  der  sich  durch  meine  nachhev  folgenden  Aech« 
nungan  poch  mehr  widerlegt  zeigt,  nicht  gemacht  haben.     Da& 

dagegen  die  Ansicht  INTkwtqn's,  als  ob  der  3chweif  ia  einen^ 
Medium  aufstiege ,  weder  recht  deutlich ,  noch  auch  recht  an- 
gemessen scheine,  hal^e  ich  schon  ben^erkt  und  führe  daher  nicht 
Qii,  was  fLAUQS^oüBS  über  diesen  Gegenstand  sagt.  Was  end- 
lich die  weitläuftigen  Qeweise  betrifit,  welche  Flauqkhqvss 
gegen  Kesle&'s  Meinung  aufführt ,  dafs  die  Sonnenstrahleii  di^ 

^chweiftheilchep  mit  sich  fortrjeilsep ,  so  wird  das  Kesuhat,  dab 
Ctw^s  Aebnliches  auf  d^r  Erde  durchaus  nicht  hfimerkbar  »ey, 
wo|il  von  niemand  bezweifelt  werden. 

Woher  aber  anch  jene  hypothetisch  angenommene  absta-r 
f^ende  Kraft  der  Sonne  auf  die  Theilchea  des  Kometenschweifes 
(entstehen  möge,  sq  Ipif^t  sich  doch  ni^ht  leugnen,  dab  einPhä-r 
Qon^en ,  ^elche^  so  klar  auf  eine  abstofsende  Krafi  hinzudeoten 
scheint,  uns  wobl  zu  Versuchen,  dasselbe  vermittelst  einer  sol-? 
chen  Kraft  zu  erklaren ,  auffordern  mufs ;  ich  gehe  daher  zu  dea 
Qeucfu  auf  diese  Hypothese  gegründeten  Betrachtungen  foul. 

QifBEns  ^1  veri^filafst  durch  die  merk^fürdige  Gestalt  de« 
Sclivveifߧ  des  Kometen  yon  1811 9  kn(ipfte  an  die  Ansicht,  dab 
(tin^  abstofstode  Kraft  die  Schweiftheilchen  von  der  Sonne  ent-r 
ferne,  folgende  Schlüsse«  Da  bei  jenem  Kometen  die  Schweif-* 
{uaterie  ein  hohles  Konpid ,  vom  Kiirper  des  Kometen  getrennt 
und  diesen  umgebend,  bildete,  so  ipufste  man,  bemerkt  Olbeas, 
annehmen,  dafs  die  von  dem  Kometen  und  seiner  eigpnthümli- 
pheu  Atmosphäre  entwickelten  Dämpfe  sowohl  von. ihm,  aU 
i;uch  von  der  Sonne  abgestofsen  werden.  Sie  müssen  sich  also 
üort  anhäufen,,  wo  die  Kepulsivjuraft  des  Kometen  von  der  Re- 
piiUivkraft  der  Sonne  überwogen  zu  weiden  anfängt,  und  wi^ 
s^hen  daher  das  Phänomen  eines  hohlen  Schweifkonoids  nuv 
dano ,  wenn  die  abstoC^pqde  K^aft  de^  Kometen  grob  genup  ist, 


4    V.  Zach  Mbo.  Gerr.  XXV.  1. 


um  die  Schwelfiheilohe»  an  der  g«gM»  die  Sonite  an  g«i|0lilfe|^ 
Seite  bis  übeor  die  kagelföfmige  Atmosphäre' de«  Kometen  hin« 
ans  EU  treiben.  Der  Komet  von  1811  blieb  weit  von  der  Sonne 
entfernt  und  da  jene  Repulsi^taft  der  Sonne  vermnthlich  in 
greiseren  Entfernungen  von  der  Sonne  abnimmt^  so  konnte  bei 
ihm  jene  Erscheinung  um  so  eher  entstehen^  'da  selbst  eine  nieht 
so  sehr  starke  Repulsivkraft  des  Kometen  schon  hinreichle ,  die 
l>ei  ihm  so  reichlich  entwickelt»  Schweifmaterie  über  die  Gren-v 
aen  der  eigentlichen  Atmosphäre  hinaus ,  gegen  die  Sonne  hin, 
so  entfernen*  Dieser  Betrachtung  gemäb  künnen  wir,  wie  Ol^ 
BBH8  bemerkt,  vermuthen,  dafs  es  erstliqh  Kometen  giebt,  wel«-» 
che  keine  der  Repnkivkraft  dev  Sonne  unterworfsne  Materia 
antwiokeln  und  daher  ohne  Schweif  erscheinen,  zweitens  Kome-r 
ten,  deren  Schweifmaterie  von  derSonoe  abgestofsen  wird,  ohns 
dafs  der  Komet  eine  merkliche  abstolsende  Kraft  auf  sie  ausübt^ 
drittens  Kometen,  deren  Schweifimaterie  der  Repulsivkraft  beidea 
Kärper,  der  Sonne  und  des  Kometen,  in  merklichem  Grade  un<« 
terworfen  ist.  Wenn  sich  von  einem  Kometen  ungleichartige 
Stoffe-  entwickeln ,  so  können  mehrere  Schweife  entstehen.  Dia« 
jenigen  Theilchen ,  welche  mit  mehr  Qewalt  von  der  Sonne  ab^ 
-wärts  fortgestolsen  werden,  müssen  einen  weniger  zurückge-» 
Ibaugten  Schweif  bilden ,  und  auf  diese  Weise  scheinen  die  bei-i 
den  Schweife  des  Kometen  von  1807  nnd  die  ähnlichen  an  älv 
tern  Kometen  beobachteten  Phänomene  erklärt  werden  zu  müs*» 
sen«  Wenn  von  dem  Kometen  verschiedenartige  Materien  srch 
entwickeln ,  die  auch  vom  Kometen  selbst  mit  ungleicher  6e- 
"walt  abgestafsen  werden,  so  können  sich  mehrere  einendes' 
umgebende  Konoide  bilden^  und  dieses  scheint  bei  dem  Kometen 
von  1769  der  Fall  gewesen  zi;  seyn,  wo  Mbssizil  am  30«  Aug^ 
und  1.  Sept.  zwei  neue  SeiteofUigel  des  Schweifes  wahrnahm, 
die  sich  nachher  in  zwei  neue  helle  Streifen ,  den  beiden  bis 
dahin  gesehenen  den  Schweif  bildenden  Streifen  parallel,  ver-? 
wandelten^;  auf  die  Materien ,  welche  in  einem  solchen  Falle 
das  äufsere  Schweifkonoid  bilden,  muJEs  die  abstolsende  Kraft 
des  Kometen  stärker,  als  auf  die  das  innere  Konoid  bildenden, 
wirken.  Die  Geschwindigkeit,  mit  welcher  dieser, Sch\i^eifst off' 
vom  Kometen  aufstieg ,  mufste  auch  bei  dem  Kometen  vod  1811 
sehr  grofs  se^n.    O1.11KA8  berechnet  aus  Beobachtungen  am  11« 


1    M^m.  de  l'aead.  de  Paris  poor  1775.  p.  592. 


.944  Komet. 

nnd  13»  Qet,  dols  dio  Scfaweiftheilclieii  die  Läoge  desselben, 
bis  auf  12.MilIio&ea  Meilen  weit,  in  11  Tagen  dorchliefeiu 

Ich  muis  die  übrigen  vonOLBiRS  noch  angefahrten  Bemer- 
kungen übergehen  und  nun  das  Wichtigste  aus  den  Untersu^ 
ohuDgen,  2X1  welchen  jene  mir  selbst  Veranlassung  gegeben  ha- 
ben, mittheilen.  'Die  erste  Untersuchung  ^  betrifit  die  Frage, 
welche  Gurve,  wenn  man  jene  Olberssche  Hypothese  von  der 
zugleich  wirkenden  Repulsivkraft  der  Soone  «md  des  Kometen 
annimmt,  diejenige  ist,  auf  welcher  ein  ruhender  Körper  ver« 
möge  jener  beiden  Kräfte  blofs  nach  der  Tangente  fortgetrieben 
würde ,  oder  wo ,  in  irgend  einem  Puncto ,  die  aus  der  Repul- 
sion der  Sonne  entstehende,  au£  die  Tangente  senkrechte  Kraft 
eben  so  grofe  ist,  als  die  aus  der  Repulsion  des  Kometen  nacd» 
entgegengesetzter  Richtung  entstehende,  auf  die  Tangente  senk«- 
rechte  Kraft.  Nimmt  man  an ,  dafs  die  abstofsenden  Kräfte  den 
Quadraten  der  Abstände  umgekehrt  proportional  sind ,  so  ergiebt 
die  Entfernung  des  Scheitelpunctes  des  Schweifkonoids  das  Ver-» 
hältnifs  dieser  Kräfte.  Jene  Curve  läfst  sich  leicht  bestimmen, 
aber  sie  ist  nicht  diejenige ,  welche  das  von  beiden  Kräften  fort-> 
getriebene  Söhweiftheilchen  wirklich  durchläuft,  sondern  weoa 
ein  auf  dieser  Curve  ruhender  Körper,  plötzlich  freigelassen,  der 
Einwirkung  beider  Kräfte  folgen  könnte ,  so  finge  er  seine  Be* 
wegung  nach  der  Richtung  dieser  Curve  an,  ginge  aber  bei  fort- 
dauernder freier  Bewegung  darüber  hinaus.  Welche  Curve  er 
weiter  durchläuft,  läfst  sich  annähernd  ebenfalls  bestimmen,  und 
diese  Curve  miifste  nun  den  wahren  Umrifs  des  Schweifes  dar- 
stellen ;  da  aber  die  Beobachtung  so  grofjse  Schärfe  der  Bestim- 
'  mung  nicht  gestattet,  als  nöthig  wäre,  um  über  die  strenge 
Uebereinstimmung  zwischen  Theorie  und  Erfahrung  zu  entscheid 
den ,  so  ist  es  hier  wohl  genug  zu  bemerken ,  dals  die  theoreti- 
sche Betrachtung,  die  sich  übrigens  wohl  noch  vollkommener 
anstellen  liefse,  eine  Form  des  Schweifes  in  der  Nähe  des  Kopfes 
ergiebt,  welche  nicht  sehr  von  der  beobachteten  abweicht. 

Eine  zweite  Untersuchung  über  diesen  Gegenstand ,  der  ich 
viel  Zeit  gewidmet  habe,  betrifft  die  Richtung  des  ganzen  Schwei- 
fes, wenn  man  blofs  auf  die  abstofsende  Kraft  der  Sonne  Rück-- 
sieht  nimmt ^«  Jedes  von  dem  Kometen  sich  trennende  Schweif- 


1  Y.  Zach  monatl  Com  XXVI.  538.    ' 

2  Als  einxelne  hienpit  in  Ver^indang  ttehaado  Untertachongon 


Bildung  der. Schweife.  filS 

thejichen  wind  hier  aogMehen ,  als  oh  es  ehsn  die  Qesdifwio*- 
digjkeit,.  wie  der  Komet  selbst,  nach  der  Richtuiig  derTangeote 
seiner  Bahn  hatte ,  und  wenn  die  abstofsende  Kraft  der  Sooae 
im .  umgekehrten  Verhaltnisse  des  Quadrates  der  Entfernungen 
wirkt,  so  beschreibt  das  Theilchen  eine  Hyperbel,  in  deren 
entfernterem  Brennpnncte  die  Sonne  steht.  Das  Schweiftheil- 
chen  bewegt  sich  auf  dieser  Hyperbel  so,  dafs  die  zwischen  dett 
Radien  enthaltenen  Sectoren,  in  bestimmten  Zeiten,  denjenigen 
Sectoren  gleich  sind,  die  der  Komet,  selbst  beschreibt;  Man 
nmb  daher  für  eine  ganze  Folge  von  Zeitpuncten  diejenigen  Hy«v 
perbeln  berechnen ,  welche  die  von  dem  Kometen  losgerissenen 
Theilchen  durchlaufen  werden,  Und  auf  jeder  von  ihnen  den 
Punct  angeben ,  welchen  d^s  Theilchen  in  einem  gewissen  Zeit«- 
puncto  erreicht  hat;  dann  giebt  die  Reihenfolge  dieser  Puncte, 
wohin  verschiedene  Theilchen  in  einem  und  demselben  Augen««- 
blicke  gelangt  sind  ^  die  Gestalt  des  Sdhweifes  an«  Hierbei  wird 
freilich  vorausgesetzt,  dafs  man  die  absolute  Grölse  der  absto- 
faenden  Kraft  der  Sonne  kenne,  und  obgleich  diese  eist  aus  den 
Beobachtungen  gefunden  werden  kann ,  so  ist  es  doch  angemes» 
sen,"  solche  Schweife,  unter  Voraussetzung  einer  bestimmten 
Greise  dieser  Kraft^,  zu  berechnen,  um  im  Allgemeinen  die  sich 
eigebenden  Gestalten  der  Schweife  kennen  zu  lernen ;  nachher 
labt  sich  dann  aus  den  Beobachtungen  untersuchen ,  wie  grols 
die  im  einzelnen  Falle  wirksamen  Kräfte  gewesen  seyn  müssen« 

Wenn  man  zuerst  animmt,  dafs  die  abstobende  Kraft  der 
Sonne,  mit  welcher  sie  auf  das  Schweiftheilchen  wirkt,  nur 
eben  so  grob  sey,  als  die  anziehende  Kraft,  mit  welcher  sie 
auf  den  Kometen  wirkt ,  so  ergeben  sich  für  drei  Stellungen  des 
Kometen  folgende  Resultate.  Der  Komet  gebraucht  eben  so  lange 
Zeit,  um  von  dem  Pnncte,  wo  der  Radius  Vector  =  0,8221  •  p 
-war ,  bis  zu  dem  Puncte ,  wo  er  =  0,5  •  p  ist ,  zu  gelangen ,  ab 
er  von  dem  Puncte ,  wo  der  Radius  Veotor  s=:  0,5  •  p  ist ,  bis  zur 
Sonnennähe  gebraucht  und  ab  er  von  der  Sonnennähe  bis  zu 
dem  Puncte,  wo  der  Radius  Vector  =  0,5 «p  ist,  gebraucht« 
wir  wollen  daher  in  den  Stellungen,  wo  erstlich  der  Radius 
Vector  =s  0,5  •  p.  ist  vor  der  Sonnennähe ,  wo    er   zweitens 


sind  die  über  die  wahre  Creatalt  der  Kometenschweife ,  wie  die  Beob- 
achtangen  sie  gsTgeben ,  aasnsehen«  Astr.  'Zeitschr.  I.  394«  and  Unter* 
haltoogea  ^r  Freunde  d.  fbj$,  n.  Astr.  Bd.  L  Hft«  9. 


946  Koinet- 

s=  0,25 -p  ist  in  der  Sonnennähe  nni  wo  er  drittens  s==0,5.  p 
ist  nach  der  Sonnennähe ,  die  Lage  bestimmen ,  welche  die  in 
jener  eben  erwähnten  Zeit  von  ihm  ausgegangenen  Theilchen 
erreicht  haben,  am  so  die  Form  des  SchweHes,  so  fern  er' jedes- 
mal ans  den  in  diesen  Zeiträumen  «bgestoftenen  Theilchen  be- 
steht, kennen  zu  lernen.  Dafs  hier  p  den  Parameter  der  para- 
bolischen Kometenbahn  bezeichnet ,  erhellet  von  selbst  Wenn 
nun  r  den  Radius  Vector  desjenigen  Punctes  bezeichnet,  wo 
das  Theilchen  den  Kometen  verlieb  ^  q  den  Radius  Vector  und 
ip  ä¥n  Winkel ,  welchen  er  mit  der  Axe  der  Komete^ibahn' 
macht,  für  denjenigen  Punct,  in  welchem  jenes  Theilchen  an- 
gekommen ist,  in  dem  Augenblicke,  da  der  Komet  die  angege- 
bene Stellung  einnimmt,  so  ergiebt  sich  Folgendes.  Für  die 
erste  Stellung  des  Kometen ,  por  der  Sonnennähe,'  wo  sein  Rad. 
V«  sc  0,5  •  p  9  gehören  zusammen : 

r  =  0,8221,      p=»  0,605,      V'^Äi'ST^SS^ 
r  =  0,6,         .  p«?  0,5156,    V=*90  11  17 
r  =  0,5,  (»  =  0,5,         V=9() 

Alle  diese  Theilchen  sind  also  auf  eine  Lange ,  die  etxva  0,1 .  p 
beträgt,  zusammengedrängt,  imd  die  Zuriickbeiignng  ist  so, 
dafs  der  Schweif  von  der  Sonne  aus '  beinahe  3  Grade  lang  er- 
scheinen würde.  Für  die  zweite*  Stellung,  in  'der  Sonnennähe 
selbst,  gehören  zusammen) 

r  =  0,5,        c»  =0,4S33,*       ^=  38*  55-23*' 
r  =  0,4,        Q  =  0,419,        ^.  =  25  48    6 
r  =  0,3,        (»=0,327,         V=   8  32  56      . 
r  =0,287,    ^  =1 0^3095,  .     ^=7    6  33 
r  =  0,2563;  Q  =  0,2633»        Mf  beinahe  ^  0» 
r  =  0,25,      Q  =  0,25,  V  =  0. 

Die  in  eben  so  langer  Zeit  vom  Kometen  losgerissenen  Theü-r 
chen  bilden  als«  einen  stark  gekrümmten  Schweif,  dessen  Länge 
weit  erheblicher,  als  die  zwischen  den  Endpuncten  gezogene 
3efine  =  0,32. p  ist  und  dessen  Zurückbeugung  so  viel  be- 
trägt, dafs  er,  vx)d  der  Sonne  ans  gesehen,  30  Grade  lang  er- 
scheinen würde^  Für  die  dritte  Stellung  nack  der  Sonnennähe, 
wenn  der  Radius  Vector  wieder  ==s0,6<p  geworden  ist,  gehüren 
zusammen : 

»  =  0,25.  Q  =  0,9075,  p  =  58«  52'—^ 
r=50,27,  e  =  0,7650,  ^  =  74  37  29 
r  =  0,3,       «»a6566i       S;^S3    3  36 


Bildung  der  Schweife;  947 

r  =  0,4,         «=0^73,       ^=Ä89*2r 
r  s  0,46i        9  =?  Ot5035^        ^  beioahe=sgQo 

Hier  bat  dl«  Sehne  des  ^chweifee  eine  Länge  von  0^55  »p-  nrid 
dieser  Schweif  erscheint  ^  Von  der  Sonne  i^ns  gesehen  ^  über  31 
Gr.  kng  K  Wenn*  also  diese  Sebweifthdile  eile  gleich  got  ge- 
sehen würden,  so  fände  in  starkem  Malke  eine.  Verlängerung  des 
Schweifes  um  die  Zeit  des  - Perihelii  statt;  aber  diese  Vorauf 
Setzung'  läfst  ^ich  nicht  annebmem  Um  also  die  Frage  zn  be-. 
antworten,  wie  unsere  berechneten  Schweife  in  Rücksicht  der 
Intensität  ihres  Lichtes  und  in  Rücksicht  ihrer  liinge  erscheinen, 
würden,  wollen  wir  nach  atwei  verschiedenen  Voraussetzungen* 
rechnen«  Wir  wollen  erstlich,  wenn  dieses tSi^oh  wenig  wahr-* 
scheinlich  ist,  annehmen,  die  Menge  der  vom  Kometen  aus* 
gehenden  Theilchen  sey  blob  der  Zeit  proportional,  un^  die 
Intensität  des  Lichtes  werden  wir.  mit  ollem  Rechte  der  in  glei- 
chem Räume  vorhandenen  Anzahl  der  Theilchen  proportional 
setzen.  Es  lälst  sich  leicht  zeigen ,  da£i  die  Zeiten ,  welche  der 
Komet  gebraucht,  um  von 

r  =  0,8221  bis  r=±:  0,6, 
öder  von  r  ss  0,5       bis  r  =  0,1?87j 

oder  von  r  £=  0,25-     bis  r  =»  0,4     2tt  gelangen ,  ziem- 

lich nahe  gleich  sind,  ^ebenso  die  ^Zwischenzeiten  zwischen 
r  =  0,6  und  r  =  0,5,  oder  r  =  0,287  «nd  r  =  0>25,  oder 
r  s=3  0^4  und  r  =  0)5-^  nahe> gleich  sind,  und  dafs  diese  Zeiten 
sich  verhalten  wie  7  KU  3*  Nun  betragt  die  Länge  des  der. letz- 
ten Zwischenzeit  entsprechenden  (aus  den  in  dieser  Zeit  ausge- 
gangenen Theilchen  bestehenden)  Schweifes  in  den  drei  Stellun- 
gen des  Kometen  0,015.  p,  0,070.  p»  0|027.p,  und  die  mittlere 
Intensität  des  Lichtes  fiir  diesen  zunächst  am  Kometen  liegen- 
den Theil  des  SchweiÜBS  stände  in  umgekehrtem  Verhältnisse 
dieser  Zahlen«  Nimmt  man  dagegen  ,  als.  zweite  Voraussetzung, 
an,  wozu  wir  ziemlich  berechtigt  zu  seyn  scheinen^  dafs  die 
Menge  der  vom  Kometen  losgerissenen  Theilchen  der  Gr^^lse  der 
abstoben  den  Kraft  proportional  sty ,  so  findet  man ,  dafs  für  die 
in  den  eben  erwähnten  Zeiten  entstandenen  Theile  des  Schwei- . 
fes  die  Längen 


1     Diese  Schweife   slnct   In  meinen  Vorlesangen  über   die  Astron« 
Taf.  X.  im  2.  Th.  darge»tellt. 


948  Komet. 

=  0,015,       =0,0?0,       =0,027 
bleiben ,  aber  ihnen  eine  mittlere  LichtstäilKe  " 

=  •96,  =100,  =80 

zukommt ,  dafs  also  Tor  der  Sonnennähe ,  als  die  Anomalie  des 
Kometen  =  90*  war,  der  nur0,015  lange  Schweif  nicht  mehr 
mittlere  Intensität  des  Lichtes  besafs,  als  der  von  =  0,t)70  Lange 
in  der  Sonnennahe,  und  dafs  nach  der  Sonnennfihe  bei  90* 
Anomalie  der  ungefähr  doppelt  so  lange  Schweif  doch  in  sei- 
ner ganzen  Lange  noch  eine  fast  gleiche  Intensität  des  Lichtes 
besafs ,  wie  der  kürzere  vor  der  Sonnennähe.  DieCs  sind  Resul- 
tate, die  der  Erfahrung  nahe  genug  entsprechen,  und  da'das 
Gesetz  der  Aussendung  der  Schweiftheilchen  gewifs  sich  nicht 
ganz  genau  an  die  GfOfse  der  abstofsenden  Kraf^  bindet ,  da  es 
o£Penbar  Abänderungen  nach  Mafsgabe  der  Materie,  welche  zum 
Aussenden  da  ist,  leidet,  so'k^Snnte  man  mit  dieser  Ucfberein- 
Stimmung  immer  zufrieden  seyn. 

Ich  theile  noch  die  Berechnung  eines  zweiten  Falles  mit, 
wo  in  gleichen  Entfernungen  die  abstofsende  Kraft   48  mal   so 
grols,  als  die  anziehende  Kraft  angenommen  ist.     Da  ich  hier 
eben  die  drei  Stellungen  des  Kometen  nehme, -so  kann  ich  mich 
kürzer  ausdrucken.    Für  die  erste  Stellung  gehören  zusammen : 
T  =  0,6221,    Q  =  2,010,,    V  =  104*55' 36" 
r  =  0,6,         Q  =  0,8196,    ip  =    92  50    6 
X  =  0,5,         Q  =  0,5,         V  =    90    0    0. 
Hier  hatte  also  der  in  dem  letzten  Zeiträume  entstandene  Schweif 
eine  Länge  =  0,320 ,  bei  ungefähr  2^  50^  Zurückbeugung.   Für 
die  zweite  Stellung  geh($ren  zusammen :  ^ 


r  =  0,5, 

Q  =  2,7420, 

V 

=  78»  16*  13" 

r  =  0,29, 

Q  =  1,1247, 

V 

=  29     1  24 

r  =  0,256, 

Q  =  0,4816, 

V 

=    6  42  25 

r  =  0,25, 

p  =  0,25 

V 

=*    0    0    0. 

Für  di«  dritte  Stellang  gehttreti  zusammen : 

r  =  0,25> 

Q  =.  4,279, 

V 

=  15»45'26r. 

r  =  0,3, 

Q  =  2,423, 

V^' 

=«  61  17    2 

»  =  0,4, 

9  =  1,003, 

^ 

=  84  28  13 

t  =»  0,46, 

C  =  0,585, 

V 

=»89  30  33 

t  =  0,5, 

f  =  0,5. 

V 

=  90    0    0. 

Wenn  yrir  blofs  auf 

die  Lange  des  entstandenen  Schweifes  sehen 

und  ans  auf  die  tiemlioh  gleichen 

Zeiten  beschränken, 

da  der 

Komet  Ton 

/ 

Bildung  der"  Schweife.  94d 

T  =  0,6    bis  t  *=  0,5, 
da  er  von  t  s^  0,20  bis  t  es  0,25, 

und  Ton  r  axs  0,4     bis   r  =  0,5 

gelangte,  so  sind  die  entstandenen  Langendes  Schweifes 

=  0,32,         =  0,95,         =*  0,52. 
Aber  die  mittlere  Intensität  des  Lichtes  dieser  drei  Schweife  ist, 
wenn  ich  die  Menge  der  Licht  aussendenden  Theitchen  auf  die 
Weise ,  wie  «vorhin ,  der  GrOfse  der  abstolsenden  Kraft  gemUi| 
bestisiiae ,  in  den  drei  Füllen 

=  0,61,  fca  J,00,  =  0,56. 
Wenn  man  dagegen  sich  auf  einen  nodi  kleinem  Theil  des' 
Schweifeis  beschränkt  undiiir  die  beiden  lettten  Stellungen  des 
Kometen  nur  denjenigen  Theil  betrachtete  der  in  den  letaten 
zwei  Fünfteln  der  eben  angenommenen  Zeit  entstanden  ist^ 
nämlich  während  iei  Komet  von 

r  =  0,256  bis  r  =  0,25 
und  da  er  von      r  c=s  0,46    bis  r  =  0,5 
fortgeht,  so  findet  man  die  mittlere  Intensität  des  Lichtes  bei- 
nahe' gleich  =3 1,58  im  einen  und  =  1,46  im  andern  Falle ,  die 
Länge  aber  im  ersten- Falle  =sQy24,   also  dreimal  so  grols,  als 
im  zweiten  =;  0,08. 

Diese  Folgerungen  über  die  Zunahme  des  Schweifes  um  die 
Zeit  des  Perihelii  und  kurz  nachher  und  über  die  Abnahme  des- 
selben, wenn  der  Komet  sich  mehr  von  der  Sonne  entfernt, 
stimmen ,  w^nn  man  noch  auf  keine  ganz  strenge  Yergleichung 
mit  den  Beobachtungen  eingeht,  recht  wohl  mit  denselben 
überein* 

Wir  haben  bisher  die  vom  Kometen  ausgehenden  Schweif« 
theilchen  so  angesehen ,  als  ob  sie  genau  die  anfängliche  Ge« 
schwindigkeit  des  Kometen  selbst  hätten ;  aber  das  ist  nicht 
nothwendig  und  scheint  offenbar  bei  den  Kometen  nicht  der 
Fall  zu  seyn ,  die  einen  gegen  das  Ende  hin  sehr  ausgebreiteten 
Schweif  haben.  Wenn  der  Komet  selbst  eine  abstofsende  Kraft 
auf  die^Schweif theil  eben  ausübt,  so  müssen  die  gegen  die  Sonne 
zu  abgeAolsenen  Theilchen ,  nachdem  sie  ihre  gröfste  Entfer-* ' 
nnng  vom  Kometen  erreicht  haben ,  von  der  Sonne  abwärts  zu 
stKknen  anfangen ;  sie  haben  also ,  wenn  sie  auf  der  Kometen- 
bahn ^ankommen ,  läne  etwas  andere  Geschwindigkeit,  als  der 
Komet  selbst,  und  zwar  die  ihm  vorangehenden  eine  etwas  grtf- 
fsere,   die  nachfolgenden  eine  etwas  kleinere,   verbunden  mit 


950  Komet. 

einer  von  der  Sonne  ähnnhU  gehenden  Geschwindigkeit  Um 
nur  ungefähr  zu  zeigen,  welchen  Einfluls  eine  solche  Geachwin- 
digkeit  der  Vorauseilenden  und  der  zurückbleibenden  Theilchen 
auf  die  Gestalt  des  Schweifes  hat,  habe  ich  ein  Beispiel  berech- 
net, wo  die  abstofsende  Kraft  der  Sonne  der  auf  den  Körper 
4es  Kometen  wirkenden  anziehenden  Kraft  gleich,  die  auf  den 
Rfldiua  Vector  senkrechte  gegen  den  Kometen  relative  Geschwin*- 
digkeit  der  Theikhen  aber  halb  so  grofs  als  die  Geschwindigkeit 
des  Kometen  selbst  und  die  Geschwindigkeit  nach ,  der  Richtung 
des  Rad.  Vect.  der  des  Kometen  gleich  ist.  .  i>ann  ergiebt  sich, 
yrffon  (»'» V^' sich  auf  die  vorangehenden,  (>",  ^'  sich  auf  die  nach-* 
folgenden  Theilchen  beziehen ,  für  die  erste  Stellung  des  Kome— 
teni  wo  r=7  0^5  war,  als  zusammengehörend: 

x^0,6...  9=0,6557,  p' =0,6376,  ^^=86^32',  V'''=9r«53|.' 
x=0,5...  p'=p"=.0,5,  ^'==yÄ=gö«0', 

für  die  zweite  Stellung,  r==0,25  J 

r=0,4,     (»  =  0,7734,  9'= 0,6178,  v=36«  IS',  v'=65«9i', 
^=0,287,  (?'=0,5073,  ^'=0,4377,  ^^=10»  8',  v"=32n', 
r=0,25,    p'=:p"=0,25,  V'=V"=0«0', 

für  die  dritte  Stellung,  1=0,52 

ri=0,3,  p  =  1,0428,  (>' =0,9232,  ip=79»59^,   y'=58«244', 
^=0,4,  (»'=0,6997,  (»"=0,670,    v=92«44V  v'  =  79«30, 
r=0,5,  q'=q''^0,5,  ^'=y/'=90'*tf. 

Um  hier  die  Lichtstärke  der  einzelnen  Theile  zu  berechnen, 
mUfste  man  noch  mehrere  Voraussetzungen  über  die  Austheilung 
der  mit  verschiedenen  relativen  Geschwindigkeiten  (in  Bezie- 
hung auf  den  Kometen)  begabten  Theilchen  annehmen.  Hierbei 
zu  verweilen ,  würde  jetzt  noch  zu  voreilig  seyn ;  ich  bemerke 
daher  nur,,  dafs  man  die  fächerförmig  ausgebreitete  Form  des 
Schweifes  weniger  breit  erhalten  würde  und  damit  eine  den 
Beobachtungen  mehr  entsprechende  Form  erhielte,  wenn  man 
die  relative  Geschwindigkeit  senkrecht  auf  den  Radius  Vector 
geringer  setzte* 

Diese  Folgerungen  alle  wegichen  nicht  so  merklich  von  der 
Erfahrung  ab,  dafs  man  sich  nicht  geneigt  finden  könnte,  die 
Theorie  als  die  richtige  anzusehen^  aber  bei  einer  schärferen 
Vergleichung  bieten  sich  dennoch  Zweifel  dagegen  dar«  Sehen 
wir  nämlich  jetzt  nur  auf  die  Axe.des  Schweifes,  auf  die  Mittel- 


Bildung,  der  Schweife.  ftSl 

Hnie  zwitchen  seinen  beiden  Grenzen  ^9  90  ktenen  wir«  die 
TheOchen ,  die  sich  in  dieser  befinden ,  so  ansehen ,  als  ob  sie 
Uofs  die  eigene  Geschwindigkeit  des  Kometen  als  Anfangsge- 
schwindigkeit besafsen,  ond  nun  lidTse  sich  aus  den  BeobachtuQ«» 
gen  finden,  wie  grofs  die  abstolsende  Kraft  seyn  müfste,  damit 
das  Schweiftheilchen  in  den  beobachteten  Panct  gelange.  Die 
Formeln  zeigen  (und  selbst  eine  oberflächliche  Untersuchung 
filier  die  Gleichheit  der  Sectoren  in  gleichen  Zeiten  zeigt),  dafs 
man  die  Gröfse  der  abstoftenden  Kraft  und  den  Ort,  wp  das 
Theilchen  den  Kometen  verliefs,  aus  den  in  der  Beobachtung 
gegebenen  Gräben  finden  kann ,  und  nun  sollte  sich  der  Werth 
der  abstobenden  Kraft  in  Vergleichung  gegen  die  anziehende 
gleich  grofs  finden ,  welchen  Punct  des  Schweifes  man  auch  in* 
Betrachtapg  zage.  Dieses  findet  aber  nicht  statt  und  nötlugt  un» 
au  dem  Gestandnisse,  dafs  die  Theorie  noch  in  wesentlichen 
Puncteu  einer  Conrection  bedarf  Diese  Rechnungen,  auf  einige 
Beobachtungen  des  grolsen- Kometen  von  1811  angewandt,  ge- 
ben Folgendes»  BfiSSKL  beobachtete  am  11.  Sept.  die  Lage  der  , 
Axe  des  Schweifes  und  bestimnfte  einen  Punct  in  ihr,  der 
=sO,0248.p,  ungefähr  2  Millionen  Meilen  von  dem  Kometen  ent- 
fernt war;  die  Berechnung  zeigt,  dafs  das  dortbeobachteteTheil- 
ohen  vor  ISi  Tagen  den  Kometen  verlasseü  haben  und  dafs  die 
abstofsende  Kraft  ^ss  2,4Ö  der  anziehenden  se3m  mufste,  wenn 
übrigens  unsere  bisherigen  Voraassetzungen  gelten:  Eine  andere 
Beobachtung  vpn  Bbssbl  am  5.0ct.,  gerichtet  auf  ein 0,0238. p 
-vom  Kometen  entferntes  Theilchen,  giebt  die  Kraft  £=:5,7*  Aber 
entscheidender  spricht  sich  die  Abweichung  der  Theorie  von 
der  Erfahrung  aus ,  wenn  man  für  einerlei  Zeitpunct  zwei  un- 
gleich vom  Kometen  entfernte  Puncte  des  Schweifes  berechnet« 
Die  Zeichnung  des  Kometen  von  1811  für  den  11.  Oct  giebt 
für  einen,  nur  um  0,0130. p,  ungefähr  1  Million  Meilen  vom 
Kometen  entfernten,  Punct  der  Schweifaxe  eine  so  starke  Zpriick- 
beugung,  dafs, nur  eine  abstofsende  Kraft  es  0,9  erfordcriioh 
wäre ,  um  die  Schweiftheilchen  in  die  der  Beobächtmig  entspre* 
chende  Lage  zubringen;  führt  man  dagegen  für  eben  die  Zeit 
die  Rechnung  für  ei«en  0,1348.  p,  ttnge£ähr  10  Millionen  Meilen 
vom  Kometen  eflitfsroten  Punct,  sOteäfste  man  die  Kraft  c!siQ,85 


1    Wie  man   die   wahre    Axe   des   Schweifkonoidt   so   genaa  als 
mngllck  findet  9  habe  toh  in  der  asir.Ziitiokr.  L  6M.  geseigt 
V.  Bd.  Ppp 


952  Komet. 

annehmen.  Diese  Abweichung  der  Theorie  von  der  Erfahhing 
zeigt  sich  zwar  um  etwas  vermindert,  "v^enn  man  an  die  anfaDg- 
liehe  Geschwindigkeit  denkt  ^  mit  welcher  selbst  die  in  der  Axe 
des  Schweifes  liegenden  Thieilchen«  vom  Scheitel  des  Schweif-^ 
konoids  her  ankommen  mochten,  als  sie  beim  Fortgehen  von  der 
Sonne  abwärts,  vor  dem  Kometen  Vorbei  gingen ;  aber  dennoch 
zeigt  sich  immer,  dafs  der  Schweif  sehr  nahe  am  Kometen  stär* 
ker  zurückgebeugt  ist,  als  er  nach  dieser  Theorie  seyn  sollte« 
Vergleichungen  ^er  Theorie  mit  den  Beobachtungen  des  Kome-^ 
ten  von  1744  geben  eben  solche  Abweichungen, 

Hieraus  scheint  sich  das  Resultat  zu  ergeben ,  dafs  die  von 
der  Sonne  abwärts  aufsteigenden  Schweiftheilchen  nicht  blob 
dieser  abstolsenden  Kraft  folgen  ,  sondern  zugleich  einen  merk- 
lichen Widerstand  finden  und  daher  sogleich  sehr  merklich  hin- 
ter dem  Kometen  zurückbleiben ;  und  es  verdiente  nun  eigent- 
lich die  Frage ,  ob  die  Rücksicht  auf  einen  splchen  Widerstand 
die  Phänomene  genügend  erkläre,  eine  genaue  Beantwortung» 
Dieses  I^oblem  auf  eine  irgend  genügende  Weise  zu  Idsien»  ist 
fnir  nicht  gelungen,  und  ich  mu£s  es  daher  gänzlich  unentschie- 
den lassen ,  ob  die  vorhin  angeführten  Umstände ,  ;^elche  in  der 
Erfahrung  so  sind ,  wie  die  Theorie  sie  ergab ,  zu  einiger  Be- 
gründung der  Hoffnung  führen ,  dafs  jene  Theorie ,  mit  Rück- 
sicht auf  den  Widerstand  verbessert ,  richtig  seyn  könne.  DaJs 
die  auf  die  Schweiftheilchen  wirkende  abstofsende  Kraft  bei  ver- 
schiedenen Kometen  verschieden  seyn  könnte,  dafs  einige  vom 
Kometen  aufsteigende  Materien  stärker,  andere  schwächer  abge- 
stofsen  werden  könnten  und  dapn  zwei  oder  mehr  Schweife  von 
ganz  ungleicher  Ktümmung  sich  bilden  mülsten ,  das  liefse  sich 
wohl  einsehen,  und  eine  Anwendung  der  Rechnung  auf  einzelne 
Kometen  würde  hier  mannigfialtige  Belehrung  gewähren ,  wenn 
die  Hauptsätze  der  Theorie  erst  festgestellt  wären.  Wie  man 
die  nach  der  Sonne  gerichteten  Schweife,  oder  die,  deren  Rich- 
tung sehr  weit  von  der  Opposition  abweicht,  erklären  solle, 
würde  alsdann  eine  besondere  Erwägung  V-erdienen^ 

Unter  den  von  andern  Schriftstellern  angegebenen  Meinun- 
gen über  die  Entstehung  der  Kometenschweife  sind  nur  wenige  • 
von  der  Art ,  dafs  sie  hiejr  Yiäl^er  betrachtet  zu  WMden  verdienen. 
PiAzzi's  Meinung^  scheint  mir  weder  an  sich  glaublich,  noch 


1    Delltt  cometa  dell*  anno  1811. 


Bildung  der  Schweife.  0S3 

sor  ErUXrang  iei  Encheinungen  recht  geeignet*  Wenn  es  «nch 
gegründet  seyn  mag,  was  dieser  Astronom  annimmt,  dafs  der 
Komet  materielle  Theilchen  an  sich  zieht,  so  ist  es  doch  gar 
nicht  anzunehmen,  dals  diese  Anziehung  bis  nof  10  oder  20 
Millionen  Meilen  merklich  seyn  und  noch  da  eine  solche  Ver« 
dichtnng  der  angezogenen  Theilchen  bewirken  sollte ,  dals  sie 
durch  eignes  oder  reflectirtes  Licht  sichtbar  'würden,  und  es  er- 
hellet gar  nicht,  warum  sie  nur  in  der  der  Sonne  beinahe  gerade 
entgegengesetzten  Richtung  vorhanden  seyn  oder  nur  da'  so  be- 
schämen seyn  sollten ,  dafs  sie  uns  reflectirtes  Licht  (denn  mxt 
das  scheint  PiAzzi  ihnen  beizulegen)  znsenden* 

Etwas  mehr  durchgeführt,  aber  ganz  unhaltbar,  ist  LbH'* 
MAVH^s  Hypothese^.  Er  nimmt  an,  dafs  diejenigen  Kometen^ 
'welche  keinen  Schweif  haben ,  sich  wie  die  Hauptplaneten  so 
tun  ihre  Axe  drehen ,  dafs  sie  der  Sonne  abwechselnd  ihre  yer* 
schiedenen  Seiten  zuwenden,  dafs  hingegen  die  geschweiften 
Kdmeten  der  Sonne  immer  dieselbe  und  zwar  diejenige  Seite 
zuwenden ,  welche  die  meiste  Masse  hat*  Er  nimmt  femer  eine 
Expansivkraft  der  den  Kometen  umgebenden  Materie  an ,  ohne 
jedoch  zu  sagen ,  dals  diese  nach  der  Richtung  von  der  Sonne 
abwärts  stärker  wirken  solle,  sondern  erkliut  die  nur  nach  der 
einen  Richtung  gröfsere  Ausdehnung  der  Kometen  -  AtmosphMre 
daraus ,  dab  die  Schwungkraft  an  der  von  der  Sonne  abgewand«* 
tan  Seite  gröfser  und  die  Anziehungskraft  der  Sonne  dort  kleinst 
sey;  so  entstehe  also  ein  Uebergewicht  der  Expansivkrafit ,  oder 
die  atmosphärischen  Theilchen  werden,  wie  er  glaubt,  durch 
eine  Art  von  Fluth  an  jener  Seite  angehäuft.  Hierbei  erscheint 
es  aber  als  ganz  willkürlich  angepommen ,  dafs  die  Expansiv«» 
kraft  un^  nur  da  ihre  Wirkung  zeigt,  wo  jener  doch  in  dev 
That  höchst  geringe  Unterschied  der  gegen  die  Sonne  wirkenden 
Kraft  statt  findet;  Wäre  eine  nach  allen  Richtungen  gleich  wir-* 
kende  Expansivkraft  vorhanden,  so  erhellet  durchaus  nicht,  war- 
um sie  nicht  auch  nach  einer  auf  den  Radius  Vector  senkrech* 
ten  Richtung  die  Kometen  •*  Atmosphäre  erweitem  sollte ,  und 
die  Verlängerung  nach  der  Richtung  des  Radius  Vector  könnte 
gewib,  so  wie  bei  der  Ebbe  und  Fluth  auf  der  Erde,  nur  höchst 
unbedeutend  seyn.  Lermavit  bezieht  sich  zwar  auf  die  Resul* 
täte  seines  Calculs,  allein  auch  dieser  ist  nicht  so  weit  fortge« 


1    Astr.  Jahrb.  18%  8.  161. 

Ppp2 


954  Komet. 

iiihrt,  als  zur  festen  Begründting  seiner  Hypothese  erforderlich 
gewesen  wäre^« 

'  Vielleicht  die  allemngenügendste  ErklSrang  der  Kometen-» 
schweife  ist  die  von  Cardabtus  angegebene,  die  noch  neoerlich 
Ton  PoMfEB  DE  Lauvb  wiedcf  T^rtheidigt  worden  i^t.  Nach 
des  Letztem  Meinung  sind  die  Kometen  aus  einem  durchsichti- 
gen Flüssigen  zusammengesetzt,  und  so  wie  man  sich  einer 
Glaskugel  mit  Wasser  gefüllt  bediene,  nm  ein  mehr  gesammeltes 
licht  zu  erhalten,  so  sammle  die  Kometenkugel  das  Licht  hin- 
ter.sich  und  stelle  den  Schweif  dar  ^.  Flavogrouvs  zeigt,  dals 
die  Phänomene  des  Schweifes  dieser  Hypothese  nicht  einmal 
entsprechen  und  da(s  das  von  Cahdahu9  angeführte  Experiment 
gerade  das  Gegentheil  von  dem  betveise  f  i^as  es  beweisen  soll. 
Cardavus  nämlich  liefs  in  ein  übrigens  verdutikeltes  Zimmer 
das  Licht  durch  eine  Glaskugel  einfallen ;  da  zeigte  sich  freilich 
ein  heller  Strahl  dtgrch  den  Wiederschein  an  Sonnenstäubchen 
und  andern  sichtbaren  Theilchen,  aber  Flaugergubs  bemerkt 
mit  Recht,  er  hätte  nur  die  Fensterladen  Offnen  sollen,  um  sieh 
sa  iib  erzeugen ,  dafs  dann  kein  Schweif  der  durchsichtigen  Ku- 
gel mehr  sichtbar  bleibe^ 

Ich  schlieüse  diese  Bemerkungen  über  die  Kometenschweife 
mit  der  Erwähnung  der  Frage,  welchen  Einflufs  der  Kometen- 
schweif auf  unsere  Atmosphäre  haben  würde,  wenn  er  sie  er- 
reichte. Beantworten  kann  niemand  diese  Frage  und  die  altem 
Hypothesen,  die  die  Siindlluth  von  einem  Kometen  herleitl'tea 
XL  s.  w.,  brauchen  nicht  mehr  erwähnt  zu  werden.  Es  ist  einiger- 
mafsen  glaublich,  daCs  am  26«  Juni  1819  die  Erde  durch  den 
Schweif  ^%  damals  erschienenen  Kometen  gegangen  ist;  aber 
eine  Wirkung  hat, niemand  wahrgenommen,  da  die  grofse  Hitze 
um  jene  Zeit  oft  auch  statt  gefunden  hat,  wenn  kein  Komet  in 
unserer  Nachbarschaft  vorhanden  war. 

lieber  die  allmälige  Ausbildung  der  Kometen  und  über  den 
Einflufs,  den  jede  Rückkehr  zur  Sonnennähe  auf  diese  Ausbil- 
dung haben  mag,  hat  vorzüglich  Hkrschbl  eine  umständlich 
entwickelte  Meinung  angegeben.     Nach  seiner  Meinung^,    der 


1    Dtfqnisitiones  nonnullae  mechanicae   de  ongine  caadamm  eo- 
meUram  cet.  Gott.  1821  8. 

2    Trait^  et  defioition  des  comdtes.  Aooen  IBIS. 
8    Philo«.  Tratisact.  1812.  p.  115.  229. 


Bildung  der  Schweife.  055 

ttiich  Laplack  seinen  Beifall  gegeben  hat',  bestehen  die  Kome-- 
ten  aus  eben  solcher  Materie ,  wie  diejenigen  Nebelflecke ,  die 
nach  seinen  Beobachtungen  als  noch  unausgebildete  Massen 
fin^r  sehr  dünnen ,  selbst  leuchtenden  Materie  im  Welträume 
schweben  und  vilelleicht  sphon  fiir  sich  allein  zu  einer  allmäligen 
Verdichtung  gelangen.  Wenn  diese  unserer  Sonne  nahe  genug 
kommen,  um  ihrer  Attraction  zu  folgen,  so  beschreiben  sie,  eben 
so  gut  I  wie  es  dichtere  Körper  thun  würden ,  eine  Ellipse ,  Pa- 
rabel oder  Hyperbel  um  die  Sonne.  Diese  Materie  ist  aber  der 
Verdünnung  durch  den  Einflufs  der  Sonne  oder  durch  die  Son« 
nenwärme  so  sehr  fähig ,  dafs  ein  Anschwellen  der  Kometen- 
Atmosphäre  besonders  an.  der  der  Sonne  zugekehrten  Seittf  ent- 
steht,  weshalb  der  Kern  auch  bei  dem  Kometen  von  1811  nicht 
geqau  in  der  Mitte  des  den  Nebel  bildenden  Kopfes  des  Kometen 
erschien.  Die  neblige  Materie  des  Kometen ,  die  vermuthlich 
in  gröfserer  Entfernung  *  von  der  Sonne  eine  sphärische  Form 
hatte,  steigt  also  voor  dem  Kometen  auf  und  wird  nun  durch  den 
Impuls  der  Sonnenstrahlen  (so  drückt  Hbrschel  es  aus)  in  ein« 
kleine  Bewegung  gesetzt,  so  allmälig  von  der  Sonne  entfernt 
und  in  einer  etwas  divergirenden  Richtung  der  Region  der  Fix- 
sterne zugefi^hrt.  Da  nun  auf  diese  Weise  ein^  sbhr  grofse 
Menge  feiner  Flüssigkeiten ,  wenn  gleich  in  sehr  verdünntem 
Zustande,  dem  Kometen  entrissen  wird,  so  ist  zu  vermuthen, 
dafs  der  Komet  dadurch  in  einen  verdichtetem  Zi^stand  übergeht 
und  dafs  diejenigen  Kometen ,  die  schon  öfter  ihre  Sonnennähe 
erreicht  haben ,  zu  einem  mehr  verdichteten  Zustande  gelangt 
sind  und  daher  keine  so  grofsen  Schweife  zeigen,  als  diejenigen, 
die  noch  viele  Materie ,  welche  der  Verflüchtigung  in  der  Son- 
nennähe noch  nicht  ausgesetzt  gewesen  ist,  mitbringen.  Auf 
diese  Weisa  könnte  man  die  grofse  Länge  eines  Kdm et en Schwei- 
fes entweder  als  einen  Beweis  ansehen ,  dafs  der  Komet  noch 
selten  oder  nie  in  die  Sonnennähe  gekommen  sey,  oder  auch, 
dah  er  bei  dem  Durchlaufen  seiner  wßit  ausgedehnten  Bahn 
neue ,  noch  unverdichtete  Nebelmaterie  aufgenommen  habe. 

Laclace  hat  in  Hinsicht  auf  diese  Veränderung  noch  den 
Gedanken  geäufsert,  dafs  diese  Verflüchtigung,  die  dem  Ver- 
dunsten. 4uf  der  Erde  gleicht,   die  grofsen  Einwirkungen  der 


1    £xpos.  da  syst,  da  nmtfde.  Liv.  2.  cluip.  5.   und   Connoiss.  cUss 
Tems.  1816^  p.  SIS. 


956  Kraft. 

Sonne  oiet  Sonnenwarme  anf  den  dichtem  Theil  des  Kometen 
vermindere,  indem  bei  diesem  Processe  eine  grofse  Menge 
Wärme  in  den  latenten  Znstand  versetzt  werden  mOge. 

Laflacb  hat  an  Hcasghel's  Hypothese  noch  eine  Unter- 
suchung geknüpft^.  Wenn  die  Kometen  aus  Nebelmassen  be- 
stehen, die  nach  allen  möglichen  Richtungen  und  mit  allen  m0g* 
liehen  CSeschwindigkeiten  in  den  Wirkungskreis  unserer  Sonne 
eintreten ,  so  müDsten  diese  eben  so  gut  Hyperbeln  als  Ellipsen 
beschreiben  kOnqen ;  es  scheint  daher  der  Umstafod ,  dafs  noch 
kein  Komet ,  der  eine  auffallend  hyperbolische  Bahn  durchläuft, 
beobachtet  worden  ist,  dieser  Hypbthe$e  entgegen  zu  seyn.  La- 
FI.ACK  zeigt,  dafs,  obgleich  im  Allgemeinen  eine  Hyperbel  hier 
ebenso  wohl  statt  finden  könnte,  als  eine  Ellipse,  dennoch  die~ 
jenigen  Fälle ,  wo  ein  Komet  der  Sonne  so  nahe  kommt,  dafi  er 
von  uns  beobachtet  werden  kann,  vorzugsweise  den  elliptischen 
Bahnen  angehören  und  dafs  daher  nur  sehr  selten  ein  Komet 
erscheinen  kann,  dessen  Bahn  in  merklichem  Grade  h3icperbo« 
lisch  wäre.  ^Uebrigens  fugt  Laplack  an  die  Vermuthungen 
Herschel's  noch  den  Schluis,  dafs  die  Koipeten  bei  jeder  An« 
kunft  in  der  Sonnennähe  an  Masse  verlieren  müssen  und  daher 
wohl  auch  ganz  aufgelöst  werden  könnten,  wenn  gleich  der  an-' 
dere  Enfolg,  dafs  zuletzt  ein  immer  mehr  verdichteter  Kern 
übrig  bleibe,  auch  statt  finden  könne.  Milyk  glaubt  in  dem 
geringem  Glänze ,  den  der  Halleysche  Komet  bei  seiner  letzten 
Sichtbarkeit  zeigte,  eine  Bestätigung  dieser  Hypothese  zu^nden, 
^e  man  indefs  nicht  eher  vollkommen  anerkennen  kann,  als  bis 
noch  mehrere  Beobachtungen  zu  gleichen  Schlüssen  berechtigen. 
Merkwürdig  ist  es  aber,  dafs  schon  Kkflkr  ähnliche  Ansichten 
gcäubert  und  hinzugesetzt  hat:  sicut  bombyces  filo  fundendo,  sie 
cpmetas  cauda  exspiranda  consumi  ac  deni^ue  mori^^  B. 

Kraft. 

Fia;    Force;    Force ,   Power* 

Der  Ausdruck  Kraß  wird  unzählig  oft  gebraucht ,  ohne 
dab  bei  weitem  in  den  meisten  Fällen  irgend  eineUndeutlichkeit 
oder  ein  Mifsverständnifs  dabei  obwaltet,  und  dennoch  ist  eine 


1  Connoias.  des  T^ma.  1806.  p.  t^ 

2  Kepler  de  cometit.  p.  101. 


Arten  derselben«  057 

aUgameine  und  scharfe  Feststellung  des  daihlt  zu  verbindenden 
B^riffes  vielen  önd  groben  Sohwierigkeiten  unterworfen ,  wel- 
ches hauptsächlich  auf  der  Vielfachheit  seiner  Anwendung  be- 
ruhet. Man  sagt  nämlich,  die  Kraft  des  Geisips  und  Verstandes, 
die  Kraft  der  Gesetze,  der  Gewohnheit,  die  Kraft  des  Lichtes, 
räies  Menschen,  des  Schielspulvers,  eines  Rammklotzes  u.s.w., 
und  bedient  sich  aUo  dieses  Ausdruckes  bei  geistigen  und  kör- 
perlichen ,  lebenden  und  leblosen  Gegenständen«  Die  gewöhn- 
liche Definition ,  wonach  Kraft  alles  dasjenige  bezeichnet,  was 
Bewegung  erzeugt  oder  hindert  und  ändert,  ist  zunächst  aus 
der  Mechanik  entnommen,  aber  es  fragt  sich,  ob  sie  alle  Anwen- 
dungen des  Wortes  umfafst.  'VV^fd^n  diese  in  ihrem  ganzen 
Umfange  genommen,  so  genügt  die  gegebene  Definition  nichti 
sondern  das  Wort  Kraft  bezeichnet  >ede  Ursache  irgend  einer 
Wirkung,  welche  diese  noth wendig  erzeugt  und  durch  dieGrölse 
der  letzteren  meXsbar  ist«  Hiernach  sind  dann  die  Kräfte  zwei- 
facher Art ,  nämlich  geistige  und  der  Materie  inhärirende  ,  wo- 
von die  ersteren  durchaus  nicht  in  das  Gebiet  der  Physik  gehören 
tind  daher  auch  bei  allen  nachfolgenden  Untersuchungen  und 
Bestimmungen  ^überall  nicht  berücksichtigt  werden  \  Auch  die 
der  sinnlich  wahrnehmbaren  Natur  eigenthümlichen  Kräfte  sind 
aufserordentlich  vielfach,  bewirken,  hindern  und  modificiien 
-wohl  ohne  Ausnahme  Bewegung ,  und  auf  diese  pafst  daher  die 
oben  mitgetheilte  Definition  mindestens  ungleich  besser. 

Die  physischen  Kräfte,  welche  die  vielfachsten  und  man- 
nigfaltigsten Bewegungen  erzeugen ,  werden  in  den  Encyklopä- 
dien  meistens  alphabetisch  geordnet  vorgetragen.  Indem  aber 
hierbei  viele  Wiederholungen  unvermeidlich  sind,  eine  klare 
Uebersicht  des  Ganzen  dadurch  aber  mehr  erschwert  als  erleich- 
tert wird,  so  scheint  es  mir*  am  zweckmäfsigsten  zu  seyn,  die 
-veichtigsten  Untersuchungen  der  verschiedenen  Kräfte ,  von  dem 
Allgemeineren  zum  Speciell^n  übergehend ,  auf  einandei;  folgen 
zu  lassen. 

1)  £ine  wichtige  naturphilosophische  Erörterung  betrifft 
sanächst  die  Frage,  ob  es  selbstständige,  für  sich  bestehende, 
physische  Kräfte  geben  k(^nne  oder  ob  jede  Kraft  an  irgend  ein 
aröberes  materielles  oder  ein  ätherisches  Vehikel  gebunden  seyn 
müsse«    Nach  der  Ansicht  einiger  deutschen  Naturphilosophen 


1    Yergl.  Art.  NaturUhre. 


958  Kraft. 

der  neneien  Zeit  sollte  die  eelbstständige  Exsistens  von  Kräften 
''hickt  blob  möglieb  8ey.a»  9Qadera  alle  Materie  sogar  aus  zwei 
Kräften,  der  Debnkraft  und  Ziehkraft ,  bestehen  und  untes  Vor* 
aussetzung  einer  Theilbarkeit  ins  Unendliche  wieder  in  diese 
zurückkehren  können,     wonach  dann  allerdings    diese  beiden 
Kräfte  selbststündiger  seyn  i^iiifsten,    als  alle  Materie.     Alleia 
diese  sogenannte  dynamische  Theorie  ist,   oder  war  vielmehr^ 
eigentlicher  ein  Spiel  der  Phantasie ,  als  eine  acht  Wissenschaft* 
liehe  Bestimmung,  und  es  lohnet  sich  daher  kaum  der  Mühe, 
auf  eine  ernstliche  Widerlegung  derselben  einzugehen.  Fast  auf 
gleiche  Weise  gehaltlos  sind  die  Hypothesen  derjenigen,  welche 
die  unwägbaren  Potenzen  ( Inponderabilien ,  Incoercibilien)  als 
blofse  Kräfte  oder  Thätigkeiten   betrachteten  oder  ihr  eigentli- 
ches Wesen  durch  die  Einführung  eines  solchen  Namens  erklärt 
zu  haben  wähnten.     Ueberhaupt  wurden  solche  Namen  ohne 
scharfe  ßestimniung  der  Begriffe  mit  einer  gewissen  Leichtfertig- 
keit aufgestellt  und  eine  oberflächliche  Anwendung   derselben 
Rollte  den  Abgang  einer  eigentlichen  Erklärung  der  Sache  er- 
setzen.   So  war  unter  andern  gar  nicht  bestimmt  i  ob  diese  so- 
genannten Kräfte  (jrhätigkeiten)  für  sich  oder  nur  in  ihren  Wir- 
kungen wahrnehmbar  wären ,  ob  ihre  Exsistenz  als  eine  selbst- 
ständige und  an  irgend  einem  gewissen  Orte  fortdauernde  za 
betrachten  ifiy  oder  ob  sie  zugleich  mit  ihrer  Aeufsemng  auf- 
hörten ,  demnächst  aber  wieder  entständen,  und  Letzteres  dann 
entweder  durch  sich  selbst  oder  durch  irgend  ein  anderes  höheres 
schaffendes  Princip.    Die  unwissenschaftliche  Oberflächlichkeit 
bei  der  Aufstellung  solcher  Theorien  wird  augenfällig,  sobald 
man  nur  die  ausgesprochenen  Sätze  im  Einzelnen  prüft.     Wird 
also  namentlich  die  Elektricität  eine  blofse  Kraft  oder  Thätigkeit 
genannt,   so  fragt  sich,    wenn  z.  B.  ein   geladener  Conductor 
durch  einen  abgegebenen  Funken  in  seinen  ursprünglichen  Zu-*» 
stand  zurücktritt,   ob  dieser  Funke,   welcher  doch  eigentliche 
Elektricität,  also  Ktaft  oder  Thätigkeit  ist,  eine  leuchtende  oder 
eine  mechanisch  wirkende  oder  eine  aus  beiden  zusammenge- 
setzte Kraft  sey,  ob  beide  Aeufserungen   als  nothwendig  ver- 
bunden und  im  Wesen  derselben  Kraft  gegründet  oder  nur  «n«- 
fällig  vereinigt  erscheinen ,  oder  ob  die  ihrem  Wesen  nach  nnr 
leuchtende  Kraß  eine  zweite  mechanisch  wirkende  als  hinzuge- 
kommen besitzt,  wo  dieselbe  und  in  welchem  Zustande  sie  nach 
ihrer  Vereinigung  mit  der  Erde  bleibt,  ob  sie  als  dauernde  Kraft 


Arten  derselben.  959 

stets  zn  wifksn  d«  k.  sn  leachtsn  nnd  mechanische, Effecte  zu 
erzeugen  fortfahrt ,  oder  erstirbt  (sur  Unkraft  wird),  und  durch 
^reiches  in  ihr'  oder  aufiBer  ihr  liegende  Agens  sie  wieder  zoi 
thätigen  d.  ii.  sur  wirklichen  Kraft  zurückkehrt.  Auf  alle  diese 
K^nd  ähnliche  nothweodige  Fragen  wird  bei  der  Allgemeinheit 
and  Unbestimmtheit  solcher  Ausdrücke  keine  Rücksicht  genom-p 
men,  ja  sogar  nicht  einmal  erwogen,  dafs  eine  unwirksame  Kraft 
oder^ine  upthätige  Thätigkeit  einen  logischen  Widersprach  ein« 
schliefst  und  mit  der  Aufhebung  des  Effectes  einer  Kraft  durch 
den  Effect  einer  andern  ihr  entgegen  wirkenden  nicht  verwechselt 
werden  darf.  Die  Erscheinungen  der  physischen  Welt ,  selbst 
auch  diejenigen,  welche  die  sogenannten  Inco^rcibilien  darbie*" 
ten ,  lassen  sich  di^semnach  nicht  fuglich  auf  eine  blofse  Kraft 
'  zurückführen,  vielmehr  zeigen  gründliche  und  genaue  Untersu-* 
chungen  derselben,  dafs  ihnen  auf  allen  Fall  ein  materielles 
Substratum,  wenn  auch  kein  eigenthümlichet  Stoff,  wie  nam'ent^ 
lieh  bei  den  Schallwellen ,  zum  Grande  liege. 

2)  Die  Schallwellen  äulsern  eine  Wirkung  auf  die  Gehör- 
werkzeuge ,  die  Undulationen  des  Lichtes  aef  die  Organe  des 
Auges  (HuTOBv's  Theorie  einmal  als  richtig  angenommen},  und 
wenn  nach  Rumvord,  Datt  n.  a,  die  Warmephünomene  auf 
ähnlichen  Schwingungen  (Rß^onsJ  berahen ,  so  erzeugen  auch 
diese  unverkennbare  ££fecte ;  es  könnte  also  gefragt  werden ,  ob 
diese  Wellen  an  sich,  also  nicht  die  Substanz,  worin  sie  statt 
finden,  sondern  nur  dieser  Zustand  des  Undulirens,  mithin  et* 
was  nicht  Materielles ,  eine  Kraft  besitze.  Genau  genommen  ist 
indels  nicht  sowohl  der  Zustand  des  Bewegtseyns  an  sich  die 
Ursache  der  erzeugten  Wirkung,  als  vielmehr  der  bewegte  Kör-» 
per,  jedoch  nur  in  so  fern,  als  eine  Bewegung  desselben  statt 
findet,  nnd  es  Uifst  sich  daher  nicht  eigentlich  sagen,  dafs  ein 
bloiser  Zustand  eine  Kraft  besitze,  sondern  nur  ein  Körper, 
wenR  er  sich  in  einem  gewissen  Zustande  befindet.  So  laist 
sich  namentlich  beim  Schalle  nicht  dem  Zustande  des  Undulirens 
der  Luft  die  Wirkung  beilegen,  welche  auf  die  Gehörwerkzeuge 
hervorgebracht  wird,  sondern  der  Luft,  insofern  sie  wellenartige 
Schwingungen  macht ,  und  will  man  z.  B,  den  Magnetismus  als 
eine  eigenthumliche  Beschaffenheit  gewisser  Körper  betrachten, 
so  bleibt  es  allezeit  der  Körper  oder  die  ihm  angehörige  Potenz, 
welche  die  beobachteten  Wirkungen  äufsert,  woraus>sich  also 
abermals  ergiebt,  dafs  die  den  genannten  Wirkungen  zum  Gmnde 


060  Kraft. 

liegenden  Kräfte  an  irgend  eine  materielle  Baftii  gebunden  sind. 
Ueberhanpt  scheint  mir  im  Gebiete  alles  dessen,  was  zur  Natuc- 
lehre  gehdrt ,  überall  keine  selbstständige  und  an  kein  materielles 
Substratum  gebundene  Kraft  vorhanden  oder  auch  nur  möglich 
zu  seyn.' 

3)  Der  bewegenden  Kräfte  giebt  es  im  Allgemeinen  zwei 
Classen,  nämlich  die  dauernden  und  die  fforilberffehendefif  beide 
bestimmt  ynterscheidbar,  wenn  sie  auch  in  vielen  Fällen  in  ein-- 
ander  übergehen  K  Vorübergehend  sind  diejenigen ,  welche  im 
Momente  ihrer  Wirksamkeit  erschöpft  werden ,  z.  B.  die  Kraft, 
womit  ein  bewegter  Körper  einen  ruhenden  oder  bewegten  stölst^ 
ein  Hammer  den  Nagel,  eine  Geschützkugel  die  Mauer  trüfk, 
oder  womit  eine  gegebene  Wassermenge  gegen  die  Schaufel  des 
Mühlrades  stöfst,  oder  das  aus  dem  entzündeten  Schiefspulver 
entwickelte  Gas  gegen  die  umgebende  Hülle  drückt.  Dahin  ge- 
hört dann  auch  diejenige  Kraft,  mit  welcher  alle  bewegten  oder 
schwingenden  Wellen  die  verschiedenen  Körper  und  Organe  tref- 
fen ;  denn  jede  einzelne  Schallwelle  z«  B. ,  deren  eine  gewisse 
Menge  in  einer  gegebenen  Zeit  erfolgen  müssen ,  wenn  die  Em- 
pfindung eines  eigenthümlichen  Tones  erzeugt  werden  soy,  ver- 
schwindet selbst,  und  somit  auch  die  wirksame  Kraft  derselben, 
in  dem  Augenblicke,  in  welchem  sie  diese  äufsert.  Ab  Beispiele 
fortdauernder  Kräfte ,  die  man  meistens  absolute  genannt  hat, 
können  dagegen  vorzüglich  dienen  die  Newtonsche  Anziehung, 
die  Kraft  der  Cohäsion  und  die  der  Repulsion ,  welche  die  Ele- 
mente der  Körper  hindert ,  mit  einander  in  unmittelbare  Berüh- 
rung zu  kommen ,  die  Elasticität  der  gesperrten  Gase  und  selbst 
der  aufgewundenen  Uhrfedern  u.  s*  w.  Ob  indels  die  letztere 
nicht  mit  der  Zeit  unmerklich  abnimmt,  insofern  die  stets  ge- 
spannten Theile  allmälig  in  ihrer  Wirksamkeit  nachlassen,  bleibt 
mindestens  fraglich.  Unter  die  Kräfte  endlich,  welche  zwischen 
beiden  in  der  Mitte  liegen,  gehören  diejenigen,  womit  die  durch 
Wülensthätigkeit  angespannten  thierisichen  Muskeln  wirken ,,  in- 


1  Man  antertcheidet  sonst  aach  drei  Arten  von  bewegenden  Kräf> 
ten :  1 )  aagenblicklioh  wirkende,  welche  eine  gieichinärsige  Bewegung 
erzeugen,  wenn  nic^t  Hindernisse  eine  Veränderong  hervorbringen; 
2)  stetig  nud  gleichmaräig  wirkende,  welche  eine  gleichmafsig  be- 
tchlennigte  ^ewc^^nng  zur  Folge  haben;  3)  stetig  und  nngleichmafsig 
wirkende,  deren  Demonsli  f^'.ion  am  schwierigsten  ist.  8.  Rees  Cyclop. 
T.  XV.  Art.  Force. 


Arten  derselben«  961 

dem  diese  £W«y  im  Momente  ihrer  Wirksamkeit  ^nfhttrenv  zn-* 
gleich  aber  auch  länger  dauern  können ,  endlich  aber  durch  die 
nothwendig  eintretende  Ermüdung  erschöpft  werden  müssen, 

'  4)  Eine  von  denjenigen  Untersuchungen  der  bewegenden 
Kräfte ,  womit  sich  die  alten  Geometer  am  meisten  beschäftigt 
haben,  ist  die  Bezeichnung  derselben  durch  todie  und  lebendigst 
Man  könnte  diejenige  Kraft  eine  todte  oder  richtiger  eine  latente 
nennen ,  welche  awar  in  so  fern  als  vorhanden  seyend  su  be-r 
trachten  ist,  als  sie  jederzeit  hervorgerufen  werden  kann  und 
also  in  ihren  Bedingungen  vollständig  V4>rhanden  ist ,  zur  gege<P 
benen  Zeit  aber  allerdings  nicht  als  wirkend,  folglich  auch,  ge-» 
nau  genommen,  gar  nicht  exsistirt.  So  darf  man  z.  B«  dem 
Schiefspulver  die  Kraft  beilegen ,  einen  gewissen  Widerstand  zu 
überwinden,  diese  aber  zugleich  so  lange  latent  nennen,  bis 
dasselbe  entzündet  ist  Hierbei  wird  aber  o£Fenbar  das  Vermö- 
gen oder  die  Fähigkeit  eines  ^raftäufserung  mit  einer  vorhande-r 
nen  Kraft  selbst  verwechselt ,  welche  letztere  in  dem  nicht  entr 
zündeten  Schiefspulver  keineswegs  schon  wirklich  vorhanden 
ist;  nach  der  Entzündung  eicsistirt  aber  das  Schiefspulver  selbst 
nicht  mehr,  sondern  ist  in  Gase  verwandelt,  welche  dann  in 
einen  engen  Raum  comprimirt  die  Kraftäuberung  zeigen.  Sine 
latente  Kraft ,  insofern  das  Wesen  der  letzteren  durch  ihre 
Wirksamkeit  gegeben  wird ,  ist  also  eigentlich  ganz  undenkbar 
nnd  liegt  dabei  offenbar  die  Verwechselung  der  Möglichkeit  mit 
der  Wirklichkeit  einer  Kraftäulserong  zum  Grunde. 

Die  Abtheilung  der  Kräfte  in  (odte  und  lebendige,  welche 
im  Jahre  1686  zuerst  durch  Lkibvitz^  aufgestellt  wurde,  um 
das  von  ihm  angegebene  Mals  der  Kräfte  zu  erläutern,  bezeichnet 
übrigens  etwas  ganz,  anderes.  Hiemach  ist  nämlich  eine  todte 
Kraft  eine  wirklich  vorhandene  und  wirkende ,  aber  nur  keine 
Bewegung  hervorbringende ,  z.  B.  diejenige ,  womit  ein  schwe-r 
fer  Körper  auf  seine  Unterlage  drückt,  oder  womit  er  einen  par 
den  straff  zieht,  an  welchem  er  herabhängt.  Jok.  Bersoulli? 
nimmt  daher  Druck  und  todte  Kraft  als.  gleichbedeutend.  Es  ist 
ihdefs  einleuchtend ,  dab  beide  grobe  Geometer  in  diesen  Irr- 
thum  durch  das  Bestreben  gefuhrt  wurden ,  das  Mafs  der  Kräfte 


1  AcU  Brad.  Ups.  a.  1695.  Apr.  p.  145^ 

2  Acta  Erad.  1795.  Mai.  p;210.  Diseoun  aar  le  Monvement  €kap. 
VI.  def.  2. 


962  Kraft, 

«US  der  ensengten  Bewegung  %xx  finden ,  wonach  also  eine  jede 
Kraft  =  0  oder, sie  selbst  todt  seyn  muCs»  wenn  sie  g^r  keine 
Bewegung  hervorbnngt.  Nach  dieser  Bestimn^ung  müüiten  alle 
in  der  Statik  .betrachteten  Kräfte  todte  seyn,  weil  man  blofs  das 
durch  sie  erzeugte  Gleichgewicht  coqstruirt.  Aber  auch  aufser- 
dem  erkennt  man  bald  die  Unzulässigkeit  dieser  angenommenen 
Bezeichnung,  insofern  sie  der. Kraft  selbst  etwas  beimifst,  was 
keineswegs  in  dieser  und  selbst  nicht  einmal  in  demjenigen  Kör- 
per liegt,  dem  sie  angeh($rt,  sondern  in  der  Beschaffenheit  de«« 
jenigen,  gegen  welchen  die  Kraft  ausgeübt  wird.  Soll  ferner 
das  Prädicat  todty  jenem  Sprachgebrauche  gemäfs,  dasAufhöreii 
der  Wirksamkeit  bezeichnen ,  so  führt  dieses  in  der  Anwendung 
2u  seltsamen  Folgerungen.  Wenn  n^an  z.  ß.  in  die  eine  Schale 
einer  über  'einem  Tische  befindlichen  Waage  ein  Gewicht  legt, 
SO  wird  sie  niedersinken  und  auf  der  unbeweglichen  Unterlage 
ruhen;  Diese  bleibende  Wirkung  müTste  also  durch  eine  todte 
Kraft  erzeugt  werden ,  *  welche  augenblicklich  wieder  lebetfdig 
würde,  wenn  mah  die  Unterlage  wegnähme.  Zwei  gleiche  Ger 
Wichte  auf  beiden  Waagschalen  wären  lebendig ,  so  lange  die 
Waage  oscillirt,  und  würden  beide  todt,  sobald  sie  still  steht«. 
Obgleich  es  sich  hier  nun  blols  von  einer  Bezeichnung  und 
eii^em  Ausdrucke  handelt,  in  der  Sache  selbst  aber  nichts  geän- 
dert wird,  so  ist  es  doch  besser,  solche  blofs  willkürliche  Be^ 
Stimmungen  aus  der  Wissenschaft  zu  entfernen ;  denn  offenbar 
wird  keine  Veränderung  in  der  Kraft  selbst  dadurch  hervorge- 
bracht, dafs  ihr  eine  andere  gleich  starke  widerstrebt  und  nicht 
sie  selbst,  sondern  blols  ihre  Wirkung  =3  0  macht. 

Leibvitz  nennt  diejenige  Kraft  lebendig,  welche  nicht 
Uob  ein  Streben  nach  Bewegung  1,  sondern  wirkliche  Bewegung 
erzeugt,  und  in  diesem  Sinne  ist  der  Ausdruck  auch  von  Wolf  ^ 
verstanden  worden,  Jon.  Behnoulli?  dagegen  dehnt  den  Begriff 
zugleich  auf  diejenigen  Kdrper  aus,  welche  durch  ihre  eigene  Be- 
wegung andere  in  Bewegung  setzen  könnten ,  wenp  sie  diesel- 
ben trafen ,  z.  B.  eine  fallende  Kugel ,  welche  in  sich  die  Kraft 
habe,  eine  andere  f ortzustofsen ,  obgleich  sie  dieselbe  nicht  trifft 
und  daher  auch  nicht  fortstöfst.  Indem  aber  die  Kraft  eines  be- 
wegten Körpers  nicht   aufhören  kann,    so   lange  sie    nicht  in 


1  £Iejn*  Math.  Mech.  Gap.  L  def.  7. 

2  AcU  Erud.  17S5.  Mai.  p.  210.  Opp.  T.  UI.  Nr.  145. 


Arten  deraelben.  963 

einem  aädeni  eiB'Hindemiifs  findet  oder  durcb  eine  eatgegett* 
wirkende  Yemiclitet  \Hrd ,  dnröh  den  Stofs  eines  bewegten  K<5r* 
pers  gegen  einen  ruhenden  aber  wieder  eine  proportionale  Be«^ 
wegnng  erzeugt  wird ,  so  kam  Behsouli:.!  hierdarch  anf  den 
Satz,  dals  in  der  K(5rperwelt  alleseit  eine  gleiche  Summe  leben- 
diger Kräfte  erhalten  werde.  Nach  Leibvitz  soll  die  lebendige 
Kraft  aus  nnzäblifi  oft  wiederh(^en  Bindrücken  der  todten  Kraft 
bestehen,  insofern  z.  B.  die  6chwere  eines  Körpm  in  jedem 
Augenblicke  durch  einen  andern,  Widerstand  leistenden^  aofge« 
hoben  wird  und  also  nur  Drtick,  aber  keine  Bewegung  ent* 
steht.  Ist  dieses  Hindernifs  nicht  vorhanden ,  also  die  schwere 
Masse  in  Bewegung,  so  giebt  ihr  die  Schwere  in  jedem  Zeittheil* 
^hen  einen  Druck  oder  ein  unendlich  kleines  Vermögen,  andeze 
Körper  zu  bewegen,  woraus  dann  in  endlicher  Zeit  eine  (endliche 
Kraft  entsteht«  Hiernach  sollen  also  D^hiöh  und  Stols  gar  nicliA 
vergleichbar  seyn.   . 

HufTOV  ^  dagegen  bemerkt,  dafa  die  Wirkung  desStobes 
eines  bewegten  Körpers  stets  eine  gewisse  Zeit  ^erfordert ,  und 
dann  folgt ,  dals  ein  blolser  Drück ,  also  eine  todte  Kraft ,  ge«« 
dacht  werden  könne,  welche  in  derselben  Zeit  eine  gleich  starke 
Wirkung  herl^orbringt ,  wodurch  aber  der  Unterschied  zwischen 
einer  lebendigen  und  todten  Kraft  Verschwihdeli 

Wichtigere  und  fi^uchtbarere  Untersuchungen  haben  in  den 
neuesten  Zeiten  diese  von  den  alteren  Oeoinetern  mit  dem  leb^ 
haftesten  Interesse  ventilirten  Streitfragen  vergessen  gemacht  2. 

5)  Einen  Gegenstand  der  lebhaftesten  Discnssionen  bei  den 
Idteren  Geometern,  welcher  aber  offenbar  anf  einem  Milsver* 
Ständnisse  und  einer  Verwechselung  der  Begriffe  beruhete ,  gab 
die  Besjri'mmnng  des  sogenannten  Maftes  der  Ktaft^  Die  Sach^ 
selbst  kann  gegenwärtig  blofs  noch  historisches  Interesse  haben, 
welches  aber  -Wegen  der  Celebrität  der  darin  verwickelten  Män«^ 
ner  nicht  geringe  ist,  Folgende  kurze  Angabe  der  Hauptsachen 
wird  hier  genügen. 

Die  bewegende  Kraft  irgend  einer  Masse  läfst  sich  offenbar 
durch  das  Gewicht  messen,    womit  sie  gegen  ihre.  Unterlage 


1  Dict.  T.  I.  p,  539. 

2  Ueber  die  Geschichte  dieses  Streites  s.  BoscottCH  in  Cmnm. 
SocBonoD«  Toin.nL  P.lir^p.269.,  «reicher  die  Anoabme  «iner  leben- 
digen Kraft  überhaopl  D&r  üiuaUissig  erklart. 


964  Kraft. 

drückt  aiid  eineii  hiisrdavoh  beweglichen  l%rper  in  wiiUiche 
Bewegung  setzt.  Nennt  man  also  das  absolute  Gewicht  eines 
Körpers  =sP,  so  ist  die  bewegende  Kraft  desselben  x=P.  Zu« 
,  gleich  aber  mufs  die  Intensität  einer  Kraft  so  viel  gröfser  eeyn, 
je  grtffser  der  Raum  ist,  durch  welchen  eine  gegebene  Last  in 
der  Einheit'  der  Zeit  durch  sib  bewegt  wird^  weil  ebensowohl 
die  Kraftanstrehgung  als  andern  Theib  der  NntzefFect  so  vid 
gröüser  ist.  Wird  also  die  durch  das  Gewicht  ansgedriickte 
Masse  eines  Körpers  =:  M,  die  Geschwindigkeit  desselben  s^  G 
genannt  und  "ßbt  er  eine  seiner  Bewegung  proportionale  Kraft 
gegen  irgend  einen  andern  Körper  atM ,  so  ist  das  Mals  dieser 
letztem  offenbar  k'  =  MG.  Hierbei  ist  aber  wohl  zu  berück- 
sichtigen, däls  man  ein  verschiedenes  Mafs  der  Kraft  erhält^ 
wenn  ein  beweglicher  Körper  durch  einen  andern ,  mit  einer 
gegebenen  Geschwindigkeit  bewegten ,  in  steter  Bewegung  er- 
halten wird|  als  Wenn  letzterer  gegen  einen  ruhenden  stö£st  und 
ihni  die  giinze  Kraft  seiner  Bewegung  nkit  einem  Male  mittheilt| 
auch  wird  jenes  bekanntlich  das  mechianische ,  dieses  des  Trag- 
heits-Moihent  der  Bewegung  genannt.  Schon  äiiistotelbs^ 
hat  angegeben,  dafs  man  beide  unterscheiden  müsse,  worin  ihm 
Galilki',  BoreliiI^u.  A.  folgten;  jedoch  wurde  durch  Ver- 
wechselung beider  Bestimmungen  im  Aligemeinen  angenommen, 
das  Mals  der  Kräfte  sej  unter  jeder  Bedingung  gleich,  und  Caa- 
9BS1U8  setzte  dasselbe  daher  ohne  nähere  Bestimmung  dem  Pro« 
ducte  aus  der  Masse  in  die  Geschwindigkeit  proportionaL  Durch 
die  Voraussetzung  der  Bichtigkeit  dieses  Satzes  befangen  mab 
Mbrsevnb^  den  Effect  der  mit 'ungleichen  Geschwindigkeiten 
bewegten  Körper  und  fand  ihn  jenem  Producte  gleich ,  womit 
auch  die  Resultate  der  durch  Gassevdi^,  Riccioi^i®,  ns  La- 
iris  ^  u.  A.  angestellten  Versuche ,  jedoch  nur  unvollkommen, 
übereinstimmten.  Es  war  zuerat  Hut&bss  ^,  welcher  gegen  Ca- 
TALAV  zeigte,  daCi  der  Effect  eines  bewegten  Körpers  gegen 


1'  Median.  Qaaest  20. 

8  Dial.  mechan.  dial'.  4. 

8  De  yi  percussionis.  Ia  B.  178S.  4.  Prep.  XC,  p.  162. 

4  CogitaU  Phjsico.mathein.  Par.  1644.  4.  cap.  YIU. 

5  Epist.  ad  Gazremn.  Nach  Matschenbroek  Inst.  I.  p.  85« 

6  Almagett«  Lib.  IX.  Sect.  10.  p.  59S. 

7  Magitt.  Nat.  et  Art.  Vol.  I.  Tract.  8.  cap.  2.  p.  160* 

8  Horch  öicil.  part.  4.  in  Opp»  T.  I«  p.  Stö. 


Arten  derselben.  065 

einen  mhenden  dein  Prodaote  der  Masse  in  das  Quadrat  der  Ge- 
schwindigkeit gleich  seyn  tnusse ,  abei:  Ljsibvitz  ^  führte  seinen 
Beweis  hierfür  weiter  aiis.  Fallt  nMmlich  eine  Masse  =s  1  Pfd. 
von  einer  Höhe  =  4  F. ,  so  erhalt  sie  dadurch  eine  Kraft,  nm 
wieder  4  F.  zu  steigen;  eide  andere  Masse  =  4  Pfd.,  welche 
T<m  der  Höhe=lFt  herabföllt^*  wird  dadurch  vermocht  W^rden^ 
nur  1  F.  zu  steigen.  Beide  Kräfte  sind  gleich ,  weil  1  Pfd.  auf 
4  F.  Höhe  zu  heben  gleidie  Kraft  erfordert  werde,  als  4^fd4 
auf  1  F. ,  und  wollte  man  das  Cartesische  Mafs  der  Kräfte  hier^ 
anf  anwenden,  -so  mülsten  die  Producte  aus  den  Massen  in  die 
Geschwindigkeiteii  gleich  seyn«  Nach  den  Gesetzen  des  Falles 
schwerer  Körper •  ist  aber  die  durch  4P.  t^all  erlangte Geschwin-* 
digkeit  dopj[Jelt  so  grob  als  die  durch  1  F.  (da  v=s2}^g8);  mit-^ 
hin  geben  die  Massen  mit  den  Geschwindigkeiten  multiplicirt 
1X2  und  1X4»  also  2  s=  4,  welches  .unmöglich  ist.  Man 
mufs  daher  das  Mafs  der  Kraft  =mv'  setzen,  wenn  m  die  Masse 
und  V  die  Geschwindigkeit  bezeichnet. 

£s  ist  auffallend ,  dafs  man  bei  diesem  lange  nnd  mit  grd-* 
Iser  Heftigkeit  geführten  Streite  die  Mafse  der  Räume  in  Fulsen 
nnd  die  Maston  der  Körper  in  Pfunden  ausgedrückt  blofs  nach 
dem  Werthe  der  Zahlengröfsen  nahm,  ohne  zu  berücksichtigen^ 
dals  Pfunde  und  Fulse  ihrem  Wesen  nach  keineswegs  unmittel«^ 
bar  vergleichbare  Gröfsen  sind.  Hiernach  sind  zwar  die  Pro-« 
ducte  der  Zahlen  1X4»=  4X1  allerdings  vergleichbar,  wenn 
aber  einer  von  beiden  Factoren  eine  benannte  Zahl  ist,  so  kann 
die  andere  nach  den  Regeln  der  Mültiplication  nicht  geradezu 
als  benannte  Zahl  angesehen  werden,  sondern  gilt  zur  Erhaltting 
des  Productes  ^lur  als  unbenannte  Zahl.  Aufserdem  aber  zeigt 
selbst  eine  blols  oberÜäcliUche  Betrachtung  sofort,  dafs  hier  blofs 
von  der  beim  fifeien  Falle  der  Körper  erlangten  Endgeschwin- 
digkeit die  Rede  ist,  welche  jedoch  wohl  unmöglich  als  einzige 
Regel  bei  der  Bestimmung  des  Maises  der  Kräfte  gelten  kann. 
Handelt  es  sich  dagegen  von  einer  gleichmäbigen  Bewegung,  so 
ist  hierbei  bekanntlich  die  Geschwindigkeit  dem  Räume  direct 

nnd  der  Zeit  umgekehrt  proportional  \  also  V  =  -.    Wären  also 

1  Acta  Srud.  1686.  Mart.  p.  l&U 

2  Vcrgl.  oben  Bd,  JV.  S.  6. 
8    Vergl.  oben  Bd.  I.  8.  947. 


gOQ  /        Kraft. 

bti  jenem  aas  der  Bewegung  mit  bescMeunigter  Oe^chwindig« 
kett  iiergenommeiien  Beispiele  die'  Zeiten  gleich  oder  dürfte 
man  diese  bei  der  Bestimmnng  des  Mabes  der  Kräfte  vernech« 
lassigen  und  die  letzteren  dem  t^roducte  aus  den  Massen  in  die 
durchlaufenen  Räume  ohne  Rücksicht  auf  die  dazu  erforderliche 
Zeit  gleich  setzen ,  so  wäre  allerdings  1  X  4  =  4  X  1.  Wenn 
man  dagegen  bei  der  beschleunigten  Geschwindigkeit  auch  die 
ungleiche  Zeit  als  mitbestimmend  ansehen  wollte,  welche  bei 
dem  Falle  durch  4  Fufs  doppelt  so  grofs  ist  als  bei  dem  durch 
einen  Fufs,  so  würde  jenes  oben  ang^ebene  Verhältnils  nicht 

1X2  =  1X4  bleiben,  sondern  -~^  =  ±^^,  und  könnte 

1  2 

hiernach  nicht  zur  Widerlegung  des  Cartesischen  Gesetzes  die« 

neu.    Kastvbr^  nennt  daher  den  ganzen  Streit  hiember  eine 

Uofse  Logomachie,  .weil  beide  Parteien  offenbar  von  ganz  ver* 

aehiedenen  Dingen  reden* 

Catalav  und  PAPivtm  widersprachen  LsiBriTZfev,  wel* 

ehes  dann  mehrere  Abhandlungen  Teranlafste ,   indem  letzterer 

namentlich  den  Unterschied  zwischen,  den  lebendigen  und  todten 

Kräften  zur  Unterstützung  seiner  Meinung  eufstellte  %  worauf 

der  Streit  sehr  allgemein  wurde.  Für  die  Leibnitzische  Behaup« 

tung  erklärten  sich  unter  andern  hauptsächlich  JoHAirif  und  Da- 

KIBL   BZRVOÜLLI^,    HeRMAHV  ^,    PoLEJTUS  ^,    WOLF  ^,    s'  GbA- 

vcsANDK  7,  BÜtPiHoaa  ?)    Camus  ®  und  .Musscuevbroek  ^d- 


1  Anfangtgr.  d.  hohem  Mech.  Abtchn»  lU.  $.202.  2.  Aasg.  S.  565« 
Vergl.  Kaestem  Lchrbegr.  T.  IV.  Abschn.  XVII.  J.  269.  Sehr  deutlich 
über  diese  verschiedene  Beftimmuog  dei  Kräftemafses  itt  Viga.  in 
Vorles.  über  d.  Mathem.  Bd.  Ilf.  Wieö  1818,  J.  52.  S.  49. 

2  LcibniU  in  AcU  Erud.  An.  16S7,  1690,  1691,  l695. 

8  Nouv.  de  la  Rep.  des  Lett,  1786  u*  87.  Comm.  cpist.  intcr 
teibnitium  et  Bernoalliom»  T.  I,  Ep.  21.  p.  108.  ep.  24.  p.  14S.  H3'- 
drod.'Sect.  L 

4  AcU  Fetrop.  T.  I.  p»  2.  Phorön.  p.  119» 

5  De  castellis  aquamm.  $•  119. 

6  AcU  Fet.  I.  p.  217.  Mechan.  Gap.  ViL  {.  825. 

7  Hist.  Liter.  An.  1722.  p.  1  a.  190.  Fh3's.  £ieiii«  matb.  Lib.  II. 
cap.  2  n.  8.  Phil.  Trans.  1788.  XXXVUI.  148. 

8  Comment.  Fet  T,  I.  ..      .        :      • 

9  Hist.  de  l'Acad.  1728.  p.  159.. 
10    liitrod.  J.  270.  T.  I.  p,  83. 


Arten  derselben«  067 

gegen  dieselbe  aber  eben  so  beriibmte  Männer,  z,  B«  PsMBn- 
TovS  DBSAeuLiSBs^,  EiiMKs',  C1.AR&K  4,  Maib AV  ^  JviLzv!^, 
Mac'  Laubiv^,  Bobibs^,  Haitsbb'  nnd  mehrere  Andere  ^<^. 
Der  Streit  hatte  indirect  einen  grofsen  Nutzen  haben  können, 
wenn  dadurch  das  VerhältniCB  des  erzeugten  ESPectes  zur  6e« 
schwindigfceit  bewegter  Körper  genau  ansgemittelt  worden  wäre; 
denn  viele  der  genannten  Gelehrten  suchten  ihre  Behauptungen 
durch  Versuche  zu  beweisen ,  indem  sie  Körper  aus  ungleichen 
Höhen  herahÜaJlen  liefsen  und  aus  der  Wirkung  ihres  Aufischla- 
gens  die  Kraft  derselben  zu  finden  sich  1l>emiiheten.  Ihre  Versuche 
waren  aber  zu  unvollkommen ,  so  dals  keine  befriedigenden  Re- 
sultate daraus  hervorgehen  konnten,  noch  viel  weniger  also 
solche,  durch  die  eine  Entscheidung .  der  vorliegenden  Streit- 
jiage  möglich  gewesen  VRure.  Hauptsächlich  ist  dieses  der  Fall 
bei  den  ausführlichen  Untersuchungen  nnd  Berechnungen  von 
L.  JSuLU  ^  über  die  Tiefe,  bis  zu  welcher  Körper  beim  Zusam- 
menstolsen  eingedrückt  werden,  ans  denen  hervorging,  dals 
'^eder  das  Leibnitzische,  noch  das  Cartesische  Kräfte  -Mals  das 
richtige  sey. 

6)  Aeltere  nnd  neuere  Mathematiker  unterscheiden  ferner 
eiuM. beschleunigende  Kräfte  welche  auch  wohl  ^ine  beeiändige 
genannt  wird.  Auch  hierbei  liegt  in  gewissem  Sinue  eine  Ver- 
wechselung der  Ursache  mit  der  Wirkung  zum  Grunde ,  denn 
jene  Kraft  ist  keine  andere  als  diejenige,  welche  die  Körper  fal- 
len macht,  also  die  Schwere,  mithin  auch  die  nämliche,  ver- 
möge welcher  jene  gegen  ihre  Unterlage  drücken.    Ist  indels  die 


I  PMU  Tram.  17«2.  XXXU.  ^.  57. 

S  Ebead.  1728.  XXXII.  p.  269  n.  285. 

8  Pbü.  Trans.  1726L  XXXIY.  p.  188. 

4  PluL  Trans.  1728.  XXXV.  p.  881. 

5  Bist,  de  TAcad.  1728.  p.  1. 

6  Dissert.  Pfays.  Math.   Diis.  IX.    im  Aussage  in  Philof.  Tm§» 
XU.  p.  607.  XLIII.  p,  428.  o.  XLIV.'p.  108. 

7  Account  of  Sir  Is.  Newton's  philos«  discorenes.'Bookll.  cluip.2. 

8  TracU.  T.  II.  p.  185  a.  178. 

9  Heinsios  diss.  de  Tiribbs  .motric,  Praes.  Hansra.  Lips.  1788.  4. 
10  Ueber  die  Geschickte  des  Streites  s.  AaaoLD  Biss.  diiae  de  tI- 

rihos  Wvis  earomqae  mensora.  Sri.  1754.  4. 

II  Gomm«  Fet.  Y.  159.  M^m.  de  Bedin.  1745«  p.  21. 

V.  Bd.  '  Qiq 


968  Kraft. 

Unterlag»  stark  genug,  so  bringt  dieselbe  nicht  einmal  Bewegung 
hervor,  viel  weniger  eine  beschleunigte,  und  dafs  letztere  beim 
Falle  der  Körper  entsteht ,  ist  blofs  Folge  der  stetigen  Einwir« 
kang  der  Schwere  auf  die  beweglichen  Massen ,  wobei  es  aber 
fraglich  ist ,  ob  man  hierdurch  berechtigt  sey,  die  Kraft  selbst 
allgemein  eine  beschleunigende  zu  nennen,  obgleich  sie  eine 
beschleunigte  Bewegung ,  aufserdem  aber  Druck  und  auch  Ver- 
zögerung der  Bewegung  bei  aufwärts  geworfenen  Körpern  er- 
zeugt« Was  Newtok^  beschleunigende  Kraft  nennt,  ist  offen- 
bar nichts  anderes  als  die  Schwere ,  welche ,  als  stetig  wirkend 
und  zu  der  schon  erzeugten  und  vermöge  der  Trägheit  fort- 
dauernden stets  eine  neue  Bewegung  hinzufügend,  nothwendig 
eine  beschleunigte  erzeugen  mufs,  ohne  dals  deswegen  die  Krafit 
selbst  eine  beschleunigte  genannt  zu  werden  verdient.  Nbwtov 
sagt  daher  auch  ausdrücklich ,  dafs  diese  Benennungen  blofs  der 
Kürze  wegen  gewählt  seyen.  Weil  sich  aber  die  Wirkungen 
wie.  die  wirkenden  Kräfte  verhaken  müssen ,  so  folgt  nothweA- 
dig,  dafs  eine  stetig  wirkende  Kraft  m  einem  Elemente  der2^eit 
eine  ihrer  Stärke  proportionale  Zunahme  der  Bewegung  erzengen 
müsse.  Heilst  also  die  Geschwindigkeit  =  v,  die  Zeit  :=t,  die 
einer  Zeiteinheit  (einer  Secunde)  zugehörige  Bewegung  (der 
Fallraum  in  1  See.)  =  g ,  die  bewegende  Kraft  =  f,  und  ist  die 
in  einem  verschwindenden  Zeittheilchen  =  dt  hervorgebrachte 
Bewegung  =  2gdt,  so  erhält  man  die  Proportion  dv:2gdt 
s=  f  :  1,  woraus  die  Fundamentalgleichung  folgt : 

dv  =  2gfdt. 
Daitiel  Beanoulli^  wandte  hiergegen  ein,  die  Natur  der  wir- 
kenden Kräfte  sey  zu  unbekannt,«  als  dab  sich  aus  der  Wirkung 
bestimmt  auf  die  Ursache  schliefsen  la^se ,  indem  dv  auch  eben 
so  gut  dem  Quadrate  oder  einer  andern  Potenz  von  f  proportio- 
nal seyn  könne.  Hierdurch  wurde  L.  Euleh  ^  veranlafsl,  einm 
ihm  völlig  befriedigend  scheinenden  Beweis  hierfür  uifzustellen. 


1  Princ.  Def.  VII.  et  VIIT.  T.  I.  p.4.  ed.  Tesaanneck.  „Vim  ao- 
celeratricem  ad  locum  corporis,  tamqaam  efficaciam  quaDdam,  de  cen«> 
tro  per  loca  singula  in  circnita  difFüsam ,  ad  inovenda  corpora ,  quae 
in  ipsis  •nat,**    VergU  Axiomata«  Lex  II;  p.  14. 

2  Conjm.  Pet.  I.  p.  127, 

5  Mecbanica,  aive  Monis  Scientia  cet.  Petrop.  17S6.  II  voll.  4. 
T.  I.  L.  I.  §.  146«-15S.  Theoria  root.  teorp.  solid. 


\  Arten   derselben.  969 

%^eTcher  auf  das  Axiom  hinauskommt ,  claTs  iie  bekannte  Wir- 
kung allezeit  das  Mafs  der  wirkenden  Ursache  seyn  müsse ,  wo- 
gegen sich  geometrisch  nitht  wohl  etwas  einwenden  läfst»  Damit 
ist  indels  keineswegs  atisgemacht ,  dafs  man  die  Kraft  an  sich 
deswegeti  eine  beschleuhigende  nennen  müsse,  weil  die  durch 
sie  erzeugte  Bewegung  vermöge  steter  Einwirkung  derselben 
eine  beschleunigte  witd ,  indedi  es  offenbar  nicht  die  Kraft  ist, 
sondern  die  Bewegung,  welcher  dieset  Beisatz  zukommt. 
D'AlemsIeht^  will  deswegen  jenen  zu  erweisenden  Satz  viel- 
mehr als  eine  Definition  betrachten  und  die  beschleunigende 
Kraft  schlechtweg  das  Element  der  Geschwindigkeit  nennen. 
Dieses  stimmt  mit  einer  Ansicht  überein,  welche  kürzlich  Schu- 
BEAT  ^  scharfsinnig  ausgeführt  hat,  nämlich  dafs  man  in  der 
Mechanik  die  Untersuchung  dei^  Kraft  ganz  entbehren  Vmd  alles 
anf  den  Effect^  also  auf  die  Geschwindigkeit  der  erzeugten  Be- 

d^s 
wegung  zurückfuhren  ktfnne.  Hiemach  würde  dann  -j-j  =f  die 

Fundamentalgleichung  seyn.  Auf  allen  Fall  gehört  die  Unter- 
suchung der  beschleuhigihii  Sert>egung  in  die  Mechanik  und  mit 
ihr  zugleich  die  Betrachtung  der  dieselbe  erzeugenden  Kraft» 
ohne  dafs  deswegen  diese  letztere  eitae  beschleunigende  genannt 
zu  werden  verdient ,  wie  sich  schon  daraus  ergiebt ,  dafs  eben 
die  nämliche  zugleich  auch  tetarditende  oder  verzögernde  ge- 
nannt wird. 

7)  Ungleich  richtiger  unterscheidet  man  die  verimderHchen 
und  unveränderlichen  Kräfte.  Wirklich  ist  die  Schwere  eines  aus 
geringer  Höhe  gegen  die  Erde  fedlenden  Körpers  unveränderlich 
oder  läfst  sich  wenigstens  als  solche  betrachten ,  sie  verändert 
sich  aber  für  grölsere  Entfernungen  und  wird  eben  wie  die  Gra- 
.vitation  der  Himmelskörper  gegen  einander  den  Quadraten  der 
Entfernung  proportional  geringer.  Werden  die  oben  angenom- 
menen Bezeichnungen  beibehalten,  so  sind  die  Fundamental- 
gleichungen für  den  Raum  =.s,  die  Zeit  =  t,  die  Geschwin- 
digkeit =  v  und  die  bewegende  Kraft  :r=  f  9  wenn  letztere  als 
unveränderlich  angenommen  wird: 


1    Traittf  de  Dynamique.  Art  19. 

%    Mdp.  de  Petersboursh«  T.  X.  N.  YIL 


0qq2 


970  Kraft. 

ds  dv  -         vdv  dv 

dt  =  -   =?r:r,      f  = 


V     ~2gf'         ~2gds    ~2gdt' 

Diese  Formeln  lassen  sich,  wenn  f  als^ beständig  angenommen 
\viid.,  leicht  integriren  und  geben  die  Ausdrücke  der  Gesetze 
des  freien  Falles  der  Körper  ^,  indem  die  wirksame  Kraft  der 
Schwere  .=  f  in  den  verhältnilsmälsig  geringen  Entfemungeil 
von  der  Oberfläche  der  Erde  als  unveränderlich  und  =  1  ange- 
nommen wird,  wonach  also  v  =  2gt  ist.     liT gröberen  Höhen 

r« 
=  h  ist  aber  nach  dem  Newtonschen  Gesetze  f  =  ; — r-rrr  ^md 

(r  +  h)* 

r* 
man  erhält  also  v  =  2  g,; — r-rrr  tf  wenn  r  den  Halbmesser  der 
^^^Cr  +  li)* 

Erde  bezeichnet.  Aulserdem  giebt  es  übrigens  der  veränderli« 
eben  Kräfte  in  der  Mechanik  sehr  viele ,  welche  einzeln  aufzu- 
zählen überflüssig  seyn  würde.  Dahin  gehört  z.  B.  die  Muskel- 
kraft der  Menschen  und  Thiere,  welche  bei  anhaltender  Anstren- 
gung allmälig  abnimmt ,  die  Elasticität  einelr  aufgewundenen  und 
sich  wieder  abwickelnden  Uhrfeder,  die  mit  der  Ausdehming 
abnehmende  Spannkraft  der  Gasarten  und  Dämpfe  und  viele 
andere. 

8)  Die  wichtigste  Untersuchung  der  Kräfte  bezieht  sich  auf 
die  Betrachtung  derjenigen ,  welche  bei  den  Maschinen  wirksam 
sind  und  daher  bewegende  Kräfte  der  Maschinen  (Potentias 
jnopentes ;  puissances  *ou  forces  mouvantes;  moping 
forcee)  genannt  werden.  Es  giebt  deren  eine  ungemein  zahl- 
reiche Menge,  welche  sich  jedoch  insgesammt  auf  folgende 
Classen  zurückbringen  lassen  ^. 

A«     Thierische    Muskelkraft 

Die  Muaheln  sind  diejenigen  fleischigen  SubstanzeBi  welche 
von  sehr  ungleichem  Volumen  einen  bedeutend  grofsen  Theil 
des  thierisohen  Körpers  bilden  und  überall  in  demselben  ver- 
breitet angetroffen  werden.    Im  Allgemeinen  ist  ihre  Gestalt  die 


•      1    S.  Fall.  Thi  IV.  8.  1. 

2    Allgemelae  Untersnchnngen  über  die  Kräfte  lebender  und  todter 
Körper  toq  L.  Eülbr  findet  man  in  Nov.  Comm.  Pet.  111.  i265. 


M edianlsche«    Muskelkraft.  971 

iSngHch  ninde,  sie  sind  meistens  solid,  einige  aber,  z.  B.  das 
Herz ,  sind  hohl  und  nicht  wenige  ringfö'roiig ;  sie  bewegen  sich 
gröfstentheib  durch  Wiliensthätigkeit,  einige  aber  blofs  auto- 
matisch, wie  unter  andern  die  Spanner  der  Gehörknöchelchen, 
das  Herz,  die  das  Atbmen  bewirkenden  Brustmuskeln  u.  a.  m. 
Bei  den  Menschen  und  den  Thieren  der  vier  höheren  Classen 
sind  sie  zusammengesetzt  aus  dem  Muskelgewebe  (tela  camea)/ 
aus  Verzweigungen  von  Blutgefafsen,  aus  Nerven  und  dem  jene 
verbindenden  Zellgewebe,  welches  die  aus  Fasern  und  Fäden 
bestehenden  kleineren  und  die  aus  diesen  gebildeten  gröfseren 
Bündel  zusammenhält.  Die  Dicke  und  Derbheit  der  Muskeln  ist" 
so  viel  stärker,  je  reicher  die  genossenen  Nahrungsmittel  an  Fa- 
serstoff und  Kleber  sind  und  je  energischer  die  Verdauung  wirkt, 
um  diese  zur  Bildung  der  Muskeln  dienenden  Substanzen  in  das 
Blut  zu  bringe^.  Im  Allgemeinen  sind  sie  dicker  und  derber 
beim  männlichen  Geschlechte  als  beim  weiblichen,  wachsen 
durch  Uebung  und  mafsige  Anstrengung,  nehmen  dagegen  ab 
durch  alle  krankhaften  Affectionen  des  Körpers.  Sie  werden  er- 
nährt durch  die  zahlreichen  in  ihnen  vorhandenen  Arterien^ 
welche  in  den  dickeren  Muskeln  stärker  sind  und  sich  durch  die 
kleineren  Bündel  in  zunehmend  kleineren  Verzweigungen  über- 
allhin verbreiten«  Venen  sind  in  ihnen  gleichfalls  zahlreich 
vorhanden ,  deren  Durchmesser  so  viel  gröfser  sind ,  je  weniger 
die  Mnskeln  angestrengt  Werden  und  je  reichlicher  daher  das  zu 
ihrer  Ernährung  nicht  verwandte  Blut  weggeführt  wird.  Die 
Saugadem  in  ihnen  dienen  dazu,  die  durch  die  Muskelaction 
entbildeten  Materien  in  das  Blutsystem  zurückzuführen,  zugleich 
aber  bewirken  sie  das  schnelle  Schwinden  derselben  in  krank- 
haften Zuständen. 

AUe  Mnskeln  haben  Nerven ,  jedoch  sind  diese  im  Herzen 
und  allen  automatisch  sich  bewegenden  ungleich  kleiner  als  in 
solchen,  deren  Bewegunj;  willkürlich  ist,  namentlich  sind  sie 
am  grölsten  in  den  zur  Bewegung  der  Gliedmafsen  dienenden 
Muskeln  und  in  der  Regel  der  Gröfse  von  diesen  proportional, 
treten  meistens  mit  den  Blutgeföfsen  in  si^  ein  und  verzweigen 
sich  neben  diesen  in  die  kleineren  Bündel,  indeih  sie  sich  ver- 
muthlich  in  dem,  diese  letzteren  verbindenden,  Zellstoffe  endigen 
und  verlieren.  Blols  beim  Herzen  verbreiten  sie  sich  netzförmig 
über  dasselbe. 

Nicht  minder  haben  alle  Muskeln  die  Eigenschaft,  sich  in 


972  Kraft. 

Polg®  gewisser  Reize  zusammenzuziehen  und  lieim  NacUassen 
desselben  wieder  auszudehnen ,  welches  Vermögen  seit  Hallkb. 
die  Muskelreizbarkeit  (^Irrileibilltcui)  genannt  wird«  Unter  den 
verschiedenen  Reizen  können  hier  nur  diejenigen  in  Betrachtiuig 
kommen ,  welche  vom  Willen  abhängen ,  weil  nur  durch  diese 
die  KraftäuTserungen  der  Menschen  und  Thi^re  erfolgen ,  indem 
die  Muskeln  kürzer,  dicker  und  ba'rter  werden,  wellenförmige 
Erhabenheiten  bilden,  ihre  Enden  sich  nähern  und  dadurch  <ine 
Bewegung  der  Gliedmaben  erzeugt  wird.  Schon  Glisson  ^ 
ScHWAMMZapxu^  u.Ak  behaupteten  nach  ihren  Versuchen,  das 
Volumen  der  Muskeln  nehme  bei  diesen  Zusammenziehungen 
ab,  und  eben  dieses  ist  auch  später  durch  die  von  Ermxv.', 
Gauithuisvi^  ^  u,  A.  angestellten  Versuche  erwiesen  worden. 

Die  Muskeln  insgesammt  ermüden  durch  anhaltende  An-« 
strengung  und  werden  unempfindlicher  gegen  Reize,  selbst  die 
automatisch  wirkenden,  wie  z.  B.  das  Herz  und  die  den  Ath-» 
mungsprocefs  bedingenden  Brustmuskeln ,  weswegen  der  Puls«* 
schlag  des  Abeqds  minder  kräftig  ist  und  in  Beziehung  auf  die 
Respiration  das  Gähnen  eintritt.  Dagegen  werden  die  Muskeln 
durch  aubaltende  Ruhe  empfindlicher  gegen  Reize ,  weswegen 
die  Irritabilität  bei  denen  erhöhet  wird ,  welche  eine  sitzende 
Lebensart  führen,  namentlich  beim  weiblichen  Geschlechte  in 
den  höheren  Ständen,  so  dals  sie  in  eine  Geneigtheit  zu  Kräm-p> 
pf^n  und  Convulsionen  übergebt«  Zu  lange  anhaltende  gänz^ 
liehe  Ruhe  erzeugt  dagegen  sogar  Lähmung,  weswegien  Men-* 
scheu  nach  langem  Liegen  weder  stehen  noch  gehen  können« 
Auf  gleiche  Weise  hindert  zu  starke  und  zu  lange  anhaltende 
Austreng^g,  z,  B.  bei  Märschen  U-  s,  w.,  die  Ernährung  der 
Muskeln,  vermindert  ihr  Volumen  und  macht  sie  weniger  reizbatr, 

Hallbr  und  einige  Physiologen  nach  ihm  hielten  die  /rr/- 
taibilUät  für  eine  von  der  Sensibilität  ganz  getrennte  Krafty 
weil  sich  bei  MoUpsken,  Würmern  und  Strahlthieren  Bewegung 
uqd  dennoch  keine  Nerven  fänden  und  letztere  sogar  dem  Her-o 
zen  der  Menschen  mangelten,  Muskeln  auch  zuweilen  ihreReiz-r 
barkeit  beibehielteu,  wenn  keine  Nerventhätigkeit  mehr  vorhan-* 


i  Opp.  oma.  1691.  T.  lU.  p.  191« 

%  Bibi.  nat.  p..  839. 

S  G.  XL.  1. 

4  Beiträge  a-  «•  w.  MiiacHen  1812.  8» 


Mechanische.    MuskelkraTt.         '    973 

den  se^y  wie  bei  geschlachteten  Thieren.  Andere  dagctgen  hiel- 
ten die  Sensibilität  för  das  höchste  Princip  des  thierischen  Le- 
bens und  die  Irritabilität  fiir  ganz  von  ihr  abhängig ,  weil  in  der 
Regel  beide  gleichzeitig  erhöhet  und  herabgestimmt  würden  und 
man  auf  die  Muskeln  eben  so  gut  durch  die  Nerven ,  als  unmit- 
telbar einwirken  und  Zusammenziehungen  derselben  erzeugen 
könne  Der  hauptsächlichste  Punct  zur  Entscheidung  dieser  viel 
bestrittenen  Frage  war  wohl  ohne  Zweifel  die  Beseitigung  des 
Argumentes,  dafs  es  ganze  Thierclassen  und  einzelne  Muskeln 
ohne  Nerven  gebe.  Seitdem  aber  dieser  Satz  durch  die  genaue« 
«ten  anatomischen  Untersuchungen  widerlegt  worden  ist,  kann 
wohl  nicht  zweifelhaft  seyn ,  dafs  die  Irritabilität  von  der  Sen- 
sibilität abhängig  und  selbst  die  Ernährung  der  Muskeln  durch 
die  Nerven  bedingt  sey,  obgleich  man  die  Irritabilität  oder 
Muskel-Reizbarkeit  (Mu9helkrafi)  mit  der  Sensibilität  oderNer- 
ven^-ReizbarkeitCiVerf^eni&ra/I^J  nicht  eigentlich  identisch  nennen 
kann.  In  abgeschnittenen  Muskeln  bleibt  die  'Nervensubstanz 
noch  eine  geraume  Zeit  fiir  mechanische  und  hauptsächlich  für 
elektrifiche  Reize  empfänglich ,  leitet  sie  und  bewirkt  dadurch 
Bewegung  derselben,  welche  sonach  gleichfalls  vom  Einflüsse 
der  Nerven  abhängig  ist.  Der  Einflufs  selbst^  getrennter  Ner- 
venzweige auf  die  Bewegungen  der  Muskeln  ist  hiernach  also 
nicht  zweifelhaft,  und  da£y  die  Thätigkeit  der  Muskeln  warm- 
blütiger Thiere,  namentlich  der  Menschen,  hauptsächlich  von 
der  Einwirkung  des  Gehirns  und.  Rückenmarks  abhängig  sey,  ist 
durch  die  zahlreichsten  Versuche  genügend  dargethan  worden^. 

Auf  welche  Weise  endlich  die  Nerven  auf  die  Muskeln  ein- 
wirken und  eine  Bewegung  derselben  erzeugen ,  hierüber  ist  es 
schwer ,  irgend  etwas  Sicheres  aufzustellen ,  da  man  selbst  die 
Art  und  Weise  nicht  kennt,  wie  die  Rei^^e  in  denselben  fort« 
gepflanzt  werden  '.  Eine  Spannung  der  Nerven  anzunehmen 
und  die  Fortpflanzung  der  Eindrücke  in  denselben  aus  Schwin* 
gungen  zu  erklären  widerstreitet  den  bekanntesten  Thatsachen* 


1  Vergh  KÖHLsa  Praes.  Ni.sss  J^im,  de  ▼!  mnaoiiloxinn  abeque 

cerebro  et  diedulla  spirali.    Halae  1818. 

2  Die  verschiedenen  älteren  mit  der  Anatomie  und  Phytiologie 
unvereinbaren  Hypothesen  über  die  Ursache  der  Maskelbewegungen 
übergehe  ich  mit  Stiliicbweigen.  Man  findet  sie  aasfohrlich  in  Haller 
BU  Phys.  «orp«  ham.  T.  lY«  Üb.  XI. 


074  Kraft. 

Durch  die  AnBahme  eines  Nerven -Fltiidanis  ist  die  Aufgabe 
keineswegs  geldset ,  weil  damit  weder  die  .eigenthümliche  Be* 
echa£Penheit  desselben,  noch  die  Art  seiner  Wirksamkeit  sngleich 
bestimmt  ist,   ohne  welche  eine  blobe  Bezeichnung  nicht  als 
Erklärung  dienen  kann.      A^  v.  Hixmboi.dt  ^  ist  geneigt,   die 
Wirksamkeit  der  Iferven  auf  eine  Art  von  elektiisdiem  Reize 
SBuriickzufohren,  womit  Paetost,  Dumxs  u,  A.  übereinstimmen. 
Ausgemacht  ist  allerdings ,  dals  namentlich  die  Schnelligkeit  deof 
Fortpflanzung  des  Nervenreizes  durch  die  Nerven  mit  der  Ge- 
schwindigkeit der  elektrischen  Strömung  eine  auffallende  Aehn- 
lichkeit  hat ,  und  da  die  Elektricitat  selbst  aufserdem  einen  Reis 
der  Nerven  und  dadurch  Bewegung  der  Muskeln  erzengt,  so 
liegt  diese  Hypothese  allerdings  sehr  nahe  bei. der  ^ache.  Allein 
es  firagt  sich  dann ,.  ob  da&  in  den  Nerven  thätige  Agens  eigent* 
liehe  Elektricitat  oder  nur  ein  dieser  ähnliches  Fluidum  sey.   Im 
letzteren  Falle  wäre  eigentlich  nichts  erklärt,  weil  einer  hypo- 
thetisch aufgesteUten  Aehiilichkeit  mit  der  Elektricitat  ungeachtet 
das  eigentliche  Wesen  jenes 'Agens  unbekannt  bliebe;  die  Ent- 
scheidung des  Ersteren  beruhet  aber  darauf,   ob  vermittelst  der 
gegenwärtig  bekannten  höchst  feinen  Elektrometer  ein  Vorhan- 
denseyn  von  Elektricitat  bei  der  Nerventhätigkeit  nachgewiesen 
werden  kann.    Hierüber  sind  jedoch  bis  jetzt  nur  wenige  Ver^ 
suche  vorhanden   und  nach  ded  von  Pouillbt^  angestellten 
ist  weder  der  Frocefs  der  Nerventhätigkeit,  noch  anch  der  des 
Blutumlaufes   mit  Entwickelung    von    Elektricitat    verbunden« 
Drähte  nämlich ,  welche  mit  einem  empfindlichen  Mnltiplicator 
'  iit  Verbindung  gesetzt  xmd  niit  den  Enden  eines  Nerven  oder 
eines  Nerven  und  einer  Blutader  in  Verbindung  gesetzt  waren, 
zeigten  nur  dann  geringe  Spuren  von  Elektricitat,  wenn  sie  oxy- 
dirt  wurden ,  so  dafs  diese  also  eine  Folge  der  Oxydation  und 
nicht  des   animalischen  Prooesses  seyn  mulste.     Anderweitige 
Versuche  von  Vasalli-Eavdi  ^  und  Bellivgbri  ^  über  die 
durch  den  Lebensprocels  entwickelte  (Mer  ihn  begleitende  Elek- 
tricitat sind  zur  Entscheidung  dieser  speciellen  Frage  ungenü- 
gend und  es  bleibt  daher  vor  der  Hand  noch  dunkel ,  was  das 
in  den  Nerven  thätige  Agens  seiher  Natur  nach  sey. 

1  Ann.  Chim.  et  Phyi.  II.  p.  197. 

8  8.  Jooro.  de  Piiysioi.  par  Magendie.  T.  V.  p.  1.  ' 

f  Joom.  de  Phyi.  T.  V.  p.  896. 

'  4  Mtn.  della  R»  Accad.  delle  Sc  di  Torino.  T«  XXIY«  n.  XXY. 


Mechauiaclieb    Mnakelkraft  075 

Der  Zatritt  des  Blutes  ist  fiir  die  BewegGcIikeit  der  Mas- 
keln  nnwläfslidi,  indem  diese  nifli({rt,  wenn  man  die  dahin 
fährenden  Aiterien  drückt  oder  unterbindet.  Selbst  ein  nur 
mäfsiger  Druck  auf  die  Pulsadern  bringt  zuweilen  eine  momen« 
tane  Unbewegliohkeit  der  Muskeln  hervor,  wie  beim  sogenann- 
ten Einschlafen  der  Glieder;  jedoch  scheint  bei  der  Contraction 
der  Muskeln  weniger  Blut  durch  die  Arterien  wegen  Verminde- 
ning  ihres  Volumens  einzustrOknen ,  mehr  dagegen  durch  die 
Venen  abgeführt  zu  werden. 

Die  Geschwindigkeit ,  womit  die  Zusammenziehungen  und 
Wiederausdehnungen ,  die  Spannungen  und  Erschlaffungen  der 
Muskeln  wechseln,  ist  ganz  unglaublich,   wie  sich  namentlich 
bei  manchen  feineren  Arbeiten  und  Künsten ,  z.  B,  der  Finger- 
bewegung des  Spielers ,  und  noch  unglndi  auffallender  bei  dem 
Flügekchlage  der  Insecten  und  dem  Laufen  der  vielfufsigen  Ar- 
ten unter  ihnen  zeigt,  indem  es  kaum  möglich  ist,  die  Zahl  der 
hierbei  in  einer  gegebenen  Zeit  wechselnden  Contractionen  und 
Expansionen  der  Muskeln  zu  bestimmen«     Man  nimmt  an ,  dab 
bei  einem   englischen  Wettrenner,  welcher  in  jeder  Secunde 
84  F.  in  14  Sprüngen,  jeden  zu  6  F.  gerechnet,  zurücklegt,  für 
jaden  Sprung  zum  Aufheben,  Fortfiihren,  Niedersetzen  und  An- 
stemmen des  Fufses  4  bis  5  Contractionen  gehören^  wonach  auf 
jede  Secunde  56  bis  70  abwechselnde  Zusammenziehungen  und 
Relaxationen  kommen«      Wenn  ein  Mensch,    nach  Hallba's 
Versuchen ,  in  einer  Minute  eine  Stelle  aus  der  Aeneide  herlie- 
set,  in  welcher  1500  Buchstaben  vorkommen,  so  erfordert  die- 
ses wenigstens  eben  so  viele  Zusammenziehungen  und  Relaxa- 
tionen der  Sprachorgane  in  der  angeg^enen  Zeit.  Es  giebt  aber 
einige  Buchstaben,  z«  B.  das  r,  welcfie  allein  10  und  mehrere 
Zttsammenziehnngen  und  Relaxationen  erfordern,  so  dafs  also 
die  Zeitdauer  einer  einzigen  weniger  als  eine  Tertie  betragen 
nmls.  Ist  es  indels  nach  Messungen  aus  der  Höhe  des  erzeugten 
Tones  oder  der  erzeugten  Geschwiifdi^eiten  erwiesen,  dafs  eine 
gejagte  Stubenfliege  im  schnellsten  Fluge  4000  Flügelschläge  in 
1  Secunde  macht  ^^  so  wäre  die  Summe  der  hierzu  erforderlichen 
Contractionen  und  Relaxationen  =s  8000   in  der  angegebenen 
Zeit  und  die  Zeitdauer  einer  einzelnen  hierbei  ohne  Widerrede 
von  einet  kaum  vorstellbaren  Kürze. 


1    8.  oben  Th.  IT.  8.  1861 


»76  Kr^fe. 

Eben  so  entannenswördig  ist  die  Kraft»  mit  welcher  diese 
Mnskei  -  CoQtractioaen  geschehen.   Schon  die  gewöhnlichen  Be- 
wegungen der  Thiere  und  namentlich  auch  der  Menschen ,  fiir 
welche   genauere  Messungen  vorhanden    sind,   geben   hiervon 
überzeugende  Beweise.    Die  Muskeln  der  Schenkel  s.  B.  halten 
den  Körper  aufrecht ,  dessen  Gewicht  zu  150  ^*  gesetzte  werden 
Hann,  und  da  es  Menschen  giebt,  welche  noch  300  &•  aufsex- 
dem  tragen ,  so  betragt  die  drückende  Last  an  sich  schon  450  £"• 
Um  indefs  unter  den  Beispielen  ausgezeichneter  Stärke  nur  einige 
anzuführen  y  habe  ich  selbst  einen  Mann  gekannt,  welcher  un- 
vorbereitet und  auf  zufällig  gegebene  Veranlassung  6  rhein.  Ca- 
bikfufs  (braunschweig.  Himten)  Weizen  und  oben  darauf  einen 
grofsen ,  starken  Mann  eine  Treppe  von  etwa  8  Stufen  hinauf- 
trug.   Diese  blobe  Last  kann  sicher  auf  450  ü*  und  das  Gewicht 
des  Trägers  hinzugenommen   im  Ganzen  auf  600  S'  geschätzt 
werden,  welche  auf  den  Füfsen  und  Beiqep  jenes  Mannes  ruhe^ 
ten.  Man  hat  indeb  mehrere  Beispiele  einer  noch  ungleich  grö- 
fseren  Kraftäufserung ,  welche  durch  die  Extensores  der  Beine 
erzeugt  wird,  wie  denn  namentlich  Dksaoulibrs^  erzählt,  dab 
ein  Mann  hierdurch  ei^en  Strick  zerrissen  habe,  welcher  1800  fi^« 
trug ,  ja  er  selbst  und  noch  einige  andere  hoben.  1900  S-  Gewicht 
vermittelst  eines  über  die  Hüften  herabhängenden  Riamenf  da^ 
durch,  dab  die  etwas  gekrümmten  Beine  in  die  gerade  Richtung 
gebracht  wurden.     Ich  selbst  habe  gesehen,   dafs  ein  starker 
Mann  2000  ff*  aufhob ,  indem  er  sich  in  gebückter  Stellung  un«» 
ter  ein  Bret  stellte,  worauf  diese  Last  ruhete,  den  Schwerpunct 
derselben  ohngefahr   in  die  Gegend  der  Hüften  brachte,   die 
Arme  über  den  Knieen  stützte  und  dann  die  gekrümmten  Beine 
geri(de  machte.    Die  hierbei  anzuwendenden  Muskeln  vermögen 
unter  allen  am  menschlichen  Körper  die  gröbten  Lasten  zu  wäU 
tigen ,  und  daher  hebt  ein  Mensch  auf  die  angegebene  Weise 
bei  weitem  schwerere  Gewichte,  als  auf  den  Schultern. oder  mit 
dem  Oberleibe ,   wenn  dabei  zugleich  das  Rückgrat  in  gerade 
Richtung  gezogen  werden  mub«   Eben  daher  hob  D£SAGui»iKfts 
mit  beiden  Armen ,  indem  er  seinen  ganzen  Körper  gerade  zog, 
nur  mit  Mühe  300  ff.    Die  Muskeln  des  Gebisses  wiegen  beim 
Menschen  kaum  2  ff.  und  doch  hat  man  Beispiele,  dab  Pürsich- 
kerne  zerbissen  wurden,  welche  zum  Zerdrücktwerden  200  bis 


1    Court  de  Pbyiiqae.  T.  I.  p.  279  a«  $83. 


Mechanische.    Muskelkraft.  977 

300  ff.  Gewicht  erford^en.  loh  selbst  kannte  einen  Mann,  wel- 
cher am  kleinen  Fio^elr  der  rechten  Hand  mit  ausgestrecktem 
Arme  einen  Centner  vom  Stufale  anf  den  Tisch  fach,  und  dieies 
aasgezeichnete  Beispiel  ist  noch  keineswegs  das  stärkste ,  schon  • 
nach  dem  zu  urtheilen,  was  glaubhafte ErsäUungen  angeben; 
eben  so  sah  ich ,  dals  der  oben  erwähnte  Hercules ,  welcher  die 
2000  ff«  hoby  mit  seiner  rechten  Hand  eine  lothreehte,  hinläng-* 
lieh  befestigte  Eisenstange  nmfafste  und  tnit  ausgestrecktem  Arme 
seinen  ganzen  Körper  etwa  5  Secnnden  in  horizontaler  Lage 
freischwebend  erhielt  Es  wäre  wiinschensweVth ,  vermittelst 
genauer  Dynamom^isr  ^  sichere  Bestimmungen  der  Muskelkraft 
aofzufinden. 

Die  ungeheure  Kraft,  welche  die  Natur  den  Muskeln  gege-* 
ben  hat,  wird  noch  anCfallender,  wenn  man  berücksichtigt,  dafs 
die  Knochen  als  Hebel  bewegt  werden,  wobei  die  zu  wältigende 
Last  sich  am  längeren  Hebelarme  befindet  Hierüber  hat  insbe- 
sondere BoEKLiii  ^  sehr  gehaltreiche  Untersuchungen  angestellt, 
welchem  alle  übrigen  Schriftsteller  seitdem  gefolgt  sind  und  wo«* 
▼on  ich  hier  nur  Einiges  mittheile.  Ist  nach  Musscbbmbilokk.  '  p. 
der  ausgestreckte  Arm  AEH  eines  Menschen  an  den  Fingern  bei  207. 
H  mit  einer  Last  von  20  ff •  =  P  beschwert  und  wird'  sein  Hu- 
hepqnct  in  der  Achsel  bei  C  angenommen,  so  ist  die  Richtung  des 
Mnskek^  welcher  den  Arm  ausgestreckt  hält  (deltoideB)^  :±=£DF 
und  der  Abstand  der  Kraft  oder  das  Perpendikel  ans  C  auf  diese 
Richtung  ist  c=  CD ,  der  Abstand  der  Last  dagegen  ist  =  CH. 
MusscHBMBaoBK  sctzt  im  Mittel  CD  :  CH  =3  3  :  100  oder 
li3333<*.-9  wonach  das  Moment  der  LastP  =  20X3333. •• 
=^  666  wird  und  der  Muskel  also  diese  Kraft  äulsem  mufs ,  um 
nur  20  ff«  sn  heben ,  so  dab  also  in  dem  oben  angegebenen  Bei<- 
spiele  für  100  ff*  Last  eine  Kraft  tou  3333  ff.  erforderlich  war. 
Genauer  betrachtet  BoabliiI  ^  den  Arm  als  eine  Zusammensez-»' 
znng  mehrerer  Hebel  und  berechnet  die  Kräfte  aller  bei  seiner 
Ausstreckung  i|iitwirkenden  Muskeln  i  selbst  derer  in  den  Fin- 


1  S.  diesen  Art.  Th.  II.  8.  715. 

2  De  mota  aoimtliam.  Rom.  1680.  4.  Die  weiteren  Ansgabeii 
dieses  classischen  Werkes  sind  Lagd.  Bat.  1685.  Gen^7el685.  Bologna 
1699.  L.  Bat.  com  Jo.  Bernonlli  medit,  de  motu  matculomin.  1710.  Mea* 
pel  1734.  Hagae  Com.  1741. 

9    lotrod,  T.  l  {.  43«, 
4    A.  a.  O.  prop.  45. 


978  Kraft 

gern.  Pur  ien^dekoid^s  insbesondere  setzt. er  das  VerhfltniCi 
der  Längen  CD :  GH  es  1 :  30,  wonach  also,  die  zu  hebende  Last 
P=20ff-  angenommen,  eine  Kraft  von  600  i?.  angewandt  wen- 
den miifste,  und  weil  der  Muskel  durch  Zusammenziehung  wirkt, 
also  nach  beiden  Seiten  mit  gleicher  ll^rafr,  so  wäre  deren  Summe 
auf  1200  {?•  zn  setzen.  Hierzu  kommt  das  Gewicht  des  Armes 
selbst,  welches  zu  7  ff*  angenommen  und  im  Schwerpuncte  ver- 
einigt eiäen  Zusatz  von  15  X  7  =  105  ff.  tind  dieses  doppelt 
gerechnet  von  210  ff. ,  also  im  Ganzen  1410  ff.  giebt.  Die 
Summe  der  gesammten  Kraftanstrengung  aller  Muskeln  findet 
BoaxtLi  bei  einejr  Belastung  von  20  ff.  =  4190  ff*  oder  209  mal 
grdfser  als  die  zu  hebende  Last.  Allein  diese  Grobe  mufs  noch 
Texmehrt  werden,  weil  die  Fibern  des  Muskels  tnit  seinen  flecb- 
senartigen  Enden  schiefe  Winkel  von  etwa  8  bis  10  Graden 
bilden. 

Um  die  Kraft  des  deltoides  genauer  zu  prüfen  mofs  nach 
dem  Verfahren  von  Borblli^,  StüRM^  und  SegHer^  die  Last 
in  der  Gegend  des  Ellbogens  bei  G  angebracht  werden.  Setzt 
man  hierbei  CG  =s  3D£  und  den  Winkel  DBA  =  10%  so  wird 
die  Kraft  des  Muskeb  =s  3  X  Cosec.  10*  X  P  =  17  P'  (nach 
BÖKEVLt  ist  CD  :  CGss  1  :  14,  wonach  ako  14  P  gefunden 
wird).  Weil* dann  der  Muskel  nach  beiden  Seiten  wirkt,  so 
ist  die  Kraft  as  34  P  anzunehmen,  welche  Gröfse  aber  noch  mit 
der  Secante  des  Neigungswinkels  der  Muskelfibem  mit  den  End- 
flechsen multiplicirt  werden  mufs.  Setzt  man  diesen  Winkel 
=  30^,  so  ist  See.  30^=sl45  und  die  gesanimte  zusammenzie- 
hende Kraft  des  Muskels  ist  34  X  145  X  P«  Ein  gew^jhnlicher 
starker  Mensch  kann  am  Ellbogen  eine  Last  von  50  ff.,  aIso  mit 
Einschlnb  des  Gewichtes  des  Armes  55  ff.  tragen ,  wonach  also 
die  Contractionskraft  des  deltoides  =  30X55=2145  ff.  (nach 
BoRiLiiE  1760)  betragt.  Diese  ungeheure  Kraft  der, Muskeln 
war  indeis  nothwendig ,  wenn  die  erforderlichen  Bewegungen 
ohne  Verunstaltung  des  Körpers  geschehen  sollten ,  weil  nach 
mechanischen  Gesetzen  dasjenige  an  dem  durchlaufenen  Räume 
einer  bewegten  Last  gewonnen  wird  ^  was  an  Kraftaufwand  zu- 


1  A.  a.  O.  prop.  82  u.  84. 

2  Ephemerides  Nat.  Gariot.  Dec.II.  Ann.  III.  p.466.  Ana.  lY.  App. 
S    Nieawetyt  Gebrauch  d.  Weitbetrachtvng.    Aas  d.  Hell,    lena 

1747.  4.  8.  104. 


Des  Menschen.  079 

gesetzt  werleii  nrals,  und  manche  nodiwendigd  BewegongeD^ 
X.  B*  beim  Aufheben  der  Gegenstände  vom  Bodeui  beim  Werfen, 
Fortschreiten ,  Laufen  und  bei  zahllosen  Handarbeiten  konnten 
ohne  dieses  Mittel  gar  nicht  erreicht  werden*  Sollte  z.  B.  1  ff* 
mit  aasgestrecktem  Arme  durch  die  geringe  Kraft  des  Muskels 
von  nur  0,25  £•  2  F.  hoch  gehoben  werden ,  so  mufste  der  län- 
gere y  durch  den  Muskel  bewegte ,  Hebelarm  einen  Raum  von 
8  F.  durchlaufen,  welches  ohne  einen  höchst  ungestalteten  Kör-: 
perbau  unmöglich  einzurichten  ^gewesen  wäre.  Bei  dem  durch 
die  Natur  gewählten  Verhältnisse  der  zu  wältigendeft  Last  zu  der 
anzuwendenden  Kraft  bewirkt  eine  geringe,  den  Bau  des  Körpers 
nicht  entstellende  Verkürzung  des  Muskels  eine  Bewegung  durch 
einen  beträchtlichen  Raum.  So  bewegt  sich  der  Arm  bei  einer 
Verkürzung  des  dekoideä  um  2  Z.  durch  einen  Halbkreis  vom 
Radius  =  3F#,  und  da  diese  Verkürzung  in  einer  sehr  geringen 
Zeit  geschehen  kann,  so  ist  hierdurch  die  namentlich  zum  Wer- 
fen und  sonst  vielfach  erforderliche  Geschwindigkeit  erreichbar. 

Uebrigens  giebt  es  im  Thierreiche  noch  ungleich  stärkere 
Moskelcontractioneny  als  bei  den  Menschen,  "Reiche  indeis  nicht 
so  genau  nbtersucht  wurden ,  oder  die  Resultate  solcher  Unter- 
smchungen  blieben  mir  anbekannt.  Hauptsächlich  sind  dieRaub- 
thiere  mit  einer  aufserordentlichen  Muskelkraft  versehen ;  filr  das 
verhältniDunälsig  stärkste  Thier  gilt  aber  wohl  mit  Recht  der 
Floh,  indem  ein  Individuum  nach  Versuchen,  welche  gelesen 
zu  haben  ich  mich  erinnere,  6  gleich  groJse  fortzuschleifen  ver- 
mag ,  statt  daÜB  ein  Pferd  oder  sonstiges'  Thier  kaum  ein  einziges 
auf  diese  Weise  über  den  Boden  hinziehen  kann,  auch  springt 
ein  Floh  sicher  durch  einen  Raum  ß  welcher  seine  Länge  500* 
mal  übertriA,  statt  dafs  andere  Thiere  meistens  kaum  ihre  fünf- 
fache Länge  zu  überspringen  vermögen.  Vorzugsweise  hat  man 
indeis  die  Kräfte  der  Menschen  und  Thiere  in  der  Beziehung 
untersucht ,  um  anszumitteln,  in  wiefern  dieselben  als  Mittel  zur 
Bewegung  von  Lasten  anwendbar  sind. 

a)  Die  Anwendung  der  menschlichen  Muskelkraft  ist  unter 
allen  die  einfachste,  weil  sich  der  Mensch  am  leichtesten  den' 
verschiedenen  Maschinen  und  der  eigenthümlichen  Art,  sie  zu 
bewegen,  anfugt.  Man  benutzt  dieselbe  daher  auf  die  mannig- 
fachste Weise,  z.B.  zum  Auf-  und  Abwärtsziehen ,  zum  Fort- 
tragen und  Fortschaffen  ohne  oder  mit  verschiedenen  erleich- 
ternden Maschinen 4ind  Vorrichtungen,  zum  Drehen  an  Kurbeln 


980  Kraft. 

und  auf  sonstige  so  ^elfach©  Weise ,  dafs  die  Attf^Hhlung  der 
dnfcelnert,   meistens  hinlSnglich  bekattnten,  Arten  hief  triel  za 
weit  führen  würde.     Dabei  kommt  aber  hanptsSchlich  der  Nats- 
efFect,  welcher  durch  die  Anwendung  der  menschlichen  Muskel- 
kraft erhalten  wit-d,  oder  die  Last,  welche  ein  Mensch  in  gegebe-> 
Her  Zeit  d\Xfch  einen  gleichfalls  gegebenen  Rattm  ztt  bewegen  V'er- 
mag,  zunächst  in  Betrachtung.  Um  aber  hierbei  eine  VefgleSchting 
mit  demjenigen  zu  erhalten,  ^as  durch  andere  ntechaniscihe  Mit- 
tel geleistet  wird ;  fuhrt  man  alle  Bestimmungen  auf  das  mecha- 
nische Moment  zurück,  indem  man  die  Lasten  vergleicht,  wel- 
che in  einer  gegebene^  Zeit  bis  zu  einer  gleichfalls  gegebenen 
Höhe  gehoben  wenden,  mit  Rücksicht  auf  die  Dauer  dieser  An- 
strengütig  durch  eiüen  ganzen  Tag  oder  lüngef.     Hierbei  kommt 
es  also  keineswegs  darauf  ah ,  das  Maximum  der  Last,  ^^elcha 
«in  vorzüglich  starker  Mensch  zu  heben ,  zu  schieben  odel"  sonst 
2ü  W&Itigen  Vermag,  also  nicht  djis  Maximum  def  momentanen 
KVaftäufseMng  zu  bestimmen,  sondern  den)eDigen  KrafkauFi^and, 
Welchen  det  Mensch  ohne  Nachtheil  seiner  Gesundheit  Wochen 
und  Monate  anhaltend  leisten  kann.     Diejenigen  Bestimmungen, 
welche  man  hiernach  für  die  Kraft  det  Menschen '  erhält ,  fallen 
etwas  ungleich  aus,  jb  nachdem  er  mit  oder  ohne  Hül6werk- 
zeuge  und  zugleich  mit  vortheilhafter  oder  unvortheilhafter  An- 
wendung seiner  Muskelkraft  arbeitet. 

Es  giebt  übet  die  Kräfte  der  Menschen  eine  grofse  Menge 
Bestimmungen,  wovon  aber  die  älteren  fast  insgesammt  un- 
brauchbar sind ,  weil  sie  entweder  blofs  das  Maximum  der  mo- 
mentanen Ansttengung  geben ,  oder  die  Versuche .  zu  kurze  Zeit 
angestellt  wurden.  Dahin  gehören  die  übrigens  schätzbaren 
Bestimmungen  von  Borkllt^,  de  la  Htre^,  Parevt*,  Amov- 
TOHS*,  D.  BsavouLLi^und  Andern.  Was  Desaouliers®  dar- 
über mittheilt,  bezieht  sich  gleichfalls  meisten«  auf  eine  nur 
kurze  Zeit  dauernde  Anstrengung  und  speciell  solcher  Trager, 
welche  allerdings  aoberordentliche  Lasten  zu  tragen  vermögen  ; 


i  J)e  motu  anim.  p.  77.  M^m«  de  TAcad»  I.  70, 

2  M^m.  de  l'Acad.  1699.  Hist.  p.  96.  M<{m.  p.  155» 

8  Ebend.  1702.  Bist.  p.  95.  An.  1714.  Hitt.  p.  93. 

4  MfSm.  de  TAcad.  1705.  Hist. 

5  Prix  de  FAcad.  T.  Vlll.  p.  4. 

6  Cour«  de  Vhvn.  4mo  Le^.  Note«.  T.  I.  p.  285.  ed.  Par.  1751.  4- 


Des  Menschen.  961 

jedoch  gesteht  er  zu,  daTs  die  Geschwindigkeit  nnd  Dauer  der 
Bewegung  zu  beriickBichtigen  sey,  ohne  dafs  die  gesammte 
Summe  der  von  den  Trägem  in  einem  Tage  und,  dann  mejirere 
Tage  anhakend  fortgeschafften  Lasten  genau  von  ihm  angegeben 
wird.  Inzwischen  enthalten  DI  LA  Hir£^  Dksaoülieas  und 
andere  ältere  Schriftsteller  schon  einige  sehr  richtige  Bestimmun-', 
gen.  Nach  ihnen  beträgt  nämlich  die  Kraft  des  horizontalen^ 
Zuges  biei  einem  Pferde  200  ff.  auf  8  Stunden  des  Tages  mit 
einer  Geschwindigkeit  von  12000  F.  in  1  Stunde*  Wird  die 
Last  bis  240  $?.  vermehrt,  so  kann  dasselbe  nur  6  Stunden  ar- 
beiten. Bei  Menschen  ist  dagegen  im  horizontalen  Zage  die 
Kraf^äufserung  am  geringsten-,  indem  ein  starker  Mann  an  einem- 
Schiffe  ziehend  nur  27  ^.  b6wegt ,  wonach  7  Menschen  1  Pferd* 
ersetzen  würden.  Dieses  stimmt  sehr  genau  tbit  den  Messungen^ 
4er  absoluten  Kraftäulserung  beider  iiberein|  dennRcaviSH^^ 
fand  vermittelst  seines  Dynamometers  die  absolute  Kraft  eines 
Pferdes  im  horizontalen  Zuge  £=  720»  eines  Manqe^  aber  nur 
=  100  bis  höchstens  =  120  fi^.  Beim.  Pferde  dagegen  findet  die 
nachtheiligste  Kraftanwendung  statt ,  wenn  es  eine  Lasjt  bergauf 
bewegen  soll ,  indem  ein  Mensch  leichter  mit  100  S^*  Last  eine 
Habe  hinaufsteigt,,  als  cnn  Pferd  mit300S'.r^OBJich  3  Manschen 
das  Äequivalent  eines  Pferdes  gäben.  El^en  daher  wird  maD 
finden ,  dafs  Fuhrleute  allezeit  die  längeren  und  minder  steilen 
Wege  wühlen ,  Fnisgänger  dagegen  die  kürzeren ,  wenn  gleich 
steileren,  insbesondere  dann,  wenn  die  zurückzulegende  Strecke 
des  Weges  nicht  sehr  grols  ist,  indem  sonst  das  Bergsteigen 
überhaupt  zu  grofse  Ermüdung  herbeiführt.  Die  stärkste  Kraft-»: 
äufserung  des  Menschen  findet  beim  Rudern  statt ,  indem  er 
hierbei  die  meisten  Muskeln  und  in  der  vortheilhliftesten  Stel-  > 
lung  anstrengt.  Vorzüglich  suchten  die  älteren  Geometer  die- 
Kraft  der  Menschen  namentlich  beim  Ziehen  von  Lasten  aus  der. 
Neigung  ihres  Körpers  u|id  ;dem, Gewichte  desselben »  für  sich 
allein  oder  wenn  derselbe  noch  mit.  einer  Last  beschwert  war, 
zu  bestimmen  und  auf  eine. allgemeine  Formel  zuriickzubringen, 
was  aber  nicht  leicht  zu  befriedigenden  Resultaten  führt. 

Unter  die  grölseren  und  bedeutendem -Versuchsreihen  ge- 
hört namentlich  die  durch  Schulzs^  angestellte,  wodurch  er 


1  G.  II.  91. 

2  M«m.  de  Beriln.  Ao.  I78S.  Beri.  1785.  p.  S33. 


«82  Kraft* 

die  von  L«  EüLfta  aiig«geI>eBa  iJIgcmeine  Formel  für  die  Kraft- 
äuTserung  der  Siensqhpn  und  Thiere.  bestätigt   gefunden  hat. 

Hiernach  ist  nämlich  p  =  P  (1*^^)  9  wenn  P  die  absolute, 

p  die  geleistete  Kraft  und  eben  so  V  die  absolute  ^nd  v  die  an- 
gewandte Geschwindigkeit,  erstere  wie  sie  ohne  Belastung  seyn 
würde,  bezeichaen«  Die  absolute . Kraft ,  .welche  ein  Mensch 
fortzuschaffen  vermag,,  beträgt  nach  Edlsr  60  9*9  nach  Lam- 
BEAT  ^  75  $?•  Wenn  also  die  absolute  Geschwindigkeit  oder 
diejenige,  mit  welcher  sich  der  Mensch  ohne  Last  bewegt  (wo- 
bei p=0  wird),  zu  6  par.  F.  in  1  Sec^  angenommen  wird,  so 
giebt  die  Formel  furvs=l  (also  1  F.  Geschwindigkeit  in  iSec.) 
nach  £uLKA  p  =  41,66 ••  •»  «ach  Lawbbrt  p  =  52,08  S*  Das 
Bcoduct  pv  giebt  den  Nutzeffect  der  menschlichen  Kraütäuüse- 

V 
rung,  welcher  fUr  v  =  —  am  grölsten  ist.    Eine  andere  Formel 

von  fiuLVii  setzt  p  =:  P  (1  —  ^jt  welche  für  den  grOlsten 

Nutzeffect  v  ssjf       erfordert,  aber 'mit  den  Versuchen  weniger 

genau.. übereinstimmt  Thom.Touv»^  bemerkt  indels  richtig, 
dafsajene  Bastimmungeo  auf  ganz  willkürlichen  Principien  be* 
ruhen. 

Es  giebt  aufm  den  bisher  erwähnten  noch  viele  sohlitzbare 
Untersuchungen  über  die  Krafiäulserungen  der  Menschen ,  x«  B. 
von  Camus  ^  Babthxz  \  Ecbhabd  <,  J«  Baadkb  ^  und  Ändern ; 
allein  diese  bleiben  insgesammt  zurück-  gegen  die  auf  viele  Ver- 
suche gestützte  gründliche  Abhandlung  von  Coulomb  ^,  welche 
eben  so  wohl  wissenschaftlich  interessante,  als  praktisch  an- 
wendbare Biesultate  enthält.    Werden  die  von  ihm  gebmichten 


1    M^m.  de  Berlin.  Annie  1776i  p«  19» 
3    Lectarei.  T.  II.  p.  1$5. 

3  TnAti  des  forcas  moarantet.  Par.  1722.  8. 

4  Noarelle  mtfoaniqae  det  moaTemens  de  Pfaomme  et  des  animaoi;. 
Careatsonne.  An.  VI.  4.  Neue  Meokanik  n.  ••  w.  übers,  yon  Sprengel. 
Hiüle  1801.  8. 

5  Repertory  of  Acts  and  Manuf.  Vol.  IT.  p.  361,  ToL  XY.  p.8l9. 

6  Köhler'f  Bergmann.  Joam.  Jahrg.  II.  Bd.  II.  p.  754. 

7  M«Sm.  de  l'Inst,  Sc«  ülath.  et  f  hjs.  T.  II.  p«  308. 


Des  Menschen.  963 

Meter  in  par.  Fufs  verwandelt  (1  Met.  =  3  F.  11,296  Lin.  ge- 
rechnet) und  die  Kilogramme  in  Pfunde  (1  Kilögr.  =2S*»  ange- 
nommen),  80  ergiebt  sich  Folgendes. 

Zuvörderst  kann  eine  Ver«;leichung  zwischen  dem,  was 
durch  die  eine  oder  die  andere  Kraft  geleistet  wird,  nur  dann 
statt  finden,  wenn  man  die  Leistungen  auf  ein  gemeinschaftliches 
Mafs  reducirt,  und  dieses  geschieht,  indem  man  die  gevraltigten 
Lasten ,  die  Geschwindigkeiten,  womit  sie  bewegt  werden,  und 
die  Zeitdauer,  während  welcher  die  Arbeit  ohne  übergrofse  Er- 
müdung verrichtet  werden  kann^in  Rechnung  nimmt,  wie  zu- 
erst rtii*ifE^i^  Berwoulli  gethan  und  hiernach  die  Kraft  eines 
ausgewachsenen  Mannes  =  1728000  ff.  zu  1  F.  Höhe  gehoben 
angenommen  hat.-  Hierunter  ist  das  gesammte  Gewfcht  zu  ver- 
stehen, welches  ein  Mann  in  einem  Tage  zu  der  angegebenen 
Höhe  zu  heben  vermögend  seyn  soll,  und  wenn  man  dann  zur 
leicWeren  üebersicht  8  Stunden  Arbeit  täglich  annimmt  und  die 
angegebene  Xeistung  auf  480  Minuten  vertheilt,  so  erhält  man 
3600  ff.  in  1  Min.  zu  1  F.  bei  Sstündiger  täglicher  Arbeit  ge- 
hoben,  welches  mit  späteren  Angaben  hinlänglich  genai^  über- 
einstimmt. 

Coulomb  wünschte  zu  wissen,  was  für  einen  KraftefFect 
ein  Mensch  zu  erzeugen  vermöchte ,  wenn  er  blofs  sein  eigenes 
Gewicht  durch  Hinaufsteigen  auf  eine  Treppe  höbe,  und  verlangte 
daher  von  den  Trägern ,  sie  sollten  unbelastet  eine  Treppe  so 
oft  in  einem  Tage  hinauf-  nnd  hinabsteigen,  als  dieses  ohne 
zu  grofse  Ermüdung  geschehen  könne,  welches  sie  aber  als  etwas 
Unnützes  zu  thun  verweigerten«  Aus  der  Besteigung  des  Pic 
von  Teneriffa  durch  de  Boada  und  seine  Begleiter  ergab  sich 
aber,  dafs  nicht  ausgezeichnet  starke  Personen  ihr  Gewicht,  wels- 
ches Coulomb  =  70  Kilogramme  annimmt,  während  8  Stun- 
den bis  zur  Höhe  von  2923  Metern  ohne  grofse  Ermüdung  ho- 
ben ,  die  zugleich  zurückgelegte  als  eben  angenommene  Fläcbe 
nicht  in  Anschlag  gebracht.    Dieses  beträgt 

1)  Für  die  lothrechte  Erhebung  eines  unbelasteten  Mannes, 
sein  eigenes  Gewicht  als  gehobene  Last  betrachtet,  205  Kilo- 
gramme zu  1  Kilometer  Höhe  während  8  Stunden  des  Tages 
gehoben,  oder  auf  die  allgemeine  vergleichbare  Normalgrofse 
reducirt  giebt  dieses  einen  NutzefFect  von  2629,5  ff.  in  1  Min. 
zn  1  F.  Höhe  gehoben« 
V.  Bd.  Rrr 


984  Kraft. 

2)  Um  die  Kraftäalserung  eines  Mannes  zn  finden,  welcher 
mit  einer  Last  beschwert  diese  zu  einer  gewissen  Höhe  fördert, 
wähUe  CouLOUB  die  Holzträger.  Diese*  trugen  68  Kilogramme 
Holz  auf  einer  12  Meter  hohen  Treppe  66nial  in  einem  Tage. 
Zu  dieser  gehobenen  Last  das  eigene  Gewicht  mit  70  Kilogram- 
men gerechnet  giebt  138  X  66  X  12  oder  109  Kilogramme  zu 
1000  Meter  Höhe  gehoben.  Auch  diese  auf  das  allgemeine  Mafs 
reduckt,  wenn  8  Stunden  Arbeit  angenommen  werden,  beträgt 
1400  ff.  in  1  Min.  zu  1  F.  Höhe  gehoben.  Es  verhält  sich  dem- 
nach diese  Gröfse  zu  der  unter  Nr.  1,  gefundenen  wie  100=  188, 
jedoch  wird  dieses  Verhältnifs  von  Coulomb  noch  für  zu  ge- 
ringe gehalten,  indem  er  lieber  1  : 2  annehmen  möchte,  im  ^yi- 
derspruche  mit  Dav.  Bernoulli,  Lambert  und  den  meistea 
Ülteren  Geometern ,  wonach  die  Kraftaufserung  der  Thiere  und 
Menschen  bei  jeder  Belastung  gleich  seyn  soll ,  sobald  nur  dio 
zu  wähigende  Last  ihre  Kräfte  nicht  übersteigt.  Ein  vorzüglich 
starker  Arbeiter  Versicherte  einst  129  Kilogramme  zu  1000  Me- 
ter Höhe  gehoben  zu  haben  ,  wonach  er  jedoch  wegen  übergro^ 
fser  Ermüdung  die  beiden  folgenden  Tage  nicht  arbeiten  konnte. 
Letzteres  giebt  1657  S*.  zu  1  F.  in  1  Min.  gehoben  und  das  Ver- 
hältnifs beider  Gröfsen  wird  nahe  genau  14  :  16«  Nimmt  man 
blofs  die  geförderte  Last  ohne  das  eigene  Gewicht  des  Menschen 
zur  Bestimmung  des  durch  ihn  beim  Hinauftragen  von  Lastea 
zu  erhaltenden  Nutzeffectes,  so  beträgt  dieses  nur  54  Kilogramme 
zu  1  Kilometer  Höhe  gehoben,  oder,  8  Stunden  Arbeit  angenom- 
men, 901  'S*  in  1  Min.  zu  1  F.  Höhe  gehoben.  Es  ergiebt  sich 
hieraus ,  dafs  die  Kräfte  der  Menschen  für  lothrechte  Erhebung 
von  Lasten  durch  Tragen  einen  nur  geringen  Nutzeffect  geben, 
welcher  übrigens  bei  Thieren,  wie  oben  erwähnt  wurde,  noch 
geringer  ist. 

Hierbei  zeigt  sich  dann  ein  interessantes  Resultat.  Wenn 
ein  Mensch  eine  Last  durch  Tragen  auf  eine  gegebene  Höh» 
schafft,  so  ist  der  wirkliche  Nutzeffect  nur  diese  Last  und  nicht 
sein  eigenes,  zugleich  l^ewegtes  Gewicht.  Wird  die  Last  ver- 
mehrt, 80  nimmt  der  NutzeiFect  ab,  bis  die  erstere  auf  etwa 
300  ^.  steigt ,  unter  welcher  der  Mensch  sich  nicht  bewegen 
kann,  also  gar  keine  Höhe  erreicht,,  so  dafs  demnach  der  Nutz- 
effect =  0  ist.  Zu  eben  diesem  Resultate  gelangt  derselbe,  wenn 
die  Höhe  phne  Last ^  hinaufgestiegen  wird,  und  es  mufs  also 
zwischen  beiden  ein  Maximum  des  Nutzeffectes  liegen.    Die  Be- 


'         Des  Menschen.  965 

rechncmg  ergiebt  ^  dafs  eine  BelMtnng  mit  53  Kilogrammen  den 
gröbXen  Nutzeffect  giebt,  und  da  das  Gewicht  des  Menschen  zu 
gleicher  Höhe  gehoben  205  Kilogramme  beträgt,  so  folgt  aus 

205 

-—  =4,  dafs  ein  Mensch  fast  viermal  so  viel  Kraftaufwand  äu- 

Isert  und  einen  eben  so  vielmal  gröfseren  Nutzeffect  leisten 
könnte ,  werin  er  unbelastet  zu  3er  erforderlichen  HOhe  stiege 
und  die  Last  durch  Herablassen  seines  Gewichtes  aufwärts  zöge. 
Der  Nutzeffect  bei  d?r  gewöhnlichen  Belastung  mit  68  Kilo-  > 
grammen  zu  dem  mit  53  verhält  sich  wie  53,8(>  :  56,  so  dafs 
also  derselbe  beim  Tragen  von  Lasten  auf  eine  gegebene  Höhe 
s=  1455  S^.  in  1  Min.  zu  1  F.  Höhe  gehoben  beträgt.  ^  Dafs  sich 
.die  Träger  hiernach  unvortheilhaft  mit  gröfseren  Lasten  be-> 
schweren,  als  welche  den  gröfsten  Nutzeffect  geben,  obgleich 
beide  nicht  merklich  von  einander  verschieden  sind ,  leitet  Cou* 
XOHB  von  dem  Bestreben  ab ,  stark  zu  scheinen ;  indefs  kommt 
^wohl  noch  ohne  Zweifel  auch  der  Grund  hinzu,  dafs  die  Träger 
beim  Aufnehmen  der  Lasten  die  mit  der  zunehmenden  erstlege* 
nen  Höhe  wachsende  Ermüdung,  welche  die  Geschwindigkeit 
der  Bewegung  vermindert  und  dadurch  den  Nutzeffect  verringert, 
nicht  gehörig  schätzejD. 

3}  Ein  unbelasteter  Mensch  kann  in  der  Ebene  gehend  füg- 
lich 50000  Meter  oder  153920  F.  oder  6,7  geogr.  Meilen  zurück- 
legen und  bewegt  also,  wenn  sein  eigenes  Gewicht,  wia  oben 
zu  70  Kilogrammen  genommen,  als'die  gehobene  Last  and  der 
horizontale  Baum  als  die  Höhe  betrachtet  wird,  auf  welche 
diese  Last  gehoben  ist ,  eine  Last  von  3500  Kilogrammen  auf 
ein  Kilometer  Höhe.  Nach  der  angenommenen  Beduction  auf 
Pfunde  und  Fufsmafs  beträgt  dieses  die  enorme  Gröfse  von 
44894  ^.  auf  1  F.  Höhe  in  1  Min.  gehoben,  weni  gleichfalls 
8  Stunden  Arbeit  gerechnet  werden.  Coulomb  verglich  diesen 
Krafteffect  mit  der  Anstrengung  der  Meublenträger,  welche  6mal 
in  einem  Tage  eine  Last  von  58  Kilogrammen  auf  2  Kilometer 
Entfernung  tragen,  ohne  dafs  sie  diese  Anstrengung  mehrere 
*  Tage  anhaltend  auszuhalten  vermögen.  Beide  Gewichte  ^  ihr  .  , 
eigenes  und  das  der  transportirten  Last ,  betragen  also  128  Kilo- 
gramme auf  12  Kilometer  Entfernung,  wovoadas  Product  1536 
Kilogramme  auf  1  Kilometer  Entfernung  beträgt.  Hierzu  kommt  . 
dann  der  Rückweg  tnit  12  Kilometern,  worauf  sie  etwa  O925  ihrer 
Kraft  verwenden ,  da  die  Grölse  eines  unbelastet  zurückgelegten 

Rrr  2 


986  Kraft. 

Weges  5=  50  Kilometer  gefanden  wurde«  Fliernach  betragt  die 
gesammte  Kraftäurserung  eines  mit  58  Kilogrammen  belasteten 
IVfannes  nahe  genau  2048  Kilogramme  zu  1  Kilometer  gehoben 
oder  nach  der.  allgemeinen  Art  zu  messen,  gleichfalls  8  Stunden 
Arbeit  gerechnet ,  20269  '/?.  in  1  Min.  zu  1  F.  Hßhe  gehoben. 
Beide  Gröfsen  verlialten  sich:  wie  7 : 4«  Aus  den  Angaben  soU 
eher  Träger,  welche  gröfsere  Lasten  auf  weitere  Entfernungen 
transportiren,  ergab  sich,  dafs  44  Kilogramme  auf  19  Kilometer 
Entfernung  getragen  die  gröfste  zu  wältigende  Last  ist,  welches 
2166  Kilogramme  auf  1  Kilometer  gehoben  beträgt.  Wenn  man 
nun  berücksichtigt ,  dafs  die  Träger  weder  die  Lasten  noch  die 
Wege  völlig  genau  schätzen,  so  glaubt  Coulomb  in  runder 
Zahl  2000  Kilogramme  auf  1  Kilometer  transportirt  als  Kraftanf- 
w^and  ein^s  Mannes  bei  einer  in  horizontaler  Ebene  bewegten 
Last  annehnlen  zu  können.  Dieses  beträgt  25654  ß*  auf  1  F* 
Höhe  in  1  Min.  gehoben. 

Auch  hierbei  geht  durch  die  Beschwerung  mit  der  Last  ein 
Theil  des  Kraftaufwandes  verloren  und  es  mufs  also  zwischei» 
der  Belastung  mit  gar  keiner  Last,  welche  die  gröfste  Entfernung 
giebt,  und  mit  einer  so  grofsen,  dafs  der  Mensch  sich  nicht 
darunter  bewegen  kann ,  ein  Maximum  der  Belastung  zur  Er* 
Zeugung  des  stärksten  Nutzeffectes  geben.  Da  bei  keiner  Be- 
lastung die  Kraftäufserung  =  3500  Kilogramme  und  mit  58  Ki- 
logrammen Belastung  =  2000  Kilogramme  gefunden  wurde,  fiir 
beide  gleiche  Entfernungen  gerechnet,  so  giebt  jene  Belastung 
einen  Verlust  von  1500  Kilogrammen.  Wird  dann  der  Verlust 
an  Kraft  der  Belastung  proportional  gesetzt,  die  letztere  =  P, 
die  erstere  =  x  genannt,  so  erhält  man  die  Proportion  1500:x 
=  58  :  P,  xvoraus  x  =^25,86  P  gefunden  wird.  Die  Kraftäu- 
fserung ein e^  Menschen  unter  einer  Last  =  P  ist  also^  derjenigen 
gleich,  welche  er  unbelastet  beweiset,  weniger  dem  Verluste 
durch  die  Belastung,  oder  sie  ist  =  3500  —  25,86  P-  Wird 
diese  Gröfse  =s=  Q  gesetzt  d.  h.  wird  die  I^Tist  so  grofs  ange- 
nommen, dafs  der  Mensch  gar  keinen  NutzeiFect  durch  ihrePort- 
schafFung  erzeugt,  so  ist  P  =  135,4  Kilogramme  oder==271  {?. 
dasjenige  Gewicht,  welches  der  Mensch  auf  keine  bedeutende 
Entfernung  zu  tragen  vermag  oder  wodurch  seine  Kraft  ganz 
erschöpft  wird.  Wenn  also  der  Mensch  sein  eigenes  Gewicht 
=  70  Kilogramme  =  Q  und  dazu  die  Last  P  durch  den  Raum 
=  1  bewegt,   80  giebt  dieses  ( P  +  Q)  1  =  3500  —  25,86  P, 


Dea  Men^cben.  067 
woraus  die  von  ihm  auf  die  Länge  dei  Weges  s=  1  fortzuschaf- 
fende Last  P  oder  PI  = ■  ^ und  hieraus  das  Ma- 

admüm  ,Yon  P  =  0,72  Q  ^=  50,4  Kilogramme  gefunden  \^ird. 
Hiemach  ist  also  diese  Gröfse  oder  100  i^.  diejenige  Belastung, 
unter  welcher  der  Mensch  ^uf  horizontaler  £bene  tragend  den 
gräfsten  Nntzeffect  giebt.  Bei  diesem  Tragen  der  Lasten  gehen 
die  Träger  leer  zurück.  Nimmt  man  hierauf  und  auf  ihr  eigenes 
bewegtes  Gewicht  keine  Hdcksicht,  so  findet  Coux.omb  aus  den 
von  ihm  gehrauchten  Formeln ,  dafs  der  r^iue  NutzefFect  eines 
JMenschen  692,4  Kilogramme  Last  auf  1  Kilometer  Höbe  geho- 
ben beträgt.  Dieses  kommt  nahe  genau  mit  der  anfangs  enge« 
gebenen  Gröfse  überein ,  wonach  die  Lastträger  6mal  eine  LasI 
von  58  Kilogrammen  auf  2  Kilometer  Entfernung  zu  tragen  ver-^ 
»(jgen.  Letzteres  giebt  also,  die  horizontale  Entfernung  der 
Höhe  gleich  gesetzt ,  den  eigentlichen  Nntzeffect  eines  in  der 
Ebene  tragenden  Menschen  =  696  Kilogramme  auf  1  Kilometer 
H(>he  gehoben  oder  8930  ^.  9uf  1  FuAk  H<>he  in  1  Minute,  8 
Stunden  tägliche  Arbeit  gerechnet« 

Endlich  ergiebt  die  Vergleichpng  der  Höhe,  welche  Men« 
sehen  unbelastet  ersteigen,  mit  der  Entfernuqg,  bis  zu  welcher 
sie  in  der  Ebene  gehend  gelangen,  dafe  beide  Gröfsen  für  gleiche 
Ermüdung  sich  ungefähr  wie  1  zu  17  verhalten.  Man  sieht  hier- 
aus, warum  das  Ersteigen  steiler  Berge  so  angreifend  ist  und 
insbesondere  schwache  Personen  leicht  eine  beträchtliche  Strecke 
in  der  Ebene  gehen ,  bergige  Stratsen  aber  vermeiden  müssen. 

4)  Wenn  Erde  oder  Steine  auf  einem  Schubkarren  trans« 
portirt  werden ,  so  ist  der  Arbeiter  nicht  mit  der  ganzen  Last 
beschwert,  sondern  er  hebt  nur  einen  Theil  derselben  und  über-« 
windet  die  Reibung  des  Rades,  Nach  genauen  Versuchen  för- 
dert in  diesem  Falle  ein  Mann  70  Kilogramme  auf  14,61  Kilo- 
meter horizontaler  Entfernung ,  welches ,  die  Länge  des  Weges 
der  Höhe  gleichgesetzt,  1022,7  Kilogramme  auf  1  Kilometer  giebt. 
Nach  der  angenommenen  Reduction  heträgt  dieses  13i^8  ^N  in 
1  Min«  auf  1  F.  Höhe  gehoben.  Das  VerhäUnifs  dieses  Nutz-p 
effectes  zu  dem  vorigen  ist  also  13118  :  8930  oder  nahe 
147  ?  100,  wonach  also  ungefähr  2  Arbeiter  eine. gleiche  Last 
in  der  horizontalen  Ebene  auf  dem  Schubkarren  transporliren, 
als  3  Träger  auf  gleiche  fentfernung  durch  Tragen  zu  fiiidern* 
vermögen;    .    -  -      ^ 


988  Kraft, 

5)  Um  Aen  Nutzeffeet  aufzufinden,  welchen  ein  Mann  beim 
Heben  .eines  RammVlotzes  leistet ,  hat  Coulomb,  alle  Bedingun- 
gen bei  dieser  Art  Arbeit  verglichen,  woraus  als  Endresultat  her- 
vorgeht, dafs  dabei  75,2  Kilogramme  zu  1  Kilometer  Höhe  ge- 
hoben werden.  Nach  genauen  Beobachtungen  wird  diese  Arbeit 
in  3  Stunden  vollendet,  indem  die  Arbeiter  oft  ruhen  und  viele 
Zeit  auf  anderweitige  Verrichtungen  verwenden  müssen.  Der 
Vergleichung  wegen  mufs  aber  diese  Gröfse  gleichfalls  auf  8 
6tunden  Vertheilt  werden  und  gtebt  dann  nur  964,6  ^.  in  1 
Min.  auf  einen  Pub  Höhe  gehoben.  Die  Ursache  dieses  gerin- 
gen NutzefiPectes  liegt  offenbar  darin ,  dafs  hierbei  die  Kraftäa«- 
fserung  dem  Baue  des  Menschen  weniger  angemessen  ist,  ins- 
besondere aber  in  dem  Umstände,  dafs  die  zu  hebende  Last 
grofs  und  die  auf  ihre  Hebung  zu  verwendende  Zeit  kurz  ist. 
Um  nämlich  den  Rammklotz  recht  hoch  zu  heben  oder  ihn  viel-» 
mehr  in  die  Höhe  zu  schnellen  (weswegen  derselbe  auch  höher 
geschnellt  wird  als  die  Tiefe  des  herabgezogenen  Seiles  beträgt), 
wendet  der  Arbeiter  die  gröfste  Anstrengung  an  und  ermüdet 
daher  so  viel  schneller,  vermindert  aber  dadurch  den  Nutzeffect 
auf  gleiche  Weise,  als  beim  Tragen  zu  schwerer  Lasten.  Uebri- 
gens  mfag  immerhin  diese  Bestimmung  durch  Coulomb  etwas 
geringe  seyn,  ungeachtet  die  durch  Beobachtung  gegebenen 
Gröfsen,  worauf  sie  beruhet,  keine  eigentliche  Einwendung  lei« 
den  und  die  aufserordentliche  Genauigkeit  jenes  Gelehrten  g&r. 
nugsam  bekannt  ist.  Es  giebt  übrigens  auch  andere  keineswegs 
verwerfliche  Bestimmungen,  welche  die  Kraftäufserung  beim  Zie- 
hen der  Rammklötze  gröfser  angeben.  Nach  Perroket^  z.  Bl 
hob  ein  Arbeiter  an  einem  Rammklotze  26  &  auf  4,5  F.  Höhe, 
und  solcher  Züge  geschahen  30  in  1  Minute.  ^  Hiernach  betrug 
also  der  Nutzeffect  30  X  4,5  X  26  Ä*.  =3510  ff.  in  1  Min.  1  F. 
hoch  gehoben,  welches  allerdings  sehr  viel  wäre,  wenn  maa 
annehmen  dürfte,  dafs  ein  Arbeiter  diese  Anstrengung  8  Stunden 
auszuhalten  vermöchte ;  allein  man  kennt  allgemein  die  langen 
Pausen,  welche  awischen  den  Touren  des  Rammens  gehalten 
werden ,  damit  die  nach  einer  langen  Tour  erschöpften  Arbeiter 
sich  erholen ,  und  die  zahlreichen  Nebenarbeiten ,  welche  zwi» 
sehen  das  eigentliche  Heben  des  Rammklotzes  fallen.  Wenn 
daher  bei  jenex  Bestimmung  durch  Pbrrovet  nni:  3  Stunden 


1,    Description  des  Projets  et  de  la  Gonstrnction  des  Fonts  etc. 


Des  Mensclien. 

eigentlicher  Arbeit  angenommen  werden,  so  geht  sie  auf  1316  i^. 
in  1  Min.  zu  1  F.  Höhe  gehoben  heg-ab  und  kommt  der  obigen 
ziemlich  nahe.  Fär  das  Heben  des  Wasseiß  aus  einem  Brunnen 
vermittelst  der  Eimex  findet  Coulomb  einen  noch  geringeren 
Nutzeffect,  nämlich  71  Kilogramme  auf  1  Kilometer  Höhe  ge- 
hoben, wriches  nach  der  angenommenen  Weise  reducirt  911  ff- 
in  1  Min.  auf  1  F.  Höhe  gehoben  giebt  Bei  dieser  Art  von  >Ar- 
beit  geschieht  indefs  die  Anwendung  der  Muskelkraft  auf  eine 
noch  weniger  vortheilhafte  Weisen 

6)  Bei  Arbeitern ,  welche  an  einer  Kurbel  drehen ,  z.  B.  ap 
einem  Schwun^ade  bei  Schleifsteinen'  u.  s.  w. ,  berechnet  man 
den  Kraftaufwand  in  der  Hegel  au  25  ^.  9  allein  Coulomb  be- 
stimmt denselben  nur  zu  7  Kilogrammen.  Die  Handhabe  be- 
schreibt meistens  einen  Kreis  Ton  67^5  par.  F.,  statt  deren  Cou- 
z«ouB  23  Deoimeter  oder  fast  7  par.  F.  annimmt ,  und  dann  sol- 
len 30  Umdrehungen  in  1  Minute  oder  in  «jeder  Secunde  eine 
lialbe  vollendet  werden,  Coulomb  meint,  diese  letztere  Grcilse 
müsse  auf  20  herabgesetzt  werden  ,  selbst  wena  die  Last  nur  7 
Kiloüaeter  betrage.  Die  Zeitdauer  dieser  Anstrengung  betragt 
dann  nicht  mehr  als  6  Stunden  täglich.  Diese  Bestimmungen 
^eben  nur.  einen  geringen  Nutzeffect  und  andere  Schriftsteller 
setzen  denselben  meistens  höher;  allein  ich  glaube  dennoch, 
daJGs  diese  durch  Coulomb  gegebenen  Bestimmungen  für  mittlere 
Stärke  der  Menschen  eine  richtige  und  daher  sichere  Norm  ab- 
geben, wie  aus  einer  von  mir  zufallig  angestellten  genäherten 
Messung  noch  mehr  hervorgeht.  Bei  ^iner  Maschine  nämlich^ 
vermittelst .  welcher  durch  ein  von  «wei  Menschen  bewegtes 
Schwungrad  Wasser  aus  der  Tiefe  geftSrdert  wurde,  erforderte 
die  Handhabe  einen  Druek  von  etwa  30  {?.,  um  bewegt  zu  wer- 
den, ihr  Abstand  von  der  Axe  der  Welle  betrug  13  par.  Zolle 
und  die  Zahl  d^r  Umdrehungen  war  bei  der  Probe  25  in  1  Mi-^ 
90le,  jedoch  glaube  ich,  dafs  man  sie  im  Ganzen  auf  20  herab- 
setzen mufs.  Allerdiiigs  rrbeiteten  die  Arbeiter  12  Stunden  des 
Tages,  wurden,  aber  alle  Stundeavon  2  andern  abgelöset«,  weil 
die  Maschine  nie  still  stand,  und  so  kommen  also  nur  6  Stunden 
tüglich  auf  jedea  Arbeiter.  Hierbei  sind  Täuschungen  sehr  leicht 
möglich ,  denn  es  wurde  mir  selbst  nicht  übermäfsig  schv^er,  das 
Schwungrad  allein  mit  der  erforderHchen  Geschwindigkeit  um- 
'  ^udrehen«  alMq  io^etwa  3  Dünnten  war  die  Ermüdung  so  grofs, 
dals  ich  die  Anstrengung  nicht  weiter  fortsetzen  konnte.     Cou-, 


990-  '  ICr^ftr 

LOMB  erhält  aus  den  von  ihm  angenommenen  .Groben ,  nämlich^ 
7  Kilogrammen ,  23  Decimetern ,  20  Umdrehungen  und  6stün- 
diger  Arbeit  täglich,  einen  Nutzeif ect  c=  1 16  Kilogramme  auf  1 
Kilometer  Höhje  gehoben.  Wird  diese  Gröfse  auf  8  Standen 
täglich  vertheilt  und  auf  die  angenommenen  Mafse  xeducirt ,  so 
giebt  sie  1487  ff.  in  1  Min.  auf  1  F.  Höhe  gehoben. 

Christian^  glaubt  dagegen,  dafs  Coulomb  gerade  diese 
Grörse^vi/sl,  zu  geringe  angenommen  habe.     Nach  einer  von  ihm 
selbst  gemachten  Beobachtung  bewegte  1  Arbeiter  eine  Kurbel, 
welche  einen  Kreis  von  25,12  Decimetern  beschrieb  und  14  Ki- 
logramme Kraft  erforderte,  24mal  ip  1  ^Un.  7  Stunden  des  Tages. 
Diese  Bestimmung  ist  allerdings  schätzbar,  da  alle  Gr^^Isen  der 
Angabe  nach  genau  gemessen  worden  sind  und  selbst  die  Zahl 
der  Umdrehungen  ah  einem  Zähler  abgelesen  wurde.  Sie  übertrifft 
die  durch  CouLOiUB  erhaltene  um  mehrals  das  Doppelte  und  giebt 
den  Nutzeffect  =  4547  ff.  zu  1  F.  Höhe  in   1  Min.  bei  Sstiin- 
diger  Arbeit  gehoben»   Chhisti^n  bemerkt,  dafs  der  Mann  sehr 
robust  und  an  diese  Art  von  Arbeit  gewöhnt  gewesen  sey,  allein 
14  Kilogramme  mit  der  angegebenen  Geschwindigkeit  unausge- 
setzt und  ohne  zu  ruhen  mindestens  stundenlang  zu  bewegen 
scheint  an  sich  schon  viel ,   aber  merkwürdig  ist  zugleich ,  daCs 
Coulomb,  ein  so  genauer  Beobachter,  diese  Gröfse  gerade  au^  . 
die  Hälfte  herabsetzt.     Dürfte  man  also  annehmen,    dafs  statt 
eines  Arbeiters  zwei  die  Kurbel  bewegten,,  so  käme  die  Bestim- 
mung mit  der  durch  Coulomb  gefundenen  ziemlich  genau  über- 
ein und  gäbe  als  Nutzeffect  2273  ff.  in  1  Min.  zu  1  F.  Höhe  ge- 
hoben.    Jedoch  liegt   die  Bestimmung  so,  wie  sie  Christiah 
giebt,  und  noch^  obendrein  für  einen  robusten,  an  diese  Arbeit 
gewöhnten  IMann ,  keineswegs  aufser  dem  Gebiete  der  Möglich- 
keit.    Mehr  ist  dieses  der  Fall  bei  einer  Angabe  von  LesAes', 
wonach  der  Kurbelgriff  eines  Paternosterwerkes  von  den  Arbei- 
tern eine  Stunde  anhaltend  mit  6)94  F.  Geschwindigkeit  in  1 
See.  und  26  ff.  Kraft  umgedrehet  wurde.  Wäre  mit  dieser  einen 
Stunde  das  ganze  Tagewerk  vollendet  gewesen,  so  ergäbe  sich 
ein  nur  geringer  Nutzeffect;  müTste  aber  vorausgesetzt  werden, 
dafs  jeder  der  Arbeiter  8  Stunden  taglich  gearbeitet  habe  (4Stun«ip 


t    M^can.  indaftt.  Par.  1822.  UI  toU.  4.  T.  1.  p.  114. 
2    Recneil  de  dirert  M^.  extraita  de  la  Bibl.  Roy.  det  Poota  et 
Cbausi^es  ttc.  II  roll.  4.  T.  I. 


jyea-H^^schojif  991 

den  Bahe:^eit  eiogescbaltet),  so  erhielte  man  einen  Nutzeffect 
=  6,94  X  26  X  60  =  10826  i?.  in  JL  Min.  zu  1  F.  Höhe  ge^ 
iioben ,.  welches  «Coulomb's  Angabe  um  das  »y^ache  übertrifft, 
£in  solcher  Nutzeffect  vermittelst  einer  Kurbel  ist  aber  kaum 
dettkbar,  und  hauptsächlich  ist  die  Bewegung  durch  einen  so 
grofsen  Kreis  von  fast  7  F-  in  1  See.  für  die  Dauer  sehr  un-* 
wahrscheinlich.  Setzt  man  diese  dagegen  auf  20  Umdrehungen 
in  1  Min.  herab,  so  ^ndet  man  mit  CnaiSTiAV  nahe  überein-p 
stimmend  einen  Nutzeffect  von  3608  £^-  in  1  Min.  zu  1  F?  Höhe 
gehoben.  Noch  gröfser  ist  eine  Angabe,  welche  Belidda^  auf 
eigene  Beobachtungen  gründet«  Hiernach  soll  nämlich  eine  Kur^ 
bei  von  16  par.  Zoll  JLänge  mit  35,5  ^*  Kraft  55mal  in  einer 
Minute' umge  dreh  et  «worden  ^eyn,  welches,  den  Halbmesser  des 
beschriebenen  Kreises  zu  14  Z.  angenommen,  einen  Nutzeffect  von 
14312  ^.  in  1  Min.  zu  1  F.  Höhe  gehoben  giebt,  ein.  Resultat, 
-welches  Belidöa  selbst  für  zu  grofs  hält,  und  wirklich  ist  auch 
eine  solche  KraftäuTserung  für  die  Dauer  von  8  Stimden  täglich 
ganz  unmöglich.  PEnaoNET^  giebt  dagegen  bei  einer  Last  von 
16'^.  (mit  den  7  Kilogrammen  nach  Coulomb  nahe  übereinstim-* 
mend)  die  Geschwindigkeit  der  Kurbelbewegung  =  47  Z.  in  1 
See  an«  Hieraus  ergiebt  sich  ein  Nutzeffect  von  3760  &«  in  1 
Min,  zu  1  F.  Höhe  gehoben. 

Vergleicl^t  man  alle  diese  verschiedenen,  sammtlich  auf  ge-» 
Baue  Beobachtungen  gestützten  und  dennoch  um  mehr  als  das 
Doppelte  von  einander  abweichenden,  Bestimmungen  miteinan- 
der ,  so  scheint  für  eine  anhaltende ,  6  bis  8  Stunden  täglich  zu 
leistende  und  mehrere  Tage  fortgesetzte  Kurbelbewegung  Gou- 
x.omb's  Angabe,  welche  etwa  in  runder  Zahl  auf  1500  vermehrt 
werden  könnte,  für  gewöhnliche,  nicht  eben  ausgezeichnet  starke 
nnd  geübte  Arbeiter  die  richtigste  zu  seyn.  Da  aber  die  Pater* 
nosterwerke ,  Schleifmaschinen  u.  dgl.  in  der  Kegel  nur  wenige 
Stunden  oder  etwa  einen  Tag  in  Bewegung  bleiben,  so  kann  in 
diesem  Falle  der  durch  Pjuliiovet  gefundene  Nutzeffect  füglich 
erhalten  werden,  obgleich  dabei  nicht  angegeben  ist,  wie  viele 
Stunden  die  j^rbeiter  täglich  gearbeitet  haben.  Chaistiab's 
Angabe,  wobei  ;eine  fortdauernde  Drehung  angenommen  wird, 
mufs  wahrscheinlich  auf  die  Hälfte  herabgesetzt  werden ,   ent- 


1    Architect.  Hydraol.  T.  I.  $.  680. 
^    A.  a.  0. 


992  K.rsilt, 

^eder  indem  2  Arbeiter  ail  der  Kurbel  dreheten  ,  oder  sich  aUe 
Standen  ablijseten.  Hiermit  stimmt  dann  auchBuOHAHABr's^  An« 
gäbe  iiberein ,  nach  dessen  Versuchen  ein  an  der  Kurbel  arbei- 
tender Mann,  die  Reibung  mit  inbegriffen,  in  9Secunden  12,684 
Kilogramme  auf  5,185  Meter  Höhe  hebt,  welches  einen  Nutz- 
cfFect  von  2700  ff.  in  1  Min.  zu  1  F.  H^he  gehoben  giebt,  wenn 
inan  8  Stunden  Arbeit  täglich  annimmt. 

7)  Endlich  sucht  Coulomb  auch  die  Kraftanstrengung  und 
den  Nutzeffect  aufzufinden,  welche  dem  Graben  mit  dem  Spaten 
zugehören.  Nach  seinen  Beobachtungen  kann  man  in  genäher- 
ten Werthen  annehmen^  "dafs  ein  mafsig  starker  Mann  mit  dem 
Spaten  grabend  100  Kilogramme  zu  1  Kilometer  Höhe  hebt, 
welches  reducirt  1282  ff.  zu  1  F.  Höhe  in  1  M*in.  gehoben  be- 
trägt. Diese  Gröfse  ist  in  Vergleichung  mit  andern  NutzelFectcn 
geringe  und  dennoch  findet  Coulomb  selbst  sie  grofs ,  weil  der 
Arbeiter,  von  welchem  sie  entnommen  wurde,  stark  und  in  die- 
sem Geschäfte  vorzüglich  geübt  war.  Es  ist  indefs  leicht  be- 
greiflich ,  dafs  das  Graben  mit  dem  Spaten  keinen  seht  grofsen 
Nutzeftect  geben  kann ,  weil  die  zu  wältigende  Last  -auf  diese 
Weise  sehr  unbequem  angegriffen  wird. 

CpuLOMB^s  hier  mitgetheilte  Bestimmungen  sind  sehr  scliätz- 
bar  und  im  Ganzen  zur  Beurtheilung-  der  Sache  genügend*  Einige 
derselben  wurden  bereits  mit  den  durch  andere  Gelehrte  gefun- 
denen Resultaten  verglichen,  und  es  wird  erlaubt  seyn,  noch 
einige  der  bedeutenderen  Angaben  über  die  Kraft  der  Menschen 
hinzuzufügen ,  welche  man  hauptsächlich  in  den  Werken  über 
praktische  Maschinenlehre ,  z.B.  von  Guenttveau  ^,  BouGtris^, 
CtiHiSTiAN^  und  andern  findet.  Nach  Pahtinoton  <  hebt  ein 
Arbeiter,  welcher  10  Stunden  täglich  arbeitet,  in  1  Minute 
3750  S*.  2U  1  F-  Höhe.  Wird  vorausgesetzt,  daCs  er  die  hierbei 
angenommene  Anstrengung  nur  8  Stunden  anwenden  könne,  so 
kommt  jene  Gröfse  auf  3000  i?.  herab,  welches  mit  den  von  an- 
deren für  einen  an  der  Kurbel  zur  Förderung  des  Wassers  aus 
der  Tiefe  arbeitenden  Mann  gefundenen  Werthen  übereinstimmt. 


1  Repcrtory  of  Arts  -XV.  p.  819. 

2  Essai  sur  la  Science  des  Machines  etc.  p.  8. 
S  Trait^  do  M^oanique  etc.  p.  4*  a.  v.  O.      ^ 

4  Mdcanique  iaduitrieile  etc. 

5  Steam  Eogine.  p.  VU. 


1)^9  Mep^phew,  993 

BvcHAffAV^  finJIet  den  Natzeffect  bei  einem  Rndcrer  =4278ff., 
übereinstimmend  mit  der  oben  bereits  mitgetheilten  Bemerkung^ 
dafs  bei  dieser  Arbeit  die  Anstrengung  der  Muskeln  am  yorth^iU 
haftesten  geschieht,  mit  Ausnahme  des  Tragens  auf  horizonta- 
ler Ebene;  fiir  einen  Arbeiter  an  einer  gewöhnlichen  Pumpe 
BS  1663  ^.  und  fiir  einen  Arbeiter  an  einem  Rammklotze  hoch 
=  3673  ff.  Nach  GüBHYVEAtr'a  Beobachtungen  beträgt  der  mitt- 
lere Nutzeftect  der  Lastträger,  welche  die  Waaren  an  den  Canal 
von  GiVors  tragen,  mehr  als  Coüiomb  für  die  pauiserMeublen- 
träger  fand ,  nämlich  9530  ff. ,  bei  den  Trägern  in  den  Berg- 
werken 3848  ff. ,  beides  auf  die  angenommene  Weise ,  nämlich 
SU  1  F^Höhe  in  1  Minute  qnd  Ssttindigo  Arbeit  täglich  gerech-^ 
net.  Zieht  ein  Mann  an  einem  Seile  über  die  Schultern ,  so  bei- 
trägt der  Nutzeffect  nur  2565  ff.  Bei  den  Arbeitern,  welche 
die  Erze  und  Steine  in  den  Bergwerken  auf  kleinen  Schlitten 
über  feuchten,  thonigen  Boden  hinfahren,  betragt  der  Nutzeffect 
8042  fff,  wenn  man  die  gesammte  geförderte  Last  und  nich^ 
hlots  die  zur  Ueberwitidung  der  Reibung  erforderliche  Kraft  be- 
rechnet. In  eben  diesem  Sinne  leistet  ein  Mann  beim  Trans- 
porte der  Lasten  in  den  Bergwerken  auf  kleinen  vierrädrigen 
Wagen  in  horizontaler  Ebene,  die  Wagen  auf  Bretern  gezogen, 
12827  ff.,  aufrauhen  Wegen  dagegen  nur  7696  ff.  Ein  eigen- 
thiimlicher,  sehr  grofser,  durch  Mnskelanstrengung  des  Men^ 
sehen  erhaltener  Nutzeffect ,  der  gröfste,  Welcher  überhaupt  da- 
durch erhalten  werden  kann,  ist  bereits  oben  ^  erwähnt  worden« 
Nach  RoBfSON  hob  nämlich  ein  alter  Mann  580 ff*  Wasser  HF. 
hoch  in  1  Min.  10  Stunden  des  Tages,  ein  junger  766  ff.  zu  der 
nämlichen  Höhe.  Werden  diese  Gröfsen  auf  die  angenommene 
Weise  fiir  8  Stunden  berechnet ,  so'beträgt  jenes  7975  ff. ,  die- 
ses sogar  10532  ff.  einer  wirklich  zu  1  F.  Höhe  in  1  Min,  ge- 
hobenen und  nicht  blofs  in  der  Ebene  fortgetragenen  oder  durch 
ein  Fuhrwerk  fortgeschafilten  Last. 

Sehr  ausführlich  über  dieKraftäubening  der  Menschen  han- 
delt endlich  auch  \.  Lavosdorf^,  welcher  jedoch  weniger  die 
Resultate  gemachter  Erfahrungen  mittheilt ,  als  vielmehr  die  von 


1  Rcpcrtory  of  ArU  XV.  p.  319, 

2  S.  Art.  Druckpumpe,  Th.  II.  S.  629« 

3  Aasführl.  System  der  Maschinen- Kqd de  a«t.w.  Heidelb.  1826. 
4.  Th.  I.  S.  75. 


994  l^rfkft 

$ 

/ 

Bou6ireE  gegebene  allgemeine  Formel  einer  vieUeitigen  Anwen- 

äuog  zum  Grunde  legt.'  Es  ist  nämlich  hiernach  p<=Pf  1  — ~  1, 

wenn  p  die  bei  einer  Bewegung  mit  der  Geschwindigkeit^  v  an- 
gewandte Kraft  gezeichnet ,  P  die  absolute  ^Kraft,  welche  der 
Mensch  oder  das  Thier  anzuwenden  vermag ,  und  V  deren  ab- 
solute Geschwindigkeit.  Für  P  wird  dann  120  S*.  Cöln.  ange- 
nommen und  bei.Fufsgangem  die  Geschwindigkeit  =5  F.  rheiiu 
in  1  Secunde«     Weil  aber  die  letztere  so  viel  mehr  abnehmea 

tnuCS|  je  gröfser  die  Belastung  ist,  so  wird  p  =  120  (  1  —  t  j j 

und  da  aä^h  die  Elevation  die  Tragkraft  vermindert,  so  wird 
endlich 

p  =  120  (l  —  J  —  2Sin.  aV 

für  den  Erhöhungswinkel  =  a  gesetzt.  Die  Zeitdauer  der  An- 
strengung endlich  soll  9 Stunden  von  den  12  Tagesstunden,  ako 
mit  3  Buhestunden  täglich,  betragen.  Sind  gleich  diese  Bestim- 
mungen nicht  aus  genauen  Versuchen  entnommen  oder  auf 
nothwendige  Naturgesetze  gegründet,  so  giebt  dooh  die  Anwen- 
dung der  Formel  Besultate  ,  welche  mit  der  Erfahrung  sehr  ge- 
nau übereinstimipen.  Die  oben  mitgetheilte  Ueberisicht  zeigt 
jedoch ,  dafs  die  verschiedenen  Arten  der  Anwendung  der  Mus«> 
kelkraft  sehr  bedeutende  Aenderungen  des  zu  erhaltenden  Nutz- 
efi^ectes  hervorbringen.  Für  die  Kraft  des  Drückens  und  Ziehens 
ändert  v.  Lasgsdoaf  die  gegebene  Formel  in  sofern  ab,  als 
statt  120  gesetzt  wird  (1  — 0,005  t')  80,  worin  r  die  Stunden- 
zahl der  täglichen  Arbeiter  bezeichnet,  welche  hier  zu  8  Stunden 
als  normal,  statt  der  obigen  9  Standen,  angenommen  wirr«»  Auch 
die  Kraftanwendungen  beim  Ziehen  eines  Rammklotzes  oder  bei 
der  Bewegung  eines  Schwengels  werden  dort  ausführlich  untere 
sucht.  Im  Ganzen  stimme  ich  jedoch  mit  Thom.  Young  darin 
überein ,  dafs  es  bei  einer  so  vielfach  modificirten  Aufgabe  un- 
gleich besser, ist,  sich  an  die  Erfahrung  unmittelbar  zu  halten, 
als  eine  allgemeine  Formel  aufzusuchen,  welche  doch  uothwen- 
dig  vielfach  modi£cirt  werden  mufs,  wenn  sie  mit  den  Versu- 
chen übereinstimmende  Resultate  geben  soll. 

EndUch  darf  als  allgemein  bekannt  angesehen  werden ,  dafs 
der  NufzeiFect  der  Arbeiter  sowohl  nach  ihrer  Stärke  und  Aus- 
dauer, als  auch  nach  der  Uebung  und  Fertigkeit,  welche  sie 


Der  Thiere.  095 

sich  in  den  eigenthiltnllchftn  Arten  von  Arbeiten  erworben  ha* 
ben  y  sehr  verschieden  ist.  Aufserdem  kommt  aber  die  Tempe- 
ratur sehr  in  Betrachtung,  in  welcher  die  Arbeiten  verrichtet 
werden ,  denn  Codlomb  fand ,  dafs  die  nämlichen  Personen  auf 
Martinique  unter  14*  N.  B«,  wo  das  Thermometer  selten  unter 
20°  R.  herabging  und  sie  beständig  y6n  Schweifse  trieften,  kaum 
halb  so  viel  leisteten  als  in  Frankreich.  Nach  Moreau  nc  Joir- 
VE8  ^  werden  die  Europäer  auf  den  Antillen  durch  die  Hitze  so 
geschwächt,  dafs  sie  in  den  Monaten  Juli  und  August  am  Tage 
»ich  nur  mit  grofser  Anstrengung  zu  bewegen  vermögen.  ' 

Die  bisher  mitgetheilten  Bestimmungen  über  mechanische 
NutzeiFecte,*  welche  durch  die  menschliche  Muskelkraft  erhalten 
virerden ,  beziehen  sich  auf  arbeitsfähige  und  an  Anstrengung  ge^ 
wohnte  Männer  von  mittlerer  Stärke.  '  üeber  das  Verhältnifs 
des  weiblichen  Geschlechtes  zum  männlichen  in  dieser  Bezie- 
hung sind  mir  zwar  Bestimmungen  vorgekommm^ii ,  aber  keine 
eigentlich  zuverlässigen  und  auf  genügende  Erfahrungen  gegrün- 
deten; indefs  glaube  ich,  dafs  man  das  Verhältnifs  hoch  wie  2:3 
oder  niedrig  wie  4  :  5  einnehmen  könne«  In  Beziehung  auf  die 
Menschen  verschiedener  Völkerschaften  und  Stämme  correspon- 
*  dirt  der  mechanische  NntzefFect  derselben  höchst  wahrscheinlich 
der  absoluten  Kraftanstrengung ,  deren  dieselben  fähig  sind ,  in- 
defs dürfte  es  bei  einer  ohnehin  so  complicirten  Aufgabe  grofse 
Schwierigkeiten  haben,  hierüber  zu  genauen  Bestimmungen  zu 
gelangen.  » 

b)  Ueber  die  Muskelkraft  der  Thiere  sind  ungleich  weniger 
Erfahrungen  vorhanden,  als  man  erwarten  solhe,  selbst  nicht 
über  den  Nutzeffect  aus  der  Mtiskelkraft  des  Zug-  und  Lastvie- 
hes,,  obgleich  diese  Frage  nicht  Mob  an  sich  interessant,  son- 
dern auch  in  ökonomischer  Beziehung  nützlich  ist.  Für  letztern 
Zweck  ist  insbesondere  das  Dynamometer^  zu  empfehlen,  indem 
vermittelst  desselben  'der  Landwirth  ificht  blofs  die  absolute 
Kraft  des  Zugviehes  messen,  sondern  auch  diejenige  Kraftan- 
strengung auffinden  könnte,  welche  zu  den  verschiedenen  Ar- 


1  Leroax  Jonrn,  de  Med,  T.  XXXVII.  Sept.  1816. 

2  S.  diesen  Art.  oben  Bd.  11.  Sehr  genaue,  nach  verbesserter  Con- 
strnction  eingerichtete  Dynamometer  rerfcrtigt  der  Mechanicus  Schmidt 
Jn   Heidelberg   für  8  Ldore   mit  Emballage.     Sie   zeigen   von  0,5  bis 

tOOO  Kilogramme    oder  in  einer  sonst  beliebigen  Gewichts.bestimmnng. 


996  Kraft  s 

Leiten,  als  s.  B«  zum  UmpEügen  det  ungleichen  Attan  toq 
Ackerland  u.  s.  w.  erforderlich  ist,  und  welche  Leistungen  daher 
von  gutem  oder  schlechterem  Zugviehe  zu  erwarten  sind.  Am 
meisten  hat  man  die  Zagkraft  des  Pferdes  zu  finden  sich  bemii- 
liet^  und  mit  verwandten  Leistungen  des  Menschen  verglichen, 
wie  bereits  oben  (unter  a.  im  Anf.)  erwähnt  worden  ist,  jedoch 
ohne  genaue  und  scharfe  Bestimmungen  zu  erhalten.  Schätzbai' 
i$t  das  durch  Reo  vi  eh  vermittelst  des  Dynamometers  erhaltene 
Resultat,  wonach  das  Maximum  der  horizontalen  Zagkraft  eines 
Pferdes  720  ff.  beträgt,  und  ich  glaube  nicht,  dals  man  dasselbe 
höher  annehmen  könne,  wenn  gleich  die  Pferde,  indem  sie  noit 
einem  Sprunge  gegen  das  Geschirr  stofsen ,  eine  vielleicht  auf 
das  Doppelte  oder  Dreifache  steigende  Kraft  ausüben  und  Seile 
zerreifsen ,  welche  2000  ^.  und  mehr  zu  tragen  vermögen. 

Unter  den  bekannt  gewordenen  Untersuchungen  über  diesen 
Gegenstand  zeichnen  sich  vorzüglich  die  durch  Beunacci^  mit- 
getheilten  vortheilhaft  aus,  wozu  er  die  Thatsachen  aus  den  Er-* 
fahrungen  der  Ingenieur«  beim  Fuhr-  und  BauWesen ,  der  Fuhr- 
leute und  anderer  erfahrnen  Personen  hernahm  und  die  am  besten 
is^lt  einander  übereinstimmenden  zusammenstellte.  Aus  den  mei- 
sten Angaben  geht  jedoch  die  eigentliche,  mit  der  menschlichen 
genau  vergleichbare  Muskelanstrengung  nicht  hervor,  indem 
blofs  die  in  gegebener  Zeit  auf  bekannte  Entfernungen  geförder- 
ten Lasten  mitgetheilt  sind ,  ohne  das  Gewicht  des  Fuhrwei'kes 
und  den  Umstand  zu  berücksichtigen,  dafs  bei  solchen  Tpans- 
portirungen  blofs  die  Reibung  überwunden  wird,  welche  noch 
obendrein  nach  dem  ungleichen  Baue  des  Fuhrwerkes .  verschie- 
den ist.  Dessen  ungeachtet  sind  diese  schätzbaren  Bestin^mungen 
nicht  blofs  unter  sich  vergleichbar,  sondern  einige  derselben 
gestatten  auch  eine  Vergjeichung  der  Leistungen  des  Zugviehes 
mit  denen  der  Menschen.  Im  Allgemeinen  geht  daraus  hervor, 
dafs  die  Daner  der  Anstrengung  in  dem  nämlichen  Verhältnisse 
abnimmt,  in  welchem  die  Geschwindigkeit  deif  Bewegung  wächst, 
und  dafs  der  Nutzeifect  durch  Verminderung  der  Geschwindis- 
keit  vermehrt  wird.  Es  zogen  nämlich  von  2  Pferden  jedes  eine 
Last  von  849,4  Kilogrammen  mit  11,3  Kilometer  Geschwindig- 
keit in  1  Stunde  nur  3  Stunden,  täglich ,   dagegen  1715,2  Kilo- 


•  1    Bnignatelli  Gioro.  di  Fis.  1817.  T.  X.  ,p.  205.     Daraas   in   G. 
LXI.  415. 


Der  Thie're. 

gramme  mit  3,57  Kilometer  Geschwinäigkeit  H  Stunden  taglich, 
wovon  die  Producte  dae  Verhältnifjs  =  28787 :  67355  geben» 
Auberdem  zog  *%in  einzelnes  Pferd  mit  einem  zweirädrigen 
Karren  mehr  als  jedes  der  zwei  oder  noch  mehr  als  jedes  der 
vier  Pferde  vor  einem  vierrädrigen  Wagen.  Ein  Maulthier  lei* 
stete  fast  eben  so  viel  als  ein  Pferd,  welches  Resultat  aus  der 
schlechteren  BeschaiTenbeit  der  Italienischen  Pferde  und  dervor*- 
aüglichen  der  dortigen  Maulthiere  erklärlich  ist ;  Stiere  aber  lei-- 
steten  weniger  als  beide,  hauptsächlich  wegen  der  Langsamkeit 
ihrer  Bewegung.  Eine  unmittelbare  Vergleichung  mit  der 
menschlichen  Kraftanstrengung  gewähren  die  Angaben  der  La- 
sten, welche  Pferde  und  Maulthiere  auf  verschiedene  Entfer- 
nungen zu  tragen  vermochten,  desgleichen  der  Strecken,  welche 
beide  unbelastet  zurücklegten ,  wobei  abermals  das  JVlaulthier 
ungleich  mehr  leistete.  Nimmt  man  aus  den  verschiedenen  An- 
gaben die  mittleren  Werthe,  so  giebt  dieses  folgende  Giöfsen. 

1)  Vor  einem  vierrädrigen  Wagen  zogen  von  2  Pferden 
jedes  mit  Inbegriff  des  Wagens  56^:^95  Kilogramme  mit  einer  Ge- 
schwindigkeit von  6}  18  Kilomeiern  799Stundeii  des  Tages.  Die- 
ses zur  leichtern  Uebersicht  auf  -  bekann  tereMafse  und  eine  solche 
Geschwindigkeit  reducirt,  womit  in  2  Stunden  eine  deutsche 
Meile  zurückgelegt  wird ,  die  Meile  in  runder  Summe  zu  23000. 
par.  F.  gerechnet  (gedgrapli.c=  22840  per.  F.),  giebt  1137  ff.  auf 
6,53  Meilen  transportirt«  Weil  aber  ausdrücklich,  bemerkt  wird, 
dals  die  Pferde  bei  dieser  Arbeit  nur  4  Tage  arbeiten  konnten,* 
am  5ten  aber  ruhen  mufsten,  so  können  nur  5,23  Meilen  täglich 
gerechnet  werden.  Nach  der  oben  für  die  Leistungen  der  Men- 
schen befolgten  Norm  und  unter  Voraussetzung  achtstündiger. 
Arbeit  täglich,  die  Last  des  Wagens  wegen  der  Vergleichung 

,  mit  nachfolgenden  Bestimmungen  zu  400  ff*  angeschlagen  und 
mit  Rücksicht  auf  den  Rasttag ,  giebt  dieses  einen  Nutzef^eot  von 
234710  ff-  in  1  Min.  auf  1  F.  Höhe  gehoben. 

2)  Drei  Pferde  vor  einem  vierrädrigen  Wagen  zogen  jedes 
559,93  Kilogr.  mit  einer  Geschwindigkeit  von  4,46  Kilom.  in  1 
Stunde  11,3  Stunden  lang,  welches  reducirt  1120  ff«  auf  6,74 
Meilen  und  mit  Rücksicht  auf  den  Rasttag  nahe  5,4 ^Meilen  giebt. 
Der  NufajefFect  hiervon  beträgt  255176  ff. 

3)  Wird  für  4  Pferde  diejenige  Bestimmung  weggelassen, 
wobei  eine  auffallend  geringe  Last  mit  grofser  Geschwindigkeit 
transportirt  wurde ,   so  giebt  das  Mittel  aus  drei  Bestimmungen 


g98        '  Kraft* 

^79y3lSjlogr&rAme  mit  4^46  Kilon*  Geschwindiglceit  in  1  Stnnde, 
welches  reducirt  958,6^«  auf  6,56  Meilen  und  mit  Rücksicht 
aaf  den  Rasttag  5,2  Meilen  beträgt.  Am  brancfibaTSten  zur  Vcr^ 
glelchung  mit  demjenigen ,  was  in  Deutschland  bei  Frac^tfuhren 
darch  Pferde  geleistet  wirdj  ist  diejenige  Angabe,  welche  die 
gröfste  Last  mit  der  geringsten  Geschwindigkeit  bewegt  enthält, 
nämlich  588,6  Kilogramme  mit  3,57  Kilom.  Geschwindigkeit  in 
1  Stunde  bei  10  Stunden  Arbeit  taglich.  Dieses  reducirt  giebt 
1177,2  ^'  auf  4,3  Meilen  und  mit  Rücksicht  auf  (den  Ruhetag 
auf  3,4  Meilen.  Nach  obiger  Weise  berechnet  giebt  dieses  einen 
Nutzeffect  von  197310  ff. 

4)  Mit  einem  zweirädrigen  Karren  zog  ein  einzelnes  Pferd 
1748,9  ff.  5,2  Meilen  weit;  von  zweien  jedes  1679,4  ff.  4,58 
Meilen  weit;  von  dreien  1505,5  ff. 6,05  Meilen,  und  von  vie- 
ren jedes  1552,8  ff«  6,16  Meilen,  Diesig  giebt  im  Mittel  einen 
Nutzeffect  von  ungefähr  319702  ff. 

5)  Mit  einem  zweirädrigen  Karren  zog  ^in  Maulthier 
1749  ff.  4,96  Meilen ;  von  zweien  jedes  l456  ff.  5  Meilen  ;  von 
dreien  jedes  1701,5  ff.  5,69  Meilen;  von  vieren  jedes  1542  ff. 
5,57  Meilen ,  welches  als  Nutzeffect  305656  ff.  im  Mittel  giebt. 

6)  Ochsen  zogen  mit  einem  vierrädrigen  Wagen,  wenn 
jKwei  vorgespannt  waren,  jeder  1142,86  ff«  2,89  Meilen  ;  wenn 
vier  vorgespannt  waren ,  jeder  886  ff.  3,77  Meilen  weit.  Der 
Nutzeffect  hiervon  beträgt  im  Mittel  160739  ff. 

Im  Allgemeinen  folgt  aus  diesen  Angaben,  dafs  die  drei 
Arten  Lastthiere ,  wenn  mehrere  vereint  angespannt  sind ,  klei- 
nere Lasten  ,  aber  mit  gröTserer  Geschwindigkeit  bewegen ,  was 
ohne  Zweifel  in  der  wechselseitigen  Ermunterung  derselben  ge- 
gründet ist.  Merkwürdig ,  wahrscheinlich  aber  aus  der  Eigen- 
thiimlichkeit  der  zufällig  hierfür  gewählten  Beobachtungen  er- 
klärlich, ist  zugleich  der  Umstand,  dafs  die  Leistungen  der 
Pferde  vor  dem  vierrädrigen  Wagen  auffalleud  geringer  sind, 
als  vor  zweirädrigen  Karren.  Wird  der  Nutzeffect  dem  Pro- 
ducte  aus  den  Lasten  in  die  Geschwindigkeiten  proportional  ge- 
setzt ,  so  verhält  sich  dieser  beim  Pferde ,  Maulthiere  und  Ofch- 
sen ,  letzter  vor  einem  vierrädrigen  Wagen ,  erstere  vor  einem 
zweirädrigen  Karren,  im  Mittel  w\e  89199  :  85436  :  33781. 

7)  Auf  einem  hügeligen  und  bergigen ,  übrigens  aber  gut 
gehaltenen  Wege  zog  ein  Pferd  700  ff. -3, 12  Meilen;  ein  Ochse 
748,5  ff.  2,44  Meilen  weit. 


Der   Thiere.  609 

8)  Eine  genaue  Vergleichang  mit  dem  dnrch  die  menscli- 
liehe  Muskelkraft  erzeugten  NiitzefTecte  geben  die  B'eobachtungen 
über  die  Kraft  im  Tragen  der  Lasten  bei  Pferden  und  Maulthie- 
ren,  'wobei  die  letzteren  die  ersteren  bei  weitem  übertrelFen. 
Unbelastet  legte  ein  Pferd  auf  ebenem  Wege  im  Mittel  täglich 
8,6  Meilen  zurück,  ein  Mauhhier  aber  9,76  Meilen ;  die  mittlere 
L^ast  bei  ersterem  beträgt  182,4  ^.  für  6,23  Meilen  täglich,  bei 
letzterem  261  9t •  für  6,15 Meilen;  die  gFöfste  getragene  Last  aber 
beträgt  bei  jenem  208  ii'  auf  4,23  Meilen,  bei  diesem  300  ^. 
auf  4,73  Meilen.  Wird  nach  dieser  letzteren  Gröfse  der  Nutz- 
effect  beider  auf  die  oben  befolgte  Weise  berechnetj^  8  Stunden 
tägliche  Arbeit  angenommen ,  die  EntfernuDg  aber  als  Höhe  be-- 
trachtet,  so  hebt  ein  Pferd  421Q1,5  if*,  ein  Maulthier  aber 
68034  ff.  täglich  zu  1  F.  Höhe  in  1  Minute.  Auf  einer  gut  er- 
haltenen Bergstrafse  trug  ein  Pferd  184  /^\  3,34.  Meilen  täglich, 
ein  Maulthier  dagegen  274  ff-  auf  eben  jene  Entfernung ;  mit 
•1^  ff*  Last  beschwert  legte  jenes  3,5  Meilen,  dieses  dagegen 
mit  168  ff.  Last  5,2  Meilen  zurück,  wdVon  jenes  28480  ff-,  die- 
ses 44866  ff.  zu  1  F.  Höhe  in  1  Min.  gehoben  beträgt. 

Eine  grofse  Menge  schätzbarer  Beobachtungen  über  die  Kraft- 
anstrengung der  Pferde  hat  WessRUA^sr  ^  mitgetheilt,  worin 
aber  «licht  überall  die  Dauer  der  Arbeit  während^  eines  ganzen 
Tages  oder  die  Länge  des  Weges,  bis  auf  welche  die  Lasten 
transportirt  wiirden,  angegeben  sind.  Nach  ihm  kann  ein  gutes 
Pferd  auf  horizontaler ,  guter  Strafse  ohne  zu.  starke  Ermüdung 
eine  Zugkraft  von  400  ff.  3  Stunden  fortgesetzt  aushalten  und 
trägt  ohne  Schwierigkeit  300  ff«,  als  gröfste  Last  510  ff.  auf 
gleiche  Entfernung,  ohne  auszuruhen.  Auf  ebener  Strafse ,  und 
ohne  beim  Ansteigen  derselben  um  5  Grade  in  einzelnen  Strek- 
ken  des  Vorspannes  zu  bedürfen,  zieht  ein  Pferd  füglich  1500  ff., 
aof  ganz  ebener  wohl  1800  ff.  und  sogar  3000  ff.  Ein  Drei- 
spänner fuhr  aaf  ebener  Strafse  eine  Ladung,  welche  für  jedes 
Pferd  2053  ff.  betrug,  mit  einer  Geschwindigkeit  von  11000 
par.  F.  in  1  Stunde ,  und  da  die  Fracht^ahrer  meistens  5  Meilen 
in  einem  Tage  auf  ebenen  Wegen  zurücklegen,  so  stimmt  dieses- 
mit  Brukacci's  Angaben  recht  gut  überein..  Aus  den  verschie- 


1    Taschenboch  für  Strafaen-  und  We^baabeamte.  Diiaseld,  1814. 
^  Yoa  mir  entlehnt  an«  t.  Laogsdorf  ausf.  System  der  Maschinenkandf. 
Th.  I.  S.  92. 

V.  Bd,  Sss 


K»0  Kraft 

denen  Messungen  bestimmt  Wesvrm  An  die  KnütiSafaemitg  eii 
Pferiics  zu  175  Ä*.  mit  der  angegebenen  Geschwindigkeit.   Wird 
dann  zngleich  angenommen,  dafs  diese  Anstrengung  8  Standen 
dou^rt ,  so  darf  man  sagen ,  dafs  ein  Pferd  im  horizontalen  Zöge 
3'2()<S3  ^'.  in'  1  Min.  zu  1  F.  Höhe  hebt.     Diese  GrO(se  stimnt 
sehr   genau  mit  derjenigen  Bestimmung  tiberein,   'welche  man 
seit  langer  Zeit  mit  geringen  Abänderungen  angenommen  hat, 
indem  blofs  die  hier  dnrch  175  ^*  ansgedrückte  mittlere  Kraft 
etwas  verschieden  an<^enomm'en  wird.     Nach  Amohtoss^  be- 
tragt  diese  beim  Ziehen  eines  Pfluges  nnr  150  9»  9  welche  Be- 
stimmung wef>en  des  Gehens  der  Pferde  auf  unebenem  nnd  wvi- 
ehern  Boden  wohl  richtig  seyn  mag.     Die  Angabe  deT  175  i^* 
rührt  schon  von  Sauybur    aus  dessen  Versuchen  her,  wurde 
aber  durch  Desaguliers  auf  180  erhöhet,  nnd  im  Allgemeinen 
-rechnet  Aian  auch  12000  F.  Geschwindigkeit  auf  1  Stunde,  -wo  • 
nach  dann  der  NutzefFect  nach  jener  Bestimmung  35000 9  nach 
dieser  dagegen  3Ö000  ff.  wird.     Die  Engländer  setzen  die  Ge- 
schwindigkeit meistens  =3,5  engl.  Meilen  in  1  Stunde,  die  Zug- 
kraft  des  Pferdes    aber  im  Minimum  =  150,    im  Maximnm 
=  200  ff.   und  die  Daner  der  Arbeit  =  8  Stunden.      Watt 
wollte  den  NutzefFect  der  Pferde  hoch  angeben,    damit  seine 
Dampfmaschinen  auch  bei  einem  kleinen  Ausfalle  dasjenige  wirk- 
lich leisten  möchten ,  was  von  ihnen  versprachen  wurde ,  wenn 
man  ihren  NutzefFect  nach  Pferdekräften  bestimmte,  und  er  setzte 
daher  die  Zugkraft  eines  Pferdes  bei  achtstündiger  Arbeit  taglich 
=  180  ff.  in  1  See.  zu  3  F.  Höhe  gehoben,  welches  =^180X60X3 
s=3  32400  ff.  in  1  Min.  zu  1  Fufs  Höhe  gehoben  oder  in  runder 
Zahl  =  33000  ff.  giebt  ^.      Smvatov  nimmt  statt  dessen  nur 
22916  ff.  an,  Heaoit  de  Villbfossb^  dagegen  gleichfalls  175 ff« 
in  1  Stunde  zu  12000  Fufs  gehoben ,  welches  den  NutzefFect 
=  35000  ff.  giebt.     Man  darf  daher  allgemein  sagen ,  dais  die 
Angaben  der  Pferdekräfte  zwischen  24000  und  36000  liegen  nnd 
dafs  33000  die  gangbarste  Bestimmung  ist 

Ueber  die  Kraft  der  Maulthiere    sind   ungleich   wenigere 
Beobachtungen  vorhanden,   als  über  die  der  Pferde,   nnd  die 


1  Mrfm.  de  Paris  1703. 

2  RoBisoif  Syst  of  Mcoh.  T.  II.  p.  145.     Vergl.  dieies  Wörterb 
Th.  II.  S.  476. 

9    Richeste  Min^r,  T.  III.  p.  66  n.  86. 


Der  Thiere.  1001 

oben  mitgetheilten  von  BrüVacgi  sind  daher  fo  vid  Schätzbai- 
rer ,  obgleich  das  Maalthier  in  d^r  nördlichen  Hälfte  von  Europa 
diejenige  Stärke  nicht  erreicht,  "welche  ihm  in  der  südlicbeQ  ' 
eigen  ist.  Aufserdexn  giebt  Cazaüd ^  an,  dafs  die  Maulthiere 
bei  den  Zuckermühlen  in  Westindien  von  18  Stunden  2  mit  einer 
Kraft  =  150  9'  und  einer  Geschwindigkeit  von  3  F.  in  1  See. 
arbeiten.  Wird  hierbei  auf  die  Zeitdauer  keine  Rücksicht  ge* 
nommen,  so  giebt  150X3X60=27000  ein  Product,  wonach 
4ier  Nutzeifect  dieser  Thiere  dem  der  Pferde  ziemlich  nahe 
kommt,  und  dieses  ist  nach  den  Untersuchungen  von  BnvKACCi 
sehr  wahrscheinlich.  Rechnet  man  dagegen  nur  2  Stunden  Ta- 
gearbeit ,  oder  höchstens  3)  so  erreicht  er  noch  nicht  ganz  die 
Hälfte  von  diesem.  Endlich  ist  fraglich ,  in  wie  weit  das  heifsere 
Klima  auf  Martinique  eine  gröfsere  Ermüdung  des  Maulthieres 
bewirkt,  so  dafs  die  Angabe  für  >veniger  heifse  Gegenden  gar 
nicht  als  Norm  dienen  kann ,  obgleich  das  Maulthier  die  heiisen 
Klimate  beSser  erträgt ,  als  das  Pferd«  *  / 

Anstatt  noch  einzelne ,  hier  und  dort  zerstreute  Angaben 
aufzusuchen,  scheint  es  mir  zweckmäßiger,  die  bereits  mitge- 
theilten  NutzeiBFecte  der  Menschen  und  Lastthiere  auf  die  ange- 
nommene Normalgröfse ,  nämlich  die  in  1  Min.  zu  1  F.  Höhe 
gehobene  Last  reducirt^  wenn  8  Stunden  tägliche  Arbeit  gerech- 
net xwerden,  zur  bequemem  Uebersicht  tabellarisch  raitzutheilen. 
Dabei  versteht  sich  von  selbst,  da£s  nicht  überall  genau  8  Stun- 
den lang  gearbeitet  wird ,  sondern  bei  einigen  Arbeiten  ist  die 
verwandte  Zeit  länger,  bei  andern  kürzer,  und  wenn  man  die 
ans  der  Natur  der  Arbeit  folgenden  Verzögerungen  als  ztir  Ar- 
beit mit  verwandt  rechnen  wollte,  z.  B.  das  Vorrichten  der 
Werkzeuge  und  des  Materials  u.  s.  w. ,  so  ist  bekanntlich  die 
Zeit  des  Arbeitens  länger  dauernd  als  8  Stunden  des  Tags.  In 
solchen  Fällen  wird  allerdings  eine  gröbere  Kraftanstrengung  er- 
fordert ,  ohne  dafs  ein  eigentlich  gröfserer  Nutzeffect  berechnet 
-werden  kann.  Namentlich  ist  beim  Lasttragen  der  Menschen 
der  Rückgang  ohne  Last  nicht  mit  berechnet,  ungeachtet  der- 
selbe nicht  als  ein  eigentliches  Ausruhen  betrachtet  werden  kann, 
vielmehr  noch  einen  Theil  von  Kraftaufwand  erfordert,  ohne 
jedoch  den  geleisteten  Nutzeifect  zu  vermehren.  Hieraus  ent- 
steht demnach   allerdings    eine    unvermeidliche  Ungenauigkeit, 


1    Fhil.  Trans.  1780.  p.  818. 

•  Sss  2 


1002  Kraft. 

welche  jedoch  hinsichtlich  der  nicht  scharf  zu  bestimmenden 
Dauer  der  Arbeit  entweder  überall  nicht  exsistirt,  oder  von  gti 
keinem  Einflüsse,  ist.  Es  kann  nämlich  in  Beziehung  auf  den 
NutzefFect  sowohl ,  als  auch  die  durch  die  Arbeit  erzeugte  Er- 
müdung ganz  gleichgühig  seyn  ,  wie  lange  Zeit  darauf  verwandt 
wird ,  wenn  nur ,  wie  in  der  Voraussetzung  liegt ,  die'  Zeit  dei 
Ruhe  hinreicht,  «um  die  verlorenen  Kräfte  wieder  zu  ersetzen, 
damit  die  nämliche  Arbeit  von  dem  nämlichen  Individuum  am 
folgenden  Tage  wieder  geleistet  werden  kfjnne.  So  dauert  na- 
mentlich im  Sommer  sowohl  bei  den  Menschen  als  auch  beim 
.Zugviehe  die  Zeit  des  Arbeitens  regelmäfsig  14  Stunden  mit  2 
Stunden  Ruhezeit ,  allein  die  übrig  bleibenden  12  Stunden  wer- 
den nie  ganz  unausgesetzt  zur  Arbeit  verwandt,  und  wird  noi 
das  Erforderliche  geleistet ,  so  ist  es  gleichgültig  ^  ob  dieses  in 
längerer  oder  kürzerer  Zeit  geschieht. 
.         Es  ist  also  der  Nutzeffect: 


a)  Bei  Menschen  von  mittlerer  Stärke. 
Beim  Lasttragen  auf  eine  Treppe       ,     .     1400  $?.  Coulomb. 

—    ' —     —     auf  horizontaler  Ebene     8930  -  derselbe. 

Desgleichen 9530  •  GukiTTTCiV. 

Beim  Lasttragen  in  den  Bergwerken      •    3848  -  ders. 

-^     —    —     auf  einer  Tragbahre     .    3207  ^  ders. 
Beim  Ziehen  an  einem  über  die  Schulter 

gehenden  Seile .     2565  -  ders. 

Mit  einem  Schubkarren       .     •     •     .     »  13118  -  Cout.09fB. 

Auf  kleinen  Schlitten  in  Bergwerken     .     8042^  ->  Güshtveait. 

Auf  vierrädrigen  Wagen  über  Breter     .  12827  -  ders. 

Desgleichen  auf  rauhen  Wegen  •     •  '  •     7696  -  ders. 

Letzteres  beides  in  Bergwerken. 

Beim  Heben  eines  Rammklotzes  •    .     •      965  *-  CoüLOMk 

Desgleichen      .     .     ; 3673  -  Buchavat. 

De^L  wenn  Sstünd.  Arbeit  möglich  wäre  3510  -  Perrombt» 

Desgl.  wenn  3  Stunden  gearbeitet  wird      1316*  ders. 

Beim  Heben  des  Wassers  mit  Eimern  911  -  Coulomb.    ' 

Desgl.  vermittelst  einer  Pumpe   •     .     .     1663  -  Buchavat. 

Desgleichen 3750  -  PAiiTiwoTor. 

Desgl.  durch  das  Gewicht  .eines  alten  Man-* 

lies  gehoben 7975  -  RoBisov.* 

Desgl.  eines  jnngen  Mannes      •     •    •     .  10532  -  ders. 


Der  Thiere«  ,    1003 

Beim  Drehan  eiocr  Kurbel  ^     •     «     .    •  1487  S»  CorLOMB. 

Desgleichen       •     .     ,     «     ^     ^     •     ,     ,  4^47  -  Christian, 

Desgleichen •     »  3760  -  P«bkohet. 

Desgleichen       ••*•«•••,  3608  *  LssAOFt 

Desgleichen ;     •  2700  -*  Buguasan. 

Beim  Graben  mit  einem  Sps^ten     •     •     •  1282  *  Coulomb. 

Beim  Rudern     •    •     ^ 4278  r  Buc|iayAir«      <^ 

b)  Bei   Pferden  von    mittlerer   Starke« 

Vor  einem  vierrädrigen  Wögen  abso- 
lute geförderte  Last     .    •    :     .     .    2347108?.'Bäuwacci, 

Desg1ei<^hen *•     '•     •    255176  -  ders. 

langsame  Bewegung*      197310  -  ders^ 

Desgleichen  . 230000  -  Wesermanit. 

Vor  eioem  zweirädrigen  Karren  desgl.   319702  -  Britvacci. 
Desgl.  auf  hügeliger  und  bergiger  Strafse  103922  -  ders, 
Tragkraft  der  Lasten  in  der  £bene  42101  -  ders. 

Desgleichen     ,     ,     .     .    ' 55000  -  Wesermajt». 

Desgleichen  auf  hügeliger  Strafse         ,     28480  -  Brunacci. 
Eigentliche  oder  absolute  Kraftäufserung  32085  *-  WESERMAirir. 

Desgleichen 3240O  -  Watt. 

Desgleichen     ..•..,«•.     35000  -  Sauveur. 
Desgleichen     ...•.».,.     36000  -Desaguliers. 
Desgleichen •    35000  -     Heroit   de 

VlLLEFOSSK«   - 

Desgleichen     ..     ^     .....     .     22916  -*  Smeatoj. 

Gewöhnhche  mittlere  Angabe      .     .     .     33000  -  , 

Vor  einem  Pfluge      .......     30000  -  Amoktovs. 

c)  Bei  Maulthieren  von  mittlerer  Stärke. 

Vor  einem  zweirädrigen  Karren  absolute  ^ 

geförderte  Last 305656  5?.  BrünaCCI. 

Beim  Lasttragen  in  der  Ebene  .  .  ,  68054  -  ders. 
Desgleichen  auf  hügeliger  Strafte  .  .  44866  -  A^ts, 
Eigenüiche  Zugkraft      ♦     »     ^     *     .     .       27000  -  Cazaüd. 

d)   Bei  Ochsen, von  mittlerer  Stärke. 

Vor  einem  zweirädrigen  Karren    .     .     .     16073Q  S*.  Brujiacci. 
Desgl.  auf  hügeliger  und  bergiger  Strafse      86904  -  ders. 


10Ü4  Kraft. 

Ans  den  bisher  mkgeth eilten  Unterstichungen  ergiebt  sidi 
klar,  dafs  die  meistens  üblichen  Vergleiohungen ,  'wonach  die 
Kraftäufserang  eines  Pferdes  der- von  5  oder 7  oder  12  oder  14 
Menschen  gleich  seyn  soll,,  ganz  unzulässig  sind,  weil  die  ver- 
schiedenen Arbeiten  sehr  ungleiche  Resultate  geben.  Inz^nscheo 
läfst  sich  dennoch  fiiglich  eine  Vergleichung  für  die  vorzüglich- 
sten gleichartigen  Kraftaufserungen  anstellen.  £$  ist  denmach 
die  Kraft  bei  der  Fö'rderung  von  Lasten  durch  Trage a  ia  der 
Ebene 

des  Menschen 1     nach  Coui:.omb, 

des  Pferdes      •     * 4)8  nach  BHUfrACCr, 

desgleichen      •*•.•••••     6,1  nach  WsSERMAsr, 

des  Maulthiers 7)6  nach  Brubtacci. 

Die  Kraft  bei  der  Förderung  von  Lasten  auf  Schubkarren   oder 
Wagen  ist 

des  Menschen  auf  Schubkarren  ..     •     •      1     nach  Coulomb, 
des  Pferdes  vor  vierrädrigen  Wagen    .     17,5  nach  W^sbämahi^ 
_     —    vor  einem  Karren     .     .     •     24,3  nach  Bkuvacci, 

des  Maulthiers  desgl 23>3  nach  dems» 

des  Ochsen  desgU  .••..•.  12,2  nach  dems. 
Nach  Gi/EiTYVÄAü  ist  der  Nutzeffect  des  Menschen  im  Fördern 
der  Lasten  auf  einem  Wa^en  dem  nach  Coulomb  auf  einem 
Schubkarren  statt  findenden  fast  gleich,  so  dafs  die  angegebene 
Vergleichung  fiir  die  Kraft  beim  horizontalen  Zuge  überhaupt 
'  gelten  kann. 

Die  hier  gegebenen  Bestimmungen  sind  wohl  ohne  Widei^ 
rede  genauer  und  der  Wahrheit  näher  kommend ,  als  die  durch 
Hassesfratz ^  aufgesteliten.  Hiernach  ist,  die  Kraft  des  Men- 
schen beim  Tragen  von  Lasten  =  1  gesetzt: 


die  des  Pferdes  =  8 
des  Maulthieres  =  8 
des  Esels  =     4 

des  Kameeis        =£  31 


des  Dromedars  es  25 

des  Elepbanten  =  147 

des  Hundes  c=:  1 

des  Rennthiers  =  3. 


Dagegen  ist  die  Kraft  des  Ziehens  im  horizontalen  Ziige,  die  des 
Menschen  =  1  gesetzt: 


die  des  Pferdes  =  7 

des  Maulthiers     =  7 
des  Esels  =  2 


des  Ochsen         =  4  bis  7 
des  Hundes        :=  OS 
des  Rennthiers  =  2* 


1    Sncj-clop;  m^thodi.  Phys.  T.  III.  p.  äOS. 


Mechaniache*  1005 

B.     Das    Gewicht    der    Körper, 

ocler  ,  wenn  man  will ,  dessen  Ursache ,    die  Schwere  ,  )st  eine 
der  bedeutendsten  Kräfte,    deren  man   sich  in  der  praktischen 
Maschinenlehre  zur  Erzeugung  von  Bewegungen  bedient.  Hier- 
bei ist  allgemein  die  bewegende  J^roft  dem  absoluten  Gewichte, 
also  der  Masse  der  Körper,  oder  der  Summe  der  in   ihnen  ver- 
einten schweren  Körperelemente  proportionaL     In  vielen  Fällen 
"Wird  dieses  durch  unmittelbare  Wägung  des  angewandten  Kör- 
pejs  genau,  in  andern  durch  blofse  Schätzung  als  mittleres  Ge- 
wicht bestimmt  und  in  den  üblichen  Normalgewichten  ansge- 
driiclt,  z.  B.  in  Grammen  und  deren  Theilen  oder  Vielfachen, 
in  Pfunden  u.  s.  w. ,   deren  relative  Werthe  sich  im  Art.  Mafs 
finden«     £ine  genaue  Bestimmung  wählt  man  z.  B.  bei  Uhrge- 
wichten ,    eine  genäherte    bei    der    Angabe  des  Gewichtes   der 
Menschen  und  Thiere,   welche  ein  Laufrad,    eine  Tretscheibe 
n.  s.  w.  in  Bewegung  setzen.     In  andern  Fallen  wird  das  abso- 
lute Gewicht  des  drückenden  Körpers  aus  seinem  Volumen  und 
specifischen  Gewichte  gefunden,  indem   man  seinen  Kubik- In- 
halt mit  dem  Gewichte  eines  normalen  Kubus  von  Wasser  und 
dem  spec.  Gewichte  des  Körpers  zum  Wasser  muhiplicirt.     So 
wird  z.  B.   das.  Gewicht,  womit  ein  Gasometer*  auf  das  unter, 
ihm   eingeschlossene   Gas  drückt  und  dadurch   das   Ausströmen 
desselben  mit  einer  gewissen  Geschwindigkeit  bewirkt,  aus  dem 
kubischen  Inhalte  des  Metalles  in  par.  Fiifs  und  aus  dem  spec. 
Gewichte  des  Körpers  gefunden.     Die  fUr  solche  Berechnungen 
erforderlichen   Bestimmungen   sind  im  Art.  Maffi  und   im  Art. 
Sj)ec.  Gewicht  mitgetheilt. 

C.  Die  Stofskraft,  oder  eigentlicher  der  Stofs, 
womit  bewegte  Körper  robende  oder  bewegte  treffen  und  diese 
in  Bewegung  setzen ,  wird  sehr  häufig  in  der  Mechanik  ange- 
wandt« Hierbei  wirken  dieselben  nicht  im  Verbal tnifs  ihrer 
Masse  allein,  sondern  ihre  Kraft  oder  der  hierdurch  erzeugte  und 
ihr  zum  Mafs  dienende  Effect  ist  eine  Function  von  dieser  und 
der  Geschwindigkeit  ihrer  Bewegung.  In  vielen  Fallen  wirkt 
der  Stofs  nicht  aliein,  sondern  zugleich  auch  das  Gewiclit.  Hier- 
her geh(jrt  das  Wasser  bei  unterschlächtigen  fund  aum  Theil  auch 
bei  oberschlächtigen)  Mühlrädern,    der  Wind   bei  Windmühlen, 


1    Vcrgl.  Th.  IV.  S.  1090. 


1006  Kraft 

l 

der  Hämmer,  der  Rammklot^,  der  Schlägel  n;s«w.  Sowohl'itbei 
die  Gesetze  desStofses,  als  auch  über  die  hauptsächlichsten  daz« 
gehörigen  Maschinen  wird  in  eigenen  Artikeln  gehandelt  werden. 

D.  Auch  die  Centrifugal-  oder  Schwung- 
kraft wird  ?ju  den  bewegenden  Kräften  gezählt  und  kommt 
unter  andern  bei  v.  Langsdorf*s  Saug  -  Schwungmaschine  ^, 
dem  Segnerschen  Wasserrade,  dem  Schwengel  bei  Pumpbrunnen 
u.  s.  y^.  von  ^ 

£•  Die  E I  a  S  ti  C 1 1  ä  t  ist  eine  der  vorzügllchsfen  bewe- 
genden Kräfte ,  wx)von  der  vielfachste  Gebrauch  gemacht  wird. 
Dahin  gehört  der  Bügel  der  Armbrust ,  die  Uhrfeder ,  die  com- 
primirte  Luft,  der  Wasserdampf  und  überhaupt  die  Dämpfe 
nebst  den  Gasarten.  Ferner '  gehört  dahin  namentlich  auch  die 
Kraft  dbs  explodirenden  Schiefspulvers ,  welches  in  der  Ballistik 
das  Hauptagens  ausmacht,  aufserdem  aber  wiederholt  als  Mittel  zur 
Bewegung*  der  Maschinen  in  Vorschlag  gebracht  worden  ist.  Unter 
'andern  geschah  dieses  schon  früher  durch  DioarYSics  Pafinus^, 
jüngsthin  abermals  durch  RouRnsHAUssif  ^,  indem  ein  ähnlicher 
Vorschlag,  entzündetes  Knallglas  als  explodirendes  und  nachher 
ein  Vacuum  erzeugendes  Mittel  zu  benutzen,  wie  dieser  von 
Cecil  ^  gemacht  wurde,  mit  ihm  nahe  zusammenfällt.  Alle 
solche  heftig  explodirenden  Substanzen  sind  jedoch ,  wegen  der 
plötzlich  auf  die  in  Ruhe  befindlichen  Maschinen  wirkenden 
-Gewalt,  blofs  zum  Fortschleudern  der  Körper  geeignet,  keines- 
wegs aber  zur  ruhigen  Bewegung  von  Maschinen,  anderer  damit 
verbundener  Schwierigkeiten  nicht  zu  gedenken.  Thom.  Yockg 
sagt  übrigens  ^,  dafs  die  Kraft  des  Schiefspulvers  zwar  ungeheuer 
grofs ,  der  dadurch  erzeugte  Nutzeff ect  aber  nicht  gröfser  ist,  4ils 
welcher  durch  menschliche  Arbeit  erzeugt  wird.  ^ 

F.  Endlich  gehört  auch  die  Wärme,  sofern  sie  die  Aus-* 
dehnung  der  Körper  und  durch  ihre  Abnahme  die  Zusammen- 
ziehung derselben  bewirkt,  unter  die  bewegenden  Kräfte.  Bisher 
hat  man  jedoch  in  der  Mechanik  in  sofern  noch  keinen  Gebrauch 


1  S.  oben  Th.  II.  S.  82. 

S  8.  Art  Dampfmaschine.   Tb.  II.  8.  424  Q.  437. 

S  Schweigg.  Journ.  XXXH.  S.  482. 

4  Edinb.  Phil.  Jooni.  N.  XII.  p.  427. 

5  Lectares.  T.  II.  p.  167. 


Geheime»  1007 

davon  gemacht,  dab  man  dieie  VennahruDg  und  Verminderung 
des  Volumeos ,  namentlich  der  Metalle  ^  als  eigentliches  bewe- 
gendes Agens  benutzt  hätte,  obgleich  Zusammenziehungen  durch 
erkaltende  Metalle  oft  bewirkt  und  als  aufserordentlich  starke 
mechanische  Mittel  benutzt  werden.  Namentlich  bediente  sich 
Mol  ABO  der  Zusammenziehüng  erhitzter  eiserner  Anker ,  um 
die  gewichenen  Mauern  eines  grofsen  Magazines  wieder  gerade 
za  richten  ^,  bei  der  geringen  Volumensvermehrung  der  Körper 
durch  Hitze  würde  jedoch  dieses  Mittel  schwerlich  in^der  Me« 
chanik  mit  Vortheil  anzuw.enden  seyn ,  wenn  die  Erwärmung 
durch  absichtlichen  Aufwand  von  Brennmaterial  geschehen 
miilste  K 

9)  Nicht  wenige  und  mitunter  übrigens  vortheilhaft  be- 
kannte Gelehrte  haben  verschiedene  Mtnbekannte  Kräfte  in  der 
Natur  und  namentlich  bei  den  Menschen  angenommen.^  Dafs  es 
dergleichen  geben  könne,  aus  deren  Wirkung  manche' noch  nicht 
enträthselte  Erscheinungen  des  vegetabilischen  und  thierischen 
Lebensprocesses  ^  erklärlich  werden  könnten,  lälst  sich  im  All- 
gemeinen und  in  Voraus  nicht  geradezu  leugnen ,  aber  ganz  ge-> 
wifs  ist  es  dagegen ,  dafs  bei  der  Annahme  derselben  die  gröfstej 
Versiebt  upd  ein  dem  Physiker  sehr  zu  empfehlender  Skepticis* 
mus  .nicht  fehlen  dürfen*  Dieses  gebieten  übereinstimmend  die 
bekannten  Newtonschen  Regdn  und  die  zahlreichen  Erfahrungen 
wirklicher  Verirrungen  des  Verstandes  aus  dem  natürlichen 
Hange  der  minder  scharfsinnigen  Menschen  zum  Glauben  an  das 
Wunderbare,  worunter  die  Einwirkungen  der  Geister,  der  Ge-  ^ 
spenster,  der  Dämonen  und  die  in  manchen  Zeiten  allgemein  ge« 
glaubte»  Zauberkünste  gehören.  Es  ist  nicht  zu  erwarten ,  dafs 
-  die  wissenschaftliche  Aufklärung  vorerst  oder  überhaupt  so  tief  ' 
wieder  sinken  sollte,  um  dergleichen  Mährchen  für  wahr  zu 
halten,  aber  sehr  nahe  an  dieselben  grenzen  die  bis  auf  die 
neuesten  Zeiten  behaupteten  und  vertheidigten  verborgenen  Kräfte 
siebst  ihren  v.ermeintlichen  Wirkungen. 

Es  könnte  immerhin  gefragt  werden ,  ob  die  Untersuchung 
von  dieseA  überhaupt  in  das  Gebiet  der  Naturlehre  gehöre«  Wird 
angenommen,  dafs  letzteres  nur  die/enigen  Erscheinungen  in  sich 


1    Biot  Tndt^da  Phys.  T«  L  p*  181. 

S    Ann.  Ghim*  et  Phys.  T.  iX.  p.  92  a.  196.^ 

8    Vergl.  [04h€n$hrqft* 


1008  Kraft. 

begreife^  welche  mter  den  nämlichen  Bedingungen  nach  festcB 
Gesetzen  allezeit  wieder  zam  Vorschein  koQinien,  »o  würden 
die  meisten  der  berichteten  Phänomene  dieser  Art  ansznschlies- 
sen  seyn,  weil  sie  sich  in  der  Regel  nicht  allgemein  und  nach 
festen  Gesetzen,  sondern  bei  einzelnen  Individuen  als  Abnormität 
zeigen  sollen.  Indem*  aber  die  Anhänger  solcher  seltenen  ond 
wundersamen  Kräfte  zugleich  annehmen,  dab  diese  aU  wirkliche 
und  in  der  Natur  vorhandene  Kräfte  exsistiren ,  so  gehören  sie 
hiernach  nicht  blo&  in  das  Gebiet  der  Physik ,  sondern  mässen 
sich  auch  überall  auf  gleiche  Weise  wirksam  zeigen ,  wo  nicht 
hindernde  Bedingungen  ihre  Wirksamkeit  modifidren  oder  auf-« 
heben«  Es  kann  übrigens  sehr  wohl  der/  Fall  seyn ,  dafs  Wir- 
kungen Ton  Kräften  lange  Zeit  verborgen  bleiben ,  weil  sie  in 
einem  hohen  Grade  fein  sind ,  wie  dieses  z.  B.  bei  dem  thenno-» 
magnetischen  Einflüsse  ungleich  erwärmter  Metalle  auf  die  Ma- 
gnetnadel geschehen  ist;  hat  man  sie  aber  einmal  aufgefunden 
und  ihre  Bedingungen  erkannt,  dann  müssen  sie  sich  jederzeit 
und  allgemein  wieder  erzeugen  lassen.  Einer  ächten  Naturfor- 
echung  durchaus  fremd,  ja  sogar  ihr  widerstreitend  ist  jedoch. 
die  Behauptung ,  dafs  zur  Erzetigung  der  Wirkungen  verborgener 
Natarkräfte  der  Glaube  des  Beobachters  erforderlich  sey.  Alle 
Kräfte  der  Natur  sind  nothwendig  und  ihre  AeuTserungen  brin- 
gen durch  unausgesetzte  Wiederkehr  auch  bei  den  befangensten 
Beobachtern  Ueberzeugung  hervor,  ein  vorgefafster  Glaube  aber 
hat  schon  .oft  Erscheinungen  wahrnehmen  lassen,  welche  überall 
nicht  exdistirten,  wovon  der  Aberglaube  der  finstern  Jahrhunderte 
die  sprechendsten  Beweise  liefert. 

Es  würde  überflüssig  seyn,  alle  verborgenen  Kräfte  \ind  die 
sämmtlichen  durch  sie  erzeugten  mystischen  Erscheinungen,  wel- 
che bisher  als  exsistirend  angenommen  worden  sind,  nebst  den 
verschiedenen  Behauptungen  für  und  wider  und  den  vielfachen 
Ei^ählungen  zu  ihrer  BeglaulTJigung  hier  aufzunehmen,  da  ohnehin 
die  meisten  nur  eine  kurze  Zdt  von  leichtgläubigen  Beobachtern 
als  wirklich  exsistirend  geglaubt  wurden,  nach  genauerer  Prü- 
fung aber  bald  wieder  in  ihr  Nichts  zurückfielen.  Dagegen  aber 
gehört  in  ein  vollständiges  physikalisches  Werk  allerdings  eine 
kurze  geschichtliche  Angabe  des  Wesentlichsten,  damit  die9e 
Kräfte  nicht  aus  Unkunde  übergangen  scheinen  und  bei  künftig 
unausbleiblich  zu  erwartenden  ähnlichen  Behauptungen  dasjenige 
aufgefunden  werden   kann,    was   in  frühern    Zeiten  bereits  als 


Geheime.  1009 

nichtig  erkannt  wurde.  Wer  nümlich  mit  der  Geschichte  der 
7. ahlreichen  Verirrnngen  des  menschlichen  Verstandes  vertraut 
ist ,  wird  leider  zu  der  Ueberzeugnng  gelangen ,  dals  der  Hang 
zum  Wunderglauben  viel  zu  grofs  un4  allgemein  ist,  als  dafs 
auf  diesem  Boden  nicht  in  wiederkehrenden  Perioden  stets  neue 
Früchte  des  Aberglaubens  wuchern  sollten.  Die  Hanptclassei» 
sind  folgende : 

a)  Sympathie  oder  Mltleidenschafim    Es  giebt  deren  zwei 

Arten  y  die  moralische  und  die  physische.     Die  erstere,  weiche 

man  aach  eine  psychische  nennen  könnte  und  die  nicht  eigentlich 

hierher  gehört,  besteht  darin,  dafs  zwei  oder  mehrere  Personen 

in  Folge  gleicher  Afficirungen  des  Gemüths  gleiche  Em^^dan«* 

gen  haben,  also  gleichzeitig  Schmerz,  Freude,  Zorn,  Unwillen 

u.  s.  w.  empfinden.  In  der  Regel  werden  diese  Gemüthsaffeotio-' 

nen  in  der  einen  Person  durch  vorhandene  Ursachen  erzeugt,  und 

die  von  einer  oder' mehreren  anderen  wahrgenommenen  AenJse- 

rungen  derselben ,  so  wie  auch  die  bibfse  Kenntnifs  der  wirken-* 

den  Ursachen ,  erzengen  dann  in  ihnen  gleiche  Empfindungen, 

indem  sie  durch  lebhafte  Vorstellung  die  Persönlichkeit  des  be^i' 

obachteten  Leidenden  zu  der  ihrigen  machen«     Ist  dann  gleich 

die  Affection  des   GemÜths  bei  den  mitleidenden  Personen  in 

der  Regel  weniger  stark,  als  bei  den  eigentlich  zunächst  und 

unmittelbar  afficirten ,  so  5u(sert  doch  auch  bei  den  erstehen  die 

rein  psychische  Ursache  einen  physiologischen  Einfiufe,  welcher 

aus  der  innigen  Verbindung   der  Seele    mit  dem  Körper  sehr 

leicht  erklärlich  wird«     Hierauf  beruhet  der  wohithätige  Einflufs 

froher  Umgebungen  und  der  hachtheilige  trauriger,  insbesondere 

auf  reizbare,'  zur  psychischen  Sympathie  geneigte  Personen,  wo* 

durch  diese  letztere  allerdings  indirect  zur    physischen  wird« 

Man  hat  indefs  auch  behauptet,    dals  durch  Aehnlichkeit  der 

Geister  verwandte  Personen  ohne  änfsern  Eindruck  und  in  unbe* 

stimmter  Entfernung  von  einander  sympathetisch  afficirt  würden 

und  diesemnach  ohne  eine  bekannte  Ursache  gleichzeitig  Freude 

oder  Traurigkeit  empfänden  ;   ja  man  will  viele  Fälle  beobachtet 

haben,  in  denen  vermöge  einer  cdgenthiimlichen,  zunächst  phy* 

sischen ,  Sympathie  gleichzeitig    die  nämlichen  Krankheiten  bei 

verwandten,  aber  von  einander  weit  entfernten  Personen  ausger 

brechen  seyn  sollen,  welches  insgesammt  gewissen  unbekannten 

Kräften  der  Sympathie  zugeschrieben  wird. 

E^  ist  allerdings  richtig ,  daCs  anfEallende  Fälle  dieser  Art 


iblO  Kraft 

vorkommen.  Zu  ihrer  Erklärung  und  Entfernung  aus  dem  Ge- 
biete des  Wunderbaren  mufs  man  aber  Folgendes  wohl  überle- 
gen. Gewisse  Personen,  namentlich  verwandte,  insbesondere 
Zwillingsgeschwister,  können  leicht  einander  psychisch  and 
physisch  sehr  ähnlich  seyn.  Haben  dann  aufserdem  die  nämli-- 
eben  llulsern  Verhältnisse  auf  sie  einen  gleichen  oder  äBnlichea 
Einflofs ,  selbst  wenn  sie  von  einander  entfernt  leben ,  so  ist  es 
keineswegs  unnatürlich ,  dais  beide  gleichseitig  traurig  oder  hei- 
ter, vergnügt  oder  mifsvergnügt  sind.  Ist  ohnehin  die  eine  oder 
die  andere  von  diesen  Stimmungen  bei  beiden  vorherrschend, 
so  ist  es  in  gewisser  Hinsicht  fast  nothwendig ,  dals  eine  gleiche 
Gemüths-  und  Denkuagsart  gleichzeitig  ähnliche  Handlungs- 
weisen und  deren  Wirkungen  hervorbringt,  ohne  dab  es  im 
mindesten  erforderlich  ist;  zu  geheimen  sympathetischen  Kräften 
Seine  Zuflucht  zu  nehmen,  um  die  Gleichzeitigkeit  gewisser  Be- 
gebenheiten und  ochicksale  zu  erklären,  welche  solche  verwandte 
Personen  betreffen.  Nimmt  man  das  vielfache  Spiel  des  Zufalls 
hinzu  und  übersieht  xpan  nicht,  dafs  namentlicl^  verschiedene 
Krankheiten  gewissen  Lebensperioden  der  Regel  nach  zugehö-- 
ren  und  sich  daher  ohne  auffallend  deutliche  äufsere  Ursachen 
in  gleichmäfsig  organisirten  Individuen  sehr  leicht  gleichzeitig 
entwickeln  können,  so  verschwindet  das  absichtlich  gesuchte 
Wunder;  Sympathien,  mystische  und  verborgene  Kräfte  sind 
unnöthig  und  alles  läJGst  sich  aus  bekannten  Gesetzen  recht  gut 
erklären. 

Viele  Menschen  glauben  aufserdem  noch  fortdauernd  an 
^  eine  blofs  physische  oder  physiologische  Sympathie.  Hiernach 
soll  zwischen  gewissen  Körpern,  Handlungen,  Formeln  u. s.w. 
und  Personen  eine  Mitleidenschaft  exsistiren,  wodurch  Wunden, 
Krankheiten  u.  dgl, .  geheilt  und  sonstige  Uebel  abgewandt  wer- 
den können.  Dahin  gehören  also  hauptsächlich  die  sympatheti- 
schen Guren,  wenn  man  die  zum  Theil  dem  religiösen  Aber- 
glauben angehörigen  Wunderwirkungen  geweihter  Gegenstände, 
eis  diesen  Untersuchungen  f^md ,  ausschliefst.  Wer  bei  hart- 
näckigen Uebeln  alle  ihm  bekannten  Mittel  vergebens  angewandt 
hat ,  dem  wird  man  es  leicht  verzeihen ,  wenn  er  dann  auch  zu 
sympathetischen  seine  Zuflucht  nimmt;  sollten  sie  aber  bei  ruhi- 
ger UeberlegUDg  zulässig  erscheinen,  so  mülste  es  nothwendig 
auch  ähifliche  Mittel  geben ,  welche  Krankheiten  zu  erzeugen 
oder  vor&andene  unheilbar  zu  machen  vermöchten.  Indem  Letz- 


Geheime.  1011 

teres'aber  niclits  anderes,  alf  das  fnifaer  geglaubte  Bezaubern 
oder  Behexen  ist,  und  dieses  gegenwärtig  nur  noch  unter  d^ 
ungebildeten  Individuen  solcher  Provinzen  gläubige  Anhänger 
ündet,  welche  überhaupt  auf  einer  geringen  Stufe  der  Cultur 
stehen ,  so  mufs  auch  jener  ganz  analoge  Glaube  durchaus  als 
Aberglaube  verworfen  werden.  Die  physische  Sympathie  und 
die  hierauf  gegründeten  Erzählungen  sind  daher  gaiiz  in  das  Ge-  , 
biet  der  Mährchen  zu  verweisen  und  es  lassen  sich  überall  keine 
Xräfte  mit 'Bestimmtheit  darthun,  welche  hierbei  als  witksaoa 
anzunehmen  wären. 

Dagegen  läfst  sich  nicht  ganz  in  Abrede  stellen ,  dafs  bei 
verschiedenen  Personen  eine  nicht  deutlich  nachzuweisen dTe 
Sympathie  und*  auch  Antipathie  gegen  andere  Personen  und  auck 
gegen  Thiere  angetroffen  werden ,  welche  sich  durch  grofse  Zu- 
neigung oder  grofsen  Widerwillen  äufsern.  In  Beziehung  auf 
Thiere  entsteht  beides  oft  aus  einem  undeutlichen  Vorurtheile 
jhres  Nutzens  oder  Schadens ,  welches  nicht  selten  aus  den  lehr- 
haften Juaendeindrücken  herstammt  und  bei  den  Zoologen  nicht 
angetroffen  wird ,  weil  diese  genauer  mit  den  Eigenschaften  der 
Thiere  bekannt  sind.  In  nicht  seltenen  Ftillen  kann  auch  die 
Ausdunstung  anderer  lebender  Wesen,  wenn  auch  durch  den 
Geruch  nicht  kenntlich  nachweisbar,  doch  etwas  Widerliches 
und  die  Nerven  unangenehm  Aificirendes  haben  od^r  im  Ge- 
gentheil  angenehm  seyn.  In  Beziehung  auf  Menschen  liegt  aber 
der  Zuneigung  oder  dem  Widerwillen  unstreitig  viel  Psychi- 
sches zum  Grunde,  indem  sie  durch  den  Eindruck,  welchen 
sie  machen ,  die  gegründete  oder  ungegründete  Vorstellung  der 
Klugheit  und  Gutartigkeit  oder  eines  bösen  Willens ,  der  Scha- 
denfreude und  der  Immoralität  erzeugen.  Auf  allen  Fall  ist  nicht 
erforderlich,  bei  diesem  allen  zu  geheimen  Kräften  seine  Zuflucht 
zn  nehmen. 

b)  Geheime  etehtri^^  und  diesen  ähnliche  Kräfte.  Ob- 
gleich die  Elektricitätslehre  sehr  einfach  und  bestimmt  aufgefafst 
werden  kann  und  das  Verhalten  dieser  Potenz  scharf  bestimmten 
Gesetzen  unterworfen  ist,  so  haben  doch  allezeit  einzelne  Na- 
turforscher mystische  Wirkungen  und  verborgene  Krähe  dersel- 
ben zu  finden  geglaubt  und  unter  andern  liefs  sich  sogar  der 
eben  so  besonnene  als  gelehrte  Physiker  Winklee  in  diese  Irr- 
thümer  verstricken.  Es  wurde  nämlich  den  in  verschlossenen 
Glasröhren  oder  Kugeln  befindlichen  Arzneien  nach  der  Elektri- 


1012  Kraft. 

sirung  dieser  Hülkn  ein  aufserordentlicher   Biaflufs   aaf   den 
menschlichen  X(5xper  und   eine  Heilkraft   fiev  verschiedensten 
Krankheiten  beigelegt^  wenn  man  sie  blols  berührte  oder  «üe 
Glieder  damit  bestrich.     Joh«  Fr.  Pitati^  machte  dieses  nebst 
;den  Beobachtungen  der  wunderbaren  Phänomene  bekannt ,  w^I* 
che  in  Italien  vielen  Beifall  und  allgemeinen  Glauben  fanden  ; 
XToLLKT  dagegen,    welcher  exprefs    deswegen  dorthin  reisete, 
konnte  sich  von  der  Wahrheit  der  mitgetheilten  auffallenden  £r- 
^^ählungen  nicht  überzeugen.     Desto  glaubiger  war  WiNKi^cn, 
welcher  die  Versucht  nicht  blofs  wiederholte ,  sondern  auch  die 
Resultate  fremder  und  eigener  Erfahrungen  in  England  bekannt 
machte   und  dadurch  Bakea   veranlafste,    dafs  die  Sache  dort 
näher  geprüft  wurde  ^.    Hierdurch  erschien  aber  das  Ganze  nach 
.den  genauen  Versuchen,   welche  Watsoit  in  Gegenwart  von 
FQLK.E8,  Mastit,  Moatimer  ,  Daval  Und  Cantoit  mitR<ihren 
anstellte,  die  er  theils  selbst  elektrisirte ,  theils  von  WiirE.i.KA 
jlurch  dessen  Freund  ScHKÖOEa  erhalten  hatte,  als  ein  Mähr- 
chen^,  wovon  >ener  sich  dann  bald  selbst  überzeugte  und  seinen 
•unbegreiflichen  Irrthum  eingestand ;  ein  warnendes  Beispiel  gegen 
Leichtgläubigkeit. 

Nicht  ganz  gleiches.  Aufsehen  erregten  die  bekannten  Ver- 
suche Schäffea's  mit  dem  Elektrophore ,  welche  indefs  schon 
.oben^  erwähnt  worden  sind,  und  es  bedarf  hier  nur  der  Bemer- 
.kung,  dafs  nach  dem  Zeugnisse  des  eben  so  gründlichen  als  vor- 
.urtheilsfreien  Plag.  Heinrich  die  Nichtigkeit  der  ganzen  Sache 
,und  die  Ursache  der  Täuschung  unlängst  durch  STEiOLEHVEa 
.genügend  nachgewiesen  worden  ist  ^,  so  dafs  also  auch  hierbei 
.von  keinen  verborgenen  elektrischen  Kräften  die  Rede  seyn  kann« 

Am  bekanntesten  unter  allen  durch  verborgene  und  mysti- 
sche Kräfte  angeblich  erzeugten  Erscheinungen  sind  diejenigen 
geworden,  welche  zur  Classe  der  TVl^inscIielruthe,  des  Wasser- 
und  Mineralien  -  Fühlens  und  überhaupt  der  sogenannten  orga-- 


1  Della  Elettricitd  mcdica.  Lettera  del  chiarissimo  Signore  J.  F. 
-Pivati  al  celebre  Signore  F.  M.  Zanotti.  Lucq.  1747.  8.  Riflessioni 
üsiche  sopra  la  Medicina  elettrica.     A  Vcnezia.  1749.  fol. 

2  Phil.  Tran»,  abr.  X.  p.  406. 

8  PhU.  Trans.  1748.  XLV.  p.  262.  1751.  p.  231. 

4  Bd.  in.  3.  771. 

5  G.  XXV».  328. 


Geheime.  1013 

jtiscAen  oder  mineraU9chen  EtektricitHt  g«b8ren«  Die  Mährr 
chen  von  den  Kräften  der  Wünschelruthe,  einer  in  zwei  Spitzen 
oder  Zweige  auslaufenden ,  zu  einer  bestimmten  Zeit  und  unter 
gewissen  Zauberformeln  oder  auch  ohne  diese  geschnittenen  Ha*- 
selmthe,  weiche^  über  verborgenen  Metallen  in  der  Hand  gehal- 
ten ,  durch  den  mikrokosmischen  Einflufg  des  Haltenden  gewisse 
eigenthün^licfae  Bewegungen  machen  soll ,  sind  alt  und  wurden 
anlangst  von  den  Gebildetem  als  nichtig  erkannt»  An  diese 
jreihen  sich  die  verschiedenen  Schwingungen  kleiner,  an  einem 
Faden  hei;abhängender  Körper,  namentlich  eines  goldenen  Fin-> 
gerringes ,  welcher  in  einem  Glase  gehalten  durch  die  Zahl  sei- 
nes Anschlagens  an  die  Wände  desselben  die  Tages^seit  angebep 
sollte,  und  endlich  die  Behauptungen  v^n  der  Fähigkeit  gewisser 
Personen ,  die  Anwesenheit  von  Wasser ,  Metallen  und  Mine- 
ralien durch  ein  eigenthümliches  Gefühl  wahrzunehmen.  Am 
auffallendsten  wird  es  depi  vorurtheilsfreien  Forscher  erscheinen, 
dafs  gerade  alle  drei  Thats^chen,  nachdem  sie  schon  einmal  als 
Betrügereien  öffentlich  bekannt  geworden  waren,  zum  zweiten- 
male  hervorgerufen  werden  und  sehr  allgemeinen  Beifall  erhalten 
konnten^.  ^ 

Die  Wunach^ruthe  ist  seit  sehr  langer  Zeit  bekannt^ 
und  wird  durch  die  Habsucht  der  Einfältigen ,  den  übermäfsigen 
Hang  zum  Glauben  an  das  Wunderbare  und  die  feinen  Künste 
schlauer  Betrüger  unter  der  ungebildeten  Classe  der  Menschen 


1  Ueher  den  Beifall,  welchen  diese  Gegenstände  in  neuerer  Zelt 
erhalten  haben,  ist  schon  oben  Tb.  IIT.  S.  776.  geredet  worden  und 
ich  theile  daher  yorzogsweise  nur  das  Gesehiohtliche  mit« 

2  Die  älteste  Nachricht  von  ihr  findet  sich  beim  Paracbisüs, 
welcher  von  ihr  als  von  einer  bekannten  Sache  redet.  Spater  wird 
sie  erwähnt  Burch  Smcasa  in  Ars  magnetica.  Gol.  1643.  p.  6S5.,  Gasp. 
Schott  in  Pbysica  cariosa.  Herbip.  1667.  p.  1286.,  Anleitung  zu  denen 
cnriösen  Wissenschaften.  Frankf.  1717.  S.  480.,  Vallemoht  in  LaPhy- 
aiqoe  occalt^y  ou  trait^  de  la  bagaette  divinatoire.  Par.  1696.  n.  A» 
Sehr  vollständig  findet  man  die  Literatur  in:  Beitrage  cur  literäri« 
sehen  Geschichte  der  Wüi^chelruthe  von  Chr.  Freiherrn  v.  Aretiv« 
Ifünchen  1807.  Ausgezogen  in  G.  XVII.^  158  u.  482.  Ganz  kürzlich 
bat  dieaelbe  noch  im  Grafen  J.  de  Tristan  einen  gläubigen  Anhaoger 
gefunden,  indem  sie  selbst  mit  allen  ihren  zauberischen  Wirkungen 
durch  diesen  in  einem  aosfdhriichen  Werke  beschrieben  worden  ist  8 
Recherches  sur  quelques  ElTluves  tcrrestres.  Par  le  ComteJ.  de  Tristan. 
Par.  1^26.  4S0  S.  8,  Mit  einer  Kupl'crtafel. 


1014  Kraft 

noch  lange  Zeit  Anhänger  finden ,  welche  meistens  ihrö  Leicht- 
gläubigkeit theuer  bezahlen  müssen.  Zugleich  aber  sind  haupt- 
sächlich zwei  Fälle  bekannt,  in  denen  der  Glaube  an  ihre  Wir- 
kungen, verbunden  mit  dem  an  die  geh eimhifsvollen  Schwin- 
gungen kurzer  Pendel  und  die  eigenthümliche  Kraft  des  Metall- 
und  Wasserfühlens  bei  gewissen  Individuen,  unter  allen  Ständen 
Verehrer  und  Bewunderer  fand,  und  wobei  zugleich  die  höheren 
Classen,  insbesondere  aber  die  Gelehrten,  grofsentheils  sich 
weit  leichtgläubiger  bewiesen,  als  die  niederen  Volksciassen 
jemals  gethan  haben,  unter  denen  in  der  Regel  nur  einzelne  In- 
dividuen*, und  diese  nur  insgeheim ,  so  lange  ihr  Interesse  sie 
trieb  und  niemand  sie  auf  die  Möglichkeit  des  Betrugs  aufmerk- 
sam machte ,  auf  die  Kraft  der  Wünschelrathe  Vertrahen  setz- 
ten;  am  alleraufIFallendsten  aber  ist,  dafs  beide  Begebenheiten 
in  ihrem  Entstehen  und  Verlaufe  die  gröCste  Aehnlichkeit ,  ja 
fast  völlige  Gleichartigkeit  hatten. 

Sowohl  KiiiCHER  als  auch  Caspar  Schott  bezweifelten 
die  Wirkung  der  Wünschelruthe  und  auch  des  Ringes,  welcher 
an  einem  Faden  in  ein  Glas  herabhängend  durch  seine  eigen- 
thiimlichen  Schwingungen  und  das  Anschlagen  an  die  Wände 
des  Glases  gewisse  Anzeigen  geben,  namentlich  die  Tageszeiten 
bestimmen  Sollte,   und  bei  dem  hohen  Ansehen,  worin  diese 
Gelehrte  zu  ihrer  Zeit  standen ,  konnten  diese  Gaukeleien  nicht 
wohl  anders  als  nur  einzelne  sich  selbst  verbergende  Anhänger 
finden.    Allein  um  1690  fing  der  bekannte  Aymar  an,>  allgemeir 
nes  Aufsehen  zu  erregen.     Zuerst  zeigte  er  blofs  die  Wirkungen 
der  Wünschelruthe  und  die  magischen  Schwingungen  des  Ringes 
am  Faden ,  bald  aber  brachte  ihn  die  Leichtgläubigkeit  seiner 
Bewunderer  dahin ,  dafs  er  Wasser  ,  Metalle  und  sonstige  Fos- 
silien in  seiner  Nähe  durch  ein  eigenthümliches  Gefühl 'wahrzu- 
nehmen vorgab ,  endlich  aber  wollte  er  sogar  die  Spur  entlau- 
fener Mörder  auffincfen,  ging  dieser  nach  und  wufste  die  Behör- 
den ,  welche  ihm  hierbei  Vorschub  leisteten ,   so  zu  täuscheni 
dafs  des  Nichtgelingens  ungeachtet  sein  Ansehen  noch  vergröfsert 
wurde.  Grofses  Aufsehen  machte  er  überall  in  Paris,  bis  er  durch 
die  Mitwirkung  des  aufgeklärten  Prinzen CosoE  entlarvt  wnrde, 
in  dessen  Zimmern  er  einzelne  Nägel  und  Stücke  von  Tressen 
entdeckte,  wovon  er  glaubte,  dafs  man  sie  absichtlich  verborgen 
habe ,  von  grofsen  vorhandenen  Metallmassen  aber  nichts  em- 
pfand ,  deren  Anwesenheit  er  nicht  ahndete,    £r  selbst  gestand 


Geheime.  |Q|5 

dem  Prinsen^  clafs  sav  die  LeichtgUabigkeil  des  f&blicpiiis  ihtl 
zum  etriiger  gelnacht  I^be ;  die  Polizei  machte  die  Entlarvung 
desselben  bekannt  und  er  entfernte  sich  mit  einer  votn  P^ni(QD: 
erhaltenen  Unterstützung  aus  der  Stadt,  worauf  die  yielbeipro-^ 
cheden  Wunder  allmäUg  in  Vergessenheit  kamen ^» ,  Inzwischen, 
sagte  Batlk  bei  dieser  Veranlassung  yoraus>  dals  dieses  Aus«> 
gangs  ungeachtet  ähnliche  Betrüger  wieder  aufheten  ;würdeOj  . 
weil  die  Menschen  einmal  betrogen  sejn  wollten,  und  ich  trage  ■ 
kein  Bedenken,  <  diese  so  vollkommen  eingetrofienö  Pxopbeaeiung 
auch  noch  als  für  die  Zukunft  gültig  zu  wiederholen,    ;   . .;.    ,. 

Gerade  ein  Jahrhundert  nach  diesen  Begebenheiten  erteg^a  . 
ganz  gleiche  Betrügereien  die  allgemeine  Aufmerksamkeit. 4^9 
Publicums,  gingen  von  Italien  aus,  fanden  im  südlichen  Deutsc^Tf, 
lande  viele  Anhänger,  konnten  aber  im  nördlichen. keinq  festepi 
Wurzeln  fassen^     Hauptsächlich  versuchte  TH0üyip!r^;^,f^4ie, 
Mährchen  von  den  Kräften  der  Wünschelruthe  ,  den  Schwin-r^; 
gungen  kleiner  I^endel  und  der  Kunst  de'ft  Was3evr-  pi^  MeU^ 
Fühlens  aus  ihrer  Verborgenheit  bei  einigen  Leichtgläubigen  un«^ 
ter  den  ungebildeten  Volksciassen  ii^  die  höheren  Sphären  her- 
aufzuziehen und  den   ernsten   wissenschaftlichen  Forschungen 
anzureihen.    Sein  Haüptheld  War  ein  gewisser  PEiriTEi^,  wchJhet* 
hauptsächlich  die  geheime  Kraft  besitzen  sollie,   tm^ejöfa  'tief  ^ 
verborgene  Mineralien  durch  einen  säuerlichen  oder  alkaHscheil 
Geschmack  undallgemeine  NervenafFectioti  zu  fühlen ,' 'V^enb  er" 
sich  denselben  näherte ,  und  dana  am  stärksten,  wenn*  et  sich ^ 
lothrecht  oder  in  gröfserer  Nähe  über  denselben  b^&nd^'  Taov-^' 
VBSEL  erhielt  an  dem  Grafen  Belladora  und  Gazolo  ^  des-»' 
gleichen  dem  Abte  Foatis  gläubige  Anhänger  ^^  an  SrAiLAH'^' 


1  Von  ihni  handelt  aäsfahrlldh  Vallamofat  ä.  a.  Ö. 

2  M^m.  phjTs.   et  tn^d.    moDtraat  les  rapporti  ^videns  eatte  lei 
ph^aomdnes  de  la  baguette  divinatoire ,   du  magn^tisme  et  de  l'ilec-r^ 
tricit^.  Load.  et  fur.  1780.    Secoii4  miiA.  cbe^d.  ^785.  8.  I^ecB^  4« 
M^moires  conccrn.  l^dlectricit^  organique  et  rälectricitid  min^rale  eto^ 
poor  servir  de  saite  anx  m^moires  publi^t  en  1780  et  83  ior  lei  rftp*^ 
porti,  qai  existent  entre  les  phioomäqes  da  .ma^jn^isttei  de  Wle^ri- 
citd  et  de  la  bagaette  divinatoire.    Bresci  1799.    Nottvelles  piices^re-  ~ 
latives  a  T^l.  orgaii.  etc.  Vicenza  1793.  8.     Raggua'gli  dcll'  espe^iepi^e,. 
deir  elettrometria  esegoita  in  Brescia.  Vdine  e  Verona  ii eil'  Anl'1793. 
Venezia  1794.  .       •      •  - 

3  Esperien^e  esegoite  da  Pennet   in  Ver0At  sei  Mete  di  OiagsHo 
1793  per  Dionigi  Ramanaini.  Verona  1793«  j    ^ 

V.  Bd.        ,  ttt 


lOld  Kraft. 

ZAVi  a!>er  nach  genauerer  Prüfung  einen  Gegner  ^  Greiseren 
und  allgemeineren  Beifall,  als  die  Kunst  des  Wasserfiihlens,  er- 
hifeh^h  dife  magischen  Kräfte  der  kleinen  Pendel  aus  Schu^efel* 
iiesen  an  Fäden  aufgehangen ,  und  es  ist  in  def  That  merk^riir- 
dig  ^  diöTs  diese  Mährchen  bis  auf  die  neuesten  Zeiten  herab  noch 
mitunter  gläubige  Anhänger  finden.  Fortis  wollte  beobachtet 
haben,  dafs  solche  Pendel  in  der  Hand  des  Grafen  Favtvzzi 
schwebend  gehalten  über  Wasser  und  Metallen  in  SchwinguDgen 
geriethen  und  verschiedene ,  aber  regelmafsige  und  nach  be- 
stimmten Gesetzen  wechselnde,  Curven  beschrieben.  Der  scharf- 
sinnige Al.  V.  Humboldt^  erklärte  sich  sogleich  dagegen,  und 
Detrtschland  wäre  ohne  Zweifel  mit  einem  so  weit  verbreiteten 
Glauben '  an  diese  Mährchen  verschont  geblieben ,  wenn  dieser 
gfofse  Gelehrte  schon*  damals  seinen  jetzigen  wohlbegründeten 
Küf  errüngien  gehabt  hätte ,  indem  er  nicht  blofs  gleich  an&ngs 
die 'ganze  Sache  belächelte,  sondern  auch  den  psychologischen 
Gtund  d ei' Hanges  zum  Glauben  an  solche  Wtmderkräfte  acht 
n^turphilosophisch  nachwies.       ' 

Ii^sbespndere  war  München  der  Centralpunct,  1^on  wo  ans 
die  durch  geheime  Kräfte  erzeugten  Wunderphänomene  verbrei-*- 
tet  wurden,    unter  deren  lebhaften  Vertheidigem  hauptsächlich 

RlTTI^R,    S.CHELLIÄO,    FaAVZ  BAAnER  ,    GfiHLEN  3,   WiHTERI.* 

undrfiuc^HOLZ^  sich  .als  solche  auszeichneten,  denen  die  Ver- 
suche vorzugsweise  gut  gelangen.  Dort  fanden  nicht  blofs  die 
Schwingungen  der  Schwefelkiespendel  sehr  allgemeinen  Glauben^ 
sondern  die  Kraft  des  Erz-  und  Wasser- Fühle ns  sollte  sich 
aucl)^, keineswegs  als  etwas  Aufserordentliches  bei  P«  vir  et  allein 
finden,  indem  sie  vielmehr  bei  zwei  Frauenzimmern,  GANnoLri 
und  Anfossi,'  dem  Abt  Amoretti,  dessen  Enkel  und  vielen 
andern  Personen  in  gleichem  Grade  gefunden  wurde.  Freilich 
war  die  Leichtgläubigkeit  so  ungeheuer  grofs,  dafs  irgend  jemand 
nur  die  Behauptung  aufstellen  durfte ,  er  besitze  diese  Kunst, 


1    Brogviatelli  Ann.  dl  Ghim.  T.  IV. 

2'  Tersoche  über  die  gereiste  Maskel«  nnd  Nerrenfaser.    BerL 
1797.  i.  B.W. 

S    Dessen  Joarn.  'Bd.  IT«  8.  9& 

4  tbfmä.  Ilf.  S.  79S. 

5  Ebend.  V.  8.  575« 


Geheime.  1017 

ein  ohne  weitm  PriiFang  sogleich  fUr  einen  Wundermann  ge* 
halten  tu  werden.  Der  bis  dahin  allein  bekannte  Apparat  der . 
Würischellruthe  wurde  durch  einen  neuen  vermehrt,  nämlich 
einen  Degen ,  welcher  twischeü  den  Fingerspitzen  gehalten 
eig^Mthümliche  Drehungen  zeigen  sollte,  }a  Rittka  erfand  noch 
einen  n^uen ,  seinen  sogenannten  B^ancier^  einen  kleinen  ku- 
pfernen Stab  Von  reotangnlärem  Querschnitte,  6  Z.  lang,  0,5  Z« 
Breit  Und  von  willkürlicher  Dicke,  welcher  auf  dem  senkrecht 
gehaltenen  Mittelfinger  lAraagerecht  liegend  bei  verschiedenen 
Personen  in  eine  drehende  Bewegung  geriethi  Diese  Phänomene 
erfolgten  jedoch  schwerer,  als  die  mit  der  Wünschelruthe ,  und 
ihr  Zusaiümenhang  mit  den  elektrischen  wurde  dadurch  beur- 
kundet, dafs  der  Balancier  nicht  isolirt  seyli  und  ni^t  ans  Schel- 
lack, als  der  am  besten  isölirenden  Substanz,  bestehen  durfte^. 
Hauptsächlich  wurde  aber  noch  ein  den  PfivirET  übertreiFendeir 
Wasserföhler,  Namens  Campjetti  ,  aufgefunden  und  auf  könig- 
liche Kosten  nach  München  gebracht,  wo  er  hicht  blois  diese 
seine  Kunst ,  sondern  auch  die  VerWandtAs  in  einem  vorzügli«^ 
chen  Grade ,  jedoch  Uoft  für  dip  ohnehin  Wnndergläubigen  be- 
friedigend, zeigte^. 

Da  es  kaum  ohne  Gefahr^  als  durchaus  unphilosophisch 
Verschrieen  und  verketzert  zu  werden,  möglich  war,  Zweifel 
gegen  diese  Thatsachen  zu  auTsern ,  welche  von  den  sich  vor- 
zugsweise Naturphilosophen  nennenden  Gelehrten  lebhaft  ver- 
theidigt  und  als  der  Anfang  einer  ganz  neuen,  alles  Frühere  um- 
stofsenden  und  bei  weitem  übertretenden  Periode  des  Studiums 
der  Naturwissenschaften  dargestellt  wurde,  so  wagte  es  zuerst 
Gilbert'  mit  grofser Heftigkeit,  aber  eindringender  und  schar- 
fer Kritik  als  Gegner  aufzutreten.  Siiid  gleich  manche  in  sei- 
nen Aufsätzen  enthaltene  Persönlichkeiten  nicht  ganz  zu  bilLgen, 
so  müssen  es  ihm  doch  die  deutschen  Physiker  danken,  dafs  er 
die  damals  allerdings  erforderliche  Kühnheit  hatte,  dem  stets 
weiter  sich^verbj'eitenden  Strome  der  Irrthümer  in  den  Weg  zu 


1  Der  Sideritma»  heraaagegeBen  von  1.  W.  Ritter;  Tutiin^.  18^. 
Bd.  1.  St.  1. 

2  Morgetiblatt  fdr  gebildete  Stände.  1807.  Jan.  N.  'XQ.  Bibl.  Brit. 
XXXV.  p.  80  fF.  0.  a.  a.  O. 

8    Desien  Ana.  der  Fhjs.  JOCVl.  S.  069. 

Tttü 


1.018  .Kraft. 

treten  und  dadairch  zii  K^erTiüten ,  dafs  nicht  tioch  mehret^  das 
Schicksal  derer  theilten ,  welche  beiin  Verschwinden  der  -ver« 
meintlichen  Wunder  bIs  abergläubig  und  einer  scharfsinnigen 
Prüfung  und  Erforschung  der  Wahrheit  unfähig  im  In-  und 
Auslande  erscheinen  mulsten*  Auch  Marecravx,  insbesondere 
Erman  und  C.  H.  Pfa ff  erklärten  sich  als  Gegner^,  viele  da-^ 
gegen  blieben  gläubige  Anhänger ,  indem  sie  lugleicli  versicher*» 
ten ,  dafs  namentlich  die  Versuche  mit  Schwefelkiespendeln  bei 
ihnen  und  andern  eigenthümlich  organisirten  Personen  nie  ohne 
den  entschiedensten  Erfolg  blieben.  Als  jedoch  nach  einiger 
Zeit  Campbtti's  vorgebliche  Kunst  des  Wasser-  und  Metall- 
fühlens  bei  genauen  in  München  scAbst  angestellten  Proben  nich- 
tig befunden  Wurde  und  das  Geschrei  seiner  wundergläubigen 
Anhänger  verstummte,  verloren  auch  die  Schwingungen  det 
Schwefelkiespendel  allmälig  von  ihrem  Ansehen /um  so  mehr 
seitdem  C.  H.  Pfaff  ^,  Zimmbrmaitv  ^  u.  A.  die  Ursachen  der- 
selben^  als  in  der  gleichzeitigen  Fixirung  des  Pendels  und  seiner 
Unterlagen  gegründet,  durch  genaue  Versuche  nachwiesen.  Man 
nahm  übrigens  zu  diesen  Pendeln  nicht  blofs  Schwefelkiese^ 
sondern  auch  andere  Körper,  namentlich  goldene  Fikigertingei 
vermuthlich  aus  Unkunde  des  Umstandes,  dafs  eben  diese  schon 
zu  den  2eit«*n  des  Caspar  ScHoff  gekannt,  aber  in  das  Gebiet 
der  Ammenmährchen  verwiesen  \Varen.  Die  damit  so  leicht  an- 
zustellenden Versuche  blieben  nicht  lange  das  Eigenthum  der 
Physiker,  sondern  sie  wurden  auch  in  gesellschaftlichen  Kreisen 
und  namentlich  von  Damen  angestellt,  weswegen  danqi  der 
Glaube  an  dieselben  sich  noch  eine  geraume  Zeit  in  diesen  Sphä- 
ren erhielt,  nachdem  die  eigentlichen  Physiker  unlängst  die 
Nichtigkeit  der  Sache  erkannt  hatten.  Cine  vorzügliche  Ursache 
des  Glaubens  an  so  ofV  und  so  vollständig  widerlegte  Irrthiimer 
lag  in  der  Verbindung  derselben  mit  den  Erscheinungen  des  so- 
genannten animalischen  Magnetismus ,  welche  tief  in  das  Gebiet 
der  Physiologie  und  Psychologie  eingreifend  auf  dem  Wege  rein 
physikalischer  Prüfung  nicht  so  leicht  widerjeglich  waren.  Unter 
die  späteren  öffentlichen  Vertheidiger  derselben  geboren  unter 


1  Ebend.  XXVII.  1  ff. 

2  G.  XXVII.  41. 
S    Ebend.  S$7. 


Krummzapfen.  1019 

anJtera  Girboiv^,  S»ivi>i.Ba^  Cavai.1^,  Kvoch*^  mit  sehr 
mäbigenden  (Modificationen,  und  hauptsäcMich  Amorbtti,  wel- 
cher das  Ganze  in  einem  ansführlichen  Werke  behandelte  ^.  In 
diesem  Augenblicke  kann  die  Sache  als  abgethan  betrachtet  wer-« 
den  f  .wenn  nicht  in  künftiger  Zeit  aufs  Nene  eine  Veranlassung 
gegel^en  wird,'  sie  abermals  wiederholt  ins  Publicum  su  bringen. 

c.  Geheime  ma^eiische  Kräfte^  Wie  der  ETektricitat  wer- 
den auch  dem  Magnelistnus  geheime  Kräfte  und  wunderbare 
Einwirkungen  auf  den  menschlichen  Körper  beigelegt.  Sofern 
sich  dieses  auf  den  .mineralischen  Magnetismus  bezieht,  gehört  es 
unter  den  Art.  Magnet^  allein  die  vorzüglichsten  und  unbegreif- 
lichsten Wunder  geh<Jren  in  d%s  Gebiet  des  sogenannten  thieri- 
sch^n  Magnetismus,  Auch  diese  ganze  Lehre  ist  gegenwärtig 
fast  gänzlich  unter  die  Classe  der  Mälirchen  verwiesen.  Weil 
aber  die  Sache  ein  grpfses  geschichtliches  Interesse  hat ,  sa  ver- 
dient fie  in  einepi  eigenen  Artikel  (|>e}ianclelt  z^  w«r4eA.       M. 

'    j^rumvizapfeii^ 

Kurbelj    Manubrium;    Maniyelle;    Cra'nk. 

Die  Kurbel  und  der  Krummz.^pfen  werden  zuweileu  (ür 
gleichbedeutend  genommen,  in  vielen  Fällen  aber  unterschie- 
den, und  dann  bedeutet  AT^^r^je/  denjenigen  Hebel  ipit  HaAdb^b.ey 
vermittelst  dessen  man  \yellen  ohne  und  mit  Rudern  umdrehet, 
z,B.  bei  CafPeemühlen,  Elektri^irmaschinen,  Schleifsteinen,  Spinn* 
rädern  und  andern  kleinen  Maschinen ;  Krummzapfen  aber  eine 
ähnliche  VorrichtuYig,  durch  welche  gröfsere  Räder,  sogenannte 
Künsträder,  den  horizontalen,  v«rticalen  oder  unter  irgend  ei- 
nem Winkel  gmieigten  Stangen  |  namentlich  den  Feldgestängen, 
Bewegung  mittheilen  oder  diese  von  ihnen  erhalten.  Die  grö- 
Ikeren  Kurbeln  oder  Krummzapfen  haben   ^lehre^ex  Festigkeit 


X    Recherchea  exp<frimentalea   aar  i^n  nouveaa  mode  de  TAction 
«»lectrique!  Straftb.  1809.  & 

%    Ueber  das  Priacip  des  MdnsokenmagnetisQns.  Närnb.  1811.  8« 
S    G.  LV.  4i4. 

4  Ebend.  J^YIL  S60.  Wagner^  Urtbe^  über  sie  ebaad.  LIX.  828. 

5  Dieaes  ist  in  DeaAchland  meistens  nur  aus  deia  Aaszage  in  G« 
IiX%  225.  bekannt. 


1030  Krummzapfen. 

p.  wegen  ein  in  die  Wdle  des  Rades,  eingeli^tseiies  bi^eites  Bledi^ 
9o8! eine  mit  dem  fialse  der  Kurbel  in  Eins  gegossene  Platte  a b  cd, 
der  Blät^l  oder  Pläuel  genannt,  woran  sich  der  Hals  e£  befio* 
det  I  welcher  meistens  zugleich  als  Zapfen  der  W^Ue  au  dienen 
pflegt  An  diesem  ist  rechtwinklig  der  gerade  odtfr  in  ein^r  auf 
die  Axe  der  Welle  lothrechfen  Ebeiie  krummgeliBOgene  Theil  f  g, 
das  Kni0  oder  der  ^r^,  befestigt,  an  dessen  Ende  sich  die  Wctrse 
gh  befindet,  welche  bei  kleineren  Maschinen  verlängert  und 
mit  einer  Handhaf>e ,  einem  Handgriffe,  versehn  ist,  wenn  die 
Kurbel  durch  Menschenhände  gedreht  werden  soll. 

k^  dieser  einfachen  Kurbel  wird  durch  geringe  Modifica-* 
tiön  eine  gedoppelte,  selten  eine  vielfache^  Soll  nämlich  die 
Welle  des  gröfseren  erforderlichen  Kraftaufwandes  wegen  durch 
Fig.  z'^^i  oder  mehrere  Mensphen  gedreht  werden ,  so  bringt  man 
209. an  beiden  Seiten  derselben  eine  Kurbel  abc  und  o/}/  an,  ist 
aber  die  Kraft ^  welche  die  Kurbel  umdreht,  stark  genug,  nm 
zwei  oder  mehrere  Maschinerien  zugleich  in  Bewegung  zu  'säz^ 
zen,  so  werden  an  beiden  Seiten  der  Welle  Kurbeln  angebracht 
oder  die  eine  wifd  zweimal  gebogen  (doppelt  gekröpft),  ja  dieses 
kann  auch  bei  beideq  geschehn  und  es  ist  selbst  eine  mehr- 
fache Kröpfung  leicht  möglich ,  wozu  jedoch  selten  Kraft  genug 
2 j§* vorhanden  ist.  Hierbei  sind  die  dopipelten  Kröpfungen  abc, 
ap*ji  rucksichtlich  der  Lange  des  Hebels  entweder  gleich  oder 
^ngleich^  je  nachdem  die  Bewegungen  der  axr  ihnen  angebrach- 
ten Gestänge  und  Maschinerien  langsamer  otter  schneller  seyn 
sollen« 

.  Bei  grofsen  Maschinen  müssen  die  Krummzapfen^stark,  mas- 
siv und,  mit  Ausnahme  der  eingesetzten  Warze,  aus  einem  Stücke 
gegossen  seyn.  Map  hi|t  daher  an  ihrer  Stelle ,  namentlich  in 
England,  unlängst  die  Scheiben  eingeführt,  welche  bei  gerin* 
gerer  Masse  gröfsere  Di^nerhaftigkeit  besitze!) ,  leichter  zu  befe- 
stigen sind  pnd  ^ufserdem  den  Vortheil  gewähren,  dafs  die 
]Länge  des  Hebelarms  ^ei  ihn^n  verände^  werden  kann.  Eine 
211.*  solche  Scheibe  wird  m;t  der  viereckigen  OefTpung  a  auf  den 
Zapfen  der  Welle  gesteckt  und  vermittelst  einer  Schraube  daran 
befestigt.  Die  ungleich  weit  vom  Centrum  entfernten  Löcher 
Oyßf/yd  dienen  zu^  Aufnahme  der  Wa^rze|  welche  gleJchfaUs  in 
sie  hineingesteckt  und  mit  einer  Schraube  befestigt  wird.  Man 
übersieht  bald,   dafs  die  Anwendung  dieser  Scheibe  ganz  die 


Krnmmsapfep.  1021 

nidnliche  ab  die  des  gemeinen  Kmmmsapfipns  ist,  sie  gewUirl 
aber  auTeer  grü^l^erer  Dauerhaftigkeit  noch  den  Vortheil,  dala 
einzelne  zerbrochene  Theile  leichter  wiedelr  ergänzt  werden 
lF0nneq. 

Der    Krammzapfen   gehört    rUckaichtlich    des    dabei  zum 
Grunde  liegenden  mechanischen  Princips  zum  Hebel  und  bildet 

•e^ne 'so  einfache  Anwendung  hiervon,  dafs  es  auf  den  ersten 
B|ick  befremdend' scheint  y  wie  es  eine  Theorie  desselben  geben 
könne»  Es  ist  aber  hierbei  Folgendes  zu  bemerken.  Wenn  der 
Krummzapfen  in  seiner  eigentlichen  Gesteh  oder  als  Scheibe 
durch  die  Welle ,  woran  er  befestigt  ist ,  umgedreht  wird ,  so 
ist  die  auf  die  Warze  von  der  Welle  aus  wirkende ,  also  die  ge- 
gebene Last  wältigende  Kraft  stets  gleich,  vorausgesetzt,  dafs 
die  Umdrehung  der  Welle  selbst  mit  unveränderter  Kraft  erfolgt. 
Geschieht  dagegen  die  Umdrehung  der  Kurbel  vermittelst  einer 
die  Warze  ersetzenden  Handhabe  dqrch  Menschen,  so  ist  es 
für  diese  wegen  der  verschiedenen  Stellungen,  die  sfe  dabei 
annehmen  müssen ,  unm()glich ,  unausgesetzt  eine  gleiche  Kraft 
anzuwenden«  In  diesem  Falle  pflegen  die  an  beiden  Seiten  der 
Welle  anzubringenden  Kurbeln  in  einem  Witkel  von  180  Gra- 
den gegen  einander  gerichtet  zu  werden ,  so  dafs  die  geringsten 
und  gröfsten  Kraftaufsernngen  beider  eusammen&llen  und  sich 
einander  compepsiren.  Meistens  aber  wird  durch  die  Bewegung 
der  Kurbel  im  Kreise  zunächst  eine  geradlinige  hervorgebracht, 
indem  das  an  der  Warze  hängende  Gestänge  sich  in  horizontaler 
oder  verticaler  Richtung  bewegt ,  und  eben  so  oft  wird  durch 
ein  in  gerader  Richtung  bewegtes  Gestänge  eine  Kurbel  in  Be- 
w^egung  gesetzt«  Eine  einfache  Betrachtung  ergiebt  aber/dafs 
die  hiernach  ausgeübte  Kraft  veränderlich  ist  und  zweimal  ihr 
Maximum  und  zweimal  ihr  Minin^um  bei  jedem  von  der  "V^arze 
durchlaufenen  Kreise  erreicht,  Ersteres  wenn  die  Richtung  des 
Gestänges  auf  den  Arm  des  Krummzapfens  oder  den  Radius  der 
Scheibe  vqm  Centrum  bis    zur  Warze  lotbrecht  ist.  Letzteres 

,  wenn  beide  in  eine  gerade  Linie  fallen.  Indem  hiernach  also 
zweimal  ein  Uebergang  vom  Maximum  zum  Minimum  und  zwei- 
mal ein  umgekehrter  statt  findet,  so  fordert  die  Theorie  anfzu- 
finden  ,  wie  grofs  die  Kraft  in  jeder  Lage  und  somit  die  Summe 
der  ganzen ,  bei  einer  Umdrehung  ausgeübten,  sey,  desgleichen 
auf  welche  Weise  bei  diesen  vorhandenen  Bedinj^ungen  der 
gröfste  Nutzeffect   erhalten    werde.      Die  Theorie  selbst,    um 


1022  Kryopborns. 

welche  «ich  unter  andern  p»  la  Hire*,  Lambert',  Kastveil', 
Eytelweih*  und  hauptsächlich  Lanosdorf*  verdient  gemacht 
haben ,  wurde  hier  nicht  am  rechten  Orte  seyn ,  und '  es  genügt 
vielmehr  die  Bemerkung,  dafs  eine  gröfsere  Gleichheit  der  Kraft 
schon  durch  das  angegebene  Mittel ,  zwei  Kurbeln  in  entgegen- 
gesetzter Sichtung  anzubringen,  erhalten  wird,  ungleich  zweck- 
mausiger  aber  und  die  Ungleichheit  der  Kraft  völlig  aufhebend 
ist  die  bel^qte  Anwendung  des  Schwungrades.  M. 


Kryophorus. 

Ein  von  Wollastox  ^  angegebenes  Instrument,  vermittelst 
Jessen  Wasser  durch  ^eine  eigene  Verdunstung  zum  Gefrieren 
gebracht  wird.  Die  Benennung  ist  entlehnt  aus  dem  Griechi-» 
^chen  von  ac^vciy  gerinnen  machen ,  in  Eis  verwandeln ,  daher 
%Qioq  Eis,  Frost^  dazu  ffi^uv  tragen,  bringen.  Die  richtige 
ßchreibart  ist  daher  Kryophorus  ^  sfatt  dessen  auch  Qhryofhonu 
find  Cryophorua  gebraucht  wird/ 

Der  l^ifinder  dieses  sinnre|cheq  App^riites  ging  dabei  von 

folgende^  Theo^e  aus.   N^^ch  der  gewöhnlichen  Annahme  erfor* 

d^rt  Eis  140''  F.  Wärme ,  um  zu  schmelzen,  und  Wasser  960"" 

F. ,  um  in  Qampf  verwandelt  zu  werden  7.    jHat  map  also  32 

Orains  Wasser  von  62^  F.  und   wird  1  Grain  vqu  diesen  ia 

960 
Pam|)f  ye^rwapdelti^  so  verliert  das  Ganze  -^  =  30^F.  Warme 


dß 


l    Htfm.  de  TAcad.  T.  tK.  p.  15% 
%    Nora  Acta  Helretica.  T.  I*  p.  7£i. 
9    Not.  Gomm.  Soo.  Re£[.  Gott.  T.  V^ 

4  fierl,  penkschr.  1912-r-13.  8.  95. 

5  .  Grundleliren  der  mecbanischen  Wi|tenfchaften.  Erlang.  1802. 
$•  8.  587,  Theorie  de«  l^omiazapfens  a.  s«  w.  Erlaag.  180S.  32  Si.  8. 
Handbaoh  der  gemeinen  and  höheren  Mechi^nilL  fester  and  fliigsiger 
Koiiper*  Heidelb.  1807.  8.  858.  Aasführiiches  Sjstem  der  Masckiae»* 
kund«  a.  s.  w.  Heidelb.  1826.  4.  Th.  I.  S.  469. 

6  PhiL  Trunt.  1818.  p.  71.    Daraos  in  G.  XLYUI.  174. 

7  Die  140<^  F.  hetrag^en  77,78  a  nnd  960«  F.  583,4  G.  Gewöhn-^ 
}ick  wird  jene  Qrofse  aaf  76<^  C,  diese  aof  €i4Q<>  C.  geseUt^  weaa 
man  bei  beiden  Bestimmungen  yon  0^  C*  aQ<9gelit.  Der  Unterschied 
dieser  Bestimmangea  U%  für  den  roriie^eaden  Zv^eck  Ton  keiner  Be- 
deatung. 


ErystalL  1023 

und  wird  also  anf  32*  F,  oder  den  sogenannten  Grefrieipnnct  her- 
absinken. Werden  dann  noch  4  Grains  in  Dampf  verwandelr, 
^nronach  also  nur  27  Grains  übi;ig  bleiben,    so  verlieren  diese 

4 

^  X  960  =5 142^  F-  Wärme,  wodurch  ^Iso  d?s  Ganze  voll- 
ständig in  Eis  verwandelt  werden  kann.  Dafs  beim  wirklichen 
T^elrsuchen  ein  den  Zahlenbestimmungen  nach  so  genaues  Resul- 
tat wegen  fortdauernder  ZustrCfmung  der  Wärme  von  Anfsen 
nicht  statt  finden' könne,  versteht  sich  von  selbst,  obgleich  das 
Princip  durchaus  richtig  ist. 

Das  Instrument  selbst  besteht  aus  einer  etwa  ^  Z.  weiten  2i§* 
Glasröhre  a  a  (deren  nicht  bestimmte  Länge  zwischen  12  bis  24 
Z.  beträgt)  mit  zwei  Glaskugeln  A,  B,  welche  mit  etwas  Was- 
ser gefüllt  werden,  so  dafs  die  eine  Kugel,  nicht  völlig  zur  Hälfte 
damit  erfüllt  ist.  Hauptsächlich  wird  dann  erfordert,  den  Ap* 
parat  durch  anhaltendes  Sieden  des  Wassers  völlig  luftleer  au 
machen  und  die  Spitze  der  einen  Kugel  an  der  Lampe  zu  ver« 
schliefsen.  Alsdann  senkt  man  die  eine  leere  Kugel  in  eine 
kaltmachende  Mischung ,  damit  sie  Wasserdämpfe  aus  der  an-» 
dem  in  sich  aufnimmt  und  das  Wasser  in  derselben  durch  die 
entstehende  Verdampfurig  in  Eis  verwandelt.  Statt  der  kalt^ 
machenden  Mischung  aus  Salzen,  oder  Schnee  und  Salzen,  wen- 
det Mai^oeiT  Schwefeläther  oder  noch  besser  Schwefelkohlenstoff 
an ,  womit  er  die  mit  etwas  Baumwollenzeug  überzogene  Kugel 
benetzt  und  dann  zur  Verstärkung  des  Verdampf ens  Luft  piit 
einem  Blasebalge  zuführt.  Der  Versuch  gelingt  noch  besser 
und  schneller ,  wenn  die  zu  erkaltende  Kugel  in  eine  Campane 
eingeschlossen  und  letztere  zur  EJrhöhung  des  Veipdampfens  hdt* 
leer  gemacht  wird,  ^* 

KrystalL 

Gry  st  all;  Cr jst  alias }  Cristal;  CrysiaL  So  hcifijt 
jeder  natürliche  Körper  von  fester  gleichartiger  Masse ,  welcher 
hei  der  Annahme  der  ihni  jetzt  zustehenden  Beschaffenheit  nach 
eigenthümlichen,  von  seinem  Wesen  abhängigen  Gesetzen  durch 
mehr  o^er  weniger  vollkommene  Ebenen  begrenzt  wurde« 

Körper  I  die  zwar  eine  von  Eibenen  begrenzte  Form  bc-^ 
sitzen ,  ähnlich  d^m  Krystallo'^  diese  aber  durch  äulsere  Verant» 
lassung   /uizunehmen  gezwungen  worden  waren,    können  eis. 


1024  Kry^lalh 

Naöhahmungm  von  Kiyatallen  oddr  als  uneigenüinhe  KrjytaJb 
betrachtet  werden.    Hierher  gehören  i;  Ausfüllungen  krj^tall* 
förmiger,  leergewesener  Räume  durqh  eine  Masse,  welche  für 
sich  solche  Gestalten  zu  bilden  nicht  imSt^nde  seyn  würde    wie 
diejenige  ist,  welche  sie  hier  durch  den  gegebenen  Raum  ,  den 
sie  erfüllen  muCs,   anzunehmen  gezwungen  ist  (^ßerJbrysiaäe 
von  Manganerz,  Rotheisenstein  u.  s«  w,  in  Formen,  welche  ver- 
lier von  Kalkspatlikrystallen  eingenommen  worden  waren  u.  s,  w.). 
2)  Krystaliförmig  ges,taltete  Massen,  entstanden  durch  Umwand- 
lung oder  durch  ganze  oder  theilweise  Zersetzung  anderer  Mas- 
sen mit  Beibehaltung  der  Form,  welche  diese  vor  der  Zerstörun«' 
einnahmen  {Pseudomorphosen  von  Bleiglanz  oder  Schwefelbld^ 
entstanden  aus  Krystallen  von  phosphorsaurem  Bleioxyde ,  mit 
Beibehaltung  der  Krystallgestalt  dieser  Substanz).     3)   Durch 
Menschenhand   absichtlich    gebildete    Modelle   von   Krystallen 
und  so  weiter« 

Das  Wort  Krystall  (jc^i/oto^c)  heilst  Eis ,  wurde  später 
angewandt  zur  Bezeichnung  des  Bergkrystalls  und  erhielt  end- 
lich diejenige  Ausdehnung  des  Sinnes ,  in  welcher  wir  es  jetzt 
anwenden. 

Die  Wissenschaft  von  den  Krystallen  heifst  KrystaUhundt 
(Crystallologia),  Sie  zerr4lU  in  die  Lehre  von  den  mathemati- 
schen Eigenschaften  der  Krystalle,  KryatcUloinetrie  ^  und  in  die 
Lehre  von  der  Krystallisirung  oder  Entstehung  der  Krystalle, 
KrystcUlogenie.  Die  Krystallometrie,  insofern  sie  eigenthümliche 
Gesetze  entwickelt,  von  denen  die  verschiedenen  geometrischen 
Eigenschaften  der  fraglichen  Körper  abhängen,  heifsl  Kryslallo- 
nomU  oder  Krystallgesetzlehre,  Insofern  es  aber  eine  der  wich- 
tigsten Gegenstände  der  Krystallometrie  ,  ist ,  Krystalle  mit  Hülfe 
einer ,  in  Worten  oder  Zeichen  bestehenden ,  Kunstsprache  be-> 
schreiben  zu  lehren ,  heilet  sie  auch  Krystallographie, 

Die  Krystallometrie  hat  es  sonach  zu  thifn  mit  Gröfse  und 
Form  der  Krystalle  und  ihrer  Theile,  der  Flächen,  Kanten, 
Ecken  u.  s«  w.  , 

Die  Gröfse  der  Krystalle  vcph  einer  und  derselben  Masse  ist 
im  Allgemeinen  sehr  vers^shieden  \  deshalb  sind  genaue  Angaben 
darüber  von  geringem  Interesse,  obgleich  es  keineswegs  unwich- 
tig seyn  durfte,  dafs  manche  Substanzen  kaum  die  Gröfse  einer 
oder  einiger Kubiklinien  erreichen,  wie  z.B.  der  Diamant,  wah- 
rend andere  bis  zu  |  Kubikfufs  und  darüber  Körpeiinhalt  haben 


Krys.lallonietrie.  ißüS 

klSonen^'z.B.  die  GranUeDf  und  noch  andere  selbst  dia  CröU^ 
dnes  Kubikfufses  übersteigen,  z,  B.  der  Bergkrystall ;  wahrend 
^voo  der  andern  Seite  Kxystalle  derselben  Substanz  yorkommen, 
"Von  so  geringem  Volumen,  dafs  sie  dem  freien  Auge  kaum 
«chtbajT  sind.^ 

Von  der  Gröfse  dex  Krystalle  ist  .natürlich  auch,  die  Gröfse 
ihrer  Flächen  und  die  Länge  der  diese  begrenzenden  Seiten,  bei 
übrigens  gleichen  Umständen,  abhängig  und  dsher  eben  so  ver- 
iLnderlich.  Soll  aber  die  Form  von  zwei  Krystallen  gleich  seyn 
und  nur  die  GrOfse  verschieden ,  so  mub  in  beiden  die  Gröfse 
der  einander  entsprechenden  Winkel  dieselbe  seyn.  Messung 
der  Vl^inkel  also  ist  für  die  Krystallometrie  ein  Gegenstand  von' 
Wichtigkeit.  Die  Krystalle  haben  nämlich,  gleich  allen  von 
Ebenen  begrenzten  Körpern,  Kanten  (d.  h.  gegenseitige  Begren- 
zungen je  zweier  benachbarter  Oberflächentheile  eines  Körpers 
in  Linien)  und  Ecken  (entstehend  durch  das  Zusammentreffen 
von  3  oder  mehreren  Krystallflächen  in  einem  Puncte,  in  wel- 
chem sich  auch  3  oder  mehrere  Kanten  schneiden). 

Bei  Ecken  sowohl  als  bei  Kanten  kommt  in  Betracht:  1)  die 
Länge  der  Kantenlinien,  2)  die  Gröfse  jeder  Kante,  d.  h.  die 
Gröfse  der  Neigung  der  beiden  sie  bildenden  Flächen  gegen  ein- 
ander ,  und  3)  die  Gröfse  der  ebenen  Winkel ,  welche  je  zwei 
in  einem  Puncte  zusammentreffende  Kantenlinien  bilden.  Die 
Grölse  der  Neigung  zweier  Flächen  aber  wird  bestimmt  durch 
die  Gröfse  eines  Winkels ,  gebildet  von  zwei  geraden  I^inien, 
eine  in  jeder  der  beiden  Flächen  liegend  und  senkxeoht  .^r  fr^g* 
liehen  Kantenlinie,  aus  ein  und  demselben  Puncto  errichtet^»  . 
In  der  frühesten  Zeit  pflegte  man  die  Winkelbestimmangen 
an  den  Krystallen  dadurch  vorzunehmen ,  dafs  man  Seiten  und 
einzelne  Diagonallinien  der  Flächen  derselben  mit  dem  (Zirkel 
mals  und  daraus  ebeqe  Wiokel  und  Neigungswinltel  berechnete« 


1  Um  4ie  durch  Messung  oder  Rechnaog  gefbndene  ^eigang  aweier 
Flachen  anszodrücken,  dient  das'Zeichen  || ,  eo  daft  zom  Betspiel  A  ||  B 
ssSO^  oder  ]nno||  mnpss  7Q*  Aosdrücke  sind,  welche  die  Netgf^ng 
Too  A  gegen  3  oder  Tqn  mno  gegen  map  aogebeo«  _ 

Dasselbe  Zeichen  gebraucht  man  gleiphCfiUs,  wepn  rpn  dor  Nei- 
gung zweier  Linien  gegen  einander  die  Bede  ist  und  deren  Pnrch- 
schnittspunct  nicht  mit  einem  bespndern  Buchstaben' bezeichnet  ist,  so 
wie  auch,  w^nn  man  die  N^ignag  einer  Linie  gegen  eine  Bbeno  f^n- 
geben  will* 


1026  KrystalL 

Spatet  erfand  CaüASOsaü  das  sogenannte  jiniege^n  Goniometer 
oder  Hand -Goniometer  (Goniom^tre  par  application), 
mit  dessen  Hülfe  Rome  de  l'Isle  und  später  Haut  und  andere 
weit  genauere  Angali^en  zu  liefern  im  Stande  waren,   als  ihre 
_.    Vorgänger.     Dieses  Goniometer  besteht  aus  zwei  linealartigen 
Sil.  Vorrichtungen  ab  und  df,  die  der  Länge  nach  mit  Spalten  gh 
und  Im  versehen  sind,  weiche  dazu  dienen,  eine  kleine  Axe  c 
anzubringen,  zur  Umdrehaog  ftir  das  eine  Lineal  df  und  zur. 
Verschiebung  beider,   um  beliebige  Verkürzung  der  Scke&kel 
ac  und  de  erisengen  zu  können.     Das  Lineal  ab  ist  mit  seiner 
Mittellinie  gk  an  einem  Arm«  ck  befestigt  mittekt  der  Axe  bei 
c  und  mittelst  eines  Stiftes  bei  e,  welcher  Arm  mit  einem  in 
«       Grade  getheilten  Halbkreise  rts  zusammenhängt.     Die  Befesti- 
gung mufs  so  seyn,  dafs   der  Arm  cl  auf  der  Ebene  des  Kreis- 
bogens aufliegt  und  die  Linie  n  f  sich  jedesmal  in  der  Richtung 
eines  der  Radien  befindet;  ebenso  muTs  auch  die  eine  durch  die 
Mitte  der  Axe  c  und  durch  die  Mitte  des  Stiftes  bei  e  gehende 
gerade  Linie  gk  diePuncte  des  Kreisbogens  0  und  180  mit  eia- 
ander  verbinden.     Die  Spalte  ik  in  dem  Lineale  ab  dient  mit 
2tir  Verschiebung  dieses  Lineals  an  dem  Stifte  bei  e. 

Beim  Gebrauche  hält  man  den  zu  n^essenden  Kry stall  in  der 
linken  Hand ,  während  man  mit  dem  Daumen  und  Zeigefinger 
der  rechten  das  Lineal  df  bewegt  und  zu  bewirken  sucht,  dals 
die  einander  zugekehrten' Ränder  der  Schenkel  ca.und  cd  beid« 
Lineale  den  zu  messenden  Neigungswinkel  einschliefsen,  und~da 
diese  Ränder  eine  kleine  Breite  haben ,  so  beurtheilt  man  durch 
ilasGeföhl  und  durch  das  Auge,  ob  ein  so  vollkommenes  Anlie- 
gen statt  findet,  dafs  zwischen  den  fraglichen  Krystallfiächen 
Und  den  sie  berührenden  Theilen  der  Lineale  kein  Lichtstrahl 
hindurch  drii^gen'  k^nne.  Die  Stelle ,  in  welcher  sich  dann  die 
Kugeschärfte ,  in  der  Richtung  des  Halbmessers  liegende,  Kante 
n  f  des  Lineals  d  f  befindet,  giebt  die  Anzahl  der  Grade  an,  wel- 
che der  fragliche  Neigungswinkel  mifst.  Ist  aus  irgend  einem 
(jxunde  die  grössere  Länge  der  Schenkel  c  a  und  c  d  hinderlich, 
90  wevden  sie  durch  die  erwähnte  Verschiebung  verkürzt;  oft 
ist  dann  auch  zugleich  der  Theil  t  s  des  Gradbogens  selbst  der 
genauea  Anlegung  im  Wege  und  deshalb  ist  der  Halbkreis  bei 
t  getheilt  und  mit  einem  Gelenke  verbunden;  die  Feder  co  ist 
jbestiqia\t^  den;Bogeats  9iit  dsn;  ^deirn  tr  und  dem  Mittelpunct 
c  in^  einerlei  Ebene  zu  erhaben.     Wird  ihre  Verbindung  bei  o 


KrystaJ^lometrie.  J027 

gelöst  nnd  sie  nach  or  hin  zurückgeschlagen  ^  so  läfst  sich  flBfiI)L 
der  Viertelkreis  ts  nach  tr  hin  zarücM^gen.  Man  hat  andi 
ahnliche  Werkzeuge,  heiwelchen  die  beiden  Lineale  und  die 
sie  verbindend^  Axe  von  dAm  Halbkreise. zum  Behuf  der  Mes** 
suiig  des  Winkfit  a^bgenommen,  mittelst  einer  Schraut)e.  be^  det 
Messung  ^stgesteUt  und  sodann  auf  dem  Halbkreise  wieder  be- 
festigt werden  können  j  um  die  Ablesung  der  Grade  zu  be\^erk-« 
stelligen.  Jedoch  scheint  jene  erst«  Art  bei  weitem  vor^UgUch^f.; 
piit  ihr  können  bei  günstigen  Umstfinden  die  Messungen  bis  d^yX 
-^  Grad  genau  statt  finden,  wenn  einmal  die  nüthige  Fertigk^^^ 
14  der*Handhabttng4qr&^ljben  erworben  worden  ist« 

Da  es  in  den  mei^te^  Fiillen  dasum-zu  thun.ist,  eine  ann^t 
bernde Bestimmung. d^r  Winkel  aa  erhalten,  und  diesem  Zweck« 
durch  da^Anlege-^Goniometerin  hohein  Grade  entsprochen  wird^ 
SO  wir4  dasselbe  durch  kein  anderes  Instrument  ersetzt  weiden 
LOnnen  und  stets  seinen  bedeutenden  W^rth  bebalten.  Zu  mög^ 
liehst  genauen  Winkelbestimmungen  aber  ist  dasselbe;  nicht  g^ 
eignet«  Deshalb  Mrurde  Ton  Wollastov  das  nach  ihm  geaanntA 
Jigfiexiona  •*  Goniometer  (goniom^tre  k  reflexion).  er- 
funden. Schon  Haut  benutzte  das  Spiegeln  der  KrystaUfläehen, 
um  die  Neigung  zweier  solcher  an  einem  Krystalle  mit  der  be* 
kannten  Neigung  zweier  Flächen  an  einem  andern  durch* das 
gleichzeitige  Zurückwerfen  der  Lichtstrahlen  Ton  den  ein^i^ndei^ 
fninähernd  parallel  gestellten  Flächen  zu  vergleichen.        . 

Das  Messen  durch  Zurückstrahlung  des  Lichtes  von  spie* 
gelnden  Krystallfiächen  beruht  auf  folgender  Betrachtung.  Es 
sey  1  d  ein  bestimmter  Lichtstrahl ,  der  auf  eine  spiegelnde  FlftTj^if] 
^he  gb  bei  d  auffällt  und  unter  dem  Winkel  adb  =  ]|dg.  iv^ich, 
s  hin  zurückgestrahlt  wird,  so  dals  die  Ebene  cda  auf  derJSbei;»^ 
gb  senkrecht  äteht;  bh  sey  eine  zweite  spiegelnde  Ebene,  die 
mit  bg  einen  Winkel  gbh  macht,  und  die  Durchschnittskante 
bei  b  sey  senkrecht  auf  der  Ebene  Ida.  Errichtet  man  in  den» 
Pancte  d  eine  auf  die  Ebene  gb  senkrechte  Linie  eo,  halbirt 
man  den  Winkel  gbh  durch  eine  Linie  bp  und, fällt  von  c .fjf(ji|. 
eine  Senkrechte  c  f  auf  die  Ebene  bh,  so  ist  wegen  Glleichhei^ 
der  Dreiecke  bdc  und  bfc  die  Linie  cf  =;:  der  Linie  cd- und 
4er .Winkel  dcf  is|  di«.  Ergänzung  von  d bf  oder  gbh  zu  J80% 
lyleildas  Viereck  d  b{c  bei  d  und  f  2  rechte  Winkel  hat^  ^.^^^ 
man. sich  nun  in  dfn&  PiS?ict^  c  eint»  <\uf /die Ebene  der  G^ajammt^- 
figur  senkrtcbte,ü^xsj  ^\^e  det  Du^ffJ^a^i^^tskante  der  beidett 


1028  Kryatall.  ' 

Flächen  gb  und  bfa  parallel  ist,  und  dreht  man  um  diese  den 
Körper,  an  welchem  die  beiden  spiegelnden  Flachen  gb  und  bh 
Vorkommen ,  so  dafs  die  Linie  cf  in  der  Ebene  dcj  sich  bewe- 
gend an  die  Stelle  von  cd  kommt,  Während  zugleich  die  auf  cf 
senkrechte  b  h  diejenige  Stelle  einnimmt ,  diÄ  Vorher  von  g  b 
eingenommen  wurde,  so  mufs  wieder  der  nanlliche  Lichtstrahl 
Id  in  derselben  Linie  da  wie  früher  in  das  Auge  bei  a  zariick- 
gewoffen  werden*  Wird  also  der  Winkel  dcf  gemessen,  50 
wird  dadurch  der  gesuchte  Neigungswinkel  gbH  gefunden,  denil 
erist  =  180''— dcf. 

Es  kommt  also  darauf  an ,  irgend  ein  zu.  genauer  Winkel^ 
messung  taugliches  Instrument  mit  einer  Vorrichtung  z\i  verbin-* 
den ,  mittelst  welcher  der  Ki'ystall  gehalten  und  in  verschiedene 
Stellungen  gebracht  werden  kann ,  damit  die  Linie  der  zu  mes-* 
senden  Kante  senkrecht  auf  die  Ebene  des  iu  Grade  getheihen 
Kreises  gerichtet  sey,  und  wodurch  wenigstens  annähernd  die 
Erzeugung  einer  solchen  Stellung  erhalten  werde,  in  welcher  die 
beiden  Krystallflächen,  wodurch  die  zu  messende  Kante  gebildet 
ist,  sich  in  gleicher  Entfernung  von  der  ihnen  parallelen  Linie, 
welche  in  dem  Mittelpunct'e  des  eingetheilten  Kreises  senkrecht 
auf  denselben  gedacht  wird,  befinden,  und  endlich,  wenn  diese 
Stellung  eri'eicht  ist,  Umdrehung  um  diese  als  Axe  des  Winkel* 
mafses  dienende  Linie  statt  finden  könne. 

„.  *Das  Wollastonsjche  Goniometer  besteht  daher    aus   einem 

Piff. 

215.  Gestelle ,  welches  zwei  Füfse  d  und  e  und  einen  an  diesen  be- 
festigten Nonius  c  trägt,  aus  einem  in  Grade  getheilten  Hinge 
ab,  befestigt  an  einer  Nabe  (d^  h.  röhrenförmigen  Axe) ,  in  wel- 
cher ein  kegelförmiger  Stift  ff,  dessen  Axe  am  Mittelpuncte  des 
Gfadkreises  auf  der  Ebene  desselben  senkrecht  steht,  drehbar 
ist.  Mit  der  Aufsenfläche  der  Nabe  ruht  diese  Vorrichtung  in 
cinetr  Hülse  j  die  am  obern  Ende  des  Gestelles  angebracht  ist. 
Die  am  Rande  gekörnte  Scheibe  k  ist  an  der  Nabe  fest,  dreht 
diese  und  somit  auch  den  Gradring,  wobei  zu  gleicher  Zeit  auch 
Jener  kegelförmige  Stift  ff  sich  mit,  drehen  mufs.  Die  zweite  an 
dem  Rande  gekörnte  Scheibe  i  dient  dazu,  den  Stift  ff  allein  in 
umdrehende  Bewegung  zu  versetzen ,  ohne  dafe  der  Gradring 
sich  mit  bewegt,  welchei*,  um  diesen  Zweck  za  ei4eichtern,  oh 
noeh  bei  x  durch  eine  Feder,  die  am  Gestelle  befestigt  ist,  '\tah- 
tend  sie  znglei<ih  einen  Vorsj^ung-  der  itinehr  Fläche  des  Ringes 
benihirti  festgehalten  wirf}    Der  Stift  ff  tilgt- ^nen  Bogen  fr, 


Kr^fltallometrie.  1(X29 

iRreloher  iwrch  ein  einfaches  Gelenk  mit  einem  zweiten  Bogen 
t  o  verbanden  ist.  Dieser  trägt  einen  cylindrischen,  in  der  Hülse 
p  drehbaren  und  seiner  LSiige  nach  verschiebbaren  Stift  o  o.  Att 
das  obere  £nde  desselben  wird  bei  h  der  Kt^tall-  mit  Wachs 
befestigt)  so  dafs  die  zu  messende  Kante  annähernd  dem  Au-* 
genmafse  nach  senkrecht  auf  der  eingetheihen  Kfeisscheibe  sich 
befindet«  wie  dieses  die  Figur  zeigt.  Das  Instrument  ist  so  ge«* 
stellt  y  dafs  2  Horizontallinien  w  und  v  an  einem  hinreichend  ^ 
entfernten  Gegenstande  mit  der  Axe  ff  desselben  parallel  sind* 
Durch  Drehung  des  Griffes  i  sucht  man  den  Krystall  abwech-» 
«eind  iti  jene  zwei  Stellungen  tu  versetzen,  in  welchen  die  eine 
oder  die  andere  der  Flächen  der  zu  messenden  Kante  die  oberli 
Linie  w  so  abspiegelt,  dafs  ihr  Bild  mit  der  untern  direct  ge* 
sehenen  Linie  v  zusarnmenfällt.  Das  Auge  mufs  dabei  derKry- 
stallfläche  möglichst  nahe  seyn.  Das  erwähnte  Zusammenfallen 
"wird  nicht  auf  den  ersten  Versuch  statt  finden  und  man  mufs 
alsdann  durch  Anwendung  der  drehenden  Bewegungen ,  welche 
der  Stift  oo  in  der  Hülse  p  gestattet,  und  jene  Bewegung,  die 
das  Gelenk  bei  i  erlaubt ,  dahin  zu  wirken  suchen ,  nach  und 
nach  die  Linie  der  zu  messenden  Kante'  möglichst  vollkommen 
senkrecht  auf  die  Ebene  der  Kreisscheibe  zu  stellen  ^  indem  als-« 
dann  auch  beide  Kantenflächen  auf  diese  Ebene  senkrecht  sind. 

Ob  dieses  vollkommen  gelungen  sey,  erkennt  man  daran, 
daCs  durch  blofse  Umdrehung  des  Griffes  i  es  m^^glich  ist,  ab-< 
Wechselnd  auf  der  einen  und  der  andern  dkr  Kry stallflächen, 
welche  die  zu  messende  Kante  bilden ,  die  Linie  W  sich  so  ab- 
spiegeln zu  lassen,  dafs  das  Auge  ihr  Bild  mit  der  direct  ge'* 
sehenen  Linie  v  genau  zusammenfallend  erblickt.  Die  Verschieb- 
bnng  des  Stiftes  o  o  in  .der  Hülse  p  hat  namentlich  den  Zweck, 
die  Krystallkante  der  Verlängerung  der  geometrischen  Axe  votr 
frnäl^ern  zu  können I  damit  in  dem  Viereck  dcfb  die  Seiten 
d  c  und  c  f  einander  gleich  gemacht  werden*  Man  sucht  daher 
gleieh  anfangs  dahin  zu  wirken ,  dafs  die  beiden  Kantenfläched 
der  geometrischen  Umdrehungsaxe  des  Kegels  ff  sehr  nahe  lie- 
gen ,  ohne  jedoch  in  sie  zu  fallen ,  und  ma^  hat  dann  nur  eine 
kleine  Verschiebung  des  Stifts  oo  nöthig,  um  mit  hinreichender 
Genauigkeit  die  Gleichheit  der  Entfernungen  beider  Kantenflä-* 
chen  von  dieser  Axe  zu  bewirken« 

Ist  nun  auf  solche  Weise  die  richtige  Stellung  des  Krystallt 
in  Beziehung  zu  den  Theilen  des  Krystalihaltei^  durch  vielfach 


1030  Krystalh 

wiederholte  Versuch«  en^eicht ,  so  beginnt  die  eigentliclia  H 
sang»  Der  Gradring  stehe  aof  180^  der  Griff  i  bringe  den  Ery 
stall  in  die  Stellung ,  in  welcher  diejenige  der  Kry stallfläche 
welche  bei,  gleichoiäfsiger  Neigung  der  Kantenfiachen  gegen  di 
Horieont,  wenn  diejenige  Kante  sich  oben  befindet,  \re\d 
-  dem  Beobachter  (der  das  Instrument  so  vor  sich  stehen  har,  wi 
^  die  Abbildung  zeigt)  nicht  zugekehrt  ist,  die  Linie  xv  ^ 
spiegeh,  so  dafs  das  erwähnte  Zusaaioaenfallen  des  Bildes  dei 
selben  mit  der  Linie  v  statt  hat«  Mit  dem  GrilTe  1^  wird  sodan 
Umdrehung  bewirkt,  bis  die  andere. Fläche  dieselbe  Lage 
welche  vorhin  die  erste  einnahm.  Der  Gradkreis  hat  sicli  vor« 
wärts  beWegt  und  der  Noniüs  aeigt  nun  auf  einen  Winkel,  wcl« 
eher  um  so  viel  kleiner  ist  ^Is  180?,  als  derjenige  Winkel  be^ 
trägt,  welcher  die  geschehene  Umdrehung  angeben  würde.  DtZ 
mittelst  des  Nonius  abzulesende  Winkel  giebt  dann  also  die 
Grölse  der  gesuchten  Krystallkante  unmittelbar  an. 

Will  man  dieses  Instrument  als  Repetitions  ^  Winkelmessef 
benutzen ,  so  stellt  man  den  Gradkreis  auf  0%  bringt  mit  dem 
GrüQF  i  die  dem  Beobachter  unter  der  oben  angegebenen  Bedin^» 
gung  zugekehrte  Kanteviläche    in  die    erforderliche  spiegelnde 
Lage,  dreht  dann  den  Gri£F  k  so^    dafs  die  andere  Fläche  an 
die  Stelle  der  ersten  versetzt  wird,  sodann  den  Griff  i,  um  die 
erste  Fläche  wieder  an  jene  Stelle  zurückzubringen ,  dann   den 
GrüF  k  wieder  vorwärts,  um  die  zweite  Fläche  abermals  an  die 
Stelle  der  ersten  in  die  gehörige  Lage  zu  versetzen,  u.  s.f.  ab- 
wechselnd, so  dafs  jedesmal  der  Stand  des  Instruments  vor  jeder 
neuen  Drehung  abgelesen  wird,  damit  etwaige  zufällige  Ver- 
rückungen  des  Krystalls  dem  Beobachter  nicht  entgehen  und  er 
überhaupt  im  Stande  sey,  wenn  er  über  180"  oder  über  3&f 
•in*  oder  mehrmals  hinaus  mifst,  die  richtige  Summe  von  Graden 
der  wahren  Umdrehung  zu  erhalten  K 

Mkn  nimmt  hierdurch  also  eine  Anzalil  von  Messungen 
einerund  derselben  Kante  vor,  für  welche  man  als  Summe  f^le 
Mittelgröfse  erhält,  die  mit  der  Anzalil  der  Beobachtungen  divi'' 


1    Atich  kann   ifian   den  Stan<)  des  Instrnmtfnts  vor  jeder  neneo 

MessQDg  utii  etwa  10  Grade  vorwärts  verrüclen  und  so  ikaCh  ond  nach 

S60 

-jg-  oder  66  Messnngen  eiaer  uad  derselben  ISlante  vornebmen ,  derep 

jede  gleichftattt  einem  neuen  Nulljiuilcte  des  Iast,rameats  entspricht 


Krystalloxnetrie.  1031 

dirt  ein  ResnTtat  liefert ,  welches  mit  dem  wahren  Werthe  der 
gemessenen  Kante  um  so  näher  übereinstimmen  wird ,  je  gröfser 
die  Anzahl  der  möglichst  sorgfältig  angestellten  Beobachtungen 
ist  ,  indem  hierdurch  die'  etwa  vorgekommenen  kleinen  Fehler 
sich  gegenseitig  aufheben.    'Bei  einiger  Uebnng.in  dieser  Art 
von  Messung  mit  einem  gut  gearbeiteten  Goniometer  aind  bei 
einer  zweckmäfsigen  Wahl  der  beiden  Parallellinien,  Ton  denen 
die   eine  die  gespiegelt  werdende  und  die  andere  die  bei  der 
Beobachtung  direct  gesehene    ist    (besonders  hinsichtlich   des 
Grades  der  Erleuchtung,  die  für  die  obere  stärker  als  für  die 
untere  seyn  muls)  \   kann  man  es  dahin  bringen ,  dafs  die  ein- 
zelnen Beobachtungen  von  einem  solchen  Mittel  aus  vielen  Mes- 
sungen um  nur  4  bis  5  Minuten  verschieden  sind'« 


1  Mail  wählt  deshalb  am  besten  einen  Qaerttab  an  einem  Fenster 
des  Zimmers,  in  welchem  die  Messung  vorgenommen  wird,  oder  viel- 
mehr die  Grenze  zwischen  ihm  nnd  der  Glasscheibe  als  gerade  hori- 
coiktale  Linie,  die  ?on  der  Krystallfläche  gespiegelt  werden  soll,  nnd 
eine  ootei  .demselben  Fenster  an  der  Wand  damit  parallel  gezogene 
Xiioie  von  der  erforderlichen  Stärke,  daCs  sie  mit  freiem  Auge  anf  $  -' 
bis  10  Fufs  Entfernung  deutlich  gesehen  werden  kann  (am  besten  eine 
achwarzo  Linie  auf  weifsem Grunde),  und  von  einer  Länge,  die  4  und 
mehr  Fufs  betragt,  welche  dient,  um  direct  gesehen  zu  werden.  We-> 
gen  der  bessern  fieleuchtnng  dieser  unteren  Linie  sind  die  Messungen 

wo  möglich    in  einem  Eckzimmer  vorzunehmen,    das  Ton    zwei  Seiten 
Licht  erhalt. 

2  Von  der  Richtigkeit  des  Grades  der  Beleuchtung  ond  von  der 
hierdurch  bedingten  Schärfe  der  Beobachtung  über  das  genaue  Zu- 
sammenfallen der  Bilder  hängt  die  Richtigkeit  einer  Messung  in  weit 
höherem  Grade  ab,  als  von  der  gröfseren  Entfernung  der  zum  Visiren 
dienenden  Bilder.  Namentlich  mufs  hinsichtlich  des  unteren  Gegen* 
Standes  alles,  was  Blendung  des  Auges  verursachen  kann,  möglichst 
sorgfältig  vermieden  werden.  Man  mufs  zu  bewirken  suchen,  dafs  das 
von  der  Krystallflaohe  gespiegelte  und  das  direct  gesehene  Bild  in 
gleichem  Grade  dem  Auge  deutlich  erscheine,  däls  aber  die  gröfsere 
Entfernung  der  beiden  Visirlinien  w  und  v  von  geringerem  Einflüsse 
Ss,t,  als  man  denken  sollte,  ergiebt  sich  aus  folgender  Betrachtung. 

Ein  Strich  von  etwa  1  Linie  Breite  ist  anf  eine  Entfernung  von 
8 — 10  Fufs  noch  deutlich  erkennbar,  und  wenn  also  die  Grenze  des 
gespiegelten  Bildes  von  w  einigermafsen  deutlich  ist,  %o  wird  nicht 
leicht'' ein  Fehler  von  -fj  Zoll  an  der  wirklichen  Congmens  beider 
Bilder  statt  finden  dürfen,  den  man  nicht  beobachten  sollte.  Es  ist 
aber  ^  :  8  =  y^^r  <  ^^ng*  ^'»  indem  Tang«  B'  ungefähr  =tAt  ^*^Pig. 
Wenn  nun  ein  Lichtstrahl  Ic  von  anveräoderücher  Lage  anf  eine  216. 
Y,  Bd-  Ü  u  U 


1032  Krystall. 

Der  gröfste  Grad  von  Oenauigleeit  wird  nur  dann  crr'eidit, 
wenn  alle  Beobachtungsregeln  gehörig  befolgt  sind,  und  nantent- 
lieh  auch  jene  (gegen  welche  am  häufigsten  gesündigt  2a  vrer- 
den  pflegt),  dafs  man  eine  möglichst  genaue  Gleichheit  der  Ent- 
fernung beider  Kry stallflächen  von  der  geometrischen  Umdre- 
hungsaxe  des  Gradringes  mittelst  Verschiebung  des  Stiftes  o  o  in 
der  Hülse  p  zu  erreichen  sich  bemühen  mufs.  Dafs  die  Kry- 
stallflächen  vollkommen  glatt  und  spiegelnd  seyn  müssen ,  wenn 
man  eine  genaue  Messung  anzustellen  Mrünscht,  Verstellt  sieb 
wohl  von  selbst. 

Was  die  Anwendung  von  Fernrohren  fnit  Fadenkreoz  bei 
diesen  Messungen  an  Krystallen  betrifft,  so  scheint  sie  nicht  in 
'dem  Grade,  in  welchem  man  es  erwarten*  sollte,  von  Vortheil 
zu  seyn.  Um  dieses  und  zugleich  den  Grad  von  Genauigkeit, 
welchen  solche  Messungen  verstatten ,  zu  versinnlichen ,  möge 
folgende  Zusammenstellung  von  Messungen  der  Kante  an  einem 
Quarzkrystalle,  welche  KuFFFsa^  angestellt  hat,  dienen«. 


•piegelode  Flache  s  p  so  einfallt,  dafs  er  mit  ihr  einen  Neignngsvin» 
kel  ict  =3  a  4-  b  macht»  so  ist  der  Winkel  lc7y  den  die  Verlänge- 
rung €▼  dei  Borückgeworfenea  Strahlet  co  mit  dem  eingefalleaea 
Lichtstrahle  Ic  bildet,  =  2  a  -f  2  b.  Tritt  an  die  Stelle  des  Spiegels 
sp  ein  anderer  s'p',  der  nicht  gans  mit  der  Lage,  die  jener  vorher 
einnahm«  zusammenfallt,  sondern  blofs  einen  Winkel  =  b  mit  dem, 
eiafallenden  Lichtstrahie  Ic  bildet,  so  wird  auch  hier  der  Winkal 
Icv'  awiBchen  der  Verlängerung  er'  des  zuriickgcworfenea  Licht« 
Strahls  co'  und  zwischen  dem  einfallenden  Lichtstrahie  cl  :=  2b 
seyn,  folglich  der  Winkel  Ict'  von  dem  Winkel  Icv  um  2a  ver- 
^achieden  seyn.  Stellt  daher  a  den  Fehler  Tor,  deo  die  2te  KrystslU 
flache  macht,  wenn  sie  nicht  genau  mit  der  Stelle  zusamdiennilt, 
welche  vorher  die  erste  einnahm,  so  ist  einleuchtend,  dafs  dieser 
Fehler  als  verdoppelt  sich  zu.  erkennen  geben  wird.  Setzt  man  daher 
2a  =  S  Minuten,  so  ist  die  GroTse  dieses  Fehlers  a  =  1,5  Minuten, 
der,  wie  leicht  einzusehen,  nicht  leicht  statt  finden  kann.  Dagegen 
kommt  es  weit  mehr  auf  genaues  Zusammenfallen  der  beiden  Bilder 
an ,  dessen  Beobachtung  dadurch ,  dafs  bei  grofserer  Entfernung  die 
Rander  des  gespiegelten  Bildes  sich  gleichsam  verwis^chen,  schwierig 
wird,  indem  bei  vielen 'Krystallen  ein  noch  ziemlich  deutliches  Bild 
ar.  B.  von  einer  Fenstersprosse  bei  6  —  8  Fufs-  Entfernung  gesehen 
wird ,  das  bei  12  —  16  Fufs  Entfernung  bereits  ganz  unsichtbar  ist, 
indem  die  Stärke  des  Lichtes,  also  die  Schärfe  des  Bildes,  abnimmt 
im  Verhältnifs  des  Quadrates  der  Entfernungen. 

1    Vergleiche  dessen  gründliche  Freisschrift:  Üeber  genane  Met- 
tiiDg  der  Winkel  von  Krystallen. 


Eryttallometrie.  1033 

Eigene  M^ssnngen ,  angestellt  mit  eineifi  sehr  guten  Wölln^^ 
Menschen  Winkelmesser,  der  von  Apbl  und  LttDKRS  in  GOt- 
tingen  gefertigt  ist  ^  und  einen  Nonins  hat ,  welcher  nicht  blofs 
Verschiedenheiten  Von  3  za  3  Minuten,  sondern  Ton  1  tu  1 
Minute  angiebt^  weichen  unter  einander  nur  um  höchstens  6 
Minuten  ab,  so  dafs  Abweichungen  vom  Mittel  aus  vielen  Mel- 
dungen nur  3  Minuten  betragen« 

1)  Messungen  ohne  F^rnrohf ! 


Ancahl 

Größter 

Kleinstet 

der 

MittleWrWerth. 

beobachteter 

beobachtetet 

Beobachtungen. 

Werth. 

Werth. 

32 

46    15',4 

46»  21' 

46»  12' 

78 

46»  ll',9 

46»  16' 

46»    5' 

39 

46»  13',7 

46«  W 

46»  11 

39 

46-  15',! 

46<»  22' 

46»  11' 

39 

46"'  15',0 

46»  2(f 

46»  lOT 

89 

46»  13',9 

46»  22' 

46»    5' 

89 

46»  17',0 

46»  23' 

46»  11' 

39 

46*  16',4 

46«  20' 

46»  12* 

39^ 

46»  17',0 

46*22' 

46»  12 

39 

46»  16',0 

46"  23' 

46«  11' 

S)  Messungen  mit  Fernrohr  t 

Anzahl 

der 

fieobachtudgen. 

Mittiefer  Werth. 

Gröfster 

beobachteter 

Werth. 

Kleinster 

beobachtetet 

Werth. 

39 

39 

,     39 

46«  16',0 
46»  16',3 
46»  17'3 

46"  18; 

.     46«  19^ 

46»  20' 

46»  14' 
46"  12' 
46»  15' 

Zu  denen,  die  am  frühesten  genaue  Messungen  mittelst  Re« 
flexioneh  det  Lichtstrahlen  von  Krystallen  anstellten,  gehört 
Malus.  Er  bediente  sich  des  gewöhnlichen  horizontalen  Repe«« 
titioDskreises. 

Verdienstci  um  Vorschläge  zu  Reflexionsgoiuoitteterfi ,  di« 
noehr  oder  weniger  von  dem  WoIlaStonschen  versehieden  tind^ 


1  Der  Kfiastier  liat  die  Gradtiitilolig  äiit  Aet  titütti  ltreitfl£ohe 
lud  nicht  aaf  der  Cylioderfläche  angebracht,  wodorch  die  Binthei« 
lang  sehär£er  nnd  riehtiger  gewordea  ist^  ala  «ie  •ontt  Seyu  würde* 

Uüu  a 


1034  Krystall. 

haben    sich  erworben    Muhcke^,    RuDBsae^,  Riesb  '    and 
Andere. 

Genaue  Winkelmessungen  an  Krystallen  in  bedeutender  An- 
zahl haben  besonders  geliefert :  Mai.CS  9  WoLLÜSTOV,  BrEW- 
STER,  BrOOKE,  l^HILLirS,   MoBS ,    DRElTMAUFTy    HAIDIHGKly 

KurFFER,  Gustav  Rose  u.  A« 

Formenlehre. 

Eine  'wissenschaftliche  Kenntnifs  von  den  Formen  der  Kry- 
stalle  ,  die  allen  Anforderungen  genügt,  setzt  voraus,  dafs  man 
mit  den  allgemeinen  Principien  vertraut  sey,  welche  die  Gestal« 
tenlehre  bei  Untersuchungen  der  verschiedenen  möglicheD  Ge- 
stalten überhaupt  zu  befolgen  hat.  Da  diese  Principien  jedoch 
in  Werken  über  reine  Mathematik  noch  nicht  so  bestimmt  aus* 
gesprochen  sind ,  indem  die  allgemeine  Gestalten  lehre  in  der 
Ausdehnung,  wie  sie  jetzt  vorliegt,  eine  noch  jugendliche  Wis- 
senschaft ist,  $0  muCs  sie  hier  erst  entwickelt  werden,  um  so- 
dann die  Anwendung  derselben  auf  die  Krystallgestalt  folgen  xa 
lassen. 

Von     den     Flächen. 

Jede  Fläche,  abgesehen  von  etwaiger  Begrenzung  dersel- 
ben ,  theilt  den  unbegrenzten  Raum  in  wenigstens  2wei  Stücke, 
ist  also  Grenze  für  jedes  dieser  Raumstucke. 

Die  Art  und  Weise,  wie  sie  Grenze  für  eins  von  zwei 
durch  sie  getrennten  Raumstücken  ist ,  heifst  ihre  eine  Flächen^' 
Seite  (superßcies  plant).  Jede  Flache  hat  also  (ohne  Rücksicht 
auf  ihre  Begrenzung)  zwei  Flächenseiten.  Bei  einem  Kugel- 
flächenstück z.  B.  ist  die  eine  Flächenseite  hohl',  die  andere  er- 
haben, bei  der  Ebelie  sind  bdde  Flächenseiteh  von  gleicher 
Beschaffenheit ,  d.  h.  eben  ^.  " 


1  Beschreibung  eines  Repetitions-Goniometers  von  G.W.  Mancke 
Sn  ▼•  Leonhard's  mineralogischem  Taschenbuche.  XIII.  4S8. 

2  Kastoer's  Arehir  X.  461. 

3  Vorschläge  za  einem  neaen  Goniometer,  mit  welchem  nun 
sowohl  spiegelnde  als  matte  Krystalie  so  genau,  als  es  die  Natur  ihrer 
Oberfläche  nur  gestattet,  messen  kann  u.  s.  w.  Yon  F.  C«  ▼.  Riese. 
Bonn  1829. 

4  Das  Unterscheiden   der  beiden  Flächenseitea  einer  Flache  itt 


Krystallometrie.  '  1035 

*  JadeFIächenseite  einer  ganz  oder  theilweise  darcii  Linien 
begrenzten  Flache,  gewOholich  einer  Ebene,  Heifse  ein  Bild 
Cfigurd),  Das  Bild,  welches  die  eine  Flächenseite  einc»^  be- 
grenzten JEbene  darbietet ,  heilse  in  Beziehung  zu  dem,  welches 
die  andere  Flächenseite  zeigt,  das  Gegenbild  von  diesem  und 
umgekehrt. dieses  das  Gegenbild  von  jenem. 

Wenn  man  von  allen  Winkelpuncten  eines  Bildes  senkrechte 
Lrinien  zieht  naph  einer  in  derselben  Ebene  liegendeni  geraden 
Liinie,  diese  Senl^rechten  über  die  erwähnte  Linie  hinaus  ver-- 
längert,  jedesmal  die  Verlängerung  gleich  dem  Verlängerten 
Aiacht  und  dieEodpuncte  der  Verlängerungen  zweckmäfsig  durch 
Linien  verbindet,  so  entsteht  ein  neues  Bild,  das  mit  dem  Ge* 
genbilde  des  gegebenen  übereinstimmt.  Zwei  Gegenbilder,  die 
in  einer  solchen  Stellung  mit  einander  verbunden  gedacht  wer-«, 
clen,  heiCsen  Nebengegenhilder,  Das  Dreieck  a'bV  ist  ein  Ne- 218. 
ten^ei^enbild  vom  Dreiecke  a  b  c  und  umjzekehrt. 

Wenn  von  zwei  Bildern  a  und  b  das  eine  a  an  die  Stelle  ajS' 
des   andern  «b  gesetzt  werden  kann,    so  dafs  kein  Unterschied 
vorhanden  ist,    so  sagt  man,  das   eine  a  sey  das  Ebenbild  des 
andern  b,,  sey  dem  andern   ebenbildlich  gleich  oder  congrnent, 
verhalte  sich  zu  dem  andern  ebenbildlich  u.  s«  w.     Das  Zeichen 
für  das  Ebenbildiichseyn  ist  ^^   z.  B.  a^^b.     Ist^dagegen  das 
eine  Bild  a  gleich  dem  Gegenbilde  des  andern  b,  so   sagt  man,g2o! 
die  beiden  Bilder  a  und  b   verhalten   sich  gegenbildlich ,  seyen 
gegenbildlich  gleich,  seyen  Gegenbilder;    das  Zeichen  des  Ge-r 
genbildlichseyns  ist  |=|,  z.  B.  a  |=|  b  oder  das  Dreieck  abc  [=[2^^] 
a'bV.  Es  seyeix  a,  b,  c,  d  vier  Bilder  und  a  |=|  b  und  b   |=|  c 
und  c  1=1  d ,    so  ist  auch  a  |=|  c  und  b  )=|  d    und   a  |=j  d 
und  b  1=1  c,  ^ 

Wenn  ein  Bild' durch  eine  gerade  Linie  so  in  zwei  Theile 
'  aerlegt  werden  kann ,  dafs  sich  diese  beiden  Theile  gegen1)ild- 
lieh  zu  einander  verhalten ,  so  müssen  auch  die  Gegenbilder  der 
beiden  Hälften  sich  zu  einander  gegenbildlich  verhalten  Ist 
nun  auch  die  Verbindungsart  der  beiden  Theile  des  Bildes  so, 
da£s  dieselben  sich  zu  einander  als  Nebengegenbilder  verhalten, 


besonders  wichtig  in  der  Körperlehre,  demi  wenn  itaan  ven  der  Ober- 
flaofae  eipes  Korpers. spricht,  so  ▼erstellt  man  darönter  sehr  oft  nor 
die  aalsere  Fläohenseite  dieser  Oberfläche,  weil  sie  es  ist,  die  den 
Sinnen  boi  der  BeCrachtong  aunäcbst«ioh' darbietet« 


1036  Krystall, 

/  80  wird  dieses  auch  auf  der  andern  Flachenseite  des  Gesaaeunt? 
biUes  auf  dieselbe  Weile  der  Fall  seyn  und  es  ist  dann  das 
Gesampatbild  seinem  Gegenbilde  ebenbildlicb.  Das  Gesaountbild 

22Lae  wird  durch  die  Lijiie  bd  in  2  Hälften  getheilt,  die  sich  m 
einander  |=:|  verbalten«  Die  Gegenbilder  beider  Hälften  verhal- 
ten sieb  gleichfalls  zu  einander  |=|,  aber  die  Verbindung  beides 
Hälften  ist  nicht  so ,  dafs  x  ein  Nebengegenbild  von  y  ist.     Das 

gll'  Ge^ammtbild  a  b  d  dagegen  wird  durch  die  Linie  b  c  in  2  Half-* 
ten  getheilt,  so  dafs  x  das  Nebengegenbild  von  y  ist.  Das  Ge-r 
genbild  von  x,  es  heifse  x',  ^mufs  daher  auch  zu  dem  Gegeabilde 
von  y,  das  durch  y  bezeichnet  werden  mt(ge  ^  sich  als  Neben^ 
gegienbüd  verhalten»     Hier  ist  also : 

«  N  y 

Pbensi^ 


y 

1=1 

y 

y 

1=1 

X 

•d 

1=1 

X 

y 

<>^ 

X 

folglich  X  und  y  zusammengenommen  ^  mit  y'  und  x'  zusam-r 
ipengenommen. 

,  Umgekehrt,  wenn  ein  ebenes  Bild  seinem  Gegenbilde  eben- 
bildlich ist,  so  giebt  es  auch  wenigstens  eine  gerade  Linie,  welx 
che  dasselbe  in  zwei  Hälften  theilt,  die  sich  wie  TSTebengegen- 
^^1'  bilder  verhalten,  Es  sey  A  B  E  irgend  ei|i  beliebiges  Bild ,  da| 
seinem  Gegenbilde  ebenbildlich  seyn  soll.  Beschreibe  ein  Ne^ 
(engegenbild  desselben  §  b  e ,  zieh^  im  gegebenen  Bilde  irgend 
eine  gerade  I^inie  und  die  dieser  entsprechende  Liqie  im  Neben-r 
gegenbilde ,  lege  das  Nebengegenbild  sp  auf  das  gegebene  Bild| 
y(i»  beide  sich  decken,  so  sind  nun  folgende  Fälle  möglich: 

X)  Die  gezogene  Hiilfslinie  im  Gegenbild^  fallt  zusammen 
mit  jener  ihr  entsprechenden  im  gegebenen  Bilde,  und  zwar: 

a)  so,  dafs  die  gleichnamigen  Enden  beider  ^uf  einander 
falleq,  wie  z.B.  die  {^inie  MN  mit  der  Linie  mn  so  zusammen-^ 
fällt,  daf^  M  und  m,  N  und  n  sioh  decken^;  es  werden  dann 
m...b..,n  und  M...D.,.N,  m,..d,..n  und  M,,.E(...N 
^ich  deckep,    ^9  ist  also ; 


1  Diese«  Ut  für  swef  Bilder  blofti  aaf  eiaevlti  Weise  m^gltc]^ 
«rühreiid  bei  zwei  Bbenca  es  auf  zweifache  Weise  denkbar  ist,  näm- 
lich eimnai  40,  daft  das  Bild  ABB  ron  dem  Bilde  a'b  o  gedeckt  wird, 
nrähread.es  das  anderfmal  ron  dem  Gegenbilde  von  abe  gedeckt  wird. 


Krytftallouetrie.  1037 


m...b...n     ^  M,..D...N 
Aber  in.^:b...p    |=(M...B,..N 


M...D...N|=|  M...B...N. 
Zieht  man  eine  beliebige,  durch  irgend  einen  Punctfl  in  MN 
anf  M  N  senkrechte  Linie  P  Q ,  so.  wird  die  entsprechende  Linie 
p  q  im  Gegenbilde  gleichfalls  senkrecht  auf  m  n  seyn  müssen, 
und  da.mr  =  MR  und  der  Winkel  narq  =  MRP  =90®,  so 
^^erdeli  auch  bei  dem  oben  erwähnten  Auf  ein  anderliegen  beider 
Bilder  die  Puncte  q  und  P,  p  und  Q  siph  declten.     Es  ist  also; 

q  ^   P 
aber  q  (=|  Q 

P  1=1  Q 

«nd  ebenso  PR  (=:j  QR, 

IDa  nun  dasselbe  gilt  für  jede  mit  PQ  parallele  Linie,   so  ist 
M-..D...N  das  Nebengegenbild  von  M...B...N  unä  MN  die 
Linie  selbst,  welche   die  Theilung  iu  zwei  Nebengegenbilder 
bewirkt  \ 
'  b)  sa,  d^rs  die  ungleichnamigen  Enden  beider  auf  einan-a 

der  liegen,,  wie  z.B.  die  Linie  PQ  mit  der  Linie  qp  so  zusam- 
xpenfall^n  würde,  dafs  P  und  q,  Q  und  p  sich  decken.  Der 
Ilalbirungspunct  R  der  Linie  PQ  ist  dapn  der  einzige  Punct 
dieser  Linie ,  welcher  mit  dem  ihm  gleichnamigen  Puncte  r  in 
der  gegeijDildUchcn  Linie  pq  zusammenfällt ^  Ziehe  die  MN 
durch  den  Punct  R  senkrecht  auf  P  Q  und  im  Nebengegenbild© 
durch  r  die  m  n  senkrecht  auf  p  q^ ,  so  wird  hei  dem  Sichdeckea 
beider  Figuren  wegen  des  Zusammenfallens  von  PR  mit  qr  und 
K  mit  r  und  w^gen  der  rechten  \yinkel  bei  R  und  i^  die  Linie 
inn  mjt  MN  zusammenfallen  müssen  ,  und  zwar  so  ,  dafsder  ii\ 
qap  liegende  Punct  19  nxit  dem,  in  PAQ  liegenden  Puncte  M^ 


%  Djesej  i&t  für  zwei  Bilder  bh)rt  i^,Df  einerlei  Weise ,.  niuQlick 
80  möglich,  daft  q...a...p  mit  P.*.A«..Q  zusammenfallt  ti.  s.  w^, 
denn  der  2te  Fall  (welcher  beiVergleichnng  zweier  begrenzten  Ehenen 
möglich  wäre),  gemäla  welchem  q...a...p  und  P...E...Q  sich 
deckei\< wurden ,  fordert,  dajTs  fu^  eines  der  beiden  genannten  Fla- 
chenstucke q^. .  ,,a . . .  p  Q.der  P  ...£..,  Q,  z.  B.  für  q . «.  a  .  •  .p  ^i  mitbin 
für  die  ^anze  Fläehe  a.«.b.^.e,  von  welcher  e*  «inen  Th^iil  aus- 
macht, Umkehrung  d.  h.  Yertauschung  der  beiden  Flachonseiten  statt 
finde,  wodnrch  also  das  Gegenbtld  von  af.1i«-«a  (mithin  dasEben- 
hild  Ton  A...B..«£)  und  nioht  a«..b.,.e  aelbst  mit  A.,.B...E 
▼ergUchen  werden  würde. 


1036  KrjttalL 

mithin  n  mit  N  snsamniMifaDt,  folglich,  gcmib  den  Falle  a}, 
die  Linie  MN  eine  solche  ist,  die  das  Bild  AB E  in  z^rei  wm- 
hengegenbildliche  Hälften  theilt. 

2)  Dil  gezogene  HöUslinie  im  Gegenbilde  fallt  nicht  znsam^ 
men  mit  der  ihr  entsprechenden  Linie  im  gegebenen  Bilde, 
sondern 

a)  sie  schneidet  sie  so,  dab  also  in  jedem  der  beiden  Bilder 
zwei  derartige  Linien  vorhanden  angenommen  -werden  können, 
die  vier  Winkel  nm  einen  Scheitel  bilden.  T  V  sey  eine  solche 
^. Linie  nnd  TV  die  andere,  welche  mit  der  nebengegenbildli- 
chen  Linie  jener,  nämlich  mit  tv  zusammenfallt,  wenn  beide 
Bilder  sich  decken.  Die  entstehenden  Durchschnittsponcte  R  ond 
r  decken  sich,  wenn  beide  Bilder  auf  einander  liegen,  ^ond  es  ist 

tr  ^   T'R 
•her  •  tr  1=1  TR 

rR  H  TR. 
Halbirt  man  den  Winkel  TRT"  durch  eine  Linie  RN  oder  MN, 
so  ist  M  N  eine  solche  Linie ,  die  ^  ihrer  gegenbildlichen  Linie 
m  n  ist  (weil  es  fiir  einen  bestimmten  Winkel  nur  eine  einzige 
Linie  giebt,  die  ihn  halbirt),  auch  mufs  der  Punct  N,  welcher 
innerhalb  der  Schenkel  des  Winkels  TRT*  liegt,  bei  dem  Auf- 
einanderliegen  beider  Figuren  zusammenfallen  mit  dem  Puncte 
n ,  welcher  im  Nebengegenbilde  dieselbe  Bedeutung  hat.  Die 
^  Linie  M  N  hat  mithin  die  Eigenschaft  wie  im  Falle  a) ,  bewirkt 
also  auch  die  fragliche  Theilung  der  Figur  AB'E  in  zwei  Ne- 
bengegenbilder ;  oder 

b)  sie  ist  ihr  parallel.  Es  ist  dieses  der  Fall  a)  ,  wenn  man 
den  Winkel  TRT'  immer  kleiner  werdend  denkt,  so  dafs  zu- 
letzt beim  Parallelseyn  von  T  V  mit  T'V  er  ==  o  wird.  Eine 
zwischen  diesen  beiden  parallelen  Linien  in  gleichem  Abstände 
von  beiden  und  mit  ihnen  parallel  hinlaufende  Linie  ist  datia 
diejenige,  welche  die  Theilung  des  Bildes  in  zwei  nebengegen- 
bildlicbe  Hälften  bewirkt. 

Jedga  Bild  ist  nun  entwed^  meinem  Gegenbilde  ehenhildn 
^^5*/*cÄ  oder  nicht.  Wenn  ein  Bild  a  einem  andern  b  cbenbildlich 
und  auch  dem  Gegenbiide  von  b  ebenbildlich  ist ,  so  ist  es  dem 
b  Aenbildlich  und  gegenbildlich  %ugUichy  ist  das  ebenbildliche 
Gegenbild  von  b.  Dieses  setzt  voraus,  dafs  jedes  der  beiden 
Bilder  a  und  b  seinem  Gegenbilde  ebenbildlich  d.  h.  congnient 


Eryatallotnetrie.  1039 

sey,     Zeichen  für  das  EbenbildlichgegenbiMlichseyn  |^| ,  z;  B. 

a  1^1  b. 

Für  2  einander  gleiche  Bilder  oder  Theile  von  Bildern  gtebt 
es  demrfach  folgende  Arten  des  Gleichseyns  oder  Glekhwerrhig-» 
seyns  hinsichtlich  auf  Form : 

1)  die  beiden  Bilder  sind  einander  ebenbildlich  und  gegeth* 
Mldlich  zugleich ,  z.  B.  a  |^|  b, 

2)  nicht,  dann  sind  sie  einander  entweder  „. 

A.  blofs  ebenbildlich ,  z.  B.  a  ^  b ,  öder  219. 

B.  blofs    gegenbildlich ;   so  ist  a  |=|  b    und  das  Dreieck  S20. 
abc  1=1  dem  Dreiecke  a'bV.  218. 

Nähere  Untersuchungen  der  Eigenschaften  einer  Fläche^ 
müssen  nun  auch  zur  Verdeichuns  der  Theile  derselben  nnter 
eixiander  führen ,  -wobei  zu  achten  ist  auf  die  Menge  von  Thei- 
len,  die  als  gleichwerthige  sich  erkennen  lassen,  und  auf  die  Art 
dieser  Gleichwerthigkeit.  Theile  einer  ebenen  Figur  können 
aber  einander  gleichwerthig  seyn  in  Beziehung  auf  ihr  Verhalten 
2U  irgend  einem  gegebenen  Pnncte  innerhalb  der  Fläche ,  oder 
abgesehen  hiervon  d.  h,  als  Theile  der  Figur  an  sich.  Denkt 
man  sich  irgend  eine  gegebene  Figur  und  einen  in  ihr  gegebenen 
besfimmten  Punct  c  und  errichtet  aus  ihm  eine  Linie  senkrecht 
zur  ebenen  Figur,  ohne  sie  über  den  Punct  c  hinaus  zu  ver- 
längern ,  so  dafs  sie  also  blofs  auf  der  einen^  Flächenseite  der 
£bene  aufsteht,  und  nennt  diese  Linie  die  Normale  für  den 
Puqct  c,  so  kann  man  sich  auch  noch  eine  2te  solche  Figur  den- 
ken, die  nebst  der  dazu  gehörigen  Normale  so  beschaifen  ist, 
dafs,  wenn  beide  Normalen  und- beide  Ebenen  zusammenfallen, 
auch  eine  Stellung ,  welche  dieser  Bedingung  entspricht ,  für  die' 
2te  Figur  möglich  ist,  in  welcher  sie  die  gegebene  deckt.  Dies» 
2te  Figur  mit  ihrer  Normale  kann  gebraucht  werden ,  um  mit-  ' 
telst  ihrer  die  Theile  der  gegebenen  Figur  in  Beziehung  auf  das 
Gleichartige  ihres  Herumliegens  um  den  gegebenen  Punct  sa 
untersuchen,  und  heifst  darum  Vergleichungsfigur  der  gege- 
benen; Die  Vergleichung  geschieht  dadurch  ,*  dafs  man  die  mit 
der  Vergleichungsligur  sich  deckende  gegebene  Figur  um  die 
gemeinschaftliche  ruhig  bleil^ende  Normale  so '  dreht ,  wie  ein 
Rad  um  seine  Axe ,  während  die  Vergleichuagsfigur  ihre  Stei-- 
lung  unverändert  behält^  d.  h.  unbewegt  bleibt.  Es  wird  dann 
während  der  ganzen  Umdrehung  die  Ebene,  in  welcher  die  ge* 
gebene  Figur  liegt,  stets  zusammenfallend  bleiben  mit  der  Ebene, 


1040  ftryatall,     . 

ia  welcher  die  Vergleichungsfigar  liegt.'   'Man  achtet  dann    auf 
die  Anzahl  der  unter  den  angeführten  Bedingungen  mö'glicilen 
Stellungen  der  gegebenen  Figur,  .i;^  denen  sie  die  ruhig  hf^i- 
bende  VergUichungsfigur  deoki  (mit  der  Vergleichqngsfigur  sich 
in  identischer  oder  ebenbildlicher  Stellung  befindet),  wobei  die 
nas^k  j^der  ganzen  Umdrehung  eintretende  Stellung,  als  mit  der 
ursprünglichen  Stellung  vollkommen  übereinstimmend,  nicht  als 
eine  besondere  Stellung  betrachtet  wird,   so  dafs  beide  nur  fiir 
^ine  Stellung  gezählt  werden.     Das  hierdurch  erhaltene  Resultat 
heifst  dann,  allgemein  ausgedrückt:  Jedes  gegebene  Bild  habe, 
in  Beziehung  zu  der  gegebenen  Nortnal^,  p  identische  Stellun- 
gen einer  besiin^n^en  A^t^  wo  p  ^ine  ganze  Zahl  bedeutet.     Da 
•  die  ursprüngliche  an  sich  willkürlich  ist,  so  ist  bei  einem  der-* 
artigen  Bilde,   in  Beziehung  auf  die  bestimmte  Normale,  die 
Anzahl  identisaher  Stellungen  von  jeder  Art  =  p.     Man  sagt 
s^uch,  das  Bild  habe,  in  Beziehung  auf  die  Normale,  p  identi- 
sche Stellungen  jeder  Art.     So  hat  z.  B.  ein  Bild  des  gleichsei- 
tigen Dreiecks  in  Beziehung  auf  die  in  seinem  Mittelpuncte  auf- 
stehende Normale  3)  ein  solches  des  Hhomboids,  in  Beziehung 
^uf  die  in  seinem  Mittelpuncte  aufstehende  Nc^male,  %  ebeq- 
Itildliche  Stellungen  jeder  Art.  • 

Wenn  zwei  Puncte  oder  Theile  A  und  B  eines  ebenen  Bil- 
des hinsichtlich  ai\f  ihr  Verhalten  zu  einem  in  diesem  Bilde  lie-r 
genden  gegebenen  Puncte  C  und  zum  Bilde  selbst ,  in  welchem 
&ie  liegen ,  so  mit  einander  übereinstimmen ,  daXs  der  eine  A  in 
einer  Stellung  des  Bildes,  welche  durch  Umdrehung  uui  die 
Normale  des  Punct^s  C  erhalten  wurde ,  an  dem  Orte  sich  be- 
findet ,  den  in  der  ursprünglichen  Stellung  der  Punct  oder  Theil 
B-  eiiinahm,  während  zugleich  diese  ne^e  Stellung  des  Bildes 
eine  der  ursprünglich  gegebenen  ebenbildliclie  Stellung  ist,  so 
sagt  man,  die  beiden  Puncte  oder  Theile  A  und  B  seyen  ein- 
Qfider  ebenbildlich  hinsichtlich  auf  ihr  Verhalten  zu  Hem  Puncte 
C,  seyeo  durch  Umdrehung  des  Bildes  um  den  P^nct  C  mit  eia^*  , 
ander  vertauschbar. 

Jede  ebepe  Figur  hat  unendlich  viele  Normalen,  inBezie-; 
bung  a(u  welchen  es  für  sie  zu  jeder  bestimmten  Stellung  keine 
andere  ebenhildliche  giebt.  Wenn  eine  ebene  Figur  eine  Nor- 
male hat ,  in  Beziehung  zu  welcher  sie  2  oder  mehrere  eben- 
hildliche Stellungen  jeder  Axt  gestattet ,  so  hat  sie  Heine  «indere 
Normale  aufser  dieser ,  in  Beziehung  a^u  welcher  ae  gleichfalls 


Kr;)r8taUp?netrie,  104t 

^wei  oder  mehrere  tbeobiUliche  Stellungen  gestattet.    Die  Vigat 
hat  dann  einen  eimtigen  bestimmten  MUtelpunct  ^  und  die  Nox-         ^ 
male,  wejohe  in  diesem  Mittelpqncte  aufsteh^,,  ist  die  einzige, 
in  Beziehung  auf  welche  dem  Bi^de  zwei^qd^r  xpehr  ebenbild-r' 
liehe  Stellungen  jeder  Art  eigen  sind« 

Wenn  2  Puncte  oder  Theile  A  und  B  eines  ebenen  I}ilde$ 
einander  ebenbildlich  sind ,  hinsichtlich  auf  ihr  Verhalten  zu  ir-r 
gend  einem  Puncte  C  in  diesem  Bilde,  der  nicht  Mittelpunct  der. 
Figur  ist,   so  sind  sii»  auch  einander  ebenbildlich  hinsichtlich 
anf  ihr  Verhalten  zum  Mittelpuncte ,    d.  h.  sie  sind  als  Theil^ 
der  Figur  selbst  einander  ebenbildlich«     Von  einem  Bilde ,  weU 
ches,  in  Beziehung  zu  der  in  seinem*  MHtelpuncte  aufstehenden 
Normale,  p  ebenbildliche  Stellungen  jeder  Art  hat,,  sagt   man, 
es  entsprephe  eineqi  pgliedriqtn  ebenen,  Strahlensystetne ,   se j 
eine  pgliedrige  ebene  Figur,  ein  pgliedriges  ebenes  Bild;  deqa  ' 
die  Anzahl  der  in  eipem  solchen  Bilde  denkbare^  ebenbildlichen, 
irom  Mittelpuncte  ausgehenden  Strahlen  jeder  Axt  ist=:p.     So  Fig.. 
iat  in  den  Abbildungen  jede  der  Figuren  a,b,c  und  a,b,,c,d,  e|^* 
eine  2gliednge  ebene  Figur  Cßgura  binoradiata)  ;  jede  def>  Fi-? 
gnren8,b,e  und  a,b,  o  eine  ägliedrjge  (Jlguna  ternoradifiUa)  ;fSU 
jede  von  denFigpren  a  und  b  und;ay  b,  c  eine  4gliedrige  (ßgura^^^ 
qiutternorßdiata)  u.  8.  w.     Für  p  ^:  1 '  entsteht  die  igliedrige 
ebene  Figur  (figura  singuipradiatd) ,  hierher  gehlen  9?  B,  die 
Figuren  a,  b)  c,  d  und  a,  b,  c,d  u.  s.  w.  ^5.' 

£in  pgliedriges  Bild  hat  sonach  p  ebenbüdUche  Theile  je*, 
der  Art. 

Eine  2te  Art  der  Vergleichung  der  Theile  eines  ebenen  BiU 
des  hinsichtlich  ihres  Verhaltens  zu  einem  in  diesem  Bilde  ge« 
gebenen  Puncte  hat  den  Zweck  zu  untersuchen,  qb  nicht  Theile 
vorhanden,  sind,  die  in  der  genannten  Beziehung  sich  zu  den 
der  Vergleichung  unterworfenen  Theilen  gegenbildlich  verhal- 
ten. Sie  geschieht  dadurch ,  dafs  mau  als  Hülfsfigur  oder  Veit 
gleichungsiigur  das  Gegenbild  der  gegebenen  Figur  sich  denk( 
mit  der  entsprechenden  Normale  und  dafs  man  sodann  diese 
Hülfsfigur  nebst  ihrer  Normale  so  stellt,  dafs  die  Normale  der 
gegebenen  Figur  mit  der  Normale  der  Plülfsfigur  zusammenfällt 
und  zti  gleicher  Zeit  die  Ebene,  in  welcher  die  gegebene  Figur 
liegt ,  mit  der ,  in  welcher  die  Hülfsfigur  liegt,  zusammenfällt, 
und  sodann, «wenn  es  ptfthigist,  duroh  Drehung  der  gegebenen 
Pignr  um  die  genieinachaftliche  Normale  erfovscht,  ob  unter  den 


1042  Kry  stall.      /     » 

ncrnmehr  statt  findenden  Bedingungen  eine  Stellang  der  gege- 
benen Figur  möglich  ist,  in  welcher  sie  mit  dieser  nnbe^^eglidi 
gebliebenen  Hülfsfij^ur  ebenbildlich' erscheint.  Dieser  Fall  kana 
nur  eintreten,  wenn  das  gegebene  Bild  seinem  Gegenbilde  ^  ist 
Wenn  von  2  Theilen  A  und  B  einer  gegebenen  Figur  der 
eine  A' bei  dieser  Vergleichungsart  zusammenfällt  mit  dem  Tfaeile 
B',  der  Vergleichungsfigur ,  welcher  zu  dem  Theile  B  der  gege- 
benen Figur  sich  gegenbildlich  verhalt ,  so  müssen  auch  A  und 
B  in  der  gegebenen  Figur  einander  gegenbildlich  seyn  hinsicht- 
lich auf  ihr  Verhalten  zu  dem  Puncte ,  in  welchem  die  gegebene 
Normale  aufsteht. 

Wenn  2  Puncte  oder  Theile  A  und  B  eines  ebenen  Bildes 
einander  gegenbildlich  sind  in  Beziehung  auf  ihr  Verhalten  xa 
einem'  in  diesem  Bilde  liegenden  gegebenen  Puncte  C,«so  tnüs* 
sen  sie  auch  einander  gegen  bildlich -seyn  in  Beziehung  aaf  ihr- 
p.    Verhalten  zum  Mlttelpuncte  der  Figur,  d.  h.  als  Theile  der  Figur 
2SI. selbst  einander  gegenbildlich  seyn.    Die  Theile  qor,  uöp,  sot 
des  Bildes  c  sind  ^«     Jeder  aber  verhält  sich  |=j  zu  jedem  der 
Theile  sor ,  «ot  und  qöp,  die  unter  sich  wieder  ^  sind.     Da 
es  nun  einleuchtend  ist,  dafs  von  jeder  pgliedrigen  Figur  aacJi 
das  Gegenbild  eine  pgliedrige  I'*igur  seyn  rafufs ,  so  ist  auch  er- 
sichtlich, dafs  eine  Figur,  welche  nebst  der  Normale  eines  be- 
stinimten  Puhctes  c  derselben  ihrem  Gegenbilde  hinsichtlich  auf 
ihr  Verhalten   zu  der  Normale  desselben  Puiictes  c  ^  ist ,  an-r 
gesehen  werden  könne,  als  seyen   in  ihr  gleichsam  2  einzelne 
pgliedrige  Strahlensysteme  vereinigt ,  von  denen  das  eine  aich 
zum  andern  gegenbildlich  verhält,  und  dafs  man  daher  eine  sol- 
che Figui'  eine  2fach  pgliedrige  nennen  könne.   So  ist  z.  B.  jedes 

230.  der  Bilder  a,b,  c,d,e  ein  2fach  2gliedriges  (Jigura  dupUciter 

231.  hinoradiata) ;     jede  der  Figuren  a,  b^-  o  eine   !2fach  pgliedrige. 
^iXßg^^^  ^^P^'^<^^^^^  ^^^^^^^^<'^^)y     i**^®  ^^^  Figuren  a,  b,  c  ist 

eine  2fach  4gliedrige  (^figura  duplicUtr  quatemoradicuä)^  Die 
227. Bilder  aber,  welche  durch  a,  b,  c  dargestellt  sind,  sind  tfach 
$29. 2gliedrige  {figura  simpliciter  binorndlata)  ^   die  Bilder  b  und  c 

aber   sind   Ifach  Sgüedrige   {figura  simpiiciler  temoradiatd) 

und  so  weiter,  ^  r 

Auch  bei  der  2fach  pgliedrigen  Figur  ist  für  p  =  2  oder 

gröfser  der  Punct  c,  in  w*elchem  die  berücksichtigte  Normale 
p.  aufsteht,  der  Mittelpunct  derselben.  In  jeder  2faeh  SgUedrigeo 
231. Figur  z.  B.,wie  a  oder  c,  ^sind  vom  Mlttelpuncte  aoagehend 


Krystallometrie.  j^043 

möglich:  3  Strahlen  bp,  or  und  ot  von  einerlai  Art,  die  sich 
(in  Beziehung  auf  die  Art^ihrer  Lag»  in  der  Gesanüntfigur)  |^| 
verhalten ,  und  3  andere  Strahlen  o  q ,  o  u  und  o  s  einer  2ten 
Alt,. die  ebenfalls  einander  |^|  zugleich  sind.  Jeder  Strahl, 
der  zwischen  o  p  und  o  q  liegt ,  ist  ^  mit  einem  solchen  zwi- 
schen or  und  os  und  einem 3ten  zwischen  ot  und  ou,  aber|.cs| 
mit  einem  ihm  sonst  gleicfhwerthigen  zwischen  o  r  und  o  q ,  so 
'wie  einem  solchen  zwischen  ot  und  os  und  wieder  zwischen 
op  und  ou. 

Nennt  man  die  ebenbildlich  und  gegeobildlidi  zugleich  sich 
verhaltenden  Strahlen  23eitige  oder  doppelte  Strahlen  (radii  du^ 
pl£ce$)y  während  man  die  übrigen  blofs  ein  fache'S  trahlen  (rcuiii 
'simplices)  nennt ,  so  kann  man  sagen  :  in  jeder  2fach  pgliedri«- 
gen  ebenen  Figur  können  gedacht  werden  p  doppelte  Strahlen 
einer  ersten  und  p  doppelte  Strahlen  einer  zweiten  Art,  wäh- 
rend die  Anzahl  von  einfachen  Strahlen  jeder  Art  =  2  p.  ist, 
"Wovon  jedoch  die  p  einen  unter  sich  eben  bildlichen  zu  den  p 
andern  unter  sich  ebenbildlichen  sich  gegenbildlich  verhalten. 
£s  werden  hier  sonach  2  Strahlen  (Puncte^  Theile  u.s,Vr.}  einer 
.  ebenen  Figur  als  gleichwerthig  betrachtet,  sowohl  wenn  sie 
blofs  gegenbildlich  sind,  als  auch,  wenn  sie  blofs  ebenbildlich 
sind«  Jede  2fach-  pgUedrige  Figur  kann  als  eine  pgliedrige  be- 
trachtet werden,  nicht. aber  jede  pgliedrige  Figur  ist  eine  2fach 
pgliedrige.     Die  pgliedrigen  Bilder  sind  demnach  entweder 

«)  2fach  pglUdrlgy  wenn  ein  solches  Bild  mit  seinem  Ge- 
genbilde vertauscht  d.  h.  in  identische  Stellung  gebracht  wer- 
den kann^  oder 

b)  ifach  pgliedrige  wenn  Vertauschung  eines  pgliedrigen 
Bildes  in  diesem  Sinne  nicht  möglich  ist. 

Werden  die  p  einen  2seitige  Strahlen  der  ersten  Art  ge«- 
nannt,  so  heifsen  die  p  andern  2seitige  Strahlen  der  2tep  Art. 
Jeder  andere  Strahl  halfst  ein  einundeinseitiger  oder  einjacher 
(radius  simplex)»  Die  Anzahl  einfacher  Strahlen  jeder  Art  ist 
2p,  indem  die  p  einen  unter  sich  für  einerlei  Flächenseite  iden- 
tischen nicht  zusammenfallen  mit  den  p  andern  sich  zu  ihnen 
wie  rechts  und  links  verhaltenden  ^|  die  unter  sich  wieder  füc 
einerlei  Flächenseite  identisch  sind. 


\-  1  Die  FignrSSSa  stellt  ein  Sfach  SgUedriget,  dte  Figar  283b 
ein  ^aoh  4gliednge8  Strahlensysteja  dar,  ohne  Yerbindaag  itfiie. einer 
l>estlmmten   tbeben  Fi^ar«    Die  doppelten  Strahlen  der  einen , ;  iu  B» 


1044  Kr  y  stall. 

Cs  r^efäen  hier  sonach  sowohl  2  StraMen  (Püncte  ^  Tbdk 
U.S.W.)  einer  ebenen  Figur,  die  für  einerlei  Flächen  sei  te  linb 
und  rechts  sich  verhalten ,  als  auch  solche  ^  die  ideatiscli  sind, 
als  gleichuferthig  betrachtet,  t^renn  man  eine  2fach  pgliecirige 
Figui*  als  eine  2fach  pgliedf ige  ansieht^  während  blofs  XLeile, 
die  für  einerlei  Ffächenseite  identisch  sind ,  als  gleickn^er-lhig 
betrachtet  Werden ,  wenn  man  sagt  ^  die  2facfa  pgUedrige  Figur 
sey  eine  pgliedrigei 

Die  Anzahl  der  denkbaren  Arten  Von  einlachen  Strahlen  in 
'einer  2fach  pgliedrigen  ebenen  Figur  ist  unendlich ,  was  iiier  so 
viel  sagen  Will  als  gleich  der  Menge  Von  Strahlen^  die  innerhalb 

I  3go 

der  Schenkel  eines  Winkels  von  - —  öraden  Vom  Scheite]  ans- 

2.p 

gehend  gedacht  Werden  können ,  die  beiden  Schenkel  selbst 
nicht  mitgezählt,  während  bei  der  pgliedrigen  ebenen  Figur  die 
Anzahl  der  denkbaren  Arten  von  Strahlen  gleich  der  Menge  von 

Strahlen  ist  ^  die  innerhalb  der  Schenkel  eitles  Winkels  von 

P 
Graden  Vom  Scheitel  ausgehend,  gedacht  werden  können,  den 

,    einen  dör  Schenkel  selbst  mitgezählt,  indem  dort  alle  Strahlen 
einfache  sind. 

Was  von  den  2fach  pgliedrigen  Figuteü  im  Allgemeinen 

für  ihren  bestimmten  Mittelpünct  gilt ,  das  gilt  bei  dem  Werthe 

Von  p  =  1  von  den  2fach  Igliedtigen  Figuren  fiir  jeden  Panct 

in  der  einen  Linie ,  durch  welche  sie  in  zwei  sich  ebenbildlick 

Verhaltende  Hälften  getheilt  werden  können.  Der  Oleichwerlhs»- 

'  mittelpünct  einer  2fach.  Igliedrigen  Figur  ist  daher  blofs  in  einer 

bestimmten    Linie  willkürlich    annehmbar,    während   der   der 

Ifach  Igliedrigen  ebenen  Figur  in  der  ganzen  £rstreckung  der 

'Ebene,  in  der  sie  liegt,  willkürlich  angenommen  werden  kann, 

l'^^'Die  Figuren  a,  b,  c,  d  etc.  sind  2fach  Igliedrige  Figuren  {figu*- 

226.  ^<^  dupUciter  singuloradiatae),  während  die  Figuren  a,  b,  c^  d . .  • 

Ifach  Igliedrige  Figuren  {figurae  simpliciter  ainguioradiataey 

sind. 


etilen  Art  sind  mit  or,  die  der  zweiten  Art  mit  fi  4>ezeiciiQet,  ton  den 
einfachen  sind  nur  eine  oder  ein  Paar  Arten  y  und  8  angegeben.  Die 
zur  Vergleichong  dabei  gezeichneten  einfach  pgliedrigen  Strahlen- 
«ysteme,  das  ifach  Sgliedrige  Strahlentystem  Fig.  2S4a  uud  das  U%ph 
4gliedrige  dtrahlensjsteni  Fig.  234  b  enthalten  blofs  einfache  Strah- 
len, Yon  denen  nar  ein  Paar  Arten  angegel^en  sind« 


-  f. 


Krystallometrie.  1045 

Es  wäre  jarch  clas  Vorhergehende  dargethau  X 
1)  dafs  jede  gegebene  oder  denkbare  Figur  überhaupt  eine 
pgliedijge  Figur  seyn  müss^y   Wenn  p  eine  der  ganzen  Zahleti 
1,  2^  3  .  •  • .   00'  bedeutet; 

2X  dafs  jede  pgliedrige  Figur  efitweder  eine  2fach  pgliedrige 
oder  blofs  eine  Ifach  pgliedrige  seyn  könne;  "euch  ist 

3)  ersichtlich,  dafs  Figuren  Von  gleich  grofser  Anzahl  det 
Seiten  sehr  verschiedenen  Strahlensystemen  entsprechen ,  daft 
aber  die  Menge  ebenbildlicher  Seiten  =  p  und  dafs  höchstens 
die  Menge  gleich werthiger  Seiten  =  2p  scy,  in  welchem  Falle 
dann  die  p  einen  untet  sich  ebenbildlichen  zu  den  p  andern  un- 
ter sich  ebenbildlich^n  sich  gegenbildlich  verhalten  rücksicht- 
lich aller  der  Eigenschaften,  die  ihnen  als  Seiten  der  Gesammt^ 
figur  zugeschrieben  werden  können. 

Um  die  nähere  Beschaffenheit  einer  untersuchten  Figur  b^*- 
zeichnen  zu  können ,  setze  man  fest,  dafs,  wenn  man  von  ^iner 
Menge  von  6  Dingen  z.  B.  andeuten  will ,  dafs  die  3  einen  un^ 
ter  sich  und  wieder  die  3  andern  unter  sich  mehr  zusammenge- 
hörig sind,  als  eines  von  den  ersten  drei  mit  einem  von  den 
2ten  drei ,  wahrend  man  doch  die  sämmtlichen  6  Dinge  .unter 
einem  gemeinschaftlichen  Namen  vereinigen  will,  man  sagt,  es 
seyeh  2^3  Dinge  (zu  lesen  zwei  mal  drei  Dinge) ,  während, 
wenn  alle  6  Dinge  auf  gleiche  Weise  zusammengeht^ren ,  mati 
den  Ausdruck  6  Dinge  unmittelbar  gebraucht.  Gleiches  gelte 
von  den  beiden  allgemeinen  Ausdrücken  q  X  r  und  qr,  wovon 
der  erstere  q  X  r  dem  2X3»  der  andere  qr  dem  6  entspricht^ 
ebenso  2  X  P  und  2  p  (zu  lesen  zweimal  p  der  eine ,  %t4fei  p 
der  andere)»  Man  wird  danta  auch  eine  Menge  von  Dingen, 
die  aus  drei  Sechsheiten  und  aus  zwei  Dreiheiten  ^  besteht  ^  be- 
zeichnen durch  den  Ausdruck  3X6  und  2X3  Dinge  u,  s.  w«, 
allgemein  nX^  ^^^  i^^P  Dinge. 

Es  sey  femer  t  =  2p,  so  dafs  p  irgend  eine  ganze  Zahl 
bedeutet,  n  h^y  irgend  eine  beliebige  ganze  Zahl,  so  schreiten 
bei  den  Ifach  pgliedrigen  Figuren  die  Ausdrücke  für  die  An-» 
zahl  sammtlicher  Seiten  fort  nach  dem  Gesetze  lp,2pi  3p  ••••np. 
Es  giebt  daher  Ifach  Igliedrige  Figuren^  welche  3  X  Is^itig«. 
sind,  wie  a,     oder  4X  ls«itig,  wie  b,    5  X  l^eitig,  Wie  c,226! 


1    Statt  Binton ,  Ternion  a.  •.  Vr.   mögen ,  die  Ausdrücke  Zweiheit^ 
Dreiheit  0.8.W4  abolich  Einheit,  Vielheit  gebraucht  werden. 


1046  KrystalL 

^>ff-  6  X  Iseitig  wie  d  u.  s.  w. ;  Ifach  2gIiodrige  Figuren  ,  "w^lcbt 
^.2  X  Sseitig  wie  a,  3  X  2Äeitig  wie  c  u.8.  w.  Die  Ifach  3glie- 
drigen  Figuren  a,  b,  c  sind  1  X  Sseitig  die  erste ,  2  X  3seitig 
229.  die  2te  und  3X3seitig  die  3te.  Die  Ifach  4gliedrigeD  Figuren 
sind  4seitige  wie  a,  2  X  4#eitige  wie  b,  3  X  4seit]ge  u«  s.  w. 
Bei  den  2fach  pgliedrigen  Figuren  schreitet  der  Ausdruck  für  die 
Gesammtseiten  -  Anzahl  fort  nach  dem  Gesetze  p,  2p9  t,  t  und  p^ 

p.    t  und  2p,  2«t nt,  nt  und  Ip,  nt  und  2p So  ist 

:eSO.a  eine  2X2seitigey  b  eine  4seiti^e,  c  eine  4  und  2aeitige,  d 

eine  4  und2X2seitige,  e  eine  2  X  4seitige 2fach:  2glie- 

äSl.drige  Figur  I  ferner  a  eine  Sseitige,  b  eine  2  X  3seitige,   c  eine 
2S2.6seitige....  2fach  3gliedrige  Figur ,  und  wieder  a  eine  4seitige^ 

b  eine  2  X  4seitige,  c  eine  Sseitige 2fach  4gliedrige  Figur« 

Es  sey  hier  zu  gleicher  Zeit  erlaubt,  einige  zweckmäiaige 
Benennungen  einzuführen  zur  Bezeichnung  von  Figuren ,  ^nrelche 
„.    für  den  vorliegenden  Zweck  vorzüglich  wichtig  sind.     Die  Aus- 
226.  drücke  Dreieck,  Vieteck,  Fünfeck  u.  s.w.  {trigonoide^ ,  ieira- 
gonoidea,  pentagonoides)  mögen  sowohl  ein  Dreieck,  Viereck 
u.  s.  w.  bezeichnen ,  von  dem  man  im  Namen  keine  besondere 
Jlegelmäfsigkeit  ausdrücken  will,    als    auch  ein  Ifach  lgUe-> 
driges  3X1  ^^i^  ,4X1  seit  u.  s.  w.,  dem  keine  höhere  Rjtgel^ 
■p.    mäfsigkeit  zusteht.     Von  den  ihrer  Form  nach  2fach  Igliedrigen 
2S5.heifse  die  2  und  Iseitige  oder  das  gleichschenklige  Dreieck  a 
Keilflächi  oder  Keil  {^sphenoides  oder  isosceloides)\   die  2  X 
2seitige  c  heilse  LxaizenflcLche  oder  Lanze  (Doroides);     von 
den  schwalbenschwanzaitigen  2fach  Igliedrigen  4  Ecken  b  und 
5  Ecken  d  mOgen  die  letzteren  mit  dem  Ausdrucke  Sterimflä-- 
chtn  oder  Sterzen*  (Uroides)  belegt  werden,  während  die  er- 
steren  als  Spreizflächen  oder  Spreizen  nicht  unpassend  benannt 
werden  dürften. 


1  Der  Ausdrack  Sterze  bezieht  sieb  vorzüglicli  aaf  lolche  Schwäazo 
voa  Vögeln  ,  bei  denen  ein  Hervortreten  dieses  Körpertheiis  in  jener 
geraden  Aichtnng  statfc  hat,  durch  welche  (derselbe  auf  ähnliche  Weite 
in  2  nebengegenbildiiche  Hälften  sertheilt  ist^  wie  2fach  Igliedrige 
Figuren  überhaupt  zertheilt  >verden  können.  Die  Achnlichkeit  yob 
Figur  235  d,  ß  mit  den  Sohwalbensterzen  und  den  Pflugsterzen  bedarf 
wohl  kaum  noch  hervorgehoben  zu  werden.  Da  die  2fach  pglledrige 
iseitige  Figur  231  c,  so  lange  sie  ringsum  begrenzt  ist,  stets  zuaaiii~ 
nengesetzt  geducht  werden  kann  aus  ^einzelnen  Lanzenflächen  rqos, 
puoq,  tson,'to  biefse  eine  solche  Figur   ein  Lanzen pHng^   s.  B. 


ILry«taliometi'ie*  1047 

Von  den  Axen  eines  Körpers  und  ton 
der  Gleichwerthigkeit  der  Theile  des 
Körpers,  in  Beziehung  auf  ihre  Verbin- 
dung mit  einer  Axe  sowohl  als  auch  im 
Allgemeinen« 

Wenn  man  sich  einen  gegebenen  Körper  in  einer  bestimm- 
tei^  gegebenen  Stellung  im  Räume  und  einen  aufserhalb  des 
Körpers  gegebenen  Panct  {Anfangspunct)  denkt,  dessen  Ent- 
fernung von  jedem  Tuncte  des  Körpers  unveränderlich  ist,  so 
kinn  man  von  diesem  Puncto  aus  gerade  Linien  nach  jedem  Eck-' 
ptincte  des  Körpers  ziehen  und  über  den  Anfangspuncl  hinaus 
rückwärts  verlängern  und  die  Verlängerung  gleich  machen  der 
Xiinie.,  welche. verlängert  wurde.  Die  sonach  diesseit  und  jen^ 
seit  des  Anfangspunotes  in  gleichem  Abstände  befindlichen  End- 
pancte  einer  und  derselben  solchen  Linie  nenne  man  Gegen- 
puncte«  Durch  die  Gegenpuncte  der  Winkelpuncte  einer  jeden 
Begrenzungsebene  lege  man  eine  Ebene ;  sie  ist  die  Gegenfläche 
der  ihr  entsprechenden  Degrenzungsflache  des  gegebenen  Kör- 
pers. Der  von  der  Gesammtheit  der  Gegenilächen  der  Oegren- 
ztingsfiächen  eines  gegebenen  Körpers  eingeschlossene  Raum 
heilst  der  Gegenhörper  des  gegebenen  Körpers.  Umgekehrt  ist 
dieser  der  Gegenkörper  von  jenem.  Alle  Geg'enkörper,  die  für 
einen  und  denselben  gegebenen  Körper  entstehen,  je  nachdem 
man  von  einem  andern  Anfangspuncte  ausgeht,  sind  unter  sich, 
-wenn  sie  in  einerlei  Stellung  gebracht  werden ,  congruent.  Die 
äufiiere  Flächenseite   jeder   einzelnen   Begrenzungsebene   eines 


Lanzen -Drilling,  Lanzen -Tierling  (ditrigonum^  dttetragonum)  n.s.  w. 
Die  dem  Lanzen  -  ZwilKng  entsprechende  Figur  ist  die  Kaute,  bei  wel- 
cher jede  der  beiden  Lanzen  zu  einem  Keile  geworden  ist  Die  von 
p  ebenbildlichen  Seiten  begrenzte  Figur,  sie  sey  eine  Ifach  pgliedrige 
oder  eine  Slach  pgliedrige,  Heifse  ein  pBeit,  so  also  Sseit,  4seit, 
5seit  (trigonum,  tetragonum,  pentagonum)  n.  s.  w.,  statt  gleichsei- 
tiges, gleichwinkliges  3eck,  4eck,  5eck  u.  ••  w.  Das  2faeh  pglie« 
drige  pseit  kann  sonaoh  betrachtet  werden  als  ein  Lanzen- p- ling, 
in  welchem  das  Verhältnifs  zwischen  der  Lauge  eines  doppelten  Quer- 


Strahls  der  ersten  Art  und  eines'  solchen  derSten  Art=:Cos.l  -^ —  l:i« 

>r  umgckihrt  =  1  :  Cos.  fTT-. 

^^ 
V.  Bd.  Xxx 


1048  Kryatall, 

Körpers  ist  congment  der  inneim  F]ä9hens«ile  der  ihr  entopre* 
chehden  Begrenzungsebenb  seines  Gegenkörpers,  d.  h.  die  äusse- 
ren Flächenseiten  von  einander  entsprechenden  Flächen  zweier 
Gegenkörper  verhalten  sifeh  |=|  *.  Zwei  sich  wie  Gegenkörpec 
zu  einender  verhaltende  Körper  stimmen  außerdem  iibereio  rück-» 
sichtlich  auf  Gröfse  der  sich  entsprechenden  Kanten  und  Winkel, 
so  wie  in  Hinsicht  auf  Gröfse  des  umschlossenen  Raumes.  Die 
Gegenecken  zweier  Gegenkötper  verhalten  «ich*  wie  zwei  Ecken, 
von  denen  die  eine  bei  Verlängerung  der  Ebenen  und  'Kanten 
der  anderen  über  den  Spheitel  hinaus,  als  die  von  den  Scheitel« 
winkeln  dieser  gebildete,  entsteht. 

Wenn  ein  Körper  auf  einer  Ebene  stehend  gedacht  vrird  in 
bestimmter  Stellung  und  man  fällt  von  allen  seinen  Eckpuncten 
senkrechte  Linien  auf  diese  Ebene  und  vereinigt  die  hierdurch  in 
dieser  Ebene  bestimmten  Puncte  so  mit  einander,  dafs  für  jede 
Kante  des  Körpers  eine  ihr  entsprechende  Linie  in  der  horizon* 
talen  Ebene  entsteht,  so  hat  man  eine  horizontale  Projection  des 
Körpers  für  die  bestimmte  Stellung.  Verlängert  man  die  aus  den 
Ecken  des  Körpers  auf'  die  horizontale  Ebene  gefällten  Perpen- 
dikel, so  dafs  jede  Verlängerung  gleich  lang  gemacht  wird  mit 
.der  verlängerten  Linie,  so  .entstehen  unterhalb  der  horizontalen 
Ebene  Puncte,  die  als  Eckpuncte  eines  neuen  Körpers  betrachtet 
werden  können  ,  an  welchem  jede  Begrenzungsfigur  das  Gegen- 
bild ist  von  der  Figur,  welcher  sie  im  gegebenen  Körper  ent- 
spricht, so  dafs  mithin  dieser  2te  Körper  ein  Gegenkörper  des 
ersten  ist.  Man  sieht  daraus ,  dafs  das  hier  betrachtete  Bild  der 
horizontalen  Projection  des  2ten  Körpers  das  Gegenbild  ist  von 
der  Horizontalprojection  des  Isten  Körpers  und  .daCs  man  daher 
auch  sagen  kann,  Gegenkörper  oder  gegenbildliche  Körper  seyen 
solche,  die  so  bescliafTdn  sind,  dafs  die  Bilder  der  einander  ent- 
sprechenden Horizontalprojectionen  Beider  sich  als  Gegenbilder 
verlialten.  Zwei  gegenbiWlich  sich  verhakende  Körper,  die  in 
solcher  Stellung  mit  einander  verbunden  gedacht  werden,  wie 
die  hier  betrachtete  ist,  heifsen  auf  einerlei  Horizontalprojection 


1  Könnte  man  die  Gpaammtoberflarhe  eines  gegebenen  Körpers 
nmstul^<*ii  (wie  man  einen  linken  Handschuh  timstülpt,  am  ihn  rechts 
zu  machen),  «o  würde  dieselbe  nach  dieser  Veränderung  einen  Raum 
um&chiiersen,  der  dem.  des  Gegeukörpers  des  ^egel^eoeu»  weoa  er  mit 
•ihm  in  einerlei  Stellang  gebritcht  wärOf  jedenfalls  coagracnt  sejn 
Würde, 


Krystallometrie.  1049 

stehende,  ocler  gUichsieUige ,  gegenbildliche  KBrper;  ein  Aus- 
druck I  welcher  für  Körper  das  ist ,  was  der  Ausdruck  neben«; 
gegenbildlich  für  ebene  Figuren. 

Wenn  ein  Körper  und  ein  Anfangspunct  und  eine  durch 
diesen  Anfangspunct  gehende  Linie  so  gegeben  sind ,  dafs  die 
Lage  des  Punctes  und  der  Linie  in  Beziehung  zum  Körper  be-« 
kannt .  und  unveränderlich  ist  und  man  die  Beschaffenheit  des 
Körpers  kennt,  so  kann  man  in  Beziehung  zu  irgend  einem  b^-, 
liebigen  andern  Anfangspuncte  und  einer  von  diesem  ausgehen- 
den Linie  sich  einen  Körper  denken,  der  dem  gegebenen,  w^enn 
er  mit  ihm  in  einerlei  Stellung  gebracht  wird,  congruent  ist, 
"Während  zugleich  jene  Linien  und  deren  Anfangspuncte  für 
beide  Körper  congruiren.  Insoferq  ein  solcher  Körper  sammt 
der  ihm  angeh^rigen  Linie  und  deren  Anfangspuncte  dazu  dient, 
um  die  Theile  eines  gegebenen  Körpers  in  Beziehung  auf  das 
Gleichartige  ihres  Verhaltens  zu  einer  solchen  mit  ihm  in  Ver-» 
bindung'  stehenden  Linie  und  zu  deren  Anfangispuncte  mit  ein^ 
ander  zu  vergleichen ,  so  heifst  er  VergUichungahörper  des  ge- 
gebenen Körpers.  Der  leichteren  Dar»tellimg  wegen  ruhe  der 
Vergleichungskörpei  so  auf  einer  Horizontalebene,  dafs  wenig- 
stens ein  Punct  desselben  in ,  aber  keiner  unter  die  Horizontal-* 
ebene  fällt,  während  die  Linie,  von  der  es  sich  handelt,  auf 
dieser  Ebene  senkrecht  steht.  Diese  Linie  selbst  heifse  in  dieser 
llinsicht  vorläufig  die  ümdrehimganormale  des  Körpers  für  die 
gegebene  aufrechte  Stellung  desselben  auf  der.Horizontalebene. 
Unter  dieser  Umdrehungsnormale  sind  jedoch  nicht  die  beiden 
ip  ihr  (als  blolse  Linie  genommen)  denkbaren  Richtungen,  son^- 
dern  es  ist  nur  die  eine  davon  gemjeint,  die  andere  Biohtung, 
beilse  Umdrehunge-^  Gegennormale* 

Insofern  hier  nur  von  der  einen  der  2  in  einer  Linie  liegen-?, 
den  Richtungen  die  Rede  ist,  hat  man  auch  hier  wieder  2  A^teiy 
der  Vergleichung  der  Theije  eines  Körpers  in  Hinsicht  auf, 
glf^ichmäfsiges  Vertheiltsejn  gleichwertiger  Theile  um  eine 
4^hp  Normale,,  die  jenen  Vergleidhungsarten  bei  ebenen  Figi^«, 
Tjßnganz  ähnlich  sipd.  Bei  der  ersten  Ar%  der  VergUichurig 
b|;ingt  man  den  gegebenen  Körper  nebst  dessen  Umdrehu^^. 
i^Ofjnale  in  einerlei  Pfeilung  mit  dem,yergleiohungskörper,  so; 
4s(I^  Kongruenz  statf  hf^^^  dreht  dani^  dej;i  gegebenen  Körper  jjua 
die  Normale  seines  Anfangspunctes  als  Axe  der  Umdrehu;iig  und 
l^ctj^f^^et  dieAnZ|.ahl  4^^  unter  den  hier  vorb^ndenen  Bedingpugep '. 

"      Xxic2 


Fi 


1050  -Kryatall. 

inniglichen  SteUungen  des  gegebenen  Körpers ,  in  denen  er  sei» 
nem  Vergleichnngskörper  ebenbildlich  (congruent)  ist,  die  nach 
der  ganzen  Umdrehung  nothwendig  eintretende,  mit  der  tot 
der  Drehung  statt  gefundenen  ursprünglichen  Stellung  identische, 
nicht  als  eine  besondere  betrachtend ,  so  dafs  beide  nur  fiir  ein^ 
Stellung  gezählt  werden.  Man  ethält  so  das  Resultat :  der  Kör^ 
per  habe  für  diese  bestimmte  Umdrehungsnormale  p  identische 
cder  ebenbildUche  SteUungen  einer,  folglich  auch  jeder,  j^rt. 

Wenn  eine  gerade  Säule  mit  quadratischer  Basis  mit  einer 
ihrer  Grundflachen  auf  einer  Horizontalebene  steht,  so  hat  sie 
ftir  die  durch  die  Mittelpuncte '  beider  quadratischen  Flächen  ge- 
legte Umdrehungsnormale  d.  h.  (lir  die  eine  Richtung  in  dieser 
Umdrehungsaxe  4  ebenbildliche  Stellungen  jeder  Art.     Eine  ge- 
rade Pyramide  mit  gleichseitig  -  dreiseitiger  Basi^,  die  in  der  Ho- 
rizontalebene liegt ,  hat  für  .die  durch  die  Spitze  gehende  Um- 
drehungsnormale 3  identische  Stellungen  jeder  Art.     Denkt  man 
|[  sich  unter  der  Figur  b  einen  Körper ,  der  von  einer  2  X  Sseiti- 
gen  Fläche  und  3  gröfseren  und  3  kleineren  Preieckilachen  be- 
grenzt ist,  so  dals  die  letzten  6  Flächen  sich  in  einem  Puncto 
schneiden,  der  über  dem  Mittelpuncte  jener  2'X3seitigen  Fläche 
in  der  Mittelpunctsnormale  derselben  liegt,   so  hat  dieser  Kör- 
per für  diese  Normale  3  ebenbildliche  Stellungen  jeder  Art.    Für 
irgend  eine  bestimmte  gegebene  Stellung  eines  Körpers  auf  einer 
Horizontalebene  kann  jede  auf  der  Horizontalebene  senkrechte 
in  Beziehung  zum  K6rper  in  unveränderlicher  Lage  gedachte 
Linie  als  Umdrehunganormale  angesehen  werden.      Unendlich 
Viele  von  diesen  Normalen  sind  eo  beschaffen ,  dafs,  wenn  man 
den  Körper  um  sie,  als  Umdrehungsaxen,  dreht,  derselbe  keine 
sweite  Stellung  erhält  ^   die  der  ersten  identisch  wäre  (denn  die 
nach  der  ganzen  Umdrehung  statt  findende  ist  wieder  die  erste}* 
IVenn  bei  einet  bestimmten  Stellung  eines  Körpers.^nf  der  Ho- 
rizontalebene eine  der  unendlich  v^len  denkbaren  Normalen  so 
beschaffen  ist,  dafs  in  Beziehung  zu  ihr  der  Körper  2  oder  meh- 
rere identische  Stellungen  jeder  Art  hat,  so  ist  unter  den  übri- 
gen dieser  Normale  parallelen  Linien  keine  andere  mehr ,  in  Be- 
ziehung zu  welcher  der  Körper,  wenn  sie  als  Umdrehungsnormale 
für  denselben  gedacht  wird ,  noch  eine  2te  der  nrspriingliehta 
identische  Stellung  hätte«     Bildet  man  dnrch  Fällung  von  Per^ 
pendikeln  ans  allen  Eckpuncten  des  Körpers  auf  die  Horizontal-' 
ebene  und  Vereinigung  je  zweier  solcher  durch  die  P^endikel' 


Ki'yatallomotrie.  1051 

;in«  4«Q  btfidtn  Enjjeo  einer  jeden  Kante  des  Körpers  bestimoit^ 
Puncte  in  dieser  Ebene  mittat  gerader  Linien  die  Horizontal-' 
projeciion  des  Kdrperf ,  so  trifft  eine  solche  Normale  den  einzi- 
gen bestimmten  Mittelpnnct,  welchen  diese  Projection  in  solchem 
.  Falle  hat.  Zwei  Puncte  oder  Theile  A  und  'B  eines  Körpers, 
die  so  mit  einander  übereinstimmen,  dals  der  ein^  A  in  einer 
durch  Umdrehung  um  eine  bestimmte  Normale  entstandenen,  der 
i^rsprüngli^hen  Stellung  identischen,  Stellung  des  Körpers  an 
dem  Ortesich  befindet,  den  in  der  ursprünglichen  Stellung  der 
fkndere  Punct  oder  Theil  B  einnahm,  heifsen  in  Beziehung  zu 
dieser  Normale  ebenbildliche  oder  identische  Puncte  oder  Theile 
4es  Körpers«  Ahstrahirt  man  von  der  bestimmten  Normale ,  so 
sind  aUgeniein  zwei  Pnncte  qder  Theile  a  und  b  eines  Körpers 
eini^nder  ebenbildlich  oder  identisch  m  weqn  der  Körper  sich  in 
«ine  solche  identische  Stellung  mit  einem  beliebigen  Verglei^ 
chungskörper  von  ihm  setzen  laust ,  in  welc|ier  der  Punct  oder 
Theil  4  des  gegebenen  Körpers  mit  dem  Puncte  oder  Theile  b 
def  Vergleichungskörpers  zusanimenftfUt. 

Wenn  ein  Körper  in  Beziehung  zur  Normale  des  Mittel- 
punctes  einer  fiir  ihn  möglichen  If orizQntalprojection  p  identi- 
sche, durch  blofse  Umdrehung  um  diese  Normale  mit  einander^ 
Tertauschbare  Stellungen  jeder  Art  hat,  so  nennt  man  jjhn  einen 
in  BezMung  zu  dieser  Norn^de  pgliedrigin  Körper  und  diese 
yrnd^ehungsnormale  selbst  eine  pgUedrige  ^xe  dee  Körpere  if^^\m 
ist  z.  B.  die  Linie ,  welche  durch  den  JV^ittelpunct  der  Et\dflächen  229 
«iner  geraden  Säule  q|lit  2  X  4seitiger  4gliedriger  Basis  geht,  ^* 
eine  viergliedrige  Axe,  ^xie  qußtemoalatua) ;  denn  wenn  man 
jeden/  der  beiden  durch  diese  Axe  von  einander  getrennten 
Theile  einer  jeden  durch  diese  Axe  legbarefn  E^bene  eine  FU^ 
geUkene  ode^  Flügelfläche  dieser  Axe  Qenht,  so  ist  die  Ansahl 
der  in  Beziehung  zu  eiper  und  derselben  Richtung  in  dieser 
Axe  ebenbildlichen  Flügelebenen  jeder  Art  =  p.  Wenn  für 
eine  gegebene  Stellung  eines  Körpers  auf  eine^  Horizontalebene 
Iteine  Normale  möglich  ist ,  in  Beziehung  zu  welcher  der  Körper 
jnehr  als  igliedrig  würe ,  so  ist  hierdurch  noch  kein«  Bestim« 
mung  gegeben,  welche  von  diesen  einander  parallelen  Normalen 
ab  die  firagliche  \gliedrpge  Axe  (nxis  eipgulonkUtu)  anzusehen 
eey,  so  dafs,  wenn  keine  weitere  Bestimmung  gegeben  ist,  jede 
auf  der  Horizontalprojection  in  diesem  Falle  senkrechte  Linie 
fiir  diese  Igliedrige  Axe  angenommen  werden  kann.    Jede  auf 


^05ä  Kry  stall, 

eine  pgliedrige  Axe  senkrechte  Ebene  ist  eine  in  Beäiehnng  auf 
die  eine  Richtung  in  dieser  Axe  pgUedrige  Fignr,  denn  die 
Menge  in  ihr  liegender,  in  Beziehung  auf  eine  solche  Ricktang 
in  jener  Akc  ebenbitdlicher  Puncte  oderTheile  jeder  Art  ist  =  p. 
Ihrer  Form  nach,  als  ebene  Figur  an  sich  betrachtet,  rnnfs  sie 
gleichfalls  eine  pgliedrige  Figur  im  weiteren  Sinne  des  Wortes 
eeyn,  d.  h.  eine  x  .pgliedrige  oder  2fach  x . pgliedrige,  wo  nickt 
X,  wohl  aber  p  verschiedene  Werthe  haben  kann  fiir  die  ver- 
schiedenen einander  parallelen  solchen  Ebenen;  Auch  die  aof 
eine  Axe  senkrechte  Horizontalprojection  eines  in  Beziehung  auf 
die  eine  Richtung  in  dieser  Axe  pgliedrigen  Körpers  ist  eine  in 
Beziehung  auf  diese  Richtung  pgliedrige  Figur.  Jede  pheit  nn- 
ter  sielt  in  genannter  Besiehung  ebenbildlicher  FlSgelflächen 
dieser  Axen  entspricht  einer  in  der  Horizontalprojection  liegen- 
den pheit  von  unter  sich  eb'enbiidlichen  Strahlen.  Jede  pheit 
unter  sich  in  Hinsicht  auf  ihr  Verhalten  zu  der  einen  Richtung 
in  jener  Axe  ebenbildlicher,  der  Axe  paralleler  Linien  steht  auf 
einer  p  heit  unter  sich  ebenbildlicher  Puncte  der  Horizontalpro- 
jection u.  s.  w. 

Bei  der  zweiten  Art  der  Vergleichung  der  79te£le  einet 
Körpers,  in  Beziehung  auf  ihr  Vertheilteeyn  um  eine  6^- 
etinhmte  Axe,  bildet  man  den  zu  dem  bestimmten  Anfangspuncte 
der  fraglichen  Normale  gehörigen  Gegenkörper  des  Vergleichungs- 
körpers ,  bringt  den  zu  untersuchenden  gegebenen  Körper  in 
identische  Stellung  ijiit  dem  Vergleichungskörper  so,  dab  auch 
die  zu  untersuchenden  Normalen  und  deren  Anfangspuncte  für 
beide  Körper  congruiren ,  setzt  dann  an  die  Stelle  des  Verglei- 
chungskörpers seinen  Gegenkörper  dadurch,  dafs  man  jene  Noi*» 
male  dieses  Gegenkörpers  in  einer  beliebigen,  durch  sie  gelegten 
Ebene  um  den  Anfangspunct  sc/ dreht,  dafs  sie  180*^  durchläuft 
und  dann  zusammenfallt  mit  der  Umdvehungsnormale  des  gege^ 
benen  Körpers,  so  dafs  der  zu  der  umgekehrt  gewordenen  Nor» 
male  gehörige  Körper  selbst  umgekehrt  d.  h.  ans  der  antinor^ 
malin  Stellung  in  die  normale  versetzt  ist,  läfst  diesen  nun 
rnhig  bleiben,  dreht  den  gegebenen  Körper  um  seine  Nor- 
male und  beachtet,  eb  für  ihn  unter  diesen  Bedingungen  ein^ 
Stellung  möglich  ist ,  in  welcher  er  mit  dem  erwähnten  Gegen- 
körper des  Vergleichungskörpers  congruent  ist  oder  nicht.  Zwei 
Pancte  oder  Theile  a  und  b  eines  Körpers  heifsen  in  Beziehung 
auf  ihr  Verhalten  zu  einer  bestimmten  Normale  gegenbildlich 


^  ILry«tallom«^rie.  1053 

gleich,  weifii  für-^en  gegebenen  Körper  eine  solche  Stellung 
möglich  iat,  In  der  er  seinem  Gegenk^frper  congrnent  wird, 
i^ährend  zugleich  die  fraglichen  Normalen  und  deren  Anfangs- 
puncto  zusammenfallen  und  der  Pundt  oder  Theii  a  des  gegebe- 
nen Körpers  mit  demjfenigen  Punote  oder  Theile  des  Gegenkör- 
pers  ausammenfällt ,  welcher  der  dem  Pnncte  b  erUnprechend^ 
Gegenpunct  ist.  Allgenfein  und  ohne  Rücksicht  auf  eine  be- 
stimmte Normale  sagt  man :  swei  Piincte  oder  Theile  a  und  b 
eines  seinem  Gegenkörper  in  ebenbiMKcher  Stellung  cpngrnenten 
Körpers  seyen  gegenbildiich  gleich ,  wenn  der  gegebene  Körper 
sich  mit  dem  Gegenkörper  so  in  identische  SteNung  brhigen  läfst, 
dab  der  Punct  a  des  gegebenen  Körpers  mit  dem ,  dem  Puncte 
a.  s.w.b  als  Gegenpunct  ü.  s.  w.  entspveckenflen,  Puncte  desGe- 
genkörpe^  f  ongruirt.  Denn  wird  z.  B.  der  dem  Puncte  b  ent- 
sprechende Pttoct  des  Gegenkörp^s  mit  b^.  bexeiciwet,  so  ist 
also  X       b'  (=1  b, 

ist 'dann  •     ^  bV  '       ' 

so  muf«  auch  >'   -    a  *  \=sz\  1^ .  seyn« 

Ist  die  UmdrehuAgsnohnole ,'  in  Beziehung  sii  welcher  eine 
sokhe  Uebereinstimmung  zwischen  Körper  und  Gegenkörper  statt 
hat,  eine  pgliedrige  Axe  des  Körpers,  «o  ist  der  Ktfrpev  in  Be- 
süehung  au  dieser  Axe  ifack  pglUdmg-  und  umgekehrt-  die  Axe 
selbst  in  Beziehung  auf  d.en  Körper  eine.  2ftich  pghedcige  (so  ist 
».  B.  #io6  geivde  P^Tamride  mit  gleichseitig  -  dreiseitiger  Bvsis  in 
ä^iehung  auf  die  durch  die  Spitze  und  durch  dan  Mittelpnnot 
der  GAindQadie  gehende  Axe  em  2fach  3gliedriger  Körper  und 
diese  ieine  Axe  e^ne*  2£ach  3gUeUrige,  axis  bis  timoalatus)\ 
denn  es  können  in  einem  solchen  Körper  gleichsam  2  zu  einer 
«nd  derselben  Richtung  dieser  Axe  gehörige  pgliedri^ge  Flüge}* 
Hächensysteme  mit  einander  vesbunden  gedacht  werden,  auf 
Umliche  Weise,  wie  in  d^  2faoh  pgliediigen  ebenen  Figur  zwei 
pgliedrige  ebene  Sirahlensysteme  miteinander  verbunden  gedacht 
wurden.  Analog  den  doppelten  Strahlen  imd  den  einfachen  bei 
ebenen^  Fig«ren  hat  man  hier  2  Arten  doppelter,  unendlich  yiele 
Arten  M»/acAtfi»' Flügelflächen  und  das  rücksichtlich  der  Anzahl 
Ton  Strahlen  jeder  Art  und  rücksichtlioh  der  Menge  von  Strali;- 
lenarten  Gesagte  lä£st  sich  für  eine  hesiimmte  2fach  pgliedrige 
Axe ,  hinsichtlich  der  einen  von  beiden  in  ihr  als  einer  Linie 
liegeDdea  Bichtttngea  zunächst  betrachtet,  unmittelbar  auf  die 
Iilügelebene  anwenden«  Eine  doppelte  Flügelfläche  iheilt,  wenp 


1054  Krystall. 

sie  verlängert  \^rd,  den  Körper  in  2  gleiciäielHg  geg$nbildliA 
Hälften,  gleich  wie  ein  über  den  Mittelpunct  hinaus  verlangeitct 
doppelter  Strahl  eine  ebene  >Figur  in  2  nebengegenbildliche  Hal- 
ten zerlegt.  Eine  pgliedrige  Axe,  die  nicht  2&ch  pgliedrig  ist, 
heif&t  Ifach  pgliedrig.     Ein  KiSrper  heiiÜBt  sonach  in  Besiehonj 

^  zu  einer  pgikdrigeo  Axe  ein  2  fach  pgliedriger,  oder  man  sagt^ 
eine  pgliedrige  Axe  sey  eine  2rach  pgliedrige,  wenn  das  Vef- 
hältnifs  sämrAtlicher  Theile  des  KOrpers  au  der  einen  Richtni^ 
in  dieser  Axe  ein  solches  ist ,  welches  d^n^  Verhältnisse  der 
Theile  des  Gegenk^rpers  zu  der  in  diesem  jener  Aichtoog  der 
fraglichen  Axe  entsprechenden  Richtung  ebenbildlich  ist»  Es 
sind  dann  also  die  einander  entsprechenden  Richtungen  der  Axe 
des  gegebenen  Körpers  und  jener  des  Gegenkörpers  rücksicktlich 
auf  das  Verhalten  zu  aäipmtUchen  Theilen  des  Körpers,  dea 
die  Axe  angehört,  einander  thenbildlioh  und  gegmibUdUA 
zugleich. 

Wenn  ein  Körper  in  Beziehung  zu  keiner  Normale  einer 
bestimmten  Horizontalprojection  von  ihm  höher  als  2fach  IgUe^ 
drig  ist,  so  liegen  sämmtliche  Normalen  jener  Projection,  in 
Beziehung  zu  denen  der  Körper  2fach  Igliedrig  ist,  in  einer 
einzigen  bestimmten ,  auf  der  Horizontalprojection  senkrechten 
Ebene  und  die  Annahme  einer  von  ihnen  2ur  2 fach  Igliedriges 
Axe  für  d^e  hier  statt  findenden  aufrechten  Stellungen  des  Köd- 
pers  kann ,  wenn  keine  anderweitigen  Bestimmungsgräoile  vor* 
handen  sind,  willkürlich  geschehen.  Wenn  man  eine  2fach  . 
pgliedrige  Normale  als  eine  2fach  pgliedrige  betrachtet,  so  siebt 
man  die  in  Beziehung  zu  ihr  sich  gegeabildli«^  verhaltenden 
Theile  des  Körpers  sowohl,  als  die  bldis  ebenbildlichen ,  fiir 
^eichwerthig  an«  Sagt  man  von  einer  2fach  pgliedrigen  Nor- 
male ,  sie  sey  eine  pgliedrige ,  so  achtet  man  blols  auf  die  in 
Beziehung  zu  ihr  ebenbildlichen  Theile^  Jede  auf  einer  2£ach 
pgliedrigen  Axe  senkrechte  Ebene  ist  eine  in  Beziehung  auf  die 

^  eine  Richtung  in  dieser  Axe  2fach  pgliedrige;  denn  die  Menge 
in  ihr  liegender,  ip  Beziehung  auf  die  eine  Richtung  in  jener 
Axe  ebenbildlicher  Strahlen  jeder  Art  ist  p  und  je  zwei  solche 
pheiten  verhalten  sich  in  Beziehung  zu  derselben  Richtung  jener 
Axe  gegen  bildlich.  Die  AnzaKl  der,  durch  das  Zusammenfal- 
len zweier  sich  gegenbildlich  verhaltenden  Strahlen  in  einen 
einzigen  gebildeten,  Doppelstrahlen  der  einen  Art  sowohl  als  der 
andern  Art  ist  p. 


Krystallometrief  1055 

Jede  auf  eine  3fach  pgliedrige  Axe  ;Midurechte  SoImittebeDe 
des  K^Jrpars  ist  «3s  ebene  Figur  en  sich  betrachtet  nothwendig 
eine  2fach  pgliedrige  ebene  Figur  im  weiteren  Sinne  desWortes, 
d«  h,  eine  2Ctuch  x. pgliedrige,  wo  x,  nicht  aber  p  für  die  ver- 
schiedenen einander  parallelen  Ebenen  der  Art  verschieden  seyn 
kann*    Die  hier  erwähnte  Eigenschaft  der  Horizontalschnitte  ist 
^eins  das  wichtigsten  Erkennungsmittol  einer  2fach  pgliedrigen 
Axe,    Die  auf  die  2fach  pgliedrige  Axe  senkrechte'  Horizontal-r 
projeotion  eines  K(frpers  ist  in  demselben  Sinne  eine  2fach  pglie-r 
drige  ebene  Figur*     Jeder  einfachen  Flügelfläche  entspricht  ein 
einfacher  Strahl  in  der  Horizontalprojection,     Zwei  sich  in  Be^r 
Ziehung  auf  eine  Richtung  in  der^Axe  gegenbildlich  verhaltende, 
einander  gleichwerthige  Flügelflächen  stehen  auf  sich  gegenbild«? 
lieh  verhaltenden  Strahlen  der  Horizontälprojection« 

Bisher  war  immer  nur  von  der.einen  in  einer  Axe  liegen- 
den Richtung  die  Rede«  Vergleicht  ^an  beide  solohe  Richtun«- 
gen  mit  einander,  so  ergiebt  sich  schon  aus  dem  Vorhergehen^ 
den,  dab  der  Kdrper,  der  in  Beziehung  zur  einen  Richt^ung  in 
einer  Axe  sich  als  ein  Ifach  pgliedriger  oder  als  ein  2fach 
pgliedriger  zeigte ,  auch  hinsichtlich  der  andern  Richtung  eben- 
falls Ifach  pgliedrig  oder  2fach  pgliedrig  seyn  müsse.  Man 
kann  dieses  ausdrücken  durch  den  Satz :  die  beiden  Richtungen  * 
einer  jeden  Axe  seyen  gleichnamig  (oder  die  beiden  Enden  einer 
Axe  seyen  gleichnamig).  Die  zwei  entgegengesetzten  Richtun- 
gen einer  Axe  können  aber^seyn 

a)  gUichwer^hi^  in  Beziehung  zum  Körper  im  Allgemeinen 
nnd  dantt  nennt  man  die  Axe  em%  gUiehendigt  oder. iemüge^ 

b)  TÜchi  gleich$4^rtJ}ig  in  dieser  Hinsicht  und  dann  heilst 
sie  eine  ungleichendige  oder  2  X  lendigs  Axe« 

Die  einfachste  Art  des  Gleichendigseyns  einer  Axe  odey, 
was  dasselbe  ist,  des  Gleichendigseyns  eines  Körpers  in  Bezie^ 
hnng  zu  einer  Axe  ist  nun  aber  diejenige,  bei  welcher  der  Kör- 
per durch  eine  auf  diese  Axe  senkrechte  £bene  so  in  2  gleiche- 
werthige  Hälften  getheilt  werden  kann ,  dafs  jedes  der  aus  den 
Functen  der  oberen  Hälfte  auf  die  mittlere  Hoiizontalfiäche  ge- 
fällten  Perpendikel,  wenn  man  es  unter  diese  Ebene  hinab  so 
weit  verlängert,  dab  die  Verlängerung  gleich  dem  Verlängerten 
ist,  einen  Funct  der  unteren  Hälfte  trifft,  der  dem  oben  dazu 
gehörigen  gleichwerthig  ist.  Es  folgt  daraus,  dafs  in  diesem 
Falle  jede  der  fraglichen  Axe  parallele  Linie  im  Körper  eine 


1056  Krjstall.        , 

'gleichendige  sey.  Eine  solcho  gleichendige  Axe,  bei  inrelc^cr 
je()e  der  Axe  parallele  Linie  eine  gleichendige  ist,  nenoe  Man 
'eine  gleichstellig  2end]ge  Axe. 

Bei  einer  gleichstellig  2endigen  Äste  verhalten  sich -die  bei- 
den £nden  iiothwendig  «(^genbildlich.  Ist  dabei  die  Axe  eioe 
2fachpgliedrige,  so  sind  ihre  beiden  Enden  zugleich  ebeAbild- 
lich.  .  Bezeichnet  nran  die  Endiin  der  einen  Axe  mit  e  «od  b, 
die  derselben  Axe  im  Gegenkdrjper  mit  a'  und  b',  so  ist  a  |^  a' 
lind  b  1^1  b',  weil  die  Axe  Jfach  pgliedrig  ist.  Da  nun  abec 
eben  angeführt  wurde  |  dab  a  (^  b ,  mithin  augh  a'  |=|  b'  aaja 
müsse ,  so  folgt 

aus  a   ^  a* 

und  <b^  1=1  a\ 

dafs  avich  a    |=|  b . 

Da  aber  auch  b    [~{  b' istj  weil  b  |^{b', 

$0  mufs  a    ^    b   seyn. 

So  wie  bei  jeder  2fach  pgliedrigen  Axe  ist  auch  bei  der 
gleichstellig  2endigen  2fach  pgliedrigen  Axe  der  mitten  auf  die 
'Axe  senkrechte  Schnitt,  rücksichtlrch  seines  Verhaltens  za  der 
"Axe  ,  eine  2fach  pgliedrrge  Figur.  Auch  als  ebene  Figur  an  sick 
betrachtet  mul\s  sie  nicht  nothwendig  eine  mehrgliedrige  aeyn. 
Ist  die  gleichstellig  2endi^e  Axe  eine  Ifach  pgliedrige-,  so  sind 
ihre  beiden  Enden  blofs  gegenbildlich ,  ohne  zugleick  ebenbiid- 
^ch  zu  seyn.  Der  mittlere,  auf  einer  gleiohstetlig  Seadigen 
Ifach  pgliedrigen  Axe  senkrechte  Schnitt  ist  in  Beziehung  so 
jeder  der  beiden  Richtungen  in  der  Axe  eine  Ifach  pgliedrtge 
Figur  und  auch  als  ebene  Figni^  an  sich  betrachtet  mufs  er 
nicht  noth\^ndig  mehrgliedrig  seyn.  Der  Ausdruck,  eiu  auf 
eine  Axe  senkrechter  Schnitt  sey  in  Beziehung  zu  dieser  Axe 
Ijfach  pgliedrig  oder  auch  Ifach  pgliedrig,  bezieht  sich  immer 
auf  sein  Verhalten  zu  jeder  der  beiden  Richtungen  in  der  Axe 
einzeln  genommen ,  sowohl  hier  als  noch  im  Folgenden. 

Um  dte  ifbrigen  m^lichen  Arten  des  Gleichendigseyns  von 
Axen  zu  finden ,  dient  folgende  Betrachtung,  Da  fiir  jede  be- 
stimmte pgliedrrge  Axe ' ei ne^  Körpers  nur  eine  mittlere,  auf  ihr 
senkrechte  Schnittebene  möglich  ist ,  so  ist  einleuohleiid  |  dafs, 
wenn  der  Körper  durch  diese  Ebehe  in  2  gleich  wert  hfge  Theile 
gethcilt  werden  soll,  es  für  jede  pheit  unter  sich  ebenbildiiclier 
Strahlen  in  der  oberen  Plächenseite  dieser  Horizontalebene,  die 
in  irgend  einet  bestimmten  Beziehung  zur  oberen  KörperhäUte 


Kryttallometrie.  1057 

stehen  {der  oberm  XTörpurhälßB  anffehdren)^   «och  einW  pheü 
unter  sich  ebenbiUlichey,  der  unt^ten  KOrperhälfte  atigeböriger 
Strahlen  in  der  unteren  Flächenseite  dieser  Ebene  geben  tüÜBie^ 
'^^elche  sowohl  rücksichtlich  auf  das  Verhalten  zu  der  Körper* 
llälfte ,  der  sie  angehören  ^  im  Aligemeinen,  als  auch  rücksichtr 
lieh  auf  ihr  Verhalten  in  Beziehung' an  der  idittteireti  Horizontal«», 
ebene  seihst  jener  zuerst  genannten  Strahlen-p-heit  gleichwerthig 
)eeyn  mufs.  Das  Gleichwertlitigseyn  2er  Strahlen  in  dem- mittleren 
Horizontalschnitte  ist  aber,  insofern  man  der  Allgemeinheit  we- 
gen blofs  voti  einfachen  Strahlen  redete  auf  26rlei  W^ise  m^g^ 
lieh*     Sie  sind  nämÜcb  entweder  für  das  Bild  eine«  und'dersel-» 
ben  Flächenseite  ebenbildlich  oder  gegenbildlich« 

a)  Sie  seyen  ebenbildlioh  ftir  das  Bild  der  einen  Mäohen- 
seite  des  Horizontalschnitts  als  ebene  FigTir  an  sich  betfachtet. 
Soll  nun  nicht,  wie  bei  dem  GleichsteliigSendigseyn  der  Axe, 
das  unmittelbare  Zusammenfallen  derjenigen  Sir^len  -  p  - hedt, 
Vielehe  dei<  obem  Kdrperhälfte  angehiM,  mit  derjenigen  Strah- 
len-p»heit  des  Horizontalschnitts,  welche  sieh  auf  die  untere 
Hälfte  bezieht,  statt  finden,  so  ist  ersichtlich,  dafe  man  eine 
Menge  =  3p  für  das  Bild  der  einen  Fläehenseite  dee  Horizon* 
taischnitts  ebenbildlicher  Strahlen  vor  sieb  hsiben  wird  und  dsA 
also  dann  das  Bild  des  mittlerem  Horidbfitalschnkte  eine  nicht 
"Weniger  ikls  tgliedrige  ebene  Figur  seyn  darf  (wenn  t  =:=  2  p  ist). 
Es  mufs  dann  jeder  der  p  Strahlen ,   wefche  sich  auf  die  untere 

360 

K()rperhälfte  bezieben ,  den  Winkel   von  —  Graden  balbiren, 

den  2  benachbarte  zu  ihnen  gehörige  Strahlen  nlit  einaAdef  bil- 
den ,  weiche  sich  eben  so  auf  die  obere  Hälfte  des  Körpers  be- 
ziehen ,  d.  h.  jede  Flügelfläche  der  fraglichen  Axe ,  die  für  die 
ixntere  Körperhälfte   eine  bestimmte  Bedeutung  hat,   «dofs  die 

360  .        . 

Neigung  von Graden  balbiren,  welche  von  zweien  einander 

in  Beziehung  zur  oberen  Körperhälfte  ebenbildlichen  Flügelllä^ 
chen  dieser  Axe  mit  einander  gebildet  wird ,  deren  jede  in  Be- 
ziehung aaf  jene  Bedeutung  filr  die  obere  Körperhälfte  sicli  zu 
jener  in  Beziehung  auf  ihre  Bedeutung  zur  unteren  K^rperhälfte 
als  gleichwerthig  oder  als  gegenbildlich  gleich  verhält.  Die  b^- 
den  Körperhälften  verhalten  sich  demnach  selbst  zu  einander  geU 
genbildlich. 

Wenn  bei  einer  gleichendigen  Axe  nicht  jede  ihr  parallele 


1058  KtjmUH 

Linie  iis»  glelchendig«  ist  aod  dennoch  die  beiden  KUrpeASiUr 
ten ,  folglich  auch  die  beiden  ihnen  eptsprechenden  Richtangao 
der  ztt  untersuchenden  Axe  sich  gegenbüdlich  verhalten,  so  s^t 
xnan,  die  Axe  sey  gereosteUig  oder  2endig.  Bei  der  2faok 
pgliedrigea  gtrenUeüig  2sndiffen  Ax9  verhaken  sich  die  beidea 
Kdrperhälften  zugleich  auch  als  elfflnbiidlich  und  der  niittlen 
Horizontalschnitt  ist,  als  ebene  Figur  an  sich  betrachtet,  oa 
Sfach  tgliediiger ,  i^ährend  er  für  jede  einzelne  Richtung  in  der 
Axe  blofs  ein  2fach  pgliedjiger  ist«  Bei  der  blols  If^ch  pgH^^ 
drigen  geren^teliig  2endigen  Axe  aber  Verhalten  sich  die  beidco 
KOrperhälften  nicht  ala  dtenbildUch  und  df  r  mittlere  Horizoor 
talschnitt  ist,  als  ebene  Figur  an  sich  betrachtet,  ein  tgiiedrigtr^ 
wähYend  er  in  Beziehung  auf  jede  der.  beiden  Richtungen  in  der 
Axe  einzeln  genomoaen  blo£s,  ein  pgliedriger  ist. 

b)  Die  in  der  mittleren  Hprizoi^talebeiie  liegende  p  heil  vmi 
in  Beziehung  zur  obern  Ktfrperhälfte  einander-  ebenbildUchen 
einfachen  Strahlen  verhält  sich  zu  der  ihr  gleichwerthigen  pheit 
linter  sich  in  Beziehung  zur  untern  Körperhälfte  ebenbildlicher, 
in  derselben  Horizontalebene  liegender  Strahlen  für  das  Bild  def 
einen  Flächenseite  dieses  Schnittes  als  gegen  bildlich  gleich.  Dar<- 
aus  folgt,  dafs  die  mittlere,  auf  die  fragliche  Axe  senkrechte 
Schnittebene,  als  ebene  Figur  a^  sich  gedacht,  für  eine  jede 
pgliedrige  Axe  eine  3facli  pgliedrige  seyn  müsse ,  in  welcher  p 
doppelte  Strahlen  der  einen  und  p  doppelte  Strahlen  der  andern 
Art  vorkommen  und  in  welcher  der  Winkel,  welchen  2  be- 
nachbarte gegenbildliche  gleichwerthige  einfache  Strahlen  mit 
einander  bilden,  durch  den  dazwischen  liegenden  doppelten 
£tr2^hl  (der  Isten  oder  der  2ten  Art)  halbirt  wird.  Wird  der 
ganze  Körper  um  einep  solchen  doppelten  Strahl  seines  mittlem 
Horizonlalschnittes  als  eine  Umdrehungsaxe  umgedreht,  so  wer? 
den  je  2  Strahlen  der  Horizontalebene,  deren  Winkel,  den  sie 
init  einander  bilden ,  durch  jenen  doppelten  Strahl  halbirt  wird, 
mit  einander  vertauscht,  woraus  folgt,  dafs  ebenso  die  diesen 
Strahlen  angehangen  FlügelBächen  mit  einander  vertauscht  wer- 
den,  so  dafs  in  diesem  Falle  beide  Hälften  des  Körpers  eben- 
bildlich sind. 

Wenn  nun  die  beiden  Enden  einer  Axe  demnach  ebenbild- 
lich sind,  aber  nicht  zugleich  sich  gegenbildlich  verhalten,  so 
heifse  die  Axe  eine  ehenbildUci  Wendige  (im  engem  Sinne).  Für 
die  ebenbiidlich  gleichendige  pgliedrige  Axe  ist  d^  mittlere  auf 


K^rjrstallometrie»  1059 

ilnr  senlurecht»  Schnitt  9  als  ebetie  Figur  in  sieh  gedacbt,  2fach 
pgliedrig,  wftlirend  et  in  Beziehung  anf  eilie  jede  der  beiden 
Richtungen  in  dieser  Axe  blofs  Ifach  pgliedrig  ist.     Jeda  Axa 
ist  sonach  hinsichtlich  ihres  Charakters  entweder 
a)  gUichendig  oder  üwndig^  und  dann  ist  sie 

a)  gleichsteitig  2€ndigy  wenn  Jede  der  Ax9  parallela  Linie 
gleichendig  ist. 

I»     aä)  gleichettUig  Wendig  ^fath  pgliedrig  ;  tB  sind  dann 
leide  Enden  ebenbildlich  gegenbildlicfa.    . 

11.^  Pß)  gleichsiellig  Wendig  ißtch  pgliedrig ;  es  sind  dann 
beide  Enden  blofs  gegenbildlich  und  nicht  eben  bildlich. 
ß)  ungleichetellig  oder  niökt  gleickstellig  2endigf 

(ta)  gerenstellig  2endige  Alce,  wenn  die  beiden  Enden 
einer  solchen  Axe  sich  gegenbildlich  verhalten. 

IIL  9a)  gererutteÜig  iendig  Tfach  pgliedrig ,  wenn  beide 
Enden  einander  ebenbildlich  und  gegenbildlich  zugleich  sind. 

.  IV.  bb)  gerenetellig  iendig  ißich  pgliedrig  ß  wenn  die 
beiden  Enden  einander  blofs  gegenbiidlich  und  nicht  zugleich 
ebenbildlich  sind. 

V.  ßß)  ebenbildäch  gUichendig  ißtch  pgliedrig,  wenn 
die  Axe  nicht  gegenbildlich  gleichendig ,  aber  doch  gleichendig,' 
mithin  ebenbildlich  gleichendig  ist.  Sie  kann  ans  diesem  Grande 
avch  nicht  2fach  pgliedrig  seyn. 

b)  ungUickendlg  oder  2  X  tendig,  nud  4ann  ist  sie 

VI.  aa)  ungleichendig  2 fach  pgliedrig, 
Vn.    ßß)  ungUichendig  \f ach  pgliedrig* 

Man  kann  diese  Verhaltnisse  auch  auf  folgende  Weise  ta-^ 
bellarisch  darstellen.     Bei  jeder  Axe  ist  entweder 

.  1)  jedes  Ende  seinem  Gegenbilde  d.  h.  der  entsprechenden 
Bichfung  im  Gegenkörper  ebenbildlich  d.  h.  ihr  ebenbildlich  und 
gegenbildlich  zugleich.  Die  Axe  ist  dann  eine  2fa6h  pgUedrige. 

a)  Die  beiden  Enden  sind  gleichwerthig ,  folglich  einander 
ebenbildlich  und  gegenbildlich  ^  zugleich ,  gleichendige  2fach 
pgliedrige  Axe  oder  iendige  2fach  pgliedrige  Axe. 

a^  Jede  der  Axe  parallele  Linie  ist  gleichendig ;  dann  ist 
die  Axe  gleichstellig,  2endig  2fach  pgliedrig; 

ß)  nicht  yec/e  der  Axe  parallele  Linie  ist  gleichendig,  dann 
ilt  die  Axe  gerenstellig  2endig  2fach  pgliedrig; 

b)  die  beiden  Enden  sind  ungleichwerthig,  ungleichendige 
ifach  pgliedrige  Axe*  /         .       ' 


lOfJQ  .   .    KryatalL 

.2)  Jbde»  Eitdft  der  A^e  ist  s^nem  Gegeobfldo  nicAi  thit^ 

bildlioh,  dknn  ist  die  .Ax«  blofs  ifach  pgliedrig*^ 
•:       9t)    beid«   Enden   sind  gleichwerthig ,  gleichendige   ^fack 
pgUedrige  Axe,^   Sie  können  einander  nicht  ebenbildlich  und 
gegenbildlich  EUgleioh  seyvi,  sondern  sind  blofs 
'  ;*     a)' einander  ehenlfildlichf  ohne  zugleich  gegenbildlich  zu 
seyn;  ebenhildlich  gleichindige  \fach pgUedrige  Axt\  oder 
r     ,'^).einai|d er  nicht  ebenbildlich ,  folglich  gegenhildlichj  ge- 
genbildlich  gleichendige  \fach  pgUedrige  Axe* 

CM»}' Jede- der  Axe  parallele' Linie  .ist  gleichendig,  gleich" 
Heilig  Wendige  i fach  pgUedrige  Axe; 

ßß)  nicht  jede  der  Axe  parallele  Linie  ist  gleichendig,  ge^ 
vmßtfitlig  lendige  Ifach  pgUedrige  Axe; 

b)  beide  Enden  der  Ifach  pgKediJgen  Axe  sind  ungleich- 
y/^ihigf  KungUicAendige  oder  %  X  lendige  Ifach  pgUedrige  Axe, 
.  Um.die  beiden  Enden  einer  Axe  hinsichtlicli  ihrer  etwaigen 
GleiQbvt^^rthigkeit  mit  einander  zu  vergleiche n^  kann  man  auch 
dtitf  Gea^mu^heit  .4f',,a^f.  dieser  Axe  senkrechten  Schnittebeoen 
untersuchen,  dadurch  dafs  man  je '2  derselben,  die  gleich  weit 
vom  HAlbirung«puiicte  der  Axe  abstehen ,  hinsichtUch  auf  das 
liild.i  welches  ihre  dem  Mittelpuncte  des  Körpers  nicht  zuge^ 
kehrte  '  d«  h.  ihre.,  fiufs^r«  Flüchenseite  -  darbietet,  vergleicht* 
Sind  nun  die  Bilder  der  äufsern  Flächenseiten  je  2er  zusammen- 
gehöriger,  aufdie  Axe  senkrechter  Schratte  ebenbildlich ,  so  ist 
die  Axe  ebenbildlich  gleichendig ,  sind  sie  aber  gegenbildlich, 
so  ist  auch  die  kyip  gegenbildlich gleicliendig ,  und  sind  endlich 
dieselben  ebenbildüch  und  gegenbildiich .  zugleich ,  so  ist  auch 
die  Axe  ebenbildlich  gegenbildlich  gUicIiendig  und  zugleich  ist 
dann  natürlieh  die  Axe  eine  ^fach  pgUedrige. 

Mittelpunot     des     Gleichwerthes. 

Wenn  ein  Körper  eine  gleichendige  Axe  hat,  so  sind  von 
dem  Halbirungspuncte  derselben  die  einander  in  Beziehung  za 
der  Axe  (d,  h.  für  beide  Richtungen  in  der  Axe)  gleichwcrthigen 
Puncte  desselben  gleich  weit  entfernt.  Ist  der  mittlere  Schnitt 
senkrecht  auf  eine  2endige  Axe  ein  solche]?,  der  als  ebene  JB'igur 

1..  £»'i!iid  kier  stet«, Aar  Axe  parallele  Linien  rorhanden,  welche 
QDgleichendig  sind« 


Krystallometrie.  1061* 

an  sich  betrachtet  sowohl  i  l^b  auch  in  HiD^Ubtauf  das  Ver- 
hältnifs  desselben  zu  jeder  der  beiden  Bipbtung^n  in  jeoj^r.  A^. 
einzeln  genommen . nicht  blol^  Ifach  odetiiAdi:  Igliedrig  i^t,  so 
hat  diese  Schnittebene  einen  bestimmten  Mittelp^nct  und  dieser 
ist  zugleich  Mittelpunct  des  Körpers,  von  welchem  die  untex, 
sich  gleichwerthigen  Puncte  und  Theile  derselben  gleich  weit 
abstehen ,  d.  h«  ist  Mittelpunct  des  Gl^chnfertJis  ßir  dfJi  jJTör-, 
per^  Wenn  ein  Körper  keine  2endige  Axe  besitzt,  fiii^  Nyelqhe. 
der  nüttlere  auf  ihr  senkrechte  Schnitt  in  der  erti^ähnten  JBeSfl^.^^ 
hung  mehr  als  Ifach  oder  S^^^'^  IgHedrig  ist,  so  hat  der  K^rpei, 
qüch  kc^jnen  <H^&qlut  b^fUtifimten  Miiielpunct  des  GUichwerlhea., 
Ueberhaupt  kann  man  folgende  Falle  unterscheiden ; 

a)  tPer  Körper,  ha^  einen  einzigen  bestimmten  IVJUttelpunct 
des  Gleichwerthes.  '  ,         '     .  j .      .     '      . 

b)  Es  ist  ein0  gerade  »!in  Beziehi49g.;zum  Körper  in  he-», 
stimmter  Lage  befindliche  Linie  denkbi^r,  in  welcher  jeder Puoct 
uls  Mittelpunct  des  (Jl^ichWörtbs  für  cj^fi. Körper  ^pgenp,i|fimen 
-v^iQrd,en  kann ,  z.  B.  ixi;dei;  einfach  geraden,  Pyramide  mit  r^gpl-« 
iDüfsiger  Gsei^iger  Basi^  rdi»  auf  der  Basis  im  MiUe)puQCte,  ä^Tu 
selben  senkrecht  stehende  Linie. 

c)  Es  ist  eine  Ebene  ii9  Körper  denkbar,  in  welehe^. :]ede)Cf 
Papct  als  Mittelpunct  ,des  Gleichvi^evth»-.  eQgehQnjmen  .v^r^^rd^g^: 
h^nn»  In  einer  Gestalt  z,  B; ;  Welche  'e^tsteJI^ti .  we«n  ^^^  zw^^ 
sich  gegenbildlich  verfialtende  Pyramiden,  mit-  Ifach  l^iedri-^. 
gen  dreieckigen  GrundÜA^hen  mit.  dipsen  GrAindiläche^n  so  ^n  eip-| 
ander  legte,  dafs  di«  p?ue  Gestalt  ein^.f^f  dergemeinschaixlicheQj 
Ebene  beider  HälftejRjsejikrechte  gleichAtelltg  2^ndige,  Ifaclu, 
Igliedrige  Axe  erh^U^  wiirde  .eben  die4e.  genteinschaftli^^  Eb^P^ 
beider  Hälften  die  fragliche  Eigenschaft  besitzen.  ; 

d)  Jeder  in  Beziehung  zum  Körper  gedachte  PuQct  k^nAc 
als  Mittelpunct  des  Gleich^yerthes  angesehen  M^erden;  dieses  ^sjtr 
der  Fall,  wenn  derKöVper  keine  2  gleichwerthigen  Puncte  irgeiK^T 
einer  Art  hatj  z.  B«  bei  einer  von  vier  ungleichschenkligen  Drei- 
ecken umschlossenen  Gestalt.  Dafs  nicht  umgekehrt  alle  voiHv 
Mittelpuncte  des  Gleichwerthes '^gleich  weit  abstehende. Piipctft 
eines  Körpers  auch  gleichwerthig  seyen,  ist  unmittelbar  ein- 
leuchtend. Man  kann  von  nun  an  den  BegrifF  der  Axe  dahin' 
beschränken:  Axe  sey  jede  der  durch  den,  für  den  Körper  seiner 
Besch äffen heit  gemäfs  angenommenen,  jyiittelpunct  des  GUicJi-f^ 
werthi;  gejienden  Jinicn.,   /  ,  ,, 


1062  Krystall/ 

Bei  derVefgleiohn^g  cweier  oder  mehreretÄxen  euiesESr- 
pkn  mit  einander  findet  man 

1)  ob  sie  hinsichtlich  ihres  Charakters  mit  einander  übci^ 
einstimmen  oder  nicht)  d.  h«  ob  sie  gleichnamige  oder  unffleieh^ 
hornig  sind; 

2)  ob  gleichnainige  A)ren  anch  gteichttferthig  sind  oJef 
nicht.  £ine*  Axe  ^  die  keiner  andern  Axe  desselben  K<Srpeis 
gleichwerthig  ist,  heilse  eine  einheitliche  Axe  des  KtSrpers  {axii 
einguiatis) ,  weil  sie  für  sich  eine  Einheit  bildet  nnd  sich  da^ 
durch  Von  solchen  einzelnen  Axen  unterscheidet,  die  mit  andern 
susammengenommen  Zweiheiten^  Dreiheiten  u.  s*  w»  von  Ajceo 
gleicher  Art  bilden^ 

Wenn  ein  Körper  nur  eine  Axe  besitzt ,  Welche  eine  «ui- 
keitliche  Ate  ist,  so  sind  seine  wichtigsten  Stellongen  die,  bd 
denen  diese  Axe  senkrecht  steht;  diesa  Asce  keifst  dann  JSaupi^ 
äxe  des  Körpers  {axis  principtUis')» 

Wenn  ein  Körper  mehrere  einheitliche  Axen  besitzt,  so  ist 
kein  Grund  vorhanden ,  warum  man  nicht  eine  derselben  \nll«- 
kfitlich  (oder  wegen  anderer  nicht  rein  mathematischer  Rück- 
sichten) sollte  als  Hauptaxe  betrachten  können*  Haben  die  ver-* 
»chiedenen  einheitlichen  Axen  eines  Körpers  auch  einen  ver- 
abhiedenen  Charakter,  so  wird  man  ihn,  je  nachdem  man  die 
^ne  oder  die  andere  solche  einheitliche  Axe  als  Hauptaxe  an- 
sieht, als  Glied  in  verschiedenen  Reihen  von  Gestalten-Familien 
betrachten  müssen,  wenn  man  die  Gesammtheit  sämmtlicher 
denkbarer  Gestalten  in  Abtbeilungen  bringt ,  die  von  den  £igen- 
Schäften  und  dem  Charakter  der  Axen  entnommen  sind.  Wenn 
din  Körper  keine  einheitliche  Axe  besitzt,  so  kann  für  ihn  andi 
keine  Axe  als  Hauptaxe  angenommen  werden ,  wenn  man  nicht 
abwischen  wesentlich  Gleichwerthiges  eine  Verschiedenheit  setzen 
will,  die  in  der  Beschaffenheit  des  Körpers  nngegründet  ist* 
Man  nennt  eine  Gestalt ,  in  welcher  eine  Axe  als  Hauptaxe  an- 
genommen werden  mufs  oder  angenommen  werden  kann,  eine 
haupiaxige  Gestalt ^  wfihrend  man  eine  solche,  die  keine  Haapt- 
axe  hat ,  eine  hauptcueentose  Gestali  nennt» 

Straiilensysteme    haup taxiger    Geatalteo. 

Man  denke  sich  in  jeder  Axe  die  beiden,  vom  Mittelpuncte 
des  Köipers  ausgehenden ,  in^  ihr  Hegenden  Richtungen  einzeln 
nnd  nenne  diese  Richtungen  Strahlen  oder  Radien ,  so  ist  er- 


Kryjtalloinetrie.  1063 

sichtlich  y  itSs  in  jedem  KOrper  so  yiele  StiaUen  mtfgUcIi  seyn 
x^erden,  als  in  einer  Kugel  Radien  denkbar  sind.     Durch  die 
Hauptaxe  und  durch  jeden  Strahl  aufser  ihr  kann  eine  Haupt« 
£ügelfläche  (Fliigeliläche  der  Hauptaxe)  gelegt  werden;     Durch 
einen    in    einer   bestimmten  Hauptflügelfläche  liegenden  Strahl 
kann  eine  auf  jene  Flügelfläche  senkrechte  Ebene  gelegt  werden« 
Durch  einen  und  denselben  solchen  Strahl  kann  nur  eine  denuc«? 
tige  £ben6  gelegt  werden  ^  weil  durch  ihn  auch'  nur  e//»e  Flü- 
gelfläche der  Hauptaxe  geht.  Wenn  nun  aber  durch  einen  Strahl 
zwei  auf  einander  senkrechte  Ebenen  gelegt  sind,    so  bilden 
diese  in  Beziehung  zu  dem  Strahle  selbst  vier  Flügelflächen  des*- 
selben.     Die  auf  solche  Weise  entstehenden  vier  Flügelilacheii 
eines  Strahles,  der  nicht  in  die  Hauptaxe  fälh,  können  nicht 
alle  vier  gleichwerthig  seyn,  sondern  nur  höchstens  je  zwei  ein^ 
ander  diesseit  und  jenseit  des  Strahles  gegenüberstehende ,  weil 
in  dem  einen  solchen  Paare  die  Hauptaxe  liegt,  im  andern  nicht. 
Aus  dem  Gesagten  folgt,    dafs  bei  hauptaxigen  Gestalten 
ein  Strahl ,  der  nicht  in  die  Hauptaxe  fällt ,  höchstens  2gliedrig 
aeyn  könne ,  d»  h.  dab  er  entweder  > 

1)  2fach  2gliedrig  oder 

2)  Ifach  2gliedrig  öder 

3)  2fach  Igliedrig  oder 

4)  Ifach  Igliedjljlg  seyn  müsse»  ^ 

Welche  von  diesen  vier  verschiedenen  Benennungen  ihm  ge«- 

b^l^'o»  hängt    von    der  Beschaffenheit  der  beiden  erwähnten, 

durch  ihn  gelegten  Ebenen  und  von  der  Art  und  Weise  ab,  wie 

er  in  jeder  derselben  liegt*     Ist  die  Flügelfläche  der  Hauptaxe, 

in  welcher  er  liegt,  eine  doppelte,  so  wird  sie  auch  für  ihn  2 

doppelte  Flügelflachen  bilden«     Die  Hauptaxe  hot  aber  nur  dann 

doppelte  Flügelflächen ,  wenn  sie  eine  QJach  pghedrige  ist.   SoU 

ein  Strahl  ein  2gliedriger   seyn ,   so    mu£s  er  in    der    FlügeU 

fläche  der  Hauptaxe  so  liegen,  dals  er  mit  beiden  Strahlen  der 

Hauptaxe  gleiche  Winkel  bildet,  d«  h.  er  mufs  auf  die  Hauptaxe 

senkrecht  seyn;  denn  an  jedem  2g1iedngen  Strahle  müssen  je  2 

einander  gerade  entgegenstehende  (d.  h.  einen  Winkel  von  180* 

mit  einander  bildende^  Flügelflächen  einander  ebenbitdlich  seyn, 

was  nicht  möglich  wäre,  wenn  ein  solcher  Strahl  mit  dem  einen 

Strahle  der  Hauptaxe  einen   gröfs er en  Winkel  bildete,   als  mit 

dem  andern.  '  Es  mufs  aber  auch  ferner  aus  demselben  Grunde 

der  mittlere  Querschnite  den  ganzen  Körper  nebst  jener  ^inzel* 

-^V.  Bd.  Yyy 


1Q64  •       Krystttik  . 

Den  HMiptflägdfläch« ,  in  welcher  ^er  fragliche  Strahl  liegt ,  in 
zwei  ebenbildliche  Hälften  zertheilen,  so  dafs  hierdarch  das 
Bäd  jeder  einzelnen  Flächenseite  dieser  Hauptflügelflache,  ab 
ebene  Figur  an  sich  betrachtet,  in  zwei  neben  gegen  bildliche 
Hälften  getheilt  wird,  wenn  der  Strahl  ein  l^gltedriger  seyn-  sofl. 
Theilt  der  mittlere  Horizontalschnitt  den  K(}rper  in  2  gleich* 
stellig  gegenbildliche  Hälften ,  so  bildet  er  für  jeden  in  ihkn  Ite- 
»genden  Strahl  2  entgegengesetzte  doppelte  Flügelflächen.  2£M:h 
3gliedrige  Strahlen  müssen  daher  entweder  in  dopp^ten 
Hauptflügelflächen  oder  in  einem  solchen  mittleren  Horizontal« 
-schnitte  liegen,  der  den  KOrper  in  2  gleichstellig  gegenbildliche 
Hälften  theilt.'  £in  Strahl ,  der  diesen  beiden  Bedingungen  zn^ 
■gleich  entspricht ,  ist  2fach  2g1iedng.  Ein  Strahl,  der  weder  in 
einer  doppelten  Hauptflügelfläche,  noch  auch  im  mittleren  Quer- 
schnitte liegt,  wenn  dieser  für  jeden  in  ihm  liegenden  SttaU 
.doppelte  Fiügelflächen  bildet  ,^  ist  ira<5h  Igliedrig.  Da  die  Menge 
Ton  ebenbildlichen  Stellungen  eines  Körpers ,  mithin  auch  eines 
Strahlensystems,  wobei  ein  bestimmter  (Ifach  oder  2fach)  xglie- 
driger  Strahl  aufwärts  gerichtet  ist,  von  dem  Wert  he  der  Zahl 
X  abhängt,  die  seinen  Charakter  bestimmt,  d.h.  =  x  ist,  so- 
wird ,  wenn  n  die  Menge  ebenbildlicher  xgliedriger  Strahlen  be« 
zeichnet,  auch  n.x  die  Menge  von  Stellungen  jeder  bestimmten 
Art  seyn,  bei  welchen  ein  solche%  xgliedriger  Strahl  aufwärts 
gerichtet  ist.  Die  in  der  vertical  gestellten  Hauptaxe  liegenden 
beiden  Strahlen  heifsen  Hauptatrahlen  ^  deren  Flügelflächen 
Haupißügelfldch^fin  Die  in  dem  mittleren  Horizontalschnitte 
(mittleren  Querschnitte)  liegenden  Strahlen,  heifsen  QuersiraUoh 
die  gegen  die  Horizontalebene  geneigten  Strahlen ,  di6  auf  eiser 
oder  der  anderen  Flächenseite  der  Horizontalebeni  schief  auf« 
stehen ,  heifsen  Stnbeatrahlen.  Die  Ausdrücke  radius  princi» 
palis,  transpersuBj  obUquua  dürften  diese  Unterschiede  be« 
zeichnen  können. 

Nach  diesen  Erläuterungen  wird  nun  die  Auffassung  der 
Verschiedenheiten  von  Strahlensystemen  in  hauptaxigen  Gestal- 
ten^ möglich  seyn. 


1  Da  ei  ■chwierig  ist,  ilch  die  .körperlichen  Strahlensjttemt 
^eatlich  TorzuftelleD,  ohne  sie  an  einzelaea  Gestalun  entwickelt  s« 
haben,  so  wird  bei  der  nun  fol^en^en  Untersuchung  der  Eigenschaf- 
ten der  einzelnen  Reihen  tob  Strahlensyitemen  jedesmal  eine  Terwei- 


Erystallomefri«.  10fl5 

'      I.  '  Dito  ^Hiiaptaxe    $ey     gl^^chstellig  J^e^dig 
2fach  pgliedrig,    z,  B.  ^ 

Fig.  236   gleichstellig  2endig  2faoh  Igticcfrig 
--237         —         2  ^    2  —  «2    — 

—  238.        —         2  —    2—  3    —      ; 

—  239         —         2—2—4    — 

—  240         —         2—    2—  6    — 
^      Man  hat  dann. 

1)  Ztpei  ifach  pgUedrige  |^j  «ich  verhaltende  Haupt- 
itrählen,  weloh^  zarämmen  die  gleichstellig  2endige  Haupttfc» 
bilden. 

2)  p  Querstrahlm  der  ersten  Art^  wielche  2fach  2gliedrig 

sind,  sich  |^|  verhalten  und  in  den  der  Hauptaxe  ang'eh{lrigeii 

doppelten  FlügelAächen  der  Isten  Art  und' im  mittleren  Quer« 

schnitte  liegen.     Je  2  benachbarte  bilden   einen  Winkel   von 

360  .,    ,  "      . 
Gradenf. 

-JP  '         ,    .       .    . 

3)  p  QuerstraJilen  der2ten  Art,  die  gleichfalls  2fach  2glie'- 

drig  sind^  sich  daher  unter  einander  als  |^|  verhalten  und  in 
den  doppelten  HauptÜügelilachen  der  2ten  Art  liegen.  Jeder  bildet 
mit  jedem  ihm  benachbarten  der  ersten  Art  einen  Winkel  von 

Graden. 

P. 

4)  Die  übrigen  Querstrahlen,  deren  jeder  ein  Ifach  iglie» 

driger  QuerHrahl  ist,  dessen  doppelte  Flügelflächen  in  dem 
mittleren  Querschnitte  liegen«  Die  Anzahl  2fach  Igliedrigei 
Querstrahlen  einer  Art  ist  =  2p;  in  Beziehung  zum  einen  Haupt- 
Strahle  verhalten  sich,  die  p  einen  (von  denen  je  2  benachbaita 


sang  auf  einige  abgebildete  Gestalten  Torangeschickt  werden,  an  de« 
nen  derai^tige  Strahlensysteme  für  einzelne .  benimmte  Zahlenwerthe 
yon  p  erkannt  werden  können»  Man  hat  Atmlich  nnr  nö'thig,  in  der 
allgemeinen  Beschreibung  an  die  Stelle  der  Zahl  p  die  einzelne  be- 
stimmte Zahl  zu  setzen,  die  ihr  entspricht,  so  hat  man  die  specielle 
Beschreibung  des  einzelnen  Strahlensystems,  welches  dieser  oder  jener 
abgebildeten  Gestalt  entspricht.  Die  Abbildungen  der  körperliehen 
Gestalt  sind  (wenn  nicht  ausdrücklich  eine  Abweichung  von  diesem 
Gesetze  augegeben  ist)  stets  so  gezeichnet, '  dafs  die  als  Hauptaxe  za 
betrachtende  Liöie  parallel  liegt  mit  den  kürzeren  Seiten  der  recht- 
winkligen Einfassung  der  ganzen  Tafel,  auf  welcher  die  Abbildung 
sich  beEndet. 

Tyy2 


1060  KrystalL 

360 
unter  Winkeln  von  —  Graden  ibrerAtv!)  txnter  rieh  als  ^ben- 

P 

biUBch  nnd  zu  den  p  andern  unter  sich  iq^derselben  Beztehm^ 

obenbildlichen  als  gegenbildlich ;  In  Beziehung  zur  ganzen  Haopt- 

axe  aber,  so  wie  in  Beziehung  zum  ganzen  Körper^  sind  die  p 

SU  einer  und  derselben  Art  gehörigen '2fach  Igliedngen  Quer^^ 

strahlen  |^|.     Die  Anzahl  von  Art^  2fach  Igliediiger  Qaer* 

strahlen  ist  unendlich ,  d.  h.  hier  so.  viel'  als  gleich  der  Menge 

Ton  Strahlen,  welche  innerhalb  der  Schenkel  eines  ebenen  "WIb- 

360  . 

kels  Ton  — —  Graden  Ton  dessen  Scheitel  divergirend  an^gelieiid 

gedacht  werden  können ,  die  beiden  Schenkel  selbst  nicht  mit'» 
gezählt^* 

5)  Die  Strebestlrahlen  in  ien  Jtäuptßilgelßäc^  ersierAri, 
deren  jeder  ein  ^fach  igliedriger  Strehestrahl  ist,  dessen  dop* 
pelte  Fitigelflachen  in  jener  durch  ihti    gehenden  Hauptflügel» 

•  fläche  liegen.  Die  Anzahl  solcher  Strahlen  einef  Art  ist  s=  2  p* 
Je  2  einer  Art  liegen  in  einer  und  derselben  Hanptflägelfläche 
und  der  Winkel,  den  jeder  mit  dem  ihm  zunächst  liegenden 
fiauptstrahle  bildet,  ist  für' beide  Strebestrahlen  von  gleicher 
Gröfse.  Die  Ahzaht  von  Arten  solcher  Strebestrahlen  ist  un* 
endlich,  *  d.  h;  gleich  der/Mengd  Von  Strahlen  ,  die  ein  rechter 
Winkel  fafst. 

6)  Die  ^fach  igUedrigen  Stretestrdhlen  in  den  HauptßS^ 
gelßäcfien  ^ter  Art,  für  deren  jeden  die  ihm  angehangen  dop- 
Igelten  Flügelflächen  in  der  Hauptflügelfläche  2te^  Art,  die  durch 
ihn  geht,  liegeh.  Von  ihnen  gilt,  ^as  von  denen  gesagt  wor« 
den  i^t,  die  in  den  Hauptflügelflächen  erster  Art  liegen. 

7)  t)ie  übi^igen  Strebestrahlen  sind  Ifach  Igliedrige.  Je 
2  Ifach  Igliedrige  I     sich   gegenbildlich  verhaltende^    gleid^ 


,1  Um  ähDlicbe  AasAc(|lcke  kurzer  getieta  zu  koaaen,  bedente 
Menge  dtr  Strahlen  f  die  ein  Winkel  von  n  Graden  fafst,  >die  Anzahl 
Ton  Strahlen ,  die  in  einem  WiokeX  von  n  Graden  innerhalb  der  bei- 
den Scheokel  liegend,  TOm  Scheitel  autgehend  gedacht  werden  koa- 
aen^  die  beiden  Schenkel  aelbtt  nicht  mitgerechnet» 

Aehnlich  diesem  ist  der  Aasdruck:  Menge  von  Strahltn^  die  vo% 
einer  (auf  anstigebende  WeiMs)  bestimmten  Ecke  gefafst  werden, 
=:  Menge  von  Strahlen )  die  inoerhalb  dieser  £cke  liegend  ron  dem 
BckpuQcta  aasgehen  können,  die  in  den  Bbenen,  von  denen  die£cke 
gebildet  wird,  liegenden  Strahlen  nicht  mitgesählt. 


Kr^stallometrie.  1067 

"weitliige  StrebestraMen  liegen  in  einer  und  derselben  einfachen 
HaviptfliigeUläche  y  di«  2  p  einfachen  Hauptfliigelfiächen  anthal- 
tei|  daher  2  •  2p  =  4p  Ifach  jgTiedrtge  Strebestrahlen  einer 
Art;  die  2p  einen  unter  sich  ebenbildlichen  verhalten  sich  ^bu 
den  p  andern  unter  sich  eben  bildlichen  als  gegfsnbildlich  gleich« 
X)ie  Anzahl  ebenbilßlicher  Ifach  Igliedriger  Strebestra^len  einer 
Art  ist  daher  =  2  p.  ^  1^16  Menge  von  Artep  Igliedidger  Strebe«« 
strahlen  ist  op ,  d.  h.  gleiph  der  Anzahl  von  Strahlen ,  die  eine 

360 
Bck^  ffüEsty  welche  voi)  2  rechten  und  einem  Winkel  ygn— - 

P 
ßraden  gebildet  ist» 

Ist  p  eine  gerade  Zahl ,  so  ist  nicht  blols  die  Hauptakaeine 
gleichendige  Axe,  sondern  je  2  entgegengesetzte  Strahlen  sind 
gleichwerthig  und  bilden  eine  gleichendige  Axe.  Von  den  übri- 
gen Axen  sind  alle  2fach  2gliedrigei\  Axeq  dann  ^leichsUUig 
Wendig  y  alle  2fach.  Igliedrigen  und  alle  Ifach  Igliedrigen  ^bet 
ftind  gerenstelUg  2endig.  Ist  p  eine  9.ngQrade  Zahl,  ^o  ist 
ja  ein  2fach  2gliednger  Querstrahl  der  ersten  Art  einem  solchen 
der  2ten  Art  entgegengesetzt  und  bildet  mit  ihm  eine  ungleich- 
andige  Queraxe,  je  2  a^u  eines  2fech  3gliedrigen  Que^xe  ^enk«- 
rechte  Querstrahlen  bilden  danq  eine  gleichstellig  2andigei  2|§cl4 
Igliedrige  Qaeraxe«  Jede  andere  Axe  de^  l(.örpers,. die  in  eiqa 
d^rch  die  Hauptaxe  und  durch  eine  gleichstellig  2endige  2fach 
Igliedrige  Querai^e  gelegte  Ebene  fällt  ^  ist  eine  ebenbildlich 
gleichendige  Ifach  Igliedrige  Axe.  Alle  übrigen  2fach  Iglif  dri^ 
gen  SQWohl ,  als^  auch  Ifaph  Igliedrige^  A]|en  sii^d  i^ngleichr 
andige  Axen. 

Die  Menge  von  ebei^bildlichen  Stellungen  einer  jeden  ein- 
zelnen beliebigen  Art  ist  iiir  jede  Gestalt  mit  gleichsteltig  2endi- 
ger  2fach  pgliedriger  Hauptaxe  =  2p ;  denn  die  Producte  aus 
der  Anzahl  n  von  ebenbildlichen  Strahlen  einer  Art  in  die  Zahl 
X,  welche  die  Menge  von  ehenbildlichen  SfelltMigen  bein^  senk- 
rechten Aufv^firtsgeriphtetseyn  eines  solchen  Strahles  angiebt,  ist 
stets  =  2pf 

Es  ist  nämlich 


ip69 


KrysialL 


Der  Werth 
von  n 


DerWeidi 
von  X 


Bei  den  2fach  pgliedrigen  ebenbildli- 

.cheo  Hanptstrahlen S 

Bei  den  p  2£Bick  2gliedrigcua  Qaeratrah-t 

len  jeder  der  beiden  Arten       •     •  p 

Bei  den  2  p    einander  ^enbildllchen 

2fach  oder  Ifach  Igliedrigen  Strah-  '  1 

IcÄ 2p         I  1 

Aach  ist  ersichtlich ,  dafs  das  Product  der  sämmtllclieii  Zahlen 
in  jedem  der  einzelnen  Theile  a,|},/,d  des  Ausdracks: 

„Zu  e^ner  Art  von  Strahlen  gehören  entweder  a)  2  Strahlen, 
„die  2fachpgliedrigy  oder  ß)  pStrahlen,  die  2fach  2gHedrig, 
„oder  y)  2p  Strahlen,  die  2rach  1  gliedrig,  oder  dj  2  X  2p 
.„Strahlen  ,  die  Ifach  1  gliedrig  sind'* 
ein  und  dieselbe  Gröfse  habe,  denn  2.2p  =  p.2.2  =  2p.2.1 
c=2.2p.l9  ^^^  Gesetz,  welches  von  den|jdie Menge  der  eb*n- 
bildlichen  Stellungen  betreffenden  hier  sowohl  als  bei  den  fol- 
genden Strahlensystemen  abhängt« 

IL  Die  Hauptaxe  sey  glei^stellig  Sendig 
Ifach   pgliedrig,    z  B. 

Fig.  241  gleichstellig  2endig  Ifach  2gliedrig 

—  242        —         2  —     1  —  4    - 

—  243      ,  —         2  —     1  —  6    — 
Es  sind  dann  vorhanden :' 

1)  Zwei  \fach  pgUedrige  HauptBtrahlen^  die  sich!  gegen- 
büdlich  verhalten  (nicht  aber  ebenbildlich  sind);  sie. haben  kein» 
doppelte  Flügelfläche. 

2)  QaerstraJtlen,  Jeder  Querstranl  ist  2fach  Igliedrig,  so 
djib  der  mittlere  (Querschnitt  seine  doppelte  Flügelfläche  enthält. 
Die  einer  und  derselben  Art  angehörigen  Querstrahlen  sind  in 
Beziehung  zum  ganzen  Körper  und  auch  in  Beziehung  auf  das 
Bild  jeder  einzelnen  Pläcfienseite  des  mittleren  Querschnitts  eben- 
bildlich« Die  Anzahl  von  Querstrahlen  einer  Art  ist  =  p.  Die 
Anzahl  von  Arten  der  Querstrahlen  ist  =  oo ,   d.  h.  gleich  der 

360 
Menge  von  Strahlen,  die  ein  Winkel  von  Graden  (den  zwei 

P 

benachbarte  Quentrahlen  einer  Art  mit   einander  bilden)  fafst, 

den  einen  Schenkel  des  Winkels  dazu  gerechnet. 


Krystallometi^ie.  lOtitt 

3)  StrfheMtrahlen.  Jeder  Strebestrahl  iat  Ifach  Igliedrig. 
X>ie  einer  und  deraelben  Art  angehörlgen ,  auf  einerlei  Flächen- 
seite des  n^ttleren  Querschnittes  schief  aufstehenden  sind  eben« 
Bildlich.  Die  Menge  ebenbildlicher  Strebestrahlen  einer \Art  ist 
s=  p.  Die  auf  entgegengesetzten  Flächenseiten  jenes  Schniltea 
arufstehenden  solchen  Strahlen  einer  Art  verhalten  sich  gegen- 
bildlich. Die  Anzahl  von  Strebestrahlen  einer  Art  ist  also  =:2p. 
Oie  Menge  von  Arten  solcher  Strahlen  ist  gleich  der  Menge  von 
Strahlen,  die  eine  £cke  fafst,   welche  von  zwei  rechten  und 

360 
einem  Winkel  von Graden  eingeschlossen  ist,  -|-  der  Menge 

P 
von  Strahlen ,  die  ein  rechter  Winkel  fafst.     Ist  p  eine  gerade 

Zahl,  so  sind  je  zwei  einander  entgegengesetzte  Strahlen  gleich- 
Mrerthig ,  mithin  ist  jpde  Axe  gleichendig ,  und  zwar  die  Raupt- 
axe gleichstellig  2endig  Ifach  pgUedrig,  jede  Queraxe  gerenstel-« 
lig  2endig  2fach  Igliedrig,  jede  Strebeaxe  gerenstelli|;  2endig 
Ifach  Igliedrig.  Ist  p  aber  ungerade ,  so  ist  nur  die  Haupjtaxe 
gleichsteilig  2endig  Ifach  pgUediig,  jede  andere  Axe  ist  aber 
ungleichendig. 

Die  Menge  ebenbildlicher  Stellungen  jeder  einzelnen  Art 
bei  senkrecht  aufwärts  gerichtetem  Hauptstrahle  ist  liier  blofs 
=  1 .  p,  so  wie  auch  die  Menge  von  Stellungen  jeder  einzelnen 
andern  Art  =  p .  1  ist.     Auch  hier  ist  1  .p  =  p .  1. 

Hl,  Die  Hauptaxe  sey  gerenstellig  2endig 
2fach  pgliedrig,    z.  B. 

Fig.  244  A  u.  B,  gerenstellig  2endig  2fach  Igliedrig 

_  245  —       2  —    2—   2    — 

~  246A,B,C,D,E,F,     —       2  —     2  ^    3    r- 

Man  hat  dann 

1)  Zf4fei  Hauptstrahlen  ^  deren  jeder  ^f ach  pgliedrig  U%\ 
sie  verhalten  sioh  wie  |^|.  Die  doppelten  Flügelflächen  der 
ersten  (oder  zweiten)  Art  für  den  einen  Hauptstrahl  fallen  mit 
den  doppelten  Flügelflächen  der  zweiten  (oder  ersten)  Art  des 
andern  Hauptstrahls  in  eine  und  dieselbe  doppelte  Flügelfläche 
der  ganzen  Axe  zusammen. 

2)  2p  Quersirahlen  der  ersten  Art^  deren  jeder  in  einer 
der  p  doppelten  Flügelflächen  der  ersten  Art  des  einen,  mithin 
auch  in  einer  der  p  doppelt;en  Flügelflächen  der  andern  Art  des 
andern  Hauptstrahls  liegt  und  ein  Ifach  \gliedriger  ist,  dessen 
doppelte  Flügelflächen  in    jener  Flügelfläche  des  Hauptstrahls 


1070  Kryalall. 

liegen ;  man  kt^nnte  einen  solchen  durch  den  Aosdruck  strebe- 
strahlenartig  2fach  Igliedriger  Qaerstrahl  bezeichnen*  Die  p  einen 
Strahlen  der  Art  sind  einander  in  Beziehung  zur  obern  Kdrper- 
halfte  j  die  andern  in  Beziehung  zur  iintern  |^| ,  in  Beziehung 
zum  ganzen  Körper  sind  diese  und  jene  einander  |^|. 

3)  2p  Quersirahlen  tUr  2ten  Art^  deren  jeder  den  WinU 

360 

Yon  -^ —  Graden,  dpn  2;\Yei  benachbarte  Querstrahlen  der  ersten 

Art  mit  einander  bilden,  halbirt  und  ein  Ifach  2gliedriger 
Querstrai^l  ist,  Die  p  einen  verhalten  ^ich  sowqhl  in  Beziehung 
zu'jeder  einzelnen  Kdr|)erhäifte ,  ab  a^ch  in  Beziehung  zu  den 
p  andern  als  |=|. 

3)  Die  übrigen  Querstrahlen,  welchfe  \fach  igUedriff  sind« 
Von  einijr  und  derselben.  Art  solcher  Strahlen  sind  in  Beziehung 
zu  einer  jeden  der  beiden  (oberen  und  unteren)  KOrperhälften 
einzeln  genommen  p  unter  sich  ebenbildliche  vorhanden ,  die  zu 
p  andern ,  ihnen  in  derselben  Beziehung  gleichwerthigen ,  sich 
gegenbildlich  verhalten ,  für  beide  Hälften  des  Körpers  zusam- 
men sind  2p  ebenbildliche,  mithin  2  -2^  gleichwerthige  Ifacfa 
Iglie'drige  Querstrahlen  einer  Art  möglich.  Die  Anzahl  der  Ar- 
tyn  Ifach  Igliedriger  Querstrahlen  ist    gleich   tjer  Menge  von 

360 
S|rs|hlen  %  die  eia  Wiukel  von  - —  Graden  fafstt 

4p 

4)  pie  2/acÄ  igliedrigen  Strehestrahlen;  sie  liegen  in  den 
doppelten  Flügelflächen  der  Hauptaxe,  die  auch  für  sie  die  dop- 
pelten'Flügelflächen  enthalten.  Die  einer  Art  angehörigen  sind 
1^1  und  ihre  Anzahl  ist  2p9  indem  in  jeder  der  2p  doppelten 
Flügelfläc;hen  nur  einer  von  jeder  Art  liegt.  Die  Gesammtheit 
2fach  Igliedriger  Strebestrahlen,  die  in  jeder  doppelten  Flügel- 
fläche der  Hauptaxe  liegt,  zerfallt  durch  den  2^ch  Igliedrigen 
Querstrahl  in  2  Abtheilungen ,  deren  eine  der  doppelten  Flügel- 
fläche Ister  Art  für  den  einen  Hauptstrahl,  die  andere  der  dop-f 
pelten  Flügelfläche  2ter  Art  für  den  andern  Hauptstrahl  ange- 
hören. Die  Anzahl  von  Arten  für  jede  Abtheilung  ist  gleich  der 
Menge  von  Strahlen,  die  ein  rechter  Winkel  fafst, 

5)  Die  übrigen  Strehestrahlen,  welche  {fach  Igliedrig  sind. 
Nur  eine  solche  Flügelflache  der  Hauptaxe ,  welche  durch  einen 
Ifach  2gHedrigen  Querstrahl  geht,  enthält  zwei  gleichwerthige 
Ifach  Igliedrige  Strebestrahlen,  und  zwar  ebenbildliche;  jede 
andere  einfache  Flügelfläche  der  Hauptaxe    aber   enthält  keine 


Kryatallometrie.  1071 

2gleichwertliige  solche  Strahlen«    Die  Anzahl  in  Beziehung  zn 
einem  Haapfstrahle  ebenbildlichef  Ifach  IgUedriger  Sfrebestrah^ 
len  jeder  Art  ist  =3  p ,  in  Beziehung  zum  ganzen  Körper  einf^n- 
der  ebenbildlich  sind  je  2  p  solcher  Strahlen,  die  sich  zu  2  p  son- 
dern ihnen  gleich werthigen  \yie  gegenbildlich  verhalten ,  so  dafs 
die  Anzahl  Ifaoh  Igliedriger  Strebestrahlen  einer  Art  =  2  .  2p    . 
=£  4  p  ist.     Die  Oesämmtheit  der  in  einer  und  derselben  Haupt- 
flügelflache  liegenden  'Strebestrahlen  wird  durch  deh  in  dersel- 
ben Flügelfläche  liegenden  Querstrahl  in  2  Abtheilungen  geson- 
dert,  daher  man  auch*  im    Allgemeinen    die  Ifach  Jgliedrigen 
Strebestrahlen  in  2  Abtheilungen  theilt.     Die  Menge  von  Arten 
Ifach  Igtiedriger  Strebestrahlen  beider  Abtheiltfngen  zusammen- 
genommen  ergiebt  sich  daher  =  dev  zweimal  genommenen  Menge 
von  Strahlen,  welche  eine  Ecke  falst,  die  von  2  rechten  und 

360 
einem  Winkel  von  —  Graden  gebildet  ist,  +  der  Menge  yon 

Strahlen ,  die  ein  rechter  Winkel  folst. 

]st  p  eine  gerade  Zahl,  so  ist  jede  2fach  Igliednge  Quer- 
fxe  gleichstellig  2endig,  jede  Ifach  l^gliedrige,  so  wie  jede 
Queraxe  ebenbildlich  2endig^  jede  in  d^r  durch  die  ^auptaxe 
und  durch  die  Ifach  2gliedrjge  Queraxe  gelegten  Ebene  Ke- 
gende Ifach  igliedNge  Strebeaxe  ist  ebenbildlich  gleichendig^ 
jede  andere  As^e  aber  ungleichendig.  Ist  aber  p  ungerade ,  so 
ist  jede  Axe  gleichendig,  und  zwar  die  2gliedrige  Queraxe 
fileichstellig  2eDdig,  jede  andere  Axe  aber  gerenstellig  2endig 
Ifach  Igliedrig.  Die  Menge  eben  bildlicher  Ste^ungen  jeder  ein- 
zelnen Art  bei  senkrecht  aufwärts  gerichtetem  pgliedrigen  Haupt- 
st^ahle  i^t  hier ,  \Yeil  die  2  Hauptstrahlep  ebenbildlich  sind, 
s==  2  X  P  9  wenn  einer  der  p  ebenbildlichen  ifaph  2gliedrigei| 
Querstrahlen  senkrecht  aufwärts  gerichtet  ist ,  =^  p  X  2 ,  un4. 
^eder,  wenn  irgend  einer  der  2p  ^  (Jfach  oder  2fach}  Igli^- 
drigen  Strahlen  seqkrecht  aufwärts  gerichtet  ist,  =5  2f  >^  1.  ^s 
ist  aber  ?  Xp  =  p  X  2  =  2p  X  1. 

IV.    Die  Hauptaxe    säy    gerenstellig    2eadlg 
Ifach  pgliedrig,   z«  B. 

Fig.  247  gerenstellig  2endig  lfa<:h  Igliedrig 

^248        -        2—     1-  3    ~ 

Man'hat  in  diesem  Falle: 

1)  2  glcichwerfhigft  sich  wie  |==|,  nicht  ^,  verhaltende 


107JJ,  ;    .       .Kry«talL  .      - 

Ifaich  pgliedriga  Haaptstrableo  (die  abo  keine  doppeken  Flii^el- 
Sachen  haben).  .  '  • 

2}  Quersircütlen ^  deren  pder  \fQoh  igliedrig  ist;  je  p 
^nd  in  Beziehung  zm  einem  Hauptetrsjtle  ^  nod  T-erhalten 
flieh  zu  den  p  ihnen  gleichwerthigen ,  die  hinter  sich  in  Bezie- 
hung zum  andern  Hauptstrahle  einander  ^  sind ,  in  Beziehnng 
zum  ganzen  Körper  als  gegenbildlich  gleich.  Die  Anzahl  Qaer- 
fltrahien  einer  Art  ist  also  =^  2p9  die  Anzahl  der  Aiten  von 
Querstrahlen  ist  gleich  der  Menge  von.  Strahlen ,  die  ein  Winkel 

360 
Ton  -; —  Graden  fabt.  den  einen  der  Schenkel  dieses  YFinkels 

selbst  dazu  gezählt. 

3)  Strebes^rahlen ,  deren  jeder  gleichfalls  ifack  i^Hedrig 
ist.  Die  p  einen,  unter  sich  in  Beziehung  su  einem  Haupt- 
strahle  ebenbildlichen ,  verhalten  sich  zu  den  p  andern,  die  mit 
ihnen  zu  derselben  Art  gehören  (und  nnter  sich  in  Beziehang 
zum  andern  Hauptstrahle  einander  ^  sind),  in  Beziehung  zam 
ganzen  Körper  als  gegenbildlich  gleich.  Djther  ist  die  Anzahl 
von  Strebestrahlen  einer  Art  =  2p.  Die  Menge  der  Arten  von 
Streb e'stra hl en  ist  gleich  dem  Doppelten  der  Summe  aus  der 
Menge  von  Strahlen,  die  eine  Ecke  fafst,  welche  von  2  rechten 
^  '     ^fin 

und  einem  Winkel  von  -—^  Graden  eingeschlossen  ist,  nnd  der 

Menge  von  Strahlen ,  die  ein  rechter  Winkel  fafst. 

Ist  p  eine  gerade  Zahl^  so  ist  jede  Queraxe  ebenbildlich 
gleichendig,  jedeStrebeaxf  aber  ungleichendig.  Ist  aber  p  unge- 
rade, so  ist  jede  Axe  gleichendig  und  zwar  gleichendig  gerenstelli^. 

Die  Menge  von  ebenbildlichen  Stellungen  jecjler  einzelnen 
Art  bei  senkrecht  aufwärts  gerichteten  Hauptstrahlen  ist ,  da  die 
beiden  Hauptstrahlen  nicht  ebenbildlich  sind ,  blols  =  i  X  p. 
Da  von  sämmtlichen  übrigen  Strahlen  stets  nur  je  p  einander  ^ 
sind  und  da  jeder  Strahl ,  der  nicht  Hauptstrahl  ist,  blofs  Iglie* 
drig  ist ,  so  ist  bei  dem  senkrechten  Aufwärtsgerichtetseyn  von 
Quer-  oder  iStrebestrahlen  irgend  einer  Art  die  Anzahl  ebenbüd- 
licher  Stelhjngen  c=  p  X  !•     E»  ist  1  X  p  =>  p  X  1» 

V.  Die  Hauptaxe  sey  eben.bildlich  2endig 
Ifach   pg^liedrig',    z.  B. 


i    Gestalten,  denen- «olche  6traUeiuj«teme  etattprechen,  afnd  von 
Jeder  Art  swet  möglich^  die  tich  aa  einander  geg•nbil(^ioh  rarhalteo, 


Krystailometrie.  107ß. 

•         .        ' 
Fig.  349  A,  ebenbildlich  gleichendig  Ifach  SgUediig 
-*-    249  B*  ebenbildlich  gleichendig  Ifach  3gli«drig. 
Es  sind  dann  vorhanden : 
1}  2  ebenbildliche  Ifach  pgtiedrige  Haiiptstrahlen, 

2)  p  ebenbildliche  Ifach  2gliednge  Qaerstrahlen  der  er* 
8ten  und  ^ 

3)  p  ebenbildliche  Ifach  2g1iedrige  Querstrahlen  der  zwei« 
ten  Art.  Jeder  2gliedrige  Querstrahl  der  ersten  oder  2ten  Art 
ist  ein  doppelter  Strahl  der  ersten  oder  2ten  Art  in  der  ebeneli 
Figur,  die  der  mittlere  Hori^^ontalschnitt  bildet  und  welche  eine 
2fach  pgliedrige  ist. 

4)  Jeder  andere  Qicerstrahl  ist  blofs  Ifach  Igliedrig.  I^ia 
p  einen ,  in  Beziehung  zum  einen  Hauptstrahle  einander  eben- 
bildlichen  ,  verhalten  sich  zu  den  ihnen  gleichwerthigen  in  Be- 
ziehung zum  andern  Hanptstrahle  einander  ebenbildlichen  ^p  an* 
dern,  wenn  man  sie  in  Beziehung  zum  ganzen  Körper  vergleicht^ 
als  ebenhildlich,  wahrend  sie  in  Beziehung  auf  einerlei  Flächen- 
seite des  als  ebene  Figur  (d.  h.  ohne  Rücksicht  auf  Bedeutung 
im  Körper)  betrachteten  mittleren  Querschnittes  sich  gegenbild-^ 
lieh  verhalten.  Die  Anzahl  Igliedriger  Qnerstrahlen  einer  Art 
is^  also  =3  2p'  Die  Anzahl  der  Arten  solcher  Strahlen  ist  ssder 

360 
Menge  von  Strahlen ,  die  ^in  Winkel  von  ^r^  Graden  fafst. 

5)  StrthestraJiUn ;  sie  sind  ifach  igliedrig ,  je  2  p  gehö- 
ren zu  einerlei  Art  und  sind  in  Beziehung  zum  ganzen  Körper 
ebenbildlich,  die  p  einen  sind  einander  ebenbildlich  in  Bezie- 
hung zum  einen  ,  die  p  andern  zum  andern  Hauptstrahte.  Nur 
in  denjenigen  Hauptflügelflächen ,  in  welchen  2gliednge  Quer- 
strahlen liegen ,  sind  auch  zu  beiden  Seiten  dieses  Querstrahls 
gleichwerthige  (namentlich  ebenbildliche)  Strebestrahlen  befind- 
lich. Die  Anzahl  von  Arten  der  Strebestrahlen  ist'  gleich  der 
Nenge  von  Strahlen ,  die  »ine  Ecke  fafst  ^  welche  2  rechte  und 

360 
einen  Winkel  von  Graden  hat,  +  der  Menge  von  Strahlen, 

P 

die  ein  rechter  Winkel  falst» 


ohne  ebeobildiioh  sa  t eyn  i  dastelbe  '  gilt  daher  auch  Ton  den  Strah- 
l^Dsyttemeu  «elbtt,  die  swai  solchen  Gestalten  angehören.  £§•  ist 
keine  Stellaog  für  die  eine  Gestalt  möglich ^ .  in  der  sie  mit  der  ihr 
ähnlichen  und  gleicheo  eongrolrte. 


1074  Kry«talL 

Ist  p  leipe  g<;ra^e  Zahl,  sq  sind  die  It^ch  2g1ie4rigen  Qaei- 
axen  sowohl  als  auch  die  Ifach  Jgliedrigeq  ebenbildlich  2endig| 
die  in  eine  durch  die  Hauptaye  upd  eine  Sgliedrige  Qneraxe 
celegte  Ebene  fallenden  Strebeaxen  sind  ebenbildlich  gleichen- 
dig ,  die  übrigen  aber  ungleichendig.  Ist  p  eine  ungerade  ZaU, 
SQ  ist  jede  Ifach  2gliedrige  Qiieraxp  ungleichen dig|  jede  auf  etoe 
3gliedrige  Queraxe  ^enkrfsehte  Ifach  Igliedrige  Queraxe  ist  eben- 
bildlich  gleichendig  ^  jede  findere  Queraxe  aber  ist  ungleichen- 
dig; jede  in  einer  durch  die  Hauptaxe  und  durch  eine  ebenbild- 
lieh  gleichendige  Queraxe  gelegten  Ebene  liegende  Strebeaxe  ist 
ebepbildlich  glei9hendi^,  jed^  apdere  S(rebeaxe  s^ber  i^%  unr 
gleichendig. 

Die  Menge  der  ebepbildlicheo  3te)luQgep  fHt  die  senkrecht 
Stehende  Hauptaxe  ist  =  2  p ,  weil  die  Hauptaxe  aus  2  ebeni)ild- 
pichen  pgliedrigen  Hauptstrahlen  besteht ;  bei  dem  senkrechten 
Aufwärtsgerichtetseyn  eines  2gliedrigen  Querstrahls  3=  p  X  2, 
^eil  die  Anzahl  2gliedriger  Querstrahlen  finer  Art  ==  p  ist,  nnd 
endlich  bei  den)  senkrechten  Aufwärtsgerichtetseyn  eines  Iglie-r 
drigen  Quev  undStrebestrable9=?2p  X 1»  weil  je  2p  der  Iglier 
driget)  Strahlen  einander  etienbildlich  siqd  tind  jeder  nu^  eine 
einzige  aufrechte  Stellung  jeder  Art  gestattet.  Es  ist  2  X  p 
c=pX2  =  2pXl. 

•VI.     Die   Hauptaxe    sey   ungleicheqdig    2fach 
ngliedrig,   z.,D. 

»   Fig.  250  ungleichendig^  2fqch  2gliedrig, 
-  —   251  ungleichendig  2fach  Sgüedrig. 
Es  ist  dann  vorhanden  : 

2)Ein£««r}  ^•^'^*  P8ili'driS['r  HauptsiraJ^l,  beide 
Kauptstrahlen  ungleichwerthig. 

3)  p  Querstrahlen  der  ersten  Art,  )        ,  ,  ,         ,. 

A\     f\       *    ui      j  '.k  1  \  welche  strebestrahlen- 

4)  p  Querstrahlen  der  zweiten  Art,  f 

«tig  2fach  Igliedrig  sind.    Die  von  einerlei  Art  sind  also  ein- 
under  |^|, 

5)  Die  übrigen  Qaerstrahlen,  deren  jedec  Ifach  Igliediig 
ist ;  je  p  sind  ebenbildlich  und  gleichwerthig  mit  p  andern  unter 
sich  ebenbildlichen ,  2«  denen  sie  sich  gegenbildlich  verhalten. 
Die  Anzahl  Ifach  Igliedriger    Querstrahlen    einer  Art  ist  also 


Kryatallometrie«  1075 

ac=  2  p«    Die  Mebge  der  Arten  derselben  ut  gleich  det  Mengd 

360 
der  Strahlen  •  die  ein  "Winkel  voü  r~  Graden  fabt. 

2p  . 

6  u.  7)  Die  2fach  Igliedrigen  Strebestrahlen ,  dU  (gleick 
den  2fÄch  Igliedrigen  Querstrafalen )  m  i//a  doppelten  Haupt^ 
flügelflächen  der  Braten  ode^  der  sft^iien  Art  fallen.  Die  An- 
zahl 1^1  2fach  Igliedriger  Strebestrahlen  einer  Art  ist  p,  die 
Menge  Yon  Arten  ftir  jede  dieser  beiden  Abtheilungen  2fach 
Igliedriger'  Strebestrahlen  ist  gleich  dem^  Doppelten  der  AUäabl 
von  Strahlen  ^  die  ein  rechter  Winkel  fafst« 

8)  Die  \fach  igliedrigen  Strebeetrahlen  ß  Ton  denen  je  p 

unter  sich  ebenbildliche  mit  p  andern  unter  sich  ebenbildlichen, 

die  sich  zu  ihnen  gegedbildlich  verhalten ,    2ü  einerlei  Art  gt-^ 

hören  ^  so  dals  die  Anzahl  solcher  Strahlen  einer  Art  =  2  p  ist« 

Die  Menge  von  Arten  Ifach  Iglieddger  Strebestrahlen  ist  gleich 

dem  Doppelten  der  Menge  voll  Strahlen,  die  eiheEcke  fafst,  \veU. 

360 
che  Von  2  techten  und  einem  Winkel  von  — ^  OrAden  gebildet 

P  , 

ist   Ist  p  eine  gerade  Zlahl,  so  sind  die  2fach  Igliedrigen^Quer» 

axen  gleichstellig  2endig9  die  andern  Querai^eä  aber  sind  eben«* 

bildlich  gleichendig.     Die  Strebeaxen  sind  ungleichendig.   Ist  p 

ungerade^  So  sind  blofs  die  auf  die  2£ach  Igliedrigen  (^ueraxea 

senkrechten  Ifaph  IgUedrigeii  Queraxen  gleichendig,  und  v^ar 

gleichstellig  2end]g ,  alle  Übrigen  Axen  aber  sind  ungleichendig« 

Die  Menge  der  ebenbildlichen  Stellungen  für  eine  Gestalt 
mit  ungleichendiget  2fach  pgliedi-ig^r  Hauptaxe  ist  fiir  den  senk«* 
recht  aufgerichteten  Hauptstrahl  der  einen  Art  =i  iXp^  ffir 
einen  senkrecht  aufwärts  gerichteten  Ifach  Igliedrigen  Strahl 
aber,  weil  immer  nur  p  ebenbildliche  Strahlen  der  Art  vorhan- 
den sind,  =p  X  1 ;  PX  1-«=  1  X  P* 

Vn.  Die  ÜauptaXe  sey  ungleichendig  Ifach 
pgliedrig^  z.  B. 

Fig.  252  A.  utigleichendig  ifach  Ighedrig 

—  252  B.  —  1  -  2    — 

—  252  a  —  1  —  3    — 
— .  252  D.         —           1  —  4    — 

So  hat  man 

1)  einen  Haupisirakl  der  ersten  uirt»     )    ,  .  « 

2)  einen  Hauptstrahl  der  xwtiten  Art,  \ 

Ifach  pgliedriger  dem  andern  nicht  'gleichwerthiger  Strahl  ist* 


1078  Krystall. 

eben  Axen  ein^  als  die  Hauptaxe  ansutfehen«  Auch  kaditet  es 
von  selbst  ein,  dals,  wenn  zwei  Strahlensysteme  gegeben  nnd, 
.  die  mit  einander  verglichen  werden  sollen ,  und  für  beide  ^  der 
Wehh  von  m.^gleich  grob  ist,  im  einen  Systeme  aber  die  Qner« 
axen  erster  und  zweiter  Art  nothu^endiffe ,  im  andern  dagegen 
zu  w'dbiende  sind,  man  in  diesem  die  Lage  der  beiden  Arten 
von  Qaeraxen  gegen  einander  so  zvl  wählen  habe ,  wie  sie  in 
jenem  gegeben  ist*  Nennt  lUan  daher  die  Queraxen  erster  und 
Zweiter  Art  die  Messungsqueraxen  (Qaerdimensionsaxen)  und 
fafst  man  diese  beiden  Arten  von  Axen  und  die  Hauptaxe  unter 
deüi  gemeinschaftlichen  Namen  Messungsaxen  zusammen^  so 
sieht  man  leipht  ein,  dafs  die  hauptaxigen  Strahlensysteme  tu 
mehreren  in  Familien  vereint  werden  binnen,  zo  daTs  diejeni- 
gen, welche  einerlei  Anzahl  Von  Messungs^ueraxen  einer  Art^ 
besitzen ,  ±U  einer  und  derselben  Familie  gehören  und  1-  und 
mmafsige  Gestalten  benahnt  werden  können^ 

Wenn  m  ungerade  ist,  so  bildet  je  eine  Qaeraxe  «weiter 
Att  Uiit  biner  solchen  erster  Art  einen  rechten  Winkel ;  ist  nber 
m  gerade,  so  bilden  zwei  gleichnamige  Queraxen  rechte  Winkel 
mit  einander;  je  eine  solche,  erster  Art  mit  einer  der  2ten  aber 
bildet  einen  halben  rechten  Winkel.  I3er  Wetth  von  p  ist  ent- 
weder. =  m  oder  =  2  m. 

Als  1-  und  Suiafsige  Strahlensysteme  sind  zu  betrachten  : 

1)  <)ds  [gleichstellig  2endige  2^ach]  6gliedrige  System 

2)  das  [gleichstellig  2ehdige||  Ifach  6     —  — 

3)  das  ebenbildlich  2endige  [ifach]  6    —  — 

4)  das  uiigleichebdige  [2fach]  ß     -^  _ 

5)  das  ungleicbendige  Ifach  6     — *  -^ 

6)  das  gleichstelli^  2endige  2fach     3     — •       ,      — 

7)  das  gleichstellig  2endige  Ifach     3    —  — 

8)  das  [gerenst ellig  2endige  2fach]  3     —  — 

9)  das  [gerenstellig  2endige]  Ifach  3     —  — 

10)  das  ebenbildlich  2endige  Ifach     3     —  — 

11)  das  ungleichendige  [2fach]  3     —  — ' 

12)  das  ungleichendige  ifach  3     —  — 
Setzt  man  hier  statt  Sgliedrlg  den  allgemeinen  Ausdruck  (2n+l)- 
gliedrig  und  statt  Ggüedrig  2  (2n  +  l)gliedrig ,  so  hat   man  die 
12  Strahlensysteme,  welche  1-  und  mmafsig  sind,  wenn  m  eine 


1    Fol^Uck  aoch  der  andern  Art. 


Kryatallpmetrie.  1070 

^ungerade  Zahl  =  (2n  + 1)  Mt.   Füf  n  =0  oder  m  sss  2ii  «f- 1  s=3 1 
hat  man  die  1-  und  Imalsigen  Systeme  ^. 

Als  1-  und  2mafaige  *Sti;ahlensy8teme  sind  zu  betrachten  : 

1)  das  [gleichstellig  2endige  2fach]  4gliedrige  System 

2)  da*  [gleichstellig  2endigfe]  Ifach  4     — '  •— 

3)  das  ebenbiidlich  2endige  [Ifach]  4    -—  — 

4)  das  ungleichendige  [2ftich]  '         4     —  ^-  ^ 

5)  das  ungleichendige  Ifach   -  4     —  — 

6)  das  gerenstellig  2endige  [2fach]  2     —  "^       . 

7)  das  gerensteUig  2cndige  Ifach  2  —  — • 
Setzt  man  statt  des  Ausdrucks  2gliedrig  den  allgemeineren 
2ngliedrig  pnd  statt  4gHedrig  den  Ausdruck  4ngliedr]g,  so  hat 
man  die  7  Strahlensjsteme,  welche  1-  und  mmafsig  sind,  wenn 
m  eine  gerade  Zahl  =ac=  2  n  ist.  Dafs  hier  von  den  2gliedri^en 
(2ngliedrigen)  nur  die  gerenstellig  2endigen  vorkommen  und 
also  hier  nur  7  Systeme  aufgezählt  werden ,  während ,  wenn  m 
ungerade  ist,  die  Anzahl  12  beträgt,  liegt  darin,  dafs  bei  den 
übrigen  2gliedr]gen  Strahlen  Systemen  nur  je  eine  Messungsaxe 
einer  Art  vorhanden  ist,  und  nicht  2  einander  gleich  wert  h  ige 
Messungsöxen  erster  Avt ,  und  2  gleichwerthige  solche  sweitec 
Art  y  oder  allgemein ,  dafs  bei  den  übrigen  SugÜedrigen  Strah-* 
lensystemen  nur  n  gleich\^erthige  Queraxeu  erster.  Art  und  ja  , 
solche  gleichwerthige  Queraxen  zweiter  Axt  vorhanden  eind^«    - 


1*  Von  den  1*  und  Imafsigen  Systemen  ist  das  2te  mit  dem  8ten, 
das  4te  mit  dem  6ten,  das  5te  mit  dem  lOteo,  das  7te  mit  dem  Uten 
•o  verwandt,  dals  das  eioe  an  die  Steile  des  andern  gesetat  werden 
l^önnte ,  wenn  es  erlaubt  wäre,  die  Haoptaxe '  des  einen  mit  einer  an« 
dem  einheitlichen  Axe  desselben  zu  vertauschen.  Dafs  dieses  jedoch 
nicht  überall  erlaubt  sey,  geht  daraus  hervor,  dafs  die  menschliche 
Gestalt,  wenn  man  die  rechte  and  linke  Hälfte  als  gleichwerthig  be- 
trachtet und  von  den  Verschiedenheiten  im  inneren  Baae  absieht^ 
^inem  Strahlbosysteme  entspricht ,  .welches  eine  ungleichendige  2flich 
Igliedrtge  Hauptaxe  hat,  welche  von  Jedem  unmittelbar  für  die  rich- 
tige wird  angesprochen  werden,  obgleich  andere  einheitliche  Axea 
Yorhaffden  sind,  welche,  rein  malhematisch  genommen,  eben  so  gut 
sur  Hauptaxe  gewählt  werden  könnten ,  als  diese. 

2^  Dafs  dessen  ungeachtet  Yerhältnisse  statt  finden  können,  ge- 
mäfs  welchen  ein  gleichsteliig  Sendiges  Sfach  Sgliedriges  Strahlen- 
System  z.  £.  in  sehr  naher  Verwandtschaft  stehen  könne  mit.  einem 
gleichsteliig  Sendigen  Sfach  4gliedrigen,  ist  von  selbst  einleuchtend, 
•ach  wird  dieses  in  der  Folge  berührt  werden« 

V.  Bd.  Z»« 


1080  Krystall. 

Da  es  von  Nutzen  seyn  dürfte,  kürzere  Benennui^en  für 
t  die  wichtigsten  Strahleoeysteme  zu  haben ,  so  werde  festgesetzt, 
dafs,  wenn  der  WcVth  von  p  bekannt  ist,  man  aUo  weils  ,  ob 
.p  gerade  ist  oder  ungerade,  folglich  auch  bekannt  ist,  ob  die 
gleichendigen  Axen  vorherrschen  oder  die  ungleichendigen,  die- 
jehigen  Systeme,  bei  denen  die  gleichendigen  Axen  vorherr- 
schen ,  als  die  wichtigeren  angesehen  werden  und  eine  abge- 
kürztere Benennung  erhalten  sollen.  Dieses  kann  dadurch  ge- 
schehen ,  dafs  man  den  Theil  der  Benennung ,  welcher  bei  der 
hier  beispielsweise  stattgefundenen  Aufzählung  der  1-  und  3nia- 
fsigen  Gestalten  und  der  1-  und  2mafsigen  in  [  ]  eingeschlossen 
ist,  vernachlässigt.  Dieselbe  Art  der  Abkürzung,  wie  bei  den 
1-  und  3malsigen  Systemen,  findet  natürlich  statt  bei  allen  1-  und 
(2n  4- 1)  mafsigen ,  folglich  auch  bei  den  1-  und  Imafsigen  Sy- 
.  Sternen,  und  eben  so  tritt  die  bei  den  1-  und  2mafsigen  Systemen 
angedeutete  Abkürzung  für  alle  1-  und  2nmalsige  Systeme  ein. 

Flächen,  Kanten  und  Ecken  an  Gestalten. 

Wenn  einer  Gestalt  ein  Strahlensystem  etitspricht,  so  kann 
man  umgekehrt  die  Bewegungsflächen  und  Kanten  der  Gestalt 
nach  den  Strahlen  jenes  Systems  benennen,  die  auf  ihnen  senk- 
reoht  sind ,  so  wie  die  Ecken  nach  den  den  Eckpunct  treffenden 
Strahlen.  Wegen  der  Begrenzungsflächen  ist  weitere  Erläute- 
rung überflüssig ,  da  von  ihnen  im  Wesentlichen  dasjenige  gilt, 
was  von  den  Schnittebenen  in  einem  KiJrper  gesagt  wurde.  Die  - 
Kapten  anlangend ,  so  ist  in  ihnen  ein  Pliar  von  Richtungen  in 
der  Linie  der  Kante  selbst  gegeben ,  welche  als  abgesondert  be- 
trachtet werden  müssen.     Die  Kanten  können  daher  blofs  seyn 

1}   2fach  ^gUedrige  Kanten,   wenn  auf  ihnen  ein  2fach 
3gliedriger  Strahl  des  Strahlensystems,    das  dem  K(5rper  ent- 
spricht, senkrecht  ist.     Man  kann  von  einer  solchen  Kante  sa- 
'  gtn ,  sie  sey  ebenbildlich  gegenbildlich  gleichendig  und  eben- 
bildlich gegenbildlich  gleichseitig*  , 

2)  ifach  ^gliedrige  Kanten,  die  senkrecht  auf  Ifach  2glie- 
drlgen  solchen  Strahlen  sind.  Dergleichen  Kanten  sind  eben- 
bildlich gleichendig,  ebenbildlich  gleichseitig«' 

3)  .ifach  igliedrige  Kanten,  die  senkrecht  auf  2fach  Iglie- 
drigen  solchen  Strahlen  sind ;  sie  zerfallen  in  , 


Krystallometrie.  1061 

a)  ungleichendigg  oder,  waa  dasselbe  ist,  gegenbildlich 
gleichzeitige  ifaph  igliädrige  Kanten  and  in 

b)  gegenbildlich  gleichendige  oder ,  was  damit  einerlei 
ist,  ungleicheei^ige  2/ach  igUedrige  Kanten» 

Bei  jenen  geht  die  Ebene  der  doppelten  Flügelflachen  des 
2fach  Igliedrigen  Strahles  im  KOrper,  auf  welchen  die  Kanto 
senkrecht  ist,  durch  die  Kante  selbst,  so  dafs  diese  in  ihr  liegt; 
bei  diesen  ist  die  Kante  senkrecht  auf  jener  Ebene. 

4)  ifach  igliedrige Kanten  senkrecht  auf  Ifach  Igliedrigen 
Strahlen  des  dem  Körper  entsprechenden  Strahlensystems ;  sie 
änd  weder  gleichendig  noch  gleichseitig. 

Eine  senkrecht  stehende  Säule  mit  regelmafsig  sechsseitiger 
oberer  und  unterer  HorizontaUäche  hat  6  vertikale  Kanten,  wel- 
che dem  Falle  1,  und  12  horizontale  Kanten ,  welche  dem  Falle 
3  b  entsprechen.  Ein  Parallelepipedon,  welches  von  6  gl^i-* 
chen  und  ähnlichen  Rauten  umschlossen  ist,  hat  in  Bezug  auf 
das  ihm  entsprechende  Strahlensystem  6  Kanten ,  die  dem  Faüe 
2,  und  6  Kanten,  die  dem  Falle  3,a  entsprechen.  Bei  einem 
-von  vier  ungleichen  ungleichschenkligen  Dreiecken  umschlosse- 
nen K()rper  ist  jede  der  Kanten  eine  Ifach  Igljedrige.  Eine  jede 
lElcke  ist  aus  denselben  Gründen  im  Allgemeinen  entweder  eine 
Ifach  pgliedrige  «oder  eine  2fach,  pgliedrige.  Die  Ifach  pgliedrige 
ist  wieder  eine  p-  oder  2Xp-oder3Xp-  oder  nXpkantige,  je 
nachdem  in  ihr  1  oder  2  oder  3-«*  öderen  verschiedene  p-^heiten 
vpii  Kanten  zusammentreiFen ,  von  denen  die  zu  jeder  p-heit 
gehörigen  einander  ebenbildlich  sind«  Die  2fach  pgliedrige  Ecke 
ist  eine  pkantige  oder  2  X  pkantige  oder  tkantige  u.  s.  w.,  allge* 
mein  eine  n  X  tkantige  oder  n  X  ^  wnd  pkantige  oder  n  X  t 
und  2Xp^^"^^g®)  Ausdrücke,  welche,  wenn  man  statt  des  Bei- 
worts kantige  setzt  das  Wort  winklige,  den  Schnittebenen 
senkrecht  auf  den  Strahl  des  Strahlensystems,  dem  jene  Ecke 
ang^^ört,  entsprechen,  wenn  sämmtliche  Kanten  der  Ecke  von 
der  Schnittebene  getroffen  werden.  Der  Buchstabe  t  bedeutet 
eine  Zahl  =  2p  von  Kanten^  wovon  die  p  einen  unt£r  sich 
ebenbildlich  und  zu  den  p  andern ,  ihnen  gleichwerthigen ,  ge-* 
genbildlich  sind.  Die  Zahl  n  bedeutet  die  Menge  solcher  ver- 
gchiedenwerthiger  t-heiten,  der  Buchstabe  p  in  obiger  Formel 
aber  bezieht  sich  auf  die  Menge  von  ebenbildlich  gegenbildli« 
chen  Kanten.  Kommt  der  Ausdruck  2Xp  vor,  so  sind  2  ver- 
schiedenwerthige  p-heiten  solcher  Kanten  an  /der  Ecke  zu  finden* 

Zzz  2 


1082  Krjrstall. 

Die  wichtigsten  2fach  pgliedrigen  Ecken  sind  die  pkantigen  nnd 
die  2  X  pkantigen.  Von  den  2fach  2gli^drigen  insbesonder« 
sind  wichtig  die  2 X2kantigen,  die'4kantigen  u.  s.w.;  von  den 
2fach  Igliedrigen  die  2- und  Ikantigen,  die2- und2Xlkanfigen, 
die  2  X  2kantigen  ,  die  2X2-  und  Ikantigen,  die  2X2-  und 

2X  J^sin^'o*^"  U'*'^^»  *  * 

*  Jede  Fläche  einer '  hauptaxigen  Gestalt  aber  ist  entweder 
senkrecht  auf  einen  Hauptstrahl ,  und  dann  heifst  sie  Horizont 
talllache  oder  Tafelßächey  oder  senkrecht  auf  einen  Querstrahl, 
und  dann  heifst  sie  Vcrticalfläche' oder  5fla/en^tfcÄ^,*S'e//e7i^"'cÄ*, 
Seiten  wand  y  oder  endlich  senkrecht  auf  einen  Strebestrahl,  nnd 
dann  heifst  sie  Strebefläche  oder  schiefe  Wand. 

Eine  Ecke ,  in  deren  Eckpuncte  die  Haiiptaxe  sich  endigt, 
heifst  ein  Säheitel  der  Gestalt  (vertex,  PoUfike,  Spitze  u.  8.Mr,)« 
Eine  Gestalt  hat  also  höchstens  2  Scheitel. 

Kanten,  die  im  Scheitel  zusammenlaufen ,  heifsen  Scheitel^ 
honten  {crurä  i^erticis,  Polkanten).  Kanten,  welche  die  Flä- 
chen des  einen  Scheitels  von  denen  des  andern  trennen,  heifsen 
Mittelkanten  (aciea  mediae).  Bildet  die  Gesammtheit  der  Mit- 
telkanten mit  ihren  Enden  aneinanderstofsend  einen  in  sicH  selbst 
Sttsammenlaufenden  Kantenring ,  so  heifst  dieser,  gleichviel  ob. 
jene  Kanten  in  einerlei  Ebene  liegen  oder  ob  sie  ei^n  Zickzack 
bilden ,  Rand  der  Gestalt  {margo)  und  die  Kanten ,  die  ihn 
bilden,  heifsen  Randkanten  {acies  marginales).  Ecken,  die 
dem  Rande  anliegen,  heifsen  Randecken  {acumind  marginaliäy 
Ecken,  die  den  Mittelkanten  anliegen,  heifsen  Mittelecken  {acu^ 
mina  media).  Kanten  parallel  der  Hauptaxe  heifsen  Seiten- 
kanten oder  Säulenkanten  {acies  laterales).  Trifft  ein  Ende 
der  Hauptaxe  in  eine  einzige  Kante,  so  heilst  diese  Kante 
Gipfelkante  {acies  culnUnalis). 

Gestalten,  die  gegebenen  hauptaxigen  Strah- 
lensystemen entsprechen. 
Bishex  wurde  (zum  Behuf  der  Auffindung  sämmtlicher  denk- 
barer Arten  von  hauptaxigen  Strahlensystemen)  die  Gestalt  als 
das  Gegebene  betrachtet  und  für  sie  dasjenige  körperliche  Strah- 
iensystem  aufgesucht,  welch<^s  ihr  entspricht,  wenn  man  alles, 
was  an  ihr  möglicher  Weise  als  gleichwerthig  betrachtet  werden 
kann,  wirklich  als  gleichwerthig  betrachtet.  Es  wurde  daher 
iiir  jede  hanptaxi^e  Gestalt  ein  bestimmtes  StrahUnsystenk  auf* 


Kryatjallometrie«  1083 

.  g^fuodefi ,  das  ihr  entspricht.  Geht  man  aber  umgekehrt  von 
einem  gegebenen  Strahlensysteme  aus  und  sucht  die  ihm  mi^gli* 
eher  Weise  entsprechenden  Gestalten  zu  finden,  so  ist  einleuch« 
tend,  dafs  innerhalb  bestimmter  Grenzen  eine  und  dieselbe  Ge- 
stalt verschiedenen  Strahlensystemen  entsprechen  könne ;  denn 
es  ist  hie^  nun  nicht  mehr  blofs  die  Rede  von  der  Gleichwer-*^ 
thjgkeit  der  Thäile  eines  Körpers  an  sich ,  sondern  von  dieser 
Gleichwerthigkeit  in  Beziehung  zu  dem  bestimmten  gegebeneu 
Strahlensysteme,  welche  letztere  Gleichwerthigkeit  die  erste  bei 
den  betreffenden  Theilen  voraussetzt,  während  nicht  nmgek^hrt 
Xheile  eines  Körpers,  die  an  ^ich  gleichwerthig  sind ,' auch  sich 
als  gleichwerthig  verhalten  müssen  in  Beziehung  zu  dem  gege-r 
benen  Strahlensysteme  *. 

.  .'  l^Ian  erhält  aber  Gestalten  ,*  die  einem  gegebenen  Strahlen- 
Systeme  entsprechen ,  wenn  man  Ebenen  so  um  den  Miltelpunct 
desselben  herumlegt,  dafjs,  wenn  eine  solche  Ebene  einen  be- 
stimmten >Stra4il  in  einer  bestj[mmten  Enlfernung  vom  Strahlen« 
mittelpuncte  so  schneidet,  dafs  sie  auf  diesem  Strahle  senkrecht 
ist,  auch  jeder  andere,  dem  erwähnten  gleichwerthige, ' Strahl 
eben  so  durch  eine  Ebene  geschnitten  wird-  Die  Menge  von 
Sti-ahlenarten ,  welche  auf  solche  Weise  aU  Normalen  von  Be* 
grenzungsebenen  ^iftr^ten ,  bedingt  daher  die  Menge  von  Fla-* 
chenarten,   welche  eine  Gestalt  haben   kann;     die  Menge  von 

Strahlen  einer.  Art  bestimmt  .die  Anzahl  dejr  gleichwerthigen  Be« 


1  Denn  gleichwie  'nian  die  ZM  6  betrachten  kann  nicht  hlofi 
•1s  CID  GHed  der  t^t-hsheiclichen  Zahlenreihe  S,  12,  18,  24...,  deren 
Httttptcharaktpr  sie  bedingt,  sondern  auch  als  aolchea  der  dreiheitH- 
cfcen  Sf  6,  9,  12. J«,  ferner- der  sweiheitHchen  2,  4,  64  8...  und  end« 
iKch  der  einheitlichen  Zahlenreihe  1,  2,  3,  4,  5,  6,  7  . .  .^  wobei  si^ 
als  ein  bedingtes  Glied  bloPs  erscheint,  wahrend  man  nicht  nmgpkehrt 
die  Zahl  5  oder  4  u.  s.  w.  als  Glied  der  sechsheitiichen  Zahlenreihe 
lietrachten  kann,  so  auch  kann  man  eine  Cestatt,  die  ihrer  Beschaf- 
fenheit nach  als  eine  aolche  mit  6g1iedriger  Huuptaxe  2U  betrachten 
ist,  auch  ansehn  als  eine  solche  mit  SßUednger  oder  2gliedrigeV  oder 
'Igliedriger  Hanptaxe,  nicht  aber  umgekehrt.  Gleichwie  fernef  d^ 
Sfach  pgliedrige  ebene' Figur  sich  als  eine  Ifach  pgUr.drige  hctrach- 
ten  liefs,  eben  so  lafst  sich  auch  eine  Gestalt  mit  2fach  pgliedriger 
Baaptaxe  ansehen  als  eine  mit  Ifacli  pgliedriger  Axe.  Die  verschie- 
denen Arten  des  GJeichendigseyns  der  Hauplaxe  sind  ebenfalls  nur 
Arten  des  Bestehens  aus  awei  gleichnamigen  nicht  nothwendig  gleich- 
werthigen Strahlen. 


1084  Krystall 

grtetizuögsflSchen  der  Gestalt ,  auf  derea  Flächen  jene  StraUen 
senkrecht  sind. 

Bei  keinem  der  hanptaxigen  Strahlensysteme  wird  durch 
blofse- Tafelflachen  oder  durch  hiofse  Seitenwände  eine  Gestalt 
ringsum  begrenzt.  •  Bei  einigen  Systemen  reichen  auch  die  Stre- 
beflächen einer,  selbst  zweier  und  mehrerer ;  Arten  nicht  hin, 
einen  Raum  ringsum  einzuschliefsen.  Wenn  man  daher  sagt, 
eine  einfache,  einem  bestimmten  Strahlensysteme  entsprechende, 
Gestalt (Jbrma  aimplex)  sey  eine  solche,  die  durch  Flächen 
von  einerlei  Art  begrenzt  ist,  d.  h.  deren  Normalen  Strahlen 
von  einerlei  Art  in  dem  gegebenen  Strahlensysteme  sind,  so 
dafa  jeder  der  dieser  Art  angehörigen  Strahlen  in  gleicher  Ent- 
fernung vom  Mittelpuncte  durch  eine  ihm  angehörige  Fläche, 
fivr 'die  er  Normale  ist,  ge8phhitt£«i  wird,  so  «rgiebt  sich  von 
selbst,  dafs  man  eine  Gestalt  in  Beziehung  auf  ein  in  ihr  gege- 
benes Strahlensystem  »usammen^esetste  GestaU  {forma  compo^ 
siia,  Cotnbinationsgestalt)  nennen  wird,  wenn  sie  von  Flächen 
verschiedenen  Werthes,  in  Beziehung  auf  jenes  Str^hlensystem, 
umschlossen  ist.  Um  eine  zusammengesetzte  Gestalt  in  ihre  ein- 
fachen Gestalten  zu  zerlegen,  beachtet  man  die  Gesammtheit 
von  Flffchen  einer  jeden  Art  an  derselben  als  eine  für  sich  be- 
stehende einfache  Gestall  ausmachend  und  deilCt  sich  deren  Fla^ 
chen  so  weit  verlängert,  dafs  sie,  wo  möglich,  eine  endlich  rings 
ümgvenzte  oder  eine  in  den  möglichst  wenigsten  Richtangen  hin 
unbegrenzte  Gestalt  bildet ,  >die  dem  Strahlensysteme  entspricht, 
ßind  auf  solche  Weise  mehrere  Gestalten ,  die  diesem  Gesetze 
entsprechen ,  möglich ,  so  mufs  anderswoher  bekannt  seyn, 
welche  davon  man  als  die  fragliche  einfache  Gestalt  zu  betrach-» 
ten  hatk  In  der  Regel  pflegt  man  von  zwei  derartigen  einan-» 
der  umschliefsenden  Gestalten  zunächst  die  innere  aufzufassen  \ 
Jede  einfache  hauptaxige  Gestalt  ist  sonach  entweder  eine  Tafel 
[polepipedujn) ,  oder  ein  Seiten wandner  {prtfißpipeduiß) ,  odef 
ein  Schief tifondner  {clifiepipedum^f 


1  Einfache  Gestalten ,  die  nicht  rlnginm  endlich  begrenzt  «ind, 
incht  man  sich  am  sweckinärsigsteo  dadurch  «u  versianlichen ,  dafs 
man  sie  an  zusi^mengetetzten  Gestalten  aofsuelit  und  aas  dieseii 
darch  Zerlegung  entwickelt;  so  betrachtet  man  auch  Raamtheite,  die 
Ju  einer  oder  in  mehreren  Richtungen  eine  unendliche  Ausdehnung 
haben,  wenn  sie  nur  hach  einer  oder  nach  mehreren  Richtungen  hiu 
darch  Ebenen  begrenzt  sind,  als  Gestalten  oder  Körper. 


Kry^talloiiietrie..  1085 

Da  Winkel  von  0«^  ^ei  90^  gleichfalls  Winkel  sind,  so 
ist  einleuchtend ,  dafs  das ,  was  im  Allgemeinen  für  einen  Stre- 
bestrahl gilt,  der  mit  der  Hau|>taxe  einen  Winkel  ==  x  bildet, 
mit  der  entsprechenden  Veränderung  auch  gelten  müsse  für  den 
Werth  von  x  =  0*  oder  =90%  d.  h.  für  einen  Qaerstrahl  oder 
Hauptstrahl.  Die  schiefwandij^en  Gestalten  sin'd  sonach  die  allge- 
meineren in  jedem  Systeme,  die  Tafelflächner  und  Seitenflächner 
aber  sind  nur  als  besondere  Fälle  zu  betrachten.  Da,  wo  Strebe- 
strahlen vorkommen,  die2fach  Igliedrig  sind,*.neben  solchen,  die 
Ifach  1  gliedrig  sind,  werden  aus  gleichen  Granden  Gestalten,  deren 
Flachen  senkrecht  zu  2fach  Igliedrigen  Strebestrahlen  sind,  alsbe-v' 
stimmte  Varietäten  solcher  Gestalten  betrachtet  werden  können,  de- 
ren Flächen  senkrecht  auf  Ifach  Igliedrigen  Strebestrablen  stehen. 

Einfache  Gestalten  mit  gleiclistellig  2endig 
'  Sfach  pgliedriger  Hauptaxe; 
gleichstellig  2endig  2fach  pgliedrige  Gestalten« 

Es  liegen  in  jeder  hier  möglichen  Hauptflügelfläche  je  2«. 
gleichwert)iige  Strebestrahleu  so,  dafs  der  Querstrahl  den  Win- 253, 
kel,  den  sie  bilden  ,  halbirt.     Es  sey  aä'  die  Hauptaxe,  er  ^in 
Querstrahl,    die  Ebene  durch  rc  undaa'   folglicli  eine  Haupt- 
ilügelfläche ,  c  p  iind  c  p^  seyen  zwei  in  ihr  liegende  gleichlange, 
gleichwerthijje  gegebene  Strahlen,    ar  sey  in  p  senkrecht  auf 
cp,  so  wird  durch  a^r   eine  auf  cp  senkrechte  Ebene  gelegt 
-werden  können  und  ebenso  durch  a'r  eine'  auf  cp'  senkrechte, 
I)iese  beiden  Ebenen  schneiden  sidh  mit  ara'  in  dem  Puncte  r 
^o,  dafs  si^'doit  Ecken  bilden,  die  2  rechte  Kanten  ra  und  ra 
baben,     Die*3te  Kante  steht  sonach  senkrecht  auf  der  Ebene  der 
beiden  rechtep  Kanten,   d.h.  auf  ara    ist  also  eine  horizontal-* 
liegende  Kante,  wenn  §ira'  eine  Verticaleb^ne  ist.     Diese  Quer'» 
kante  ist  auch  senkrecht  auf  dem  'l^uerstrahfe  er. 

Es  sey  nun  zuerst  er  ein  Qüerstrahl  der  ersten  Art,  so  sind 
p  dergleichen  Strahlen  vorhanden;  es  entsteht  daher  eine  Ar^-» 
^ahl  =  p  von  Querkanten,  die  im  mittlem  Querschnitte  Hegen. 
Ist  p  =3  oder  gröfser,  so  ist  die  von  p  solchen  Kanten  um- 
schlossene ebene  Figur  im  mittleren  Querschnitte  eine  geschlos«^' 
sene  und  zwar  ein  regelmfifsiges  pseit.  Somit  kann  man  sagen :  • 
die  fragliche  Gestalt  bilde  einen  in  der  mittleren  Horizontalebene 
liegenden  Randj^  einen  ebenen  Rand  um  die  Hauptaxe,  sie  sey 
ein  JSbenrandner  Cdipyramts,  Doppelpyramide),  und  zwar,  da 


j066  KrjstalL 

rig.ihre  t(=2p)  Flächen  ebenbildlich  «nd,  ein  tfiächiger  Kben- 
^  randner  i^dipyrands  t .  edricq)  ;  z,  B.  6ilächiger  Ebenrandner  odcf 
b!  dipfr^mis  hexaedrica  ,   S^ächiger  Ebenrandner  oder  dlpjrraims 
octaedrica,    quadratischer  Achtflachner '^   quadratisches  Oktaeder, 
gleichschenkliges   Oktaeder,    viergliedriges    Oktaeder,     gleich- 
schenklig vierseitige  Pyramide,  (etragonale P3rramide,  octa^dre 
C.  k  base  carr^e  etc.,  12flächiger  Ebenrandner ,  dipyramis  do^ 
decaedrica,  sechsseitige  Doppelpyramide,  Bipyramidaldodekae- 
der,  dodeca^dre  bipyramidal,  sechsgliedrige  Doppelpy- 
ramidn,   Dihexaeder,   Quarzoide,    gleichschenklige  sechsseitige 
Pyramide ,  Dirhomboeder  u.  s.  w. 

Jeder  tflächige  Ebenrandner  |  als  Gestalt  an  ,sich  betnch- 
tet,  hat: 

1)  p  obere  und  p  untere  |^|  sich  verhaltende  Flächen, 
welche  2fach  Igliedrige  2- und  Iseitige  Figuren  oder  Keilüä- 
chen  sind ;        "  ^  ' 

2)  2  1^1  sich  verhaltende  Scheitel  a),  welche  pkantige 
Sfach  pgliedrige  Ecken  sind ; 

3)  p  1^1  sich  verhütende  2  X  2kantige  2fach  2gliedjrige 
Randecken  e; 

4)  p  dem  oberen  und  p  dem  unteren  Scheitel  angehörige 
1^1  Svheitelkanten  i  ^  welche  gleichseitige  ungleicheadige  2fach 
Igliedrige  Kanten  sind ; 

5)  p  Rand  kanten  r,  welche  |^|  und  2fach  2gliedrige  Kan- 
ten sind. 

Wegen  der  gleichschenkligen  Dreieckflächen  kann  man 
einen  'solchen  Körper  auch  einen  gleichschenkligen  Ebenrandner, 
dipyranüs  isoscetoidea,  nennen,  wenn  man  die  Zahler  Flachen 
nicht  anzugeben  beabsichtigt.  Die  Hauptflügelflachen  der  er- 
eten  Art  liegen  hier  so ,  dafs  sie  auf  den  Randkanten  in  deren 
llalbirungspuhcte  sefikH^rtir -sind.  Die  Querstrahlen  der  2ten 
Art,  folglich  auch  die  Hauptflügelflachen  der  2ten  Art,  gehen 
doreh  die  Ran  decken.  i 

Flächen  teqkrecht  auf  Strebestralilen  in  Hauptflügelflächen 
der  2ten  Art  liefern  unter  ähnlichen  Bedingungen  gleichfalls 
einen  tflächigen  Ebenrandner ,  und  zwar  einen  solchen  der  2ten 
Stellung,  wenn  man  jenen  als  einen  der  ersten  Stellung  betrach- 
tet und  die  Lage  dit%  Strahlensystems  als  unverändert  sich  denkt« 
Bei  ihnen  gehen  die  Querstrahlen  der  erstep  Art  durch  die  Rand- 
ecken j    folglich  die   der  2ten  Art   durch  die  Halbirungspuncte 


Krystallometrie.  JÖ87 

der  Randlkanten,  Ist  ein  tfiächiger  Ebenrandner  einem  gegebe- 
nen 2fach  pgliedrigen  Stralilensysteme  entsprechend  gebildet,  so 
ist  auch  umgekehrt  das  ihm  entsprechende  Strahlensystem  ein 
2fach  pgliedriges,  das  mit  jenem  übereinstimmt.  Denkt  man 
sich  eine  Reihe  von  tflächigen  Ebenrandnern  von  gleicher  Stel- 
lung und,  von  gleich  grofsem  Bande,  aber  verschieden  grofser 
Houptaxe^  so  wird  auch  der  Fall  eintreten  müssen,  dafs  dia 
Hauptaxe  =  00  ist,  und  man  hat  dann  eine  pflächige  Säule 
prisma p . edrum  (pseitige  Säule),  z,  B.  SÜächige  Säule  (prisma 
triedrumy  trigonales  Prisma,  dreiseitige  Säule  u. s/w.);  4fläch]ge 
Säule  {prisnta  tetraedrum^  tetragonales  Prisma,  quadratische 
Säule  U.8.W.);  Gflächige  Säule  {^prisma  hexaedrum^  hexagona-. 
les  Prisma ,  sechsseitige  Säule  u.  s.  w.),  ' 

Die  pflächige  Säule  I  insofern  sie  eine  gleichstellig. Seidige 
2fach  pgliedrige  Gestalt  ist,  hat  p  Seitenflächen,  welche  einan- 
der ebenbildlich  gegenbildlich  sind  .  und  die  Bedeutung  2fach 
2gliedriger Figuren  haben,  indem  sie  auf  2fach  2gliedrigen  Quer- 
strahlen der  eine^  oder  der  andern  Art  senkrecht  sind,  eine  Be.- 
d^eutung,  die  namentlich  dann  erkennbar  ist,  wenn  mit  diesen 
Flächen  der  Säule  noch  andere  Flächen  zu  einer  ringsum  end- 
lich* begrenzten  gleichstellig  2endigen  2fach  pgliedrigen  Ge- 
stalt verbunden  sind.  Sie  hat  ferner  p  Seitenkanten,  welche 
einander  |^[  sind  und  die  Bedeutung  2fach  2gliedriger  Kanten 
haben  (indem  sie  auf  2 fach  2gliedrigen  Strahlen  senkrecht  sind). 
Auch  dieser  Charakter  der  Seitenkanten  spricht  sich  an  zusam- 
mengesetzten Gestalten,  an  deaen  die  Flächen  einer  solchen 
,  Säule  vorkommen  ,  aus.  ^   ' 

Es  sey  ferner  2tens  aa'  die  Hauptaxe,    er   ein  2fach  tgÜe- 25I' 
driger  Querstrahl,  so  ist  die  durch  aa'  und  er  gehende  Flügel- 
fläche der  Hauptaxe  eine  einfache,     cp  und  cp'  seyen  wieder 
zwei  in  ihr  liegende  gleichwerthige  Strebestrahlen   und  a  r  so  • 
wie  a'r  seyen  die  darauf  senkrechten  Flächen,  so  ist  ersichtlich, 


1  Jede  Säole  aa  sich  ist  nämlich  in^'der  Richtung  der  Ende» 
der  Haaptaxe  unbegrenzt  und  wird  blofs  von  Fiächeo  anderer  Art,  alt 
die  Säulen  oder  Seitenflächen  sind,  in  zusammengesetzten  Gestalten 
begrenzt.  Hanfig.  jedoch  wird  die  Säitle  als  eine  darch  honzontale 
oder  schiefe  Endflächen  begrenzte  betrachtet  und  so  die  zusammen- 
gesetzte Gestalt  nach  der  wichtigsten  in  ihr  enthaltenen  einfachen 
benannt'^  was  in  allen  den -Fällen,  in  welchen  hierdurah  keiiie  Mifs- 
Verständnisse  entstehen,  erlaubt  scjto  dürfte. 


1088  Kvy.tall. 

dafs  auch  hier  Mittelkant^n  entstehen  9  die  im  mittleren  Quer-* 
schnitte  liegen ,  und  ( da  ihre  Anzahl  =  der  jener  einfachen 
Haiiptflügelflächen  =  2p  =  t  ist)  wenn  p  =  2  oder  gr^sCser, 
mithin  t  :^  4  oder  nröEser  ist,  einen  eheqen  Rand  bilden  müs- 
sen ,  so  daTs  avich  die  a^f  solche  Weiße  entstehende  Gestalt  ein 
Ebenrandner  {dipyramis)  ist,  s|ber  die  Anzahl  seiner  Flachen 
ist  =  2  X  t,  daher  man  ihp  2X,tßächigen  Ebenrandner  (di- 
^IgPjrramls  di-t-edricUj  tseitige  Doppelpyramidö  u.  s.  w,)  am  zweck* 

^5  mäfsigsten  nennt',  z.  B.  2X4flächiger  Ebenrandner,  dipyramis 
^tetraedrica^  rhombisches  Oktaeder,  Oktaeder  mit  ungleich- 
-  Schenkligen ,  dreiseitigen  Flächen,  Doppelpyramide  mit  rhombi-> 
scher  Basis  u. s. w.  (octa^dre  a  bas^  ihombe); 

B.  2  X  6flächiger  Ebenrandner  [dipyramis  dihexaedricd^  ; 

G,  2X8flächiger  Ebenrandner  {dlpyranüs  dioclaedrica,  acht- 

seitige Doppelpyramide,  4-  und  4kantiges  Diol^taeder,  ungleich- 
schenklige achtseitige  Pyramide) ; 

2X  lOflächiger  Ebenrandner  [dipyramis  'didecaedrica)  ; 

D,  2  X  1211ächiger  Ebenrandner    (  dipjrairUs  dulodecaedricoj 

12seitige  Doppelpyramide ^  Didodekaeder,  Sechs-  und  Sechs- 
kantner,  ungleichschenklige  X2seitige  Pyramide^  dopnelt  12sei- 
tige  Pyramide). 

Der  Rand  ist  hier  ein  2fach  pgliedriges  tseit  (ein  Lanzen- 
p-liqg),  das  nur  in  dem  einen  Falle  ^  wenn  es  gleichwinklig 
wird,  seiner  Form  nach  mit  einem  regelmäfsigen  tseit  überein- 
stimmt, anfserdem  aber  stets  abwechselnd  peben  einaq<^er  fol- 
gende gröfsere  und  kleinere  Winkel  hat ,  so  dals  yon  jeder  der 
beiden  Arten  von  Winkeln  eine  Anzahl  =  p  vorhanden  i^t* 
J^er  2X  t^^c^^g^  Ebenrandner  hat  wonach ;  \ 

1)  2 X.t  Flüchen 'V^  welche  Ifach  Igliedrige  Figuren  und 
zwar  Dreiecks  sind  (die  nur  in^  Falle  der  Gleichwinkligkeit  des 
Randes  ihrer  Form  nach  2-  und  Iseite  werden,  wodurch  die 
Gestalt  das  Aqsehn  eines  vflächigen  Ebenrandqers  erhält  [wenn 
V  =  2t  ist],  ihrer  Beziehung  nach  zu  dem  Strahlensysteme 
aber,  von  welchem  ihre  Bildung  ausgehend  gedacht  worden, 
die  Bedeutung  eines2X^^^chigenEbenrandners  behaupten}.  Die 
t  einen  sind  unter  sich  ^  und  verhfdten  sich  zu  den  t  andern^ 
die  unter  sich  ^  sind ,  |==:|, 

2)  2  Scheitels,  welche  |^|  sind  und  die  Bedeutung  von 
2XP^^n^ö®>>  2rach  pgliedrigsn  Ecken  haben, 

3)  p  Randecken  der  ersten  Art  e  und 


Kr^iBtallom^triCf  1089 

4)  p  Randeclea  der  zweiten  Art  E«  Die  einelf  und  der-* 
selben  Art  angelidrigen  |^|«  Jede  Randecke  2  X  2kantig  2fach 
2gKcdrig. 

Die  beiden  Arten  können  in  der  Regel  durch  die  Bezeich<# 
xiung  spitslgfre  oder  stumpjire  unterschieden  werden/  wobei 
jedoch  stets  die  Stellung  zu  berücksichtigen  ist^  weil  sowohl 
die  der  ersten  als  auch  die  der  2ten  Art  die  stumpferen  seya 
k&ntien, 

5)  2  p  Scheitelhanten  der  ersten  Art  s. 

6}  2  p  Scheitelkanten  der  %tPeiten  Art  a  j  die  man  in  dev 
Reg^l  durch  die  Benennungen  schärfere  und  stumpfere  unter- 
scheiden kann.  Die  einer  und  derselben  Art  angehörigen  \hc\: 
Jede  Scheitelkante  ist  ungleichendig  (oder  gleichseitig)  2fach' 
Igliedrig.  Von  jeder  Art  gehöceh  j>  einem  und  demselben 
Scheitel  an,"  * 

7)  2  p  oder  t  Randkanten  r,  welche  J^|  und  ungleichendig 
(odef  gleichseitig)  2fech  Igliedrig  sind*.  Die  Querstrahlen  der 
ersten  Art  gehen  durch  die  Randecken  der  ersten  Art ,  die  der 
2ten  Art  dutch  jene  der  2ten  Art.  Je  zwei  in  einer  Randecke 
zusammenstofsende  Randkanten  Terhalten  sich  in  Beziehung  zu 
einem  der  beiden  Hauptstrahlen  als  |=[,  folglich  sind  in  der-»' 
,  selben  Beziehung  nur  die  p  einen  unter  sich  ^  und  zwischen 
je  zwei  in  Beziehung  zu  einem  und  demselben  Hauptstralile 
^  sich  verhaltenden  Randkanten  liegt  immer  eine ,  die  auf  die-» 
selbe  Weise  dem  andern  Hanptstrahle  angehört* 

Verlängert  man  die  p  unter  sich  in  Beziehung  zu  einem' 
Hauptstrahle  ebenbildlichen  Randkanten ,  so  bilden  sie ,  wenn  p 
gröfser  als  2  ist,  ein  regelmäfsiges  pseit,  und  denkt  man  sich 
dabei  zugleich  mit  jeder  solchen  Randkante  auch  die  zwei  Flä-^ 
chen,  deren  Durchschnittslinie  sie  ist,  verlängert,  bis  die' so 
verlängerten  2  p  Flächen  eine  ringsum  geschlossene  Figur  bil- 
den ,  so  ist  diese  ein  tilachiger  Ebenrandner ,  der  aber  in  seiner 
Stellung  dem  gegebenen  Strahlensysteme  nicht  entspricht ,  wenn 
'  die  Hauptaxe  ihre  Bedeutung  als  2fach  pgUedrige  gleichstellig 
2endige  nicht  umwandeln  soll  in    die  einer  Ifach  pgliedrigeq 


1  Da  die  Flächen  die  Bedeutung  nngleichsohenkliger  Dreiecke 
habcQ,  80  nennt  man  einen  derartigen  Körper,  wenn  man  die  Zahl 
aeiner  Flächen  nicht  angeben  will,  twn  ungleUhsGh^nkligen  Eb^w 
randner  (dipyramiB  trigonoidea)* 


1090  KryatalL 

gleichstellig  2epdigen.  Dieses  Begrertztseyn  von  Flächen 
tilächiger  Ebenrandner,.  die  durch  Verläogerang  der  entspre- 
chenden Flache  desselben  erzeugt  werden  können,  erklärt  dis 
Benennung  2  Xtflüchiger  Ebenr^ndner, 

Die  Beschaff e^eit  eines  J^Xtüächigen  Ebenrandners  hängt 
•b  von  der  Cröfse  eines  der  beidea  gleiches  Hauptstralilen ,  von 
•derGröfse  qines  Querstrahls  der  ersten  und  von  der  Gröfse  eines 
Querstrahls  der  2ten  Art,  so  aufgefafst,  daCs  diese  Strahlen  vom 
Mittelpuncte  des  Strahlensysteins  anfangen  und  i|i  den  Ecken 
.  der  Gestalt  ihre  äufsern'  Enden  haben. 

Denkt  man  sich  die  beiden  Arten  von  QuerstraUen  con- 
•tant,  aber  den  Uauptstirahl  veränderlich,  so  ist  eiiier  der  Werthe, 
4i^  er  erhalten  kann,  =  co;'  der  2Xtfiäch]ge  Ebenrandner 
wird  dann  eine  SäuU  (in .we}cher  die  Anzahl  der  ßeitenfläcfien 
s=  t  und  de£  auf  die  Seitenkanten  senkrechte  Schnitt  ein  2fach 
pgliedriges  tseit  ist),  die  man  wegen  der  Eigenschaft ,  gemalk 
welcher  sich  aus  ihr  durch  Verlängerung  der  abwechselnd  ge^ 
nommenen  Flächen  2  einzelne  gleichwerthige  pilachige  Säulen 
entwickeln  lassen,  eine  2'^pßächige  Säule  (prisma  di-p-etlrum, 
2Xp&eiüge  Säule)  nennt,  z.  B.  2'X  2flächige  Säule  (prUma 
didiedjeum^  rhombische  Säule,  Kliombeoprisaia  u.s.w.);  2X3* 
flächige  Säule  (prUma  diiriedr^m y  ditrigonales  Prisma,  2X3- 
seitige  Säi^le);  2X4flächige  Säule  i^  prisma  dlteiraedru/ß,  dite- 
tragpnale  Säule,  2X2seitige  Säule);  2X6ilächigeSäule,  (jjrU- 
ma  dihexaedrum,  dihexagonales  Prisma,  2  X  Ö^eitige  Säule) 
und  so  weiter. 

Jede  2Xpfi^chige  Säule,  sofern  sie  eine  gleichstellig  2en- 
dige  2fach  pgliedrige  Gestalt  ist,  hat,  wenn  sie  nach  beidea 
Enden  hin  als  unbegrenzt  gedacht  wird,  t  Seitenflächen,  welche 
der  Bedeutung  nach  einander  |^|  und  zwar  2fach  Igliedrig  sind. 
Auch  hat  sie  p  Seitenkanten  einer  ersten  und  p  Seitenkanten  einer 
2ten  Art,  di^  in  Hauptilügelflächen  erster  oder  2ter  Art  fallen 
\ind  in  der  Regel  durch  die  Benennungen  schärfere^'  oder  stum- 
pfere unterschieden  werden  können.  Jede  Seitenkante  hat  die 
Bedeutung  einer  2fach  2gliedrigen  Kante  ^  die  p  Seitenkanten 
von  einer  Art  sind  demnach  einander  |^[. 

Unter  den  möglichen  Verhältnissen  für  die  Langen  der  bei- 
den Arten  von  Qneraxen  in  einem  2  Xtüächigen  Ebenrandner 
i^t  von  besonderer  Wichtigkeit  das  der  Gleichheit  oder  1:1. 
Der  2XtAächige  Ebenrandner  hat  dann  die  Form  des  oben  an- 


Kry^eaHometrie.  1091 

geführten  vfläcliigen  Ebenrandners,  welcher  seiner  Bedeutung 
nach  in  Beziehung  zudem  gegebenen  Strahle'nsy  Sterne  mit  gleich-* 
Stellig  i^endiger  2fach  pgliedrigerHauptaxe  als  2tflächiger  Eben- 
^ randner  zu  betrachten  ist,  wahrend,  wenn  man  ihn  abgesondert 
betrachtet  und  das  ihm  entsprechende  Strahlensystem'  aufsucht, 
dieses  sich  als  ein  solches  mit  gleichstelljg  2endiger  2fach*  tglie- 
drigerHauptaxe  zu  erkennen  giebt,  indem  bei  dieser  Gesjtalt  jeder 
Querschnitt  ein  regelmäfsigcs  tseit  ist.  Er  ist  das  Zwischenglied,* 
welches  die  2  Xtflächigen*EbenraYid'nerin'2  Abtheilungen  trentat,' 
deren  cine^  bei  denen  das  Verhältnifs  eines  Querstrahls  der  ^ 
Isten  Art  zu  einem  solchen  der  2ten  Art  kleiner  als  1  :  1  ist,* 
man  als  solche  der  Isten  und  die  andern,  bei  welchen  dieses 
Verhältnifs  gröfser  als  1:1  ist,  als  solche  der  2ten  Äbtheilung 
ansehn  könnte. 

Tritt  iiier  zugleich  der  Fall  ein,  dafs  der  HauptstrahN=  oo 
ist,  so  hat  die  so  entstehende  2Xpflächige  Säule  die  Form  einer 
tflachigen  Säule.  Denkt  man  sich  z.  B.  in  einer  2  X  2flächigen 
Säule,  deren  Querschnitt  bekanntlich  eine  Raute  ist,  die  gröfsere 
der  Diagonalen  in  diesem  Schnitte  tonstant,  während  die  klei- 
nere wächst,  so  wird  diese  einmal  jener  gleich  werden  müssen, 
ehe  sie  gröfser  wird,  und  wenn  beide  gleich  sind,  istdieRhombe 
zum  Quadrat ,  folglich  die  Säule  pit  rhombischem  Querschnitte, 
d.  h.  die  2X2fläöhige  Säule,  zu  einer  solchen  mit  quadratischem 
Querschnitte ,  d.  h.  zu  einer  4flächigen  geworden ,  die  aber  in 
Beziehung  zu  dem  gegebenen  Strahlensysteme  n)it  2fach  2gliedri-' 
gerHauptaxe  sich  als  eine  2X311ächige  betrachten  läfst,  eben  sa 
gut  wie  das  Quddrat  als  eine  Species  des  Genus  Rhombe  angesehn 

3fJQ0  • 

werden  kann.     Es  w^rde  im  Allgemeinen  Cos,  -^ —  bezeichnet 
•  2p 

durch  q,  so  dafs  q  von  dem  Wert  he  von  p  abhängt.  Es  sey 
zuerst  p  >  2 ,  so  wird ,  wenn  das  Verhältnifs  eines  Querstrahls 
der  Isten  Art  x  zu  einem  solchen  der  2ten  Art  y  =  q  :  1  ist, 
der-2X^ßÄchig«  Ebenrandner  sieh  umwandeln  in  einen  tflachi- 
gen Ebenrandner  der  ersten  Stellung,  so  wie  umgekehrt,  wenn 
jenes  Verhältnifs  =  1  :  q  wird,  er  ein  tflächiger 'Ebenrandner 
der  2ten  Stellung  werden  mufs.  Wenn  das  Verhältnifs  x :  y  in 
.  einem  2  ><  tflachigen  Ebenrandner  kleiner  als  q  :  1  oder  gröfser 
als  1 :  q  wird ,  so  werden  bei  ihm  die  Scheitelkanten  der  einen 
oder  der  andern 'Art  einspringende  Kanten.  Denkt  man  sich  die-j. 
Flächen  P  der  Figur  verlängert,  bis  die  Seitenflächen   M  der 267* 


1092  Krystall. 

Säule  Terschwindeiiy  ßo  hat  man  einen  2Xll£BXchigeii  Eben- 

randner  der  Art. 

360 
I^t  p  =  2,   so  wird  Cos.  — -  =  Cos.  90*=  0.     Ist  nun 

1)  x:3r=q:  l=Otl  =?  1:  oo,  so  wird  ans  dem  2X4flacliigen 
Ebenrandner  der  Stellvertreter  des  4flachigen  Ebenrandners  der 
Isten  Stellung ,  ein  quersäuliger  ^flächiger  ScJuef wandner  {cU^ 
nepipedum  tetraedrum  trcatspersoprUmaticum) ,  eine  QuersäuU 
(prisma  transperaurn)  erster  Stellung.  Ist  2)  x :  y  =  oo  :  1, 
so  entsteht  auf  gleiche  Weise  ^in  quersäuliger  4flächiger  Schief* 
-wandner  2ter  Stellung ,  eine  Quersäule  2ter  Stellung. 

QuQ^säule  im  Allgemeinen  ist  ein  von  4  gleichwerthigen 
Flächen,  denen  eine  und  dieselbe  Queraxe  parallel  liegt,  be* 
grenzter  Raum,  gleichsam  eine  auf  einer  ihrer  Seitenkanten 
liegende  Säule,  die,  wenn  sie  vertical  stände,  als  2X2ilächige 
Säule  (mit  rautenförmigem  Querschnitte)  betrachtet  werden  würde. 
Jede  Quersäule  hat  2  Gipfelkanten  und  2  Mittelkanten  \  die  4 
Kanten  liegen  einander  parallel  und  horizontaL 

Wenn  die  Quersäule  als  2fach  2gliedrige  gleichstellig  2en-> 
dige  Gestalt  auftritt,  so  sind  ihre  4  Flächen  |^|  gfach  Igliedrig, 
ihre  2  Gipfelkanten  sowohl,  als  auch  ihre  2  Mittelkantea  sind 
2fach  2gliedrige  Kanten  und  je  2  gleichnamige  Kanten  sind 
einander  |^|.  Jede  Gipfelkante  vertritt  die  Stelle  2er  |^|  sich 
verhaltender  gleichseitig  ungleichendiger  2fach  Igliedriger  Schei- 
telkanten, die  unter  einem  Winkel  von  180^<  am  Scheitel  za- 
sammenstolsen.  Stellt  man  sich  vor,  die  vier  Kanten  dieser 
Quersäule,  vorwärts  sowohl- als  rückwärts  verlärigert,  schnitten 
sich  in  unendlicher  Entfernung  vom  Mittelpuncte ,  so  erhält  die 
Gestalt  2  unendlich  spitzige  2X2kan|ige  2fach  2gliedrige  Rand- 
ecken und  kann  dann  fiiglich  mit  den  übrigen  tflächigen  Eben* 
randnern  zusammengestellt  werden^,   obgleich  jene  Randecken 


1  Denkt  man  aich  bei  einem  Sxtflacbigen  Ebenrandner  über- 
haupt die  Hauptstrahlen  und  die  Qoerstrahlen  der  lersten  oder  Sten 
Art  oonstant,  während  die  Querstrahlen  der  Sten  oder  laten  Art  tra«h- 
aen,  bis  sie  unendlich  sind,  so  wird  dadurch,  wenn  diese  Grenze  er- 
reicht ist,  eine  Gestalt  entstehen,  in  welcher  die  p  Scheitelkantea 
der  einen  Art  in  einem  jeden  Scheitel  horizontal  liegen,  die  p Schei- 
telkanten der  andern  Art  aber  werden  nach  aufsen  hin  einspringend 
(d.  h.  rionenarttg  yertieft)  seyn.  Auch  hier  wird  die  Gestalt  keinen 
geschlossenen  Hand  haben  und  sie  wird  nicht  mehr  ein  Ebenwandoer 


'  Krystalloraelrie.  1093 

im  Innern  desKtfrpers  verbunden  geclt^cht  werden  können  durch 
ei  De  Fläche  eines  tüächigen  Ebenrandners ,  der  von  dem  pfach 
quersäuligen  Schiefwandneir  umschlossen  seyn  'würde.  So  ist 
z.  B.  die  von  den  Flächen  M  gebildete  Gestalt ,  -wenn  man  von  ^i^' 
dem  Daseyn  der  übrigen  Flächen  absieht  und  die  Linie  di  als 
gleichstellig  2endige  !2fach  4gliedrige  Hauptaxe  sich  vorstellt, 
ein  4£ach  quersäuliger  Schiefwandner ,  der  als  2X8flächige  Ge- 
stalt betrachtet  werden  mufs,  obgleich  je  2  seiner  Flächen  in 
^ine  und  dieselbe  Ebene  fallen*  Denkt  man  sich  einen  2fach 
Sgliedrig  gleichstellig  2endigen  3fach  quersäuligen  Schiefwandner, 
so  werden  bei  ihm  von  der  Mitte  aus  anfangend  3  Quersäulen 
unter  Winkeln  von  120^  divergiren.  Man  sieht  daher,  dafs  der* 
quersäulige  4fiächige  Schiefwandner  zugleich  auch  in  dif  Reihe 
der  pfach  quersäuligen  Schiefwandner  gehört  und,  wenn  er  eine 
2fach  2gliedrige  Gestalt  ist,  den  Namen  2fach  quersäuliger 
Schiefwandner  erhalten  würde ;  von  den^  beiden  Quersäulen  in 
ihm  ist  die  eine  als  Verlängerung  der  andern  über  den  Mittel- 
punct  des  Körpers  hinaus  zu  betrachten.  Wenn  die  Flächen  P  Fig. 
angesehn  werden  als  einem  4flächigen  quersäuligen  Schiefwand- 
ner erster  Stellung  angehörig ,  so  bilden  auch  die  Flächen  M 
einen  solchen  2ter  Stellung,  wenn  die  ganze  Gestalt  ein  Eben- 
zandner  mit  2  X  2seitig  2fach  2gliedrigem  rechtwinkligen  Rande 
ist,  dei;  als  eine  zusammengesetzte  Gestalt  (als  ein  sogenanntes 
Rectanguläroktaeder,  octa^dre  k  base  rectangle)  zu  be- 
trachten ist  Gleichwie  der  tflächige  Ebenrandner  durch  Ver- 
längerung der  Hauptaxe  bis  ins  Unendliche  zu  einer  pflächigen 
Säule  wurde ,  so  wird  der  qnersäulige  4äächige  Schiefwandner 
zu  einem  2Bächigen  Seitenwandner  oder  2ili^chigen  Gegenseiten- 
wandner  (firthepipedum  diedrum  der  ersten  oder  der  2ten  Stel- 
~lung)«  Ein  2flächiger  Gegenseitenwandner  hat  2  einander  pa- 
rallele Seitenflächen ,  welche,  wenn  die  Gestalt  eine  gleichstellig 
2endige  2£9ch  pgliedrige  ist,  die  Bedeutung  2fach    2gliedriger 


genannt  werden  können,  sondern  allgemein  als  ein  pfach  qnersaaliger 
Schiefwandner  be^^lchnet  werden  müssen  ^  bei  dem ,  wenn  p  eine  ge- 
rade 2alii  ist,  gleichfalls  jede  der  2xt  Flachen  mit  einer  andern 
in  die  Verlängerung  einer  und  derselben  Ebene  fallen  wird;  beide 
Stücke  dieser  einen  Ebene  erscheinen  hier  ab6r  getrennt  von  einander 
dnrch  ein  Paar  dazwischen  hervortretende,  eine  horizontale  -Scheitel' 
kante  bildende  Flächen,  weshalb  sie  als  t  abgesonderte  Flächen  be- 
trachtet werden. 


1094  Krystall. 

•  Figuren  haben  und  diese  in  zusammengesetzten  endlich  begrenz- 
ten Gestalten  erkennen  lassen.  Er  hat  keine  Seitenkant&n  ,  vro- 
durch  eic  Wn  den  pflächigen  Säulen  verschieden  ist,  die  ihm 
sonst  entsprechen  *.  % 

Ist  p  gerade,  so  fallen  je  2  Flächen  eines  solchen  Seiten- 
"wandners  in  die  Verlängerung  einer  und  derselben  Verticalebene 
(d.  h.  sie  5lnd  seitliche  Verlängerung  der  Seitenfiachea  einer 
'  pflächigen  Säule).  £s  ist  ersichtlich,-  dafs  der  ^flächige  Gegen- 
seitenwandner  als  .2fach  pgliedrige  Gestillt  in  die  Reihe  der 
2  X pflächigen  Gegenseitenwandner  gehört.  Ist  x  :  y  >  1  :  q 
o.der  ^'^ 2 1  j  so  wird  der  Querschnitt  der  2 ^pflächigen  Säule, 
gleich  dem  des  analiogen  2Xtflächigen  Fbenrandners,  sternför- 
mig ,  d.  h.  Von  den  p  Winkeln  de^  einen  Art  wird  jeder  grölser 
als  180^ 

Wenn  die  Hatrptaxe  gleichstellig  2endig  2fach  Igliedrig  ist, 
so  hat  man  sta'tt  des  tflächigen  £benrandners  einen  *2ßäcJidff^m 
quernuttelkantigen  Schief  wandner ,  d,  h.  einen  von  2  Ebenen, 
die  in  einer  horizontalen  Mittelkante  zusammentreffen,  begrenz- 
ten, Raum.  Sofehi  er  2fach  Igliedrig  gleichstellig  2ejndig  ist^ 
haben  seine  Flächen  die  Bedeutung  2fach  IgUedriger  Figuren 
und  seine  Mittelkante  ist  dann  eine  2fach  2gliedrige  Kante ;  auch 
hat  man  2flächige  solche  Schiefwandner  der  Isten  und  2ten  Stel- 
lung zii  unterscheiden.  Die  Mittelkanten  der  einen  sind  senk- 
recht auf  dem  2fach  2gliedrigen  Querstrahle  der  Isten  Art,  die 
der  anderia  auf  dem  der  andern  Art;  die  Mittelkanten  beider 
Arten  daher  einander  parallel.  Dem  2  X ti)achige|;i  Ebenrandner 
entspricht  dann  ebenso  ein  ndtteltcblger  ^yCjlflächiger  SchUf^ 
iifondner.      Seine .  vier 'gleichwerthigen  Flächen  haben   die  Be« 


1    Werden  bei  einem  2x tflächigen  Schiefwandner,  bei  dem  die 
Qaerstrahlen  der  ersten  (oder  2ten)  Art  =  oo  sind,   auch  die-Haupt- 
strahlen  =  oo ,  während  die  Querstrahlen  der  2ten  (oder  ersten)  Ait 
p.     unverändert  bleiben,    so  entsteht  ein  2xpflächiger.G'e|;enseitenwaDd- 
257^  ner.    So  ist  z.  B.  die  in  dor  Figur   von  den  Flächen  o  gebildete  Ge-^ 
stalt,  *'-wenn  man  irou    dem   Daseyn    der  Flächen  P   und  M  abstrahirt 
und  die  Linie  di   als  Hanptaxe   ansieht,  ein  2x4flächiger  Gegensei- 
tenwandner, welcher  von  den  2x4Qächigen  Säulen,  mit  denen  er  zu- 
p.     nächst   verwandt   ist,    dadurch  abweicht,   dafs  .sein  Querschnitt  keine 
259.  geschlossene  ^''8"<'  i*t>   ihm  daher  4  Seitenkanten   der  einen  Art  feh- 
len,   io  dafs   nur  die  4  der  andern  Art   (als  Binkerbungen   oder  ein- 
•pringendo  Kanten)  an  ihm  vorhanden  sind. 


Krjtftalloraetrie.  109} 

imatamg  ÜMh  igVmingBt  FUch«o ,  jede  derselben  Terhält  tkh 
zu  jeder  der  beiden  ihr  snoächstliegenden,  gegenbildlich,  diese 
beiden  sind  ako  einender  ebenbildlich.    Sie  bilden  eine  2  X  2- 
kantige  2fach  SgUedrige  Mittelecke ,  in  welcher  2  |^|  sich  ver- 
haltende, 2fach  IgUedrige,  horizontale  Mittelkanten  und  2  nach 
den  Enden  derHauptaxe  hinlaufende,  |^j  sich  verhaltende,  2fach 
Igliedrige,  schiefliegende  Gipfelkanten  sich   vereinigen.     Die... 
Flächen  P  bilden  einen  quermittelkantig  2flächigen9  die  ]l^liichen]26o! 
Meinen  mitteleckigen  2X2Bächigen  Schiefwandner,  wenn  die 
ganze  Gestalt  ein  zusammengesetzter  Ebenrandner  mit  2  -  und 
Iseitigem  Querschnitte  (gerade  Doppelpyramide  tnit  gleichschenk- 
liger dreiseitiger  Basis)  ist.     Die  Flachen  P  haben  in  dieser  zu- 
sammengesetzten Gestalt  die  Form  gleichschenkliger,  die  Flächen  ' 
M  aber    die  nngleichschenkliger  Dreiecke.       Da  hier  nur  ein 
jQuerstrahl  der  ersten  und  ein  solcher  der  2ten  Art  vorhanden 
sind ,  welche  zusammen  die  einzige  2fach  2gliedrige  (ungleich- 
endige) Qneraxe  ausmachen,    so  kann  hier  eine  und  dieselbe 
Fläche  des  regelmäfsig   2  X  2fiächigen    Schiefwandners  nicht 
Qoerstrahlen  beider  2fach  2gliedrigen  Arten  schneiden. 

Gleichwie  aus  dem  2X^A^c^^g^'i  Ebenrandner  ein  schein- 
bar vflächiger  wurde,  wenn  die  Randkanten  von  jenem  parallel 
mit  einem  2&ch  2gliediigen  Querstrahle  wurden  (was  dort  statt 
fand,  wenn  x  :  y  =  1  :  1  war) ,  so  wird  auch  hier,  wenn  die 
beiden  Mittelkanten  des  2X2ilächigen  Schiefwandners  parallel 
der  2fach  2gliedrigen  Qneraxe ,  folglich  einander  selbst  parallel 
werden ,  aus  diesem  Körper  ein  scheinbar  4flächiger  quersäuliger 
Schiefwandner,  welcher  aber  ebenso  die  Bedeutung  einer  2X2- 
flächigen  Gestalt  behält ,  wie  jener  Ebenrandner  die  Bedeutung 
eines  2Xtfl&chigen  behielt  Der  2Xpfiäckigen  Säule  entspre- 
chend hat  man  hier  den  2  X  1  flächigen  Seitenwandner  oder 
2  X  Iflächigen  Nebenseiten  wandner  ( orihepipedum  dimono^ 
edrum),  den  man  sich  entstanden  denken  kann  ans  einem  2X2- 
flächigen  Schiefwandner,  dessen  Mittelquerschnitt  constant  ge- 
blieben ist,  dessen  Hauptstrahlen  aber  =  oo  geworden  sind,  so 
dafs,  wenn  jener  eine  Mittelecke  hatte,  dieser  zwei  sich  in  einer 
Seitenkante  schneidende  Flächen  hat;  hatte  jener  keine  Mittel- 
ecke,  so  hat  auch  dieser  keine  Seitenkante  und  der  Seitenwand- 
ner erhält  die  Form  eines  2flächigen  Gegen seitenwandners.  Der 
pfiächigen  Säule  analog  ist  hier  der  ißächige  Seitenu^andner 
(orthepipedum  monoedricum) ,  eine  einzige  Seitenfläche,  welche 
?.  Bd.  '       A  a  a  a 


\ 


1096  -     Kry  stall.     - 

auf  einem  2fach  2gli^drigen  Qiierstrfthl«  $«nlarec&t  fllÄt^  ymun 
der  1  flachige  Seiten  wand  ner  ein  2£ach  Igliedriger  ist. 
^*  Die  gleichstellig  2endige  2fach  Igliedrige  Gestalt,  Mrelche 
A.B. alft  Beispiel  dnrch  di(&  Abbildung  Versinnlicht  ist,  läfstsich  be- 
trachten als  ztisammdngesetzt  aus  den  2  Flächen  M  eines  2X  1- 
flachigen  Nebenseitenwandners ,  den  2  Flächen  T  eines  2flücfai« 
gen  Gegenseitenwandners  nnd  ans  der  Fläche  q  eines  Iflachi- 
gen  Seitenwandners.  Die  Flächen«  o  bilden  einen  2iläclugen 
quennittelkantigen  Schiefwandner  erster  nnd  )ene  mit  o'  bezeich- 
neten einen  solchen  zweiter  Stellung.  Die  Flächen  P  biUea 
einen  mitteleckigen  2x2flächigen  Schiefwandner. 

Auf  ähnliche  Weise   lälst  sich  die   abgebildete  2gliedbige 
237]  Gestalt  zerlegen  in  zwei  verschiedene  2X4flächige£benrandiier 
P  nnd  n  und  in  2  verschiedetie  quersäulige  4fl^chige  Schiefwand- 
ner erster  Stellung  o  und  r,  iq  eine  2X2flächige  Säule  d,  in 
einen  2flächigeh  Gegenseikenwandner   Ister  Stellung  b   und  in 
einen  solchen  2ter  Stellung  s.  '  Die  Zerlegung  der  andern  2glie- 
2S§*.drigen    Gestalt  ist. ans  dem   eben  Entwickelten  ohne    weitere 
2S9,  Schwierigkeiten    möglich.      Die  4gliedrige  Gestalt  besteht  ans 
den  Flächen  P   eines  Sflächigen  Ebenrandners  erster  Stellung, 
wenn  s  die  Flächen  eines  solchen  2ter  Stellung  sind.    Die  Fli- 
ehen z  bilden  ftir  sich  allein  einen  2X8flächigen  Ebenrandner, 
die  Flächen  g  gehöreii  einer  4fiächigen  Säule  2ter  Stellung  an 
nnd  die  Flächen  r  bilden  eine  2X4flächige  Säule.     Die  Zerle- 
Fiff«  gung  der  abgebildeten  6gUedrigen  Gestalt  in  2  verschiedene  12flä- 
chige  Ebenrandner  t  und  u  erster  Stellung ,   einen  solchen  2ter 
Stellung  s,  einen  2Xl2flä€higen Ebenrandners,  in  die  2flachige 
Tafel  P  und  in  die  6flächige  Säule  Ister  Stellung  M  ist  ohne 
weitere  Anweisung  ausfuhrbar» 

JSinfaclie  Gestalten  tnit  gleichstellig26ndiger 
^      Ifach  pgliedriger  Uauptaxe 
(gleichstellig  2endig  Ifach  pgliedrige  Gestalten). 
Jeder  einfache  derartige  Schiefwandner  ist,  ^sofern  er  eine 
ringsum  endlich  begrenzte  Gestalt  ist,  ein  tflächiger  Ebenrandner, 
dem,   abstrahirt  von  seiner  Verbindung   mit  dem  gegebenen 
Strahlensysteme,  ein  2fsch  pgliedriges  Strahlensystem  entspre- 
chen würde»    In  dieser  Verbindung  aber  hat  er  blofs  die  Bedea- 
tung  einer  pgliedrigen  regelmäfsig  gleichendigen  Gestalt,  eines 
Ifach  pgliedrigen  tflächigen  Ebenrandners,  den  man  der  Kürze 


Krystallom^tri^.  1097 

wtgen/  itL-ek  keinen  2  X  tflachigen  pgliedrigen  giebt,  blob 
Schlechthin  ißtch  pgliedrigen  Ebenrandner  nennen  kannt 

Deriicksichtigt  man  die  Theile  eines  solchen  Körpers  hin-» 
sichtlich  anf  iht  Verhalten  za  dem  gegebenen  Strahlensysten^is, 
So  folgt,  dafs  ihre  Bedeutung  eine  andere  seyn  müsse,  als  die, 
\relche  ihnen  zustehen  \nirde ,  wenn  tnan  den  Körper  in  Be«- 
Ziehung  auf  das  ihtd  entsprechende  Strahlensystem  betrachtet.  So  < 
verhalten  sich  also  seine  Flachen  als  Ifach  pgliedrige,    seine 
Scheitel  als  pgliedrige  Ifath  pkantige  £cken ,  seine  Randecken 
«la  2fach  Igliedrige  2-*  und  2Xl^e°tige  Ecken,   seine  Rand- 
kanten  als  gleichseitige  ungleichendige  Kanten ,  seine  Scheitel- 
kanten als    (ungleichendige    ungleichseitige    d.  h.  als)    Ifach 
Igliedrige  Kanten.     Auch  sind  die  Flächen  der  oberen  K(5rper- 
kilfte  denen  der  Unteren  nicht  |^| ,  sondern  bloFs  |=| ,  und  nur 
die  einer  und  derselben  HMlfte  sind  ^*     Diese  Art  des  Verhal- 
tens der  Theile  ist  aber  nur  bemerklich ,  wenn  die  Gestalt  mit 
andern  Ifach  pgliedrigen  gleichstellig  2endigen  Gestalten  eine 
zusammengesetzte  Gestalt  ausmacht,  die  so  beschaffen  ist,  dafs 
das  ihr  entsprechende  Strahlensystem  sich  unmittelbar  als  ein 
lüach  pgliedriges  gleichstellig  2endige8  erkennen  VAx,    Würden 
bei  unveränderten  Querstrahlen  die  Hauptstrahlen  in  einem  Ifach 
pgliedrigen  Ebenrandner  s=  oo ,  so  wird  er  zu  einer  pflächigen 
Säule,  die  gleichfalls  nur  die  Bedeutung  einer  gteichstellig  2en- 
digen  Ifach  pgliedrigen  Gestalt  hat*    Für  p=^  1  ist  jeder  Scliief- 
wandner  eiii    mittelquerkantiger   2fiächiger  und   jeder   Seiten*  p.^ 
wandner  ein  Iflächiger.     Ein  Ebenrandner  mit  3  X  l8eitigeml26L 
Querschnitte  b  c  d  und  3  X  Ikantigen  Igliedrigen  Scheiteln  aa^' 
z.  B«  ist  anzusehen  als  eine  zusammengesetzte  Gestalt  aus  drei 
^flächigen  Schiefwandnern«    Eine  gerade  Säole  mit  3Xl8eiti- 
gem  Querschnitte  ist  zu  betrachten  als  zusammengesetzt  aus  drei 
Iflächigen  Seitenwandnem  und  der  2flächigen  Tafel«    Fiirp=2    ^ 
ist  jeder  Schiefwendner  ein  4ilächiger  quersäuliger  Schiefwand- 
ner,  dessen  FUchen,  in  zusammengesetzten  Gestalten,  ilp  sich 
als  solche  mit  gleichstellig  2endiger  Ifach  2gliedriger  Hisiuptaxe 
zu  erkennen  gaben ,  die  Bedeutung  von  Ifach  IgÜedrigen  Fla- 
chen nicht  verleugnen.     Ebenso  ist  ersichtlich,  dafs  seine  Mit- 
telkanten gleichseitige  (ungleichendige)    Sfach  Igliedrige  und 
seine  Gipfelkanten  Ifach  2gliedrige  sind,  ... 

Der  Ebenrandner  mit  langrautenförmigem  Rande  (rhomboi-26l' 
disches  Oktaeder)  hat  4  Flächen  P,  welche  einen  4ilächigen  der-  ^' 

Aaaa  2 


lOgS  KrystalL 

artigen  Schiefwand  ner  bilden,  und  4  Plachen  M,  die  einen  2tm 
begrenzen,  so  dafs  die  ganze  Gestalt  angesehen  werden  kann  als 
aus  2  verschiedenen  4iläch]gen  quersäuligen  Schiefwandnem 
zusammengesetzt^.  Jeder  Seitenwandner  ist  ein  ^flächiger  Ge* 
geriseitenwandner,  bei  weichem  jede  Fläche  die  Bedeutung  einer 
2fach  Igliedrigen  Figur  hat. 

^'  Das  Bild  der  Ifach  Sgliedrigen  Gestalt  läfst  erkennen,  daCi 

sie  zusammengesetzt  sey  aus  zwei  4flächigen  quersäuligen  Schief- 
wandnem f  und  1  und  aus  den  2  Tafelflächen  P,     Die   Ifacb 

2^|'4gliedrige  Gestalt,  welche  als  Beispiel  dient,  ist  aus  vier  ver- 
schiedenen Sflächigen  Ifach  4g1iedrigen  Ebenrandnern  g,  a,  P,  b 

243.  zusammengesetzt  Das  als  Beispiel  ge\9'ählte  Bild  einer  Ifiacli 
Ogliedrigen  Gestalt  ist  das  einer  solchen ,  welche  zusammenge- 
setzt ist  aus  den  fiinf  verschiedenen  Ifach  6gliedrigen  12fläclii- 
gen  Ebenrandnern  x,  z,  a,  s,  u,  aus  den  Tafelflächen  P  und  ans 
den  Seitenflächen  dreier  Gflächiger  Ifach  6gliedriger  Säulen  M,  c,  e^ 

Einfache   Gestalten  mit  geren^iellig  2endig 
2fach  pgliedriger  Hauptaxe 
.     (gereuptellig  2endig  2fach  pgliedrige  Gestalten). 

Es  liegen  hier  nicht  in  jeder  Hauptflügeliläche  die  Strebe- 
strahlen gepaart.  Man  denke  sich  zwei  gleichwerthige  benach- 
barte doppelte  Flügelflächen  des  einen  (z.  B.  oberen)  Haupt- 
strahles, und  zwar  zuerst  so ,  dafs  sie  beide  gegen  einander  eine 
Neigung  kleiner  als  180^  bilden ;  dazu  nehme  man  die  zwischen 
diesen  beiden  liegende  doppelte  Flügelfläche  des  andern  Cunteni) 
Hauptstrahles,  welche  bekanntlich  jene  Neigung  halbirt.  In 
jeder  dieser  3  Flügelflächen  nehme  man  einen  Strebestrahl  so, 
dafs  die  drei  Strebestrahlen  zu  einerlei  Art  gehören.  Man  denke 
sich  die  Begrenzungsfiächen ,  für  welche  diese  Strebestrahlen  als 
Normalen  zu  betrachten  sind ,  gleich  weit  vom  Mittelpuncte  des 
Strahlensystems  entfernt*  Es  ist  einleuchtend,  dafs  die  dem 
unteren  solchen  Strebestrahle  entsprechende  Begrenzungsfläche 
sich  gegen  die  beiden  andern  hinsichtlich  ihrer  Lage  auf  gleiche 
Weise  verhalten  müsse.  Daraus  ergiebt  sich ,  dafs  die  entste- 
henden Mittelkanten  der  Gestalt  einen  regelmäfsig  kronenarlig 


^1'  1  Die  Ebenrandner  mit  Ifach  Sgliedrig  2xSscitigem  Bande  oder 
e,  mit  Ifach  4gliedng  2x48eitigem  Rande  sind  die  ähnlichen  CcstaUea 
d.  in  dem  bttrefl*eDdeQ  Sgliedrigeo  and  4gliedrigen  Cestultensytteme. 


Kry^lfillojnatrie.  1099 

»UkuwkfBrmigen  KABteining  d.  fa.  «inen  kroneh«idg  sacldgenpi«. 
Bftnd  bilden  miiieeo.  ;  Man  erhält  «o  snnftchst  eine  Gestalt,  die^^ 
man  tflächigen  Kzonrai|loef  (stepf^anoides  i-^^edricd)  nennen  kann ;  264. 
wAbo  s.B.  ßflüchigen  Kronrandner  (j^iephandideB  kexaedricay  Rau-> 
tmflSchner,  Ratttenfiach,  Rhomboeder,  rhombo^dre,  rho  m-» 
•beide,,  geschobener  Würfel ,  köiperjicher  Rhombus  u.  s.  w.) ;  P'^* 
6flächiger  Kronrandner  (jstephcuioides  octqedrica)  ;    lOflächiger, ,  ^ 
12fläc]ttger  n.  s«  w.  jEroorandner  {st^phanoidßs  deoaedricux  ^  A* 
decaedrica  etc^^    Jeder  tflachige  Kronrandner  hat  als  Gestalt  an     ' 
sioh  betrachtet ,  ao  wie  auch  als  gcfrenstellig  2endig  2fach  pglie* 
drige  Gestüt, 

1)  p  obere  und  p'Ontere Flächen  P,  welche  |^[  sind  und  die 
Bedeutung  2fach  Igliedriger  2  X  2s^ite  oder  Lanzenyiereeke 
haben ; 

2)  2  Scheiief  a,  welche  pkantige  2fach  pgliedrige  Ecken 
tind  unter  sich  |^|  sind ; 

3)  p  obere  und  p  untere  Randechtn  e,  deren  jede  eine 
2-^  und  Ikantige  2fach  Igliedrige  Ecke  ist;  sie  alle  sind  |^|; 

4)  p  dem  oberen  und  p  dem  unteren  Scheitel  angehörige 
ScheitelJtanten s,  welche |^| sind;  jede  ist  gleichseitig  ungleich« 
endig,  folglich  2fach  Igliedrig; 

5}  2Xp  Randkanten  r,  welche  2gtiedrige  Kanten  sind; 
jiie  p  einen  sind  unter  sich  ^ ,  verhalten  sich  aber  ^=]  zu  den 
p  andern,  die  unter  sich  ^  sind. 

Man  kanif  einen  tflächigen  Kronrandner  auch  im  Allgemei-* 
neu,  wenn  man  nicht  die  Zahl  seiner  Flaohen  angeben  wiU, 
einen  ghio/iachenHigeii  Kronrandner  {steplumpides  doroideä) 
nennen. 

Die  doppelten  Hauptflügelflächen  liegen  so,  dafs  jede  durch 
beide  'Scheitel  und  eine  Randecke  geht;  sie  ist  also  begrenzt 
von  der  Hauptaxe,  von,  einer  Scheitelkante  und  von  einer  nach 
dem  Scheitel  hinlaufenden  Diagonale  {^SqheUeldiagonale)  einer 
der  lanzenförmjgen  Flächen.  Sie  ist  daher  ein  3X1'®^^*  ^^^ 
mittlere  QuerscI^itt  geht  durch  die  Halbirungspuncte  aller  Rand- 
kanten  und  ist  ein  regelmärsiges  tseit.  Der  Querschnitt  durch 
die  p  oberen  oder  dm:ch  die  p  unteren  Randecken  ist  ein  regel- 
inäC^iges  pseit«  dessen  Seiten  Querdiagonalen  der  Flachen  sind. 
Die  beiden  solchen  Schnitte  sind  [^^j.  Eine  und  dieselbe  dop* 
pelte  HauptflUgelfläche  schneidet  diese  beiden  Querschnitte  so, 
dzh  sie  im  oberen  (oder  unteren)  durch  eine  Linie  geht ,  die  . 


1100  KrjÄtalL 

von  dem  Mittelptincte  dieses  pseita  nach  eiofent  Winkel  deaMÜ« 
b^n  binansstrahlt  y  während  sie  in  dem  unteren  (oder  oberen) 
durch  eine  Linie  geht,  dft  von  dem  Mitt^nncte  cUeaes  pseits  ans 
senkrecht  auf  eine  Seite  desselben  gezogen  Verden  kann.  JDiess 
beiden  Linien  aber  verhalten  sich  au  einander  (da  die  b^dea 

360? 

regelmäßigen  pseite  gleich  sind)  =:  Siq.  Tot,  :  Cq«.  -7; — ,  Stellt 

S.  .         .  2p 

11  daher  die  Figur  eine  doppelte  Hauptfliigelfläphe  dar. ,  in  weichet 

ef  und  d  c  jenen  beiden  Querschnitten  durch  die  Randecken  om 

oberhalb   dem  mittleren  Querschnitte  angehOiren,  so  i^t, 

Cos.  -^  ==?  q  genannt  wird, 


aber 


ef 

:  de  =  q  :  1 

pm 

—   ef  +  de 

- 

2 

ef 

^  dp  :  ef  == 

1  +  q: 

q 

2  q  m  :  e  f  =; 

t.+  q: 

q 

. 

"-dl- 

2  .  am 

ob 

:  eb  =  om  : 

ef 

ab  —  ob 

:  ob  =  om  — 

-  ef  :  om 

po 

:  ob  =  om  —    r— ; —  • 

2 

_i.-q 
"i+q 

:  t 

jifst 

1  +  q 

»  oh. 

2pm  :  om 


360" 
Fuif  p=3  wiyd  q  =  Cos.  — -  ==  Cos.  60®  =  |,  also  oe  =5 

.  f 

-^  .  ob  =?  iob,  folglich  be  =;  ea  =  da,  d.h.  im  6ilächi<f 


1+4 

gen  Kronrandner  wird  die  Hauptaxe  von  den  beiden  Qner-t 
schnitten  durch  die  Randecken  so  geschnitten  ^  dafs  sie  in  drei 
gleiche  Theile  getheilt  ist.  Wenn  b  e  ==  e  d ,  so  ist  auch 
bf  =  fc,  d.  h.  die  Scheiteldiagoi^Ie  bc  einer  der  Flächen  dcM 
6iläch]gen  Kronrandners  wird  durch  ^e  Querdiagonale  (welche^ 
ah  Seite  des  Querschnitts  durch  die  Randecken  der  Punct  f  an«* 


Kryatallonuelrie.  ^      1101 

^ie]»Brt)  JtilMrt'.  Da.  tum  in  jedem  tfiädiigen  Kronrandner  die 
.QaAxdügonaJe.  der.Fläcl^e  dUrch  die  Scheiteldiagonale  in  zwei 
gUicha  Theile  getheilt  wird,  so  i^ufs  die  2fach  Jgliedrige  2mal 
Sffealige  Flache  dea  gfläcbigen  Kronrandners  so  beschaff en.seyn, 
dA£i  in  ihs  die  beideii  auf  einander  senkrechten  Diagonalen  sich 
gegenseitig  lialbicen^  d,  h.  sie  muis  als  Fläche  an  sich  betrachtet 
^n  gleichseitiges  (janzenvierecl^ ,  eine  Raqte  oder  eine  Rhombe 
•eynr  *,       : 

'  Jst  p  =  2,  so  ist  Cos.  f  ~?)  =Cos.  ga^  =  0,  also  ^=5 
\2.Z  /  1  +^ 

c=  1^  d*  h.  die  Entfernung  einer  durch  die  oberen  oder^  unteren 
Randecken  ^e§  Körpers  gelegten  Eb^ne  vom  Mittelpuncte  ist  = 
der  luAten  Hauptaxe','  d.  h.  der  obere  Endpunct  der  Axe  fallt 
mit  den  beiden  oberen  Rande.cken  und  deir  untere  mit  deii  bei- 
den unteren  in  einerlei  gerade  Honxontallinie.     Daher  hat  der 
^ßä^hige  Kronrandn^r  statt  ^e%  Scheitels  ^nd  der  zwei  Scheitel- 263* 
kanten,  die  er  haben  miilste^  an  >edem  Ende  der  Hauptaxe  blofs    / 
eine  2fach  2gliedrige  horizontale  Gipfelkante  g  und  bei  jeder 
seiner  Flächen  P  ist«  die  lanzenförmige  Figtir  dadurch ,  ds^fs  ihr 
Winkel ,  welcher  am  Ende  der  Hauptaxe  anliegt ,  =  180^  ist, 
cu  einem  gleichschenkligen  Dreiecke  geworden.     Gleichwie  der 
Sfach  pgliedrige  tfiachige  Kronrandnev,  wenn  p  eine  ungers^de 
Zahl  9)  5)  7  U*  s.  w.  ist ,   siph  so  beschaffen  zeigt ,  dalüs  je  eine 
der  p  oberen  Flächen  einer  der  p  unteren  parallel  liegt  ^  mithin 
beide  auf  einer  und  derselben,    durch  die  Hauptaxe   gelegten^ 
Ebene  senkrecht  stehn ,  welche  doppelte  HauptQügelfläohen  bil- 
det, so  mufs  auch,  wenn  p=:l  ist^  die  Gestalt  aus  einer  oberen 
nnd  einer  unteren  Fläche  bestehen,    welche  einander  patallel 
liegen,  und  beide  müssen   auf  der  einzigen  möglichen,  durch 
die  Hauptaxe  gelegten ,  *  Ebene  senkrecht  seyn ,  in  welcher  die 
'      doppelten  Hauptflngelfiächen  liegen.  Y^ct  Stellvertreter  des  2{ach 
pgliedrigen  tfilächigen  Kronrandners  i«t  daher  ftir  die  2fach  l^lie-* 
drige  gerenstellig  i  2endige  Hauptaxe  ein  kantenloser  ^flächiger 
Schiefwandner,  dessen  FJächen  die  Bedeutung  2fach  Igliedriger 
Figm'en  haben.     Ein  2Xtflächiger  Kronrandoer  (stepha^oides 
dh-t'-4dTicd)%*B.  ist  der2><4flä^igeKron»ndner(«i^/7A4znp/<^«I^S* 


1  (Daher  die  bereita^  angegebeaen  Benennungen  Rantengechsflach- 
ner,  Raotenflach ,  Rhomboedcr,  Rhombo^dre,  Rhomboide,  korper- 
lieher  Rbembes  u«  ••  v.) 


UÖa  KryttalL 

P2   JitUntedriea,    ttttagonalet  Skakntndtr);    der   2X 
^iKrotkrandner  (hczagonal«!  Skalenender,'  3-  und  3kantD«r, 

3-  und  Skantiges  Dodekaeder,  aDgleichtchenklige  GsMtig«  Pjm- 
269. mide,  B.ipyramoide,  Kalkpyramide) ; ^der  2 XSfläoiuge Kson- 
randner  (Mtephanokles  diootaedrica')  hat  2XtFIäpiienP,  wmkhm 
aaf  Ifach  Igliedrigen  StrebestraUen  senkrecht  atehen  und  in  det 
Regel  Ifach  l^Iiediige  d.  h.  ungieiohaohenkUge  Dreiecke  sind* 
Mich  beiihm  bilden  die  Bandkanten  einen  kronartigen  xicKzad* 
förmigen  Kantenring/  Die  p  einen  der  Randkanten  r  sind  ein* 
.  ander  ebenbildlich  und  verhalten  sich  zu  den  p  andern  gegen» 
bildlich^  sie  sind  Ifach  2gUedrige.  Die  Scheitelkanten  sind  von 
zweierlei  Art,  )ede  liegt  in  einer  doppelten  Haaptflügelfläclie 
und  ist  eine  ungleiohendige  gleichseitige  d.  lu  2fach  Igliedrige 
Kante,  Die  einen  s  können  von  den  andern  a  im  Allgemeinen 
sowohl  durch  Länge  als  Grölse  unterschieden  werden*  Von  ieder 
Art  sind  p  obere  und  p  untere  vorhanden.  Eine  obere  der  ersten 
Art  und  eine  untere  der  2ten  Art,  oder  umgekehrt,  liegen  in 
einer  doppelten  Hanptflügelfiäche,  so  dafs  diese,  von  ihnen  bei- 
den und  der  Hauptaxe  begrenzt,  ein  Dreieck  bildet.  In  ^eder  der 
p  oberen  und  p  unteren  iUndecken'e,  die  einander  |^|,  2'*nnd 
2Xlkft°tige,  2fach  Igliedrige  Ecken  sind,  laufen  2  gegenbild* 
liehe  Randkanten  und  2  ungleichwerthige  Scheitelkanten  zusann- 
men.  Die  beiden  Scheitel  sind  |^|,  2Xpkantige,  2f#ch  pglia- 
drige  Ecken. 

Als  ^igenthümliche  Arten  der  2Xtflächigen  Kronrandner 
sind  anzusehen  jene  Gestalten  ,  bei  denen  die  Flächen  senkrecht 
auf  solchen  Ifach  Igliedrigen  Strebestrafalen  stehen,  die  in 
.  Hauptfliigelflächcn  liegen ,  welche  durch  die  2gliedrigen  Qoer- 
strahlen  gehen.  Weil  nämlich  in  einer  solchen  Hauptflügelfläche 
2  gleichwerthige  derartige  Strebestrahlen  sich  befinden ,  so  Colgt^ 
dafs  sich  die  beiden  gleichwerthigen,  zu  ihnen  senkreehten  Flä« 
chen  in  einer  horizontalen  Randkante  schneiden  müssen ,  so  dab  • 
also  die  bfi  andern  2  X  tfiächigen  Kronrandnem  vorhandene 
Neigung  jeder  Randkante  gegen  den  mittleren  Querschnitt  hier 
s=  o  wird.  Die  Gestalt  an  sich  betrachtet  hat  dann  das  Ansehen 
eines  vflächigen  Ebenrandners,  wenn  v  ss  2t  ist,  dmsen  Flä- 
chen aber  gleich  denen  der  2  X tfiächigen  Krönrandner  in  zn« 
sammengesetzten  Gestalten  sich  als  Ifach 'Igliedrige  Flächen  ver* 
halten;  seine  Randkanten  sind  ebenso 'ifach  2gliedrig,  seine 
Scheitelkanten ,  obwohl  alle  gleich  an   Liänge ,  Grölse  u.  s.  w.. 


_A_.^-^— 


KrysUllometrie,  1103 

jmsoch  von  xveiirki  An  in  B^sklrang  anf  ihr  Verluihen 
XU  dem  gegtbenen  Axens^rtteme ,  Ühnttck  den  Scheitelkanten 
deaSXtflächigenKroniändners.  Auch  dieBedeutnng  der  Ecken 
diesea  Ktfrpers  ist  von  der  der  analogen  Ecken  im  2Xt^c)ügen 
Kronrandner  nicht  verschieden. 

'  Wenn  p  eine  ungerade  Zahl  ist,  »o  sind  die  2Xtfli(chtgen 
Kronrandner-  im  Allgemeinen  parallelflächige,  Ist  p  aber  eine 
gerade  Zahl,  so  ist  Parallelismus  der  Flächen  nicht  vorhanden. 
Bei  2£sch  Igtiedriger  gerenstelbg  g}eiohendiger  Hanptaxe  wer* 
den  daher  die  2X2  Flächen  der  Gestalt,  welche  mit  den  2Xt-» 
flächigen  Krohrandnem  in  efne  Reihe  geh(5rt,  paarweise  parallel 
seyn  müssen,,  so  dafs  also  4  einander  parallele  Kanten  entstehen* 
Es  ist  diese  Gcstale  ein  2X2-  oder  4flächiger  strebesäuligei 
Schiefwandoer,  der,  wenn  seine  Kanten  senkrecht  ständen^  d.  h. 
der  Hanptaxe  parallel  wären,  eine  Säule  mit  rautenförmigem 
Qoenchnitte  seyn  würde.  Zwei  der  Kanten  dieser  Strebesäule 
sind  schiefliegende  2fach  Igliedrige  Gipfelkanten  i,  die  beiden 
«i«lem  sind  Ifach  SgÜ^drige  Mittelkanten ^  je  2  einerund  der- 
selben Mitlelkante  anliegende  Flächen  verheben  sieh  ^;  fe  2 
einer  und  derselben  Gipfelkant^  anliegende  aber,  so  wie  >e  2 
•inander  parallele,  verhaken  sich  |xs|.  Sämmtliohe  4  Rächen 
sind  Ifach  Igfiedrige.  Alle  aufgeführte  TfaeSle  laMen  die  ihnen 
sogeschriebeben  Eigeneckafiten  an  suaammengeeetsten  Gestalten 
erkennen.  " 

Denkt  man  sink  an  einem  tfiächigra  -Kronrandner  die  Haupt» 
«xe  wachsend ,  wüurend.  die  Ifaoh  2gliedrigen  Qnerstvahien  un- 
verändert bleiben, 'ao  «eriiält  man ,  wenn  die  Hanptaxe  as  oo  iatp 
aiae  tflächigB  SOuU,  deren  Seitebwände  auf  den  (strebestrahlen  <* 
«rtig)  2fach  Igliedrigen  Qnerstrahlen  senkrecht  stehen«  Die  p 
einen  der  Flächen  derselben  gehören  auf  dieselbe  Weise  dem 
oberen  Hanptstrahle  an ,  wie  die  p  andern  dem  unteren.  Die 
Seitenkanten  sind  Ifach  2gliedrig. 

Läfst  man  an  einem  2X^fiÄch]gen  Kronrandner  die  Haupt* 
strahlen  wachsen,  bis  sie  unendlich  sind ,  während  sowohl  die 
Ifach  2gliedrigen  als  auch  die  2fach  IgUedrigen  Querstrahlen  an 
JLiänge  unverändert  bleiben ,  so  erhält  man  eine  2  X  tfläcMge 
Säule,  deren  Flächen  auf  Ifach  IgUedrigen  Querstrahlen  senk- 
recht stehen.  Die  t  Seitenkanten  der  einen  Art  sind  Ifach  2glie<- 
drig  und  die  beiden  einer  solchen  Kante  anliegenden  Flachen 
sind  einander  ebenbihfUch ;  die  t  andern  Seitenkanten  sind  2fach 


1104  Kryfltall; 

IglieJEig  gleichseitig  nngkichendig  und  die  8.  elaes  sol<&ei| 
Kante  anliegenden  Flüchen  sind  einander  gegenhiidlich. 

Auf  ähnliche  Weise  entsteht  aus  dem  erwähnten  vfiachigen 
Ebenrandner  eine  tflächige  ^Säole  2ter  Art »  deren  Flächen  nof 
Ifach  2gliedrigen  Querstrahlen  senkrecht  stehen*  Ihre  Seiten-«- 
kanten  sind  Sfach  Igliedrige  gleichseitig  npgleichendige  Kanten, 
)e  2  einer  Seite  anliegende  Flächen  verhalten^  sich  {^=|. 

Für  p  =  1  erhält  man  ab  Stellvertreter  der  tfiächigea  Saole 
mit  2fach  Igliedrigen  Flächen  den  Sflächigen  Gegenseitenwand- 
net  mit  2fach  Igliedrigen  Flächen ,  statt  der-  tflächigen  Säule 
mit  2fach  1  gliedrigen  Flächen  einen  2fltchigen  Gegenseiten  wand- 
ner  mit  Ifach  2gKedrigen  Flächen«  Jeder  besteht  ans  2  parallelen 
Flächen ;  die  des  einen  stehen  aqf  denen  des  andern  senkrecht» 
weil  aach  hier  die  2iach  Igliedrigen  Strahlen,  auf  den  Ibck 
2gliedrigen  senkrecht  sind.  Die  2  X  2flächige  Säule  tritt  als 
solche  auch»  hier  auf  nnd  b^t  den  Charakter  der  oben  eiwähnlen 

IHl*         Als  Beispiele  von  zqsammengesetzten  gere^ellig  2eBdigon 

A|B.2fach  pgUedrigen  Gestalten  midgen  dienen:   1)  nine  2fach  Iglie-i 

245.drige  A  mit  ihrer  Horizontalprojection  B^;  2)  eine  2fach2gli»i* 

^  drige  und  3)  einige  2&ch  3gUedrige,  welche  mehr  oder  wenige« 

C,D,sueammengesetzt  önd  ntxi  leicht  in  die  einfachen  G^stahen  zeiv* 

\^S^  werden  können ,  aus  denen  sie  zusammengesetzt  sind.     Nor 

p.    eine  derselben  möge   hier  beispielsweise  zerlegt  werden.     Dia 

$i6  Bächen  P  eines  ^flächigen  Kvonrandnera  sind  rerbunden  mit 

^*  denen  m  eines  eben  solchen  Körpers. denaeUen  3tellung,  dee-i 

^nn  Seheitel  .spitziger  ist,  als  der  desKronrandners.?.  Dief  lächon 

r  und  y  gehören  verschiedenen  2X6flächigen'Kroniandnem  uod 

die  Flächen  c  derGflädugen  Säule  ePs  w^i^h^  2(|cb  IgUedrign 

Flächen  hat« 


'1  Man  pflegt  einselne  mindctr  saaammengeaetfte  Iglicdrigc  Qe- 
«.  s^a]tea  mit  besonderen  Nflimea  zo  belegen.  So  heifst  z.  B.  die  Gestalt, 
214]  weiche  aas  derYerbindang  der  Flaclienpaare  P,  r  und  1  entsteht|  eroe 
ichiefe  rectangaläre Säule  (prisme  oblique  a  base  rectangle), 
jene,  welcbe  tqd  den  Placben  M  und  P  gebildet  isti  heifst  sebiefe 
rhomhw'htSamle {Htndxotdtr,  prtame  oblique  a  base  rboinbe), 
^ine  Verbindung  VQp  Flacheo,  wie  M  and  o,,  nennt  man  ein  rbom- 
boidisches  Ditetri|e4ery  rhomboidischea  Oktaeder  n.a.  w.  Wie  ^af  aha- 
Hebe  Weise  die  Verbindangen  t,  1,  r  oder  t,  r,  V  u.  s^  w,  %ind  wieder 
0|  r  oder  o,  t  n.  s.  w.  und  M,  8  oder  0,  • ;  o,  n  0.  ■•  w.  zu  beoeaoen 
•eyen^  ist  eine  leicht  zu  lö'aende  Ajufgabe. 


Kr^vtallometriet  HOS 

Einfache  Gestallen   mit-  ger-enatellig  Sandig 
Ifach  pgliedrigen  Haopt^axen 

(gerenstellig  2en3ig  Ifach  pglieärige  Gestalten), 

Wenn  p  gröfser  aU  1  ist ,  so  sind  di^  Ifach  pgliedrigen^ 
Iderher  gehörigen^  SphiefwandQer  |m  Allgeineine;i  tilächigeKron-; 
randner,  die  aliex  in  zusammengesetzten  <}estaIteQ ,  an  welchen 
daa  Axensystem  sich  als  ein  gerenstellig  2endig  Ifach  p^liedrige« 
zu  er](fi]uiea  giebt,  oder,  w^  da^selhe  Hff$  die  in  Beziehung 
zu  eii)'em  gegei>enen  sqlchen  Axensysteme  deq  Charakter  annehrt 
mei^  der  ihnen  yerUehep  wird  dadurcb|  dafs  ihre  Flächen  senk- 
recht sind  duf  Strebestxsihlen  desselben,  d^  hier  alle  Ifach  Iglle-» 
drig  sind.  Die  p  oberen  Flächen  verhalten  sich  daher  zu  dei^ 
p  unteren  gegenbildlich  i  ohne  ihnen  zugleich  ^  V^  seyn.  Die 
$i;hßite)  sind  bloCi  Ifaph  pgliedrig,  die  Spheitelk^nten  verhalten 
sich  «|ls.  ungleichseitige  ungleichendige  d.  h*  Ifach  Igliedrige 
Kanten,  Das  Nämliche  gilt  von  den  Raqdkenten  und  auch  diq  t 
lUndecken  verhalten  sich  blofs  al?  If^cb  Igliedrige  Gpkeq, 

Die  hier 'Vorkommenden  $äi4e|i  ^d  tflächige  und  zwas 
sind  ihre  Flächen  lfa«h  Igliedrig*  Alle  Seitenkanten  sind  voi^ 
gleichnr  Grobe  und  sind  Ifa^h  IgUedrig.  Je  2  benachbarte  sin4 
|±=|;  je  2  einer  und  derselben  Seiteqkiinte  o^liegeud^  flächeq 
▼e^Iten^ai^^h  ebenCsilla  l^lt  :.      ,    > 

Für  den  Wertfa  von  pe»!  erhalt  man  als  Stellvetfretev  de« 
ihtA  pgliedrigen  tfiäcl^gen  Kronrandners  einen  Ifach  Igliediin 
gen  2ilächigen' kantenloeaB  Sehiefwandnery  bestehend  aus  2  eint' 
ander  parallelen  Flächen,  die  «ich  |=s|  zu  i^nandev  vorhalten  und 
Ifaoh  Igliedrige  Flächen  sind.  Als  Stellvertreter  der  tfläohigen 
gäule  hat  man  ebenso  einen  Qfiächigen.Gegenseitenwandner,  .deet 
een  2  Flächen  sich  |=s|  su  einander  verhalten  und  l&ch  ]glie«f 
drige  Figuren  sind.  Als  Beispiele  gerenstellig  2endiger  Ifach 
pgliedriger  Gestalten  mögen  dienen  1)  eine  Ifach  Igliedrige ,  an 247) 
welcher  je  3  Flächenpaare  ein  unregelmäTsiges  Parallelepipedon» 
bilden,  d{is  man  häufig  mit  dem  Namen  schiefe  Thomboidische 
Säule  (prieme  oblique  4  base  de  parallelogramme 
obliquangle)  belegt.  Nur  je  swei  einander  parallele  (ein 
I^aar  ausmachende)  Flächen  eines  solchen  Par allelepipeds  sowohl, 
als  auch  der  ganzen  abgebildeten  Gestalt,  gebilren  zu  eines 
und  derselben  einfachen  Gestalt  und  bilden  einen  2flächigen 
kantenlo^en  Schiefwand  ner  oder  einen  2flächigen  Gegenseiten^ 


HO©  Kryatall, 

1^*  wandner;  2)  eine  llftobi^Iiedrigd  mit'ikrerHorisontalprojecfioB 
A.B.B.  Sie  besteht  ausz^vm  verscfaiedeneo  Ifach  3gliedrigen  Kiod- 
randnern  R  und  b  und  aus  den  Tafelflachen  o« 

Gefltalte^    mit   ebenbildlioh    Wendiger    Ifacb 
pgliedriger  Hauptaxe 

(ebenbildlich  gleichendige  Ifach  pgUedrige  Gestalten). 

Obwohl  hier  alle  Nebenstrahlen  Ifach  Igliedrig  «ind,  so 
sind^doch  zu  unterscheiden  als  besondere  Hauptarten   1)  dieje- 
nigen ,  welche  in  solchen  Hauptfltigelfläcfaen  liegen ,   in  denen 
auch  die  Ifach  2gliedngen  Querstrahlen  sich  befinden ,  indem  in 
^iner  solchen  Flügelfläche  stets  2  gleichwerthxge  Stit<dilen  vor* 
handeti  sind  unter  gleidier  Neigung  gegen  den  Ifabh  2gHedrigen 
Strahl ;     2)  jene ,  welche  in  Hauptflügelflächen  liegen ,  die  den 
Winkel  «wischen*  je  2  nachbarlichen  Hauptflügelflächen  der  eben 
erwähnten  Art  halbiren ,  und  3)  solche ,  die  in  keiner  der  2 
bisher'bezeichneten  Arten  von  Hauptflügelflächen  sich  befinden. 
Denkt  man  sich  nun  bei  ebenbil41ick  2eBdig  Hsoh  pglie- 
'    driger  Hauptaxe,  wenn  p  zuerst  gröber  als  2  ist,  Flädien  senk* 
recht  auf  StrebestraUen    der   3ten  Hauptart  gleich  west  vom 
Bfittelpuncte  des  Strahlensystems  '  entfernt ,   so  ist  einleachtend, 
dab,  da  hier  jeder  oberer  solcher  Strahl  in  einer  Flügelfläche  des 
oberen Hkuptstrahles  liegt.   Welche  weder  ih- die" Verlängemng 
einer  ihr  gleichwerthigen  Flügelfläche  des  onteren  Hanptstraä« 
las  fällt,  noch  aiieh  den  Winkel  hälbÄrt,  den. 2  ihr  gleich^en» 
^ge ,  einander  naehl^arliche,  FUigeiflechen  des  onterMi  Heopl* 
itrahles  mit  einander  bilden  ,^  die  oberen  und  unteren  Flächen 
der  Gestalt  sich  in  Mittelkanten  von  «weinrlei » Art  sohneiden 
müssen,  welche  snsanimen  einen  unregelmäbigen  zickaaokfiir* 
PI«  migen  d.hi  einen  sMgeartig  zickv^kfOrmigen  .Kantenring  bilden« 
'  ißt  Derartige  Gestalten  werden  daher  bezeichnet  durch  den   Ans* 
'  «druck  tfl&chige Sägerandner  (ßrionoides  t^edrUsaj  ;  z.  D,  ßflächi* 
270.  ger  Sägerandner  (/»rionoidiea  hexaedrica^  trigonales  Trapezoeder); 
S71.Sflächiger  Sägerandner  (prianoidea  oolaedrioa,  tetragonales  Tr*- 
^  pezoeder) ;  1  Oflächiger  Sägerand  ner  (prionoides  decaedrica)  u«  s.  w. 
Jeder  tflächige.  Sägerandner  hat  t  ebenbildliche  ]  fach  IgUe— 
drige  Flächen  P,  die  im  Allgemeinen  Vierecke  sind,  mit  2  gleich 
langen  Seiten,    welche  einen  der  Winkel  eins(ihlieisen ,  ui|d  2 
5flMi  einander  sowohl,  als  auch  von  den  beiden  übrigen  an  Länge 


Kryatallometrio»  ÜOT 

^enehiedenen  Seiten.  Jede  der  tebenbildHdnti  Scheitelkanten  • 

ist  ene   nngleichsekige  ungleichendige   d.  h*  Ifech  Igliediige 

Kante»    Di»  p  einen  gebttren  dem  einen  nnd  die  p  andern  dem 

andern  Scheitel  an  nnd  >eder  Scheitel  a  igt  eomit  eine  pkantige 

llach  pgliedrige  Ecke»    Beide  Scheitel  sind  einander  ^«    Die 

p  Bandkanten  der  einen  Art  R  sowohl ,  ab  auch  die  p  solcfaea 

der  andern  Art  r  sind  Ifach  2gliedrige  Kanten»     Die  einer  nnd 

derselben  Art  angeh^frigen  sind  einander  ^.     Die  t  Randecken 

e  sind  SXlkantige  Ifach  Igliedrige  Ecken.     In  jeder  sind  ver^ 

einigt  eine  Scheitelkante  s,   eine  Randkante  der  ersten  R  und 

eine  solche  der  2ten  Art  r,    Alle  t  Randecken  sind  einander  ^« 

Bei  einem  tilachigen   Sägerandner   sind  parallele  Flächen  Yor* 

handen  oder  parallele  Kanten.  _. 

'Fl  ff. 
Für  p=2  erhält  man  den  4flächigen  Sägerandner,  derjYonj/l] 

den  übrigen  Sägerandnem  sich  dadurch  unterscheidet ,  dafs  sein^ 
dem  Endpnncte  eines  Hauptstrahles  angehOrigen  2  Scheitelkan« 
ten  einander  gerade  entgegengesetzt  liegen,  so  dafs  sie  eine  Ifack 
2gliedrige  horizontale  Gipfelkante  g  bild^en.  Die  beiden  Gipfel« 
kanten  sind  einander  nicht  parallel,  die  Halbirpngspuncte  der- 
selben vertreten  die  Stelle  der  2  ScheiteL  Die  Flächen  P  selbst 
haben  die  Form  Von  Dreiecken,  weil  statt  des  Winkels  am 
Scheitel  hier  ein  Winkel  von  180^  vorhanden  ist. 

Für  psal  hat  man  als  Stellvertreter  des  Sägeran4n0rs  einen 
^chUfimtUlkcmtigen  %ßäehigen  SehUf wandner  ^  bestehend  aas 
2  Flächen,  die  ^ mit  einander  eine  nicht  horizontale, Mittelkante 
bilden,  welche  die  Bedeutung  einer  Ifach  2gliedrigen  Kante  hat, 
währen^  die  beiden  Flächen  selbst  als  einander  ^  Ifach  Iglie* 
drige  Fignren  zu  betrachten  sind. 

Flächen,  welche  senkrecht  sind  auf  Strebestlrahlen  der«  oben 
(erwähnten  2ten  Hauptart,  bilden  tflächige  Kronrandner,  die 
jedoch  blofs  die  Bedeutung  von  Sägerandnem  haben ,  bei  'denen 
die  beiden  Arten  von  Randkanten  gleich  lang  und  gleich  gro£l 
geworden  sind;  Nur  die  einander  ^  Randkanten  haben  die 
Bedeutung  von  Randkanten  gleichen  Werthes.  Scheitelkanten, 
.Randecken,  Flächen  erscheinen  als  Ifach  Igliedrig,  wenn  die 
Gestalt  in  Verbindung  mit  andern  öine  zuiiammengesetzte  Ifach 
pgliedrige  ebenbildlich  gleichendige  ausmacht.  Als  Stellvertreter 
dieser  Kronrandner  hat  man  bei  Ifach  2gliedriger  ^  gleichendi- 
ger  Hauptaxe  die  4^ächigen  Kronrandner;  bei  Ifach  jgliedriger 
solcher  Axe  aber  kantenlose  2nächige  Schiefwandner. 


1108  KrystalL 

nSchen  iftnkncht  atif  StrebestrAliIeii  det  fersten  jtfaer  3 
llauptarten  begrenzen  tfläcMge  Ebenr«ndne^,  die  jedocli'^ag^ 
•ehen  werden  müssen  als  Sägerandner^  ^bei  denen  jede  Rand- 
kadte  der  einen  Art  =  o  geworden  ist ,  während  die  anden 
Randkanten  dadnrch  in  den  mittWeb  Querschnitt  gelangt*  sind. 
Die  Bandecken  'eines  solchen  Ebenrandners  haben  daher  hier 
blofs  den  Charakter  von  Ifach  2gliedrigen  Ecken ,  die  Randkan* 
ten  den  Von  Ifach  2gliedrigen  Kanten,  die  Scheitelkanteü  sind 
Ifach  Igliedrig,  auch  die  Flachen  verhalten  sich  als  Ifac^i  Iglie- 
drige  und  die  Scheitel  sind'pkandge  Ifach  pgliedrige  Ecken»  ob- 
gleich die  ganze  Gestalt  an  sich ,  abgesehen  von  dem  bestimmtaa 
in  ihr  gegebenen  StrAlensysteme ,  mit  einem  gewöhnlichen  ifia« 
chigen  Ebenrandner  übereinstimmt. 

Ab  Stellvertreter  dieses  Ebenmndners ,  wenn  p  =s  2  ist^ 
ha.t  man  auch  hier  quersäullge  4fläch]ge  Schiefwandnet  und, 
wenn  p=sl  ist^  quermittelkantige  SflächigeSchiefwandner,  und 
die  Charaktere  dieser  beiden  Gestalten  verändern  sich  auf  eine 
dem  in  ihnen  gegebenen  Strahlensysteme  entsprechende  Weise. 
Senkrecht  auf  den  Ifach  2gUedng^n  Querstrahlen  eine  Art  fla- 
chen gedacht  geben  eine  pflächige  Säule  mit  ebenbildlichen 
Flächen  und  ebenbildlichen  Seitenkanten.  Die  Seitenkanten  sind 
Ifach  2gliedrig.  Dasselbe  gilt  Von  den  Seitenflächen*  Die  pflä- 
chige Säule,  deren  Flächen  senkrecht  stehen  auf  den  ifach  2glie- 
diigeo  Querstrahlen  der  andern  Art,  haben  denselben  allgemeinen 
Charakter. 

Flächen ,  welche  auf  l&ch  Igliediigen  Qderstrahlen  senk- 
recht sind,  bilden  3  X  pflächige  Säulen,  welche  als  Querschnitt^ 
wenn  man  ihn  als  ebene  Figur  an  sich  betrachtet,  ein  2tsch 
pgliedriges  tseit,  einen  Lanzen -»p">ling  haben.  Die  sänuntli- 
chen  Flächen  einer  solchen  Säule  sind  einander  ^,  die  Seiten- 
kanten von  2erlei  Art  sind  Ifach  2gliedrige  Kanten.  Halbireo 
jene  Querstrahlen  den  Winkel ,  der  von  2  nachbarlichen  l&ch 
2gliedrigen  Querstrahlen  gebildet  wird,  so  werden  die  Seiten- 
kanten  der  2Xpflächigen  Säule  von  gleicher  GröJse  und  die 
Säule  daher  übereinstimmend  in  dieser  Beziehung  mit  einer 
tflächigen,  deren  Querschnitt  ein  regelmäfsiges  tseit  ist,  hin- 
sichtlich auf  den,  Charakter  ihrer  Theile  aber  stimmt  sie  mit  den 
2Xpnäcliigen,  hierher  gehörigen ,  Säulen  überein. 

Für  den  Werth  p=2  hat  man  ab  hierher  gehörige  2XP' 
flächige  Säulen  die  2X3flächjgen,  als  tflächige  die  4flächigen 


Krjatallometrie.  1109 

(jsiit  qiiadratischtm  Querschnitte)  nnd,  tat  SiaUveitretet  de t  pflS^ 
chigen  Saiden ,  die  Süächigen  Gegenseitenwandiiep,  welche  i)ier 
als  von  2  ^  llach  2gliedrigen  pinander  parallelen  Flächen  be« 
grenzt  zu  denken  sind. 

Wenn  I^  =■  1  ist ,  so  sind  die  StellvemMet  der  tfläckigen 
SSnIen  !2flächige  Gegenseiten\randiler,  die  hier  begrenst  zu  den- 
ken sind  von  2  ^  parallelen  Ifäch  Igliedrigen*  Flächen,  Die 
Stellvertreter  der  2  Xpfiächigen  Säulen  sind  2Xlfl^chige  oder  . 
2iläch]ge  Nebenseitenwandner^  an  denen  die  beiden  ^  Ifkck 
Igliedrigen  Seitenflächen  sich  in  ein^r  Ifach  2gliedr]gen  Seiteil- 
<kante  schneiden.  Statt  der  pilächigen  Säalen  hat  man  in  diesem  * 
Falle  Iflächige  Seitenwandner ,  deren  einzige  Begrenznngsebene 
auf  eine  der  beiden  ifach  2gliedrigen  Querstrahlen  senkrecht  ist. 

Bei  den  hierher  gehörigen  tflächigen  Ebenrandnern  sowohl, 
als  auch  den  tflächigen  Kronrandnern,  so  wie  auch  bei  den  pflä- 
chicen  Säulen  und  endlich'  auch  bei  den  Stellvertretern  dieser  3 
Formen,  wenn  der^Werth  von  p  ==  2  oder  1  ist,  hat  man  eine 
Iste  und  2te  Stellung  zu  unterscheiden.  Aus  einer  solchen  Stel- 
lung läfst  sich  die  andere  herleiten  durch  Umdrehung  der  Gestalt 
um  die  Hauptaxe,  so  dab  jeder  Querstrahl  einen  Winkel  von 

Graden  beschreibt« 

P 

Denkt  man  sich  an  einem  gleichstellig  2endig  2X  tflächigen 
Ebenrandner  die  Gesammtheit  der  t  einen  unter  sich  ebenbildli- 
chen Flächen  so  weit  verlängert ,  dafs  sie  die  Gestalt  allein  be- 
grenzen, so  erhält  man  einen  tflächigen  Sägerandner,  der  zu 
dem ,  welcher  auf  ähnliche  Weise  durch  Verlängerung  der  t  an- 
dern unter  sich  ebenbildlichen  Flächen  entsteht,  sich  gegenbild- 
lich verhält.  Auf  ähnliche. Weise  kann  man  an  einem  2Xtflä- 
chigen  Kronrandner  durch  die  Verlängerung  der  t  einen  unter 

'  sich  ebenbildlichen  Flächen  desselben  einen  tflächigen  Sägerand- 
ner erzeugen,  der  zu  dem,  welcher  von  den  gehörig  verlänger- 
ten t  andern  unter  sich  ebenbildlichen  Flächen  jener  Gestalt  um- 
schlossen wird,  sich  gegenbildlich  verhält.  Die  ebenbildlich 
2endige  Ifach  2gliedrige  Gestalt  A  un4  Sgliedrige  Gestalt  ß  las«-  249 
sen,  wenn  man  sie  in  die  einfachen  Gestalten  zerlegt,  aus  denen '^^ 
man  sich  dieselben  bestehend  denken  kann ,  die  wichtigsten  der 
an  solchen  Gestaltensystem'en  vorkommenden  Verhältnisse  er- 

*  kennen  und  dienen  zu  deren  Versinnlichun^ 


illO  KrystalL 

Sinfache  Gestalten  mit  nngleiohendiger  (öder 
t'il  X  leudiger)  2fach  pgliediriger  Hiaii^axe 
(angleichendige  2fftch  pgliedrige  GestalteD). 
.Wenn  p  zuerst  gröfser  als  2  ist  nnd  taan  denkt  sich  FlSchen 
senkrecht  auf  2fach  l^Hedrige  Strebestrahlen  einer  Art,  so  erhält 
man  einen  pßächigefi  Spit%ling  ^  (^acroidea  p^-edrica^.  erster 
oder  zweiter  Stellung,  z.  B.  Sfiächiger  Spitzling  (acroidss  tri» 
edrica),  4flächigeT  Spitzling  (acroidea  ietraedrica),   Gfiächiger 
Spitzling  {acroidea  hexeiedrica),    ,Die  p  Flädien  einer   solchen 
Gestalt  vereinigen  sich  sämmtlich  in  einem  gemein schaftUohea 
Eckpuncte,  dem  Scheitel.   Die  Flachen  sind  2fach  Igliedrig  und 
die  p  Scheitelkanten  sind  gleichseitige  2fach  Igliedrige  Kanten, 
Der  Scheitel  ist  eine  pkantige  2fach  pgliedrige  Ecke.     In  jedem 
Systeme  sind  zu  unterscheiden  pflächige  Spitzlinge  der  Isten  und 
2ten  oberen  und  wieder  «olche  der  Isten  ui^  2ten  unteren  Stel- 
lung.   Bei  jeneA  liegt  der  Scheitel  am   äuTsern  Ende  des  obent 
Hauptstrahlsy  bei  diesen  an  dem  des  unteren.     Für  p=2  erhalt 
man  ,  anstatt  des  pflächigen  Spitzlings ,  einen  quergipfelkantigen 
2flächigen  Schiefwandner«     Die  beiden  Flächen  einer  solchen 
Gestalt  sind  zu  betrachten  als  2fach  Igliedrige  nnd  die  horizon- 
tale Gipfelkante,  welche  sie  bilden,   ist  eine  2fach  2gliedrige 
Kante.      Sie  ist  Stellvertreter  von  2  Soheitelkanlen,    die  hier 
nnter  einem  Winkel  von  180^  sm  äufsern  Ende  des  Hauptstrahls 
zusammenlaufen.  Für  p  =  1  erhält  man  Iflächige  Schiefwandner. 
Seine  Fläche  iiat  hiör  die  Bedeutung  einer  2fach  Igliedrigen  Figur. 


1  Das  Wort  Spüzling  ist  ahnlich  den  Worten  Frühling,  Spätling 
gebildet  und  bedeutet  etwas,  dessen  Haopteigenschaft  im  Spitsigseyn 
besteht.  Des  Wort  Pyramide  bezeichnet  einen  Spttaling,  der  dnrcb 
das  Hiosntreten  einer  Grandflache  an  einer  ringsum  endJick  begrena- 
ten  Gestalt  geworden  ist,  welche  aber,  da  sie  demnach  Flacheo  ver- 
schiedener Art  besitzt  (Scheitelflächen  und  Grund-  oder Tafelfiachea) 
nicht  mehr  als  einfache  Gestalt  betrachtet  werden  darf.  Man  kann 
an  den  tflächigen  Ebenrandnem  und  an  den  tflachigen  Kronraodneni 
die  pfläc.higen  Spitzlinge  und  an  den  2xtflächigen  Ebenrandnem,  so 
vie  an  den  2x  tflächigen  Kronrandnern  die  2x pflächigen  Spitslinge 
kennen  lernen,  wenn  man  die  Soheitelkanten ,  die  im  einen  Scheitel 
jener  Gestalten  zusammenlaufen,  über  die  Randecken  hinana  T^rlän- 
gert  und  die  dieser  Verlängerung  entsprechende  Verläogemng  der 
Flächen  dieses  Scheitels  gleichfalls  statt  finden  läfst,  während  man 
die  Flächen  und  Kanten  des  andern.  Scheitels  nicht  mit  in  Betrach- 
tong  zieht.  .  ^ 


Krj«tallomelrie«  Uli 

< '  Amh  b«i  A^n  Uor  tfwShnttB  2BJkhigm  sowohl  ab  IflXdu- 
gen,Schi6(watidn«ni  hat  man  eine  Iste  ond  2te  obtro  und  abaaso 
wie  lata  und  2ta  nntare  sa  untarschaidaii. 

Flächen  sanHrecht  auf  iCich  Igliedriga  Strabeatrahlan  ba- 
grenzen  im  Allgemeinen  2Xpflächiga  SpitzliogCy  deren  Quer- 
schnitte 2rach  pgUedrige  tseite  oder  Lanzen  -  p  -  linge  sind,  z.  B* 
2  X  2ilächige  Spitzlinge  {acroides  didiedricd)^  2X3flächige 
&^\tzhnge  (aqroides  dUriedrica)j  2X4flächigeSpitzlinga  (acroi-- 
>  des  ditetratdrica).  An  'ihnen  haben  die  Flächen  die  Bedeutung 
Ifach  Igliedriger  Figuren.  Dia  p  einen  verhalten  sich  abanbild- 
lieh  zu  einander,  aber  gagenbildlich,  zu  den  p  übrigen,  die  un« 
ter  sich  ebfi^ildlich  sind«  D^  3^haitel  ist  eine  2><pkaniige. 
2fach  pgliedrige  Ecke«  Dia  Schaitelkantan  sind  von  aweierlei 
.  Art.  Die  p  einen  sowohl  als  die  p  andern  sind  gleichsailige 
2£ach  Igliedriga  ganten.  Die  Grdfse  bezeichnet  den  Unterschied 
.  4ar  beiden  Arten.  Werden  die  Scheitelkanten  der  beiden  Arten 
an  Gröfse  gleich,  so  hat  der  Spitzling  scheinbar  die  Fornv  eines 
tflächigen,  aber  die  Bedeutung  seiner  Theila  bleibt  dennoch  die-, 
salbe  als  beim  2Xp^chigen  Spitzlinga. 

Für  den  Werth  p  =  l  hat  man  als  Stellvertreter  des  2Xp* 
flächigen  Spitzlings  einen  2X  lÜächigen  oder  2fläehigen  schief- 
gipfelkantigen  Schiefwandner.  Die  beiden  Flächen  einer  solchen 
Gestalt  sind  gegenbildlich  Ifach  Igliedrige ;  die  Gipfelkante  ist 
eine  gleichseitige  2fach  Igliedrige  Kante.  Dem  scheinbar' tflä- 
chigen Spitzlinge  entspricht  hier  der  Fall,  wobei  die  schi,efe 
Gipfelkante  sich  umwandelt  in  eine  horizontale,  man  mithin 
einen  2fläohigen  quergipfelkantigen  Scjiiefwandner  hat ,  dessen 
Flächen  aber  blofs  |=:|  und  nicht  ^  sind,  dessen  Gipfelkante 
gleichfalls  eine  gleichseitige  2fach  Igliedrige  Kante  bleibt* 

Denkt  man  sich  den  HanptstraU,  welcher  einem  pfläehigan 
Spitzlinge  angeh($rt,  wachsend,  während  der  Querschnitt  un*. 
verändert  bleibt,  so  wird  der  Scheitel  der  Gestalt  immer  hitzi- 
ger, und  wird  jener  Hauptstrahl  =  oo ,  so  hat  man  eine  pllä- 
chige  Säule,  die  sich  als  eine  ungleichendige  verjült.  Ihre  Sei- 
tenflächen sind2fach  Igliedrig,  ihre  Seitenkanten  aind.ebenfaHa 
gleichseitig  2fach  Igliedrige.  Für  p^=2  ist  auch  hier  ein  2flä« 
chiger  Gegenseitenwandner  vorhanden,  dessen  Flächen  als  2fach 
Jlgliedrige  sich  verhalten.  Für  p  =  1  hat  man  einen  1  flächigen 
Seitenwandner^  dessen  Fläche  eine  2fach  jgliedrige  ist.  Auf 
ähnliche  Weise  kann  man  aus  dem  2Xp^Ächigen  Spitzlinge 
T.  Bd.  Bbbb 


1112  Kry stall,  .  , 

die  12Xpflächige  Saale  ableiten,  dere«  SeitendSehen  Bier  ab 
Ifach  Igliedrige  erscheinen,  "vrährend  ihre  SeitenkanteiL  gl«idi* 
seitige  2fach  Igliedrige  Kanten  sind;  Je  2  einer  und  derselbe» 
Kante  anliegende  Flächen  verhalten  sich  gegenbildlich. 

Für  p  =  1  hat  man  als  Stellvertreter  der  2  X  pfläcfaigen  Saole 
einen  2Xlflächigen  oder  2fläc)iigen  Nebenseitenwandner ,  d.h. 
2' Flächen,  die  in  einer  gleichseitigen  2fach  Igliedrigen  Seiten« 
kante  zusammen  treffen  und  sich  |=|  zu  einander  Verhalten  und 
Ifach  Igliedrig  sind.  Die  Querschnitte  der  2Xp^chigen  Sauie 
sind  auch  im  Allgemeinen  2fach  pgliedrige  tseite  oder  Lanxen- 
p-linge".  •  Werden  in  diesem  Querschnitte  die  zweierlei  Winkel 
einander  gleich,  so  erhält  die  Säule  scheinbar  die  Form  einer 
tfil^higen-  mit  regelmjrfsigem  tseitigen  Querschnitte,  Die  '  Be- 
deutung ihrer 'Theiie  aber  ist  wie  bei  der  geW(»hnIichen  2Xp- 
flächigen  Säule  mit  ungleich  endiger  2fach  pgliedfiger  Hauptaxe. 
Für  p  2i3  1  hat  man  als  Stellvertreter  einer  solchen , Saale  einen 
pflächigen  Gegenseitenwandner,  dessen  Flächen  hier  die  Bedeo« 
tung  von  Ifach  Igliedrigen,  einander  1=1  Figuren  haben. 

Als   Beispiele    ungleichendiger  2fach  pgliedriger  Gestalten 
25o!in^g«P   dienen:    1)  eine  2fach  2gliedrige   und   2)   eine  2fadi 
251. 3gliednge.     Durch  Zerlegung   in  die  einfachen  Gestalten,    aas 
denen  sie  bestehen ,  kann  man  sich  den  Charakter  dieser  Ge- 
stalten und  .Gestaltensysteme  versinnlichen« 

Einfache    Gestalten     mit    ungleichendiger 
Ifach  pgliedriger  Hauptaxe 

^ungleichendige  l£ach  pgliedrige  Gestalten). 

Wenn  p  gröfser  als  2  ist,  so  begrenzen  Flächen,  welche 
senkrecht  sind  auf  irgend  eine  Art  von  Strebestrahlen ,  gleich« 
falls  wieder  pfiachige  Spitslinge ,  die  an  Form  den  2fach  pglie- 
dfigen  Spitxlingen  möglicher  Weise  gleich  seyn  können,  aber 
hier  siifid  ihre  Flächen  Ifach  Igliedrig  und  ihre  Scheitelkanlen 
gleichfalls  Ifach  Igliedrig.  Ihr  Scheitel  ist  pkantig  Ifach  pglie- 
drig,  Wefinps=2  ist,  so  hat  man,  statt  eines  solchen  pfiächi- 
I  gen  Spitzlings,  einen  qiiergipfelkantigen  2flächigen  Schiefwand- 
ner,  dessen  beide  Flächen  als  ebenbildliche  Ifach  Igliedrige  Fi- 
guren zu  betrachten  sind ,  während  die  Gipfelkante  eine  Ifach 
2gliedrige  ist.  Für  prrs  1  entsteht  ein  Iflächiger  Schiefwandneri 
dessen  Flache  Ifach  Igliedrig  ist. 


Kry«talloinetri#.  1113 

Flächen  lenkreclit  auf  Querstrahlen  irgend  einer  Art  bilden 
Allgemeinen  pflächige  Säulen ,  deren  Seitenflächen  eich  als 
^S  verhalten  und  Ifach  Igliedrig  sind.'  Auch  die  Seitenkanten 
-verhalten  eich  als  ungleichseitige  ungleichendige  d.  h.  als  Ifach 
Igliedrige  Kanten.  Auch  in  d^r  Reihe  dieser  pflächigen  Säulen 
treten  für  den  Werth  p=2  2ilachige  Gegenseiten  wand  ner,  auf, 
Die  beiden  Flächen  derselben  verhalten  sich  hier  ^  und  sind 
Ifach  Igfiedrig.  Für  den  Werth  p  =s  1  erhält  man  eben  so  Iflä- 
<;faige  Seitenwandner,  deren  Fläche  Ifach  Igliedrig  ist. 

Hauptaxenlose     Strahlensysteme. 

1)  Bei  hauptaxenlosen  Gestalten  ist  die  geringste  Ansaht 
gleichwerthiger  Axen  =  ^» 

2)  Diese  3  Axen  müssen  ebenbildlich  gleich  seyn. 

3)  Wenn  von  einer  Art  Strahlen  die  Anzahl  4  beträgt,  so 
können  nicht  zwei  derselben  in  eine  gerade  Linie  zusammen- 
faUen. 

4)  Auch  können  in  diesem  Falle  nicht  2  Strahlen  sich  ge- 
genbildlich verhalten ,  Weil  sonst  die  beiden,  in  deren  jeder  ein 
solches  Paar  liegen  würde ,  sich  in  einer  Hauptaxe  schneiden 
nsiiTsten. 

5)  Die  Anzahl  eb^nbildlicher  Strahlen  einer  Art  mnis  daher 
wenigstens  grOfser  als  zwei  seyn. 

'    6)  Eine  hauptaXenlose  Gestalt  muls  Axen  haben,  die  höher 
als  Igliedrig  (Ifach  oder  2fach)  sind. 

Es  seyen  in  ilir  a  und  b  zwei  nicht  in  einerlei  gerader  Li- 
nie liegende  ebenbildliche  Strahlen,  welche  Igliedrig  sind ;  man 
gebe  jeder  auf  gleiche  Weise  einige  Flügelflächen ,  bringe  dann 
a  auf  irgend  eine  Weise  an  die  Stelle ,  welche  vorher  b  ein- 
nahm ,  so  dafs  die  neue  Stellung  des  Strahlensystems  der  alten 
ebenbildlich  ist ;  es  wird  dann  entweder :  1)  b  dieselbe  Stell» 
oder  2)  eine  andere  Stelle  einnehmen  müssen  9  als  diejenige  ist, 
welche  zuvor  a  inne  hatte. 

Ist  b  an  die  Stelle  von  a  getreten ,  wenn  a  in  jene  von  b 
gebracht  worden ,  so  mufs ,  wenn  man  den  Winkel  zwischen  a 
•  und  b  mittelst  eines  dritten  Strahles  v  halbirt,  dieser  Strahl  so 
beschaffen  seyn ,  dals ,  wenn  er  als  Umdrehungsaxe  angewendet 
wird ,  die  beiden  Strahlen  a  und  b  durch  Umdrehung  um  180^ 
mit  einander  vertauscht  werden  können ;  der  Strahl  v  ist  daher 

Bbbb  2 


1114  \       Kry«tall. 

ein  wenigstens  üglledrlgen  Ist  aber  b  nicht  ift  die  Stelle  von 
a  versetzt ,  wenn  a  in  die  von  b  gerückt  worden ,  so  mufs  b  die 
Stelle  einnehmen ,  Welche  vorher  ein  dritter  ^  mit  a  und  b  eben- 
bildlicher ,  Strahl  einnahm.  Legt  man  nuD  durch  gleichweit  von 
Mittelpuncte entfernte  Puncte  in  diesen  drei  Strahlen  eine  Ebene 
und  zieht  durch  den  Mittelpunct  des  Sttahlensystems  die  auf  sie 
senkrechte  Axe  ^  so  ist  einleuchtend,  dals  in  Beziehung  aaf  eise 
Richtung  in  dieser  Axe  die  drei  Strahlen  a,  b  und  c  sich  eben- 
bildlich verhalten  y  dals  also  diese  Axe  eine  mindestens  Sglie* 
drige  seyn  müsse. 

7)  Wenn  ein  hauptaxenloses  Strahlensystem  2gliednge  Axen 
besitzt,  st>  hat  es  auch  A^en,  welche  drei  oder  mehrgliedrig 
sind. 

Es  seyen  a  und  b  zwei  ebenbildliche  2gliedr]ge  Strahlen, 
welche  nicht  dn  eine  und  dieselbe  Linie  zusammenfallen.  Man 
bringe  das  Strahlensystem  in  eine  der  ersten  gegebenen  Stellung 
•l^enbildliche  Stellung ,  so  dafs  a*  an  die  Stelle  kommt ,  welche 
vorher  b  einnahm,  so  mnfs  b  entweder  1)  an  die  Stelle  von« 
gerückt  seyn  oder  2)  eine  ande/e  Stelle  einnehmen« 

Im  ersten  Falle  wird  der  Strahl ,  welcher  den  Winkel  zwi* 
sehen  a  und  b  halbirt,  gleichfalls  ein  2gliedriger  Strahl  c  seyn 
müssen.  Man  hat  also  in  einerlei  Ebene  liegend  3  StrahleOi 
welche  2gliedrig  sind  und  von  denen  man  weifs ,  dafs  die  bei- 
den äufsersten  ebenbildlich  sind  in  Beziehung  zum  mitderen. 
Ab«  ebebso  müfs  in  derselben  Ebene  jeder  dieser  beiden  äuTse- 
Ten  Strahlen  a  und  b  ein  mittlerer  seyn  für  zwei  ebenbildliche 
2gUedrige  Strahlen,  von  denen  der,  eine  jener  erste  mittlere 
Strahl  c  ist.  Nennt  man  die  mit  c  als  ebenbildlich,  erkannten 
beiden  neuen  Strahlen  d  und  e ,  so  mufs  der  Winkel ,  welchen 
c  mit  d  oder  mit  e  macht,  gleich  dem  Winkel  seyn ,  welchen  a 
mit  b  macht  und  daher  kleiner  als  l80^  Die  Ebene,  in  weichet 
diese  sämmtlicben  Strahlen  liegen ,  hat  daher  in  den  3  StiaMen 
c^  d  und  e  eine  Anzahl  ebenbildlicher  2gliedriger  Strahlen,  wel- 
che gröfser  als  2  ist.  Zwei  2gliedrige  ebenbildliche  in  einerlei 
Ebene  liegende  Strahlen  sind  aber  ^uch  einander  ebeqbildlich  in 
Beziehung  auf  die  eine  Bichtung  in  der  auf  dieser  Ebene  senk-- 
recht  stehenden  Axe,  wenn  sie  einander  ebenbildlich  sind  in 
Beziehung  auf  einen  in  der  Ebene  befindlichen  zwischen  ihnen 
liegenden  Strahl.  Es  ist  nämlich  jede  der  beiden  in  der  erwähn-- 
ten  Ebene  liegenden  Flügelfiacben  des  einen  der  leiden  verglt- 


Kryataliometrie.  1115 

chenen  Sgliedfrigen  Strahlen  ebenbildlich  einer  jeden' der  beiden 
in  derselben  Ebene  liegenden  Fltigejüaehen  des  andern,  weshalb 
auch  jede  der  beiden  auf  diese  Ebene  senkrechten  Flügelflächen 
des  einen  dieser  Strahlen  ebenbildlich  einer  jeden  der  beiden 
auf  dieselbe  Ebene  senkrechten  Fliigelüachen  des  andern  seyn 
mufs ,  so  dafs  also  durch  Umdrehung  um  die  auf  der  erwähnten 
£bene  senkrechte  Axe  der  eine  2gliedrige  Strahl  so  an  die  Stelle 
des  andern  gebracht  werden  kann ,  dafs  jede  der  4  <lei*  Bet^ach* 
tung  unterworfenen,  iblglich  jed^  Flügelfläche  desselben,  an  die 
Stelle  einer  ihr  ebenbildlichen  getreten  ist  und  also  diese  beiden 
2gliedrigen  ebenbildlichen  Strahlen  auch  einander  ebenbildlich 
sind  in  Beziehung  anf  den  aof  der  Ebene,  in  welcher  sie  lie- 
gen, senkrechten  Strahl.  Insofern  also  die  drei  Strahlen  c,  d 
und  e  in  Beziehung  zu  dem  auf  der  Ebene,  in  der  sie  liegen, 
senkrechten  Strahl  einander  ebenbildlich  sin«l,  so  muls  dieser 
Strahl  3-  oder  mehrgliedrig  seyn. 

Im  2ten  Falle  wird  b  eine  Stelle  einnehmen  müssen,  welche 
vorher  ein  dritter  mit  a  und  b  ebenbildlicher  Strahl  c  einnahm« 
Legt  man  hier  wieder  eine  Ebene  durch  drei  Puncte,  deren  jeder 
in  einem  dieser  3  Strahlen  a,  b,  c  in  einerlei  bestimmter  Entfer* 
nung  a  vom  Mittelpuncte  des  Strahlensystems  angenommen  wor- 
den, so  wird  die  auf  diese  Ebene  senkrechte  Axe  eine  3-  oder 
^ehrgliedrige  seyn  müssen ,  weil  durch  Umdrehung  des  ganzen 
Strahlensystems_  um  sie  der  Strahl  a  an  die  Stelle  von  b  rückt, 
wenn  b  an  jene  gelangt,  die  vorher  c  einnahm,  während  zu«- 
gleich  J)  die  Flügelfläche  von  a ,  welche  durch  b  geht ,  an  die 
Stelle  der  ihr  ebenbildlichen  Flügelfläche  von  b,  die  durch  c 
geht,  getreten  ist,  mithin  a  eine  Stellung  erhahen  hat,  die  n)it 
derjenigen  ^  welche  b  zuerst  hatte ,  ebenbildlich  ist ;  und  3)  die 
Flügelfläche  von  b ,  welche  durch  a  geht ,  an  die  Stelle  der  ihr 
ebenbildlichen  Flügelfläche  von  c,  welche  durch  b  geht,  gelangt 
ist,  so  dafs  b  eine  mit  der  vorigen  von  c  ebenbildliche  Stel- 
lung hat. 

8)  Die  höchst  vielgliedrigen  Strahlen  in  hauptaxenlosep  Ge« 
Stalten  können  nicht  höher  als  5gliedrig  seyn.  Man  nehme  an, 
es  seyen  ögliedrige  Strahlen  in  hauptaxenlosen  Gestalten  mög- 
lich, so  Verden,  wenn  man  zwei  ebenbildliche  Strahlen ,  die 
den  kleinsten  Winkel  mit  einander  bilden ,.  den  zwei  solche 
Strahlen  eii^schliefsen  können,  nachbarliche  ebenbildliche  Strah- 
len nennt ,  einen  OgUedrigen  Strahl  6  nachbarliche  ihm   eben- 


1116  KrysialL 

bildliche  Strahlen  so  utngebei^  miisseii,  dab  sie  bei  der  daxA 
tJoidrehung  dea  ganzen  Strahlensystema  um  jenen  ersten  Qglie- 
drigen  Strahl  bewirkten  Vergleichang  sich  in  Beziehung  zu  ihm 
als  einander  ebenbildliche  Strahlen  verhidten.  Von  den  6  FIn* 
gelflächen,  in  denen  sie  liegeui  müssen  also  je  2  benachbarte  ua 

360® 

*-^^ —  ==  60®  g^gcn  einander  geneigt  seyn  und  alle  jene  6  Strah- 
len müssen  gegen  jenen  einzelnen  gleichgeneigt  seyn ,  so  dab 
jeder  mit  ihm  einen  Winkel  a  bildet.  £s  sey  ca  jener  erst« 
275. Strahl^  cb  und  cd  seyen  2  der  6  nachbarlichen  ihm  ebeabild- 
lichen  Strahlen  ,  welche  in  benachbarten  Flügeläächen  a  c  b  und 
aod  liegen;  man  lege  durch  einen  Punct  q  in  ca  eine  Ebene 
dqb  senkrecht  auf  ca^  so  dafs  also  die  Winkel  dqc  und  bqc 
rechte  Winkel  sind,  mithin  der  Winkel  dqb  als  Neigungswin- 
kel von  dca  auf-bca»  betrachtet  werden  kann.  Ks  wird  dub, 
da  auch  dca=:bca=a  ist,  auch  d  q  =  b  4  seyn ;  weil  aber 
d.qb  hier  als  Neigungswinkel  zweier  benachbarter  ebenbildli- 
cher Flügelflächen  eines  6gliedrigen  Strahls  =  60*  ist,  so  ist  das 
Dreieck  d  q  b  ein  gleichseitiges,  also  d  b=:  b  q.  Aber  das  Dreieck 
dcb  ist  gleichschenklig  und  dbc  ein  spitzer  Winkel.  Zieht 
man  d  v  durch,  d  senkrecht  auf  c  b,  so  ist  die  Kathete  d  v  kleiner 
als  die  Hypotenuse  d  b  im  Dreieck  d  v  b ,  folglich  auch  kleiner 
als  qb ;  da  nun  dc=bc,  so  i8tvd:dc<;qb:bc,  d.  h. 
der  Winkel  d  c  b  <^  b  c  a.  Da  nun  aber  b.c  a  =s  a ,  d.  h.  der 
*  kleinste  Winkel  seyn  soll,  den  zwei  solche  Oglied'rige  ebenbild- 
liche Strahlen  einschliefsen  können ,  so  heifst  dieses :  in  haupt- 
axenlosen  Gestalten  müssen  zwei  ögl^adrige  ebenbildliche  Strah- 
len cd  und  cb  einen  Winkel  einschliefsen ,  welcher  kleiner  ist, 
als  der  kleinste,  den  zwei  derartige  6gliedrige  Strahlen  ein- 
schliefsen  k(5nnen ,  was  ein  wahrer  Widerspruch  ist.  6-  und 
mehrgliedrige  Strahlen  sind  also  in  hauptaxenlosen  Gestalten 
nicht  möglich« 

9)  Nur  bei  der  hauptaxenlosen  Gestalt  mit  unisndlich  vielen 
unendlich  vielgliedrigen  Axen,  bei  der  Kugel,  verschwindet  die 
Ungleichheit  zwischen  den  unendlich  kleinen  Winkeln,  die  un^ 
Sern  Winkeln  b  c  a  und  b  c  d  entsprechen. 

10)  Wenn  ein  pgliedriger  Strahl  in  einem  hauptazenlosen 
Strahlensysteme  3  -  oder  mehrgliedrig  ist ,  so  ist  die  Anzahl  der 
ihm  nachbarlichen  ebenbildlichen  Strahlen  nicht  gröfserals  p.  Dab 
sie  nicht  kleiner  als  p  seyn  darf,  ergiebt  sich  ans  dem  pgliedrig- 


Kryatallometrie.  iUJ 

seyn,  m  Mnnlenber  2  p  oder  allgemeiner  npseyn ;  da  aber  der 
kleinste  Werth  von  p=:3  ist,  so  würde  2p  schon  Q  geben.  Es 
rnjiTste  dann  einer  der  3  einen  awischen  zweien  der  3  andern 
liegen,  entweder  beiden  in  gleichem  Grade  benachbart,  oder  dem 
einen  mehr  als  dem  andern.  Jedenfalls  würden  dann  awei  eben- 
bildliche derartige  Strahlen  einander  mehr  benachbart  seyn ,  als 
zwei  nachbarliche  solche  Strahlen,  was  mit  dem  oben  gegebenen 
Begriffe  der  nachbarlichen  Strahlen  im  WiderKpruch«  »relit. 

11)  Wenn  daher  ein  3-  oder  mehrgliedriger  Strahl  a'  zu 
den  nachbarlichen  Strahlen  eines  andern  ihm  ebenbildlichen 
Strahles  a  gebärt  und  in  einer  FlügelAäche  ß  desselben  liegt,  so 
mufs  auch  der  Strahl  a  ein  eben  solcher  nachbad icher  Strahl 
von  a'  seyn  und  in  einer  Flügelfläche  /}'  von  diesem  auf  gleiche 
Weise  liegen,  so  dafs  die  Flügelfläche  ß'  ^e&  Strahles  a'  eben«- 
bildlich  ist  der  Flügelfläche  ß  des  Strahles  a. 

12)  Beide  Flügelflächen  ^und^'  fallen  aber  zusammen  in 
die  Ebene  zwischen  a  und  a';  der  Strahl  d^  welcher  den  IVinkel 
%ufi8chen  a  und  d  halbirt,  mufs  eonach  ein  Igliedriger  Strahl 
feyn;  denn  wenn  durch  Umdrehung  um  ihn  die  beiden  Strahlen 
a  .und  a'  vertauscht  werden ,  so  sind  au?b  die  eben  bildlichen 
Flügelflächen  /J'und,/?'  vertauscht,  die  deshalb  auch  für  den 
Stsahl  d  ebeubildliche  Flügelflächen  sind,    weshalb  er,  da  die 

3Q0O 

Neigung  dieser  Flügelflächen  =;  —r-'  ==  180*  ist,  ein  2gliedr]ger 

Strahl  seyn  mufs, 

13)  Wenn  ein  Strahl  in  einem  hauptaxeulosen  StraMen« 
Systeme  4  -^  oder  5gliedrig  i^t ,  so  sind  je  zwei  ihm  nachbarliche 
und  ebenbildliche  Strahlen ,  welche  in  nachbarlichen  ebenbildli- 

'  chen  Flügelflächen  desselben  liegen,  auch  gegen  einander  nach-  „. 
barbche  ebenbildHche  Strahlen«     £s  sey  ca  jener  erste,  cd  und 274 
cb  die  beiden  andern  derartigen  Strahlen.      £s  ist  dann  acd 
=:  ach  oder  der  Bogen  ad  =  dem  Bogen  a  b«,    Ist  dann  d  cb 
nicht  =  acb  oder  der  Bogen  db  nicht  ==:  dem  Bogen  ab,   so 

'  miÜste  der  Bogen  db  gröfser  als  der  Bogen  ab  seyn  \  denn  wäre 
db<^ab,  so  Würden  ca  und  cb  nicht  nachbarliche  Strahlen 
aeyn.  Es  sey  daher  der  Bogen  db  ^  ab,  so  wird  auch  in  dem 
gleichschenkligen  sphärischen  Dreiecke  b  a  d  der  Winkel  d  a  b 
gröfser  als  der  Winkel  a  b  d  seyn  müssen.  Es  sey  nun  femer 
ach  eine  Flügelfläche  von  ca,  die  zu  acb  die  rechte  nachbar- 
liche ebenbildliche  ist,  wenn  acd  die  linke  ist,  und  ch  sey  der 


1118  Krystalt 

in  ihr  liegende,  sa  ca  nacbbailiche  ebenbiUIiche  Stnlil.^  Dm 
nun  c  a  und  c  b  ebenbfldliche  nachbarliche  3  -*  oder  4glM^gm 
Strahlen  sind',  so  ist  der  Strahl  cn,  welcher  den  Winkel  rwi- 
schen  beiden  halbirt,  ein  Sgliedriger  Strahl  Nimmt  man  iha 
als  Umdrehnngsaxe ,  um  cb  mit  ca  zu  vertauschen,  so  'wird 
der.  Winkel  ahb,  da  er  =  abd  ist,  kleiner  als  dafa  sejm 
und  daher  die  Seite  bh  zwischen  ad  und  ab  liegen  müasen, 
z.  B.  so  wie  af,  so  dafs  baf  =  abd  ist.  Umgekehrt  wird  ak 
nicht  zwischen  b  a  und  b  d ,  sondern  über  b  d  hinaus  falkn  müs- 
sen, weil  bah  =  bad,  also  >*  abd  ist.  Sie  liege  wie  b^  so 
dab  abf  «==  bad  ist;  es  ist  dann  der  Strahl  c{,  als  ein  deaa 
Strahle  ch  ebebbildlicher,  auch  den  Strahlen  ca  und  ob  nnd 
cd  ebenbildlich.  Es  ist  nun  af  ==:  bd,  aber  auch  ag  =3  bg 
(weil  gab  =  gba.ist),  daher  ^uch  gd'=sgf.  Es  kann  aber 
df  nicht  kleiner  als  ab  seyn,  weil  sonst  c  a  und  cb  nicht  Qadi- 
barliche  Strahlen  seyn  würden.  Ist  aber  df=5abs=a'd,  so 
mufs  auch  dbf  =  dba,  mithin  abf  =bad  =  2abd  seyn^ 
ist  df  >»  ab  oder  df  ;>  ad,  so  mufs  dbf  >>  dba,  mithin  abf 
(=  bad)  >»  2abd  seyn.  In  dem  gleichschenkligen  sphäri- 
schen Dreiecke  dab  aber  sind  {bei  unverändertem  Winkel  bad 
die  Winkel  abd  und  adb  um  so  kleiner,  )e  kleiner  die  Bogen 
a  d  nnd  a  b  sind ;  sie  werden  daher  am  kleinsten  seyn  ,  wenn 
ad=  bdssNuU  wird«  Dann  ist  abd4-adb=:s2R-^bad  nnd 

abd  =  4\(2R  — bad). 

Ist  dann  ca  ein  Sgliedriger  ^trahl,  so  ist  d ab  =  4R  =33  72*  =: 
dem  Mittelpunctkwinkel  des  regelmälsig^en  Fünfecks,  daher  =7 
4(2R  —  7T)  s^M^  =  dem  halben  Um&ngswinkel  des  regel- 
mäbigen  Fünfecks.    Da  i^un  2  X  54®  =  108"^  >  72''  ist,  so 

kann  abf  oder  bad  nicht  ^  2ab d  seyn,  weil  selbst  der  klein- 
ste Werth  von  abd,  welcher  hier  nicht  erreicht  werden  darf 
(indem  sonst  die  Strahlen  ca,  cb,  c^l  u. s.w.' in  einen  und  den- 
selben Strahl  zusammenfallen  würden),  gröfser  als  ^bad  ist. 
Es  mufs  daher  für  die  Sgliedrigen  Strahlen  ca,  cb}  cd  gelteui 
dals  Bogen  b  d  =  b  a  =  d  a. 

Ist  der  Strahl  ca  4gHedr]g,  so  ist  bad  =3  90*  =s  R  nnd 
i  (2R  —  R)  =  IR  =  45*,  folglich  der  kleinste  Werth  von 
abd=45*,  so  dafs2abd=  bad  seyn  könnte.  Dieser  kleinste 
Werth  darf  aber  nicht  erreicht  werden,  wenn  nicht  die  Strahlen 


^Eryfltallometrie.  1110 

oa^  cb,  eä  tu  iu  w.  snsammen  in  •Inen  fidlen  sollen;  daher',, 
mub  «nck  hi^r  Bogen  bdsssbassda  8e3m. 

'  Sowohl  bei  SgUedrigen  als  auch  bei  4gliedrigen  Strahlen 
ca,  ob,  cdtt.ft«w.  ist  dann  also  dba  =  bda  sä  bad;  folglich 
für  den  Strahl  cb  die  Flügelfläche  dcb  ebeobildlich  der  Flügel- 
fläche  acb»  In  Beziehung  auf  cb  ist  also  cd  ebenbildlich  mit 
oa  und  ebenso  umgekehrt  in  Beziehung  auf  cd  iat  cb^ca» 
folglich  sind  c  b  und  c  d  nachbarliche  ebenbildliche  Strahleil. 

14)  Nimmt  man  daher  in  drei  solchen  4  -  oder  SgUedrigen, 
•inander  gegenseitig  nachbarlichen,  Strahlen  Puncte  an ,  welch0 
gleichweit  entfernt  vom  Mittelpuncte  des  Straklensystems  sind, 
und  legt  durch  diese  drei  ebepbildlichen  Puncte  eine  Ebene,  so  ist 
der  auf  diese  Ebene  senkrechf  zu  fällende  Strahl  ein  3gliedriger« 

15)  Sind  die  Strahlen  c^,  cb,  cd  dreigliedrige  Strahlen, 
so  ist  b ad  =  120*.  Es  i»t  dann  i  (2R— 120°)  ==  30^  und 
2  X  30  <  120.  Es  kann  daher  hier  sowohl  b  d  =  a  b  oder  ad 
«eyn,  als  auch 'gröfser. 

16)  Wenn  bd  =  ab  =ad  ist,  so  mpis  abd  =  adb  = 
biad  :=?  120®  seyn.  Legt  man  durch  die  Puncte  b,  a  und  d  eine 
Ebene ,  so  ist  dann  der  auf  diese.  Ebene  senkrechte  Strahl  c  e  ein 
dreigliedriger,  der  aber  nicht  mit  ca,  cb,  cd  ebenbildlich  seyn 
kann,  weiter  mit  ca  einen  V^Tinkel  eca  bildet,  der  kleiner  al^ 
neb  ist,  was  daraus  sich  ergiebt,  dals  aeb  =  120®  and  eba 
=  60®  ist,  folglich  kleiner  als  aeb,  so  daüs  der  Bogen  ae  <^ab 

-  seyn  mufs ;  es  würde  dann  c  b  nicht  ein  dem  c  a  iiachbarlicher  * 
Strahl  seyn*      Die  drei  SgUedrigen  Strahlen  ca,  cb  und  cd 
schneiden  sich  im  Mittelpuncte  c,  so  dals  die  drei  Ebenen  acb, 
bcd,  dca  eine  3kantige  Swinklige  Ecke  bilden,  bei  der  jede 
Kante  =s  120®  mifst. 

17)  Ist  bA  >>  ab,  so  mufs  der  Strahl,  welcher  senkrecht* 
auf  die  Ebene ,  die  durch  a,  b,  d  gelegt  werden  kann ,  ein  4- 
oder  5gliedriger  seyn ;  denn  dafs  er  nicht  3gliedrig  seyn  könne, 
ist  ans  dem  eben  Gesagten  einleuchtend ;  dafs  er  aber  höher  als 
2gliedrig  seyn  müsse ,  ergiebt  sich  daraus  ^  dafs  durch  Umdre- 
hung des  Strahlensystems  um  ihn  c  d  an  die  Stelle  von  ca  kommt^ 
wenn  ca  an  die  Stelle  von  cb. tritt  u. s.  w. 

16)  Ist  der  auf  die  Ebene  durch  a,  l>,  und  d  senkrechte 
Strahl  4gliedrig,  so  mufs  abd  =  adb=a=^X  120® =60®  und 
ander  den  3  Strahlen  c a ,  c b ,  cd  mufs  noch  ein  vierter  3glie- 
driger  Strahl  vorhanden  seyn,  der  in  Beziehung  zu  jenem  4glie- 


«2ft  Kry.atall. 

diig^n  mit  d«n  3  genannten  eb«nbildUcb  ist,  und  diese  4  Straft* 
len  schneiden  sich  im  Mittelpuncte  c^  so  dab  die  durch  je  xw«i 
»achbarliehe  derartige  Strahlen  gelegten  Rhenen  4kantig6  4iräik- 
lige  Ecken  bilden,  an  denen  jede  Kante  120*  müat. 

19)  Ist  der  auf  die  Ebene,  die  durch  a,  b,  d  gtlegt 
wurde  y  senkrechte  Strahl  ein  Sgliedriger,  so  mufs  er  von  5 
solchen  in  Beziehung  zu  ihm  ebenbildlichen  Sgliedrigen  Strah- 
len y  wie  c  a ,  c b /  cd  u.  s.  w. ,  zunächst  umgeben  seyn ,  nnd  die 
'Mittelpunctsecke,  fiir  welche  jene  5  Strahlen  als  Kanten  dieneD, 
ist  eine  5kantige  Swinklige  Ecke ,  in  welcher  jedä  der  5  Kanree 
s=:  120°  mifst.  Die  Beschaffenheit  der  verschiedenen  haupC- 
tixenlosen  Strahlensysteme  hängt  also  vorzüglich  ab  von  den 
Eigenschaften  der  Skantigen  oder  4kantigen  oder  5kantigen  Mir* 
telpunctsecken,  deren  Kantenlinien  Sgliedri^e  Strahlen  sind  und 
von  denen  man  daher  weifs,  dafs  jede  ihrer  Kanten  =i-X360* 
^.    =5  120«  ist. 

275]  Es  sey  c,  d  e  f  eine  3kantige  Ecke  mit  Kanten  von  120*. 

Man  mache  cd  =  ce=cf,  lege  durch  d,  e,  f  die  Ebene  d  e  ^ 
halbire  e  f  in  g  und  d  e  in  h ,  so  bestimmt  sich  die  Lage  der 
Hülfsebenen  dcg  und  fch  und]  aufser  den  Linien  cg,ch,dg, 
hf  die  Linie ^b  so,  dafs  cb  lothrecht  auf  def  ist  u.s.w.  Aach 
ergiebt  sich  nun  die  Ebene  bce  (==  bcf  =5  bqd).  Ziehe  hg, 
dann  .von  dem  hierdurch  bestimmten  Puncte  o  aus  die  Linie  oi 
lothrecht  auf  ce,  so  ist  hierdurch  die  Ebene  hig  so  besiimmt, 
dafs  ce  lothrecht  auf  hig  ist  und  der  Winkel  hig  =  120* 
der  Winkel  hio  =5gio=60«.  Daher  io;  ig  :  og  =1;2:|^ 
oder  auch  gbo  =  60«,  also  ob  :  bg  :  og  =s  1  ;  2  :  |^3,  also 
'     bg  =  ig.    Aber  eg:  bg  =  1^3:  1,  cg==bgy"3.     Daher 

eg  :  ig  =  bg;  TS,  ig  =^  r 3  :  1  =  eg  Ti 

•     ie  =^Keg»  —  ig»  =s  1^3. lg»  — ig»  =igl^2 
oder  ie:ig  =  eg:cg=:k:  1,  und  og  =  1  gesetzt  ist 

eg  =r2,  ce  =  ir3,  bg  =  ig  =  rj 

ie  =p3  =  fr3»ci  =  ir3=n, 

cb    =rcg»  —   bg«=:'ri  =  ijr3 

hg  =  «g  =  t»  ho  =  og  =  4k  =  jr* 

bo  =sio=iig=iO  =  r* 
be,=  2n=4n,  dg  =  3n=6ri 

CO  =  Kbo*  +  cb*  =f+. 


Krystallometrie.  1131 

Dennis  folgt: 

*g.  bcg  =  J-S  =  O  =  1^2,  bcg  =  54*44'8" 

Tg.   bcf  =  J-*  =  ^  =  2r2.  bcf  =70»3r44'' 
Tg.  ecg  =  ^  =  t^  =  0,  ecg  =  54»44'8" 

P  o  Cg  1  r        '  o 

Tg.  iec,_  ^_^^  ^^^^  _  ^_2  _        iri 

Tg. 4tcg=  il  =  ^  =  1,  ^hcg  =45%  hcg  =  90« 
2ecg  =  ccf  =  2R  -  bcf  =*  109*28'16". 

20)  Die  Anzahl  Skantiger  Swinkligei  Mitrelpunctsecken 
mit  Kanten  von  120®  ist  aber,  sofern  je  2  derselben  nur  eine 
ihrer  Flächen ' gemeinschaftlich  haben  sollen,  d.  h.  neben  ein-» 
ander, nicht  ganz  oder  eum  Theil  in  einander  liegen  sollen,  =  4* 

Es  iey  c,  abf  eine  solche  Ecke«  Legt  man  durch  ca  die^lS* 
£bene  acd  so,  dals  fca  ||  dca  =  120°)  und  ebenso  durch  cf 
die  Ebene  fcd  So,  dafs  afc  ||  dcf  =:  120*)  so  ist  auch  wegen 
des  gemeinschaftlichen  Winkels  fca  die  Ecke  c,afd  ^  c, abf, 
folglich  acd  |j  fcd  =  120°-  Wird  nun  durch  ob  und  cd  ein« 
£bene  gelegt,  so  ist  die  Ecke  c,abd  ^  c,  abf,  weil  die  Kante 
ca  der  ersten  =  der  Kante  ca  der  2ten  =  120®.  (indem  360  — 
2  X  120  =  120)  und  die  beiden  diese  Kante  einschliefaenden 
Winkel  ach  und  acd  der  ersten  gleich  sind  den  einschliefsen- 
den  Winkeln  acf  und  ach  der  andern.  Es  ist  dann  auch  jede 
der  beiden  Kanten  ob  und  cd  der  Ecke  c,abd  =  120®«  Die 
'  drei  Ebenen  bcf,  fcd  und  dcb  bilden  aber  nun  eine  Ecke 
c,bfd,  in  welcher  jed^  der  3  Kanten  =360*—2X  120®  =  120®, 
^  so  dafs  diese  Ecke  die  4te  Mittelpunctsecke  ist.    . 

21)  Wenn  daher  keine  Strahlen  vorhanden  seyn  sollen,  die 
höher  als  3gliedrig  (d.  h,  die  4  -  oder  Sglisdrig)  sind ,  so  mub 
die  Anzahl  ebenbildlicher  3gliedriger  Strahlen  :v  4  seyn.  Die 
Sgliedrigen  Strahlen  müssen  hier  nämlich  so  liegen ,  dab  die 
Skantigen  Mittelpunctsecken  entstehen  ;  denn  entständen  die  4* 
oder  die  Skantigen,  so  würden  auch  4-  oder  Sgliedrige  Strahlen 
vorhanden  seyn  müssen.  Es  werden  daher  in  diesem  Falle  Sglie«* 
drige  Strahlen  von  zweierlei  Art  vorhanden  seyn,  nämlii^h  anfser 
den  4  einen,   die  als  Kanten  der  4  Mittelpunctsecken  betrachtet 


1122  -  KrystalU 

\ 
werden,  noch  4  andere,  deren  jeder  ab  mittlerer  Stvafal 
halb  einer  dieser  Mittelpanctsecken  anzuseilen  ist  (  gleich^c  ii 
den  beiden  andern  Fällen  die  4gliedrigen  oder  5gliedrigen  Stnk- 
leo  solche  mittlere  Strahlei^  in  den  4kantigen  oder  5kan|iga 
Mittelpunctsecken  sind). 

£)s  ist  einleuchtend ,  d^fs  die  rier  SgUedrigen  Strahlen  der 
einen  Art  nicht  ebenbildlich  seyn  können  nüt  denen  der  anders 
Art ,  während  die  4  einer  und  derselben  Art  angehörigen  nnts 
sich  ebenbildlich  sind.  Zwei  ebenbildliche  nachbarliche  3gli»- 
drige  Strahlen ,  sowohl  der  einen  als  auch  der  andern  Art,  bil- 
den mit  einander  einen  Winkel  ^von  109^  28^  16''-  Je  einer  der 
•  einen  Art  bildet  itiit  jedem  der  3  ihm  nächsten  der  andern  Ait 
einen  Winkel  von  70*  31'  44"/  mit  dem  4ten  aljer  eipen  solches 
von  180',  d.  h.  er  ist  dessen  Verlängerung, 

22)  Da  nun  um  jeden  3gliedrigen  Strahl  3  ebenbildlichs 
2gliedrige  Strahlen  auf  gleiche  Weise  gelagert  seyn  lAüsseB,  abci 
jeder  2gliedrige  Strahl  zwischen  zwei  ebenbildlichen  SgUedrigea 
Strahlen  in  der  Mitte  liegt,  also  £u  2  solchen  gehört,  so  müssen 

4.3 

^u  den  4  ebenbildlichen  3gUedrigen  Strahlen  -4-  oder  6  eher* 

bildliche  2gliedrige  Strahlen  gehören.  Der  Winkel,  den  ein 
3gliedriger  Strahl  mit  jedem  der  zwei  nachbarlichen  ebenbildli- 
chen 3gliedrigen  Strahlen  der  ersten  Art  bildet,  zwischen  deaea 

er  Legt,  m  =  =  549  44  ff .    Anch  mit  jede« 

der  beiden  nachbarlichen  ebenbildlichen  Sgliedrigen  Strahles 
der  2ten  Art ,  die  ihm  zunächst  liegen ,  bildet  er  Winkel  voa 
54°  44' 8''  und  liegt  demnach  auch  zwischen  diesen,  den  Wlnkeli 
den  sie  bilden ,  halbirend. 

23)  Jeder  2gliedrige  Strahl  ist  auf  die  Ebene  zweier  anden 
eben  solchen  2gliedrigen  Strahlen  senkrecht,  die  6  ebenbildli- 
ohen  2gliedrigen  Strahlen  machen  also  3  ebenbildlicha  gleich- 
endige  2gliedrige  Axen  aus ,  deren  jede  auf  die  beiden  andern 
senkrecht  ist.  Alle  übrigen  Axen,  aufser  den  aufgezählten  3glit- 
drigen  der  ersten  und  2ten  Art  und  den  2gliedrigen ,  sind  bioEi 
Igliedrige  Strahlen. 

278!  *^^^  ^^®  wichtigsten  Verhältnisse  einer  Akantigen  Ai^inkU-- 
geh  Ecke  mit  Kanten  von  120^*  ermitteln  sich,  wenn  man  bei 
einer  solchen  Ecke  d,  e  b  g  h  in  den  Kantenlinien  de=db=:dg 
nimmt,  durch  e,  b,  g  die  Ebene  ebgh  und  durch  h,  d,  b  die 


Krystallometrie.  1123 

EBcne  hdb  nnd  imch  e»d«g  die  Eben«  «dg  legt,  woditfch  di« 
X^inien  de,  eg  nnd  hb  entstehen,  deren  ente  de,  'wie  leicht 
«anzusehen ,  im  Puncto  o  senkrecht  auf  den  beiden  andern  auf 
^nander  senkrechten  e  g  nnd  h  b  ist.  Fället  man  e  a  aus  c  senk-^  / 
recht  auf  d  b  und  legt  durch  e,  a,  g  die  Ebene  e  a  g ,  so  ist  der 
.'W^inkel  e  a  g  der  Neigungswinkel ,  welcher  die  GrHfse  der  Kante 
db  milst,  also  =  120*,  nnd  eae  =3  60**  Zieht  man  nun  cf 
lothrecht  auf  eb  und  dann  df  nnd  wieder  fi  parallel  mit  eg  nnd 
verbindet  d  nnd  i  durch  di,  so  hat  man  für  cf  =3 1  > 

ef  =  bf  =  1,  eb  =  2  ^Ei! 

cb  =  ec  =  tl»+l»  =  K2 

«c  :  ec  rr  Cotg.  60»  :  1  =  O  •*  1  =  1  :  f^ 

ac  =  ecn  =  n  £f: 

ae  :  ac  =  1  :  Cos.  60"  =  2  :  1. 

ae  =2ac  =  20  • 

ab  =  Tcb»  —  ac«  =:  ir2—i  =  Ti  =  2f\,      Sl 
ac    :ab     =dc:  cb. 
y^  :  2r*i=  de  :  f"2. 

1  :  y"2  =  de  :  f2,  de  =  1. 
di  =  df  =  O 
de=db^f"3 

d  a = rs -^  2  n  =  n  -  o  =  n- 

Tg.  fdo  =  ^  =  I  =  1,  fdc  =  45». 

Tg.  edte  =  ^  =  1^  =  y^,  edc  =  54»44'8". 

Tg.  edf  =  ^  =t  ^  =  n.  edf  =  35»15'52^'. 

Sin.  4fdi  =  t^  =  ^  =  i,  f di  =  60». 

edb  11  hdg  I      '  .^^ 

=  edh||bdg(  =  2X45o=90«. 

edb  =  2  X  35«  15' 52"  =  70» 31' 44". 

edg  =  2  ><  54^44'  8^^  =;:t.l09«28'16". 
25)  Sind  die  Sgliedrigen  Strahlen  so  vertheilt,  daTs  4kaii-|7§[ 
tige  4winklige  Mittelpunctsecken  entstehen,   so  ist  die  Anzahl      - 
dieser  Ecken  =:  6«  Es  sey  c^bihd  eine  solche  Ecke  mit  Kanten 
t^on  120®.  Legt  man  durch  den  Sgliedrigen  Strahl  cd  die  Ebene 
dcf,  so  da£s  sie  gegen  dch,  folglich  auch  gegisn  dcb  um  120^ 


tl24  KrysUll. 

geneigt  ist)  aö  wird  iki  ihr  der  Strahl  cf  so  liegen  miissen  ,  dals 
der  Winkel  dcf  =  dob  zz:  dch.     Legt  man  durch  ihn   die 
Eben«  feg  und  durch  ch  die  Ebene  heg,  so  dab  f cg  f|  fcd 
s=  heg  II  hod  =  120^  so  ist  die  Ecke  c,dfgh  ^  G,bdh], 
folglich  der  Winkel  feg  izzhcg^zdchzzzfcd,  mithin  cg  der 
z«  cf ,  cdf   ch  gehörige  vierte  Sgliedrige  ebenbildliche  StrafaL 
Wird  .nun  durch  cf  dio  Ebene  acf  und  durch  cb  die  Ebene 
acb  so  gelegt,  dals  acf  ||  dcf.=:  ach  ||  dcb  =  120S  ^^  ^ 
die  Ecke  c,ab  df  ^  c,  b  i h d  o.  s*  w. ,  mithin  der  Winkel  a cb 
z:bcd:=:acfzz  dcf,  folglich  ca  der  zu  cb,  cd,  cf  gehörige 
4te  ebenbildliche  3gliedrige  Strahl,  welcher  zu  cb  sowohl  als 
2?u  c  f  nachbarlich  ist.     Es  ist  dann  acb  ||  ich  =:  120**     Winl 
durch  ca  die  Ebene  kca  und  durch  ci  die  Ebene  kci  so  gt^ 
'     )egt,  dals  kca  ||  bca  =:  kci  |j  bei  =l2lO*  ist,  so  ist  dieEcke 
^  c,  ab  i k  ^  c,  b dh  i  u.  s.  w. ,  folglich  der  Winkel  a c k  :=  a  c  b 
.  rz  bci:=ick  und  also  ok    der  zu   ca  und   ci  nachbarliche 
ebenbildliche  Sgliedrige  Strahl,  welcher  zu  ca,  cb^  ci  ab  4ter 
Strahl,  gehört.     Wird  durch  ck  und  cg  eine  Ebene  gelegt ,  so 
wird  die  Ecke  c,afgk  ^  c, dbih  seyn  müssen,  weil  sie  mit 
ihm  übereinstimmt   in  Ansehung  dinier  Winkel  und  der  2  von 
diesen  Winkeln  eingeschlossenen  Kanten«     Es  mufs  daher  feg 
II  kcg  =  ack  II  gck  =  120«  und  der  Winkel  kcg  =:  f  cg 
u.  s.  w.  seyn,  so  dafs  ck  auch  ein  zu  cg  nachbarlicher  eben- 
bildlicher  Sgliedfiger  Strahl  ist*    Die  nun  noch,  übrigbleibende 
Ecke  c,kghi  hat  4  Kanten,  deren  jede  =  360«  —  2  X  130« 
=  12p«  ist  und  -deren  einander  gleiche  Winkel  mit  denen  der 
5  bisher  betrachteten  Ecken  übereinstimmen ;    es  ist  daher  die 
6te  solche  Mittelpunctsecke. 

26}  Es  ergiebt  sich  daraus  die  Anzahl  der  ebenbildlichen 
4gliedrigen  Strahlen  zz6j  die  der  ebenbildlichen   SgUedrigen 

6X4 
Strahlen  ——.:=•  8  und   die  der  ebenbildlichen  2gliedngen 

2  2 

Flg.  ,       ^  ^ 

28Q*         Es  seyfdc  ein  gleichschenkliges  rechtwinkliges  Dreieck 

=:fdc  von  Fig.  278.     Man  bilde  das  aus  8  solchen  Dreiecken 

p.^  bestehende  Quadrat  ff'f"  f".     Ferner  sey  die  Verbindung  der 

281. beiden  Dreiecke  dec  und  deg  gleich  der  ebenso  bezeichneten 

von  Fig.  278  und  cd,  ed  und  gd  seyen  über  d  hinaus  so  weit 

verlängert,  bis  die  Verlängerung  dem  Verlängerten  gleich  und 


KrysUlIometrie,  liaS 

Meydiirch  HäTignt  •  g'go  besfSnmt  i»t,  so  ^td,  W0an  du  ;^  ec 
htj  auch  das  Dreieck  d n e  i=;  ecd  seyn.  Auch  sey  fdi  gkicli 
dem  gleichseitig«»  Dreiecke  fdi  in  Fig.  278  und*  das  Sschseob 
sey  eine  Verbindnng  von  6  solchen  Dreiecken»  Zwei  nachbar-^ 
Kche  Sgliedrige  Strahlen  bilden  einen  Winkel  a  =:  70^/31'  44" 
CedbFig.278). 

Zwei  nebennachbarliehe  3gliedrige  Strahlen  bilden  eine» 
Winkel  j}=rlÖ9*28'ltf'  f«dgFig.278)^  sodafs/J=180*— a. 
Zwei  3gliedrige  Strahlen  büden  eine  ebedbiMIich  fgleichendigta 
Axe ;  die  8  derartigen  Strahlen  geben  mithin  4  ebenbildÜch 
gleichendige  3gliedr]ge  Azen.  Jeder  4gliedr]ge  Strahl  liildet  mit 
jtdem  ihm  nachbarlichen  ebenbili^ichen  Strahle  einen  Winkel 
:;r.2X45=  90«  (2fde  Fig.  278,.  cdc"  Fig.  280 ;.  Daher 
l)ildf  n  die  6  4gliedrigen  3trahlen  3  «uf  einander  seokiachte  eben^ 
bddlich.glQicbendige  4gliedrige  Axen. 

IKe  NeigulDg  des  4gliedrigen  Strahles  sn  den  nächsten  3glie- 
drigen  =;  M«"  44'  i^'  (edc  Fig.  278  und  2ei>  Die  Nei^un^ 
deMelbea.su  den  entfernteren 

=    54*  44' 8''  + 7Ö^  31' 44" 

/   ■'  :\   =  125*  15' sa" 

,,.    r>    .. .    =.180*— 54«44'8"(cde'.Fig.281>  . 

Jeder  2gliedr]ge  Strahl  macht  mit  jedem  der  beiden,  ihm, 
nächsten  3gliedrigen  Strahlen  Winkel  von  35®  15'  52'  (f  de  und  ^ 
f  d  b  Fig.  278)  9  mit  den  4  weiter  entlegenen  aber  solche  von  • 
90®  (fdg  und  fdh  Fig.  278),  mit  den  1}  entferntesten  solche 
von  180®— 35®  15' 32^^  z=  144®  44'8"lpdg  Fig.281).  Mit  den 
beiden  ihm  nächsten  4gliedrigen  Strahlen,  bildet  er  Winkel  von  • 
45®  (fdc  Fig.  278);     auf  die  beiden  weiter  entfernten  ist  er 
senkrecht  (  cdn  und  c'  dn  Fig.  281).     Mit  den-beiden  am  wei- 
testen entfernten  4gliedrigen  Strahlen  macht  er  Winkel  von  135^ 
(fdc"'  und  f  d c'  Figl  280).     Jeder  2gliedrige  Strahl  bildet  mit 
jedem  der  4  ihm  nachbarlichen  ebenbildlichen  Strahlen  Winkel 
von  60®  (fdi  Fig.  278  und  282).     Auf  die  beiden  entfernteren 
ist  er  senkrecht  (f  df  und  f  df"  Fi^.  280).     Mit  j^dem  der  4 
noch  weiter  entfernten   macht  er  einen  Winkel  zz  120®  (idn 
Fig.  282). 

lyei  12te  fallt  in  die  Verlängerung  von  ihm  übler  den  Mit- 
telpunct  hinaus,  so  dafs  also  die  12* ebenbildlichen  2gliedrigen 
Strählen  6  ebenbfldlich  gleichendige  2gliedrige  Axen  bilden 
( f df '  Fig.  280  und  282).    Jeder  andere  Strahl  ist  IgUedrig. 


1136  ^      Kryatall. 


Ecke  Oydbehm  mit  Kanten  Ton  120^  ergeben  sich,  "weno 
drei  einander  snnächst  liegende  Kantenlinien  od,  ob,  oe  der- 
selben gleich  lang  macht  und  durch  die  so  entstehenden  3  £nd- 
pancte  dieser  I4nien  eine  Ebene  dbphm  Jagt.  Sie  ist  eine 
regelmäfsig  i^nfseitig  begrenzte  Ebene  und  durch  sie  "v^erdea 
alle  5  Eantenlinien  der  fraglichen  Ecke  in. gleicher  Länge  abge- 
schnitten ,  so  dais  omrrohz=od:z::obrzoe  ist.  Eine  tob 
o  aus  auf  diese  Eb^ne  senkrecht  gefällte  Linie  trifft  den  Mittel- 
>  punct  c  derselben»  Die  Linien  ce,  cb,  edu.s.w*  sind  daher 
ieakrecht  auf  oc. 

284)  E^  sey  behmd  dieses  regelmäbige  Fünfeck,  in  weichest 
die  Diagonalen  de,  em,  mb,  bh,  hd  und  die  Perpendikel  d^ 

285.1)k,  el,  hg  und  mf  gezogen  sind;  o,cdbe  sey  der  Theii,  in 
welchem  die  Linien  cd,  cg,  cb,  cf,  ce,  de  jenen  gleiduM- 
migen  entsprechen»  Man  ziehe  en  senkrecht  auf  ob  und  ver- 
binde d  und  n  durch  dn,  so  ist  der  Winkel  end  der  Neigong»- 
Winkel,  eob  ||  dob  =r  l'iO^ ;  der  Punct  a,  in  welchem  de  and 
cb  sich  schneiden,  werde  durch  an 'mit  n^  verbunden,  so  ist 
and  :=  ane  zi:  -J-dne  rr  60^*  Zieht  man  og  und  of  ond  g^ 
so  wird  gf  thit  gf  von  Fig.  264  übereinstimmen.  Itfan  hat  dann, 
treiin'c a  r;:  1  istj  • 

F»g-  ca  'lii:  1 

^•''  ab=rr5 

tb  =  cd  =  Y^+i  - 

gg  ;       gf  =  ae  =  ad  =t.  rr5(r5  4-2) 

e d  —  2  rr5(r5+2)  * 
.  be  =  r2r5(r5-j-1) 
b£  =  Arscrs+i; 
ic  =  n^+rs)  =  icrs+iy 
gf;  an  =  r^r5(r5+2) 

en  =  2Kir5(r5  +  2) 

bn  =  Kirscrs-i) 

oc  =  TS +2. 

ob  =r  rWsoTETl) ' 

of  =i{rs+i)  rrEWi+W^ 

=  2rr5(r5+2j 


Kryatallometrie.  jl27 

'Setzt  man  o  e  =s  1,  $o  hat  man 
ocr=  1  '  . 

of  =  ^Xs  +  i  =  ^*»^5(r5-l). 
bc  =  3  — O 

f  0  =  4  crs- 1) 

-bf  =  nr5(r5-2)C3-r5)=r4n^^^ 
=  4cr5--i)rr5(r5~v) 

be  =  (f5— 1) jTQcrs-aj 

•a  =  gf  =  r^^^zz  rrscrs-» 

an  =  ae  f  i  =  KirSCr^— 2} 
'ne=  2rir5(r5— 2) 
f5  =  2,23606753...  . 

Tg.  boc  =  ^  =  3  — rs,       boc=:37''22'38rM2 

Tg.   oof  =^=:+(r5-l)J    cof  =  31»43'2",91 
Tg.  2  cof  =  2,  )  2cof=  63»26'5",  82 

Tg.    bof  =  ^=  4(30),       bof  =  20«54'18",5a 
Sin.  2bof  =  I,  boe  =  41"»48'37",13 


«•     ,A      —"«—iri  l4dofc  =  35M5'5r,77 

Sin.idoa-.  --Tt,  i  dae  =70»31'43",55 

Sin.igof=  ^'=i(r5-l).)igof  =  18* 

gof  =  36« 


rs+i' 


!• 


360' 
gof  s  bme  :=  bcf         =:  —ttt-  Z2  36* 

mbe  =  2X36''  =  72« 
dbe  ZS3X36«  =  108» 
gf  e  =  4  X  36"  =  144' 
cbe  =:3X18*  =  54» 
V.  Bd.  C««« 


1128  ,  Krystalh 

27)  Ebenso  erhält  man  in  dem  Falle ,  in  ^«reichem  £i 
Sgliedrigen  Strahlen  so  vertheik  sind ,  dab  51^antiga  öwinkligi 
Mittelpanctsecken  mit  Kanten  von  120®  entstehen,  folgende 
Sätze.     £s  sind  vorhanden : 

1)  12  solche  Mittelpanctsecken ;  ^aher 

2)  12  ebenbildliche  Sgüedrige  Strahlen ; 

3)  20  ebenbildliche  Sglicdrige  Strahlen  ; 

4)  30  ebenbildliche  2gliedrige  Strahlen. 

5)  AaCser  den  erwähnten  Strahlen  sind  alle  andern  Igliedrige. 

6)  Die  2-* 9  3-  und  Sgliedrigen.Äxen  sind  ebenbildlid^ 
gleichendig. 

'  Es  ist  nämlich  die  Neigung  eines  Sgliedrigen  Strahles  m 
jedem  der  5  nachbarlichen,  ihm  ebenbildlichen  Strahlen  :^t>.cof 
=  63*26'5",82,  zu  jedem  der  5  folgenden  =  116*  33^  54'M& 
zu  dem  12ten  rr  180®*  Die  Neigung  eines  SgUedrIgen  Strahki 
zu  den  drei  ibiA  nachbarlichen  ebenbildlichen 

=  2.bof=boe=    4l«48'3r,13; 
zu  den  6  nächstfolgenden  r=  doe  =     70*3r43',  55, 

zn  den  6  folgenden  '  =  109*  2*^  16^,  -tt 

zu  den  3  entfernteren  =  138*  1^22^  87, 

zu  dem  203ten  ^  =  180% 

zu  jedem  der  3  nächsten  Sgliedrigen  Strahlen 

=  boc    =   37«22'38^,12; 

zu  jedem  der  3  folgenden  Sgliedrigen  Strahlen 

=  boe+boc  =  79'll'l5^2i 
Die.  Neigung  eines  2g|iedrigen  Strahles  zu  den  vier  oachbazli* 
eben ,  ihm  ebenbildlichen  Z=:  g  o  f  Z=  36^» 

zu  jedem  der  nächsten  =  60^9 

zu  den  4  folgenden    '  =1  2.gof  =  72% 

zu  den  4  folgenden  r=  90^, 

zu  den  ^  nächsten  Sgliedrigen  z=:bof=:21^54'  IST,  5& 

zu  den  2  nächsten  Sgliedrigen  =r  cof  =:  31*43'   2",  91- 

28)  Aus  der  Eigenschaft  der  2gliedrigen  Strahlen,  das  dop- 
pelte Vorhand  enseyn  eines  jeden  andern  Strahles  so  zu  bedingen, 
dafs  in  einer  und  derselben  Ebene  mit  ihm  je  2  ebenbildlichs 
Strahlen  liegen  müssen,  die  mit  ihm  gleiche  Winkel  bilden,  und 
aus  der  Eigenschaft  des  Igli^drigen  Strahles  als  eines  solchen, 
nicht  zu  zwei  Strahlen  sich  ebenbildlich  zu  verhalten,  geht  her- 
vor, dafs  die  Anzahl  der  eben  bildlichen  Igliedrigen  Strahlen 
jeder  Art  in  jedem  Falle  zweimal  so  groifs  seyn  müsse,  als  die 


Krjrstallometrie.  1129 

der  2gli6drigen  Strahlen ;   sie  ist  daher ,  wenn  die  h^khatviel* 
^liediigen  Strahlen  ' 

1)  Bgliediig  8ind,=:  2  X    6  =  12, 

2)  4gHedrig,        =  2  X  12  =  24,  ' 

3)  Sgliedrig,        =  2  X  30  =  60. 

29)  In  hauptaxenlose^  Strahlensystemen  sind  die  5gliedri- 
gen ,  4gliedKigen  nnd  die  2gUedrigen  Axen  stets  ebenbildlich 
gleichendig ,  die  3gliedrigen  aber  nur  dann ,  wenn  sie  nicht  die 
höchstvielgliedrigen  Axen  sind. 

30}  Sind  aber  die  3gliedrigen  Axen  die  höchstvielgliedri- 
gen, so  sind  sie  nicht  ebenbildlich  gleichendig,  und  es  sind  hier 
2  Fälle  möglich,  entweder  a)  sind  sie  gegmbUdlich^  nicht  eben- 
bildlich  gUichendig,  oder  b)  ungleicliendig. 

31)  £in  Sgliedriger  Strahl  kann  aber  entweder  2fach  oder 
Ifach  3gliedrig  seyn ,  d.  h.  ein  solcher  Strahl  kann  dem  ihm  im 
Gegenbilde  des  gegebenen  Strahlensystems  entsprechenden  Strahle 
ebedbildlich  seyn  oder  nicht.  Ebenbildlich  glei^hendige  3glie- 
drige  Axen  müssen  daher  entweder  ebenbildlich  gegenbildlich 
gleichendig  seyn  oder  blols  ebenbildlich  gleichendig. 

32)  Wenn  die  Sgliedrigen  Axen  in  hanptaxenlosen  Gestal- 
ten gleichendig  sind ,  so  können  sie  nicht  gleicbsißlUg  Üendig 
seyn.  Bei  den  blols  ebenbildlich  gleichendigen  Ifach  Sgliedri- 
gen Axen  ist  dieses  an  sich  klar.  Bei  den  blofs  gegenbildlich 
gleichendigen  Ifach  Sgliedrigen  nnd  den  gleichendigen  2fach 
Sgliedrigen  folgt  es  daraus,  dals  jeder  Sgiiedrige  Strahl  3  ihm 
nachbarliche  Sgliedrige  Strahlen  hat,  deren  Verlängerungen  über 
den  Mittelpunct  hinaus  sich  zu  seinem  solchen  Verlängerungs- 
strahle  als  die  zu  diesem  gehörigen  nachbarlichen  einander  eben- 
bildlichen Strahlen  verhalten,  so  dafs  ^also  Flügelilächen  jener 
mittleren  3gliedrigen  Axe  vorhanden  sind ,  in  welchen  jede  die- 
ser Axe  parallele  Linie  eine  ungleichendige  ist.  Die  (ebenbild- 
lich oder  nicht  ebenbildlich)  gegenbildlich  gleichendigen  Sglie- 
drigen Axen  in  hanptaxenlosen  Gestalten  -  oder  Strahlensyste- 
men  können  daher  blofs  gerenstellig  gleichendig  seyn. 

33)  Die  sämmtlichen  möglichen  Falle  sind  daher  folgende. 
Es  sind  vorhanden  entweder 

1)  4  ungleichendige  Ifach  Sgliedrige  Axen ,  oder 

2)  4  ungleichendige  2fach  Sgliedrige  Axen^ 

3)  4  gerenstellig  gleichendige  Ifach  Sgliedrige, 

4)  4  ebenbildlich  gleichendige  Ifach  Sgliedrige, 

Cccc  2 


1130  Kryatall.      . 

5}  4  gerenstellig  gleichendige  2fach  3gliedrige, 

6)  10  ebenbildlich  gleichendige  Ifach  Sgliedrige, 

7)  10  gefenstellig  gleidiendige  2£ach  3gliedrige  Axen.  . 
Man' kann   daher    die  samnntlichen    hauptaxenlosen  StraJiIensy* 
Sterne  auf  folgende  Weise  abtlieilen  und  benennen : 

A.  Hauptaxenlose  Strahlensysteme  mit  4  SgUedrigen  Axeo, 

Aaxige  Strahlensysteme. 
Diese  zerfallen  in 

1)  solche,  bei  welchen  die^S  vorhandenen  3gliedrigen  Strah- 
len ebenbildlich  sittd ; 

Sstrahllffe  Systeme  (im  weitern  Sinne). 

a)  Diese  Strahlen  sind  2fach  Sgliedrig ; 

Qfach  ^liedrig  S^trahliges  System  ^  regeUnäf^^ 
%strahliges  System;  abgekürzt:  ^trahligee  System 
(im  engern  Sinne^« 

b)  Ifach  3glied|[ig ; 

ifach,  Sgliedrig  Sst/'ahligesSystemf  unregelmäfe^u 

^trahliges  Syst  ein. 
3)  Die  8  3gliedrigen  Strahlen  zerfallen  in  2  Abtheilnngen, 
deren  jeder  4  ebenbildliche  3gliedrige  Strahlen  angehören  ,   6k 
den  4  andern  nicht  ebenbildlich  sind ; 

Astrahliges  System  (im  weitern  Sinne). 

a)  Die  4  einen  sind  den  4  andern  gleichwerthig ,  aber  nick 
ebenbildlich,  sondern  gegenbildlich; 

\fach  Sgliedrig  2^  Astrahliges  System;  abgekürzt: 
ü ^Astrahliges  System, 

b)  Die  4  einen  sind  den  4  andern  nicht  gleichwertig; 

i^  Astrahliges  System. 

aa)  Diese  Strahlen  sind  2fach  Sgliedrig; 

Qfach  Zgli^driges  Astrahliges  System,  auch  schlecht- 
hin Astrahliges  System  (im  engern  Sinne). 

bb)  Diese  Strahlen  sind  Ifach  Sgliedrig ; 

ifach  Sgliedrig  Astrahliges  System, 
unregelmäfsiges  Astrahliges  System. 

B.  Hauptaxenlose  Strahlensysteme  mit  10  Sgliedrigea  Axen, 
\Qaxiges  Stralilensystem, 
iOstrahlige  Systeme  (im  weitern  Sinne). 

1)  Die  20  Sgliedrigen  Strahlen  sind  2fach  Sgliedrig; 
2fach  Sgliedrig  QQstrahliges  System, 


Kryatällom^trie.  1131 

regetmdfsiges  ÜOsirahlsg^s  Sfsiem  oder  schlechthin 
aOstrahliges  System  (im  engern  Sinne}, 
2)  Die  20  Strahlen  sind  Ifach  SgUedrig; 

\fach  Zgli^drig  QOatrahliges  System^ 
I       unregehmäfsigen  ^Qstrahliges  System. 
G.  Hanptaxenloses  Strahlensystem  mittun  endlich  vielen  un-* 
endlich  vielgliedrigen  Axen ,   oo  strahliges  System ,  Kngel. 

34)  Die  Fliigelflachen  eines  2fach  SgUedrigen  Strahles,  we}-* 
die  durch  die  ihm  ebenbildlichen  nichbarlichen  Strahlen  gehen^  ^ 
flind  doppelte  Flügelflächen  desselben.  Daher  sind  auch  jene  Flü- 
gelflächen von  ihm,  die  diesen  über  den  fraglichen  Strahl  hinans 
gerade  entgegengesetzt  sind ,  d«  h.  '-welche  die  120**  betragende 
Neigung  Kweier  solcher  gieiehwerthigen  doppelten  Flügelflächen 
halbiren  ^  ebenfoUs  doppelte  Flügelflächen. 

35)  Sind  die  3gliedrigen  Strahlen  2fach  SgHedrig ,  so  sind 
auch  die  vorhandenen  2*  und  4-  oder  5gliedngen  Strahlen  2iaoh 
pgliedrige  Strahlen.  Denn  die  doppelten  Flügelflächen  der  3gHe- 
drigen  Strahlen  sind  auch  doppelte  Flügelflächen  für  die  in.  die- 
sen Flügelflächen  liegenden  2gliedrigen  Strahlen  sowohl»  als 
auch  für  die  4-  ode?  5gliedrjgen. 

36)  Sind  2fach  SgHedrige  iingteichendi^e  Axen  vorhanden, 
80  müssen  die  dazu  gehörigen  2fach  2gliedrigen  Axen  gerenstel* 
Ug  gleichendig  seyn.  Als  2fach  pgliedrige  Axen  können  sie  bloCs 
gleichstellig  oder  gerenjjtellig  2endig  seyn.  Wären  sie  gleich- 
steliig  2endig ,  so  müfste  j^ede  eiaer  solchen  Axe  parallele  Linie 
eine  gleichenidige  seyn^  Da  nun  sj>er  der  2gliedrige  Strahl  in 
der  Ebene  2er  ebenbildlichen  SgUedrigen  Strahlen  liegt,'  den 
Winkel ,  den  sie  bilden ,  halbirend ,  und  da  die  Verlängerungen 
Äer  Sgliedrigen  Strahlen  nicht  den  verlängerten  gleichwerthig 
sind,  -so  ist  einleuchtend,  dafs  demnach  die  2fach  2gUedrige 
i^xe  in  diesem  Falle  Flügelflächen  habe,  in  denen. jede  dieser 
Axe  parallel  liegende  Linie  eine  ungleichendige  ist.  Da  nun 
die  2fach  2gUedrige  Axe  sonach  nicht  gleichstellig  2endig  seyn  - 
kann ,  so  mufs  sie  gerenstellig  2endig  seyn. 

37)  Wenn  in  einem  hauptaxenlosen  Strablensysteme  Ifach 
Sgliedrige  gerenstellig  gleichendige  Axen  vorhanden  sind,  so 
sind  die  vorhandenen  2gliedrigen  Axen  gleichstellig  2endig  2fach 
Sgliedrig.  Dafs  sie  2fach  2gliedrig  sind,  ergiebt  sich  daraus, 
d^,  wenn  bei  Vergleichung  des  fraglichen  Strahlensystems  mit 
dem  Gegenliilde  desselben  die  einen  4  ebenbildlichen  Sgliedrigen 


1132  KryatalL    , 

Strahlen  edsammenfaQen  mit  den  Gegenbildem  der  4  andern 
Sgliedrigen  Strahlen  (die  za  den  4  eisten  sich,  wie  bekannt  ist, 
gegenbildlich  verhalten),  die  Gegenbilder  der  2gliedrigen  Strah- 
len mit  den  2g1iedrigen  Strahlen  selbst  zusammenfallen  müssen, 
-weil  in  dem  gegebenen  Strahlensysteme  keine  andern  Sgliedri- 
gen Strahlen  mehr  vorhanden  sind,  aufserdenO,  welche  ein- 
ander ebenbildlich  sind.  Oafs  dani^  yene  F  lugelllächen  eines 
solchen  2fach  2gUedngen  Strahles ,  welche  durch  die  nachbarli- 
chen 2gliedrigen  Strahlen  gehen,  aus  demselben  Grunde  aach 
mit  Gegenbildetn  derartiger  Flügelflächen  znsammenfidlen ,  also 
doppelte  Flügelflächen  seyn  müssen,  ist  aus  demselben  Grande 
ebenfalls  einleuchtend.  Weil  nun  die  drei  2gliedrigen  Axen  auf 
einander  senkrecht  seyn  müssfln ,  indem  ihre  Anz|ihl  nicht  grtf- 
fser  als  3  ist,  so  folgt,  dafs  in  jeder  doppelten  Flügelfläche  einer 
solchen  Axe  ein  2fach  2gliedriger  Strahl  so  liegt ,  daCi  er  senk- 
recht auf  die  fragliche  Axe  ist,  und  daher  mufs  diese  eine  gleich- 
stellig Dendige  seyn. 

38)  Auf  dieselbe  Weise  wird  dargethan,  dafs ,  wenn  3  auf 
einander  senkrechte  2fach  4gHedrige  Axen  vorhanden  sind,  diese 
gleichstellig  2endig  seyn  müssen.  Man  kann  nämlich  sowohl 
die  auf  eine  2fach  4gliedrige  Axe  senkrechten  2fach  4gliedrigen 
Strahlen,  als  auch  die  den  Winkel  zwischen  zwei  nachbarlichen 
ebenbildlichen  4gliedr]gen  Strahlen  halbirenden  ,  in  der  auf  die 
fragliche2fach  4gliedrige  Axe  senkrechten  Ebene  liegenden  2fach 
2gliedrigen  Strählen  als  in  doppelten  Flügelflächen  jener  Axe  lie- 
gende 2fach  2gliedrige,  auf  sie  senkrechte ,  Strahlen  betrachten. 

39)  Ebenso,  wie  es  von  den  2fach  Sgliedrigen  gleichendi- 
gen Axen  bewiesen  wurde,  dafs  sie  gerenstelUg  gleichendig, 
seyn  mufsten ,  wird  auch  von  den  2fach  Sgliedrigen  Axen  (die 
stets  gleichendige  sind)  dargethan,  dafs  sie  nur  gerenstellig 
gleichendig  seyn  kennen.  Die  in  den  doppelten  Flügelflächen 
der  2fach  pgliedrigen  Strahlen    liegenden  Igliedrigen  Strahlen 

,  sind  2fach  Igliedrige»  mithin  sind  die  einer  und  derselben  Art 
angehörigen  einander  ebenbildlich  gegenbildlich. 

Die  Anzahl 2fach  Igliedriger  Strahlen  einer  Art  ist: 

im  2fach  SgHedrig  Sstrahligen  Systeme  =    ^^^^=24; 

im  2fach  Sgliedrig  4atrahligen  Systeme = ^     ^    '  =  12  ; 


Kryttällometrie.                        1133 
im  Ifach  3gliedng  2  X  4strahligen  Systeme  =  — — — r— 

im  2fach  SgGedrig   20stniUigen  System«  =:    —  ■  ■ 

=  60. 

In  den  Systemen  mit  2fach  Sgliedrigen  Strahlen  lassen  sich 
die  2fach  Igliedrigen  Strahlen  in  3  Abtheilungen  bringen : 

a)  solche  zwischen  einem  höchstvielgliedrigen  (2&ch  5«» 
4-  oder  Sgliedrigen)  und  einem  2fach  Sgliedrigen; 

b)  solche  zwischen  einem  höchatvielgliediigen  Strahle  und 
einem  2fach  2gliedrsgen; 

c)  solche  zwischen  einem  2fach  Sgliedrigen  und  einem 
2raGh  2gliedngen  ^. 

In  dem  2X4slrahligen  Systeme  sipd  solche  Abtheilungen 
der  2fach  Igliedrigen  Strahlen  nicht  vorhanden  i  die  2fach  Iglie« 
drigen  Strahlen  liegen  hier  zwischen  zwei  2fach  2gliedrigen« 

Bei  dem  2fach  Sgliedrig  20strahligen  sowohl ,  als  auch 
gstrahligen,  so  wie  auch  bei  dem  Ifach  SgH^drig  2X4strahli« 
gen  Systeme  sind  die  vorhandenen  2fach  Igliedrigen  Axen  ge« 
renstellig  gleichendig  2fach  jgliedrig,  wie  dieses  die  Beschaffen- 
heit derjenigen  höheren  2fach  pgliedrigen  Axen  mit  Sich  biingt| 
in  Beziehung  zu  welchen  sie  als  2fach  jgliedrige  Strebeaxen 
auftreten ,  wenn  >ene  verticalstehend  gedacht  werden«  Bei  dem 
2fach  Sgliedrig  4strahligen  Systeme  aber  sind  die  2fach.  Igliedri- 
gen Axen,  welche  nicht  auf  eine  der  drei  2fach  2gliedrigen 
Axen  senkrecht  sind ,  stets  ungleichendig ;  die  sechs  glpichwer- 
thigen,  auf  2fach  2gliedrjge  Axen  senkrechten,  2fach  Igliedrigen 
Axen  aber  sind  gleichstellig  2endig  2fach  Igliedrige.  Eine  sol- 
che 2fach  Igliedrige' gleichstelGg  2endige  Axe  aher  liegt  so,  dab 
der  Winkel,  welchen  zwei  einander  zunächst  liegende  ungleich- 
wertfaige  2fach  Sgliedrige  Strahlen  bilden,  durch  sie  halbirt  wird. 

Da  in  dem  2fach  Sgliedrigen  20strahligen ,  so  wie  in  dem 
2fach  Sgliedrig  SstraUigen  pnd  in  dem  Ifach  Sgliedrig  2X4-^ 


1  Dafg  hier  in  dem  Falle,  bei  welchem  nngleiohendigex  Sfaeh 
Sgliedrige  Axen  vorkommen,  die  Sfach  Sgliedrigen  Strahlen  der  einen 
Art  als  höchttvielglicdrige  betrachtet  werden ,  wahrend  die  der  air- 
dern  Art  so  angesehen  werden,  als  seyen  sie  die  gewöhnlichen  Sfach 
$gliedrigen  Strahlen  hauptaxenloser  Sirahlensysteme ,  wird  ohne  wei- 
tere AoaeinandersetJiiing  eioleachten. 


1134  KrystalL 

itnJiIigett  System«  die  SgUedrigen  Axen  gerenstelBg  2tadig» 
•ind,  80  folgt,  daby  wenn  man  eine  derselben  senkrecht  stellt, 
jede  Igliedrige  Axe  gleichwie  bei  hauptaxigen  gerenstellig  2eii- 
digen  Sgiiedrigen  Gestalten  eine  gerenstellig  2endige  Ifacji  Iglie* 
drige  seyn  müsse«'  Da  bei  dem  2fach  Sgliedrig  4strahligeii  Sy^ 
eteme  die  2gliedrigen  Axen  gerenstellig  2endige  sind ,  so  mafii, 
weil  bei  hauptaxigen  gerenstellig  2endi^en  2fach  2gliedrigeii  Ge- 
stalten jede  auf  die  Hauptaxe  senkrechte  Ifach  Igliedrige  Qaer- 
axe  eine  ebenbildlich  2endige  ist,  auch  hier  jede  auf  eine  2glie- 
drige  Axe  senkrechte  Ifacb  Igliedrige  Axe  eine  ebenbildlick 
l^endige  Ifach  Igliedrige  seyn.  Jede  andere  Ifach  Igliedrige 
Axe  ist  aber  hier  eine  nngleichendige ,  weil  der  Fall ,  gemfifs 
welchen  dort  Axen,  welche  in  einerUi  Ebene  mit  der  Hauptaxe 
und  einer  2gliedrigen  Queraxe  fielen ,  gleichendige  waren ,  hier 
dieselben  ehenbilcUich  2endigen  Ifach  Igliedrigen  Axen,  welche 
eben  erwähnt  wurden ,  betrelFen  würde.  -* 

Für  die  Ifach  Sgliedrig  20-,  8-  und  4strahligen  Systeme 
gilt,  weil  in  ihnen  ebenbildlich  2endige  Ifach  2gliedrige  Axee 
vorkommen,  der  Satz:  jede  Ifach  Igliedrige  Axe,  die  auf  einer 
solchen  Ifach  2gliediigen  senkrecht  ist,  müsse  eine  ebenbildlich 
'  3endige  seyn«  Dasselbe  gilt  von  den  auf  ebenbildlich  2eDdigt 
Ifach  4gliedrige  Axen  senkrechten  Ifach  Igliedrigen  im  Ifach 
Sgliedrig  Sstrahligen  Systemie«  Alle  übrigen  Ifach  Igliedrigen 
Axen  .sind  aber  ungleichendig. 

Das  Ifacli^gliedrig  ^trahlige  System,  oder  das  8itrahiig9 
System  im  engern  Sinne ,  hat 

1)  3  ett£  einander  senkrechte  gleichstellig  2endige  2fadk 
AgUedrigB  Axen  a; 

2)  4  gerenstellig  2end]ge  ^fach  ZgUedrige  Axen  b;  jeder 
2fach  Sgliedrige  Strahl  Hegt  ip  der  Mitte  zwischen  3  nachbarli- 
chen 2fach  4gliedrigen ; 

3)  6  gleichstellig  2endige  %fach  igliedrige  Axen  c;  jeder 
2fach  2gliedrige  Strahl  liegt  in  der  Mitte  sowohl  zwischen  2 
nachbarlichen  2fach  4gliedrigen ,  als  auch  zwischen  2  nachbarli- 
chen 2fach  Sgliedrigen  Strahlen; 

4)  %fach  igliedrige  gerenstellig  2endige  Axenj  die  AmaU 
2fach  Igliedriger  Axen  einer  Art  stets  =  12*  Die  2&ch  Iglie- 
drigen Axen  unterscheiden  sich  in'  ' 

a)  4-  undQetändige  oder  kürzer  4standige;  jeder  Strahl 
einer  solchen  2fach  Igliedrigen  Axe  liegt  in  der  Ebene  zwischea 


Krystallomelriei  113$ 

•inam  Sfacli  4gliedrig«n   nnd   einem  za  diesem  nachbarlSchen 

Sfach  2glie<irigen  Strahle.     Es  sind  so  viele  Arten  4atänd]ger 

2fach  Igliedriger'Axen  möglich,  als  der  Winkel  von  45  Grad, 

'    den  der  2fach  4gliedrige  mit  dem  ihm  nachbarlichen  2£ftch  2glie- 

drigen  Strahle  bildet,  Strahlen  zu  fassen  vermag.       ^ 

ß)  3-  und  2ständige  oder  kürzer  Sständigeß  jeder  Strahl 

«iner  solchen  Axe   liegt  in  der  £bene   zwischeh  einem  2fach. 

3gliedrigeD  und  einem  zu  diesem  nachbarliohen  2fach  2gliedri« 

gen  Strahle.     Die  Menge  von  Arten  solcher  Axen  ist  gleich  der 

Menge  von  Strahlen  ^  die  ein  "Winkel  von  35*  15'  52"  (Neigung 

von  b  gegen  c)  fafst. 

/)  4-  und  ZständigB  2fach  igliedrige  jixen;  jeder  4-  und 

Sständige  2fach  Igliedrige  Strahl  liegt  in  der  Ebene'  zwischen 

einem  2fach  4gliedrigen    und  einem  zu  diesem  nachbarlicheu 

2fach  3gliedrigen  Strahle.     Die  Menge  der  Arten  solcher  Axen 

ist  gleich  der  Menge  von  Strahlen,  die  ein  Winkel  von  54*  44'  8^ 

(Neigung  von  a  gegen  b)  zu  fassen  vermag.  '    * 

5)  gerenstellig  2endige  Ifach  Igliedrige  Axen,  von  jeder 

Art  24.    Die  Menge  der  Arten  ]fach  Igliedriger  Axen  ist  gleich 

der  Menge  von  Strahlen,  die  eine  Ecke  falst,  in  welcher  die 

360^                             360^ 
Kanten  folgende  Werthe  haben:  =  90*  die  eine ; 

•360* 

=  60®  die  andere :  r .  =3  45**  die  dritte :  oder  bei  welcher 

2X4 

die  ebenen  Winkel  der  erste  54*  44'  8",  der  zweite  45*,  der 
dritte  35®  15' 52"  halten.  Da  diese  Ifach  Igliedrigen  Axen  geren- 
stellig 2en(dig  sind ,  so  verhalten  sich  die  beiden ,  in  einer  sol« 
chen  liegenden,  Strahlen  gegenbildlich ,  nicht  ebenbildlich. 

Jeder  der  8  ebenbildlich  gegenbildlichen  2fach  3gliedrigen 
Strahlen  ist  umgeben  von  2X3  odei  6  Ifach  Igliedrigen  Strah- 
len jeder  Art ,  so  dafs  diese  6  Strahlen  auf  gleiche  Weise  nach- 
barlich zn  ihm  sich  verhalten ;  die  ä  einen  ebenbildlichen  ^  ver« 


1    Durch  Umdrehang  des   Strahl eiMyitems '  am  jenen  Bgliedrigen 
Strahl»  all  die  Umdrehuogsaie ,  mit  einander  TerCi^Mchbareä  ^ 

2  .  1  ,  1  .  24 
=  2  .  2  .  1  .  12 
=  2.2.2.6 
Ä  2  .  2  .  3  .  4 
=  2.2.4.    S  =  48. 


tm  Kry.UlI. 

halten  sich  zu  den  3  andern  unter  sich  ebenbildltchen  ab  ge- 
genbildlich gleich  werthig. 

Das  ifach  Sgliedrlg  S^trahlige  System  hat 

1)  3  ebenbildlich  Sendige  Ifach  4gliednge 

2)  4         ~         2—1—3    — 
7)  6         —         2-      1—2    — 

Äxen,  welche  hinsichtlich  auf  Lage  sich  ebenso  verhalten,  wie 
^e  2fach  4-9  3-  und  2gliedrigen  Azen  des  Sstrahligen  Systeas- 

4)  Ifach  Igliedrige  Axen;  , 

a)  ebenbildlich  ^endige ,  von  jeder  Art  12 
aa)  4ständige, 
ßfi)  Sständige, 
y/)  4-  und  Sständige, 
hinsichtlich  auf  Lage ,  Zahl  und  Menge  der  Arten  mit  den  ahn- 
lich benannten  2fach  Igliedrigen  Axen  der  Sstrahligen  Systeme 
übereinstimmend ; 

ß)  ungleichendige  ^  von  jeder  Art  24,  hinsichtlich  auf  L^ 
und  Menge  der  Arten  mit  den  Ifach  Igliedrigen  Axen  des  6strah* 
ligen  Systems  übereinstimmend. 

3.2.1.4 
=    4.2.1.3 
=    6.2.1.2}  =:  24- 
=  12  .  2  .  1  .  1 
r=  24  .  1  .  1  .  1 


>   cg  >         w 

I:  SPS- 


B  8 

tr 

S-    so-    2.| 
a  '^ 


•         a 

Jeder  der  8  ebenbildlichen  Ifach  SgUedrigen  Strahlen  ist 
umgeben  von  3  ebenbildlichen  Ifach  Igliedrigen  Strahlen  jeder 
Art,  die  sich  «u  ihm  auf  gleiche  Weise  nachbarlich  verhalten 
und  durch  Umdrehung  des  Strahlensystems  um  ihn  mit  einander 
vertauscht  werden  können« 


%   Krystallometrie«  '  1137 

Dts  UfauA  ZgUtdrig  Aßtrahlig0  ßygimm  mlcv  im  drahtige 
System  (im  «ngern  Sinne)  hat: 

1)3  anf  einander  senkrechte  gerenstelfig  2endige  ^aeh 
QglUdrige  Axen, 

2)  4  ungleichendige  2fach  Sgliedrige  Axen;  jeder  2fach 
Sgliedrige  Strahl  der  einen  Art  liegt  in  der  Mitte  zwilchen  3 
aolchen  der  andern  Art ,  während  jedex;  2fach  Sgliedrige  Strahl 
in  der  Mitte  zwischen  '3  zu  einander  nachbarlichen  2£ich  2glie->' 
drigen  Strahlen  liegt. 

3)  2fach  Igliedrige  Axen, 

'  a)  3-  und  ^ständige  d.  h.  solche ,  bei  denen  jeder  Strahl 
in  der  Ebene  zwischen  2  nachbarlichen  ungleichwerthigen  2fach 
Sgliedrigen  Strahlen  liegt; 

aa)  gleichstellig  2endige  2fach  Igliedrige  Axen.  Ihre  Anr 
zahl  ist  6.  Jeder  Strahl  einer  solchen  Axe  liegt  in  der  Mitte 
zwischen  2  nachbarlichen  ungleichwerthigen  2fach  Sgliedrigen 
Strahlen  und  zugleich  in  der  Mitte  zwischen  2  nachbarlichen 
Sfach  2gKedrigen ; .  , 

ßß)  ungleichendige  3*  und  Sständige  Axen.  Die  Anzahl 
solcher  Axen  einer  Art  ==  12*  Die  Menge  der  Arten  ist  gleich 
der  Menge  von  Strahlen,  die  der  \7inkel  von  35®  15'  52''  fafst, 
welcher  die  kleinste  Neigung  einer  2fach  Sgliedrigen  gegen  eine 
gleichtftellig  2endige  2fach  Igliedrige  Axe  mifst; 

ß)  3-  und  ^ständige  oder  kürzer  Ständige  ungleichen'^ 
dige  Axen,  Jeder  Strahl  einer  solchen  Axe  liegt  in  der  Ebene 
zwischen  einem  2fach  Sgliedrigen  und  einem  dazu  nachbarlichen 
2fach  2g1iedrigen  Strahle.  Je  12  dergleichen  Axen  sind  von 
einerlei  Art;  die  Menge  der  Arten  ist  gleich  der  Menge  von 
Strahlen ,  die  ein  Winkel  von  54°  44'  8^',  welcher  die  Neigung 
eines  2fach  Sgliedrigen  zu  einem  2fach  2gliedrigen  Strahle  mifsti 
XU  fassen  vermag. 

4)  Ifach  Igliedrige  Axen, 

,  a)  ebenbildlich  2endige.  Jeder  Strahl  einer  solchen  Axe 
liegt  in  der  Sbene  zwischen  einem  2£ach  2gliedrigen  nnd  einem 
dazu  nachbarlichen  Strahle  einer  gleichstellig  2endigen  2fach 
Igliedrigen  Axe  und  die  Menge  der  in  dem  von  2  solchen 
Strahlen  eingeschlossenen  Winkel  möglichen  Strahlen  bestimmt 
die  Menge  der  Arten  ebenbildlich  gleichendiger  Ifack  Igliedriger 
Axen. ' 


1138  Krystall. 

Je  2X6  soIch<!«  Axeo  gabören  xu  einerlei  Art;  die  6< 
verhalten  sich  zu  den  6  andern  gegenbitdlich. 

ß)  angleichendige.  Von  jeder  Art  2X 12  oder  24.  Die  13 
einen  zu  den  12  andern  gegenbildlich.  Jeder  der  4  ebenbildlich 
gegenbildlichen  2fach  Sgüedrigen  Strahlen  ist  umgeben  von 
2X3  oder  6  gleich werthigen  Ifach  Igliedrigen  SOrahlen,  die 
«uf  gleiche  Weise  nachbarlich  zu  ihm  sich  verii^Iten.  Die  3 
^inen  unter  tiph  ebenbildlichen  verhalten  sich  gegenbildlich  za 
den  3  andern. 

Die  Menge  der  Arten  Ifach  Igliedriger  ungleichendiger  Axes 
ist  gleich  der  Men^e  vgn  Strahlen  ,  die  eine  Ecke  fafst,  an  wel- 
che? die  Kanten  90*>,  60*  und  45°  »ind, 
3.2.2,2 
4 • 1 . 2.3 
6  .  2  .  2  .  1  J  =  24. 
12  .  1  .  2  .  1 
24  .  1  .  1  .  1 
Das  1/ach  "ZgUedrig  Astrahligß  System  hat : 

1)  3  ebenbildlich  2endige  Ifach  2gliedrige  Axen; 

2)  4  ungleichendige  Ifach  3gUedrige  Axen ; 

3)  Ifach  Igliedrige  Axen. 

Jeder  der  4  ebenbildlichen  Ifach  Sgüedrigen  Strahlen  einer  Alt 
ist  umgeben  von  3  gleichwerthigen  eben  bildlichen  Ifach  Iglie- 
drigen Strahlen  jeder  Art,  so  dals  also  12  ebenbildliche  Ifach 
Igliedrige  Strahlen  jeder  Art  vorhanden  sind« 

Die  Ifacb  Igliedrigen  Axen  zerfallen  in 

a).  ebenbildlich  2endige,  je  6  von  einerlei  Art.  Die  Strahlen, 
aus  denen  eine  solche  Axe  besteht,  liegen  in  der  Ebene  awischen 
2  nachbarlichen  2gliedrigen  Strahlen.     Man  unterscheidet 

a)  die  3-  und  ^ständigen,  von  denen  es  nur  eine  Art  giebt^ 
bestehend  aus  Strahlen ,  deren  jeder  zwischen  2  ungleichwetthi* 
gen  ßgliedrigen  Strahlen  in  der  Mitte  liegt ; 

ß)  die  gewöhnlichen  ebenbildlich  2endigen  Ifach  Igliedii- 
gen  Axen. 

b)  ungleichendige  Ifach  Igliedrige  Axen,  je  12  von  einerlei 
Art     Man  hat 

o)  3*  und  Sstandige  \ 

ß)  ^  und  Sstandige  >  ungleichendige  Ifach  Igliedrige  Axeo, 
t)  gewöhnliche         ) 
von  denen  die  ersten  aus  Ifach  Igliedrigen  Strahlen  bestehen, 


=  12. 


Krystallometrie.  1189 

^welch«  in  äet  Ebene  zwischen  2  ungleichwerthigen  Sgliedrigeo 
nachbarlichen  Strahlen  liegen ,  während  die  Strahlen,  dorch 
iBvelche  eine  der  3-  und  2ständigen  gebildet  ist,  in  der  Ebene 
z^T^ischen  einem  SgHedrigen  und  einem  nachbarlichen  2^iedri-* 
gen  Strahle  sich  befinden  und  die  gewöhnlichen  in  keiner  sol- 
chen Ebene  liegen.  Die  Menge  der  Arten  gew()hnlicher  un- 
gleichendiger  l/ach  Igliedriger  Axen  ist  2mal  so  grofs,  als  die 
Menge  von  Strahlen ,  die  eine  Ecke  fafst ,  deren  Kanten  90*i 
60*  und  45^  sind. 

3.2.1.2 

4.1.1.3 

6.2.1.1 
12  .  1  .  1  .  1 
Das  ifachSgliedrig  2'XAsirahlige System  oder  das  2X4^ 
sirahllge  System  hat : 

1)  3  auf  einander  senkrechte  gleichstellig  2endige,  2fach 
3gliedrige  Axen ; 

2)  4  gerenstellig  2endige  Ifach  Sgüedtige  Axen ; 

3)  gerenstellig  2endige  2fach  Igliedrige  Axen ,  von  jeder 
Art  6.  Sie  liegen  so,  dafs  jeder  ihrer  Strahlen  in  der  Ebene 
zwjscben  zwei  nachbarlichen  2fach  2gliedrigen  Strahlen  sich  be- 
findet.    Man  hat : 

a)  3-  undSständige,  von  denen  es  nur  eine  Art  giebt.  Jeder 
Strahl  einer  solchen  Axe  liegt  zugleich  in  der  Ebene  zwischen 
zwei  nachbarlichen  gegenbildlichen  SgHedrigen  Strahlen ; 

b)  gewöhnliche.  Die  Menge  der  Arten  ist  gleich  der  dop« 
pelten  Menge  von  Strahlen,  die  ein  Winkel  von  45*  fafst J 

4)  gerenstellig  2endige  Ifach  Igliedrige  Axen ,  von  jeder' 
Art  12.     Man  untierscheidet: 

a)  3-  und  3ständige  i 

b)  3-  und2ständigef  Ifach  Iglii^drige  Axen. 

c)  gewöhnliche         j 

Von  den  erstem  liegt  jeder  Strahl  in  der  Ebene  zwischen  2  nach« 
barlichen  gegenbildlichen  Ifach  SgHedrigen  Strahlen ;  von  den. 
zweiten  aber  iii  einer  solchen  ^^s wischen  einem  SgHedrigen  und 
einem  2gliedrigen ;  von  den  gewöhnUchen  aber  in  keiner  sol- 
chen Ebene. 

Die  Lage  der  verschiedenen  Axen  einer  Art  hängt  ab  .von 
den  bekannten  Eigenschaften  der  SgHedrigen  und  der  2gHedrigen 
Axen,  gemäls  welchen 


1140  KrystalK 

1)  {edtr  Sgliedrige  Strahl  ningiben  ist  von  3  einanda 
ebenbildlichan  Ifach  Igliedrigen  Strahlen,  die  durch  Umdrefamig 
des  StraUensystems  um  ihn  sich  mit  einander  verunscheft 
lassen; 

2)  unter  gleicher  Neigung  gegen  einen  und  denselben  2glie- 
drigen  Strahl ,  in  einerlei  Ebene  mit  ihm ,  ebenbildliche  Strahlea 
liegen. 

Die  Henge  der  Arten  gewöhnlicher  Ifach  Igliedriger  Axen 
ist  doppelt  so  grofs,  als  die  Menge  yon  Strahlen,  welche  eine 
Ecke  fafst,  in  welcher  die  Kanten  90"»,  60<*  und  45"^  sind. 

3.2.  2.2  j 
s=s    4.2.1.3|=s349    Anzahl  der  gleichwerthigen 
c=    6  •  2  .  2  .  1  1  Ifoch  Igliedrigen  Strahlen  einer  Ait. 
=  12  .  2  .  1  .  1  ] 


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^  a         ^ 

«BS  8 


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''S' 


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Zur  Uebersicht  der  sämmtlichen  Sgliedrig  4axigen  Systeme 
diene  folgende  Tabelle ,  in  welcher  die  einen  der  entsprechen* 
den  Axen  der  verschiedenen  Systeme  neben  einander  gesullt 
sind« 


In  dieser  Tabelle  bedeutet  die  Abkürzung: 

gist,   das 
grst.    — 
ebbdL— 

Wort  gleichstellig 
— -     gerenstellig 
—     ebenbildlich 

end.    — 

—  gliedrig 

—  endig 

ungL  — 
f.        — 

— -    ungleich 
—    fach 

u.       — 

— .    und. 

Kryatallometrie. 


1141 


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1142  KrjstalL 

"  Das  ^fach  ZgH^drig  ÜOstrahlige  System^  oder  das  20siFak- 
Hge  System  im  engern  Sinne,  hat.: 

1)  6  gerenatellig  2endige  2fach  5gliedrige  Axen.  Jeder  2lack 

Sgliedi-ige.  Strahl  steht  in  der  Mitte  zwischen  5  ihm  nachbarliches 

.ebenbildlichen  Strahlen  und.  bildet   mit  je  zwei  derselben  die 

Kantenlinien   einer*  Skantigen  Mittelpunctsecke ,  deren   Kantea 

durch  den  Mittelpunctswinkel  der  regel'mäfisigen  Sseitigen  Figor 

360* 
gemessen  werden ,  also  =  — —  =  72*  sind. 

o 

2)  10  gerenstellig  2endige  2fach  SgÜedrige  Azen.     Jeder 

der  2fach  3gliedrigen  Strahlen  liegt  in  der  Mitte  yon  3  gegensei* 

tig  nachbarlichen  2fach  Sgliedrigen,  während  umgekehrt  jeder 

2fach  Sgliedrige^  Strahl  in  der  Mitte  von  5  ihm  nachbarlichea 

2fach  Sgliedrigen  Strahlen  liegt,  welche  als  Kantenlinien  eioer 

5kantigen  5winkligen  Mittelpunctsecke  angesehen  werden  IeOo- 

360® 
nen ,  an  der  jede  Kante  =  — —  c=3 120®  beträgt. 

3)  15  gleichstellig  2endige  2£ach  2gliedrige  Axen.  Jeder 
2fach  2gliedrige  Strahl  halbirt  sowohl  a)  den  Winkel  tod 
63®  26'  5^82,  den  2  nachbarliche  2fach  SgUedrige  Strahlen  bil- 
den, als  auch  b)  den,  welchen  2  nachbarliche  2fach  Sgliediige 
einschliefsen ,  dessen  Gröfse  =  41®  48' 37",  12  ist, 

4)  gerenstellig  2endige  2fAch  Igliedrige  Axen,  von  jeder 
Art  30.     Man  hat: 

4)  5  *  und  2ständ]ge  oder  kürzer  Sständige.  Jeder  StraU 
einer  solchen  Axe  liegt  zwischen  einem  5gliedrigen  und  einen 
zu  diesem  nachbarlichen,  das  heifst  unter  einem  Winkel  tob 
3t®.43'2",  91  .dagegen  geneigten,  2gliedrigen  Strahle.  Die  Menge 
der  Arten  Sständiger  2fach  Igliedriger  Axen  ist  gleich  der  Menge 
Ton  Strahlen,  die  der  eben  erwähnte  Winkel  zu  fassen  vermag. 

b)  3  -  und  2ständige  oder  kürzer  3ständige.  Jeder  Strald 
einer  solchen  Axe  liegt  zwischen  einem  Sgliedrigen  und  einem 
zu  diesem  nachbarlichen  d.  h.  unter  einem  Winkel  von  20®  54' 
18",  56  dagegen  geneigten  Sgliedrigen  Strahle.  Die  Menge  der 
Strahlen,  die  der  angegebene  Winkel  fafst,  ist  gleich  der  mög- 
lichen Menge  von  Arten  3standiger  2fach  Igliedriger  Axen. 

c)  5-  und  Sständige.  Jeder  Strahl  einer  5-  und  Sständigea 
2fach  Igliedrigen  Axe  liegt  izwischen  den  Schenkeln  des  Win- 
kels von  37®  22'  38'',12-,  den  ein  5gli«driget  mit  einem  ihm 
nachbarlichen  Sgliedrigen  Strahle  bildet,   und   die  Menge  der 


Krystallometrie. 


1143 


Arten  5-  nnd  ^stSndiger  2fach  Iglied.riger  Axen  ist  gidch  der 
Menge  von  Strahlen  ,  die  dieser  Winkel  zu  fassen  vermag. 

5)  gerenstellig  2endige  Ifach  Igliedrige  Axen,  von  jeder 
Art  60>  Die  Menge  von  Arten  ist  gleich '  der  Menge  von  Strah- 
len ,  Welche  eine  Ecke  zu  fassen  vermag ,  in  welcher  die  GrHfse 


der  Kanten 


360* 


=  90« 


3()0' 
2X3 


=  60« 


360» 
2X5 


=  36«,  der 


2X2 

ebenen  Winkel  aber 

'  37«  22'  38",  12 
31«»  43'    2",  91 
20»  54'  18^',  56  beträgt  ^ 
Bei  dem  \fach  ZgUedrig  IQstraJiligen  Systeme  hat  man 
6  ebenbildlich  2end]ge  Ifach  Sgliedrige  Axen 
10         —         2—1—3—         ~ 
15         —         2—1—2—         — 
30         —         2—1—1—         —     - 
von  jeder  Art,  und  zwar 

a)  5-  und  2stä'ndigey 

b)  3-  und  28tandigo, 

c)  5-  und  3fltandige, 

60  ungleichendige  Ifach  Igliedrige  Axen  von  jeder  Art  K 


6.2.6.2 
10  .  2  .  S  .  2 
15  .  2  .  2  .  2 
SO  .  2  .  1  .  2 
60  ,  1  .  1  .  2 


,  / 


=  120  (Menge  der  Ifach  IgUedrigenStralH 
leo  einer  Art).  V 


•^    OB 


S      m    M  «  ^ 

^    <r  ?»  3  <» 


2.i 


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2  »iC 


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6 

10 

15 

BO 

.  60 

> 

0  £     o  n 


2  . 

2  • 

2  , 

2  . 

1  • 

QDOa 

2  2. 


.  5 

.  2 

.  X 

.  1. 


100. 


V.  Bd. 


P  r» 
M.  BT 
O  Ob 


Dddd 


Fi/ 


1144  Krystall.  ,  . 

Hanptaxenipse     Gestalten. 

Dem  unendliph  vielstrahligen  Systeme  entspricht  bloE»  die 
einzige  Gestalt ,  die  wir  Ku^el  nennen* 

-  In  jedejn  der  übrigen  hauptaxenlosen  Strahlensysteme  sind 
aber  7  Hauptarten  von  Strahlen  vorhanden;  daheir  auch  in  jedem 
hauptaxenlosen  Grestaltensysteme  7  Hauptarten  von  Gestalten 
möglich  seyn  müssen.  Die  der  Auffassung  zunächst  liegenden 
einlachen  Gestalten  der  Art  sind  jene ,  welche  entstehen,  wenn 
man  in  gleicher  Entfernung  vom  IVIittelpuncte  des  Strahlensy- 
stems senkrecht  auf  alle  Strahlen  einer  bestimmten  Art  Ebenen 
legt  und  diese  Ebenen  nur  so  weit  verlängert ,  bis  sie  sich 
schneiden  und  den  Raum  rings  umschliefsen  K 

I.    Die  Sgliedrig  4axigeu  Gestalten. 

A^  Die  %8trahligen  Gestalten  {Octarcta),  homosphäroedri« 

sehe  Gestalten  ,  homotessulare  Gestalten. 

I'  1)  Der  Würfel  oder  ^flächner  {Hexaedrmn^  Hexaeder, 

Cubus)  hat  6  |^|  Flächen  W,    die  auf  den  2fach  4gliedrigen 

Strahlen  senkrecht  stehen  und  2fach  4gliedr]ge  Flächen,  näm- 

' .  6X4 

lieh  Quadrate  sind.  Er  hat  — - —  oder  12  |^j  Kanten  r,  welche 

auf  2fach  2gliedrigen  Strahlen  senkrecht  stehen  und  2fach  2glie- 
drige  Kanten  sind  j  in  denen  die  Flächenneigung  =  90^  lat.  Die 


i  Die  BenenDQiig  der  einEelnen  Arten  von  einfachen  hanptax»» 
losen  Gestaltea  wird  am  zweckmäftfigstea  gegrüadet 

X)  auf  die  Anzahl  ihrer  (  wie  sich  von  selbst  versteht,  gleichwer- 
thigen)  Flachen  (6flächner,  Sflachoer,  4flächDer,  ISflächaery  £Oflächner}y 
wenn  die  Flächen  derselben  regelmäfsige  Vielecke  sind; 

2)  auf  die  Form  der  Flachen  in  Terbindung  mit  ihrer  Ansahl 
(12-Raatenflächner,  30-Raatenflachner,  12wandiger»  24wandiger  und  60- 
wandiger  LanEenflächner,  I2wandiger  Sterzenflachner ,  diwandiger,  4S- 
wandiger  und  ISOwandiger  Dreieckfiächner^  24wandiger  ViereckfiAch« 
ner,  12wandiger,  24wandiger  and  60wandiger  Fünfeckflachner) ; 

S)  auf  das  Yerbundenseyn  von  mehreren  za  einer  Gruppe  Ton 
Flachen,  so  dafs  dann  die  Benennang  angieht,  wie  viele  Flachen  s« 
einer  Gruppe  gehören  und  wie  viele  solcher  Gruppen  vorhanden  «iad* 
Dieses  betrifft  die  hauptaxenlosen  Gestalten,  welche  von  gleichschenk- 
ligen Dreiecken  oder  Keilflächen  begrenzt  sind'  (4:^5wandigery  6x4* 
wandiger,  8 x3wandiger,  12x5 wandiger  und  SOx^waadiger  Keil* 
fläehner).  ' 


Krystallometrie.  1145 

"^     oder  8  1^1  Ecken  o  desselben  sind  Skantige  2fach  3gHe«-^ 

drige  EcKen  und  ihre  Scheitel  sind  die  Endpnncto  der  Sfach 
Sgüedrigen  Strahlen.  Sie  sind  3fach  rechtwinklige,  mithin  aach 
3fach  rechtkantige  Ecken,  Die  wichtigsten  Schnittebenen  des 
Wiirfels  (Hauptschnitte),  d.  h.  jene,  in  denen  wichtigere  Aken 
dieses  Körpers  liegen ,  sind  * 

a)  die  2fach  4gliedrigen  oder  quadratischen  Hauptschnitt« 
des  Würfels.  Jeder,  von  den  3  solchen  Schnitten  ist  senkrecht 
auf  einer  der  3  zu  einander  senkrechten  2fach  4gliedrigen  Axen, 
liegt  daher  zwei  parallelen  Würfelflächen  parallel.  Die  beiden 
andern  2fach  4gliedrigen  Axen  liegen  in  ihm  den  Seiten  des 
Quadrates  parallel ,  die  beiden  Diagonalen  desselben  sind  2fach 
2gliedrige  Axen  des  Würfels. 

b)  die  2fach  2gliedrigen  Hauptschnitte.  Sie  sind  recht** 
winklige  Parallelogramme ,  deren  eines  Seitenpaar  mit  Würfel- 
kanten ,  das  andere  mit  Würfelilachen diagonalen  züsammenfällr. 
Das  Verhältnifs  der  Seiten  derselben  ist  also  =  1 :  Y^2.  JParallel 
deli  kürzeren  Seiten  liegt  in  jedem  dieser  Schnitte  eine  2fach 
4gliedrige ,  parallel  den  längeren  Seiten  eine  2fach  2gliedrige 
Axe  und  die  beiden  Diagonalen  sind  2fach  3gliedrige  Axen«  Die 
Würfelkante  =  1  gesetzt  ist  also : 

die  2fach  4gliedr]ge  «Axe  =  1  =  1 

—  2—2—        —    =)^2  =  2^4 

—  2  —  3    —        —    =  r3  =  3r4. ' 
Senkrecht  auf  jedem  2fach  2gliedrigen  Hauptschnitte  steht  eine  . 
der  sechs  2fach  2gliedrigen  Axen ,  daher  die  Anzahl  der  Haupt- 
tfchnitte  dieser  Art  =  6  ist. 

c)  die  Sfach  3gliedrigen  Hauptschnitte*  Sie*  sind  regelmä- 
fsige  Sechsecke ;  auf  jedem  solchen  Schnitte  steht  eine  der  4 
,£ckenaxen  :oder  2fach  3gliedrigen  Axen  des  Würfels  senkrecht, 
daher  die  Anzahl  dieser  Hauptschnitte  =  4  ist.  In  jedem  liegen 
3  der  2fach  2gliedrigen  Axen  als  Diagonalen. 

2)  Der  Sßäc/mer  Qoctaedrum,  Oktaeder,  regelmäfsiges  oderl^S* 

'  gleichzeitiges  Oktaeder ,  Sflach).    8  |^|  Flächen  o ,  die  auf  den 

2fach  3gliedrigen  Strahlen  senkrecht  stehen ,   2fach  3gliedrige 

8  >^  3 
Flächen,  und  zwar  3se2tige,  sind.   Seine  — -—  oder  12 Kanten 

r  sind  |^I  2fach  2gliedrige,  auf  den  2 fach  2gliedrigen  Strahlen 
senkrecht  stehende  Kanten^  von  denen  je  4  in  einer  der  6  |^|> 

,  Ddad2 


1146  Kryatall. 

4^antigen  2fach  4gHedrigen  Ecken  w  sich  vereinigen,  deren 
Scheitel  die  Endpuncte  der  2fach  4gliedrigen  Strahlen  sind.  Die 
Neigung  2er  Flächen  an  eirter  Kante  ergiebt  sich  aus  derPfeigong 
zweier  nachbarlichen  3gliedrigen  Strahlen  als  109^  28^  16".  Die 
ebenen  Winkel  betragen  60°. 

Die, Hauptschnitte  des  SHachners  sind: 

a)  die  2fach  igliedrigen ,  welche  Quadrate  sind ,  deren 
I>iagonalen2fach  4gliedrigen  Axen  entsprechen,  während  die  aof 
den  Seiten  senkrechten  Durchmesser  derselben  2fach  2gliedrige 
Axen  sind.     Ihre  Seiten  sind  Kanten  des  8fiächners. 

b)  Die  2fach  2gliedrigen ,  welche  Rauten  sind,  deren  län- 
gere Diagonalen  2fach  4gliedrige  und  deren  kürzere  Diagonalen 
2fach  2gliedrige  Axen  sind.  Jene  sind  einerlei  mit  Diagonalen, 
diese  sind  gleiche  Seiten  quadratischer  Hauptschnitte,  so  dafs 
das  Verhältnifs  beider  Diagonalen  =  (^2 : 1  =  t :  jT^  ist.  Die 
auf  den  Seiten  der  Raute  senkrechten  Durchmesser  derselben 
aind  2fach  3gUed^ige  Axen  des  8flächners.  Die  SgHedrige  Axe 
Verhält  sich  zu  der  4griedrigen,  wie  die  halbe  2gliedrige  zur  Seite 
der  Raute.     E^s  ist  daher ,  wenn 

die  2fach  4gliedrige  Axe  =:  1  ist ,  auch 
die  2  —  2    —  —  =  f^4^  und 

die  2  —  i     —  —  =  O. 

c)  die  2^ach  Sgüedrigen  Hauptschnitte,  welche  auch  hier 
regelmäfsige  Sechsecke  sind ,  in  denen  3  der  2fach  2gliedrigen 
Axen  als  Diagonalen  liegen. 

3)   Der  \2t4>caidige  Rautenflächner  oder  der  12 -*2Zait/«n^ 

flächner  (dodecaedrum  rhoTribeum,  Rauten d od ekaeder,  dode- 

ca^dre  a  plans  rhombes,  Rauten I2flach,  Granatdodekae* 

der,    Granatoeder,    Ikantrges  Tetragönal- Dodekaeder  u.  s, 'W.\ 

288>at  12  \^\F/äc/ien  r,   die   auf  den  2fach  'igliedrigen  Strahlen 

senkrecht  stehen  und  2fach  2gliedrige  Flächen  und  zwar  4seitige 

4X12 
d.  h.  Rauten  sind.     Die  -~j —  oder  24  Kanten  sind  |^|  2fach 

Igliedrige  gleichseitig  ungleichendige  Kanten  1,  die  anf  jenen 
2fach  Igliedrigei)  4- und  3ständigen  Strahlen,  von  welchen  jeder 
in  der  Mitte  zwischen  2  nachbarlichen  2fach  2gliedrigen  Strah- 
len liegt,  ^senkrecht  stehen,  so  dafs  sie  deshalb  4-  und  Sständige 
Kanten  genannt  werden  könnten.     Die  2  >^  12  spitzen  ebenen 

2X12 
Winkel  sind  zu  je  vieren  in  einer  der  — ; —  oder  6  1^1  4^«»- 

'4 


Krystallometrie.  '    1147 

tigm  2fach  4gHedrigen  Echm  w  vereinigt,  während  die  2X12* 

2X12 

stumpfen  Winkel  zu  je  dreien  in  einer  der  — 5—    oder  8  |^( 

3tantigen  2fach  SgHedrigen  Bcken  o  verbunden  sind. 

Die  Hauptschnitte  der  12-Hautenflächner  sind: 

•)»  die  2fach  4gliedrigen,  Sie  sind  Quadrate ,  deren  Dia- 
gonalep  2fack  4gKedrigen  Axen  entsprechen.  Die  den  Seite» 
parallelen  Durchmesser  sind  2fach  2gliedrige  Axen.  Die  Seiten 
dieser  Hauptschnitte  sind  gröfsere  Diagonalen  der  Flächen  de»^ 
Körpers.  Das  Verhältnifs  der  2fa€h  2gliedrigen  %n  den  2fach 
4gliedrigen  Axen  ist  sonach ,  wie  beim  gflächner ,  =  1 :  >^2« 
*  b)  Die  2fach  L>gliedrigen  Hauptschnitte  sind  2fach  2gHednge 
4-  und  2seitige  Figuren.  Die  4  gleichen  Seiten  entsprechen  ^ 
Kanten  des  Körpers ,  die  2  andern,  unter  sich  gleichen,  stimmen 
überein  mit  kürzeren  Diagonalen  der  Flächen  desselben  In  ihnen 
liegen  zwei  Ifach  3gliedrige  Axen ,  eine  2fach  4gliedrlg*  und 
eine  2fach  2gUedrige,  Diese  kürzeren  Diagonalen  stehen  senk- 
recht auf  einer  2fach  2gliedrigen  Axe  und  werden  dadurch  be- 
grenzt, dafs  2  nachbarliche  2fach  2gHedrige  Strahlen  sie  ab«* 
ichneiden,  so  dafs  also  das  Verhähnirs  der  2fach  3g1iedrigeti 
zur  2fach  2gliedrigen  Axe  hier  eben  so  ist,  wie  beim  Würfel^ 
d.  h.  1^3  :  1^2.  Daraus  geht  hervor ,  dafs ,  wenn  die  2fach 
4gliedrige  Axe  =  l  ist,  auch  die  2fiich  2gHedrige  =4)^2=1^4  ' 
und  die  2rach  3gliedrige  =  4K"3  =  if^r  *^y"  xnuh. 

c)  Die  2fach  3gliedrigen, Hauptschnitte  sind  regelmäfsiga 
Sechsecke,  in  denen  die  2fach  2gliedrigen  Axen  als  DurchmeS'^ 
ser  liegen ,  welche  senkrecht  auf  die  Seiten  sind. 

4)  Dex  a^Awandigt  Keilßäckner,  6X4ilä ebner (J^^f^rac^'«- 
tetraedrum  iaosceloideum y  Pyramidenwürfel,  He:>takistetraeder, 
iTetrakishexaeder,  Hexatetraeder,  Würfel,  der  auf  jeder  seiner  Flä- 
chen eine  niedrige  48eitig«  Pyramide  trägt,  Würfel  mit  4seitig 
trichterförmigen  Vertiefungen  auf  seinen  Flächen ,  hexaedrisches 
Trigonal,  Ikositetraeder,  hexaedrisch  pyramidales  Ikositessaraeder 
u.  5.  w.)  hat  24  1^1  Flächen  v,  die,  falls  die  Ifache  Gestalt  eine^ss. 
endlich  begrenzte  ist,  worauf  es  hier  zunächst  ankoinmt,>  auf  2fach 
Igliedrigen  4^  und  2ständigen  Strahlen  senkrecht  stehen ,  mithin 
2fach  Igliedrige  Flächen  und  zwat2«und  Iseitige  d.  h.  gleich- 
schenklige Dreiecke  oder  Keililächen  sind.  Je  4  solche  Flächen 
liegen  also  dem  Ende  eines  2fach  4gliedrigen  Strahles  zunächst. 
12  Kanten  dieses  Körpers  sind  3-  und  Sständige  |^|  2£ach  2glie- . 


1148  KryßtaU, 

drig«  Kaiitra  r,  die  auf  2f ach  2gliedrigoii  Strahlen  fenkredit  stdtc 
Pie  24  übrigen  Kanten  1  sind  4-  und  Sständige  |^|  2&ch  1| 
drige  gleichseitige  ungleichendige  Kanten.  Ihr'^ines  Ende 
in  eine  der  6  |^|  ]4kantigea  2fach  4gliedrigen  Ecken  w  der 
Gestalt,  während  ihr  anderes  in  einer  der  8  |^|  2X3hintigeii 
3fach  3gliedrigen  jgcken  o  liegt.  Das  Verhältnifs  de»  SgUrangen 
sor  2gliedrigen  Axe  ist  wie  im  Würfel ;  die  4gliedrige  Axe  aber 
.  i0t  veränderlich  und  von  dieser  Veränderlichkeit  hängt  di^  ver* 
achiedene  Bescha^enheit  der  QX4waiidigen  Keilflächner  aib. 

5)  Der  8  X  Säwitm?*^^  Keilflächner  oder  8  •  Sflächner  (Octa^ 
ciatrißdriim  ieosoeloideunh^  Triakisoktaederi  Pyramidenoktaeder, 
oktaedrisches  Trigonal,  Ikositetraeder,  oktaedrisch  pyramidales 
Ikositessaraeder,  Pyr^midenSflach ,  Oktaeder,  das  aaf  jeder  FläU 

Igg'  phe  eine  3seitige  Pyramide  trägt  ^  u.  s.  w.)  hat  24 1^|  Flächen  d, 
die  jiof  2fach  Igliedrigen  3-  und  2ständigen  Strahlen  senkrecht 
«tehen  und  KeilQiichen  oder  gleichschenklige  Dreiecke  sind.  Ja 
3  dieaer  Flächen  liegen  dem  EJnde  eines  2£atch  3gliadrigen  Strah- 
les zunächst.  12  Kanten  des  Körpers  sind  4*  und  4ständige 
1^1  2facb  2gliedrige  Kanten  r ,  die  24  übrigen  Kanten  1  ^sind  4^ 
Vnd  Sständige  |^|  2fach  Igliedrig  gleichseitig  ungleichendige; 
das  eine  Ende  jeder  solchen  Kante  trifft  in  eine  der  6|^|  2x4« 
kantigen  2fach  4gliadrigen  Ecken  w,  das  andere  in  eine  der 
9  1^1  Skantigen  2fach  3gliedrigen  Ecken  o.  Das  Verhältnirs  der 
4gliedrigen  Axe  zur  2gliedrigen  ist  wie  im  8flächner,  aber  die 
Sgliedrigen  Axen  sind  veränderlich,  und  hierdurch  werden  die 
mtfgUchen  Arten  der  8X3fiächner  bedingt, 

6)  Der  24fi>andige  JJmzenfläcJmer  {Jcosüetraedrum  dtn 
roideum,  Leucitoeder,  Leucitpide,  Leucite,  Trapezoeder, 
2kantige  Tetragonal-^Ikositetraeder,  trapezoidale  Ikosites^arae« 

^^'der)  hat  24  j^|  Flächen  1,  die  auf  2fach  lgliedrige,4-  und 
Sständige  Strahlen  senkre^cht  und  lanzenförmige  Vierecke  sind, 

(  Dio  24  I  ^1 4**  tind,  2ständigen  2fach  Igliedrigen  Kanten  v  sowohl 
als  die  24  |^|  3*  und  2ständigen  d  sind  2fach  Igliedrig  gleich* 
'Seitig  ungleichendige  Kanten.  In  jeder  der  6  |^  4kanfigeQ 
2fäch  4gliedrigen  Ecken  w  treffen  vier  der  4-*  und  23tändigea 


1  Auch  solche  Gestalten,  welche  statt  der  Pyramide  eine  Sfla- 
ohige  trichterartige  Tertiefang  tragen  (wie  sie  z.  B.  manche  unvoU- 
Jtommen  aosgebildete  Kry&talLe  Ton  Eisenkies  zelten),  können  die  Fern 
Ton  8x&wand3gen  Keilflächnem  haben; 


Kry«taIlometrie,  1149 

Kanten  ausatnmen.  In  jed«r  der  8  |^|  dianligen  2facli  3gli«-  ^ 
drigen  Ecken  o  sind  vereinigt  drei  der  3  -  und  üständigen  Kan- 
ten. In  teder  der  12  t^|  2X2kaAtigen  2factL  2gliedrigen  Ecken  ^ 
y  «ind  verbunden  2  Kanten  der  einen  und  %  Kanten  der  andern 
Art.  In  den  verschiedenen  24wandigen  Lanzenfiächnem  ist  das 
Terhältnils^er4gliedrfgen  Axe  zn  der  SgUedrigen  veränderlich 
^nd  hedingt  die  verschiedenen  Arten. 

*  7)  Die  ^wqndigen  Direiechßächner^  ^^SJtächner  ( Tetra^ 
ContooctaedruT^  trigono,ideum ,  Hexakisoktaeder  ad  er  6  X  8- 
flächner,  Pyramiden  r  Granatpeder  j^  Tetrakontaoktaeder,  Trigo-» 
^alpolyed^iTj^  Py]^ainidepr£^utenl2flach,  2  ><  24flächner)  haben  . 
2X24  Flächen  e,  die  1^4  einen  ^  zu  einander,  aber  |=|  zu29|! 
Aeti  24  andern^  die  unter  sich  ^  sind.  Sie  sind  Ifach  Iglie- 
drige  Flächen  urid  zwar  unregelmäfsige  Dreiecke,  Es  befindet; 
$ich  an  ih^en  dreierlei  Arten  von  Kanten ,  von  jeder  Art  24« 
Jede  Kante  ist  2fach  Igliedrig  gleichseitig  ungleichendig,  die 
^inen  14-''  und  Sständig,  die  andern  v  4-  und  2ständig,  die 
dritten  d  3  -  und  2ständig.  In  jeder  der  6  |:^|  2mal  4kantigen 
2fach  4gliedrigen  Ecken  w  sind  vereinigt  4  der  4-  und  3ständi-?  ^ 
gen  und  4  der  4  •*  und  2ständigen  Kanten«  In  jeder  der  8  |^l 
^pa.al  3kantigen  2fach  3gHedrigen  Ecken  o  treffen  3  der  4  t  und 
3ständigen  und  3  der  3-  und  2ständigen  Kanten  zusammen.  In 
jeder  der  12  |^|  2mal  2kantigen  2fach  2gliedrlgen  Eckeu  r  aber 
sind  2  der  4-  und  2ständjgen  mit  %  der  3-  und  Inständigen  Ka^^ 
ten  verbunden^ 

B«     J}U  ißnch  Zghedrlg  Sitrahligm  Gestalien^ 

Die  Gestalten  dieses  Systems  sind,  den  48wand]gen. Drei-« 
eckflächner  ausgenommen ,  welcher  hier  nicht  als  l£ache  Gestalt 
auftritt  und  statt  dessen  der  24wandig«Ftinfeckflachner  betrachtet 
werden  mufs,  dieselben,  wie  in  dem  Sstrahligen  Gtestaltensysteme, 
nämlich  der  Würfel,  derSfiächuer,  der  12^Ilautenflächne£,  der 
6X4flÄclmer,  der  8  X  3flächoer  und  der  24 wandige  Lanzen^ 
fiäohner.  Aber  di^enigen  Theile  dieser  Gestalte»,  welch«  2lack 
4-9  3-)  2*  oder  IgUedrig  Waren ,  haben  hier  blols  die  Bedeu-r 
tung  von  ifaoh  4**,  3  ^9  2«  oder  Igliedrigen  solchen  Theilen 
erhalten ,  welche  Bededtung  sich  ausspricht ,  wenn  die  Flachen 
von  einer  oder  mehreren  derselben  in  Verbindung  treten  mit 
•inem^  24wandigen  Fünf  eckflächner ,  der  hier  diejenige;  Gestalt 
ist|  welehe  niobt  nur  dem  ge^ebe&eo  StraUensyateme  entspricht, 


1150  ,  Kryalall, 

sondern  welohe  «ach  den  Charakter  des  fraglichen  Stralileiis]f- 

stems  selbst  ansdrückt. 

Der  2^wandige  Fünfechflächner  { Icositetraedrwn  pentt^ 
Qi^%  ffonoideum,  Pentag(^n-lkositetraeder)  hat  24^.1  fach  IgUedrige 
41.  b  Flächen  e,  im  Allgemeinen  Fünfecke,  in  denen  die  Seiten  von 
dreierlei  Länge  sind,  2  sich  schneidende  der  einen,  2  anders 
sich  gleichfalls  schneidende  der  andern  und  die  5te  Seit«  der 
3ten  Art  entsprechend»  Die  24  ^  4ständigen  Kanten  v  sowohl 
«Is  die  24  ^  3ständigen  d  sind  Ifach  Igliedrige  KanleD;^  die 
12  übrigen  Kanten  r  sind  ]fach  2gliedrige.  In  jeder  der  6  ^ 
4kantigen  Ifach  4gliedrigen  Ecken  \^  sind  4  Kanten  der  ersten 
Art,  in  jeder  der  8  ^  Si^^antigen  Ifach  3gliedrigen  Ecki^n  o  sind 
3  Kanten  der  2ten  Art  und'  in  jeder  der  24  ^  3  X  Ikantigen 
Ifach  Igliedrigen  Ecken  i  sind  Kanten  aller  3  Arten  vereinigt. 
Der  24  wandige  Fiinfeckflächner  ist  seinem  Gegen  bilde  nicht 
ebenbildlich.  Werden  von  den  Wähden  des  48wandigen  Drei-» 
eckflächners  im  2fach  3gHedrigen  Sstrahligen  Systeme  die  24 
einen  unter  sich^  so  weit  verlängert,  bis  sie  sich  schneiden  und 
einen  Körper  für  sich  allein  ringsuna  begrenzen ,  so  entsteht  ein 
24wandiger  Fünfeckflächner ,  der  zu  dem,  welcher  durch  Ver- 
längerung der  24  andern  unter  sich  ebenbildlichen  Wände  ent- 
steht ,  sich  gegenbildlich  verhält.  Wenn  a  ein  rechter  24wan- 
diger  Fünfecküächner  genannt, wird,  so  ist  b  ein  linker* 

C.     Die  2  X  A8tj;(ihUgen  Gestalten  (^Ditetrarctä). 

Von  den  Gestalten  des  Sstrahligen  Systems  kommen  hier 
als  1  fache  Gestalten  vor  der  Würfel,  der  Süächner,  der  12-Rau- 
tenQächner,  der  SXSwandige  Keililächner,  der  24-Lanzen- 
fläehner.  Diejenigen  ihrer  Theile  aber,  welche  2fach  4gliedrig 
waren,  haben  hier  die  Bedeutung  2fach  2gliedriger;  diejenigen, 
welche  2fach  3gliedrig  waren,  sind  Ifach  3gliedrig  geworden, 
und  diejenigen,  welche  2fach  2gliedrig  waren,  sind  hier  2fach 
igUedrig«  Diejenigen  2fech  IgUedrigen  Theile ,  welche  4*  und 
Sständig  oder  2-  und  3ständig  waren  ^  sind  Ifach  Igliedrig  ge- 
worden, und  nur  jene,  welche  4*  und  2ständig  waren,  sind 
2fach  igliedrig  geblieben.  Als  eigen thiimliche  Gestalten  aber 
treten  auf  statt  der  6X4wandigeo  Keilflachner  die  12 -Sterzen- 
flächner  und  statt  der  48wandigeji  Dreieckflächner  die  24wandi7 
gen  Viereckfiächner. 

Der  i2  "SUrzenfläc/mer  {^Dodeccmdrum  uroideum,  Penta« 
gott- Dodekaeder,  hexaedrisches  Pentagon -Dodekaeder,  dach- 


Krystallometrie.  1151 

ftfniuges  Dodfakaeder,  Kieftzwdlfflach,  Pyiitoeder)  hat  12 1^|  Flä^  F>^. 
chen  V,  welche  2facl]^lgliedrige  Figuren  und  zwar  Sterz enfiächen^l,^ 
aind  y>  bei  denen  das  eine  Paar  gleichwerthiger  Seiten  dem  an^ 
d«rn  Paare  gleichwerthiger  Seiten  an  Länge  gleich  ist.  Die  Kan- 
ten sipd  von  zweierlei  Art.  Die  6  einen  w  sind  |^|  3fach 
Sgliedrig,  die  24  andern  i  sind  Ifach  IgKedrige  Xanten.  Die 
12  ein^n^  die  nnter  sich  ^  sind,  verhalten  sich  zu  den  12  an- 
dern gegenbildlich.  Er  hat  ferner  12  |^|  2fach  Igliedrige  2- 
und  Ikantige  Ecken  g  und  6  dergleichen  o,  welche  ifach  3glie-* 
drige  3kantige  sind.  Die  4  einen  von  diesen  8  Ecken ,  welche 
^  sind  /  verhalten  sich  zu  den  4  andern  |=|.  Denkt  man  sich 
•inen  6X4wandigen  Keilflachner  als  eine  2 X4strablige  Gestalt 
und  verlängert  12  dieser  Voraussetzung  geme£s  als  gleichwer- 
thig  zu  betrachtende  Flachen  desselben  so  weit,  bis  sie  einen 
Körper  für  sich  allein  begrenzen ,  so  entsteht  ein  12~Sterzen-> 
flachner,  der  von  dem,  welcher  durch  die  Verlängerung  der  12 
andern  Flächen  hervorgeht ,  sich  blofs  durch  die  Stellung  unter- 
scheidet. Man  hat  daher  12  -  Sterzenflächner  der  ersten  a.und 
solche  der  2ten  Stellung  b. 

Der  2iu>andige  ViereckfläcJmer  {Icositetraedrum  Mrago^ 
noideum,  Dyakisdodekaeder ,  gebrochenes  Pentagon  -  Dodekae- 1 
der,  Skantiges  Tetragonal-lkositetraeder,  heterogonales  Ikosi«^ 
tessaraeder,  Kies24flach)  hat  24  Flächen  e,  welche  Ifach  Iglie-  ^95 
drige  4ecke  mit  Seiten  von  Serlei  Länge  sind,  in  denen  2**^* 
gleiche  Seiten  als  Schenkel  für  einen  Winkel  dienen.  12  diesei^ 
Flächen  sind  unter  sich  ^  und  verhalten  sich  zu  den  12  andeni 
|=2J.  12  Kanten  einer  Art  v  und  eben  so  viel  einer  2te^  Art  f 
^ind  1^1  2fach  Igliedrige  gleichseitig  ungleichendige  Kanten. 
Beide  Arten  von  Kanten  tinterscheiden  sich  an  Grijfse  und  Länge, 
Die  24  übrigen  Kanten  d  sind  Ifach  Igliedrig.  Die  12  einen 
sind  unter  sich  ^  und  verhalten  sich  zu  den  12  andern  |=:|. 
Die  Ecken  sind  dreierlei;  6  derselben  sind  |^|  2fach  2gliedrige 
2X2kantige'W,  8  andere  sind  Ifach  Sgliedrig  Skantige  o.  Von 
diesen  verhalten  sich  die  4  einen,  die  unter  sich  ^  sind,  zu 
den  4  andern  als  |=|.  Die  12  Ecken  qp  der  3ten  Art  sind  |^ 
2fach.  Igliedrige  2-  m|d  2einkant}ge.  Denkt  man  sich  einen 
48flächner  als  eine  2X4strahlige  Gestalt  und  verlängert  24  von 
seinen  Flächen,  die  dieser  Annahme  gemäfs  als  gleichwerthig 
betrachtet  werden  müssen,  so  ^eit,  bis  sie  einen  Körper  allein 
Jbegrensen ,  so  ist  dieser  ein  24wandiger  4«ckfläGhnsr|  welohec 


1152  Krystail, 

von  dem ,  der  durch  die  VerläDgemng  der  24  andern  Flachen 
entsteht ,  nur  durch  die  Stellung  verschieden  ist ,  so  dafs  beide 
als  24wandige  4eckfiachner  Ister  und  2t^r  Stellung  betrachtet 
werden  kOnnen.  a  stellt  einen  solchen  der  Isten ,  b  einen  der 
2ten  Stellung  dar. 

D.  ^  Die  ^trahligen  Gestalten^     Tetrarcta. 

1)  Auch  hier  kommt  der  Würfel  als  Ifache  Gestalt  vor,  aber 
seine  Flächen ,  so  wie  auch  die  auf  ihnen  senkrechten  Strahka 
haben  die  Bedeutung  deif  2fach  2gHedrigen  erhalten.  Seine  Fla- 
chen sind  hier  nur  rechtwinklige  Rauten.  Von  seinen  Ecken 
sind  nur  je  4  solche  gleichwerthig ,  die  durch  Flächendiagonalm 
verbunden  werden  können.  Je  2 »  den  Enden  einer  Eckenaxe 
entsprechende,  Ecken  sind  ungleich werthig.  Seine  12  Kanten 
eind  |^|  2fach  Igliedrige  gleichseitig  ungleichendige  Kanten 
geworden. 

2)  Der  ^zVjr^dcAn^r  (7l?^raߣ&'£f7i»,  Ifache  Sseitige Pyramide^ 
2^' reguläres  Tetraeder,  Tetraeder)  hat  4  |^|  2fach  SgHedrige  Fla* 
«•b.chen  o,  Welche  regelmäfsige  Sseitige  Figuren  sind;   6-|^j  2fach 

3gliedrige  Kanten  w,  4  {^|  2fach  SgHedrige  Skanljge  Ecken  (D* 
Neigung  der  Flächen  =  70*  21*  44'*. 

Die  Flächen  dieses  Körpers  sind  entweder  senkrecht  anf 
den  2fach  3gliedrigen  Strahlen  der  ersten  oder  auf  denen  der 
2ten  Art;  daher  unterscheidet  man  einen  4fiächner  der  ersten 
und  einen  solchen  der  2ten  Stellung;  beide  verhalten  sich  zn 
einander  |^|,  wenn  sie  von  gleicher  GrOfse  sind,  sind  aber 
darum  in  Beziehung  zu  dem  4s^&^^gc<^  Axensysteme  nicht  ab 
gleichwerthig  zu  betrachten.  Denkt  man  sich,  es  hätten  die 
^  2fach  Sgliedrigen  Axen  des  Sflächners  die  Bedeutung  der  4  un* 
gleichendigen  2fach  Sgliedrigen  Axen  im  4strahbgen  Systeme 
und  zerlegt  man  sonach  jede  solche  Axe  in  2  ungleichwerthige 
entgegengesetzte  2fach  3gliedrige  Strahlen  und  verlängert  die- 
jenigen 4  Flächen  des  Körpers,  welche  den  4  gteichwerthigen 
^  Strahlen  der  einen  Art  entsprechen,  so  weit,  bis  durch  sie  aliein 
ein  Raum  ringsum  begrenzt  ist  ^  so  entsteht  ein  4flächner  der 
ersten  Stellung  a,  während  durch  eben  solche  Verlängerung  der 
4  andern  Flächen  ein  4nächner  der  2ten  Stellung  b  hervorgeht 

S)  T>eT  t2' Rautenßächner.   Er  yerhält  sich  im  4strahligeB 
Systeme  blob  als  eine  besondere  Art  der  folgenden  Gestalten. 

4)  Der  i2t4?and£ge  Lanzenßäc/mer  oder  der  i2 -Lanzen* 
flächner  {podecaedruni  doroidet^m ^  Trapezdodekaeder,  Trape* 


Krystallometrie,  1153 

zoid-Dodekaedary  tiapesoidales  Dodekaeder,  2kantigeg  Tetrago-^& 
nal-Dodekaeder)  hat  12  |^|  3fach  IgUedrige  und  zwar  lanzen-n.l,, 
fijrmige  Flächen  1,  welche  auf  3*  und  Satändige  Strahlen  senkrecht 
sind ;  2  Arten  von  Kanten  v  und  k ,  von  jeder  Art  12*    Jede 
Kante  ist  2fach  Igliedrig  gleichseitig  ungleichendig.    Die  von  ' 
einerlei  Art  |^|.    Sie  sind  unterschieden  von  einander  an  lünge 
und  Neigung  d^r  sie  bildenden  Flachen.     Er  hat  ferner  4  |^| 
Skantige  2fach  SgUedrige  Ecken  d^r  ersten  Art  o   und '  eben  so 
viel  der  2ten  Art  (D«   In  der  einen  sind  bloCs  Kanten  der  ersten, 
in  der  andern  Kanten  der  2ten  Art  vereinigt;  6  |^|  2X2kan-r 
'tige  2fach  2gliedrige  Ecken  w,  in  jeder  2  Kanten  der  einen  und 
fl  Kanten  der  andern  Art  verbunden.     Man  unterscheidet  die 
Ijanzenflächner  der  ersten  und  die  der  2ten  Stellung  a  und  b.. 
Die  Kanten  der  ersten  Art  des  einen  haben  «gleiche  Beschafienhek 
mit  denen  der  2ten  Art  der  andern ;  dasselbe  gilt  von  den  dkan-* 
tigen  Ecken,    Als  Gestalten  an  sich  betrachtet  sind  beide,  wenn 
sie  gleich  sind,   auch  |^|  und  nur  die  Stellung  in  Beziehung 
zum  Strahlensysteme  bedingt  den  Unterschied. 

Zwischen  dem  12-Lanzenflachner  der  ersten  und  denen  der 
2ten  Stellung  in  der  Mitte  stehend  ist  derjenige  12-LanzeniIäch- 
ner,  bei  welchem  die  Kanten  beider  Arten  an  Länge  und  Grobe 
einander  gleich  sind  und  nur  an  Werth  in  Beziehung  zum 
Strahlensysteme  sich  unterscheiden »  nämlich  der  12 «-Rauten«» 
flachner. 

Wenn  ein  8X3wandiger  JSLailflächner  als  eine  4strahl]ge 
Gestalt  betrachtet  wird,  die  12  einen  seiner  Flächen,  'welche 
dieser  Annahme  gemäia  gleichwertig  sind ,  so  weit  verlängert 
werden ,  bis  sie  einen  Körper  fiir  sich  allein  begrenzen ,  so  ist 
dieser  K6rper  ein  12wandigerLanzenflächner  der  einen  Stellung, 
während  der  durch  die  Verlängerung  der  12  andern  entstehende 
Ktfrper  ein  12-Lanzenfiächner  der  andern  Stellung  ist. 

S)  Di^  4>^3ti'andigenICeil/IäcÄner  oder  4X3-Ke£lßäch^ 
TUT  (^Tetraciatriedrum  isoscehideum,   Pyramiden  -  Tetraeder, - 
Viermaldreiflächner ,  Trigondodekaeder ,  Trigonal «-  Dodekaeder,  p. 
pjrramidales  Dodekaeder)  hat  12  |^|  2fach  Igliedrige  2-*  und  $Sk 
Iseitige  Flächen  d.h.  Keilflächen  d,  6  |^|  2fach  2gliedrigeKatt*"*^* 
ten  w  und  12  |^|  2fach  Igliedrige  S-»  undSatändige  Kanten  4, 
4 1^1  3kantige  2fach  SgUedrige  Ecken  o  und4|^|2mal  3kantige 
2faGh  3gliedrige  Ecken  (D«     Werden  am  24*Lanzenflächner  12 
sich  in  Beziehung  auf  ein  in  ihm  gedachtes  4*trabUges  Axen- 


1154  Kvy«tall. 

System  ^Is  gleichw^rthig  verhaltende  Flachen  desselben  verlän- 
gert, bis  zum  Verschwinden  der  -12  übrigen,  so  entsteht  «in 
4^  3>vatidiger  KeilÜächner  der  einen  Stellung  a,  während  ebenso 
die  12  andern  Flachen  jenes  Körpers  einen  4X3vvandigenKeil- 
fiachner  der  2ten  Stellung  b  bilden. 

6)  lL>ie  ^>^4ti^aridigen  Keilßächner   Haben  hier  blofs  dis 
iBedentung  der  folgenden  Art. 

7)  Die  24H'andigen  Dreißckßächneroäer  24- DreieckflSch- 
ner  (^Jcositetraedrum  trigonoideum  ^   Hexakistetraeder ,  gebfo- 

p,.  ebenes  Pyramiden -Tetraeder,  tetraedrisches  Trigonal -» Ikosite- 
299  traeder,  skalenisches  Ikositessaraeder)  haben  24  Flachen  e,  vos 
**^' denen  die  12  einen,  die  unter  sich  ^^ind,  zu  den  12  andnn 
sich  |:=:|  verhalten.  Sie  sind  Ifach  Igüedrige  Dreiecke.  An 
ihnen  sind  ferner  dreierlei  Arten  von  Konten,  von  jeder  Art  12; 
die  von  einerlei  Art  |^|  2fach  Igliedrig  gleichseitig  ungleicb* 
endig.  Die  einen  sind  3  -*  und  3ständige  1 ,  die  beiden  andern 
V  und  k  aber  sind  3  -  und  28tändig  und  unterscheiden  sich  im 
Allgemeinen  durch  Lage ,  Länge  und  Grtffse.  Sie  haben  4  |^ 
3X3kantige  2fach  Sgliedrige  Ecken  der  ersten  Art  o,  in  deren 
jeder  3  der  3  -  und  3ständigen  Kanten  mit  3  der  3  -  und  2stän- 
digen  der  ersten  Art  verbunden  sind ;  4  eben  solche  Ecken  einer 
2ten  Art  (D »  in  jeder  sind  3  der  3  *  und  3stähdigen  Kanten  mk 
3  der  3-  und  2ständigen  Kanten  der  andern  Art  verbanden-, 
6  1^1  2X2kantige  2fach  2gliedrige  Ecken  w,  deren  jede  3  dci 
3-*  und  28tändigen  Kanten  erster  und  2  dergleichen  der  2ten 
Art  enthält. 

Wird  der  48wand]ge  Dreieckflächner  als  eine  48trahlige 
Gestalt  betrachtet  und  werden  die  24  einen  Flächen  desselben, 
welche  dieser  Voraussetatung  nach  gleichwerthig  sind ,  verlän- 
gert ,  so  dafs  sie  den  Kaum  allein  umschliefsen ,  so  bilden  sie 
einen  24wandigen  Drei  eckfläch  ner  der  ersten  Stellung  a,  wäh- 
rend auf  ähnliche  W«ise  die  24  andern  Flächen  jenes  Körpen 
einten  24wandigen  Dreieckfiächner  der  2ten  Stellung  b  begren- 
zen. Denkt  man  sich  einen  24 wandigen  Dreieckilächner  in  der 
Art  sich  verändernd,  dals  nach  und  nach  die  beiden  Arten  ik» 
2X3kantigen  Ecken  desselben  einander  gleich  werden,  so  wird 
er  zu  einem  ^^4u>andigen  Keilfläohnw.  Schreitet  diese  Ver- 
änderung noch  weiter  fort ,  so  erreicht  er  die  Eigenschaft  eines 
24wandigen  Dreieokiiächners  der  2ten  Stellung,  wenn  er  vorher 
ein  solcher  der  ersten  war. 


' 


Kryatallometrie.  ,  1155 

E.     DU  ifach  Zgliedrigen  Aftrahligen  Gestalien. 

"  Sämmtliche  Gestalten  des  2fach  Sgliedrig  48trahl]gen  Sy« 
Sterns,  mit  Ausnahme  des  24wandigen  Dreieckflächners  und  des 
6>^4wandigen  Keil fhichn eis ,  lassen  sich  auch  als  einfaehe  Ge- 
stalten in  Beziehung  auf  ein  Ifach  Sgliedriges  4strahliges  Axen« 
system  denken.  Diejenigen  Theile  aber,  welche  2fach  3-»  2* 
oder  Igliedrig  waren ,  haben  hier  blofs  die  Bedeutung  von  Ifach 
3-,  2-  oder  Igliedrigen  erhalten^     So  also  treten  auch  hier  auf: 

.der  Würfel,  der  4nächoer,  der  12-Rantenflächner,  die  12-Laii- 
zenflächner,  die  4X Ständigen  Keililächner. 

Der  24wandige  Dreieckflächner  aber,  wenn  er  als  «ioe  l^ch 
Sgliedrige  4strahlige  Gestalt  betrachtet  werden  soll ,  ist  eine  zu- 
sammengesetzte   Gestalt;    denn    werden    dem   Ifach    Sgliedrig 
4strahligen  Axensysteme  gemäfs   12  ebenbildliche  Flächen  des-  ^ 
selben  so  weit  verlängert,  dafs  sie  den  Rautn  allein  umschliefsen, 
so  entsteht  ein  üwandiger  fHinfechßuchner,  ii-^Filnfeckfläch" 
ner  {Dodecatdrum  penlagonoideum  ^   tetraedrisches  Pentagonal- 
Dodekaeder) ,  das  zu  dem ,  welches  durch  Verlängerung  der  12 
andern  Flächen  des  Körpers  entsteht,    sich   |=|  verhält.     Die^'K« 
12  Flächen  e  eines    solchen  Körpers  sind  ^  Ifach  lgli«drige,  |,^ 
Fünfecke.     Jede  hat  2  Seiten  von  einer,  2  von  einer  andern  undc,d. 
eine  von  einer  3ten  Länge;    6  Kanten  w  des^ Körpers  sind  ^. 
Ifach  2gliedrig,  die  24  übrigen  Kanten  sind  Ifach  Igliedrig  und 
von  zweierlei  Art.     Beide  Arten  d  und  9  sind  verschieden'  an 
Länge,  Gröfse  und  Lage.     Der  Körper  hat  4  ^  Skantige  Ifach 
Sgliedrige  Ecken  der  einen  Art  o ,   ebensoviel  einer  2ten  Art  <D 
und  aufserdem   12  ^  3  X  Ikantige   Ifach   Igliednge  Ecken  i. 
Aus  dem  48wandvgen  Dreieckflächner  lassen  sich  durch  Verlän- 
gerung von  je  12  zusammengehörigen  Flächen  desselben  4solcho 
12wandige  Fünfeckfläch  ner  erzeugen.  Zwei  davon  sind  ^,  abez 
zu  den  übrigen  |=|.    Die  2  einen  a  und  c  oder  b  und  d,  welch» 
einander  ^  sind ,  sind  nur  an  Stellung  verschieden.    Gieichwi* 
aus  dem  24wandigen  Dreiei:kfläohner  2  ^  12^andige  Fünfeck« 
fiächner  gebildet  wurden ,  so  entstehen  auf  ähnliche  Weise  aut! 
einem  6  X  4wandigen  Keilflächner   zwei   \2ti^andige  Sterzen^ 
ßäb?merj  bei  denen ,    wenn  sie  als  Ifach  Sgliedrige  4strahlige 
Gestalten   auftreten,    die    2fach   2glieclrigen  Kanten    als  Ifach 
2gliedrige,  die  2fach  Igliedrigen  Flächen  als   Ifach.  IgUedrige, 
die  sich  |=:|  verhaltenden  Skantigen  Eeken  als  verschiede nw^r. 


Fi 


1156  Krystall. 

thige  and  die  2&cblgGedrigeii  Ecken  als  blofse  l&ch  Igliedrige 
"    2VL  betrachten  sind* 

II.    Die  Sgliedrig    lOaxigen  Gestalten.  . 

A*    DU  ÜOsirahligen  Gestalten  ^  Icosiarcta. 

Sf  •  1)  D^r  Zwolfß&clmer  (Dodecaedrum,  regelmäfsiges  Pento- 

*gondodekaeder)«     Bei  ihm  bilden  12  |^|  2fach  SgUedrige  5sei- 

tige  Flächen  regelmäfsige  Fünfecke;  er  hat  30  |^|  2fach  2glie- 

drige  Kanten ;   20  |^|  Skantige  2fach  Sgliedrige  £cken.     Gröisa 

der  Kanten  116^  33' 54". 

^*         2)    Der  Z$ifanzigflächner  (Icosaedrum)  haf  20  |^|   2£ach 

*3gliedrige  Sseitige  Flächen;    30  |^|  2fach  2gliedrige  Kanten; 

12  [^1  5kantige  2fach  5gliedrige  Ecken.     Gröfse  der  Kanten 

138Ml'22^a 

3)  Der  ^^RautenßäcTiner  (Triacontaedrum,  regelmäfsiges 
Triakontaeder)'hat  30  |^|  2fach  2gliedrige  und  zwar  rautenfor« 
mige  Flächen  mit  ebenen  Winkeln  von  116^  33'  54";  60  |^ 
2fach  Igliedrige  gleichseitige  ungleichendige  Kanten;  12  |^ 
5kantige  2fach  5gliedrige  und  20  |^|  3kantige  2fach  3gliedrigs 
Ecken.     Grölae  der  Kanten  144^ 

4)  Der  12  X  'Sufandige  Ktilfläckner  ( VodecacUpeniae-' 
drum^  Fyramidendodekaeder'(zum  Theil))  hat  60  |^|  2fack 
Igliedrige  Keilfiächen ;  30  |^|  2fach  2gliec|rige  Kanten  von  der 
Lage  der  Kanten  des  12ilächner8 ;  60|^|2fach  Igliedrige  gle]ch<« 
seitig  ungleichendige  Kanten ,  welche. 5-  und  3ständige  Kanten 
^nd ;  12  1^1  5kantige  2fach  5gliedrige  Ecken  und  20  |^|  2&ch 
3gliedrige  2X3kantige  Ecken. 

Flg.  5)    Der  20  ^Zwandige  Keilßächner  ( IcosacUtriedrum 

*i808celoideum,  Pyramiden -Ikosaed er)  hat  60  |^|  2facfa  Iglie- 
diiga Keilfiächen;  30  |^|  2fach  2gliedrige  Kanten,  an  Lage  mit 
denen  des  20flächners  übereinstimmend ;  60  |.^|  2fach  Igliedrige 
gleichseitig  ungleichendige  3-  und  5ständige  Kanten ;,  12  |^| 
2fach5gliedr]ge  2X5kantige  und  20|^|  2fach  SgUedrige  3kan- 
tige  Ecken. 

Fix*  6)   60 -^ -Lonxenßächner  {Jlexecontaedrumdoroideum)  hit 

60  1^1  2fach  Igliedrige  lanzenftfrmige  Flächen;  60  |^[  2fsch 
Igliedrige  5-  und  2ständige  und  ebensoviel  solche  3*  und  2stän- 
dige  Kanten;   12  |^|  2fach  5gliedrige  5kantige,  20  I-^|  2fach 


Fi 


Krys.tallometrie.  1157 

Sglieärige  SkaiHige  und  30  |^|  2fach  2gIiearieB  2  X  Skantiga 
Ecken. 

7)  D«T  VüQwandige  Vreieahflächner  (Hecatonicoaaedrum 
trigonoideuni)  hat  120  Flächen,  welche  Ifach  Igliedrige  Drei-^. 
ecke  sind.  Die  60  einen  unter  sich  ^  verhalten  sich  zu  den 
,60'andem  unter  sich  ^  als  deren  Gegenbilder.  Die  Kanten 
aind  von  Serlei  Art/  alle  aber  sind  2fach  Igliedrige  gleichseitig, 
nngleichendige  Kanten,  die  60  einer  jeden  Art  angehörigen  ein<« 
ander  |^|.  Die  einen  sind  5- und  3standig,  die  andern  5* 
und  2ständig  und  die  dritten  sind^S-tUnd  2ständig.  12  Ecken 
.  desselben  sindj^l  2fach  5gliedrig  2X5kantig,  20  andere  Ecken 
sind  1^1  2fach  SgÜedng  2X3kantig;  die  30  übrigen  Ecken  abec 
«ind  |ä|  2fiach  2gliedrig  2X2kantJg. 

B«     ifach  Sgliedrige  QOstrahlige  Gßstcdteiu 

Der  12flächner,  der  20flächner,  der  30-RautenflächDer,  des 
12X5wandige  Keilflächner,  der  20  X  3wandigo  Keililächner 
und  der  60  -  Lanzenilächner  sind  auch  als  Ifach  3gliadrige  20- 
strahlige  Gestalten  zu  betrachten  \  aber  diejenigen  ihrer  Theile, 
-welche  2fach  5^ »  3- )  2*  oder  Igliedrig  waren ,  sind  hier  blofs 
Ifach  5"}  3-:9  2-  oder  Igliedrig.  Eine  eigenthümliche  Gestalten« 
V  Art  aber  in  dem  Ifach  3gliedrigen  20strahligen  Systeme  entsteht, 
-wenn  man  den  120wandigen  Dreieckfiachner  als  eine  dem  frag« 
liehen  Strahlensysteme  entsprechende  Gestalt  betrachtet  und  60 
^  Flächen  desselben  so  weit  verlängert  ^  bis  sie  einen  Körper 
^  allein  umschliefsen ,  dessen  Gegenbild  durch  die  Verlängerung 
der  60  andern  unter  sich  ^  Flächen  des  120wandigen  Dreieck« 
ilächners  entstehen  würde.  .  Die  so  entstehenden  Gestalten  sind : 

Der  QOwancUge  ^eckflächner  ( Jlexecontaedrum  pentago- 
noideum).  Dieser  hat  60  ^  Ifach  Igliedrige  5e^kige  Flächen 
«,  jede  mit  2  Seiten  einer,  2  Seiten  einer  andern  und  %  Seite 
von  dritter  ^änge ,  je  2  gleich  lange  Seiten  einen  der  Winkel 
einschUeÜBend.  Die  Kanten  sind  von  dreierlei  Art.  Die  60  einen, 
sind  5ständige  Ifach  Igliedrige  v,  die  60  andern  d  sind  3stän« 
dige  Ifach  Igliedrige,  die  übrigen  30Kanten  r  sind  Ifach  Sglie« 
drige^  die  12  Ecken  d  sind  Ifach  5gliedrige  5kantige,  die  20 
Ecken  i  sind  Ifach  Sgüedrige  3kantige  und  die  60  Ecken  y  sind 
Ifach  Igliedrige  SXlkantige.  Die  Theile  einer  Art  sind  alle 
einander  ebenbildlich  gleich. 

Eben  so  wie  es^  zwei  einander  gleiche  und  ähnliche  jsich* 
gegenbildlich  verhaltende  24wandige  Fünfecküächnex  gab,  einen 


1158  KryslalJ.  , 

Fig. rechten  und  einen  linken,  hat  man  auch  swei  solche  GOwandige 
^^'  Fünfeckfiächner  K 

Bezeichnung    der   einfachen    hauptaxigen 
Gestalten. 

Wenn  man  von  einer  Gestalt  blofs  angiebt,  sie  sey  z.  B. 
eine  gleichstellig  2endige  2fach  6gliedlrige  und  sey  ein  2X12- 
flächiger  Eb^nrandner,  so  ist  dadurch  die  Beschaffenheit  ihrer 
Form  noch  keinesweges  vollständig  bestimmt';  denn  bei  gleicher 
Beschaffenheit  und  Gröfse  de^mittferen  Querschnittes  kann  die 
Gröfse  der  Hauptstrahlen  verschieden  seyn  zwischen  0  und  oe, 
und  nur  dieses  sind  die  Grenzen ,  wo  die  Gestalt  aufhört  ein 
2 X  12flächiger  Ebenrandner  zu  seyn,  auch  können  bei  unver- 
änderten 2fach  2glifedrigen  Querstrahlen  Ister  Art  diei2fach  !^glie- 
drigen  Querstrahlen  2ter  Art  verschieden  seyn  zwischen  0  und  u> 
und  die  Gestalt  bleibt  immer  noch  ein  2  X12ilächiger  Ebenrand- 
ner. Es  ist  also  eine  bestimmte  Angabe  nötliig,  aus  welcher  die 
Gröfse  des  Hauptvtrahles,  des  2fach2glie\)ngen  Querstrahles  2ter 
Art  erkannt  werden  kann ,  wenn  die  Gestalt  eine  vollständig  be- 
stimmte seyn  soll.  Die  Aufgabe,  aus  der  hinreichenden  Anzahl 
gegebener  Stücke  einen  solchen  2X  12fiächigen  Ebenrandner  zu 
bestimmen ,  kann  auf  sehr  verschiedene  Weise  gestellt  werden. 
Ist  aber  der  Zweck  vorhanden ,  den  die  Aufgabe  Lösenden  mög- 
lichst schnell  fin  deutliches  bestimmtes  Bild  gewinnen  za  lassen 
Von  der  Gestalt,  die  er  sich  denken  oder  in  seinem  Geiste  gleich- 
sam wieder  erschaffen  soll,  so  leidet- es  wohl  keinen  Zweifel, 
dafs  die  unmittelbare  Angabe  der  Gröfse  der  3  wichtigsten  Strah- 
Ifenarten  hierzu  am  meisten  geeignet  ist« 

Ein  Sieichen^  bestehend  aus  einer  Zusammenstellung  dreier 
Gröfsen ,  deren  eine  die  Gröfse  des  (lauptstrahls ,  die  andere  die 
6rö£se  des  2fath  2gliedrigen  Querstrahls  Ister  Art  und  die  Ste 


1  Die  Abbildong  dieser  Gestalt  ist  die  Sgliednge  Frojection 
einer  'aolcheii,  wahrend  die  des  120wandigen  Dreieckfiachners  aod  der 
lieistea  übrigen  Gestaltea  Ifach  Igliedrige  Proiectionen  sind,  bei 
denen  die  hiotci;e  dem,  Beschaoer  nicht  xogekehrte  Seite  darch  pvnc- 
tirte  Linien  gleichfalls  abgebildet  ist,  während  diese  hier  weggelas- 
sen sind.  Würde  eine  Sgliedri^  Aze  senkrecht  auf  die  Ebene  der 
2ieichnang  angenommen  worden  seyn,  so  hatte  man  dieiSgliedri^ 
Projeotion  erbalten  a«  s.  w. 


Krystallometrie.  1150 

jene  ien  2fach  3gliedrigen  QuentraUs  2t«r  Art  ist,  in  ainer 
gleicfastellig  Sendigen  2fach  6gliedrigen  Ifachen  Gestalt,  dient 
daher  besser ,  als  eine  noch  so  aosführliche  Beschreibung  oder 
etwaige  besondere  Benennung  derselben,  um  sie  von  jeder  an- 
dern gleichstellig  2endigen  2fach  6gliedrigen  Gestalt  zu  unter- 
scheiden. 

Berücksichtigt  man,  dafs  die  Strahlen  nichts  anderes  sind,  als 
Linien  I  deren  je  zwei  zusammen  in  einer  und  derselben  Axe, 
nur  in  entgegengesetzter  Richtung ,  liegen ,  so  ist  einleuchtend, 
dals  fiir  d^e  als  Beispiel  gewählte  gleichstellig  2endige  2facli 
6gliedHge  Gestalt  und  fiir  jede  gleichstellig  2endige  2fach  pglie- 
drige  überhaupt,  deinen  p  eine  gerade  Zahl  ist,  die  2fach  2gli>« 
drigen  Qaerstrahlen  Ister  Art  in  2fach  2gliedrigen  Qneraxen 
Ister  und  jene  Querstrahlen  2ter  Art  in  eben  solchen  Queraxen 
2ter  Art  liegen,  mithin  die  beiden  wichtigsten  Arten ^von  Qner- 
axen bei  der  Bezeichnung  zum  Grunde  liegen,  wenn  di«  beiden 
wichtigsten  Arten  von  Queistrahleo  im  Zeichen  enthalten  sind« 
Bei  gleichstellig  2endigen  2fach  Sgliedrigen  und'  überhaupt  bei 
solchen  gleichstellig  2endtgen  2fach  pgliedrigen  Gestalten,  deren 
p  eine  ungerade  Zahl  ist,  liegt  jeder  2fach  2gliedrige  Querstrahl. 
2ter  Art  mit  einem  2faGh  2gliedrigen  Querstrahle  Ister  Art  in  einet 
2fach  2gliedrigen  ungleichendigen  Queraxe.  Eine  Bezeichnung, 
welche  sich  hier  auf  die  ])eiden  wichtigsten  Queraxenarten  mit 
beziehen  soll ,  muls  abo  enthalten :  einen  der  beiden  ungleichen 
Strahlen  einer  ungleichendigen  2Cach  2gliedngen'  Queraxe  und 
einen  solchen  Strahl,  der  in  einer  gleichstellig  2endigen  2faoh 
IgUedrigen  Queraxe  liegt,  während  die  Bestimmung,  welche 
sich  auf  die  beiden  wichtigsten  Querstrahlenarten  bezieht,  einen 
2fach  2gliedrigen  Querstrahl  erster  und  einen  solchen  zweiter 
Art  enthält* 

Die  nachbarlichen  Querstrahlen  Ister  und  2ter  Art  R  und  x 

in  irgend  einem  2fach  pgliedrigen  Systeme  bilden  mit  einander 

^  '  360" 

einen  Winkel  =  -;; — .  Der  Strahl,  welcher  diesen  Winkel  hal-* 

360* 
birty-heifse  q ,  der  Winkel  — —  sey  =  ip  und  Cos.  2t/i  =  q.    ' 

_  2Rr.Cos>i/i        _  R.r  K2(q  +  1)  ,    " 

^Jf—       B,  +  x  ^  R  +  r 

n\  .  _         g  '  ^  -.  9^'  ^ 

^^  aR-Cos-tp-p        Rr2(q  +  J)-P  ' 

V.  Bd*  Eeee. 


F5 


116Ö  KryatalL 

3)  R  _         g'^  _  P*^ 

2r.Co8.  ^— p         r^2{q  +  i)  —  ^^ 
Ans  dar  eiii«ti  Bezeichnang  läfst  sich  demnach  die  andere  her* 
leiten  und  umgekehrt« 

360^ 

Nur  in  dem  Falle ,  wenn  p  =s  1 ,  also  ^  =  -j—  :^  90* 

und  Cos.  tii  =?:  o  wird ,  hat  man  r  =  ^ —  =  —  R, 

ako  R  4-  '  ^^  o 

2R.r.o        2R.r,o 

so  dafs  also  r  durch  R  und  ^  als  =s  ^^  R  bestimmt  wird,  wlh* 
rend  nicht  umgekehrt  f  dnrch  R  und  r  bestimmt  werden  kann. 

Es  mag  hier  geniigen ,  blofs  diejenige  Bezeichnung  und  Be- 
stimmung der  Gestalten  der  verschiedenen  hanpttxigen  Sjrsteme 
aufzustellen ,  bei  welcher ,  aufser  dem  einen  Strahle  der  Hanpfr- 
axe ,  Strahlen  der  beiden  wichtigsten  Arten  von  Qaeraxen  ßk 
^  jede  einfache  Gestalt  angegeben  werden.  Bei  ihrer  Anwendang 
wird  das  minder  Regelmäfsige  aus  dem  Regelmäfsigerea  abge- 
leitet. Es  ist  daher  mit  den  regelmüfsigsten  hauptaxigen  Gesta}* 
tensystemen  y  den  gleichstellig  2endigen  2Udi  pgiiedrigen,  denn 
p  eine  gvrade  Zahl  ist,  zu  beginnen. 
y  Bs  seyen  A,  B,  G  Horizontalprojaptionen  von  2x4-»  2X&- 
und  2Xl3flächigen  Ebenrandnern ,  welche  als  Beispiele  von 
solchen  2  Xtflächigen  Ebenrandnern  gewählt  sind,  bei  denen  t 
das  Doppelte  einer  geraden  Zahl  p  ist.  Die  2fach  2gliedrigcn 
Querstrahlen  der  Isten  Art  mögen  mit  R,  die  der  2ten  Art  mit 
r  bezeichnet  werden ,  so  dafi^  R  oder  ^  die  Länge  eines  solchen 
Strahles  angiebt.  Die  Länge  der  halben  Hauptaxe,  die  aaf  fedec 
solchen  Protection  senkrecht  im  Mittelpuncte  c  aufstehend  za 
denken  ist,  sey  =  a.  Es. ist  einleuchtend,  dafs  der  2Xlfiä- 
diige  Ebenrandner,  in  welchem  der  Hauptstrahl  =a,  derQaer- 
strahl  Ister  Art  =  R  und  der  Querstrahl  2ter  Art  =  c  ist,  .ein 
solcher  von  bestimmter  Form  und  Grölse  seyn  wird ,  wenn  a,  B, 
r  und  t  bestimmte  bekannte  Gröfs^n  sind.  Von  dem  Verhältnisse 
a :  R :  r  hängt  die  Beschaffenheit  der  Form  der  fraglichen  Gestah 
ab«  Ist  die  Gtdlse  von  a  oder  von  R  oder  von  r  und  aniserdem 
das  Verhältnifs  a  :  R  :  r  bekannt,  so  ist  auch  Gröfse  und  Form  I 
der  Gestalt  bekannt,  wenui  wie  in  der  Folge  stets  vorausgesetzt 
wird,  t  bekannt  ist. 


Kry^tallometrie.  1161 

Es  wy  C9L  ein  Stcahl  a  und  cR'  ein  Strahl  R  und  c/  ein 
xa  cR'  nachbarliclier  Strahl  r,  so  [wird  das  Dreieck  a'R'r'  eine 
der  Flächen  des  2  X  tilächigen  Ebenrandners  darstellen ,  deren 
Lage  durch  die  3  in  ihr  gegebenen  Puncte  a',  R'  und  x'  be- 
stimmt ist. 

Nennt  man  die  am  Mittelpuncte  c  entstehende  Ecke,  für 
-welche  die  Bestimn^ungsstrahlen  ca\cR',  er  als  Kantenlinien 
und  die  Ebenen  a'  c  r ,  a'  c  R',  R'  c  r'  als  die  die  Ecke  bildenden 
£benen  anzusehen  sind ,  oder  vielmehr  den  Raum ,  ^en  diese  3 
£benen  begrenzen,  eine  Zelle  (cellulä^^  so  kann  man  sagen: 
die  Fläche  a'R'r  gehöre  dieser  Zelle  an.  Um  einen  und  den- 
selben 2fach  2gliedrigen  Querstrahl  herum  liegen  also  4  Zellen. 
Diese  4  Zellen  bilden  zusammengenommen  einen  Hauptaxenfld«  ' 
gel,  der  von  2  ebenbildlichen  doppelten  Flügelflächen  einge-<- 
schlossen  ist.  Es  ist  hier  also  bei  hauptaxigen  Gestalten  jede 
Zelle  ein  Flugelspiertef.  Bezeichnet  man  daher  die  Strahlen  R  „. 
und  r  mit  Nummern  I,  II,  III . .  .,  als  RS  R",  RP^...  r^  r  "^,8o8 
r'^  .  •  •  uild  auch  den  aufwärts  gerichteten  Hauptstrahl  duroh 
a^y  den  abwärts  gerichteten  durch  a^',  so  kann  durch  das  Zei- 
chen (a',R',  ri)  eine  der  Flächen  des  2Xtfiäch]gen  Eben*- 
randners  besonders  bezeichnet  werden ,  während  eine  zweite 
durch  (a^  R",  r'),  eine  3te  durch  {a^  R«,  r^^)  n.  s.  w.  be- 
zeichnet wird.  Ebefa  so  hat  man  abwärts  die  Flächen  (a"^,R^,r'}, 
(a^,  R«  r^)^  (a",  R»  rii)  u.  s.  w.  Es  wird  hierdurch  also 
.zugleich  angegeben,  in  welchem  Hauptaxenfliigel  und  in  wel- 
chem der  4  Viertel  desselben,  d.  h.in  welcher  Zelle,  die  be- 
zeichnete Fläche  liegt.  Das  Zeichen  a'  R'  r'  oder  a',  R',  x  (ohne 
Klammer)  bedeutet  daher  eine  bestimmte  Zelle« 

Es  ergiebt  sich  wohl  von  selbst,  dafs  man,  wenn  kein  be- 
sonderer Grund  vorhandei)  ist,  die  gleichwerthigen  Flächen  ein- 
zeln aufzuzählen  und  zu  betrachten ,  bei  einer  2fach  pgliedrigen 
gleichstellig  2end^gen  Gestalt  mit  Flächen  von  einerlei  Art  nur 
»(jthig  hat ,  die  Fläche  eines  einzigen  Fliigelviertels  anzugeben, 
indem  die  der  übrigen  Flügelviertel  zugleich  dadurch  mit  bedingt 
-werden.  Man  setze  daher  vorerst  fest,  es  sey  das  Flügelviertel,  in 
welchem  diese  zu  bestimmende  Fläche  liegt,  das  erste  und  die  ihm 
angehörigen  Strahlen  a  ^ ,  R'  und  r  ' .  Sollten  Theile  einer  und  der- 
selben Ebene  in  verschiedenen  Flügelvierteln  der  Hauptaxe  als 
Begrenzungsflächen  bei  einer  gleichstellig  2endigen  2fach  pglie- 
drigen Gestalt  vorkommen ,  so  ist  jeder  solcher  Theü  innerhalb 

Eeee  2 


llCa  KrystalL 

desjenigen  Flügelvierteb  9  in  welchem  er  liegt ,  «b  eine  beson- 
dere Begrenzungsfläche  zu  betri^chten  und  als  solche  \rird  er 
auch  im  ersten  Flügelviertel  vorhanden  seyn  miissen  und  sich 
besonders  bestimmen  lassen  in  dlesenu^ 

Wenn  in  der  Formel  (a',  R',  r')  dieWerthe  von  a',  R'  oder 
t  sich  ändern ,  so  'wird  dadurch  die  Lage  der  Fläche  (a',  R',  /} 
in  dem  bestimmten  Fliigelviertel  a\RV'  derHauptaxe,  über  wel- 
ches hinaus  sie  als  Begrenznngsfläche  einer  gleichartigflächigcn 
$fach  pgliedrigen  gleichstelDg  2endigen  Gestalt  sich  nicht  er- 
streckt ,  verändert.     Umgekehrt,  wenn  dia  L^ga  dieser  Fläche  in 
dem  Flügel  viertel,  dem  sie  angehört,  eine  andere^  wird,  so  än- 
dern sich  Auch  die  Werthe  für  a', R',  r .  Hat  sich  z.B.  dieFIadia 
310.  ^  ^  ^  ^™  ^^®  ruhig  gebliebene  Randkante  R'  r'  als  um  eine  in 
ihr  liegende  Umdrehungsaxe  gedreht,  so  lange,  bis  sie  auf  dem 
mittleren  Querschnitte  cR'r'  senkrecht  steht, %o  dafs  sie  nim 
den  Strahl  a'  desjenigen  Flügelviertels,  dem  sie  angehtSrt,  nicht 
-mehr  schneidet,,  sondern  ihm  parallel  liegt,  so  wird  der  Werth 
'Vt)n  a'  =  00  und  das  ganze  Zeichen  (  00  a',  R',  /}.     Die  ganze 
'Gestalt  des  2Xtflächigen  Ebenrandners  wird  dadurch  zo  einer 
2Xpflächigen  Säule,   ihr  Querschnitt  wird  gleich  dem  Mitfel- 
querschnitte  des  Ebenrandners,  aus  dem  sie  hervorgegangen  isl^ 
und  das  Zeichen  (qp,R,r)  bezeichnet  diese  Säule.     Dreht  sich 
die  fragliche  Fläche  a'R'/  auf  diese  Art  noch  weiter  fort,  so 
wird  sie  miit  dem  Strahle  a'  ihres  Flügelviertels  4ivergiren  und 
nur  ihre  Verlängerung  über  die  Randkante  hinaus  wird  die  Ver- 
längerung des  Strahles  a'  über  den  Mittelpnnct  hinaus  schneiden, 
so  dafs  hier  also  der  Werth  von  a'  durch  00  in  das  Negative 
übergeht     Die  Fläche  wäre  dann  zu  bezeichnen  durch  ((-^a'], 
R',  r)  und  der  ganze   von  solchen  Flächen  gebildete  2Xtfii- 
chige  Schiefwandner  *  durch  (  ( —  a),  R,  r). 

Läfst  man  die  Fläche  des  Flügelviertels  a',  R',  r'  sich  nocä 
weiter  fort  auf  die  angegebene  Weise  bewegen,   wo  wird  das 


1  Eine  ihre  Lage  verändernde  Ebene »  wenn  sie  durch  mehr  alt 
ein  Flügcl?icrtel  hindarch  sich  erstreckend  gedacht  wird,  kann  nack 
geschehener  LageDändernDg  in  einem  andern  Flügelviertel  so  liegen, 
wie  sie  vorher  im  ersten  lag. 

p.  2    Bei  ihm  ist  jeder  Schnitt,   in  welchem  die  Haaptaxe  liegt,  da 

81i!p  ^^^^  gerade  Zahl  ist,  eine  Figur  wie  klmn,  jeder  Qaertchaitt  eia 
Sfoeh  pgliedriget  tselt. 


Krjstallometrie.  1163 

-*-'a'  eine  immer  kleinere   negative  Grö&e   and  vrird   zuletit 

1  1     / 

t=  —  — ■.  Der  Ausdruck  (f * —  »0>R'j  O  bedeutet  dah^rFIä- 

00  ^  ^        CO       '^        '    / 

cheDy  die  in  die  Verlängerung  des  mittleren  Querschnittes  fallen, 
während  der  Ausdruck  ( — a',  R',  r)  Flächen  anzeigt,    die  mit 

CO 

diesem  Querschnitte  selbst  zusammenfallen  ^. 

Fig. 
Läfst  man  umgekehrt  die  Fläche  a'R'/  sich  um  eine,  durch  310. 

den  Punct  a'  gehend  gedachte ,  mit  R'  /  parallele  Linie  be- 
wegen, so  dafs  zuerst  die  Strahlen  cR'  und  er'  sich  dabei  ver- 
gröfsenii  so  wird  bei  Fortsetzung  dieser  Bewegung  einmal 
bB.'x'  parallel  mit  cR'r'  werden  müssen ,  und  dann  sind  die 
Strahlen  R'  und  r  unendlich ,  die"  Fläche  t!  R'  r'  ist  dann 
=  (a'y  ocRy  oor');  das  Zeichen  (a,  oo,.oo^  bedeutet  daher  in 
dem  gleichstellig  2endigen  2fach  pgliedrigen  und  in  jedem  gleich- 
endigen Gestaltensysteme  die  beiden  Tafelflächen.  Findet  die 
Fortsetzung  dieser  Bewegung  der  Fläche  a'  R'  /  statt,  so  tritt  der 
Fall  ein ,  in  welchem  die  über  den  Scheitel  rückwärts  hinausge- 
hend gedachte  Verlängerung  dieser  Fläche  sich  mit  den ,  über 
den  Mittelpunct  des  Strahlenaystems  rückwärts  hinausgehend  zu 
denkenden,  Verlängerungen  der  Strahlen  R'  und  r  schneidet.  Ihr 
Zeichen  erhält  dann  die  Form  (a',  ( —  R'),  ( —  r  )).  Dem  Zeichen 
(a,  ( — R),  ( — r))  entspricht  ein  Ö  Xtflächiger  Schiefwandner, 
dessen  Mittelc^uerschnitt  eine  unendliche  Ehetkß  ist,  während 
jeder  Hauptschnitt,  sofern  p  eine  gerade  Zahl  ist,  eine  Figur „. 
wird  wie  m  nk  1  2,  Sil! 

Durch  das  bis  jetzt  Entwickelte  ist  ersichtlich ,  welche  Be- 
deutung das  Vorhandensein  von  negativ^en  Werthen  für  die 
Gröfse  der  Strahlen  a',R',  r'  in, dem  Zeichen,  durch  welches  eine 
Begrenzungsfläche  einer  2fach  pgliedrigen  gleichstellig  2endigen 
Gestalt  mit  gleichwerthigen  Flächen  bestimmt  wird ,  hat.     Auch 


1  Um  Dicht  positive  und  negative  NoIIen  unterscheiden  lo  miis^ 
sen,  wird  liier  lL.  nicht  =3  0  gesetzt* 

2  Für  p  =  6  und  B  :  r  r:^  1  :  Cos.  -5—  s=.  1  :  O    hat  man 

einen  hierher  gehörigen  Schiefwandner ,  wenn  man  an  den  GflÜchigen 
Säulf^n  mit  ^flächig  trichterartig  vertieften  Ende'q,  wie  sie  se.  B.  beim 
Apatit  vorkommen,  von  den  Seitenflächen  der  Säule  absieht.  Vergl. 
Iieoohard't  Mineralog.  Zeitachrift  Jahrg.  1826.  J.  439. 


1164  KrystftU, 

ergiebt  sich,  dab  der  Strahl  R',  um  die  aHgemeinen  Verpcliie* 
denheiteq  der  Lage  einer  Begrenzangsfläche  zn  entwickeln ,  ia 
folgenden  Werthen  betrachtet  werden  müsse ; 

1)  .ab  eine  ppsitive  endliche  Grobe ,  die  za  dem  liier  toi* 
liegenden  Zwecke  =1  gesetzt  werden  kapn; 

2)  al»   oo; 

3)  als  eine  negative  endliche  Gröfse ,   die  =  -~  1  anziF» 
nehmen  ist ; 

4)  als  eine  negative  uneiidlich  Ueine  GröCia  =  —  —  Bf 

6)  als  eine  positive  unendlich  kleine  Grölse  aa «— ^  R^    .      R^ 

während  auf  ähnliche  Weise  die  5  Werthe,  welche  a  haben 
kann ,  fiir  jeden  der  5  Werthe  von  R'  auszudrucken  sind  durdi 

1)  a',  2)  <?o,  3)  -  a*,  4)  — i*'»  5)^  a'5  die  Werthe  abei^ 

welche  r'  haben  kann  für  den  Werth  von  R'  eis  1 ,  haben  notk«* 
wendig  eine  der  folgenden  11  Formen  z 

11  .,11 

360^ 
wenn  nämlich  q  ===  Cos,  ■       ■  und  die  Buchstabeu  v,  x«  y  uads 

2p 

unbestimmte  Gr^fsen    von   solcher   Beschaffenheit  sind,    dab 

1  '  '  *  j, 

q-^v  >-^  r  und-<q  und  ebenso  q  +  y^7>^  a^®'  <C  1»  ferner 

1  1  11 

rX  ^  1  9bex  <— ,  und  endlich  -^  +  *  >  ""•     Setzt  man 

a— v=;;r  undq4-x==Rund y=c5  '    TT  +  *  =  T»  ^ 

hat  man  demnach  fiir  R'=s  1  folgende  Ausdrücke  für  R',/  %a 
beachten^; 

1,  -r  l  1,  -^-IM  1,  -^  M  t  M  1»  9  I  1.  W  I  1,  1  I  1,^  I 
1»  •-'  1  If  7-  II»*»* 


•^r»  ^-^h  -ST^»  ^-^^»  qi  q+Xi  if  r"^y»  7:+*»  »» 


t  Alt  blofse  Verhältnisse  sweier  Gr^I^en  sind  diese  Ansdnicke 
iticlit  in  betrachten,  weil  es  hier  sugMich  noch  ankummt  auf  das  Ver» 
hSltnift  R' ;  a'  und  r' ;  a'  und  auf  die  GroTse  ron  a'  oder  R'  oder  r*. 


,  Kryatallometrie.  11Q5 

Daraus  folgt,  iats  für  R'  =:^  --^  1  ab  dia  vonüglicb  viclitigen 
Arten  des  Aufdruckes  R",  r"  anzusehen  sind: 
1  1    * 

—  1,  «>. 

Ist  R^=:  o«  oder  ::3=*^R  oder=s— --^R,  so  kommt  es  zunächst 

darauf  an ,  ob  r^  endlich  und.  positiv  oder  endlich  und  negativ 
oder  unendlich  klein  und  positiv  oder  unendlich  klein  und*  ne- 
gativ oder  ob  r  unendlich  grois  ist,  so.  d als  für  jeden  jener 
drei  Werthe  von  B.'  die  5  W^i^the  für  r  ausgedrückt  werden 
ki>nnea  durch 

-ii-4-'i4-'iii.  «• 

and  also  noch  folgende  Ausdrücke  für  R',  t'  entstehen :, 
oo,  — 1  I    oo^-r-jj-r  1^    oo,^^r  I   oo^l  I    oo,  eo 

iR,-^l[±R,— lr|^H,l.rl4.R,i|±H,  ^ 

Die  Verbindung  sämmtlicher  Ausdrücke  von  R',  r  mit  jeden» 
der  Ausdrücke  für  a'  giebt  die  wichtigsten  Hauptarten  des  Aus-, 
druckes  (a',  R',  r)-,  wobei  jedoc^,    wenn  2  oder  3  unendlicb- 

11  1  1 

kleine  Wterthe  C±.'^a,  i  "So* '  ^^^  i'So'  ^j    ±  -^  ^   ,o^«' 

1  1 

4-  — B,  +  — ^  r)  verbunden  sind,  wieder  das  Verhältnrfs  der- 

1        1 

selben  ein  verschiedenes  se3nD  kann,  indem  hier  z,  ^•'37^'**^' 

r^  R  :  r  ist.  Berücksichtigt  man ,  dafs  die  Fälle ,  wobei  unend- 
lich kleine  positive  oder  negative  Werthe  dev  Strahlen  a.VR',  r, 
vorkommen,  untergeordnet  werden  können  jenen,  wobei  l^Ieiue 
endliche  Werthe  decselhen  Strahlen  vorhanden  sind,  sp  hleiUen 
als  Werth» 


von  a' 

von  R' 

Da«           , 

1)  1 

2)  « 

2)   oe 

3)-a 

3)-l    , 

1106  Krystall. 

und  ab  Wmthe  des  Ansdnu^es  R',  i^ 


1, 

1             1 

-1, 

—  1 

1,9t 

*'£? 

~1, -K 

.            1 

1,  q 

*'^' 

—  1,  —  q 

—  1    --  — 

q 

9 

K^, 

'.4 

-1,  -t 

.           1 

1, -~ 

• 

i,  « 

•         •         •         • 

—  1,   oo 

1,-^t 


-1,  r 


•        •        • 


und  aufsexdem  noch  die  Werthe 

CO ,  1  und  CO ,  —  1  und  oo ,  oo . 
Man  bat  daher  folgende  verschiedene  Hauptarten  des  Zeichens 


Ca,  1, 1) 


(•,i,q) 
(«,1,0 

(•,i,(-0) 


(•,00,1) 

(a,oo,oo) 


(a,l,^) 


•,(-l).(-l)' 
(a,(-l),(-SX)) 


(•,(-i),(-0) 

(•.(-l),r) 


C«,oo,(-l)) 


(a,(-l),C— ^» 
(a,  (-1),  (—- ^)) 

(a,(-l),(— -|-)) 
(«,  (-1),  oo) 


C«»,  l,,!) 


(«,l,9l) 
("»,!,  q) 

(o»,l,t) 

(*4,(-r)) 
(oo,oo,l) 


(o».l.gt) 

(00,1,1) 

(«,1,7) 

(00,1,00) 


<«,(-l),(-l) 

(oo,(-l),(-Dt)) 

(«,(-i),(-q)3 

(oo,(-l),(-t)) 


(»,(-l),0 


(oo,(-l),(— i» 

(«>,(-l),(— ^)) 


(oo,(-l),C-7)) 


Krysiallo^nxetrie« 


im. 


((•Ol,<«) 


((-a),(-l),(.t)) 


((-a),(.l),(-SX)) 
((•a),(.i),(.q)) 
CC-a:,M),(-t)) 

((-a),(-l),i) 


'((-a),  oo,(.l)) 


((-a),(-l),(-|)) 

(C-a),  (-!),(-{)) 

(C-a),(.l),C-f)> 
((-a),(-l),(ao) 


«-a),  j,  1) 

((-aM,9i)C(-a)l,|) 

C(-a),l,q)(C'a),l,-|) 
((-a),l,r) 

((-a),oo,l)i 

Es  sipd  hier  die  Fälle  (( —  a),  00,00)  und  (  00 ,  (—  1),  00  )  und 
(  00 ,  oc  y  ( —  1))  nicht  mit  aufgeführt,  weil  sie  Flächen  bezeich- 
nen, welche  nicht  in  der  Zelle  a',R',r'  liegen  können,  indem 
sie  die  Grenzen  bezeichnen,  welche  (a,R', r)  nicht  erreichen 
darf,  ohne  aufzuhören,  eine  hierher  gehörige  d«  h.  in  der  Zelle 
a'^R',/  auftretende  Begrenzungsflächä  zu  aeyn. 

S^tzt  man  00  a  oder  00  R  oder  oor  in  diejenigen  Stellen, 
^orin'  statt  a  oder  R  oder  r  ein  blofses  00  Zeichen  jsich  befindet, 
und  multiplicirt  man  jedes  der  3  Glieder  in  jeder  der  59  Formeln 

mit  -^9  80  erhält  man  59  neue  Formeln ,  unter  welchen  dieje» 
nigen ,  die  kein  —  Zeichen  enthalten ,  1)  wenn  sie'  vor  dieser 
Veränderung  kein  00  Zeichen  enthielten ,  blofs  Zeichen  für  den 
IVIhtelpunct  des  Strahlensystems  sind ,  in  so  fern  er  als  das  erst9 
Element  dieser  oder  jener  ringsum  endlich  begrenzten  Gestalt 
betrachtet  wird,  gleichsam  eine  solche  Gestalt  von  unendlich 
kleinen  Abmessungen  ist;    2}  wenn  sie  vorher  ein  00  Zeichen 

hatten  und  also  jetzt  eine  der  3  Formen  (a,-3jR,— r)  oder 

11  11 

(■^a,R,  — r)  ode'r  (-55- a,  —  R,  r)  haben,  die  Strahlen  a,  R,  i 

selbst  bezeichnen ,  sofern  diese  als  diö  ersten  Elemente  der  Ge- 
stalten (00a,  R,  r)  oder  (a,  00  R,  r)  oder  (a,  Ry  oor)  angesehen' 
werden  können ;  3)  wenn  sie  vorher  Zfi^ei  00  Zeichen  enthielten, 

jetzt  also  im  Allgemeinen  eine  der  Formep  (^g^a,  R,  r)  oder 

1  1 

(a,— R,  r)  oder  (a,R,  — '  r)  haben ,   Ebenen  bezeichnen,  von 

denen  die  erste  dem  mittleren  Querschnitte,  während  die  2te 
sowohl  als  die  3te  einer  doppelten  Hauptflügelfläche  (der  Isten 


lies  Kry^talL 

pier  2ten  Art)  entspriobt,  die  als  Grenze  des  Fliigelvierlebi 
von  dem  es  sich  handelt,  auftritt )  diejenigen  endlich,  welche  ein 
oder  awei  oder  drei  —  Zeichen  enthalten ,  Gestalten  bezeidmeiiy 
deren  Flächen  im  Mittelpuncte  des  Stzahlenaystems  aicb  vei- 
einigen  *. 

Bisher  wurde  zum  Behuf  der  Bestimmung  der  Lage   einer 
Begre^zungsfläche  in  einer  Zelle  bei  gleichstellig  2endigen  2facli 
pgUedrigen  Gestalten,  deren  p  eine  gerade  Zahl  ist,  vorausge- 
setzt, dafs  in  jeder  Zelle  jeder  der  3  BestimmungssUahlea  der- 
selben in  seiner  natürlichen  Richtung    vom  Mittelpuncte  des 
Strahlensystems  an  nach  aufsen  hin  positiv. zu  nehmen  sey,  und 
kein  Unterschied  gesetzt  zwischen  die  2  Xt  Flügelviertel  oder 
Zellen ,  die  in  einem  solchen  Strahlensysteme  vorhanden  sind. 
Stellt  man  sich  aber  vor ,  der  Strahl  R',  insofern  er  der  ZeBe 
a'R'r'  angehört,  sey  der  Stellvertreter  für  die  Verbindung  (Com-p 
bination)  der  Strahlen  R^  R^^,  R™,  R^»' . .  .  .,  wie  sie  in  dem 
fraglichen  Strahlensysteme  statt  findet,    in  derjenigen  Stellang 
des  Strahlen&ystems ,  in  welcher  jeder  der  Strahlen  a',R',r'  als 
der  erste,  a;.  ß.  oberste,  seiner  Art  auftritt,  d.h.  in  einer  bestimm- 
ten solchen  Stellung  des  Strahlensystems ^  bei  welcher  irgend 
ein  in  dem  Flügelviertel  a^  R'  r'  liegender  Ifach  Igliedriger  (er 
heifse  x)  senkrecht  aufwärts  gerichtet  ist ,  so  ist  einleuchtend, 
dals  der  Strahl  R^  für  das  Flügelviertel  a'R''r '  z.  B.  gleichfaDs 
als  Stellvertreter  sammtlicher  verbundenen  (combinirten}  Strahlen 
B  zu  betrachten  sey;  dafs  aber  dieser  Strahlen combination  eine 
andere  Stellung  (Versetzung,  Permutation),  als  vorher,  eigen  seyn 
müsse ,  indem  jetzt  der  Strahl  R''  als  der  oberste  seiner  Art  auf« 
tritt  und  die  Stelle  einaimmt,  welche  vorher  R'  einiiahm,  ynäh^ 


1  GröTsere  Ansftihrliclikext  über  die»e  and  über  tUe  jenen  ein- 
facben  Gestalten,  welche  yon  gleichwertbigea  Flächen  begrenzt  sind, 
in  deren  Zeichen  der  Werth  von  -  einem  oder  von  zwei  oder  voa 
drei  der  Bestimmangastrählen  a%  R',  r  negativ  iat ,  scheint  erst  spfiter 
für  die  Krystallkaade  von  Wichtigkeit  zu  werden,  wenn  die  bisher  als 
zufällige  gestörte  Bildungen  betrachteten  Gestalten  mit  trichtenirtigea 
YertiefuDgen ,  statt  dieser  oder  jener  Fläche  (Apatit,  Eis,  Kochsalz, 
WisJnuth  tt.s.w«),  und  alle  jene  Formen,  hei  denen  gleichsam  nur  das. 
Gerippe  zu  einem  Krystalle  ansgebüdet  ist  (Schneeflocken,  Gestrick- 
tes u.  s.  w.),  noch  sorgfältiger  werden  nntersucht  seyn.  Oessennngeaeh- 
tet  aber  werden,  wenigstens  für  die  KryvUllkunde ,  jene  GesUlten 
steu  die  wichtigsten  bleiben,  in  denen  keiner  der  Werthe  der  Strah- 
len a',E',r'  negativ  i«t« 


Kr^stallometrie,  llßa 

rend  dfcr  Strahl  a'  für  die  Zellen  a  R''  t"  aieselbe  Stelle  ein^ 
nimmt  y  die  er  för  das  Flügelviertel  a' R'  r'  vorher  einnahm, 
Aach  ist  der  dem  Strahle  x'  entsprechende  Strahl  x''  an  die  Stelle. 
▼OQ  X  getreten«  Man  setze  fest,  die  combinirten  Strahlen  einer 
Art  seyen  für  jede  Zelle  so  aufzuzählen ,  dafs ,  wenn  der  Strahl 
JL  der  Zelle  aufwärts  gerichtet  ist,  derjenige  Strahl  der  fraglichen 
Art  z.  B.  R^  welcher  am  meisten  sich  der  senkrecht  aufwärts 
gerichteten  Lage  nähert,  die  erste  Stelle  einzunehmen  habe  in' 
der  Permutation  und  dafs  die  übrigen  in  derjenigen  Ordnung 
lULch  einander  folgep  sollen,  in  welcher  sie  sich  mehr  und  mehr 
von  der  senkrecht  aufwärts  gerichteten  Lage  entfernen*  Es  wird 
dann  z.  B.  bei  einer  gleichstellig  2endigen  2fac|i  6gliedrigen 
Gestalt 

dem  Flügelviertel  entsprechen  die  Strahlenpermutation 

•    •    ,  R^  R"  R^  R'"  RT  R'^ 

...  U     I   m    VI  IV     V 

...  U  lU      I    IV  VI     V 

...  III    U   IV      I    V    VI 

...  III  IV    U     V     I    VI 

...  IV  III    V     IT  VI      I 

...  IV  V  m  VI  II  I 

...    V  IV  VI  m   I  II 

...   V  VI  IV  im  II 

...  VI  V    I  IV  n  m 

...  VI    I  V  n  IV  m 

...    I  VI  B  V  in  IV 

Auf  ähnliche  Weise  erhält  man  ftir  a'R'r'  und  a^'R'r'  mit 
einander  übereinstimmende  Permutationen  der  Strahlen  r,  aber 
wieder  verschiedene  für  a'  R'  r ,  a'  R"  r',  a'  R"  j"  u.  s.  w.  Für 
sämmtliche  Flügelviertel  ^  welche  a'  enthalten ,  gilt  di»  Permu-- 
tation  a^  a^  und  für  alle ,  welche  a"  enthalten ,  die  Permutation 
a^a'f  Sieht  man  nun  den  Gegensatz  zwischen  den  beiden  binä- 
ren Permutationen  1  .  2  und  2.1  als  ähnlich  dem  Gegensätze 
zwischen  vorwärts  und  rückwärts,  zwischen -)- und — an  und 
bezeichnet  von  2  Permutatiooen  derselben  Combination^  welche 
mit  einander  übereinstimmen  hinsichtlich  auf  die  Stellung  aller 
ihrer  Elemente ,  bis  auf  2  derselben,  die  mit  einander  gegensei- 
tig vertauscht  werden  mufsten ,  um  die  eine  der  beiden  Permu-t 
tationen  in  die  andere  zu  verwandeln ,  die  eine  mit  «f*  ^^^  ^^ 


a'  R'  r'  < 

oder 

a"R'  r' 

a'  R"  r' 

-s- 

a"R"  r' 

iCK'x" 

..* 

a"R"  r" 

Ä^R'"r" 

_ 

•"R"'r" 

a'R'"r'" 

... 

a  n    r 

a'R^^r'" 

— 

a-'R^r'" 

a'R^TriT 

— , 

a"R'^r'T 

a'R^r»^ 

-^ 

a"R*i>^ 

a'R^r^ 

..» 

a"R»  r» 

a'R^r^ 

— ^ 

a"R"t' 

a'R^r^ 

..^ 

."R^r" 

a'R'  r^ 

— 

a"R'  t^ 

1170  Kryatall. 

andere  mit  -— ^,  so  können  auch  die  hier  vorkotnmenden  Per- 
mutationen  in  dieser  Rücksicht  betrachtet  werden  \     Setzt 
die  Permptation  I  U  VI  UI  V  IV  als  positiv,  so  hat  man^: 


1  80  ist  alio  8.  B«,  wann  12S4  poiitiv  {st,  21S4  negatir,  wen 

fghiklm  positiy  iat,  auch  fgmikl^  negatiT. 

2  Vergleiche  Hbssbl:  Ueber  positive  and  nagatire  Permatati»- 
nen.  Marborg  bei  Garthe  182S.  Hier  möge  nur  so  viel  zQr  Eriaate- 
rang  dienen,  da£p,  wenn  eine  Pennntation  aU  4*  gesetzt,  gegeben  oder 
angenommen  ist  und  man  von  einer  andern  Permutation  derselben 
Blementenoombinntion  wissen  will,  ob  sie  -f*  oder  —  zu  bezeicfanea 
eey,  man  nach  folgender  Regel  verfahren  könne,  die  gleich  aaf  irgend 
ein  Beispiel  angewendet  dargestellt  werden  möge. 

Anfgabe«  £s  sey^  gegeben  4>  125456;  man  will  wiaaaii,  ob 
865214  mit  »f  oder  *-  an  bezeiehnen  sej. 

A  n  f  1  o  s  n  n  g.  Sache  in  der  gegebenen  posidren  Parmotatioa  vea 
links  an  das  erste  Element,  welches  Hii cht  mit  dem  in  derselben  Stelle 
stehenden  der  zn  bestimmenden  Fermntation  gleichnamig  ist  (hier  alao  1), 
und  yertansche  es  mit  dem  Elemente  (S),  das  in  der  za  bestimmendea 
Fermntation  an  dieser  Stelle  steht.'  £s  wird  so  ans  der  gegebene« 
positiren  Permotation  (4*  128456)  eine  neue  enuteben  (321456), 
welche  wegen  der  stattgefandenen  gegenseitigen  Vertanschung  zweier 
JBIemente  eine  negative  ( — 3i2l456)  seyn  wird.  An  dieser  aucht 
man  nun  wieder  das  erste  Element,  von  links  an  gezählt,  auf,  wel- 
ches von  dem  in  derselben  Stelle  der  zu  bestimmenden  Permotatioa 
stehenden  abweicht,  und  vertauscht  'es  mit  dem  dahin  gehörigen  ge- 
genseitig ,  so  entsteht  eine  positive  Permutation  (ans  —  S  2 1 4  5  6  wird 
H«56l452)*  So  fäbrt  man. fort,  ans  jder  jedesmal  erhaltenen  ne«ea 
positiven  oder  negativen  Permutation  eine  andere  negative  oder  positift 
an  erzeagen,  die  der  zu  bestimmenden  ( hinsichtlich  auf  die  StellaBg 
von  wenigstens  einem  Elemente  mehr)  naher  verwandt  ist,  als  die,  aas 
trelcher  sie  entwickelt  warde,  bis  man  eine  solche  erhält,  die  mit  der 
sn  bestimmenden  Permutation  vollkommen  einerlei  ist.  Man  erhalt 
also  nach  und  nach  die  Pennuta tionen 

865214 
wenn  man  aas  «f  128456    macht 

die  Permutation  —  821456    and  aus  dieser 

—  —  +  861452     —    —     ^ 
-^         —  —865412     —    —     — 

—  .^  4.  865214, 

so  daXs  also  die  Permutation  865214  positiv  ist,  wenn  123456  po- 
sitiv war.     ^ 

8  Zur  Erläuterung  möge  hier  die  Ableitung  jeder  folgenden  aas 
der  vorhergehenden  solchen  Permutation  stehen.  Dia  mit  dem  Zei^ 
eben  (*)  versehenen  sind  die  hierher  gehörigen ,  aaf  deion  Votwn* 
chen  es  ankommt. 


Kryitallooietrie. 


1171 


+  I  n  VI  m  V IV 

—  II I  m  VI  IV  V 

—  n  ffl  I  IV  VI  V 
+  m  uiv  I  V  VI 
+  III IV  n  V  I  Vi 

—  IV  m  V II  VI  I 


-^  IV  V  m  VI  n  1 
+  V IV  viiu  I  n 
+  V  viiv  im  n 

—  VI  V  I IV II  in 

—  VI  i  V  n  IV  m 
+  I  VI  n  V  m  IV 


1 

2 
2 
2 
2 
2 
3 
3 
3 
3 
3 
4 
4 
4 
4 


63 
63 
36 


3 

1 

1 

1 

4 

4 

2 

2 

2 

5 

35  2 
5  32 


54» 

5-4. 
54 

5» 

5 

5» 

5 

5. 

6« 

6 

6,* 

6 

6 

1» 


61 


45 
54 
54 
54 
56 
56 
65 
65 
65 
61 
6  1 
1  6 
1  6 
16 


62 
62 
3  2 
3  1 
3  1 
13 
13 


1* 

1 

1 

2» 

2 

2« 

2 

2 

3« 

3 

3» 

3 
43 
3  4» 


Man  kann  daher  den  Strahl  R'  in  jeder  der  beiden  Zellen 
a'R'r'  ittid  a"R'r  als  positiv  =  +'R'  betrachten,  während  er 
in  den  beiden  anliegenden  a'R'r^^  und  a''R'r^'  gleichfalls  als 
positiv  erscheint ,  so  dalÜB  der  2fach  2gliedrige  Strahl  R'  gleich- 
sam aus  4  einzelnen  Ifach  Igliedrigen  positiven  Strahlen  zu- 
sammengesetzt erscheint  Eben  so  muTs  dann  jeder  der  Strahlen 
j^in^  iß\  2|ls  1^129  4  positiven  Ifach  f  gliedrigen  Strahlen  bestehend 
gedacht  werden,  während  die  den  negativen  Permutationen  ent- 
sprechenden Strahlen  R^,  R'^,  R^' .  als  aus  4  negativen  Ifach 
jgliedrigen  Strahlen  bestehend  zu  denken  sind,  da  jeder  dersel- 
ben für  "jedes  der  4  Flügelviertel,  denen  er  angehOrt,  einer  ne- 
gativen Permutation  der  Strahlen ,  welche  R  heilsen ,  entspricht^ 
gleichsam  Stellvertreter  derselben  ist. 

Setzt  man  ebenso  den  Strahl  r  als  aus  4  positiven  Strahlen 
bestehend ,  so  ist  jeder  der  Strahlen  r',  r^",  r^  für  jede  der  vier 
Zellen,  die  ihn  umgeben,  als  positiv  zu  setzen  und  jeder  der 
Strahlen  r^,  r^,  r"^  gleichfalls  für  j6de  der  vier  Zellen,  denen 


1172  KrystalL 

er  aogASit)  als  negativ  zu  nehmeiu  D^r  obere  HanptstnU  i 
entspricht  der  positiven  Permutatioii  a'  ^'  für  sämmtliclie  obcs 
Fitigelviertel  y  ^während  der  untere  Hanptstrahl  a''  die  Stelle  & 
negativen  Permutation  ^'  vi  für  sämmtliche  untere  Flogelvieitel 
vertritt;  a'  ist  also  positiv ,  a''  negativ  zu  setzen.  Ueberhaopt 
ift  bei  jeder  gleichstellig  2endigen  2fach  pgliedrigen  Gestalt,  & 
welche  p  das  Doppelte  einer  ungeraden  Zahl  ist  (d.h.  furp=2 
oder  6  oder  10  u«  s.  w.)»  jeder  Strahl  R  oder  r  mit  ongeiader 
Zeigezahl  I,  IH,  V  . .  .  (R'  R°',  R^...,  so  wie  r',  r%  r^....; 
für  jedes  der  vier  Fliigelviertel ,    denen   er  angehört ,   positiv-, 

jeder  mit  gerader  Zeigezahl  II,  IV,  VI .  .  •  .  (R",  R^,  R^i 

r",  r^,  r^.^O  aber  für  jedes  der  vier  Fliigelviertel,  denen  a 
angehört,  negcUip. 

Bei  gleichstellig  2endigen  2fach  pgliedrigen  Gestalten ,  be 
denen  p  das  Doppelte  einer  geraden  Zahl  ist  (d.  h.  für  p  =  4 
oder  =:  8  oder  =  12  •  •  . ) »  hat  jeder  2fach  2gliedrige  StnU 
(R  sowohl  als  r)  die  Bedeutung  von  4  (in  einen  einzigen  Strahi 
zusammenfallenden  nicht  mehr  divergirenden)  Ifach  IgUedrigea 
Strahlen ,  von  denen  2  positiv  und  2  negativ  sind.  Es  ist  näm- 
lich der  Strahl  R',  wenn  er  für  die  Zelle  a'R'r'  positiv  ist,  auc^ 
positiv  für  a"R'r',  aber  negativ  für*  a'R'r^  und  für  a"R'r^. 
Ebenso  ist  dann  R'"  positiv  für  a  R^'V"  unda"R'"r%  aber  ne- 
gativ für  aR'"r'  und  a"R'"r".  Allgemein  R2n  +  *  ist  positir 
für  a  R2n+i  r^^a+i  und  für  a"R2a-*-*  r»«+S  aber  negatiT» 
für  a^  R2a  +  i  r««  und  für  a"R«ft  +  *  r«»,  wahrend  R««  positir 
ist  für  a'R^ft  r^»-*  und  für  a^R^«  r^»-*.  Dieselben  Gesetxs 
gelten  für  r.  Auch  hier  ist  a'  als  4"  und  a"  als  — a  zu  betncb- 
ten.  Das  Zeichen  (•f'a,  +R,  +0  umfafst  daher  jede  Flacht 
(a,R,  r)k,  welche  in  einem  solchen  Flügelviertel  liegt,  von  wel- 
chem jeder  der  Strahlen  a,R,r  als  Stellvertreter  einer  positives 
Permutation  der  sämmtlichen  combinirten  Strahlen  derjenigee 
Art ,  zu  welcher  er  gehört ,  zu  betrachten  ist '. 


1  rw  soll  andeatea  r  mit  der  letzten  Zeigesahl,  also  bei  4glie- 
*drigen  Gestalten  r«^,  bei  SgliedHgen  r^"*  a.  s.  w. 

2  Wie  dieses  sich  für  R'  modificirt,  iit  bereits  geseilt.  £s  wiri 
hier  dämlich  n  =  o  und  sUtt  r»  tritt  r^  an  die  Stelle. 

5.  Es  sind  demnach  diese  Torseichen  H»  und  — ,  namentlicb  das 
letztere,  nicht  zu  verwechseln  mit  Youeichen,  welche  sich  aof  die 
GröTse  des  Wertlfes  toa  a~  oder  A  oder  r  beaiehen  \  denn   aadi  hier 


Kryatallotnetrie.  1173 

Beseicbnet  man  jede  Zelle  ^  •{«  a,  4*^  ^"^  ^^  o  vind  jede  Flg. 
dem  Zeichen  <— a,  4*1^9  4"^  entsprechende  mit  a,  so  wird  aach      ' 
4-  a,  — R,  4-'  ™it  ß  und  — a,  — R,  4-r  mit  fif  bezachnet 
-werden  können  u.8*w«;  man  erhält  daher: 


+  a,  +R,  +t  s  a 
+  a,  — R,  +x  =  ß 
4-a,  — R,  —r  =  r 
+  a,  4.R,  —t=d 


—  a,  +R,  +r  =  a' 

—  a,  -R,  +r  =  /r 
_a,  — R,  — r  =  / 
— a,  +R,  — r  =a' 


und  (+a,  ^R,  — r)  ist  daher  z»  B.  da»  allgemeine  Zeichen  fUr 
Begrenzangsflächeni  die  in  Flügelyierteln  y  liegen  ^s=  (y)  a.8.w. 

£s  shid  nun  folgende  Fälle  möglich : 

I.  Beachtet  man  die  Vorzeichen  4"  oder  —  bei  keinem  der 
drei  Strahlen  a,  R,  r,  so  wird  zwischen  der  Bezeichnung  der  8 
Arten  von  Zellen  ayßy/yd  und  «,/?',/, 3'  kein  Unterschied  seyn^ 
d.  h«  sie  werden  alle  als  gleichwerthig  betrachtet : 

a,  R,r  =  a=:/J=:y  =  d  =  a==j3'  =  /  =  *; 

(a,R,r)  =  Ca)  =  (/J)  =  C;^)  =  (Ä) 
=  («)  =  (/5')=(/)=^((r) 
daher  hat  das  Zeichen  bei  gleichstelllg  Wendigen  ü/ach  fglie- 
drigen  einfachen  Gestalten,  wenn  p  eine  gerade  Zahl  ist,  kein 
Vorzeichen ,  welches  eine  Verschiedenheit  der  Flügelviertel  er- 
'Zeugte  y  und  ist  allgemein  =  (a,  R,  r^. 

n.  Beachtet  man  das  Vorzeichen  bei  einem  der  3  Strahlen^ 
so  kann  dieses  geschehen 

1)  bei  a ;  es  sind  dann  verschieden  die  Fltigelviertel  -4  ^ 
H,  r  von  — a,  R,  r  und  die  Flächen  (+a,  R,r)  von  ( — ejR,r), 
jene  gehören  oberen ,  diese  unteren  Zellen  an.  Treten  an  einer 
zusammengesetzten  Gestalt  Begrenzungsflächen  (4-  ^y  R»  r)  allein 
auf,  ohne  dafs  die  Flächen  (-^a,  R,  r)  zugleich  vorhanden  sind, 
oder  umgekehrt  diese  ohne  jene^  so  ist  die^  Gestalt  eine  i«o- 


konnen  die  Werthe  sowohl  der  positiven  als  aach  der  negatiren 
Strahlen  negativ  werden  ;  es  bedeutet  nämlich  z.  B.  der  Aosdrnck 
(-fa/>4- C— R),  ^^C— r))  eine  Fläche,  die  so  in  den  Flügelvierteln 
•I- a,  H- 1^>  H- r  liegt,  wie  (a,  ( — H),( — r))  in  jedem  Flügelviertel  liegen 
vürde  D.  s.  w. 

1  Da  immer  zwei  durch  gleichnamige  Buchstaben  bezeichnete 
Zellen,  2.  B.  a  und  a%  über  einander  liegen,  so  kann  man  sich  mit 
Hälfe  der  Bilder  AyB,C  die  gegenseitige  Lage  der  Zellen  hinreichend 
versinnlichen* 


1174  Krystall. 

gleichendige-^cKh  pglhdrigej  wenn  p,  wie  bishei^  eine  gerade 
ZaÜ  ist. 

2)  bei«R«     Es  sind  dann  die  Flügelviertel 

^a  =  d=ia  =d'  =  a,ffR,r 

und  eben  so  die  Flächen  i 

(a)  =  (i)  =  (aO  =  C«')  -  C«,  +R,  0 
(^)  =  (r)  =  {/?')  =  (/)  =  (a,  -R,  r). 
Bine  Gestalt,  welche  von  Flächen  wie  (a,  +'R,r)  (die  man  sich 
so  weit  verlängert  denkt ,  dafs  sie,  wo  möglich,  fiir  sich  alldn 
eine  ringsum  endlich  begrenzte  Gestalt  einschliefsen  ^)  begrenit 
ist,  ohne  dafs  die  Flächen  (a, — R,  r)  zugleich  vorhanden  -wiurea 
(und  umgekehrt  (a,  — R,  r)  ohne  (a',  +R,  r)),  ist  eine  gleich- 
stellig  iendige  2fach  mgliedrige  ^  wenn  m  eine  ganze  Zahl 
E^  4-?  bedeutet,  so  dafs  m  gerade  oder  ungerade  seyn  kann« 
Das  Zeichen  (a, +  R,r)  oder  (a,  —  R,r)  dient  daher  vorzüglich, 
um  gleichstellig  2endige  2fach  mgliedrige  1  fache  Gestalten^ 
der  Isten  oder  2ten  Stellung  zu  bezeichnen ,  bei  denen  m  eine 
ungerade  Zahl  ist.  Die  Strahlen  r  sind  hier  also  in  dem  2fach 
mgliedrigen  Strahlensysteme  nicht  die  Querstrahlen  3ter  Art^ 
sondern  solche  Querstrahlen,  welche  den  Winkel  zwischen  zwei 
nachbarlichen  ungleichwerthigen  2fach2gliedrigen  halbiren,  d-h. 
sie  liegen  in  gleichstellig  2endigen  2fach  Igliedrigen  Queraxen. 

3)  '  bei  r.  Die  Unterschiede  der  Formen  (a,  R,  +0  ^^ 
(a,  R^ — r)  sind  ganz  ähnlich  denen  zwischen  (a,  4*^iO  "^^ 
<a,-R,r).  ■ 

lil.  Berücksichtigt  man  die  Vorzeichen  bei  zwei  von  den 
drei  Bestimmungsstrahlen,  so  kann  hier  auf  zweierlei  Weise 
verfahren  werden. 

A.  Man  setzt  Zellen  als  gleichwerthig,  wenn  sie  mit  ein- 
Tmder  übereinstimmen  hinsichtlich  auf  das  -f~  oder  —  Zeichen, 
welches  dem  Verhältnisse  der  beidefT  zu  beachtenden  Strahlen 
rzukommen  würde ,  nach  der  bekannten  Regel ,  gemäfs  welcher 
gleiche  Zeichen  der  Glieder  des  Verhältnisses  für  dieses  Ver- 
hältnifs  selbst  das  Zeichen  -f~  bedingen  ,  während  ungleiche 
'Vorzeichen  der  Glieder  ebenso  für  das  Verhältnifs  ein  — Zeichen 
fordern.    Dieses  kann  £eschehen : 


1  .Was  für  p  =  S  nickt  möglich  ist. 

2  Gewöhnlich  also  Sxmflachige  Ebenrandner. 


Kry^tallometrie.  1175 

1)  bei  dem  Hauptstralile  a  und  bei  einem  der  Qaerstrahlen 
R  oder  r,  s.B.  bei  R.  ^  Es  ist  dann 

(«)  =  Cd)  =  (/T)  =  Cr)  =  (±a,±R.r) 
tind  (/})  =  (;')  =  («'}  =  {9)  =  (±a,  +  R,0 

indem  hier      +a:4-R  =  '^»»'— R  =  +  S* 

und  wieder     -J-*^  —  Rs=5  —  a:  +  R=---— . 

Die  Flächen  C^^jiR,  r)  fiir  sich  allöin  so  weit  verlängert  ge- 
dacht, dafs  sie,  wo  möglich,  eine  ringsum  endlich  begrenzte 
Gestalt  einschliefsen  ^  liefern  eine  gerenatelllg  Wendige  ^fäch. 
mgliedrige  Gestalt  erster  Stelhmg,  während  ebenso  (^a,4rR,r) 
eine  solche  3ter  Stellung  bedingen«  Man  sagt  daher,  eine  ge- 
renstellig  2enä]ge  2fach  mgliedrige  Gestalt  sey  eine  flächenhalb- 
2ählige  (hemiedrische)  gleichstellig  Sendige  2fach  pgliedrige. 
Die  Strahlen  R  sind  hier  die  2fach  Jgliedrigen  ond  die  Strahlen 
r  die  Ifach  Sgliedrigen  Querstrahlen  des  -gerenstellig  2endigen 
2fach  mgliedrijgen  Strahlensystems  ^. 

2)  Bei  den  2  Querstrahlen  R  und  r.     £s  ist  dann 

(«)  =  (.y^  =  («)  =  (/)  =  (a,  ±R,  ±0 

(/J)  =  (Ä)  =  ClT)  =  CO  =  (a,  +  R,±r)* 
ßie  gleichstcllig  2endige  2fach  pgliedri^e  Gestalt (a,  R,  r)  wird  hier 
zerlegt  ih  2  einzelne gUiöhsteliigiendigeXfaehpgliedrige,  de'ren 
erste  durch  genügsame  Verlängerung  der  Flächen  (a,  +R,  +;r) 
.entsteht,  während  die  zweite  ebenso  durch  (a^  Zj^R,  ±^t)  sich 
bezeichnen  läfst. 

B.  Man  fordert,  dafs  Plügelviertel ,  T^elche  als  gleichwer- 
tig betrachtet  werden  sollen ,  mit  einander  übereinstimmen  so- 
tvohl  rticksichtlich  auf  das  Vorzeichen  bei  R ,  als  auch  auf  jenes 
bei  r,  ohne  dab  hier  auf  das  Vorzeichen  des  Verhältnisses  der 
beiden  zu  beachtenden  Strahlen  gesehen  wird. 

1)  Die  beiden  mit  Vorzeichen  versehenen  Strahlen  seyeil 
der  Uauptstrahl  a  und  ein  Querstrahl  R  oder  r  z.  B.  R^  so  istt 

(o)  =  («)=(+a,+R,r) 

((J)  =(/)  =  (+ 8,  -R,0 

(|J')  =  (/)  =  (-a,-^R,r> 


1    Aehnlicli  sind   die  Ergebnisse  bei  Beacb'tilDg  der  Torseichen 
TOti  a  und  r. 

V.  Bd,  Ff  ff 


1176  Krystall. 

Es  wird  hier  (a,B,  r)  zerlegt  in  4  einzelne  ungleiöh€nd£^^faik 
mgliedrige  GeaiaUmbezeichnungen^  denen  eine  der  vier  so  eba 
aufgestellten  Formen  eigen  ist,  ^nd  sie  dienen  vorzüglich  £r 
solche  iingl^ichendige  2fach  mgliedrige  einfache  Gestalten,  dem 
m  ungerade  ist, 

2)  Die  hinsichtlich  a\if  ihr  Vorzeichen  ^u  beachtenkt 
Strahlen  seyen  die  beiden  Querstrahlen  R  und  r,  so  ist 

(«)  =  («')  =Ca,+R,+r) 

(^)  =(/r)  =  (a,-R,+r) 

(/)  =(/)  =  Ca,--R,-r)     . 

(«)  =:s(0  =  (a,+R,-rX        . 
Jede  dieser  Vier  Bezeichnungen   dient  zur  Bestimmang 
gUichaUllig  Wendigen  \fdch  mgliedrigen  Gestalt^  and  zunacfe 
einer  solchen  |  bei  welcher  m  ungerade  i^t. 

IV«  Nimmt  man  Rücksicht  auf  die'  V<orzeichen  bei  allen  3 
Bestimmungsstrahlen  a,  R  und  r,  so  sind  folgende  Fülle  mjSglich: 

A\  Man  fordert,  dafs  Zellen,  welche  als  gleichwerthig  be-^ 
ttachtet  werden  sollen ,  sich  gleich  sind  in  Beziehang  nnf  die 
Vorzeichen  der  Verhältnisse  des  Hauptstrahls  zu  jedem  der  bei- 
den Querstrahlen,  so  dals 

-fas-)-R=3->^a:«^KaB-)-^ 

R 

4-a:  —  R  =  -i-ai-|-R=^  —  5" 

R 

gedacht  wird ;  solche  Flügelviertel  stimmen  denn  anch  tnitciB«- 

ander  überein  hinsichtlich  auf  das  Vorzeichen^    welches  dctt 

Verhältnisse  R :  r  gebührt.     Es  ist  dann  : 

.     («)  =  Cr)  =  (±«,  ±R,  ±0» 

(/J)=(0=«(±a,+R,±r)* 

(>')=(«')  =  C±«,+R,+r)« 

(0  =  (/»')  =  C±a,±R,+r)». 

Flächen ,  die  einem  dieser  vier  Zeichen  entsprechen,  begrenzen 

bei  hinreichender  Verlängerung  gerenstelligiendige  ifochmgUi-. 


1  Es  ist  nämlich  Hier  4-a.'*t«K=:£->-a:— R  und  -f  a  ;  H-r 
==  —  a  :  —  r  and  zugleich  auch  -fR:«|-r=— R:—  r. 

2  +a:  —  R=:— .ä:  +  R    und   ^laiH-rss  —  a:— r 
und  auch  —  R:-|.r=:4.R:  —  r. 

3  In  den  beiden  letzten  Zeichen  wiederholen  sich  dieielbea  Yer^ 
häilatssey  wie  in  den  beiden  ersten  Fallen^  nur  in  anderer  Verbiados^ 


Krystallometrie.  1177 

drigB  Gestalten^  und  diese  Zeichen  dieüen  dahef  Ssur  Bestimmung 
solcher  Formen  ^  wobei  m  sowohl  gerade  alf  auch  ungerade  Ist. 

B.  Man  fordert,  dafs  gleichwerthige  Fliigelviertel  mit  ein- 
ander übereinstimmen  rticksichtlich  auf  das  Vorzeichen,  welches 
dem  Veirhältnisse  des  Hauptstrahls  a  zU  dem  Verhältnisse  det 

R 

beiden  Qnerstrahlen  •—  gebührt ,  nach  der  bekannten  Regel,  ge« 

näls  welcher  +  a  •  +^"  =  —  ft  s «nd  +  a  :  —  —  =a 

t  t  t  ^ 

• —  a  :  4-  — ,  so  dafs,  wenn  in  dem  Ausdrucke  a,  tl,r  eine  gerade  ^ 

Anzahl  von  —  Zeichen  (0  oder  2)  vorkommt,    das  ganze  Ver- 
hältnifs  ein  positives  wird,  während  es  bei  ungerader  Anzalil 
von  — Zeichen  (1  oder  3)  negativ  seyn  mufs.     Es  ist  dann 
(a)  =  (r)  =«  i§l)  =  (f)  =  +  (a,  R,  r) 
(I?)  =  (J)  ==(«')  =  {/)  =-  -  (a,  R,  r). 
Die  heiden  Zeichen  +  C^)  I^i  0  ^°^  —  (^9  ^>  0  beziehen  sioh 
auf  die  beiden  ebenbildlich  2endigen  \fctch  pgUedrigen  Gestal-- 
terij  welche  sich  aus  jeder  gleichstellig  2endigen  2fach  pgliedri-» 
gen  öestalt  durch  Verlängerung  der  einen  oder  der  andern  Hälfte 
ihrer  Flächen  entwickeln  lassen. 

C.  Man  setzt  Flügelviertel  nur  dann  als  gleichwerthig, 
-wenn  sie  einander'  gleich  sind  in  Beziehung  auf  das  Vorzeichen, 
vrelches  dem  Verhältnisse  zweier  Strahlen  zusteht,  und  in  Bezie-». 
hung  auf  das  Vorzeichen ,  welches  dem  3ten  Strahle  eigen  ist. 
Der  auf  solche  Weise  einzeln  zu  betrachtende  Strahl  kann  seyn 
entweder  der  Hauptstrahl  a,  oder  eitler  der  Querstrahlen  R  oder 
t^  z.  B.  r» 

1)  Ist  a  der  einzeln  zu  berücksichtigende  Strahl|  sö  ist 
(a)  =  (y)  =  (+a,±R,±r)i 
(/?)  =  (*)  =(+a.+R,±r) 
(a')  =  (/)  =  (-a,±R,±r) 
('|J')s=(a')  =  (-a,+R,±r). 
Cs  sind  dieses  die  allgemeinen  Ponneb  für  die  Beteiciknuog  un- 
gleichendiger  \fach  pgliedriger  einfacher  Gestalten. 

2)'  Ist  t  det  einsein  zu  berücksichtigende  Strahl,  so  hat 
man    . 


1    d.  ii.  (+a,  +fi,  4r)  =2  (+«,  -»,  -rj. 

FfffÜ 


1178  Kry.tall. 

(«)=,(|J')  =  (±a»+R,+0 
(/Ji;s=(a')=C±«,+R,+r) 
(y)=(0  =  (±«,+R,-r) 

(«)  =  (/)  =  (+a.+^-0*- 
Flächen,  die  finem  solchen  Zeichen  entsprechen,  begreneen  ein 
ebenbildlich  2m(iige  ijac/i  mgliedrige  einfache  G^stcdU    Diöi 
Bezaichnung  ist  vorzüglich  wichtig  für  den  Fall ,  wobei  m  tm 
ungerade  Zahl  ist« 

D; ,  Man  hält  Zelleü  nur  dantt  ßir  gleichwerthig,  weon  « 
einander  gleich  sind  in  Beziehung  auf  das  Vorzeichen  einfl 
jeden  der  drei  Bestimmungsstrahlen.     Es  ist  dann 


(«)  =  (+ 4,  +R,+r) 
(/»)  =  C+",-R,+r) 


(o')  =  (-a,  +R,  +r) 
(^)  =  C-a ,-R,  +r> 
(/)  =  C-.,_R,-r) 
(«';c=  (_a,+R,_r). 


Gestalten,  die  blofs  von  den  Flächen  begrenzt  sind,  welche 
einem  dieser  8  Zeichen  entsprechen,  sind  ungleichendige  l/oc^ 
mgliedrige  y  eine  vorzüglich  dann  t,ix  gebrauchende  Bezeiclt- 
nung ,  wenn  m  eine  ungerade  Zahl  ist. 

Wenn  man  demnach  Von  einem  Axenkreuae  ausgeht,  be- 
stehend aus  den  drei  wichtigsten  Arten  von  Axen,  nämlich  einer 
Hauptaxe  und  m  Queraxen  erster  und  m  Queraxen  zweiter  M 
'  und  man  bezeichnet  in  Beziehung  auf  dasselbe  die  Gestalten  ^ 
verschiedenen  Systeme,  denen  dieses  Axenkreuz  zum  Gnio<^ 
liegt,  so  sieht  man,  dafs  die  einen  nur  die  halbe  Anzahl  der 
Flächen  besitzen ,  welche  diesem  Axenkreuze  möglicher  Weise 
entsprechen  kennen )  andere  nur  deb  vierten  und  noch  andeit 
blofs  den  achten  Theil  dieser  Anzahl.  Man  kann  •  daher  vA 
mittelst  det  Bezeichnung  die  sämmtlichen  Gestalten ,  bei  «ien« 
aufser  der  HauptaXe  m  Queraxen  Ister  und  folglich  auch  m  Qut^ 
axen  2ter  Art  als  Mafslinien  dienen ,  zusammenfassen  unter  den 
allgemeinen  Ausdrucke  1-  und  mmafaige  Gestalten  (z.B.  1-niJ 


1    Diesem  Ergebnisse  ähnlich  würde  seynt 

(a)s=(«r)  =(±a,  +R,  ±0 

(^)  =(/)  =  (±«, -R,  ir) 

(y)   =(/S')  =(±a,-B,HKr) 

'     {6)  =(«')  r=  (±a,  +  R,H:r) 

wenn  R   der  einzeln  rücksichtlich  auf  seine  Vorzeichen  an  betchteo^ 

Eestimmungsstrahl  wäre. 


Kry^tailometrie.  1179 

Sma^rsige  öestalty  ß)rma  r^onocgeirimetricay  1-  undj-^mafsige,  for- 
fiut  monocqedimeirioa  f  l-rund  tm^higCj  forma  monocaemononie^ 
trica,  u.  BfW.);  damit  jedoch  der  auf  dem  Wege  der  Bezeichnung 
gevronnene  Begriff  der  1t  und  mmaCsigen  Gestalten  vollkommen 
l»it   dem  rein  geometrischen  bereits  oben  entwickelten  Uberein« 
»ümme,  mufs  «uch  hier  festges/etzt  werden,  dafs  als  IVfessungs- 
queraxen  von  einerlei  Art  nur  solche  betrachtet  werden  dürfeni 
vrelcbe  auch  in   der  nicht  vollzählig   flächigen  Gestalt  sich  als 
glelchwerthig  verhalten ;  dann  werden,  wenn  m  gerade  ist,  die 
gleichstellig  2endigen  Ifach  und  2fach  mgliedrigen,  so  wie  die 
ebenbildlich  gleichendigen  ifach  mgli^drigen  und   wieder  die 
ungl eichendigen  Ifach  und  2fach  mgliedrigen  Gestalten  nicht  zu 
4en  l-und  mmaTsigen  gehören,  wohl  aber  wftnn  m  ungerade  ist.  ' 
£s  ist  d^t^  3B.B,  jed^  1-  0nd  Smafsige  Gestalt  entweder 

Zeichen  der  einfa- 

1}  eine  flächenvollzählige  {fornut  mon<H        chen  Gestalten. 
pßetrlr/Metrica  homoedrlcaj;  sie  ist  eine 

gleichstellig  2endige  2fach  6gliedrige     .     •     (a,  R,  ?) 

2)  eine  flachenhalbzf|hlige  (/.  m^  hemief 
4ricä).     Diese  ist 

^)  gleichstellig  2epdjg  Ifajch  6sK^drig    ,     |  ^^'  J  J'  P^ 

h)  gleichstellig  2endig  2fach  3glicdrig     .     I  ?'       J    \ 

I  Qa,  —  n,  r^ 

p)  geienstellig  2endig  2&ch  3gliedrig     .    |  C±*»  ±^»  ») 

a)  ebenbildUch  2endig  Ifach  6gliedrig  ,     )  +  J*'  ^'  ^^ 

e)  ungleichendig  2fach  6glicdrig    .    ,     ,    j(+«»RiO 

I  (— a,  R,t) 

3)  eine  flächeoviertelsa^ählige  (/I  m,  tetqr^ 
^Oßdricay^  und  «war 


0  gleichstellig  2endig  Ifach  3gUedrig 


(a,+R, +r) 
(a,— R,-r) 
(a,-R,+r} 
(a,+R,-r). 

b)  gerenslellig  2endi£  Ifach  3gliedrig    •    |C±a,  +  R,  ±r) 

i  (±a>  +R,  ■4-r)' 
(  (±a,±R,Tr| 


1180 


K.rystalU 


./ 


c)  ebenbUdlidi  Sendig  lf«ch  Sgliedrig 


ä)  tuigleichendig  Ifach  6gliedrig 


4)  eine  flSchenachtekzäUige  (f.  m.  fftmi- 
fetarloedrica) ,  no  ist 


(±.,—11,^: 

(±a,+R,^: 

(+«,  ±R,  ± 
(+«,±R,+ 


ungleicheDdis  Ifach  Sgliedrig 


(+a,  — R,  + 
(+•,— R,~ 
(+.,  +R,- 
(-a,+R,+ 
(-a,  — R,  + 
(-..— R.— 
(-^a,  +R,  - 

Was  von  den  1-  mti  Smafsigen  Gestaltea  gesagt  worden  ist, 
gut  von  den  1-  nnd  mmafsigen  ,  wenn  man  statt  3  die  Zahl  m 
lind  statt  6  die  Zahl  p  =  2m  setzt,  so  lange  m  ungerade  ist; 
ist  aber  m  gerade^  ^o  fallen  die  Abtheilungen  2  a,  3  a,  3c 
nnd  4  hinweg,  indem  sie,  wenn  m=:2n  ist,  blofs  1-  nod 
nmafsige  Gestalten  enthalten«  Fordert  man  aber  blols ,  dals 
Gestalten,  welche  man  1-  und  mmafsige  nennt,  m  gleich- 
werthige  Messungs^ueraxen   tintr  Art  haben  müssen ,  -welche 

Graden  schneiden, 


ffich    npter  Winkeln  von 


m 


ohne 


fordern ,  daüi  auch'  die  Quermafslinien ,  welche  zwischen  diesen 

360 
liegen,  den  Winkel  von Graden  halbirend  (die  Messnngs- 

4tieraxen  zweiter  Art),  einander  gleichwerthige  Queraxen  seyea, 
so  fällt  dieser  Unterschied  zwischen  der  J[leihe  der  1-  nnd  mma- 
Isigen  Gestalten,  der  durch  einen  geraden  oder  ungeraden  Wertk 
von  m  bedingt  wird ,  hinweg,  - 

Man  sieht  leicht  ein,  dafr  die  Bezeichnung  durch  die  drei 
wichtigsten  Axenarten  bei  solchen  1-  und  Imafsigen  Gestalten, 
welche  mehr  als  3  Arten  einheitlicher  Axep  besitzen,  nicht  ge- 
rade nothwendig  durch  3  gegen  einander  senkrechte  Axen  ge- 
schehen muTs  und  dafs  man,  ohne  dals  die  Art  der  Anwendung 


B^rystallometrie*  1181 

der  Voraeichea  lich  ändert ,  in  einem  solchen  Falle  jje  3  nicht 
in  einerlei  Ebene  Hegende  Axen  bei  der  Bezeichnung  zum 
Grunde  legen  kann,  wenn  nur  in  der  Gestalt  keine  andern  Axen 
vorhanden  sind,  denen  eine  höhere  Wi<;htigkeit  zusteht.  So 
also  wird  man  z.  B.^bei  den  gerenstellig  2endigen  2fach  Iglie- 
drigen  oder  bei  den  gleichsteUig  2endigen  Ifach  Sgliedrigen  Ge- 
stalten die  2gliedrige  Axe  und  irgend  zwei  (der  unendlich  vielen 
auf  diese  sen^echten)  einander  unter  beliebigem  Winkel  schnei- 
dende 2fach  Igliedxige  Axen  als  die  drei  wichtigsten  As^en  be- 
trachten können,  eben  weil  hier  jede  der  2fach  Igliedrig^n  Axea 
«ine  einheitliche  Axe  ist,  welche  eben  so  gut  wie  jede  ändere 
vorhandene  einheitliche  Axe  gewählt  :^u  werden  fähig  ist,  um 
aus  ihrem  Charakter  (einej  gerenstellig  2endigen  2fach  IgUedri- 
gei^i  Axe)  die  Beschaffenheit  jeder  andern  Axe  des  ganzen  Ai^en-r 
Systems  zu  entwickeln^.  Aus  demselbqp  Grunde  kann  bei  ge- 
renstellig 2endigen  Ifach  Igliedrigen.  Gestalten  jede  Verbindung 
dreier  unter  beliebigen  Winkeln  sich  schneidenden ,  nicht  in 
einerlei  Ebene  liegenden  Axen  zur  Bezeichnung  gebraucht  wer- 
den, weil  hier  jede  denkbare  Axe  eine  einheitliche  Axe  ist 
Man  wird  jedoch  von  einer  solchen  Bezeichnung  durch  unregel- 
xnäfsige  Zejlen  nur  dann  Ge^brauch  machen ,  wenn  besondere 
Gründe  dieses  fordern« 

Abgekürzte    Bezeichnung    hauptaxrger 
einfacher    Gestalten. 

V  Wenp  es  sich  blofs  von  den  wichtigsten  Gestaltenarten  han-* 
^elt,  .nämlich  von  jenen,  fiir  wekhe  keiner  der  Werthe  von 
a',R',r'  die  Grenzen  zwischen  0  und  oo  überschreitet,  d.h.  wenn 
kein  solcher  Wexth  negativ  ist^  und  wenn  namentlich  4ieGrO£)e 


1  Dasselbe  gilt  mit  der  fehörigeii  Teranderang  für  alle  gleich- 
ytelUg  Sendigen  Ifa/oh  pgliedrigen  Gestalten  i  in  denen  p  eine  gerade 
Zahl  ist ;  aach  hier  könqen  je  p  Qneraxen  einer  beliebigen  2(en  Art 
nebst  der  Hanptare  als  rorzüglich  wichtige  Aaen  gelten. 

2  Oder  wenn  Ton  den  flächeuTollzähligen  1**  und  mmafsigen 
liVichen  Gestalten .  aeßier  den  rhigsum  endlieh  begrenzten  nev  solche 
betnichtet  werden  sollen,  welche  1)  Säulen  oder  2  X  pflachige  Ge- 
geuscitenwandner ,  2}  pfach  qnersaulige  SxtQachige  Scliiefwandaer 
(wdche  bekanutlich  für  daS  1-  und  Imafsige  Azenkreuz  zu  4Qächigeu 
qaersäoligen  Schisfwanduern  werden)    nnd  B)  2fläcbige  Tafeln   sind 


1174  Rrystall. 

gleUhendige^fach  pgUedrige^  wenn  p,  wie  bisher;  eine  gerade 
ZaJd  ist. 

2)  bei^R.    £s  sind  dann  die  Flügelviertel 

^a  =  d==as==d'  =  e,  +R,  r 
^«s/^Ä/r^/ssa,  —  R,r 
nnd  eben  so  die  Flächen  i 

(a)  =  (d)  =  (aO  =  C^)  ==  Ca,  +R,  r) 
(/9)  =  (y)  =  (/T)  =  C/)  =  (a,  -R,  r). 
Eine  Gestalt,  welche  von  Flächen  wie  (a,  +'R»0  (A^^  ^^^  ^^ 
so  weit  verlängert  denkt,   dafs  sie,  wo  möglich,  fiir  sich  alleis 
eine  ringsum  endlich  begrenzte  Gestalt  einschliefsen  ^)  begrenzt 
ist,  ohne  dafs  die  Flächen  (a,  — R,  r)  zugleich  vorhanden  wären 
(und  umgekehrt  (a,  —  R,  r)  ohne  (a',  4-R,  r)),  ist  eine  gleiche 
stellig  Wendige  %fach  mgliedrigey    wenn  m  eine   ganze    Zahl 
s=  4-p  bedeutet,   so  dafs  m  gerade   oder  ungerade  seyn  kann« 
Das  Zeilen  (a, -|-R,r)  oder  (a,  —  R,  r)  dient  daher  vorzüglich, 
um  gleichstellig  2endige   2fach    mgliedrige    Ifache   Gestalten^ 
der  Isten  oder  2ten  Stellung  zu  bezeichnen ,  bei  denen  m  eine 
ungerade  Zahl  ist.     Die  Strahlen  r  sind  hier  also  in  dem  2rach 
mgliedrigen  Strahlensysteme   nicht  die  Querstrahlen    2ter  Art, 
sondern  solche  Querstrablen,  welche  den  Winkel  zwischen  zwei 
nachbarlichen  ungleichwerthigen  2fach  2gliedrigen  halbiren,  d.h« 
sie  liegen  in  gleichstellig  2endigen  2fach  Igliedrigen  Queraxen« 

3)  '  bei  r.  Die  Unterschiede  der  Formen  (a,  R,  +r)  and 
(a,R,  —  r)  sind  ganz  ähnlich  denen  zwischen  (a,  -1~R)T)  ^"^' 
<a,^R,r). 

UL  Berücksichtigt  man  die 'Vorzeichen  bei  zwei  von  den 
drei  Bestimmnngsstrahlen.  so  kann  hier  auf  zweierlei  Weise 
verfahren  werden. 

A.  Man  setzt  Zellen  als  gleichwerthig,  wenn  sie  mit  ein- 
"•tidet  übereinstimmen  hinsichtlich  auf  das  -f'  oder  —  Zeichen, 
welches  dem  Verhältnisse  der  beiderr  zu  beachtenden  Strahlen 
;9ukommen  würde ,  nach  der  bekannten  Regel ,  gemäfs  welcher 
gleiche  Zeichen  der  Glieder  des  Verhältnisses  för  dieses  Ver- 
hältnifs  selbst  das  Zeichen  -["  bedingen  ,  während  ungleiche 
'Vorzeichen  der  Glieder  ebense  für  das  Verhältuifs  ein  — Zeichen 
fordern.    Dieses  kann  geschehen: 


.  1    Was  fjir  p  =  fi  «Sekt  moglich  ist. 
2    Gewöhnlich  also  Sxmflächige  Ebenrandner. 


Kryatallpmetrie.  1183 

die  Hälfte  od«r  den  vierten  oder  den  achten  Theil  der  Flächen 
1>esit9ien,  die  den  Qachenvollzähligen  Gestalten  dieser  Art  eigen 
sind ,  können  hier  natürlich,  bloüs  in  Beziehung  auf  den  Haupt- 
strahl z  oder  a  und  den^  .Querstrahl  y  oder  r  berückaichtigt  wer- 
den^  Man  erhält  hierdurch  Gestalten ,  in  Beziehung  apf  welche 
sich  diejenigen,  welche  von'dem  Vorzeichen  bei  R  mit  abhän- 
gen ,  als  ilächenhalba^ählige.  verhalten ,  und  es  fcOnnen  die  Ver- 
schiedenheiten 9  die  von  -f*  oder  —  bei  R  herrühren ,  dadurch 
angedeutet  wqiden ,  daCs  in  dem  Zeichen  y  |  z  der  Zwischen- 
strich I  eine  der  folgenden  Gestalten  erhält  ^  ^  J*  ]  [  • 

Stellt  nämlich  die  erste  der  nebenstehenden  Figuren  die. 
beiden  Flqgelviertel  a  nnd  q  dar,  im  Durchschnitte  senkrecht 
9uf  r,  vom  Mittelpuncte  de»  Strahlensystems  aus  gesehen,  so  ist. 
a  für  den  obem  Hauptstrahl  ein  linkes  und  u  für  den  untern 
Hauptstrahl  ein  rechtes  Flügelviertel.  Pas  Zeichen  ~^  bedeute 
linkes,  das  Zeichen  J*  aber  rechtes  Flügelviertel  für  den  Haupt- 
strahl a,  welcher  dem. Flügelviertel  angeh£$rt,  so  ist,  wie  au# 
der  Betrachtung  der  nebenstehenden  Figuren  erhellet, 

(«)  =  +*X+y.        (<*')  =  -^JT+y 
(y)=+*X-y        (/)  =  -*_r-y 

Man  hat  hierdurch  die  Bezeichnungen  für  die  ungUichen^lgen 
\fach  mgliedri^en  1  -  und  mmafsl^en  Gestalten. 

Wenn  (a)  =  (^)  ist,  so  ist  4-^X^"^  "^^  +*  JT  +  X  *^. 
vereinigen  in  4-  z  |  -{"  y  f   ^^^  erhält  auf  solche  Weise  bei  de^ 
i^nglpichendigen  2fach  mgliedrigen  Gestalten  ^ 

für  (a)  =  (ß)  das  Zeichen  -{-z  |  4*7 

ir)  =  {9)  -      .      +a|-y 
(«)  =  (ir)  -      .      -M+y  . 
(/)  =  (^  -      -      -»l-y      . 

und  daher  auch  bei  den  ungleichendigen  2fach  pgliedrigen  Ge-r 
stalten 

•      (a)  =  (/9)  =  (y)  =  (d)  =  +z|y 
(«')  =  (!»')  =  (/y=(a^)  =  -z|y, 


1  Der  Fall,  wobei  (a)  =3  (S)  ond  (y)  =2  (j?)  nnd  (a')  sr  (a*) 
lind  (/)  =  (/}')  ist,  läfst  sich  auf  diesen  hier  dadurch  reducireo,  daPi 
man  R  mit  r  rertauicht,  also  dasjenige  r  nennt,  was  durch  K  be- 
seichnet  ist,  und  umgekehrt. 


1184  Krystall. 

Ist  (a")  a=\^^  so  hat  man  z"|_+y 

-  (*)  =  (/)  '   '    -r-    *_r— y. 
-^bepsQ 

(«)  =  (^)  -   .     ,  ±zX±y 
(r')'=(^)-  -    -  ±«X+y 

(«)  ==  («')  .    w      >    ±z_r+y. 
Beide  Bezeichnungen  sind  gültig  fiir  ebenbildlich  2end^re  Xfadi 
Vtgüedrige  1-  und  mmafsige  Gestalten,  ja  nachdem  sie  «la  fli- 
chenhalbzählige  betrachtet  werden,  VOQ  den  gleichst flliff'^leik- 
digen-2inch  n^liedrigen*,  fiir  welche 

odler  als  flächenhalbzähUge  Gestalten  von  den  gßrenstell^  2eii- 
^j^(&7>2/bcÄ  iT^g-^/^c/r^^/^,  fiir  welche 

(a)  =  iS)  =  (/S)  =.  (/)  =  ±z  I  .+y 

(y)  =  (|J')  =  (i!)  ==  (a*)  =  ±z  I  +y, 
für  den  Fall,  wobei  (a)  ==  (a)  gesetzt  werden  moTs,  dient 
das  Zeichen^  },  um  anzudeuten,  dafs  ein  in  Beziehung  zum 
obern  Ende  der  Hauptaxe  linkes  Flugelviertel  und  ein  in  Bezie- 
hung zum  unteren  Ende  der  Hauptaxe  sich  als  rechtes  verhal« 
tendes  als   gleichwerthig  gesetzt  seyen,      Ettr  (/J)  =  (/J')  hat 
inan  das  entgegengesetzte  Zeichen  [.  Es  ist  daher  fiir  die  gieick* 
^telUg  2endigen  \fach  mgliedrigen  Gestalten 
(a)  =  (a')  =  z]+y 
r^)  =  (/J')=:z[+y 

(y)  =  (/)  =  *]— y 

und  daher  auch  für  die  gleicIistelUg  2endigen  Xfaeh  pgUedrigoh 
1*  und  mmafsigen  GestalteuL 


1  Wäre  (a)  =  [S)  =  (O  =  (a-)  und  {ß)  :zz  (y)  =  0?*)  =  (rOt 
fio  nenne  ma«  r ,  was'  mit  R  bezeichnet  ist ,  und  umgekehrt  H ,  w«s  r 
heifstj  und'inan  hat  dann  die  Bezeichnung. f iir  ^diesen  Fall. 

2  Gowisserniardeii  eine  Yerblndun^  von  f^,  so  wie  [  eine  Ye^- 
bindang  von  -1  • 


Kr^stallometrie.  1185 

Wenn  (  a)  =  (y )  ist ,  «o  wird  +  2^1^+  y  nnd  +  z^L —  J 
verbunden  in  -f'^^Ly«  ^^^  ^^^  daher  für  die  imgleicTiendlgei^ 
^fachpgliedrigen  Gestalten 

(/j)  =  («)  =  +z_ry      , 

(«')  =  (/)  =  -zjy 

Wenn  («)=  (^')  ist,  so  ist  zu  verbinden  +z"L  +  y 
mit  —  z  JP — y,  d.  h.  ein  für  den  oberen  Hauptstrahl  als  links 
sich  verhaltendes  mit  einem  für  den  unteren  Hauptstrahl  als 
rechts  zu  betrachtenden  Flächenzeichen  9  daher  ±  z  ]  ±  y  stat^ 

£s  ist  4^er  für  die.  gerenstelUg  2endigen  Ifach  mgliedrlgen 
Gestalteq 

(a)  =  C/)=±2]±y 
(/J)  =  (3')  :p+z[±y 

(r)  =  («')  ;=±«]+y 

Ist  endUch  («)  =  {§)  =  (y)  =  «  =  («')  =  C/0  =  C/) 
s=  ( d') ,  so  ist  das-  Zeichen  für  die  flächenvollzähligen  1 «-  und 
mmalisigen  d«  b;  für  die  ^leichstellig  2eiidigen  2fach  pgliedrigeq 
Gestalten  ;=  z  |  y* 


Beseichnung     der     hauptaxenlosen 
Gestalten. 

Was  die  hauptaxenlosen  Gestalten  anlangt ,  so  werden  aucl^ 
diese  am  ungekünsteltsten  durch  A)igabe  der  »Strahlen  der  3  wich« 
tigstep  Arten  von  Aicen  derselben  bestimmen« 

Bei  der  allgemeinsten  Gestalt  im  Sstrahligen  jSysteme ,  dem 
48wandigen  Dreieckflächner,  genügt  die  Angabe  eines  4gliedrigen 
Strahles  a,  eines  2gliedrigen  R  und  eines  SgUedrigen  Strahles  r. 


1186 


Krystall« 


Das  Zeichen  (»,R,r)  ist^ 
beinn 


Sflachiier     • 
Würfel    .    . 
IS^RaoteDfiacIiDer 
'  8  X  Swandigen 

Keilflaehner    . 
6  X  4waDdig«n 

Keilflächoer    • 
24wandigen  Lan- 

seoflachner    • 
48wandigen  Drei- 

eckflaehner 


(i,vra,vr3) 


od«r 

(1,  «n.  Sri) 
(1,  n,  in) 

an.  in) 

a.pr4»ipn) 

(i.»n.^n) 

a,in.in) 


oder 

(xr3,jri>i} 


Jede  Begrenzungsebene  des  48wandigen  Dzeieckflächners  befin* 
det  sich  in  einer  Zelle ,  foi  welche,  wenn  man  sie  als  eine  £cke 
betrachtete ,  ^in  4gliedriger  Strahl  a ,  ein  Sgliedriger  r  and  ein 
2gUedr]ger  Strahl  R  als  Kantenlioien  erscheineii  |  wählend  ihre 
3  Wickel  bestimmt  werden  durch 

Tg.  m  =  1,      also  m  =  45* 
Tg.  n  =:  f^     r    n  =  54«  44'..  , 
Tg,   1   =  r+     -r    1    =  35^  i& 
wenn  m  der  Winkel  von  a  gegen  R  und  n  der  Winkel  von  a 
gegen  r  und  1  der  Winkel  von  r  gegen  R  ist.     Bezeichnet  man 
auch  hier  wieder  die  Bestimmungsstrahlen  einer  und  derselben 
Art,  um  sie  von  einander  uaterscheiden  su  können,  mit  Niim- 
inero,  so  hat  ipan  für  a 

'  a  I  a 
3     4 


R 
1 

(üx  r' 


R 
6 

r 
4 


R 
9 

t 
7 


R 

10 

r 
8 


R 
11 


1\ 
12 


1  Getulten  de«  ifteh  SgUedrig  Sttntliligeii  Syttemi,  bei  denea 
einer  oder  swei  too  den  8  Strahlen  •«  R  und  r  nuendlioh  oder  noU- 
oder  negatlvwerüiig  und,  miu«en  hier  Ton'der  Betrechtuog  autg«. 
•cbloxen  bleiben.  Die  deroitigen  — Zeichen  find  aach  hier  wieder 
mit  dem  Strahle,  welchen  aie  betreffen,  in)  Zeicheii  der  Geitalt  in 
Klammern  (X  eiuKaachliefseD  [z.  B.  (—  a,  (— R),  r)],  um  von  den 
~  Zeichen,  die  «ich  auf  den  Charakter  der  Strohlenpematatioaea 
besiehen,  oaterachieden  an  werden. 


Kryslallometrie.  1187 

und 'es  lassen  sich  dann  ^ie  einzelnen  ZeUen  wieder  anterschei- 
den,  z.^B.  a,  R,  r  oder  a,R,r  vus.  w. 
111121 

Die  Abbildung  stellt  einen  Wig-^el  dar,  in  welchem  die  6^ 

Strahlen  ä  durch  Linien  Mrie • .,  die  12  Strahlen  R 

durch  Linien  wie  -*-..  —  ..^— ..^  die  8  Strahlen  r  durch  solche 
•^e  —  .  — .  •^.  nnterscl^eden  sind.  Jeder  solcher  Strahl  ist  an 
seinem  ^£nde   mit  dem   ilim  beigelegten  Namen  R,  R,  R  •  •  • 

12    3 
a,  a,  a«..  r/r,  r  .  4  .  Versehen.    Die  Numerirang  der  Strahlen 
•12  3       12  3 

einer  Art  ist  als  eine  ^willkürlich  gewähke  zu  betrachten.  Stalt 
des  Würfels  könnte  jede  andere  ringsum  geschlossene  2fach 
3gliedr]g  Sstrahlige  Gestalt ,  z.  ä.  ein  48wandiger  Dreieckilach- 
ner^  gesetzt  werden ,  indem  hier  blols  der  Zweck  ist,  die  sämmt- 
lichen  Bestimmungsstrahlen  in  ihren  gegenseitigen  Lagenverhält- 
nissen  darzustellen. 

Setzt  man  nun :  e^  sey  für  die  Zelle  aRr  jeder  derSStrah- 

111 
len  positiv,  so  mufs  die  Permutation  der  Strahlen  a  sowohl  und 
die  der  Strahlen  R,  als  auch  jene*  der  Strahlen  r  (welche  z.  B. 
entsteht,  wenn  man  einen  Ifa^h  Igliedrigen,  in  der  Zelle  aRr 

.111 

befindlichen,  Strahl  Hc  senkrecht  aufwärts  richtet  und  dann  die 
Strahlen  einer  Art  in  der  Ordnung  aufzählt,  in  welcher  sie  mit 
dem  Strahle  x  mehr  nnd  mehr  divergiren ,  so  dafs  der  stärker 
divergirende  nach  dem  minder  divergirenden  (folgt)  als  eine  po- 
sitive gesetzt  werden.' 

Man  erhalt  die  Permntation  der  Strahlen  a ,  welche  das  -f- 
oder  —  Zeichen  des  Strahles  a  einer  andern  Zelle  z.  B.  a  R  r 

121 
Isestimmt ,  wenn  man  den  dem  Strahle  x  in  aRr  gleichwerthi- 

111 
gen  Strahl  in  der  Zelle  aRr  senkrecht  stellt  und  dann  dieStrah- 

121 
len  a  in  der  Ordnung  aufzählt,  gemär»  welcher  jeder  folgende 
mit  dem  Strahle  5  mehr  divcrgirt,  als  der  vorhergehende.  Auf 
ahnliche  Weise  wird  die  Permutation  der  Strahlen  R  oder  r  ge- 
funden, welthe  für  den  Strahl  R  oder  r  das  in  dieser  oder 
jener  Zelle  gültige  +  oder  —  Zeichen  bestimmt.  Es  ist  jedoch 
nicht  gerade  nothwendig,  dafs  man  zur  Bestimmung  des  4"  oder 


1186 


Kryatall. 


.^  Zeichens  ßir  R  in  einer  Zelle  denselben  Strahl  x  senkredit 
aufwärts  gerichtet  stelle,  welcher  hei  der  Bestimmung  des  -f- 
oder  — Zeichens  yE^r  a  in  dieser  Zelte  gedient  hat,  nur  muts  fiir 
jeden  Strahl  R  (odef  r)  in  Jeder  Zelle  so  verfahren  werden  ,  i^c 
•in  der  Zelld  aRr  mit  R  (oder  r)  der  Anfang  gemacht ^rorilen  ist 

111 
Das  -|^  oder  -^  Zeichen  ^  welches  einer  jeden  Permutation  zu- 
kommt, wird  auf  die  früher  angegebene  Weise  aufgefunden  und 
dem  Strahle  a  oder  R  oder  r  der  fraglichen  Zelle,  welcher  alt 
Stellrertreter  dieser  Pen^utation  angesehen  wird^  beigelegt»  Es 
entspricht  sonach 


ia  der 
ZeUe 

det  Strahl  a. 

der 
Permutation 

der  StraM  R 
det  Permutation 

der  Strahl  r 
der  PermutatioB 

aRr 
111 

aa  aa  aa 
+  146532 

RRRRRRRRRRRR 
+125346710911812 

rrrrrrrr 
+  14235867 

aRr 
121 
411 
fl4 

^14 

+  164355 
+  416523 
—  145632 
-415623 

—  216310511497128 
-13425  7611810912 
+  1524  3  6791081112 
-14352  7681191012 

+  12435ß87 
+145823«7 
+41328576 
+  41853276 

Es  ist  nicht  ndthig,  auch  die  übrigen/ Fermutationen  aufzustel- 
len f  da  aus  den  hier  bereits  angegebenen  erhellet : 

1}  daljB  für  je  2  Zellen  (wie  aRr  und  aRr),  welche  einen 

111         121 

4gliedrigen  und  einen  Sgliedrigen  Strahl  gemeinschaftlich  habeoi 
der  4gliedrige  Strahl  sowohl  als  auch  der  Sgliedrige  in  beiden 
gleicJie  Vorzeichen  hat,  während  dem  2gliedrigen  Strahle  der 
einen  ein  —  Zeichen  gebührt,  wenn  der  der  andern  ein  -{-  Zei* 
chen  hat ; 

2)  dab  fdr  je  2  2ell€fn  (wi«  aRr  und  aRr  oder  wie  aRr 

111         114  411 

und  a  R  r)^    welche  einen  4gliedrigen  und  einen  2gliedrige]i 

444  ' 

Strahl  gemeinschaftlich  haben,  der  4gliedrige  Strahl  fiir  die  eine 
negativ  zu  setzen  ist  9  wenn  er  für  die  andere  positiv  ist,  dab 
aber  dem  2gUedrigen  Strahle ,  so  wie  den  beiden  dgUedrigen 
Strahlen  in  beiden  Zellen  gleiche  Vorzeichen  zustehen  ; 


KrystaUoi^etrie.  üSti 

3)  ish  fiir  2  Zellen ^  wdcbe  (wie  aRr  asd  aRr  oder  \9iß 

111         411 

aRr  und  aRr)  «inen  SgUedrigen  und  einen  SgUedrigen  Strahl 
114        414 

gemeinschaftlich  haben,  der  Sgliedrige  Strahl  fiir  beide  Zellen 
gleiche,  der  2gliedrige  aber  ungleiche  Vorzeichen  besitze,  wäh- 
rend die  4gliedngen  Strahlen  beider  Zellen  gleiche  Vorzeichen 
haben ; 

4)  daTs  der  3gtiedrige  Strahl,  ^wie  aus  den  drei  rorhep- 
gehenden  Sätzen  folgt,  in  jeder  2^1Ie  positiv  zu  setzen  sey, 
wenn  der  der  einen  als  positiv  gesetzt  ist« 

Stellt  man  sich  daher  unter  den  Quadraten  r  r  r  r  und  r  r  r  rFig. 

1432        1485^?*- 
eben   so  bezeichnete  Flächen  des  Würfels  rrrrrrrr  vor, 313. 

12345678 
sieht  man  femer  jedes  der  Dreiecke  aRr  oder  aRr  u.  s,  w«  als 314. 

111  114 

den  31  ^11  Vertreter  einer  der  48  2ellen  an  und  schreibt  in  jeden 
Winkel  dieser  Dreiecke  das  Vorzeichen  ein,  welches  dem  Strahle, 
der  sich  in  deih  Scheitel  des  Winkels  endigt ,  für  die  Zelle  ge-^ 
bührt,  deren  Stellvertreter  das  fra<;liche  Dreieck  ist,  so  läfst 
sich  aus  Figur  314  leicht  die  Figur  315  ableiten.  Sie  stellt  diegj^gj 
Gesammtheit  der  Flächen  des  Würfels  (Netz  des  Würfels)  dar 
in  einer  solchen  Verbindung,  dafs  man)  wenn  jede  solche 
Fläche  mit  der  andern  durch  ein  Scharniergelenk  ^  verbunden 
und  um  dieses  beweglich  wäre,  durch  Benutzung  der  Bewegung, 


1 '  Man  rerfertigt  aas  Pappe  Modelle  von  ebeuflachigen  Körpern 
da^areh,  dafs  man  Netze  derselben  auf  ein  eigenes  Stück  Pappen- 
deckel zeichnet,  diese  ihren  aofseren  Grenzlinien  gemafs  besphoeidet 
nnd  diejenigen  Grenzlinien  der  einzelnen  Flächen,  mit  welchen  sie  im 
Netze  an  einander  stofsen,  durch  einen,  nur  die  halbe  Dicke  der  Pappe 
durchschneidenden  Einschnitt  zq  Stellvertretern  der  oben  erwähnten 
Scharniergelenke  umwandelt  und  dann  nach  und  nach  darch  Benua- 
zung  der  so  gestatteten  Bewegung  die  Umschliefsung  eines  ko'rperli« 
chen  Raums  za  bewirken  sucht,  indem,  man  die  Flächen  an  den 
Kanten,  welche  sich  bilden,  da  wo  es  nöthig  ist,  ToHaofig  mit  (6iner 
hierzu  Torzuglich  geeigneten  möglichst  schlechten  Sorte  von)  Siegel- 
lack heftet  9  welche  nachher  zn  besserer  Befestigung  mit  Leim  über- 
atrichen  werden«  Die  ersten  KrystallmodtlU  der  Art  hat  Aogüstibt 
Philipp  Bbtzold  gefertigt.  Vergleiche  WAj^asaKAGEL'a  Netze  an  Raa« 
mer's  ABC- Bach  der  Krystallkunde.  Berlin  18^. 


1    DiMe  Gestalt  wird,  ^enn  %  \  y  gleicli  ifti 

I I  1  der  Sflächner, 

III  der  Würfel, 

}  j  }  der  12-Rftatenflac1iner» 

X  I  z  ein  8  X  Swandiger  Keilflachner# 

s  I  I  ein  6x4wandiger  Keilfl&clinery 

X  I  •- — -j-^  ein  24wandiger  LaDzenfladmer, 

X  I  y  ein  48wandiger  Dreieckfläcliner. 
Anfser  den  Gf  sulten  1  |  1  nnd  |  |  }   nnd  }  |  }  kommen  an  CiystiD' 
gesUlten  gewöhnlich  rot  2  rersehiedene   8  X  3wandige  KeUflächnni 
nüffllich  i  I  i  der  eine   nnd  4  |  f  der  andere^    B  ▼enchiedene  6X^ 
sandige  KeiJflüeliner,  entlich  1 1 },  iweiteni  1 1  f  und  drittem  1 1  h 


1190  Kry«talL 

die  auf  diese  Weise  gestattet  ist,  leicbt  eioeo  wiarfelftnaigeB  > 
Raam  mittelst  dieser  Fhichen  einzaschlielsea  im  Stande  wäre. 
Es  xerfalleo  sooach  die  48  Zelie^  10  folgende  4  Aztea : 

oder 
*tf)+a,  +R,+r  =+a,+R,t 

ß)  +a,  — R,  +r  =  +*,-R,  r 

r)  — a,  — R,  +t  t=±  — a,  — R,  r 

d)  _«,  +R,  +r  =.-•>  +^  ^• 

-Man  nebt  hierans,  dab  es  am  cweckmiibigsten  ist^  den  Sgliedii* 
>gen  Strahl  r  =:  1  ztt  setzen  und,  den  Werth,  welchen  a  lut, 
durch  X,  den  aber,  welched  R  hat^  durch  y  zu  bezeichnen,  wenn 
Ton  Flächen  SgUedrig  4axiger  Gestalten  oder  von  diesen  Ge- 
stalten selbst  die  Rede  ist  nnd  es  nicht  auf  die  Gtöfse  der  ein- 
ziehen Gestalt  ankommt.  Der  allgemeinste  Ausdruck  für  (a,R,r} 
ist  dann  =  (xf^d,  yY^h  l)i  ^^^  ^^°>  können  füglich  die  Gt^ 
fsen  1^3  nnd  |^4  ^^^  1  wegbleiben,  wenn  man  unter  x  |  y  skk 
stets  (x|^3,  yO>  1)  vorstellt,  so  dals 
jeder  Strahl 

a  =x|r3  =  dem  xfacheü  des  Strahles  a  beim  Sflachiier 

r=l        =-1-         -         -        r- 

angesehen  wird,  mithin  blols  die  Angabe  von  x  und  y  nothweiH 
dig  bleibt. 

Das  Zeichen  x  |  y  =i(a,R,r),  in  welchem  kein  Vofzeicliai 
angegeben  ist,  bedeutet  daher  eixte  flächeniH}llzählige  ^Uedrig 
Aaxige  d.  h«  eine  (2fach  SgUedrig)  ^strtihUge  Ifache  GtitaÜ, 
in  welcher  die  ZeUen  a,j},y,d  alle  als  einander  gleichwerthig  bt* 
trachtet  werden  müssend 


Kry«t«lIometrie.    ^  1191 

Eins  der  beiden  Zeichen  +  ^  f  T  :=  (+^  R»  Ot  welches 
aie  FUohen  (a)  und  ( /J)  umfalst,  oder  —  x  |  y  =  (•--•,  R,  r), 
^welchee  für  (f)  nnd  (d)  gilt,  bedingt  eine  flechenhalbzählige 
(hemiedriiche)  Zgliedrig  ^axigt  OeJ^iali  und  zwar  eine  (2fech 
Sgliedrig)  ^trahlif^e.  Es  bedeutet  alSo  4-  x  |  y  die  frsgliche 
Gestalt  der  ersten  und  —  xj  y  jene  der  2ten  Stellung  für  ein 
und  dasselbe  unbewegt  bleibende  Strahlensystem«  Diejenige 
Zeichen,  bei  denen  y  z::  |>  ist,  bedeuten  in  ihren  beiden  For- 
men ,  nämlich  +  x  |  -1  und  -:-  x  |  } ,  eine  und  diesribe  Gestalt 
in  einer  und  derselben  Stellung  oder  vielmehr  es  ist  bei  ihnen 
kein  Unterschied  zwisdien  Ister  und  2ter  Stellung;  daher  ist: 
fiir  den  Würfel  +  i  I  *  =  —  *  |  | 

für  den  12-Rautenaächner  .  4.  |  ]  }  =  ^  }  || 

für  den  6X4\7«»digen  Keilflächner    +  x  |  4  =  — •  x  |  |^ 
Vebrigens  ist 

+  1  I  1  ^^'  4fläohi)er  Ister  Stellung^ 

—  1  1  1  der  4flächner  2tef  Stellung, 

4-  X  (  X  ein  12  -  Lanzenfläc)iner  Ister  Stellung, 

—  X  I  X  ein  12*Lanzenflächner  2ter  Stellung, 

4x 
+  X  I  .: — r-T  ein  4><3wandiger  Keilflächner  Ister  Stellung 
3x  +  l  ** 

4x 

—  X  I  ■■  ein  4X3wandiger  Keilflächner  2ter  Stellung, 

öx-f- 1 

4-  X  I  y  ein  24wandiger  Dreieckflächner  Ister  Stellung, 

—  X  I  y  ein  24wandiger  Dreieckflächner  2ter  Stellung  j 
für  y  =:  X  ist : 

beim  Sflächner  1  I  4-  1  =  1  I  —  1 

beim  12-Rautenflächner  |)  +  |-  =  f  |  ^  f 

bei  den  8X3wandigenKeiIflächnem  x  |  4"  3C  z^  x  |  —  x;  ' 

^.    -  4x 

für  y  ZE  : —  ist: 

y  — 3x4-1  "*• 

beim  Sflächner  1  |  +  1  ST  1  |  --  1 

beim  Würfel  *  |  4.  1  =  +  I  —  f 

beiden  24wandigen Lanzen- 

«...  I  I      4x  ,         4x 

flachnem  x\  + 


3x4-1  '      3x4-1 


ferner  2  ▼ertchiedene  S^wandige  Lanzenflächner ,  erstlich  f  |  |  und 
zweitens  4  1 1*  ^^^  eodlich  S  Terfcliiddeae  48waDdise  Dreiecküäcluier, 
erstlich  }  1 1,  aweiteos  i  \  i  und  drituns  ^  |  i» 

V.  Bd.  Gggg 


1192  KryatalU 

Dagegen  ist  aoGBerJlem 
X  I  -f-  I-  das  Zeichen  für  einen.  12wandigen  Sterzenfiächner  isis 

Stellung, 
31;  I  —  I-  das  Zeichen  für  ^inen  solchen  Körper  2ler  Stelfaug^. 

Eins  der  beiden  Zeichen,  nämlich  x  1  +  y  r=:^a,  -|-R?  «i 
welches  (a)  und  (8)  begreift,  und  x  l  —  y  =r  (a,  — R,  r),  wel- 
ohes  (ß)  und  <;^)  als .  glerchwerthig  umfafst,  bestimmt  eise 
ßächen/ialbzäklige  Zgliedrige  4axige  Gestalt  und  zwar  eise 
(Ifach  Sgliedrig)   2  X  AfitraMige.      Ist    dabei    y  =  x   od« 

y  —2 80  fällt  der  Unterschied  Ister  und  2ter  Stellas 

^  :        3x  +  l'  ^ 

welcher  zwischen  -f"  ^  1  y  und  -—  x  |  y  vorhanden  ist,  hinweg; 

daher  ist 

X  {.  -{-  y  das  Zeichen  fiir  einen  24wanäigen  Viereckfiächner  Ista 

Stellung ,  *  I 

X  I  -^  y  das  Zeichen  für  einen  solchen  2ter  Stellung  2. 

Jedes  der  beiden  Zeichen : 
+  X  I  Hh  y  =  (+ a,  +R,  r),  welches  fiir  (a)  und  (;^)  gilt,  nal 
+  X  I  +  y  =  (+ a,  4rR,r) ,  welches  (§)  und  (S)  ijs  gleichvo- 

thig  betrifft, 
liefert  eine  fläcJienhalbzahlige .ZgUedrig  iaxige  Gestalt,  weich 
eine  ifack  Sgliedrig  Sstrahlige  ist*     Die  erste  dieser  beides 
Gestalten  '+ x  |  +  y  verhält  sich,  zur  2ten  gegenbildlich |  jem 
ist  eine  rechte,  wenn  iliese  eine  linke  genannt  wird. 

4x 

Wenn  y  einen  der  3-  Werthe  y  r=  5— r-r odery  —  x  (ab 

ox-^  1 

auch  y  s=  X  =1  1)  oder  y  z=*4  hat,  so  verschwindet  der  UdW^ 

schied  zwischen  der  rechten  Gestalt  +  x  |  Hh  y  und  der  lioka 

4^  X  I  T  y*  sofern  sie  als   einfache  Gestalt  auftritt;    aolserdea 

aber  ist  dieser  Unterschied  vorhanden  und  die  einfachen  hierbet 

gehörigen  Gestalten  sind  die  24waod]gen  Fünfeckflächner;  z.B. 

+  II +  1  und  +  ||  +  |  o4er  +  f  I  +  t  imd+ f  j  +  J  o«i  j 

so  weiter. 


1  z.  B.  4  I  Hh  }  and  4  I  ~  }  oder  ||  4-  |  nnd  i  [  —  }  od«  I 

41  +  }  und  41^}. 

2  «.  B.  }  I  +  4  und  1 1  —  I  oder  iI+4    nndij  —  Jod« 


Krystallom^trie.  1193 

« 

JedM  in  Zäohen 

+  x|  +  7  =  (+a,+R,r)  =  (a) 

4-x|-y  =  (+«,-R,r)  =  (/o 

—  X  I  — y  =  (— a,  ^  R,  r)  =  (y) 

-xH-y  =  (-^+R,r)  =  W 
giebt  eine  fläcJienpierteUz'akUge  ZgUedrig  Aaxige  d.  h.  eine 
\fach  igliedrig  4strahlige  eio£aiche  Gestall,  Die  beiden  Ge-> 
•Ulten  +x(-|-y  und  — x|  —  y  sind  ebenbildlich;  dasselbe  gilt 
für  +x|  —  y  und  — xj+y.  Zwei  Gestalten  -f-xj+y  und 
+x| — y  (oder  — x| — y  und  — x  |  +  y)  verhalten  sich  gegen- 
bildlich.    Wenn 

+  x|-|-y  <l^o  rechte  solche  Gestalt  Ister  Stellung  bedeutet, 
80  ist  auch 

•— x| — y  die  rechte  2ter  Stellung, 

•I-  xj — y  die  linke  Ister  Stellung, 

—  X 1 4-  y  ^0  linke  2ter  Stellung. 

Wenn  y  =  f  und  x  zr  4-  oder  =:  f  ist,  so  fällt  die  Unter- 
scheidung in  rechte  und  linke  Gestalten,  so  wie  in  solche  Istei 
und  2ter  Stellung  weg,  wenn  die  Gestalt  als  einfache  auftritt. 
Wenn  y  =  },  «o  ist+xj  +  l  und  —  x|+f  ein  12wandige£ 
Sterzenflächner  von  einer  und  derselben  Form  und  Stellung«. 
Dasselbe  gilt  für — x|  —  f  und  +ii\  —  f  für  den  12wandigen 
Sterzenflächner  2ter  Stellung.  Bei  der  nämlichen  Bedingung 
gehören  die  beiden  Ausdrücke  -fr^j-l-l-  und  — 3c|-{-|.  einem 
und  demselben  12wandigen  Sterzenflächner  Ister  Stellung  an» 
Ebenso  giebt  —  x  |  —  |  sowohl  als  -f-  ^  |  —  f  einen  solchen  Kör- 
per 2ter  Stellung. 

Wenn  y=x ist,  so  ist  +x  |  +x  sowohl  als  -f-x  (  — y  ein 
12 -Lanzenflächner  Ister  und  —  x  |  — y  sowohl  als  — x  |  -f-y 

•in  12 -Lanzenflächner  2ter  Stellung.    Wenn  y  =:  ^ ist« 

3x+l     ^ 

»0  ist  +  X  I  +3^1:1  »^^^'**  •^  +*  I  ~3rJl  ~"*4X3- 

4x 

wandiger  Keilflächner  Ister  und  —  x  |  —   ■  sowohl  als 

4x 
auch  —X  I  4-0 — T7  ®*°  »olcher  2tcr  Stellung.    Aufserdem  ist 
ox  "pl 

+  x  I  +y  ein  12wandiger  Fünfeckflächner,  der  von  dem  ihm 

cbenbildlichen  -*x  |  —  y  durch  Verschiedene  Stellung  sich  un- 

Gggg2 


im  Kry  stall. 

tericheidet,  während  er  zu  den  beiden  im  TenebicisdMiaD  Stel- 
lungen befindlichen  einander  ebenbildKchen  lioten  K&rpeni 
+  x  I  — y  und  —  X  I  +y  sich  gegenbildlicfa  verfaüt. 

Auf  ähnliche  Weise  sind  bei  Sgliedrig  lOaxigen  Gestalten 
120  Zellen  vorhanden ,  von  denen  jede  als  eine  Ecke  betrachtet 
werden  kann,  deren  Scheitel  oder  Spitze  im  Mittelpuncte  dei 
Körpers  liegt  und  deren  Eantenlinien  zusammenfallen  die  eins 
mit  einem  5gliedrigen  Strahle  a,  die  andere  mit  einem  daxo 
nachbarlichen  2gliedrigen  Strahle  R  und  die  3te  mit  einem  gegen 
beide  nachbarlichen  Sgliedrigen  Strahle  r,  welche  als  die  Be- 
stimmungsstrahlen dieser  Zelle  betrachtet  werden  müssen ,  wenn 
man  auch  hier  die  3  wichtigsten  Arten  von  Axen  bei  genan« 
Bestimmung  der  verschiedenen  Gestalten  zum  Grunde  legt«  Es 
ist  fiir  den  12fiächner 

(a,  R,  r)  =  (1,  rWi  CrS- 1),  KsT^ (^5 -2))- 
Aus  den  oben  gegebenen  Formeln  über  die  wichtigsten  Verhält- 
nisse einer v5kantigen  Swinkligen  Ecke  mit  Kanten  von  120* 
lassen  sich  dieWerthe  des  Ausdrucks  (a,R,r)  für  denSOflnchner 
und  den  30-Hnutenfiächner  leicht  ableiten,  so  wie  die  aUge* 
meinen  Formen  desselben  für  die  20X3wandigen  Keilflädmer 
und  für  die  60wandigen  Lanzenfiächnet^. 

Nimmt  man  auch  hier  an,  dafs  in  einer  der  Zellen  jeder  itt 
drei  Bestimmungsstrahlen  a,  R  und  r  einer  positiven  Permutation 
der  sämmtlichen  Strahlen  seiner  Art  entspreche  und  daher  fir 
diese  Zelle  als  positiv  zu  setzen  sey,  und  bestimmt  man  td 
ähnliche  Weise ,  wie  bei  den  Sgliedrig  4axigen  Gestalten  ange- 
geben ist,  die  Permutation  der  Strahlen  a,  so  wie  jene  derStnli* 
len  R  und  der  Strahlen  r  für  jede  Zelle,  so  ergiebt  sich : 

1)  dals  für  jede  Zelle  der  SgUedrige  Strahl  derselben  einii 
positiven  Permutation  der  Strahlen  seiner  Art  entspreche,  mitUn 
als  ein  positiver  zu  betrachten  und  mit  -}~^  2u  bezeichnen  sey; 

2)  dafs  ebenso  der  SgUedrige  Strahl  fiir  jede  ZeDe  einer 
positiven  Permutation  der  sämmtlichen  Strahlen^  seiner  Art  ent- 
spreche und  also  =i  4*  '  ^^  setzen  sey  ; 


1  yergleicbe  anch  Rotsb's  Arbeiten :  „Ueber  die  regulären  geo- 
metrischen Körper  y  die  daraas  entstehenden  Rhombotdalkörper  oo^ 
insbesondere  über  das  Rhomboidal-Triacontaeder**  in  Kastner^s  Arcluv 
f.  d.  get.  N.  1825.  IT.  2.  S.  1—180  und  S.  8»  257—800. 


Kryatallometrie.  1195 

3)  dafs  der  2gliedrige  Strahl  fiir  je  2  Zellen,  welche  ihn 
nnd  einen  und  denselben  SgUedrigen  Strahl  gemeinschaftlich 
hiaben ,  Permutationen  der  sämmtlichen  Strahlen  R  mit  entge- 
gengesetztem Vorzeichen  entspreche ,  also  fiir  die  eine  =  4-  R, 
für  die  andere  =  —  R  zu  setzen  sey ;  ^ 

4)  daTs  eben  so  für  2  ZeJIen,  welche  einem  und  demselben 
SgUedrigen  und  einem  und  demselben  Sgliedrigen  Strahle  ange- 
hören, die  Strahlen  R  Permutationen  der  Strahlen  ihrer  Art  mit 
entgegengesetztem  Vorzeichen  entsprechen,  so  dafs  also,  wenn 
der  eine  für  die  fragliche  ihm  angehörige  Zelle  =  -|-  R  ist, 
der  andere  fiir  die  seinige ,  von  der  die  Rede  ist,  =  -^  R  zu 
fetzen  sey^ 

Der  durch  eine  Abbildung  versinnlichte  Theil  des  Netzes 
eines  12ilächners  zeigt,  wie  auf  solche  Weise  jeder  Strahl  R  fur^^^ 
2  der  ihm  angeh^^igen  Zellen  als  4*  ^  V-^^  ^ü'  ^^  beiden  an- 
dern =  —  R  zu  setzen  ist  und  wie  2  benachbarte  2gliedrige 
'  Strahlen  sich  in  dieser  Hinsicht  verhalten.  Jedes  der  10  Drei- 
ecke, in  welche  jedes  der  regelmäfsigen  Fünfecke  zerlegt  ist, 
dient  nämlich  gewissermaCsen  als  Stellvertreter  einer  der  120 
Zellen,  von  denen  nur  30  in  der'' Abbildung  angedeutet  sind, 
a|i^  denen  die  übrigen  sich  leicht  ergänzen  lassen. 

Alle  Zellen  «ind  daher  entweder 

«=  +  a,  +  R,  +1 
oder  ==:  -|-  a,. —  R,  +  "^j 

•o  dafs  der  Unterschied  sich  ausdrücken  lälst  durch  a,  -f*  1^»  ^  und 
9,.^-R,r.  Reachtet  man  das  Vorzeichen  bei  R  nicht,  so  hat 
man  das  Zeichen  (a,R,r)  für  eine  flächenpoUsählige  igliedrig 
iOaxige  d.  h«  für  eine  2fach  SiglUdng  IQstrahlige  Gestali. 
Achtet  man  aber  auf  diesen  Unterschied ,  so  bedingt  jedes  ein- 
zelne der  beiden  Zeichen  (a,  +  R»  0  utid  (a,  —  R,  r)  eine  fiächen- 
halbzählige  3gliedrig  lOaxige  d.  h.eine  Ifach3g1iedrig20strahlige 
Gestalt,  Beide  Gestalten  ((a,-fR,r)  und  (a,-r- R,  r))  verhalten  sich 
jm  Allgemeinen  gegenbüdlich.  Diese«  spricht  sich  aus  bei  den 
ßOwandigen  Fiinfeckflächnern,  bei  welchen  das  Verhältnils  a  1 R  :r 
ein  solches  ist,  welches  einem  120wandigen  Dreiecküächner  ent- 
sprechen würde,  wenn  von  dem  -|-  oder  —  Zeichen  bei  R  abge- 
sehen würde.  Ist  dieses  Verhältnifs  aber  kein  -solches,  so  sind  die  * 
beiden  Zeichen  für  eine  Gestalt  gültig,  welche,  als  einfache  Gestalt 
für  sich  betrachtet ,  ihrem  Gegenbilde  ebenbildlich  ist. 


1196  Krjriitan, 

Bezeichnung,    -welche   eine    und    dieselbe 

Fläche   in   ihrer    Erstreckung     durch    die 

yerschiedenen    Zellen    eines     i^    und   in-» 

mafsigen  Axenkreuzes  erhält« 

Wenn  eine  Begrenzungsebene  irgend  einer  happtaxige« 
Cestalt  über  die  Zelle  hinaus ,  in  Welcher  sie  bestimmt  'wurde, 
verlängert  gedacht  und  in  ihrer  unendlichen  Ausdehnung,  di« 
ihr  als  einer  unbegrenzten  Ebene  zusteht,  betrachtet  ^rd,  so 
ist  einleuchtend,  dafs,  wenn  sie  nicht  durch  den  Mittelpanct 
des  Strahlensystems  geht,  einer  der  folgenden  Fälle  statt  finden 
müsse : 

1)  sie  schneidet  alle  Bestimmungsaxen ,  wenn  diese  hinr«i* 
chend  verlängert  werden ,  d.  h«  sie  schneidet  die  halbe  Anzahl 
der  Strahlen  a  sowohl  als  die  halbe  Anzahl  der  Strahlen  H  and 
fene  der  Strahlen  r ; 

2)  eine  Bestimmtmgsaxe  liegt  ihr  parallel, 

a)  aber  keine  2te;    sie  schneidet  dann  die  halbe  AnzaU 
aller  Bestimmungsstrahlen  weniger  einen,  der  in  jener  ihr  pa- 
«     rallelen  Axe  liegt ; 

ß)  auch  eine  2te  Bestimmungsaxe  liegt  ihr  parallel;  dann 
schneidet  sie  blob  alle  jene  Bestimmungsaxen,  die  nicht  in  die 
Ebeqe  fallen ,  in  welcher  jene  beiden  ihr  parallelen  Axen  liegen. 

Der  erste  Fall  ist  der  allgemeinere,  welcher  den  2ten  «  nnd 

ß  einschliefst ,  weil  man  sagen  kann ;  die  der  Ebene  parallelen 

^ig*  Axen  würden  von  ihr  in  unendlicher  Entfernung  geschnitten»  Es 

A.  seyen  A,  B,  C  Mittelquersohnitte  von  solchen   2  X  tfiächigen 

^*  Ebenrandnern ,   fiir  welche  p  =  4  ^  ==  2  m  eine  gerade  ZaU 

'  2»  4,  6  f.  ist,  so  ergeben  sich  folgende  Gesetze: 

1)  Bei  dem  Mittelquerschnitte  A  der  1-  und  lmafs(gen  Ge* 
•talt  schneidet  die  gehörig  verlängerte  Randkante  ef  nur  bei 
einer  oberen  Zelle  die  beiden  dieser  angehangen  Strahlen  R 
und  r^  bei  dem  der  1-  und  2mafsigen  B  findet  dieses  in  3 
oberen  Zellen  statt  und  bei  dem  der  1-»  und  Sm^Isigen  C  in  5 
solchen  oberen  Zellen  ]  bei  dem  der  1-  und  mmafsigen  Gesteh 
wird  dieses  in  2  m  —  1  oberen  Zellen  der  Fall  seyn, 

2)  Eine  Fläche  (a',R',r)  wird  sich  daher  durch  2m-^l 
obere  Zellen  hin  so  erstrecken,  dafs  sie  die  3  Bestimmungsstrah- 
len jeder  dieser  2  m  —  1  Zellen  schneidet,  olme  dafs  diese  nick- 


Kryslallanietrie.  1197 

Wkrts  Jiber  den  Mittelpunct  hinaus  verlängert  xn  werden   brau- 
eben.    Die  Längenwerthe ,   welche  den  Strahlen  a,  R  und  r  in 
jeder  dieser  2  m  -->  1  Zellen  Tpm  Mittelpuncte  c  ah  bis  zu  dem    . 
PutiGte  zukommen ,   in  welchem  sie  sich  mit  der  Verlängerung 
der  Fläche  (a^,  R'^,  r')  schneiden ,  wefden  daher  alle  drei  positiv«    . 
Beyn,     Wenn  z.  B.  bei  B  fiir  die  diirch  den  oberen  Scheitel  und 
durch  die  Linie  dg  gelegte  Ebene  der  Ausdruck  in  der  Zelle  Fig. 
a'R'r  =  (a',  cf,  ce)  ist,   so  wird  er  in  der  Zelle  a'R'r^^   fiir  |^^ 
dieselbe  Fläche  =s   (a',  cf,   cg),    in  der  Zelle  a  R"  x'   aber. 
«=(a',  cd,  ce), 

3)  Dieselbe  Fläche  (a',  R\r)  wird  noch  durch  2  obere  Zel* 
len  (von  denen  die  eine  vor  der  ersten,  die  ändert  nach  dex 
letzten  von  den  2m  —  1  erwähnten  Zellen  liegt)  sich  sa  er« 
strecken,  dafs  sie  in  jeder  von  beiden  den  Strahl  a  und  einen  4er 
beiden  übrigen  Bestimmongsstrah^en  derselben  (R  oder  r) ,  nichfe 
id>er  auch  den  andern  (r  oder  R) ,  schneidet ;  von  diesem  aber» 
den  sie  nicht  schneidet,  wird  sie  die  Verlängerung  nach  r^ck» 
wärts  über  den  Mittelpunct  c  hinaus  schneiden,  so  da£s  also  des- 
sen Werth  ein  negativer  ist.  Es  wird  also  das  Zeichen  für  di» 
durch  den  oberep  Scheitel  (welcher  hier  mit  s  bezeichnet  ge- 
dacht werden  möge,  während  man  den  untern  Scheitel  als  mit  v 
bezeichnet  sich  vorstellen  kann)  und  durch  dg  gelegte  Ebene 
sdg  in  der  Zelle  a'R»^  r*^,  da  a  =  es  ist,  =  (es,  ( —  c d)>  cg)» 
in  der  Zelle  a'R"r"  aber=  (es,  cd,  —  cg)  werden  müssen« 

-  4)  Sie  durchschneidet  ferner  die  2m — 1  noch  übrigen 
oberen  Zellen  so,  dafs  sie  nur  den  Hauptstrahl  a  derselben 
schneidet ,  nicht  aber  deren  Strahlen  R  undr,  vielmehr  schnei- 
det sie  die  rückwärts  über  den  Mittelpunct  c  hinausgehendeix 
Verlängerungen  dieser  Strahlen  ,  und  es  steht  dafher  dem  Strahle 
R  sowohl  als  auch  dem  Strahle  r  in  feder  von  diesen  Zellen  fiic 
die  Fläche  sdg  ein  negativer  Längenwerth  zu.  In  der  Zelle 
«  R'"^  r  *'  wird  daher  für  die  Fläche  sdg  das  Zeichen  =q 
(es,  (-cd>,(-oe)),  in  der  Zelle  a^R*"r'"  aber  =  (es,  (-cf),  (-cej) 
und  in  der  Zelle  aR^'r'  gebührt  der  Fläche  ad^  da$  Zeichen. 
(cs,(-.cf),(-^cg)). 

5)  In  2  m  —  1  unteren  Zellen,  die  jenen  unter  2.  aufge- 
führten anliegen ,  schneidet  die  fragliche  Fläche  (sdg)  die  bei- 
den Querstrahlen  Rwr,  aber  nicht  den  Hauptstrahl  a"  derselben, 
sondern  dessen  Verlängerung  nach  rückwärts  über  den  Mittel- 
punct c  lünaus.     Für  diese  Zellen  wird  also  der  Längenwerth 


1198  Hry  stall. 

von  a'  ein  Mgjkdvtt.  In  der  ZeUe  a"*  R'  r'  ist  die  Flache  slg 
SS  ((^^cs),  cf,  et),  in  der  ZeUe  a"  R'  i^  wird  sdg  rs 
((— C5),cf ,  cg),  in  der  ZeUe  9l'B!'i  abec^s  ((— «^O»  «^  «•)• 

6)  In  den  beiden  unteren  ZeHen ,  die  den  unter  3.  anfge- 
führten  oberen  anliegen ,  wird  auüser  a'  auch  noch  der  eine  der 
beiden  einer  solchen  Zelle  angehfjrigen  Strahlen  R  oder  r  eines 
negativen  Längen werth  erhalten.  Es  ist  also  in  a"  R^r^  die 
Fläche  sdg  =  (( — es),  ( —  cd),  cg) ,  in  a"R"r"  aber  ist  sd{ 
((— C5),cd,(— og)). 

7)  In  den  2  m  — •  1  übrigen  unteren  Zellen  wird  keiner  von 
den  3  einer  solchen  Zelle  angehörigen  Strahlen  a,  R  und  r  durch 
die  fragliche  Fläche  sdg  geschnitten ,  wohl  aber  schneidet  diese 
die  Verlängerung  dieser  Strahlen  über  den  Mittelpnnct  hinaus. 
Die  Fläche  sdg  wird  also,  wenn  sie  auf  eine  dieser  2m  —  1 
Zellen,  welche  sie  nicht  durchschneidet,  bezogen  und  mittelst 
einer  solchen  bezeichnet  werden  soll ,  fiir  jeden  der  Strahlen  a, 
R  und  r  in  dieser  Zelle  einem  negativen  Längenwerthe  entspre- 
chen.    Demnach  ist  in  a'^  R^^  r "  die  Fläche  s  d  ^ 

=  ((_<.,),(_  cd),  C-ce)), 
in  a-'R'^r"'  ist  sdg 

=  ((-€s),(-cf),(-ce)),      , 
ina^R^'r"  aber  ist  sdg 

=  ((-cs),(-cf),(-cg)). 
Es  versteht  sich,  dars  ( —  cf)  z.  B.  bedeutet:   es  soll  in  den 
Strahle  R"'  ein  Stück  =  cf  abgeschnitten  werden,  welches  aber 
in  der  der  Richtung  cR'"  entgegengesetzten  Richtung  vomPoncte 
c  anfangend  zu  nehmen  ist. 

Nennt  man  unter  den^oberen  Zellen  die  Zelle  a'  R'  r  dit 
Anfangszeile  für  die  Fläche  sdg  und  die  Zelle  a'R''  r  die  erste 
folgende  oder-f-lste,  folglich  a' R"  r"  die  2te  folgende  oder 
+  2te,  so  wird  die  Zelle  a'R'r^  (wo  r^  wieder  den  mit  der 
höchsten  Zeigezahl  w  versehenen  Strahl  seiner  Art  bedeutet)  die 
erste  vorhergehende  oder  — -  Iste  seyn.  Eben  so  ist  danna'^R'r 
die  untere  Ote  oder  Anfangszelle,  a'R^r  die  +  Iste  oder  die 
erste  folgende  u.  s»  w.  Es  hat  dann  das  Zeichen  einer  Fläche 
»dg:  I 


Kryatallometrie. 


1199 


Bei  dar  i^ 

nn( 

1   1 

mafsigen  Gestalt.  A 

i 

% 

• 

derWerth 

dar  Wailh  1" 

des 

des 

in  der  oberen 

Strahles 

in  der  nnteren 

ZeUe, 
wdche  ist  die 

Strahles 

ZeUe, 

a     R    r 

M^l/ 

welche  ist  die 

das 

das 

Vorzeichen 

Vorzeichen 

Ote  oder  —  4te 

+ 

+ 

+ 

Ote  oder  —  4te 

_ 

+ 

+ 

+  1-    -     -3- 

+ 

+ 

+  1-     -    -3- 

-^ 



+ 

+  2^    .    — 2- 

+ 



+  2- 2- 

— 

— 

<— 

+3.    -    -1- 

+ 

+ 

— 

+  3- 1- 

— 

+ 

— 

Bei  der   1-  nnd  2oiat 

sigen  Geltalt  B      •           fjg 

der  Werth 

> 

dar  Werth  T 

des 

des 

ia  der  oberen 

Strahles 

in  der  unteren 

ZeUe, 
welche  ist  die 

Strahles 

^elle, 
welche  ist  die 

a  1  R     r 

a|R|r 

das 

das 

Vorseichen 

Vorzeichen 

Ote  oder —  8te 

+ 

+ 

+ 

Ote  oder  —  8te 

— 

+ 

+ 

+  1 7- 

+ 

+ 

+ 

+  1-     -     ~7- 

— 

+ 

+ 

+  2-    -     — 6- 

+ 

+ 

— 

+  2-     -     — 6- 

— 

+ 

+3-    -     — 5- 

+ 



— 

+  3-    -     — 5- 

— 

— 

+4 4- 

+ 

— 

— 

+  4-    r     -4- 

— 

— 

— . 

+5-    -    — 3- 

+ 





+  5_    -     —3- 

-— 

-^ 

..^ 

4-6-    -     -2- 
J.7_    _     1. 

+ 

^^_ 

+ 

+  6-    -    —2 

-^ 

+ 

_L 

J_ 

j_ 

j_  7_    _     — .<-  

-J_ 

ll^ 

Bei  der  1<-  und  3nia 

:8igen  Gastalt  C                 .^^ 

der  Werth 

derWerth  c. 

des 

des 

in  der  oberen 

Strahles 

in  der  unteren 

Zelle, 
welche  ist  die 

'  Strahles  ' 

ZeUe, 
welche  ist  die 

a     R|  r 

a     R|r. 

dai 

das     • 

Vorzeichen 

Vorzeichen 

Ote  oder— 12t€ 

+ 

-- 

+ 

Ote  oder — 12te 

-^ 

+ 

4- 

+  1 11- 

+ 

+ 

+ 

+  1 11- 

— - 

+ 

+ 

+  2 10- 

+ 

+ 

+ 

+  2- 10- 

— 

+ 

+ 

+  3 9- 

+ 

» 

+ 

+  3-   -  —  9- 

.• 

+ 

+  4 8- 

+ 



— ^ 

4-4. 8- 

m^ 



+  5 7- 

+ 





+  5 7- 

— 

-^ 

— - 

+  6-  -  —  6- 

+ 





+  6 6- 

^. 

•« 

— * 

+  7-  -  -  5- 

+ 





+  7- 5- 



-« 

— 

+  8 4- 

+ 

-^ 

— 

+  8t  -  -  4- 

.1- 



-T- 

+  9- 3- 

+ 

+ 



+  9 3- 



+ 

-> 

+10 2- 

+ 

+ 

+ 

-flO 2- 

1  

+ 

+ 

+11 1- 

+ 

+ 

+ 

+11 1- 



+ 

+ 

1200 


Kryctail. 


Bei    der    1-    nnd    mmafsigaii    Oeitalt,     wen« 
(t asSp  =s4inond)  m  eine  gerade  Z«hl  ist: 


in  der  obereo 

der  Werth 

des 

Strahles 

SU  der  nntereii 

Zelle, 
welche  ist  die 

der  Werth 

des 

Strahles 

Zelle, 
welche  ut  die 

a|Rir 

a|R|r 

das 
Vprxeichen 

das 
Vorzeicheo 

0teoder-^4mte 
•fm-    •!  *^3m- 
+2m-  -  —2m- 
«|«3m-* m- 

+ 

• 

+ 
■i- 

• 

+ 

e 

• 

+ 

• 
e 
• 

+ 

• 

Oteoder — 4mte 

+  m- 3m- 

+2m 2m- 

4-3m-  -r  —  m«^ 

• 
• 

+ 
+ 

• 
• 

+ 

• 
• 

-i- 

• 

Bei    der    1-    ond    mmafsigen    Gestalt,     wenn 
(t  s=2p  =4m  und)  m  eine  ungerade  Zahl  ist: 


'    io  der  oberen 

dei  Werth 

des 

Strahles 

t 

in  der  unteren 

ZeUe, 
welche  ist  die 

dex  Werth 

des 

Strahles 

ZeUe, 

IL  1  R  1  r 

a|R|r 

welche  ist  diQ 

das 

Vorzeichen 

das 
Vorzeichen 

Ote  oder— 4mte 
«X^  ni"*  "•  -'-*3m^ 
4- 2m-  -  -^201- 
4- 3m-  -  —  m- 

+ 

m 

+ 

• 

+ 

• 

+ 

+ 

e 
• 
e 

+ 

• 

+ 

• 
• 

Ote  oder -p-4mte 
-fr  m-  -  — 3mi- 
+2m*.  1  -1.2m- 
4.3m ^m- 

• 
• 
• 
• 

+ 

e 
• 

+ 

• 

+ 
+ 

• 
• 
• 

Nennt  man  dagegen  die  Anfangszelle  die  Iste  und  bezeich- 
net sie  mit  a  und  versieht  man  die  sämmtlichen  Zellen  mit  den 
Bachstaben  a,ft;^,  d,  a\  jJ',/,  d*,  in  der  Ordnung,  wie  es  in  Folge 
d^r  Berücksichtigung  der  positiven  und  negativen  Stralilenper- 
mutationen  geschah  (wobei ,  wenn  m  eine  gerade  Zahl  war,  wie 
$0^',  bei  B ,  die  Qachstaben  a,  ß,  y^  8  in  der  entgegengesetzten  Ord-» 
3l7.Qmig  iQii  R'r"A"'..,.  liefen,  während,  wenn  m  eine  ungerade 
Zahl  war,  beide  Zeichen  reihen  in  einerlei  Ordnung  fortsehnt«- 


FJg, 


Krystalloinetriß* 


laot 


ten) ,  und  fiüurt  van  ndt  dei  Numerirang  der  ZeUeo  fort  in  dei 
Ordnung  von  der  Anfangszelle  a  nach  der  nächsten  oberen  Zelle 
ß ,  inrelche  dadurch  die  zweite  wird ,  so  wird  die  3te  mit  f,  die 
4te  mit  dj  die'Ste  mit  a,  die  6te  mit  ^  • . .  •  bezeichnet  seyn« 
Eben  so  ist  die  Iste  tmtere  Zelle  eine  mit  a ,  die  2te  untere  eine 
mit  ^  bezf^ichnete  u.  s.  w.  Es  ist  dann  f\\xjede  l-r  und  jßmafaige 
Gestalt  ym  ^nag  gerode  oder  ungerade  seyn^ 


«I 

Vor 

a 

das 

zeic 

bei 

R 

tien 

r 

für  die  Iste  obere  Zelle     ,     : * 

für  die  (m  -f  l)te  obere  Zelle 

• 

+ 

• 

+ 

für  die  (2m +  l)te  obere  Zelle,  ,     .     .     .     • 
fiir  die  (3m+l)te  obere  Zelle    »     ,     .     .     , 

+ 

• 

+ 

• 

+ 

-^ 

fiir  die  Iste  untere  Zelle     ••••«•• 

ftir  die  (m  4"  l)te  untere  Zelle     •    •     *     ,    ^ 

für  die  (2m -{-l)te  untere  Zelle  ;    •    •     •     . 

für  die  (3m  4- l)te  untere  Zelle    ••'••« 
•         •         •        f         »        ♦        •         •      ' 

• 
• 
• 
• 

+ 

• 
• 
• 

+ 

• 

Um  die  Abhängigkeit  der  Werthe  der  verschiedenen  Strah-» 
len  r  oder  R  von  einander,  vom  Mittelpuncte  c  an  bis  an  die 
Linie  ef  oder  an  deren  Verlängerung  gemessen,  darzqstelleni  ley 
der  Winkel      '  * 


f  ce  =  k  und  Cos,  k s=  q  i  , 

,f    =|unac.=^    "*{  gegeben. 


818. 


^el)t  tnan  ct  senkrecht  auf  ef,  bezeichnet  die  Winkel  ecv 
nit  (r  and  f  ct  mit  x  nnd  zieht  f  n  senkrecht  aof  ce^  so  ist 

i)  ef  =  Ty  +V'— 2St/>Co».k 

2) cv  =, *-^-,5i '^  g.tp,rr^" 


«V-     inr^«' 


Bszeidinet  nan  nnn  die  den  Stiehleo.R^R",  R 
kommenden  Weithe  cf,  cd  ...  mit  R,R,R  und  die  den  Stiab- 

12  3 
len  r ,  (",  t"! « . « «  xnkonunenden  ce,  c b  . . , .  mit  r,  r,  r  .  .  ., 

123 
•ft  J»t 

—  SS  Cos.  ff  s=  Co«,  (k— t) 

—  :=  Co8.<2k  +  ff)  =  Coi.  (8k~T) 

'•  .        .        . 

—  =  Co».  t4k  +  ff)  =>  Cos.  (5k— t) 


• 

cv 

• 

Cos. 

• 

.(2(x 

•       •       > 

•                • 

Cq6,(ÖX. 

-.l)k- 

-») 

CV 

Gos. 

(k- 

ff)  SS  Cos.  t 

. 

^  =s  Cose  (k^-a)  =  Cos.  (2k-^T) 
^  =  Co».  (3k+ff)  =  Cos.  (4k— O 


CV 


gl  ==  Coi.((2x— 3)k  +  a)=Cos.(2Cx-l)k— T). 

Wepn  durch  r,  r,  r  .  •  .  und  R,R,R  •  •  ,  die  Werthe  der 
123  12  3 

GrOfcen  r  und  R  bezeichnet  werden ,  welche  von  c  v  links  lie- 
gen, so  wie  sie  in  der  Ordnung  nach  links  hin  auf  einander 
folgen,  so  dafs  z.B.  ^r  =s  r^  =  ce,  aber  ^r  =  cg  u.  s.  w. ,  so 
hat  man 

c  V 

—  =  Cos.  ff  =s  Cos.  (k— t) 


Kry«tallometrie.  190t 

—  S3  Cos.  (2k— a)  :=  Cos.  (k+r) 
t'  '      ■ 

—  =  Cos.  (4k— <r)  =s  Cos.(3k+»)» 

*'  '        . 

^  ==  Cos.  (2Cx-l)k-ff)  «  Cos.  ((2x-l)k+») 


rl 


*4  =  Cos.(k— o)=.Co«.* 


5T  -:  dos.  (3k  — O)  =  Cos.  (2k+T)      . 

,K  '  ■   • 

^  =  Cos.  (5k-ff)  =  Cos.  (4>  +  *)„ 

^  =  Cos:  ({2x-l)k-ff)  =  Co..  (2(x-l)k4-*r' 


Es  ist  dann 

5)  Jii  ,R  =  C68.t:Cos.(2(x— i)k+0         :  f    ' 

6)  Rx:  B..  =Co8.t:  Co8.(2(x— l)k— c) 

7)  xT  :  it   =Cos.ff  :Co8.(2(x;^-^l)k— «f) 

8)  r,  :  ij    =  Cos.«  :  Co8.(2(x— l)k+0). 

Filr  die  1-  und  Imafsige  Gestalt  ist  q  =  o  und  ce  =:  9 

ef=rs«+p» 

ce  .  cf  =  ef  •  ov 

9  ^ 


C0S.T=S 


.    =sCo6.t:  —  Cqs.  T. 

Es  ist  also 

,R  =  —  1**- 
und  ebenso 


ar  BS  —   jT, 


wie 


dieses  schon  an  und  fSr  sich  anlenc^et. 


laM  .        Kryatall. 

Fiii  die  1-  nnd'  Umfläg«  Gestalt  üt  q  :=  f^i 

ef  =  rr+ip»— agvT* 


ev  =r- 


R, :  R,  =  Co<.  T  :  Cos.  (90— t)  =  Cos.  t  :  Sin. « 

,r  :  |i  :=  Co«,  a  :  Cos.  C90 — ff)  =:  Cos.  o :  Sin.  a 

•     21 

Setattmaa  .V'=9>^4» 

so  wild  9  =r  rpir2  und 

■ Rr:Rx  =  49!(5— 49)  nni 

folglich 

Sf  R.=R.(j^)=ca 

Für  die  1-  und  SmaTsige  ist  q  =  y^^i  folglich 


Cos.  a  =: 


JL 


Cos.  T  =  ..     .  '^ 

2rs«+v*-5'pr» 
2rs»+v*-5'»'r3 

c-       _  2£  — i/>r3 

^"'-"2n«4-V'-iVl^3 

R^iRi  =  Cos.  T  :  Cos. (2k— r) 
=  Cos.  t :  Cos.  (60* — f ) 
=  Cos.  r  :  iCos.  t  +  O  Sin.-r 


Kryatallometrie.  120S 

,R:  »R  =  Co«.  T  :  Co»,  (eO'-fcT) 

=r  Cos.  T 3  i Co«.  T  —y)t  Sin.» 

»,  ;  r,  rrCo«.  a  -.  Co«.(60°4-ff)     _       _      .        _     . 
^  Co«,  a :  |Cos.  a  — Y^  <^>''-  ^ 

=  |:(2«  — VO)        '    -        - 
,t :  ,r  =5 :  a$  +  (2i^  _||r3)K4)    -        .  .    - 

=  |:(tpr3-6).  ' 

Setift  man  !  ,     -      •  -       .  ;     -     - 

v=9ri=it>r3 
also  (>=vr4=2vri«    - 

so  'wird 

R. :  R. = ^n  s  4i)ri + <26- >v)r* 


«r  =  «r  |- cl  zs  cgJ 


Es  ist  demnach  das  Zeicben  einer  bestimmten  Flüche: 

Bei  der  1-  und  Imafsigen  Gestalt  A^  wenn  sie  bezogen  ^fc 
wird  "  .      -         ..  -      ♦    A, 

auf  die  fste  obere  Zelle  a  ir  (a,  R,  r) 

-  .    2te      -        -     /J  =  (a,(— R),r) 

-  -    3te       -        .     y  =(a;(— R),.(— r)) 

.    .    4te       .        -     d  =  (a,R,<-r))  -     - 

-  -    Iste  untere  Zelle  a  =:  ((—  a),  R,  r) 

.    .    »e       ..       -     ^=((i-a),C-R),r) 

.    .    3te       .        -     y'=C(_a),(_R),C-r)) 

.    .    4te       .        ^    a'=(C-r),R,C-i)).       -     - 

Bei    der  l-,und  2maJsigen  Gestalt ^B  fiii;  R.s:  S.und?& 
r  r=  p)^4f  wenn  si^  bezogen  wird  B^ 


'    19W  Kryst«!!. 

auf  die  Ist«  oben  Zelle  ^  :s  (a,^]r)  ' 

-  -  2t.     -      -    |J==C«»R.pr|'?). 

-  -    4te      -        -   ^-(.,(__-l_R),_r) 

-  -    5te      -        -    o  =  (Ä,(~R),C-t)) 

-  -    6te      -     ■■■'-   ^  =  Ca,(-R),(-j^r)) 

.    .    7te      -        .     ^  =  Ca.5J?::^R,(-^>r» 

-  •    8ta      ^        •.     aÄ(ii,.5|^R,r> 

Setzt  man  8t|tta  ein  ( —  |t).in.di9s*  8  ZticBeni  Bö  erhSit  man 
die  Zeichen  ftir  die  Iste,  2te  ....  8te  unter«  Zelle  a,/.».. 

1^»         Bei  der  1-  und  dbsaftigen  Gestalt  fiir  |  =z  R  und  p  f"|  =  r, 
Q^  wenn  sie  bez9gen  wird 

auf  die  Iste  obere  Zelle  a  =r  (a,  R,  .r) 

-  -    2te      -        -     ^-=(.,21^ »,0 


•    -    5te .    - 


-    -    6te      - 


_,_    7t.*    -        -     y  =  (ai(~R),(-r)> 


-    -    8te      - 


Erjttallometrie.  1207 

anf  aie  Ute  obere  Zelle  /  =  (a,^  ^       R,  r) 

-    -    12te'    -        -     a=(a,  R,^-L,r). 

Setzt  man  statt  a  ein  ( — a),  so  hat  man  die  Zeichen  flitr  dl« 
ISte,  2te,  3te  • ;  •  untere  Zelle. 

Bezeichnung    Ton   Flachen   verschiedener 

Zellen    durch    die     Bedtimmungsstrahlen 

einer  einzigen  Zelle    eines    i-    und  mma- 

fsigen  Axenkreuzes. 

Sollen  umgekehrt  gleichwerthige  FlScheh,  welche  Terschie- 
denen  Zellen  angehören ,  bezeichnet  werden  hinsichtlich  auf  ihr 
Verhalten  gegen  «ine  einzige  Zelte,  z.B.  ge^en  die  Zelle  a'R'r, 
so  ist  ersichtlich ,  dafs  (wenn  man  diese  Zlelle  er  wieder  die  Ote 
obere,  die  näc|iste  ß  die  -f-  Iste  obere  ti.s.w.  n.  s.w.  üennt) 

f )  die  Fläche ,  welche  in  der  jf  Isten  oder  Hh  3ten  oder 
^  5ten  • . ;  •  Zelle  dutch  (a,  R,  i)  bezeichnet  ist,  ftir  die  Ote 
(Kelle  so  wird  bezeiehnet  werden  miisseri,  wie  die  Fläche  (a/R^r) 
Aer  Oten  Zelle  fi^  die  Hh  Iste  oder  +  3te  oder  ±  5t«  Zell«  be^u 
a^eichnet  wurde ,  dais  aber  < 

2)  die  Fläche,  welche  tut  die  +  2te  oder  +  4te  oder 
^  6te  >•• .  Zelle  mit  (a,R,r)  bezeichnet  ift ,  in  der  Oten  Zelle  so 
wird  zu  bezeichnen  sdyn ,  wie  die  in  der  Oten  Zelle  mit  (a,  R,  r) 
bezeichnete  Fläche  in  der  ^  2ten  oder  !jp  4ten  oder  +  gten  Zelle 
bezeichnet  werden  mufste,  so  dafs  hierbei  die  oberen  Vorzeichen 
einandelr  entsprechen  und  wieder  die  unteren.  Eine  Fläche, 
Welche  in  Beziehung  zu  den  drei  Be&timmung&strahlen  der  ersten 
Zelle  a'R'r  sich  so  Terhält,  dafs  (gleichviel  ob  sie  diese  Zelle 
wirklich  durchschneidet  <^der  nicht)  -für  sie  dem  Strahle  a'  ein 
Werth  =:  f ,  dem  Strahle  R'  ein  Werth  =  g,  dem  Strahle  r' 
ein  Werth  x=  d  zusteht,  werde  bezeichnet  mit  (y^  Qj  i)  '• , 

Bezeichnung     Ton    Flachen     hauptaxiger 

Gestalten  mittelst  der  Beütimmungsstrah- 

len  einer  3fach  rechtwinkligen  Zelle. 

Ea  sey  sef  eine  Fläche,  welche  in  der  ersten  Zelle  a'R' '  ^'$* 
liegt  (oder  dooh.fiir  diese  erste  Zelle  bezeichnet  ist),  so  wird^ 
V.  Bd.  .      ,  Hhhh 


120B  KrystalL 

wenn  es  senkreclit  vor  dem  Beobachter  steht  und  cf  mA 
rechtshin  gerichtet  ist,  ein  Strahl  c  u  ihögllch  seyn  senkrecht  aif 
die  Ebene  (f  es)  der  beiden  Strahlen  9!  und  R',  so  dafs  cu  yo 
hinten  nach  vorwärts  gerichtet  ist. 

Dieser  Strahl  wird  von  der  Verlängerung  der  Ebene  tf« 
geschnitten,  so  dafs  ihm  ein  Werth  cu  =:  x  für  diese  Fläcb 
sfe  eigen  ist  (welcher  entweder  positiv  und  endlich,  wie  ii 
der  Figur,  oder  unendlich  oder  negativ  und  endlich  oder  od! 
seyn  kann).  Kennt  man  die  Gröfse  dieses  Werthes,  so  kaua 
man  die  Lage  der  Fläche  usf  auch  dadurch  bestimmen,  dals 
man  die  3  a^uf  einander  senkrechten  Strahlen  [cs,cf,  cu]^fi: 
sie  angiebt,  welche  der  bestimmten  ersten  Sfach  rechtwinkliges 
Zelle  c,ifu  angehören }  gleichyiel'ob  der  \yerth,  den  jeder  die- 
ser Strahlen  erhält,  positiv  und  endlich  oder  negativ  und  en^ 
lieb  oder  unendlich  grofs  oder  =:  Null  wird.  Ist  nun  wieda 
.cv  senkrecht  auf  e  f  und  der  Winkel  f  c v  s  x\  so  ist 
€u  :  cf  s  cv  :  vf  =  Cotg*  t  :  1 

cu  rr  cf .  Cotg.  t' =:  6f  .-r: — -—r* 

Sin.  T 

Ist  nun  die  fragliche  Fläche  für  die  erste  Zelle  a'R'r'  (gleichviel 

ob  sie  in  ihr  liegt  oder  nicht)  bezeichnet- durch  '(^,  Qj^yf^ 

ist,  wenn  Cos.  fce  =z  q, 

'  Tp'  +  d»  —  2?aq 


mithin 


cü  r=  ^ »^—  V» 

^  — Jq 
£s  ist  also  für  die  Fläche  (y,  Qi  i)^ 

ir, Q, w  =  i/. ?.  '^^i^  J» 

für  eine  andere  Fläche,  welche  in  der  ersten  Zelle  a'R'rbe* 
xeichnet  trat  durch  (g ,  (,  b)  *,  hätte  man 

Cd.  r,  f]  =  [a,  r,  -7— j;^]- 


1    So  dtfi  die  reelitwlnUlge  Klammer  [.««l   gebraacHt  «ird  bei 
der  Bazeichaoog  durch  die  drei  auf  einander  «eakreohten  Strahles« 


/  Kryfta.lIom«tri«4  J20Ö 

Für  das  1  '^  nnd  Imafsige  AxerAtent  ist  q  b  O9  abo 

für  das  !<>  und  2mabige  ist  q  =:  Y^i ,'  also 

oderi  Wenn  hier   b  =  IK4>  a^<>  l  =  bK^ 
und  d  =  If"*»  «l?o  1=  dr2 

gesetzt  vrird, 

tr»  ft  ?J  =  [y,  ^  2^^1- 

Ptir  das  1-  Und  3ma&ige  Axenkren2  ist  q  =  f^| ,  tnithitl  > 

mW« 

[y,  ?» g>1  =  t^  ft  2?3dO^* 
odet  9  wenn  b;S=:  (f^i  vmi  i  sz  Xf^i  gesetzt  wird| 

[d»r,f]  =  [9,e,  ^^-^Ij] 

Gleicbungen     ^wischeii     den    ^Mössüilgd« 

oder   Beatimmungastrahlen   und    den    tti'^ 

gonöiiietri&chen     Functionen      ton      hief 

vorzüglich    wichtigen  Winkelgrofsen« 

Da  für  die  J7eigüiig  x  zweier  in  Be^ieliung  ta  einer  und 
demselben  3fach'  recbtwinkligen  Zelle    durch    [/,  ^1  qp]    und 
^  (^9(9  f]  bezeichneten  PläcKen^   wie  dieses  durch  einfache  tri"« 
gonometrische  Rechnung  sich  ergiebt,  allgemeitl 

ilty  «0  ymif  ,webn  man  statt  9  aod  f  deren  Weithe 

Hhhh  üi 


1210  Krystall. 

(©  =  ^  j.  ^   und  f  Ä  —p—r---)  •****- 

©).    Cos.  X  = 


rfw  Gleichung  seyn  für  die  Neigung  irgend  zweier,  in  Be- 
ziehung auf  die  iete  Zelle  eines  1-  und  mmafsigen  Axenkrew 
zes  durch  {y,  Q,  d)^  und  (g,  r,  b)'  heatimmten,  Flächen  gegenr 
einander.  Setzt  man  in  die  mit'  0  bezeichnete  Gleichm^ 
A  ^^ I  V  und  (  :^  o  und  b  ^S  9-^  sö  erhäh  maii 

L  Cos.  X   —  ^,  ^,  ^^_^,  j  ^  y,  ^»  _  jj^a  ^3q  +  yM»  • 

Setzt  man  in  die  Gleichung© die  Werthe  9=r  undc=:f, 

abei  b  =  r-r^ ,  »o  hat  man 

IL    Co».x"  = 
_  p«  g»  ( 1  —  qt)  +  y«  p«  —  2?>*  g^q  —  y«  j«  +  2y»  a«  q' 

p»  d»  (1— q')  +  y"  ?*  —  2;*»  pdq  +  y»  *». 

Setzt  man  ferner  in  die  Gleichung  ©  dii  Werthe  8=/  und 

b=:3,  aber  t  =:  ,-t— ^ v»  so  hat  man 

ipq  — J 

DI.    Cos.  x"  =t 

_ptj«  (l^q«)-_j,»p«— 2y»pdq  +  y«d*  +2y«p«q* 

ß^d^d— q*)4-yV  — ^j-^pdq  +  y^d»  " 

Es  ist  dann  x""  die  Randkante,  x''  die  Scheitelkante  ans  q  und 
x^''  die  Sßheitdkantd  aus  d  füi  den  2  ><  tMcbigeti  EbenrandBCt 
Cr»  *>  *)^ 

Setzt  man  Cos.  x'^x^  und  Cos.  x"^x^^  und  Cos.x'^szx^, 
so  ist 

IV. 

V, 

VI. 

also 

VII.    ;^:p*:d^  = 


V  +  '^-.s 

d* 

1+x,    _ 

~d^' 

Kr74talloi|ietrie.  1211 

Ftraef  f(>lgta^IV: 

VIII.    ,^«^^(x„~x. )-,,,,, 

Ebenso  aus  V: 
Am  VI,  hat  man : 

Auberdem  ist  «iber 


»y-      ».=  :jx«a-x„)-i, 


XV.  r.-fx  -Ml^»+.„  ^  rz:(;;+J3 


ftpd 


XVI, 


,  IJL±i^.^l+i^  ==  r :=:ör+l^ 


XK.  X,, =-i+(rr:::? r-  (x,+xj  -q  ri + x/. 

Fiix  den  2  X  pfiächigen  Ebenrandner  (a,  -f*  ^  ^ )  <>der 
(a^-^-R^r),  wenn  p  das  Doppelte  einer  ungeladen  Z^hl  jpa.  ist, 
so  wie  für  den  2Xpflächigen  Ebenrandner  (a,  B,  4"^)  oder 
(a,R,  —  r),  wennp  das  Doppelte  einer  geraden  2^hl  m  ist,  Uat 
man ,  wenn  a :  R :  r  =  / :  ^  :  d  ist ,  die  Gleichung  I  zur  Bestim- 
mung der  Randkante  und  die  Gleichung  II  zu  jener  der  Schei* 


12ia  .Kxf^lflL 

telkante  yon  f  pach  q^^  zur  Bestinimang  der  Soheitelluntt  "x 

von  f  nach      .  .      ^  .  p  ab^y  di»  Gleichung 
XX.    Coi.  '"x  =5 

odpr 

Cos.  '''x  = 

—  g«y  Sin,  k»  +  y»(p»  Co8>4k  —  2ci3  Cos.SJc  +  ^  Cos. 31] 
'  "     p»  a^  Sin.  k^  +V  (?'  —  2 « J  Cos:  k  :|.  «*). 

W^nn  p  das  Doppelte  einer  ungeraden  Zahl  a^  ist  und  im 
2><!  pflächigen  Ebenrandner  das  Zeichen  (a,  R,  -}-  r)  oder  («,  B,-^] 
fIBgehCfrt ,  so  wie  wenn  ~ }  p  =  m  eine  gerade  2«ahl  und  in 
2  X  pflächige  Ebenrandner  durch  das  Zeichen  (a,  -f-R,  r)  oih 
(a»  -:-R>r)  bestimmt  ist,  wonach  also  fi :  R:  x  =  /  :  ^  :  4,  « 
wird  die  Randkante  eines  solchen  ](örpers  bestimmt  durch  £§ 
ßleichung  I,  die  Scheitelkante  von  y  nach  d  durch  die  Gleichoif 

III,  aber  die  Scheitelkante  "x  von  /  nach  ^  ^  ^ .  i  iaaä 

'  •        ^  /  2dq  —  ^ 

die  Gleichung 

XXI.     Cos.  ''x  = 

—  p'^^Cl-q^)+y^CgM2q^-l)-2paC4q»-3q)-fyC8q^-8qHt)) 
'         '      ^'d*(l  — q^)  +  /^*  — 2r*pda+y'd^, 

Für  den  2Xpilächigen  Kronrandner,  welchem  als  fläch«»- 
halbzähliger  1-  und  mmafsiger  Gestalt ,  wenn  m  ungors4ci^ 
•  das  Zeichen  (±  a>,  ±R,  r)  oder  (+_  a,  4-  R,  r)  entspricht,  » 
wie  für  einen  solchen,  der,  wenn  m  gerade  ist,  dem  ZeiclM 
(+a,R,ir)  oder  (ia,  R,  4r^^)  entspricht,  gilt  für  die  ScIwJ- 
felkanto  yon  /  qach  q  die  Gleichung  II,  für  die  von  /  md 

r ;  f  Q  die  Gleichung  XX  und  für  die  Randkante  'x  & 

a^q  — o  ▼  ^ 

Gleichung  » 

Eben  so  gilt  bei  dem  2  X  pflächigen  Kronrandner  (^ a,  R,  +t) 
oder  (Jl^a,  R,  4?r),  wenn  in  ungerade  ist,  so  wie  bei  dem,  vd- 


1  '  ^  h.  die  Kante,  Ton  i^elclier  die  Kantenlinie  die  aolse«* 
Bnden  der  ihrer  Länge  and  Lage  nach  bekannten  Strahlen  y  aoJ  ( 
mir  einander  rcrbiadet. 


Kryatallametrie«  1213 

eher  das  Zeichen  (±a,  +  R,»)  odeij  (+•,  +11,  r)  imt,  wenn  m 
geradeiist^v  die  Gleichung  III  fiir  die  Scheitelk^nte  von;'  nach 
ö  und  die  Gleichung  XXI  fiir  die  Scheitelkante  von  ^  nach 

^■^pJ^— - .  d,  aber  für  die  Randkante?  die  Gleichung 

p^d'U— q^)  +  /Hf'— 2pd^  +  d^) 

Setzt  man  (Jos,  \  =  pc  und  Cos.  x"=x^.un4Cos/"xs=s^^x, 
so  hat  man  für  den  ,2  X  pflächigen  l^onrandner  (+ •,  ±R,  r) 
oder  (+a,  ^R,r)|  wenn  m  ungerade,  oder  fiir  den  2  X  pfiä-r 
chigen  Krönrandner  (+a,  R, ,+,  r)  oder  (+a,  R,  +"  r),  wenn  m 
gerade  ist,  folgende  Gleichungen  zur  Bestimmung  des  Verhält«« 
nisses  der  Malsstrahlen  yzQid  =>  a:Rir. . 

XXIV.    i— ?'^  =  5L  +  ^^ 

?^V.>^=4q(|)-4^\ 
woraus  sich  ergiebt 

XXVI       A  -    ^    ("^--^\    I   n:^>-"'»+^^*<*~^) 

'y*  löc^*(i-.x)« 

Die  Abhängigkeit  der   dreierlei  Kanten   x,  x^^,  ^^^x  eii^es 
aolchen  Körpers  von  einander  ist  gegeben  durch  die  Gleichung 


XXIX. 


_'.  4(l-x> 


C«-»,.+  4q*(l-.x))»- 
Die  den  Ofeichungen  XXIV  bis  XXIX  entsprechenden  für  den 
2  X  pflächigen  Xronrandner  (+ a,  R,  jf)  ^^^^  Ct^t  5^>  T0> 
wenn  m  nngei^ade  ist,  und  für  (+ a,  iR,i*)  oder  (+ a,^R,r), 
wenn  pi  gerade  ist,  erhält  ip.an  a\is  diesen,  wenn  i^an  in  ihnen 
i  statt  Q  und  (f  statt  d  setzt  und  den  Cosinus  der  Randkante 
x  mit  z_  bezeichnet  statt  jn  und  jenen  ^ev  Scheitelkante  aus  d 


1214  KrystalL 

mit  x^^^  beznchnet  itatt  %^^  und  den  derScbutelkanto  von  /  nadk 

— r^ mit    X  bezeichnet  statt    X. 

2dq— «         -*  1' 

Für  das  j-  und  Imafsige  Axepkieuz  inti  q=:Co8.90r=:0^ 
al^o  die  Gleichung  Q  hier  zn 

Statt  der  Gleichungen  I,  II,  III  hat  man  dann : 

1)  Co*,  x'  =  ej£_0^_^  für  die  Randkant«, 

2)  Cos.x^'=  ~ffj'ffr'(f  ^  *•  Scheitelkante  aus» 

3)  Cos.  x'^'=  ~fS~ff^fJ'  Kr  dIeSqheitelkante  aast 

Die  für  den  2x4flächigen  Ebenrandner  (/,  p,  d)  oben  ge- 
gebenen Gleichungen  IV  — XIV  sind,  al$  von  q  abhängig,  aa£& 
hier  gültig ,  XV  uqd  XVI  aber  werden  hier 

15)l+x,,=  -(x,  +  xJoder 

16)  1  +  x,„=:-  (x,  +  x,)  d.  h.  l  +  x,+x,+  x,=0. 

Daher  wird  hier  die  Gleichung  VII  einerlei  mit : 
7)y»:e»:d»  = 

(l+0Cl+O'(t+x)(l+xJ:  (l+x;(l+xj, 
tUtt  XVII,  XVm  und  XIX  hat  man  daher  ' 
17)»:,  =-(l+x„+xJ 
18)x„=-(l  +  x,+xJ 
19)x„,  =  -(l+x,+x,p. 

Die  Gleichung  XXQI  vixd  hier 
23)  Cos.  r  = 

z  ist  hier  die  Mittelkante  und  x'"  die  Gjpfelkante  des  stxebe- 
fäuligen  2X  2flächigen  Schiefvvandners  ^  der  die  Stelle  eiflei 
2  ><2fiächigen  Kronrandners  vertritt. 

Da  bei  di^s^m  Stellvertreter  des  2  X  2ftachigen  Kroonnd- 

ners  die  3te  Kantenart  fehlt  (indem  hier  ;r¥^~ —  ^  —  d,  mi^r 

^H  —  9 
hin  ^    da  ..»  d  für  r"  einerlei  ist  mit  +  d  für  r,  folglich  i^ 


Kry«tallom|»trie.  |21S 

Scheitelkante  ''x  von  y  nach  t-t in  r"  eine   und  dieselbe 

ist  mit  x'^  von  y  nach  i  in  r ,  was  noch  ans  XXI  erhellet;  wenn 
mai)  darin  q3=0  einfuhrt  und  den  Wertb  für  Oes*  "x  vergleicht 
mit  Cos.  x'"  aii^  der  Gleichung  3?9  so  ist  ersichtlich,,  dalj  die 
Gleichungen  XXIV  bis  XXVIII  hier  nicht  dienen  kennen ,  um 
die  Verhältnisse  der  Mafsstrahlen  aus  den  gegebenen  Kanten  die- 
ser Gestalt  zu  finden.  Ist  aber  eines  der  Verhältnisse  ^ :  y,  oder 
Q  :  i  oder  i  :  y  mittelbar  oder  unmittelbar  bekannt,  so  hat  mai| 
au3  der  der  Gleichung  XXiy  entsprechenden  Gleichpng 

oder 

1— i[  — ^»  "*"  a»> 

-wenn  q'.i  begannt  Ut, 
oder,  wenn  ^:/ bekannt  ist, 
und,  wenn  j:^  bekannt  ist, 

Fiir  die  Ir  undSmafsigen  Gestalten  wird,  weil  hier  qs)^^ 
ist , ,  die  Gleichung  0  an^  folgender ; 
Cos.  X  = 

—  \Qti^  +7q8(gr  +  ^b  ~  (Hb  +  r^)ri) 

oder^  wenn  j=l)^4  und  b^pIlT-j^  ist, 
Cos.  X  := 

-T-  yfl(e-n)(t-iI)  +  tXUy8  +  pt) 

"**  t7Js==WFTW{f^t^T^^  (t-iO* + Vi  Ca' + ^^ 

Pie  Gli^ichung  I  wird  dann 

Aus    dieser  Formel  für  den  Cosinus   der  Randkante    de^ 
2X8flächigen  Ebenxandners  {y^  ^y  i)  entsteht  jene  für  den  Co- 


1216^  Kryalall. 

sinas  iti  Jl^ndl^nf^  de^  SfläciiigeQ  ]ßbenFat|dner9  (^,  99^fi\i 
wenn  mai^in  ihrX=(»  seUt;  es  ist  dann 

Die  Randkante  des  Sflächigcn  ElbenTs^ndneTS  (r,p,2p|^i 
bestimmt  sich  aus  der  Gleichuqg  I^  \veiio  man  in  ihr  ]t=;2f 
^efzt,  und  man  hat 

Cos.  X  a=  Vr^2  ^"^  Tang,  ix  =  i. 
Die  Gleichung  II  wird  hier 

2)  Co»,  x"  =  -^(^'f-^-^p'--y'pV 


oder 


Für  ]f  :;z  (»  bestimmt  man  die  Scheitelkante  des  SfiiichigenEbco- 
randners  (y,  f,  ^Kt)  durch  die  Gleichung 

-  Cos.  x"  =  2^  oder  T,n^.  ^x"  =;:  ^Jl+f!. 
Pie  Gleichung  III  ist  hier 

oa«r  Tang.  Ix    =     ^^j^__^y' 

Setzt  man  X  =  2p9  so  bestiqimt  sich  die  Scheitelkante  te 
gfisichigen  Ebenrandners  (jf,  q\  ^qY^^)  durch  die  Formel 

Co-  X"  =  p=^,  o4er  T«-.  ^x"'  =  f^Sf , 
piie  Gleichungen  XV  und  XVI  werden  hier 

15)  rui+\)  1 22+1^  >^-(^+o 

16)  ri+x,.  +  rsa+xj-  r-(x.+xj, 

woraus 

17)  if.  =?:  -  3--2(x„  +  xJ  +  2r2(l  +xj  (I  +ij 


18)  x,=  -  l+^(r-(x+xj  -  Kl  +xj 

19)  x„=  -« i+i(r-(x +x„)  -  rt+xj- 


KryuUUoroetrie.  t217 

Für  den  8BiloIiigen  Ebennndpflr ,  wenn  it$  Coainiu  Mum 
Scheittflkante  s^  7  and  ^n  Hiatx  Ranilkanf  :p  z  i^t,  Iiat  maa 
das  Gesetz 

2y  +  »  =  —  If 

Für  die  Kanten  des2X4Büchig(BD  ^oiirandnen  (+ «, ±R,r) 
iuit  man  die  Gleichungen 

-ip'y^y^p^  +  4y'^'      }  Scheitelkante 
3)  Oos-x:  _  ^^,j^,  ^  y»^»_y»jl  +  ^y»X«  {  aas  a 

',,  Cos  "X  -      -*P'^-  +  ^-^^-^^-^'      i  '^"TT 
21)  Cos,.  5C  ^  ^^,^,  ^  ^^,_  y»^^  ^  ^^,^,  j.„  _i__^ 

Parier  hf  t  i9:ian  bie^ 

1—1  y' 

E +f «;  -  -^  +  1   oder  -^'-  =  2--^^>-* 

^  Stellvertreter  für  die  Gleichaogen  XXIV  und  "Xp^Y',  and 

^  8)    (1-i)  (H-„x)  =  (,x-%,,.+  2(l-i)), 
statt  der  Gleichung  XXIX.     Für  i.:=Q  hat  man 

Cos,x"  j^-^.l  «.,d  Cos,  "x  =?  -  (^^) 

nnd  Cos.  x  =  '»  ^  2y*  ' 

folglich  auch  2  Cos.  7  =  1  -^  Cos.  "x,  «o   dafe  "x  die  Gi- 

pfelkante  und  z    die  lUndlunte  dfs  4fl4cUgen  Krctnrandnei« 

Für.  d|^  1-  und  Smafsige  Axenkfeoz  ist  q  S?  )^i.    Pie 
Gleichung  0  wird  daher 

Cos.  X  =: 
—        ypgr +  |pdt>  +  dybft  — yfl(gfc— t^)rf 

oder,  wenn  Ö  =  ij^t  und  t  ;=  If"*  geselsit  wird, 
Cos.  X  ^ 

3yA(ecH-M-(pI+t^)+gt(yfl  +  |Xr) 


Mao  CTliält  daoB  «Mit  der  Gleidiiuig«n  1,11,01  die  daidbpiigK 

1)  Cos.  x"  ^  k^z=iimr:9)*±j^ 

für  die  dreierlei  Kanteq  de«  2><12fläcliigenEbeiixaqdneis(^,^|) 
Die  Gleichangen  ^CVH,  XVUI  und  XIX  werden  hieifiir: 

17)  if;  =  -  x„  -V2rmr+  räö+o)*. 

=  -  ^,,  -  (2ri+x„,+  r3(t4-xj)* 

18)  X, = - 1  +  Hr-cx+xj-^nd-hxjy 

19)  x„=  -  1  +  Kr-(x+x,)-r5!T^:i;;).. 

Wenn  l  =  p  wird ,   so  verwandeln  »ich  die  GleichungeB 
1,  2,  3  in  jene  für  die  Kanten  des  12i)äciugeD  Ebennodncn 

Cos.  x'  «  3  p' -4^' 
3  «*  +  4^» 

Cos.  X"  =  =i|lzi2£ 

3e»  +  Af. 

Dann  ist        x  =  —  4x,  —  3  und  x^,=s— ^^i=-?, 
auch  ist        C  =  .C<-x)  (1+xJ 

p*      ''(H-x.)      ^.*a+2x;- 

Setzt  man  Ö  =  i^Ti,  also  X  =  «g,  »o  wird 

Co..x'    =?lllil* 
P'  +  / 

Cos.  x'"  =  -  2£+JL. 


I 
Krjtftallcrnitftrie.  t319 

auch   ist  je  =s  —  4^^   .^-^3  und  x    =  t     ■    ' 

?*        1+*  .    U+2xJ' 

Diese«  si<)d  die  Gleichungen  ,ftit  den .  iSflächigen  Ebenrän^er 

Die  GleichuDgeh  für  die  Kanten  des  2X6flÄchigen  JiLron«- 
randners  Ci«>i^>  0  *^"*^ 

92^  Co.  ',  =  Vg'^^+ly'p*-2y'g^+y^X' 

Die  Gleichung  XXIX  wird  hier  '       . 

29)  (i+,„x)  =»  cri+T,  -  ri^)*, 

sie  druckt  die  Art  der  Abhängigkeit  der  dreierlei  Kanten  eitfe« 
jeden  2  X  GHächigen  Kroitfandners  von  einander  aas ,  wedn 
X  =  Cos.  'x  und  x^^  =  Cos.^"  und  ^x  =  Cos.  '"x  und  'x  die 
Kandkante',  x'^  die  sfmmpfe  und  '"x  die  scharfe  Scfaeitelkante 
bedeuten. 

Die  Gleichungen  22  und  20  Verwandeln  sich  In  jene  für 
den  CflSchigen  Kronrandner  (i/, +.p>  T?)^i)*  "^««in  X=s^q 
«  gesetzt  wird : 

Cos.  X  =  TTT^T"; — jr,  Cos.    x  =  —  ,,^_,  .     _^ 


2fe^  +  ;^^)'       •  2(e*  +  ;^y  .^ 

also  ,„X  .=a  —   Xj 

auch  ist         ^  Ä=  * —  = '"--r. 

ya       2(1- X)        2(1 +  „x)- 

BezeickiLung^   'irelclie  eine,  itn^d    üeaeMif 

Fläche    in    ihrer '  Br-streckang»    durch    die 

yerschiedenen      Zellen      eine»  '    ?glledrig 

4axigen    Strahieii8yfftenr«--et*ält 

Bi(S«)^n  mlio^  kti^a.,  kfeij.bfö,  h^by^meo  üech* FUU' Fii?. 
-chen  eines   48wandigen  Dreieckflächners ,   welche  den   7U\l9»^^' 


1220  Kry«t«W. 

aRr,  nUt,  aRr,  aRr,  aRr  angehtfren,  ao  dab  em  in  da 
111    411    431    621    121 

Richtung  von  a  and  ck  in  jener  von  a  und  cb  in  jener  von  a 

1  -  4  6 

liest  und  wieder  cti  iü  R  und  oe  in  R  und  crf  in  R,  xraiiTend 

1  '       2  3 

CO  in  r  sich  befindet.     (Vergl.  Fig.  3t3). 
1    • 

Die  Fläche  mno  sey  in  der  ZeÜe  attr,  t^elch^  die  enk 

111 
heifsen  mtfge^    iait  (x  y*3,  yl^T»  21)*  bezeichnet,    so  dals 
€uts=sx)^3)   en  desyfT^   Und  cos«  ist«     Verlaogeit  maa 
die  £beri6  mno^   bis  sie  die  Ebenen  aca  und  aca  und  aca 

14        4  6  6  1 

achneidet 9  9d  wird  sie  aiü  mhs,  und  Theile  voll  ifahs  sind 
mnO|  hno,  sio,  suo,  mno/  Es  ist  daher  zunächst  anzu* 
geben  ^  wie  jeder  dieser  Theile  ift  der  Zelle^  in  welcher  er  liegt^ 
die  Bestimmongsstrahlen  a,  R,  r  derselben  schneidet.  Da  c  ni, 
e  n  und  c  o  gegeben  sind ,  so  mi;issen  noch  die  Ausdrücke  fih 
oh|  ci,  0  8  und  cü  bestimmt  werden. 

Es  ist  nun,  weil  mck  a=^^  und  mch  txskcnsss4S^f 
ch  :  cm  c=  cnY^i  :  (cm  —  cnj^i) 
«h  :  x|^3  =;y  :  (2x  —  y) 

ch  =«  ^^^^^^  1^3 
2x— y  ' 

und  w6tl  Sin.  mcb  =  )^|  und  Cosiiiüs  mcosa  f^i  ui^d  der 
Winltel  mci  =  90S 

ci  :  cm  =r  ctf^i  i  (Cm  —  co>^J)  . 

ci  :  xf"3  =  Är2  1  (3ifi  —  2:) 
2xz      ^ 

W^fenil^hc«c=90"andhcicct6i  =  45*>  a6iat, 
OS  :  oh  3=  oif^i  :  <*li  —  oiO) 
e»  :  yy*3  s=  «  :  (3y  —  22) 

••  =  3^'^'      ■     • 

und  Weil  hon  2=30*  And  Sin.  hcc:sf^i  uadCosi  keo2±i|^j| 
so  ist 


Kryatallometrie.  1221 

Cd  :  «rh  s  coy^  :  (ch  =>cof"|) 

ca  t  jcyO  =  »O  J  (3xy  —  2xs  +  ye) 

*"  =  3xy_2xl  +  y«'^^ 

Es  ist  dah«t  die  FlSch^  mno  in  ihrer  Erstreckang  durch 

die 
ZeUe 
aRr 
111 

aRr 
411 

aRr 
431 

aRr 
631 

aRr 
621 

aRr 
121 


kn  bezeichnen  dnrch 
(cm,  c»,  cd)  =  (xy-3,  yO»  ») 
(ch,cn,co)  =  (^-H-ira,  y|r|,  ,^ 

Cch,ci,e.o)=(^-J^r^,^l^n,.) 

Ccci,  CO)   ,,(3-3^0,3-1^^.0 

(c.  c«.  CO)  =  fe,r3,3-?;4'^y,n.O 

Ccm',  c«,  CO)  =  (x  f-3,  3-yi^^'  +  y,0.  *)•  . 

In  der  Sfiftck  rechtwinkligen  Z«Ue  eaa.  ist  di«  FläoiM  «ao  B8 

164 

mhs  2a  bezeichnen  darch  ^ 

[cm,  CS,  ch]  =-  i^rS,  33^r3,  äS^^^]. 

Setat  man  [cm,   as,  ch]»  :=  [gK*3,  ^O,  vOL 
80  ist; 


l)8  =  x 

3)  9-^^z::^ 


4)x=:| 

5)y-54.p 


nnd 

•m  I 

8)  CS  =vO 

9)  ch  =90 


10)cn  =  g^n 


13)  CO  —  .      3gV>g 


1222  .  KFystalL 

Ist  nnn  clie  Präge  za  beantworteir,  iveklier  LJkignivQi 
kommt  jedem  dertibrigea  4-'^  2*  nnd  Sgliedlngeki  Strahlend 
Sgliedrig  4axigen  «Strahlensystems  zu  vom  Mittelpancte  c  en  )k 
zu  dem  Puncto,  in  welchem  er  von  der  Fläche  m  n  o  oder  Sufl! 
Verlängerang  g(>8chnitten  wird,  so  ergiebt  sich,  wenn  masA 
Strahlen  so  mit  Zeigezahlen  versieht,  wie  dieses  in  dem  Wis- 
Ft^felbilde  früher  ge$chehen  ist»   dafs  dem  Strahle   a  der  'SYdi 

C-cs)=  C-V^rS)  1=  {~ZY^  ra),  dem  Strahle,  k 

Werth  (—  ch)  =   r  ~^y.    1^)   und  deto  StraJile  a  k 
Werth  C —  em')  rc  —  xV"3  zukommt.-      Den  Werth  voar 

findet  man  a  wenn  iftaft  in  dem  Ausdrucke  z  i   ■  ^'   r-y 

SV  +  V^+ff 

statt  z  setzt  (  1 1  ak  Zeichen  fiir  den  Weith  von  r  und  s&fi 

(r\                S^i^P 
11=  i — ; — ;:  ^ 
V       Sv  +  VP— p5 

V  z  x^ 

Ud  hier  dieWerthe  gzsx  nnd  v^zr  oyl^^iii  °"^  ♦^'^Oi^ 

(r\              Svsf 
4/  ~  A   H    ' 

Auf  ähnliche  Weise  erhält  man  für  —  ff 
/.      /^^\-  /^  :3|v>r  \_  3»yg     ^ 

W  *"  \-i^  +  ^Q  +  9U^  3xy  +  2yz-4ii 
und  fiir  —  I 

3St//gi  ^       3xz 

{tp— VP  +  p£  ~  Si—  2ä* 
übrigen»  ist 

(3')=-(0 


{i)=r 


—  3xz 
3x  — 2z 


(a)  =  (-0  =  (^) 

(s)  =  (-2)  =  Gxy  +  2y'l^-4«x} 


Krjratallometrie.  122$ 

DerWwth  (J)  ^«rird  »vM  (J)  =(««).=  j4f|n 

entwickelt  y  wenn  man  ia  dieser  Gleichung  statt  (  ^  j  dieGrtffse 

iyj  und  statt  ^  die  Grölse  —  ^  setzt  und  statt  $und  ^  die 
"Weithe  ans  den  Gleichungen  1  und  2  einfuhrt 


£s  ist  dann 


(8)=  (~2)=3xy  +  yl-2.x^* 
Vliy~  V     57  — — 3xy  +  yx+2zxf  *• 

Tg  j  wird  aus  (^^^  =  cn  =  rJT'^^^  ^®""  statt  f  ge- 
setzt wird  — Q  und  dann  die  Werthe  £  und  ^  aus  1  und  3  sub- 
stituirt  werden.    Man  bat  dann 

©=(-?)=-'"'« 

YJ^  wird  aus  Q)  =  ^*  =  "^4?"  ^*  8«*»*«»»  ^«n» 
statt  Y/  gesetzt  wird  —  '^  und  dann  statt  ^  und  ^  die  Werthe 
aus 2  und  3  eingeführt  werden.    Man  erhält  so: 

e)=(-s)=i^«. 

YR\_y     R\  -2xyz  ^ 

VIO/""  V     4>'  — —  3xy-yz  +  4zx''^ 

-Aof  solche  Weise  wird  gefunden,   welcher  LMngenwerth 
jedem  der  6  Strahlen  a  und  jedem  der  12  Strahlen  R  und  jedem 
der  .8  Strahlen  r  zustehe  für  eine  in  Qea^ehung  zum  3gUedri|^ 
4sxigeii  Strahlensysteme  in  bestimmter  Lage  befindliche  gt^gebetie* 
Y.Bd.  liii 


i224 


KrystalL 


Ebene 9  folglich  kann  nun  unmittelbar  angegeben  werden,  wd- 
ches  Zeichen  dieser  'Ebene  in  jeder  der  48  Zellen  entspreche. 
£6  sey    k.  B.   die  Ebene   gegeben   in   der  Zelle  a  R  r    dorck 

111 
(V^ji7^7i  V)  oäet  i^  der  3fach  rechtwinkligen  Zelle  a« 

164 
durch  [O»  40, 20] ,  10  iat  aie 


2 

in  d«i 

a 

in  der 

? 

ZeUe 

bestimmt  durch 

p^ 

ZeUe 

beftimmt  dntca 

N  ^ 

a  Ri 

mit  der 
Zeige- 
zahl 

rsir*!  1 

o  3 

r 

aRr 

mit  der 
Zeige- 
zahl 

rairti  1 

H 

mit  dem  Factor 

mit  dem  Factor 

1) 

111 

1 

♦ 

i* 

25) 

5    54 

—  4 

1^ 

V 

2) 

4  11 

2 

f 

V 

26) 

5    44 

—4 

8 

V 

8 

4  Sl 

2 

* 

V 

27) 

2    75 

—  1 

—  4 

—  Ü 

6   31 

4 

4 

V 

28) 

2  115 

—  1 

—  * 

—II 

6) 

6   21 

4 

i 

V 

29) 
30) 

3  10  2 

—2 

—  8 

4 

6) 

1    21 

1 

t 

V* 

3    62 

-2 

4 

7) 

1    14 

1 

i 

•/ 

31) 

5    53 

—4 

Ü 

8) 

4    14 

2 

4 

V 

32) 

ä    48 

^4 

—  4 

9) 

4   35 

2 

f 

—  12 

33) 

2   78 

.-1 

— *4 

—  4 

10) 

6   35 

4 

i 

—  12 

34) 

2  116 

—  1 

—  -} 

-V 

11) 

6   22 

4 

1 

4 

35) 

3  10  6 

—2 

— 8 

-V 

12) 

1    22 

1 

.   1 

4 

36) 

3   63 

—2 

tf 

13) 

1    54 

1 

f 

V 

37) 
38) 

rs    9  3 

—4 

— ^ 

12 

14) 
15) 

4    44 

2 

8 

V 

5   88 

—4 

-— * 

—  4 

4    75 

2 

—4 

—  12 

39) 

2   88 

—  1 

—  |- 

—  4 

16) 

6  115 

4 

—  T 

—  12 

40) 

212  6 

—  1 

—  i 

-V 

17) 

6  10  2 

4 

-8 

4 

41) 

3  12  6 

-2 

—4  -V 

18) 

1    62 

1 

4 

•4 

42) 

3   93 

—2 

—4      12 

m 

1   53 

1 

1 

12 

43) 

5    97 

—  4 

~^T 

—  V 

20) 

4   48 

2 

8 

-  4 

44) 

5   87 

-4 

-— |. 

—  V 

21) 

4    78 

2 

—  4 

—  4 

45) 

2   87 

-1 

—  5 

— V 

22) 

6116 

4 

-* 

-V 

46) 

2127 

—  1 

— f 

— V 

23) 

610  6 

4 

—8 

-V 

47) 
48) 

3  12  7 

—2 

— 4 

— V 

24) 

1   63 

1 

4 

12 

3    97 

—2 

8 

T 

-V 

Unter  de 

n  48  Zellen  befinden  sieb  d«mn«ch  15,  in  «kica 

jeder 

1*  1 

dieSBi 

wtimn 

1 

inngsi 

(trahlen 

1 

a,R,r 

1 

derselb 

•  •• 

»n  vo 

m  der 

fir.«- 

liehen  Fläche  geschnitten  werden,  ohne  üt^er  den  MrttelpnacC 

hinaus  verlängert  werden  zu  müssen ^^  in  9  andern  Zellen  wer-. 

;  { 

1  Es  'sind  dieses  in  dem  gewählten  BejtpSele  die  den  fbrtlaa"! 
fiMden  Nammeni  1,2,6,^  5,  6,  7,  8  and  11^  11^  Id,  14^  18^  ^  tti 
e^tspteckenden» 


Krystallomeitrie*  1225 

dei»  bloffl  2  ä&t  BeituuDinigsstraUen  a,  R,'r  auf  solche  Weite 
geschnitteD,  der  3te  aber  mufs  über  den  Mittelpunct  hinaus  ver- 
längert werden  \  in  noch  andern  9  Zellen  wird  blob  einier  der 
Bestimmnngsstrahlen  unmittelbar  geschnitten,  von  den  beiden 
anderen  Strahlen  aber  werden  blofs  die  Verlängerungen  über 
den  Mittelpunct  hinaus  geschnitten  K 

Die  dann  noch  übrigen  15  Zellen  werden  von  der  in  Rede 
seyenden  fläche  nicht  durchschnitten,  jeder  der  3  Strahlen  einer 
solchen  Zelle  mufs  über  den  Mittelpunct  'hinaus,  also  nach 
xückwarts,  verlängert  werden,  ehe  er  von  dieser  Fläche  geschnit-» 
ten  wird« 

I)araus  geht  zugleich  hervor,  dafs  48  in  Beziehung  auf  ihre 
liege  zu  einem  Sgliedrig  4a3dgen  Strahleosysteme  einander 
gTeichwerthige  Ebenen  33  verschiedenen  2fach  Sgüedrig  Sstrah« 
ligen  Gestalten  als  Grenzen  oder  Wände  dienen ,  nämlich  15 
verschiedenen  ringsum  endlich  begrenzten  Räumen ,  deren  jeder 
-ein  48wandiger  Dreieckflächner  ist,  und  18  zwar  begrenzten 
iL  h.  von  Autsen  gänzlich  abgeschiedenen  j  aber  nach  mehreren 
Aichtungen  hin  unendlichen  Räumen  ^« 

Bezeichnung   von    Flächen,    die    in.  Ter» 

Bchiedenen  ZellBi)   liegend   gegeben    9ind 

in  einer  und^  derselben  Zelle« 

Es  ist  leicht  einzusehen,  dafs  eine  Fläche ,  welche  in  der 
Zelle  aRr  bezeichnet  ist  durch  ()^3|  40»  V)>  m  der  Zelle 
121 


N     1    Dieaes  ist  der  PalL  in  den  Zellen   9^    10,  47»  ti,  fIS,  S8, 
eo,  Sl,  36. 

2  So  in  den  .Zellen  15,  16,21,  23,  25,  29^  82,  S7,  42«  ■ 
9  Dtz«  kommt  nock,  dalt  gleichfalU  der  äufsdre  .Q&endUclie 
Bftuin,  -welcher  eine  dieser  93  Gestalten,  nrngiebt  (gleichsam,  die  hohle 
Form  für  einen  solchen  ist),  wieder  alk 'beeOndere.Hohl^eBtalt  be-> 
tra'chtet-  werden  kann,  wodorch  jene  99  Gestalten  sich  Terdoppelo  and 
sa  66  werden.  Die  «a  der  Gestalt  (2^9,  8)r4,  V)  gehörige  Hohl- 
gestalt ((—  2ir9},  (—  ^Yi)f  (—V))  ^^^^  dargestellt  werden  durch 

)2rs,  »n,  v*(»  »0  ^»«  ^'«  ««^  (2rs,  (— 4ri)>  (—12))  gehörige 

darch  )2r9,  (— 4r4)i  (— 12)(  nnd  die  zu  ((— 2r9),  4ri,  12)  ge- 
hörige  dorch  )(— 2rÄ),  .4r4>  1*0 

Iiii2 


1226 


KrystalL 


•  Rr  wifd  ebeii  so  beztiduitt  werden  aoeseD ,  wie  die  fficb^ 
111 

welche  in  der  Zelle  aRr  (gezeichnet  iet  diucfa  (9^3»  iY^it  r)i 

111 
in  der  Zelle  aRr  zu  bezeichnen  war.  wahrend  die  in  derZelb 

121 
aRr  durch  0^3«  fO»  V)  bezeichnete  Fläche  in  der  Zelk 
431 

aRr  do  wird  bezeichnet  werden  müssen,  wie  die  in  aRr  nä 
111  111 

(O^tY^I,  V)'bM«i<^««te  Fläche  in  der  Zelle  aRr  bezekh- 

621 
net  wurde.  BehSlt  man  dieNomerirung  der48ZeQen  bei,  welcki 
bei  der  Tabelle  über  das  Verhalten  der  Fläche  (fTS»  i^f,  V) 
der  ZeUe  «Rr  in  den  sämmtlichen  48  Zellen  gewählt  wurde ,  n 

111 
kann  man  sagen ,  die  6te  Zelle  verhalte  sich  in  dieser  Besiehim« 
zur  Isten,  wie  die  Iste  zur  6ten,  und  die  3te  zur  taten,  wie  die 
Iste  zur  5ten ,  während  die  5te  zur  Isten  sich  verhält  wie  £i 
Iste  zur  3ten.  Sagt  man  daher :  eine  Fläche  F  <]«r  nien  Zdb 
sey  in  der  Isten. Zelle  so  zu  bezeichnen,  wie  die  Fläche  F  der 
Isten  Zelle  in  der  mten  Zelle  zu  bezeichnen  war,  so  siod  die 
einander  rentsprechenden  Werthe  von  n*  uiid'di  in  folgeadtf 
Tabelle  aeben  einander  gestellt: 


n 

m 

•  n 

m 

n 

m 

.     L        J 

m 

1 

1 

13 

12.^ 

25 

9 

;J7 

3a 

2. 

2 

14 

11 

26 

10 

38 

35 

3 

5 

15 

30 

27 

27 

39 

34 

4 

4 

16 

29 

28 

28 

40 

40 

5 

3 

17 

17 

29 

16 

41 

41 

-  6 

6 

18 

18. 

30 

15 

42 

22 

7 

7 

19 

i9 

31 

20 

43 

43 

8 

8 

20 

31 

32 

32 

44 

48 

9 

25 

21 

36 

33 

33 

45 

45 

40 

26 

22 

42 

34 

39 

46 

46 

11- 

14 

23  37  1 

35 

38 

47 

47 

12 

13 

34'. 

lU  1 

36 

21 

4» 

44 

Krystallometrie«  1227 

i  Gleichungen     zwischen     den     trigonome-* 
^  trigchen    Functionen     der    Kanten    einer 
Sgliedrig  4axigen  Gestalt  und   den  Wer- 
then.der  Bestimmungsstrahlen*. 

Es  «eyen.die  Wtrthe  der  Bestimmungsstrakleo  zweier  Flä- 
chen in  der  Isten  Zelle  aRr  (gleichviel  ob  sie  als  Degreozungs- 

111 
theile  einer  gegebenen  Gestalt  darin  liegen  oder  nicht)  für  die 
'  eine  =  {ylTiy  QY^^y  iy  und  TviT  die  andere  (if^Sytfh  b)  \ 
so  ist,  wenn  jene  in  der  3i%ch  rechtwinkligen  Zelle  aaa  durch 

;  *        164- 

;  B.rs»  ^r3^*,r3] '  «»^  die.,  durch  [^..rs, v^x^  pxs]  ^ 

ausgedrückt  wird, 

»  5  =  y  und  W  =  - — »  und  p  =  ■     ^    > 

*-        ^  ^'        3(>  — 2Ä^  ^'        2r—^ 

5«=  a  «"»d  V'«=  3^312^  und  f,  =  j^p-^. 

I    Heifst  dann  die  Neigung  der  beiden  fraglichen  Flächen  a;^  x^ 
,    so  ist^i 

I  '     0.     dos.  X  CS 

setzt  man  für  £^,  ^"^j  ^^,  y,^,  p^,  p,^  .die  ihnen  zustehenden 
Werthe ,  so  wird 
3).    Cos.  X  = 

,  m4MmHMiHm)-{^) 

oder  wenn  man 

i=,,u^,3(l)-.(i)=»,-a,(i)-(i)=., 
i=>...a3(l)-,(i)=».».aa(i)-(l)=.„ 


1    Vergleiche  die  Formeln  ^  ffir  4ia  hanptaxigeD  Geataiten,  ini- 
betondesa  die  Fornel  0  für  die  1-  and  Imalugen. 


1218  K.ryat»llr 

Man  e)rl)ilt  dana  «tittt  dai  Glei<!faaiig«n  1,11,01  die  düclMingcn: 

1)  Cos  x' -  ♦»-A'-rH3a-g)»+g*) 


pda,    Ta.g.*.'  =  !:ZiSpS!) 


ieU'+/(3(X-e)'+«*) 


oder        Tang.4x    =  /  3y»(X_g)» 

för  die  dreierlei  Kanten  da«  2X  «flächigen  Ebennndner»  (>,  j,  ^ 

oder  0',p,'if"i).  » 

Die  Gleichungen  %yU,  XVfflnndXIX  werden  hierfür  t 

17)  ,;  =  -  x,„  -V2nTlC+  ^3(i+xjy, 

=  -  X,.  -  (2ri+x,,+  r3(l  +  0)' 

18)  x„= - 1  +  i(r-(x+xj^r3(n-x,j)» 

19)  x„=  - 1  +  icr-cx,+x„)-r5xT^^)«. 

Wenn  X  =:  ^  wird ,  so  verwandeln  sich  die  Gleichaogea 
jl,  2,  3  in  jene  für  die  Kanten  •!«>  12flächigeD  Ebenrantlne» 
Q'jg,  ^y^i)  pnd  n«an  hat 

Cos.  X  =  5-^5— i — r^ 

_        „        -3g^-2y* 

^''  "  =  -37+1?: 

X  — a 

D4nn  i^t         x  =  — r  4x    —  3  und  x,,  =5 ^ 


Setzt  man  i  =  |^|^^,  also  ]t=  |^,  so  >vird 
Co..  x'    =  ^-il 

Cos  x"  -      2g' +  y* 


I 
Krjatalloni^trie.  t319 

W-.  X  — -*3 

auch  ist  X  =ss  —  4^    —^3  und  x    =  i     ■    ' 

»9 


c 

Dieses  siiyl  die  Gleichupgen  .ftit  den .  l^ächigen  Ebenräo&ier 

I 

Die  GleichuDgeh  für  die  Kanten  des  2X6flächigen  JCron^ 
randners  C+.a,  +^R,  r)  sind 

Dk  61ei«hn«g  XXDC  wird  hier 

29)  (t + ,„x)  «=  er  finr,  -  r  T^)^ 

sie  diriickt  die  Art  der  Abhängigkeit  der  dreierlei  Kanteti  eiifiBt 
jeden  2  X  6ilächigen  Krornrandners  von  einander  a«s,  wedn 
X  =  Cos.  'x  und  x^^  =  Co»,  x"  und  ^  x  =  Cos.  '"x  und  'x  die 
Ratadkante,  x^  die  Stumpfe  und  '"x  die  scharfe  Scheitelkantd 
bedeuten. 

Die  Gleichungen  22  und  20  Verwandelli  sieh  in  jene  fiir 
den  6fiächigen  Kionrandner  (+:/>  +  ?>  ^QY^i^t  wenn  1  =  ^^ 
'  gesetzt  wird : 

ako  ,,x  =  —   xj 

,   .  p*         l+2x  1—2  X 

auch  ist  —  =s=  ■     ^^^-    •  =  •— ^ «^-rr. 

ya        2(1- X)        2(1  +  „x)- 

Bezeich:xta&gy   'irelclie  eine,  mid    dieael^f 

Fläche    in    ihrer  Br-streckuDg'    durch     die 

yerschiedenen      Zellen      eine^  '    7gliedrig 

4axigen    Strahlensjfftems-  -eriiält. 

Esise^n  mnoy  kn^Q^  k£o>,.bfö,  b^o^joeo  sech^FUUrFig. 
-chen  eines   48wandigen  Dreieckfiächners ,   welche  den   Ze}lea^^' 


1330  Kryatall. 

Wen»  mu  1^  =  (Cof.  ^x  )•=  c,«  und  ^^^  =  «J 

ond  i:=^'=:  (Sin.  Ix ")»=.,„«  nnd  ^^  =s  c^,«  «««, 
SO  wird 

^^^    n        7  2(s  *  — c  »)  — c    O       Ks  *— c  »  — c 
Daher  ist  

n       2c.+c„r2      y  »J-C-c, 

r  2c,  +  c„r2         ' 

{olgUch 

19)  7:|4=(2r.-J=^-(2c.  +  o„r2)): 

y^K^-o^'  Kc„r2+2r.„«-c„«> 

Die  Cleichungen  8  bis  13  uod  15  bis  18  dienen  dama ,  ms 
die  Werthe  der  Verhaltnisse  der  HülfsgröEsen  m,  n,  I  zu  finden, 
wenn  die  Kanten  eines  48wandigen  Dreieckflächners  ak  der  all- 
gemeinsten Gestalt  in  dem  3gliedrig4azigenGe8taltens7stenie  ge* 
geben  sind. 

Die  Gleichung  19  drückt  das  Verhältnils  der  Werthe  r^^i 
in  der  Gestalt  (xK*3»  9'K*4>  9)  unmittelbar  ans«  Die  Gleichong 
14  giebt  das  G^etz  der  Abhängigkeit  der  dreierlei  Kanten  eines 
derartigen  Körper^  von  einander. 

Da  aus  der  Gleichung  ^  alle  übrigen  ngch  nicht  entwickehea 
Formeln  sich  leicht  ableiten  lassen ,  so  dürfte  eine  weitere  Aus- 
einandersetzung derselben  hier  wegbleiben  könnend 


i*i 


1    Die  Gleichnogen  für  die  Ssliedris  lOazigeti  Gestalten  nutse« 
hier  wegbleibeo,  weil  diete  Gettalten  selbit,   wie  «Ute  dem  Folgeadea 


KrystAUometrie.  1231 

Bezeichnung     von     Strahlen« 

Wenn  in  einet  Ebene  zwei  von  einem  Pancte  c  «asgehende 
Strahlen  B  und  D  ihrfer  GrÖEse  und  Richtung  nach  gegeben  sind, 
so  läfstsich,  wenn  man  durch  das  freie  Ende  «von  jedem  eine 
Ldnie  parallel  dem  anderen  Strahle  zieht,  ein  Parallelogramm  bil« 
.  den»  Ein  3ter  Strahl  S  in  dieser  EbeniA,  welcher  vom  Anfangs* 
puncto  der  Ausstrahlung  anfängt  und  die  Lage  und  (ftötse  d^r* 
jenigen  Diagonale  dieses  Parallelogramms  hat ,  für  welche  die- 
set  Anfangspunct  einander  beiden  Enden  ist,  ist  daher  ein  nach 
Lage  und  Gröfse  vollkommen  bestimmter  StrahL  Man  nenne 
den  Strahl  S  den  Gerenstrahl  von  B  und  D  (Diagonalstrahl  vqn 
B  und  D)  und  bezeichne  ihn  durch  £B,D]. 

Geht  von  dem  Puncte  C  ein  Strah}  A  tos  9  welcher  nicht 
in  die  Ebene  BD  fällt,  und  ist  seine  Lage  i^nd  Länge  gegeben, 
so  ist  zwischen  S  uqd  A  ein  Strahl  mt^glicl^ ,  welcher  der  Ge« 
renstrahl  von  A  und  S  ist  und  durch  (A,  S]  oder,  wenn  man 
statt  S  seinen  Werth  setzt,  durch  [A,  B^  D]  bezeichnet  werden 
kann« 

Wenn  die  üichtnngen  von  3  Strahlen  a,  b,  d  gegeben  sind, 
welche,  nicht  in  einerlei  Ebene  liegend,  ^vom  Anfangspdncto 
ausgehen,  und  es  ist  von  irgend  einem  vierten  Strahle  x,  wel« 
eher,  von  demselben  Anfangspuncte  ausgeht,  die  Richtung  und 
GrdCse  bekannt,  so  lassen  sic^  stets  die  Längenwertfae  A,  B  nnd 
D  aufiinden,  welche  den  Strahlen  a,b,  d  eigen  seyn  müssen,  da* 
mit  jener  Strahl  x  ia  Beziehung  auf  die  Strahlen  a,  b,  d  ausge« 
drückt  sey  durch  [A,  B,  DJ. 

Es  sey  ca  der  Strahl  a,  cß^  ier  Strahl  b,  c^  der  Strahl  d||§* 
nnd  cy"  der  Strahl  [A,  B,D}.    Die  Richtungsverhähnisse  die- 
ser. 4  Strahlen  mögen  durch  irgend  beliebige  Winkelangaben  ge« 
geben  seyn,  so  wird  stets ,^  wenn  man 

den  Winkel  aepF  durch' JD  txikA  alclf  \\  (fc9  durch  b, 
-         dcg      -     a     -     äc^  II  Ifcff      -     6, 
-        -         ßcg'      -V  «      -     dtßW  a'cV     .     a 
bezeichnet ,  aus  der  Angabe  selbst  die  Beschaffenheit  dreier  der 
sechs  Stücke  %  29,  S>,  a» &» b  der  Ecke  c^d ^9  so  folgen  müs« 


erbellen  wird,  dem  Gebiete  der  Krystallkunde  fremd  find.  Vergleiche 
übrigene  Bothb:  Ueber  die  regulären  geometriichen  Körper  o.  s,  w. 
in  Kastner's  Archiv  etc.  1&25  £  J.   ; 


1?32  •       Kryatall. 

sen ,  dab  ans  ihnen  sich  nach  den  ^«wMinlichen  Gesetzen  8« 
Eckenlehre  (von  welcher  die  sogenannte  sphärisohe  Trigonome- 
trie e^nen  Theil  ausmacht)  die  übrigen  drei  sich  bestinaimen  las- 
sen. Eben  so  muTs  aus  den  Wiinkelangabeii  über  den  SüaU 
cy  sich  ableiten  lasaien  die  Gröfse  des  Winkels  z'' o^  =^5 
u^d  des  Winkels  /"  c  d*  =  ^  und  aus  $  und  %  und  dem  Win- 
kel 3C  jene  der  Neigungen  /"c/J'  ||  d'c|5'=p  und  ^"^  cdT  [|  ^cif 
^=  t  uud  dann  läfst  sich  aus  p  und  b  die  GrOfse  der  Netgon* 
f"cp  11  /"cijg'  =P  und  aus  t  und'b  d^e  der  Neigung  /"cd"  [|  f  cJ 
s=  T  fiodeq ,  denn  p  +  P  ==:  b  und  t  +  T  =  l^.  Eine  Linii^ 
welche  von  d  aus  senkrecht  auf  cj^T,  und  eine  apdere»  vrelcb 
von  i  aus  senkrecht  auf  c^  gefallt  würden^  müCs.ten  sich  ver- 
balten wie  Sin.  p  :  Sin.  P  |[  da  nun  jene  sich  ausdrücken  lab 
durch  ca.  Sin.  ^  und  di^se  durch  cd* .Sin.  %^  %o  ist: 

G  «  Sin.  C  :  cJT  Sin.  %  =  Sin.  p  :  Sin.  P 
oder  cd  X  cd^'sSin.  %  •  Sin.p:Sin.®  •Sin.P^ 

Eben  so  hat  man : 

cd  ic^  =  Sin.  9  .  Sin,  t  >  Sin. 93 .  Sin.T» 
mithin        A  :  B  :  D  =  cof' :  c^ :  c^z=s 

Sin.  $(  .Sin.p.Sin.  t  ;Sin.  93.Sin.p .  Sin*T>Sin.  S)  .Sin.t«  Sin.P. 
Dab  4®r  WsithA  oderB  aderD,  welcher  einem  sokben^StraU» 
a,  b  oder  d  für  irgend  eine  gegebne  Einheit  siwteht,  positiv 
oder  negativ,  unendlich  grofs  oder  Nnll  seyn,  da£i  er  xattoed 
oder  irrational  sayn  bSnne  u^s,w.^  ist  an  sich  UaTu 

Das  Gerengesetz  oder  Gesetz  Tom  Paral- 
lelogramme  der  Strahlen« 

Es  laust  siQh  iu  der  ^ene  aweier  nach  Zilnge  und  I^aga 
gegebener  Strahlen  B  und  !>,  die  nicht  in  einer  und  derseibett 
geraden  Linie  liegen ,  stets  ein  neuer  ^3ter  Strahl  S'  denken» 
-welche  der  Gerenstrahl  von  B  'und  D  und  daher  nach  Länge 
und  Lage  bestimmt  ist.  Zwischen  S'  nnd  B  ist  daher  abennals 
ein  neuer  Strahl  S"  mtfglioh,  welcher  Gerenstndil  von  S'  ond  B 
ist;  ebenso  entsteht  auch  ein  Geren:stt«dil  S"'  von  S'  und  IX 
Durch  Verbindung  von  S'^  mit  B  oder  D  oder  S''  entstehen  aber^ 
mals  neue  Strahlen  und  es  lafst  sich  auf  solche  Weise  eine 
uneqdliche  Menge  von  Strahlen  nach  und  nach  aus  zwei  sol- 
chen gegebenen  Strahlen  B  und  D  ableiten,  von  denen  jeder 
neue   immer  wieder  Gerepstrahl  ist- von  zwei  älteren,  welche 


KrystalloQietrie,  1233 

sohon  als  OtrenstraUen  yon  wieder  aadern  bef^to  bettimmtea 
Straklen  erkannt  sind  u.  e.  w.  Ein  Gesetz ,  welches  diese  Art  " 
der  Abhängigkeit  irgend  einer  Strahlenmenge  von  einander  und 
von  zwei  ursprünglich  gegebenen  fordert ,  nennt  man  Geren- 
strahlengesetz  oder  Chrengesetz  öder  auch  das  Gesetz  von  /'o^ 
raUelo^ramme  der  Strahlen  K 

Wird  in  der  Ebene  BD  der  Strahl  S  verbanden  mit  dem 

Strahle  B  nnd  der  Gerenstrahl  von  D  und  S  betrachtet,  so  ist 

einleuchtend,  dab  [B,  S]  =3  [2B,  D]  sey.    Ist  z.B«  cVsss  B 

und  cd'ssD,  so  ist  cs^  =  S  nnd  es"  liegt  ab  Gerenstrahl  zwi-f!^^* 

sehen  es'  und  cb'  und  wieder    als  Gerenstrahl  zwischen  cd'* 

isnd  ob"  d.  h.  zwischen  D  und  2B. '  Ebenso  ist  femer  der  Ge« 

renstrahl  von  es"  und  Gb'=3  [3B,  D]  u«  s.  w.     Auf  ähnliche 

"Weise  ist  der  Gerenstiahl  zwischen  es'  und  D=  [B,  2D]  und 

der  von  [B,  2D}  und  D  wird  [B,  3D].     Allgemein  ist  der  6e-« 

zenstrahl  von  [mB,  D}  und  B   nichts  anderes    als  der  Strahl 

[  (m  + 1)  B,  D]  und  jener  von  [B,  n  D]  und  D  ist  [B,  (n  4. 1)  D], 

Der. Gerenstrahl  von  [SB,  D]  und  D  ist  ebenso  =3  [3B,  2D], 

"wie  es  z,  B.  bei  dem  Strahle  c"  s"'  wohl  ohne  ausführlichen  Be-r  i  '' 

weis  einleuchtet,  dafs  er  sowohl  Gerenstrahl  von  cd'  and  es"' 

als  auch  von  od"=s  2D  und  cb'"s=  3B  seyn  müsse. 

Dals  man  die  beiden  gegebenen  Strahlen  B  und  D  auch 
darstellen  könne  durch  ^B,  oD]  den  ersten  und  [oB,  D]  den 
aweiten,  ist  gleichfalls  einleuchtend.  Es  ist  daher  jeder  bishe» 
aus  den  beiden  gegebenen  Strahlen  B  und  D  gerengesetzlich  ab-« 
geleitete  Strahl  in  der  Ebene  B  D  unter  dem  allgemeinen  Zei^ 
eben . [mB,  n D]  begriffen,  so  dafs  jeder  der  Buchstaben  B  und 
D  die  ursprünglich  gegebene  Länge  des  seiner  Richtung  nach 
bekannten  Strahles  B  oder  D  bedeutet,  welche  gleichsam  ala 
Mafa  dient  für  die  in  der  Richtung  von  B  oderD  liegende  Linie, 
während  jeder  der  Buchstaben  m  'oder  n  eine  rationale  Zahl  ist, 
welche  angiebt,  wie  vielmal  dieses  Mäfs  zu  nehmen  sey,  und 
die  man  daher  den  Mafszähler  für  B  oder  D  nennen  kann. 

Sind  nun  irgend  zwei  Strahlen  bezeichnet  durch  [m'B,  n'D] 
und  [m'^B,  n'DI  in  Beziehung  zu  den  beiden  gegebenen  Strah«* 
len  B  und  D,  so  ist  der  Gerenstrahl  von  diesen  beiden  ^ 
[xB,  y  D] ,  so  dafs  x  und  y  rationale  ganze  Zahlen  sind,  wenn 


1    Es  gründet  sich  a6f  dieses  Gesets  die  Iiohre  Tom  Parallelo» 
gramme  der  Kräfte. 


1234  KryttalL 

-l    m',  n\  m'Vn''  ntiöii«!«  ganse  Zahlen  wartn«    Es  may  ■■»«■■ 

8sSicb<"'>=m'B  and  Gd<"<>csii'D  nQdcl^<n»>  ss  ni'B  und  cd^^ 

s=;nD,  60  ist  ca  s=  [m'B,  n  D]  und  es  s=  [m^B,  n^D].  D« 

Gerenstrahl  c  Jl?  von  co  and  es  ist  nun  sagleiah  Gereastralil-  tw 

cbW  und  cd^y>.  Abe^  cbc«^=cb  c»*)  +  bc»0  b«  =  cb^^^  +  cb<^, 

dennb^'>  b<^)s=ar  s=;  cb^"^">y  wsil  das  Dreieckar^  ^dea 

Dreieck  cb^'^'^s,  wie  leicht  einzusehen  ist;  daher  ist  cb^  = 

m'  B  +  m" B  =  (m'+  m") B  and  ebenso  c d <7>  =  n  D  +  n'D 

=  (n'  +  n'OD,  folglich  p2=  [(«' +«')B,  (n'^-n^JD], 

£s  läfst  sich  daher  jeder  zu  den  beiden  Strahlen  B  und  0 

.    in  gerengesetzlicher  Abhängigkeit'  stehende  Strahl    «asdzücktt 

durch  [mBy  nD],  so  dab  B  und  D  die  gegebenen  WerUio^f« 

B  und  D,  die  GrüCsen  m  and  n  aber  latioqale  Malsaüilüttr  fir  B 

and  D  sind« 

Dafs  nuQ  auch  umgekehrt  jeder  Strahl,  welcher  auf  aolcb 
Weise  durch  [mB,  nOJ  ausgedrückt  werden  kana,  an  gerea* 
-gesetzlicher  Abhängigkeit  von  B  und  D  stehen  müsse,  ist  leick 
einzusehen. 

Wenn  eine  Gesammtheit  von  Strahlen  gegeben  ist ,  weicht 
in  gerengesetzlicher  Abhängigl^eit  von  swei  ursprünglich  gegS' 
benen  Strahlen  B  und  D  stehen  ( d.  h.  eine  Gesammtheit  vm 
Strahlen,  deren  jeder  durch  das  allgemeine  Zeichen  £yB,  zD] 
dargestellt  ist,  so  dals  y  und  s  rationale  Mabzähler,  B  ondB 
aber  die  Malse  .der  ^wei  ursprünglich  gegebenen  Strahlen  äai\ 
so  ist  jeder  einzelne  Strahl  darunter  in  gerengesetzlichM*  Ahhoi* 
"  gigkeit  von  je  zwei  beliebigen  andern  su  derselben  Gesamint« 
heit  gehörigen  Strahlen  ß  und  d  ( d.  h.  lälst  sich  auadrückMi 
durch  l^ßf  ^d],  so  dafs  y/  und  f  rationale  MabzäUer  aind 
und  ß  und  i  die  Werthe  bedeuten ,  welche  den  Strahlen  ß  and 
i  vermöge  ihrer  gegebenen  Abhängigkeit  von  B  und  D  sastelieq)^ 
JjjgDenn  es  My  ob^*>  =  xB  und  cd^y>s=yD;  ferner  aey  die  Länge 
voncgs:  p.ir  und  jene  von  ca  =t«T,  so  dab  n  ein  Strahl  ia 
c  a  und  x  ein  solcher  in  c  s  liegender  ist  und  n  =  [  m'  B,  n  D] 
und  x=s  [m^'B,  n'D],  so  ist  ca  =^[p,m'Bj  p.n  D]  und  es  =s 
[t .  m'^  B,  t .  n"  D]  ;  femer  sey  c  o  und  c  s  so  bestimmt,  dafs  c  J 
Gereoatrahl  von  es  und  ca  ist.     £s  mula  daher 

Cp.m'  +  t.m")  B  =s  xB 
und  (p.n    +  t.n")  D  =s  yD 

oder  1)  m'.p  ^-  m".t  =  x 

2)  n.p  +.  n'.t    =  y     seyn. 


Dftimai  folgt 


Kryatallometrie.  1235 


3)    p  =  — r-» zyrr 


k    -^  m  n 

fto  dab  ab0  p  und  t  raiioiiale  Zahlen  sind ,  wenn  m',  V,  tn^',  n^', 
X  nnd  y  rationale  Zahlen  eind«  Strahlen,  weloh«  in  gerengesefii«' 
licher  Abhängigkeit  von  zweien  nnter  ihnen  etehen ,  sind  daher 
auch  in  gerengeaetzlicher  Abhängigkeit  von  je  sweien  unter  ihnen, 
Wenn  3  von  einem  Puncte  c  ausgehende  Strahlen  A»  B,  D 
gegeben  sind ,  die  so  liegen ,  dafs  nar  je  zwei  in  eine  Ebene 
und  nicht  zwei  in  eine  nnd  dieselbe  gerade  Linie  fidlen ,  so  ist 

A  =  [A,  oB,  oD] 

B  =  [oA,  B,  oD] 

D  =s  [oA,  oB,  D] 
nnd  aofser  [A,B]  =  [A,  B,  oD] 

[B,D]  =  toA,B,D] 

£A,D]  =  [A,oB,D] 
hat  man  hier  noeh  den  Strahl  [A,  B,  D},  so  dafs  jejfer  von  die* 
sen  7  Strahlen  dem  Zeichen  [lA,  mB,  nD]  entspracht,  indem 
1,  m  nnd  n  rationale  Zahlen  bedeuten ,  weil  Null  und  Eins  ra- 
tional sind,  während  A,B,  D  die  einbchen  Maße  der  ihrer  Lage 
nach  gegebenen  ersten  drei  Strahlen  slhd« 

Fährt  man  fort  durch  Verbindung  von  )e  zwei  bereits  Be^ 
sämi^teB  Strahlen  im  Ranme  immer  ein^  neuen  Strahl  -  zu  be-». 
stimmen  I  welcher  der  Gerenstrahl  dieser  beiden  ist,  so  erhält 
man  eine  unendliche  Menge  von  Strahlen ,  die  in  gerengesetz- 
licher  Abhängigkeit  von  den  drei  zuerst  gegebenen  Strahlen 
A,  B,  D  stehen ,  von  denen  jeder  daher  sich  ausdrücken  lÜst 
durch  das  allgemeine  Zeicheii  [tA,  mB^  nD],  so  dafs  1,  m,  n 
irgend  drei  rationale  Mafszähler  ^nd ,'  wenn  A,  B,  D  die  ur- 
sprünglich gegebenen  Mafse  der  drei*  gegebenen  Strahlen  sind« 
Es  ist  nämlich  auch  hier,  wie  leicht  einzusehen,  der  Gerenstrahl 
von  [l'A,  m'B,  n'D]  und  JT A,  m"B,  n'Uj  wieder 

=  [a'+nA,\m^+«n'')B,  (u'+n'ODJ. 
Ist  z.B.  CVS  [TA,  m'Bj-n'D],  mithin  cass  TA  und  cb=s. 
m'D  und  cd  ==  n'D,  ferner  cw  =;=  [r  A,.m''B,  n'P]  =;: 
[ca,  eß,  cd]  und  et  =  [ca,  c6,  cb]  =  [xA,  jrB,  zD], 
so  ist  cd  As  ca  4"'  ^9  weil  aber  die  Ebene  Ht  i|ji  aw-ipav  0  b  d 
und  die  lime  c  v  t*wt  nnd  c  v  a^  wt  isttind  cra  dieaelbe  Rieh- 


1236  KryttalL 

tnng  hat  vne  ca,  so  ist  aa  =  ca,  folglich  ca  =  ca  -4-  «&  = 
(r+O  A.  '  Ebenso  ist  e6  ^  cb  +  c/J  =  (W  +  in')B  a 
jcb  =  cd  4"  <^'  =  (n'-|-n'')D.  Wenn  also  Strahlen  imRaiB 
ili  gerengesetzUcher  Abhängigkeit  yon  drei  gegebenen  nidf  i 
einerlei  Ebene  liegenden  Strahlen  A,  B,  D  sind,  so  lassen  » 
sich. ausdrücken  durch  [lA,  mB,  nD]  ,  so  dab  1,  m^  n,  A^Ik,§ 
die  bereits  erwähnte  Bedeutung  haben. 

Umgekehrt,  läfst  ein  Strahl  sich  auf  solche  Weise  a 
drucken  durch  [lA,  mB,  nD],  so  ist  er  in  gerengesetzHckr 
Abhängigkeit  von  A,B,D* 

Ist  eine  Gesammtheit  von  Strahlen  gegeben ,  deren  jeder  k 
gerengesetzUcher  Abhängigkeit  steht  von  drei  derselben  A,B,Ii 
die  nicht  in  einerlei  Ebene  liegen,   so  ist  jeder  einzelne  zu  die- 
ser Gesammtheit  geh(5rige  Strahl  in  gerengesetzUcher  Abhang^ 
keit  von  je  drei  unter  diesen  gegebenen,  die  beUebig,  jedoch» 
zu  wählen  sind ,  dafs  nicht  zwei  in  eine  gerade  Linie  and  nidt 
alle  3  in  einerlei  Ebene  faUen.     Es  sey  nämUch  gegeben 
ein  Strahl  a  =  [l'A,  m'B,  n  D] 
.        -      P=  [1"A,  in"B,  n'DJ 
...      y=  [r  A,  m'"B,  n'"D] 
«      d  =  [1*^  A,  m»^B,  n»^D], 
so  ist,  wenn  man  d=3  [x«,  y/J,  z/]  setzte  ein  Strahl  m^iid^ 
ao  dals 
f  =  [x«,  y^]  =  [(xV+yr)  A,  (xm'+ym'OB,  (xn'+yn'-jBJ 

Da  nun    d=  [xa,  y/J,  zy],  so  ist  auch  d=s  [9, 2,yJ 

=  [Cxl'+yr+2ir'')A,  (xm'+ym"+zm"')^,  (xn'+yn"+zn'^;D} 

Man  hat  daher 

1)  l'x  +  r'y  +  r'z  =  l^ 

2)  mx  +  m'y  +  m'"z=  m^ 
S)   n'x  +  n'y  +  n "z  =  n»^ 

(V  m "  n"'+  m'  u '1'"  +  nT  m'")  —  (a  mT^+m'!^'  n  '  +1'  a"  m*") 

Crm'-'n'  +  in"n'"r.4-  ii"r'm')  —  (n"m'"r  +  m"l'"ii'  +  ra'"'«) 
-T  (ym'uir.  ^  m^n'^ly  H*  n*rm>T)  ^  (n'm"h^ -j^m'V'n^r  ^  ra"»«^) 


Kryaiallometrie.  1237 

lo  dafs  also  in  dem  Aiisdracke  8s=s  [xOf  yß^^/i  di^  Wertho 
7on  Xy  y  und  z  rational  sind,  mithin  aach  8  in  ^orengesetzlicher 
M>h&ngigkeit  von  a,  ß  und  /  steht,  wenn  a,  ß^  y  und  d  in  ge*    « 
rengesetzlicher  Abhängigkeit  von  A,  B,  D  sind* 

Wird  !»▼  csa  1 ,  m*^  s=:  n**^  =s  0  und  der  gemeinschaftliche 
Nenner  in  den  d)rei  Ausdrücken  fiir  x,  y  tuxd  sssN  gesetM, 
id  wird 

B  m     — •  m  n 


N 
n"'m' 

y  = N 


n    m   —  m    n. 


m  n 


N 


n   m    — m  n        n    m  — m   n  ^  n  m  — m  n 


BHud  man  hat 

Auf  Umliche  Weise  erhält  man  für  m*^  xa  1  und  a*^  =  l«^a=  0 
das  Zeichen 

n-«-nl  in  —  ni^ln  —  n- 1       r™.  /    . , 

— « «» N ^^  —- N—  d     ■' 

änd  fiir  u^=:  1  und.!""  =:  m*^  =  0  das  Zeichen  ^ 

_^         rm   1    —  im  ml— -im^    ml— "Im  | 

D  «   L— «,   5J |J,    JJ-^.f  J,; 

SO  dafsi  wenn  die  Zeichen  vieler  Strahlen  zu  übersetzen  sind 
aus  einer  Form  wie  [!»▼  A,  m>\B,  n'^D]  in  eine  andere  wie 
Fxa,  y/J,  2y]j  man  nur  nöthig  hat,  den  Ausdruck  für  A  mit 
dem  jedesmaligen  Werthe  von  1»"^  in  allen  Gliedern  zu  multipli- 
ciren,  um  l'^A  zu  erhalten  ,  und  ebenso  rn^^B  und  wieder  n^^D* 
zu  bilden  und  die  drei  so  gefundenen  Ausdrütke  gliedweise  zu ' 
addiren,  wonach  dann 
1^  A  =s 


r   „/l"n"'-n'T"\         ,  /l"V-n"'I'\,      ^/l'n"-n'l"\    1 

[„/m"l"'-rm"'\  /m'"l'-rm'\^     „/mT'-lWx    1 


1238  KrysUll. 

p"Ä,  m«^B,  »»»DJ  =s 

{l''(n"m"'-in"ii"')4-  in«^(r'n'"-i/'n+  n«'C«"l"'-l"m'^ 
" — ' — " Tl ^ 

l«'Cn"'m'— m''V)4.in«'(l'V— n"'r)+  »»'("'"r— r-'m')   . 

■■ -^ — : ^— ^ft 

jf  . /J. 

Wenn  blofs  von  iet  gereirgesetzKchen  Richtang  der  Snah- 
len  die  Rede  ist ,  so  kann  N  vernachlässigt  werden  und  es  ist 
denn  die  Aufgabe,  für  stfmmtliche  Strahlen  eines  gerengesetxfi- 
chen  Strahleni^ereins,  welche  in  Beziehung  zu  drei  urspriingKcb 
gegebenen  Strahlen  A,  B,  D  bezeichnet  sind  |  die  neue  Bezeick- 
Dung  zu  finden,  bei  welcher  drei  andere  von  diesen  StFaUeB 
a,/},;^  als  die  der  Bezeichnung  zum  Grunde  liegenden  engenoBH 
men  werden  sollen ,  ungemein  leicht  aufzulösen. 

.  Wenn  eine  Verbindung  von  mehreren  Strahlen  in  einer 
Kbene,  deren  jeder  von  je  zweien  ^derselben  in  gerengeeetxliciicr 
Abhängigkeit  steht ,  mit  einer  zweiten  solchen  Verbindung  von 
in  derselbeüEbetfe  liegendün Strahlen,  deren  jeder  von  je  zweien 
nnter  diesen  in  gerengesefslicher  Abhängigkeit  steht,  von  einen 
und  demselben  Mittelpuncte  ausgeht,  und  es  sind  unter  der 
Verbindung  dieser  beiden  Strahlengruppen  zwei  nicht  in  einerltt 
gerader  Linie  liegende  Strahlen  Vorhanden ,  deren  jeder  sowoU 
von  zwei  Strahlen  der  einen  Gruppe ,  als  auch  von  zwei  Strah- 
fen  der  andern  Gruppe  in  gerengesetzlicher  Abhängigkeit  steht, 
80  verhält  sich  jeder  Strahl  des  ganzen  nunmehrigen  StraUen- 
vereins  gerengesetzlich  zu  je  zwei  Strählen ,  die  demselben  an- 
gehören ,  d.  h.  beide  Vereine  bilden  dann  einen  einzigen  gererk- 
gesetzlichen  Strahlem^erein  in  der.Ebene* 

Von  ein^r  Gesammtheit  von  Strahlen  im  Räume  (d.  h.  die 
nicht  alle  in  einerlei  Ebene  liegen) ,  deren  jeder  von  je  dreien 
derselben  in  gerengesetzlicher  Abhängigkeit  steht,  kann 


1  Da  es  tich  ron  telbtt  yertteht,  dafs  zwei  Strahlen,  diirdi 
welche  npae  Strahlenrichtangen  bestimmt  werden  sollen,  nicht  in  eiat 
gerade  Linie  fallen  dürfen,  so  mag  diese  Bestimmung  wegfallen. 
Bbenso  rersteht  es  sich  von  selbst,  dafs,  wenn  durch  S  gegebeoe 
Strahlen  neue  Strahlen  bestimmt  werden  sollen,  die  nicht^alle  in  eine 
Bbene  fallen,  nach  nicht  mehr  aU  zwei  derselben  in  einerlei  Sbeae 
liegend- "gegeben  sejd  dürfen.  £s  kann  daher  aneh  dieser  fieisata 
▼eroaihlassigt  werden. 


KryjtsUometrie.  1239 

sag^n,  ria  gahtfreo  ra  e,inMi  und  €lmnuiUn  g9rengMaMÜcb$n 
Strahlenpertine  im  Räume. 

"Wenn  zwei  geretigesetzliche  StTahlenvereine  im  Ramne  mit 
•«inander  varbunden  werdeii,  so  dab  sie  einen  gammnaaman 
Mittelpuno^  haben ,  und  e$  sind  dann  unter  der  so  verbundenen 
Sbahlenmaiige  drei  Strahlen  vorhanden ,  deren  jeder  sich  geren- 
gesetzlich  verhalt  zu  drei  Strahlen  des  einen  der  beiden  Vereine 
so^QTohl,  ab  za  drei  Strahlen  des  andern  Strahlenvereios ,  so 
Iniden  beide  Vereine  zusammen  einan  einzigen  gr($Jseren  garen« 
gesatzliohan  Strahlenverein» 

Wann  zwei  Strahlen  b  und  d  einen  Winkel  c  bilden ,  des« 

^aen  Cosinus  ss  q^ist,  Qud  die  LSnge  von  h  durch  B,  die  von  d 

dnroh  D  ausgedrückt  wird ,  so  ist  der  Strahl  [B,  DJ  an  Lange 

=  T^B«  +  D*4-2BD.q,  und  wenn  sein  Winke!  mit  b  durch  x 

und  jener  mit  d  durch  y  bezeichnet  wird ,  so  ist 

Sin.  X  :  ri  — q^  =  D  ;  Kb»+D^ +2BQ.q 
.       Sin.  y  :  A  — q*  =«  B  :  Kß^+D^  +  aBD.q 

Cos.  (x  4-y)  ~  q* 

Wenn  D  s=bB  ist^  so  'wird  die  Länge  des  Strahls  [B,  DJ  oder 

.     .  S  =  B  r2a+.q).  ■ 

Dw  Weirth  von  S.wird  daher  nur  danb  rational ,.  wenn  1  4*  4 
•aine  ungerade  Potenz  von  2  d# h.  sss  2 '" "*"  ^  ist;  es  wird  dann 
q  Ä=  ,2 **■*■*  -rl  seym  Von  den  Winkeln,  welche  bei  pglie- 
drigen  ebenen  Strahlensystemen  am  Mittelpuncte  die  bezeich-^ 
senden  Winkel  für  zwei  eb^pbildliche  Strahlen   sind»   deren 

3gQ0 

jeder  =  ist,  so  dafs  p  eine  ganze  Zahl  bedeutet,  haben 

blofs  folgende   die  fragliehe  Eigenschaft :     1)  —r— ,   dann  ist 

q=4.1  und  l+q  =  2«;  ferner  *2)  ^  =  ISCT,  denn 
Cos.  ISO*  =—1,  also  ^1  +  1=50,  «o  dafa  S=0  wird,  und 
3)  ^=120*,  denn  Cos.  120*=— *,  also  l  +  q=xl  — J 

=s4.=s2-S  also   S=B»     Jeder  andere  Winkel,  Welcher 

360 
=  —  Graden  ist,    hat  einen  irrationalen  Cosinus.  .  Es  folgt 

P 
hieraus ,  dafs  bei  1  -  und  mmafsigen  Strahlensystemen ,  deren  m 
:grö£ser.als  3  ial#  Üe  Gasammtheit  der  ebenbildlichen  Strahlen 
V.  Bd.  Rkkk 


1240  KryatalK  ! 

einez  Axt  nicii  tu  einem  und  demselben  gerengv^eiaiickmSbi 

'     lent^ereine  gehören  könne. 

-^Bei  den  2fach  3gliedrig  Setrahligen  Äxensjstemei  Ui 
die  4gli^ngen  StnKlea  eihen  gereogesetslichen  StiaUeBToi 
im  Räume ,  einen  2ten  bilden  die  2gliedrigeii  und  eineo ) 
die  3glicdrigem  Ob  alle  drei  Arten  von  Strahlen  za  eines  i 
demselben  gerengesetzlichen  Strahlenvereine  gehören,  haogti 
dem  Läxigenverhältnisse  derselben  ab.  bt  a  s  R  :  r  =  if 
•  y  Y"^  i  z  und  sind  x^  y  und.  z  rationale  Mafssählerj  so  ge^i 
sämmtliche  Strahlen  a,  R,  r  zu  einerlei  gerengesetzlichem  Sia 
lenvercinew  Wie  dieser  Satz  auf  alle  Sgliedrig  4axigen  StnU 
Systeme  anzuwenden  sey,  bedarf  keiner  besondern  Erbiileni 
In  den  3gliedrig  20strahligen  Systemen  gehören  i»edcii 
Sgliedrigen  Strahlen  zu  einem  und  demselben  gerengeseti&c) 
Strahlenvereine  l  noch  ulle  2gtiedrigen  /  noch  anch  alle  ^ 
drigen ,  daher  ist  es  auch  unmöglich,  dafs  die  Gesammtheit^ 
Strahlen  aller  dieser  3  Arten  zu  einem  und  demselben  getoi 
setzlichen  Strahlen  vereine  gehöre.  Wenn  durch  je  zwei  Stni 
len  eines  gerengesetzlichen  Strahlen  Vereins  eine  Ebene  ^A 
wird)  so  liegt  diese  so,  dafs  jede  ihr  [»arallele  Ebene  je  i 
nicht  in  einerlei  Ebene  liegende  Strahlen  des  Vereins  so  st^ 
det,  daCs  das  Verhältnils  derselben  =it:la  t  mß  z  nd  ist,  i* 
a,  ß  und  'd  die  deil  drei'  fraglichen  Strahlen  zugefatfrigea  ' 
fachen  gegebenen  gerengesetzlichen  Werthe  und  l^m^n  r*^ 
nale  Mafszähler  derselben  sind« 
Figr  Es  sey  co  die  Richtung  des  Strahles  m  und  ciriiic'' 
^^- Strahles  ^  und  ct  die  des  Strahles  j.  Die  beiden  Strahl»^ 
und  S'\  von  denen  man  Weifs^  dafs  sie  .der  fragUchenEba 
parallel  liegen ,  seyen  in  Beziehung  auf  a,  ß  und  d  g^ 
durch  die  gerengesetzlichen  Formeln  fL'a,  M'/?  |N'i]  d«  ert 
und  [L"a,  M"/J,  N"  J]  der  andere.  Da  es  hier  blofc  vÜ 
Richtung  dieser  beiden  Strahlen  ankomnit,  so  kann 

.  S'  =  [«,  g/?,  ^d}  und  S"  =  [«,  ~ß,^.i] 

gesetzt  werden»    Ist  nun  co  3=  a  utid  os  =  p-^  und  oc* 

-j-Tj  ß  und  or  =  r-7  J  und  o^  =  pjiJ,    so  ist   S'säcI  • 

S"=  et/'.     Die  durch  c  g  und  c^  gelegte  Ebene  gehörig  ef«« 
tert  ist  t  c  p.  Ihr  parallel  sey  die  Ebene  t^it^  ^•ist  ey:  cn-^ 


Kry«talIometrie.  1241 

=:  o  c  :  o  p  :  o  t.    Es  ist  nun  otssor*!*  ^t  =  r-,<f  •{-  tt, 
"■ber,  rt  :  iS  t=s  $z  :  z^'oder 

tt  :  08  =  (or  —  o(f)  :  (oo  —  os) 

b>f        '*  —  L'  Vm"L'-M'L'7  * 

^*^U'  "*"  L'VM"L'-M'L";r-  iM"L'-M'L'7 
^.       ot  :  op  r=  (N'L"—  N"L')«  :  (M"L'-  M'L")  |J 
{=  (M"L'— M'L")/?  /M"N'-M'N"\        /M"N'-T»I'N"'^  ^ 

*  P       (N'L"— N"L')<J  \M"L'—  M'L'7        VN'L"— i\"L7  '^' 
iaher  ist 
•^  M"N'— M'N"  -     ArN'-^]\rN"  ,. 

'1^  VM"N'— M'N'7  "  *  N'L"-N"L'  ^  '  M"L'— M'L"  ^" 

'^a  nnn  c/  in  die  über  den  Mittelpunct  c  hinaus  gehende  Verlän- 
^'»ening  von  «fällt,  so  ist  cy  negativ,  wenn  co  positiv  war; 
i-laher  schneidet  die  FlSche  xny  die  drei  Strahlen  a,  /$  und  J  in 

l*m  Verhältnisse  1  a  :  m  ^  :  n  d  =3 

'Cm'N''— W"N7  "  ;  VkL"— N'L'j  ''  ■  (l'M"^L'M7*' 

Dafs  diese  Gleichung  diene,  um  das  Zeichen  (I  a,  nx^,  n  S) 
einer  Flache  zu  finden,  wenn  man  die  Lige  von  zwei  in  ihr 
iiegenden  Kanten  kennt,  so  dafs  die  diesen  Kanten  parallelen 
Strahlen  als  durch  [L'a,  M'j5,  N'«J  und  [L'a,  M"/?,  N"^]  aus- 
gedrückt betfachtet  werden  können,  bedarf  kaum  erinnert  2a 
virerdftn. 

Eine  Gesammtheit  "TonPläfchen»  deren  jede  zwei  nicht  in 
einerlei  gerade  Linie  fallenden  Strahlen  eines  gerengesetzlichen 
Strahlenvereins  im  Räume  parallel  liegt ,  Qder,  was  dasselbe  ist, 
deren  jede  sich  in  Bezieliung  zu  drei  nicht  in  einerlei  £bene 
liegenden  Strahlen  des  Vereins  ausdrücken  oder  bestimmen  läCst 

Kkkk  2 


1242  Krystall, 

durch  ein  gerengesetzllches  Zeichen  {la^  tnßi  n8y\  heilse 
gerengesetzlicher  Flachenv.erein»  Gleichwie  zwei  oder  mefarac 
gerengesetzliche  Strahlenvereine  von  einem  gemeinsamen  Alittd- 
puncte  ausgehen  können  ^  ohne  deshalb  nothwendlg  sa  ein 
und  demselben,  greiseren  gerengesetzlichen  Strahlen  vereine 
gehören,  so  ist  dieses  auch  bei  den  .diesen  Strahle nveveiiMi 
entsprechenden  gerengesetzlichen  Flächenvereinen  der  FalL 

Wenn  2  Ebenen  in  Besiehung  zu  drei  gegebenen  Sdrahk 
sich  durch  gerengesetzliche  Zeichen  ausdrücken  lassen ,  so  k 
ihre  DurchschifAtsIinie  einem  Strahle  parallel,  welcher  sich  sa- 
ner  Richtung  nach  in  Beziehung,  tu  denselben  drei  StraUa 
durch  ein  gerengesetzliches  Zeichen  ausdrücken  lafst« 

Die  Zeichen  beider  Flachen  in  Beziehung  zn  den  ddi 
nach  Lage  und  Länge  gegebenen  Strahleii  a,  j3,  d  seyen 

Da  es  hier  blofs  auf  die  Richtung  der  beiden  Flächen  ankon^ 

(V  V      y^ 

<*i  "^  ßi  ~~r  ^  \    *"*^    diö   xwan 

Ci"      r  N 
a,  —TT  i^f    "77  ^  )  ausgedrückt  werden.  Sind  dann  ci» 

f^'cB,  cD  die  Richtungen  der  3 gegebenen  Strahlen  nnd  ca  s«^ 

cb  =  -7  /^  cb'  =  -~7^  ^y  cd  =  -7  ^  und  cd'  =  -^Lm 
m  m  n  n 

ist  abd    die  eine  und    ab'd'  die    andere  Fläche  and  ax  dk 

Di]^rchschnitlskante  beider*     Wird  xy  parallel  De  und  xspe> 

raHel  B  c  gezogen ,   so  ist  die  Kante  a  x  parallel  einer  Axe,  is 

welcher  die  beiden  Strahlen 

[ca,(— cy),  (— cz)]  und  [(— ca),  cy,ca] 

liegen«    £s  ist  aber  c  a  =  a  und 

einerseits 


xy  :  yb'  zz  cd'  :  cb' 

cz  :  (cb'  —  cy)  rz  cd'  :  cb' 

(r  \      l"       Y' 


cz 


n\ß .cz  +  m\d  .cy=z VßÖ 


andererseits 
xz  :  dz  zi:  cb  :  cd 
cy  :  (cd  — cz)  =  cb  :  ci 

cy  :  (^d^cz)=Lß:il 


n.ß.  cz  +  m'.  d.  cy  =  t  ßl 


1    Ein  Zeichen  (I«,  m>5,  n  ^)  iit   nicht  garengesttzUchf 
di«  Mafszähler  I,  m»  n  nicht  rational  iind. 


Kryatallometrie.  1243 

_  ~m"iA'ßd+tn'S.l"ß9  _  /TW—  Ym"\  . 

"  -      n"ß.m'd~B'ß.m"d \m'n''-m"n'J  * 

— n'l»  .  r'/?3  +  n"|>  .  Vßd  _  /-l'n"  -,  r'n'N  ^ 
mo.J)p-*-ino.tip  Nm  n  —  m  n  y  *^ 

D«her  üt  (-^  ca)  :  cy  :  es 

-r-77 37-7    j  ^    :    {    -/-7/ 77-7    J     0- 

mn — may*        V.mD  — m  ny 
Es  sind  daher  die  beiden  der  Kante  parallelen  Strahlen  beatimmt 
3urch: 

I —  ca):cy:ca=i:  (m'n '-»  m"n')  « ':  (n'l" — n'T)  ß :  (l'm" —  TmO  ^ 
5  a ;  (-  cy) :  (-  cz) n  (m"n  — ni'n")  a :  (n*'!' — n'O /?:  (VW— -f^Nn") i- 
Die  Kanten  rpn  Gestaheny  deren  Flachen  zu  einem  und 
lemselben  gerengeaetzlichen  Flachenvereine  gehören,  liegen 
ieninach  parallel  mit  Strahlen ,  die  zu  dem  bestimmten  gerenge- 
retzlichen  Strahlenvereine  gehören ,  von  'W'elchem  die  Lage  der 
dächen  des  Flächenvereins  abhängt.  Wenn  ein  gerengesetzli- 
;her  Strahlenverein  in  Ser  Ebene  gegeben  ist,  so  läfst  sich  zu 
edem  der  Strahlen  desselben  ein  senkrechter  Strahl  in  derselben,  ' 
Ebene  bilden.  Die  Gesaimmtheit  dieser  Strahlen  bildet  unter 
pcb  gleichfalls  einen  gerengesetdicben  Strahlen  verein, 

Ist  nämlich  ob  ein  Strahl  des  gegebenen  Strahlenvereins ^^* 
;r  X  «  b  und  c  d  ein  zweiter  ;=:  y « d ,  so  liegt  b  d  einem  Strahle 
[  ( —  X .  b  ) ,  y .  d  ]  parallel.  Wird  cy  senkrecht  auf  b  d  und  c  i 
senkrecht  auf  cb  und  c|S  senkrecht  auf  cd  gezogen ,  dann  z.B. 
lurch  d  die  Sy  jji  aß  und  durch  y  die  yß^  cd  gelegt ,  so  ist  das 
Dreieck  cdd  cv?  c^b,  daher  der  Winkel  dcd  ^  ^ch  rrk; 
luch  iat  das  Dreieck  did  ro  oibro  ric,  daher  der  Winkel 
iddznibci^ricrirrq}  und  weil  das  Dreieck  crn  cu  crd^ 
lo  ist  auch  der  Winkel  ncrizcdrsu.     Nun  ist 

)d  :  cb  zz  Sin.  q  :  Sin.  u 
zß  t  cd  zu  Sin.  q  :  Sin.  u 

.,..,  =  .....  =  A.^  ^  Q)Q  ,  (IXO- 

Wenn  also  im  gegebenen  gerenges etzlichen  Strahlenvereine 
feder  Strahl  von  den  beiden  Bestimmun'gsstrahlen  b  und  d  so  ab- 
hängt, dafs  er  durch  ein  gerengesetzliches  Verhältnifs  ( — xb):  yd 
seiner  Lage  nach  bestimmt  werden  kann ,  so  wird  der  auf  ihm 


1244  KpystalL 

senkrechte  voq  den  auf  b  find  d  senkrepliten  StraUen , 

t  >        t  ' 

deren  Mabe  ?--  und  ^  sind,  abhängig  duKb  das  gereogesetzlicb 

1111  i 

Verhahnifs  —  .  7-  :  —  •  —. 

•'ig.  X       b       y       d  .  ' 

3^.  Es  aeyen  c  a ,  c  b ,  c  d  irgend  3  von  e  ausgehende  ,  nicht  ia 
einerlei  Ebene  liegende  Strahlen ,  deren  Richtung  bekannt  noi' 
deren  Längenverhältaifs  durch  xa  :  yb  :  zd  gegeben  ist.  Mtf 
lege  durch  je  2  derselben  eine  Ebene  und  mit  jeder  von  dieses 
Ebenen  parallel  eine  2te  durch  das  Ende  des  Strahles,  der  nkk 
in  jenei  Ebene  liegt ,  so  entsteht  ein  Parallelepiped  a  g  <•  £ioi 
Eben^rwelche  senkrecht  ist  zu  einem  jener  3  Strahlen,  ist  a&ck 
senkrecht  zu  den  3  Übrigen  Kanten  des  Körpers,  welche  dieses 
Strahle  parallel  liegen,  und  auch  senkrecht  zu  den  vleir  EbeDM, 
deren  Durchschnitte  jene  Kanten  sind.  So  ist  z.  B.  die  durcb  c 
gelegte  Ebene  ciou,  wenn  sie  senkrecht  auf  ca  ist,  auch  senk- 
recht auf  df,  gh  und  be  und  auf  die  Ebenen  cf,  ce,  dhiu^ 
b  h  und  auf  jede  Ebene ,  welche  sich  mit  einet  von  diesen  ia 
einer  Kant^  schneidet,  die  parallel  mit  ca  ist;  daher  ist  se 
auch  senkrecht  auf  die  Ebene  dff  e  b,     Linien,  welche  von  c  aai 

«  senkrecht  gefallt  werden  auf  eine  der  Ebenen,  denen  derSmU 
ca  parallel'  liegt,  müssen  daher  in  der  Ebene  cioa  liegen  und 
senkrecht  seyn  auf  die  Durchschnittslinien  dieser  Ebene  mk 
'  ümen.  Die  Durchschnittslinie  von  dh  mit  co  ist  aber  00,  £« 
von  bh  mit  CO  ist  ciund  die  von  fb  mit  co  ist  ui*  Es  stj 
cd  senkrecht  auf  uo,  so  ist  sie  auch  die  einzige  von  c  ans  mdg- 


1  Zu  ihm  gehoVen  die  Flächen  ah  =  (xa,  «ob,.  00 d)  and  bh 
=  (40a,  yb,  eod)  und  dh=(oea,  oobySd),  weil  jede  denelbci 
zweien  der  Strahlen  a,  b,  d,   -Vielehe  als  zu   einem  gerengesetzüchet 

«Strahlenvereine  gehörig  betrachtet  werden  können  oder  eioedei  ge- 
rengesetzlichemFlächeavereine  angehören,  parallel  liegt.  Zu  dcmtel* 
ben  FlächenTereine  gehören  auch  Flächen,  die  aU  Schnittebeaea  duck 
je  vi^r  Ecken  betrachtet  werden  könaen,  wie  febds=(ooa,  yb,  zd\ 
daeg  =  (za,  00b,  cd)  und  f  abg  =  (xa,  yb,  oed)  ond  fencr 
die  Schnittfläche  durch  die  dr^i  £cken  a,b,d=  (xa,  yb,  zd)* 

2  Ebenen ,  denen  ein  Strahl  x  parallel  liegt,  nennt  man  Sanlea- 
flächen  der  Axe  x,  weil  sie  die  Bedeutung  von  Säulenflächen  erhalte% 
wenn  x  die  Bedeutaifg  der  Axe  (d,  h.  der  Hauptaxe)  erhält.  Die  Ge- 
sain mtheit,  der  Säulenflächen  von  x  bildet  die  Säule  von  x  oder  Zoae 
ron  X  {zona)* 


KryatalloBs^trie.  1345 

iicK»  auf  die  Eben«  d  h  «eDkre^fato  Linie ;  ihre  Richtung  be- 
^anmt  daher  die  Richtung  der  Ebene  dh  und  u'mgekehrt.  JVfau 
imim  eie  den  IV^äger  oder  dU  NormaUder  Ebene  dfa  nennen. 
Lben  so  ist  dann  cßdet  Träger  von  bh  und  cy  der  Träger  von 
>  £.  Vergleicht  man  die  Träger  einer  Gesammtheit  von  J^ächen, 
lie  zu  einem  gerengeeetzlichep  Flächeqvereine  gehören,  mit 
rinander  und  mit  dem  gerengeaetzlichen  Strahlen  vereine,  wel-^ 
»Imen  die  den  Kanten  des  Flächen  Vereins  parallelen  Strahlen 
€£de  kanlentAümiichen  Strahlen)  bilden ,  so  findet  man  folgende 

1)  Die  Träger  derjenigen  untev  diesen  FUicheni  welche 
>äalenflächen  ^ines  und  desselben  kantenthümlichen  Strahles 
ind  (einer  und  derselben  Säule  oder  Zone  angehören) ,  bilden 
finen  ebenen  gerengesetzlichen  Strahlen  verein.  Es  seyen  z.  B, 
^ej^eben    die   Flächen   fg:zi(ooa,    oob,    zd)    und    bh  iz: 

ooa,  yb,  00 d^  und  f b  r=  (ooa,  yb>  zd)  als  Säulenflächen 

les  Strahles  a  \ind  die  auf  ihnen  senkrechte  Ebene,  durch  c  sey 

^i  QU  und  cßf  cd,  c/  seyen  die  Träger.     Es  läfst  sich  nun  c/ 

n  Beziehung  auf  c/9  und  cd  ausdrücken  durch  \\pßj  9^Ji  ^^ 

1        1 
lafs  ^tß:  od  :=s  «^  :  —  ist.   Man  bat  «iber  ei  s  ob  .Sin«  ebi 
^■^    ^  ci      cu 

=r  yb.Sin.  acb,  oder  wenn  man  den  Winkel  acb  ~  D  (und 

sb^nso  den  Winkel  a  c  d  r=  B  und  den  Winkel  b  c  d  ~  A)  setzt, 

c  i  z=:  y  b  •  Sin.  D.     Eben  so  ist  c  u  =z  z  d  •  Sin.  B,  daher 

•o  dafs,  wenn  die  Wickel  B,P  und  die  -Mafse  b,d  in  den  Strah- 
len cb  und  cd  unveränderlich  sind  und  nur  die  Mafszähler  y 
und  z*als  verälidprlich  gelten,  wenn  cb:cdz2y'b:zd  wird, 

11 

==-7  :  — >,  folglich  fiir  die  Richtung  c  ^  und  c  d  unveränderliche 

1  i 

Mafse  ßwd,  nämlich  --—: — fr  und  ^-^. — —  vorhanden    sind, 
^  b  Sin.  D  d  Sin.  B 

während  das  VerhäUnifs  der  Mafszähler  von  ß  und  8  das  umge- 
kehrte ist  von  dem  der  Mafszähler  von  b  und  d. 

2)  Die  Träger  sämmtlicher  Flächen  eines  gerengesetzlichen 
Flächenvereins  bilden  einen  gerengesetzlichen  Strahlen  verein  im 
Raunte. 


dsi 


Fi 


1246  Krystall. 

[•  bts.B.  ad b  einer  Fliehe  i^(xa,7b,sd),  teweliWaa, 
*dAb  sie  eine  SaalenflSehe  des  paraUel  mit  db  oder  f  •  liegmdü 
kantenthiimlichen  Strahles  sey,  daHi*  also  ihr  Trügmw  in 
Ebene  fallen  müsse  mit  denen  aller  übri'gen  SänlenftacfaeQ 
kantent^ümKchen  Strahles,  felglich  in  einerlei  Ebene  mit  cs^ 
dem  Trager  von  afhe,  und  cy,  dem  Triiger  von  febd.  Ab 
denselben  Gründen  muts  ihr  Träger  aber  ,tuoh  io  einerlei  Ebcor 
fallen  mit  dem  von  aegd  nnd  behg  tind  wieder  snic  dem  v« 
abgf  und  fhgd.  Diese  drei  Ebenen,  in  denen  er  demnach 
liegt',  müssen  daher  eine  Linie  gemeinschaftlich  haben  und  m 
mnfs  in  dieser  Linie  liegen» 

^]  Es  sey  dargestellt  die  Richtung  des  Trägers  1^  von  abi 
durch  c/";  2)  von  ah  durch  c«  ;  3)  von  bh  durch  c^j  4)t<s 
d  h  durch  c  9.  Legt  man  durch  c  a',  c^  und  durch  c  ^,  cl 
und  durch  cd',  Cß  Ebenen  und  durch  einen  in  cy^'  beliebig 
angenommenen  Punct  /*  die  Ebenen  //'  ü  d*/?  und  y^  9  af 
und  yyf'  fi  ß  3^  und  zieht  die  Strahlen  c;^,  c/^  cy\  so  müsset 
sie  die  Richtungen  der  Träger  von  febd,  aegd  und  afgb 
seyn.     Man  hat  nun 

er"'  ^  [c«',  oyj  ^  [«/»',  0/']  =  [cg,  er"]; 
femer  ist; 

m  er  :=  [e^,  carj  auch  c^  :  0«'  =  y^^^  ?  ,-J^ 

und  ebenso 

für  er  =^  [ca'i  cd*]  auch  ca  ;  03*  ä3  — — — -*  :  ■  - 

für  c/'  =3  [ca,c/J']  auch  ca  :  cd*  = g.    ^  :  •  .  g.    a 

*■  *  ^  xaSin.B      ybSiD.A 

folglich  fiir  c/"  ==  [ca,  cf^  c/]  auch  ca'  i  c^  :  c/  = 

____  1  1  1 

xa  Sin.D.yb  Sin«  L)      ybSiq.Atyb  Sin.  D  '  ybSin,  A,zdSiB.B 

-V      1      vv      1 ry      i     ^ 

xVaSin.ß.Sin.D/WbSin,D.SinA^*zVdSin.Ä.Sin.B/ 

Es  verhalten  sich  daher  die  Mafse  a  :  ^  :  d  in  den  Tragen 
der  drei  Flächen  af  he,  behg  und  fhgd  vrie 

1  1.1 

a  Sin.  B  .  Sin.  D  *  b  Sin.  D  .  Sin,  A  '  d  Sin,  A  •  Sin.B 

und  die  Mafszahlen  \\yb\Qvci  diesen  Trägern  wie  —  :  —  :  -> 
^   ^  '  *•  X       y      1 


Krystailcmerrie,  1247. 

renn'  a,  b,  d:  die  Mabt  in  dtei  kaDtevftb&inUchto  Stfahkb  uad 
Ly'B,  D  -die  ^Mtn  Strahlen  gegeniibiurU«geiideii  Wjjitel  bedeiw. 
iif  (90  .dftfs  A  der.  Winkel  von  b  und  d  a.  «.  w.  itf)  upd  x,  y 
Ad  e  die  MaCuMÜiler.  io  diesen  kanteothäoitiGhtea  Strahlen  sind« 
Jede  Fli<;be   (xa,.yb,,  %d)  fofdett  dtbeip  ibyen  Trauer 

l —  a,-^',Ä,  —  S  I  und  umgekehrt,     Dafs  nun  ebenso  wie- 

tx       -y  "^    »«•  J  ^  •  t 

ler  jeder  kantentbümlicbn : Strahl  [za,  y.h\  ed]  eine  Fliklie> 

—  a ,  -^  ^,  —  (J  j  eines  von  a,  ß,  d  abhängigen'  neuen  ge-^ 

rengesetzliobeB  Flächenverexns  fordere ,  iiiv  die  «r  Träger  ist/ 
sirgiebt  sich  unmittelbar.  •  Man  hat  daher  diese  Flechen ,  derenf 
jeder  swei  oder  mehrere  Träger  parallel  liegen ,  als  TrägerflÖF* 
chtn  Ton  Atu  Begrenztengaflächeii zii,  untersobeiden,  deren  jedei* 
zwei  oder  'mehrere  kantenthümliche  Strahlen  parallel  liegen. 
Dab  die  Winkel,  welche  je  zwei  Träger  mit  einander  bilden, 
den  Neigungswinkel  der  beiden  von  ihnen  getmgenen  Flachen 
ZQ  180^  ergänzen ,  ist  unmittelbar  einleuchtend. 

Ans  dem  eben  Entwickelten  lencbtet  ein,  dab  man  ans  dem 

fl  1  1      1 

—  a,  —  jJ,  —  3  I  des  Trager»  einer   Fläche  sehr 

leiöhtdas  Zeichen  (xa,  yb,  sd)  der  Fläche  selbst  entwickeln 
kdnne,  ja  dafs  man  auf  gewisse  Weise  das  erstere  als  Stellver* 
treter  des  letzteren  anzusehen  im  Stande  sey,  sofern  man  den 
Träger,  welcher  die  Fläche  bedingt,  nur  zn  bestimmen  ntithig 
hat,  damit  auch  die  von  ihm  getragene  Fläche  bestimmt  sey. 
£s  ist  daher  zu  zeigen  ,.•  wie  durch  ein  buchst  einfaches  geome-« 
trisches  Bild  die  Zeichen  vieler  Träger  sicl:^  ans  einender  ableiten 
und  versinnlichen  lassen. 

Die  Richtung  jedes  Trägers  wird,  wie  die  jeder  geraden 
Linie ,  durch  zwei  darin  liegende  Puncte  bestimmt  Ein  Panct 
des  Trägers  ist  sein  Anfangspunct,  der  Mittelpunct  des  Strahlen- 
systems, dessen  Ort  bekannt  ist.  Es  kommt  also  noch  auf  einen 
2ten  Punct  an.  Auf  den  ersten  Blick  möchte  es  angemessen 
scheinen,  um  den  Mittelpunct  herum  eine  Kugelfläche'  zu  be-< 
schreiben  und  den  Punct.  auf  derselben,  welcher  von  jedem 
Trägerstrahl  getroffen  wird,  als  den  zweiten  bezeichnenden 
Punct  desselben  zo  betrachten.  Man  steht  aber  sogleich  ein, 
dab  hierdurch  zwar  die  Richtuagsverschiedenheiten ,  nicht  aber 
auch  die    gerengesetzlichen  Längenmabverschiedenheiten  ver^ 


1248  KryitalL. 

^-aiRiilicbt  wurden.    Sind  nun  c  A,  cti,  cD  die  Bichtnngeo 

'ursprünglichen  (d.  h.  ursprünglich  gegebenen)  ixntor  beliebigen 
gegebenen  Winkeln  aiisetrahlenden  Träger  a,|9,  d  und  e  A  =  ic 
und  cp  e=  1^  und  cq  acs  Id  die  ennfachen  LängenmaCie  in  die- 
sen Trägem ,  so  ist  einleuchtend ,  dafs  djis  natürliche  £nde  des 
abgeleiteten  Tragers  [a, /!,  od]  in  g,  das  von  [er,  o^,  ^j  in  fa, 
das  von  [a,|$,d]  in  m ,  das  von  [a,  2ßj  d]  in  n  u.  s.  w.,  über- 
haupt also  das  von  £o,  yß^  zd]  in  einem  Piincte  derTrägerfliü^ 
A  g  h  m  ( und  deren  Verlängerung) ,  welche  parüllel  der  Ebenr 
der  beiden  Strahlen  B  und  D  ist,  liegt,  und  zwar  in  dieser  be- 
Stiflfioit  wird  durch  die  Gröfae  der  beiden  Mause  y/l  in  derlUch- 
lang  vqn  A  aus  parallel  cB  su  nehmen  und  zd  in  derRichla^ 
parallel  dem  Strahle  cD»  So  %*  B.  ist  das  Ende  des  Strahles 
[a,2|J,2d]  inl  so,  dafs  Af  {=il)  =w  2/»  und  fi  (=  AiJ 
=b:  2d  und  Af  JH  CB  und  f  1^  CD  ist.  Für  [o,  ß,  2d]  liegt  der 
Endpunct  in  fc,  so  dars  Hg=;=  fl  und  gk  =  2d  u.  s,  w.  Mai 
bat  daher  nur  ntftbig,  diese  QuerträgerBäche  darzustellen  nit 
den  in  ihr  liegenden  Endpuncten  der  Träger,  so  kann  man  rück- 
wärts aus  dem  Stande  jedes  Endpunctes  in  ihr  wieder  ganz  ein- 
fach dae  Zeichen  des  Trägers^  dem  «r  apgebörti  ablesen. 

Ist  für  irgend  einen  THigev  der  Mabsahler  von  a  in  dem 

allgemeinen  Zeichen  [xa,  y/},  sd]  desselben   nicht  gleich  dfr 

Einheit,  so  ist  doch  der  in  der  B.ichtung  dieses  Tragers  liegende 

V  z 

Strahl   [a,  ~  ^f  —  d]  ein  solcher,  von  welchem  [xflP,  yft  zi] 

•in  rationales  Vielfaches  (ein  xfaches)  ist,  der  also  als  ein  klei- 
neres gerengesetzliches  Mais  in  der  fraglichen  Richtung  belracb- 
tet  werden  kann,  von  dem  alle  übrigen  gereng esetzlichen  Maiie 
in  dieser  Richtung  rationale  Vielfache  nach  ganzen  oder  gebro- 
chenen Zahlen  seyn  müssen.  Man  kann  daher  auch  das  in  der 
durch  das  Ende  von  la  gelegten  Quertragerfläche  liegende 
Ende  als  Ende  eines  gerengesetzlichen  Mabes  für  die  Richtung 

V  z 

[xa,y|),  zd]  ansehen  und  dieses  durch  — ß  und  -^d  in  der 

berührten  QuertragerBäche  bestimmen.  So  also  ist  z.B.  der  find- 
pnnot  des  Mafses  in  der  Richtung  des  Strahles  [24r,  3ßj  2d] 
in  der  Ebene  Afli  gefunden,  wenn  man  in  Af  von  A  aus  ^ß 
nach  f  zu  und  dann  parallel  Ai-oder  cD  noch  um  id  fortgeht 
Man  kann  nun  die  Träg^riläche,  in  welcher  die  Enden  der  Tra- 


Kryatallometrie.  J249 

ger'  betnclitet  werden ,  die  Z^igtrfl'dehe  (plemnm  indiete)  nen- 
nen ,  sofern  sie  äen  Stand  der  einzelnen  Träger  anzeigt. 

Wenn  man  die  ein&chen  Malgp  in  den  beiden  Strahlen  A  f  f  J!$* 

SSO« 
und  Ai  dex  Zeigerflache  gleichfalls  mit  ß  und  d  bezeichnet  und 

▼on  A  aus  ein  in  dieser  Ebene"  liegendes  gerengesetsliches 
Strahlensystem  sich  vorstellt ,  von  welchem  jeder  Strahl  'nach 
Riehtnng  und  Länge  durch  [y/}|  zd]  bestimmt  ist,  so  kann 
man  demnach  sagen,  das  £nde  des  Trägers  [er,  y/},  zd]  liege 
in  demStrahle  [y|S,  zd]  der  Zeigerfläohe  und  zwar  in  dessen 
gerengesetzlichem  Ende.  Für  einen  Träger  [a,  ny|9,  nzd] 
fallt  idaher  ebenso  das  Ende  zusammen  mit  dem  des  Strahles  der 
Zeigerfläche,  welcher  durch  [ny^,  nzd]  bestimmt  ist.  Dieser 
ist  an  Richtung  gleich  dem  Strahle  [y|3,  zd],  aber  an  Länge 
nmal  so  grofs;  daher  ist  sein  Zeichen  s=  n  [yj9,  -zd]. 

Träger ,  welche  parallel  der  Zeigerfläche  liegen,  für  welche 
also  der  Mafszähler  in  a  zu  Null  geworden  ist ,  deren  Zeichen 
also  =  [oa,  yj9,  zd]  ist,  schneiden  sich  mit  dem 'Strahle 
[y^,  zd]  der  Zeigerfiäche  in  unendlicher  Entfernung  (d.  h.  sie 
liegen  ihm  parallel),  daher  das  Ende  von  [oa,  y^,  zd]  in 
öo[yi9,  zd]. 

Träger,  welche  die  Zeigerfläche  erst  schneiden,  wenn  sie 
nach  rückwärts  über  den  Mittelpunct  hinaus  veifcingert  werden, 
haben  ihr  eigentliches  Ende  in  einer  zweiten  Zeigerflache,  die 
der  ersten  parallel  ist  und  durch  das  Ende  des  Trägers  ^^  1  a 
gelegt  gedacht  werden  kann.  Ihr  uneigentliches  läfst  sich  auf 
der  ersten  (oberen)  Zeigerfläche  darstellen.  Man  hat  daher  nur 
eine  Zeigerf)äche  nöthig. 

Da  die  Träger  der  Flächen  einer  und  derselben  Säule  oder 
Zone  itk  einer  und  derselben  Ebene  liegen ,  so  müssen  ihre  En- 
den alle  in  einer  und  derselben  geraden  Linie ,  in  der  Zeiger« 
fläche,  liegen  und  zwar  in  der  Durchsthnittslinie  jener  Ebene 
(Zonenebene)  mit  der  Zeigerfläche. 

Wenn  die  Durchschnittslinie  der  Zonenebene  der  Säule 
einer  kantenthümlichen  Axe  x  mit  «der  Zeigerfläche  durch  die 
Benennung  Zeigerlinte  oder  Zeigen  der  Säule  x  (index  zonae  x) 
belegt  wird ,  so  kann  man  sagen ,  das  Ende  eines'Trägers ,  der 
in  zwe^t  bekannten  Zonenebenen  liegt ,  sey  der  Durchschnitts«^ 
punct  der  Zeigerlinie  beider  Zonen«  Es  giebt  hierdurch  die. Zei- 
gerfiäche ein  brauchbares  Hülfsmittel  ab ,  um  das  Zeichen  eines 
Trägers  [xa,  y/J,  zd]  zu  finden,    wenn   zwei  Zonenebenen 


USti  ICryitall. 

gegeben  .siod^  ia  denen  er  liegt,  i,  h.  ^ireon  zwei  TrSger  ,  die 
in  der  einen  Zonenebene  li^en,  und  zwei  eokha  ^  die  in  dec 
2ten, liegen,  gegeben  sind* 

Es  sey  z.B,  gegeben  eine  Gestalt,  begrenzt  dnrch  eine  Ge- 
sammtheit  von  flächen.,  von  denen  je  ziwei  einander  peralU 
fegende  (ein  Paar  ausmaphende)  durch  «gleifilitiainige  DucbsUbea 
bezeichnet  sind ,  jedoch  die  hintere  dem  Beobachter  nicht  »y 
hehrte  durch  den  AcQent(')  unterschieden .  wird  ^  wie  s.B.a 
vnd  a'*  . 
,  Von  den  an  dieser  Gestalt  vorhandenen  Zonen  eeyen  gege- 

ben:  1)  die  Zone  (gebildet  von  den  Flachen)  BqmAns,  3) 
DrlAoh,    3)  fkAb,    4)  aiAg,    5)  fquivh,    6)  ftnaow, 
7)fpjnx,  8)  fiagys,  9)  aqthpr,  10)  aumlz,  tl)  avony, 
12)    ahwlxs.     Auch  sey  der  Träger  A  der  Fläche  A  nnd  du 
Jräger  Q  der  Fläche  B  und  der  Träger  D  der  Flache   O  nack 
seiner  Richtung  im  Räume  gegeben  (z,.B.  durch  das  Gegeben- 
feyn  der  3  Winkel  AGB,  BCD,  DCA  und  durch  das  Gege- 
benseyn  der  Stellung  der  Zelle  A,  B,  D  in  Beziehung  sa  den 
Beobachter);  man  soll  diese  als  di^  3  ursprünglichen  Träger  be-> 
trachtep  und  in  Beziehung  auf  deren  Zelle  A,B,D  die  cibri«« 
Träger  bezeichnen,'  wenn  die  Richtung  von  einem  Trager  k  ge- 
geben ist,  diir  $0  liegt,  dafs  er  in  die  Zelle  A,B,D  selbst,  nick 
aber  in  eine  der  Ebenen  AB,  Bf)  oder  DA  fallt  und  dessca 
Zeichen  :ss  [  1  a ,  Ißj  Id]  geatzt  werden  soll.    Seine  Uu^ 
ist  gegeben.     Man  legt  durch  das  Ende  von  k  ain^  Ebene  pa- 
rallel BD,  ein^  zweite  parallel  der  Ebene  AB,  eine  dritte  pa- 
rallel der  Ebene  A  D,  so  werden  in  den  Trägern  A,  B,  D  Stücb 
abgeschnitten,  deren  Längen  gleich  den  Mafsen  a,ß,i  sind. 
.  Um  nun  die  Zeigeriläche  darzustellen,    bilde  man  eiaeo 
^f[ Winkel  BAD  gleich  dem  Winkel,  welchen  die  beiden  Trager 
B  und  D  mit  einander  bilden  sollen,  mache  A  m  =::  /}  und  A I  =1 
und  beschreibe  das  Parallelogramm   AmkL      Es  sey  nun  dis 
Ebene  Am  kl  die  Ebene  der  Zeigerfläche;  das  Ende  des  Träges 
A  sey  in  A ,  das  des  Trägers  B  in  der  Richtung  A  m  und  zwar 
in  oo|},  das  des  Trägers  D  in  A  D  in  ood,  so  ist  auch  das  des 
Trägers  k  in  dem  Puncte  k«     Der  Träger  f  liegt  in  einnlei  Zo- 
nenebene mit  B  und  D,  schneidet  daher  die  Zeigerfläche  in  un- 
endlicher Entfernung  von  ihrem  Anfangspuncte  A«  Er  liegt  aber 
auch  in  der  Zonenebene  Ak  (d.  h.  die  hestimrot  wird  dadnrdi, 
da£s  die  2  bereits  bestimmten  Träger  A  und  k  in  ihr  liegen), 


Kryftallome-trie. 


4251 


^ahet  nrafs  sehi  Ende  in  der  Zeigerlinie  A  k  mid  zwar  in  oö  A  k 
=  oo  (ßy  d')  liegen.  Die  Fläche  1  liegt  in  der  Zone  A  D  nnd  in 
der  Zone. kB»  Für  die  erste  ist  die  Zeigerlinie  die  Linie  A  D  in 
der  ZeigerflSche ,  fiir  die  zweite  mafs  dttrch  das  Ende  k  des 
TTragers  k  nach  dem  in  der  Entfernung  ocß  in  AB  liegenden 
Knde  des  Tragers  B  eine  Zeigerlinie  kfr  gezogen  werden,  wel'* 
che,  wie  Ton  selbM  einleuchtet,  mit  AB  parallel  seyn  mufs, 
"weil  sie  die  Linie  A  B  in  nnendlicher  Entfernung  von  A  schnei- 
den soll. 

Man  erhält  so  nach  und  nach  folgende  Entwickelung : 


Fläche 

ist  bestimmt 

dadurch,  dafs 

sie   liegt   in 

den  bekannten 

zwei  Zonen 

daher  das  Ende  ihres  Tra- 
gers in  der  Zeigerfläche  be- 
stimmt durch 

folglich  die 
Mafszährer 
in  Zeichen 
de«  Trägers 
[ko,  yß,  z8} 

A 

10  0 

B 

0  11 

D 

0  0  1 

k 

•    • 

•       • 

111 

1 

m 

f 

a 

S 

i 

0 

n 

q 

r 
s 
h 
t 

y 

u 

p 

z 
w 

V 

AD 

AB 

BD 

ml 

Aa 

bi 

ka 

ba 

ba 

mf 

na 

nf 

if 

ka 

t 

if 

kB 

kD 

Ak  . 

BD 

kl 

Ak 

kD 

AD 

AB 

AB 

AD 

AB 

AD 

ka 

^ 
ba 

ma 

If 

la 

of 

oa 

roAm,iAi]=ro/j,ia] 

[lAm,OAI]  =  fl/J,Oai 
ooAk=  oo[l/»,  laj 

1/j',  ly 
iß,  iy 

Oß,    i9 

1^,  oa 
2p,  oa 
o/j,  2a 
2$,  oa 
o/j,  2a' 

'^b  ^\ 

\ßy  ^a' 
\ßy  ia 

*^'  ^i 
^ß,\i 

10  1. 
110 
0  11 

0  1  1'« 

111 
111' 
1 11' 

10  1' 

1  l'O 
120 
102 

,  1  2'0 
10  2' 

2  3  1 
23^1 
2  3'1' 
2  3  1' 
2  13 
2  1'3 
2  1'3'* 
2  13' 

1    Liest  'man  hier   das  Zeichen   des  Accentes    für  ein  Minnizef- 
chen  and  druckt  also  den  Träger  a  ans  darch  [Oa,  Ifl ,  (.  ij;],  so 


1252  Krysti^ll 

Man  Trird  ans  diesem  Beispiele  aeben ,  wie  leicht  es  ist^  & 
Zeichen  der  Trägerenden  ip  dei^  Zeigerfläche  ahzales«n. 

Sollte  ein  Trägerende  q  so  liegen ,  dafs  man  seio  Zeicbn 
nicht  sogleich  abzulesen  vermöchte,  so  hat  man  nur  nöthig,  doni 
die  Zeigerfläche  einige  Parallellinien  zu  legen  mit  einer  der  hi- 
den  Zeigerlinien,  deren  Dnrchschnittspunct  das  fragliche  Tn- 
gerende  ist,  nnd  zwar  so,  dals  diese  parallelen  Linien  gleici 
weit  von  einander  abstehen  nnd  durch  Puncto  gezogen  sindb  dii 
mit  dem  fraglichen  Puncto  f  hinsichtlich  auf  die  Lage   in  einoB 
der  auf  der  Zeigerflache  bereits  vorhandenen  kleinen  Paralleb- 
gramme  so  übereinstimmten,  dars,  Wenn  ein  solches  Paralleb- 
gramm  parallel  mit  seiner  ersten  Stellung  bleibend  fortbewe«! 
wurde  9  bis  es  mit  dem  Parallelogramme  zusammenhele,  in  wel- 
chem Q  liegt ,  auch  der  erwähnte  Punct  mit  f  zusammenträfe, 
damit  hierdurch  ein  bekanntes  gerengesetzliches  Längeomafs  '» 
der  andern  Zeigerlinie  in   mehrere  gleiche  Theile  getheilt  oml 
die  Entfernung  des  Punctes  q  von  einem  solchen  Theilpunde 
oder  sein  Zusammenfallen  damit.  leichter  erkannt  werden  könne. 
Silf  *         Wenn  z.  B.'  der  Punct  q  der  Durchschnittspunct  wäre  vob 
der  Zeigerlinie,  Welche  durch  h  und  k  gelegt  werden  kann,  imt 
der,  welche   durch  z  und  t  bestimmt  ist,  so  reichen  die  vier 
mit  t  z  parallelen  punctirten  Linien  hin ,  um  anschaulich  zu  bu- 
cheu)  dafs  k(»  =b4-  X  |kn  s=:^kn  sey,    dafs  also  auch  k^ 
css^mk,  folglich  m^  =  ^mk  =s  ^d  sey,  und  wieder  dafs  M 
=  ikg,  folglich  Sg=  4kg  =  J  X2/^=  iß,    folghch  Ji 
s=(^i^^i)ß  =s^  ißi    dafs  also  das  Zeichen  für  q  seyn   müsse 
Lißi  i^lf    dafs  diese  punctirten  Linien  durch  Puncto  gefaefl 
müssen,  die  in  einem  der  kleinen  Parallelogramme  Am  kl  u.s.\:r. 
so  liegen,  wie  t  in  mqipk,  wenn  in  ihnen  Puncto  liegen  sol- 
len ,  die  ihrer  Lage  in  einem  solchen  Parallelogramme  nach  mit 
Q  in  dem  seinigen  übereinstimmen» 

Allgemein  ist  folgende  Auflösung -einer  solchen  Aofgabe. 
Man  zieht  in  der  Zeigerfläche  parallel  mit  jeder  der  beiden  Zei- 
gerlinien, deren  Durchschnittspunct  das  fragliche  TrÜgerentie 
ist,  eine  Trägerlinie  durch  den  Mittelpunct  A  der  Zeigerfläche 
und  liest  in  dieser  neuen  Linie  das  Zeichen  des  Trägerendes  ab, 


ist  hierdarch  sein  Zeichen  ansgedriickt  darch  die  Iste  Zelle  A,  ByD, 
obgleich  er  nickt  in  ihr  liegt,  sondern  in  de^  Zelle  A,  B,  D'.  Aehnlicli 
.ist  die  3edeatiiDg  de«  Accents  iiß  den  übrigen  FällcD* 


KrysUllotoatrie.  .1253 

welches  in  nqeiidlicher  Entfarnafig  von  A  lie^t ,  mithin  hat  man  . 
las  Zeichen  des  Trigeta»  welches  in  der  Ebene  ^ fliegt  nnd  in 
ler  Zoilenebene,  mit  deren  Zeigerebene  er  parallel  liegt.  Der 
bo  gefundene  'Träger,  parallel  der  eineh  2eigerfiDie^,  heifse 
^  o  a,  n"^,  p"i],  der  parallel  der  ändern  heifse  [oa,  N*'/J,,I!"d]. 
Der  eine  gegebene  Träger,  .  welpher  mit  dem  gesuchten  und 
[paj  Ti'ßt  p'd]  in  einerlei  Zonenebene  liegt,  heifse  [a,  n  j}*,  p'^ 
lind  dfer  ebenso  zu  [oa,  N"|9,  F'd]  und  dem  gesuchten  gehiJrigfe 
heifse  [er,  N'jS,  P'J],  so  ist,  wenn  x  und  y  unbekannte  Grfffsen 
bedeuten,  der  gesuchte  Träger  einmal  gleich  der  Verbindung 
von  [a,  n'^,  p'J]  mit  x  [oa,  n"jJ,  p"J],  also 

=*  t«,  (n'  +  n-x)/»,  (p'  +  p"x)d] 
das  andere  Mal  gleich  dei  Verbindung  Von  [a,  N'/?,  P'^]  luft 
y  [oa,  N"/J,.I>"a],  also 

=  [«,  (N'+NV)/?,  (P'  +  P"y)»], 
so  dals  aho  ,  ' 

1)  tt'  4-  h"«  =  N'  +  N'V 

2)  p' +  p"x  =  P' +  ry 

'   I  .  »I  I  .     ■■        ..1.       .,  ,  .       ■  -H      »        I«  I  fc.        ■  11         'i    1        ■         ■!■*>       iil^l.     IM* 

•       3)  n"x  —  N"y  —  (N'— n')  =*  0 
4)p'x-^P"y  -(P-— p')=»0 ^ 

_  _  N"CP'-p^j  ^  K(y--n') 
*-' p"n"  1-  nV " 

n"(P'-p')-p'^CN'-n>) 
y  =  p"N"  —  n"P" 

Wird  dann  det  gefbndene  Werth  VOn  X  in  das  erste  für 
den  gesuchten  Tfäger  aufgestellte  Zeichen 

[«,  («'+n''5c)(J,  Cp'  +  p"x)a} 
oder  der  t^on  y  in  das  andere  Zeichen   eingerührt,  so   ist  das 
Zeichen  des  gesuchten  Trägers  und  also  auch  das  seines  Endes    ' 
durch  bekannte  Gr^fsen  ausgedrückt. 

So  kann  man  die  Zone,  deren  Zeigerlinie  nk  ist,  bestim-ol';* 
men  durch  den  Träger  n  =  [la,  ( —  1^),  Oi]  und  durch  den 
Träger  [Oa,  2/J,  1  d]  und  die  Zone  tz  durch  den  Träger  t  =* 
[la,  4/i,id]  wnd  durch  den  Träger  [Oa,  (^  2^),  1  J],  so 
dafs  n  =3 — 1  und  p'  =  0  und  n"  =  2  pnd  p"e=j^  während 
^=4  und  P'=?4.  und  N"=~2  und  P"=l  ist.  Es  wird  da- 
her xsj-,  folglich 


125»  :*Kxyit*ll. 


X2/r,  *X1«] 


._,  rn«,  ( 


;Waa  die  beiden  einander  gerade  entgegengesetzten  TiSp 
jeder  Art  anbetrifft,  die  in  der  Ebine  ß8  und  zugleich  inte 
Zonehebene  von  [«,  x'^,  yd]  und  [a,  x"/J,  y"*]  liegen  ,  d» 
umaittelbare  Ablesung  hier  als  möglich  vorausgesetzt  vrird,  « 
ist  das  Ende  des  einen  in  oo  [(/'— yV.  (x"— »')  JJ,   dasto 

▼om  Mittelpancte  A  der  Zeigeriläche  angenommen. 

Bezeichnung     der     Zeigerlinien. 

Jede  ZeigerÜnie  ist  entweder  ein  Strahl  [y/J,  zd]inii\ 
-  Zeigerfläche  von  deren  Miltelputicte  A  ans,  oder  sie  liegt  iigeJ 
einem  solchen  Strahle  paraUel,  .und  dann  ^eht  sie  entwea« 
durch  diB  Enden  der  in  der  Zeigerflache  liegenden  StitU« 
+  nyjJ  und  — -nz*  oder  durch  jene  der  beiden  Strahlen  — nj/ 
und  +  nzd.  Bezeichnet  man  die  durch  +  ny(f  und  —  nW 
gehende  durch  X+ »Xi»'  ^  nz^X»  ^o  wird  die  daii 
—  nyjJund  +  Bzd  gehende  durch  "L—ny^,  +nz«la 
bezeichnen  seyn.  Den  gemeinschaftlichen  Factor  n  kano  «« 
absondern  und  hat  dann  im  ersten  Falle  X+  Yß^  '^  \ 
und  im  zweiten  X^  rß^  +  ^^"-  ^"  ^^  mit  demSöahk 
r vÄ    zdl  zusammenfaUende  Zeigerlinie  wird  n  =  Null  niid* 

^ZLni-L+yß,  -  -^Xo  =  ^r^^l+^^l-a  ? 

die  «it  dem  Strahle  [-yß,  +*dj  oder  [+  y|J,  —  «'P* 
Zeiaeraäche  parUIele  Zeigerlinie,  wenn  sie  durch  +  ny/J«- 
+  n*«  geht,  mit  Xf  nyft  +n  zdX  oder  X+y/J,  +«n' 
«nd  die  durch  -ny/J  und  -nzd  gehende  mitX'nyft  '»^L 
oder  1  —  y/J.  —  **X°  *•*  bezeichnen  sey,  ergiebt  sichTflei 

selbst.  n-s-rl 

Die    Zeigerlinie,    Welche  durch   die  Enden    der  Tup] 
[«,x'iJ,yd]  und  [«,x"|J,  y"d]  geht,  ist       ^^    ^       . 

und  sie  liegt  paraUel-dem  Träger. [0«,  (x-.x")ij,  (y— x")'!* 
vras  leicht  einzusehen  ist. 


Kryjtallometrie.  1355 

Mafse     in     den     Zeigerliniem 

Für  die  Zeigerlinie  'Xyßt  ^^^^  ist  ^i^  Länge  desStrahlfs 
[y  ß,  -^  zd]  das  einfache  gerengesetzliche  Mab  und  jede  Ent- 
fernung zweier  Trä'gerenden  in  ihr  von  einander  muTs  ein  ra- 
tionales Vielfachea  von  diesem  Mafse  seyn,  wie  dieses  ans  dem 
bisher  Entwickelfen  ohne  weiteren  Beweis  einleuchten  wird, 
Parallele  Zeigerlinien  haben  daher  ein  gemeinschaftliches  sol- 
ches Mab. 

Giesetz    für   die    Neigung   der   in   einerlei   , 
Zonenebene   liegenden   Träger« 

Auf  jede  Zeigerlinie  kann  vom  Mittelpuncte  des  räumfi-' 
chen  Strahlensystems  aus  eine  Linie  senkrecht  gej&Ilt  werden, 
-welche  TV-äger  der  Zeigerlinie  oder  Stütze  derselben  heilsen 
möge.  Es  seyen  cm,  cn,  co,  cp,'  cq,  er,  et  einige  in^^l] 
einerlei  Zonenebene,  liegende  Träger^  mt  sey  die  Zeigerlinie 
^\jyß9  '^T.^  dieser  Zone  und  es  die  Stütze  dieser  Zeigerlinie« 
Jedes  Stück  der  Zeigerlinie,,  welches  zwischen  zweien  der  Trä- 
gerenden  m,  n,  o,  p,  q,  r,  t  liegt,  mufs  ein  rationales  Vielfaches 
des  StraUes  [yßt  z^]  seyn,  dessen  Grölse      , 

=  ry'/J'  +  z«d»  —  2y/»  .  zd  .  Co8«d||/l 
durch  y  ausgedruckt  werden  möge«    Es  ist  daher  ^x  wenn  mn  ss 
HO  =  op  =:  pq  s=:  qr  s=s  rt  =s  /^  ist, 

Tang.  p||s  :=  sp  :  so 

Tang,  qijs  =::  (/  +  spj  :  so 
Tang.  r||s  =  (Zr  +  ^t)  s  «« 
Tang,  t  ||s  =  (3r+»p)  :  3c 


Tang.  o||s  =  —  (/  —  sp)  j  sc 
Tang.  n||s  =  —  (2;^— »p)  :  »c 
,Tang.m||s  =  —  (3;'— ap)  :  sc 
d.  L  in  einer  und  derselben  Zonenebene  schreiten  die  Tangen- 
ten^ der  Neigungen  der  Träger  gegen  die  Stütze  der  Zeigerlinie 
fort  nach  eiäer   arithmetischen  Reihe,     deren  Differenz  /  ist. 
Einschaltungen  in  diese  Reihe  können  nur  nach  rationalen  Bruch- 
theileü  von  y  statt  finden. 

Es  sey  sc  rz  p  und  sp  =  ff,  so  wird  ftlr  zwei  verschie- 
dene Träger  in  der  Zone  die  Grölse  der  Tangente  der  Neigung 
V.  Bd.  Uli 


1256  KrystalL 

derselben  gegen  die  Stütze  ausgedrückt  werden  kdnnen  ^ 
C^y  -{-  o)  :  Q  für  den  einen  und  durch  (yy  -|-  a)  :  ^  für  ü^ 
an<3[eren.  Für  die  Differenz  z  beider  Nei^mgen  d.  h.  iiif  M 
Nei«jung  z  der  beiden  fraglichen  Träger  gegen  einander  hat-^ 
daher    • 

xr  +  (T      yr  +  ^ 


Tang.E  sr 


odei-  Tang,  z  3=  — ■      -  ^ . —  ^^ 

Gehört  auch  die  Stütze  mit  den  übrigen 'Trägern  su  einem  lai 
demselben  gerengesetzlichen  Strahlenvereine ,  so  ipufs  a  :  /  f « 
rationales  Verhältnifs  seynr  und  es  kann  dann  a  =  f /  gesett 
trerden ,  so  dafs  dann 

oder,  wenn  X  4*  (=  S  ^^^  y  +  f  =:  i^  gesetzt  wird,  anch 

gesetzt  werden  kann. 

Umgekehrt  kann  aus  der  allgemeinen  Gleichung  Q  Jede  Ja 
Gröfsen  p,  /,  <f,  so  wie  auch  jede  der  Grössen  x  und  y  leicht^ 
funden  werden,  indem  diese  Gleichung  für  q  oder  ^  oder  o  eiie 
solche  des  2ten  Grades,  für  x  oder  y  aber  eine  des  Isten  Gn^s 
ist.  Es  leuchtet  abet  ein ,  dafs  die  Bestimmung  der  raticoal» 
Gröfsen  x  und  y  auf  solche  Weide  im  Allgemeinen  nur  als  mek 
oder  weniger  genügend  zu  betrachten  sey,  wenn  Tang,  x  ^ 
eine  vermittelst  der  gewöhnlichen  Tafeln. gefundene,  von  äea 
Werthe  des  Winkels  z  abhängige  Gröfse  in  die  Rechnung  ein- 
geführt werden  mufs  ,  weil  Winkel,  deren  Tangenten  einer  ge* 
gebenen  Gröfse  gleich  seyn  sollen,  nur  in  Wenigen  Fällen  fkh 
mit  vollkommener  Genauigkeit  durch  Grade,  Minuten  und  5e- 
tsnnden  angeben  lassen.  Dasselbe  gilt,  wenn  aus  der  allgemei- 
nen Gleichung  (für  die  Neigung  ^  eines  fraglichen  Tragers  gege« 

die  Stütze  g  der  Zeigerlinie)   Tang,  o  zz  oder  für  d« 

Q 

Fall-,  dafs  a  =:  0  ist,    aus  der  Gleichung  Tang,  q  :z:  ^  i^ 
rationale  Werth  von  x  gefunden  werden  soll. 


Tang.   71°  30'  = 


Krystallometrie.  •        1257 

^    Wären  z.  B.  die  Marse  a\  ß,  9  in  den'  drei  nrsprüngUchen 
Frägern  einander  gleich  und  ihre  Richtungen  auf  einander  senk-^.. 
recht,  so  würde  für  die  Zeigerlinie  AD  der  Träger«  zugieichS3l. 
lie  Stütze  g  seyn  und  man  könnte  hier  Al==;'  =  ^=o  =  l 
setzen.     Wüfste  man  nun,  dafs  in  A  D  das  Ende  eines  Trägers - 
iege ,    welcher   einer  angesteUten  Messung   zu  Folge  mit   der 
Elichtung  a  einen  Winkel  von  7Jt  Graden  bildet,  so  hätte  man 

'^-l  =  X 
1  '    . 

iber  Tang.    71°  34'  =:  3,0002820, 

;o  dafs,  wenn  man  hier  x  =  3  setzen  will,  der  gemessene Win- 

tel  um  ungefähr  4  Minuten  corrigirt  werden  mufs.     Ob  dieses 

ingehe,    hängt  natürlich  von  dem  Grade   der  Genauigkeit  der 

yiessnng  des  Winkels  q  ab  und  das  Zeichen  des  fraglichen  Trä-    • 

jers  [la,  Oß,  33],  welches  auf  diese  Weise  gefunden  wird, 

r»t  nicht  als  ein   in   aller    geometrischen  Schärfe   richtiges  zu 

betrachten.  "^ 

Noch  weniger  Anspruch  auf  vollkommene  Richtigkeit  hat 
3a»  Zeichen  eines  Trägers,  wenn  dasselbe  bestimmt  worden  ist  , 
3urch  das  Gegebenseyn  der  Neigung  des  gesuchten  Trägers  ge- 
gen zwei  bekannte  Träger,  mit  denen  er  nicht  in  eine  und  die- 
selbe Zonenebene  fällt,  und  man  weifs,  zu  welcher  der  beiden 
Flächenseiten  der  Zonenebene,  in  welcher  jen^J^eiden  liegen, 
er  als  aufstehende  Linie  sich  verhält.  Man  setzt  hier  nämlich 
diesen  Strahl  als  einen  mittleren  zwischen  den  beiden  und  einem 
dritten ,  gleichfalls  bereits  bestimmten  ,  entwickelt  die  Werthe, 
welche  diesen  drei  Strahlen  zustehen  ,  .sofern  der  gesuchte  zwi- 
schen ihnen  der  mittlere  ist,  wie  dieses  am  Schlüsse  der  Lehre 
von  der  Bezeichnung  der  Strahlen  gezeigt  worden  ist,  und  erhält, 
■wenn  man     die   dort  gebrauchte  Bezeichnungsweise    beibehält, 

die  Gleichun'*  ca'  :  c/J'  :  cd'  =a  Fig« 

SSi» 
Sin.  3(  Sin.p  Sin.t  :  Sin.  33  Sin.p  Sin.  T  :  Sin.©  Sin.t  Sin.P, 

80  dafs  hier  ca  :  cß>    :  cd'  =  na  :  yß  :  zd  gesetzt  werden 
kann  und  x  :  y  :  z  =s 

1  1  1 

•^  Sin.  Jt  Sin.  p  Sin.  t :  —  Sin.  95  Sin.  p  Sin.T :  —  Sin.  ©  Sin.  t  Sih.  P 
aß  0 

gefunden  wird.     Sind  hierbei  a,  ß,  d  die  drei   der  Bezeichnung 

zum  Grunde  liegenden   Strahlen ,    so  ist  die  fragliche  Aufgabe 

gelöst;  sind  sie   nicht  mehr^  diese  ursprünglichen  Strahlen,  so 

'     ,  '  '      LJ112 


1258  KryatalL 

moTs  du  Zeichen  des  so  bestimmten  StnJiles  eist  auf  £e  b> 
angegebene  Weise  übersetzt  werden  in  dasjenige ,  bei  wcU 
diese  ursprünglich  gegebenen  Strahlen  der  Bezeichnoog  i 
Grunde  liegen* 

Bedingungen  für    den  Fall^    wenn  Tri{ 

und  kantenthümliche  Strahlen   eines  ; 

rengeaetzlichen  Flächenvereins  zu  eine 

lei  gerengeaetzlichem  StrahlenYereii 

gehören. 

Es  fragt  sich  nun ,  unter  welchen  Bedingungen  jcU 
die  beiden  auf  solche  Weise  von  einander  abhängigen  gff 
gesetzlichen  Strahlenvereine ,  nämlich  der  der  Träger  oo^  i 
der kantenthümlichen  Strahlen,  zu  einem  und  demselbei  j 
Iseren  gerengesetzlichen  Strahlenvereine  ? 

Die  nächste  Antwort  ist :  wenn  3  nicht  in  einerlei  Bi 
liegende  Träger  in  Beziehung  auf  Länge  und  Richtung  k  g^ 
gesetzlicher  Abhängigkeit  stehen  von  drei  nicht  in  diJ 
Ebene  liegenden  kantenthümlichen  Strahlen.  Ist  dieses  jerfj 
so  müssen  sie,  was  zuerst  ihre  Richtung  angeht,  in  gotf 
setzlicher  Abblngigkeit  stehen  von  je  drei  beliebig  zu  viU> 
den  nicht  in  einerlei  Ebene  liegenden  kantenthümlichen  St* 
len,  folglich  auch  von  jenen  dieien,  deren  jeder  »(t*** 
von  ihnen  senkrecht  steht.  Bezeichnet  man  die  drei  tA^ 
einerlei  Ebene  liegenden  Träger,  deren  Richtung  g^f^^ 
durch  a,  ßy  i  und  den  auf  ß  und  d  senkrechten  kanteDthtioüc^ 
Strahl  durch  a ,  den  auf  (x  und  8  senkrechten  durch  b  uo^  ^ 
auf  a  und  jS  senkrechten  durch  d,  so  ist  einleuchtend,  difti' 
alle  diese  6  Strahlen  ihrer  Richtung  nach  sowohl  za  i^t 
rengesetzlichen  Vereine  der  kantenthümlichen  Strahlen,  ak  * 
zu  dem  d^r  Träger  gehören  müssen,  auch  jeder  Strahl,  v^ 
senkrecht  ist  auf  eine  der  Ebenen  von  tt  und  a,  a  und  b,  ffH 
d,  /),und  a,  ^  und  h^  und  d,  d  und  a,  8  und  b  oder  jno^ 
gleichfalls  seiner  Richtung  nach  zu  dem  gemeinschiftlidie« 
rengesetzlichen  Strahlenvereine  gehören  müssef  Da  nun  x. 
senkrecht  ist  auf /J  und  d,  so  werden,  wenn  man  den  »viti 
senkrechten  Strahl  mit  b  bezeichnet,  die  Strahlen  a,  jj,  b  ^rt\ 
in  einerlei  Ebene  liegende  auf  einander  senkrechte,  deoi  g«^ 


Krysfallofnetrie.  1250 

1  gerengesetzlichen  Strahlen  vereine  angeh(Jrige,  Strahlenrichtüa'- 
n  seyn  mitissen,  oder  allgemeiner  ausgedriickt ,  jeder  beliebige 
ntenthiimliche  Strahl  x  wird  mit  dem  auf  ihm  und  einem  be-> 
»bjgen  andern  kante nthiimlichen  Strahle  y  senkrechten  Träger 
und  dem  auf  ihm  und  tp  senkrechten  Strahle  }  in  Beziehung 
if  Richtung  zu  dem  gemeinsamen  gerengesetzlichen  Strahlen- . 
^reine  gehören. 

Was  zweitens  die  Länge  betrifft ,  so  folgt  auf  demselben 
^ege,  dafs  dann  das  Mafs,  welches  jedem  der  zur  Vergleichung 
t^ogenen  Strahlen  zusteht,  sofern  er  Träger  ist,  mit  dem 
afse,  welches  ihm  zusteht,  in  sofern  er  kantenthümlicher  Strahl 
ij  in  rationalem  Verhältnisse  stehen  müsse.  Dieses  mufs  also 
Lch  der  Fall  seyn  bei  den  drei  gegen  einander  senkrechtea 
irahlen  a,  ß  und  b* 

Da  nun  im  Allgemeinen  die  Malse  in  den  Trägem  a,  jS,  b, 
enn  diese  nicht  gegen  einander  senkrecht  wären,  von  den 
[aDseti  in  den  3  kante  nthiimlichen  Strahlen ,  deren  erster  auf  ß 
tid  b  senkrecht  ist,  während  der  zweite  auf  b  und  a  und  der 
ritte  auf  a  und  ß  senkrecht  ist,  sp  abivingen  würden,  dafs, 
renn  diese  durch  a  und  b  und  d  bezeichnet  werden  und  jene 
urch  a  und  b  und  d  und  die  Winkel  von  a  auf  b^  durch  D, 
on  b  auf  d^  durch  Ä  und  von  d^  auf  a^  durch  B, 

1        .         1  1 

'     a^Sin.  B  Sin.  D  *  b  Sin.  D  Sin.  A  '  d.  Sin.  A  Sin.  B  ' 
o  nrab  hier,  weil  der  Winkel  A  ==  B  =  D  =  gO"  und  Sin. 

10«  S3  1  üt, 

111  ' 

^^''«•^«rT- b/ d;  *^' 

VoVLen  nun  dip  Mause  a^,  b^,  d^^  rationale  Vielfache  von  a^,  b^,  d^ 
(eyn ,  so  kann  man  setzen : 

xa^  =  a^  und  yb^^  =  b^  und  zd^^  =  d^ 

:>der 

111 

X —  =  a  und  yr-  =  b   und  z  --i  =  d . 
a        ^  -^  b  '  d  ' 

also 

•/'  :  1>^*  :  d^«  =3  X  :  y  :  z, 

d«  h.  die  Quadrate  der  Malse  in  den  drei  auf  einander  senkrech- 
ten Strahlen,    sofern  sie  kantenthümliche  sind,    folglich  auch 


1260       --  Krystall 

r'   V   •    V  •  d7  =  X   =  7  '  TJ  **'^*"'  "« Trager  «Bi 
müssen  durch  rationale  Zahlen  sieh  ausdrücken  lassen. 

Wäre  daher  z.  B.  a  .•  h  .•  d^  =  |^2  :  Y^  :  |^5,  so  vi« 
a^^rb^^:  d^^  =  ^| :  |^|  :  j^l  seyn.     Man  hätte  dann 

2a/:  3b,  :  5d^,  =  r4><T  :  Toxi  :  "Tä^xT 
=  r2  :  ra  :  rS  =  a,  :  b   :  d,. 

Wäre  aber  n^  :  b^  :  d  =  |^2  :  |^7  ;  f"6,  so  würde 
1        1       1 
^.^^.•^..  =  "^r-TT-'  »II  =^4-'  ri^Ti  »^n*  x:y:i= 

r  4 :  r49 :  rSO  seyn.     Für  a^  =  1  +  >^5  würde  x  =  V  = 
(  1  +  1^5)'  =  (6+  2  K^o),  also  irrational  seyn  n.  s.  w. 

Anwendung    der  Lehre    von   der    Zeigc^ 

fläche    auf   einen    gerenges  etzliclien   Tlh 

chenverein^       sofern     dieser     einem    ht 

stimmten    bekannten    Gestalte^p Systeme 

/^  (ingehort  *. 


Was  die  1-  und  Imafsigen  Gestalten  betrifft,  so  ist  to 
die  Anwendung  mit  keinen  Schwierigkeiten  verbunden«  fc 
die  Ifach  Igliedrigen,  als  dem  allgem^einsten  Falle  entsprecbf«4 
ist  bereits  durch  ein  Beispiel  diese  Lehr^ erläutert  worden.  &>i 
hßi  ihnen  zwei  der  ßezeichnungsaxen  auf  einander  senkreclit, » 
y  vereinfacht  sich   die  Arbeit  bei  der  Zeichnung  der  Zeigerfläck 

Noch  mehr  ist  dieses  der  Fall,    wenn  alle   drei  auf  eioaiwi« 
senkrecht  sind.       Eine  gleiche  Vereinfachung    findet   nalüHii 


1  Daf«  die  Möglichkeit,  eine  gegebene  Strdhl^nmeqge  noter  e>BO 
einzigen  gerengfsetzlichen  Strahlenvereiii  zusammenzuraMea,  w^*- 
aucl^  die  Nothsveiuligkelt  bedinge,  c»  stets  zu  thnn,  ist  nnmiUel^ 
einleuchtend.  Bei  Gestalten,  welche  in  mehrere  gleichwerthigc  Zeii^ 
oder  Zellrngru^pen  getheiit  werden  können,  ist  cd  vicljjiehr  iwf*' 
inär«ig,  den  ganzen  gerengesetziichf  a  Strahlenverein  aus  eben  so  tst 
len  einzelnen  kleineren  dergleichen  Vereinen  bestehend  zu  denke«i 
als  gleich.wcrthige  Zellen  oder  Zellenjrujppen  vorhanden  sind,  «'^ 
man  dann  nur  nöthig  hat,  den  einen  dieser  kleineren  Vereine  beso» 
ders  zu  untersuchen,  um  dadurch  zugleich  die  anderen,  ihm  gl««^ 
werthigeii,  mittelbar  kennen  sn  lernen.  , 


Rrjstallometrie« 


1261 


Btt.  b«i  den  jgliedrigen  oder  den  Ifach  3g1iedrigen  Gestalten,« 
ei   denen  eine  Axe  (die' 2gliedrige)   auf  einer  notliwendig  als 
erengesetzlich  zu  beiri^chtenden  Ebene  senkrecht  ist.     Ist  z.  B.  ^j^* 
nie    solche  Igliedrige  oder  Ifoch  2g<icdrige  Gestalt,   wie  die  a.b. 
tavch   ein  Ifach  2gliedriges  Bild  A   und  durch  ein  2fach  Iglie- 
riges  Bild  B  versinnlichte,  gegeben,  so  dafs  Messung  und  ße« 
bachtuDg  des  Zonenzusammenhangs  möglich  ist,  und  man  soll 
iejenige   Zeigerfläche  bilden,  welcher  die  Träger  der.Flächen 
und  M  und  1  u^s.  W,  parallel  liegen, ^so  lehrt  hier  dieDeschaf- 
enheit  der  Gestah,  dafs   die  Träger  von   r  und  1  auf  einander 
enkrecht  sind;  man  wird  daher  zwei  auf  einander  senkrechte 
«eigerlinien  1 1  und  rr  ziehen.     Messung  giebt  die  Grüfse  derxif* 
12  12  ^^' 

9'eigung  der  Träger  M  gegen  die  Träger  r  oder  1 ;   man  zieht 
laher  die  Linien  MM  und  MM  so,  dafs  derWipkel  MPr  = 

1122  111 

tet  gemessenen  Neigupg  des  Trägers  M  gegen  den  Träger  r 

1  1       j 

2.  8,  w.     Nimmt  man  nun  als  die  drei  Bezeichnungsträger  die 
Träger  P,  r  vnd  1  an ,   so    ist  das    ^nde  des   Trägers    P    im     ^ 
Durchschnittspuncte  P,    d^s  des    Trägers  t    kann  nunmehr  in 

1 
eineiq  willkürlichen  Puncte  t  dev  Lini[e  t  r,  welcher  zwischepP 
•  .  1  12  i 

und  r  liegt,  angenommen  werden.     Die  Enden  der  Träger  r,  M 

2  ' 

und  1  liegen  in  den  'für  sie  dargestellten  Zeigerlinien  ( r  r  und 

12 
MM  und  MM  und  1 1)  in  unendlicher  Entfernung  von  P.     Die 
11  2  2         12  1  ^ 

]3eobachtung  der  parallelen  Kanten  der  Gestalt  erdebt  dann,  dafs 

liegt 
zwischen  den  Trägern 
P  und  1 
1  1 

.    t  und  1 
1  1 

z  und  r 
1  1 


der  T(äger 


s 

1 

z 

1 

a. 
i 


und 

zwischen  den  Trägern 

t  und  M  . 

1    "       1 
s  .und  M 
1  2 

s  und  ]V( 
1  1 


Setzt  man.  daher  das  Mab  in  P  =  a »  das  in  r  =3  ^  und  das  in 

1  1 


1362 

Krys 

talL 

• 

Isainnd  nimmtdieLiniePt  — 0"  — —  19,  Ps~l«ni 
1                                             11      "^                     11 

bezeichnet  man  die  Mafse   in  den  kantenthiimlicheo  3tnhkBf 

welche  die  diesen  dreien  entsprechenden  sind,  darch  a, b,d,  • 
dafs  a  ü  der  Kante  r  auf  1  and  b  ü  der  Kante  P  auf  1  und  d  |  d« 
Kante  Pauf  r,  so  ist: 

üirdenTAger 

das  Ende  in 

daher  in  seinem 

Zeichen 
[xa,yß,  zS] 
die  Maiszähler 

folgfich  ia  im 
Zeicha 

der  Fläch«  seik 
die  Mafssähbr 

lOft  Od} 

1 

Ü 

u 

1 

oo     « 

»tlft  0*1 

0 

1 

p 

oo 

1    • 

M 

o 
1 

»[Oft  13] 

0 

0 

1 

oo 

CO 

1 

oo[lftlfl 

0 

i 

1 

oo 

1 

1 

£1^,  08} 

1 

1' 

0 

.1 

1' 

s 

[OA  1«] 

1 

0 

1 

1 

oo 

1 

[l/»',2«] 

1 

1' 

2 

1 

1' 

4 

[Ift  2*] 

1 

1 

2 

1 

1 

• 

i 

Dats  auch  bei  drei  Bestimmungsaxen ,  die  nickt  alle  dia 
auf  einander  senkrecht  sind ,  fiir  die  in  ihnen  liegenden  Beslia- 
mungsstrahlen  dieselben  Permntationsgesetze  gelten,  hinaichtU 
auf  das  positive  und  negative  Verhalten  jedes  Strahles  zu  des 
Bestimmungszellen,  denen  er  angehört,  ergiebt  sich  von  selbst 
Es  ist  daher  die  Gesammtheit 


der  2  Flacheil  P 

bezeichnet  durch 

oder  durch 

' 

C+1«,  +oob,  ood) 

±^l±l 

—  2     — 

X 

(±ooa,  +lb,  ood) 

±M  +  ^ 

—  2      — 

l 

(+ooa,  i:Mh,  Id) 

±   oo   1   +    00 

—  4     — . 

M 

(+00.,  +lb,  Id) 

+    00   1   +  1 

—  2     ~ 

t 

C+la,   +lb/oed) 

■+-^14: -1 

—  00    1  •*•  »^ 

—   4       r- 

s 

(±1».  ±«>b,  Id) 

±1 1  ±  « 

-  4     ~ 

z 

C±l«.  +lb, +d)  . 

±2|  +2 

-  4     — 

o 

(+la,+lb,id) 

±2  1  +2 

Kryslallometiie«  1^ 

Will  flian  die  so  gefuadeneQ  Zeichen  fiir  die  l^räger  in  dem 

eben  abgehandelten  Beispiele  übersetzen  in  jene,  welche  man 

I  erhalt  I  wenn  man  statt  des  Trägers  von  P  jenen  von  t  in  der 

Bezeichnung  mit   zam  Grande  legt  nnd  z=  a  setst,    wahrend 

M  =  [  1  /},  Id]  und  P  =  [  1  a,  1  /}]  ist,  so  dient  dieselbe  Zei* 

1 

gerfltjche  zur  anmittelbaren  Ablesung  der  Mafszähler  von  a,  ß 
und  d  für  jeden  Träger,     Diese  sind  dann 


für  t  =  1  0  0 
1 

für  P  =  1  1  0 
1 

für  r  =  0  1  0 
1 

für  8  =:  1  1  1 
.     1 

für  1  =  0  0  1 
1 

für  z  =  1  0  2 
1 

für  M  =:  0  1  1 
1 

für  0  =  1  2  2. 
1 

Beachtet  man ,  dals  P  und  t  fast  gleiche  Neigung  haben  gegen 
eine  kantenthümliche  Axe ,  die  ^den  Flächen  m  und  1  parallel 
liegt 9  so  erscheint  es  nicht  unpassend,  die  beiden  genannten 
Flächen  so  zu  betrachten,  dafs  der  Träger  der  einen  P  für 
irgend  einen  (statt  P  oder  t )  =  a  gesetzten  zwischen  P  und  t 
11  11 

liegenden  Triiger  und  für  r  ==  /}  das  Zeichen  [Iff}  1/}]  erhält, 

1 
'veährend  t=:[la,  1^]  gesetzt  wird.     Ist  dabei  1  S=  ^  und 

1  «1 

M  :=  [1(9,  Id],  so  ist,  wenn  man  die  Linie  P  t  halbirt  und 
1  11 

durch  den  Halbirungspunct  Linien  parallel  1 1  und  MM  und  MM 

12         11  T2 

zieht,  auch   hier  die  Ablesung  der  Mafszähler  für  alle  Träger     *" 
leicht  zu  bewerkstelligen«     Sie  sind  nämlich 


für  X  =  0  1  0 
1 

für  t  =  1  1'  0 
1 

für  1  =00  1 
1 

für  »=  1  1  2 
1 

f  ür  M  =  0  1  1 
,      1 

fiir  z  =  1  1'  4 
1 

für  P  =  1  1  0 
1 

für  o  =  1  3  4. 
1 

Um  für  dieselbe  Gestalt  die  l&ch  2gliedrige  ZeigerfiSche, 
bilden  zu  kiSnn^ ,  nässen  (durch  Messung)  bekannt  seyn  die 


1264  KrystalL 

f'ig- Winkel  der  Träger  P||  r  und  t  [|  r.     Diese  Winkel  werden  ab  ' 
SS5.  ^     i  j    j 

PJ  r  und  1 1  r  aufgetragen  ,  die  Gr<(fsa  der  Linie  I M  wiid  will- 
^,    111  111    *  11 

0^  kürlich  oder  :^  Pt  der  2fach  IgUedrigen  Zeigeriläche  ^ngenom- 

11 
555.  n^ei^  upd .  al3  Ma(seinheit  in  der  Richtung  r  gebraucht ,  sofera 

M=  [Ir,  11]  =  [1/3,  14]   vpn  vorhin  bleiben    soU^     Di« 

1  11 

finden  der  Träger  1,  M,  P,  t,  r,  von  denen  die  drei  letzten  oo 
11111 

entfernt  von  1  liegen ,  ergeben  sich  dann  von  selbst,     s  aj^  zwi* 

sehen  M  und  t  und  zwischen  1  und  P  liegend  ist  wieder   zuent 

11  11. 

zu  ermitteln;  durch  sM  und  1 1  bestimmt  sich  z  und  durch  %  r 
12  11  1  11 

Vn4  Ms  wird  o  gefunden, 
11  1 

Für  M  =  [H,  Ir]  wird   s  =  [11,  IP] 

1  11  1 

und  t  =  [IP,  Ir']  z  =  [ll,4r'  *PJ 

1  11  1 

;=[lP,lr]  ü=;[ll,ir,iP]. 

1      2  1, 

Es  möge  hier  zugleich  bemerklich  gemacht  werden ,    dals 
die  Zeigerilachen  ein  nicht  unwichtiges  Hülfsmittel  bei  der  Zeich- 
'        nung  von  Bildern  gegebner  ebe«flächiger  Gestalten  rnttnentlich 
dann  abgeben,  wenn  die  Ebene  des  Bildes  eine  der  Zeigerflache 
?!|*pavillel  zu  denkende  ist,  wie  dieses  bei  den  Bildern  der  so  eben 
A.^!  beispielsweise  erwähnten  Gestalt  und  bei  den  zwei  füi^  dieselbe 
1^'  dargestellten  Zeigerflächen  statt  findet.     Es  ist  nämlich  dann  das 
Bild  einer  ILapte  parallel  mit  einer  senkrecht  auf  .die  ZeigerHnte, 
durch  welche  die  Enden  derT*räger  jener  zwei  Kantenflachen 
mit  einander  verbunden  werden,  gezogenen  Linie,  so^  dals  sich 
also  die  Richtungen  der  Bilder  aller  Kanten  auf  diese  Weise  «ius 
der  ZeigerfLäcfie  bestimme^  lassen  un(^  pur  der  Ort,^  welchen 
das  Bild  der  Kante  ein:;unehme^  hat,  auf  andere  Weise  bestimmt 
werden  mufs. 
Fi/;.   '      Um  für  die  als  Beispiel  dienende  2fach  2gliedrige  Gestah 
die  Zeigerfläche ,  welche  senkrecht  auf  die  Kante  b  |  d  ist ,  dar- 
556.  zustellen ,  kann  man  swei  auf  einander  Keokrocbte  liinien  b'b 


Krystallometrit.  1?65 

nnd-ss^  welch«  den  Tragern  der  Flechen  b  und  s  parallel  ge- 
dacht werden ,  unfei  dem  Winkel  dab  (gleich  der  durch  Mes- 

1 
«ung  oder  Rechnung  bekannten  Neigung  des  Tragers  von  b  und 
d ) ,   desgleichen  die  Linie  d  d   und  ihr  analog  die    Linie  d  d 

13  42 

ziehen,  {erner  in  c^b  die  ar  willkürlich  anqehmen  und  ihr  ge- 

1 
mäfs  die  ar  bestimmen.     Werden  dann  die  Puncto  b,  ^,  d  in 

2 
unendlicher  Entfernung  von  a  gedacht,  so  können  die  Puncto 
b,  b',  d,  d,  d,  d,  s,  »',  r,  r  als  bereits  bestimmte    Trägerenden 

12   3  4  12 

der  mit  denselben  Buchstaben  bezeichneten  Flächen,  welche 
ebenso  an  der  Gestalt  vertheilt  sind  ,  wie  die  fraglichen  Poncte 
in  der  Zeigerfläche,  betrachtet  werden.  Es  bestimmt  sich  dann 
21  als  ^wischen  a  und  d  und  zwischen  r  und  s  liegena,  weil 
1  1  1 

1)  die  Fläche  d  an  der  Gestalt  mit  parallelen  Kanten   aultfit^ 

1 
.  zwischen  n  obeq  und  n  unten ,    während    ^)  r  mit  parallelen 

13  1 

Kanten  z>vischen  p  und  n  liegt.     Um  das  Trägerende  vop  o  be-r 

14  1 

stimmen  zu  k(5nnen,  ist  ]Messung  der  Neigungen  der  Träge^ 
r  und  o  gegen  a  (oder  gegen  b,  woraus  jene  g^gen  a  folgt)  und 
11 

Untersuchung  des  Verhältnisses  Tg.  o ||  <?:  Tg,  r\\a  nöthig. 

1  1 

Ist  die  Neigung  der  beiden  oberen  Flächen  o  gegen  einaur 
der  2C  128®  3l'  und  die  der  beiden  oberen  Flächep  y  gegei^ 
einander  z=  92**  4',  so  wird 
^      /180°  — 138*»3r\  '     /1800— 92M'\ 

Tg.  (-T— 2 )    '    ^^'  { IT—) 

==Tg.  25«  44'  :Tg.,43<>58' 
=z  4819842  :  9651268  =::  I  :  2,002  . ., 
wofür    1:2     zu    nehmen    und  deshalb     in     der    Zeigerfläche 
ao  zr  {-ar  zu  machen  ist.     Dann  ergiebt  sich  P  als  zwischen  o 
11  11 

und  s  und  zwischen  n  und  n  liegend  (n,  durch  n  zugleich  mit  be-« 

12  2  1 

stimmt,  ist  als  bereits  bekannt  tu  betrachten). 


12G6  KrystalL 

Setzt  man  nun  ?  =  [!«,  1/},  1  j],  so  ^rd 
1 
a  ß  9  a  b  ^ 

der  Träger  b  =  010i  iOrloo 

-s=00lJ  |»o»l 

1  >  ako  die  Fläche  desselben  z=  / 

-,       -      o  =  1  lol  J  11» 

-  -      r  =  1201  / 1 *« 

-  -      d=02l/  (   ooH 

durch  Ablesung  aus  der  Zeigerfläche  erkannt. 

Warf  n  die  Flächen  ö  nicht  vorhanden  gewesen ,  so  hattr 
Messung  oder  Berechnung  der  Neigung  der  Flächen  n||ii  and 

1    2 
wieder  der  Flächin  P  ||  P  ergeben,  dab  für  die  Träger 

T,»(r|i)=tT,.,(;|;) 

~  aeyn  müsse ,  und  daraus  hätte  sich  dann  das  Trägerende  von  F 

in  dn  und  zwar  ziziÖn  gefunden. 

11 

Für  die  1  -  und  2malsigen  Gestalten  kann  man  als  horizon- 
tale Zeigerfläche  ein  Quadrat  beschreiben,  dieses  durch  Linien 
parallel  den  Seiten  in  kleinere  einander  gleich  grolse  Quadrate 
eintheilen ,  so  daTs  der  Mittelpuhct  ein  Theilungspunct  ist,  und 
durch  die  ganze  Figur  wieder  Linien  ziehen  paralleLden  Diago- 
nalen, welche  jedes  kleine  Quadrat  in  4  gleiche  gleichschenklig 
rechtwinklige  Dreiecke  zertheilen.  Die  übrigen  Zeigerlinien 
hängen  von  der  besondern  Bescha£Fenheit  der  Gestalt  ab ,  des- 
gleichen die  Menge  der  erforderlichen  kleinen  Quadrate,  die 
in  dem  grofsen  vereinigt  sind.  •' 

^lj£'  In  der  beigefugten  Abbildung  ist  die  horizontale  Zeigerfläche 
der  4gliedrigen  Gestalt,  welche  früher  (in  Fig.  239)  schon  als 
Beispiel  diente,  dargestellt«    Nimmt  man  die  Puncte  s,  s,  s,  s 

12  34 
als  die  Trägerenden  der  vier  oberen  Flächen  s,  so  ergiebt  sich 


Kl  y»laiiomeli*it;.  ±267 

P  ak  zwischen  s  und  s  in  der  Mitt^  liegend  l^weil  P  sich  gegen 

beide  anliegende  Flächen  s  auf  gleiche  Weise  verhält),  g  als  in 

1 
coas  liegend  ist  an  sich  anleuchtend*  Durch  Messung  und  Be- 
rechnung sey  gefunden  Cotg.  r||g  zr  }  und  deshalb  sey  in  ay 

1     1 
die  au  :=:3aP  und  in  uh  die  un  zr  2aP  genomiiien  und  da- 
durch ff  r  als  der  Richtung  nach  mit  an  zusammenfallend  be- 

1 
sdmmt.    Das  Ende  von  r  liegt  unendlich  eiitfemt  von  ou    Da 

1 
der  Träger  z  in  einerlei  Zonenebene  liegt  mit  P  P  und  da  die 

1  14 

Fläche  r  mit  der  Fläche  z  in  horizontaler  Kante  uch  schneidet, 

1  1 

also  der  Träger  z  auch  zwischen  dem  Träger  a  der  2Leigerfläehe 

1 
und  dem  Träger  i  liegt,  so  fallt  z  mit  dem  Puncte  n  zusammen. 
1  1 

Ist  nun  in  dem  von  den  Flächen  s  gebildeten  8flächigen 
Ebenrandner  das  Verhältnifs  der  Hanptaxe  zur  Queraxe   erster 

i     1 

Art  und  zur  Queraxe  zweiter  Art  =  a:  1 :  |^2  =:  1  ;— :,— 1^2, 

also  das  Zeichen  einer  Fläche  desselben  in  Beziehung  zu  einer 
Zelle,   die  von  drei  einander  nachbarlichen  ungleich werthigen 

1    1 

Strahlen  dieser Bestimmungsaxen gebildet  wird,  =:  (1,— ,  —  K2)> 

so  muls  das  entsprechende  Zeichen  des  Träjgers  dieser  Fläche 
(weilSin.  45^=  Oi^t)  =:  M,  j_  ^^ ,  i  1^2  f'i)  =  t'^*''^^^ 

seyn.     Nimmt  man  aw  =:  a1^2,   so  ist  as=  a  und  as  z= 

4  1 

[aw,  as].    Es  sind  daher  die  innerhalb  des  Winkels  /ah  lie- 

4  1 

senden  Trägerenden  auf  der  Zeigerfläche  auszudrücken  durch 
•die  in  den  Richtungen  ay  und  ag  liegenden  Mä&einheiten  aw 

2  4 

und  a»,  wie  dieses  auch  daraus  einleuchtet,   dafs  man,  der 
4 


1268 


Krystall. 


allgemeinen  Begel  gemafs,  die  einer  gegebnen  dorcH  lantn- 
thümliche  Strahlen  A,  B,  D  bestimmten  Zelle  entsprechende  Tii- 
ger2ella  erholt ,  wenn  man  die  auf  A  und  B ,  auf  Ä  add  D  md 
auf  ß  und  D  senkrechten  Träger  auFsncht  a.s.w.  Hier  nämlid 
ist  a^^eoktecht  auf  o  g  und  auf  die  Hauptaxe  und  «r  ▼  senkredtt 

2  1 

auf  ah  und  auf  die  Hauptaxe  und  die  Hauptaxe  (als  Tnga) 
senkrecht  auf  ag  und  ah.. 

Aus  der  Zeigerfiäche  sind  nunmehr  leicht  ablesbar  dieMafs- 
zahler  in  dem  Zeichen 


C3- 

2, 

t^H 

^at 

^  w  • 

}^^ 

♦^  tfi 

II               -^ 

CK 

o 

» 

< 

o 

O 

►*. 

N^ 

>*-• 

Gb 

ü 

9^ 

K9 

h* 

h:> 

o 

HA 

»     HA  » 

S' 

i^ora 

Hk 

o 

M^ 

1-*^ 

"o 

S' 

0 

s 

CK 

" 

^^^r 

'^-  '-*'  ^ 

»-9 

Sl 

/ 

*^HH 

i^W« 

11    r 

» 

o 

o 

1^ 

CA 

o 

D 

p: 

pc- 

^   ;' 

Q. 

£5  S 

CO 

1-^ 

0» 

h^ 

H*. 

?-- 

8' 

S 

^^ 

Q^  C3 

0 

S*  =3" 

o. 

8 

\ 

8 

Hm 

HA 

1 

2.3 

die  Zelle,   deren  B 
gen  mit  den  Linien 

t 

f 

■ 

Od 

o 

1-^ 
CO 

HA 

HA 

3 

s 

3. 
1^ 

«•        •• 

te 

V 

J* 

3; 

1^ 

K> 

P 

HA 

&^ 

B 

^-> 

< 

B 

— / 

8 

8 

1-^ 

H». 

HA 

»  IHA 

3- 

Si 

c 

3 

^ 

w>^ 

^ 

n 

8 

HA 

P   IHA 

D 
3. 

ST 

ä- 

9 

\ 

N9 

5* 

0 

1  AU  Halfsmittel^  die  Mafso  ia  ag  nnd  «r  ss  sählen,  kann  ibU 
benatzeo,  dafs  aP  in  aw  so  ofb'enlhaüen  iat  als  as  in  a7  ond  >Tia- 
der  «s  zu  at  gleichfalls  sich  verhalt  wie'aW  :  rz  i.  t.  w. 

A 


Krystallometrie. 


1269 


'  Wo8  die  1-^  und  Smafsigen  Gestalten  betrifft ,  so  ist  hier 
die  Entwerfung  der  Zeigerflächen  so  sehr  derjenigen  älinlich| 
Avelehe  bei  1-  und  2mar9igen  statt  findet,  dafs  es  nicht  nöthig 
iat,  darüber  noch  besonders  zu  redeii^  '  £s  möge  daher  hier 
zuerst  die  tabellarische  Zusammenstellung  der  aus  der  horizon- 
'talen  Zeigerfläche  einer  Ifach  GgHedrigen  Gestalt,  welche  früher ^^' 
(in  Fig. 243)  bereits  beispielsweise  erwähnt  worden  ist,  absujie- 
senden  wichtigsten  BezieKungsarten  mitgetheilt  werden« 


.a., 


•  0»M*-»**M»-9 


2. 


li     II 

'  o    ö 

o 

^A 

1^ 

'  i-k 

►*       M.       H* 

•-^ 

^ 

'» 
o 

^  '  ►* 

o 

>-* 

fO 

O 

>.*    o    o 

-s 

CS            " 

*• 

=r 

rT 

fS)     o 

Hk 

»6 

ö 

»0 

o   >*    o 

ZI -7 

t-  o 

(t 

c 

Oo 

t- 
?- 

II     II 

1--0 

o    o 

d 

>-* 

^ft 

1^ 

>-       H*      »- 

l-k            H* 

- 

. 

00 

MV» 

H»       ►*       O 

n 

;    2 

-1 
o 

> 

s 
oo 

-*  ^ 

rr 

r^ 

" 

^A 

8     8 

8 

h* 

hA 

1^ 

hA       ^       H* 

•1 

c 

H»*       H* 

Mm 

Hw 

«1^ 

M» 

►-    H*     8 

a 

^  S 

l 

M-      >-* 

•♦• 

H- 

Ml- 

M- 

^    ^    8 

•^ 
«-i> 

CO 

»—  « 

f 

O     O 

O 

1^ 

t^ 

I-* 

h*       M*       1^ 

S' 

8» 

II  li 

K-  -5 

öT 

CL 
V 

3* 

,W)     ^ 

►* 

>« 

»«« 

1** 

►*     Mf-       O 

»AH 

2 

^'■^ 

^r 

00       H» 

M 

00 

M 

M> 

►*       Hk      O 

t»: 

1»     H*«TJ 

*-iS 

s 

c 

^ 

. 

^o« 

3- 

09 

a 

qL 

»A 

xy 

^. 

C^ 

2 

8     8 

00     •-* 

8 

->• 

•-* 

H*      Hk      1^ 

HA    »•    8 

B 

B 

s 

3 

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1 

1270  Kryatall. 

Da  hier  riicksichtlich  der  Flfichen  n  eine  ÜJhwSibS^bA 

Torhanden  ist,  so  ist  zu  bemerken,  dafs  die  oben  entwickdM 
Permutationsgesetze  sich  auf  jedes  der  entwickelten  Zeichea  toi 
n  anwenden  lassen,  welchem  die  dreierlei  Mafsstrahlen  P,  h 
und  e  zum  Grunde  liegen  ( dafs  also  s.  B.  die  Gesammtheit  im 
12  Träger  ti  begriffen  ist  in^  dem  Zeichen  [1,  ±1,  ±2]*)  wifc- 
rend  bei  einer  Bezeichnung,  wie  die  darch  P,M,  M  oder  duck 
P,  e,  e  ist,  andere  zusammengesetzte  HüUsmittel  in  Aii^irefidai|g 

kommen  müssen,  «,  B.  —      *     * — ^,  wobei  der  Divisor  2ia* 

deuten  soll ,  dafs  blofs  die  halbe  Anzahl  der  24  Flächen  'vw 
banden  ist,  welche  das  Zeichen  (1,  4»  4-)  fordern  würde,  wak- 
rend  der  oben  stehende  Buchstabe  I  andeutet ,  dals  die  vorhu- 
denen  Flächen  u  am  obem  Ende  die  links  von  x  liegenden  sio^ 
während  die  am  unteren  Ende  vorhandenen  als  die  rechts  liegn- 
den  durch  das  unten  befindliche  r  angedeutet  Werden.  Das  Zei- 
chen ,  welches  die  6  Träger  o  znsammenfabt,  ist  nach  der  er- 
steren  Weise  s=  [0,  +.1}  ±.2]»    während  das  Zeichen  der  i 

1    r  ^   'x   9  ^ 

Flächen  c  nach  der  andern  Methode  s=  — .  ^ — - — ^ — ^    sera 

r  2 

würde. 

Dafs  auch  bei  den  Sgüedrig  4axigen  Gestalten  die  Zdge^ 
fläche  das  beste  Hülfsmittel  sey,  den  Zonenzusammenfaano  n 
versinnlichen  und  eine  unerschöpfliche  Menge  wichtiger  Ver- 
hältnisse, welche  sonst  nur  mühsam  gefunden  und  deshalb  nicfe 
beachtet  werden  wurden ,  so  darzulegen ,  dafs  sie  gleichssB  lor 
einem  Blicke  aufgefafst  werden  können,  möge  durch  den  Tkol 
1^'  der  der  Würfelfiäche  parallelen  Zeigerfläche  daigethan  wetdea, 
in  welchem  die  Enden  der  Träger  sich  befinden,  die  dies» 
Würfelfiäche  treffen  |  ohne  daCi  dieselbe  «verlängert- zu 
braucht. 

Der  Punct  W  ist  das  Ende  des  Trägers  der  als  Zeigerflickel 
1  « 

dienenden  Würfelfiäche;  R,  R,  R,  Rsind  die  Enden  der  Trioer 

12  3  4 
von  eben  so  vielen  Flächen  des  12-Rautenflächners,  A,  A,A,A 
1234 

1    Rrchtnog  and  Grofie  der  Mafse  'braacht  als  bekanat  mcht  k- 
«onders  im  Zeieken  angedeutet  zu  werden. 


Krystallometrie.  1271 

ene  von  Trägern  3er  Wände  des  Silächners.  Es  sind  ferner 
mgedeutet  die  Trägerenden  P,  p,  n  von  drei  verschiedenen 
}X4>vandigen  und  H,  h  von  zwei'Verschiedenen  8X3wandi- 
;en  Keilflächnern ,•  so  wie  L  und  I,  welche  zwei  24 -Lanzen- 
lachnern  angehören ,   und  endlich  G,  y,  g  als  Trägerenden  für 

111 
sben  so  viele  48wandige  Dreieckflächner.  Namentlich  sind  es 
)ie  Träger  der  sämmtlichen  bestimmten  Gestalten,  von  denen 
Tüher  bereits  angeführt  wurde ,  dafs  sie  die  wichtigsten  an  Kry- 
itallen  vorkommenden  hierher  gehörigen  einfachen  Gestalten 
leyen.  Bei  Betrachtung  dieser  Zeigerfläche  ist  sogleich  ersichtlich, 

1)  dafs  die  Linie  WA  durch  RR  in   L  halbirt  ist,  dafs 

11  12         1 

folglich  auch  Wp  =  pL  =  i WR  ist;   . 
11        11  11 

2)  dafs  die  Linie  WA  durch  R  A  und  H  R  so  gctheilt  wird, 

11  12  12 

aafs  Wl  =  |WA,  dafs  also  auch  WP  =  Tl  =  ^ WR  und' 

11  1 t  1111  11 

aafs  Wir  =  |WR  ist; 

1111 

3)  dafs  pL  durch  jede  der  beiden  Linien  WH  und  RA  in 

11  1112 

G  halbirt  wird ,  so  dafs  p  G  =  ^  W  R ,  dafs  also  auch  die  Ent- 
1  1111 

femnng  de&  Punctes  G  von  der  Linie  WA  sn^^RL,  von  der 

I  1111 
Linie  WR  =  T^^A  sey  u.  s.w.; 

11  11 

4)  dafs  R  A  durch  die  Linien  A  R  upd  die  dieser  parallelen 

41  43 

Linien  in  5  gleiche  Theile  getheilt  wird  und  dais  P/  =  |p  A, 

11  11 

mithin   die  Entfernung  des  Punctes  y  von  der  Linie  WR  := 

1  11 

^.RA,  von  der  Linie  RA  =  |pR  =  f  WR  und  von  der 

11  11  11  1   1 

Linie  WA  =  $p  1=  §RL  sey; 
11  11         11 

5)  dafs  ferner  gL  ==  |-p  1  (weil  gA  =  f  p  A),    folglich, 

II  11  11  11 
=  4RL  sey. 

11 

V.  Bd.  "  Mm  mm 


1272  Krystall. 

Will  man  nun  die    Zeichen  «ämmdicher  jder  Zelle  WRi 

111 

angehöriger  Träger  mittelst  der  Zeigeriläche  entwickeln,  so  kaa 
dieses  geschehen : 

1)  dadurch^    dafs  man  dieselben  ausdrückt  durch  cÜe  Be- 
stimmunasträger  oder  Mafsstrahien  W,  R,  A  dieser  Zelle  selbst, 

111 
wobei,  wenn  das  MaTs  in  W  =  l  gesetzt  wird,  das  in  R=:}'i 

N  1  1 

und  das  im  Träger  A  =  |^3  gesetzt  werden  kann,  so  dals  die- 

1 
selben   sich  verhalten  wie  die  4gliedrige,  2gh'edri^e   und  Sgl»- 
drige  Axe  des  Würfels.     Da  nnn  die  Strahlen  W,  R,  A   nick 

1       1      1 
selbst  in  der  Zeigerfiäche  vorhanden  sind ,    so  zahlt   man  £f 
Mafse  in  ihnen   dadurch,  dafs  man  die  Entfernung    des  Esdes 
eines  Trägers,  z.  B«  G ,  dessen  Zeichen  gesucht  wird ,   vod  d<i 

1 
Zeigerlinien  RA,   WA  und  W  R  vergleicht  mit  den  ihnen  pi- 

1111  11 

rallel  liegenden,    die  Entfernungen   der   Trägerenden  W^H,1 
von  eben  diesen  Zeigerlinien  messenden  Linien  WR,  RL  nci 

1111 
RA,  wodurch  drei  Verhältnisse  oder  Zahlen  hervorgehen,  wekk 
1  l 

sich  zu  einander  verhalten,  wie  die  Mafszahler  in  W,R^uo^A 

11  1 

für  den  Träger , ^ dessen  Zeichen  gesucht  wird*.     So  ist  z.  B» 
für   den  Punct  G  die  Entfernung    von  RA  =  ^WR,  daher 

11  11 

der  Mafszahler  in  W  =  4  j  jene  von  W  A  ist  =  ^  R  L ,  also  d^ 

1  11  11 

Mafszahler  in  R=i,  und  jene  von  WR  oder  die  Linie  GpiÄ 

1  11  11  I 

s=  i  R  A ,   daher  ist  auch   der  Mafszahler  in  A  =  ^ ;    es 

11  1 

sonach  in  dem  Zeichen  des  Trägers  G  ausgedrückt  durcJi  dii 

1 

Zelle ,  deren  Mafsstrahien  die  Träger  "SV,  R,  A  mit  dem  Mife* 

111 


1  Eine  Yerfalirnn^sweise ,  die  aach  bei  den  übrigen  Gestallff* 
«ystemen  und  bei  jeder  Zeigerfläche  derselben  Ton  praktischem  Wertiht 
ist  für  die  Uebersetzung  einer  Bezetchiiaogsart  in  eine  andere. 


Kryalalloraetrie.  1273 

Verhältnisse  i  :  fTi  :  |^3  sind  (welc!ie  Bezeichnungsart  die  I. 
heifsen  möge),  das  Verhältnifs  der  Mabzähler  =  4  :  ^  :  |  =: 
2:1:1- 

2)   dadurch,  dafs  man  diejenige  Zelle  aufsucht,  deren  Mes- 
snngsstrahlen    senkrecht    sind   auf   die    drei   Wände   der  Zelle 
"WRA,  deren  Messungsstrahlen  also  die  Strahlen  RRW  sind, 
111  35  3 

und  durch  diese  das  Zeichen  des  Trägers  ausdrückt,  indem  man 
das  Mafsverhaltnifs  =  y"'2  :  2f^2 : 3  setzt,  damit  die  Umkehrung 
des  Verhältnisses  der  MaTszahle^  für  jeden  Träger  das  Verhält- 
nifs  der  Malszähler  gebe  fiir  das  Zeichen  der  von  ihm  getrage- 
nen Fläche ,   ausgedrückt  durch  die  Mafsstrahlen  W  R  A ,  mit 

111 
dem  Mafsverhältnisse  1  :  Y^^  :  y^\  =  |^3 :  Y^^  :  1.     Es  wird 
dann  in  der  Zeigerfläche  der  Punct  Q.  zum  An&ngspuncte   und 

3 
die  Richtungen  R|9  Cals  parallel  dem  Strahle  R)  und  R^  (als 

3  5  3 

parallel  dem  Strahle  W)  dienen  dann,  um  durch  sie  die  Trä*- 

3 
gerenden  aaszudrücken«      Es  liegt  z.  B.  das  Trägerende  A  in 

1 
[IR^,  l^l']  "*  ^*  '^'     Dabei  dient  als  Erleichterung,  dafs  die 

3         3 
Ijinie  Rt/i  oder  L  A  in  demselben  Verhältnisse  durch  ^ie  parallel 

3  3  1 

11/?  liegenden  Linien  getheilt  wird  ,  wie  die  Linie  R  d,  und  dafs 
3  3 

ebenso  die  Eintheilungen  der  Linien  RR  und  Rj9  durch  die  pa- 
.    ;)  3  13 

rallel  Rd  liegenden  Linien  einander  entsprechen  (IL  Bezeich- 

3 
nungsart)...    . 

3)   dadurch,  dafs  man  jeden  Träger  ausdrückt  durch   sein 
Verhältnifs  zur  3fach  rechtwinkligen  Zeile  W,W,W,  dasMafe- 

12    3 
verhältnifs  =1:1:1  setzend.     Dieser   (111.)  Bezeichnungsart 
entspricht  äie  Bezeichnung  der  getragenen  Fläche  durch  diesel- 
ben Mafsstrahlen  mit  demselben  MaCsverhältnisse  und  mit  um* 
gekehrtem  Vieihaltnisse  der  Mafszäbler. 

M  m  m  m  2 


1274 


Rrystall. 


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3  / 

Setzt  man  in  der  Bezeichnung  II.  der  Träger  das  Vcrhälr- 
iiifs  der  Mafse  in  den  Mafsstrahlen  =  RR  W  =  V^2  :  1^2  •  I 

3  5  3 
so  sind  in  der  Zeigerfläche  die  Linien  RR  tind  RA  als  Ma&t 

34  32 


Kry^laJlometrie. 


1275 


za  gebr«U9heD  und  es  wird  dann  das  entsprechende  Verhältnjfs 
dlerMaäe  in  den  Strählen  WR  A  für  die  entsprechende  Flächen« 

1  11 
l>ezeichnung  =  1 :  }^  :  j^S,     Man  erhalt  dann  folgende  Ver- 
liältnisse  der  Malszähler :  / 


für  die  Traget 

für  aie  Flächen 

w 

:1  : 

1 

^ 

1:1:1 

1 

R 

:  2 

:  2 

1:4:4 

1 

/ 

A 
1 

:  2 

:  3 

1:4:* 

P 
1 

:  1  = 

2:3:3 

*:4:4 

P 

:|: 

i  = 

3:4:4 

i:  *:  t 

1 

n 

:  i 

:  i  = 

3:5:5 

^'i'i 

1 

L 

>      1 

:  2  = 

2:3:4 

^'-  i'k 

1 

1 

.    *! 

i  =; 

3:4:5 

*  :  i  :  1 

1 

• 

1 

H 

!  2  . 

;  1  = 

2  :  4  ;5 

k'^-i 

1 

h 

:  2: 

(1     

T    

3:6:8 

|:*:4 

1 

G 

i    = 

4:6:7 

4  t  i  :  f 

1 

'  y 

.     8     . 
•     *     • 

6      

5:8:9 

1:4:4 

1 

g 

■i- 

2  = 

3  :  5  :  6 

*  :  i  :  4 

1 

Die  Lösung  der  Aufgabe,  den  Theil  einer  4gUedrigen  oder 
2gliedrigen  Zeigerfiäche  fiir  die  hier  angegebenen  Träger  und 
flächen  zu  zeichnen ,  welcher  der  Zelle  W  R  A  entspricht ,  so 

1  11' 
dafs  aus  ihm^  auf  gewöhnliche  Weise,  Ablesung  der  Mafszähler- 
Verhältnisse  u.s.w.  fiir  die  I.  Bezeichnungsart  statt  finden  kann» 
so  wie  auch  die  Darstellung  und  Vergleichung  d^t  vollständigen 
4gliedrigen  I  2gliedrigen  und  3gliedrigen,  einiger  2fach  Iglie- 


1276  Kryatall. 

drigen  and  Ifach  Igliedrigen  Zeigerflachen  für  diesa  merkwiiidi«» 
Gestaltengruppe ,  möge  dem  Leser  selbst  überlassen  bleib«D« 

Beiden  1-und  2ma£sigen  und  bei  den  l-'und  3mafsigea 
hauptaxigen ,  so  wie  bei  den  Sgüedrig  4axigen  Gestalten  sici 
demnach  die  Bezeichnnngsarten  der  Trä'ger,sovvohl ,  als  ancladiff 
der  'Flachen  durch  die  einfachen  Zeilen  (deren  jede    nar  eioeB 
Strahl  jeder  Art  oder  nur  eine  Fläche  jeder  Art  umfatst}    mroU  zs 
unterscheiden  von  den  Bezeichnungsarten ,  welche  sicix  'anf  zo- 
sammengesetzte  Zellen  (deren  jede  aus  zwei  oder  mehreren,  g 
zen  oder  zertheilten,  einfachen  Zellen  bestehend  gedacht  vrer(ki 
k,ann)    beziehen.     Obwohl  nun  jede  dieser  Bezeicbnungsaitet 
von   vielfachem  Nutzen    ist  bei  der  Untersuchung   der    Eigen- 
schaften eines  gerengesetzlichen  Flächen veteins    oder    des  iiia 
entsprechenden  Trägervereins  u.  s.  w«,   so  ist  doch   ^^wohl  roa 
selbst  einleuchtend,  dafs,  wenn  blofs-von  einer  möglichst  ge- 
drängten Darstellung  der  einzeln  oder  zu  mehreren  an  bestimoH 
ten  Gestalten  verbunden  auftretenden  Flächen  *  oder  Traoeraitn 
eines  Vereins    die  Rede  ist,    die  Bezeichnung    durch  einfach 
Zellen  die  zu  wählende  sey.     Auch  ergiebt  sich  von  selbst,  di& 
>die  Trägerbezeichnung  durch  die  einfachen  Zellen  am  einfacb- 
sten  ,eine  Uebersicht  sämmtlicher  auf  gerengesetzlichen  Zusaa- 
menhang  hinweisender  Verhältnisse    gestattet  und    dämm   dei 
Vorzug  verdient  vor  dei^  sämmtlicheVi   übrigen   Bezeichnung 
weisen,  wenn   es  blofs  um  eine  möglichst ' kurze  und  einfack 
Darlegung  dieses  Zusammenhangs  zu  thun  ist. 

<    Ge'stavlten     der     RrystnUe. 

Man  kann  sich  vorstellen ,  als  sey  das  Wachsen  and  Est- 
stehen der  Krystalle  abhängig  von  Kräften ,  deren  Richtungen 
senkrecht  sind  auf  die  Krystallflächen ,  gleichviel,  ob  i^irklicl 
physische  Kräfte  in  diesen  Richtungen  unmittelbar  gewirkt  ha- 
ben oder  in  andern  Richtungen,  für. welche  eine  solche  ab  mitt- 
lere erscheint  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich ,  dafs  die  so  ver- 
einten Kräfte  in  irgend  einem  gesetzlichen  Zusammenhange  ste- 
hen. Zerlegt  man  eine  derartige  Kraft  in  zwei  oder  mehrere 
andere,  nach  der  Lehre  vom  Parallelogramme  der  Kräfte,  so 
dals  man  sucht,  sie  durch  2  oder  3  solche  auszudrücken,  dertt 
Richtungen  gleichfalls  auf  vorhandene  Krystallflächen  senkrecb 
sind,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dafs  die  GröCie  der  Kraft,  vrelckt 


Geistalt  und  Zusaniinensatzuhg.         1277 

in  einer  jeden  von  diesen  Riebtangen  an  sich  wirkt,  mit  der 
Gröfse  der  Kraft  ^  welche  man  ihr  beilegen  mufs^  sofern  du^ch 
ihr  Zasammenwirken  mit  der  andern  (oder  den  andern)  jene 
mittlere  entstehen  soll,  in  einem  gesetzroäfsigen  Verhältnisse 
stehe..  Eine  Vergleichung  der  bis  jetzt 'bekannten  Krystal!(ge- 
stalten  fuhrt  dann  zur  Annahme  folgender  Erfahrungssätze. 

'  1)  Die  sämmtlicTieii  Flächen  an  einem  und  demselben  Kri- 
stalle gehören  zu  einem  und  demselben  ^erengesetzlichen  Flä- 
chent^erelne  i  so  dafs  also  auch  deren  Träger  zu  einem  gerenge- 
setzlichen  Strahlenvereine  gehören  und  die  -  Kanten  des  Kry- 
stalls  parallel  liegen  mit  Strahlen  eines  gerengesetzlichen  Vereins 
kantenthümlicher  Strahlen. 

V  Daraus  folgt  dann  unmittelbar,  2)  dafs  unter  den  bekannten 
Kry.stallg.e stalten  sich  keine  finden  könne,  die  ernemGestaltensy-* 
Sterne  angehört,  in  welchem  nicht  einmal  die  Bestimmungsstrah- 
len jeder  einzelnen  Art  unter  sich  (obgleich  sie  in  Axen  liegen, 
-welche  eine  von  den  3  wichtigsten  Arten  von  Axen  ausiAachen) 
zu  einem  und  demselben  gerengesetzlichen  Strahlenvereine  ge^ 
hören ,  so  dafs  also  1  -  und  mmalsige  Gestalten ,  bei  denen  nx 
gröfser  als  3  ist,  und  hauptaxenlose  3gliedrig  lOaxige  Gestalten 
als  Kiystallgestalten  nicht  möglich  sind.  Man  hat  daher  fol- 
gende Hauptabtheilungen  von  Krystallgestalten : 

1.  Klasse  hauptaxenloser  Krystallgestalten.  Sie  umfafst  nur 
eine  Ordnung,  nämlich  die  Ordnung  der  (3gliedrig)  4axigen 
Gestalten. 

^        IL  Klasse  hauptaxigei  Krystallgestalten.     Sie  hat  zwei  Ord- 
nungen : 

1)  Ordnung  der  Ifach  faxigen,    , 

a)  Familie  der  1  -  und  3marsigen, 

b)  Familie  der  1  -  und  Smafsigen ; 

2)  Ordnung  der  mehrfach  laxigen  oder  1  -  und  Imafsigen. 

Mit  dieser  Eintheilungsart  stimmt  auf  eine  merkwürdige 
Weise,  das  Verhalten  der  durchsichtigen  Krystalle  gegen  das 
Licht  iiberein.  Krystalle  der  Klfisse  I  besitzen  keine  doppelte 
Strahlenbrechung^,  während  diese  Eigenschaft  denen  der  Klasse 
II  zusteht.  Die  der  ersten  Ordnung  IL  Klasse  haben  eine  Axe 
doppelter  Strahlenbrechung,  welche  mit  der  einzigen  einheitlichen 


1    Mit  Ausnahme  des  Boracits. 


1278  Krystall. 

Axe,  derHauptaxe,  susammenrallt;  jene  der  zTreiten  Osfai 
besitzen  zwei  Axen  doppelter  JBrechung. 

Bei  flächenvoUzähligen  1-  und  ImaTsigen  Gestalten  b^ 
diese  2  Ldchtbrecbangsaxen  so ,  da£s  sie  mit  irgend  2  ^ 
wenblgen  2facb  Igliedrigen  Axen  zosammenfallen  ,  folgLci 
dafs  jeder  der  vier  Winkel, 'welche  entstehen,  indem  sieb  h 
beiden  Lichtbrechungsaxen  durchschneiden,  halbirt  wird 
einem  2fach2gHedrjgen  Strahle,  d.  h«  zwei  der  drei  einbei!&d 
2fach  2gliedrigen  Axen  fallen  in  die  Ebene  der  beiden  gfcii 
werthigen  Lichtbrechungsaxen ,  die  3te  ist  auf  dieser  Ih 
senkrecht. 

Aber  nicht  blofs  diese  Lichtbrechangsverbaltnisse  der  h 
stalle ,  sondern  alle  diejenigen  ihrer  physikalischen  Eigens^ 
ten ,  die  in  verschiedehen  Richtungen  verschieden  sich  am 
können,  stehen  mit  dieser  Abtheilung  im  Zusammenhange  ft 
hin  gehört  vorzüglich  Glanz,  Elektricität,  Harte  und  tnti 
Zusammenhang  der  Theile,  in  sofern  er  sich  durch  21erschli|4 
Zerspalten  u.  s.'  w.  zu  erkennen  giebt  (wovon  später  nock  » 
fiihrlicher  die  Rede  seyn  wird^,  Krystalle  atis  der  Klasse  1  k 
ben  nie  blofs  eine  Flächenrichtung ,  welche  durch  vorzüglich 
Glanz  sich  auszeichnet,  sondern  stets  mehr  als  2  solcher Bi^ 
tungen,  die  einander  in  dieser  Beziehung  gleich  sind;  scU 
aus  der  ersten  Ordnung  II.  Klasse  zeigen  auf  der  HorizontalSia 
Öfters  andern  Glanz  als  auf  SeitenAächen ;  besitzen  sie  Periot: 
terglanz ,  so  gehören  sie  den  Tafelflächen  an  u.  s.  w.  W« 
Krystalle  der  I.  Klasse  durch  Erwärmen  polarisch  elekHi 
werden,  so  erhalten  sie  nicht  eine  elektrische  Axe,  soatm. 
mehrere,  die  beim  Boracit  z.  D.  mit  den  vier  Sgliedrigen  iia 
zusammenfallen ,  während  bei  hauptaxigen  Gestalten  stets  «j 
einß  elektrische  Axe  sich  zei<^t ,  die  bei  solchen  in  der  IsM 
Ordnung  IL  Klasse  mit  der  Hauptaxe  zusammenfallt  (wie  I 
Turmalin)  und  bei  solchen  der  2ten  Ordnung  mit  der  aas 
dern  Gründen  als  Ilauptaxe  angenommenen  Axe  übereinstiffliBi 

Jeder  Gypskrystall  ist  in  einer  Richtung  leichter  spahsi 
und  weicher,  als  in  jeder  andern,  in  einer  zweiten  Richte 
biegsam ,  in  jeder  andern  zeigt  er  einen  höheren  Grad  von  2» 
brechlichkeit  u.  s.  w. ,  so  dals  man  schon  daraus  zn  schliefü 
im  Stande  ist ,  es  werde  ihm  eine  hauptaxige  Krystallfonn 
zwar  eine  solche  eigen  seyn ,  in  welchra^  mehr  als  eine  ctaiifit* 
liehe  Axe  möglich  ist ,  d.  h.  eine  l->  und  Imafsige« 


Gestalt   und  Zu^aiiiiiiensetzung.        122(9 

3)  Vergleicht  pnan  die  Flächenarten ,  die  in  einer  und  der* 
selben  Gestaltenfamilie  m(iglich  sind,  hinsichtlich  auf  die  Häu- 
£gkeit  ihres  Vorkommens  als  Kry stallflächen  mit  einander,  so 
findet  mauj  dafs  SgÜedrig  4axige  Gestalten,  deren  Flachen 
senkrecht  sind  auf  4gUedrige  oder  SgUedrige  oder  2gliedrige 
'Träger,  häufig  als  Krystallgestalten  ausgebildet  sind,  während 
solche ,  deren  Flächen  2fach  Igliedrige  oder  Ifach  Igliedrige 
"Träger  haben ,  weit  seltener  sind.  Hauptaxige  Krystallgestalten, 
Vielehe  1-  und  2mafsig  oder  1-  und  3mafsig  sind ,  zeigen  häufig 
Flächen  senkrecht  auf  dieHauptaxe  oder  auf  2fach  2gliedrige 
Queraxen  Ister  und  2ter  Art ;  etwas  seltener  schon  solche,  wel- 
che senkrecht  auf  2fach  Igliedrige  Queraxen  oder  auf  2fach 
Igliedrige  Strebeaxen,  am  seltensten  aber  solche,  deren  Träger 
Ifach  Igliedrige  Strahlen  sind.  * 

Aus  diesem  Grunde  ergiebt  sich  von  selbst ,    daft  gewisse 
Arten  von  Gestalten ,  welche  früher  als  flächenhalbzählige,  vier- 
teis -   und  achtelszählige  aufgeführt  worden  sind ,  als  Krystalle 
selten  beobachtet  werden  können  ,  nicht  Z|i  gedenken  des  Um- 
Standes,  dafs  es  meistens  nur  Bruchstücke  oder  Theile  von  Kry- 
stallen  sind,  welche  dem  Beobachter  vorliegen,  indem  die  ringsum 
mit  Ebenen  begrenzten  Krystalle  (die  eingeschlossen  oder  ein- 
gewachsen gewesenen)  bei  weitem  seltener  sind,  als  die  nur  an 
ihrem  freien    Ende  regelmäfsig  ausgebildeten ,   an  dem  andern 
aufgewachsenen  Ende  nicht  krystallartig   begrenzten,   wodurch 
mancher   Krystall    zu    einem    flächenvollzähligen  mag    ergänzt 
Worden  seyn ,   der  es  nicht  wirklich  war.     Dessen  ungeachtet 
bleiben  auch  diese  niediigeren  Grade  von  Begelmäfsigkeit ,  da 
wo  sie  deutlich  beobachtbar  sind,  für  das  tiefere  Naturstudium 
von  Wichtigkeit.     Es  möge  daher  hier  die  Aufzählung  der  wei- 
teren ünterabtheilungen  für  die  Ordnungen  und  Familien  von 
Gestalten,    welche  als  Krystalle  möglich  sind,  statt  finden  mit 
beispiels weiser  Angabe  des  Namens  von  wenigstens  einer  Sub- 
stanz, deren  Krystalle  solche  Gestalten  besitzen,  und  mit  Angabe 
der  synonymen  Benennungen,  welche  von  den  Krystallographen 
Weiss  und  Mohs  gebraucht  werden  zur  Bezeichnung  des  all- 
gemeinen Charakters  solcher  Formen, 

Krystallgestalten  können  seyn: 


1280 


KrystalL 


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09 


Gestalt  und   Zusammensetzung.       12Sl 


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1    Dtff  gleichstellig  2endig  Bgliedrige  Gestalten,  »o  wie  mehrere 
▼00  den  übrigen  |  für  welche  hier  keine  Beispiele  aufgeführt  wurden. 


1282 


Krystall. 


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09 

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vielleicht  dürfte  der  Ku- 
pferkies eher  hier  als  bei 
Nr.  6.  beispielsweise  er- 
wähnt werden  müssen. 

5' 

0 
9 

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3 


dem  Gebiete  der  Krystallkunde  nicht  ganz  fremd  sind,  ^rird  spjter 
bei  der  Lehre  von  den  gesetzmalsigen  ZasommenwaehsuDgcii  zwei«r 
oder  mehrerer  Krj«talle  (den  ZwilliogeO|  DnUingen  u.  t«  w.)  eia- 
leachtea. 


Gestalt  und  Za8aminen3etzui]g.       1383 


2. 

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1  Dafs  unsere  Abthei  tan  gen  der  Igliedrigen  und  der  Ifach  Iglie*- 
drigen  Gestalten  unabhängig  sind  yoh  jeder  Besiehung  auf  Gerenge-« 
setzlicbkeit  der  ihnen  zun  Grande  liegenden  Strahlensysteme ,  ist  ana 


1284  Erystall. 

4)  W«nQ  man  die  Gesammtheit  Tenchieiener 
Krystallformen  ans  einer  und  dejrsetben  Unterabtheiloag 
Krysfallgestaltep ,  vrelche  so  beschalFen  sind  y  dafs,  ^s^enn  sie  ii 
übereinstimmender  Stellung  sich  befinden,  die  Fiachen  aller  & 
einem  nnd  demselben  gerengesetzÜchen  Flächen  vereine  gekarei^ 
zusammenfafst  ab  za  einer  nnd  derselben  Kry 9t allreihe  geh^ki^ 
so  dafs  die  Classen,  Ordnungen,  Familien  und  Unterabtheiloa- 
gen  von  Krystallgestalten  zugleich  als  den  Classen  ,  Ordnnagfe. 
Familien  und  Arten  von  Krystallreihen  entsprechend  erscheiacs, 
80  iiat  man  folgende  Erfahrungssätze : 

a)   Krystalle,  welche  zu  verschiedenen  Kryatallr^hen  ge- 
hören, zeigen  sich  auch  in  mehreren  von  den  ^resentliehsM 
ihrer  physikalischen  und  chemischen  Eigenschaften  verschiedet. 
Dafs  zwei  Krystalle,  welche  in  verschiedene  Classen ,    Ordoci* 
gen  und  Familien  von  Krystallreihen   gehören,     auch    aodne, 
nicht  blofs  die  Gestalt  angehende,  Verschiedenheiten  besitzen, k 
oben  bereits  erwähnt  worden,  dafs  aber  auch  die  Arten  Verschie- 
denheit der  Krystallreihen  auf  andere  VerschiMenheit  za  schlie- 
ij»en  berechtige,  ungeachtet  etwaiger  sonstiger  Ueberernstimmsn- 
gen ,  dafiir  mögen  folgende  Beispiele  sprechen*     Zwischen  dea 
beiden  bekanntesten  Kobalterzen  ist  die  wichtigste  äufsere  Ver- 
schiedenheit gerade  darin  begründet,  dafs  die  Krystalje  At%  eines 
(Ifach  Sgliedrig)  2X4strahlige  sind,   während  die  des  aaden 
nur  als  (2fach  SgHedrig)  Sstrahlige  erscheinen ;    die  vvichtiaMt 
innere  Verschiedenheit,  welche  dieser  äufseren  entspricht,  liegt 


der  Art,  wie  der  Begriff  derselben  gewonnen  wnrde,  einlenehteDd.  Ei 
kann  daher,  in  gerengesetzlicher  Hinsicht,  bei  manchen  Igliedrigea 
Gestalten  zweckmärsig  seyn,  in  der  Bezeichnung  anszngehen  von  24- 
lea  mit  2  rechten  und  einem  schiefen  Winkel  (2f«ch  reditwinUigt 
oder  monoklinometrische  Zellen),  während  bei  andern  gl«iclifalb 
Igliedrigen  Gestalten  ihrer  Eingliedrigkeit  unbeschadet  zweckmafsiftr 
Ton  Sfach  rechtwinkligen  (orthometrischen)  Zellen  ausgegangen  wird. 
Ebenso  ändert  sich  der  allgemeine  Charakter  der  Ifach  Igliedriget 
Gestalten y  als  solcher»  nicht,  obgleich  für  die  gerengesetzliche  Be- 
zeichnung möglicher  Weise  bei  den  einen  yoa  dfach  rechtwiokKgeai 
bei  den  andern  von  2fach  rechtwinkligen ,  bei  den  3ten  tod  Ifacä 
rechtwinkligen  (diklinometrischen),  bei  den  4ten  rob  Sfach  achiefWial- 
ligen  (triklinometrischen),  und  zwar  hier  wieder  entweder  von  Ifacft 
rechtkaiitigen  (diklicioedrischeo)  -oder  fon  Sfach  schiefliaatigeB  (tri- 
Uiooedrischen)  Zellen  ausgegangen  wird,  wenn  man  die  eiafaduu 
Barstellaog  des  Zonenansammenhangt  erhalten  will. 


Gestalt  und  Zasammensetzung.        1285 

darin  ^  daf«  jenb  ans  Schwefel,  Arsenik  und  Kobalt,  diese  blofs 
Wts  Arsenik  und  Kobalt  bestehen.  Bei  1«  und  dmafsigen  geren- 
stellig  2endig  .2fach  Sgliedrigen  Krystallen  finden  andere  Ver- 
Hältnisse  des  Zusammenhaltes  und  der  Theilbarkeit  statt,  aU 
bei  gleicbstellig  2end]gen  2fach  Qgliedrigen  u.  s.  w.  Noch ,  auf- 
fallender sind  die  Verschiedenheiten  bei  1  -  und  Imalsigen  Kry- 
stallen, je  nachdem  sie  zu  Krystallreihen  gehören,  welche  2glie- 
drig  oder  Igliedrig  oder  Ifach  Igliedrig  sind..  So  ist  der  was- 
serfreie schwefelsaure  Kalk  2g)iedrig,  der  wasserhaltige  aber 
2f&ch  Igliedrig  u.  s«  w.  Als  ganz  vorzüglich  wichtig  mufs  es 
aber  gelten ,  dafs  bei  Krystallreihen  einer  Art ,  die  nur  in  Be- 
ziehung auf  das  ursprüngliche  gerengesetzlidie  .Maüsverhaltnifs 
verschieden  sind ,  stets  wesentliche  Verschiedenheit  hinsichtlich 
^u£  chemische  und  physikalische  Eigenschaften  vorhanden  ist. 

b)    Umgekehrt,   wenn  Krystalle    zu  einerlei  Krystallreihe 
gehören,  so  besitzen  sie  auch  (sofern  sie  nljht  in  die  Ciasse  deir 
baaptaxenlosen  Krystalle   zu  zählen  sind ,   welche  in  physikali- 
scher  und  chemischer  Hinsicht  sehr  verschieden  seyn  Jkbnnen^ 
obgleich  sie  Glieder  einer  und.  derselben  Krystollreihe  sind^,  in 
der  Regel  eine  unverkennbare  Uebereinstimmung    hinsichtlich 
auf  ihre  physikalischen  und  chemischen  Eigenschaften,    selbst 
dann  ,  wenn  ihre  äulsere  Form  verschieden  ist«     £s-  dürfte  diese 
Regel  zwar  nicht  ohne  Ausnahme  seyn,  wahre  Ausnahmen  aber 
möchten  doch  wohl  zu  .den  Seltenheiten   gehören.     Als  solche 
scheinbare  Ausnahme   ist  anzuführen ,  dafs  z.  JB.  die  Krystalle 
der  Verbindungen   von  K^ohlensaure  mit  Kalk,  mit  Bittererde^ 
mit  Manganoxydul ,  mit  £isenoxydul,  so  wie  die  det*  genannten 
Säure  mit  mehreren  der  genannten  Basen  zugleich ,  scheinbar  za 
einer  und  derselben  .Krystallreihe  gehören  oder  dafs  andererseits 
die  Verbindung  des  Bleioxyds  mit  Phoßphorsaure  und  die  der- 
selben Basis  mit  Arseniksäure  eben  so  als  scheinbar  gleich  ge- 
staltet auftreten.     Allein  erstens  hat  die  genauere  Beobachtung 
nachgewiesen,  dafs  hier  blofs  scheinbare  Gleichheit  der  Form 
mit  wirklicher  Gleichheit  verwechselt  worden  ist  \  und  zweitens 


1  Bleiglanz  nnd  Flafsspath  sind  beide  in  ganz  gleichen  Sstralili- 
I      gen   Gestalten  kryatallisirt;   Fahlerz   und  Boracit    erscheinen    beide  in 

4fltrahligen,  Eisenkies  und  Glanzkobalt  in  2x4>trahligen  Gestalten. 

2  Der  GAachige  Kronrandner   des  kohlensaaren  Kalks  hat  Schei- 
telkanten   von   105°  5\    der   der  kohlensanern  Bittererde   solche  von 


1286  Krystall. 

findet  hier  auch  wirklich  sowohl  in  physikalischer  al»  -^d  ciiei»- 
i^cher  Hinsicht  ein  gewisser  Grad  von  Oleichartigkeit  tder  znsan- 
m engestellten  fast  gleichgestalteten  Substanzen  ^tatt,  xv^tha 
diese  formelle  Gleichartigkeit  minder  auffallend  tiiaclit.  \Teit  auf- 
fallender dagegen  ist  es,  dafs  Substanzen  von  oft  S^hr  T^erachieie- 
nem  Charakter  fast  gleichgestaltet  (oder,  wie  man  es  aach  soBd 
nennt,  isomorph)  sind,  wie  z.  B.  salpetersaares ■  Natron  sai 
kohlensaurer  Bittererdekalk  u.  s.  w. 

c)   Wenn  Krystalle  in  allen  ihren  wesentlichen   physikafi- 
sehen  und    chemischen  Eigenschafteh  vollkommene    UebereiB.  [ 
Stimmung  zeigen ,  so  gehören  sie  auch  zu  einer  and  derselbe  I 
Krystallreihe ,  ihre  Form   sey  scheinbar  noch   so  verscli]ede& 
Kohlensaurer  Kalk  erscheint  z.  B*  als  Katkspath  in  vielen  hnndot 
verschiedenen  Krystallformen ,  welche  alle  einer  nhd  derselbei 
Krystallreihe  angehören.     Es  kötinen  zwar  Krystalle  in   dtemf* 
scher  Hinsicht  keine  wesentliche  Verschiedenheit    zeigen  (wie 
dieses  z.  B.  zwischen  Arragon  und  Kalkspath  \  zwischen  SlraU- 
kies  und  Eisenkies  der  Fall  ist)  und  dennoch  verschiedenen  K17- 
stalireihen  angehören,    aber  dann  ist  stets  mehr    oder  xireoigei 
beträchtliche  Verschiedenheit  hinsichtlich  der  physiklailisGhenEi* 
genschaften  vorhanden.   Bestimmt  man  daher  den  Begriff  fnr  die 
Species  der  festen  homogenen  Körper  dahin,  dafs  nian  sagt,  za 
einer  solchen  Species  gehöre  alles,  was  in  Beziehung  anf  sammt- 
liche  vresentliche  physikalische   und    chemische   Eigenschafiea 
Uebereinstimmung -zeigt,  so*  kann  man  sagen,  die  Krystafle  eia9 
lind  derselben  solchen  Species  gehören  zu  einer  und  derselbca 
Krystallreihe  in  einer  und  derselben  Classe,  Ordnung,  Familie 
und  Unterabtheilung  von  Krystallgestalten ;  es  lieg^  jedem  ein» 
seinen  ein  Axen-  oder  Strahlensystem  zum  Grunde,   welcher 


1070  25',  der  der  Verbindung  von  1  Atom  (oder  Mischoogsgeirjcbt} 
kohlensauren  Kalkes  mit  1  Atom  kohlensaurer  Bittererde  hat  solche 
von  4.  (IO50  5'  +  1070  25)  =  106»  15'  n.  s.  w. ;  ein  Gesetz,  aa( 
welches  «uerst  Bbdoakt  aufmerksam  gemacht  hat,  das  aber  noch  dard 
vielfach  wiederholte  Beobachtungen  an  ändern  Substanzen  aeiae  yoU* 
'  ständige  Begründung  erhalten  muls,       ' 

1  Wenigstens  ist  ein  dem  kohlensauren  Kalke  beigemtschtsr 
Antheil  kohlensauren  Strontians,  der  dadurch,  dafs  er  vou  S  bis  0 
Frocent  varürt,  zu  erkennen  giebt,  dafs  er  im  Armgon  nipht  wesent- 
lich >sey,  ungenügend  9  die  Verschiedenheit  beider  Sabstanzen  xu  er* 
klaren. 


Geatalt  nnd^Z^iMAineiiaetsiing*       1287 

mk  Ami  aUtr  iäitigmi  Krysit^  jdbndbtn'SpMlei  iiiclir  nur  hin- 
sfehtlich  •«£  dk  «Ogeaekieii  Bl|g«tt«bluftoa  jeder  einaelnon 
'Ax««iart  (Besehafeiiheit  der  Flügel  und  Enden  einer  Ake)  über« 
«ttostimint^  eondern  auch  in  jedet  Bicfatnifg  daeselbe  Urmab  be« 
milatf  da»  dieser  Richtung  in  jenem  JSjHeme  eigen  iet^  wenn  daa 
Urnnäls  in  einer  hestiminten  Richtttng  (r/i3.  in  der  Hichtuag  der 
üauplexe)  jedemul  a»l  gesetzt  wird,  dasselbe  Urmafs  nämlich^ 
Ton  welchem  jede  gesetzliche  LKng^  itt  dieser  Richtung  ein 
iilofilee  Vielfaches  nach  rationalen  MabsMhIem  ist. 

'5)  Wenn  bei  dAn  Krystall^n  einer  nnd  derselben  Speciea 

VdA  Sabstan«  luneiehtUch  eitf  die  Menge  der  Flächenarten  eine 

so  grobe  ManaigCaltigkeit  statt  lande,  dab,  wenn  man  aosgeht 

von  den  Trägem  defFkdieti,  die  sich  am  wichtigsten  machen^ 

tind  durch  sie  die  Träger  der  Übrigen  Fliehen  nach  ttnd  nach 

entwickelt  in  einer  solehen  Ordnnng^  y/Ü9  ae  der  gerengesetzli«^ 

eben  fintwickelttiigiiadi  der  AttllFassong  snaächst  liegen,  man 

bis  ztt  sehr  entfernt  liegenden  Oliedem  fortschreiten  miibtef  d.  b« 

«tf  solchen ,  iUr  welche  die  Verhältnisse  der  Mafszähler  durch 

immer  grbbere  nnd  gröbere  Zahlen  ausgedrückt  werden  müfsteni 

aro  würde  die  Nachweisong  der  Oerengesetslichkeit  in  der  Ery«» 

Mdl^nwelt  an  das  Uninögliche  grensen;  es  ist  daher  eine  nicht 

«inwichtige  Erfahrung  I  dab  nur  die  ersten  ursprünglichen  und 

die  ihnen  aunächst  -liegendeui  durch  die  ein&chsten  ttnd  leichte-* 

nten  Eotwickelungsoperationen  bestimmbaren,  Glieder  eines  ge^* 

tengesetslichen  Trägerrereins  den  Gegenstand  dnr  Untersnchnng 

Ammathen  ,  wenn  von  den  Krystallen  «ioer  und  derselben  Spe«« 

cies  von  Snbstana  die  Hede  ist,  so  dab  bei  nicht  ganz  tinsweck'* 

mäbiger  WahH  der  als  nrsprÜBgtich  gegeben  x«i  betraohtenden 

.  Träger  nnd  deren  Mabe  das  Verhältnib  der  Matnlhler  für  die 

2U  ihnen  gehörigen  abgeleiteten  Träger,   sofern  sie  durch  ein 

gereDgesetaliches  Zeichen  in 'Besiehung  an  jenen  ausgedrückt 

werden ,  ein  solches  ist ,  dessen  Glieder .  sicK  in  sehr  einfachen 

Ideinen  ganzen  Zahlen  ausdrücken  lassen,   welche  sehen  die 

Grobe  der  Zahl  6  erreichen,  noch  seltener  über  diese  Grenze 

hinaus  sich  erstrecken.'   So  ist,  um  nur  ein  Beispiel  anzuführen, 

ens  dem  Vorhergehenden  erinnerlich ,  dab  in  dem  Verhältnisse 

der  Mafszähler  ßir  die  I.  Trägerbezeichnung  bei  den  wichtigsten 

-der  in  der  Natur  rorkommenden  4ax]gen  Ifachen  Gestalten  kein 


1   Da  ttändich,  wtf  eina  solche  statt  findet* 
V.  Bd.  Nn  nn 


.  ton  Flächenart^n  ^s  fXlfäg^xajrt^n ipii^ht  {deiner.^  13  ist. 

Es  soll  je49<^  hierdi;wqhr  JiLcdoes^egi ,  ^e^iiaiiptet  werdf^  jUfc 
. höhere  MabzäUep.g^^^fvfiiillt  ^prkämeit;  y^Imehr    scheint  m, 
als  ob  die  Natur  sici^,  JlMeiiQikjsine  bestimintj^  Grenze  gestockt 
habe,  aber  Fälle,  in  Nirelchi«,'ein  Malszäiiler  «al^^^ip^  der  hö- 
heren zweizitferigen  Zsibleft.pder  wohl  gay  a)^  ei'iie  dreiziifec^ 
ZahljQothwendig  a^sg^rijhc]it  frerdea  mu($.,  ^^  fiuTserst  sdjttt 
und  zun(i  Theil  durch  sQ.upvqllhPIPioe^ei.Mj^ssv^gQn  be«t)9i^ 
dafs   hieraus  keine  J^inwendung   gegen,  d!as    ^er,,;QffaoiBDtheit 
der.  bekannten  Erfahrungen  entsprec.tieB(det^el^AI^9Y.£*uifaGU^ 
der  Mafszäble^  entnomoiien  werden  k^nn.  /I^.i!. :  ;tu- 
'       6)   Was  di^  ^ragebWrilfti,  o.b.b«^  4qn;  j^rj^lei^  s^ets  .d« 
Verein  der  Träger  mit  id^oi :  der  ka|DtQntJ|[ifi|iUiQbeu^,StraliIen  si 
einem  und  demselben  ^g^en^esetzIi9hei)i§K(^UlQPfMeF^ei9p   gehöie 
oder  nicht,  so  ist  es  zw^r)J)ifi()^.gefadeH90^al^stI>bji^l4¥^h,  d^ 
dasfr^Kche  Zusammepgehöfec^lftets  st^  .ftn4e ;  aber  die  ^^ach** 
Weisung^  dals  es  wirklich  so  sey,.ist  in  manchen  Fä|lf)n  mit 
Schwierigkeiten  verknüpft ,  .die : davon  abhängep^.daf««  b^i  jdm 
gerengesetzlichen  Bezeichnung  der,  Träger  durch  kan^^nduinK: 
liehe  Strahlen ,  so  wie  •umgekeihrt;bei  d^r  Bezeichnii,^g   dieM 
flurcb  jene ,  die  Mafszähler  mitunter  seh^  bet^f^htlich  von  iea« 
holten  Einfachheit  abweichen ,  welphe  iha^n  soQSt  ge^öhnlict 
ei&en  zu.seyn  pflegt« 

..Wichtig  is^  die  in  Rede  befindliche  Frage  besonders  des^ 
ji^lb,  weil  von  ihrer  Bejahung  oder  Verneinung  eS/ abhängt,  A 
bei  den.jln  der  Krystallkunde  besonders  häufig  vorkommendes 
Iglißdrigen  und.l^ach  Igliedrigen  Gestehen  die  gerengesetzlicfae 
Bezeichn^i^gsweise  vpn  3fach  rechtwinkligen  Zellen  ausgehen 
dürfe,  :(.^odurch  fdle  mathematischen  Untersycnungen  solcher  Ge- 
stalten»  besonders  aber  die  mehr  trigonometrisch  rechnenden,  un 
ein.  Bedeutendes  vereinCa^^htv^n^  erleicl^tert  werden  würden), 
oder  ni<9ht.  ,  Da  nun  aber  die  mehr  .geoPfielri^ejie^UntersuchuBg 
geradf;  )um .^sp  finfache^  wird,  je  kJLeioer  .dieJVfafszählcr  sind, 
welche  in  Qetra(;ht  kommest,  m>d  df  ferner  auf  dem  geometri- 
schen W^go»  besonderf^  mit;  Hülfe  der  Vortheile,  welche  eine 
g^schicjit^e ,,  durch  vielfähige  Uebun^  ^n  Bei^elen  praktisch  er- 
If^nite,  Jßenutzuug.dej;  jZßig^ril2{ch,enL gewährt, auch« die  AofltfsMBg 
aller  trigonometrischen  dann  noch  zu  lösenden  Aufgaben  in  der 
vArt  vorbereitet  wird,  da£^  sie;. nur  noch, eine  sehr  geringe  M^e 


Gestalt  und  Znaammensetzting.        1289 

yreninaeht  und,  wie  gezeigt  worden,  Mubent  «mfacK  ist,  so 
«[ibciife  es  nicht  sweckmäbig  seyn,  dieBezeichnaog  durch  nicht 
3&cli  rechtwinklige  Zellbn,  welche  jedoch  einfache  kleine  Mafs- 
zUüer  giebt,  za  veitaaschen  mit  jener,  wekhe  von  3fach  recht* 
winkligen  Zellen  auch1)ei  den  Igliedrigen  und  Ifach  Igliedrigen 
Gestalten  ausgeht^  aber  MafszäUer  liefert,  welche  durch. so 
grofse  Zahlen  ausgedrückt  werden  müssen ,  dafs  es  zweifelhaft 
werden  kann ,  ob  nicht  das  so  ausgedrückte  Verhältnifs  dersel- 
ben blofs  ein  annähernder  Ausdruck  für  ein  hier  etwa  statt  fin- 
dendes^ irrationales  Verhältnifs  sey ,  ja  selbst  dann  nicht ,  wenn 
im  letztem  Falle  die  Mafszahler  zwar  nicht  so  grob ,  wie  eben 
angedeutet  worden,  aber  doch  bedeutend  gröber  werden,  hU 
|>ei  nicht  3£iich  rechtwinkligen  Zellen. 

.  .  Von  der  andern  Seite  scheint  .gerade  die  Abwesenheit  dea 
Vorkommens  dreier  auf  einander  senkrechter  Kanten  in  solchen 
(pestaltenreihen  darauf  hinzudeuten,  dab  es  nicht  naturgemäfa 
^y  9  von  driei  auf  einander  senkrechten ,  ala  kantenthümlich 
geltenden  Strahlen  bei  der  naturwissenschaftlichen  Betrachtung 
dieser  Gestaltenreih'en  auszugehen. 

Es  gründet  sich  ferner  auf  die  erwähnte  Frage  und.illdE  de<n 
Ten  Beantwortung  eine  andere  Frage,    nämlich   die,  ob  nicht, 
w^enn'  man  von  dem  Gesetze  der  einfachen  Mabzähler'  absieht, 
die  Strahlensysteme  aller  verschiedenen  Krystallreihen  zu  eiaeii» 
und.  demselben  jgerengesetzlichen  Strahlen  vereine  gehören  unii 
also  zuletzt  zu  betrachten  seyen  als  blofse  Abt4*eiohungen  voa^ 
dem  gerengesetzlichen  Strahlen  vereine ,   welcher  den  Sgliedri^ 
4axigen  Krystallgestalten  zum  (gründe  liegt  hinsichtlich  nufidens 
eigentJiümlichen  Classencharahter  der  Hauptaxenloaigkeit  ^  in- 
dem  eine  oder  die  andere'  der  Axen  der  hauptaxenlosen  Kry- 
sj(allreihe  den  Charakter  der  Hauptaxe  anniihmt  und  zwai:  nodv 
das  Urmafs ,  das  ihr  und  den  ihr  gleichwerthig  gewesenen  eigen 
war,  beibehält,  jedoch  vervielfältigt  durch  einen  rationalen  ]V|f|is-^ 
Zähler.     So  leitet  namentlich  Baeitradft^  in  der  neues^euLZe^ 
aus  dem  Sflächner,    der  dabei  als  Sfiächiger  Ebenrandner  mit 
dem  Axenverhältnisse  la:lR;lr=:l:l:  Y^i  betrachtet  wird, 
oder  aus  dem  dazu  gehörigen  fiflächigen  Ebenrandner  2ter  Stel-^ 
lung  (la  :  IR  ;  2r)  =  (1  :  1  :  2)^4-)  andere  Sflächige  Eben- 
randner dadurch  ab,  dafs  er  das  Mafs  der  4gUedrigen ,  nun  als 


1    ScHweigger's  J.  d.  Gb.  1823  ond  1829« 

Nnnn  2 


1290  Kryatall. 

Hauptaxe  geltendleD,  Axe  desselben  mit  ein«»  BraoiM  iiiiilti(£di^ 

Jessen  Nenner  die  Zahl  730  <=  dem  Prodacte  1X2  X3X4 

X5X6  der  gewöhnlich  vorkommenden  Mabz&hler)  nnd  kk- 

sen  Zähler  irgend  eine  ganse  (nic^t  ellza  sehr  von  720  vtniat 

dene)  Zahl  ist,  und  nnn  das  Verhähnils  der  so  erhaltenen  HsofC- 

axe  zu  den  unveränderten  Qaeraxen  Ister  (und  2ter)  Art  akii 

Axenverhältnifs  >des  neuen  8flächigen  Ebenrandnen  und  Mal 

auch  als  das  primäre  kantenthümliche  MabverhältBÜs  ein«  k- 

stimmten  1  -  und  2niafsigen  Krystallreihe  betrachtetw     Auf  ib- 

Hche  Weise  entstehen  dann  natürlich  auch ,  wenn  solche  Vo- 

andernngen  bei  einer  einseinen  der  vielr  Sgli^rigeo  Axea  itt 

haben,  Axenverhähnbse  für  1  *  und  Smabige  Gestatten  o.  s» « 

Es  lädst  sich  über  diese,  wenigstens  in  Beziehung  anfdieetM 

willkürlich  erscheinende  Zahl  720,  neue  Lehre  eki  grundficbi 

Urtheil  erst  dann  fallen,  wenn  sie  durch  alle  Kr3rttallreiheii,  ■- 

■lentlich  auch  durch  die  1-  und  Imabigen,  hindurch  gaM 

aeyn  wird;  denn  es  ist  dabei  gar  sehr  zu  beriicktichtigen,  U 

,   '  1  720 

die  dem  Anfangsgliede  —  oder  ^—  zunächst  liegenden  Gliedff 

der  Reihe 

718   719   720  721   722 

••  •  •  720'  730'  720'  720^  720  ' 

wenn  sie  als  Tangenten  von  Winkeln  angFSehen  werden,  M^ 
kel  bestimmen,  die  nur  sehr  kleine  Differenzen  besitzen,«^ 
diifil  diese  Differenzen  noch  bedeutend  kleiner  ^eerdeo,  «<^ 
man  zwischen  die  Glieder  dieser  Reihe  einschahet  die  Qbii 
der  Reihe 

513"  514^     515^516^ 

welche  den  Vervielfältigungen  der  Hauptaxe  bei  dem  SflAchipi 
Ebenramdner  (a,  R,  2r)  entsprechen,  während  jene  denen  ^ 
Hauptaxe  des  zum  Sflächigen  Ebenrandner  (a,  R,  r)  geworden« 
8flächners  angeh<$ren,  und  dafs  solche  kleine  Differenzen  oidit 
mehr'ioiit  der  nöthigen  Schärfe  beobachtet  werden  köo&eo*  ^ 

ist  nämlich  z.  R  i^=  Tg. 44* 58'  und  ^^2=  T|.44*Ä 

720 
«nd  —   =  Tang.  45*  u,s.w. 

7)   Bei  Vergleichung  zweier  auf  gleichwerthigf n  Wg* 
senkrechten  Flächen  eines  und  desaelbenKryetaDSySO  wieü»^ 


Geitalt  und  Z'ii«amineiisetzttng.       i^l 

Natur  miinitt«liHur  dhactk  ^n  ActderKrystollisining  lief«it,  findet 
man,,  dafs  hänfig  die  eine  derselben  dem  Mittelpnncte  dee  Kb'r- 
p«rt  naher  liegt,  «II  die  andere,  folglich  grtffser  ist  als  diese 
«.  s.  w;,  nnd  der  Krystallkiindige  mafs  daher  je.  B.  einen  von  8 
Flächen  begi^nztea  K(frper  für  einen  Sfläcbner  {im  engern  Sinne) 
halten  ,  'wenn  nnr  seine  Flächen  senkrecht  sind  auf  die  4  Paare 
▼on  Trägern,  welche  4  Axen   bilden,  die  so  gegen  einander 
geneigt  sind,   wie  die  3gliedrigen  Axen  im  4axigen  Strahlen- 
ajateme  ,  gleichviel  ob  auch  wirklich  die  8  Flächen  gleich  weit 
▼om  MittelpuQCte  des  Strahlensystems  entfernt  sind  oder  nicht, 
▼oraasgesetst,  dafs  nicht  andere  Gründe  vorhanden  sind,  durch 
welche  die  Ungleiohwerthigkeit  der  8  Flächen  sich  ausspricht. 
Es  geht  daraus  hervor,  dafe  bei  einer  Krystallgestalt  das  Gesetz- 
licha  fUr  jede  Fläclie  2anächst  nnr  in   dem  Senkrechtsejn  auf 
einen  Träger  von  (im  Verhältnis3e  sü  den  Trägern  der.  übrigen 
Flächen  desselben)  bestimmter  Richtung  zu  suchen  sey^  nicht 
aber  in  dem  bestimmten  Orte,   in  welchem  sie  sich  befindet. 
Am  svipeckmäfsigsten  ist  es  daher,  wenn  man  bei  Untersuchung 
der  allgemeinen  Beschaffenheit  eines  gegebenen  Krystalls 

a)  eine  Gnatalt  sich  vorstellt,  welche  entsteht,  wenn  min 
in  gleicher  Entfernung  von  einem  als  Mittelpunct  dienenden 
Pancte  sämmtlicben  Flächen  des  Krystalls  parallele  Ebenen  sich 
dtokt ,  nm  an  dieser  Gestalt  das  Gleichwerthige  als  gleichwer- 
thig  zn  erkennen,,  und  dafs  man 

b)  auf  das  etwa  Gesetzn^äbige  in  der  ungleichen  Verlhei- 
Inng  soleher  Flächen  des  wirklichen  Krystalls  achtet,  welche 
mit  in  jenem  Bilde  als  gleichwerthig  erscheinenden  parallel  lie« 
gen ,  nnd  zugleich  die  etwaigen  anderweitigen  Verschiedenhei- 
ten solcher  scheinbar  gleich  wert  higen  Flächen  berücksichtigt, 
nm  Verschiedenwerthiges  nicht  für  gleichwerthig  anzusehen. 
Als  solche  Verschiedenheiten  ungleichwerthiger  Flächen  treten 
auf:  ungleiche  Stärke  und  Art  des  Glanzes,  ungleiche  Vollkom- 
menheit des  Ebenseyns  (  Glätte  und  Rauh  hei  t  und  ganz  beson- 
ders Streifen ,  die  auf  gleichwertbigen  Flächen  eine  gleichwer-«  n 
thige  Lage  haben,  nur  bei  einer  oder  der  andern  Flächenart  als 
kleinere  oder  gröbere  Unvoll kommenheit  in  der  Bildung  einer 
solchen  Fläche  auftreten  und  namentlich  als  Andeutungen  der 
Bildung  anderer  Flächen  anzusehen  sind ,  die  mit  diesen  sieh  in 
Kanten  schneiden,  deren  Kantenhnien  mit  solchen  Streifen  pa-^ 
rallel  liegen  würden),  häufig  auch  ungleiche  Theilbarkeit  und 


12«  /  J£ry**all. 

HMrto  des  KiysUlk  io  vendmdtfneii  betdoiialieo 

c)  den  gegebenen  Krystall  mit  andern  Crystdira  AenAm 
Substanz  vergleicht ,  xxm  den  wahren  allgemeinen  CSharakter  da 
Krystallreihe  (d*  h.  den  des  ihr  sam  Grande  liegendeix  Strahles- 
systems)  derselben  zu  ergründen^  wenn  er  nicht  bereits  befam 
ist  und  bei  Bestimmung  des  gegebenen,  in  Untexaooluing  h^ 
findlichen,  Krystalls  benutzt  werden  ka'nn. 

8)  Merkwürdig  ist  es ,  dals  KryatdUreiheo ,  in  deren  Aze»- 
systeme  ungleichendige  Axen  vorkommen  ^  im  ABgeaieiiieti  sel- 
ten sind  und  dafs  daher  fast  stets  jeder  KrjEstaüftiielfte  eiw 
zweite,  ihr  parallele,  an  demselben  Krystallo' gegencü>erste^ 
welches  um  so  merkwürdiger  ist,  da  ungleiehendige  Axen  mei- 
stens nur  den  Kr3r8taUen  eigen  sind',  welche  durch  Erwarmeng 
polarisch  elektrisch  werden  CTurmalin,  Boracit,  Topas,  GaliM 
u*  S.W,)«  wie  dieses,  .bereits  oben  angedeutet  worden  ist,  Dacus 
geht  aber  hervor,  dafii  jene  Unterabtheilungen  der'Ktystallge- 
stalten,  welche  sich  auf  .parallelflächige  Formen  benehen,  bd 
weitem  die  wichtigsten  sind  für  die  Krystallkunde,  ja  euch  sa* 
ter  diesen  steht  einigen  ein  bedeutend  häufigeres  Voikommes 
zu,  als  den  andern.  So  z.B»  ist  unter  den  4axigen  die  Abthei- 
lung der  Sstrahligen  Gestalten  die  vorherrschende  und  unter  des 
hauptaxigen  sind  als  vorzüglich  hf  ufig  zu  bezeiditten  die  3glie- 
drigen,  die  2gliedrigen ,  die  Igliedrigenund  die  Ifach  IgÜedo» 
gen,  weit  seltner  sind  die  4gliedrigen  und  die  figüedrigen  Kiy- 
stallreihen. 

9)  Nicht  blois  Sufserlich  auf  der  Oberfläche  des  Kiystalb 
sind  ebene,  gesetzmäfsig  liegende  Fläohenrichtungen  zu  sodies, 
sondern  auch  im  Innern.  Ein  Krystall  von  Kalkspath  z.  B.  zer- 
fällt beim  Zerschlagen  mit  dem  Hammer  in  eine  Menge  von 
Theilungsstücken ,  deren  jedes ,  wenn  es  von  lauter  Theilongs- 
flächen  begrenzt  ist,  ein  Farallelepiped  darstellt,  das,  wem 
'  seine  6  Flächen  in  gleichem  Abstände  von  einem  Mittelpancte 
sich  befinden,  ein  6flächiger  Kronrandner  mit  Scheitelkantes 
von  105<*  5'  ist.  Jedes  solches  Theilungsstuck  läfst  dieselbe 
Theilung  noch  /^'eiter  zu  und  so  kann  man  fortfahren  in  dies» 
Zertheilung ,  so  weit  als  unsere  Sinne  und  unsere  Thedlungs- 
Werkzeuge  reichen,  denn  es  ist  von  selbst  einleuchtend,  dajj, 
wenn  man  sich  einmal  überzeujgjt  hatj  die  ebene  Beschaffenheit 
der  Theilungsflächen  rühre  nicht   von  der  Beschaffenheit  des 


Geitalt  and.tZttäataMensetzuiig.        £293 

TthiifciigB  Willi  ifags'iter  und  VMi^d«r*Ait,  wito 'ei  aageWandt 
vnvJlj*  Mohdmm'i9y*im  intieitt  Baue  des  KVysfaUs  gegründet,  man 
»ki^rdberer  Aelnilaamkeit,  «1»  4ie  ist,   welche  die 'rohe-An- 
iMt#t)diiiig«de$  Bammei«  gestattet 'y^veifahreu  wird,  umdie  Rich- 
tOtog  nnd  «Beaehaff^nheit    der  d«rob    Spaltung  zu    erhaltenden 
Tileilungsebenen  2u  erforschen ,  üiid  dafs   man   daher  Messer 
iiikI   Meif&el  ab. u^wische^miltel^ aufwendet,    um    die' Wirkn/ig< 
des    Hamoaerschlags  vorzüglich    nach  derjenigen  Eichtung   hin* 
2U  lesten  ^  in  welthetwdMn  vermoihiet  oder  w^ifs ,  dafs  die  Spal- 
tnog  milglicb  seyi     Bei  Subaianzen ,  welche  leicht  spaltbar  und* 
»iche^sehr  hart  »nd,  -kann  ma^  dSen  Hamimerenftbehren,  b;ei  sehr 
harten   "wendet  man  «weckoiälsig  eine  Beifs-  o'der  Keeipzange' 
ttiit  soharfem  Maule  an,  deren  WiHcung  dann  oft  noch  durch 
den  Hamaaevschlag  i>e£ördett  wird*    Verfolgt  man  bei  der  Spei«' 
tong  bJoEs  eine  der  Spal^uingsr^chtungen ,  so  ssertheilt  man  den 
Kryetall  in  ein«  baliebige  Menge  Bhitter  vorn  beliebig  kleiner. 
Dicke.     Die  Eigenschaft  i  eines  Krystalls^  sich  nach  einer  BAoh-^ 
tun^  in  solche  Blätter  theilen  zu  lassen ,  heilst  ein  Blätterdtnrtfh«' 
gang    desselben.     Ein  und  derselbe.  Krystall  besitzt  daher  meh- 
rere BlatterduTcbgänge,-wenn  er  nach  mehreren  Richtungen  hin 
ein  Zerspialten  in  Blätter 'zulafst.  -Zuweilen  sind  in  KrystaTlen 
aaehr  öden  mindei:  deutlich  sichtbare  einzelne  Spalten  oder  Risse 
vorhai^deOt  wdche  (durch  zufalligen  Schlag,  Stofs  n, s.w.  ent- 
standen) mit  Durchgängen  «pavallel  liegen   und  dadurch  deren 
KicHtungen  verrathen.     Pie  ßpaUung.jiu, der  Richtung  eines  und 
desselben  Durchgangs  Endet  an  klleo  Stellen  und  Theilen  des 
Krystalls' mit.  gleicher  Leichtigkeit    statt /und  nuT  ein  zufällig 
schon   vorhandener  Rils .  in  einer  solchen  Richtung  macht  die 
Trennung  in.  der  Ebeue  dieses  Risses  leichter,  als  in  eiqer  an- 
dern ihr  parallelen  ,  also  derselben  Durohgangsrichtung  entspre- 
chenden, Ebene.   Solche  meist  sichtbare  Spalten  sind  daher  ge- 
wissermafsien  bereits  halb  eqlbli>fsre  Durchgänge. 

Senkrecht  auf  gleichwerthige  Axenrichtungen  eines  Krystalls 
ßtnd  glei^^  leicht  entblöfsbare  Durchgänge  vorhanden ,  welche, 
unter  übrigens  gleichen  Umständen,  gleich  vollkommen  ebene 
Theilungsfläclien  liefern.  Verschiedenwertbigen  Axenrichtungen 
entsprechen  ebenso,  mehr  oder  minder  auffallend,  verscliieden- 
werthige  Durchgänge.  So  besitzt  z.  Jl.  der  Gyps  drei  Artpn  von 
zunächst  ins  Auge  fallenden  Durchgänge^,  die  einen  sind  höchst 
leicht  spaltbar  und  liefern  spiegelnde  Spaltungsflächen ,  die  an- 


1204  Kv^aUIS*      V 

dem  beidto  4ltflli  mi  wsil  ^qtadbrdMtfttlh  «W 
dM-Zexbrc^hen  diimiec  %|^bl«Uob«A.hiabaal>tH; 
dieser  beiden  JUcbtUngen  erfalll  dei  Zjwbiecjiai  leidbt  wid  I»- 
fert  glatte  gIaeartlg:gUiafteDde.FJäoheii,  die  dmdk  mipenlMÜgre 
Urach  anterbroohep  sind,  io.dsr  «weiten  mt-  dnn^  7<tfciatlMi 
durch  die  Biegteiakeii  des  Qlättlckel^  etWAS  en^wwt  «nd  dn 
gewonnene  flache  h«t  ein  KdlMUtes»  ^eichtamfifwi^«»  Anr 
'»eben» 

Spdtungsflfichen^  die  mweikn  aiienJicii  g^^idi 
nee  Anheben  habeni  unterscheiden  m|^  nft  enfifaUaBd^ 
«sie  sehr  n»be  an  das  Auge  t^ringinnd  entCsmlci  >j 
darauf  abgespiegelt  beobacbtett  &kßißi.  die  fiiider  9  «7«1cIm  d» 
eine  der  beiden  deutlichsten  Durc^gapgsricbtfuigen  4*  x,  .Bb  bw 
KaIifeUspatb|,liefert|  weit  deutlich 'ids  jens^  wekhe^^Me  eftdt 
giebt  Die TrSgei der  Darohga^gsehsnen  geh^ireninit^ 4m Ti*' 
gern  der  Flachen  .de»  KrystaUs«  fulglich  mich  mit  4««e|i  «fa 
flächen  derselben  l^atalhreihe ,  »n  eintm  und  deie^ihi"  t^ 
rengesetzli(;faen  Strahlenvereifie)  daher  liegen  di»  IX^KlkghBlp 
häufig  ipit  Fiächtq  parallel,  welche  alt  Begc«nznng»thcile  du 
Krystalls  wirklich  vorhyidei;!  si^t  So  ist  ein  WttiMbTsnl 
von  Bieiglans.  iipaltbar»  parallel  den  WürfeiilacheB«  in  Uciai 
rechtwinklige  Parallelepipedei  welche  bei  gleicher  GrtJiCl#  ihi< 
Flächen  wieder  Würfel  sind  i  ein  Sflächner  von  Flnhepnrh  al 
•paltbar  parallel  seinen  Flächen  UfS^w«  . 

AUe  Krystalle  einer  und  derselben  Sabslaii«^  «eigen ,  wüt 
eile  übrigen  Unistände  (namentlich  der  Grad  von  Reiiibeit  im 
lüasse  nnd.der  Qi;«d  Ten  Votthommenheit  der  Anebüdang  vai 
Ebenheit  der  KrystalUUiehen)  dieeelbed  sind,  seihst  bei  nt* 
ecbiedener  änfserer  Gestak  denneok  dieeeihen  Durehgengsiiek- 
tnngen  in  ^f|ise}ben  Grade  der  VoUkomnienheit.  SReduw 
von  BleiglanK  find  spaltbar  -in  euC.ihre  ^gliedrigen  Asbm  senl« 
rechten  Richtungen  und  die  iron  Theflhmgsfliehen  ringen»  ii 
.  gleichem  Abstände  btgreneten  Theilüngsstiadke  sind  Wäi4 
eben  so  wie  jene,  die  aus  eineni  BteiglenswiifM  otMiMk  wnrdea 


1  Dafs  liior  nicht  Dmge  fiir  einerlei  Soh^tanx  gelteo«  wMo 
opr  einander  höchst  nahe  yerwandt»  nicht,  aher  wirklich  gleich  siu<Ii 
versteht  sich  von  aelbsti  aber  anch  auf  »olche  erstreokt  sich  di»« 
Regel  in  vielen  fallen,  i.  B.  bei  Kaüfeldspath  und  Natronfeidfpatk» 
bei  kohlensaurem  )LaIk  nu4  kohieosanrer  Bittervrde  u*  ••  v. 


GeitaU  «od  SSttitiomeiiiet^aiigt       1299 

Stf»u»g  beüii  We^ttt  «ines  kryttaUs  li<t  ilfi»»  Unebeobtit 
^rmt  Miiat'«lmt)ei>  SpdliingsflfUili«!!  «nr  Pelg».  80  seigt  manchex 
Fkiteimth  deutlichere  Durchgänge,  ab  mancher  andere  feinere 
"V^O  «beneren  Kiy«taB|l8cheii  begreitxta  u«9.w« 

Bei  nanefae?  ^lufani^  besitsen  die  Krystalle  nsr  Diurch^ 

gü*g«  p«PilM  tnft  KiyntaHflücboi  einer  An  (BleigUnz,  Zink-^ 

blende ,  GrlimoMr  n»  s*  w.) ,  bei  mancher  andera  aber  mit  sol« 

eben  sweiei^  oder  mehrerer  Arten  (Anhydrit,  Gyps,  Antimon* 

ghn»  u,e.w#).    Bfinder  deutliche  Durchgänge  werden  in  befOn«# 

der«  reinen  Kryatallen  oft  erstbemel'kbar,  während  sie  in  min<« 

der  remep  nicht  wahrgenommen  werden  können  und  die  dent« 

Kchereo  eneh  ab  jenen,  wiewohl  minder  vollkommen,  beobachte« 

ber  sind»    So  sSnd  beim  Kalkspath  die  Dqrchgäoge  parallel  den 

Fiüohen  de$  (^6l)äcUgen )  Kronrandnere ,  dea^en  9cheitelkanteii 

105^  Sf  meaien.    Allen  Kalkspathkryetallen  eigen ,  aber  nnr  in 

beycnders  reinen  9ttieken,'  seigep  sich  noch  Durchgänge  parallel 

den  Fltfeheii'  anderer,  su  der  in  Hede  stehenden  Krys^Ureifae 

gebOrigei*,  einfacher  Gestalten.  Pie  Krystalle  mancher  Substanzen 

leeaen  nift  s^br  unyollkoinmene  Oorcbgänge  erkennen,  in  denen 

enderer  Ist  Wabmehmnng  von  Spaltbarkeit  nicht  mdgUclu    Die 

bypothetische  Annahme,  dafs,  parallel  mit  jeder  Krystallfläche^ 

Darcbgänge  vorhanden  seyen ,  welche  hloTs  wegen  ihres  gerinn 

geren  Grades  der  Deutlichkeit  durch  unsere  Sinne  -  nnd  nnsere 

Sjtaltnngiwerkzenge  sich  nicht  wahrnehmen  lassen,  bat^  wenn 

sie  euch  nicht  gerade  bewie^n  werden  kunn ,  doob  nucb  n^cbl 

viel  gegen  eich. 

Bei  I^rystallreiben,    in  welchen  echiefwsindige  <3eitahea 

vorherrschen,  in  denen  die  Länge  der  Hauptaxe  besonders  über« 

wiegend  hervortritt,  kommt  Spaltibarkeit  senkrecht  anfdieHanpt« 

exe ,  bei  solchen ,  in  welchen  die  knrzaxigen  Gestalten  häufige« 

mnd,  kommt  jene  senkrecht  auf  die  Queraxen  gew(0inlicher  vor* 

Bei  Snbstansen,  deren  Krystalle  dentHche  Durchgänge  besitzen^ 

tritt  oft  der  Fall  ein ,  dafs  grObere  oder  kleinere  einzelne  (sov 

genannte  krystalUnisch  blätterige)  Massen  derselben,    welche 

scheinbar  verhindert  waren ,  sich  mch  aqfsen  bin  mit  Krystall-» 

flächen  zo  begren:^en ,  dennoch  die  Durchgänge  eben  so  voller 

kommen  zeigen,  als  ^ß  Krystalle  selbst.     Bei  sonst  gleichem 

Grade  der  Vollkommenheit  der. Durchgänge  wird  die  Spaltung 

oft  besonders  erleichtert    1)  durch  elastische   Biegsamkeit   der 

Blättchen,  vrie  beim  Glimmer ;    2)  durch  gemeine  Biegsamkeit, 


wie'  beim  TaHc;  3)  flavck  ^eriagfff»  ifibtt  ;^?v«*  <•  &  Ifec4ii| 
KalkspcthdarchgiSngen  oder  den  DaiohgSii^n^^.b«!  loTStaHiartw 
Rohrzacker,  in  Vergleich  mit  deneb0D.aö.¥QUkoilimc«eirDin^ 
gangen  beim  Topas.  Wieder  ia  'aadetn  Pälle«  fegfriifa  ja 
Vörbaddleiiaeyn  von.  sehr  deudichen  Doioiibgäog«!!)  etnen.fek 
bohen  Grad  von  Zexbrecklickkeit  b^  H^nitt  niofat»  unbedesttak 
Härte',,  wie  z.  B«  beim  Euklas. 

ErsoLv^emAg  des  Spaltens  odet  Vermindernng  d»  EbnUk 
und  Reinh«it  der  Spaltungafläohen  oder  Abi^«icbiiDg  vom  Fi- 
raUelismtts  derselben  findet  statt 

a)  beim  Vorhände nseyn  vo n  Einschlüssen  fremder  jSnbslaia. 
Dahin  gehören  m)  Einschlüsse  fester  KÄrptr  in  KxicslaUen  «te 
krystallinischen  Massen,  a/ß.  Quar»  in  Kalifeldspatf &  oderKft* 
tron£eldspath  eingescfalpsaen ,  wie  im  sogeaanoten  Sdhrif^noii) 
Sandän  KalkspatbkrystäHen  enthalten»  wie  im  sogenaonteD  kif- 
Stalliaiiteo  Sandstein  von  Eontaia^bleau«  n^  s*w.  ,i/})  EuucUufie 
tnopf bar  .flüssiger  Körper,  die  .zum  Theil  U^berrsate  voo  ^ 
Mutterlauge  sind)  aus  welcher,  die  Krystalle  bei  ihrer  Bildoj^ 
sich  ausgeschieden  haben,  ind^m  Beispiele  bekannt  sind,  daft 
solche.  Flüi^igkeiten  gleich  nach  dem  Zerschlagen  ihrer  Umgi* 
bubg  oder  auch  durch  andere  Einflüsse  erhärteten,  )a  selbst  krf* 
slallisirten,  während  andere  dergleichen  Einschlüsse  utkA 
seines*  Wasser  vierholten  u.  s.  w.'^.  y')  Einschlüsse  g^s-tdn 
loftftirmigdr FlttssigkeitAn*  Hierher  z.B.  das  bei  oianchen  schwat- 
zen Hornblebdekr^stallen  vorkommende  schwammartig  Blasig 
gleichsam  Bimssteinartige,  der  Masse,  welches  nngeachtet  <i9 
MgiBhaibigen  änlseren  Gestalt  und  «ngeaohtet  dM  vorhaodeDefi 
Blättergefüges  zuweilen  in  hohem  Gfade  statt Jiat,  dann  das  aock 
in  Andern  KryStallen  nicht  seltenen  einzßlnen  grö&eoen  oder  Uei- 
neren  eingeschlossenen  blasenartigen  Bäume. 

b)  beim  regelmäbigen  oder  unregelmäfsigen  VerwachMB- 
seyn  eines  Krystalls  u«  s.  w.  mit  Krystallen  oder  krystaliinisdiei 
Theilen  derselben  Masse,  aber  von  einer  abweichenden  Stelian^  j 


1  Ueberbaupt  ist  die  fiesohtfieafaeit  der  in  Kryttellen  o.  s.  «• 
>eiDgeschIoMeii' verkonmendea  FlüvsigkeUea ,  wie  es  scheint,  eiae  «ebr 
verschiodenartige.  Sie  sind  besonders  in  neuem  Zeiten  ein  Gegta- 
stand  «orgfdlLigerer  Aufmeriwsamkcit  geworden  und  daher  in  den  Zeit- 
Schriften,  welche  vorzüglich  für  Ph^'sik,  Chemie  und  Mineralogie  ge- 
stimmt sind,  ein  im  Verhaltnifs  znr  Seltenheit  der  Erscheinoog  i^^H 
zur  Spruche  kommender  Gegenstand. 


Geatalt  und  Znsaminensetzung.       1297 

wenn  hierbei  die  SpdnMgi^beiie  im  einen  Hieite  dei?  Masse 
BifAt  euch  in  derselben  Riehtnng  im  andinrn  Theile^  fortsetttj 
wie  s.  B.  bei  manchen  sonst  sehv  lekht  spaltbaren  krystaUini-^ 
schea  Stileken  veii  Zinkblende^uvS*  w. 

'  c^    in  meddien  Fäikn ,'  in  welchen  der  einzeln^  Kry^tätl 
oder^dae  krystallartige  IndlVidaum  eine  mehr  oder  weniger  rön 
der  e¥enftächigen' abweichende  äufsere Oestalt  besitzt,   so  däfs 
dann  iSttfseve  und  innere  Unrijgelmäfsigkelt  des  Baues  von  einer 
gemeineannen  Ursache  heraurtihren  seheinen.      Weim  nämliiDh 
Abweichungen  von  der  Ebenfläcfaigkeit  bei  Kr^rstalien  vorkom-^ 
men  ,  so   findet  theib  keine  St($rung  in  der  Regelmäfsigkeit  und 
BbenflKchigkei<  des  Btötlergefliges  derselben  9Catt^  so  z;  B.  bei 
Kalkspaüikrystallen,  deren  E^ken  nnd  Kanten  id  der  Art  abge^ 
mndet  sind,  dafs  sie  dar  Ansehen  haben,  als  hätte  eine  ober-^ 
flächltche  Sehmelzung  sie  in  ditisen  gleichsam-  gefiessenen  Za-« 
stand  versetzt,  ferner  bei  DiamantkrystiJten  mit,  wie  ^  scheint, 
anf  eine  nicht  ganz  regellose  Weise  gekrümmten  Flächen,. bei 
Gjpskrystallen,  von  denen  man  namentlich  sagen  kann,  es  habrf 
bei  ihrer  Bildung  in  der 'Regel  ein  die  Iprystallbildende  Thätig- 
keit    beschränkendes  *  Bestreben  statt    gefcmden,    dergleichea 
Krümmangeu  von  gewissen  Stellen  der  Krystalloberflsiche  »a^ 
mehr  oder  weniger  weit,  ja  selbst  über  den  gansen  Krystall'hin 
SU  verbreiten,  nm  ihn  zn  einer  linsenförmig  krummfläbkigen  Ge^ 
stalt  umzuwandeln,  ohne  dab  dabei^  selbst  wenn  er  keinen  ebenen 
Oberflächentheil  mehr  zeigt,  die  Ebenfiädiigkeit  der  Derehgäbga 
beeinträchtigt  würde  n.  s*  wi     Theils  aber  ist  mit  solchen  Un-* 
regeimäfsigkeiten  in  der  Form  auch  Sttfmng  in  der- Lage  nnd 
Ebenflächigkeit  der  Bftetterdorchgänge  verbunden,  indem  da^n 
Durchgangsrichtnngen ,  dieeonst  einander  parallel  seyn  worden^ 
oft  mehr  öden  weniger  iKchetattig  divergken ,  so  dais  an  nicht 
sehr  weit  von  Einander  entfernten  Stellen  paralld  seyn  sollende 
Blätter  einen  Winkel  von  90  und  mehr,  ja  selbst  von  180  Gra- 
.    den  mit  einander  bilden  ;  so  z.  B.  bei'  solchen  Turmalinkrystal- 
len,  deren  Hauptaxe,  statt  eine  gerade  Linie  za  seyn,  hnfei-' 
senförmig   gekrümmt  ist,   bei  Prehnitkrystallen ,   welche    ihrer 
Form  nach  mehr  oder  weniger  derjenigen  Hälfte  eines  Doppel- 
kegels ( 00 flächigen  Ebenrandners )   gleichen,  welche    entsteht, 
wenn  eine  durch  die  Hauptaxe  gelegte  Ebene  die  Theilung  die« 
ser  Gestalt  bewirkt  u.  s.  w.     Oft  wird  auch  gleichzeitig  mit  der 
aufsen  statt  findenden  Krümmung   eine  ähnliche,   nicht  selten 


1298  Kr/»iall.   ./r 

«iemUcli  jfeg«li»itlkig«|  Kfttinfiimg  derfip^kiAi^iflKclfte»  bcbUck 

i^,  wi#  s*  B,  bei  vianphett  Sp«thti8«iisl«iiikr3!«telfeii  ,  bei  ^ 

#ogeiianBt«fi  Mttelformigen  lioieo  (ttuopfo  OPftcfalge 

ney  mit  ponciiv  gelpväinmt^n  flach««  s«gMuiid«tMi 

und  bst  irowohwiiicleTidcim  MmML)  rtm  Bmiiiipsth  v,  t.  vJ 

Als  merkwürdig  «ind  in  dieter  Hinticht  braer  »»- 

mue  in  Finnland  vcivkommende  tStiriimedaTSi^Ue ,    bei 

die  den  OfimmAni  eignen  ungemein  deqlliciien  und  laicht  «i^ 

htefsbaren  Spaltungaflaphen  ao  gekrümmt  atttd^    daJk 

hulbeo  Kugelob^rAiehe  gleiehen. 

Doycb  solehes  allmiligea  Veiaehwttiden  der  gb#nligi  hijM 
der  Ckatalt  imd  der  parallelen  StelliiDg  der  einzelnen  TheikM 
in  welche  ein  einzelner  I^r^stall  jseriegt  werden  kann,  fiote 
natürlich  ein  eben  ao  aUmäliger  Uebergang  statt  in  solche  Masut 
gleichartiger  fester  Substanaen ,   deren  äalsere  Gestalt  mehr  tci 
iuiIsecUchen  Zofälligkeiten  (IJeschaflfenheit  und  Gestalt  des  gegt* 
benen  Hanmes  ^  den  aie  zu  erfüllen  gezwungen  waren ,  n.  s,  w^ 
und  von  allgemeinen  Gohäsions*  und  Adhasionsge$etzen  a^ 
hängt,    als  voq  dem  ihnmi  inwnfanenden  fiestvabem,  sickia- 
gelfflä&ig  ^tt  gestalten  (kugelfiSrmige,  tranUge,  tropCsteinartfi 
und,  andere  gerundete  Gestüten ^  ^plattenfitrmige  A«8fiilkm{is 
von  blasenartigen  Räumen  u«  s.  w«),  während  ihr  Geljigt  mi 
dem  divergirend  Blütterigen  in  das  divergirend  Strtthlige  wi 
F^erige  und  -wieder  in  das  pandlel  Faserige  iibeigebt«    Fmiä 
ein  solchea  unragelmärsigea  Weiden  in  der  Stelbmg  der  cimi* 
nen  Theü«  hei  solchen  Massen  stiklt,  welche  aehön  in  ibim 
tegelmäbSgen  2luatande  als  Znsammensets^nngen,  Verwachspi^ 
n.  s.  w«  zweier  oder  melnrerer ,  oft  nnendiidi«  vieler  Kiystalie  ss^ 
gesehen  werden  miissen^,  und  betrifft  dabei  die  ettmälige  Ab««- 
^ng  von  der  lUgetmüCugkaii  anck  di#  Art  der 


X    Aach  f  olohe  SnkriI|itea•tielg^flder  f  ■  velabe  eiaea  Qjrlxwler  wt 

eiawärtsgel^rümmter  Seitenfläche  oder  mit  bedeatead  coocareo»  glück- 
•am  triehterfö'rmigcDy  Enden  darsteUeD|  besonders  die  letzteren,  seigci 
ein  Blattergefuge  der  sie  versteinernden  KaD^spathm^sse ,  weichet  10 
beschaffen  ist,  dafs  die  durch  Spaltung  erseugtea  Kronraadner  t^ 
gelmäfsig  krumxaflichige  sind. 

t    Die  Gesetze,    denen  solche  Terwachtangen  antenroifea  tia^ 
werden  in  der  Folge  dieses  Artikels  aoeh  aaafuhrliehef'  erliatertwerdfla 


Gestalt  und- EdfammensetKung.       13M 

ftetsnng  mittelbar  öJLer 'mniittelW  niidi'ir^uMgrfilHliW^W  stellt 
Mn«  ftolch»  MhienUMsse  sicfc  iils  «inft  Mngelig'  od«r  ktftnig  ab-^ 
^fesonderte  (ddar  kiyrtaffiaiseh  k9nilga)'dar/aii  tvblcbar  dilf 
[AlMoiideniiigsflKcban  theiU  eioe  besondera  laichte  Treaitnag  ga«' 
stattet»  9  wie  bei  inatichär  derartigen  Kalkapathmaaae,  b^  tttatt^ 
ehern  Amethyst  y  theiU  nicht ,  ^e  bei  sogenaiintem  carrariacitfad 
Marmor 9  hei  aia&cheni  krystaOiiiisch  atängeligen  Quarte,  der 
iGaagkliifte  im  Gebtrgsgestein  erfüllt  tt.  s.  w«  Attf  dieaet  Ter-* 
hältnifemäiaig  leichtern  Trennbarkeit  beruht  iTbrxiiglich  der  Un«^ 
terschie^  «wischen  der  Art  der  Zusansmenset^nng  ^  wekhe  mau 
gewöhnlich  k6rnig  abgesondert  nennt  ^  und  fenery  welche  maaf 
j  äda  ein  krystalllniseh  kOmigea  G^ge  an  untersdieidea  pflegt*    ^ 

13af8  auch  dnrc^  stängelige  Zusammensetzung  mehrerer  In;^ 
dividaen  zu  einer  gröfseten  Masse  fester  Substanz  ein  sehr  al^ 

'  mäliger  Uebergang  in  solche  Massen  statt  £ndet|i  die  aus  geradea 
oder^ekrtimn^ten,  divergirenden  oder  parallelen  Fasarn  bes.te« 

'  hen,  zeigt  sich  unter  anderu  sehr  deutlich  an  den  hierher  gehUS^ 

zigen  Arten  de^  Vorkownens  Voti  Arragon* 
I  '  -  '  1. 

Mit  dem  krystallinisch  grolskömigen  Gefifge  ist  Verwandt 
,   die  Art  daa  Gefiigea,  welches  grObere  gescbmolzena  Metallmas^^  ^ 

aen  nach  der  Abkühlung  annehmen ,  wie  dieses  am'  leichtesten 

,    hei  Zink,  'Wismuth  u.  s.  w.  beobachtet  ttrerdea  kann^  indeni' 

auch  hier  gewöhnlich  gröfsare  Tkeile  der  Maas^  sich  nebeÄ  eiii' 

ander  befinden,  die,  wenn  sie  einander  in  ihrer  Ausbildung  nach' 

Aufsen  hin  nicht  beschränkt  liätten«  zueintelnen  gröfseren  Kry'*' 

stallan  geworden  seya  würden ,  wie  de  dieses  durch  ihr  Geftige 

heurlqindeii.    Aus  dem  krystallinisch  kleinkörnigen  Geifige  zeigt 

sich  ein  ununterbrochener  Uebergang  in  das  Dichte,  wobei  die^ 

einzelnen  Körner  oder  Theilohen  unmelsbar  klein  werden*  Fin« 

det  hierbei  eine  leichte  Trennbarkeit,    ein  deutlicheres  Abge« 

sondertseyn  der  einzelnen  pulverförmigen  Theile  statt,  so  ist 

das  Gefiige  erdig  (wie  bei  Kreide,  Bergmilch  u.s.  w.)   Dem  er« 

digen  GefUge  zunächst  steht  endlich  die  Pulverform» 


1  Dann  behalt  dai  emeelne,  eine  noregeltnar»]ge  stSiigaliga  oder- 
platteDförmige  Gestalt  oder  aoch  eia  grofsere«  oder  kleiaeret,  toheinbar 
geietcloi  geitaltete»,  Korn  darstellende  KryatalliDdividoDm  in  leinem 
Innern  noch  den  regelmlrsigen  Bao  nnd  ist  in  ebenen  Eiehtnngen  anf 
gewöhnliche  Weicd  spaltbar,  wie  a.  B.  atSingeliger  Kalkspatlu   . 


jl( . '  Aaf  «IM  «flHf  «B(g^9iQ|ge  Wefw  ff^hfk'sich  <rft  das  Dasvyn 
yp9  P.9pc]^gpüi0»o.  «PW^bl,.^  «t|c^  :vop  ^«mnieiisetziing  aas 
ilflgleichaictig  gastelllen /Tiwilfii  m  exbniMieii'beim  scbwacheren 
oder  släKker^n  Erliiuen,  beim  £iii.wirk|»n  vop  Säuren,  vonWtiB^ 
set^p^  andern  Auli^ungsmitteln»  3o,9efigt  z,B.  der  ApophTÜit 
92^\  Entblänem  oder  Zerblätleni,  getnafs  der  sehr  deatli<sh  in 
JibfD  vorhandenen  Durchgangsrichtang^  sowohl  bei  schi^achem 
£f b^tzen  vor  dem  Lt(t)>rphre ,  als  auch  beim  Zusammenbringen 
SHt^jsolchen  Säuren,,  die  sein  Pulvex  zu  zersetzen  im  Stande  sind. 
Pex.Bergkiystall  und  andere  harte  Körper  werden  gegliiht  and 
^111^  Theil  in  Walser  gelöscht,  nm  die  Spahnng  tn  erletditeni 
oder  za  befördern«.  Da|>selbe  geschieht  bei  dem  K,Iüben  oder 
Gliven  (cliper)  des  Diamants  durch  die  Diamantschleifer,  \Tenn 
Ae  unreine  Thevle  desselben  abspalteb  wollen.  Bleiglanz,  Hoch- 
hält und  andere  krystallisirte  Sübstatiren  zerknistern  hüiifig, 
^enn  man  sie  rasc'h  erhitzt,  und  zerspringen  in  der  Richtung 
ihf ^r 'Dürdigäng*' u.  s.  T^.  *' 

*  ^'  Bereits  hatberitblöfste,  aber  nobh^  "mtM  sichtbare,  den  Dutcli^ 
gangen  parallele  Spalte'h  in  durchsichtigen  Krystaüen  (besonders 
ip, Edelsteinen )  entdeckt  man  öfters  dadurch,  dafs  man ^io  er^ 
wärmt  in  eine  Flüssigkeit  legt ,  deren  lichtbrechende  Eigensehaft 
Ijpträchtl^ch  verschieden  ist  von  der  des  Krystalls.  Einsangong 
'^eriFlpssigkeit  macht  die  Spalte  sich^ba^'.,  Oft  giebt  sich  die 
4f.g?  yorhandener  Durchgangsrichtungen  sowohl ,  als  auch  jene 
yorhapdener  Zosammensetzungsrichtungen  zu  erkennen  durch 
oberÜächliche  erhabene  und  vertiefte  Sfreifung  auf  den  Krystall- 
{[ächen  oder  Druchflächen  u.s.w*  Oft  auch  werden  solche  Streifen, 
die  von  der  Beschaffenheit  des  innern  Baues  Kunde  geben ,  er- 
zeugt durch  oberflächliche  Einwirkung  von  Auflösnngsmitteln,  in- 
dem auch  gegen  chemisch  oder  mechanisch  wirkende  Au flösnngs- 
mittel  die  geometrisch  verschiedenwerthigen  Theile  der  Kr/stall- 
Oberfläche  einen  verschieden  grofsen  Widerstand  ausüben.  So  z.  B» 
zeigt  Quarz,  der  schnaale  Gebirgsklüfte  ausfüllt,  durch  blofses 
Zerbrechen  oder  Zerschlagen  >sein  im  hohen  Grade  krystalUni- 
sches,  stängeliges  Gefüge  meistens  nicht,  wohl  aber  läist  er 
es  wahrnehmen,    wenn  er  während  einer  geraumen  Zeit   der 


1  Auf  solcher  Diosaagiing  beruht^  wenigstens  zam  Theil,  auch 
die  durch  Kunst  hervorgchrachtc  Färbung  mancher  Edqlstcine,  Zoo- 
litne  u.  s.  w.  durch  Juwelen-  and  MineralicnhandJer.  , 


Gestalt  and  2i«^4i«i(nen8etzung.       IMM 
j^ff^rkuiv  eiQ«f  DücAcnole  amgetettt  .iPlModer  ^»n  «t^cftl 

tpn,  iiMt  di^eifi  cU*  Ekiwivkttsg  de«  glattf^Mitw-.eilittci»  äu^ 
^bea.9Q  sejge||0fc}|fn9l«Q«l.]Mfel»IlAL^uEMNi  fime^^H^  QbeitT 
üiohßf  .aber  wa An  sie«. iov g«ozcui!StÜQU»P  !dariEmwMuw3i<miiW 
Säure  imfgeMtftV^ardea »  welc^A  tt4  «Stfl^MAikantf/imil  ivmmI 
npterbricht  die  EinwirKoog  des.fSäure^so  enoheioen  mekteM 
ggreifcft.  .^0»  verschiedener  BiphtuBg.»  00  ..<fcib  Tfivchiedi^m 
Winkel  dadnrch  gebildet,  werden,  w^kbreod.ifiuidelcn. Fällen  p»f 
xf^llel ,  jqder  so}cb9|i  lUc^tung  mehrere^  .oft  eefav ^vide,  Streifiiil 
Üt^fi^H*  Pa  nundiiüs^  3<3'Qifen  in  der  RegeLaU  ntit  Kanten  von 
|W.ry$^s|llge8taItea ,  vorzüglich  ,4kb^  V^n  Tk^ilungegeetalten  |.  pa-^ 
■alle} liegend  betrachtet  werden  können^,  40  wird  darcheie  i^nd 
4vrphirdie.  v^p  ü^ien  gel^f^n  Winkel  ;ia  n^rnicheif  F^ljlen  eifffi^ 
MutJliwufsupg^egFSpil^Jk  wh/Du.dm  B^s<ih#eftheit  des  vonDmch,-n 
,  giMig^eo^n  eiqgesci4o8ft«J9^^  /  Theilungi^f »alten  d«fi  .M«ti|Uey 
%flh9t  wenn  die  Theil^ng  auf  mechanischen,  Wege. iiicht^n^gfljLc^ 
'^yn.4q}\t%  .  AU  idie  4imw»anteiitep  }i^^s^  gehörigen  Jß^ji^}^ 
aindiai^bufuhrcfn  die.Ssigb^if«»  fiejf^^^^.;^»  ^^^H^%'^if%'^m!S 
ßlB^f^H^imk  ^»j^if^^  ÄU<,]>5tj;eorai|^S^Hif^en  1^1»^«  ,aa)p,^7, 
teuaMure*,:*  Die  b^  /i^^s^.4^  Y^p^cfeBn^er?;eagten  Streifen. d^^l^lf^ 
auf.4eil«iB^chnm^%,/)4e  eat«prech^d^^Tk€ilüiig«gf«ytfaf.j,^P^ 
kryit^Uifti^Ahe  Geftige.  deij  Y^?¥>P?^i^;  <4«s  ^-eifsen  Eifteiibjei^^s^ 
welchee'<Lh44^ch  ist  .4)ea^:desFensfer^i^##^.wird  gleichfalls  dofcjjh 
8olchp«,.yV^t«en., kenntlich  gei^acht,. up^n  QEuf.  diese  >y«ifq..4ffi; 
(vifeg^n,  ei?ig.eii4»^ni4ch^ifc.i^it  4en^9^df#?Mg,.  weldba^McSfi^ 
genannt >wir^  sogff^a^^e  J^tallmpJbr^Oiloir^e  mftalli^que)^ 
«seugt.  .•    ,.     ,i> .  '.-^  .  M  ,   ;.•    .* .',    ,M'  t. 

Ganz  besonders.  :g^  aehe^pt  ferner  dAV^fiipfluIs  deft  I^j;«^ 
der  Dor^hgänge  B^i,,^^^Atf,^,yfie  4ie  {)laalicität. in  krystallisi^ten 
Körpern,  .fiich  ,äalVf^)^   Jind^m  ypn.  der. Lage ^  dei:.|Dpj;chgMngß. 


"  1  Man  kaan  .gQfiiwtffnwJaaa.  ai^eo,  die  Xanten  4ea  KfyslliUsy 
welche  bfi^  Enu^ehea  dess^elbea  im  AUgei^eiaea  #ich  früher  aQ»ci-T 
bjU^en  scheioen,  als  die  von  i^hae^i  ein£e;cl)los«enea  Flachen ^  werdea 
d'a'rcli  Eiowirkung  von  Aufiosungsmittela  auch  spater  zerstört,  als  diö' 
Flachen.  -  ^  ^ 

2  T.  8cHKC\iKa*s  Eeiträge  zur  Geschichte  und  Kenntnifa  meteori- 
•&er  Steirt-  und 'Mc^lfinässcn.    S.  70.  ' 

3,  Vergl.  liE^^L  üb^r  JEIikryatalle  und  über  die  Natur  dei  Fen- 
aterelses  in  KaslnerU'Archiy.       *, 


lam  KryslalL 

die  Lag«  '4er  ir«neUedtetiW«rtliigeti   £Usticiliilitt«it  abUbgL 
SiAYAftT^  äUnlUh  h«t  dadurch,  dalW  «  kfaisMrmiga  PiaCteit  tm 
Hob)  die  In  'fenefaiedeaett  swBekuMUeig  gewüMten  HiofaEtmigca 
hl  Besi^v^g  sitr  Lage  dar  lahitittge  tarn  Tbeil  mos  dtmacn 
Aeaten  mid  «mn  Theil  a<u  dicken  MUnmen  nahe  an  der  Biaide 
(wo  für  klahie  Stöcke  die  lahrringe  fast  eben  nnd  parallel  sind) 
geschnitten   waren  ^    in  ttfnende  fichwingnngen  reraetste   md 
Klangfigortn  anf  ihnen  erzeugte  ^  die  VerMndemngen  kennen  sa 
lernen  gesndht ,  welche  gewisse  ienSamniengehOrige  Klangfigmen 
beiden ,  je  nachdem  die  Kreisfläche  der  schwingenden  PliAte 
als  eine,  «ü  den  verschiedenen  in  dem  Holze  nnler  den  gewiU« 
ten  Bedingnngtn  laicht  erkennbaren ,  l^on  der  Lage  der  Fase» 
abhSngigen  Axen  der  grdfsten  ^  mittlem  nnd  kkrinsten  ElnsticiiiC 
anf  verschiedene  Art  genügte,  Schnittebenc  sich  Verhielt,  vrobai 
€t  zugleich  die  Hdhe  nnd  Tiefe  der  entsprechenden  T<lne  als 
vorzüglich  wichtig l^etttoksichtigte ,  nnd  hat  dann,  nachdem- er 
hiarhei  ztt  wichtigen ^Efgebnissen  gelangt  war,  seine  Methode 
dagewandt  anf  kreisfi^mtige,  ans  gröberen  Krystallan  anf  gMch» 
iaUl '  iNTAckniifsig  bestimmte  Weise  gesehninene,   ihrer  Lage 
Aach  in  BMÜehnng  zMi  Aatensjsteme  genJa  bekanntä  Platten  von 
Sßnerdien.  ^  Es  ergab  sich,  dab  auf  dietett  W«g^  die  wich« 
tigstenBlasticitStsajcen  eines  Krystalb  ( v6n ^dara ,  Spathaiaen 
stein  n.  s«  w.)  sich  als  ihre»  Zahl  und  Lage  nadi  von  dem  Fa« 
niiKen  ^  nnd  Artencharakter  der  Krystall^eihe ,  die  der  Snbalans 
eigen  ist,  voüsüglich  tAet  ifon  der  Lt^  der  DurcAffongwrSek^ 
iungen  bedingt ,  leicht  aikennen  lassen ,  indem  sie  ihres  Rieh« 
long  nach  mit  verzilgGdi  wichtigen  geoknetriachen  Axen  das 
Krystalls  znsammenfiillen ,    dals   also  umgekehrt  durch    die  in 
Rede  stehenden  Untersnchungen  über  di«  Lage  der  £Iasticitats« 
axen  AnCichlofs  erhalten  wird  über  den  Familien«  und  Arten- 
Charakter  der  Srystallreihe  und  über  die  Lege  der  Durchgangs« 
richtungen« 

10)  Wenn  man  diejenigen  Fälle  ausnimmt,  in  denen  bei  dem 
Znsammengewachsenseyn  zweier  oder  mehrerer  vollständig  oder 
unvoilstftndig  ausgebildeler  Krystalle  an  einzelnen  Stellen,  da 


1  Et  möge  bief  genügen,  doreh  die  wenigen  im  Text  gegebeaea 
Andeutangen  der  SararUehen  Lehre  anf  die  Wichtigkeit  deneiben  for 
die  KrjtUllkaadt  aöfflierktam  gemacht  zu  haben.  TolUtändig  bt  sie 
wiedergegeben  In  PoggendorTs  Annalen  XHh  t06  und  SI8*     , 


Gestalt  und  Zusaknmenselzung.       idOä 

'wcr  die  OI^HMIishi» -äe«  ei#m  i[!r^Ml£i  nit  der  dfes  aiidern  sni- 
-MiDfliietitffiffV,  einspiifk^ende,  timi^Mttige  Kanten  entstehen,  so 
geht^e«  bei^Ktystallen  die  e^fispringenden  Kanten  und  folglich 
aueh  die  trlttfiterattfg  -tertial^en'^ek'en  zn  den  Seltetiheiten ,  fa 
man  kaMi/*den  bishengen '£l^alDtnige&  zu  Polge,  dergleichen 
Kjystfl^e  0t«|s  ftit  solche  ansehen , 'die  in  ihrer  Ansbildung  ge-- 
sttlrt  wnrdeti  nifd  'iAat*aiB  unvoIlkbdimeneKrystallgM^ildle  genannt 
>^^rden  kHaifkeW^    'Hierher  die  W&fei  mit  trithterartig  Vertieften 
Flächen  (6><4wandigeKeilflädiner  mit  einem  Axenverhähnisse, 
'inwelohMB  die.  4gKedrige  Axeklei'net  als  R.  1^4  ist,  wenn  R 
4ie*3gliedrige  Alte'  bedetHet)  (beim  Kochsalz,   beim  Wismuth, 
davnach-dem'^Schflleken  krystallisirt,  n,s,  tr.   Wenn  daher  eiife 
-einzelne  •  Krjra(»Hgeitiilt  Pteehew  vBischiedener  Arten  d«  h«  ver« 
"*  «ehiedenen  Wtoitbei  hat  j  afco  ■  eSn^ '  zusammei^gesetete  Krystall- 
.   gestüflt  (CdttMuatloiiigevtaIr)isfV  aii  welcher  die  Flüchen  zweier 
tider  me4ii«reir  -eiitfaelierf'Oestai^  (sie  seyeii  ringsum  endlich 
«%M^1renzt  oder  ni6ht)  "trorbaadet»  i/kid  y   so  können  die  Flächen 
'jeder  eint^lneh  nur  so  weit  Thefite  der  Begrenzung  dee  Krystalta 
^yi^j  bitilBie.'Ufit^eh •ihnen  zunächst  liegenden  Piäehen  andvrer 
Alten  in  Kanäle»  Mer  Ecken  zusammentreffen.    Wenn  man  da* 
her  zwei  KryettfTle'hat,  welche  mit  einander  in  Beziehung  auf 
ihre  Form  s»  weif  übereinstitamen ,  dafs  alle  Flächenarten  des 
«rsten  auch  a\n  »weiten  in  denselben  entsprechenden  Abständen 
irom  Mittelpuncte  vorhanden  sind ,  während  der  2te  noch  eine 
^  Fläehesart  mehr  besitzt  ala  der  erste,  so  wird,  wenn  man  beide 
«dit  einander  vergleicht,  der  letztere  das  Ansehen  haben,  als  ob 
«r  aus  dräi' ersten  dadurch  entstanden  wäre,-  dafs  an  diesem  ge-* 
wiese'  Theile  hinweggeschnittenh  (abgestumpft^  scheinen  •     Es  ist 
daher,  in  manchen  Fällen  wenigstens,  nicht  nnvortheilbaft,  von 
-der  eben  angedeuteten  VorstellungsWeise  Gebranch  zu  macheui 
-aus  einer  Gestalt  durch  solches  Hinwegechneiden  Von  Theileii 
andere  Gestalten  sich  zu  bilden  und  die  so  von  einander  abge- 
leiteten Gestehen  ztl  vergleichen  mit  den  ihnen  entsprechenden 
-Krystallgest^ten.     Die  gebräuchlichen  Ansdräcke  Abstumpfung 
lEuschärfung  und  Zuspitzung ,  wovon  der  2te  sich  auf  zwei,  der 
dritte  auf  mehr  ah  zwei  Schnittflechen  bezieht ,,  deren  jede  allein 
den  fraglichen  Theil  abstumpfen  würde ,  sind  deshalb  nicht  un-* 
|>aäsend^    um  eine  mehr  oder  weniger    genügende  Vorstellung 
rota  der  Verwandtschaft  zweier  Krystallgesulten  zu  geben ,  be« 
sonders  dann^  wenn  die  Theile^  au  welchen,  und  die  Art,  wie 
V.  Bd.  /  Oooo 


1304  ErystalU 

die  Abstumpfung  statt  finden  mufs ,  auf  mathematisch  bestimiiitB 
Weise  angegeben  wird.  Die  verschiedenen  Mittelkrystalle  zwi- 
schen dem  Würfel  und  dem  12-Rautenil^chner  kö^nnen  x.  B.  auf 
diese  Weise  angesehen  werden ,  als  seyen  sie  ihrer  Form  nach 
gleich  mit  Gestalten,  welche. man  erhalten  wurde,  wenn  man  an 
einem  Würfel  die  Kanten  oder  an  einem  12-Rauteiifiachner  die 
4gliedrigen  Ecken  regelmäCsig,  d.  h.  so ,  dab  man  das  Gleichwer- 
thige  als  gleichwerthig  -beijücksichtigt,  mehr  oder  weniger  tie^ 
abstumpfte  u.  s*  w*. 

11)  Beim  Zusammehg^wachsenseyn  zweier  oder  mehreier 
Krystalle  einer  und  derselben  Substanz  Von  einer  und  derselben 
ForUL  findet  meistens  eine  ei genthüm liehe  Gaset zmäfsigkeit  •  statt 
.  und  solche  ZwilKngs-,  Drillings  »^  Vierlings-  u.s.w.  BiUnn- 
gen  sind  in  der  Regel  keineswegs  blofs  aufäUige  Erscheinungen. 
ISIur  selten  findet  ein  blofses  Aneinandergewachsenseyn  zweier 
Krystalle  statt,  ohne  dafs  der  eine  Krystall,  eban  durch  die  Be^ 
rilhrung,  den  andern  in  seiner  Ausbildung  gehindert  hätte.  Mei- 
stens hat  bei  dem  Wachsthume  der  beiden  Krystalle  der  eine 
nur  diesseit  der  Berührungsfiache  und  der  andere  nur  ienseit 
derselben  sich  vergröisern  und  ausbilden  känaen;  daher  ist  die 
Erscheinung  oft  so,  als  ob  blofs  2'Krystallhälften  oder  überhaupt 
Theile  von  Krystallen  zusammengewachsen  wären.  IVIan  unter- 
scheidet Zwillinge ,  bei  denen  die  Zusammeasetzungsfiäche  eine 
einzige  Ebene  ist  (Nebenzwillinge),  und  solche,  an  welchen  sich 
beide  Krystalle  in  mehr  als  einer  Ebene  oder  aueh  in  einer  nn- 
regelmälsigen  Flache  berühren  (Durchwaclisungen).  Fällt  hd 
Durchwachsungen  der  Mittelpunct  des  einen  Krystalls  mit  dem 
des  andern  zusammen ,  so  nennt  man  sie  am  fiiglichsten  Kzeus- 
zwilUnge. 

Man  erkennt  Zwillinge  u.  s.  w.  theils  daran ,  dafs  die  Spal«- 
tungsrichtungen  der  einen  Zwillingshälfte,  wenn- sie  geneigt  sind 
gegen  die  Zusammensetzungsfläche,  oft  nicht  in  der  andernZwil« 
lingshälfte  fortsetzen ,  theils  daran ,  dafs  sie  meistens  einsprin- 
gende Kanten  zeigen ,  theils  an  der  deutlich  sichtbaren  Zusanoh- 
mensetzungsflache  u.  s.w.  Jede  ZwillingsbiJdung  iafst  sich  (w|e 
MoHS  zuerst  folgerichtig  durchgeführt  hat)  so  darstellen,  dab 
man  zw^i  gleiche  Krystalle  zuerst  in  paralleler  Stellung  mit  dem. 
einen  der  i^n  Zwillinge  verbundenen  Krystalle  sich  denkt  und 
dann  den  einen  um  eine  bestimmt  an^uigebende,- von  der  Be- 
schaiTenheit  des  Zwillinge  abhängende  Aace.(dj^t^  so  weit^  l^js 


Gestalt  und  Zasammenaetzung.        1303 

jeder  anfsefhalb  dieser  Axe  liegende  Pnnct  desselben  einen  Bo- 
gen von  180  Graden  beschrieben  hat ;  jeder  der  beiden  einzel- 
nen Krysralle  erhält  dadurch  die  Stellung  des  ihm  entsprechen-' 
den  Zwillingstheiles.  Man  hat  daher  die  Neben^willinge ,  bei 
denen  dieses  Gesetz  der  Halbttmdrehung  am  augenfälligsten  war^ 
mit  dem  Namen  Hemitr^opieen  belegt.  Da  aber,  besonders  bei 
demNebeneinandergetvachsenseyn,  die  Art  der  Zusammen fiigung 
in  Betracht  kommt,  so  ist  noch  die  Zusammensetzungsfläche  an-» 
zugeben. 

Da  der  Zwilling  ein  aus  zwei  einzelnen  Theilen  bestehen«* 
des  neues  Ganze,  eine  neue  Gestalt  ist,  so  kommt  auch  die  Be-» 
BchaiTenheit  des  Strahlen-  oder  Axensystems  in  Betrachtung, 
welches  dieser  Gestalt  eigen  ist.  Bei  Neben zwilUn gen  hat  jeder 
der  beiden  verbundenen  Theile  die  Bedeutung  einer  Hälfte  der 
ganzen  Zwillingsgestalt,  hat  gleichsam  aufgehört,  eine 'Einheit 
fiir  sich  zu  seyn;  daher  hat  die  auf  die  Zusammensetzungsflächer 
senkrechte  Axe  fiir  jeden  der  beiden  einzelnen  Theile  die  Be-« 
deutung  einer  ungleichendigen  Axe.  Für  den  ganzen  Zwilling 
aber  ist  didse  Axe,  den  bisherigen  Erfahrungen  zufolge,  stets 
eine  gleichendige«  Sie  heifse  Nebenzwillingsdxe.  Bei  weitem 
am  häufigsten  ist  die  Nebenzwillingsaxtf  im  ganzen  Zwillinge 
^ine  gleichstellig  2endige  Axe«  So  ist  der  beim  Magneteisen  ^« 
2.  B.  vorkommende  Nebenzwilling,  welcher  aus  zwei  (unvoll- 340! 
ständigen)  SHächnem  besteht ,  eine  gleichstellig  2endigQ  Sfach 
Sgliedrige  hauptaxige  Gestalte  Eine  der  gerenstellig  2endigen 
2^ach  Sgliedrigen  Ajcen  des  Sflächners,  wenn  er  einzeln  ist,  hat 
fiir  ihn ,  als  Zwillingshülfte  ^  die  Bedeutung  einer  ungleichendi- 
gert  2fach  Sgliedrigen  Hauptaxe  erhalten;  die  Vereinigung  beider 
Zwillingshälften  bewirkt^  dafs  diese  auf  die  Zusammenset^ungs- 
ebene  a  b  c  d  senkrechte  Axe  für  den  Zwilling  selbst  eiite  gleich-» 
stellig  2endige  2fach  Sgliedrige  wird.  Ganz  ähnlich  verhält  sich 
der  eitste  dargestellte  Kalkspathzwilling ;  die  fiir  den  einzelnen  3^1) 
2  Xßflä'chigen  Kronrand  ncr  als  gerenstellig  2endige  2fach  Sglie*- 
dtige  Axe  au  betrachtende  Hauptaxe  ist  in  jeder  Zwillingshälfte 
iln gleichendig  geworden,  der  Zwilling  selbst  aber  ist  eine  gleich-» 
stellig  2endige  2fach  Sgliedrige  Gestalt ,  weil  seine  Nebenzwil-« 
lingsaX'e,  welche  die  Puncto  a  und  b  verbindet,  diesen  erlangten 
Charakter  auf  ihn  übertragt.  Für  den  zweiten  abgebildeten^. 
Kalkspathzwilling  fällt  die  NebenzwilUngsaxe  in  jeder  der  bei-j^^' 
den  ZwillingsbäifteB  ZttSammeQ  mit  eitaer  A^te,  wdlche  im  voll«- 

,    Oooo  2 


1306  KrystalL 

stänijigen  einzelnen  Krystalle  eine  gerensteüig  2enJiige  2fiDicb 
Igliedrige  Queraxe  seyn  würde,  und  ist  eine  gleichsteliig  2en* 
dige  2fach  tgliedrige  Ax«.  Parallel  mit  der  Linie,  welche  föc 
den  einzelnen  vollständigen  Krystall  die  gierenstellig  !2endiga 
Sfach  3gliedr]ge  Hanptaxe  ist ,  Hegt  die  (  in  der  Zitfaminense«-« 
Zungsebene  abcd  e  durch  d  nach  dem  Halbirnngspuncte  von  ab 
gehende)  ungleichendige  3fach  Jgliedrige  Axe  des  Zwillings;. 
Die  andere  gleichstellig  2endige  2faoh  Jgliedhge  Axe  liegt  pa« 
rallel  der  Linie,  die  von  £  nach  e  gehen  würde.  Jede  Zwillings* 
hälfte  ist  gröfser,  als  die  Hälfte  des  Oilächigen  KrbnraadnerSy  von 
welchem  sie  ein  Theil  ist. 
Fig.  Als  4tes  Beispiel  möge  ein  Malachit-  Zwilling  dienen.  I>eokt 

'man  sich  die  hinter  der  Zusammensetzungsfläche  aßyä  liegende 
Zwillingshälfte  ruhig  bleibend ,   die  vordere    aber  um  die  mal 
die  Ebene  s  (oder  aßyd)  senkrechte  Nebenzwillingsaxe  gedrehti 
'  «nd  zwar  so  weit,  bis  jeder  bewegliche  Punct  einen  Bogen  von 
180^  duVchlaufen  hat,  so  bilden   beide  Zwillingshälften  in  ihrer 
nunmehrigen  Verbindung  eine  Gestalt,   ähnlich  dem  einzelnen 
entsprechenden Malachitkrystalle,  dessen  parallel  mit  abliegende 
.    Hauptaxe  eine  gerenstellig  2endige  2fach  Igliedrige  ist  und  bei 
welchem  auch  die  auf  s  senkrechte  Queraxe  denselben  allgemein 
Ben  Charakter  besitzt;  im  Zwillinge  aber  ist  die  auf  s  senkrechte 
Nebenzwillingsaxe   eine   gleichsteilig  Wendige  2f4ch    Igliedrige 
und  die  parallel  mit  ad  liegende  Axe  ist  die.  ungteichendige  2facb 
2gliedrige  u.  S.  w. 
Fig.  Die  Abbildung  eines  der  beim  Albit  vorkommenden  Zwil* 

^^  Unge  stellt  den  Fall  dar,  in  welchem  die  auf  die  Zusammens'ez- 
Zungsfläche  aßydi  senkrechte  Nebenzwillingsaxe  eine  gleich- 
stellig 2endige  Ifach  Igliedrige  ist,  wobei  also  jede  in  aßyi$ 
liegende  Axe  (folglich  auch  die  mit  ß/  parallele)  eine  ungleich- 
Fig  endige  Ifach  Igliedrige  ist,   während  bei  dem  einzelnen  voll- 
'  'ständigen  Krystalle  jede  denkbare  Axe  eine  gerenstellig  2endige 
^ Ifach  Igliedrige  ist. 

Sehr  selten  dürfte  bei  Nebenzwillingen  der  Fall  vorkommen^ 
daJCs  die  Nebenzwillingsaxe  eine  ebenbildlich  gleichendige  Ifack 
pgliedrige  ist,  denn  er  setzt  voraus,  dafs  die  Zusammensetzungs- 
ebene, als  ebene  Figur  an  sich  betrachtet)  eine  2fach  pgliedrige sey<, 


1    Oder  allgemeiner:    eine   2fach   xXpgHedrige,  wenn   z   eine 
ganze  Zahl  bedentet.   Bt  tetst  dieies  Crieiofaheit  TOa  Winkeln  Tonna, 


.  Gestalt  und  Zusammensetzung.        1307 

wahrend  die  auf  sie  senkrechte  Axe  eine  blofse  Ifach  pgliedrige 
Axe  i^t.  MoHS^  fuhrt  einen  hierher  geh(5rigen  Periklinzwilling 
an.  Als  eine  besondere  Merkwürdigkeit  ist  es  daher  zu  betrach- 
ten,  dafs  bei  den  durch  Kalkspathmasse  versteinerten  Enkri- 
niten  -  Stielgliedem  je  zwei  an  einander  sitzende  Glieder  in  ße- 
aiehung  auf  die  Durchgänge  der  Kalkspathmasse  zu  betrachten 
sind  als  Nebenzwillinge,  bei  denen  fast  jedesmal  die  Neben« 
zwillingsaxe  eine  ebenbildlich  2endige  Ifach  Sgliedrige  ist^. 

Oft  zeigt  sich  wiederholt  die  Znsammensetzungsart  nach 
dem  Gesetze  der  Nebenzwillingsbildung  so^  dafs  an  dem  2ten 
Krystalle  ein  3ter  u.s.w.  anliegt.  Dabei  sind  entweder  die  Zu- 
sammensetznngsflachen  einander  parallel  oder  nicht.  Sind  sie 
parallel,  so  besteht  das  Ganze  aus  plattenförmigen  Theilen,  wel- 
che, was  die  Stellung  angeht,  ausgedruckt  werden  kOnnen  durcH 
-  a  •  b  •  a .  b .  a ,  b .  a  •  b  •  • . ,  wenn  die  Verbindung  der  beiden  Buch- 
staben a^  b  oderb,a  einen  NebenzwilHng  bedeutet.  Zuweilen 
eind  die  Platten  der  einen  Stellung  dicker  als  die  der  andern, 
"Welche  letztere  zuweilen  so  dünn  sind ,  dafs  das  Ganze  auf  den 
ersten  Blick' das  Ansehen  eines  einzelnen ,  vollständig  ausgebil- 
deten Krystalls  hat ,  bei  näherer  Betrachtung  aber  ergiebt  sich, 
dals  er  in  Platten  zerschnitten  ist,  welche  von  einander  getrennt 
sind  durch  zuweilen  fast  unmefsbar  dünne  Lamellen  von  dersel^ 
ben  Substanz ,  Aber  von  anderer  Stellung  u.  s.  w.  Dadurch  er- 
hält der  scheinbar  einzelne  Krystall  auf  einigen  seiner  Flächen 
ein  gewissermafs^n  gestreiftes  Ansehen,  was  oft  seine  wahre 
Beschaffenheit  erst  verrath.  Man  beobachtet  Gebilde  solcher  Art, 
vrie  sie' dieser  Zusammensetzung  entsprechen,  besonders  häufig 
bei  Albit,  Periklin ,  OligokUs,  Labrador,  Arragon  u.  s.w.  Sind 
die  Znsammensetzungsflächen  nicht  alle  parallel,  so  entstehen 
oft  Krystallgmppen ,  welchen ,  wenn  man  sie  als  Ganze  für  sich 
betrachtet,  gleichfalls  Strahlensysteme  entsprechen,  die  von  denen 
des  einzelnen  Krystalls  oft  sehr  beträchtlich  verschieden  sind, 
oft  aber  auch  denselben  allgemeinen  Charakter  besitzen. 


difl  aurserdem  vngleieh  seyn  könnten,    ohne  dafs  der  Charakter  der 
eiDseinen  Gestalten  ein  anderer  wäre.  .*- 

1    Grandri(5  der  Mineralogie  II.  8.  S95.  Fig.  9a 
^     Vergleiche   über  diese,   aach  in  anderer  Beziehung  höchst  in- 
teressante, Erscheinung  die  Schrift:   Einflafs  des  organischen  Körpers 
auf  den  unorganischen,  nachgewiesen  an  Encriniten,  Feutacriniteu  nnd 
anderen  Thier?ervteinerangett  ton  Hessel. 


'       1308  Kryatall. 

Bei  den  Dordhwachsungen  zveierKryatalle,  l>e8ondeirs  aber 
bei  dea  KreazzwiUingen ,  findet  eine  weit  g^ölsere  Mannigfal- 
tigkeit statt  hinsichtlich  des  ßtrahlen  -  oder  Axensystems ,  d^a 
einer  solchen  Zwillitigsgestalt  zusteht  Ourchwachsuogen  zweier 
4sUabligen  Gestalten  liefern  gstrahlige  Zwillingsgestalten ,  scJche 
:^\veier  2  ><  4strahligen  Gestalten  bilden  gleichfalls  8strahlige 
.    ZwiUingsformen ,  3glie|lrige  gestalten  liefern  häufig  6gUedrige 

256.  Zwillinge  u.  s.  w.  So  stellt  die  Abbildung  eiqen  ÜxeazswilUog 
dar,  in  vf  elchem  zwei  gleiche  6flächige  Kronrandner  so  mit  ein* 
<^nder  verbunden  sind,  dafs,  wenn  der  eine  in  erster  Stellung 
sich  befindet ,  der  andere  die  zweite  Stellung  hat,  Die  geren- 
.  stellig  2endige  Sfacb  SgUedrige  Hanptaxe  des  einen  Kronrand- 
Tiers  fä^t  zusanimen  mit  der  des  andern  uqd  die  ihrer  Richtung 
entsprechep'de  Axe  ap  des  Z^wilUngs  is(  glf»iphsfeUig  2endig2fach 
6gliedrig. 

Fig-  Der  Staurolith  zeigt  Kreuzzwillinge  vefschiedenev  Art ;  dio 
'der  einen  Art  apgehörigen  sind,  wenn  beide  Krystalle  gleiche 
Gröfse  pqd  einen  gem<sinsamen  Mittelpunct  haben ;  glejcbsteUjg 
2endige  2fach  4gliedrigp  Gestalten,  deren  Haupfsxis  der  Linie 
von  d  nacii  i  entspricht,  jeder  einzelne  Staurolith krystaU  aber 
\p\  eipe  gleichstellig  2endige  2fach  2gUedrige  Gestalt, 

Krystallbeschreibang. 

Jede  Beschreibung  eines  räumlichen  Gegenstandes  mn£i, 
wenn  sie  auf  den  Grad  von  VoUkommenheil  Anspruch  machea 
will,  der  ihr  möglicher  Weise  zustehen  kann  ,  den  mit  den  nö-- 
thigen  Hülfsoutteln  und  Kenntnissen  ausgerüsteten  Leser  in  den 
Stand  setzen ,  ein  dem  fraglichen  Gegenstande  entsprechendes- 
,  räumliches  oder  ebenes  Abbild  (Modell,  Zeichnang)  beliebig 
darstellen  a;a  können;  denn  erreicht  sie  dieses*  Ziel  nicht,  so 
erzeigt  sie  auch  nur  eine  unvollkomu^ene  Vorstellung  von  dem. 
Gegenstande..  Sie  h^t  aber  i^qcb  ihr  Z^el  i^uf  den^  kürzesten 
*.  Wege  zu  erreichen  und  mufs  nicht  verwechselt  werden  mit  der 
ausführlichen  l^jehre  über  den  Gegenstand«  Ist  daher  bei  einem 
Krystalle  die  Richtung,  seiner.  Flächen  in  Beziehung  zu  einem 
in  ihm  vorhandenen  bestimmten  charakteristischen  Axen-  oder 
^trahlcfisysteme  das  geständige ,  das  seinen  Charakter  Ausma- 
chende, und  wird  es  als  Grundsatz  anerkannt,  dafs  die  sämmt- 
]4chen   1^'l^chen  eines  KrystaUs  und  einer  ganzen  Krystallreiha 


Beachreibung.  1309 

dnen  gerenge^etzSchen  Flaohenverein  bilden ,  so  wird  bei  der 
Beschreibung  eines  Krystalls  oder  einer  Krystallreihe  diejenige 
Methode  di«  "zwecktnäfsigste  seyn,'  "welche  diese  Verhältnisse»  anf 
die  es  vorzüglich  «nkoTnmty  am  schnellsten  aufzufassen  verstattet. 

Es  dürfte  daher  bei  der  Beschreibung  eines  Krystalls  (oder  ' 
einer  Krystallreihe)  eine  Angabe ,  aus  welöher  die  Classe ,  Ord- 
nung ,  Familie  und  Art  der  Krystallreihe  erkannt  werden  kann, 
in  welche  er  gehört ,  des  erste  Erfordemifs  seyn.  Ist  dann  aus- 
gemacht, dafs  der  gerengesetzliche  Zusammenhang  der  verschie- 
denen Flächenarten  einer  Krystallreihe,  das  Ineinandergreifen 
der  verschiedenen  Zonen  u«  s.  w,  sich  am  einfachsten  ai;<s  dem 
Systeme  der  Träger  dieser  Flächenarten  erkenrien  und  entwik« 
kein  lasse,  so  mufs  es  am  zweckmälsigsten  seyn,  die  Bestimmung 
des  gerengesetzliohen  Zusammenhangs  der  Träger  bei  der  Kry- 
stallbeschreibung  zum  Grnnde  zu  legen,  damit  aus  dem  nnmit-^ 
telbar  zu  Gebenden  das  vom  Leser  selbst  zu  Findende  möglichst 
leicht  gefunden  werden  könne.  Auch  ist  es  von  selbst  einleuch- 
tend, dafs  man  in  dieser  Bestimmung  von  den  einfaehen  Zellen 
auszugehen  habe ,  wenn  von  1  -  und  Smafsigen  oder  1  «>  und 
3mafsigen  oder  von  4axigen  Gestalten  die  Rede  ist* 

Eine  ziweQkmäfiäige  uqd  kurzgefafste  Beschreibung  einer 
Krystallreihe  hat  daher  folgende  Angaben  (von  denen  einige, 
wenn  sie  sich  von  selbst  aus  den  andern  bestimmen ,  weggelas- 
sen >yerden  können  )  zi;  enthalten  X     /    ' 

1)  den  Namen  der  Art  der  Krystallreihe ; 

2)  die  Stellung  der  Mafsstrahlen  a,  R,  r  in  der  als  erst^  bo« 
trachteten  Zelle,  angedeutet  durch  Zusammenstellung  der  Buch- 

Stäben  Rr  oder  rR,  welche  dem  Bilde  der  äufseren  Flächenseite 
einer  Ifach  IgUedrigen  Fläche  in  dieser  Zelle  entspricht; 

3)  die  ebenen  Winkel  (und  als  nützliche  Zugabe  die  Nei- 
gungswinkel) der  Wände  der  Isten  Trägerzelle  (a  ||  R ,  a  ||  r, 
R||r,  aR||ar,  aR||Rr,«r||Rr);  .      ^ 

4}  das  Verhältnifs  der  ursprünglichen  Mafse  für  die  3  Mes-» 
sungsträger  a,Il, r  in  Zahlen  ausgedrückt,  welche  rational  oder 
irrational  seyn  können ,  je  nachdem  sie  aus  der  Beschaffenheit 
der  Gestalt  sich  ergeben^} 


1    Für  die  1-  aad  BmafsigeD  Gestalten  ist  B  :  r  sa  jf^S  :  2  eder 
;  2  :  T^,  für  die  1-  and  2mar8igen  Gestalteo  R  :  r  =  1  :  )r2  oder 


1310 


KryjtalL 


5)  f  die  tabellarische  Aufzahlung  der  MarsBäbkr^erhalti: 
in  den  Zeichen  der  den  beobachteten  f  lächenartea  entspreoibeiH- 
den  Xrägerarten.  Findet  der  Fall  ateu,  dais  niaht  alle  Zellen 
»ich  gleichwerthig  verhalten,  so  ist  bei  dieser  Aufsählaog  di« 
l^nterabtheilung  nach  den  Zellenarten  zu  wahren,  so  daf»  die 
Mafszählerverhältnisse  für  die  einer  und  derselben  Zellenair 
angehörigeji  Träger  zusammengestellt  werden  in  einer  Columae, 
welche  als  Ueberschnft  das  besondere  Zeichen  der  Zelle  exliailt, 
in  welcher  jene  Träger  auftreten.  ,  Dabei  ist  es  bequem,  neben-r 
her  jede  Trägerart  mit  einem  besondern  ein^laen  Bucitttebea 
SU  bezeichnen  (der  sich  leichter,  als  jedss  noch  so  einüaclie 
aus  mehreren  einzelnen  Theilen  zusammengesetzte  Zeickeo,  in 
etwaigen  Abbildungen  auf  das  Bild  der  getragenea  Flacheo  qbo« 
schreiben  läfst)  und  diesen  als  Stellvertreter  für  eine  nieht  aos^ 
fiihrbare  wörtliche  Benennung  der  einzelnen  ihrer  Richtung  nmch 
durch  das  g/pgebene  Zeichen  bestimmten  Träger*  oder  Flächeaact 
zu  betrachten.  Dieser  dient  zugleich^  um  auf  etwa  voiJiandene 
beigefugte  oder  in  anaufiihrenden  Werken  bejQjidliche  Abbildon-* 
gen  zu  verweisen ,  wenn  auf  diesen  die  Flächen  durah,  solche 
Buchstaben  bezeichnet  sind. 

Eine  solche  tabelkrischeZusammenstellting  würde  daher  bei 
einer  SgUedrigen  Krystallreihe  ^  z.  B.  folgende  Form  haben ; 


«. 

R,  » 

0 

c 
n 

1 
0 
0 

0  0 

1  0 
0    1 

±«i  ±R. ' 

p 

110 

m 

14    0 
1    1    l 

X 

r 

112 

y 

1    1    4 

±«,  +R»x 

X 

2    10 
12    0 
2    4   3 

Daran  kann   sich  füglich  reihen    die  Angabe  von  einem  oder 
mehreren  der  6  Winkel ,  welche  jeder  fragliche  solche  Träger 


PS  )r2  :  1,  nur  bei  den  i-  apd  lmar<igen  findet  manoigfache  Veiw 
schied enbeit  binsichtlioh  anf  das  Yerhältnifs  R  :  r  statt.  Da(s  eiae 
Angabe  Toa  Winkeln ,  au^  welchen  mittelbar  der  Werth  des  Verhäit- 
nisses  a  :  R  :  r  erkannt  werden  kann,  gleichfulU  genast,  bedarf  der 
£rinneriing  nicht. 

1  Die  Tabelle  bezieht  sich  auf  mehrere  der  wichtigsten  Kalk* 
spathkrystalle ,  deren  einige  auch  durch  die  Abbildangen  Fig.  246  A, 
B,  C  veriinnlicht  sind«  Es  ist  aamlich  A  =9  mo  and  B  =$  cP  und 
G  =;  y.r.P.c.m. 


Geschiciitliciica.  1311 

» 
bildet  mit  a,  mit  R,  mit  r,  mit  der£bene  aR,  mit  av  und  mit 
Rr,  def  Zelle,  in- der 'et  liegt  ^. 

6)  Aogdba  etwaiger  besonderer  EigenthümUchkciten  und 
Kennzeiehen  einzelner  Flacbenarten»  Dahin  gebijrt  Art  and  Grad 
der  Spaitbarfceit ,  Verschiedenheit  an  HSrte,  Gestreifbeyn,*  Raa- 
higbait;  Glätte ,  Stärke  und  Art  des  Glanzes  u.s%  w« 

7)  Aufzählung  der  beobachteten  Verbindnogen  von  Flä- 
dienarteii  (der  Combinatioo9ge$taIten)  durch  ZusaiomensfellaDi^en 
der  voUfttandigen  Zeicheb  ihrer  Träger  oder  der  die  Stelle  des 
Namens  vertretenden  Buchstaben  in  solcher  Ordnung ,  dafs  der 
Träger  der  gewöhnlich  den  •  gröfst^n  Theil  der  Krystallober^ 
iläohe  einnehmenden  Flächenart  vor  dem  der  minder,  ansgedehn-» 
ten  aufgeführt  wird,  oder  auch  in  solcher  Ordnung ,  dafs  man 
von  den  bei  senkrechter  Uauptaxe  steileren  au  den  flacheren, 
oder  umgekehrt,  fortsahreiiet» 

8}  Angabe  etwa  beohofehleteir  Zwillingsbildungen  u.s.  w« 
9)  Angabe  anderweitiger  physikalischer  und  chemischer. 
Sigoosobaffen  und  Verhältnisse  der  beobachteten  Kfystalle  (be« 
soodM  Härte,  Gewicht,  Verhaltfn  gegen  das  Licht,  gegen  che^ 
]nisdie**Prtifttngsnaittel ,  £rgAh>iifil  der  chemischen  Zerlegung  u« 
••  w.) ,  sofetu  dieselben  dieneiv,  den  I^eser  die  £inerleihei^ 
der  besbhriebenän  KrfstaUe  mit  selchen ,  die  er-selbst  zu  beob-« 
achten  Geiegeiiheit  hat  ( ja  uiaterielier  Hinsicht),  erkennen  zu 
lassen,  und  ihn  .dahiex  in  denSlefid  seUen,  die  Richtigkeit  der 
mitgetheilten , Angaben 'ZU  prüfen;  Es  ist  deshalb  oft  manche 
unbedeutend.flcheinende  geschichtliche  Angabe  (über  Bereitungs« 
art.  Vorkommen  a.s*ffn)v.vcm  nicht  gmuger  Wichtigkeit. 

Das   Wichtigste    aus    der   Geschichte    der 
Krjfitallkunde. 

Die  sorjjfältigere  Beachtung  der  Krystallformen  begann  erst 
mit  WsAif  EH  und  Home  de  lMslc«  Der  erstere  besonders  suchte 
den  Zusammenhang  der  Krystallformen  einer  und  derselben  kry-* 
stolllsirten  Substanz  dadurch  auszudrücken,    dafs  er  die  einen 


1  Statt  dieier  WiDkeUogaben  kann,  da  wo  die  Fläehenart  eine 
ringsum  «ndlick  begrenstt  Gestalt  bildet,  die  Aogube'  der  Qrc^fsea 
der  Kanten  dieser  Gestalt  stehen.  Jene  Angabe  ersetat  diese  atets, 
diese  aber  ist  nicht  überall  anwendbar« 


läia  -  Krystall. 

9iisah  als  ähnlich  solohen  Gestalten ,  welche  durch  AbstampfeiH- 
gen,  Zuschärfungen  oder  Zuspitzungen  einzelner  Theile  andere^ 
Gestalten  entstehen ,  -wahrend  die  andern  mit  den  dieser  Bear* 
beijitung  unteTWorfenen  Gestalten  selbst  übereinstimmten.  Einige 
einfache  oder  nicht  sehr  »i^ammengesetzte  Gestalten  ^feordeii 
nämlich  bei  dieser  Ableitung  zum  Grande  gelegt  and  hie£sen 
Grundgestalten.  Ab  solche' Grandgestalten  wurden  betrachleti 
1)  das  Hexaeder,  3)  die  Pyramide,  3)  die  SäuU,  4)  die  Tafii^ 
5)  die  Linse.  Die  P3rramiden ,  die  Säulen  und  Tafeln  wnnlen 
wieder  unterschieden  in  dreiseitige ,  vierseitige  a«  s«  w«  Ana 
einer  bereits  abgeleiteten  Gestalt  wurden  dorch  iieue  Abstnm^ 
pfangen  abermals  andere  Gestalten  hergeleitet  u.  s.  £,  während 
wieder  mehrere  verschiedene  Grundgestalten  bei  einer  und  der- 
selben Krystallreihe  statt  finden  sollten^.  RoMi  bb  1.U8I.B 
machte  sich  verdient  durch  viele ,  mit  dem  zu  seiner  Zeit  erfan- 
denen  Handgonion;eter  angestellte,  Wiakelmessungen  en  Kry-^ 
ftallen. 

Als  Gründer  der  wissenschaftlichen  Krystallkunde  ist  ohne 
Widerrede  Haot*  zu  betrachten,  ja  m»D  kann  sa^en,  dafs  er 
nicht  nur  den  Gruhd  zu  deiti  Gebäude  dieser  Wissenschaft 
gelegt,  sondern  vielmehr  das  ganze  Gebäude  in  einer  nicht 
unzweckmäfsigen  Beschaffenheit  dergestdlt  habe  und  dafs  die 
Arbeiten  des  nenern  Krystallograplieii  ^  was  das  eigentlich  kry- 
atallometrische  und  krystallonomische  Fach;*  betrifft,  nar  als 
neues  Anstrich  oder  als  theils  mehr)  theils  «ninder  wichtige  Ver- 
sohOneiungen  ttud  als  Ausbau  einiger  nicht  vollendeten  Theiie 
des  von  ihm  gelisferleo  Gebäudes,  aaa  vbeiraefaten  sind«  £r  was 
der  Erste ,  welcher  durch  seine  Lehre  vom  Ebenoiafsgesetze  bei 
der  Krystallbildung  den  allgemeinen  Charakter  der  Arten  von 
Krystallreihen  andeutete ,  indem  er  nachwies,  dafs  zum  Würfel 


X  Sq  die  l^rystallbeachreibungen  ia  deb  nut  4^^  Wernerschea 
Schule  l^ervQrgegaugeiieu  l^ehrbüchern  dßrMiueralogie,  z.B.  imHaqd' 
bacbe   der  Miaeraiogie   von   G.  A.  S.   HovirMAsHy    fortgesetzt  von   A« 

BABITHA.UPT. 

2  Trait«!  de  Miaeralogie.  —  Ueberaetadng  dieses  Werkes  Ton 
KaAstba  und  Weiss  unter  dem  Titel:  Lehrbuch  der  Mioeralogie  von 
Uauy.—  Tableau  comparatif  des  rosultaU  dei  lu  Cristallographio  et  de 
Tanalyse  chimiqne  rclutiTcinent  d  la  olaatificatioo  des  miueraux.  —  2te 
Auflage  d^f  Trait«  de  Mineralogie.  -»  TraiU  de  Cristallogcaphie, — 
Mehrere  eioselae  Abhandlungea  in  Craasdsiiche«.  Joornaieiu 


Geschichtliches.  13(3 

blofi»  8o.Ioli«43«st«Itea  gi»hdreiiy  wi«  dsr  Sflächneri  dtt-  i2'^IUa"<> 
t*DAücha»r  u.  s,  w»,  welche  naoh  unserer  Ordnung  den  SgUedrtg 
4axigen  Gestalten  heizusählen  sind,  daCs  dasselbe  gehe  toq^ 
8iiächntr  undvvieder  eben  so  vom  12-fIlanteDflächner,  da(s  mit 
dem  4M€hnev  blofs  andere  Gestahen  von  solcher  Deich afTen helft 
vorkommen,  wie  die  oben  mit  dem  Namen  der  3gliedrig  4strah^ 
ligen  belegten  u,  s«  w«,  daTs  mit  2X4flächi}>en  Ebenrandnern 
gerii4e  Säulen  mit  rautenförmiger  oder  rectangulaser  Basis  und 
and^e  sueammengesetzte  solche  Gestallen  in  Verbindung  stehen, 
welche  oben  als  2gUedrige  Gestalten  bezeichnet  wurden,  daJüi 
mit  der  schiefen  Säule  mit  rautenförmiger  oder  rectangulärer  Ba-r 
sis  (prisme  oblique  k  base  rhomhe  ou  rectangn- 
laire)  und  andern  solchen  Gestalten,  die  wir  zu  de^  tgliedrl«^ 
geu  zählen ,  nuf  solche  Gestalten  bei  einer  und  derselben  Snb«! 
«taoa  zugleich  .vorkämen ,  welche  in  unserer  Sprache  als  lglie-> 
drige  Gestalten  benannt  werden  mufsten  u.  s,  w.  Da  er  sein» 
Uptersuchungeo  über  alle  ihm  während  seines  nicht  kurzen  Le>« 
bens  bekannt  gewordenen  Krystalle  ausgedehnt  hat,  so  ist  zu 
•rwasftfa ,  dals  ihm  auch  die  meisten  der  wichtigsten  Arten  von 
Kxjlst^Urdihen  bekannt  geworden  seyn  werden,  und  es  ist  a}sQ 
aifiht  BiMhig ,  noch  mehr  Beispiele  zum  Beleg  de^  aosgeflprojche?f 
Va  Beh^^ufig  beia^ubringen«  .... 

.  Er.  war  absr  auch  zugleich  der  Erste,  welcher  ,den  geieiifv 
geset^chMi  Zosammenhai^g  zwischen  den  verschiedenen  Flä--< 
ohenanen,  die  bei  einer  und  derselben  E^rystallveihe  verkommen, 
nacbwies«  Indem  erSiämlich  bei  der  Betrachtung  sämmtliches 
ILrystalleeiiner  Substanz  von  einer  möglichst  einfachen,  dem 
Arten-!- Charakter  der  Kryatalireihe  entsprechenden  Gestalt  aus^ 
ging ,  der^n  Flächen  mit  vorhandenen  Durchgängen  parallel  lie-i 
gen  CMler  bei  Abwesenheit  van  Durchgängen  durch  anderwei-t 
tige  besondere  Wichtigkeit  (Häufigkeit  des  Vorkommens)  sich 
auszeichnen,  von  einer  Urform  (faxme  primitive,  Kern-^ 
förmig  y  so  ^twickelte  er  abgeleitet»  oder  aecundäiie  OestalteUi 
ähnlich  den  verschiedenen  CLrystallen  der  fmgUchen  Substanz, 
dadurch,,  dafsier  seine  Urform  sich  wachsend  dachte  durch  all-r 
mäligen  Ansatz  von  nevien  Lamellen  (Ueberlagerungsblättchen) 
auf  die  Flächen  der  bereits  vorhandenen  Gestalt  und  diefe  all-r 
niälig  angesetzten  Lamellen  von  Seiten  oder  Winkeln  ihrer  Grund- 
fläche au?  abnehmen  (^deprescireti)  liefs  nach  bestimmten  Ge- 
setzen QAÖnahifteg^seixe  oder  JDucreßoenzgeqelsf^ ^  lois  de  d4r- 


1314  KrystalL 

croissemtnt)  am  einfache  oder  sosammengtsetzt»  Reiiieii 
von,  parallelepipeclisch  geitalteten  sobtractiven  Massenüaeilclien 
(molecules  aoustra^ctives),    So  also  baute  der»«lbe  z«  B^ 
wenn  die  Urform  ein  Wiiffel  war,  aus  uoendlicli  Ueinm  Wor- 
feln   (subtractiven  Massentheilchen)  eine  qoadratiscka  Lamulle, 
welche  die  Udhe  eines  subtractived  Massentheilehens  und  die 
Würfelfläche    zur  Grandflache    hatte,    legte. dieselbe  aaf   eiae 
Würfelfläche  so,  dafs  sie  diese  deckte,  und  nahm  dann  von  jeder 
der  vier  Seiten  dieser  Lamelle  eine  Reihe  von  sabfracttwa  Mae- 
eentheilen  weg  ( die  Seite  der  Flache  eines  würfeligen  subtracti- 
ven Massentoeilchens  =  1  und  die  der  Urform  =  x    geecttf 
würde  die  Lamelle  vor  der  Abnehme  aus  z'  subtractiven  Maseea- 
theilchen  bestehen  und  nach  der  Abnahme  =3  (x-— 2)*  solcher 
Massentheilchen  werden);  auf  diese  erste  Lamelle  würde  ein« 
sweite  ihr  gleiche  gelegt  und  abermals  an  jeder  der  vier  Smttn 
um  eine  Reihe  subtractiver  Massentheilchen  veiUeinert  (so  dab 
sie  zuerst  s:^  (x-<-2)'y    pach  der  Abnahme  aber  =  (k  — «*- 4)* 
einzelner  sdbtractiver  Massentheilchen  war).  Dieses  wurde  forS- 
gesetzt  ^  bis  sich  auf  der  Fläche  der  Urform  eine  vierseit^  Py^ 
ramide  befand,  mit  treppe nförmigen  Seitenfläohen«     Die  Avbeit 
auf  jeder  der  &  Würfelüächen  gleichzeitig  vorgenomiAeii  v«« 
wandelte  den  Würfel  nach  und  nach  in  eine  Gestais,  ^weld^^ 
wenn  man  von  dem  Treppenförmigen  ihrer  Flachen  (bei  onend- 
lieh  kleiner  Dicke  der  Ueberlagerungsblattohee-)    absieht,    ein 
12  -  Rautenflächner  ist.     Es  ist  dieses  ein  Beispiel  von  etnrnhi* 
ger,  von  den  Kanten  «ausgehender,  Abnahme  der  Ueberlagemogs- 
blättchen ,  wenn  die  sämmtlichen  Seiten  der  Fläche  der  Ürfonn, 
auf  welcher  die  Ueberlagerung  statt  findet,  als  Kanten  derUr** 
form  gleichwerthig  sind.     Findet  diese  Gleichweithigkeit  nicht 
statt,  so  versteht  sich  von  selbst,  dafs  nur  Gleichwerthiges  anf 
gleiche  Weise  modificirt  werden  dürfe    (eine  Lehre,   welche 
Haut  das  Ebenmalsgesetzc;bei  der  Krystallbildung  nannte  und 
die  er  als  allgemein  gültiges  Gesetz  betrachtete^,- das  die  Natur 
bei  der  Krystallbilduirg  nur  in  seltenern  unbedeutenden  Fällen 
verletze).  In  andern  Fällen  wurden  von  jedem  einzelnen  Ueber- 
Isgerangsblättchen    zwei  oder  mehrere,    den  Kanten  parallele, 
Reihen  von  subtractiven  Massentheilchen  weggenommen  (zwei- 


1     Hi.cy'8  Ebeomafigfsetz  der  Krystallbildung,  übersetat  and  mit 
AntnerkUDgea  begleitet  von  Hesse!. 


Geschichtliche«.  .    1315 

oder  mehrreihige  BrteileDälmalime  von  d^n  Kanten),   eder  eft 
xrurde  von  jedem,    aus  zwei  oder  mehreren  einfachen  beste* 
henden-,  sosamitiengeaetsten  UeberlagerungsbiKttchen  eine  ein- 
eiige, derH^he  nach  snsammengesetzte  Reihe  subtractiTer  Mas* 
sentheile  abgenommen  (  zwei ->  oder  mehrreihige 'Höhenabnahme  , 
an  den  Kanten) ,  oder  endlich  es  fand  die  Abnahme  an  jedem, 
ams  zwei  oder  mehreren  einzelnen  Lamellen  bestehenden ,  zu- 
sammengesetzten Ueberlagernngsbl^ttchen  um  mehrere  Reiben  in 
diieBrMte  statt,   so  dafs   also  die  an  einer  Seite  eines  solchen 
Ueberlogerongfiblättchens  abgenommene  Reihe  subtractiver  Mas-^ 
sentheile  einf  sowohl  nach  der  Höhe  als  auch  nach  der  Breite 
xnsammengesetzte  war  (gemischte  Abnahme  an  den  Kanten),  s; 
B«  die  3fache  Breite  and  die  2fache  Höhe  einer  Ifachen  Reihe 
Ton  snbtractiven  MaSsentheilen  besafs,   und  so  wurden  Flächen 
secnndärer  Gestalten  erzeugt,  die  mehr  oder  weniger  stark  gegen 
die  Flachen  der  Urgestallf  geneigt  waren  ,  je  nachdem  in  der  ab« 
genommenen  zusammengesetzten  Snbtractivreihe  das  Verhältnifs 
der  Anzahl  von  Höhen  subtractiver  Massentheilchen ,   aus  we)-^ 
eher  ihre  Höhe  bestand,  zn  der  Anzahl  von  Breitenmafsen  sol« 
eher  Atome,  aus  der  ihre  Breite  zusammengesetzt  war  (welches 
Verhältnifs  das  AbnahoMgesetz  heilst),  einen  verschiedenen  Zah« 
lenwerth  haltte. 

Fand  die  Abnahme  der  Ueberlagernngsblättchen  so  statt,, 
dafs ,  wenn  man  das  einfache  Ueberlagerungsblättchen  in  seine 
paraUelepipedischen  subtractiven  Massentheilchen  zerlegt  dachte, 
wodurch  folglich  die  Auflag erungsiläche  in  ( unendlich  kleine) 
Parallelogramme  getheilt  gedacht  wurde,  die  abgenommene 
Reihe  ^.  subtractiver*  Massentheilchen  ihrer  Längenerstreckung 
liach  parallel  mit  einer  in  der  Auflagerungsfläche  liegenden  Dia-^ 
gonale  des  Subtractivtheilchens  war,  so  hiefs  die  Abnahme  eine 
gewöhnliche  einreihige  Abnahme  am  Winkel  (der  Auflagern ngs«* 
fläche,  welcher  Winkel  angegeben  wurde) ,  indem  nämlich  hier^ 
bei  dem  ersten  Ueberlagerungsblättchen,  der  Anfang  der  Abnahme 
mit  dem  im  Scheitel  des  erwähnten  Winkels  liegenden  Sub« 
traiBtivtheilchen  gemacht  werden  mufste.  Wenn  von  jedem  ein« 


X  1  Da  wo  diese  sich  all  solche  darstellt  und  ihrer  Lange  nacl| 
aas  mehr  als  einem  Subtractivtheilchen  besteht,  was  bei  dem  ersten 
einfachen  Ueberlagerungsblättchen  in  dem  hier  entwiokelten  Falle 
nioht  statt  findet. 


1316  Kl-ystttlL 

llchcftÜebfeirlageriingsU^ttcheii  allemal  %wei  ödef  metit^t«  sofche 
Reihen  abgenommen  wurden ,  ao  wat  dieses  zwei  ^  oder  tnehp- 
veihige  gew(jhnliche  Breitenabnahme  am  Winkel.  Was  gewöhn- 
liche Höhenabhahme  und  gewöhnliche  gemischte  Abnahme  am 
Winkel  »ey ,  ergiebt  sich  aus  dem ,  was  über  die  derartigen  At^« 
nahmen  an  den  Katiteri  gesagt  worden  ist^ 

War  endlich  die  Langenrichtung  der  abgenommenen  Reih« 
▼OD  Subtractivtheilchen  parallel  mit  einer  Diagonale  der  Anfla- 
gerungsflftche  eines  (nach  den  Richtungen  der  beiden  Schenkel 
des  fraglichen  Winkels  hin  nicht  aus  gleich  grofser  Anzahl  ein- 
facher Subttactivtheilchen)  zusammengesetzten  parallelepipedi-» 
Beben  Subtractivtheilchens  und  bestand  demnach   jede  sabtra- 
hirte  Reihe  aus  eben  solchen  zusammengesetzten  Subtractivtheil-» 
eben ,  so  wat  die  Abnahme  eine  mittlere  Abnahme  am  Winkel 
(d^croissement   interm^diaire),    und  auch   diese   'war 
wieder  entweder  einreihig  oder  mehrreihig  nach  der  Breite  oder 
mehrreihig   nach    der  Hdhe  Und   Breite^  zugleich    (gemischte 
mittlere  Abnahme).     Mit  der    gewöhnlichen  nicht  einreihigen 
Abnahme  am  Witikel  auf  einer  Fläche  der  Urgestalt  war  stets  als 
Hiilfsabnahme  eine  mittlere  Abnahme  der  U^berlagerungsbliitt-' 
cheil  auf  audern  Flächen  der  Urgestalt  verbunden. 

Die  Axenverhältnisse  der  Urgestalt  sowohl,  als  auch  des 
für  «ine  und  dieselbe  Substanz  Unverlrnderiichen ,  stets  paralie- 
lepipedisohen ,  subfractiven  Massentheilchens ,  bei  welchem  dai 
Verhältnifs  dreier  in  Betracht  kommender  Axenlängen  stets  Sber^ 
einstimmt  mit  dem  der  ihnen  parallelen  Axen  der  Urgestalt^ 
wurden  Ton  Haut  bei  jeder  Substanz  ein  fäi^  alleraal  angegeben, 
Eckpuncte  und  Kantenlinien  jeder  Art  der  in  Abbildungen  stets 
beigefügten  Urgestalt  mit  einfachen  Buchstaben  bezeichnet,  und 
es  ward  ein  Zeichen  gebildet,  welches  bestand  aus  dem  die 
Stelle  des  Namens  einer  Kanten-  oder  Eckenart  vertretenden 
Buchstaben  und  aus  ddm  Decrescenzgesetze  (Breite  zu  Hdhe 

c:^  b:h  in  Form  eines  Bruches  r^  geschrieben),  das  dem  Buch* 

ctaben  in  einer  Weise  angefagt  Wurde ,  welche  die  Lage  der 
Fläche  der  Urgestalt,  auf  der  die  abnehmenden  Ueberlagerungs- 
blättchen  sich  auflegten ,  angeben  sollte.  So  z.  B.  bedeutete  G^ 
%ine  zweireihige,  Von  der  Kante  G  ausgehende  Breiteuabnahme 
an  den  Ueberlagerungsblättchen ,  welche  auf  einer  rechts  Von 
der  Seitenkante    G  liegenden    Seitenfläche   angesetzt   wurden; 


Geapiilclttlit^heff«  .        ;131!7 

A  wai*  eine  zweireihige,  Vom  Wintel  A  aitsgehendle  Höheiiatf-' 
mhme  an  den  Ueberlagerungsblättchen  derjenigen  Fläche  der 
TTrgestalt,  Welche  in  der  Abbildung  oberhalb  des  Endpunktes 
A  lag.  Bei  öiittleren  Abnahmen'  mufste  aufserdem  hoch  di^  ^rt 
der  Zusammensetzün'?  "des  'ziisaih'mencesettteh  subtracHven  iVlas- 
sentheilchens  angegeben   werden    nach   den  beiden  in  Öpträcht 

]comi9ß0deii  Ri^^htUPgen  hifi;  so  war  A  (B%jC^)  eine  jnittleri? 
Abnahme  an  den  auf  der  Ebene  der  beiden  Kanteiplinien  B  und 
,C  angesetzten  Ueberlagerungsschichtei^,  welclie  ausging  von  dfiff^ 
.^Vinkel  A  und  an  jedem  .einfachen  UeberlagerungsbJättche» 
eine  Keihe  von  zusammengesetzten  .subtr;)c;iv,^  Massentheilchea 
betraf,  deren  jedea  in  der^Richtung-  von  C  djreimal  und  in  der 
BichtuD^  von  C  zweimal  sq-Iang  war,  ;a]s  das^ einfache«  •  ■ 

Ä  (B^C^)  war  ebenso  eine  mittlere  gemischte  Abnahme  an 
"^^  einer  jeden,  über  der  Ebene  BC  liegenden,  aus  drei  einfachen 
Blattchen  bestehenden ,  der  Höhe  nach  zusammengesetzten  Ue- 
berlagerungsschicht  um  zwei  Reihen  in  die  Breite ,  wobei  die 
Subtractivtheilchen  in  der  Richtung  von  B  zweimal  so  lan^,  als 
die  einfachen ,  wareti. 

Jedes  solche  Zeichen  diente,  die  I^lächenart,  welche  da-* 
durch  hervorgerufen  wurde ,  anzugeben  und  zu  bestimmen*  Die 
Flächen  der  Urgestalt  wurden,  wenn  sie  Von  dreierlei  Art 
waren,  mif  den  Buchstaben  *P,  M,  T  (l?ri-Mi-*!fif  ),,oder  mit 
1*  und"M,  wenn  sie  nur  .von  zwei  Arten,  oder  mit  P,  wenn  .sie 
^ur  von  einer  Art  Wareli,  bezeichnet  und  di^se  Buchstaben^ 
w^erin  die  Flächen  der  Urgestalt  nicht  verschwunden  waren ,  mit 
den  Zeichen  der  übrigen  Flächenarten  eines  Krystalls  zusammen- 
gestellt. Diese  Zusammenstellung  bildete  das  Repräsentativzei- 
cheti  (signe  repr ^s^entatif)  der  ganzen.  Gestalt.  Auch 
die  Bezeichnung  der  secundären  Flächenarten  (auf  den  Abbil-^ 
düngen)  durch  einfache  Buöhstaben  wurde  in  da$  RepraseUtativ- 
beliehen  mit  aufgenommen. .  • 

Man  sieht  leicht  ein ,  dafs  die  dirrdi  solche  Art  von  Mau^ 
rerei  »entstandenen  einfachen  Gestalten  hinsichtlich  auf  das  Ver- 
Mhnifs  ihrer  drei  wichtigsten  Axenarten  tiach  rationalen  Mafs- 
'Zählern  mefsbar  seyn  müssen  dufch  die  ihnen  parallel  liegertdeü 
Axen.des  subtractiven  Massentheilch^ns  oder,  was  dasselbe 
ist,  der  Urgestalt  und  dafs  also  hierdurch^ auf  in4ircct^, Wei^i^ 


1318  -     .  Krystall* 

der  gerengesetzliche  Za^ftoimeobAng  det  va^Uledeiiea  Flachi 
arten  einer  Krystallreihe  gegeben  ist. 

Dafs  die  Haaysche  Ableitongsweise  der  secundären  GestaV» 
ten  zugleich  als  Erklärung,  des  wirklichen  Wachsens  and  Ent- 
stehens der  Krystalle  gelten  soll ,  ist  ohne  weitere  Auseinander- 
setzung einleuchtend.  Mit  dieser  Theorie  stand  dann  noch  die 
Idee  des  integrirenden  Massentheilchens  in  Verbindung,  vrel<- 
theSj^'wenn  mehr  Durchgänge  vorhanden  waren,  als  «nr  Bil- 
dung eines  Paraflelepipeds  erfordert  werden,  durch  Zerlegung 
der  Urgestalt  gemäfs  jenen  Durchgängen  gebildet  gedacht  ^^rde 
tind  dann  entweder  die  Form  einer  dreiseitigen  Sädle  oder  einer 
dreiseitigen  Pyratnide,^  (eines  sogenannten  Tetraeders)  hatte, 
während  ^s  aurserdem'mit  dem  parall^Iepipedischen  sabtractiven 
Massentheikhen  von  gleieher  Gestalt  war«  Dieses  integrirende 
Masseqthe^cheu  aollte  das  nicht  weiter  ^theilbare.  Atom  sevn, 
welches  bei  dem  Vf  rsuche  weiterer  Zertheilung  nothwendig  in 
die  Atome  der  chetnischen  ^estaodtheile  zerfallen  mufste,  ans 
denen  die  Substanz,  wenn  sie  nicht  selbst  ein  chemisches  Ele- 
ment ist 9  bestehend  gedacht  wurde. 

Jede  Krystallform,  sie  sey  eine  einfache  oder  eine  von 
mehreren  Flächenarten  begrenzte,  e;-hielt  bei  Haut  ihren  be- 
sondern Namen ,  welcher  auf  mannigTache  Weise  gebildet  und 
dem  Namen  der  krystallisirten  Substanz  als  Beiwort  hinzugefügt 
wurde«  Solche  Nam^n  sind  z.B.  equiaxe,  metastatique, 
parall^lique,  binaire,  nnibinaire^  prism^,  P7^^* 
nrid6,  perihexa^dre,  alterne,  bisalterne  tu  s.w.; 
die  Menge  solcher  Namen  ist  nicht  unbeträchtlich ;  sie  dürften 
am  Besten  der  Vergessenheit  übergeben  werden. 

Gegen  die  Methode  Haut^s  läfst  sich,  sofern  man  hier,  wie 
.  überall,  die  Atomistik  als  zulässig  erklären  raufs,   wenn  man 
ihr  auch  nicht  gerade  huldigt,  nur  Folgendes  einwenden: 

1)  Sie 'legt  bei  der  Wahl  der  Urgestalt  einen  zu  hohen 
Werth  auf  die  Durchgänge,  ohne  jedoch i  wie  es  düe  Conse« 
quenz  erfordern  würde,  jedesmal  die  deutlichsten  .vorhandenen 


1    Der  booten,  welcker  darin  Ueg^  dafs  j^^j.oktaedmchea  Urge- 

Btalten  die  TJieilnng  stets  sowohl  oktaedrische ,  als  auch  tetraedrUche 
Formen  liefert,  warde  durch  Vernachlässigung  der  oktaedrischeaTheile 
heseitigt  und  die  tetraedriichen  Theile  wurden  alt  integrirende  Mas- 
aentheilchen  aögenomiaeo. 


Geschichtliches.  1319 

DtnrchgSnge  vomigswdse  zu  berücksichtigen.  Zngleich  entsteht 
in  dieser  Wahl  da  eine  Unbestimmtheit  und  Unsicherheit,  wo 
Durchgänge  .rorhanden  sind,  welche  die  ßegrenznng  verschie-» 
dener  Gestalten  gestatten,  die  als  Urgestalten  angesehen  werden 
können  n«  s.  w.  ^ 

2)  Sie  hebt  aus%eben  diesem  Grande  das  Gleichartige  ver- 
wandter, zu  einer  und  derselben  Art  gehöriger  Krystallreihen 
nicht  scharf  und  bestimmt  genug  hervor,  indem  sie  bei  zwei 
Krystallreihen  gleicher  Art  für  die  der  einen  Substanz  von 
einer  andern  Urgestalt  ausgehl,  als  für  die  der  zweiten  Substanz 
snstehende,  ja  sogar  gezwungen  ist,  für  die  Ablejtnng  derSglie- 
drig  4azigen  Krystailgestalten  beim  Bleiglanz  vom  Würfel,  beim 
Flttfsspath  vom  Sflächner  und  bei  der  Blende  vom  12 «-Rauten« 
fiächner  auszugehen« 

3)  Die  von  der  parallelepipedischen  Form  abweichenden 
Urgestalten  erschweren  unntfthiger  Weise  die  ganze  Arbeit;  denn 
wenn  man ,  den  Werth  der  Durchgänge  zwar  nicht  verkennend, 
aber  ihre  Berücksichtigung  nicht  für  wichtiger  haltend  als  ndthig 
ist,  überall  von  parallelepipedischen  Urgestalten  ausgeht,  so  er- 
halt man  eine  atomistische  Darstellung ,  welche  genügt  und  in 
mehrfacher  Hinsicht  der  Hauyschen  vorzuziehen  ist. 

Im  Geiste  der  Hauyschen  Schule  haben  ausgezeichnete  ein- 
seine  Arbeiten  geliefert :  Mohtsiao,  Bouahov,  CoEDisa,  So- 
HCT,  l«VT,  BaooKB  und  Andere, 

Unter  den  Deutschen  hat  Weiss  *  zuerst  den  von  Haut 
gebahnten  Weg  l^etreten.un^  auf  gründliche  Weise  das  Studium 
der  Kiystallographie  betrieben.  Er  hat  zuerst  das  Bedürfnib  ge- 
fühlt ,  die  zu  einerleix Art  gehörigen  Krystallreihen  zusammen- 


1  Dynamische  Anticht  der  KryttalHsation  reo  Ca.  8.  Wbiss,  ia 
d«r  UebenetzDog  des  Lehrbuchs  der  Mineralogie  Ton  Haay  I.8rd65ff* 
I>e  indagando  formaram  crystalliDamm  charactere  geometrico  priocU 
pali.  Lipsiae  1809.  Mehrere  ia  den  Schriften  der  Berliner  Akademie 
der  Wissenschaften  und  in  dem  Magazin  der  Berliner  natnr forschen- 
den Freunde  aerstrente  wichtige  Abhandlangen  über  Peldspath,  Gypsy 
Bpidot,  Zwillinge  beim  Quarz,  Ghabasit,  Bisenkies  a.  s.  w.  Ueber 
eine  ausführlichere ,  für  die  mathematischa  Theorie  der  Krystalle  be- 
sonders Yortheilhafte  Bezeichnung  der  Krjstallflache  des  spharoedri- 
tohen  Systeme.  Betrachtung  der  DimensiönsTerhältaitte  in  den  Haupt- 
körpern  des  spharoedrischen  Systems  und  ihrer  Ge^enk^^rper,  in  Ter« 
jgleich  mtUden  harmonischen  Verhältnissen  der  Töne.  Bezeichnung 
der  Flächen  eines  Krystallisationssystems  u.  ••  w« 

V.  Bd.  Pppp 


1320  Kry«talL 

^    zustellen   und  in    höhere  Classificationsstnfen  (ahnlich 

Classen ,  Ordnungen ,  Familien  und  Arten  von  KrystallrelheD) 
zu  vereinigen.     -Die   ihm    eigenthiimlichen  Benennungen    det 
vnchtigsten  Arten  von  Krystallreihen  sind  oben  bereits  en^ähnt. 
Vorzügliche  Verdienste  hat  sich  derselbe  um  die  erste  voUstän« 
digere  Berücksichtigung   und  Aufstellung  der.  Gesetze   der  Zo« 
nenlehre  erworben.     Als  Hauptbedingnng  des  vollständigen  Be* 
kanntseyns  der  geren gesetzlichen  Beziehungen  einer  FJächenaxt 
(die  in  einer  Krystallreihe  als  neubeobachtete  auftritt}   zu   den 
übrigen  bereits  bekannten  Fiächenarten  wurde  von  ihm   snerst 
mit  Bestimmtheit  die  Forderung  ausgesprochen,  dafs  jede  solche 
Fläche  parallel  liegen   müsse  mit  zwei  bereits  bestimmten,  kau- 
tenthümlichen  Strahlen ,  d.  h«  dafs  sie  in  zwei  bereits  bekannt« 
Zonen  gehörep  müsse.     Er  ^war  ferner  der  £rste,  welcher   die 
Wichtigkeit  der  Axen   vorzüglich  beachtete  und  eine  auf   die 
Axen  gegründete    Bezeichnung   der  Krystallilächen     einführte. 
Seine  Bezeichnungsweise  stimmt ,  wenn  man  von  dem  Aulser« 
wesentlichen  (nämlich  der  Einschliefsung  in  rechtwinklige  Pa- 
rallelogramme oder  Dreiecke  u.  s«  w.)  absieht ,  bei  den  1  -  und 
Smafsigen  Gestalten  mit  der  Bezeichnung  der  Flächen  durch  die 
kantenthümlichen    Mafse   der  doppelten    Zellen    überein,    bei 
,  sämmtlichen  übrigen  Familien  von  Krystallreihen  aber  stimmt  sie 
mit  der  Flächenbezeichnung  durch  die  Bestimmungsstrahlen  der 
3fach  rechtwinkligen  Zellen   undT  durch  deren  MafsverhältniGsy 
sofern  sie  kantenthümliche  Strahlen  sind  |  überein,  so  dafs  z.  B^ 

Fig*wenn  bei  dem  Zinnerzkrystall  a  :  R  (nach  uns)  ==:  c  :  a  (nach 


Weiss)  und  die  Flächen  s  ==  [la,  IR,  IR]  =      c  :  a  ;  a  j 


nach  Weiss  sind,  auch  die  Flächen  z=  [la,  |-R,  ^RJ,  bei 


Weiss  =     c  :  |  a  :  4  ^     seyn  müssen  u.  s.  w. 

Nach  der  Methode  von  Weiss  wirkend  sind  schrifbtelle- 
risch  aufgetreten  G.Rose,  Kupffer  ,  Köhler  u.  s.w. 

Eine  neue  Bahn  hat  sich  Neumann  ^  eröffnet.  Ihm  ver-* 
dankt  die  ganze  Trägerlehre  und  die  Lehre  von  der  Zeigerfläche 
einen  grofsen  Theil  ihrer  Begründung.     Er  hat  sich  nämlich  nur 


1  Beiträge  zar,  Krj»tallonoaiie  von  Nsoiaiir  I.Heft»  (Schade, 
dafs  diese  ausgczeichuete  and  gründliche  Arbeit,  der  aar  mehr  Ein- 
fachheit uad  Klarheit  dei  Vortrags  zu  wuaschea  wäre,  nicht  rasch 
fortgesetzt  wird.) 


Geschichtliches.  J321 

auf  jene  FXITe  BeschrHnkt,  in  denen  der  gerengesetzliche  Verein 
^er  kantenthifmifchen  Strahlen  mit  dem  der  Träger  ^^  einerlei 
grtffserem  gerengesetzlichen  Strahlenvereine  gehtJrt.  Da  er  die 
Weifsisch'e  Flächenbezeichnung  zum  Grunde  legt,  so  ist  die  Von 
ihm  gegebene  Bezeichnung  der  Trägerenden  {Flächenorte  von 
ihm  genannt)  auch  bei  den  1^  und  Smafsigen  Gestalten  diejenige, 
-welche  zu  der  Trägerbezeichnung  durch  2fach  rechtwinklige 
Zellen,  deren  3ter  Winkel  =  120**  ist,  gehört,  während ^ie 
hei  den  übrigen  Kry stallgestalten  eine  solche^ ist,  welche  auf 
3fach  rechtwinklige  Trägerzellen  sich  bezieht. 

Mit  den  Arbeiten  Nbumann's  auf  das  Innigste  verwandt  sind 
Aiß  eben  so  classischen  Arbeiten  Grassmabtn's^.  Ohne,  wie  er 
selbst  gesteht ,  die  Arbeiten  Von  Weiss  und ,  wie  zugleich  aus 
der  Arbeit  hervorgeht ,  ohne  die  von  Neümasv  zu  kennen ,  hat 
auch  er  die  Trägerlehre  auf  eine  sehr  einfache  fafsliche  Weise 
bearbeitet,  und  obgleich  er  die  Lehre  von  der  Zeigerfläche  nicht 
henutzt.  Während  bei  Neuuaitn  alles  auf  sie  bezogen  wird,  so 
ist  doch  nur  der  wesetitliche  Unterschied  zwischen  beiden  vor-- 
handen,  däfs  GaAssMAirar  bei  denl-  und  Imafsigen  Gestalten 
^ich  nicht  blofs  auf  diejenigen  Fälle  beschränkt,  in  welchen  von 
3fach  rechtwinkligen  Zellen  die  Rede  ist.  Man  kann  sagen, 
GaassmaniT  rechne  und  combinire,  während  Ne um Ainr  zeichnet. 
Da  oben  bereits  das  von  beiden  Gelehrten  Gegebene  2u  gröfserer 
Vollständigkeit  ergänzt  und  in  Zusammenhang  mit  der  gesamm-. 
ten  Strahlenlehre  gesetzt  ist,  so  dürfte  Weitere  Ausführlichkeit 
hier  überflüssig  seyn. 

Abweichend  Von  diesen  sKmmtlichen  Methoden  ist  jene  von^ 
MoHS^.  Auch  er  hat,  geleitet  von  demselben  feinen  mathema- 
tischen Tacte ,  wie  Weiss  ,  und  gleich  diesem  nur  die  HaUpt- 
puucte,  worauf  6s  anzukommen  scheint,  berücksichtigend,  die 
Ery  stallreihen  in  Classificationsstufen  höherer  und  niederer  Art 
vereinigt.  Seine  Eintheilung  stimnjt  daher,  gleich  der  Weifsi« 
sehen ,  mit  der  von  uns  gegebenen  (auf  voUständige  Beachtung, 


1  2ar  pbysiflchen  ItryitalloDOmie  ond  geometrischen  Gombina* 
tioDflIehre  I.  Hefl. 

•8  Grondrifs  deif  Mineralogie  von  P^  Mors;  ein  für  das  Sttidiom 
der  Mineralogie  and  besonden  der  Krystallkonde  unentbehrliches  Werk, 
•OS  vekhem  anch  mehrere  der  Abbüdongen,  die  an  dem  rorlieffenden 
Artikel  gehören,  entnommen  sind. 

Pppp2 


1322  Krystall. 

der  BeschdiTenheit  der  den  Gestalten  eigenen  Axen-  oderStrah- 
lensysteme'  gegründeten)  rein  mathematischen  Eintheilan^  aller 
denkbaren  Gestalten^,  wenigstens  hinsichtlich  auf  die  'wichtigsten 
dar  hier  in  Betracht  kommenden  Eintheilungsstufen ,  tiberein  ^« 
Statt  auf  mehr  unmittelbare  Art  den  gereiigesetzlichen  Zusam- 
menhang  der  Flächenarten    einer  Krystallreihe    nacfazuweiieo, 
bewirkt  er  dieses  erst  auf  ejnem  Umwege.     Er  geht  nämlich  tax 
jedeKjystalhreihe  von  einer  Grundgestalt  aus  und  leitet  auf  mehr* 
fach  verschiedene  Weise  aus  ihr  unmittelbar  oder  aus  bereits 
von  ihr  abgeleiteten  einfachen  oder  zusammengesetzten  Gestal- 
ten theils  einfache ,  theils  zusammengesetzte  Gestalten  her  und 
zerlegt  diese  letzteren   erst,   um  zu  den  in  ihnen  enthaltenett 
einfachen  Gestalten  zu  gelangen,  welche  einzeln  auftretend  oder 
zu  zweien  oder  mehreren  verbunden  (combinirt)  die  einfaches 
oder  zusammengesetzten  Krystaligestalten  C  Combinationsgestal<- 
ten)  ausmachen«     Für  die  1  -  und  3inafsigen  Krystallreihen  ist 
jedesmal  ein  (6ilächiger)  Kronrandner  (BJiomboeder)  die  Grund- 
gestalt, für  die  1  -  und  2mar8igen  aber  ein  Sflä'chiger  Ebenrand- 
ner  (gleichschenklig  vierseitige  Pyramide'),   bei  den  1-  und 
Imafsigen  2gUedngen  ist  sie  ein  2X4fläch]gerEbenrandner(ttn- 
gleichschenklig  vierseitige  Pyramide),   bei  den  Igliedrigen  aber 
und  bei  den  Ifach  Igliedrigen  ist  die  Grundgestalt  eine  zusam- 
mengesetzte Gestalt,  welche  bei  den  Igliedrigen  in  Beziehung 
auf  ein  System  von  8  (wenigstens)  2fach  rechtwinkligen  Zellen 
mit  kanten thümlichen  MaCsstrahlen  a,  R,  r  von  dreierlei  Werth, 
wann  r  senkrecht  ist  auf  a  und  B.,   auszudrücken  ist  als  eine 
Verbindung  aus  den  zwei  einfachen  Gestalten  (ila>  +.1^  ^0 


1  la  welcher  also  auch  jene  der  Krystallformen  eathalten  ist. 

2  Wie  diesei  auch  oben  bereits  dargelegt  worden  ist.  Uoicre 
Familien  von  Krystallreihen  entsprechen  der  Hauptsache  nach  deoif 
was  MoHs  Kristallsysteme  nennt;  so  also  hat  er  ein  teMnlarischea 
System  (4axige  Gastalten),  ein  rhomboedrisches  (1-  ond  Smafsige  Cre- 
•talt),  ein  pyramidales  (1-  nndSmalsige  Gestalt)  nnd  ein  prismatisches 
(1-  und  Imalslge  Gestalt).  Unsere  Arten  von  Krystallreihen  gebea 
bei  MoHs  das,  was  er  den  Charakter  der  Combinationen  nennt.  So 
haben  also'  z,  B.  die  Krystallreihen  des  prismatischen  Systems  theils 
einen  prismatischen  Charakter  der  Combinationen  (Sgliedrige  Gestal- 
ten), theils  einen  hemiprismatischen  (Igliedrige  Gestalt),  theils  einen 
tetartoprismatischen  (ifach  Igliedrige  Gestalt). 

3    Mors   wendet  datchgäogig  den  Aasdruok  Pyramide  für  Dop- 
pelpyramide an. 


Geachichtlichea.  1323 

und  (+l»i  TlRj  10  (ungleichschenklige  vier8e]trgeP3rrainiäe 
mit  Abweichung  der  Axe  in  der  Ebene  der  kleinen  [oder  gro- 
fsen]  Diagonale  =  +  n  Grad  m  Minuten,  wo  n*  m'  auch  =0*0' 
seyn  kann),  während  jene  der  ifach  Igliedrigen  Krystallreihen 
in  Beziehung  auf  irgend  ein  bestimmtes  System  von  8  Zellen 
mit  dreierleiwerthigen  kantenthiimlichen  Mafsstrahlen  a,  H,  r 
ausgedrückt  werden  mufs  als  eine  Verbindung  der  vier  einfachen 
Gestalten  (+  1<^>  ±1R>  +1^),  (±  la,  +  IR,  +lr), 
(+  la,  +1R,  +lr)  und  (ila,  +1R,  +  Ir),  deren  jede 
«in  2flächiger  Gegenwandner  ist  (ungleichschenklige  vierseitige 
Pyramide  mit  Abweichung  der  Axe  in  den  Ebenen  beider  Diago- 
nalen [welche  Abweichung  angegeben  wird ;  sie  kann  auch  =  0 
8eyn]}.  Für  die  4axigen  (tessularischen)  Gestalten  gilt  der  Würfel 
(das  Hexaeder)  als  Grundgestalt.  Bei  den  haüptaxigen  Krystall- 
reihen, welche  gleichnamige  Grundgestalten  haben,  findet  Ver- 
schiedenheit ^tatt  hinsichtlich  der  diesen  Grundgestalteh  eignen 
Abmessungen,  welche  im  Allgemeinen  den  ursprünglichen  Mafs- 
verhältnissen  kantenthümlicher .  Mabstrahlen  entsprechen  oder 
doch  deren  Stelle  vertreten« 

Die  Arten  der  Ableitung  bei  haüptaxigen  Gestalten  sind 
folgende : 

1)  Durch  sämmtliche  Scheitelkanten  der  gegebenen  Gestalt 
werden  berührende  Ebenen  gelegt,  deren  jede,  wenn  diese 
Scheitelkanten  ungleichendige  2seitige  Kanten  sind,  wie  hier 
vorausgesetzt  wird,  gegen  beide  betreffende  Kantenflächen  gleich 
geneigt  ist.  Sind  die  Scheitelkanten  der  gegebenen  Gestalt 
gleichwerthig ,  so  umschliefst  die  Gesammtheit  der  Berührungs* 
ebenen  eine  neue  einfache  Gestalt,  sie  ist  die  gesuchte  abgelei-* 
tete ;  sind  aber  die  Scheitelkanten  der  gegebenen  Gestalt  nicht 
von  einerlei  Werth ,  so  ist  die  neue  Gestalt  eine  zusammenge- 
setzte (Hülfsgestalt),  aus  welcher  durch  Zerlegung  in  die  ein- 
fachen Gestalten ,  aus  denen  sie  eine  Combination  ist ,  diese  ein- 
fachen Gestalten ,  welche  die  abgeleiteten  gesuchten  Gestalten 
sind,  gefunden  werden. 

2}  Die  zweite  Art  der  Ableitung  findet  an  Rhomboe4em 
ohne  weitere  Vorbereitung ,  an  andern  Pyramiden  aber  erst  dann 
vtatt,  wenn  jede  ihrer  Flächen  über  die  Randkanten  hipaus  ver-  , 
äogert  und  zu  einem  Parallelogramme  umgewandelt  ist,  für 
welches  diese  Rand  kante  als  eine  der  2  Diagonalen  auftritt.'  Die 
Ableitung  selbst  besteht  nun  darin,    dafs  die  Hauptaxe  a  der 


1^24  Kryatall. 

gegebenen  Gestalt  über  beide  Enden  hinaus  um  beliebig«,  jcAoek 
gleiche  Stücke  verlängert  wird ,  so  dafs  die  verlängert^  Axe  «ia 
rationales  Vielfaches  von  a  nach  einer  gansen  oder  gebroche- 
nen' positiven  Zahl  m  ist ,  welche  gröfser  ab'  1  und  bei  ^Ablei« 
tungen  aus  der  gleichschenkligen  vierseitigen  Pyraaiide  «itch 
>  1  +  1^2  seyn  soD. 

Von  dem  so  bestimmten  neuen  Ende  eines  jeden  der  beides 
Hauptstrahlen  werden  Linien  gezogen  nach,  den  sämmtlichea 
nicht  in  die  Hauptaxe  fallenden  Winkelpuncten  derjenigen  (pa- 
rallelogrammatischen)  Flächen ,  die  dem  fraglichen  Hauptstrahle 
angehören  y  und  durch  je  2  solche  Linien  wird  eine  JBbeoe  ge- 
legt. Die  von  den  neuen  Ebenen  umschlossene  Gestalt  ist  ent- 
weder eine  einfache  abgeleitete  oder  eine  zusammengesetzte 
(Hülfs*)  Gestalt ,  welche  in  die  zwei  einfaoheii ,  aus  denen  sie 
besteht,  zerlegt^  werden  mufs. 

3)  Bei  dem  dritten  Verfahren  werden  durch  die  Scheitelt 
kanten  einer  gegebenen  Gestalt ,  die  auch  eine  der  unter  1  oder 
H  erhaltenen  Hülfsgestalten  seyn  kann ,  Ebenen  in  solcher  An« 
zahl  und  Neigung  gelegt ,  dafs  die  neuen  oberen  und  unteren 
Flachen,  indem  sie  sich  schneiden,  liorizontale  Mittel <>-  oder 
Randkanten  bilden ,  welche  eine  ebene  Figur  umschliefsen ,  die 
der  horizontalen  Projection  einer  gegebenen  Gestalt  ähnlich  und 
parallel  ,ist, 

Sei  den  tessularischen  Crestalten  dient  ein  mit  den  übrigen 
drei  Ableitungsarten  nicht  im  Zusammenhange  stehendes  viertes 
Verfahren,  welches  darauf  hinausläuft,  die  7  verschiedenen  Ar- 
ten einfacher  Gestalten  mit  Sstrahligem  Axensysteme  im  Allge- 
meinen zu  entwickeln  durch  dia  Betrachtung  der  7  verschiedenen 
möglichen  Hauptarten  der  Stellung  irgend  einer  Ebene  in  Be« 
-  Ziehung  zu  einem  Würfel ,  wenn  sie  durch  einen  Eckpunct  die- 
ses KtSrpen  als  festen  Punct  gelegt  ist  und  dann  auf  alle  mög- 
liche Weise  bewegt  wird,  ohne  dafs  sie  den  Würfel  je  dmch- 
schneidet. 

Man  siejit  leicht  ein ,  dafs  die  2  ersten  Mohsischen  AUei- 
tungsarten ,  gleich  den  Hauyschen  Ableitungsmethoden,  Gestal- 


1  Die  ZerlegQDg  einer  easaäimeDgesetsten  OeMalt  nach  Mobs  itt, 
übereinstimmend  mit  der  ¥00  nne  gebrauchten,  uichta  anderes,  %U 
die  Verlängerung  der  Flächen  einer  Art  und  Abttraedon  von  den 
Uaieya  der  übrigen  Fl^ichenartea«  . 


Geschichtlichea.  1325 

ten  eneugen,  welche  die  gegebene  Gestalt  amschlierseb ,  nur 
sind  die  duich  Abnahme ,  welche  von  einem  Winkel  ausgeht 
Cwohin  aach  die  mittleren  Abnahmen  gehören),  bewirkten  Hauy- 
sehen  Ableitungen  aus  derUrgestalt  ersetzt  durch  solche,  welche 
al»  durch  Abnahmen  ,  die  von  Kanten  secundärer  Gestalten  aus- 
gehen, bewirkte  angesehen  werden  können,  ein  Verfahren,  wel* 
4:hes  Hauy  selbst  öfters  angewandt  hat.  Die  Ableitungszahl  m 
ist  nämlich  zwar  nicht  geradezu  gleichbedeutend  mit  der  das 
Hauysche  Ahnahmegesetz  bestimmenden  Anzahl  subtrahierter  Rei- 
lien,  aber  doch  auf  gewisse  Weise  ein  Analogon  derselben, 
denn  sie  ist,  gleich  jener,  blofs  Stellvertreter  der  Angabe  einer 
2ten,  derzu  bestimmenden  Fläche  eignen,  bereits  früher  be* 
stimmten  kantenthümlichen  Richtung.  Bei  der  3ten.  Ableitungs- 
art findet  ein  Bestimmen  der  Lage  jeder  neuen  Fläche  durch 
zwei  in  ihr  liegende ,  bereits  bekannte ,  altere  Kanten  der  Kry- 
stallreihe  unmittelbar  statt.  Qa  bei  der  ersten  Ableitungsart  aus 
einem  Rhomboeder  oder  aus  einer  gleichschenkligen  vierseitigen 
Pyramide  die  abgeleitete  Gestalt  wieder  eine  mit  der  gegebenen 
Gestak  gleichnamige  Gestalt  mit  stumpferem  Scheitel  wird ,  so 
lafst  sich  aus  dieser  abgeleiteten  auf  dieselbe  Weise  eine  neue 
Gestalt  herleite)!,  die  gleichfalls  wieder  ein  Rhomboeder  oder 
eine  gleichschenklig  vierseitige  P3rramide  ist  Ut  s.w. ;  auch  läfst 
sich  Jeicht  durch  Umkehrung  des  Verfahrens  aus  der  letzten,  so 
abgeleiteten,  die  nächst  vorhergehende  ableiten  und  dieses 
umgekehrte  Iste  Ableitungsverfahren  kann  natürlich  nicht  blofs 
bis  zur  Grundgestalt,  von  der  man  ausging  ,  sondern  noch  über 
diese  hinaus,  so  weit  man  will,  fortgesetzt  werden,  so  dafs  aus 
der  Grundgestalt  hie^fdurch  eine  neue  ihr  gleichnamige  Gestalt 
mit  spitzigerem  Scheitel  hervorgeht.  Die  Gesammtheit  der  auf 
solche  Weise  aus  der  Grundgestalt  unmittelbar  oder  mittelbar 
ableitbaren  Gestalten  nennt  Mobs  die  Hauptreihe  (von  Gestalten 
der  Kry stallreihe)  und  er  legt  gerade  auf  dieses  Zertheilen  der 
ganzen  Krystallreihe  in  solche  und  andere  Gestaltenreihen  einen 
besonders  grofsen  Werth^,      £ls  ist  nämlich^  wenn  z,  B*  ein 


1  Dieser  grofke  Werth  würde  für  die  Krystallkoode  wirklich 
darin  za  snchen  seyn,  wenn  nicht  in  der  Regel  die  X^atur  nar  sehr 
wenige  solche  Glieder  einer  derartigen.  Geatalten reihe  hervorbrächte, 
•0  daft  man  oft  kaum  S  oder  4  (in  vielen  Fallen  nur  1)  der  Glieder 
einer  derartigen  Reihe  an  den  Krystallen  einer  Subitans  kennt,  und 
wenn  die  Natur   nicht  gerade   dvrch  die  Hervorbriogung  von  diurcli 


1326  Kryatalk 

Glied  einer  solchen  Reihe  von  Rhomboedern  ^  (^a,  "Hl,  r\ 
so  dafs  a:R:r  das  AxenverhältniCi  4^TSteUt  und  R:r  =3  y^:2 
ist,  das  nächste  stumpfere  Glifd  =  (i:  a,  +  2R,  12r)  c= 
(+^4'*i  +  R»  ')•  Wenif  man  daher- von  der  verachiedeoea 
Stellung  absieht,  so  hat  für  dieselbe  GrOfse  derQueraxeii  R  uai, 
r  das  spitzigere  eine  Haoptaxe ,  die  zweifach  so  groCs  ist ,  ab 
die  des  stumpferen ;  bei  gleichen  Horisontalprojectioneii  schrei- 
ten also  die  Hauptaxen  der  Glieder  der  fraglichen  Reihe  vos 
Rhomboedern  fort ,  wie  die  Zahlen  1,  2,  4|  89  16  •  • .  9  and  rück- 
wärts hinaus  wie  die  Zahlen  +•••••}' ^  ii  i  1  ^*  .^  ^^^  die  Polen- 
xendeTZahl2:    ' 

*  +  1  2  4 
2-«»....  2-»...  12-»  2-'  2«  2*  2*...-  2»...-  2*. 
Fängt  man  bei  dem  als  Grundgestalt  dienenden  Rhomboeder  sa 
zählen  an  j  so  dafs  es  das  Anfangsglied  oder  das  Ote  Glied  ist,  so 
entspricht  d^m  ersten  folgenden  (dem  4"  Isten)  Gliede  die  Axc 
2+*.a,  dem  2ten  folgenden  ( oder -j- 2ten )  die  Axe  2+*-a, 
dem^  nten  Gliede  die  Axe  2'^'*  .fl|  und  ebenso  dem  ersten  tof- 
hergehenden  (oder  -—  Isten)  Gliede  die  Axe  2""^  a^  dem  2tea 
vorhergehenden  die  Axe  2"^^.^^  dem  —  nten  Gliede  die  Axe 
2  -  '^  •  a.     Die  Z«ihl  2  ist  hier  die  Grundzahl  der  Reihe. 

Auf  solche  und  ähnliche  fleihendarstfeUungen  grondet  sich 
dann  auch  die  von  Mohs  gebrauchte  Bezeichnung  einfacher  (ge- 
stalten. So  also  heilst  R  (=sR  +  0)  das  Anfangsglied  oder  die 
Grundgestslt,  R  -)-  1  ^^^  ^^*  ^''^^^  folgende  d.h.  das  nächst  spit- 
zigere Glied,  R — 1  heif&t  das  erste  vorhergehende  oder  das  nach 
der  Grundgestalt  folgende  stumpfere  Glied  in  der  Hauptreihe  der 

aus  dem  bestimmten  R  ableitbaren  Rhomboeder;  R4-n  ist  also 

i 


andere  Ableitungsmethoden  darstellbaren  EinsebaltaagsgUedem  ia  dea, 
durch  10  wenige  Glieder  gegebenen,  derartigen  Reihen  zeigte,  dafs  es 
ihr   mit   dieser  Reihenbildang    doch  nicht  so  recht  Ernst  sej.    Den» 
an^genommen,  bei  irgend  einer  Natnrerscheinnng  finde  ein  Portschrei-     J 
ten   nach  den  Zahlen  i,  2,  S,  4,  6,  8  sUtt  und  der  Kreis   der  Beob- 
achtung sey  hierdurch  erschöpft,    so  wird  es   nicht  leicht  Jemandes 
in  den  Sinn  lommeo,    als  das  Hanptgesetz   dieses  Fortschreitens  die     i 
geometrische  Reihe  1,  ^  4,  8  zu  bezeichnen  und  die  übrigen  Glieder     ^1 
als  Einschaltnngeo    (die  Tielleicht  andern  Reihen  angehören)    anzn-     f\ 
sehen  |  da  man  eben  so  gnt  anch  sagen  liann ,   es  sey  das  Fortschrei- 
ten bezeichnet  dnreh  die  Reihe  der  natürlichen  Zahlen  1»  2,  S,  4»*.9 
in  welcher  blofs  einige  Glieder  aolaUig  fehlen. 


■I 


Geachiciltlichei.  1327 

der  Ausdruck  für  irgend  ein  Glied  dieser  Hauptrtihe.  Für  einen 
geraden  Werth  von  n  ist  R  +n  =  (+ 2".«,  ±.R»  ')»  för  einen 
ungeraden  aber  =ä(+^2".«,  T^j  ')•  Als  Grenzen  der  Hau pt* 
reihe  erscheinen  R  -f-  ^  ^1^  die  Säule  (+  ooa,  dt^>  ')  ^^^ 
R —  00  als  die  Tafel  (+a,  +  ooR,   oor).  ' 

Aus  jedem  6flächigen  Kronrandner  R  +  n  der  Hauptreihe 
läfst  sich  nach  der  2ten  Ableitungsart,  gemäfs  der  Ableitungszahl 
in,  ein  2X6ilächiger  Kronrandner  (eine  ungleichschenklig  6sei-S' 
tige  Pyramide  nachMoHs)  herleiten,  dessen  Randkanten  mit 
denen  von  R-f-n  zusammenfallen,  währiond  seine  Axe  tnmal  so 
grofs  ist,  als  die  Axe  dieser  Gestalt,  d,  h.  mmal  so  grofs  als 
2'^'^«  a.  Er  erhält  statt  des  Buchstabens  R  den  Buchstaben  P 
(P)rramide),  dem  die  Zahl  n,  wie  vorher  demR,  angefügt «vrird, 
"Während  die  Zahl  m  in  Form  eines  Exponenten  beigesetzt  ist,  so 
dafs  das  Zeichen  der  neuen  Gestalt  =s  (P  +  n)»  wird.  Ist  n 
gerade ,  so  wird 

(P+n)-  =  (±2-.m.,±^^R.r), 

ist  n  ungerade ,  so  hat  man 

(P  +  n)- =  C+ 2-.ma,  +  jl^  R,  r), 

80  dafs  für  einerlei  m  3^9  verschiedenen  2X6flächigen  Kronr 
randner  einerlei  Mittelquerschnitt  haben,  der  das  diagonale  Ver<- 

LältniTs  ( — -;  R  :  r  |  besitzt,  wahrend  ihre Hauptaxen  ab- 

V3m+1  /  ^ 

hängen  von  2  ^  und  also  fortschreiten  nach  Potenzen  der  Zahl  2. 

Die  von   einerlei  m  abhängigen    2  X  Gfiächigen  Kronrandner 

(P«|-n)»  bilden  daher  wieder  eine  Reihe,  deren  Glieder  durch 

die  Ordnungszahl  n  vorzüglich  charakterisirt  werden. 

Auf  ähnliche  Art  verhält  es  sich  mit  den  Sflächigen  und  den 
2X8ilächigen  Ebenrandnern,  nur  dafs  hier  die  Grundzahl  der 

^Reihe  nicht29  sondern  y^2  oder  2*  ist.     Das  Fortschreiten  der 
Hauptaxen  hat  also  hier  statt  nach  der  Reihe 

2-^:..(2V%  (2VS  (2V,  (2*)S  (2^)S  (2*)»  .•..2+*- 

Wenn   demnach    P=  (a,  R,  r)  gesetzt  wird,    so  dafs 
R:r=l:]^2  und  n  eine  gerade  Zahl  bedeutet,  so  ist  P-(-n 

n 

s=s  ('2'^^.«f  R,  r);  ist  aber  n  eine  angevade  Zahl,   so  wird 


w  +  1 


1328  EryBtall 

■±1 

P4-Q=  (2   2   »a,  2R,  r).    Setat  man  in  beiden  FäII«ii  smI 
St  und  r  ihre  Werthe,  so  ist  d^  Axe^verhält^ils  für  ein  gerada| 

n  =  2^.a:  1:|^2  und  für  ein  ungerades  n  =  2  *    .  a  ;  2:  f"2 

I       n 

P^  2^f  a  ;  Y^2  :  1.    jBbenso  ist  Jann  auch  für  ein  gerades  n 
(P  +  n)« 

pnd  fiir  ein  tpgei^ides  n 

»±JL  2m 

(P  +  n)»  =  (2   2  .ma,  JR,  ^^  r), 

also  das  Axenverhältnifs  im  ersten  Falle 

m-f-1 
omd  im  zweiten  Falle 

=  2V^.ma;2;-^r2  =  2*-ma  :  ^2^  -^- 

m,+  l  '  m+1 

piese  Beispiele  mögen  hinreichen,  um  eine  Vorstellung  von  der 
Art  der  Anwendung  der  höchst  sinnreichen  Mohsischeo  Ablei- 
tungsmethoden  zu  geben,  Sie  h$^bcn  das  Gvite,  bei  jeder  be- 
stimmten Fläche  auf  einige  der  wichtigsten  Zonen,  denen  sie 
angehört,  unmittelbar  oder  mittelbaV  aufmerksam  zu  »machen, 
rein  mathematisch  zu  seyn  und  nicht,  gleich  den  Hauyscheoi 
abzuhängen  von  einer  die  Entstehung  der  verschiedenen  Kiy 
staliformen  erklären  wollenden  Hypothese.  Betrachtet  man  sie 
als  blofse  Angaben ,  in  welchen  Zonen  eine  Fläche  liege ,  so  ist 
ihnen  die  Angabe  der  Lage  des  Trägerendes  der  fraglichen  Fläche 
in  irgend  einer  Zeigerßäche  der  Krystallreihe  vorzuziehen ,  weil 
die ' Zeigerfläche  gestattet,  jede  beliebige  Zone,  zu  der  eine 
Fläche  gehört,  unmittelbar  zu  beachten,  ohne  sich  blofs  auf 
irgend  ein  Paar  bestimmte  Zonen  zu  be3chräqken. 

Als  Hüifsmittel  aber  zur  Darstellung  des  Fortschreitens  der 
,Axen  nach  geometrischen  Reihen  möchten  sie  durch  keine  andern 
Ableitungsmethoden  zu  ersetzen  seyn.  Die  Bezeichnung ,  wel- 
che gewissernqafsen  blofs  ein  symbolischer  Ausdruck  für  die  Ab- 
leitung selbst  ist,  hat  eben  deswegen,  in  Vergleichung  mit  an- 
dern Bezeichnungsarten,  den  Fehler,  dafs  einer  und  derselben  - 
bestimmten  einfachen  Gestalt  niciit  ausschliefsUch  ein  und  das- 
selbe bestimmte  Zeichen  entspricht ,  indem  verschiedene  Ablei- 


Geschichtlichest  1329 

atigeB  vevschieden«  Zeichen  fordern ,  ungeachtet  die  Grandg»^ 
talt  eine  und  dieselbe  ift  ^  ein  Fehler,  dem  durch  die  wilikür-r 
iche  Beschränkung  des  Werthes  Ton  m  nur  zum  Theil  abgeholt 
'en  wird.  Das  Durcheinanderwerfen  der  Gestalten  erster  und  2ter  , 
Stellung  (was  zunächst  dadurch  veranlafst  worden  seyn  mag,  dafs 
ede  sogenannte  einzelne  «Reihe  ^uÜBerdem  gar  zu  wenige  Glie* 
1er  erhalten  hab0n  würde)  fuhrt  unter  andei^  auch  den  Nachtheil 
herbei  ,  dafs ,  wenn  z.  B.  bei  den  1  -  und  2mafsigen  iPyramideQ 
P  -|-n  =:  P-f-  00  wird,  erst  wieder  durch  besondere  Hülfszei-« 
chen  [  ]  der  Unterschied  zwischen  der  4ilächigen  SäüIe  P  -|*  oo 
erster  Stellung  von  jener  [P+  oo]  zweiter  Stellung  fingedeutet 
ipv^erden  muTs. 

Die  yer^chiedenen  Artep  der  Hemiedrie  erfqrdern  bei  dieser 
Bezeichnungsart  ohnehin  nicht  blols  -f~  oder  —  Zeichen  ( deren 
Anwendung  eine  beschränkte  und  noch  nicht  auf  di^  voUstän-r 
dige  Erkennung  des  ihr  zum  Grunde  liegenden ,  die  Gegensätze  . 
in  den  Stellungsordnungen  [Permutationen]  der  betreifenden 
'  Theile  angehenden,  Gesetzes  gegründet  ist)  ^  sondern  aufserdem 
poch  Anwendung  der  Buchstaben  r  und  1,  welche  die  Wort« 
rechts  und  links  bedeuten,  und  öfters  noch  eine  besondere  An- 
deutung der  Worte  oben  und  unten  t  wi^  durch  Ausdrücke  wie 

.^ ,   |-  y   j- 1    —  bewerkstelligt  wird ,  von  denen  eins  der  beiden 

ersteren  dem  mit  einem  Divisor  2  versehenen  Zeichen  vorge^ 
*  setzt  v^ird,    wenn  die  henaiedrische  Qestalt  eine    ebenbUdlich 
gleichendige  ist,  während  die  beiden  letzteren  gebraucht  werden 
für  gegenbildlich  gleichendige  solche  Gestalten.     Für  tetartoe- 
drische  Gestalten  dient  der  Divisor  4  U«  s*  w.    Da  das  4te  Ablei-r 
tungsverfahren  kein  wahre«  Ableitungsverfahren  im  Sinne  der  3 
übrigen  ist,  so  sind  also  auch  keine  wahren ,  durch  die  Methode 
bedingten  Mohsischen  Zeichen  für  die  4Axigen  Gestalten  vor- 
handen, vielmehr  dienen  hier  die  Anfangsbuchstaben  der  Namen 
der  einfachen  Gestalten  Hexaeder^  Oktaeder  u.  s.  w«  oder  da, 
wo  diese  nicht  zureichen ,  die  Buchstaben  A,  B,  G  nebst  Zahlen, 
welche  da ,  wo  es  nöthig  ist ,  angeben ,  die  wievielste  der  be- 
kannten Varietäten  einer  solchen  Qestalt  die  fragliche  sey,  wenn 
diese.  Varietäten  In  der  Ordnung  aufgeführt  werden^  in  welcher 
sie  iu  dem  Werke  von  Mons  auf  einander  folgep« 

Die  Wichtigkeit  der  Mohsischen  Arbeiten  und  die  Verbrel« 
tang,  welche  seiner  Methode  in  Deutschland  und  England  be« 


1330  KryitalL 

veits  zu  Theil  geworden  ist,  macht  es  nothwendig,  £ar  die 
gemeinsten  Arten  der  Mohsischen  Bezeichnung  eine  Uebersetzoag' 
in  die  Bezeichnung  durch  die  3  wichtigsten  kantenf hiimlichfs 
Axenarten  mitzutheilen. 
Prismatisohe  Gestalten  1*  und  Imafsige  Gestaltea 

Wenn  P  =  Ca,R,r)  und  R>r,  so  ist: 

=    (2-.a,R,r) 

s=s    (2".ina,  mR,  r) 
Bt=    (2".ma,  R,  mr) 

'"-±l.Pr  +  n  «     (Iüii.2»:..  COR.  r) 

»±i.P%  +  „  «     (^.2...,R,oor) 

WO  n  eine  ganze  positive  oder  negAive  Zahl  ist,  die  auch  =  0 
und  auch  =  -f*  ^  ^^^  =  — -  oo  werden  kann ,  m  aber  eiac 
ganze  oder  gebrochene  positive  rationale  Zahl ,  die  auch  =  f 
werden  kann. 

Dafs  diese  Art  der  Uebersetzung  auch  von  den  Zeichen 
hemiprismatischer  Gestalten  selbst  dann  gelte,  wenn  die  Mohsi- 
sehe  Grundgestalt  eine  ungleiehschenklige  vierseitige  P/ramide 
ist|  an  welcher  nicht  alle  3  Eckenaxen  auf  einander  senkrecht 
sind ,  bedarf  wohl  nicht  erst  besonders  hervorgehoben  zu  wer- 
den.   Wenn  z.  B.  der  Theil  der  Mohsischen  Grundgestalt  einer 

P 

tetartoprismatischen  KrystallreUie,  welchen  er  mit -f- r^  oder 

4 
p  p  _ 

r  -j  bez^chnety  =(±0,  +  R,  +  r)  und  +  1 T  =  (±a,  +  R>±') 

irt,  80  ist  «ach  — t  ^^  «  (+2«,  +  R,  f/und  r  (^'+  **)' 

=  (+ ooa,  +  R,  +  20  und  l  Üli±2i21  =  (+ 00.,  +  R,  +  20 
uod  to  weiter. 


P  +  n 

(P  +  n)« 
OP  +  n)- 

(Pr  +  n)- 

(Pr  +  n)» 

P  +  n 

Pr  4.n 

Pi+  n 

GesehiohtlioHe«.  1331 

Pyramidale  Gestalten  1-  und  2nMCnge  Gestalten 

Wenn  P  ==  (a,R,r)  und  R:r=  1;|'"2  und  n  eine  gerade, 
1^  aber  eine  ungerade  Zahl  bedeutet,  lö  ist: 


m4-l 

2 
m+l 


P  +  n 
P   +    06 

P  +  N 
[P  +   ooj 

(P  +  n)- 
(P  +   00)» 

(P  +  N)» 

[P  +  00]» 

.P  +  n 

.P  +  N 


=:     (2'.a,R,0 

=    (ooa,  R,  r) 

w'+i. 
:=    (2~a    .«,  2R,  0 

=    (ooa,  2R,  t) 

2m 


=!    <2^.iaa. 


m  +  l 


R,r) 


=     (ooa, 


2m 


R,r) 


m  +  l 

=  (2  *  .'"•.aR,-^"-,) 


=    (ooa,  R, 


m 


m+l 


m  +  l 
=    (=+±  J*...  R.  ,) 

=    (!l±i2'^...2B,,). 


So  werden  z»  B.  fiir  den  abgebildeten  Zinnerzkrystall  die^j^ 
einander  entsprechenden  Bezeichnungen  (neben  einander  gestellt 
in  einer  Tabelle  ^  in  welcher  die  erste  Columne  den  Buchstaben 
der  Fläche  auf  der  Abbildnng,  die  2te  die  Bezeichnung  nach 
MoHS  und  die  3te  die  Bezeichnung  durch  die  drei  wichtigsten 
kantenthümlichen  Axenarten  a,  R,  r,  deren  Mafszählerverhält- 
nisse  sie  enthält,  angiebt)  auf  folgende  Weise  sich  darstellen: 


Mohs 

a  R 

T 

p 

s 

z 
r 

g 

1» 

P  +  1 

(P)» 

(P  +«)• 
[P+00] 

1     1 
1     1 

t     i 

00    i 

00  2 

1 

i 
i 
1 

Für  Jen  Scheelerzkrystall,  wenn  die  e^^te  Zelle  =(+R+')Sf' 
ist,  hätte  man  ebenso  folgende  Uebersetzung : 


1332 


8 

a 

P 

b 


M6hs 


-2)' 


P 

p  +  i 
i(p+i)' 

r         2 


Erystall. 


a,  R,  ]f 


1  +  1  +  1 

1±  1  +  * 
l±l±i 
1±*  +  + 


oder  wenn  ntan  bei  g 

und  P  die  Vorzeichei 

Vernachlässigt 


1    1     1 

i±i±i 
1    1^  * 


Rtiomboediuche  Gestalten  1-  und  Stnafalge  Gestalten 

Wenn  Ä  =  (  +  a,  +  R,  r)  und   R :  r  =  f"3  :  2,  n  eiae 
gerade  und  N  eine  ungerade  Zahl  ist: 


4 

3m  4- 1 

4 


R  +  n 
(R  +  N) 

Ä  4-    00 

(P  +  n)» 
(P  -f  N)« 
(P+   00)- 

.  R  +  n 

.  Ä  +  N 

P  +  n 
P  +  N 

P   +    00 


=  C±2».a,±R,  r) 

=7  (±2*'.a,  +R,.r; 

-X  (ooa,  +R,  r)* 

=  (  +  2«.ma,  +  ^4^  H,  0* 


3ni  +  l 
(±2».ma,  +      *"" 


4« 


3m+l 
R,  r) 


R,i) 


^'*''3m+l 
(±^-^.2«..,±R,r; 

C±^*.2-.a.TB.r) 

(2-.a,  2R,  *r) 
(2».a,  2R,  |t) 
(ooa,  4R,  3r}. 


Wird2»±iÄ+N=.3><i±l^^jj^^^^jj 

*  4 

^  C±|2^.a,  +R,r)=  (+2^-'*.a,  +  R,  r)  und  N— l=n, 
«o  ist  4.  Ä  +  N  =s  Ä  4-  n  (aber  nicht  an  SteUung )  und  es  wrd     1 
dann  dieser  zweite  Ausdruck  TZ  +  n  da£ur  gebraucht,   so  daff 
Ä  +  nXÄ  +  nöder2(Ä+n)  =  (2»a,R,  r),  und  ebenso  ist 

(P  +  n)»X(P+u)»  =  2CP  +  n)*=^(2».ma,  ji^R,r), 


3m  +  l 


1    Der  Allgenieinhelt  wegen  wird  hier  der  Werth  m 
ausgeschlosacn. 


1   nidit 


GescniolitlicBes. 


1333 


irobei  n  sowohl  ttbgerade  ^  als  attch  gerade  sey ti  kabti.    Dieses 
st    die   Bezeichnungsatt  der  dirhomboediischen  (6gUedrigeii), 
gestalten» 

-  Als  Beispiel ,  wie  hei  hemirhöinboedrischen  Gestalten  die 
Jebersetzung  statt  findet  ^ .  n^ge  der  abgebildete  Krystall  Vonj243' 
ixotomem  Eisenerz  ( 'Titan eis eit  ans  Gastein)  dienen,  dessen  Ge-rA.B. 
italt   hemirhomboedrisch  von  parallelen  Flächen   (Ifach  Sglie- 
irig)  isti 

Mohs      I  A»  li,  ^ 

Wenn  die  ^rste  ZeHe 

(+  R+  r) 

±4  +  4  +  3    J    ündR:r£=i/'3:2.- 

Für  die  4axigen  öestalten  i^t  in  folgender  l*abelle  in  dex 
Columne  M  eindVeteichnung  nach  Mohs  und  in  der  Columne 
r4^  die  Bestimmung  der  fraglichen  Gestalt  ciurch  das  Zeichen  der 
Gesammtbeit  der  Träger  ihrer  Flächen,  bezogen  auf  die  einfa- 
chen Zellen  W,R,A,  deren  ertte  =  (  I  p  i,a)  8®^®*^*  ^**> 
mit  dem  Mafsverhältnlsse  W  i  R  a  A  =  1 1 0 .'  f^S- 

M 


h 


R  —  00 
R 

r  P  +  1 

1       2 


+    1    +00  +  00 

+1+1+1 


MI 

N 

H 

100 

O 

001 

D 

010 

An 

lyO 

Bn 

Oly 

Cn 

lOy 

Tn 

1 

lyz 

M 

N 

AI 

2  1  0 

A2 

1  1  0 

A3 

120 

Bl 

0  1  1 

Cl 

1  Ol 

C2 

201 

Tl 

2  21 

T2 

1  1  1 

T3 

21  1 

+1 

_ö 

2 
Bn 

^  2 
Bn 


^  2 
_Cn 
2 

^21 
_Tn 

21 


N- 

M 

N 

-001 

An 
■*■    2" 

+  l+yO 

+  001 

An 
2 

±1  +  70 

—  Oly 

^  211 

±i±y« 

+  01y 

Tn 
-211 

il+y» 

—  lOy 

i    Tn 

-1-^y« 

+  10y 

+  i? 

-1+yx 

-ly* 

Tn 

^'4 

+  l-y» 

+  iyz 

_ll2« 

+  l  +  y» 

l-,Die  Richtfgleit  der  tTebersetsong  dieier  vier  Antdrtickc  hanist 
ab  von  dem  Bc^riiTo,  den  man  mit  den  fiocbcUben  r  ood  1  rerbindet. 


1334  Kry»tall. 


M 

N 

Tn 

'  2m 

2m 

* 

1  +  7« 
1-y* 

Ab  im  Geiste  und  in  der  Methode  von  M ohs  ^rkeiid  kt 

Torzüglich  sein  ausgezeichneter  Schüler Hausmava' za  nennen^. 

In  Hausmahn's  neuern  krystallogrephischen  Arbeiten^,  ^nrelche 

,  Klarheit,  Gründlichkeit  und  Eigenthiimlichkeit  mit  einander  vei^ 

binden,  tritt  besonders  hervor: 

1)  das  Streben ,  die  Familien  der  Krystallieihen  vorzüglich 
herauszuheben.  Er  stellt  sie  (ab  Classen)  in  folgender  \Teise 
auf:  a)  das  isometrische  oder  gleichaxige  System.  Grundform: 
das  reguläre  Oktaed^.  b^  Monodimetrisches  System.  GruDd- 
form:  ein  Quadratoktaeder,  o)  Trlmetriäche SysteDpie .*•  Gmnd- 
form :  ein  Rhorabenoktaeder.  .  d )  Monotrimetrische  Sy^eme. 
Crundform:  ein  Bipyramidaldodekaeder.  b,  c  und  d  werden 
auch  zusammengefafst  unter  dem  gemeinschaftlichen  Nans^en  der 
anisometrischen  Systeme« 


JBs  verhält  sich  Dämlich  jede  Zelle  zu  einer  ihr  anliegenden  aU  eh« 
linke  (oder  rechte),  während  sie  zur  andern  sich  aU  eine  rechte  (oder 
linke)  verhält ,  nnd  die  Aasdriicke,  links  und  rechts »  sind  ohne  as- 
derweitige  besondere  Bestimmnng  nieht  hinreichend,  die  veraohiedonei 
hier  in  Betrachtung  kommenden  Verhältnisse  gegenbildlicher  Thetle 
vollkommen  zweckmäfsig  zu  bezeichnen. 

1  Dieselbe  Bemerkung  gilt  hinsichtlich  auf  die  beiden  24-FJinf- 

eckflächner. 

2  £r  hat  sich  Verdienste  erworben  durch  die  Besorgung  der  dem 
Originale  in  ma neben  Stücken  vorzuziebenden  Uebersetzung  des  Grund- 
risses der  Mineralogie  von  Mobs  ins  Englische  |  durch  genau«  kij* 
stalle  graphische  Untersuchungen  über  einzelne  Mineralien,  Diallagoa, 
Apatit,  Kupferkies  u.  s.  w.  and  durch  eine  kurze,  fafsliche  Darsiel- 
lang  der  wichtigsten  Lehren  der  Mohsiscben  Methode  a«<c.  w.  in  sei- 
nem classischen  Werke;  Anfangsgründe  der  Mineralogie. 

$    Untersuchungen  über  die  Formen   der  leblosea  Natur.    Hand- 
buch der  Mineralogie    2te -Ausgabe.     Arbeiten  über    einzelne  Gegen- 
stände in  verschiedenen  Werken  zerstreut.  * 
.4    1-  nnd  Imalsige  Gestalten« 


Gesehiolitliclies*  .1335 

2)  Die  Anerkennang  der  Wichtigkeit  der  Zonen.  Hänpt- 
zonen  nnd  Nebenzonen  werden  nnterscfaieden.  Die  Zonenebene' 
«ner  Hanptzone  ist  senkrecht  entweder  anf  die  Terticale  (Haupt-) 
Ajce  (horizontale  Zone),  oder  auf  eine  Randecken^Qaeraxe,  oder 
cnif  eine  Randkante  (verticale  Zonen),  oder  anf  eine  Scheitelkante 
^transversale  Zonen)  der  Grandgestalt.  Die  Zonenebene  einer 
der  Ne'benzonen  ist  senkrecht  auf  Randkanten  oder  Scheitelkan- 
ten abgeleiteter  Gestalten  (yerticale  oder  transversale  Neben« 
Zonen).  « 

3)  Anerkennung  des  Gesetzes  für  die  T^eignngen  der  Flä- 
chen in  einer  Zone ,  so  wie  des  Satzes ,  dafs  jede  nene  Krystall- 
dQäche  erst  als  völlkomnien  bestimmt  zu  l>etrachten  sey,  wenn 
ihre  Lage  in  zwei  bereits  bekannten  Zonen  nachgewiesen  ist. 

4)  Eine  eigenthiimliche  Bezeichnung  derTheile  der  Grund- 
form durch  Buchstaben  (welche  Bezeichnung  auch  bei  den  der 
Grundform  zu  substituirenden  abgeleiteten  Gestalten  gebraucht 
-wird) ,  durch  welche  es  möglich  ist,  jede  der  Hauptzonen  durch 
2  Buchstaben^  auszudrücken  und  zu  bezeichnen. 

5)  Die  Darstellung  der  Wichtigkeit  der  Stütze  jeder  Zone 
(ein  Begriff,  welcher  seinem  Wesen  nach  mit  dem  der  Stütze 
der  Zeigerlinie  einer  i^one  gleichartig  ist).  Die  Tangente  der 
Neigung  jeder  Flache  der  Zone  gegen  die  Stütze  wird  ausge- 
drückt als  ein  rationales  Vielfaches  nach  ganzen  oder  gebroche- 
nen Zahlen  von  der  Tangente  einer  solchen  Neigung ,  welche 
den  Namen :  primäres  Neigungsverhältnifs  ( Sin. :  Cos.)  in  der 
fraglichen  Zone  erhält,  während  das  einer  bestimmten  Fläche* 
entsprechende  Vielfache  dieses  primären  Neigungsverhältnisses 
das  (diese  Fläche  charakterisirende)  secundäre  Neigungsverhält- 
nifs heifst. 

6)  Die  eigenthümliche  Art  der  Bezeichnung  der  verschie- 
denen Flächen  einer  Krystallreihe, 

a)  der  Grenzflächen  d.  h.  der  ein&chen  ^geraden  Abstum- 
pfungsflächen der  Ecken  und  Kanten  der  Grundform.  Der  Buch- 
Stabe,  welcher  jene  Ecke   oder  Kante  bezeichnet,  bezeichnet 

"    auch  die  Abstumpfungsfläche  derselben*  v 

b)  der  secundären  FlächeUi 


1    Sie  TertreteD  gleichsam  die  Stelle  der  Angabe  Ton  8  der  wich- 
tigsten in  der  Zeigeriinie  dej  Zone  liegenden  Tragerenden. 

V.  Bd.  '  Qqqq 


1336  KrysiaU« 

a)  in  den  Haupizonen »  darch.<laB  Zeicheii  der  HanptxoiK, 
welchem  die  Vervielfältigungs^ahl  des  priväcen  Neigung; 
hältnisses  der  Zone ,  die  dem  der  Flache  angehörigen  se< 
dären  Neigungsverhältmsse  entspriclit,  angehängt  'wird.  So  ist 
z.B.  A£2  eine  Fläche,  deren  Träger  in  der  Ebene  der  x\ra 
auf  einander  senkrechten  Strahlen  CA  und  C£  (wenn  C  der 
Mittelpunct  der  Grundform  ist)  liegt,  welche  Strahlen  sie  in  den 
Verhältnisse  2  C£;  CA  schneidet.  Hier  ist  CA  die  Stütze  lud 
C£:CA  das  primäre  Neigungsverhältnifs  der  Zone  EAu 

ß)   In  den  Nebenzonen ,  durch  Angabe  des  Zeichens  eins 
der  Grundform  substituirten  abgeleiteten  Gestalt,  begleitet  tos 
der  Angabe  des  Zeichens  der  Nebenzone  ^  und  des  Moltiplicaton 
des  primären  Neigungsverhältnisses  in  dieser  Zone ;    so  z«  B.  des 
Zeichens  (A£2,BD2),  worin  A£ 2  die  der  Grundform  snb- 
stituirte  abgeleitete  Gestalt  bedeutet,  während  BD2  anzeigt* 
dafs   die  zu  bezeichnende  Fläche  in  der  für   diese  stellvertre- 
'  tende  Form  ak  transversale  Hauptzone  zu  betrachtenden    Zone 
liege   und  dem  Doppelten  des  primären  Neigungsverhältnisses 
entspreche.     Im  isometrischen  Systeme  wird  jede  einfisiche  Ge- 
stalt mit  dem  ersten  oder  mit  dem  ersten  und  zweiten  Anfangs« 
buchstaben  des  vonHjiusMAnrv  gebrauchten  Namens  bezeichnet 
und  da,  wo  es  nöthig  ist,  die  Zahl  beigefügt,  welche  andeutet, 
die  wievielste  der  aufgeführten  Varietäten  derselben  Art  genemt 
sey  u.  s.  w. 

7)  Die  zu  geringe  Beachtung  derjenigen  Zonen ,  deren  Zo- 
nenebene  auf  Ifach  Igliedrigen  kantenthiimlidien  Aken  der  (fla- 
chen voll  zähligen)  Grundformen  senkrecht  sind ,  deren  gehörige 
Beachtung  nur  bei  ausgedehnter  Benutzung  der  Lehre  von  der 
Zeigerfläche  leicht  ist. 

8)  Die  Idee  der  Ableitbarkeit  aller  Krystallreihen  aus  der 
•  isometrischen,  auf  eine  Weise  ähnlich  der  vonBaEiTH^AUFT  ver- 
suchten ,    oben  bereits  angedeuteten ,  doch  ohne  eine  der  Zahl 
720  entsprechende  bestimmte  AbleitungszahL 


1  Die  IQ  Beziehang  Sa  dieser  abgeleiteten   Gestalt  ebenso 
gedrückt  wird,  wie  eine  Hanptzone  in  Beziehang  zur  Grandform« 

2  D  ist  nämlich  der  Bochstabe  der '  Scheitelkante ,  GS  eiii  aof 
den  Träger  CD  der  Scheitelkante  senkrechter  Querstrahl,  welcher  ab 
Stfttse  dient. 


*  Geachiiolitlioliefl.  1337 

NaümaVK  ^  Aieht  dA8  in  der  MofasUcheo  Methode  liegende 
X3ögma  der  nach  Potenzen  fortsohnsitenden  Reihen  ^  zu  vermei« 
den  und  kommt  daher  zu  einer  Bezeichnung  jeder  Fläche  durch 
3  Coordinatenaxen ,  welche,  wenn  man  von  dem  Aufserwesent- 
Üchen  abstrahirti  mit  der  von  Weiss  g.egebenen  übereinstimmt 
oder  vielmehr  sich  zu  ihr  verhält,  wie  unsere  abgekürzte  Be« 
sseichnungx  |  y  ssu  der  vollständigen  (xa,  yR,  r)^  d.h.  erläfst 
auTserwesentliche  und   auch    solche    Theile    der   vollständigen 
Weifsischen  Bezeichnung  weg,   welche,  wenn  man    our  eine 
IVIethode  der  Bezeichnung  durchgängig  gebraucht,  ihrer  Bestän- 
digkeit wegen  sich  leicht  ergänzen  lassen;    er  fügt  aber  auch 
-wieder  AuTserweaentliches  hinzu ,  nämlich  den  Anfangsbuchsta- 
ben O  oder  P  des  JNamens  seiner  Grundgestalt ,  welche  ohnehin 
bekannt  seyn  mufs,  wenn  von  irgend  einer  Ableitung  aus  ihr 
die  Rede,  seyn  solL 

Wenn  f )  bei  den  l'-  und  Imafsigen  Gestalten  die  erste  ein- 
a 
fache  Zelle  :=:±  Rr^,  2)  bei  den  1-  und  SmaTsigen  und  bei  den 
1  -  und  Smafsigen  Gestalten  die  erste  doppelte  Zelle  =  'i^  (R)  r 
s=:  r^r  und  3)  bei  den  4atigen  die  erste  3fach  rechtwinklige 
Zelle  =  a^a  gesetzt  wird,  so  dafs  die  angegebenen  Buchstaben 
zugleich  das  lytafsverhältnifs  der  bezüglichen  kantenthümlichen 
Mafsstrahlen  bedeuten,  und  im  Isten  Falle  P  =  (a,  R,  r),  im 
2ten  Falle  P=t(a,r,r)  und  im  3ten  Falle  O  (Oktaeder)  =ä  (a,  a,  a) 
'  liezeichnet ,  so  ist  durch  die  Gleichungen 

1.  inPn  =  («°«»R>")  j  wenn  R>r  gesetzt  trird 

IL  mPn  =s  (ma,  nR,  r)  ) 

III.  mPn  =x  (ma,  nr,  r) 

IV.  mOm=  (ma,  na,  a) 

die  Naumannische  Bezeichnung  erläutert,  so  Weit  sie  sich  con- 
sequent  bleibt,  und  es  ist  nur  noch  zu  bemerken |  dals  m  von 


1  Graadrirs  der  Krystallographie  Von  Nadmamit  ( mcbt  zu  ver- 
wechseln mit  Neomann).  Lehrbuch  der  Mineralogie  (mit  einem  schö- 
nen Atlas  Ton  26  Tafeln).  Üeber  die  Dimensionen  der  Grondgestalr ' 
ten  in  Oken's  Isis  X.  S.  108^.    Einzelne  Arbeiten. 

t  Die  erste  Heraushebang  solcher  Reihen  rührt  Ton  ^jllüs  her« 
Vergleiche  Theorie  de  la  doahle  rtffraction  de  la  lamiere  dans  let 
substances  cristallis^es  pax  £•  L.  Malos.   1810.  p*  122. 

8    Wobei  nicht  bloXs  Sfach  rechtwinklige  Zellen  gemeint  sind. 

Qqqq2       . 


1333  Kr^italL 

o  bis  öo  und  n  von  i  bis  oo  jeden  ntionifen  Werth  luilwa 
kann  und  dafs  die  Zeichen  4-  und  — ^  nnd  r  nnd  1  anf  ähnKciw 
Weise  angewendet  werden ,  wie  bei  Mohs  in  Verbindung  mit 
Divisoren  2  oder  4 «  nm  fläciienhslbzählige  oder  flachenvierfcfa« 
zählige  einfache  Gestalten  zu  bezeichnen.  Ab  Abweichang  von 
der  Consequenz ,  die  durch  die  Wichtigkeit  der  Sgliedrigen  Ge* 
Stalten  entschuldigt  wird ,  ist  es  anzusehen ,  da(s  bei  III.  snar 
4*  uiP  oder  —  mP  gesetzt  wird  -J- ^^  oder  <— mR,  m 
die  verschiedenen  Rhomboeder  zu  bezeichnen,  ohne  dmik  da- 
durch die  Bedeutung  des  Zeichens  sich  ändert.  Als  betrachdi* 
obere  Abweichung  aber  ist  es  zu  betrachten ,  wenn  Naum avt 
in  seinem  Lehrbuche  der  Mineralogie  die  zweite  Mohsische  Ab- 
leitungsart aufsein  mR  anwendet  und  den  2X6flächigenKr<»n- 
.  randner,  welcher  mit  mR  gleichen  Rand,  «ber  eine  nmal  to 
grobe  HauptVixe  hat ,  durch  m  R»  bezeichnet ,  wo  n  die  Bedeu- 
tung der  von  Mohs  gebrauchten  Ableitungszahl  m  erhält,  mitliin 

+  mR'>  =  (j:m.n,a,  ±  ^^^  ^  R,  r) 

und        —  mR»  es  (  +  m.n.a,  X  •- --7  R,  r) 

^•^  3n  +  1 

a 
ist,  wenn  Rr  die  einfache  Zelle  bedeutet,  in  welcher  R  Q  r  ^30* 
und  a : R:  r  =  a : |^3: 2  ist. 

Die  Eintheilung  der  1  -  und  1  mausigen  Gestalten  nach  dec 
BeschafiPenbeit  der  bei  der  Bezeichnung  zum  Grunde  liegenden 
Zellen  in  örthometrisch-monoklinometrische,  diklinometrisch- 
triklinoedrische ,  triklinometrisch  -  diklinoedrische  und  triklino- 
metrisch- triUinoedrische,  welche  von  Naumavv  besonders  her- 
vorgehoben wird,  ist  oben  bereits  beurtheilt  worden.  Auch 
sucht  Naumavv  bei  seinen  Grundgestalten  \  welche  Rhomben* 
Oktaeder  (2X4flächige  Ebenrandner)  sind,  nachzuweben,  dals 
R  =  a  +  r  oder  =  J-a  -f-  r  oder  =  a  4-  4-^  *®y  1  wenn  a:R:r 
das  Verhältnib  der  drei  2gliedrigen  Azen  bedeutet. 

BcRMHAaDi^  hat  sich  besonders  in  neuerer  Zeit  Verdienste 


1  Die  mit  den  ?on  Mobt  angenommenen  in  der  Regel  ubereia- 
sttmmeD. 

2  Beitrage  ZQr  nahem  Kenntnift  der  regelmalsigenKryitallformea. 
Auch  muU  hier  erwähnt  werden  deuen:  Nene  Methode,  Krjstalle  xv 
beichreibea,  in  Gehler*«  J.  f.  Gh.  u.  Ph.  1808,  and:  Ueber  krystallo- 
graphischefiezeiohniiDgtmeüioden,  in  Schweigger'i  J.  f.  Gh,  1828. 


Geflchichtlicbes.  1339 

^Hrwerben  durch  Untermcbübgen  über  die  4axigen  Gestalten. 
Auch  in  seinen  Arbeiten  liegt  das  Bestreben ,  die  gerengesetz- 
liche  Ableitbarkeit  aller  Krystallgestalten  ans  den  hauptaxenlosen 
3gliedrig  4axigen  wahrscheinlich  za  machen.  Er  ist  ferner  be« 
snöht  y  eine  Art  von  Abhängigkeit  nachzuweisen  «wischen  den 
Krystillformen  chemischer  Verbindungen  und  denen  der  vor- 
"bundenen  Urstoffe.  ', 

'  Breithaupt's  eigenthümliche  Ansichten  sind  oben  bereits 
erwähnt.  Er  bedient  sich  theils  der  Weifsischen,  theils  der 
P^auroanniscben  Zeichensprache«  Genauere  Bestimmungen  der 
iirspriin glichen  Mafse  bei  den  Krystallreihen  sehr  vieler  Sub- 
stanzen hat  ihm  die  Wissenschaft  zu  danken. 

Raümkr^  hat  sich  vorzüglich  bemüht,  die  ersten  Elemente 
jler  Krystallkunde  auch  solchen  zngängig  zu  machen,  die  vorher 
noch  nicht  sich  mit  mathematischen  Studien  beschäftigt  haben. 
£r  behandelt  eine  nicht  geringe  Menge  einzelner  Lehren  auf  eine 
sehr  fafsliche  zweckmafsige  Weise. 

Es  bleibt  nunmehr  noch  zu  bemerken,  dafs  die  wissen- 
schaftliche Kiy  stall  künde  bereits  sich  in  allen  bessern  neueren 
and  neuesten  Werken  über  Mineralogie  und  zum  Theil  auch 
über  Chemie  und  Physik  ihren  Platz  errungen  hat  und  cJaCs 
diese  mitunter  reich  sind  an  einzelnen ,  in  das  Gebiet  der  Kry- 
stallkunde einschlagenden,  eignen  oderfleifsig  zusammengetrage- 
nen fremden  Beobachtungen ,  mitunter  auch  durch  eigenthiim-^ 
liehe  Art  des  Vortrags  der  in  ihnen  enthaltenen  krystallographi- 
schen  Lehre  u.  s.  w.  sich  auszeichnen. 

In  dieser  Beziehung  mögen  hier  noch  erwähnt  werden  die 
Namen  v.  LionrHAaD^,  Hartmavs^i  PaiLLirs^i  Beupast^. 
und  L.  Gmclih  ^. 


1  Tersnch  einet  Abc -Backt  der  Erystallkande. 

2  Handbuch  der  Oryktogootie. 

3  Die  Mineralogie  la  lechi  und  zwanzig  Yorlesnngen. 

4  Elemeivtary  introduction  to  mineralogy/  dte  Aasgabe*  (Vei^- 
züglich  reich  an  vielen  neoen  Beobachtongen  ond  Winkel meuoiigen, 
die  jedoch  zum  Theil  nicht  den  erforderlichen  Gmd  von  Genauigkeit 
zo  haben  tcheiuen.) 

5  TraiU  ^Itfmentairfe  de  mintfralogie. 

6  Handbach' der  theoretiichen  Chemie«    Ste  Auflage« 


1340  ErystalK 

Es  wurde  sna  sein  ins  Bintelne  fuhren ,  hier  die  in  den  be- 
kannten naturwissenschaftlichen  Zeitschnften  ^  WörterbHchefiB* 
u.  s.  w. ,  in  den  Schriften  gelehrter  Gesellschaften  u.  s,  ^vr.  xer* 
streuten  einielnen  krystallographischen  Arbeiten  der  bereits  snf- 
geföhrten  Naturforscher  sowohl ,  als  auch  der  nicht  namenllick 
erwähnten  aufzuzählen*  Die  allgemeine  Verweisung  auf  solche 
Schiiftensammlungen  möge  daher  hier  genügen^»' 

MesseL 


Kry-stallogenie. 

Crystallogenia;  Krystallbildung;  die  I«ebre 
von  dem  Entstehen  der  Krystalle  nach  «lies 
seinen  Beziehungen. 

Wahrscheinlich  sind  alle  einfachen  StoiFe  und  ihre  propor« 
tionirten  chemischen  Verbindungen  unter  einander  fähig,  unter 
den  gehörigen  Umständen  Erystallgestalt  anzunehmen.  Dafs 
man  mehrere  einfache  und  zusammengesetzte  Stoffe  noch  nicht 
im  krystallischen  Zustande  kennt,  rührt  theils  davon  her,  daft 
einige  überhaupt  nicht  im  festen  Zustande  bekannt  sind,  wie 
SauerstoflP u. s«  w. ,  theils  daher,  dab  es  bei  manchen  schwierig 
ist,  die  zur  Kiystallisation  nOthigen  Bedingungen  gehörig  so 
erfüllen« 

Die  Bedingungen  der  Krystallbildung  sind : 

1)  Der  Körper  mufs  sich  zuerst  in  dem  tropfbar  oder  ela« 
stisch  flüssigen  Zustande  befinden,  wahrscheinlich  danut  die 
Vertheütheit  und  Beweglichkeit  der  einzelnen  Theile  ihre  Ver- 
einigung nach  bestimmten  geometrischen  Gesetzen  zalasse& 
Fälle,  wo  blofse  feine  Pulverisirung  eines  festen  Körpers  die 
Krystallbildung  'bewirkt  habe,  sind  bis  jetzt  zweifelhaft.  £io 
fester  Körper  kann  auf  doppelte  Weise  flüssig  werden. 

a)  Durch  Vereinigung  mit  Wärme ,  aho  entweder  durch 
Schmelzung  oder  durch  Dampfbildung.  So  kxystallisiren  Scbwe- 


1    So   z«  B.  im  Dictionnaire  des  tciencei  saturellet  der  Aitikel 
cristallhatlon  yon  Bbocbaht  db  ViLiiRas« 

^  2  Ausfulirlichere  literarische  nnd  geschichtlicha  NachweituDgen 
enthält  die  im  Jahre  1825  erschieneoe  Geschichte  der  KrystaUkonde 
von  Marx. 


Krjstallogenie.  1341 

fei ,  lod ,  Campher  und  Benzoesäure  sowohl  nach  dem  Schmel- 
zen,  als  auch  nach  dem  Verdampfen ;  Viele  Metalle  nach  dem 
Schmelzen ,  Salmiak  nach  dem  Verdampfen. 

h)  Durch  Vereinigung  Wt  einem  wägbaren  Stoffe  entwedet 
1>ei  gewöhnlicher  oder  bei  höherer  Temperatur^  wofern  die  hieraus 
entspringende  Verbindung  tropfbar  oder  elastisch  flüssig  ist. 
1-Iierher  gehört  die  Auflösung  vieler  Salze  und  anderer  Materien 
in  Wasser,  die  Auflösung  von  Schwefel  in  Schwefelkohlenstoff^ 
•von  schwefelsaurem  Baryt  in  Vitriolöl ,  von  Salzen ,  Chlorme- 
tallen ,  Benzoesäure,  Campher  und  Harzen  in  Weingeist  und  die 
Auflösung  von  lod  in  Wasserstoff  zu  hydriodsaurem  Gas. 

2}  M^n  hat  hierauf  solche  Umstände  eintreten  zu  lassen, 
-welche  den  Körper  veranlassen ,  wieder  in  den  starren  Zustand 
zurückzutreten.  * 

a)  War  Wärme  die  einzige  flüssig  machende  Ursache  oder  ' 
trug  sie  wenigstens  dazu  bei ,  den  Körper  in  gröfserer  Menge  in 
einer  wägbaren  Flüssigkeit  löslich  zu  machen ,  so  hat  man  Er- 
kältung anzuwenden.  Lälst  man  demnach  geschmolzenen  Schwe-* 
fe},|tt^schmolzenes  Wismuth  u.  s.w.  erkalten,  so  geben  sie  in 
den  festen  krystallischen  Zustand  über.  Um  hierbei  deutliche 
Krystalle  zu  erhalten ,  läfst  man  nur  die  Hälfte  des  Geschmolze- 
nen erstarren ,  durchstöfst  die  Krystallrinde  und  giefst  den  noch 
flüssigen  Theil  ab ,  welcher  sonst  mit  den  früher  erzeugten  Kry<- 
stallen  ein  Ganzes  l>ilden  würde,  in  dem  die  einzelnen  Krystalle 
nicht  wohl  zu  unterscheiden  wären.  Eben  so  wird  bei  der  Sub- 
limation des  Schwefels ,  lodes ,  Salmiaks  n.  s.  f.  der  Dampf  die- 
ser Körper  in  einem  Theile  des  Apparats  so  weit  abgekühlt,  da& 
er  zu  mehr  oder  weniger  deutlichen  Krystallen  erstarrt.  Des- 
gleichen setzt  eine  in  der  Wärme  bereitete  Lösung  verschiedener 
Salze  in  Wasser,  der  Benzoesäure,  des  Gamphers  u.  s.  w.  ia 
Weingeist,  beiin  Erkalten  den  Theil  dieser  Körper  im  krystalli^ 
jBchen  Zustande  ab,  den  dieselbe  bei  der  erniedrigten  Tempera/«^ 
tur  nicht  mehr  aufgelöst  erhalten  kann. 

Uebrigens  zeigt  sich  beim  Krystallisirenlassen  von  tröpfbar. 
ren  Flüssigkeiten'  durch  Erkältung  die  Anomalie ,  dafs  diese  in 
der  Ruhe  und  in  verschlossenen  Gefäfsen  oft  weit  unter  die 
Temperatur  gebracht  werden  können,  bei  der  sie  unter  andern 
Umständen  Krystalle  liefern,  ohne  ihren  flüssigen  Zustand  za 
.  verlieren.  Bekanntlich  gefriert  das  Wasser  in  offenen  Ge&fsen 
^icht  unter  0^  zu  einer  krystallischen  Masse ;  dagegen  kann  et 


i342  .  Krystall. 

in  verschlossenen  Flaschen  oder  in  Thermometerkageln    etnigi| 
Grade  unter  O9  selbst  bis  zu—  6^  abgekühlt  weisen  ,   ohne 
gefrieren ,  und  erst  beim  Erschüttern  oder  Oeffnen  des  Gelabci  1 
oder  Hineinwerfen  von  einem  Stück  Eis  tritt  eine  sich  schneQ  ] 
ausbreitende  Krystallisation  ein ,    mit  welcher  die  Temperatv 
des  Wassers  auf  0^  steigt«     Die  höphst  concentrirte  Kssigsäure, 
4er  Eisessig ,  gesteht  in  offenen  Gefälsen  etwas  unter  -f-  13^  CL, 
in  verschlossenen  kann  man  denselben  auf  — 12^  erkälten,   obne 
dafs  er  gesteht ;   (öffnet  man  jedoch  das  GeföJs  und  schüttelt  ,  so 
erfolgt,  selbst  wenn  die  von  Aufsen  eindringende  Luft  waimci 
ist,  als  der  Eisessig,  eine  Krystallisatian ,  die  von  obeo   anfiiii^ 
und  sich  schnell  durch  die  ganze  Masse  fortsetzt.     Anisöl    läht 
sich  in  verschlossenen  Gefafsen'  in  der  Ruhe  oft  einige  Grade 
unter   seinen  Gefrierpunct  erkälten,    ohne  zu  gestehen,    was 
jedoch  bcfim  Schütteln  augenblicklich  eintritt     Der  Brannkoh- 
lencampher  oder  Scheererit ,  welcher  bei  45^  schmilzt,  gestahe 
oft  erst  nach  mehrtägigem  Erkalten  beim  Hineintauchen    eines 
Platindrahtes  oder  Giasstabes.     Auf  dieselbe  Weise  verhalten 
sich  die  Auflösungen  vieler  Salze  in  warmem  Wasser  ;  aq^^uf- 
fallendsten  zeigt  sich  die^e  Erscheinung  bei  schwefelsaurem  uad 
essigsaurem  Natron ,  minder  stark  bei  kohlensaurem ,  phosphor- 
^  saurein  pnd  boraxsaürem  Natron ,  bei  salzsaurem  Kalk ,  bei  der 
schwefelsauren  Bittererde ,    bei  salpetersaurem  Kupferoxyd  nnd 
bei  Bleizucker,  welche  Salze  sämmtUch  beim  Krystallisiren  Kiy- 
stallwasser  aufnehmen.    Dagegen  krystallisiren  Salmiak,  schwe- 
felsaures und  salpetersaures  Kali,   Kochsalz,   Baryt,  Strontian, 
Alaun,  Bleisalpeter,  Eisenvitriol,  Kupfervitriol,  Kleesäure  ond 
überhaupt  die  meisten  Salze  auch  in  verschlossenen  Ge&fsen  aus 
eigner  in  der  Hitze  stark  gesättigten  Lösung  beim  Erkalten   so* 
gleiph  heraus  und  nur  wenn  die  warme  Lösung  nicht  viel  mehr 
Salz  enthält,  als  auch  in  der  Kälte  gelöst  bleiben  würde,  so 
schüebt  dieser  kleine  Ueberschufs  beim  Erkalten  in  verschlösse* 
neu  Ge&tsen  nicht  an ,  auCser  beim  Bewegen  oder  Hineinbzin- 
^n  ebes  Salzkrystalls. 

Die  mannigfachsten  Versuche  sind  mit  dem-schweCelsaaren 
Katron  angestellt  worden.  Eine  aus  gleichviel  Wasser  und  kiy« 
stallisirtem  Glaubersalz  bereitete  heilse  Auflösung  krystalUsirt 
.«icht  bei  langsamem  oder  bei  durch  Eintauchen  ii|  kakes  Wasser 
bewirktem  raschen  Erkalten,  wenn  sie  sich  in  einer  ansgekochtea 
Barometerröhre  oder  in  einem  luftleeren,  wohl  verschlossenen 


Kryatallogenie.  .j[348  , 

GefaCse  oder  io  einem  oiFenen  Geiafse  mit  einer  Lage  Terpentinöl 
überschüttet  oder  in  einem  lufthaltenden ,  wohl  verschlo^stnen 
oder  auch  nar  mit  einem  losen  Deckel  versehenen  Gefälse   oder 
in  einem  offenen  Gefäfse  unter  einer  lufthaltigen,  mit  Wasser 
gesperrten    Glocke   oder  in  ruhig   stehenden   offenen  Flaschen 
oder  in  einem  Gläschen  befindet,  welches  in  einer  verstopften  . 
Flasche  eingeschlossen  ist,   welche  Luft   und,  um  sie  auszu- 
trocknen, etwas   Potasche    enthält,   wo    Glaubersalz  auswittert 
und  nicht  einmal  beim  Herabspülen  Krystallisation  veranlafst« 
Die  Krystallisation  einer  also  erkalteten  Auflösung  wird  äugen* 
blicUich  oder   nach  kurzer  Zeit  bewirkt  1)  durch  Bewegung, 
-wenn  nämlich  die  Auflösung  in  einem  offenen  Gefäfse  erkaltet 
"war;     2)  durch  Zutritt  der  freien  Luft,  mittelst  Oeffnens  der 
Gefäfse,  wo  die  Ejrystallisation  um  so  schneller  eintritt,  je  wei- 
ter die  Oe£fdung  ist,  und  wobei  immer  auch  etwas  Bewegung 
nöthig  zu  seyn  scheint.     Die  Krystallisation  fängt  hier  von  oben 
an,  da  wo  Auflösung,  Gefäfs  und  Luft  mit  einander  in  Berüh- 
rung treten,   und  nur  dann  ein  wenig   unter  der  Oberfläche^ 
vreni|  ein  Stäubchen  beim  Oeffnen  hineinfiel.   Bei  einer  im^  luft- 
leeren Räume  erkalteten  Auflösung  reicht  auch  schon  ein  Bläs- 
chen Luft,  Wasserstoffgas,  kohlensaures  Gas  oder  Salpetergas 
Iiin ,  die  Krystallisation  zu  bewirken.   3)  Durch  Berührung  der 
Auflösung  mit  einem  festen  Körper,  wie  Glasstab,  Feuerstein, 
Eisendraht,  Glaubersalzkrystall,  oder  in  der  Luft  schwimmenden 
Stäubchen*     Diese  Körper  bewirken  nicht    die  Krystallisation, 
wenn  sie  mit  der  heifsen  Auflösung  erkalteten,  desgleichen  nicht 
(mit  Ausnahme  des  Glaubersalzkrystails ) ,   wenn  sie  nafs  oder 
erwärmt  in  die  Auflösung  gebracht  werden.     Die  Krystallisation 
geht  hier  vom  firemdartigen  Körper  aas.    Wenn  die  Lösung  von 
51  krystallisirtem  Glaubersalz  in  49  warmem  Wasser  bis  unter 
10^  C.  abgekühlt  und    durch  eines  def  genannten  Mittel  zum 
plötzlichen  Krystallisiren  gebracht  wird,    %o  schieisen  beinahe 
I-  des  Glaubersalzes  an*  und  hiermit  erfolgt  eine  Temperaturer- 
höhung von  13^  C.   Diese  leitet  TbohsojS  von  dem  Uehergange 
flüssigen  Wassers  in  festes  Krystallwasser  ab,    womit  die  Be- 
rechnung ziemlich  übereinstimmt. 

Die.Angabe  von  Thevaro,  dab  nach  dieser Krystalliiatioi^ 
eine  Mutterlauge  bleibe,  die  nicht  mehr  bei  der  gegebenen  Tem- 
peratur mit  Salz  gesättigt  sey,  scheint  auf  einem  Irrthnme  zu  be<* 
ruhen;  im  Gegentheil  fand  Thomsov»  dals  die  übrige  Flüssig- 


1344  KrjstaU. 

keit|  ^e3  ihre  Temperatur  gestiegen  ist,    eine  entsprechende 
Menge  Glaubersalz  gelöst  behält,  von  welchem  noch  ein  grofser 
Theil  bfeim  Erkalten  auf  dem  vorigen  Puncto  von  10*  anschielst. 
Ist  die  Glaub ersalzauflßsung  zu  gesättigt ,  so  schiefst  schon  -VTäh- 
rend  des  langsamen  Erkaltens  ein  geringer  Theil  in  sehr  hacrten 
durchsichtigen  Krystallen  an ,  die  nicht ,   wie  das  gewöhnliche 
Glaubersalz,  10,   sondern  nur  8  Misch ungsgewichte  Kryslall- 
Wasser   enthalten   und   die,   wenn  man  die   iibrise   Auflösung 
durch  die  angeführten  Mittel  zum  Krystallisiren  bringt,  in  dem- 
selben Augenblicke  weifs  und  undurchsichtig  werden  und  so 
bleiben.     Löst  man  24  krystallisirtes  kohlensaures  Natron  in  100 
warmem  Wasser  und  kühlt  die  Lösung  unter  10^  G.  ab ,  so  er- 
folgt beim  OefifVien  und  Schütteln  des  OefäTses  sogleich  Krystal- 
lisation  und  die  Temperatur  steigt  um  8*  G.     Eine  stark  abge- 
dampfte Auflösung  Von  essigsaurem  Natron  krystallisirt  oft  län- 
gere Zeit  nicht  bei  10®  G. ;  beim  Ausgiefsen  in  ein  anderes  Ge- 
fäfs  gesteht  sie  nach  einigen  Secunden  zu  einer  faserigen  Masse, 
wobei  ihre  Temperatur  von  10*  C,  auf  52**,  5  in  die  Höhe  geht« 
Durch  Erhitzen  eines  Gemisches  von  Salpeter  und  Schwefel- 
säure erhielt'  Grebv  eine  klare  Flüssigkeit,    welche  nach  dem 
Erkalten  erst  bei  dem  Hineinwerfen  eines  Salpeterkrystalls  fest 
wurde,  und  zwar  unter  Wärmeentwicklung.     Die  Lösung  des 
salzsauren  Kalks  in  warmem  Wasser  bleibt  nach  Coxs  in  ver- 
schlossenen Gefäfsen  oft  flüssig  und   krystallisirt  dann,    ohne 
dafs  Oeffnen  nöthig  wäre ,  beim  Schütteln  unter  besonders  star- 
ker Wärmcentwickelung   und  die  warm  bereitete  Bittersalzlö- 
sung bleibt  auch  in  offenen  Gefäfsen  beim  Erkalten  oft  flüssig 
und  giebt  dann  beim  Schütteln  körnige  Krystalle.   In  einer  heifs 
bereiteten  Auflösung  von  Salpeter  und  Glaubersalz  bringt  nach 
LowiTZ  während  des  Erkaltens  ein  Salpeterkrystall  blofs  das 
Anschiefsen  von  Salpeter,  ein  Glaubersalzkrystali  blofs  das  An- 
schiefsen  von  Glaubersalz  hervor,  während  aus  der  für  sich  ge- 
lassenen Auflösung   beide  Salze  durch   einander  krystallisiren« 
Diese  Anomalie  erklärt  Berthollkt  (statique  chimique 
L32.)  und  Gay-Lttssag  aus  einer  Trägheit  der  kleinsten  Theile, 
so  wie  Th^nard  annimmt,  dieselben  würden  durcl^  dos  Schüt- 
teln in  eine  andere  Stellung  gegen  einander  gebracht     Allein 
Schütteln  in  verschlossenen  Gefäfsen  bewirkt  meistens  nicht  die 
Krystallisation.     Auf  jeden  Fall  läfst  sich  annehmen,   dafs  die 
Cohäsionskraft  eines  Körpers  sich  oft  erst  auf  eine  mechanische 


^rystallogenie.  134i 

Veranlassung  hin  in  solchen  I^en  Hubert ,  in  welchen  sie  übet 
andere  Kräfte,  z.  B.  über  die  Affinitat  des  Körpers  gegen  Wärme 
oder  gegen  wägbare  Anflösungsmittel  ^  das  Uebergewicht  er- 
langt hat^ 

b)    War  der  zu  krystallisirende  Körper  durch  Verbindung 
mit  einem  andern  wägbaren  Stoffe  flüssig  gemacht ,  so  hat  man 
ihm.  diesen  wieder  zu  entziehen.     Dieses  wird  bewerkstelli<:t 
entweder  durch  Entfernung  des  letzteren  in  Da'mpfg estalt,   ei 
sey  dieses  in  der  Siedhitze  oder  bei  niederer  Temperatur  an  der 
Luft  oder  im  lufdeeren  Baume.     So  krystallisirt  das  Kochsalä 
beim  Einkochen  seiner  wässerigen  und  manches  Harz  bei  frei* 
TTilligem  Verdampfen  seiner  weingeistigen  Lösung.     Oder  der 
flüssig  machende  Stoff  wird  durch  einen  andern  wägbaren  StofF 
entzogen  ,  der  sich  damit  zu  einer  Flüssigkeit  verbindet,  welche 
den  zu  krystallisirenden  Körper  entweder  gar  nicht  oder  wenig* 
stens  in  geringerer  Menge   aufgelöst  zu  behalten  vermag.     So 
krystallisirt  Salpeter  und  Kupfersalmiak  aus  der  wässerigen  Lö- 
sung bei  Zusatz  von  Weingeist  und  umgekehrt  Campher  aus  der 
weingeistigen  bei  Zusatz  von  Wasseh 

Die  bei  der  Krystallbildung  bemerkbaren  U/nstände  und 
JSrfol^e  sind  folgende  : 

1)  Je  langsamer  die  Bedingung  Nr.  2»  nMinlich  Zunickfuh* 
rang  des  flüssig  gemachten  Stoffes  in  den  starren  Zustand,  erfüllt 
wird  und  je  ruhiger  die  Flüssigkeit  steht ,  desto  wenigere,  grö-* 
bere  und  deutlichere  Kzystalle  bilden  sich ;  je  schneller  man  er-» 
kältet  oder  das  Auflösnngsmittel  entzieht,  desto  mehrere,  kleinere 
und  undeutlichere«  Denn  im  ersten  Falle  haben  die  Theilchei^ 
des  fest  werdenden  Körpers  Zeit,  sich  regelmäisig  an  diejenigen 
anzulegen,  welche  sich  zuerst  im  starren  Zustande  aus  derFlüssig-* 
keit  ausgeschieden  hatten,  und  sich  mit  ihnen  allmälig  zu  grofseu 
Krystallen  zu  vereinigen;  werden  dagegen  bei  schneller  Kry«r 
stalUsation  viele  Theilchen  auf  einmal  starr,  so  bildet  jeder  der-* 


1  Vergl.  LowiTs  in  Grell's  Anoalen  1790  Bd.  T.  8. 209.  CiT-Lrs- 
uc  la  M^moiret  d'Aocaeil  B.  III.  daraas  io  Schweigger's  J.  B.  IX. 
8.70.*  Ferner:  Annalei  de  Ghimie  et  Physiqae  T*  XI.  p.  80U 
ScaWEiGGva  in  Sobweigger^a  J.  B.  IX.  8.  79.  Coxs  in  Thomaon's  An- 
naU  of  Fhilosopby  YoLI.  p.380  und  Vol.  VI.  p.  101.  Ziz  in  Schweig- 
ger*«  Jonrn.  Bd.X.  8.160.  Gsicsa  in  Schweigger's  Jonrn.  B.XT.S.231. 
TaoMsoa  in  Phillip^s  AnnaU  of  Phllosopby  Vol.  III.  p.  169- 


i346  Kryatall. 

selben  fiix  sich  einen  Kern  %m  Anlegmig  der  übrigen 
den  Theilchen  und  es  bilden  sich  vide  Kiystalle,  von  denen 
vielleicht  keiner  vollständige  Ausbildung  erhält.  Hierauf  grai»- 
det  sich  der  Unterschied  des  Kandiszuckers  und  des  Hatzuckeia^ 
so  wie  LbBlang's  Weise,  aus  verschiedenen  Auflösungeo  mög- 
lichst regelmälsige  Krystalle  zu  erhalten. 

Man  läfst  z.  B.  die  Lösung  eines  Salzes  in  warmem  "Wasser 
sehr  langsam  erkalten  |  so  dafs  nur  einzelne  Krystalle  entstehen, 
ynan  sucht  von  diesen  die  am  besten  ausgebildeten  aus  und  legt 
sie,  von  einander  getrennt,  in  die  Auflösung  desselben  Salzes^ 
welche    durch  gelindes  Erwäru^en  mit   überschussigen    Salzen 
nur  etwas  reichlicher   mit  diesem  beladen  ist ,  als  sie  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  behalten  kann,  und  daher  diesen  kleines 
Ueberschufs  allmälig  an    den   hineingelegten   Krystall  absetzt. 
IVIan  wiederholt  dieses  so  lange ,  bis  die  einzelnen  Krystalle  die 
gewünschte  Gröfse  haben ,   wobei  man  sie  jedoch  jedesmal  auf 
eine  andere  Seite  zu  legen  hat,  weil  die  den  Boden  berührende 
(lache  am  wenigsten  Gelegenheit  hat   zu  wachsen.      Man   er» 
spart  sich  die  Mühe  der   wiederholten  Bereitung    einer  etwas 
übersättigten  Lösung,  w^nn  man  in  dem   oberen  Theile  einer 
gesättigten  Lösung ,  auf  deren  Grunde  die  Krystalle  liegen,  etwas 
von  dem  Salze    in   einem   Florbentel   oder   Trichter  -aufhängt. 
Denn  da  immer  et\^as  Temperaturwechsel  eintritt  und  die  wär- 
mere Flüssigkeit  nach  oben  steigt,  daselbst  mit  dem  aufgehsbg- 
fen  Salze  in  Berührung  kommt,  alsdann  aber  durch  Aufnahm« 
Von  Salz  specifiisch  schwerer  wird  und  sich  zu  den  Krystalleo 
herabsenkt,  so  geht  hier  ein  allmäliges  Wachsen  der  letzteren, 
die  man  nur' öfters  zu  wenden  hat,  vor  sich. 

2)  Die  Krystalle  zeigen,  so  weit  man  dieses  bemerken 
kann,  bei  ihrem  ersten  Entstehen  dieselbe  äufsere  Gestalt ,  wie 
Später;  namentlich  bildet  sich  nicht  etwa  zuerst  die  primitive 
Gestalt  aus ,  die  dann  durch  weitere  Anlegung  von  Masse  nach 
bestimmten  Gesetzen  in*  die  seeundäre  Form  überginge.  So  be* 
merkt  man  bei  Alaun,  dessen  Grundgestalt  ein  regehnäfsiges 
Oktaeder  ist,  beim  ersten  Entstehen  der  Krystalle  dieselben  Ab- 
stumpfungen der  Ecken  und  Kanten ,  die  sich  bei  den  ausgebil- 
detern  Krystadlen  zeigen. 

3)  Oie  Krystalle  entstehen  zuer^  da,  wo  ihnen  das  Flüs- 
sigkeitsprincip  entzogen  wird  oder  wo  sie  durch  Adhäsion  sich 
jfestzusetzen  veranlaüst  werden  j    daher  auf  der  Oberfläche  der 


Krystallogenie.  1347 

Fltissigkeit,  sofern  hier  V^dkinstong  oder  AUtihlang  durch  die 
latift  und  Adhäsioü  der  Luft  an  die  Kristalle  gegeben  ist ;  ferner 
am  Boden  und  an  den  Wandungen  der  Gefafse ,  sofern  sie  theib 
die  Wärme  hindnrchlassen ,  theils  Adhäsion  gegen  die  Krystalle* 
mfsern.  Dafs  letzterer  Grand  mit  in  Anschlag  kommt,  beweist' 
die  Erfahrnng ,  dals  ans  ihrer  wässerigen  Auflösung  krystallisi-' 
rende  Salee  sich  schwieriger  an  gläserne  als  an  porcellanene- 
und  gar  nicht  an  mit  Fett  übersogene  Wanifungen  absetzen. 
JBodlich  legen  sich  auch  die  'Krystalle  an  Holz  und  andere  mit 
Adhäsion  gegen  sie  begabte  Körper  an ,  die  man  in  die  krystal- 
lisirende  Flüssigkeit  bringt.  Nach  Lüdbckb^  soll  auch  die  Nähe 
zweier  magnetischer  Pole  das  KrystaUisiren  an  bestimmten  Stel- 
len veranlassen. 

Indem  die  ersten  Krystalle  sich  an  bestimmten  Stellen  be- 
festigen und  hier  weiter  wachsen ,  so  entsteht  in  den  Fällen,  wo 
der  krystalUsirende  Körper  in  einer  wägbami  Flüssigkeit  gelöst 
ist,  eine  Strömung,  indem  die  einzelnen  K^stalle  dem  Theile 
der  Lösung  y  mit  welchem  sie  in  Berührung  sind ,  so  viel  Kry- 
Stallmasse  entziehen ,  als  es  bei  den  gegebenen  Umständen  mög- 
lich ist-,  wodurch  dieser  Theil  der  Lösung  speciiisch  leichter 
wird  nnd  in  die  Höhe  steigt,  um  der  übrigen  noch  beladeneren 
Flüssigkeit  Platz  zu  machen. 

4)  Krystallisirt  ein  Körper  aus  einer  Auflösung  in  einer 
tropfbaren  Flüssigkeit  heraus  und  wird  diesr  nicht  durch  Ab- 
dampfen völlig  entfernt,  so  bleibt  bei  den  Krystallen  die  Mut-' 
terlauge  übrig.  Diese  Mutterlauge  ist  die  Flüssigkeit,  in  wel- 
cher der  krystallisirende  Körper  gelöset  gewesen  war  und  welche 
noch  so  viel  hiervon  gelöst  enthält  ^  als  bei  den  gegebenen  Um- 
ständen, besonders  bei  ihrer  Menge  und  der  stattfindenden  Tem- 
peratur, darin  surüekgehalten  werden  konnte.  Enthielt  die 
Auflösung  neben  dem  krystaUisirenden  Körper  etwa  noch  eine 
andere  minder  kicht  krystallisirbare  Materie  gelöst,  so  bleibt 
diese,  neben  der  angegebenen  Menge  des  krystaUisirenden  Kör- 
pers ,  vorzugsweise  in  der  Mutterlauge.  Hierauf  gründet  -  sich 
eine  s^  gebräuchliche  Reinigungsweise  leichter  krystallisirbarer , 
Körper  von  weniger  krystallisirbaren ,  denn  durch  wiederholtes 
Auflösen  derselben,  Krystallisiren,  Abwaschen  mit  kleinen  Men- 
gen des  kalten  Auflösungsmittels  und  Auspressen  zwischen  Fliefs« 


1    G.  LXVIU.  76. 


1348  KryjtaU: 

papier  erhalt  uiAii  zuletzt  Eiystalle^  welche  vlflllg  frei  Von  dit 
minder  krystallisirbaren  Materie  sind  f  sofern  diese  in  dar  Mtt« 
lellange  zurückblieb.     Bei  dieser ,   besonders  bei  Salzen  ^  -m 
Salpeter,  Alaun  u.  s.  w.,  häufig  vorkommenden,  Reinigungsinneiae 
aieheti  Manche  die  Erzeugung  kleiner  Krystalie  durch  ragchei» 
Erkälten  der  Erzeugung  grofser  durch  langsames  Erkälten  vo^ 
sofern  im  erstem  Falle  weniger  Mutterlauge  zwischen  die  Blatt* 
eben  eines  Krystall^  eingeschlossen  werden  kdnne,  und  hiewtad 
gründet  sich  die  neufranzösische  Reinigungsweise  des  Salpelcis. 
Berücksichtigt  man  jedoch ,  dals  bei  gleichem  Gewichte  soldie 
kleine  Krystalie   viel  mehr  Oberfläche  darbieten  ^   als  gitliaere^ 
dafs  ihnen  daher  viel  mehr  Mutterlauge  äufserlich  anhängt ,  die 
sich  durch  Abwaschen  nicht  so  vollständig  entfernen  l䣻t,   und 
dals  bei  sehr  langsamer  Krystallisation ,  wo  die  Krystalltheilchen 
i^it  haben ,  sich  gehörig  an  einander  zu  fugen ,  gerade  ^reniger 
Mutterlauge  in  die  Krystalie  eingeschlossen  ^werden  möahte ,  so 
mub  man  mit  Clemevt  und  Dssormbs^  der  Einwendaegen 
Yon  LoNOCHAMP  ^  ungeachtet  y   der  langsamen  Krystalliaimog 
den  Vorzug  geben» 

Von  der  Mutterlauge  Werden  öfters  9  besonders  bei  rasche* 
rer  Krystallisation,  kleine,  bei  derselben  Materie  sehr  veränder* 
liehe,  Mengen  in  die  6lättchen  des  kiystallisirenden  Körpers  als 
ZerJbnisteruN^sM^asier  eingeschlossen*     Werden  solche  Krystalie 
erhitzt  und  schmelzen  sie  nicht  unter  dem  Siedpuncte  der  an- 
geschlossenen Mutterlauge  ^  so  zeigen  sie  das  Zerknistem  oder 
Decrepitiren,  sofern  die  aus  der  Mutterlauge  entwickelten  Dämpfe 
mit  Gewalt  die  Krystalie  zersprengen ,  um  sich  einen  Ausgang 
m  verschaffen.   Kochsale»  durch  Verdampfenlassen  der  wässeri- 
gen Auflösung  bei  gewöhnlicher  Temperatur  krystallisirt,  ver- 
knistert nicht  beim  Erhitzen ,  heftig  dagegen  das  diu ch  rasches 
Einkochen  der  wässerigen  Lösung  erhaltene;  mancher  Kalkspalh 
verknistexty  anderer  nichts 

Von  diesem  nur  zufallig  in  unbestimmter  Menge  und  me- 
chanisch beigemengten  Zerknisterungswasser  ist  das  wesentlich, 
in  bestimmter  Menge  und  chemisch  beigemischte  KrystaUtpaster 
sehr  zu  unterscheiden«  Viele.  Körper  nehmen  nämlich  bei  ihrem 
Anschiefsen    aus  einer  wässerigen  Auflösung    eine  bestimmte 


1  Annaies  de  Chimie.  Tome  XCH.  p.  S48. 

2  Aonalei  de  Chimie  et  Physiqne.  Tome  IX.  p.  800. 


Krystallogenie:  1349 

IVIenge  Wasser  auf  eiAe  «olche  \Yeise  in  ihre  Krystalle'atif,  dab 
sie  nun  nicht  mehr  die  Krystallform  und  übrigen  Eigenschaften 
d.es  was5erfreie9  Körpers  aeigen,  sondern  verschiedene^  wie  sie 
^iner  solchen  proportionirtto  Verbindung  desselben  mit  Wasser 
zukommen^.  Auch  Weingeist  geht  auf  dieselbe  Weise  in  manch» 
aas  ihm  anschiefsende  Erystalle  über  ^  so  dafs  auch  ein  Kr^etU^ 
liacUionsMfeingeist  zu  unterscheiden  ist* 

5)  Jede  Krystallbildung  ist  mit  Wärmeentwickelung  ver* 
bunden ;  manche  auch  mit  Lichtentwickelung.     Die  Wärmeent-«' 
vrickelung  rührt  ohne  Zweifel  Von  der  beim  Uebergange  der  ilüs-^ 
sagen  Stoffe  in  den  festen  Zustand  freiwerdenden  Flüssigkeits^. 
'wärmc^  her.  Sie  ist  besonders  bei  rascher  KrystalLisation  deutlich 
zu  bemerken,  daher  vorzüglich  in  dem  ob;en  beschriebenen  ano- 
malen Falle ,  wo  Wasser  oder  die  Lösung  von  Glaubersalz ,  es^ 
sigsaurem  Natron  u.  s.  w»,  in  der  Ruhe  unter  ihren  Krystallisa«. 
tionspunct  abgekühlt,  durch  eine  äufsere  Veranlassung  zu  fasoher< 
Krystallisation  gebracht  werden«     Die  Lichtentwickelung  zeigt 
sich'  bei  der  Sublimation  der  Benzoesäure  und  bei  der  Krystalli^ 
sation  mehrerer  Salze ,  besonders  des  schwefelsauren  Kali's  >  des 
schwefelsauren  Kobaltoxydkali's,  des  flufssauren  Natrons  und  des 
salpetersauren  Strontians  aus  ihrer  wässerigen  Lösung  ^. 

6)  Hinsichtlich  des  Verhältnisses  der  Krystallform^  welche 
die  Stoffe  annehmen  ^  zu  ihrer  chenüschen  Natur  ist  Folgendes 
zu  bemerken : 

a)  Einerlei  Materie  kann  in  vielerlei  Formen  krystallisiren, 
welche  jedoch  in  den  meisten  Fällen  nur  einem  einzigen  Kry- 
Stallsysteme  angehören  und  welche  in  Hinsicht  der  Winkel  mit 
einander  vereinbar  und  von  einer  gemeinschaftlichen  Grundform 
abzuleiten  sind.  So  kommen  vom  Kalkspathe  mehrere  hundert 
verschiedene  Krystallformen  vor^  welche  jedoch  alle  dem  3-' 
und  3gliedrigen  Systeme  angehören  und  als  deren  Grundform  ein 
stumpfes  Rhomboeder  angenommen  wird.  Kennt  man  von  einer 
Materie  auch  nur  eine  einzige  Krystallform ,  so  darf  man  doch 
annehmen,  dafs  sie  unter  gewissen  Umständen  auch  alle  die 
übrigen  Formen  zeigen  könnte,  welche  demselben  Krystallsy« 
steme  angehören.  Woher  es  komme,  dafs  dieselbe  Materie  bald 
diese,  bald  jene  Form  desselben  Krystallsystems  annimmt,  ist 


1    Vergl.  Art.  Wasserstoff. 
Z    S.  Art.  Lichu 


1350  Kry«talL 

noch  müht  hinreiclMDd  ausgemittelt ;   so  viel  ist  jedoch   dtirdk 
BsuDAVtf^S  Versuche^  ausgemacht ,   dafs  hieraaf  nicht  so^voU 
Temperatur,  elektrischer  Zustand,  Concentration  und  VolaoM 
der  Flüssigkeit,  Gestalt  und  Materie  der  Gefalse,  Barometerstaiid 
und  Hygrometerstand  einfliefsen,  als  vielmehr  Gegenwart  fremd- 
artiger Stoffe,  von  denen  die  meisten  chemisch,  einige  vielieicirt 
auch  nur  mechanisch  wirken.  Zu  letzterem  Falle  zählt  Beudavt 
die  Erfahrung ,  dab  die  mit  zartpulverigem  Bleivitriol  gemengte 
Auflösung  des  Alauns  oder  Eisenvitriols  einfachere ,  mit  inreni- 
geren  und  matteren  Flächen  versehene  Krystalle  absetzt,  als  v^elia 
diese  Auflösungen  fiir  sich  krystallisirt  wären ;  doch  ist  es  nicht 
unmöglich,  dafs  sich  eine  Spurvon  Bleivitriol  auflöste  und  so  eine 
chemische  Wirkung  auf  die  krystallisirende  Flüssigkeit  ätifserte. 
Auf  ausgemacht  chemischer  Wirkung  beruhen 'folgende    Falk« 
Salmiak,. der  aus  einer  Auflösung  in  reinem  WasSiftr  in  Oktae> 
dern  anschiefst ,   schiefst  bei  Gegenwart  von  viel  HamstoflT  in 

,   Würfeln ,  von  weniger  Harnstoff  oder  von  Boraxsäure  in  Cabo- 
Oktaedeili  an.  Das  für  ^ich  in  Würfeln  krystallisirende  Kochsalz 
nimmt,  wenn  die  Lösung  zugleich  Harnstoff  enthält ,   die  okta- 
edrische,   wenn  sie  Boraxsäure  enthält,   die  cubo-oktaediische 
Form  an.-   Fügt  man  der  Alaunlösung  etwas  Alkali  hinzu,  so 
giebt  sie  keine  Oktaeder,  sondern  Würfet,  während  sie  bei  Zu- 
satz von  Salzsäure  Gubo  -Ikosaeder  und  beim  Zusätze  von  Bonx 
Cubo  -Okto-Dodekaeder  liefert.   Der  mit  Kupfervitriol  versetzte 
Eisenvitriol  schiefst  in  einfachen  schiefen  rhooibischen  Säulen 
an ;  der  mit  Zinkvitriol  oder  Bittersalz   versetzte  in  denselben 
Säulen,    welche  an    den   spitzen  Endecken  stark   abgestumpft 
sind,  der  reine  Eisenvitriol  in  denselben  Säulen,  an  den  spitzen 
Endecken,    den  stumpfen  Endkanten  und   den  stumpfen  Sei* 
tenkanten  schwach  abgestumpft,  und  der  mit  Borax,  phosphor- 
saurem Natron  oder  Salzsäure  versetzte  Eisenvitriol  in  densel-» 
ben  Säulen,  an    sämmtlichen  Ecken  und  Kanten  abgestumpft. 
In  vielen  dieser   Fälle  ist  es  erwiesen,    dafs    der  fremdartige 
Zusatz  mit  in    die  Krystalle  übergeht;   so    bei  mit  Kupfern- 

.  triol  oder  Zinkvitriol  versetztem  Eisenvitriol«     Man  kann  hier 
annehmen,  dafs  mit  der  so  veränderten  chemischen  Mischnbg^ 
eine  veränderte  Kry stallform  gegeben  ist.      In  andern  Pälleo, 
wie  bei  Harnstoff  und  so  weiter ,  ist '  eine'  solche  Beimiscfauag 


1    Annales  de  Ghimie  et  Phjsiqae.  Tome  YIII.  p.  5. 


Krystallogenie.  1351 

des  fremdlartigen  Zusatzes  nicht  erwiesen  und  weniger  wahr- 
scheinlich und  die  Einwirkung  dieser  Stoffe  ist  vielleicht  blofs 
daraus  zu  erklären ,  dafs  sie  in  der  Mutterlauge  bleiben  und 
hierdurch  einen  nicht  weiter  zu  erklärenden  Einflufs  auf  die 
Vereinigung  der  krystallisirenden  Theilchen  nach  bestimmten 
Gesetzen  ausüben,  welcher  eine  andere  Form  zur  Folge  hat. 

Von  der  so  eben  aufgestellten  Regel ,  dals  einerlei  Materie 
olofs  die  Formen  eines  und  desselben  Krystallsystems  annimmt, 
die  mit  einander  vereinbar  und  von  einer    gemeinschaftlichen 
Grundform  abzuleiten  sind,  giebt  es  jedoch  mehrere  Ausnahmen^ 
sofern  manche  Substanzen  dimorph  und  selbst  trlmorph  sind, 
d.  h.  Krystalle  liefern  kennen,  die  zwei  oder  drei  verschiedenen 
Systemen  angehören ,   oder  wenn  auch  einerlei  Systeme ,  doch 
xnit  solchen  ^inkelverschiedenheiten ,  dafs  sie  nicht  aus  einer 
gemeinschaftlichen  Grundform  abgeleitef  werden  JiLÖnnen.     Auf 
diesen  JDimorphismus  und  Trimorp/iismus  hat  zuerst Mitsc HER'« 
1.1  CH  aufmerksam  gemacht.     Die  im  Mineralreiche  vorkommen- 
den Fälle  sind  folgende.     Der  kohlensaure  Kalk  gehört  im  Kalk-> 
spathe  dem  rhomboedrischen  SysteAae  an  5  im  Arragonit  dem  2- 
lind  2gliedTigen  ;   das  Doppelschwefeleisen  zeigt  im  Schwefelkies 
aum  regulären  Systeme,  im  Wasserkies  zum  2-  und  2gliedrigen 
Systeme  gehörende  Gestalten ;   das  Titanoxyd  kommt  als  ^Ratil 
und  als  Anatas  vor  und  wiewohl  die  Formen  beider  Mineralien 
dem  quadratische!^  Systeme  angehören ,  so   sind  doch  die  Win- 
kel so  beschaffen ,  dafs  sie  sich  nicht  auf  einander  zurückführen 
lassen*     Der  KohlenstolF  zeigt ,  als  Diamant,  zum  regulären  Sy-* 
Sterne  gehörende  Kry stallgestalten ,  als  Graphit  zum  ögliedrigen 
Systeme  gehörende«'     Mit  der  verschiedenen  Krystallform  sind 
auch  Verschiedenheiten  hinsichtlich  des  specifischen  Gewichts, 
der  Härte ,  der  Farbe  u.  s«  w*  verbunden.     Zwar  läfst  sich  gegen 
diese  Ausnahmen  einwenden,  dafs  durch  Staomeybr  im  Arra- 
gonit eine  kleine  Menge  von  kohlensaurem  Strontian  gefunden 
worden  ist,    der  dem  Kalkspathe    fehlt,    dafs  im   Graphit  dem 
Kohlenstoffe  etwas  Eisen  beigemischt  zu  seyn  pllegt ,  während 
der  Kohlenstoff  des  Diamants  rein  ist,  und  dafs  vielleicht  bei  ge-* 
nauer  Untersuchung  auch  bei  den  übrigen  genannten  Mineralien 
chemische  Verschiedenheiten  aufgefunden  werden  möchten«    AI«* 
lein  theils  isif  die  Menge  des  Strontians  im  Arragonit  sehr  geringe 
und  mancher  Graphit  scheint  reiner  Kohlenstoff  zu  ^eyn,  theils 
f    lassen' die  folgenden  Erfahrungen  über  künstliche  Bildung  von 
V.  Bd.  Rrrr 


1352  ,  Krystall. 

Krystallen,  die  versckiedeneD  Systemen  angehören,  keinen  Zxrei- 
fei   an  der  Exsistenz  solcher  Ausnahmen,  so  dafs   man    geneigt 
wird ,  auch  die  genannten  Falle  hierfür  gelten  zu  lassen.    'We 
man  die  Auflösung  von  Schwefel  im  SchwefelkohlenstoflT  6et 
Kälte  aussetzt,  so  schiefst  er  in  denselben  dem  2r  ^^^  2g1iedii- 
gen  Systeme  angehörenden  rhombischen  Oktaedern  an  ,   in  yx^ 
chen   er  sich  in  der  Natur  vorfindet;    läfst  man  dagegen   ge- 
schmolzenen Schwefel  langsam  erkalten  und  giefst  nach  einiger 
Zeit  den  noch  flüssigen  Theil  desselben  ah,  so  erhält  man  nach 
M  iTSC  HR  ALI  cif  schiefe  rhombische  Säulen  von  ganz  andern  Win- 
keln nnd  dem  2«-  und  Igliedrigen  Systeme  angehörend.      Diese 
sind  anfangs  völlig  durchsichtig,  jedoch  einige  Tage  bei  ge^vöhn- 
licher  Temperatur  aufbewahrt  werden  sie  undurchsichtig-     Hier- 
aus läfst  sich  schiiefsen ,   dafs  bei  niedrigeren  Temperataren  die 
Theilchen  des  Schwefels  sich  auf  eine  solche  Weise  an  einander 
lagern ,  dafs  ein  rhombisches  Oktaeder  entsteht,  bei  der  höheren 
Temperatur  dicht  unter  dem  Schmelzpuncte  dagegen  auf  eine 
andere  Weise ,  um  schiefe  rhombische  Säulen  zu  bilden.    Wenn 
letztere  Kiystalle  einige  Zeit  in  der  Kälte  verweilen,  so  behalcea 
sie  zwar  ihre  äufsere  form,    weil  jedoch   die  Theilchen    des 
Schwefels  sich  in  der  Kalte  auf  andere  Weise  zusammenfugeo^ 
so  scheint  dieses  selbst  im  starren  Krystalle  noch  einigerma/seii 
zu  erfolgen  und  damit  Undurchsichtigwerden   gegeben   za  se jn. 
Während  das  gediegene  Kupfer  meistens  in  Würfeln  und  andern 
Formen  des  regelmäfsigen  Systems  vorkommt,  so  krystallisirt  es 
nach  Seebegk  nach  dem  Schmelzen  in  Krystaiten  des  3*  und 
Sgliedrigen  Systems  und  Haut  fand    auch  einmal   gediegenes 
Kupfer  als  doppelt  Gseitige  Pyramide  an  den  Grundkanten  abge- 
stumpft.     Dampft   man  eine  wässerige  Lösung  des  Zinkvitriols 
unter  52^  C.  ab  ,  so  erhält  man  die  gewöhnlichen  durchsichtigen 
geraden  rhombischen  Säulen,  dem  2-  und  2gliedr]gen  Systeme 
angehörend ;  beim  Abdampfen  in  höherer  Temperatur  dagegen 
entstehen,  wie  Haidutgek  fand,  minder  durchsichtige  schiefe     1 
rhombische  Säulen  des  2-  und  Igliedrigen  Systems.     Beide  Ar* 
ten  von  Krystallen  haben  nach  Mitschkhlich  genau  dieselbe 
Zusammensetzung,    nämlich  aus  1  Mischungsgewicht  Zinkoxyd, 
1  Schwefelsäure  und  7  Wasser.     Erhitzt  man  einen*  Krystall  der 
ersten  Art  über  52**  C.  in  Oel  oder  in  einer  Glasröhre ,  so  wirf 
er  an  einzelnen  Puncten   der  Oberfläche  matt   und  von  diesen 
Päncten  aus  nach  dem  Innern  des  durchsichtigen  Krystalis  schie- 


Kry«taIlogenie.  1353 

fsen  divergirend*  Bündel  von   milchweifsen  Krystallen   an ,  bis 
«ndlich  alles  in  ein  Aggregat  von  diesen  Krystallen  verwandelt 
ist.  Bei  diesem  Erhitzen  verliert  der  Krystall  kein  Wasser,  aufser  ' 
«t^nra  mechanisch  adhärirendes.     Kühlt  man  die  in  der  Uitze  er- 
zeugten schiefen  rhombischen,  Säulen  nach  dem  Trocknen  lang- 
sam .ab,  so  bleiben  sie  ziemlich  klar;   kühlt  man  sie  dagegen, 
ehe  sie  getrocknet  sind ,  rasch  tth ,  so  werden  sie  undurchsichtig 
und  zeigen  sich  beim  Zerbrechen  oft  als  ein  Aggregat  von  Kry- 
stallen des  2  -  und  2gliedrigen  Systems ,   welche  sich  zuerst  in 
der  noch  anhängenden  Mutterlauge  erzeugten  und  dann  durch 
den  schon  gebürdeten  Krystall  fortpflanzten.     Das  Bittersalz  ver- 
halt sich  gerade  so,  wie  der  Zinkvitriol,  und  liefert  bei  niederer 
Temperatur  gerade,  bei  höherer  schiefe  rhombische  Saiden  und 
aiicli  hier  werden  erstere  Krystalle  über  70^  C  undurchsichtig 
xind  zu  einem  Aggregate  von  Krystallen  der  zweiten  Art.  Schwe- 
felsaures Nickeloxyd  schiefst  aus  der  wässerigen  Lösung  unter 
15^  C.  in  rhombischen  Säulen,    zwischen  15  und  20^  in  qua- 
dratischen Oktaedern  an;  wenn  man  die  rhombischen  Säulen  im 
Sommer  dem  Sonnenlichte  einige  Tage  darbietet ,  so  schmelzen 
sie  weder ,  noch  verlieren  sie  ihre  Form ,  jedoch  beim  Zerbre- 
chen zeigen  sie  sich  aus  lauter  Quadratoktaedern  zusammenge- 
setzt, die  manchmal  einige  Linien  grols  sind.     Mit  dies»  £r- 
üahrung  Mitscherlicm^s  ist  die  friihere  Annahme  von  Bkookb 
und  R.  PhiIiLips^,  als  enthalte  das  quadratische  Salz  gegen  2 
Frocent  mehr  an  Säure  und  weniger  an  Wasser ,  als  das  rhom- 
bische, widerlegt.      Ueber  30®   krystalüsist  das  schwefelsaure 
IMickeloxyd  in  schiefen  rhombischen  Säulen  und  sonach  ist  die- 
ses Salz  trimorph.  Selensaures  Zinkoxyd  kryst^allisirt  unter  15°  C. 
in  geraden  rhombischen  Säulen ,  welche   man  blofs  einige  Au- 
genblicke auf  Papier  der  Sonne  auszusetzen  braucht,  um  sie  in 
ein  Aggregat  von  Quadrafoktaedern   zu    verwandeln,^  die  man 
beim  Zerbrechen  des  KrystaUs  erkennt;  aus  einer  etwas  wärmeren 
Lösung  schiebt    dieses  Salz  sogleich  in   Quadratoktaedern  an. 
Das  doppeltphosphorsaure  Natron  schiefst  in  zweierlei  Reihen* 
von  Gestalten  an,  die  zwar  beide  dem  2-  und  2gliedrigen  Kry- 
stallsysteme  angehören  ,  jedoch  mit  Winkeln,  die  nicht  auf  ein- 
ander zurückTiihrbar  sind.     Datsdie  bei  einer  gewissen  Temper 
rattir  erzeugten  KrystaUe.bei  einer  vef änderten  Temperatur  in 


1    Phillips  AnoaU  of  Pbilosopby.  Vol.  VI.  p.  457. 

Urrr  2 


1354  Krystall. 

eia  Aggregat  von  Kryst^en  eines  andern  Systems  ubergebea, 
fuhrt  MiTSCHERLiCH  zu  dem  Schiasse,  dafs  die  Atome  <i«r  fe- 
sten Körper  an  'einander  verschiebbar  sind ,  wenn  gewisse  Um* 
stände  eintreten,  welche  eine  andere  Anordnung  derselben  (eise 
andere  Ivrystailform )  nothwendig  machen.  Hieraas  erklärt 
MxTSCHKALiCH  auch  den  Uebergang  der  in  der  Hitze  erlialteecB 
glasigen ,  durchsichtigen ,  arsenigen  Säure  bei  längeren^  Aufbe- 
wahren bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  den  undarchsicbtigea 
und  selbst  erdigen  Zustand^.  Auch  die  Bildung  des  Reaumor- 
sehen  Porcellans  aus  Glas  möchte  hiervon  abzuleiten  seyn. 

b)  Indem  nur  wenige  Ivrystalisysteme  und  mehrere  taaseod 
brystallisirbare  Materien  exsistiren  ,  so  kommt  natürlich   einerlei 
Krystallsystem  sehr  vielen ,  übrigens  sehr'  von  einander  abwei- 
chenden Alaterien  zugleich  zu,  und  da  einerlei  Materie  vielleicht 
alle  Formen  des  Systems ,   zu  welchem  sie  gehört,  anneboMn 
kani),  so  wiederholen  sich  diese  einzelnen  Formen  bei  sehr  ver- 
schiedenartigen Materien.     £s  hängt  von  dem  Krystallsysteme 
ab,  ob  .die  einzelnen  Formen  verschiedener,  zu  demselben  Sy« 
Sterne  gehörender  Materien  auch  in  den  Winkeln  übereinkom- 
men oder  nicht.     Das  Erstere  findet  beim  regulären  KrystaIL>  - 
Sterne  statt,  wo  wegen  Gleichheit  der  drei  Axen  keine  Winkei- 
Verschiedenheiten  gegeben  seyn  können.     So  kommt  der  'Wärfei 
des  Kochsalzes  völlig  mit  dem  des  Flufsspaths,  Analcims,  ßZef- 
glanzeS|  Schwefelkieses  überein,  das  Oktaeder  des  Salmiaks  mit 
dem  des  Diamants ,  Spinells,  Alauns,  das  Dodekaeder  des  Gra- 
nats mit  dem  der  Blende  u.  s.  f. ;   da  hingegen  bei  den  übrigen 
Krystallsystemen  eine  Ungleichheit  der^  Axen  statt. findet  und 
diese  Ungleichheit  bei  verscliiedenen  Materien  eine  verschiedene 
ist,  so  sind   hiermit  auch  mehr  oder  weniger  auffallende  Win- 
kelverschiedenheiten der  verschiedenen  Materien  angehörenden 
Krystalle  gegeben.     So  ist  das  quadratische  Oktaeder  des  Gelb- 
bleierzes niedriger,  als  das  des  Zirkons,  und  dieses  niedriger, 
als  das  des  Anatas;  die  gerade  rhombische  Säule  des  Bittersalzes 
ist  nur  wenig  von    einer  quadratischen  abweichend,    die  des 
Schwerspathes  ist  stärker  geschoben  und  noch  mehr  die  des  To- 
pases u.  s.  f.     Oft  sind  jedoch  diese  Wipkelverschiedenheiten 
unbemerklich ;  so  betragen  die  stumpfen  Kantenwinkel  der  Säule 
beinl  Bittersalz  90°  30',  bei  Kinkvitriol  91°  7',   u«d  die  Winkel 
der   Scheitelkanten    des  Rhomboeders   betragen   bei  Kalkspath 
105^5',  bei  Manganspath  106°  51',  bei  Eisenspaih  107°  2',  bei 


Krysfallogenie.  •     *  1355 

Bitterspath  107**  22'  und  bei  Zinkspath  107*  40'.     Mit  dieser 
Verwandtschaft  hinsichtlich  ^der  Winkel  ist  oft  eine  Verwandt- 
schaft hinsichtlich  der  Zusammensetzung  gegeben,  denn  im  Bit- 
tersalz ist  1  Mischungsgcwicht  Schwefelsäure  und  5  Mischungs- 
gewichte Wasser  mit  1  Mischungsgewicht  Bittererde  vereinigt 
lind  im  Zinkvitriol  ist  di«  Bittererde  durqh  1  Mischungsgewicht 
Zinkoxyd  vertreten ;    in  den  genannten  Späth öTi  ist  allezeit  t 
Mischungsgexvicht  Kohlensäure  ipA  1  Mischungsgewicht  Basis 
-verbunden ,  nämlich  mit  Kalk  oder  Manganoxydul  oder  Eisen- 
ÖKydul ,    oder  Kalk  und  Bittererde   zugleich ,    oder  Zinkoxyd. 
Zwar  haben  nicht  alle  in  ihren  Winkeln    wenig  abweichende 
Krystalle  auch  eine  ähnliche  Zusammensetzung.     So  zeigt  der 
Tfatrolith  eine  gerade  rhombische  Säule,  deren  stumpfer  Kanten- 
•winkel  91'^  SS'  beträgt,  die  also   der  des  Bittersalzes  und  Zink- 
vitriols  sehr  nahe  steht,    während  die  Zusammensetzung  eine 
sehr  verschiedene  ist;    eben   so  steht  das  stumpfe  Rhomboeder 
des  salpetersauren  Natrons  dem  des  Kalkspaths  und  Manganspaths 
•     Bchr  nahe,  da  der  Winkel  der  Scheitelkanten  106*  30'  beträgt. 
Allein  die  obigen  Beispiele  zeigen  deutlich,  dafs  ein  Zusammen- 
hang stattfindet  zwischen  chemischer  Mischung  undKrystallform. 
Hierauf  gründet  sich  Mitscherlich's  Lehre  vom  Isohwr- 
phismus ,  von  Welcher  hier  das  Wesentlichste  in  atomistischei 
Sprache  folgt. 

Man  kann  Stoffe ,  sie  seyen  einfach  oder  zusammengesetzt, 
isomorph  nennen,  wenn  sie  nicht  blof»  für  sich  dieselbe  Kry- 
stallgestalt ,  entweder  mit  gar  keinen  oder  mit  nur  kleinen  Win- 
iLelverschiedehheiten,  zeigen,  sondern  auch  in  ihren  Verbindun- 
gen mit  andern  Materien  nach  denselben  atomistischen  Ver- 
hältnissen. So  ist  A  isomorph  mit  B ,  wenn  x  Atome  A  4^  y 
Atome  C  dieselbe  Form  zeigt,  *wie  x  AtomeB-f-y  Atome  C,  und 
wieder,  wenn  einerlei  Gestalt  zeigen  einerseits  x  Atome  A  -f~  7 
Atome  C+z  Atome  D  und  andererseits  x  Atome  B  -f-y  Atome  C4-  « 
Atome  D«  Nur  ist  hierbei  zugleich  der  Dimorphismus  mehrerer 
Materien  zu  berücksichtigen ,  welcher  scheinbare  Ausnahmen 
hervorbringt,  wenn  z.  B.  eine  Verbindung  von  A  die  eine  der 
beiden  Gestalten  zeigt,  die  möglich  sind ,  Und  die  entsprechende 
von  B  die  andere. 

Isomorph  sind :  Schwefel ,  Selen  und  Chrom ;  zwar  ist  nur 
die  Krystallform  des  ScRwefäla  bekannt,  allein  ein  Atom  jedes 
der  3  Stoffe  bildet  mit  3  Atomen  Sauerstoff  isomorphe  Säuren, 


1356  KrystalK 

nämlich  jlie  Schwefelsäure ,  die  Seleasfiiire  und  die  CIiroiii4iai«|  | 
welche  bei  ihrer  Verbindung  ifiit  eiper  gl^chefi  Zahl  von  Aton 
derselbei)  Sf^lzbasi«    gleichgeforqite  Salze   bUden.      N'amendick  I 
haben  einerlei  l^rystaljforqi :     einfach  Qchwefelsaures   .^lali  und 
einfach  seleqsaures  l^ali,  welche   beide  Salze  wwserfinei  sind; 
fernef  wiisserfreies  schwefelsaures  und  selensaures  Natron,  mm 
de^  lyasserigen  Auflösung  über  33®  C.  dargestellt;    ferne^r   ge- 
wässertes schwefelsaures ,  selensiiures  und  chromsaar«s  Nattn^f 
aus  der  wässerigen  Auflösung  in  der  I^älte  kr3r8tallisirt,   in  deren 
;jedeni  1  Atom  ßäure,  1  U^sis  und  10  Wasser  vorhanden   sind; 
fernpr  wasserhaltiger  Schwefelsaurer  und  selensaurer  K«Ik,  wie 
sie  aqs  der  Auflösuug  in  Walser   anschiefsen;    schwefelsani« 
Bittererde  oderZinkoxyd  ^chieJjsen  unter  15^0,  in  derselben  ge- 
radeu   rhqmbi$ehen  Säule    a^y   wie  ^elensaure  Bittererde    odec 
,^inkoxyd;  schwefelsaures  Nickeloxyd  schiefst  zwischen   15  bis 
20®  in  denselben  Quadratokti^edern  ^n ,  in  welchen*  das  aeien* 
ffaure  Nickeloxyd  iiumer   erfcheinf.  '    ßeleusaurei   Kapferoxjd 
schiefst  in  derselben  Form  ap,  wie  schwefeUaures^     JsoipQfph 
sind  ferner  Phosphor  uqd  Arsenik,  denu  1  Atqm Phpsphorsiiui« 
(=s  1  Atom  Phosphor  -f-  24-  Atome  SauerstoQ^)  bildet  mit  i  Atom 
Ammonial^  )ind  H  \Yasser  dieselbeu  depi  2  t  und  Igliedrigen 
gysteqfie    f^ngehörenden    Krystalle ,    wie   1   Atom  ArseniksanT« 
(=  i  Atom  Arsenik  -^  2^^  Atome  Sauerstoff)  mit  1  Atom  Ammo^ 
i^iak  und  Ij^  Atomen  Wasser;  auch  ist  gleich  kryst^lisirt  das  ein- 
fach phosphorsaure  und  das  einfach  arseqiksaure  Natroq ,   wapn 
b^ide  Salze  12  Atome  Krystallwasser  enthalten;  ferner  das  dop- 
peltphosphorsaure  Ammonif^k  (2  Atome  Phosphorsäure ,  1  Am- 
inouiak  und  14-  Wasser)  und  das  doppeltarseniksaure  Ammoniak 
(2  Atp.n^e  Arseqikfiäure  y    1  Ammoniak  und  H  Wasser);  (en^er 
das|  doppeltiphosphorsaure   und  das  doppeltarseniksaure  Natron 
l^ei  4  Atoiuen  Krystall weisser  C^^ur  dafs  das  phpsphors^ure  Salz 
dimorph  ist  und  alsq  noch   eiue  andere  Krystallgesfalt  zeigt); 
fforner  das  doppelt  phosphorsaure  uud  doppelt  arseuiksaure  Kali, 
l>ei  2  Atomen  l^rystallwa^ser^  deren  KrystalUbrm  zugleich  mit  der 
^es  doppeltphqsphQrsauren  Aipmoniaks  iibereiukouimt ,  und  endr 
|ich  zeigt  dt^  natürlich  vorkommeude  phosphorsaure  Bleioxyd 
^i^selbe  Farm,  wie  das  ebenfalls  natürliche  arseniksaure, 

ferner  ist  ein  bouiorphisn^us  anzunehmen  zwischeu  1  Atom 
Kali  einerseits  und  zwischeu  1  Atom  Ammoniak  +  2  Atomen 
Wasser  ^andrerseits  ^  spferu  si^h  ßnde/t,  dal?  9i9h  beide  in  ihren 


K^ryntiillog^iiie.  J3S7 

Verbindungen  bei  gledoheT  Krysullform  vertreten.  So  haben^ 
^^nrie  bereits  erwähnt  ist,  doppeltphosphorsanres  und  doppeltar- 
aenil^saores  Ammoniak,  welche  4  Atome  Krystallwasser  euthalteni 
einerlei  Form  mit  den^  doppeltphospbprsanren  nnd  doppeltarse-r 
xiiksaorenRali,  worin  nii^r  2  Aton^^  Krystallwasser  enthalten  sind« 
Andere  Beispiele  finden  sich  bei  den  unten  2a  erwähnend eq 
IDoppelsaken  des  Ammoniak^  oder  Jvali'^  fnit  Qittererde ,  Zink-t 
oxyd,  EUenoxydul  u.s.f, 

Ferner  sind  isomorph  Natron  und  Silberoxyd,  denn  sch\ye-T 
felsfiures  und  selensaures  Natron,  aus  der  wa3ser]gen  Lösung 
anschiebend ,  bilden  wasserfreie  Krystaüe  von  derselben  Form^ 
'^e  das  schwefelsaure  upd  selensapre  Silberoxyd  besitst« 

Die  bede^itendste  Keibe  VQu  isomorphen  Stoffen  ist  folgende ; 

Calcium,  Magnium,   Mangan,   Zink,   ßisen,   Kobalt,   Nickel, 

Kupfer,  Baryum,  Strontium  und  Blei«     Aus  der  Verbindung  von 

1  Atom  dieser  Metalle  m\%  i  Atoip  Sauerstoff  entsteht :   Kalk, 

Sittererde,  Manganoacydul,  Zinkoxyd,  Eisenoxydul,  Kobahoxyd, 

Nickeloxyd,  Kupferoxyd,^Bar3rt,  Strontian  und  Bleioxyd.   Alle 

4iese  Qxyde  erzeugen ,  soweit  der  Dimorphismus  keine.  Aus^ 

nahmen  mac)it,  pait  derselben  Säure  gleichgeformte  Verbindun« 

gen,    ^o  bilden  die  5  zuerst  genannten  Oxyde  mit  i  Atom  Koht 

lensäure  die  verschiedenen,  oben  betrachteten,  nur  geringe  Win  ^ 

kelytrs^hiedenlieit   zeigenden  rhoipboedrischiin   Spathe.    Aller« 

dings  JÜnd  die  iVerbindui^gen  von  1  Atom  Baryt,  Strontian  ödes 

Bleipxyd  mit   1  Atom  Kohle^isäure  anderf  kry^tallisirt,  sofern 

ihre  Formen  dem  2- und  Sgliedrigen  Systeme  ^gehören.  Dieses 

>  ist  vom  Dimorphismus  abzuleiten;  man  hat  anzunehmen,  dab 

die  8  erstgenannten  Oxyde  von  den  beiden  Formen,  die  üe  mit 

Kohlensäure  annehmen  kannten,  vorzugsweise  die  rhomboedri? 

sehe  annehmen   und  die  3  zuletzt  genannten  Oxyde  vorzugs-r 

weise  die  prismatische,.      Diese  Annahme  wird    dadurch  sehe 

^^«cheinlich ,  daüs  der  kohlensaure  Kalk  wirklich  in  doppelten 

Form  auftritt ,  im  K^Ikspath  rhomboedrisch ,  im  Arragonit  dage-* 

gen  prismatisch ,  \yodurch  er  sieh  völlig  dem  natürlichen  kob-v 

lepsauren  Baryt,  Strontian  und  Bleioxyd  anschliefst.     Als  wei-< 

tere  Belege  für  den  Isomorphismus  der  11  genannten  ^alzbasen 

dienen  folgende  Thatsaphen.  Der  phosphprsanre  Kalk  (der  Apatit) 

hat  dieselbe  Krystallform ,  wie  das  phosphorsi^ure  Bleioxyd  (das 

Grünbleierz).    Der  unterschwefelsaure  Kalk  krystallisirt  auf  die* 

selbe  Weise,  in  6eeitJgen  Säulen,  wie  der  unterschwefelsaure 


1358       ^  Kty»talL 

Strontiaii  und  das  antersohwefelsaure  Bleioxyd ,  wobei  immer  4 
Atome  Krystallwasser' gegeben    sind;    dagegen  krystalUsirt  da 
unterschwefelsaure  Baryt  bei  demselben  Wassergehalte  in  gera- 
den rhombischen  Säulen ,  was  wohl  vom  Öimorphismus    abso- 
leiten  ist.     Sind  die  genannten' SaUbasen  mit  1  Atom  Schx^refel- 
säure  oder  Selensäure  und  4  Atomen  Krystallwasser  verbtinden, 
so  gehören  ihre  iCrvstalle  dem  1-  und  Igliedrigen  Systeme  an.  So 
krystaliisiren  schwefelsaures  und  selensaures  Manganoxydul  über 
5*,  selensaures  Zinkoxyd  und  Kobaltoxyd  über  3Ö  bis  40^-  D« 
Kupfervitriol  (1  Atom  Kupferoxyd ,  1  Atom  Schwefelsäure  und 
5  Atome  Wasser)  zeigt  auch  dem  1  -  tind  Igliedrigen  Systeme 
angehörende  Krystalie ,    deren  Winkel  sich  aber  nicht  mit  den 
obigen  vereinigen  lassen.     Sind  die  genannten  Salzbasen  mit  1 
Atom  Schwefelsäure  oder  Selehsäure  und  6  Atomen  Wasser  ver- 
einigt, so  entsteht  die  schiefe  rhombische  Säule  des  Eisenvitriols. 
Diese  zeigen  namentlich  das  schwefelsaure  Eisenoxydul,  Kobalt- 
oxyd, Eisehoxydul*  Zinkoxyd,  Eisenoxydul -Kupferoxyd,  Ku- 
pferoxyd-Zinkoxyd,  Kupferoxyd  •»►  Nickeloxyd ,    Kupferox>'d- 
Bittererde,  Manganoxydul **  Zinkoxyd  und  Manganoxydul  -  ßit- 
tererde,  wenn  diese  Salze  bei  gewöhnlicher  Temperatur  krystal- 
iisiren ;  ferner  das  selensanre  Kobaltoxyd,  wenn  es  bei  10®,  und 
das  schwefelsaure  Manganoxydul,  wenn  es  unter -f- 5®  anschiefst. 
Treten   endlich  zu  1  Atom   der  genannten  Basen  und  1  Atom 
Schwefelsaure  oder  Selensäure  7  Atome  Krystallwasser ,  so  ent- 
stehen bei   niedrigster  Temperatur   getade  rhombische   Säulen, 
kaum  von  der  quadratischen  abweichend ,    bei  einer  mittleren 
Temperatur  Quadratoktaeder  und  bei  noch  höherer  schiefe  rhom- 
1»iscbe  Säulen,  nicht  mit  denen  des  Eisenvitriols  vereinbar.  Die 
gerade  rhombische  Säule  zeigt  unter  4-  15^  krystallisirte  schwe- 
fekaure  Bittererde,    schwefelsaures  Zinkoxyd  und  Nickeloxyd, 
selensaure  Bittererde  und  selensaures  Zinkoxyd.     In   Qutdrat- 
oktaedern  krystaliisiren  sch^Ti^felsaures  Nickeloxyd  und   selen- 
f  aures  Zinkoxyd  »wischen  15  und  20*  und  selensadres  Nickel- 
.  oxyd  bei  gewöhnlicher  Temperatur.     In  der  schiefen  rhombi- 
»chen  Säule  schiefsen  an  seh wefelsaure  Bittererde,  schwefelsaures 
Zinkoxyd  und  schwefelsaures  Nickeloxyd  über  30*,  schwefel- 
saures .Kobaltoxyd  bei  20®,  selensaure  Bittererde  und  selensaures 
Kobaltoxyd  über  15«, 

Auch  entsteht   immer   dieselbe   schiefe  rhombische  ^äule, 
mrenn  2  Atome  Schwefelsäure  und  6  Atome  Wasser  verbunden 


^    Krystallogenie,  1359 

vrerden  mit  1  Atom  Kali  (oder  statt  des  Kali's  mit  1  Atom  Am<^ 

monialc  und  2  Atomen  Wasser)  und  mit  1  Atom  Bittererde,  Man«« 

ganoxy^ul,   Zinkoityd,  ßisenoxydul,  Kobaltoxyd,  Nickeloxyd 

oder  Kupferoxyd;     Im  Augit,  der  I}ornblende  und  einigen  an«* 

dern    kieselsapren  Salzen   finden   sich  häufig  Kalk,^  Bittererde, 

IMiaDganoxydul  und  Eisenoxydul  wechselseitig  durch    einander 

vertreten ,   ohne  Aenderung  der  Kr.y  stall  form.     So  bildet  auch 

die  Alaunerde,  ein  regelmälsiges  Oktaeder,  sie  sey  mit  Bittererde 

vereinigt,  im  Spinell,  oder  mit  2^inkoxyd,  im  Gahnit.     Endliche 

bilden  Baryt,  Strontian  und  ßleioxyd  mit  Schwefelsäure  Krj^-* 

j»talle  des  2*-  und  2gliedrigen  Systems,'  die  in  ihren  Winkeln 

nur  sehr  wenig  abweichen,  und  der  mit  3  Atomen  Walser  kry*- 

atallisirte  essigsaure  Baryt  hat  dieselbe  Kry&tallform,  wie  das.  mit 

3  Atomen  Wasser  krystallisirte  essigsauiTe  Bleioxyd  oder  derBlei- 

zucker. 

Ferner  sind  isomorph )  Alaunerde,  Eisenoxyd,  Manganoxyd 
und  Chromoxydul.     In  allen  diesen  4  Oxyden  kann  man  1  Atom 
Metall  auf  1^^  Atome  Sauerstoff  oder,  was  dasselbe  ist,  2  Atome 
Metall  auf  3  Atome  Sauerstoff  annehmen.  Die  natürliche  Alaun-» 
erde,  derSapphyr,  sowohl,  als  auch  das  uatilrliche Eisenoxyd, 
der  Eisenglanz,  sind  ia  spitzen  Rhomboedern   mit  nur  wenig 
abweichenden  Winkeln  krystallisirt.  Der  gewi>hnliche  Alaun  hält 
auf  4  Atome  Schwefelsäure,  24  Wasser  und  1  Kali  2  Atome  Alaun- 
erde (in  der  Alaunerde  1  Atom  Alomium  auf  l^-  Sauerstoff  vor-» 
ausgesetzt);  diese  2  Atome  Alaunerde  ki5nneu  vertreten  werdea 
durch  2  Atome  Eisen oxyd,  Mangan oxyd  oder  Chromoxydul  und 
immer  bleibt  dieselbe  regelmäfsig  oktaedrische  Form  des  Alauns» 
ferner  zeigen  auch  einerlei  Krystallform ,    dem  quadrati- 
schen SystemeL  angehörend ,  das  Zinnoxyd  als  Zinnstein  und  das 
Titanoxyd  als  Rutil;   beide  Oxyde  kann   ipan  als  aus  1  Atoo) 
Metall  und  2  Sauerstoff  zusammengesetzt  ansehen, 

Endlich  sind  als  isomorph  anzunehmen ;  Platin ,  Palladium, 
Iridittip  und  Osmiuu),  da  nach  Beiizei.iu3  jedesmal  reg^lmäfsige 
Oktaeder  entstehen ,  das  Chlorkalium  verbinde  sich  mit  Chlor-r* 
platin  oder  mit  Chlorpalladium  oder  mit  Chloriridium  oder  mit 
Chlorosmium  nach  denselben  atomistischen  Verhältnissen. 

Viele    andere   einfache  und  zusammengesetzte  Stoffe    sind 
hinsichtlich  ihres  Isomorphismus  noch  nicht  bekannt.     Das  bis 
^    jetzt  Bekannte  berechtigt  jedoch  zu  dem  Schlüsse ,  dals  die  Kry- 
stallform der  verschiedenen  Stoffe  abhängt  1)  Von  ihrer  chemi- 


1360  Kugeljpiejgel 

sehen  Natar  und  zwar,  wenn  sie  zusammengeeetst  siiid,  von  « 
Natur  der  Bestand theile  und  von  dem  atomistischen  VeThälfnisfc^ 
nach  welcheip  diese  vereinigt  sind ,  und  2)  von  der  respecdve« 
Lage ,  welche  die  einfachen  oder  zusammengesetzten  Atome  M 
der  Krystallisation  gegen  einander  annehmen  *• 

Die   Ursaciie  der  Kry^tallisaiion  ist  vor  allen  Dingen  im 
der  Cohäsionskraft  zu  suchen.     Da  jedoch  hierdurch  allein  di« 
ßilduag  regelmäfsig  gestalteter  fester  Kdrper  nicht  erklärt  vrerda« 
kann,  so  hat  man  entweder  der  atomistischen  Theorie   gernafi, 
eine  bestimmte  Form  der  Atome,    die  vielleicht  noch  mit  An- 
Ziehungspolen  und  Abstofsungspolen   versehen  sind,  xa  Hälfe 
zu  nehmen ,  oder,  der  dynamischen  Theorie  gemals ,  eine  nach 
gewissen  Richtungen  hin  verschieden  grobe  Cohäsionskraft,  wo- 
von nicht  blols  die  Bildung  regelmafsiger  Kdrper,  sondern  auck 
ihre    leichtere   Spahbarkeit  nach   gewissen  Richtungen,      nach 
denen  die  Cohäsion  minder  grols  ist,  «ib^uieiten  seyn  wurdet. 

'K  u  g  e  1  s  p  i  e  g  e  1. 

Speculnm  sphaericwn  convexum;    Miroir   sphe- 
r.iquej     Sphericßl  Mirror^ 

Der  kugelförmige  convexe  Spiegel  bietet ,  obgleich  er  lu 
jMraktischen  Anwendungen  weniger,  als  der  Hohlspiegel,  geeignet 
ist,  doch  Gelegenheit  zu  einigen  bemerkenswerthen  theoreti- 
schen Untersuchungen  dar.  Wenn  der  Ort  des  leuchtenden 
A^'Punctes  P  und  der  Punct  A,  wo  die  Zurückwerfung  des  Strahles 
von  der  Kugeloberflache  AB  DE  stattfinden  soll,  gegeben  ist, 
so  hat  es  keine  Schwierigkeit,  die  gerade  Linie  AQ  zu  finden, 
in  welcher  sich  das  Auge  Q  befinden  mub ,  um  den  Gegenstand 


1  lieber  Dimorphismui  and  Isomorphismas  s.  B^itdavt  in  Anoalet 
de  Chimie  et  Physique  VoK  IV.  p.  72.  *  Vol.  VIF.  p.  899.  Vol.  VIII. 
p.5.  VoLXIV  p.S26.  W0LX.ASTOK  ia  ThomsoD*s  AnnaU  Vol.lV.  p.28S. 
MiTscHB^LicH  ia  Annales  de  Chimie  et  Phjsiqae  Vol,  XIV.  p.  17^  VoL 
XIX.  p.  359.  Vol.  X}CfV.  p.  264  and  555-  Ferner  in  Pogsondorr» 
Ann.  XI.  S.  323.  IIaut  in  Aaaales  de  Chimie  et  Physique  Vol.  XI?. 
p.  305.  Marx  in  Kästner'«  Archiv  Bd.  IT.  S.  18.  ÜAiuuiCfia  in  Folgen- 
doiITs  Ann.  B.  VI.  S.  191  und  ^.  XI.  $.  173. 

$    Vergl.  Art.  Materie. 


KngelapiegeL  1361 

P  in  A  gespiegelt  zu  sehen ;  aber  weif  schwieriger  ist  die  nntev 
dem  Namen  des  AlhazmtiBcihen  ProhUmea  bekannte  Frage ,  wo 
A   liegt  y    wenn  P  und  Q,  die  Oerter  des  leuchtenden  Pnnctes 
'Ond  des  Auges^   gegeben  sind«    Die  Bemühnngen,  dieses  Pro- 
blem aufzulösen,  haben  Barrow  ^  und  Kastsea^  efzählt^  ich 
^will  daher  in  dieser  Hinsicht  auf  diese  verweisen  und  blofs  eine 
geometrische  Auflösung  von  Barrow  mittheilen,    demnächst 
aber  an  die  Kästnersche  Formel  einige  Betrachtungen  anknüpfen* 
Barrow  setzt  zwar  den  Mittelpunct  C  des  Kagelspiegels 
als  gegeben  Voraus ,  aber  niclu  den  Halbmesser ,  und  sucht  den 
geometrischen  Ort  aller  Reflexionspuncte  für  alle  möglichen,  um 
jenen  Mittelpunct  beschriebenen  Kugelspi^gel.     Dafs  dieser  Re* 
ilexionspnnct  immer  auf  dem  gröfsten  Kreise  liegt,  dessen  Ebene 
durch  die  beiden  Puncte  geht,  von  wo  der  Strahl  kommt  und 
-wohin  er  gelangen  soll ,  Versteht  sich  von  selbst. 

Um  die  einzelnen  Poncte  jenes   Verlangten   geometrischen' 

Ortes  zu  finden  ,  wird  zuefst  um  den  Mittelpunct  G  der  durch  P 

gehende  Kreis  Pab   gezeichnet   und   ein  "zweiter  Kreis   Pa/J, 

dessen  Durchmesser  CP  ist.     Man  zieht  dann  nach  einem  auf 

dem  letzteren  Kreise  willkürlich  angenommenen  Puncte  a  die 

Linie  Ca,  ferner  Pa,  die  bis  an  den  grofsen  Kreis  nach  a  ver« 

längert  wird,  dann  von  a  durch  Q  die  Linie  aQ,  die  mah  nach 

A  so  weit  verlängert ,  bis  sie  C  a  in  A  scimeidet ;  dieser  Pnnct 

A  ist  einer  der  verlangten  Puncte ,   nämlich  auf  dem  mit  dem 

Halbmesser  CA  gezeichneten  Kreise  ist  A  der  Reiiexionspnnct* 

Die  C|9,  P/5b,  bQ,  welchedie  verlängerte  CjJin  B  schneidet, 

geben  ebenso  den  Punct  B,  und  C£,  Pce,  eQ,  welche  Cc  in 

'    £  schneidet,  geben  ebenso  den  Punct  £  und  auf  gleiche  Weise 

fände  man  die  ganze  Curve  DCAQBCBP,  in  welcher  ich  nur 

A,B,D,  E,  um  die  folgenden  Betrachtungen  daran  zu  knüpfeui 

auf  demselben  Kreise  gezeichnet  habe« 

Es  scheint  nämlich  sonderbar ,  dafs  es  auf  derselben  KugeI-> 
fläche  AB  DE  vier  Reflexionspuncte  geben  soll,  da  doch  nur  in 
einim  Puncte  A  der  an  der  convexen  Seite  zurückgeworfene 
Strahl  von  P  nach  Q  gelangt  und  in  einem  Puncte  D  die  Zu- 
TÜchwerfung  aa  der  hohlen  Fläche  den  von  P  «ausgegangenen 
Strahl  nach  Q  bringt ;  aber   das  geometrische  Problem  umfalst 


1  Lectlones  opticae.  Lect.  9* 

2  Nov.  Gomm.  Guttiog.  Vol.  7, 


1362  Kugelspiegel. 

nicht  Mofs  diejenigen  Fälle,  wo  die  beiden  Winkel,  Ti^elche  di 
von  P  und  Q  ausgehenden  Liniei^  mit  dem  Radius  CE  bilden 
an  verschiedenen  Seiten  des  Radius  Uegen  und  gleich  sind,  son- 
^  dern  auch  die  Fälle,  wo  sie  an  einerlei  Seite  der  NormalÜnic 
liegen  und  gleich  sind.  Der  Kugelspiegel  giebt  in  B  und  in  E 
keine  Reflexion  des  von  P  kommenden  Strahles  nach  Q  hin, 
aber  die  Linien  P  B,  Q  B  und  PE,  QE  machen  dennoch  gleic!» 
Winkel  mit  der  an  den  Kreis  in  B,  E  gezogenen  Tangente. 

KaSTITER  findet  es  am  bequemsten ,    die  trigonometrische 
"Darstellung  so  anzuordnen,  dafs  P  CQ  =  2a  gesetzt  wird  und 
die  Winkel  RCA  =  qp  von  der  Halbirungslinie  CR  an  gerech- 
net werden.     Dann  wird  Tang.  P  A  a  =  Tang.  Q  A  a  = 
a  Sin,  (a-^-if,)       A  .  Sin,  (a  +  y) 

a  Cos.  (a—qp)  —  ^  A  .  Cos.  (a  +  9) —  r  ' 

wenn  CQ=  a,  CP  =  A  ist.     Daraus  ergiebt  sich 
>    a  A  Sin.  2q> 
A  Sin.  (a  +  9))  —  a  Sin.  (« —  9)* 
Hier  zeigt  sich  sogleich,    dafs  r  zweimal  =0  wird,  so^^ohl 
wenn<p  =  0,   als  auch,  wenn  <p  =  90«  ist;    dieses  zeigt  die 
vorhin  gezeichnete  Curve,  die  in  C  einen  doppelten  Punct  hat. 
Für  <p  =  a  wird  r  =  a,  da^  heifst,  ein  unmittelbar  an  die  Ku- 
gelfläche angelegtes  Auge  würde  den  leuchtenden  Punct  in  eben 
dem  Puncte  sehen,  wo  "es  sich  dicht  an  der  Kugelflache  befindet. 
Und  ebenso  wird  r  =  A  für  9)  =  -r  a.     Die  Curve  geht  daher 
durch  P  und  durch^Q. 

Die  Curve  hat  eine  gerade  Linie  zur  Asymptote.  Man  findet 
nämlich  r  =  00 ,  wenn  a .  Sin.  (a  — qp)  =  A  .  Sin.  (a  +  gi)  oder 

^  (a  — A)  Tang,  a     ,      ,    .^ 

Tang,  (p  '=Ä ■      — ,  das  heifst,  wenn  9)  derjenige  ne- 
gative, von  R  gegen  P  gerechnete,  Bogen  ist,  dessen  Tangente 

A—  a 
=s=  •— - —  Tang,  a ,  so  ist  r  unendlich.     C  S ,  C  T  sind  die  bei- 
A  "T"  a 

den  Enden  dieser  Asymptote.  * 

Die  allgemeine  Gleichung  zwischen  r  und  <p"giebt 

dr  (A  Sin.  (a-^tp)  —  a  Sin.  {a — cp)) 

,=  2aAd(j)  Cos.  2(p  —  rdcp  (ACos.  (a-f-qp)  +  aCos.fa— ^)) 

11        -  ^  2äA.d(p  ^.        rii.  ,. 

und  dr  wird  =   — ~: .  wenn  o)  =  0  ist,  folglich  ist 

(A  —  a)  Sin.  a  ^  ° 


Kugelspiegeh  |3ß3 

^  r 

,  in  diesem  Falle,  nncL  auch  dann ,  wenn  g>  s=  90®  ist,  un- 
endlich. In  beiden  Fällen  ist  daher  dex  Radius  eine  Tangente 
der  Cuxve,  wie  CR,  CU  es  zeigen. 

Mehr  geometrische  Eigenschaften  dieser  Curve  anzugeben, 
gehört  nicht  hierher,  obgleich  sich  zu  Xastkek's  Bestimmungen 
noch  Einiges  hinzufügen  Üefse. 

Um  die  scheinbare  Grölse  des  im  convexen  Spiegel  gesehe- 
nen Gegenstandes  zu  finden ,  würde  erfordert,  dafs  man  angäbe, 
um  wieviel  sich  der  Winkel  CQ  A  ändert,  wenn  der  Lichtstrahl 
nicht  von  P,  sondern  von  einem  etwas  von  P  entfernten  Puncte 
herkäme.     Da  die   Aufgabe  sich  nur  näherungsweise  aufidsen 
läfst,  so  will  ich  bei  einem  leichten  Falle  stehen  bleiben.     Es 
sey  O  das  Auge  und  die  eine  Grenze  des  Gegenstandes,  den  ich 
als  aehr  entfernt  annehme,  liege  in  der  verlängerten  CO,  die 
andere  Grenze  des  Gegenstandes  erscheine  von  C  aus  gesehen 
in  P  und  p  A  sey  der  mit  PC   parallele,  den  Spiegel  treffende 
Lichtstrahl,  der  nach  AO  zurückgeworfen  das  Auge  in  O  trifft. 
Da  das  Auge  die  eine  Grenze  des  Gegenstandes  in  B  gespiegelt 
sieht,  die  andere  in  A,  so  ist  BOA  die  scheinbare  Gröfse  des 
unendlich    entfernten   Gegenstandes    im  Spiegel,      OCP    die 
scheinbare  Gröfse  des  direct  gesehenen  Gegenstandes.     Es  sey 
CO  =  a,  CB  =  r,    OCP  =  a,   COA  =  9,    so  ist  O CA 
=  a—  ACP  undOCA+(p  =  ACP,  also  OCA  =  |(a  — 9) 
und  a  :  r  =  Sin.  J- (a  +  cjp)  :  Sin.  9  =  aSin.yssrSin.^-fa  +  y). 
Die  Entwickelung  führt  zu  einer  Gleichung  vom  dritten  Grade  ; 
ich  will  mich  aber  begnügen ,  die  Anwendung  auf  den  Fall  zu 
machen,  wenn  a  und  folglich  noch  mehr  q>  ziemlich  klein  ist: 
dann  hätte  man 

ag>—  i&qf^=ita  +  it(p—  V^'C«*  +3a*9+3a92  +»'), 
r  • 

woraus  9  = •  a  +  Ba^  folgt,   B  aber 

2a  —  r 

*==  a~T:  [(*^  -  *0A*  ~^rA^~^VrA^  Ar]. 

,  Die  Sonne  also  wird, in  einem  Eugelapiegel   von  6  Zoll 

Halbmesser  schon  in  der  Entfernung  von  8^  Fufs  nur  1  Min. 
im  Durchmesser  erscheinen.  Wenn  der  Halbmesser  des  Mondes 
=  tIt;  seiner  Entfernung  von  uns  ist,  so  würde  die  Sonne,  im 
Monde  abgespiegelt,  um  die  Zeit  des  Vollmondes  nur  unge£ihr 
V.  Bd.  -  Ssss 


1364  Kupfer. 

4  Secundcb  im  Durchmesser  erscheinen^.  I)ie  ec^jlpbare  Klein- 
heit auch  derjenigen  Gegenstände ,  die  nnr  mafsig  entfernt  sind, 
'wenfi  «ie  im  Kugelspiegel  gesehen  w^i^den-,  erklart  sich  gleich-« 
falls  hieraus.  B. 

Kupfer- 

Cuprum;     Cuivre;     Copper. 

Das  Kupfer  ist  seit  den  «Itesten  Zeiten  bekannt«     Es  findet 
sich  gediegen,  als  Kupferoxydul,  als  JK.upferpxyd  in  Verbindang 
mit  Kohlen-,  Phosphor-,  Schwefel-,  Salz-,   Arsenik-  oder 
Kieselsäure ,  als  theils  «reines ,  theils  mit  vielen  lindern  Schwe- 
felmetallen verbundenes  Scliwefelkupfer    und  als  Selenkupfer. 
Es  wird  theils  auf  dem  trocknen ,  theils  auf  dem  nassen  Wege 
dargestellt.    Bestehen  die  Erze  aus  gediegenem  Kupfer,  Jvupfier- 
oxydul  und  koMensaurem  Kupferoxyd,  so  bedarf  es  blofs  des 
Schmelzens  mit  Kohle  und   einem  Flufs ,  der  die  Schmelzung 
der  beigemengten  Erden  m^^lich  macht.  Enthalten  sie  dagegen 
Schwefelkupfer ,   so  ist  zur  Entfernung  des  Schwefels  wieder- 
holtes Aösten  und  Schmelzen  nöthig,   welches   letzteres  neben 
den  Schlacken  im  Anfange  ein  unreines,   sehr  schwefelarmes 
Schwefelkupfer,   ien  Kupferstein ^  liefert,    dann  nach  wieder- 
holtem Jl4[)ste,n  und  Schmelzen  dieses  Steines  ein  unreines,  schwe- 
felhaltendes Kupfer,  das  Schufarzkupjerm     Dieses  wird  durch 
Schmelzen  an  der  Luft  im  Kupfergarheerde  vom  Rest  der  (Jn- 
reinigkeiten  befreiet ,  gar  gemacht.    Indem  man  das  geschmol- 
cene  Kupfer  in  Gruben  von  oben  nach  unten  erstarren  läfst  und 
nach  ^ind  nach  in  Scheiben  abhebt,  erhalt  man  es  als  Scheiben^ 

'oder  Rosettenkupfer,  Die  Darstellung  auf  nassem  Wege  beruht 
auf  der  Niederschlagunjg  des  Kupfers  aus  Wasser,  welche^  Ku- 
pfervitriol gelbst  enthalt,  durch  Eisen;  sie  liefert  idACement^ 
hupf  er.  * 

Das  Kupfer  krystallisirt  meistens  in  Formen  des  regelmafsi- 
gen,  se}|en^n' Formen  des  3*  und  SgUedrigen  Systems;  es  zeigt 

''nach  dem  Schmelzen  ein  specifisches  Gewicht  von  8,788  und 
nach  defm  Ausziehen  zu  Dfilht  i^oA  8,878;  es  ist  bedeutend  hart 
und  zähe;   es  ist,  nebst  dem  Titan,   das  einzige  rothgefärbte 


1    Kästkrr's  Rechnongen  geben  ahnlfehe  Remltate.   Not.  Comm. 
Ootting,  Till.  118. 


Kupfei;.  1365 

Metall;  'seto  Scbmelzpunct  liegt  übe/  dem  des  Silben,  «ntec 
dem  de»  Goldes,  und  zwar  bedarf  es  «um  Schmelzeo  einer  star- 
ken Hothgliibbit'ze ;  in  sehr  höhet  Temperatur  geräth  es  ii» 
Kochen. 

Daa  Kupferoxydul  (64  Kupfer  aof  8  SaüerktofiP)  kommt  na- 
tiirlioh  d!h  Roihkupferer»  io  regeknaffigen  Oktaedern  und  andern 
Gestaken  des  ri'gelmäbigen  ^atems  vor  und  ist  rodi.  gefärbt. 
Sein  Hydrat-  ist  pammeransengelbr  Es  verbindet  sich  nur  tnit 
wenigen  Säuren , .  sofern  es  beim  Zusammenbringen  mit  mehre- 
ren ,  indem  sich  des  Sauerstoff  blols  auf  die  Hälfte  des  Kupfers 
>.virft,  in  sich  a\)iflp4endes  Oxyd  und  asurückbleibendes  Metall 
zerfallt.  Die  KupferoxyduUalfiß  sind  theils  üadilos,  wie  das 
salzsaure  und  essigsaure,  theils  lotfa,  wie  das  scbwefligsaure 
Kupferoxydul.  Mit  wässerigem  Ammoniak  bildet  das  Oxydul 
eine  farblose  Losung,  die  sich  an  ^derLuft  schnell  von  oben 
nach  unt^n  bläuet^  im  Verhältnissei  als  sich  das  Oxydul  in  Oxyd 
verwandelt»  '    %  • 

Das  Kupferoxyd (^^Kti^ht  auf  8 Sauerstoff),  welches  steh 
in  unreinem  Zustande  als  Kupfera^htifitrze  vorfindet,  bildet  sich 
beim  Glühen  diA%  Kupfers  an  der  Luft  als  eine  braunschwarze 
pulverige  oder  schuppige  Masse,  nur  in  heftiger  Hitze  schmelz- 
bar ,   durch  Kohle  leicht  reducirbar.     Das  KupferoxydhydroM^ 
welches  beim  Versetzen  eines  Kupferoxydsalzes  mit  überschüs- 
sigem wässerigen  Kali  niederfallt,  ist  hellblau.     Die  Kupfer^ 
oxydsahe  sind  im  wasserfreien  Zustande  meistens  weifs,  im  ge- 
wässerten blau  oder  grün ;  ihre  Lösungen  schmecken  sehr  me- 
tallisch; Zink,  Eisen,  Blei  und  viele  andere  Metalle  schlagen 
aus  ihnen  metallisches  Kupfer  nieder;  kohlensaure  Alkalien  fäl- 
len sie  bläulich  grün,  blausaures  Kali  gelb,  blausaures  Eisen* 
oxydal-Kali  dunkelroth,  Hydrothionsänre  braunschwars  und  der 
'doroh  ätzendes  oder  kohlensaures  Ammoniak  hervorgebrachte 
Niederschlag  wird  in  einem  Ueberschusse  derselben  mit  lebhaft 
UsUiblauer  Farbe  gelöst»    Folgendes  sind  die  wichtigsten  Ku- 
pferoxydsalze:  ealpetereauree  Kupferoxydy  grolse  blaue  Tafeln, 
sehr  ztrflielslich;   schwefeleaurea  Kupferoxyd  oder  Kupferpi^ 
iriol,  in  blauen  Tafeln  des  1-  und  Igliedrigen  Systems  krystal* 
lisirt,  beim  Erhitzen  erst  unter  Wasserverlust  weifs  werdend^, 
danb  m  heftiger  Glühhitze  alle.  Säure  verlierend  |  in  4  Theilen 
Wauer  löslich. 

Einfach  sahsauree  Kupferpxyd^  ematagdgrun,  achwiirig 

Ssss2 


1366  Kapfer* 

• 

krystftlUiir^ncl,  serflieblich,  beim  ErwICnDen  in  Chlorknpfer  über- 
gehend«    yiertelsaliuaures  Kupferoxyd  j  des  Selzkopfererz  der 
Mineralogen,  emeragdgiiin,  nicht  in  Waseer  löeli«^   PhoBphar^ 
^aurtB  Kiipferoxyd^  natürlich  alt  PseudomalachU  voikommend, 
nicht  in  Wasser  toslich.     KohUneaurea  Kupferoxjd  j  -von  ^w^ 
ehern  natürlich  2  Arten,  ^^Kupferkuur  und  der  MaleoAdt,  vor- 
kommen f  unter  denen  der  letztere  weniger  Kohlensäare  enthill^ 
künstlich  alr  grünes  Palver  darstellbar,  nicht  in  Wasser,   abec 
mit  blauer  Farbe  in  kohlensaurem  Ammoniak  oder  Kali  l^fslich. 
Arsenikaaures  Kupferoxyd,  von  welchem  die  Natur  veradiia- 
dene  theik   blaue,   theils  grüne  Arten  liefert,  im  Gehelt  von 
f  Saure  und- Wasser  abweichend,  wie  LUieenerx^  Euehroü,  OU^ 
ifenerMy  Sirahlenerx  und  Kupfergtimtner ,  arsenikeaur^s  Mu^ 
pferoxydf   wohin  das  Seheele^ohe  und  Schwmnfurther  Cfrvn 
und  andere  theils  gelbgrüne,  theils  smaragdgrüne  Farbstoffe  ge^ 
höretL    Das  ueigeäure  Kupferoxyd  im  neutralen  Zustande  ist 
Atx  krystallisir{e  Grünspan  ^  welcher  in  dunkelgrünen  schiefeo 
rhombischen  Säulen  atischiefst  und  leicht  in  Wasser  toslich  ist. 
Der  gemeine  Grünspan  ist  ein  basisches  Salz  und  deshalb  nur 
unvoUkomqüen  in  Wasser  Ittslich,     Das  Kupferoxyd  ist  in  wäs^^. 
serigem  Ammoniak  mit  dunkellasnrblauer  Farbe  Itfslidu     Die 
Verbindung  des  Knpferoxyd- Ammoniaks  mit  schwefetsanrem 
Ammoniak  odto   der  Kupferealn^iai   schielst  in   lamvUanen 
Säulen  an« 

.  Das  H^lbMorkupfir  (64  Kupfer  auf  36  CUor)  ist  ein  wei^ 
fses  Pulver ,  welches  nach  dem  Schmelsen  su  einer  gelblichen 
krystallinischen  Masse  gesteht,  in  der  Hitze  das  Chlor  nicht 
verliert  und  sich  nicht  in  Wasser ,  aber  in  wässeriger  Salzsaare 
zu  einer  farblosen  Flüssigkeit  aafldst«  Das  Einfaphchiorhupfer 
(32  Kupfer  auf  36  Chlor)  ist  braungelb,  verliert  in  der  Hitze  die 
Hälfte-  des  Chlors  und  last  sich  in  Wasser  zu  salzsaorem  Kupfer« 
oxyd  auf. 

Das  HalbschH^felkupfer  (64  Kupfer  auf  16  Schwefel)  fin- 
det sich  als  Kupferglanz  in  dunkelbleigrauen ,  dem  6gliedrigen 
Systeme  angehörenden  Säulen ;  es  ist  etwas  geschmeidig,  kichter 
schmelabar  als  Kupfer  und  verliert,  bei  abgehaltener  Lnft  er- 
hitzt, keinen  Schwefel.  In  der  Natur  kommen  viele  Verbin- 
dungen des  Haibschwefelkupfers  mit  ahdern  Schwefelmetsllen 
vor,  wohin  Kupferkies,  Buntkupfererz,  Silbeikupferglanz  ils,w. 
gehören. 


Kyanometerv  <  1367 

Das  Elnfachsohipefilhupfer  (32  Kupfer  auf  16  Sehwefel)  . 
'vrard  darch  Fällung  der  Kupferoxydsalze  mit  H^^drothionsäure 
in  braunschwarzen  Flocken  erhalten,  die,  bei  abgehaltener  Luft 
erhitzt,  die  Hälfte  des  Schwefels  veilieren  und,  im  feuchten 
Zustande  der  Luft  dargeboten ,  sich  zu  schwefelsaurem  Kupfer^ 
oxyd  oxydiren. 

Das  Halbselenhupfer  (64  Kupfer  auf  40  Selen)  findet  sich 

«natürlich ;  es  ist  stahlgrau  und  schmilzt  weit  unter  der  Glühhitze. 

'       Das  PhoBphorhupfer  ist  weifs  und  hart;   bei  sehr  wenig 

Phosphor  ist  es  noch  röthlich  und  dem  Stahle  an  Härte  nahe 

kommend. 

Das  Mnfacheyanhupfer  (32  Kupfer  auf  26  Cyan)  feilt  beim 
Vermischen  von  Kupferoxydsalzen  mit  wäss^igem  blausaurem 
Alkali  als  eip  gelbes  Pulver  nieder,  dieses  verwandelt  sich  beim 
Erhitzen  der  Flüssigkeit  unter  Bntwjckelung  der  Hälfte  desCyans 
in  weibes  Hßlboyanbupfßr  (64  Kupfer  auf  26  Cyan).  Dasselbe 
bildet  mit  Cyankalium  und  andern  Cy anmetallen  zusammenge- 
setzte Cyanmetalle ,  von  denen  sich  mehrere  in  Wasser  zu  Ver- 
bindungen des  blausauren  Kupferoxyduls  mit  einem  andern  blau- 
sauren  Salze  auflösen.  Beim  Versetzen  der  Kupferoxydsalze  mit 
Schwefelblausänre  und  Eisenvitriol  fallt  schwefelblausaures  Ku- 
pferoxydul  als  ein  weibes  Pulver  nieder,  welches  sich  beim 
Erhitzen  unter  Wasserverlust  in  HMacht^^Jelcycaihupfer  ver- 
wandelt. 

Als  wichtigere  Verbindungen  des  Kupfers  mit  andern  Me- 
tallen sind  anzuführen :  Araenikhupfer,  durch  Glühen  von  Ku- 
pfer mit  arseniger  Saure  und  schwarzem  Flub  zu  erhalten,  weiTs 
und  spröde ;  Goldhupfer^  sehr  ductil,  um  so  röther  und  schmelz- 
barer, jemehr  es  Kupfer  hält,  und  bei  7  Gold  auf  1  Kupfer  i^m 
härtesten ;  SiWerhupfer$  hart  und  um  so  rSther,  je  kupferhalti- 
geresist'«  C» 

Kyanometer. 

Gyanometer;    Cyanometrumj  *  cyatiometre ^. 

Ein  Instrument^  um  die  verschiedenen  Grade  desjenigen  Blau, 


1    Ändere  Legirangen  8.  Art.  Zink  und  Zinn* 
8    Das  Wort  ist  von  moj'of,  dunkelUan  angelaafeiier  Stahl,  La« 
zaistein,  blaue  KornbluiuCy  blau«  Farbe  sum  Anstreicheo,  abgeleitet. 


1368  Kyanometer. 

weichte  das  Hiaim«kgewöU>«  uns  darbiotet,  zu  bestimmen«    Da 
CS  nämlioh  in  meteorologischer  Besiehung  wichtig  schien  ^   niciit 
l>lob  anzugeben ,  dals  das  eine  Mal  der  Hunmel  weifslicli  bla:% 
das  andere  Mai  dunkelbiaia  aussah,  sondern  auch  die  üeinereo 
Abstufungen  genau  zu  bestimmen  und  dadurch  eineVergleichong 
verschiedener  Beobachtungen  möglich  zu  machen,  so  gab  Sads- 
siriiB  ein  Instrument  an ,  um  durch  Verg^leichung  mit  vorliegen- 
den Farbentafeln  diese  Bestimmung  zu  erhaken  K    Sein  Kyaao- 
meter.  besteht  daher  aus  Farbenti^feln ,  die  von  den  schwächsten 
blauen  Färbungen  bis  zu  den  tiefsten  fortschreiteii.    Nr.  0  ist 
die  gänzliche  Abwesenheit  des  Blau ,  ein  weiber  Papierstreifen, 
der  ehereinen  etwas  gelblichen  Teint  zeigt;  Nr.  1  das  schwächste 
Blau;  Nr.  2  stäilisres  Blau  und  so  ferner  bis  zu  dem  dunkelsten 
Blau,  welches  man  mit  fein  geriebenem,   vollkommen  guten, 
mit  Gummiwasser  angemachten  Berliner  Blau    erhalten   kann« 
lieber  dieses  Blau  hinaus  gehen  dann  noch  bis  zum 'Schwarz 
Mischungen  von  Blau  mit  Beinschwarz  bis  zu  Nr.  52,  dem  voll- 
kommenen Schwarz  hin.   Um  aber  diese  Abstufungen  in  den  auf 
einander  folgenden  Nummern  zu  erhalten  und  sie  so  zu  bestim- 
men, dab  eine  Regel  der  Verfertigung  und  eine  Vergleichbarkeit 
mehrerer  Kyanometer  statt  finde,  setzt  Saussuse  Folgendes  fest. 
Man  nehme  einen  schwarzen  Kreis  von  1|  Linien  Durchmesser 
auf  weifsem  Grunde  und  lasse  ihn  nach  und  nach  in  immer  gr6- 
fseren  Entfernungen  aufstellen ,  bis  ihan  ihn  nicht  mehr  unlei- 
scheiden  kann ;  in  eben  dieser  Entfernung  lasse  man  die  Tafel  O 
und  die  Tafel  1  aufstellen  und  der  letztern  gerade  die  schwache 
Färbung  geben ,  dafs  man  in  so  grofser  Entfernung  beide  Farben 
nicht  mehr  unterscheiden  kann ;  ebenso  lasse  man  in  derselben 
Entfernung  die  Tafeln  Nr.  1  und  Nr.  2  aufstellen  und  Nr.  2  die- 
jenige Färbung  geben ,  die  in  dieser  Entfernung  nicht  mehr  als 
von  Nr.  1  verschieden  erscheint ,  in  jeder  geringem  Entfercung 
aber  als  etwas  dunkler  erkannt  wird  ;  indem  Saussurb  so  darch 
alle  Abstufungen  fortschritt  und  dabei  die  durch  den  Kreis  von 
]f  Linien  bestimmte  Entfernung  als  Mafs  gebrauchte,  erhielt  er 
jene  53  Abstufungen.     Wollte  man  sich  auf  wenigere,  beschrän- 
ken ,  also  die  Unterschiede  von  einem  Blau  zum  andern  gröfser 
^      nehmen ,  so  würde  man  gröbere  Entfernungen  wählen  müssen 


1    Joaraal  de  Phytique*  1791.  Mars,  199  und  Grenze  Joaraal  dtr 
Pbjtik.  VI.  93« 


Kyanometer.  1369 

o A^r  'did  Entfernung,  wo  «f n  pröfserex  «cBwaner  Kreis  anf  wei- 
fseiD  Grunde  unkenntlich  wird,  afum  Mabe  der  Entfernungen 
zMhztt«n  müssen.  Diese  Farbentafeln  werden  dann  mit  dem  Hirn- 
BEi«l  verglichen  und  es  erhellet  also~,'  was  es  heifst,  wenn  das 
Blaa  des  Himmels  einer  gewissen  Nummer  gleich  angegeben 
TTird*  Man  klebt  die  Farbenbläher  am  besten  auf  den  Rand 
einer  Scheibe  von  weifser  Pappe  nach  der  Reihe  auf,  stellt  diese 
Scheibe  zwischen  den  Himmel  und  das  Auge  und  stellt  dieVer- 
gleichung  an.  Die  Farbentafel  muJb  dabei  volBfommen  hell  er- 
leuchtet seyn. 

Ungeachtet  dieset  Vorschriften  scheint  es  wohl  immer  noch 
schwierig  zn  seyn ,  zwei  'töUig  correspondirende  Farbentafeln 
SU  erhalten,  und  die  Abgaben  Terschiedener  Beobachter  über 
das  Blau  des  Himmels  kennen  also  wohl  etwas  ungleich  ausfal- 
len ,  was  jedoch  nach  Plrttv•os^r'8  ürtheil  nicht  eifheblich  ist*. 

SArssv&E  hat  mit  diesem  Instrumente  Beobachtungen  an- 
gestellt, und  da  er,  wdhl^  mit  Recht,  die  w%ifse  Färbung  des 
Himmels  als  Folge  der  in  der  Luft  schwebenden  Dunste  ansah, 
so  glaubte  er,  aus-  der  Zahl  der  kyanometrischen  Ai^gabe  die 
Menge  der  Dünste  bestimmei^  zit  können«    •.D'afs  diese  Menge  in 
ziemlich  gleic)iem  Fortschritt^^  niit  jep9i|^  Zahlen  zusammenge- 
höre, glaubte  er  durch  folgenden  Versuch  beweist  zu  können. 
Er  nahm  eine  sehr  dunkelblaue  Kupferauflösung,  welche  den 
Nummern  48  bis  49  entsprach,  und  eine  zweite  weilseMischuncr 
(Nr.  0  entsprechend),  welche  aus  2  Unzen  Alaun,  in  12 Unzen 
Wasser  aufgelöst  und  mit  1  Unze  Ammoniak  in  6  Unzen  Was- 
ser niedergeschlagen,  bestand ;    diese  Flüssigkeiten  zu  gleichen 
Theilen  gemischt  stimmten    mit  Nr.  23  oder  24»    dagegen  3 
Theile  Blai^  mit  1  Theil  Weiis  gemischt  stimmte  mit  Nr.  34 
bis  35  iiberein. 

Die  Beobachtungen  zeigen,  dals  das  Blau  des  Himmels  am 
Horizonte  am  meisten  ins  Weib  übergeht,  dafs  aber  auch  in 
gleichen  Höhen  über  dem  Horizonte  das  Blau  nnterhalb  der 
Sonne  blasser  ist,-  als  an  der  entgegengesetzten  Seite  des  Him- 
mels. Auf  Bergen  ist  das  Blau  des  Himmels  dunkler  als  in  der 
Ebene,  weil  die  dünne  Luft  über  den  Bergen,  zumal  da  sie  bei 
vorwaltender  Heiterkeit  wenig  Dünste  enthält,  überhaupt  nur 
wenig  Licht  reflectirt  und  daher  sich  dem  Schwarz  schon  nähert. 


1   O.  XX!V.  at 


t^O  Kyanomet^r/ 

y^s  der  Himmel  «eigen  müfste,  wenn  gar  keine  das  lAtht  % 
riickwerfende  Luft  vorhanden  wäre.  Auf  dem  Montblanc  fand 
Sav68ukk  das  ßlau  des  Himmels  mit  Nr.  39  übeieinstiniiiieiid« 
U.m  den  Unterschied  der  Bläue  des  Himmels  auf  Bergen  nad  ia 
nijedrigen  Standpuncten ,  so  Wie  zu  verschiedenen  Tageszeiten 
flu  zeigen I  dienen  folgende  Beobachtungen,  die  SAUSsnax  anf 
i^m  Col  du  G^nt  (10578  FuTs  über  dem  Meere),  L^Evbqub  ia 
Chaipoiiny  (3144  Fufs  hoch),  Ssvebiea  und  Pictst  in  Genf 
(1252  F.  bocii).ian  dasZenitb.und  ^  gleichen  Zeiten  anstellten. 
Auf  dem  ersten  Standpudcte  war  die  Blaue  des  Himmeb  tun  4 
Uhr  Morgens'  15  bis  16,  nm  6  Uhr  27,  nm  10  Uhr  bis  2  Ubr 
31,  um  4  Uhr  24,  um  6  Uhr  ISi',  nm  8  Uhr  54  ;  in  Chamonay 
um  4  Uhr  14j-,  um  11  Uhr  18  bislO ,  Nachmittags  bis  6  Uhr 
ziemlich  ungeandert,  Abends  8  Uhr  16;  in  Geni  um  6  Uhr  15^ 
um  8  Uhr  21,  um  10  Uhr  224^,  lAn  4  Uhr  20,  nm  6  Uhr  16. 
Dals  der  Hinnnel  im  Chamouaytbjilie  weifslicher,  als  in  dem 
tiefer  liegeiiden  Genf  erschien ,«.  ist:  «ps  der  Eigenschaft  der 
Thäler ,  mehr  Dünste  zu  enthalten,  'Zu  erklären.  Die  Abstufiin- 
gen  der  Farben  vom  Horizont  bisisum  Zenith  waren: 


t 

•'  'aufdem  iß^ant''  • 

in  Genf 

H«h«o 

15.  Juli  1790 

21 

.  April  1790 

0  Grad« 

11 

4 

10    - 

20 

• 

9 

20    - 

31 

ß 

40  -    - 

37    ' 

in 

60bi890    - 

37 

20. 

Prevost  hat  ^versucht ,  diese  Beobaclitungen  so  zu  berechnen, 
dafS'  er  den  abnehmenden  Grad  der  Bläue  als  entsprechend  der 
Länge  derjenigen  geraden  Linie  setzte,  welche  der  Strahl  in  der 
Atmosphäce  durchläuft.  Richte  icK  mein  Auge  nach  der  schein- 
baren Höke  =  a,  so  ist  die  in  der  dichteren  Atmosphäre  durch- 
laufene Linie  =  a  Cosec.  a  und  b  —  a  Cosec*  a  mülste  fiir  alle 
Höhen  die  Zahlen  ausdrücken ,  welche  die  Beobachtung  angab, 
a  und  b  aber  niüfst*en  constante  Werthe  behalten.  Prevost 
zeigt,  dafs  dieses  nahe  genug  statt  findet,  indefs  stützt  er  sich 
dabei  viel  zu  sehr  auf  einzelne  Beobachtungen,  als  dals  man 
eben  grolses  Vertrauen  auf  diese  Schlüsse  setzen  k()nnte*.. 


1    G.  XXIV.  77. 


s  Kyanpmeterp  1371 

'  Ein  wesentlich  verschiedenes  Instrument ,  das  a])er  densel«- 
ben  Zweck  zu  erfüllen  dienien  soll,  h^t  Biot  unter  deoi  Namen 
Colorigrade,  Io9tmmeii,t ,  d^e  Farbenabstufungen  der  Körper 
zu  bestimmen,  angegeben. 

^  '  Bei  den  Farben  der  Ringe ,  die  sich  durch  Zuriickwerfung 
MB  dünnen  Körpern  darstellet},  müfsten,  nach  Newtoh's  Theo- 
rie, alle  Farbenmischungen  und  also  alle  möglichen  Abstufunj>en 
dex  färben  sich  zeigen;  in  ihn^n.  und  in  den  ihnen  entsprechen- 
;den,  durch  Palarisirung  'des  Lichtes  hervorgehenden  Farben 
«nufs  man  daher  die  »gegebene  Farbe  irgend  eines  Körpers  wie- 
der^nden,  und  nach  der  Stelle  in  jenen  Hingen,  welcher  sie 
^nlspficht,  sie  strenge  bezeichnen  köjinen.  £)je  Gründe,  ^vorauf 
jliiese  Behauptung  beruht,  kommen  in  den  Artikeln  jinwand^ 
langen  und  Polarisirung  des  Lichtes  vor  upd  ich  mufs  mich 
^er  begnügen,  nur  Bxox's  Anweisung  zur  Darstellung  des  Co- 
Jiorigrade  mitzutheilen.  Vor  das  Rohr  eines  Fernrohrs  setzt  man 
«in  schwarzes  Glas  so  ein,  dafs  es  vern^itt^lst  einer  Schraube 
die  Neigung  erlangen  kann,  welche  erforderlich  ist,  um  den 
nach  der  Richtung  der  Axe  des  Rohres  durchgehenden  Strahl 
vollkommen  zu  polarisiren.  Ein  am  andern  Ende  des  Rohres 
eingesetztes  achromatisches  Prisma  von  Kalkspath  zeigt,  daCs 
diese  Bedingung  erfüllt  ist,  wenn  es  vier  Stellungen  desPrisma^ 
^iebt,  wo  der  Strahl  sich,  nicht  mehr  in  zwei  Strahlen  zerlegt 
Um  nun  die  Farben,  deren  man  zur  Vergleichung  mit  einer  ge- 
^benen  bedarf,  hervorzubringen,  setzt  man  zwischen  da^ 
schwarze  Glas  und  das  Prisma  eine  senkrecht  auf  die  Axe  ge-* 
schnittene  Platte  eines  krystallisirten  Körpers,  die  man  in  einejr 
Einfallsebene,  welche  einen  Winkel  von  45  Graden  mit  der 
Reflexionsebene  auf  dem  schwarzen  Glase  macht,  in  verschie- 
dene Neigungswinkel  stellen  kann.  Dann  erscheinen  die  Far- 
ben, die  sich  mit  der  Neigung  ändern.  Um  langsame  Farben- 
anderungen  zu  erhalten ,  nimmt  man  am  besten  zwei  Gliromer- 
blattchen,  die  man  aus  einem  einzigen  rechtwinkligen  Blättchen 
geschnitten  und  so  auf  einander  gelegt  hat,  dafs  die  gemein- 
schaftliche Grenzlinie  des  Schnittes  in  der  einen  rechtwinklig  . 
gegen  die  in  der  andern  ist.  So  lange  diese  Blättchen  senkrecht 
gegen  den  Strahl  sind ,  nehmen  sie  keiner  Farbe  ihre  Polarisa^ 
tion;  bei  einiger  Neigung  zeigt  sich  ein  leichtes  Blau,  bei  stär- 
kerer Neigung  das  Weib  der  ersten  Ordnung,  dann  blafsgelb, 
orange,  roth  und    die   ganze  Reihe    der  Farben  in  Newton^s 


1372  Kyanomcter. 

Tafel.  Zum  Kyanometer  schlägt  Biot  statt'  der  Glimmerplatt« 
eine  3  Millimeter  dicke  Platte  von  Bergkrystall  senkrecht  auf 
die  Axe  geschnitten  vor,  die  bei  dieser  Dicke  einen  x^eifsen, 
ungewöhnlich  gebrochenen  Strahl  zeigt ,  welcher  bei  einer  Dre« 
hung  des  Prisma's  links  oder  rechts  allmSlig  in  bläulich  und  eod- 
lieh  in  tiefes  Blau  tibergeht  |  SO  also  zum  Abmessen  der  BLac 
des  Himmels'  dient  ^. 

Aeaoo  hat .  hiergegen  die  nachher  auch  von  Biot 
kannte  Bemerkung  gemacht,  dafs  wegen  der  nicht  vollkommene 
Durchsichtigkeit  der  Körper  einige  Strahlen  verloren  gehen  not! 
daher  das  in  der  Theorie  allerdings  richtige  Hervorgehen  tdl^r 
Farben  abstuf ungen  wohl  nicht  strenge  statt  finde;    indeb   sey- 
dennoch  dieses  Instrument  vollkommen  geeignet  zu  einer  nnver^ 
änderlichen  und  vergleichbaren  Farbenbestimmnng.     Zum  Kya- 
nometer hält  aber  Araoo   eine  andere  Einrichtung,  die  der  in 
der  Atmosphäre  statt  findenden  Beimischung  von  Weils  zu  einenSL 
und  demselben  Blau  noch  mehr  entspreche,  für  angemessener. 
Das  der  Atmosphäre  eigene  Blau  findet  sich  in  der  Reihe  der 
Farben,  welche  man  erhält,  wenn  man  eliien  polarisirten  weifsen 
Strahl,  welcher  durch  eine  Bergkrystallplatte  von  6  Millimeter 
J)icke,  senkrecht  auf  die  Axe  geschnitten,  durchgegangen  ist, 
,  mit  einem  doppelt  brechenden  Kry stalle  zerlegt.     Dieses  Blaa 
neigt  sich   mehr  zum  Weifs  hin,  wenn   es   minder  oder  mehr 
unpolarisirtes  Licht  enthält.  Läüst  man  die  Strahlen,  welche  durch 
jene  Krystallplatte  gedrungen  sind,   von  einem  Glase  unter  35^ 
Neigung  zurückgeworfen  werden,  so  erhält  man  ein  sehr  schönes 
Himmelblau ,    das  allmälig  in  Weifs  übergeht ,   wenn  man  den 
rfeigungswinkel  verändert,   so  dafs  der  Strahl  mehr  und  mehr 
senkrecht  einfällt.  B* 


1-  Ann.  de  Ch.  et  Phy«.  IV.  91. 


Ende     des     fünft«»«     Hflnd«»». 


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