iclite. Verlag von Benziger & Co.
Der Herodianisehe Tempel mit der Burg Antonia.
Des Flavius Josephus
Jüdische Altertümer.
Übersetzt
und mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von
Dr. Heinrich Clementz.
II. Band.
Buch XI bis XX
nebst Namenregister.
Halle a. d. S.
Verlag von Otto Hendel.
Digitized by
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Original from
VERSITY OF CALIFORNIA
Elftes Buch
IPSIl G
J"6
1 ^ 00 ^.
V, “2.
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 253 Jahren
und 5 Monaten.
Inhalt.
1. Wie der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babylon in ihre
Heimat entliess, ihnen den Tempel wieder aufzubauen ge*
stattete und ihnen Geldmittel dazu gab.
2. Wie des Königs Beamte sie beim Bau des Tempels störten.
3. Wie nach dem Tode des Cyrus dessen Sohn Kambyses den
Thron bestieg und den Juden die Wiederaufrichtung des
Tempels völlig untersagte.
4. Wie Darius, des Hystaspes Sohn, nachdem er die Herrschaft
über die Perser angetreten, das Volk der Juden mit Achtung
behandelte und für den Wiederaufbau des Tempels sorgte.
5. Wie nach ihm sein Sohn Xerxes die Juden mit grösstem Wohl-
wollen behandelte.
6. Wie unter der Regierung des Artaxerxes das gesamte Juden-
volk durch die Ränke Amans in die äusserste Gefahr
geriet.
7. Wie Bagoses , der das Heer des jüngeren Artaxerxes befehligte,
die Juden hart bedrängte.
8. Wie Alexander, König der Macedonier, den Juden vieles Gute
erwies, nachdem er Judaea unteijocht hatte.
Erstes Kapitel.
Wie der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babylon
in ihre Heimat entliess, ihnen den Tempel wieder
aufzubauen gestattete und ihnen Geldmittel dazu gab.
1. Im ersten Jahre der Regierung des Cyrus, dem
siebzigsten seit der Überführung unseres Volkes nach
Babylon, erbarmte sich Gott der Gefangenschaft und
i*
Go glw329500
4
Josephus’ Jüdische Altertümer.
der Drangsal, welche jene Unglücklichen ertragen
mussten, wie er ihnen durch den Seher Jeremias vorher-
gesagt hatte, ehe die Stadt zerstört wurde: nachdem sie
Nabuchodonosor und seinen Nachfolgern als Knechte
gedient und diese Sklaverei siebzig Jahre lang erduldet
hätten, werde er sie wieder in ihr Heimatland zurück-
führen, damit sie den Tempel aufbauen und ihr früheres
Glück wiedergewinnen könnten. Dieser Verheissung ge-
treu bewog Gott den Cyrus, in ganz Asien ein Rund-
schreiben zu erlassen folgenden Inhalts: „Also spricht
der König Cyrus: Da mich der allmächtige Gott zum
Könige des Erdkreises gemacht hat, glaube ich, dass er
es ist, den das Volk der Israeliten anbetet. Er hat
durch die Propheten meinen Namen Vorhersagen und
verkündigen lassen, dass ich seinen Tempel zu Jerusalem
im Lande Judaea wieder aufbauen würde."
2. Das hatte der König erfahren bei der Lesung des
Buches der Weissagungen, welches Esa'ias zweihundert-
zehn Jahre früher geschrieben *hatte. Dieser verkündete
nämlich, Gott habe ihm insgeheim offenbart: „Ich will,
dass Cyrus, den ich zum Könige über viele und grosse
Völkerschaften gemacht habe, mein Volk in sein Heimat-
land zurücksende und meinen Tempel wieder aufrichte."
So prophezeite Esa’ias einhundertvierzig Jahre vor der
Zerstörung des Tempels. Als Cyrus es gelesen hatte,
bewunderte er Gottes Vorsehung und ward von regem
Eifer erfüllt, dasjenige auszuführen, was geschrieben
stand. Er liess daher die vornehmsten Juden in Baby-
lon Zusammenkommen und sagte ihnen, er gebe ihnen
die Erlaubnis, in ihr Vaterland zurückzukehren, um die
Stadt Jerusalem und den Tempel Gottes wieder aufzu-
bauen. Gott selbst werde sie dabei unterstützen ; er aber
wolle seinen Beamten und Satrapen in den an das
Land der Juden grenzenden Provinzen schreiben, dass
sie ihnen Gold und Silber zum Tempelbau wie auch
Vieh zu den Opfern lieferten.
3. Als Cyrus den Israeliten diese Erlaubnis gegeben,
machten sich die Oberhäupter der beiden Stämme Judas
Go gle
Elftes Buch, 1 . Kapitel.
5
und Benjamin sowie die Leviten und Priester sogleich
auf den Weg nach Jerusalem. Viele jedoch blieben in
Babylon, weil sie ihr Besitztum nicht verlassen wollten
Als nun die vorerwähnten Juden in Jerusalem ankamen,
leisteten ihnen alle Freunde des Königs Hilfe und
lieferten ihnen zur Erbauung des Tempels teils Gold
und Silber, teils eine ungeheure Anzahl Pferde und
anderes Vieh. Da brachten sie Gott ihre Gebete dar
und schlachteten nach alter Gewohnheit Opfertiere, als
wenn die Stadt schon wieder aufgebaut wäre und die alte
Pracht des Gottesdienstes wieder aufleben sollte. Cyrus
sandte ihnen hierauf auch die heiligen Geräte zurück,
die der König Nabuchodonosor aus dem geplünderten
Tempel nach Babylon gebracht hatte. Diese übergab
er seinem Schatzmeister Mithradates mit dem Aufträge,
sie an Abassar auszuliefern, der sie bis zur Vollendung
des Tempels aufbewahren und dann den Priestern und
Vorstehern des Volkes zur Aufstellung im Tempel aus-
händigen sollte. Ferner sandte Cyrus an seine Satrapen
in Syrien ein Schreiben folgenden Inhalts: „Der König
Cyrus an Sisinas und Sarabasanas. Ich habe den Juden,
welche dazu Lust tragen, gestattet, in ihr Vaterland
zurückzukehren und ihre Stadt sowie den Tempel Gottes
zu Jerusalem auf derselben Stelle wieder aufzubauen,
wo er früher gestanden hat. Meinen Schatzmeister
Mithradates und den Vorsteher der Juden Zorobabel habe
ich entsandt, um die Fundamente zum Tempel zu legen
und ihn in der Höhe und Breite von sechzig Ellen zu
erbauen, indem sie je drei Lagen von geglättetem Marmor
und eine Lage Holz von Bäumen des Landes selbst auf-
schichten, sowie auch den Altar zur Darbringung von
Opfern zu errichten. Die gesamten Baukosten will ich
aus meinen Mitteln bestreiten. Die Geräte, welche der
König Nabuchodonosor einst aus dem Tempel geraubt
hat, habe ich meinen Schatzmeister Mithradates und dem
Vorsteher der Juden, Zorobabel, übergeben, um sie nach
Jerusalem zu bringen und im Tempel Gottes wieder auf-
zustellen. Deren Anzahl ist folgende: Fünfzig goldene
6
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
und fünfhundert silberne Schüsseln, vierzig goldene und
fünfhundert silberne Becher, fünfzig goldene und fünf-
hundert silberne Krüge, dreissig goldene und dreihundert
silberne Opferschalen, dreissig goldene und zweitausend-
vierhundert silberne Opferteller, sowie eintausend andere
Gefässe. Auch bewillige ich den Juden dieselben Rechte,
welche ihre Vorfahren hatten. Für Vieh, Wein und
Oel gewähre ich ihnen zweihundertfünftausendfünfhundert
Drachmen, ferner zwanzigtausendfünfhundert Artaben 1
Weizenmehl, und befehle, dass alles dies aus dem Steuer-
amte in Samaria zu entnehmen ist. Die Opfer sollen
die Priester zu Jerusalem nach moysaischem Ceremoniell
darbringen und beim Opfer für das Heil des Königs
und seines Hauses zu Gott flehen, damit das Reich der
Perser lange bestehen möge. Wer diesem meinem Be-
fehle nicht Folge leistet und ihn Übertritt, der soll ans
Kreuz geschlagen werden, und seine Besitzungen sollen
dem königlichen Schatze verfallen sein.“ Das war der
Inhalt des Briefes. Derer aber, die nach Jerusalem
zurückkehrten , waren zweiundvierzigtausendvierhundert-
zweiundsechzig.J
Zweites Kapitel.
Wie die Chuthaer und Satrapen die Juden am Tempel-
bau hinderten, und wie nach Cyrus’ Tod Kambyses
denselben ganz untersagte.
1. Während man nun die Fundamente zum Tempel
legte und allen Eifer auf den Bau verwandte, baten die
benachbarten Völkerschaften und besonders die Chuthaer,
die der Assyrierkönig Salmanasar nach Wegführung des
Volkes der Israeliten in die Gefangenschaft aus Persien
und Medien nach Samaria verpflanzt hatte, die Satrapen
und die Bauleiter, sie möchten die Juden an der Wieder-
aufrichtung der Stadt und des Tempels hindern. Diese
1 Eine Artaba = 65,49 Liter.
Go gle
Elftes Buch, 2. Kapitel.
i
liessen sich auch durch Bestechung mit Geldgeschenken
dazu verleiten, denChuthäern zu Gefallen die Juden mit
Gleichgiltigkeit zu behandeln und den Tempelbau sehr
nachlässig zu betreiben. Cyrus hatte davon keine Kennt-
nis, da er mit Feldzügen beschäftigt war. Auf einem
derselben, den er gegen die Massageten unternahm, fand
er seinen Tod. Als nun sein Sohn Kambyses den Thron
bestiegen hatte, schrieben die Syrer, Phoeniker, Amma-
niter, Moabiter und Samariter einen Brief folgenden
Inhalts an ihn: „Deine Knechte, o Herr, Rathymus der
Kanzler, Semelius der Schreiber, und die Vorsteher des
phoenicischen und syrischen Rates. Du musst wissen,
o König, dass die Juden, welche nach Babylon wegge-
führt waren, in unser Land gekommen sind, um die ver-
räterische und ruchlose Stadt wieder aufzubauen, ihre
Plätze wiederherzustellen, die Mauer wieder zu errichten
und den Tempel zu bauen. Wenn das alles vollendet
ist, werden sie dir weder Tribut zahlen noch deinen Be-
fehlen Folge leisten, sondern sich zum Widerstand rüsten
und lieber selbst herrschen, als dienen. Da nun der
Tempelbau bereits im Gange ist, haben wir es für gut
gehalten, an dich zu schreiben, o König, und es nicht
unterlassen wollen, dich zu bitten, die Geschichte deiner
Vorfahren nachzusehen. Du wirst darin finden, dass die
Juden wie auch ihre Stadt , die ebendeswegen zerstört
worden ist, aufrührerisch und gegen die Könige höchst
feindselig sich benahmen. Auch wollen wir dir nicht
verhehlen, dass, wenn die Stadt wieder aufgebaut und
mit Mauern umgeben ist, du von Coelesyrien und Phoe-
nicien abgeschnitten sein wirst.“
2. Als Kambyses den Brief gelesen hatte, geriet er,
da er von Charakter jähzornig war, über dessen Inhalt
in Wut und schrieb also zurück: „Der König Kambyses
an den Kanzler Rathymus, an Belsemus, an den
Schreiber Semelius und Genossen, sowie an alle Ein-
wohner von Samaria und Phoenicien. Nachdem ich
euren Brief gelesen, habe ich die Geschichte meiner Vor-
fahren durchsehen lassen und gefunden, dass diese Stadt
8
Josephus’ Jüdisch® Altertümer.
stets gegen die Könige feindlich gesinnt gewesen ist,
dass ihre Bewohner Aufruhr und Krieg an gezettelt, und
dass ihre Herrscher mächtige und strenge Könige waren,
die von Coelesyrien uud Phoenicien Tribut erhoben
haben. Ich befehle daher, den Juden die Erbauung der
Stadt zu wehren, damit ihre empörerische Gesinnung, die
sie bisher stets zum Schaden der Könige bewiesen haben,
nicht noch grösser werde." Als der Inhalt dieses Briefes
vorgelesen war, stiegen Rathymus, der Schreiber Semelius
und deren Amtsgenossen zu Pferde, eilten nach Jeru-
salem, versammelten dort das Volk und wehrten den
Juden den Bau des Tempels und der Stadt. So wurde
der Bau neun Jahre lang unterbrochen bis zum zweiten
Jahre der Regierung des Perserkönigs Darius. Kambyses
starb nach sechsjähriger Regierung, als er von einem
Kriegszuge gegen Aegypten, das er unteijocht, zurück-
kehrte, in Damaskus.
Drittes Kapitel.
Wie nach dem Tode des Kambyses Darius zur Regierung
kam, und wie Zorobabel, weil er in der Lösung schwie-
riger Fragen seine Genossen übertraf, von ihm die Er-
laubnis zum Wiederaufbau des Tempels erhielt.
1. Nachdem die Mager, welcher nach dem Tode des
Kambyses ein Jahr lang die Herrschaft innehatten, aus
dem Wege geräumt waren, erwählten die Oberhäupter
der sogenannten sieben Häuser der Perser Darius, den
Sohn des Hystaspes, zum Könige. Als dieser noch
Privatmann war, hatte er Gott gelobt, wenn er die
Königswürde erhielte, alle heiligen Gefässe, die sich noch
in Babylon befänden , an den Tempel zu Jerusalem
zurücksenden zu wollen. Um diese Zeit kam aus Jeru-
salem zu Darius Zorobabel, der zum Vorsteher der
Juden in der Gefangenschaft ernannt worden war.
Diesen verband mit dem Könige eine alte Freundschaft,
Elftes Buch, 3. Kapitel.
9
und so kam es, dass er nebst zwei anderen die Ehren-
stelle eines königlichen Leibwächters erhielt.
2. Im ersten Jahre seiner Regierung lud Darius seine
nähere Umgebung, die Beamten seines Hauses, die
Fürsten der Meder, die persischen Satrapen, die Statt-
halter von Indien bis nach Aethiopien hin und die
militärischen Befehlshaber der hundertsiebenundzw'anzig
Satrapien zu einem glänzenden Prunkmahle ein. Als
man nach reichlichem Schmause sich trennte und jeder
sein Quartier aufgesucht hatte, begab sich auch Darius
zu Bett, wachte aber nach kurzem Schlummer auf und
fing, da er keinen Schlaf mehr finden konnte, mit seinen
drei Leibwächtern ein Gespräch an. Dabei versprach
er, er wolle demjenigen von ihnen , der ihm die beste
und scharfsinnigste Antwort auf eine Frage geben
würde, zum Lohne die Erlaubnis erteilen, dass er ein
Purpurgewand tragen, aus goldenem Becher trinken, in
goldenem Bette schlafen, in goldgeschirrtem Wagen
fahren, eine Kopfbedeckung von Byssus und eine
goldene Halskette tragen, und um seiner Weisheit willen
neben ihm sitzen dürfe. Auch wolle er ihn als seinen
Verwandten betrachten. Nachdem er ihnen solche Be-
lohnungen in Aussicht gestellt hatte, fragte er den
ersten, ob der Wein am gewaltigsten sei, den zweiten,
ob die Könige, den dritten, ob die Weiber die meiste
Macht hätten, oder ob die Wahrheit gewaltiger sei als
alle drei. Alsdann begab er sich zur Ruhe. Am Morgen
liess er seine Grossen', die Satrapen und die Statthalter
von Persien und Medien Zusammenkommen, nahm auf
seinem Throne Platz und befahl jedem seiner Leib-
wächter, vor versammeltem Hofstaat über die ihm vor-
gelegte Frage seine Meinung zu äussern.
3. Da begann der erste von der Gewalt des Weines
zu reden und lobte ihn folgendermassen : „Ihr Männer,
ich soll die Macht des Weines schildern, und ich beweise
euch, dass er alles übertrifft. Er umnebelt und bethört
nämlich den Sinn derer, die ihn trinken, macht die
Könige den Waisen und Dürftigen gleich, löst die Zunge
10
Josepkus’ Jüdische Altertümer.
des Knechtes dem Freien gegenüber und stellt den
Armen mit dem Reichen auf eine Stufe. Die Seele
wandelt er um und verleiht ihr neue Kraft. Den Un-
glücklichen nimmt er ihre Traurigkeit, lässt den
Schuldner seine Schuld vergessen ‘und macht, dass er
sich für den reichsten Menschen hält, sodass er nicht
mehr von Kleinigkeiten, sondern nur noch von Talenten
und allem anderen, was glückselig macht, redet. Er
lässt Fürsten und Könige ihre Würde vergessen und
tilgt selbst das Andenken an Freunde und Verwandte.
Den Menschen bringt er auf gegen seine Lieben, als
wenn sie ihm wildfremd wären. Ist man aber nüchtern
geworden und hat man den Weinrausch in der Nacht
verschlafen , so erhebt man sich , ohne noch etwas von
dem zu wissen, was man im Taumel gethan. Daraus
ziehe ich den Schluss, dass der Wein der allmächtigste
Herrscher ist, und nichts ihn an Gewalt übertrifft.“
4. Nachdem der erste diese Rede auf den Wein ge-
halten, fing der zweite an, von der Macht des Königs
zu sprechen, die er für gewaltiger als jede andere körper-
liche oder geistige Macht hielt. Diese Behauptung ver-
suchte er also zu beweisen: „Der Mensch herrscht über
alle Dinge und kann sich Land und Meer nach Be-
lieben dienstbar machen. Die Könige aber haben
wieder die Herrschaft über die Menschen. Wer also
über das stärkste und mächtigste Geschöpf gebietet, der
muss wohl die grösste Gewalt besitzen. Wenn der König
seinen Unterthanen befiehlt, sich in Krieg und Gefahren
zu stürzeu, so gehorchen sie. Sendet er sie gegen den
Feind, so wagt niemand zu trotzen. Berge werden auf
seinen Befehl abgetragen, feste Mauern und Türme zer-
stört. Ja, morden und sich morden lassen, wenn er
gebietet, ist der Menschen Pflicht, wie auch der Sieger
seine Kampfesbeute nur dem Könige zu bringen hat.
Die aber vom Kriegsdienste frei sind und das Land be-
bauen, müssen, wenn sie nach harter Arbeit endlich
ernten, dem Könige die Abgabe davon entrichten. Was
er ausspricht und befiehlt, muss ohne Verzug gethan
Elftes Buch, 3. Kapitel.
11
werden. Von Wollust und Üppigkeit gesättigt, schläft
er ein, und dann beschirmen ihn Wächter, welche die
Furcht an ihn fesselt, sodass sie ihn nicht ein Weilchen
zu verlassen wagen, um ihren eigenen Geschäften nach-
zugehen. Die Bewachung des Königs ist vielmehr das
einzige, worauf sie ihr Augenmerk zu richten haben. Es
muss also der König der mächtigste von allen sein, da
seinem Befehl eine so grosse Menge gehorcht.“
5. Als auch dieser geendet hatte, hub Zorobabel als
dritter an, die Macht der Weiber und der Wahrheit zu
schildern, und sprach: „Grosse Macht hat der Wein,
und gewaltig ist der König, dem alle gehorchen. Aber
noch weit mächtiger sind die Weiber. Denn auch den
König brachte ein Weib zur Welt, und die Winzer, die
den Wein keltern, sind vom Weibe geboren und erzogen.
Überhaupt giebt es nichts, das wir nicht dem Weibe
verdankten. Denn es webt unsere Kleider und besorgt
unser gesamtes Hauswesen. Ohne Weib können wir
nicht leben, und Gold, Silber wie alle anderen Kostbar-
keiten geben wir gern dahin, wenn wir ein schönes
Weib erblicken. Ja, unser ganzes Hab und Gut
opfern wir, um in den Genuss seiner Reize gelangen
zu können. Vater, Mutter und Heimat verlassen wir
und vergessen unsere teuersten Freunde um der Weiber
willen; ja, wir scheuen uns nicht, für sie zu sterben.
Hieraus lässt sich leicht ermessen, wie gross des Weibes
Macht ist. Arbeiten wir nicht und tragen wir nicht alle
Mühsale zu Wasser und zu Lande, um das dadurch
Erworbene freudig dem Weibe, unserer Herrscherin , zu
Füssen zu legen ? Sah ich doch einst , wie der König,
der gewaltige Herrscher, von Aparae, der Tochter des
Themasiers Rabezak, seinem Kebs weibe, geohrfeigt wurde;
wie er duldete, dass sie das Diadem von seinem Haupte
nahm und sich selbst aufsetzte; wie er lächelte*, wenn
sie fröhlich, und zürnte, wenn sie traurig war; wie er
auf jede erdenkliche Weise dem Weibe schmeichelte
und durch tiefe Demütigung ihre Gunst wiederzuerlangen
trachtete, wenn er sie in Unmut sah!“
12
Josephus’ Jüdische Altertümer.
6. Während die Fürsten und Satrapen noch über
das Gehörte nachdachten, schickte Zorobabel sich an,
von der Wahrheit zu reden mit folgenden Worten: „Ich
habe gezeigt, wie mächtig die W eiber sind ; allein schwach
sind sie wie der König im Vergleich zu der Wahrheit. Denn
wie gross auch die Erde, wie hoch der Himmel, und wie
schnell der Sonne Lauf ist, so bewegt sich doch das
alles nur nach dem Willen Gottes, der die Wahrheit
ist. Daraus folgt, dass die Wahrheit die grösste Macht
ist, gegen welche keine Ungerechtigkeit etwas vermag.
Denn während alles andere, das mächtig zu sein scheint,
sterblich und hinfällig ist, bleibt die Wahrheit dagegen
ewig und unsterblich. Sie glänzt nicht durch Schönheit,
welche die Zeit schwinden macht, noch durch Reichtum,
den der Zufall raubt, sondern durch Recht und Gesetz-
mässigkeit, wonach sie das Ungerechte von sich abstösst
und verdammt.“
7. Sobald Zorobabel hiermit seine Lobrede auf die
Wahrheit beendigt hatte, riefen alle aus, er habe am
besten gesprochen , und nur die Wahrheit sei von un-
veränderlicher Macht und altere nie. Der König aber
hiess ihn noch eine Gabe zu dem verlangen, was er ihm
schon in Aussicht gestellt hatte. Er wolle ihm dieselbe
gern gewähren, weil er sich als einen so verständigen
und überaus klugen Mann bewiesen habe. „Du wirst
von nun an,“ sagte er, „mir zur Seite sitzen und mein
Verwandter heissen.“ Hierauf erinnerte ihn Zorobabel
an das Gelübde, das der König zu erfüllen versprochen
habe, wenn er den Thron besteigen würde. Dann wolle
er ja Jerusalem wieder erneuern, den Tempel Gottes
aufbauen lassen und die von Nabuchodonosor geraubten
und nach Babylon geschleppten Gefässe wieder zurück-
geben. „Das ist es,“ fügte er hinzu, „was ich jetzt von
dir erbitte, weil du mir als Belohnung für meine Weis-
heit und Klugheit noch eine Gnade versprochen hast.“
8. Da erhob sich der König erfreut, küsste den Zoro-
babel und liess an die Statthalter und Satrapen schreiben,
sie sollten dem Zorobabel und allen, die mit ihm zur
Elftes Buch, 3. Kapitel.
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Wiederaufrichtung Jerusalems ausziehen wollten, das
Geleit geben. Auch befahl er den Präfekten von
Syrien und Phoenicien brieflich , auf den Libanon
Oedernbäume fällen und dieselben zum Tempelbau nach
Jerusalem schaffen zu lassen. Ferner schenkte er allen
Gefangenen, welche bereit waren, nach Judaea zu ziehen,
die Freiheit, verbot seinen Verwaltern und Satrapen,
von den Juden die Abgaben für den König zu erheben,
und erliess den Juden alles Land, das sie bebauen
wollten, steuerfrei. Den Idumäern, Samaritern und Be-
wohnern von Coelesyrien aber befahl er, sie sollten alle
Wohnsitze der Juden, welche sie innehätten, verlassen
und zum Bau des Tempels fünfzig Talente beisteuern.
Den Juden selbst gestattete er, ihre gesetzlichen Opfer
wieder darzubringen, liess alle Geräte sowie die Kleidung
des Hohepriesters und der übrigen Priester auf seine
Kosten hersteilen, gab den Leviten Musikinstrumente,
wies den Wächtern der Stadt und des Tempels Ländereien
sowie ein Jahresgehalt an, sandte die heiligen Gefässe
nach Jerusalem zurück und ordnete überhaupt alles das
an, was schon früher Cyrus zum Besten der Juden be-
absichtigt hatte.
9. Als Zorobabel diese Gnade vom Könige erlangt
hatte, verliess er den Palast, erhob sein Antlitz gen
Himmel und dankte Gott dafür, dass er ihm Weisheit
verliehen und ihm dadurch den Sieg ermöglicht habe.
„Denn das alles,“ sagte er, „hätte ich nicht erlangt,
wenn du, o Herr, mir nicht gnädig gewesen wärest.“
Nachdem er so Gott öffentlich seinen Dank abgestattet
und ihn gebeten hatte, ihm in Zukunft gleiches Wohl-
wollen zu beweisen, eilte er nach Babylon und brachte
seinen Landsleuten die frohe Botschaft von der Erlaub-
nis des Königs. Als die Juden dies vernahmen, dankten
sie zunächst Gott dafür, dass er ihnen die Rückkehr in
ihre Heimat wieder gestatten wolle, und ergötzten sich
dann sieben Tage lang mit Freudenmahlen und heiterem
Spiel, um die Wiedererstehung ihres Vaterlandes zu
feiern. Darauf bewogen sie die Vorsteher der Stämme,
14
Josephus’ Jüdische Altertümer.
ihnen voraus mit Weibern, Kindern und Vieh die Reise
nach Jerusalem anzutreten. Diese erhielten von Darius
Geleit nach Jerusalem und legten den Weg unter
freudigen Lobgesängen und unter dem Schalle von
Flöten und Cymbeln zurück. Alsdann folgte ihnen
jubelnd das übrige Volk nach.
10. So zog also aus jedem Geschlecht eine bestimmte
Zahl aus. Ich halte es nun nicht für zweckmässig, diese
Geschlechter alle einzeln aufzuzählen, damit der Leser
nicht von dem Zusammenhang der Begebenheiten ab-
gelenkt werde und der Geschichtserzählung besser
folgen könne. Die Zahl aller Abziehenden aus den
Stämmen Judas und Benjamin, die über zwölf Jahre alt
waren, betrug viermillionsechshundertachtundzwanzig-
tausend, 1 die der Leviten vierundsiebzig, während die
übrige Menge, Frauen und Kinder, die Zahl vierzig-
tausendsiebenhundertzweiundvierzig auf wies. Ausserdem
waren dabei hundertachtundzwanzig Leviten als Sänger,
hundertzehn als Thürhüter und dreihundertzweiund-
neunzig als Tempeldiener. Dazu kamen dann noch
sechshundertzweiundsechzig, die sich für Israeliten aus-
gaben, aber ihre Abstammung nicht beweisen konnten.
Einige aus den Priestern übrigens mussten ihrer Priester-
würde entkleidet werden, da sie Weiber geheiratet hatten,
deren Herkunft sie nicht nachzuweisen vermochten und
die auch in den Registern der Leviten und Priester
nicht verzeichnet waren. Es waren dies im ganzen
gegen fünfhundertfünfundzwanzig Priester. An Knechten
folgten denen, die nach Jerusalem zogen, siebentausend-
dreihundertsiebenunddreissig Mann. Sänger und Psalter-
spieler waren zweihundertfünfundvierzig dabei, ausserdem
vierhundertfünfunddreissig Kamele und fünftausendfünf-
hundertfünfundzwanzig Stück Zugvieh. Die Anführer
des ganzen Zuges waren Zorobabel, der Sohn des
Salathiel, aus dem Stamme Judas und aus Davids Ge-
1 Diese Zahl ist sicher übertrieben , findet sich aber sowohl bei
Havercamp als bei Dindorf.
Go gle
Elftes Buch, 4. Kapitel.
15
schlecht, und Jesus, der Sohn des Hohepriesters Josedek.
Ausser diesen hatte das Volk sich noch zu Führern
erwählt den Mardochaeus und den Serebaeus, welche
hundert Minen Gold und fünftausend Minen Silber bei-
gesteuert hatten. Auf diese Weise zogen also die
Priester nebst einem Teile des gesamten Volkes der
Juden, das damals in Babylon wohnte, nach Jerusalem
aus. Der Rest des Volkes aber begab sich gesondert in
sein Heimatland zurück.
Viertes Kapitel.
Wie trotz des Widerstandes der Chuthäer der Tempel
erbaut wurde.
1. Im siebenten Monat nach dem Auszuge aus
Babylon sandten der Hohepriester Jesus und der An-
führer Zorobabel Boten im Lande umher und beriefen
die ganze Volksmenge^ nach Jerusalem zusammen, die
diesem Rufe auch gern Folge leistete. Dann errichteten
sie den Altar an derselben Stelle, wo er früher gestanden
hatte um Gott die feierlichen Opfer darzubringen , die
im Gesetze des Moyses vorgeschrieben waren. Dieses
Beginnen betrachteten die benachbarten Völker mit
neidischen Blicken, da sie samt und sonders ihnen
feindlich gesinnt waren. Trotzdem feierten die Juden
das Laubhütten fest um die Zeit, die der Gesetzgeber
dafür bestimmt hatte, und vollzogen wieder die Speise-
opfer, Brandopfer, Sabbatopfer und alle anderen fest-
lichen Opfer; auch brachten [sie die vorgeschriebenen
Gebete dar und begannen mit] den Opfern wieder vom
Neumond des siebenten Monats an. Alsdann gaben sie
sich auch an die Erbauung des Tempels, zahlten den
Steinmetzen und Zimmerleuten eine grosse Geldsumme
und gewährten denen, die das Material herbeischafften,
Speise und Trank. Diese Arbeiten besorgten die
Sidonier mit leichter Mühe, indem sie Cedernholz vom
Libanon zu Flössen zusaramenfügten und damit in den
16
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Hafen von Joppe 1 einfuhren. Cyrus hatte das bereits
angeordnet, während es jetzt erst unter Darius voll-
zogen. wurde.
2. Im zweiten Jahre nach der Rückkehr der Juden
und zwar im zweiten Monat begann man mit dem
Tempelbau, indem man am Neumond dieses Monats die
Fundamente legte nnd auf diesen weiterbaute. Den
Bau leiteten die über zwanzig Jahre alten Leviten, Jesus
mit seinen Söhnen und Brüdern, sowie Zodmiel, der
Bruder des Judas, Sohnes des Aminadab, nebst seinen
Söhnen. Und da mit angestrengtestem Fleisse gearbeitet
wurde , ward der Tempel wider Erwarten schnell
vollendet. Als das Heiligtum fertig war, legten die
Priester ihre -Gewänder an und stellten sich mit
Posaunen auf, desgleichen auch die Leviten und die
Söhne des Asaph. ‘ Darauf sangen sie Gott Loblieder,
wie David sie dereinst gelehrt hatte. Die Priester und
Leviten aber und die Ältesten aus den Geschlechtern,
<iie sich der Pracht und Grösse des früheren Tempels
noch erinnerten und nun den jetzigen, weit ärmlicheren
entstehen sahen , gerieten bei dem Gedanken an ihr
einstiges Glück und den Glanz ihres früheren
Tempels in tiefe Trauer und vermochten ihr Wehklagen
und ihre Thränen nicht zurückzuhalten. Das Volk da-
gegen war schon zufrieden, dass es wieder einen Tempel
erhielt, und dachte nicht an den früheren, quälte sich
auch nicht mit Vergleichen ab, welche die geringere
Pracht des jetzigen Tempels erst recht hätten empfinden
lassen. Und der Schall der Posaunen und das Jauchzen
der Menge übertönte die Wehklage der Ältesten und
der Priester, die immer wieder daran erinnert wurden,
dass der jetzige Tempel dem zerstörten weit nach-
stehe.
3. Als nun die Samariter, die den Stämmen Judas
und Benjamin feindlich gesinnt waren, den Schall der
Posaunen vernahmen, liefen sie herbei, um den Grund
1 Nach Jüd. Krieg III, 9,3 hatte Joppe keinen Hafen.
Go gle
Elftes Buch, 4. Kapitel.
17
des Festtrubels kennen zu lernen. Und da sie sahen,
dass die Juden, die als Gefangene nach Babylon weg-
geführt worden waren, den Tempel wieder aufbauten,
gingen sie den Zorobabel und den Jesus sowie die
Oberhäupter der Geschlechter mit der Bitte an, man
möge ihnen gestatten, sich am Bau zu beteiligen. „Wir
verehren ja,“ sagten sie, „ebenso wie ihr den allmächtigen
Gott und beten zu ihm, und wir sind auch stets in
seinem Dienste eifrig gewesen von der Zeit an, da der
Assyrierkönig Salmanasar uns aus Chuthien und Medien
hierher verpflanzt hat.“ Zorobabel , der Hohepriester
Jesus und die Oberhäupter der Geschlechter entgegneten
ihnen darauf, es sei unmöglich, sie am Tempelbau teil-
nehmen zu lassen , da nur die Juden zuerst von Cyrus
und jetzt von Darius den Auftrag zur Wiedererrichtung
des Tempels erhalten hätten. Jedoch wolle man ihnen
erlauben , in dem Tempel Gott zu verehren , denn nur
hierin bestehe die Gemeinschaft der Juden mit ihnen
wie mit allen anderen, die zum Tempel kämen, um Gott
anzubeten.
4. Als die Chuthäer (so heissen eigentlich die Sama-
riter) diese Antwort vernahmen, wurden sie wütend und
veranlassten die Völkerschaften Syriens, die Satrapen
zu bitten, sie möchten, wie dies früher unter Cyrus
und Kambyses geschehen sei, den Bau des Tempels
hintertreiben und den Juden bei ihrer Arbeit Schwierig-
keiten und Hindernisse in den Weg legen. Um diese
Zeit kam der Statthalter von Syrien und Phoenicien,
Sisineß, in Begleitung des Sarabazanes und einiger
anderen nach Jerusalem. Diese fragten die Vorsteher
der Juden, wer ihnen erlaubt habe, einen solchen Tempel
zu bauen, der einer Festung ähnlicher als einem Heilig-
tum sei, und weshalb sie ihn mit Säulenhallen und die
Stadt mit so starken Mauern umgeben hätten. Zoro-
babel und der Hohepriester Jesus antworteten ihnen,
sie seien Diener des allmächtigen Gottes, und der Tempel,
den ihr glücklichster und tugendhaftester König einst
erbaut, habe lange Zeit unversehrt dagestanden. Als
Josephus’ Jüdische Altertümer, II. 2
18
Josephus* Jüdische Altertümer.
aber ihre Vorfahren gegen Gott gefrevelt, habe
Nabuchodonosor, der König der Babylonier und Chal-
däer, die Stadt eingenommen und zerstört, den Tempel
geplündert und verbrannt und das Volk nach Babylon
in die Gefangenschaft geschleppt* Cyrus indessen, der
ihm in der Herrschaft über Babylonien und Persien ge-
folgt sei, habe schriftlich den Befehl erteilt, den Tempel
wieder aufzubauen, und alle von Nabuchodonosor ge-
raubten Weihgeschenke und Geräte dem Zorobabel und
seinem Schatzmeister Mithradates übergeben, um sie nach
Jerusalem zuTückzuschaffen und in dem neuerbauten
Tempel wieder aufzustellen. Und damit alles möglichst
schnell vollführt werde, habe er dem Abassar befohlen,
6ich nach Jerusalem zu begeben und für den Tempel
Sorge zu tragen. Dieser sei darauf mit einem Schreiben
des Cyrus sogleich dorthin abgereist und habe die Fun-
damente legen lassen. Seit dieser Zeit habe man eifrig
weitergebaut, sei jedoch wegen der Böswilligkeit der
Feinde mit dem Bau noch nicht fertig geworden. Wenn
sie es daher für gut fänden, möchten sie an DariuB
schreiben, damit er die königliche Chronik [nachsehen
lasse und sich überzeuge, dass sie die volle Wahrheit
geredet hätten.
5. Auf diese Vorstellungen Zorobabels und des
Hohepriesters hin beschlossen Sisines und seine Be-
gleiter, dem Bau nichts in den Weg zu legen, bis sie
den König Darius benachrichtigt hätten. Und sogleich
schrieben sie ihm über die Angelegenheit. Da aber die
Juden in Schrecken gerieten und fürchteten, den König
möchte die Wiederaufrichtung des Tempels und der
Stadt reuen, flössten zwei Seher, welche damals unter
ihnen lebten, Aggaeus und Zacharias, ihnen Mut ein
und verkündeten ihnen nach einer Verheissung Gottes, es
werde ihnen von den Persern kein Leid zugefügt
werden. Im Vertrauen hierauf bauten sie alsdann
fieissig weiter und setzten die Arbeit auch nicht einen
einzigen Tag aus.
6. Unterdessen schrieben die Samariter an Darius und
Go gle
Elftes Buch, 4. Kapitel.
19
klagten die Juden an, sie befestigten ihre Stadt, und
ihr Tempel gleiche mehr einer Festung wie einem
Heiligtum. Auch stellten sie dem Könige vor, der Bau
liege nicht in seinem Interesse, und fügten den Brief
des Kambyses bei , in welchem dieser den Tempelbau
untersagt hatte, weil er von der Wiederaufrichtung
Jerusalems für sich Gefahr befürchtete. Als Darius
nun auch den Brief des Sisines und seiner Amtsgenossen
gelesen hatte, befahl er, in den königlichen Archiven
nachzuforschen. Man fand dabei zu Ekbatana in
Medien in einem Turme ein Geschichtsbuch, in welchem
folgendes geschrieben stand : „Im ersten Jahre seiner
Regierung hat der König Cyrus befohlen, den Tempel
zu Jerusalem samt dem Altäre wieder aufzubauen, in
einer Höhe und Breite von sechzig Ellen aus je drei
Lagen geglätteten Marmors und einer Lage Holz des
Landes, und die Kosten auf die königliche Kasse zu
übernehmen. Ferner hat er vorgeschrieben, die Geräte,
die Nabuchodonosor aus dem Tempel geraubt und nach
Babylon geschleppt hatte, den Jerusalemern wieder zu-
zustellen. Mit der Sorge dafür betraute er Abassar, den
Statthalter von Syrien und Phoenicien, und dessen
Unterbeamte. Diese selbst sollten sich von der Stadt
fernhalten, die Juden aber, die Diener Gottes, und deren
Vorsteher bei der Erbauung des Tempels ruhig ge-
währen lassen. Weiterhin hat er befohlen, zur Unter-
stützung des Werkes aus den Abgaben der Provinzen,
die jene Beamten verwalteten, den Juden Stiere, Widder,
Lämmer, Böcke, Weizenmehl, Öl, Wein und alles andere,
das die Priester begehren würden, zu liefern. Dafür
sollten die Juden zu Gott für das Heil des Königs und
der Perser beten. Wer gegen diese Anordnungen ver-
stosse, solle gekreuzigt und seine Besitzungen zu gunsten
des Königs eingezogen werden. Obendrein flehte er
auch selbst zu Gott, dieser möge jeden, der den Bau zu
hindern wage, vernichten und ihn so von dem Frevel
abhalten.“
7. Als Darius diese Aufzeichnungen in der Chronik
20
Josephus’ Jüdische Altertümer.
des Cyrus gefunden hatte, schrieb er dem Sisines und
seinen Amtsgenossen folgendes zurück: „Der König
Darius an den edlen Ritter Sisines, an Sarabazanes und
an deren Amtsgenossen. Ich sende euch hiermit eine
Abschrift des Briefes, den ich in der Chronik des Cyrus
gefunden habe, und will, dass alles so ausgeführt werde,
wie es darin geschrieben steht. Lebt wohl. u Als Sisines
und seine Amtsgenossen aus diesem Briefe den Willen
des Königs klar erkannt hatten, beschlossen sie, sich
genau danach zu richten. Sie forderten demgemäss das
heilige Werk und unterstützten die Ältesten und Vor-
steher der Juden, sodass der Bau unter Anwendung
höchsten Fleisses in sieben Jahren vollendet wurde, wie
die Seher Aggaeus und Zacharias im Aufträge Gottes
ge weissagt und die Könige Cyrus und Darius es gewollt
hatten. Im neunten • Jahre der Regierung des Darius,
am dreiundzwanzigsten Tage des zwölften Monats, der
bei uns Adar, bei den Macedoniern aber Dystros heisst,
brachten die Priester, die Leviten und das gesamte Volk
der Israeliten für die Erneuerung ihres ehemaligen
Glückes und aus Dankbarkeit für den ihnen wieder-
gegebenen Tempel hundert Stiere, zweihundert Widder,
vierhundert Lämmer und zwölf Böcke (letztere der Zahl
der Stämme entsprechend) dar zur Sühnung ihrer Sünden.
Hierauf sorgten die Priester und Leviten dafür, dass
nach dem Gesetze des Moyses Thürhüter für die einzelnen
Eingänge angestellt wurden. Denn die Juden hatten
auch die rings um den Tempel laufenden Säulenhallen
des inneren Heiligtums wieder aufgebaut.
8. Da nun das Fest der ungesäuerten Brote im ersten
Monat, den die Macedonier Xanthikos, wir aber Nisan
nennen, bevorstand, strömte alles Volk aus den anderen
Städten nach Jerusalem. Hier begingen sie das Fest,
nachdem sie sich nebst Weibern und Kindern nach
väterlicher Sitte der Reinigung unterzogen hatten,
brachten am vierzehnten Tage des Monats das sogenannte
Paschaopfer dar und vergnügten sich dann sieben Tage
lang, ohne auf die Kosten zu sehen. Auch Brandopfer
Elftes Buch, 4. Kapitel.
21
brachten sie dar, imgleichen Dank opfer dafür, dass Gott
sie in ihr Heimatland zurückgeführt und ihnen ihre
väterlichen Gesetze wiedergegeben, sowie den Perser-
könig ihnen wohlgesinnt gemacht hatte. In der Folge-
zeit begingen die Bewohner von Jerusalem den Gottes-
dienst wieder mit aller Pracht. Ihre Staatsverfassung
war eine gemischte, teils aristokratisch, teils oligarchisch.
Denn die Hohepriester standen an der Spitze des Staates,
bis die Asamonäer die Königswürde erlangten. Vor der
Wegführung des Volkes in die Gefangenschaft regierten,
von Saul und David angefangen, fünfhundertzweiund-
zwanzig Jahre sechs Monate und zehn Tage lang
Könige. Vor diesen wurde das Volk von Richtern
regiert, und es bestand diese Staatsverfassung nach dem
Tode des Moyses und des Feldherrn Jesus mehr als
fünfhundert Jahre lang. So verhielt es sich mit den
Juden, die unter Cyrus und Darius aus der Gefangen-
schaft heimkehrten.
9. Die Samariter aber, die den Juden höchst feind-
lich und missgünstig gegenüberstanden, fügten ihnen
grossen Schaden zu, indem sie sich auf ihren Reichtum
sowie auf ihre Verwandtschaft mit den Persern stützten,
von denen sie abstammten. Sie verweigerten die Liefe-
rung der Beiträge, die sie nach dem Befehle des Königs
zu den Opfern zu leisten hatten, und verstanden es, die
königlichen Beamten auf ihre Seite zu bringen, wie sie
auch keine andere Gelegenheit unbenutzt Hessen, um
den Juden sei es selbst, sei es durch andere zu schaden.
Die Jerusalemer beschlossen daher, sich an den König
Darius zu wenden und die Samariter zu verklagen. Zu
diesem Zwecke ordneten sie eine Gesandtschaft ab, die
aus Zorobabel und vier anderen vornehmen Juden be-
stand. Als der König von diesen die Klagen gegen die
Samariter gehört hatte, entliess er sie mit einem
Schreiben an seine Beamten und an den Senat zu
Samaria, das folgenden Inhalt hatte: „Der König
Darius an seine Beamten zu Samaria, Tanganas, Sam-
babas, Sadrakas, Bobelon und deren Amtsgenossen. Die
22
J osephus’ J fidische Altertümer.
Gesandten der Juden Zorobabel, Ananias und Mardo-
chaeus haben euch verklagt, ihr hättet sie beim Tempel-
bau belästigt und die Beiträge zu den Opfern, wie ich
befohlen, nicht geleistet. Ich gebiete daher, dass ihr
nach Lesung dieses Briefes aus dem königlichen Steuer-
amte zu S&maria alles zu liefern habt, was nach dem
Gutdünken der Priester zu den Opfern erforderlich ist,
damit sie die täglichen Opfer nicht zu unterbrechen
brauchen und für mich und mein Volk zu Gott beten.“
Das war der Inhalt des Schreibens.
Fünftes Kapitel.
Wie Xerxes, der Sohn des Darius, die Juden höchst
wohlwollend behandelte. Von Esdras und Neemias.
1. Nach [dem Tode des Darius folgte ihm in der
ßegierung sein Sohn Xerxes, der ebenso gottesfürchtig
wie sein Vater war.. Denn er. lag wie dieser eifrig dem
Gottesdienste ob und jwar den Juden überaus wohlgesinnt.
Um diese Zeit war Joakim, Jesus’ Sohn, Hohepriester.
Es befand sich aber zu Babylon ein gerechter und hoch-
geachteter Mann mit Namen. Esdras, der erste Priester
des Volkes. Dieser war mit dem moysaischen Gesetze
besonders vertraut und genoss die Freundschaft des
Königs Xerxes. Da er nun beschlossen hatte, nach
Jerusalem zu ziehen und einige von den zu Babylon
lebenden Juden mitzunehmen, bat er den König, ihm
ein Beglaubigungsschreiben an dieftSatrapen Syriens mit-
zugeben. Darauf schrieb der {König [folgendes: „Der
König Xerxes entbietet dem Priester und Gesetzeslehrer
Esdras seinen Gruss. In meiner königlichen Gnade habe
ich beschlossen, dass den Juden sowie deren Priestern
und Leviten , die noch in meinem Reiche leben und nach
Jerusalem ziehen wollen, dieses verstattet sein soll. Wer
also Lust dazu trägt, möge mit meiner und meiner
sieben Räte Einwilligung sich dorthin begeben, damit
Gottes Gesetz in Judaea wieder völlig zur Geltung
Go gle
Elftes Buch, 5. Kapitel.
23
komme. Die Abziehenden sollen auch dem Gotte der
Israeliten die Geschenke, die ich und meine Freunde
ihm gelobt haben, mitnehmen sowie alles Gold und
Silber, das sich im Lande der Babylonier noch vor-
findet und früher Gott geweiht war. Was . du selbst
aus Gold und Silber, verfertigen willst, das magst du
mit deinen Brüdern her6tellen. Die heiligen Geräte, die
dir eingehändigt worden sind, sollst du Gott wieder
weihen und auch sonst alles nach deinem Gutdünken
dir anfertigen lassen, und zwar auf meine Kosten.
Meinen Schatzmeistern in Syrien und Phoenicien habe
ich geschrieben, dass sie für alles Sorge tragen sollen,
was der Priester und Ausleger der Gesetze Gottes, Es-
dras, von ihnen verlangen wird. Und damit Gott mir
und meinen Nachkommen nicht zürne, befehle ich, dass ihm
alles bis auf hundert Koren Weizen nach seinem Gesetze
geliefert werde. Ausserdem lege ich euch ans Herz,
dass ihr von keinem Priester, Leviten, Pförtner, Sänger,
Tempeldierier oder Tempelschreiber irgend eine Steuer
erheben, noch sie zu irgend welchen Lasten heranziehen
dürft. , Du aber, Esdras, magst nach dem Gutdünken
deiner Weisheit, die Gott dir verliehen hat, Richter,
die in deinem Gesetze bewandert sind, in ganz Syrien
und Phoenicien einsetzen. Die des Gesetzes Unkundigen
aber wollest du belehren, damit derjenige von deinen
Landsleuten, der Gottes oder des Königs Gesetz Über-
tritt, keine Unkenntnis desselben vorschützen kann,
sondern als wissentlicher Verächter des Gesetzes seine
Strafe erleidet.. Die Strafe aber soll entweder Todes-
oder Geldstrafe sein. Gehab dich, wohl.“
2. Als Esdras dieses Schreiben erhielt, freute er sich
ausserordentlich und lobte Gott, dem allein er die gute
Gesinnung des Königs zuschrieb und dem er deshalb
auch seinen innigsten Dank abstattete. Und nachdem
er den Brief den Juden in Babylon yorgelesen hatte,
behielt er das Original für sich, während er eine Ab-
schrift davon an alle seine in Medien lebenden Lands-
leute sandte. Diese wurden von hoher Freude durch-
Go gle
24
Josephus’ Jüdische Altertümer.
drangen, als sie die Kunde von der gottesfürchtigen
Gesinnung des Königs und seinem Wohlwollen gegen
Esdras vernommen hatten, und viele von ihnen begaben
sich alsbald mit ihrer Habe nach Babylon, um von
dort nach Jerusalem zurückzukehren. Die grosse Masse
des Volkes aber blieb im Lande. Daher kommt es,
dass nur zwei Stämme in Asien und Europa den Römern
unterthan sind, während die zehn übrigen Stämme als
eine unendliche, unzählbare Menge noch heutigen Tages
jenseits des Euphrat wohnen. An Esdras aber schlossen
sich die meisten Priester, Leviten, Thürhüter, Sänger
und Tempeldiener an. Als er nun die Verbannten, die
ihn begleiten wollten, über den Euphrat geführt hatte,
rastete er hier drei Tage lang, ordnete ein Fasten an
und liess das Volk zu Gott flehen, dass er sie gnädig
beschützen und sie vor allem Übel sei es seitens ihrer
Feinde, sei es anderswoher bewahren möge. Denn
Esdras hatte dem Könige schon im voraus gesagt, Gott
werde sie behüten , und deshalb auf den ihm angebotenen
Schutz von Reitern verzichtet. Nachdem sie nun ihr
Gebet beendigt hatten, brachen sie am zwölften Tage
des ersten Monats, im siebenten Jahre der Regierung
desXerxes, vom Euphrat auf und gelangten im fünften
Monat desselben Jahres nach Jerusalem. Dort übergab
Esdras den Schatzmeistern das für den Tempel bestimmte
Vermögen, sechshundertfünfzig Talente Silber, hundert
Talente an silbernen Gefässen, zwanzig Talente an
goldenen Gefässen und zwölf Talente an ehernen Ge-
fässen, die noch werth voller als Gold waren. Das alles
hatten ihm der König, dessen Räte und die in Babylon
bleibenden Israeliten geschenkt. Als Esdras diese Kost-
barkeiten den Priestern eingehändigt hatte, liess er Gott
die gesetzlichen Brandopfer darbringen, zwölf Stiere für
das Heil des ganzen Volkes, neunzig Widder, zweiund-
siebzig Lämmer, und zwölf Ziegenböcke als Sühnopfer.
Den königlichen Schatzmeistern und den Präfekten von
Coelesyrien und Phoenicien aber übergab er den Brief
des Königs, und diese erfüllten denn auch wohl oder
Elftes Buch, 5. Kapitel.
25
übel den Befehl des Xerxes, behandelten die Juden
achtungsvoll und unterstüzten sie mit allem Notwendigen.
3. So traf Esdras seine Anordnungen, und es gelang
ihm alles nach Wunsch, weil, wie ich glaube, Gott ihn
wegen seiner Rechtschaffenheit und Gottesfurcht des
glücklichen Erfolges aller seiner Pläne für würdig hielt.
Nicht lange nachher aber kamen einige Juden zu ihm
und hinterbrachten ihm, einige aus dem Volke und
selbst Priester und Leviten hätten die Verfassung über-
treten und die Gesetze verletzt, indem sie fremde Weiber
geheiratet und dadurch das Priestergeschlecht entehrt
hätten. Sie baten ihn deshalb, das Gesetz hochzuhalten,
damit Gottes Zorn sie nicht abermals ins Unglück
stürzen lasse. Als Esdras dies vernommen, zerriss er
vor Trauer sein Gewand, raufte sich Haupthaar und
Bart und warf sich zur Erde nieder, weil die Besten
des Volkes sich so vergangen hatten. Und indem er
bedachte, sie würden, wenn er ihnen den Befehl gäbe,
ihre Weiber und Kinder zu verstossen, ihm doch nicht
gehorchen, blieb er auf der Erde liegen. Da liefen alle
Guten und Gerechten herzu und weinten und wehklagten
um das, was vorgefallen war. Endlich erhob sich Es-
dras, rang die Hände gen Himn^el und rief aus, er
müsse sich schämen, zu Gott seine Augen emporzubeben
wegen der schweren Vergehungen des Volkes, das die
Strafe, welche seine Vorfahren um ihrer Sünden willen
getroffen, vergessen zu haben scheine. Dann bat er zu
Gott, er möge, da er sie aus der Gefangenschaft er-
rettet, sie nach Jerusalem zurückgeführt und den Königen
der Perser Mitleid mit ihnen eingeflösst habe, auch jetzt
ihrer Sünden nicht mehr gedenken, obgleich sie eigent-
lich den Tod verdient hätten, und in seiner Güte ihnen
die Strafe erlassen.
4. Nach diesem Gebete brachen alle, die sich mit
Weib und Kind versammelt hatten, in Thränen aus,
und Achonius, einer der ersten in Jerusalem, trat auf
Esdras zu und sagte, sie hätten sich freilich verfehlt,
da sie die fremden Weiber geheiratet hätten. Er wolle
26
Josephus’ Jüdische Altertümer.
ihm aber die eidliche Zusage geben , dass eie sich alle
zur Verstos8Ung ihrer Weiber und Kinder verpflichteten
und damit einverstanden seien, dass deijenige, der hier-
auf nicht , eingehen wolle, zur .Verantwortung gezogen
werde. Im Vertrauen darauf liess Esdras die Stammes-
häupter der Priester, Leviten und übrigen Israeliten
schwören, dass sie nach dem Rate des Achonius ihre
Weiber und Kinder entlassen wollten. Nachdem diese
den Eid geleistet, entfernte er sich aus dem Tempel,
begab sich zur Wohnung des [Joannes, der ein Sohn
des Eliasib war , und brachte den ganzeu Tag in tiefer
Bekümmernis zu, ohne Speise oder Trank zu sich zü
nehmen. Dann liess er bekannt machen, dass alle, die
aus der Gefangenschaft zurückgekehrt seien, sich in
Jerusalem einfinden sollten. Wer aber in zwei bis drei
Tagen nicht zur Stelle sei, der solle aus dem Volke
ausgestossen und sein Vermögen nach dem Beschlüsse
der Ältesten zu gunsten des Tempels eingezogen werden.
Daraufhin kamen die Angehörigen der Stämme Judas
und Benjamin nach drei Tagen zusammen, am zwan-
zigsten Tage des neunten Monats, der bei den Hebräern
Chaslev, bei den Macedoniern aber Apellaios heisst
In den oberen Räumen des Tempels setzten sie sich -in
Gegenwart der Ältesten nieder, gedrückt von banger
Furcht Da erhob sich Esdras und warf ihnen ihr Ver-
gehen vor, das sie mit der Heirat fremder Weiber be-
gangen hätten. Jetzt aber könnten sie Gott versöhnen
und zu ihrem eigenen Nutzen handeln, wenn 6ie auf
das fernere Zusammenleben mit ihren Weibern verzichteten.
Alle erklärten sich hierzu bereit; doch seien ihrer viele,
und obendrein sei es Winterszeit, sodass es sich in einem
oder zwei Tagen wohl nicht durchführen lasse. Es müsse
deshalb denen, die noch mit fremden Weibern vermählt
seien, eine Frist gewährt werden, innerhalb deren die
Vorsteher und Ältesten die Schuldigen ermitteln sollten.
Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung, und so
begann man am ersten Tage des zehnten Monats die-
jenigen. aufzusuchen, welche fremde Weiber geheiratet
Elftes Buch, 5. Kapitel.
27
hatten. Damit wurde fortgefahren bis zum ersten Tage
des folgenden Monats, und es fanden sich viele Nach-
kommen des Hohepriesters Jesus, desgleichen auch viele
Priester, Leviten und andere Israeliten, die ihre Weiber
und Kinder sogleich entliessen, da sie die Beobachtung
des Gesetzes höher stellten als die Liebe zu ihrer
Familie. Dann brachte man zur Versöhnung Gottes
ein Opfer von Widdern dar. Die einzelnen Namen auf-
zuzählen, habe ich nicht für notwendig gehalten. Nach-
dem Esdras so die durch die eingegangenen Ehen ent-
standenen Verirrungen, wieder gutgemacht hatte, traf
er in dieser Angelegenheit Bestimmungen, die für alle
Zeit Gültigkeit haben sollten.
5. Als im siebenten Monate das Laubhüttenfest be-
gangen wurde und fast das gesamte Volk herbeigeströmt
war, stiegen alle in den Teil des Tempels hinauf, der
nach dem östlichen Thore zu lag, und baten den Esdras,
ihnen die Gesetze des Moyses vorzulesen. Dieser trat
in ihre Mitte und las von der Morgenfrühe bis zum
Mittag. Da nun die Leute das Gesetz vorlesen hörten,
erfuhren sie nicht bloss, wie sie es jetzt und in Zukunft
anzufangen hätten, um gerecht zu leben, sondern be-
reuten auch : die Vergangenheit und beklagten unter
Thränen ihr Unglück, das sie nicht betroffen haben
würde, wenn sie das Gesetz beobachtet hätten. Als Es-
dras sah, dass sie sich so abhärmten, hiess er sie heim-
kehren, ohne zu weinen : denn . es sei ein Festtag, und
es gezieme sich nicht, an einem solchen Tage zu trauern.
Vielmehr sollten sie sich zu freudigem Schmause wenden
und das Fest mit Frohlocken begehen. Ihre Reue und
ihr Schmerz werde sie davor bewahren, dass sie in Zu-
kunft wieder in dergleichen Sünden fielen. Nach-
dem Esdras sie dergestalt ermuntert hatte, überliessen
sie sich der Freude, und als sie acht Tage in Zelten
gewohnt hatten, begaben sie sich unter Lobgesängen
auf Gott nach Hause und dankten dem Esdras dafür,
dass er ihre Vergehen gegen die Verfassung wieder gut-
gemacht habe. Esdras aber starb, reich an Verdiensten,
Go gle
28
Josepbus' Jüdische Altertümer.
in hohem Alter und wurde mit grosser Pracht zu Jeru-
salem bestattet. Um dieselbe Zeit schied auch der Hohe-
priester Joakim aus dem Leben, und es folgte ihm in
der Hohepriesterwürde sein Sohn Eliasib.
6. Unter den gefangenen Juden befand sich ein
Mundschenk des Königs Xerxes, mit Namen Neemias.
Als dieser einst vor den Thoren der persischen Haupt-
stadt Susa lustwandelte, hörte er einige Fremde, die
von einer langen Reise in die Stadt einkehrten, in
hebraeischer Sprache sich unterhalten, trat auf sie zu
und fragte sie, woher sie kämen. Sie entgegneten, aus
Judaea, worauf er sich weiter erkundigte , wie es um ihr
Volk und die Stadt Jerusalem stehe. Jene erwiderten,
es sei sehr schlecht damit bestellt, da die Stadtmauern
dem Erdboden gleich gemacht seien und die ringsum
wohnenden Völkerschaften den Juden hart zusetzten.
Bei Tage fielen sie in das Land ein, raubten und ver-
wüsteten, bei Nacht aber schlichen sie sich heran und
führten viele aus der Umgegend und selbst aus Jeru-
salem gefangen weg, und gar oft finde man Leichen
auf den Wegen liegen. Da brach Neemias vor Mitleid
mit dem Unglück seiner Landsleute in Wehklagen aus,
erhob die Augen gen Himmel und sprach: „Bis wann,
o Herr, willst du unser Volk noch also heimsuchen?
Wahrlich, wir sind zum Raube und zur Beute aller
unserer Feinde geworden !“ Während er nun so am
Thore stand und weinte, wurde ihm gemeldet, der König
wolle sich zum Mahle begeben. Da eilte er, ungewaschen
wie er war, um seinen Dienst beim Könige zu versehen.
Nach dem Mahle war der König sehr gut gelaunt und
heiterer als gewöhnlich, und als er des Neemias traurige
Miene bemerkte, fragte er ihn, weshalb er so nieder-
geschlagen sei. Da bat Neemias zu Gott, er möge seiner
Rede die Kraft der Überzeugung verleihen, und sprach:
„Wie kann ich, o König, anders aussehen, oder wie
sollte ich nicht traurig sein, da ich höre, dass in meiner
Vaterstadt Jerusalem, wo meine Vorfahren begraben
liegen, die Mauern niedergerissen und die Stadtthore
Elftes Buch, 5. Kapitel.
29
verbrannt sind? Lass mich, ich bitte dich, dorthin
ziehen, um die Mauern wieder aufzurichten und den
Tempel zu vollenden!“ Der König bewilligte ihm so-
gleich seine Bitte und versprach Briefe an die Satrapen
zu schreiben, damit sie ihm achtungsvoll entgegenkämen
und ihm alles Erforderliche lieferten. „Nun aber,“
sagte er, „höre auf zu trauern und diene mir mit ge-
wohnter Behendigkeit!“ Da betete Neemias Gott an,
dankte dem Könige für sein Versprechen, [legte seinen
Missmut ab und erhob freudig sein Haupt. Am folgen-
den Tage beschied der König ihn zu sich und gab ihm
einen Brief an Adaeus, den Präfekten von Syrien, Phoe-
nicien und Samarien, mit, worin er den Befehl erteilte,
Neemias ehrenvoll zu behandeln und ihm alles zu liefern,
dessen er beim Bau bedürfe.
7. Als Neemias nach Babylon kam, schlossen sich
ihm viele seiner Landsleute an. Darauf zog er nach
Jerusalem im fünfundzwanzigsten Jahre der Regierung
des Xerxes, zeigte den Brief dem Adaeus und den
übrigen Befehlshabern vor, berief dann das ganze Volk
nach Jerusalem, trat in die Mitte des Heiligtums und
redete die Menge also an: „Ihr wisst, Juden, dass Gott
noch immer eurer Ahnen Abram, Isak und Jakob ge-
denkt und um ihrer Gerechtigkeit willen nicht aufhört,
für euch zu sorgen. Mir hat er gnädig geholfen, vom
Könige die Erlaubnis zu erlangen, dass ich die Mauern
unserer Stadt wieder aufrichten und den fehlenden Teil
des Tempels ergänzen darf. Da ihr indes die üble
Gesinnung unserer Nachbarn kennt und euch denken
könnt, dass sie auf die Nachricht von unserer Bauarbeit
uns alle möglichen Hindernisse in den Weg zu legen
suchen werden, so ermahne ich euch, vor allem auf Gott
zu vertrauen, der euren Feinden schon Widersand leisten
wird. Dann aber dürft ihr weder bei Tage noch bei
Nacht die Arbeit unterbrechen, müsst vielmehr mit
höchstem Eifer ans Werk gehen, weil gerade jetzt der
rechte Zeitpunkt ist.“ Als er so geredet, befahl er den
Vorstehern, sogleich die Mauer abstecken zu lassen und
30
Josephus’ Jüdische Altertümer.
die Arbeit nach Städten und Dörfern gleichmässig zu
verteilen. Dann versprach er, auch seinerseits mit seinen
Leuten sich am Werke zii beteiligen, und entliess die
Versammelten. Die Juden machten sich sogleich ans
Werk. Den Namen Juden hatten sie aber von jenem
Tage an, da sie aus Babylon zurückkehrten, und zwar
von dem Stamme Judas, der zuerst im Lande, ankam,
und nach welchem das Land sowohl als die Bewohner
desselben genannt wurden.
8. Sobald die Ammaniter, Moabiter, Samariter und
alle Bewohner Coelesyriens von dem raschen Fort-
schreiten des Baues der Stadtmauer Kunde erhielten,
wurden sie aufgebracht und fuhren fort, die Juden zu
beunruhigen und von ihrem Vorhaben abzulenken.
Viele Juden erlagen ihren Nachstellungen, und auch
dem Neemias trachteten sie nach dem Leben, indem sie
einige Ausländer dingten, um ihn zu töten. Als sie
nun auch noch das Gerücht ausstreuten, es rückten ver-
schiedene Völkerschaften mit grosser Heeresmacht gegen
die Juden heran, gerieten diese derartig in Schrecken,
dass sie beinahe den Bau aufgegeben hätten. Neemias
aber liess . sich nicht ein schüchtern, sondern hielt zu
seinem Schutze eine Leibwache in seiner Umgebung und
harrte standhaft aus, ohne in seinem Eifer für den Bau
irgendeine Mühe anzuschlagen. Doch war er nicht deshalb
so sorgfältig .auf seinen Schutz bedacht, weil er den Tod
fürchtete, sondern weil er davon überzeugt war, dass
nach seinem Tode die Mauer nicht vollendet werden
würde. Auch befahl er, dass die Bauleute nur bewaff-
net ans Werk gehen sollten, und so kam es, dass jeder
Maurer und Handlanger mit dem Schwerte umgürtet
war. Die Schilde liess er in der Nähe bereit legen, und
von fünfhundert zu fünf hundert Schritten stellte er Trom-
peter auf, die den Auftrag hatten, beim Erscheinen der
Feinde durch Trompetenstoss den Arbeitern ein Zeichen
zu geben, damit sie sich zum Kampfe rüssten könnten
und nicht unversehens und wehrlos dem Angriff des
Feindes ausgesetzt wären. Er selbst ging zur Nachtzeit
Elftes Buch, 5. Kapitel.
31
rings um die Stadt, ohne sich die Strapazen oder die
Entbehrung von Speise und Trank irgendwie anfechten
zu lassen. Seine Nahrung nahm er übrigens nicht zu
seinem Vergnügen, sondern nur zur notdürftigen Fristung
seines Lebens. Diese gewaltigen Anstrengungen ertrug
er zwei Jahre und vier Monate lang, denn so langer
Zeit bedurfte er, um Jerusalem mit Mauern zu umgeben.
Vollendet war die Arbeit im neunten Monat des acht-
undzwanzigsten Jahres der Regierung des Xerxes, und
Neemias brachte nun mit dem Volke Gott Dankopfer
dar, worauf ein achttägiges Fest gefeiert wurde. Als
aber die Völkerschaften Syriens vernahmen, die Be-
festigung sei fertig, gerieten sie in gewaltige Aufregung.
Neemias glaubte deshalb, die Besatzung der Stadt sei
zu klein, und forderte die Priester und Leviten, die
rings im Lande wohnten, auf, in die Stadt zu ziehen
und sich dort anzusiedeln. Er liess ihnen auf. seine
Kosten Wohnungen erbauen und befahl dem Ackerbau
treibenden Teile der Bevölkerung, den Zehnten der Ernte
nach Jerusalem zu liefern, damit die Priester und Leviten
hinreichenden Lebensunterhalt hätten, ohne den Gottes-
dienst vernachlässigen zu müssen. Diese Anordnungen
des Neemias wurden bereitwillig befolgt, und so "kam
es, dass die Bevölkerung Jerusalems sich von Tag zu
Tag vermehrte. Neemias traf noch manche vortreffliche
und lobenswerte Einrichtung und starb in hohem
Alter. Er war ein Mann von edlem und gerechtem
Charakter und ein echter Freund seines Volkes, dem er
in den Ringmauern Jerusalems ein dauerndes Denkmal
hinterlassen hat. Das sind die Begebenheiten unter der
Regierung des Xerxes.
32
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Sechstes Kapitel.
Von Esther, Mardochaeus und Aman, und wie unter Atta«
xerxes beinahe das ganze Volk der Juden ausgerottet
worden wäre.
1. Nach Xerxes’ Tod ging die Regierung an seinen
Sohn Cyrus über, den die Griechen Artaxerxes nennen.
Während dieser über die Perser herrschte, wäre beinahe
das ganze Volk der Juden mit Weibern und Kindern
«lern Untergange verfallen gewesen. Die Ursache hier-
von will ich gleich angeben. Vorher nämlich muss ich
berichten, wie der König eine Jüdin aus königlichem
Geschlechte zur Gemahlin nahm, von der erzählt wird,
dass sie unser Volk gerettet - habe. Als Artaxerxes den
Thron bestiegen und die hundertsiebenundzwanzig Sa-
trapen von Indien bis nach Aethiopien hin eingesetzt
hatte, lud er im dritten Jahre seiner Regierung seine
Freunde, die ihm untergebenen Perser und deren Fürsten
ein und gab ihnen ein hundertachtzig Tage währendes
Fest, wie es einem Könige geziemt, der seinen Reichtum
zur Schau stellen will. Alsdann bewirtete er sieben
Tage lang die fremden Völker und deren Gesandte in
Susa. Das Gastmahl wurde folgendermassen gehalten:
Der König liess ein Zelt errichten, dessen Gerüst aus
goldenen und silbernen Säulen und dessen Bekleidung
aus Leinwand und Purpur bestand. In diesem Zelte
fanden viele Tausende Platz. Man bediente sich beim
Mahle goldener > mit Edelsteinen besetzter Becher, die
ebenso das Auge ergötzten als dem Ganzen zur Zierde
gereichten. Den Dienern befahl der König, niemand
durch öfteres Einschenken zum Trinken zu nötigen, wie
das bei den Persern Sitte ist, sondern die Gäste ganz
nach ihrem Gutdünken sich der Freude hingeben zu
lassen. Im ganzen Lande sandte er Boten umher und
liess verkündigen, die Arbeit solle ruhen und eine Reihe
von Tagen festlich begangen werden. Auch den Frauen
gab die Königin Vaste im Palaste ein Fest. Da nun
die Königin von hervorragender Schönheit war, wollte
Elftes Buch, 6. Kapitel.
33
der König sie seinen Gästen zeigen und liess ihr be-
fehlen, zum Mahle zu kommen. Die Königin aber
weigerte sich dessen, da die Gesetze der Perser den
Fremden verbieten, Frauen des Landes zu betrach ten,
und so viele Verschnittene der König auch zu ihr sandte,
blieb fie doch in ihren Gemächern und weigerte sich zu
kommen. Der König geriet hierüber in heftigen*Zorn,
beendete das Mahl, stand auf und beschied die sieben
Perser zu sich, denen die Auslegung des Gesetzes oblag.
Bei diesen klagte er seine Gattin an, ihn dadurch be-
leidigt zu haben, dass sie trotz seines öfteren Befehls,
zum Gastmahle zu kommen, nicht ein einziges Mal er-
schienen sei. Er hiess sie daher ihm auslegen, was nach
dem Gesetze gegen die Königin zu geschehen habe.
Einer von den sieben, Muchaeus mit Namen, erklärte»
das Benehmen der Königin gereiche nicht nur dem Könige
zur Schmach, sondern auch allen Persern, die dadurch
in Gefahr kämen, von ihren Weibern missachtet zu
werden. Denn nach dem Vorgänge der Königin werde
kein Weib mehr vor ihrem Gatten Ehrfurcht haben.
Er legte deshalb dem König nahe, das widerspenstige
Gebaren der Königin empfindlich zu bestrafen und
allen seinen Unterthanen das über sie verhängte Urteil
bekannt zu machen. Demgemäss ward beschlossen, der
König solle die Vaste verstossen und ihren Rang einer
anderen Frau verleihen.
2. Da aber der König die Vaste sehr liebte, konnte
er sich in eine Trennung von ihr schlecht schicken.
Doch gab es nun des Gesetzes wegen für ihn keine Um-
kehr von dem Beschluss, und es blieb ihm nichts übrig,
als sein Unglück, das er selbst gewollt hatte, zu be-
klagen. Als seine Freunde ihn so übelgelaunt sahen,
rieten sie ihm, das Andenken an Vaste und an seine
Liebe zu ihr, die ihm ja doch nichts nützen könne, ganz
aufzugeben, dann aber im ganzen Lande die schönsten
und anmutigsten Jungfrauen aufsuchen zu lassen und
die liebreizendste von ihnen zur Ehe zu nehmen. Denn
je rascher er eine neue Gattin heimführe, desto eher
Joeephus’ Jüdische Altertümer, II. 3
Go gle
S4
Josephus’ Jüdische Altertümer.
werde die Neigung zu seiner ersten Gemahlin in ihm
erkalten und bald auf die andere sich übertragen. Dieser
Rat gefiel dem Könige, und er gab daher den Auftrag,
ihm die schönsten Jungfrauen aus seinem Reiche aus-
zusuchen und zuzuführen. Unter den ''Erwählten befand
sich auch ein Mädchen, welches verwaist war und zu
Babylon von seinem Oheim Mardochaeus erzogen wurde.
Letzterer war aus dem Stamme Benjamin und gehörte
einer der vornehmsten jüdischen Familien an. Esther
(das war der Name der Jungfrau) zeichnete sich vor
allen anderen durch Schönheit aus und zog durch ihre
lieblichen Gesichtszüge aller Augen auf sich. Sie wurde
einem Verschnittenen zur Wartung übergeben, der ihr
die (sorgfältigste Pflege angedeihen liess und sie mit
Wohlgerüchen und kostbaren Salben im Überfluss ver-
sah. Dieselbe Pflege wurde auch den übrigen Mädchen,
die im ganzen vierhundert] an der Zahl waren , zu
teil, und »zwar sechs Monate lang. Als man nun nach
Ablauf dieser Zeit die Jungfrauen für hinreichend vor-
bereitet hielt, beim Könige zu ruhen, liess man jeden
Tag eine von ihnen mit dem Könige Gemeinschaft
haben. Der aber schickte sie alle demuVerschnittenen
wieder zurück. Als jedoch Esther zu ihm kam, hatte
er Gefallen an ihr und |ward von solcher Liebe zu ihr
ergriffen, dass er sie zu seiner rechtmässigen Gattin er-
kor und sich im siebenten Jahre seiner Regierung, im
zwölften Monate, der [Adar heisst, mit ihr vermählte.
Alsdann sandte er Boten (zu (allen Völkerschaften, um
ihnen seine Hochzeit anzukündigen. Die Perser aber
und {die Meder J sowie die Vornehmsten der Völker-
schaften bewirtete er aus diesem Anlass festlich einen
ganzen Monat lang. Als nun seine neue Gemahlin in
den Palast eingeführt war, setzte er ihr das Königs-
diadem auf, und Esther wohnte von da an beim Könige,
ohne ihm das Volk, dem sie entstammte, zu nennen.
Ihr Oheim zog dann ebenfalls von Babylon nach Susa,
nahm dort seinen Wohnsitz und verkehrte täglich
im Königspalaste, |um sich nach dem Befinden.
Elftes Buch, 6. Kapitel.
35
der Esther zu erkundigen, da er sie wie seine Tochter
liebte.
3. Um diese Zeit erliess der König ein Gesetz, dass
niemand von seinen Unterthanen ihm ungerufen nahen
dürfe, wenn er auf dem Throne sitze. Infolgedessen um-
gab er sich mit Beilträgern, die jeden Übertreter des
Gesetzes bestrafen sollten. Der König selbst hatte in
seiner Hand einen goldenen Stab, den er, wenn er einen
von denen , die ungerufen zu ihm kamen , retten wollte,
gegen diesen ausstreckte. Wen er damit berührte, der
war ausser Gefahr. Soviel mag hierüber genügen.
4. Einige Zeit darauf verschworen sich die beiden
Verschnittenen Bagathous undj Theodestes gegen den
König. Barnabazus aber, der Diener des einen Ver-
schnittenen, seiner Abstammung nach Jude, erhielt von
der Verschwörung Kenntnis und meldete die Sache dem
Oheim der Königin , der durch Esther dem Könige die
Verschworenen anzeigte. Der König geriet in heftigen
Schrecken, liess eine Untersuchung anstellen und fand,
dass die Anzeige auf Wahrheit beruhte. Alsdann liess
er die beiden Verschnittenen ans Kreuz schlagen ; seinem
Retter Mardochaeus aber gab er keine andere Belohnung,
als dass er seinen Namen von den Chronisten in die
Jahrbücher eintragen liess, ihm im Königspalaste eine
Wohnung anwies und ihn in die Zahl seiner vertrauten
Freunde aufnahm.
5. Damals war es Sitte, dass Aman, dem Sohne des
Amadathas, einem geborenen Amalekiter, so oft er sich
zum Könige begab, sowohl von den Persern als auch
von den Fremden die Ehrenbezeugung erwiesen werden
musste, dass man sich vor ihm niederwarf. Es war dies
auf einen Befehl des Artaxerxes zurückzuführen. Mar-
dochaeus aber konnte es bei seiner Weisheit und seiner
Achtung vor den Gesetzen seines Volkes nicht über sich
bringen, einen Menschen also zu verehren. Aman, der
sein Benehmen bemerkt hatte, erkundigte sich, woher er
sei, und da er hörte, Mardochaeus sei Jude, geriet er in
Zorn darüber, dass, obgleich die freien Perser ihm die
8 *
Go gle
36
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Verehrung zollten, ein solcher Sklave sich dessen weigere.
Um sich dafür an Mardochaeus zu rächen, hielt er es
für zu wenig, nur die Bestrafung dieses einen Mannes
zu fordern, sondern beschloss, das ganze Volk zu ver-
nichten. Denn er trug auch von Hause aus den Juden
grossen Hass nach, da das Volk der Amalekiter, dem
er entstammte, von ihnen ausgerottet worden war. Er
begab sich also zum Könige und führte bei ihm Klage,
es lebe in seinem Reiche zerstreut ein verruchtes Volk,
das sich ganz abgesondert und unvermischt erhalte und
weder dieselben Götter wie seine übrigen Unterthanen
verehre, noch den Gesetzen gehorche, vielmehr infolge
seiner Sitten und Einrichtungen sowohl dem persischen
Volke als allen übrigen Menschen ein Dorn im Auge
sei. „Willst du,“ fuhr er fort, „deinen Unterthanen eine
Wohlthat erweisen, so gieb Befehl, dass dieses Volk
völlig ausgerottet werde und nicht ein einziger von ihm
übrig bleibe, sei es auch nur als Sklave oder Kriegs-
gefangener. Damit dir jedoch kein Schaden daraus er-
wächst, erbiete ich mich, dir von meinem Vermögen
vierzigtausend Talente Silber zu liefern, wohin du willst.
Ich will mich gern dieser Summe entäussern, wenn nur
das Reich von dieser Pestbeule befreit wird und Frieden
geniessen kann.“
6. Als Aman diese Bitte ausgesprochen hatte, hiesa
ihn der König sein Geld behalten und mit den Juden
nach seinem Gutdünken verfahren. Aman, der so seinen
Wunsch erfüllt sah, sandte sogleich im Namen des
Königs an alle Völkerschaften ein Edikt folgenden In-
halts: „Der grosse König Artaxerxes an die einhundert-
siebenundzwanzig Satrapen von Indien bis nach Aethi-
opien. Da ich die Herrschaft über viele Völker und
Länder errungen, jedoch nicht übermütig oder grausam,
sondern mild und gütig mich gegen meine Unterthanen
bewiesen und ihnen Frieden und den Schutz der Ge-
setze verschafft habe, bin ich auch bemüht gewesen,
ihnen alle diese Vorteile für immer zu sichern. Nun
hat mich Aman, der wegen seiner Weisheit und Ge-
Elftes Buch, 6. Kapitel.
87
rechtigkeit von mir in hohen Ehren gehalten wird und
Wegen seiner Treue und Anhänglichkeit mir besonders
nahe steht, voll hingebender Sorgfalt darauf aufmerksam
gemacht, dass mitten unter meinen. Völkern ein feind»
seliges Volk lebt, das die Gesetze nicht beachtet, dem
Könige nicht gehorcht, seiner eigenen Gebräuche sich
bedient, unseren ganzen Staat hasst und heimtückische
Pläne gegen uns hegt. Ich befehle daher, dass ihr die
von meinem väterlichen Berater Aman bezeichneten
Menschen mit Weib und Kind umbringt, ohne auch nur
einen einzigen zu verschonen, und dass ihr euch nicht
durch Mitleid verleiten lasst, meinem Befehl zuwider-
zuhandeln. Dies soll geschehen am dreizehnten Tage
des zwölften Monats im nächsten Jahre, damit unsere
Feinde sämtlich an einem Tage umkommen, und wir in
Zukunft vor ihnen sicher sind.“ Als dieses Edikt im
ganzen Lande bekannt gemacht worden war, traf man
überall Vorkehrungen, um die Juden an dem festge-
setzten Tage auszurotten, und auch in Susa rüstete man
sich dazu. Inzwischen vergnügten sich der König und
Aman mit Schmausereien und Zechgelagen, während die
Stadt in Aufregung und Verwirrung sich befand.
7. Als Mardochaeus von dem Anschläge Kenntnis
erhielt, zerriss er seine Kleider, hüllte sich in Lumpen,
bestreute sich mit Asche und zog durch die Stadt, indem
er ausrief, es solle ein Volk zu Grunde gerichtet werden,
das niemand f ein Leid zugefügt habe. So kam er bis
zum Königspalaste, vor dem er stehen blieb, da er in
solchem Aufzug dort nicht eintreten durfte. Ebenso ver-
fuhren auch die übrigen Juden in den Städten, wo das
bezügliche Edikt verkündet worden war, und jammerten
und wehklagten über das ihnen bevorstehende Schicksal.
Als man nun der Königin meldete, in welch kläglichem
Aufzuge Mardochaeus vor dem Palast stehe, schickte
sie ihm in ihrer Aufregung darüber andere Kleider.
Mardochaeus aber weigerte sich, die Lumpen abzulegen,
weil das Leid, umjdessetwillen er sie angezogen, noch
nicht beendigt sei. Da beschied die Königin den gerade
Go gle
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
38
in ihrer Nähe befindlichen Verschnittenen Achratheus zu
sich und schickte ihn zu Mardochaeus, um sich zu er-
kundigen, was ihm denn Trauriges zugestossen sei, dass
er so wehklage und sein Gewand selbst auf ihre Bitten
nicht ablegen [wolle. Mardochaeus erklärte dem Ver-
schnittenen, die Ursache seines Schmerzes sei das gegen
die Juden vom König erlassene Edikt Jund der Um-
stand, dass Aman dem Könige für die Ausrottung der
Juden Geld versprochen habe. Dann übergab er ihm
für Esther eine Abschrift des in Susa bekannt gemachten
Ediktes und liess sie bitten, sie solle sich beim Könige
für ihr Volk verwenden und sich nicht schämen, für
dessen Errettung^ demütig zu flehen, wodurch sie viel-
leicht den Untergang der Juden abwenden könne. Denn
Aman, die rechte Hand des Königs, habe die Juden so
verleumdet, dass der König heftigen Zorn gegen sie
hege. Als Esther [dies vernahm, liess sie dem Mardo-
chaeus sagen, sie sei schon lange nicht mehr zum Könige
beschieden worden, und jeder, der ungerufen zu ihm
hingehe, müsse sterben, wenn der König ihm nicht den
goldenen Stab entgegenstrecke. Mardochaeus liess ihr
entgegnen, sie dürfe nicht so sehr auf ihr eigenes Wohl-
ergehen bedacht sein, als vielmehr auf die Rettung ihres .
ganzen Volkes. Wenn sie das nicht thue, werde Gott
zwar sein Volk auch zu retten wisssn, |sie selbst aber
werde dann mit ihrem Hause von denen zu Grunde ge-
richtet werden, um die |sie sich nicht kümmern wolle.
Darauf liess ihm Esther durch denselben Diener sagen,
er solle sich nach Susa begeben, alle dort befindlichen
Juden zusammenberufen und ein dreitägiges Fasten für
sie anordnen, während welcher Zeit sie sich von Speise
und Trank völlig enthalten möchten. Dasselbe wolle
auch sie mit ihren Mägden thun und dann trotz des
Gesetzes zum Könige gehen, selbst wenn sie dafür den
Tod erleiden müsse.
8. Mardochaeus ordnete nach Esthers Befehl das
Fasten an und flehte mit dem Volke zu Gott, er möge
sie nicht zu Grunde gehen lassen, sondern sie vom Ver-
Elftes Buch, 6. Kapitel.
39
derben erretten, wie er auch früher so oft für sie ge-
sorgt und ihnen ihre ‘Sünden verziehen habe. Denn
nicht durch eigene Schuld [sei das Volk in Gefahr ge-
raten, sondern er allein habe den Zorn Amans erregt,
weil er ihm nicht dieselbe Ehrenbezeugung wie Gott
dem Herrn habe erweisen wollen. Deshalb sei Aman
so sehr gegen die aufgebracht, die nichts gegen Gottes
Gesetz sich hätten zu schulden kommen lassen. Auch
das ganze Volk :rief flehentlich zu Gott, er wolle ihm
gnädig sein und alle Israeliten im Lande vor dem ihnen
drohenden Unheil bewahren. Letzteres nämlich schwebte
ihnen beständig vor Augen und rückte (immer näher
heran. Esther warf sich gleichfalls zur Erde, legte ein
Trauergewand an, enthielt sich drei Tage lang der Nah-
rung und jeglicher Erholung, und flehte inbrünstig zu
Gott, er möge sich ihrer erbarmen und ihrer demütigen
Bitte beim Könige die Kraft der Überzeugung, ihrei Ge-
stalt aber noch mehr Liebreiz als früher verleihen, da-
mit sie durch diese beiden Mittel den etwaigen Zorn des
Königs beschwichtigen und ihre Landsleute aus der
ihnen drohenden Gefahr erretten könne. Gott möge
auch dem Könige Hass gegen die einflössen, die den
Juden feindlich gesinnt seien und ihnen , wenn der
König auf seiner schlechten Meinung von ihnen be-
harre, in kurzem den Untergang bereiten würden.
9. Nachdem Esther so drei Tage lang im Gebet vor
Gott verharrt hatte, legte sie das Trauerkleid ab und
ein anderes an, schmückte sich, wie es einer Königin
ansteht, und begab sich in Begleitung zweier Dienerinnen,
auf deren eine sie sich leicht stützte, während die andere
ihr folgte und die Schleppe ihres „ Gewandes trug, zum
Könige. Ihre Wangen färbte eine anmutige Röte, und
ihre ganze Gestalt atmete Liebreiz und königliche
Majestät. Voll Angst trat sie beim Könige ein, und als
sie ;ihn in seinem Prunkgewand, das aus verschieden-
farbigen Stoffen, Gold und Edelsteinen gewirkt war, auf
dem Throne sitzen sah, kam er ihr schon deshalb furcht-
barer vor. Wie er sie nun auch noch grimmig und mit
40 Josephus’ Jüdische Altertümer.
vor Zorn gerötetem Gesicht anschaute, verlor sie aus
Angst die Besinnung und sank lautlos ihren Dienerinnen
in die Arme. Da veränderte sich, durch Gottes Fügung,
wie ich glaube, plötzlich die Gesinnung des Königs, und
voll Besorgnis, es möchte ihr etwas Schlimmes wider-
fahren sein, sprang er vom Throne auf, umarmte sie
und redete ihr mit zärtlichen Worten zu, sie möge nur
getrost sein und nichts Übles befürchten, wenn sie auch
ungerufen zu ihm gekommen sei. Das Gesetz sei ja
bloss für seine Unterthanen gegeben, während die Königin,
die mit ihm die gleiche Würde bekleide, sich daran
nicht zu stören brauche. Während er so sprach, gab er
ihr sein Scepter in die Hand und berührte dem Gesetze
gemäss mit dem Stabe ihren Nacken, um ihr alle Furcht
zu benehmen. Als Esther nun wieder zu sich gekommen
war, sprach sie: „Herr, ich kann dir nicht sagen, was
mir da so plötzlich angekommen ist. Als ich dich in
deiner Macht, Majestät und Furchtbarkeit erblickte, ver-
liess mich meine Kraft, und es entschwanden mir die
Sinne.“ Diese Worte brachte sie mühsam und mit
schwacher Stimme hervor, was den König nur noch mehr
ängstigte und verwirrte, sodass er Esther ermunterte, sie
solle Mut fassen und überzeugt sein, dass er ihr die
Hälfte seines Reiches geben werde, wenn sie es wünsche.
Esther bat jedoch nur, er möge mit seinem Vertrauten
Aman bei ihr speisen, da sie ihnen ein Mahl habe be-
reiten lassen. Der König gewählte ihr sogleich die
Bitte, und als sie zu Tische sassen, forderte er Esther
auf, ihm zu sagen, was sie begehre. Denn alles wolle
er ihr gewähren, und wenn sie die Hälfte seines Reiches
verlange. Esther aber erklärte ihm, sie ziehe es vor,
ihren Wunsch für den folgenden Tag aufzusparen, wenn
er dann wieder mit Aman bei ihr speisen wolle.
10. Der König versprach das, und Aman entfernte
sich in heller Freude darüber, dass er allein mit dem
Könige von Esther zur Tafel gezogen worden war, da
sonst niemand einer derartigen Ehre gewürdigt wurde.
Als er aber vor der Thür den Mardochaeus erblickte,
Go gle
Elftes Buch, 6. Kapitel.
41
der ihm, wie gewöhnlich, keine Ehrenbezeugung erwies,
geriet er in heftige Aufregung. Zu Hause angelangt,
beschied er sein Weib Zaraza und seine Freunde zu
sich und erzählte ihnen, welche Ehre er beim Könige
und der Königin genossen habe, da er allein mit dem
Könige von Esther zur Tafel gezogen worden und auch
für den folgenden Tag wieder eingeladen sei. Aberdas
alles könne ihm keine Freude machen, so lange er den
Juden Mardochaeus vor der Thür des Palastes stehen
sehe. Da riet ihm Zaraza, er solle einen fünfzig Ellen
hohen Balken herrichten lassen und am anderen Morgen
vom Könige erwirken, dass Mardochaeus ans Kreuz ge-
schlagen würde. Dieser Vorschlag gefiel ihm über die
Massen, und er befahl sogleich seinen Dienern, einen
solchen Balken herzurichten und ihn im Hofe aufzu-
stellen, um den Mardochaeus daran hinzurichten. Das
geschah ddnn auch sofort. Gott aber machte die frevel-
hafte Hoffnung Amans zu Schanden, denn er kannte die
Zukunft und wusste, was ihm bevorstand. Den König
nun floh in der folgenden Nacht der Schlaf, und da
er die Zeit nicht müssig verbringen wollte, beschloss er,
sich etwas mit der Geschichte seines Reiches zu befassen,
und befahl daher seinem Schreiber, die Chronik seiner
Vorfahren herbeizuholen und ihm daraus vorzulesen.
Als dieser nun las, kam er zuerst auf jemand, der wegen
einer hervorragenden That die Verwaltung einer Provinz
erhalten hatte. Der Name der Provinz war mit aufge-
zeichnet. Dann las er von einem anderen, dem für be-
wiesene Treue ein Geschenk zu teil geworden war, und
daran schloss sich die Geschichte von der Verschwörung
Bagathous’ und Theodestes' gegen den König, die Mar-
dochaeus aufgedeckt hatte. Als nun der Schreiber schnell
zu einem anderen Kapitel übergehen wollte, unterbrach
ihn der König und fragte, ob da nichts von einer Be-
lohnung geschrieben stehe, die Mardochaeus erhalten
habe. Der Schreiber verneinte dies; der König aber
hiess ihn auf hören und fragte die Wächter, welche Zeit
in der Nacht es sei. Und als er hörte, es sei bereits
42
Josephus’ Jüdisch« Altertümer.
Morgen, befahl er, ihm zu melden, wenn etwa einer
seiner Freunde schon vor dem Thore sei. Es traf sich
nun, dass Aman gerade da war; denn er war früher als
sonst gekommen, um für Mardochaeus die Todesstrafe
zu begehren. Als daher die Diener dem Könige mel-
deten, Aman sei im Hofe, liess er ihn zu sich rufen und
sprach zu ihm: „Da ich deine gute Gesinnung gegen
mich besonders erprobt habe, so gieb mir einen Rat, wie
ich den meinem Range entsprechend ehren soll, den ich
liebe." Aman, der nicht anders glaubte, als dass es
sich um ihn selbst handle, da er ja vom Könige be-
sonders geliebt wurde, entgegnete, er halte es für das
Beste, wenn der König den Mann, den er liebe und be-
sonders ehren wolle, zu Pferde steigen lasse, bekleidet
mit königlichen Gewändern und mit goldener Halskette
angethan. Dann solle einer der Vertrauten des Königs
durch die ganze Stadt vor ihm herschreiten und aus-
rufen: „So wird der geehrt, den der König ehren will!"
Aman aber machte diesen Vorschlag, weil er glaubte,
ihm selbst sei diese Belohnung zugedacht. Der König
jedoch, dem der Vorschlag gefiel, sprach zu ihm: „Geh
also hin, nimm das Pferd, das Gewand und die Kette,
suche den Juden Mardochaeus auf, thu mit ihm, wie du
vorgeschlagen hast und schreite vor ihm her, um seine
Ehrung auszurufen. Du bist ja mein vertrauter Freund
und sollst ausführen, was du mir geraten hast. Mardo-
chaeus aber soll so geehrt werden, weil er mir das Leben
gerettet hat." Aman, über diesen unerwarteten Befehl
bestürzt und völlig fassungslos, ging mit dem Pferde,
dem Purpur und der Kette hinweg und traf den Mardo-
chaeus vor dem Thore mit einem Sacke bekleidet. Diesen
hiess er ihn ausziehen und das Purpurgewand anlegen.
Mardochaeus aber, der den wahren Sachverhalt nicht
kannte und an Spott dachte, rief ihm zu: „O schänd-
lichster aller Menschen, so willst du uns also in unserem
Leid auch noch verhöhnen und verspotten ? !" Als Aman
ihm jedoch versicherte, der König habe ihm diese Be-
lohnung dafür zuerkannt, dass er ihm durch Auf-
Elftes Buch, 6. Kapitel
43
deckung der Verschwörung der beiden Verschnittenen
das Leben gerettet habe, legte er den Purpur an, den
«onst nur der König zu tragen pflegte, hing sich die
Kette um den Hals, stieg zu Pferde und ritt durch die
ganze Stadt, wobei Aman voranschritt und ausrief, diese
Ehre erlange vom Könige der, den dieser liebe und den
«r ehren wolle. Als sie so die ganze Stadt durchzogen
hatten, begab sich Mardochaeus zum Könige ; Aman aber
kehrte niedergeschlagen nach Hause zurück uno erzählte
unter Thränen seiner Gattin und seinen Freunden, was
ihm widerfahren war. Diese meinten , er werde sich
■wohl an Mardochaeus nicht rächen können, da Gott mit
ihm sei.
11. Während sie sich hierüber noch unterhielten,
kamen Esthers Verschnittene, um den Aman zum Mahle
zu rufen. Einer von ihnen, Sabuchadas mit Namen,
sah im Hofe Amans das Kreuz errichtet, das für Mar-
dochaeus bestimmt war, und erkundigte sich bei einem
■der Diener, für wen dasselbe aufgestellt sei.! Als er
nun hörte, es sei für den Oheim der Königin bestimmt,
dessen Hinrichtung Aman vom Könige begehren wolle,
schwieg er. Der König begab sich also mit Aman zum
Mahle und bat die Königin, ihm zu sagen, welche Gnade
sie von ihm begehre; sie solle alles erhalten, was sie
verlange. Da begann Esther die Gefahr, in der ihr
Volk schwebe, zu beklagen und erklärte, sie sei jetzt
mit ihrem ganzen Volke dem Untergänge geweiht und
wolle daher für ihre Landsleute das Wort ergreifen.
Sie würde ihn nicht belästigt haben, wenn er sie in
bittere Knechtschaft verkauft hätte, denn das sei das
geringere Übel. Doch bitte sie ihn flehentlich, sie vom
Verderben zu erretten. Als nun der König sie fragte,
wer das denn angeordnet habe, klagte sie offen den Aman
an und beschuldigte ihn, aus Bosheit solche Anschläge
gegen die Juden ersonnen zu haben. Der König erhob
«ich darauf im höchsten Zorn vom Tische und stürzte
in den Garten hinaus; Aman aber bat Esther flehent-
lich, ihm zu verzeihen, da er wohl cinsah, welche Gefahr
44
Josephus’ Jüdische Altertümer.
ihm drohte. Wie er sich nun auf das Lager der
Königin warf, um seine Bitte anzubringen, trat der
König plötzlich wieder ein und rief bei diesem Anblick
ergrimmt aus: „0 du verruchtester aller Menschen, willst
du meiner Gattin Gewalt anthun?!“ Aman erstarrte
vor Schrecken und wusste kein Wort zu erwidern. Da
trat der Verschnittene Sabuchadas ein und warf dem
Aman vor,l er habe in dessen Hof ein Kreuz errichtet
gesehen, um den Mardochaeus daran zu schlagen; das
habe ihm der Diener gesagt, als er mit der Einladung
zum Mahle dorthin gekommen sei. Das Kreuz haba
eine Höhe von fünfzig Ellen. Als der König dies hörte,,
beschloss er, dem Aman dieselbe Strafe aufzuerlegen ^
die dieser dem Mardochaeus zugedacht hatte, und be-
fahl daher, ihn sogleich an jenes Kreuz zu schlagen^
Hieraus kann man wieder einmal ersehen, wie wunder-
bar Gott waltet und wie weise und gerecht er ist, da er
nicht bloss Amans Verruchtheit strafte, sondern auch
dieselbe Strafe ,£ die er gegen einen anderen ersonnen,
hatte, über ihn verhängte und so den Menschen den
Beweis dafür lieferte, dass derjenige, der gegen andere
heimtückische Anschläge plant, sich gewöhnlich ,in seiner
eigenen Schlinge fängt.
12. So kam Aman um, weil er das Ansehen, welches
er beim Könige genoss, missbraucht hatte. Sein Ver-
mögen aber schenkte Artaxerxes der Königin. Dann
liess er den Mardochaeus zu sich rufen (die verwandt-
schaftlichen Beziehungen zu ihm hatte Esther inzwischen
ihrem Gatten erklärt) und übergab ihm den Ring, den
er früher dem Aman geschenkt hatte. Die Königin
aber schenkte ihm alle Besitzungen Amans und bat
den König, er möge nun auch das Volk der Juden von
der Todesangst befreien, die das im) ganzen Lande
umhergesandte Rundschreiben Amans, des Sohnes des
Amadathas, ihnen eingeflösst habe. Denn wenn ihr
Vaterland verwüstet würde und ihre Landsleute zu
Grunde gingen, wolle auch sie nicht länger leben. Der
König versprach ihr, nichts geschehen zu lassen, was
Elftes Buch, 6. Kapitel.
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ihr missfallen könne oder gegen ihren Willen sei. Sie
solle in betreff der Juden nur alles in seinem Namen
schreiben, was sie für gut finde, das Schreiben mit
seinem Siegel versehen und es im ganzen Reiche ver-
öffentlichen. Denn niemand , der einen mit des Königs
Siegel versehenen Brief lese, werde demselben entgegen-
zuhandeln wagen. Esther liess also die königlichen
Schreiber kommen und befahl ihnen, zu gunsten der
Juden an alle Völkerschaften und an die hundertsieben-
undzwanzig Satrapen der Provinzen von Indien bis nach
Aethiopien hin, sowie an die Statthalter und Fürsten
folgendermassen zu schreiben: „Der grosse König Arta-
xerxes entbietet den Fürsten und allen, die zu ihm
halten, seinen Gruss. Viele, denen von ihrem Könige
grosse Wohlthaten erwiesen und Ehrenstellen zugeteilt
wurden, wagen nicht nur ihre Untergebenen ungerecht
zu behandeln, sondern scheuen sich auch nicht, gegen
ihre Wohlthater selbst Ränke zu schmieden, und be-
weisen sich so höchst 4 undankbar. Übermütig infolge
•des ihnen unerwartet zu teil gewordenen Glückes, freveln
sie gegen dieiUrheber desselben und glauben, dass so
etwas Gott verborgen bleiben könne und sie seiner
Rache entschlüpfen würden. Einige aus diesen, die von
dem ihnen befreundeten Herrscher mit der Verwaltung
Roher Ämter betraut waren und gegen einzelne Menschen
«inen persönlichen Hass trugen, hintergingen sogar ihre
Gönner und bewirkten durch falsche Beschuldigungen
und Verleumdungen, dass deren Zorn sich gegen Un-
schuldige richtete und diese dem Untergang weihte.
Das sind nicht etwa Begebenheiten aus alter Zeit oder
solche, die nur vom Hörensagen bekannt geworden sind,
sondern vor unseren Augen sind solche Frevelthaten
mit grosser Tollkühnheit begangen worden, weshalb ich
beschlossen habe, Verleumdungen, falschen Anschuldi-
gungen und fremden Einflüsterungen in Zukunft kein
Gehör zu geben, sondern nur danach zu urteilen, was
klar zu Tage liegt, und Belohnungen wie Bestrafungen
nur nach wirklichem Verdienst, nicht aber auf irgend
46
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
eine Fürsprache hin eintreten zu lassen. So konnte
auch Aman, der Sohn des Amadathas, ein Amalekiter,
also nicht von persischer Abstammung, der hier als
Gastfreund mit höchster Achtung behandelt wurde und
es sogar dahin brachte, dass er mein Vater genannt, von
allen mit Kniebeugung begrüsst /wurde und königliche
Ehrenbezeugungen neben mir genoss, sein Glück nicht
ertragen, noch sich weise! Mässigung auferlegen, sondern
unternahm es, mir, dem er seine Macht jverdankte, Leben
und Herrschaft zu rauben und meinen Retter Mardo-
chaeus sowie meine Gefährtin im Leben ;und auf dem
Throne, die Königin Esther, hinterlistig aus dem Wege
zu räumen. Indem er mich* so meiner Freunde berauben
wollte, hatte er vor, die oberste Gewalt einem anderen
zu übertragen. Da ich nun aber überzeugt bin, dass die
Juden, denen er den Untergang bereiten wollte, keine
Verbrecher sind, sondern nach sehr guten Gesetzen leben
und den Gott verehren 1 , der mir und meinen Vorfahren
die Herrschaft gesichert hat, so befreie ich sie nicht
allein von der Strafe, (die das Rundschreiben Aman»
über sie verhängte, sondern verleihe ihnen auch alle
Rechte und befehle, dass derjenige, der sich etwas gegen
sie zu schulden kommen' lässt, vor den Thoren von
Susa mit seiner ganzen Familie gekreuzigt werden solL
Möge er dann wissen, dass es der allgegenwärtige Gott
ist, der diese Strafe über ihn verhängt hat. Euch aber
befehle ich, dass ihr Abschriften dieses Briefes an allen
Orten meines'Reiches verbreitet, und dass ihr die Juden
nicht nur nach ihren Gesetzen in Frieden leben lasst,
sondern sie auch unterstützt, wenn sie sich an denen
rächen wollen, die ihnen unrecht gethan haben. Da»
soll an dem Tage geschehen, den Gott ihnen von jetzt
ab statt eines Unglückstages zum Freudentage bestimmt
hat, nämlich am dreizehnten Tage des zwölften Monats*
welcher Adar heisst. Dieser Tag soll auch allen denen,
die eine gute Gesinnung gegen mich hegen, ein Tag der
Freude sein, allen denen aber, die Unheil brüten, ein
Tag der Rache. Ich will, dass jedem Volke und jeder
Elftes Buch, 6. Kapitel. 47
Stadt bekannt gegeben werde , wie sie , falls sie den in
meinem Schreiben enthaltenen Befehlen nicht nach-
kommen, Vertilgung mit Feuer und Schwert zu ge-
wärtigen haben. Dieses Edikt soll in allen Ländern
meines Reiches verlesen werden, und alle Juden sollen
sich an jenem bestimmten Tage bereit halten, an ihren
Feinden Rache zu nehmen.“
13. Die reitenden Boten, welche den Brief über-
bringen sollten, machten sich sogleich auf den Weg und
legten diesen bald zurück. Als nun die Juden in Susa
den Mardochaeus im königlichen Kleide, mit der goldenen
Krone und der Halskette erblickten und sahen, wie der
König ihn ehrte, nahmen sie an seinem Glücke teil.
Noch höher stieg der Jubel, als die Juden in den
Städten und Provinzen das Edikt des Königs vernahmen.
Ja, es nahmen sogar viele andere Völkerschaften aus
Furcht vor den Juden die Beschneidung an, um sich so-
grössere Sicherheit zu verschaffen. Denn am dreizehnten
Tage des zwölften Monats, der bei den Juden Adar, bei
den Macedoniern aber Dystros heisst, sollten die Juden,
wie die Boten des Königs verkündigt hatten , da ihnen
selbst an diesem Tage der Untergang bevorgestanden,
ihre Feinde umbringen dürfen. Die Juden standen jetzt
bei Satrapen, Königen, Fürsten und Schreibern in hohen
Ehren; denn man fürchtete den Mardochaeus und legte
sich deshalb Mässigung auf. Als nun der Erlass des
Königs in allen Provinzen bekannt gemacht war, töteten
in Susa allein die Juden gegen fünfhundert ihrer Feinde.
Der König teilte die Zahl der in der Stadt Getöteten
seiner Gemahlin mit, fügte auch hinzu, er habe noch
keine Kunde davon, wie es in den Provinzen zu-
gegangen, und fragte sie, ob sie sonst noch etwas
wünsche, weil das sofort ausgeführt werden solle. Esther
bat ihn darauf, er möge den Juden gestatten, auch noch
am folgenden Tage ihre Feinde umzubringen und die
zehn Söhne Amans ans Kreuz zu schlagen. Auch dies
gestand der König den Juden zu, weil er der Esther
nichts abschlagen wollte. Die Juden rotteten sich daher
Go gle
48
Josephus’ Jüdische Altertümer.
am vierzehnten Tage des Monats Adar wieder zusammen
und töteten noch gegen dreihundert ihrer Feinde, ohne
jedoch von deren Besitztümern etwas anzugreifen. Die
Juden, welche in den Provinzen und in den übrigen
Städten lebten, brachten fünfundsiebzigtausend ihrer
Gegner um, und da das am dreizehnten Tage des
Monats geschah, begingen sie den vierzehnten fest-
lich; die Juden in Susa aber fügten auch noch den
fünfzehnten als Festtag hinzu. Daher kommt es, dass
noch heute auf dem ganzen Erdkreise die Juden diese
beiden Tage festlich begehen und sich gegenseitig an
denselben bewirten. Mardochaeus nämlich schrieb an
alle Juden, die im Reiche des Artaxerxes lebten, sie
sollten die beiden Tage feiern und diese Gewohnheit
auch ihren Nachkommen hinterlassen, damit das Fest
für alle Zukunft begangen werde und nicht in Ver-
gessenheit gerate. Denn da ihnen an diesen beiden
Tagen von 4 man der Untergang zugedacht gewesen sei,
müssten sie, wenn sie recht handeln wollten, jetzt , da
sie von der ihnen drohenden Gefahr befreit wären und
sich an ihren Feinden gerächt hätten, dieselben festlich
begehen und Gott danken. Deshalb feiern die Juden
die erwähnten Tage und nennen sie Phruraeische Tage. 1
Mardochaeus aber blieb beim Könige in hohen Ehren
und teilte mit ihm die Herrschaft, auch verkehrte er
stetig bei der Königin. Daher kam es, dass die Ver-
hältnisse der Juden sich günstiger gestalteten, als diese
erwartet hatten. Das sind die Begebenheiten unter
dem Könige Artaxerxes.
1 Purimfest.
Elftes Buch, 7. Kapitel.
49
Siebentes Kapitel.
Wie Joannes seinen Bruder Jesus im Tempel erschlug,
und wie Bagoses dafür die Juden hart bedrückte.
Sanaballetes.
1. Als der Hohepriester Eliasib gestorben war, folgte
ihm in der Würde sein Sohn Judas, und als auch dieser
aus dem Leben schied, dessen Sohn Joannes, der Ver-
anlassung dazu gab, dass Bagoses, der Feldherr des
anderen Artaxerxes, den Tempel entweihte und den Juden
eine Abgabe in der Weise auferlegte, dass sie, bevor sie
die täglichen Opfer darbrachten, für jedes Lamm fünfzig
Drachmen aus öffentlichen Mitteln entrichten mussten.
Der Hergang war folgender : Joannes hatte einen
Bruder Jesus, dem sein Freund Bagoses versprochen
hatte, ihm das Hohepriesteramt zu verschaffen. Im
Vertrauen auf dieses Versprechen fing Jesus mit seinem
Bruder Joannes im Tempel Streit an und reizte diesen
so sehr, dass er ihn im Zorne erschlug. Das war um so
freventlicher von Joannes gehandelt, als er selbst das
Hohepriesteramt bekleidete, und um so schrecklicher,
weil weder bei den Griechen noch bei den Barbaren je
eine so gottlose und verruchte That begangen worden
war. Deshalb liess auch Gott es zu, dass um dieser
Ursache willen das Volk geknechtet und der Tempel
von den Persern entheiligt wurde. Denn sobald Bagoses,
der Heerführer des Artaxerxes, erfahren hatte, der
jüdische Hohepriester Joannes habe seinen Bruder im
Tempel getötet, begab er sich unverzüglich mitten unter
die Juden und rief ihnen entrüstet zu: „So habt ihr also
in eurem eigenen Heiligtum einen Mord zu vollbringen
gewagt!“ Als er nun in den Tempel eintreten wollte,
suchte man ihn zurückzuhalten. Er aber wandte sich
zu ihnen und sprach: „Bin ich denn nicht reiner als
der Mensch, der im Tempel den Mord begangen hat?“
Und mit diesen Worten betrat er den Tempel. Der an
Jesus begangene Mord bot nun Bagoses eine will-
Josephus’ Jüdische Altertümer, II. d
50
Josephns’ Jüdische Altertümer.
kommene Veranlassung, die Juden sieben Jahre lang zu
bedrücken.
2. Nach dem Tode des Joannes erhielt sein Sohn
Jaddus die Hohepriesterwürde. Dieser hatte einen
Bruder mit Namen Manasses, dem der vom letzten Darius
nach Samaria gesandte Satrap Sanaballetes, ein Chuthäer
(von denen bekanntlich die Samariter abstammen), be-
reitwillig seine Tochter Nikaso zur Ehe gegeben hatte.
Denn da er sah, dass Jerusalem ein berühmte Stadt
war und die Könige derselben den Assyriern und den
Bewohnern von Cölesyrien viel zu schaffen gemacht
hatten, glaubte er mit dieser Heirat ein Unterpfand
dafür zu erhalten, dass das ganze Volk der Juden ihm
eine wohlwollende Gesinnung bewahre.
Achtes Kapitel.
Wie Sanaballetes und Manasses auf dem Berge Garizin
einen Tempel erbauten. Wie Alexander in ■'Jerusalem einzog,
|und welche Wohlthaten er den Juden erwies.
1. Um diese Zeit 1 wurde der Macedonierkönig Phi-
lippus von Pausanias, der ein Sohn des Kerastos war
und aus dem Geschlechte des Orestes stammte, zu
Aegaeae meuchlings ermordet. Ihm folgte sein Sohn
Alexander, der über den Hellespont zog und die Heer-
führer des Darius am Granikus besiegte. Dann griff
er Lydien an, unterwarf Ionien,* zog durch Karien
und fiel in Pamphylien ein, wie dies anderswoher be-
kannt ist.
2. Die Ältesten zu Jerusalem aber die es nicht er-
tragen konnten, dass der mit einer Ausländerin ver-
mählte Bruder ihres Hohepriesters Jaddus Anteil an der
Priesterwürde haben sollte, erregten gegen diesen einen
Aufruhr. Denn sie hielten dafür , seine Ehe werde
1 336 vor Chr.
Giftes Buch, 8. Kapitel.
51
denen, die gegen die Ehegesetze verstossen wollten, ein
Vorwand sein, um sich mit Ausländerinnen vermählen
zu können. Waren doch die Übertretung der Ehegesetze
und die Heiraten mit fremden Weibern die Ursache
ihrer früheren Gefangenschaft und ihres vielen Leides
gewesen. Sie verlangten daher von Manasses, er solle
entweder sich von seinem Weibe trennen, oder nie mehr
den Altar betreten. Da nun der Hohepriester in gleicher
Weise wie das Volk hierüber unwillig war und seinem
Bruder den Zutritt zum Altäre verbot, begab sich
Manasses zu seinem Schwiegervater Sanaballetes und
erklärte ihm, er liebe zwar seine Tochter Nikaso sehr,
doch wolle er um ihretwillen der priesterlichen Würde,
die bei seinem Volke in hohem Ansehen stehe und bei
derselben Familie verbleibe, nicht verlustig gehen.
Darauf versprach ihm Sanaballetes, er werde, wenn
Manasses seine Tochter als Gattin behalten wolle, ihm
nicht nur die Priesterwürde sichern, sondern ihn auch
zum Hohepriester und Präfekten des von ihm selbst
verwalteten Landes machen. Ferner werde er auf dem
Berge Garizin, dem höchsten in Samaria, einen Tempel
erbauen, der dem zu Jerusalem gleich sein solle, und
zwar mit Zustimmung des Königs Dariue. Durch diese
Versprechungen angelockt, blieb Manasses bei Sana-
balletes in der Hoffnung, von des Darius Gnade das
Hohepriesteramt zu erhalten ; denn Sanaballetes war
schon alt. Da es nun noch viele Priester und
Israeliten gab, die solche Ehen eingegangen waren,
entstanden zu Jerusalem nicht geringe Unruhen : denn
sie alle gingen zu Manasses über und wurden von
Sanaballetes mit Geld, Ackerland und Bauplätzen unter-
stützt, weil dieser seinem Schwiegersohn gern jede Ge-
fälligkeit erwies.
3. Als um diese Zeit Darius die Nachricht erhielt,
Alexander habe den) Hellespont überschritten, seine
Feldherren am Granikus geschlagen und dringe nun
weiter vor, bot er seine ganze Streitmacht an Reiterei
und Fusssoldaten auf, um den Macedoniern entgegen-
52
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zutreten, ehe sie ganz Asien unterworfen hätten. Er
setzte dann über den Euphrat, überschritt das Taurus-
gebirge in Cilicien und erwartete die Feinde noch inner-
halb der Grenzen dieses Landes, um ihnen hier eine
Schlacht zu liefern. Sanaballetes freute sich über den
Zug des Darius und verhiess dem Manasses die Erfüllung
seines Versprechens, sobald Darius die Feinde besiegt
habe und zurückkehre. Er war nämlich wie alle
anderen in Asien der festen Überzeugung, die Macedonier
würden den Kampf mit den Persern wegen deren Über-
macht nicht wagen. Doch es kam ganz anders, als sie
erwartet hatten. Denn der König wurde von den
Macedoniern geschlagen, verlor einen grossen Teil seines
Heeres und musste, nachdem seine Mutter, seine Gattin
und seine Kinder in Gefangenschaft geraten waren, nach
Persien hieben. Alexander zog nun nach Syrien, nahm
Damaskus ein, bemächtigte sich Sidons, belagerte Tyrus
und sandte ein Schreiben an den Hohepriester der Juden,
worin er verlangte, dieser solle ihm Hilfstruppen
schicken, seinem Heere Lebensmittel liefern nnd alle
Abgaben, die er früher dem Darius geleistet, nunmehr
ihm entrichten. Dann werde er die Freundschaft der
Macedonier gewinnen und seine Bereitwilligkeit nicht zu
bereuen haben. Da aber der Hohepriester den Über-
bringern des Schreibens zur Antwort gab, er habe sich
dem Darius gegenüber eidlich verpflichtet, nie die Waffen
gegen ihn zu ergreifen , und er werde, so lange Darius
am Leben sei, diesen Eid nicht brechen, geriet Alexander
in Zorn. Gleichwohl beschloss er, von Tyrus, dessen
Fall jeden Augenblick erfolgen konnte, nicht abzuziehen,
liess aber dem Hohepriester drohen, er werde, sobald
Tyrus erobert sei, sein Heer gegen ihn führen und an
seinem Beispiele den anderen zeigen , wem sie ihre
Eide zu halten hätten. Dann verschärfte er die Be-
lagerung und nahm endlich Tyrus ein, ordnete die Ver-
waltung der Stadt und zog nach Gaza, dessen unter
dem Befehle von Babemeses stehende Besatzung er be-
lagerte.
Elftes Buch, 8. Kapitel.
53
4. Jetzt hielt Sanaballetes den richtigen Zeitpunkt
für gekommen, sein Vorhaben auszuführen. Er fiel also
von Dari us ab, bot achttausend seiner Untergebenen auf,
stiess mit denselben zu Alexander, der sich gerade zur
Belagerung von Tyrus anschickte, und erklärte ihm, er
wolle die von ihm verwalteten Landesteile übergeben
und Alexander gern anstatt des Darius als seinen Herrn
anerkennen. Da nun der König ihn gnädig aufnahm,
fasste Sanaballetes Mut und sprach von seinem eigent-
lichen Vorhaben, indem er berichtete, er habe einen
Schwiegersohn Manasses, den Bruder des jüdischen
Hohepriesters Jaddus, und es befänden sich bei ihm
noch viele Juden, die gern in seiner Provinz einen
Tempel bauen möchten. Das könne aber dem Könige
nur von Vorteil sein, da so die Kräfte der Juden zer-
splittert würden, während dieses Volk, wenn es Zu-
sammenhalte und einig sei, den Königen viel zu schaffen
machen könne, wie es dies schon den Königen der
Assyrier gegenüber bewiesen habe. Als Alexander
darauf seine Einwilligung gab, baute Sanaballetes den
Tempel in aller Eile, setzte Manasses als Priester ein
und glaubte dadurch den Kindern seiner Tochter eine
besondere Ehre verschafft zu haben. Inzwischen ver-
flossen sieben Monate bei der Belagerung von Tyrus und
zwei Monate bei der von Gaza. Da starb Sanaballetes,
und Alexander zog nach der Eroberung von Gaza so-
gleich auf Jerusalem zu. Als der Hohepriester Jaddus
davon Kunde erhielt, befiel ihn grosse Angst und arge
Verlegenheit, wie er den Macedoniern entgegen treten
sollte, da der König wegen seiner früheren Absage so
sehr gegen ihn erzürnt war. Er schrieb daher dem
Volke Gebete vor, brachte Opfer dar und flehte
zu Gott, dass er sein Volk beschützen und aus der
drohenden Gefahr erretten möge. Als er nun nach
dem Opfer sich zur Nachtruhe begeben hatte, ermutigte
ihn Gott im Traume, er solle nur getrost sein, die
Stadt bekränzen und die Thore öffnen lassen. Die
Einwohner sollten alsdann in weissen Gewändern,
54
Josepkus’ Jüdische Altertümer.
er selbst aber mit den Priestern in feierlichem Ornat
dem Könige entgegenzieben und nichts Schlimmes
befürchten, da er für sie sorgen werde. Als Jaddus
vom Schlafe erwacht war, freute er sich sehr und teilte
in seiner Freude allen mit, was ihm im Schlafe auf-
getragen worden war. Dann bereitete er sich auf die
Ankunft des Königs vor.
6. Als er nun vernahm, der König sei nicht mehr
weit von der Stadt entfernt* schritt er mit den Priestern
und dem gesamten Volke in feierlichem, bei anderen
Völkerschaften unbekannten Aufzuge aus der Stadt bis
zu einem Orte, der Sapha heisst. Dieser Name bedeutet
auf Griechisch so viel als „Warte“; man kann nämlich
von hier aus ganz Jerusalem nebst dem Tempel über-
blicken. Die dem Könige folgenden Phoeniker und
Chaldäer glaubten nun bestimmt, Alexander werde in
seinem Zorn ihnen erlauben, die Stadt zu plündern und
den Hohepriester umzubringen. Doch es geschah das
gerade Gegenteil. Sobald nämlich Alexander von fern
die Menge in ihren weissen Kleidern, die Priester in
ihren Byssusgewändern und den Hohepriester mit dem
Kleide aus Hyacinth und Gold, dem Kopfbunde und
der goldenen Platte, auf welcher der Name Gottes ein-
graviert war, erblickte, eilte er allein herbei, bewies dem
Namen seine Verehrung und begrüsste den Hohepriester
zuerst. Und da nun auch die Juden insgesamt wie aus
einem Munde den Alexander bewillkommten und um-
ringten, gerieten die Könige von Syrien und die übrigen
in Erstaunen und glaubten, der König sei seiner Sinne
nicht mehr mächtig. Parmenion allein fasste sich ein
Herz, schritt auf Alexander zu und fragte ihn, weshalb
er, den alle Welt verehre, sich vor dem jüdischen Hohe-
priester niederwerfe. Der König entgegnete ihm darauf:
„Nicht ihn habe ich angebetet, sondern Gott, dessen
höchste Priesterwürde er bekleidet. Diesen Hohepriester
habe ich in demselben Gewände schon im Traume ge-
sehen, als ich zu Dios in Macedonien mich befand. Und
da ich schon überlegte, wie ich Asien unterjochen könne.
Elftes Bach, 8. Kapitel.
55
riet dieser mir, nicht zu zögern, sondern wacker überzu-
setzen. Er selbst werde meinem Heere voranschreiten
und mir die Herrschaft über die Perser verschaffen.
Weil ich nun noch keinen anderen Menschen in einem
solchen Gewände gesehen habe, erinnerte ich mich bei
seinem Anblick sogleich des Traumes und seiner Ver-
kündigung, und ich glaube jetzt, dass ich meinen Kriegs-
zug auf Gottes Geheiss unternehme, dass ich den Darius
überwinden, die Macht der Perser vernichten und alle
meine Absichten verwirklichen werde.“ Nach dieser an
Parmenion gerichteten Antwort reichte er dem Hohepriester
die Hand und begab sich in Begleitung der Priester *
zur Stadt, stieg zum Tempel hinauf, opferte Gott nach
des Hohepriesters Anweisung und erwies diesem wie den
Priestern die höchsten Ehrenbezeugungen. Als man ihm
nun das Buch Daniel zeigte, in welchem vorausgesagt
war, ein Grieche werde der Perser Reich zerstören, hielt
er sich selbst für diesen Griechen und entliess voll
Freude das Volk. Am folgenden Tage aber rief er
sie wieder zusammen und hiess sie Geschenke begehren,
so viele sie wollten. Da nun der Hohepriester um
die Erlaubnis, nach den väterlichen Gesetzen leben
zu dürfen, und um die Befreiung von Abgaben in
jedem siebenten Jahre bat, gestand Alexander ihm
dies gern zu. Und als man ihn weiter bat, er möge
auch den Juden in Babylon und Medien gestatten,
nach ihrem Gesetze zu leben, bewilligte er das eben-
falls. Dann erklärte er der Menge, wenn welche von
ihnen mit ihm zu Felde ziehen wollten, so) sei er be-
reit, sie mitzunehmen; auch könnten sie 'beim Heere
ihren väterlichen Gebräuchen treu bleiben und danach
leben. Daraufhin Hessen sich viele für den Feldzug
einschreiben.
6. Nachdem Alexander die Verhältnisse zu Jerusalem
geordnet hatte, führte er sein Heer weiter gegen die
benachbarten Städte. Und da alle, zu denen er kam,
ihn jubelnd aufnahmen, beschlossen die Samariter, deren
Hauptstadt das auf dem Berge Garizin liegende und
56
Josephns’ Jüdische Altertümer.
von jüdischen Überläufern bewohnte Sikim war, bei der
Nachricht, dass Alexander die Juden so ehrenvoll be-
handelt habe, sich für Juden auszugeben. Die Sama-
riter sind nämlich, wie ich schon früher erwähnt habe,
so geartet: Wenn es den Juden schlecht geht, wollen sie
ihnen nicht verwandt sein, womit sie die Wahrheit be-
kennen; sobald aber die Verhältnisse der Juden sich
bessern, haben sie nichts Eiligeres zu thun, als sich
ihnen anzuschliessen , nennen sich ihre Blutsverwandten
und berufen sich auf ihre Herkunft von Josephs Nach-
kommen Ephraim und Manasses. Sie kamen deshalb
auch jetzt bereitwillig und mit grosser Begeisterung dem
König bis in die Nähe von Jerusalem entgegen. Als
Alexander ihren Eifer lobte, traten die Sikimiter mit
den Soldaten, welche Sanaballetes ihm gesandt hatte,
auf ihn zu und baten ihn, er möge auch ihre Stadt be-
suchen und ihren Tempel mit seiner Gegenwart beehren.
Der König versprach ihnen darauf, er wolle auf dem
Rückwege zu ihnen kommen. Als sie aber nun be-
gehrten, dass auch ihnen die Abgabe des siebenten
Jahres erlassen werde, weil sie in diesem Jahre nicht
ernteten, erkundigte sich der König, wer sie seien, da
sie solches verlangten. Sie entgegneten , sie seien
Hebräer, doch würden die Sikimiter auch Sidonier ge-
nannt, worauf der König weiter fragte, ob sie Juden
seien. Als sie dies verneinten, sagte er: „Den Juden
habe ich jene Erleichterungen zugestanden. Doch will
ich, wenn ich zurückkomme und näheres über euch er-
fahre, anordnen, was mir gut scheint.“ Damit wurden
die Sikimiter entlassen. Den Soldaten des Sanaballetes
aber befahl Alexander, ihm nach Aegypten zu folgen,
da er ihnen hier Ländereien anweisen wolle. Das that
er auch bald nachher in Thebai's, wo er ihnen den Schutz
des Landes anvertraute.
7. Nach Alexanders Tod wurde sein Reich unter
seine Nachfolger geteilt. Der Tempel auf dem Berge
Garizin aber blieb bestehen , und wenn nun zu Jeru-
salem jemand des Genusses verbotener Speise, der Ent-
Elftes Buch, 8. Kapitel.
57
heiligung des Sabbats oder eines anderen Vergehens
angeklagt war, floh er zu den Sikimitern und behauptete
dort, ungerecht beschuldigt zu sein. Um diese Zeit
starb auch der Hohepriester Jaddus , und es folgte ihm
in der Würde sein Sohn Onias. So sah es damals in
Jerusalem aus.
Go gle
Zwölftes Bueh
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 170 Jahren.
Inhalt:
1. Wie Ptolemaeus Lagi Jerusalem und Judaea mit List eroberte
und viele Bewohner nach Aegypten wegführte.
2. Wie sein Sohn Ptolemaeus Philadelphus die Gesetze der Juden
ins Griechische übertragen liess, viele Gefangene dem Hohe*
priester Eleazar zu Gefallen freiliess und Gott sehr reiche
Weihgeschenke darbrachte.
3. Wie die Könige Asiens das Volk der Juden ehrten und in den
von ihnen gegründeten Städten denselben das Bürgerrecht
verliehen.
4. Joseph, des Tobias Sohn, schliesst mit Ptolemaeus Epiphanes
Freundschaft und befreit die Juden von dem Unheil, in
welches sie geraten waren.
5. Freundschaftsbündnis der Lakedaemonier mit dom jüdischen
Hohepriester Onias.
0. Die Machthaber der Juden entzweien sich und rufen die Hilfe
des Antiochus Epiphanes an.
7. Wie Antiochus gegen Jerusalem zog, die Stadt einnahm und
den Tempel plünderte.
S. Wie Antiochus den Juden untersagte, nach den Gesetzen ihrer
Väter zu leben, und wie allein Mattathias der Asamonäer
den Befehlen des Königs trotzte und die Feldherren des An*
tiochus besiegte.
9. Mattathias stirbt in hohem Alter und hinterlässt die Leitung
des Staates seinen Söhnen.
10. Wie sein Sohn Judas mit den Feldherren des Antiochus kämpfte,
den Juden die Möglichkeit, nach dem Gesetze ihrer Väter
zu leben, wieder verschaffte und vom Volke zum Hohepriester
erwählt wurde.
11. Wie des Antiochus Heerführer Apollonius in Judaea einfiel, aber
besiegt wurde und umkam.
12. Feldzug des Lysias und des Gorgias gegen die Juden; Nieder-
lage und Untergang des macedonischen Heeres.
Zwölftes Buch, 1. Kapitel.
59
18. Wie Judas gegen die Ammaniter und das Land Galaditis, sein •
Bruder Simon gegen die Syrer und Ptolemaenser zu Felde
zog, und wie beide siegreich blieben.
14. Wie Antiochus Epiphanes in Persien starb.
15* Wie Antiochus Eupator zugleich mit Lysias gegen die Juden
zog, sie besiegte und den Judas im Tempel belagerte.
16« Wie nach langer Belagerung Antiochus mit Judas ein Bündnis
schloss und friedlich aus Judaea abzog.
17. Wie Bakchides, der Heerführer des Demetrius, gegen die Juden
marschierte und unverrichteter Sache zum Könige zurückkehrte.
18. Wie Nikanor, der nach Bakchides als Befehlshaber gesandt
wurde, nebst seinem Heere umkam.
19. Wie Bakchides abermals gegen Judaea geschickt wurde und
den Sieg davontrug.
20. Wie Judas im Treffen fiel.
Erstes Kapitel.
Wie Ptolemaeus Lagi Jerusalem und Judaea mit List
eroberte und viele Gefangene nach Aegypten wegführte.
Nachdem Alexander, der König von Macedonien, das
Reich der Perser unterjocht und die Verhältnisse in
Judaea, wie oben erwähnt, geordnet hatte, starb er,
und sein Reich ward unter seine Nachfolger geteilt,
Antigonus erhielt Asien, Seleukus Babylon und die
übrigen Länder jenes Striches, Lysimachus die Länder
am Hellespont, Kassander Macedonien, und Ptolemaeus
Lagi Aegypten. Da diese jedoch bald unter sich uneins
wurden und über ihre Macht in Streitigkeiten gerieten,
entstanden langwierige Kriege, die den Städten grosse
Drangsal bereiteten und vielen ihrer Einwohner das
Leben kosteten. So erlitt auch Syrien von Ptolemaeus
Lagi, der sich damals Soter, das ist „Retter“, nannte,
das Gegenteil von dem, was sein Beiname bezeichnete.
Jerusalem eroberte er durch Betrug und List. Er zog
nämlich, als wollte er Opfer darbringen, am Sabbat in
die Stadt ein, ohne dass die Juden, die in ihm keinen
Feind erblickten und deshalb nichts Schlimmes ahnten,
auch des Feiertages wegen in Müsse und Sorglosigkeit
60
Josephus’ Jüdische Altertümer.
lebten, ihn davon abgehalten hätten. So bemächtigte er
sich der Stadt ohne alle Anstrengung und behandelte-
sie hart und ungnädig. Das bezeugt auch Agatharchide»
von Knidus, der die Geschichte der Diadochen, der
Nachfolger Alexanders, geschrieben hat und uns den
Vorwurf macht, wir hätten wegen unseres Aberglauben»
die Freiheit verloren. Er sagt: „Es giebt ein Volk,,
das sich Juden nennt und die grosse und wohl befestigte
Stadt Jerusalem bewohnt. Diese liess es ruhig in de»
Ptolemaeus Gewalt gelangen, weil es nicht zu den
Waffen greifen, sondern aus unzeitigem Aberglauben
lieber einer grausamen Herrschaft sich unterwerfen
wollte.“ So schreibt Agatharchides über unser Volk*
Um nun wieder auf Ptolemaeus zurückzukommen, sa
nahm er in den Gebirgen Judaeas, in der Umgebung
von Jerusalem, in Samaria und Garizin viele Menschen
gefangen und siedelte sie nach Aegypten über. Und
da er aus der Antwort, die Alexanders Gesandte nach
der Besiegung des Darius erhalten hatten, ersah, wie-
sehr sich die Jerusalemer durch treues Festhalten am
Eide und durch Zuverlässigkeit auszeichneten, legte er
viele von ihnen aU Besatzungen in die festen Plätze,,
gab ihnen mit den Macedoniern in Alexandria gleiche
Rechte und verpflichtete sie unter Eid, dass sie auch
seinen Nachfolgern treu bleiben würden. Auch von den
übrigen Juden zogen nicht wenige freiwillig nach
Aegypten, zum Teil mit Rücksicht auf die Fruchtbarkeit
des Landes, zum Teil auch im Vertrauen auf die Frei-
gebigkeit des Ptolemaeus. In der Folge jedoch brachen
zwischen ihren Nachkommen, die an den Gebräuchen
ihrer Väter festzuhalten entschlossen waren, und den
Samaritern Streitigkeiten aus, und es kam schliesslich
zum Kriege, da die Jerusalemer ihren Tempel als Heilig-
tum betrachtet und die Opfer dorthin geschickt wissen
wollten, die Samariter aber dasselbe für den auf dem
Berge Garizin gelegenen Tempel forderten.
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
61
Zweites Kapitel.
Wie Ptolemaeus Philadelphia die Gesetze der Juden ins
Griechische übertragen liess, vielen Gefangenen die Frei-
heit schenkte und Gott eine Menge Weihgeschenke
darbrachte.
1. Nachdem Alexander zwölf und sein Nachfolger
Ptolemaeus Soter vierzig Jahre regiert hatte, bestieg
Philadelphus den Thron Aegyptens und behielt die
Herrschaft neununddreissig Jahre lang. Er liess die
Gesetze der Juden ins Griechische übertragen und setzte
-die in aegyptischer Knechtschaft schmachtenden Jeru-
salemer, hundertzwanzigtausend an der Zahl, in Freiheit,
und zwar aus folgender Veranlassung. Demetrius Pha-
lereus, der Oberbibliothekar des Königs, bemühte sich,
womöglich alle Bücher des Erdkreises zu sammeln, und
kaufte alles auf, was nur irgend des Studiums wert war
und dem Könige, dem das Bibliothekwesen sehr am
Herzen lag, gefiel. Als Ptolemaeus ihn nun einmal
fragte, wie viele tausend Bücher er schon zusammen-
gebracht habe, entgegnete er: Einstweilen zweihundert-
tausend, doch hoffe er es bald auf fünfhunderttausend
zu bringen. Er habe auch in Erfahrung gebracht, dass
«s bei den Juden viele Bücher über deren Gebräuche
gebe, die des Studiums wert seien und einen Platz in
<ler königlichen Bibliothek verdienten, die aber, da sie
in hebraeischer Sprache und hebraeischen Buchstaben
geschrieben seien, der Übersetzung ins Griechische viele
Schwierigkeiten bereiten würden. Obgleich nämlich die
Schrift der Juden der syrischen ganz ähnlich sei und
auch ihre Sprache sich nicht viel von der syrischen
unterscheide, sei doch Sprache wie Schrift durchaus
eigenartig. Dennoch könne den König, da er die nötigen
Mittel zur Bestreitung der Kosten zu gewähren imstande
sei, nichts abhalten, diese Bücher übersetzen zu lassen
und seiner Bibliothek einzuverleiben. Da nun dem
Könige der Eifer des Demetrius für die Vermehrung
<ler Büchersammlung sehr gefiel, schrieb er dem Hohe-
Go gle
62
Josephus’ Jüdische Altertümer.
priester der Juden, er möge die Benutzung der Bücher
gestatten.
2. Aristaeus, ein wegen seiner Bescheidenheit vom
Könige besonders geschätzter Freund desselben, hatte
sich früher schon öfters vorgenommen, den König um
Freilassung aller in seinem Reiche lebenden Juden zu
bitten. Da er nun jetzt einen günstigen Zeitpunkt zur
Anbringung seiner Bitte für gekommen erachtete, be-
sprach er die Angelegenheit zunächst mit den Befehls-
habern der königlichen Leibwache, dem Tarentiner So-
sibius und dem Andreas, und bat diese, sie möchten
sein Gesuch beim Könige unterstützen. Er benutzte nun
den vorhin erwähnten Plan des Königs für seine Zwecke,,
begab sich zu Ptolemaeus und redete ihn folgender-
massen an: „O König, wir wollen uns nicht betrügen,,
sondern die Wahrheit zu erforschen suchen. Wenn wir
dahin streben, die Gesetze der Juden dir zu Gefallen
nicht nur abschreiben, sondern auch übersetzen zu lassen,,
wie können wir dies ausführen, da so viele Juden in
deinem Reiche als Knechte leben? Es kann dir in
deiner Hochherzigkeit und Güte doch nicht schwer fallen,,
sie aus ihrem Elend zu befreien. Durch eifriges Forschen
habe ich gefunden, dass derselbe Gott, der den Juden
die Gesetze gab, auch dein Reich regiert. Diesen Gott,
den Schöpfer des Weltalls, verehren auch wir und nennen
ihn den Lebendigen, weil er allen das Leben verleiht. 1
Gieb also zur Ehre Gottes denen, die ihn ganz besonders
lieben, ihre Heimat wieder, damit sie im Lande ihrer
Väter sich des Lebens erfreuen können. Glaube je-
doch nicht, dass ich dir diese Bitte vortrage, weil ich
mit dieser Nation verwandt oder aus ihr entsprossen sei.
Vielmehr bitte ich dich darum, weil wir alle Geschöpfe
Gottes sind, und weil ich weiss, dass er an wohlthätigen
Menschen seine Freude hat.“
3. Als Aristaeus so geredet hatte, blickte ihn der
1 Im Texte lautet das Wortspiel : Zrjva (nichtattischer Akkusativ
von Zeu$) xaXouvxes ätto tou ejji^uetv to £rjv.
Go gle
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
63
König mit freundlicher und heiterer Miene an und fragte :
„Wie viele tausend, glaubst du denn, werden es sein,
die freigelassen werden sollen?“ Da warf Andreas, der
zufällig dabei stand, ein, es seien wenig mehr als
hunderttausend. „Ist das,“ fragte darauf der König,
„also wohl eine Kleinigkeit, um die du, Aristaeus, mich
bittest?“ Als aber Sosibius und die übrigen Anwesenden
ihm vorhielten, er müsse doch Gott, der ihm die Herr-
schaft verliehen, einen seiner Freigebigkeit entsprechen-
den Dank dafür abstatten * sagte der König erfreut zu
und befahl, bei der nächsten Auslöhnung der Soldaten
auch für jeden Gefangenen, der unter ihrer Aufsicht
stehe, hundertzwanzig Drachmen auszuzahlen. In betreff
der Bitte des Aristaeus aber versprach er diesem, einen
Erlass zu veröffentlichen , der seinem Wunsche und damit
auch dem Willen Gottes entsprechen solle. Er erklärte
nämlich, er wolle nicht nur die von seinem Vater und
dessen Soldaten in Gefangenschaft geführten, sondern
auch die schon vorher in seinem Reiche befindlichen und
die später noch hinzugekommenen Juden in Freiheit
setzen. Und da ihm mitgeteilt wurde, die Freilassung
erfordere mehr als vierhundert Talente, bewilligte er
diese sogleich. Um nun die Grossmut des Königs ge-
bührend zu ehren, beschloss man, eine Abschrift de»
Erlasses der Nachwelt zu überliefern. Deren Wortlaut
war folgender: „Wer immer mit meinem Vater nach
Syrien und Phoenicien zu Felde gezogen ist und nach
der Verwüstung von Judaea Gefangene in unsere Städte
oder aufs Land mitgenommen hat, soll diesen die Frei-
heit geben. Desgleichen sollen alle Juden, die schon
vorher in meinem Reiche waren, ferner die, welche
durch Kauf in anderen Besitz übergegangen sind, frei-
gelassen werden. Die Eigentümer erhalten für jeden
einzelnen Kopf hundertzwanzig Drachmen, die den Sol-
daten zugleich mit der Löhnung, den übrigen aber an
der königlichen Kasse als Lösegeld gezahlt werden sollen.
Ich bin nämlich der Meinung, dass dieselben gegen
meines Vaters Willen und widerrechtlich zu Gefangenen
64
Josephus’ Jüdische Altertümer.
gemacht worden sind, und dass ihr Land von der Will-
kür der Soldaten schwer bedrängt worden ist, während
diese selbst aus der Überführung der Gefangenen nach
Aegypten grossen Nutzen gezogen haben. Um der Ge-
rechtigkeit willen und aus Mitleid mit den ungerechter-
weise Unterdrückten befehle ich hiermit allen denen,
welche Juden zu Sklaven haben, dieselben gegen das er-
wähnte Lösegeld freizugeben, und niemand soll sich unter-
stehen, diesem Befehle heimtückischerweise zu trotzen.
' »
Innerhalb drei Tagen nach Bekanntmachung dieses
Ediktes haben sich die Freigelassenen bei den zuständigen
Behörden zu melden und dort ihren Freibrief sich aus-
fertigen zu lassen. Wer diesem Befehle zuwiderhandelt,
kann von jedem, der dies will, zur Anzeige gebracht
werden, und es soll sein Vermögen für die königliche
Kasse eingezogen werden.“ Als dieses Edikt zuerst dem
Könige vorgelesen wurde, fand es zwar ira allgemeinen
seine Billigung, jedoch fehlte noch darin die Bestimmung
über die vorher und nachher aus Judaea weggeschleppten
Juden, die der König dann in seiner Güte und Hoch-
herzigkeit noch hinzufügen liess. Alsdann gab er Be-
fehl, die ansehnliche zu Lösegeldern bestimmte Summe
an die einzelnen Beamten und Zahlmeister zu verteilen.
Das geschah sogleich, und so war in nicht mehr als
sieben Tagen der Erlass des Königs ins Werk gesetzt.
Aufgewendet wurden als Lösegelder mehr denn vier-
hundertsechzig Talente; die Herren forderten nämlich
auch für die Kinder die hundertzwanzig Drachmen, weil
das vom Könige angeordnet sei, indem er „für jeden
Kopf“ diesen Betrag ausgeworfen habe.
4. Als nun alles dies im Sinne des Königs vollzogen
war, befahl er dem Demetrius, nunmehr seinen AVunsch
hinsichtlich der Bücher der Juden in einem Schriftstücke
niederzulegen. Von den Ptolemäern wurde nämlich alles
mit grosser Genauigkeit und Umständlichkeit durch-
geführt. Ich habe es deswegen für nötig gehalten, nicht
nur das Gesuch des Demetrius und die übrigen in der
Angelegenheit gewechselten Briefe hier mitzuteilen,
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
65
sondern auch die Zahl der Weihgeschenke und den für
jedes derselben gemachten Aufwand, damit alle die
Prachtliebe des Geschenkgebers ermessen und aus der
Vortrefflichkeit der Arbeit auf die Geschicklichkeit der
Künstler schliessen können. Das Gesuch nun lautet
folgendermassen : „Demetrius an den grossen König. Da
du mir den Auftrag gegeben hast, o König, die zur
Vervollständigung deiner Bibliothek noch erforderlichen
Bücher zu sammeln und den etwa abhanden gekommenen
mit gebührender Sorgfalt nachzuforschen, so habe ich
den grössten Fleiss aufge wandt und zeige dir hiermit
an, dass unter anderem auch die Gesetzbücher der Juden
uns fehlen. Denn diese sind , weil in hebraeischer Schrift
und Sprache geschrieben, für uns unverständlich. Da
nun deine königliche Sorgfalt sich bisher auf diese
Bücher nicht erstreckt hat, so kann es sein, dass sie dir
vielleicht als weniger wichtig bezeichnet worden sind.
Indessen ist es notwendig, dass du deine Aufmerksam-
keit auch ihnen zuwendest. Denn diese Gesetzsamm-
lung ist so beschaffen, dass sie von höchster Weisheit
und unbeflecktester Sittenreinheit Zeugnis ablegt, als
käme sie von Gott selbst her. Deshalb haben auch,
wie Hekataeus derAbderite bezeugt, sowohl die Dichter
wie die Geschichtschreiber ihrer ebensowenig Erwähnung
gethan als der Männer, die nach ihren Vorschriften die
Verfassung eingerichtet haben. Sie wurde eben immer
als so ehrwürdig und heilig betrachtet, dass sie von un-
heiligem Munde nicht besprochen werden dürfe. Wenn
«s dir also gut scheint, so schreibe, o König, an den
Hohepriester der Juden, er möge dir aus jedem Stamme
sechs Älteste schicken, die in den Gesetzen wohlbe-
wandert sind. Von ihnen werden wir dann den genauen
und getreuen Wortlaut jener Bücher erfahren und eine
authentische Erklärung erhalten, damit wir deinem
Wunsche in würdiger Weise entsprechen können."
5. Als Demetrius dieses Schriftstück überreicht hatte,
befahl der König, in der c Angelegenheit an den
jüdischen. Hohepriester Eleazar zu schreiben und ihn
Joeephas’ Jüdische Altertümer, II. 5
66
Josepbus’ Jüdisch« Altertümer.
zugleich von der Freilassung der in Aegypten befindlichen
jüdischen Sklaven in Kenntnis zu setzen. Dabei sandte
er zum Zwecke der Anfertigung von Bechern, Krügen
und Schalen fünfzig Talente Gold und eine unschätz-
bare Menge von Edelsteinen, und befahl den Hütern
der Kasten, welche die Edelsteine enthielten, die Künstler
nach Belieben daraus aus wählen zu lassen. Ausserdem
liess der König Geld zur Darbringung von Opfern und
zu anderen Aufwendungen für den Tempel bis zur
Höhe von hundert Talenten an weisen. Bevor ich jedoch
die einzelnen Weihgeschenke beschreibe, will ich zu-
nächst den Wortlaut des an den Hohepriester Eleazar
gerichteten Schreibens erwähnen. Eleazar aber hatte
sein Amt aus folgender Veranlassung erhalten. Nach
dem Tode des Hohepriesters Onias folgte demselben
sein Sohn Simon, der wegen seiner Gottesfurcht und
Menschenfreundlichkeit den Beinamen „der Gerechte“
erhielt. Als dieser aus dem Leben schied, war sein
Sohn Onias noch unmündig, weshalb sein Bruder Eleazar,
von dem hier die Rede ist, die Hohepriesterwürde er-
langte. Diesem also liess Ptolemaeus schreiben wie
folgt: „Der König Ptolemaeus entbietet dem Hohepriester
Eleazar seinen Gruss. In meinem Reiche wohnen viele
Juden, die mein Vater, als sie von den obsiegenden
Persern gefangen genommen waren, mit Achtung be-
handelte, indem er sie teils, gegen höheren Sold zum
Kriegsdienste heranzog, teils und zwar die, welche mit
ihm nach Aegypten gekommen waren, zum Schrecken
der Aegyptier als Besatzungen in die Festungen legte*
Als ich nun zur Regierung kam, habe ich, wie alle
meine Unterthanen, so besonders deine Mitbürger
freundlich behandelt, indem ich mehr als hunderttausend
von ihnen aus Sklaven zu Freien machte und aua
meinem Vermögen ihren Herren das Lösegeld entrichtete*
Diejenigen nun von diesen Freigelassenen , die ihrem
Alter nach zum Waffendienste tauglich waren, habe ich
zu Soldaten gemaeht; ‘einige andere aber, deren Treue
mir dieser Ehre wert zu sein schien, habe ich zum Range
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
67
von Hofleuten erhoben und dachte so Gott zur Er-
langung seiner Gnade ein angenehmes und grossartiges
Weihgeschenk zu widmen. Diesen nun sowie allen
Juden auf dem Erdkreise will ich einen Gefallen er-
weisen, indem ich mich entschliesse, euer Gesetzbuch aus
dem Hebraeischen ins Griechische übertragen zu lassen
und es meiner Bibliothek einzuverleiben. Du wirst mir
deshalb einen Gefallen thun, wenn du mir aus jedem
Stamme sechs ältere und gesetzeskundige Männer
schickst, welche die Gesetzbücher genau erklären können.
Durch dieses Unternehmen glaube ich mich mit Ruhm
bedecken zu können. Zur näheren Besprechung über
die Angelegenheit sende ich dir Andreas, den Befehls-
haber meiner Leibwache, und den Aristaeus, beide hoch-
angesehene Männer, durch die ich dir auch hundert
Talente Silber als Weihgeschenk für den Tempel und
behufs Darbringung von Opfern übermache. Schreibe
mir nun auch deine Wünsche, was mir sehr angenehm
sein wird.“
6. Als dieser Brief des Königs an Eleazar gelangt
war, beantwortete er denselben mit möglichster Freund-
lichkeit: „Der Hohepriester Eleazar entbietet dem
Könige Ptolemaeus seinen Gruss. Wenn du mit der
Königin Arsinoe und deinen Kindern dich wohl be-
findest, so sind wir zufrieden. Nach Empfang deines
Briefes habe ich mich über deine Absicht sehr gefreut
und den Brief alsbald in öffentlicher Versammlung vor-
gelesen, um dem Volke deine Gottesfurcht kundzu-
machen. Die von dir gesandten zwanzig goldenen und
dreissig silbernen Schalen, die fünf Krüge, den zur
Aufnahme von Weihgeschenken bestimmten Tisch, sowie
die zur Darbietung von Opfern und zum Besten des
Tempels gespendeten hundert Talente, die deine ver-
trauten Freunde, die hochachtbaren, edlen, gelehrten
und tugendhaften Männer Andreas und Aristaeus uns
gebracht haben, habe ich dem Volke gezeigt. Wisse
nun, dass ich dir alles, was zu deinem Nutzen dienen
kann, gern gewähren will, soweit es in meinen Kräften
Go gle
68
Josephus’ Jüdische Altertümer.
steht, um dir den schuldigen Dank für die meinen
Landsleuten bewiesenen Wohlthaten zu erstatten. Des-
halb habe ich sogleich für dich, deine Schwester, deine
Kinder und deine Freunde Opfer dargebracht, und das
Volk hat mit mir zu Gott gefleht, damit dir alles nach
Wunsch gelinge, dein Reich sich des Friedens erfreue,
und auch die Übertragung der Gesetze den von dir ge-
wollten glücklichen Erfolg aufweise. Ich habe aus
jedem Stamme sechs ältere Männer ausgewählt, die ich
mit den Gesetzbüchern dir zuschicke. Von deiner
Frömmigkeit und Gerechtigkeit aber erwarte ich, dass
du mir nach Fertigstellung der Übersetzung die Bücher
wieder zuschickst und auch für das Wohlergehen der-
jenigen sorgst, die sie dir Überbringern Lebe wohl.“
7. Das war das Antwortschreiben des Hohepriesters.
Ich habe es nun nicht für nötig gehalten, die Namen der
siebzig Greise mitzuteilen, die Eleazar mit den Gesetz-
büchern schickte; in dem Schreiben waren diese Namen
indes enthalten. Dagegen will ich die Pracht und
Kostbarkeit der Weihgeschenke, die der König Gott dem
Herrn stiftete, beschreiben, weil ich das für passend
halte, damit des Königs Frömmigkeit allgemein bekannt
werde. Er spendete nicht nur reichliche Mittel zu
diesen Weihgeschenken, sondern ging auch zu den
Künstlern hin und besichtigte die Arbeiten, damit nichts
davon nachlässig oder oberflächlich ausgeführt würde.
Ich will nun jedes einzelne Stück schildern, nicht weil
die Geschichte gerade eine solche Beschreibung erforderte, -
sondern damit ich meinen Lesern einen Begriff von
dem Schönheitssinne und der Hochherzigkeit des Königs
geben kann.
8. Zunächst wende ich mich zur Beschreibung des
Tisches. Diesen wollte der König in gewaltigen Massen
anfertigen lassen. Er befahl also, Erkundigungen
darüber einzuziehen, welche Dimensionen der Tisch zu
Jerusalem habe und ob es möglich sei, einen noch
grösseren herzustellen. Als er nun erfuhr, wie gross
dieser sei, und dass nichts im Wege stehe, den neuen
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
69
Tisch noch grösser zu machen , meinte er, er wolle ihn
wohl fünfmal so gross machen lassen , doch fürchte er,
dass er dann seiner grossen Masse wegen beim Gottes-
dienst nicht gebraucht werden könne. Da er nun
wünsche, dass seine Weihgeschenke nicht bloss Schau-
stücke darstellten, sondern auch beim Gottesdienste Ver-
wendung finden möchten, halte er es für richtig, den
neuen Tisch nicht grösser als den anderen, der übrigens
wohl aus Mangel an Gold in so bescheidener Grösse
angefertigt worden sei, aber aus kostbarerem Material
herstellen zu lassen. Da er nun eine scharfe Be-
obachtungsgabe besass und geschickt im Erdenken von
allerhand neuen und wundervollen Formen war, so ent-
warf er selbst mit grossem Fleiss die Zeichnungen, legte
sie den Künstlern vor und hiess sie danach arbeiten, da
sie nun die Ciselierungen zur Herausarbeitung der
Formen leichter würden vollenden können.
9. Nachdem die Künstler diese Anleitungen sich zu
nutze gemacht, fertigten sie den Tisch ganz aus Gold
an, zweiundeinehalbe Elle lang, eine Elle breit, einund-
einehalbe Elle hoch. Der Rand des Tisches, der die
Platte handhoch überragte, war an den Ecken um-
gebogen und hier mit getriebener, Stricke darstellender
Arbeit versehen, sodass er an drei Stellen wundervolle
Verzierungen zeigte. Der Tisch war nämlich dreieckig,
und jede Ecke wies dieselbe Anordnung auf, sodass man
von allen Seiten immer die nämliche Verzierung er-
blickte. War nun schon die innere, nach dem Tische
zu gewandte Seite des Randes schön ausgearbeitet, so
zeigte sich die äussere Seite, die hauptsächlich ins Auge
fiel, doch noch herrlicher. An den drei Ecken, wo man
die in Form von Stricken getriebene Arbeit angebracht
hatte, waren in wechselnder Ordnung Edelsteine be-
festigt, die von goldenen, durch Löcher der Steine
laufenden Schnüren zusammengehalten wurden. An der
Seite des Randes, die sich dem Anblick darbot und
schräg stand, waren in Eiform kostbare Steine angebracht,
die zu einer rings um den Tisch laufenden stabförmigen
70
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Anordnung verbunden waren. Unterhalb dieser ovalen
Medaillons schlang sich ein Kranz von allerhand Früchten,
hängenden Trauben, aufragenden Ähren und dazwischen
versteckten Granatäpfeln. Edle Steine gaben bei jeder
der genannten Früchte die natürliche Farbe wieder und
wurden rings um den Tisch von goldener Einfassung
gehalten. Unterhalb des Kranzes befanden sich wieder
die eiförmigen Medaillons und die stabförmige An-
ordnung wie oberhalb desselben, sodass, selbst wenn man
den Tisch umkehrte, keinerlei Verschiedenheit in der
Arbeit bemerkbar wurde. Dazu kam dann noch eine
goldene, vier Finger breite Platte, in welche die Füsse
des Tisches eingelassen waren. Die letzteren waren mit
Klammern und Stiften neben der Platte des Tisches
befestigt, sodass man stets dieselbe kunstvolle Arbeit
vor sich hatte, wie man auch den Tisch drehen und
wenden mochte. Oben auf der Tischplatte war eine
Maeanderverzierung angebracht, in die kostbare Steine
gleich Sternen in verschiedenen Farben eingelassen
waren: Karfunkel und Smaragde, die das Auge des Be-
schauers durch ihren herrlichen Glanz entzückten, sowie
noch andere Edelsteine, die wegen ihrer Kostbarkeit
hochgeschätzt sind. Neben der Maeanderverzierung lief
ein strickförmiges Flechtwerk, sodass in der Mitte eine
rautenförmige Figur entstand. Das Flechtwerk war be-
setzt mit Krystallen und Bernstein, die in reicher Ab-
wechselung den Beschauer wunderbar ergötzten. Die
oberen Enden der Füsse wiesen die Form von Lilien
auf, deren Blätter unter die Tischplatte zurückgebogen
waren, sodass die inneren Blütenteile sich dem Auge
darboten. Die Basis der Füsse bildete je ein hand-
breiter und acht Finger dicker Karfunkel, in welche die
Füsse wie in Postamente eingelassen waren. Die
einzelnen Füsse waren aufs feinste und sorgfältigste aus-
gearbeitet und bestanden aus Epheu, Rebzweigen und
Trauben, die so täuschend gemacht waren, dass man
sie von wirklichen nicht unterscheiden konnte. Denn
sie waren so ausserordentlich zart gearbeitet, dass sie
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
71
vom Winde bewegt wurden, und schienen so eher ein
Werk der Natur als der Kunst zu sein. Der ganze
Tisch war aus drei Teilen zusammen gefügt, die so genau
ineinander passten, dass man die Verbindungsstellen
nicht wahrnehmen konnte. Die Dicke der Tischplatte
betrug nicht weniger als eine halbe Elle. So herrlich,
kostbar, reich an Verzierungen und natürlich in der
Ausführung war dieses Weihgeschenk des Königs, und
wenn es auch den anderen Tisch an Grösse nicht über-
ragte, so that es dies doch sicher an kunstvoller Aus-
stattung, Originalität und Pracht der Verzierungen.
10. Ausserdem liess Ptolemaeus zwei goldene Krüge
anfertigen, die vom Fusse bis zur Mitte schuppenförmig
getriebene Arbeit zeigten, auf den Rippen aber mit ver-
schiedenartigen Edelsteinen besetzt waren. Darüber er-
hob sich eine Maeanderverzierung von der Höhe einer
Elle, zusammengesetzt aus mannigfaltigen und kunstvoll
geformten Steinen, an die sich eine stabförmige An-
ordnung anschloss. Von da bis zum Rande des Ge-
fässes war ein netzförmiges Muster in Rauten angebracht.
In der Mitte des Kruges befanden sich Schilde, welche,
aus Steinen in der Grösse von vier Fingern hergestellt
waren und nicht wenig zum Glanze und zur Zierde des
Gefasses beitrugen. Den Rand des Kruges umgaben
Lilien blätter, Blumen und Rebzweige, die sich als
Kranzgewinde rings um denselben schlangen. So waren
die beiden goldenen Krüge beschaffen, deren «jeder zwei
Amphoren 1 hielt. Die silbernen wetteiferten an Glanz
mit dem Spiegel, sodass man in ihnen sein Bild noch
deutlicher als in einem solchen erblicken konnte.
Ausserdem liess der König auch noch dreissig Schalen
anfertigen, die, soweit sie von Gold waren, mit Epheu-
und Weinlaub in getriebener Arbeit verziert, jedoch
nicht mit Edelsteinen besetzt waren. Diese Kunstgegen-
stände waren nicht nur ein Beweis für die grosse Ge-
schicklichkeit der Künstler, welche sie verfertigt hatten
1 Eine Amphora — etwa 26 Liter.
Go gle
72
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sondern auch und zwar in noch höherem Grade für den
Eifer und die Freigebigkeit des Königs, dem es zu ver-
danken war, dass die Arbeiten eine so hohe Voll-
kommenheit aufwiesen. Denn er hatte nicht nur den
Künstlern die Mittel reichlich und freigebig gewährt,
sondern auch mit Hintansetzung seiner Regierungs-
geschäfte die Arbeiten persönlich beaufsichtigt. Dadurch
wurden die Künstler zu regem Fleisse angespornt und
widmeten sich im Hinblick auf das Beispiel des Königs
ihrem Werke mit grösserer Hingabe.
11. Das waren also die Weihgeschenke, die Ptole-
maeus nach Jerusalem sandte. Der Hohepriester Eleazar
liess sie im Tempel aufstellen, bewies den Überbringern
die grösste Aufmerksamkeit und entließe sie mit Ge-
schenken für den König. Als sie nach Alexandria ge-
kommen waren und Ptolemaeus ihre wie der siebzig
Ältesten Ankunft erfuhr, beschied er sogleich seine Ge-
sandten Andreas und Aristaeus zu sich. Diese über-
brachten ihm das Schreiben des Hohepriesters und er-
klärten ihm alles, worüber er Aufschluss verlangte. Da
er nun sehnlichst wünschte, die von Jerusalem zur Er-
klärung der Gesetze gekommenen Ältesten zu sprechen,
entliess er alle übrigen, die sich zur Erledigung laufen-
der Geschäfte bei ihm befanden, ohne auf Gebrauch
und Sitte zu achten. Wer nämlich aus diesem Grunde
zu ihm kam, hatte an jedem fünften Tage Zutritt, Ge-
sandte jedoch nur jeden Monat. Damals nun entliess
er alle anderen, um die Gesandten Eleazars zu empfangen.
Sobald die Greise ein getreten waren mit den Geschenken,
die der Hohepriester ihnen für den König übergeben,
und mit den Rollen, auf denen in goldenen Buchstaben
die Gesetze verzeichnet standen, fragte der König so-
gleich nach den Büchern. Und da sie ihm dieselben
nach Entfernung der Hülle zeigten , bewunderte er
längere Zeit die Feinheit des Pergamentes und die Ge-
schicklichkeit, mit der die Bücher aneinandergefügt
waren. Dann dankte er den Greisen dafür, dass sie ge-
kommen seien ; noch grösseren Dank aber stattete er
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
73
dem ab, der sie gesandt, und dem allerhöchsten Gott,
von dem diese Gesetze herrührten. Als nun die Greise
samt den übrigen Anwesenden dem Könige einstimmig
ihre Segenswünsche darbrachten, brach er vor übergrosser
Freude in Thränen aus. So ist es ja von der Natur
angeordnet, dass die höchste Freude wie der tiefste
Schmerz sich in denselben Zeichen äussern. Darauf liess
er die Bücher seinen Beamten übergeben und umarmte
dann die Greise, indem er sagte, es sei billig gewesen,
zuerst von dem Zwecke ihrer Anwesenheit zu reden, be-
vor er sie begrüsst habe. Den Tag ihrer Ankunft aber
versprach er zu einem Festtage zu machen und den-
selben jedes Jahr, so lange er leben werde, zu feiern.
Der Zufall wollte es, dass der Tag der Ankunft der
Greise derselbe war, an welchem der König den Seesieg
über Antigonus davongetragen hatte. Er lud alsdann
die Greise ein, mit ihm zu speisen, und liess ihnen in
der Nähe der Königsburg die beste Herberge anweisen.
12. Nikanor, dem der Empfang der Gastfreunde ob-
lag, liess gleich den Dorotheus, der für ihre Bequemlich-
keit zu sorgen hatte, kommen und befahl ihm, den
Gästen alle erforderlichen Lebensmittel zu verabreichen.
Diese Angelegenheit hatte nämlich der König in folgen-
der Weise geordnet. In jeder Stadt, die nicht selbst
eine gleiche Einrichtung besass, befand sich ein könig-
licher Beamter, der für die ankomm enden Fremden zu
sorgen und ihnen alles zu liefern hatte, dessen sie nach
ihren Lebensgewohnheiten bedurften. Der Zweck dieser
Einrichtung war der, dass die Fremden bei ihrer ge-
wohnten Lebensweise bleiben konnten und nicht unter
dem Gefühl, in der Fremde zu sein, leiden sollten. So
geschah es auch mit den siebzig Greisen, für die Doro-
theus, da er ihre Lebensart gut kannte, in bester Weise
sorgte. Er selbst leitete alle Anstalten zur Bewirtung
der Gäste und liess dem Befehle des Königs gemäss den
Tisch auf beiden Seiten decken. Ptolemaeus hatte näm-
lich angeordet, dass die eine Hälfte der Greise neben
ihm, die andere aber ihm gegenüber Platz nehme, da er
74
Josephus’ Jüdische Altertümer.
nichts unterlassen wollte, wodurch er sie ehren konnte.
Nachdem sie nun Platz genommen, befahl er dem Doro-
theus, seinen Gästen das Mahl ganz nach der Art vor-
zusetzen, wie sie es in Judaea gewöhnt waren. Aus
diesem Grunde liess er auch die Opferdiener, Opferer
und Gebetsrufer sich entfernen und bat einen der Gäste,
den Priester Elissaeus, das Gebet zu sprechen. Dieser
trat darauf in die Mitte und betete für den König und
seine Unterthanen. Alsdann klatschten alle vor Freude
in die Hände und riefen dem Könige zu, worauf sie sich
zum Mahle wandten. Nach hinreichender Pause begann
der König ein philosophisches Gespräch und legte jedem
einzelnen Fragen aus der Naturgeschichte und Philosophie
vor. Und da sie alle über die aufgeworfenen Themata
genauen Bescheid wussten, freute der König sich sehr
und liess das Gastmahl zwölf Tage lang wiederholen.
Wer sich über die bei den Mahlzeiten geführten Ge-
spräche genauer unterrichten will, mag das Buch lesen,
welches Aristaeus darüber geschrieben hat.
13. Die Greise erregten nicht nur die Bewunderung
des Königs, sondern auch des Philosophen Menedemos,
welcher gestehen musste, es gebe ein Wesen, das in
seiner weisen Fürsorge alles lenke und leite, und von
dem die Greise die überzeugende Kraft ihrer Rede er-
halten hätten. Damit nahmen dann die philosophischen
Untersuchungen ein Ende, und der König erklärte, die
Ankunft der Greise gereiche ihm zum höchsten Vor-
teil, da er von ihnen gelernt habe, wie er seinen
Herrscherpflichten nachkommen müsse. Dann befahl er,
jedem der Greise drei Talente einzuhändigen und
Männer zu bestimmen, welche sie in ihre Herberge ge-
leiten sollten. Nach drei Tagen holte Demetrius sie ab,
führte sie sieben Stadien weit über einen in das Meer
nach einer Insel hin sich erstreckenden Damm, schritt
mit ihnen über die Brücke nach dem nördlichen Teile
der Insel und liess sie hier in ein nahe beim Strande
erbautes Haus eintreten, welches die zum Studium er-
wünschte Stille darbot. Dann bat er sie, sie möchten.
Go gle
Zwölftes Buch, 2. Kapitel.
75
da alles zur Übertragung Notwendige vorhanden sei,
nunmehr mit dem Werke beginnen. Die Greise gaben
sich .hierauf mit grösstem Fleisse daran, eine genaue
Übersetzung anzufertigen, und arbeiteten täglich bis zur
neunten Stunde. Dann sorgten sie auch für ihre leib-
lichen Bedürfnisse, hinsichtlich deren ihnen alle er-
forderlichen Lebensmittel reichlich zur Verfügung standen.
Denn Dorotheus musste ihnen auf Geheiss des Königs
vieles von dessen eigener Tafel bringen. Täglich kamen
sie in der Frühe zur Königsburg, begrüssten den Ptole-
maeu9, kehrten dann desselben Weges zurück, wuschen
ihre Hände im Meer und begaben sich wieder an die
Arbeit. Im ganzen nahm die Abschrift und Über-
tragung der Gesetze zweiundsiebzig Tage in Anspruch. 1
Alsdann liess Demetrius an der Stelle, wo die Über-
setzung stattgefunden batte, alle Juden sich versammeln
und las die Arbeit in Gegenwart der Übersetzer vor.
Die Menge bezeigte darauf den Übersetzern ihren Bei-
fall und lobte auch den Demetrius wegen seines vor-
trefflichen Einfalles, wodurch er ihnen vieles Gute er-
wiesen habe. Sie baten ihn dann, auch ihren Vor-
stehern das Gesetz zur Lesung zu übergeben, und alle,
sowohl die Priester und Ältesten aus den Übersetzern
als auch die Vorsteher der Gemeinde, drückten den
Wunsch aus, die Übersetzung möge, weil sie so gut aus-
gefallen sei, nun auch unverändert bleiben. Diesem
Wunsche traten alle Anwesenden bei und bestimmten,
dass, wenn jemand bemerke, dass etwas Überflüssiges
sich in das Gesetz eingeschlichen habe oder etwas weg-
gelassen worden sei, er sich nochmals gründlich davon
überzeugen und dann auf Verbesserung bedacht sein
solle. Daran thaten sie klug; denn nachdem die
Übersetzung nun einmal als richtig befunden war, sollte
sie es auch bleiben.
14. War nun der König schon sehr erfreut, als er
1 Nach der Zahl der Uebersetzer heisst die Uebersetzung die
„Septuaginta“.
76
Josephus’ Jüdische Altertümer.
seinen Plan verwirklicht sah, so stieg seine Freude noch
höher, als ihm die Gesetze vorgelesen wurden. Er
staunte ob der Weisheit und dem Scharfsinne des Ge-
setzgebers und fragte den Demetrius, wie es möglich sei,
dass eine so wunderbare Gesetzgebung weder von den
Geschichtschreibern noch von den Dichtern erwähnt
werde. Demetrius entgegnete darauf, niemand habe das
Gesetzbuch zu berühren gewagt, weil es ehrwürdig und
göttlich sei, und weil schon manche, die sich dessen
unterfangen, von Gott bestraft worden seien. Er er-
zählte ihm, wie Theopompos, der etwas aus dem Gesetz
habe abschreiben wollen, länger als dreissig Tage in
Geistesstörung versunken gewesen sei und in seinen
lichten Augenblicken Gott mit Bitten zu versöhnen ge-
sucht habe, weil er richtig geahnt habe, dass dies die
Ursache seines Wahnsinns sei. Aus einem Traume habe
er dann auch wirklich erkannt, dass er von dem Un-
glück betroffen worden sei, weil er Göttliches anzutasten
und es dem gemeinen Volke mitzuteilen im Sinne ge-
habt habe. Sobald er nun von seinem Vorhaben abge-
kommen sei, habe er seinen Verstand wiedererlangt.
Ferner berichtete er ihm von dem Trauerspieldichter
Theodektas, der, wie man sage, in einer Dichtung des
Inhaltes der heiligen Bücher habe Erwähnung thun
wollen und dafür von einer Augenkrankheit, die man
Star nenne, heimgesucht worden sei. Darauf habe er
die Ursache seines Leidens erkannt und sei durch
Gottes Gnade wieder gesund geworden.
15. Als der König von Demetrius die Gesetzbücher
erhalten hatte, bezeigte er ihnen seine Verehrung und
befahl, die grösste Sorgfalt darauf zu verwenden, dass
sie unversehrt blieben. Dann lud er die Übersetzer ein,
recht oft aus Judaea zu ihm zu kommen, da er sie nicht
nur stets mit offenen Armen empfangen, sondern auch
reichlich beschenken werde. Jetzt sei es allerdings billig,
sie zu entlassen. Kämen sie aber aus eigenem Antrieb
wieder, so könnten sie sicher sein, alles bei ihm zu
finden, was ihre Weisheit verdiene und seine Freigebig-
Zwölftes Buch, 3. Kapitel.
77
keit ihnen zu gewähren imstande sei. Darauf entliess
er sie, nachdem er ihnen noch drei prachtvolle Ge-
wänder, zwei Talente Gold, einen Becher im Werte von
einem Talente, und das Gedeck, dessen sie sich beim
Mahle bedient, als Geschenke verehrt hatte. Für den
Hohepriester Eleazar gab er ihnen zehn Ruhebetten mit
silbernen Füssen und allem Zubehör sowie einen Becher
im Werte von dreissig Talenten mit, ferner zehn Ge-
wänder, Purpur, eine herrliche Krone, hundert Ellen
Byssusgewebe, sodann Schalen, Teller, Becher und zwei
Krüge zur Aufstellung im Tempel. Endlich bat er den
Eleazar noch in einem Briefe, er möge, falls einer von
den Greisen ihn wieder besuchen wolle, dazu seine Er-
laubnis geben, weil es ihm das höchste Vergnügen be-
reite, sich mit gebildeten Männern zu unterhalten, und
es ihm stets eine Freude sei, seine Reichtümer mit
ihnen zu teilen. Das sind die Ehrenbezeugungen und
Wohlthaten, die Ptolemaeus Philadelphus den Juden
erwiesen hat.
Drittes Kapitel.
Wie die Könige Asiens das Volk der Juden ehrten
und in den von ihnen gegründeten Städten ihnen
das Bürgerrecht verliehen.
1. Die Juden wurden auch von den Königen Asiens,
unter denen sie Kriegsdienste geleistet hatten, ehrenvoll
behandelt. Seleukus Nikator verlieh ihnen in den
Städten, die er in Asien und im unteren Syrien ge-
gründet hatte, sowie in der Hauptstadt Antiochia selbst
das Bürgerrecht und stellte sie den dort wohnenden
Macedoniern und Griechen völlig gleich. Dieses Recht
gemessen sie auch heute noch, wie daraus hervorgeht,
dass den Juden, die kein fremdes Öl 1 gebrauchen wollen,
1 Bei den Leibesübungen in den Gymnasien (Turnscbulen) zum
Kinreiben der Glieder.
Go gle
78
Joseplms’ Jüdische Altertümer.
von den Gymnasiarchen statt des Öles eine bestimmte
Geldsumme gezahlt wird. Als im letzten Kriege das
Volk von Antiochia diesen Gebrauch abschaffen wollte,
hielt Mucianus, der damals Statthalter von Syrien war,
ihn aufrecht. Und als später Vespasianus und dessen
Sohn Titus den Erdkreis beherrschten und die Bewohner
von Alexandria und Antiochia verlangten, dass den
Juden das Bürgerrecht genommen werde, konnten sie
die Erfüllung dieses Verlangens nicht erreichen. 1 Man
kann daraus ersehen, wie edel und grossmütig die Römer
und besonders Vespasianus und Titus waren. Denn ob-
wohl diese Fürsten im Kriege gegen die Juden viel Un-
gemach zu ertragen hatten und ihnen zürnten, weil sie
sich nicht ergeben wollten , sondern bis zum letzten
Augenblicke Widerstand leisteten, so wollten sie doch
die vorgenannten Rechte der Juden nicht geschmälert
wissen. Vielmehr widerstanden sie sowohl ihrem eigenen
Zorn, als auch dem Verlangen der Bewohner von
Alexandria und Antiochia, und liessen sich weder aus
Wohlwollen gegen die letzteren noch aus Hass gegen
die Unterjochten dazu verleiten, in ihrer Grossmut gegen
die Juden nachzulassen. Denn sie meinten, die, welche
die Waffen gegen sie erhoben und im Kampfe den
kürzeren gezogen hätten, seien dadurch schon genug ge-
straft, und diejenigen, die nichts verbrochen, dürften
billigerweise auch ihrer Rechte nicht beraubt werden.
2. Von gleicher Gesinnung gegen die Juden war be-
kanntlich auch Marcus Agrippa beseelt. Denn als die
Ionier sich gegen die Juden erhoben hatten und den
Agrippa baten, ihnen das Bürgerrecht, welches Antiochus,
der Enkel des Seleukus, der bei den Griechen „Gott“
genannt wird, ihnen verliehen, allein zu belassen, indem
sie zugleich verlangten, die Juden müssten, wenn sie
mit ihnen gleichgestellt würden, auch ihre Götter ver-
ehren, gewannen die Juden den deswegen anhängig ge-
machten Prozess unter dem Rechtsbeistand des Nikolaus
1 Vergl. Jüd. Krieg VII, 5,8.
79
Zwölftes Buch, 3. Kapitel.
von Damaskus und durften bei ihren Gebräuchen
bleiben. Agrippa erklärte nämlich, er dürfe daran nichts
ändern. Will jemand Genaueres hierüber erfahren, so
lese er im hundertdreiundzwanzigsten und hundertvier-
undzwanzigsten Buche der Geschichten des Nikolaus von
Damaskus nach. Über die Entscheidung des Agrippa
aber darf man sich nicht wundern, da unser Volk
damals mit den Römern nicht im Kriege lag. Dagegen
verdient die Grossmut des Vespasianus und des Titus
die höchste Bewunderung, da sie trotz so vieler mit
uns geführten Kriege in ihrer Leutseligkeit gegen uns
nicht nachliessen. Doch ich will den Faden der Er-
zählung wieder aufnehraen.
3. Als Antiochus der Grosse in Asien regierte, traf
die Juden einschliesslich derjenigen, die in Coelesyrien
wohnten, viel Unglück. In dem Kriege nämlich, den
der genannte König gegen Ptolemaeus Philopator und
dessen Sohn Ptolemaeus Epiphanes führte, wurden sie
von Unheil verfolgt, mochte der König nun siegen oder
geschlagen werden, sodass sie nicht unähnlich einem
Schiff im Sturme waren, das auf beiden Seiten von den
Fluten bedrängt wird. Sie lagen gleichsam zwischen des
Antiochus Glück und Unglück in der Mitte. Als unter-
dessen Antiochus den Ptolemaeus endgiltig besiegt hatte,
eroberte er Judaea. Nach dem Tode des Philopator
sandte dessen Sohn ein grosses Heer gegen die Coelesyrer
unter Skopas; der ausser vielen Städten dieses Landes
auch unser Land besetzte. Nicht lange nachher jedoch
schlug Antiochus den Skopas bei den Quellen des
Jordan und vernichtete einen grossen Teil seiner Streit-
macht. Als nun infolgedessen Antiochus die Städte
Coelesyriens, welche Skopas erobert hatte, sowie Samaria
in seine Gewalt brachte, unterwarfen sich ihm die Juden
freiwillig, Hessen ihn in die Stadt einziehen, versahen
sein Heer und seine Elefanten mit Lebensmitteln und
halfen ihm die von Skopas in der Burg von Jerusalem
zurückgelassene Besatzung belagern. Antiochus, der es
für billig hielt, die Treue und das Entgegenkommen der
80
Josephus' Jüdische Altertümer.
Judet\ zu belohnen, schrieb nun an seine Heerführer
und Freunde, gab den Juden das Zeugnis, dass sie sich
um ihn sehr verdient gemacht hätten, und zeigte ihnen
an, welche Geschenke er ihnen dafür zugedacht habe.
Von diesem Briefe möchte ich eine Abschrift hier bei-
fügen; zunächst aber will ich erzählen, wie Polybiua
von Megalopolis diese meine Angaben bestätigt Er
sagt nämlich im zehnten Buche seiner Geschichten:
„Skopas, der Feldherr des Ptolemaeus, griff die höher
gelegenen Gegenden an und unterwarf im Winter das
Volk der Juden.“ In demselben Buche berichtet er
weiter: „Als Antiochus den Skopas besiegt hatte, er-
oberte er Batanaea, Samaria, Abila und Gadara. Bald
darauf unterwarfen sich ihm die Juden, so viele ihrer
um das Jerusalem genannte Heiligtum herum wohnten.
Hierüber sowie über die Gegenwart der Gottheit im
Heiligtum hätte ich noch vieles zu sagen, doch will ich
das auf eine andere Zeit verschieben.“ Soweit Polybius
in seiner Geschichte. Kehren wir nun wieder zum
Gange der Begebenheiten zurück. Es folgt also zunächst
der Brief des Antiochus. „Der König Antiochus ent-
bietet dem Ptolemaeus seinen Gruss. Sowie ich das
Land der Juden betrat, haben sie mir sogleich ihre
Treue bewiesen, mich glänzend aufgenommen, meine
Soldaten und Elefanten mit Lebensmitteln versorgt und
mir bei der Vertreibung der aegyptischen Besatzung aus
der Burg geholfen. Ich habe es nun für billig gehalten,
mich ihnen hierfür erkenntlich zu beweisen und zunächst
ihre von manchem widrigen Geschick heimgesuchte
Stadt wiederherzustellen und durch Zurück berufung der
zerstreuten Bewohner wieder zu bevölkern. Vorläufig
habe ich beschlossen, ihnen um ihrer Gottesfurcht willen
den Bedarf für die Opfer zu liefern, nämlich Vieh, Wein,
öl und Weihrauch für zwanzigtausend Sekel, sechs
Artaben Weizenmehl nach dem Gebrauche ihres Landes,
tausend vierhundertsechzig Scheffel Weizen und drei-
hundertfünfundsiebzig Scheffel Salz. Das alles ist ihnen
genau zu verabfolgen, wie ich befehle; imgleichen sollen
Go gle
Zwölftes Buch, 3. Kapitel.
81
auch die Arbeiten am Tempel, an den Säulenhallen und
wo sonst Bauten nötig sind , in Angriff genommen
werden. Das Material dazu 6oll aus Judaea selbst, aus
den anderen Bezirken und vom Libanon entnommen
werden , ohne dass irgend eine Abgabe dafür erhoben
werden darf. Dasselbe bestimme ich hinsichtlich aller
übrigen Arbeiten, die zur Verschönerung des Tempels
notwendig sind. Allen Angehörigen des Volkes soll ge-
stattet sein, nach den Gesetzen ihrer Väter zu leben,
und es sollen die Ältesten, die Priester, die Tempel-
schreiber und die Sänger von der Kopfsteuer, der Ab-
gabe für die Krone und jeder anderen Steuer befreit
sein. Damit nun die Stadt desto eher wieder bevölkert
werde, bewillige ich den Bewohnern derselben und allen,
die sich bis zum Monat Hyperberetaios dort nieder-
lassen, Steuerfreiheit für drei Jahre. Auch will ich
ihnen den dritten Teil aller Abgaben erlassen, damit
sie sich von ihrem Elend erholen können. Ferner setze
ich hiermit alle, die aus der Stadt in die Sklaverei
geschleppt worden öind, samt ihren Kindern in Freiheit
und befehle, dass ihnen ihr Vermögen zurück gegeben
werde.“
4. Das war der Inhalt dieses Briefes. Weiterhin liess
er auch im ganzen Reiche folgende Vorschriften zum
Besten des Tempels bekannt machen: „Kein Fremder
darf das Innere des Tempels betreten, was ja auch den
Juden nach dem Gesetze ihrer Väter nur erlaubt ist,
wenn sie entsprechende Reinigungen vorgenommen haben.
Niemand darf ferner Fleisch von Pferden, Maultieren,
wilden oder zahmen Eseln, Pardeln, Füchsen, Hasen
oder anderen Tieren, deren Genuss den Juden verboten
ist, in die Stadt einbringen, imgleichen auch die Häute
dieser Tiere nicht einführen noch ein derartiges Tier in
der Stadt halten , sondern es dürfen nur die zu den
Opfern verwendeten Tiere, durch deren Darbringung
Gott versöhnt werden soll, in der Stadt vorhanden sein.
Wer diese Vorschriften Übertritt, hat den Priestern drei-
Josephu«’ Jüdische Altertümer, II. 6
82
Josephus’ Jüdische Altertümer.
tausend Silberdrachmen zu entrichten.“ In einem
weiteren Briefe stellte er unserer Gottesfurcht und Treue
ein gutes Zeugnis aus, als er sich in den höher ge-
legenen Satrapien Persiens befand und vernommen
hatte, in Lydien und Phrygien sei ein Aufstand aus-
gebrochen. In diesem Schreiben befahl er seinem
Feldherrn Zeuxis, der sein vertrauter Freund war, eine
Anzahl der Unseren aus Babylon nach Phrygien zu
schicken. Der Wortlaut des Schreibens war folgender:
„Der König Antiochus entbietet Zeuxis dem Vater
seinen Gruss. Wenn es dir gut geht, soll es mich
freuen; mir geht es gleichfalls gut. Da ich vernommen
habe, dass in Lydien und Phrygien Unruhen aus-
gebrochen sind, glaube ich denselben die grösste Be-
achtung schenken zu müssen. Ich habe mich nun mit
meinen Freunden beratschlagt, was zu thun sei, und be-
schlossen, in den Festungen und den am meisten ge-
fährdeten Plätzen zweitausend jüdische Familien aus
Mesopotamien und Babylonien mit der nötigen' Aus-
rüstung anzusiedeln. Ich glaube 'nämlich, dass die
Juden treue Besatzungen bilden werden, einmal wegen
ihrer Gottesfurcht, dann aber auch, weil ich weiss, dass
meine Vorfahren ihnen wegen ihrer Zuverlässigkeit und
Bereitwilligkeit das beste Zeugnis erteilt haben. Obwohl
nun ihre Übersiedlung immerhin sehr mühsam sein wird,
will ich doch mein ihnen gegebenes Versprechen halten,
dass ihnen erlaubt sein soll, nach ihren eigenen Ge-
setzen zu leben. Wenn du sie in die angegebenen Orte
geführt hast, so gieb einem jeden von ihnen einen Bau-
platz sowie einen Acker zum Anbau von Feldfrüchten
und Wein, und erlasse ihnen für zehn Jahre die Ab-
gaben von dem Ertrage. So lange sie noch nicht selbst
geerntet haben , sollen sie wie meine Diener eine be-
stimmte Menge Getreide erhalten. Desgleichen soll auch
für alle, welche ihnen dienen, das Notwendige an-
gewiesen werden, damit sie durch solches Wohlwollen
veranlasst werden, noch eifriger für mich zu wirken.
Trage auch Sorge dafür, dass das Volk von niemand
Zwölftes Buch, 4. Kapitel.
83
belästigt werde.“ Das mag zum Beweise der guten Ge-
sinnung, welche Antiochus gegen die Juden hegte, ge-
nügen.
Viertes Kapitel.
Wie Antiochus mit Ptolemaeus ein Bündnis einging»
und wie Onias den Zorn des Ptolemaeus Euergetes
erregte. Wie Joseph mit Ptolemaeus Freundschaft
schloss, und was er sonst noch that. Von seinem
Sohne Hyrkanus.
1. Darauf schloss Antiochus mit Ptolemaeus ein
Freundschaftsbündnis, gab ihm seine Tochter Kleopatra
zur Ehe und trat ihm Coelesyrien. Samaria, Judaea und
Phoenicien in Form einer Mitgift ab. Da nun die
Steuern sich unter die beiden Könige verteilten, kauften
die Vornehmsten in jeder Stadt die Abgaben an, trieben
die ganze Steuer ein und zahlten den Königen die
ihnen zukommende Summe aus. In dieser Zeit be-
lästigten die Samariter, denen es gut ging, die Juden
sehr, indem sie deren Ackerland verwüsteten qnd die
Bewohner wegschleppten. Das ereignete sich unter dem
Hohepriester Onias. Als nämlich Eleazar gestorben
war, folgte ihm in der Würde sein Oheim Manasses,
nach dessen Tod Onias, der Sohn Simons des Gerechten,
Hohepriester wurde. Dieser Simon war, wie schon er-
wähnt, ein Bruder Eleazars. Onias war schmutzigen
Charakters und habgierig, weshalb er die Abgabe von
zwanzig Talenten, die seine Vorfahren den Königen für
das Volk entrichtet hatten, nicht mehr zahlte. Hierdurch
erbitterte er den König Ptolemaeus Euergetes, den Vater
des Philopator. Dieser schickte einen Gesandten nach
Jerusalem und liess dem Onias Vorwürfe machen, weil
er den Tribut nicht gezahlt habe, sowie auch drohen,
er werde, wenn das Geld nicht bezahlt würde, das Land
verteilen und seine Soldaten dort ansiedeln. Als die
Juden diese Drohung vernahmen, gerieten sie in
6 *
84
Josephtu’ Jüdische Altertümer.
Schrecken; Onias aber kümmerte sich in seinem Geize
nicht darum.
2. Nun wohnte damals zu Jerusalem ein gewisser
Joseph, der Sohn des Tobias und einer Schwester des
Hohepriesters Onias , der wegen seiner Besonnenheit
Klugheit und Gerechtigkeit bei den Jerusalemern in
hohem Ansehen stand. Als dieser von seiner Mutter
die Ankunft des Gesandten erfuhr (er befand sich
nämlich damals gerade in dem Weiler Phichola, aus dem
er gebürtig war), begab er sich in die Stadt und warf
dem Onias vor, es liege ihm nichts an der Sicherheit
seiner Mitbürger, sondern er wolle lieber das Volk ins
Verderben stürzen, als sich von seinem Gelde trennen,
um de8setwillen er auch, wie man sage, die Regierung
und die Würde des Hohepriesters erstrebt habe. Wenn
er so geldgierig sei, dass er um des Mammons willen
sein Vaterland in Gefahr und seine Mitbürger im Elend
sehen könne, so wolle er ihm den Rat geben, sich an
den König zu wenden und diesen zu bitten, dass er
ihm das ganze Geld oder wenigstens einen Teil des-
selben schenken möge. Onias entgegnete, er sei nicht
im mindesten herrschbegierig und auch bereit, wenn es
möglich wäre, die Hohepriesterwürde niederzulegen. Zum
Könige aber werde er nicht gehen, weil er sich um
diese Dinge nicht kümmere. Darauf bat ihn Joseph,
er möge ihm gestatten, sich für das Volk bei Ptolemaeus
zu verwenden. Als Onias hierzu seine Einwilligung
gab, stieg Joseph sogleich zum Tempel hinauf, berief
eine Volksversammlung und ermunterte die Bürger, sie
möchten sich nicht in Verwirrung oder Furcht versetzen
lassen , weil sein Oheim sich so wenig um sie kümmere.
Die trüben Gedanken sollten sie fahren lassen, denn er
werde zum Könige gehen und ihm zureden, dass er den
Juden nicht zürne. Für diesen Trost stattete das Volk
dem Joseph seinen Dank ab. Dieser verliess sodann
den Tempel, nahm den Gesandten des Ptolemaeus gast-
freundlich auf, beschenkte ihn reichlich und bewirtete
ihn viele Tage lang glänzend. Hierauf liess er ihn
Go gle
Zwölftes Bach, 4. Kapitel.
85
zum Könige vorausreisen und sagte, er werde ihm bald
folgen. Denn er verlangte jetzt um so mehr danach,
zum Könige zu kommen, weil der Gesandte ihn zu der
Reise nach Aegypten ermuntert und versprochen hatte,
er werde ihm alles erwirken, was er von Ptolemaeus
erbitten wolle. Josephs freigebiges und besonnenes
Wesen hatte ihn nämlich mit grosser Freude erfüllt.
3. Als der Gesandte nach Aegypten kam, erzählte
er dem Könige von des Onias schmutzigem Geize sowie
von Josephs Herzensgüte und fügte hinzu, der letztere
wolle selbst zu ihm kommen, um für das Volk, dessen
Sachwalter er sei, Fürbitte einzulegen. Er lobte
dann den Jüngling so sehr, dass der König und
seine Gemahlin Kleopatra schon im voraus für diesen
eingenommen wurden. Joseph lieh sich unterdessen
von seinen Freunden in Samaria Geld, verschaffte sich
alles, was zur Reise erforderlich war, Kleider, Becher
und Maultiere, und begab sich nach diesen Vorbe-
reitungen , die einen Aufwand von zwanzigtausend
Drachmen nötig gemacht hatten, auf den Weg nach
Alexandria. Es traf sich nun , dass um jene .Zeit die
Vornehmsten aus den Städten Syriens und Phoeniciens
ebenfalls dorthin zogen , um die Erhebung der Steuern
zu pachten, die der König alljährlich an die an-
gesehensten Männer jeder Stadt ausbieten liess. Als
diese unterwegs den Joseph trafen, verspotteten sie ihn
wegen seiner Dürftigkeit. Joseph aber ging, als er
nach Alexandria kam und hörte , der König befinde
sich in Memphis, demselben dorthin entgegen. Der
König sass gerade mit seiner Gemahlin und seinem
Freunde Athenion, der eben jener von Joseph so gast-
freundlich aufgenommene Gesandte war, im Wagen, als
Athenion den Joseph erblickte und den König darauf
aufmerksam machte, das sei der gefällige und edle
Jüngling, von dem er ihm nach seiner Rückkehr aus
Jerusalem erzählt habe. Da begrüsste Ptolemaeus ihn
sogleich und lud ihn ein, in seinen Wagen zu steigen.
Kaum sass Joseph darin, als der König über das Be-
Go gle
86
Josephus’ Jüdische Altertümer.
nehmen des Onias zu klagen anfing. Joseph aber ent«
gegnete ihm : „Du musst ihm das mit Rücksicht auf sein
Alter nachsehen. Es kann dir ja nicht unbekannt sein,
dass die Greise genau so denken wie die Kinder. Wir
Jüngeren dagegen werden dir in allem so entgegen»
kommen, dass du nichts zu tadeln haben wirst.“ Über
diese Höflichkeit und Liebenswürdigkeit hocherfreut,
fasste der König jetzt, da er Joseph persönlich kennen
gelernt hatte, eine noch grössere Neigung zu ihm, sodass
er ihn im Palaste wohnen liess und täglich zur Tafel
zog. Als nun der König wieder nach Alexandria kam,
sahen die syrischen Vornehmen den Joseph an seiner
Seite sitzen, was sie sehr verdross.
4. Am Tage der Steuerverpachtung boten nun die
Vornehmsten jeder Stadt auf die Steuern derselben.
Achttausend Talente waren schon auf die Abgaben von
Syrien, Phoenicien, Judaea und Samaria geboten, als
Joseph hinzukam und den Bietern Vorwürfe darüber
machte, dass sie so wenig für die Steuern geben wollten.
Er selbst versprach dann das Doppelte zu geben und
dem Könige noch dazu die Güter dexjenigen auszuliefern,
die sich gegen sein Haus vergehen würden. Denn das
wurde ebenfalls zugleich mit den Steuern vergeben. Der
König vernahm dieses Gebot mit Freuden und gab dem
Joseph , der seine Einkünfte so gewaltig vermehren
wollte, den Zuschlag, nachdem er ihn noch gefragt hatte,
ob er auch Bürgen stellen könne. Joseph beeilte sich,
hierauf zu erwidern : ,*Ich will euch so gute und ehren-
werte Bürgen stellen, dass ihr kein Misstrauen zu hegen
braucht.“ Als der König ihn nun ersuchte, dieselben
zu nennen, sagte er: „Dich selbst, o. König, und deine
Gemahlin stelle ich als Bürgen* jeden für eine Hälfte.“
Hierüber lachte Ptolemaeus und schlug ihm die Steuern
ohne Bürgen zu. Das war nun den anderen, die aus
den Städten nach Aegypten gekommen waren, gar nicht
recht, da sie sich benachteiligt glaubten, und sie kehrten
beschämt nach Hause zurück.
5. Joseph bat sich sodann, vom Könige Hilfe aus,
Zwölftes Buch, 4. Kapitel.
87
um diejenigen, welche die Abgaben verweigern würden,
zwingen zu können, worauf der König ihm zweitausend
Fusssoldaten zur Verfügung stellte. Hierauf lieh Joseph
sich von den Freunden des Königs zu Alexandria fünf-
hundert Talente und brach nach Syrien auf. Als er
aber nach Askalon kam und von den Bewohnern der
Stadt die Steuern forderte, verweigerten diese nicht bloss
die Zahlung, sondern lästerten ihn auch noch obendrein.
Joseph liess darauf gegen zwanzig ihrer Vornehmen
verhaften und hinrichten, ihr Vermögen aber, welches
fast tausend Talente betrug, sandte er an den König
und erstattete ihm zugleich Bericht über den Vorfall.
Ptolemaeus wunderte sich über seine Ehrlichkeit, billigte
das Geschehene und gab ihm in allem unbegrenzte Voll-
macht. Als die Syrer das hörten, erschraken sie ge-
waltig, und da sie an der Hinrichtung der Askalonier
ein Beispiel dafür hatten, was den Widerspenstigen be-
vorstand, öffneten sie die Thore, nahmen den Joseph
bereitwillig auf und entrichteten die Steuern. Nur die
Bewohner von Skythopolis wagten es , ihn zu schmähen
und die Abgaben zu verweigern, die sie sonst ohne An-
stand entrichtet hatten. Joseph aber liess auch ihre
Vornehmen hinrichten und schickte deren Vermögen
dem Könige ein. Als er nun so eine Menge Geld zu-
sammengebracht hatte, verblieb ihm nach Bezahlung des
Pachtpreises noch ein ansehnlicher Gewinn, den er zur
Befestigung seiner Macht verwandte, da er es für klug
und vorteilhaft hielt, mit seinem Reichtum sich sein
Glück zu begründen. Er sandte also heimlich Geschenke
an den König sowie an dessen Gemahlin, Freunde und
Günstlinge, um sich ihr Wohlwollen zu erhalten.
6. Dieses Glück genoss Joseph zweiundzwanzig Jahre
lang. Er hatte von einer seiner beiden Gattinnen sieben
Kinder, zu denen von seiner anderen Frau, der Tochter
seines Bruders Solymius, noch ein Sohn mit Namen
Hyrkanus hinzukam. Die letztere heiratete er aus
folgender Veranlassung. Als er sich einst in Begleitung
seines Bruders, der seine heiratsfähige Tochter bei sich
88
Josephus’ Jüdische Altertümer.
führte, um sie in Alexandria einem vornehmen Juden zu
vermählen, dorthin begeben hatte, wurde er zur könig-
lichen Tafel gezogen und sah bei dieser Gelegenheit
eine Tänzerin, die so schön war, dass er in Liebe zu
ihr entbrannte. Davon machte er seinem Bruder Mit-
teilung und bat ihn inständig, er möge, da es den
Juden nicht erlaubt sei, sich mit einem fremden Weibe
abzugeben, dieses sein sündiges Verlangen geheim halten
und ihm behilflich sein, dasselbe zu stillen. Solymius
versprach ihm auch, seinen Wunsch zu erfüllen, führte
ihm aber zur Nachtzeit seine eigene Tochter im Braut-
schmuck zu und liess sie bei ihm ruhen. Joseph merkte
die Täuschung nicht, da er berauscht war, und umarmte
seines Bruders Tochter. Und als er dies zu wiederholten
Malen gethan, liebte er sie nur noch heftiger. Seinem
Bruder aber gestand er, er werde sich aus Liebe zu der
Tänzerin das Leben nehmen, wenn der König sie ihm
vielleicht nicht geben wolle. Dieser beruhigte ihn und
sprach ihm zu, er solle sich deswegen nicht grämen,
weil er dafür sorgen werde, dass Joseph das geliebte
Weib als Gattin heimführen könne. Alsdann gestand
er, dass er ihn getäuscht habe, weil er lieber seine
Tochter habe entehren, als ihn einen Verstoss gegen da»
Gesetz begehen lassen wollen. Joseph dankte ihm für
diesen Beweis brüderlicher Liebe und heiratete seine
Tochter, mit der er, wie gesagt, den Hyrkanus zeugte.
Als dieser, der sein Jüngster war, erst dreizehn Jahre
zählte, bewies er schon eine solche Körperkraft und so
hervorragende Geistesanlagen , dass er die Eifersucht
seiner Brüder erregte. Joseph wollte nun wissen, wer
von seinen Söhnen der tüchtigste sei, und sandte sie
daher alle ausser Hyrkanus zu den geschicktesten
Lehrern jener Zeit. Doch sie kamen alle wegen ihrer
Trägheit und ihres Leichtsinnes unerfahren und, ohne
etwas gelernt zu haben, nach Hause zurück. Darauf
sandte er seinen jüngsten Sohn Hyrkanus mit dreihundert
Joch Ochsen zwei Tagereisen weit in die Wüste, um
Land zu bestellen, verbarg aber die Jochriemen. Als
Zwölftes Buch, 4. Kapitel.
89
nun Hyrkanus an die ihm angegebene Stelle kam und
die Riemen vermisste, rieten ihm die Ochsentreiber, er
solle einige von .'ihnen zu seinem Vater schicken, um
die Riemen zu holen. Er aber verwarf diesen Rat, weil
er nicht so viel Zeit verlieren zu dürfen glaubte, als mit
dem Warten auf die Boten versäumt würde, und ersann
dafür etwas recht Schlaues, das eines viel älteren
Mannes würdig gewesen wäre. Er liess nämlich zehn
Joch Ochsen schlachten und verteilte das Fleisch an
die Arbeiter, die Häute aber zerschnitt er zu Riemen,
schirrte damit die Joche an, bestellte dann nach dem
Aufträge seines Vaters das Land und begab sich heim.
Der Vater gewann ihn nun seines Scharfsinnes wegen
noch lieber, lobte ihn, dass er das Werk ebenso rasch
ausgeführt als ersonnen habe, und zeichnete ihn aus, als
sei er sein einziger leiblicher Sohn, was den Brüdern
natürlich gar nicht recht war.
7. Um diese Zeit erhielt Joseph die Nachricht, dem
Ptolemaeus sei ein Sohn geboren worden, und alle
Grossen Syriens und des zugehörigen Gebietes zögen zur
Feier dieses Ereignisses mit grossem Aufwand nach
Alexandria. Da er nun durch sein hohes Alter ver-
hindert wurde, gleichfalls dorthin zu reisen, fragte er
seine Söhne, ob einer von ihnen zum Könige sich be-
geben wolle. Die älteren Söhne weigerten sich dessen,
weil sie für den Verkehr am Hofe zu unbeholfen seien,
und rieten ihm deshalb, den Hyrkanus dorthin zu senden.
Joseph hörte das gern, rief den Hyrkanus zu sich und
fragte ihn, ob er zum Könige gehen könne und dazu
bereit sei. Hyrkanus versprach sogleich, reisen zu
wollen, und erklärte, er bedürfe nicht viel Geld, da er
sparsam leben werde, sodass zehntausend Drachmen hin-
reichend seien. Über diese] Bescheidenheit freute sich
Joseph sehr. Alsdann riet Hyrkanus seinem Vater, er
solle ihm keine Geschenke für den König von Hause
aus mitgeben, sondern eine Anweisung an seinen Ver-
walter in Alexandria, damit dieser ihm so viel Geld
auszahle, als er zum Ankauf der schönsten und kost-
90
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
barsten Geschenke, welche er finden könne, nötig habe.
Der Vater meinte, zehn Talente würden zu Geschenken
für den König genügen, lobte den Hyrkanus wegen
des vernünftigen Rates und schrieb an seinen Verwalter
Arion, der sein ganzes Geld, nicht weniger als drei*
tausend Talente, in Verwahr hatte. Joseph schickte
nämlich seine ganzen Einkünfte aus Syrien nach
Alexandria, und wenn der Tag kam, an welchem die
Abgaben an den König entrichtet werden mussten, gab
er dem Arion schriftlichen Auftrag, dies zu thun. An
diesen Arion erbat sich also Hyrkanus von seinem
Vater ein Schreiben, nach dessen Empfang er nach
Alexandria abreiste. Kaum war er fort, so schrieben
seine Brüder an alle Freunde des Königs, sie sollten
ihn umbringen.
8. Als nun Hyrkanus in Alexandria ankam, übergab
er dem Arion den Brief. Dieser fragte ihn, wie viele
Talente er haben wolle, und dachte, er werde deren
zehn oder etwas mehr verlangen. Als er aber tausend
begehrte, brauste Arion auf und warf ihm vor, er wolle
wohl wie ein Verschwender leben. Er erinnerte ihn
daran, unter welchen Mühen und Entbehrungen sein
Vater dieses Vermögen zusammengebracht habe, und
bat ihn, sich den Vater zum Muster zu nehmen. Er
werde ihm nicht mehr als zehn Talente geben und
auch die nur zu Geschenken für den König; Darüber
geriet der Jüngling in Aufregung und liess Arion ins
Gefängnis werfen. 1 Arions Gattin zeigte dies sogleich
der Kleopatra an, bei der ihr Mann in hohem Ansehen
stand, und bat sie, den Jüngling bestrafen zu lassem
Kleopatra meldete den Vorfall dem Könige, der dem
Hyrkanus durch Boten sagen liess, er wundere sich,
dass er als Abgesandter seines Vaters bei ihm noch
nicht erschienen sei und dazu auch noch den Verwalter
habe einkerkern lassen. Er solle ihm unverzüglich den
1 Arion war leibeigener Sklave, und darum ein solches Verfahren
selbst im Auslande gegen ihn zulässig.
Zwölftes Buch, 4. Kapitel.
91
Grund angeben, weshalb er das gethan habe. Darauf
soll der Jüngling dem Boten erwidert haben, der König
sei ja selbst im Besitze des jüdischen Gesetzes, welches
jedem jungen Manne verbiete, vom Opfer zu kosten,
bevor er den Tempel betreten und Gott geopfert habe.
Aus diesem Grunde sei er auch noch nicht zum Könige
gekommen, sondern habe warten wollen, bis er dem
Wohlthäter seines Vates Geschenke mitbringen könne.
Was aber den Sklaven betreffe, so sei er gegen ihn
eingeschritten, weil er seinem Befehl nicht gehorcht
habe. Es komme nämlich gar nicht darauf an, ob der
Gebieter gross oder klein sei. Wenn solche Frevler
nicht bestraft würden, so brauche sich der König auch
nicht zu wundern, wenn er von. seinen Unterthanen
verhöhnt werde. Als Ptolemaeus dies hörte, brach er in
helles Gelächter aus und konnte dem Mute des jungen
Mannes seine Anerkennung nicht versagen.
9. Als Arion vernahm, dass der König so gesinnt
sei und er von niemand Hilfe zu erwarten habe, gab
er dem Jüngling die tausend Talente, um aus seinen
Fesseln erlöst zu werden, und drei Tage darauf machte
Hyrkanus dem Königspaare seine Aufwartung. Er
wurde von diesem freundlich empfangen und aus Rück-
sicht auf seinen Vater glänzend bewirtet. Alsdann be-
gab er sich heimlich zu den Sklavenhändlern und kaufte
von ihnen hundert wohlgestaltete und gebildete Sklaven,
jeden für ein Talent, und ebensoviele Sklavinnen um
denselben Preis. Als er aber mit den Vornehmsten des
Landes zur königlichen Tafel gezogen wurde, erhielt er
den niedrigsten Platz, da er wegen seiner Jugend von
den Platzordnern verächtlich angesehen wurde. Alle
seine Mitgäste häuften nun die Knochen, von denen sie
das Fleisch gegessen hatten, vor Hyrkanus auf, sodass
sein Tisch ganz damit bedeckt wurde. Dann trugen sie
dem Hofnarren Tryphon, der bei den Gelagen für Witz
und Gelächter zu sorgen hatte, auf, zum Könige zu
gehen. Dieser that also und sprach : „Siehst du, o Herr,
die vielen Knochen, die vor Hyrkanus liegen? So wie
92
Josephus’ Jüdische Altertümer.
er die Knochen vom Fleische entblösst hat, also hat sein
Vater ganz Syrien geschunden!“ Über diese Worte
Tryphons lachte der König herzlich und fragte den
Hyrkanus, weshalb so viele Knochen vor ihm lägen.
„Das ist gar nicht wunderbar, Herr“, entgegnete der
Jüngling, „denn die Knochen mit dem Fleische zu ver-
schlingen, wie diese hier (dabei blickte er seine Mitgäste
an), die nichts von Knochen vor sich liegen haben, ist
Hundeart; die Menschen dagegen pflegen das Fleisch
zu essen und die Knochen wegzuwerfen, und das habe
auch ich gethan, da ich mich zu den Menschen rechne.“
Über diese witzige Antwort erstaunte der König und
hiess alle ihm dafür Beifall klatschen. Am folgenden
Tage nun ging Hyrkanus zu allen Freunden des Königs
und den Mächtigen bei Hofe, begrüsste sie und er-
kundigte sich gleichzeitig bei den Dienern, welche Ge-
schenke ihre Herren dem Könige aus Anlass der Geburt
seines Sohnes machen würden. Wenn er nun hörte,
einige würden zwölf Talente geben, andere, höher Ge-
stellte, ihrem Range entsprechend mehr, drückte er sein
Bedauern aus, dass er sich so hoch nicht versteigen
könne, da es ihm nicht möglich sei, mehr als fünf Ta-
lente zu geben. Die Diener berichteten das sogleich
ihren Herren, die sich schon darüber freuten, dass Joseph
seines ärmlichen Geschenkes wegen beim Könige Anstoss
erregen und in Ungnade fallen würde. Als nun der
Tag kam, brachten die Reichsten höchstens zwanzig
Talente; Hyrkanus aber gab den hundert von ihm ge-
kauften Sklaven sowie den hundert Sklavinnen ebenso
viele Talente in die Hände und führte die Sklaven dem
König, die Sklavinnen aber der Königin zu. Und
während alle , auch der König und die Königin , sich
über das unerwartet reiche Geschenk verwunderten, gab
er den Freunden und Dienern des Königs ebenfalls Ge-
schenke im Wert von vielen Talenten, um sich vor ihren
Nachstellungen zu sichern. Denn es war ihm bekannt
geworden, dass seine Brüder den Auftrag erteilt hatten,
ihn zu töten. Ptolemaeus hiess darauf in seinem
Zwölftes Buch, 4. Kapitel.
93
Staunen über des Jünglings Freigebigkeit diesen sich
ein beliebiges Geschenk wählen. Hyrkanus aber bat
ihn nur darum, er möge seinem Vater und seinen
Brüdern über ihn schreiben. Der König erwies ihm so-
dann die höchsten Ehrenbezeugungen, beschenkte ihn
reichlich und entliess ihn mit Briefen an seinen Vater,
seine Brüder und an alle königlichen Statthalter und
Beamten. Als nun die Brüder vernahmen, wie freund-
lich Hyrkanus vom Könige aufgenommen worden sei
und dass er so ehrenvoll heimkehre, zogen sie ihm ent-
gegen, um ihn zu töten, und zwar mit Wissen ihres
Vaters. Denn dieser grollte ihm wegen des ungeheuren
Geldaufwandes zu den Geschenken, und es lag ihm des-
halb nichts an seiner Rettung ; doch durfte er mit Rück-
sicht auf den König seinen Unmut nicht merken lassen.
Als aber Hyrkanus mit seinen Brüdern zusammenstiess,
brachte er ausser vielen anderen ihrer Begleiter auch
zwei von ihnen selbst um; die übrigen entflohen nach
Jerusalem zu ihrem Vater. Hyrkanus zog darauf auch
selbst nach der Stadt; als aber niemand ihn aufnehmen
wollte, geriet er doch in Angst, zog sich über den
Jordan zurück und blieb daselbst,' indem er die dort
ansässigen Barbaren sich tributpflichtig machte.
10. Damals herrschte in Asien Seleukus mit dem
Beinamen Philopator, ein Sohn Antiochus’ des Grossen.
Um dieselbe Zeit starb des Hyrkanus Vater Joseph,
der durch seine Tüchtigkeit und seine glänzenden
Geistesgaben das Volk der Juden aus Armut und Un-
ansehnlichkeit zu glücklicheren Verhältnissen erhoben
und zweiundzwanzig Jahre lang die Einziehung der Steuern
in Syrien, Phoenicicn und Samaria besorgt hatte. Auch
sein Oheim Onias schied bald danach aus dem Leben und
hinterliess das Hohepriesteramt seinem Sohne Simon.
Nach dessen Tod wurde Hohepriester sein Sohn Onias,
an den Areios, der König der Lakedaemonier, Gesandte
mit einem Schreiben folgenden Inhalts schickte: „Areios,
König der Lakedaemonier, entbietet dem Onias seinen
Gruss. Wir sind auf eine Schrift gestossen, in der ge-
94
Joaephus’ Jüdische Altertümer.
schrieben steht, dass die Juden mit den Lakedaemoniern
eines Stammes seien und sich vom Hause Abrams her-
leiteten. Da ihr nun unsere Brüder seid, ist es billig,
dass ihr uns eure Wünsche kundthut. Wir werden das-
selbe thun, wollen euer Besitztum als das unsere be-
trachten und ebenso alles, was uns gehört, mit euch ge-
meinsam haben. Dieses Schreiben überbringt unser
Brief bote Demoteles. Es ist viereckig, und das Siegel
zeigt einen Adler, der einen Drachen hält.“
11. Diesen Inhalt hatte der Brief des Lakedaemonier-
königs. Als nun Joseph gestorben war, entstand durch
seine Söhne Uneinigkeit unter dem Volke. Denn die
älteren von ihnen zogen gegen Hyrkanus, welcher der
jüngste war, zu Felde, und so teilte sich das Volk. Der
grössere Teil hielt zu den älteren Söhnen, was auch der
Hohepriester Simon aus verwandtschaftlichen Rück-
sichten that. Hyrkanus wagte daher nicht mehr, nach
Jerusalem zurückzukehren, sondern setzte sich jenseits
des Jordan fest und lag beständig mit den Arabern im
Kriege, von denen er viele niedermachte oder gefangen
nahm. Er erbaute sich eine feste Burg, die er bis zum
Dache aus weissem Marmor aufführte und rings mit
Tiergestalten von ungeheurer Grösse versah. Um die-
selbe zog er einen breiten und tiefen Graben. An dem
gegenüberliegenden Gebirge liess er die vorspringenden
Felsgräten durchbohren und stadienlange Höhlen da-
selbst anlegen. Letztere dienten teils zur Abhaltung
von Schmausereien, teils zu Wohn- und Schlafstätten.
In sie hinein leitete er kräftige Quellen, die der Anlage
zum Schmucke und zur Bewässerung dienten. Die Ein-
gänge zu den Höhlen liess er nicht grösser machen, als
dass ein Mann eben eintreten konnte, und zwar mit
Rücksicht auf seine Sicherheit. Sollte er nämlich von
seinen Brüdern einmal belagert werden, so dachte er
ihnen auf diese Weise zu entschlüpfen. Dazu legte er
auch noch Höfe von grosser Ausdehnung an und
schmückte sie mit weiten Garten anlagen. Die ganze
Ansiedlung nannte er Tyrus. Sie liegt zwischen Arabien
Zwölftes Buch, 5. Kapitel.
95
und Judaea, jenseits des Jordan und nicht weit von
Essebonitis. Hier herrschte Hyrkanus sieben Jahre lang,
die ganze Zeit hindurch, während welcher Seleukus in
Syrien regierte. Als dieser gestorben war, bestig sein
Bruder Antiochus mit dem Beinamen Epiphanes den
Thron. Inzwischen starb auch Ptolemaeus, der König
von Aegypten, der ebenfalls Epiphanes hiess und zwei
noch jugendliche Söhne hinterliess, von denen der ältere
Philometor, der jüngere Physkon genannt wurde. Da
nun Hyrkanus die grosse Macht des Antiochus erkannte
und befürchten musste, wegen seiner Kriegszüge gegen
die Araber von ihm gefangen und hingerichtet zu
werden , tötete er sich selbst. Seine sämtlichen Be-
sitzungen aber zog Antiochus ein.
Fünftes Kapitel.
Uneinigkeit unter den Juden. Des Antiochus Zug gegen
Jerusalem. Die Samariter weihen ihren Tempel auf dem
Garizin dem griechischen Zeus.
1. Da um diese Zeit auch der Hohepriester Onias
starb, übertrug der König die Hohepriesterwürde an
dessen Bruder Jesus. Denn der Sohn, welchen Onias
hinterlassen hatte, war noch ein Kind. Das Nähere
über diesen Knaben will ich später berichten. Übrigens
nahm der König im Zorn bald darauf dem Jesus,
Bruder des Onias, die Holiepriesterwürde wieder ab und
verlieh sie dessen jüngstem Bruder, der gleichfalls Onias
hiess. Simon hatte nämlich drei Söhne, die alle Hohe-
priester wurden ; davon nahm Jesus den Namen Jason
und Onias den Namen Menelaus an. Als nun zwischen
dem früheren Hohepriester Jesus und dem später zu der
Würde gelangten Menelaus Streitigkeiten entstanden,
und das Volk sich in zwei Parteien spaltete, standen
nur des Tobias Söhne auf seiten des Menelaus, während
der grössere Teil des Volkes sich dem Jason anschloss,
von dem Menelaus und die Söhne des Tobias so
Josephus’ Jüdische Altertümer.
bedrängt wurden, dass sie zu Antiochus flohen und ihm
erklärten, sie wollten sich von ihren heimischen Sitten
und Gebräuchen lossagen und nach griechischer Weise
und der Verfassung ties Königs leben. Deshalb baten sie
ihn, er möge ihnen gestatten, in Jerusalem eine Tum-
schule zu erbauen. Als der König ihnen diese Erlaub-
nis gegeben, verhüllten sie die Beschneidung ihrer
Schamteile, sodass sie sich auch bei entblösstem Körper
von den Griechen nicht unterschieden, gaben ihre
heimischen Gebräuche auf und nahmen heidnisches
Wesen an.
2. Antiochus, dem übrigens alles nach Wunsch ge-
lang, beschloss inzwischen, einen Feldzug gegen Aegypten
zu unternehmen , um dasselbe zu erobern. Die Söhne
des Ptolemaeus achtete er, da sie noch jung und zum
Widerstand nicht fähig waren, gering. Er zog also mit
grosser Kriegsmacht nach Pelusium, täuschte den Ptole-
maeus Philometor und bemächtigte sich Aegyptens. Und
als er in die Gegend von Memphis gekommen war und
dieses eingenommen hatte, wandte er sich gegen
Alexandria, um diese Stadt und den daselbst residierenden
Ptolemaeus in seine Gewalt zu bringen. Doch musste
er bald nicht nur von Alexandria, sondern auch aus
ganz Aegypten abziehen, weil die Römer dies von ihm
verlangten, wie ich schon früher anderswo berichtet
habe. Ich will jetzt eingehend beschreiben, wie dieser
König Judaea eroberte und sich des Tempels be-
mächtigte. Denn da ich in meinem früheren Werke 1 2
diese Begebenheiten nur kurz berührt habe, halte ich es
für notwendig, dieselben hier ausführlicher und genauer
zu erzählen.
3. Als der König Antiochus aus Furcht vor den
Römern aus Aegypten abzog, wandte er sich gegen
Jerusalem und rückte vor die Stadt im hundertdreiund -
vierzigsten Jahre der seleukidischen Königsherrschaft. 3
1 Jüd. Krieg I, l.
2 Die im JAhre 312 vor Christi Geburt ihren Anfang nahm.
Zwölftes Buch, 5. Kapitel.
97
Er nahm die Stadt ohne Kampf ein, da seine Anhänger
ihm die Thore öffneten. Sobald er Jerusalem in seiner
Gewalt hatte, liess er viele Angehörige der gegnerischen
Partei töten, raubte eine Menge Geld und kehrte dann
nach Antiochia zurück.
4. Zwei Jahre später jedoch, im hundertfünfundvier-
zigsten Jahre der Seleukiden , am fünfundzwanzigsten
Tage des Monats, der bei uns Chaslev, bei den Mace-
doniern aber Apellaios heisst, in der hundertdreiundfünf-
zigsten Olympiade, 1 kehrte der König mit grosser Heeres-
macht nach Jerusalem zurück und nahm, indem er eine
friedliche Gesinnung heuchelte, die Stadt mit List ein.
Diesmal schonte er aber nicht einmal diejenigen, die
ihn in die Stadt eingelasssen hatten, denn es war ihm
in seiner Habgier nur um die Schätze des Heiligtums
zu thun. Hatte er doch eine grosse Menge Gold und
die prachtvollen Weihgeschenke im Tempel gesehen.
Um das alles rauben zu können, verletzte er selbst den
Vertrag, den er mit seinen Anhängern geschlossen hatte.
Er plünderte also den Tempel völlig, sodass er die
heiligen Gefässe, die goldenen Leuchter, den goldenen
Altar, den Tisch und die Weihrauchfässer fortschleppte
und nicht einmal die aus Byssus und Scharlach ver-
fertigten Vorhänge zurückliess. Desgleichen leerte er
die verborgene Schatzkammer und liess überhaupt nichts
Wertvolles an Ort und Stelle, sodass er die Juden in
den tiefsten Gram versetzte. Ja, er verbot ihnen sogar
die Darbringung der täglichen Opfer, plünderte die ganze
Stadt, tötete einen Teil der Bürger und schleppte den
anderen samt Weib und Kind in die Gefangenschaft,
im ganzen gegen zehntausend Menschen. Die schönsten
Stadtteile liess er in Brand stecken und die Mauern
schleifen, und in der Unterstadt errichtete er eine Burg,
welche sehr hoch war uod den Tempel beherrschte.
Diese Burg befestigte er mit hohen Mauern und legte
1 Die Rechnung nach Olympiaden (Zeiträumen von 4 Jahren)
begann im Jahre 776 vor Christi Geburt.
Josephus' Jüdische Alterttimer, II.
7
98
Josephus’ Jüdische Altertümer.
eine macedonische Besatzung hinein; auch hielten sich
in ihr die Gottlosen und Verruchten aus dem Volke
auf, die ihren Mitbürgern viel Leids anthaten. An der
Stelle des Altars liess der König einen anderen errichten,
schlachtete Schweine auf demselben und brachte so
Opfer dar, die weder gesetzmässig noch beim Gottes-
dienste erlaubt waren. Dann zwang er die Juden, die
Verehrung ihres Gottes aufzugeben, seine eigenen Götter
anzubeten, ihnen in jeder Stadt und in jedem Dorfe
Altäre zu erbauen und täglich Schweine zu opfern.
Weiterhin verbot er ihnen, ihre Söhne zu beschneiden,
und bedrohte die Zuwiderhandelnden mit Strafe. Um
aber das Volk zur Befolgung seiner Befehle zu zwingen,
stellte er besondere Beamten an. Leider kamen denn
auch teils freiwillig, teils aus Furcht vor der angedrohten
Strafe viele Juden den Geboten des Königs nach. Die
Vornehmsten und Edelmütigsten jedoch kümmerten sich
nicht um ihn und hielten ihre väterlichen Gesetze höher
als die Strafen, welche den Widerspenstigen angedroht
waren. Deshalb wurde tagtäglich eine Anzahl von ihnen
unter grausamen Martern hingerichtet: man geisselte
und verstümmelte sie und schlug sie dann noch lebend
ans Kreuz. Die Weiber aber und die beschnittenen
Knaben wurden auf Geheiss des Königs erwürgt, und
die letzteren am Halse ihrer gekreuzigten Eltern auf-
gehängt. Fand sich ein heiliges Buch oder eine Ge-
setzesrolle, so wurden sie verbrannt, und diejenigen, bei
denen sie gefunden worden waren, wie Übelthäter hin-
gerichtet.
5. Als die Samariter diese schrecklichen Leiden der
Juden sahen, leugneten sie wieder einmal jede Ver-
wandtschaft mit ihnen und erklärten, der Tempel auf
dem Berge Garizin sei kein Heiligtum des höchsten
Gottes. Vielmehr gaben sie sich, getreu ihrem früher
schon geschilderten Charakter, für Abkömmlinge der
Meder und der Perser aus, was sie ja auch wirklich
sind. Sie schickten daher Gesandte an Antiochus mit
einem Schreiben folgenden Inhalts: „Die Sidonier von
Zwölftes Buch, 5. Kapitel.
99
Sikim an den erhabenen Gott und König Antiochus
Epiphanes. Unsere Vorfahren haben infolge häufiger
Heimsuchung ihres Landes durch Seuchen mit Rücksicht
auf einen alten Aberglauben die Sitte eingeführt, den
Tag zu feiern, welchen die Juden Sabbat nennen, und
haben in dem Tempel, den sie, ohne ihn einem be-
stimmten Gotte zu weihen, auf dem Berge Garizin er-
bauten, feierliche Opfer dargebracht. Weil es dir nun
gefallen hat, die Juden für ihre Nichtswürdigkeit nach
Verdienst zu züchtigen, belegen uns die königlichen
Beamten mit denselben Strafen, da sie glauben, wir
seien mit ihnen verwandt und ebenso verrucht. Wir
sind jedoch unserer Abstammung nach Sidonier, was aus
unseren Archiven hervorgeht. Wir bitten dich deshalb,
du wollest als unser Wohlthäter und Erretter deinem
Statthalter Apollonius und deinem Geschäftsträger
Nikanor befehlen , uns nicht derselben Verbrechen wie
die Juden zu zeihen, von denen wir uns in unserer
Lebensweise und unserer Abstammung nach so sehr
unterscheiden, und uns in Frieden zu lassen. Zugleich
bitten wir darum, unseren Tempel, der noch auf den
Namen keines Gottes geweiht ist, dem hellenischen Zeus
zu Ehren benennen zu dürfen. Dadurch werden wir
von ferneren Belästigungen verschont bleiben, können
unsere Arbeiten ohne Furcht erledigen und werden dann
imstande sein, dir einen grösseren Tribut zu entrichten.“
Auf diese Bitten der Samariter schickte der König
folgendes Antwortschreiben : „Der König Antiochus an
Nikanor. Die zu Sikim wohnenden Sidonier haben uns
die beigefügte Bittschrift überreicht. Da nun in dem
Rate, den wir mit unseren Ratgebern abgehalten, die
von den Sidoniern geschickten Gesandten bewiesen
haben, dass die den Juden zur Last gelegten Vergehen
von ihnen nicht begangen worden, sondern dass sie nach
griechischem Muster leben wollen , so befreien wir sie
von aller Schuld und befehlen, dass ihr Tempel ihrer
Bitte gemäss den Namen des hellenischen Zeus tragen
soll.“ Dasselbe liess er unter dem achtzehnten des
100
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Monats Hekatombaion des hundertsechsundvierzigsten
Jahres auch dem Statthalter Apollonius schreiben.
Sechstes Kapitel.
Wie Mattathias der Asamonäer allein den Geboten des
Antiochus trotzte und dessen Heerführer überwand.
Vom Tode des Mattathias, und von seinem Nachfolger
Judas.
1. Um diese Zeit wohnte in Modiim, einem Dorfe
Judaeas, ein Mann mit Namen Mattathias, ein Sohn des
Joannes, des Sohnes Simeons, des Sohnes des Asamo-
naeus. Er war Priester nach der Ordnung des Joarib,
stammte aus Jerusalem und hatte fünf Söhne, Joannes
mit dem Beinamen Gaddes, Simon mit dem Beinamen
Matthes, Judas mit dem Beinamen Makkabaeus, Eleazar
mit dem Beinamen Auran, und Jonathas mit dem Bei-
namen Apphus. Dieser Mattathias bejammerte vor seinen
Söhnen das Elend des Volkes, die Plünderung der Stadt,
die Beraubung des Tempels und die Änderung der Ver-
fassung und erklärte ihnen, es sei besser, für die Gesetze
der Väter den Tod zu erleiden, als ein so schmähliches
Leben zu führen.
2. Als nun die Beamten, die vom Könige angestellt
waren, um die Juden zur Befolgung seiner Befehle zu
zwingen, auch nach Modiim kamen und die Bewohner
des Dorfes zur Darbringung der vom Könige an-
geordneten Opfer anhalten wollten, verlangten sie von
Mattathias, der seiner Gelehrsamkeit wegen in hohem
Ansehen stand, er solle mit den Opfern beginnen; seine
Mitbürger würden sich dann nach ihm richten und er
dem Könige besonders wohlgefällig werden. Mattathias
aber weigerte sich dessen und erklärte, wenn auch andere
Familien, sei es aus Furcht, sei es aus Kriecherei den
Befehlen des Antiochus folgten, so werde doch er mit
seinen Söhnen nie dahin zu bringen sein, dass sie dem
Zwölftes Buch, 6. Kapitel.
101
Gotte ihrer Väter untreu würden. Kaum hatte er dies
gesprochen, da trat ein Jude hervor und brachte das
Opfer nach des Königs Vorschrift dar. Als Mattathias
das sah, griff er mit seinen Söhnen zum Schwerte, tötete
den Juden am Altar, machte den königlichen Beamten
Apelles, der ihn dazu gezwungen, nebst einigen Soldaten
nieder, stürzte den Altar um und rief aus: „Jeder, der
noch für die Gebräuche unserer Väter und die Ver-
ehrung Gottes eifert, folge mir nach!“ Darauf zog er
mit seinen Söhnen unter Zurücklassung seiner ganzen
Habe in die Wüste, wohin gleich ihm noch viele andere
flohen und in Höhlen sich ansiedelten. Als dies die
Heerführer des Königs vernahmen, riefen sie die ganze
Besatzung der Burg zu Jerusalem unter die Waffen und
setzten den Juden in die Wüste nach. Nachdem sie
dieselben eingeholt hatten, versuchten sie zunächst, ihnen
zuzureden, sie sollten zur Einsicht kommen, auf ihren
Vorteil bedacht sein und die Gegner nicht in die Not-
wendigkeit versetzen, nach Kriegsrecht mit ihnen zu
verfahren. Die Juden aber achteten nicht auf ihre
Vorstellungen, sondern beharrten bei ihrer Meinung.
Hierüber erbittert, griffen die Soldaten sie an einem
Sabbat an und verbrannten sie in ihren Höhlen , ohne
dass sie Widerstand geleistet oder auch nur die Ein-
gänge versperrt hätten. Sie enthielten sich nämlich
wegen des Feiertages jeder körperlichen Thätigkeit und
wollten den Sabbat selbst in ihrer gefahrvollen Lage
nicht entheiligen, da uns an diesem Tage die strengste
Ruhe geboten ist. So wurden sie also samt Weib und
Kind in den Höhlen erstickt, im ganzen gegen tausend
Menschen. Doch gelang es auch vielen, zu entkommen ;
diese schlossen sich an Mattathias an und erwählten ihn
zu ihrem Anführer. Mattathias belehrte sie nun zu-
nächst, dass sie auch am Sabbat kämpfen müssten.
Denn wenn sie auch in diesem Punkte so streng am
Gesetz festhalten wollten, würden sie sich selbst den
grössten Schaden zufügen, weil die Feinde sie nun stets
an dem Tage angreifen würden, an dem sie sich nicht
102
Josephus’ Jüdische Altertümer.
wehren könnten , und dann müssten sie alle samt und
sonders ohne Verteidigung ihr Leben lassen. Das
leuchtete ihnen ein, und so kommt es, dass noch bis
heute bei uns die Sitte besteht, auch am Sabbat zu
kämpfen, falls dies erforderlich ist. Mattathias sammelte
nun allmählich eine grosse Schar um sich, zerstörte die
Altäre und Hess die Abtrünnigen, deren er habhaft
werden konnte, umbringen. Viele nämlich hatten sich
aus Furcht zu den umwohnenden Völkerschaften ge-
flüchtet. Alle noch nicht beschnittenen Knaben liess er
sodann beschneiden und die Beamten des Königs ver-
jagen.
3. Er hatte nur erst ein Jahr lang den Oberbefehl
innegehabt, als er in eine Krankheit fiel. Da ver-
sammelte er seine Söhne um sich und sprach zu ihnen:
„Ich muss nun, liebe Kinder, den Weg gehen, den wir
alle betreten müssen. Ich lasse euch deshalb meinen
Geist zurück und beschwöre euch, demselben nicht un-
treu zu werden, sondern den Willen eures Erzeugers
und Ernährers im Andenken zu behalten, dem Gesetze
eurer Väter treu zu bleiben und unsere bedrohte Ver-
fassung zu retten. Lasst euch nicht von denen ver-
leiten, die, sei es freiwillig, sei es gezwungen, dieselbe
preisgegeben haben, sondern bleibt meiner wert und
trotzt aller Gewalt und allem Zwange, indem ihr euch
bereit zeigt, selbst den Tod zu erleiden, wenn dies nicht
zu vermeiden ist. Bedenkt, dass Gott, wenn ihr in dieser
Gesinnung verharrt, euch nicht verlassen, sondern euch
eure verlorene Selbständigkeit und Freiheit wieder ver-
leihen wird, damit ihr in Sicherheit nach euren eigenen
Gebräuchen leben könnt. Sind auch eure Leiber sterb-
lich und hinfällig, so wird doch das Andenken an eure
Thaten euch Unsterblichkeit verschaffen. Im Hinblick
darauf begeistert euch zu ruhmvollen Unternehmungen,
scheut selbst vor dem Schwierigsten nicht zurück und
gebt, wenn es notwendig ist, gern euer Leben dahin.
Ganz besonders aber ermahne ich euch zur Eintracht:
übe ein jeder von euch seine Tugenden, ohne die
Zwölftes Buch, 7. Kapitel.
103
Vorzüge des anderen zu verkennen! Euren Bruder
Simon, der ein verständiger Mann ist, betrachtet als
euren Vater und folgt seinem Rate. Den Makkabaeus
aber wählt um seiner Tapferkeit und Stärke willen zu
eurem Heerführer im Kriege. Denn er ist der Mann,
der. die Schmach seines Volkes rächen und die Feinde
züchtigen wird. Zum Schlüsse noch eins: Zieht alle ge-
rechten und frommen Männer an euch heran ; denn da-
durch werdet ihr eure Macht verstärken.“
4. Darauf flehte Mattathias zu Gott, dass er seinen
Söhnen beistehen und dem Volke seine Selbständigkeit
wieder verleihen möge. Nicht lange danach verschied
er und ward zu Modiim begraben. Das ganze Volk
trauerte schmerzlich um ihn, und es folgte ihm im Ober-
befehl sein Sohn Judas mit dem Beinamen der Makka-
bäer, im einhundertsechsundvierzigsten Jahre der Seleu-
kidenherrschaft. Da dieser von seinen Brüdern und
allen anderen bereitwillig unterstützt wurde, vertrieb er
den Feind aus dem Lande, liess diejenigen von seinen
Landsleuten, welche die heimischen Gesetze übertreten
hatten, hinrichten und reinigte das Land von jeglicher
Befleckung.
Siebentes Kapitel.
Wie Judas die Truppen des Apollonius und des Seron
schlug, und wie die beiden Feldherfen fielen. Wie er
kurz darauf Lysias und Gorgias überwand, nach Jeru-
salem zog und den Tempel reinigte.
1. Als Apollonius, der Befehlshaber von Samaria, die
Kunde von diesen Vorgängen erhielt, bot er sein Heer
auf und zog gegen Judas zu Felde. Dieser marschierte
ihm entgegen und besiegte ihn in einem Treffen, machte
eine Menge Feinde, darunter auch den Apollonius selbst
nieder (sein Schwert nahm er an sich und trug ee von
da an beständig) , verwundete viele von ihnen und zog
sich mit reicher Beute zurück. Als nun Seron, der Be-
104
Josephus’ Jüdische Altertümer.
fehlshaber von Coelesyrien, vernahm, dass des Judas
Anhang so gewachsen sei und er schon eine bedeutende
Truppenmacht zusammengebracht habe, beschloss auch
er, sogleich gegen ihn ins Feld zu ziehen, weil er es für
geboten hielt, mit aller Kraft gegen die einzuschreiten,
die des Königs Gebote übertraten. Er bot also die ganze
Truppenmacht auf, die ihm zur Verfügung stand, zog
auch die jüdischen Überläufer an sich heran, rückte gegen
Judas aus und schlug bei Bethoron, einem Dorfe Judaeas,
sein Lager auf. Judas zog ihm entgegen, und da er im Be-
griffe war, ihn anzugreifen, und die Seinigen wegen ihrer
Minderzahl und infolge von Erschöpfung (sie waren noch
nüchtern) wenig Lust zum Kampfe zeigten, ermutigte er
sie mit dem Hinweise darauf, dass es bei dem Siege
nicht auf die Zahl, sondern auf das Vertrauen zu Gott
ankomme. Das leuchtendste Beispiel hierfür seien ihre
Vorfahren, die, weil sie für Recht, Gesetz und Herd ge-
kämpft, oft viele Tausende ihrer Feinde niedergeworfen
hätten. Denn wer für die Ungerechtigkeit streite, könne
keine Macht entfalten. Nach dieser Ermunterung riet
er ihnen, ungeachtet der vielen Feinde insgesamt auf
Seron einzudringen. Und so gelang es ihm, die Syrer
in die Flucht zu schlagen. Denn sobald ihr Anführer
gefallen war, sahen sie in der Flucht ihr einziges Heil.
Judas verfolgte sie bis in die Ebene und tötete noch
gegen achthundert von ihnen, während der Rest an die
Meeresküste entkam.
2. Diese Niederlagen versetzten den König Antiochus
in den heftigsten Zorn. Er zog sogleich alle seine
Truppen zusammen, warb noch eine Menge Söldner von
den Inseln 1 an und rüstete sich, mit Frühlingsanfang in
Judaea einzufallen. Als er aber den Söldnern den Lohn aus-
zahlen wollte, fand er, dass seine Mittel nicht langten. Denn
abgesehen davon, dass bei den fortwährenden Unruhen
die Abgaben nicht vollständig eingingen, war der König
auch bis zur Verschwendung freigebig und verstand mit
1 Gemeint sind die Ionischen Inseln.
Zwölftes Buch, 7. Kapitel.
105
seinen Mitteln nicht zu rechnen. Er beschloss deshalb,
zunächst nach Persien zu ziehen, um dort die Steuern
einzutreiben. Einem gewissen Lysias aber, der bei ihm
in hohem Ansehen stand, überliess er die Verwaltung
des Landes vom Euphrat bis zu den Grenzen Aegyptens
und des unteren Asien, sowie einen Teil des Heeres und
der Elefanten und befahl ihm, seinen Sohn Antiochus
bis zu seiner Rückkehr sorgfältig zu erziehen. Dann
werde er Judaea verwüsten , seine Bewohner in die
Sklaverei schleppen, Jerusalem zerstören und das Volk
der Hebräer ausrotten. Nachdem er dem Lysias diese
Aufträge erteilt hatte, zog Antiochus im einhundertsieben-
undvierzigsten Jahre nach Persien, überschritt den Euphrat
und rückte gegen die höher gelegenen Provinzen vor.
3. Lysias ernannte nun Ptolemaeus, den Sohn des
Dorymenes, ferner Nikanor und Gorgias, die mächtigsten
von des Königs Freunden, zu Feldherren und schickte
sie mit vierzigtausend Mann Fussvolk und siebentausend
Reitern nach Judaea. Sie rückten bis Emmaus vor und
schlugen in der dortigen Ebene ihr Lager auf. Hier
stiessen noch Hilfstruppen aus Syrien und den an-
grenzenden Ländern, sowie eine Menge jüdischer Über-
läufer zu ihnen. Auch fanden sich, um die Gefangenen
zu kaufen, Händler bei ihnen ein, welche die Fesseln
sowie den Kaufpreis in Gold und Silber gleich mit-
brachten. Als nun Judas das Lager und die Menge der
Feinde erblickte, ermunterte er seine Leute zur Zu-
versicht und riet ihnen, nach Art ihrer Väter von Gott
den Sieg zu erflehen. Sie sollten also Säcke anlegen
und in der Weise flehen, wie es zuZeiten grosser Gefahr
geschehe, um sich Stärke zur Überwindung der Feinde
zu erbitten. Dann teilte er sie nach alter Sitte in Ab-
teilungen unter Obersten und Hauptleuten und entliess
alle Neuvermählten sowie die, welche erst kürzlich Be-
sitztum erworben hatten, damit sie nicht aus Verlangen
danach allzusehr am Leben hängen und im Kampfe sich
furchtsam erweisen möchten. Darauf redete er die
Seinigen also an: „Noch nie sind die Zeiten, ihr Waffen-
106
Josephus’ Jüdische Altertümer.
gefährten, so geeignet gewesen, euch zur Tapferkeit und
Verachtung von Gefahren anzuspornen, als jetzt. Nun-
mehr gilt es, durch mutiges Kämpfen die Freiheit zu
erringen, die zwar allen ein erstrebenswertes Gut, uns
aber um so teurer ist, als von ihr die Möglichkeit ab-
hängt, der Verehrung Gottes wieder okzuliegen. Die
Sachen stehen also jetzt so, dass ihr entweder die Frei-
heit und ein glückliches Leben erringt, wie wir es unter
den alten väterlichen Einrichtungen gehabt haben, oder
aber dass ihr, wenn ihr im Kampfe euch feige benehmt,
das Schimpflichste erleidet und mit eurem ganzen Ge-
schlechte zu Grunde geht. Bedenket ihr nun, dass ihr
auch ohne Kampf dem Tode verfallen seid, und habt
ihr die Überzeugung, dass euch als Lohn Freiheit, Hei-
mat, Schutz der Gesetze und freie Ausübung eurer
Gottesverehrung winkt, so werdet ihr euch mutig zum
Kampfe rüsten und bereit sein , morgen mit Tages-
anbruch den Feind zu erwarten.“
4. Mit diesen Worten flösste Judas seinen Streitern
Mut ein. In der Nacht nun sandten die Feinde den
Gorgias mit fünftausend Fusssoldaten und tausend
Reitern ab, um unter Führung einiger jüdischen Über-
läufer das Lager der Juden anzugreifen. Als desMatta-
thias Sohn davon Kunde erhielt, beschloss er, sogleich
seinerseits in das feindliche Lager einzufallen, um so
mehr, da die Kräfte der Feinde jetzt geteilt waren. Nach
dem Abendessen liess er daher viele Feuer im Lager
anzünden und marschierte die ganze Nacht hindurch
gegen die Abteilung der Feinde, welche im Lager bei
Emmaus zurückgeblieben war. Als nun Gorgias niemand
im feindlichen Lager antraf, vermutete er, die Feinde
seien aus Furcht abgezogen und hätten sich im Ge-
birge versteckt. Er brach daher sogleich wieder auf und
beschloss, sie zu suchen. Judas aber kam in der Morgen-
frühe mit dreitausend schlecht bewaffneten Streitern in
den Bereich der bei Emmaus lagernden Abteilung. Und
da er sah, dass die Feinde sich gut verschanzt und das
Lager geschickt befestigt hatten , ermunterte er die
Zwölftes Buch, 7. Kapitel.
107
Seinigen, sie sollten sich vor dem Kampfe nicht fürchten,
selbst wenn sie diesen völlig wehrlos bestehen müssten,
und bedenken, dass Gott schon oft Kriegern, die sich in
einer solchen Lage befunden, als Lohn ihrer Tapferkeit
den Sieg über eine viel grössere und besser bewaffnete
Masse von Feinden verliehen habe. Darauf liess er die
Trompeter das Signal blasen und fiel unerwartet über
die Feinde her, jagte ihnen Schrecken und Bestürzung
ein, tötete viele von denen, die sich zur Wehr setzten,
und verfolgte die übrigen bis nach Gadara und in die
Gefilde von Idumaea, Azot und Jamnia. Es fielen vom
Feinde gegen dreitausend Mann. Judas aber ermahnte
die Seinigen, jetzt nicht an Beute zu denken, da ihnen
noch der Kampf mit Gorgias und dessen Heer bevor-
stehe. Sobald auch diese besiegt seien, könnten sie in
Ruhe und unbesorgt sich an die Beute machen. Während
Judas diese Worte an seine Krieger richtete, erblickten
des Gorgias Leute von einer Anhöhe herab die im Lager
zurückgebliebene Abteilung in voller Flucht und das
Lager in Flammen, sodass sie sich schon denken konnten,
was geschehen war. Als sie nun auch noch die Schar
des Judas zum Kampfe bereit stehen sahen, gerieten sie
ebenfalls in Schrecken und wandten sich zur Flucht.
So besiegte Judas die Krieger des Gorgias ohne Schwert-
streich. Dann kehrte er zurück, um die Beute zu holen
und zog mit einer Menge Gold und Silber, Hyacinth
und Purpur voll Freude nach Hause zurück, indem er
Gott für das ihm zu teil gewordene Glück dankte. Zur
Erlangung der Freiheit aber trug dieser Sieg nicht
wenig bei.
5. Lysias, der über die Niederlage des von ihm ab-
gesandten Heeres in Bestürzung geriet, zog im folgenden
Jahre sechzigtausend auserlesene Krieger und fünftausend
Reiter zusammen, fiel mit ihnen in Judaea ein und
schlug, nachdem er das Gebirge erreicht hatte, bei Beth-
sura, einem Dorfe Judaeas, sein Lager auf. Ihm zog
Judas mit nur zehntausend Mann entgegen ■, und als er
die ungeheure Menge der Feinde sah, bat er Gott, ihm
Go gle
108
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
beizustehen. Dann griff er die Vorhut des Feindes an,
schlug sie, tötete gegen fünftausend Mann und setzte
die übrigen dadurch in Schrecken. Weil aber Lysias ein-
sah, dass die Juden entschlossen seien, entweder zu
sterben oder ihre Freiheit zu erringen, und allen Grund
hatte, sich vor ihrer Verzweiflung zu fürchten, sammelte
er die Reste seiner Truppen und kehrte nach Antiochia
zurück, wo er verblieb und Aushebungen unter den
Fremden veranstaltete, um mit einem grösseren Heere
abermals in Judaea einfallen zu können.
6. Da nun die Heerführer des Antiochus so oft ge-
schlagen worden waren, berief Judas eine Volksver-
sammlung und erklärte, nach den vielen Siegen, die
Gott ihnen verliehen, sei es jetzt an der Zeit, nach
Jerusalem zu ziehen, den Tempel zu reinigen und die
gewohnten Opfer wieder darzubringen. Als er aber mit dem
ganzen Volke sich Jerusalem näherte und den Tempel
verlassen, die Thore verbrannt und in dem öden Heilig-
tum Strauchwerk alle freien Stellen bedecken sah, brach
er bei dem trostlosen Anblick samt den Seinigen in
Wehklagen aus. Zunächst wählte er nun eine Schar
seiner Krieger aus und befahl ihnen, in der Zeit, da er
den Tempel reinige, die Besatzung der Burg zu be-
lagern. Nachdem er dann den Tempel gesäubert hatte,
beschaffte er neue Gefässe, Leuchter, Tisch, Altar, alles
aus Gold, und liess an den Eingängen neue Vorhänge
anbringen sowie neue Thürflügel einsetzen. Darauf liess
er den Altar zerstören und einen neuen aus behauenen
Steinen errichten. Am fünfundzwanzigsten Tage des
Monats Chaslev, den die Macedonier Apellaios nennen,
zündete man ‘ die Lampen auf dem Leuchter wieder an,
brachte Räucherwerk dar, legte die Brote auf den Tisch
und opferte zum erstenmal auf dem neuen Altäre. Das
geschah genau an demselben Tage, an welchem drei
Jahre früher der Tempel entheiligt worden war. Denn
da Antiochus ihn verwüstet hatte, blieb er drei Jahre
lang in diesem unwürdigen Zustande. Im einhundert-
fünfundvierzigsten Jahre, am fünfundzwanzigsten Apel-
Zwölftes Buch, 8. Kapitel.
109
laios, in der einhundertdreiundfünfzigsten Olympiade
brach das Unglück über den Tempel herein, und an
demselben Tage, dem fünfundzwanzigsten Apellaios des
ein hundertachtund vierzigsten Jahres, in der einhundert-
vierundfünfzigsten Olympiade, ward er wieder eingeweiht.
Diese Verwüstung des Tempels geschah gemäss der
Prophezeiung des Daniel, welche dieser vierhundert-
undacht Jahre früher verkündigt hatte, als er weis-
sagte, der Tempel werde von den Macedoniern zerstört
werden.
7. Judas feierte mit seinen Mitbürgern die Wieder-
einrichtung der Opfer im Tempel acht Tage lang unter
lautem Jubel. Kostbare und herrliche Opfer lieferten
die Speisen zum Mahle, und man ehrte Gott durch Lob-
gesänge und Psalmen , während das Volk in Freuden
lebte. So grosses Frohlocken erregte die Wiederein-
führung der freien Ausübung des Gottesdienstes, dass
man ein Gesetz machte, wonach in Zukunft jährlich
acht Tage lang die Erneuerung des Tempels gefeiert
werden sollte. Dieses Fest feiern wir von jener Zeit an
bis heute und nennen es das Fest der Lichter, weil, wie
ich glaube, die freie Ausübung unserer Religion uns un-
erwartet wie ein Lichtstrahl aufgegangen ist. Alsdann
umgab Judas auch die Stadt wieder mit Mauern, er-
richtete zum Schutz gegen feindliche Überfälle hohe
Türme, in welche er Wachtposten legte, und be-
festigte auch die Stadt Bethsura, um sie, falls ein
Feind ihn dazu zwingen würde, als Vorwerk benutzen
zu können.
110
Jdoephus’ Jüdische Altertümer.
Achtes Kapitel.
Wie Judas die benachbarten Völkerschaften unterwarf
und Simon die Tyrier und Ptolemaiter schlug. Wie
Judas den Timotheus in die Flucht trieb. Joseph und
Azarias erleiden eine Niederlage.
1. Diese Stärkung der jüdischen Macht war den
Nachbarvölkern ein Dorn im Auge, sodass sie sich gegen
die Juden zusammenthaten und durch Hinterlist und
heimliche Nachstellungen viele von ihnen umbrachten.
Wollte also Judas sie von feindlichen Einfällen und
der Beunruhigung der Seinigen abhalten, so war er ge-
nötigt, beständig mit ihnen im Streit zu liegen. Zu-
nächst griff er die Idumäer, die Nachkommen Esaus,
bei Akrabatta an, machte eine Menge von ihnen nieder
und belud sich mit reicher Beute. Dann schloss er die
Söhne des Baan, die den Juden einen Hinterhalt gelegt
hatten, in ihren festen Plätzen ein, steckte deren Festungs-
werke in Brand und tötete die wehrfähigen Männer.
Ferner rückte er gegen die Ammaniter aus, die unter
dem Oberbefehl des Timotheus eine starke und zahl-
reiche Kriegsmacht versammelt hatten, schlug sie, er-
oberte ihre Stadt Jazor, steckte dieselbe in Brand und
zog mit den Weibern und Kindern der Ammaniter,
welche er in die Gefangenschaft schleppte, nach Judaea
zurück. Als nun die benachbarten Völkerschaften von
seiner Rückkehr Kunde erhielten, griffen sie die im
Galaditerlande lebenden Juden an. Diese jedoch retteten
sich in die Festung Dathema und Hessen dem Judas
melden, Timotheus rücke gegen ihren Zufluchtsort heran,
um ihn einzunehmen. Noch während der Vorlesung des
Meldeschreibens erschienen auch aus Galilaea Boten mit
der Nachricht, die Bewohner von Ptolemais, Tyrus und
Sidon sowie die in Galilaea ansässigen Fremden hätten
sich zusammengeschart.
2. Um nun den * von beiden Seiten drohenden Ge-
fahren zu begegnen, gab Judas seinem Bruder Simon
Zwölftes Buch, 8. Kapitel.
111
den Auftrag, mit dreitausend auserlesenen Streitern den
in Galilaea wohnenden Juden Hilfe zu bringen, während
er selbst mit seinem anderen Bruder Jonathas und acht-
tausend Mann nach Galaditis zog. Zu Befehlshabern
der zurückgebliebenen Mannschaft ernannte er Joseph,
den Sohn des Zacharias, und Azarias, denen er ans
Herz legte, Judaea sorgfältig zu bewachen und sich mit
niemand in einen Kampf einzulassen, bevor er zurück-
gekehrt sei. Als nun Simon in Galilaea anlangte, traf
er gleich mit den Feinden zusammen, schlug sie in die
Flucht und verfolgte sie bis zu den Thoren von Ptole-
ma'is, wobei er gegen dreitausend von ihnen nieder-
machte. Dann liess er den Gefallenen die Rüstungen
ausziehen und kehrte mit den aus der Gefangenschaft
befreiten Juden und dem erbeuteten Gepäck in die
Heimat zurück.
3. Unterdessen überschritt Judas Makkabaeus mit
seinem Bruder Jonathas den Jordan und stiess nach
dreitägigem Marsch auf die Nabatäer, die ihm friedlich
begegneten und ihm erzählten, was sich in Galaditis er-
eignet habe und was die zu leiden hätten, die in die
festen Plätze dieses Landes eingeschlossen seien. Sie
baten dann den Judas, er möge gegen die Fremden
ziehen und seine Landsleute aus deren Händen befreien.
Daraufhin marschierte Judas durch die Wüste, nahm
Bosora im ersten Anlauf und liess alle waffenfähigen
Männer der Besatzung niedermachen und die Stadt ein-
äschern. Und obgleich die Nacht inzwischen herein-
gebrochen war, setzte er doch sogleich seinen Marsch
fort auf die Festung zu, in welcher die Juden sich ein-
geschlossen hatten, und die von Timotheus mit Auf-
bietung aller Kraft belagert wurde. Beim Morgengrauen
kam er hier an, und da er die Feinde schon dicht an
die Stadtmauer herangerückt und mit Leitern und Be-
lagerungsmaschinen sich zum Sturm rüsten sah, liess er
in die Trompeten stossen, ermahnte die Seinigen, für
ihre Brüder der Gefahr wacker zu trotzen, und fiel mit
seinen in drei Haufen geteilten Streitkräften dem Feinde
112
Josephus’ Jüdische Altertümer.
in den Bücken. Als die Krieger des Timotheus den
Makkabäer erkannten, von dessen Tapferkeit und Kriegs-
glück sie so manches erfahren hatten, wandten sie sich
alsbald zur Flucht. Judas aber setzte ihnen nach und
machte achttausend Mann von ihnen nieder. Dann
wandte er sich gegen die sogenannte Fremdenstadt Malle,
nahm auch diese ein und liess die wehrfähigen Männer
umbringen und die Stadt anzünden. Weiterhin zerstörte
er darauf noch die Städte Chasphoma, Bosor und eine
ganze Reihe anderer Orte in Galaditis.
4. Kurz darauf aber brachte Timotheus wieder eine
grosse Streitmacht zusammen, bewog ausser anderen
Hilfstruppen auch einige Araberstämme, gegen ent-
sprechenden Sold mit ihm zu Felde zu ziehen, und
rückte mit seinem Heere über einen Bach bis in die
Nähe von Raphon, das damals eine Stadt war. Dann
ermahnte er seine Soldaten, wacker zu kämpfen, wenn
sie mit den Juden handgemein würden, und ihnen vor
allem den Übergang über den Bach zu wehren. Denn
wenn dem Feinde dieser Übergang gelinge, werde ihre
Niederlage besiegelt sein. Als nun Judas vernahm, dass
Timotheus sich zum Kampfe rüste, eilte er mit seiner
ganzen Streitmacht dem Feinde entgegen, überschritt
den Bach, drang auf des Timotheus Krieger ein und
machte die, welche ihm Widerstand leisteten, nieder,
während er die anderen derart in Schrecken versetzte,
dass sie die Waffen von sich warfen und ihr Heil in
der Flucht suchten. Von den letzteren entkamen indes
nur wenige; die meisten, die sich in das Karnain ge-
nannte Heiligtum geflüchtet, wo sie sicher zu sein wähnten,
wurden niedergemacht. Judas nahm den Ort ein, liess
das Heiligtum in Flammen aufgehen und bereitete so
seinen Feinden auf mannigfache Art den Untergang.
5. Nach diesen Erfolgen versammelte Judas alle in
Galaditis wohnenden Juden mit ihren Weibern und
Kindern und ihrer gesamten Habe, um sie nach Judaea
zurückzuführen. Als er nun unterwegs an eine Stadt
mit Namen Ephron kam und keine Möglichkeit sab,
Zwölftes Buch, 8. Kapitel.
113
einen anderen Weg einzuschlagen, aber auch nicht
zurückkehren mochte, liess er die Bürger ersuchen, ihm
die Thore zu öffnen und ihm den Durchmarsch durch
die Stadt zu erlauben. Die Thore waren nämlich mit
Felsblöcken versperrt und machten somit den Durchzug
unmöglich. Da aber die Ephroniter sich dessen weigerten,
feuerte Judas die Seinigen an, schloss die Stadt rings-
um ein und belagerte sie. Nachdem er das einen Tag
und eine Nacht lang gethan, erstürmte er Ephron,
machte alle wehrfähigen Bürger nieder und äscherte die
Stadt ein, bevor er weiterrückte. Und so gross war die
Zahl der Gefallenen, dass der Weg mit Leichen wie be-
sät war. Nun zogen sie über den Jordan, kamen in
•die grosse Ebene, 1 in deren Bereich die Stadt Bethsana,
welche die Griechen Skythopolis nennen, lag, und rückten
bald darauf in Judaea ein. Dort feierten sie ihre Siege
mit Jubelgesängen und den üblichen Spielen, brachten
Auch Gott zum Danke für ihr Kriegsglück und die Er-
kaltung des Heeres Opfer dar. Denn von den Juden
war in allen diesen Kämpfen auch nicht ein Mann
gefallen.
6. Während nun Simon in Galilaea gegen die Ptole-
maiter und Judas mit seinem Bruder Jonathas in Gala-
ditis Krieg führte, wollten des Zacharias Sohn Joseph
und Azarias, die Judas als Befehlshaber zurückgelassen
hatte, sich gleichfalls den Ruhm ausgezeichneter Feld-
herren erwerben und zogen daher mit ihrer Abteilung
gegen Jamnia. Gorgias aber, der Befehlshaber von
Jamnia, rückte ihnen entgegen, schlug sie und trieb
sie mit einem Verluste von etwa zweitausend Mann bis
zur Grenze Judaeas in die Flucht. Diese Niederlage
war die Folge davon, dass sie den Befehl des Judas,
vor seiner Rückkehr sich mit niemand in einen Kampf
einzulassen, missachtet hatten. Und so muss man ausser
den sonstigen weisen Plänen des Judas auch noch die
Sicherheit bewundern, mit der er den Kriegern des
.
1 Vergl. Anmerkung zu V, 1,23.
Joeephus’ Jüdische Altertümer, II. 8
114
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Joseph und des Azarias ihre Niederlage für den Fall
voraussagte , dass sie seinem Befehle zuwiderhandelten.
Judas und seine Brüder standen nun aber keineswegs
von weiteren kriegerischen Unternehmungen ab, sondern
setzten nach wie vor den Idumäern hart zu, nahmen die
Stadt Chebron, schleiften deren Befestigungen, steckten
die Türme in Brand und verwüsteten das Land rings-
um. Ebenso verfuhren sie mit MarisBa und Azot. Reich
mit Waffen und anderer Beute beladen, kehrten, sie als-
dann nach Judaea zurück.
Neuntes Kapitel.
Des Antiochus Epiphanes Tod. Wie Antiochus Eupator
den Judas im Tempel belagerte, aber abziehen musste.
Alkimus. Onias.
1. Um diese Zeit hörte der König Antiochus, als er
sich auf einem Zuge in das Oberland befand, in Persien
gebe es eine reiche Stadt, Elyraais geheissen, mit einem
prachtvollen Tempel der Artemis, der Weihgeschenke
aller Art berge, darunter auch Panzer, welche der Mace-
donierkönig Alexander, des Philippus Sohn, dort zurück-
gelassen haben sollte. Der König, dessen Habsucht
hierdurch mächtig gereizt wurde, brach sogleich nach
Elymais auf und belagerte die Stadt. Da aber die
Bürger sich weder durch sein Anrücken, noch durch die
Belagerung in Schrecken jagen Hessen, vielmehr tapferen
Widerstand leisteten, sah er sich in seiner Hoffnung ge-
tauscht. Ja, es gelang denselben sogar, bei einem Aus-
fälle den König von der Stadt zu vertreiben und ihn
derart zu verfolgen, dass er nach Babylon fliehen musste
und einen grossen Teil seines Heeres verlor. In seinem
Missmut über diese Niederlage erhielt er nun noch die
Nachricht, dass seine Heerführer, welche er gegen die
Juden gesandt hatte, geschlagen seien und die Macht
der Juden einen gewaltigen Aufschwung genommen habe.
Das war zu viel für ihn, und er zog sich aus Ärger eine
Zwölftes Buch, 9. Kapitel.
115
Krankheit zu. Als dieselbe sich sehr verlängerte und
ihm immer grössere Qualen verursachte, sah er ein, dass
er sterben müsse. Er berief daher seine Freunde zu-
sammen, teilte ihnen mit, dass seine Krankheit ihnen
schweres Leid bringen werde, und gestand ihnen, dass
er seine schrecklichen Leiden nur der von ihm verübten
Misshandlung der Juden, der Beraubung des Tempels
und der Verachtung Gottes zuzuschreiben* habe. Als-
dann gab er den Geist auf. Man muss sich nun billig
über den Polybius von Megalopolis verwundern, der, ob-
gleich er ein ehrenwerter Geschichtschreiber ist, erzählt,
Antiochus sei gestorben, weil er den Artemistempel in
Persien habe plündern wollen. Es ist aber doch klar,
dass etwas, was man nur beabsichtigt, jedoch nicht
zur Ausführung gebracht hat, keine Strafe verdienen
kann. Will also Polybius darin die Ursache von
Antiochus’ Tod finden, so ist es doch viel wahrschein-
licher, dass der König wegen der Beraubung unseres
Tempels hat sterben müssen. Doch ich mag über diese
Sache nicht mit denen streiten, welche die Ansicht des
Megalopoliters der meinigen vorziehen.
2. Ehe Antiochus verschied, hatte er den Philippus,
einen seiner Vertrauten, zu sich rufen lassen und ihn
als Reichsverweser eingesetzt. Ihm hatte er auch das
Diadem, den Königsmantel und seinen Siegelring über-
geben und ihm aufgetragen, das alles seinem Sohne aus-
zuhändigen, für dessen Erziehung zu sorgen und ihm
die Herrschaft zu sichern. Antiochus starb im hundert-
neunundvierzigsten Jahre seleukidischer Zeitrechnung.
Lysias machte dem Volke von seinem Tode Mitteilung,
rief seinen Sohn Antiochus, dessen Erziehung er leitete,
zum Könige aus und gab diesem den Beinamen
Eupator.
3. Um diese Zeit fügten die Besatzung der Burg zu
Jerusalem und die jüdischen Überläufer den Juden viel
Ungemach zu. Kam nämlich jemand in den Tempel,
um zu opfern, so machten ihn die Soldaten nieder:
denn die Burg beherrschte den Tempel. Diesem Un-
8 *
Go gle
116
Josephus’ Jüdische Altertümer.
wesen beschloss Judas durch Vertreibung der Besatzung
ein Ende zu machen ; er berief daher sein Kriegsvolk
zusammen und belagerte die Burg nachdrücklich. Das
geschah im hundertfünfzigsten Jahre der seleukidischen
Aera. Judas liess also Belagerungsmaschinen anfertigen
und Wälle aufwerfen, und betrieb überhaupt die Be-
lagerung unter Anspannung aller Kräfte. Doch gelang
es vielen in der Burg befindlichen Überläufern, bei
Nacht zu entweichen. Diese sammelten eine Anzahl
ihres Gelichters, begaben sich zum Könige Antiochus
und baten ihn, sich ihrer anzunehmen, da sie von ihren
Landsleuten hart bedrängt würden. Und zwar geschehe
dies, weil sie ihre eigene Religion verlassen und die
seines Vaters angenommen hätten. Es sei jetzt zu be-
fürchten, dass, wenn er nicht für Entsatz sorge, Judas
und seine Anhänger die Burg samt den königlichen
Truppen in die Hände bekämen. Bei .dieser Kunde ge-
riet der König in Zorn, beschied seine Heerführer und
Ratgeber zu sich und hiess sie Söldner werben und alle
wehrfähigen Männer im Reiche aufbieten. Auf diese
Weise wurde ein Heer von etwa hunderttausend Fuss-
soldaten, zwanzigtausend Reitern und zweiunddreissig
Elefanten zusammengebracht.
4. Mit dieser Streitmacht brach der König in Be-
gleitung des zum Oberbefehlshaber ernannten Lysias
von Antiochia auf. Und als er nach Idumaea gekommen
war, wandte er sich gegen Bethsura, eine stark befestigte
und schwer einnehmbare Stadt, und fing an sie zu be-
lagern. Die Bethsuraner aber leisteten tapferen Wider-
stand und steckten bei ihren Ausfällen seine Maschinen
in Brand, sodass die Belagerung sich sehr in die Länge
zog. Als nun Judas von dem Feldzug des Königs
Kunde erhielt, hob er die Belagerung der Burg auf, zog
dem Antiochus entgegen und schlug sein Lager bei
einem Engpässe in Betbzacharia auf, siebzig Stadien
vom Feinde entfernt. Der König verliess darauf
Bethsura und rückte gegen den Engpass und das Lager
der Juden vor. Beim Morgengrauen stellte er seine
Go gle
Zwölftes Buch, 9. Kapitel.
117
Truppen in Schlachtordnung auf und liess die Elefanten,
weil sie des Engpasses wegen sich nicht in der Breite
entfalten konnten, hintereinander aufmarschieren. Jeden
Elefanten umgaben tausend Fusssoldaten und fünf-
hundert Reiter, und auf ihrem Rücken trugen die Tiere
hohe, mit Bogenschützen besetzte Türme. Den Rest des
Heeres liess . er in einzelnen Abteilungen unter dem
Kommando seiner Freunde sich auf den Bergspitzen
aufstellen. Alsdann liess Antiochus das Heer den
Schlachtruf erheben, auf den Feind eindringen und die
goldenen und ehernen Schilde schwingen, sodass die-
selben im Sonnenlicht glitzerten, und die Berge von dem
Getöse wiederhallten. Judas aber liess sich nicht ein-
schüchtern, sondern erwartete tapfer den feindlichen
Anprall und erschlug gleich gegen sechshundert von der
Vorhut. Unterdessen hatte sein Bruder Eleazar mit
dem Beinamen Auran den Elefant erspäht, der gewaltiger
als die anderen war und den Königspanzer trug. Da
er nun vermutete, auf diesem Elefant befinde sich der
König, drang er mutvoll auf denselben ein. Und nach-
dem er von den den Elefant begleitenden Kriegern
eine beträchtliche Anzahl erschlagen und die übrigen
zerstreut hatte, schlich er sich unter den Bauch des
Tieres und verwundete es tödlich. Leider stürzte aber
der zusammenbrechende Koloss auf Eleazar und er-
drückte ihn unter seiner Last. So kam der wackere
Kämpfer ums Leben, der so vielen Feinden den Unter-
gang bereitet hatte.
5. Judas aber sah ein, dass er der Übermacht des
Feindes nicht gewachsen war; er zog sich deshalb nach
Jerusalem zurück und machte sich auf eine Belagerung
gefasst. Antiochus sandte nun den einen Teil seines
Heeres zur Erstürmung von Bethsura ab, während er
mit dem anderen gegen Jerusalem rückte. Die Beth-
suraner gerieten ob der gewaltigen Menge der Belagerer
in Schrecken, und da ihnen auch die Lebensmittel aus-
zugehen drohten, ergaben sie sich, nachdem sie die eid-
liche Zusage erhalten hatten, dass der König ihnen
118
Josephus’ Jüdische Altertümer.
nichts Schlimmes zufügen werde. Wirklich that
Antiochus nach Einnahme der Stadt ihnen auch nichts
anderes zuleide, als dass er sie wehrlos aus der Stadt
auswies und von seinen eigenen Truppen eine Besatzung
hineinlegte. Was aber Jerusalem angeht, so kostete den
König die Belagerung des Heiligtums doch eine ungleich
längere Zeit, da die im Tempel eingeschlossenen Juden
sich mit zäher Ausdauer verteidigten. Jeder Maschine
des Königs nämlich stellten sie eine andere entgegen.
Bei den Belagerten aber trat sehr rasch Mangel an
Lebensmitteln ein, weil das vorrätige Getreide verzehrt
war und das Land in diesem Jahre nicht bebaut werden
durfte. Das Jahr war nämlich gerade ein siebentes
Jahr, in welchem nach dem Gesetze der Boden brach
liegen musste. Viele der Belagerten entflohen daher
aus Mangel am Notwendigsten, und nur wenige blieben
zurück.
6. So erging es den Juden, die im Tempel belagert
wurden. Auf einmal aber erhielten der Heerführer
Lysias und der König Antiochus die Nachricht,
Philippus sei aus Persien gekommen und erhebe selbst
Anspruch auf den Thron. Das veranlasste sie, die Be-
lagerung aufzuheben und sich gegen Philippus zu
wenden. Doch beschlossen sie, den Anführern und dem
Heere den wahren Grund ihres Abzuges zu verheim-
lichen. Vielmehr trug der König dem Lysias auf, den
Führern wie den Soldaten, ohne von des Philippus Ab-
sichten zu sprechen, mitzuteilen, die Belagerung nehme
doch zu viel Zeit in Anspruch, und ;der Platz sei zu
stark befestigt. Auch stelle sich schon Mangel an
Lebensmitteln ein, und im Reiche sei noch vieles zu er-
ledigen, sodass es besser sei, mit den Belagerten und
dem ganzen Volke Frieden und Freundschaft zu
schliessen, indem man sie ruhig nach ihrem Gesetze,
dessen Vernichtung der Zweck des Krieges gewesen sei,
leben lasse und in die Heimat zurückkehre. Diese
Worte des Lysias fanden den Beifall sowohl der An-
führer als auch des ganzen Heeres.
Zwölftes Buch, 9. Kapitel.
119
7. Der König liess also dem Judas und den übrigen
Belagerten sagen, er wolle mit ihnen Frieden schliessen
und sie nach dem Gesetze ihrer Väter leben lassen.
Das hörten die Juden mit Freuden und kamen, nachdem
sie eine eidliche Versicherung erhalten hatten, aus dem
Tempel hervor. Als aber Antiochus in denselben ein-
gezogen war und bemerkte, dass der Platz so vortreff-
lich befestigt sei, brach er seinen Eid und befahl den
Seinigen, die Mauer zu schleifen und sie dem Erdboden
gleich zu machen. Darauf kehrte er nach Antiochia
zurück und führte den Hohepriester Onias, der auch
Menelaus genannt wurde, mit sich fort. Lysias hatte
nämlich dem Könige geraten, er solle den Menelaus um-
bringen lassen, wenn er Ruhe vor den Juden haben
wolle. Denn von ihm komme alles Unheil her, weil er
den Vater des Königs veranlasst habe, die Juden zum
Abfall von der Gottesverehrung ihrer Väter zu zwingen.
Demgemäss schickte der König den Menelaus nach
Beroea in}Syrien und liess ihn dort hinrichten, nachdem
er zehn Jahre lang in Frevel und Gottlosigkeit die
Hohepriesterwürde innegehabt und, um seine Herrsch-
sucht zu befriedigen, das Volk hatte zwdngen lassen, von
den Gesetzen abzufallen. Nach dem Tode des Menelaus
wurde Alkimus, der auch Jakim hiess, Hohepriester.
Um übrigens auf Antiochus zurückzukommen, so traf
«r den Philippus schon im Besitze der Regierung an.
Er überzog ihn daher mit Krieg und liess ihn, nachdem
sr sich seiner bemächtigt hatte, hinrichten. Als nun
Onias, der Sohn des Hohepriesters , der, wie oben er-
wähnt, beim Tode seines Vaters noch ein Kind war,
sah, wie der König nach der Hinrichtung seines Oheims
die Hohepriesterwürde dem Alkimus übertrug, der nicht
aus hohepriesterlichem Geschlechte war, und auf den
Rat des Lysias das Amt von seiner Familie auf eine
andere übergehen liess, floh er zu Ptolemaeus, dem
Könige von Aegypten. Dort fand er sowohl von seiten
des Königs als auch bei deäsen Gemahlin Kleopatra
«hrenvolle Aufnahme und erhielt von dem Königspaar
Go gle
120
Josephus* Jüdische Altertümer.
ein Grundstück im Bezirke von Heliopolis, auf welchem
er einen Tempel nach dem Muster des zu Jerusalem
befindlichen erbaute. Ich werde darauf noch später zu-
rückkommen.
Zehntes Kapitel.
Wie Bakchides, der Feldherr des Demetrius, gegen die
Juden zog , aber unverrichteter Sache heimkehren
musste. Wie Nikanor gegen Judas geschickt wurde
und mit seinem ganzen Heere umkam. Des Alkimus
Tod.
1, Um diese Zeit floh des Seleukus Sohn Demetrius
von Rom weg, nahm die Stadt Tripolis in Syrien ein
und setzte sich die Königskrone auf. Dann warb er
noch eine Anzahl Söldner und zog in die königliche
Residenz ein, wo er freudig aufgenommen und als
Herrscher anerkannt wurde. Den König Antiochus und
den Lysias liess er sodann festnehmen, vor seinen Thron
führen und sogleich hinrichten. Antiochus regierte also,
wie ich schon anderswo bemerkt habe, nur zwei Jahre.
Zu Demetrius kamen nun viele gottlose jüdische Über-
läufer, darunter auch der Hohepriester Alkimus, und
klagten das ganze Volk und besonders den Judas sowie
dessen Brüder an, sie hätten sämtliche Freunde des
Königs und alle im Reiche, die ihm treu geblieben seien,
umgebracht. Sie, die Ankläger, seien aus ihrer Heimat
vertrieben worden, sodass sie in der Fremde Gastfreund-
schaft in Anspruch nehmen müssten, und sie bäten ihn
daher, einen von seinen Vertrauten hinzuschicken, damit
dieser sich erkundige, was Judas anfange.
2. Demetrius sandte darauf in hellem Zorne Bak-
chides, den Freund des Antiochus Epiphanes, einen
rechtschaffenen, damals mit der Statthalterschaft von
ganz Mesopotamien betrauten Mann, an der Spitze eine»
Heeres ab, gab ihm den Hohepriester Alkimus bei und
befahl ihm, den Judas samt seinen Anhängern um-
Go gle
Zwölftes Buch, 10. Kapitel.
121
zubringen. Bakchides brach demgemäss mit seinem
Heere von Antiochia auf, und als er nach Judaea ge-
kommen war, schickte er Boten an Judas und dessen
Brüder, um mit ihnen über Frieden und Freundschaft
zu unterhandeln. So hoffte er den Judas mit List in
seine Gewalt zu bekommen. Doch dieser traute ihm
nicht, weil er ein Heer bei sich habe, das man zum
Kriegführen , nicht aber zum Friedensschluss brauche.
Nur einige aus dem Volke schenkten den Vorspiegelungen
des Bakchides Glauben und gingen in der Hoffnung,
Alkimus werde als ihr Landsmann nichts Böses gegen
sie im Schilde führen, zu ihm über. Dort erhielten sie
die eidliche Zusage, dass weder ihnen noch denen, die
ihnen etwa folgen würden, ein Leids geschehen solle,
worauf sie sich vertrauensvoll ergaben. Bakchides aber
brach den Eid und liess sechzig von ihnen umbringen,
wodurch er die anderen, die noch vorhatten, nachzufolgen,
abschreckte. Dann zog er von Jerusalem weg zu einem
Dorfe, welches Bethzetho hiess, liess eine Menge Über-
läufer und einige von den Bewohnern des Dorfes er-
greifen und niedermachen, und befahl, dass alle Be-
wohner der Gegend dem Alkimus Gehorsam zu erweisen
hätten. Nachdem er sodann dem letzteren eine Ab-
teilung Soldaten dagelassen, die ihn bei der Verwaltung
der Provinz schützen sollten , kehrte er nach Antiochia
zum Könige Demetrius zurück.
3. Alkimus suchte nun um jeden Preis seine Herr-
schaft zu befestigen, und da er einsah, er werde viel
sicherer regieren, wenn er die Zuneigung des Volkes be-
sitze, schmeichelte er jedem seiner Untergebenen mit
freundlichen und gefälligen Worten. In kurzer Zeit
jedoch umgab er sich mit einer starken und wohlgeübten
Kriegerschar, die grösstenteils aus Frevlern und Über-
läufern bestand. Mit ihnen durchzog er das Land und
schlachtete alles hin, was Neigung zu Judas offenbarte.
Als Judas die rasche Zunahme der Macht des Alkimus
bemerkte und viele edle und gerechte Männer morden
sah, streifte auch er durchs Land und machte die An-
122
Josephus’ Jüdische Altertümer.
hänger seines Gegners nieder. Alkimus aber sah nun
wohl ein, dass er dem Judas nicht gewachsen war, und
beschloss daher, sich zum Könige Demetrius zurück*
zuziehen. Als er in Antiochia ankam, reizte er den
König gegen Judas auf, indem er sich beklagte, dieser
habe ihm schon viel Unheil zugefügt und werde ihm
wohl noch mehr schaden, wenn er nicht zeitig fest-
genommen und bestraft würde. Zu diesem Zweck aber
sei es notwendig, ein starkes Heer gegen ihn ins Feld
zu schicken.
4. Demetrius, der auch schon seinerseits überlegt
hatte, eine wie grosse Gefahr des Judas zunehmende
Macht für ihn sei , schickte seinen besten und ver-
trautesten Freund Nikanor, der auch mit ihm aus Rom
geflohen war, ab, gab ihm ein Heer mit, das nach seiner
Meinung zur Besiegung des Judas hinreichend war, und
befahl ihm, niemand aus dem ganzen Volke zu ver-
schonen. ’ Als Nikanor nach Jerusalem gekommen war,
wollte er den Judas nicht sogleich offen angreifen,
sondern dachte ihn durch List in seine Gewalt zu be-
kommen und liess ihm daher Frieden anbieten. Er sehe
keinen Grund, liess er ihm raitteilen, weshalb sie mit-
einander kämpfen sollten, und sei bereit, ihm die eid-
liche Zusage zu geben, dass ihm nichts Schlimmes wider-
fahren würde. Denn er sei in Begleitung seiner Freunde
nur gekommen, um ihnen zu verkündigen, wie der König
Demetrius gegen ihr Volk gesinnt sei. Diesen Ver-
sprechungen glaubten Judas und seine Brüder trauen zu
dürfen, und da sie nicht im entferntesten an eine List
dachten, Hessen sie den Nikanor mit seinem Heere ein.
Als dieser aber den Judas begrüsst hatte, gab er,
während er sich mit ihm unterhielt, den Seinigen ein
Zeichen, ihn zu ergreifen. Judas jedoch hatte rechtzeitig
die ihm drohende Gefahr erkannt, sprang auf und ent-
kam zu den Seinigen. Als Nikanor seinen Anschlag
vereitelt sah, beschloss er, offen mit Judas zu streiten.
Er rüstete sich daher sogleich zum Kampfe, lieferte dem
Judas bei dem Dorfe Kapharsalama eine Schlacht, be-
Zwölftes Buch, 10. Kapitel.
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siegte ihn und zwang ihn, nach Jerusalem in die Burg
zu fliehen.
5. Als er nun von der Burg aus sich zum Tempel
begab, begegneten ihm einige Priester und Älteste,
grössten- ihn und zeigten ihm die Opfer, die Gott für
das Wohl des Königs dargebracht würden. Er aber
stiess gotteslästerische Worte aus und drohte, wenn sie
ihm den Judas nicht auslieferten, bei seiner Rückkehr
den Tempel zu zerstören. Alsdann verliess er Jeru-
salem; die Priester aber brachen aus Trauer über seine
Drohung in Thränen aus und flehten zu Gott, er möge
sie doch aus den Händen der Feinde befreien. Nikanor
also verliess Jerusalem und schlug bei dem Dorfe
Bethoron, wo noch eine andere syrische Heeresabteilung
zu ihm stiess, sein Lager auf. Judas dagegen lagerte
sich mit seiner kaum tausend Mann zählenden Schar
bei dem Dorfe Adasa, dreissig Stadien von Bethoron
entfernt. Hier ermunterte er die Seinigen, sich nicht
durch die Überzahl der Feinde in Furcht jagen zu
lassen, noch daran zu denken, mit wie vielen Feinden 1
sie kämpfen müssten, sondern zu erwägen, wer sie selbst
seien und was für sie auf dem Spiele stehe, und dem-
gemäss wacker auf die Feinde einzudringen. Darauf
führte er sie zur Schlacht, griff den Nikanor an und
überwand nach heissem Kampfe seine Gegner, von denen
viele umkamen. Zuletzt fiel auch Nikanor selbst nach
heldenmütigem Ringen. Nach seinem Tode hielt das
Heer nicht länger stand, sondern warf, seines Führers
beraubt, die Waffen weg und wandte sich zur Flucht.
Judas verfolgte sie, richtete ein gewaltiges Blutbad unter
ihnen an und liess den benachbarten Dörfern durch
Trompeten Zeichen seinen Sieg bekannt geben. Als die
Bewohner diese Signale hörten, rückten sie in Wehr und
Waffen aus, traten den Fliehenden entgegen und töteten
sie Mann für Mann, sodass von den neuntausend an der
Schlacht Beteiligten auch nicht einer entkam. Diesen
Sieg errang Judas am dreizehnten Tage des Monats, den
die Juden Adar und die Macedonier Dystros nennen.
124
Josephus’ Jüdisch«» Altertümer.
Alljährlich werden seitdem an jenem Tage Opfer dar-
gebracht und der Tag aus Dankbarkeit für den Sieg’
festlich gefeiert. Das Volk der Juden aber genoss nun
eine Zeitlang Ruhe und erfreute sich des Friedens, bis
es dann wieder von neuem unter den Gefahren de&
Krieges zu leiden hatte.
6. Als nun der Hohepriester Alkimus die Mauer des
Tempels, welche schon alt und noch von den heiligen
Propheten erbaut war, niederreissen wollte, traf ihn
plötzlich die Hand Gottes, sodass er sprachlos zur Erde
stürzte und nach mehrtägigen Qualen starb; vier Jahre
lang war er Hohepriester gewesen. Nach seinem Tode
übertrug das Volk dem Judas die hohepriesterliche
Würde. Da dieser vernahm, dass die zu grosser Macht
gelangten Römer Galatien, Iberien und Karthago in
Afrika erobert, Griechenland sich unterworfen und die
Könige Perseus, Philippus und Antiochus den Grossen
besiegt hätten, nahm er sich vor, mit ihnen ein Bünd-
nis zu schliessen. Er sandte daher seine Freunde Eupo-
lemos, den Sohn des Joannes, und Jason, den Sohn
des Eleazar, nach Rom und liess dort bitten, die Römer
möchten Bundesgenossenschaft mit ihm schliessen und
an Demetrius schreiben, dass er die Juden nicht
weiter mit Krieg behellige. Der römische Senat nahm
die jüdischen Gesandten ehrenvoll auf, verhandelte mit
ihnen in betreff ihres Auftrages und sagte die Bundes-
genossenschaft zu. Von diesem Senatsbeschlusse wurde
eine Abschrift nach Judaea geschickt, das Original aber
auf eherne Tafeln eingraviert und im Kapitol nieder-
gelegt. Der Beschluss lautete folgendermassen : „Senats-
beschluss in betreff des Bündnisses und der Freundschaft
mit dem Volke der Juden. Kein römischer Unterthan
darf mit dem jüdischen Volke Krieg führen, noch andere,
welche dies thun, mit Getreide, Schiffen oder Geld
unterstützen. Werden die Juden angegriffen, so sollen
die Römer ihnen jede mögliche Hilfe leisten, wie die
Juden auch ihrerseits Hilfe zu leisten haben, wenn die
Römer angegriffen werden. Will das jüdische Volk zu
Zwölftes Buch, 11. Kapitel.
125
diesem Vertrage Bestimmungen hinzusetzen oder solche
davon streichen, so kann das nur mit Zustimmung des
römischen Volkes geschehen. Die Zusätze sollen dann
ebenso giltig sein wie der frühere Vertrag. Unterzeichnet
wurde dieser Senatsbeschluss jüdischerseits von Eupo-
lemos, dem Sohne des Joannes, und von Jason, dem
Sohne des Eleazar, unter dem Hohepriestertume des
Judas und der Heerführerschaft seines Bruders Simon.“
Dies war das erste Mal, dass die Römer mit den Juden
Bündnis und Freundschaft schlossen. '
Elftes Kapitel.
Wie Bakchides wiederum gegen Judas zu Felde zog.
Judas fällt nach heldenmütigem Kampfe.
1. Als Demetrius von dem Tode Nikanors und der
Niederlage seines Heeres Meldung erhielt, sandte er
abermals den Bakchides an der Spitze eines Heeres
nach Judaea. Dieser brach von Antiochia auf und
schlug, als er Judaea erreicht hatte, bei Arbela, einer
Stadt Galilaeas, sein Lager auf. Hier hatten sich in
den dort befindlichen Höhlen viele Juden verbarrikadiert,
sodass er gezwungen war, sie förmlich zu belagern.
Nachdem er sie dann gefangen genommen hatte, zog er
in Eilmärschen nach Jerusalem. Unterwegs erhielt er
Kunde davon, dass Judas bei dem Dorfe Bethzetho lagere,
und brach daher mit zwanzigtausend Fuss Soldaten und
zweitausend Reitern gegen ihn auf. Judas dagegen
hatte nur tausend Mann zu seiner Verfügung. Als diese
die Übermacht der Truppen des Bakchides sahen, ent-
setzten sie sich so, dass viele das Lager verliessen und
nur achthundert zurückblieben. Obgleich 4 nun Judas
von seinen eigenen Kriegern im Stich gelassen wurde,
und ihm bei dem Drängen des Feindes keine Zeit zur
Aushebung neuer Streitkräfte blieb, beabsichtigte er doch,
mit den achthundert den Kampf gegen Bakchides auf-
zunehmen. Er ermahnte daher die Seinen zu mutigem
126
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Verhalten und hiess sie dann in Schlachtordnung auf-
marschieren. Sie aber erklärten, es sei unmöglich, dass
sie mit einer solchen Masse den Kampf wagen könnten,
und baten ihn, für jetzt von seinem Plane abzustehen,
auf ihre Rettung bedacht zu sein und später mit
stärkeren Streitkräften den Feind anzugreifen. Judas
jedoch entgegnete ihnen: „Das soll die Sonne nicht
sehen, dass ich dem Feinde den Rücken zu wende. Wäre
mir auch bestimmt, im Kampfe zu fallen, so werde ich
dennoch tapfer streiten und lieber meinem Untergang
entgegen sehen, als durch schimpfliche Flucht meinen
bisherigen Kriegsruhm beflecken.“ Mit solchen Worten
feuerte er die ihm treugebliebenen Krieger an, der Ge-
fahr zu trotzen und den Kampf zu wagen.
2. Unterdessen hatte Bakchides seine Truppen aus
dem Lager geführt und sie in Schlachtordnung so auf-
gestellt, dass die Reiterei die beiden Flügel einnahm
und die Plänkler mit den Bogenschützen vor der eigent-
lichen Heeresmasse standen. Er selbst befand sich auf
dem rechten Flügel. In dieser Schlachtordnung Hess
er sein Heer gegen den Feind anrücken , hiess die
Trompeter zum Angriff blasen und befahl den Seinigen,
mit lautem Kriegsruf sich in die Schlacht zu stürzen.
Dasselbe that Judas, und so stiessen die Heere zu-
sammen. Auf beiden Seiten wurde ausdauernd gekämpft^
sodass sich die Schlacht bis Sonnenuntergang hinzog
Um diese Zeit merkte Judas, dass Bakchides sich mit
dem Kern seines Heeres auf dem rechten Flügel befand,
und drang sogleich mit den tapfersten seiner Leute nach
dieser Seite hin vor, griff den Flügel an und brachte
ihn zum Wanken. In gewaltigem Ansturm trieb er die
Gegner alsdann in die Flucht und verfolgte sie bis zum
Berge Aza. Kaum aber hatten die Krieger des linken
Flügels bemerkt, dass der rechte Flügel geworfen war,
als sie dem Judas nachsetzten und ihn von rückwärts
umzingelten. Als dieser nun keine Möglichkeit zu ent-
kommen sah , da er rings von Feinden umgeben war,
schloss er sich mit den Seinigen fest zusammen und
Zwölftos Buch, 1 1 . Kapitel.
127
focht unter Anspannnng aller Kräfte. So machte er
noch eine Menge seiner Gegner nieder. Endlich aber
ermattete er und fiel, im Tode nicht minder ruhmvoll
wie im Leben. Als Judas niedergemacht war, suchten
die Seinigen ihr Heil in der Flucht, da sie ohne seine
Führung alle Hoffnung aufgeben mussten. Seine Brüder
Simon und Jonathas Hessen sich seinen Leichnam von
den Feinden ausliefern, brachten ihn nach Modiim, wo
ihres Vaters Grabstätte war, und bestatteten ihn daselbst.
Das Volk betrauerte ihn viele Tage lang und erwies
ihm die üblichen Ehrenbezeugungen. So schied Judas,
der heldenhafte Kriegsmann, aus dem Leben, der den
Geboten seines Vaters Mattathias treugeblieben und be-
reit war, für die Freiheit seiner Volksgenossen alles zu
thun und alles zu leiden. Durch seine Tapferkeit be-
freite er sein Volk aus der macedonischen Knechtschaft
und erwarb sich dadurch hohen Ruhm und ein ewiges
Andenken. Bei seinem Ableben war er drei Jahre lang
Hohepriester gewesen.
Go gle
Dreizehntes Bueh
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 82 Jahren.
Inhalt.
1. Wie Judas* Bruder Jonathas nach dessen Tod die Führung des
Volkes übernahm.
2 . Wie er den Bakchides zwang, mit ihm Freundschaft zu schliessen
und aus Judaea abzuziehen.
3. Wie Alexander , des Antiochus Epiphanes Sohn , nach Judaea
zog und den Demetrius bekriegte.
4. Wie Demetrius an Jonathas eine Gesandtschaft schickte, mit
ihm ein Bündnis schloss und ihm selbst wie unserem Volke
reiche Geschenke machte.
5. Wie Alexander auf die Nachricht hiervon den Demetrius mit
Geschenken überbot, den Jonathas zum Hohepriester machte
und ihn so auf seine Seite zog.
6. Wie um diese Zeit Onias Freundschaft mit Ptolemaeus Philo*
metor schloss und einen Tempel nach dem Muster des in
Jerusalem befindlichen erbaute.
7. Wie Alexander nach dem Tode des Demetrius den Jonathas
höchst ehrenvoll behandelte.
8. Wie des Demetrius Sohn Demetrius von Kreta nach Syrien
übersetzte, den Alexander im Kriege überwand, selbst die
Königswürde erlangte und mit Jonathas Freundschaft schloss.
9. Wie Tryplion aus Apamea den Demetrius besiegte, an Alexanders
Sohn Antiochus die Königswürde übertrug und mit Jonathas
ein Bündnis schloss.
10. Wie Tryphon, nachdem Demetrius von den Parthern gefangen
worden war, das mit Jonathas eingegangeno Bündnis brach,
ihn mit List fangen und töten liess und seinen Bruder
Simon mit Krieg überzog.
11. Wie das jüdische Volk dem Simon, Bruder des Jonathas, den
Oberbefehl übertrug und ihn zum Hohepriester wählte.
Dreizehntes Buch, Inhalt.
129
12. Wie Simon den Trypliou in Dora einschloss und belagerte,
nachdem er mit Antiochus dem Frommen, dem Bruder des
Demetrius, sich verbündet hAtte.
13* Wie nach Tryphons Ermordung Antiochus gegen Simon zu Felde
zog, und wie Simon dessen Feldherrn Kendebaeus besiegte
und aus Judaea vertrieb.
14. Wie Simon von seinem Schwiegersöhne Ftolemaeus beim Mahle
hinterlistig umgebracht wurde, und wie Ptolemaeus, nachdem
er Simons Gattin und Kinder ins Gefängnis geworfen , die
Herrschaft zu erringen suchte.
15. Wie Simons jüngster Sohn Hyrkanus dem Ptolemaeus zuvorkam
und ihn in der Burg Dagon lange belagerte.
16. Wie Antiochus der Fromme gegen Hyrkanus zu Felde zog, vor
die Stadt Jerusalem rückte und die Belagerung erst aufhob,
als Hyrkanus ihm dreihundert Talente gezahlt und ein
Bündnis mit ihm geschlossen hatte.
17. Hyrkanus zieht nach dem Tode des Antiochus gegen Syrien und
erobert viele Städte.
18. Freundschaft zwischen Hyrkanus und Alexander mit dem Bei-
namen Zebinas.
t
19. Wie Antiochus von Kyzikos, der den von Hyrkanus belagerten
Samaritern zu Hilfe gezogen war, in die Flucht geschlagen
und von den Söhnen des Hyrkanus aus Judaea vertrieben
wurde.
20. Wie Aristobulus zur Herrschaft kam und sich die Königskrone
aufsetzte.
21. Wie nach dem Tode des Aristobulus dessen Bruder Alexander,
der ihm in der Regierung folgte, gegen Syrien, Phoenicien
und Arabien zu Felde zog und viele feindliche Plätze er-
oberte.
22. Des Ptolemaeus Lathurus Kampf gegen Alexander und sein
Sieg.
23. Wie Demetrius Eukaerus ein Heer gegen Alexander führte und
ihn überwand.
24. Des Antiochus Dionysus Kriegszug gegen Judaea, und wie er
in der Schlacht den Sieg davontrug.
25. Wie nach dem Tode Alexanders dessen Gattin Alexandra neun
Jahre lang die Regierung innehatte und nach einem Leben
voll Frieden und Ruhm starb.
Josephus'Jlidiscbe Altertümer, II.
9
Go gle
130
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Erstes Kapitel.
Wie Jonathas nach seinem Bruder Judas die Herrschaft
übernahm und mit seinem Bruder Simon gegen Bakchides
zu Felde zog.
1. Wie das Volk der Juden sich aus der Knecht-
schaft der Macedonier befreite, und wie nach vielen
und schweren Kämpfen Judas im Kriege den Tod fand,
habe ich im vorhergehenden Buche berichtet. Nach
Judas’ Ende nun fassten die Frevler und Gesetzesver-
ächter wieder Mut und thaten den Juden allerwärts viel
Schlimmes an. Dazu kam auch noch eine Hungersnot,
die das Land schwer heimsuchte, sodass viele, weil sie
am Notwendigsten Mangel litten und das doppelte Leid,
Feinde und Hunger, nicht zu ertragen vermochten, zu
den Macedoniern übergingen. Bakchides nämlich ver-
sammelte alle Juden um sich, die von ihren väterlichen
Gesetzen abgefallen waren und sich heidnischen Lebens-
gewohnheiten zugewandt hatten, und übertrug ihnen die
Verwaltung des Landes. Diese ergriffen die Anhänger
und Freunde des Judas und lieferten sie dem Bakchides
aus, der sie nach Herzenslust foltern und dann grausam
umbringen liess. So traf die Juden ein Unheil, wie sie
es seit der Rückkehr aus Babylon nicht mehr erfahren
hatten. Als nun die wenigen, welche dem Judas noch
treugeblieben waren , ihre Landsleute so elend um-
kommen sahen, baten sie den Jonathas, er möge sich
seinen Bruder Judas zum Vorbild nehmen, seinem Volke
dieselbe Fürsorge widmen wie jener, der für des Vater-
landes Freiheit sein Blut vergossen habe, und die Juden
jetzt nicht ohne Führer lassen, da sie in höchster Ge-
fahr schwebten. Jonathas entgegnete ihnen, er sei eben-
falls bereit, für sie dem Tode zu trotzen, und da man
glaubte, dass er seinem Bruder in nichts nachstehe,
wurde er zum Führer der Juden erwählt.
2. Als Bakchides das erfuhr, befürchtete er, Jonathas
möchte dem Könige und den Macedoniern nicht weniger
Dreizehntes Buch, 1 . Kapitel.
131
zu schaffen machen als sein Bruder Judas, und suchte
ihn deshalb mit List aus dem Wege zu räumen. Diese
seine Absicht blieb jedoch weder dem Jonathas noch
dessen Bruder Simon verborgen. Sie sammelten daher
auf die erste Kunde hiervon alle ihre Freunde und
flohen eiligst in die vor der Stadt gelegene Wüste, wo
sie bei der Cisterne Asphar ihren Aufenthalt nahmen.
Als Bakchides erfuhr, dass sie in ihrer Schwäche und
Mutlosigkeit sich an diesen Ort geflüchtet hatten, brach
er mit seinen gesamten Truppen gegen sie auf, schlug
jenseits des Jordan sein Lager auf und liess das Heer
sich hier ausruhen. Jonathas hatte kaum von dem An-
marsche des Bakchides Nachricht erhalten, als er seinen
Bruder Joannes mit dem Beinamen Gaddes zu den ihm
befreundeten nabataeischen Arabern schickte, um bei
ihnen während des Krieges mit Bakchides die beweg-
liche Habe in Sicherheit zu bringen. Als Joannes nun
auf dem Wege zu den Nabatäern war, legten ihm die
Söhne des Amaraeus aus der Stadt Medaba einen Hinter-
halt, nahmen ihn samt seinen Begleitern gefangen,
raubten alles, was jene bei sich hatten, und machten sie
nieder. Doch erlitten sie hierfür die verdiente Strafe,
wie ich gleich erzählen will.
3. Unterdessen hatte Bakchides in Erfahrung ge-
bracht, dass Jonathas in den Sümpfen am Jordan ein
Lager aufgeschlagen habe. Er wartete also den Sabbat
ab und rückte dann gegen ihn aus in dem Glauben,
Jonathas werde an diesem Tage aus Achtung vor dem
Gesetz den Kampf nicht wagen. Dieser aber sprach
seinen Gefährten Mut ein und erklärte ihnen, sie seien
mitten zwischen dem Feinde und dem Flusse derart ein-
geschlossen, dass Fliehen ein Ding der Unmöglichkeit
sei. Dann betete er zu Gott um den Sieg und griff die
Feinde an. Viele von diesen waren schon gefallen, als
er den Bakchides mit grossem Ungestüm auf sich zu-
kommen sah. Rasch holte er zum Schlage aus, um ihn
niederzustrecken. Bakchides jedoch sah den Streich
kommen und wich ihm aus, und nun sprang Jonathas
132
Josephus’ Jüdische Altertümer.
mit den Seinigen in den Fluss, schwamm hinüber und
brachte sich jenseits des Jordan, wohin die Feinde noch
nicht übergesetzt hatten, in Sicherheit. Bakchides aber
zog sich sogleich in die Burg von Jerusalem zurück,
nachdem er gegen zweitausend Mann von seinem Heere
verloren hatte. Alsdann befestigte er viele Städte Judaeas,
•deren Mauern zerstört waren, aufs neue, unter anderen
Jericho, Emmaus, Bethoron, Bethella, Thamnatha,
Pharathon, Tochoa und Gazara. In jeder dieser Städte
•erbaute er Türme, umgab sie mit starken und gewaltigen
Mauern und legte Besatzungen hinein, welche Ausfälle
machen und die Juden beunruhigen sollten. Ganz be-
sonders aber befestigte er die Burg von Jerusalem. Dann
liess er sich die Söhne der Vornehmsten in Judaea
als Geiseln geben und in der Burg gefangen setzen.
4. Um diese Zeit ward dem Jonathas und seinem
Bruder Simon gemeldet, die Söhne des Amaraeus feierten
eine Hochzeit. Die Braut stamme aus der Stadt Gabatha
und sei die Tochter eines vornehmen Arabers. Sie solle
nun in glänzendem und prächtigem Brautzuge von dort
abgeholt werden. Jonathas und Simon glaubten, dass
jetzt eine Gelegenheit gekommen sei, ihren Bruder
zu rächen, und brachen deshalb nach Medaba auf, wo
sie in Schlupfwinkeln des Gebirges versteckt ihre Feinde
erwarteten. Als sie dieselben mit der Braut, dem
Bräutigam und einem ganzen Schwarm von Freunden,
wie es bei Hochzeiten üblich ist, heranziehen sahen,
sprangen sie plötzlich aus dem Hinterhalt hervor, brachten
sämtliche Zugteilnehmer um, raubten den Brautschmuck
und alle übrigen Kostbarkeiten, die jene bei sich hatten,
und kehrten dann wieder heim. So nahmen sie an den
Söhnen des Amaraeus Rache für die Ermordung ihres
Bruders Joannes. Denn diese selbst und alle ihre Be
gleiter nebst Frauen und Kindern , im ganzen gegen
vierhundert Personen, verloren bei diesem Überfalle das
Leben.
5. Simon und Jonathas zogen nun wieder in die
Niederungen am Jordan und blieben daselbst. Auch
Dreizehntes Buch, 1 . Kapitel. ISS
Bakchides begab sich, nachdem er ganz Judaea mit Be-
satzungen versehen hatte, zum Könige zurück, sodas»
zwei volle Jahre lang Friede herrschte. Als aber die
Überläufer und Frevler sahen, dass Jonathas mit den
Seinigen unter dem Schutze des Friedens ruhig im Lande
lebte, Hessen sie den König Demetrius bitten, er möge
den Bakchides senden und Jonathas gefangen nehmen
lassen. Denn das werde nicht schwer fallen, und man
könne, wenn man Jonathas unvermutet angreife, ihn.
samt seinen Anhängern in einer Nacht überwältigen.
Der König sandte auch wirklich den Bakchides ab, unck
als dieser nach Judaea kam, schrieb er sogleich an alte
seine Freunde sowohl unter den Juden als unter de»
Bundesgenossen, sie sollten auf Jonathas fahnden und
ihn gefangen einliefern. Da es aber trotz aller Mühe
niemand gelang, des Jonathas habhaft zu werden (dieser
hatte nämlich die Nachstellungen gemerkt und war auf
seiner Hut), geriet Bakchides gegen die Überläufer, dte
seiner Meinung nach ihn und den König zum beste»
halten wollten, in Zorn und liess gegen fünfzig vom
ihren Vornehmen ergreifen und niedermachen. Jonathan
dagegen zog sich mit seinem Bruder und seinen An-
hängern aus Furcht vor Bakchides nach Bethalaga,.
einem Dorf in der Wüste, zurück, baute daselbst Türme-
und Kingmauern und sicherte sich vor Überfällen. Als
Bakchides hiervon Kunde erhielt, zog er mit den Truppen,,
die ihm damals zu Gebote standen, sowie mit den ihm
verbündeten Juden gegen Jonathas, rückte an dte
Festung heran und belagerte sie viele Tage lang.
Jonathas aber liess sich durch das Ungestüm der Be-
lagerer nicht einschüchtern, sondern leistete zunächst
tapferen Widerstand. Sodann liess er seinen Bruder
Simon in der Stadt zurück, um den Kampf gegen Bak-
chides fortzusetzen, während er selbst heimlich sich
hinausschlich, unter seinen Anhängern eine zahlreiche
Schar zusammenbrachte, bei Nacht in des Bakchides
Lager einbrach und dort so wütete, dass der Angriff’
auch seinem Bruder bemerklich wurde. Dieser machte
134
Josephus’ Jüdische Altertümer.
nun, als er das Blutbad unter den Feinden wahrnahm,
■einen Ausfall, steckte die Belagerungsmaschinen der
Macedonier in Brand und hieh viele von ihnen nieder.
Als Bakchides sich vorn wie hinten von Feinden be-
-drängt sah, geriet er in Verzweiflung und Bestürzung,
weil er einen solchen Verlauf der Belagerung nicht er-
wartet hatte. Dafür liess er seine Wut an den Über-
läufern, die seine Sendung vom Könige begehrt hatten,
aus, weil sie ihn hintergangen hätten, und gedachte
ehestens nach Hause zurückzukehren, wenn es ihm ge-
lingen würde, die Belagerung in Ehren zu beendigen.
6. Als Jonathas diese seine Absicht merkte, liess er
ihm durch Gesandte Frieden und Freundschaft anbieten
unter der Bedingung, dass die beiderseitigen Gefangenen
ausgewechselt würden. Bakchides, der sich auf keine
ehrenvollere Art hätte aus der Klemme ziehen können,
nahm das Anerbieten an und schloss Freundschaft mit
Jonathas, wobei sie noch gegenseitig sich das eidliche
Versprechen gaben, dass fortan keiner von ihnen gegen
den anderen die Waffen ergreifen solle. Nachdem
dann die Gefangenen ausgewechselt waren , begab sich
Bakchides nach Antiochia zum Könige zurück und griff
in der Folge auch wirklich Judaea nicht mehr an.
Jonathas, der sich nun sicher fühlte, nahm seinen Wohn-
sitz in der Stadt Machma, wo er dem Volke Recht
sprach , die Gottlosen und Frevler zum Tode ver-
urteilte und so das Land von diesem Schandfleck
xeinigte.
Dreizehntes Buch, 2. Kapitel.
135
Zweites Kap.itel.
Wie Alexander den Demetrius mit Krieg überzog, dem
Jonathas reiche Geschenke machte und ihn durch Ver-
leihung der Hohepriesterwürde auf seine Seite zog,
obgleich Demetrius noch reichere Geschenke ver-
sprach. Des Demetrius Tod.
1. Im einhundertsechzigsten Jahre (seleukidischer
Zeitrechnung) kehrte Alexander, der Sohn des Antiochus
Epiphanes, nach Syrien zurück und nahm Ptolemais in-
folge des Verrates der Besatzung ein, die gegen Deme-
trius wegen seines Stolzes und seiner Unzugänglichkeit
aufgebracht war. Demetrius schloss sich nämlich in eine
Burg mit vier Türmen ein, welche er in der Nähe von
Antiochia erbaut hatte, liess niemand vor und betrieb
auch die Regierungsgeschäfte nachlässig und mangel-
haft. Dadurch zog er sich den Hass seiner Unterthanen
noch um so mehr zu, wie ich dies anderwärts schon be-
richtethabe. Als nun Demetrius vernahm, dass Alexander
sich in Ptolemais befinde, zog er mit allen seinen Truppen
gegen ihn aus und schickte zugleich Gesandte an Jona-
thas, um sich seiner Bundesgenossenschaft und Treue
zu versichern. Er beabsichtigte damit dem Alexander
zuvorzukommen * und zu bewirken, dass dieser nicht
schon früher die Hilfe des Jonathas erlange, um so mehr,
als er befürchten musste, dass Jonathas im Andenken
an die ihm einst zugefügten Unbilden mit seinem Feinde
gemeinschaftliche Sache machen möchte. Er trug ihm
•deshalb auf, eine Aushebung zu veranstalten und Waffen
bereit zu machen, wofür er dann die Geiseln zurück-
erhalten solle, die Bakchides in der Burg zu Jerusalem
in Gewahrsam gebracht hatte. Sobald dem Jonathas
dieser Auftrag zugegangen war, kam er nach Jerusalem
und las das Schreiben des Königs dem Volke wie der
Besatzung vor. Da gerieten die Frevler und Überläufer
in Schrecken, als sie hörten, dass der König ihm ge-
stattet habe, ein Heer zu sammeln und die Geiseln zu
136
Josephus’ Jttdische Altertümer.
befreien. Die letzteren gab Jonathas nun sämtlich
ihren Angehörigen wieder, und da er sich jetzt wieder
als Herrn von Jerusalem betrachtete, erneuerte er die
Stadt und richtete alles nach seinem Gutdünken ein.
Auch befahl er, die Stadtmauer aus Quadersteinen auf-
zuführen, damit sie dem Feinde mehr Widerstand leisten
könne. Als dies die Besatzungen in den festen Plätzen
Judaeas merkten , verliessen sie sämtlich ihre Posten
und flohen nach Antiochia, mit Ausnahme der Be-
satzung Bethsuras und derjenigen der Burg von Jeru-
salem. Denn diese bestanden grösstenteils aus jüdischen
Überläufern, die sich nicht getrauten, die Festungen zu
verlassen.
2. Als Alexander von den Versprechungen Nachricht
erhielt, die Demetrius dem Jonathas gemacht, und zu-
gleich erfuhr, welch ein vortrefflicher Mann dieser sei,
wie viel Schaden er den Macedoniern schon im Kriege
gethan und was er von Demetrius und dessen Heer-
führer Bakchides habe leiden müssen, erklärte er
seinen freunden, er könne sich augenblicklich keinen
besseren Bundesgenossen wünschen als Jonathas, der
nicht nur ein Held im Kriege sei, sondern auch grim-
migen Hass gegen Demetrius hege, da er so viel
Schlimmes von ihm habe erfahren müssen. Wenn es ihnen
also ratsam erscheine, den Jonathas sich zum Freunde
und von Demetrius abspenstig zu machen, so sei wohl
jetzt die beste Zeit dazu. Da dies allseitig für zweck-
mässig erachtet wurde, schrieb er an Jonathas folgenden
Brief: „Der König Alexander entbietet seinem Bruder
Jonathas besten Gruss. Schon längst haben wir von
deiner Zuverlässigkeit und Tapferkeit gehört und schicken
deshalb Gesandte an dich, um mit dir Freundschaft und
Bündnis zu schliessen. Weiterhin ernennen wir dich
heute zum Hohepriester der Juden und nehmen dich in
die Reihe unserer persönlichen Freunde auf. Als Ge-
schenke senden wir dir ein Purpurkleid und eine goldene
Krone und bitten dich, uns ebenso in Ehren zu halten,
wie wir dich.‘*
Dreizehntes Buch, 2. Kapitel.
137
3. Nach Empfang dieses Briefes legte Jonathas, weil
gerade Laubhüttenfest war, das hohepriesterliehe Ge-
wand an, vier Jahre nach dem Tode seines Bruders
Judas, während welcher Zeit das Amt unbesetzt ge-
blieben war. Hierauf zog er ein grosses Heer zusammen
und liess eine Menge Waffen anfertigen. Die Nachricht
hiervon verdross den Demetrius sehr, und er warf sich
seine Langsamkeit vor, dass er nicht dem Alexander
zuvorgekommen sei und den Jonathas durch grössere
Gefälligkeit sich geneigt gemacht, sondern seinem Gegner
Zeit dazu gelassen habe. Dennoch entschloss er sich,
an Jonathas und das Volk einen Brief folgenden In-
halts zu schreiben : „Der König Demetrius entbietet dem
Jonathas und dem Volke der Juden seinen Gruss. Weil
ihr die mit uns eingegangene Freundschaft gehalten und
den Lockungen unserer Feinde kein Gehör gegeben habt,
zolle ich dieser eurer Treue alles Lob und bitte euch,
dabei zu verharren, wofür ich euch den wärmsten Dank
erstatten werde. Ich werde euch nämlich zum grössten
Teile von den Steuern und Abgaben befreien , die ihr
meinen Vorgängern und mir bisher bezahlt habt. Für
jetzt erlasse ich euch die regelmässigen Steuern, ver-
zichte ferner auf den Preis des Salzes 1 und der Kronen, 2
die ihr uns darzubringen pflegt, und schenke euch von
jetzt an auch das Drittel des Getreides und die Hälfte
der Baumfrüchte, die mir zustehen. Ferner erlasse ich
euch für alle Zeiten die Kopfsteuer, die mir von jedem
Einwohner Judaeas und der drei angrenzenden Pro-
vinzen Samaria, Galilaeä und Peraea bisher zu ent-
richten war. Die Stadt Jerusalem erkläre ich für heilig
und unverletzlich, und ihren ganzen Bezirk befreie ich
vom Zehnten und sonstigen Abgaben. Die Burg der
1 Josephus meint hier den Preis, den die Juden für das in den
Salinen Judaeas entnommene Salz bezahlen mussten.
• Die Juden pflegten den syrischen Königen jedes Jahr eine
goldene Krone darzubringen ; das zu diesen Kronen verwendete
oder an deren Stelle entrichtete Gold hiess Krongold.
Go gle
138
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Stadt trete ich an euren Hohepriester Jonathas ab,
welcher eine Besatzung hineinlegen kann, die er selbst
für zuverlässig hält, damit die Burg für mich erhalten
bleibt. Alle Juden , die als Kriegsgefangene unter uns
leben, lasse ich frei. Ferner verordne ich, dass die Zug-
tiere der Juden nicht mehr zu Frondiensten heran-
gezogen werden dürfen, und dass an Sabbaten und
allen übrigen Festtagen sowie an den drei denselben
vorhergehenden Tagen überhaupt keine Dienstleistungen
mehr zu fordern sind. Imgleichen erkläre ich auch die
in meinem Reiche lebenden Juden für frei und will,
dass sie in keiner Weise mehr behelligt werden. Wer
mit mir zu Felde ziehen will, mag das thun, bis die Zahl
dreissigtausend voll ist. Diese Krieger sollen überall
denselben Sold erhalten, wie meine eigenen Soldaten.
Ich werde dieselben teils als Besatzungen verwenden,
teils in meine Leibwache aufnehmen, teils sie auch zu
Anführern der in meiner Residenz stehenden Truppen
ernennen. Ich gestatte ihnen, nach den Gesetzen ihres
Landes zu leben und dieselben zu beobachten, und will
ferner, dass in den drei an Judaea angrenzenden Statt-
halterschaften dieselben Gesetze Geltung haben sollen.
Der Hohepriester hat dafür zu sorgen, dass kein Jude einen
anderen Tempel zu seinem Gottesdienste benutzt, als den
zu Jerusalem. Aus meinem Schatze gebe ich jährlich
zur Bestreitung der Opferkosten hundertfünfzigtausend
Drachmen und lasse euch alles überschiessende Geld zu
beliebiger Verwendung. Die zehntausend Drachmen
aber, welche die Könige sonst aus der Tempelkasse er-
hielten, erlasse ich euch und bestimme, dass sie den
Priestern zukommen sollen , die den Gottesdienst im
Tempel besorgen. Jeder, der in den Tempel zu Jeru-
salem oder in dessen Bezirk flüchtet, mag er nun Steuern
schuldig oder sonst mit einer Zahlung im Rückstände
sein, soll in seinem Besitz unangetastet bleiben. Ich
gestatte endlich, dass der Tempel erneuert und ausgebaut
werde, und weise die Kosten dazu aus meiner Kasse an.
Auch die Stadtmauern sollen wieder aufgebaut und mit
Dreizehntes Buch, 3. Kapitel.
139
hohen Türmen versehen werden, und zwar alles auf
meine Kosten. Ist noch ein Platz da, dessen Be-
festigung dem Lande der Juden erspriesslich sein kann,
so sollen auch diese Arbeiten auf meine Kasse über-
nommen werden.“
4. In dieser Weise schrieb Demetrius an die Juden, um
sie für sich zu gewinnen. Alexander aber hatte unter-
dessen ein grosses Heer von Söldnern und den aus
Syrien zu ihm übergegangenen Kriegern zusammen-
gebracht und zog gegen Demetrius zu Felde. Als es
zur Schlacht kam, trieb der linke Flügel der Truppen
des Demetrius die ihm entgegenstehende Abteilung in
die Flucht, verfolgte sie geraume Zeit, machte eine
Menge nieder und plünderte das Lager, während der
rechte Flügel, auf dem Demetrius selbst sich befand,
geworfen wurde. Hier löste sich alles in wilder Flucht
auf, und nur Demetrius stritt wacker, tötete eine Anzahl
Feinde und setzte den übrigen nach, geriet aber hierbei
mit seinem Pferde in einen tiefen Morast, aus dem er,
weil das Tier stürzte, nicht entkommen konnte. Das
war sein Verderben. Die Feinde nämlich hatten kaum
den ihm zugestossenen Unfall bemerkt, als sie ihn um-
zingelten und mit Speer würfen überschütteten. Dennoch
kämpfte er wacker zu Fuss weiter, musste aber endlich
erliegen, da er mit Wunden bedeckt war und vor Er-
schöpfung keinen Widerstand mehr leisten konnte. So
schied Demetrius nach elfjähriger Regierung aus dem
Leben, wie ich schon anderswo berichtet habe.
Drittes Kapitel.
Freundschaft zwischen Onias und Ptolemaeus Philometor.
Wie Onias in Aegypten einen Tempel nach dem Muster des
zu Jerusalem befindlichen erbaute.
1. Als der Sohn des Hohepriesters Onias, der den-
selben Namen wie sein Vater führte und in Alexandria
als Flüchtling bei dem Könige Ptolemaeus Philometor
140
Josephus’ Jüdische Altertümer.
lebte (wie ich schon oben erwähnt habe), die Bedrängung
der Juden durch die Macedonier und deren Könige er-
fuhr, wollte er sich unsterblichen Ruhm und ein dauernde»
Andenken sichern und beschloss daher, den König
Ptolemaeus und die Königin Kleopatra brieflich zu
bitten , dass sie ihm erlauben möchten , in Aegypten
einen Tempel nach dem Vorbilde des zu Jerusalem be-
findlichen zu bauen und an demselben Leviten und
Priester aus seinem Geschlechte anzustellen. Hierzu
wurde er gedrängt durch die Verkündigung des Sehers
Esafas, der mehr als sechshundert Jahre früher gelebt
und vorhergesagt hatte, es werde dereinst in Aegypten
dem höchsten Gotte von einem Juden ein Tempel er-
richtet werden . 1 Onias schrieb also im Vertrauen auf
diese Prophezeiung an Ptolemaeaus und Kleopatra
folgenden Brief: „Nachdem ich mit Gottes Hilfe euch
während des Krieges von grossem Nutzen gewesen bin,
sowie nach Coelesyrien und Phoenicien mich begeben
habe und zu den Juden von Leontopolis im Bezirke
Heliopolis und an anderen Orten gekommen bin, wo ich
bemerkt habe, dass viele von ihnen gegen die Vorschrift
einen Tempel besitzen und deswegen in stetem Zanke
leben, wie es ja auch den Aegyptiern wegen der Menge
ihrer Tempel und der Verschiedenheit ihres Gottes-
dienstes ergeht, habe ich in einem der Göttin Bubastis
geweihten Bezirke ein mit allerlei Gehölz bewachsenes
und mit heiligen Tieren gefülltes Heiligtum gefunden.
Ich bitte dich nun, du wollest mir dieses Heiligtum,
das keiner besonderen Gottheit geweiht und im Verfall
begriffen ist, überlassen, damit ich es reinigen und zu
einem Tempel des höchsten Gottes nach dem Muster
und in den Massen des Tempels zu Jerusalem für dich,
deine Gattin und deine Kinder umbauen kann. Da-
durch würden die in Aegypten wohnenden Juden zu
einträchtigen Zusammenkünften veranlasst werden und
dir desto mehr ergeben sein. Denn unser Prophet
1 Jesaias 19, 18.
Go gle
Dreizehntes Buch, 3. Kapitel.
141
Esa'ias hat geweissagt, es werde in Aegypten ein Altar
erstehen, der Gott dem Herrn geweiht sei, und er hat
an dieser Stelle auch noch andere darauf bezügliche
Andeutungen gemacht.“
2. Aus dem hierauf an Onias gerichteten Antwort-
schreiben des Königs kann man so recht die Frömmig-
keit des Ptolemaeus und seiner Gattin und Schwester
Kleopatra erkennen. Sie Hessen nämlich die Sünde
und Gesetzesübertretung auf Onias’ Haupt fallen, indem
sie ihm folgendes schrieben: „Der König Ptolemaeus
und die Königin Kleopatra entbieten dem Onias ihren
Gruss. Wir haben deine Bittschrift gelesen, in welcher
du die Erlaubnis begehrst, den bei Leontopolis im Be-
zirke Heliopolis gelegenen zerfallenen, der Feidgöttin
Bubastis geweihten Tempel wiederherzustellen. Wir
müssen uns darüber verwundern, dass Gott ein Tempel
angenehm sein könnte, der auf einer so unreinen und mit
heiligen Tieren angefüllten Stelle erbaut werden soll.
Da du aber sagst, es sei dies schon vor langer Zeit
von dem Seher Esai'as vorhergesagt worden, so wollen
wir dir die Erlaubnis geben, aber unter der ausdrück-
lichen Erklärung, dass nicht wir es sind, die sich damit
gegen Gott versündigen.“
3. Als Onias so den Platz erhalten hatte, baute er
Gott einen Tempel und einen Altar nach dem Vorbilde
des zu Jerusalem befindlichen, jedoch kleiner und ärm-
licher. Die Masse und die innere Ausstattung habe ich
nicht für nötig gehalten hier anzuführen, weil ich im
siebenten Buche des „Jüdischen Krieges“ darüber be-
richtet habe. Onias aber fand eine Anzahl Juden,
welche wie er dachten, und auch Priester und Leviten,
die den Gottesdienst in jenem Tempel einrichteten. Doch
hiermit genug von diesem Tempel.
4. In Alexandria brach zwischen den Juden und
den Samaritern, welch letztere ihren Gottesdienst nach
dem Ritus des auf dem Berge Garizin zu Alexanders
Zeiten erbauten Tempels hielten, Streit aus, der so er-
bittert war dass man die Entscheidung der Tempel-
142
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
frage schliesslich dem Ptolemaeus unterbreitete. Die
Juden behaupteten, der nach dem Gesetze des Moyses
erbaute Tempel sei der zu Jerusalem, die Samariter da-
gegen, der auf Garizin. Sie gingen daher den König
an, er möge diese Angelegenheit mit seinen Räten prüfen
und die Unterliegenden mit dem Tode bestrafen. Für
die Samariter sprachen Sabbaeus und Theodosius , für
Jerusalem und die Juden aber Andronikus, der Sohn
des Me8salamus. Diese schwuren bei Gott und dem
Könige, ihre Sache streng gesetzmässig zu führen, und
ersuchten den Ptolemaeus, den mit dem Tode zu be-
strafen, der auf der Verletzung des Eides ertappt würde.
Der König setzte sich also mit einer nicht geringen An-
zahl seiner Räte zu Gericht, um zunächst die Sachwalter
zu hören. Die alexandfinischen Juden nun waren in
grosser Angst um die, welche das Recht des Tempels zu
Jerusalem verteidigen sollten, da sie es wohl kaum
hätten verwinden können, wenn das Ansehen des schon
so alten und berühmtesten Tempels der Welt erschüttert
werden sollte. Sabbaeus und Theodosius Hessen dem
Andronikus zuerst das Wort geben. Dieser stützte sich
auf das Gesetz und zeigte an der Folge der Hohepriester,
wie jeder derselben nach seinem Vater die Würde er-
halten und den Vorstand des Tempels gebildet habe,
und wie alle Könige Asiens den Tempel durch kostbare
Weihgeschenke und Gaben bereichert hätten, während
von dem Tempel auf Garizin niemand spreche noch
sich um ihn kümmere, als sei er überhaupt nicht vor-
handen. Durch solche und ähnliche Beweise überzeugte
Andronikus den König, sodass dieser die Entscheidung
traf, der Tempel zu Jerusalem sei als im Sinne des
Moyses erbaut zu betrachten, und es hätten demgemäss
Sabbaeus und Theodosius den Tod verwirkt. Das
waren die Erlebnisse der Juden zu Alexandria unter
Ptolemaeus Philometor.
Go gle
Dreizehntes Buch, 4. Kapitel.
148
Viertes Kapitel.
Wie Alexander den Jonathas höchst ehrenvoll behandelte,
und wie des Demetrius Sohn Demetrius den Alexander
überwand und mit Jonathas Preundschaft schloss.
- 1. Als Demetrius, wie oben gesagt, in der Schlacht
ums Leben gekommen war, trat Alexander die Regierung
von Syrien an und schrieb an Ptolemaeus Philometor,
er möge ihm die Hand seiner Tochter geben. Denn es
sei jetzt billig, dass er ihn seiner Verwandtschaft
würdige, da er das Reich seines Vaters wieder erobert
habe, durch Gottes Fügung nach Überwindung des
Demetrius auf dessen Thron gelangt sei und sich auch
in Zukunft seiner Verwandtschaft nicht unwert zu
machen gedenke. Ptolemaeus war mit seiner Werbung
einverstanden und schrieb zurück, er freue sich, dass
Alexander die Herrschaft seines Vaters wiedererlangt
habe. Seine Tochter wolle er ihm geben, und er möge
ihm bis Ptolema'is, wohin er sie geleiten und wo er sie
ihm vermählen wolle, entgegenkomraen. Nach Ab-
sendung dieses Schreibens begab sich Ptolemaeus alsbald
mit seiner Tochter Kleopatra nach Ptolema'is. Und da
er hier den Alexander, der ihm seinem Schreiben ge-
mäss entgegengezogen war, schon vorfand, gab er ihm
seine Tochter zur Ehe und stattete sie mit reicher Mit-
gift an Gold und Silber aus, wie es einem Könige ge-
ziemt.
2. Als die Hochzeit zu Ende war, schrieb Alexander
an den Hohepriester Jonathas und ersuchte ihn, nach
Ptolema'is zu kommen. Dieser begab sich darauf mit
herrlichen Geschenken zu den Königen und fand bei
beiden die ehrenvollste Aufnahme. Alexander nötigte
ihn, sein Gewand abzulegen und Purpur anzuziehen,
liess ihn neben sich auf dem Throne Platz nehmen und
befahl seinen Grossen, ihn mitten durch die Stadt zu
geleiten und zu verkündigen, niemand dürfe etwas gegen
ihn Vorbringen oder ihn irgendwie belästigen. Als nun
144
Josephus’ Jüdische Altertümer.
die, welche in feindseliger Gesinnung gekommen waren,
um ihn anzuklagen, sahen, wie der König ihn ehrte,
machten sie sich aus Furcht, es könne ihnen schlecht
ergehen, davon. Alexander war übrigens von solchem
Wohlwollen für Jonathas durchdrungen, dass er ihn als
den ersten seiner Freunde aufzeichnen liess.
3. Im hundertfünfundsechzigsten Jahre (seleukidischer
Aera) brach Demetrius, der Sohn des ersten Demetrius,
mit einer Menge Söldner, die der Kreter Lasthenes ihm
zugeführt hatte, von Kreta auf und setzte nach Cilicien
über. Diese Nachricht erschreckte den Alexander aufs
äusserste, und er eilte sogleich aus Phoenicien nach
Antiochia, um dort vor des Demetrius Ankunft alles
in Sicherheit zu bringen. Als Statthalter von Coele-
syrien liess er den Daus Apollonius zurück, der alsbald
mit einem grossen Heere nach Jamnia zog und dem
Hohepriester Jonathas sagen liess, es sei unrecht, dass
er allein für sich in Ruhe dahinlebe, ohne dem Könige
unterworfen zu sein. Ihm selbst werde es allseitig- zum
Vorwürfe gemacht, dass er ihn nicht unter des Königs
Botmässigkeit bringe. Er möge daher nicht, so lange er
im Gebirge sitze, sich selbst täuschen und Wunders
glauben, wie mächtig er sei. Habe er Vertrauen auf
seine Stärke, so solle er in die Ebene herabsteigen und
sich mit seinen Kriegern messen. Dann müsse es sich
zeigen, wer der Tapferste sei und den Sieg erringen
werde. Doch solle er wissen, dass die Wackersten aus
jeder Stadt sich in den Reihen seiner Krieger befänden,
welche des Jonathas’ Vorfahren stets überwunden
hätten. Übrigens möge er an einer Stelle ihm gegen-
übertreten, wo mit Waffen, nicht mit Steinen gekämpft
werde, und wo es für den Besiegten keine Schlupf-
winkel gebe.
4. Über diese Herausforderung entrüstet, rückte
Jonathas mit zehntausend auserlesenen Kämpfern und
mit Unterstützung seines Bruders Simon aus Jerusalem
aus und kam nach Joppe, wo er ausserhalb der Stadt
«in Lager schlagen liess, da die Joppener vor ihm die
Dreizehntes Buch, 4. Kapitel.
145
Thore schlossen. Es befand sich nämlich in der Stadt
eine von Apollonius dorthin gelegte Besatzung. Als
aber Jonathas sich zur Belagerung anschickte, fürchteten
die Bürger, er möchte die Stadt stürmen, und öffneten
ihm die Thore. Apollonius hatte kaum vernommen,
dass Joppe in der Gewalt des Jonathas sei, als er mit
dreitausend Heitern und achttausend Fusssoldaten nach
Azot eilte und von da aus still und langsam Schritt vor
Schritt weiterzog. Vor Joppe angelangt, lockte er durch
verstellten Rückzug den Jonathas in die Ebene, voll
Vertrauen auf seine Reiterei. Jonathas rückte aus und
verfolgte den Apollonius bis Azot. Sobald aber
Apollonius seinen Feind ganz in der Ebene hatte,
machte er kehrt und griff ihn an. Obgleich nun
Jonathas die Nachricht erhielt, Apollonius habe bei
einem Bache tausend Reiter in den Hinterhalt gelegt,
um ihm in den Rücken zu fallen, geriet er nicht im
mindesten in Verwirrung, sondern liess seine Truppen ein
Viereck bilden und sich derart zur Schlacht aufstellen,
dass sie sowohl einem Angriff von vorn wie von hinten
begegnen konnten J Dann ermahnte er sie, mannhaften
Widerstand zu leisten. Während nun die Schlacht sich
bis zum Abend hinzog, üb ergab { Jonathas einen Teil des
Heeres seinem Bruder Simon und hiess ihn in die feind-
lichen Reihen einbrechen , während er selbst seinen
Kriegern befahl, die Schilde aneinander zu schliessen
und so die feindlichen Geschosse aufzufangen. Diese
thaten sogleich, wie ihnen befohlen war. Die feind-
lichen Reiter aber schleuderten nun ihre Speere, bis sie
deren keine mehr hatten, ohne zu treffen. Denn die
Geschosse konnten ja die Krieger nicht erreichen, weil
sie von den dicht aneinander geschlossenen Schilden ab-
prallten und so mit Leichtigkeit unschädlich gemacht
wurden. Als sich nun die Feinde vom Morgen bis zum
Abend müde geschleudert hatten, stürmte Simon, der
ihre Erschöpfung bemerkte, auf ihre Reihen ein, und es
gelang seinen heldenhaft streitenden Soldaten, sie zu
werfen. Sobald die Reiter die Flucht der Fusssoldaten
Joaepbns’ jüdische Altertümer, II. 1 0
Go gle
146
Joseplius’ Jüdische Altertümer.
merkten , hielten auch sie nicht mehr stand , sondern
flohen, da sie durch den langen Kampf ermattet waren
und vom Fussvolke nichts mehr zu hoffen stand, in
wildem Durcheinander davon , sodass sie in der ganzen
Ebene zerstreut wurden. Jonathas setzte ihnen bis Azot
nach, machte viele nieder und zwang die übrigen, sich
in den zu Azot befindlichen Dagontempel zurückzuziehen.
Darauf nahm er die Stadt im Sturm und äscherte sie
samt den umliegenden Dörfern ein. Auch den Tempel
des Dagon verschonte er nicht, sondern verbrannte ihn
samt denen, die sich dort eingeschlossen hatten. Die
Zahl der in der Schlacht und durch Feuer um-
gekommenen Feinde betrug insgesamt achttausend Mann.
Nachdem er in dieser Weise über ein so gewaltiges
Heer gesiegt hatte, brach Jonathas von Azot auf und
marschierte gegen Askalon, wo er vor der Stadt sein
Lager errichtete. Die Askaloniter aber kamen ihm ent-
gegen, brachten ihm Gastgeschenke und erwiesen ihm
alle Ehre. Nachdem er sie wegen ihrer Unterwerfung
belobt hatte, zog er mit reicher Beute nach Jerusalem
zurück. Als Alexander von der Niederlage seines Heer-
führers Apollonius Nachricht erhielt, stellte er sich
darüber erfreut, weil Apollonius gegen seinen Willen
den Jonathas angegriffen habe, der ihm befreundet und
verbündet sei. Dem letzteren aber schickte er zur Er-
härtung dessen und als Ehrengeschenk eine goldene
Armspange, wie sie sonst nur Verwandte von Königen
erhalten, und überwies ihm Akkaron sowie dessen Bezirk
als erbliches Eigentum.
5. Um diese Zeit kam auch Ptolemaeus Philometor
mit einer Flotte und einem Landheere nach Syrien, um
Alexander Hilfe zu leisten, dessen Schwiegervater er
war. Auf Alexanders Befehl nahmen ihn alle Städte
bereitwillig auf und gaben ihm bis Azot das Geleit, wo
er mit allgemeinem Wehgeschrei über die Einäscherung
des Dagontempels empfangen wurde. Die Einwohner
klagten den Jonathas an, dass er den Tempel zerstört,
das Land mit Feuer und Schwert verwüstet und so
Dreizehntes Buch, 4 . Kapitel.
147
viele der Ihrigen getötet habe. Ptolemaeus hörte diese
Klagen an und schwieg dazu. Jonathas aber kam ihm
bis Joppe entgegen, erhielt von ihm herrliche Geschenke
und die höchsten Ehrenbezeugungen, begleitete ihn dann
bis zum Flusse Eleutherus und begab sich darauf wieder
nach Jerusalem zurück.
6. Als Ptolemaeus nach Ptolemais gekommen war,
wäre er beinahe ums Leben gekommen, weil Alexander
ihm durch seinen Freund Ammonius Nachstellungen
bereitete. Doch die Sache kam heraus, und Ptolemaeus
schrieb an Alexander einen Brief, in welchem er die
Auslieferung des Ammonius verlangte, weil dieser ihm
nachgestellt und Strafe verdient habe. Als aber Alexander
die Auslieferung verweigerte, merkte Ptolemaeus, dass er
der eigentliche Anstifter des Anschlages sei und geriet
in heftigen Zorn gegen ihn. Alexander hatte sich
übrigens auch den Antiochenern schon früher wegen
des Ammonius verhasst gemacht. Von diesen erhielt
Ammonius jetzt die gebührende Strafe für seine Frevel-
thaten, indem er auf schimpfliche Weise in Weiber-
kleidern umgebracht wurde. Er hatte sich nämlich, wie
ich schon anderswo berichtete, in Weiberkleidern un-
kenntlich zu machen gesucht.
7. Ptolemaeus ärgerte sich nun darüber, dass er seine
Tochter dem Alexander vermählt und mit ihm gegen
Demetrius sich verbündet hatte. Er machte deshalb der
Verwandtschaft mit Alexander ein Ende, indem er seine
Tochter heimholen liess. Dann schickte er sogleich Ge-
sandte an Demetrius, um mit ihm Frieden und Freund-
schaft zu schliessen, und liess ihm versprechen, er werde
ihm seine Tochter zur Ehe geben und ihn in die Herr-
schaft seines Vaters wieder einsetzen. Demetrius ging
hierauf mit Freuden ein und schloss das Bündnis sowohl
wie auch die Ehe. Jetzt blieb dem Ptolemaeus nur
noch übrig, die Antiochener, welche sich dem Demetrius
wegen der ihnen von seinem Vater zugefügten Unbilden
stets feindselig erzeigt hatten, zu seiner Aufnahme zu
bewegen. Aber auch das brachte er fertig. Die
148
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Antiochener nämlich hassten den Alexander wegen des
Ammonius, wie oben erwähnt, und hatten ihn deswegen
aus Antiochia vertrieben, von wo er sich nach Cilicien
begab. Als nun Ptolemaeus nach Antiochia kam, riefen
Bürger und Heer ihn zum Könige aus, sodass er ge-
nötigt war, sich zwei Kronen aufs Haupt zu setzen, die
eine von Asien, die andere von Aegypten. Er war aber
von Natur gutmütig, gerecht und nicht begierig nach
fremdem Besitz, und da er wohl vorhersah, was in Zu-
kunft daraus erfolgen würde, beschloss er, um den
Römern keinen Anlass zum Neide zu geben, auf die
Herrschaft zu verzichten. Er berief daher die
Antiochener zusammen und schlug ihnen vor, den De-
metrius aufzunehmen, indem er ihnen sagte, derselbe
werde, wenn er ihnen so viel zu danken habe, um seines
Vaters willen ihnen nichts zuleide thun. Er selbst
wolle ihm übrigens Lehrer und Führer sein und nicht
zugeben, dass er etwas Böses zur Ausführung bringe.
Was ihn angehe, so sei er mit der Herrschaft über
Aegypten zufrieden. Durch diese Rede bewog er die
Antiochener, den Demetrius aufzunehmen.
8. Unterdessen rückte Alexander mit einem grossen
Heere und entsprechendem Tross aus Cilicien nach
Syrien und verwüstete das Gebiet der Antiochener durch
Raub und Brand. Ptolemaeus zog mit seinem Schwieger-
söhne Demetrius (denn er hatte diesem inzwischen seine
Tochter zur Ehe gegeben) gegen ihn zu Felde, besiegte
ihn und schlug ihn in die Flucht, sodass er sich nach
Arabien wenden musste. In der Schlacht geschah es,
dass des Ptolemaeus Pferd, durch [das Brüllen eines
Elefanten scheu gemacht, seinen Reiter abwarf. Als die
Feinde dies bemerkten, drangen sie auf den König ein,
verwundeten ihn vielfach am Kopfe und Hessen ihn wie
tot liegen. Seine Trabanten entrissen ihn zwar den
Händen der Feinde, doch war er so schwach, dass er
vier Tage lang weder Besinnung hatte noch sprechen
konnte. Unterdessen sandte der arabische Fürst Zabel us
dem Ptolemaeus das vom Rumpfe getrennte Haupt
Dreizehntes Bach, 4. Kapitel.
149
Alexanders. Als nun Ptolemaeus am fünften Tage
etwas zur Besinnung kam, war ihm die Nachricht von
Alexanders Tod und der Anblick des Hauptes eine
höchst angenehme Ohren- und Augenweide. Bald darauf
aber beschloss auch er, erfreut über Alexanders Unter-
gang, sein Leben. Alexander hatte fünf Jahre lang
unter dem Namen Balas die Herrschaft über Asien inne-
gehabt, wie dies auch anderswoher bekannt ist.
9. Demetrius mit dem Beinamen Nikator hatte kaum
die Herrschaft angetreten, als er voll Bosheit anfing,
gegen die Soldaten des Ptolemaeus zu wüten, uneingedenk
seines Bündnisses mit ihm und ohne darauf Rücksicht
zu nehmen, dass er sein Schwiegervater war. Die Sol-
daten flohen daher vor seiner Grausamkeit nach
Alexandria, während die Elefanten in des Demetrius
Hände fielen. Jonathas der Hohepriester aber zog aus
ganz Judaea ein Heer zusammen, um damit die Burg
von Jerusalem, die eine macedonische Besatzung hatte
und ausserdem noch eine Anzahl nichts würdiger
Menschen einschloss, welche den Gesetzen ihrer Väter
untreu geworden waren, zu belagern. Die Besatzung
spottete anfangs über die Maschinen, die Jonathas zum
Zwecke der Belagerung errichten liess, weil sie auf die
starke Befestigung des Platzes vertraute. Bei Nacht
aber schlichen sich einige von jenen Frevlern hinaus
eilten zu Demetrius und meldeten ihm die Belagerung
der Burg. Dieser ergrimmte hierüber und brach sogleich
mit seinem Heere von Antiochia gegen Jonathas auf.
In Ptolema*i8 angelangt, schickte er an letzteren den
schriftlichen Befehl, sich sofort zu ihm nach Ptolemais
zu verfügen. Jonathas hob indessen die Belagerung
nicht auf, zog jedoch mit den Ältesten des Volkes und
den Priestern unter Mitnahme von Gold, Silber, Ge-
wändern und anderen Geschenken zu Demetrius hin.
Durch die Geschenke gelang es ihm denn auch, den
Zorn des Königs zu beschwichtigen; ja, er wurde sogar
höchst ehrenvoll aufgenommen und erhielt die Be-
stätigung in der Hohepriesterwürde, wie er sie auch von
150 Josephus' Jüdische Altertümer.
*
des Demetrius Vorgängern erhalten hatte. Den An-
klagen der Überläufer aber schenkte der König nicht
den mindesten Glauben, vielmehr gab er, als Jonathas
ihn bat, für ganz Judaea und die drei Toparchien Sa-
maria, Peraea und Galilaea sich mit einer Abgabe von
dreihundert Talenten zu begnügen, ihm diese Zusage
schriftlich, und zwar folgen denn aasen : „Der König
Demetrius an seinen Bruder Jonathas und das Volk der
Juden. Abschrift des Briefes, den wir an unseren Ver-
wandten Lasthenes geschrieben haben, euch zur Kenntnis-
nahme. Der König Demetrius an seinen Vater Lasthenes.
Da das Volk der Juden mir freundlich gesinnt ist und
die schuldige Treue bewahrt hat, habe ich beschlossen,
ihm meine Erkenntlichkeit zu beweisen. Ich bestätige
ihnen also den Besitz der drei Präfekturen Apherima,
Lydda und Ramatba, die von Samaria zu Judaea ge-
schlagen worden sind, samt den zugehörigen Bezirken,
und erlasse ihnen alles, was die früheren Könige von
den Opfern in Jerusalem zu erhalten pflegten, imgleichen
auch alle Abgaben von Feld- und Baumfrüchten und
alle übrigen Steuern sowie die Abgabe für das Salz und
die Kronen, und bestimme, dass von nun an bis in
ewige Zeiten an diesem Verhältnis nichts geändert
werde. Du hast dafür Sorge zu tragen, dass von diesen
Bestimmungen Abschrift genommen, dem Jonathas ein-
gehändigt und an einer in die Augen fallenden Stelle
des Tempels angeschlagen werde.“ Das war der Inhalt
des Briefes. Da nun Demetrius sah, dass alles in
Frieden lebte und nirgendwoher Kriegsgefahr drohte,
entliess er die Soldaten und kürzte ihnen den Sold;
nur den fremden Söldnern sowie denen, die mit ihm
von Kreta und den übrigen Inseln gekommen waren,
zahlte er denselben für die ganze vorausbedungene Zeit.
Dadurch aber zog er sich die Feindschaft und den Hass
seiner Krieger zu, denen er nichts mehr zukommen liess,
während seine Vorgänger ihnen auch im Frieden den Sold
weitergezahlt hatten, um sie bei gutem Willen zu erhalten
und nötigenfalls zum Kampfe bereit zu finden.
Dreizehntes Buch, 5. Kapitel.
151
Fünftes Kapitel.
Wie Tryphon nach Besiegung des Demetrius die Herr-
schaft an Antiochus, den Sohn Alexanders, übertrug und
mit Jonathas Bundesgenossenschaft schloss. Jonathas’
Thaten.
1. Als ein ehemaliger Heerführer Alexanders, der
aus Apamea gebürtig war und eigentlich Diodotue, mit
seinem Beinamen aber Tryphon (der Schwelger) hiess,
den Hass der Soldaten gegen Demetrius bemerkte, be-
gab er sich zu dem Araber Malchus, der Alexanders
Sohn Antiochus erzog, setzte ihn von der aufgeregten
Stimmung des Heeres gegen Demetrius in Kenntnis und
beredete ihn, ihm den Antiochus zu übergeben, weil er
diesen zum Könige machen und in die Herrschaft seines
Vaters wieder einsetzen wolle. Malchus machte zunächst
Schwierigkeiten, da er ihm nicht hinlänglich traute. Als
aber Tryphon immer mehr in ihn drang, gab er endlich
seinem Verlangen nach. So viel hiervon.
2. Weil nun dem Hohepriester Jonathas viel daran
lag, die Besatzung der Burg zu Jerusalem sowie die ver-
ruchten jüdischen Überläufer und die Besatzungen der
übrigen festen Plätze aus dem Lande zu entfernen,
schickte er eine Gesandtschaft mit Geschenken an
Demetrius und liess ihn bitten , die Truppen aus den
Festungen Judaeas abzuberufen. Demetrius sagte ihm
nicht nur die Erfüllung dieses Wunsches zu, sondern
versprach ihm noch mehr für die Zeit nach Beendigung
des Krieges, der ihn für jetzt ganz in Anspruch nehme.
Gleichzeitig liess er den Jonathas um Hilfstruppen
bitten, indem er ihm mitteilte, dass fast alle seine Sol-
daten von ihm abgefallen seien. Daraufhin sandte ihm
Jonathas dreitausend auserlesene Krieger.
3. Die Antiochener aber, die dem Demetrius wegen
seiner Härte feindlich gesinnt waren und ihm auch noch
die Unbilden nach trugen, welche sein Vater ihnen zu-
gefügt hatte, lauerten auf eine Gelegenheit, ihn angreifen
152
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zu können. Da * sie nun in Erfahrung gebracht, dass
Hilfstruppen von Jonathas angekommen seien, und über-
legten , der König werde sich ein mächtiges Heer
sammeln, wenn sie ihm nicht zuvorkämen, griffen sie zu
den Waffen, umzingelten die Königsburg, als wollten sie
dieselbe belagern, besetzten die Ausgänge und suchten
den König in ihre Gewalt zu bekommen. Als der
König sah, wie das ganze Volk von Antiochia feindlich
und bewaffnet gegen ihn auftrat, griff er mit seinen
Söldnern und den jüdischen Hilfstruppen die Antiochener
an, konnte aber ihren Ansturm nicht aushalten, weil
ihrer zu viele waren, und zog sich deshalb zurück. Die
Juden hatten den Vorteil der Antiochener kaum bemerkt,
als sie auf das Dach des Palastes stiegen und von hier
aus denselben ihre Geschosse entgegensandten. Und da
6ie wegen der Höhe des Gebäudes zu weit von den An-
greifern entfernt waren, als dass sie selbst hätten Schaden
leiden können, ihren Gegnern dagegen von oben herab
hart zuzusetzen vermochten, trieben sie dieselben bald
von den nächsten Häusern weg und steckten diese in
Brand. Die Häuser aber waren dicht aneinander gebaut
und bestanden zumeist aus Holz, und so verbreitete sich
das Feuer bald über die ganze Stadt und zwang die
Antiochener, da sie sich weder verteidigen noch die
Feuersbrunst löschen konnten, in der Flucht ihr Heil
zu suchen. Die Juden sprangen nun von Dach zu Dach
und verfolgten ihre Gegner mit unglaublicher Zähigkeit.
Als der König sah, dass die Antiochener nur die Rettung
der Frauen und Kinder im Auge hatten und auf weiteren
Kampf verzichteten, fiel er von einer anderen Strasse
aus über sie her und richtete ein solches Blutbad unter
ihnen an, dass sie sich genötigt sahen, die Waffen zu
strecken und sich zu ergeben. Der König gewährte
ihnen darauf Verzeihung und machte so dem Aufstand
ein Ende. Dann beschenkte er die Juden reichlich von
der Beute, dankte ihnen als den Urhebern seines Sieges
und entliess sie nach Jerusalem zu Jonathas, dem er
das Zeugnis ausstellen musste, dass er sich als treuer
Dreizehntes Bach, 5. Kapitel.
153
Bundesgenosse bewährt habe. Später jedoch wusste er
ihm dafür wenig Dank, hielt seine Versprechungen nicht
und bedrohte ihn mit Krieg, wenn er nicht die gesamten
Abgaben entrichte, welche das jüdische Volk den ersten
Königen Syriens gezahlt habe. Diese Drohung würde
er auch ausgeführt haben, wenn Tryphon ihn nicht daran
gehindert hätte, der ihn nötigte, die für den Kampf
gegen Jonathas bestimmten Truppen zu seiner eigenen
Deckung und Sicherheit zu verwenden. Denn Tryphon
war bereits mit dem jungen Antiochus, der dem Knaben-
alter noch nicht entwachsen war, aus Arabien nach
Syrien gekommen und hatte ihm hier die Königskrone
aufgesetzt. Und da das ganze Heer, das von Demetrius
wegen des nicht gezahlten Soldes abgefallen war, zu ihm
überging, griff er den Demetrius an, besiegte ihn, nahm
seine Elefanten gefangen und eroberte die Stadt An-
tiochia.
4. Als Demetrius diese Niederlage erlitten hatte, zog
er sich nach Cilicien zurück. Der junge Antiochus da-
gegen schickte an Jonathas Gesandte mit einem
Schreiben, worin er ihn zum Freund und Bundesgenossen
ernannte, ihn in der Hohepriesterwürde bestätigte und
ihm die vier Bezirke an wies, die zu dem jüdischen Ge-
biete noch hinzugekommen waren. Ausserdem sandte er
ihm goldene Geräte, Becher und ein Purpurkleid mit der
Erlaubnis, das letztere zu tragen, schenkte ihm eine
goldene Armspange und nahm ihn in die Reihe seiner
vertrautesten Freunde auf. Den Simon aber ernannte
er zum Befehlshaber für das Gebiet vom Tyrischen Ge-
birge an bis nach Aegypten. Jonathas freute sich über
diese Gnadenbezeugungen des Antiochus und ordnete
an ihn wie auch an Tryphon Gesandte ab mit dem
Versprechen, dass er ihr Freund und Bundesgenosse
sein und mit ihnen gegen Demetrius kämpfen wolle,
weil dieser ihm für alle seine Hilfe keinen Dank ge-
wusst, vielmehr Gutes mit Bösem vergolten habe.
5. Nachdem er darauf von Antiochus die Erlaubnis
erhalten hatte, ein grosses Heer in Syrien und Phoenicien
154
Josephus’ Jüdische Altertümer.
anzuwerben und die Feldherren des Demetrius zu be-
kriegen, brach er sogleich gegen die Städte auf. Einige
von diesen empfingen ihn mit allen Ehren, weigerten
sich aber, Söldner zu stellen. Als er nun nach Askalon
gekommen war und die Askaloniter ihm mit Geschenken
entgegenzogen, forderte er sie wie auch die Bewohner
aller Städte in Coelesyrien auf, von Demetrius abzufallen
und sich an Antiochus anzuschliessen, damit sie im
Kampfe gegen Demetrius an diesem für seine Be-
drückungen Ra,che nehmen könnten, wozu sie ja alle
Ursache hätten. Dadurch bewog er die Städte, sich mit
Antiochus zu verbinden , und begab sich dann nach
Gaza, um auch dessen Bewohner für Antiochus zu ge-
winnen. Doch fand er die Gazäer in ganz anderer
Stimmung, als er erwartet hatte. Sie schlossen nämlich
vor ihm die Thore und wollten weder von Demetrius
abfallen, noch zu Antiochus halten. Hierüber ergrimmt,
belagerte Jonathas die Stadt und verwüstete deren Be-
zirk, und während ein Teil seines Heeres vor Gaza
liegen blieb, machte er mit dem Reste desselben Ein-
fälle in das Land und zeichnete seinen Weg durch Zer-
störung und Brandlegung. Als die Gazäer sich in
solcher Bedrängnis sahen und von Demetrius keine
Hilfe zu erwarten hatten, das Unglück also in nächster
Nähe und die Hilfe in weiter Ferne erblickten, hielten
sie es für geratener, sich von Demetrius loszusagen und
dem Jonathas nachzugeben. Sie schickten daher Boten
an Jonathas und versprachen Freundschaft und Waffen-
verbrüderung. So geht es ja bei den Menschen zu:
ehe sie Schlimmes erleiden, sehen sie nicht ein, was
ihnen nützlich ist; sobald sie aber ins Unglück geraten
sind, ändern sie ihren Sinn und entschlossen sich am
Ende, nachdem sie bittere Erfahrungen gemacht haben,
zu dem, was sie früher ohne Behelligung hätten erlangen
können. Nachdem also Jonathas mit den Gazäern ein
Bündnis geschlossen und Geiseln von ihnen erhalten
hatte, schickte er die letzteren nach Jerusalem, während
er selbst das ganze Land bis Damaskus durchzog.
Dreizehntes Buch, o. Kapitel.
155
6. Hier vernahm er, des Demetrius Heerführer seien
mit grosser Truppenmacht nach Kedasa gezogen, einer
Stadt, die zwischen dem Gebiete der Tyrier und Galilaea
liegt. Diese hofften nämlich, den Jonathas aus Syrien
weg nach Galilaea locken zu können, da er die Galiläer,
die zu seiner Obhut gehörten, in der Bedrängnis wohl
nicht im Stiche lassen würde. Wirklich rückte er
ihnen auch entgegen und liess seinen Bruder Simon in
Judaea zurück. Dieser brachte aus dem Lande ein
möglichst grosses Heer zusammen, zog damit vor Beth-
sura und belagerte die Stadt, einen der festesten Plätze
in Judaea, dessen Besatzung, wie ich schon oben er-
wähnt habe, noch zu Demetrius hielt. Als Simon Wälle
aufwerfen, Maschinen heranbringen und die Belagerung
mit Nachdruck betreiben liess, fürchtete die Besatzung,
sie möchte nach Erstürmung des Platzes dem Untergang
geweiht sein, und liess daher den Simon bitten, die eid-
liche Versicherung zu geben, dass ihr nichts Übles wider-
fahren würde; unter dieser Bedingung sei sie bereit, den
Platz aufzugeben und zu Demetrius zurückzukehren.
Simon gab ihnen die erbetene Zusage, liess sie aus der
Stadt abziehen und legte eine Besatzung von seinen
Kriegern hinein.
7. Inzwischen brach Jonathas aus Galilaea vom See
Gennesar, wo er sein Lager errichtet hatte, auf und
rückte bis zur Ebene Asor vor, ohne zu wissen, das6
hier die Feinde sich befanden. Des Demetrius Feld-
herren nun, die am Tage vorher gehört hatten, dass
Jonathas sich nähere, legten ihm einen Hinterhalt und
versteckten die dazu bestimmte Abteilung im Gebirge,
während sie selbst mit dem eigentlichen Heer ihm in
der Ebene entgegen zogen. Als Jonathas sie kampfbereit
erblickte, liess auch er die Seinigen, so gut es ging, in
Schlachtordnung aufmarschieren. Die von Demetrius’
Feldherren im Hinterhalt aufgestellte Abteilung aber
fiel den Juden in den Rücken, sodass diese besorgten,
sie möchten umzingelt werden, und deshalb die Flucht
ergriffen. So verliessen den Jonathas alle, und nur
156
Josephus’ Jüdische Altertümer.
wenige, etwa fünfzig an der Zahl, unter ihnen Mattathias,
der Sohn des Absalom, und Judas, der Sohn des Chap-
saeus, die Oberbefehlshaber des Heeres, hielten bei ihm
aus. Diese drangen wacker und wie verzweifelt auf die
Feinde ein, sodass ihr unerschütterlicher Mut dieselben
in Verwirrung brachte und schliesslich in die Flucht
trieb. Als nun die flüchtigen Krieger des Jonathas die
feindliche Schlachtlinie wanken sahen, sammelten sie
sich, griffen die Syrer an und verfolgten sie bis nach
Kedasa, wo ihr Lager stand.
8. Nach diesem glänzenden Siege, der zweitausend
Feinden das Leben gekostet hatte, kehrte Jonathas nach
Jerusalem zurück. Und da er sah, wie durch Gottes
Fürsorge alles nach seinen Wünschen ging, schickte er
Gesandte an die Römer, um die Freundschaft, welche
die Juden einst mit ihnen geschlossen hatten, zu er-
neuern. Diesen Gesandten trug er auf, auf der Rück-
reise von Rom auch die Spartaner im Andenken an die
mit ihnen bestehende Freundschaft und Verwandtschaft
zu besuchen. Als die Gesandten nun nach Rom kamen,
begaben sie sich in den Senat, richteten die Aufträge
ihres Hohepriesters Jonathas aus und erklärten, dieser
habe sie geschickt, um die einstige Freundschaft der
Römer mit den Juden zu erneuern. Der Senat be-
stätigte darauf die früheren Abmachungen und gab den
Gesandten Briefe mit an alle Fürsten Asiens, Europas
und der Städte, damit sie unbehelligt in ihre Heimat
zurückgelangen könnten. Auf der Rückreise besuchten
die Gesandten auch Sparta und überreichten dort den
Brief, den Jonathas ihnen mitgegeben hatte, und dessen
Wortlaut folgender war: „Jonathas, der Hohepriester
der Juden, der hohe Rat und das gesamte jüdische Volk
entbieten ihren Brüdern, den Ephoren, dem Senate und
dem Volke der Lakedaemonier, ihren Gruss. Wenn es
euch gut geht und eure Staats- und Privatangelegen-
heiten vom Glücke begünstigt werden, so sind unsere
Wünsche erfüllt; was uns betrifft, so geht es uns gut.
In früheren Zeiten wurde unserem Hohepriester Onias
Dreizehntes Buch, 5. Kapitel.
157
durch Demoteles ein Brief eures Königs Areios über-
bracht, der die Verwandtschaft zwischen euch und uns
betrifft und dessen Abschrift beiliegt. Diesen Brief
haben wir mit Freuden empfangen und bewahren dafür
dem Demoteles und dem Areios unseren innigsten Dank,
obwohl wir eigentlich dieses Zeugnisses nicht bedurften,
vielmehr über die Verwandtschaft aus unseren heiligen
Büchern schon unterrichtet waren. Doch haben wir es
bisher nicht für geboten erachtet, den Anstoss zum
Wiederaufleben der Beziehungen zu geben, damit es
nicht scheine, als wollten wir die von euch uns er-
wiesene Ehre selbstgefällig in Anspruch nehmen. So
lange Zeit nun auch seit der ersten Anbahnung unseres
Verhältnisses verstrichen ist, so bitten wir doch, wenn
wir Gott an heiligen und festlichen Tagen Opfer dar-
bringen, noch immer für euer Heil und den Erfolg eurer
Waffen. Und obgleich uns die Habgier unserer Nach-
barn vielfach mit Krieg überzogen hat, wollten wir doch
weder euch noch sonst einem unserer Freunde lästig
fallen. Jetzt aber, da wir unsere Feinde überwunden
und die hochangesehenen Männer aus dem Bäte unserer
Ältesten, Numenius, den Sohn des Antiochus, und Anti-
pater, den Sohn des Jason, zu den Römern gesandt
haben, haben wir denselben einen Brief an euch mit-
gegeben, um die zwischen euch und uns bestehende
Freundschaft aufzufrischen. Ihr werdet uns daher eine
Freude machen, wenn ihr auch an uns schreibt und uns
eure Wünsche mitteilt, zu deren Erfüllung ihr uns stets
bereit finden werdet“ Die Lakedaemonier nahmen die
Gesandten freundlich auf, beschlossen Freundschaft und
Bündnis zu bestätigen und schickten unserem Volke den
hierauf bezüglichen Beschluss zu.
9 . Um diese Zeit gab es bei den Juden drei Sekten,
welche über die menschlichen Verhältnisse verschiedene
Lehren aufstellten, und von denen die eine die der
Pharisäer, die zweite die der Sadducäer und die dritte
die der Essener hiess. Die Pharisäer behaupten, dass
manches, aber nicht alles das Werk des Verhängnisses
158
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sei, manches dagegen auch freiwillig geschehe oder unter-
bleibe. Die Essener hingegen lehren, alles stehe unter
der Macht des Verhängnisses, und es komme bei den
Menschen nichts vor, das nicht vom Geschicke bestimmt
sei. Die Sadducäer endlich wollen überhaupt nichts vom
Verhängnis wissen und glauben, es gebe weder ein Ver-
hängnis, noch richte sich der Menschen Geschick da-
nach, sondern alles geschehe nur nach unserem Willen,
sodass wir ebenso die Urheber unseres Glückes seien,
als wir auch unser Unglück uns durch unseren eigenen
Unverstand zuzögen. Genaueres hierüber habe ich im
zweiten Buche meines Werkes über den Jüdischen Krieg 1
gebracht.
10. Um nun wieder auf des Demetrius Feldherren
zurückzukommen , so brachten diese in der Absicht, die
Scharte auszuwetzen, eine noch grössere Truppenmacht
als früher zusammen und rückten damit gegen Jonathas.
Auf die Nachricht hiervon zog Jonathas ihnen sogleich
bis in das Gebiet von Amathe entgegen, um ihnen zu
einem Einfall in Judaea keine Zeit zu lassen. Als er
noch fünfzig Stadien vom Feinde entfernt war, schickte
er Spione aus, um dessen Lager und die Stärke des
letzteren zu erforschen. Dieselben meldeten ihm nicht
nur ihre Beobachtungen, sondern machten auch in der
Nacht noch einige Gefangene, die ihm verrieten, dass
die Feinde beabsichtigten, ihn anzugreifen. Er traf da-
her bei Zeiten die nötigen Vorkehrungen, stellte Aussen-
posten vor dem Lager auf, hielt seine Krieger die ganze
Nacht hindurch unter den Waffen und ermahnte sie, sie
sollten sich wacker halten und bereit sein, nötigenfalls
auch in der Nacht zu kämpfen, damit der Anschlag der
Feinde vereitelt werde. Als nun aber die Feldherren
des Demetrius erfuhren, dass Jonathas um ihren Plan
wisse, entsank ihnen der Mut, einmal vor Beschämung
darüber, dass der Feind von ihrem tückischen Vorhaben
Kenntnis erlangt habe, dann aber auch, weil nach dem
1 Jüd. Krieg II, 8 , 2 - 14 .
Dreizehntes Buch, 5. Kapitel.
159
Fehlschlagen ihres Planes ihnen keine Hoffnung auf
Sieg mehr geblieben war. Denn sie sahen wohl ein,
dass sie in offener Feldschlacht dem Jonathas keines-
wegs gewachsen seien. Sie entschlossen sich daher zum
Abzug, zündeten im Lager eine Menge Feuer an, damit
die Feinde glauben sollten, sie seien noch darin, und
rückten in aller Stille aus. Als nun Jonathas in der
Morgenfrühe sich dem Lager näherte und dasselbe ver-
lassen fand, erkannte er, dass die Feinde geflohen waren,
und setzte ihnen nach, ohne sie jedoch einholen zu
können, da sie den Fluss Eleutherus schon überschritten
hatten und sich in Sicherheit befanden. Jonathas wandte
sich sodann nach Arabien, griff die Nabatäer an und
schlug sie, worauf er mit reicher Beute und einer Menge
Kriegsgefangener nach Damaskus zog und dort alles ver-
kaufte. Zur selben Zeit durchzog auch sein Bruder
Simon ganz Judaea und Palaestina bis nach Askalon,
verstärkte die Befestigungen und Besatzungen und be-
gab sich dann nach Joppe, das er eroberte und mit
einer starken Schutz wache versah. Er hatte nämlich in
Erfahrung gebracht , dass die Joppener ihre Stadt dem
Heere des ^Demetrius übergeben wollten.
11. Nachdem Jonathas und Simon diese Kriegsthaten
vollbracht und alles andere geordnet hatten, kehrten sie
nach Jerusalem zurück. Hier berief Jonathas das gesamte
Volk in den Tempel und schlug ihm vor, die Mauern Jeru-
salems wiederherzustellen, die Einfriedigung des Tempels,
so weit sie zerstört war, aufzubauen und dessen Um-
gebung durch hohe Türme zu sichern. Ferner riet er ihnen,
mitten in der Stadt eine zweite Mauer aufzuführen, um
die Besatzung der Burg vom Markte abzuschneiden und
ihr so die Möglichkeit des Einkaufs von Lebensmitteln
zu nehmen, endlich auch noch die im Bezirke der Stadt
gelegenen festen Plätze mit stärkeren Befestigungen zu
versehen, als sie bis dahin hatten. Als das Volk mit
diesen Vorschlägen einverstanden war, übernahm er
selbst die Bauten in der Stadt, während er den Simon
ausschickte, um für die Befestigungs werke auf dem Lande
160
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zu sorgen. Inzwischen überschritt Demetrius den Fluss
und zog nach Mesopotamien , um dieses Land sowie
Babylon zu erobern und nach Unterwerfung der oberen
Satrapien Gelegenheit zur Unterjochung des ganzen
Reiches zu finden. Die dort wohnenden Griechen und
Mazedonier hatten nämlich zu wiederholten Malen Ge-
sandte mit dem Versprechen zu ihm geschickt, sie würden
sich, falls er herüberkommen wolle, ihm unterwerfen und
mit ihm gegen den Partherkönig Arsakes zu Felde
ziehen. Durch diese Aussichten ermutigt, zog er zu
ihnen hin in der Absicht, nach Niederwerfung der
Parther und Gewinnung von Hilfstruppen den Tryphon
anzugreifen und ihn aus Syrien zu vertreiben. Und als
die Bewohner des Landes ihn J begeistert aufnahmen,
sammelte er Truppen und überzog den Arsakes mit
Krieg, verlor aber sein ganzes Heer und fiel selbst
lebendig in Gefangenschaft, wie ich schon anderwärts
berichtet habe.
Sechstes Kapitel.
Wie Jonathas von Tryphon hinterlistiger weise um-
gebracht wurde, und wie die Juden alsdann den
Simon zum Oberfeldherrn und Hohepriester erwählten.
Simons Thaten.
1. Als Tryphon erfuhr, welche \ Wendung des Deme-
trius Glück genommen hatte, war seine Treue gegen
Antiochus zu Ende, und er sann nur noch darauf, wie
er ihn aus dem Wege räumen und sich selbst der Herr-
schaft bemächtigen könne. Doch hinderte ihn an der
Ausführung dieses Planes die Furcht vor Jonathas,
dem Freunde des Antiochus. Deshalb beschloss er,
diesen zunächst zu beseitigen und dann erst gegen
Antiochus vorzugehen. In der Absicht nun, den Jona-
thas hinterlistigerweise umzubringen, begab er sich von
Antiochia nach Bethsana, das von den Griechen Sky-
thopolis genannt wird. Hierhin zog ihm Jonathas mit
vierzigtausend auserlesenen Kriegern entgegen, da er glaubte,
Dreizehntes Buch, 6. Kapitel.
161
Tryphon sei gekommen, um ihn mit Krieg zu überziehen.
Als Tryphon nun sah, dass Jonathas zum Kampfe bereit
war, kam er mit Geschenken und freundlichen Worten
zu ihm, befahl seinen Heerführern, dem Jonathas ebenso
wie ihm selbst zu gehorchen, und suchte sich dadurch
dessen Wohlwollen zu verschaffen und jeden Verdacht
zu beseitigen. Er hoffte ihn dann, während er an nichts
Arges dachte, gefangen nehmen zu können. Zuletzt riet
er ihm, sein Heer zu entlassen, weil dasselbe gar keinen
Zweck habe, da alles sich des Friedens erfreue. Es
genüge vielmehr, wenp er nur wenige Mann zu seiner
persönlichen Bedeckung bei sich behalte, mit denen er
ihn dann nach Ptolemai's begleiten möge. Er wolle ihm
nämlich diese Stadt sowohl als auch die übrigen festen
Plätze in der Gegend übergeben ; denn zu diesem Zwecke
sei er gekommen.
2. Jonathas, der an nichts Böses dachte, sondern der
Meinung war, Tryphon rate ihm dies wirklich in red-
licher Absicht, entliess sein Heer und behielt nur drei-
tausend Mann bei sich, von denen er noch zweitausend
in Galilaea zurückliess, während er mit den übrigen
tausend in Begleitung des Tryphon nach Ptolemai's zog.
Kaum waren sie dort angelangt, als die Bewohner der
Stadt sogleich auf Tryphons Befehl die Thore schlossen.
Letzterer liess nun den Jonathas gefangen nehmen und
dessen Begleiter sämtlich niedermachen. Alsdann schickte
er zu den in Galilaea zurückgebliebenen zweitausend
Juden, um auch sie umzubringen. Diese aber hatten
bereits von dem Schicksal des Jonathas Nachricht er-
halten und waren, noch ehe die von Tryphon abgesandte
Schar anlangte, mit den Waffen in der Hand aus dem
Lande abgezogen. Als nun die ihnen nachgeschickten
Krieger sahen, dass sie gewillt waren, ihr Leben teuer
zu verkaufen, kehrten sie, ohne einen Angriff zu wagen,
zu Tryphon zurück.
3. Als die Jerusalemer die Gefangennahme des Jona-
tbaa und die Niedermetzelung seiner Begleiter erfuhren,
erhob sich über sein Schicksal allgemeines Wehklagen.
Josephua’ Jüdische Altertümer, II. 11
162
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Allseitig vermisste man ihn, und die Jerusalemer fürch-
teten nicht ohne Grund, es möchten jetzt, da sie des
Jonathas starken Arm und seine weisen Ratschläge nicht
mehr hätten, die benachbarten feindlichen Völkerschaften,
die nun den Jonathas nicht mehr zu scheuen brauchten,
über sie herfallen und ihnen hart zusetzen. Das trat
auch nur zu bald ein. Denn als die Heiden den Tod
des Jonathas erfuhren, griffen sie die nach ihrer Meinung
führerlosen Juden an, und auch Tryphon hatte bereits
ein Heer gerüstet, um damit nach Judaea zu ziehen und
die Bewohner des Landes zu bekriegen. Als nun Simon
die Jerusalemer in Angst und Schrecken sah, berief er,
um durch sein Wort ihren Mut zum Widerstand gegen
Tryphon zu stählen, das Volk in den Tempel und tröstete es
mit folgender Ansprache: „Es kann euch ja nicht un-
bekannt sein, liebe Landsleute, dass wie mein Vater, so
auch ich und meine Brüder stets bereit waren, für eure
Freiheit das Leben aufs Spiel zu .setzen. Ausser vielen
anderen Beweisen hierfür habe ich auch den, dass es
Mitglieder unserer Familie waren, die für Religion und
Gesetz den grausamsten Tod erlitten haben. Keine
Furcht also kann diese Gesinnung aus meiner Seele
entfernen und dafür Todesscheu und Feigheit in sie ein-
pflanzen. Da ihr somit einen Führer habt, der das
Höchste für euch zu leiden und zu thun bereit ist, so
folgt mir getreulich, wohin ich euch führen werde. Denn
ich bin weder besser als meine Brüder, sodass ich mein
Leben schonen müsste, noch schlechter als sie, sodass
ich den Tod für Gesetz und Religion , der ihnen etwas
Herrliches war, fliehen und scheuen sollte. Wo es am
Platze ist, dass ich mich als ihren echten Bruder erweise,
da werde ich zeigen, dass ich das wirklich bin. Denn
ich bin überzeugt, dass es mir gelingen wird, an den
Feinden Raehe zu nehmen , euch alle mit Weib und
Kind vor ihrer Wut zu schützen und mit Gottes Hilfe
den Tempel vor der Zerstörung zu bewahren. Ich sehe
auch, dass die Heiden euch jetzt nur deshalb verachten
Go gle
Dreizehntes Buch, 6- Kapitel.
163
und sich wider euch rüsten , weil sie euch ohne Führer
wähnen.“
3. Durch diese Worte richtete Simon den Mut des
Volkes wieder auf, sodass es die Furcht fahren lies.«,
froh aufatmete und hoffnungsvoll in die Zukunft sah.
Alle riefen einstimmig, Simon solle ihr Führer sein und
den Oberbefehl gleich wie seine Brüder Judas und Jona-
thas erhalten, da sie ihm freudig gehorchen würden.
Daraufhin zog Simon alsbald alle tauglichen Streitkräfte
zusammen und Hess eiligst die Stadtmauer wieder auf-
richten. Nachdem dieselbe durch hohe und feste Türme
gesichert war, sandte er einen seiner Freunde Namens
Jonathas, den Sohn des Absalom, mit einem Heere nach
Joppe und trug ihm auf, die Bewohner der Stadt von
dort zu verjagen, da er befürchtete, sie möchten Joppe
dem Tryphon übergeben. Er selbst aber blieb zu Jeru-
salem, um dessen Schutz wahrzunehmen.
4. Unterdessen brach Tryphon mit einem grossen
Heere von Ptolemais auf und marschierte nach Judaea,
wobei er den Jonathas gefesselt mit sich führte. Simon
rückte ihm mit seinen Truppen bis zur Stadt Addida
entgegen, die auf einem hohen, die Ebene von Judaea
beherrschenden Berge lag. Als nun Tryphon erfuhr,
dass Simon von den Juden zum Anführer erwählt sei,
schickte er Boten ab, um auch ihn mit List und Betrug
zu umgarnen, und forderte ihn auf, wenn er seinen
Bruder Jonathas frei sehen wolle, hundert Talente Silber
und als Bürgen dafür, dass dieser nicht, sobald er ent-
lassen sei, Judaea dem König wieder abtrünnig mache,
zwei von Jonathas’ Kindern zu schicken. Jonathas
werde nämlich gefangen gehalten wegen des Geldes, das
er dem Könige als Darlehn schulde. Simon aber erkannte
Tryphons Tücke sehr gut und sah ein, dass er des
Geldes verlustig gehen würde , ohne seinen Bruder zu
befreien, und noch dazu dessen Kinder dem Feinde
überliefere, wenn er auf Tryphons Forderung eingehe.
Da er indessen fürchtete, vom Volke als der Mörder
seines Bruders bezeichnet zu werden, wenn er das Geld
164
Josephus’ Jüdische Altertümer.
und die Kinder für ihn nicht ausliefere, versammelte er
das Heer und trug ihm Tryphons Ansinnen vor, indem
er hinzufügte, er halte dasselbe zwar nur für eine schänd-
liche List, wolle jedoch lieber das Geld und die Kinder
dem Tryphon schicken, als dass er durch Verweigerung
der Forderung in den Verdacht komme, er habe seinen
Bruder nicht erlösen wollen. Demgemäss lieferte er das
Geld und die beiden Kinder des Jonathas aus. Tryphon
aber hielt sein Wort nicht, gab auch den Jonathas nicht
frei, sondern umging mit seinem Heere das Land, um
durch Idumaea nach Jerusalem zu ziehen. Auf diesem
Marsche kam er nach Adora, einer Stadt Idumaeas; Simon
aber folgte dem Tryphon auf dem Fusse und schlug
stets ihm gegenüber sein Lager auf.
5. Inzwischen schickte die Besatzung der Burg an
Tryphon die Bitte, schleunigst nach Jerusalem zu kommen
und ihnen Lebensmittel zu schicken. Tryphon liess
darauf sogleich die Reiterei sich marschfertig machen
und dachte in einer Nacht in Jerusalem eintreffen zu
können. In der Nacht jedoch fiel hoher Schnee, der
die Wege bedeckte und den Pferden das Fortkommen
so erschwerte, dass es ihm nicht gelang, Jerusalem zu
erreichen. Er schwenkte deshalb nach Coelesyrien ab,
fiel eilig in Galaditis ein, liess hier den Jonathas um-
bringen und begraben und kehrte dann nach Antiochia
zurück. Simon aber liess die Gebeine seines Bruders
aus der Stadt Baska herüberholen und bestattete sie in
seiner Heimat Modiim, während das Volk in tiefer Trauer
um Jonathas wehklagte. Darauf liess Simon seinem
Vater und seinen Brüdern ein prächtiges Grabmal aus
weissem, poliertem Marmor errichten, das sich weithin
sichtbar erhob, und das er mit einer Halle und mit
mächtigen , aus einem einzigen Block gehauenen Säulen,
die eine wahre Augenweide boten, umgab. Ausserdem
liess er sieben Pyramiden für seine Eltern und Brüder
erbauen, die in ihrer Grösse und Schönheit die Bewun-
derung herausforderten und bis auf den heutigen Tag
erhalten sind. Solche Sorgfalt wurde dem Grabe des
Dreizehntes Buch, 6. Kapitel.
165
Jonathas und den Denkmälern für Simons Angehörige
gewidmet. Jonathas starb, nachdem er vier Jahre lang
Hohepriester und Vorsteher des Volkes gewesen war.
6. Der an seiner Stelle zum Hohepriester erwählte
Simon befreite im ersten Jahre seines Amtes das Volk
vom Joche der Macedonier, sodass es denselben keinerlei
Abgaben mehr zu zahlen hatte. Diese Freiheit und
Steuerlosigkeit erlangten die Juden nach Ablauf des
hundertsiebzigsten Jahres der assyrischen Herrschaft, ge-
rechnet von der Besitznahme Syriens durch Seleukus
Nikator. Das Volk aber war derart begierig, den Simon
zu ehren, dass alle öffentlichen wie privaten Schriftstücke
gezeichnet wurden : Im ersten Jahre Simons, des Fürsten
und Wohlthäters der Juden. Unter ihm genossen die
Juden hohes Glück und besiegten ihre feindlichen Nach-
barn. Denn Simon brachte die Städte Gazara, Joppe
und Jamnia in seine Gewalt und erstürmte auch die
Burg zu Jerusalem, die er dem Erdboden gleich machte,
damit sie nicht wieder ein Schlupfwinkel der Feinde
werde, von dem aus sie den Juden, wie bis dahin
Schaden zufügen könnten. Nachdem dies geschehen,
erschien es auch ratsam, den Berg abzutragen, auf
welchem die Burg gestanden hatte, damit der Tempel
einen um so majestätischeren Eindruck mache. Hierzu
beredete er das Volk, nachdem er es zusammen berufen
hatte; er stellte ihnen vor, jene Massregel sei notwendig,
damit sie nicht wieder, wenn ein fremder Herrscher eine
Besatzung in die Burg lege, von dieser und von den
jüdischen Überläufern so viele Unbilden zu erdulden
hätten, wie das geschehen sei. Durch diese Worte über-
zeugte er das Volk um so leichter, als er ja nur dessen
Nutzen im Auge hatte. Darauf legten alle Hand an,
trugen den Berg ab und ruhten drei Jahre lang weder
Tag noch Nacht, bis sie denselben der Ebene des Feldes
gleich gemacht hatten. Von dieser Zeit an überragte
der Tempel die ganze Stadt, weil die Burg samt dem
Berge, auf dem sie gestanden hatte, beseitigt war. Solche
herrlichen Thaten vollbrachte Simon.
166
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Siebentes Kapitel.
Wie Simon mit Antiochus ein Bündnis schloss und den
Tryphon sowie den Kendebaeus besiegte. Sein Tod.
1. Nicht lange nach der Gefangennahme des Deme-
trius liess Tryphon Alexanders Sohn Antiochus, der den
Beinamen „Gott“ führte, umbringen, nachdem er während
dessen vieljähriger Regierung die Vormundschaft geführt
hatte. Er liess alsdann überall bekannt machen , der
Tod des Antiochus sei den Ärzten zuzuschreiben; seine
Freunde und Vertrauten aber schickte er zu den Soldaten
und liess ihnen reiche Geldspenden für den Fall ver-
sprechen, dass sie ihn zum Könige ausrufen wollten.
Demetrius, liess er sagen, sei von den Parthern gefangen,
und wenn dessen Bruder Antiochus zur Herrschaft ge-
lange, werde er ihren Abfall gewiss schwer bestrafen.
Die Soldaten, welche auf die reiche Geldspende hofften,
riefen auch wirklich den Tryphon einstimmig zum Könige
aus. Kaum aber war Tryphon im Besitze der höchsten
Gewalt, als er auch gleich wieder seine Bosheit hervor-
kehrte. Früher hatte er dem Volke sich gefällig er-
wiesen, den Bescheidenen gespielt und es sich dadurch
gefügig zu machen gesucht; sobald er aber am Ruder
war, warf er die Maske ab und liess den wahren Try-
phon wieder erkennen. Dadurch aber leistete er nur
seinen Feinden Vorschub. Denn die Soldaten, die ihn
hassten, fielen zu Demetrius* Gattin Kleopatra ab, die
damals in Seleukia mit ihren Kindern zurückgezogen
lebte. Als nun des Demetrius Bruder Antiochus, der
den Beinamen Soter führte, im ganzen Lande umher-
schweifte, weil ihn keine Stadt aus Furcht vor Tryphon
aufzunehmen wagte , schickte Kleopatra zu ihm und
liess ihm ihre Hand samt dem Throne anbieten. Das
that sie teils auf den Rat ihrer Freunde, teils aus Furcht,
weil einige Bewohner von Seleukia die Stadt dem Try-
phon zu übergeben trachteten.
2. Als nun Antiochus nach Seleukia gekommen war
Dreizehntes Buch, 7. Kapitel.
167
und seine Macht von Tag zu Tag wuchs, zog er von da
aus gegen Tryphon zu Felde, besiegte ihn, vertrieb ihn
aus dem oberen Syrien nach Phoenicien, verfolgte ihn
auch bis dahin und belagerte ihn in Dora, einem schwer
einnehmbaren Platze, wohin er geflohen war. Darauf
schickte er auch Gesandte an den jüdischen Hohepriester
Simon, um mit ihm ein Schutz- und Trutzbündnis zu
schliessen. Dieser erfüllte bereitwillig sein Verlangen,
lieferte ihm Geld und Lebensmittel für die Belagerer von
Dora in Hülle und Fülle und zählte so in kurzer Zeit
zu den vertrautesten Freunden des Antiochus. Tryphon
aber entkam aus Dora nach Apamea und wurde dort
noch während der Belagerung gefangen genommen und
getötet, nachdem er drei Jahre lang König gewesen war.
3. Antiochus indessen hatte in seiner Habgier und
Bosheit die Dienste, die ihm Simon in seiner Not ge-
leistet hatte, bald vergessen und schickte seinen Freund
Kendebaeus mit Truppen ab, um Judaea zu Yerwüsten
und den Simon gefangen zu nehmen. Als Simon von
dieser Nichtswürdigkeit hörte, entrüstete er sich über
die Ungerechtigkeit des Antiochus, und obwohl er schon
in vorgerücktem Alter stand, beschloss er doch mit der
Thatkraft eines Jünglings, ein Heer ins Feld zu führen.
Seine Söhne sandte er mit dem Kern des Heeres vor-
aus, während er selbst mit dem Rest einen anderen Weg
einschlug. Er legte nämlich eine grosse Menge dieser
letzteren Truppen als Hinterhalt in die Gebirgspässe
und blieb nun überall Sieger. Nachdem er dann auch
noch ein Bündnis mit den Römern geschlossen hatte
verlebte er den Rest seiner Tage in Frieden.
4. Im ganzen herrschte Simon acht Jahre lang über
die Juden. Bei einem Mahle verlor er infolge hinter-
listiger Nachstellung von seiten seines Schwiegersohnes
Ptolemaeus das Leben. Dieser liess auch Simons Gattin
sowie zwei seiner Söhne ergreifen und ins Gefängnis
werfen und wollte auch den dritten Sohn Joannes, der
den Beinamen Hyrkanus führte, umbringen lassen. Als
aber der Jüngling von der Ankunft der zu diesem Zweck
168
Josephus* Jüdische Altertümer.
abgeschickten Leute Kunde erhielt, entging er der Ge-
fahr, indem er sich in die Stadt rettete, wo er sich auf
das Volk verlassen konnte, das seinem Vater so viel
Gutes verdankte und den Ptolemaeus hasste. Als nun
Ptolemaeus durch ein anderes Thor eindringen wollte,
trieb ihn das Volk zurück, weil es den Hyrkanus schon
aufgenommen hatte.
Achtes Kapitel.
Hyrkanus wird Hohepriester und vertreibt
den Ptolemaeus aus dem Lande. Antiochus zieht gegen
Hyrkanus zu Felde.
1. Ptolemaeus zog sich darauf in eine oberhalb
Jerichos gelegene feste Burg, welche Dagon hiess, zurück.
Hyrkanus aber, der seinem Vater in der Hohepriester-
würde gefolgt war, erflehte zunächst durch Opfer den
Beistand Gottes und rückte dann gegen Ptolemaeus aus,
belagerte dessen Zufluchtsort und war wohl sonst glück-
lich, wurde aber von Mitgefühl für seine Mutter und
seine Brüder schwer niedergedrückt. Diese liess nämlich
Ptolemaeus auf die Mauer führen und drohte, sie hinab-
stürzen zu lassen, falls Hyrkanus nicht von der Be-
lagerung Abstand nehme. So sehr nun auch Hyrkanus
nach der Einnahme des Platzes verlangte, glaubte er es
doch seinen Lieben schuldig zu sein, dass er sie nicht
leiden lasse, und betrieb deshalb die Belagerung weniger
scharf. Da aber beschwor ihn seine Mutter . mit ge-
rungenen Händen, um ihretwillen doch nicht nachzu-
lassen, sondern die Belagerung nur noch um so eifriger
fortzusetzen , damit er durch die Einnahme des Platzes
die Seinigen rächen könne. Ein grausamer Tod sei ihr
süss, wenn nur der Feind, der ihr denselben bereite, für
seinen Frevel gezüchtigt werde. Diese Worte seiner
Mutter trieben den Hyrkanus wieder zur Einnahme der
Festung an. Als er sie aber geissein und zerfleischen
sah, erlahmten seine Kräfte aus Mitleid mit ihren Qualen
Dreizehntes Buch, 8. Kapitel.
169
So zog sich die Belagerung in die Länge, bis das Jahr
anbrach, in welchem die Juden feiern müssen. Dies
wird nämlich alle sieben Jahre ebenso beobachtet wie
die Feier des siebenten Tages. Dadurch wurde Ptole-
maeus von der Belagerung befreit, tötete des Hyrkanus
Mutter und Brüder und floh nach dieser Greuelthat zu
Zeno, der den Beinamen Kotylas hatte und die Stadt
Philadelphia beherrschte.
2. Antiochus grollte unterdessen noch immer dem
Simon wegen der von ihm erlittenen Niederlage. Er
griff deshalb im vierten Jahre seiner Regierung, im
ersten der Herrschaft des Hyrkanus und in der hundert-
zweiundsechzigsten Olympiade Judaea an, verheerte das
Land und schloss den Hyrkanus in der Hauptstadt ein.
Diese belagerte er mit sieben Heerhaufen, welche er
rund um die Stadt verteilte, konnte indes anfangs nicht
das mindeste ausrichten, einmal wegen der Festigkeit
der Mauern , dann wegen der Tapferkeit der Belagerten,
endlich auch wegen starken Wassermangels, dem erst
ein beim Niedergang der Plejaden 1 eintretender Platz-
regen ein Ende machte. Da aber an der Nordseite der
Mauer ein ebener Platz war, liess Antiochus hier hundert
dreistöckige Türme errichten , legte in jeden derselben
eine Abteilung Soldaten und liess die Mauern täglich
berennen. Auch liess er einen doppelten, sehr tiefen
und breiten Graben auswerfen und setzte den Belagerten
hart zu. Trotzdem wussten diese immer noch viele
Stellen zu finden, an denen sie Ausfälle machen konnten.
Gelang es ihnen nun, die Feinde unversehens zu über-
fallen, so brachten sie ihnen empfindliche Schlappen bei;
wurden sie aber bemerkt, so zogen sie sich eilig zurück.
Da jedoch Hyrkanus die Beobachtung machte, dass die
in der Stadt befindliche Menschenmenge ihm sehr
schadete, weil die Lebensmittel sich zu schnell er-
schöpften, und der Meinung war, dass viele Bewohner
mehr Last als Nutzen verursachten , schied er alle
1 Das Siebengestirn am Halse des Stieres.
170
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Untauglichen aus, entliess dieselben und behielt nur die
Kräftigen und Wehrfähigen zurück. Antiochus aber
verhinderte den Abzug der Ausgewiesenen, sodass sie
zwischen den Mauern umherirrten, und viele von Hunger
erschöpft elendiglich umkamen. Erst als das Laub-
hüttenfest bevorstand, nahmen die in der Stadt Befind-
lichen sie aus Mitleid wieder auf. Hyrkanus schickte
nun zu Antiochus und liess des Festes wegen um einen
siebentägigen Waffenstillstand bitten, worauf Antiochus
aus Frömmigkeit gegen Gott dies nicht nur zugab,
sondern auch ein herrliches Opfer in die Stadt sandte,
nämlich Stiere mit vergoldeten Hörnern, allerlei Räucher-
werk und Gefässe von Gold und Silber. Dieses Opfer
nahmen die Posten am Thore von den Überbringern in
Empfang und besorgten es in den Tempel. Antiochus
aber bewirtete sein Heer und unterschied sich dadurch
vorteilhaft von Antiochus Epiphanes, der nach der Ein-
nahme der Stadt Schweine auf dem Altäre geschlachtet,
mit ihrem Blute den Tempel besudelt und die Gesetze
und Gottesfurcht der Juden missachtet hatte, sodass das
Volk gegen ihn erbittert wurde und sich nie mehr mit
ihm aussöhnte. Dieser Antiochus dagegen wurde um
seiner ausgezeichneten Gottesfurcht willen allgemein
Eusebes (der Fromme) genannt.
3. Hyrkanus entschloss sich daher, mit Rücksicht auf
die edle Gesinnung des Königs und dessen Ehrfurcht
gegen Gott, eine Gesandtschaft an ihn zu schicken und
ihn bitten zu lassen, er möge den Juden gestatten, am
Gesetze ihrer Väter festzuhalten. Antiochus verwarf
nun den Rat derer, die ihm nahelegten, das Volk um
seiner Abgeschlossenheit willen auszurotten, sondern gab
seiner Gottesfurcht nach und antwortete den Gesandten,
er wolle, falls die Belagerten die Waffen auslieferten,
ihm die Abgaben von Joppe und den übrigen um Judaea
herum liegenden StädteD abträten und eine Besatzung
aufnähmen, die Belagerung auf heben. Die Gesandten
sagten zu und wollten nur die Besatzung sich nicht ge-
fallen lassen, weil sie ihren Gebräuchen gemäss sich mit
Dreizehntes Buch, 8. Kapitel.
171
Fremden nicht einlassen dürften. Dafür erboten sie sich,
Geiseln zu stellen und fünfhundert Talente Silber zu
zahlen, von denen sie auch dreihundert sogleich erlegten.
Antiochus nahm diesen Vorschlag an und wählte selbst
die Geiseln aus, unter denen sich auch des Hyrkanus
Bruder befand. Doch verlangte er ausserdem noch, dass
sie die Mauerkrönung abbrechen sollten , und zog nach
Erfüllung dieser Bedingungen ab.
4. Hyrkanus aber liess das Grab Davids, der alle
Könige an Reichtum übertroffen hatte, öffnen und ent-
nahm ihm dreitausend Talente Silber. Mit diesem Gelde
ausgerüstet, warb er — der erste, der dies bei den
Juden that — fremde Söldner an. Dann schloss er mit
Antiochus ein Schutz- und Trutzbündnis, nahm ihn in
die Stadt auf und versah sein Heer mit allen Bedürf-
nissen aufs reichlichste. Und als Antiochus gegen die
Parther zu Felde zog, beteiligte sich Hyrkanus an dem
Kriegszuge. Das bezeugt auch Nikolaus von Damaskus
mit folgenden Worten : „Antiochus errichtete am Flusse
Ly kos ein Siegesdenkmal, nachdem er den Feldherrn
der Parther Indates überwunden hatte, und blieb da-
selbst zwei Tage lang auf Bitten des Juden Hyrkanus,
weil die Juden zufällig ein Fest begingen, an welchem
sie nicht marschieren durften.“ Darin hat er auch recht.
Denn es fiel gerade auf den Tag nach einem Sabbat
das Fest Pentekoste, und wir dürfen weder am Sabbat
noch an diesem Festtage reisen. Als Antiochus hierauf
den Parther Arsakes angriff, verlor er einen grossen
Teil seines Heeres und fiel auch selbst. Sein Nach-
folger in der Regierung war sein Bruder Demetrius,
den Arsakes um dieselbe Zeit, als Antiochus in das
Land der Parther einfiel, aus der Gefangenschaft ent-
lassen hatte, wie ich schon anderswo berichtete.
172
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Neuntes Kapitel.
Wie Hyrkanus gegen Syrien zu Felde zog und mit
den Römern ein Bündnis schloss. Demetrius* und
Alexanders Tod.
1. Als Hyrkanus von dem Tode des Antiochus Kunde
erhielt, unternahm er sogleich einen Kriegszug gegen die
Städte in Syrien, weil er glaubte, dass sie, wie es auch
der Fall war, von Verteidigern entblösst seien. Medaba
nahm er nach grossen Strapazen seines Heeres im
sechsten Monat ein, hierauf Samega und die benach-
barten Orte, ferner Sikim und Garizin , und unterjochte
das Volk der Chuthäer, welches das dem Tempel zu
Jerusalem ähnliche Heiligtum verehrte. Diesen hatte,
wie schon früher gesagt, Alexander dem Feldherrn
Sanaballetes für seinen Schwiegersohn Manasses, den
Bruder des Hohepriesters Jaddus, zu bauen erlaubt.
Jetzt nach zweihundert Jahren wurde der Tempel zer-
stört. Hyrkanus eroberte ferner in Idumaea die Städte
Adora und Marissa und unterwarf alle Idumäer, ge-
stattete ihnen aber, im Lande zu bleiben, wenn sie die
Beschneidung einführen und nach jüdischen Gesetzen
leben wollten. Wirklich nahmen sie auch aus Liebe zu
ihrer Heimat die Beschneidung wie die übrigen Gewohn-
heiten der Juden an und waren also von dieser Zeit an
ebenfalls Juden.
2. Da nun der Hohepriester Hyrkanus die einst mit
den Römern geschlossene Freundschaft erneuern wollte,
schickte er eine Gesandtschaft nach Rom. Der Senat
bestätigte nach Empfang seines Briefes die Freundschaft
durch folgendes Antwortschreiben : „Der Praetor Fanius,
Sohn des Marcus, hat am sechsten Februar den Senat
unter dem Vorsitze des Lucius Manlius, Sohnes des
Lucius Mentinas, und des Gajus Sempronius, Sohnes
des Gajus Falernas, zusammenberufen wegen des
Schreibens, welches die jüdischen Gesandten Simon, Sohn
des Dositheus, Apollonius, Sohn des Alexander und
Dreizehntes Buch, 9. Kapitel.
173
Diodorus, Sohn des Jason, ehrenwerte und edle Männer,
überbracht haben. Das Schreiben handelt von dem
zwischen den Juden und Römern bestehenden Bündnisse,
sodann von äusseren Angelegenheiten und enthält die
Bitte, es möchten den Juden Joppe nebst dem Hafen,
Gazara nebst den Quellen sowie alle anderen Städte
und Plätze, die Antiochus ihnen entgegen dem Senats-
beschluss im Kriege abgenommen habe, zurückgegeben,
ferner den königlichen Soldaten der Durchzug durch
ihre und ihrer Untergebenen Länder verboten werden.
Des weiteren möchte alles, was in jenem Kriege von
Antiochus dem Senatsbeschlusse zuwider ausgeführt wurde,
für ungiltig erklärt, sodann durch eine Gesandtschaft die
Zurückgabe des ihnen von Antiochus entrissenen Gebietes
und die Abschätzung des Landes, das im Kriege verwüstet
wurde, vorgenommen und endlich den jüdischen Ge-
sandten an die Könige und freien Städte ein Geleitsbrief
behufs sicherer Heimkehr ausgefertigt werden. Es ist
daher beschlossen worden, das Freundschaftsbündnis mit
den ausgezeichneten und von einem so edlen und ehren-
werten Volke gesandten Männern zu erneuern.“ Betreffs
der übrigen Briefe des Hyrkanus versprachen sie, die
Antwort in Erwägung zu ziehen , sobald der Senat
weniger mit Geschäften überhäuft sei, versicherten auch,
dafür sorgen zu wollen, dass in Zukunft ihnen keine
derartigen Unbilden mehr zugefügt würden, und gaben
dem Praetor Fanius den Auftrag, den Gesandten zum
Zweck ihrer Heimkehr Geldmittel aus der öffentlichen
Kasse anzuweisen. Fanius entliess daher die jüdischen
Abgeordneten, nachdem er ihnen Geld aus der Staats-
kasse angewiesen und sie nach dem Senatsbeschlusse mit
einem Geleitsbrief behufs Gewährleistung sicherer Heim-
reise versehen hatte.
3. So weit über den Hohepriester Hyrkanus. Was
nun den König Demetrius betrifft, so wollte er den
Hyrkanus mit Krieg überziehen, hatte aber weder Zeit
noch Gelegenheit dazu, weil sowohl das syrische Volk
als auch die Soldaten wegen seiner Grausamkeit höchst
174
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
feindselig gegen ihn gesinnt waren. Sie wandten sich
deshalb an Ptolemaeus Physkon und baten ihn, er möge
ihnen einen aus des Seleukus Geschlecht zum Könige
geben. Ptolemaeus sandte ihnen darauf den Alexander
Zebinas mit einem Heere, und Demetrius wurde in der
Schlacht besiegt, sodass er genötigt war, nach Ptolemais
zu seiner Gattin Kleopatra zu fliehen. Da diese ihn
aber nicht aufnehmen wollte, wandte er sich nach Tyrus,
wo er gefangen wurde und, von seinen Feinden grausam
gepeinigt, starb. Alexander, der nach ihm den Thron
bestieg,’ schloss mit dem Hohepriester Hyrkanus Freund-
schaft, verlor aber in dem Kriege , den des Demetrius
Sohn Antiochus Grypus gegen ihn unternahm, Schlacht
und Leben.
Zehntes Kapitel.
Wie Hyrkanus, während die Brüder Antiochus Grypus
und Antiochus von Kyzikos um die Herrschaft stritten,
Samaria einnahm und zerstörte. Wie er sich von den
Pharisäern lossagte und sich an die Sadducäer an-
schloss.
1. Antiochus hatte kaum die Herrschaft über Syrien
angetreten, als er sich zu einem Feldzuge gegen Judaea
anschickte. Inzwischen aber hörte er, dass sein Stief-
bruder, der ebenfalls Antiochus hiess, in Kyzikos ein
Heer gegen ihn sammle. Er blieb deshalb in seinem
Lande und beschloss, sich gegen den Angriff seines
Bruders zu rüsten. Dieser führte den Beinamen „der
Kyzikener“, weil er in Kyzikos erzogen worden war.
Sein Vater war Antiochus Soter, der im Kampfe gegen
die Parther gefallen war und mit Demetrius, dem Vater
des Grypus, dieselbe Mutter hatte. Kleopatra aber hatte,
wie schon erwähnt, beide Brüder geheiratet. Antiochus
von Kyzikos kam nun nach Syrien und führte viele
Jahre hindurch gegen seinen Bruder Krieg, während
welcher Zeit Hyrkanus sich des Friedens erfreute. Denn
Go gle
Dreizehntes Buch, 10. Kapitel.
175
er war nach dem Tode des Antiochus von den Mace-
doniern abgefallen und hatte ihnen weder als Freund
noch als Unterthan irgend welche Hilfe geleistet, viel-
mehr während des Alexander Zebinas Regierung und
noch |mehr zu der Zeit, als die beiden Brüder mitein-
ander im Streit lagen , sich in Glück und Wohlstand
befunden. Der Bruderkrieg gewährte ihm hinreichend
Müsse, Judaea sorgfältig anzubauen, sodass er einen
ungeheuren Reichtum anhäufte. Wollte Antiochus von
Kyzikos sein Land verwüsten, so trat er ihm entgegen,
und da er sah, dass der andere Antiochus von
Aegypten keine Hilfe erhielt und mit seinem Bruder
beständig im Hader lag, kümmerte er sich um beide
nicht.
2. So kam es , dass er Gelegenheit fand , gegen die
sehr feste Stadt Samaria zu Felde zu ziehen, über die
ich, da sie jetzt Sebaste heisst und von Herodes neu
gebaut worden ist, später an anderer Stelle sprechen
will. Er griff die Stadt an und belagerte sie mit Nach-
druck, da er gegen die Samariter aufgebracht war, weil
sie auf Geheiss der Könige von Syrien die Bewohner
von Marissa , welche jüdische Kolonisten und seine
Bundesgenossen waren, hart bedrängt hatten. Rings um
die Stadt zog er einen Graben sowie einen doppelten
Wall in der Länge von achtzig Stadien, und bestellte
seine Söhne Antigonus und Aristobulus zu Leitern der
Belagerung. Diese versahen ihren Dienst mit allem
Eifer, und so kam es, dass die Samariter bald so sehr
vom Hunger gequält wurden, dass sie ganz ungewöhn-
liche Nahrungsmittel zu sich nahmen und schliesslich
den Antiochus von Kyzikos herbeiriefen. Dieser kam
dem Hilferuf bereitwillig nach, wurde aber von Aristo-
bulus geschlagen und auf der Flucht nach Skythopolis
von den Brüdern verfolgt. Alsdann kehrten die letzteren
um und schlossen die Samariter abermals in ihre Stadt
ein, sodass sie wiederum den Antiochus zu Hilfe riefen.
Dieser erbat sich von Ptolemaeus Lathurus etwa sechs-
tausend Mann, welche er auch erhielt, doch gegen den
176
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Willen von Ptolemaeus’ Mutter, die ihn deshalb beinahe
der Herrschaft verlustig erklärt hätte. Zunächst nun
beschränkte sich Antiochus darauf, mit den Aegyptiern
das Land des Hyrkanus durch Raub und Verwüstung
zu beunruhigen, da er ihm an Streitkräften nicht ge-
wachsen war und ihm deshalb nicht in offener Schlacht
entgegenzutreten wagte. Er glaubte auch , durch die
Verwüstung des Landes ihn am besten zur Aufhebung
der Belagerung von Samaria zwingen zu können. Da
er aber eine Menge seiner Soldaten dadurch verlor, dass
sie in Hinterhalte gerieten, beauftragte er Kallimander
und Epikrates mit der Fortsetzung des Krieges gegen
die Juden, während er selbst sich nach Tripolis zu-
rückzog.
3. Kallimander griff die Feinde mit grösserer Kühn-
heit an, ward aber in die Flucht geschlagen und fiel.
Epikrates dagegen, der sehr habgierig war, gab gegen
Zahlung einer Geldsumme Skythopolis und die um-
liegenden Plätze ganz offen den Juden preis und konnte
Samaria auch nicht entsetzen. Hyrkanus nahm daher
nach einjähriger Belagerung die Stadt ein, begnügte sich
aber damit nicht, sondern zerstörte sie von Grund aus
und liess sie von reissenden Gebirgsbächen überströmen.
Hierdurch wurde sie derartig unterwühlt, dass sie in die
Schluchten hinabstürzte und kaum noch den Anblick
einer Stadt darbot. Bei dieser Gelegenheit soll dem
Hohepriester Hyrkanus etwas Wunderbares begegnet
sein, indem Gott zu ihm geredet habe. An dem Tage
nämlich, da seine Söhne mit dem Kyzikener kämpften,
soll der Hohepriester, als er allein im Tempel ein
Rauchopfer darbrachte, eine Stimme vernommen haben,
die ihm verkündigte, Antiochus sei soeben von seinen
Söhnen besiegt worden. Er begab sich alsbald aus
dem Tempel und teilte dem Volke sein Erlebnis mit;
und wirklich war es so eingetroffen. So viel wieder von
Hyrkanus.
4. Um diese Zeit erfreuten sich nicht nur die zu
Jerusalem und in ihrem Lande, sondern auch die in
Go gle
Dreizehntes Buch, 10. Kapitel.
177
Alexandria, Aegypten und Cypern wohnenden Juden
eines grossen Glückes. Die Königin Kleopatra nämlich
sagte sich von ihrem Sohne Ptolemaeus Lathurus völlig
los und ernannte zu Heerführern Chelkias und Ana-
nias, die Söhne jenes Onias, der, wie schon früher
erwähnt, im Bezirke von Heliopolis den Tempel nach
dem Muster des zu Jerusalem befindlichen erbaut hatte.
Kleopatra übergab ihnen die gesamte Leitung der Ge-
schäfte und that nichts ohne ihre Zustimmung, wie dies
auch der Kappadocier Strabo mit folgenden Worten be-
zeugt: „Die meisten von denen, welche mit uns nach
Cypern kamen, und diejenigen, die Kleopatra später
dorthin schickte, gingen sogleich zu Ptolemaeus über.
Nur die Juden, die sich nach Onias nannten, blieben
treu, weil ihre Landsleute Chelkias und Ananias bei der
Königin in hohem Ansehen standen." Also Strabo.
5. Um nun wieder auf Hyrkanus zurückzukommen,
so erregte sein Glück den Neid der Juden, und besonders
waren gegen ihn die Pharisäer aufgebracht, die, wie ich
oben erwähnte, eine Sekte der Juden bilden. Sie stehen
beim Volke in solchem Ansehen, dass sie stets Glauben
finden, selbst wenn sie etwas gegen den König oder den
Hohepriester Vorbringen. Hyrkanus war ihr Schüler
und anfangs bei ihnen sehr beliebt. Einst hatte er sie
zum Mahle geladen und bewirtete sie prächtig, und als
er sie vergnügt sah, erklärte er ihnen, sie wüssten doch
wohl, dass er gerecht sein und alles thun wolle, was
Gott angenehm sei, wie ja das auch die Pharisäer
lehrten. Er bitte sie also, falls sie ihn sündigen und
vom rechten Wege abirren sähen, ihn zu bekehren und
zu bessern. Sie aber stellten seiner Tugend das beste
Zeugnis aus und lobten ihn, worüber er sich sehr freute.
Nur einer von den Gästen, mit Namen Eleazar, ein
schlechter und streitsüchtiger Mensch, sagte: „Weil du
denn die Wahrheit hören willst, so merke auf meine
Worte. Willst du gerecht sein, so entsage der hohe-
priesterlichen Würde und begnüge dich damit, des Volkes
Fürst zu sein.“ Da nun Hyrkanus den Grund zu
Joeephua’ Jüdische Altertümer, II. 13
178
Josephus’ Jüdische Altertümer.
erfahren wünschte, weshalb er die hohepriesterliche
Würde ablegen sollte, entgegnete Eleazar: „Weil wir
von älteren Leuten hören, dass deine Mutter unter der
Regierung des Antiochus Epiphanes gefangen gewesen
ist/‘ Diese Behauptung war indes falsch, weshalb so-
wohl Hyrkanus wie alle Pharisäer heftig gegen Eleazar
aufgebracht wurden.
6. Nun gab es bei der Sekte der Sadducäer, welche
an den entgegengesetzten Ansichten wie die Pharisäer
festhalten, einen gewissen Jonathas, der des Hyrkanus
vertrauter Freund war und ihm auseinandersetzte,
Eleazar habe mit seiner Schmähung nur im Sinne aller
Pharisäer gesprochen. Das werde sogleich offenkundig
werden, wenn er sie frage, welche Strafe Eleazar für
seine Behauptung verdient habe. Als nun Hyrkanus
sich bei den Pharisäern erkundigte, welche Strafe sie
Eleazar zuerkännten, und ihnen erklärte, er sei über-
zeugt, dass sie mit jener Schmähung nichts zu thun und
demgemäss dem Eleazar schon die gebührende Strafe
auferlegt hätten, antworteten sie, er verdiene gegeisselt
und gefesselt zu werden. Eine Lästerung nämlich schien
ihnen noch nicht den Tod zu verdienen , wie ja die
Pharisäer von Natur mild im Bestrafen sind. Hierüber
aber geriet Hyrkanus in solchen Zorn, dass er nun wirk-
lich glaubte, der Mensch habe seine Schmähung mit ihrer
Zustimmung ausgestossen. Jonathas that dann noch das
seinige, um ihn aufzureizen , und brachte es wirklich
dahin, dass Hyrkanus sich an die Sadducäer anschloss,
sich von den Pharisäern lossagte und die von letzteren
dem Volke gegebenen Vorschriften nicht nur für un-
gültig erklärte, sondern auch gegen die,'; welche sie be-
folgten, mit Strafen einschritt. Infolgedessen richtete
sich der Hass des Volkes gegen ihn und seine Söhne,
wie ich gleich näher ausführen werde. Für jetzt will
ich nur noch bemerken, dass die Pharisäer dem Volke
durch mündliche Überlieferung viele Gebote aufbewahrt
haben, welche in die Gesetzgebung des Moyses nicht
aufgenommen sind. Diese Gebote nun verwirft die
Dreizehntes Buch, 11. Kapitel.
179
Sekte der Sadducäer und behauptet, das allein sei
massgebend, was geschrieben stehe, während die münd-
liche Überlieferung der Vorfahren keine Gültigkeit habe.
Über diesen Punkt entstanden oft heftige Streitigkeiten,
wobei die Sadducäer nur die Reichen , die Pharisäer
aber die grosse Menge des Volkes ' auf ihrer Seite hatten.
Näheres über diese beiden Sekten, sowie über die dritte
der Essener findet sich im zweiten Buche meines Werkes
über den Jüdischen Krieg.
7. Hyrkanus aber machte diesen Streitigkeiten bald
ein Ende, lebte darauf im höchsten Glück und starb
nach einunddreissigjähriger ausgezeichneter Regierung
mit Hinterlassung von fünf Söhnen. Gott hatte ihm
drei grosse Gnaden verliehen: die Herrschaft über sein
Volk, die hohepriesterliche Würde und die Gabe der
Weissagung. Der Herr nämlich war sein beständiger
Helfer und setzte ihn in den Stand, das Zukünftige
vorherzusehen und vorherzuverkündigen. So prophezeite
er auch, seine beiden ältesten Söhne würden nicht lange
im Besitze der Regierungsgewalt bleiben. Es ist der
Mühe wert, das Ende dieser beiden Söhne des Hyr-
kanus ausführlicher zu berichten, weil man daraus er-
sehen kann , wie weit sie hinter dem Glücke ihres
Vaters zurückblieben.
Elftes Kapitel.
Wie Aristobulus sich die Königskrone aufsetzte und gegen
seine Mutter und seine Brüder höchst grausam verfuhr.
Wie er nach der Ermordung des Antigonus auch selbst
sein Leben beschloss.
1. Als Hyrkanus gestorben war, beschloss sein ältester
Sohn Aristobulus, aus eigener Machtvollkommenheit die
bisherige Regierungsform in ein Königtum zu verwandeln,
und setzte sich vierhunderteinundachtzig Jahre und drei
Monate nach der Rückkehr des Volkes aus der baby-
lonischen Knechtschaft zuerst wieder die Krone auf.
12 *
180
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Von seinen Brüdern liebte er den Antigonus ganz be-
sonders und ehrte ihn königlich, während er die übrigen
in Ketten und Banden hielt. Sogar seine Mutter, die
von Hyrkanus mit der Regierung betraut worden war
und deshalb mit ihm wegen der Herrschaft in Streit
geriet, liess er ins Gefängnis werfen und ging sogar in
seiner Grausamkeit so weit, dass er sie durch Hunger
umkommen liess. Seinen Bruder Antigonus, dem er an-
fangs so sehr zugethan schien, behandelte er später nicht
viel besser, da er durch Verleumdungen gegen ihn auf-
gebracht worden war. Zunächst zwar schenkte er diesen
Beschuldigungen keinen Glauben, teils weil er ihn
wirklich liebte, teils weil er glaubte, dieselben gingen
aus Neid hervor. Als aber Antigonus eines Tages in
prächtigem Aufzug von einer kriegerischen Unternehmung
heimkehrte, während Aristobulus von einer Krankheit ans
Bett gefesselt war, zog ersterer, da gerade das Laub-
hüttenfest gefeiert wurde, mit grossem Gepränge in Be-
gleitung seiner Krieger nach dem Tempel, um das Fest
zu begehen und vor allem , um durch Gebet die Ge-
nesung seines Bruders zu erflehen. Es gab nun genug
böswillige Menschen, die, um die Eintracht der Brüder
zu stören, aus dem glanzvollen Aufzuge des Antigonus
und seinen glücklichen Kriegsthaten Veranlassung
nahmen, zum Könige zu gehen, ihm die Sache über Ge-
bühr aufzubauschen und ihm vorzustellen, dass das Be-
nehmen seines Bruders durchaus nicht dem eines Privat-
mannes entspreche, sondern die Begierde nach der
Königsherrschaft erkennen lasse. Antigonus werde ge-
wiss mit seiner starken Mannschaft kommen, um ihn zu
töten, da er es für thöricht halten müsse, sich mit der
Teilnahme an der Regierung zu begnügen, wenn er selbst
König werden könne.
2. Aristobulus liess sich durch diese Einflüsterungen,
wiewohl mit Widerstreben, aufreizen. Um aber bei
seinem Bruder keinen Verdacht zu erregen, und zugleich
auch, um für seine eigene Sicherheit zu sorgen, liess er
seine Leibwache in einem dunklen unterirdischen Raume
Go gle
Dreizehntes Buch, 11. Kapitel.
181
(1er Burg Antonia, 1 in welcher er krank darniederlag,
verstecken und ihr befehlen , keinem Unbewaffneten
etwas zuleide zu thun, den Antigonus aber, falls er be-
waffnet eintrete, niederzumachen. Gleichzeitig schickte
er zu Antigonus und liess ihn bitten, unbewaffnet zu
kommen. Die Königin aber und die, welche dem
Antigonns feindlich gesinnt waren, beredeten den Boten,
das gerade Gegenteil zu sagen und zu melden, Aristo-
bulus habe vernommen , dass sein Bruder sich neue
Waffen und neue Kriegsrüstung angeschafft habe, und
bäte ihn daher, bewaffnet zu ihm zu kommen, damit er
sich die Waffen ansehen könne. Antigonus, der nicht im
entferntesten an List und Tücke dachte, vielmehr von
der Freundlichkeit seines Bruders entzückt war, begab
sich in vollem Waffenschmuck zu Aristobulus, um ihm
denselben zu zeigen. Als er nun den sogenannten
Stratonsturm erreicht hatte , wo sich ein sehr dunkler
Gang befindet, machten ihn die Leibwächter nieder.
Sein Tod bewies klar, dass nichts eine grössere Gewalt
hat als Neid und Verleumdung, und dass nichts im-
stande ist, Wohlwollen und natürliche Zuneigung
schneller zu zerstören, als diese Leidenschaften. Wundern
muss man sich hierbei über einen Juden von der Sekte
der Essener, dessen Prophezeiungen noch stets ein-
getroffen waren. Als dieser den Antigonus zum Tempel
gehen sah, rief er in Gegenwart seiner Freunde und
Genossen, welche bei ihm die Kunst der Weissagung
erlernen wollten, aus, er wünsche, dass der Tod ihn
jetzt ereile, da er etwas Falsches prophezeit habe. Noch
lebe ja Antigonus, von dem er vorhergesagt habe, dass
er heute im Stratonsturm sterben werde, und den er
doch jetzt vorbeiziehen sehe, obgleich der Stratonsturm
sechshundert Stadien entfernt und der grösste Teil des
Tages schon verstrichen sei. Er laufe somit jetzt Ge-
fahr, eine falsche Weissagung verkündigt zu haben.
Während er noch so sprach und wehklagte, ward ihm
1 Die aber damals noch Baris hiess.
Go gle
182
Josephus’ Jüdische Altertümer.
gemeldet, Antigonus sei in dem unterirdischen Gelasse
umgekommen, welches ebenso wie das an der Meeres-
küste sechshundert Stadien weit entfernt liegende
Caesarea „Stratonsturm“ heisst. Hierdurch war der Seher
verwirrt worden.
3. Aristobulus aber empfand bald über den Bruder-
mord heftige Beue, und von Gewissensbissen gefoltert,
fiel er in eine Krankheit, die seine Eingeweide so an-
griff, dass er Blut auswarf. Dieses Blut wollte einer der
ihm dienenden Pagen, wie ich glaube, durch göttliche
Fügung, an dieselbe Stelle bringen, die noch mit dem
Blute des gemordeten Antigonus befleckt war, glitt aber
aus und verschüttete den Inhalt des Gefasses. Darüber
erhoben die, welche es gesehen hatten, ein gewaltiges
Geschrei, als wenn der Page das Blut mit Absicht ver-
schüttet hätte. Aristobulus, der das Geschrei hörte, er-
kundigte sich nach der Ursache, und da man ihm nicht
antwortete, war er nur desto begieriger, dieselbe zu er-
fahren, wie denn die Menschen gewöhnlich, wenn ihnen
etwas verschwiegen wird, gleich das Schlimmste dahinter
versteckt glauben. Als man ihm dann endlich auf seine
Drohungen aus Furcht die Wahrheit gestand, brach er,
von Gewissensbissen gequält, in Thränen aus und weh-
klagte: „So konnten also meine schändlichen und ver-
ruchten Thaten Gott nicht verborgen bleiben, da er mich
für den Mord meines Bruders mit schneller Strafe heim-
suchte! Wie lange denn noch willst du, o schamloser
Leib, die Seele zurückhalten, die den Schatten meines
Bruders und meiner Mutter verfallen ist? Weshalb
giebst du sie nicht sogleich los, da ich einen Teil
meines Blutes schon jetzt denen, welche ich so schmäh-
lich dahingemordet habe, zum Opfer bringe?“ Kaum
hatte er diese Worte gesprochsn, da starb er nach nur
einjähriger Regierung. Obwohl er ein Freund der
Griechen genannt wurde, hatte er doch seinem Vater-
lande viel Gutes erwiesen, indem er Ituraea bekriegte,
einen grossen Teil dieses Landes mit Judaea vereinigte
und die Bewohner zwang, falls sie in ihrer Heimat
Go gle
Dreizehntes Buch, 12. Kapitel
183
bleiben wollten, die Beschneidung anzunehmen und nach
jüdischen Gesetzen zu leben. Er war von Natur leut-
selig und schamhaft, wie dies auch Strabo bezeugt, der
nach Timagenes also berichtet: „Dieser Mann war leut-
selig und den Juden sehr nützlich, da er deren Gebiet
vergrösserte ; denn er nahm einen Teil des Ituräervolkes
in dasselbe dadurch auf, dass er die Ituräer zur Be-
schneidung nötigte.“
Zwölftes Kapitel.
Wie Alexander zur Herrschaft kam und gegen Ptolemaeus
zu Felde zog, aus. Furcht vor Ptolemaeus Lathurus aber
die Belagerung aufhob. Wie Ptolemaeus den Alexander
bekriegte und die Juden niederwarf.
1. Als Aristobulus gestorben war, liess seine Witwe
Salome, welche von den Griechen Alexandra genannt
wird, dessen Brüder, die, wie oben erwähnt, Aristobulus
gefangen gehalten hatte, frei und bestimmte den
Jannaeus, der auch Alexander hiess, zum Könige, da
ihm infolge seines Alters und seiner Rechtschaffenheit
der Vorrang gebühre. Dieser hatte sich, kaum dass er
geboren war, schon den Hass seines Vaters zugezogen
und durfte ihm während seines ganzen Lebens nicht
unter die Augen kommen. Der Hass gründete sich auf
folgende Begebenheit. Hyrkanus, der seine beiden
ältesten Böhne Antigonus und Aristobulus am meisten
liebte, fragte einst Gott, der ihm im Traume erschienen
war, welcher von seinen Söhnen sein Nachfolger werden
würde. Als Gott ihm darauf den Alexander bezeichnete,
verdross es ihn , dass gerade dieser alle seine Güter
erben sollte, und so liess er ihn in Galilaea, wo er ge-
boren war, erziehen. Gott aber hatte den Hyrkanus
nicht getäuscht. Denn Alexander kam nach dem Tode
des Aristobulus zur Regierung und liess den einen von
seinen Brüdern, der nach der Herrschaft strebte, um-
bringen, während er den anderen, der ein ruhiges Leben
führte, in hohen Ehren hielt.
184
Joseplius’ Jüdische Altertümer.
2. Als nun Alexander seine Herrschaft begründet
hatte, unternahm er einen Kriegszug gegen Ptolemaeus,
schlug [die zum Kampf ausgerückten Einwohner aufs
Haupt, trieb sie in die Stadt und belagerte sie. An der
Küste nämlich blieben ihm nur noch die Städte Ptole-
mai's und Gaza sowie der Tyrann Zoilus, welcher
Stratonsturm (Caesarea) und Dora behauptete, zu unter-
werfen übrig. Da nun Antiochus Philometor und sein
Bruder Antiochus von Kyzikos sich noch immer bekriegten
und gegenseitig ihre Kräfte aufrieben, hatten die Ptole-
maiter von ihnen keine Hilfe zu erwarten. Während
der Belagerung jedoch erschien Zoilus, der Beherrscher
von Stratonsturm und Dora , mit einer Heerschar , und
da er wegen des zwischen den beiden Königen tobenden
Streites seine Herrschaft auszudehnen gedachte, leistete
er den Ptolemaitern einige Hilfe. Letztere abel* konnten
auch schon darum auf die Könige nicht rechnen, weil
diese ihnen nicht sonderlich gewogen waren. So machten
es denn beide Teile wie die Ringkämpfer, die, wenn ihre
Kräfte nachlassen und die Scham ihnen nicht gestattet,
zu weichen , den Kampf durch Lässigkeit und Ver-
schnaufen in die Länge zu ziehen suchen. Es blieb nun
den Ptolemaitern nur noch die Hoffnung auf die
aegyptischen Könige und auf Ptolemaeus, den Herrscher
von Cypern, der, von seiner Mutter Kleopatra vom
Throne gestossen, sich nach dieser Insel gewandt hatte.
Zu diesem also schickten die . Ptolemaiter mit der Bitte,
er möge ihnen Hilfe leisten und sie aus den Händen
Alexanders retten. Da ihm nun die Gesandten Hoff-
nung machten, es würden, wenn er nach Syrien über-
setze, die Gazäer und Zoilus, welche auf seiten der
Ptolemaiter ständen, sowie auch die Sidonier und noch
viele andere Städte sich mit ihm verbünden, beeilte er
sich voll Zuversicht, seine Truppen einzuschiffen.
3. Inzwischen aber gelang es einem gewissen De-
mainetos, der als Volksredner bei den Ptolemaitern
grosses Ansehen genoss, die Meinung seiner Mitbürger
umzustimmen, indem er ihnen vorstellte, es sei besser,
Dreizehntes Buch, 12. Kapitel.
185
wenn auch mit ungewissem Erfolge, gegen die Juden
zu kämpfen, als sich in odenbare Knechtschaft zu
stürzen, indem man sich mit einem fremden Herrscher
einlasse und dann nicht nur den jetzigen Krieg, sondern
auch noch den viel schwierigeren mit Aegypten werde
zu bestehen haben. Denn Kleopatra werde nicht so
thöricht sein, zuzulassen, dass Ptolemaeus sich bei ihren
Nachbaren eine grosse Streitmacht sammle, sondern sie
mit einem grossen Heere angreifen, da sie doch sogar
versuche, ihren Sohn von Cypern zu verdrängen. Dem
Ptolemaeus stehe es, wenn er in seiner Hoffnung getäuscht
werde, frei, sich nach Cypern zurückzuziehen, während
ihnen selbst in diesem Falle die äusserste Gefahr drohe.
Obwohl nun Ptolemaeus unterwegs diese Sinnesänderung
der Ptolemaiter erfuhr, setzte er nichtsdestoweniger seine
Fahrt fort und landete bei Sykaminus, wo er seine
Truppen, im ganzen gegen dreissigtausend Fusssoldaten
und Reiter, ausschiffte. Diese führte er alsdann bis in
die Nähe von Ptolemais, wo er sein Lager aufschlug.
Da jedoch die Bürger weder seine Gesandten aufnahmen,
noch sonst auf ihn hören wollten, geriet er in grosse
Besorgnis.
4. Als nun aber Zoilus und die Gazäer den Ptole-
maeus um seine Hilfe prsuchen Hessen, weil ihre Äcker
von den Juden verwüstet würden, hob Alexander aus
Furcht vor diesem die Belagerung auf, führte sein Heer
heim und benahm sich nun zweideutig, indem er ins-
geheim die Kleopatra gegen den Ptolemaeus zu Hilfe
rief, anderseits aber mit letzterem zum Scheine ein Freund-
schaftsbündnis aufrecht erhielt. Ja, er versprach ihm
vierhundert Talente Silber, wenn er den Zoilus aus dem
Wege räumen und dessen Land den Juden überlassen
wolle. Ptolemaeus schloss auch wirklich damals mit
Alexander bereitwillig Freundschaft und unterwarf ihm
den Zoilus. Als er aber später hörte, Alexander habe
heimlich Boten an seine Mutter Kleopatra geschickt,
löste er seine Verbindlichkeiten nicht ein und belagerte
Ptolemais, weil es ihn nicht aufgenommen hatte. Und
Go gle
186
Joseplius’ Jüdische Altertümer.
nachdem er zu dieser Belagerung einige Heerführer mit
einem Teile seiner Truppen zurückgelassen, marschierte
er mit dem anderen Teile nach Judaea, um dasselbe zu
verwüsten. Alexander aber, der von des Ptolemaeus Ab-
sicht Kenntnis erhalten hatte, zog ein Heer von fünfzig-
tausend oder — nach anderen Schriftstellern — von
achtzigtausend Mann zusammen und rückte mit diesen
Truppen dem Ptolemaeus entgegen. Ptolemaeus griff
unterdessen unversehens die galilaeische Stadt Asochis
an, eroberte sie an einem Sabbat, faahm gegen zehn-
tausend Menschen gefangen und machte auch sonst reiche
Beute.
5. Alsdann wandte er sich gegen Sepphoris, das von
Asochis nicht weit entfernt war, erlitt aber hier grosse
Verluste und zog daher in der Richtung nach Ptolemais
ab, um dem Alexander eine Schlacht zu liefern. Alexander
begegnete ihm am Jordan bei einem Orte, der Asophon
hiess, und lagerte sich in der Nähe des Feindes. Im
Vordertreffen hatte er achttausend sogenannte Hekaton-
tomachen (Kämpfer , die es mit hundert aufnehmen),
welche mit Erz überzogene Schilde führten. Auch die
Kämpfer des Ptolemaeus, die im Vordertreffen standen,
bedienten sich solcher erzbeschlagenen Schilde. Wenn
nun auch die Soldaten des Ptolemaeus im übrigen den
Juden nachstanden und deshalb der Gefahr nicht so
leicht trotzten, so erhöhte doch ihren Mut der Taktiker
Philostephanos, indem er sie über den Fluss setzen liess,
der die beiderseitigen Lager trennte, ohne dass Alexander
den Übergang hinderte. Alexander nämlich dachte die
Feinde, sobald sie den Fluss im Rücken hätten, um so
leichter vernichten zu können , weil ihnen dann die
Flucht unmöglich war. Anfangs nun schwankte der
Kampf hin und her, und es fiel auf beiden Seiten eine
grosse Zahl. Als aber Alexander die Oberhand gewann,
teilte Philostephanos seine Truppen und brachte den
Bedrängten in geschickter Weise Hilfe. Die Juden
mussten sich nun, da niemand ihrem unterliegenden Teil
Unterstützung gewährte, zur Flucht wenden und rissen
Dreizehntes Buch, 13. Kapitel.
187
auch die anderen Reihen mit in dieselbe hinein, während
des Ptolemaeus Soldaten gerade das Gegenteil thaten.
Denn sie setzten den Juden nach, machten sie nieder,
schlugen zuletzt das ganze Heer in die Flucht und
richteten ein solches Blutbad an , dass ihre Waffen
stumpf wurden und ihre Arme erlahmten. Dreissig-
tausend (nach Timagenes fünfzigtausend) Juden sollen
in diesem Treffen gefallen sein ; die übrigen gerieten
teils in Gefangenschaft, teils entkamen sie in ihre
Heimat.
6. Nach diesem Kriege verwüstete Ptolemaeus die
Gegend und bezog am Abend in einigen Dörfern Quar-
tier. Als er nun die Dörfer mit Weibern und Kindern
angefüllt fand, befahl er seinen Soldaten, die letzteren
niederzumachen, sie in Stücke zu hauen und diese in
Kessel mit siedendem Wasser zu werfen. Das that er,
damit die, welche aus dem Treffen entkommen waren und
etwa hierher ihre Zuflucht nahmen , die Feinde für
Menschenfresser halten und über den Anblick desto
mehr in Schrecken geraten sollten. Auch Strabo und
Nikolaus berichten diesen Vorgang, wie ich ihn
dargestellt habe. Ptolemaeus aber nahm dann schliess-
lich auch noch Ptolemais mit Gewalt ein, wie ich schon
anderswo erzählte.
Dreizehntes Kapitel.
Wie Alexander einen Feldzug nach Coelesyrien unter-
nahm, die Stadt Gaza zerstörte und später viele tausend
Juden, die sich gegen ihn empört hatten, niedermachen
liess. Von Antiochus Grypus , Seleukus, Antiochus von
Kyzikos und anderen.
1. Als Kleopatra die Macht ihres Sohnes wachsen
sah und bemerkte, wie er Judaea nach Herzenslust ver-
wüstete und Gaza in seine Gewalt brachte, glaubte sie
es doch nicht zulassen zu dürfen, dass er sozusagen vor
die Thore ihrer Residenz rücke und seine Hand nach
188
Josephus’ Jüdische Altertümer.
der Krone Aegyptens ausstrecke, sondern brach mit einer
Flotte und einem Landheere gegen ihn auf. Zu Ober-
befehlshabern des Heeres ernannte sie die Juden Chelkias
und Ananias, während sie ihre Reich tümer, ihre Enkel
und ihr Testament den Bewohnern der Insel Kos zur
Bewahrung anvertraute. Alsdann befahl sie ihrem Sohne
Alexander, mit einer grossen Flotte nach Phoenicien zu
schiffen. Als die Phoenicier sich unterworfen hatten, kam
Kleopatra nach Ptolema’is, sah sich aber, weil die Bewohner
sie nicht einlassen wollten , zur Belagerung der Stadt
gezwungen. Inzwischen brach Ptoleraaeus aus Syrien
auf und eilte nach Aegypten in dem Glauben, das Land
sei von Truppen entblösst und er könne es deshalb un-
versehens erobern. Doch sah er sich in dieser Hoffnung
getäuscht. Chelkias, der eine von Kleopatras Feldherren,
setzte ihm nach, starb jedoch in Coelesyrien.
2. Sobald Kleopatra von dem Unternehmen ihres
Sohnes Kunde erhielt und zugleich vernahm, dass er in
Aegypten Misserfolg gehabt, schickte sie einen Teil ihres
Heeres dorthin und liess ihn aus dem Lande vertreiben.
So musste sich Ptolemaeus aus Aegypten zurückziehen
und überwinterte in Gaza. Unterdessen nahm Kleo-
patra Ptolema’is ein und die Besatzung gefangen. Da
nun Alexander von Ptolemaeus so schwer geschlagen
war und ihm keine andere Zuflucht übrig blieb, ging er
die Königin unter Darbringung von Geschenken und
mit gebührender Huldigung um Hilfe an. Einige ihrer
Freunde rieten der Kleopatra, sie solle die Geschenke
annehmen und das Land in ihre Gewalt zu bekommen
suchen, da sie sehe, eine wie grosse Menge tapferer
Juden von dem einen Manne abhängig sei. Ananias
aber trat diesem Rate entgegen, indem er auseinander-
setzte, die Königin werde ein Unrecht begehen, wenn sie
ihrem Bundesgenossen, der noch dazu sein Verwandter sei,
seiner Macht berauben wolle. Eine solche Ungerechtig-
keit werde auch übrigens alle Juden mit der Königin ver-
feinden. Durch diese Vorstellungen wurde Kleopatra
bewogen, nichts gegen Alexander zu unternehmen. Ja,
Dreizehntes Buch, 1 8. Kapitel.
189
sie schloss sogar mit ihm zu Skythopolis in Coelesyrien
ein Bündnis.
3. Als Alexander so von seiner Furcht vor Ptolemaeus
befreit war, zog er sogleich nach Coelesyrien ins Feld
und eroberte Gadara nach zehnmonatlicher Belagerung.
Weiterhin nahm er Amathus ein, die grösste der am
Jordan gelegenen Festungen, wo Theodorus, der Sohn
des Zeno, die schönsten und kostbarsten seiner Schätze
auf bewahrte. Dieser aber griff unversehens die Juden
an, tötete zehntausend von ihnen und plünderte Alexanders
Gepäck. Doch liess dieser sich hierdurch nicht ent-
mutigen, sondern zog gegen die Küstenstädte Raphia
und Anthedon (welch letztere der König Herodes später
Agrippias nannte) und nahm auch diese ein. Als er
nun erfuhr, dass Ptolemaeus von Gaza nach Cypern
und seine Mutter Kleopatra wieder nach Aegypten zurück-
gekehrt seien, belagerte er Gaza im Zorn darüber, dass
seine Bewohner den Ptolemaeus zu Hilfe gerufen hatten,
und verwüstete deren Äcker. Apollodotus aber, der
Anführer der Gazäer, fiel mit zweitausend Söldnern und
zehntausend Bürgern bei Nacht in das Lager der Juden
ein. So lange nun die Nacht währte, waren die Gazäer
im Vorteil, da sie die Feinde zu dem Glauben verleiteten,
Ptolemaeus sei es, der sie angreife. Als es aber Tag
wurde und der Irrtum sich auf klärte, schlossen sich die
Juden fest zusammen, drangen auf die Gazäer ein und
machten gegen* tausend von ihnen nieder. Dennoch
hielten die belagerten Gazäer stand und Hessen sich
weder durch den Mangel an Lebensmitteln, noch durch
die Menge der Gefallenen einschüchtern, wollten vielmehr
lieber alles Ungemach erdulden, als in die Hände ihrer
Feinde geraten. Zudem ermutigte sie der Araberkönig
Aretas, der ihnen Hilfe in Aussicht gestellt hatte. Doch
noch vor seinem Eintreffen kam Apollodotus um; sein
Bruder Lysimachus nämlich, der ihn um sein Ansehen
bei den Bürgern beneidete, tötete ihn, sammelte sich
eine Schar Soldaten und übergab die Stadt dem Alexander.
Dieser rückte sogleich ein und benahm sich zunächst
190
Josephus’ Jüdische Altertümer.
gnädig; später aber gestattete er seinen Leuten, sich
an den Gazäern zu rächen. Die Soldaten zerstreuten
sich darauf in der Stadt und begannen zu morden. Doch
auch die Gazäer bewiesen sich nicht feige, leisteten viel-
mehr tapferen Widerstand und töteten nicht weniger
Juden , als ihrer selbst fielen. Einige verliessen auch
ihre Häuser und steckten sie in Brand , damit den
Feinden keinerlei Beute zufalle. Andere wieder töteten
mit eigener Hand ihre Frauen und Kinder, weil sie die-
selben nicht in die Knechtschaft des Feindes geraten
lassen wollten. Die fünfhundert Mitglieder des Rates
der Stadt (zur Zeit des Überfalles war dieser gerade
versammelt) hatten sich in den Apollotempel geflüchtet;
auch sie liess Alexander niedermachen, zerstörte dann
die Stadt und kehrte, nachdem die Belagerung ein Jahr
gedauert hatte, nach Jerusalem zurück.
4. Um diese Zeit starb auch Antiochus Grypus,
meuchlerisch umgebracht von einem gewissen Herakleon,
nachdem er fünfundvierzig Jahre gelebt und neunund-
zwanzig Jahre regiert hatte. Ihm folgte sein Sohn
Seleukus, der mit seinem Oheim Antiochus von Kyzikos
Krieg führte, denselben besiegte, gefangen nahm und
tötete. Nicht lange danach kam des Kyzikeners Sohn
Antiochus mit dem Beinamen Eusebes nach Aradus,
setzte sich die Krone auf und bekriegte den Seleukus,
den er schlug und aus ganz Syrien verdrängte. Seleukus
floh nach Cilicien, zog sich nach Mopsuestia zurück und
wollte von den Bürgern der Stadt Abgaben eintreiben,
Das Volk aber ward hierüber unwillig und legte den
Feuerbrand an die Königsburg , sodass Seleukus mit
seinen Freunden umkam. Während nun des Kyzikeners
Sohn Antiochus in Syrien regierte, überzog ihn Antiochus,
des Seleukus Bruder, mit Krieg, ward jedoch geschlagen
und verlor Heer und Leben. Nach ihm setzte sich sein
Bruder Philippus die Krone auf und herrschte über einen
Teil von Syrien. Inzwischen aber hatte Ptolemaeus
Lathurus dessen vierten Bruder Demetrius mit dem Bei-
namen Eukaerus aus Knidus herbeigerufen und setzte
Dreizehntes Buch, 13. Kapitel.
191
ihn zu Damaskus als König ein. Diesen beiden Brüdern
leistete Antiochus tapferen Widerstand, kam aber bald
um. Er zog nämlich die Königin der Galadener, Lao-
dike, welche damals gegen die Parther Krieg führte, zu
Hilfe und fiel nach heldenmütigem Kampfe auf dem
Schlachtfelde. Die Herrschaft von Syrien behaupteten
nun die beiden Brüder Demetrius und Philippus, wie
schon anderswo berichtet ist.
5. Was den Alexander angeht, so erhob sich das
Volk gegen ihn und bewarf ihn während einer Festfeier,
als er am Altäre stand und opfern wollte, mit Citronen.
Es ist nämlich bei den Juden Gebrauch, dass am Laub-
hüttenfest jedermann Palm- und Citronenzweige mit-
bringt, wie ich bereits an anderer Stelle erwähnt habe.
Auch schmähten sie ihn, er sei der Sohn einer Gefangenen
und des Hohepriestertums wie der Ehre, Opfer darzu-
bringen, nicht wert. Hierüber ergrimmt, liess Alexander
gegen sechstausend von ihnen niedermetzeln. Dann liess
er rings um den Altar und den Tempel hölzerne Schranken
errichten bis an den Räum, den nur die Priester betreten
durften, und verwehrte so dem Volke den Zutritt. Er
hielt auch fremde Söldner, Pisider und Cilicier, doch
keine Syrer, weil er mit diesen verfeindet war, unter-
jochte dann die Moabiter und die Galaditer, arabische
Völkerschaften, machte sie tributpflichtig und zerstörte
auch die Stadt Amathus, ohne dass Theodorus ihm
Widerstand geleistet hätte. Als er nun aber dem Araber-
könige Obedas entgegentrat, fiel er in einer zerklüfteten
und schwer zugänglichen Gegend in einen Hinterhalt,
wurde bei dem galaditischen Dorfe Gadara von der Menge
der Kamele in eine tiefe Schlucht gedrängt und ent-
kam nur mit genauer Not. Von hier floh er dann nach
Jerusalem, und da nun auch noch das Volk sich gegen
ihn empörte, führte er sechs Jahre lang gegen dasselbe
Krieg, in welchem er nicht weniger als fünfzigtausend
Juden umbrachte. Und obwohl er sie beständig er-
mahnte, von ihrer Feindseligkeit abzulassen, hassten sie
ihn doch immer mehr. Da er sie nun endlich fragen
192
Josephus’ Jüdische Altertümer.
liess, was sie denn eigentlich verlangten, schrien sie:
seinen Tod. Dann schickten sie zu Demetrius Eukaerus
und liessen ihn zu Hilfe rufen.
Vierzehntes Kapitel.
Wie Demetrius Eukaerus den Alexander überwand,
sich aber bald wieder zurückzog. Alexanders Rache
an den Juden. Des Demetrius Tod.
1. Demetrius rückte darauf mit einem Heere an,
nahm die, welche ihn zu Hilfe gerufen, in dasselbe auf
und lagerte sich bei Sikim. Alexander zog ihm mit
sechstausendzweihundert Söldnern und zwanzigtausend
Juden, die zu ihm hielten, entgegen. Die Streitmacht
des Demetrius bestand aus dreitausend Reitern und
vierzigtausend Fusssoldaten. Von beiden Seiten versuchte
man nun zunächst, dem Gegner Truppen abzuschwätzen,
indem Demetrius die Söldner, weil sie Griechen seien,
Alexander dagegen die zu Demetrius haltenden Juden
zum Abfall zu bewegen suchte. Da indes keiner von
beiden etwas ausrichtete, kam es zur Schlacht, in
welcher Demetrius siegte und alle Söldner Alexanders,
die sich heldenmütig und treu benommen hatten , doch
auch viele von Demetrius’ Kriegern fielen.
2. Alexander floh nun ins Gebirge, wo er sechstausend
Juden, die das Mitleid mit seinem Geschick zu ihm trieb,
um sich versammelte. Demetrius zog sich darauf aus
Furcht vor diesem Anhänge Alexanders zurück ; die
übrigen Juden aber griffen den Alexander an. Doch
sie wurden geschlagen, und es kamen viele von ihnen
im Kampfe ums Leben. . Die Angesehensten des Volkes
drängte dann Alexander in die Stadt Bethoma, belagerte
sie hier und führte sie nach dem Falle der Festung ge-
fangen nach Jerusalem, wo er eine ganz unmenschliche
Frevelthat ersann. Als er nämlich mit seinen Buhl-
dirnen an einem in die Augen fallenden Orte schmauste,
Go gle
Dreizehntes Buch, 14. Kapitel.
198
liess er gegen achthundert dieser Gefangenen kreuzigen
und, während sie noch lebten, ihre Frauen und Kinder
vor ihren Augen niedermetzeln. Damit vollzog er für
das erlittene Unrecht eine so grausame Strafe, wie ein
Mensch sie je ersonnen haben mochte. Freilich hatten
die Juden ihm in den gegen ihn geführten Kämpfen
hart zugesetzt und auch sein Leben wie seinen Thron
aufs äusserste bedroht, da sie sich nicht damit begnügten,
selbst gegen ihn zu Felde zu ziehen, sondern auch noch
fremde Hilfstruppen gegen ihn heranzogen und ihn end-
lich derart in die Enge trieben, dass er die im Lande
der Moabiter und Galaditer unterjochten Gebiete samt
den darin befindlichen Festungen dem Könige der Araber
abtrat, damit [dieser den Juden, die ihm schon so un-
zählige Unbilden und Kränkungen zugefügt hatten, nicht
auch noch gegen ihn beistehe. Doch war {das noch keine
zwingende Veranlassung für ihn, eine so unmenschliche
Grausamkeit zu begehen, die ihm sogar den Namen
Thrakidas 1 bei den Juden eintrug. Übrigens flohen die
ihm feindlich gesinnten Krieger, etwa achttausend an
der Zahl, bei Nacht davon und lebten bis zum Tode
Alexanders als Flüchtlinge. So nahm dieser Aufstand
ein Ende, und Alexander regierte von da ab in voller
Ruhe.
3. Unterdessen war Demetrius aus Judaea nach
Beroea gezogen und belagerte hier seinen Bruder Phi-
lippus mit zehntausend Fusssoldaten und tausend Reitern.
Straton jedoch, der Tyrann von Beroea und Bundes-
genosse des Philippus, rief den arabischen Stammesfürsten
Zizus und den Partherhäuptling Mithradates Sinakes
zu Hilfe. Diese kamen mit grosser Heeresmacht, be-
lagerten den Demetrius in seinem eigenen Lager, wo die
Geschosse ebensosehr als der Durst ihm zusetzten, und
zwangen die Seinigen schliesslich zur Übergabe. Dann
plünderten sie die ganze Umgegend, nahmen den Deme-
trius gefangen und schickten ihn zu dem damaligen
1 D. h. Thrakern ähnlich, die als grausam bekannt waren, j
Josephus’ I Jüdische Altertümer II. . 13
Go gle
194
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Partherkönige Mithadrates, Hessen jedoch alle Gefangenen,
welche Antiochener waren, ohne Lösegeld nach Anti-
ochia zurückkehren. Der Partherkönig Mithradates
behandelte übrigens den Demetrius sehr ehrenvoll, bis
dieser an einer Krankheit starb. Philippus aber rückte nach
jenem Kampfe sogleich gegen Antiochia, nahm die
Stadt ein und wurde dadurch König von Syrien.
Fünfzehntes Kapitel.
Wie Antiochus Dionysus und nach ihm Aretas
gegen Judaea zu Felde zogen. Alexanders weitere Thaten
und Tod.
1. Später kam des Philippus Bruder Antiochus Dio-
nysus in der Absicht, sich der Herrschaft zu bemäch-
tigen, nach Damaskus, nahm dasselbe ein und setzte
sich die Krone auf. Während er aber auf einem Kriegs-
zuge gegen die Araber begriffen war, hörte sein Bruder
Philippus, was vorgefallen war, und eilte nach Damaskus,
Milesius, der als Kommandant der Burg zurückgeblieben
war, übergab ihm im Einverständnis mit den Damas*
cenern die Stadt. Da er sich aber gegen den Milesius
undankbar bewies und ihm nichts von dem, was dieser
nach der Übergabe der Stadt erwartet hatte, gewährte,
vielmehr lieber den Schein erwecken wollte, als habe er
durch Einschüchterung, nicht aber durch des Milesius
Gefälligkeit die Einnahme der Stadt bewerkstelligt,
wurde er, zumal er keinerlei Geschenke machte, bald
missliebig und verlor Damaskus wieder. Da er nämlich
einmal in die Rennbahn zog, schloss Milesius die Thore
und bewahrte die Stadt wieder für Antiochus. Sobald
dieser aber von dem Beginnen des Philippus hörte,
kehrte er sogleich aus Arabien zurück und zog mit acht-
tausend Fusssoldaten und achthundert Reitern nach
Judaea. Alexander, der bei seinem Anrücken in Furcht
geriet, zog einen tiefen Graben, der sich von Chabarzaba,
Dreizehntes Buch, 15. Kapitel.
195
dem jetzigen Antipatris, bis zum Meerbusen von Joppe
erstreckte; an dieser Seite nämlich war das Land völlig
offen. Ausserdem errichtete er hölzerne Türme mit
Brustwehren von hundertfünfzig zu hundertfünfzig Stadien
und erwartete nun den Antiochus. Dieser aber steckte
alle diese Befestigungs werke in Brand und führte sein
Heer von dort nach Arabien hinüber. Der Araber zog
sich anfänglich vor ihm zurück, brach dann aber plötz-
lich mit zehntausend Reitern hervor und lieferte ihm
eine blutige Schlacht, in welcher Antiochus zwar siegte,
aber fiel, während er dem bedrängten Teile derSeinigen
zu Hilfe kam. Nach seinem Tode floh das Heer iii
den Flecken Kana, wo der grösste Teil desselben dem
Hunger erlag.
2. Nach Antiochus gelangte zur Regierung von Coele-
syrien Aretas, der von der Besatzung in Damaskus aus
Hass gegen Ptolemaeus Mennaei zur Herrschaft berufen
wurde. Dieser rückte nach Judaea ins Feld, besiegte
den Alexander bei Addida, schloss aber dann Frieden
mit ihm und zog sich wieder nach Judaea zurück.
3. Alexander rückte nun seinerseits gegen die Stadt
Dion, nahm dieselbe ein und führte sein Heer von da
nach Essa, wo Zeno seine grössten Kostbarkeiten ver-
wahrte. Diesen Platz umzog er mit einem dreifachen
Walle, nahm ihn mit Sturm und wandte sich dann gegen
Gaulana und Seleukia. Diese eroberte er ebenfalls, wie
auch das sogenannte Thal des Antiochus und die Festung
Gamala. Den Demetrius aber, den Beherrscher dieser
Gegenden, plünderte er unter allerhand Vorwänden rein
aus und kehrte dann, nachdem er drei Jahre im Felde
gelegen hatte, nach Hause zurück, wo die Juden ihn
seines Kriegsglückes wegen mit Begeisterung aufnahmen.
4. Um diese Zeit besassen die Juden auch schon
viele Städte der Syrer, Idumäer und Phoenicier. Am
Meere hatten sie Stratonsturm, Apollonia, Joppe, Jamnia,
Azot, Gaza, Anthedon, Raphia und Rhinokorura; im
Binnenlande, welches an Idumaea grenzte, Adora, Marissa,
Samaria, den Karmel, den Tabor, Skythopolis, Gadara,
13 *
196
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Gaulanitis, Seleukia und Gabala; in Moabitis Essebon,
Medaba, Lemba, Oronas, Telithon, Zara, die Cilicier-
Schlucht, Pella (dieses zerstörten sie, weil die Bewohner
nicht versprechen wollten, die jüdischen Gebräuche an-
zunehmen), sowie ferner noch eine Reihe bedeutender
Städte Syriens, die gleichfalls zerstört waren.
5. Später fiel Alexander infolge von Trunksucht in
eine Krankheit und wurde drei Jahre lang von vier-
tägigem Wechselfieber geplagt, ohne aber deshalb vom
Kriege abzulassen, bis er endlich den Strapazen erlag
und im Gerasenischen Gebirge bei der Belagerung der
Festung Ragaba jenseits des Jordan starb. Als die
Königin ihn dem Tode nahe sah und keine Hoffnung
auf seine Genesung mehr hatte, weinte und jammerte
sie und beklagte sich und ihre Kinder, weil sie nun
bald verlassen sein würden. Dann sprach sie zu Alexander:
„Wem lässt du nun mich und meine Kinder, die fremder
Hilfe so sehr bedürfen, zumal da du weisst, wie sehr
das Volk der Juden gegen dich aufgebracht ist?“ Er
aber redete ihr zu, seinem Rate zu folgen^ die königliche
Würde mit ihren Kindern festzuhalten und seinen Tod
dem Heere zu verheimlichen, bis die Festung erobert sei.
Hierauf solle sie als Siegerin in glänzendem Aufzuge
sich nach Jerusalem begeben und den Pharisäern irgend
ein Vorrecht einräumen. Diese würden ihr dann aus
Dankbarkeit für die Auszeichnung das Volk geneigt
machen; denn sie besässen grossen Einfluss auf die
Juden und könnten ihren Feinden bedeutenden Schaden,
ihren Freunden dagegen grossen Vorteil bringeij, tla das
Volk auf jedes ihrer Worte, welches sie aus Hass gegen
jemand richteten, höre. Habe er sich doch selbst beim
Volke missliebig gemacht, weil er ihrem Übermut ent-
gegengetreten sei. „Wenn du nun,“ fügte er hinzu,
„nach Jerusalem gekommen bist, so lass die Vornehmsten
zu dir rufen, zeige ihnen meinen Leichnam und gieb
ihnen die Erlaubnis, mit mir nach Gutdünken zu ver-
fahren. mögen sie nun, weil sie so viel von mir erduldet
haben, meinem Leibe aus Hohn die Bestattung ver-
Dreizehntes Buch, 16. Kapitel.
197
sagen oder in ihrer Wut irgend eine andere Schmach
demselben zufügen. Versprich ihnen alsdann, bei der
Regierung nichts ohne ihre Zustimmung zu thun. Wenn
du so zu ihnen redest, werden sie mir ein ehrenvolleres
Leichenbegängnis veranstalten, als du mir hättest bereiten
können, weil sie dann von der Erlaubnis, mit meinem
Körper schimpflich verfahren zu dürfen, keinen Ge-
brauch machen werden. Auf diese Weise wirst du in
Sicherheit herrschen können.“ Nachdem er seiner Gattin
diese Ermahnungen gegeben, verschied Alexander nach
siebenundzwanzigjähriger Regierung und im Alter von
neunundvierzig Jahren.
Sechzehntes Kapitel.
Alexandras neunjährige Regierung und Tod.
1. Als die Festung gefallen war, wandte sich
Alexandra der Weisung ihres Gatten gemäss an die
Pharisäer, gab ihnen alles auf den Leichnam wie auf
die Regierung Bezügliche anheim , beschwichtigte da-
durch ihren Zorn gegen Alexander und machte sie sich
wohlwollend und geneigt. Sie gingen also sogleich zum
Volke, versammelten es, priesen Alexanders Thaten,
klagten, dass sie einen gerechten König an ihm verloren
hätten, und bewirkten durch diese Lobeserhebungen, dass
das Volk ihn aufrichtig betrauerte. Infolgedessen wurde
er glänzender als irgend einer der früheren Könige be-
stattet. Obwohl nun Alexander zwei Söhne, Hyrkanus
und Aristobulus, hinterliess, ging doch die Königswürde
nach seiner testamentarischen Bestimmung an Alexandra
über. Hyrkanus war übrigens auch zur Leitung eines
Staatswesens wenig geeignet und mehr zu einem bequemen
Leben geneigt, während der jüngere Aristobulus als ent-
schlossener und kühner Jüngling sich erwies. Alexandra
aber erwarb sich bald die Zuneigung des Volkes, weil
sie die Verfehlungen ihres verstorbenen Gatten offen
missbilligte.
Go gle
198
Josephus’ Jüdische Altertümer.
2. Zum Hohepriester ernannte Alexandra den Hyr-
kanus, einmal wegen seines Alters, dann aber auch
wegen seines Hanges zu trägem Leben. Im übrigen gab
sie alles den Pharisäern anheim, hiess das Volk ihnen
gehorchen und setzte alle den Pharisäern von ihren
Vorfahren überlieferten Einrichtungen, die ihr Schwieger«
vater Hyrkanus abgeschafft hatte , wieder in Kraft. So
gab die Königin eigentlich nur den Namen für die
Regierung her, während in Wirklichkeit die Phari-
säer die Gewalt in Händen hatten. Denn sie riefen
Verbannte zurück, Hessen Gefangene frei und unter-
schieden sich überhaupt in nichts von wirklichen
Herrschern. Immerhin trug aber auch die Königin
Sorge für die Regierung, warb ein grosses Söldnerheer
und vergrösserte ihre Macht, sodass sie die benachbarten
Fürsten in Schrecken jagte und von ihnen Geiseln gestellt
bekam. So befand sich das ganze Land in Ruhe, mit
alleiniger Ausnahme der Pharisäer. Denn sie bestürmten
die Königin, ihnen zu gestatten, dass sie die Ratgeber
Alexanders bei dem Morde der achthundert hinrichten
lassen dürften. Sie machten nun mit einem gewissen
Diogenes den Anfang und Hessen dann einen nach dem
anderen umbringen , bis die Vornehmsten sich in den
königlichen Palast begaben, um zugleich mit Aristo-
bulus der Königin Vorstellungen zu machen. Aristobulus
nämlich war sehr unwillig über das Vorgefallene und
gab offen zu erkennen, dass er, sobald er die Macht
dazu erlangt habe, dem Beginnen seiner Mutter Einhalt
gebieten werde. Diese baten also die Königin, zu er-
wägen, wie manchen Gefahren sie schon ins Auge ge-
sehen und wie sie dadurch sich als treu und anhänglich
an ihren Herrscher erwiesen hätten, wofür ihnen denn
auch grosse Auszeichnungen zu teil geworden seien.
Alexandra möge ihnen also nicht alle ihre Hoffnung
rauben, indem sie zugebe, dass die welche dem Feinde
auf dem Schlachtfelde so wackeren Widerstand geleistet,
zu Hause von ihren Gegnern wie Tiere dahingeschlachtet
würden. Wenn ihren Widersachern die Zahl der bereits
Go gle
Dreizehntes Buch, 16. Kapitel.
199
Gemordeten genüge, so wollten sie diese schon geschehene
Unbill aus Ehrfurcht gegen das Herrscherhaus ruhig
hinnehmen. Beharrten dieselben jedoch auf ihrer Feind-
seligkeit, so bäten sie inständig um Entlassung aus
ihren Ämtern. Denn sie seien nicht so gesinnt, dass sie
wider den Willen der Königin ihre Rettung bewerk-
stelligen wollten, erböten sich vielmehr gern, ihr Leben
in der Königsburg zu lassen, wenn sie keine Verzeihung
erlangen könnten. Indessen werde es schimpflich für
sie selbst wie für die Königin sein, wenn sie von ihr
verstossen und von den Feinden ihres Gemahls auf-
genommen würden. Der Araber Aretas aber und die
übrigen Fürsten würden es gewiss hoch anschlagen, so
viele Männer zu gewinnen, deren Namen allein ihnen
früher schon Schrecken eingeflösst hätten. Wolle sie
nun das letztere nicht billigen und auch den Pharisäern
ihren Einfluss lassen, so möge sie verfügen, dass sie
selbst in Festungen geschickt würden. Denn wenn ein-
mal ein Fluch auf Alexanders Hause laste, so wollten sie
sich schon gern damit begnügen, in niedrigeren Stellungen
Verwendung zu finden.
3. Als sie diese und ähnliche Vorstellungen erhoben
und schliesslich Alexanders Schatten um Mitleid mit den
Gemordeten und denen, die noch in Gefahr schwebten,
anriefen , brachen alle Anwesenden in Thränen aus.
Ganz besonders aber legte Aristobulus seine Meinung
offen dar und machte seiner Mutter die herbsten Vor-
würfe. Doch sie waren ja eigentlich an ihrem Unglück
selbst schuld, da sie einem herrsch süchtigen Weibe die
Regierung überliessen, und zwar gegen jedes Herkommen,
obwohl doch ein geeigneter Thronerbe vorhanden war.
Die Königin aber wusste nicht, wie sie sich mit Ehren
aus der Sache ziehen sollte, und vertraute ihnen daher
die Hut der Festungen an, jedoch mit Ausnahme von
Hyrkania, Alexandrium und Machaerus, wosie ihre grössten
Kostbarkeiten auf bewahrte. Nicht lange danach sandte
sie ihren Sohn Aristobulus mit einem Heere nach Da-
maskus gegen Ptolemaeus Mennaei, der für Jerusalem
Go gle
200
Josephus’ Jüdische Altertümer.
ein gefährlicher Nachbar war. Er kehrte indes zurück,
ohne etwas Erwähnenswertes vollbracht zu haben.
4. Um diese Zeit lief die Nachricht ein, der Armenier-
könig Tigranes sei mit fünfhunderttausend Mann in Sy-
rien eingefallen und beabsichtige, auch Judaea anzu-
greifen. Dadurch geriet, wie leicht erklärlich, die Königin
samt dem Volke in Schrecken, sodass man dem Tigranes,
während er Ptolemais belagerte, durch eine Gesandtschaft
eine Menge kostbarer Geschenke zuschickte. Die da-
malige Königin von Syrien, Selene, auch wohl Kleopatra
genannt, war es hauptsächlich, welche die Bewohner von
Ptolemais veranlasste, vor Tigranes die Thore geschlossen
zu halten. Die Gesandten begaben sich also zu Tigranes
und baten ihn, der Königin und dem Volke der Juden
sich gnädig erzeigen zu wollen. Tigranes fühlte sich
geschmeichelt, dass sie aus so weiter Ferne zu ihm kamen,
um seine Huld zu erflehen, und machte ihnen deshalb
Mut und Hoffnung. Kaum aber hatte er Ptolemais ein-
genommen, als ihm gemeldet wurde, Lucullus habe den
Mithradates verfolgt, ihn aber nicht einholen können,
weil dieser sich zu den Iberern geflüchtet, und verwüste
nun Armenien , das er zu erobern beabsichtige. Auf
diese Nachricht zog Tigranes schleunigst heim.
5. Als kurz darauf die Königin schwer krank wurde,
glaubte Aristobulus eine günstige Gelegenheit erwischt
zu haben, bei der er sich der Regierung bemächtigen könne,
und begab sich daher mit einem einzigen Diener bei
Nacht aus der Stadt, um die Festungen zu besuchen,
wo seines Vaters Freunde standen. Schon längst war
er ja mit der Regierung seiner Mutter unzufrieden ; jetzt
aber besorgte er auch noch, es möchte im Falle ihres
Todes sein ganzes Geschlecht unter der Herrschaft der
Pharisäer stehen. Dass sein Bruder, dem die Nachfolge
zufallen musste, zur Regierung untauglich war, sah er
wohl ein. Um seinen Plan wusste nur seine Gattin, die
er mit den Kindern in der Stadt zurückgelassen hatte.
Zuerst kam er nun nach Agaba, wo Galaestes, einer von
seinen mächtigen Freunden, ihn aufnahm. Bei Tages-
Dreizehntes Buch, 1 6. Kapitel.
201
anbruch merkte die Königin Aristobulus’ Flucht, dachte
aber zunächst noch nicht daran , dass sein Entweichen
mit aufrührerischen Plänen Zusammenhänge. Als aber
ein Bote nach dem anderen kam und meldete, Aristo-
bulus habe eine Festung im Besitz, dann die zweite und
endlich alle insgesamt (sobald er nämlich mit der ersten
den Anfang gemacht, folgten die übrigen gleich von
selbst), geriet die Königin mit dem Volke in die äusserste
Bestürzung. Man sah nämlich wohl ein, dass Aristo-
bulus bald im Besitze der Herrschaft sein werde, und
fürchtete besonders, er werde Rache dafür nehmen, dass
man sein Haus verwüstet hatte. Man beschloss deshalb,
seine Gattin nebst den Kindern in die oberhalb des
Tempels liegende Burg zu bringen. An Aristobulus aber
schlossen sich inzwischen so viele an, dass er schon den
Eindruck eines Königs machte. In ungefähr fünfzehn
Tagen hatte er zweiundzwanzig Festungen erobert und
besass nun die Mittel, um am Libanon, in Trachonitis
und bei den umwohnenden Fürsten sich ein Heer zu
werben. Wie nun die Menschen überhaupt gern dem
Machthaber anhängen, so unterwarf man sich auch ihm
leicht. Übrigens hoffte man auch, wenn man ihn in
seiner jetzigen bedenklichen Lage unterstütze, werde man
später um so mehr Vorteile von ihm gemessen, weil man
ihm zur Regierung verholfen habe. Die Ältesten der
Juden begaben sich nun mit Hyrkanus zur Königin und
baten sie um ihren Rat, was zu thun sei. Aristobulus
habe nämlich schon so viele Festungen in seiner Gewalt,
dass er drauf und dran sei, sich der Regierung zu be-
mächtigen. Und wenn die Königin auch noch so krank
sei, zieme es ihnen doch nicht, so lange sie lebe, etwas
ohne ihren Rat zu thun, obgleich die Gefahr vor der
Thür stehe. Alexandra jedoch hiess sie alles nach ihrem
Gutdünken bewerkstelligen, da ihnen ja ein kräftiges
Volk, ein Heer und die Staatskasse genug Hilfsmittel
darböten. Sie selbst könne sich nicht mehr viel um die
Geschäfte kümmern, weil sie schon zu schwach sei.
6. Bald darauf starb sie, nachdem sie neun Jahre
202
Josephus’ Jüdische Altertümer.
regiert und dreiundsiebzig Jahre gelebt hatte. Sie war
eine Frau, die in keiner Hinsicht die Schwäche ihres
Geschlechtes zeigte. Herrschsüchtig und herrschfahig
wie sie war, lieferte sie den Beweis, wie thöricht die
Männer sind, welche die Regierung nicht mit Festigkeit
zu führen wissen. Da sie stets nur auf die Gegenwart,
nicht aber auf die Zukunft bedacht war und alles ihrer
Herrschsucht unterordnete, so kümmerte sie sich weder
um Anstand noch um Gerechtigkeit. Gleichwohl brachte
sie in. ihrer unweiblichen Herrschbegier ihr Haus so
weit, dass es die Macht, welche es mit so vieler Mühe
errungen hatte, bald wieder verlor. Hatte sie sich doch
mit denen eingelassen, die gegen die königliche Familie
übelgesinnt waren, ja sogar das Reich seiner mächtigsten
Beschützer beraubt. So kam es, dass aus ihrer Regierung
nach ihrem Tode die grössten Wirren und Unruhen ent-
standen. Immerhin aber muss anerkannt werden, dass
sie dem Volke den Frieden erhalten hat. So endete die
Regierung der Königin Alexandra.
Vierzehntes Buch
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 32 Jahren.
Inhalt.
•
1. Wie nach dem Tode Alexandras ihr jüngster Sohn Aristobuluf
mit seinem Bruder Hyrkanus um die Herrschaft stritt, ihn
besiegte und bis in die Burg von Jerusalem verfolgte. Wie
sie alsdann übereinkamen, dass Aristobulus König sein, Hyr-
kanus dagegen sich ins Privatleben zurückziehen solle.
2. Von Antipater und dessen Geschlecht, und wie er und seine
Söhne aus kleinen und bescheidenen Anfängen zu Ruhm und
grosser Macht gelangten. Wie auf seinen Rat Hyrkanus aus
J erusalem zum Araberkönige Aretas floh und diesen unter dem
Versprechen von grossem Landbesitz und vielem Gelde bat,
ihm zur Herrschaft zu verhelfen.
3. Wie Aretas den Hyrkanus freundlich aufnahm, gegen Aristo-
bulus zu Felde zog, ihn besiegte, bis nach Jerusalem verfolgte
und die Stadt belagerte.
4. Wie zu Scaurus, den Poinpejus der Grosse aus Armenien nach
Syrien geschickt hatte , Gesandte sowohl von Hyrkanus als
von Aristobulus kamen, um seine Hilfe zu erbitten.
5. Wie Scaurus durch Zahlung von vierhundert Talenten bewogen
wurde, sich auf Aristobulus’ Seite zu stellen.
6. Wie, als Pompejus aus Armenien nach Damaskus zog, Aristo-
bulus und Hyrkanus sich mit ihrem Thronstreit an ihn
wandten, und wie Pompejus, nachdem er die Ursache des
Streites vernommen, die Entscheidung verschob, bis er in ihr
Land kommen würde.
7. Wie Aristobulus, nachdem er erkannt hatte, welche Gesinnung
Pompejus gegen ihn hege, nach Judaea abzog und, da Pom-
pejus erzürnt gegen ihn ins Feld rückte, sich in Alexandrium,
einem festen und schwer einnehmbaren Platze, einschloss.
8. Wie Pompejus auf die Kunde hiervon eine Kriegslist gebrauchte
und den Aristobulus beredete, die Festung zu verlassen und
zu ihm zu kommen, als wolle er ihm die Herrschaft über-
tragen. Wie Pompejus, als Aristobulus dies getlian und
Go gle
204
Josephus’ Jüdische Altertümer.
wiederholt mit seinem Bruder sich unterredet hatte, ihn
zwang , eigenhändig an die Kommandanten der Festungen
zu schreiben , dass sie dieselben den Römern zu übergeben
hätten.
9. Wie Aristobulus aus Furcht darauf einging, dann aber aus
Aerger darüber, dass Pompejus ihm nichts von dem be-
willigte, was er erwartet hatte, entfloh, um sich in Jerusalem
einzuschli essen.
10. Wie Aristobulus, als Pompejus ihm auf dem Fusse folgte, seinen
Sinn änderte und ihm bis nach Jericho entgegenzog, ihn
wegen seiner Verfehlungen um Verzeihung bat und ihm die
Stadt nebst allem Gelde zu übergeben versprach. Wie
hierauf die Jerusalemer, als Gabinius mit auserlesenen Streit-
kräften von Pompejus zur Einnahme der Stadt und zum
Empfang des Geldes geschickt wurde , vor den Römern die
Thore schlossen, weil sie sahen, dass Aristobulus wie ein Ge-
fangener behandelt wurde.
11. Wie im Zorn darüber Pompejus den Aristobulus fesseln liess
und mit seiner ganzen Truppenmacht die Stadt belagerte,
und wie die Anhänger des Hyrkanus ihn in die obere Stadt
einliessen, die des Aristobulus aber in den Tempel flüchteten.
12. Wie Pompejus den Tempel und die untere Stadt im dritten
Monat eroberte. Von seiner Mässigung und Gottesfurcht.
13. Wie Pompejus nichts im Tempel antastete, obgleich dort viel
Geld vorhanden war.
14. Wie er , nachdem er das alles vollbracht, Judaea den Römern
tributpflichtig machte, Hyrkanus zum Ethnarchen ernannte,
Aristobulus nebst seinen Kindern gefangen nach Rom führte
und Scaurus zum Landpfleger von Syrien machte.
15. Wie Scaurus gegen Petra, die Königsstadt der Araber, aus-
rückte und sie belagerte. Wie, nachdem sein Heer in Not
geraten war, Antipater den Araber beredete, dem Scaurus
dreihundert Talente zu zahlen und dafür ein Bündnis mit
ihm zu schliessen.
16. Wie des Aristobulus Sohn Alexander, der dem Pompejus ent-
flohen war und sich nach Judaea begeben batte, ein
grosses Heer sammelte und Hyrkanus wie Antipater be-
kriegte.
17. Wie Alexander von Gabinius besiegt, in die Festung Alexandrium
gedrängt und dort belagert wurde.
18. Wie Gabinius , nachdem Alexander auf Veranlassung seiner
Mutter die Festung übergeben hatte , ihn freiliess und an
den Senat schrieb , er möge dessen Brüder , die mit ihrem
Vater Aristobulus in Ketten lagen, freigeben und ihrer
Mutter zusenden, die wegen ihrer Treue einer solchen Gnade
würdig sei.
Go gle
Vierzehntes Buch, Inhalt.
205
19. Wie Aristobulus aus Rom nach Judaea entkam, aber von Gabi-
nius ergriffen und nach Rom zurückgeschickt wurde.
20. Crassus fallt auf seinem Kriegszuge gegen die Parther in Judaea
ein und plündert den Tempelschatz.
21. Des Pompejus Flucht nach Epirus. Scipio kommt in Syrien an
mit dem Befehl, Alexander zu töten.
22. Wie Caesar, nachdem er den Aristobulus in Freiheit gesetzt
hatte, im Begriff stand, ihn mit zwei Kohorten nach Judaea
zu schicken, und wie Aristobulus von des Pompejus Anhängern
durch Gift umgebracht wurde.
23. Caesars Feldzug nach Aegypten, und wie Hyrkanus und Anti-
pater ihm Hilfstruppen stellten und die Juden bewogen , zu
ihm zu halten.
24. Antipaters Heldenthaten im Kampfe und seine Freundschaft mit
Caesar. Wie Caesar in seiner Freude über den Sieg Hyr-
kanus mit Ehren überhäufte und ihm gestattete, die zerstörten
Mauern seiner Vaterstadt wieder aufzubauen , Antipater aber
zum Landpfleger von Judaea ernannte.
25. Caesars Briefe und des Senates Beschlüsse betreffend die Freund-
schaft mit den Juden.
26. Wie Antipater seinen Söhnen die Verwaltung anvertraute, dem
Herodes die- von Galilaea , Pliasael die von Jerusalem. Wie
Sextus Caesar , als er Statthalter in Syrien war , Geschenke
von Herodes erhielt und ihn dafür gross und ruhmvoll
machte , indem er ihn zum Statthalter von Coelesyrien er-
nannte.
27. Wie Cassius nach Caesars Ermordung in Judaea einfiel, das Land
bedrängte und von den Juden einen Tribut von achthundert
Talenten erzwang , und wie Herodes durch die Eintreibung
des Geldes bei Cassius zu Ansehen kam.
28. Wie Malichus den Antipater meuchlings durch Gift aus dem
Wege räumte, und zwar mit Hilfe von Hyrkanus’ Mundschenk,
den er mit Geld bestochen hatte.
29. Wie Herodes auf Cassius’ Befehl den Malichus umbrachte.
30. Wie Herodes Antigonus, den Sohn des Aristobulus, der von dem
syrischen Tyrannen Marion unterstützt wurde, in die Flucht
schlug und aus Judaea vertrieb.
81. Wie Herodes, nachdem Cassius in Macedonien von dem jungen
Caesar und von Antonius besiegt worden war, den Antonius
bei seiner Ankunft in Bithynien mit vielem Gelde sich ge-
neigt machte, und wie letzterer deswegen keine Anklagen
gegen Herodes zuliess. Was Antonius den Tyriern in betreff
der Juden schrieb.
32. Wie Antonius, als er abermals nach Syrien gekommen war und
Anklagen gegen Herodes und Phasael erhoben wurden, diese
206
Josephus’ Jüdische Altertümer.
nicht nur zurückwies , sondern die beiden zu Tetrarchen er*
nannte und zehn von den Anklägern hinrichten liess.
33. Kriegszug der Parther gegen Syrien , bei welcher Gelegenheit
sie Antigonus, den Sohn des Aristobulus, wieder in die Königs*
herrschaft einsetzen.
34. Wie sie Hyrkanus und Phasael , den Bruder des Herodes, zu
Gefangenen machten.
35. Wie Herodes floh, sich nach Rom begab und durch Versprechung
grosser Geldsummen und durch Bitten bei Antonius es er-
reichte, dass er vom Senate und von Caesar (Octavianus) zum
Könige von Judaea ernannt wurde.
36. Herodes fahrt zu Schiffe von Italien nach Judaea und kämpft
mit Hilfe des Römerheeres , das ihn begleitet , und des An-
führers Silo gegen Antigonus.
37. Wie Jerusalem von Silo belagert, und Antigonus von Sosius und
Herodes überwunden wurde.
Erstes Kapitel.
Aristobulus’ und Hyrkanus* Kampf um die Herrschaft,
und wie sie übereinkamen, dass Aristobulus König sein,
Hyrkanus aber als Privatmann leben solle. Wie darauf
Hyrkanus zu Aretas floh.
1. Nachdem ich im vorigen Buche von der Königin
Alexandra und ihrem Tode berichtet habe, wende ich
mich jetzt zur Erzählung der darauf folgenden Be-
gebenheiten und werde ganz besonders darauf bedacht
sein, nichts aus Unkenntnis oder Vergesslichkeit zu über-
gehen. Ich beabsichtige ja nichts anderes, als die Ge-
schichte von Ereignissen zu schreiben, die ihres Alters
wegen meistenteils unbekannt sind, und ich habe mir
vorgenommen, die Darstellung, so viel dies möglich ist,
durch Schönheit des Ausdruckes und wohlgefügten Stil
zu beleben, wie auch alles andere zu thun, um dem
Leser gefällig zu sein, damit er sich die Kenntnis der
Geschichte auf angenehme und unterhaltende Weise ver-
schaffe. Die Hauptsache muss selbstverständlich für den
Geschichtschreiber peinlichste Genauigkeit und wahrheits-
Vierzehntes Buch, 1. Kapitel.
207
getreue Darstellung sein, damit sein Werk dem Leser
Belehrung und Überzeugung beibringe.
2. Als Hyrkanus im dritten Jahre der hundertsieben-
undsiebzigsten Olympiade unter den römischen Kon-
suln Quintus Hortensius und Quintus Metellus Creticus
das Hohepriesteramt angetreten hatte, überzog ihn so-
gleich Aristobulus mit Krieg. In der Schlacht, die bei
Jericho stattfand, gingen viele von den Kriegern des
Hyrkanus zu seinem Bruder über, weshalb ersterer sich in die
Burg flüchten musste, wohin die Gattin und Kinder des
Aristobulus, wie oben erwähnt, von seiner Mutter in
Gewahrsam gebracht worden waren. Die übrigen Gegner
des Aristobulus zogen sich in die Einfriedigung des
Tempels zurück, wurden aber hier gefangen genommen.
Alsdann besprach sich Aristobulus mit seinem Bruder
über eine etwaige Verständigung, und man schloss
Frieden unter der Bedingung, dass Aristobulus König
sein, Hyrkanus dagegen in Müsse von seinen Einkünften
leben solle. Nachdem sie diese Übereinkunft im Tempel
gethätigt, sie mit Schwur und Handschlag bekräftigt
und sich vor den Augen des ganzen Volkes umarmt
hatten, schieden sie voneinander, und Aristobulus be-
gab sich in den Königspalast, Hyrkanus aber als Privat-
mann in die frühere Wohnung des Aristobulus.
3. Es hatte aber Hyrkanus einen Freund Namens
Antipater, der Idumäer von Geburt, sehr reich und von
Charakter thatkräftig und verwegen war. Wegen seiner
Neigung zu Hyrkanus konnte er sich mit Aristobulus
nicht befreunden. Nikolaus von Damaskus leitet seine
Herkunft von den ersten Juden ab, die aus Babylon
nach Judaea zurückkehrten. Doch sagt er das wohl
nur, um seinem Sohne Herodes, der durch Zufall König
der Juden wurde und von dem ich später reden werde,
einen Gefallen zu erweisen. Dieser Antipater hiess zu-
erst Antipas, welchen Namen auch sein Vater führte.
Den letzteren hatten König Alexander und dessen Ge-
1 70 v. Chr.
208
Josephus’ Jüdische Altertümer.
mahlin zum Statthalter von ganz Idumaea ernannt, in
welcher Eigenschaft er Bündnisse mit den ihm gleich-
gesinnten Arabern, Gazäern und Askalonitern , die er
durch reiche und kostbare Geschenke auf seine Seite
brachte, geschlossen haben soll. Da nun dieser jüngere
Antipater von Aristobulus’ Macht sich nichts Gutes ver-
sprach und befürchten musste, wegen seines Hasses
gegen Aristobulus von diesem verfolgt zu werden, reizte
er heimlich die Vornehmen der Juden gegen ihn auf,
indem er denselben vorstellte, es sei doch unrecht, zu
dulden, dass Aristobulus die Herrschaft innehabe und
seinen älteren Bruder, dem sie seines \ höheren Alters
wegen zukomme, davon ausschliesse. Dieselben Reden
führte er auch bei Hyrkanus und setzte ihm auseinander,
sein Leben sei in Gefahr, wenn er sich nicht vorsehe
und den Aristobulus aus dem Wege räume. Er sei
sicher, dass des Aristobulus Freunde keine Gelegenheit
Vorbeigehen Hessen, diesen zu ermahnen, dass er zur
Sicherung seines Thrones den Hyrkanus töten müsse.
Indessen achtete Hyrkanus [ nicht auf solche Ein-
flüsterungen , weil er von Natur rechtlich gesinnt war
und in diesem seinem Billigkeitsgefühl nicht leicht eine
Verleumdung annahm. Auch war er infolge seiner
Trägheit und Gleichgültigkeit ein unentschlossener und
energieloser Charakter, während Aristobulus sich im
Gegenteil unternehmend und geweckt zeigte.}
4. Als nun Antipater sah, dass Hyrkanus auf seine
Vorschläge nicht einging, liess er keinen Tag vorüber-
gehen, ohne Aristobulus zu beschuldigen, dieser _ wolle
den Hyrkanus umbringen. Aber nur mit grosser Mühe
konnte er den letzteren bereden , zu^dem Araberkönige
Aretas zu fliehen, indem er ihm seine Hilfe für flen
Fall zusagte, dass er etwas unternehmen wolle. Auf
dieses Versprechen hin hielt es denn auch Hyrkanus
für geraten, zu Aretas in die Gebiete JArabiens zu fliehen,
welche Judaea benachbart sind. Dochfsandte er zuvor
den Antipater zu Aretas, um sich die Versicherung
geben zu lassen, dass dieser ihn, wenn er als Schützling
Vierzehntes Buch, 2. Kapitel.
209
komme, nicht seinen Feinden ausliefern werde. Als
Antipater diese Zusage erhalten hatte, kehrte er nach
Jerusalem zu Hyrkanus zurück, begab sich kurze Zeit
darauf mit ihm bei Nacht aus der Stadt und brachte
ihn nach einer langen Reise in die Stadt Petra, wo die
Residenz des Aretas war. Da er nun dem letzteren
sehr befreundet war, bat er ihn, den Hyrkanus auf den
Thron Judaeas zurückzuführen, was denn auch Aretas,
nachdem ihm die Bitte Tag für Tag wiederholt und
durch Geschenke unterstützt worden war, endlich zu-
sagte. Hyrkanus selbst aber versprach ihm, er wolle,
wenn er zur Herrschaft gelangt sei, ihm das Gebiet mit
den zwölf Städten zurückgeben, die sein Vater Alexander
den Arabern abgenommen hatte, nämlich Medaba,
Naballo, Livias, Tharabasa, Agalla, Athone, Zoara,
Oronae, Marissa, Rhydda, Lusa und Oryba.
Zweites Kapitel."]
Wie Aretas und Hyrkanus gegen Aristobulus zogen und
Jerusalem belagerten, und wie der Römer Scaurus die Stadt
von der Belagerung befreite. Des Onias Tod.j
1. Durch diese Versprechungen bewogen, zog Aretas
mit einem aus Reitern und Fussvolk bestehenden Heere
von fünfzigtausend Mann gegen Aristobulus zu Felde
und besiegte ihn. Und da nach diesem Siege viele von
des Aristobulus Anhängern zu Hyrkanus übergingen,
sah sich Aristobulus, verlassen wie er war, genötigt, nach
Jerusalem zu fliehen. Der Araber aber folgte ihm mit
seinem Heere und belagerte ihn im Tempel, während
das Volk sich an Hyrkanus anschloss und ihn bei der
Belagerung unterstützte, sodass allein die Priester bei
Aristobulus aushielten. Aretas befahl alsdann den
Arabern und den Juden, mit ihrem beiderseitigen Lager
näher aneinander zu rücken, und betrieb nun die Be-
lagerung mit allem Nachdruck. Während dies geschah,
Josephua’ Jüdische Altertümer, n. 14
210
Josephus’ Jüdische Altertümer.
fiel das Fest der ungesäuerten Brote ein, welches wir
Pascha nennen, und es verliessen daher die vornehmsten
Juden das Land, um nach Aegypten zu fliehen. Nur
ein gewisser Onias, ein gerechter und Gott wohlgefälliger
Mann, der, als er einst bei einer Dürre Gott um Regen
gebeten hatte, augenblicklich erhört worden war, verbarg
sich, weil er noch kein Ende des Streites absah. Die
Juden aber ergriffen ihn, führten ihn ins Lager und ver-
langten von ihm, er solle, wie er einst durch sein Gebet
der Dürre ein Ende gemacht habe, so jetzt über
Aristobulus und dessen Anhänger den Fluch herabrufen.
Da er nun trotz seines Bittens und Sträubens von der
Menge genötigt wurde, trat er in ihre Mitte und rief
aus: „O Gott, König des Weltalls, da die jetzt um mich
Stehenden dein Volk und die Belagerten deine Priester
sind, so bitte ich dich, du wollest weder den einen noch
den anderen gewähren, was sie über ihre Gegner herab-
flehen.“ Als er so geredet hatte, töteten ihn einige
Bösewichter aus den umstehenden Juden mit Stein -
würfen.
2. Gott aber bestrafte sie alsbald für diese Grausam-
keit und rächte die Ermordung des Onias auf folgende
Weise. Da, wie gesagt, das Paschafest bevorstand, an
dem es bei uns Sitte ist, Gott dem Herrn reiche Opfer
darzubringen , und Aristobulus und seine Umgebung
keine Opfertiere hatten, baten sie ihre Landsleute darum
und boten ihnen dafür so viel Geld, als sie haben
wollten. Obgleich diese nun für jedes Stück tausend
Drachmen 1 forderten, bewilligten die Priester und Aristo-
bulus doch sogleich diesen Preis und Hessen das Geld
durch die Maueröffnungen hinunter. Die Belagerer
nahmen das Geld, gaben ihnen aber keine Opfertiere
dafür, sondern gingen in ihrer Bosheit so weit, dass sie
ihr Wort brachen und gegen Gott frevelten, indem sie
ihren Gegnern trotz deren Bitten die Opfertiere ver-
weigerten. Als die Priester sich getäuscht sahen, flehtea
1 Etwa 800 Mark.
Vierzehntes Buch, 2. Kapitel.
211
•sie zu Gott, er möge sie an ihren Landsleuten rächen.
Der Herr schob denn auch die Rache nicht auf, sondern
sandte einen heftigen Orkan, der alle Feldfrüchte der
Gegend zerstörte, sodass um diese Zeit der Modius 1
Weizen elf Drachmen kostete.
3. Unterdessen sandte Pompejus, der in Armenien
stand und noch mit Tigranes Krieg führte, den Scaurus
nach Syrien. Als dieser in Damaskus ankam, traf er
dort Lollius und Metellus, die soeben die Stadt ein-
genommen hatten, und begab sich nun sogleich nach
Judaea. Kaum war er hier angelangt, als sowohl von
Aristobulus wie von Hyrkanus Gesandte bei ihm er-
schienen, die ihn um Hilfe baten. Aristobulus bot ihm
dafür vierhundert Talente und Hyrkanus nicht weniger.
Indessen nahm er das Anerbieten des Aristobulus an,
weil dieser sehr reich und freigebig war und weniger
verlangte, während Hyrkanus arm und dabei geizig war
und für seine unsicheren Versprechungen viel mehr be-
gehrte. Es war nämlich nicht dasselbe, eine Stadt er-
obern, welche weit und breit die stärkste und festeste
war, oder einen Haufen Flüchtlinge und Nabatäer ver-
treiben, von denen die letzteren obendrein noch wenig
kriegstauglich waren. Aus diesen Gründen schloss er
mit Aristobulus einen Vertrag, nahm dessen Geld und
befreite ihn von der Belagerung, indem er dem Aretas
befahl, abzuziehen, wofern er nicht für einen Feind der
Römer erklärt werden wolle. Darauf kehrte Scaurus
nach Damaskus zurück; Aristobulus dagegen zog mit
grosser Heeresmacht gegen Aretas und Hyrkanus zu
Felde, besiegte sie bei Papyron und machte von ihren
Kriegern gegen sechstausend nieder, darunter auch Anti-
paters Bruder Phallion.
1 1 Modius = 8,75 Liter.
j-i*
Go gle
212
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Drittes Kapitel.
Wie Aristobulus und Hyrkanus ihren Thronstreit vor
Pompejus brachten, und wie ersterer in die Festung
Alexandrium floh. Pompejus zieht gegen ihn zu
Felde.
1. Als kurz darauf Pompejus nach Damaskus und
Coelesyrien kam, erschienen bei ihm Gesandte aus ganz
Syrien, Aegypten und Judaea. Aristobulus sandte ihm
ein sehr kostbares Geschenk, nämlich einen goldenen
Weinstock im Werte von fünfhundert Talenten. Dieses
Geschenk erwähnt auch der Kappadocier Strabo mit
folgenden Worten : „Es kam aus Aegypten eine Gesandt-
schaft mit einer Krone von viertausend Goldstücken,
und aus Judaea ein Geschenk, welches einen Weinstock
oder einen Garten darstellte und Terpole, das heisst
„Ergötzung“, genannt wurde. Dieses Geschenk sahen
wir zu Rom im Tempel des Capitolini sehen Jupiter auf-
gestellt, und es trug die Aufschrift: Geschenk Alexanders,
des Königs der Juden. Seinen Wert schätzte man auf
fünfhundert Talente, und wie man meint, ist es das-
selbe, welches der jüdische Herrscher Aristobulus ge-
schickt hatte.“
2. Bald danach kamen abermals Gesandte zu ihm,
und zwar Antipater für Hyrkanus und Nikodemus für
Aristobulus. Der letztere klagte zugleich den Gabinius
und den Scaurus der Bestechlichkeit an, weil der
eine fünfhundert, der andere dreihundert Talente sich
habe geben lassen. Hierdurch machte er ausser anderen
auch noch diese beiden zu Aristobulus’ Feinden. Pompejus
aber hiess die streitenden Parteien bei Frühlingsanfang
wiederkommen , führte sein Heer aus den Winter-
quartieren und brach gegen Damaskus auf. Unterwegs
zerstörte er die Burg zu Apamea., die Antiochus von
Kyzikos befestigt hatte, und verheerte das Gebiet des
Ptolemaeus Mennaei, eines ebenso nichts würdigen
Menschen, wie sein Verwandter Dionysius von Tripolis
Vierzehntes Buch, 3. Kapitel.
213
war, der mit dem Beile hingerichtet wurde. Er selbst
jedoch erkaufte sich Verzeihung für seine Frevel thaten
mit tausend Talenten, die Pompejus zur Löhnung seiner
Soldaten verwendete. Dann eroberte der römische Feld-
herr die Festung Lysias, deren Befehlshaber der Jude
Silas war, zog durch die Städte Heliopolis und Chalkis,
überstieg das Gebirge, welches Coelesyrien durch-
schneidet, und begab sich von Pella nach Damaskus,
wo er nunmehr die Juden und deren Führer anhörte,
die untereinander im Streite lagen: Hyrkanus und
Aristobulus samt ihrem beiderseitigen Anhänge. Das
Volk, das überhaupt von der Königsherrschaft nichts
wissen wollte, liess Vorbringen, bei ihnen sei es alte
Sitte, dass sie nur den Priestern des von ihnen verehrten
Gottes zu gehorchen brauchten; diese beiden Nach-
kommen von Priestern aber suchten dem Volke eine
andere Regierungsform aufzudrängen, um es in Sklaverei
zu bringen. Hyrkanus klagte, er als der ältere sei von
Aristobulus des Rechtes der Erstgeburt beraubt worden
und besitze nur einen kleinen Teil des Landes, während
Aristobulus den übrigen Teil mit Gewalt an sich ge-
rissen habe. Dieser sei es auch, der die Einfälle in die
benachbarten Gebiete verursache und auf dem Meere
die Seeräubereien verübe, und das Volk wäre sicherlich
nie aufständisch geworden, wenn er nicht so gewalt-
thätig und tyrannisch regiere. Das bezeugten dann
über tausend der vornehmsten Juden, die Antipater zu
diesem Zweck mitgebracht hatte. Aristobulus dagegen
behauptete, er habe den Hyrkanus von der Herrschaft
ausgeschlossen, weil er zu träge sei und sich kein An-
sehen zu verschaffen wisse. Er selbst habe die Regierung
nur deshalb angetreten, weil er sie nicht in fremde
Hände habe geraten lassen wollen, führe dieselbe aber
unter keinem anderen Namen als sein Vater Alexander.
Als Zeugen dafür rief er einige stutzerhaft gekleidete
Jünglinge auf, deren Purpurkleider, Haarschmuck und
sonstiger lächerliche Putz Anstoss erregten, da sie nicht
aussahen, als wenn sie vor Gericht, sondern als wenn
214
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sie bei einem prunkvollen Aufzuge hätten erscheinen
sollen.
3. Nachdem Pompejus diese Klagen angehört hatte,
gab er dem Aristobulus wegen seiner Gewaltthätigkeit
unrecht, entliess sie dann aber alle mit dem freund-
lichen Bescheid, er wolle in ihr Land kommen und die
ganze Sache ordnen, sobald er von dem Feldzuge gegen
die Nabatäer zurück sei. Unterdessen hiess er sie sioh
ruhig verhalten; dem Aristobulus aber sprach er be-^
sonders gnädig zu, damit er das Volk nicht aufwiegele
und ihm selbst nicht die Zugänge abschneide. Gleich-
wohl that Aristobulus dies und kümmerte sich in keiner
Weise um das, was Pompejus mit ihm besprochen
hatte, sondern begab sich nach Dion und von da
nach Judaea.
4. Hierüber geriet Pompejus in Zorn, zog das Heer,
welches gegen die Nabatäer marschieren sollte, die
Hilfstruppen aus Damaskus und dem übrigen Syrien,
sowie die römischen Legionen, welche er bei sich hatte,
zusammen und rückte gegen Aristobulus ins Feld. Und
nachdem er an Pella und Skythopolis vorbei nach
Koraea, wo landeinwärts Judaea beginnt, gekommen
war, sandte er in die auf der Spitze eines Berges herr-
lich gelegene Festung Alexandrium, wohin Aristobulus
sich geflüchtet hatte, zu diesem einen Boten und liess
ihn auffordern, zu ihm zu kommen. Da nun dem
Aristobulus von vielen Seiten der Rat erteilt wurde,
sich nicht, in einen Krieg mit den Römern einzulassen,
folgte er der Aufforderung , unterhandelte mit seinem
Bruder in betreff der Herrschaft und begab sich dann
mit Erlaubnis des Pompejus wieder in die Festung zu-
rück. Das that er auch zum zweiten- und drittenmal,
indem er sich mit der Hoffnung schmeichelte, von
Pompejus als Herrscher bestätigt zu werden, und des-
halb allen Befehlen desselben sich ■ willfährig zeigte,
dabei aber jedesmal sich wieder in die Festung zurück-
zog und sich zum Kriege gerüstet hielt, damit die Herr-
schaft nicht an Hyrkanus falle. Als ihm aber
Vierzehntes Buch, 4. Kapitel.
215
Pompejus befahl, er solle die Festungen übergeben und
eigenhändig deswegen an die Befehlshaber derselben
schreiben, weil sie sonst niemand einlassen durften, ge-
horchte er zwar, zog aber im höchsten Groll nach Jeru-
salem und rüstete sich zum Kriege. Pompejus war
schon auf dem Marsche gegen ihn begriffen, als er durch
einige Ankömmlinge aus Pontus die Nachricht vom
Tode des Mithradates erhielt, der von seinem eigenen
Sohne Pharnakes ermordet worden war.
Viertes Kapitel.
Wie Pompejus Jerusalem belagerte und eroberte.
1. Nachdem Pompejus zunächst bei Jericho, wo die
Palme wächst und der Opobalsam gedeiht, aus dessen
mit einem scharfen Stein geritzten Früchten als Saft
eine vortreffliche Salbe hervorquillt, sich gelagert hatte,
brach er in der Morgenfrühe nach Jerusalem auf. Nun
änderte Aristobulus seinen Plan, begab sich zu Pom-
pejus und bat ihn unter dem Versprechen, eine Geld-
summe zahlen und ihn in Jerusalem einlassen zu wollen,
er möge vom Kriege ablassen und im Frieden alles
nach seinem Gutdünken ordnen. Auf seine Bitten ver-
zieh ihm Pompejus und schickte den Gabinius mit einer
Abteilung Soldaten, um das Geld und die Schlüssel der
Stadt in Empfang zu nehmen. Doch geschah weder
das eine noch das andere, sondern Gabinius kam ohne
Geld und, ohne Einlass in die Stadt erlangt zu haben,
zurück, weil Aristobulus’ Krieger mit dessen Abmachung
nicht einverstanden waren. Hierüber erbittert, liess
Pompejus den Aristobulus gefangen nehmen und rückte
an die Stadt heran, die auf allen Seiten mit Ausnahme
der Nordseite stark befestigt war. Denn sie war von
einer breiten und tiefen Schlucht umgeben, die sich
rings um den durch eine steinerne Mauer befestigten
Tempel zog.
216
Josephus* Jüdische Altertümer.
2. In der Stadt konnte man sich über das, was zu
thun sei, nicht einigen. Die eine Partei hielt dafür,
man solle dem Pompejus die Stadt übergeben, während
des Aristobulus Anhänger verlangten, man solle die
Thore schliessen und sich zum Kriege rüsten, weil
Aristobulus gefangen gehalten werde. Die letzteren be-
setzten darauf den Tempel , zerstörten die ihn mit der
Stadt verbindende Brücke und bereiteten sich auf eine
Belagerung vor. Die anderen dagegen Hessen das Heer
ein und übergaben dem Pompejus die Stadt und den
Königspalast. Dieser sandte darauf seinen Legaten
Piso mit einem Heere und liess die Stadt und den Palast
besetzen sowie die in der Nähe des Tempels liegenden
Häuser und die ganze Umgebung desselben befestigen.
Zunächst unterhandelte er nun noch mit der Besatzung
des Tempels in betreff des Friedens. Da dieselbe aber
auf seine Bedingungen nicht eingehen wollte, liess er
die Umgebung des Tempels mit einer Mauer einscb Hessen,
wobei Hyrkanus alle notwendige Hilfe leistete. Pom-
pejus lagerte sich darauf an der Nordseite des Tempels,
wo derselbe am leichtesten zu berennen war. Hier er-
hoben sich hohe Türme, undj es zog sich ein Graben
noch innerhalb der tiefen Schlucht hin. Die der Stadt
zugekehrte Seite, wo Pompejus sich befand, fiel nach
Zerstörung der Brücke jäh ab, und der Wall wurde täg-
lich mit grosser Mühe weitergeführt, indem die Körner
die in der Nähe stehenden Bäume fällten. Sobald aber
der Wall vollendet und der sehr tiefe Graben notdürftig
ausgefüllt war, liess Pompejus Belagerungs- und
Schleuderraaschinen von Tyrus kommen und begann den
Tempel mit Steingeschossen zu überschütten. Wäre es
nun nicht Sitte bei uns, am siebenten Tage zu feiern,
80 wäre wohl die Vollendung des Walles von den Be-
lagerten verhindert worden. Das Gesetz erlaubt näm-
lich, sich in der Schlacht gegen den Angriff des Feindes
am Sabbat zu wehren, aber nicht, einer anderen feind-
lichen Unternehmung entgegenzutreten.
Vierzehntes Buch, 5. Kapitel.
217
3. Als die Römer das erkannt hatten, warfen sie an
den Sabbaten weder Steine gegen die Juden, noch Hessen
sie sich auf einen anderen Kampf mit ihnen ein, sondern
sie errichteten Wälle und Türme und brachten die
Maschinen heran, um sie am folgenden Tage verwenden
zu können. Wie sehr wir uns aber der Verehrung
Gottes und der Beobachtung der Gesetze befleissigen,
kann man daraus ersehen, dass sich die Priester während
der Belagerung durch Furcht nicht abhalten Hessen, die
Opfer darzubringen. Vielmehr versahen sie sowohl in der
Morgenfrühe als um die neunte Stunde 1 den Gottesdienst
und unterliesseii denselben nicht einmal dann, wenn sich
ein besonders schlimmer Zufall bei der Belagerung er-
eignete. Beispielsweise als die Stadt an dem Fasttage
im dritten Monat, in der hundertneunundsiebzigsten
Olympiade, unter dem Konsulate des Gajus Antonius
und des Marcus Tullius Cicero eingenommen wurde 2 und
die eindringenden Feinde alle im Tempel Befindlichen
niedermachten, Hessen sich die Priester beim Gottesdienste
nicht im geringsten stören und weder aus Furcht für
ihr Leben noch durch die Menge der Getöteten sich be-
wegen, zu fliehen, sondern sie wollten lieber das Un-
vermeidliche an den Altären selbst erdulden, als irgend
eine Vorschrift des Gesetzes übertreten. Dass dies nicht
bloss leere Worte sind, die einer falschen Frömmigkeit
das Lob reden sollen, sondern völlig der Wahrheit ent-
spricht, bezeugen alle Schriftsteller, die des Pom pejus
Thaten aufzeichneten, darunter Strabo und Nikolaus
und ausserdem Titus Livius, der römische Geschicht-
schreiber.
4. Nachdem nun der grösste der Türme unter den
Stössen der herbeigeschafften Maschinen gefallen war
und so eine Bresche sich gebildet hatte, drangen die
Feinde ein. Zuerst erstieg Cornelius Faustus, Sohn des
Sulla, mit seiner Kriegerschar die Mauer, dann an einer
1 Drei Uhr nachmittags.
2 63 v.Chr.
220
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Als er nun mit seinem Heere Hunger litt, lieferte ihm
Antipater auf Hyrkanus’ Geheiss Getreide und alle übrigen
Lebensmittel. Dann schickte Scaurus an Aretas einen
Legaten, der mit diesem in Gastfreundschaft stand, und
liess ihm vorschlagen, er solle durch eine Geldzahlung
der weiteren Verwüstung des Ackerlandes Einhalt thun,
wobei der Legat selbst für dreihundert Talente die Bürg-
schaft übernahm. Unter dieser Bedingung machte Scau-
rus, nachdem Aretas dieselbe angenommen, dem Kriege
ein Ende, weniger, weil Aretas dies wünschte, als weil
er selbst danach verlangte.
2. Als einige Zeit darauf Alexander, der Sohn des
Aristobulus, Judaea durchzog, kam Gabinius als Praetor
aus Rom nach Syrien und unternahm ausser anderen
bemerkenswerten Thaten auch einen Feldzug gegen
Alexander. Hyrkanus nämlich konnte Alexanders
Macht nicht länger ertragen und fing an, die von Pom-
pejus zerstörten Mauern Jerusalems wieder aufzurichten,
was jedoch die in der Stadt befindlichen Römer ver-
hinderten. Alexander durchstreifte inzwischen das Land,
rief viele Juden zu den Waffen und hatte bald zehn-
tausend Fus8soldaten und tausendfünfhundert Reiter zu-
sammen. Alsdann verstärkte er die Befestigungen von
Alexandrium, der bei Koreae gelegenen Festung, und
von Machaerus im arabischen Gebirge. Nun rückte
Gabinius gegen ihn an und schickte den Marcus Anto-
nius nebst den übrigen Heerführern voraus. Diese zogen
mit den römischen Soldaten, welche sie führten, mit den
Juden, die unter dem Befehl von Pitholaus und Malichus
sich ihnen anschlossen, und mit Antipaters Hilfstruppen
dem Alexander entgegen, während Gabinius mit den
Schwerbewaffneten folgte. Alexander zog sich in die
Nähe von Jerusalem zurück, und hier kam es zur
Schlacht, in der die Römer gegen dreitausend Feinde
niedermachten und ebenso viele gefangenn ahmen.
3. Alsdann rückte Gabinius vor Alexandrium und
forderte die Besatzung zur Übergabe auf, indem er für
alles Vorgefallene Verzeihung versprach. Da aber auch
Vierzehntes Buch, 5. Kapitel.
221
noch eine Menge von Feinden vor der Festung lagerte,
griffen die Römer dieselben an, wobei namentlich Marcus
Antonius sich sehr hervorthat und durch Niedermetzelung
vieler Gegner seine Kampfgenossen weit übertraf.
Darauf liess Gabinius einen Teil seines Heeres zur Be-
lagerung des Platzes zurück, zog weiter durch Judaea
und liess alle zerstörten Städte, die er antraf, wiederher-
stellen. So erstanden aufs neue Samaria, Azot, Skytho-
polis, Anthedon, Raphia, Dora, Marissa, Gaza und viele
andere. Und da deB Gabinius Vorschriften allseitig be-
folgt wurden, bildeten diese Städte in kurzem wieder
sichere Wohnplätze, nachdem sie lange Zeit verlassen
gewesen waren.
4. Nach diesen Anordnungen kehrte Gabinius wieder
nach Alexandrium zurück. Im weiteren Verlaufe der
Belagerung nun schickte Alexander eine Gesandtschaft
an ihn, liess ihn um Verzeihung bitten und übergab ihm
zunächst die Festungen Hyrkania und Machaerus und
schliesslich auch Alexandrium, die Gabinius sämtlich
zerstören liess. Als darauf die Mutter Alexanders, die
sich mit den Römern gut halten musste, weil ihr Gatte
und ihre Kinder in Rom gefangen gehalten wurden, sich
an ihn wandte, erfüllte er alle ihre Bitten. Alsdann
führte er den Hyrkanus in Jerusalem ein und übertrug
ihm die Sorge für den Tempel. Endlich bestellte er
fünf Gerichtshöfe (Synedrien) für ebenso viele Bezirke und
zwar zu Jerusalem, Gadara, Amathus, Jericho und zu
Sepphoris in Galilaea. So waren also die Juden ihres
Königtums verlustig und hatten nun eine aristokratische
Regierungsform.
222
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Sechstes Kapitel.
Wie Gabinius den aus Rom entwichenen Aristobulus
gefangennahm und dorthin zurückschickte. Er besiegt
den Alexander und die Nabatäer.
1. Unterdessen war es Aristobulus gelungen , aus
Rom nach Judaea zu entkommen. Als er aber das jüngst
zerstörte Alexandrium wiederherzustellen im Begriff war,
schickte Gabinius eine Abteilung Soldaten unter Sisenna,
Antonius und Servilius gegen ihn , um ihn aus dem
Platze zu vertreiben und gefangen zu nehmen. Von den
Juden strömten viele zu Aristobulus hin, einmal seines
alten Ruhmes wegen, und dann auch, weil sie an Um-
wälzungen Gefallen hatten. Ja, ein gewisser Pitholaus,
der zu Jerusalem als Legat stand, ging sogar mit tausend
Mann zu ihm über. Allein die meisten von denen, die
zu Aristobulus stiessen, waren noch unbewaffnet. Da
nun Aristobulus beschlossen hatte, nach Machaerus zu
ziehen, entliess er diese Unbewaffneten sämtlich, weil sie
nicht eingeübt, mithin zum Kriegsdienst untauglich waren,
und zog mit nur ungefähr achttausend Bewaffneten ins
Feld. Doch die Römer griffen ihn an und besiegten ihn,
und obwohl die Seinigen wacker fochten, mussten sie
zuletzt die Flucht ergreifen. Dabei kamen gegen fünf-
tausend von ihnen um, während die übrigen zerstreut
wurden und sich zu retten suchten, so gut sie konnten.
Aristobulus floh mit stark tausend Mann nach Machae-
rus, fing an, den Platz zu befestigen, und war trotz seines
Unglückes voll zuversichtlicher Hoffnung. Nach zwei-
tägiger Belagerung jedoch wurde er, mit Wunden be-
deckt, samt seinem Sohne Antigonus, der mit ihm aus
Rom geflohen war, von den Römern gefangen genommen
und zu Gabinius geführt. Dieser schickte ihn wieder
nach Rom , wo er in strengem Gewahrsam gehalten
wurde, nachdem er drei Jahre und sechs Monate König
und Hohepriester gewesen war und sich als edler und
hochherziger Mann bewiesen hatte. Seine Kinder da-
gegen liess der Senat frei, weil Gabinius schrieb, er
Vierzehntes Buch, 6. Kapitel.
223
habe dies ihrer Mutter für die Übergabe der Festungen
versprochen. So kamen sie denn nach Judaea zurück.
2. Gabinius beabsichtigte nun, gegen die Parther zu
Felde zu ziehen. Doch als er den Euphrat schon über-
schritten hatte, änderte er seinen Plan, kehrte um und
zog nach Aegypten, um dort dem Ptolemaeus wieder auf
den Thron zu helfen, wie das schon anderswoher bekannt
ist. Bei diesem Kriegszuge, den er gegen Archelaus
unternahm, lieferte ihm Antipater Getreide, Waffen und
Geld und verschaffte ihm die Bundesgenossenschaft der-
jenigen Juden, welche oberhalb Pelusium wohnten und
den Zugang zu Aegypten bewachen mussten. Als er
nun aus Aegypten zurückkehrte, traf er Syrien in Ver-
wirrung und Aufruhr an. Denn des Aristobulus Sohn
Alexander, der sich mit Gewalt der Regierung wieder
bemächtigt hatte, veranlasste viele Juden zum Aufstand,
durchzog mit grosser Truppenmacht das Land, machte
alle Römer nieder, die er auf ihrer Flucht nach dem
Berge Garizin traf, und belagerte die übrigen daselbst.
3. Als Gabinius Syrien in einem solchen Zustand sah,
schickte er, schlau wie er war, den Antipater gegen die
Empörer vor, um sie möglicherweise von ihrer Toll-
kühnheit abzubringen und zu besserer Einsicht zu be-
kehren. Diesem gelang es denn auch, viele der Auf-
rührer zur Vernunft zu bringen, und nur bei Alexander
schlugen seine Bemühungen fehl. Letzterer zog viel-
mehr mit dreissigtausend Juden dem Gabinius entgegen
und griff ihn an, wurde aber bei dem Berge Tabor ge-
schlagen und verlor zehntausend seiner Leute.
4. Hierauf ordnete Gabinius die Verhältnisse Jeru-
salems nach dem Dafürhalten Antipaters und rückte
dann gegen die Nabatäer. Diese besiegte er in einer
Schlacht, schickte dann die parthischen Flüchtlinge
Mithradates und Orsanes, welche bei ihm Zuflucht gesucht
hatten, unter dem Vorwände, sie seien ihm entlaufen,
voraus nach Rom und kehrte nach Vollbringung glän-
zender Kriegsthaten ebendahin zurück, nachdem er die
Provinz dem Crassus übergeben hatte. Von diesen
224
Josephus’ Jüdische Altertümer.
kriegerischen Unternehmungen des Pompejus und des
Gabinius berichten in übereinstimmender Weise auch
Nikolaus von Damaskus und Strabo der Kappadocier.
Siebentes Kapitel.
Wie Crassus nach Judaea kam und den Tempel plünderte,
und wie er im Kriege gegen die Parther umkam. Wie
Cassius Syrien gegen die Parther verteidigte und nach
Judaea zog.
1. Als Crassus auf einem Feldzuge gegen die Parther
sich befand, kam er nach Judaea, raubte alles im Tempel
befindliche Geld, welches Pompejus nicht angerührt hatte,
im ganzen zweitausend Talente, und vermass sich sogar,
alles Gold im Werte von ungefähr achttausend Talenten
daraus zu entfernen. Unter anderem eignete er sich
auch eine Stange aus reinem Golde an, die dreihundert
Minen 1 wog. Eine Mine ist bei uns zwei und ein halbes
Pfund. Diese Stange gab ihm der den Schatz hütende
Priester mit Namen Eleazar nicht aus Bosheit — denn
er war ein edler und gerechterJMann — , sondern aus
folgender Veranlassung. Eleazar hatte auch für die
Bewahrung der Tempelvorhänge zu sorgen , die von
wunderbarer Schönheit und kostbar gearbeitet waren
und die von jener Stange herabhingen. Da er nun sah,
wie gierig Crassus nach dem Golde war, und für den
ganzen Tempelschmuck fürchten musste, gab er ihm die
goldene Stange, um alles andere dagegen einzulösen,
nachdem er sich eidlich hatte versichern lassen, dass
Crassus nichts weiter aus dem Tempel entfernen, sondern
sich mit dieser Gabe, die viele Tausende wert war, be-
gnügen wolle. Die Stange war aber in einer zweiten
hohlen Stange von Holz eingeschlossen, was ausser
Eleazar sonst niemand wusste. Crassus nahm also die
1 Etwa 180 Kilogramm,
Vierzehntes Buch, 7. Kapitel.
225
Stange und that, als wenn er nichts anderes im Tempel
anrühren wollte, schleppte aber trotz seines Eides alles
im Tempel befindliche Gold weg.
2. Es darf übrigens nicht wunder nehmen, dass ein
solcher Reichtum in unserem Tempel angehäuft war:
hatten doch alle Juden des Erdkreises und alle Verehrer
des wahren Gottes sowohl in Asien wie in Europa seit
langen Zeiten dazu beigetragen. Ich kann auch für die
Menge des angegebenen Goldes Zeugnisse beibringen
und nach weisen, dass von unserer Seite dabei keine
Prahlerei und Übertreibung mit unterläuft. So sagt
z. B. der Kappadocier Strabo : „Mithradates schickte nach
Kos und liess das Geld holen, welches Kleopatra daselbst
niedergelegt hatte, imgleichen auch die achthundert Ta-
lente der Juden.“ Nun haben wir aber kein anderes
öffentliches Geld als dasjenige, welches Gott gehört, und
es ist klar, dass die Juden in Asien dieses Geld aus
Furcht vor Mithradates nach Kos gebracht hatten. Denn
dass die in Judaea wohnenden Juden, die eine so wohl-
befestigte Stadt und den Tempel hatten, Geld nach Kos
geschickt haben sollten, ist nicht wahrscheinlich. Ebenso-
wenig ist dies von den Juden in Alexandria anzunehmen, da
sie den Mithradates. nicht zu fürchten brauchten. An einer
anderen Stelle bezeugt derselbe Strabo, dass Sulla zu der
* Zeit, als er nach Griechenland übersetzte, um Mithra-
dates zu bekriegen, den Lucullus geschickt habe, um den
Aufstand unseres Volkes in Kyrene zu unterdrücken, von
dem die ganze Welt voll war. Er sagt uämlich: „In der
Stadt der Kyrenäer gab es vier Klassen, Bürger, Acker-
bauern, Mietwohner und J uden. Die letzteren sind schon
fast in jeder Stadt des Erdkreises verbreitet, und man
kann nicht leicht einen Ort'in der Welt finden, der dieses
Volk nicht beherbergte Jund nicht pn seiner Gewalt
wäre. So kommt es, dass Aegypten und Kyrenaea, die
unter ihrer , Herrschaft stehen, sowie viele andere Bezirke
die Sitten der Juden nachahmen, es mit dem sehr zahl-
reichen Volke halten und mit ihnen an Macht zunehmen,
indem sie nach den bei den Juden geltenden Gebräuchen
Josephua 1 Jüdische Altertümer, II. 15
226
Josephus’ Jüdische Altertümer.
leben. In Aegypten ist ihnen verstattet worden zu
wohnen, und ein grosser Teil von Alexandria ist diesem
Volke besonders eingeräumt. Sie haben auch ihren
eigenen Vorsteher, der ihre Gemeinde- Angelegenheiten
leitet, Recht spricht und ihre Verträge bekräftigt, als
wenn er der wirkliche Beherrscher eines Staates wäre.
In Aegypten aber hat dieses Volk eine so grosse Macht,
weil die Aegyptier jüdischen Ursprunges und nach ihrer
Trennung doch noch Nachbarn der Juden geblieben sind.
Nach Kyrenaea hat sich das Volk deswegen verpflanzt,
weil dieses Gebiet an Aegypten ebenso grenzt wie
Judaea, ja sogar früher ein Teil des aegyptischen Reiches
war.“ So weit Strabo.
3. Crassus ordnete nun alles nach seinem Ermessen
und zog dann gegen das Land der Parther, kam aber
daselbst mit seinem ganzen Heere um, wie schon ander-
wärts berichtet ist. Cassius dagegen floh nach Syrien,
nahm Besitz von dem Lande und verteidigte es gegen
die Parther, die nach dem über Crassus errungenen Siege
Syrien arg beunruhigten. Dann marschierte er nach
Tyrus und kam auch nach Judaea, griff Taricheae an,
nahm es beim ersten Ansturm, machte gegen dreissig-
tausend Gefangene und liess den Pitholaus, der nach
Aristobulus den Aufstand geleitet hatte, auf Anraten
des Antipater, der bei ihm in grossem Ansehen stand,
hinrichten. Antipater hatte übrigens auch bei den Idu-
mäern gewaltigen Einfluss, da aus diesem Volke seine
Gattin stammte, welche Kypron hiess und ihm vier
Söhne gebar: Phasael, Herodes (den nachmaligen König),
Joseph und Pheroras, und ausserdem noch eine Tochter
Salome. Antipater stand auch zu den übrigen benach-
barten Fürsten in freundschaftlichen Beziehungen, be-
sonders zu dem Araberkönige, dem er während des
Krieges mit Aristobulus seine Kinder zur Obhut anver-
traute. Cassius brach nun alsbald auf und zog an den
Euphrat, um dort den Einfallen der Feinde entgegen-
zutreten, wie anderswoher bekannt ist.
4. Einige Zeit nachher beschloss Caesar, der nach
Go gle
Vierzehntes Buch, 7. Kapitel.
227
der Flucht des Pompejus und des Senates über das
Ionische Meer zu Rom die Gewalt in Händen hatte,
den Ari8tobulus in Freiheit zu setzen und ihn mit zwei
Legionen nach Syrien zu schicken, um dort die Verhältnisse
zu ordnen. Doch ward die Hoffnung, die Caesars Macht
in Aristobulus erweckt hatte, jäh zunichte gemacht, da
die Parteigänger des Pompejus den letzteren noch vor
seiner Abreise vergifteten, sodass Caesars Anhang ihn
bestatten musste. Sein Leichnam lag lange Zeit in
Honig 1 einbalsamiert, bis Antonius ihn nach Judaea
schickte und in der Königsgruft beisetzen liess. Durch
einen Brief des Pompejus erhielt Scipio den Auftrag,
auch des Aristobulus Sohn Alexander aus dem Wege
zu räumen, und so zog dieser den Jüngling wegen seiner
früheren Vergehen gegen die Römer vor Gericht und
liess ihn mit dem Beile hinrichten. Dieses Todesurteil
ward in Antiochiat vollzogen. Seine Brüder nahm Pto-
lemaeus Mennaei auf, der Beherrscher des am Libanon
gelegenen Chalkis, der seinen Sohn Philippio nach As-
kalon zu Aristobulus’ Gattin schickte und sie auffordern
liess, auch ihren Sohn Antigonus und ihre Töchter ihm
zuzusenden. Zu einer der letzteren, Alexandra mit
Namen, fasste Philippio Neigung und nahm sie zur Ehe.
Indessen liess ihn sein Vater Ptolemaeus später um-
bringen, heiratete selbst die Alexandra und liess sich
fortwährend die Sorge für deren Brüder augelegen sein.
1 Dass Honig die Verwesung verhindert , bezeugt auch Plinius
(Naturgeschichte XV, 18,2; 18,6).
228
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Achtes Kapitel.
Die Juden leisten dem Caesar auf seinem Feldzuge nach
Aegypten Hilfe. Antipaters Kriegsthaten und seine Freund-
schaft mit Caesar. Die Juden von den Römern und
Athenern geehrt.
1. Nach der Niederwerfung und dem Tode des Pom-
pejus überzog Caesar Aegypten mit Krieg und wurde
hierbei von Antipater, der Judaea nach des Hyrkanus
Anordnung verwaltete, in mancher Beziehung unterstützt.
Als nämlich Caesar dem pergamenischen Könige Mithra-
dates Hilfstruppen zuführen wollte und, weil er den Weg
über Pelusium nicht erzwingen konnte, bei Askalon halt
machen musste, stiess Antipater mit dreitausend jüdischen
Fusssoldaten zu ihm und bewirkte, dass nicht nur die
Araberfürsten, sondern auch alle Syrefr, die sich in der
Diensteifrigkeit gegen Caesar von niemand wollten über-
treffen lassen, ferner der Alleinherrscher Jamblichus und
dessen Sohn Ptolemaeus, die auf dem Libanon wohnten,
und fast alle Städte dem Caesar ihr Entgegenkommen
bewiesen. Nun brach Mithradates aus Syrien nach
Pelusium auf, und da dessen Einwohner ihn nicht auf-
nehmen wollten, belagerte er die Stadt. Hierbei benahm
sich Antipater höchst heldenhaft, legte zuerst Bresche in
die Mauer und bahnte den übrigen einen Weg in die
Stadt. So fiel Pelusium. Als aber nun Antipater und
Mithradates sich zu Caesar begeben wollten, hinderten
die aegyptischen Juden, welche in dem nach Onias be-
nannten Landstriche wohnten, sie daran. Antipater in-
dessen beredete sie, ihre Landsleute nachzuahmen , indem
er ihnen einen Brief des Hohepriesters Hyrkanus vor-
zeigte, worin dieser sie ermahnte, gegen Caesar sich
freundlich zu benehmen und das Heer mit allem Not-
wendigen zu versehen. Als sie nun sahen, dass Anti-
pater und der Hohepriester eines Sinnes waren, gehorchten
sie und veranlassten dadurch auch die Bewohner von
Vierzehntes Buch, 8. Kapitel.
229
Memphis, den Mithradates einzuladen, der denn auch
alsbald dorthin zog und deren Unterwerfung annahm.
2. Mithradates war schon um das Delta herumgezogen,
als er bei dem sogenannten Judenlager auf die Feinde
stiess. Den rechten Flügel befehligte Mithradates, den
linken Antipater. Als es zur Schlacht kam, wich des
Mithradates Flügel zurück und wäre in die grösste Not
geraten, wenn Antipater, der die ihm gegenüberstehende
feindliche Abteilung schon geschlagen hatte, nicht mit
den Seinigen am Flussufer entlang geeilt wäre, ihn be-
freit und die siegreichen Aegyptier in die Flucht ge-
schlagen hätte. Bei der weiteren Verfolgung bemächtigte
er sich dann auch des feindlichen Lagers und rief den
Mithradates zurück, der schon weit geflohen war. Von
dem Flügel des Mithradates waren gegen achthundert,
von dem des Antipater aber nur vierzig gefallen.
Mithradates schrieb nun sogleich an Caesar und bezeich-
nete Antipater als den Urheber des Sieges und seiner
Rettung, sodass Caesar diesen mit Lobeserhebungen be-
dachte und in den schwierigsten Fällen des ganzen
Krieges sich seiner Hilfe bediente, bis eines Tages Anti-
pater im Treffen verwundet wurde.
3. Als Caesar einige Zeit darauf den Krieg beendigte
und nach Syrien hinüberschiffte, bewies er seinen Dank
dadurch, dass er den Hyrkanus in der Hohepriester-
würde bestätigte, dem Antipater aber das römische
Bürgerrecht verlieh und ihn von allen Abgaben befreite.
Vielfach wird nun behauptet, auch Hyrkanus habe an
diesem Feldzug teilgenommen und sei mit nach Aegypten
gezogen. Das geht z. B. aus Strabo hervor, der nach
Asinius berichtet: „Als Mithradates nebst dem jüdischen
Hohepriester Hyrkanus nach Aegypten gezogen war
u. s. f.“ Ebenderselbe Strabo sagt an einer anderen Stelle
unter Citierung des Schriftstellers Hypsikrates, Mithra-
dates sei allein ausgerückt, der jüdische Statthalter
Antipater aber, den er nach Askalon entboten habe, sei
ihm mit dreitausend Mann zu Hilfe gekommen und
habe die übrigen Fürsten beredet, ein gleiches zu thun.
230
Josephus* Jüdische Altertümer.
Diesem Feldzug habe auch der Hohepriester Hyrkanus
bei gewohnt. So weit Strabo.
4. Um dieselbe Zeit kam des Aristobulus Sohn Anti-
gonus zu Caesar, beklagte das Schicksal seines Vaters,
der um Caesars willen durch Gift habe urakommen
müssen, und seines Bruders, der von Scipio mit dem
Beile hingerichtet worden sei, und bat ihn, er möge sich
doch seiner, da er aus dem Reiche seines Vaters ver-
bannt sei, erbarmen. Hyrkanus und Antipater, klagte
er, führten eine ge waltthäti ge Regierung und hätten ihm
selbst Unrecht gethan. Antipater aber, der gerade an-
wesend war, verteidigte sich gegen die Anklage und
zeigte, dass Antigonus ein unruhiger, aufrührerischer
Mensch sei, erinnerte auch daran, wie viele Strapazen
er selbst mitgemacht und wie er Caesars militärischer
Ratgeber gewesen sei, wofür er diesen zum Zeugen an-
rief. Aristobulus , sagte -er, sei mit Recht zum zweiten-
mal nach Rom gebracht worden, da er den Römern be-
ständig feindlich gesinnt gewesen sei; des Antigonus
Bruder aber habe von Scipio die gebührende Strafe da-
für erhalten, dass er auf einem Raubzuge ergriffen worden
sei, und es sei gegen ihn weder nach Willkür noch un-
gerecht verfahren worden.
5. Als Antipater sich so verteidigt hatte, bestätigte
Caesar den Hyrkanus als Hohepriester, gab dem Anti-
pater jede gewünschte Machtbefugnis und ernannte ihn
zum Landpfleger von ganz Judaea. Auch erlaubte er
dem Hyrkanus, die Mauern seiner Vaterstadt, die noch
von Pompejus her zerstört dalagen, wieder aufzubauen,
und schrieb nach Rom an die Konsuln, sie sollten die
guten Beziehungen auf dem Kapitol beurkunden. Der
diesbezügliche Senatsbeschluss lautete also: „Gemäss dem
Anträge des Praetors Lucius Valerius, Sohnes des Lucius,
verhandelt am dreizehnten Dezember im Tempel der
Concordia, in Gegenwart, des Lucius Coponius, Sohnes
des Lucius, aus der Collinischen Tribus, und des Papiriua
aus der Quirinischen Tribus. Weil die jüdischen Ge-
sandten Alexander, Sohn des Jason, Numenius, Sohn
Vierzehntes Buch, 8. Kapitel. 231
des Antiochus, und Alexander, Sohn des Dorotheus,
unsere ehrenwerten Bundesgenossen, darum gebeten haben,
dass ihr von früher her mit den Römern bestehendes
Freundschaftsbündnis erneuert werde, und als Zeichen
der Verbrüderung einen goldenen Schild im Werte von
fünfzigtausend Goldstücken überbracht, weiterhin auch
Briefe an die freien Städte und die Könige sich aus-
gebeten haben, um das Gebiet und die Häfen derselben
in Sicherheit und unbehelligt besuchen zu können, hat
der Senat beschlossen, mit ihnen Freundschaft und Ver-
brüderung zu pflegen, ihre Forderungen zu bewilligen
und den Schild anzunehmen.“ Das geschah im neunten
Jahre der Regierung und des Hohepriestertuins des Hyr-
kanus, im Monate Panemos. Gleiche Ehre wurde dem
Hvrkanus auch vom Volke der Athener zu teil, weil er
ihnen viele Dienste geleistet hatte. Sie schickten ihm
einen Beschluss folgenden Inhalts: „Unter der Prytanie
und dem Priestertum des Dionvsios, Sohnes des Askle-
piades, am fünften Tage des Schlussmonats Panemos,
wurde den Heerführern der Athener folgender Beschluss
übergeben, der unter dem Archonten Agathokles in einer
am elften Munychion wie auch am elften Tage der
Prytanie im Theater abgehaltenen Volksversammlung
gefasst wurde. Schriftführer war Eukles, Sohn des
Menander aus Alimusia, Stimmzähler Dorothees aus
Erchiea und dessen Amtsgenossen. Nachdem Dionysios,
Sohn des Dionysios, auseinandergesetzt hatte, wie der
jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanos, Sohn des
Alexandros, sowohl dem Staate als jedem einzelnen
Bürger fortgesetzt sich wohlwollend und freundlich be-
wiesen, und wie er diejenigen Athener, welche als Ge-
sandte oder um privater Geschäfte willen nach Judaea
kamen, gastfreundlich aufgenoramen, ihnen auch sicheres
Geleit zur Rückreise besorgt hat, was schon früher von
uns anerkannt worden ist — haben wir auf den Antrag
des Theodoros, Sohnes des Theodosios aus Sunion, der
das Volk von dem Edelmute dieses Mannes und seiner
steten Bereitwilligkeit, uns nach Möglichkeit zu helfen,
Go gle
232
Josephus’ Jüdische Altertümer.
in Kenntnis setzte, beschlossen, demselben die gesetzliche
Auszeichnung der goldenen Krone zu verleihen, seine
Bildsäule aus Erz im Tempel des Volkes und der Cha-
riten aufzustellen und die Verleihung der Krone durch
den Mund des Herolds an den Dionysien im Theater
bei der Aufführung neuer Tragödien, imgleichen auch
bei den Panathenäen, den Eleusinischen Festen und den
Kingkämpfen verkünden zu lassen. Hie Heerführer
haben dafür zu sorgen, dass demselben, so lange er in
Freundschaft und Wohlwollen gegen uns verharrt, jede
denkbare Ehre und Gunstbezeugung erwiesen werde, und
dass unser Volk sich auf diese Weise gegen hochver-
diente Männer, wie dies billig ist, dankbar erzeige.
Ausserdem sollen Gesandte aus der Mitte der Athener
erwählt werden, die ihm diesen Beschluss zu überbringen
und ihn aufzufordern haben, dass er nach solchen Ehren-
bezeugungen auch fürderhin um unseren Staat sich ver-
dient machen möge.“ So viel mag über die Ehrungen,
welche dem Hyrkanus von den Römern und Athenern
erwiesen wurden, genügen.
Neuntes Kapitel.
Wie Antipater dem Herodes die Verwaltung vonGalilaea,
dem Phasael die von Jerusalem übertrug. Wie Herodes
bei Hyrkanus verklagt wurde.
1. Als Caesar die Angelegenheiten Syriens geordnet
hatte, zog er auf dem Seewege ab. Antipater, der ihm
aus Syrien das Geleit gegeben hatte, kehrte nun wieder
nach Judaea zurück, liess sogleich die von Pompejus
zerstörte Stadtmauer aufführen und beschwichtigte die
hier .und da im Lande ausgebrochenen Unruhen teils
durch Drohungen, teils durch gütliche Überredung.
Wenn sie zu Hyrkanus hielten, setzte er seinen Lands-
leuten auseinander, würden sie glücklich leben und in
Frieden ihre Güter geniessen können. Liessen sie sich
Go gle
Vierzehntes Buch, 9. Kapitel.
233
jedoch zu Empörungen verleiten, so würden sie an ihm
selbst statt eines Landpflegers einen strengen Herrn, an
Hyrkanus statt eines Königs einen Tyrannen, an den
Römern und Caesar aber statt Führern bittere Feinde
haben , die den von ihnen eingesetzten Fürsten wohl
zu schützen wissen würden. Durch solche Vorstellungen
gelang es ihm leicht, die Juden zu beruhigen.
2. Da er nun sah, wie träge und nachlässig sich
Hyrkanus benahm , ernannte er seinen ältesten Sohn
Phasael zum Befehlshaber von Jerusalem und Umgebung,
während er dem Zweitältesten, Herodes, Galilaea an ver-
traute. Dieser war noch sehr jung, indem er erst fünfund-
zwanzig Jahre zählte, zeigte aber keinerlei Schwächen
seines Alters, sondern fand, weil er entschlossenen Cha-
rakters war, bald Gelegenheit, seine Fähigkeiten zu
zeigen.. Als er nämlich dem Räuberhauptmann Ezechias,
der mit einer grossen Schar die Nachbargegenden von
Syrien durchzog, zufällig begegnete, liess er ihn ergreifen
und mit vielen seiner Raubgenossen hinrichten. Wegen
dieser That hielten ihn die Syrer in hohen Ehren; hatte
er ihnen doch das Land gesäubert, das sie so sehr von
den Räubern befreit zu sehen wünschten. In Stadt und
Dorf feierte man ihn, weil er Frieden und Sicherheit
geschaffen hatte. So kam es, dass er auch dem Sextus
Caesar, einem Verwandten des grossen Caesar und Land-
pfleger von Syrien, bekannt wurde. Seine That machte
aber auch die Eifersucht seines Bruders Phasael rege,
und seine Berühmtheit spornte diesen so sehr an, dass
er sich keinen geringeren Ruf zu schaffen beschloss und
die Jerusalemer sich sehr geneigt machte, indem er zwar
selbständig regierte, aber weder unehrenhafter noch ge-
waltsamer Mittel sich bediente. Durch alles dies erreichte
Antipater, dass er vom Volke wie ein König verehrt
und derart ausgezeichnet wurde, wie es sonst nur einem
allmächtigen Herrscher zu geschehen pflegt. Dennoch
liess er sich durch ein so grosses Glück nicht, wie dies
meistens der Fall ist, zur Verminderung seiner Ergebenheit
und Treue gegen den Fürsten verleiten.
234
Josephus’ Jüdische Altertümer.
3. Als aber die vornehmen Juden wahrnahmen, wie
mächtig Antipater und dessen Söhne durch die Gunst
des Volkes wie durch Hyrkanus’ und Judaeas Geld-
mittel wurden, regten sie sich gewaltig gegen ihn auf.
Antipater nämlich hatte Freundschaft mit den römischen
Machthabern geschlossen und veranlasste den Hyrkanus,
denselben Geld zu schicken. Dieses Geld nahm er dann
an sich und schickte es in seinem eigenen, nicht in
Hyrkanus’ Namen ab. Als Hyrkanus davon hörte,
machte ihm die Sache eher Freude als Verdruss. In-
dessen wuchs die Furcht der vornehmen Juden, weil es
ihnen nicht entging, wie gewaltthätig , verwegen und
herrschsüchtig Herodes war, und so gingen sie endlich
zu Hyrkanus und verklagten Antipater offen, indem sie
sagten: „Wie lange willst du denn noch ruhig Zusehen?
Merkst du nicht, dass Antipater und seine Söhne alle
Gewalt in Händen haben und dir selbst nur noch den
Namen eines Königs lassen? Du darfst hiergegen nicht
blind sein, noch dich selbst ausser Gefahr wähnen,
wenn du so leichtsinnig an dir und dem Reiche handelst.
Denn nicht deine Verwalter sind Antipater und dessen
Söhne, wie du dir vielleicht trügerischerweise einredest,
sondern sie werden fiir die wirklichen Herrscher ge-
halten. Herodes hat zudem den Ezechias und dessen
Genossen in durchaus gesetzwidriger Weise hinrichten
lassen. Denn das Gesetz verbietet ausdrücklich, einen
wenn auch noch so verbrecherischen Menschen umbringen
zu lassen, ehe er vom Synedrium zum Tode verurteilt
ist. Und doch hat Herodes ohne deine Ermächtigung
das gewagt.“
4. Durch diese Anklagen liess sich Hyrkanus denn
auch bereden, besonders da sein Zorn noch durch die
Mütter der von Herodes Gemordeten entfacht wurde. Denn
diese Hessen nicht nach. Tag für Tag im Tempel den
König und das Volk zu bitten, sie möchten den Herodes
für seine Thaten vor dem Synedrium zur Verantwortung
ziehen. Infolgedessen lud Hyrkanus den Herodes vor,
um sich gegen die Anschuldigungen zu verteidigen.
Vierzehntes Buch, 9. Kapitel.
235
Herodes kam nun auch ; jedoch hatte Bein Vater ihm
geraten, er solle nicht nach Art eines Privatmannes,
sondern mit einer Leibwache und Bedeckung zu Hyr-
kanus sich begeben. Nachdem er daher in Galilaea die
notwendigen Anordnungen getroffen, stellte er sich mit
einer Begleitung, die insofern hinreichte, als er mit der-
selben dem Hyrkanus nicht gefährlich erscheinen konnte
und doch auch nicht ganz ohne Schutz war, dem Ge-
richte. Sextus jedoch, der Landpfleger von Syrien,
forderte den Hyrkanus schriftlich auf , Herodes frei-
zusprechen, und drohte ihm für den Fall, dass er sieb
nicht füge. Dem Hyrkanus bot dieses Schreiben einen
erwünschten Vorwand, den Herodes, den er wie einen
Sohn liebte, zu entlassen, ohne dass das Synedrium eine
Strafe über ihn verhängte. Als nun Herodes mit seiner
Bedeckung vor dem Synedrium sich stellte, erzitterte
alles, und keiner seiner Ankläger, die ihn vorher ge-
schmäht hatten, wusste etwas vorzubringen, sondern es
herrschte tiefes Schweigen. Bei dieser Lage der Dinge
erhob sich der gerechte und deswegen über alle Furcht
erhabene Sameas und sprach also: „Weder habe ich
selbst jemals einen Menschen gesehen, o König und ihr
Richter, noch glaube ich, dass ihr mir einen nennen
könnt, der so als Angeklagter vor euch aufzutreten ge-
wagt hätte. Wer sonst vor den Gerichtshof des hohen
Rates kam, erschien in demütiger und zaghafter Haltung,
als wenn er unser Mitleid herausforderte, mit lang herab-
hängendem Haar und in schwarzem Kleide. Unser
Freund Herodes aber, der des Mordes beschuldigt und
eines so schweren Verbrechens angeklagt ist, steht da in
Purpur, mit geschniegeltem Haupthaar und von Be-
waffneten umgeben, um uns, wenn wir ihn dem Gesetze
gemäss verurteilen, niederzumachen und alles Recht zu
verhöhnen. Doch ich will Herodes keinen Vorwurf
daraus machen, dass er mehr auf seinen Vorteil als auf
die Gesetze achtet. Euch vielmehr und den König muss
ich tadeln, dass ihr euch so etwas bieten lasst. Denkt
aber daran, dass es einen allmächtigen Gott giebt, und
236
Josephus’ Jüdische Altertümer.
dass der, den ihr jetzt dem Hyrkanus zu Gefallen frei-
sprechen wollt, einst euch und den König dafür züch-
tigen wird.“ Diese Worte gingen auch wirklich in Er-
füllung. Denn als Herodes später König geworden war,
Hess er alle Mitglieder des Gerichtshofes samt Hyrkanus
umbringen, mit alleiniger Ausnahme des Sameas. Diesen
nämlich achtete er sehr, einmal seiner Gerechtigkeit
wegen, dann aber auch, weil er, als die Stadt nachmals
von Herodes und Sosius belagert wurde, das Volk auf-
forderte, den Herodes einzulassen, da man um der be-
gangenen Sünden willen ihm doch nicht entgehen könne.
Darüber werde ich mich später an geeigneter Stelle noch
verbreiten.
5. Als nun Hyrkanus merkte, dass die Mitglieder
des Synedriums den Herodes zum Tode verurteilen
wollten, verschob er die Gerichtsverhandlung auf den
folgenden Tag und liess dem Angeklagten heimlich den
Rat geben , er solle sich aus der Stadt fortmachen und
so der Gefahr aus dem Wege gehen. Herodes begab
sich darauf nach Damaskus, als ob er vor dem König
fliehe. Sobald er aber bei Sextus Caesar angekommen
war und sich in Sicherheit wusste, machte er kein Hehl
daraus, dass er sich bei nochmaliger Vorladung vor das
Synedrium nicht stellen würde. Hierüber entrüsteten
sich die Mitglieder des hohen Rates und suchten dem
Hyrkanus begreiflich zu machen, dass er sein eigenes
Interesse verkenne. Hyrkanus sah das auch wohl ein,
wusste aber vor Unschlüssigkeit und Zaghaftigkeit nicht,
was er thun sollte. Als nun Sextus den Herodes zum
Landpfleger von Coelesyrien ernannte (er hatte sich
dieses Amt mit Geld erkauft), ergriff den Hyrkanus die
Furcht, Herodes möchte ihn mit Krieg überziehen. Das
geschah auch bald in der That: Herodes kam mit
einem Heere, erzürnt über seine Vorladung vor den
Gerichtshof des hohen Rates. Doch sein Vater Anti-
pater und sein Bruder hielten ihn von einem Angriff
auf Jerusalem ab, beschwichtigten seinen Groll und
baten ihn, nichts Feindseliges zu unternehmen und den
Go gle
Vierzehntes Buch, 10. Kapitel.
237
König, durch dessen Güte er doch zu seiner Würde ge-
langt sei, mit dem blossen Schrecken davonkommen zu
lassen. Wenn er sich darüber entrüste, dass man ihn
vor Gericht geladen habe, so müsse er doch auch be-
denken, dass er entkommen sei, und für seine Rettung
sich dankbar beweisen, statt sich durch Gewaltthätigkeit
unerkenntlich zu zeigen. Er solle auch wohl erwägen,
dass Gott die Wechselfalle des Krieges lenke, sodass
der Ausgang des Feldzuges unsicher sei und er auf den
Sieg nicht rechnen könne, wenn er den ihm befreundeten
König angreife, der ihm nur Wohlthaten erwiesen und
nicht das Geringste gegen ihn verbrochen habe. Hier-
durch liess sich Herodes denn auch erweichen und hielt
seine Zukunftspläne schon hinreichend dadurch gefördert,
dass er dem Volke wenigstens seine Macht gezeigt habe,
So standen damals die Dinge in Judaea.
Zehntes Kapitel.
Die Beziehungen der Juden zu den Römern und
anderen Völkern.
1. Inzwischen hatte Caesar sich nach Rom begeben
und bereitete eine Unternehmung gegen Afrika vor, wo
er Scipio und Cato angreifen wollte, als Hyrkanus zu
ihm schickte und ihn um Bestätigung des bestehenden
Freundschaftsbündnisses bitten liess. Ich habe es nun
für notwendig gehalten, hier einmal alle Ehren-
bezeugungen, die unserem Volke von den Römern und
deren Herrschern erwiesen worden sind, sowie die Bünd-
nisse aufzuzählen, damit es allgemein bekannt werde,
wie die Herrscher in Asien und Europa aus Achtung
vor unserer Tapferkeit und Treue uns ausgezeichnet
haben. Viele zwar wollen aus Abneigung gegen uns
das nicht glauben, was die Perser und Macedonier über
uns geschrieben haben, weil die Werke dieser Geschicht-
schreiber nicht überall zu haben sind und in den öffent-
288
Josephus’ Jüdische Altertümer.
liehen Archiven sich nicht vorfinden, sondern nur bei
uns und einigen wenigen fremden Völkern auf bewahrt
werden. Doch wagen sie nichts gegen die Beschlüsse
der Römer einzuwenden. Denn diese sind sowohl in
den öffentlichen Archiven und auf dem Kapitol nieder-
gelegt, als auch auf eherne Säulen eingegraben. So hat
zum Beispiel Julius Caesar die zu Alexandria wohnenden
Juden durch eine auf einer Säule von Erz angebrachte
Inschrift öffentlich für alexandrinische Bürger erklärt.
Aus diesen Quellen will ich also den Beweis fuhren
und die Beschlüsse des Senates sowie des Julius Caesar,
die sich auf Hyrkanus und unser Volk beziehen, bei-
fügen.
2. „Gajus Julius Caesar, Imperator und Pontifex
maximus, zum zweitenmal Diktator, an den Magistrat,
den Senat und das Volk der Sidonier. Wenn es euch
gut geht, bin ich zufrieden; ich und mein Heer sind
gleichfalls wohl. Ich schicke euch anbei die Abschrift
eines in den Archiven niedergelegten Dekretes, welches
Hyrkanus, den Sohn des Alexander, Hohepriester und
Fürsten der Juden betrifft, damit dasselbe eurem Archive
einverleibt werde. Ich will ausserdem , dass es in
griechischer und lateinischer Sprache auf ehernen Tafeln
eingegraben werde. Nämlich: Julius Caesar, zum
zweitenmal Imperator und Pontifex maximus, verordnet
nach Anhörung seines Rates wie folgt. Weil der Jude
Hyrkanus, Sohn des Alexander, sowohl jetzt als auch
früher, im Frieden wie im Kriege, sich stets treu und
ergeben gegen uns bewiesen hat, was ihm auch schon
viele unserer Machthaber bezeugten, weil er ferner jüngst
im Alexandrinischen Kriege uns mit tausendfünfhundert
Mann zu Hilfe gekommen ist und bei einer Sendung
an Mithradates sich vor allen übrigen ausgezeichnet
hat, in Erwägung dessen ernenne ich Hyrkanus, den
Sohn Alexanders, und dessen Söhne zu Ethnarchen der
Juden, gestatte ihnen, das jüdische Hohepriestertum
ihrem Gebrauche gemäss für immer beizubehalten, und
befehle, dass er selbst und seine Söhne zu unsern
Vierzehntes Buch, 10. Kapitel.
239
Bundesgenossen und besonderen Freunden gerechnet
werden. Alles, was nach ihren Gesetzen den Hohe-
priestern zusteht oder ihnen durch die Güte anderer
Wohlthäter verliehen worden ist, soll ihm und seinen
Söhnen verbleiben. Wenn über jüdische Einrichtungen
unter den Juden ein Streit ausbricht, so soll er die
Macht haben, darüber zu entscheiden. Dass in Judaea
überwintert werde, oder dass man Geld von den Juden
eintreibe, will ich hiermit verbieten.“
3. „Des Konsuls Gajus Caesar Verordnungen, Zu-
geständnisse und Beschlüsse bestimmen wie folgt. Des
Hyrkanus Söhne sollen die Fürsten der Juden sein und
im Besitze des ihnen angewiesenen Landes bleiben.
Der Hohepriester und Landesfürst der Juden soll sich
der Bedrängten annehmen. An Alexanders Sohn Hyr-
kanus, den Hohepriester der Juden, sollen Gesandte ge-
schickt werden, um über ein Schutz- und Trutzbündnis
mit ihm zu verhandeln. Der Wortlaut dieses Vertrages
soll auf eherne Tafeln eingegraben und diese im Kapitol,
in Tyrus, Sidon, Askalon und in den Tempeln in
römischer und griechischer Sprache aufgehängt werden.
Weiterhin ist Sorge dafür zu tragen , dass dieser Erlass
an die Quaestoren und Praetoren der einzelnen Städte
sowie an unsere Freunde gelange, damit den Gesandten
die übliche Bewirtung zu teil und diese Vorschriften
überall bekannt gemacht werden.“
4. „Gajus Caesar, Imperator, Diktator und Konsul,
genehmigt hiermit zwecks Anerkennung der Tapferkeit
und aus besonderem Wohlwollen, sowie zu Nutz und
Frommen des Senates und Volkes der Römer, dass
Hyrkanus, der Sohn Alexanders, und dessen Söhne
Hohepriester und Priester für Jerusalem und das ganze
Volk sein sollen mit denselben Rechten und Befug-
nissen, die auch ihre Vorgänger im Priestertum besessen
haben.“
5. „Gajus Caesar, zum fünftenmal Konsul, verordnet
hiermit, dass den Juden erlaubt sein soll, die Stadt
Jerusalem besetzt zu halten und zu befestigen, ferner
Go gle
240
Josephus’ Jüdische Altertümer.
dass der jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanus,
Alexanders Sohn, dieselbe nach seinem Gutdünken
regieren darf, sowie dass den Juden in jedem zweiten
Jahre von den Getreide-Abgaben ein Kor erlassen werden
und in Zukunft weder Steuerverpachtungen bei ihnen
stattfinden, noch immer die nämlichen Steuern bezahlt
werden sollen.“
6. „Gajus Caesar, zum zweitenmal Imperator, ver-
ordnet wie folgt. I. Zum Vorteil der Stadt Jerusalem
hat ganz Judaea mit Ausnahme von Joppe jährlich eine
Abgabe zu entrichten, es sei denn, dass es das siebente
sogenannte Sabbatjahr ist, in welchem weder Baum-
früchte geerntet noch Felder bebaut werden. II. In
Sidon muss alle zwei Jahre der vierte Teil der Feld-
früchte als Abgabe geliefert werden, und ausserdem sind
dem Hyrkanus und dessen Söhnen die Zehnten ebenso
zu entrichten, wie sie deren Vorfahren entrichtet worden
sind: III. Kein Beamter, Feldherr oder Legat darf im
Gebiete der Juden Hilfstruppen ausheben, noch ist es
den Soldaten erlaubt, von den Juden Geld, sei es zur
Überwinterung, sei es unter irgend einem anderen Vor-
wand, einzutreiben; dieselben sollen vielmehr von allen
Plackereien verschont bleiben. IV. Alles, was sie in
Zukunft besitzen, kaufen oder sonstwie erwerben werden,
bleibt in ihrem ungestörten Besitz. V. Die Stadt Joppe,
welche die Juden schon früher, als sie mit den Körnern
Bundesgenossenschaft schlossen, besessen haben, soll
ihnen wie früher gehören; auch sollen Alexanders Sohn
Hyrkanus und dessen Söhne als Eigentümer dieser Stadt
von den Ackerbauern derselben als Zoll für das aus
der Umgegend und dem [Hafen jährlich nach Sidon aus-
geführte Getreide sechsundzwanzigtausendfünfundsiebzig
Modii erhalten, mit Ausnahme des Sabbatjahres, in
welchem weder das Feld bebaut noch Baumfrüchte geerntet
werden. VI. Die Dörfer in der grossen Ebene, welche
dem Hyrkanus und dessen Vorfahren gehörten, sollen
Hyrkanus und die Juden laut Senatsbeschluss unter
demselben Rechte wie auch früher besitzen. Ferner
Vierzehntes Buch, 10. Kapitel.
241
sollen die Rechtsbeziehungen, welche von jeher zwischen
den Juden und ihren Hohepriestern bestanden , sowie
die Zugeständnisse, die ihnen vom römischen Volke und
Senate gemacht worden sind, in Giltigkeit bleiben. Die-
selben Rechte sollen sie auch in Lydda gemessen.
VII. Alle Plätze, ländlichen Weiler und Dörfer, die
früher den dem römischen Volke befreundeten Königen
von Syrien und Phoenicien gehörten, und deren Nutz-
messung sie durch Schenkung derselben erhalten haben,
sollen nach Senatsbeschluss Eigentum des Fürsten Hyr-
kanus und der Juden sein. VIII. Dem Hyrkanus,
seinen Söhnen und den von ihm geschickten Gesandten
steht das Recht zu, bei den Gladiatorenspielen und Tier-
kämpfen ihren Zuschauerplatz unter Jen Senatoren zu
nehmen, und wenn sie sich vom Diktator oder vom
Reiteroberst das Wort erbitten, so sollen sie in den
Senat eingefühlt werden und in zehn Tagen nach er-
folgtem Senatsbeschluss Antwort erhalten.“
7. „Gajus Caesar, zum viertenmal Imperator, zum
fünftenmal Konsul, Diktator auf Lebenszeit, verordnet
folgendes in betreff der Rechte des jüdischen Hohe-
priesters und Fürsten Hyrkanus, des Sohnes des
Alexander: In Erwägung, dass die früheren Imperatoren
sowohl in den Provinzen, als vor Volk und Senat dem
jüdischen Hohepriester Hyrkanus und den Juden da6
Jbests Zeugnis erteilt, und Volk wie Senat denselben
ihren Dank erstattet haben, wollen auch wir bedacht
und besorgt sein, dass dem Hyrkanus, seinen Söhnen
und dem Volke der Juden von dem römischen Senat
und Volk für ihre Ergebenheit und ihre Dienstleistungen
der gebührende' Dank zu teil werde.“
8. „Gajus Julius, Praetor und Konsul der Römer, an
den Magistrat, den Senat und das Volk von Paros. Die
Juden in Delos und einige der jüdischen Mietwohner
sind in Gegenwart eurer Gesandten bei mir vorstellig
geworden und haben angezeigt, dass ihr durch Verord-
nungen sie hindert, ihre althergebrachten Gebräuche und
ihren Gottesdienst zu vollziehen. Es hat mein Miss-
Joaephus 1 Jüdische Altertümer, II. 1 G
242
Josephns* Jüdische Altertümer.
fallen erregt, dass ihr solche Bestimmungen gegen unsere
Freunde und Bundesgenossen erlasst und ihnen verbietet,
nach ihren Gesetzen zu leben und Geld zu gemeinsamen
Mahlen wie zum Gottesdienste beizutragen, besonders
da ihnen dies noch nicht einmal in Rom untersagt ist.
Denn unser Praetor und Konsul Gajus Caesar hat, als
er die Verordnung erliess, durch welche alle Versamm-
lungen in der Stadt Rom verboten wurden, jene Zu-
sammenkünfte, Geldsammlungen und Veranstaltungen
von Gastmahlen ausdrücklich von dem Verbote aus-
genommen. Ebenso gestatte auch ich, obgleich ich alle
sonstigen Versammlungen verbiete, den Juden allein,
sich nach den Sitten und Gebräuchen ihrer Väter zu
versammeln und dabei zu verbleiben. Es ist daher er-
forderlich, dass ihr alle gegen unsere Freunde und
Bundesgenossen erlassenen Verordnungen wegen ihrer
Verdienste um uns und ihrer Treue sogleich auf-
hebt.“
9. Nach Gajus Caesars Tode beriefen die Konsuln
Marcus Antonius und Publius Dolabella den Senat,
führten die Gesandten des Hvrkanus ein, hielten über
deren Begehren Vortrag und schlossen dann aufs neue
ein Freundschaftsbündnis mit [ihnen , worauf der Senat
ihnen alle ihre Forderungen zu erfüllen beschloss. Ich
füge den Beschluss bei, um dem Leser dieses Geschichts-
buches den Beweis für meine Angaben zu erbringen.
Er lautete also:
10. „Senatsbeschluss, entnommen aus dem Archive
und den Verzeichnissen der Quaestoren, unter den
Quaestoren Quintus Rutilius und Gajus Cornelius, und
zwar aus dem Anfänge des zweiten Verzeichnisses. Ver-
handelt am elften April im Tempel der Concordia, in
Gegenwart des Lucius Calpurnius Piso aus der Mene-
nischen Tribus, des Servius Papinius Potitus aus der
Lemonischen Tribus, des Gajus Caninius Rebilius aus
der Terentinischen Tribus, des Publius Tidetius und des
Lucius Apulinus, Sohnes des Lucius aus der Sergischen
Tribus, des Flavius, Sohnes des Lucius aus der Lemo-
Vierzehntes Buch, 10. Kapitel.
243
machen Tribus, des Publius Platius, Sohnes des Publius
aus der Papirischen Tribus, des Marcus Acilius, Sohnes
des Marcus* aus der Maecischen Tribus, des Lucius
Erucius, Sohnes des Lucius aus der Stellatinischen
Tribus, des Marcus Quintius Plancillus aus der Pollischen
Tribus, und des Publius Serius, auf den Antrag der
Konsuln Publius Dolabella und Marcus Antonius. In
Übereinstimmung mit den genannten Konsuln haben
wir beschlossen, die von Gajus Caesar gemäss einem
Senatsbeschlusse zu gunsten der Juden erlassene, da-
mals aber nicht in das öffentliche Archiv aufgenommene
Verordnung nunmehr darin niederzulegen und den
städtischen Quaestoren behufs Abschrift zuzustellen. ^So
geschehen am neunten Februar im Tempel der Concordia.
Anwesend waren als Gesandte des Hohepriester Hyr-
kanus: Lysimachus, Sohn des Pausanias, Alexander,
Sohn d^s Theodorus, Patroclus, Sohn des Chaerea, und
Jonathas, Sohn des Onias “
11. Einen von diesen Gesandten schickte Hyrkanus
auch an Dolabella, der damals Asien verwaltete, und
liess ihn bitten, die Juden vom Kriegsdienste zu be-
freien , ihnen ihre väterlichen Gebräuche zu lassen und
ihnen zu ermöglichen, dass sie danach leben könnten.
Als Dolabella diesen Brief des Hyrkanus erhalten hatte,
schickte er sogleich ohne weitere Beratung an alle
asiatischen Städte, und zwar zuerst an Ephesus, das
damals in Asien die erste Stelle einnahm, einen Erlass
in betreff der Juden folgenden Inhalts:
12. „Unter dem Prytanen Artemon am ersten Lenaion.
Dolabella der Imperator an den Senat, den Magistrat und
das Volk von Ephesus. Alexander, Sohn des Theodorus,
Gesandter des Hyrkanus, des Sohnes Alexanders, Hohe-
priesters und Fürsten der Juden, hat mir mitgeteilt,
seine Landsleute könnten am Kriegsdienste nicht teil-
nehmen, weil sie am Sabbat weder Waffen tragen noch
marschieren dürften, auch ihre von Gesetz und Gewohn-
heit ihnen vorgeschriebenen Speisen sich nicht ver-
schaffen könnten. Iufolgedessen befreie ich sie ebenso,
16 *
244
Josephus’ Jüdische Altertümer.
wie meine Vorgänger gethan haben, vom Kriegsdienste,
gestatte ihnen, wenn sie sich zu Opfer und Gottesdienst
nach ihrem Brauche versammeln, sich ihrer hergebrachten
Einrichtungen zu bedienen sowie Geld zur Beschaffung
der Opfer beizutragen, und befehle, dass dieser Erlass
bei allen Städten cirkuliere.“
13. Das war die Gunstbezeugung, welche Dolabella
unserem Volke erwies, als Hyrkanus einen Gesandten
zu ihm geschickt hatte. Weitere Schriftstücke sind:
„Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Ich habe die-
jenigen Juden, welche römische Bürger sind und in der
Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus leben, in öffent-
licher Sitzung ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste
befreit. Verhandelt am zwanzigsten September unter
den Konsuln Lucius Lentulus und Gajus Marcellus, in
Gegenwart des Legaten Titus Appius Balgus, Sohnes
des Titus aus der Horatischen Tribus, des Titus Tongius,
Sohnes des Titus aus der Crustuminischen Tribus, des
Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompe-
jus, Sohnes des Titus , des Gajus Servilius , Sohnes des
Gajus aus der Terentinischen Tribus, des Publius Olusius
Gallus, Sohnes des Publius aus der Veturischen Tribus,
und des Gajus Sentius, Sohnes des Gajus aus der Saba-
tinischen Tribus.“ — „Der Legat und Propraetor Titus
Appius Bulbus, Sohn des Titus, an den Magistrat, den
Senat und das Volk der Ephesier. Der Konsul Lucius
Lentulus hat die in Asien wohnenden Juden auf meine
Verwendung hin vom Kriegsdienste befreit. Von dem Pro-
praetor Fannius und dem Proquaestor Lucius Antonius
habe ich auf desfallsiges Ersuchen dasselbe erlangt, und
ihr habt deshalb dafür zu sorgen, dass niemand sie in
dieser Hinsicht belästige.“
14. Beschluss der Delier. „Verordnung, erlassen am
zwanzigsten Thargelion unter dem Archonten Boeotos.
Der Legat Marcus Piso hat, als er in unserer Stadt die
Aushebung leitete , uns und viele andere Bürger zu-
sammenbarufen und befohlen, die Juden, welche römische
Bürger seien, nicht mit Kriegsdienst zu belästigen, weil
Vierzehntes Buch, 10. Kapitel.
245
der Konsul Cornelius Lentulus dieselben ihrer Religion
wegen davon befreit habe. Dieser Verordnung ist un-
weigerlich Folge zu leisten." Einen ähnlichen Beschluss
fassten in betreff der Juden die Sardianer.
15. „Gajus Fanmus, Sohn des Gajus, Imperator und
Konsul, an den Magistrat der Koer. Ich will euch davon
in Kenntnis setzen, dass Gesandte der Juden mit der
Bitte zu mir gekommen sind, ich möge ihnen die ihret-
wegen erlassenen Senats beschlösse aushändigen. Diese
Beschlüsse gehen euch anliegend zu. Gemäss denselben
habt ihr euch dieser Gesandten anzunehmen und dafür
zu sorgen, dass sie unbehelligt durch euer Gebiet in ihre
Heimat zurückkehren können.“
16. „Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Die das
römische Bürgerrecht geniessenden Juden, welche ich in
der Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus lebend an-
getroffen habe, befreie ich ihrer Religion wegen vom
Kriegsdienste. So geschehen am neunzehnten Sep-
tember.“
17. „Lucius Antonius, Sohn des Marcus, Proquaestor
und Propraetor, an den Magistrat, den Senat und das
Volk der Sardianer. Weil die das römische Bürgerrecht
geniessenden Juden bei mir vorstellig geworden sind und
mir erklärt haben, sie hätten von jeher ihrem Gesetze
gemäss eigene Zusammenkünfte und einen eigenen Ge-
richtshof, vor dem sie ihre Streitigkeiten schlichteten
und ihre Verträge schlössen , so bestimme ich auf ihr
Ersuchen um Genehmigung dieser Einrichtungen, dass
sie hierbei zu belassen sind.“
18. „Marcus Publius, Sohn des Spurius, Marcus, Sohn
des Marcus, und Lucius, Sohn des Publius, erklären:
Nachdem wir den Prokonsul Lentulus angegangen und
ihm mitgeteilt haben, dass Dositheus, der Sohn des
Kleopatridas aus Alexandria, ersucht hat, die Juden
mit römischem Bürgerrecht, die nach jüdischem Kultus
leben , ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste zu be-
freien, hat er diesem Verlangen am neunzehnten Sep-
tember stattgegeben.“
246
Josephus’ Jüdische Altertümer.
19. „Verhandelt unter dem Konsulate des Lucius
Lentulus, Sohnes des Quintilius, und des Gajus
Marcellus, in Gegenwart des Legaten Titus Appius
Baibus, Sohnes des Titus [aus der Horatischen Tribus,
des Titus Tongius aus der Crustuminischen Tribus, des
Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompe-
jus, Sohnes des Titus, des Cornelius Longinus, des
Kriegstribunen Gajus Servilius Bracchus , Sohnes des
Gajus aus der Terentinischen Tribus, des Publius Clusius
Gallus, Sohnes des Publius aus der Veturischen Tribus,
des Kriegstribunen Gajus Teutius, Sohnes des Gajus
aus der' Aemilischen Tribus, des Sextus Atilius Serranus,
Sohnes des Sextus aus der Aesquilinischen Tribus, des
Gajus Pompejus, Sohnes desJGajus aus derJSabatinischen
Tribus des Titus Appius Men ander, Sohnes des Titus,
des Publius Servilius Strabo, Sohnes des Publius, des
Lucius Paccius Capito, Sohnes des Lucius aus der Colli-
nischen Tribus, des Aulus Furius Tertius, Sohnes des
Aulus , und des Appius Menas.' In Gegenwart vor-
benannter Männer verkündet Lentulus folgenden Be-
schluss: Die Juden mit römischem Bürgerrecht, die nach
jüdischem Kultus in Ephesus leben, sind ihrer Religion
wegen vom Kriegsdienste befreit.“
20. „Der Magistrat von Laodikea an den Konsul
Gajus Rabilius, Sohn des Gajus. Sopater, der Ab-
gesandte des Hohepriesters Hyrkanus, hat uns deinen
Brief überbracht, aus welchem hervorgeht, dass von dem
jüdischen Hohepriester Hyrkanus Gesandte arigekommen
sind und ein Schreiben in betreff ihres Volkes über-
reicht haben, worin gebeten wurde, es möge den Juden
gestattet sein, ihre Sabbate und ihre übrigen gottesdienst-
lichen Verrichtungen nach den väterlichen Gesetzen bei-
zubehalten, sodann dass niemand ein Recht über sie
eingeräumt werde, weil sie unsere Freunde und Bundes-
genossen seien, und dass keiner sie in unserer Provinz
behelligen dürfe, da du doch die Trallianer, die sich
den ihretwegen erlassenen Verordnungen widersetzt
hätten, zur Befolgung derselben angehalten habest, wes-
Vierzehntes Buch, 10. Kapitel.
247
halb sie auch bäten , dass du uns ebenfalls ihretwegen
«in Schreiben zukommen lassen wollest. Wir haben
daher deinem Befehle gemäss den überbrachten Brief
in Empfang genommen und denselben in unserem
Archiv niedergelegt. Auch werden wir uns angelegen
«ein lassen, deine übrigen Aufträge zu deiner Zufrieden-
heit zu erledigen.“
21. „Publius Servilius Galba, Sohn des Publius, Pro-
konsul, an den Magistrat, den Senat und das Volk der
Milesier. Da euer Mitbürger Prytanis, Sohn des
Hermas, in der Stadt Tralles, wo ich eine Versammlung
abhielt, mir mitgeteilt hat, ihr behandeltet die Juden
nicht in unserem Sinne, sondern verhindertet sie, ihre
Sabbate zu feiern, ihre herkömmlichen Opfer dar-
zubringen und nach ihrer Gewohnheit zu leben,, und
Jass er selbst diesen Beschluss auf gesetzmassigem Wege
zustande gebracht habe, so thue ich euch hiermit zu
wissen, dass ich nach Anhörung beider Parteien ent-
schieden habe: Die Juden dürfen in der Ausübung ihrer
Gebräuche nicht behindert werden.“
22. Beschluss der Pergamener. „Verordnung, erlassen
unter dem Prytanen Kratippos am ersten Tage des
Monats Daisios. Da die Römer nach dem Vorgänge
ihrer Ahnen für das allgemeine Wohl jeder Gefahr Trotz
bieten und um die Wette sich bemühen, ihren Freunden
und Bundesgenossen Wohlstand und Frieden zu sichern,
so hat der Senat auf Anstehen der ehrenwerten Ge-
sandten der Juden und des Hohepriesters Hyrkanus,
nämlich des Strato, Sohnes des Theodotus, des Apollonius,
Sohnes des Alexander, des Aeneas, Sohnes des Anti-
pater, des Aristobulus, Sohnes des Amyntas, und des
Sosipater, Sohnes des Philippus, und nach Anhörung
ihrer Vorstellungen im einzelnen beschlossen, ihrem
Verlangen gemäss dem Könige Antiochus, dem Sohne
des Antiochus, vorzuschreiben, er dürfe den Juden als
römischen Bundesgenossen keinerlei Unbill anthun und
müsse, was er ihnen an Festungen, Häfen und Land
entrissen habe, wieder herausgeben. Imgleichen sei den
248
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Juden die Ausfuhr aus ihren Häfen zu gestatten, nur
dürfe niemand, sei er nun König oder Unterthan, aus
den Häfen irgend etwas ohne Zollabgabe ausführen, mit
alleiniger Ausnahme des alexandrinischen Königs Ptole-
maeus, weil er ihr Freund und Bundesgenosse sei. End-
lich müsse auch die Besatzung aus Joppe zurück-
gezogen werden. Das Mitglied unseres Senates Lucius
Pettius hat daher angeordnet, dass wir für gehörige Aus-
führung des Beschlusses des römischen Senates zu sorgen
und den Gesandten eine sichere Heimreise zu ver-
schaffen hätten. Wir haben darauf den Theodorus in
unseren Senat und unsere Volksversammlung eingeführt,,
von ihm das Schreiben mit dem Senatsbeschlusse in
Empfang genommen und von ihm gehört, wie tugend-
haft und hochherzig Hyrkanus sei, da er in gleicher
Weise für das Wohl des Staates wie jedeB einzelnen
Bürgers sorge. Alsdann haben wir das Schreiben in
unserem Archiv niedergelegt und als Bundesgenossen
der Römer beschlossen, auch unserseits den Juden in
jeder Beziehung Vorschub zu leisten. Theodorus, der
Überbringer des Schreibens, sprach dann noch die Bitte
aus, unsere Obrigkeit möge an Hyrkanus eine Abschrift
des Beschlusses durch Gesandte schicken, die ihn von
der Gesinnung unseres Volkes benachrichtigen, ihn zur
Bewahrung und Steigerung seiner freundschaftlichen
Zuneigung und zur Erweisung neuer Gefälligkeiten für
entsprechende Gegenleistungen veranlassen und ihn
daran erinnern könnten, wie schon zu den Zeiten
Abrams, des Stammvaters aller Hebräer, unsere Vor-
fahren nach Ausweis unserer Annalen mit diesen freund-
schaftliche Beziehungen unterhalten hätten.“
23. Beschluss der Bewohner von Halikarnassos. „Auf
Antrag des Marcus Alexander beschloss die Gemeinde
unter dem Priestertum des Memnon , Sohnes des
Orestidas und Adoptivsohnes des Euonymos, am .. . ten
Tage des Monats Anthesterion wie folgt. Weil wir die
Frömmigkeit gegen Gott und die Religion allzeit eifrig
pflegen, so haben wir nach dem Beispiele des um alle
Vierzehntes Buch, 10. Kapitel.
249
Menschen hochverdienten römischen Volkes und im
Hinblick darauf, dass dasselbe den Juden, die mit ihm
verbündet sind, freie Ausübung ihres Gottesdienstes und
unbeschränkte Feier ihrer Feste gewährleistet hat, be-
schlossen, dass es allen Juden, sei es Mann oder Weib
freistehen soll, die Sabbate Zu halten, Opfer nach ihrem
Gesetze darzubringen und Gebete am Meere, wie es bei
ihnen üblich ist, zu veranstalten. Wer sie darin be-
hindert, sei er obrigkeitliche oder Privatperson, soll mit
Geldstrafe büssen und der Stadt dafür haften.“
24. Beschluss der Bewohner von Sardes. „Senat und
Volk haben auf Antrag der Vorsteher beschlossen wie
folgt. Da unsere jüdischen Mitbürger, die vom Volk
allezeit viele und grosse Wohlthaten erfuhren, Senat und
Volk gebeten haben, es möge ihnen jetzt, da das Volk
und der Senat der Römer ihnen ihre Freiheiten und die
Möglichkeit, nach ihrem Gesetze zu leben, wiedergegeben
haben, bei der Abhaltung ihrer religiösen und von ihrem
Gesetze vorgeschriebenen Zusammenkünfte nichts in den
Weg gelegt und ihnen ein Ort angewiesen werden, wo
sie mit ihren Frauen und Kindern sich versammeln und
ihre herkömmlichen Gebete und Opfer Gott darbringen
können, so hat der Senat und das Volk beschlossen,
ihnen zu gestatten, dass sie an bestimmten Tagen Zu-
sammenkommen und allen ihnen von ihrem Gesetze ge-
botenen Verrichtungen obliegen dürfen, sodann auch,
ihnen von den städtischen Beamten besondere Bau- und
Wohnplätze nach ihrer Wahl anweisen zu lassen und
den Agoranomen 1 der Stadt aufzutragen, ihnen alles
zu ihrem Lebensunterhalt Notwendige verabfolgen zu
lassen.“
25. Beschluss der Bewohner von Ephesus. „Unter
dem Prytanen Menophilos, am ersten Tage des Monats
Artemisios, beschloss das Volk auf Antrag des Nika-
nor, Sohnes des Euphemos, und der Stadtvorsteher wie
folgt. In Erwägung, dass die in der Stadt lebenden
1 Beamte, denen das Marktwesen der Stadt unterstellt war.
250
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Juden auf ihre bei dem Prokonsul Marcus Julius Pom-
pejus, dem Sohne des Brutus, angebrachte Bitte, ohne
irgendwelche Behinderung die Sabbate beobachten und
nach ihren väterlichen Einrichtungen leben zu dürfen,
dies vom Praetor bewilligt erhalten haben, beschloss das
Volk und der Senat mit besonderer Rücksichtnahme auf
die Römer, dass niemand an der Feier des Sabbates be-
hindert noch deswegen mit einer Geldstrafe belegt, viel-
mehr den Juden alle Freiheit in der Befolgung ihrer
eigenen Gesetze gewährt werden solle.“
26. Es fgiebt noch viele derartige {Senatsbeschlüsse
und Verordnungen einzelner Machthaber, die zu gunsten
des Hyrkanus und unseres Volkes erlassen worden sind,
desgleichen Volksdekrete und obrigkeitliche Edikte in
betreff unserer Rechte, auf deren Inhalt der aufmerksame
Leser dieser Schrift leicht aus den vorstehenden An-
gaben schliessen kann. Da wir nämlich klare und
überzeugende Beweise für unsere freundschaftlichen Be-
ziehungen zum römischen Volke beigebracht und auch
der ehernen Säulen und Tafeln Erwähnung gethan
haben, die sich noch jetzt auf dem Kapitol finden und
dort auch wohl noch lange Zeit bleiben werden, so haben
wir es für überflüssig und unerquicklich gehalten, alle
einzelnen Beweismittel hier noch anzuführen, und des-
halb davon Abstand genommen. Wir halten auch
niemand für so böswillig, dass er nun noch an unserer
Freundschaft mit den Römern, die durch so viele De-
krete erwiesen ist, Zweifel hegen könnte, da aus den ge-
gebenen 4 Mitteil un gen unsere Wahrheitsliebe klar hervor-
leuchtet. So- steht also die Freundschaft, die uns mit
den Römern verband, über allen Zweifel erhaben da.
Go gle
Vierzehntes Buch, 1 1 . Kapitel.
251
Elftes Kapitel.
Wie Cassius nach Syrien kam und Judaea schwer
bedrückte. Antipater von Malichus und dieser von
Herodes getötet.
1. Um diese Zeit entstanden in Syrien Unruhen aus
folgender Veranlassung. Bassus Caecilius, einer von
Pompejus’ Anhängern, brachte den Sextus Caesar
meuchlerisch ums Leben, stellte sich an die Spitze des
Heeres und bemächtigte sich der Herrschaft. Darüber
kam es bei Apamea zu einem furchtbaren Kriege, indem
Caesars Heerführer den Bassus mit Reiterei und Fuss-
volk angriffen. Auch Antipater stellte ihnen dazu unter
dem Befehl seiner Söhne eine Hilfstruppe, da er sich
der ihm von Caesar erwiesenen Wohlthaten erinnerte
und es deshalb für seine Pflicht erachtete, ihn zu rächen
und seinen Mörder zu züchtigen. Während der Krieg
sich nun in die Länge zog, kam Murcus von Rom, um
den Sextus zu ersetzen, und gleichzeitig ward Caesar
von Brutus und Cassius in der Kurie ermordet, 1 nachdem
er drei Jahre und sechs Monate die höchste Gewalt
innegehabt hatte.
2. Als nun bei dem durch Caesars Ermordung ver-
ursachten Kriege sich alle bedeutenderen Männer hier-
hin und dorthin zerstreuten, um Truppen zu werben,
kam Cassius nach Syrien, um das bei Apamea stehende
Heer zu übernehmen, hob die Belagerung auf und
stiftete Frieden zwischen Bassus und Murcus. Dann
durchzog er die Städte, sammelte Waffen, warb Soldaten
an, legte den Städten schwere Kriegsabgaben auf und
drückte insbesondere Judaea durch Eintreiben einer
Steuer von siebenhundert Talenten Silber. Als Anti-
pater deswegen alles in Furcht und Bestürzung sah,
verteilte er die Beitreibung der Abgabe auf seine Söhne,
auf den ihm wenig freundlich gesinnten Malichus und
1 15. März 44 v. Chr.
252
Josephus’ Jüdische Altertümer.
auf einige andere Vertraute. Da nun Herodes zuerst
aus Galilaea seinen Anteil beibrachte, kam er bei Cassius
in hohe Gunst. Herodes hielt es nämlich für klug, den
Römern diesen Dienst zu erweisen und sich ihr Wohl-
wollen auf fremde Kosten zu erringen. In den übrigen
Städten wurden deren Vorsteher samt den Bewohnern
gepfändet, und Cassius brachte so vier Städte, von denen
die mächtigsten Gophna und Emmaus, die übrigen Lydda
und Thamna waren, in Knechtschaft. Ja, er ging in
seinem Zorn so weit, dass er den Malichus, gegen den
er aufgebracht war, getötet haben würde, wenn Hyrkanus
ihm nicht aus seinen Mitteln durch Antipater hundert
Talente geschickt und dadurch seinen Groll beschwich-
tigt hätte.
3. Cassius aber war kaum aus Judaea wieder ab-
gezogen, als Malichus dem Antipater nachstellte, weil
er durch dessen Ermordung die Herrschaft des Hyrkanus
befestigen zu können glaubte. Dieser Plan blieb jedoch
Antipater nicht verborgen, und er begab sich, sobald er
Kunde davon erhalten hatte, über den Jordan und warb
ein Heer aus Arabern und Einheimischen. Malichus
leugnete nun in seiner Schlauheit, je an solche Nach-
stellungen gedacht zu haben, reinigte sich vor Antipater
und dessen Söhnen durch einen Eid, und erklärte, ein
derartiger Anschlag sei doch nicht möglich, da Phasael
Jerusalem besetzt halte und Herodes die Waffen unter
Aufsicht habe. Als er aber sah, dass er damit nichts
ausrichtete, versöhnte er sich mit Antipater und einigte
sich mit ihm. Murcus, der um diese Zeit Praetor in Sy-
rien war, erkannte indes bald, dass Malichus auf eine
Umwälzung in Judaea sinne, und hätte ihn töten lassen,
wenn er nicht durch Antipaters Bitten veranlasst worden:
wäre, ihm das Leben zu schenken.
4. Antipater sah aber nicht ein, dass er damit nur
seinen eigenen Mörder rettete. Cassius und Murcus
hatten nämlich kaum ihr Heer beisammen, als sie
Herodes die gesamte Verwaltung übergaben, ihn zum
Statthalter von Coelesyrien ernannten und ihm eine
Vierzehntes Buch, 1 1. Kapitel.
253
Flotte sowie ein aus Reiterei und Fussvolk bestehendes
Landheer an vertrauten. Auch versprachen sie, ihn gleich
nach dem Kriege, der zwischen Antonius und dem
jungen Caesar (Octavianus) ausgebrochen war, zum Könige
von Judaea machen zu wollen. Nun geriet Malichus
erst recht in Furcht vor Antipater und suchte ihn aus
dem Wege zu räumen. Als sie eines Tages beide bei
Hyrkanus speisten, bestach Malichus den Mundschenk
des Hyrkanus, liess den Antipater vergiften und be-
mächtigte sich mit Hilfe von Bewaffneten, die er bereit
gehalten, der ganzen Stadt. Herodes und Phasael ent-
rüsteten sich bei der Nachricht von dem gegen ihren
Vater verübten Meuchelmord; doch leugnete Malichus
auf Befragen hartnäckig die That. So kam Antipater
ums Leben, der sich stets durch Frömmigkeit, Gerechtig-
keit und Vaterlandsliebe ausgezeichnet hatte. Von
seinen Söhnen nun beschloss Herodes alsbald, seinen
Vater zu rächen, und zog mit Heeresmacht gegen Ma-
lichus zu Felde. Phasael jedoch, der ältere Bruder,
wollte ihn lieber mit List fangen, um nicht den Vor-
wurf auf sich zu laden, er habe einen Bürgerkrieg
heraufbeschworen. Er nahm daher zum Schein des
Malichus Rechtfertigung an, that, als wenn er an dessen
Unschuld glaubte, und errichtete seinem Vater ein Grab-
mal. Unterdessen war Herodes nach Samaria gekommen,
und da er die Stadt in sehr verwahrlostem Zustande
antraf, verschönerte er sie und legte die Streitigkeiten
ihrer Bewohner bei.
5. Als aber bald darauf in Jerusalem das ^Pfingst-)
Fest bevorstand, näherte er sich mit seinen Soldaten
der Stadt. Malichus in seiner Angst riet nun dem Hyr-
kanus, ihn nicht einzulassen. Hyrkanus willfahrte dem
Malichus und gab als Vorwand an, er könne, da das
Volk sich zum Feste reinige, nicht gut eine solche
Menge von Fremdlingen in die Stadt aufnehmen.
Herodes aber kümmerte sich nicht um des Hyrkanus
Boten und rückte bei Nacht in die Stadt ein. Obwohl
nun Malichus hierüber in grosse Bestürzung geriet, fiel
254
Josephus’ Jüdische Altertümer.
er doch nicht aus der Rolle, sondern jammerte um Anti-
pater und rief öffentlich aus, dieser sei sein bester Freund
gewesen. Insgeheim dagegen war er auf seine Sicher-
heit bedacht. Herodes beschloss nun, seine Heuchelei
nicht zu entlarven, sondern, um ihm allen Argwohn zu
benehmen, ihn mit Freundlichkeit zu empfangen.
6. Inzwischen teilte Herodes dem Cassius brieflich
mit, dass sein Vater ermordet worden sei. Dieser, der
des Malichus Charakter genau kannte, schrieb ihm zu-
rück, er solle seinen Vater rächen, und trug den zu
Tyrus stehenden Tribunen heimlich auf, Herodes Hilfe
zu leisten, wenn er Vergeltung üben wolle. Als nun
Cassius Laodikea eingenommen hatte, und man von
allen Seiten mit Kränzen und Geld zu ihm hinströmte,
hoffte Herodes, auch Malichus werde dorthin kommen
und dann seiner Strafe nicht entgehen. Malichus jedoch,
der sich bei Tyrus in Phoenicien aufhielt, hatte Ver-
dacht geschöpft und ersann einen kühnen Streich. Da
nämlich sein Sohn zu Tyrus als Geisel festgehalten
wurde, beschloss er, diesen aus der Stadt zu rauben,
nach Judaea zu eilen und, während Cassius gegen An-
tonius marschiere, das Volk zum Abfall zu bewegen
und selbst die Herrschaft an sich zu reissen. Dieser
Plan aber ward zunichte durch die Fügung Gottes und
die Klugheit des Herodes, der des Malichus Vorhaben
merkte und einen Diener in die Stadt sandte, angeblich
um ein Mahl herzurichten, zu dem er alle seine Freunde
geladen hatte, in Wirklichkeit aber, um einige Tribunen
zu veranlassen, dass sie, mit Dolchen bewaffnet, dem
Malichus entgegengehen möchten. Diese begaben sich
auch gleich auf den Weg, trafen den Malichus nahe bei
der Stadt am Meeresufer uod stiessen ihn nieder. Als
Hyrkanus hiervon Kunde erhielt, entsetzte er sich so,
dass er kein Wort hervorbringen konnte. Kaum aber
war er wieder zu sich gekommen, als er bei Herodes
anfragen liess, wer den Malichus getötet habe. Da man
ihm nun die Antwort brachte, die That sei auf Befehl
des Cassius geschehen, billigte er dieselbe und 6agte,
Vierzehntes Buch, 12. Kapitel.
255
Malichus sei ein nichtswürdiger Mensch und ein Feind
seines Vaterlandes gewesen. Also traf den Malichus für
die Ermordung Antipaters die gerechte Strafe.
7. Kaum aber hatte Cassius Syrien verlassen, als in
Judaea wieder Unruhen ausbrachen. Ein gewisser Helix*
der in Jerusalem mit einer Heeresabteilung zurück-
geblieben war, griff Phasael an und veranlasst« dadurch
eine Erhebung des Volkes. Herodes begab sich darauf
zu Fabius, dem Kommandanten von Damaskus, von wo
aus er seinem Bruder zu Hilfe eilen wollte, ward aber
durch eine Krankheit daran verhindert. Unterdessen
hatte Phasael den Helix schon überwunden und in einen
Turm gedrängt, aus dem er ihn nach Abschluss einea
Vergleiches wieder entliess. Dann aber machte er dem
Hyrkanus Vorwürfe, weil dieser trotz vieler von Anti-
paters Familie ihm erwiesener Wohlthaten deren Feinde
unterstütze. Des Malichus Bruder nämlich hatte eine
Reihe von Festungen, darunter auch das ausserordentlich
starke Masada, zum Abfall gebracht und von denselben
Besitz ergriffen. Als Herodes jedoch bald darauf genesen
war, zog er gegen ihn zu Felde und vertrieb ihn aus
allen festen Plätzen, die er an sich gerissen hatte. Als-
dann aber liess er ihn einer Vereinbarung gemäss frei
ausgehen.
Zwölftes Kapitel.
•
Herodes vertreibt Antigonus, den Sohn des Aristobulus,
aus Judaea und erwirbt sich die) Gunst des Antonius.
[Des Antonius Erlasse an die Tyrier.
1. Mittlerweile zog Ptolemaeus Mennaei mit Aristo-
bulus’ Sohn Antigonus, der ein Heer züsammengebracht
und den Fabius durch Geld sich willfährig gemacht
hatte, aus verwandtschaftlichen Rücksichten auf Judaea
los. Dabei leistete ihnen Marion, den Cassius als Allein-
herrscher in Tyrus zurückgelassen hatte , bereitwillig
Hilfe. Cassius hatte nämlich das eroberte Syrien der
Go gle
256
Josepbus* Jüdische Altertümer.
Obhüt einzelner Machthaber anvertraut. Marion fiel
nun in das ihm zunächst liegende Galilaea ein, eroberte
drei Festungen und versah dieselben mit Besatzungen.
Herodes jedoch griff ihn an und nahm ihm alles wieder
ab, entliess aber die tyrischen Besatzungsmannschaften
mit grosser Freundlichkeit und gab einigen von ihnen
wegen seiner Vorliebe für Tyrus sogar Geschenke mit.
Hierauf zog er dem Antigonus entgegen, schlug ihn und
trieb ihn von den Grenzen Judaeas, die er schon erreicht
hatte, wieder zurück. Als er nach Jerusalem zurückkehrte,
überreichten Hyrkanus und das Volk ihm Kränze als
Siegespreise. Er war übrigens schon durch Verlobung
zum Schwiegersohn des Hyrkanus bestimmt und erwies
diesem um so mehr Aufmerksamkeit, als er auch der
Gatte einer Tochter von Aristobulus’ Sohn Alexander,
die mütterlicherseits eine Enkelin des Hyrkanus war und
ihm später drei Söhne und zwei Töchter schenkte, werden
sollte. Früher schon hatte er eine Gattin aus niederem
Stande mit Namen Doris heimgeführt und von ihr seinen
ältesten Sohn Antipater erhalten.
2. Unterdessen war Cassius, wie auch anderswoher
bekannt ist, von Antonius und Caesar bei Philippi be-
siegt worden, worauf Caesar nach Italien eilte, während
Antonius sich nach Asien begab. Als der letztere nun
nach Bitbynien gekommen war, erschienen von allen
Seiten Gesandte bei ihm, unter anderen auch die Vor-
nehmsten der Juden, die sich überPhasael und Herodes
beklagten und darauf hinwiesen, dass Hyrkanus nur
noch eine Scheinregierung führe, während jene beiden
in Wirklichkeit alle Macht in Händen hätten. Antonius
aber schätzte den Herodes sehr hoch, und da dieser zu
ihm kam, um sich gegen seine Ankläger zu verteidigen,
hatte er es bald so weit gebracht, dass seine Gegner
nicht einmal mehr Zutritt zu Antonius erlangten, den
er durch reiche Geldgeschenke noch mehr für sich ge-
wonnen hatte. Sobald darauf Antonius nach Ephesus
gekommen war, schickten der Hohepriester Hyrkanus und
unser Volk eine Gesandtschaft an ihn, die ihm einen
Go gle
257
Vierzehntes Buch, 12. Kapitel.
goldenen Kranz überbvach te und ihn bat, er möge an
die Vorsteher der Provinzen schreiben, dass sie die von
Cassius gegen alles Kriegsrecht gefangen genommenen
Juden freilassen und ihnen das Land, welches ihnen zu
Cassius’ Zeiten abgenommen worden war, zurückgeben
sollten. Diese Forderungen der Juden erkannte Anto-
nius als gerecht an ; er schrieb daher dem Hyrkanus und
Jen Juden sogleich Antwort und sandte auch an die
Tyrier eine entsprechende Verordnung. ' Brief und Ver-
ordnung hatten folgenden Wortlaut:
3. „Der Imperator Marcus Antonius an den jüdischen
Hohepriester und Fürsten Hyrkanus. Wenn es dir gut
geht, 8oll’s mich freuen; ich und mein Heer befinden
uns ebenfalls wohl. Nachdem eure Gesandten Lysi-
machu8,Sohn des Pausanias, Josephus, Sohn des Mennaeus,
und Alexander, Sohn des Theodorus, zu mir nach Ephesus
gekommen sind und in derselben Eigenschaft, wie früher
zu Rom, deine Aufträge getreulich ausgerichtet sowie
Beweise deiner guten Gesinnung erbracht haben, bin ich
von eurer aufrichtigen Freundschaft sowohl aus ihren
Worten als auch nach den Thatsachen hinreichend über-
zeugt und halte es für meine Pflicht, eure Treue und
Ergebenheit hiermit ausdrücklich anzuerkennen. Weit
nun eure und des römischen Volkes Feinde ganz Asien
verwüstet und weder Städte und Tempel verschont, noch
Eidschwüre gehalten haben, so haben wir, die wir
nicht nur für unser eigenes Wohl, sondern auch für das
<ler ganzen Welt kämpfen, sie dafür gebührend gezüch-
tigt. Begingen sie doch solche Schandthaten gegen ihre
Mitmenschen und solche Frevel gegen die Götter, dass
selbst die Sonne sich verhüllte, um den an Caesar be-
gangenen Mord nicht sehen zu müssen. So haben wir
auch die himmelschreienden Pläne, zu deren Ausführung
Macedonien, das für alle Schandthaten geeignete Land,
sich darbot, zunichte gemacht und die Rotte sinnloser
Verbrecher, welche sie bei Philippi in Macedonien zu-
sammengezogen hatten, aufs Haupt geschlagen, obgleich
sie alle geeigneten und durch das Gebirge wie durch
Joaephus* Jlidlache Altertümer, II. 17
258
Josephus’ Jüdische Altertümer.
einen Wall bis ans Meer hin geschützten Plätze besetzt
hatten, sodass nur durch einen einzigen Pass der Zu-
gang offen stand. Doch die Götter selbst hatten sie um
ihrer Frevel willen dem Verderben geweiht Brutus, der
nach Philippi geflohen und dort von uns belagert worden
war, wurde gleich Cassius vom Untergange ereilt. Nach-
dem dieselben so ihre verdiente Strafe erlitten haben,
hoffen wir in Zukunft Frieden zu geniessen und Asien
sich vom Kriege erholen zu sehen. Den Frieden, den
Gott uns geschenkt, wollen wir nun auch unseren Bundes-
genossen verschaffen, sodass infolge unseres Sieges Asien
gleichsam von einer schweren Krankheit zur Genesung
gelangt. Da ich nun besonders deiner und deines Volkes
eingedenk bin, so will ich mir angelegen sein lassen, für
euer Wohlergehen zu sorgen. Ich habe deshalb den
einzelnen Städten geschrieben, dass sie alle Freien oder
Sklaven, die von Cassius oder dessen Heerführern ver-
kauft worden sind, sogleich in Freiheit zu setzen haben.
Weiterhin bestätige ich euch alle Zugeständnisse, die ihr
von meiner und Dol abellas Güte erlangt habt. Den
Tyriern habe ich verboten, euch zu behelligen; auch
müssen sie alles, was sie den Juden entrissen haben,
denselben wieder zustellen. Den mir übersandten Kranz,
aber nehme ich mit Dank an.“
4. „Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat,
den Senat und'das Volk derTyrier. Nachdem in Ephesus
die Gesandten des Hohepriesters und Fürsten Hyrkanue
bei mir Klage darüber geführt haben, dass ihr Landes-
teile von dessen Gebiet an euch gerissen hättet, während
unsere Gegner im Besitz der Gewalt waren, so befehle
ich euch jetzt, weil wir für den rechtmässigen Herrscher
Krieg geführt und um der Gerechtigkeit und Gottes-
furcht willen diejenigen gezüchtigt haben, die weder der
empfangenen Wohlthaten noch ihrer Eidschwüre ge-
dachten, dass ihr mit unseren Bundesgenossen Frieden
haltet und alles, was ihr von unseren Feinden bekommen
habt, als unrechtmässiges Gut den früheren Eigentüm ern
wieder zustellt. Denn keiner von jenen Menschen hat
Go gle
Vierzehntes Buch, 12. Kapitel.
259
jemals eine Provinz oder ein Heer vom Senate erhalten;
vielmehr haben sie alles nur mit Gewalt an sich gerissen,
um sich den Genossen ihrer Schandthaten gegenüber
freigebig beweisen zu können. jNachdem sie nun ihre
verdiente Strafe erlitten haben, halten wir es für billig,
dass unseren Bundesgenossen ihr früheres Eigentum in
ungestörtem Besitze verbleibt, undjjdass ihr alle Landes-
teile, welche am Tage vor dem ungerechten Angriff des
Gajus Cassius gegen unsere Provinz [dem jüdischen
Fürsten Hyrkanus gehörten und die ihr jetzt in Besitz
habt, demselben zurückgebt, euch auch aller ferneren
Eingriffe in die Eigentumsrechte der Juden enthaltet.
Habt ihr etwas hiergegen zu eurer Rechtfertigung vor-
zubringen, so könnt ihr dies bei unserer nächsten An-
wesenheit dortselbst thun, da wir beschlossen haben, die
Rechte aller unserer Bundesgenossen in gleichem Masse
zu schützen.“
5. „Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat,
den Senat und das Volk derTyrier. Anbei erhaltet ihr
eine Verordnung, von der ihr eine Abschrift in latei-
nischer und griechischer Sprache in eurem Archiv nieder-
zulegen, das Original aber an einer besonders auffallenden
Stelle anzuheften habt, sodass es von allen gelesen
werden kann.“ „Der Imperator und Triumvir Marcus
Antonius erklärt: Weil Gajus Cassius bei dem letzten
Aufstand eine mit Besatzung versehene fremde Provinz
geplündert, unsere Bundesgenossen beraubt und das mit
den Römern befreundete Volk der Juden bekriegt hat,
so stellen wir, da sein Übermut nunmehr von uns mit
Waffengewalt bezwungen worden ist, kraft unserer Ver-
ordnungen und gerichtlichen Urteile alles von ihm Ge-
raubte unseren Bundesgenossen wieder zu, geben auch
alles, was zum Schaden der Juden an Menschen oder
Sachen verkauft worden ist, wieder frei, sodass die
Menschen ihre Freiheit wiedererlangen, die Sachen aber
an die früheren Herren zurückfallen. Wer dieser Ver-
ordnung nicht nachkommt, hat die gesetzliche Strafe
verwirkt, und es bleibt in den einzelnen Fällen meinem
260
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Ermessen überlassen, wie hoch der Widersetzliche zu
bestrafen ist.“
6. Eine Abschrift dieser Verordnung erhielten auch
die Bewohner von Sidon, Antiochia und Aradus. Ich
glaube derselben hier eine passende Stelle angewiesen
zu haben, da sie als Bew r eis der Fürsorge dienen kann,
welche die Römer unserem Volke zu teil werden Hessen .
Dreizehntes Kapitel.
Wie Antonius Herodes und Phasael zu Tetrarchen
ernannte. Wie die Parther in Judaea einfielen und
Hyrkanus sowie Phasael gefangen nahmen. Herodes’
Flucht und Phasaels Ende.
1. Als nunAntiochus sich später nach Syrien begeben
wollte, kam ihm in Cilicien Kleopatra entgegen, zu der
er in Liebe entbrannte. Hier erschienen abermals hundert
der vornehmsten Juden bei ihm, um Herodes und dessen
Angehörige zu verklagen; sie hatten zu diesem Zwecke
die gewandtesten Redner ausgesucht. Ihnen widersprach
aber namens der Jünglinge Messala in Gegenwart des
Hyrkanus, der bereits des Herodes Schwiegervater war.
Nachdem Antonius in Daphne beide Parteien angehört
hatte, fragte er Hyrkanus, welche von beiden das Volk
besser zu regieren verstehe. Und als dieser entgegnete,
Herodes und seine Verwandten, ernannte Antonius, der
auch schon früher den letzteren aus Anlass der gast-
lichen Aufnahme, welche er und Gabinius bei ihrem
Vater gefunden, sehr zugethan war, die beiden Brüder
zu Tetrarchen 1 , übertrug ihnen in verbriefter Form die
Verwaltung von Judaea und liess fünfzehn von ihren
Gegnern einkerkern, die auch hingerichtet worden wären,
1 Tetrarch, ursprünglich Bezeichnung für den Beherrscher des
vierten Teiles eines Landes, bezeichnete damals nur noch Toilherrscher
überhaupt.
Go gle
Vierzehntes Buch, 15. Kapitel.
261
wenn Herodes sich nicht für sie ins Mittel gelegt
hätte.
2. Gleichwohl beruhigten sich die Juden nach der
Heimkehr der Gesandten nicht. Vielmehr zogen nun
abermals tausend Juden zu Antonius nach Tyrus, wohin
er, wie es hiess, kommen sollte. Antonius aber, der von
Herodes und dessen Bruder mit grossen Geldsummen
bestochen war, erteilte dem Vorsteher von Tyrus den
Befehl, die jüdischen Abgeordneten, die nur auf Um-
wälzungen bedacht seien, hinrichten zu lassen und des
Herodes Herrschaft zu unterstüzen. Als die Abgesandten
nun auf einem freien Platze vor der Stadt sich ver-
sammelt hatten, ermahnte sie Herodes, der mit Äyrkanus
ihnen vorausgeeilt war, sie sollten sich entfernen, da es
ihnen übel ergehen würde, wenn sie es auf einen Streit
ankommen lassen wollten. Die Abgesandten aber machten
keine Miene, diesem Rate zu folgen, weshalb die Römer
sie sogleich mit gezückten Schwertern angriffen und einen
Teil von ihnen niedermachten oder verwundeten, sodass
die übrigen nach Hause flohen und sich hier ruhig ver-
hielten. Beim Volke aber erhob sich darauf ein solches
Murren gegen Herodes, dass Antonius aus Zorn darüber
die Gefangenen töten liess.
3. Im folgenden Jahre fielen Pakorus, der Sohn des
Partherkönigs, und der parthische Satrap Barzapharnes
in Syrien ein. Um diese Zeit nämlich starb Ptolemaeus
Mennaei, und sein Sohn Lysanias schloss nach der
Thronbesteigung sogleich Freundschaft mit Antigonus,
dem Sohne des Aristobulus, wobei er sich der Hilfe
jenes Satrapen bediente, der bei Antigonus grossen Ein-
fluss besass. Antigonus versprach nun den Parthern
tausend Talente und fünfhundert Weiber, wenn sie ihn
an Stelle des Hyrkanus auf den Thron setzen und den
Herodes samt dessen Angehörigen umbringen wollten.
Dieses Versprechen hielt er jedoch nicht; gleichwohl
drangen dieParther auf diese Veranlassung hin in Judaea
ein, um dem Antigonus die Herrschaft zu erobern, und
zwar Pakorus von der Küste, der Satrap Barzapharnes
Go gle
262
Josephus’ Jüdische Altertümer.
aber vom Binnen lande her. Von Tyrus wurde Pakorus
abgewiesen, während Sidon und Ptolemais ihn aufnahmen.
Darauf sandte er eine Reiterschar nach Judaea, um das
Land unter|Führung des mit dem Könige, gleichnamigen
königlichen Mundschenken auszukundschaften. Als nun
die am Karmel wohnenden Juden sich |an Antigonus
anschlossen, der mit der Reiterschar gezogen war, und
sich bereit zeigten, {mit (ihm auszurücken, hoffte er mit
ihrer Hilfe einen Platz nehmen zu können, der Drymos
genannt Jwurde. Weil sie aber hier auf Widerstand
stiessen, wandten sie sich heimlich nach Jerusalem und
fanden unterwegs noch Zuwachs, und da sie jnun eine
ansehnliche Truppe bildeten, zogen sie vor die Königs-
burg und belagerten dieselbe. Herodes und Phasael aber
eilten sogleich zu Hilfe, und es entwickelte sich auf dem
Markte eine förmliche Schlacht, in welcher des Herodes
jugendliche Streiter die Feinde schlugen, sie tfn den
Tempel drängten und die benachbarten Häuser mit Be-
waffneten besetzten, um sie zu verteidigen. Gegen diese
aber ging nun das Volk vor und verbrannte sie samt
den Häusern , ohne dass sie Hilfe erhalten hätten.
Herodes jedoch nahm für diese Schmach |bald Rache,
indem er seine Gegner in förmlicher Schlacht angriff
und eine Menge von ihnen tötete.
4. Während der nun täglich zwischen den ^beiden
Parteien vorfallenden Scharmützel erwarteten die Feinde
die Menge der £zum Fest Pentekoste in die Stadt
strömenden Landbewohner. * Als der Festtag anbrach,
versammelten sich um den Tempel viele tausend Mann,
teils bewaffnet, teils unbewaffnet. Diese hatten Tempel
und Stadt in ihrer Gewalt mit Ausnahme ider Königs-
burg, weiche Herodes mit geringen Streitkräften ver-
teidigte. Während nun Phasael die [Mauer bewachte,
machte Herodes mit einer Abteilung seiner Krieger durch
die Vorstadt einen Ausfall gegen die Feinde und stritt
so tapfer, dass er sie zu tausenden in die Flucht schlug
und, von Phasael unterstützt, die einen in die Stadt, die
anderen in den Tempel , noch andere in die äussere
Go gle
Vierzehntes Buch, 13. Kapitel.
268
TJmwallung drängte. Inzwischen war der parthische
Heerführer Pakorus auf Antigonus* Ersuchen' mit einer
Anzahl Soldaten in die Stadt gekommen, angeblich um
<len Aufstand zu dämpfen, in Wahrheit aber, um dem
Antigonus auf den Thron zu helfen. Phasael ging ihm
entgegen und bot ihm Gastfreundschaft an, worauf
Pakorus ihm riet, selbst als Gesandter zu Barzapharnes
zu gehen; doch hatte er dabei nichts Gutes im Sinne.
Phasael aber merkte die List nicht und war zu dem
Gange bereit. Herodes dagegen, der die Treulosigkeit
der Barbaren kannte, versagte seine Einwilligung dazu
und forderte seinen Bruder auf, gegen Pakorus und dessen
Begleiter mit Strenge einzuschreiten.
6. Trotzdem gingen Hyrkanus und Phasael als Gesandt-
schaft ab, und Pakorus, der bei Herodes zweihundert Heiter
und zehn sogenannte Eleutheren (Freie) zurückgelassen
hatte, gab ihnen das Geleit. Als sie nach Galilaea ge-
kommen waren, zogen ihnen die Kommandanten der
dortigen Städte mit Bewaffneten entgegen. Barzapharnes
selbst nahm sie zunächst freundlich auf und brachte
ihnen Geschenke, bereitete aber in der Stille einen An-
schlag gegen sie vor. Phasael hatte mit seiner Reiter-
schar in der Nähe des Meeres Quartier genommen. Als
sie nun hier hörten, Antigonus habe den Parthern
tausend Talente und fünfhundert Weiber versprochen,
um sie zu verderben, fingen sie an, Verdacht gegen die
Barbaren zu hegen. Vermehrt wurde ihre Sorge noch,
als ihnen gemeldet wurde, man wolle sie in der Nacht
überfallen und bewache sie deswegen schon insgeheim.
Es wäre auch wirklich um sie geschehen gewesen, wenn
man nicht hätte warten wollen, bis die in Jerusalem be-
findlichen Parther den Herodes gefangen genommen
hätten, weil dieser sonst bei der Nachricht von der Er-
mordung seines Bruders und der Begleiter desselben sich
durch Flucht gerettet haben würde. So lag die Sache,
und Phasael sah sogar die, welche ihn bewachten, mit
eigenen Augen. Einige rieten ihm daher, nicht mehr
zu zögern , sondern eiligst zu Pferde davonzujagen ;
264
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
besonders aber Ophellius, der von Saramallas, dem be-
gütertsten Manne im damaligen Syrien, den Anschlag
erfahren hatte, gab ihm diesen Rat und versprach ihm,
Schiffe in Bereitschaft zu halten , da das Meer nicht
weit entfernt war. Phasael aber wollte den Hyrkanus
nicht im Stich lassen und auch seinem Bruder keine
Gefahr bereiten, sondern ging geradeswegs zu Barza-
pharnes und stellte ihm vor, wie unrecht er handle, da
er ihnen also nachstelle. Wenn der Satrap Geld be-
dürfe, könne er ihm mehr geben, als Antigonus zu bieten
vermöge, und es sei doch eine frevelhafte That, schuld-
lose Gesandte zu morden, die im Vertrauen auf seine
Treue zu ihm gekommen seien. Darauf aber entgegnete
ihm Barzapharnes, er wolle ihm eidlich versichern, das»
daran nichts Wahres sei; vielmehr quäle Phasael sich
mit einem falschen Verdachte. Nach dieser Beteuerung
begab er sich zu Pakorus.
6. Sobald er fort war, fesselten einige Parther den
Hyrkanue und den Phasael, welche ihrerseits die Parther
wegen ihres hinterlistigen Benehmens mit Schmähungen
überschütteten. Der Mundschenk nun, der zu Herode»
geschickt worden war, hatte den Auftrag, den letzteren
aus der Stadt zu locken und festzunehmen. Da Phasael
aber Boten geschickt hatte, um ihm von der Treulosig-
keit der Parther Kunde zu geben , und diese von den
Feinden aufgefangen wurden, wandte sich Herodes an
Pakorus und die parthischen Grossen als an die Gebieter
der übrigen. Obwohl diese nun von dem Vorfall unter-
richtet waren, leugneten sie doch mit der grössten Bos-
heit und sagten, er brauche nur mit ihnen bis vor die
Stadt den Boten entgegenzugehen. Denn diese seien
gar nicht von ihren Feinden abgefangen worden, sondern
würden bald da sein , um zu melden , was Phasael er-
reicht habe. Diesen Ausflüchten aber schenkte Herodes
keinen Glauben, zumal er schon von anderer Seite die
Gefangennahme seines Bruders erfahren hatte. Da
ihn nun auch die Tochter des Hyrkanus, seine zu-
künftige Schwiegermutter, warnte, nahm er sich noch
Vierzehntes Buch, 13. Kapitel.
265
mehr vor den Parthern in acht, und obwohl die anderen
nicht viel auf die Heden der Frau gaben, so schenkte
er ihr doch vollen Glauben, weil er sie für verständig
hielt.
7. AVährend nun dieParther, die sich scheuten, einen
solchen Mann offen anzugreifen, beratschlagten, was zu
thun sei, und die Ausführung ihres Planes auf den
folgenden Tag verschoben, beschloss Herodes, der sich
in einer üblen Lage befand und den Nachrichten über
die Gefangennahme seines Bruders und die Nach-
stellungen der Parther mehr glaubte als den gegen-
teiligen Versicherungen, bei Anbruch der Nacht zu
fliehen und nicht mehr zu zögern, als wenn die ihm
von seinen Feinden drohende Gefahr noch zweifelhaft
sein könnte. Er sammelte daher alle Soldaten, die er
noch hatte, liess seine Weiber, seine Mutter, seine
Schwester, ferner die Tochter von Aristobulus’ Sohn
Alexander, die seine Gattin werden sollte, deren Mutter, -
die Tochter des Hyrkanus, seinen jüngsten Bruder sowie
die ganze Dienerschaft und alles übrige Gesinde auf
Reittiere setzen und machte sich, unbemerkt von den
Feinden, auf den Weg nach Idumaea. Es gab aber
wohl niemand, der, wenn er zugegen gewesen wäre, kein
Mitleid gefühlt hätte, als die Frauen ihre kleinen Kinder
an sich drückten und unter Weinen und Schluchzen ihr
Vaterland und ihre gefangenen Verwandten verliessen,
um einer ungewissen Zukunft entgegenzugehen.
8. Herodes jedoch, der sich bald über sein Unglück
hinwegsetzte, bewies sich nicht nur selbst der drohenden
Gefahr gegenüber starkmütig, sondern ermahnte auch
unterwegs jeden einzelnen, unverzagt zu sein und sich
vom Gram nicht überwältigen zu lassen; denn das sei
ihnen auf der Flucht, in der allein ihr Heil beruhe,
doch nur hinderlich. Auf dieses Zureden des Herodes
hin versuchten auch alle, dem Unglück standzuhalten.
Beinahe aber hätte er, als ein Maultier ausglitt und
seine Mutter in Lebensgefahr geriet, sich selbst ums
Leben gebracht, einesteils aus übergrosser Angst um
266
Josephus’ Jüdische Altertümer.
seine Mutter, dann aber auch, weil er besorgte, dass
bei dem dadurch verursachten Aufenthalt die Feinde
ihn einholen würden. Er hatte schon sein Schwert ge-
zückt und wollte sich mit demselben durchbohren, als
die Umstehenden ihn daran hinderten und ihm vor-
stellten, er dürfe sie doch nicht den Händen der Feinde
überantworten. Das sei kein Benehmen eines wahrhaft
tapferen Mannes, sich selbst der Gefahr zu entziehen
und seine Freunde in derselben zu lassen. So wurde er
teils durch diese Vorstellungen, teils durch die Menge
derer, die sein Vorhaben verhinderten, genötigt, vom
Selbstmorde abzustehen, und da seine Mutter unterdessen
wieder zu sich gekommen und, so gut es bei ihrer be-
denklichen Lage geschehen konnte, erquickt war, setzte
er den eingeschlagenen Weg fort und eilte auf die
Festung Masada zu. Freilich war er oft genötigt, gegen
einzelne Abteilungen der Parther, die ihn verfolgten
und angriffen, Front zu machen, wobei er indes stets
siegreich blieb.
9. Aber vor den Juden selbst war er auf seiner
Flucht nicht einmal sicher, da dieselben ihn sechzig
Stadien von der Stadt entfernt angriffen. Trotz seiner
bedrängten und verzweifelten Lage jedoch schlug er sie
in die Flucht, gerade als wenn er wohlgerüstet und mit
starker Truppenmacht ins Feld gezogen wäre. Später,
als er König geworden war, baute er an derselben Stelle,
wo er die Juden geschlagen hatte, einen prachtvollen
Palast und gründete eine Stadt dabei, welche er Hero-
dias nannte. Als er nun bis zur idumaeischen Stadt
Thresa gelangt war, kam ihm sein Bruder Joseph ent-
gegen , um mit ihm zu überlegen , was zu thun sei.
Denn Herodes hatte ausser den Söldnern noch eine
grosse Schar im Gefolge, wogegen die Festung Masada,
die ihnen Aufnahme gewähren sollte, viel zu klein war.
Herodes aber wusste sich zu helfen. Er entliess näm-
lich den grössten Teil feiner Leute, über neuntausend
Mann, mit Proviant und der Weisung, sich in Idumaea
zu zerstreuen und zu sehen, wie sie zurecht kämen.
Go gle
Vierzehntes Buch, 13. Kapitel.
267
Dann nahm er die rüstigsten und vertrautesten seiner
Krieger mit sich in die Festung, liess hier, wo Getreide,
Wasser und alle übrigen Lebensmittel reichlich vorhanden
waren, die Weiber und deren Begleitung, im ganzen
gegen achthundert Personen, zurück und brach selbst nach
Petra in Arabien auf. Unterdessen hatten die Parther
bei Tagesanbruch in Jerusalem alles geplündert, auch
die Königsburg, und nur des Hyrkanus Schatz, der sich
auf dreihundert Talente belief, unberührt gelassen. Von
des Herodes Besitztum war ihnen indes manches ent-
gangen, besonders da er aus Vorsicht schon früher
vieles nach Idumaea hatte schaffen lassen. Doch ge-
nügte den Parthern Jerusalem allein zur Plünderung
noch nicht, sondern sie zogen auch in der Umgegend
umher, hausten hier schrecklich und zerstörten die
mächtige Stadt Marissa.
10. Als Antigonus auf diese Weise durch den
Partherkönig zur Herrschaft von Judaea gelangt war,
wurden ihm Hyrkanus und Phasael gefangen aus-
geliefert. Nun war er aber in grosser Besorgnis, weil
die Frauen entflohen waren, die er zugleich mit dem
Gelde den Feinden zu übergeben versprochen hatte.
Und da er weiterhin fürchtete, das Volk möchte den
Hyrkanus, der von den Parthern bewacht wurde, wieder
auf den Thron setzen wollen, liess er diesem die Ohren
abschneiden, damit er als Verstümmelter die hohe-
priesterliche Würde nicht mehr bekleiden könne, zu der
das Gesetz nur Fehlerfreie zulässt. Phasael seinerseits
bewies einen bewunderungswürdigen Heldenmut, da er
bei der Nachricht, dass er hingerichtet werden solle, vor
dem Tode nicht die geringste Furcht zeigte, sondern es
nur für schimpflich und beklagenswert hielt, dass er
von seinen Feinden so ums Leben gebracht werde. Weil
er nun der Fesseln wegen nicht selbst Hand an sich
legen konnte, zerschmetterte er sich den Kopf an einem
Felsblock und brachte sich auf diese in seiner ver-
zweifelten Lage ehrenvollste Art ums Leben, da er den
Feinden die Möglichkeit benahm, ihn nach ihrem Be-
268
Josephus’ Jüdische Altertümer.
lieben zu töten. Man sagt, als er mit der schweren
Wunde dagelegen, habe Antigonus unter dem Schein,
ihn heilen lassen zu wollen, Ärzte geschickt, die ihn
mit Gift vollends aus dem Leben geschafft hätten. Ehe
aber Phasael seinen Geist aufgab, hörte er von einem
Weibe, dass sein Bruder Herodes den Feinden ent-
schlüpft sei, und ging nun um so mutiger dem Tode
entgegen, weil er den Rächer zurückliess, der die Macht
besass, seine Feinde zu züchtigen.
Vierzehntes Kapitel.
Wie Herodes von Aegypten und von da nach Rom floh,
und wie er vom Senate und dem Caesar zum König
ernannt wurde.
1. Herodes liess sich durch die Grösse der ihn um-
gebenden Gefahren nicht einschüchtern, sondern war nur
desto entschlossener, alles zu wagen. Zunächst begab er
sich zu dem arabischen Könige Malchus, dem er früher
viele Dienste geleistet hatte, und hoffte jetzt als Gegen-
leistung von ihm Geld entweder leihweise oder als Ge-
schenk zu erhalten, zumal da er ihn früher damit reich-
lich unterstützt hatte. Weil er nun von dem Schicksal
seines Bruders noch keine Kenntnis hatte, wollte er
denselben eiligst aus den Händen der Feinde befreien,
selbst wenn er ein Lösegeld bis zu dreihundert Talenten
für ihn zahlen müsse. Zu diesem Zweck nahm er den
siebenjährigen Sohn Phasaels mit, den er den Arabern
als Pfand lassen wollte. Unterwegs jedoch begegneten
ihm Boten, durch welche Malchus ihn auffordern liess,
heimzukehren, weil dieParther ihm verboten hätten, den
Herodes aufzunehmen. Das gebrauchte er indes nur als
Vorwand, teils ' weil er nicht gesonnen war, seine Schuld
abzutragen , teils weil die vornehmen Araber ihn auf-
hetzten, da sie das von Antipater ihnen anvertraute Gut
unterschlagen wollten. Herodes antwortete darauf, er
Vierzehntes Buch, 14. Kapitel.
269
sei nicht gekommen, um ihnen in irgend einer Hin-
sicht lästig zu fallen, sondern nur, um sich mit dem
Könige über einige dringende Angelegenheiten zu be-
sprechen.
2. Trotzdem schien es ihm geraten, umzukehren, und
er wandte sich nun mit schlauer Überlegung nach
Aegypten, kehrte aber zunächst in einem Tempel ein, wo
er viele seiner Begleiter zurückgelassen hatte. Am
folgenden Tage kam er nach Rhinokorura und erfuhr
hier den Tod seines Bruders. Unterdessen war Malchus,
den sein Benehmen reute, dem Herodes nachgeeilt,
konnte aber nichts mehr ausrichten, weil dieser sich schon
weit auf dem Wege nach Pelusium befand. Als nun
Herodes in dieser Stadt an langte und keines der dort
liegenden Schiffe ihn nach Alexandria bringen wollte,
ging er die Stadtvorsteher an, die ihn mit aller Ehrfurcht
und Aufmerksamkeit in die Stadt geleiteten, wo Kleo-
patra ihn aufnahm. Doch konnte die letztere ihn nicht
bereden, länger zu bleiben, weil er nach Rom eilen
wollte, der Winter aber schon vor der Thür stand und
aus Italien grosse Unruhen gemeldet wurden.
3. Er fuhr deshalb von Alexandria in der Richtung
nach Pamphylien ab, geriet aber in einen heftigen See-
sturm und kam nach Verlust seines Gepäckes mit Mühe
und Not in Rhodus an, wo zwei seiner Freunde, Sappinas
und Ptolemaeus, ihn aufnahmen. Da er nun die Stadt
infolge des Krieges gegen Cassius in einem traurigen
Zustande antraf, beschloss er, obgleich selbst hilflos, sie
zu unterstützen, und trug über seine Kräfte zu ihrer
Erneuerung bei. Alsdann liess er einen Dreiruderer
ausrüsten, fuhr mit seinen Freunden nach Italien und
landete in Brundusium. Von hier reiste er nach Rom
und teilte dem Antonius mit, was sich in Judaea er-
eignet hatte, wie sein Bruder Phasael von den Parthern
gefangen und umgebracht worden sei und dass Hyrkanus
noch von ihnen gefangen gehalten werde, weiterhin wie
die Parther den Antigonus, der ihnen tausend Talente
und fünfhundert Weiber aus den edelsten Geschlechtern
270
Josephus’ Jüdische Altertümer.
versprochen, als König eingesetzt hätten, wie er selbst
aber die Frauen bei Nacht davongeführt habe und nach
harten Drangsalen den Händen seiner Feinde entschlüpft
sei. Dann berichtete er, wie die Seinigen infolge der Be-
lagerung in grosser Gefahr schwebten, und wie er durch
Meeresstürme und viele andere Leiden zu Antonius ge-
eilt sei, auf den er alle seine Hoffnung gesetzt habe und
von dem allein er Hilfe erwarte.
4. Antonius bemitleidete den Herodes in seiner
traurigen Lage, und da er bei sich erwog, dass auch
die Machthaber dem Schicksal unterworfen seien, liess
er teils aus Rücksicht auf Antipater, dessen Gastfreund-
schaft er genossen hatte, teils durch das Versprechen
einer Geldsumme, die Herodes ihm für den Fall seiner
Ernennung zum Könige, wie er das auch früher für
seine Ernennung zum Tetrarchen gethan hatte, in Aus-
sicht stellte, ganz besonders aber aus Hass gegen Anti-
gonus, den er für aufrührerisch und den Römern feind-
lich gesinnt hielt, sich herbei , des Herodes ehrgeizige
Pläne zu unterstützen. Was nun den Caesar anging,
so war dieser teils wegen der Waffenbrüderschaft, in der
Antipater während des aegyptischen Krieges zu seinem
Vater gestanden, und wegen dessen Gastfreundlichkeit
und Gefälligkeit, teils auch aus Rücksicht auf Antonius,
der dem Herodes sehr zugethan war, gern bereit, ihm
zu der erstrebten Würde zu verhelfen und die Wünsche
des Bittstellers zu fördern. Nachdem daher der Senat
sich versammelt hatte, wiesen Messala und nach ihm
Atratinus, die den Herodes eingeführt hatten, auf die
Dienstleistungen seines Vaters hin, erwähnten dann seine
eigene Ergebenheit gegen die Römer und klagten den
Antigonus an, den sie für einen Feind erklärten, nicht
bloss seiner früheren Vergehen wegen, sondern auch, weil
er sich von den Parthern in die Herrschaft habe ein-
setzen lassen, ohne sich um die Römer zu kümmern.
Als der Senat hierüber in Bewegung geriet, erhob sich
sogleich Antonius und wies nach, dass es für den
Parthischen Krieg nur von Vorteil sein könne, wenn
Go gle
Vierzehntes Buch, 14 . Kapitel. 271
Herodes König werde. Dieser Antrag fand allgemeine
Zustimmung und wurde zura Beschluss erhoben.
5. So bewies Antonius gegen Herodes den denkbar
grössten Diensteifer, da er es nicht nur durchsetzte, dass
ihm die Königswürde zuerkannt wurde, sondern es ihm
auch bereits in sieben Tagen ermöglichte, Italien im
Besitze seines unverhofften Glückes verlassen zu können.
Die Königswürde aber hatte Herodes zunächst nicht für
sich erbitten wollen, weil er darauf bei den Römern,
welche dieselbe nur an Personen von königlicher Ab-
stammung zu vergeben pflegten, nicht rechnen zu dürfen
glaubte, sondern er hatte sie seinem Schwager, der vom
Vater her des Aristobulus, von der Mutter her des
Hyrkanus Enkel war, zugedacht. Diesen Jüngling Hess
Herodes später umbringen, wie ich an geeigneter Stelle
noch mitteilen werde. Als nun die Senatssitzung zu
Ende war, nahmen Antonius und der Caesar den Herodes
in die Mitte und führten ihn unter Begleitung der Kon-
suln und der gesamten Obrigkeit zum Kapitol, um zu
opfern und den Beschluss dort niederzulegen. Am
ersten Tage seiner neuen Würde genoss Herodes die
Gastfreundschaft des Antonius. Er trat die Königs-
herrschaft an in der hundertvierundachtzigsten Olympiade,
unter dem zweiten Konsulate desJGajus Domitius|Calvinus
und dem ersten des Gajus Asinius Pollio.
6. Während dieser ganzen Zeit belagerte Antigonus
die Besatzung von Masada,' und obwohl dieselbe an
sonstigen Lebensmitteln Überfluss hatte, litt sie doch an
erheblichem Wassermangel. 'Aus diesem Grunde be-
schloss Joseph, der Bruder des Herodes, mit zweihundert
seiner Leute zu den Arabern zu fliehen, zumal er ver-
nommen hatte, dass Malchus sein Benehmen gegen Herodes
bereue. Gott aber hielt ihn von dieser Flucht ab, in-
dem er über Nacht Regen fallen liess. Nachdem nun
die Cisternen wieder mit Wasser gefüllt waren, dachten
die Belagerten nicht mehr an Flucht, fassten vielmehr
wieder Mut und waren um so freudiger bewegt, als der
Überfluss an dem, was sie vermisst hatten, ihnen durch.
272
Josephus* Jüdische Altertümer.
Gottes offenbare Fürsorge zu teil geworden war. Hierauf
machten sie häufige Ausfälle, griffen die Truppen des
Antigonus bald offen , bald heimlich an und machten
viele von ihnen nieder. Unterdessen war der römische
Heerführer Ventidius, der den Auftrag hatte, die Parther
aus Syrien zu verdrängen, bei deren Verfolgung nach
Judaea gekommen, angeblich um dem Joseph Hilfe zu
bringen, in Wirklichkeit aber, um von Antigonus Geld
zu erpressen. Als er nun in der Nähe von Jerusalem
sich lagerte, erhielt er von Antigonus eine grosse Geld-
summe, worauf er mit dem grösseren Teile seiner Truppen
abzog. Damit jedoch seine Handlungsweise ihm nicht
schlecht ausgelegt werde, liess er den Silo mit einer Ab-
teilung Soldaten zurück. Zu diesem unterhielt Anti-
gonus gute Beziehungen, damit er ihm keinen Schaden
zufüge, wenn, wie er hoffte, die Parther ihm wiederum
zu Hilfe kommen würden.
Fünfzehntes Kapitel.
Wie Herodes aus Italien nach Judaea zurückkehrte und
gegen Antigonus kämpfte. Was weiterhin um diese Zeit
in Judaea vorfiel.
1. Als Herodes von Italien abgefahren und nach
Ptolemai's gekommen war, sammelte er eine nicht un-
bedeutende Truppenmacht, die teils aus Söldnern, teils
aus Juden zusammengesetzt war, und zog in Eilmärschen
durch Galilaea dem Antigonus entgegen, wobei Silo und
Ventidius, die von Dellius, dem Abgesandten des An-
tonius, den Befehl erhalten hatten, Herodes wieder in
sein Reich einzuführen, sich ihm anschlossen. Ventidius
war gerade im Begriff, die in den einzelnen Städten
durch die Parther hervorgerufenen Aufstände nieder-
zuwerfen, während Silo, den Antigonus bestochen hatte,
in Judaea verweilte. Je weiter Herodes vorrückte, desto
mehr wuchs seine Macht, und mit wenigen Ausnahmen
Vierzehntes Buch, 15. Kapitel.
273
stand bald ganz Galilaea auf seiner Seite. Zunächst
zog er nun nach Masada, weil er den dort Belagerten
als seinen Verwandten Hilfe bringen wollte. Hierbei
war ihm aber Joppe im Wege, das er, weil es sich ihm
feindselig bewies, zuerst nehmen musste, um bei seinem
Angriff gegen Jerusalem keine feindliche Festung im
Rücken zu haben. Da nun auch Silo diese Gelegenheit
benutzte, um sich von Antigonus loszusagen, und die
Juden ihn verfolgten, zog Herodes mit einer kleinen
Mannschaft heran, schlug die Juden in die Flucht und
rettete den hart bedrängten Silo. Dann nahm er Joppe
ein und eilte, die Seinigen in Masada zu entsetzen. Von
den Juden schlossen sich jetzt die einen wegen ihrer
früheren Zuneigung zu seinem Vater, die anderen um
seines Ruhmes willen, noch andere aus Dankbarkeit für
die von beiden empfangenen Wohlthaten, die meisten
aber deswegen an ihn an, weil sie auf ihn als den
künftigen König ihre Hoffnung setzten.
2. Auf diese Weise hatte er bald eine stattliche
Truppenmacht beisammen. Als er nun Jmit derselben
seinen Vormarsch antrat, versah Antigonus alle ihm im
Wege liegenden geeigneten Plätze mit Besatzungen und
Hinterhalten, konnte aber seinen Feinden damit keinen
sonderlichen Schaden thun. Herodes befreite vielmehr
in kurzem Ansturm die Seinigen aus Masada, nahm die
Festung Thresa und wandte sich dann nach Jerusalem,
gefolgt von Silos Truppen und vielen Jerusalemern,
welche die Furcht vor seiner Macht zu ihm trieb. Als
er nun an der Westseite der Stadt sein Lager auf-
geschlagen hatte, schossen die daselbst aufgestellten
Wachen mit Pfeilen und Spiessen, und einige Ab-
teilungen rückten sogar aus und griffen seine Vorhut
an. Herodes liess darauf rings um die Stadtmauer be-
kannt machen, er sei zum Heile des Volkes und der
Stadt gekommen und wolle nicht einmal seinen erklärten
Feinden etwas zuleide thun , sondern selbst seinen er-
bittertsten Gegnern Vergessenheit für alle wider ihn be-
gangenen Verfehlungen zusichern. Auf diese Verkündigung
Josepbus’ Jüdische Altertümer, II. 18
274
Josephus’ Jüdische Altertümer.
hin liess Antigonus Silo und der römischen Abteilung
zurufen, sie würden wenig gerecht handeln, wenn sie die
Herrschaft an Herodes gelangen Hessen, der ein Privat-
mann und alsldumäer nur ein halber Jude sei, während
die Königswürde nach den Bräuchen des Landes nur
Männern aus königlichem Geschlecht zufallen dürfe.
Wenn sie auch ihm selbst jetzt zürnten und ihn des
Thrones entsetzen wollten, weil er diesen den Parthern
verdanke, so gebe es doch noch viele Männer seines
Geschlechtes, die ein Anrecht auf die Königswürde
hätten , weil sie sich niemals etwas gegen die Römer
hätten zu schulden kommen lassen und auch dem
Priesterstande angehörten, und die deshalb nicht über-
gangen werden dürften. Während dieser beiderseitigen
Reden, die bald in Schmähungen ausarteten , befahl
Antigonus den Seinen, die Feinde von der Mauer weg-
zutreiben. Diese aber schossen mit solchem Eifer und
Erfolg, dass sie ihre Gegner mit leichter Mühe von den
Türmen zurückjagten.
3. Nun aber zeigte Silo ganz offen, dass er mit
Geld bestochen war. Er reizte nämlich eine Anzahl
seiner Soldaten auf, über Mangel an Lebensmitteln zu
klagen und Geld zu ihrem Unterhalt sowie Winter-
quartiere zu verlangen, weil von Antigonus’ Kriegern
alles rings umher verwüstet und geplündert sei. So
brachte er das ganze Heer in Aufruhr und veranlasste
sogar hier und da Desertion. Herodes aber hielt Silos
Anführer und Soldaten auf und stellte ihnen vor, dass
sie ihn nicht im Stiche lassen dürften, weil er vom
Caesar sowie von Antonius und dem Senate geschickt
sei. Für ihren Unterhalt werde er schon sorgen und
ihnen mit Leichtigkeit alle geforderten Lebensmittel
liefern. Und sogleich zog er in die Umgegend und be-
nahm dem Silo jeden Grund, sich zu entfernen, da er
eine solche Menge Lebensmittel mitbrachte, wie niemand
sie erwartet hätte. Ausserdem trug er seinen Freunden
zu Samaria auf, Getreide, Wein, Öl, Vieh und alle
sonstigen Lebensmittel nach Jerusalem zu bringen, damit
Vierzehntes Buch, 1 5. Kapitel.
275
seine Soldaten keinen Mangel mehr zu leiden brauchten,
Das kam jedoch zur Kenntnis des Antigonus, der nun
alsbald Abteilungen von Bewaffneten in die Umgegend
schickte, um die Getreidekarawanen anzugreifen und
abzufangen. Diese vollzogen seine Befehle, boten bei
Jericho noch eine weitere Menge von Bewaffneten auf
und lagerten sich im Gebirge, um die Karawanen zu
erwarten. Unterdessen blieb aber Herodes auch nicht
müssig, sondern zog mit zehn halb aus Römern, halb
aus Juden bestehenden Kohorten, einer Anzahl Söldner
und einiger Reiterei nach Jericho. Er traf die Stadt
verlassen an , und nur in der Burg befanden sich fünf-
hundert Mann, welche sich mit Weib und Kind hier
festgesetzt hatten. Diese liess Herodes frei; die Römer
aber durchzogen die Stadt, um sie zu plündern, und
fanden die Häuser mit Kostbarkeiten aller Art gefüllt.
Hierauf legte der König eine Besatzung in die Stadt,
kehrte um und wies dem römischen Heere in Idumaea,
Galilaea und Samaria Winterquartiere an. Dennoch
erreichte es Antigonus bei Silo durch Geld, dass er einen
Teil des römischen Heeres in die Stadt Lydda auf-
nehmen konnte, wodurch er sich des Antonius Gunst
zu erwerben suchte. So kam es, dass die Römer während
der Waffenruhe in grösstem Überfluss lebten.
4. Herodes aber, dem alle Unthätigkeit zuwider war,
schickte seinen Bruder Joseph mit zweitausend Mann
Fussvolk und vierhundert Reitern nach Idumaea. Er
selbst zog nach Samaria, brachte dort seine Mutter und
seine übrigen Verwandten , welche Masada verlassen
hatten , in Sicherheit, und rückte dann nach Galilaea,
um einige Plätze zu nehmen, in die Antigonus Be-
satzungen gelegt hatte. Bei starkem Scheefall kam er
nach Sepphoris, und da des Antigonus Leute heimlich
abzogen, gelangte er in den Besitz eines grossen Vorrates
von Proviant. Dann sandte er gegen eine in den
Höhlen der Umgegend sich aufhaltende Räuberbande
eine Reiterschar und drei Kohorten Fusssoldaten, um
dem Treiben der Banditen ein Ende zu machen. Das
18*
276
Josephus’ Jüdische Altertümer.
geschah in der Nähe des Dorfes Arbela. Am vierzigsten
Tage folgte er selbst mit seinem ganzen Heere nach.
Die Feinde griffen ihn darauf ungestüm an und
brachten seinen linken Flügel zum Weichen. Sobald
er aber selbst mit seinen Truppen, erschien, schlug er
sie trotz ihres siegreichen Vordringens in die Flucht,
sammelte die Seinen wieder und setzte den Feinden auf
verschiedenen Wegen bis zum Jordan nach. Auf diese
Weise hatte er bald ganz Galilaea mit Ausnahme der
in Höhlen wohnenden Gegner unterworfen. Alsdann
teilte er den Seinigen Mann für Mann hundertfünfzig
Silberdrachmen , den Führern jedoch noch mehr zu und
entliess sie in die Winterquartiere. Unterdessen aber
hatte sich auch Silo mit den Anführern der im Winter-
quartier liegenden römischen Truppen bei ihm ein-
gefunden, weil Antigonus ihnen für nicht mehr als einen
Monat Unterhalt gewähren wollte. Derselbe hatte sogar
in die ganze Umgegend den Befehl erlassen, alles, was
sich auf dem Felde befand, zu sammeln und damit in
die Berge zu fliehen, damit die Römer vor Hunger zu
Grunde gingen. Herodes aber gab seinem jüngsten
Bruder Pheroras den Auftrag, dies zu verhindern und
zugleich auch Alexandrium aufs neue zu befestigen.
Pheroras trug demgemäss sogleich Sorge dafür, dass die
Soldaten wieder Überfluss an Lebensmitteln hatten, und
versah das verlassene Alexandrium mit neuen Festungs-
werken.
5. Um diese Zeit hielt sich Antonius in Athen auf.
Ventidius aber, der in Syrien weilte, nahm den Silo
gegen die Parther zu Hilfe, trug ihm jedoch auf, zuerst
den Herodes in seinem Kriege zu unterstützen und dann
zu dem Partherfeldzuge sämtliche Bundesgenossen auf-
zubieten. Herodes aber, der gegen die in Höhlen
hausenden Räuberbanden ziehen wollte, liess den Silo
zu Ventidius stossen und rückte allein gegen die Räuber
aus. Diese Höhlen lagen in abschüssigen Bergen und
hatten in halber Höhe steile und enge Zugänge, die
rings von zackigen Felsen umgeben waren. In diesen
Vierzehntes Buch, 15. Kapitel.
277
Schlupfwinkeln hausten die Räuber mit Weib und Kind.
Der König liess nun grosse Kasten anfertigen, die mit
Hilfe vonj-Maschinen an eisernen Ketten von dem Gipfel
hinuntergelassen wurden, da der Steilheit wegen von
unten niemand hinaufzuklettern, noch von oben hinab-
zukriechen wagte. Diese Kasten wurden mit Bewaffneten
gefüllt, die mit langen Haken ausgerüstet waren, um
damit die Widerspenstigen heranzuziehen und sie in die
Tiefe zu stossen. Das Hinablassen der Kasten war mit
grosser Gefahr verbunden, zumal da die Höhlenbewohner
mit allen Abwehrmitteln versehen waren. Als nun die
Kasten in die Tiefe gelassen wurden, hatte keiner von
den Räubern den Mut, sie anzugreifen, sondern sie ver-
hielten sich sämtlich ruhig, bis endlich einer von den
Bewaffneten, mit seinem Schwert umgürtet, mit beiden
Händen die Kette ergriff, an welcher der Kasten herab-
hing, und voll Unwillen darüber, dass die Räuber nicht
herauskommen wollten, sich zu einer der Höhlenöffnungen
hinabliess. Hier angelangt, trieb er zunächst die vielen
Räuber, die sich dort befanden, mit Wurfspiessen zurück,
zog dann die, welche sich widersetzten, mit dem ge-
krümmten Haken an sich heran und stürzte sie in die
Tiefe. Hierauf drang er tiefer in die Höhle ein, tötete
eine grosse Anzahl der daselbst versteckten Räuber
und kehrte nun erst in den Kasten zurück, während die
übrigen Banditen, die das Wehklagen vernahmen, von
Schrecken und Verzweiflung ergriffen wurden. Der
Anbruch der Nacht that der weiteren Vernichtung Ein-
halt, und da der König durch einen Herold Verzeihung
in Aussicht stellen liess, unterwarfen sich viele. Am
folgenden Morgen wurde der Angriff in derselben Weise
wiederholt, und nun gingen die Soldaten schon kühner
ans Werk, kämpften an den Höhleneingängen mit den
Räubern und warfen Feuerbrände hinein, um das Innere
der Höhlen, wo viele brennbare Stoffe aufgehäuft lagen,
anzuzünden. Ein greiser Räuber, der mit seinem Weib
und seinen sieben Söhnen in einer Höhle eingeschlossen
war, stellte sich, als seine Söhne ihn um die Erlaubnis
278
Josephus’ Jüdische Altertümer.
baten, hinausgehen und sich den Feinden ergeben au
dürfen, an den Eingang der Höhle, und sobald einer
seiner Söhne heraustrat, stiess er ihn nieder, bis er end-
lich alle samt seinem Weibe umgebracht hatte. Hierauf
warf er ihre Leichen in den Abgrund und stürzte sich
auch selbst hinab, da er den Tod der Sklaverei vorzog.
Vorher jedoch erging er sich noch in Schmähungen
gegen Herodes wegen dessen niedriger Herkunft, obwohl
der König, der alles mit angesehen hatte, ihm die Hand
bot und ihm volle Sicherheit versprach. Auf diese Weise
wurden schliesslich alle Höhlen genommen. 1
6. Darauf setzte der König zum Befehlshaber dieser
Gegend den Feldherrn Ptolemaeus ein und brach mit
sechshundert Reitern und dreitausend Fusssoldaten nach
Samaria auf, um Antigonus eine Schlacht zu liefern.
Ptolemaeus erzielte jedoch mit seiner Verwaltung wenig
Erfolg; vielmehr griffen ihn die Scharen, welche auch
früher Galilaea beunruhigt hatten, an, töteten ihn, zogen
sich dann in sumpfige, unwegsame Gegenden zurück und
verwüsteten das ganze Land. Herodes kehrte sogleich
um und züchtigte sie, indem er sie teils hinrichten, teils
in den Festungen , in welche sie sich geflüchtet hatten,
nach deren Eroberung niedermachen liess. Die Festungen
liess er alsdann schleifen und legte den Städten, um
ihnen die Lust an ähnlichen Unternehmungen zu ver-
derben, eine Busse von hundert Talenten auf.
7. Da inzwischen Pakorus gefallen war und das
Kriegsglück der Parther zur Neige ging, sandte Venti-
dius auf Antonius’ Befehl den Machaeras mit zwei
Legionen und tausend Reitern dem Herodes zu Hilfe.
Machaeras aber liess sich, was Herodes nicht erwartet
hatte, von Antigonus mit Geld bestechen und zog unter
dem Vorwände ab, sich von der Lage des Antigonus
1 Der heldenmütige Widerstand, den die Höhlenbewohner
leisteten, macht es sehr wahrscheinlich, dass sie keine Räuber,
sondern Patrioten waren, die sich der idumaeiscli-römischen FremÄ-
berrschaft nicht fügen wollten (Paret).
Vierzehntes Buch, 15. Kapitel.
279
selbst überzeugen zu wollen. Antigonus indes, der über
seine Absicht im Zweifel war, liess ihn nicht ein, sondern
trieb ihn mit Schleudern zurück und gab ihm deutlich
zu verstehen, wie er gesinnt sei. Da nun Machaeras
einsah, dass Herodes ihm gut geraten, und dass er durch
die Nichtbefolgung seiner Ratschläge einen grossen
Fehler begangen habe, zog er sich in die Stadt Emmaus
zurück und liess im Zorn über das, was ihm widerfahren
war, alle Juden, welche er unterwegs antraf, umbringen,
mochten es Freunde oder Feinde sein. In heller
Entrüstung darüber zog nun der König nach Samaria.
Er hatte beschlossen, sich an Antonius zu wenden und
ihm vorzustellen, dass er solcher Bundesgenossen nicht
bedürfe, die ihm selbst mehr Unheil als den Feinden
anrichteten. Übrigens sei er zur Bekämpfung des
Antigonus allein stark genug. Machaeras jedoch kam
zu ihm und bat ihn, zu bleiben. Wenn er aber durch-
aus gehen wolle, so möge er ihm seinen Bruder Joseph
beigeben, damit sie den Antigonus zusammen angreifen
könnten. Durch diese inständigen Bitten des Machaeras
liess sich Herodes wieder beschwichtigen und gab ihm
seinen Bruder Joseph mit einem Heere zur Seite, er-
mahnte diesen aber, sich nicht auf eine Schlacht einzu-
lassen und mit Machaeras in gutem Einvernehmen zu
bleiben.
8. Herodes begab sich darauf mit einer Bedeckung
von Reitern und Fusssoldaten auf den Weg zu Antonius,
der die Festung Samosata am Euphrat belagerte. Als
er in Antiochia anlangte und dort eine grosse Menge
Menschen traf, die sich zu Antonius begeben wollten,
aber aus Furcht, unterwegs angegriffen und getötet zu
werden, sich nicht zu reisen getrauten, bot er sich
ihnen mit ermunternden Worten als Führer an. Zwei
Tagereisen von Samosata entfernt lagen aber die Ein-
geborenen im Hinterhalt, um dem Antonius die Zufuhr
abzuschneiden, und an den Ausgängen der Wälder in die
Ebene standen Reiterabteilungen, die sich so lange ruhig
verhielten, bis die, wfelche zu Antonius wollten, sich in
Go gle
280
Josephus’ Jüdische Altertümer.
der Ebene befanden. Als nun die ersten Züge vorbei
waren, brachen gegen Herodes, der den Nach trab deckte,
plötzlich etwa fünfhundert Reiter aus dem Hinterhalt
hervor. Die vorderen Züge ergriffen sogleich die Flucht;
der König aber drang mit der ihm eigenen Tapferkeit
auf die Feinde ein und warf sie zurück. Dadurch
machte er den Seinigen Mut, und da auch die Flüch-
tigen sich wieder einstellten, erlitten die Eingeborenen
eine blutige Niederlage. Der König setzte ihnen nach
und ruhte nicht eher, als bis er ihnen den ganzen Raub,
darunter eine grosse Zahl Lasttiere und Sklaven, wieder
abgejagt hatte, worauf er seinen Weg fortsetzte. Nun
aber brach plötzlich eine noch grössere Schar aus den
an die Ebene stossenden Waldschluchten gegen sie her-
vor. Der König jedoch griff auch diese mit seiner nun-
mehr verstärkten Mannschaft an, schlug sie in die
Flucht und machte eine grosse Anzahl nieder, sodass
er seinen Begleitern eine sichere Reise verschaffte und
von ihnen Retter und Schirmer genannt wurde.
9. Als sie nun in die Nähe von Samosata kamen,
schickte ihnen Antonius ein Heer nebst seiner persön-
lichen Dienerschaft entgegen, um dem Herodes damit
eine Ehre zu erweisen und ihm zugleich, weil er von
den Angriffen der Eingeborenen gehört hatte, Hilfe zu
leisten. Bei Herodes’ Anblick freute sich Antonius sehr,
und da er erfahren hatte, welche Heldenthaten er unter-
wegs vollbracht, nahm er ihn mit grosser Achtung vor
seiner Tapferkeit auf, begrüsste ihn durch Umarmung
und erwies ihm um so grössere Ehren, weil er ihn
jüngst zum König ernannt hatte. Antiochus aber über-
gab die Festung bald, 1 und da der Krieg hiermit zu
Ende war, ernannte Antonius den Sosius zum Befehls-
haber des Platzes, trug ihm auf, Herodes Hilfe zu
leisten, und reiste selbst nach Aegypten. Sosius sandte
alsdann gleich zwei Legionen als Hilfstruppen für
1 Vergl. hierzu Dio Cassius XLIX, 24.
Vierzehntes Buch, 15. Kapitel.
281
Berodes nach Judaea voraus, während er selbst mit dem
grösseren Teile des Heeres nachfolgte.
10. Unterdessen hatte Joseph in Judaea auf folgende
Weise seinen Tod gefunden. Un eingedenk dessen, was
sein Bruder, als dieser seine Keise zu Antonius an trat,
ihm ans Herz gelegt hatte, bezog er an einem Gebirgs-
abhang ein Lager. Er wollte nämlich mit fünf Kohorten,
die er von Machaeras erhalten hatte, nach Jericho eilen,
um dort die Saaten zu rauben. Da aber die römische
Heeresabteilung, welche zum grössten Teil in Syrien
ausgehoben war, aus noch ungeübten Rekruten bestand,
wurde er bei einem feindlichen Angriff auf sehr un-
günstigem Terrain umzingelt, fiel nach tapferem Wider-
stand und verlor sein ganzes Heer, welches sechs Ko
horten stark war. Antigonus bemächtigte sich der Ge-
fallenen und liess dem Joseph das Haupt abschlagen,
wofür dessen Bruder Pheroraa ihm fünfzig Talente bot.
Darauf fielen auch die Galiläer von ihren Befehlshabern
ab und ertränkten des Herodes Anhänger im See, 1 und
in Judaea brach gleichfalls eine allgemeine Empörung
aus. Machaeras befestigte unterdessen das Städtchen
Gittha.
11. Herodes erhielt gar bald von diesen Vorgängen
Nachricht. Dabei traf ihn die Kunde von dem Schick-
sal seines Bruders, die ihm in Daphne bei Antiochia
zuging, nicht unvorbereitet, weil er dasselbe in Träumen
vorhergesehen hatte. Er beschleunigte daher seinen
Marsch, zog, sobald er zum Libanon gekommen war,
gegen achthundert Bewohner dieser Gegend an sich und
begab sich mit diesen und der römischen Legion, die er
bei sich hatte, nach Ptolemais, von wo er zur Nachtzeit
mit seinem Heere wieder aufbrach und Galilaea durch-
zog. Die Feinde stellten sich ihm hier entgegen, wurden
aber geschlagen und in die Festung gedrängt, aus
welcher sie tags vorher ausgerückt waren. Bei Tages-
anbruch versuchte Herodes den Platz zu stürmen, konnte
1 Genesareth.
*282
Josephus’ Jüdische Altertümer.
aber, da sich ein schreckliches Unwetter erhob, nichts
ausrichten und musste sein Heer in den umliegenden
Dörfern einquartieren. Als aber noch eine zweite von
Antonius geschickte Legion zu ihm stiess, ward die Be-
satzung der Festung von Furcht ergriffen und verliess
dieselbe im Dunkel der Nacht. Darauf eilte der König
nach Jericho , um den Tod seines Bruders zu rachen.
Sobald er hier sein Lager aufgeschlagen hatte, lud er
seine Heerführer zum Mahle ein. Nach beendigter
Tafel aber entliess er seine Gäste und zog sich in
sein Schlafgemach zurück. Aus dem, was jetzt folgte,
kann man das Wohlwollen Gottes gegen den König er-
kennen. In dem Speisezimmer nämlich stürzte die
Decke ein; doch wurde, weil dasselbe bereits leer war,
niemand getötet. Hierin erblickte man allgemein einen
Beweis dafür, dass Herodes ein Liebling Gottes sei,
da er einer so grossen und unversehenen Gefahr ent-
gangen war.
12. Am folgenden Tage wurden die Römer von einer
sechstausend Mann starken Truppe, die kampfbereit von
den Bergen herabstieg, in Schrecken versetzt. Die
Leichtbewaffneten aus dieser Schar rückten vor und
griffen die Umgebung des Königs, die zuerst sich hinaus-
gewagt hatte, mit Wurfspeeren und Steinen an, und
Herodes selbst wurde in der Seite von einem Speer ge-
troffen. Darauf sandte Antigonus einen seiner Heer-
führer mit Namen Pappus an der Spitze einer kleinen
Streitmacht nach Samaria, um bei seinen Feinden den
Glauben zu erwecken , er führe den Krieg mit mehr
Kräften, als er nötig habe. Dieser warf sich nun dem
Machaeras entgegen. Herodes aber hatte bald ünf
Städte genommen, liess gegen zweitausend Menschen,
die sich darin befanden, niedermachen, äscherte die
Städte ein und wandte sich dann gegen Pappus, der
sich bei dem Dorfe Isanae gelagert hatte. Und da
sowohl aus Jericho wie aus ganz Judaea eine grosse
Menge Krieger sich bei Herodes zusammenfand, schlug
er, als er an die Feinde herangekommen war und von
Vierzehntes Buch, 15. Kapitel.
283
ihnen stürmisch angegriffen wurde, dieselben völlig aufs
Haupt und verfolgte sie, um seinen Bruder zu rächen,
bis in das Dorf hinein unter stetem Gemetzel. Weil
aber alle Häuser mit Bewaffneten angefüllt und viele
sogar auf die Dächer gestiegen waren, liess er die Häuser
förmlich erobern und die Dächer abdecken, worauf sich
dann die unteren Räume mit Soldaten gefüllt zeigten.
Diese liess er nun durch von oben hineingeworfene
Felsblöcke haufenweise zermalmen, sodass sich im
ganzen Verlaufe des Krieges kein so grässlicher An-
blick dargeboten hatte, als die ungeheure Menge von
Leichen, welche ausserhalb der Stadtmauer aufgehäuft
wurden. Dieses Blutbad brach den Mut der Feinde
gänzlich, da sie ein ähnliches Schicksal auch für sich
besorgen müssten, und bald erblickte man in der Um-
gebung des Dorfes grosse Massen fliehender Menschen.
Hätte die Strenge des Winters ihn nicht daran ge-
hindert, so wäre Herodes mit' seinem siegestrunkenen
Heere sogleich nach Jerusalem gezogen, und der Krieg
wäre zu Ende gewesen. Antigonus bereitete in der
That schon seine Flucht und den Abzug aus der
Stadt vor.
13. Für jetzt liess der König, weil es schon spät war,
seine Soldaten das Abendessen nehmen und zog sich
selbst ermüdet in seine Gemächer zurück, um zu baden.
Dabei geriet er wieder in die grösste Lebensgefahr, aus
der er abermals durch Gottes Fürsorge entkam. Er war
nämlich ganz unbewaffnet und nahm das Bad, nur von
einem Pagen bedient, im Inneren des Hauses, wo sich
einige feindliche Krieger auf der Flucht aus Angst ver-
steckt hatten. Während er nun badete, kam plötzlich
einer derselben mit gezücktem Schwert aus seinem Ver-
steck hervor und stürzte zur Thür hinaus, dann noch
einer und endlich ein dritter, alle bewaffnet. Sie waren
indes so erschrocken, dass sie dem König nichts zuleide
thaten, sondern froh waren, mit heiler Haut aus dem
Hause zu entkommen. Am folgenden Tage liess
Herodes dem Pappus, der gefallen war, das Haupt
284
Josephus’ Jüdische Altertümer.
abschlagen und sandte es an Pheroras, um so seinen
Bruder zu rächen, den Pappus mit eigener Hand ge-
tötet hatte.
14. Als der Winter zu Ende war, brach er mit
seinem Heere auf, zog gegen Jerusalem und errichtete
nahe bei der Stadt sein Lager. Das war schon das
dritte Jahr nach seiner Ernennung zum Könige. Bald
aber brach er das Lager ab, rückte näher an den Teil
der Mauer heran, wo der Zugang zur Stadt am ehesten
möglich war, und lagerte sich vor dem Tempel, um die
Stadt in derselben Weise zu nehmen, wie dies früher
Pompejus gethan hatte. Er liess drei Wälle aufwerfen
und Türme bauen, wozu er bedeutende Kräfte auf bot;
ferner liess er die in der Nähe stehenden Bäume fallen.
Diese Arbeiten vertraute er geeigneten Leuten an und
reiste, während sein Heer dort lagerte, nach Samaria
zur Hochzeit, um die Tochter von Ari8tobulu8 , Sohn
Alexander heimzuführen, mit der er, wie bereits oben
gesagt, verlobt war.
Sechzehntes Kapitel.
Wie Jerusalem von Herodes und Sosius erobert wurde.
Das Ende der Asamonäer-Herrschaft.
1. Nach Beendigung der Hochzeit zog Sosius durch
Phoenicien heran, sandte seine Kerntruppen im Inneren
des Landes voraus und folgte selbst an der Spitze einer
grossen Menge Reiterei und Fussvolk nach. Nun
kehrte auch der König aus dem Lande der Samariter
zurück und vermehrte die Stärke seines Heeres nicht
unwesentlich, sodass seine Streitmacht sich auf fast
dreissigtausend Mann belief. Dieses ganze Heer 6charte
sich nun vor den Mauern Jerusalems zusammen und
lagerte sich an der Nordseite der Stadt. Es bestand
aus elf Legionen Fussvolk und sechstausend Reitern,
ungerechnet die Hilfstruppen aus Syrien. Den Ober-
Vierzehntes Buch, 16. Kapitel.
285
befiehl führten Sosius, der von Antonius zu Hilfe ge-
schickt war, und Herodes in seinem eigenen Namen,
weil er den Antigonus, den Rom zum Feinde erklärt
hatte, vom Throne stossen und laut Senatsbeschluss
selbst an dessen Stelle regieren sollte.
2. Die Juden aber, die sich aus dem ganzen Lande
zusammengefunden hatten und innerhalb der Mauern
eingeschlossen waren, leisteten dem Herodes tapferen
und hartnäckigen Widerstand, prahlten mit dem Tempel
und priesen ihr Volk glücklich, gleich als wenn Gott
dasselbe sicher aus der Gefahr befreien würde. Vor
der Stadt nahmen Bie alles weg, sodass weder für
Menschen noch Vieh dort die geringste Nahrung
mehr vorhanden war, und brachten durch ihre heim-
lichen Raubzüge das feindliche Heer in Not. Als
Herodes das merkte , legte er an geeigneten Stellen
gegen diese Streifzüge Hinterhalte, sandte dann be-
waffnete Abteilungen zur Herbeischaffung von Lebens-
mitteln aus und liess aus der Ferne Proviant holen,
sodass die Belagerer in kurzer Zeit Überfluss an allem
Notwendigen hatten. Inzwischen arbeiteten viele Hände
an den Belagerungswerken weiter, sodass die drei Wälle
bald fertig waren. Zudem war es gerade Sommer, und
das Wetter also den Arbeiten sehr förderlich. Nun
wurden die Maschinen herangebracht, die Mauer be-
rannt, und kein Belagerungsmittel unversucht gelassen.
Die Belagerten jedoch Hessen sich nicht in Schrecken
jagen , sondern erdachten auch ihrerseits mancherlei
Mittel, um die Bemühungen ihrer Gegner zu vereiteln,
steckten bei ihren Ausfallen die aiigefangenen oder
schon fertigen Maschinen in Brand und zeigten sich
im Handgemenge den Römern an Kühnheit gleich,
während sie an Kriegserfahrung von denselben über-
troffen wurden. Den Maschinen, welche an Stelle der
zerstörten errichtet wurden, setzten sie andere entgegen;
auch rückten sie den in den Laufgräben arbeitenden
Feinden unter der Erde zu Leibe und beunruhigten sie nicht
wenig. Übrigens kämpften sie mehr aus Verzweiflung,
286
Josophus’ Jüdische Altertümer.
als nach einem vernünftigen Plan, und leisteten Wider-
stand bis zum äussersten, obwohl sie von einem so
grossen Heere belagert wurden und unter Hunger und
Mangel gewaltig litten. Denn das Jahr, in welches die
Belagerung fiel, war zufällig ein Sabbatjahr. Endlich
gelang dem Feinde die Ersteigung der Mauer, und zwar
waren die ersten zwanzig Freiwillige, denen die Cen-
turion en des Sosius folgten. Die erste Mauer wurde
nach vierzig, die zweite nach fünfzehn Tagen ge-
nommen. Dabei gerieten einige der um den Tempel
sich hinziehenden Säulengänge in Brand, und Herodes
schob die Schuld daran auf Antigonus, um diesen bei
den Juden verhasst zu machen. Als endlich die
äusseren Teile des Tempels und die untere Stadt er-
obert waren, flohen die Juden in das Innere des Heilig-
tums und in die obere Stadt, und da sie fürchteten,
von den Römern an der Darbringung der täglichen
Opfer gehindert zu werden, liessen sie bitten, es möge
ihnen die Herb ei Schaffung von Opfertieren gestattet
werden. Herodes willfahrte diesem Verlangen in der
Meinung, die Belagerten würden sich jetzt ergeben. Als
er sich aber in dieser Erwartung getäuscht sah und er-
kannte, wie hartnäckig sie den Thron des Antigonus
verteidigten, liess er die Stadt erstürmen. Es entstand
nun ein entsetzliches Blutbad, da die Römer über die
lange Dauer der Belagerung erbittert waren, des Herodes
Anhänger aber keinen von den ihnen feindlichen Juden
am Leben lassen wollten. In dichten Haufen wurden
die Besiegten in den Gassen , in den Häusern und im
Tempel, in welchen sie sich geflüchtet hatten, nieder-
gemacht. Weder zarte Kinder, noch gebrechliche Greise,
noch schwache Frauen wurden geschont, und obwohl
der König überallhin schickte und Einhalt gebieten liess,
hörte doch niemand mit Morden auf, sondern allseitig
wüteten die Sieger wie rasend gegen Menschen jedes
Alters. Endlich kam Antigonus, der weder eine
Empfindung von seinem früheren noch von seinem
jetzigen Geschick zu haben schien, aus der Burg hervor
Viorzehntes Buch, 16. Kapitel.
287
und warf sich dem Sosius zu Füssen. Dieser aber hatte
nicht das geringste Mitleid mit dem Unglück des Königs,
sondern fuhr ihn hart an und schalt ihn Antigone, liess
ihn aber nicht, als wäre er ein Weib, frei ausgehen,
sondern befahl, ihn gefangen zu halten.
2. Nach Unterwerfung seiner Feinde war es des
Herodes erste Sorge, dem Ungestüm der Hilfstruppen
zu wehren. Die fremden Soldaten drängten sich näm-
lich heran, um den Tempel und seine Heiligtümer zu
sehen. Der König aber hielt sie teils durch Bitten, teils
durch Drohungen , teils sogar mit Waffengewalt zurück,
da er seinen Sieg für schimpflicher als eine Niederlage
erachtet haben würde , wenn die Fremden etwas an-
geschaut hätten, das selbst den Juden zu sehen unter-
sagt war. Ebenso verhinderte er auch die Plünderung
Jerusalems, indem er den Sosius wieder und wieder
fragte, ob die Römer die Stadt von Menschen und Kost-
barkeiten völlig leeren und ihn als König einer Wüste
zurücklassen wollten, während er die Herrschaft über
den ganzen Erdkreis mit der Hinschlachtung so vieler
Bürger nicht erkaufen möchte. Als nun Sosius ihm
entgegnete, den Soldaten komme doch für die bei der
Belagerung ausgestandenen Strapazen eine Belohnung
zu, bemerkte ihm Herodes, er werde aus eigenen Mitteln
einem jeden Soldaten seine Belohnung anweisen. Da-
durch erreichte er, dass der übrige Teil der Stadt ver-
schont blieb, und nun löste er sein Versprechen ein,
indem er die einzelnen Soldaten reich beschenkte, den
Heerführern aber noch kostbarere und dem Sosius wahr-
haft königliche Gaben zukommen liess, sodass alle be-
reichert von ihm Abschied nahmen.
4. Dieses Unglück traf die Stadt Jerusalem unter
dem Konsulate des Marcus Agrippa und des Caninius
Gallus, in der hundertfünfund achtzigsten Olympiade, 1
im dritten Monat, und zwar wieder an einem Fasttage,
als ob das Unheil sich wiederholen sollte, welches die
1 37 v. Chr.
288
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Juden einst von Pompejus erlitten hatten. Denn an
demselben Tage war Jerusalem siebenundzwanzig Jahre
früher eingenommen worden. Sosius weihte Gott eine
goldene Krone und brach dann von Jerusalem auf, um
den Antigonus gefesselt zu Antonius zu bringen. Herodes
aber fürchtete, Antigonus möchte von Antonius geschont
und zur Verantwortung vor den Senat verwiesen werden,
wobei es dann an den Tag kommen würde, dass Anti-
gonus aus königlichem Geschlechte, Herodes dagegen
aus niederem Stande sei, und .es möchte, obwohl Anti-
gonus sich gegen die Römer verfehlt »hatte , ^[die Herr-
schaft nach dem Rechte der Geburt an dessen Kinder
fallen. In dieser Angst bewog er den Antonius durch
Übersendung einer grossen Geldsumme, den Antigonus
zu töten , und war so von aller Furcht befreit. Damit
nahm die Herrschaft des Geschlechtes der Asamonäer
ein Ende, nachdem" sie hundertsechsundzwanzig Jahre
gedauert * hatte. Es war ein ruhmvolles und edles
Herrschergeschlecht, einmal wegen des Adels seiner Ab-
kunft |undj der ihm eigenen hohepriesterlichen Würde,
dann aber auch wegen der herrlichen Thaten, die seine
Ahnen zum Besten des Volkes vollbracht hatten. Den
Thron verlor das Haus aber nur infolge der Uneinigkeit
seiner Mitglieder, und so kam derselbe an Herodes, den
Sohn des Antipater, einen Menschen von niedriger Her-
kunft und aus dem Stande gewöhnlicher Unterthanen.
So lautet der Bericht, den unsere Vorfahren uns über
das Ende der Asamonäer-Herrschaft hinterlassen haben.
Fünfzehntes Bueh
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 18 Jahren.
Inhalt.
1. Wie Antonius, nachdem Jerusalem von Sosius und Herodes er-
obert worden war, den Antigonus zu Antiochia mit dem Beile
hinrichten liess, und wie Herodes fünfundvierzig von dessen
Freunden, vornehme Jerusalemer, umbringen liess und der
Stadt eine Steuer auferlegte.
2. Wie Hyrkanus, der frühere König und Hohepriester der Juden,
von dem PartherkÖnige Arsakes freigelassen wurde und zu
Herodes zurückkehrte.
3. Wie Herodes den Aristobulus, den Bruder seiner Gattin Mariamne,
zum Hohepriester ernannte und ihn bald darauf ermorden liess.
4. Wie Kleopatra, die nach der Herrschaft über die Juden und
Araber lüstern war, einen Teil des Gebietes derselben von
Antonius erhielt.
5. Ankunft der Kleopatra in Judaea.
6. Wie Herodes um dieselbe Zeit, da Antonius |vom Caesar bei
Actium besiegt wurde, den Aretas mit Krieg überzog.
7. Von dem Erdbeben, welches in Judaea stattfand und Menschen
wie Tieren den Untergang bereitete.
8. Des Herodes Rede an die Juden, welche durch die Unglücksfalle
und Drangsale entmutigt waren.
9. Wie Herodes, als er zu Octavius reisen musste, den Hyrkanus
töten liess, und wie er vom Caesar in der Königswürde be-
stätigt wurde und diesen nach Aegypten geleitete.
10. Wie Herodes , als er nach Alexandria gekommen war, vom
Caesar, den er glänzend empfangen hatte, hoch geehrt wurde.
11. Wie Herodes nach seiner Rückkehr aus Aegypten durch Ver-
leumdungen veranlasst wurde, seine Gattin Mariamne hin-
richten zu lassen.
Josephus 1 Jüdische Altertümer II. 19
Go gle
290
Josephus’ Jüdische Altertümer.
12. Von der Hungersnot, welche Juda6a und Syrien heimsuchte,
und wie Herodes für Land und Leute sorgte.
13. Von der Erbauung griechischer Städte, und wie der König Herodes
sie prächtig ausstattete.
14. Wie Herodes den alten Tempel der Juden, nachdem er sechs-
hundert Jahre gestanden hatte, abbrechen liess und an seiner
Stelle einen anderen, doppelt so grossen erbauto.
Erstes Kapitel.
Von Pollio und Sameas. Herodes lässt die besten
Freunde des Antigonus umbringen und erpresst Geld
von der Stadt. Antonius lässt den Antigonus mit
dem Beile hinrichten.
1. Wie Sosius und Herodes Jerusalem einnahmen
und den Antigonus zum Gefangenen machten, habe ich
im vorhergehenden Buche berichtet. Nunmehr will ich
auch die näheren Umstände dieser Ereignisse mitteilen.
Nachdem Herodes die Herrschaft über ganz Judaea er-
langt hatte, erhob er alle Bürger, die auf seiner Seite
standen, zu hohen Ehren, während er diejenigen, welche
der Partei seiner Gegner angehörten, tagtäglich quälte
und züchtigte. In besonderen Ehren aber standen bei
ihm der Pharisäer Pollio und dessen Schüler Sameas,
weil sie bei der Belagerung von Jerusalem ihren Mit-
bürgern den Rat erteilt hatten , den Herodes in die
Stadt einzulassen. Auch hatte ebenderselbe Sameas, als
Herodes einst, eines todes würdigen Verbrechens angeklagt,
vor Gericht stand, dem Hyrkanus und den Richtern
vorwurfsweise vorhergesagt, dass Herodes, dem sie das
Leben geschenkt, sie später alle dafür bestrafen würde,
eine Verkündigung, die durch Gottes Fügung im Ver-
laufe der Zeit auch in Erfüllung gegangen ist.
2. Nach der Einnahme Jerusalems raffte Herodes
alle königlichen Kleinodien zusammen , plünderte dazu
auch noch die Reichen aus und gewann auf diese Weise
eine grosse Menge Silber und Gold, welches er dem
Fünfzehntes Buch, 1. Kapitel.
291
Antonius und dessen Freunden schenkte. Ferner liess
er fünfundvierzig der vornehmsten Anhänger des Anti-
gon us umbringen, wobei er an den Stadtthoren Wacht-
posten aufstellte, damit nichts mit den Getöteten hinaus-
geschafft würde. Darauf wurden die Leichen genau
untersucht und alles, was sich an Silber, Gold oder
sonstigen Kostbarkeiten bei ihnen vorfand, dem Könige
überbracht. Der Plackereien war überhaupt kein Ende,
teils wegen der Habgier des Herrschers, der Geld nötig
hatte, teils auch, weil das Land in diesem Jahre un-
bebaut liegen bleiben musste, da letzteres ein Sabbatjahr
war, in welchem es uns nicht gestattet ist, das Land zu
bestellen. Antonius hatte nun eigentlich beschlossen,
den gefangenen Antigonus bis zum Triumph gefesselt
am Leben zu halten. Als er aber vernahm, dass das
Volk auf Empörung sinne und aus Hass gegen Herodes
zu Antigonus halte, beschloss er, diesen zu Antiochia mit
dem Beile hinrichten zu lassen, da er die Juden durch
kein anderes Mittel zu beruhigen vermochte. Das be-
zeugt auch der Kappadocier Strabo mit folgenden
Worten: „Antonius liess den Juden Antigonus nach
Antiochia schaffen und ihn hier mit dem Beile hinrichten,
und er war der erste unter den Römern, der einen König
mit dem Beile vom Leben zum Tode bringen liess. Er
glaubte eben auf keine andere Weise die Juden dahin
bringen zu können, dass sie den Herodes an Antigonus’
Stelle als König anerkännten, weil sie nicht einmal
durch die Folter dazu gezwungen werden konnten, ihn
König zu nennen; so gross war die Meinung, die sie
von ihrem früheren Könige hatten. Deshalb meinte er,
durch eine schmachvolle Hinrichtung das Andenken an
Antigonus schwächen und den Hass der Juden gegen
Herodes dämpfen zu können.“ So weit Strabo.
19 *
292
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Zweites Kapitel.
Wie Hyrkanus von den Parthem freigelassen wurde und
zu Herodes zurückkehrte. Alexandras Bemühungen zu
gunsten ihres Sohnes.
1. Sobald der Hohepriester Hyrkanus, der bei den
Parthem in Gefangenschaft lebte, vernommen hatte, dass
Herodes zur Regierung gelangt sei, begab er sich zu
ihm, nachdem er auf folgende Weise aus seiner Gefangen-
schaft befreit worden war. Als Barzaphames und Pa-
korus, die Heerführer der Parther, den Hyrkanus, der
erst Hohepriester und dann König geworden war, sowie
Phasael, den Bruder des Herodes, gefangen genommen
hatten, führten sie dieselben nach Parthien weg. Pha-
sael, der es nicht ertragen konnte, sein Leben schmach-
voll in Fesseln zubringen zu müssen, und einen helden-
mütigen Tod einem solchen Leben vorzog, tötete sich
selbst, wie oben erwähnt.
2. Als nun Hyrkanus in das Land der Parther ge-
führt worden war, behandelte ihn der Partherkönig
Phraates, der von seiner vornehmen Abstammung gehört
hatte, mit grosser Milde: er liess ihm die Fesseln ab-
nehmen und gestattete ihm, in Babylon zu wohnen, wo
eine Menge Juden lebten. Diese ehrten den Hyrkanus
als ihren Hohepriester und König, wie das auch alle
bis zum Euphrat hin wohnenden Juden thaten, und
Hyrkanus freute sich darüber sehr. Da er nun von der
Thronbesteigung des Herodes Kunde erhalten hatte,
erfüllte ihn neue Hoffnung, einmal, weil er schon von
Anfang an gegen Herodes sich freundlich erzeigt hatte,
dann aber auch, weil er glaubte, derselbe sei der Wohl-
that noch eingedenk, die er ihm mit der Errettung aus
Lebensgefahr erwiesen hatte, als Herodes vor Gericht
stand und eines todes würdigen Verbrechens angeklagt
war. Hierüber sprach er auch oft mit den Juden, die
ihn besuchten. Diese aber hielten ihn zurück und rieten
ihm, bei ihnen zu bleiben, indem sie ihm vorstellten,
Fünfzehntes Buch, 2. Kapitel.
293
wie hochgeehrt er bei ihnen sei und wie ihm keine Aus-
zeichnung versagt werde, die seiner königlichen und
hohepriesterlichen Würde zukomme. Was aber noch
weit mehr ins Gewicht falle, sei der Umstand, dass er
zu Jerusalem dieser Ehrenbezeugungen sich wohl nicht
erfreuen würde, da er auf Antigon us’ Befehl verstümmelt
worden sei. Auch pflegten die Könige nicht immer der
im Privatleben empfangenen Wohlthaten zu gedenken,
da das Glück ihre Gesinnung nicht selten verändere.
3. Aber obwohl sie ihm so zusetzten und zwar in
seinem eigenen Interesse, verlangte Hyrkanus doch sehr,
von ihnen wegzuziehen, besonders da Herodes ihm
schrieb, er solle den Phraates und die dort wohnenden
Juden bitten, ihm nicht zu missgönnen, dass er des
Herodes Herrschaft teile. Jetzt sei die beste Zeit,
ihm den Dank für die Lebensrettung abzutragen, wie
auch für Hyrkanus die beste Gelegenheit, denselben
in Empfang zu nehmen. Zugleich schickte Herodes den
Saramallas mit vielen Geschenken zu Phraates und liess
diesen freundlich ersuchen, ihm doch nicht im Wege zu
sein, da er einem so verdienten Manne seine Dankes-
schuld abtragen wolle. Doch war das durchaus nicht
der wahre Grund, weshalb Herodes diese Bitte stellte.
Vielmehr fürchtete er, da er ohne sein eigenes Verdienst
auf den Thron gelangt war, es möchten Unruhen ent-
stehen, und suchte deshalb den Hyrkanus in seine Ge-
walt zu bekommen oder ihn auch gänzlich aus dem Wege
zu räumen, wie er dies später wirklich that.
4. Hyrkanus wurde also, da er voll froher Zuversicht
war, vom Partherkönige entlassen und kam, von den
Juden reichlich mit Geld versehen, in Jerusalem an.
Herodes empfing ihn höchst ehrenvoll, räumte ihm in den
Versammlungen und bei Gastmahlen den ersten Platz
ein, nannte ihn seinen Vater und täuschte ihn dadurch
so, dass kein Verdacht auf ihn selbst fiel, als ob er sich
hinterlistig benehme. Herodes that auch noch vieles
andere, um seinen Thron zu stützen, erregte aber da-
durch in seinem Hause arge Unruhen. So berief er, um
294
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zu verhüten, dass ein Vornehmer die Hohepriesterwürde
erlange, von Babylon einen gewissen Priester Ananel
und ernannte ihn zum Hohepriester.
5. Diese Schmach aber konnte Alexandra, die Tochter
des Hyrkanus und Gattin von Aristobulus’ Sohn
Alexander, die dem letzteren zwei Kinder geboren hatte,
nämlich einen hervorragend schönen Sohn mit Namen
Aristobulus und eine gleichfalls sehr schöne Tochter
Mariamne, die mit Herodes vermählt war, nicht ertragen.
Vielmehr geriet sie in gewaltige Erregung und Erbitte-
rung über die Schande, dass, während ihr Sohn noch am
Leben war, einem Eindringling die Hohepriesterwürde
zu teil werden sollte. Sie schrieb daher an Kleopatra
einen Brief, den sie ihr durch einen Harfenspieler über-
bringen liess, und bat sie, sich bei Antonius dafür zu
verwenden, dass ihrem Sohne die Hohepriesterwürde zu-
erkannt werde.
6. Während nun Antonius mit der Erfüllung der
Bitte zögerte, kam sein Freund Dellius wegen irgend
eines Geschäftes nach Judaea. Als dieser den Aristo-
bulus erblickte, erstaunte er über die Schönheit und den
schlanken Wuchs des Jünglings, wie auch nicht minder
über die Anmut der Mariamne, und er konnte sich nicht
enthalten, der Alexandra zu schmeicheln, wie schöne
Kinder sie habe. Diese liess sich darauf in ein Gespräch
mit ihm ein, in dessen Verlauf er ihr den Vorschlag
machte, die beiden malen zu lassen und die, Bilder dem
Antonius zu übersenden, der ihr gewiss nichts mehr ver-
sagen würde, wenn er dieselben zu Gesicht bekäme.
Alexandra ging denn auch darauf ein und schickte dem
Antonius die Bilder. Dellius fügte noch einige Über-
treibungen hinzu und schrieb seinem Freunde, die Kinder
schienen ihm nicht von Menschen, sondern von einem
Gott abzustammen. Damit beabsichtigte er aber, des
Antonius sinnliche Lust zu reizen. Dieser scheute sich nun
zwar, die Mariamne zu sich kommen zu lassen, weil sie
an Herodes vermählt war und er auch die Eifersucht
der Kleopatra nicht wecken wollte. Doch schrieb er,
Fünfzehntes Buch, 2. Kapitel.
295
man möge ihm den Jüngling schicken, und zwar, um
den Schein des Anstandes zu wahren, mit dem Zu-
satze: wenn es nicht allzu viele Mühe verursache. Als
Herodes hiervon Kenntnis erhielt, erachtete er es für
gefährlich, den Aristobulus, einen so schönen und im
blühenden Alter von sechzehn Jahren stehenden Jüng-
ling, der noch dazu von so vornehmer Herkunft war,
zu Antonius zu schicken, einem Manne, der damals der
mächtigste aller Römer war und von dem man sich ver-
sehen konnte, dass er auch imstande sei, den Jüngling
seiner Wollust zu opfern; denn er that, was ihm be-
liebte. Herodes schrieb deshalb zurück, wenn der Jüng-
ling auch nur einen Fuss aus dem Lande setze, werde
Krieg und Aufruhr entfesselt werden, da die Juden stets
auf eine Gelegenheit zu Unruhen und Umwälzungen
lauerten.
7. Als er sich so dem Antonius gegenüber entschul-
digt hatte, beschloss er, den Jüngling und Alexandra
nicht ohne Ehrung zu lassen. Denn abgesehen davon,
dass seine Gattin Mariamne ihn mit anhaltenden Bitten
bestürmte, er möge doch ihrem Bruder die hohepriester-
liche Würde verschaffen, hielt er es auch für in seinem
Interesse liegend, dass Aristobulus sich nicht mehr ent-
fernen dürfe, wenn er zu dieser Würde gelangt sei. Er
berief daher seine Freunde zusammen und beklagte sich
sehr über Alexandra, indem er ihnen vorstellte, diese
trachte nach der Herrschaft und suche es durch Kleo-
patra dahin zu bringen, dass er selbst vom Throne ge-
stossen und der Jüngling von Antonius zürn Könige er-
nannt werde. Darin aber handle sie sehr unbillig, da
sie nicht bloss ihre Tochter der ehrenvollen Stellung,
die sie besitze, beraube, sondern auch das Reich, welches
er mit so vieler Mühe und unter nicht unbedeutenden
Gefahren sich erworben, in Unruhen stürze. Obgleich
er aber des Unrechtes, das er von jener Seite erfahren,
wohl eingedenk sei, wolle er doch nicht auf hören, Billig-
keit walten zu lassen, und jetzt dem Sohne der
Alexandra die hohepriesterliche Würde verleihen, die er
296
Josephus’ Jüdische Altertümer.
früher dem Ananel übertragen habe, weil Aristobulus
noch ein Kind gewesen sei. Da nun der König dies
nicht aufs geratewohl, sondern mit schlauer Überlegung
sagte, um die anwesenden Frauen und Freunde zu be-
thören, erwiderte Alexandra, die sowohl von der Freude
über die unerwartete Ehrung, als von der Furcht, Ver-
dacht zu erregen , heftig bewegt war, unter Thränen
folgendes: Sie habe sich allerdings die grösste Mühe ge-
geben, dem Aristobulus zur Hohepriesterwürde zu ver-
helfen, da sie es für eine Schmach halte, dass er die-
selbe nicht besitze; aber an die Königswürde habe sie
nicht im entferntesten gedacht. Sie würde dieselbe nicht
einmal annehmen, wenn man sie ihr anböte, da sie schon
genug Ehre darin finde, dass Herodes herrsche. Auch
werde dadurch hinreichend die Sicherheit ihrer Familie
gewährleistet, da er von Natur mehr als andere befähigt
sei, zu regieren. Jetzt aber habe er sie durch die
ihrem Sohn erwiesene Ehre zum Danke verpflichtet, und
sie werde ihm künftig in allem gehorsam sein. Zugleich
bitte sie ihn um Verzeihung, wenn sie vielleicht wegen
ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm und aus
allzu grossem Selbstvertrauen in Erregung geraten sei
und unbesonnen gehandelt habe. Nachdem sie diese
Heden gewechselt, gaben sie sich zum Zeichen der Aus-
söhnung die Hand, und es schien nun jeder Argwohn
beseitigt zu sein.
Drittes Kapitel.
Wie Herodes den Aristobulus umbringen liess und
deshalb von Antonius zur Verantwortung gezogen
wurde. Von Joseph und Mariamne.
1. Bald darauf entsetzte Herodes den Ananel der
hohepriesterlichen Würde. Dieser war, wie bereits oben
erwähnt, kein Einheimischer, sondern gehörte seiner Her-
kunft nach zu den Juden , welche jenseits des Euphrat
Fünfzehntes Buch, 3. Kapitel.
297
wohnten. Einst waren ja viele Tausende unseres Volkes
nach Babylon weggeführt worden , und von diesen
stammte, und zwar aus hohepriesterlichem Geschlecht,
Ananel ab, den Herodes sich schon längst durch Freund-
schaft verpflichtet hatte. Als nun Herodes zur Regierung
gelangt war, hatte er ihm die Ehrenstelle verliehen, die
er ihm jetzt in ungesetzmässiger Weise um der Beilegung
eines Familien Streites willen wieder aberkannte. Denn
wer einmal diese Würde erlangt hatte, konnte derselben
nicht wieder verlustig erklärt werden. Antiochus Epi-
phanes war der erste, der dieses Gesetz verletzte, da er
dem Jesus die Würde nahm und sie auf dessen Bruder
Onias übertrug. Der zweite war Aristobulus, der seinen
Bruder Hyrkanus aus dem Amt entfernte, und als
dritter folgte nun Herodes, der das Hohepriestertum dem
Jünglinge Aristobulus verlieh.
2. Auf diese Weise glaubte nun Herodes den Familien-
zwist aus der Welt geschafft zu haben. Doch liess er
nach erfolgter Aussöhnung mit Alexandra nicht, wie es
billig gewesen wäre, seinen Argwohn gegen sie fahren,
sondern hielt sich wegen ihrer früheren Feindseligkeit
auch jetzt noch für berechtigt, bei Gelegenheit einen von
ihr angezettelten Aufruhr befürchten zu müssen. Er
befahl ihr daher, sich innerhalb der Königsburg zu
halten, und gestattete ihr nicht, etwas nach ihrem Be-
lieben zu thun. Ja, er liess sie so scharf bewachen, dass
sie ausser den gewöhnlichen täglichen Verrichtungen
nichts unternehmen konnte, wovon er nicht Kenntnis
erlangt hätte. Das alles rief allmählich bei Alexandra
eine Erbitterung hervor, die bald zu förmlichem Hasse
aus wuchs. Denn aufgebläht durch weiblichen Stolz,
konnte sie die über sie verhängte argwöhnische Be-
wachung nicht ertragen und wollte lieber alles Erdenk-
liche leiden, als, ihrer Freiheit beraubt, unter dem Schein
der Ehre in Knechtschaft und Furcht ihr Leben ver-
bringen. Sie schickte daher zu Kleopatra, klagte der-
selben ihre unerquickliche Lage und bat sie, ihr nach
Kräften behilflich zu sein. Kleopatra riet ihr, sie solle
298
Josephus’ Jüdische Altertümer.
heimlich mit Aristobulus zu ihr nach Aegypten fliehen,
was Alexandra denn auch, da ihr dieser Rat gefiel,
folgendermassen ins Werk zu setzen beschloss. Sie liess
zwei Särge anfertigen und schloss sich und ihren Sohn
in dieselben ein, nachdem sie ihren ins Einverständnis
gezogenen Dienern befohlen hatte, sie während der Nacht
hinauszutragen. Sie gedachte sich dann sogleich ans Meer
zu begeben, wo ein Schiff bereit lag, das sie nach Aegypten
bringen sollte. Ihr Diener Aesopus aber, der zufällig
ihren Freund Sabbion traf, teilte diesem, weil er glaubte,
er sei eingeweiht, den Plan mit. Sabbion war dem
Herodes verhasst, weil er im Verdacht stand, einer von
denen zu sein, die dem Antipater Gift gereicht hatten,
und da er hoffte, durch die Anzeige vom Vorhaben
Alexandras bei Herodes wieder in Gunst zu kommen,
verriet er dem Könige die beabsichtigte Flucht. Herodes
aber liess die beiden bis zur wirklichen Ausführung des
Planes in Ruhe, und erst als sie im Begriffe standen,
zu fliehen, liess er sie festnehmen. Obwohl er nun gern
gegen Alexandra ein geschritten wäre, sah er ihr doch
das Vergehen nach; denn er fürchtete, Kleopatra, die
nicht gut auf ihn zu sprechen war, würde ihn auf eine
Anklage von seiten Alexandras hin noch mehr hassen.
Er stellte sich deshalb an , als ob er aus Grossmut und
Milde Verzeihung gewährt habe. Doch nahm er sich
vor, auf alle Fälle den Jüngling aus dem Wege zu
räumen. Damit jedoch seine Schuld weniger ans Licht
käme, glaubte er diese That nicht sogleich nach dem
Fluchtversuch ausführen zu dürfen.
3. Unterdessen fiel das Laubhüttenfest ein, das bei
uns mit grösster Feierlichkeit begangen wird. Herodes
liess die Festtage noch Vorbeigehen und gab sich
während derselben mit dem Volke den Vergnügungen hin;
doch ward bei dieser Gelegenheit sein Neid noch ganz
besonders zur Ausführung des geplanten Verbrechens
gedrängt. Denn als der Jüngling Aristobulus, damals
siebzehn Jahre alt, zum Altäre getreten war, um nach der
Vorschrift des Gesetzes zu opfern, und in seinem hohe-
Fünfzehntes Bach, 3. Kapitel.
299
priesterlichen Gewände die religiösen Ceremonien getreu
dem Ritus vollzog, auch in seiner hervorragenden Grösse
und Schönheit wie in seiner edlen Gestalt seine vornehme
Abkunft zeigte, hatte die ganze Volksmenge ihr Wohl-
gefallen an ihm und rief sich die herrlichen Thaten
seines Grossvaters Aristobulus ins Gedächtnis. Und
überwältigt von ihren Gefühlen, jauchzte sie ihm freudig
zu, brachte ihm Segenswünsche dar und liess überhaupt
eine solche Begeisterung für ihn zu Tage treten, dass es
Tätlicher gewesen wäre, den Dank für die früher
empfangenen Wohlthaten mit Rücksicht auf Herodes
weniger laut auszudrücken. Denn gerade infolge dieser
Vorgänge beschloss Herodes, seinen Anschlag gegen den
Jüngling bald ins Werk zu setzen. Als er daher nach
dem Feste von Alexandra nach Jericho zum Mahle ge-
laden war, suchte er durch Schmeicheleien den Jüngling
an einen stillen Ort hinzulocken und stellte sich dann,
als wollte er sich mit ihm in jugendlichem Spiel ergötzen.
Da es aber an dem Orte sehr heiss war, gingen sie, er-
mattet vom Spiel, beiseite und traten an die Fischteiche,
die in beträchtlicher Grösse die Anlagen umschlossen
und bei der Hitze angenehme Kühlung gewährten. Zu-
nächst nun sahen sie einigen ihrer Freunde zu, wie diese
in dem Wasser schwammen, und als sich dann der Jüng-
ling auf Zureden des Herodes gleichfalls unter sie
mischte, tauchten ihn die Freunde des Herodes, welche
dieser entsprechend beauftragt hatte — es dämmerte
bereits — unter dem Schein des scherzhaften Spiels
unter und liessen ihn nicht eher los , als bis sie ihn er-
tränkt hatten. So kam Aristobulus im blühenden Alter
von noch nicht achtzehn Jahren ums Leben , nachdem er
nur ein Jahr lang die Hohepriesterwürde bekleidet hatte,
die nun wieder auf Ananel überging.
4. Als die Frauen von diesem Unfall Kunde er-
hielten, verwandelte sich ihre Freude in Trauer, und es
entstand ein anhaltendes Wehklagen um den geliebten
Toten. Auch die ganze Stadt ward, als die Nachricht
sich verbreitete, von gewaltigem Schmerz ergriffen, und
300
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
Jede« Haus beweinte das Unglück, als wäre es ihm selbst
zugestossen. Besonders aber empfand Alexandra den
tiefsten Schmerz, der sich noch vermehrte, als sie erfuhr,
wie der Vorfall sich ereignet hatte. Doch musste sie
aus Furcht vor noch grösserem Übel alles geduldig über
sich ergehen lassen. Oft zwar geriet sie in Versuchung,
sich das Leben zu nehmen; aber stets hielt sie davon
der Gedanke zurück, sie könnte, wenn sie am Leben
bliebe, noch etwas dazu beitragen, dass ihr hinterlistig
ermordeter Sohn gerächt würde. Sie stellte sich daher,
als wisse sie nichts davon, dass ihr Sohn vorsätzlich ge-
tötet worden war, und glaubte so eher eine Gelegenheit
zur Rache finden zu können, da sie bei diesem Benehmen
am wenigsten Argwohn erregte. Herodes selbst aber
suchte überall den Anschein zu erwecken, als ob er an
dem Tode des Jünglings nicht die geringste Schuld
trüge, indem er nicht nur an der Trauer Anteil nahm,
sondern sogar Thränen vergoss, wie wenn ihm die Teil-
nahme wirklich von Herzen käme. Es wäre ja immer-
hin möglich gewesen, dass ihn beim Anblick des in
blühender Jugendschönheit dahingemordeten Jünglings
aufrichtiger Schmerz ergriffen hätte, wenn es nicht allzu
klar gewesen wäre, dass er den Tod desselben im Inter-
esse seiner eigenen Sicherheit für notwendig gehalten
hätte. Offenbar wollte er also mit seinem Gebaren nur
die Schuld von sich abwälzen. Besonders aber über-
schritt er in der Pracht des Leichenbegängnisses alles
Mass, indem er die Aufbahrung mit peinlichster Sorg-
falt und unter Herbeischaffung einer grossen Menge von
kostbaren Spezereien vollziehen, wie auch viele Kleino-
dien mit begraben liess. Dadurch gelang es ihm denn
auch, wenigstens die Trauer und den Schmerz der
übrigen Frauen zu mildern und ihnen einigen Trost zu
gewähren.
5. Alexandra jedoch vermochte er nicht zu besänftigen.
Vielmehr wuchs deren Schmerz von Tag zu Tag im An-
denken an ihr grosses Unglück, und allmählich steigerte
sich ihre Erbitterung derart, dass sie der Kleopatra von
Fünfzehntes Buch, 3. Kapitel.
801
der Hinterlist des Herodes und der Ermordung ihres Sohnes
brieflich Mitteilung machte. Da diese aber schon längst
den Wunsch hegte, den Bitten Alexandras zu willfahren
und deren Schicksal aufrichtig bedauerte, machte sie
die Angelegenheit zu der ihrigen und liess nicht ab, den
Antonius zu bestürmen, dass er den Mord des Jüng-
lings rächen möge. Es gezieme sich nicht, sagte sie, dass
Herodes, der doch nur durch ihn in den Besitz seines
Reiches, welches ihm eigentlich gar nicht zukora me, ge-
langt sei, solche Verbrechen gegen die wahren Könige
begehe. Dadurch liess sich Antonius denn auch bewegen,
und als er nach Laodikea kam, lud er den Herodes zur
Verantwortung vor, da er der hinterlistigen Ermordung
des Aristobulus angeklagt sei. Herodes, der infolge des
Grolles der Kleopatra, die den Antonius beständig gegen
ihn aufreizte, Gefahr für sich fürchtete, beschloss, da ihm
nichts anderes zu thun übrig blieb, dem Befehle zu ge-
horchen. Er vertraute alsdann seinem Schwager Joseph
die Verwaltung des Reiches an und befahl ihm ins-
geheim, er solle, sobald Antonius ihm selbst ein Leid
zufüge, sogleich die Mariamne umbringen. Denn er
liebe sie so sehr, dass er es für schmachvoll halte, wenn
ein anderer nach seinem Tode ihre Schönheit besitzen
würde. Auch deutete er im allgemeinen darauf hin, dass
Antonius, der von Mariamnes Schönheit gehört, eine
heftige Neigung zu ihr gefasst habe. Nach Erlass dieser
Vorschriften reiste Herodes mit sehr zweifelhaften Er-
wartungen zu Antonius'ab.
6. Joseph aber, der während der Dauer der Stell-
vertretung mit Mariamne häufige Unterredungen pflog,
teils weil die Erledigung der Geschäfte dies verlangte,
teils um der Königin die gebührende Ehre zu erweisen,
that bei diesen Gelegenheiten öfters des Herodes und seiner
grossen Liebe zu ihr Erwähnung. Als nun die Frauen
und besonders Alexandra nach Weiberart seine
Schmeicheleien belächelten, ging Joseph in seinem Be-
streben, ihnen die liebevolle Gesinnung des Königs dar-
zulegen, endlich so weit, dass er den ihm erteilten
Go gle
302
Josephus’ Jüdische Altertümer.
heimlichen Auftrag verriet, um dadurch zu beweisen*
dass Herodes ohne Mariamne nicht leben könne und auch
im Tode nicht von ihr getrennt sein wolle. Die Weiber
aber schlossen aus diesen Worten Josephs, wie das auch
leicht erklärlich war, nicht auf die heftige Liebe des
Herodes, sondern einzig auf dessen grausame Gesinnung,
infolge deren er selbst nach seinem Tode noch in
tyrannischer Herzlosigkeit zu ihrem Verderben beitragen
wolle, und schwebten also in bängster Sorge um das,
was ihnen bevorstand.
7. Unterdessen wurde von den Feinden des Herodes
in der Stadt Jerusalem das Gerücht verbreitet, der König
sei von Antonius gefoltert und mit dem Tode bestraft
worden. Hierdurch ward der ganze Hof, besonders aber
die Weiber, in die grösste Bestürzung versetzt. Alexandra
suchte nun den Joseph zu veranlassen, mit ihnen aus
der Königsburg zu fliehen und sich unter den Schutz
der römischen Legion zu stellen, welche damals nahe
bei der Stadt unter dem Befehle des Julius lagerte.
Denn dort, sagte sie, würden sie, wenn im Palaste ein
Aufruhr entstände, bei dem bekannten Wohlwollen der
Römer am sichersten sein , und zugleich hege sie auch
die Hoffnung, dass, wenn Antonius die Mariamne gesehen
habe, sie durch ihn nicht nur die Herrschaft, sondern
auch alles andere erlangen würden, was der Sprösslinge
königlicher Ahnen würdig sei.
8. Während sie nun hierüber noch im Gespräch be-
griffen waren, kam auf einmal ein Brief von Herodes
an, der das gerade Gegenteil des Gerüchtes meldete.
Denn sobald Herodes zu Antonius gekommen war,
hatte er ihn durch Geschenke, die er von Jerusalem
mitgenommen, gnädig^gestimmt und im Verlaufe der
Unterredung seinen Zorn derart besänftigt, dass die
Worte derKleopatra gegenüber seiner milden Gesinnung
ihre Kraft verloren. Antonius sagte nämlich, es zieme
sich nicht, dass ein König dafür zur Verantwortung ge-
zogen werde, was er während seiner Regierung thue; er
selbst möchte unter solchen Umständen nicht König
Fünfzehntes Buch, 3. Kapitel.
303
sein. Wer die Würde und Macht eines Königs besitze,
müsse nach Recht und Billigkeit auch freien Gebrauch
davon machen dürfen. Der Kleopatra aber gab er zu
verstehen, es passe sich nicht, dass sie sich um die An-
gelegenheiten der Fürsten kümmere. Von allen diesen
Vorgängen schrieb Herodes, wie auch weiterhin von den
Ehrenbezeugungen , die ihm Antonius tagtäglich in
Audienzen und bei Tische erweise, und dass ihm das
alles zu teil werde trotz der Feindseligkeit der Kleopatra,
welche, nach seinem Reiche lüstern, auf alle mögliche
Weise versuche, ihn aus dem Wege zu räumen. Da nun
Antonius ihm so wohlgeneigt sei, habe er auch für die
Zukunft nichts Schlimmes zu befürchten, sondern werde
bald zurückkehren und bei dem Wohlwollen des Anto-
nius noch fester stehen. Kleopatra aber habe weiter
nichts mehr zu erwarten, da Antonius, um ihre Forde-
derungen zu befriedigen, ihr Coelesyrien geschenkt und
damit sowohl ihren Groll beschwichtigt als auch bewirkt
habe, dass sie auf das Königreich Judaea keinen An-
spruch mehr erhebe.
9. Nach Bekanntwerden dieses Schreibens hatte selbst-
verständlich das Vorhaben, sich unter den Schutz der
Römer zu begeben, keinen Zweck mehr. Doch blieb
dasselbe dem Herodes nicht verborgen. Denn als der
König, weil Antonius gegen die Parther aufgebrochen
war, nach Judaea zurückkehrte, teilten ihm seine
Schwester Salome und seine Mutter den Plan mit, und
Salome beschuldigte noch obendrein ihren Gatten Joseph
des häufigen verbotenen Umganges mit Mariamne. Das
that sie aber, weil sie gegen Mariamne einen alten Groll
hegte, der darin seinen Grund hatte, dass diese bei
Streitigkeiten, die zwischen ihnen vorfielen, ihr und ihren
Geschwistern gewöhnlich ihre niedrige Herkunft zum
Vorwurf machte. Herodes, der Mariamne stets leiden-
schaftlich geliebt hatte, geriet über diese Mitteilungen
in heftigen Zorn und vermochte seine Wut kaum zu
bezwingen. Doch nahm er sich, um in seiner gewaltigen
Erregung nichts zu begehen, was er später bereuen
804
Josephus’ Jüdische Altertümer.
müsse, zusammen und stellte Mariamne insgeheim
wegen ihrer Zusammenkünfte mit Joseph f zur Rede.
Da sie aber ihre Unschuld eidlich beteuerte
und zu ihrer Rechtfertigung alles vorbrachte, was
nur Schuldlose geltend machen können, überzeugte
sie den König allmählich von der Grundlosigkeit der
Anklage. Dieser liess nun von seinem Zorn ab und
ging, durch die Liebe zu ihr besiegt, sogar so weit, dass
er sich entschuldigte, weil er der Verleumdung so leicht-
sinnig Glauben geschenkt, ihr für ihr sittsames Ver-
halten seinen Dank abstattete und ihr seine besonders
herzliche Liebe zu erkennen gab. Und wie es meistens
bei solchen Anlässen zu geschehen pflegt, brachen sie
schliesslich beide in Schluchzen aus und umarmten sich
innig. Da aber der König sie wieder und wieder seiner
grossen Liebe versicherte und ihre Gegenliebe zu ent-
flammen suchte, erwiderte ihm Mariamne: „Das ist
aber doch sicher kein Zeichen grosser Liebe, dass du
den Befehl erteilt hast, mich trotz meiner Unschuld zu
töten, sobald Antonius dir etwas zuleide thun würde.“
Diese Worte schnitten dem Könige ins Herz; er liess
sie aus seinen Armen, raufte sich das Haar und schrie
laut auf, nun sei der klare Beweis geliefert, dass sie mit
Joseph verbotenen Umgang gepflogen habe. Denn dieser
hätte ihr den geheimen Auftrag gewiss nicht verraten,
wenn sie nicht so sehr miteinander vertraut gewesen
wären. Beinahe hätte der König sogar seine Gattin um-
gebracht. Doch verhütete seine immer noch grosse Liebe
zu ihr diesen Ausbruch seines Zornes, wiewohl er sich
nur mühsam beherrschte. Den Joseph aber liess er ohne
jedes Verhör hinrichten und Alexandra als die Urheberin
alles Unheils ins Gefängnis werfen.
Fünfzehntes Buch, 4. Kapitel.
305
Viertes Kapitel.
Wie Kleopatra , nachdem Antonius ihr einen Teil von
Judaea und Arabien geschenkt hatte, nach Judaea kam,
und wie Herodes sie reich beschenkte und nach Aegypten
geleitete.
1. Unterdessen kam es in Syrien wieder zu Unruhen,
da Kleopatra nicht auf hörte, den Antonius zum Kriege
gegen ihre sämtlichen Nachbarn zu hetzen. Sie suchte
ihn nämlich zu bereden, ihnen allen die Herrschaft zu
nehmen und dieselbe ihr zu übertragen, und bei der
grossen Liebe, die er zu ihr hegte, hatte sie grossen
Einfluss auf ihn. Habgierig von Natur, wie sie war,
schreckte sie vor keiner noch so grossen Ungerechtigkeit
zurück, wenn sie ihre Zwecke dadurch fördern konnte.
So hatte sie ihren fünfzehn Jahre alten Bruder, von dem
sie wusste , dass er ihr auf dem Throne folgen sollte,
mit Gift aus dem Wege geräumt, und ihre Schwester
Arsinoö, als diese sich zu Ephesus in den Dianatempel
geflüchtet hatte, mit Hilfe des Antonius umbringen
lassen. Wo sie auch nur die leiseste Hoffnung hatte,
zu Geld zu kommen, verschonte sie weder Tempel noch
Gräber. Kein Ort war ihr so heilige dass sie" ihn nicht
mit Gewalt seines Schmuckes beraubt hätte, und keiner
so unheilig, dass sie sich gescheut hätte, ihn zu betreten,
wenn sie nur hoffen konnte, ihre unersättliche Habgier
daselbst zu befriedigen. Kurz, es war dem üppigen und
sinnlichen Weibe nichts genug, und es fehlte ihr alles,
wenn sie auch nur etwas nicht besass,] wonach sie ver-
langte. Deshalb lag sie beständig dem Antonius an,
dass er anderen ihre Besitzungen nehmen und ihr
schenken möge. Als sie nun in Syrien mit ihm zu-
sammentraf, gedachte sie auch dieses Land in ihre Ge-
walt zu bringen. In derselben Absicht liess sie Lysanias,
den Sohn des Ptolemaeus, unter dem Vorwand er-
morden, er wolle die Parther in Aufruhr bringen,
und forderte von Antonius, er solle die Länder Arabien
Josephus’ Jüdische Altertümer, n. 80
306
Josephus’ Jüdische Altertümer.
und Judaea Ihren Königen nehmen und ihr dieselben
geben. Antonius war nun zwar so in den Netzen dieses
Weibes verstrickt, dass er nicht nur mit ihr in ver-
trautestem Verkehr stand, sondern auch wie durch einen
Zauberbann dazu verpflichtet schien, ihr in allen Stücken
zu Willen zu sein. Dennoch hielt ihn die Scheu vor
offenbaren Ungerechtigkeiten davon zurück, ihr in allem
und jedem nachzugeben und dadurch allzu grossen An-
stoss zu erregen. Um ihr daher einerseits ihre Bitte
nicht geradezu abzuschlagen, anderseits aber auch durch
Eingehen auf alle ihre Forderungen nicht öffentlich als
ungerecht zu erscheinen, nahm er jedem der beiden
Könige einen Teil seines Landes ab und schenkte ihn
der Kleopatra. Auch gab er ihr die Städte, welche
zwischen dem Flusse Eleutherus und Aegypten lagen,
jedoch mit Ausnahme von Tyrus und Sidon, weil er
wusste, dass dieselben von alters her frei gewesen
waren, obgleich sie ihn sehr bestürmte, ihr auch diese
zu schenken.
2. Als Kleopatra das erlangt und den Antonius auf
seinem Zuge gegen Armenien bis zum Euphrat begleitet
hatte, kehrte sie um, reiste nach Apamea und Damaskus
und begab sich von da nach Judaea. Hier trafHerodes
mit ihr zusammen und pachtete ihr den ihr geschenkten
Teil von Arabien sowie die Einkünfte des Gebietes von
Jericho ab. Die letztere Gegend nämlich bringt Balsam
hervor, welcher der köstlichste im ganzen Lande ist und
sonst nirgends erzeugt wird, sowie viele und schöne
Palmbäume. Da nun Kleopatra hier längeren Aufent-
halt nahm und mit Herodes regen Verkehr unterhielt,
versuchte sie, von Natur zu unkeuschen Vergnügungen
geneigt, den König in verbotenen Umgang zu ver-
stricken, sei es, dass sie wirklich in ihn verliebt war, sei
es, dass sie, was wahrscheinlicher ist, im Sinne hatte,
aus dem Ehebruch, zu dem sie ihn verleiten wollte, nur
neuen Anlass zu (Nachstellungen herzunehmen. Kurz,
sie stellte sich an, als ob sie in Liebe zu ihm vergehen
müsse. Herodes aber, der ihr schon längst feindlich
Fünfzehntes Buch, 4. Kapitel.
307
gesinnt war und wusste, dass sie mit ihren Zudringlich-
keiten niemand verschonte, glaubte, wenn sie aus zügel-
loser Lust zu den Anträgen sich hätte hinreissen lassen,
sie mit Recht verabscheuen, wenn sie aber in hinter-
listiger Absicht dieselben vorgebracht hätte, ihr zuvor-
kommen und sie dafür züchtigen zu müssen , und wies
deshalb ihre Lockungen [von ?sich. Dannj überlegte er
mit seinen Freunden, ob er sie nicht umbringen lassen
solle, da er jetzt Gelegenheit dazu habe. Dadurch werde
er alle, denen sie bisher lästig gefallen sei und künftig
noch lästig fallen könnte, von mancher Unannehmlich-
keit befreien, und auch dem Antonius werde das von
Nutzen sein, da sie auch diesem gegenüber sich nicht
als treu bewähren würde, wenn er einmal in die Lage
kommen sollte, sich auf sie verlassen zu müssen. Doch
seine Freunde hielten ihn von diesem Vorhaben zurück,
indem sie ihm zunächst vorstellten, dass es ihm, da er
wichtigere Dinge zu thun habe, nicht zieme, sich einer
so offenbaren Gefahr auszusetzen. Darum baten und
bestürmten sie ihn, er möge nicht unüberlegt handeln.
Denn sicher werde Antonius eine solche That nicht un-
gestraft hingehen lassen, wenn er auch vielleicht über-
zeugt -sei, dass dieselbe ihm grossen Nutzen bringen
könne. Vielmehr werde seine Liebe zu Kleopatra noch
heftiger entfacht werden, wenn er daran denken müsse,
dass sie mit Gewalt und Hinterlist ihm entrissen worden
sei. Auch werde Herodes keine hinreichende Ent-
schuldigung dafür beibringen können , dass er sich an
einer Frau vergriffen habe, welche die angesehenste und
mächtigste ihrer Zeit sei. Der Nutzen der That aber,
wenn überhaupt von einem solchen die Rede sein könne,
werde, da er mit soloher Tollkühnheit und im Wider-
spruch mit der Liebe des Antonius errungen werde, gar
nichts zu bedeuten haben. Daraus gehe klar hervor,
dass Herodes sein Reich und sein Haus in grosses und
unabsehbares Unglück stürzen würde. Anderseits stehe
ihm aber auch nichts im Wege, die Sünde, zu der sie
ihn verlocken wolle, T zu vermeiden und dadurch seinem
io
308
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Nutzen sowohl als auch der Schicklichkeit zu dienen.
Durch diese abschreckenden Worte und die Schilderung
der wahrscheinlichen Gefahr hielten sie ihn von seinem
Vorhaben zurück. Alsdann beschwichtigte Herodes die
Kleopatra durch Geschenke und begleitete sie nach
Aegypten.
3. Sowie nun Antonius Armenien unteijocht hatte,
schickte er Artabazes, den Sohn des Tigranes, samt
dessen Söhnen und Satrapen gefangen nach. Aegypten
und machte sie nebst allen königlichen Kostbarkeiten,
die er erbeutet hatte, der Kleopatra zum Geschenk. Der
Herrschaft über Armenien aber bemächtigte sich Artaxias,
der älteste Sohn des Artabazes, der damals durch Flucht
entkommen war. Später jedoch vertrieben ihn Archelaus
und der Caesar Nero, die sodann seinen jüngeren Bruder
Tigranes auf den Thron setzten.
4. Was übrigens die Zölle betrifft, die der Kleopatra
samt den ihr abgetretenen Landesteilen von Antonius
angewiesen worden waren, so bezahlte Herodes dieselben
pünktlich, da er es nicht für klug hielt, der
Aegyptierin Ursache zur Unzufriedenheit zu geben.
Der Araberkönig nun, von dem Herodes die Abgaben
erhob, weil dieser für die pünktliche Entrichtung der-
selben sich verbürgt hatte, entrichtete zwar eine Zeit-
lang jährlich zweihundert} Talente, wurde aber später
säumig in der Bezahlung des Geldes, und wenn er auch
einen Teil der Abgaben auf vieles Drängen hin zahlte,
so that er daß doch nicht, ohne zugleich noch Unter-
schlagungen zu begehen.
Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel.
309
Fünftes Kapitel.
Wie Herodes gegen die Araber Krieg führte.
Von dem grossen Erdbeben. Des Herodes Rede an seine
Truppen.
1. Da nun der Araber sich so unzuverlässig zeigte
und zuletzt (seiner Pflicht gar nicht mehr nachkam,
wollte Herodes ihn mit Waffengewalt zwingen, wurde
aber durch] den inzwischen ausgebrochenen römischen
Bürgerkrieg daran gehindert. ;Um diese Zeit sah ]man
nämlich der Schlacht bei Actium entgegen, welche in
die hundertsiebenundachtzigste Olympiade fiel, und jin
der Caesar (Octavianus) mit Antonius um die Oberherr-
schaft kämpfen wollte. Herodes, der sich schon lange
im Besitz eines vorzüglich bebauten Landes befand und
sich grosse Reichtümer aus seinenVEinkünften erworben
hatte, sammelte ein Heer, rüstete~es in jeder Beziehung
vortrefflich aus und wollte^damit dem Antonius] zu Hilfe
kommen. Antonius aber erklärte .ihm, dass er seiner Hilfe
nicht bedürfe, und trug ihm auf, den Araberkönig zu be-
kriegen, von dessen Treulosigkeit er sowohl durch Herodes
als auch durch Kleopatra in; Kenntnis gesetzt^ worden
war. Kleopatra nämlich wünschte sehr, dass die beiden
miteinander^intKrieg verwickelt würden, weil sie daraus
Nutzen zu ziehen hoffte. Herodes kehrte also, nachdem
er den Auftrag des Antonius erhalten hatte, wieder um
und rüstete sich, in Arabien einzufallen. Mit Fussvolk
und Reiterei rückte er alsdann aus, traf die Araber bei
Diospolis und besiegte sie in einer blutigen Schlacht.
Bald aber brachten sie wieder ein zahlreiches Heer bei
Kana, einem Orte in Coelesyrien, zusammen. Auf die
Kunde hiervon führte Herodes den grössten Teil seiner
Streitkräfte gegen die Araber, und sobald er sich Kana
genähert hatte, beschloss er, ein Lager zu schlagen und
dasselbe mit einem Walle zu befestigen, um zu ge-
legener Zeit eine Schlacht liefern zu können. Als er
aber die Anstalten hierzu traf, rief das ganze Heer laut
310 Josephus’ Jüdische Altertümer.
aus, es wolle sogleich ohne Verzug gegen die Araber
geführt werden. Denn es war auf einmal von heftiger
Kampfbegierde erfasst worden, weil es sich wohlgerüstet
glaubte, und diejenigen Krieger, welche die frühere
Schlacht mitgemacht hatten, waren erst recht auf den
Zusammen stoss erpicht. Weil nun das Heer eine so
grosse Begeisterung und Kampfesfreudigkeit zeigte, be-
schloss der König, sich diesen, Eifer zu nutze zu machen,
sprach daher zu seinen Kriegern, er wolle ihrer Tapfer-
keit nichts mehr in den Weg legen, und zog den Seinen
in den Kampf voraus, während sie selbst ihm in ge-
höriger Ordnung folgten. Da erfasste die Araber plötz-
lich ein gewaltiger Schrecken, sodass sie nur kurzen
Widerstand leisteten und sich alsbald zur Flucht
wandten. Ja , sie wären gänzlich aufgerieben worden,
wenn ein gewisser Athenion nicht dem Herodes und
den Juden einen schlechten Streich gespielt hätte.
Dieser Athenion führte imi Namen der Kleopatra den
Oberbefehl über das derselben gehörende arabische Ge- •
biet, und da er sich mit Herodes schlecht vertrug, wollte
er den Ausgang des Krieges nicht unvorbereitet ab-
warten, beschloss vielmehr, sich ruhig zu verhalten, wenn
die Araber im Vorteil blieben, dagegen die Juden an-
zugreifen, falls die Araber, wie es wirklich eintraf, unter-
liegen würden. Er brach also mit seinem Kriegsvolk
auf die Juden, welche vom Kampfe ermattet waren und
sich schon im Besitze des Sieges glaubten, unversehens
ein und bereitete ihnen eine schwere Niederlage. Weil
nämlich die Juden ihre Kräfte im Kampf gegen den
offenen Feind erschöpft hatten und in der Ausnutzung
ihres Sieges etwas zu lässig waren, wurden sie von den
frischen Angreifern leicht zum Weichen gebracht und
erlitten auf dem felsigen und für die Reiterei sehr un-
günstigen Terrain, an welches ihre Gegner bereits ge-
wöhnt waren, schwere Verluste. Als nun die Araber
die verzweifelte Lage ihrer Feinde gewahrten, bereiteten
auch sie sich mit neuem Mute wieder zum Angriff vor,
warfen die Juden völlig in die Flucht und richteten
Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel.
311
ein gewaltiges Blutbad unter ihnen an. So kam der
grösste Teil der Juden um, und nur wenige konnten
eich ins Lager retten. Herodes hatte zwar, als er die
üble Lage der Seinen erkannte, in aller Schnelligkeit
Hilfe herbeizuholen gesucht. Wie sehr er sich aber .auch
beeilte — die Hilfe kam doch zu spät, da das Lager der
Juden schon von den Arabern genommen war. ^Die
letzteren aber waren auf ihren so unverhofft errungenen
Sieg und die völlige Aufreibung! des feindlichen Heeres
nicht wenig stolz. Herodes verlegte sich sodann auf
Raubzüge, schlug sein Lager in den Bergen auf und
beunruhigte die Araber durch fortwährende Einfälle,
hütete sich jedoch, sich auf einen offenen Kampf ein-
zulassen. Auf diese Weise setzte er seinen Feinden arg
zu und suchte die erlittene’ Niederlage nach Möglichkeit
wieder gut zu machen.
2. Unterdessen wurde umj die^Zeit der Schlacht bei
Actium, 1 die im siebenten Regierungsjahre des Herodes
zwischen Caesar und Antonius geschlagen wurde, Judaea
von einem Erdbeben heimgesucht, wie man es noch nie
erlebt hatte, sodass im ganzenLande eine grosse Menge
Vieh zu Grunde ging und auch gegen zehntausend
Menschen unter den Trümmern ihrer eingestürzten
Häuser den Tod fanden, während das Heer, weil es
unter freiem Himmel weilte, von dem Unglück nicht
berührt wurde. Als die Araber von diesem Missgeschick
der Juden, welches ihnen von denenj, die ihrem Hasse
gegen die Juden schmeicheln wollten, noch dazu sehr
übertrieben berichtet) wurde, Kunde Jerhielten, wurden
eie sehr übermütig, als* wenn sie nach der Verwüstung
des feindlichen Landes und dem Untergange so vieler
Menschen nun keinen Widerstand mehr zu erwarten
hätten. Ja, sie ergriffen sogar die Gesandten der Juden,
die nach dem Erdbeben zu ihnen gekommen waren, um
Frieden mit ihnen zu schliessen, töteten sie und rückten
mit grossem Ungestüm auf das jüdische Heer an. Die
1 31 y. Chr
312
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
Juden aber hatten keine Lust, es mit ihnen aufzunehmen,
da sie nach der schweren Drangsal, welche sie betroffen,
schier in Verzweiflung geraten waren und sich für viel
zu schwach hielten, um dem Feinde entgegentreten zu
können, zumal sie bei ihren zerrütteten heimischen Ver-
hältnissen auf keine Unterstützung rechnen konnten.
Bei dieser misslichen Lage redete der König den Heer-
führern zu und suchte ihren gesunkenen Mut auf-
zurichten, und nachdem er einige, der Vornehmsten dahin
gebracht, dass sie sich wieder ermannten, wandte er sich
an das gesamte Kriegsvolk, das er bis jetzt, weil es von
den Schicksalsschlägen zu sehr niedergebeugt war, nicht
anzureden gewagt hatte, und hielt an dasselbe folgende
ermunternde Ansprache:
3. „Ich weiss wohl,JJihr wackeren Leute, dass in der
letzten Zeit sich manches ereignete, was uns schwer
niedergedrückt hat, und vielleicht dürfte in einer so
schlimmen Lage selbst der Tapferste den Mut verlieren.
Weil wir aber jetzt zum Kriege gedrängt werden, und
nichts von dem, was uns getroffen hat, derart ist, dass
es nicht durch eine ruhmvolle That wieder ausgeglichen
werden könnte, will ich euch jetzt ermuntern und euch
zeigen, wie ihr euren früheren Heldenmut wieder be-
währen könnt. Was zunächst den Krieg selbst anlangt,
so will ich euch beweisen, wie gerechte Ursache wir
haben, ihn zu führen, da wir durch die Ungerechtigkeit
unserer Feinde dazu gezwungen werden. Denn das wird
euch, wenn ihr es recht bedenkt, zähe Widerstandskraft
einflössen. Dann will ich euch auch zeigen , dass alle
Übel, die uns jetzt drücken, für nichts zu achten sind,
und dass wir gegründete (Hoffnung auf Sieg haben. Ich
beginne mit dem ersten Beweise und rufe euch selbst zu
Zeugen der Wahrheit meiner Worte an. Ihr wisst doch
gut, wie ungerecht die Araber gehandelt und wie treulos
und gottlos sie sich nach Art der Barbaren benommen
haben. Besonders haben sie durch ihre Habgier, durch
ihren Neid und durch hinterlistige Angriffe uns sehr
geschadet. Doch wozu soll ich noch viele Worte
Fünfzehntes Bach, 5. Kapitel.
313
hierüber verlieren ? Wer hat 6ie denn, als sie in Gefahr
standen, ihre Freiheit zu verlieren und in die Knecht-
schaft der Kleopatra zu fallen, aus dieser Gefahr be-
freit? Nur meine guten Beziehungen zu Antonius waren
die Ursache, dass ihnen damals nichts Schlimmeres
widerfuhr, zumal Antonius nichts that, was uns hätte
Argwohn einflössen können. Als er dann der Kleopatra
Teile unseres beiderseitigen Gebietes schenken wollte,
habe ich auch in dieser Sache die ganze Sorge auf mich
genommen, uns durch reiche Geschenke Frieden ver-
schafft, die ersten zweihundert Talente selbst gezahlt
und für weitere zweihundert Talente, die dem Lande
auferlegt waren, die Bürgschaft übernommen. Und doch
haben uns die Araber hierin ihr Wort nicht gehalten.
Ist es nun schon überhaupt an sich unbillig, dass die
Juden von ihren Gütern irgend jemand Abgaben oder
Steuern bezahlen, so ist es doch erst recht nicht in der
Ordnung, dass wir das auch noch für diejenigen thun
sollen, die uns ihre Rettung verdanken, zumal die
Araber, welche eingestandenermassen uns zur Erkennt-
lichkeit verpflichtet sind, uns noch dazu beleidigt und
betrogen haben, obwohl wir nicht ihre Feinde, sondern
ihre Freunde waren. Wenn aber das gegebene Wort
selbst unter erbitterten Feinden Geltung hat, um wieviel
mehr muss das unter Freunden der Fall sein! Freilich
muss man Treue nicht bei denen suchen, die jedes Mittel
für erlaubt halten, wodurch sie sich Gewinn verschaffen
können. Kann es euch daher noch im geringsten
zweifelhaft sein, dass wir an solchen ungerechten
Menschen Rache nehmen müssen, da Gott selbst uns
geboten hat, die Ungerechtigkeit zu verabscheuen, und
da wir nicht nur einen gerechten, sondern auch einen
notwendigen Krieg Vorhaben ? Haben sie doch mit der
Ermordung unserer Gesandten eine Schandthat begangen,
die von Griechen wie Barbaren für gleich nichtswürdig
gehalten wird. Denn die Griechen erklären die Ge-
sandten für heilig und unverletzlich; wir aber haben
unsere wichtigsten Satzungen und den heiligsten Teil
314
Josephus’ Jüdische Altertümer.
unserer Gesetze durch Engel erhalten, die von Gott ge-
sandt waren. Eine solche Kraft hat der Titel eines
Gesandten, dass er bei den Menschen für den Stell-
vertreter Gottes gilt und den Feind mit dem Feinde aus-
zusöhnen vermag. Welcher Frevel könnte also grösser
sein wie die Ermordung derer, die gesandt sind, um über
Recht und Frieden zu verhandeln? Und wie können
diejenigen, die solchen Frevel begangen haben, je in
ihrem Leben wieder ruhig und im Kriege wieder glück-
lich sein? Mir wenigstens scheint das undenkbar. Es
könnte nun vielleicht jemand einwenden, wir hätten
wohl das Recht auf unserer Seite, die Feinde aber die
Stärke und Übermacht der Zahl. Solche Rede kann
aber bei euch keine Wirkung haben. Denn wer das
Recht auf seiner Seite hat, hat Gott für sich; wo aber
Gott ist, da ist auch Macht und Stärke. Bedenken wir
ferner unsere früheren Thaten: in der ersten Schlacht
haben wir gesiegt, in der zweiten haben uns die Feinde
keinen Widerstand geleistet, sondern sind sogleich ge-
flohen, da sie unseren kraftvollen Ansturm nicht aus-
zuhalten vermochten. Als wir dann schon gesiegt hatten,
griff Athenion uns an, ohne uns den Krieg erklärt zu
haben. Ist das nun nicht eher Hinterlist und Tücke,
als Tapferkeit? Warum sollen wir denn den Mut ver-
lieren wegen einer Sache, die eigentlich unsere Zu-
versicht noch steigern müsste? Und wie können solche
Menschen uns Furcht einjagen, die, sowie sie offen mit
uns kämpften, noch stets unterlegen sind, und die, wenn
sie einen Sieg errungen zu haben schienen, diesen nur
ihrer Hinterlistigkeit verdankten? Hält sie aber trotz-
dem noch jemand für tapfer , warum lässt er sich nicht
eben dadurch zu grösserem Kampfeseifer anspornen?
Ein Zeichen von Mut ist es doch wahrlich nicht,
Schwache anzugreifen, sondern vielmehr Stärkere zu
überwinden. Sollte aber vielleicht jemand infolge der
Drangsale, die unser Heimatland betroffen haben, und
namentlich infolge des Erdbebens zaghaft sein, so möge
er doch zunächst bedenken, dass diese Unfälle den
Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel.
315
Arabern viel grösser Vorkommen, als sie in Wirklich-
keit sind, und sodann auch, dass es sich für uns nicht
geziemt, uns durch das iu Angst jagen zu lassen , was
unsere Feinde mit Zuversicht erfüllt. Denn nicht, weil
ihnen selbst etwas Glückliches widerfahren ist, sind sie
so übermütig, sondern weil sie hoffen, wir würden uns
unter der Wucht der Schicksalsschläge beugen. Wenn
wir aber gegen sie zu Felde ziehen, werden wir ihren
Übermut schon dämpfen und dann erst recht zuversicht-
lich sein, wenn wir nicht mehr mit so trotzigen Gegnern
zu ringen haben. Lasst uns also nicht verzagen und
nicht etwa glauben , dass unser Missgeschick eine Folge
des göttlichen Zornes sei ; vielmehr ist dasselbe nur dem
blossen Zufall zuzuschreiben. Wäre es aber auch wirk-
lich von Gott in seinem Ratschlüsse über uns verhängt
worden, so hätte es doch auch schon durch seinen Rat-
schluss ein Ende genommen, weil Gott sich an dem
Vergangenen genügen lässt. Denn hätte er uns noch
fernerhin heimsuchen wollen, so würde er gewiss seinen
Ratschluss nicht so schnell geändert haben. Dass es
aber sein Wille ist, dass wir diesen Krieg unternehmen
und dass derselbe von ihm für gerecht gehalten wird,
hat er uns deutlich zu erkennen gegeben. Denn während
rings im Lande gar manche durch das Erdbeben um-
gekommen sind, ist doch keinem einzigen Krieger etwas
zugestossen. Vielmehr seid ihr alle wohlbehalten, wo-
durch Gott euch kundthut, dass, wenn ihr auch mit
Weib und Kind in den Krieg zöget, euch dennoch kein
Unheil treffen würde. Wenn ihr das alles bedenkt und,
was noch mehr heissen will, euch vorstellt, dass Gott
stets für euch streiten wird, so werdet ihr gerechte und
blutige Rache nehmen an denen, die treulos gegen ihre
Freunde, unversöhnlich im Kriege, frevelhaft gegen
unsere Gesandten waren, und die ihr an Tapferkeit
stets weit übertroffen habt. *
3. Diese Rede hob den Mut der Juden gewaltig.
Herodes aber führte sie nach Darbringung eines feier-
lichen Opfers eilig über den Jordan gegen die Araber
316
Josephus’ Jüdische Altertümer.
und schlug nicht weit vom Feinde sein Lager auf. Er
beschloss sodann, eine zwischen den Juden und den
Arabern liegende Festung zu nehmen , weil er dies für
nützlich hielt, einmal für den Fall, dass derZusammen-
stoss mit dem Feinde schnell erfolgen sollte, dann aber
auch im Hinblick auf die Möglichkeit, dass der Kampf
sich in die Lange ziehen würde; in letzterem Falle
sollte die Festung ein befestigtes Lager ersetzen. Die
Araber jedoch hatten denselben Plan, und so entbrannte
um diesen Ort der Kampf. Anfangs beschränkte sich
derselbe auf leichte Plänkeleien; dann aber wurden die
Gegner handgemein, und es fiel auf beiden Seiten eine
beträchtliche Anzahl , bis schliesslich die Araber unter-
lagen und zu weichen begannen. Dadurch wuchs das
Selbstvertrauen der Juden, und da der König bedachte,
dass die Araber eher alles andere thun würden, als sich
wieder in einen Kampf einzulassen, fing er an, die
feindlichen Verschanzungen zu zerstören und das Lager
der Araber zu stürmen. Ohne alle Ordnung, Kampfes*
freudigkeit und Siegeshoffnung zogen die Feinde heran
und leisteten nur Widerstand, weil sie an Zahl über-
legen waren und aum Kampfe genötigt wurden. Schliess-
lich entwickelte sich ein blutiges Treffen, in welchem
auf beiden Seiten gar viele umkamen. Alsdann
wandten sich] die Araber zur Flucht, und es entstand
unter ihnen ein gewaltiges Blutbad, da sie nicht nur
dem Schwerte der Feinde, sondern auch dem ihrer
eigenen Freunde erlagen. Es kam nämlich bei der
grossen Menschenmasse zu einer ungeheuren Verwirrung,
in der die Araber 6ich gegenseitig zu Tode traten und
mit ihren eigenen Geschossen verwundeten. So geschah
es, dass fünftausend von ihnen fielen. Der Rest flüchtete
sich in eine Festung, aber wegen Mangels an Lebens-
mitteln und |besonders an Wasser ohne alle Hoffnung
auf Rettung. Die Juden setzten ihnen nach, konnten
jedoch nicht zugleich mit ihnen in die Festung ein-
dringen und schlossen sie deshalb ein. Dann be-
wachten sie die Pässe aufs schärfste und schnitten
Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel.
317
ihren Feinden dadurch jede Möglichkeit der Flucht wie
des Entsatzes ab.
5. In dieser schlimmen Lage schickten die Araber
Gesandte an Herodes, zunächst um wegen des Friedens
zu unterhandeln, und ferner, um Abhilfe hinsichtlich
ihres grossen Wassermangels zu erbitten. Herodes aber,
der sich für das erlittene Unrecht rächen wollte, nahm
weder die Gesandten, noch Lösegeld für die Gefangenen,
noch irgend einen anderen Vorschlag an, und so sahen
sich die Araber durch] Durst und ihre sonstige Not
endlich gezwungen, sich den Juden zu ergeben, um sich
von ihnen fesseln und wegführen zu lassen. Auf diese
Weise wurden im Verlauf von fünf Tagen viertausend
Araber in die Gefangenschaft geschleppt. Am sechsten
Tage aber entschlossen sich die übrigen , einen regel-
rechten Ausfall zu versuchen und mit dem Feinde hand-
gemein zu werden, da sie sich lieber der Gefahr des
Kampfes, als dem schmählichen Hungertode unterziehen
wollten. Sie rückten also aus der Umwallung heraus,
konnten aber vor körperlicher und geistiger Ermattung
keinen nennenswerten Widerstand mehr leisten, weshalb
sie den Tod. als Gewinn, das Leben aber als Qual be-
trachteten. Und so fielen gleich beim ersten Zusammen-
stoss gegen siebentausend Mann von ihnen. Nach dieser
Niederlage verloren die Araber allen Mut, und voll
Bewunderung für die Feldherrntüchtigkeit des Herodes
ergaben sie sich ihm und erkannten ihn als ihren Herrn
an. Herodes aber kehrte, stolz auf sein Kriegsglück
und wegen seiner Heldenthaten allgemein bewundert,
nach Hause zurück.
318
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Sechstes Kapitel.
Wie Herodes den Hyrkanus umbringen liess, zum
Caesar reiste und von diesem freundlich empfangen
wurde. Wie er bald darauf auch dem Caesar zu
Ptolemaxs einen glänzenden Empfang bereitete.
1. Herodes hatte nun alles so in Ordnung gebracht,
dass es schien, als könne ihm von keiner Seite mehr
etwas Widriges zustossen. Gleichwohl geriet er nach
dem Siege, welchen Octavianus über Antonius bei Ac-
tium errungen hatte, in Gefahr, alles zu verlieren. Denn
nach dieser Schlacht gab nicht nur Herodes selbst jeg-
liche Hoffnung auf, sondern es thaten dies auch seine
Freunde, während seine Feinde frohlockten. War es
doch wahrscheinlich, dass Herodes wegen der freund-
schaftlichen Beziehungen zu Antonius nun seiner Strafe
nicht entgehen würde. Seine Freunde fingen daher an,
völlig den Mut zu verlieren, während seine Feinde zwar
äusserlich Mitgefühl zur Schau trugen, innerlich aber
sich freuten, da sie nun eine bessere Wendung der
Dinge für sich erhofften. Bei dieser Sachlage hielt
Herodes es für geraten, den Hyrkanus, der allein vom
Königsgeschlechte noch am Leben war, aus dem Wege
zu räumen. Denn er glaubte, dass es für ihn vorteilhaft
sein müsse, wenn für den Fall, dass er der drohenden
Gefahr entginge, niemand mehr vorhanden wäre, der,
des Thrones würdiger als er selbst, den Versuch machen
könnte, sich der Herrschaft zu bemächtigen. Würde
aber der Caesar ihn mit dem Tode bestrafen, so wollte
er wenigstens dem Hyrkanus nicht die Freude gönnen,
dass er ihm in der Regierung folge.
2. Während Herodes sich mit solchen Gedanken
trug, gaben ihm die Freunde des Hyrkanus selbst
Gelegenheit, seinen Plan zu verwirklichen. Hyrkanus
nämlich wollte sich, da er von milder Sinnesart war, in
die Staatsgeschäfte nicht einmischen, dachte auch nicht
an Neuerungen, sondern überliess, zufrieden mit seinem
Fünfzehntes Buch, 6. Kapitel.
319
Lose, alles dem Schicksal. Alexandra dagegen, herrsch-
süchtig und von unbändigem Verlangen nach Um-
wälzung durchdrungen, reizte ihren Vater Hyrkanus
auf, er solle doch den Herodes mit seinen fortwährenden
Frevelthaten gegen ihr Haus nicht ruhig gewähren
lassen, sondern sich die Hoffnungen, die ihm in der Zu-
kunft winkten, schon jetzt zu nutze machen. Dann bat
sie ihn, an den Araberfürsten Malchus zu schreiben und
ihn um Aufnahme und sicheres Geleit zu ersuchen; denn
wenn nach ihrer Entfernung Herodes als Feind des
Caesars seinem verdienten Schicksal anheimfalle, werde
die Herrschaft auf sie übergehen, teils ihrer Abkunft
wegen, teils weil das Volk sehr an ihnen hänge. Diesen
Ratschlägen schenkte Hyrkanus zunächst kein Gehör.
Als aber Alexandra ihm Tag und Nacht mit der den
Weibern eigenen Hartnäckigkeit anlag und immerfort
von Nachstellungen sprach, die Herodes gegen ihn be-
absichtige, liess er sich endlich bereden , einem gewissen
Dositheus einen Brief an den Araber zu übergeben,
worin er diesen bat, ihm Reiter zu schicken, die ihn ab-
holen und bis zum See Asphaltis geleiten sollten, welcher
von Jerusalem dreihundert Stadien entfernt ist. Auf
den Dositheus aber hatte er sein besonderes Vertrauen
gesetzt, weil dieser sowohl ihm wie der Alexandra sehr
zugethan war und alle Ursache hatte, dem Herodes
feindselig zu sein. Denn er war ein Verwandter Josephs,
den Herodes hatte hinrichten lassen, und der Bruder
derer, die auf Befehl des Antonius früher zu Tyrus um-
gebracht worden waren. Trotzdem fühlte er sich nicht
bewogen, dem Hyrkanus treu zu bleiben; vielmehr schlug
er die Gunst des Herodes höher an und übergab diesem
den Brief. Herodes lobte ihn wegen seiner Anhänglich-
keit und trug ihm auf, den Brief wieder zu verschliessen,
zu siegeln , dem Malchus zu überbringen und dessen
Antwortschreiben in Empfang zu nehmen. Denn er
habe das grösste Interesse daran, auch dessen Gesinnung
kennen zu lernen. Dositheus that das bereitwillig, und
der Araber schrieb zurück, er werde den Hyrkanus
320
Josephus’ Jüdische Altertümer.
dessen Begleiter und alle Juden, die zu ihm hielten,
gern aufnehmen; auch werde er ihn sicher geleiten und
keinen seiner Wünsche unberücksichtigt lassen. Als
Herodes diesen Brief erhalten hatte, liess er den Hyr-
kanus zu sich rufen und fragte ihn, ob er mit Malchus
eine Verabredung getroffen habe. Hyrkanus stellte das
entschieden in Abrede; Herodes aber zeigte ihm vor
versammeltem Hofe den Brief und liess ihn sogleich
hinrichten.
3. In dieser Weise findet sich der Hergang in den
Annalen des Herodes beschrieben. Nach anderen jedoch
hat sich die Sache nicht so verhalten; vielmehr soll
Herodes den Hyrkanus nicht sowohl aus dem oben er-
wähnten Grunde, als wegen der Nachstellungen, die
dieser ihm bereitet, unter Anklage gestellt und zum Tode
verurteilt haben. Sie schreiben nämlich, Herodes habe
bei einem Gastmahl, ohne seinen Argwohn auch nur an-
zudeuten, den Hyrkanus gefragt, ob ihm ein Brief von
Malchus zugegangen sei, worauf dieser entgegnet habe,
er habe allerdings einen Brief von ihm empfangen, doch
sei der Zweck desselben nur der gewesen, ihm einen
Gruss zu entbieten. Hierauf habe sich Herodes wieder
an ihn mit der Frage gewandt, ob er von Malchus Ge-
schenke erhalten habe, und als ihm hierauf die Antwort
erteilt worden sei, er habe nur vier Pferde zum Reiten
geschenkt bekommen, habe der König das als Bestechung
und Verrat ausgelegt und ihn zum Tode verurteilt. Dass
aber Hyrkanus unschuldig die Todesstrafe erlitten habe,
suchen sie daraus zu beweisen, dass er von sanfter Ge-
mütsart gewesen sei, sodass er nicht einmal als Jüng-
ling irgend ein Anzeichen von Tollkühnheit oder Ver-
wegenheit geboten und selbst dann, als er zur Regierung
gelangte, fast die ganze Verwaltung dem Antipater über-
lassen habe. Hierzu komme noch, dass er damals be-
reits sein achtzigstes Lebensjahr überschritten und wohl
gewusst habe, dass des Herodes Regierung fest begründet
sei. Ja, er sei sogar über den Euphrat gegangen, habe
alle, die ihn jenseits dieses Flusses in so hohen Ehren
Fünfzehntes Buch, 6. Kapitel.
321
gehalten , verlassen und sich der Gewalt des Herodes
unterworfen. Es sei somit ganz unglaublich und ent-
spreche auch durchaus nicht seinem Charakter, dass er
eine Umwälzung beabsichtigt habe. Vielmehr scheine
es, als ob dieser Grund von Herodes nur erdichtet
worden sei.
4. So beschloss Hyrkanus sein Leben, nachdem er
während desselben viele und mancherlei Schicksale er-
fahren hatte. Denn als seine Mutter Alexandra zur
Regierung gekommen war, wurde er Hohepriester des
jüdischen Volkes und bekleidete diese Würde neun
Jahre lang. Nach dem Tode seiner Mutter übernahm
er dann auch die Regierung, führte dieselbe aber nur
drei Monate lang und wurde von seinem Bruder
Aristobulus vertrieben. Von Pompejus wieder in alle
seine Würden eingesetzt, behauptete er sich alsdann
vierzig Jahre lang darin. Hierauf wurde er von Anti-
gonus abermals derselben beraubt und lebte als Ver-
stümmelter und Gefangener bei den Parthern. Einige
Zeit nachher kehrte er, angelockt durch die Aussichten,
welche Herodes ihm eröffnete, in seine Heimat zurück.
Aber nichts von allem, was er gehofft hatte, ging in
Erfüllung; vielmehr erfuhr er noch weitere schwere Schick-
salsschläge und musste schliesslich das Schlimmste er-
dulden, indem er, wie gesagt, in hohem Greisen alter
einen unverdienten Tod erlitt. Denn er scheint milden
und gemässigten Charakters gewesen zu sein, und da
er sich mit Staatsgeschäften nicht gern befasste und auch
in der Kunst des Regierens nicht erfahren war, liess er
das Reich grösstenteils durch andere verwalten. Diese
seine grosse Milde war auch allein schuld daran, dass
Antipater und Herodes zu so grosser Macht gelangten,
von welch letzterem er dann endlich gegen Recht und
Gerechtigkeit mit dem Tode bestraft wurde.
5. Nach dem Tode des Hyrkanus trat Herodes seine
Reise zum Caesar 1 an, von dem er aber wegen seiner
1 Im Jahre 27 v. Chr. erteilte der Senat ihm den Beinamen
Augustus (der Erhabene), der dann der gebräuchliche Name des
Joaephus* Jüdische Altertümer, II. 21
322
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Freundschaft mit Antonius nichts Gutes erwartete.
Anderseits hatte er Alexandra im Verdacht, sie möchte
die Gelegenheit benutzen, um das Volk zur Empörung
aufzustacheln und im Reiche eine Umwälzung ins Werk
zu setzen. Er übertrug daher die ganze Verwaltung
seinem Bruder Pheroras, brachte seine Mutter in Cypern,
seine Schwester und alle seine Kinder in Masada unter
und gab seinem Bruder den Auftrag, die Regierung
weiterzuführen, wenn er höre, dass ihm etwas Schlimmes
zugestossen sei. Seine Gattin Mariamne aber, die er
wegen ihrer Feindschaft gegen seine Schwester und seine
Mutter mit diesen nicht Zusammenleben lassen konnte,
befahl er nebst deren Mutter Alexandra nach Alexan-
drium zu bringen und vertraute ihren Schutz seinem
Schatzmeister Joseph sowie dem Ituräer Soemus an, die
er von vornherein als sehr treu befunden hatte und deshalb
jetzt unter dem Scheine einer besonderen Ehrung zu
Wächtern der Frauen bestellte. Sie hatten zugleich den
strengen Befehl, sobald sie etwas Ungünstiges über des
Herodes Schicksal erführen, unverzüglich beide Frauen
zu töten und alles aufzubieten, um die Herrschaft seinen
Kindern und seinem Bruder zu sichern.
6. Nachdem er diese Anordnungen getroffen, reiste er
schleunigst nach Rhodus zum Caesar. Sobald er in der
Stadt anlangte, legte er sein Königsdiadem ab, behielt
aber seinen übrigen Schmuck an. Und als er nun vor
den Caesar trat und sich mit ihm unterredete, bewies er
einen grossen Mut, da er durchaus nicht, wie es bei
solchen Anlässen zu geschehen pflegt, zu demütigen
Bitten seine Zuflucht nahm, um etwa Verzeihung für
seine Fehler zu erflehen, sondern freimütig von seinen
Handlungen Rechenschaft ablegte. Er erklärte nämlich
dem Caesar offen, dass er mit Antonius sehr befreundet
Octavianus als Alleinherrscher und ebenso wie Princeps, Caesar,
Imperator, der Titel der römischen Herrscher wurde. Später wird
Caesar die besondere Bezeichnung des vom regierenden Augustus
bei Lebzeiten ernannten Nachfolgers.
Fünfzehntes Buch, 6. Kapitel.
323
gewesen sei und nach Kräften dazu beigetragen habe,
ihm den Besitz der höchsten Gewalt zu sichern. Mit
Waffen freilich habe er ihn nicht unterstützt, weil er in
einen Krieg mit den Arabern verwickelt gewesen sei ;
dafür aber habe er ihm Geld und Getreide geliefert.
Doch glaube er auch damit seiner Pflicht noch nicht
genügt zu haben. Denn wer eines anderen Freund sein
wolle und von ihm bewusstermassen nur Gutes erlangt
habe, müsse im Falle der Gefahr ebenso gern sein
Leben wie sein Besitztum für ihn hingeben. Obwohl
er ihm nun weniger geleistet, als sich geziemt hätte,
glaube er doch gut daran gethan zu haben, dass er ihn,
als er bei Actium geschlagen worden, nicht im Stich
gelassen und sich bei der jähen Wendung seines Glückes
nicht von ihm abgewandt habe. Vielmehr habe er ihm,
wenn er ihm auch keine hinreichende Hilfe habe ge-
währen können, doch wenigstens einen sehr guten Rat
gegeben, indem er ihm als die einzige Möglichkeit seiner
Rettung die Tötung der Kleopatra bezeichnet habe.
Habe er diese nämlich aus dem Wege geräumt, so könne
er die Hoffnung hegen, sich der höchsten Gewalt zu be-
mächtigen und sich mit dem Caesar Augustus auszu-
söhnen. Antonius aber habe seinen Vorschlag nicht in
Erwägung gezogen, sondern einem schlechteren Rat nach-
gegeben, wovon er selbst nur Schaden, Augustus aber
Nutzen gehabt habe. „Wenn du nun,“ fuhr er fort,
„weil du dem Antonius grollst, mir meine Anhänglich-
keit an ihn als Verbrechen anrechnen willst, so muss
ich mich allerdings schuldig bekennen , und ich scheue
mich nicht, offen zu erklären, dass ich ihm sehr ergeben
war. Wenn du aber, abgesehen von meiner Person,
meine Erkenntlichkeit und Ergebenheit gegen meine
Wohlthäter kennen lernen willst, so kannst du sie aus
meinen dir soeben gegebenen Beweisen am besten er-
sehen. Ist aber auch der Name des höchsten Macht-
habers ein anderer geworden, so werde ich nichtsdesto-
weniger diesem gleichfalls meine unerschütterliche Freund-
schaft beweisen.“
21*
Go gle
324
Josephus’ Jüdische Altertümer.
7. Mit diesen eine freimütige Gesinnung verratenden
Worten machte er sich den Augustus nicht wenig ge-
neigt, der überhaupt ein edler und hochherziger Mann
war. So kam es, dass gerade das, worauf sich die An-
klage gegen ihn auf bauen sollte, ihm die Gunst des
Caesars verschaffte. Dieser setzte ihm also das Diadem
wieder auf und ermahnte ihn, sich gegen ihn ebenso
freundschaftlich zu benehmen wie gegen Antonius. Auch
erwies er ihm hohe Ehrenbezeugungen und teilte ihm
mit, dass Quintus Didius geschrieben habe, wie hilfreich
Herodes sich ihm in seiner Unternehmung gegen die
Gladiatoren 1 gezeigt habe. Da nun Herodes eine so
freundliche Aufnahme gefunden hatte und gegen alle
Erwartung seine Herrschaft teils durch das Entgegen-
kommen des Caesars, teils durch einen Beschluss des
römischen Senates, den er sich zu grösserer Sicherheit
hatte erwirken lassen, befestigt sah, begleitete er den
Caesar auf seiner Reise nach Aegypten und beschenkte
ihn wie seine Freunde sehr reichlich, indem er die
möglichste Freigebigkeit an den Tag legte. Auch bat
er, dass dem Alexander, einem Freunde des Antonius,
seine Strafe erlassen werden möchte ; doch konnte er die
Gewährung dieser Bitte nicht erreichen, weil der Caesar
in der Angelegenheit durch einen Eid gebunden war.
Darauf kehrte er mit grösserem Ansehen und Selbst-
vertrauen nach Judaea zurück und versetzte diejenigen,
welche das Gegenteil erwartet hatten, in die äusserste
Bestürzung, als ob er durch besonderes Wohlwollen
Gottes aus allen Gefahren nur mit desto grösserem
Ruhm hervorgehe. Gleich nachher rüstete er sich zum
Empfange des Caesars, der von Syrien aus gegen
Aegypten gezogen war. Zu Ptolema'is empfing er ihn
mit wahrhaft königlichem Pomp; auch bewirtete er sein
Heer und versorgte es mit allem Notwendigen reichlich.
Daher kam es, dass er zu den vertrautesten Freunden
1 Die sich nach der Niederlage des Antonius, ihres Herrn, von
Kyzikos nach Aegypten durchzuschlagen versucht hatten.
Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel.
325
des Caesars gehörte. Er ritt neben ihm, wenn er das
Heer musterte, und umgab ihn und seine Freunde mit
einem Geleit von hundertfünfzig Mann, welche auf die
prunkvollsten und glänzendsten Dienstleistungen ein-
geübt waren. Desgleichen schützte er sie auf ihrer Reise
durch wasserarme Gegenden gegen Mangel und versorgte
sie hinreichend mit Wein und das Heer mit Wasser.
Obendrein schenkte er dem Caesar achthundert Talente
und brachte so allen die Meinung bei, dass er einen
grösseren und glänzenderen Aufwand gemacht habe, als
die Kräfte seines Reiches gestatteten. Infolgedessen
breitete sich nur um so mehr die Überzeugung von seiner
Ergebenheit und Treue aus, und es gereichte ihm zu
grossem Nutzen, dass er seine Freigebigkeit den Zeit-
verhältnissen so richtig angepasst hatte. Auch als die
Römer aus Aegypten zurückkehrten, nahm er sie mit
nicht geringerer Diensteifrigkeit auf.
Siebentes Kapitel.
Wie Herodes den Soemus und die Mariamne, sowie
später auch Alexandra, Kostobar und die Söhne des
Babas umbringen liess.
1. Als Herodes in sein Königreich zurückgekehrt
war, traf er sein Haus in Verwirrung und seine Gattin
Mariamne sowie deren Mutter Alexandra in schlechter
Stimmung an. Da sie nämlich der Meinung waren, sie
seien nicht ihrer Sicherheit halber, sondern gleichsam
als Gefangene in die Festung eingeschlossen worden,
sodass sie weder über fremdes Gut noch über ihr eigenes
Gewalt haben sollten, wurden sie sehr unwillig, und
Mariamne hielt die Liebe des Königs für selbstsüchtig
und erheuchelt. Ganz besonders aber kränkte es sie,
dass, wenn Herodes umkommen würde, auch ihr jede
Lebenshoffnung abgeschnitten sein sollte. Und da sie
sich zugleich des Auftrages erinnerte, der früher dem
326
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Joseph erteilt worden war, suchte sie auf jede mögliche
Weise die Wächter zu bestechen und ganz besonders
den Soemus, weilnsie wusste, dass von ihm alles ab-
hänge. Anfangs nun bewies sich Soemus treu und be-
folgte genau die Vorschriften des Herodes. Als aber
die Weiber ihm durch Schmeicheleien und Geschenke
immerfmehr zusetzten, gab er endlich nach und teilte
ihnen den Auftrag des Herodes mit, zumal er nicht er-
wartete, dass der König mit derselben Macht zurück-
kehren würde. Indem er also einerseits keine Gefahr
mehr befürchten zu müssen glaubte, gedachte er sich
anderseits die Gunst der Weiber zu erringen, da es ihm
wahrscheinlich vorkam, dass sie ihr früheres Ansehen
wiedererlangen und in die Möglichkeit versetzt würden,
ihm alles reichlich zu vergelten. Mariamne, so hoffte
er, würde entweder selbst Königin werden, oder doch
dem zukünftigen Könige sehr nahe stehen. Doch auch
für den Fall, dass Herodes mit guten Erfolgen heim-
kehre, glaubte er nicht schlecht zu fahren, da Herodes
den Wünschen seiner Gattin gewiss keinen Widerstand
entgegensetzen würde. War es ihm doch bekannt, wie
leidenschaftlich der König die Mariamne liebte. Diese
Erwägungen führten ihn dazu, die Aufträges des Königs
zu verraten. Mariamne aber erfuhr es mit grossem Un-
willen, dass ihr von Herodes stets neue Gefahren be-
reitet wurden, und wünschte in ihrer Erbitterung darüber
nichts sehnlicher, als dass er umkommen möchte, da sie
mit ihm nicht mehr Zusammenleben zu können glaubte,
woraus sie ihm auch später unter Hinweis auf ihre üble
Lage kein Hehl machte.
2. Sobald nun Herodes wider Erwarten in vollem
Glücke heimkehrte, teilte er, wie billig, seiner Gattin,
die er mehr als alle anderen liebte und deshalb auch allein
begrüsste, die freudige Nachricht zuerst mit. Als er ihr
aber den glücklichen Erfolg seiner Reise erzählte,
empfand sie mehr Schmerz als Freude. Auch vermochte
sie ihren Kummer nicht zu verheimlichen, sondern als
er sie begrüsste, seufzte sie im Gefühl ihrer Würde und
Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel.
327
ihres Adels laut auf, sodass Herodes nicht mehr durch
blossen Argwohn, sondern durch offenbare Beweise in
Unruhe versetzt wurde. Vor allem ärgerte ihn die
Wahrnehmung, dass seine Gattin einen unerwarteten und
unverhohlenen Abscheu gegen ihn hege. Bei seiner
heftigen Zuneigung zu ihr konnte er das nicht ertragen und
schwankte zwischen Hass und Liebe, indem er bald über
sie in Zorn geriet, bald sich wieder mit ihr versöhnte.
Oft nahm er sich vor, sie wegen ihres Stolzes zu strafen,
doch immer wieder gab er seiner Liebe »nach , da er zu
schwach war, sich von ihr zu trennen. Ja, er fürchtete,
wenn er gegen sie einschreite, sich selbst zu bestrafen,
weil er sicht nichts Schrecklicheres denken konnte, als
sie durch den Tod zu verlieren.
3. Da aber seine Mutter und seine Schwester seine
Gesinnung gegen Mariamne erkannt hatten, glaubten
sie eine günstige Gelegenheit erhascht zu haben, um
ihren Hass gegen diese zu befriedigen, und suchten
in ihren Gesprächen mit Herodes ihn durch schändliche
Verleumdungen aufzureizen und ihm so Abscheu und
Widerwillen gegen seine Gattin beizubringen. Derartige
Beden hörte Herodes mit stillem Grimm an, doch wollte
er noch immer nicht daran glauben und nichts gegen
Mariamne daraufhin^ unternehmen. Gleichwohl ent-
fremdete sich sein Gemüt ihr täglich mehr und mehr,
und da sie aus ihrer Gesinnung kein Hehl machte, er
aber seine Liebe unablässig in Hass verwandelte, steigerte
sich die Erbitterung auf beiden Seiten fortwährend
sodass er endlich beschloss, sie zu töten. Inzwischen
aber erhielt er die Nachricht, dass der Caesar nach dem
Tode des Antonius und der Kleopatra sich Aegyptens
bemächtigt habe. Deshalb ging er trotz seiner unerquick-
lichen Lage von Hause fort und zog dem Caesar eilends
entgegen. Bei seinem Abschied empfahl ihm Mariamne
den Soemus, der durch seine treue Fürsorge besonderen
Anspruch auf Dank habe, und erbat für ihn vom Könige
eine Befehlshaberstelle, welcher Ehre er auch teilhaftig
wurde. Als nun Herodes nach Aegypten gekommen
328
Josephus’ Jüdische Altertümer.
war, redete er mit dem Caesar vertraulich wie ein Freund
und erlangte von ihm die grössten Wohlthaten. Denn
der Caesar schenkte ihm die vierhundert Gallier, welche
die Leibwache der Kleopatra gebildet hatten, gab ihm
das Land zurück, das ihm der Kleopatra zuliebe ab-
genommen worden war, und fügte seinem Königreiche
noch hinzu: Gadara, Hippos, Samaria sowie die Küsten-
städte Gaza, Anthedon, Joppe und Stratonsturm.
4. Durch diese Schenkungen wurde Herodes noch
mächtiger, und er begleitete darauf den Caesar nach
Antiochia. So sehr sich aber seine äusseren Verhältnisse
besserten, so viel Leid erwartete ihn bei seiner Rück-
kehr zu Hause und besonders in seiner Ehe, die früher
so glücklich zu sein schien. Denn er war, und das mit
Recht, in Mariamne so verliebt, dass er hierin keinem
der Männer nachgab, von denen die Geschichte berichtet.
Sie dagegen benahm sich wohl züchtig und treu, be-
handelte ihn aber nach Weiberart etwas abstossend und
von oben herab, da er in Liebe zu ihr schmachtete,
und liess oft ohne Rücksicht darauf, dass sie ihm unter-
than war, ihre schlechte Laune an ihm aus, was er aber,
als wenn er es nicht merkte, geduldig ertrug. Schliess-
lich verspottete sie offen des Königs Mutter und Schwester
und schmähte dieselben wegen ihrer niedrigen Herkunft,
soda8s sich zwischen den Weibern eine unversöhnliche
Feindschaft entspann, die dann noch heftigere
Schimpfereien zur Folge hatte. Dadurch kam es, dass
beim Könige der Argwohn immer mehr stieg, der nun-
mehr schon ein ganzes Jahr nach seiner Rückkehr vom
Caesar andauerte. Endlich kam die lang verhaltene
Gärung durch folgenden Vorfall zum Ausbruch. Als
der König sich eines Tages um die Mittagszeit zur
Ruhe begab, rief er aus grosser Liebe die Mariamne zu
sich. Mariamne trat auch in das Gemach, weigerte sich
aber, bei ihm zu ruhen, und erwiderte sein desfallsiges
Begehren mit Schmähungen und Vorwürfen, indem sie
ihm ihres Vaters und ihres Bruders Tod zur Last legte.
Hierüber geriet Herodes in Zorn und war eben im
Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel.
329
Begriff, eine Gewaltthat zu begehen, als seine Schwester
Salome den Lärm hörte und nach dem Mundschenk des
Königs schickte, den sie schon früher verständigt hatte
und dem sie jetzt befahl, er solle dem Könige melden,
wie er von Mariamne ersucht worden sei, ihr bei der
Bereitung eines Liebestrankes für den König zn helfen.
Wenn dann der König hierüber sich beunruhigt zeigen
und fragen würde, was das für ein Trank sei, so solle
er sagen, er habe den Liebestrank bei sich und sei von
ihr ersucht worden, ihn dem Könige darzureichen.
Würde aber der König bei Erwähnung des Liebestrankes
nicht in Unruhe geraten, so solle er Stillschweigen und
sich um nichts weiter kümmern; denn das werde ihn
keiner Gefahr aussetzen. Nachdem Salome ihn also
unterwiesen hatte, schickte sie ihn um diese Zeit zum
Könige hinein, um die Sache zur Sprache zu bringen.
Der Mundschenk that nun bei Herodes sehr wichtig und
geheimnisvoll und teilte ihm mit, Mariamne habe ihm
Geschenke gegeben und ihn bereden wollen, dem Könige
einen Liebestrank zu reichen. Als nun Herodes
hierüber in Erregung geriet, sagte der Mundschenk, der
Liebestrank sei eigentlich ein Gifttrank, den Mariamne
ihm gegeben habe. Weil er aber dessen Wirkung nicht
kenne, habe er dem Könige davon Mitteilung machen
und so in gleichem Masse für seine wie für des Königs
Sicherheit Sorge tragen wollen. Über diese Mit-
teilungen wurde Herodes, der so wie so schon übel ge-
launt war, noch mehr erbittert und liess deshalb den
Verschnittenen, welcher der geheimste Vertraute der
Mariamne war, peinlich wegen des Gifttrankes befragen,
da ihm bekannt war, dass ohne dessen Vorwissen auch
nicht das Kleinste von Mariamne ausgeführt wurde.
Der Verschnittene aber konnte über die Frage, wegen
deren er gefoltert wurde, nichts äussern, sondern be-
kannte nur, dass der Hass der Mariamne sich auf das
gründe, was Soemus ihr verraten habe. Noch während
er so sprach , erhob der König ein gewaltiges Geschrei
und rief aus, Soemus, der früher ihm und dem Reiche
330
Josephus’ Jüdische Altertümer.
so treu gedient habe, würde niemals seine Aufträge ver-
raten haben, wenn er mit Mariamne nicht in unerlaubtem
Verkehr gestanden hätte. Und sogleich liess er den
Soemus festnehmen und hinrichten. Über seine Gattin
aber hielt er unter Zuziehung seiner vertrautesten Freunde
Gericht und erhob mit grossem Eifer eine Anklage gegen
sie wegen des Gift- und Liebestrankes, dessen Bereitung
die Verleumdung ihr zur Last gelegt hatte. Herodes
redete dabei heftiger und ergrimmter, wie es sich für
eine Gerichtsverhandlung ziemte, und als die Anwesenden
ihn in solcher Erregung sahen, verurteilten sie Mariamne
zum Tode. Dennoch hielten der König und einige der
Anwesenden dafür, das Urteil nicht allzu schnell zu
vollstrecken, sondern Mariamne zunächst an irgend einen
Ort des Königreiches in Gewahrsam zu bringen. Salome
dagegen gab sich die grösste Mühe, die sofortige Hin-
richtung zu erwirken, und beredete endlich den König
dazu, indem sie ihm vorhielt, es könnten Unruhen unter
dem Volke ausbrechen, wenn man Mariamne lebendig
gefangen halte. Demnach wurde Mariamne zum Tode
geführt.
5. Da nun Alexandra merkte, wie die Sachen standen,
und es ihr klar wurde, dass sie befürchten müsse, gleich-
falls von Herodes mit dem Tode bestraft zu werden,
liess sie von ihrem früheren Übermut ab und änderte
ohne alle Rücksicht auf Anstand ihr Benehmen voll-
ständig. Um nämlich zu beweisen, dass sie von dem,
was ihrer Tochter vorgeworfen wurde, kein Mitwissen
habe, lief sie auf die Strasse und erhob öffentlich
gegen ihre Tochter ein Geschrei, schalt sie, dass sie sich
so schlecht und undankbar gegen ihren Gatten benommen
habe, und bezeichnete die Strafe, die sie dafür erleiden
sollte, als durchaus verdient: denn alle ihr erwiesenen
Wohlthaten habe sie mit Undank gelohnt. Als sie sich
nun so ungebührlich verstellte und ihrer Tochter sogar in
die Haare fiel, warfen ihr viele, was ja auch recht war,
schändliche Heuchelei vor. Ganz besonders aber schien
ihr Mariamne, die nun bald den Tod erleiden sollte,
Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel.
331
diesen Vorwurf zu machen. Denn auf die Schmähungen
ihrer Mutter entgegnete sie kein Wort; auch verfiel sie
nicht in die geringste Aufregung, sondern sie bewies ihren
Unwillen über das schändliche Benehmen Alexandras nur
durch einen stolzen, verachtenden Blick. Dann ging sie
unverzagt und ohne auch nur die Farbe zu wechseln,
in den Tod und wahrte so noch bei ihrem Ende den
Adel ihres Geschlechtes, was denn auch allseitig bemerkt
wurde.
6. So starb Mariamne, eine keusche und hochherzige
Frau, die nur den einen Fehler besass, dass sie nicht genug
Mässigung aufwies und deshalb von Natur etwas streit-
süchtig war. An körperlicher Schönheit und Würde im
Auftreten übertraf sie mehr, als es sich sagen lässt, alle
Frauen ihrer Zeit, und hierin lag auch die Ursache,
warum sie sich gegen den König nicht besonders gefällig
zeigte, sodass ihr Zusammenleben nicht frei von Unan-
nehmlichkeiten war. Denn während sie von ihm aus
grosser Liebe nachsichtig behandelt wurde und von seiner
Seite keinerlei Härte oder Schroffheit zu erwarten hatte,
war sie selbst freimütiger, als es sich ziemte. Und da
sie auch über das Leid, welches die Ihrigen betroffen
hatte, grossen Unwillen empfand, scheute sie sich nicht,
ihm hierüber offene Vorstellungen zu machen. Endlich
brachte sie dann auch noch des Herodes Mutter und
Schwester und sogar den König selbst gegen sich auf,
dem sie doch das Vertrauen geschenkt hatte, dass er
alle Übel von ihr abhalten würde.
7. Als aber Mariamne tot war, entbrannte das sehn-
süchtige Verlangen des Königs nach ihr nur noch heftiger
wie früher. Seine Liebe zu ihr war nämlich nicht frei
von Unruhe und nicht von gewöhnlicher Art, und wenn
er sie anfangs fast wahnsinnig liebte, so liess diese Art
der Zuneigung auch später nicht nach, obwohl Mariamne
sich in ihrem täglichen Verkehr etwas zu frei und
selbstbewusst benahm. Jetzt aber schien es, als wenn
Gott ihn für den Tod der Mariamne strafen wolle, in-
dem seine Sehnsucht nach ihr sich immer mehr steigerte,
832
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sodass er bald ihren Namen ausrief, bald sie kläglich
beweinte, bald durch Vergnügungen aller Art, besonders
aber durch Gastmahle und Trinkgelage seinen Schmerz
zu ersticken suchte. Da ihm aber dies alles nichts half,
zog er sich zuletzt von den Regierungsgeschäften zurück
und stand so sehr unter der Macht seines Kummers,
dass er sogar seinen Dienern befahl, Mariamne beim
Namen zu rufen, als ob sie noch lebte und es hören
könnte. Um diese Zeit brach eine Seuche aus, die nicht
nur viele Leute aus den niederen Ständen, sondern auch
den grössten Teil der Freunde des Königs und dazu
noch solche, denen er besonders zugethan war, dahin-
raffte, sodass allgemein die Ansicht herrschte, es sei dies
eine Strafe Gottes für das an Mariamne begangene Un-
recht. Dadurch verschlimmerte sich der Gemütszustand
des Königs noch mehr, sodass er sich endlich in die
Wüste hinausbegab und dort scheinbar der Jagd oblag.
Doch hatte er dieses Leben kaum einige Tage aus-
gehalten, als er in eine sehr schwere Krankheit fiel, die
in einer schmerzhaften Entzündung des Hinterkopfes
bestand und mit Geistesstörung verbunden war. Kein
Heilmittel brachte auch nur die geringste Besserung,
vielmehr ward der Zustand von Tag zu Tag schlimmer,
sodass man endlich an der Erhaltung seines Lebens
verzweifelte. Und da nun die Krankheit den Arznei-
mitteln trotzte, und auch die Diät, welche der Zustand
vorschrieb, nichts nutzte, verordneten schliesslich die
Ärzte, man solle ihm alles verabreichen, was er begehre,
und überliessen die fast aussichtslose Genesung dem
Zufall. An dieser Krankheit lag Herodes in Samaria,
welches jetzt Sebaste 1 heisst, darnieder.
8. Als Alexandra, die damals in Jerusalem wohnte,
hiervon Nachricht erhielt, versuchte sie sogleich, die
festen Burgen der Stadt in ihre Gewalt zu bringen. Es
waren deren zwei, eine in der Stadt selbst, die andere
1 D. i. dem Augustus su Ehren: Sebaste (griechisch) = Angusta
(lateinisch).
Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel.
333
am Tempel, und wer sie besass, hatte damit auch die
Herrschaft über das ganze Volk in Händen. Denn ohne
dieselben können die Opfer nicht dargebracht werden,
und niemand von den Juden kann es über sich bringen,
die Opfer zu unterlassen. Vielmehr sind die Juden so
gesinnt, dass sie lieber sterben, als den Gottesdienst aus-
setzen wollen. Alexandra stellte also den Besatzungen
beider Burgen vor, dass dieselben ihr und den Söhnen
des Herodes übergeben werden müssten, damit nicht,
wenn Herodes stürbe, sonst jemand sich vor ihnen in
den Besitz der Festungswerke setze. Wenn er aber ge-
nese, so könnten dieselben niemand sicherer anvertraut
sein, als seinen eigenen Verwandten. Diese Worte
fanden indes nicht den Beifall der Kommandanten,
sondern sie bewahrten nun noch um so mehr dem Herodes
die Treue, teils aus Abneigung gegen Alexandra, teils
weil sie es für unwürdig hielten, vom Könige abzufallen,
so lange er noch am Leben war. Und da sie sämtlich
zu Herodes in freundschaftlichen Beziehungen standen
und einer von ihnen mit Namen Achiab sogar sein
Neffe war, teilten sie ihm den Anschlag der Alexandra
mit. Herodes gab darauf un verweilt Befehl, Alexandra
zu töten. Als er nun von seiner Krankheit zur Not und
nach grossen Qualen wieder genesen war, war er in-
folge seiner seelischen und körperlichen Leiden so er-
bittert, dass er aus geringfügigen Ursachen die, welche
ihm zufällig in die Quere kamen, umbringen liess. Ja,
er liess sogar seine besten Freunde Kostobar, Lysimachus,
Gadias mit dem Beinamen Antipater und Dositheus
hinrichten, und zwar aus folgender Veranlassung.
9. Kostobar, Idumäer von Geburt, war einer der
Vornehmsten seines Landes und stammte von dem
Priestergeschlecht des Koze ab. Koze wurde von den
Idumäern göttlich verehrt, ehe Hyrkanus bei ihnen die
Gebräuche und Gesetze der Juden eingeführt hatte.
Diesen Kostobar nun setzte Herodes nach seiner Thron-
besteigung als Statthalter über Iduraaea und Gaza und
gab ihm seine Schwester Salome zur Frau, nachdem er
334
Josephus’ Jüdische Altertümer.
deren früheren Gatten Joseph, wie oben erwähnt, hatte
töten lassen. Da aber Kostob ar unerwartet zu solchem
Glück gelangt war, wurde er übermütig und vermass
sich schliesslich, dem Herodes den Gehorsam zu ver-
weigern und zu verlangen , dass die Idumäer frei von
der Oberhoheit der Juden und der Beobachtung jüdischer
Gebräuche sein sollten. Er schickte deshalb zu Kleo-
patra und liess ihr melden, Idumaea sei stets ihren Vor-
fahren unterthan gewesen, und es sei daher angemessen,
dass sie dieses Land von Antonius zurückbegehre. Was
ihn betreffe, so sei er gern bereit, seine Ergebenheit
auf sie zu übertragen. Das that er aber nicht des-
halb, weil er die Kleopatra lieber als Herrscherin von
Idumaea gesehen hätte, sondern weil er glaubte, dass,
wenn des Herodes Macht geschwächt sei, er selbst mit
leichter Mühe die Herrschaft über das Idumäervolk an
sich reissen und dann zu noch grösserer Macht gelangen
könnte. Unterstützt wurde diese seine Hoffnung durch
den Umstand, dass er von vornehmer Herkunft und
sehr reich war. Er hatte nämlich durch seine Hab-
gier ein bedeutendes Vermögen zusammen gebracht und
betrieb auch im übrigen alles mit grosser Energie.
Kleopatra begehrte nun zwar das Land von Antonius,
erhielt es aber nicht. Als Herodes von der Sache hörte,
wollte er Kostobar dem Henker überliefern; doch liess
er sich durch die Bitten seiner Schwester und seiner
Mutter erweichen, gab ihn frei und verzieh ihm. Seit
dieser Zeit aber hegte er wegen jenes Planes einen
steten Argwohn gegen ihn.
10. Einige Zeit nachher entstand zwischen Salome
und Kostobar Streit, und Salome schickte ihrem Gatten
einen Scheidebrief, was aber den Gesetzen der Juden
zuwider war. Denn einem Manne ist es wohl bei uns
gestattet, das zu thun, keinesfalls aber darf ein Weib,
welches den Gatten aus freien Stücken verlassen hat,
eine neue Ehe eingehen, wenn sie nicht zuvor von ihrem
Manne freigegeben ist. Salome jedoch kümmerte sich
nicht um dieses Gesetz der Hebräer, sondern handelte
Fünfzehntes Bach, 7. Kapitel.
335
nach ihrem Gutdünken, kündigte ihre Ehe auf und er-
klärte ihrem Bruder Herodes, sie sei aus Liebe zu ihm
von ihrem Gatten fortgegangen , da es ihr bekannt ge-
worden sei, dass Kostobar, Antipater und Dositheus eine
Umwälzung planten. Um ihren Worten noch mehr
Glauben zu verschaffen, erwähnte sie, dass Kostobar
schon im zehnten Jahre die Söhne des Babas bei sich
habe, was auch der Wahrheit entsprach. Der König
entsetzte sich gewaltig über diese Nachricht, da er an
so etwas nicht im entfernteste!* gedacht hätte, und ge-
riet um so mehr in Aufregung, als ihm die Sache ganz
unglaublich vorkam. Denn was die Söhne des Babas
betrifft, so hatte Herodes einst im Sinne gehabt, sie um-
bringen zu lassen, weil sie sich ihm feindselig bewiesen
hatten. Doch war seitdem eine so lange Zeit verstrichen,
dass er sich ihrer gar nicht mehr erinnerte. Sein Hass
und seine Feindschaft gegen dieselben aber hatte
folgenden Grund. Als Herodes zur Zeit der Herrschaft
des Antigonus die Stadt Jerusalem belagerte, und viele,
um der Not der Belagerung zu steuern, den Herodes
einlassen und alle ihre Hoffnung auf ihn setzen wollten,
beharrten die Söhne des Babas, die beim Volke grossen
Einfluss hatten, bei ihrer Treue gegen Antigonus, traten
gegen Herodes auf und ermahnten ihre Mitbürger, den
König in der Behauptung der ihm von seinen Vorfahren
überkommenen Herrschaft zu unterstützen. Diesem
Rate folgten diese denn auch, da sie ihren Vorteil darin
erblickten. Als aber die Stadt eingenommen war und
Herodes sich der Herrschaft bemächtigt hatte, brachte
Kostobar, der die Thore besetzt hielt und dem die Be-
wachung der Stadt oblag, damit die schuldigen Bürger
und Gegner des Königs nicht entfliehen könnten, die
Söhne des Babas, von denen er wusste, dass sie beim
Volke in hohem Ansehen standen und ihm bei einer
Umwälzung von grossem Nutzen sein würden, beiseite
und in Sicherheit. Da er nun hierdurch den Argwohn
des Herodes wachgerufen hatte, versicherte er ihm unter
Eid, dass er nichts von den Söhnen des Babas wisse.
336
Josephus’ Jüdische Altertümer.
und beseitigte auf diese Weise den gegen ihn aufgetauchten
Verdacht. Und auch, als der König später eine Be-
lohnung für den aussetzte, der ihren Aufenthalt anzeigen
würde, und ihnen eifrig nachforschen liess, wollte Kosto-
bar nichts eingestehen. Denn da er nun einmal ge-
leugnet hatte, fürchtete er, es möchte ihm nicht un-
gestraft hingehen, wenn die Söhne des Babas jetzt ent-
deckt würden, und hielt sie deshalb nicht nur aus
Wohlwollen, sondern auch um seiner selbst willen ver-
steckt. Als aber Herodes von seiner Schwester die An-
zeige erhalten hatte, schickte er nach den Plätzen, die
ihm als Aufenthaltsorte der Söhne des Babas bezeichnet
worden waren , und liess sie wie alle übrigen An-
geklagten umbringen. So war denn also vom Ge-
schlechte und der Verwandtschaft desHyrkanus niemand
mehr übrig, und Herodes hatte die Herrschaft so voll-
ständig in Händen, dass keiner, der noch irgend etwas
zu bedeuten hatte, seinen Ungesetzlichkeiten entgegen-
trat.
Achtes Kapitel.
Verschwörung gegen Herodes.
Er befestigt Caesarea, Sebaste und andere Plätze.
1. Das war auch die Ursache, weshalb Herodes mehr
und mehr von den väterlichen Einrichtungen abwich und
die alte Ordnung der Dinge, die unversehrt hätte bleiben
sollen, allmählich ins Wanken brachte. Da nun so
alles, was das Volk früher zur Frömmigkeit hinleitete,
beseitigt wurde, drang im Laufe der Zeit eine Menge
von Übeln bei uns ein. Zunächst nämlich richtete
Herodes zu Ehren des Caesars alle fünf Jahre wieder-
kehrende Kampfspiele ein und baute zu Jerusalem ein
Theater sowie in der Ebene ein grossartiges Amphi-
theater. Beide Bauwerke zeichneten sich durch grosse
Pracht aus, standen aber mit den jüdischen Sitten im
Widerspruch, da die Juden die Einrichtung der Schau-
Fünfzehntes Buch, 8. Kapitel.
337
und Kampfspiele von ihren Vorfahren nicht überkommen
hatten. Die fünfjährigen Spiele liess Herodes mit höchstem
Prunk ausstatten; auch lud er die benachbarten Völker-
schaften dazu ein und rief Zuschauer aua aller Herren
Länder herbei. Weither strömten in der Hoffnung, die
Siegespreise zu gewinnen, Wettkämpfer und Schauspieler
Aller Art zusammen, namentlich solche, die in diesen
Spielen sehr geübt waren. Denn nicht nur auf Ring-
kämpfer war Bedacht genommen worden, sondern es
waren auch Preise für diejenigen ausgesetzt, die sich mit
Musik beschäftigten und Thymeliker genannt wurden,
damit die Tüchtigsten von allen zur Teilnahme am Wett-
streit veranlasst würden. Weiterhin stiftete Herodes
grosse Siegespreise für Wettfahrten von zweirädrigen
und vierrädrigen Wagen sowie für Pferderennen, und
bot überhaupt alles auf, was den Spielen Glanz und
Pracht verleihen konnte. Das Theater selbst hatte man
aufs herrlichste geschmückt , und ringsum waren die
Thaten des Caesars und die Trophäen, die er im Kampf
mit den einzelnen Völkerschaften davongetragen hatte,
auf echtem Gold- und Silbergrund abgebildet. Und was
die sonstige Ausstattung angeht, so gab es kein noch
so wertvolles Kleid und keine noch so kostbaren Edel-
steine, die sich nicht zugleich mit den Wettkämpfern
•dem Auge dargeboten hätten. Auch wilde Tiere waren
herbeigeschafft worden, Löwen und andere durch Stärke
oder Seltenheit hervorragende Bestien in Menge. Diese
Tiere liess man teils gegen einander, teils auch mit
Menschen kämpfen, die dazu verurteilt worden waren.
Für die Fremden war nun freilich dieser Aufwand und
der Anblick der gefährlichen Kämpfe eine Augenweide
und ein Gegenstand der Bewunderung; für die Ein-
heimischen dagegen bedeutete das alles eine offenbare
Auflösung der bei ihnen in so hoher Ehre gehaltenen
väterlichen Sitte. Denn es schien ihnen eine Gottlosig-
keit zu sein, Menschen den wilden Tieren vorzuwerfen
zur Ergötzung anderer Menschen, und nicht weniger ver-
werflich kam es ihnen vor, die Landesgebräuche mit
Joaephus' Jüdische Altertümer, II. 22
388
Josephus’ Jüdische Altertümer.
fremden Sitten zu vertauschen. Nichts aber verletzte
sie mehr als die Trophäen; denn da sie dieselben für
in Rüstungen ein gehüllte Bilder hielten, vermochten sie,
weil nach ihren Gesetzen die Verehrung von Bildern ver-
boten war, diesen Anblick nur mit höchstem Unwillen zu
ertragen.
2. Herodes konnte es nicht verborgen bleiben, dass
die Juden hierüber in grosse Aufregung gerieten, und
da er es nicht für klug hielt, mit Gewalt dagegen
vorzugehen, gab er sich alle Mühe, sie mit Worten zu
besänftigen und von ihren religiösen Bedenken zu be-
freien. Doch richtete er hiermit nichts aus; vielmehr
schrien sie aus Ärger über das, was sie ihm als Frevel
anrechneten, einstimmig, wenn sie auch alles andere noch
ertragen könnten, so dürften sie doch die Bildsäulen von
Menschen (womit sie die Trophäen meinten) in der Stadt
nicht dulden, weil das nach dem| Gesetze ihrer Väter
untersagt sei. Als nun Herodes sah, dass sie so auf-
geregt waren, und dass sie nicht nachgeben würden,
wenn er sie nicht auf irgend eine Weise beruhigte, be-
rief er die Vornehmsten des Volkes ins Theater, zeigte
ihnen die Trophäen und fragte sie, wofür sie dieselben
hielten. Und da sie laut entgegneten, das seien Bild-
nisse von Menschen, Hess erfl die Trophäen ihres
Schmuckes entkleiden und zeigte ihnen die blossen
Holzklötze. Da erhob sich ein allgemeines Gelächter,
das um so anhaltender wurde, als ihnen auch
schon vorher der {ganze Bilderkram lächerlich vor-
gekommen war.
3. Auf diese Weise hatte Herodes vorläufig den Un-
willen des Volkes beschwichtigt, sodass die meisten be-
ruhigt und umgewandelt schienen. Immerhin beharrten
aber noch einige dabei, dass sie sich an der Veränderung
der heimischen Sitten stiessen, und da sie der Meinung
waren, dass eine solche Verletzung der Gesetze und
Einrichtungen die Quelle grosser Übel sei, glaubten
sie sich eher jeder Gefahr aussetzen zu müssen, als dass
sie den Herodes ruhig dabei gewähren lassen sollten,
Fünfzehntes Buch, 8. Kapitel.
339
die Ordnung der Dinge umzustossen, mit Gewalt
Neuerungen einzuführen und, während er sich zum
Schein als König benehme, in Wahrheit sich als den
ärgsten Feind des ganzen Volkes zu beweisen. Es ver-
schworen sich daher gegen ihn zehn Männer aus der
Bürgerschaft auf jede Gefahr hin und versteckten Dolche
in ihren Kleidern. Unter ihnen befand sich auch ein
Blinder, der durch alles das, was er gehört hatte, in
Entrüstung versetzt worden war. Er verschwor sich mit
den anderen nicht so sehr, um sie bei ihrem Vorhaben
zu unterstützen, als vielmehr, um alles Widrige mit
ihnen zu erleiden, wenn das Unternehmen ungünstig
ablaufen würde. Hierdurch wurde der Mut der anderen
zur Ausführung ihres Planes nicht wenig gehoben.
4. Als sie nun solches einmütig beschlossen hatten,
begaben sie sich zum Theater in der Hoffnung, dass
Herodes ihnen nicht entgehen würde, wenn sie ihn un-
versehens überfallen könnten. Wenn sie aber auch den
Gehassten verfehlten, so hofften sie doch einige von
seiner Umgebung töten zu können und dadurch dem
Könige Anlass zu geben, über das Unrecht nachzudenken,
das er dem Volke anzuthun schien, und sollten sie
auch selbst darüber zu Grunde gehen. Wohlvorbereitet
und mit grossem Eifer gingen sie darauf ans Werk.
Aber einer von des Herodes Spionen, denen die Aus-
kundschaftung und Anzeige solcher Anschläge oblag,
entdeckte das Komplott und setzte den König davon in
Kenntnis, als er eben ins Theater eintreten wollte.
Herodes, der, wenn er an den Hass, den er bei vielen
erregt, und an die Unruhen, die fast alle seine Hand-
lungen zur Folge gehabt, dachte, an der Wahrheit der
Meldung nicht zweifeln konnte, zog sich sogleich in
seinen Palast zurück und liess die Verschworenen vor-
führen. Da diese nun, von der Leibwache des Königs
ergriffen, wohl einsahen, dass sie dem Tode nicht ent-
gehen würden, gaben sie sich wenigstens Mühe, den-
selben dadurch zu verherrlichen, dass sie ihm mutig
entgegengingen. Sie bewiesen deshalb weder Reue, noch
2t *
340
Josephus’ Jüdische Altertümer.
verlegten sie sich aufs Leugnen; vielmehr zeigten sie
offen die Dolche vor und bekannten freimütig ihre Ver-
schwörung, auf die sie sich nicht aus Gewinnsucht oder
Leidenschaft eingelassen hätten, sondern, was ihnen
mehr wert sei, zu gunsten der öffentlichen Wohlfahrt,
die jeder selbst mit Aufopferung seines Lebens schützen
müsse. Nachdem sie so ungescheut ihr Vorhaben bekannt
hatten, wurden sie von den Soldaten des Königs weg-
geführt und unter vielfachen Qualen hingerichtet Aber
auch ihr Verräter, der sich den allgemeinen Hass des
Volkes zugezogen hatte, ward nicht lange danach von
einigen Bürgern ergriffen und nicht nur getötet, sondern
sogar in Stücke zerrissen und den Hunden zum Frasse
vorgeworfen. Diese That hatten zwar viele Bürger ge-
sehen, aber niemand wollte etwas verraten, bis Herodes
eine strenge Untersuchung anordnete und einige Weiber
durch die Folter zum Geständnis zwang. Hierauf wurden
die Urheber der That nebst ihren Familien mit dem
Tode bestraft Da jedoch das Volk eine grosse Stand-
haftigkeit und Unerschrockenheit in der Verteidigung
seiner Gesetze bewies, ward die Lage des Herodes all-
mählich so schwierig, dass er Massregeln zu seiner
grösseren Sicherheit treffen musste. Er beschloss des-
wegen, das Volk von allen Seiten einzuschliessen,
damit diese kleinen Unruhen nicht zu offenem Aufruhr
anwüchsen.
5. In der Stadt besass er an Befestigungswerken
schon den Palast, in dem er selbst wohnte, und die
Veste des Tempels, welche Antonia hiess; dazu glaubte
er nun noch ein drittes Bollwerk gegen das Volk in
Samaria, weiches er Sebaste nannte, errichten zu müssen,
und da er den Ort für sehr geeignet hielt', die ganze
Umgegend im Zaume zu halten (er lag von Jerusalem
nur eine Tagereise entfernt), befestigte er ihn sehr stark.
Auch erbaute er noch eine andere Festung zur Be-
zwingung des Volkes an dem Orte, der früher Stratons-
turm hiess, von ihm aber Caesarea genannt wurde.
Desgleichen errichtete er einen festen Platz in der
Fünfzehntes Buch, 8. Kapitel.
841
grossen Ebene , 1 in den er eine auserlesene Besatzung
legte, und befestigte auch Gaba in Galilaea und Ese-
bonitis in Peraea. So umgab er das ganze Volk mit
Festungen, damit es nicht nach Belieben Unruhen er-
regen könnte, die damals häufig aus unscheinbaren Ver-
anlassungen entstanden, und damit der Aufruhr, falls
erfdennoch zum Ausbruch kommen sollte, gleich bemerkt
uud im Keime erstickt würde. Als er nach Samaria
zog, um diese Stadt zu befestigen, führte er auch eine
Kolonie dahin, die teils aus früheren Hilfstruppen, teils
aus Angehörigen benachbarter Volksstämme bestand,
einmal weil er in der Stadt einen Tempel erbauen
wollte, und dann auch , weil die Stadt früher zu wenig
bevölkert gewesen war, ganz besonders aber, um zu
seiner grösseren Sicherheit seine Freigebigkeit in helles
Licht zu setzen. Er änderte dann den Namen der Stadt
in Sebaste um und verteilte das in der Nähe gelegene
Ackerland, das beste der ganzen Gegend, unter die Eih-
wohner, damit sie gleich nach ihrer Ankunft zu Wohl-
stand gelangten. Rings um die Stadt führte er eine
grosse Mauer auf, und die Abschüssigkeit des Terrains
benutzte er zum Vorteil der Befestigung. Auch er-
weiterte er die Stadt gegen früher so bedeutend, dass sie
an Grösse selbst hinter den berühmtesten Städten nicht
zurückstand. Ihr Umfang betrug nämlich fünf Stadien . 2
In der Mitte der Stadt steckte er einen in jeder Hin-
sicht geeigneten Platz von eineinhalb Stadien ab, auf
dem er einen grossen und herrlichen Tempel erbaute.
Auch die übrigen Stadtteile verschönerte er tagtäglich
mehr, richtete zu seiner grösseren Sicherheit den Haupt-
teil der Stadt durch Erbauung starker Mauern zu einer
Art Kastell ein und betrachtete es als Ehrensache,
seinen Nachkommen damit ein Denkmal seines Schön-
heits- und Wohlthätigkeitssinnes zu hinterlassen.
1 S. Anmerkung zu V, 1 , 21.
9 Etwas über neun Kilometer.
842
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Neuntes Kapitel.
Hungersnot in Judaea. Herodes schliesst eine neue Ehe
und baut weitere Städte.
1. Noch in demselben Jahre, dem dreizehnten der
.Regierung des Herodes, wurde das Land von schweren
Plagen heimgesucht, sei es infolge des göttlichen Zornes,
sei es infolge der zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden
Übel. Zunächst entstand eine anhaltende Dürre, sodass
das Land unfruchtbar wurde und noch nicht einmal
diejenigen Früchte trug , die es von selbst hervor-
zubringen pflegte. Und weil nun wegen des Mangels
an Nahrungsmitteln die ganze Lebensweise sich änderte,
entstanden Krankheiten und Seuchen, und es folgte so
ein Unglück dem anderen. Denn da es an Pflege und
Nahrung für die Kranken fehlte, griff die Seuche immer
weiter um sich, und die grosse Sterblichkeit raubte auch
den Überlebenden alle Hoffnung, weil 6ie nicht imstande
waren, ihrer Not abzuhelfen. Als nun die Ernte dieses
Jahres samt den vorhandenen Vorräten aus früheren
Jahren ganz aufgezehrt war und das Übel von Tag zu
Tag wuchs, blieb keine Hoffnung mehr übrig. Denn
da selbst das aufbewahrte Saatgut verzehrt war, war
auch für das_ kommende Jahr auf keinen Ertrag (zu
rechnen, sodass fman «auf alle {möglichen Mittel sann,
um der Not zu steuern. Selbst der König litt
Mangel, da er keine Abgaben von der Ernte, wie
er gewohnt war, empfing, und da er sein Geld in allzu-
grosser Freigebigkeit gegen diejenigen, deren Städte er
wiederhergestellt, verausgabt hatte. Auch schien ihm
niemand der Hilfe würdig, zumal infolge der Drangsale
der Hass des Volkes noch mehr entbrannte, wie es
denn eben nicht so selten zu geschehen pflegt, dass man
bei schlimmen Ereignissen der Obrigkeit die Schuld bei-
misst.
2. Gleichwohl sann Herodes in dieser traurigen Lage
auf Mitteil, um die Not zu lindern. Das war indes
Fünfzehntes Buch, 9. Kapitel.
843
schwierig, teils weil die Nachbarvölker selbst am Not-
wendigsten Mangel litten, teils weil ihm, auch wenn er
imstande gewesen wäre, für so viele Menschen nur eine
Kleinigkeit Lebensmittel anzuschaffen , das Geld dazu
fehlte. Da er es aber für billig hielt, nichts unversucht
zu lassen, um dem Elend abzuhelfen, liess er alles, was
sich an Gold- und Silbergerät im Königspalast vorfand,
zusammenschmelzen und verschonte selbst die kostbarsten
und kunstvollsten Erzeugnisse nicht. Das so erhaltene
Geld schickte er dann nach Aegypten, dessen Verwaltung
Petronius im Namen des Caesars führte. Obgleich sich
nun nicht wenige, die in derselben Notlage waren, um
Abhilfe an Petronius wandten , wollte er . doch als be-
sonderer Freund des Herodes dessen Unterthaneh zu-
nächst das Leben erhalten. Er gestattete deshalb ihnen
zuerst, Getreide auszuführen, und war ihnen beim An-
kauf und jder Ausfuhr desselben in jeder Hinsicht
behilflich, sodass sie ihm zum grössten Teile oder auch
ganz allein ihre Rettung zu verdanken hatten. Als nun
die Abgesandten mit dem Getreide ankamen, sorgte
Herodes zunächst dafür, dass das Volk diese Hilfe nur
ihm zuschrieb, und brachte dadurch nicht nur denen,
die ihm früher feindlich gegenübergestanden hatten, eine
bessere Meinung bei, sondern zeigte auch offenkundig,
wie sehr er auf das Wohl des Volkes bedacht gewesen
war. Denn zuerst teilte er mit möglichster Genauigkeit
Getreide an diejenigen aus, die sich selbst Brot daraus
bereiten konnten. Alsdann wies er den vielen, die wegen
hohen Alters oder sonstiger Schwäche sich die Nahrung
nicht selbst herzustellen vermochten, Bäcker an, welche
das thun sollten. Weiterhin sorgte er dafür, dass die,
denen ihr Vieh zu Grunde gegangen war oder die das-
selbe zur Nahrung verwendet hatten und deshalb weder
Wolle noch sonstige Kleidungsstücke besassen, im Winter
nicht in Gefahr gerieten. Nachdem er das alles besorgt
hatte, gedachte er auch den benachbarten Städten Hilfe
zu leisten, indem er die Bewohner Syriens mit Saatgut
versah, eine Massregel, die den höchsten Nutzen ver-
344
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sprach , weil hierdurch die Fruchtbarkeit des Lande»
wieder hinreichend gesichert war, sodass dem Mangel an
Lebensmitteln gesteuert werden konnte. Als nun die
Erntezeit herangekommen war, schickte er fünfzigtausend
Menschen, welche er ernährt hatte, im Lande umher
und half auf diese Weise nicht nur seinem eigenen
schwer bedrängten Reiche wieder auf, sondern gewährte
auch den Nachbarn, die in gleicher Not waren, seine
Unterstützung. Denn niemand wandte sich in seinem
Elend an ihn, dem er nicht nach Kräften beigesprungen
wäre. Ja, ganze Völker, ganze Städte und solche Privat-
personen, die, weil sie für eine grosse Zahl von An-
gehörigen zu sorgen hatten, in Not geraten waren und
zu ilfln ihre Zuflucht nahmen, erlangten Gewährung
ihrer Anliegen. So verteilte er an auswärtige Not-
leidende zehntausend Koren Getreide (ein Kor enthält
zehn attische Scheffel) und in seinem eigenen Reiche im
ganzen gegen achtzigtausend Koren. Durch diese seine
Fürsorge und Güte gewann sich Herodes so sehr die
Zuneigung der Juden, dass sie ihn nicht genug zu loben
wussten, und dass der Hass, den er sich durch seine
Missachtung der heimischen Gebräuche zugezogen hatte,
aus dem Herzen seiner Unterthanen getilgt ward. All-
seitig war man jetzt überzeugt, er habe durch seine
opferwillige Hilfe in der schweren Zeit der Not seine
früheren Fehler vollständig gut gemacht. Auch bei den
Auswärtigen stieg sein Ruhm, und es scheint, dass das
unsägliche Elend, welches sein Reich so schwer gedrückt
hatte, dazu bestimmt gewesen sei, den Glanz seines
Namens zu erhöhen. Denn durch die grossartige Frei-
gebigkeit, die er wider Erwarten in den Zeiten der Not
bewiesen hatte, schlug die Stimmung des Volkes so sehr
zu seinen Gunsten um, dass man ihn nicht mehr für
den hielt, als den man ihn früher kennen gelernt,
sondern für den Mann, der seine Fürsorge während der
argen Drangsal glänzend gezeigt hatte.
3. Um diese Zeit sandte er auch dem Caesar fünf-
hundert auserlesene Krieger aus seiner Leibwache zu
Fünfzehntes Buch, 9. Kapitel.
345
Hilfe, die Aelius Gallus ans Rote Meer führte und die
dem Augustus von grossem Nutzen waren. Als nun
sein Wohlstand sich wieder gehoben hatte, baute er in
der oberen Stadt einen Königspalast mit sehr geräumigen
Zimmern, die aufs prächtigste mit Gold, Marmor und
Ruhebetten ausgestattet waren, sodass sie eine grosse
Zahl Menschen aufnehmen konnten. Je nach der
Grösse benannte er diese Räume, so z. B. den einen nach
dem Caesar, den anderen nach Agrippa u. s. w. Alsdann
nahm er, von sinnlicher Lust getrieben, eine neue Gattin,
wie er sich denn überhaupt durch keinerlei Scheu ab-
halten liess, den Vergnügungen des Lebens nach Be-
lieben zu frönen. Diese eheliche Verbindung aber
hatte folgende Veranlassung. Es lebte zu Jerusalem
ein gewisser Simon, der Sohn des Alexandriners Boethos,
ein angesehener Priester. Dieser hatte eine Tochter, die
für die schönste Frau der damaligen Zeit galt. Da sie
nun aus diesem Grunde zu Jerusalem der Gegenstand
allgemeinen Gespräches wurde, hörte auch Herodes
von ihr und geriet in Entzücken, als er sie in ihrer
blühenden Schönheit sah. Doch wollte er sie nicht mit
Gewalt seinen Lüsten dienstbar machen, da er befürchtete,
es möchte ihm übelgenommen werden, wenn er mit
tyrannischer Willkür zu Werke ginge. Er hielt es
darum für geratener, sie zur Ehe zu nehmen. Weil aber
Simon eine zu niedrige Stellung bekleidete, um mit dem
Könige in Verwandtschaft treten zu können, und doch
auch wieder zu hoch stand, als dass man ihn ganz hätte
missachten dürfen, so hielt Herodes für das beste Mittel
zur Erfüllung seines Wunsches die Erhebung der Familie
des Simon zu grösseren Ehren. Deshalb entsetzte er
den Hohepriester Jesus, den Sohn des Phabes, seines
Amtes und übertrug die Würde dem Simon, worauf er
verwandtschaftliche Beziehungen mit ihm anknüpfte.
4. Nach beendigter Hochzeitsfeier erbaute er eine
Festung an dem Orte, wo die Juden von ihm besiegt
worden waren, nachdem Antigonus ihn vertrieben und
sich der Herrschaft bemächtigt hatte. Dieser Ort war
346
Josephus’ Jüdische Altertümer.
von Jerusalem gegen sechzig Stadien entfernt und
schon von Natur zur Befestigung sehr geeignet. In
seiner nächsten Nähe nämlich liegt ein mässiger Hügel,
der sich so in die Höhe erhebt, als wäre er von Menschen-
hand gemacht, und in seiner Gestalt Ähnlichkeit init
einer weiblichen Brust auf weist Diesen Hügel versah
Herodes mit runden Türmen und machte ihn schwer zu-
gänglich, indem er eine steile, aus zweihundert Quader-
steinstufen bestehende Treppe zu ihm hinaufführte. Im
Innern der Türme befanden sich prachtvolle königliche
Gemächer, die ebenso der Sicherheit wie der Ver-
schönerung dienten, und am Fusse des Hügels waren
Wohnungen erbaut, welche einen herrlichen Anblick
gewährten, und für die, weil der Ort kein Wasser hatte,
Wasserleitungen angelegt waren, die man mit grossen
Kosten aus weiter Ferne herangeführt hatte. Die Ebene
ringsum wurde gleichfalls mit Gebäuden besetzt, sodass
sie das Ansehen einer grossen Stadt darbot, über welcher
sich der Hügel wie eine Burg erhob.
5. Als sich nun alles glücklich nach seinen Wünschen
gestaltet hatte, befürchtete Herodes in seinem Reiche
keine Empörungen mehr, da er seine Unterthanen durch
zwei Mittel im Gehorsam hielt , nämlich teils durch
Furcht, indem er niemand die verdiente Strafe erliess,
teils durch seine Fürsorge, von der er bei Gelegenheit
der Hungersnot eine so glänzende Probe gegeben hatte.
Dennoch suchte er auch im Ausland für seine Sicher-
heit zu sorgen, als wenn er eines solchen Schutzes gegen
seine Unterthanen bedurft hätte. Er erwies sich näm-
lich gegen die auswärtigen Städte freundlich und ge-
fällig, ehrte ihre Herrscher bei vorkornmenden Gelegen-
heiten und machte sie sich durch Geschenke und noch
grössere Gunstbezeugungen geneigt, da er, wie es einem
Könige geziemt, von Natur freigebig war. Durch die
in dieser Hinsicht errungenen Erfolge war nun seine
Macht gewaltig vermehrt. Doch wurde er infolge seiner
Prachtliebe und des Eifers, womit er sich den Caesar
und die Machthaber der Römer günstig zu stimmen
Fünfzehntes Buch, 9. Kapitel.
347
suchte, auch zum Abfall von den heimischen Gebräuchen
und zur Übertretung der Gesetze genötigt, da er seinem
Ehrgeiz zuliebe Städte baute und Tempel errichtete,
nicht zwar in Judaea, weil die Juden, denen es verboten
ist, nach Art der Griechen Bildsäulen und Bildnisse zu
verehren, das nicht geduldet haben würden, sondern in
anderen Gegenden und Städten. Den Juden gegenüber
entschuldigte er sein Verfahren damit, dass er dies nicht
aus freien Stücken, sondern auf höheren Befehl thue,
wogegen er sich beim Caesar und den Römern dadurch
in Gunst setzte, dass er mehr Rücksicht auf ihre Ehrung
als auf die heimischen Gebräuche nahm. Auch hatte
er dabei seinen eigenen Nutzen im Auge, indem er sich
bemühte, den Nachkommen möglichst herrliche Denk-
mäler seiner Regierung zu hinterlassen. Das war es,
was ihn veranlasste, Städte zu bauen und zu diesem
Zwecke ungeheure Geldmittel aufzuwenden.
6. Zur Erbauung einer Stadt erschien ihm nun ein
Ort an der Meeresküste, der früher Stratonsturm hiess,
besonders geeignet, und er liess deshalb sogleich den
Plan dazu entwerfen. Dann baute er die verfallenen
Gebäude mit grosser Pracht und Sorgfalt aus weissein
Marmor wieder auf und schmückte die Stadt sowohl
mit herrlichen Königspalästen als mit sonstigen Wohn-
häusern. Ja, er versah, was ein äusserst schwieriges und
mühevolles Werk war, die Stadt mit einem sehr sicheren
Hafen, der an Grösse dem Piraeus 1 gleichkam und in
welchem die Schiffe aufs zweckmässigste ankern konnten.
Der Bau der Stadt musste um so mehr Aufsehen erregen,
als der Ort selbst die hierzu notwendigen Materialien
nicht darbot, diese vielmehr anderweitig herbeigeschafft
und mit grossen Kosten zugerichtet werden mussten. Die
Stadt liegt in Phoenicien, an dessen Küste man auf der
Reise nach Aegypten vorbeifährt, zwischen Dora und
Joppe. Diese Seestädtchen sind hafenlos und den
heftigen von Afrika her wehenden Winden ausgesetzt,
1 Dem Hafen von Athen.
348 J osephus’ J üdische Altertümer.
welche den Meeressand ans Ufer schleudern und keine
ruhige Landung gestatten, sodass die Kaufleute hier
meist im offenen Meere vor Anker gehen müssen. Um
diesem Übelstand abzuhelfen, steckte Herodes für den
Hafen ringsum einen so weiten Raum ab, als hin-
reichend war, um grosse Flotten aufzunehmen, und liess
bis zur Tiefe von zwanzig Ellen Felsblöcke von ge-
waltiger Grösse ins Meer senken, von denen die meisten
fünfzig Fus8 lang, achtzehn Fuss breit und neun Fuss
hoch waren, einige auch grösser oder kleiner. Dieser
Damm, den er zur Abwehr der anprallenden Meeres-
fluten errichten liess, wies eine Breite von zweihundert
Fuss auf. Die eine Hälfte desselben diente dazu, die
Gewalt der Wogen zu brechen, und wurde deshalb
Prokymatia (Wellenbrecher) genannt; die andere trug
eine steinerne Mauer, welche mit Türmen versehen war.
Von den Türmen erhielt der grösste und schönste nach
dem Stiefsohn des Caesars, der als Jüngling gestorben
war, den Namen Drusus. Ausserdem waren daselbst
viele Gewölbe angebracht, die den Schiffern als Her-
berge dienten, und vor den Gewölben zog sich rings um
den Hafen eine zu Spaziergängen geeignete Plattform.
Der Eingang des Hafens war dem Nordwinde zugekehrt,
der hier von allen Winden der mildeste ist. Am
äussersten Ende der Hafenböschung lag, wenn man in
den Hafen einfuhr, zur Linken ein runder Turm, der
auf einem breiten Unterbau ruhte und den Fluten
/
kräftigen Widerstand entgegensetzte; zur Rechten da-
gegen standen dem Turm gegenüber zwei hohe mit-
einander verbundene steinerne Säulen. Rings um den
Hafen lagen in ununterbrochener Reihe Häuser, die aus
dem feinsten geschliffenen Marmor erbaut waren, und in
der Mitte erhob sich ein Hügel, auf welchem der Tempel
des Caesars stand, weithin den Seefahrern sichtbar. In
diesem Tempel befanden sich zwei Bildsäulen, eine der
Stadt Rom und eine des Caesars. Die Stadt selbst, die
sowohl wegen des Baumaterials als auch wegen der
kunstreichen Bauart der Häuser ein merkwürdiges
Fünfzehntes Buch, 10. Kapitel.
349
Ansehen hatte, ward Caesarea genannt. Was nun die
unterirdischen Gänge betrifft, so waren sie ebenso kunst-
voll angelegt wie die Gebäude über der Erde. Einige
von ihnen, die voneinander durch gleiche Zwischenräume
getrennt waren, reichten bis zum Meeresufer, während
ein gleicher Gang alle übrigen quer durchschnitt, sodass
das Regenwasser und die Schmutzwässer der Stadt ab-
fliessen und die Meeresfluten von aussen eindringen
konnten, wodurch die ganze Stadt unterspült und rein
gehalten wurde. Ausserdem baute Herodes in der Stadt
ein Theater auB Felsquadern und hinter demselben
an der Südseite des Hafens ein Amphitheater, welches
eine ungeheure Menschenmenge zu fassen vermochte
und so günstig lag, dass es eine weite Aussicht aufs
Meer gestattete. Da nun der König weder Mühe noch
Kosten scheute, wurde die Stadt in zwölf Jahren
vollendet.
Zehntes Kapitel.
Wie Herodes seine Söhne nach Rom schickte, und wie
er von Zenodorus und den Gadarenern angeklagt, aber
vom Caesar freigesprochen wurde. Von dem Essener
Manaem.
1. Als Herodes auch diese Stadt vollendet hatte
(Sebaste war ja bereits früher gebaut worden), beschloss
er seine Söhne Alexander und Aristobulus nach Rom
zu schicken, damit sie dem Caesar ihre Aufwartung
machten. Dort angelangt, kehrten sie bei Pollio, einem
sehr guten Freunde ihres Vaters, ein, obwohl es ihnen
auch freistand, beim Caesar abzusteigen. Augustus nahm
sie äusserst huldreich auf und erteilte dem Herodes die
Erlaubnis, einen von den beiden Söhnen nach Be-
lieben zu seinem Nachfolger zu ernennen. Auch schenkte
er ihm noch an Ländergebieten Trachon, Batanaea und
Auranitis, und zwar aus folgender Veranlassung. Ein
gewisser Zenodorus, der die Güter des Lysanias gepachtet
850
Josephus 1 Jüdische Altertümer.
hatte, war mit deren reichen Einkünften nicht zufrieden,
sondern suchte dieselben durch Raubzüge, welche er
nach Trachon unternahm, zu vermehren. Diese Gegend
nämlich wurde von verkommenen Menschen bewohnt,
die das Gebiet der Damascener plünderten, und anstatt
ihren Räubereien Einhalt zu thun, beteiligte sich Zeno-
dorus sogar noch an ihrer Beute. Die Nachbarn aber,
die hierdurch hart bedrängt wurden, wandten sich mit
lauten Klagen an den damaligen Statthalter Varro und
und baten ihn, dem Caesar von den Ungerechtigkeiten
des Zenodorus Meldung zu machen. Der Caesar hatte
die Klagen kaum vernommen, als er sogleich Befehl er-
teilte, die Räuber aus der Gegend zu vertreiben und
dieselbe dem Herodes zu übergeben, dessen Umsicht und
Thatkraft es gewiss verhüten würde, dass die Trachoniter
ihren Nachbarn künftig lästig fielen. Dem Treiben der
Räuber ein Ende zu machen, war indes keine leichte
Sache, da dieselben nur von ihren Räubereien lebten
und weder Städte noch Ackerland, sondern nur unter-
irdische Schlupfwinkel und Höhlen besassen, in denen
sie mit ihrem Vieh gemeinschaftlich lebten. Auch hatten
sie sich reichlich mit Wasser und Getreidevorräten ver-
sorgt, sodass sie aus ihren Verstecken heraus längere
Zeit Widerstand zu leisten vermochten. Die Eingänge
der Höhlen waren so eng, dass nur einer nach dem
anderen hineingehen konnte; der innere Raum dagegen
war von ganz beträchtlicher Grösse und so eingerichtet,
dass er einer grossen Anzahl Menschen Unterkunft ge-
währte. Oben aber ragten die Wohnungen nicht hervor,
sondern waren hier fast dem Erdboden gleich. Die
ganze Gegend war rauh, felsig und schwer zugänglich,
wenn man sich nicht eines Führers bediente; denn die
Pfade waren nicht gerade, sondern vielfach verschlungen.
Konnten diese Menschen keine Schandthaten gegen ihre
Nachbarn verüben, so pflegten sie sich selbst gegenseitig
zu berauben, und schreckten vor keinem Verbrechen
zurück. Sobald nun Herodes diese Gegend von
Augustus zum Geschenk erhalten hatte, zog er mit
Fünfzehntes Bach, 10. Kapitel.
351
kundigen Führern dahin , legte den Übelthätern das
Handwerk und verschaffte den Nachbarn Friede und
Sicherheit.
2. Zenodorus aber, den der Verlust seines Gebietes
sehr kränkte, und der den Herodes wegen der darüber
erlangten Herrschaft beneidete, reiste nach Rom, um ihn
anzuklagen, musste jedoch unverrichteter Sache wieder
heimkehren. Unterdessen ward Agrippa abgeschickt, um
im Namen des Augustus die Provinzen jenseits des
Ionischen Meeres zu verwalten. Da nun Herodes ihm
sehr befreundet war, besuchte er ihn in Mytilene, wo er
überwinterte, und kehrte dann wieder nach Judaea
zurück. Übrigens kamen auch einige Gadarener zu
Agrippa, um den Herodes zu verklagen. Agrippa aber
liess sie, ohne sie auch nur einer Antwort zu würdigen,
dem Könige gefesselt zuführen. Unterdessen gerieten
auch die Araber, die schon längst der Herrschaft des
Herodes überdrüssig waren, wieder in Erregung und
suchten ihm Schwierigkeiten zu bereiten, und zwar, wie
es schien, aus ziemlich erheblichen Ursachen. Zenodorus
nämlich hatte, als er bereits alle Hoffnung auf Erhaltung
seiner Macht schwinden sah, einen Teil seines Gebietes,
und zwar Auranitis, den Arabern um fünfzig Talente ver-
kauft. Weil aber dieses Gebiet zu dem Lande gehörte,
das Augustus dem Herodes geschenkt hatte, kämpften
die Araber mit ihm um den Besitz desselben, als ob es
ihnen ungerechterweise abgenommen worden sei, fielen
häufig in das Land ein und versuchten bald mit Gewalt,
bald auf dem Rechtswege ihren Anspruch zu behaupten.
Sie suchten auch arme Soldaten des Herodes zu sich
herüberzuziehen und waren überhaupt sehr feindselig
gegen ihn gesinnt, indem sie wie alle die, welchen es
übel ergeht, ihre Hoffnung auf Erregung von Um-
wälzungen setzten. Obwohl nun Herodes längst Kennt-
nis davon hatte, trat er ihnen doch nicht entgegen, sondern
suchte sie klugerweise zu besänftigen, um ihnen keinen
Anlass zu offenem Aufruhr zu geben.
3. Im siebzehnten Jahre der Regierung des Herodes
352
Josephus’ Jüdische Altertümer.
kam der Caesar nach Syrien, und ein grosser Teil der
Gadarener benutzte diesen Anlass, um über Herodes
Klage zu führen, dass er sich herrsch süchtig, hart und
tyrannisch benehme. Zu diesem kühnen Wagnis hatte
sie Zenodorus getrieben, der sie stets aufwiegelte, sich
über Herodes beklagte und ihnen eidlich zusagte, alles
auf bieten zu wollen, damit sie von der Herrschaft des
Herodes befreit und unmittelbar der Botmässigkeit des
Augustus unterstellt würden. Hierdurch Hessen die
Gadarener sich bewegen, gegen Herodes Klage zu er-
heben, indem sie sich besonders darauf stützten, dass
diejenigen ihrer Mitbürger, welche Agrippa gefesselt dem
Herodes hatte zuführen lassen, von letzterem nicht be-
straft, sondern, ohne dass man ihnen ein Haar gekrümmt
hatte, freigelassen worden waren. Denn Herodes, der
gegen die Seinigen hei Verfehlungen mit unerbittlicher
Strenge einschritt, war leicht geneigt, die Übelthaten
von Fremden grossmütig zu verzeihen. Da er nun von
den Gadarenern der Gewaltthätigkeit, des Raubes und
der Zerstörung ihrer Tempel angeklagt wurde, bereitete
er ruhig seine Verteidigung vor. AuguBtus aber gab
ihm die Hand und änderte trotz des Tobens der Menge
nicht im mindesten seine freundliche Gesinnung gegen
ihn. Über diese Sache verhandelte man am ersten Tage ;
am folgenden Tage aber wurde die Untersuchung nicht
fortgesetzt. Denn da die Gadarener die Stimmung des
Caesars und der Beisitzer des Gerichtes erkannten und
der Meinung waren, dass sie an den König würden
ausgeliefert werden , töteten sie sich aus Furcht vor
Folterqualen in der folgenden Nacht teils mit eigener
Hand, teils stürzten sie sich in einen Abgrund oder er-
tränkten sich im Flusse. Weil sie aber damit ihre
Leichtfertigkeit und Schuld selbst anzuerkennen
schienen , sprach Augustus den Herodes ohne weiteres
Bedenken frei. Ferner vollzog sich noch ein anderes,
für Herodes sehr glückliches Ereignis. Dem Zenodorus
nämlich platzte ein Darm, und er wurde infolge des
dadurch eintretenden Blutverlustes so schwach, dass er
Fünfzehntes Buch, 10. Kapitel.
353
zu Antiochia in Syrien starb. Sein Land aber, das
nicht klein war und zwischen Trachon und Galilaea lag,
schenkte der Caesar einschliesslich Ulathas, Panias’ und
des daran grenzenden Gebietes dem Herodes. Auch
brachte er ihn in nähere Beziehungen zu den Statthaltern
von Syrien, denen er auftrug, nichts ohne des Herodes
Zustimmung vorzunehmen. Kurz, Herodes gelangte zu
solchem Glücke, dass die beiden Machthaber des so
gewaltigen Römerreiches , Augustus und Agrippa, ihn
sehr hoch schätzten, und dass namentlich Augustus nach
Agrippa auf niemand grössere Stücke hielt als auf Herodes,
und auch Agrippa seinerseits ihn nach dem Caesar seinen
besten Freund nannte. Durch solche Gunstbezeugungen
wuchs das Selbstvertrauen des Herodes gewaltig, und er er-
bat sich daher vom Caesar für seinen Bruder Pheroras eine
Tetrarchie und wies diesem von den Einkünften seines
eigenen Reiches hundert Talente an, damit, wenn er selbst
vom Tode ereilt würde, Pheroras in gesicherter Stellung sich
befände und nicht in Abhängigkeit von den Söhnen seines
Bruders geriete. Nachdem nun Herodes den Caesar bis
zum Meere geleitet hatte, kehrte er heim und er-
baute ihm im Lande des Zenodorus nahe bei dem Orte
Panium einen herrliche^ Tempel aus Marmor. Hier be-
findet sich im Berge eine prächtige Grotte, in welcher
ein steiler und tiefer, mit stehendem Wasser angefüllter
Erdschlund sichtbar ist, während darüber ein gewaltiger
Berg emporragt. Unterhalb der Grotte entspringen die
Quellen des Jordanflusses. Diesen berühmten Ort also
schmückte Herodes mit einem Tempel, welchen er dem
Augustus weihte.
4. Damals liess Herodes auch seinen Unterthanen
den dritten Teil der Abgaben nach, angeblich, um ihnen
die Möglichkeit zu bieten, sich nach der langen Un-
fruchtbarkeit des Landes wieder zu erholen, in Wahrheit
aber, um sich ihre Zuneigung zu sichern. Denn über
seine Unternehmungen, durch welche Religion und Sitte
untergraben zu werden drohten, waren sie sehr unwillig,
und das ganze Volk sprach davon nur mit Erbitterung
Joaephua’ Jüdische Altertümer, II. 23
Go gle
354
Josephus’ Jüdische Altertümer.
und Erregung. Einen Aufruhr aber suchte er dadurch
zu vereiteln, dass er seinen Unterthanen jede Gelegen-
heit dazu benahm und sie zu beständiger Arbeit anhielt.
Auch verbot er den Bürgern alle Zusammenkünfte,
öffentliche wie geheime, und stellte überall Spione an.
Wurde jemand bei Übertretungen ertappt, so bestrafte
er ihn streng, und es wurden viele offen oder heimlich
in die Festung Hyrkania abgeführt und dort hingerichtet.
Überall, in der Stadt wie auf den Landstrassen, gab es
bestimmte Menschen, die alle Zusammenkünfte auszu-
forschen suchten. Ja, man sagt, der König habe sich
oft selbst in der Kleidung eines Privatmannes bei Nacht
unter die Menge begeben, um die Meinung des Volkes
über seine Regierung zu erfahren. Wer seinen Anord-
nungen Widerstand entgegensetzte, wurde auf alle er-
denkliche Weise verfolgt. Die übrigen aber verpflichtete
Herodes unter Eid, ihm stets die Treue zu bewahren.
Die meisten seiner Unterthanen fügten sich denn auch
seinen Befehlen, teils aus wirklicher Zuneigung zu ihm,
teils aus Furcht. Wer jedoch in zähem Widerstand ver-
harrte und 6ich nicht zu bezwingen vermochte, wurde
schonungslos beiseite geschafft. Als er aber auch den
Pharisäer Pollio und den Sam^as sowie mehrere von
deren Anhängern zum Eidschwur zwingen wollte,
weigerten sie sich dessen entschieden ; gleichwohl schritt
er mit Rücksicht auf Pollio nicht gegen sie ein wie
gegen die anderen, die den Eid nicht leisten wollten.
Auch waren von dieser Verpflichtung die sogenannten
Essener befreit, die eine ähnliche Klasse von Menschen
bilden, wie bei den Griechen die Pythagoräer. Doch
ich habe mich über dieselben anderswo ausführlich ver-
breitet. Hier mag es nicht unpassend sein, darüber zu
reden, weshalb Herodes den Essenern eine so ungewöhn-
liche Vergünstigung gewährte, zumal daraus hervor-
geht, wie man überhaupt in jener Zeit von ihnen
dachte.
5. Ein gewisser Essener mit Namen Manaem, der
wegen der Ehrbarkeit seines Lebenswandels in gutem
Go gle
Fünfzebntes Buch, 10. Kapitel.
355
Rufe stand und von Gott mit der Gabe, die Zukunft
vorherzusehen , ausgestattet war, blickte eines Tages den
Herodes, da dieser noch ein Knabe war und mit ihm
zur Schule ging, an und sagte zu ihm, er werde dereinst
König der Juden werden. Herodes aber, der der
Meinung war, Manaem kenne ihn entweder nicht oder
treibe seinen Scherz mit ihm, entgegnete, er sei doch
nur von gewöhnlicher Herkunft. Manaem lächelte
darüber, schlug ihn auf die Schenkel und sprach: „Du
wirst in der That König werden und, weil dich Gott
dessen für würdig hält, eine glückliche Regierung führen.
Erinnere dich alsdann der Schläge des Manaem und
lass sie dir zum Zeichen dienen, dass alles Glück
wandelbar ist. Denn eine solche Erwägung wird dir
zu grossem Nutzen gereichen, wenn du Gerechtigkeit
und Frömmigkeit liebst und dich gegen deine Unter-
thanen mild erweisest. Ich aber, der ich genau hierüber
unterrichtet bin, weiss bestimmt, dass du so nicht sein
wirst. Denn du wirst wohl, wie kein anderer, ein glück-
liches Leben führen und dir ewigen Ruhm erwerben,
Frömmigkeit und Gerechtigkeit aber wirst du vergessen.
Allein Gott dem Herrn wird dies nicht verborgen
bleiben, und er wird dich am Ende deines Lebens dafür
bestrafen.“ Auf diese Worte achtete Herodes damals
nicht, weil er eine solche Hoffnung nicht hegte. Als er
aber zur Regierung und zwar zu glücklicher Regierung
gelangt war, liess er, da er auf dem Gipfel seiner Macht
stand, den Manaem rufen und fragte ihn, wie lange er
noch regieren werde. Manaem antwortete hierauf nichts
und schwieg. Da fragte Herodes weiter, ob seine Re-
gierung wohl noch zehn Jahre dauer'n werde, und nun
erwiderte Manaem, auch wohl zwanzig oder dreissig Jahre,
ohne jedoch das Ende seines Lebens genau zu bestimmen.
Herodes aber war damit zufrieden, gab dem Manaem
die Hand, entliess ihn und hielt von der Zeit an alle
Essener in Ehren. Obgleich nun diese Erzählung
allen Glauben übersteigt, hielt ich es doch für
gut, sie den Lesern mitzuteilen und zugleich davon
356
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Erwähnung zu thun, dass noch viele Essener wegen
ihres ehrbaren Lebenswandels mit der Gabe der Weis-
sagung ausgestattet waren.
Elftes Kapitel.
Wie Herodes den Tempel umbaute und ihn höher und
prächtiger gestaltete. Von der Burg Antonia.
1. Im achtzehnten Jahre seiner Regierung nahm
Herodes, nachdem er die oben erwähnten Bauten aus-
geführt hatte, noch ein schwieriges Werk in Angriff.
Er ging nämlich daran, den Tempel Gottes in weit
grösserem Umfang und viel höher zu errichten; denn er
glaubte, dieses Werk müsse, wenn er es vollendete, wie
es auch wirklich der Fall war, herrlicher sein als alles,
was er bisher zu stände gebracht, und er würde sich
dadurch ein dauerndes Andenken sichern. Weil er aber
einsah, dass das Volk nicht leicht zur Inangriffnahme
eines so gewaltigen Unternehmens zu haben sein würde,
beschloss er, dasselbe zunächst durch eine Anrede darauf
vorzubereiten und erst dann Hand ans Werk zu legen.
Er berief deshalb das Volk zusammen und sprach also:
„Liebe Landsleute, ich halte es für unnötig, von den
anderen Werken zu euch zu reden, die ich seit dem
Beginne meiner Regierung vollbracht habe, obgleich sie
alle derart sind, dass sie mehr eurer Sicherheit als
meinem Ruhme dienen. Und da ich auch in den Zeiten
schlimmer Not euch beizuspringen nicht ausser acht
liess und bei der Ausführung meiner Bauwerke mehr
für eure als für meine Sicherheit sorgte, so bin ich über-
zeugt, dass ich nach dem Willen Gottes das Volk der
Juden zu einem Glücke geführt habe, wie es dasselbe
früher nie gekannt hat. Doch ich halte es , wie gesagt,
für überflüssig, euch alles einzeln aufzuzählen, was ich
im Lande vollführt und wie ich durch Erbauung
von Städten sowohl in eurem Gebiete als in den dazu
357
Fünfzehntes Buch, 1 1. Kapitel.
gehörenden Landesteilen euer Volk zu grossem Ansehen
erhoben habe, da euch das ja wohl bekannt ist. Ich
will euch jetzt nur mit wenigen Worten zeigen, dass
das Werk , welches ich gegenwärtig in Angriff nehmen
will, ebenso sehr der Ehre Gottes als eurem Ruhme
dienen soll. Dieser Tempel ist von euren Vorfahren
dem höchsten Gotte erbaut worden, als sie aus Babylon
zurückgekehrt waren. Doch fehlen ihm an seiner Höhe
noch sechzig Ellen, um welche der früher von Solomon
errichtete Tempel ihn überragte. Das ist aber nicht
etwa dem Mangel an Frömmigkeit bei unseren Vorfahren
zuzuschreiben ; denn es stand nicht bei ihnen, dem Tempel
die frühere Grösse zu geben. Vielmehr schrieben Cyrus
. und Darius, des Hystaspes Sohn, ihnen die Art, wie sie
den Bau einrichten sollten, vor, sodass sie, da sie zuerst
diesen Königen, dann deren Nachkommen und später
den Macedoniern unterthan waren , nicht die Macht be-
sassen, dieses Denkmal ihrer Gottesfurcht in derselben
Grösse wie ehemals aufzuführen. Weil ich nun durch
Gottes Gnade zur Regierung gelangt bin, einer langen
Friedenszeit mich erfreue, grosse Reichtümer mir ge-
sammelt habe, bedeutende Einkünfte beziehe und, was
das Wichtigste ist, mit den Römern , den Herren der
Welt, wie ich wohl sagen darf, in freundschaftlichem
Verkehr stehe, so will ich mich bemühen, das, was
unsere Vorfahren aus Not und weil sie unter fremder
Herrschaft standen, nicht ausführen konnten, zu voll-
enden und dadurch Gott für die vielen Wohlthaten, die
er mir während meiner Regierung erwiesen hat, frommen
Dank zu erstatten.“
2. Also sprach Herodes zum Volke. Viele jedoch
wurden durch diese Rede, die sie nicht erwartet hatten,
in Bestürzung versetzt, und da sie den Plan für unaus-
führbar hielten , waren sie keineswegs freudig erregt,
sondern vielmehr beängstigt. Sie befürchteten nämlich,
der König möchte, wenn der Tempel niedergelegt wäre,
nicht die hinlänglichen Mittel besitzen, um das Werk,
welches er sich vorgenommen, vollenden zu können, und
358
Josephus’ Jüdische Altertümer.
es schien ihnen diese Gefahr um so grösser zu sein, als
der Bau ihnen in der That schwierig und kolossal vor-
kam. Weil sie nun so niedergeschlagen waren, flösste
Herodes ihnen dadurch wieder Mut ein, dass er ihnen
die Versicherung gab, er werde den Tempel nicht eher
niederreissen lassen, als bis er alles zu seiner Vollendung
Erforderliche in Bereitschaft habe. Hierin hielt er auch
Wort. Denn erst als er tausend Wagen zum Anfahren
der Steine beschafft, zehntausend erfahrene Werkmeister
ausge wählt, tausend Priestern priesterliche Gewänder
gekauft, sie teils in der Steinmetzkunst, teils im Zimmer-
handwerk hatte unterrichten lassen, und überhaupt alles
aufs sorgfältigste vorbereitet hatte, nahm er das Werk
in Angriff.
3. Er liess also zunächst die alten Fundamente
durch neue ersetzen und erbaute dann auf diesen den
Tempel selbst, hundert Ellen lang und hundertzwanzig
Ellen hoch. Von den letzteren hundertzwanzig Ellen
gingen zwanzig ab, nachdem sich die Fundamente ge-
hörig gesetzt hatten ; doch haben wir dieselben zu Neros
Zeiten wieder hinzuzufügen beschlossen. Der Tempel
wurde aus festen weissen Marmorsteinen erbaut, die
ungefähr fünfundzwanzig Ellen lang, acht Ellen hoch
und gegen zwölf Ellen breit waren. Wie die königliche
Säulenhalle war der ganze Tempel auf beiden Seiten
etwas niedriger, in der Mitte dagegen etwas höher, sodass
er schon auf viele Stadien Entfernung sichtbar war,
besonders für diejenigen, welche ihm gerade gegenüber
wohnten oder für solche, die auf ihn zugingen. Die
Thüren am Eingänge 1 mit den Oberschwellen waren
wie das Innere des Heiligtums selbst mit bunten Vor-
hängen geschmückt, in welche purpurne Blumen und Säulen
eingewebt waren. Über denselben breitete sich unter-
halb der Mauerkrönung ein goldener Weinstock mit
herabhängenden Trauben aus, und es war überhaupt ein
1 Josephus meint hier nicht das äussere, sondern das innere
Thor, welches unmittelbar ins Heiligtum führte.
Fünfzehntes Buch, 11. Kapitel.
359
solch reicher Aufwand an kostbarem Material gemacht
worden, dass der Anblick des überaus gewaltigen und
kunstvollen Bauwerkes wahres Staunen erregte. Den
ganzen Tempel umgab er mit ungeheuren Säulenhallen,
die zum eigentlichen Tempelhause in richtigem Ver^
hältnis standen, und deren Pracht die der früheren weit
übertraf, sodass es den Anschein gewann, als ob nie-
mand sonst den Tempel so herrlich habe ausschmücken
können. Beide Säulenhallen ruhten auf einer starken
Mauer; die Mauer selbst aber war eines der gross-
artigsten Werke, von denen man je gehört hat. Denn
sie stellte einen felsigen, steilen Hügel vor, der nach
der Ostseite der Stadt hin allmählich sich bis zu seinem
höchsten Gipfel erhob. Diesen Hügel umgab Solomon,
unser erster 1 König, auf Gottes Geheiss oben am Gipfel
mit einer Mauer. Unten am Fusse aber, wo er nach
der Südseite hin von einer tiefen Schlucht umgeben
war, verschanzte er ihn mit gewaltigen, durch Blei
untereinander verbundenen Felsblöcken, indem er in-
wendig immer einen kleinen Zwischenraum liess und
damit bis in die Tiefe fortfuhr, sodass der ins Geviert
gearbeitete Bau eine ungeheure Grösse und Höhe er-
hielt. Von aussen erblickte man die gewaltigen Fels-
blöcke, die von innen mit eisernen Klammern so fest
ineinander gefügt waren, dass sie für alle Zeiten unauf-
löslich verbunden schienen. Und als das ganze
Werk bis zur Spitze des Hügels hinaufgeführt war,
glättete er den Gipfel des letzteren, füllte die innerhalb
der Mauer befindlichen Höhlungen aus und machte alle
Teile der Oberfläche, die etwa noch hervorragten, völlig
gleich und eben. Diese ganze Einfriedigung hatte vier
Stadien im Umfang, da jede Seite ein Stadion lang war.
Inwendig zog sich dann um den Gipfel des Hügels noch
eine andere Steinmauer, welche gegen die Ostseite hin
eine doppelte Säulenhalle trug. Die letztere war gerade
so lang wie die Mauer und sah nach dem Thore des
1 D. h. hervorragendster.
860
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Tempels hin, welcher der Mitte der Mauer gegenüberlag.
Diese Säulenhalle hatten viele der früheren Könige reich
ausgeschmückt. Rings um den Tempel waren die
Rüstungen aufgehängt, die man von den fremden
Völkern erbeutet hatte, und Herodes brachte dieselben
jetzt wieder dort an und fügte auch noch diejenigen
hinzu, welche er den Arabern abgenommen hatte.
4. An der Nordseite der Einfriedigung war eine vier-
eckige, sehr stark befestigte Burg errichtet, welche die
Asamonäer, des Herodes Vorgänger, die Könige und
Priester zugleich waren , gebaut und Baris genannt
hatten, um daselbst das priesterliche Gewand aufzu-
bewahren, welches der Hohepriester nur, wenn er opfern
wollte, anzulegen pflegte. Auch Herodes bewahrte das
priesterliche Kleid wieder an diesem Orte auf. Nach
seinem Tode aber kam es in die Gewalt der Römer bis
auf die Zeiten des Caesars Tiberius. Als unter dessen
Regierung Vitellius, der Statthalter von Syrien, nach
Jerusalem gekommen und vom Volke mit höchsten
Ehrenbezeugungen aufgenommen worden war, richtete
er auf die Bitte der Juden, dass ihnen das priesterliche
Gewand wieder ausgeliefert werden möge, um sich ihnen
gefällig zu erweisen , ein diesbezügliches schriftliches
Gesuch an den Caesar, der denn auch die Bitte
gewährte. Darauf blieb das Gewand in den Händen
der Juden bis zum Tode des Königs Agrippa. Nach
dessen Ableben gaben Cassius Longinus, der damals Syrien
verwaltete, und Cuspius Fadus, der Landpfleger von
Judaea, den Juden den Befehl, das Gewand in der
Burg Antonia niederzulegen, da die Römer dasselbe
wieder wie früher in ihrer Gewalt haben müssten. Die
Juden schickten daher Gesandte an den Caesar
Claudius und baten ihn, er möge ihnen doch das Kleid
lassen. Als diese Gesandten angelangt waren, setzte es
der damals gerade in Rom weilende jugendliche
König Agrippa durch, dass der Caesar ihnen das
Gewand wieder überliess und Vitellius, dem Statthalter
von Syrien, einen diesbezüglichen Befehl erteilte.
Fünfzehntes Buch, 11. Kapitel.
361
Früher befand sich das Gewand unter dem Siegel des
Hohepriestern und der Tempelschatzmeister, welch
letztere sich am Tage vor einem Feste zum Kom-
mandanten der römischen Besatzungstruppen begaben
und nach geschehener Besichtigung des Siegels das
Gewand bei ihm abholten. Waren die Festtage dann
vorüber, so brachten sie es wieder zurück und über-
gaben es nach Vorzeigung des Siegels dem Befehlshaber
wieder zur Bewahrung. So erklären sich die vielen
Wechselfälle, die sich später mit dem Kleide ereignet
haben. Diese Burg liess nun Herodes, der König der
Juden, zur Sicherheit und zum Schutze des Tempels
noch stärker befestigen und nannte sie seinem
Freunde, dem römischen Feldherrn Antonius, zuliebe
Antonia.
5. Gegen die Westseite hin hatte die Einfriedigungs-
mauer vier Thore, von denen eines durch ein dazwischen
gelegenes Thal in die Königsburg, zwei weitere in die
Vorstadt und das vierte in die eigentliche Stadt
führten. Eine Menge von Stufen ermöglichte den Ab-
stieg in das Thal und das Hinaufsteigen aus demselben.
Denn die Stadt lag gerade dem Tempel gegenüber und
machte, gegen Süden von einer tiefen Schlucht um-
geben, den Eindruck eines Theaters. Die vierte Seite
der Einfriedigungsmauer endlich nach der Südseite hin
hatte ebenfalls in der Mitte Thore und eine dreifache
königliche Säulenhalle, die sich der Länge nach von
der östlichen zur westlichen Seite des Thaies erstreckte,
da sie nicht weiter fortgeführt werden konnte. Das
ganze Werk war eines der merkwürdigsten, welche die
Sonne jemals beschienen hat. Denn über dem Thale,
welches so tief war, dass man, wenn man hinabsah,
anfing schwindelig zu werden, war noch eine uner-
messlich hohe Halle erbaut, sodass derjenige, der vom
Dache dieser Halle aus beide Höhen zugleich mit
seinem Auge ermessen wollte, schon vom Schwindel
erfasst wurde, ehe noch sein Blick den Grund der
ungeheuren Tiefe erreichen konnte. Vier Reihen
362
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Säulen hatte man von einem Ende der Halle bis zum
anderen einander gerade gegenüber aufgestellt ; die
vierte dieser Säulenreihen war in eine steinerne Mauer
eingefügt. Die Dicke einer jeden Säule war so gross,
dass drei sich gegenseitig bei den Händen fassende
Menschen sie mit den Armen eben umspannen konnten.
Die Länge betrug siebenundzwanzig Fuss, und jede
Säule ruhte auf einem doppelten Wulst. An Zahl
waren ihrer im ganzen hundertzweiundsechzig 1 ; ihre
Kapitelle waren in korinthischem Stil gehalten und
stellten grossartige und wundervolle Arbeit dar. Weil
nun der Säulenreihen vier waren, teilten drei davon den
Kaum in Säulengänge. Zwei von diesen Gängen, die
einander gegenüberlagen, waren ganz gleich aus-
gestaltet, sodass jeder von ihnen dreissig Fuss in der
Breite, ein Stadion in der Länge und mehr als fünfzig
Fuss in der Höhe hatte. Der mittlere Gang dagegen
war einundeinhalbmal so breit und zweimal so hoch
und reichte an beiden Seiten über die anderen weit
hinaus. Die Dächer waren mit tief in das Holz ge-
schnittenen Bildwerken verziert, die mancherlei Formen
aufwiesen; das mittlere Dach war höher als die beiden
anderen. Vorn auf den Kapitellen befand sich eine
steinerne Wand, die mit eingesetzten Säulchen verziert
und sehr exakt geglättet war, sodass, wer sie nicht
gesehen, sich keine Vorstellung von ihrer Schönheit
machen konnte, und dass der, welcher sie sah, in
staunendes Entzücken geriet. So war also die erste
Einfriedigung des Tempels beschaffen. Nach innen zu
befand sich dann unweit der ersten eine zweite, zu der
man auf einigen Stufen emporstieg. Sie stellte eine
steinerne Mauer dar, auf der geschrieben stand, dass
jedem Fremden der Eintritt bei Todesstrafe verboten
sei. Diese innere Einfriedigung hatte auf der Süd- und
1 Wie bei dieser Zahl die Säulen in vier Reihen gerade ein-
ander gegenüber aufgestellt sein konnten, ist unerklärlich.
363
Fünfzehntes Buch, 1 1 . Kapitel.
Nordseite je drei Thore, die gleich weit voneinander ab-
standen, und auf der Ostseite ein grosses Thor, durch
welches diejenigen, welche rein waren, mit ihren
Frauen eintreten durften. Das innere Heiligtum da-
gegen durften die Frauen unter keinen Umständen
betreten. Endlich gab es noch einen dritten inneren
Raum, in welchen einzutreten nur den Priestern ge-
stattet war. Dies war der eigentliche Tempel, und vor
demselben befand sich der Altar, auf dem wir Gott die
Brandopfer darbringen. In keinen dieser drei inneren
Räume trat Herodes ein, da er kein Priester war
und ihm somit der Eintritt nicht freistand. Viel-
mehr besorgte er nur den Aufbau der Säulenhallen
und der äusseren Einfriedigungen, den er in acht Jahren
vollendete.
6. Nachdem nun auch der eigentliche Tempelbau von
den Priestern in einem Jahre und sechs Monaten er-
richtet worden war, freute sich das gesamte Volk und
dankte Gott dafür, dass das Werk so schnell zur Voll-
endung gekommen war und dass der König dieselbe
mit so regem Eifer betrieben hatte. Mit Festfeier und
Segenswünschen begleiteten die Juden die Fertigstellung
ihres Tempels. Der König aber opferte Gott dreihundert
Ochsen, und die übrigen nach ihrem Vermögen. Die
Zahl der Opfer kann ich nicht angeben; denn da die
Feier auf denselben Tag fiel, an welchem der König
den Antritt seiner Regierung zu begehen pflegte, so
wurde das Fest um dieser zweifachen Ursache willen
desto glänzender begangen.
7. Ausserdem wurde für den König noch ein ge-
heimer Gang angelegt, der von der Burg Antonia zum
östlichen Tempelthor führte. Darüber liess er sich einen
Turm erbauen, um bei etwa ausbrechenden Volksauf-
ständen durch den unterirdischen Gang auf denselben
hinaufsteigen und sich so in Sicherheit bringen zu
können. Es geht die Sage, während der ganzen Zeit,
da man am Tempelbau gearbeitet, habe es nur des
Nachts geregnet, damit der Bau nicht aufgehalten
364
Josephus’ Jüdische Altertümer.
würde, und diese von unseren Vorfahren überlieferte
Sage erscheint auch nicht unglaublich, wenn man alles
andere in Betracht zieht, wodurch Gott sich uns
offenbart hat. So vollzog sich der Neubau des
Tempels.
Go gle
Sechzehntes Buch
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 12 Jahren.
Inhalt.
1. Wie Alexander und Aristobulus aus Rom zu ihrem Vater heim-
kehrten, und wie Salome und Pheroras , des Königs Ge-
schwister, gegen die beiden Ränke schmiedeten.
2. Wie Herodes, nachdem er Alexander und Aristobulus vermählt
hatte, zu Agrippa nach Mytilene fuhr und ihn zu bewegen
suchte, dass er nach Judaea käme.
3. Agrippas Reise nach Ionien, und wie Herodes abermals zu
Agrippa in den Bosporus sich hegab.
4. Beschwerde der Juden über die ionischen Griechen bei Agrippa
in Anwesenheit des Herodes.
5. Wie Agrippa den Juden die Beobachtung ihrer Gesetze ver-
bürgte, und wie Herodes nach Judaea zurückkehrte.
6. Wie Herodes an die Jerusalemer eine Ansprache hielt und
ihnen den vierten Teil der Steuern des abgelaufenen Jahres
nachliess.
7. Wie im Hause des Herodes Zwistigkeiten entstanden , weil er
seinen ältesten Sohn Antipater den anderen vorzog und
dadurch Mariamnes Söhne gegen diesen foindlich stimmte.
8. Wie während Antipaters Aufenthalt in Rom Herodes seine Söhne
Alexander und Aristobulus zum Caesar brachte und sie dort
verklagte.
9. Alexander verteidigt sich vor dem Caesar, worauf Herodes sich
mit den Prinzen aussöhnt.
10. Wie Herodes zur Feier der Gründung von Caesarea Kampfspiele
für jedes fünfte Jahr anordnete.
11. Gesandtschaft der Juden zu Kyrene und in Asien an den
Caesar mit Klagen über die Griechen. Wortlaut der Briefe,
welche der Caesar und Agrippa ihretwegen an die Städte
schickten.
366
Josephus’ Jüdische Altertümer.
12. Wie Herodes, weil es ihm an Geld mangelte, in Davids Grab
eindrang, aber in Schrecken versetzt wurde und dann über dem
Grabe ein Denkmal errichtete.
13. Wie Archelaus, der König von Kappadocien, den Alexander,
der von seinem Vater ins Gefängnis geworfen worden war,
mit Herodes aussöhnte, und wie darauf Archelaus nach Kappa-
docien, Herodes aber nach Rom reiste.
14 . Die Trachoniter fallen von Herodes ab , werden aber von den
Befehlshabern der Provinz wieder unterworfen.
15. Wie Herodes die Auslieferung der nach Arabien geflohenen Auf-
rührer verlangte und , als dieselbe verweigert wurde , gegen
die Araber mit Bewilligung des kaiserlichen Heerführers
Saturninus zu Felde zog.
16. Wie der Araber Syllaeus den Herodes wegen seines Einfalles
in Arabien beim Caesar verklagte, und wie Herodes den
Zorn des Augustus mit Hilfe des Nikolaus beschwichtigte.
17. Eurykles verleumdet die Söhne des Herodes bei ihrem Vater;
dieser lässt sie festsetzen und schreibt ihretwegen an den
Caesar.
18. Wie Herodes mit Erlaubnis des Augustus seine Söhne beim Ge-
richtshöfe zu Berytus verklagte. Hinrichtung der Prinzen
und ihre Bestattung in Alexandrium.
Erstes Kapitel.
Herodes erlässt ein Gesetz gegen den Diebstahl.
Alexanders und Aristobulus’ Rückkehr von Rom.
Salome und Pheroras schmieden Ränke gegen
die jungen Leute.
Die Verheiratung der Prinzen.
1. Nachdem der König bei der Ordnung des Staats-
wesens die grösste Mühe darauf verwandt hatte, allen
Übelthaten in der Stadt wie auf dem Lande zu steuern,
gab er auch einem Gesetze seine Bestätigung, welches
den früheren Verordnungen sehr unähnlich war. Er
bestimmte nämlich, dass die Diebe ausser Landes ver-
kauft werden sollten. Diese Strafe war nicht nur für
solche Vergehen zu hart, sondern lief auch den her-
kömmlichen Gebräuchen zuwider. Denn als Sklave bei
Ausländern und nach anderen Sitten lebenden Herren
Sechzehntes Buch, 1. Kapitel.
367
dienen und allen ihren Befehlen gehorchen zu müssen,
war mehr eine Verletzung religiöser Vorschriften, als eine
Strafe für Übelthäter, besonders da eine solche in den
alten Gesetzen vorgesehen war. Diese schrieben näm-
lich vor, dass der Dieb das Vierfache als Strafe zahlen
oder, falls er das nicht könne, verkauft werden solle,
doch nicht an Ausländer noch zu dauernder Sklaverei.
Vielmehr mussten solche Sklaven nach sechs Jahren
wieder freigelassen werden. 1 Die jetzt festgesetzte Strafe
erschien daher hart, unbillig und vom Übermute diktiert,
gerade wie wenn Herodes nicht als König, sondern als
Tyrann Strafen einführen wolle, ohne sich um die Ver-
fassung der Juden zu kümmern. Und da diese Hand-
lungsweise ganz seinem übrigen Gebaren entsprach, war
dieselbe umsomehr ein Anlass zu Vorwürfen und
Feindseligkeiten.
2. Um diese Zeit unternahm er auch eine Reise
nach Rom, teils um sich dem Caesar vorzustellen,
teils um seine in Rom lebenden Söhne zu besuchen.
Der Caesar nahm ihn äusserst freundlich auf und
liess die Prinzen , da sie ihre Studien vollendet
hatten, wieder mit ihm nach Hause ziehen. Als
sie nun in Judaea angelangt waren, empfing das
Volk die beiden Jünglinge mit grosser Begeisterung,
da sie ebenso sehr durch ihre Geistesgaben wie durch
ihre hoheitsvolle äussere Erscheinung imponierten, die
eine wahrhaft königliche war. Um so verhasster
aber wurden sie der Salome, der Schwester des Königs,
und den anderen, die durch ihre Verleumdungen
Mariamne den Tod bereitet hatten. Diese glaubten
nämlich, dass, wenn die beiden zu Macht und Einfluss
kämen, sie selbst für ihre gegen deren Mutter begangenen
Frevel Strafe erleiden würden. In dieser Besorgnis
nahmen sie ihre Zuflucht zu Verleumdungen gegen die
jungen Leute, indem sie ausstreuten, dieselben hätten
durchaus keinen Gefallen daran, mit ihrem Vater zu-
1 S. IV, 8,17
Go gle
368
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sammenzuleben , weil sie mit dem Mörder ihrer Mutter
keine Gemeinschaft haben wollten. Da diese Behauptung
sich auf wirkliche Vorgänge stützte, konnte es ihr nicht
an Glauben mangeln, und es war vorauszusehen, dass
den Söhnen dadurch das Wohlwollen ihres Vaters würde
entrissen werden. Selbstverständlich sprachen die Ver-
leumder in dieser Weise nicht bei Herodes, sondern
sie streuten solche Verdächtigungen unter dem Volke aus.
Und da es nicht fehlen konnte, dass dieselben auch dem
Könige zu Ohren kamen, bildete sich bei ihm allmählich
der Hass aus, den er später seinem Charakter gemäss
nicht überwinden konnte. Vorläufig jedoch war bei
Herodes die Liebe des Vaters zu seinen Kindern noch
mächtiger als alle Verdächtigung und Verleumdung,
und so liess er den beiden nicht nur die ihnen ge-
bührende Auszeichnung zu teil werden, sondern gab ihnen
auch, als sie das gehörige Alter erreicht hatten, würdige
Gattinnen, nämlich dem Aristobulus Salomes Tochter
Berenike und dem Alexander Glaphyra, die Tochter des
Kappadocierkönigs Archelaus.
Zweites Kapitel.
Wie Herodes zweimal zu Agrippa reiste, und wie dieser
auf die von den Juden gegen die Griechen vorgebrachten
Klagen den ersteren ihre Rechte verbürgte.
1. Als Herodes hierauf die Nachricht erhielt, Marcus
Agrippa 1 sei zum zweitenmal aus Italien nach Asien
gekommen, begab er sich schleunigst zu ihm und bat
ihn, sein Königreich zu besuchen und bei ihm als Gast
und Freund einzukehren. Auf diese inständigen Bitten
sagte Agrippa zu und kam wirklich nach Judaea.
Herodes liess es an nichts fehlen, was ihm Vergnügen
bereiten konnte, empfing ihn in den neuerbauten
1 Der Schwiegersohn des Augustus.
Go gle
Sechzehntes Buch, 2. Kapitel.
369
Städten und bewirtete ihn und seine Freunde, während
er ihnen die Bauwerke zeigte, aufs köstlichste und
prächtigste, sowohl in Sebaste und in dem neuerbauten
Hafen Caesarea, als in den mit grossem Kostenaufwand
wiederhergestellten Festungen Alexandrium, Herodium
und Hyrkania. Auch in die Stadt Jerusalem nahm er
ihn mit, wo ihm das Volk in festlichem Aufzuge ent-
gegenkam und ihn mit Segenswünschen empfing. Agrippa
opferte Gott dem Herrn hundert Ochsen, gab dem Volke
ein Festmahl und liess es an dem denkbar grössten
Aufwand nicht fehlen. So gern er sich nun noch viele
Tage lang hier aufgehalten hätte, musste er sich doch
der Jahreszeit wegen beeilen. Er hatte nämlich vor,
wieder nach Ionien zurückzukehren, und hielt es
nicht für geraten, bei Anbruch des Winters in See zu
gehen.
2. Nachdem er und seine hervorragendsten Begleiter
von Herodes reich beschenkt worden waren, schiffte er
sich ein. Der König aber verbrachte den Winter ruhig
in seinem Lande, und als er bei Beginn des Frühlings
vernahm, dass Agrippa sich zu einem Zuge nach dem
Bosporus rüste, suchte er mit ihm wieder zusammen-
zutreffen. Er fuhr also an Rhodus und Kos vorbei
bis nach Lesbos und dachte ihn hier zu finden, konnte
aber, da widriger Nordwind wehte, den Hafen nicht er-
reichen. Aus diesem Grunde blieb er einige Tage in
Chios, nahm eine Menge Bittgesuche huldreich entgegen
und entliess die Bittsteller mit königlichen Geschenken.
Als er die Säulenhalle der Stadt, die im Mithradatischen
Kriege zerstört worden war und ihrer Grösse und Schön-
heit halber nicht so leicht wie die übrigen Bauwerke
wieder aufgerichtet werden konnte, in Trümmern da-
liegen sah, wies er den Einwohnern so viel Geld an,
dass sie zum Bau mehr als genug hatten, und ermahnte
sie, nicht zu zögern und ihrer Stadt den schönen
Schmuck wiederzugeben. Da sich inzwischen der Sturm
gelegt hatte, begab er sich zunächst nach Mytilene und
von da nach Byzantium, und als er hier erfuhr, Agrippa
Joaephua* Jüdische Altertümer n. 24
Go gle
370
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sei schon an den Kyaneischen Felsen 1 vorbeigefahren,
folgte er ihm nach, so schnell er konnte. Bei Sinope
holte er ihn auf dem Pontus Euxinus ein und kam,
wiewohl unerwartet, mit seiner Flotte doch nicht un-
gelegen, sondern wurde sehr freundlich aufgenommen.
Denn Agrippa hielt es für ein Zeichen grosser Ergeben-
heit und Treue gegen seine Person, dass der König einen
so weiten Seeweg zurückgelegt hatte und ihm zur
passenden Zeit Hilfe leistete, wofür er doch sein Reich und
dessen Verwaltung hatte im Stich lassen müssen. Auf
diesem Kriegszuge war nun Herodes stets an Agrippas
Seite, im Kampfe als Bundesgenosse und Helfer, in
Verlegenheiten als Ratgeber, bei der Erholung als guter
und angenehmer Gesellschafter, und so teilte er alles
mit ihm, die Beschwerden aus Zuneigung und die An-
nehmlichkeiten der Ehre wegen. Als sie nun den Krieg
auf dem Pontus, zu dem Agrippa entsandt worden war,
beendigt hatten, beschlossen sie den Rückweg nicht zu
Schiffe zu ^machen ,J sondern durchzogen Paphlagonien
und Kappadocien, wandten sich dann in weiteren Fuss-
märschen durch Grossphrygien nach Ephesus und
setzten von hier zu Wasser nach Samos über. In den
einzelnen Städten gewährte Agrippa dem Herodes zu
Gefallen den Hilfesuchenden je nach deren Bedürfnissen
bedeutende Unterstützungen, und auch Herodes selbst
liess keine Gelegenheit Vorbeigehen, wo er durch Geld-
geschenke und freundliches Entgegenkommen seinen
Vorteil wahren konnte, und gab reichlich aus seinen
Mitteln. So oft er darum angegangen wurde, unter-
stützte er die Gesuche der Bittsteller bei Agrippa aufs
beste. Denn auch Agrippa war freigebig und gross-
mütig und gab gern, wo er Nutzen stiften konnte, wenn
er nur damit anderen nicht zu nahe trat, und es be-
durfte deshalb nur der Verwendung des Herodes, um
den Agrippa zum Wohlthun geneigt zu machen. So
1 Am Eingang in den Pontus Euxinus gelegen (s. Namen-
register).
Sechzehntes Buch, 2. Kapitel.
371
versöhnte Herodes den Agrippa mit den Iliern, auf
welche dieser erbost war, zahlte für die Chier das Geld,
das sie den Beamten des Caesars schuldeten, erwirkte
ihnen Befreiung von den Einfuhrzöllen und half über-
haupt allen, welche dessen bedurften.
3. Als sie nun nach Ionien gekommen waren, strömte
eine Menge Juden, die in den ionischen Städten wohnten,
zu Agrippa, um die ihnen gebotene Gelegenheit zu be-
nutzen. Sie beklagten sich bei ihm über allerhand Un-
gerechtigkeiten: dass man sie verhindere, nach ihren
Gesetzen zu leben, dass man sie an heiligen Tagen nach
der Willkür der Behörden vor Gericht lade, dass man
ihnen das Geld raube, welches sie nach Jerusalem für
den Tempel senden wollten, dass man sie zur Leistung
von Heeresdienst und zu öffentlichen Arbeiten zwinge
und sie nötige, das zu heiligen Zwecken bestimmte Geld
dazu zu verwenden, während sie doch von alledem be-
freit seien, da die Römer ihnen ausdrücklich erlaubt
hätten , nach ihren heimischen Gebräuchen zu leben,
Als sie dies unter lauten Klagen vorbrachten, bat
Herodes den Agrippa, ihre Gründe anzuhören, und ge-
wann seinen Freund Nikolaus als Sachwalter der Juden.
Agrippa setzte sich daher mit den Vornehmsten seines
Gefolges und den anwesenden Königen und Fürsten zu
Gericht, und nun begann Nikolaus also für die Juden
zu sprechen :
4. „Wie alle ^Bedrängten, grossmächtiger Agrippa, ge-
^ nötigt sind, zu denen ihre Zuflucht zu nehmen, die ihrem
Leid abhelfen können, so haben auch die, welche jetzt
hilfesuchend vor dir stehen, das grösste Vertrauen zu
dir, dass du dich ihnen gnädig erweisest. Schon früher
ja haben sie oft erfahren, wie entgegenkommend ihr
euch ihnen gezeigt habt, und sie bitten jetzt nur darum,
dass ihnen die früheren Vergünstigungen nicht entrissen
werden, zumal sie dieselben von einem Volke erhalten
haben, das allein sie zu gewähren imstande war,
während sie derselben nicht durch Höhergestellte,
sondern durch solchej, welche a sie gleich sich selbst euch
'U*
372
Josephus’ Jüdische Altertümer.
unterthan wissen, beraubt worden sind. Haben sie damit
etwas Bedeutendes erlangt, so gereicht ihnen eben das
zum Lobe, dass sie sich solcher Gnaden wert gezeigt
haben. Sind die Vergünstigungen aber unbedeutend, so
ziemt es den Spendern derselben um so weniger, ihnen
diese jetzt nicht zu belassen. Es steht ja ausser Zweifel,
dass diejenigen, welche die Juden behelligen und be-
drücken, beide Teile beleidigen : die, welche die Wohl-
thaten empfangen haben, indem sie dieselben nicht für
wert halten, dass so vortreffliche Männer ihnen damit
ihre Anerkennung zollen, die Wohlthäter selbst dagegen,
indem sie verlangen, dass diese ihre Gunstbezeugungen
wieder zu nichte machen sollen. Wollte man nun die
Juden fragen, was sie lieber verlieren möchten, ihr Leben
oder ihre heimischen Gebräuche, Aufzüge, Opfer und
Feste, womit sie ihre Gottheit ehren, so weiss ich be-
stimmt, dass sie eher alles Schlimme zu erdulden, als
irgend eine ihrer väterlichen Satzungen aufzugeben be-
reit sind. Führen sie doch ihre meisten Kriege deshalb,
weil sie dieselben schützen wollen. Das Glück nun, das
jetzt das ganze Menschengeschlecht durch euch geniesst,
bemessen wir eben danach, dass es jedem einzelnen in
eurem Gebiete freisteht, seinen Gottesdienst zu üben und
nach seinen religiösen Grundsätzen zu leben. Nun aber
wollen jene Menschen ein Unrecht, das sie an sich
selbst wohl nicht dulden würden, anderen mit Gewalt zu-
fügen, als ob es nicht gleich frevelhaft wäre, den eigenen
Gottesdienst zu vernachlässigen und andere widerrecht-
lich an der Ausübung ihres Gottesdienstes ,zu hindern.
Doch nun noch eine andere Erwägung: Giebt es wohl
eine Gemeinde, eine Stadt, eine Nation, die nicht den
Schutz eurer Herrschaft und die römische Oberhoheit
für das grösste Glück hielte? Oder giebt es einen
Menschen, der auf eure Wohlthaten verzichten möchte?
Sicherlich niemand, es müsste denn sein, dass er von
Sinnen ist. Es findet sich auch in der That weder ein
Gemeinwesen noch ein Privatmann, die nicht nach eurer
Gunst strebten. Jeder aber, der andere um den Genuss
Sechzehntes Buch, 2. Kapitel.
373
eurer Wohlthaten bringen will, muss auch auf das Ver-
zicht leisten , was er selbst euch verdankt , und doch
können diese Wohlthaten nicht hoch genug angeschlagen
werden. Vergleicht man die frühere Regierungsform
mit der jetzigen, so muss unter den vielen Vorteilen,
welche die letztere gewährt, vor allem der anerkannt
werden , dass die Untergebenen keine Sklaven mehr,
sondern Freie sind. So gut es uns nun auch im all-
gemeinen geht, so ist doch unsere Lage nicht dazu an-
gethan, dass wir deshalb zu beneiden wären. Denn wir
erfreuen uns keines anderen Glückes, als ihr es auch den
übrigen Völkern gewährt habt, und wir verlangen nur
darin denselben gleichgestellt zu werden, dass wir un-
behindert der Religion unserer Väter treu bleiben dürfen.
Das ist an und für sich keine unbillige Forderung und
liegt übrigens auch im Interesse derer, die sie zu be-
willigen haben. Denn wenn Gott seine Freude an
Ehrenbezeugungen hat, so hat er auch seine Freude an
denen , welche die Erweisung derselben ermöglichen.
Übrigens giebt es in unseren Satzungen nichts, was der
Menschlichkeit widerspräche, vielmehr entspricht alles in
denselben Enthaltene nur der Gottesfurcht und einer
heilsamen Gerechtigkeit. Wir machen auch aus den
Vorschriften, nach denen wir unser Leben einrichten
und die für unsere Frömmigkeit und unser gutes Be-
nehmen gegen unsere Mitmenschen Zeugnis ablegen,
durchaus kein Geheimnis. Der siebente Tag ist bei uns
zur Unterweisung in unseren Gebräuchen und Gesetzen
bestimmt, damit diese Gesetze, durch deren Befolgung
wir vor Sünden bewahrt bleiben, ebenso wie alle anderen
Vorschriften gehörig beachtet werden. Wenn es mir
nun gestattet ist, einige Worte über dieselben zu reden,
so will ich darauf hinweiseil, dass die Gesetze überaus
vortrefflich sind und dazu auch noch ein ehrwürdiges
Alter aufweisen, obgleich das manchem nicht der Fall
zu sein scheint. Auf den Vorteil des hohen Alters wird
aber gerade der besonderen Wert legen, der mit
frommem Gemüt die Gesetze befolgt, wie sie überkommen
Go gle
874
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
sind. Diese Gesetze nun will man uns mit Gewalt und
widerrechtlich rauben ; man entreisst uns ferner das
Geld, das wir zur Ehre Gottes sammeln, fordert Steuern
von uns, ladet uns an heiligen Tagen vor Gericht, und
das alles nicht etwa infolge vertragsmässiger Ab-
machungen, sondern um unsere religiöse Überzeugung
zu beleidigen und zu verfolgen, die unseren Bedrückern
doch nicht unbekannt ist. Eure Weltherrschaft ist ja
so beschaffen, dass sie gegenseitiges Wohlwollen fordert
und dem Hasse steuert, sobald jemand mehr zu 'letzterem
als zu ersterem neigt. Wir bitten dich daher, gross-
mächtiger Agrippa, du wollest Sorge dafür tragen, dass
wir kein Unrecht mehr zu erleiden haben, in der Be-
folgung unserer Satzungen nicht mehr gehindert, unserer
Güter nicht mehr beraubt und von den Gewalthabern
nicht mehr bedrückt werden, da auch wir ihnen nicht
mit Gewalt entgegentreten. Denn diese unsere
Forderungen sind nicht bloss billig und gerecht, sondern
auch schon längst von eurer Menschenfreundlichkeit be-
willigt. Können wir doch zum Beweise dafür die vielen
Senatsbeschlüsse und auf dem Kapitol niedergelegten
Tafeln anführen, aus denen hervorgeht, dass ihr ^ns
nur deshalb so ausgezeichnet habt, weil ihr uns dieser
Gnade wert hieltet, und die selbst dann unsere vollste
Ehrfurcht in Anspruch nehmen würden, wenn die Ver-
günstigungen uns ohne unser Verdienst zuteil geworden
wären. Denn nicht bloss uns, sondern auch allen übrigen
Völkern habt ihr das Besitztum geschützt und erweist
ihnen grosse und ungeahnte Wohlthaten dazu, sodass,
wer dieselben aufzählen wollte, damit wohl nicht zu
Ende kommen würde. Um euch aber zu zeigen , dass
wir in der That eures Wohlwollens würdig sind, können
wir von allem anderen absehen und brauchen nur auf
den hinzuweisen, der unser Herrscher ist und jetzt an
deiner Seite sitzt. Giebt es denn irgend eine Gefällig-
keit oder einen Dienst, den er euch nicht erwiesen
hätte? Oder habt ihr je seine Treue vermisst? Oder
giebt es eine Ehrenbezeugung, die er euch nicht geleistet
Sechzehntes Buch, 2. Kapitel.
375
und zu der er nicht vor allen anderen sich angeschickt
hätte? Wer wollte also leugnen, dass euren Wohlthaten
die grössten Verdienste auf seiner Seite entsprechen?
Vielleicht. könnte es auch zweckdienlich erscheinen, die
Tapferkeit seines Vaters Antipater zu erwähnen, der bei
dem Zuge Caesars nach Aegypten diesem zweitausend
Mann Hilfstruppen stellte und der wederi in Land-
gefechten noch in Seeschlachten sich übertreffen liess.
Doch wozu soll ich davon sprechen, wie grossen Vorteil
Caesar von diesen Hilfstruppen hatte und wie viele Ge-
schenke sie von ihm erhielten ? Eher müsste ich die
Briefe erwähnen, die Caesar damals an den Senat
schrieb, und von den Ehrenbezeugungen reden, die
Antipater nebst dem Bürgerrecht von unserem Volke
erhielt. Aus allen diesen Thatsachen geht klar hervor,
dass wir eure Wohlthaten nicht ohne unser Verdienst
empfangen haben und dass wir in vollem Rechte sind,
wenn wir dich um die Bestätigung der Vergünstigungen
bitten, die wir, wenn sie uns selbst früher nicht zuteil
geworden wären , mit Rücksicht auf die zwischen euch
und unserem Könige bestehenden guten Beziehungen
wohl von dir hätten erwarten dürfen. Haben wir doch
auch von den Juden in Judaea gehört, mit welch
gnädiger Gesinnung du ihr Land betreten, wie du Gott
die gebührenden Opfer dargebracht, ihn mit Gebeten
geehrt, das Volk festlich bewirtet und dessen Gast-
geschenke nicht verschmäht hast. Eine solche Auf-
nahme, die ein Mann von* deiner Stellung beim Volke
und in der Stadt gefunden hat, muss als Beweis der
zwischen dir und dem jüdischen Volke durch Ver-
mittlung des Hauses des Herodes bestehenden Freund-
schaft gelten. Indem wir dich daran erinnern und auf
unseren König hinweisen, der hier anwesend ist und an
deiner Seite sitzt, begehren wir nichts weiter, als dass
ihr uns die Vergünstigungen , welche ihr uns bewilligt
habt, durch anderer Gewaltthätigkeit und Übermut nicht
wollet rauben lassen.“
5. Auf diese Rede des Nikolaus wagten die Griechen
376
Josepbuut' Jüdische Altertümer.
keinerlei Einwendungen vorzubringen, besonders da ja
die Verhandlung eigentlich keine gerichtliche war,
sondern es sich nur um ein Bittgesuch zur Abwehr von
Gewaltthätigkeit handelte. Sie versuchten auch nicht*
den Thatbeßtand zu leugnen, sondern versteckten sich
hinter die Ausflucht, die Juden bewohnten griechisches
Gebiet und scheuten vor keinem Unrecht zurück. Da-
gegen wiesen die Juden nach, dass sie Eingeborene seien
und dass sie, indem sie ihre Gesetze in Ehren hielten,
den Griechen kein Unrecht zufügten. Da nun Agrippa
einsah, dass die Juden die Bedrückten seien, gab
er den Bescheid, er sei wegen der ergebenen und
freundschaftlichen Gesinnung des Herodes bereit, alle
Forderungen der Juden zu erfüllen und als gerecht
anzuerkennen. Auch wenn sie noch mehr Bitten vor-
zubringen hätten, Werde die Gewährung keine Schwierig-
keiten machen , wofern nur die römische Oberhoheit
dadurch nicht benachteiligt würde. Weil sie aber um
nichts weiter gebeten hätten, als dass ihnen ihre früheren
Rechte bestätigt würden, so bestimme er hiermit,, dass
ihnen niemand etwas bei der Befolgung ihrer Gesetze in
den Weg legeft dürfe. Hierauf entliess er die Ver-
sammlung. Herodes trat nun auf ihn zu, verneigte sich
vor ihm und dankte ihm für seine Gnade aufs wärmste.
Agrippa aber erwiderte voll Freude seine Ehren-
bezeugung, indem er ihn umarmte und küsste. Alsdann
verliess er Lesbos. Der König beschloss nun zu Wasser
wieder heimzukehren ; er sagte daher Agrippa Lebewohl
und lichtete die Anker. Nach einigen Tagen landete er mit
günstigem Winde bei Caesarea, zog von hier aus nach
Jerusalem und berief das gesamte Volk, zu dem auch
noch eine Menge Landbewohner sich gesellten, zu einer
Versammlung. Hier trat er vor, stattete über seine
ganze Reise Bericht ab und machte namentlich Mit-
teilung davon, dass er den Juden in ganz Asien die Ge-
währleistung ihrer Rechte erwirkt habe. Alsdann sprach
er von seiner glücklichen Regierung, setzte seinen
Eifer für das Wohl des Volkes in gehörige Beleuchtung
Sechzehntes Buch, 8. Kapitel
377
und erließs ihm in seiner Freude den vierten Teil der
Abgaben für das verflossene Jahr. Ob einer solchen
Gnade und der ganzen Rede des Königs von Be-
wunderung ergriffen, ging das Volk unter Glückwünschen
für seinen König in hellem Jubel auseinander.
Drittes Kapitel.
Wie im Hause des Herodes neue Zwistigkeiten entstanden,
weil er seinen ältesten Sohn Antipater den anderen vorzog
und dadurch Mariamnes Söhne gegen diesen feindselig
stimmte.
1. Von Tag zu Tag wuchs unterdessen im Hause
des Herodes die Zwietracht und nahm einen stets feind-
seligeren Charakter an. Einerseits übertrug Salome
ihren Hass gleichsam als Erbstück auf die Jünglinge
und liess sich durch den glücklichen Erfolg ihrer gegen
deren Mutter geschmiedeten Ränke zu solch leiden-
schaftlicher Tollkühnheit hinreissen, dass sie sich vor-
nahm, keinen von Mariamnes Söhnen am Leben zu
lassen, der den Tod seiner Mutter rächen könnte.
Anderseits wurden auch die Jünglinge teils durch die
Erinnerung an das traurige Ende ihrer Mutter, teils
aus eigener Herrschbegierde stets trotziger und gegen
ihren Vater mehr und mehr aufgebracht. Bald war es
wieder dasselbe Leid wie früher, indem die Prinzen
Pheroras und Salome offen schmähten, diese aber die
ersteren mit Tücke und Arglist verfolgten. Der Hass
war auf beiden Seiten gleich gross, und nur die Art,
wie er zu Tage trat, verschieden, da die einen in ihrer
Unerfahrenheit und in ihrem Unvermögen, ihren Hass
zu verheimlichen, sich in offenen Schmähungen und
Vorwürfen ergingen, während die anderen auf dem Wege
der geheimen und tückischen Verleumdung die Jüng-
linge bei jeder Gelegenheit herausforderten und nur
darauf lauerten, dass ihre Feindseligkeit sich zu Ge-
378
Josephus’ Jüdische Altertümer.
waltthätigkeit gegen den Vater steigere. Denn da die
jungen Leute die gegen ihre Mutter erhobenen Beschuldi-
gungen nicht gelten Hessen , vielmehr der Meinung
waren, dieselbe sei unschuldig hingerichtet worden, so
zweifelten die Verleumder nicht daran, dass sie schliess-
lich an dem Urheber des Mordes mit eignen Händen
Rache nehmen würden. Zuletzt war die ganze Stadt
von dem Gerede erfüllt, und während die Unerfahrenheit
der Jünglinge überall Mitleid erregte, liess Salome es
an Eifer nicht fehlen und fand in dem Benehmen der
Prinzen selbst Anlass genug, Gerüchte auszustreuen,
die grosse Wahrscheinlichkeit für sich hatten. Diese
nämlich empfanden den Tod ihrer Mutter, deren Be-
schimpfung auch sie selbst traf, so schmerzlich, dass
sie sich alle Mühe gaben, nicht nur Mitleid mit dem
traurigen Ende ihrer Mutter, welches eine derartige
Teilnahme wirklich verdiente, sondern auch mit ihrer
eigenen Lage zu erwecken , indem sie sich darüber be-
klagten, dass sie gezwungen seien, mit den Mördern
ihrer Mutter zusammenzuwohnen.
2. Diese Zwistigkeiten nahmen um so mehr zu,
als die Abwesenheit des Königs ihnen stets neue
Nahrung zuführte. Sobald aber Herodes zurückgekehrt
war und die oben erwähnte Ansprache an das Volk
gehalten hatte, stellten ihm Pheroras und Salome so-
gleich vor, eine wie grosse Gefahr ihm von seiten der
Jünglinge drohe, da dieselben offen erklärt hätten, sie
würden die Ermordung ihrer Mutter nicht un gerächt
lassen. Dann fügten sie hinzu , die beiden schienen zu
hoffen, durch Vermittlung des Kappadociers Archelaus
Zutritt zum Caesar erlangen und hier ihren Vater ver-
klagen zu können. Über diese Mitteilungen geriet
Herodes in Bestürzung und zwar um so mehr, als er
dasselbe auch schon von anderer Seite erfahren hatte.
Zu alledem fielen ihm nun auch noch die früheren Vor-
gänge ein, nämlich die ersten Zwistigkeiten in seinem
Hause, welche ihm die heftige Abneigung gegen seine
nächsten Verwandten und selbst gegen seine geliebte
Sechzehntes Buch, 3. Kapitel.
379
Gattin beigebracht hatten, und da er für die Zukunft
noch viel Schlimmeres ahnte, war er gänzlich ratlos.
Denn wenn ihm auch in seinem Herrscherleben durch
Gottes Fügung alles wider Erwarten glücklich von
statten gegangen war, so war er doch in seinem Hause
gleichfalls wider Erwarten höchst unglücklich, und da
er nun so zwischen Glück und Unglück in der Mitte
schwebte , war er in Ungewissheit darüber, ob er dieses
wechselvolle Leben weiterführen oder dem grossen häus-
lichen Elend durch Verzichtleistung auf die Krone und
ihren Glanz ein Ende machen sollte.
3. Bei dieser Zerfahrenheit und Trostlosigkeit seiner
Lage rief er, um die Jünglinge zu demütigen, seinen
anderen Sohn Antipater, der ihm noch während seines
Privatlebens geboren worden war, zu sich und beschloss,
denselben zu bevorzugen, doch vorläufig noch nicht in
dem Masse wie später, sodass er gänzlich hinter ihm
zurücktreten und ihm alles übertragen müsste, sondern
nur in der Absicht, die Verwegenheit der Söhne
Mariamnes zu zügeln und ihnen damit eine Warnung
zukommen zu lassen. Denn er glaubte, sie würden
sich weniger anmassend benehmen, wenn sie sich über-
zeugten, dass die Thronfolge weder ihnen allein, noch
unbedingt ihnen zukomme. Indem er somit den Anti-
pater gewissermassen als ihren Nebenbuhler bei sich
aufnahm, hoffte er, sich selbst am besten sicher zu
stellen, den Trotz der Jünglinge dagegen zu brechen
und sie mit der Zeit zu bessern. Aber es kam ganz
anders , als er geglaubt hatte. Denn die Jünglinge
fassten die Anordnung ihres Vaters als schwere Be-
leidigung auf, während Antipater, ein gewandter Mensch,
nachdem er urplötzlich zu so glänzenden Aussichten ge-
langt war, nicht nur darauf ausging, seine Brüder von
oben herab zu behandeln und ihnen den Vorrang streitig
zu machen, sondern auch seinem Vater, der den beiden
anderen bereits durch Verleumdungen entfremdet und
nach Antipaters Ansicht leicht dazu zu bringen war,
seinen höchsten Zorn an denselben auszulassen, auf
Go gle
380
Josephus* Jüdische Altertümer.
Schritt und Tritt anhing. Alle möglichen Gerüchte
streute er aus, hütete sich aber, selbst seinem Vater
etwas dergleichen zu hinterbringen, sondern bediente
sich dazu der Hilfe von Menschen, auf die kein Ver-
dacht fallen konnte und die damit nur ihre Ergebenheit
gegen den König zu bekunden schienen. Antipater
aber hatte wegen seiner glänzenden Aussichten bald
eine Menge Anhänger, die auch bei Herodes vollen
Glauben fanden, da er ihre Angaben als Beweise ihrer
Treue gegen seine eigene Person betrachtete. Während
nun diese Angebereien fleissig betrieben wurden, gaben
die Söhne Mariamnes reichlichen Anlass dazu. Sehr
häufig nämlich vergossen sie Thränen über die ihnen
zugefügte Schmach, riefen den Namen ihrer Mutter aus
und wagten im Kreise ihrer Freunde den Vater offen
der Ungerechtigkeit zu beschuldigen. Da Antipater in
seiner Bosheit das alles geschickt aufgriff und dem
Herodes, nicht ohne noch allerlei hinzuzufügen, hinter-
brachte, konnte es nicht fehlen , dass der häusliche
Streit einen immer schärferen Charakter annahm. Denn
durch die Verleumdungen erbittert, zog der König, um
die Söhne Mariamnes zu demütigen, den Antipater tag-
täglich zu neuen Ehren heran, bis er endlich sogar ihm
zuliebe seine Mutter Doris ins Haus nahm. Auch
schrieb er häufig seinetwegen an den Caesar und
empfahl ihn dort aufs beste. Als nun Agrippa zehn
Jahre lang Asien verwaltet hatte und nach Rom zurück-
kehrte, fuhr Herodes von Judaea aus zu ihm und ver-
traute ihm den Antipater, den er allein mitgenommen
hatte, an, um ihn mit vielen Geschenken nach Rom zu
bringen, wo er sich des Caesars Freundschaft erwerben
sollte. So gewann es den Anschein, als ob Antipater
in den Besitz der Macht gelangen und den Jünglingen
gar keine Hoffnung auf den Thron mehr bleiben
würde.
Go gle
Sechzehntes Buch, 4. Kapitel.
381
Viertes Kapitel.
Wie Herodes , als Antipater in Rom weilte * seine
Söhne Aristobulus und Alexander zum Caesar brachte
und sie dort verklagte. Die Aussöhnung.
1. Diese Reise verschaffte Antipater eine grosse Aus-
zeichnung und liess so recht den Vorzug erkennen, den
er vor seinen Brüdern genoss. Da nämlich Herodes an
alle seine Freunde in Rom geschrieben hatte, wurde
Antipater dort höchst wohlwollend aufgenommen. In-
dessen war es ihm nicht recht, dass er nun nicht mehr
bei seinem Vater sein konnte und keine Gelegenheit
mehr hatte, seine Brüder zu verleumden. Denn er
fürchtete, der Vater möchte seinen Sinn ändern und mit
grösserer Milde gegen Mariamnes Söhne verfahren.
Infolge dieser Erwägung beschloss er, auf dem ein-
geschlagenen Wege zu bleiben, und schickte von Rom
aus, so oft er hoffen konnte, den Vater gegen seine
Brüder aufzureizen, Briefe, in denen er eine ängstliche
Besorgnis heuchelte, die aber in Wirklichkeit nur den
Zwecken seiner Bosheit und seines Ehrgeizes dienten
und durch die er den Herodes in solche Erbitterung
versetzte, dass dieser anfing, gegen die Jünglinge den
denkbar höchsten Groll zu hegen. Doch wollte er, um
durch Übereilung keinen Fehler zu begehen, diese seine
Stimmung noch nicht zum Ausbruch kommen lassen,
sondern hielt es für besser, nach Rom zu reisen, die
Jüngling^ beim Caesar zu verklagen und sich nichts zu
schulden kommen zu lassen, was man ihm als Un-
gerechtigkeit deuten könnte. In Rom angelangt, begab
er sich unverzüglich nach Aquileja, um den Caesar
sobald als möglich sprechen zu können. Sowie er Zu-
tritt erhalten hatte, bat er um geneigtes Gehör behufs
Darlegung seines grossen Leidwesens; alsdann führte er
seine Söhne vor den Thron und beklagte sich über
deren verbrecherische Verwegenheit. Sie seien, sagte er.
so feindselig gesinnt, dass sie ihren Hass gegen den
Go gle
382
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Vater auf alle mögliche Weise an den Tag legten;, ja,
sie wollten ihn sogar umbringen und durch diese ab-
scheuliche That den Thron an sich reissen, während er
doch vom Caesar die Vollmacht habe, die Nachfolge in
der Regierung nicht nach festgelegten Bestimmungen
eintreten zu lassen, sondern sie nach Belieben dem-
jenigen seiner Söhne zu übertragen, dessen Ergebenheit
die grösste sei. Den beiden nun liege an der Herrschaft
nicht gerade so viel, sondern sie würden gern darauf
verzichten und selbst ihr Leben in die Schanze schlagen,
wenn sie nur ihren Vater aus dem Wege räumen
könnten; ein so unbändiger und grausamer Hass habe
sich ihrer bemächtigt. Dieses Leid habe er lange genug
getragen; jetzt aber sei er genötigt, es dem Caesar mit-
zuteilen und sein Ohr mit solchen Reden zu belästigen.
Die beiden sollten doch nur offen heraussagen, was sie
denn von ihm Unbilliges und Hartes zu erdulden ge-
habt hätten, und sich darüber äussern, ob sie es für
recht und billig hielten, ihren Vater, der seine Herr-
schaft schon so lange besitze und dieselbe unter grossen
Gefahren erworben habe, vom Throne zu stossen und
ihn daran zu hindern, die Nachfolge dem Würdigsten
zu übertragen. Denn diese Auszeichnung stehe doch,
wie jede andere Belohnung der Treue, nur dem zu, der
sich auch Mühe gebe, es seinem Vorgänger an Sorgfalt
gleichzuthun. Nun sei es aber klar], dass dieses ihr
Streben keinen Schimmer von Recht aufzuweisen habe.
Denn jemand, der stets an die Herrschaft denke, ^müsse
auch stets die Ermordung des Vaters im Sinrfe haben,
wenn er nur nach t dessen Ableben auf den Thron ge-
langen könne. Dazu komme noch, dass er gegen seine
Söhne, wie gegen alle seine Unterthanen, im höchsten
Masse freigebig sei. Habe er doch nicht nur für ihre
Ausstattung, ihre Dienerschaft, ihre Vergnügungen ge-
sorgt, sondern ihnen auch die ehrenvollsten ehelichen
Verbindungen ermöglicht , indem er dem einen die
Tochter seiner Schwester, dem anderen die Tochter des
Königs Archelaus vermählt habe. Das Wichtigste aber
Sechzehntes Buch, 4. Kapitel.
383
sei, dass er trotzdem von seiner Gewalt keinen Gebrauch
gemacht, sondern seine Söhne zu ihrer aller Wohl thäter,
dem Caesar, geführt habe und mit Hintansetzung alles
dessen, was ein beleidigter Vater und in Gefahren
schwebender König habe thun können , gekommen sei,
um sich ebenso wie sie der Entscheidung desAugustus zu
unterwerfen. Nur bitte er den Caesar, wenigstens in
etwa dafür zu sorgen, dass er nicht in so grosser Angst
sein Leben zubringen müsse. Nach solchen Anschlägen
könne es ja den beiden nichts helfen, noch länger
zu leben, da sie, wenn sie auch jetzt der Strafe ent-
gingen, doch sicher ins grösste Unheil geraten würden,
sowie sie ihm dasselbe zu bereiten unternommen hätten.
2. Solch heftige Vorwürfe machte Herodes seinen
Söhnen vor dem Caesar. Die Jünglinge waren schon
während seiner Rede in Thränen ausgebrochen, und ihr
Schluchzen steigerte sich noch, als Herodes geendigt
hatte. Denn sie konnten sich mit gutem Gewissen das
Zeugnis geben, dass ihnen der Gedanke an derartige
Frevelthaten fernlag, obgleich sie sich freilich auch
sagen mussten , dass es schwer fallen würde, sich gegen
die Beschuldigungen von seiten ihres Vaters zu ver-
teidigen. Es schien ja zwar die beste Gelegenheit dazu
vorhanden zu sein; dennoch wäre es unpassend gewesen,
hätten sie nachweisen wollen, dass ihr Vater durch
seine Heftigkeit und Voreiligkeit irregeführt worden
war. Sie wussten also vorderhand nichts zu sagen und
hatten nur Thränen und Seufzer. Schwiegen sie gänz-
lich, so konnte es nicht fehlen, dass ihnen dies als
Schuldbewusstsein ausgelegt wurde ; anderseits aber fehlte
ihnen bei ihrer jugendlichen Zaghaftigkeit und Bestürzung
auch jede Fähigkeit, ihre Verteidigung richtig anzu-
greifen. Der Caesar jedoch, der ihre Verwirrung beob-
achtete, sah wohl ein, dass sie mehr aus Unerfahrenheit
und Beklemmungl als aus Schuldbewusstsein schwiegen,
und auch keiner der übrigen Anwesenden konnte ihnen
sein Mitleid versagen; ja selbst Herodes vermochte seine
innere Bewegung darüber nicht zu bemeistern.
384
Josephu9’ Jüdische Altertümer.
3. Da nun die jungen Leute merkten, dass ihr Vater
etwas milder gestimmt war und dass nicht nur der Caesar,
sondern auch alle übrigen Anwesenden ihre Lage be-
dauerten, ja zum Teil sogar der Thränen sich nicht ent-
halten konnten, wandte sich Alexander, der eine der
beiden Brüder, an seinen Vater und versuchte den auf
ihnen lastenden Verdacht zu beseitigen, indem er also
sprach: „Vater, von deiner Liebe zu uns legt diese Ver-
handlung selbst Zeugnis ab. Denn wenn du etwas
Schlimmes gegen uns im Sinne gehabt hättest, würdest
du uns nicht zu dem Erretter aller Menschen geführt
haben. Gemäss deiner königlichen und väterlichen
Gewalt hättest du ja selbst die Schuldigen in Strafe
nehmen können. Dass du uns aber nach Rom bringst
und den Caesar als Richter in Anspruch nimmst, ist ein
Beweis dafür, dass du uns verschonen willst. Niemand
führt ja den, welchen er töten will, zum Tempel und
ins Heiligtum hinein. Unsere Lage ist indes eine viel
schlimmere, als wenn wir zum Tode verurteilt wären.
Denn wir würden uns des Lebens nicht mehr für wert
halten, wenn man von uns glauben könnte, wir hätten
einem solchen Vater nach dem Leben getrachtet. In
der That wäre es nicht so schlimm für uns, unschuldig
zu sterben, als im Verdacht eines solchen Frevels zu
leben. Wenn nun unsere Wahrheitsliebe etwas gilt, so
wollen wir uns herzlich freuen, dich überzeugen und der
Gefahr entgehen zu können. Falls aber die Verleum-
dung grösseren Einfluss auf dich hat, so ist selbst dieser
eine Tag noch zu viel, um ihn unter einem so schweren
Verdachte zu erleben. Du sagst, wir trachteten nach
deiner Königskrone; eine solche Beschuldigung indes
lässt sich leicht gegen junge Leute erheben, und wenn
noch das traurige Ende unserer Mutter damit in Ver-
bindung gebracht wird, so ist das genug, um unser Elend
voll zu machen. Aber ich bitte dich, sieh doch zu, ob
das nicht in gleichen Fällen stets gesagt zu werden
pflegt. Wenn ein König Söhne hat, die im Jünglings-
alter stehen und ihre Mutter überleben, so steht ihm
Sechzehntes Buch, 4. Kapitel.
385
nichts im Wege, dieselben zu verdächtigen, als ob sie
ihrem Vater nach dem Leben trachteten. Aber ein
blosser Verdacht reicht doch nicht hin, um eine solche
Schlechtigkeit glaubhaft zu machen. Da müsste doch
noch einer gefunden werden, der behaupten könnte, dass
etwas von unserer Seite geschehen wäre, um einen so un-
glaublichen Verdacht zu rechtfertigen. Kann denn
jemand uns beweisen, dass wir dir Gift bereitet oder
uns mit Gleichgesinnten verschworen oder deine Diener
mit Geld bestochen oder Schriften gegen dich verfasst
haben? Und doch sind gerade das die Dinge, auf
welche die Verleumdung zuweilen ohne jeden Anlass
verfällt. Gewiss ist Zwietracht und Uneinigkeit im
Königshause ein schweres Unglück für den Thron, und
die Königsherrschaft, die du eine Belohnung der Treue
nennst, stachelt oft die verbrecherischsten Menschen zu
Hoffnungen an, infolge deren sie keinen Frevel unver-
sucht lassen. Übrigens kann uns eine solche Schandthat
niemand vorwerfen. Wie will aber jemand sich von
unserer Unschuld überzeugen , der uns gar nicht anhören
mag ? Haben wir etwa jemals zu frei geredet ? Das gilt
natürlich nicht dir — denn das wäre ein Vorwurf gegen
dich — , sondern denen, die kein aufgefangenes Wort ver-
schweigen können. Hat einer von uns um die Mutter
geklagt, so ist es nicht deshalb geschehen, weil sie
gestorben ist, sondern weil sie selbst nach ihrem Tode
noch von frevelhaften Menschen beschimpft wurde. Streben
wir denn nach der Königswürde, die wir im Besitze
unseres Vaters wissen? Und wozu sollen wir danach
streben? Denn wenn wir, wie es ja thatsächlich der
Fall ist, uns schon königlicher Auszeichnungen erfreuen,
ist dann ein solches Streben nicht vergeblich und über-
flüssig? Oder haben wir dieselben nicht auf jeden Fall
nach deinem Ableben zu erwarten? Wie sollten wir
denn durch deinen Tod uns den Weg zum Throne haben
bahnen wollen, da wir nach einer solchen Frevel that
uns weder zu Lande noch zu Wasser hätten zeigen
dürfen? Die Treue der Unterthanen und das Billigkeits-
Josephus 1 Jüdische Altertümer, II. 25
386
Josephus’ Jüdische Altertümer.
gefühl des gesamten Volkes würde es doch gewiss nicht
geduldet haben, dass Vatermörder im Besitz der höchsten
Gewalt wären und das Heiligtum des von dir erbauten
Tempels betreten hätten. Aber auch abgesehen von
allem anderen, könnte dein Mörder, so lange der Caesar
lebt, seiner Strafe entgehen? Deine Söhne sind weder
so gottlos noch eo thöricht, wie du glaubst, aber viel-
leicht sind sie unglücklicher, als es dir frommt. Wenn
du uns nun nichts zum Vorwurf machen und auch keine
Nachstellungen gegen dein Leben entdecken kannst,,
was vermöchte dir dann eine so grosse Lasterhaftigkeit
glaubwürdig erscheinen zu lassen ? Unsere Mutter ist nun
einmal nicht mehr. Aber ihr Unglück konnte uns nicht
zu Schlechtigkeiten treiben , sondern nur zur Vorsicht
mahnen. Wir hätten nun zwar noch manches zu unserer
Verteidigung anzuführen; doch wozu bedarf das einer
Rechtfertigung, was nie begangen worden ist? Deshalb
wollen wir im Angesichte des Caesars , des allmächtigen
Gebieters und unseres gegenwärtigen Vermittlers, Frieden
schliessen. Wenn du, Vater, wieder eine liebevolle und
von jedem Verdacht freie Gesinnung gegen uns hegen
kannst, so lass uns das Leben , mag es denn auch kein
glückliches sein, da es immerhin hart ist, solcher Ver-
brechen, wenn auch fälschlich, beschuldigt zu werden.
Wenn du aber noch irgend eine Furcht hegst, so um-
gieb dich weiter mit Vorsichtsmassregeln, während wir
uns damit begnügen , uns gerechtfertigt zu haben. Denn
so lieb ist uns unser Leben nicht, dass wir es zum
Schaden desjenigen uns erhalten sollten, der es uns
gegeben hat.“
4. Durch diese Rede wurde der Caesar, der auch
schon vorher an die Wahrheit einer so schweren Beschul-
digung nicht geglaubt hatte, noch mehr umgestimmt
und blickte den Herodes, der auch seinerseits schon
etwas gerührt war, unverwandt an. Auch alle übrigen
Anwesenden zeigten aufrichtige Teilnahme für die jungen
Leute, und im Saale erhob sich ein Murren des Unwillens
gegen Herodes. Die Anschuldigung erschien eben ganz
Go gle
Sechzehntes Buch, 4 . Kapitel.
387
unglaublich, sodass die in der Schönheit ihrer Jugend-
kraft dastehenden Jünglinge nicht bloss allseitiges Mit-
gefühl, sondern auch den Wunsch, ihnen zu helfen,
rege machten, besonders da Alexander die Klage seines
Vaters so geschickt und verständig zurückgewiesen hatte.
Die beiden Jünglinge aber konnten sich gar nicht fassen,
sondern blickten weinend und niedergeschlagen zur Erde.
Gleichwohl leuchtete ihnen schon einige Hoffnung, und
der König, der offenbar ein sah, dass die Beschuldigungen,
welche er gegen die beiden vorgebracht hatte, nicht auf
festen Füssen standen, war ratlos, da er auf die Ver-
teidigungsrede nichts zu entgegnen wusste. Nach einer
Weile bemerkte daher der Caesar, die Jünglinge hätten,
obgleich sie der ihnen zur Last gelegten Verbrechen
nicht schuldig seien, doch insofern sich verfehlt, als
ihr Benehmen gegenüber dem Vater nicht derart gewesen
sei, dass der Verdacht ohne weiteres habe zurückgewiesen
werden können. Den Herodes aber forderte er auf,
allen Argwohn nunmehr fahren zu lassen und sich mit
den jungen Leuten auszusöhnen. Es sei ja unbillig, so
etwas von seinen Kindern zu glauben, und eine auf-
richtige Sinnesänderung könne nicht nur auf beiden
Seiten das Vorgefallene wieder gut machen, sondern
auch gegenseitiges Wohlwollen zur Folge haben. Beide
Teile müssten eben den ungegründeten Verdacht ein-
ander zugut halten und durch doppelte Herzlichkeit
alles wieder ins Gleichgewicht bringen. Während dieser
Ansprache gab er den Jünglingen einen Wink, und als
diese sich nun anschickten, ihrem Vater zu Füssen zu
fallen und ihn um Verzeihung zu bitten, kam ihnen
Herodes mit offenen Armen entgegen und fiel beiden
nacheinander um den Hals, sodass niemand von den
Anwesenden, mochte er nun Freier oder Knecht sein,
sich der Rührung erwehren konnte.
5. Darauf sprachen sie dem Caesar ihren Dank aus
und entfernten sich miteinander in Begleitung Anti-
paters, der sich anstellte, als sei er Wunders wie erfreut
über die Versöhnung. An einem der folgenden Tage
388
Josephus’ Jüdische Altertümer.
schenkte Herodes dem Caesar, der gerade Spiele feierte
und dem römischen Volke Spenden austeilte, dreihundert
Talente, wofür Augustus ihm die Hälfte der Einkünfte aus
den Bergwerken Cyperns überwies und ihm die andere
Hälfte zur Verwaltung an vertraute. Weiterhin ehrte er ihn
durch gastliche Aufnahme und Geschenke und gab ihm
die Vollmacht, irgend einen von seinen Söhnen zum
Nachfolger zu ernennen oder auch die Regierung gleich-
mässig unter alle zu verteilen. Da aber Herodes dies
auf der Stelle thun wollte, erklärte ihm der Caesar, er
werde nicht zulassen, dass er sich bei Lebzeiten der
Macht über sein Reich und seine Söhne begebe.
6. Hierauf trat Herodes die Rückreise nach Judaea
an. Während seiner Abwesenheit hatten sich die
Trachoniter, die einen nicht unbedeutenden Teil seines
Reiches bewohnten, empört, waren aber von den dort
zurückgelassenen Befehlshabern bald wieder unterworfen
worden. Inzwischen war Herodes mit seinen Söhnen
Cilicien gegenüber auf der Insel Elaeusa gelandet, die
jetzt Sebaste heisst, und traf daselbst den Kappadocier-
könig Archelaus , der ihn äusserst herzlich aufnahm und
sich freute, dass Herodes mit den Prinzen wieder aus-
gesöhnt war und dass gerade sein Schwiegersohn
Alexander die Unwahrheit der Beschuldigungen nach-
gewiesen hatte. Dann machten sie sich gegenseitig
Geschenke, die ihrem königlichen Range entsprachen,
und Herodes kehrte nach Judaea zurück. Dort ange-
kommen, begab ersieh sogleich zum Tempel und stattete
über alles, was ihm auf seiner Reise begegnet war, Bericht
ab, insbesondere über des Caesars Freigebigkeit und über
seine eigenen Thaten, von denen er glaubte, dass sie
des Volkes Interesse erregen würden. Zum Schlüsse
seiner Ansprache gab er seinen Söhnen Ermahnungen
und forderte die Höflinge und das übrige Volk auf, die
Eintracht hochzuhalten. Hierauf ernannte er seine Söhne
zu Thronfolgern, zunächst Antipater und dann auch die
Söhne der Mariamne, Alexander und Aristobulus. Vor-
läufig aber ermahnte er sie alle, auf ihn zu schauen
Sechzehntes Buch, 5. Kapitel.
389
und ihn als ihren Herrn und König anzuerkennen, da
weder das höhere Alter, das ja von allen Lebens-
abschnitten am meisten zur Regierung befähigt sei,
noch die übrigen Eigenschaften, die zur Leitung eines
Staats Wesens oder einer Familie erforderlich seien, ihm
mangelten. Auch die Offiziere und das Heer würden, wenn
sie auf ihn allein blickten, die grösste Ruhe gemessen
und wechselseitig einer des anderen Glück erzeugen.
Nach diesen Worten entliess er die Versammlung. Die
meisten hatten Gefällen an seiner Rede, manche aber
auch nicht; denn infolge des Zwistes und der durch ihn
in den jungen Leuten erregten Hoffnung war bei vielen
der Gedanke an die Möglichkeit eines Umsturzes rege
geworden, nach dem sie übrigens lebhaft verlangten.
Fünftes Kapitel.
Wie Herodes Spiele zur Feier der Erbauung
von Caesarea veranstaltete.
Seine weiteren Bauten und seine Freigebigkeit.
1. Um diese Zeit ward die Stadt Caesarea Sebaste, 1
die Herodes, wie oben gesagt, neu erbaute, nach neun-
jähriger Arbeit vollendet; die feierliche] Einweihung
fiel in das achtundzwanzigste Jahr seiner Regierung und
in die einhundertzweiundneunzigste Olympiade. Zu dieser
Feier veranstaltete man ein grosses Fest: die glän-
zendsten Zurüstungen wurden getroffen, Wettstreit in der
Musik und in gymnastischen Spielen angesagt, eine
grosse Zahl Gladiatoren und wilde Tiere beschafft und
Wettrennen sowie alles, was in Rom und anderswo beliebt
war, vorbereitet. Diese Wettspiele weihte er dem Caesar
und traf die Einrichtung, dass sie alle fünf Jahre wieder-
holt wurden. Der Caesar dagegen bestritt, um seine
Freigebigkeit zu zeigen, den Aufwand zu den Spielen aus
1 D. i. Caesarea am Meer im Gegensatz zu Caesarea Philippi.
390
Josephus’ Jüdische Altertümer.
seinen eignen Mitteln, und auch seine Gattin Julia 1 liess
eine Menge von Dingen hersenden, die in Italien für
die grössten Kostbarkeiten galten , damit die Spiele
möglichst glänzend würden. Der Gesamtaufwand betrug
wohl an die fünfhundert Talente. Die ganze ungeheure
Menge, welche in die Stadt zum Zuschauen strömte, so-
wie die Gesandtschaften, welche die einzelnen Völker-
schaften zum Dank für empfangene Wohlthaten schickten,
erhielten Herberge und Verpflegung und genossen an-
dauernde Unterhaltung. Bei Tage ergötzte sich die Menge
an den Spielen, bei Nacht an sonstigen rauschenden
Vergnügungen, sodass die Freigebigkeit des Herodes
allgemeines Lob fand. Dieser bemühte sich aber auch,
alles zu überbieten, was früher in dieser Beziehung ge-
leistet worden war. Man sagt, der Caesar selbst und
Agrippa hätten zu wiederholten Malen bemerkt, des
Herodes Reich sei für seine Prachtliebe viel zu klein,
und es müssten eigentlich noch Syrien und Aegypten
hinzukommen.
2. Nach Beendigung dieser Festlichkeiten und Ver-
gnügungen gründete Herodes eine weitere Stadt in der
sogenannten Ebene Kapharsaba und wählte dazu eine
wasserreiche, fruchtbare, rings von einem Fluss um-
strömte Stelle, in deren Nähe sich herrliche Waldungen
ausbreiteten. Diese Stadt nannte er nach seinem Vater
Antipatris. Ferner erbaute er eine Stadt oberhalb Jericho,
die ebenso sicher als angenehm zu bewohnen w r ar, und
die er seiner Mutter zu Ehren Kypros nannte. Auch
setzte er seinem Bruder Phasael aus brüderlicher Liebe
ein sehr schönes Denkmal, indem er in Jerusalem selbst
einen Turm errichtete, der an Grösse dem von Pharos 2
gleichkam, und dem er den Namen Phasael gab. Dieser
1 Den Namen Julia erhielt Livia , die Gemahlin des Augustus,
eigentlich erst nach dessen Tod, als sie (s. T&citus, Annalen I, g)
in das Julische Geschlecht aufgenommen wurde. Vergl. auch Dio
Cassius, LVI, 46.
2 Dem bei Alexandria gelegenen Leuchtturm, einem der sieben
Wunderwerke des Altertums.
Sechzehntes Buch, 5. Kapitel.
391
Turm diente nicht minder der Sicherheit der Stadt, als
der Erhaltung des Andenkens an den Verstorbenen. Des-
gleichen erbaute er eine nach seinem Bruder Phasaelis
genannte Stadt im nördlichen Teile des Thaies von
Jericho. Diese Stadt gab Veranlassung dazu, dass
das ganze benachbarte Gebiet, welches bis dahin so gut
wie Wüste war, reger gewerblicher Thätigkeit erschlossen
wurde.
3. Es würde übrigens zu weit führen, alle Wohlthaten
Aufzuzählen, die er den Städten in Syrien, Griechen-
land und wo er sich sonst auf halten mochte, erwies.
Es scheint, dass er für öffentliche Anlagen und Bauten
sowie namentlich für Unternehmungen, zu deren Vollen-
dung die vorhandenen Mittel nicht reichten , wirklich
ganz fabelhafte Geldsummen aufgewendet hat. Sein
grösstes und berühmtestes Unternehmen aber bestand
darin, dass er den Bewohnern von Rhodus einen Tempel
des Pythischen Apollo erbauen liess und ihnen viele
tausend Talente zur Ausrüstung einer Flotte gewährte.
Weiterhin half er der Stadt Nikopolis, die der Caesar
bei Actium gegründet hatte, die meisten öffentlichen
Gebäude aufführen, und den Antiochenern , welche die
grösste Stadt Syriens bewohnten, schuf er eine die Stadt
ihrer ganzen Länge nach mitten durchschneidende Allee,
verzierte sie auf beiden Seiten mit Säulenhallen und liess
ihre Fläche teils in der Absicht, sie zu schmücken, teils
zur Bequemlichkeit der Bürger mit geschliffenen Stein-
platten belegen. Den Olympischen Spielen, die aus
Mangel an Mitteln ihren alten Ruf nicht mehr bewährten,
verschaffte er grösseres Ansehen, indem er zu ihrer
Feier jährliche Einkünfte anwies und ihnen durch Opfer 1
und sonstigen Aufwand neuen Glanz verlieh. Wegen dieser
seiner Freigebigkeit wurde er nach! fast einstimmigem
Beschluss in die Listen der Preisrichter aufgenommen.
1 Wie man sieht , war Herodes bald Mono - , bald Polytheist,
ganz wie es seinem Hauptzweck, der Befriedigung seines Ehrgeizes
und seiner Prachtliebe, eben frommte.
392
Josephus’ Jüdische Altertümer.
4. Man muss sich nun wohl darüber wundern, dass
bei Herodes so verschiedene Eigenschaften in einem und
demselben Charakter vereinigt waren. Wenn man nämlich
die Freigebigkeit und Wohlthätigkeit in Erwägung zieht,
die er allen Menschen gegenüber bewies, so kann auch
selbst der, welcher nicht besonders auf ihn zu sprechen
ist, nicht leugnen, dass er von Natur überaus gutherzig
war. Betrachtet man dann aber die Gewaltthätigkeit
und Ungerechtigkeit, womit er seine Untergebenen und
seine nächsten Verwandten behandelte, und bedenkt man
die Härte und Unbeugsamkeit seines Gemütes, so muss
man allerdings gestehen, dass er ein allem menschlichen
Empfinden abgeneigtes Ungeheuer war. Daher sind die
meisten der Ansicht, er habe mit sich selbst in Wider-
spruch und Zwiespalt gelebt. Ich dagegen glaube, dass
die beiden so grundverschiedenen Richtungen seines
Charakters auf eine und dieselbe Ursache zurückzuführen
sind. Da er nämlich sehr ehrgeizig und dieser Leiden-
schaft ganz ergeben war, neigte er zu prunksüchtiger
Freigebigkeit, sobald er hoffen konnte, augenblickliche
Anerkennung oder besonderen Nachruhm zu finden.
Weil aber seine Ausgaben ihm schliesslich über den
Kopf wuchsen, war er genötigt, gegen seine Unterthanen
hart und grausam aufzutreten. Denn was er den einen
mit vollen Händen zuteilte, musste er von anderen wieder
erpressen. Da er nun wohl einsah, dass er sich um
seiner Ungerechtigkeit willen den Hass seiner Unter-
thanen zjigezogen hatte, und nicht imstande war, seine
Fehler abzulegen, ohne seine Einkünfte zu vermindern,
so suchte er eben diese üble Gesinnung des Volkes zur
Vermehrung seines Vermögens zu benutzen. Und was
seine Angehörigen betrifft, so war sein Benehmen gegen
sie nicht minder ungerecht. Sprach einmal einer von
diesen nicht so, wie er es gern hörte, oder wollte jemand
sich ihm nicht sklavisch unterordnen, oder geriet einer
in den Verdacht, etwas gegen ihn ins Werk setzen zu
wollen, so verfolgte er mit der Zügellosigkeit seiner
Leidenschaft Freunde und Verwandte nicht anders, als
Sechzehntes Buch, 6. Kapitel.
393
man Todfeinde zu verfolgen pflegt, und zwar aus dem
Grunde, weil er allein geehrt sein wollte. Wie heftig
diese Leidenschaft war, kann man aus den Ehren er-
sehen, die er dem Caesar, dem Agrippa und seinen
anderen hohen Freunden erwies. Wie er nämlich Mäch-
tigere ehrte, so wollte er auch selbst geehrt sein, und seine
eigenen grossen Aufwendungen in diesem Punkte bewiesen
klar, dass er auf gleiche Behandlung von anderer Seite
rechnete. Das jüdische Volk aber war seinen Gesetzen
zuliebe allen derartigen Veranstaltungen abhold und
gewöhnt, Recht und Gerechtigkeit höher als eitlen Ruhm
zu schätzen. Daher kam es, dass die Juden vor ihm
keine Gnade fanden ; sie verstanden es eben nicht, durch
Errichtung von Bildsäulen , Tempeln und ähnlichen
Bauwerken dem Ehrgeiz ihres Königs zu schmeicheln.
Darin scheint mir der Grund zu liegen, weshalb Herodes
seine Angehörigen und Freunde so schlecht behandelte,
während er die Auswärtigen und Fremden mit Wohl-
thaten zu überhäufen suchte.
Sechstes Kapitel.
Gesandtschaft der Juden zu Kyrene und in Asien an
den Caesar mit Klagen über die Griechen. Wortlaut
der Briefe , welche der Caesar und Agrippa ihretwegen
an die Städte schickten.
1. Unterdessen hatten die in Asien und im kyre-
naeischen Libyen wohnenden Juden von den einzelnen
Städten viele Unbilden auszuhalten. Während die früheren
Könige ihnen alle ihre Rechte gewährleistet hatten,
wurden sie jetzt von den Griechen hart bedrückt, sodass
man ihnen die Tempelgelder raubte und sie auch in
ihrem Privatbesitz schädigte. In dieser üblen Lage
schickten sie, da die Grausamkeit der Griechen kein
Ende nehmen zu wollen schien , Gesandte mit ent-
sprechendem Aufträge an den Caesar. Dieser verlieh
394
Josephus’ Jüdische Altertümer.
ihnen darauf wieder dei) vollen Besitz ihrer Rechte und
sandte diesbezügliche Verfügungen an die einzelnen Pro-
vinzen , deren Abschrift ich hier beifügen will zum
Zeugnis dafür, wie wohlwollend uns die früheren
Herrscher behandelt haben.
2. „Der Caesar Augustus, Pontifex maximus mit
Tribunengewalt, thut hiermit kund und zu wissen: In
Erwägung, dass das Volk der Juden nicht bloss jetzt,
sondern auch schon früher und besonders zu den Zeiten
meines Adoptivvaters Caesar, da Hyrkanus Hohepriester
war, sich dem römischen Volke treu und ergeben be-
wiesen, hat es mir und meinen Räten nach ein-
geholter Zustimmung des römischen Volkes gefallen, zu
verordnen, dass die Juden bei ihren Einrichtungen und
dem Gesetze ihrer Väter zu belassen sind, so wie es auch
zu Zeiten Hyrkanus’, des Hohepriesters des höchsten
Gottes, gewesen ist, dass ferner ihre Tempelgelder nicht
angetastet werden dürfen, sondern dass es ihnen frei-
stehen soll, dieselben nach Jerusalem zu schicken und
den dortigen Tempelschatzmeistern abzuliefern, und
endlich, dass sie am Sabbat oder dem ihm vorher-
gehenden Vorbereitungstage von der neunten Stunde
an nicht mehr zu Bürgschaftsleistungen gezwungen werden
können. Wird jemand bei der Entwendung ihrer heiligen
Bücher oder Gelder aus dem Sabbathause oder dem
Hause ihrer Vorsteher betroffen, so soll er wie ein
Terapelräuber behandelt und seine Besitzungen als Eigen-
tum des römischen Volkes erklärt werden. Der Beschluss,
den sie mir zu Ehren und wegen meiner Milde gegen
das ganze Menschengeschlecht, sowie mit Rücksicht auf
die Verdienste des Gajus Marcius Censorinus gefasst
haben, und der mir schriftlich mitgeteilt wurde, soll zu-
gleich mit dieser Verfügung in dem vielbesuchten Heilig-
tum, welches sämtliche Gemeinden Asiens mir zu Ankyra
geweiht haben, niedergelegt werden. Zuwiderhandlungen
gegen dieses Edikt sollen mit schwerer Strafe belegt
werden.“ Diese Inschrift befindet sich auf einer Säule
im Tempel des Caesars.
Sechzehntes Buch, 6. Kapitel.
395
3. „Der Caesar an Norbanus Flaccus. Die Juden,
wo sie auch wohnen mögen, sollen, wenn sie nach dem
bei ihnen geltenden alten Brauche Tempelgelder nach
Jerusalem schicken, dabei in keiner Weise behindert
werden.“
4. Ferner erliess Agrippa in betreff der Juden fol-
gende Verordnungen: „Agrippa an den Magistrat, den
Senat und das Volk von Ephesus. Die Sammlung und
Aufbewahrung der Gelder, welche nach Jerusalem zum
Tempel geschickt zu werden pflegen, soll nach altem
Brauche den Juden in Asien freistehen, und wer nach
Entwendung jüdischer Tempel gelder in ein Asyl geflohen
ist, soll von dort weggeführt und den Juden zur Be-
strafung ausgeliefert werden, wie das einem Tempelräuber
von Rechts wegen gebührt. Dem Praetor Silanus habe
ich Befehl erteilt, keinen Juden am Sabbat zur Leistung
von Bürgschaft heran zuziehen.“
5. „Marcus Agrippa an den Magistrat, den Senat
und das Volk von Kyrene. Die Juden zu Kyrene, in
betreff deren schon Augustus den Praetor Flavius von
Libyen und die übrigen Beamten dieser Provinz ange-
wiesen hat, die bei ihnen gebräuchliche Absendung der
Tempelgelder nach Jerusalem nicht zu verbieten, haben
mir jetzt die Klage vorgetragen, dass sie von tückischen
Angebern verfolgt und unter Auferlegung von Abgaben,
zu deren Leistung sie gar nicht verpflichtet sind, an
der Absendung der Gelder gehindert würden. Ich befehle
daher, dass sie von jeder Belästigung zu befreien
sind, und dass ihnen in den einzelnen Städten die Gelder,
welche etwa den mit der Einsammlung und Auf-
bewahrung derselben betrauten Männern geraubt worden
sind, unverzüglich wieder zugestellt werden sollen. Auch
ist Sorge dafür zu tragen, dass solches in Zukunft nicht
wieder vorkommt.“
6. „ Der Proconsul Gajus Norbanus Flaccus an den
Magistrat zu Sardes. Der Caesar hat mir geschrieben,
er befehle, dass die Juden, welche nach ihrem Brauche
Tempelgelder sammeln , an der Absendung dieser Gelder
Go gle
396
Josephns’ Jüdische Altertümer.
nach Jerusalem nicht gehindert werden dürfen. Ich teile
euch dies mit, damit euch nicht unbekannt bleibe, was
des Caesars und mein eigener Wille ist.“
7. Ebenso verordnete auch der Proconsul Julius An-
tonius: „An den Magistrat, den Senat und das Volk von
Ephesus. Die in Asien wohnenden Juden haben mir
am 13. Februar zu Ephesus in öffentlicher Gerichtssitzung
angezeigt, dass der Caesar Augustus und Agrippa ihnen
gestattet hätten, nach ihren eignen Gesetzen und Ge-
brauchen zu leben und die Erstlinge, die ein jeder als
Tribut seiner Frömmigkeit freiwillig Gott darbringt,
unbehindert unter feierlichem Geleit nach Jerusalem zu
senden. Sie haben dann gebeten, ich möge in Überein-
stimmung mit der Bewilligung Agrippas und des Caesars
ihnen diese Freiheit bestätigen. Ich thue euch daher
kund und zu wissen, dass es sowohl mein als des Caesars
und Agrippas Wille ist, die Juden nach ihren Gesetzen
und Gebräuchen leben zu lassen.“
8. Diese Verfügungen musste ich hier anführen, um
den Griechen, in deren Hände dieses mein Geschichts-
werk vorzugsweise gelangen wird, zu zeigen, dass wir
früher aller möglichen Auszeichnungen teilhaftig geworden
sind und von keiner Obrigkeit an der Befolgung unserer
Satzungen gehindert wurden , vielmehr unter dem
Schutze der Behörden unsern Gottesdienst unbehelligt
haben ausüben können. Ich erwähne übrigens diese
Dinge häufiger, um die fremden Völker mit unseren Ein-
richtungen zu befreunden und die bei unverständigen
Menschen noch herrschende Abneigung zu beseitigen.
Denn während es kein einziges Volk giebt, das stets
denselben Einrichtungen treu bleibt, vielmehr von Stadt
zu Stadt hierin die grössten Verschiedenheiten herrschen,
ist das Recht allen Menschen, sowohl den Griechen wie
den Ausländern, als nützliche Einrichtung gemeinsam.
Da nun unsere Gesetze in jeder Beziehung auf Recht
und Gerechtigkeit beruhen, so müssen wir durch deren
getreue Beobachtung gegen alle Menschen wohlwollend
und freundlich werden. Dieselbe Behandlung aber
Sechzehntes Buch, 7. Kapitel.
397
beanspruchen wir auch von anderen und können es
nicht für recht halten, dass man uns, weil wir andere
Gebräuche haben, als Fremdlinge betrachtet. Vielmehr
verlangen wir, dass man nur darauf sein Augenmerk
richte, ob diese Gebräuche gut und rechtschaffen sind.
Denn das allein ist es, was alle Völker gemeinsam er-
streben sollen, und was auch allein schon genügt, die
Sicherheit der menschlichen Verhältnisse zu verbürgen.
Doch ich will nach dieser kurzen Abschweifung nun-
mehr zur eigentlichen Erzählung zurückkehren.
Siebentes Kapitel.
Wie Herodes in Davids Grab eindrang , und wie die
Zwistigkeiten in seinem Hause sich mehrten.
1. Herodes, der sowohl innerhalb wie ausserhalb
seines Reiches einen kolossalen Aufwand machte, hatte
schon früher einmal vernommen, dass sein Vorgänger
Hyrkanus Davids Grab geöffnet und daraus dreitausend
Talente Silber entnommen habe, sowie auch, dass darin noch
so viel vorhanden sei, um seinen ganzen jetzigen Bedarf
zu decken. Er hatte sich daher schon längst mit dem
Gedanken getragen, dasselbe zu thun, und liess jetzt in
einer Nacht das Grab öffnen , worauf er sich mit seinen
vertrautesten Freunden hineinbegab, jedoch in aller
Stille, damit man in der Stadt nichts davon merke.
Aber er fand ebenso wenig Geld darin, wie Hyrkanus,
und nahm dafür eine Menge goldener Schmucksachen
und kostbarer Geräte mit, die er dort an traf. Um nun
nichts undurchsucht zu lassen, wollte er noch weiter
bis zu den Grabkammern Vordringen, in denen Davids
und Solomons Gebeine ruhten. Doch verlor er dabei
zwei seiner Leibwächter, wie man sagt, durch eine
Feuerflamme, die ihnen von innen entgegenschlug. 1 Im
1 An eine Entzündung der in der Gruft vorhandenen Erdgase
durch die mitgenommenen Fackeln zu denken, liegt hier sehr nahe.
Go gle
398
Josephus’ Jüdisch« Altertümer.
grössten Schrecken eilte Herodes aus dem Grabmal
hinaus und liess, um die Gottheit zu versöhnen, am
Eingänge desselben mit grossen Kosten ein Denkmal
aus weissem Marmor errichten. Dieses Denkmal er-
wähnt auch der Geschichtschreiber Nikolaus, der zur
Zeit des Herodes lebte. Doch berichtet er nicht, dass
der König in das Grab eingedrungen sei, da er wohl
weiss, wie unziemlich ein solches Benehmen ist. Diese
Art, Geschichte zu schreiben, behält Nikolaus auch im
übrigen bei. Denn weil er im Reiche des Herodes lebte
und mit ihm verkehrte, schrieb er, um sich ihm gefällig
zu erweisen und ihm zu schmeicheln, nur das nieder,
was zum Ruhme des Königs beitragen konnte, und liess
viele seiner offenbarsten Ungerechtigkeiten in günstigerem
Lichte erscheinen oder verschwieg sie auch gänzlich.
Er unternimmt es sogar, die grausame Ermordung
Mariamnes und ihrer Söhne zu beschönigen, indem er
die Mutter beschuldigt, einen schamlosen Lebenswandel
geführt, Und die Söhne, ihrem Vater nach dem Leben
getrachtet zu haben. Überhaupt verfährt er in seinem
ganzen Werke so, dass er alle guten Thaten des Königs
übermässig lobt, seine Frevel dagegen zu entschuldigen
sucht. Gleichwohl kann man ihm das nachsehen ; er
hatte es sich ja nicht zur Aufgabe gemacht, für andere
Geschichte zu schreiben, sondern wollte nur dem König
sich gefällig erzeigen. Ich aber, der ich mit dem Königs-
geschlechte der Asamonäer verwandt bin und deshalb
auch die Priesterwürde besitze, habe es für unziemlich
gehalten, anderen zulieb die Unwahrheit zu sagen,
sondern berichte die Thatsachen sorgfältig und unge-
schminkt. Zwar verehre ich viele von den Nachkommen
des Königs, die den Thron innegehabt haben. Aber
höher als diese Verehrung steht mir die Wahrheit, sollte
ich mir dadurch auch den Zorn der Machthaber zu-
ziehen.
2. Übrigens verschlimmerten sich nach der Schändung
des Grabes die häuslichen Verhältnisse des Herodes
mehr und mehr, sei e6, dass ein furchtbares Unheil sich
Sechzehntes Buch, 7. Kapitel.
399
nun gerade dahin warf, weil schon früher dort schweres
Leid geherrscht hatte, sei es, dass sein Geschick ihn
besonders verfolgte, weil er, wie man wohl annehmen
könnte, bis dahin ziemlich glücklich gewesen war und
nun um seiner Frevel willen büssen sollte. Der Streit,
der jetzt im Palaste aüsbrach , sah schon fast einem
Bürgerkriege ähnlich , und infolge der gegenseitigen
Verleumdungen steigerte sich der Hass zu unsäglicher
Erbitterung. Antipater brütete stets neue Anschläge
gegen seine Brüder aus und bewies eine gewisse ver-
brecherische Verschlagenheit darin, die beiden von
anderen verleumden zu lassen, während er selbst sie
heuchlerischerweise verteidigte und unter dem Deck-
mantel des wohlwollenden Beschützers seine giftigen
Pfeile besser anzubringen versuchte. Auf solche Weise
umgarnte er auch seinen Vater, sodass dieser zu dem
Glauben kam, Antipater allein sei auf sein Wohl be-
dacht. Herodes ordnete ihm deshalb seinen Kanzler
Ptolemaeus völlig unter und beratschlagte alle wichtigen
Fragen mit Antipaters Mutter. Kurz, diese Partei galt
alles, that, was sie wollte, und richtete den Hass des
Königs, wohin ihr beliebte. Die Söhne Mariamnes da-
gegen wurden von Tag zu Tag erbitterter und ver-
mochten im Gedanken an die ihnen von Rechts wegen
gebührende Thronfolge ihre Zurücksetzung und die
Schwächung ihres Ansehens nicht zu ertragen. Und
was die Frauen betraf, so lebte Glaphyra, die Tochter
des Archelaus und Gattin Alexanders, mit Salome in
hellem Streit, teils aus Liebe zu ihrem Gatten, teils
weil ihr ein anmassendes Benehmen gegen deren Tochter
vorgeworfen wurde. Diese war nämlich mit Aristobulus
vermählt, und es wurmte Glaphyra sehr, dass sie mit
ihr in gleichem Range stand.
3. Als nun dieser zweite Zwist ausbrach, ward auch
Pheroras, des Königs Bruder, der schon an und für sich
missliebig und verdächtig genug war, darein verwickelt.
Er entbrannte nämlich in Liebe zu einer seiner
Sklavinnen und zwar so heftig, dass er des Königs
Go gle
400
Josephns’ Jüdische Altertümer.
Tochter, mit der er verlobt war, gänzlich vernachlässigte
und nur der Sklavin anhing. Hierüber ärgerte sich
Herodes gewaltig und empfand das Benehmen des
Pheroras als persönliche Beleidigung, zumal dieser
von ihm mit Wohlthaten überhäuft und sogar zum Mit*
regenten erhoben worden war und ihm jetzt so schlechten
Dank wusste. Weil er nun überzeugt war, dass Pheroras
eine Schmach für die Familie sei, hielt er ihn einer
Verbindung mit seiner Tochter gar nicht mehr wert
und gab deshalb die letztere einem Sohne Phasaels
zur Ehe. Einige Zeit später aber, als er die Leiden-
schaft seines Bruders erloschen glaubte, erinnerte er ihn
an seine Verpflichtung und verlangte nun, er solle
seine zweite Tochter Kypros zur Gattin nehmen. Auch
Ptolemaeus riet dem Pheroras, seiner Liebschaft ein
Ende zu machen und seinen Bruder nicht länger zu be-
leidigen. Es sei doch schmachvoll, einer Sklavin zuliebe
die Zuneigung des Königs zu verscherzen und demselben
nur Verdruss zu bereiten. Pheroras, der schon einmal
für ein Vergehen Nachsicht erlangt hatte, sah die
Bichtigkeit dieser Vorstellungen ein und entliess das
Weib, obschon sie ihm bereits einen Sohn geboren
hatte. Dann versprach er dem Könige, dessen zweite
Tochter heiraten zu wollen, setzte die Hochzeit auf den
dreissigsten Tag fest und schwur, sich mit der Sklavin
nicht mehr abzugeben. Als aber die dreissig Tage
um waren, ergriff ihn die Liebe wieder so mächtig, dass
er seine Versprechungen in den Wind schlug und sich
der Sklavin wieder hingab. Darüber geriet Herodes in
unverhaltenen Grimm und liess Bich manches Wort
entschlüpfen, das wieder und wieder zu neuen Ränken
gegen Pheroras Veranlassung gab. Es kam schliesslich
so weit, dass kein Tag, ja nicht eine Stunde ohne neue
Streitigkeiten verfloss, die zwischen den nächsten und
teuersten Angehörigen des Königs entbrannten. Salome
wusste in ihrem unerbittlichen Hasse gegen Mariamnes
Söhne sogar ihre eigene Tochter, die mit Aristobulus,
dem einen dieser beiden Söhne, vermählt war, dahin zu
Go gle
Sechzehntes Buch, 7. Kapitel.
401
bringen, dass sie die ihr geziemende Verschwiegenheit
brach und ihrer Mutter alle Geheimnisse verriet, die
ihr Mann ihr anvertraut hatte. Und da es sich, wie
man sich denken kann, dabei um manches anstössige
Wort handelte, gelang es Salome, auch ihrer Tochter
gegenüber deren Gatten zu verdächtigen. So kam es,
dass sie nicht nur die Geheimnisse der Söhne Mariamnes
erfuhr , sondern auch das Herz ihrer Tochter dem
Aristobulus immer mehr entfremdete. Der Mutter zu
Gefallen erzählte diese manchmal, wie oft die Söhne
Mariamnes, wenn sie unter sich allein seien, ihrer
Mutter gedächten, wie sie ihren Vater hassten und wie
sie hätten verlauten lassen, sie wollten, wenn sie einmal
im Besitz der Macht seien, die Söhne, welche Herodes
von seinen übrigen Frauen erhalten, zu Dorfschreibern
machen , zu welchem Amt sie infolge ihres Studiums
ganz geeignet seien, die Frauen selbst aber, falls sie
dieselben je mit den Schmucksachen ihrer Mutter prunken
sähen , statt in schöne Kleider in Säcke stecken und
einsperren lassen, dass sie das Licht des Tages nicht
mehr erblickten. Das alles hinterbrachte Salome sogleich
dem Könige, und so schmerzlich ihn auch diese Nach-
richten berührten, gab er sich doch Mühe, alles in
Güte beizulegen. Die beständigen Verdächtigungen aber
regten ihn derart auf, dass er von Tag zu Tag er-
bitterter wurde und schliesslich alles glaubte, was man
ihm hinterbrachte. Zwar Hess er sich, als er seine Söhne
zur Rechenschaft zog und diese die Verdächtigungen
von sich abzu wälzen wussten, für den Augenblick wieder
.zur Milde stimmen. Indes ereignete sich dafür in der
Folge nur um so schlimmeres Unheil.
4. Pheroras nämlich begab sich zu Alexander, der,
wie gesagt, des Archelaus Tochfer zur Frau hatte, und
erzählte ihm, er habe von Salome gehört, dass Herodes
in unwiderstehlicher Liebe zu Glaphyra entbrannt sei.
Bei dieser Nachricht brauste Alexander in jugendlicher
Hitze und Eifersucht auf und deutete nun die Artig-
keiten, die Herodes seiner Gattin öfters erwiesen hatte,
JoBephufl’ jüdische Altertümer, II. 26
Go gle
402
Josephus’ Jüdische Altertümer.
im allerschlimmsten Sinne. Und da er seine Erregung
nicht mehr bemeistern konnte, ging er zu seinem Vater
und teilte ihm weinenden Auges mit, was Pheroras ihm
gesagt hatte. Darüber geriet Herodes nur desto mehr
in Wut, und ausser stände, eine so schändliche Ver-
dächtigung auf sich sitzen zu lassen, rang er die Hände,
beklagte die Bosheit der Seinigen und warf ihnen vor,
mit wie schmählichem Undank sie seine Güte lohnten.
Alsdann liess er den Pheroras rufen, überhäufte ihn mit
Verwünschungen und fuhr ihn an: „Du verruchtester
aller Menschen, so über alles Mass hast du also deine
Undankbarkeit getrieben, dass du derartiges von mir
denken und sprechen kannst? Ist es jetzt nicht klar,
dass du nicht nur, um mich zu beschimpfen, meinen
Sohn mit solchen Reden angehst, sondern auch, um ihn
zu bereden, dass er mir durch Gift den Tod bereite?
Wer hätte denn, wenn er nicht gleich meinem Sohne
Gott vor Augen gehabt, bei einer solchen Anschuldigung
an seinem Vater keine Rache geübt? Wolltest du nur
deine giftigen Reden in seine Seele senken, oder ihm
gleich den Dolch zum Morde des Vaters in die Hand
drücken ? Oder was wolltest du, als du in deinem Hasse
gegen ihn und seinen Bruder nach aussen jein freund-
liches Benehmen zur Schau trugst, um mich zu ver-
leumden und ihm Dinge zu sagen, die nur du in deiner
Ruchlosigkeit erdenken und aussprechen konntest ? Hebe
dich hinweg von mir, wenn du so gegen deinen Wohl-
thäter und Bruder handeln kannst! So lange du lebst,
soll dich das Bewusstsein deiner Schandthat drücken 1
Ich aber will fortfahren, die Meinigen an Güte zu über-
treffen und statt der verdienten Strafen unverdiente
Wohlthaten ihnen zukommen zu lassen.“
5. So der König. Pheroras aber, dessen Schlechtig-
keit nun klar zutage trat, behauptete, Salome habe ihm
das alles mitgeteilt und von ihr seien diese Redereien
zuerst ausgegangen. Salome, die gerade anwesend war,
hatte diese Aussage kaum vernommen, als sie mit schein-
barer Entrüstung aufschrie, davon sei kein Wort über
Go gle
Sechzehntes Buch, 7. Kapitel. 408
ihre Lippen gekommen. Vielmehr suche man ihr nur
den Hass des Königs zuzuziehen und sie aus dem Wege
zu räumen, weil sie in ihrer Zuneigung zu Herodes alle
demselben drohenden Gefahren stets rechtzeitig voraus-
sehe. Und noch ergrimmter sei man jetzt über sie, weil
sie allein ihrem Bruder den Rat gegeben habe, sich von
seiner Gattin zu trennen und die Tochter des Königs
zu heiraten. Es sei deshalb auch nicht zu verwundern,
dass sie ihrem Bruder verhasst sei. Während sie diese
Worte hervorstiess , raufte sie ihr Haar und zerschlug
sich die Brust und machte es so durch ihr Gebärden-
spiel glaubhaft, dass alles gegen sie Vorgebrachte nur
Lüge sei, während sie in Wirklichkeit bei der Bösartig-
keit ihres Charakters nur Heuchelei trieb. Pheroras
stand unterdessen in der Mitte und konnte nichts zu
seiner Entschuldigung Vorbringen. Er vermochte ja
nicht zu leugnen, dass er jene Verleumdungen wirklich
ausgestreut hatte , und dass er sie anders woher gehört
haben wollte, glaubte man ihm nicht Dieser aufregende
Wortwechsel hielt noch geraume Zeit an, bis endlich
der König seinen Bruder und seine Schwester im höchsten
Zorn entliess , seinen Sohn aber lobte , weil er sich be-
herrscht und ihm diese Reden hinterbracht habe. Als-
dann begab sich Herodes, da es inzwischen Abend ge-
worden war, zur Körperpflege in seine Gemächer. Nach
diesem Zwischenfall geriet Salome in Verruf, weil kein
Zweifel mehr daran obwaltete, dass sie zuerst jene Ver-
leumdung ausgestreut hatte. Des Königs Gattinnen aber
waren schon längst gegen sie erbittert, weil sie ihre
Schlangennatur kannten und wussten , dass sie bald
freundliche , bald feindliche Gesinnung zur Schau trug,
wie der Zweck es eben erforderte. Von ihnen also
hörte Herodes stets neue Beschuldigungen gegen Salome,
und weitere Ermunterung dazu fanden sie in folgendem
Vorfälle.
6. Der Araberkönig Obodas, der ein unthätiger,
träger Charakter war , liess seine meisten Geschäfte
durch einen scharfsinnigen und wohlgestalteten jungen
* 6 *
404
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Mann, Syllaeus mit Namen, verwalten. Als dieser Syllaeus
einmal in geschäftlichen Angelegenheiten zu Herodes
gekommen war und beim Mahle Salome erblickte, fasste
er Neigung zu ihr, und da er wusste, dass sie Witwe
war, bot er ihr seine Hand an. Salome, die bei ihrem
Bruder jetzt nicht mehr so wie früher beliebt und dem
jungen Manne sehr zugethan war, nahm den Antrag
an, und von nun an konnte man bei den Mahlzeiten
eine besondere Vertraulichkeit zwischen den beiden wahr-
nehmen. Darauf machten den König seine Frauen alsbald
aufmerksam, indem sie zugleich über ein solch unziem-
liches Benehmen lachten. Herodes fand sich deshalb ver-
anlasst, auch mitPheroras darüber zu reden, und befahl
ihm, während der Mahlzeit darauf zu achten, wie die
beiden sich gegeneinander benähmen. Pheroras meldete
ihm darauf, man könne aus ihren Mienen und Winken
leicht entnehmen, dass sie einverstanden seien. Der
Araber reiste nun, mit argwöhnischen Blicken betrachtet,
ab, kehrte aber nach zwei oder drei Monaten zurück,
und zwar zu dem Zwecke, mit Herodes zu sprechen
und sich die Hand der Salome zu erbitten. Diese Ver-
bindung, sagte er, werde für Herodes insofern nicht
ohne Nutzen sein , als er dadurch in Beziehungen zu
den Arabern trete, über welche er die Herrschaft, was
die Hauptsache betreffe, ja schon ausübe und in Zu-
kunft in noch grösserem Masse ausüben werde. Sowie
Herodes dies seiner Schwester mitteilte und sie fragte,
ob sie bereit sei, die Ehe einzugehen, bejahte sie die
Frage sogleich. Als nun aber Syllaeus aufgefordert
w'urde, vorder Eheschliessung sich zur jüdischen Religion
zu bekehren, da dieselbe sonst unmöglich sei, weigerte
er sich dessen mit dem Bemerken, die Araber würden
ihn steinigen, wenn er das thäte, und reiste wieder ab.
Salome musste hierauf von Pheroras den Vorwurf hören,
sie sei ein zügelloses Weib, und noch mehr setzten ihr
die Frauen zu, die ihr zu verstehen gaben, sie habe
sich mit dem Araber zu tief eingelassen. Als sie nun
für ihren und Kostobars Sohn die Jungfrau zur Ehe
Go gle
Sechzehntes Buch, 8. Kapitel.
405
begehrte, die der König seinem Bruder Pheroras verlobt,
aber nicht angetraut hatte, weil dieser, wie oben er-
wähnt, von dem anderen Weibe nicht ablassen wollte,
war Herodes anfangs geneigt, sie demselben zu geben.
Doch bald änderte er seinen Entschluss auf Zureden
des Pheroras, der ihm bemerkte, der junge Mann könne
das Mädchen wegen der Ermordung seines Vaters un-
möglich lieb gewinnen, und es sei besser, dass dieselbe
seinen eignen Sohn zur Ehe nehme, der zum Nach-
folger in der Tetrarchie bestimmt war. Weil er sich
nun bei dieser Gelegenheit auch Verzeihung für sein
früheres Vergehen erbat, gelang es ihm, den König
umzustimmen. Das Mädchen wurde also nochmals ver-
lobt und dem Sohne des Pheroras zur Ehe gegeben,
wobei der König sie mit einer Mitgift von hundert
Talenten ausstattete.
Achtes Kapitel.
Wie Herodes den Alexander einkerkern liess.
Versöhnung durch Archelaus.
1. Damit war jedoch in dem Hause des Herodes
noch immer keine Ruhe geschaffen, sondern von Tag
zu Tag wuchs die Spannung beständig an. So ereignete
sich auch ein Vorfall, der, weil er unlauteren Quellen
entsprang, zu grossen Verwicklungen führte. Der König
hatte nämlich Verschnittene, die er ihrer Schönheit
wegen sehr liebte. Der eine von ihnen war sein Mund-
schenk, der andere sein Tischdiener, der dritte musste
ihm aufwarten, wenn er sich zur Ruhe begab, und be-
sorgte auch zugleich die wichtigsten Geschäfte. Be-
züglich dieser Verschnittenen machte nun jemand dem
König die Anzeige , sie seien von seinem Sohne
Alexander mit vielem Geld bestochen worden. Auf
Befragen gestanden sie auch, dass sie zu Alexander in
vertraulichen Beziehungen ständen , wollten jedoeh von
keinem Anschläge gegen seinen Vater etwas wissen.
406
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Als sie aber gefoltert und von den Henkersknechten
Antipater zu Gefallen immer grausamer gequält wurden,
gaben sie in ihrer Not an, Alexander, der gegen seinen
Vater höchst feindselig gesinnt sei, habe sie be-
redet, sich von Herodes loszusagen, da er sich über-
lebt habe und sein hohes Alter [damit zu vertuschen
trachte, dass er sich das Haar schwärze. Wollten sie
sich jedoch auf seine Seite schlagen, so werde er sie
nach seiner Thronbesteigung, die trotz Herodes .-sonst
niemand als ihm gelingen werde, bald zu hohen Ehren-
stellen berufen. Dass er aber zur Herrschaft gelangen
werde , verbürge ihm nicht nur seine Abstammung,
sondern auch sein Anhang. Denn er habe unter den
Edlen und Vornehmen des Volkes eine Menge Freunde,
die bereit seien, für . ihn durch dick und dünn zu
2. Als Herodes das hörte, erfüllten ihn die Schmä-
hungen ebenso sehr mit Zorn , als die Nachricht von
der ihm drohenden Gefahr mit Furcht, sodass er in ge-
waltige Erregung geriet und besorgte, es möchte in der
That etwas gegen ihn im Werke sein, vor dem er sich
jetzt nicht in Acht nehmen könne. Deshalb stellte er
keine öffentlichen Untersuchungen an, sondern liess die,
welche ihm verdächtig erschienen, heimlich beobachten.
Da er. aber bald gegen alle Welt Verdacht und Arg-
wohn hegte, weil seine Sicherheit das zu fordern schien,
so dehnte er sein Misstrauen auch auf ganz Unschuldige
aus und kannte dabei keinerlei Mässigung. Wer oft zu
ihm kam, den fürchtete er, weil er mehr Gelegenheit
finde, ihm nachzustellen; wer aber nicht oft kam, den
brauchte man meist nur zu nennen, um bei ihm den
Entschluss zur Reife zu bringen, ihn seiner grösseren
Sicherheit halber umbringen zu lassen. Schliesslich in-
triguierten seine Höflinge, die sich nicht mehr sicher
fühlten, gegeneinander und hofften sich selbst zu nützen,
wenn sie einem anderen mit der Anschuldigung zuvor-
kämen. Hatte aber einer den anderen beiseite geschafft,
so geriet er eben dadurch in Verdacht und verfiel der-
Sechzehntes Buch, 8. Kapitel.
407
selben Strafe, die er dem anderen bereitet hatte, um
ihm zuvorzukommen. Jede Gelegenheit wurde benutzt,
um dem Gegner Fallen zu stellen, bis der eine sich in
demselben Netze fing, das er dem anderen gelegt hatte.
Der König nämlich empfand bald Reue, wenn er jemand
ohne regelrechtes Urteil hatte hinrichten lassen. Aber
anstatt dass diese Reue ihn zu grösserer Vorsicht für
die Zukunft ermahnt hätte, verfuhr er nun gegen die
Angeber in gleicher Weise und verschlimmerte dadurch
die Zustände am Hofe immer mehr.
3. Schon hatte er vielen seiner Freunde angekündigt,
sie brauchten nicht mehr zur Erfüllung ihrer Dienst-
verpflichtungen zu erscheinen oder sich bei Hofe zu
zeigen. Diesen Befehl gab er aber nur deshalb, um
durch Rücksichtnahme auf dieselben weniger gebunden
zu sein. So verbannte er auch seine alten Freunde
Andromachus und Gemellus vom Hofe, die ihm in den
Regierungsgeschäften, bei der Abordnung von Gesandt-
schaften und bei Beratungen viele Dienste geleistet,
seine Söhne unterrichtet hatten und bei ihm in hohem
Ansehen standen. Den einen traf diese Strafe, weil
sein Sohn Demetrius mit Alexander Umgang pflog,
den Gemellus aber, weil Herodes dessen Anhänglichkeit
an Alexander kannte. Letzterer nämlich war als
Knabe von Gemellus unterrichtet worden und hatte ihn
auch w r ährend seines Aufenthaltes in Rom als steten
Begleiter bei sich gehabt. Gern hätte Herodes auch
diese verdienten Männer mit härterer Strafe belegt.
Doch da er den Schein willkürlicher Grausamkeit gegen
dieselben meiden musste, begnügte er sich damit, ihnen
ihre Ehrenstellen zu nehmen, wodurch er ihnen aller-
dings auch die Möglichkeit verschaffte, sich den Aus-
brüchen seiner Wut zu entziehen.
4. DerUrheber aller dieser Grausamkeiten wareigentlich
Antipater, der schon längst seines Vaters Ratgeber war
und nun, nachdem er die unheilvolle Gesinnung des-
selben erkannt hatte, ihm noch mehr zusetzte und um
so leichter seinen Zweck erreichen zu können glaubte.
408
Josephus 1 Jüdische Altertümer.
je eher er alle Widerspenstigen aus dem Wege räumen
würde. Nachdem nun Andromachus und Gemellus vom
Hofe entfernt waren, begann der König damit, alle die-
jenigen, die er für Anhänger Alexanders hielt, der Folter
zu unterwerfen, um dessen vermeintliche Anschläge zu
erfahren. Diese jedoch erlitten den Tod, ohne etwas
aussagen zu können, worüber der König nur noch mehr
in Wut geriet. Antipater war es, der in diesen Fällen
das Schweigen als Verstocktheit und als Treue gegen
Alexander auslegte und denKönig reizte, noch weiter
nach geheimen Anschlägen zu forschen. Einer von den
vielen, die gefoltert wurden, behauptete, er habe den
Alexander, wenn er wegen seiner körperlichen Ge-
wandtheit, seiner Fertigkeit im Schiessen und wegen
anderer vorzüglicher Eigenschaften gelobt worden sei,
oftmals sagen hören, diese Gaben der Natur seien für
ihn mehr ehrenvoll als nutzbringend, weil sein Vater
ihn deswegen beneide und hasse. Daher pflege er bei
Spaziergängen mit seinem Vater sich zu bücken, um
nicht grösser als dieser zu erscheinen , und bei Jagden,
die er mit dem Vater unternehme, absichtlich das Wild
zu fehlen, da er dessen Ehrgeiz kenne, der anderen
keinen Ruhm gönne. Als nun mit der Folterung etwas
eingehalten wurde, fügte er noch hinzu, Alexander habe
in Gemeinschaft mit Aristobulus den Plan gefasst, den
Vater auf der Jagd aus dem Hinterhalt zu töten, nach
vollbrachter That nach Rom zu fliehen und dort um
Verleihung der Königswürde zu bitten. Da sich nun
auch noch ein Brief Alexanders an seinen Bruder vor-
fand, worin er sich darüber beklagte, dass sein
Vater dem Antipater gegen alles Recht ein Gebiet mit
zweihundert Talenten Einkünften geschenkt habe, glaubte
Herodes endlich den sicheren Beweis für die Richtigkeit
des gegen die jungen Leute gefassten Verdachtes zu
besitzen, und liess daher den Alexander ergreifen und
einkerkern. Aber auch jetzt fand er noch keine Ruhe,
teils weil er dem, was er gehört, wenig Glauben bei-
mass, teils weil er, wenn er recht nachdachte, doch
Sechzehntes Buch, 8. Kapitel.
409
eigentlich keinen Grund hatte, auf eine Verschwörung
zu schliessen , vielmehr zu der Überlegung gelangen
musste, dass es sich da nur um jugendliche Streit- und
Klagesucht handle. Auch schien es ihm unglaublich,
das9 ein Vatermörder so offen eine Reise nach Rom
wagen sollte. Er wollte deshalb einen schärferen Be-
weis für die Schuld seines Sohnes haben und fürchtete
den Schein, als ob er ihn voreilig in Ketten gelegt
habe. Zu dem Ende liess er die bedeutendsten Freunde
Alexanders foltern und viele von ihnen umbringen,
ohne jedoch etwas zu erfahren, das seinen Erwartungen
entsprochen hätte. Das aber war für ihn nur eine An-
reizung, die Nachforschungen immer leidenschaftlicher
zu betreiben, sodass sich Bestürzung und Schrecken der
gesamten Königsburg bemächtigte. Endlich fand sich
ein junger Mann, der auf der Folter aussagte, Alexander
habe an seine Freunde in Rom geschrieben, sie möchten
Sorge dafür tragen, dass der Caesar ihn schleunigst zu
sich entbiete, weil er ihm Mitteilungen über ein zwischen
seinem Vater und dem Partherkönige Mithradates gegen
die Römer abgeschlossenes Bündnis machen könne. Der
junge Mann fügte dann noch hinzu , Alexander habe
zu Askalon Gift bereiten lassen.
5. Diesen Angaben schenkte Herodes Glauben und
fand für seine Übereilung einigen Trost, indem er sich
die Gefahr noch grösser vorstellte, als sie ihm ge-
schildert worden war. Aber obgleich man sofort eifrig
nach dem Gift forschte, ward dasselbe nicht gefunden.
Um nun das Mass des Unheils überlaufen zu lassen,
leugnete Alexander die ihm zur Last gelegten verruchten
Anschläge absichtlich nicht, sondern stachelte des Vaters
Leidenschaft durch ein noch grösseres Unrecht auf,
vielleicht in der Absicht, ihn wegen seiner Leicht-
gläubigkeit hinsichtlich der Verleumdungen zu be-
schämen, vielleicht aber auch, um für den Fall, dass er
Glauben fände, den Herodes samt seinem ganzen Hofe
dem Verderben zu weihen. Er verschickte nämlich vier
Briefe, die alle gleichmässig besagten , es bedürfe keiner
Go gle
410
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Folter und keiner weiteren Untersuchung, da er wirklich
mit Pheroras und den besten Freunden des Königs sich
verschworen habe. Salome sei übrigens in der Nacht
zu ihm gekommen und habe ihn mit Gewalt zum Bei-
schlaf gezwungen. Das allgemeine Sehnen gehe ja auch
darauf hinaus, den König aus dem Wege geräumt und
das Volk von der Schreckensherrschaft befreit zu
sehen. Des weiteren wurden in den Briefen Ptolemaeus
und Sapinnius, welche für die treuesten Anhänger des
Königs galten, der Teilnahme an der Verschwörung be-
schuldigt. Doch wozu soll ich noch viele Worte machen?
Es war, als hätte Raserei den Hof befallen, so
wüteten die gegeneinander, welche früher die besten
Freunde gewesen waren. Weder Verteidigung noch
Widerlegung zur Aufdeckung der Wahrheit wurden
verstattet, sondern ohne jedes Verhör ward die Todes-
strafe verhängt. Und während die einen in Ketten
lagen, die anderen ihren baldigen Tod und noch andere
beides unvermeidlich zu erwarten hatten, erfüllte den
Hof im Gegensatz zu dem früheren glücklichen Leben
nur Trauer und Wehklage. Herodes selbst aber ver-
zehrte sich in Bitterkeit, und die beständigen Intriguen
sowie sein Misstrauen gegen jedermann Hessen ihn von
der Zukunft nichts Gutes erwarten. Oft bildete er sich
ein, sein Sohn komme auf ihn zu und stehe mit ge-
zücktem Schwerte vor ihm, und da ähnliche Vorstellungen
ihn Tag und Nacht verfolgten, war er dem Wahnsinn
und der Tobsucht nahe. So stand es mit Herodes.
6. Als von dieser Lage der Dinge im Hause des
Herodes der Kappadocierkönig Archelaus hörte, ängstigte
er sich wegen seiner Tochter und Alexanders, und da
er zugleich mit dem Schicksal seines Freundes Herodes
Mitleid empfand, reiste er nach Jerusalem, um die
Wirren zu ordnen. Er fand dort thatsächlich den Zu-
stand vor, den man ihm geschildert hatte, und glaubte
unter diesen Umständen den König nicht tadeln oder
der Grausamkeit zeihen zu dürfen, da zu erwarten war,
dass er bei dem Versuche, sich zu rechtfertigen, in noch
Sechzehntes Buch, 8. Kapitel.
411
heftigere Erregung geraten würde. Deshalb ging er
auf andere Weise vor, um dem Unheil ein Ende zu
machen. Er stellte sich nämlich gegen Alexander er-
zürnt und erklärte den Herodes für einen gerechten
Menschen, der keiner Unbesonnenheit fähig sei. Ja, er
gab sogar seine Absicht kund , Alexanders Ehe zu
trennen und selbst seine Tochter nicht zu schonen,
falls sie etwas wüsste, was sie dem Könige verschwiegen
haben sollte. Als nun Herodes den Archelaus wider
Erwarten so auftreten und um seinetwillen eine solche
Erbitterung zur Schau tragen sah, beruhigte er sich,
glaubte bei seinen Handlungen sich im Recht befunden
zu haben und gab allmählich der väterlichen Liebe in
seinem Herzen wieder Raum. Nun aber war er erst
recht zu bedauern. Wollte nämlich jemand die gegen
Alexander erhobenen Beschuldigungen als nichtig er-
weisen, so geriet er in Aufregung; nahm aber Archelaus
ihn selbst in Schutz, so weinte er vor bitterem Schmerz
und bat diesen sogar, doch die Ehe nicht zu trennen
und dem jungen Manne ob seiner Frevelthaten nicht
zu zürnen. Als Archelaus ihn nun milder gestimmt
sah, schob er die Schuld auf Alexanders Freunde, die
den jungen Mann in seiner Arglosigkeit überredet
hätten, und lenkte den Verdacht namentlich auf den
Bruder des Königs. Pheroras, der so wie so bei Herodes
nicht in Gunst stand und keinen sonstigen Vermittler
zu finden wusste, wandte sich, als er den grossen Ein-
fluss des Archelaus bemerkte, an diesen in schwarzem
Gewände, ganz wie ein Mensch, der an seiner Rettung
verzweifelt. Archelaus hörte zwar seine Bitte an, er-
klärte es jedoch für unmöglich , dem gewaltigen Zorn
des Herodes sobald ein Ende zu machen, und riet ihm
daher, persönlich den König um Verzeihung zu bitten
und sich als den Urheber des ganzen Unheils hin-
zustellen. Dadurch werde er den Groll seines Bruders
besänftigen ; er selbst wolle übrigens gern den Vermittler
abgeben. Pheroras folgte diesem Rat, und so wurde
allen geholfen: Alexander ward unverhofft von dem
412
Josephus* Jüdische Altertümer.
auf ihm lastenden Verdacht frei und Pheroras mit
Herodes wieder ausgesöhnt. Archelaus begab sich darauf
nach Kappadocien zurück und gelangte in des Herodes
Gunst, wie kein anderer in damaliger Zeit, sodass der-
selbe ihn mit kostbaren Geschenken erfreute, ihn mit
allen sonstigen Ehren bedachte und ihn seinen besten
Freund nannte. Auch gab er ihm das Versprechen,
nach Rom zu gehen , weil er über seine Lage dem
Caesar bereits Bericht erstattet habe. Bis Antiochia
reisten alsdann beide Könige zusammen, und nachdem
Herodes hier den Streit zwischen Archelaus und dem
syrischen Statthalter Titius beigelegt hatte, begab er
sich wieder nach Judaea.
Neuntes Kapitel.
Abfall der Trachoniter.
Wie Syllaeus den Herodes mit Augustus verfeindete,
und wie Herodes, um den Caesar zu versöhnen, seinen
Freund Nikolaus nach Rom schickte.
1. Als Herodes von Rom zurückgekehrt war, kam
es zwischen ihm und den Arabern aus folgender Veran-
lassung zum Kriege. Die Bewohner von Trachonitis
konnten, nachdem der Caesar dieses Land dem Zenodorus
abgenommen und dem Herodes überwiesen hatte, nicht
mehr ihren Räubereien nachgehen, sondern wurden zu
Ackerbau und ruhigem Leben angehalten. Das gefiel
ihnen aber durchaus nicht, zumal da der Boden zum
Ackerbau höchst ungeeignet war. Anfangs hielt der
König sie im Zaume, sodass sie ihre Nachbarn nicht
belästigen konnten, wofür er allgemeine Anerkennung
fand. Als er aber nach Rom gereist war, um seinen
Sohn Alexander anzuklagen und seinen anderen Sohn
Antipater dem Caesar zu empfehlen, streuten die Tracho-
niter das Gerücht aus, er sei umgekommen, empörten
sich und belästigten ihre Nachbarn wieder wie früher
mit Raub und Verwüstung. Den Heerführern des Herodes
Sechzehntes Buch, 9. Kapitel.
413
jedoch gelang es, sie in Abwesenheit des Königs zur
Ruhe zu bringen, und nur vierzig Räuberhauptleute ver-
liessen, durch das Schicksal ihrer gefangenen Genossen
abgeschreckt, die Gegend und zogen sich nach Arabien
zurück, wo Syllaeus, nachdem seine beabsichtigte ehe-
liche Verbindung mit Salome nicht zustande gekommen
war, sie aufnahm und ihnen eine Festung anwies. Von
hier aus beunruhigten sie dann nicht bloss Judaea, son-
dern auch ganz Coelesyrien durch Raubzüge, bei denen
Syllaeus hilfreiche Hand bot. Sobald nun Herodes von
Rom zurück war und den Schaden erfuhr, den sie seinem
Lande zugefügt hatten, zog er, weil er den Räubern
selbst, die im sicheren Schutze der Araber lebten, nicht
beikommen konnte, nach Trachonitis und liess ihre An-
gehörige niedermachen. Das aber erbitterte die Räuber
noch mehr, zumal ein bei ihnen geltendes Gesetz ihnen
vorschrieb, den Mord ihrer Verwandten auf jede nur
mögliche Art zu rächen, sodass sie mit wahrer Todes-
verachtung fortfuhren , das ganze Gebiet des Herodes
heimzusuchen. Herodes setzte sich daher mit den
römischen Feldherren Saturninus und Volumnius ins
Einvernehmen und verlangte von Syllaeus die Aus-
lieferung der Räuber zur Bestrafung. Hierdurch aber
wuchs deren Verwegenheit erst recht, und da auch
ihre Zahl sich stetig vergrösserte, dehnten sie ihre Raub-
züge immer weiter aus, zerstörten im Reiche des Herodes
Dörfer und Flecken und machten die Gefangenen nieder,
sodass die Raubzüge fast wirklichen Kriegszügen glichen.
Ihre Zahl war unterdessen auf etwa tausend Köpfe ange-
wachsen. Herodes forderte nun nochmals energisch ihre Aus-
lieferung sowie die Rückzahlung der sechzig Talente, die
er dem Obodas durch Vermittlung des Syllaeus geliehen
hatte und deren Verfalltag schon vorüber war. Syllaeus
jedoch, der den Obodas in den Hintergrund gedrängt
hatte und die Regierung allein führte, leugnete die An-
wesenheit der Räuber in Arabien und verschob die Be-
zahlung des Geldes, bis endlich die Sache vor die da-
maligen Statthalter von Syrien, Saturninus und Volumnius,
Go gle
414
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zur Entscheidung kam. Ihr Urteil lautete, dass das Geld
in dreissig Tagen an Herodes entrichtet sein müsse,
und dass jeder die Unterthanen des anderen, die in
seinem Reiche lebten, auszuliefern habe. Im Gebiete
des Herodes nun fand sich kein einziger Araber, weder
um ein Verbrechen zu verüben, noch aus irgend einer
anderen Ursache; wohl aber wurden die Araber über-
führt, dass sie die Räuber in ihrem Lande aufgenommen
hatten.
2. Der vorerwähnte Termin war schon verstrichen,
als Syllaeus, ohne eine der ihm auferlegten Verpflich-
tungen erfüllt zu haben, nach Rom reiste. Herodes aber
bestand auf der Rückzahlung des Geldes und der Aus-
lieferung der Räuber, die sich bei den Arabern auf-
hielten, und erhielt von Saturninus und Volumnius die
Ermächtigung, den Widerstand der Araber mit Waffen-
gewalt zu brechen. Er rückte demgemäss schleunigst
gegen Arabien zu Felde und legte einen Weg von sieben
Tagemärschen in drei Tagen zurück. Bei der Festung
angelangt, die den Räubern als Schlupfwinkel diente,
nahm er beim ersten Ansturm den ganzen Haufen der-
selben gefangen und schleifte den Platz, welcher Raipta
hiess, vollständig, ohne jedoch sonst jemand etwas zu-
leide zu thun. Da nun die Araber unter Nakebs Füh-
rung den Räubern zu Hilfe eilten , kam es zum Treffen,
in welchem auf Herodes’ Seite nur wenige, von den
Arabern aber Nakeb selbst und fünfundzwanzig der
Seinigen fielen, während der .Rest in die Flucht ge-
schlagen wurde. Nachdem Herodes also die Räuber zur
Bestrafung gezogen, siedelte er dreitausend Idumäer in
Trachonitis an und hielt dadurch die räuberischen Be-
wohner des Landes in Ruhe. Dann schrieb er an
die beiden in Phoenicien stehenden Feldherren und
teilte ihnen mit, daas er nichts weiter gethan habe,
als was zur Bestrafung der widerspenstigen Araber
notwendig gewesen sei. Das fanden denn die beiden
Feldherren nach sorgfältiger Untersuchung auch be-
stätigt
Sechzehntes Buch, 9. Kapitel.
415
3. Unterdessen aber hatten sich in aller Eile Boten
nach Rom begeben, welche dem Syllaeus diese Vorgänge
meldeten und, wie gewöhnlich, alles übertrieben. Syllaeus,
der schon beim Caesar eingeführt war und beim Empfange
der Meldung sich gerade in der Nähe des Palastes
befand, legte sogleich schwarze Kleider an, begab sich
zu Augustus und klagte ihm, Arabien sei von Kriegs-
wirren beunruhigt, und Herodes, der das Land ver-
wüste, habe das ganze Araberheer aufgerieben. Zwei-
tausendfünfhundert der edelsten Araber, jammerte er,
seien samt ihrem Anführer Nakeb, seiem Freunde und
Verwandten, niedergemacht und die in Rai'pta auf-
bewahrten Schätze geraubt worden, da man sich vor
Obodas, der die Strapazen eines Krieges ungern ertrage,
nicht gefürchtet habe, er selbst aber sowie das eigent-
liche arabische Heer nicht zur Stelle gewesen seien.
Und um den Herodes beim Caesar noch verhasster zu
machen, fügte er hinzu, er würde wohl seine Reise 'nach
Rom nicht unternommen haben, wenn er nicht die Über-
zeugung gehabt hätte, dass dem Caesar die Erhaltung
des Friedens in seinem ganzen Reiche am Herzen liege,
und im Falle seiner Anwesenheit wäre der Krieg wohl
nicht so glücklich für Herodes verlaufen. Hierüber er-
zürnt, fragte Augustus die zufällig anwesenden Freunde
des Herodes und seine eigenen aus Syrien gekommenen
Beamten, ob Herodes ins Feld gezogen sei. Da nun die
Gefragten das bejahen mussten, der Caesar ihnen aber die
Darlegung der näheren Umstände nicht gestattete, schrieb
letzterer im höchsten Groll an Herodes einen in bitteren
Worten abgefassten Brief, dessen Hauptinhalt der war,
dass er ihn statt wie früher als Freund nunmehr als
Unterthan behandeln werde. Auch Syllaeus gab den
Arabern von diesem Ausgang der Sache Kenntnis, und
nun wurden dieselben erst recht übermütig, lieferten
weder die Räuber noch das Geld aus und nahmen noch
obendrein die Weideplätze, die sie von Herodes gepachtet
hatten, als ihr Eigentum in Anspruch, weil der König
der Juden von dem erzürnten Caesar abgesetzt worden
Go gle
416
Josephus* Jüdische Altertümer.
sei. Auch die Trachoniter benutzten die Gelegenheit
erhoben sich gegen die idumaeischen Besatzungen und
trieben ihre Räubereien im Verein mit den Arabern,
welche die Besitzungen der Idumäer verwüsteten, nicht
nur aus Beutegier, sondern auch aus Rachsucht mit
höchster Grausamkeit.
4. Weil nun Herodes das Vertrauen des Caesars ver-
loren hatte, musste er alles ruhig geschehen lassen.
Aber es kam noch schlimmer, da der Caesar nicht einmal
die Gesandten, die Herodes zu seiner Rechtfertigung
nach Rom schickte, empfangen wollte, sondern dieselben,
obgleich sie sogar zweimal kamen, unverrichteter Sache
heimkehren liess. Darüber geriet Herodes in Furcht und
Bestürzung, und noch mehr ärgerte es ihn, dass Syllaeus
Glauben fand und persönlich in Rom anwesend sein
konnte, wo er weitausschauende Pläne verfolgte. Denn
Obodas war inzwischen gestorben, und die Herrschaft
über die Araber kam an Aeneas, der seinen Namen in
Aretas umänderte. Diesen suchte Syllaeus, um selbst auf
den Thron zu gelangen, durch Verleumdungen zu ver-
kleinern und gab zu diesem Zwecke nicht nur den Höf-
lingen reiche Geschenke, sondern machte auch dem
Caesar selbst die glänzendsten Versprechungen. Gegen
Aretas war übrigens der Caesar schon aufgebracht, weil
er die Regierung angetreten hatte, ohne ihm vorher Mit-
teilung davon zu machen. Unterdessen lief jedoch ein
Schreiben von ihm ein, das von reichen Geschenken
worunter eine goldene Krone im Werte von vielen Ta-
lenten, begleitet war. In diesem Schreiben wurde dem
Syllaeus vorgeworfen, dass er ein verruchter Sklave sei,
der den Obodas mit Gift beiseite geschafft und schon
bei dessen Lebzeiten sich die Herrschaft angemasst habe,
dass er ferner bei den Arabern als Ehebrecher bekannt
sei und Geldanleihen mache, um sich damit die Herr-
schaft zu erkaufen. Aber auch die Überbringer dieses
Schreibens liess der Caesar nicht vor, sondern schickte
sie heim, ohne irgend ein Geschenk anzunehmen.
Mit der Regierung von Judaea und Arabien ward es
Sechzehntes Buch, 10. Kapitel.
417
inzwischen von Tag zu Tag schlimmer, einmal wegen
der dort herrschen Umtriebe, dann aber auch, weil nie-
mand da war, der die Kraft besessen hätte, dem Übel
Einhalt zu thun. Von den beiden Königen nämlich war
der eine noch gar nicht anerkannt, während Herodes,
weil er beim Caesar in Ungnade gefallen war, alle Be-
leidigungen ruhig hinnehmen musste. Als aber Herodes
kein Ende seiner üblen Lage abzusehen vermochte, ent-
schloss er sich, abermals eine Gesandtschaft nach Rom
zu schicken und zu versuchen, ob er mit Hülfe seiner
Freunde und durch Bitten die Gunst des Caesars wieder
erlangen könne. Diese Gesandtschaft übernahm Nikolaus
von Damaskus.
Zehntes Kapitel.
Wie Eurykles die Söhne des Herodes bei ihrem Vater
verleumdete, und wie dieser sie festsetzen liess und
ihretwegen an den Caesar schrieb. Syllaeus von
Nikolaus überführt.
1. Inzwischen verwirrten sich die häuslichen Ver-
hältnisse des Herodes schlimmer als je, und seine Söhne
wurden ihm von Tag zu Tag mehr entfremdet. War es
überhaupt schon früher ersichtlich gewesen, dass das
Geschick seine Regierung mit den grössten Übeln heim-
suchte, die den Menschen treffen können, so erwies sich
dies in noch höherem Masse bei folgender Veranlassung.
Ein gewisser Lakedaemonier Eurykles, der aus vor-
nehmem Hause stammte, aber ein verruchter, wollüstiger
und kriecherischer Mensch war (doch so, dass er diese
Untugenden geschickt zu verbergen verstand), genoss
am Hofe des Herodes Gastfreundschaft, gab diesem
Geschenke, wofür er weit grössere empfing, und wusste
sich durch sein höfliches Benehmen die vertraute
Freundschaft des Königs zu erschleichen. Eigentlich war
er Antipaters Gastfreund, verkehrte aber meistens mit
Alexander, da er sich für einen Vertrauten des kappa-
Joeephus 1 Jüdische Altertümer, II. 87
418
Josephus* Jüdische Altertümer.
docischen Königs Archelaus ausgab. Aus diesem Grunde
bewies er sich auch besonders aufmerksam gegen Glaphyra
und wusste sich überhaupt bei jedermann einzuschmeicheln,
während er alles, was gesprochen wurde und sonst vor
sich ging, scharf beobachtete und dann seine Berichte
darüber so verdrehte, wie es gerade gern gehört wurde.
Schliesslich brachte er es so weit, dass jeder, mit dem
er verkehrte, ihn für seinen alleinigen Freund hielt, der
nur ihm zu Gefallen auch mit anderen Beziehungen
pflege. So schlich er sich auch bei Alexander ein und
schwätzte diesem vor, er könne ihm ruhig die ihm wider-
fahrenen Kränkungen anvertrauen, die er sonst niemand
mitzuteilen wage. Alexander erzählte ihm darauf be-
trübt, wie sehr das Herz des Vaters ihm entfremdet sei,
wie es seiner Mutter ergangen, und wie Antipater alle
Gewalt an sich gerissen habe, nachdem er ihn und
seinen Bruder um ihre Vorrechte gebracht. Das alles,
sagte er, sei nicht zu ertragen, besonders da sein Vater
bereits so sehr von Hass gegen sie erfüllt sei, dass
er weder gemeinschaftlich mit ihnen speisen noch über-
haupt mit ihnen reden wolle. Solche Mitteilungen waren
nun, wie sich leicht denken lässt, nichts weiter als ein
Ausbruch des Schmerzes. Eurykles aber hinterbrachte
sie dem Antipater und sagte, er thue das nicht etwa,
um sich ihm gefällig zu erzeigen, sondern die Wichtig-
keit der Sache verlange gebieterisch, darüber nicht zu
schweigen, damit er sich vor Alexander hüten könne.
Denn das seien keine absichtslos hingeworfenen Worte
gewesen, sondern sie hätten deutlich erkennen lassen,
dass hinter ihnen ein entschlossener Wille sich verberge.
Antipater, der nach diesen Enthüllungen den Eurykles
für seinen ganz besonderen Freund hielt, beschenkte ihn
dafür zu wiederholten Malen reichlich und bewog ihn
endlich, die Sache dem Herodes anzuzeigen. Hier fand
Eurykles, da er als Beweis für Alexanders Bosheit dessen
eigne Worte vorbrachte, leicht Glauben und versetzte den
König durch seine schlau gewählten Redewendungen so
in Wallung, dass diesen ein unversöhnlicher Hass gegen
Sechzehntes Buch, 10. Kapitel.
419
seinen Sohn erfasste. Dem Eurykles aber schenkte Herodes
sogleich fünfzig Talente, mit denen dieser sich zum
Kappadocierkönig Archelaus begab, wo er Alexander lobte
und behauptete, demselben behufs Versöhnung mit Herodes
grosse Dienste geleistet zu haben. Durch diese Lügen
schwindelte er auch dem Archelaus Geld ab und machte
sich nun rasch davon, bevor seine Falschheit entdeckt
werden konnte. Weil er aber auch in Lakedaemon seinen
verruchten Lebenswandel fortsetzte, wurde er seiner vielen
Schandthaten wegen aus dem Vaterlande verbannt.
2. Der König der Juden aber begnügte sich von nun
an nicht mehr wie früher damit, Beschuldigungen gegen
Alexander und Aristobulus anzuhören, sondern entbrannte
gegen die beiden in so unersättlichem Hasse, dass er,
wenn niemand sie beschuldigte, dies selbst veranlasste,
indem er überall spionieren und auskundschaften liess
und jedem, der etwas gegen sie vorzubringen hatte, Ge-
legenheit dazu gab. Endlich wurde ihm auch gemeldet,
der Koer Evaratus habe sich mit Alexander verschworen,
und das war für Herodes die angenehmste Nachricht,
die man ihm hätte bringen können.
3. In der Folge wuchsen die gegen die jungen Leute
erhobenen Beschuldigungen immer mehr an, indem so-
zusagen ein allgemeines Wettlaufen zum Könige statt-
fand, um demselben etwas zu hinterbringen, was seine
Sicherheit bezwecken zu können schien. Nun hatte
Herodes zwei Leibwächter, die er wegen ihrer Körper-
stärke und ihres schlanken W uchses sonst sehr in Ehren
hielt, Jucundus und Tyrannus mit Namen. Diese waren
infolge irgend eines Verstosses beim Könige in Ungnade
gefallen, ritten nun mit Alexander aus und standen bei
ihm, da sie mit allen gymnastischen Künsten vertraut
waren, in hohem Ansehen, erhielten auch von ihm hier
und da Goldstücke und andere Dinge zum Geschenk.
Dadurch aber erregten sie den Verdacht des Königs, der
sie vorladen und peinlich befragen liess. Lange blieben
sie standhaft; endlich aber gaben sie doch an, Alexander
habe sie bereden wollen, den Herodes auf der Jagd zu
27 *
Go gle
420
Josephus’ Jüdische Altertümer.
töten. Man würde dann leicht glaubhaft machen können,
dass er vom Pferde gestürzt sei und sich zufällig mit
seinen Jagdspiessen verletzt habe, wie ihm auch früher
schon ähnliches zugestossen sei. Zugleich zeigten sie an,
im Pferdestalle sei Gold vergraben, und beschuldigten
den Obeijäger, ihnen königliche Jagdspiesse sowie auch
Alexanders Dienern auf dessen Befehl Waffen geliefert
zu haben.
4. Hierauf wurde der Kommandant von Alexandrium
gefänglich eingezogen und gefoltert, weil er beschuldigt
war, er habe den jungen Leuten versprochen, sie in die
Festung einzulassen und ihnen die königliche Kasse, die
sich daselbst befand, auszuliefern. Der Kommandant
selbst gestand nun zwar nichts ein; doch trat dessen
Sohn auf und versicherte, die Sache verhalte sich wirk-
lich so. Er zeigte dann einen Brief vor, der, wie es
schien, Alexanders Handschrift aufwies und also lautete:
„Wenn wir mit Gottes Hilfe alles, was wir beabsichtigen,
ausgeführt haben, so kommen wir zu euch. Sorgt dann
nur dafür, dass ihr uns eurem Versprechen gemäss in
die Festung aufnehmen könnt." Als Herodes diesen
Papierstreifen gesehen hatte, war es für ihn nicht mehr
zweifelhaft, dass seine Söhne ihm nach dem Leben
trachteten. Alexander freilich behauptete, der Schreiber
Diophantus habe seine Handschrift nachgemacht, und der
Text sei von Antipater in böswilliger Absicht erfunden
worden. Diophantus war allerdings im Nachahmen von
Handschriften sehr geschickt und wurde deshalb auch
in einem anderen Falle überführt und zum Tode ver-
urteilt.
5. Alle diejenigen nun, die auf der Folter bekannt
hatten, liees der König zu Jericho auch öffentlich vor-
führen , um gegen seine Söhne zu zeugen, und hier warf
sie die Menge mit Steinen zu Tode. Dasselbe wäre auch
beinahe Alexander und Aristobulus widerfahren, wenn
der König es nicht dadurch verhindert hätte, dass er
Ptolemaeus und Pheroras beauftragte, das Volk zurück-
zudrängen. Die jungen Leute aber liess er einkerkern
Sechzehntes Buch, 10. Kapitel.
421
und bewachen, den Zutritt zu ihnen verbieten und all
ihr Thun und Treiben beobachten. So unterschieden sie
sich in nichts von ehrlosen Verbrechern. Darüber er-
grimmte Aristobulus derart, dass er sogar seine Tante
und Schwiegermutter Salome zum Mitleid mit ihrem Un-
glück und zum Hasse gegen den Urheber desselben zu
bewegen suchte. „Schwebst nicht auch du“, sagte er,
„in Lebensgefahr, da du im Rufe stehst, in der Hoff-
nung auf eheliche Verbindung mit Syllaeus diesem alles
zu verraten, was hier vorgeht?“ Diese Worte hinter-
brachte Salome sogleich ihrem Bruder Herodes, der sich
nun nicht mehr bezwingen konnte, sondern Befehl gab,
die beiden zu fesseln und sie von einander zu trennen.
Alsdann sollten sie zu Papier bringen, was sie gegen
ihren Vater verbrochen hätten. Da sie diesem Befehle
keinen Widerstand entgegensetzen konnten, schrieben sie,
sie hätten weder jemals ihrem Vater nach dem Leben
getrachtet noch auch in dieser Hinsicht irgend etwas
ins Werk gesetzt. Doch gäben sie zu, dass sie ihre
Flucht vorbereitet hätten, und zwar aus dem zwin-
genden Grunde, weil sie das Leben unter steten Ver-
dächtigungen und Plackereien nicht mehr auszuhalten
vermöchten.
6. Um diese Zeit kam aus Kappadocien ein Gesandter
des Archelaus mit Namen Melas, der zu den Fürsten
seines Landes gehörte. Da nun Herodes ihm beweisen
wollte, wie feindselig Archelaus gegen ihn gesinnt sei,
liess er den Alexander in Fesseln vorführen und befragte
ihn in betreff der geplanten Flucht, besonders wohin
und auf welche Weise sie hätten entfliehen wollen.
Darauf entgegnete Alexander: Zu Archelaus, der ihnen
versprochen habe, sie von seinem Hofe aus nach Rom
zu bringen. Gegen ihren Vater aber hätten sie nichts
Verbrecherisches im Schilde geführt, und an alledem,
was ihre Gegner ihnen zur Last legten, sei kein wahres
Wort. Sie wünschten nur, man hätte mitTyrannus und
dessen Genossen ein eingehenderes Verhör angestellt;
leider aber seien sie auf Antipaters Anstiften sehr
Go gle
422
Josephus’ Jüdische Altertümer.
schnell umgebracht worden, da dieser seine Anhänger
unter der Volksmenge verteilt habe.
7. Auf diese Worte hin befahl Herodes, Melas und
Alexander zu Glaphyra, der Tochter des Archelaus, zu
führen und dieselbe zu befragen, ob sie etwas von den
gegen Herodes geplanten Anschlägen wisse. Als sie
dort ankamen und Glaphyra den Alexander in Fesseln
erblickte, zerschlug sie sich das Haupt und brach vor
grenzenloser Bestürzung in lange, jammervolle Klagen
aus. Auch dem jungen Manne stürztenjdie Thränen aus
den Augen, und die Anwesenden wurden von dem An-
blick so erschüttert, dass sie eine Zeitlang gar nicht
das, wozu sie gekommen waren , reden oder thun konnten .
Als endlich Ptolemaeus, der den Alexander hergeführt
hatte, die Glaphyra fragte, ob sie um die Anschläge
wisse, sagte Alexander: „Wie sollte sie nicht um alles
wissen, da sie mir lieber als mein Leben und die Mutter
meiner Kinder ist?“ Glaphyra aber erklärte, sie wisse
von keiner Schlechtigkeit; *wenn jedoch Alexanders Wohl
es verlange, dass sie gegen sich selbst lüge, so wolle sie
alles gestehen. Alexander erwiderte darauf: „Eine Frevel-
that, wie sie mir von denen zur Last gelegt wird, die
am wenigsten Ursache dazu haben, habe ich weder er-
sonnen, noch weisst du etwas von einer solchen That,
sondern allein das ist dir bekannt, dass wir zu Archelaus
und von da nach Rom fliehen wollten.“ Als Glaphyra
dies bejahte, übergab Herodes, der nun von der bös-
willigen Gesinnung des Archelaus überzeugt zu sein
glaubte, dem Olympus und Volumnius Briefe und befahl
ihnen, auf ihrer Fahrt an der cilicischen Insel Elaeusa
zu landen und einen von den Briefen dem Archelaus zu
überreichen. Dann sollten sie sich über seine Teil-
nahme an den Anschlägen der Prinzen bei ihm be-
schweren und sogleich geradeswegs nach Rom weiter-
fahren. Fänden sie dort, dass Nikolaus etwas ausgerichtet
habe und der Caesar ihm nicht mehr zürne, so sollten
sie demselben den anderen Brief und die Beweisstücke
einhändigen, die er gegen die jungen Leute mitschicke.
Sechzehntes Buch, 10. Kapitel.
423
Was nun Archelaus angeht, so reinigte er sich von dem
Verdachte, indem er zwar zugab, dass er die beiden
jungen Leute habe aufnehmen wollen, weil das ebenso-
wohl in ihrem Interesse wie indem ihres Vaters gelegen
habe, damit dieser in seinem Zorn nicht zu hart bei
ihrer Bestrafung verführe. Indessen habe er sie nicht
zum Caesar bringen wollen und ihnen auch keinerlei
Versprechungen gemacht, die als Beweise einer böswilligen
Gesinnung gegen Herodes gedeutet werden könnten.
8. Als die Gesandten nun weiterfuhren und nach
Rom kamen, hatten sie bald Gelegenheit, dem Caesar
den Brief zu überreichen, weil sie ihn schon mit Herodes
versöhnt fanden. Des Nikolaus Gesandtschaft nämlich
hatte folgendes ausgerichtet. Sobald er in Rom ange-
langt war und im Palast Zutritt erhalten hatte, glaubte
er nicht nur das, wozu er gekommen, thun, sondern auch
den Syllaeus anklagen zu müssen. Bevor er nämlich
mit den Arabern ins Gespräch gekommen war, hatten
diese untereinander Streit bekommen, und so schlossen
sich einige von Syllaeus’ Anhängern an Nikolaus an,
dem sie alle Schandthaten des Syllaeus mitteilten und
klare Beweise dafür lieferten, dass er viele Anhänger
des Obodas habe umbringen lassen. Denn während eines
Streites war es ihnen gelungen, die Briefe an sich zu
bringen, durch die sie ihn überführen konnten. Diesen
günstigen Zufall glaubte Nikolaus für seinen Zweck aus-
nutzen zu können und trachtete nun eifrig danach, den
Caesar mit Herodes auszusöhnen. Es stand nämlich für
ihn fest, dass er kein Gehör finden werde, wenn er des
Herodes Handlungsweise verteidigen wolle, und dass er
nur dann auf einen günstigen Erfolg für Herodes rechnen
dürfe, wenn er Syllaeus anklagen könne. Die Streit-
sache wurde also anhängig gemacht und der Verhand-
lungstag festgesetzt, und nun warf Nikolaus in Gegen-
wart der Gesandten des Aretas unter anderem dem
Syllaeus vor, dass er seinem Könige und vielen Arabern
den Untergang bereitet, dass er zum Zwecke der Erregung
eines Aufruhrs Geld entliehen, dass er sowohl in Rom
424
Josephas’ Jüdische Altertümer.
wie in Arabien Weiber geschändet und, was die Haupt-
sache 6ei, dass er den Caesar betrogen habe, indem er
ihm über Herodes’ Thaten die Unwahrheit berichtet habe.
Hier unterbrach ihn der Caesar und hiess ihn von Herodes
nur das eine angeben, ob er nicht mit einem Heere
nach Arabien gezogen sei, dort zweitausendfünfhundert
Mann umgebracht und nach Verwüstung des Landes die
Bewohner in Gefangenschaft geschleppt habe. Nikolaus
entgegnete, er könne den Beweis liefern, dass diese Be-
hauptungen teils unwahr seien, teils wenigstens nicht
ganz der Wahrheit entsprächen, sodass Augustus dem
Herodes deshalb nicht weiter zürnen könne. Darob er-
staunte der Caesar und hörte nun desto aufmerksamer
zu, als Nikolaus von den fünfhundert geliehenen Talenten
und von der Verschreibung sprach, in welcher bestimmt
war, dass Herodes nach dem Verfalltage sich aus dem
ganzen Lande der Araber Pfänder nach Belieben aus-
wählen könne. Jener Feldzug, sagte er, sei also gar
kein Kriegszug gewesen, sondern nur die rechtsgiltige
Eintreibung einer Schuldförderung, und auch diese habe
Herodes durchaus nicht eilig vollzogen, obgleich der
Vertrag ihm dazu ein Recht gegeben, sondern erst ins
Werk gesetzt» nachdem er sich mehrmals an die syrischen
Statthalter Saturninus und Volumnius gewandt und
Syllaeus in ihrer Gegenwart zu Berytus beim Glücke des
Caesars geschworen habe, er werde binnen längstens
dreissig Tagen das Geld bezahlen und die nach Arabien
geflohenen Unterthanen des Herodes ausliefern. Weil nun
Syllaeus keine von diesen Versprechungen gehalten habe,
sei Herodes abermals bei den Statthaltern vorstellig ge-
worden, und erst als diese ihm gestattet hätten, die
Pfänder mit Beschlag zu belegen, habe er sich, wiewohl
ungern, zu dem Feldzuge nach Arabien entschlossen.
„Das ist es also,“ fuhr er fort, „was jene Übertreiber
einen Krieg und einen Feldzug nennen. Wie kann man
denn diese Geltendmachung des guten Rechtes einen
Krieg nennen, nachdem deine Statthalter dazu die Er-
laubnis gegeben und die Bestimmungen eines Vertrages
Go gle
Sechzehntes Buch, 10. Kapitel.
425
die Berechtigung dazu klar dargelegt hatten, und nach-
dem nicht nur die anderen Götter 1 beleidigt waren,
sondern auch deines Namens Majestät, o Caesar? Ich
komme nun zu den Beschuldigungen betreffend die Ge-
fangenen. Räuberische Trachoniter, erst vierzig, später
mehr, flüchteten sich nach Arabien, um der Bestrafung
durch Herodes zu entgehen. Diese nahm Syllaeus zum
Nachteil aller Menschen auf, wies ihnen eine Festung
als Wohnort an und erhielt dafür seinen Anteil aus der
bei den Raubzügen gemachten Beute. Auch diese Räuber
wollte Syllaeus seinem Eidschwur gemäss an demselben
Tage, an dem er das Geld zurückzahlen sollte, aus-
liefern. Er kann aber nicht nach weisen, dass ausser
diesen Räubern auch nur ein einziger Mensch aus Arabien
weggeführt worden ist. Ja, auch sie wurden nicht einmal
alle gefangen, sondern nur diejenigen von ihnen, die
ihren Schlupfwinkel nicht erreichen konnten. Da du
nun wohl einsiehst, dass das Geschwätz von den Ge-
fangenen nichts als Verleumdung ist, so bitte ich dich,
Caesar, du wollest anerkennen, dass die Mittel, welche
dieser Mensch zur Erregung deines Zornes an wandte,
ein eitles Lügengewebe sind. Endlich kann ich auch
beweisen, dass erst nachdem das Araberheer auf unsere
Truppen eingedrungen und auf Herodes’ Seite bereits
der eine oder andere gefallen war, Herodes sich ver-
teidigte, und dass dann erst der Anführer der Araber,
Nakeb, mit nicht mehr als fünfundzwanzig der Seinigen
fiel, deren Zahl dieser Mensch mit hundert vervielfältigt
qat und so von zweitausendfünfhundert Gefangenen
faselt.“
9. Diese Rede verfehlte ihren Eindruck auf den
Caesar nicht, und er wandte sich voll Zorn an Syllaeus,
um ihn zu fragen, wie viele Araber gefallen seien. Als
dieser stockte und eingestand, er müsse falsch berichtet
sein, wurden der Vertrag, die Briefe der Statthalter und
1 Den römischen Caesaren wurde, wie bekannt, göttliche Ver-
ehrung gezollt.
426
Josephus’ Jüdische Altertümer.
die Klageschriften der Städte über erlittene Räubereien
vorgelesen. Zuletzt war der Caesar so überzeugt, dass
er Syllaeus zum Tode verurteilte und dem Herodes
seine Gunst wieder zu wandte, indem er über das bittere
Schreiben, das er infolge der Verleumdungen an ihn
gerichtet, sein Bedauern ausdrückte und dem Syllaeus
den Vorwurf machte, er habe ihn durch seine lügnerischen
Reden veranlasst, die Pflichten der Freundschaft zu
verletzen. Kurz, Syllaeus wurde heimgeschickt, um
seine Verpflichtung zu erfüllen, die Schuld zu bezahlen
und dann seine Strafe zu erleiden. Mit Aretas aber
konnte der Caesar sich nicht befreunden, weil dieser
nicht mit seiner Bewilligung, sondern eigenmächtig die
Herrschaft angetreten habe. Er beschloss daher, dem
Herodes auch Arabien zu geben, kam aber davon wieder
ab , als er den Brief des Herodes erhielt. Sobald
nämlich Olympus und Volumnius vernahmen, dass der
Caesar wieder versöhnt sei, glaubten sie dem Befehle
des Herodes gemäss den Brief und die seine Söhne be-
treffenden Beweisstücke übergeben zu müssen. Nach
Lesung derselben hielt der Caesar es nicht für geraten,
einem alternden und mit seinen Söhnen in Zwietracht
lebenden Manne noch ein zweites Reich anzuweisen,
sondern er liess nun die Gesandten des Aretas vor, tadelte
ihnen gegenüber nur, dass ihr Herr übereilt gehandelt
habe, indem er nicht wartete, bis er in seinem Reiche
bestätigt sei, nahm dann ihre Geschenke entgegen und
erkannte den Aretas als König an.
Elftes Kapitel.
Wie Herodes mit Bewilligung des Caesars seine Söhne
beim Gerichtshöfe zu Berytus verklagte und sie dann
hinrichten liess.
1. Nachdem der Caesar nun mit Herodes ausgesöhnt
war, schrieb er an ihn, er bedauere, dass er solche
Söhne habe, und falls sie sich ein Verbrechen hätten
Sechzehntes Buch, 11. Kapitel.
427
zu schulden kommen lassen, müsse man gegen sie wie
gegen Vatermörder einschreiten , wozu er ihm hiermit
die Vollmacht gebe. Wenn sie aber nur die Flucht
vorgehabt hätten , müsse man sie auf mildere Art
zurechtweisen und es nicht zum äussersten kommen
lassen. Übrigens rate er ihm, wegen der Angelegenheit
einen Gerichtstag nach Berytus, wo auch Römer lebten,
anzusagen , die Statthalter , den Kappadocierkönig
Archelaus sowie alle übrigen, die er liebe und achte,
dorthin zu entbieten und nach deren Entscheidung das
Urteil zu fallen. So der Caesar. Als Herodes diesen
Brief erhielt, war er hocherfreut, einmal wegen der
wiedergewonnenen Gunst des Caesars, und dann auch,
weil ihm jetzt die Macht gegeben war, gegen seine
Söhne nach Belieben einzuschreiten. Ich kann mir nun
nicht erklären, wie auf einmal, nachdem sein früheres
Unglück ihn zu einem zwar hartherzigen, aber doch
nicht grausamen und auf den Untergang seiner Söhne
bedachten Vater gemacht hatte, der unerwartete Glücks-
wechsel und die wiedergewonnene Zuversicht seinen Hass
-so gewaltig entfachte. Er entbot sonach alle, die ihm
gefielen, zu dem Gerichtstermin, jedoch nicht den
Archelaus, teils weil er ihn wegen seiner vermeintlichön
Feindseligkeit nicht dabei haben wollte, teils weil er
fürchtete, er möchte sich seinem Willen widersetzen.
2. Als nun die Statthalter sowie die sämtlichen aus
den Städten zur Teilnahme an der Gerichtssitzung be-
rufenen Personen in Berytus zusammengekoramen waren,
liess Herodes seine Söhne, die er nicht vor die Schranken
führen lassen wollte, in dem nahe bei der Stadt ge-
legenen sidonischen Dorfe Platana unterbringen, um
sie, wenn nötig, vor Gericht schaffen zu lassen. Er
selbst kam ohne Begleitung in den Gerichtssaal und
führte nun vor hundertfünfzig Beisitzern eine Klage,
die zur Abwehr unvermeidlichen Unheils wohl am Platze
gewesen wäre, hier aber den Vater entehrte, der seine
Söhne beschuldigte. Er benahm sich nämlich ausser-
ordentlich aufgeregt, führte den Beweis unter stürmischen
428
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Gestikulationen und legte die Anzeichen der höchsten
Wut und Grausamkeit an den Tag. Den Beisitzern
gestattete er gar nicht, die Beweismittel zu prüfen,
sondern verteidigte selbst deren Giltigkeit in einer
Weise, die dem Vater seinen Söhnen gegenüber recht
schlecht anstand, und las die von letzteren verfassten
Schriftstücke vor, in denen keineswegs von Nach-
stellungen oder einem geplanten Verbrechen, sondern
nur von der beabsichtigten Flucht und einigen durch
des Herodes Strenge veranlassten Schmähungen die
Rede war. Wenn er an solche Stellen kam, schrie er
noch lauter, suchte jedes Wort auf die vermeintliche
Verschwörung zu deuten und schwur, er wolle lieber
sein Leben verlieren, als so etwas noch länger ertragen.
Schliesslich erklärte er, dass er sowohl nach natürlichem
Rechte wie infolge der Bewilligung des Caesars alle
Macht in Händen habe, und fügte hinzu, ein Gesetz
seines Landes schreibe vor, dass, wenn die Eltern einem
angeklagten Sohne die Hand aufs Haupt legten, alle
Umstehenden denselben mit Steinwürfen töten müssten.
Obgleich er nun seiner väterlichen und königlichen Ge-
walt gemäss handeln könne, so wolle er doch die Ent-
scheidung des Gerichtshofes abwarten. Die Mitglieder
desselben seien zwar nicht eigentlich als Richter über
eine so offenbare Bosheit, der er beinahe erlegen wäre,
gekommen, sondern nur, um Zeugen seines gerechten
Zornes zu sein, da solche Anschläge niemand, auch
keinem Fremden, gleichgiltig bleiben könnten.
3. Als der König so geredet hatte und die jungen
Leute noch nicht einmal zu ihrer Verteidigung vor-
geführt worden waren , erkannten die Beisitzer wohl,
dass er zu sehr erzürnt sei, um an Milderung seines
Grolles und Versöhnung denken zu können , und so
gaben sie ihm das Recht, seine Macht auszuüben. Zu-
nächst aber sprach Saturninus, ein ehemaliger Konsul,
der grosses Ansehen genoss, seine Meinung in sehr ge-
mässigtem Sinne aus. Er erklärte nämlich , er halte
des Herodes Söhne wohl für schuldig, wolle jedoch nicht
Go gle
Sechzehntes Buch, 1 1 . Kapitel.
429
für die Todesstrafe stimmen, weil er selbst Sohne habe
und die Strafe im Hinblick auf das, was der König
von ihnen erlitten, zu schwer sei. Dieselbe Meinung
äusserten auch die drei Söhne des Saturninus, die er
als Legaten bei sich hatte. Volumnius dagegen meinte,
solche Verbrechen gegen den eignen Vater verdienten
unbedingt die Todesstrafe. In gleicher Weise stimmten
dann auch der Reihe nach die meisten anderen, sodass
die Verurteilung der jungen Leute zum Tode sicher er-
schien. Bald darauf reiste Herodes mit seinen Söhnen
nach Tyrus ab und fragte den inzwischen aus Rom
zurückgekehrten Nikolaus , nachdem er ihm die in
Berytus stattgehabten Verhandlungen erzählt hatte, was
seine Freunde zu Rom über die beiden jungen Leute
dächten. Nikolaus entgegnete, sie hegten die Meinung,
dass zwar die Anschläge seiner Söhne fluchwürdige Ver-
brechen seien, dass es jedoch vorläufig genüge, die beiden
in strengem Gewahrsam zu halten. Scheine ihm dann
später eine strengere Strafe erforderlich, so könne er
sie immer noch mit dem Tode bestrafen, damit er nicht
den Eindruck erzeuge, als folge er mehr der Stimme
seines Jähzorns wie der seiner Vernunft. Wenn er
jedoch ein milderes Verfahren gegen sie einschlagen
wolle, so möge er sie freilassen, um nicht namenloses
Unheil heraufzubeschwören. Das sei die Ansicht der
meisten Freunde des Königs zu Rom. Herodes ver-
harrte nun eine Zeitlang in tiefem Nachdenken und
hiess dann den Nikolaus ihn begleiten.
4. Sobald er nach Caesarea kam, sprach man dort
überall von den jungen Leuten, und das ganze Reich
war in Spannung, welche Wendung ihr Geschick wohl
nehmen würde. Allseitig nämlich herrschte die Furcht,
es möchte ihnen bei dem eingewurzelten Familienstreit
der Tod drohen , und so empfand man überall das
grösste Mitleid mit ihrem Lose. Dennoch durfte niemand
ein unbesonnenes Wort sich entschlüpfen lassen, sondern
jeder musste sein Mitgefühl in sich verschliessen und
ein so schmerzliches Geschick zwar bekümmert, aber
430 Josephus’ Jüdische Altertümer.
•
schweigend mitertragen. Nur ein früherer Soldat des
Königs, Teron mit Namen, der einen mit Alexander be-
freundeten und gleich alterigen Sohn hatte, wagte frei
heraus zu sagen , was die anderen still verschwiegen,
und konnte sich nicht enthalten, zu wiederholten Malen
öffentlich auszurufen, die Wahrheit sei untergegangen
und das Recht von den Menschen gewichen , während
Lüge und Bosheit triumphierten und alles derartig in
Dunkel gehüllt sei, dass die Frevler nicht einmal das
grösste Unheil zu erkennen vermöchten, das einem Menschen
zustossen könne. Diese Freimütigkeit gefährdete nun
zwar sein Leben aufs höchste, veranlasste aber auch
bei allen billig Denkenden das Geständnis, dass er einen
für die traurigen Zeiten bemerkenswerten Mut an den
Tag lege. Deshalb hörten auch alle das, was er sagte,
mit innerer Befriedigung an, und obgleich ihr eignes
Interesse ihnen Stillschweigen zur Pflicht machte, konnten
sie doch seiner Unerschrockenheit ihren Beifall nicht
versagen. Denn die Aussicht auf ein so trauriges Ge-
schick musste ja jedem einzelnen derartige Worte auf
die Zunge legen.
5. Mutig, wie er war, begab sich Teron auch zum
Könige selbst und begehrte mit ihm unter vier Augen
zu reden. Als ihm dies gestattet wurde, sprach er:
„Ich vermag, o König, diese Seelenqual nicht länger zu
ertragen und muss daher selbst auf die Gefahr hin,
mein Leben zu verlieren, freimütig mit dir sprechen,
woraus du übrigens, wenn du auf dein Interesse bedacht
bist, nur Nutzen ziehen kannst. Bist du überhaupt noch
bei Sinnen? Und wo ist jener ausgezeichnete Geist,
mit dem du so Grosses vollbracht hast, wo sind deine
Freunde und Verwandten geblieben? Aber wären sie
auch zugegen — ich kann doch diejenigen nicht als
deine Verwandten und Freunde betrachten, die zu einer
solchen Frevelthat in diesem einst so glücklichen Reiche
ihre Zustimmung geben. Willst du denn nicht einsehen,
was du eigentlich zu thun vorhast ? Zwei mit allen
Vorzügen geschmückte junge Leute, welche eine aus
Go gle
Sechzehntes Buch, 11. Kapitel.
481
königlichem Geschlecht stammende Gattin dir geboren,
willst du morden und dich im Alter dem einen Sohne,
der die auf ihn gesetzte Hoffnung schlecht rechtfertigen
wird, und deinen Verwandten, die du selbst schon so
oft zum Tode verurteilt hast, an vertrauen? Denkst du
denn nicht daran, dass das Volk, wenn es auch schweigt,
doch deine That sieht und deinen Frevel verabscheut,
und dass das ganze Heer, besonders aber die Anführer,
die Unglücklichen bemitleiden und den Urheber ihres
Unglückes hassen?“ Anfangs hörte der König diese
Vorstellungen gelassen an ; als aber Teron so offen von
seinem Frevel und der Treulosigkeit seiner Angehörigen
sprach, geriet er in Erregung. Teron indes nahm hierauf
nicht die geringste Rücksicht und liess sich schliesslich
von seiner soldatischen Freimütigkeit so weit hinreissen,
dass Herodes wütend wurde und seine Worte nicht für
gut gemeinte Ratschläge, sondern für grobe Schmähungen
hielt. Als er daher von dem Unwillen der Soldaten
und der Entrüstung ihrer Anführer hörte, befahl er
sogleich, alle die, welche Teron genannt hatte, sowie
auch ihn selbst in Gewahrsam zu bringen.
6. Diese Gelegenheit benutzte ein gewisser Tryphon,
der Barbier des Königs , um diesem zu melden , Teron
habe ihn oft überreden wollen, den König mit dem
Schermesser zu töten, denn dadurch werde er Alexanders
Gunst erlangen und sich reichen Lohn sichern. Als er
so gesprochen , liess der König ihn festnehmen und
nebst Teron und dessen Sohn peinlich befragen. Teron
blieb trotz seiner Leiden standhaft. Als aber sein Sohn
ihn so übel zugerichtet sah, dass man an seinem Auf-
kommen verzweifeln musste , und aus seinen Qualen
entnehmen konnte, was ihm selbst bevorstand, versprach
er dem Könige, er wolle die Wahrheit bekennen , wenn
ihm die Zusicherung gegeben würde, dass man bei ihm
und seinem Vater von weiteren Folterqualen absehen
wolle. Der König gab ihm sein Wort darauf, und nun
sagte er, es sei beschlossen gewesen, dass Teron Hand
an den König lege, weil dieser ihn unter vier Augen
482
Josephus’ Jüdische Altertümer.
leicht hätte bewältigen können und damit auch noch
Alexanders Gunst errungen haben würde. Durch diese
Aussage befreite er seinen Vater von der Folterung;
doch weiss man nicht, ob er in der That die Wahrheit
gesagt oder bloss deshalb so gesprochen hat, um sich
und seinem Vater die Qualen zu ersparen.
7. Hatte nun Herodes früher wenigstens noch in
etwa gezögert, seine Söhne umbringen zu lassen, so war
jetzt jedes Bedenken aus seiner Seele verbannt, und
ohne noch einer besseren Regung Raum zu geben, eilte
er, sein Vorhaben auszuführen. Zunächst jedoch liess
er dreihundert verdächtige Offiziere, Teron und seinen
Sohn sowie deren Angeber Tryphon in öffentlicher Ver-
sammlung richten, und das Volk warf sie mit allem,
was ihm gerade in die Hände kam, zu Tode. Hierauf
wurden Alexander und Aristobulus nach Sebaste ge-
führt und dort auf Befehl ihres Vaters erdrosselt. Ihre
Leiber aber brachte man in der Nacht nach Alexandrium,
wo ihr Oheim von mütterlicher Seite und viele ihrer
Vorfahren begraben lagen.
8. Nun könnte es manchem wohl nicht besonders
auffallend erscheinen, dass der eingewurzelte Hass des
Königs sich also steigerte und schliesslich dahin gelangte,
dass er jede Regung der Natur erstickte. Mit Recht aber
muss daran gezw eifeit werden, dass die jungen Leute
ihrem Vater einen stichhaltigen Grund zum Zorn gegeben
und ihn durch ihre Bosheit zu unversöhnlichem Hasse
getrieben hätten. War etwa Herodes so hart, grausam
und herrschsüchtig, dass er niemand neben sich dulden
und nur seinen eignen Willen durchsetzen wollte?
Oder hat das Schicksal, welches mächtiger ist als die
weiseste Überlegung, hier seinen Einfluss gezeigt?
Müssen wir doch annehmen , dass die menschlichen
Handlungen durch eine gewisse Notwendigkeit vorher-
bestimmt werden, welche wir das Schicksal nennen, weil
nichts geschieht, das nicht durch sie bewirkt worden
wäre. Es dürfte, glaube ich, hinreichen, diese Ansicht
als verschieden von der zu bezeichnen, die uns selbst
Go gle
Sechzehntes Buch, 11. Kapitel.
433
einen Einfluss zuschreibt und jeden für seine eigne
Schlechtigkeit büssen lässt, wie dies auch schon vor uns
das Gesetz bestimmt hat. Es giebt aber noch zwei
andere Ursachen, aus denen man den Söhnen des
Herodes vielleicht einen Vorwurf machen könnte, nämlich
ihre jugendliche Überhebung und ihr Pochen auf die
königliche Abstammung. Diese beiden Fehler verleiteten
sie dazu, den gegen ihren Vater gerichteten Ver-
leumdungen ihr Ohr zu leihen, seine Handlungen und
seinen Lebenswandel ungerecht zu beurteilen und immer
das Schlimmste anzunehmen. Auch wussten sie ihre
Zunge nicht im Zaum zu halten und gaben dadurch
ihren Gegnern und denen, die sie beobachteten, will-
kommenen Anlass, sie bei Herodes anzuschwärzen.
Gleichwohl konnte ihr Vater keine stichhaltige Ent-
schuldigung für seine Grausamkeit beibringen, da er,
ohne sich einen sicheren Beweis von ihrer Schuld zu
verschaffen, es über sich brachte, seine eignen Kinder
zu morden, Menschen von äusserster Wohlgestalt, die
noch dazu in den Wissenschaften und Künsten wohl-
bewandert waren, mochte es sich nun um Jagd, Kriegs-
wesen oder wissenschaftliche Unterredung handeln, und
die sich auch allgemeiner Beliebtheit erfreuten. In allen
diesen Fertigkeiten nämlich zeichneten sich die beiden
und besonders Alexander in hohem Masse aus. Wollte
Herodes sie nun einmal verurteilen, so wäre es sicher
genug gewesen , sie ira Gefängnis zu halten oder aus
dem Reiche zu verbannen, besonders da die römische
Oberhoheit ihm hinreichenden Schutz gewährte, sodass
er einen plötzlichen Überfall oder offene Gewalttätig-
keit wohl nicht zu fürchten brauchte. Sie aber so
schnell und aus unbezwinglicher Leidenschaft zu morden,
was war das anders als ein Beweis anmassender Grau-
samkeit, zumal da Herodes die That beging, als er
schon in vorgerücktem Alter stand? Man kann ihn
auch nicht einmal damit entschuldigen, dass er mit der
Hinrichtung gezögert oder dieselbe aufgeschoben habe.
Denn dass jemand in der ersten Aufwallung sich zu
JoB6phus’ Jüdische Altertümer, II. 28
Go gle
434
Josephus’ Jüdische Altertümer.
grauaamen Handlungen hinreissen lässt, ist wohl
schrecklich, doch immerhin erklärlich. Wenn aber nach
reiflicher Überlegung und nach öfterem Vorgehen und
Einhalten endlich eine solche Frevelthat doch begangen
wird, so kann das nicht anders denn als Zeichen eines
blutdürstigen und durchaus verrohten Gemütes gedeutet
werden. Das bewies Herodes auch in der Folgezeit,
indem er selbst derer nicht schonte, die ihm am teuersten
waren, und wenn diese letzteren auch weniger Mitleid
verdienten, weil sie ihren Untergang selbst verschuldeten,
so war es doch jedenfalls von Herodes’ Seite dieselbe
Grausamkeit, auch sie umbringen zu lassen. Doch hier-
von später.
Go gle
Siebzehntes Buch
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 14 Jahren.
Inhalt.
1. Wie Antipater beim ganzen Volke wegen der Ermordung seiner
Brüder verhasst wurde, und wie er aus diesem Grunde seine
Gönner zu Rom sowie Saturninus, den Landpfleger von Syrien,
und dessen Beamte durch reiche Geldspenden für sich zu ge-
winnen trachtete.
2. Wie der König Herodes in der Ueberzeugung, dass die Provinz
Trachonitis wegen der häufigen Einfälle der Araber nicht zu
ruhiger Entwicklung gelangen könne, den Juden Zamaris,
welcher Babylon verlassen und sich in Antiochia angesiedelt
hatte, zu sich entbot, ihm in Trachonitis einen Wohnort an-
wies und sich seiner zur Abwehr der Araber bediente.
3. Wie Antipater, als Herodes die Söhne Alexanders und Aristo-
bulus’ an Kindesstatt angenommen und mit des Pheroras
Töchtern verlobt hatte , den Vater beredete , die Jungfrauen
• mit seinen (Antipaters) Söhnen zu verloben, und wie er dann
dem Pheroras schmeichelte, um sich seiner zu Anschlägen
gegen Herodes zu bedienen. Wie Salome, des Königs
Schwester, die Anschläge entdeckte und'heimlich ihren Bruder
verriet. Wie darauf Herodes dem Antipater untersagte,
Pheroras zu besuchen oder ihm irgend ein Geheimnis an-
zuvertrauen, und wie Antipater diesen Befehl zwar nicht
öffentlich , aber doch insgeheim Ubertrat , was sogleich zur
Kenntnis des Königs gelangte.
4 . Wie Antipater an seine Freunde in Rom schrieb , sie möchten
seinen Vater bewegen , ihn mit vielem Gelde nach Rom zum
Caesar zu schicken, was Herodes auch that.
5. Wie Antipater den Pheroras beredete, seinen Vater Herodes zu
vergiften, und ihm selbst das Gift gab. Wie Herodes seinem
Bruder Pheroras befahl , entweder seine Gattin zu verstossen
oder das Reich zu verlassen , und wie dieser das letztere
wählte, sich in seine Tetrarchie zurückzog und dort nicht
lange nachher starb.
Go gle
28 *
436
Josephus’ Jüdische Altertümer.
6. Des Pheroras Witwe wird von dessen Freigelassenen beschuldigt,
ihren Mann vergiftet zu haben. Berodes findet bei der Unter-
suchung das Gift, welches ihm von seinem Sohne Antipater
zugedacht war, und erfahrt durch Anwendung der Folter
Anti paters Ränke.
7. Antipater kehrt aus Rom zu seinem Vater zurück , wird von
Nikolaus aus Damaskus angeklagt, von seinem Vater zum
Tode verurteilt und von Quintilius Varus, dem damaligen
Statthalter von Syrien, bis zur Aburteilung durch den Caesar
ins Gefängnis gesetzt.
8. Herodes schickt eine Gesandtschaft an den Caesar in betreff
Antipaters. Wie der Caesar nach Anhörung der Klage den
Antipater zum Tode verurteilte,
9. Von des Herodes Krankheit und dem dadurch verursachten
Aufruhr. Wie die Empörer gezüchtigt wurden.
10. Wie Antipater in dem Glauben , Herodes sei gestorben , seinen
Wächter bereden wollte, ihn freizulassen, und wie er infolge-
dessen auf Befehl seines Vaters hingerichtet wurde.
11. Des Herodes Tod. Was er in seinem Testament dem Caesar
vermachte. Teilung des Reiches unter seine drei Söhne.
Archelaus zum König von Judaea ernannt.
12. Des Herodes Botschaft an das Heer; seine Freigebigkeit gegen
die Soldaten.
18. Bestattung des Herodes in der Festung Herodium. Wie das
Volk gegen seinen Sohn Archelaus an einem Feste sich em-
pörte. Wie Archelaus* dreitausend der Empörer niedermachen
liess und mit seinem Bruder Herodes nach Rom zum Caesar
reiste unter Bestellung seines Bruders Philippus zum Reichs-
verweser.
14. Wie Sabinus, der Statthalter des Caesars in Syrien, gege^ Je-
rusalem zog und unter Androhung von Gewalt von des
Archelaus Beamten die Auslieferung der Schätze des Herodes
sowie die Uebergabe der Festungen forderte. Wie des
Archelaus Beamten das Volk veranlassten , zu den Waffen
zu greifen und den Sabinus samt seiner Streitmacht in der
Antonia zu belagern, und wie Varus, als er davon Kunde
erhielt, mit grosser Macht heranrückte, den Sabinus entsetzte,
die Urheber des Aufstandes bestrafte, in Judaea Ordnung
schaffte und dem Caesar schriftlichen Bericht sandte.
15. Wie der Caesar des Herodes Testament bestätigte und seihen
Söhnen das Recht der Nachfolge zuerkannte. Vom falschen
Alexander.
16. Wie Archelaus von seinen Verwandten beim Caesar verklagt
wurde , aber obsiegte und in der Königsfrürde bestätigt
wurde. Wie er nach zehnjähriger elender Regierung aber-
mals verklagt und nach Vienna verbannt wurde, und wie der
Caesar sein Reich in eine Provinz verwandelte.
Siebzehntes Buch, 1. Kapitel.
437
Erstes Kapitel.
Antipaters Lage nach dem Tode seiner Brüder. Von den
Gattinnen und Kindern des Herodes.
1. Nachdem Antipater seine Brüder aus dem Wege
geräumt und seinen Vater erst zu unerhörter Grausam-
keit gereizt, dann aber in Gewissensqualen betreffs der
Hinrichtung gestürzt hatte, war trotzdem von der Zu-
kunft nicht viel für ihn zu erwarten. Obwohl er näm-
lich jetzt von der Furcht wegen der Mitbewerbung seiner
Brüder um die Herrschaft befreit war, merkte er doch,
dass ihm die Erlangung derselben noch viele Schwierig-
keiten bereiten würde, weil das Volk einen so tief ein-
gewurzelten Hass gegen ihn bewies. War ihm nun das
allein schon drückend genug, so flösste ihm erst recht
grosse Besorgnis das Heer ein, das sich ihm ganz und
gar feindlich gesinnt zeigte, während doch die Sicherheit
eines Herrschers, falls das Volk Empörung brütet, von
der Treue seiner Soldaten abhängt. In solche Gefahren
versetzte also den Antipater der Tod seiner Brüder.
Trotzdem regierte* er in Gemeinschaft mit seinem Vater
und unterschied sich in der That bereits gar nicht von
einem wirklichen König. Er fand jetzt bei Herodes um
so grösseres Zutrauen, als seine Handlungsweise, die
eigentlich den Tod verdient hatte, ihn noch in der
Gunst des Königs befestigte, gerade als wenn er nur
der Sicherheit des Herodes halber und nicht aus Hass
gegen ihn und seine Söhne die Anklage gegen die
letzteren erhoben hätte. Das alles versetzte ihn in Auf-
regung, besonders da es ihm schien, als biete sich die
Möglichkeit, den Herodes aus dem Wege zu räumen.
Hierdurch glaubte er verhindern zu können, dass jemand
ihn wegen seiner Handlungen zur Rechenschaft zöge;
auch wollte er es unmöglich machen, dass Herodes eine
Zufluchtsstätte oder Hilfe fände, falls er selbst offen als
Feind gegen seinen Vater auftreten würde. Hass gegen
Herodes war es, der ihn zur Verfolgung seiner Brüder
438
Josephus’ Jüdische Altertümer.
getrieben hatte, und derselbe Hass stachelte ihn auch
jetzt auf, das angefangene Werk zu vollenden. Des
Herodes Tod, überlegte er, müsse ihm die Herrschaft
sichern, ein längeres Leben desselben aber die Gefahr
heraufbeschwören, dass er, falls seine Intriguen an den
Tag kämen, an ihm einen erbitterten Feind hatte. Aus
diesem Grunde scheute er keine Kosten, um die Freunde
seines Vaters für sich zu gewinnen; ferner suchte er
durch grosse Spenden die Abneigung des Volkes zu be-
seitigen und insbesondere die Freunde in Rom sowie
den syrischen Statthalter Saturninus durch Übersendung
reicher Geschenke auf seine Seite zu bringen. Auch
hoffte er den Bruder des Saturninus sowie die Schwester
des Königs, die einen von dessen vertrautesten Freunden
geheiratet hatte, durch Geschenke sich geneigt zu
machen. Er war übrigens ein Meister in der Ver-
stellungskunst, wusste sich dadurch das volle Zutrauen
derer, die mit ihm verkehrten, zu erwerben, und verstand
es nicht minder, seinen Hass gegen die, welche er damit
traf, schlau zu verbergen. Doch gelang es ihm nicht,
seine Tante zu täuschen , die ihn schon von früher her
genugsam kannte und alle Mittel in Bereitschaft hatte,
um seiner Bosheit gehörig begegnen zu können. Aller-
dings batte Antipaters Oheim mütterlicher Seite die
Tochter der Salome geheiratet, welche früher mitAristo-
bulus vermählt gewesen war, und zwar durch Ver-
mittlung Antipaters, während die andere Tochter mit
Kallias, dem Sohne ihres jetzigen Gatten, vermählt war.
Aber diese Verwandtschaft konnte es nicht verhindern,
dass seine Bosheit durchschaut wurde, wie auch jene
frühere Verwandtschaft den Hass gegen ihn nicht aus-
zutilgen vermocht hatte. Herodes hatte seine Schwester
Salome, die gern mit dem Araber Syllaeus in eheliche
Verbindung getreten wäre, zur Heirat mit Alexas ge-
nötigt, wobei ihm die Gattin des Caesars Hilfe geleistet
hatte, indem sie Salome riet, sich diesem Vorhaben
nicht zu widersetzen, damit sie keinen offenen Bruch
mit Herodes veranlasse. Denn Herodes habe geschworen.
Go gle
Siebzehntes Buch, 1 . Kapitel,
439
er werde ihr [nie wieder zugethan sein, wenn sie sich
nicht mit Alexas vermählen wolle. Salome folgte dem
Kate der Julia, einmal weil dieselbe des Caesars Gattin
war, dann aber auch, weil sie diese Verbindung für vor-
teilhaft hielt. Um diese iZeit schickte Herodes die
Tochter des Archelaus, Alexanders Witwe, zu ihrem
Vater zurück und ersetzte ihr aus seinen Mitteln die
Aussteuer, um keinen Streit hervorzurufen.
2. Die Kinder seiner Söhne liess Herodes übrigens
mit grosser Sorgfalt erziehen. Alexander nämlich hatte
von Glaphyra zwei Söhne, und Aristobulus von Bere-
nike, der Tochter Salomes, drei Söhne und zwei Töchter
erhalten. Wenn nun seine Freunde gerade bei ihm
waren, stellte er ihnen manchmal die Kinder vor, be-
klagte das 2 Geschick seiner Söhne und drückte den
Wunsch aus, seine Enkel möchten doch vor dem
gleichen Schicksal bewahrt bleiben, vielmehr tugendhaft
und liebevoll ihm die Sorgfalt vergelten, die er auf ihre
Erziehung verwende. Als sie das gehörige Alter er-
reicht hatten , verlobte er dem älteren Sohne des
Alexander eine Tochter des Pheroras, einem Sohne des
Aristobulus aber eine Tochter! Antipaters, ferner von
Aristobulus’ Töchtern die eine mit einem Sohne des
Antipater und die andere mit seinem eignen Sohne
Herodes, den ihm die Tochter des Hohepriester i geboren
hatte. Es ist nämlich bei uns Sitte, dass ein Mann
gleichzeitig mehrere Gattinnen hat. Diese Verlobungen
schloss der König aus Mitleid mit [den Waisen und in
der Absicht, ihnen dadurch Antipaters Liebe zuzuwenden.
Antipater aber bewies den Kindern dieselbe feindselige
Gesinnung, welche er gegen seine Brüder gehegt hatte,
und die Zuneigung seines Vaters zu denselben reizte
ihn nur noch mehr auf. Denn er war überzeugt, dass
sie mächtiger als seine Brüder werden würden, besonders
da, wenn sie erwachsen wären, Archelaus seinen könig-
lichen Einfluss zu gunsten seiner Enkel aufbieten und
Pheroras, welcher Tetrarch war, die eine der beiden ver-
waisten Jungfrauen wohl als Schwiegertochter annehmen
Go gle
440
Josephus’ Jüdische Altertümer.
würde. Am meisten aber ärgerte es ihn, dass das Volk
aus Mitleid mit den Waisen und aus Hass gegen ihn
jede Gelegenheit benutzte, um die Bosheit, mit der er
seine Brüder verfolgt hatte, in helles Licht zu rücken.
Er versuchte daher, seinen Vater zur Zurücknahme der
getroffenen Anordnungen zu bewegen, indem er es ihm
als gefährlich hinstellte, dass er’ die Waisen durch An-
knüpfung jener verwandtschaftlichen Beziehungen so
mächtig werden lassen wolle. Herodes gab endlich
seinen Bitten nach und bestimmte, dass Antipater die
Tochter des AriBtobulus und Antipaters Bohn die Tochter
des Pheroras heiraten solle. In dieser Weise änderten
sich also die Verlobungen sehr gegen den Willen des
Königs.
3. Herodes selbst hatte um diese Zeit neun Gattinnen :
Zunächst Antipaters Mutter, dann die Tochter des Hohe-
priesters, von der er einen Bohn seines Namens erhalten
hatte; weiter die eine Tochter seines Bruders und die
Tochter seiner Schwester, die beide keine Kinder hatten ;
sodann eine Samariterin, die ihm zwei Söhne, Antipas
und Archelaus, sowie eine Tochter Olympias gebar.
Letztere heiratete später Joseph, den Bruderssohn des
Königs. Archelaus und Antipas wurden zu Rom bei
einem Privatmann erzogen. Eine weitere Frau des He-
rodes war Kleopatra aus Jerusalem, die Mutter von
Herodes und Philippus, welch letzterer ebenfalls zu Rom
erzogen wurde. Alsdann kam Pallas, die ihm einen
Bohn Phasael gebar, und ausserdem hatte er noch zwei
Frauen Namens Phaedra und Elpis geheiratet, von denen
er zwei Töchter, Roxane und Salome, erhielt. Von seinen
beiden älteren Töchtern, den rechten Schwestern seines
Sohnes Alexander, deren Hand Pheroras ausgeschlagen
hatte, vermählte er die eine mit seinem Schwestersohn
Antipater, die andere mit seinem Bruderssohn Phasael.
Das war des Herodes Familie.
Siebzehntes Bach, 2. Kapitel.
441
Zweites Kapitel.
Von dem babylonischen Juden Zamaris. Weitere
Ränke Antipaters gegen Herodes. Einiges von den
Pharisäern.
1. Um diese Zeit beschloss Herodes, um sich vor
den Trachonitern Ruhe zu verschaffen, inmitten ihres
Landes einen Flecken für die Juden anzulegen, der an
Grösse einer Stadt nichts nachgeben sollte, und dadurch
nicht nur sein eignes Land gegen Einfalle zu sichern,
sondern sich auch einen Stützpunkt zu schaffen, von
dem aus er den Feind, wenn nötig, überfallen könnte.
Da er nun in Erfahrung gebracht hatte, ein Jude aus
Babylonien habe mit fünfhundert berittenen Bogen-
schützen und gegen hundert seiner Verwandten den
Euphrat überschritten, sich zu Antiochia in der Nähe
der syrischen Stadt Daphne niedergelassen und von dem
damaligen syrischen Statthalter Saturninus einen Wohn-
platz, Valatha genannt, angewiesen erhalten, liess er
denselben nebst seinen Begleitern zu sich kommen und
versprach ihm, um seine Feinde wirksam abwehren zu
können, einen Landstrich in dem an Trachonitis
grenzenden Bezirk Batanaea. Diesen Landstrich wollte
er von allen Abgaben befreien und ihm denselben ohne
die sonst üblichen Entschädigungen zur steuerfreien Be-
bauung überlassen.
2. Durch diese Versprechungen liess sich der Baby-
lonier bewegen, nahm den Landstrich in Besitz und er-
baute in demselben einige Kastelle sowie einen Flecken,
dem er den Namen Bathyra gab. Wirklich diente
auch dieser Mann sowohl den Einwohnern des Landes
zum Schutz, als den Juden, die aus Babylonien
nach Jerusalem behufs Darbringung von Opfern kamen,
zur Sicherung gegen räuberische Überfalle der Tracho-
niter. Da nun in der Folge sich viele an ihn an-
schlossen und namentlich solche, die treu am jüdischen
Gesetz hingen, w 7 urde die Gegend bald sehr bevölkert,
Go gle
442
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zumal sie ausser Sicherheit auch noch völlige Steuer-
freiheit gewährte, wenigstens zu Lebzeiten des Herodes.
Sein Sohn und Nachfolger Philippus erhob für kurze
Zeit unbedeutende Abgaben, während Agrippa der Grosse
und dessen gleichnamiger Sohn den Landstrich hart be-
drückten, ohne ihm jedoch etwas von seinen Freiheiten
zu nehmen. Als die Römer zur Herrschaft gelangt
waren , Hessen sie den Bewohnern zwar auch ihre
sonstigen Rechte, legten ihnen aber ungeheure Steuern
auf, worüber ich an gehörigem Orte noch ausführlicher
sprechen werde.
3. Als Zamaris (so hiess der Babylonier) nach einem
Leben voll Ruhm starb, hinterliess er ausgezeichnete
Söhne, unter anderen auch den Jakim, der durch seine
Tapferkeit berühmt wurde und seine Babylonier vor-
nehmlich im Reiterdienst auebildete, sodass die genannten
Könige stets eine Abteilung von ihnen als Leibwache
hielten. Als Jakim in hohem Alter starb, folgte ihm
sein Sohn Philippus, ein wegen seiner Thatkraft und
sonstigen Tüchtigkeit ganz besonders erwähnenswerter
Fürst. Deshalb erwies ihm der König Agrippa treue
Freundschaft und beständiges Wohlwollen, und so viele
Soldaten der König auch halten mochte, Philippus
musste dieselben stets im Kriegsdienst unterweisen und
sie bei allen Feldzügen anführen.
4. Um aber wieder zu Herodes zurückzukehren, so
war die Lage an seinem Hofe die, dass Antipater alle
Macht in Händen hatte, und zwar mit Bewilligung
des Königs, der auf seine Anhänglichkeit und Treue
baute. Da nun Antipater seinen wahren Charakter ge-
schickt zu verbergen wusste und bei Herodes leicht
Glauben fand, so dachte er ernstlich an die Erweiterung
seiner Macht. Bald war er überall ein Gegenstand des
Schreckens, nicht so sehr durch die Grösse seines Ein-
flusses, als vielmehr durch seine ränkevolle Bosheit, und
besonders war es Pheroras, der ihm schmeichelte, so wie
er diesem gegenüber ebenfalls ein äusserst freundliches
Wesen zur Schau trug, während er ihn durch die Frauen
Siebzehntes Buch, 2. Kapitel.
443
in ein schlau gelegtes Netz verstrickte. Pheroras stand
unter dem Einflüsse seiner Gattin, seiner Schwiegermutter
und seiner Schwägerin. Obgleich ihm diese Frauen
wegen des Unrechtes, das sie seinen unverheirateten
Töchtern zugefügt hatten, im Grunde höchst verhasst
waren, so liess er sich doch von ihnen leiten und ver-
mochte nichts ohne sie zu thun, da sie ihn ganz in
ihrem Banne hatten und untereinander völlig einver-
standen waren. Infolgedessen aber ward auch Antipater
von ihnen beherrscht, teils durch seine eigne Schuld,
teils seiner Mutter zuliebe, die, wie man sagte, im stillen
zu den Frauen hielt. In der Folge entstand zwischen
Pheroras und Antipater scheinbarer Streit, und zwar
verhielt sich die Sache also. Die Schwester des Königs
hatte ihr Einverständnis längst durchschaut, und da sie
darin nichts Gutes für Herodes witterte, säumte sie
nicht, dasselbe anzuzeigen. Als die beiden nun einsahen,
dass ihr Zusammenhalten das Missfallen des Königs
erregte, beschlossen sie, öffentlich sich entzweit zu stellen,
besonders in Gegenwart des Herodes oder eines Höflings,
der ihm davon Mitteilung machen könnte, insgeheim
jedoch um so fester sich aneinander anzuschliessen, was
sie denn auch thaten. Der Salome aber blieb weder
diese ihre Absicht noch ihre eigentliche Gesinnung ver-
borgen. Vielmehr wusste sie alles zu erspähen und mit
grösster Übertreibung ihrem Bruder von geheimen Zu-
sammenkünften, Trinkgelagen und versteckten An-
schlägen zu berichten, die, wie sie sagte, gewiss nicht
die Öffentlichkeit zu scheuen hätten, wenn sie nicht
seinen Untergang bezweckten. Denn öffentlich stellten
sich die beiden entzweit und wüssten nicht genug
Schmähungen gegeneinander zu häufen, während sie,
sobald sie sich allein wüssten, gemeinschaftlich in bester
Freundschaft Pläne gegen die schmiedeten, denen sie
ihr Einvernehmen zu verhehlen bemüht seien. So er-
fuhr Salome alles und hinterbrachte es bei erster Ge-
legenheit ihrem Bruder, der auch selbst wohl manches
gemerkt hatte, aber noch nichts zu unternehmen wagte,
444
Josephns’ Jüdische Altertümer.
weil er den Reden seiner Schwester nicht so ganz traute.
Unter den Juden nun gab es eine Sekte, deren An-
gehörige sich auf genaue Kenntnis des Gesetzes etwas
zu gut thaten, sich für besondere Lieblinge Gottes aus-
gaben und jene Frauen auf ihre Seite gezogen hatten.
Das waren die Pharisäer, welche den Königen gegen-
über hartnäckigen Widerstand an den Tag legten und
ebenso verschlagen wie zu offenem Kampfe bereit waren.
Als das ganze jüdische Volk dem Caesar und seinem
König Treue schwur, hatten sie, an Zahl über sechs-
tausend, sich dessen geweigert, und als sie deshalb von
Herodes mit einer Geldstrafe belegt worden waren, be-
zahlte des Pheroras Gattin dieselbe für sie. Aus Er-
kenntlichkeit für diesen Dienst sagten sie, weil sie im
Rufe standen, göttliche Weissagungsgabe zu besitzen,
ihr voraus, Herodes und dessen Nachkommen würden
nach Gottes Ratschluss die Herrschaft verlieren , die
dann an sie, Pheroras und ihre Kinder fallen werde.
Auch das blieb Salome nicht verborgen, und sie meldete
es dem Könige mit dem Zusatz, einige seiner Höflinge
seien schon bestochen. Der König liess daher die am
meisten blossgestellten Pharisäer sowie den Verschnittenen
Bagoas und seinen Pagen Carus, der zu jener Zeit für
den schönsten Jüngling galt, hinrichten. Desgleichen
wurden aus seiner Dienerschaft alle diejenigen um-
gebracht, die den Reden der Pharisäer Glauben geschenkt
hatten. Die letzteren hatten auch den Bagoas übermütig
gemacht durch die Vorspiegelung, er werde der Vater
und Wohlthäter dessen heissen, der nach ihrer Ver-
kündigung zum König bestimmt sei. Dieser König werde
alles unter seine Gewalt bringen, und Bagoas werde
die Fähigkeit wiedererlangen, mit einem Weibe zu ver-
kehren und Kinder zu zeugen.
Go gle
Siebzehntes Buch, 3. Kapitel.
445
Dritte s Kapitel.
Feindschaft zwischen Herodes und Pheroras.
Wie Herodes den Antipater nach Rom zum Caesar schickte.
Des Pheroras Tod.
1. Nachdem nun Herodes die schuldig befundenen
Pharisäer hatte hinrichten lassen, berief er seine Freunde
zusammen und erhob Klage gegen des Pheroras Gattin:
ihrem Übermut legte er die den Jungfrauen zugefügten
Beleidigungen zur Last und erklärte, dass er selbst
durch diese Schmach mitbeleidigt sei. Sie stifte, sagte
er, Streit zwischen ihm und seinem Bruder und errege
mit Wort und That Feindschaft zwischen ihnen; sie sei
es auch, die die Geldstrafe für die Pharisäer bezahlt
habe, und stecke überhaupt hinter allem, was am Hofe
vor sich gehe. Pheroras werde daher gut daran thun,
wenn er freiwillig, ohne erst eine diesbezügliche Auf-
forderung abzuwarten, sich von einem Weibe lossage,
die nur Zwietracht zwischen ihnen zu säen trachte.
„Wenn du also,“ fuhr er fort, „noch auf ein brüderlich
liebevolles Verhältnis Anspruch erhebst, so musst du
dieses Weib verstossen. Denn nur unter dieser Be-
dingung kannst du in Wahrheit mein Bruder bleiben
und auf meine Zuneigung rechnen.“ Pheroras ward
durch diese kräftig gesprochenen Worte erschüttert, ent-
gegnete aber , er werde weder aufhören , des Königs
Bruder zu sein, noch auf die Liebe seiner Gattin ver-
zichten, und lieber wolle er sterben, als ohne seine ihm so
teure Frau leben. Obwohl nun Herodes durch diese
Erklärung schwer beleidigt war, unterdrückte er doch
seinen Zorn gegen Pheroras, verbot aber dem Antipater
und dessen Mutter, mit Pheroras zu sprechen oder eine
Zusammenkunft der Frauen zu dulden. Das versprachen
nun freilich beide; nichtsdestoweniger aber kamen Anti-
pater und Pheroras auch fernerhin zu Schmausereien
und Gelagen znsammen. Es ging sogar das Gerücht,
Antipater unterhalte unerlaubte Beziehungen zu Pheroras*
Gattin, und Antipaters Mutter spiele dabei die Kupplerin.
Go gle
446
Josephus’ Jüdische Altertümer.
2. Da Antipater indes vor seinem Vater auf der Hut
sein musste und seinen Groll nicht noch mehr reizen
durfte, schrieb er an seine Freunde in Rom und ersuchte
sie, dem Herodes mitzuteilen, dass er seinen Sohn Anti-
pater möglichst bald zum Caesar schicken müsse. Das
geschah denn auch, und so sandte Herodes den Anti-
pater mit reichen Geschenken und seinem Testamente
ab, in welchem er festgesetzt hatte, dass nach seinem
Tode Antipater, falls dieser aber vor ihm sterben würde,
sein Sohn Herodes, den ihm die Hohepriesterstochter
geboren hatte, den Thron besteigen sollte. Zur selben
Zeit wie Antipater nun kam auch der Araber Syllaeus
nach Rom, ohne etwas von dem gethan zu haben, was
ihm vom Caesar befohlen worden war, und so klagte ihn
Antipater bei Augustus derselben Vergehen an, die ihm
früher schon Nikolaus zur Last gelegt hatte. Auch
Aretas hatte gegen Syllaeus die Klage erhoben, er habe
ohne seine Einwilligung in Petra viele der vornehmsten
Männer und besonders den wegen seiner Tüchtigkeit
hochgeachteten Soemus sowie Fabatus, den Diener des
Caesars, umbringen lassen. Die letztere Anklage
gründete sich auf folgende Thatsachen. Herodes hatte
einen Leibwächter mit Namen Korinthus, dem er das
höchste Zutrauen schenkte. Dieser Leibwächter war von
Syllaeus mit vielem Gelde bestochen worden, den He-
rodes zu töten, und hatte auch eine diesbezügliche Zu-
sage gemacht. Nun erhielt aber Fabatus durch Syllaeus
selbst Kenntnis von dem Mordanschlage und machte
dem Könige Meldung. Herodes liess darauf den Korin-
thus festnehmen und erpresste auf der Folter von ihm
das Geständnis des beabsichtigten Verbrechens. Auf die
Angaben des Korinthus hin wurden dann auch noch
zwei andere Araber gefänglich eingezogen, von denen
der eine ein Stammeshäuptling, der andere ein besonderer
Freund des Syllaeus war. Diese beiden gestanden auf
der Folter ebenfalls dem König, sie seien gekommen,
um demKorinthu8 zuzusprechen, er solle sich nicht ent-
mutigen lassen, und um ihm nötigenfalls bei dem Morde
Siebzehntes Buch, 4. Kapitel.
447
behilflich zu sein. Das alles zeigte Herodes dem Satur-
ninus an, der die Verschworenen nach Rom bringen liess.
3. Da unterdessen Pheroras bei der Anhänglichkeit
an seine Gattin verharrte, befahl ihm Herodes, er solle
sich in sein Land begeben. Pheroras schwur darauf
hoch und teuer, er werde nicht eher zurückkehren, als
bis er von des Herodes Tod in Kenntnis gesetzt sei, und
zog sich alsdann bereitwillig in seine Tetrarchie zurück.
Treu seinem Eide weigerte er sich sogar, zu Herodes zu
reisen, als dieser ihn während einer Krankheit zu sich
bitten liess, um ihm einen geheimen Auftrag anzuver-
trauen. Dieses Benehmen vergalt jedoch Herodes nicht,
sondern begab sich milderen Sinnes und ungerufen, als
Pheroras krank wurde, zu diesem, um ihm einen Besuch
abzustatten. Als nun Pheroras gestorben war, liess
Herodes ihn auf bahren, nach Jerusalem überführen, dort
feierlich beisetzen und schrieb eine allgemeine Trauer
für ihn aus. Mit diesem Todesfall nahm auch das Ge-
schick Antipaters trotz seiner Reise nach Rom eine un-
günstige Wendung, und Gott strafte ihn jetzt für den
Brudermord. Doch ich will diese ganze Geschichte aus-
führlicher darlegen und damit den kommenden Ge-
schlechtern den Beweis liefern, dass in allen Lebens-
lagen dip Tugend allein den Sieg behält.
Viertes Kapitel.
Herodes entdeckt Antipaters Anschläge.
1. Nach der Beisetzung des Pheroras begaben sich
zwei seiner Freigelassenen, denen er besonders zugethan
gewesen war, zu Herodes und baten ihn, er möge doch
den Tod seines Bruders nicht ungerächt lassen, sondern
über sein trauriges Ende eine Untersuchung anstellen.
Diese Worte, die den Stempel der Wahrheit an sich
trugen, machten den König aufmerksam, und die Frei-
gelassenen berichteten ihm nun, Pheroras habe am Tage
448 Josephus’ Jüdische Altertümer.
vor seiner Erkrankung bei seiner Gattin gespeist. Hier
sei ihm in einem unbekannten Gerichte Gift beigebracht
worden, welches seinen Tod herbeigeführt habe. Dieses
Gift sei von einem Weibe aus Arabien gekommen, an-
geblich um als Liebestrank verwendet zu werden, in
Wahrheit aber, um Pheroras damit aus dem Wege zu
räumen. Die arabischen Weiber sind als Giftmischerinnen
bekannt, und von derjenigen, auf die sich jetzt der Ver-
dacht lenkte, stand es fest, dass sie mit einer Freundin
des Syllaeus vertrauten Verkehr pflog, wie auch, dass
die Mutter und Schwester der Gattin des Pheroras zum
Ankauf des Giftes zu ihr gereist und am Tage vor
jenem Mahle mit ihr zurückgekommen waren. Über diese
Anzeige aufs höchste ergrimmt, unterwarf der König die
Sklavinnen jener Frauen und einige Freigelassene der
Folter, konnte aber zunächst nichts ermitteln, weil keine
der Gefolterten etwas bekannte, bis endlich eine von
ihnen im Übermass ihrer Qual ausrief, sie bitte Gott, er
möge solche Qualen über die Mutter Antipaters ver-
hängen, die an all jenem Unglücke schuld sei. Diese
Aussage veranlasste den Herodes, die Folterung ver-
schärfen zu lassen, bis er endlich alles erfuhr, die Ge-
lage und geheimen Zusammenkünfte, den Verrat wichtiger
Geheimnisse, die er Antipater anvertraut hatte, an des
Pheroras Weiber (unter anderem hatte Antipater für die
Zusage, nicht mehr mit Pheroras sprechen zu wollen,
hundert Talente von Herodes erhalten), Antipaters Hass
gegen seinen Vater, dessen Klagen bei seiner Mutter
über des Herodes langes Leben, während er selbst altere
und sich seiner einstigen Herrschaft nicht recht werde
erfreuen können. Sodann habe Antipater sich darüber
beschwert, dass noch so viele Brüder und Bruderssöhne
gleich ihm in der Hoffnung auf die Thronfolge erzogen
würden, und dass deswegen seine Aussichten sehr zweifel-
haft seien; sei doch sogar jetzt schon für den Fall, dass
ihm etwas Menschliches zustosse, sein Bruder und nicht
sein Sohn von Herodes zum Nachfolger bestimmt. Des
weiteren habe Antipater sich über die furchtbare Grau-
Go gle
Siebzehntes Buch, 4. Kapitel.
' 449
samkeit des Königs und die Hinrichtung der beiden
Prinzen sehr missliebig geäussert und erklärt, dass nur
•die Furcht vor einem gleichen Schicksal ihn selbst nach
Rom und den Pheroras in seine Tetrarchie getrieben
habe.
2. Das alles stimmte mit den Aussagen der Schwester
•des Königs überein, und um jeden Zweifel, zu beheben,
kamen noch manche Gründe hinzu. Für Antipaters
Bosheit stellte nun der König zunächst dessen Mutter
Doris zur Rede, nahm ihr den ganzen Schmuok ab,
<ler einen Wert von vielen Talenten darstellte, entliess
43ie dann und söhnte sich mit des Pheroras Frauen
wieder aus. Den Zorn des Königs gegen Antipater ent-
flammte aber aufs höchste der Samaritaner. Antipater,
der Verwalter seines gleichnamigen Sohnes, der auf
-der Folter unter anderem aussagte, Antipater habe sich
^in todbringendes Gift verschafft, dasselbe dem Pheroras
gegeben und ihm aufgetragen, es während seiner Ab-
wesenheit dem Könige beizubringen, da dann am
wenigsten Verdacht auf ihn fallen könne. Dieses Gift
habe Antiphilus, einer der Freunde Antipaters, aus
Aegypten mitgebracht, worauf es von Theudion, dem
Oheim Antipaters von mütterlicher Seite, an Pheroras
geschickt worden sei, und so habe es des Pheroras Gattin
in die Hände bekommen, der es von ihrem Manne zur
Aufbewahrung übergeben worden sei. Auf die Frage des
Königs gestand die Gattin des Pheroras das ein, eilte
dann, angeblich um das Gift zu holen, hinaus und stürzte
eich vom Dache hinab, blieb jedoch am Leben, da sie
auf die Füsse fiel. Als sie nun wieder zu sich gekommen
war, sicherte der König ihr und allen ihren Angehörigen
Verzeihung zu, wenn sie ihm die volle Wahrheit gestehe,
während er ihr die äussersten Qualen androhte, falls sie
etwas zu verschweigen suche. Darauf versprach sie eid-
lich, alles der Wahrheit gemäss zu berichten, und, wie
man allgemein glaubt, hat sie auch thatsächlich die
Wahrheit gesagt, als sie bekannte: „Das Gift ist aus
Aegypten von Antiphilus geholt worden, der es von seinem
Josepbus 1 Jüdische AltortUmer, II. 29
Go gle
450
Josephus’ Jttdische Altertümer.
Bruder,, einem Arzte, erhalten hat. Dann brachte e»
Theudion zu uns, und ich erhielt es von meinem Gatten
zur Aufbewahrung, weil Antipater es für dich in Bereit-
schaft haben wollte. Als nun Pheroras krank wurde-
und sich bei Gelegenheit deines Besuches von deiner
freundlichen Gesinnung überzeugte, verlor er den Mut*
liess mich rufen und sprach zu mir: Liebes Weib, Anti-
pater hat mich umgarnt, als er mich zur Ermordung
seines Vaters und meines Bruders beschwätzte und mir
das Gift gab, welches diesem Zwecke dienen sollte. Da
nun mein Bruder mir den klaren Beweis geliefert hat,,
dass er noch dieselbe gute Gesinnung wie früher gegen
mich hegt, und ich nicht mehr lange zu leben habe, so
will ich das Andenken meiner Vorfahren nicht durch
einen Brudermord schänden. Bringe daher das Gift herbei
und ^verbrenne es vor meinen [Augen. Diesem Befehl
folgte ich sogleich und holte das Gift herbei, goss den
grössten Teil desselben ins Feuer und liess nur etwa»
davon übrig, um, falls ich nach meines Gatten Tode
von dir eine harte Behandlung erfahren würde, meinem»
Leben und meiner Not zugleich damit ein Ende zu machen.“
Nach diesen Worten brachte sie die Büchse mit dem Gift
herbei. Des Antiphilus anderer Bruder und seine Mutter
sagten auf der Folter dasselbe aus und erkannten die-
Giftbüchse an. Nun wurde auch die Tochter des Hohe-
priesters, die mit dem Könige vermählt war, beschuldigt,
dass sie um alles gewusst, aber die Bache verheimlicht
habe. Aus diesem Grunde verstiess Herodes sie und
tilgte den Namen ihres Sohnes in seinem Testamente
aus, das denselben zum Thronfolger bestimmte. Dann
entsetzte er seinen Schwiegervater Simon, den Sohn des
Boethos, der hohepriesterlichen Würde und verlieh die-
selbe einem Bürger von Jerusalem, Matthias, dem Sohne
des Theopbilus.
3. Unterdessen kam von Rom Antipaters Freigelassener
Bathyllus an, und als derselbe in Untersuchung gezogen
wurde, stellte es sich heraus, dass er Antipaters Mutter und
Pheroras Gift überbringen sollte, womit sie den König,
Go gle
Siebzehntes Buch, 5. Kapitel.
451
falls das frühere bei ihm nicht gewirkt habe, sicher aus
dem Wege räumen könnten. Zugleich' erhielt Herodes
auch Briefe von seinen Freunden in Rom, worin auf
Antipaters Anstiften Archelaus und Philippus beschuldigt
wurden, als ob sie wegen der Hinrichtung Alexanders
und Aristobulus’ ihrem Abscheu} gegen den Vater und
ihrem Mitleid mit den Brüdern Ausdruck verliehen und
befürchtet hätten, sie würden aus keiner anderen Ursache
zurückberufen, als um in gleicherweise beiseite geschafft
zu werden. Dass seine Freunde sich zu dieser Verleum-
dung herbeigelassen hatten, war von Antipater durch
grosse Geldgeschenke bewirkt worden. Auch er selbst
beschuldigte übrigens in einem Briefe seine] Brüder auf
heftigste, entschuldigte sie aber zugleich damit, {dass sie
noch jung seien und dass man ihre Worte ihrem Alter
zugut halten müsse. Inzwischen führte er den Prozess
gegen Syllaeus weiter und suchte die vornehmen Römer
auf seine Seite zu ziehen, indem er sich mit einer prunk-
vollen Ausstattung im Werte von zweihundert Talenten
umgab. Auffallend war es jedoch, dass er von dem,
was nun schon seit sieben Monaten gegen ihn in Judaea
angezettelt wurde, auch nicht die leiseste Ahnung hatte.
Das war aber die Folge der scharfen Aufsicht, die auf
allen Wegen geführt wurde, sowie der allgemeinen Ab-
neigung gegen Antipater. Denn niemand hatte Lust, für
Antipaters Sicherheit zu sorgen und dagegen sein eigenes
Leben in die Schanze zu schlagen.
Fünftes Kapitel.
Antipater kehrt zu seinem Vater zurück, wird von ihm
zum Tode verurteilt und von Quintilius Varus , |dem
Statthalter Syriens, eingekerkert, bis der Caesar über
ihn entschieden habe.
1. Als nun Antipater an Herodes geschrieben hatte,
er werde, da er alles aufs beste erledigt habe, nunmehr
in kurzem zurückkehren, liess Herodes nichts von seinem
29 *
452
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Zorn merken und schrieb zur Antwort, er solle nur un-
verzüglich abreisen, damit nicht etwa ihm, seinem Vater,
während seiner Abwesenheit Schlimmes zustosse. Zugleich
berührte er leichthin die gegen Antipaters Mutter er-
hobene Anklage und versprach ihm, nach seiner Rück-
kehr von dieser Anklage keinen Vermerk mehr zu nehmen.
Kurz, Herodes heuchelte die liebevollste Sorgfalt, damit
Antipater keinen Verdacht schöpfe und die Rückreise
nicht aufgebe, weil dann zu befürchten stand, er werde
von Rom aus seinem Vater Nachstellungen bereiten und
auf Umwälzung hinarbeiten. Diesen Brief erhielt Anti-
pater in Cilicien, nachdem er schon vorher in Tarent
des Pheroras Tod erfahren hatte. Die letztere Nachricht
schmerzte ihn sehr, aber nicht deshalb, weil er Pheroras
besonders zugethan gewesen wäre, sondern weil derselbe
nicht, wie er versprochen, vor seinem Tode den Herodes
ermordet hatte. Als er nun zu Kelenderis in Cilicien
angelangt war, trug er Bedenken, in sein Vaterland
zurückzukehren, da die Verstossung seiner Mutter ihn
stutzig gemacht hatte. Von seinen Freunden rieten ihm
die einen, den Ausgang der Dinge anderswo abzuwarten,
die anderen dagegen , un verweilt die Heimreise anzutreten,
weil er in eigener Person alle Beschuldigungen wider-
legen könne, während seine Abwesenheit nur den Mut
seiner Verleumder stärke. Der lezteren Vorstellung gab
er recht, fuhr also weiter und landete im Hafen
Sebastos 1 , den Herodes mit grossen Kosten angelegt
und dem Augustus zu Ehren so genannt hatte. Hier
konnte Antipater schon merken, was ihn erwartete, da
niemand ihm entgegenkam oder ihn begrüsste, während
bei seiner Abreise allgemeine Segenswünsche ihn begleitet
hatten. Jetzt dagegen stiess das Volk ungehindert Ver-
wünschungen gegen ihn aus, weil es überzeugt war, er
werde für die Ermordung seiner Brüder büssen müssen.
2. Zu dieser Zeit befand sich gerade Quin tilius Varus 2 ,
1 Dem Hafen von Caesarea.
Derselbe, der im Jahre 9 n. dir. von Armiuius im Teutoburger
Walde besiegt wurde.
Siebzehntes Bach, 5. Kapitel.
453
der Nachfolger des Saturninus in der Verwaltung Syriens 1 ,
in Jerusalem, wohin er auf Herodes’ Bitte zur Besprechung
über die gegenwärtige Lage gekommen war. Während
beide Beratung abhielten, langte Antipater an, ohne
nähere Kenntnis von den Vorgängen zu haben, und be-
trat im Purpurgewande den Palast. Die Pförtner liessen
nun zwar ihn selbst ein, nicht aber seine Freunde.
Darüber entsank ihm der Mut, und er sah nun ein,
wohin es mit ihm gekommen war, besonders als sein
Vater, auf den er zur Begrüssung zuschritt, ihn zurück-
wies, ihm die Ermordung seiner Brüder sowie den Anschlag
gegen das Leben seines Vaters vorwarf und ihm an-
kündigte, Varus werde am folgenden Tage über die
ganze Angelegenheit entscheiden. Von diesem ge-
waltigen Schlage erschüttert, ging Antipater wie geistes-
abwesend weg und traf seine Mutter, die Tochter von
Herodes’ Vorgänger Antigon us, sowie seine Gattin, die
ihm entgegenkamen und ihm alles mitteilten, was vor-
gefallen war, worauf er sich zur Verteidigung vor-
bereitete.
3. Am folgenden Tage setzten sich Varus, der König,
ihre beiderseitigen Räte und die Verwandten des Königs
zu Gericht.. Geladen waren ausserdem die Schwester des
Königs, Salome, alle, die eine Beschuldigung vorzubringen,
und die, welche auf der Folter Geständnisse gemacht
hatten, sowie die Diener von Antipaters Mutter, die kurz
vor seiner Ankunft verhaftet worden waren. Bei den
letzteren; war ein Brief gefunden worden, dessen Haupt-*
inhalt dahin lautete, Antipater möge nicht heimkehren,
da sein Vater um alles wisse und ihm nur noch die
Zuflucht beim Caesar übrig bleibe, wenn er nicht in die
Hände seines Vaters fallen wolle. Antipater warf sich
gleich zu Beginn der Verhandlung seinem Vater zu Füssen
und bat ihn, er möge ihn doch nicht auf eine vorgefasste
Meinung hin verurteilen, sondern ihm geneigtes Gehör
schenken, da er sich völlig rechtfertigen könne. Herodes
-N
1 Er trat dieses Amt im Jahre 4 v. Chr. an.
Go gle
454
Josephus’ Jüdische Altertümer.
aber befahl, ihn in die Mitte zu stellen, und brach in
Klagen über seine Kinder aus, von denen er schon so
viel gelitten, noch ehe Antipaters Ruchlosigkeit seine
alten Tage verbittert habe. Dann erwähnte er, wie grosse
Sorgfalt er auf ihre Erziehung und Bildung verwendet
und welche Schätze er ihnen jederzeit, so oft sie dies
gewünscht, habe jzukommen lassen. Dafür sei ihm der
Dank zuteil geworden, dass sie ihm nach dem Leben
trachteten und die Herrschaften Besitz zu nehmen strebten,
noch ehe das Schicksal oder das Gesetz oder der Wille
ihres Vaters ihnen dies ermöglichten. Es sei unbegreif-
lich, bis zu welchem Grade von Überhebung und Frevel-
mut Antipater sich habe hinreissen lassen. Als Nach-
folger auf dem Throne sei er doch durch testamentarische
Bestimmung schon bezeichnet worden, und auch jetzt
bei Lebzeiten seines Vaters stehe [er diesem weder an
glanzvollem Range noch an Macht nach, da er fünfzig
Talente jährlicher Einkünfte und bei seiner Abreise nach
Rom noch ausserdem dreihundert Talente Reisegeld an-
gewiesen erhalten habe. Dann warf er ihm vor, dass er
seine Brüder angeschwärzt habe, denen er, wenn sie
wirklich so schlecht gewesen wären, an Ruchlosigkeit
jetzt nichts nachgebe, die er aber, wenn sie unschuldig
gewesen, sich nicht gescheut habe zu verleumden, obwohl
sie ihm nahe verwandt gewesen seien. Er habe ja alles,
was ihm über dieselben bekannt geworden, nur aus
Antipaters Mund vernommen, und das, was er über sie
Verhängt habe, nur auf sein Anstiften gethan. Er müsse
aber jetzt die beiden von aller Schuld freisprechen,
nachdem Antipater als der eigentliche Vatermörder sich
herausgestellt habe.
4. Hier vermochte Herodes vor Thränen nicht weiter
zu reden. Er bat (daher den Nikolaus von Damaskus,
der als sein Freund und beständiger Gefährte von den
meisten seiner Handlungen Kenntnis hatte, fortzufahren
und alles übrige hervorzuheben, was (sich auf Schuld
und Unschuld bezog. Alsdann wandte sich Antipater,
um sich zu verteidigen, an seinen Vater, ging alle Be-
Siebzehntes Buch, 5. Kapitel. 455
■weise von Wohlwollen durch, die Herodes ihm hatte
-zukommen lassen, und zählte namentlich die Auszeich-
nungen her, die, wie er sagte, ihm sicher nie zuteil
.geworden wären, wenn er sie nicht durch sein gutes
Verhalten verdient hätte. Was zu besorgen gewesen,
&abe er aufmerksam besorgt, und wo sein thatkräftiges
Einschreiten nötig geworden, habe er sich alle Mühe ge-
geben, zu helfen. Es sei doch nicht anzunehmen, dass
jemand, der seinen Vater aus fremden Nachstellungen
«errettet habe, ihm nun nach dem Leben trachte und den
bei der Rettung bewiesenen Edelmut durch die Ruch-
losigkeit einer solchen That verdunkle. Dazu komme
noch, dass er ja schon längst ohne Widerspruch zum
Thronfolger ernannt worden und in den Genuss der
Ehren getreten sei, deren er sich jetzt erfreue. Kaum
«lenkbar sei es ferner, dass jemand, der schon im sicheren
und rühmlichen Besitz der Hälfte sei, mit sträflichem
Ehrgeiz nach dem Ganzen strebe, dessen Erringung
zweifelhaft sei; besonders könne man das von ihm des-
halb nicht annehmen, weil er Zeuge des traurigen Schick-
sals seiner Brüder] gewesen, gegen die er, daj sie sich
nun einmal verfehlt hätten , selbst als Ankläger und
nach ihrer Verurteilung als Vollstrecker des Todesurteils
aufgetreten sei. Diese Störungen der häuslichen Eintracht
seien der beste Beweis dafür, wie treu und ergeben er
sich stets gegen seinen Vater benommen habe. Was
aber sein Betragen in Rom betreffe, so dürfe er dafür
«las Zeugnis des Caesars anrufen, den man ebensowenig
wie Gott selbst betrügen und hintergehen könne. Lägen
«doch Briefe von ihm vor, denen man jedenfalls ein grösseres
Gewicht beilegen müsse als den verleumderischen Aus-
sagen schlechter Menschen, die nur auf Erregung von
XJnruhen und Streitigkeiten bedacht seien und infolge
seiner Abwesenheit reiche Gelegenheit gefunden hätten,
ihre Ränke zu schmieden, was sie während seiner An-
wesenheit niemals vermocht hätten. Alsdann sprach er
noch gegen die Anwendung der Folter, wodurch die
Menschen gezwungen würden , alles zu gestehen, was die
456 Josephus’ Jüdische Altertümer.
Machthaber hören wollten. Gleichwohl, erklärte er, sei
er bereit, sich der Folterung zu unterziehen.
5. Diese Worte brachten eine gewaltige Veränderung-
bei den Versammelten hervor. Allseitig hatte man Mit-
leid mit Antipater, dessen Antlitz Thränen überströmten,,
sodass selbst seine Gegner weich wurden. Auch Herodee
vermochte, so sehr er sich Mühe gab, seine Rührung nicht
zu verbergen. Nikolaus aber führte nun die vom König^
begonnene Rede weiter, brachte alle Beweise vor, weiche-
geeignet waren, die Anklage zu stützen und teils durch
die Folter, teils durch anderweitige Zeugenaussagen er-
härtet waren, und erwähnte besonders des Königs Sorg-
falt bei der Erziehung seiner Kinder, für die er jetzt
nicht nur keinen Lohn erhalten habe, sondern aus einem
Unglück ins andere geraten sei. Er wundere sich, sagte
er, nicht so sehr über die Verwegenheit der beiden schon
bestraften Söhne, da sie durch ihre Jugend und durch
schlechte Ratgeber dazu verleitet worden seien, die
Rechte der Natur zu missachten und voreilig nach der
Herrschaft zu [streben. Dagegen setze ihn Antipaters
Ruchlosigkeit geradezu in Erstaunen, der bei den grössten
Wohlthaten seines Vaters unempfindlich geblieben sei,,
während doch selbst das wildeste Tier gegen seinen Wohl-
thäter sich freundlich erweise, und den nicht einmal da»
traurige Los seiner Brüder von einem ähnlichen Verbrechen
abgeschreckt habe. „Du bist es gewesen, Antipater,“ fuhr
er fort, „der die Pläne seiner Brüder zuerst zur Anzeige
gebracht hat, du hast die Beweismittel gegen sie zu-
sammengetragen und nach Fällung des Urteils ihre
Hinrichtung betrieben. Wenn wir dir nun auch gerade
daraus keinen Vorwurf machen wollen, dass dein Has»
gegen sie so unersättlich gewesen ist, so müssen wir uns
doch über dich wundern, dass du nun auf einmal in
ihre Fussstapfen getreten bist, und wir können jetzt er-
messen, dass du damals nicht das Wohl deines Vaters,
sondern lediglich das Verderben deiner Brüder im Auge
hattest und durch die Verfolgung ihrer Bosheit nur
deshalb den Schein eines liebenden Sohnes erwecken
Siebzehntes Buch, 5. Kapitel.
457
wolltest, um desto verwegener und thatkräftiger gegen
den Vater Vorgehen zu können, wie das jetzt klar zu
Tage liegt. Auch hast du deine Brüder auf Grund der
von dir erhobenen Beschuldigungen aus dem Wege ge-
räumt, ohne Mitwisser und Helfer anzugeben, sodasa
die allgemeine Überzeugung dahin geht, du habest vor
der Anklage dich mit ihnen ins Einvernehmen gesetzt,
um die Früchte des Vatermordes allein zu gemessen,
aus beiden Verbrechen aber doppelte, deines Charakters
würdige Lust zu ziehen. In der Öffentlichkeit hast du
den Schein erweckt, als hättest du mit der Hinrichtung
deiner Brüder eine herrliche That vollbracht, und bist
deshalb auch, wie billig, gerühmt worden. Hast du den
Buhm aber nicht verdient, so bist du noch schlechter
als sie und hast sie, während du selbst insgeheim deinem
Vater nach dem Leben trachtetest, nicht als Feinde
ihres Vaters (denn dann hättest du nicht desselben
Verbrechens dich schuldig gemacht), sondern als bevor-
zugtere Thronerben gehasst. Und noch obendrein hast
du deinen Vater umbringen wollen, um nicht der Ver-
leumdung deiner Brüder überführt zu werden und den
Tod, den du selbst verdientest, über deinen unglücklichen
Vater zu bringen. So wolltest du allerdings keinen ge-
wöhnlichen Vatermord begehen, sondern einen solchen,
wie er seit Menschengedenken nicht erhört worden ist.
Denn du hast nicht bloss als Sohn deinem Vater nach
dem Leben getrachtet, sondern du hast auch dem nach-
gestellt, der dich mit liebevoller Fürsorge umgeben, dich
zum Mitregenten und Nachfolger ernannt, dir alle Ehren
der königlichen Würde schon jetzt zuerkannt und durch
seinen schriftlich aufgesetzten Willen deine Hoffnungen
auf die Zukunft gesichert hat. Auch hast du nicht dea
Herodes Güte, sondern nur deiner eigenen Verkehrtheit
Rechnung getragen, als du deinem Vater, der so nach-
sichtig gegen dich war, auch noch seinen Anteil an der
Herrschaft entreissen wolltest und, während du dich als
sein Retter aufspieltest, in Wirklichkeit auf seinen Tod
bedacht warst. Ja, du begnügtest dich nicht damit,
458
Josephus* Jüdische Altertümer.
deine Mutter in deine verbrecherischen Anschläge zu
verwickeln, sondern zerstörtest auch das gute Einver-
nehmen zwischen deinen Brüdern und wagtest es, deinen
Vater dem wilden Tiere zu vergleichen. Nein, du selbst
bist gefährlicher als die giftigste Schlange, da du nicht
bloss dein Gift gegen deine nächsten Blutsverwandten
und deine grössten Wohlthäter verspritztest, sondern auch
im Übermasse deiner Bosheit bewaffnete Scharen und
alle möglichen Ränke von Männern wie von Weibern
gegen einen schwachen Greis auf botest. Und jetzt wagst
du noch hier zu erscheinen, nachdem Freie und Sklaven,
Männer und Weiber deinetwegen gefoltert worden sind,
jetzt wagst du noch hier zu erscheinen, um der Wahr-
heit zu trotzen und der gegen dich erlassenen Verfügung,
dem Billigkeitssinne des Varus, ja aller Gerechtigkeit
Hohn zu sprechen? Traust du denn deiner Verwegen-
heit und Unverschämtheit so viel zu, dass du dich der
Folter unterwerfen willst? Meinst du etwa, die früher
auf der Folter gemachten Geständnisse entkräften und
die, welche es mit deinem Vater gut meinen, der Lüge
zeihen zu können? Und sollen wir etwa dem Glauben
schenken, was du aussagen wirst? Wie lange denn,
Varus, willst du den König noch den Verunglimpfungen
seiner Verwandten aussetzen? Wann endlich gedenkst
du dieses Ungeheuer von einem Menschen zu vertilgen,
das, um seinen Brüdern den Untergang zu bereiten,
Liebe zu seinem Vater heuchelt und, da es im Begriffe
steht, den Thron zu besteigen, diesen seinen Vater ver-
derben will? Es kann dir ja nicht unbekannt sein,
dass der Vatermord sowohl ein Verbrechen gegen die
Natur als gegen das Leben des einzelnen Menschen ist,
und dass schon der blosse Gedanke daran der wirklichen
Ausführung der Frevelthat nicht nachsteht. Wahrlich,
wer dagegen nicht mit Strenge einschreitet, begeht selbst
ein Verbrechen gegen die Natur!“
6. Schliesslich befasste sich Nikolaus auch noch mit
Antipaters Mutter, erwähnte, was sie in weibischer Ge-
schwätzigkeit ausgeplaudert hatte, und sprach von der
Siebzehntes Buch, 5. Kapitel.
459
Befragung von Sehern und von Opfern, die den Unter-
gang des Königs beschleunigen sollten, sowie von den
Schamlosigkeiten, die Antipater vor Geilheit im Rausche
gegen des Pheroras Frauen begangen hatte. Alsdann
wiederholte er die vielen Geständnisse, die von den Ge-
folterten, und die Aussagen, die von den Zeugen teils
wohlüberlegt, teils überstürzt gemacht worden waren,
und wies nach, dass gerade die letzteren Aussagen die
meiste Beweiskraft hätten. Hatte nun noch jemand aus
Furcht, im Falle von Antipaters Freisprechung seine
Rache gewärtigen zu müssen, etwas verschwiegen, so fiel
dieser Grund jetzt, da er von seinem sonstigen Glück
verlassen schien, fort, und alles ward verraten. So
wurde Antipater nicht sowohl durch die Feindseligkeit
seiner Ankläger gestürzt, als vielmehr durch die Grösse
seiner Frevelthaten und durch seine Bosheit gegen
Vater und Brüder, mit der er Zwietracht und Mord in das
Haus seines Vaters gebracht hatte und je nach seinen
Zwecken bald Hass, bald Wohlwollen zur Schau trug.
Das alles war zwar schon längst von denen, die ein ge-
sundes Urteil besassen und sich nicht von Parteihass
beeinflussen liessen, bemerkt worden, doch hatten diese
Leute früher nicht den Mut, Klagen darüber laut werden
zu lassen. Jetzt dagegen, da sie sich sicher fühlten,
brachten sie alles vor, was sie wussten, und so kamen
Anklagen der mannigfaltigsten Art zu Tage, die sich
nicht widerlegen Hessen, weil man den Angebern weder
vorwerfen konnte, dass sie dem König zu Gefallen
sprächen, noch dass sie aus Furcht etwas zu ver-
schweigen trachteten. Vielmehr erhoben sie ihre An-
klagen nur deshalb, weil sie die ruchlosen Thaten Anti-
paters verabscheuten und seine Bestrafung nicht um der
Sicherheit des Herodes willen wünschten, sondern als
gerechten Lohn für seine Frevel ansahen. Viele traten
auch unaufgefordert vor und machten so schwerwiegende
Aussagen, dass Antipater trotz seiner Meisterschaft in
der Lüge und Schamlosigkeit kein Wort darauf zu ent-
gegnen wusste. Nachdem nun Nikolaus mit seiner Be*
460
Josephus' Jttdische Altertümer.
weißführung zu Ende war, forderte Varus den Antipater
auf, sich zur Widerlegung der Beschuldigungen an-
zuschicken, wenn er seine Unschuld beweisen könne; er
wünsche nämlich sehr, ihn frei ausgehen zu sehen, wie
das auch, dessen sei er gewiss, dem Wunsche seines
Vaters entspreche. Antipater warf sich darauf zu Boden
und rief Gott und alle Menschen zu Zeugen dafür an,
dass er unschuldig sei und nichts gegen seinen Vater
im Schilde geführt habe. Das ist allerdings das
Verfahren aller Unholde: Schicken sie sich zu einem
Verbrechen an, so kümmern sie sich nicht um
Gottes Allgegenwart und handeln ihrer Willkür ge-
mäss ; werden sie aber ergriffen und vor Gericht
gestellt, so wollen sie dadurch, dass sie Gott zum Zeugen
anrufen, alle Schuld von sich abwälzen. Genau so
machte es auch Antipater. Denn zuerst verübte er alle
möglichen Greuel, als ob es keinen lebendigen Gott
mehr gebe; als er aber zur Rechenschaft gezogen wurde
und keinen Ausweg zu seiner Rettung sah, vermass er
sich, Gottes Hilfe wieder anzurufen, beschwor ihn, seine
Macht zu seinen Gunsten walten zu lassen, und berief
sich auf das, was er fortgesetzt für das Wohl seines
Vaters gethan habe.
7. Als nun Varus trotz öfteren Fragens aus Anti-
pater nichts anderes herausbringen konnte, als die Be-
rufung auf Gott, und einsah, dass er damit nicht zu
Ende kommen würde, befahl er, das Gift herbei-
zubringen, um dessen Wirkung zu erproben. Als das-
selbe geholt worden war, musste auf Varus’ Anordnung
ein zum Tode verurteilter Verbrecher davon trinken,
und dieser fiel sogleich entseelt nieder. Da erhob sich
Varus, verliess die Sitzung und begab sich am folgenden
Tage nach Antiochia, der Hauptstadt von Syrien, wo
er sich meistens aufzuhalten pflegte. Herodes aber lies»
sogleich seinen Sohn in Ketten legen, und man wusste
nicht recht, was Varus vor seiner Abreise dem König
noch gesagt hatte. Doch war man vielfach der Meinung,
er habe zu dem Verfahren, welches Herodes gegen
Siebzehntes Buch, 5. Kapitel.
461
Antipater einschlug, seine Zustimmung gegeben. Als
letzterer nämlich eingekerkert war, schickte Herodes
•einen schriftlichen Bericht über *die Vorgänge an den
Caesar und liess ihm zugleich mündlich die Bosheit
Antipaters darlegen. Bald darauf wurde ein Brief des
Antiphilus, der sich in Aegypten auf hielt, an Antipater
aufgefangen, den der König eröffnete und der also
lautete: „Ich schicke dir den Brief der Akme unter
eigener Lebensgefahr. Du weisst ja, dass ich wieder
von zwei Familien alles zu fürchten habe, wenn ich
ertappt werde. Ich wünsche dir übrigens 'guten Erfolg
zu deinem Unternehmen.“ Das war der Inhalt dieses
Briefes. Der König suchte nun auch nach dem anderen
Schreiben, doch wollte sich dasselbe nicht finden, und
der Sklave des Antiphilus, der den einen Brief gebracht
hatte, leugnete, noch einen zweiten erhalten zu haben.
Als nun der König unschlüssig hin und her überlegte
bemerkte einer von seinen Freunden an dem inneren
Gewände des Sklaven, der zwei Kleider übereinander
trug, eine zusammengenähte Falte und vermutete in
dieser Falte den zweiten Brief, was sich denn auch be-
stätigte. Herodes griff hastig nach dem Schreiben, -
welches folgenden Inhalt aufwies: „Akme an Antipater.
Ich habe deinem Vater den von dir gewünschten Brief
geschrieben und schicke ihm die angebliche Abschrift
eines von Salome an meine Herrin gerichteten Schreibens,
nach dessen Lesung er, des bin ich gewiss, Salome
wegen Mordversuchs zum Tode verurteilen wird.“ Dieser
Brief war ein scheinbar von Salome an die Herrin der
Akme gerichtetes Schreiben, das Antipater dem Sinne
nach der Akme in Auftrag gegeben , diese aber mit
ihren eigenen Worten zu Papier gebracht hatte. Es
lautete folgender massen : „Akme an den König Herodes.
Da ich mir Mühe gebe, alles zu deiner Kenntnis zu
bringen, was gegen dich ins Werk gesetzt wird, so habe
ich mit eigener Lebensgefahr, doch zu deinem Nutzen
einen Brief Salomes an meine Herrin, der in meine
Hände fiel, abgeschrieben und schicke dir denselben.
Go gle
462
. Josephas' Jüdische Altertümer.
Sie hat ihn geschrieben, als sie noch willens war, den
Syllaeus zu heiraten. Ich bitte dich aber, den Brief zu
zerreissen, damit ich nicht in Gefahr gerate.“ Dem
Antipater selbst aber hatte Akme geschrieben, sie habe
nach seinem Willen an Herodes einen Brief des Inhalts
gerichtet, dass Salome alles auf biete, um ihn zu ver-
derben, und dass sie ihm eine Abschrift des angeblich
von Salome an ihre Herrin gerichteten Briefes geschickt
habe. Diese Akme war jüdischer Abstammung, diente
der Julia, der Gattin des Caesars, und hatte die Briefe
Antipater zuliebe geschrieben , von dem sie mit grossen
Geldsummen bestochen war, ihm bei der Ermordung
seines Vaters und seiner Tante behilflich zu sein.
8. Durch Antipaters aussergewöhnliche Bosheit fast
von Sinnen gebracht , [wollte Herodes ihn sogleich hin-
richten lassen , weil er so verbrecherische Anschläge
nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen seine
Schwester ins Werk gesetzt und seine Mitverschworenen
sogar am Hofe (des Caesars gesucht hatte. In diesem
Entschlüsse bestärkte den König noch seine Schwester
Salome, indem sie ihre Brust [zerschlug und sich frei-
willig erbot, den Tod Jzu erleiden , (wenn irgend ein
stichhaltiger Beweis gegen sie erbracht werden könne.
Herodes liess also seinen Sohn vorführen, fragte ihn
aus und hiess ihn offen alles Vorbringen, was er zu
der Briefangelegenheit zu sagen habe. Als nun Anti-
pater schwieg, forderte er ihn auf, da er doch in jeder
Beziehung als Bösewicht entlarvt worden sei, wenigstens
seine Mitschuldigen unverweilt zu nennen. Hierauf be-
zeichnete Antipater den Antiphilus als Urheber des
ganzen Planes, ohne jedoch sonst noch jemand anzu-
geben. In höchster Wut wollte nun Herodes seinen
Sohn sogleich nach Rom zum Caesar schicken, damit
er daselbst für seine Anschläge zur Rechenschaft ge-
zogen würde. Da er aber die Befürchtung nicht von
sich zu weisen vermochte, er könne dort mit Hilfe
seiner Freunde vielleicht doch noch seine Freisprechung
durchsetzen , hielt er ihn weiter in t Gewahrsam und
Siebzehntes Buch, 6. Kapitel.
46$
schickte Gesandte mit Klageschriften zum Caesar, indem
er ihn zugleich davon in Kenntnis setzen liess, inwie-
fern Akme an den verbrecherischen Anschlägen beteiligt
sei, zu welchem Zwecke er Abschriften der oben er-
wähnten Briefe mitgab.
Sechstes Kapitel.
Aufruhr unter den Juden aus Anlass einer Erkrankung
des Herodes. Die Krankheit verschlimmert sich. Des
Königs letzte Anordnungen.
1. Während die Gesandten, mit den nötigen An-
weisungen versehen, zur Überbringung der Briefe nach
Rom eilten , fiel der König in eine Krankheit und
machte deshalb sein Testament, in welchem er aus Hass
gegen seine beiden von Antipater verleumdeten Söhne
Archelaus und Philippus seinen jüngsten Sohn zum
Thronfolger ernannte sowie dem Caesar tausend Talente,
der Gattin desselben, Julia, aber und den Söhnen,
Freunden und Freigelassenen des Caesars fünfhundert
Talente vermachte. Seine eignen Söhne und Enkel
bedachte er mit Legaten , Leibrenten und Grundbesitz
und vermachte auch seiner Schwester Salome grosse
Reichtümer, weil sie ihm stets die höchste Treue be-
wiesen und niemals Ränke gegen ihn geschmiedet habe.
Weil er nun bei seinem vorgerückten Alter von beinahe
siebzig Jahren auf Genesung nicht mehr hoffen durfte,
befiel ihn eine heftige Erbitterung und leidenschaftliche
Wut, besonders da er meinte , das Volk missachte ihn
jetzt und freue sich über seine Erkrankung. Dazu kam
noch, dass einige der Einflussreichsten unter dem Volke
einen Aufruhr an zettelten , der sich folgendermassen
entwickelte.
2. Unter den Juden galten des Sariphaeus Sohn
Judas und des Margaloth Sohn Matthias für bedeutende
Redner und höchst erfahrene Ausleger des Gesetzes,
und beim Volke erfreuten sie sich um so grösserer Be-
464
Josephus’ Jüdische Altertümer.
liebtheit, als sie zugleich Lehrer der Jugend waren.
Jeder, der nach wahrer Vollkommenheit strebte, ging in
ihrem Hause ein und aus. Als diese beiden Männer
erfuhren, des Königs Krankheit sei unheilbar, forderten
sie die jungen Leute auf, alles, was der König dem
väterlichen Gesetze zuwider eingeführt hatte, wieder ab-
zuschaffen und den Lohn des heiligen Kampfes, den sie
vorhätten, in der Befolgung der Gesetze zu suchen.
Denn nur deswegen , sagten sie , weil der König in
frevelhaftem Wagemut das Gesetz missachtet, habe ihn
ausser vielem anderen ungewöhnlichen Missgeschick auch
diese Krankheit heimgesucht. Herodes hatte nun aller-
dings in mancher Beziehung das Gesetz übertreten, so-
dass Judas und Matthias mit ihrer Beschuldigung nicht
im Unrecht waren. Er hatte nämlich über dem grössten
Thore des Tempels einen gewaltigen und kostbaren
goldenen Adler anbringen lassen. Nun verbietet aber
das Gesetz allen denen, die nach ihm ihr Leben ein-
richten wollen, an die Errichtung von Bildwerken auch
nur zu denken oder irgend welche lebenden Wesen in
Weihgeschenken darzustellen. Die erwähnten Gesetzes-
lehrer erklärten daher, der Adler müsse entfernt werden,
und wenn auch manchen dabei der Tod ereilen würde,
so müssten doch Männer, die für den Schutz der väter-
lichen Gesetze in den Tod gingen, das für viel schöner
halten als alle Freuden des Lebens, weil sie sich da-
durch ewigen Nachruhm erwürben und für alle Zeiten
ein ehrenvolles Andenken sicherten. Der Tod sei ja
doch allen , auch denen , die ein gefahrloses Leben
führten, bestimmt, und so müsse jeder, der nach wahrer
Tugend strebe, darauf bedacht sein, rühmlich von hinnen
zu scheiden. Zudem liege ein grosser Trost darin, bei
gefahrvollen Unternehmungen sein Leben zu lassen,
weil dann auch die gesamten Verwandten, Männer wie
Frauen, an dem Ruhm ihren Anteil hätten.
3. Mit solchen Reden reizten die Gesetzeslehrer die
Jugend auf. Plötzlich verbreitete sich die Kunde, der
König sei gestorben. Das kam den Aufwieglern nur
Siebzehntes Buch, 6. Kapitel.
465
recht, und so zog am hellen Tage eine Schar nach dem
Tempel hinauf, riss den Adler herunter und hieb ihn
vor den Augen der im Heiligtum befindlichen Menge
in Stücke. Als dies dem Statthalter des Königs hinter-
bracht wurde, rückte er, weil er der Sache eine grössere
Bedeutung beilegte , als sie in Wirklichkeit hatte , mit
einer ansehnlichen Abteilung Soldaten aus, um den
Empörern, die das Weihgeschenk des Königs zu zer-
stören sich erdreistet hatten, entgegenzutreten, und fiel
unversehens über dieselben her. Wie sich nun das ge-
wöhnliche Volk bei Unternehmungen mehr von augen-
blicklicher Aufwallung als von vernünftiger Überlegung
leiten lässt, verloren auch hier die meisten völlig den
Kopf, und so gerieten gegen vierzig junge Leute, die
bei der Flucht des ganzen übrigen Haufens wacker
standgehalten hatten, sowie die Anstifter der Empörung,
Judas und Matthias, die es für schimpflich hielten, sich
bei der Ankunft der Soldaten zurückzuziehen, in die
Gewalt des Statthalters, der sie zum Könige führen
liess. Als Herodes sie fragte, ob sie sein Weihgeschenk
herabzureissen sich erfrecht hätten , entgegneten sie :
„Was geplant war, haben wir geplant, und was vollführt
worden ist, haben wir vollführt, wie es wackeren Männern
ziemt. Wir haben das Haus Gottes in Schutz ge-
nommen, und da wir durch häufige Anhörung des Ge-
setzes gelernt haben, für dasselbe einzutreten, so ist es
nicht zu verwundern, wenn wir die Vorschriften, die
Moyses auf Gottes Befehl und Eingebung uns schriftlich
hinterlassen hat, für wichtiger halten als deine An-
ordnungen. Es wird uns ein Vergnügen sein, den Tod
und jede Marter zu erleiden , da wir uns bewusst sind,
dass wir nicht als Übelthäter, sondern als Eiferer für
Gottes Sache in den Tod gehen.“ Diesen Worten
pflichteten alle übrigen bei und bewiesen dieselbe Kühn-
heit, die sie auch bei Begehung der That an den Tag
gelegt hatten. Der König liess sie fesseln und nach
Jericho bringen , wohin er auch die Vornehmsten der
Juden beschied. Als diese sich versammelt hatten,
Josepbus' jüdische Altertümer, II. SO
466
Josephus’ Jüdische Altertümer.
liess der König sie ins Theater kommen und begann
hier vom Bette aus, da er schon nicht mehr stehen
konnte , herzuzählen , wie viele Strapazen er um des
Volkes willen erduldet, mit wie grossen eigenen Kosten
er den Tempel erbaut, was den Asamonäern während
ihrer hundertfünfundzwanzigjährigen Regierungszeit nicht
möglich gewesen sei, und wie er den Tempel mit pracht-
vollen Weihgeschenken geschmückt habe, wofür er noch
nach seinem Tode Lob und Dank zu ernten hoffe.
Jetzt aber, rief er mit erhobener Stimme, könne er nicht
einmal bei Lebzeiten sich der Beleidigungen erwehren,
da man am hellen Tage seine Weihgeschenke herunter-
zureissen und zu zerstören sich erkühne. Richte sich
diese Beleidigung auch anscheinend nur gegen seine
Person, so sei sie doch in Wirklichkeit, wenn man
sie beim rechten Namen nennen wolle, eine Tempel-
schändung.
4. Da nun die Vornehmen bei der bekannten Grau-
samkeit und dem Jähzorn des Königs befürchten
mussten, es möchte auch ihnen schlecht ergehen, miss-
billigten sie die That aufs schärfste und stimmten für
strenge Bestrafung der Schuldigen. Trotzdem verfuhr
Herodes ziemlich gelinde, entsetzte aber den Hohepriester
Matthias als den teil weisen Urheber des Vorfalles seines
Amtes und übertrug dasselbe an Jozar, den Schwager
des Matthias. Unter dem Hohepriestertum des Matthias
geschah es übrigens, dass für einen Tag, den Fasttag
der Juden, ein anderer Hohepriester ernannt werden
musste, und zwar um folgender Ursache willen. In der
dem Fasttage voraufgehenden Nacht träumte Matthias,
er wohne seinem Weibe bei, und da er deswegen kein
Opfer darbringen konnte, übernahm sein Verwandter
Joseph, der Sohn des Ellern, für ihn den Dienst. Diesen
Matthias also entsetzte Herodes seines Amtes, den
anderen Matthias aber , der den Aufruhr angestiftet
hatte, liess er mit einigen seiner Genossen lebendig ver-
brennen. In derselben Nacht fand eine Mondfinsternis
statt
Siebzehntes Buch, 6. Kapitel.
467
5. Des Herodes Krankheit nahm übrigens immer
mehr zu , und Gott züchtigte ihn offenbar für seine
Frevel thaten. Denn ein langsames Feuer verzehrte ihn,
das jedoch äusserlich nicht die Glut verriet, mit der es
seine Eingeweide durchwühlte. Dazu kam ein heftiges
Verlangen, etwas zu nehmen, dem zu widerstehen un-
möglich war. Weiterhin gesellten sich zu der Krank-
heit Geschwüre in den Eingeweiden, und besonders
quälten ihn grausame Schmerzen in den Därmen. Die
Füsse waren ebenso wie der Unterleib von einer
wässerigen , durchscheinenden Flüssigkeit aufgetrieben,
und an den Geschlechtsteilen entstand ein fauliges
Geschwür, welches Würmer erzeugte. Wenn der Kranke
sich aufrichtete, litt er an quälender Atemnot, und der
Gestank des Atems machte ihm ebenso viele Beschwerden
als das angestrengte Atemholen. Endlich wüteten in
fast allen Gliedern seines Körpers Krämpfe , die ihm
eine unwiderstehliche Kraft gaben. Die Wahrsager,
welche sich auf die Deutung solcher Heimsuchungen
verlegten, waren der Meinung, Gott habe dem König
für seine Bosheit diese schwere Strafe zuerkannt.
Herodes selbst indes hoffte , obgleich er schrecklicher
litt, als einem Menschen zu ertragen möglich schien,
immer noch auf Heilung, liess Ärzte kommen und be-
folgte ihre Vorschriften aufs genaueste. Ja, er liess
sich sogar über den Jordan bringen und gebrauchte die
warmen Bäder zu Kallirrhoe, welche neben anderen
vortrefflichen Eigenschaften auch die haben, dass sie
trinkbar sind. Das Wasser der Quellen ergiesst sich
in den Asphaltsee. Als ihn hier die Ärzte so weit ge-
bessert glaubten , Hessen sie ihn in eine mit öl gefüllte
Badewanne setzen, wo er beinahe gestorben wäre. Da
aber seine Diener ein Geschrei erhoben, kam er wieder
zu sich, gab jetzt selbst die Hoffnung, je wieder zu ge-
nesen, auf und befahl, den Soldaten Mann für Mann
fünfzig Drachmen auszuteilen. Den Führern und seinen
Freunden machte er gleichfalls reiche Geschenke und
kehrte dann nach Jericho zurück, wo ihn die schwarze
30 *
468
Josephus’ JUdische Altertümer.
Galle 1 ergriff und ihn derartig verbitterte, dass er gegen
sein Ende hin noch folgende Schandthat ersann. Er
befahl, dass die Vornehmen des ganzen Volkes sich
bei ihm einfinden sollten; es war das aber eine ganz
gewaltige Menge, weil sie aus dem gesamten Volke zu-
sammenkamen und alle dem Befehl folgten, da auf
Widersetzlichkeit die Todesstrafe stand. Diese ganze
Menge nun liess der König, der in gleicherweise gegen
Schuldige wie Unschuldige wütete , in der Rennbahn
einschliessen , entbot dann seine Schwester Salome und
deren Gatten Alexas zu sich und äusserte, er werde,
weil ihn so grässliche Schmerzen quälten, wohl bald
sterben. Das sei nun zwar . an sich nichts Schlimmes,
da es allen Menschen bevorstehe, und nur das eine
thue ihm leid, dass er unbetrauert und unbeklagt sterben
solle, wie es eines Königs unwürdig sei. Er kenne ja
die Gesinnung der Juden recht wohl und wisse, dass
sie sich über nichts so sehr freuen würden, als über
seinen Tod , da sie schon bei seinen Lebzeiten sich
gegen ihn empört und sein Weihgeschenk geschändet
hätten. Es werde also Pflicht der Salome und ihres
Gatten sein, diesem Übelstand abzuhelfen. Wenn sie
seiner Meinung beipflichteten , müssten sie ihm ein
glänzendes Leichenbegängnis veranstalten, wie es noch
nie einem Könige zuteil geworden sei, und das ganze
Volk werde dann aufrichtig um ihn trauern, während
es ihn sonst nur mit Spott und Hohn beklagen werde.
Sobald sie daher wahrnähmen, dass er seinen Geist auf-
gegeben habe, sollten sie die Rennbahn von Soldaten
umzingeln lassen, ohne dieselben seinen Tod, den sie
erst nach vollbrachter That erfahren dürften, merken
zu lassen, und dann alle eingeschlossenen Juden mit
Pfeilen erschiessen lassen. Durch eine solche That
würden sie ihm eine doppelte Freude bereiten, indem
sie sowohl den letzten Willen eines Sterbenden erfüllten,
als auch eine seiner würdige Totenklage zustande
1 D. i. hochgradige Gelbsucht.
Siebzehntes Buch, 7. Kapitel.
469
brach teD. Diesen Auftrag gab er seiner Schwester und
seinem Schwager unter Jammergestöhn und beschwor
sie bei ihrer verwandtschaftlichen Liebe und bei ihrem
Glauben an Gott, ihm diese Ehrung nicht zu ver-
weigern , was die beiden denn auch thun zu wollen
versprachen.
6. Kann man nun allenfalls des Herodes früheres
Verhalten gegen seine Angehörigen noch damit recht-
fertigen, dass ihm die Sorge um sein eigenes Leben
dasselbe auf genötigt habe, so muss doch diese letzte
Anordnung als ein Zeichen unmenschlicher Grausamkeit
erscheinen. Denn nichts geringeres hatte er vor, als
das gesamte Volk in Trauer und Wehklage um die
Teuersten zu versetzen, indem er aus jeder Familie ein
Mitglied dem Tode geweiht wissen wollte, ohne dass
die von der Anordnung Betroffenen ihn beleidigt odfer
auch nur den Schatten einer Übelthat auf sich geladen
hatten, während es doch sonst als Regel gilt, dass
jemand, der sich nur noch einen Rest von menschlichem
Gefühl bewahrt hat , in solchen Lebenslagen seinen
Hass selbst gegen diejenigen, die er mit Recht als seine
Feinde betrachten kann, gänzlich ablegt.
Siebentes Kapitel.
Herodes beabsichtigt Selbstmord. Antipaters Hinrichtung.
Während Herodes seinen Verwandten diesen Auftrag
erteilte, kamen aus Rom Briefe an, in welchen die zu
Augustus geschickten Männer mitteilten , dass Akme
von dem aufs äusserste entrüsteten Caesar zum Tode
verurteilt und hingerichtet worden sei, weil sie Antipaters
Frevelthaten unterstützt habe, dass aber Antipater vor-
läufig am Leben gelassen worden sei, damit Herodes
seiner königlichen und väterlichen Gewalt gemäss selbst
darüber entscheide, ob er ihn in die Verbannung schicken
oder mit dem Tode bestrafen wolle. Als Herodes diese
Nachrichten erhielt, liess die Kunde vom Tode der
470
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Akme und die Gewissheit, dass er nun die Vollmacht
besitze, seinen Sohn hinrichten zu lassen, seinen ge-
brochenen Lebensmut wieder in etwa erstarken. Da
aber bald nachher seine Qualen sich aufs äusserste
steigerten und eine grosse Erschöpfung ihn befiel, wollte
er etwas .gemessen und verlangte deshalb einen Apfel
und ein Messer. Er war nämlich gewöhnt, das Obst
eigenhändig zu schälen und in Stücke zu schneiden.
Als ihm das Verlangte gebracht worden war, blickte er
um sich und wollte sich dann selbst mit dem Messer
erstechen. Sein Vorhaben wäre ihm auch gelungen,
wenn sein Vetter Achiab ihn nicht bei der Hand er-
griffen 'hätte. Achiab erhob ein lautesJGeschrei , und
es entstand im Palaste eine solche Bestürzung und ein
solches Jammern, als ob der König wirklich gestorben
wäre. Auch Antipater glaubte aus dem Tumult
schliessen zu müssen, dass sein Vater aus dem Leben
geschieden sei, und begann bereits voll Zuversicht, als
wenn er nun gleich in Freiheit gesetzt und ohne weiteres
den Thron besteigen würde , mit dem Kerkermeister
wegen seiner Entlassung zu unterhandeln , indem er
ihm nicht nur für den Augenblick, sondern auch für
später die glänzendsten Versprechungen machte, weil es
jetzt gelte, entschlossen zu handeln. Der Kerkermeister
indes .wies nicht inur Antipaters [Begehren [von der
Hand, sondern meldete auch sein Vorhaben dem Könige.
Als Herodes, der schon ohnehin auf seinen Sohn sehr
schlecht t zu sprechen war, den Bericht des Kerker-
meisters vernahm, schrie er laut auf und zerschlug sich
das Haupt, obgleich er schon in den letzten Zügen lag.
Dann stützte er sich auf den Ellbogen und befahl,
sofort einige Trabanten zu beordern, dass sie hingingen
und Antipater töteten, seine Leiche aber zu Hyrkania
ohne alle Ehrenbezeugungen bestatteten.
Siebzehntes Buch, 8. Kapitel.
471
Achtes Kapitel.
Des Herodes Testament, Tod und Leichenbegängnis.
1. Herodes änderte nun abermals seinen letzten Willen
und liess ein neues Testament aufsetzen, in welchem er
den Antipas, den er früher zum Könige bestimmt hatte,
zum Tetrarchen von Galilaea und Peraea ernannte,
während er dem Archelaus die Thronfolge zuerkannte.
Weiterhin gab er Gaulonitis, Trachonitis, Batanaea und
Panias seinem Sohne Philippus, dem Bruder des Archelaus,
als Tetrarchie und vermachte seiner Schwester Salome
Jamnia, Azot und Phasaelis sowie fünfhunderttausend
geprägte Silberstücke. Auch alle seine übrigen Verwandten
bedachte er mit Legaten und Jahresrenten in reichem
Masse. Dem Caesar vermachte er zehn Millionen Silber-
stücke nebst goldenen und silbernen Gefässen und äusserst
kostbaren Gewändern, der Gattin des Caesars, Julia, aber
und einigen anderen Personen fünf Millionen. Hierauf
starb er 1 , fünf Tage nach Antipaters Hinrichtung, vier-
unddreissig Jahre nach der Ermordung des Antigonus
und sieben unddreissig Jahre nach seiner Ernennung zum
Könige durch die Römer. Er war ein Mann, der gegen
alle ohne Unterschied mit gleicher Grausamkeit wütete,
im Zorn kein Mass kannte und sich über Recht und Ge-
rechtigkeit erhaben dünkte, dabei aber die Gunst des
Glückes, wie kein anderer, erfuhr. Denn aus niedrigem
Stande zur Königswürde erhoben und von zahllosen Ge-
fahren bedroht, entging er allem äusseren Unheil und
starb erst in vorgerücktem Alter. Was indes seine häus-
lichen Verhältnisse und besonders die Beziehungen zu
seinen Söhnen angeht, so war er zwar auch hierin, wie
er selbst glaubte, völlig glücklich, da er in seinen Söhnen
seine Feinde überwunden zu haben glaubte, meiner
Meinung nach aber ein höchst unglücklicher und be-
dauernswerter Mensch.
1 4 v. Chr. Hiernach wäre das, wirkliche Geburtsjahr Jesu Christi
etwa in das siebente Jahr vor Beginn unserer Zeitrechnung zu verlegen.
472
Joseph ns’ Jüdische Altertümer.
2. Noch ehe der Tod des Königs bekannt geworden
war, entliessen Salome und Alexas die in der Rennbahn
eingeschlossenen Juden nach Hause mit dem Bemerken,
der König befehle ihnen heimzukehren und ihren Be-
schäftigungen wieder obzuliegen. Hiermit erwiesen die
beiden dem gesamten Volke eine grosse Wohlthat. All-
mählich verbreitete sich nun die Nachricht vom Ableben
desHerodes im Volke; Salome und Alexas aber beriefen
das ganze Heer in das Theater zu Jericho und lasen
zunächst das Schreiben vor, welches der König an seine
Soldaten gerichtet hatte und worin er ihnen für ihre
Treue und Ergebenheit dankte und sie bat, dieselbe Ge-
sinnung auch auf seinen zum Könige ernannten Sohn
Archelaus zu übertragen. Darauf las Ptolemaeus, dem
das Siegel des Königs an vertraut war, das Testament
vor, welches aber, um Gültigkeit zu erlangen, erst vom
Caesar bestätigt werden musste. Sogleich erhob sich
nun ein allgemeines Freuden geschrei zu Ehren des
Archelaus, und Soldaten wie Offiziere gelobten diesem
dieselbe Treue und Anhänglichkeit, die sie seinem Vater
erwiesen hatten ; auch flehten sie Gottes Segen auf seine
Regierung herab.
3. Alsdann bereitete man dem Könige das Leichen-
begängnis , welches Archelaus mit verschwenderischer
Pracht ausstattete. Herodes wurde auf einem goldenen,
mit vielen und kostbaren Edelsteinen verzierten Trag-
bett zu Grabe getragen, dessen Decke von Purpur
glänzte, und auch der Leichnam selbst war mit dem
Königspurpur bekleidet. Auf dem Haupte ruhte ein
Diadem mit überragender Krone von Gold, und die
Rechte hielt das Scepter. Das Tragbett umgaben des
Königs Söhne und die grosse Menge seiner Verwandten,
an welche sich die nach Völkerschaften abgeteilten und
mit deren Namen bezeichneten Soldaten anschlossen, und
zwar in folgender Ordnung. Zuerst schritt die Leibwache
einher, dann folgten der Reihe nach die Thraker, Ger-
manen und Gallier, alle in voller Rüstung, und hieran
schlossen sich die übrigen Krieger mit ihren Führern
Go gle
Siebzehntes Buch, 8. Kapitel.
473
und Hauptleuten, wie zur Schlacht gerüstet. Den Schluss
bildeten fünfhundert Diener, welche Spezereien trugen.
So bewegte sich der Zug acht Stadien 1 weit bis nach
Herodium , wo der König seinem Befehle gemäss bei-
gesetzt wurde. Dies war das Ende des Herodes.
4. Archelaus beobachte zu Ehren seines Vaters der
Gewohnheit des Landes gemäss eine siebentägige Trauer,
nach deren Beendigung er das Volk bewirtete und sich
zum Tempel hinaufbegab, begleitet von den Segens-
wünschen und dem Freudenjauchzen der Menge, die einen
wahren Wetteifer in scheinbar herzlichen Zurufen ent-
faltete. Hierauf bestieg Archelaus eine Anhöhe und er-
klärte unter beständigen Huldigungen des Volkes, wie
angenehm ihm diese Beweise von Ergebenheit seien,
dankte dafür, dass man seines Vaters Härte so schnell
vergessen habe, und versprach, eifrigst auf Vergeltung
dieser Anhänglichkeit bedacht zu sein. Vorläufig ver-
zichte er noch auf den Königstitel, da er diese ehren-
volle Benennung sich erst dann beilegen dürfe, wenn
der Caesar das Testament seines Vaters bestätigt habe.
Aus diesem Grunde habe er auch das ihm vom Heere
an gebotene Diadem, so ehrenvoll das auch für ihn ge-
wesen wäre, sich nicht aufs Haupt setzen wollen, bis er
der Einwilligung dessen, der diese Ehrung zu gestatten
habe, sicher sei. Wenn er aber endgiltig zur Regierung
gelangt sei, werde er es sich angelegen sein lassen, den
ihm entgegengebrachten guten Willen zu vergelten und
in allen Stücken seinen Vater an Güte zu übertreffen.
Die Menge nun, welche, wie das meistens zu geschehen
pflegt, sich in dem Glauben befand, die Gesinnung derer,
die die höchste Macht erlangen, trete schon gleich in
der ersten Zeit zu Tage, erschöpfte sich, je herablassender
und freundlicher Archelaus sie anredete, desto mehr in
Lobeserhebungen und liess sofort schon ihre Wünsche
laut werden. Die einen schrien um Verminderung der
1 In der Geschichte des Jüdischen Krieges (I, 33, 9) heisst es:
200 Stadien, und dies dürfte das richtigere sein.
474
Josephus’ Jüdische Altertümer.
jährlichen Abgaben, die anderen um Freilassung der zahl-
reichen Gefangenen, die Herodes schon so lange ein-
gekerkert gehalten, und noch andere um Abschaffung
der auf den Marktverkehr gelegten und bisher mit aller
Strenge eingetriebenen Steuern. Archelaus erhob nicht
den mindesten Widerspruch, da es ihm vorläufig nur
darum zu thun war, sich des Volkes Gunst zu verschaffen,
die er im Hinblick auf die zu erstrebende Bestätigung
für unerlässlich hielt. Alsdann brachte er Opfer dar
und begab sich mit seinen Freunden zum Mahle.
Neuntes Kapitel.
Wie das Volk sich gegen Archelaus empörte, und wie
dieser nach Rom reiste.
1. Unterdessen scharten sich einige aufrührerisch ge-
sinnte Juden zusammen und beklagten unter grossem
Geschrei den Tod des Matthias und seiner Genossen, die
Herodes hatte hinrichten lassen und denen man bis
dahin, weil sie wegen der Zerstörung des goldenen Adlers
mit dem Tode bestraft worden waren, aus Furcht vor
Herodes die Ehre einer feierlichen Beisetzung noch nicht
erwiesen hatte. Gleichzeitig stiessen sie, als ob das den
Verstorbenen zum Trost gereichen könnte, Schmähungen
gegen Herodes aus. Alsdann hielten sie eine Versamm-
lung ab und begehrten von Archelaus, er solle die Hin-
richtung jener Männer an denen rächen, die sich der
besonderen Wertschätzung des Herodes erfreut hatten.
Vornehmlich aber solle er den von Herodes ernannten
Hohepriester wieder absetzen und statt seiner einen
anderen gesetzlicheren und zu dem Amte geeigneteren
berufen. Archelaus ärgerte sich zwar sehr über dieses
ungestüme Drängen, wollte aber die Forderungen nicht
schroff zurückweisen, weil er sobald als möglich nach
Rom zu reisen gedachte, um sich der Bestätigung des
Caesars zu versichern. Er sandte deshalb einen seiner
Offiziere zu ihnen, der sie bereden sollte, von ihrem Ver%
Siebzehntes Buch, 9. Kapitel.
475
langen nach Rache abzustehen, in der Erwägung, dass
ihre Freunde nach dem Gesetz mit dem Tode bestraft
worden seien und dass demnach ihr Begehren sich durch-
aus nicht zieme. Auch erfordere die Zeit ganz andere
Dinge, und vor allem thue es not, einträchtig zusammen-
zuhalten, bis Archelaus vom Caesar bestätigt und wieder
zurückgekehrt sei. Dann wolle er über ihre Forderungen
sich mit ihnen verständigen; einstweilen aber sollten sie
sich zufrieden geben und nicht das Verbrechen der Em-
pörung auf sich laden.
2. Alles das liess ihnen Archelaus durch den Offizier
vorstellen. Sie aber schrien gewaltig, schnitten dem
Boten des Königs das Wort ab und bedrohten ihn sowie
jeden anderen, der es wagen würde, sie von ihrem Vor-
haben abwendig machen zu wollen, mit dem Tode, da
sie ihrem eigenen Willen und nicht dem ihrer Vor-
gesetzten gemäss zu handeln sich entschlossen hätten*
Es sei doch unerträglich, dass ihre lieben Freunde, die
sie bei Lebzeiten des Herodes verloren, nun nicht
einmal nach seinem Tode gerächt werden sollten. In
ihrer Aufregung hielten sie eben das, was ihrem Willen
entsprach, auch für recht und gesetzlich, ohne dass sie
an die Gefahr dachten, die daraus für sie entstehen
konnte. Kam aber auch wirklich der eine oder andere
auf einen solchen Gedanken, so trat er doch bald wieder
hinter dem Verlangen nach Rache an ihren vermeint-
lichen Todfeinden zurück. Und obwohl Archelaus noch
manchen Boten zu ihnen entsandte, um sich mit ihnen
zu verständigen, sowie auch noch viele andere Bürger
aus eigenem Antrieb sich zu ihnen begaben, um sie auf
vernünftigere Gedanken zu bringen, Hessen sie doch
niemand zu Wort kommen. So entstand denn allmählich
ein förmlicher Aufruhr, und es war leicht vorauszusehen,
dass derselbe bald grössere Dimensionen annehmen würde,
weil eine immer zahlreichere Menge sich an die Un-
zufriedenen anschloss.
3. Da um diese Zeit das Fest herannahte, an welchem
die Juden nach väterlicher Sitte nur ungesäuertes Brot
Go gle
476
Josephus’ Jüdische Altertümer.
essen (dieses Fest heisst Pascha und ist eingesetzt zur
Erinnerung an den Auszug aus Aegypten; es wird mit
grosser Freude begangen, und es werden an demselben
mehr Opfertiere als an irgend einem anderen Feste ge-
schlachtet, wie auch zu seiner Feier eine gewaltige Menge
Menschen aus dem ganzen Lande, ja selbst aus dem
Auslande zusammenströmt), hielten auch jene Aufrührer
sich unter beständigen Klagen um die Gesetzeslehrer
Judas und Matthias im Tempel zusammen. An den not-
wendigen Lebensmitteln hatten sie dabei keinen Mangel,
denn sie schämten sich nicht, dieselben von anderen sich
zu erbetteln. Deshalb schickte Archelaus aus Besorgnis,
die Verwegenheit der Aufrührer möchte zu einem schlimmen
Ausgang führen, einen Hauptmann mit einer Abteilung
Soldaten dorthin, um den Empörern Einhalt zu thun,
ehe noch die übrige Volksmenge in den Taumel mit
hineingerissen würde, und um die Rädelsführer festzu-
nehmen und ihm vorzuführen. Gegen diese Soldaten
aber hetzten die am Aufruhr beteiligten Gesetzeslehrer
das Volk durch lärmende Zurufe auf, sodass es schliess-
lich zum förmlichen Angriff des Volkes auf die Kriegs-
leute kam, die umzingelt und grösstenteils mit Steinen
zu Tode geworfen wurden , während der Hauptmann und
einige wenige seiner Leute verwundet die Flucht ergreifen
mussten. Nach dieser That wandte sich das Volk wieder
den Opfern zu. Archelaus aber, der wohl einsah, dass
seine ganze Macht in Gefahr stände, wenn er dem Un-
gestüm der Menge nicht mit Nachdruck entgegenträte,
bot seine ganze Streitmacht gegen die Empörer auf und
liess besonders durch seine Reiterei die ausserhalb des
Tempels befindliche Volksmenge verhindern, denen, die
im Tempel waren, Hilfe zu leisten. Auch hatte die
Reiterei den Befehl, diejenigen Aufrührer, welche den
Händen der Fusssoldaten entschlüpften und sich schon
in Sicherheit wähnten, abzufangen. Auf diese Weise
wurden gegen dreitausend der Empörer von der Reiterei
zusammengehauen, während der Rest sich auf die nahe-
gelegenen Berge zurückzog. Archelaus liess alsdann ver-
Go gle
Siebzehntes Buch, 9. Kapitel.
477
kündigen, es sollten sich alle nach Hause begeben, was
denn auch geschah, da die Aufständischen es geraten
fanden, aus Furcht vor grösserem Unheil sich vom Feste
zu entfernen, nachdem sie sich aus Unerfahrenheit zu
dem verwegenen Unternehmen hatten hinreissen lassen.
Hierauf begab sich Archelaus mit seiner Mutter, Nikolaus,
Ptolemaeus und vielen seiner Freunde ans Meer, nach-
dem er die Sorge für sein Hauswesen und die Regierungs-
geschäfte seinem Bruder Philippus übertragen hatte.
Ferner begleitete ihn des Herodes Schwester Salome
nebst ihren Söhnen und vielen anderen Verwandten, dem
Scheine nach, um ihm bei Erlangung der Herrschaft
behilflich zu sein, in Wirklichkeit aber, um ihm Hinder-
nisse in den Weg zu legen und ganz besonders, um ihn
wegen der Vorgänge im Tempel zu verklagen. In Caesarea
begegnete dem Archelaus der Finanzverwalter des Caesars
in Syrien, Sabinus, der nach Judaea eilte, um des Herodes
Schätze in Verwahrung zu nehmen. Doch es kam noch
rechtzeitig Varus hinzu, der ihn von der Weiterreise Ab-
stand nehmen hiess. Den Varus aber hatte Archelaus
durch Ptolemaeus herbeirufen lassen, und ihm zuliebe
besetzte Sabinus weder die Festungen Judaeas, noch ver-
siegelte er die Schätze, sondern liess sie in der Gewalt
des Archelaus, bis der Caesar nähere Bestimmungen ge-
troffen haben würde. Dann gab er dem Archelaus ein
förmliches diesbezügliches Versprechen und blieb in
Caesarea zurück. Kaum aber war Archelaus nach Rom
und Varus nach Antiochia abgereist, als Sabinus sich
sogleich nach Jerusalem begab und den Palast in Besitz
nahm. Hierauf liess er die Festungskommandanten und
alle Verwaltungsbeamten rufen, forderte sie auf, Rechen-
schaft abzulegen, und wollte mit den Festungen nach
seinem Gutdünken verfahren. Die Beamten des Archelaus
aber hielten sich streng an dessen Befehle und erklärten,
alles der Entscheidung des Caesars Vorbehalten zu
wollen.
4. Um diese Zeit reiste auch Antipas, der Sohn des
Herodes (von der Samariterin Malthake), nach Rom in
478 Joseph us’ Jüdische Altertümer.
der Absicht, sich daselbst um den Thron zu bewerben.
Verleitet wurde er hierzu durch die Vorspiegelungen der
Salome, die ihm einraunte, er habe bei weitem mehr
Anspruch auf die Regierung als Archelaus, da er indem
früheren Testamente, welches grössere Giltigkeit wie das
spätere habe, zum König ernannt worden sei. Antipas
hatte auch seine Mutter bei sich sowie Ptolemaeus, den
Bruder des Nikolaus, der einst ein besonderer Vertrauter
des Herodes gewesen war, nun aber auf seiner Seite stand.
Am meisten jedoch wurde Antipas zur Bewerbung um
die Herrschaft veranlasst durch den Redner Irenaeus,
der seiner hervorragenden Beredsamkeit wegen . es bis
zum Verwalter des Reiches gebracht hatte. Deshalb
schenkte auch Antipas denen, welche ihm rieten, dem
Archelaus als dem älteren von ihnen und als dem im
letzten Testamente seines Vaters vorherbestimmten Könige
den Vorrang zu lassen, kein Gehör. Als er nun nach
Rom gekommen war, ergriffen sämtliche Verwandten seine
Partei, nicht so sehr aus Anhänglichkeit gegen ihn, als
aus Hass gegen Archelaus. Vor allem nämlich wünschten
sie frei zu sein und nur unter dem römischen Land-
pfleger zu stehen; sollte ihnen das aber nicht gelingen,
so hofften sie bei Antipas immer noch besser zu fahren
als bei Archelaus und boten daher alles auf, um dem
ersteren zur Herrschaft zu verhelfen. Übrigens verklagte
auch Sabinus brieflich den Archelaus beim Caesar.
5. Archelaus übersandte nun dem Augustus einen
Brief, in welchem er seine Rechtsansprüche verteidigte,
nebst dem Testament seines Vaters, ordnete dann den
Ptolemaeus mit einem Verzeichnis der von Herodes
hinterlassenen Schätze und mit dessen Siegel an ihn ab
und sah nun dem Erfolg seiner Bemühungen entgegen.
Als der Caesar die Schriftstücke sowie die Briefe des
Varus und des Sabinus gelesen, sich von dem Nachlasse
des Herodes und den jährlichen Einkünften Kenntnis
verschafft und auch den Brief des Antipas, in welchem
dieser sich um die Herrschaft bewarb, erhalten hatte,
berief er seine Vertrauten zusammen, um deren Meinungs-
Go gle
Siebzehntes Buch, 9. Kapitel.
479
äusserungen entgegenzunehmen, darunter auch Gajus,
den Sohn Agrippas unc^ der Julia, der Tochter des Caesars,
den der letztere adoptiert und dem er im Rate den ersten
Platz zuerkannt hatte. Auf die Aufforderung des Augustus,
zu der vorliegenden Angelegenheit das Wort zu ergreifen,
meldete sich zuerst Antipater, der Sohn der Salome, ein
äussert gewandter und dem Archelaus sehr feindlich ge-
sinnter Mann, welcher ausführte, Archelaus bewerbe sich
wohl jetzt nur zum Scherz um die Herrschaft, da er
sich die Gewalt schon angemasst, ehe der Caesar ihm
dieselbe bestätigt habe. Beweis dessen sei die Kühnheit,
mit der er am Feste so viele Menschen habe umbringen
lassen. Denn wenn dieselben auch unrecht gehandelt
hätten, so hätte ihre Bestrafung doch der rechtmässigen
Obrigkeit Vorbehalten bleiben müssen. Keinesfalls aber
hätte dieselbe von einem Manne vollzogen werden dürfen,
der, wenn er so als König verfahren wäre, den Caesar
beleidigt haben würde, da ihm dessen Gesinnung gegen
ihn noch gar nicht bekannt gewesen sei. Habe er aber
so als Privatmann gehandelt, so sei die Sache noch viel
schlimmer, und es dürfe einem Manne, der sich um die
Königswürde bemühe, vom Caesar nicht die Gewalt ge-
geben werden, deren er vorher diesen selbst beraubt
habe. Weiterhin machte er dem Archelaus zum Vorwurf,
dass er einige Militärobersten ihrer Stellungen enthoben,
dass er sich auf den königlichen Thron gesetzt, Streitig-
keiten entschieden, als ob er schon König wäre, den
Forderungen, die das Volk öffentlich vorgebracht, Er-
füllung zugesagt, kurz sich in allem so benommen habe
dass er auch nicht mehr hätte thun können, wenn er
vom Caesar bereits bestätigt gewesen sei. Dann be-
schuldigte er ihn, die in der Rennbahn Eingeschlossenen
freigelassen zu haben, und brachte manches andere bei,
das teils auf Wahrheit beruhte, teils deshalb den Schein,
der Wahrheit an sich trug, weil derartiges von jungen
Leuten, die aus Herrschsucht voreilig ihre Hand nach
der Krone ausstrecken, verübt zu werden pflegt. Ja, er
warf ihm sogar vor, dass er die Trauer um seinen Vater
480
Josephus* Jüdische Altertümer.
vernachlässigt und gleich in der ersten Nacht nach dessen
Tod Schmausereien veranstaltet habe, worauf auch die
Empörung des Volkes zurückzuführen sei. Wenn er nun
seinem Vater, der ihm so viele und grosse Wohlthaten
erwiesen, mit so schlechtem Dank gelohnt habe, dass er
am Tage wie ein echter Schauspieler Trauer geheuchelt
und die Nächte hindurch in königlichen Lüsten geschwelgt
habe, so werde er sich gewiss gegen den Caesar, wenn
er von ihm die Herrschaft erlange, nicht anders be-
nehmen. Denn er ergötze sich an Gesang und Tanz,
als ob sein schlimmster Feind, nicht aber ein ihm so
nahestehender Wohlthäter aus dem Leben geschieden
wäre. Das Schlimmste aber sei, dass er erst jetzt zum
Caesar komme, um dessen Bestätigung zu erbitten, nach-
dem er schon vorher alles nach seinem eignen Gut-
dünken vollführt habe, obgleich er das erst hätte thun
dürfen, nachdem sein oberster Herr ihm die Vollmacht
dazu gegeben. Besonders viel Wesens machte Antipater
aus dem im Tempel angerichteten Blutbad : an
einem hohen Festtage seien Fremde wie Einheimische
gleich Schlachtopfern hingewürgt und der Tempel mit
den Leichen der Erschlagenen angefüllt worden, und das
nicht etwa auf Geheis s eines Fremden, sondern dessen,
der unter dem Vorwand königlicher Machtvollkommen-
heit sich zu dieser That habe hinreissen lassen, um in
tyrannischer Willkür die schändlichste Ungerechtigkeit
begehen zu können. Daher sei es dem Herodes, der den
Charakter des Archelaus genau gekannt habe, nicht ein-
mal im Traume eingefallen, diesen zu seinem Nach-
folger zu ernennen. Vielmehr habe er in dem Testa-
mente, das den meisten Anspruch auf Rechtsgiltigkeit
habe, dessen Gegner Antipas als König eingesetzt, und
zwar nicht etwa zu einer Zeit, als seine körperlichen
und geistigen Kräfte schon nachgelassen hätten , sondern
bei vollem Verstände und im Besitze derjenigen körper-
lichen Rüstigkeit, die zu solchen Handlungen erforder-
lich sei. Aber selbst wenn auch des Herodes Urteil über
Archelaus früher schon ebenso gelautet hätte, als in dem
Siebzehntes Buch, 9. Kapitel.
481
späteren Testamente, so habe der letztere doch hin-
länglich zu erkennen gegeben , wie er sich als König
benehmen wolle, da er den Caesar, in dessen Macht es
stehe, ihm die Königswürde zu verleihen, in diesem
Rechte beeinträchtigt und schon als Privatmann kein
Bedenken getragen habe, im Tempel seine Mitbürger
hinzuschlachten.
6. Nachdem Antipater so gesprochen und viele seiner
Verwandten als Zeugen für die Wahrheit seiner Worte
aufgerufen hatte, beendigte er, seine Rede, und es erhob
sich nun Nikolaus, der Sachwalter des Archelaus, und
sprach: „Die Vorgänge im Tempel sind mehr der Hart-
näckigkeit derer zuzuschreiben, die dabei den Tod ge-
funden haben, als der Willkür des Archelaus. Denn
diejenigen, welche sich auf solche Dinge einlassen, be-
gehen nicht nur dadurch Unrecht, dass sie Unschuldige
aufreizen , sondern auch dadurch , dass sie die Rache
der Friedliebenden herausfordern. Den Worten nach
haben zwar diese Menschen Feindseligkeiten gegen
Archelaus begangen, in Wahrheit aber offen gegen den
Caesar gefrevelt. Denn es steht ,fest, dass jene Auf-
rührer die Soldaten, die Archelaus zur Unterdrückung
der Bewegung gegen sie gesandt hatte, angegriffen und
niedergemacht haben , ohne Rücksicht auf Gott und
unsere heiligsten Festtage zu nehmen. Das sind also
die Menschen, die Antipater hier in Schutz zu nehmen
sich erdreistet, sei es nun, dass er dadurch seinem Hasse
gegen Archelaus Ausdruck verleihen will, sei es, dass
^r für Recht und Gerechtigkeit keine Empfindung mehr
hat. Denn die, welche andere angreifen und unversehens
überfallen, zwingen die Angegriffenen selbst wider deren
Willen, die Waffen in die Hand zu nehmen. Für alles
übrige aber , was hier dem Archelaus vorgeworfen
worden ist, muss er die Schuld den Anklägern beimessen,
die seine Ratgeber gewesen sind. Denn nichts von dem,
was hier als Unrecht ausgegeben wurde, ist ohne ihren
Rat geschehen, und es handelt sich auch in Wirklichkeit
£ar nicht um Unrecht, sondern man stellt die Thaten
Josephus’ Jüdische Altertümer, II. 31
482
Josephus’ Jüdische Altertümer.
nur aus Hass gegen Archelaus als Ungerechtigkeiten
dar. Hieraus kann man ersehen, wie gross die Sucht
der Ankläger ist, ihrem Verwandten zu schaden, der
sich doch um ihren eigenen Vater so verdient gemacht
und ihnen selbst alle möglichen Freundschaftsdienste
erwiesen hat. Sein Testament aber hat Herodes bei
vollem Verstände aufgesetzt, und zweifellos ist da»
letzte Testament gütiger als das erste, zumal er alle
darin enthaltenen Bestimmungen der Genehmigung des
Caesars Vorbehalten hat. Es ist daher nicht zu be-
fürchten, dass der Caesar die Unbilligkeit derjenigen
nachahmen wird , die , nachdem sie bei Lebzeiten des
Herodes aus dessen Macht nur Nutzen gezogen haben,
jetzt nach seinem Tode sich seinem Willen widersetzen,
und das in dem Bewusstsein , dass sie sich bei weitem
um Herodes nicht so verdient gemacht haben wie
Archelaus. Denn der Caesar ist nicht der Mann , der
das ihm zur Bestätigung vorgelegte Testament eines
Freundes und Bundesgenossen, der sich wie in allen
Stücken so auch in diesem Punkte völlig seinem Willen
untergeordnet hat, für ungiltig erklären wird. Das ent-
spricht in keiner Weise seinem Gerechtigkeitsgefühl und
seiner Treue, die in der ganzen Welt bekannt ist, und
er wird es sich nicht beifallen lassen, zu erklären, ein
König, der einen braven Sohn zu seinem Nachfolger
bestimmt und dazu auch noch den Caesar um die Be-
stätigung seines Testamentes gebeten hat, sei nicht mehr
bei gesundem Verstände gewesen. Denn wenn Herodes
bei Abfassung seines Testamentes noch so viel Verstand
besessen hat, dass er alles der Genehmigung des Caesars
anheimstellte, so musste er doch auch bei der Wahl
seines Nachfolgers noch im vollen Besitz seiner Geistes-
kräfte sein.“
7. Hiermit schloss Nikolaus seine Rede. Der Caesar
aber richtete den Archelaus, der sich ihm zu Füssen
geworfen hatte, freundlich auf und erklärte ihn für am
würdigsten zur Bekleidung der königlichen Gewalt,
womit er deutlich zu verstehen gab, er sei so gesinnt.
Siebzehntes Buch, 10. Kapitel.
483
dass er nichts anderes anordnen werde, als was das
Testament bestimme und was dem Archelaus zum Vor-
teil gereiche. Da er nun merkte, dass Archelaus infolge
dieses hinreichenden Beweises seines Wohlwollens von
Vertrauen zu ihm durchdrungen sei, hielt er es für ge-
raten, vorläufig nichts Endgiltiges festzusetzen. Als-
dann entliess er die Versammelten und ging mit sich
zu Rate, ob er den Archelaus auf dem Throne be-
stätigen oder das Reich unter alle Söhne des Herodes,
die, wie er sah, seiner Hilfe in hohem Grade bedurften,
gleichmässig teilen solle.
Zehntes Kapitel.
Aufstand der Juden gegen Sabinus. Varus stellt die
Ordnung wieder her.
1. Bevor aber in dieser Angelegenheit ein endgiltiger
Beschluss gefasst war, erkrankte und starb des Archelaus
Mutter Malthake, und zugleich kam von Varus, dem
Statthalter Syriens, ein Brief an, worin er von einem
Aufstand der Juden Meldung machte. Nach der Ab-
reise des Archelaus nämlich hatte sich das gesamte
Volk empört. Varus aber schritt nach seiner Ankunft
gegen die Rädelsführer ein , dämpfte den nicht un-
bedeutenden Aufruhr zum grössten Teil und begab sich
dann nach Antiochia zurück, nachdem er in Jerusalem
eine Legion zurückgelassen hatte, um die Juden im
Zaume zu halten, falls sie wieder unruhig würden. Doch
war es ihm nicht gelungen , den Aufstand völlig zu
unterdrücken. Denn sobald Varus abgereist war, machte
Sabinus, der als stellvertretender Landpfleger zurück-
geblieben war, den Juden mancherlei zu schaffen, indem
er hoffte, mit der ihm zu Gebote stehenden nicht ge-
ringen Truppenmacht ihrer Herr werden zu können. Er
nahm überallhin eine Schar bewaffneter Trabanten mit,
durch welche er die Juden bedrückte und zu neuem
Aufruhr reizte, sodass sie, von Gewinnsucht und Raub-
484
Josephus’ Jüdische Altertümer.
lust getrieben, sich der Kastelle zu bemächtigen suchten,
welche die königlichen Schätze bargen.
2. Als nun das Fest Pentekoste herannahte, strömten
in Jerusalem nicht nur zum Gottesdienste, sondern
auch aus Erbitterung über die Gewaltthätigkeit des
Sahinus eine Menge Einwohner aus Galilaea, Idumaea
und Jericho, die nach Tausenden zählten, zusammen.
Ausserdem fanden sich alle Bewohner der jenseits des
Jordans gelegenen Landesteile ein, und endlich schloss
sich eine grosse Anzahl Juden an, die noch mehr als
alle anderen vor Begierde brannten, sich an Sabinus zu
rächen. Die ganze Masse teilte sich in drei Abteilungen,
deren erste sich in die Rennbahn warf, während von
den beiden übrigen die eine die östliche Seite des
Tempels von der Kordseite an bis zur Südseite, die
andere die westliche Seite, wo die Königsburg lag, be-
setzte. Man verfolgte damit den Zweck, die Römer von
allen Seiten einzuschliessen und sie zu belagern. Sabinus,
den ebenso sehr die grosse Menge der Aufrührer wie die
Verwegenheit, mit der sie lieber sterben als unterliegen
wollten, in Schrecken versetzte, gab sogleich dem Varus
briefliche Nachricht und bat ihn um schleunige Hilfe,
da die in Jerusalem zurückgelassene Legion in der
grössten Gefahr schwebe und nahe daran sei, gefangen
und niedergemacht zu werden. Dann stieg er auf den
höchsten Turm der Burg, der zu Ehren Phasaels, des
Bruders des Herodes , nachdem die Parther ihn um-
gebracht hatten, errichtet und nach ihm Phasael genannt
worden war, und gab den Römern das Zeichen zum
Angriff auf die Juden. Während er nun selbst nicht
einmal zu seinen Freunden hinabzusteigen wagte, ver-
langte er doch von anderen, dass sie sich seiner Hab-
sucht wegen in Todesgefahr stürzen sollten. Die Römer
rückten also aus, und es entspann sich ein scharfer
Kampf, iiy welchem zuletzt die Römer Sieger blieben.
Dennoch verloren die Juden in der Gefahr und beim
Anblick der vielen auf ihrer Seite Gefallenen nicht den
Mut, sondern machten eine Schwenkung, stiegen auf
Siebzehntes Buch, 10. Kapitel.
485
die um den äusseren Vorhof des Tempels liegenden
Hallen, erneuerten den Kampf und warfen teils mit
den Händen , teils mit Schleudern Steine von oben
hinab, da sie in dieser Art des Kampfes besonders ge-
übt waren. Zwischen ihnen verteilten sich dann noch
sämtliche Bogenschützen und fügten den Römern ge-
waltigen Schaden zu, weil sie an einem erhabenen Orte
standen, wo die feindlichen Geschosse sie nicht erreichen
konnten, während sie selbst ohne Mühe den Gegnern
zuzusetzen vermochten. Auf diese Art zog sich der
Kampf lange Zeit hin, bis endlich die Römer in ihrer
Erbitterung, ohne dass die oben befindlichen Juden es
merkten, Feuer in die Hallen warfen, welches, da sie
den Feuerbränden leicht entzündliche Stoffe zufügten,
alsbald das Dach ergriff. Dieses aber wurde bei der
grossen Menge von Pech, Wachs und mit Wachs über-
zogenem Golde, das sich an ihm vorfand, sehr schnell
ein Raub der Flammen, und so war das gewaltige und
bewunderungswürdige Werk rasch zerstört. Alle, die
auf den Hallen standen, fanden auf diese Weise un-
versehens den Tod. Denn die einen stürzten mit dem
einbrechenden Dache herab , die anderen wurden von
den Feinden niedergemacht, und viele, die keinen Aus-
weg z ur Rettung erspähen konnten und vor Entsetzen
ausser sich w aren , warfen sich ins Feuer oder töteten
sich, um den Flammen zu entgehen, mit dem eigenen
Schwert. Diejenigen endlich, welche rückwärts auf
demselben Wege entfliehen wollten, auf dem sie herauf-
gestiegen waren , wurden , da sie der Waffen beraubt
waren und selbst in ihrer Verzweiflung nichts mehr
auszurichten vermochten, mühelos von den Römern
niedergemetzelt, sodass von denen, die auf das Dach
gestiegen waren, auch nicht ein einziger mit dem Leben
davonkam. Die Römer aber drangen durch die Flammen,
wo dies möglich war, in das Heiligtum und bemächtigten
sich des Tempelschatzes, von dem die Soldaten einen
grossen Teil an sich rissen, während Sabinus selbst vor
aller Augen vierhundert Talente wegnahm.
486
Josephus’ Jüdische Altertümer.
3. Das Unglück, welches ihre im Kampf gefallenen
Freunde betroffen, sowie die Plünderung des Tempel-
schatzes und der Weihgeschenke erfüllte die Juden mit
grösstem Schmerz. Gleichwohl scharte sich eine Anzahl
der tapfersten Männer zusammen, welche nun die
Königsburg belagerten und sie anzuzünden drohten.
Doch versprachen sie den Belagerten, dass, wenn sie
die Burg rasch verliessen, weder ihnen noch dem Sabinus
etwas geschehen solle. Daraufhin ging der grösste Teil
der Königlichen zu den Juden über; Rufus aber und
Gratus , welche dreitausend der besten Soldaten des
Herodes unter sich hatten, schlugen sich auf die Seite
der Römer. Dasselbe that auch eine Anzahl Reiter,
welche Rufus befehligte, sodass die Römer einen nicht
unbedeutenden Zuwachs erhielten. Nichtsdestoweniger
setzten die Juden die Belagerung fort, legten unter-
irdische Gänge an und schrien den Belagerten zu, sie
sollten sich nur herausscheren und sie nicht hindern,
ihr Vaterland zu befreien. Dem Sabinus wäre nun
freilich nichts erwünschter gewesen, als sich mit seinen
Soldaten davonmachen zu können, doch traute er wegen
der von ihm verübten Frevelthaten den Juden nicht
recht, und die ungewöhnliche Milde der Feinde, die
ihm Verdacht einflösste, war schuld daran, dass er ihre
Bedingungen 'zurückwies. Dazu kam , % dass er von
Varus Hilfe erwartete, und so entschloss er sich, die
Belagerung auszuhalten.
4. Um diese Zeit entstanden in Judaea auch noch
vielerlei andere Unruhen, indem gar manche bald hier,
bald da entweder aus Gewinnsucht oder aus Hass gegen
die Juden Aufruhr anzettelten. So thaten sich in
Judaea selbst zweitausend Mann, die einst unter Herodes
gedient hatten und bereits eine Zeitlang entlassen
waren , zusammen und begannen die Königlichen zu
belagern. Dieser Schar leistete Achiab, der Vetter des
Herodes , Widerstand , doch konnte er sich auf die
Dauer gegen so erfahrene Krieger im Felde nicht
behaupten urtd zog sich deshalb auf unzugängliche
Go gle
Siebzehntos Buch, 10. Kapitel.
487
Anhöhen zurück, um zu retten, was noch zu
retten war.
5. Ferner sammelte ein gewisser Judas, der Sohn des
Räuberhauptmannes Ezechias, der eine grosse Macht be-
lass und von Herodes nur mit Mühe niedergehalten
worden war, bei Sepphoris, einer Stadt in Galilaea, eine
Schar verkommener Menschen, griff damit das Zeughaus
an, bemächtigte sich der daselbst befindlichen Waffen,
teilte sie unter die Seinigen aus, raubte auch das dort
aufbewahrte Geld und verbreitete allseitig Schrecken,
indem er jeden , der ihm in die Hände fiel , plünderte
und mit sich fortschleppte. Ja, er strebte sogar nach
der Königsherrschaft und glaubte dieselbe nicht so sehr
durch Tapferkeit , als vielmehr durch zügellose Zer-
ztörungssucht erringen zu können.
6. Auch ein gewisser Simon, ein Knecht des Königs
Herodes und ein Mensch von hoher, schöner Gestalt,
wollte aus der allgemeinen Verwirrung Nutzen ziehen
und wagte sich die Königskrone aufzusetzen. Dann
sammelte er eine Menge Abenteurer um sich, liess sich
von diesem sinnlosen Haufen als König begrüssen und
glaubte von sich selbst, dass er mehr wie alle anderen
der Königsherrschaft würdig sei. Er plünderte darauf
den Königspalast in Jericho und äscherte ihn ein,
zündete auch noch' an vielen anderen Orten die könig-
lichen Schlösser an und überliess alles, was sich darin
vorfand, seiner Mannschaft als Beute. Zweifellos hätte
er noch schlimmeres Unheil angerichtet, wenn man nicht
zeitig gegen ihn eingeschritten wäre. Gratus nämlich
vereinigte die königlichen Streitkräfte mit den Römern
und zog ihm mit seiner gesamten Truppenmacht ent-
gegen. Nach einem langen und scharfen Gefechte
wurde die Bande des Simon, die aus den Gegenden jen-
seits des Jordan zusammengelaufen war und mehr toll-
kühn als kunstgerecht ohne alle Ordnung kämpfte,
gänzlich vernichtet. Simon selbst aber wurde, als er,
um sein Leben zu retten, durch einen Engpass entfliehen
wollte, von Gratus eingeholt und enthauptet. Auch bei
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Josephas’ Jüdische Altertümer.
Amatha, einer Stadt am Jordan, wurde ein königliches
Schloss von einer Horde, die der des Simon ähnlich
war, in Brand gesteckt. Ein solcher Taumel war da-
mals über das ganze Volk gekommen, weil es keinen
eigenen König hatte, der durch eine gerechte und kraft-
volle Regierung die Menge hätte lenken können, und
weil die Ausländer, die zur Züchtigung der Auf-
ständischen ins Land eingedrungen waren, durch ihren
Übermut und ihre Habsucht das Übel nur noch ver-
schlimmerten.
7. Hierauf vermass sich auch ein gewisser Athronges,
ein Mann, der sich weder auf vornehme Herkunft, noch
auf Tüchtigkeit und Reichtum berufen konnte, sondern
ein einfacher Schafhirt war und sich durch nichts
anderes als durch einen riesenhaften Körperbau und
gewaltige Stärke auszeichnete , seine Hand nach der
Krone auszustrecken. Dieser sehnte sich so sehr nach
der Macht, anderen Schaden zufügen zu können, dass
er, obgleich er beständig den Tod vor Augen sah, doch
den Verlust des Lebens, den er sich durch seine Übel-
thaten zuziehen würde, für nichts achtete. Er hatte vier
Brüder, welche, da sie ebenfalls von gewaltigem Körperbau
und so handfest waren, dass sie jedem noch so schwierigen
Unternehmen gewachsen schienen , seiner Meinung nach
ihm sehr nützlich bei der Behauptung der errungenen
Herrschaft sein konnten. Jeder von diesen vier Brüdern
befehligte eine Rotte Abenteurer, da eine grosse
Menschenmasse ihnen zugelaufen war, und als Anführer
dieser Rotten Hessen sie sich auf Gefechte ein und
schlugen sich für Athronges. Er selbst aber setzte sich
die Königskrone auf, hielt Rat, wie man die einzelnen
Unternehmungen anzugreifen habe, und ordnete alles
nach seiner Willkür an. So hielt er sich lange Zeit,
führte den Titel König und that, was ihm beliebte; auch
verursachte er mit seinen Brüdern den Römern nicht
weniger Schaden wie den Königlichen, da er gegen
beide Teile in gleicher Weise aufgebracht war, gegen
die Königlichen nämlich wegen des Übermutes, den sie
Siebzehntes Buch, 10. Kapitel.
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unter Herodes an den Tag gelegt, und gegen die Römer
wegen der Unbilden, welche diese ihm zugefügt hatten.
In der Folgezeit wüteten sie überall mit gleicher Grau-
samkeit, sodass bei ihrer Habgier und Mordsucht kaum
einer, der ihnen in die Hände fiel, dem Tode entging.
Eines Tages griffen sie sogar bei Emmaus eine römische
Kohorte an, die dem Heere Getreide und Waffen zu-
führte, und umzingelten dieselbe so vollständig, dass sie
den Befehlshaber der Abteilung, Arius, welcher zugleich
Anführer der Legion war, nebst vierzig der tapfersten
Fusssoldaten mit Pfeilschüssen niederstrecken konnten.
Den übrigen, die infolge dieser Niederlage wie fassungs-
los waren, eilte Gratus mit den Königlichen zu Hilfe,
sodass sie unter Zurücklassung der Leichen ihrer Kame-
raden noch so eben mit dem Leben davon kamen. In
dieser Weise trieben es die Abenteurer noch lange Zeit,
Hessen sich bald hier, bald da auf Gefechte ein und
fügten den Römern ebenso bedeutenden Schaden zu, als
sie ihr eigenes Volk schwer bedrückten. Später aber
unterlagen sie alle vier: der eine fiel in einem Treffen
gegen Gratus, der andere bei einem Zusammenstoss mit
Ptolemaeus, und als auch der älteste in die Gewalt des
Archelaus geraten war, grämte sich der vierte so sehr
über seines Bruders Geschick, dass er, da übrigens auch
seine Mannschaft durch Krankheiten und die beständigen
Strapazen völlig erschöpft war, sich ebenfalls auf Gnade
und Ungnade dem Archelaus ergab. Doch geschah dies
erst später.
8. So war Judaea eine wahre Räuberhöhle, und wo
sich nur immer eine Schar von Aufrühren zusammen-
that, wählten sie gleich Könige, die dem Staate sehr
verderblich wurden. Denn während sie den Römern nur
unbedeutenden Schaden zufügten, wüteten sie gegen ihre
eigenen Landsleute weit und breit mit Mord und Tod-
schlag.
9. Sobald Varus aus einem Briefe des Sabinus die
Lage der Dinge erfuhr, zog er, besorgt wegen des
Schicksals der in Jerusalem zurückgelassenen Legion,
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Josephus’ Jüdische Altertümer.
die beiden anderen der in Syrien liegenden drei
Legionen sowie vier Schwadronen Reiter und alle Hilfe*
truppen der Könige und Tetrarchen an sich und eilte
damit den in Judaea Belagerten zu Hilfe. Alle voraus-
geschickten Truppen hatten Befehl , schleunigst nach
Ptolemais zu marschieren. Auch die Berytier stellten
ihm, als er durch ihre Stadt zog, noch fünfzehnhundert
Mann Bundestruppen, und ebenfalls sandte ihm Aretas,
der König des petraeischen Arabien, der aus Hass gegen
Herodes ein Freund der Römer geworden war. ausser
Reitern und Fusssoldaten noch sonstige Hilfsmittel. Als
nun die ganze Streitmacht bei Ptolemais versammelt
war, übergab er einen Teil derselben seinem Sohne und
einem seiner Freunde und befahl ihnen, die oherhalb
Ptolemais wohnenden Galiläer mit Krieg zu überziehen.
Diese Abteilung griff alsbald die Feinde an, schlug sie
in die Flucht, äscherte die Stadt Sepphoris ein und ver-
kaufte deren Einwohner in die Sklaverei. Varus selbst
zog mit dem gesamten übrigen Heere auf Samaria an.
Weil aber diese Stadt sich am Aufstande nicht beteiligt
hatte, verschonte er dieselbe und schlug sein Lager bei
dem Dorfe Arus auf, das zum Gebiete des Ptolemaeus
gehörte. Dieses Dorf legten die von Aretas dem Varus
zu Hilfe geschickten Araber, die aus Hass gegen He-
rodes auch dessen Freunden feindlich gesinnt waren, in
Asche. Von da zogen die Araber weiter und plünderten
und verbrannten einen anderen sehr befestigten Ort mit
Kamen Sampho. Auch was ihnen sonst auf ihrem
Marsch in die Quere kam, verheerten sie durch Feuer
und Schwert. Varus seinerseits liess Emmaus, das je-
doch von seinen Bewohnern schon verlassen war, in
Flammen aufgehen, um den dort Gefallenen ein feier-
liches Totenopfer zu bringen. Alsdann rückte er gegen
Jerusalem. Sobald* aber die Juden, welche die Legion
von dieser Seite aus belagerten, das Heer des Varus ge-
wahrten, ergriffen sie die Flucht und Hessen von der
Belagerung ab. Als nun Varus den Juden zu Jerusalem
heftige Vorwürfe machte, entschuldigten sie sich damit,
Siebzehntes Buch, 10. Kapitel.
491
dass das Volk des Festes wegen in Jerusalem sich so
massenhaft eingefunden habe, und dass der Krieg nicht
auf ihren Rat, sondern nur infolge der Verwegenheit der
Auswärtigen unternommen worden sei. Sie seien mehr
in Gemeinschaft mit den Römern belagert worden, als
sie selbst daran gedacht hätten, die Römer zu belagern.
Es waren aber schon vorher demVarus entgegengezogen
Joseph us, der Vetter des Herodes, Gratus und Rufus
mit ihren Soldaten sowie die Römer, welche belagert
gewesen waren. Sabinus dagegen kam dem Varus nicht
unter die Augen , sondern entfernte sich heimlich aus der
Stadt und reiste nach der Küste.
10. Darauf sandte Varus einen Teil seiner Truppen
durchs Land, um die Urheber der Empörung aufzu-
suchen. Von den ermittelten Rädelsführern bestrafte er
nur die, welche am meisten schuldig befunden wurden,
während er die übrigen freiliess. Im ganzen wurden
zweitausend um dieser Ursache willen ans Kreuz ge-
schlagen. Das Kriegsvolk aber, welches ihm nun zu
nichts mehr dienlich sein konnte, verabschiedete er, da
es seinem Willen und Befehl zuwider aus Raubgier
vielerlei Frevelthaten begangen hatte. Als er dann
vernahm, es hätten sich wieder zehntausend Juden zu-
sammengerottet, brach er sogleich auf, um sie nieder-
zuwerfen. Die Juden wagten indes nicht, mit ihm hand-
gemein zu werden, sondern ergaben sich ihm auf den
Rat des Achiab samt und sonders. Varus liess nun
dem gemeinen Haufen der Empörer Verzeihung zuteil
werden, die Anführer aber schickte er sämtlich dem
Caesar zu. Dieser entliess die meisten von ihnen un-
bestraft, und nur die, welche zu den Verwandten des
Herodes gehörten und sich den Aufrührern angeschlossen
hattep, liess er hinrichten, weil sie allem Recht und
Pflichtgefühl zum Hohn gegen ihre eigenen Verwandten
die Waffen ergriffen hatten. •
Go gle
492
Josephus' Jüdische Altertümer.
Elftes Kapitel.
Gesandtschaft der Juden an den Caesar. Augustus
bestätigt das Testament des Herodes.
1. Als Varus den Aufstand niedergeworfen hatte,
liess er die Legion, welche auch bisher dort gelegen
hatte, als Besatzung in Jerusalem zurück und begab
sich wieder nach Antiochia. In Rom aber bekam Arche-
laus neue Händel aus folgender Veranlassung. Von
seiten der Juden war mit Erlaubnis des Varus eine Ge-
sandtschaft nach Rom beordert worden, um dort das
Begehren zu stellen, dass sie frei nach ihren Gesetzen
leben dürften. Der Männer, die nach dem Beschluss
des gesamten Volkes geschickt wurden, waren fünfzig,
und zu Rom schlossen sich ihnen noch über achttausend
Juden an. Da nun der Caesar im Tempel des Apollo,
den er mit grossen Kosten erbaut hatte, eine Rats-
Versammlung seiner Freunde und der vornehmsten Römer
anberaumt hatte, kamen dahin auch die Gesandten, ge-
folgt von einer Menge römischer Juden, und ArchelauB
hatte sich ebenfalls mit seinen Freunden eingefunden.
Was die Verwandten des Königs Herodes betrifft, so
wollten sie weder für Archelaus Partei ergreifen, weil
sie ihn hassten, noch gegen ihn, weil sie es für un-
ziemlich hielten, in Gegenwart des Caesars einem so
nahen Verwandten feindlich entgegenzu treten. Auch
Philippus war auf Varus’ Antrieb aus Syrien gekommen,
hauptsächlich um seinen Bruder, dem Varus besonders
zugethan war, zu unterstützen, dann aber auch, um, falls
eine Änderung in den Regierungsverhältnissen des
Königreiches eintreten sollte, seinerseits nichts zu ver-
nachlässigen, damit auch er einen Teil davon erhielte.
Da nämlich viele Juden nach ihren eigenen Gesetzen
zu leben begehrten, glaubte Varus, das Königreich würde
geteilt werden.
2. Als nun den Gesandten der Juden das Wort er-
teilt wurde, fürchteten sie sich, von Auflösung des
Siebzehntes Buch, 1 1 . Kapitel.
493
Reiches zu sprechen, und begannen daher mit der Klage
über die Ungerechtigkeiten des Herodes. Dem Namen
nach, sagten sie, sei derselbe wohl König gewesen, in
der That aber habe er die ärgste Tyrannei ausgeübt,
vieles zum Verderben der Juden ersonnen und sich
nicht gescheut, eine Menge willkürlich erdachter
Neuerungen einzuführen. Eine grosse Anzahl Menschen
habe er, was in früheren Zeiten niemals geschehen sei,
auf verschiedene Art aus dem Wege geräumt. Diejenigen
aber, welche er am Leben gelassen, seien noch viel
unglücklicher, einmal wegen der Angst, die sein blut-
dürstiges Wesen ihnen eingeflösst habe, dann aber auch
wegen der beständigen Besorgnis, ihr Vermögen zu ver-
lieren. Die benachbarten, von Ausländern bewohnten
Städte habe er verschönert, um die in seinem eigenen
Reiche gelegenen durch Steuern zu erschöpfen und zu
Grunde zu richten. Das Volk, das bei seinem Re-
gierungsantritt sich noch eines besonderen Wohlstandes
erfreut habe, habe er völlig verarmen, die Vornehmen
um der geringfügigsten Ursache willen töten und ihr
Vermögen einziehen lassen, und diejenigen, denen er
wenigstens noch das Leben geschenkt, seien von ihm um
Hab und Gut gebracht worden. Ausserdem, dass er
die den einzelnen auferlegten jährlichen Abgaben aufs
strengste eingetrieben habe, sei man auch noch genötigt
gewesen, ihm selbst, seinen Verwandten und Freunden
sowie den Steuereinnehmern reiche Geschenke zu geben,
weil man sich der Plackereien nur mit Aufopferung
von Silber und Gold habe erwehren können. Nicht
reden wolle man davon, wie er mit der grössten Scham-
losigkeit Frauen und Jungfrauen geschändet habe, weil
es den Geschändeten fast mehr zum Trost gereiche,
dass die Misshandlungen verborgen blieben, als dass sie
nicht geschehen sein möchten. Kurz, sie seien von
Herodes so misshandelt worden, dass ein wdldes Tier
ihnen wohl keine schlimmeren Unbilden hätte anthun
können, wenn es zur Herrschaft über sie gelangt wäre.
Zwar sei ihr Volk auch schon früher von schweren
Go gle
494
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Unglücksfällen heimgesucht und zu Auswanderungen
gezwungen worden; aber es komme doch in der Ge-
schichte kein Beispiel einer Drangsal vor, die mit dem
gegenwärtigen Elend, welches Herodes heraufbeschworen,
verglichen werden könne. Deshalb hätten sie auch zu-
nächst mit gutem Grund den Archelaus freudig als
König begrüsst, da sie überzeugt gewesen seien, es
könne nicht leicht ein Nachfolger des Herodes, wer es
auch sei, diesen an Härte übertreffen. Ja, sie hätten
sogar dem Archelaus zulieb dessen Vater öffentlich be-
trauert, und sie würden noch mehr gethan haben, um
sich sein Wohlwollen zu sichern, wenn sie ihn nur da-
durch etwas milder hätten stimmen können. Archelaus
aber habe, gleich als ob er ängstlich gewesen sei, man
möchte ihn nicht für den echten Sohn des Herodes
halten, unverzüglich seine Gesinnung gegen das Volk
dargelegt, und das zu einer Zeit, da er des Thrones noch
gar nicht sicher gewesen sei, sondern es noch beim
Caesar gestanden habe, ob er ihm denselben geben oder
verweigern wolle. Gleich zu Anfang seiner Regierung
nämlich habe er seinen Unterthanen eine Probe seiner
Mässigung und seines Gefühls für Recht und Billigkeit
gegeben, indem er den Frevel gegen Gott und Menschen
begangen habe, dreitausend seiner Landsleute im Tempel
hinzumorden. Sei nun ihr Hass gegen Archelaus nicht
vollkommen berechtigt, zumal poch der Umstand hinzu
komme , dass er eine Anklage gegen sie erhoben habe,
als ob sie sich seiner Herrschaft widersetzt hätten ?
Mit einem Wort, ihre Forderung gehe dahin, dass sie
von solcher Herrschaft befreit, der Provinz Syrien zu-
geteilt und einem römischen Landpfleger unterstellt
würden. Auf diese Weise werde es sich zeigen, ob sie
aufrührerisch und umstürzlerisch, oder aber unter einer
gerechten Regierung ruhig und zufrieden seien.
3. Sobald die Juden diese ihre Rede beendigt hatten,
unternahm es Nikolaus, die Könige von den gegen sie
erhobenen Beschuldigungen zu reinigen. Herodes, sagte
er, sei bei seinen Lebzeiten niemals wegen irgend einer
Siebzehntes Buch, 11. Kapitel.
495
Sache von ihnen angeklagt worden, und es sei nicht recht,
dass, da sie ihn während seines Lebens vor den gesetz-
mässigen Richtern hätten verklagen und zur Verant-
wortung ziehen können, sie nun nach seinem Tode solche
Anklagen gegen ihn vorbrächten. Was aber Archelaus
gethan, das komme auf Rechnung ihrer eigenen Un-
gerechtigkeit und Widersetzlichkeit. Denn nachdem sie
sich ganz ungesetzmässig benommen und diejenigen zu
morden angefangen hätten, deren Beruf es gewesen sei,
sie von ihren Ungerechtigkeiten abzuhalten, kämen sie
nun und klagten, dass sie für diese Ungerechtigkeiten
bestraft worden seien. Dann warf er ihnen vor, dass
sie ihr Vergnügen an Neuerungen und Erregung von
Aufständen hätten, und dass sie nicht verständen, Ge-
rechtigkeit zu üben und den Gesetzen zu gehorchen,
sondern überall vorgezogen sein und Recht haben wollten.
So sprach Nikolaus.
4. Als der Caesar diese Reden angehört hatte, ent-
liess er die Versammlung. Einige Tage später ernannte
er den Archelaus zwar nicht zum König, wohl aber zum
Ethnarchen über die Hälfte des Gebietes, welches dem
Herodes unterworfen gewesen war; auch versprach er
ihm den Königstitel, wenn er sich durch seine Tüchtig-
keit dessen würdig zeige. Die andere Hälfte zerlegte er
in zwei Teile und gab diese den beiden ebenfalls an-
wesenden Söhneni des Herodes, Philippus und Antipas,
von denen der letztere mit seinem Bruder Archelaus
sich um die Herrschaft über das ganze Reich beworben
hatte. Dem Antipas fiel das Gebiet jenseits des Jordan
sowie Galilaea zu, die zusammen zweihundert Talente an
Jahresabgaben zahlten. Batanaea aber mit Trachonitis
und Auranitis nebst einem Teil des sogenannten Besitz-
tums des Zenodorus (der Landschaft Abilene) wurden
dem Philipp us zugeteilt, dem diese Ländergebiete jähr-
lich hundert Talente einbrachten. Dem Archelaus fielen
sonach Idumaea, Judaea und Samaria zu, und es wurde
den Samaritern der vierte Teil ihrer Abgaben nach Be-
schluss des Caesars erlassen, weil sie sich an dem Auf-
Go gle
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Josephus’ Jüdische Altertümer.
stände nicht beteiligt hatten. Zum Gebiete des Archelaus
gehörten die Städte Straton sturm , Sebaste, Joppe und
Jerusalem, während die Griechenstädte Gaza, Gadara
und Hippos von demselben durch den Caesar getrennt
und mit Syrien verbunden wurden. Archelaus hatte
aus seinem Anteil jährlich sechshundert Talente Ein-
kommen.
5. So wurde das Reich des Herodes unter seine Söhne
verteilt. Der Salome aber schenkte der Caesar ausser
den Besitzungen, die ihr Bruder ihr schon vermacht
hatte, nämlich Jamnia, Azot und Phasaelis, und ausser
dem ihr bereits zugefalleuen Legate von fünfhundert-
tausend Stücken geprägten Silbers noch den Königs-
palast zu Askalon. Sie bezog daraus im ganzen sechzig
Talente Jahreseinkommen. Ihr Wohnhaus lag im Ge-
biete des Archelaus. Auch den übrigen Verwandten
des Herodes wurden ihre Legate ausgezahlt, wie dieser
im Testament bestimmt hatte. Den beiden noch jung-
fräulichen Töchtern des Herodes machte der Caesar
ausser dem, was ihnen der Vater hinterlassen hatte, je
zweihundertfünfzigtausend Stücke geprägten Silbers zum
Geschenk und vermählte sie dann mit den Söhnen des
Pheroras. Alles aber, was Herodes ihm selbst vermacht
hatte, im ganzen fünfzehnhundert Talente, stellte er
den Söhnen des Königs wieder zu und behielt nur
einige Gefässe, nicht wegen ihres grossen Wertes,
sondern als Andenken an Herodes.
Zwölftes Kapitel.
Vom falschen Alexander.
1. Als der Caesar auf diese Weise alles geordnet
hatte, trat ein junger Mann von jüdischer Abstammung
auf, der in Sidon bei dem Freigelassenen eines römischen
Bürgers erzogen worden war, und gab sich für einen
Sohn des Herodes aus, wobei ihm seine Ähnlichkeit mit
Siebzehntes Buch, 12. Kapitel.
497
Alexander, dem Sohne des Herodes, den dieser hatte
hinrichten lassen, sehr zu statten kam. Die Ähnlichkeit
bezeugten übrigens alle, welche die beiden gesehen
hatten. Hierdurch also wurde Alexander veranlasst, die
Herrschaft für sich in Anspruch zu nehmen. Als
Helfershelfer benutzte er dabei einen Menschen seines
Stammes, der in Hofintriguen erfahren und auch sonst
ein vollendeter Böse wicht und zur Anstiftung von Un-
ruhen wie geschaffen war. Derselbe war sein Lehrmeister
in solchen schlechten Künsten gewesen, und so fand er
den Mut, sich für Alexander, den Sohn des Herodes,
auszugeben, der von einer der bei der Hinrichtung be-
schäftigt gewesenen Personen versteckt worden sei. Der
Betreffende habe nämlich, um den Betrug zu vertuschen,
statt seiner und des Aristobulus andere getötet und sie
beide am Leben gelassen. In dieser seiner Anmassung
fuhr er nun fort, diejenigen, mit welchen er zusammen-
traf, durch sein Geschwätz irre zu führen, sodass, als er
nach Kreta gekommen war, alle Juden, an die er sich
dort wandte, ihm Glauben schenkten und ihn reichlich
mit Geld unterstützten, das er zur Überfahrt nach Melos
verwandte. Auch hier gelang es ihm, grosse Geld-
summen zusammenzubringen, weil man allgemein glaubte,
er sei aus königlichem Blut entsprossen, und sich der
Hoffnung hingab, er werde das Reich seines Vaters
wieder an sich bringen und dann seinen Gönnern sich
erkenntlich zeigen. Alsdann machte er sich auf den
Weg nach Rom, begleitet von seinen Gastgebern, und
landete zunächst in Dikaearchia J wo ihm wieder ajles
so gut von statten ging, dass er auch die Bewohner
dieses Ortes für seinen Betrug gewann. Ja, man schloss
sich bereits an ihn an, als ob er schon König wäre, und
besonders thaten dies diejenigen, die früher zu Herodes
in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatten.
Es war auch zu natürlich, dass man seinen Worten
Glauben schenkte, da die Menschen sich gern von der
1 Puteoli (siehe Leben des Josephus Abschnitt 3).
Josephus' Jüdische Altertümer, U.
32
498
Josephus’ Jüdische Altertümer.
äußseren Gestalt ein nehmen lassen, und so gelang es
ihm leicht, denjenigen, welche mit Alexander verkehrt
hatten, die Überzeugung beizubringen, er sei eben jener
Alexander, was diese dann anderen gegenüber sogar
eidlich versicherten. Und als sich nun der Ruf von
ihm auch bis nach Rom verbreitet hatte, zog die ganze
Menge der dort lebenden Juden ihm entgegen, erkannte
darin, dass er wider alles Erwarten am Leben erhalten
worden sei, die Vorsehung Gottes und begrüsste ihn, wo
immer er auf seinem Wagen sich zeigte, besonders seiner
mütterlichen Abstammung wegen mit jubelnder Freude,
zumal er einen wahrhaft königlichen Pomp entfaltete,
wozu ihm seine Gastfreunde die Mittel gewährten.
Schliesslich strömte das Volk in Masse ihm zu, beglück-
wünschte ihn und erwies ihm alle Ehrenbezeugungen,
die man denen angedeihen zu lassen pflegt, welche un-
verhofft ihrem Verderben entronnen sind.
2. Als nun die Sache auch dem Caesar gemeldet
wurde, konnte sich dieser nicht entsch Hessen, daran zu
glauben, weil er zu gut wusste, dass Herodes in einer
so wichtigen und ihn selbst so nahe berührenden An-
gelegenheit nicht so leicht sich hätte täuschen lassen.
Da er jedoch seiner Sache nicht ganz sicher war,
schickte er einen seiner Freigelassenen Namens Celadus,
der mit den Söhnen des Herodes einst vertraulich ver-
kehrt hatte, hin, um ihm den angeblichen Alexander
vorzuführen. Diesem Befehl kam Celadus nach, aber
auch er vermochte den jungen Mann nicht besser wie
die anderen zu erkennen. Der Caesar indes liess sich
nicht täuschen. Denn wenn auch eine gewisse Ähnlich-
keit nicht wegzuleugnen war, so war dieselbe doch nicht
so gross, dass sie den hätte einnehmen können, der eine
schärfere Beobachtungsgabe besass. Dieser falsche
Alexander nämlich hatte rauhe, von harter Arbeit
zeugende Hände, und statt eines zarten Körpers , wie
ein Mann von feiner Erziehung ihn hätte aufweisen
müssen, war der seine ungelenk und plump. Da nun
der Caesar merkte, dass hier der Schüler dem Meister
Siebzehntes Buch, 12. Kapitel.
499
an Lügenferfcigkeit nichts nachgab, und dass der eine
ebenso frech die Unwahrheit behauptete wie der andere,
fragte er den angeblichen Alexander, wie es denn dem
Aristobulus, der mit ihm zugleich gerettet worden, er-
gangen und weshalb derselbe nicht auch gekommen sei,
um das ihm infolge seiner vornehmen Herkunft zu-
stehende Recht in Anspruch zu nehmen. Die Antwort
lautete, Aristobulus sei aus Furcht vor den Gefahren
des Meeres auf der Insel Cypern zurückgeblieben, damit,
wenn ihm, dem Alexander, etwas Menschliches begegne,
das Geschlecht der Mariamne nicht gänzlich ausgerottet
würde , sondern wenigstens Aristobulus noch am Leben
bliebe, um es mit seinen Feinden aufzunehmen. Als
nun der, welcher diese Ausrede ersonnen hatte, die Aus-
sage des jungen Mannes bekräftigte, nahm der Caesar
den letzteren beiseite und sprach zu ihm: „Wenn du
mir die Wahrheit gestehst, will ich dir zur Belohnung
das Leben schenken. Sage mir also, wer du bist, und
wer dich zu solchem Unterfangen beschwätzt hat. Denn
dein Vorgehen verrät eine Tücke, die man deinem Alter
nicht Zutrauen kann.“ Da entdeckte der junge Mann,
der nicht wohl anders konnte, dem Caesar den ganzen
Plan und gab auch an, wie und von wem derselbe aus-
gedacht worden sei. Der Caesar, der sein gegebenes
Wort nicht brechen wollte, schickte sodann den falschen
Alexander, weil er sah, dass derselbe zu anstrengender
Arbeit tauglich war , auf die Ruderbank , den Anstifter
des Betruges aber liess er hinrichten. Übrigens war es
für die Bewohner von Melos schon Strafe genug, dass
sie das viele Geld verloren, welches sie dem falschen
Alexander gegeben hatten. Einen so schimpflichen
Ausgang hatte das tollkühne Unternehmen des falschen
Alexander.
500
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Dreizehntes Kapitel.
Wie Archelaus abermals verklagt und nach Vienna
verbannt wurde.
1. Als der zum Ethnarchen ernannte Archelaus nach
Judaea zurückgekehrt war, entsetzte er Joazar, den Sohn
des Boethos, den er der Parteinahme für die Aufrührer
beschuldigte, seines hohepriesterlichen Amtes und über-
trug dasselbe an dessen Bruder Eleazar. Alsdann stellte
er den Königspalast in Jericho prächtig wieder her und
leitete die Hälfte des Wassers, welches das Dorf Neara
versorgte, auf das Feld, das er ganz mit Palmbäumen
bepflanzt hatte. Weiterhin baute er einen Ort, den er
Archelais nannte. Auch nahm er gegen die Vorschrift
des väterlichen Gesetzes Glaphyra, die Tochter des Königs
Archelaus und ehemalige Gattin seines Bruders Alexander,
mit welcher dieser eine Anzahl Kinder gezeugt hatte,
zur Ehe. Bei den Juden gilt es nämlich als verabscheuens-
wert, das Weib seines Bruders zu heiraten. Eleazar
blieb übrigens nicht lange Hohepriester, da noch bei
beinen Lebzeiten Josua, der Sohn des Sie, an seine
Stelle trat.
2. Im zehnten Jahre der Regierung des Archelaus
verklagten ihn die Vornehmsten der Juden und Samariter,
die seine Grausamkeit und Tyrannei nicht mehr ertragen
konnten, beim Caesar, besonders da sie erkannt hatten,
dass er dem Befehle des letzteren, sie mild zu behandeln,
keineswegs nachgekommen war. Als der Caesar diese
Klagen vernahm, ergrimmte er, liess, weil er den Archelaus
keines Schreibens würdigte, dessen Verwalter in Rom,
der gleichfalls Archelaus hiess, rufen und sprach zu ihm:
„Schiffe dich sofort ein, begieb dich zu ihm hin und
führe ihn mir ungesäumt vor.“ Archelaus benutzte darauf
die erste Fahrgelegenheit, und als er nach Judaea kam,
traf er den Fürsten bei einem Gastmahl, welches der-
selbe mit seinen Freunden hielt. Er machte ihn sofort
mit dem Willen des Caesars bekannt und drängte ihn
zur schleunigen Abreise. Als nun Archelaus in Rom
Go gle
Siebzehntes Buch, 13. Kapitel.
501
angekommen war und Augustus ihn in ordnungsmässiger
Gerichtssitzung zur Verantwortung gezogen hatte, bestrafte
er ihn mit Einziehung seines Vermögens und verbannte
ihn nach Vienna, einer Stadt in Gallien. 1
3. Bevor aber Archelaus nach Rom berufen wurde,
erzählte er seinen Freunden folgenden Traum. Es habe
ihm geträumt, dass zehn volle und reife Weizenähren
von Ochsen abgefressen worden seien. Als er erwacht
war, liess er, weil er den Traum für wichtig hielt, die
Traumdeuter rufen. Da diese aber in ihrer Auslegung
nicht überein stimmten, erbat sich ein gewisser Essener
Simon das Wort und erklärte dem Archelaus, der Traum
zeige eine schlimme Veränderung an. Die Ochsen näm-
lich bedeuteten Elend, weil sie mit harter Arbeit geplagt
seien, und zugleich bedeuteten sie eine Veränderung,
weil der Boden, der von ihnen bebaut werde, nicht immer
in dem nämlichen Zustand bleiben könne. Die zehn
Ähren aber zeigten ebenso viele Jahre an, "weil die Ähre
in einem Sommer zur Reife gelange, und es stehe daher
das Ende der Herrschaft des Archelaus bevor. So legte
Simon den Traum aus, und am fünften Tage danach
fand sich der Verwalter Archelaus auf Befehl des Caesars
in Judaea ein , um den Fürsten nach Rom zu berufen.
4. Etwas Ähnliches begegnete auch seiner Gemahlin
Glaphyra, der Tochter des Königs Archelaus, die, wie
oben erwähnt, zuerst Alexander, den Sohn des Herodes
und Bruder des Archelaus, geheiratet hatte. Später, als
Alexander auf Befehl seines Vaters hingerichtet worden
war, ehelichte sie Jubas, den König von Libyen 2 , und
da sie nach dessen Tod als Witwe im Hause ihres Vaters
lebte, nahm sie Archelaus zur Gattin, nachdem er seine
bisherige Gemahlin Mariamne verstossen hatte — so sehr
liebte er die Glaphyra. Als sie nun mit Archelaus ver-
mählt war, hatte sie folgenden Traum. Es habe ihr ge-
schienen, Alexander stehe an ihrer Seite ; darüber sei sie
1 6 n. Chr.
2 Jubas, der König von Libyen oder Numidien, war einer der ge-
bildetsten Fürsten jener Zeit und zugleich ein fruchtbarer Schriftsteller.
Go gle
502
Josephns’ Jüdische Altertümer.
hocherfreut gewesen, sodass sie ihn herzlich umarmt habe.
Er aber habe sich bei ihr beklagt und sie folgender-
massen angeredet: „Glaphyra, so bewahrheitest du also
das Sprichwort, dass man den Weibern nicht trauen
dürfe, da du, als Jungfrau mir verlobt und vermählt,
mir Kinder geboren und dennoch meiner Liebe vergessen,
einen anderen geheiratet und, auch mit dieser Schmach
noch nicht zufrieden, dich einem dritten Manne hin-
gegeben hast, indem du mit Schimpf und Schande dich
wiederum in meine Familie eindrängtest und deinem
Manne Archelaus, meinem Bruder, die Hand reichtest.
Ich werde aber trotzdem meiner Liebe zu dir nicht ver-
gessen, sondern dich von deiner Schande befreien und
dich wieder zu der Meinigen machen, wie du es früher
warst.“ Nachdem sie diesen Traum ihren Freundinnen
erzählt hatte, starb sie einige Tage darauf.
ö. Ich glaubte dies in meine Erzählung aufnehmen
zu müssen, weil ich gerade von den Königen sprach,
besonders aber auch; weil daraus ein Beweis für die Un-
sterblichkeit der Seele und für das Walten der göttlichen
Vorsehung hergeleitet werden kann. Sollte es jemand
unglaublich Vorkommen, so mag er seine eigene Meinung
darüber haben; nur wolle er einer Sache nicht hinder-
lich sein, die ihn zur Tugend anspornen kann. —
Übrigens wurde das Gebiet des Archelaus der Provinz
Syrien einverleibt, und der Caesar schickte nun den
Quirinius, einen gewesenen Konsul, ab, um eine Schätzung
des Vermögens in Syrien vorzunehmen und die Güter
des Archelaus zu verkaufen. /
f
Achtzehntes Buch.
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 32 Jahren.
Inhalt.
1. Wie Quirinius vom Caesar gesandt wurde, um Syrien und Judaea
einzuschätzen und des Archelaus Güter zu verkaufen, und
wie Judaea aus einem Königreich zur Provinz gemacht wurde.
Wie Coponius, ein Mann ritterlichen Standes, als Landpfleger
nach Judaea geschickt wurde. Wie Judas der Galiläer und
einige andere das Volk beredeten, sich der Einschätzung zu
widersetzen , und wie manche diesem Rate folgten , bis der
Hohepriester Joazar zum Gehorsam gegen die Römer ermahnte.
2. Welche und wie viele Philosophenschulen es bei den Juden gab,
und welche Grundsätze sie hatten.
3. Wie die Tetrarchen Herodes und Philippus Städte zu Ehren des
Caesars erbauten.
4. Wie die Samariter Totengebeine in den Tempel warfen und so
das Volk für sieben Tage verunreinigten.
5. Wie Salome, des Herodes Schwester, ihr Vermögen der Gattin
des Caesars vermachte.
fl. Wie Pontius Pilatus heimlich Bildnisse des Caesars nach Jeru-
salem bringen lassen wollte, das Volk dies aber nicht zuliess
und gegen ihn sich erhob, bis die Bildnisse von Jerusalem
nach Caesarea geschafft wurden.
7. Was den zu Rom lebenden Juden um diese Zeit widerfuhr.
Wie die Samariter sich empörten und Pilatus viele von ihnen
hinrichten liess.
S. Pilatus wird von den Samaritern bei Vitellius verklagt, und
dieser nötigt ihn, nach Rom zu reisen und Rechenschaft ab-
zulegen.
9. Des Vitellius Reise nach Jerusalem, und wie der Caesar Tiberius
ihm auftrug , den Parther Artabanus zur Sendung von Geiseln
zu veranlassen, den Aretas aber zu bekriegen.
10. Des Philippus Tod, und wie seine Tetrarchie zur Provinz ge-
macht wurde.
Go gle
504
Josephus’ Jüdische Altertümer.
11. Herodes zieht gegen Aretas zu Felde und wird geschlagen.
12. Der König Agrippa reist nach Rom zum Caesar Tiberius, wird
von seinem eigenen Freigelassenen verklagt und ins Gefängnis
geworfen. Wie er nach des Tiberius Tod von Gajus frei-
gelassen und zum Könige über dos Philippus Tetrarchie er-
nannt wurde.
13. Wie der Tetrarch Herodes nach Rom reiste, von Agrippa ver-
klagt und in die Verbannung geschickt wurde. Wie Gajus
seine Tetrarchie dem Agrippa übertrug.
14. Streit der Juden und Griechen zu Alexandria und ihre beider-
seitige Gesandtschaft an Gajus.
15. Die Juden werden von Apion und dessen Mitgesandten verklagt,
weil sie kein Bildnis des Caesars hätten.
16. Wie Gajus, hierüber erzürnt, den Petronius als Statthalter nach
Syrien schickte mit dem Auftrag, die Juden zu bekriegen,
falls sie sein Bildnis nicht aufstellen wollten.
17. Was den Juden zu Babylon durch die Brüder Asinaeus und
Anilaeus widerfuhr.
Erstes Kapitel.
Sendung des Quirinius. Der Landpfleger Coponius.
Judas der Galiläer. Von den Sekten der Juden.
1. Quirinius also, einer von den römischen Senatoren,
der übrigens alle öffentlichen Ämter bereits bekleidet
hatte und wegen seiner ehrenvollen Stellung grossen
Einfluss besass, kam auf Geheiss des Caesars mit wenigen
Begleitern nach Syrien , teils um Gerichtssitzungen abzu-
halten, teils um die Vermögen sschätzung vorzunehmen.
Zugleich mit ihm wurde Coponius, ein Mann ritterlichen
Standes, zur Wahrnehmung der höchsten Gewalt in Judaea
abgeschickt. 1 Bald fand sich nun Quirinius auch in
Judaea ein, das mit Syrien verbunden war, um hier
ebenfalls das Vermögen zu schätzen und die Güter des
ArchelauB zu verkaufen. Die Juden wollten zwar an-
fangs von der Schätzung nichts wissen, gaben jedoch
allmählich auf Zureden [des Hohepriesters Joazar, des
Sohnes des Boethos, ihren Widerstand auf und Hessen
1 6 n. Chr.
Go gle
Achtzehntes Buch, 1. Kapitel.
505
nach seiner Weisung die Schätzung ihres Vermögens
ruhig geschehen. Der Gaulaniter Judas 1 dagegen, der
aus der Stadt Gamala gebürtig war, reizte in Gemein-
schaft mit dem Pharisäer Sadduk das Volk durch die
Vorstellung zum Aufruhr, die Schätzung bringe nichts
anderes als offenbare Knechtschaft mit sich, und so
forderten sie das gesamte Volk auf, seine Freiheit zu
schützen. Denn jetzt sei die beste Gelegenheit gegeben,
sich Ruhe, Sicherheit und dazu auch noch Ruhm zu ver-
schaffen. Gott aber werde nur dann bereit sein, ihnen
zu helfen, wenn sie ihre Entschlüsse thatkräftig ins Werk
setzten und das besonders, je wichtiger diese ihre Ent-
schlüsse seien und je unverdrossener sie dieselben aus-
führten. Derartige Reden wurden mit grösstem Beifall
aufgenommen, und so dehnte sich das tollkühne Unter-
nehmen bald ins ungeheuerliche aus. Kein Leid gab
es, von dem infolge der Hetzarbeit jener beiden Männer
unser Volk nicht heimgesucht worden wäre. Ein Krieg
nach dem anderen brach aus, und es konnte nicht fehlen,
dass die Juden unter den beständigen Angriffen schwer
litten. Ihre wahren Freunde, die ihnen hätten beistehen
können, hatten sie verloren; Räuber machten das Land
unsicher und viele der edelsten Männer wurden ermordet,
angeblich um der Freiheit willen, in Wahrheit aber nur
aus Beutegier. So kam es zu Aufständen und öffent-
lichem Blutvergiessen , wobei bald die Bürger in der
Sucht, keinen von der Gegenpartei am Leben zu lassen,
sich gegenseitig mordeten, bald die Feinde niedergemacht
wurden. Um das Elend voll zu machen, entstand dann
auch noch Hungersnot, die zu allen möglichen Freveln
die Wege ebnet, sodass ganze Städte verwüstet wurden
und endlich sogar der Tempel infolge des Aufruhrs in
Flammen aufging. So wurde die Neuerungssucht und
das Rütteln an den althergebrachten Einrichtungen den
Übelthätern selbst zum Verderben. Judas und Sadduk
nämlich, die eine vierte Philosophenschule gegründet
1 Vergl. Apostelgeschichte 5 , 37.
506
Josephus’ Jüdische Altertümer.
und bereits zahlreiche Anhänger um sich versammelt
hatten, brachten nicht nur augenblicklich den Staat
in grenzenlose Verwirrung, sondern säten auch für die
Zukunft durch Lehren, die bis dahin kein Mensch je
gehört hatte, all das Unheil, das gar bald anfing Wurzel
zu treiben. Ich will darüber mit einigen Worten mich
verbreiten, besonders da die Jugend es war, die, durch
jene Lehren fanatisiert, unserem Staate den Untergang
bereitete.
2. Bei den. Juden gab es schon seit langer Zeit drei
philosophische Sekten, nämlich die der Essener, Sadducäer
und Pharisäer, und wiewohl ich bereits im zweiten Buche
des Jüdischen Krieges mich darüber ausgesprochen habe,
will ich doch die Mühe nicht scheuen, auf dieselben hier
nochmals einzugehen.
3. Die Pharisäer leben enthaltsam und kennen keine
Annehmlichkeiten. Was vernünftige Überlegung als gut
erscheinen lässt, dem folgen sie und halten es überhaupt
für ihre Pflicht, den Vorschriften der Vernunft nachzu-
kommen. Die Alten ehren sie und massen sich nicht
an, den Anordnungen derselben zu widersprechen. Wenn
sie behaupten, alles geschehe nach einem bestimmten
Schicksal, so wollen sie damit dem menschlichen Willen
nicht das Vermögen absprechen, sich selbst zu bestimmen,
sondern lehren, es habe Gott gefallen, die Macht des
Schicksals und die menschliche Vernunft Zusammenwirken
zu lassen, sodass jeder es nach seinem Belieben mit
dem Laster oder der Tugend halten könne. Sie glauben
auch, dass die Seelen unsterblich sind und dass dieselben,
je nachdem der Mensch tugendhaft oder lasterhaft ge-
wesen, unter der Erde Lohn oder Strafe erhalten, sodass
die Lasterhaften in ewiger Kerkerhaft schmachten müssen,
während die Tugendhaften die Macht erhalten, ins Leben
zurückzukehren. Infolge dieser iLehren besitzen sie beim
Volke einen solchen Einfluss, dass sämtliche gottesdienst-
liche Verrichtungen, Gebete wie Opfer, nur nach ihrer
Anleitung dargebracht werden. Ein so herrliches Zeugnis
der Vollkommenheit gaben ihnen die Gemeinden, weil
Achtzehntes Buch, 1. Kapitel.
507
man glaubte, dass sie in Wort und That nur das Beste
wollten.
4. Die Lehre der Sadducäer lässt die Seele mit dem
Körper zu Grunde gehen und erkennt keine anderen Vor-
schriften an als das Gesetz. Sogar gegen die Lehrer
ihrer eigenen Schule im Wortstreit anzugehen, halten sie
für rühmlich. Ihrer Anhänger sind nur wenige, doch ge-
hören sie den besten Ständen an. Übrigens richten sie
nichts Bedeutendes aus, und wenn sie einmal dazu ge-
nötigt sind, ein Amt zu bekleiden, so halten sie es mit
den Pharisäern, weil das Volk sie sonst nicht dulden
würde.
5. Die Essener dagegen lehren, man müsse alles dem
Willen Gottes anheimgeben. Sie glauben an die Un-
sterblichkeit der Seele und halten den Lohn der Ge-
rechtigkeit für das erstrebenswerteste Gut. Wenn sie
Weihgeschenke in den Tempel schicken, bringen sie kein
Opfer dar, weil sie heiligere Reinigungsmittel zu besitzen
vorgeben. Aus diesem Grunde ist ihnen der Zutritt zum
gemeinsamen Heiligtum nicht gestattet, und sie verrichten
demgemäss ihreh Gottesdienst besonders. Übrigens sind
es Menschen von vortrefflichen Sitten, und sie beschäftigen
sich bloss mit Ackerbau. Ganz besonders bewunderungs-
würdig und lobenswert aber sind sie wegen einer bei
den Griechen und den anderen Völkern völlig un-
bekannten, bei ihnen jedoch nicht etwa erst seit kurzer
Zeit, sondern schon seit vielen Jahren herrschenden aus-
gleichenden Gerechtigkeit, infolge deren sie vollkommene
Gütergemeinschaft haben und dem Reichen nicht mehr
Genuss von seinen Gütern lassen wie dem Armen. Nach
dieser Lehre leben über viertausend Menschen. Sie
heiraten ebensowenig, als sie Knechte halten, da sie das
letztere für Unrecht, das erstere aber für die Quelle
alles Streites halten, und so leben sie voneinander ab-
gesondert und dienen einer dem andern. Zu Verwaltern
ihrer Einkünfte vom Feldertrag wählen sie tüchtige Männer
aus priesterlichem Stande, die für Getreide und sonstige
Nahrungsmittel zu sorgen haben. Sie leben übrigens
/
508
Josephus’ Jüdische Altertümer.
alle auf eine und dieselbe Weise und kommen am
nächsten denjenigen Dakern, welche Polisten 1 heissen.
6. Ausser diesen drei Schulen nun gründete jener
Galiläer Judas eine vierte, deren Anhänger in allen
anderen Stücken mit den Pharisäern übereinstimmen,
dabei aber mit grosser Zähigkeit an der Freiheit hängen
und Gott allein als ihren Herrn und König anerkennen.
Sie unterziehen sich auch jeder möglichen Todesart und
machen sich selbst nichts aus dem Morde ihrer Ver-
wandten und Freunde, wenn sie nur keinen Menschen
als Herrn anzuerkennen brauchen. Da ihre Hart-
näckigkeit indes allgemein durch Augenschein bekannt
ist, glaube ich von weiteren Bemerkungen über sie ab-
6ehen zu können. Ich brauche ja nicht zu fürchten,
dass meine Worte keinen Glauben finden; viel eher
müsste ich besorgen, dass mir nicht genug Worte zu
Gebote stehen, um solchen Heldenmut und solche
Standhaftigkeit zu schildern. Diese Tollkühnheit war
es, die das Volk in Aufruhr brachte, als der Landpfleger
Gessius Florus durch den Missbrauch seiner Amtsgewalt
dasselbe so zur Verzweiflung trieb, dass es von den
Körnern abfiel. So viel von den Philosophenschulen
der Juden.
Zweites Kapitel.
Wie Herodes und Philippus zu Ehren des Caesars
Städte erbauten. Folge der Landpfleger und der Hohe-
priester. Tod des Partherkönigs Phraates.
1. Als Quirinius des Archelaus Vermögen sequestriert
und die Einschätzung, die in das siebenunddreissigste
Jahr nach dem Siege des Caesars über Antonius bei
Actium fiel, zu Ende geführt hatte, setzte er den Hohe-
priester Joazar, der mit dem Volke in Streit geraten
war, von Amt und Würden ab und übertrug die Stelle
1 Diejenigen von den sonst nomadisierenden dakischen Stämmen,
die zuerst feste Wohnsitze (T| koXi;, die Stadt) einnahmen.
Achtzehntes Buch, 2. Kapitel.
509
an Ananus, den Sohn des Seth. Herodes und Philippus
aber nahmen jeder Besitz von seiner Tetrarchie. Herodes
befestigte alsdann Sepphoris, die Zierde von Galilaea,
und weihte die Stadt dem Caesar. Ebenso umgab er
Betharamphtha, das bereits zu einer Stadt angewachsen
war, mit Mauern und nannte die Festung der Gemahlin
des Caesars zu Ehren Julias. 1 Philippus seinerseits
baute die an den Quellen des Jordan gelegene Stadt
Paneas aus und gab ihr den Namen Caesarea (Philippi),
erhob dann den Flecken Bethsaida, der am See Gennesar
lag, zum Range einer Stadt, verschaffte derselben Ein-
wohner und Hilfsquellen und nannte sie nach des
Caesars Tochter ebenfalls Julias.
2. Übrigens ereignete sich unter dem Landpfleger
Coponius, der, wie gesagt, zugleich mit Quirinius ge-
schickt worden war, folgender Vorfall. An dem Feste
der ungesäuerten Brote, welches wir Pascha nennen,
pflegten die Priester gleich nach Mitternacht die Thore
des Tempels zu öffnen. Kaum war das diesmal ge-
schehen, als einige Samariter, die heimlich nach
Jerusalem gekommen waren, menschliche Gebeine in
den Hallen und im ganzen Tempel verstreuten. Deshalb
musste man , ganz gegen die sonst bei dem Fest
geltende Gewohnheit, den Zutritt zum Tempel ver-
bieten und ihn in Zukunft schärfer bewachen lassen.
Bald darauf kehrte Coponius nach Rom zurück, und es
folgte ihm im Landpflegeramte Marcus Ambivius, 2 unter
dessen Amtsführung des Herodes Schwester Salome aus
dem Leben schied. Sie hinterliess Julia , der Gattin
des Caesars, den ganzen Bezirk der Stadt Jamnia, sowie
das in der Ebene gelegene Phasaelis und die Stadt
Archelais, wo sich eine Menge Palmbäume mit vor-
züglichen Früchten befand. Der folgende Landpfleger
war Annius Rufus, 3 unter dessen Verwaltung der Caesar
1 Vergl. die Anmerkung zu XVI, 5, 1,
2 Etwa 9 n. Chr.
3 11 n. Chr.
Go gle
510
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Augu8tus, der zweite römische Alleinherrscher 1 , starb,
nachdem er siebenundfünfzig Jahre, sechs Monate und
zwei Tage, und zwar vierzehn Jahre mit Antonius ge-
meinschaftlich regiert und siebenundsiebzig Jahre gelebt
hatte. Auf Augustus folgte in der Regierung Tiberius
Nero, derßohn der Julia^ als der dritte römische Allein-
herrscher. Von diesem wurde Valerius Gratus als Land-
pfleger nach Judaea geschickt, 2 nachdem Annius Rufus
abberufen worden war. Valerius Gratus entsetzte den
Hohepriester Ananus seines Amtes und übertrug dasselbe
an Ismael, den Sohn des Phabi, entzog aber auch diesem
bald die Würde wieder und verlieh sie Eleazar, dem
Sohne des Hohepriesters Ananus. Kaum ein Jahr
später ward aueh Eleazar abgesetzt, und Kamiths Sohn
Simon trat an seine Stelle. Diesem folgte wieder nach
einem Jahre Joseph, der auch Kaiaphas hiess. Gratus
war elf Jahre lang Landpfleger von Judaea, als er ab-
berufen wurde und Pontius Pilatus das Amt über-
nahm. 3
3. Da Herodes der Tetrareh mit Tiberius sehr be-
freundet war, erbaute er eine Stadt am See Gennesar
im schönsten Teile von Galilaea, die er Tiberias nannte.
Nicht weit von dieser Stadt befinden sich warme Quellen
an einem Orte, der Eramaus heisst. Tiberias ward
übrigens von zusammengelaufenem Volk bewohnt,
worunter sich auch viele Galiläer und gezwungene An-
kömmlinge befanden, die mit Gewalt dort angesiedelt
wurden, obwohl sie zum Teil den besseren Ständen an-
gehörten. Auch die Bettler, die im ganzen Lande auf-
gefangen wurden, sowie viele, von denen es noch nicht
einmal feststand, ob sie Freie waren, erhielten hier
Wohnungen angewiesen und bekamen mancherlei Vor-
rechte. Um sie an die Stadt zu fesseln, liess Herodes
ihnen Häuser bauen und Ländereien zuteilen, da es
1 Josephus rechnet Gajus Julius Caesar als den ersten Allein-
herrscher.
2 14 n. Chr.
3 25 n.Chr.
Achtzehntes Buch, 2. Kapitel.
511
ihm wohlbekannt war, dass ihnen nach jüdischen Vor-
schriften das Wohnen daselbst nicht gestattet war. Es
waren nämlich behufs Erbauung von Tiberias viele dort
befindliche Grabdenkmäler entfernt worden, und unser
Gesetz erklärt die Bewohner solcher Orte für unrein
auf die Dauer von sieben Tagen.
4. Um diese Zeit starb auch der Partherkönig
Phraates infolge der Nachstellungen, die ihm sein Sohn
Phraatakes aus nachstehender Ursache bereitete. Phraates,
der schon rechtmässige Kinder hatte, lebte mit einer
italischen Sklavin Namens Thermusa, die er nebst
anderen Geschenken von Julius Caesar erhalten hatte,
zuerst im Concubinate, bis er, von der Schönheit ihrer
Gestalt gefesselt, sie nach einiger Zeit, da sie ihm schon
den Phraatakes geboren hatte, zum Range einer Gattin
erhob. In dieser Stellung besass sie grossen Einfluss
auf den König und nutzte denselben aus, um den
parteiischen Thron an ihren Sohn zu bringen. Doch
sah sie bald ein, dass sie in dieser Hinsicht nichts aus-
richten würde, wenn sie nicht die rechtmässigen Söhne
des Phraates aus dem Wege räume. Sie beredete daher
ihren Gemahl, diese rechtmässigen Söhne nach Rom als
Geiseln zu schicken , und da der König der Thermusa
nicht leicht ein Begehren abschlug, wurden die Prinzen
wirklich dorthin gebracht. Bald aber dauerte es dem
Phraatakes , der nun allein für den Thron erzogen
wurde, zu lange, auf das Ableben seines Vaters zu
warten. Er trachtete daher dem Phraates nach dem
Leben, und die Ausführung dieses Verbrechens gelang
ihm auch mit Hilfe seiner Mutter, mit der er, wie es
hiess, unerlaubten Umgang pflog. Beide Schandthaten
machten ihn indes allgemein verhasst, und so wurde er,
bevor er eine besondere Macht erlangt hatte, von seinen
aufrührerischen Unterthanen, welche die Blutschande
für noch schmachvoller als den Vatermord hielten, aus
seinem Reiche vertrieben und kam um. Die Vor-
nehmsten der Parther aber waren der einhelligen
Meinung, dass das Reich ohne König, der jedoch aus
512
Josephus’ Jüdische Altertümer.
dem Hause der Arsakiden stammen müsse, nicht regiert
werden könne. Einen König aus anderem Geschleckte
nämlich hielten sie hauptsächlich deshalb für unmöglich,
weil das Reich schon so oft und in jüngster Zeit noch
durch die italische Buhlerin und deren Sohn Schaden
gelitten habe. Sie Hessen daher durch Gesandte den
Orodes herbeirufen, der zwar aus königlichem Gechlecht
stammte, jedoch wegen seiner unmenschlichen Grausam-
keit und seines abstossenden und aufbrausenden Wesens
bei seinen Unterthanen bald verhasst wurde. Daher
fiel auch er einer Verschwörung zum Opfer, indem er,
wie einige behaupten, bei einem Zechgelage, zu dem die
Parther stets bewaffnet erscheinen , nach allgemeiner
Annahme aber auf der Jagd ermordet wurde. Nun
schickte man nach Rom und erbat sich einen der als
Geiseln gestellten Prinzen zum Könige. Daraufhin
wurde Vonones gesandt, der vor seinen Brüdern den
Vorzug erhielt. Dieser glaubte, sich einer recht glück-
lichen Regierung erfreuen zu können, da ihm dieselbe
von zwei mächtigen Reichen, seinem eigenen und dem
der Römer, angetragen worden war. Allein gar bald
änderte sich die Gesinnung der halbwilden Parther, die
überhaupt von Natur treulos und wankelmütig sind.
Sie erklärten nämlich, es sei unter ihrer Würde, dem
Sklaven einer fremden Macht, wie sie einen als Geisel
gestellten Prinzen nannten, zu gehorchen, und hielten
seine Erhebung zum Könige für schmachvoll, da er
ihnen nicht etwa in rechtmässigem Kriege, sondern, was
weit schlimmer, in schimpflichem Frieden aufgedrängt
worden sei. Deswegen beriefen sie alsbald den Arta-
banus, der über Medien herrschte und aus dem Ge-
schlechte der Arsakiden stammte, auf den Thron. Dieser
nahm die Berufung an und erschien mit einem Heere.
Vonones aber zog ihm entgegen, und da anfangs die
meisten Parther noch zu ihm hielten, ward Artabanus
besiegt und floh in die medischen Berge. Bald jedoch
hatte er eine grosse Streitmacht beisammen, mit der er
den Vonones abermals angriff und ihn so vollständig
Achtzehntes Buch, 2. Kapitel. 513
aufs Haupt schlug, dass derselbe, von nur einigen
wenigen Reitern begleitet, nach Seleukia fliehen musste.
Artabanus richtete darauf unter den flüchtigen und
völlig in Verwirrung geratenen Parthern ein gewaltiges
Blutbad an und marschierte sodann nach Ktesiphon.
Auf diese Weise also war er Beherrscher der Parther
geworden. Vonones dagegen, der nach Armenien ge-
flohen war, schickte sogleich, um seine Ansprüche auf
den Thron wieder geltend zu machen, Gesandte nach
Rom. Tiberius indes wies ihn ab, teils wegen seiner
feigen Flucht, teils wegen der drohenden Haltung des
Partherkönigs , der durch Gesandte erklären liess, er
werde sogleich zum Kriege schreiten. Da es nun für
Vonones keinen anderen Weg mehr zum Throne gab,
zumal die mächtigen armenischen Stämme, die am
Niphates wohnten, sich mits Artabanus verbündet hatten,
blieb ihm nichts übrig, als sich unter den Schutz des
syrischen Statthalters Silanus zu begeben. Dieser be-
hielt ihn mit Rücksicht auf seine in Rom genossene
Bildung bei sich in Syrien, während Artabanus Armenien
seinem Sohne Orodes zuteilte.
5. Um diese Zeit starb auch Antiochus, der König
*von Kommagene. Nach seinem Tode entstanden
Streitigkeiten zwischen dem Volke und dem Adel, sodas6
beide Teile Gesandte nach Rom schickten. Der Adel
verlangte, das Reich solle in eine römische Provinz ver-
wandelt werden , während das Volk es in hergebrachter
Form von Königen weiter regiert wissen wollte. Des-
halb wurde Germanicus laut Senatsbeschluss nach dem
Orient geschickt, um die Angelegenheit zu ordnen. Doch
das Geschick hatte ihm hier seinen Untergang be-
stimmt. Als er nämlich den Streit im Orient beigelegt
hatte, wurde er auf Pisos Anstiften vergiftet, wie dies
auch anderswo berichtet ist. 1
1 Vergl. Tacitus, Annalen, II, G9 — 72. Germanicus starb übrigens
bereits im Jahre 1 9 n. Chr. , wonach also der Tod des Antiochus
vor die Zeit fallt, die Josephus hier anzunehmen scheint.
JoeephuB 1 Jüdische Altertümer, II.
93
514
Josepbus’ Jüdisch« Altertümer.
Drittes Kapitel.
Aufruhr der Juden gegen Pontius Pilatus.
Jesus Christus. Was den Juden in Rom zustiess.
1. Als der jüdische Landpfleger Pilatus sein Heer
aus Caesarea Dach Jerusalem in die Winterquartiere
geführt hatte, liess erf, um seine Missachtung gegen die
jüdischen Gesetze an den Tag zu legen, das Bild des
Caesars auf den Feldzeichen in die Stadt tragen, obwohl
doch unser Gesetz alle Bilder verbietet. Aus diesem
Grunde hatten die früheren Landpfleger stets die Feld-
zeichen ohne dergleichen Verzierungen beim Einzug
der Truppen in die Stadt vorantragen lassen. Pilatus
war der erste, der (ohne Vorwissen des Volkes zur
Nachtzeit jene Bildnisse nach Jerusalem bringen und
dort aufstellen liess. 1 Sobald das Volk dies erfuhr, zog
es in hellen Haufen nach Caesarea und bestürmte den
Pilatus viele Tage lang mit Bitten, er möge die Bilder
doch irgendwo anders hinbringen lassen. Das gab aber
Pilatus nicht zu, weil darin eine Beleidigung des Caesars
liege. Als indes das Volk nicht auf hörte, ihn zu
drängen, bewaffnete er am siebenten Tage in aller Stille
seine Soldaten und bestieg eine in der Rennbahn be-
findliche Tribüne, hinter welcher die Bewaffneten ver-
steckt lagen. Da nun die Juden ihn abermals be-
stürmten, gab er den Soldaten ein Zeichen, dieselben zu
umzingeln , und drohte ihnen mit augenblicklicher
Niedermetzelung, wenn sie sich nicht ruhig nach Hause
begäben. Die Juden aber warfen sich zu Boden, ent-
blössten ihren Hals und erklärten, sie wollten lieber
sterben als etwas geschehen lassen, was der weisen Vor-
schrift ihrer Gesetze zuwiderlaufe. Einer solchen Stand-
haftigkeit bei Beobachtung des Gesetzes konnte Pilatus
1 Dem auf einem Spiess befestigten Adler, woraus bisher die
Feldzeichen bestanden, wurden um diese Zeit kleine Brustbilder
der Caesaren beigefügt, weshalb der „signifer“ auch „ imaginifer“
hiess.
Go gle
Achtzehntes Buch, 3. Kapitel.
515
seine Bewunderung nicht versagen und befahl daher,
die Bilder sogleich aus Jerusalem nach Caesarea zurück-
zubringen.
2. Pilatus machte auch den Versuch, das Wasser
einer zweihundert Stadien von Jerusalem entfernten
Quelle in die Stadt zu leiten , und beschloss dazu
Tempelgelder zu verwenden. Dieser Plan missfiel aber
den Juden, und es liefen Tausende von Menschen zu-
sammen, die mit lautem Geschrei begehrten, er solle
davon Abstand nehmen, wobei es übrigens, wie das bei
einem gemischten Haufen zu geschehen pflegt, ohne
Schimpfereien und Beleidigungen nicht abging. Pilatus
schickte deshalb eine starke Abteilung Soldaten in
jüdischer Tracht , die unter ihren Kleidern Knittel ver-
steckt hatten, an einen Platz, von wo aus sie die Juden
leicht umzingeln konnten , und befahl den letzteren
dann , auseinanderzugehen. Als aber die Juden mit
Schmähungen antworteten, gab er den Soldaten das
verabredete Zeichen, und diese fielen mit grösserem Un-
gestüm, als es in der Absicht des Pilatus lag, über
ruhige Bürger wie über Aufständische her. Gleichwohl
Hessen die Juden von ihrer Hartnäckigkeit nicht ab,
und da sie den Bewaffneten wehrlos gegenüber6tanden,
kamen viele von ihnen um, während andere verwundet
weggetragen werden mussten. So wurde dieser Aufruhr
unterdrückt.
3. Um diese Zeit lebte Jesus, ein weiser
Mensch, wenn man ihn überhaupt einen
Menschen nennen darf. Er war nämlich der
Vollbringer ganz ungl aublicher Thaten und
der Lehrer aller Men sehen, die mit Freuden
die Wahrheit aufnahmen. So zog er viele
Juden und auch viele Heiden an sich. Er
war dej Christus. 1 Und obgleich ihn Pilatus
auf Betreiben d er Vornehmsten unseres Volkes
zum Kreuzestod verurteilte, wurden doch
1 D. h. der Gesalbte, der Messias.
Go gle
33 *
516
Josephus’ Jüdische Altertümer.
seine früheren Anhänger ihm nicht untreu.
Denn er erschien ihnen am dritten Tage
wieder lebend, wie gottgesandte Propheten
dies und tausend andere wunderbare Dinge
von ihm vorherverkündigt hatten. Und noch
bis auf den heutigen Tag besteht das Volk
der Christen, die sich nach ihm nennen, fort.
4. Gleichfalls um diese Zeit traf auch noch ein
anderes Unglück die Juden, und zu Rom geschahen im
Isistempel schändliche Dinge. Zunächst nun will ich
den Vorgang im Isistempel erzählen, ehe ich in meinem
Bericht über die Schicksale der Juden fortfahre. Es
lebte zu Rom eine gewisse Paulina, die von vornehmer
Herkunft, tugendhaft, reich und sehr schön war, auch
gerade in dem Alter stand , in welchem die Frauen be-
sonders liebreizend und sittsam sind. Sie war mit einem
Manne Namens Saturninus vermählt, der ihr an vortreff-
lichen Eigenschaften nichts nachgab. Zu dieser Frau
entbrannte nun in Liebe der hoch angesehene Ritter
Decius Mundus, und da sein Bemühen, sie durch reiche
Geschenke sich geneigt zu machen, vergeblich blieb,
liess er sich von seiner Leidenschaft endlich so weit
hinreissen, dass er ihr für einen einzigen Beischlaf die
Summe von zweihunderttausend Drachmen anbot. Als
sie aber auch dieses Anerbieten zurückwies, grämte er
sich vor Liebe so sehr, dass er es für das beste hielt,
sich wegen der Sprödigkeit der Paulina verhungern zu
lassen, und sogleich zur Ausführung dieses Vorhabens
schritt. Es befand sich aber in seinem Hause eine Frei-
gelassene seines Vaters mit Namen Ide, die in allen
Ränken bewandert war. Diese hatte Missfallen daran,
dass der Jüngling so hartnäckig auf seinem Vorhaben,
sich das Leben zu nehmen, bestand; war es doch offen-
bar, dass er mehr und mehr dahin welkte. §ie begab
sich deshalb zu ihm, tröstete ihn und machte ihm Hoff-
nung darauf, dass er doch noch Gelegenheit finden
werde, den vertraulichen Umgang der Paulina zu ge-
messen. Als nun Mundus mit Freuden auf ihre Worte
Achtzehntes Buch, 3. Kapitel.
517
horchte, erklärte sie ihm, sie bedürfe nur fünfzigtausend
Drachmen, um die Schamhaftigkeit der Frau zu über-
winden. Nachdem sie dergestalt den Jüngling ermuntert
und die verlangte Geldsumme erhalten hatte, schlug sie
einen anderen Weg ein als Mundus, da die Frau zu
tugendhaft war, als dass sie sich durch Geld hätte ge-
winnen lassen. Es war ihr nämlich wohlbekannt, dass
Paulina der Verehrung der Isis sehr ergeben war, und
hierauf baute sie ihren Plan auf. Sie ging zu einigen
Isispriestern und versicherte sich ihrer Bereitwilligkeit,
was ihr auch nicht schwer fiel, da sie das Geld vorzeigte.
Und nachdem sie ihnen vorläufig zwanzigtausend
Drachmen gezahlt und ebensoviel für den Fall, dass der
Plan gelingen würde, in Aussicht gestellt hatte, machte
sie ihnen von der Liebe des jungen Mannes Mitteilung
und bat sie, ihr möglichstes zu thun, um ihm zur Er-
füllung seines Wunsches zu verhelfen. Die Priester,
durch das Gold angelockt, sagten zu, und der älteste
von ihnen begab sich zu Paulina und bat, nachdem er
Einlass erhalten, mit ihr ohne Zeugen sprechen zu dürfen.
Paulina war hierzu bereit, und nun erklärte ihr der
Priester, er sei vom Gott Anubis geschickt, der sie liebe
und ihr befehle, zu ihm zu kommen. Sie vernahm diese
Worte . mit Freude und rühmte sich bei ihren Haus-
genossen der Ehre, die Anubis ihr zugedacht habe.
Ihrem Gatten aber zeigte sie an, dass sie zum Gastmahl
und der Umarmung des Gottes beschieden sei. Dieser
gab seine Einwilligung, da er seines Weibes Scham-
haftigkeit hinreichend kannte. Paulina ging sodann
zum Tempel, und als ein Priester nach dem Mahle zur
Zeit der Nachtruhe die Thore geschlossen und im Inneren
des Heiligtums die Lampen ausgelöscht hatte, kam
Mundus, der vorher sich dort versteckt hatte, zu ihr und
genoss die ganze Nacht ihren Umgang, da sie der
Meinung war, er sei der Gott Anubis. Bevor jedoch
diejenigen Priester, die um den Plan nicht wussten, er-
wacht waren, schlich sich Mundus fort, und Paulina
begab sich in der Morgenfrühe zu ihrem Gatten zurück,
Go gle
518
Josephus’ Jüdische Altertümer.
erzählte ihm die Erscheinung des Gottes und prahlte
auch bei ihren Hausgenossen mit der ‘ihr widerfahrenen
Ehre. Diese aber nahmen zum Teil die Sache sehr un-
gläubig auf, zum Teil drückten sie ihre Verwunderung
darüber aus, dass die edle und tugendsame Frau sich zu
so etwas hergegeben habe. Am dritten Tage nach dem
Vorfall nun begegnete ihr Mundus und sprach zu ihr:
„Nun hast du, Paulina, mir zweihunderttausend
Drachmen erspart, die du dein eigen hättest nennen
können, und bist mir nichtsdestoweniger zu Willen ge-
wesen. Es liegt mir jetzt nichts daran, dass du mich
mit Schmähungen überhäuft hast, vielmehr hat es mir
grosse Freude gemacht, der Stellvertreter des Gottes
Anubis gewesen zu sein." Darauf entfernte er sich.
Paulina aber zerriss auf die Kunde von der Schandthat
ihr Gewand und zeigte ihrem Gatten die ihr wider-
fahrene Schmach an, beschwor ihn auch, dieselbe nicht
ungerächt zu lassen. Saturninus meldete darauf den
ganzen Vorfall dem Caesar, der eine genaue Unter-
suchung anstellen und sowohl die Priester als auch die
Ide, welche den schmachvollen Plan ersonnen hatte, ans
Kreuz schlagen liess. Alsdann liess er den Tempel zer-
stören und die Bildsäule der Isis in den Tiber versenken.
Den Mundus aber verbannte er und hielt diese. Strafe
für hinreichend, weil die Liebe ihn zu dem Frevel ver-
leitet habe. So verhielt es sich mit dem Greuel, durch
den die Isispriester ihren Tempel schändeten. Nunmehr
wende ich mich, wie oben angedeutet, zur Erzählung
des Unglückes, welches die in Rom lebenden Juden traf.
5. Ein Mann von jüdischer Abstammung hatte sich
aus seinem Vaterlande geflüchtet, weil er der Gesetzes-
übertretung angeklagt war und Strafe fürchten musste, zu-
mal er überhaupt ein nichtswürdiger und gottloser Mensch
war. Dieser hielt sich damals in Rom auf, gab sich für einen
Erklärer des moysaischen Gesetzes aus und verband sich
mit drei anderen Menschen, die in allem seinesgleichen
waren. Die vier beredeten dann eine edle Frau Namens
Fulvia, die das moysaische Gesetz angenommen und sich
Achtzehntes Buch, 4. Kapitel.
519
von ihnen darin hatte unterweisen lassen, Purpur und
und Gold nach Jerusalem in den Tempel zu schicken.
Beides übernahmen sie zur Bestellung, behielten es dann
aber für sich und verprassten es, zu welchem Zweck
sie es auch von vornherein verlangt hatten. Tiberius,
-dem der ihm befreundete Gatte der Fulvia, Saturninus
mit Namen, auf Veranlassung seiner Gattin den Vorfall
angezeigt hatte, befahl darauf, alle Juden aus Rom zu
vertreiben. Die Konsuln veranstalteten deshalb eine
Aushebung unter ihnen und schickten viertausend von
ihnen al6 Soldaten nach der Insel Sardinien. 1 Die
meisten jedoch w r eigerten sich ihrem Gesetze zulieb,
Kriegsdienste zu leisten, und wurden darum mit harten
Strafen belegt. So kam es, dass die Juden um der
Ruchlosigkeit jener vier Menschen willen aus Rom ver-
trieben wurden.
Viertes Kapitel.
“Wie die Samariter sich empörten und viele von ihnen
getötet wurden. Pilatus bei Vitellius verklagt. Vitellius
in Judaea und bei den Parthem.
1. Unterdessen hatten auch die Samariter sich empört,
aufgereizt von einem Menschen, der ;sich aus Lügen
nichts machte und dem zur Erlangung der Volksgunst
jedes Mittel recht war. Er forderte das Volk auf, mit
ihm denfcBerg Garizin zu besteigen, der bei den Sama-
ritern als heiliger Berg gilt, und versicherte, er werde
dort die heiligen Gefässe vorzeigen, die von Moyses da-
selbst vergraben worden seien. Diesen Worten schenkten
die Samariter Glauben, ergriffen die Waffen, sammelten
sich in einem Dorfe mit Namen Tirathaba und zogen
immer mehr Menschen an sich heran, um in möglichst
grosser Anzahl auf den Berg rücken zu können. Pilatus
1 Vergl. hierzu Tacitus, Annalen, II, 85, sowie Suetonius, Leben
des Tiberius, 86.
Go gle
520
Josephus’ Jüdische Altertümer.
jedoch kam ihnen zuvor und besetzte den Weg, den ßie
zurücklegen mussten, mit Reiterei und Fussvolk. Diese
Streitmacht griff die Aufrührer an, hieb eine An-
zahl von ihnen nieder, schlug den Rest in die Flucht
und nahm noch viele gefangen , von welch letzteren
Pilatus die Vornehmsten und Einflussreichsten hin-
richten liess.
2. Als dieser Aufstand niedergeworfen war, schickte
der hohe Rat der Samariter Abgeordnete an Vitellius,
gewesenen Konsul und nunmehrigen Statthalter von
Syrien, um den Pilatus wegen des Jan den Ihrigen ver-
übten Gemetzels anklagen zu lassen. Sie hätten sich,
Hessen sie geltend machen, nicht deshalb in Tirathaba
versammelt, um sich gegen die Römer zu empören,
sondern nur, um sich vor des Pilatus Ungerechtigkeiten
zu schützen. Daraufhin schickte Vitellius den ihm be-
freundeten Marcellus zur Verwaltung des Landpfleger-
amtes nach Judaea und befahl dem Pilatus, sich nach
Rom zu begeben, 1 um sich vor dem Caesar wegen der
von den Juden gegen ihn erhobenen Beschuldigungen
zu verantworten. 2 * Nach zehnjähriger Amtsführung in
Judaea reiste daher Pilatus nach Rom, um des Vitellius
Anweisung, der er nicht zu widersprechen wagte, nach-
zukommen. Ehe er indes in Rom anlangte, war Tiberius
schon gestorben. 8
3. Vitellius begab sich darauf nach Judaea und kam
in Jerusalem zu der Zeit an , als das sogenannte Pascha-
fest gefeiert wurde. Da die Juden ihm einen glänzenden
Empfang bereiteten, liess er den Jerusalemern die Ab-
gabe von den Marktfrüchten für alle Zeit nach und ge-
stattete den Priestern, das Gewand des Hohepriesters
nebst dessen sonstigem Ornat wie früher im Tempel
aufzubewahren. Diese Gegenstände wurden nämlich zu
damaliger Zeit in der Burg Antonia aufbewahrt, und
1 Die Landpfleger von Judaea waren den Statthaltern in Syrien
untergeordnet.
2 36 n. Chr.
* 37 n. Chr.
Achtzehntes Buch, 4. Kapitel.
521
zwar aus folgendem Grunde. Ein gewisser Hyrkanus,
der erste von den vielen Hohepriestern dieses Namens,
hatte in der Nachbarschaft des Tempels einen Turm er-
baut, wo er seine meiste Zeit zubrachte und das in seinem
Gewahrsam befindliche Gewand, welches nur er allein
tragen durfte, niederlegte, so oft er in gewöhnlicher
Kleidung zur Stadt ging. Dasselbe thaten auch seine
Söhne und Enkel. Als nun Herodes König wurde, liess
er den günstig gelegenen Turm ausbauen und nannte
ihn seinem Freunde Antonius zu Ehren Antonia. Das
hohepriesterliche Gewand verwahrte er dort weiter, so
wie er es vorfand, weil er der Meinung war, das Volk
werde aus diesem Grunde nichts gegen ihn unternehmen.
Ebenso wie Herodes that auch sein Sohn und Nach-
folger Archelaus, und als nun die Römer des letzteren
Reich in Besitz nahmen , fanden sie auch das hohe-
priesterliche Gewand, das in einem steinernen Behälter
verwahrt lag und zwar unter dem Siegel der Priester
und der Schatzmeister, und vor dem der Burghauptmann
täglich ein Licht anzünden musste. Sieben Tage vor
einem Feste wurde das Gewand vom Burghauptmann
den Priestern übegeben, dann gereinigt und vom Hohe-
priester benutzt. Am Tage nach dem Feste aber wurde
es wieder in den Behälter eingeschlossen, in welchem es
früher gelegen hatte. So hielt man es jährlich an den
drei Festen und am grossen Fasttage. Vitellius also
gestattete die Aufbewahrung des Gewandes nach dem
Gebrauche unserer Väter und gab dem Burghauptmann
den Auftrag, sich weder um den Ort, wo es niedergelegt
wurde, noch um den Tag, an dem es zur Verwendung
kam, zu kümmern. Durch diese Anordnung gewann er
sich die Zuneigung des Volkes. Alsdann entsetzte er
den Hohepriester Joseph, der auch Kaiaphas hiess, seines
Amtes, übertrug dasselbe an Jonathas, den Sohn des
Hohepriesters Ananus, und kehrte sodann wieder nach
Antiochia zurück.
4. Unterdessen hatte Tiberius dem Vitellius den
schriftlichen Auftrag erteilt, mit dem Partherkönige Ar-
522
Josephus’ Jüdische Altertümer.
tabanue Freundschaft zu schliessen. Er fürchtete diesen
nämlich, weil er sich höchst feindselig benahm, Armenien
schon besetzt hatte und dem Reiche noch grösseren
Schaden anzuthun drohte. An seine aufrichtige Freund-
schaft wollte er indes nur dann glauben, wenn er
Geiseln stellen und vor allem seinen Sohn ausliefern
\vürde. Zugleich mit diesem Schreiben an Vitellius
suchte Tiberius die Könige der Iberer und Albaner zu
bewegen, unverzüglich den Artabanus mit Krieg zu über-
ziehen. Dessen weigerten sich nun zwar diese Könige,
jedoch reizten sie die Skythen gegen Artabanus auf,
indem sie ihnen zugleich den Durchmarsch durch ihr
Gebiet und durch die Kaspischen Pässe gestatteten.
Infolgedessen verloren die Parther Armenien abermals.
In ihrem Lande aber wütete der Krieg, ihre besten
Männer fielen, Feuer und Schwert verwüsteten das Reich,
und des Königs Sohn musste nebst vielen tausend
Streitern im Kampfe sein Leben lassen. Beinahe wäre
es nun Vitellius geglückt, den Artabanus durch Be-
stechung der Verwandten und Freunde desselben aus
dem Wege zu räumen. Dieser aber, der das rings auf
ihn lauernde Verderben erkannte und bedachte, wie die
meisten von denen, die sich seine Anhänger nannten,
bestochen seien und ihre freundliche Gesinnung nur
heuchelten, um bei passender Gelegenheit zu den bereits
früher Abgefallenen überzugehen, zog es vor, sich in die
oberen Satrapien zu flüchten. Hier brachte er aus
Dahern und Sakern 1 ein grosses Heer zusammen, warf
damit seine Feinde nieder und befestigte seine Herrschaft ,
aufs neue.
5. Als Tiberius von diesen Ereignissen Kunde erhielt,
beschloss er mit Artabanus in freundschaftliche Be-
ziehungen zu treten. Der diesbezüglichen Einladung
kam Artabanus bereitwillig nach und traf am Euphrat
mit Vitellius zusammen. Über den Fluss wurde eine
1 Skythische Völkerschaften (vergl. Plinius, Naturgesch., VI, 19
und Herodot VII, 9 ).
Achtzehntes Buch, 4. Kapitel.
523
Brücke geschlagen, und mitten auf derselben begegneten
sich die beiden mit ihren Trabanten. Nachdem sie sich
hierauf wegen des abzuschliessenden Bündnisvertrages
verständigt hatten, bewirtete sie Herodes der Tetrarch,
der mitten auf der Brücke mit grossem Kostenaufwand
ein Zelt errichtet hatte. Bald darauf sandte Artabanus
dem Tiberius seinen Sohn Darius als Geisel sowie eine
Menge von Geschenken, unter denen besonders ein sieben
Ellen grosser Mann von jüdischer Herkunft mit Namen
Eleazar, wegen seiner gewaltigen Grösse „der Riese“ zu-
benannt, auffiel. Hierauf kehrte Vitellius nach Antiochia
zurück; Artabanus aber begab sich nach Babylonien.
Herodes wollte der erste sein, der dem Caesar die Nach-
richt von der Stellung der verlangten Geiseln gab, und
sandte daher Boten an ihn mit einem Briefe, in welchem
alles so genau mitgeteilt war, dass dem Legaten
(Vitellius) nichts mehr zu berichten übrig blieb. Als
dieser nun auch seinerseits einen Brief absandte und der
Caesar ihm antwortete, er wisse schon alles aus dem
Schreiben des Herodes, geriet er in heftige Aufregung
und sah eine viel grössere Kränkung darin, als dies in
der That der Fall war. Dennoch bezwang er seinen
Zorn, bis nach dem Regierungsantritte des Gajus ihm
Gelegenheit zur Rache gegeben wurde.
6. Inzwischen war auch Philippus, des Herodes
Bruder, im zwanzigsten Jahre der Regierung des
Tiberius 1 gestorben, nachdem er Trachonitis, Gaulanitis
und Batanaea siebenunddreissig Jahre lang verwaltet
hatte. Er war seinen Unterthanen ein milder Herrscher
und ruhigen Gemütes, brachte auch sein ganzes Leben
in seinem eigenen Lande zu. So oft er sich aus seinem
Hause begab, nahm er nur wenige Auserlesene mit und
liess sich den Thronsessel, von dem aus er Recht sprach,
auf allen Wegen nachtragen. Begegnete ihm dann je-
mand, der Hilfe und Beistand begehrte, so w T urde der
Sessel sogleich aufgestellt, und nun hielt er Unter-
1 33 n. Chr.
524
Josephus’ Jüdische Altertümer.
üuchung ab, bestrafte die Schuldigen und sprach die un-
schuldig Angeklagten frei. Er starb zu Julias und
wurde in der Gruft, die er sich schon bei Lebzeiten er-
baut hatte, mit grossem Prunk beigesetzt. Da er keine
Kinder hinterliess, nahm Tiberius sein Reich an sich
und schlug es zur Provinz Syrien, Hess jedoch die
Einkünfte , welche die Tetrarchie auf brachte , auch
ferner in derselben verwalten.
Fünftes Kapitel.
Herodes der Tetrarch erklärt dem Araberkönige den Krieg.
Der Tod Joannes’ dq§ Täufers. Vitellius kommt nach
Jerusalem. Von den Nachkommen Herodes’ des Grossen.
1. Um diese Zeit gerieten Aretas, der König von Petraea,
und Herodes aus folgender Veranlassung in Streit. Herodes
der Tetrarch hatte des Aretas Tochter geheiratet und
lebte mit ihr schon lange Zeit. Als er nun nach Rom
reiste, kehrte er bei seinem Stiefbruder Herodes, dem Sohne
der Tochter des Hoheprie9ters Simon, ein. Hier fasste er
eine so heftige Neigung zu dessen Gattin Herodias, die
ihres gemeinschaftlichen Bruders Aristobulus Tochter und
Agrippas des Grossen Schwester war, dass er mit dem
Plan umging, sie zur Ehe zu nehmen. Herodias war
damit einverstanden, und so kamen sie überein, dass
sie gleich nach seiner Rückkehr aus Rom in sein Haus
kommen solle, jedoch unter der Bedingung, dass er des
Aretas Tochter verstosse. Herodes sagte das zu und
reiste dann nach Rom weiter. Als er hier mit der Er-
ledigung der in Frage stehenden Angelegenheiten fertig
war und nach Hause zurückkehrte, verlangte seine
Gattin, die von der Abmachung mit Herodias Kenntnis
erlangt hatte, nach Machaerus, einer auf der Grenze
zwischen dem Gebiete des Herodes und dem des Aretas
gelegenen Festung, gebracht zu werden, ohne von der
Absicht, die sie dabei leitete, etwas verlauten zu lassen.
Herodes erfüllte ihren Wunsch und ahnte nicht im ent-
Achtzehntes Buch, 5. Kapitel. 525
ferntesten, dass sie um sein Vorhaben wusste. Sie aber
hatte schon früher nach Machaerus geschickt, das da-
mals unter der Botmässigkeit ihres Vaters stand. Als
sie nun dort ankam, fand sie alles zur Weiterreise Er-
forderliche von dem Befehlshaber der Festung vor-
bereitet, brach daher gleich nach Arabien auf und ge-
langte, von einem Festungskommandanten zum anderen
geleitet, in kurzer Zeit zu ihrem Vater, dem sie des
Herodes Plan mitteilte. Daraufhin brachen die Feind-
seligkeiten aus, noch verschärft durch einen gleichzeitigen
Streit um die Festsetzung der Grenzen von Gamalitis,
und nachdem beide Fürsten ihre Streitmacht aufgeboten
hatten, kam es zum Kriege, zu dem beide, statt selbst
mit auszurücken, ihre Feldherren entsandten. Gleich
beim ersten Zusammenstoss ward des Herodes ganzes
Heer aufgerieben, da es von einigen Überläufern aus der
Tetrarchie des Philippus, die unter Herodes Kriegsdienste
leisteten, verraten wurde. Herodes gab davon sogleich
dem Tiberius briefliche Nachricht, der nun, entrüstet
über des Aretas Beginnen, dem Vitellius befahl, den
Araber mit Krieg zu überziehen und ihn entweder
lebendig in Fesseln ihm vorzuführen, oder ihm seinen
Kopf zu senden.
2. Manche Juden waren übrigens der Ansicht, der
Untergang der Streitmacht des Herodes sei nur dem
Zorne Gottes zuzuschreiben , der für die Tötung Joannes’
des Täufers die gerechte Strafe gefordert habe. Den
letzteren nämlich hatte Herodes hinrichten lassen, ob-
wohl er ein edler Mann war, der die Juden anhielt,
nach Vollkommenheit zu streben, indem er sie ermahnte,
Gerechtigkeit gegeneinander und Frömmigkeit gegen
Gott zu üben und so zur Taufe zu kommen. Dann
werde, verkündigte er, die Taufe Gott angenehm sein,
weil sie dieselbe nur zur Heiligung des Leibes, nicht
aber zur Sühne für ihre Sünden anwendeten; die Seele
nämlich sei dann ja schon vorher durch ein gerechtes
Leben entsündigt. Da nun infolge der wunderbaren
Anziehungskraft solcher Reden eine gewaltige Menschen-
526
Josephus’ Jüdische Altertümer.
menge zu Joannes strömte, fürchtete Herodes, das An-
sehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu
werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben,
und hielt es daher für besser, ihn rechtzeitig aus dem
Wege zu räumen, als beim Eintritt einer Wendung der
Dinge in Gefahr zu geraten und dann, wenn es zu spät
sei, Reue empfinden zu müssen. Auf diesen Verdacht
hin liess also Herodes den Joannes in Ketten legen,
nach der Festung Machaerus bringen, die ich oben er-
wähnte, und dort hinrichten. Sein Tod aber war, wie
gesagt, nach der Überzeugung der Juden die Ursache,
weshalb des Herodes Heer aufgerieben worden war, da
Gott in seinem Zorn diese Strafe über den Tetrarchen
verhängt habe.
3. Vitellius also rüstete sich zum Kriege gegen Aretas,
zog zwei Legionen Schwerbewaffnete, alle dazu gehörige
leichte Mannschaft sowie die von den verbündeten Königen
gestellte Reiterei an sich, eilte auf Petra zu und gelangte
zunächst nach Ptolemai's. Als er aber von hier aus
ifiit seinem Heere durch Judaea marschieren wollte, kamen
ihm die vornehmsten Männer entgegen und baten ihn,
diesen Weg nicht zu benutzen, da es nach ihrem Gesetze
verboten sei, Bilder, deren sich viele auf den Feldzeichen
befanden, durch das Land zu tragen. Vitellius gab
diesen Bitten nach, änderte seine Absicht, liess sein
Heer durch die grosse Ebene 1 ziehen und begab sich
selbst mit dem Tetrarchen Herodes und seinen Freunden
nach Jerusalem, um hier, weil gerade ein jüdisches Fest
bevorstand , Gott ein Opfer darzubringen. Als er daselbst
anlangte, bereiteten ihm die Juden einen ehrenvollen
Empfang. Er hielt sich dann drei Tage in Jerusalem
auf, setzte während dieser Zeit den Hohepriester Jonathas
ab und übertrug die W ürde an dessen Bruder Theophilus.
Als er dann am vierten Tage einen Brief aus Rom er-
hielt, der ihm den Tod des Tiberius meldete, verpflichtete
1 D. b. durch die Ebene Jezreel und dann dem östlichen Ufer
des Jordan entlang durch die sogenannte Jordan -Ebene.
Achtzehntes Buch, 5. Kapitel.
527
er sogleich das Volk eidlich für Gajus (Caligula). Hier-
auf berief“ er das Heer zurück und liess dasselbe Winter-
quartiere beziehen, da er jetzt nach des Gajus Thron-
besteigung keine Vollmacht zur Kriegführung mehr zu
haben glaubte. Aretas soll übrigens, sobald ihm des
Vitellius Anmarsch gemeldet wurde, Vogelschau gehalten
und erklärt haben, das Heer des Vitellius könne un-
möglich Petra erreichen, da in kurzem ein Führer sterben
werde, sei es nun der, welcher den Befehl zum Kriege
gegeben habe, oder der, welcher auf des ersteren Weisung
hin den Krieg führe, oder endlich der, gegen den das
Heer zu Felde ziehe. Vitellius zog sich alsdann nach
Antiochia zurück. Des Aristobulus Sohn Agrippa aber
war bereits ein Jahr vor dem Tode des Tiberius nach
Rom gereist, um mit dem Caesar Verhandlungen anzu-
knüpfen, sobald sich ihm dazu Gelegenheit bieten würde.
— Ich will mich nun etwas eingehender über die Familie
des Herodes verbreiten, teils weil deren Mitglieder eine
wichtige Rolle in der Geschichte spielen, teils weil sie
den Beweis liefern, dass weder eine zahlreiche Nach-
kommenschaft noch irgend eine andere menschliche Macht-
entfaltung ohne fromme Gesinnung gegen Gott etwas
nützen kann. Sind doch in noch nicht ganz hundert
Jahren die zahlreichen Nachkommen des Herodes fast
alle zu Grunde gegangen. Aber auch abgesehen hiervon
kann dem ganzen Menschengeschlecht die Kenntnis ihrer
widrigen Schicksale nur erspriesslich sein, und besonders
die Erzählung von dem höchst bewundernswerten Agrippa,
der aus einem in aller Stille geführten Leben und wider
alles Erwarten seiner Bekannten auf den Thron gelangte.
Ich habe zwar früher schon über diesen Gegenstand ge-
sprochen, will das aber jetzt mit grösserer Genauigkeit
thun.
4. Herodes der Grosse hatte von Mariamne, der Tochter
des Hyrkanus, zwei Töchter, von denen die eine, Salampsio
mit Namen, mit ihrem Vetter Phasael, dem Sohne von
Herodes* Bruder Phasael, die andere, Kypros, ebenfalls
mit ihrem Vetter Antipater, dem Neffen des Herodes
528
Josephus* Jüdische Altertümer.
und Sohn der Salome, von ihrem Vater vermählt worden
war. Phasael zeugte mit der Salampsio fünf Kinder,
Antipater, Herodes, Alexander, Alexandra und Kypros,
welch letztere des Aristobulus Sohn Agrippa heiratete,
während Alexandra mit Timius, einem vornehmen Be-
wohner von Cypern, vermählt wurde und als dessen Gattin,
ohne Kinder zu hinterlassen, starb. Kypros dagegen
gebar dem Agrippa drei Töchter, Berenike, Mariamne
und Drusilla, sowie zwei Söhne, Agrippa und Drusus,
von denen der letztere noch als Knabe starb. Ihr Vater
Agrippa hatte übrigens noch zwei Brüder, Herodes und
Aristobulus, und es waren diese drei die Söhne, welche
Berenike, die Tochter von Kostobar upd des Herodes
Schwester Salome, dem Aristobulus, dem Sohne Herodes’
des Grossen, geboren hatte. Sie wurden alle drei schon
früh Waisen, da ihr Vater samt seinem Bruder Alexander,
wie früher erwähnt, hingerichtet wurde. Als sie erwachsen
waren, verheirateten sie sich, und zwar führte dieser
Herodes, der Bruder Agrippas, die Mariamne heim, deren
Mutter Olympias, eine Tochter des Herodes, und deren Vater
Joseph, der Sohn von Herodes’ Bruder Joseph war. Von
dieser Mariamne erhielt Herodes einen Sohn Aristobulus.
Der dritte Bruder Agrippas, gleichfalls Aristobulus mit
Namen, heiratete Jotape, die Tochter des Königs Sam-
psigeram von Emesa, und erhielt von ihr eine taube
Tochter, die auch Jotape genannt wurde. Das waren
die Nachkommen von männlicher Seite. Herodias nun, die
Schwester der drei Brüder, vermählte sich mit Herodes,
dem Sohne Herodes’ des Grossen und der Mariamne, der
Tochter des Hohepriesters Simon, und gebar ihm eine
Tochter Salome, nach deren Geburt sie den väterlichen
Gesetzen zum Trotz Herodes, den Tetrarchen von Galilaea
und Stiefbruder ihres Gatten, heiratete, von dem sie sich
indes noch bei seinen Lebzeiten lossagte. Ihre Tochter
Salome war zunächst mit des Herodes Sohn Philippus,
dem Tetrarchen von Trachonitis, vermählt, und als dieser
ohne Kinder starb, heiratete sie Aristobulus, den Sohn
von Agrippas Bruder Herodes, und gebar ihm drei
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
529
Söhne, Herodes, Agrippa und Aristobulus. Das war also
Phasaels und Salampsios Nachkommenschaft. Kypros
aber, die andere Tochter der Mariamne, gebar dem Anti-
pater eine Tochter Kypros, welche sich mit Alexas Helkias,
dem Sohne des Alexas, vermählte und ihm eine Tochter
schenkte, die wieder Kypros hiess. Herodes und Alexander,
die Brüder Antipaters, starben kinderlos. Was nun den
Alexander angeht, der auf Befehl seines Vaters Herodes
hin gerichtet wurde, so erhielt er von der Tochter des
Kappadocierkönigs Archelaus zwei Söhne, Alexander und
Tigranes. Tigranes starb als König von Armenien, wäh-
rend er sich in Rom gegen eine Anklage rechtfertigte,
und zwar kinderlos. Seinem Bruder Alexander dagegen
wurde ein Sohn geboren, der, nach seinem Oheim Tigranes
genannt, von Nero das Königreich Armenien erhielt und
einen Sohn Alexander zeugte. Dieser heiratete Jotape,
die Tochter des Kommagenerkönigs Antiochus, und wurde
von Vespasianus zum Könige der Cilicischen Inseln er-
nannt. Die ganze Nachkommenschaft Alexanders gab
übrigens schon in der Jugend die jüdischen Gebräuche
auf und nahm heidnische Sitten an. Die anderen Töchter
des Herodes starben kinderlos. Da aber die genannten
Nachkommen des Herodes noch am Leben waren, als
Agrippa der Grosse zur Regierung gelangte, und ich
deren Geschlechtsregister schon oben erwähnt habe, so
bleibt mir nur übrig zu erzählen, welche Schicksale
Agrippa erfuhr, wie er aus denselben hervorging und
wie er zur höchsten Macht und Würde gelangte.
Sechstes Kapitel.
Agrippa reist nach Rom zum Caesar Tiberius, wird
von ihm in Ketten gelegt, nach dem Tode des Tiberius
aber von Gajus freigelassen und zum Könige über die
Tetrarchie des Philippus ernannt.
1. Kurz vor dem Ableben des Herodes hatte Agrippa,
der sich in Rom aufhielt und mit Drusus, dem Sohne
Josepbus' Jüdische Altertümer, II. 34
530
Josephus’ Jüdische Altertümer.
des Caesars Tiberius, in freundschaftlichem Verkehr stand,
auch mit Antonia, der Gattin des älteren Drusus, Be-
ziehungen angeknüpft, die seine Mutter Berenike in hohen
Ehren hielt und deshalb deren Sohn zu Ansehen bringen
wollte. So lange nun seine Mutter lebte, hatte Agrippa,
der von Natur freigebig und verschwenderisch war, seiner
Leidenschaft Zügel angelegt, um Berenike nicht zu er-
zürnen. Kaum aber war dieselbe gestorben und er sein
eigener Herr geworden, als er auch sein Vermögen teil»
durch äus8erst verschwenderische Lebensweise, teils durch
masslose Freigebigkeit zu verschleudern anfing. Ganz
besonders reiche Geschenke machte er den Freigelassenen
des Caesars, da er auf diese Weise sich deren Unter-
stützung zu sichern hoffte. Bei dieser Lebensart konnte
es nicht ausbleiben, dass seine Mittel sich bald derart er-
schöpften, dass er sich in Rom nicht länger mehr halten
konnte. Dazu kam noch, dass Tiberius den Freunden
seines unlängst verstorbenen Sohnes verboten hatte, vor
ihm zu erscheinen, damit ihr Anblick nicht das Andenken
an seinen Sohn und infolgedessen erneute Trauer in ihm
wachrufe.
2. Bei dieser üblen Lage blieb Agrippa nichts anderes
übrig, als sich nach Judaea einzuschiffen. Er befand sich
in sehr unbehaglicher Stimmung, weil er sein* ganzes
Geld verloren hatte und nichts ihm zur Befriedigung
seiner Gläubiger übrig blieb, die sehr zahlreich waren
und alle seine Bewegungen beobachteten, um ihn nicht
entwischen zu lassen. Da es nun so weit kam, dass er
nicht mehr aus noch ein wusste und sich obendrein
seiner Thaten nicht wenig schämte, begab er sich in die
Festung Malatha in Idumaea mit dem Vorsatz, seinem
Leben ein Ende zu machen. Diesen Plan aber erriet
6eine Gattin Kypros und gab sich alle erdenkliche
Mühe, ihn davon abzubringen. Sie schrieb an seine
Schwester Herodias, die mit dem Tetrarchen Herodes ver-
mählt war, zeigte ihr an, was Agrippa beabsichtige und
welche Not ihn dazu t getrieben habe, und bat sie um
ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen willen, Hilfe zu
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
531
leisten und ihren Gatten ebenfalls dafür zu gewinnen,
besonders da sie selbst, wie ersichtlich, alles daran setze,
um ihren Mann aufzurichten, obgleich sie an Mitteln
gewiss keinen Überfluss habe. Herodias und Herodes
Hessen infolgedessen den Agrippa zu sich kommen,
wiesen ihm Tiberias als Wohnort sowie eine bestimmte
Summe zum Lebensunterhalt an und übertrugen ihm
obendrein noch die Stelle eines Agoranomen 1 der Stadt.
Lange jedoch behielt Herodes diese Gesinnung nicht bei,
obwohl er auch so Agrippas Bedürfnisse noch nicht be-
friedigt hatte. Bei einem Gastmahle zu Tyrus nämlich
gerieten sie über’m Trinken in Streit, und Herodes warf
Agrippa vor, dass er ein Habenichts und auf seine Hilfe
angewiesen sei. Das glaubte Agrippa nicht auf sich sitzen
lassen zu dürfen und begab sich deshalb zu Flaccus,
einem ehemaligen Konsul und nunmehrigen Statthalter
von Syrien, mit dem er schon früher in Rom gute Freund-
schaft gehalten hatte.
3. Flaccus nahm ihn freundlich auf, und obgleich
sich auch sein Bruder Aristobulus dort befand, mit dem
er in Streit lebte, hinderte das den Flaccus doch nicht,
ihnen beiden gleiche Ehrenbezeugungen zu erweisen.
Aristobulus aber vermochte auf die Dauer seinen Hass
gegen Agrippa nicht zu unterdrücken und ruhte nicht,
bis er den Flaccus gegen ihn aufgereizt hatte, wozu
folgender Vorfall den Anstoss gab. Die Damascener
waren mit den Sidoniern in einen Grenzstreit verwickelt,
den Flaccus entscheiden sollte, und da sie erfahren hatten,
dass Agrippa viel bei ihm vermochte, baten sie diesen
um seine Hilfe und versprachen ihm dafür eine grosse
Geldsumme. Agrippa gab sich nun die grösste Mühe,
die Damascener zu unterstützen; Aristobulus aber, dem
das Versprechen der Geldsumme nicht unbekannt ge-
blieben war, verklagte seinen Bruder deshalb bei Flaccus
Und da seine Angaben durch das Ergebnis der Unter-
suchung bestätigt wurden, kündigte Flaccus. dem Agrippa
1 S. die Anmerkung zu*XlV, 10 , 24 .
532
Josephus’ Jüdische Altertümer.
die Freundschaft, der nun wieder in die äusserste, Armut
versetzt wurde und nach Ptolemais ging, von wo er
mangels anderer geeigneter Unterkunft nach Italien zu
fahren beschloss. Hierzu gebrach es ihm indes an Geld,
und er trug daher seinem Freigelassenen Marsyas auf,
alle seine Künste zu versuchen, um ihm solches leih-
weise zu verschaffen. Marsyas begab sich infolgedessen
zu Petrus, einem Freigelassenen von Agrippas Mutter
Berenike, der aber durch deren Testament an Antonia 1
verwiesen war, und bat ihn, dem Agrippa gegen einen
Schuldschein Geld zu leihen. Weil aber Petrus den
Agrippa beschuldigte, früher entliehenes Geld nicht zurück-
gezahlt zu haben, verlangte er von Marsyas einen Schuld-
schein über zwanzigtausend attische Drachmen, obgleich
er zweitausendfünfhundert weniger hergab. Marsyas
musste sich hiermit zufrieden geben, da ihm kein anderer
Ausweg übrig blieb. Als Agrippa nun das Geld erhalten
hatte, reiste er nach Anthedon und schickte sich an, von
dort in See zu gehen. Das erfuhr indes Herennius Capito,
der Kommandant von Jamnia, und schickte sogleich Sol-
daten ab, um von Agrippa dreihunderttausend Sesterzien 2 t
welche dieser von seinem früheren Aufenthalt in Rom her
dem Caesar schuldete, einzutreiben. So wurde Agrippa
genötigt, zu bleiben. Er stellte sich nun, als wolle er
dem Zahlungsbefehl nachkommen, hieb aber in der Nacht
die Schiffstaue durch und fuhr nach Alexandria, wo er
den Alabarchen 3 Alexander ersuchte, ihm zweihundert-
tausend Sesterzien zu leihen. Dieser weigerte sich zwar,
ihm selbst die Summe vorzustrecken, war aber nicht ab-
geneigt, sie der Kypros, deren Liebe zu ihrem Gatten
und sonstige vortreffliche Eigenschaften j ihn in Erstaunen
versetzten, zu leihen. Kypros leistete also Bürgschaft,
und Alexander zahlte sofort in Alexandria fünf Talente
aus und versprach, den Rest gleich nach seiner Ankunft
1 Die Mutter des Germanicus (s. den folgenden Abschnitt).
2 Ein Sestertius = 15,9 Pfennige.
3 D. i. Vorsteher.
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
533
in Dikaearchia herzugeben, weil er die Vergeh wendungs-
Bucht Agrippa8 fürchtete. Kypros verabschiedete sich
darauf von ihrem Gatten, der alsbald nach Italien ab-
fuhr, und kehrte selbst mit ihren Kindern nach Judaea
zurück.
4. In Puteoli angelangt, schrieb Agrippa einen Brief
an den Caesar Tiberius, der damals in Capreae zurück-
gezogen lebte, teilte ihm mit, er sei gekommen, um ihm
pflichtgemäss seine Aufwartung zu machen, und bat ihn
um die Erlaubnis, sich in Capreae einfinden zu dürfen.
Tiberius antwortete ihm mit grösster Freundlichkeit und
gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass er ihn in
Capreae sehen werde. Als Agrippa nun ankam, fand er
eine so ehrenvolle Aufnahme und glänzende Bewirtung,
wie er dem Briefe gemäss erwarten konnte. Am folgenden
Tage jedoch erhielt der Caesar von Herennius Capito die
schriftliche Anzeige, Agrippa habe dreihunderttausend
Sesterzien entliehen, sie aber am Verfalltage nicht zurück-
gezahlt, und als er ihn an die Rückzahlung gemahnt
habe, sei er aus seinem Lande geflohen, sodass er jetzt
gar keine Hoffnung mehr habe, das Geld von ihm ein-
zutreiben. Als der Caesar diesen Brief gelesen hatte,
wurde er sehr unwillig und liess Agrippa den Zutritt
zum Hofe untersagen, bis er die Schuld bezahlt habe.
Dieser aber liess sich durch den Zorn des Caesars nicht
im mindesten aus der Fassung bringen, sondern erbat
sich von Antonia, der Mutter des Germanicus und des
nachmaligen Caesars Claudius, dreihunderttausend Se-
sterzien, damit er die Freundschaft des Tiberius nicht
verlöre. Antonia gab ihm das Geld, teils im Andenken
an seine Mutter Berenike, mit der sie in sehr vertrautem
Verkehr gestanden hatte, teils weil er mit Claudius er-
zogen worden war. Sobald nun Agrippa seine Schuld
abgetragen hatte, war sein gutes Einvernehmen mit
Tiberius wiederhergestellt, und der Caesar vertraute ihm
sogar seinen Enkel an, damit er ihn auf seinen Aus-
gängen begleite. Aus Dankbarkeit für das freundliche
Entgegenkommen der Antonia widmete alsdann Agrippa
534
Josephus’ Jüdische Altertümer.
seine ganze Sorgfalt dem Gajus, welcher der Enkel der
Antonia war und wegen der allgemeinen Beliebtheit seines
Vaters überall in hoher Achtung stand. Es befand sich
aber damals ein gewisser Samariter Thallus , ein Frei-
gelassener des Caesars, am Hofe. Von diesem lieh
Agrippa sich eine Million Sesterzien, bezahlte der Antonia
seine Schuld und verwendete den Rest dazu, Aufwendugen
behufs Erlangung der Gunst des Gajus zu machen, so-
dass er in dessen Ansehen gewaltig stieg.
5. Als nun Agrippa mit Gajus immer vertrauter wurde
und eines Tages mit ihm im Wagen ausfuhr, kam die
Rede auf Tiberius. Da sprach Agrippa, weil sie unter
sich waren, den Wunsch aus, Tiberius möge recht bald
dem des Thrones viel würdigeren Gajus Platz machen.
Das hörte Agrippas Freigelassener Eutychus, der den
Wagen lenkte, schwieg aber einstweilen dazu. Später
beschuldigte Agrippa den Eutychus, ihm ein Gewand
gestohlen zu haben, was auch auf Wahrheit beruhte.
Eutychus floh darauf, wurde aber ergriffen und zum
Stadtpraefekten Piso geführt, der ihn um die Ursache
seiner Flucht befragte. Der Gefangene entgegnete, er
habe dem Caesar ein Geheimnis zu melden, welches seine
Sicherheit betreffe. Der Praefekt schickte ihn nun nach
Capreae, wo Tiberius ihn nach seiner Gewohnheit in
Fesseln legen liess. Der Caesar konnte überhaupt zaudern,
wie kein anderer König oder Fürst. So liess er auch
Gesandtschaften oft lange warten und gab seinen Statt-
haltern und Landpflegern nicht leicht Nachfolger, wenn
sie nicht mit Tod abgingen. 1 Daher kam es auch, dass
er Gefangene oft längere Zeit im Kerker liess, ehe er sie
verhörte. Als ihn eines Tages seine Freunde fragten,
warum er alles von einem Tag auf den anderen ver-
schiebe, sagte er, die Gesandtschaften pflege er deshalb
hinzuhalten, damit nicht bei schneller Entlassung der-
selben sobald wieder neue zu ihm geschickt würden und
er sich so stets der Mühe unterziehen müsse, sie zu
1 Vergl. hierzu Tacitus, Annalen, 1, 80.
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
535
empfangen und abzufertigen. Die Befehlshaberstellen aber
lasse er solchen, denen er sie einmal verliehen habe,
möglichst lange, damit wenigstens eine Rücksicht sie
an treibe, seine Unterthanen (Wohlwollend zu behandeln.
Denn der Sinn der meisten Menschen, die ein Amt be-
kleideten, neige zur Habsucht, und wenn jemand ein Amt
Glicht auf die Dauer, sondern nur für kurze Zeit erhalte,
•ohne zu wissen, wann ihm dasselbe wieder abgenommen
werde, so sei seine Sucht zu plündern nur um so grösser.
Wenn aber jemand längere Zeit im Besitze eines Amtes
bleibe, so werde er doch bald, wenn er genug zusammen-
gescharrt habe, der Erpressungen überdrüssig und halte
damit ein. Trete dagegen ein zu schneller Wechsel ein,
so genüge den Beamten nicht einmal das Besitztum ihrer
Untergebenen mehr, weil bei vorzeitiger Abberufung ihnen
nicht so viel Zeit bleibe, dass sie, wie die Vorgänger,
ihre Raubgier völlig befriedigen könnten. Hierfür gab er
folgendes Beispiel an : „Ein verwundeter Mensch lag am
Boden, und eine Menge Fliegen sassen in seinen Wunden.
EinWanderer, der zufällig vorbeiging, hatte Mitleid mit
ihm, und da er ihn für zu schwach hielt, um die Fliegen
zu vertreiben, trat er hinzu und schickte sich an, die-
selben zu verscheuchen. Der Verwundete aber bat ihn,
das zu unterlassen, und als der andere ihn fragte, wes-
halb er denn von der Plage nicht befreit sein wolle,
entgegnete er: Du machst mir noch mehr Schmerz, wenn
<lu sie vertreibst. Denn sie sind schon gesättigt von
meinem Blute und machen mir deshalb nicht mehr so
viele Beschwerden als zuerst, sondern lassen schon etwas
mit Quälen nach. Vertreibst du sie aber und kommen
•dann neue, hungrige heran, so werden sie, weil sie mich
schon erschöpft antreffen, mich zu Tode aussaugen.“
Aus demselben Grunde, fuhr Tiberius fort, schicke er
seinen Unterthanen, die schon durch viele Plackereien
hart bedrückt seien, nicht so häufig einen Beamten nach
dem anderen, von denen sie dann wie die Fliegen aus-
gesogen würden, besonders da zu der natürlichen Hab-
gier der Bedränger auch noch die Furcht hinzukäme,
536
Josephus' Jüdische Altertümer.
eine so angenehme Art, sich zu bereichern, möchte ihnen
schon so bald unmöglich gemacht werden. Diese Ge-
sinnung des Tiberius ward durch seine Handlungsweise
bestätigt, da er während seiner zweiundzwanzigjährigen
Regierung den Juden nur zwei Landpfleger schickte,
nämlich Gratus und dessen Nachfolger Pilatus. So ver-
fuhr er aber nicht nur bei den Juden, sondern bei allen
seinen Unterthanen. Auch die Gefangenen verhörte er,
wie er sagte, immer deshalb erst so spät, damit sie nicht
durch schnelle Hinrichtung von ihrer Haft befreit würden,
was sie als Verbrecher gar nicht verdient hätten, sondern
damit ihre quälende Ungewissheit während des langen
Kerkeraufenthaltes noch gesteigert würde.
6. Aus diesem Grunde also wurde auch Eutychus
nicht zum Verhör vorgeführt, sondern blieb im Ge-
fängnis. Einige Zeit später kam Tibeiius von Capreae
nach Tusculanum, das ungefähr hundert Stadien von
Rom entfernt liegt, und nun bat Agrippa die Antonia,
sie möge doch dahin wirken, dass Eutychus endlich in
betreff der gegen ihn vorgebrachten Anklagen verhört
werde. Antonia stand nämlich bei Tiberius in hohem
Ansehen, teils weil er mit ihr verwandt war (sie war die
Gattin seines verstorbenen Bruders), teils wegen ihrer
Keuschheit, da sie ungeachtet ihres blühenden Alters
Witwe blieb, trotz des Augustus Zureden das Eingehen
einer zweiten Ehe verweigert hatte und ihren Lebens-
wandel von jedem Vorwurf rein bewahrte. Dazu kam
noch, dass sie durch eine besondere Gefälligkeit sich den
Tiberius zu grösstem Dank verpflichtet hatte. Sejanus
nämlich, ein Freund ihres verstorbenen Gatten und als
Befehlshaber der Praetorianer 1 der einflussreichste Mann
jener Zeit, hatte eine Verschwörung angestiftet, an der
6ich viele Senatoren mit ihren Freigelassenen beteiligten
und für die auch das Heer gewonnen war. Die Ver-
schwörung hatte also schon weite Kreise ergriffen, und
es fehlte nicht viel, so wäre dem Sejanus sein Anschlag
1 Der Leibwache der Caesaren.
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
537
gelungen, wenn nicht Antonia entschlossen und mit
kluger Überlegung denselben vereitelt hätte. Sobald sie
nämlich von den Nachstellungen gegen Tiberius Kunde
erhielt, schrieb sie diesen alles ausführlich, übergab
den Brief dem ergebensten ihrer Sklaven, Pallas, und
schickte ihn damit nach Capreae zu Tiberius. Darauf-
hin liess der Caesar den Sejanus und alle seine Mit-
verschworenen hinrichten , schätzte von nun an die
Antonia um so höher und schenkte ihr sein volles Ver-
trauen. Sie bat also jetzt Tiberius, er möge den Eutychus
verhören lassen, worauf der Caesar entgegnete: „Hat
Eutychus das, was Agrippa gesagt haben soll, erlogen,
so wird er nach Gebühr bestraft werden. Erweist sich
dagegen bei der peinlichen Befragung seine Aussage als
wahr, so mag Agrippa sich vorsehen, dass die Strafe,
die er seinem Freigelassenen zugedacht hat, nicht auf
sein eigenes Haupt zurückfalle.“ Als Antonia diese
Worte dem Agrippa mitteilte, bat dieser um so nach-
drücklicher, die Sache möchte untersucht werden, und da
er gar nicht aufhörte, sie darum anzugehen, ergriff sie die
günstige Gelegenheit, als Tiberius in Begleitung Agrippas
und seines Enkels Gaj us nach der Mahlzeit ausfuhr, ging
eine Weile neben dem Wagen her und bat den Caesar,
den Eutychus jetzt vorführen zu lassen und zu verhören.
Darauf erwiderte Tiberius : „Ich rufe die Götter zu Zeugen
an, dass ich nicht freiwillig, sondern durch deine Bitten
genötigt thue, was jetzt geschehen soll.“ Nach diesen
Worten befahl er Macro, dem Nachfolger des Sejanus,
den Eutychus vorzuführen. Als dies unverzüglich ge-
schehen war und Tiberius ihn fragte, was er denn gegen
den Mann Vorbringen könne, der ihn in Freiheit gesetzt
habe, antwortete Eutychus: „Gajus und Agrippa fuhren
einmal im Wagen aus, und ich sass zu ihren Füssen.
Nachdem nun mancherlei Reden gewechselt waren, sprach
Agrippa zu Gajus: Käme doch endlich der Tag, an dem
der Alte das Zeitliche segnete und dich zum Herrscher des
Erdkreises einsetzte! Denn sein Enkel Tiberius wird uns
wenig zu schaffen machen, wenn du ihn aus dem Wege
538
Josephus* Jüdische Altertümer.
räumst, und es käme dann die ganze Welt und besonders ich
in eine glückliche Lage.“ Diese Aussage hielt Tiberius für
glaubwürdig, und da auch sein alter Groll gegen Agrippa
sich regte, weil dieser trotz seines Befehls, sich an Tiberius,
seinen Enkel und des Drusus Sohn, anzuschliessen, den
letzteren vernachlässigt und sich ganz zu Gajus ge-
halten hatte, wandte er sich an Macro und sagte: „Leg*
ihn in Fesseln!“ Weil nun Macro einesteils nicht recht
verstand, wen Tiberius gefesselt haben wollte, andern-
teils nicht ahnte, dass er so etwas gegen Agrippa be-
schlossen könne, wartete er, bis er den Caesar besser
verstanden haben würde. Später wandelte Tiberius in
der Rennbahn umher, und als er hier Agrippa stehen
sah, rief er aus: „Aber, Macro, ich habe dir doch be-
fohlen, diesen in Fesseln zu legen!“ Macro fragte:
„Wen denn?“ worauf der Caesar entgegnete: „Agrippa.“
Nun legte sich dieser aufs Bitten, erinnerte ihn an den
Sohn, mit dem er erzogen worden sei, und an Tiberius,
dessen Bildung er geleitet habe. Es half aber alles
nichts, sondern er wurde im Purpurgewande, so wie er
war, gefesselt hinweggeführt. Zur Mahlzeit nun wurde
ihm sehr wenig Wein gereicht, und da es obendrein sehr
heiss war, bekam er heftigen Durst, unter dem er
schliesslich so litt, dass er von höchstem Unbehagen
ergriffen wurde. Da erblickte er einen von Gajus’
Dienern mit Namen Thaumastus, der Wasser in einem
Gefässe trug, und bat sich von ihm etwas zu trinken
aus. Der Diener reichte ihm das Gefäss, und als er ge-
trunken hatte, sagte er: „Das soll dein Schaden nicht
sein, Sklave, dass du mir den Gefallen erwiesen hast.
Sobald ich von diesen Fesseln befreit bin, wird es meine
erste Sorge sein, dir die Freiheit von Gajus zu erwirken,
weil du mir jetzt, da ich gefangen bin, mit derselben
Bereitwilligkeit deine Dienste geleistet hast, wie früher,
als ich noch im Glück lebte.“ Das bewahrheitete sich
auch in der Folgezeit, und Agrippa konnte ihm so
seinen Dank abstatten. Sobald er nämlich König ge-
worden war, bat er sich den Thaumastus von dem in-
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 539
zwischen auf den Thron gelangten Gajus aus, liess ihn
frei und machte ihn zum Verwalter seines Vermögens.
Nach seinem Tode aber blieb der Freigelassene bei
seinem Sohne Agrippa und seiner Tochter Berenike in
gleicher Stellung und bekleidete das Ehrenamt, bis er
in hohem Alter starb. Das alles geschah freilich erst
später.
7. Eines Tages stand Agrippa mit einer Anzahl
seiner Mitgefangenen gefesselt vor dem Palaste und
lehnte sich voll Schwermut an einen Baum. Auf diesen
Baum liess sich einer jener Vögel nieder, die man Uhu
nennt. Als nun einer von den Ein gekerkerten' den
Vogel bemerkte, fragte er einen Soldaten, wer der Ge-
fangene im Purpurkleide sei. Dieser antwortete dem
Fragesteller, einem Germanen, derselbe heisse Agrippa,
stamme aus Judaea und sei einer der Vornehmsten
dieses Landes. Der Germane bat darauf den Soldaten,
mit dem er zusammengeschlossen war, er möge etwas
näher an Agrippa herantreten , da er mit ihm zu
sprechen wünsche; er wolle ihn nämlich über die Ver-
hältnisse seines Vaterlandes befragen. Als dies ge-
schehen war, sprach er zu ihm durch einen Dolmetscher
folgendermassen : „Junger Mann, dich betrübt wohl der
plötzliche Wechsel deines Geschickes, der dich in so
schweres Unglück versetzt hat. Vielleicht nun wirst du
meinen Worten keinen Glauben beimessen, die dir ver-
kündigen, was die Gottheit in ihrer Vorsehung be-
schlossen hat, um dich aus deinem Elend zu befreien.
Ich rufe indes meine eigenen Götter und die Götter
dieses Landes, durch deren Willen wir in die Gefangen-
schaft geraten sind, zu Zeugen an, dass alles, was ich
dir sagen werde, nicht dazu bestimmt ist, deinen Ohren
zu schmeicheln oder dich mit leeren Hoffnungen zu
vertrösten. Denn solche Vorhersagungen pflegen, wenn
der Seher sich getäuscht hat, mehr Leid zu bringen, als
wenn man überhaupt nichts von ihnen gehört hätte.
Ich habe also selbst unter eigener Lebensgefahr es für
angemessen gehalten, dir kundzuthun, was die Götter
Go gle
540
Josephas’ Jüdische Altertümer.
dir für die Zukunft in Aussicht stellen. Es kann nämlich
gar nicht ausbleiben, da6S du in kurzer Frist aus diesen
Fesseln befreit wirst. Dann wirst du zu höchstem An-
sehen und grösster Macht gelangen , und alle werden
dich glücklich preisen, die jetzt dein Schicksal bedauern.
Auch wirst du einen glücklichen Tod haben und deine
Macht auf deine Kinder vererben. Siehst du aber
diesen Vogel wieder, so magst du daran erkennen, dass
du in fünf Tagen sterben musst. Um dir nun an-
zuzeigen, dass dies alles geschehen wird, hat die Gott-
heit dir diesen Vogel geschickt. Und da ich Sehergabe
besitze, hielt ich es für unrecht, dir die Kenntnis der
Zukunft zu verheimlichen. Bist du also deines künftigen
Glückes sicher, so magst du das, was du jetzt leidest,
als eine Kleinigkeit ansehen. Ist dir aber einmal dieses
Glück zu teil geworden, so gedenke auch unser, damit
wir dem Elend, das uns jetzt drückt, entrinnen mögen.“
Diese Weissagung des Germanen erschien damals dem
Agrippa ebenso lächerlich, als sie ihn später mit Staunen
erf üllte. — Antonia aber, die über Agrippas Unglück 6ehr
verstimmt war, hielt es jetzt für unthunlich, sich bei
Tiberius für ihn zu verwenden , zumal sie diesen als
unerbittlich kannte. Doch wusste sie es bei Macro
durchzusetzen , dass zu den Soldaten , die ihn bewachen
mussten, und den Centurionen , welche diese befehligten
und mit ihm zusammengeschlossen wurden, nur menschen-
freundliche und verständige Männer gewählt wurden,
dass man ihm gestattete, täglich zu baden, dass seine
Freigelassenen und Freunde ihn besuchen durften, und
dass ihm manche andere Erleichterung gewährt wurde.
Infolgedessen hatten sein Freund Silas und seine Frei-
gelassenen Marsyas und Stoecheus ungehinderten Zutritt
zu ihm, brachten ihm Speisen, die er besonders gern
ass, und bewiesen sich ihm recht hilfreich. So
brachten sie auch Teppiche heran, als wenn sie
dieselben verkaufen wollten, und breiteten sie zur
Nachtzeit mit Hilfe der Soldaten und mit Zu-
stimmung Macros unter ihm aus. In dieser Weise
Go gle
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
541
ging es sechs Monate lang weiter, ohne dass Agrippas
Lage sich änderte.
8. Als nun Tiberius nach Capreae zurückgekehrt
war, fing er an zu kränkeln, und die Krankheit ver-
schlimmerte sich bald derart, dass er an seiner Ge-
nesung verzweifelte. Er trug daher dem Evodus, dem
er von allen seinen Freigelassenen das meiste Vertrauen
schenkte, auf, seine Kinder herbeizuholen , weil er vor
seinem Tode noch einiges mit ihnen besprechen wolle.
Nun hatte er zwar keine eigenen Kinder mehr, da sein
einziger Sohn Drusus schon gestorben war, doch lebte
noch dessen Sohn Tiberius mit dem Beinamen Gemellus,
sowie Gajus, der Sohn seines Bruders Germanicus, der
schon herangewachsen war, feine Bildung besass und
um seines Vaters Germanicus willen beim Volke sehr
beliebt war. Letzteren nämlich hatte das Volk in hohen
Ehren gehalten, weil er ein sittenreiner, leutseliger und
freundlicher Mann gewesen war und trotz seines hohen
Standes vor niemand etwas voraus haben wollte. Infolge
dieses seines umgänglichen Wesens ward er bei Senat
und Volk immer beliebter, und auch von den fremden
Völkerschaften, die den Römern unterthan wurden,
fesselte die einen seine persönliche Liebenswürdigkeit,
während die anderen schon durch den blossen Ruf
seiner vortrefflichen Eigenschaften für ihn eingenommen
wurden. Als er starb, war die Trauer eine allgemeine
und aufrichtige, weil jeder sich durch seinen Tod in
Mitleidenschaft gezogen glaubte. Infolgedessen genoss
auch sein Sohn allgemeines Wohlwollen, und besonders
hingen die Soldaten an diesem so sehr, dass sie mit
Freuden in den Tod gegangen wären, wenn sie ihm
dadurch zur Herrschaft hätten verhelfen können.
9. Nachdem Tiberius den Evodus beauftragt hatte,
ihm am folgenden Tage in aller Frühe seine Kinder zu
bringen, betete er zu seinen Göttern, ihm durch ein
deutliches Zeichen den anzugeben, der sein Nachfolger
werden solle. Sein Wunsch ging zwar dahin, seinen
Enkel auf den Thron zu bringen, doch wollte er mehr
542
Josephus' Jüdische Altertümer.
dem Zeichen vertrauen , das die Götter ihm kundthun
würden, als seinem eigenen Willen. Er beschloss daher,
denjenigen zu seinem Nachfolger zu ernennen, der am
folgenden Tage zuerst zu ihm kommen würde. Indem
er so überlegte, schickte er dem Erzieher seines Enkels
den Befehl, den jungen Mann beim Morgengrauen zu
ihm zu bringen, und hoffte , die Gottheit werde diesem
alsdann den Thron zuerkennen. Es kam jedoch ganz
anders, als er gedacht hatte. Sobald es nämlich Tag
wurde, befahl er dem Evodus, den Jüngling, der zuerst
da sei, hereinzuführen. Evodus ging also hinaus und
fand den Gajus vor der Thür. Tiberius nämlich war
noch nicht erschienen, weil er sein Frühstück zu spät
erhalten hatte, und da Evodus nicht wusste, was sein
Herr vorhatte, sagte er: „Der Vater wünscht dich zu
sehen,“ und führte ihn herein. Als nun Tiberius den
Gajus erblickte, erkannte er zunächst die Macht der
Gottheit, vor der all seine eigene Macht in nichts zu-
sammenschrumpfe, da er seinen Willen nicht mehr
durchzusetzen vermöge. Dann beklagte er sowohl sich
selbst, weil er einen so lange gehegten Wunsch nicht
in Erfüllung gehen sah, als auch seinen Enkel Tiberius,
der nun nicht nur um seine Anwartschaft auf den Thron
gekommen sei, sondern auch in Lebensgefahr schwebe,
da seine Sicherheit jetzt von Mächtigeren abhänge, die
ihn wohl nicht neben sich dulden würden. Die Ver-
wandtschaft nämlich, so überlegte er weiter, könne ihm
dabei wenig helfen, da er dem Machthaber ein Dorn
im Auge sein werde, teils weil er das nächste Anrecht
auf den Thron habe, teils weil er sich um seiner eigenen
Sicherheit willen oder aus Herrschbegierde von Nach-
stellungen gegen den Caesar wohl nicht fernhalten
würde. Nun gab Tiberius sehr viel auf Vorbedeutungen
und richtete sich in seinem Leben mehr danach als
sonst jemand, der an dergleichen glaubte. So hatte er
auch einmal, als er den Galba daherkommen sah, zu
einigen seiner Vertrauten gesagt* das sei der Mann, der
einst den römischen Caesarenthron besteigen werde. Da
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
543
er also mehr wie andere Herrscher an alles glaubte, was
nur den Schein einer Vorbedeutung an sich trug, weil
ihn manchmal solche Dinge nicht getäuscht hatten, so
richtete er sich auch in der Regierung danach. Er ge-
riet deshalb in grosse Angst wegen des Vorgefallenen,
zeigte sich von Schmerz ergriffen, als ob sein Enkel
schon ermordet wäre, und klagte sich selbst an, weil er
in übergrosser Sorge um die Zukunft sich der Vor-
bedeutung bedient habe , während er doch sorgenfrei
hätte sterben können , wenn er den Schleier , der die
kommenden Ereignisse verhüllte , nicht gelüftet haben
würde. Nu^n aber quäle ihn der Gedanke, dass er bei
seinem Tode all das Leid voraussehen müsse, welches
seinen Lieben bevorstehe. So sehr es ihm aber auch
zu Herzen ging, dass sein Nachfolger ein anderer sein
sollte, als er sich gewünscht hatte, sprach er doch zu
Gajus, allerdings mit innerem Widerstreben: „Mein
Sohn, obwohl Tiberius mir verwandtschaftlich näher
steht als du, so lege ich doch in deine Hände nach
eigenem Entschluss und mit Zustimmung der Götter die
Zügel der römischen Herrschaft. Nur bitte und be-
schwöre ich dich, auf dem Throne weder meine Güte,
die dich zu so hoher Würde erhoben hat, noch deine
Verwandtschaft mit Tiberius zu vergessen. Sei vielmehr
eingedenk, dass ich mit Wissen und Willen der Götter
dir eine so grosse Wohlthat erwiesen habe, und vergilt
mir diese meine Liebe, indem du mit Tiberius gute Be-
ziehungen unterhältst. Bedenke ausserdem, dass Tiberius,
so lange er lebt, eine mächtige Schutz wehr deiner per-
sönlichen Sicherheit und deines Thrones sein, dass
dagegen sein Tod für dich nur die Quelle grossen
Unheils bilden wird. Gefährlich ist ja eine einsame
Stellung auf solcher Höhe, und die Götter werden es
nicht ungestraft lassen, wenn durch ungerechte Hand-
lungen das Gesetz, welches uns das Gegenteil vorschreibt,
verletzt wird.“ So sprach Tiberius , ohne jedoch auf
Gajus Eindruck zu machen. Zwar gelobte dieser, nach
seinem Wunsche haudeln zu wollen; kaum aber war er
544
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zur Regierung gelangt, so liess er den Tiberiue, wie
dessen Grossvater geahnt hatte, ermorden. Doch fiel
auch er selbst nicht lange nachher einer Verschwörung
zum Opfer.
10. Wenige Tage, nachdem er den Gajus zu seinem
Nachfolger ernannt hatte, starb Tiberius nach einer Re-
gierung von zweiundzwanzig Jahren, fünf Monaten und
drei Tagen. Gajus war der vierte 1 römische Caesar.
Die Nachricht vom Tode des Tiberius versetzte die
Römer in grosse Freude; doch wagten sie kaum daran
zu glauben, nicht als ob sie es nicht sehnlichst gewünscht
hätten (denn sie würden die Nachricht, wenn sie wahr
gewesen wäre, gern mit vielem Gelde bezahlt haben),
sondern weil sie fürchteten, ihre Freude, falls das Ge-
rücht sich nicht bewahrheiten sollte, zu voreilig kund-
gegeben zu haben und deshalb angeklagt und hin-
gerichtet zu werden. Hatte doch Tiberius über den
römischen Adel unsägliches Leid gebracht. Denn bei
jeder Gelegenheit brauste er zornig auf und wusste seine
Aufregung selbst dann nicht zu bemeistern , wenn die-
selbe keinen vernünftigen Grund hatte. Von Natur war
er geneigt, mit grausamer Willkür zu verfahren, sodass
er selbst die leichtesten Vergehen mit dem Tode be-
strafte. So gern daher auch die Römer das Gerücht
von seinem Tode hörten, so durften sie sich doch aus
Furcht vor dem Unheil, das ihnen im Falle einer
Täuschung drohte, ihrer Freude nicht hingeben.
Agrippas Freigelassener Marsyas aber eilte bei der
Nachricht vom Ableben des Tiberius gestreckten Laufes
zu dem Gefangenen , um ihm die frohe Botschaft zu
bringen. Er traf ihn auf dem Wege zum Bad und
flüsterte ihm auf Hebraeisch zu: „Der Löwe ist tot.“
Agrippa verstand recht gut, was diese Worte bedeuten
sollten, und sprach voller Freude zu Marsyas: „Für
diese frohe Kunde werde ich dir wie für deine übrigen
Dienste aufrichtigen Dank wissen, wenn sie nur auf
1 $. die dritte Anmerkung zu XVIII, 2,3.
Achtzehntes Buch, 6. Kapitel.
545
Wahrheit beruht." Als nun der Centurio, der Agrippas
Wache befehligte, bemerkte, wie eilig Marsyas daherkam
und welche Freude Agrippa über seine Worte empfand,
ahnte er, dass es sich um etwas Wichtiges handeln
müsse, und fragte deshalb, was sie miteinander be-
sprochen hätten. Die beiden machten zuerst Ausflüchte ;
als aber der Centurio in sie drang, teilte Agrippa, der
mit ihm bereits Freundschaft geschlossen hatte, ihm so-
gleich alles mit. Da freute sich der Centurio nicht
weniger als Agrippa und gab deswegen ein Gastmahl.
Während man nun hier festlich schmauste und noch
wackerer zechte, erschien auf einmal ein Bote mit der
Nachricht, Tiberius lebe noch und w T erde in wenigen
Tagen nach Rom zurückkehren. Darüber erschrak der
Centurio gewaltig, da es ihm ans Leben gehen konnte,
weil er auf die Nachricht vom Tode des Caesars mit
seinen Gefangenen geschmaust hatte. Und in seiner
Aufregung riss er den Agrippa vom Polster herunter
und schrie ihn an: „Meinst du, du solltest mich un-
gestraft mit der Nachricht vom Tode des Caesars zum
Narren gehalten haben und für diese Unverschämtheit
nicht mit deinem Kopfe einstehen müssen?" Nach diesen
Worten liess er den Gefangenen , dem er vorhin die
Ketten abgenommen hatte, wieder fesseln und gab ihm
eine zahlreichere Wache wie früher. So verbrachte
Agrippa eine recht traurige Nacht; am folgenden Tage
jedoch verbreitete sich das Gerücht vom Tode des
Tiberius in der ganzen Stadt, und niemand scheute sich,
dasselbe weiter zu erzählen. Ja, man brachte hier und
da schon Dankopfer dar. Bald kamen denn auch Briefe
von Gajus an, und zwar einer an den Senat, worin er
den Tod des Tiberius meldete und seinen Regierungs-
antritt kundthat, der andere an den Stadtpraefekten Piso,
worin diesem dasselbe mitgeteilt und zugleich der Befehl
erteilt wurde, Agrippa aus dem, Soldatengefängnis in
das Haus zu bringen , welches er vor seiner Gefangen-
nehmung bewohnt hatte und wo er furchtlos der Zu-
kunft entgegen sehen konnte. Er war zwar immer noch
Joaephus’ Jlidißche Altertümer, II. ' 35
Go gle
546
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Gefangener, konnte aber, da er sehr schonend behandelt
wurde, leben, wie es ihm gefiel. Als nun Gajus mit der
Leiche des Tiberius nach Rom gekommen war und ihn
dort nach Landessitte mit grossem Pomp bestattet hatte,
wollte er noch am selbigen Tage Agrippa freilassen.
Doch Antonia widersprach ihm darin, allerdings nicht
aus Hass gegen den Gefangenen , sondern nur aus
Rücksicht auf des Gajus Ehre. Sie wollte nämlich
nicht, dass Gajus sich den Anschein gebe, als freue er
sich über des Tiberius Tod, indem er den von seinem
Vorgänger in Ketten gelegten Agrippa sogleich in
Freiheit setze. Einige Tage nachher aber liess Gajus
ihn in den Palast kommen , ihm das Haar scheren und
ihn neu kleiden. Dann setzte er ihm ein Diadem aufs
Haupt, ernannte ihn zum Könige über die Tetrarchie,
welche Philippus regiert hatte , sowie über die des
Lysanias, und gab ihm statt der eisernen Kette eine
goldene von gleichem Gewicht. Zum Befehlshaber der
in Judaea stehenden Truppen aber ernannte er den
Marullus.
11. Im zweiten Jahre der Regierung des Caesars
Gajus bat Agrippa um die Erlaubnis, in sein Reich
abreisen zu dürfen, um dasselbe zu ordnen, und ver-
sprach , nach Regelung aller Verhältnisse wieder zu
Gajus zurückzukehren. Der Caesar erteilte die erbetene
Erlaubnis , und so machte sich Agrippa nach seinem
Vaterlande auf, wo er wider Erwarten als König er-
schien und denen, die seine frühere Dürftigkeit und
sein nunmehriges Glück in Vergleich zogen, den Beweis
lieferte , wie gross die Macht des Geschickes sei. Die
einen nun priesen ihn glücklich, weil seine Hoffnung
ihn nicht getäuscht habe, während die anderen sich
kaum entschlossen konnten, daran zu glauben, dass die
Sache auf Wahrheit beruhe.
Go gle
Achtzehntes Buch, 7. Kapitel.
547
Siebentes Kapitel.
»
Wie der Tetrarch Herodes verbannt wurde.
1. Herodias, die Schwester des Agrippa und Gattin
des Herodes, des Tetrarchen von Galilaea und Peraea,
beneidete ihren Bruder um seine Macht, weil sie ihn
auf einem ansehnlicheren Throne sah als ihren Gatten,
und weil er, obwohl er früher hatte fliehen müssen, ohne
seine Schulden bezahlen zu können, jetzt in so hohen
Ehren und so reichem Glücke zurückgekehrt war.
Dieser Wechsel ärgerte und kränkte sie , und besonders
wenn sie ihn im königlichen Schmuck unter dem Volke
einherfahren sah, konnte sie ihren Neid nicht verbergen,
sondern stachelte ihren Gatten an, er solle nach Rom
reisen und sich um die gleiche Würde bewerben. Sie ver-
möge das Leben nicht mehr zu ertragen, erklärte sie,
wenn Agrippa, der Sohn des von seinem Vater hin-
gerichteten Aristobulus, der so grossen Mangel gelitten
habe, dass Fremde ihm seinen täglichen Lebensunterhalt
hätten spenden müssen, und der genötigt gewesen sei,
aus Furcht vor seinen Gläubigern sich zu Schiffe davon
zu machen, mit der Königswürde bekleidet zurückkehre,
während Herodes, eines Königs Sohn, dem seine Ver-
wandtschaft den nächsten Anspruch auf den Thron
gebe, sich mit dem Leben eines Privatmannes begnüge.
„Hast du nun auch, Herodes,“ fuhr sie fort, „dir bisher
nichts daraus gemacht, unter den Rang deines Vaters
herabgedrückt zu sein, so bemühe dich doch wenigstens
jetzt um die dir zustehende Würde und lass nicht einen
Menschen sich über dich erheben, der sich nicht ge-
schämt hat, mit deinem Gelde gross zu thun. Gieb doch
nicht zu, dass er mit seiner Armut mächtiger dasteht
als wir mit unserem Reichtum und Überfluss, und erröte
davor, hinter jemand zurücktreten zu müssen , der gestern
und vorgestern noch von deiner Barmherzigkeit gelebt
hat. Auf, lass uns nach Rom gehen, und sparen wir
weder Mühe noch Gold und Silber, weil es gewiss nicht
35 *
Go gle
548
Josephas’ Jüdische Altertümer.
besser ist, Reichtümer aufzuspeichern, als sie auf die
Gewinnung eines Königsthrones zu verwenden.“
2. Herodes sträubte sich zwar anfänglich gegen den
Plan, weil er Ruhe und Bequemlichkeit liebte, und da
er das aufregende Treiben in Rom fürchtete, versuchte
er auch seine Gattin eines besseren zu belehren. Je
mehr diese ihn aber widerstreben sah , desto heftiger
setzte sie ihm zu und ermunterte ihn, nichts unversucht
zu lassen, um König zu werden. Sie ruhte auch nicht,
bis Herodes wider seinen Willen zur Nachgiebigkeit ge-
bracht war; konnte er sich doch überhaupt nicht leicht
dem entziehen , was sie einmal beschlossen hatte. Er
traf also möglichst glänzende Vorbereitungen , ohne
irgend welche Kosten zu scheuen, und schifite sich dann
in Begleitung der Herodias nach Rom ein. Agrippa
aber , der von ihrer Absicht und ihren Zurüstungen
Wind bekommen hatte, traf auch seinerseits Vor-
bereitungen, und sobald er ihre Abreise erfuhr, schickte
er den Fortunatus, einen seiner Freigelassenen, nach
Rom zum Caesar mit Geschenken und einer gegen
Herodes gerichteten Schrift, zu der er gelegentlich das
Nähere noch mündlich hinzuzufügen gedachte. Fortu-
natus folgte dem Herodes auf dem Fusse, und da er
glückliche Fahrt hatte, kam er so zeitig nach ihm an,
dass er, während Herodes Zutritt zu Gajus erhielt, auch
selbst anlangte und seinen Brief überreichen konnte.
Beide landeten in Dikaearchia und trafen den Caesar
zu Bajae, einem Städtchen in Campanien, das ungefähr
fünf Stadien von Dikaearchia entfernt ist. Hier be-
finden sich die aufs glänzendste ausgestatteten Sommer-
wohnungen der Caesaren, bei deren Einrichtung stets
ein Caesar den anderen an Prachtaufwand zu übertreffen
suchte. Der Ort hat warme Quellen , die dem Boden
entsprudeln und ebensowohl der Wiederherstellung der
Gesundheit als der Annehmlichkeit des Lebens dienen.
Gajus also las zur selben Zeit, da er mit dem zuerst
vorgelassenen Herodes sich besprach, die Anklageschrift
Agrippas, in welcher Herodes beschuldigt wurde, sich
Go gle
Achtzehntes Buch, 7. Kapitel.
549
wie früher mit Sejanus gegen Tiberius , so jetzt mit
Artabanus gegen Gajus verschworen zu haben. Zum
Beweise dieser Beschuldigung wurde angeführt, er be-
wahre in seinen Zeughäusern eine so grosse Menge
Waffen auf, dass man damit siebzigtausend Mann aus-
rüsten könne. Über diese Angabe erstaunt, fragte Gajus
den Herodes, ob es sich mit den Waffen wirklich so
verhalte. Herodes gab zu, dass er die Waffen besitze,
da er, wollte er nicht lügen, nicht anders aussagen
konnte. Gajus aber glaubte nun auch das für wahr
halten zu müssen, was ihm von der Verschwörung be-
richtet wurde; er nahm daher dem Herodes seine
Tetrarchie und vereinigte sie mit dem Reiche Agrippas,
den er dazu auch noch mit Geld beschenkte. Den
Herodes dagegen verurteilte er zu dauernder Verbannung
und wies ihm die Stadt Lugdunum 1 in Gallien zum
Aufenthalt an. Als er nun später erfuhr, Herodias sei
Agrippas Schwester, liess er dieselbe im Besitz des
Vermögens, welches ihr gehörte, und da er glaubte, sie
werde ihrem Gatten nicht in die Verbannung folgen
wollen, unterstellte er sie dem Schutze ihres Bruders.
Herodias aber entgegnete ihm darauf: „Du sprichst da
zwar ein grosses und deines Ranges würdiges Wort, o
Caesar. Dass ich aber von deiner Gnade Gebrauch
mache, daran hindert mich die Liebe zu meinem Gatten,
den ich billigerweise im Unglück nicht verlassen kann,
nachdem ich sein Glück geteilt habe.“ Über diese
Seelengrösse noch mehr erbittert, verbannte Gajus die
Herodias mit ihrem Gatten und schenkte ihr Vermögen
dem Agrippa. So strafte Gott die Herodias für den
Neid gegen ihren Bruder und den Herodes für die
Nachgiebigkeit gegen die eitle Rede seines Weibes.
Gajus regierte übrigens im ersten und zweiten Jahre
in hochherziger Weise und erwarb sich durch seine
Mässigung die Liebe der Römer wie seiner anderen
Unterthanen. Später dagegen verwirrte ihm die Grösse
1 Lyon
Go gle
550
Josephus’ Jüdische Altertümer.
seines Reiches derart den Kopf, dass er in seiner Über-
hebung sich zum Gott machte und der Gottheit alle
erdenkliche Schmach anthat.
Achtes Kapitel.
Wie die Juden und Griechen zu Alexandria in Streit
gerieten und Gesandte an Gajus schickten. Gajus sendet
den Petronius nach Syrien, um die Juden mit Krieg zu
überziehen, wenn sie sich weigerten, sein Standbild
aufzustellen.
1. Unterdessen war zu Alexandria zwischen den dort
wohnenden Juden und Griechen ein Streit entstanden,
und von beiden Seiten erschienen drei Gesandte vor
Gajus. 1 Einer der griechischen Abgeordneten war
ein gewisser Apion, 2 der die Juden mit bitteren
Schmähungen überhäufte und unter anderem ihnen vor-
warf, sie vernachlässigten die Verehrung des Caesars.
Denn während alle übrigen Unterthanen des römischen
Reiches dem Gajus zu Ehren Altäre und Tempel er-
richteten und ihn als Gott verehrten, hielten allein die
Jud6n es für schimpflich, ihm Bildsäulen zu weihen
und bei seinem Namen zu schwören. Durch solche
schweren Beschuldigungen hoffte Apion den Gajus zu
erbittern, und da es wahrscheinlich war, dass ihm dies
gelingen würde, bereitete Philo, der die Gesandtschaft
der Juden führte und als Bruder des Alabarchen
Alexander sowie wegen seiner philosophischen Bildung
hochberühmt war, sich vor, seine Anschuldigungen zu
widerlegen. Gajus indes verhinderte ihn daran, befahl
ihm, sich zu entfernen und geriet in so gewaltigen Zorn,
dass niemand im Zweifel blieb, er werde die Juden aufs
1 40 n. Chr.
2 Der von Josephus in der Schrift „Gegen Apion“ widerlegte
Gelehrte.
Achtzehntes Buch, 8. Kapitel.
551
empfindlichste züchtigen. So gekränkt trat Philo zurück
und ermunterte die mit ihm gekommenen Juden, sie
sollten sich nicht mutlos machen lassen, daGajus ihnen
zwar mit Worten seinen Groll beweise, in Wirklichkeit
aber sich Gott zum Feinde gemacht habe.
2. Gajus, der in hohem Grade darüber erbittert war,
dass die Juden allein ihn so missachteten , schickte den
Legaten Petronius als Nachfolger des Vitellius nach
Syrien und trug ihm auf, mit starker Heeresmacht in
Judaea einzurücken und, falls man ihn willig aufnehme,
sein (des Caesars) Standbild im Tempel Gottes auf-
zustellen, falls er jedoch auf Widerstand stosse, die
Juden niederzuwerfen und dann seinem Befehle nach-
zukommen. Petronius hatte kaum die Verwaltung
Syriens übernommen, als er sich beeilte, die Befehle des
Caesars zu vollziehen. Er bot daher so viele Hilfs-
truppen auf, als ihm möglich war, vereinigte dieselben
mit zwei römischen Legionen und bezog in Ptolemais
Winterquartiere, um gleich mit Anbruch des Frühjahrs
den Krieg zu beginnen. Von diesen seinen Vor-
bereitungen machte er alsbald dem Caesar Meldung,
und dieser lobte seinen Eifer und befahl ihm, mit
grösster Rührigkeit vorzugehen, um die Widerspenstigen
mit Krieg zu überziehen. Von den Juden aber kamen
viele Tausende nach Ptolemais zu Petronius und baten
ihn, er möge sie doch nicht zwingen, ihr väterliches Ge-
setz zu übertreten. „Hast du,“ so sprachen sie, „durch-
aus beschlossen, die Bildsäule im Heiligtum aufzustellen,
so lass uns erst umbringen und dann handle, wie dir
beliebt. Denn so lange wir noch einen Atemzug zu
thun haben, dürfen wir nicht zulassen, dass etwas gegen
unser Gesetz geschieht, und wir stützen uns dabei nicht
bloss auf das Ansehen unseres Gesetzgebers, sondern
auch auf das Beispiel unserer Vorfahren, welche die
Heilighaltung des Gesetzes stets als die höchste Tugend
betrachtet haben.“ Hierauf entgegnete Petronius un-
willig: „Wenn ich allein zu befehlen hätte, so möchte
euer Verlangen wohl billig und erfüllbar erscheinen.
Go gle
552
Josephus' Jüdische Altertümer.
Jetzt aber, da der Caesar mir mein Verhalten vor-
geschrieben hat, muss ich ihm unbedingt Folge leisten,
damit ich mir nicht durch Ungehorsam schwere Strafe
zuziehe.“ Die Juden erklärten dagegen: „Wenn es deine
feste Absicht ist, Petronius, keinen Befehl des Caesars
ausser acht zu lassen, so dürfen wir noch viel weniger
der Vorschrift unseres Gesetzes zuwiderhandeln, dem
wir im Vertrauen auf Gottes Güte und im Hinblick auf
die Standhaftigkeit unserer Vorfahren bisher treu ge-
blieben sind, und wir können nicht so niederträchtig
handeln, dass wir aus Todesfurcht Vorschriften über-
treten, deren Befolgung Gott zur Bedingung unseres
Glückes gemacht hat. Wir wollen also jegliches Un-
heil mit Freuden ertragen, wenn nur unser väterliches
Gesetz unangetastet bleibt. Denn wir wissen, dass uns
trotz der Gefahr die Hoffnung auf Sieg winkt, weil Gott
mit uns sein wird, wenn wir zu seiner Ehre das Kriegs-
glück versuchen. Wollten wir aber dir gehorchen, so
würden wir die grösste Schande auf uns laden, weil wir
unser Gesetz mit Füssen getreten und uns den Zorn
Gottes zugezogen hätten, der, wie du erkennen wirst,
mächtiger als dein Gajus ist.“
3. Da Petronius aus diesen Worten ihre Standhaftig-
keit erkannte und einsah, dass die Aufstellung der
Bildsäule des Gajus nicht ohne vieles Blutvergiessen
möglich sein würde, zog er mit seinen Freunden und
seiner Dienerschaft nach Tiberias, um sich dort vom
Stande der jüdischen Verhältnisse zu überzeugen. Die
Juden aber, die wohl wussten, dass der Krieg mit den
Römern ihnen grosse Gefahr bereiten würde (freilich
zogen sie dieselbe der Übertretung des Gesetzes bei
weitem vor), gingen dem Petronius abermals in einer
Stärke von vielen Tausenden auf dem Wege nach
Tiberias entgegen und baten ihn flehentlich, sie doch
nicht in solche Not zu versetzen und nicht durch Auf-
stellung der Bildsäule ihre Hauptstadt zu entweihen.
„Wollt ihr denn also wirklich,“ fragte Petronius, „mit
dem Caesar Krieg führen, ohne seine Rüstungen und
Achtzehnte» Bach, 8. Kapitel.
553
eure Schwäche in Betracht zu ziehen?" Sie aber er-
widerten ihm: „Keineswegs wollen wir Krieg führen,
sondern wir wollen lieber sterben als unsere Gesetze
übertreten.“ Damit warfen sie sich zur Erde, boten
ihren Nacken dar und erklärten sich bereit, augenblick-
lich den Tod zu erleiden. So thaten sie vierzig Tage
lang und unterliessen sogar, das Land zu bestellen, ob-
wohl es hohe Zeit zur Aussaat war, indem sie fest bei
ihrem Entschlüsse verharrten, eher zu sterben als die
Aufrichtung des Standbildes mit ansehen zu müssen.
4. In dieser Notlage begaben sich Aristobulus, der
Bruder des Koni gs Agrippa, Helkias der Grosse und die
übrigen Vornehmen aus diesem Geschlechte nebst den
Edelsten der Juden zu Petronius und beschworen ihn,
er möge doch, da er den Starrsinn des Volkes sehe,
dasselbe nicht zur Verzweiflung treiben, sondern dem
Caesar berichten , wie sehr sich die Juden gegen die
Aufstellung der Bildsäule sträubten, wie sie die Be-
stellung des Landes vernachlässigten und sich zur Wehr
setzten, und dass sie zwar keinen Krieg führen wollten,
weil ihnen die Kräfte dazu mangelten, aber eher mit
Freuden stürben , als dass sie ihr Gesetz übertreten
liessen. Auch möge er nicht verfehlen, darauf
hinzuweisen, dass die unterlassene Landbestellung not-
wendigerweise Räubereien zur Folge haben müsse, weil
die Entrichtung der Abgaben dadurch unmöglich ge-
macht werde. Vielleicht werde dann Gajus sich be-
wegen lassen, von schärferen Massregeln abzusehen und
das Volk zu verschonen. Bleibe aber der Caesar bei
seinem Entschluss, das Land mit Krieg zu überziehen,
so habe Petronius dann ja immer noch Zeit, sich dazu
anzuschicken. Auf diese Weise suchten Aristobulus und
dessen Begleiter den Petronius zu erweichen. Da sie
nun in an betracht der Wichtigkeit der Sache auf alle
mögliche Art und Weise ihm zusetzten, hielt Petro-
nius, der die Standhaftigkeit der Juden sah und sich
nicht entschliessen konnte, so viele tausend Menschen
dem Wahnsinn des Caesars zu opfern und durch Ver-
Go gle
554
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
letzung der der Gottheit schuldigen Ehrerbietung sich
selbst ein unglückliches Leben zu bereiten , es für ge«
ratener, an Gajus zu schreiben, so sicher er auch vor-
aussah, dass dieser ihm wegen der verschobenen Aus-
führung seiner Befehle schwer zürnen werde. Doch
hatte er noch die leise Hoffnung, ihn umstimmen zu
können. Wenn der Caesar dann , so überlegte er, bei
seinem unsinnigen Vorhaben verharre, so könne er sich
noch immer zum Kriege gegen die Juden entschliessen,
und selbst wenn sein Zorn sich gegen ihn kehre, wolle
er aus Hochachtung vor der Tugend um einer so
grossen Menschenmenge willen den Tod nicht scheuen.
Er entschloss sich deshalb, den Bitten der Juden nach-
zugeben.
5. Darauf berief er die Juden nach Tiberias, wo sich
dieselben denn auch zu Tausenden einfanden, trat mitten
unter sie und erklärte ihnen, nicht sein Wille sei es,
sondern der des Caesars, dass er unverzüglich gegen
diejenigen einschreite, die sich seinen Befehlen zu wider-
setzen wagten. Da er nun durch des Caesars Gnade zu
so hoher Ehre gelangt sei, zieme es ihm, sich seinen
Anordnungen zu fügen. „Gleichwohl,“ fuhr er fort,
„würde ich es für unrecht halten, wenn ich nicht mein
Leben und meine Stellung für euer Heil opferte, da ihr
so zahlreich seid und mit solchem Eifer für euer vor-
treffliches Gesetz eintretet, das ihr als von den Vätern
überkommen auf jeden Fall aufrecht zu halten euch
entschlossen habt. Was mich betrifft, so würde ich es
als ein Verbrechen gegen die allmächtige Gottheit an-
sehen, den Tempel durch die Willkür des Machthabers
zu entweihen. Ich will daher den Caesar von eurer Ge-
sinnung in Kenntnis setzen und, soviel ich vermag,
eure Sache unterstützen, um euch den Beweis zu liefern,
dass ich euer euch ehrendes Verhalten zu würdigen ver-
stehe. Gott, dessen Macht über alle menschliche Klug-
heit und Stärke erhaben ist, stehe euch in der treuen
Beobachtung eurer Gesetze bei und bewahre den Caesar
davor, dass er durch sein rücksichtsloses Vorgehen
Achtzehntes Buch, 8. Kapitel.
555
schliesslich nicht noch seinen Thron verliere. Sollte
Gajus in Erbitterung geraten und mich seinen Zorn
fühlen lassen, so will ich mich lieber jeder Gefahr unter-
ziehen und alles Leid ertragen, das mich an Seele und
Leib nur treffen kann, als dass ich euch in so grosser
Anzahl für euren Bekennermut dem Verderben preisgebe.
Gehe nun ein jeder von euch an seine Arbeit und baue
das Land. Ich selbst aber werde nach Rom schreiben
und alles, was in eurem Interesse liegt, sei es durch
meine eigene Fürsprache, sei es durch Vermittlung meiner
Freunde durchzusetzen suchen/ 1
6. Als er so gesprochen , entliess er die Versammlung
der Juden und forderte die Ältesten auf, das Volk zum
Ackerbau anzuhalten und ihm Hoffnung auf eine bessere
Zukunft zu machen. Gott aber bewies dem Petronius,
als er auf diese Weise die Menge ermutigt hatte, seine
Gegenwart und Macht Kaum nämlich hatte er 6eine
Rede an die Juden beendigt, als Gott wider alles Er-
warten einen heftigen Platzregen niederfallen liess, ob-
gleich der Tag heiter gewesen war und keine Vorboten
von Regen sich am Himmel gezeigt hatten. Die Juden
waren umsomehr erstaunt, als das ganze Jahr hindurch
Dürre geherrscht hatte, sodass man allseitig selbst dann
nicht auf Regen hoffte, wenn der Himmel einmal mit
Wolken überzogen war. Als daher gegen alle Erwartung
der reichliche Platzregen niederging, gaben sich die
Juden der Hoffnung hin, dass des Petronius Fürbitte
für sie nicht vergeblich sein werde. Auch Petronius selbst
war aufs höchste betroffen, als er sah, wie Gott sich der
Juden annahm und seine Gegenwart so deutlich offen-
barte, dass niemand, wenn er auch gewollt hätte, die-
selbe verkennen konnte. Er berichtete das auch an
Gajus und fasste überhaupt sein Schreiben so ab, dass
alles, was darin enthalten war, geeignet erschien, den
Caesar umzustimmen und ihn zu veranlassen, dass er
nicht so viele tausend Menschen zur Verzweiflung treibe.
Ferner stellte er dem Gajus vor, dass, wenn er die
Juden, die übrigens nur der Gewalt weichen würden,
Go gle
556
Josephus’ Jüdische Altertümer.
umbringen lasse, er sich selbst der von ihnen bezogenen
Einkünfte beraube und für alle Zeiten in schmachvollem
und verächtlichem Andenken bei ihnen stehen werde.
Zum Schluss schilderte er ihm die Macht des Gottes,
der den Juden seinen Schutz angedeihen lasse, und be-
merkte, dass dieselbe sich offenkundig und in ihrer
ganzen Grösse gezeigt habe. Also berichtete Petronius.
7. Unterdessen stieg der König Agrippa, der sich
noch in Rom befand, immer höher in der Gunst des
Gajus. Eines Tages lud er den Caesar zum Mahle und
gab sich solche Mühe, an Aufwand für die Tafel und
Beschaffung von erheiternden Zerstreuungen es anderen
zuvorzuthun, dass in der That niemand, ja sogar Gajus
selbst ihm gleichkommen, geschweige denn ihn übertreffen
konnte. Über diesen gewaltigen Aufwand und die Frei-
gebigkeit Agrippas, die ihn dem Caesar zulieb zu Aus-
gaben verleitet hatte, welche seine Kräfte weit über-
stiegen, geriet Gajus in Erstaunen, und da er hinter der
Freigebigkeit und Zuvorkommenheit seines Gastfreundes
nicht Zurückbleiben wollte, sagte er in weinseliger Stim-
mung zu Agrippa, der ihn stets wieder zum Trinken
aufforderte: „Ich bin dir schon längst verpflichtet für die
Ehre, die du mir immer erwiesen, und die Zuneigung,
womit du mir trotz der von Tiberius dir bereiteten Ge-
fahren entgegengekommen bist. Weil du nun auch jetzt
nichts unterlassen hast, um mir noch mehr Vergnügen
zu bereiten, als in deinen Kräften steht, so will ich mich
von dir an Gefälligkeit und Grossmut nicht übertreffen
lassen und darum alles nachholen, woran ich es bisher
habe fehlen lassen. Dass ich dir früher nur sehr wenig
zum Geschenk gemacht habe, ist leider wahr. Um so
mehr aber will ich dir jetzt gewähren, was zur Vervoll-
ständigung deines Glückes dienen kann, und zwar gern
unter Aufbietung aller meiner Kräfte.“ Das sagte Gajus
in der Meinung, Agrippa werde sich ausgedehnte Länder-
strecken oder die Einkünfte mehrerer Städte ausbitten.
Obgleich aber Agrippa mit sich im reinen darüber war,
was er begehren wollte, hielt er zunächst doch noch
Achtzehntes Buch, 8. Kapitel.
557
damit zurück und entgegnete unverzüglich dem Caesar,
er habe weder früher gegen den Willen des Tiberius
sich an ihn angeschlossen, um dadurch Vorteile zu er-
langen, noch handle er jetzt ihm gegenüber aus niedriger
Gewinnsucht. Die grossartigen Wohlthaten, dieGajusihm
früher schon erwiesen habe und die alle seine Erwar-
tungen übertroffen batten, ständen, wenn sie auch noch
nicht das Grösste seien, was er verleihen könne, doch
•in keinem Verhältnis zur Würdigkeit des Empfängers.
Diese Genügsamkeit setzte den Caesar noch mehr in Er-
staunen, und er drang nun noch beharrlicher in Agrippa,
ihm zu sagen, was er als Geschenk haben wolle. Dieser
erwiderte darauf: „Wenn du, oHerr, mich in deiner Güte
noch eines weiteren Geschenkes für wert hältst, 60 will
ich nichts von dir begehren, was zu meiner Bereicherung
dienen könnte, besonders da ich deiner Gnade schon
mehr verdanke als alle anderen. Vielmehr möchte ich
nur um eines dich bitten, das dir den Ruhm der Frömmig-
keit verschaffen, Gott zu deinem Beschützer und Helfer
machen und mir bei denen, die davon hören, den herr-
lichen Ruf eintragen wird, dass ich alles, was ich wünsche,
von deiner Macht sicher erlangen kann. Ich bitte dich also,
du wollest auf die Errichtung deiner Bildsäule im Tempel
der Juden, womit du den Petronius beauftragt hast, Ver-
zicht leisten.“
8. Das War nun freilich eine sehr gewagte Bitte.
Denn ein Begehren, welches dem Caesar nicht gefiel,
war gleichbedeutend mit dem sicheren Tode des Bitt-
stellers. Weil aber die Angelegenheit sehr wichtig war,
wollte Agrippa sein Glück damit versuchen. Gajus
ßchärate sich nun mit Rücksicht auf Agrippas gewinnende
Freigebigkeit, diesem vor so vielen Zeugen eine Bitte
abzuschlagen, zu der er selbst ihn gedrängt hatte, gleich
als wenn ihm seine Versprechungen im nächsten Augen-
blick wieder leid würden. Zudem konnte er auch nicht
umhin, Agrippas Edelmut zu bewundern, weil er, statt
an seinen Thron oder an reichere Einkünfte oder an
Vermehrung seiner Macht zu denken, nur für das öffent-
558
Josephus’ Jüdische Altertümer.
liehe Wohl, den Schutz der Gesetze und die Ehre Gottes
besorgt war. Er sagte daher die Gewährung der Bitte
zu und drückte dem Petronius brieflich seine Zufrieden-
heit darüber aus, dass er das Heer zusammengebracht
und ihn betreffs des gegen die Juden einzuschlagenden
Verfahrens um Rat gefragt habe. „Sollte nun,“ so fuhr
das Schreiben fort, „die Bildsäule schon errichtet sein,
so entferne sie wieder ; 1 hast du sie aber noch nicht auf-
gestellt, so mache dir deshalb keine weitere Mühe,
sondern entlasse das Heer und schicke dich an, meinen
sonstigen Aufträgen nachzukommen. Ich habe nämlich
beschlossen, von der Errichtung der Bildsäule abzusehen,
und zwar aus Gefälligkeit gegen Agrippa, den ich zu
hoch schätze, als dass ich seine Wünsche und Bitten
unerfüllt lassen sollte.“ So schrieb Gajus an Petronius,
freilich ehe er den Brief gelesen hatte, in welchem es hiess,
dass die Juden wegen des Standbildes in Aufruhr geraten
und offenbar zum Kriege gegen die Römer bereit seien.
Als er aber diesen Brief erhielt, erzürnte er aufs heftigste,
als hätten die Juden seine Macht auf die Probe zu stellen
gewagt. War er doch ein Mensch, der sich vor nichts
scheute und für Anstand keinen Sinn hatte, wie er auch
gegen jedermann ganz ohne Grund masslos aufgebracht
werden konnte und sein Glück darin fand, seinen Jäh-
zorn stets befriedigen zu können. Er schrieb daher aber-
mals an Petronius folgendermassen: „Weil du die Ge-
schenke, mit denen die Juden dich bedacht haben, höher
als meine Befehle geachtet und dich unterstanden hast,
den Juden zulieb anders zu handeln, als dir von mir
aufgetragen war, so sollst du jetzt dein eigener Richter
sein und selbst bestimmen, was dir geschehen soll, damit
du die Wucht meines Zornes fühlst. Denn ich will an
dir ein Beispiel aufstellen, das die Mitwelt wie die Nach-
welt davor warnen soll, den Befehlen des Caesars zu-
widerzuhandeln.“
1 Hier ist vor eoTctTio offenbar jj. 7) einzuschiebon , da es sonst
heissen würde: „so soll sie stehen bleiben“, was der Gewährung
von Agrippas Bitte nicht entsprochen hätte.
Achtzehntes Buch, 9. Kapitel.
559
9. Das war der Inhalt des Briefes, den Gajus an
Petronius richtete. Doch erhielt Petronius denselben
nicht mehr bei Lebzeiten des Caesars, weil die Seefahrt
sich für die Überbringer so in die Länge zog, dass ein
anderer Brief, in welchem ihm der Tod des Gajus ge-
meldet wurde , früher in seine Hände gelangte. Gott
war offenbar der Gefahren eingedenk, denen sich Pe-
tronius ihm zu Ehren und den Juden zu Gefallen unter-
zogen hatte, und nahm daher den Gajus, dem er wegen
des Beanspruchens göttlicher Verehrung zürnte, von der
Erde weg. Mit Petronius freuten sich darüber nicht
nur die Römer, sondern auch das ganze römische Reich
und insbesondere alle edlen Senatoren, gegen die Gajus
am meisten seine Wut hatte toben lassen. Er starb
nicht lange nach Abfassung des Briefes, in welchem er
dem Petronius den Tod androhte. Die Veranlassung
zu seiner Ermordung und die Art der gegen ihn ge-
stifteten Verschwörung werde ich im folgenden aus-
einandersetzen. Petronius also erhielt den Brief, der
ihm den Tod deB Gajus meldete, früher wie den anderen,
worin ihm befohlen wurde , selbst Hand an sich zu
legen. Seine Freude über des Gajus Tod war jedenfalls
ebenso gross als die Bewunderung, mit der er Gottes
Vorsehung anerkannte , der ihm unverzüglich für die
dem Tempel erwiesene Ehre und für die Hilfe, welche
er den Juden geleistet hatte, seinen Lohn zukommen
liess, indem er ihn aus ungeahnter Todesgefahr er-
rettete.
Neuntes Kapitel.
Was den Juden in Babylonien durch die Brüder
Asinaeus und Anilaeus widerfuhr.
1. Um diese Zeit traf die in Mesopotamien und be-
sonders die bei Babylon wohnenden Juden ein schweres
Unglück, das sich mit keinem anderen vergleichen lässt,
und es wurde unter ihnen ein Blutbad angerichtet, wie
Go gle
560
Josephus’ Jüdische Altertümer.
die Geschichte kein ähnliches kennt. Um diese Be-
gebenheit hinreichend genau darstellen zu können, muss
ich auf ihre Ursachen zurückgreifen. In Babylonien
liegt eine Stadt Naarda , die sehr bevölkert ist und
ausser anderen Vorzügen auch ein fruchtbares, aus-
gedehntes Gebiet besitzt. Dazu kommt , dass sie nicht
eingenommen werden kann , weil sie rings vom Euphrat
umflossen und stark befestigt ist. Gleichfalls von diesem
Flusse umströmt ist auch die Stadt Nisibis, welche in
jener Gegend liegt. Die Juden, die sich auf die
natürliche Festigkeit dieser Orte verliessen, verwahrten
hier die Doppel drachme , 1 welche jeder Jude Gott nach
dem Gesetze opfern musste, sowie alle übrigen Opfer-
gelder und betrachteten diese Städte gleichsam als ihre
Schatzkammern. Von hier aus wurde das Geld dann
zu bestimmten Zeiten nach Jerusalem geschafft, und
zwar aus Furcht vor den Räubereien der Parther, denen
Babylonien zinspflichtig war, unter Bedeckung von
mehreren tausend Mann. Aus Naarda stammten zwei
rechte Brüder, Asinaeus und Anilaeus, die nach dem
Tode ihres Vaters von ihrer Mutter angehalten worden
waren, die Webekunst zu erlernen, weil das bei den
Einwohnern jenes Landes nicht für unpassend gilt und
sogar Männer dort Wolle spinnen. Nun machte ihnen
eines Tages der Meister, bei dem sie die Kunst lernten,
Vorwürfe, weil sie zu spät zur Arbeit gekommen waren,
und züchtigte sie dafür mit Schlägen. Diese Strafe er-
schien ihnen schmachvoll, weshalb sie alles, was sich
im Hause an Waffen vorfand , zusammenrafften und
damit an einen Ort zogen , wo der Fluss sich teilt
und wo üppige Weideplätze sowie Früchte, die für den
Winter aufgespeichert werden können, in Menge vor-
handen waren. Hier strömten ihnen bald alle jungen
Leute zu, die nichts ihr eigen nannten. Diese versahen
sie mit Waffen, spielten sich als deren Anführer auf
und unterwiesen sie in allen möglichen Übelthaten.
1 Vergl. Matthaeus 17, 23 .
Achtzehntes Buch, 9. Kapitel.
561
TJnd da der Ort, wo sie sich auf hielten, unzugänglich
war, erbauten sie sich dort eine Burg, schickten einige
der Ihrigen zu den Hirten und legten denselben eine
so grosse Abgabe an Vieh auf, dass sie ihr Leben damit
fristen konnten , indem sie ihnen zugleich mitteilen
Hessen, sie würden, falls sie sich fügten, sich als ihre
Freunde beweisen und sie vor ihren Feinden schützen,
im anderen Falle dagegen ihre Herden niedermachen.
Da den Hirten nichts anderes übrig blieb, gehorchten
sie und lieferten so viele Schafe, als die Abenteurer
forderten. So wuchs die Macht des Gesindels immer
mehr, und es trieb schliesslich, was ihm beliebte, indem
niemand mehr vor seinen plötzlichen Überfallen sicher
war. Auf Widerstand stiessen die Abenteurer nirgends,
weil sie überall Furcht und Schrecken zu verbreiten
wussten, und der Ruf von ihren Thaten drang endlich
bis zum Könige der Parther.
2. Als nun der babylonische Satrap von diesem
Treiben Kunde erhielt, wollte er die Abenteurer gleich
im Anfänge niederwerfen, bevor das Übel sich weiter
ausbreitete. Er zog daher aus den Parthern und Baby-
loniern eine so grosse Streitmacht zusammen, als er nur
konnte, und brach in Eilmärschen gegen sie auf, um
sie zu überrumpeln;, ehe sie noch von seinen Rüstungen
Kenntnis erlangten. Bei einem Sumpfe machte er halt
und unternahm zunächst nichts. Am folgenden Tage
aber, einem Sabbat, an dem die Juden sich jeglicher
Arbeit enthalten, rückte er, da er glaubte, der Feind
werde sich deshalb auf keinen Kampf einlassen, sondern
sich ohne Schwertstreich gefangen geben, langsam vor,
um denselben unversehens zu überfallen. Asinaeus nun,
der zufällig mit seinen Gefährten zusammensass und
die Waffen neben sich gelegt hatte, sprach plötzlich:
„Ihr Männer, es tönt Gewieher an mein Ohr, doch nicht
von Pferden, die auf den Weiden grasen, sondern wie
von Schlachtrossen, die den Reiter tragen. Ja, ich höre
sogar deutlich das Knirschen der Gebisse, sodass ich
fürchte, die Feinde haben uns umzingelt und schreiten
Joeephufi’ Jüdische Altertümer* II. 36
562
Josephus’ Jüdische Altertümer.
zum Angriff. Laufe also gleich einer von euch hin,
um zu kundschaften und sichere Nachricht zu bringen.
Es soll mir lieb sein, wenn ich mich getäuscht habe."
Sogleich liefen einige von den Leuten weg, um zu
spähen , und kehrten alsbald mit folgendem Bescheid
zurück: „Deine Vermutung über das Vorhaben unserer
Feinde hat dich nicht getäuscht; es scheint, sie wollen
sich glicht mehr ungestraft drangsalieren lassen. Wir
sind mitList umzingelt, müssen uns von der gewaltigen
Reitermasse, die auf uns eindringt, wie Schlachtvieh
niedermachen lassen und können noch nicht einmal
Widerstand leisten, weil wir nach der Vorschrift unseres
Gesetzes verpflichtet sind, uns ruhig zu verhalten.“ Asi-
naeus indes war nicht derselben Meinung wie die Kund*
schafter, sondern hielt es für ratsamer, bei der gefähr-
lichen Lage Mut zu fassen und das Gesetz zu übertreten,
um lieber in tapferer Gegenwehr dem sicheren Tode zu
erliegen, als dem Feinde die Freude zu lassen, dass er
sie wehrlos hinschlachten könne. Dann griff er selbst
zu den Waffen und trieb seine Gefährten zu gleicher
Kühnheit an, rief ihnen auch noch zu, sie sollten sich
wacker schlagen. Als nun der Kampf entbrannte,,
machten sie viele ihrer Feinde nieder, da dieselben mit
einer Sorglosigkeit herangezogen waren, als hätten sie
den Sieg schon in Händen; den Rest aber trieben sie
in die Flucht.
3. Als der Partherkönig von diesem Kampfe hörte,,
wünschte er voll Bewunderung für die Kühnheit der
beiden Brüder sie zu sehen und zu sprechen. Er schickte
daher den treuesten seiner Trabanten zu ihnen und
liess ihnen sagen: „Der König Artabanus will, obgleich
ihr ihn durch Eindringen in sein Reich beleidigt habt,,
dennoch seinen Zorn eurer Tapferkeit zum Opfer bringen
und schickt mich deshalb her, um euch unter Hand-
schlag zu versichern, dass er euch ungehinderte Reise
gewährleistet. Er bittet euch nämlich, zu ihm zu
kommen, weil er mit euch einen Freundschaftsvertrag
schliessen will, und nichts von List oder Betrug zu
Achtzehntes Buch, 9. Kapitel.
563
fürchten. Auch verspricht er euch reiche Geschenke
und ehrenvolle Auszeichnungen, die bei seiner Macht
euch noch gewaltiger machen werden.“ Asinaeus selbst
aber wollte diese Reise nicht unternehmen, sondern
schickte seinen Bruder Anilaeus mit Geschenken, wie
sie seiner Lage entsprachen. Anilaeus begab sich also
auf den Weg und fand sogleich Zutritt beim Könige.
Als nun Artabanus den Anilaeus allein kommen sah,
fragte er ihn um die Ursache, weshalb Asinaeus nicht
mit ihm gekommen sei. Er erhielt zur Antwort, derselbe
sei aus Furcht in den Niederungen zurückgeblieben,
worauf er bei den Göttern seines Landes schwur, er
werde denen nichts zuleide thun, die sich ihm an-
vertrauten. Alsdann gab er dem Anilaeus die Hand,
was bei den barbarischen Bewohnern dieses Landes die
höchste Sicherheit beim Abschluss von Verträgen bedeutet.
Niemand würde dort einen Betrug begehen, wenn er
einmal seine Rechte gegeben hat, und niemand, der
irgend welchen schlimmen Verdacht hegt, zweifelt noch
an seiner Sicherheit, sobald er diese Beteuerung er-
halten hat. Artabanus entliess nun nach dem Hand-
schlag den Anilaeus, damit er seinen Bruder berede,
mit ihm zum Könige zurückzukehren. Dabei leitete den
König die Absicht, die Tapferkeit der jüdischen Brüder
gewissermassen als Zügel für seine Satrapen zu ge-
brauchen, damit dieselben, die drauf und dran waren,
von ihm abzufallen, verhindert würden, die Treue zu
brechen. Er besorgte nämlich, dass, wenn er in einen
Krieg mit den Empörern verwickelt würde , Asinaeus
und die Babylonier ihre Macht nur desto mehr befestigen
und bei der ersten Nachricht von dem Aufruhr entweder
selbst zum Kriege schreiten oder, oder wenn ihnen das
nicht möglich wäre, wenigstens weit und breit ihr ganzes
Nachbarland verwüsten würden.
4. In dieser Absicht also entliess der König den
Anilaeus. Diesem gelang es auch wirklich, seinen
Bruder zu der Reise zu bewegen, indem er ihm von des
Königs Wohlwollen und Freundlichkeit sowie von der
36 *
564
Josephus’ Jüdische Altertümer.
unter Handschlag gegebenen Versicherung erzählte. Und
so begaben sie sich denn beide auf den Weg zu den
Parthern. Als sie dort anlangten, nahm Artabanus sie
sehr freundlich auf und konnte sich über Asinaeus, der
so grosse Thaten vollbracht, nicht genug wundern, weil
er von kleiner Gestalt und verächtlich anzuschauen war,
sodass man ihn, nach dem ersten Eindruck zu urteilen,
für eine Null hätte halten können. Deshalb sagte der
König zu seinen Freunden, Asinaeus verrate einen Geist,
der jedenfalls bei weitem grösser als sein Körper sei.
Beim Trinkgelage zeigte er ihn dem Abdagases, einem
von den Befehlshabern seiner Leibwache, und erzählte
ihm, welch ein Held er sei und wie unerschrocken er
im Kampf auftrete. Als aber Abdagases die Erlaubnis
begehrte, ihn töten und so Rache für die Unbilden
nehmen zu dürfen, die er dem Reiche der Parther zu-
gefügt habe, entgegnete der König: „Ich darf dies nicht
an einem Manne geschehen lassen, der sich mir anver-
traut hat, besonders da ich ihm meine Rechte gegeben
und geschworen habe, ihm Treue zu halten. Willst du
nun ein Mann und Kriegsheld sein, so brauchst du mich
nicht zum Eidbruch zu veranlassen, um die Unbilden zu
rächen, die das Partherreich von ihm erlitten hat. Auf
seinem Rückwege aber magst du ihn überfallen und
deine Kraft an ihm versuchen, nur darf ich nichts von
deinem Anschlag erfahren.“ Am folgenden Morgen be-
schied er den Asinaeus zu sich und sprach zu ihm : „Es
ist Zeit, junger Mann, dass du zu den Deinigen zurück-
kehrst, und zwar schon deshalb, damit du nicht einigen
von den an meinem Hofe befindlichen Fürsten Gelegen-
heit giebst, dich gegen meinen Willen umzubringen. Ich
vertraue dir nun das babylonische Land an, damit es
durch deinen Schutz vor Räubereien bewahrt bleibe, und
ich halte es für billig, dass du mir treue Freundschaft
bewahrst, da ich dir mein Wort unverbrüchlich gehalten
habe und zwar unter Umständen, in denen es sich nicht
um Kleinigkeiten, sondern um dein Leben und deine
Sicherheit handelte.“ Nach diesen Worten beschenkte er
Achtzehntes Buch, 9. Kapitel.
565
den Asinaeus und liess ihn un verweilt heimkehren. So-
bald Asinaeus in seiner Niederlassung angelangt war,
legte er teils neue Kastelle an, teils versah er die alten
mit neuen Befestigungen und gelangte in kurzer Zeit zu
einer Macht, wie sie vor ihm von niemand erreicht
worden war, der sich aus so kleinen Anfängen empor-
geschwungen hatte. Auch die parthischen Anführer,
welche in die benachbarten Gebiete geschickt (wurden,
achteten und ehrten ihn; denn die Auszeichnung, welche
ihm die Babylonier zu teil werden liessen, erschien nur
unbedeutend und in keiner Weise seinen Verdiensten
entsprechend. So hatte er bald alle Gewalt in Händen,
da in Mesopotamien sich jeder nach seinem Wink und
Willen richtete, und fünfzehn Jahre lang stieg sein Glück
täglich mehr und mehr.
5. Als aber die Brüder auf dem Gipfel ihrer Macht
angelangt waren, fing das Unglück an, ihnen zuzusetzen,
und zwar aus folgender Veranlassung. Sie wichen all-
mählich vom Pfade der Tugend ab, die ihnen eine so
gewaltige Macht verschafft hatte, und wandten sich einem
sündhaften Leben zu, indem sie die Gesetze ihrer Väter
verachteten und in Lust und Sinnlichkeit verfielen. Ein
parthischer Fürst, der zum Satrapen jener Provinzen er-
nannt worden war, brachte dorthin seine Gattin mit, die
ausser anderen Vorzügen besonders eine wunderbar schöne
Körpergestalt aufwies. Mochte nun An ilaeus, der Bruder
des Asinaeus, etwas von ihrer Schönheit gehört oder sie
einmal selbst erblickt haben, genug, er wurde sogleich
ebenso sehr von Liebe als von Erbitterung ergriffen, teils
weil ihm gar keine Hoffnung blieb, das Weib zu besitzen,
es sei denn, dass er sich ihrer mit Gewalt bemächtigt
hätte, teils weil er seine Begierde nach ihr nicht zu
unterdrücken vermochte. Die Brüder erklärten daher
den Gatten des Weibes für ihren Feind, und kaum war
er im Kampfe gefallen, so war seine Gattin auch schon
mit ihrem Liebhaber vermählt. Indessen zog das Weib
nicht in das Haus der Brüder ein, ohne dem Anilaeus
sowohl wie dem Asinaeus das schwerste Unheil zu be-
566
Josephus’ Jüdische Altertümer.
reiten. Sie war nämlich bereits vor der Ehe mit dem
jetzt gefallenen Gatten vermählt gewesen, und da sie
nach dem Tode ihres ersten Mannes in Gefangenschaft
geriet, verbarg sie die Bildnisse der Götter, die sie mit
jenem Manne verehrt hatte, und nahm sie nach dem
Brauche ihres Landes mit sich. In jenen Gegenden ist
es nämlich allgemein Sitte, Götterbilder zu Hause zu
haben und dieselben auf Reisen mitzunehmen. Zunächst
nun verehrte das Weib die Bildnisse heimlich; als sie
aber des Anilaeus Gattin geworden war, betete sie ihre
Götter nach ihrer früheren Gepflogenheit und unter den-
selben Ceremonien, die sie von ihrem ersten Gatten her
gewohnt war, an. Die Gefährten der beiden Brüder nun,
die bei denselben besonderen Einfluss hatten, machten
dem Anilaeus in aller Güte Vorstellungen darüber, dass
er so arg gegen die Gesetze und Gebräuche der Hebräer
verstosse und ein ausländisches Weib genommen habe,
welche die ihnen so genau vorgeschriebenen Opfer und
sonstigen gottesdienstlichen Handlungen umgehe. Er
möge sich daher vorsehen, dass er nicht seiner Sinnes-
lust zuliebe seine Macht einbüsse, nachdem dieselbe mit
Gottes Hilfe so sehr gewachsen sei. Doch richteten sie
mit solchen Reden nichts aus, und Anilaeus stiess sogar
einen der Seinigen, der so freimütig gesprochen hatte,
nieder. Als dieser im Sterben lag, flehte er in seiner
Anhänglichkeit an das Gesetz zu Gott, er möge seinen
Tod an Asinaeus und Anilaeus rächen, alle seine Ge-
fährten aber auf gleiche Weise durch die Hand ihrer
Feinde umkommen lassen, weil sie ihm keine Hilfe ge-
leistet hätten, als er sich für das Gesetz der Gefahr
unterzogen habe. Hierüber gerieten sie alle in grosse
Missstimmung, verhielten sich aber zunächst noch ruhig,
weil sie sich wohl bewusst waren, dass sie ihre gegen-
wärtige glänzende Lage nur der Tapferkeit der beiden
Brüder zu verdanken hatten. Als sie jedoch von der
Verehrung der parthischen Götzenbilder hörten, glaubten
sie des Anilaeus Frevel gegen das Gesetz nicht länger
ertragen zu dürfen , sondern zogen in Menge zu Asinaeus
Go gle
Achtzehntes Buch, 9. Kapitel.
567
hin und schrien, er müsse, wenn er auch früher einzu-
schreiten unterlassen habe, doch wenigstens jetzt das
Geschehene wieder gut zu machen suchen, ehe er selbst
samt allen anderen zur Strafe für diesen Frevel dem
Verderben anheimfalle. Dann führten sie Klage über
<lie Ehe mit einem fremden Weibe, die weder mit ihren
Sitten noch mit den Gesetzen ihrer Väter in Einklang
stehe, und über die Götzenverehrung, die das Weib zur
Beschimpfung des von ihnen an gebeteten Gottes treibe.
Kun wusste Asinaeus zwar recht gut, dass das Vergehen
seines Bruders schon grosses Unheil heraufbeschworen
habe und noch herauf beschwören werde; gleichwohl
schwieg er aus verwandtschaftlichen Rücksichten dazu
still und verzieh ihm, weil er unter dem Banne seiner
mächtigen Leidenschaft stehe. Da aber Tag für Tag
die Menge sich zu ihm drängte und das Geschrei immer
lauter wurde, machte er endlich seinem Bruder Vor-
stellungen, tadelte das Vorgefallene bitter und verlangte
von ihm, er solle von seinem Wandel ablassen und das
Weib heimschicken. Indes richtete er mit diesen Worten
nichts aus. Als das Weib aber merkte, dass die Menge
ihretwegen in Aufruhr war, und fürchten musste,
Anilaeus werde wegen seiner Liebe zu ihr grossen Ge-
fahren entgegen gehen, mischte sie dem Asinaeus Gift
in die Speisen und räumte ihn so aus dem Wege. Eine
Strafe hatte sie ja für ihr Verbrechen nicht zu fürchten,
weil ihr eigener sterblich in sie verliebter Gatte sie hätte
richten müssen.
6. Anilaeus, der nun allein an der Spitze stand,
unternahm alsbald einen Kriegszug gegen die Besitzungen
des Mithradates, eines vornehmen Parthers, welcher die
Tochter des Königs Artabanus zur Frau hatte. Diese
Besitzungen wurden geplündert und lieferten eine grosse
Ausbeute an Geld und Sklaven -sowie an Vieh und
vielem anderen , was seinem Besitzer das Leben angenehm
machen kann. Als aber [Mithradates, der sich gerade in
der Gegend aufhielt, die Einnahme seiner Besitzungen
erfuhr, geriet er in höchsten Zorn darüber, dass Anilaeus,
Go gle
568
Josephus’ Jüdische Altertümer.
den er früher nie gereizt hatte, jetzt mit Feindseligkeiten
begann. Er zog daher eine so starke Keiterei, als er
nur konnte, und zwar aus Leuten im blühendsten Alter,
zusammen und marschierte damit dem Anilaeus entgegen,
um ihn zu bekämpfen. Als er nun bei einem seiner
Dörfer angelangt war, hielt er sich zunächst ruhig und
wollte erst am folgenden Tage, der ein Sabbat war und
als solcher von den Juden gefeiert werden musste, zur
Schlacht ausrücken. Anilaeus aber erhielt hiervon Kunde
durch einen Syrer, der in einem anderen Dorfe wohnte
und ihm über alles genaue Auskunft gab, insbesondere
auch über den Ort, wo Mithradates mit den Seinigen
speisen wollte. Er liess daher zeitig die Abendmahlzeit
nehmen und brach in der Nacht auf, um die Parther,
die sich dessen nicht versahen, zu überfallen. Um die
vierte Nachtwache 1 griff er sie an, machte die einen im
Schlafe nieder und jagte die anderen in die Flucht.
Den Mithradates, den er lebendig gefangen hatte, liess er
mitführen und nackt auf einen Esel setzen, was bei den,
Parthern für die ärgste Schmach gilt. So brachte man
ihn in einen Wald, wo Anilaeus von seinen Freunden
bestürmt wurde, er solle den Mithradates umbringen
lassen. Dem widersetzte sich aber Anilaeus und belehrte
sie, es könne ihnen nicht zum Vorteil gereichen, wenn
sie den Mithradates töteten, da er bei den Parthern in
hohem Ansehen stehe und ausserdem auch noch mit dem
Könige verwandt sei. Was bis jetzt geschehen sei, lasse
sich noch ertragen, und obschon man den Mithradates
schwer beschimpft habe, werde er doch, wenn er ihnen
sein Leben verdanken müsse, nicht vergessen, denen
seine Erkenntlickeit zu beweisen, die ihn so wohlwollend
behandelt hätten. Wenn er aber den Tod erleide, werde
der König sicher nicht ruhen, bis er unter den babylo-
nischen Juden das schrecklichste Blutbad angerichtet
habe. Um diese aber müssten sie Sorge tragen, einmal
weil sie mit ihnen verwandt seien, dann aber auch, weil
1 Nach drei Uhr morgens.
Go gle
Achtzehntes Buch, 9. Kapitel.
569
ihnen selbst im Falle eines Unglückes keine Hoffnung
mehr bleiben würde, da die meisten jungen Leute aus-
gehoben seien. Durch diese Worte, welche er an die
Versammelten richtete, wusste Anilaeus es dahin zu
bringen, dass sie sich überzeugen Hessen, und so wurde
Mithradates freigelassen. Als er nun zu Hause anlangte,
empfing ihn seine Gattin mit Schmähungen und fragte
ihn, ob er die schimpfliche Behandlung, die ihm zu teil
geworden, ruhig hinnehmen und zufrieden sein wolle,
sein Leben aus den Händen der Juden gerettet zu haben.
„Jetzt,“ fügte sie hinzu, „kehrst du entweder tapferen
Mutes wieder um, oder, das schwöre ich dir bei den
Göttern dieses Landes, ich löse meine Ehe mit dir auf.“
So musste denn Mithradates , teils weil er der täglichen
Vorwürfe überdrüssig war, teils weil er bei dem stolzen
Sinne seines Weibes fürchtete, sie werde sich wirklich
von ihm trennen, wider seinen Willen so viele Soldaten,
als er konnte, auftreiben. Mit diesen zog er dann gegen
den Feind, entschlossen, lieber sein Leben zu verlieren,
als im Kampfe gegen die Juden zu unterliegen.
7. Als aber Anilaeus vernahm, dass Mithradates im
Begriff stehe, mit grosser Heeresmacht ihm entgegenzu-
ziehen, hielt er es für unrühmlich, sich innerhalb der
sumpfigen Niederungen zu bergen, und beschloss daher
dem Feinde die Stirn zu bieten. Und da ihm auch sein
einstiges Glück das Vertrauen einflösste, er werde den
Feinden ebenso wie früher mitspielen und es werde seinen
Leuten die Kühnheit nicht mangeln, die sie sonst bewiesen,
führte er seine Streitmacht vor. Ausser seinem eigent-
lichen Heere schlossen sich noch viele andere an ihn an,
welche die Hoffnung auf Beute lockte und die durch
ihren blossen Anblick dem Feinde schon Schrecken ein-
zujagen geeignet waren. Als man nun durch dürre
Gegenden und dazu noch um die Mittagszeit neunzig
Stadien weit marschiert war, hatte den Kriegern der
Durst schon gewaltig zugesetzt. Da zeigte sich plötz-
lich Mithradates und drang mit grossem Ungestüm auf
sie ein, und weil sie vor Durst und Hitze keine Waffen
<
Go gle
570
Josephas’ Jüdisch© Altertümer.
mehr zu halten vermochten, wurden Anilaeus und die
Seinigen, welche völlig erschöpft waren, schmählich in
die Flucht getrieben, wobei viele tausend Juden um-
kamen. In wildem Durcheinander zog sich darauf Ani-
laeus samt seiner Umgebung in einen Wald zurück,
während Mithradates vor Freude über den errungenen
Bieg laut jubelte. Gar bald aber hatte sich beiAnilaeus
wieder eine Schar verkommener Menschen gesammelt,
die sich um die Zukunft wenig kümmerten, wenn sie
nur für den Augenblick ihrer Not enthoben waren. So
wurde wohl die Zahl der Gefallenen ersetzt, doch
konnten die neuen Ankömmlinge den Vergleich mit
diesen nicht aushalten, weil sie roh und ungeübt waren.
Trotzdem unternahm Anilaeus mit ihnen einen Raubzug
gegen babylonische Dörfer, bei dem es zu greulichen
Verwüstungen kam. Daher sandten sowohl die Baby-
lonier als auch die im Felde stehenden Truppen nach
Naarda zu den dort befindlichen Juden und verlangten
die Auslieferung des Anilaeus. Diesem Verlangen wurde
selbstverständlich keine Folge gegeben, weil die Juden,
selbst wenn sie wollten, den Abenteurer nicht ausliefern
konnten. Hierauf bot man ihnen Frieden an, und da
auch sie das lebhafteste Verlangen danach trugen,
schickten sie mit den Babyloniern Männer aus ihrer
Mitte ab, die deswegen mit Anilaeus verhandeln sollten.
Als aber die Babylonier hier alles ausgekundschaftet
und die Beschaffenheit des Ortes, wo Anilaeus lagerte,
sich gemerkt hatten, machten sie auf diesen und seine
Leute, während sie berauscht im Schlafe lagen, einen
Angriff und hieben ohne Gegenwehr alle Feinde, deren
sie habhaft werden konnten, darunter auch den Anilaeus
selbst, nieder. 1
8. Die Babylonier waren nun von der Furcht vor
Anilaeus befreit, dem einzigen Menschen, der ihrem
Hass gegen die Juden bisher Schranken gesetzt hatte.
Fast ununterbrochen hatten sie mit diesen wegen der
1 35 oder 36 n. Chr.
Achtzehntes Buch, 9. Kapitel.
571
Verschiedenheit ihrer Religion in Streit gelebt, und jeder
der beiden Gegner suchte den anderen zu kränken, so
viel er nur vermochte. Sobald aber jetzt Anilaeus und
seine Gelahrten tot waren, fielen die Babylonier über
die Juden her. Diese litten sehr unter den Feindselig-
keiten ihrer Gegner, und da sie keinen offenen Wider-
stand leisten konnten, aber auch nicht länger mit ihnen
zusammenzuleben sich getrauten, wanderten sie zum Teil
nach Seleukia aus, der Hauptstadt jenes Landes, die
von Seleukus, dem Sohne des Nikator, erbaut ist, und
wo viele Macedonier, aber noch mehr Griechen und
auch eine Anzahl Syrer wohnen. Hier fanden sie Auf-
nahme, und fünf Jahre lang erfreuten sie sich in dieser
Stadt eines friedlichen Daseins. Im sechsten Jahre aber
brach unter den in Babylon zurückgebliebenen Juden
eine Seuche aus, und es wanderten infolgedessen wieder
viele von ihnen nach Seleukia aus. Doch traf sie bald
hier ein noch grösseres Unglück, und zwar aus folgender
Veranlassung.
9. Die Griechen und Syrer in Seleukia lebten eben-
falls meist in Streit und Hader, wobei jedoch die
Griechen immer im Vorteil blieben. Als aber jetzt die
jüdischen Ankömmlinge bei ihnen wohnten, stieg die
Macht der Syrer, weil die Juden, die als tapfere Männer
und stets bereite Helfer in Kriegsfällen bekannt
waren, zu ihnen hielten. Die Griechen befanden sich
also in einer üblen Lage, und da sie erkannten, dass
sie nur dadurch ihre Macht wiedererlangen konnten,
dass sie die Juden mit den Syrern entzweiten, machten
sich einige von ihnen an diejenigen Syrer heran, zu
denen sie früher nähere Beziehungen unterhalten hatten,
und suchten sie zur Aussöhnung zu bewegen. Hierauf
gingen die Syrer ein, und nachdem man sich verständigt
hatte, unterhandelten die vornehmsten Männer von
beiden Seiten in betreff des Friedensschlusses, worauf
eine völlige Aussöhnung zu stände kam. Nun aber
glaubten beide Teile sich kein besseres Freundschafts-
zeichen geben zu können, als wenn sie ihren Hass gegen
572
Josephns' Jüdische Altertümer.
die Juden vereinigten. Sie überfielen demnach unver-
sehens die letzteren und machten über fünfzigtausend
von ihnen nieder. Niemand wurde verschont als diejenigen,
denen das Mitleid ihrer Freunde oder Nachbarn die
Flucht ermöglichte. Diese wandten sich nach Ktesiphon,
einer griechischen Stadt in der Nähe von Seleukia, wo
der König alljährlich den Winter zuzubringen pflegte
und wo infolgedessen grosse Vorräte angehäuft waren.
Indes fanden sie auch hier keine festen Wohnsitze, weil
die Seleukier vor ihrem Könige wenig Achtung hatten.
Schliesslich gerieten sämtliche Juden in Schrecken vor
den Babyloniern und Seleukiern, der noch dadurch ver-
mehrt wurde, dass alle im Lande wohnenden Syrer sich
mit den letzteren zur Vernichtung der Juden verbündeten.
Die meisten Juden zogen sich daher nach Naarda und
Nisibi8 zurück, deren feste und geschützte Lage ihnen
die nötige Sicherheit gewährte, zumal da diese Städte
nur von streitbaren Männern bewohnt waren. So verhielt
es sich mit den Juden in Babylonien.
Neunzehntes Buch.
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 3 Jahren
und 6 Monaten.
Inhalt
1. Wie der Caesar Gajus von Cassius Chaerea ermordet wurde.
2. Wie des Gajus Oheim Claudius auf Drängen der Soldaten die
Regierung übernahm.
3. Streit zwischen dem Senat und Volk einerseits , Claudius und
den zu ihm haltenden Soldaten anderseits.
4. König Agrippa verhandelt mit dem Senat. Wie die auf seiten
des Senates stehenden Soldaten sich gleichfalls zu Claudius
begaben und ihm die Herrschaft übertrugen, der nun allein-
stehende Senat aber ihn bat, sich mit ihm zu vergleichen.
5. Wie der Caesar Claudius dem Agrippa das ganze Reich seines
Vaters zurückgab und die Tetrarchie des Lysanias noch hin-
zufügte.
6. Erlasse des Caesars Claudius an die Alexandriner und an alle
übrigen Länder seines Reiches in betreff der Juden.
7. Rückkehr des Königs Agrippa aus Judaea.
8. Verordnung des syrischen Landpflegers Publius Petronius an die
Doriter in betreff der Juden.
9. Wie der König Agrippa die Mauern von Jerusalem mit grossem
Aufwand wiederherstellte, aber das Werk unvollendet lassen
musste, weil der Tod ihn überraschte.
10. Was er in den drei Jahren bis zu seinem Tode ausführte, und
auf welche Weise er starb.
Go gle
574
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Erstes Kapitel.
Wie Gajus von Chaerea ermordet wurde.
1. Gajus bewies übrigens nicht nur gegen die zu
Jerusalem und in dessen Umgebung lebenden Juden
seine wahnsinnige Grausamkeit, sondern liess dieselbe
auch durch alle Länder und Meere wüten, soweit das
römische Reich sich erstreckte, und erfüllte letzteres mit
unsäglichem Leid, dergleichen man früher nie gehört
hatte. Rom besonders war der Schauplatz seiner un-
menschlichen Handlungen , und anstatt dasselbe vor
anderen Städten auszuzeichnen, wütete er gegen die
Bürger mit besonderer Grausamkeit, namentlich aber
gegen die Senatoren und unter diesen wieder vorzüglich
gegen diejenigen, welche zu den Patriziern gehörten
und durch berühmte Ahnen sich auszeichneten. Un-
zählige Drangsalierungen ersann er auch gegen die
Ritterschaft, die in der Stadt ihres Einflusses und Reich-
tums wegen ebenso wie der Senat geachtet war und aus
deren Mitte die Senatoren hervorgingen. Die Ritter
nämlich beschimpfte er auf jede mögliche Weise, stiess
sie aus ihrem Stande aus und nahm ihnen Leben und
Vermögen, wie denn ihre Hinrichtung in der Regel
nur die Einziehung ihres Vermögens zum Zweck hatte.
Weiterhin legte Gajus sich göttliches Ansehen bei und
forderte von seinen Unterthanen Ehrenbezeugungen, die
einem Menschen gar nicht zukommen. Auch besuchte
er besonders häufig den Tempel des Jupiter, der das
Kapitolium heisst und von allen Tempeln der be-
rühmteste ist, und wagte sogar den Jupiter seinen Bruder
zu nennen. Überhaupt sprach aus allen seinen Unter-
nehmungen fast der vollendete Wahnsinn. So liess er,
weil ihm die Schiffahrt von Puteoli in Campanien bis
nach der gleichfalls in Campanien liegenden Küsten-
stadt Misenum zu lästig war, und er überhaupt als
Herr des Meeres von diesem dieselbe Unterwürfigkeit
wie von der Erde beanspruchen zu können glaubte, von
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
575
einem Vorgebirge zum anderen dreissig Stadien weit das
Meer überbrücken und fuhr sodann zu Wagen über den
ganzen Meerbusen, da, wie er meinte, diese Art, den
Weg zurückzulegen, eines Gottes würdiger sei. 1 Es gab
ferner keinen Tempel in Griechenland, den er un-
geplündert liess, und was sich an Werken der Malerei
oder Bildhauerkunst sowie an Standbildern und Weih-
geschenken dort vorfand, liess er nach Rom schaffen. Denn
das Schöne, meinte er, dürfe nirgendwo anders seinen
Platz finden, als in der schönsten Stadt, und das sei eben
Rom. Mit diesen geraubten Kunstgegenständen zierte er
auch seinen Palast und seine Gärten sowie seine in ganz
Italien zerstreuten Landhäuser. Ja, er gab sogar Befehl,
die Bildsäule des von den Griechen verehrten Olympischen
Zeus, das Werk des Atheners Pheidias, nach Rom zu
überführen. Freilich kam es nicht zur Ausführung des
Befehls, weil die Architekten dem Memmius Regulus,
der mit derselben betraut war, erklärten, das Bild werde
brechen, wenn man es von seiner Stelle bewege. Aus
diesem Grunde und weil auch noch fast unglaubliche
Wunderzeichen sich dabei ereigneten, soll Memmius von
der Wegschaffung der Bildsäule Abstand genommen
haben. Das schrieb er auch an Gajus und bat um Ent-
schuldigung, weil er seinen Befehlen nicht habe nach-
kommen können. Doch hätte ihm dies bald das Leben
gekostet, und nur der inzwischen erfolgte Tod des Gajus
befreite ihn aus der Gefahr.
2. Der Wahnsinn des Caesars steigerte sich schliess-
lich so weit, dass er, als ihm eine Tochter geboren
worden war, diese aufs Kapitolium bringen und der
Bildsäule des Jupiter in den Schoss legen liess, indem
er erklärte, sie sei dessen Tochter ebenso gut wie die
seinige, und sie hätten beide Anspruch auf die Rechte
des Vaters, wobei er unentschieden lassen wolle, wer
von ihnen der Grössere sei. Trotz dieses wahnsinnigen
Treibens sah die Menschheit ihm ruhig zu. Nun ge-
1 Vergl. hierzu Suetonius, C&ligula 19.
576 Joseph us’ Jüdische Altertümer.
stattete er auch den Sklaven, ihre Herren zu verklagen
und ihnen Beschuldigungen vorzuwerfen , welche sie
wollten. Selbstverständlich wurden die schwersten An-
klagen erhoben, weil alles ihm zu Gefallen und auf sein
Anstiften als Verbrechen gedeutet wurde. Ja, gegen
Claudius 1 sogar wagte dessen Sklave Pollux eine An-
klage vorzubringen, und als deshalb gegen seinen Oheim
verhandelt wurde, kam Gajus selbst in die Gerichts-
sitzung und hörte zu in der Hoffnung, er werde jetzt
Gelegenheit finden, ihn aus dem Wege zu räumen.
Hierin aber täuschte er sich. Da er nun das ganze ihm
untergebene Ländergebiet mit Verleumdung und Bosheit
angefüllt und den Sklaven eine so mächtige Waffe gegen
ihre Herren in die Hand gegeben hatte, entstanden
überall Verschwörungen gegen ihn, indem die einen in
ihrer Wut für erlittenes Unrecht Rache nehmen wollten,
die anderen aber ihn umzubringen trachteten, bevor sie
selbst von ihm ins Verderben gestürzt würden. So war
denn sein Tod eine Bürgschaft für den Fortbestand der
Gesetze und die Sicherheit der Völker, und ganz be-
sonders galt das für unser Volk, das wohl gänzlich der
Vernichtung anheimgefallen wäre, wenn der Tod ihn
nicht so schnell ereilt hätte. Ich will daher die Ge-
schichte seiner Ermordung mit sämtlichen Einzelheiten
erzählen, besonders weil sie geeignet ist, allen Bedrängten
Vertrauen auf Gottes Allmacht und Trost einzuflössen,
für diejenigen aber, die freventlich auf ihr Glück pochen,
auch wenn dasselbe der Tugend entbehrt, eine ernste
Warnung enthält.
3. Schon bestanden drei Verschwörungen gegen des
Caesars Leben , ausgehend von drei edlen Männern.
Aemilius Regulus aus Korduba in Iberien hatte sich mit
einigen Genossen ins Einvernehmen gesetzt und wollte
entweder durch sie oder auch mit eigener Hand den
Gajus beiseite schaffen. Eine andere Verschwörung ging
1 Tiberius Claudius Drusus Nero, Caligulas Oheim und Nach-
folger.
Go gle
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
577
von dem Tribun Cassius Chaerea aus, -und endlich trug
sich auch ein gewisser Annius Minucianus mit der Ab-
sicht, dem Tyrannen den Untergang zu bereiten. Ge-
meinsam war allen dreien der Hass gegen Gajus,
während im übrigen ihre Beweggründe verschieden
waren. Regulus, von Natur leicht erregbar und von
Abscheu gegen alles Unrecht durchdrungen, war ent-
schlossenen und hochherzigen Sinnes, machte aus seinen
Absichten kein Hehl und teilte deshalb auch jetzt seinen
Plan vielen seiner Freunde und anderen thatkräftigen
Männern mit. Minucianus wollte teils für seinen ver-
trauten Freund Lepidus, einen der edelsten Bürger, den
Gajus hatte hinrichten lassen, Rache nehmen, teils sich
selbst sichern, weil Gajus in seinem grausamen Wüten
keine Grenzen kannte und es auch auf ihn schon ab-
gesehen hatte. Chaerea endlich war über des Gajus
Schmähungen aufgebracht, der ihn einen feigen und
verweichlichten Menschen nannte, und schwebte ebenfalls
trotz seiner Freundschaft und Gefälligkeit, die er Gajus
bewies, beständig in Gefahr, sodass auch er die Er-
mordung des Caesars für eine eines freien Mannes
würdige That erachtete. Alle drei Männer nun hielten
es für angebracht, sich mit den vielen ins Einvernehmen
zu setzen, welche täglich die Ungerechtigkeiten sahen
und durch Gajus’ Tod denselben zu entgehen hofften.
Höchst wahrscheinlich, überlegten sie, werde ja ihr
Unternehmen gelingen, und in diesem Fall könne es für
sie nur angenehm sein, so viele edle Männer mit sich
eins zu wissen, die gleichfalls für das Wohl der Stadt
und des Reiches sich aufzuopfern bereit seien. Mehr
als die anderen indes war Cassius Chaerea auf die That
erpicht, einesteils weil er seinen Ruf dadurch verbessern
wollte, andernteils weil die Ermordung des Gajus ihm
am leichtesten gelingen konnte, da er als Tribun freieren
Zutritt zu ihm hatte.
4. Unterdessen wurden circensische Spiele 1 gefeiert,
1 Die Spiele, besonders Wettrennen, im römischen Cirkus, den
Josephus* Jüdische Altertümer, LI. 37
578
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
ein Schauspiel, dem die Römer leidenschaftlich ergeben
sind. Dabei drängt sich alles nach dem Cirkus, und
wenn das Volk etwas vom Caesar erbitten will, rottet
es sich zusammen und bringt dort sein Begehren vor.
Derartige Bitten gelten als besonders bevorzugt und
finden stets Erhörung. Jetzt nun bestürmte man Gajus
um Steuernachlass und Erleichterung der drückendsten
Auflagen. Davon aber wollte der Caesar nichts wissen,
und als das Geschrei überhand nahm, Hess er die Lärm-
macher durch Trabanten ergreifen und augenblicklich
zur Hinrichtung abführen. Die Henker vollzogen so-
gleich seine Befehle, und so fanden viele den Tod.
Gleichwohl verhielt das Volk sich ruhig und liess vom
Lärm ab, weil jeder, der noch um Steuernachlass gebeten
hätte, seinen Tod vor Augen sah. Um so mehr aber
stieg Chaereas Verlangen, den Caesar umzubringen und
dadurch die Welt von dem Wüterich zu befreien, öfter»
schon dachte er daran, ihn beim Mahle zu überfallen,
und nur eine Erwägung hielt ihn noch davon zurück:
nicht dass sein Entschluss ins Wanken geraten wäre,
sondern weil er den rechten Augenblick abwarten wollte,
wo er mit Erfolg ans Werk gehen könnte.
5. Chaerea hatte übrigens schon lange Zeit Kriegs-
dienste geleistet, und als sein Unwille durch den Ver-
kehr mit Gajus immer mehr gestiegen war, übertrug
dieser ihm die Erhebung der gewöhnlichen Steuern und
die Eintreibung der rückständigen Abgaben. Da diese
Abgaben aufs doppelte erhöht worden waren, machte er
sich mit ihrer Einziehung keine besondere Mühe und
folgte dabei mehr seinem eigenen guten Herzen als den
Befehlen des Gajus. Dadurch erregte er den Zorn des
letzteren, der ihm seine Saumseligkeit im Eintreiben der
Steuern beständig vorwarf und ihn deshalb einen feigen
Menschen nannte. Auch noch andere Schmähungen
musste er hören, und so oft er sich für den Tag, an dem
Römern so unentbehrlich wie das tägliche Brot, woher der Ausdruck :
P&nem et circenses.
Go gle
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
579
er sein Amt als Tribun wahrnehmen musste, die Losung
holte, stand auf derselben ein gemeines und ehr-
verletzendes Schimpfwort. Das that der Caesar, obwohl
er selbst bei gewissen geheimnisvollen Zusammenkünften,
die er angeordnet hatte, sich einfand, wo er. Weiber-
kleider anlegte, sich das Haar auf eine besondere, von
ihm ersonnene Art kräuselte und auch in allem
übrigen das Gebaren eines Weibe6 nachahmte. Gleich-
wohl scheute er sich ‘nicht, ein gleiches dem Chaerea
vorzuwerfen. Jedesmal nun, wenn Chaerea die Losung
empfing, geriet er in Erbitterung, besonders da er die-
selbe anderen einhändigen musste und dann von diesen
ausgelacht wurde. So ward er bald für alle übrigen
Tribunen eine Zielscheibe des Spottes; denn so oft er
die Losung vom Caesar vorzuzeigen hatte, freuten sie
sich schon zum voraus, dass sie wieder etwas zu be-
spötteln bekamen. Chaerea fasste sich daher ein Herz
und vertraute einigen Freunden an, dass er sich nicht
mehr ungestraft wolle reizen lassen. Unter diesen be-
fand sich auch ein gewisser Pompedius, ein Mann von
Senatorsrang, der schon fast alle Ehrenämter bekleidet
hatte, im übrigen aber ein Epikuräer 1 war und deshalb
Ruhe und Bequemlichkeit liebte. Ihn verklagte sein
Feind Timidius, er habe grobe Schmähungen gegen
Gajus ausgestossen, und berief sich dabei auf das Zeug-
nis einer gewissen Quintilia, die auf der Bühne auftrat
und infolge ihrer Schönheit eine Menge Liebhaber hatte,
darunter auch den Pompedius. Als diese sich aber
weigerte, ein falsches Zeugnis abzulegen und dadurch
ihren Liebhaber dem Tode zu überantworten, drang Ti-
midius darauf, dass sie der Folter unterworfen werde.
Gajus gab auch wirklich in seiner Erbitterung dem
Chaerea Befehl, unverzüglich die Quintilia zu foltern.
Er pflegte nämlich alle Hinrichtungen und Folterungen
dem Chaerea zu übertragen, weil er glaubte, dieser
1 Die Epikuräer (Anhänger der Lehre des Epikur) betrachteten
das Vergnügen als das höchste Gut; vergl. X, 11,
37 *
580
Josephus’ Jüdische Altertümer.
werde mit grösster Härte verfahren, um den Vorwurf
der Weichlichkeit von sich abzuwälzen. Als nun Quin-
tilia zur Folter abgeführt wurde, trat sie einem ihrer
Vertrauten auf den Fuss, um ihm anzudeuten, er solle
Mut fassen und bei ihrer Qual nicht erzittern, da sie
dieselbe standhaft ertragen werde. Chaerea liess sie
darauf grausam foltern, allerdings nicht mit Willen,
sondern nur aus Gehorsam gegen den ihm erteilten Be-
fehl. Da aber die Qualen der Folter sie nicht zu über-
wältigen vermochten, führte Chaerea sie dem Caesar so
entstellt vor, dass niemand sie ohne Mitleid ansehen
konnte. Auch Gajus vermochte sich beim Anblick ihres
zermarterten Körpers der Rührung nicht zu erwehren und
liess sie wie auch Pompedius frei ausgehen. Ja, er machte
der Quintilia sogar noch ein Geldgeschenk, um sie für
die ausgestandenen Qualen zu entschädigen und für ihre
Standhaftigheit zu belohnen.
6. Hierüber geriet Chaerea in gewaltige Angst, gleich
als hätte er so grosses Leid über eine Person gebracht,
die selbst ein Gajus zu trösten sich herabgelassen habe.
Er sprach deshalb zu Clemens und Papinius, von denen
der letztere ebenfalls Tribun, der erstere aber Befehls-
haber der Praetorianer war: „Wir haben gewiss nichts
ausser acht gelassen, was zum Wohle des Caesars er-
forderlich war. Denn von denen, die sich gegen ihn
verschworen haben, sind die einen durch unsere Mühe
und Sorgfalt dem Tode verfallen, und die anderen so
gefoltert worden, dass selbst Gajus bei ihrem Anblick
Mitleid empfand. Und haben wir nicht mit Ehren
Kriegsdienste gethan ?“ Als nun Clemens hierauf
schwieg und durch sein Erröten verriet, wie sehr er sich
der Befehle des Caesars schämte, gleichwohl aber es
nicht für ratsam hielt, den Wahnsinn des Gajus offen
zu tadeln, wurde Chaerea zuversichtlicher und sprach
freier und unbefangener von dem Elend der Stadt und
des Reiches. „Allgemein ist man der Ansicht,“ führte
er aus, „Gajus sei schuld daran. Geht man aber der
Sache auf den Grund, so bin ich es, mein Clemens, und
Neunzehntes Buch, 1 . Kapitel.
581
Papinius hier ist es, und noch mehr als wir beide bist
du es, der den Römern und dem ganzen Menschen-
geschlecht diese Qualen bereitet. Denn nicht so sehr
des Gajus Befehle, als vielmehr unseren eigenen Willen
haben wir vollzogen. Obgleich es nämlich bei uns
stände, diesen Quälereien der Bürger und Unterthanen
ein Ende zu machen, sind wir ihm überall zu Willen,
verrichten anstelle von Kriegsdiensten Henkersarbeit,
führen unsere Waffen nicht für die Freiheit und das
Vaterland, sondern für einen Menschen, der die ferner an
Leib und Seele knechtet, und beflecken uns tagtäglich
mit dem Blute derer, die wir töten oder foltern, bis wir
auf sein Geheiss von anderen in gleicher Weise behandelt
werden. Denn er weiss uns für unsere Dienste ja keinen
besonderen Dank, sondern verfolgt uns mit Argwohn
und Hass. Und wenn auch noch so viele Menschen
hingeschlachtet werden, seine Wut wird sich deshalb
doch niemals legen, weil er sich bei seinem Zorn nicht
von der Rücksicht auf Recht und Gerechtigkeit, sondern
nur von seiner eigenen Lust leiten lässt. Diese Wut
wird auch uns treffen, uns, deren Pflicht es ist, für die
allgemeine Sicherheit und Freiheit zu sorgen und Ge-
fahren vom Volke abzuwenden.“
7. Diese Ausführungen Chaereas billigte Clemens voll
und ganz, riet aber Stillschweigen an, damit nichts da-
von unter das Volk komme. Denn wenn der Anschlag
vorzeitig verraten werde, seien sie alle Kinder des Todes.
Man müsse vielmehr alles der Zeit überlassen und alle
Hoffnung auf die Zukunft setzen, weil das Glück ihnen
gewiss auf ungeahnte Weise zu Hilfe kommen werde.
Er selbst sei zwar schon zu alt, um so etwas zu unter-
nehmen , aber er müsse gestehen , dass er wohl etwas
weniger Gefährliches, indessen nichts Ehrenvolleres den
Plänen und Vorschlägen Chaereas entgegenzustellen
wisse. Clemens begab sich hierauf nach Hause und
überlegte, uneins mit sich selbst, das, was er gehört und
selbst gesagt hatte. Chaerea geriet deswegen in Unruhe
und eilte sogleich zu dem Tribun Cornelius Sabinus,
582
Josephus’ Jüdische Altertümer.
den er als einen vortrefflichen und freiheitliebenden
Mann kannte und von dem er wusste, dass er mit dem
gegenwärtigen Zustand der Dinge durchaus nicht ein-
verstanden war. Diesem wollte er sein Vorhaben mit-
teilen und dann un verweilt zur Ausführung schreiten,
weil er von Clemens Verrat befürchtete und erwog, wie
viel kostbare Zeit ihm verloren gehe.
8. Sabinus nahm seine Vorschläge mit Freuden auf.
Hatte er doch schon längst denselben Gedanken gehegt
und nur deshalb bisher geschwiegen , weil er niemand
wusste, mit dem er sich beratschlagen konnte. Jetzt
aber, da er einen Mann gefunden, der nicht nur Still-
schweigen über das Gehörte versprach, sondern auch
selbst mit seiner Meinung nicht hinterm Berge hielt,
befestigte sich sein Entschluss vollkommen, und er drang
in Chaerea, doch nicht mehr zu zaudern. Beide begaben
sich nun zu Minucianus, der mit ihnen dieselbe Liebe
zur Tugend und dieselbe Seelengrösse besass, und der
obendrein dem Gajus wegen der Hinrichtung des Lepidus
nichts weniger als freundlich gesinnt war. Minucianus
und Lepidus waren nämlich infolge gemeinsam be-
standener Gefahren besonders eng befreundet. Denn
für alle, die in Rang und Würden standen, war Gajus
ein Gegenstand des Schreckens, weil er gegen alle ohne
Unterschied wütete. Freilich hatten die Unzufriedenen
die gleiche Angst auch voreinander und wagten aus
Furcht vor Verrat weder ihre Meinung offen aus-
zusprechen noch ihren Hass gegen Gajus zur Schau zu
tragen, was sie indessen nicht hinderte, miteinander in
freundschaftlichem Verkehr zu bleiben, da sie sich ihres
gemeinsamen Hasses gegen den Caesar wohl bewusst
waren.
9. Als sich die drei Männer jetzt zusammenfanden,
grüssten sie sich gegenseitig, und Minucianus, dem sie
stets wegen seiner hervorragenden Stellung und seiner
Bürgertugenden, besonders beim Reden den Vorrang
gelassen hatten, begann auch jetzt die Unterhaltung mit
der Frage, was für eine Losung Chaerea heute vom
Neunzehnte» Buch, 1. Kapitel. » 58S
Caesar erhalten habe; denn es war allgemein bekannt,
wie Chaerea beim Empfang dieses Schriftstückes verhöhnt
wurde. 1 Chaerea aber merkte den Spott, dankte Minu-
cianus für seine gütige Nachfrage und fuhr dann fort:
„Gieb mir nun ein Pfand der Freiheit, und ich will dir
Dank dafür wissen, dass du mich mehr in Erregung
gebracht hast, als mein Charakter verträgt. Es bedarf
auch keiner Worte mehr, um mich aufzuhetzen, wenn
du der nämlichen Meinung bist wie ich und meine An-
sicht schon vor dieser Zusammenkunft geteilt hast. Ich
bin nur mit einem einzigen Schwerte umgürtet, aber es
langt für zwei. Daher lass uns zum Werke schreiten:
■entweder folge ich deiner Führung, wenn du so willst,
oder ich gehe voran und du leihst mir deinen Schutz
und Beistand. Keines Stahls bedürfen Männer, die
mutige Entschlossenheit zur Schau tragen; denn auch
dem Stahl verleiht nur Thatkraft seine Schärfe. Mächtig
treibt es mich zur That, und keine Furcht vor dem,
was mich treffen mag, lähmt mir den Arm. Denn keine
Zeit habe ich, an meine eigene Gefahr zu denken, wenn
ich das Geschick meines aus goldener Freiheit in
schmählichste Knechtschaft gestürzten Vaterlandes, die
Vernichtung der Autorität des Gesetzes und das allen
Menschen von Gajus drohende Verderben beklagen
muss. Möchte ich nur hierbei dein Vertrauen gewinnen
und auf deine Zustimmung rechnen dürfen !“
10. Minucianus verstand wohl , wohin diese Worte
zielten, umarmte den Chaerea herzlich und erhöhte da-
durch dessen Mut und Vertrauen nicht wenig. Dann
entliess er ihn unter den besten Wünschen für das Ge-
lingen seines Planes. Man sagt auch , er habe seine
Zuversicht noch auf folgende Weise gestärkt. Als
Chaerea eines Tages auf dem Wege zur Curie sich be-
fand, soll eine Stimme aus der Volksmenge ihn auf-
gefordert haben , das Erforderliche durchzuführen und
auf den Beistand der Götter zu vertrauen. Im ersten
1 Vergl. Suetonius, Caligula, 56.
584
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Augenblicke sei darauf Chaerea in Schrecken geraten
und habe geglaubt, er sei von einem der Verschworenen
verraten worden und werde nun festgenommen werden.
Bald indessen habe er eingesehen, dass die Worte eine
Aufmunterung bedeuteten, die entweder von einem seiner
Mitverschworenen oder von der Gottheit, die alle
menschlichen Verhältnisse durchschaut, ausgegangen sei.
Übrigens waren schon viele in den Plan eingeweiht,
und sie alle, Senatoren, Ritter und Soldaten, waren be-
waffnet zugegen. Gab es doch niemand, der die Er-
mordung des Gajus nicht für das grösste Glück gehalten
hätte, und so bemühte sich jeder, so viel an ihm lag,
bei diesem Unternehmen an Eifer nicht zurückzustehen,
vielmehr mit Wort und That das seinige zu der Weg-
räumung des Tyrannen beizutragen. Selbst Callistus
gehörte dazu, ein Freigelassener des Gajus, der zu hohem
Einfluss gelangt war und beinahe dieselbe Macht wie
der Caesar besass, weil er allseitig gefürchtet war und
einen ungeheuren Reichtum sein eigen nannte. Er hatte
sich Ämter auf alle mögliche Weise erschlichen und
schreckte vor keinem Unrecht zurück, sondern schaltete
wider Recht und Gesetz ganz nach Willkür. Da er
aber des Gajus unversöhnliches Gemüt, das niemals
von dem einmal gefassten Entschlüsse abging, kannte
und wohl wusste, dass er sowohl aus vielen anderen
Ursachen, als besonders wegen seines ungeheuren Reich-
tums in steter Lebensgefahr. schwebe, schloss er sich an
Claudius an in der Hoffnung , dass , wenn Gajus aus
dem Wege geräumt sei und Claudius den Thron be-
stiegen habe, er dann auch bei diesem zu Ansehen
kommen werde, besonders da er sich schon vorher durch
treue Dienste ihm unentbehrlich gemacht habe. Er wagte
sogar zu behaupten, er habe von Gajüs Befehl erhalten,
den Claudius zu vergiften , dies aber auf mancherlei
Weise hintertrieben. Ich glaube indes, dass diese Be-
hauptung von Callistus nur erfunden war, um Bich bei
Claudius in Gunst zu setzen. Denn Gajus hätte, wenn
er den Claudius umbringen wollte, sich gewiss um des
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
585
Callistus Vorstellungen nicht gekümmert, \ und ander-
seits würde Callistus den Befehlen des Gajus sich nicht
zu widersetzen gewagt oder, wenn er dessen Aufträge
missachtet hätte, sogleich seine Strafe erhalten haben.
Ich bin vielmehr der Meinung , dass Claudius durch
göttliche Fügung der sinnlosen Wut des Gajus ent-
gangen ist, dass aber Callistus sich ein Verdienst zu-
geschrieben hat, auf das er nicht den mindesten An-
spruch machen konnte.
11. Inzwischen zog sich Chaereas Unternehmen durch
die Unschlüssigkeit der meisten Mitverschworenen immer
mehr in die Länge. Er selbst freilich sah die Ver-
zögerung sehr ungern , da er jeden Augenblick für
günstig hielt. Wenn nämlich Gajus sich aufs Kapi-
tolium begab , um dort für das Wohlergehen seiner
Tochter Opfer darzubringen , bot sich oft Gelegenheit,
ihn von der Höhe des auf das Forum nieder-
schauenden Tempeldaches hinabzustürzen, wenn er von
dort aus Gold- und Silbermünzen unter das Volk warf,
oder ihn bei der Feier der von ihm eingerichteten
Mysterien nieder'zustossen. Er selbst nämlich hatte nicht
die geringste Besorgnis und war nur darauf bedacht,
dass bei den Mysterien alles regelrecht zuging. Dass
jemand etwas gegen ihn im Schilde führen könne, ahnte
er nicht im entferntesten. Wenn aber Chaerea auch
kein Zeichen dafür gehabt hätte, dass die Götter seinen
Anschlag billigten, so wäre er doch an sich stark genug
gewesen, den Gajus selbst ohne Waffe umzubringen.
Er war deshalb über die anderen Verschworenen höchst
ärgerlich, da er befürchtete, der günstige Augenblick
möchte verpasst werden. Diese sahen nun zwar ein,
dass er mit Recht aufgebracht sei und ebenso gerechten
Grund habe, mit der That zu eilen; doch baten sie
trotzdem um Aufschub, damit nicht, falls die Sache
schief gehe, die ganze Stadt bei der Suche nach den
Schuldigen in Aufruhr gerate und Gajus den Ver-
schworenen trotz deren Tapferkeit unerreichbar werde,
weil dann die Wachen verstärkt würden. Es sei deshalb
586
Josephus’ Jüdische Altertümer.
besser, meinten sie , erst bei den Spielen , die auf dem
Palatium 1 aufgeführt werden sollten, ans Werk zu gehen.
Diese Spiele werden zu Ehren des Caesars gefeiert, der
zuerst die dem Volke zustehende Gewalt auf seine
Person übertragen hat , und die römischen Patrizier
finden sich mit Weib und Kind wie auch der Caesar
selbst ein, um von eigens dazu errichteten Zelten aus
den Spielen zuzusehen. Die Verschworenen meinten
also, es sei leicht, in einer Versammlung von so vielen
tausend Menschen den Caesar gleich beim Eintritt zu
überfallen, da dann sogar seine Leibwache ihm keine
Hilfe leisten könne.
12. Chaerea wartete demgemäss einen Tag um den
anderen, und als die Spiele begannen, war er gleich am
ersten Tage zur That entschlossen. Doch das Geschick,
das noch Aufschub bestimmt hatte, erwies sich mächtiger
als die Kühnheit der Verschworenen; denn drei der
festlichen Tage mussten erst vergehen, bevor endlich am
vierten die That ausgeführt werden konnte. An diesem
Tage berief Chaerea seine Mitverschworenen zusammen
und sprach zu ihnen: „Schon ist eine lange Zeit ver-
strichen, und wir müssen es uns zum Vorwurf an-
rechnen, dass wir so lässig in der Ausführung dieses
ehrenvollen Unternehmens gewesen sind. Wie ver-
hängnisvoll aber wäre es, wenn jetzt noch der Plan
durch Verrat vereitelt würde und des Gajus Wut dann
ins unermessliche stiege! Sehen wir nicht, dass wir
uns und allen unseren Mitbürgern die Freiheit vor-
enthalten und des Gajus Tyrannei in den Himmel
wachsen lassen , während wir doch verpflichtet sind,
unsere Zukunft zu sichern, und uns in der Lage be-
finden, allgemeines Glück zu stiften und uns dadurch
ewigen Ruhm zu erwerben?“ Da die anderen hierauf
nichts zu entgegnen wussten und auch noch nicht in
die Ausführung der That einzuwilligen schienen, sondern
den Chaerea wortlos anstarrten, fuhr dieser fort: „Wenn
1 Einem der sieben Hügel Roms.
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 587
ihr wackere Männer seid, wozu zaudern wir denn noch?
Bedenkt ihr nicht, dass heute der letzte Tag der Spiele
ist und dass Gajus von hier sogleich in See gehen will ?
Hat er doch schon Vorbereitungen getroffen, um nach
Alexandria zu reisen und Aegypten zu besuchen. Das
wäre fürwahr eine nette Sache , dieses Scheusal von
einem Menschen entschlüpfen zu lassen , damit er sich
unter dem Beifall der Römer zu Lande wie zu Wasser
breit machen kann! Welche Schande für uns, wenn ihn
in Aegypten jemand niedermacht, der die Ertragung so
sinnloser Grausamkeit für unwürdig eines freien Mannes
hält! Ich habe nun meinerseits keine Lust mehr, euer
Zaudern noch mit anzusehen , sondern ich werde die
That heute wagen und mit Freuden alles, Was daraus
folgen könnte, auf mich nehmen. Denn Aufschub giebt’s
jetzt für mich nicht mehr. Was könnte auch einen
tapferen und edeldenkenden Mann, wie mich, mehr
ärgern , als wenn ein anderer vor meinen Augen den
Gajus niederstiesse und mich um den Ruhm der That
brächte? “
13. Mit diesen Worten stärkte Chaerea ebensowohl
den Mut seiner Genossen als seine eigene Entschlossen-
heit, und so drangen denn nun alle auf unverzügliche
Ausführung des Planes. Gleich in der Morgenfrühe
fand sich Chaerea, mit dem Reiterschwert umgürtet, im
Palaste ein. Es war nämlich Sitte, dass die Tribunen
in dieser Bewaffnung sich die Losung vom Caesar er-
baten, und an diesem Tage war Chaerea gerade an der
Reihe, dieselbe in Empfang zu nehmen. Schon strömte
die Menge mit Ungestüm zum Palatium, und ei. n er stiess
und drängte den anderen , um den besten Platz zum
Zusehen zu erhalten. Gajus hatte an diesem Drängen
immer seine besondere Freude und liess deshalb auch
weder den Senatoren, noch den Rittern bestimmte Plätze
freihalten. Vielmehr mussten alle durcheinander sitzen,
Männer wie Frauen, Sklaven wie Freie. Für Gajus
aber wurde ein besonderer Weg offen gehalten, und nun
opferte er zunächst den Manen des Caesars Augustus,
588
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
zu dessen Ehre die Spiele veranstaltet wurden. Beim
Hinfallen des Opfertieres geschah es, dass die Toga
eines Senators Asprenas mit Blut bespritzt wurde. Das
gab dem Gajus Anlass zum Lachen ; für Asprenas aber
war es eine böse Vorbedeutung, weil er gleichzeitig mit
Gajus umkara. Gajus soll übrigens an diesem Tage
sich zugänglicher als sonst gezeigt und so freundlich
gesprochen haben, dass man sich allseitig darüber ver-
wunderte. Als nun das Opfer dargebracht war, nahm
er, umgeben von seinen vertrautesten Freunden, seinen
Platz im Theater ein. Das Theater wurde jedes Jahr
von neuem aufgeschlagen und war mit folgender Ein-
richtung versehen. Es hatte zwei Thore, von denen das
eine ins Freie führte und das andere den Ein- und
Ausgang zu . einer Säulenhalle offen liess , damit die
innen Befindlichen nicht gestört würden, die Schauspieler
und Musiker aber sich aus demselben Raume, innerhalb
dessen noch ein anderer abgeschlossen war, ungehindert
zurückziehen könnten. Als nun das Volk ruhig ge-
worden wftr und Chaerea mit den übrigen Tribunen
nicht weit vom Caesar , der auf der rechten Seite des
Theaters sass, Platz genommen hatte, fragte Vatinius,
ein Mann von Senatorsrang und gewesener Praetor, den
neben 'ihm sitzenden Cluvius , einen ehemaligen Konsul,
ob er nichts Neues gehört habe. Doch sprach er so
vorsichtig , dass sonst niemand ihn verstehen konnte.
Cluvius entgegnete ihm, er habe nichts vernommen, und
nun flüsterte ihm Vatinius zu: „Heute, lieber Cluvius,
wird das Schauepiei vom Tyrannenmord aufgeführt!“
„Schweig,“ erwiderte dieser, „damit kein anderer Achiver
die Rede vernehme !“ 1 Nun wurden ganze Ladungen
von Früchten und Vögeln , die wegen ihrer Seltenheit
hochgeschätzt waren, unter die Zuschauer geworfen, und
Gajus hatte seine helle Freude daran , den darüber ent-
standenen Streitigkeiten zuzusehen. Alsdann ereignete
sich zweierlei, das als Vorbedeutung aufgefasst werden
1 Vers aus Homer (Ilias XIV, 9o).
Neunzehntes Buch, 1 . Kapitel.
489
musste. Man führte nämlich ein Schauspiel auf, in
welchem ein Räuberhauptraann ans Kreuz geschlagen
wurde, und die Pantomime stellte die Kinyrische Fabel
dar, in der Kinyras nebst seiner Tochter Myrrha um-
kommt. Sowohl bei der Kreuzigung nun wie bei der
Tötung des Kinyras floss künstliches Blut in Menge. Es
6teht übrigens fest, dass dies derselbe Tag war, an dem
Philippus, des Amyntas Sohn, als er ins Theater gehen
wollte, von seinem Freunde Pausanias ermordet wurde.
Während nun Gajus im Zweifel war, ob er, weil dies der
letzte Tag war, bis zum Ende des Spiels bleiben oder,
wie er sonst that, erst baden und speisen und dann
wiederkommen sollte, sah Minucianus, der oberhalb des
Caesars sass, den Chaerea hinausgehen und stand aus
Besorgnis, die Zeit möchte unbenutzt verstreichen, schnell
auf, um ihm Mut zu machen. Gajus aber ergriff ihn
freundlich bei einem Zipfel seiner Toga und sprach zu
ihm: „Wo willst du hin, mein Lieber?“ Darauf setzte
sich Minucianus, dem Anschein nach aus Ehrfurcht vor
dem Caesar, in Wirklichkeit aber aus Angst, wieder hin
Nach einer Weile jedoch erhob er sich abermals, und
nun hielt Gajus ihn nicht auf, weil er glaubte, es rufe
ihn ein Bedürfnis ab. Asprenas aber, der auch zu den
Verschworenen gehörte, riet dem Caesar, er möge sich
seiner früheren Gewohnheit gemäss, ohne Aufsehen zu
erregen, entfernen, baden, speisen und dann zurückkehren.
Dadurch hoffte er die Ausführung des Anschlages be-
schleunigen zu können.
14. Unterdessen hatte sich Chaerea mit seinen Ge-
nossen an geeigneten Punkten aufgestellt, und jeder war
angewiesen, seinen Platz sorgfältig zu behaupten. Die
Verzögerung fing allmählich an, ihnen unerträglich zu
werden, und da es schon um die neunte Stunde 1 des
Tages war und Gajus noch immer keine Anstalten machte,
hinauszugehen, beschloss Chaerea, zurückzukehren und
ihn auf seinem Sitze zu überfallen. Freilich konnte das,
1 Suetonius sagt: die siebent#.
Go gle
590
Josephus’ Jüdische Altertümer.
wie er wohl wusste, nicht geschehen, ohne dass vorher
auch viele von den anwesenden Senatoren und Rittern
getötet wurden. Gleichwohl brannte er vor Verlangen,
zur That zu schreiten, weil er glaubte, dass ein solches
Blutbad gegenüber der allgemeinen Sicherheit und Frei-
heit nicht ins Gewicht fallen könne. Schon war er nebst
' seinen Genossen im Begriff, ins Theater zurückzukehren,
als ein plötzliches Geräusch ankündigte, dass Gajus sich
erhoben habe. Nun eilten die Verschworenen herzu und
drängten die Menge zurück, dem Scheine nach, damit
Gajus nicht belästigt würde, in der That aber, um sich
sicher zu stellen, weil sie ihn erst von allem Schutz
entblössen wollten, ehe sie die That wagten. Vor Gajus
her schritten sein Oheim Claudius, sein Schwager Marcus
Vinicius und Valerius Asiaticus, die ebenfalls von ihm
zu trennen ihres Ranges wegen nicht angängig war.
Dann folgte Gajus selbst mit Paulus Arruntius, und als
er im Palast angelangt war, bog er aus dem Haupt-
gange, wo die zu seiner Bedienung befohlenen Sklaven
standen und durch den Claudius und die anderen voraus-
gegangen waren, in einen engen Seitengang ein, um die
Badegemächer zu erreichen und zugleich um die Knaben
zu sehen, die aus Asien gekommen waren, um teils in
den von ihm veranstalteten Mysterien Hymnen zu singen,
teils im Theater als Waffentänzer aufzutreten . 1 Hier
kam ihm Chaerea entgegen und bat um die Losung,
Als er dann wieder ein Schimpfwort vernahm, stiess er
Schmähungen gegen den Caesar aus, zog sein Schwert
und brachte ihm eine tiefe, aber nicht tödliche Wunde
bei. Einige behaupten nun, Chaerea habe absichtlich so
gehandelt, um Gajus nicht beim ersten Streich zu töten
und durch öftere Verwundungen zu quälen. Doch scheint
mir dies wenig glaubhaft, weil bei solchen Unternehmungen
die Furcht kalte Berechnung nicht aufkommen lässt.
Hätte Chaerea wirklich so gedacht, so würde ich ihn für
den thörichtsten Menschen halten, der lieber seine Rach-
1 Vergl. Suetunius, Caligula, 58.
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
591
gier befriedigen, als sich und seine Mitverschworenen
rasch aus der Gefahr befreien wollte. Dann aber gab
es auch noch Mittel und Wege, um dem Gajus Hilfe zu
leisten , wenn er nicht sogleich seinen Geist aufgab.
Chaerea müsste also die Absicht gehabt haben, sich und
seinen Freunden ebenso sehr wie Gajus zu schaden, wenn
er thörichterweise sich selbst hätte verderben wollen; bei
günstigem Erfolg konnte er sich ja leicht allen Ver-
folgungen entziehen, während es von vornherein doch
noch ungewiss war, ob alles nach Wunsch ablaufen würde.
Doch mag hierüber jeder seine eigene Meinung haben.
Gajus nun, dem die Wunde heftigen Schmerz verursachte,
da das Schwert zwischen Hals und Schulter eingedrungen
und vom Schlüsselbein aufgeh alten worden war, schrie
in seiner Bestürzung weder auf noch rief er die Hilfe
eines seiner Freunde an, sei es, weil er niemand so recht
traute, sei es, dass er gar nicht daran dachte. Doch
stöhnte er einmal in ungeheurem Schmerz auf und ver-
suchte dann zu entfliehen. In diesem Augenblicke
aber warf sich ihm Cornelius Sabinus entgegen, der
schon darauf vorbereitet war und ihn zu Boden drückte.
Und nun drangen die sämtlichen Verschworenen mit
Schwertern auf ihn ein, indem sie sich gegenseitig zu-
riefen: „Stoss zu! stosszu!“ Wie allgemein angenommen
wird, war es Aquilas, der ihm den letzten Stoss versetzte,
worauf er verschied. Chaerea aber ist mit vollem Recht
als der Urheber des Mordes anzusehen. Denn obwohl er
die That mit einer Anzahl Genossen zusammen verübte,
war er es doch, der den ersten Gedanken daran fasste.
Ebenso hatte er die Art dar Ausführung ersonnen und
zuerst den Plan mit anderen beraten. Und als die
übrigen seinem Vorschlag zustimmten, war er es wieder,
der sie zu dem Komplott vereinigte, die besten Mittel
und Wege ausklügelte und so geschickt zu sprechen
wusste, dass er seine Genossen schliesslich zu der That
beredete. Sobald dann der Augenblick zum Handeln ge-
kommen war, feuerte Chaerea die anderen Verschworenen
zu entschlossenem Vorgehen an und machte ihnen die
592
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Ermordung des Gajus leicht, nachdem er diesem eine fast
tödliche Wunde beigebracht hatte. Mit Recht muss also
auch das, was seine Mitverschjworenen gethan haben,
Chaereas Überlegung, Entschlossenheit und Tapferkeit
zugeschrieben werden.
16 . So lag denn Gajus, mit Wunden bedeckt, entseelt am
Boden. Ohaerea und seine Genossen sahen übrigens nach
vollbrachter Mordthat wohl ein, dass sie unmöglich
auf dem Wege, den sie gekommen, unbehelligt zurück-
kehren konnten. Das Geschehene flösste ihnen doch
Entsetzen ein, denn es war keine Kleinigkeit, einen
Caesar getötet zu haben, der dem sinnlosen Pöbel immer-
hin lieb und angenehm war und den die Soldaten gewiss
blutig zu rächen suchen würden. Zudem war der Gang,
auf dem der Mord geschehen war, sehr eng und von
zahlreicher Dienerschaft sowie von Soldaten der Palast-
wache besetzt Die Verschworenen schlugen daher einen
anderen Weg ein und begaben sich in die Wohnung des
Germanicus, dessen Sohn der ermordete Gajus war. Diese
Wohnung war mit dem Palast verbunden, der ein ein-
ziges Gebäude bildete und von den einzelnen Macht-
habern immer erweitert worden war. Aus diesem Grunde
führte er auch verschiedene Namen, entweder nach dem,
der einen Teil des Gebäudes fertig gestellt, oder nach
dem, der einen anderen zu bauen angefangen hatte.
Bald waren also die Verschworenen dem Gewühl ent-
ronnen und für den Augenblick in Sicherheit, weil die
Ermordung des Caesars noch nicht bekannt war. Die
Germanen waren die ersten, die Gajus’ Ende erfuhren.
Es waren dies die Soldaten der Leibwache, die den
Namen des Volkes führten, aus welchem die keltische
Legion genommen war. Diese Germanen neigen sehr
zum Jähzorn und gleichen darin anderen barbarischen
Völkern, die wenig Überlegung bei ihren Handlungen
beweisen, aber kräftig dreinhauen und deshalb gern zum
ersten Angriff verwendet werden, wobei sie so gut wie
immer siegreich sind. Als die Germanen nun des Gajus
Ermordung erfuhren, erzürnten sie gewaltig, nicht so sehr
Go gle
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
593
aus Liebe zum Caesar, als vielmehr in ihrem eigenen
Interesse, da Gajus ihr Wohlwollen mit reichen Geschenken
zu erkaufen pflegte. Mit gezückten Schwertern stürmten
sie daher durchs Haus und suchten nach den Mördern
des Caesars unter Anführung des Tribunen Sabinus, der
nicht durch seine oder seiner Vorfahren Tüchtigkeit (er
war Gladiator gewesen), sondern durch seine Körperkraft
zu dieser Befehlshaberstelle gelangt war. Zuerst nun
stiessen sie auf Asprenas, dessen Toga, wie schon oben
erwähnt, mit dem Blute des Opfertieres bespritzt und ihm
so zu böser Vorbedeutung geworden war, und hieben ihn
in Stücke. Alsdann begegnete ihnen N orbanus, einer
von den vornehmsten Bürgern, der zu seinen Vorfahren
viele Feldherren zählte; indes vermochte seine Würde
den Ergrimmten keine Scheu einzuflössen. Weil er aber
eine ansehnliche Körperstärke besass, griff er den ersten
Soldaten, der ihm entgegentrat, an, entwand ihm sein
Schwert und schien sein Leben teuer verkaufen zu wollen,
bis er endlich, von der Überzahl erdrückt und mit Wunden
* bedeckt, seinen Geist aufgab. Als dritter fiel ihnen
Antejus in die Hände, ein Mann von Senatorsrang, der
mit einigen Begleitern nicht zufällig, wie die beiden
anderen, sondern aus Neugier und um durch den Anblick
des ermordeten Gajus seinen Hass zu befriedigen, daher-
kam. Gajus nämlich hatte den Vater des Antejus, der
denselben Namen wie sein Sohn führte, in die Verbannung
geschickt und, hiermit nicht zufrieden, aüch noch Sol-
daten beauftragt, ihn zu töten. Antejus wollte sich also
am Anblick der Leiche des Caesars weiden, aber obgleich
er bei der allgemeinen Verwirrung sich zu verstecken
trachtete, entging er der Wut der Germanen nicht, die
alle Winkel durchstöberten und Schuldige wie Unschuldige
mit gleicher Erbitterung niedermachten. So kamen diese
drei Männer ums Leben.
16 . Als nun das Gerücht von Gajus’ Ermordung ins
Theater drang, bemächtigte sich Entsetzen der gesamten
Volksmenge, die an die Wahrheit der Nachricht kaum
glauben wollte. Die einen hörten zwar die Kunde mit
Joiephua 9 Jüdische Altertümer, II. 38
Go gle
594
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Freuden und hätten wer weiss was darum gegeben, wenn
sie so glücklich gewesen wären, waren aber zu furchtsam,
um daran zu glauben. Andere dagegen wollten schlechter-
dings die Nachricht nicht für wahr halten, da sie dem
Caesar ein solches Unglück nicht wünschten und auch die
That als für menschliche Kräfte unausführbar erachteten.
Das waren aber nur die Frauen, die jungen Leute, die
Sklaven und allenfalls auch einige Soldaten. Die letzteren,
die vom Caesar ihren Sold erhielten und seiner tyrannischen
Grausamkeit gedient hatten, waren durch die Hinrichtung
aller edeldenkenden Bürger zu Ansehen und Reichtum
gelangt. Die Frauen und jungen Leute aber waren, wie
das stet6 der Fall ist, für die Schaustellungen, Gladiatoren-
kämpfe und blutigen Scenen ganz gewaltig eingenommen.
Geschah doch das alles dem Namen nach zur Ergötzung
des Volkes, obgleich es in der That zur Sättigung der
sinnlosen Grausamkeit des Caesars diente. Und was die
Sklaven angeht, so hatten sie die Freiheit erhalten, ihre
Herren anzuklagen, und fanden bei allen gegen dieselben
gerichteten Beschuldigungen am Caesar ihren Rückhalt.
So war es ihnen leicht, für eine ganz und gar erfundene
Verleumdung gegen ihre Herren Glauben zu finden, und
wenn sie deren Reichtum verrieten, erlangten sie nicht
nur die Freiheit, sondern auch ein schönes Stück Geld
als Angeberlohn, da ihnen für die Anzeige der achte
Teil des Vermögens zugesichert war. Die Patrizier end-
lich hielten das Gerücht für glaubwürdig, da sie teils
um den Mordanschlag wussten, teils des Gajus Tod von
Herzen wünschten. Gleichwohl verstanden sie nicht nur
ihre Freude zu verbergen, sondern stellten sich auch, als
hätten sie überhaupt nichts gehört. Die einen nämlich
fürchteten, sie möchten sich getäuscht haben und bestraft
werden, weil sie ihre wahre Gesinnung zu früh bekannt
hätten; andere, die als Mitverschworene in die Sache
eingeweiht waren, hatten um so mehr Grund, mit ihrer
Meinung zurückzuhalten ; wieder andere endlich kannten
die übrigen Verschworenen nicht und mussten daher be-
fürchten, wenn sie an jemand ein Wort richteten, der
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
595
an dem Fortbestand der Tyrannei Interesse habe, ver-
raten und hingerichtet zu werden, falls Gajus noch lebe.
Wirklich besagte auch ein anderes Gerücht, Gajus sei
zwar verwundet, aber nicht tot, und befinde sich in
ärztlicher Behandlung. Niemand aber gab es, dem man
seine Meinung hätte an vertrauen können. War nämlich
jemand des Gajus Freund, so traute man ihm nicht, weil
er auf seiten des Tyrannen stand; hasste er ihn aber, so
schenkte man eben um dieses Hasses willen seinen
Worten keinen Glauben. Ein drittes Gerücht endlich,
das den Patriziern alle Hoffnung benahm, meldete, Gajus
sei trotz der Gefahr und ohne auf seine Wunden Rück-
sicht zu nehmen, blutüberströmt aufs Forum gekommen
und rede dort zum Volke. Das war indes nichts als
eine leere Erfindung solcher Menschen, die Unruhen
stiften wollten und jedermann das sagten, was er gern
hörte. Niemand aber verliess seinen Sitz, um nicht beim
Hinausgehen falsch angeklagt zu werden. Denn es war
vorauszusehen, dass jeder, der das Theater verliess, nicht
nach seiner wirklichen Gesinnung, sondern nur nach der
Willkür der Angeber und Richter beurteilt werden
würde.
17. Als nun die Schar der Germanen mit gezückten
Schwertern das Theater umzingelte, fingen die sämtlichen
Zuschauer an, für ihr Leben zu fürchten, erzitterten bei
dem Eintritt eines jeden Soldaten, als sollten sie schon
niedergemetzelt werden, und verloren völlig den Kopf,
indem sie weder das Theater zu verlassen wagten, noch
bei längerem Verweilen in demselben unbehelligt zu
bleiben hoffen konnten. Als die Soldaten nun sämtlich
eindrangen, hallte das Theater von dem Geschrei der
Zuschauer wieder, die den Germanen kniefällig versicherten,
sie wüssten weder etwas von einem beabsichtigten Aufruhr,
falls man einen solchen wirklich geplant habe, noch von
dem, was geschehen sei. Man solle sie also schonen und
sie nicht für fremde Schuld büssen lassen, sondern ihnen
gestatten, die Urheber dessen, was etwa sich zugetragen
habe, ausfindig zu machen. In dieser und ähnlicher Weise
38 *
596
Josephus’ Jüdische Altertümer.
jammerte man und rief wehklagend und schluchzend die
Götter an, wie die drohende Gefahr es eingab und wie
man nur am Rande des Verderbens flehen konnte. Das
brach denn auch die Erbitterung der Soldaten, und ihr
Vorhaben gegen die Zuschauer fing an,f sie zu reuen.
In der That wäre das ja ein grausames Verfahren ge-
wesen, und nicht anders erschien es jetzt auch den auf-
geregten Soldaten , nachdem sie die Köpfe der mit
Asprenas Gefallenen auf dem Altar aufgestellt hatten.
Bei diesem Anblick aber gerieten die Zuschauer in noch
grössere Aufregung, weil sie an den hohen Rang der
Ermordeten dachten und Mitleid mit ihrem Geschick
hatten, sodann aber auch,* weil ihnen aufs neue ihre
eigene angstvolle Lage zum Bewusstsein kam, aus der
es augenscheinlich kein Entrinnen mehr gab. So kam
es, dass auch denen, die alle Ursache hatten, Gajus zu
hassen, die Freude über seinen Tod gründlich verdorben
wurde, weil sie jetzt selbst in Lebensgefahr schwebten
und nirgends ihnen ein Rettungsschimmer leuchtete.
18. Dieser Ungewissheit machte der mit gewaltiger
Stimme begabte Ausrufer Evaristus Arruntius ein Ende,
der einer der reichsten Römer war und sowohl damals
als auch später noch einen bedeutenden Einfluss in
manchen Angelegenheiten besass. Obgleich dieser Mann
den Gajus mehr als alle anderen hasste, so hielt er doch,
anstatt Freude über das Vorgefallene zu bezeugen, es
für geratener, mit schlauer Vorsicht aufzutreten, wie die
Furcht und die unsichere Lage dies gebot. Er gab sich
daher ein so klägliches Aussehen als möglich, legte
Trauerkleider an, wie es bei dem Verlust der teuersten
Angehörigen Sitte ist, begab sich ins Theater und ver-
kündete dort den Tod des Gajus, womit sich dann end-
lich die allgemeine Spannung löste. Bald erschien auch
Paulus Arruntius, der die Soldaten zurückrief, und mit
ihm kamen die Tribunen, welche die Schwerter einzu-
stecken befahlen und ebenfalls Mitteilung vom Tode des
Caesars machten. Damit vollzog sich dann auch die
Errettung der im Theater Verammelten und überhaupt
Neunzehntes Buch, 1. Kapitel.
597
aller, die den Germanen in die Hände gefallen wären.
Denn so lange die Soldaten noch die Hoffnung hegten,
dass Gajus am Leben bleibe, schreckten sie vor keiner
Gewaltthat zurück, da sie immer noch so viel Anhänglich-
keit an ihn besassen, dass sie gern ihr Leben gelassen
hätten, wenn sie ihn damit hätten retten und vor dem
Untergang bewahren können. Sobald sie aber über des
Gajus Tod nicht mehr in Ungewissheit waren, legte sich
ihre Wut sogleich, einesteils weil ihnen nun nichts mehr
daran liegen konnte, Anhänglichkeit an jemand zu be-
weisen, der ihnen, da er tot war, dieselbe doch nicht
mehr vergalt, andernteils weil sie fürchteten, bei weiterer
Gewalttätigkeit vom Senat, falls dieser die höchste
Obrigkeit bilden sollte, oder von dem neuen Caesar be-
straft zu werden. So liessen denn die Germanen, wenn-
gleich ungern, von der Erbitterung ab, in welche sie der
Mordanschlag gegen Gajus versetzt hatte.
19. Mittlerweile war Chaerea in grosser Besorgnis,
Minucianus möchte den wütenden Germanen in die Hände
gefallen sein. Er wandte sich daher an jeden einzelnen
Soldaten mit der eindringlichen Bitte, auf seine Schonung
bedacht zu sein, erkundigte sich auch eingehend, ob er
vielleicht schon umgekommenjsei. iDaraufhin liess Clemens
den Minucianus, der vor ihn geführt wurde, frei und gab
damit ebenso wie viele andere Senatoren für die Recht-
mässigkeit und Billigung des Geschehenen; sowie für den
Edelmut derjenigen, die den gleichen Entschluss ge-
fasst, ihn aber nicht hatten ausführen können, sein
Zeugnis ab. Ein Tyrann könne nämlich wohl an seiner
willkürlichen Grausamkeit für kurze Zeit Vergnügen
finden, wie Clemens erklärte, aber kein glückliches Lebens-
ende haben, weil er infolge des Hasses aller Gutgesinnten
schliesslich doch dem Schicksal verfalle, welches den
Gajus ereilt habe, der noch vor der Bildung jener Ver-
schwörung sein eigener Feind geworden sei und durch
nicht zu ertragende Beleidigungen wie auch durch seine
Missachtung der Gesetze es selbst verschuldet habe, dass
seine besten Freunde sich in seine bittersten Feinde
598
Josephus’ Jüdische Altertümer.
verwandelt hätten. Seien diese also auch die Werkzeuge
zur Vollbringung der Mordthat gewesen, so habe doch
in Wirklichkeit Gajus selbst sich den Tod gegeben.
20. Im Theater aber erhob man sich nun von den
Sitzen, und es entstand unter den Zuschauern ein ge-
waltiges Gedränge, weil jeder möglichst schnell hinaus-
zukommen suchte. Den Anlass dazu gab der Arzt
Halkyon, der fortBtürzte, -als habe er Verwundeten bei-
zustehen, und seine Begleiter wegschickte, dem Anschein
nach, als wenn sie alles zum Verbinden der Verwundeten
Nötige herbeiholen sollten, in derThat aber, um sie aus
der drohenden Gefahr zu retten. Unterdessen versammelte
6ich der Senat in der Kurie und das Volk auf dem
Forum, wo in der Regel die Komitien gehalten wurden.
Sogleich begann nun die Untersuchung behufs Ermittelung
der Mörder des Caesars, die dem Volke ernstgemeint, für
den Senat aber nur eine Förmlichkeit war. Anwesend
war auch Valerius Asiaticus, ein gewesener Konsul.
Dieser trat mitten unter die lärmende Volksmenge, die
aufs äusserste darüber erbittert war, dass man die Mörder
noch nicht entdeckt habe, und als er von vielen Seiten
mit der Frage bestürmt wurde, wer der Thäter sei, er-
widerte er: „Ich wünschte sehr, dass ich selbst es wäre!" 1
Übrigens erliessen die Konsuln ein Edikt, in welchem
sie gegen Gajus schwere Anklagen erhoben und das Volk
wie auch die Soldaten nach Hause gehen hiessen.
Weiterhin versprachen sie darin dem Volke einen be-
deutenden Steuernachlass, den Soldaten aber eine Be-
lohnung, wenn sie die gewohnte Ruhe beobachten und
sich aller Übergriffe enthalten wollten. Es stand nämlich
zu befürchten, dass bei einem Aufruhr die Stadt durch
Plünderung und Tempelraub sehr zu leiden haben würde.
Bald aber trugen die gesamten Senatoren und besonders
die Verschworenen die grösste Kühnheit und Zuversicht
zur Schau, als wenn die oberste Gewalt schon in ihren
Händen wäre.
1 Selbstverständlich war dies nur Komödie.
Neunzehntes Buch, 2. Kapitel.
599
Zweites Kapitel.
Wie die Senatoren sich für eine Volksherrschaft, die
Soldaten aber für die eines Caesars erklärten. Von der
.Ermordung der Gattin und dey Tochter des Gajus, und
von seinem Charakter.
1. Während dies vor sich ging, wurde Claudius auf
einmal aus seinem Hause hervorgeholt. Die Soldaten
nämlich versammelten sich, berieten über die zu er-
greifenden Massregeln und fanden, dass eine Volks-
herrschaft für so ausgedehnte Regierungsgeschäfte nicht
genüge und auch nicht in ihrem Interesse liege. Wenn
aber einer der Mächtigsten zum Alleinherrscher ausgerufen
werde, würden sie erheblich dadurch benachteiligt sein,
weil sie hierzu in keiner Weise ihre Hilfe gewährten.
Da also noch keine bestimmte Entscheidung getroffen sei,
werde es sich wohl am besten machen, wenn sie den
Claudius zum Herrscher erwählten, der als Oheim des
verstorbenen Caesars keinem Senator an edler Abstammung
wie an Bildung etwas nachgebe. Von ihm könnten sie
auch erwarten, dass er, wenn er den Thron bestiegen
habe, sie für ihre Verdienste belohnen und beschenken
werde. Kaum hatten sie diesen Beschluss gefasst, als sie
auch sogleich zur Ausführung schritten, und so wurde
Claudius von den Soldaten hervorgeholt. Im Senat aber
erhob sich Cnejus Sentius Saturninus, der schon von dem
Vorgang mit Claudius gehört und erfahren hatte, dass
er die Herrscherwürde anscheinend ungern, in Wirk-
lichkeit aber mit grösster Bereitwilligkeit übernehmen
wolle. Mit grossem Freimut hielt er dann folgende, eines
wackeren und edlen Mannes würdige Rede:
2. „Römer! Obwohl jetzt erst nach so langer Zeit
und gegen alle Erwartung uns die Freiheit wieder zu
teil wird, so ist es doch Thatsache, dass wir sie besitzen.
Wie lange sie freilich dauern wird, ist unsicher und steht
bei den Göttern, die sie uns geschenkt haben. Doch
dürfen wir uns ihrer freuen, und selbst wenn wir sie
wieder verlieren sollten, wird sie zu unserem Glück
600
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
beitragen. Eine einzige Stunde ist ja schon für alle
guten und edlen Männer kostbar, wenn sie mit reinem
Sinn in einem freien Lande und nach den Gesetzen, die
dessen Ruhm begründet haben, verlebt wird. Nicht
sprechen will ich hier von der früheren Freiheit, weil sie
schon verloren ging, ehe ich das Licht der Welt erblickte.
Der jetzigen aber will ich mich mit unersättlicher Lust
hingeben und diejenigen selig preisen, denen es vergönnt
ist, in dieser Stunde geboren zu werden. Nächst den
unsterblichen Göttern gebührt dafür denen unser Dank,
die es uns ermöglicht haben, dass wir die Freiheit, wenn
auch erst spät, gemessen können. Möge sie nur in alle
Ewigkeit blühen und gedeihen! Uns aber, mögen wir
nun jung oder alt sein, muss dieser eine Tag schon ge-
nügen. Die Alten werden es als ein ewiges Glück be-
trachten, wenn sie bei ihrem Hinscheiden die Freiheit
besitzen; den Jüngeren aber bleibt sie ein Denkmal des
Edelsinnes, der unsere Vorfahren geziert hat . Auch uns
darf daher jetzt nichts mehr am Herzen liegen , als dass
wir in solchem Edelsinn leben, der allein den Menschen
die Freiheit giebt und erhält. Aus der Geschichte der
Vergangenheit und aus meinen eigenen Erfahrungen
weiss ich nun, wie grosses Unheil dem Reiche aus der
Herrschaft eines Einzelnen erwächst, die alle Tüchtigkeit
erstickt, jeden Edelmann in seiner Freiheit beeinträchtigt
und Schmeichelei wie Furcht gross zieht, weil der Staat
nicht nach der weisen Vorschrift der Gesetze, sondern
nach Willkür verwaltet wird. Denn seitdem Julius Caesar
es sich beifallen liess, dem Volke seine Macht zu nehmen,
seitdem er durch Hintansetzung der Verfassung den Staat
erschütterte, das Recht mit Füssen trat und nur seinen
Leidenschaften nachgab, existiert kein Leid, von dem
das Reich nicht heimgesucht worden wäre, indem alle
seine Nachfolger darin wetteiferten, die väterliche Sitte
abzuschafien und die Stadt, soweit sie dies vermochten,
von wackeren und edlen Bürgern zu entvölkern. Glaubten
sie doch darin ihre Sicherheit zu finden, dass sie sich
mit verbrecherischen und lasterhaften Menschen umgaben
Neunzehntes Buch, 2. Kapitel.
601
und alle wahrhaft hervorragenden Männer nicht bloss
unterdrückten, sondern auch ins Verderben stürzten.
So viele nun ihrer auch waren und so unerträgliche
Grausamkeiten sie auch verübten, so hat doch der heute
ermordete Gajus mehr Schandthaten auf dem Gewissen
als alle die anderen, und zwar hat er dieselben nicht
nur gegen seine Mitbürger, sondern auch gegen seine
Verwandten und Freunde in zügelloser Wut verbrochen.
Stieg doch seine Bosheit in der Verhängung ungerechter
Strafen und seine Ruchlosigkeit gegen Götter wie Menschen
von Tag zu Tag! Einem Tyrannen genügt es ja nicht,
seine Leidenschaft in ungerechtem Wüten zu befriedigen
und anderen Gut und Ehre zu rauben, sondern seine
höchste Lust ist es, das ganze Geschlecht seiner Feinde
vom Erdboden zu vertilgen. Jeder Freie aber ist des
Tyrannen Feind, und nicht einmal diejenigen vermögen
sich sein Wohlwollen zu sichern, die seinen Übermut
geduldig ertragen. Denn da der Tyrann sich des Un-
rechts bewusst ist, das er so vielen Menschen zugefügt
hat, und diese seine Opfer mit Ergebung und Selbst-
verleugnung ihr Unglück tragen, so glaubt er erst dann
ganz sicher zu sein, wenn er jene Unglücklichen voll-
ständig aus dem Wege räumt. Von solchem Übel seid
ihr jetzt frei, und keine Gewalt braucht ihr mehr anzu-
erkennen, als euren eigenen Willen. Und da eine solche
Verfassung nicht bloss zum augenblicklichen Frieden, son-
dern auch zur dauernden Sicherheit des Staates das meiste
beiträgt, so muss jeder von euch für das allgemeine Wohl
eintreten oder, falls ihm das bisher Geschehene und Be-
schlossene nicht gefällt, seine Meinung äussern, und zwar
ohne alle Scheu, weil es jetzt keinen Herrscher mehr
giebt, der ungestraft die Bürgerschaft beleidigen und
diejenigen, welche frei von der Leber weg reden,
willkürlich hinrichten lassen könnte. Gewiss hat jüngst
der Tyrannei nichts grösseren Vorschub geleistet als die
Feigheit derer, die gegen den Willen des Machthabers
auch nicht den leisesten Widerspruch zu erheben
wagten. Eingelullt in süsse Ruhe und an ein sklavisches
602
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Dasein gewöhnt, haben wir aus Furcht vor dem Tode,
wäre er auch noch so ehrenvoll gewesen, selbst die
grösste Schmach still ertragen und den Kränkungen der
Unseren ruhig zugesehen. Vor allem aber ziemt es sich
jetzt, denen, die den Tyrannen aus dem Wege geräumt,
und besonders dem Cassius Chaerea die höchste An-
erkennung zu zollen. Denn er war es ja nächst den
Göttern, dessen weise Überlegung und tapfere Hand
uns die Freiheit gab. Das dürfen wir nicht vergessen,
sondern wie er zur Zeit der Tyrannei vor allen anderen
den Entschluss, euch zu befreien, gefasst und sich zuerst
allen Gefahren ausgesetzt hat, so müssen wir jetzt, da
wir die Freiheit besitzen, ihm die schuldige Ehre er-
weisen, und zwar muss der Anstoss dazu von euch, ihr
Senatoren, ausgehen. Denn ehrenvoll ist es und freier
Männer Pflicht, dem Retter Dank zu zollen. Hier steht
der Held unter uns, ganz verschieden von Cassius und
Brutus, den Mördern des Gajus Julius. Diese nämlich
haben nur den Keim der Zwietracht . und des Bürger-
krieges gesät, während er durch Beiseiteschaffung des
Tyrannen den Staat mit einem Schlage von den Übeln
befreite, welche die Tyrannei uns gebracht hat.“
3. So sprach Sentius und erregte damit den Beifall
der anwesenden Senatoren und Ritter. Nun sprang ein
gewisser Trebellius Maximus auf und zog von Sentius’
Hand einen Ring, der einen Stein mit dem Bilde des
Gajus einschloss. Diesen Ring hatte Sentius offenbar
in dem Eifer, mit dem er die Rednerbühne bestieg, um
seine Gedanken in Worte zu setzen, abzulegen ver-
gessen. In diesem Augenblick zerbrach der Stein mit
dem Bildnis. Als nun endlich in tiefer Nacht die Ver-
handlungen ihr Ende erreichten, erbat sich Chaerea von
den Konsuln die Losung, und es lautete dieselbe „Frei-
heit.“ Diese beiden Vorfälle setzten alle Anwesenden
in Erstaunen, und fast niemand konnte sich das selt-
same Zusammentreffen erklären. Jetzt nämlich, hundert
Jahre nachdem ihnen ihre Selbständigkeit genommen
worden war, stand den Konsuln zuerst wieder die Aus-
Go gle
Neunzehntes Buch, 2. Kapitel.
603
gäbe der Losung zu, wie sie denn auch vor Einführung
der Alleinherrschaft das Heer unter ihrem Befehl
hatten. 1 Als Chaerea die Losung erhalten hatte, gab er
eie den Soldaten, die vor dem Sitzungssaal des Senates
standen. Es waren dies im ganzen vier Kohorten, die
lieber auf den Caesar verzichten als einem Tyrannen
dienen wollten. Die Soldaten rückten darauf mit ihren
Tribunen ab, und alsbald zerstreute sich auch das Volk
in heller Freude und voll Zuversicht, weil es nun wieder
im Besitz der Gewalt und keinem Machthaber mehr
unterworfen sei. Chaerea aber stand jetzt beim Volke
in hohem Ansehen.
4. Übrigens war es ihm nicht recht, dass Gajus’
Gattin und Tochter sowie dessen ganze Familie nicht
zugleich mit dem Caesar dem Verderben anheimgefallen
waren. Er war nämlich der Meinung, dass jeder, der
aus diesem Hause am Leben bleibe, dem Staate und
den Gesetzen nur von Nachteil sein könne, und da es
ihn drängte, das angefangene Werk zu vollenden und
damit seinen Hass gegen Gajus zu sättigen, schickte er
den Tribun Julius Lupus mit dem Aufträge ab, des
Gajus Gattin und Tochter umzubringen. 2 Lupus, ein
Verwandter des Clemens, wurde mit dieser That betraut,
damit auch er als Teilnehmer am Tyrannenmord auf
die Anerkennung der Bürger in gleicher Weise Anspruch
habe, als wenn er an der ganzen Verschwörung beteiligt
gewesen wäre. Einigen der Verschworenen jedoch er-
schien es unmenschlich, ein Weib hinzumorden, zumal
da Gajus mehr aus eigenem Antrieb als auf Anstiften
seiner Gattin jene Fehler begangen habe, die den
Staat ins Unglück gestürzt und die edelsten Bürger dem
Tode geweiht hätten. Andere hingegen wollten alle
diesbezüglichen Erlasse der Gattin des Caesars zur Last
legen und ihr die Initiative zu all den Frevelthaten, die
1 Die Konsuln waren unter den Caesaren thatsächlich nicht viel
mehr als die Träger ihres Titels.
2 Vergl. Suetonius, Caligula, 59.
604
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Gajuü begangen, zuschieben, indem sie dieselbe ver-
dächtigten, sie habe ihrem Gatten einen Zaubertrank
eingegeben , um ihn sich willfährig und geneigt zu
machen. Dadurch habe sie ihn dem Wahnsinn in die
Arme getrieben, und deshalb sei sie es in Wahrheit» die
das Glück der Römer wie des ganzen Erdkreises zu
nichte gemacht habe. Trotz aller Bemühungen der Ge-
mässigten drang diese Ansicht durch, und so wurde
Lupus damit beauftragt, die Gattin des Caesars zu töten.
Dieser machte sich auch unverzüglich ans Werk, um
nur ja nichts zu unterlassen, was dem Gemeinwohl dien-
lich sein könne. Als er den Palast betrat, traf er de6
Gajus Gattin Caesonia neben der Leiche, die noch jeg-
licher Fürsorge, wie sie einem Toten zukommt, entbehrte,
am Boden liegend und mit dem Blut seiner Wunden
besudelt an. In tiefstem Schmerz, der durch den An-
blick ihrer bei ihr weilenden Tochter noch vergrössert
wurde, weinte und jammerte sie, und aus all ihrem
Stöhnen drangen fort und fort nur Klagen über Gajus
hervor, dass er ihr, obgleich sie ihn so oft gewarnt, nicht
geglaubt habe. Diese Äusserung wurde damals ver-
schieden gedeutet, und auch noch jetzt kann man sich
nicht für eine bestimmte Erklärung entscheiden. Einige
nämlich legen jenen Worten den Sinn bei , als habe
Caesonia ihm geraten , mildere Saiten aufzuziehen und
von der Grausamkeit gegen die Bürger abzulasssn, damit
ihm nicht gleiches mit gleichem vergolten werde. Andere
dagegen meinen, sie habe beim Auftauchen des Gerüchtes
von der Verschwörung den Gajus aufgereizt, er solle
alle Verdächtigen, wenn sie auch noch nichts Böses ver-
übt hätten, unverzüglich umbringen lassen, um sich
selbst die Gefahr vom Halse zu schaffen. Sie habe
demnach mit dem Vorwurf nichts anderes sagen wollen,
als dass er trotz ihrer Warnung zu träge gehandelt habe.
So verschieden also wurden die Klagen der Caesonia
ausgelegt. Als die unglückliche Frau nun den Lupus
herankommen sah, wies sie weinend und wehklagend
auf Gajus’ Leiche und bat ihn, näher zu treten. Da sie
Neunzehntes Buch, 2. Kapitel.
605
aber wahrnahm, dass Lupus wie angewurzelt stehen
blieb, und aus seinem Gebaren leicht entnehmen
konnte, in welcher Absicht er gekommen sei, nahm sie
ihr unvermeidliches Schicksal hin, entblösste ihren Hals,
rief nach Art derer, die mit dem Leben abgeschlossen
haben, Götter und Menschen an und hiess ihn nicht mit
der Ausführung dessen zögern, was ihr zugedacht sei.
Alsdann empfing sie mutig den Todesstoss von Lupus’
Hand, und mit ihr starb auch ihre Tochter. Lupus aber
eilte sogleich zu Chaerea zurück, um ihm von der Voll-
ziehung des Auftrages Meldung zu machen.
5. Ein solches Ende nahm Gajus nach einer Re-
gierung von vier Jahren weniger vier Monaten. 1 Auch
schon ehe er den Thron bestieg, war er hartherzig und
grausam bis zum äussersten, dabei wollüstig und aller
Angeberei zugänglich. Überall Gefahren witternd, war
er stets mit Bluturteilen bei der Hand und liess in
thörichtem, dünkelhaftem Stolz seine Macht nur die
fühlen, welche es am wenigsten verdient hatten. Durch
Mord und Ungerechtigkeiten scharrte er Reichtümer
zusammen und erkannte weder Götter noch Gesetze an,
während er dagegen vor dem Beifall der Menge sich
beugte. Alles, was das Gesetz als schändlich brand-
markt, achtete er höher wie die Tugend. Gegen seine
Freunde bewies er wenig Erkenntlichkeit, so anhänglich
und erprobt er sie auch gefunden haben mochte, und
in seinem zügellosen Jähzorn verhängte er selbst über
die leichtesten Vergehen die entsetzlichsten Strafen.
Jeder Gutgesinnte war sein Feind, und in leidenschaft-
licher Geltendmachung seines Willens kannte er keine
Grenzen. So scheute er sich auch nicht, mit seiner
leiblichen Schwester Unzucht zu treiben, 2 wodurch er
freilich heftigen Abscheu und eine Feindseligkeit bei
den Römern wachrief, wie sie seit langer Zeit nicht da-
1 Nach Suetonius von drei Jahren zehn Monaten und acht Tagen.
* Vergl. Suetonius, Caligula, 24, sowie Dio Cassius, LIX, wo die
Angabe des Josephus bestätigt wird.
606
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
gewesen war. Eine wirklich grossartige, eines Herrschers
würdige That dagegen vermag niemand von ihm anzu-
führen, vielleicht mit einziger Ausnahme der Erbauung
von Werftmagazinen , die er mit Rücksicht auf die aus
Aegypten kommenden Schiffe bei Rhegium und an der
sicilischen Küste anlegen liess und die eingestandener-
massen für die Schiffahrt höchst nützliche Einrichtungen
waren, freilich aber auch unvollendet blieben. Der Bau
wurde nämlich höchst saumselig betrieben, weil Gajus
an andere unnütze Werke seinen Eifer verschwendete
und auch so viel Geld für seine Vergnügungen auf-
wandte, dass für wirklich edle Zwecke sein Beutel nicht
langte. Dagegen war er ein ausgezeichneter Redner und
sprach ebenso geschickt griechisch wie lateinisch. Ausser-
dem hatte er eine lebendige Auffassungsgabe, und da er
alles, was andere einstudiert und mühsam vorbereitet
hatten, aus dem Stegreif widerlegen konnte, vermochte
es ihm nicht leicht ein Redner gleich zuthun , zumal er
seine von Natur schon vorhandene Befähigung noch
durch energische Übung ausgebildet hatte. Zu fleissigem
Studium regte ihn übrigens auch seine Verwandtschaft
mit Tiberius an (er war der Enkel von dessen Bruder x ),
dem er auf dem Throne folgte und der ebenfalls in den
Wissenschaften sich besonders hervorthat. Ihm suchte
Gajus gleichzukommen, um die Pflichten der Ehrfurcht
gegen seinen Verwandten und des Gehorsams gegen den
regierenden Caesar zu erfüllen, und so war er der be-
deutendste Römer seiner Zeit. Doch vermochte seine
Bildung ihn nicht vor dem Verderben zu bewahren, das
er sich durch seine Willkür zuzog, wie es denn über-
haupt für diejenigen, die keine Rechenschaft abzulegen
brauchen und ihrem eigenen Willen folgen können,
schwer ist, sich selbst zu beherrschen. Anfangs, da
er seine Freunde aus den vortrefflichsten und edelsten
Männern wählte und in der Gelehrsamkeit den
1 Nero Claudius Drusus, dessen Sohn Germanicus dar Vater
Caligulas war.
Neunzehntes Buch, 3. Kapitel.
607
besten Vorbildern folgte, genoss er noch grosses An-
sehen bei seinen Untergebenen; später aber, als seine
Willkür keine Grenzen mehr kannte, liess seine Beliebt-
heit immer mehr nach, und so konnte es nicht aus-
bleiben, dass er schliesslich der wachsenden Erbitterung
zum Opfer fiel.
Drittes Kapitel.
Claudius wird von den Soldaten zum Caesar ausgerufen.
Der Senat sendet Abgeordnete an ihn.
1. Claudius hatte sich also, wie oben erwähnt, auf
dem Wege, den er mitGajus ging, von diesem getrennt,
und da das ganze Haus infolge des traurigen Endes
des Caesars sich in grosser Erregung befand, versteckte
er sich, für sein Leben besorgt, in einem engen Gange.
Nichts konnte ihm nämlich seiner Meinung nach jetzt
mehr Gefahr bringen, als seine hohe Abstammung. In
der nächsten Zeit führte er ein eingezogenes Leben als
Privatmann und beschäftigte sich in äusserster Genüg-
samkeit mit dem Studium der Litteratur, besonders der
griechischen, stets nur darauf bedacht, wie er den
draussen tobenden Stürmen entgehen könne. Während
nun des Volkes allgemeine Bestürzung sich bemächtigt
batte, der ganze Palast von wütenden Soldaten wimmelte
und die Leibwachen die Angst und Verwirrung der
Bürger zu teilen schienen, traten die sogenannten
Praetorianer , die den Kern des Heeres bildeten,
zu einer Beratung zusammen. Von allen, die dabei
zugegen waren, schlug niemand die Ermordung des
Gajus besonders an, weil er sein Schicksal verdient
habe, und nur das eine wollten sie überlegen, wie
sie selbst am besten bei der Sache fahren würden.
Hatten doch auch die Germanen, als sie an den
Mördern Rache nahmen, mehr ihre eigene Grausamkeit
befriedigen, als für das allgemeine Wohl sorgen wollen..
608
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Das alles steigerte die Angst des um sein Leben be-
sorgten Claudius, besonders als er auch noch die Häupter
des Asprenas und seiner mit ihm gefallenen Genossen
' umhertragen sah. Eines Tages nun stand er im Schutz
der Dämmerung auf einer Anhöhe von einigen Stufen,
als ihn Gratus, ein Soldat der Palastwache, be-
merkte, und da dieser ihn in der Dämmerung nicht ge-
nau zu erkennen vermochte, ging er in der Meinung,
einen gefährlichen Menschen vor sich zu haben, auf ihn
zu. Claudius bat ihn, nicht näher zu treten; doch der
Soldat kehrte sich nicht daran. Als dieser nun die
Hand nach ihm ausstrecken wollte, erkannte er ihn und
rief seinen herbeigelaufenen Kameraden zu: „Das ist
Germanicus, 1 wohlan, lasst uns ihn zum Caesar aus-
rufen!“ Da nun Claudius gewahrte, dass die Soldaten
willens waren, ihn mit Gewalt zu entfuhren, und ein
ähnliches Schicksal, wie es den Gajus ereilt, befürchtete,
bat er sie, seiner zu schonen, und erinnerte sie daran,
dass er sich keiner Ungerechtigkeiten gegen andere
schuldig gemacht habe, und dass alles, was vorgefallen,
ohne sein Wissen geschehen sei. Gratus aber ergriff
ihn bei der Rechten und sprach zu ihm: „Sprich doch
nicht so dummes Zeug, sondern blick auf und denke
daran, dass die Götter zum Heile des Erdkreises die
Herrscherwürde von Gajus genommen und deiner Tugend .
zum Lohn gegeben haben. Komm daher und besteige
den Thron deiner Vorfahren.“ Dann richtete er den
Claudius auf, der vor Furcht und zugleich vor Freude
über das Gehörte zusammengesunken war.
2. Bald hatten sich um Gratus viele Soldaten der
Leibwache geschart, und als sie Claudius wegführen
sahen, gerieten sie in Betrübnis, da sie nicht anders
meinten, als er werde wegen der letzten Vorgänge zum
Tode geschleppt. Claudius hatte sich ja sein ganzes
1 Dem Drusus und seinen Nachkommen war vom Senat
der Beiname Germanicus zuerkannt worden. Vergl. Suetonius,
Claudius, 1.
609
Neunzehntes Buch, 3. Kapitel.
Leben lang von allem Unrecht fern gehalten und, so
lange Gajus regierte, in grösster Lebensgefahr geschwebt.
Man hörte deshalb hier und da die Meinung äussern,
die Konsuln müssten zu seinem Schutze einschreiten.
Inzwischen gesellten sich immer mehr Soldaten zu dem
Haufen, und die Volksmenge stob auseinander. Claudius
aber konnte vor Schwäche kaum weiter, da seine
Sänftenträger, die, als sie ihn wegführen sahen, an seiner
Rettung verzweifelten, davongeflohen waren. Als nun
der Zug auf der Fläche des Palatiums, der Stelle, die,
wie die Geschichtschreiber melden, von ganz Rom zuerst
bewohnt gewesen sein soll, angekommen war, strömte,
weil hier die Entscheidung über die Zukunft fallen sollte,
eine noch weit grössere Menge Soldaten zusammen, die
Claudius sehen und ihn aus Anhänglichkeit an Germanicus
zum Caesar ausrufen wollten. Er war nämlich der Bruder
dieses Helden, dessen gewaltiger Ruhm auf alle Mitglieder
der Familie seinen Abglanz warf. Dazu kam noch, dass
die Soldaten daran dachten, wie habgierig diejenigen
seien, welche jetzt im Senat die Oberhand hatten, und
was dieselben verbrochen hätten, als sie früher im Be-
sitz der Macht gewesen waren. Endlich erwogen sie
auch ihre eigene schwierige Lage, da sie, wenn die
Herrschaft wieder an einzigen Machthaber fiel, von
diesem alles zu befürchten hatten, während sie, wenn
Claudius durch ihre Hilfe und Vermittlung auf den
Thron gelangte, von seiner Erkenntlichkeit eine Be-
lohnung erwarten durften, die ihren Verdiensten ent-
sprach.
3. Also überlegten die Versammelten und teilten ihre
Ansicht auch den neu Hinzukommenden mit, die ihr
volles Einverständnis mit dem Plan bekundeten. Darauf
nahmen sie Claudius in die Mitte und geleiteten ihn
in die Kaserne, damit ihre Absicht nicht etwa durch
irgend ein Hindernis vereitelt werde. Unterdessen war
zwischen dem Volk und den Senatoren Streit aus-
gebrochen , da die letzteren ihre frühere Macht wieder
an sich reissen und das Tyrannenjoch abschütteln
Josephus 1 Jüdische Altertümer, n. 39
Go gle
610
Josephus* Jüdische Altertümer.
wollten, wozu ihnen jetzt die Gelegenheit geboten schien,
während das Volk, das den Adel stets gehasst hatte
und in der Caesarengewalt den besten Zügel gegen die
Willkür desselben sowie seinen eigenen Rückhalt er-
kannte, des Claudius Erhebung zujubelte. Durfte es
doch von diesem , wenn er auf den Thron gelangte, die
Verhütung des Bürgerkrieges erhoffen, der ebenso wie
unter Pompejüs 1 hereinzubrechen drohte. Als nun der
Senat Kunde davon erhielt, dass die Soldaten den
Claudius in die Kaserne gebracht hatten, sandte er die
Vornehmsten aus seiner Mitte zu ihm mit dem Ersuchen,
keine Schritte zur Erlangung der Herrschaft zu unter-
nehmen, sondern sich dem Senate zu fügen, da er doch
nur einer so vielen gegenüber sei und später auch zu
ihnen gehören werde. Die Fürsorge für den Staat solle
er der gesetzlichen Behörde überlassen und bedenken,
welches Unheil die früheren Alleinherrscher über den-
selben gebracht hätten und welche Gefahren er zu
Gajus’ Zeiten mit ihnen allen habe teilen müssen. Wenn
er also über das grausame Wüten der Tyrannei entrüstet
sei, das andere sich hätten zu schulden kommen lassen,
so möge er selbst sich eines solchen Verbrechens gegen
das Vaterland enthalten. Wolle er sich nun dem Senat
fügen und sich mit der ehrenvollen Ruhe seines früheren
Lebens bescheiden, so werde er von seinen freien Mit-
bürgern mit Ehrenbezeugungen überhäuft werden und
sich den Ruhm eines wahrhaft edlen Mannes erwerben,
der innerhalb der gesetzlichen Schranken ebenso zu
herrschen wie zu dienen bereit sei. Wenn er sich da-
gegen nicht raten lassen wolle und durch Gajus’ Ende
noch nicht klug geworden sei, so würden sie schon
Mittel wissen, da sie einen bedeutenden Teil des Heeres
auf ihrer Seite sowie Waffen in Menge zur Verfügung,
auch keinen Mangel an Sklaven hätten, die sie ent-
sprechend verwenden könnten. Vornehmlich aber be-
ruhe ihre Hoffnung darauf, dass das Geschick und
1 49—46 V. Chr.
Neunzehntes Buch, 4. Kapitel.
611
die Götter nur den unterstützten , der für Recht
und Billigkeit streite, und solche Männer seien die,
welche für des Vaterlandes Freiheit den Kampf nicht
scheuten.
4. Mit diesen Worten wandten sich die Abgeordneten
des Senates, die Volkstribunen Veranius und Brocchus,
an Claudius und baten ihn kniefällig, er möge über die
Stadt nicht das Elend des Krieges herauf beschwören.
Als sie aber die gewaltige Menge der Soldaten sahen,
die ihn umringten und gegen die das Heer der Konsuln
kaum in Betracht kommen konnte, fügten sie die weitere
Bitte hinzu, er möge, wenn er durchaus nach der
Caesaren würde verlange, sich dieselbe wenigstens vom
Senat übertragen lassen. Denn mit um so grösserem
Glück werde seine Regierung gekrönt sein, wenn er mit
Zustimmung des Senates die Zügel derselben ergreife.
Viertes Kapitel.
Eintreten Agrippas zu gunsten des Claudius.
Claudius erlangt endgiltig die Herrschaft und lässt die
Mörder des Gajus hinrichten.
1. Claudius, der wohl wusste, mit welcher Zuversicht
man diese Boten gesandt hatte, liess sich durch ihre
Worte für den Augenblick zu milderem Verhalten be-
wegen. Von Furcht war indes keine Spur mehr bei ihm
vorhanden, teils weil die Entschlossenheit seiner Soldaten
ihn ermutigte, teils weil der König Agrippa ihn auf-
forderte, die gewaltige ihm übertragene Macht nicht aus
den Händen zu lassen. Übrigens hatte Agrippa auch
dem Gajus alle Liebesdienste erwiesen, die man einem
teuren Verstorbenen zu erzeigen pflegt: er hatte den
Körper des Entseelten aufgehoben, ihn auf ein Ruhebett
gelegt und, nachdem er die Leiche so gut wie möglich
bedeckt hatte, sich zur Leibwache begeben mit der
Nachricht, Gajus lebe noch, sei aber von seinen Wunden
612
Josephus* Jüdische Altertümer.
erschöpft und bedürfe dringend ärztlicher Behandlung.
Als er nun hörte, Claudius sei von den Soldaten ent-
führt worden, eilte er sogleich zu ihm und langte in
dem Augenblick bei ihm an, als er in seiner Verwirrung
schon geneigt war, dem Senat nachzugeben. Er sprach
ihm sodann Mut ein, forderte ihn auf, die Herrschaft
fest zu behaupten, und begab sich hierauf wieder zurück.
Als er nun in den Senat beschieden wurde, erschien er
dort mit gesalbtem Haar , als käme er von einem
Trinkgelage, und fragte die Senatoren, was Claudius
mache. Diese sagten ihm, wie die Sachen ständen, und
befragten ihn alsdann um seine Ansicht über die zweck-
mässigste Regierungsform. Agrippa entgegnete, was ihn
betreffe, so sei er bereit, für das Ansehen des Senates
sein Leben zu opfern. Doch rate er, einzig das
Nützliche zu erwägen und von vorgefassten Meinungen
abzusehen. Wenn sie die Macht behaupten wollten, so
bedürften sie Waffen und Soldaten , um allen Möglich-
keiten die Spitze bieten zu können. Als ihm nun er-
widert wurde, der Senat besitze Waffen in Menge und
Geld sei leicht zu beschaffen, ausserdem aber habe man
nicht nur bereits eine beträchtliche Streitmacht, sondern
könne dieselbe auch leicht durch Freilassung der Sklaven
vermehren', wandte Agrippa folgendes ein: „Ich will
euch zwar den besten Erfolg wünschen, doch kann ich
euch, da es sich um euer eigenes Wohlergehen handelt,
meine Meinung nicht vorenthalten. Bedenkt wohl, dass
sich auf Claudius’ Seite die altgedienten Soldaten be-
finden, die in der Führung der Waffen höchst erfahren
sind, dass dagegen mit unserer Macht, die aus her-
gelaufenen Fremdlingen und unerwartet freigelassenen
Sklaven besteht , nicht viel zu erreichen sein wird.
Gegen kriegserfahrene und abgehärtete Soldaten können
wir doch keine Rekruten ins Treffen führen, die kaum
das Schwert zu ziehen verstehen! Es scheint mir daher
am geratensten, bei Claudius durch gütliche Überredung
dahin zu wirken, dass er auf den Thron verzichte, und ich
selbst erkläre mich bereit, die Botschaft zu übernehmen.“
Go gle
Neunzehntes Buch, 4. Kapitel.
613
2. Diese Worte fanden den Beifall des Senates, und
so wurde Agrippa mit noch einigen anderen zu Claudius
geschickt. Dort angekommen , teilte er diesem heimlich
die Verlegenheit des Senates mit und riet ihm, bei Er-
teilung der Antwort eine der Grösse seiner Macht ent-
sprechende Würde zu zeigen. Claudius entgegnete daher,
er wundere sich nicht im mindesten, wenn der Senat
keinen Herrscher über sich anerkennen wolle, da er
durch die Grausamkeit der früheren Machthaber so viel
zu leiden gehabt habe. Jetzt dagegen sollten die
Senatoren eine mildere Behandlung erfahren, weil er
sich seihst nur den Titel des Herrschers Vorbehalten,
in der That aber die Herrschaft mit allen teilen wolle.
Da er nun vor ihren Augen schon so viel und so
mancherlei gethan habe, könne er gewiss auf ihr volles
Vertrauen Anspruch machen. Mit diesem Bescheid
wurden die Abgeordneten entlassen. Claudius wandte
sich hierauf an das um ihn versammelte Heer und ver-
pflichtete es durch den Soldateneid zur Treue. Dann
liess er der Leibwache Mann für Mann fünftausend
Drachmen austeilen, gab den Hauptleuten ein ihrem
Range entsprechendes grösseres Geschenk und versprach
den übrigen Heeresabteilungen , wo sie auch stehen
möchten, dieselbe Spende.
3. Die Konsuln aber beriefen noch in tiefer Nacht
den Senat in den Tempel des siegverleihenden Jupiter.
Einige der Senatoren nun verbargen sich in der Stadt,
weil ihnen bei der Nachricht von Claudius’ Antwort der
Mut entsank. Andere begaben sich auf ihre Landgüter,
weil sie in Voraussicht dessen , was kommen werde, an
der Freiheit verzweifelten und es für besser hielten, in
gefahrloser Unterwürfigkeit ein ruhiges und unthätiges
Leben zu führen, als im Besitz der früheren Macht
für das eigene Leben fürchten zu müssen. Gleichwohl
kamen noch mehr als hundert Senatoren zusammen.
Während aber die Versammelten über das einzuschlagende
Verfahren berieten, erhoben plötzlich die zu ihnen
haltenden Soldaten ein lautes Geschrei und forderten,
614 J osephus’ J üdische Altertümer.
der Senat solle einen kriegserfahrenen Mann zum Caesar
wählen. Durch die Herrschaft so vieler Männer dürfe
der Staat nicht zu Grunde gehen, und sie seien durchaus
dafür, dass die Regierung nicht dem Senat, sondern
einem Alleinherrscher übertragen werde. Zu bestimmen
aber, wer dieser Ehre würdig sei, komme nur ihnen, den
Soldaten, zu. Nun wurde die Lage des Senates eine
noch viel schwierigere , weil er an der gerühmten
Freiheit verzweifeln musste und dazu noch vor Claudius
gewaltige Furcht hatte. Es fehlte indessen nicht an
solchen, die wegen ihrer vornehmen Herkunft oder Ver-
wandtschaft selbst nach der Krone trachteten. Dazu
gehörte auch Marcus Minucianus, der, weil er von altem
Adel und mit Gajus’ Schwester Julia 1 verheiratet war,
auf den Thron Anspruch erhob. Jedoch brachten die
Konsuln gegen seine Erhebung einen Vorwand nach
dem anderen vor. Den Valerius Asiaticus aber hielt
der andere Minucianus, der zu den Mördern des Gajus
gehörte, von einem solehen Gedanken ab. Dass es ein
ungeheures Blutbad gegeben hätte, wenn denen, die auf
den Thron Anspruch machten , gestattet worden wäre,
sich mit Claudius zu messen, steht ausser allem Zweifel.
Es strömten nämlich sowohl die Gladiatoren in be-
deutender Anzahl, als auch die Soldaten der Nacht-
wache und die Schifisruderer kampfbereit in die Kaserne,
sodass von den Thronbewerbern die einen, um die Stadt
zu schonen, die anderen, um sich selbst zu sichern, von
ihrem Vorhaben Abstand nahmen.
4. Kaum graute der Tag, als Chaerea mit seinen
Genossen sich in den Senat begab, um eine Ansprache
an die Soldaten zu halten. Da diese aber sahen, dass
er mit der Hand Stillschweigen gebot und anfangen
wollte zu sprechen, verursachten sie ein lautes Getöse
und Hessen niemand zu Wort kommen, weil sie alle nur
einen einzigen Herrscher haben wollten. Mit Ungestüm
forderten sie dann einen Caesar, weil sie des Wartens
1 Suetonius nennt sie Livilla (Claudius 1).
Neunzehntes Buch, 4. Kapitel.
615
überdrüssig seien. Der Senat aber wusste nicht ein
noch aus: die Soldaten mochten seine Autorität nicht
anerkennen, während die Mörder des Gajus nicht zu-
geben wollten, dass man sich der Anmassung der
Soldaten willfährig zeige. Bei dieser Lage der Dinge
konnte Chaerea seinen Unwillen über das Verlangen
der Soldaten nach einem Caesar nicht verhehlen und
versprach, ihnen einen Herrscher zu geben, wenn ihm
jemand ein Zeichen von Eutychus bringe. Dieser
Eutychus war der Wagenlenker der sogenannten lauch-
grünen Partei , 1 der treueste Diener des Gajus, der beim
Bau von dessen Pferdeställen die Soldaten geschunden
hatte , indem er sie zu den niedrigsten Arbeiten anhielt.
Dies und anderes derart warf Chaerea ihnen jetzt vor
und drohte, er werde ihnen noch den Kopf des Claudius
bringen. Es sei ja erbärmlich, sagte er, dass sie statt
eines Wahnsinnigen jetzt einen Narren zum Herrscher
machen wollten. Die Soldaten aber achteten nicht auf
seine Worte, sondern eilten mit gezückten Schwertern
und erhobenen Feldzeichen zu Claudius, um gleich den
anderen ihm Treue zu schwören. So sah sich denn der
Senat seiner Verteidiger beraubt; die Konsuln aber
waren nicht viel mehr als blosse Privatleute. Allent-
halben herrschte jetzt Bestürzung und Niedergeschlagen-
heit, weil niemand wusste, wie er sich vor dem Zorn
des Claudius schützen solle. Einer schmähte den
anderen, und schon fing die Reue an, sie zu quälen.
Sabinus aber, einer von Gajus’ Mördern, trat jetzt auf
und erklärte, er werde sich eher selbst das Leben
nehmen, als dass er des Claudius Thronbesteigung zu-
gäbe und den Staat wieder in Knechtschaft gestürzt
sähe. Dann warf er Chaerea vor, er hänge allzusehr
am Leben, wenn er, der zuerst den Anschlag gegen
Gajus ersonnen habe, es noch für der Mühe wert halte.
1 In den circensischen Spielen gab es vier nach den Farben
ihrer Kleider benannte Parteien von Wettfahrern: russata, die rote,
alba, die weisse, veneta, die blaue, prasina, die lauchgriine.
616
Josephus’ Jüdische Altertümer.
den Tod zu fürchten, da nicht einmal der ein geschlagene
Weg dem Vaterland zur Freiheit verholfen habe.
Chaerea entgegnete, nichts liege ihm ferner, als Furcht
vor dem Tode zu hegen; doch wolle er erst die Ge-
sinnung des Claudius zu erfahren suchen.
6. Während dies im Senate vorging, strömten nach
der Kaserne von allen Seiten neue Streitkräfte, um dem
Claudius den Eid der Treue zu leisten. Die Soldaten
aber beschuldigten besonders den einen Konsul, Quintus
Pomponius, den Senat zur Einführung der Republik
veranlasst zu haben , drangen deshalb mit gezückten
Schwertern auf ihn ein und würden ihn sicher getötet
haben, wenn Claudius sie nicht daran gehindert hätte.
Dieser liess den Konsul, nachdem er der Gefahr ent-
ronnen war, neben sich Platz nehmen. Den Senatoren
aber, die mit Quintus gekommen waren, widerfuhr nicht
die gleiche Ehre, sondern einigen von ihnen wurde sogar
mit Schlägen der Zutritt zu Claudius verwehrt, und
Aponius musste verwundet weggetragen werden, während
alle übrigen Senatoren in Lebensgefahr schwebten. Da
wandte sich der König Agrippa an Claudius und bat
ihn, milder gegen die Senatoren zu verfahren; denn
wenn ihnen etwas Schlimmes zustosse, habe er ja
niemand anders ihehr , über den er herrschen könne.
Claudius gab nach und berief den Senat in den Palast,
wohin er selbst sich mitten durch die Stadt in einer
Sänfte tragen liess unter dem Geleite der Soldaten,
welche d$bei die gröbsten Ausschreitungen gegen die
Bürger begingen. Von Gajus’ Mördern waren auch
Chaerea und Sabinus unter das Volk gegangen, obgleich
es ihnen durch ein Edikt Pollios, den Claudius kurz
vorher zum Befehlshaber der Leibwache ernannt hatte,
verboten war, sich öffentlich zu zeigen. Als nun Claudius
im Palast angelangt war, berief er seine Räte zusammen
und liess sie über das gegen Chaerea einzuschlagende
Verfahren abstimmen. Ihnen allen erschien zwar die
That eine lobenswerte, den Thäter aber beschuldigten
sie der Untreue und glaubten die gerechte Strafe über
Neunzehntes Buch, 4. Kapitel.
617
ihn verhängen zu müssen, damit er späteren Übelthätern
zum warnenden Beispiel diene. Demgemäss wurde
Chaerea zum Tode geführt, und Lupus sowie viele
andere Römer teilten sein Schicksal. Chaerea nun soll
sein Los mit Starkmut ertragen haben, sodass er nicht
einmal seine Gesichtsfarbe gewechselt und sogar dem
Lupus, der in Thränen ausgebrochen sei, die heftigsten
Vorwürfe gemacht habe. Als Lupus sich entkleidete
und über Kälte klagte, sagte Chaerea zu ihm, er werde
doch wohl nicht stärker frieren wie ein Wolf (lupus).
Eine grosse Volksmenge folgte ihnen zum Richtplatz,
und als der Zug dort angelangt war, fragte Chaerea den
Soldaten , ob er schon Übung im Hinrichten besitze
oder ob er zum erstenmal jetzt Henkersdienste thue.
Dann liess er das Schwert bringen , mit dem er selbst
den Gajus niedergemacht hatte. Ein einziger glücklicher
Streich machte seinem Leben ein Ende; dem Lupus
dagegen erging es nicht so gut, weil er aus Zaghaftigkeit
den Hals nicht gehörig vorstreckte, sodass der Hieb
wiederholt werden musste.
6. Wenige Tage nachher jedoch, als das Totenfest
begangen wurde und jeder Römer den Manen seiner
verstorbenen Angehörigen Totenopfer darbrachte, ehrte
man auch Chaerea durch Opferkuchen , die man ins
Feuer warf; und hierbei rief man ihn an, gnädig zu
sein und über den ihm bewiesenen Undank nicht zu'
zürnen. So schied Chaerea aus dem Leben. Sabinus
dagegen wurde von Claudius nicht bloss freigesprochen,
sondern erhielt auch die Erlaubnis, sein früheres Amt
weiterzuführen. Da er es aber für unrecht hielt, sein
den Verschworenen gegebenes Wort zu brechen, brachte
er sich selbst ums Leben , indem er sich sein Schwert
bis ans Heft in den Leib rannte.
618
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Fünftes Kapitel.
Claudius giebt dem Agrippa das Reich seines Gross-
vaters zurück und erweitert dasselbe. Seine Erlasse zu
gunsten der Juden«
1. Claudius entfernte nun zunächst aus dem Heere
alle Soldaten, die nicht zuverlässig waren, und erliess
dann eine Verordnung, wodurch er dem Agrippa die
Herrschaft, welche Gajus ihm verliehen hatte, bestätigte
und ihm seine Zufriedenheit aussprach. Dazu gab er
dem Könige alsdann noch ganz Judaea und Samaria,
wie dessen Grossvater Herodes es besessen hatte. Diese
Gebiete erhielt Agrippa nach dem Rechte der Ver-
wandtschaft. Ausserdem aber teilte ihm Claudius von
seinen eigenen Besitzungen noch Abila zu, das unter’
der Herrschaft des Lysanias gestanden hatte, und die
Gebiete am Libanon. Beide gingen dann auf dem
Forum ein Bündnis ein. 1 Dem Antiochus, dem er sein
früheres Reich abgenommen hatte, gab Claudius einen
Teil von Cilicien und ganz Kommagene. Weiterhin
Hess er den Alabarchen Alexander Lysimachus, an den
ihn alte Freundschaftsbande knüpften und der einst
der Sachwalter seiner Mutter Antonia gewesen war,
wieder frei. Der Sohn Alexanders heiratete dann
Agrippas Tochter Berenike. Diese vermählte Agrippa
‘später, als ihr Gatte Marcus, der Sohn des Alexander,
gestorben war, mit seinem Bruder Herodes und erbat
für letzteren von Claudius die Herrschaft über Chalkis.
2. Um diese Zeit brach zwischen den Juden und
Griechen zu Alexandria Streit aus. Nach Gajus’ Tod
nämlich wurden die Juden, die während seiner Regierung
hart bedrückt waren und viele Unbilden von den
Alexandrinern erleiden mussten, wieder zuversichtlicher,
und bald griff man zu den Waffen. Claudius erteilte
nun dem Statthalter von Aegypten den schriftlichen
Befehl , diese Unruhen zu unterdrücken , und sandte
1 41 n. Chr.
Neunzehntes Buch, 5. Kapitel.
619
ausserdem auf Bitten der Könige Agrippa und Herodes
nach Alexandria und Syrien ein Edikt folgenden Inhalts:
„Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, Pon-
tifex maximus mit tribunicischer Gewalt, verordnet hier-
mit wie folgt In Erwägung, dass die Juden, welche zu
Alexandria wohnen und Alexandriner heissen , bald
nach Erbauung der Stadt zugleich mit den eigent-
lichen Alexandrinern dorthin geschickt worden sind und
von den Königen gleiches Bürgerrecht mit den letzteren
erhalten haben , wie dies aus deren Verordnungen und
Erlassen hervorgeht; sodann in Erwägung, dass bei der
durch Augustus vollzogenen Einverleibung der Stadt
Alexandria in unser Reich den Juden ihre Rechte nicht
verkürzt, sondern von den zu verschiedenen Zeiten
dorthin gesandten Statthaltern ohne jede Einwendung
aufrecht erhalten worden sind; in fernerer Erwägung,
dass auch zu der Zeit, da Aquila Statthalter in
Alexandria und der jüdische Etbnarch gestorben war,
Augustus die Wahl eines neuen Ethnarchen nicht ver-
boten und diesem bei der Huldigung gestattet hat, dass
die Juden nach ihren eigenen Gebräuchen leben und
der Religion ihrer Väter treu bleiben dürften; endlich
in Erwägung, dass die Erhebung der Alexandriner gegen
die mit ihnen zusammen wohnenden Juden noch in die
Regierungszeit des Caesars Gajus fällt, der in seinem
ungeheuren Wahnsinn das jüdische Volk unterdrückte,
weil es von seiner Religion nicht abfallen und ihn nicht
als Gott anerkennen wollte: will ich nicht dem Un-
verstand des Gajus zulieb eines von den dem Volke
der Juden gemachten Zugeständnissen wieder aufheben,
sondern ihnen alle früheren Rechte nebst der Freiheit,
nach ihrer Religion zu leben , bestätigen. Desgleichen
befehle ich, dass nach Bekanntmachung dieses meines
Ediktes von beiden Seiten alles vermieden werde, wo-
durch neue Unruhen entstehen könnten.“
3. So lautete das Edikt, das zu gunsten der Juden
nach Alexandria gesandt wurde. Gleichzeitig erging
auch an alle übrigen Länder des Erdkreises ein Schreiben
620
Josephus’ Jüdische Altertümer.
folgenden Inhalts: „Tiberius Claudius Caesar Augustus
Germanicus, Pontifex maximus mit tribunicischer Gewalt,
Konsul zum zweitenmal, verordnet wie folgt. Nachdem
meine lieben Freunde Agrippa und Herodes mich in-
ständigst gebeten haben , ich möge den im ganzen
römischen Reiche lebenden Juden dieselben Rechte be-
willigen, die auch den Juden in Alexandria zugestanden
sind, habe ich ihren Bitten gern stattgegeben und nicht
nur diesen Bittstellern zu Gefällen , sondern auch mit
Rücksicht auf diejenigen, für die ich gebeten worden
bin , es für gerecht gehalten , ihnen ihre Treue gegen
die Römer damit zu lohnen, dass ich keine Stadt, und
zwar auch keine von den griechischen Städten , der
Rechte beraube, die ihnen unter dem göttlichen Augustus
bestätigt worden sind. Ich erachte es vielmehr für billig,
dass die Juden in unserem gesamten Reiche ihren her-
kömmlichen Gebräuchen ohne alle Anfechtungen treu
bleiben, und ermahne sie gleichzeitig, dass sie, mit
dieser Gnade zufrieden, sich duldsam benehmen und die
religiösen Gebräuche anderer Völker nicht verachten,
sondern sich bei ihren eigenen Gesetzen bescheiden.
Dieses Edikt soll allen Behörden in den Städten,
Kolonien und Municipien sowohl innerhalb wie ausser-
halb Italiens, desgleichen allen Königen und Fürsten
durch ihre eigenen Botschafter kundgegeben und
ausserdem innerhalb dreissig Tagen - an einer Stelle, wo
es bequem gelesen werden kann , angeschlagen werden.“
Sechstes Kapitel.
Welche Anordnungen Agrippa traf, als er nach Judaea
zurückgekehrt war. Des Petronius Erlass an die Doriter
in betreff der Juden.
1. Durch diese Edikte, die nach Alexandria und in
die ganze Welt erlassen wurden , bewies der Caesar
Claudius klar, welche Gesinnung er gegen die Juden
hegte. Bald darauf entliess er Agrippa mit den
Neunzehntes Buch, 6. Kapitel.
621
glänzendsten Ehrenbezeugungen in sein Reich und gab
allen Statthaltern in den Provinzen schriftlichen Befehl,
ihn freundlich und zuvorkommend zu empfangen. Agrippa
beschleunigte seine Heimreise nach Möglichkeit, wie sich
das von einem Manne erwarten liess, dem alles nach
Wunsch gegangen war, und als er in Jerusalem anlangte,
brachte er Dankopfer dar und liess keine der gesetz-
lichen Vorschriften ausser acht. Aus diesem Grunde liess
er auch viele Naziräer 1 scheren, und die goldene Kette,
welche Gajus ihm geschenkt hatte und die ebenso schwer
war wie die eiserne, von der seine königlichen Hände ge-
fesselt gewesen, liess er als Andenken an seine frühere
traurige Lage und deren spätere Wandlung zum besseren
innerhalb des Tempels über der Schatzkammer aufhängen,
damit sie dort Zeugnis dafür ablege, dass die grösste
Macht vor dem Zusammenbruch nicht sicher ist und dass
Gott den Gedemütigten wieder aufzurichten vermag. Die
Weihe der Kette bewies ja zur Genüge, wie der König
Agrippa um einer geringfügigen Ursache willen seinen
Thron mit dem Kerker hatte vertauschen müssen, und
wie er bald nachher, von seinen Fesseln befreit, zu
grösserer Macht als früher gelangte. Daraus lässt sich
die Lehre ziehen, dass die grösste Macht den Menschen
nicht vor dem Sturze sichern, der Gestürzte aber auch
wieder zur höchsten Würde emporsteigen kann.
2. Als Agrippa nun allem, was die Ehre Gottes er-
heischte, nachgekommen war, entsetzte er Theophilus, den
Sohn des Ananus, des hohepriesterlichen Amtes und über-
trug dasselbe an Simon mit dem Beinamen Kantheras,
den Sohn des Boethos. Simon hatte noch zwei Brüder
und seinen Vater Boethos am Leben, dessen Tochter,
wie oben erwähnt, den König Herodes geheiratet hatte.
Demnach gelangten sowohl Simon als sein Vater und
seine Brüder zum Hohepriestertum , gerade so, wie auch
1 Asketische, gottgeweihte Personen, die ihr Haar lang wachsen
Hessen und denen dasselbe nach Ablauf einer bestimmten Frist vom
Priester unter grosser Feierlichkeit geschoren wurde.
622
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
die drei Söhne von Simon, dem Sohne des Onias, unter
der Herrschaft der Macedonier sämtlich Hohepriester
wurden , wovon ich in den früheren Büchern Erwähnung
gethan habe.
3. Nachdem der König so die Verhältnisse des hohe-
priesterlichen Amtes geordnet hatte, bewies er auch den
Jerusalemern für ihre Treue und Anhänglichkeit seinen
Dank und erliess ihnen, weil er sich an Edelmut von ihnen
nicht übertreffen lassen wollte, die Gebäudesteuer. Den
Silas aber, der an all seinen Schicksalen Anteil ge-
nommen hatte, ernannte er zum Oberbefehlshaber der
gesamten Truppenmacht. — Kurze Zeit nachher stellten
einige übermütige junge Leute, denen nichts heilig war,
in der Judensynagoge zu Dora eine Bildsäule des Caesars
auf. Das erbitterte den Agrippa gewaltig, weil die Übel-
thäter damit gewissermassen das jüdische Gesetz ausser
Kraft gesetzt hatten. Er begab sich deshalb unverweilt
zu Publius Petronius., dem damaligen Statthalter von
Syrien, und erhob gegen die schuldigen Doriter Klage.
Petronius war über die Frevelthat sehr unwillig, denn
auch er hielt jede Verhöhnung des Gesetzes für Gott-
losigkeit. Er schrieb daher im höchsten Zorn an die
Doriter folgendermassen : „Publius Petronius, Legat des
Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, thut dem
Magistrate der Doriter nachstehendes zu wissen. Da
einige von euch in ihrem Übermut so weit gegangen
sind, dass sie trotz der Verordnung des Claudius Caesar
Augustus Germanicus, wonach den Juden die Beobachtung
ihrer väterlichen Gesetze gestattet ist, sich gegen dieselbe
widerspenstig gezeigt haben, indem sie die religiösen Zu-
sammenkünfte der Juden durch Aufstellung der Bildsäule
des Caesars in der Synagoge störten, so habt ihr nicht
nur gegen die Juden, sondern auch gegen den CaeBar
selbst gefrevelt, dessen Standbild in seinen eigenen,
nicht aber in einen fremden Tempel, am wenigsten in
einen Versammlungssaal gehört. Es ist von Natur recht
und deshalb auch vom Caesar anerkannt, dass jeder
Herr in seinem Hause sei, und es wäre überflüssig.
Neunzehntes Buch, 6. Kapitel.
623
meiner eigenen diesbezüglichen Verordnung zu gedenken,
nachdem das Edikt des Caesars den Juden die Freiheit
zugestanden hat, dass sie nach ihren Gebräuchen
leben können und ausserdem mit den Griechen gleiche
bürgerliche Rechte gemessen sollen. Da nun diejenigen,
welche so die Befehle unseres erhabenen Herrn über-
treten und sich dadurch sogar den Unwillen ihrer eigenen
Vorgesetzten zugezogen haben, dies nicht aus persön-
lichem Antrieb, sondern dem Ungestüm des Volkes zu
Gefallen, wie mir versichert wird, gethan haben, so be-
fehle ich, dass mir dieselben durch den Centurio Vitellius
Proculus zur Verantwortung vorgeführt werden. Die Vor-
steher des Magistrates aber ermahne ich, wenn sie nicht
als Mitschuldige angesehen werden wollen, die Thäter
dem Centurio anzuzeigen und jeden Aufruhr und Lärm,
dessen Erregung allein wohl der Zweck der That war,
zu verhindern, da ich gleich meinem königlichen Freunde
Agrippa nichts so sehr verhüten möchte, als dass das
jüdische Volk Gelegenheit fände, sich unter dem Vor-
wand der Notwehr zusammenzurotten und Aufstand zu
erregen. Damit ihr aber um so sicherer erkennt, was
unseres erlauchten Caesars Ansicht über diese Sache ist,
füge ich in der Anlage einen auf Alexandria bezüg-
lichen Erlass desselben bei, den mir mein lieber Freund,
der König Agrippa, trotzdem er allgemein bekannt ist,
in öffentlicher Verhandlung vorgelesen hat, als er auch
für die Juden Anteil an des Caesars Gnade begehrte.
Für die Zukunft bestimme ich daher ausdrücklich, dass
ihr jeden Anlass zu Unruhen und Streitigkeiten zu ver-
meiden habt und jedem die Freiheit lasst, nach seiner
eigenen Überzeugung Gott zu verehren.“
4. Auf diese Weise traf Petronius Fürsorge, das Vor-
gefallene wieder gut zu machen und die Juden vor ähn-
lichen Belästigungen sicfher zu stellen. Agrippa aber
nahm jetzt die Hohepriesterwürde dem Simon Kantheras
ab und übertrug dieselbe wiederum an Jonathas, den
Sohn des Ananus, den er der Ehrenstelle für würdiger
hielt. Diesem schien indes die Erhebung zu solcher
Go gle
624
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Würde nicht angenehm zu sein, und er lehnte sie darum
mit folgenden Worten ab: „Es gereicht mir zur Freude,
o König, dass du mich so ehrst, indem du mir aus
freien Stücken eine Würde übertragen willst, die mir nach
dem Willen Gottes nicht zukommt. Doch es genügt mir,
einmal das heilige Gewand getragen zu haben; denn
damals habe ich das Amt mit reinerem Herzen erhalten,
als ich es jetzt antreten würde. Willst du aber, dass
ein Würdigerer als ich der Ehre teilhaftig werde, so
lass dich belehren. Ich habe einen Bruder, der von
jedem Vergehen gegen Gott wie gegen dich, o König,
sich freigehalten hat. Diesen empfehle ich dir, weil er
jener Auszeichnung würdig ist.“ Diese Rede gefiel dem
König, und so überging er Jonathas und verlieh
das Hohepriesteramt an dessen Bruder Matthias. Nicht
lange darauf folgte Marsus dem Petronius in der Ver-
waltung Syriens.
Siebentes Kapitel.
Agrippas Zorn gegen Silas. Er baut die Mauern
Jerusalems wieder auf. Sein Charakter.
1. Da Silas, der Oberkommandant des Heeres, dem
Könige in allen Wechselfällen die Treue bewahrt und
vor keiner Gefahr zurückgescheut, sondern selbst den
schwierigsten Mühewaltungen sich unterzogen hatte, war
er der zuversichtlichen Erwartung, seine Anhänglichkeit
durch eine entsprechende Auszeichnung belohnt zu sehen.
Deshalb wollte er in allen Stücken dem Könige gleich
sein und benahm sich in dessen Gegenwart stets recht
frei, bei vertraulichen Unterhaltungen aber geradezu lästig,
indem er sich über Gebühr brüstete und dem Könige
öfters sein früheres trauriges Geschick ins Gedächtnis
zurückrief, um seine damalige Ergebenheit ins rechte
Licht zu rücken. Ferner ward er gar nicht müde, dem
Könige herzuzählen, welche Mühseligkeiten er für .ihn
Neunzehnte!} Buch, 7. Kapitel.
625
ertragen habe. Auf die Dauer kam dieses Benehmen
Agrippa fast wie Hohn vor, und die rücksichtslose Frei-
heit des Mannes wurde ihm immer unerträglicher. Es
ist eben keine angenehme Sache, sich an unrühm-
liche Zeiten erinnern zu lassen, und nur ein Thür
glaubt seine Verdienste immer und immer wieder hervor-
heben zu müssen. Silas zog sich deswegen endlich den
höchsten Unwillen des Königs zu, sodass dieser seine
bessere Einsicht dem Zorn opferte und den Silas nicht
nur seines Befehlshaberpostens entsetzte, sondern ihn
auch in Ketten nach seiner Heimat bringen liess. Mit
der Zeit indes legte sich sein Groll wieder, und wenn
er vorurteilsfrei über Silas dachte, musste er anerkennen,
dass derselbe ihm in der That grosse Dienste geleistet
habe. Als er daher seinen Geburtstag feierte, den alle
seine Unterthanen mit fröhlichen Gelagen begingen, liess
er auch den Silas unverzüglich rufen, damit er an
seiner Tafel speise. Dieser aber glaubte gerechte Ur-
sache zum Groll zu haben und machte daraus in seinem
Freimut auch vor den Abgesandten des Königs kein
Hehl, sondern sprach zu ihnen: „Was ist das für eine
Ehre, zu welcher der König mich jetzt beruft, um sie
mir im nächsten Augenblick wieder abzunehmen ? Denn
auch die früheren Beweise seines Wohlwollens sind nicht
von Dauer gewesen, sondern mir in schmachvoller Weise
wieder entzogen worden. Glaubt Agrippa denn, ich habe
meine freie Art, zu reden, dran gegeben ? Nein, ich will
vielmehr, da ich mir keiner Schuld bewusst bin, nur um
so lauter kundthun, aus wie vielen Übeln ich ihn befreit
und welche Mühen ich für sein Wohlergehen und seine
Ehre auf mich genommen habe. Und doch hat er mir
dafür keinen anderen Dank gewusst als Ketten und
Kerker. Das werde ich nie vergessen, und selbst in
meiner Todesstunde wird das Bewusstsein , recht gehandelt
zu haben, mir noch ein süsser Trost sein.“ Diesen Be-
scheid hiess er dem Könige überbringen. Agrippa aber
erkannte daran, dass er unversöhnlichen Gemütes sei, und
liess ihn in Gewahrsam.
Josephus' Jüdische Altertümer, II.
40
626 Josephus’ J üdische Altertümer.
2. Darauf liess der König die der Neustadt 1 zu-
gekehrten Mauern Jerusalems auf Staatskosten neu auf-
richten, und zwar sowohl breiter als höher denn vorher.
Er hätte sie auch thatsächlich so stark gemacht, dass sie
jedem feindlichen Anprall getrotzt haben würden, wenn
nicht der syrische Statthalter Marcus dem Caesar Claudius
das Unternehmen des Königs schriftlich angezeigt hätte.
Weil nun Claudius der Sache nicht recht traute, befahl
er dem Agrippa, unverzüglich vom Bau der Mauer Ab-
stand zu nehmen, und dieser hielt es für das geratenste,
sich zu fügen.
3. Der König war von Natur höchst freigebig und
wohlthätig und suchte sich die Liebe seiner Unterthanen
durch reiche Geschenke zu erwerben. Seinen Ruhm fand
er in grossen Aufwendungen, und indem er im Geben
glücklich war, stach er von seinem Vorgänger Herodes
sehr ab. Denn dieser war grausam, unversöhnlich, kannte
in seinem Hasse gar kein Mass und gestand offen, dass
er grössere Vorliebe für die Griechen wie für die Juden
hege. Und während er fremde Städte mit verschwende-
rischer Pracht ausstattete, in der einen Bäder und Theater,,
in der anderen Tempel und Säulenhallen einrichtete, be-
dachte er keine einzige jüdische Stadt auch nur mit dem.
geringsten Schmuck oder einem nennenswerten Geschenk.
Agrippa dagegen war leutselig und gegen alle gleich
wohlthätig. Freundlich gegen die Ausländer, die über
seine Freigebigkeit nicht zu klagen hatten, vergass er
doch auch nicht, seine Unterthanen durch um so grössere
Teilnahme zu entschädigen. Desgleichen wohnte er gern
und andauernd in Jerusalem, beobachtete die Satzungen
seiner vaterländischen Religion gewissenhaft und war
Von höchster Sittenreinheit, wie er auch keinen Tag
ohne Darbringung der gesetzlichen Opfer vorübergehen
liess.
4. Dennoch wagte, als Agrippa einst nach Caesarea
gereist war, ein gewisser Simon aus Jerusalem, der im
1 Dem Stadtteil Bezetha.
Neunzehntes Buch, 7. Kapitel.
627
Rufe eines Gesetzeskundigen stand, das Volk zu ver-
sammeln und den König zu beschuldigen, er sei nicht
gottesfürchtig und des Zutritts zum Tempel, der nur ein-
geborenen Juden offen stehe, gar nicht wert. Von dieser
Rede Simons gab der Stadtkommandant dem Könige
sogleich briefliche Nachricht. Dieser liess den Simon
zu sich kommen, hiess ihn im Theater, wo er sich gerade
befand, an seiner Seite Platz nehmen und fragte ihn mild
und gütig: „Sage mir doch, ob hier etwas .gegen die
Gesetze geschieht?“ Simon wusste darauf nichts zu ent-
gegnen und bat um Verzeihung. Nun war er mit Agrippa
eher, als jemand erwarten konnte, wieder ausgesöhnt,
weil dieser der Meinung war, dass einem Könige Sanft-
mut mehr zieme als Zorn, und dass überhaupt hoch-
stehenden Männern Milde besser anstehe als Heftigkeit.
Er liess daher den Simon wieder heimkehren und be-
schenkte ihn noch obendrein reichlich.
5. Nachdem Agrippa nun schon viele Bauwerke er-
richtet hatte, bedachte er Berytus damit besonders frei-
gebig. Hier liess er nämlich ein Theater aufführen, das
an Pracht und Schönheit die anderen weit überragte,
sowie ein herrliches Amphitheater und dazu Bäder und
Säulenhallen, bei denen der prächtigen Ausstattung zu-
lieb keine Kosten gespart wurden. Zur würdigen Ein-
weihung dieser Bauwerke entfaltete er den glänzendsten
Pomp. Im Theater wurden Schaustücke aufgefübrt, Wett-
kämpfe aller Art ausgefochten und jede erdenkliche Be-
lustigung geboten. Im Amphitheater bewies der König
den zahlreichen Gladiatoren seine Freigebigkeit, und um
auch das Schauspiel eines Massenkampfes vorführen zu
können, liess er zwei Kohorten von je siebenhundert Mann
sich gegenseitig angreifen. Zu diesem Kampfe waren alle
Verbrecher, die es nur gab, zur Strafe aufgeboten worden,
und während so der Krieg dem Frieden zur Zierde dienen
musste, waren die Übelthäter mit einem Schlage aus der
Welt geschafft.
40*
628
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Achtes Kapitel.
Agrippas weitere Regierung und Tod.
1. Nachdem diese Feierlichkeiten in Berytus zu Ende
waren, begab sich Agrippa nach Tiberias in Galilaea.
Die benachbarten Könige, bei denen er in hohem An-
sehen stand, fanden sich bei ihm zum Besuche ein, näm-
lich Antiochus von Kommagene, Sampsigeram von Emesa,
Kotys von Kleinarmenien, Polemon von Pontus und
Herodes von Chalkis, sein eigener Bruder. Sie alle nahm
er gastfreundlich und zuvorkommend auf und bewies
ihnen seine wahrhaft edle Gesinnung, die ihm auch die
Ehre der königlichen Besuche verschafft hatte. Noch
während der Anwesenheit dieser Gäste erschien auch
der syrische Statthalter Marsus bei ihm, und um den
Römern die gebührende Ehre zu erweisen, zog Agrippa
ihm sieben Stadien weit aus der Stadt entgegen. Das
aber gab Anlass zu Streit zwischen ihm und Marsus.
Agrippa hatte nämlich die anderen Könige in seinem
Wagen mitgebracht, und Marsus kam diese Vertraulich-
keit verdächtig vor, da er ein Einverständnis so vieler
mächtigen Fürsten nicht im Interesse der Römer liegend
erachtete. Alsbald sandte er daher einige seiner ver-
trauten Freunde zu den einzelnen Königen und liess
ihnen anbefehlen, ungesäumt in ihre Heimat zurückzu-
kehren. Darüber ärgerte sich Agrippa gewaltig und
lebte von der Zeit an mit Marsus in schlechtem Ein-
vernehmen. Übrigens nahm er um diese Zeit dem
Matthias die Hohepriesterwürde und übertrug sie an
Eiion aeus, den Sohn des Kantheras.
2. Schon war das dritte Jahr verflossen, seit Agrippa
die Herrschaft über ganz Judaea ausübte, als er sich
nach Caesarea, dem ehemaligen S traton sturm , begab.
Dort gab er zu Ehren des Caesars Schauspiele, weil ihm
bekannt war, dass eben Festtage für dessen Wohl-
ergehen gefeiert wurden. Zu diesen Festlichkeiten strömte
eine grosse Zahl angesehener und mächtiger Juden aus
Neunzehntes Buch, 8. Kapitel.
629
der ganzen Provinz zusammen. Am zweiten Tage begab
sieb Agrippa schon frühmorgens in einem Gewände, das
mit wunderbarer Kunstfertigkeit ganz aus Silber gewirkt
war, zum Theater. Hier nun leuchtete das Silber, das
von den ersten Strahlen der Sonne getroffen wurde, in
schimmerndem Glanze auf und blendete das Auge derart,
dass man erschauernd sich abwenden musste. Alsbald
riefen seine Schmeichler ihm von allen Seiten zu, nannten
ihn Gott und sprachen : „Sei uns gnädig ! Haben wir dich
bisher nur als Mensch geachtet, so wollen wir in Zu-
kunft ein überirdisches Wesen in dir verehren.“ Der
König machte ihnen daraus keinen Vorwurf und wies
ihre gotteslästerischen Schmeicheleien nicht zurück. Als
er aber gleich darauf den Blick nach oben wandte, sah
er über seinem Haupte auf einem Strick einen Uhu
sitzen und erkannte darin sogleich den Unglücksboten,
der ihm, wie früher sein Glück, so jetzt seinen nahen
Tod anzeigte , 1 weshalb er bitteren Gram empfand. Bald
stellten sich auch heftige Schmerzen in seinem Leibe ein,
die ihn gleich vom Beginn der Krankheit an in un-
erhörter Weise folterten. Da richtete er den Blick auf
seine Freunde und sprach zu ihnen: „Seht, euer Gott
muss jetzt das Leben lassen, und das Schicksal macht
eure gleissneriscben Worte zu schänden. Unsterblich
nanntet ihr mich, und doch streckt der Tod schon seine
Arme nach mir aus. Aber ich muss mein Geschick
tragen, wie Gott es will. Habe ich doch nicht in kümmer-
lichen Verhältnissen, sondern im höchsten Glanze gelebt.“
Noch währender diese Worte sprach, mehrten sich seine
Qualen in hohem Grade. Er wurde daher schnell in seinen
Palast gebracht, und bald verbreitete sich allenthalben
das Gerücht, der König liege im Sterben. Sogleich warf
sich das gesamte Volk mit Weibern und Kindern nach
väterlicher Sitte auf Teppiche nieder, um für die Ge-
nesung des Königs zu Gott zu flehen, und überall erhob
sich Jammer und Wehklage. Der König, der sich in
1 Vergl. XVIII, 6 , 7.
630
Josephns’ Jüdische Altertümer.
einem hochgelegenen Zimmer befand und von da aus
sehen konnte, wie das Volk am Boden lag, vermochte
sich auch seinerseits der Thränen nicht zu erwehren.
Noch fünf Tage lang ertrug er die Qual in seinen
Eingeweiden , bis ihn dann endlich der Tod erlöste.
Er starb im vierundfünfzigsten Jahre seines Lebens und
im siebenten seiner Regierung. Vier Jahre hatte er
unter dem Caesar Gajus regiert, und zwar drei Jahre
lang nur die Tetrarchie des Philippus, im vierten aber
auch noch die des Herodes. Die drei übrigen Jahre
seiner Regierung fielen in die Zeit des Caesars Claudius,
und in diesen beherrschte er ausser den genannten Ge-
bieten auch noch Judaea, Samaria und Caesarea. Er
bezog aus seinem Reiche die denkbar grössten Ein-
künfte, nämlich zwölf Millionen Drachmen; gleichwohl
musste er noch viele Anleihen machen. Da er nämlich
ausserordentlich freigebig war, konnten seine Einkünfte
die Ausgaben nicht decken, und Sparsamkeit war ihm
gänzlich fremd.
3. Noch war sein Ableben dem Volke nicht bekannt
geworden, als Herodes, der Beherrscher von Chalkis,
und der Statthalter Helkias, des Königs Freund, nach
gemeinsam gefasstem Beschluss seinen ergebensten
Diener Ariston aussandten und den ihnen verhassten
Silas umbringen Hessen, als wenn der König dies be-
fohlen hätte.
Neuntes Kapitel.
Begebenheiten nach Agrippas Tod. Claudius sendet
Iden Cuspius Fadus als Landpfleger nach Judaea.
1. So war denn Agrippa aus dem Leben geschieden.
Er hinterliess einen siebzehnjährigen Sohn Agrippa und
drei Töchter, von denen die sechzehn Jahre alte
Berenike mit ihrem Oheim Herodes vermählt war. Die
beiden anderen waren noch jung, nämlich erst zehn
beziehungsweise sechs Jahre alt. Doch waren sie schon
Neunzehntes Buch, 9. Kapitel.
631
von ihrem Vater verlobt worden , und zwar die ältere,
Mariamne, mit Julius Archelaus, dem Sohne des Helkias,
die jüngere, Drusilla, mit Epiphanes, dem Sohne des
Kommagenerkönigs Antiochus. Als nun der Tod
Agrippas bekannt wurde, hatten die Bewohner von
Caesarea und Sebaste seine Wohlthaten bald vergessen
und benahmen sich wie seine schlimmsten Feinde. Denn
sie überhäuften den Verstorbenen mit Schmähungen,
die sich nicht wiedergeben lassen, und die gerade
unter den Waffen stehenden Bürger drangen in sein Haus,
raubten die Bilder seiner Töchter, brachten sie in ge-
schlossenem Zug in Bordelle und stellten sie dort auf '
den Dächern auf, wo sie dieselben in unsäglicher Weise
verspotteten. Ja, auf den öffentlichen Plätzen hielten
sie mit bekränztem Haupt und von Salben duftend
grosse Gelage, wobei sie dem Charon 1 opferten und
sich einander vor Freude über des Königs Tod zu-
tranken. So undankbar benahmen sie sich nicht nur
gegen Agrippa, dessen Freigebigkeit sie so reich be-
dacht hatte , sondern auch gegen seinen Grossvater
Herodes, von dem ihnen Städte erbaut, Häfen angelegt
und auf eigene Kosten prachtvolle Tempel errichtet
worden waren.
2. Des Verstorbenen Sohn Agrippa befand sich
damals in Rom, wo er am Hofe des Caesars Claudius
erzogen wurde. Als der Caesar, nun erfuhr, dass
Agrippa aus dem Leben geschieden sei, und dass die
Bewohner von Caesarea und Sebaste sich so schmachvoll
gegen ihn benommen hätten , war seine Trauer über
Agrippa nicht minder gross wie sein Zorn gegen die
Undankbaren. Er beschloss deshalb, sogleich den
jüngeren Agrippa als Nachfolger seines Vaters heim-
zuschicken, und wollte damit ein früheres eidliches
Versprechen bestätigen. Doch rieten ihm seine Frei-
gelassenen und Freunde, welche grossen Einfluss auf
ihn hatten, davon ab und stellten ihm vor, wie ge-
1 Dem Fährmann der Unterwelt.
Go gle
632
Josephus’ Jüdische Altertümer.
fährlich es sei , einem jungen , dem Knabenalter noch
nicht entwachsenen Menschen ein so grosses Reich an-
zuvertrauen, dessen Verwaltung er durchaus nicht leiten
könne und das selbst eines rüstigen Mannes ganze
Thätigkeit in Anspruch nehme. Diese Gründe leuchteten
dem Caesar ein, und er ernannte deshalb den Cuspius
Fadus zum Landpfleger über Judaea und das ganze
Reich , 1 womit er zugleich den Verstorbenen ehrte, indem
er von der Ernennung des Marsus , der mit Agrippa
verfeindet gewesen war, absah. Fadus erhielt zunächst
den Auftrag, die Bewohner von Caesarea und Sebaste
wegen der dem Andenken Agrippas zugefügten
Schmähungen und der gegen seine Töchter verübten
Beleidigungen zu züchtigen , die aus Bürgern von
Caesarea und Sebaste bestehende Truppe nebst fünf
Kohorten zum Kriegsdienst nach Pontus zu schicken
und aus den in Syrien stehenden römischen Legionen
ebenso viele Mannschaften auszuwählen, um die Ab-
kommandierten zu ersetzen. Es kam jedoch nicht zum
Ausmarsch, weil die Schuldigen eine Gesandtschaft an
Claudius schickten und ihn zu bewegen wussten, dass
er ihnen gestattete, in Judaea zu bleiben. Hier bereiteten
sie in der Folgezeit den Juden schweres Unheil, indem
sie zu dem Kriege, der unter Florus ausbrach , den An-
stoss gaben. Als daher Vespasianus, wie ich später er-
zählen werde, Judaea erobert hatte, entfernte er sie aus
der Provinz.
1 44 n. Chr.
Zwanzigstes Bueh.
Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 22 Jahren.
Inhalt.
1. Wie der Caesar Claudius nach dem Tode Agrippas den Fadus
als Landpfleger nach Judaea schickte.
2. Streit der Bewohner von Philadelphia mit den peraeischen Juden
wegen der Grenzen des Bezirkes Mia, und wie Fadus aus
Zorn darüber, dass die letzteren viele Bewohner Philadelphias
getötet hatten, die drei vornehmsten Männer aus den pe-
raeischen Juden festnehmen und hinrichten liess.
8. Wie der Räuberhauptmann Tholomaeus, der die Araber beunruhigt
hatte, gefangen vor Fadus geführt und hingerichtet wurde.
4. Wie Fadus und Cassius Longinus, der Statthalter von Syrien,
nach Jerusalem zogen und den Vornehmsten der Juden be-
fahlen, das hohepriesterliche Gewand in die Burg Antonia zn
bringen , damit es dort wie früher unter Aufsicht der Römer
verbleibe.
5. Die Juden richten an Fadus und Longinus die Bitte, ihnen zu
gestatten, dass sie in der erwähnten Angelegenheit eine Ge-
sandtschaft an den Caesar Claudius schickten.
6. Wie Fadus dies gegen Stellung von Geiseln erlaubte.
7. Wie der Caesar Claudius auf Verwendung des jüngeren
Agrippa den Bitten der Juden willfahrte und deswegen an
Fadus schrieb.
8. Wie Helena, die Königin der Adiabener, nebst ihren Söhnen
Monobazus und Izates und ihrer ganzen Familie zum Juden-
tum übertrat.
9. Wie Tiberius Alexander als Landpfleger nach Judaea kam und
gegen die Söhne des Galiläers Judas, die das Volk aufgewiegelt
hatten, einschritt.
10. Von der im Lande ausgebrochenen Hungersnot.
11. Ankunft des vom Caesar geschickten Landpflegers Cumanus in
Judaea.
634
Josephus’ Jüdische Altertümer.
12. Wie nach Herodes, des Königs von Chalkis, Tod der jüngere
Agrippa mit Bewiligung des Caesars Claudius dessen Reich
übernahm.
13. Wie unter Cumanus viele Juden in der Nähe des Tempels um-
kamen.
14. Streit zwischen den Samaritern und Juden, und wie eine Menge
Samariter getötet wurden.
15. Wie Ummidius Quadratus , der Statthalter in Syrien, auf die
Nachricht hiervon nach Judaea kam und die Vornehmsten
der Juden und Samariter sowie den Landpfleger Cumanus
und den Tribun Celer nach Rom sandte, um sich vor dem
Caesar Claudius zu verantworten. Wie er alsdann einige
Juden selbst zur Strafe zog.
15. Wie Claudius, nachdem er die Juden und ihre Begleiter ver-
hört hatte, die ersteren auf Verwendung dos Königs Agrippa
freisprach , den Cumanus aber verbannte und den Tribun
Celer sowie die Vornehmsten der Samariter zum Tode ver-
urteilte.
17. Wie nach des Claudius Tod Nero auf den Thron gelangte.
18. Wie Felix, der Landpfleger von Judaea, weil er das Land von
Räubern bedrängt sah , diese vernichtete , dem Laude den
Frieden wiedergab und den Räüberhauptmann Eleazar ge-
fesselt nach Rom schickte.
19. Wie Felix, als ein aegyptischer Gaukler aufgetreten war und
viele Juden zur Empörung verleitet hatte, dagegen einschritt
und viele der Aufrührer niodermachen liess.
20. Wie Felix den Streit zwischen den vornehmsten Juden und
Syrern zu Caesarea beilegte.
21. Wie unter dem Landpfleger Porcius Festus Judaea von den
Sikariern beunruhigt wurde. Wie die Juden die äussere
Säulenhalle des Tempels höher bauten.
22. Wie Festus im Unwillen darüber die Vornehmsten der Juden,
die ihn wegen des Vorgefallenen beschwichtigen wollten, nach
Rom zu Nero sandte.
23. Wie Festus in Judaea starb und Albinus ihm im Amt folgte.
24. Wie unter Albinus die Sikarier aufhörten, das Land zu schädigen.
25. Wie Florus, des Albinus Nachfolger, den Juden so viel Böses
anthat, dass er sie zum Kriege trieb.
Zwanzigstes Buch, 1 . Kapitel.
635
Erstes Kapitel.
Streit der Bewohner von Philadelphia mit den Juden.
Gesandtschaft nach Rom betreffs des hohepriesterlichen
Gewandes.
1. Als der König Agrippa, wie ich im vorigen Buch
erzählte, aus dem Leben geschieden war, ernannte der
Caesar Claudius den Cassius Longinus zum Nachfolger des
Marsus und ehrte damit das Andenken des Königs, der
ihn während seines Lebens öfters schriftlich gebeten
hatte, er möge den Marsus nicht mehr als Statthalter in
Syrien belassen. Bei seiner Ankunft in Judaea nun
traf Fadus die jüdischen Bewohner von Peraea in
hellem Streit mit den Bürgern Philadelphias wegen
der Grenzen eines Bezirkes, der Mia hiess und den jetzt
das Getümmel des Krieges erfüllte. Das gemeine Volk
in Peraea nämlich hatte ohne Vorwissen der Angesehenen
des Landes zu den Waffen gegriffen und viele Bewohner
Philadelphias niedergemacht. Als Fadus davon Kunde
erhielt, geriet er in Zorn, weil die Juden, wenn sie sich
von den Bewohnern Philadelphias benachteiligt geglaubt,
ihm die Entscheidung anheimgeben und nicht ohne
weiteres zu den Waffen hätten greifen dürfen. Er Hess
deshalb die drei Vornehmsten von ihnen, die auch den
ganzen Streit angezettelt hatten, io Fesseln legen und
den einen, der Annibas hiess, hinrichten; die beiden
anderen aber, Amaram und Eleazar, verwies er des
Landes. Nicht lange nachher wurde auch der Räuber-
hauptmann Tholomaeus, der den Idumäern und Arabern
beträchtlichen Schaden zugefügt hatte, gefesselt ihm vor-
geführt und mit dem Tode bestraft, und bald war durch
seine Energie ganz Judaea von den Räuberhorden befreit.
Darauf beschied er, wie der Caesar ihm befohlen hatte,
die Priester und Vornehmen von Jerusalem zu sich und
forderte sie auf, das lange Unterkleid und die übrigen
heiligen Gewandstücke, welche nur der Hohepriester an-
legen durfte, wieder nach der Burg Antonia zu bringen,
Go gle
686
Josephus’ Jüdische Altertümer.
damit sie wie früher der Obhut der Römer unterstanden.
Diesem Ansinnen wagten die Versammelten nicht zu
widersprechen, richteten aber an Fadus und Longinus,
von denen der letztere in der Befürchtung, jenes Ver-
langen mochte das Volk zum Aufruhr treiben, mit
grosser Truppenmacht nach Jerusalem gekommen war,
die Bitte, ihnen zunächst die Abordnung einer Gesandt-
schaft an den Caesar wegen Überlassung der heiligen
Gewänder zu gestatten und sich noch so lange zu ge-
dulden, bis sie von Claudius Antwort erhalten hätten.
Die beiden entgegneten, sie hätten gegen die Gesandt-
schaft nichts einzuwenden, doch müssten die Bittsteller
ihre Kinder als Geiseln stellen. Dazu verstanden sich
die Juden gern, und so machten sich die Gesandten auf
den Weg. Als sie in Rom angelangt waren, bat der
jüngere Agrippa, der Sohn des verstorbenen Königs, der,
wie erwähnt, am Hofe des Caesars lebte, den letzteren,
er möge den Wunsch der Juden betreffs der heiligen
Gewänder erfüllen und den Fadus mit entsprechender
Weisung versehen.
2. Daraufhin liess Claudius die Gesandten zu sich
kommen und erklärte ihnen, er wolle dem Gesuch statt-
geben. Zu danken hätten sie dies aber nur Agrippa,
auf dessen Verwendung er also handle. Ausser dieser
Antwort erhielten sie noch einen Brief folgenden In-
halts: „Claudius Caesar Germanicus, zum fünftenmal
Tribun, zum viertenmal Konsul, zum zehntenmal Impe-
rator, Vater des Vaterlandes, an den Magistrat, den
hoben Rat und die Bürgerschaft zu Jerusalem und an
das gesamte Volk der Juden. Da mein lieber Freund
Agrippa, der bei mir seine Bildung genoss und stets in
meiner Nähe weilte, eure Gesandten, die mir für meine
Sorge um euer Volk dankten und mich inständigst
baten, das heilige Gewand und den Turban des Hohe-
priesters zu eurer Verfügung zu lassen, bei mir ein-
geführt hat, so gestatte ich hiermit, dass es bei der An-
ordnung des edlen und mir sehr werten Vitellius sein
Bewenden habe. Diesem eurem Verlangen gebe ich
Zwanzigstes Bach, 1. Kapitel.
6B7
nach, weil vor allem mein eigenes Gewissen mich dazu
treibt, und weil ich will, dass alle meine Unterthanen
die Gottheit nach ihren althergebrachten Satzungen ver-
ehren, sodann aber auch, weil ich überzeugt bin, dass
ich damit dem Könige Herodes selbst und dem jungen
Aristobulus, von deren Ergebenheit gegen mich und
Wohlwollen gegen euch ich Beweise habe und denen
ich um ihres Edelsinnes und ihrer Liebenswürdigkeit
willen besonders zugethan bin, einen Gefallen erzeige.
Den Landpfleger Cuspius Fadus habe ich hiervon be-
reits in Kenntnis gesetzt Die Namen der Überbringer
dieses Schreibens Bind: Cornelius, Sohn des Keron,
Tryphon, Sohn des Theudion, Dorotheus, Sohn des Na-
thanael, und Joannes, Sohn des Joannes. Gegeben am
achtundzwanzigsten Juni unter dem Konsulat des
Rufus und des Pompejus Silvanus.“
3. Nun aber erbat sich Herodes, der Bruder des ver-
storbenen Agrippa und damalige Beherrscher von
Chalkis, vom Caesar Claudius das Verfügungsrecht über
den Tempel und die heiligen Gelder sowie die Voll-
macht, die Hohepriester zu ernennen. Das alles wurde
ihm denn auch vom Caesar zugestanden, sodass bis zum
Ende des Jüdischen Krieges seinen sämtlichen Nach-
kommen diese Befugnisse verblieben. Demzufolge ent-
setzte Herodes den Hohepriester mit dem Beinamen
Kantheras seines Amtes und übertrug dasselbe an
Joseph, den Sohn des Kamus.
638
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Zweites Kapitel.
Wie Helena , die Königin von Adiabene , und ihr Sohn
Izates zur jüdischen Religion übertraten, und wie erstere
zur Zeit einer Hungersnot den Bewohnern von Jeru-
salem b eistand.
1. Um diese Zeit traten die Königin Helena von
Adiabene und ihr Sohn Izates zum Judentum über, 1 und
zwar aus folgender Veranlassung. Monobazus, der König
der Adiabener, der den Beinamen Bazaeus führte, ver-
liebte sich in Helenas Schwester und heiratete sie. Es
dauerte auch nicht lange, so wurde sie schwanger von
ihm. Als er nun einst an ihrer Seite schlief und seine
Hand auf ihren Leib legte, glaubte er im Schlaf eine
Stimme zu hören, die ihm gebot, die Hand zurückzu-
ziehen , damit er nicht das Kind im Mutterleibe be-
schädige, das durch Gottes Vorsehung ins Leben gerufen
worden sei und einem glücklichen Dasein entgegengehe.
Durch diese Stimme erschreckt, wachte er auf und er-
zählte seiner Gattin, was er gehört habe. Als nun das
Kind, ein Sohn, zur Welt kam, gab er ihm den Namen
Izates. Bereits hatte er aber von Helena einen älteren
Sohn Monobazus und ausserdem auch noch Söhne von
anderen Gattinnen. Dennoch erwies er dem Izates eine
viel grössere Liebe, gleich als hätte er nur den einen
Sohn. Daher kam es, dass der Knabe von allen seinen
Stiefbrüdern beneidet wurde, und der Neid wuchs
schliesslich zu offenem Hasse an, weil alle sich durch
die Bevorzugung des Izates gekränkt fühlten. Obgleich
nun dem Könige dieser Hass nicht entging, verzieh er
ihnen doch ihre gereizte Stimmung, weil sie offenbar
nicht aus Bosheit sich so benahmen, sondern alle in
gleicher Weise auf ihres Vaters Liebe Anspruch machten.
Da er aber sehr besorgt war, Izates möchte unter dem
1 Vergl. hierzu den Jerusalemitischen Talmud, Sukka, 1 und
Nazir, 3, 6, sowie das Erbauungsbuch Midrasch Bereschit Rabba.
Zwanzigstes Buch, 2. Kapitel.
639
Hasse seiner Brüder zu leiden haben, schickte er den-
selben mit reichen Geschenken zu Abennerig, dem
Könige von Charax Spasini, 1 dem er das Heil seine»
Kindes anvertraute. Abennerig nahm den jungen Mann
freundlich auf, erwies ihm ganz besonderes Wohlwollen,
gab ihm seine Tochter Symacho zur Ehe und schenkte
ihm eine Provinz, die ihm reiche Einkünfte brachte.
2. Als Monobazus nun zu hohem Alter gelangt war
und das Ende seines Lebens herannahen fühlte, wünschte
er vor seinem Tode noch einmal seinen Sohn zu sehen.
Er beschied ihn deshalb zu sich, nahm ihn mit herz-
licher Liebe auf und schenkte ihm die Landschaft
Karrae. Diese Gegend ist besonders ergiebig an Amo-
mum, 2 und es befinden sich dort auch noch die Über-
reste der Arche, in welcher Noe der Sintflut entkommen
sein soll. 3 Jedem, der sie sehen will, werden die Trümmer
noch bis auf den heutigen Tag gezeigt. In dieser Land-
schaft also hielt sich Izates auf, bis sein Vater das
Zeitliche gesegnet hatte. An dem nämlichen Tage nun,
da Monobazus starb, versammelte die Königin Helena
alle Grossen, Satrapen und Heerführer des Reiches, und
als dieselben sich ein gefunden hatten, sprach sie zu
ihnen: „Es ist euch, wie ich glaube, wohlbekannt, das»
mein Gatte den Izates zu seinem Nachfolger gewünscht
und ihn dieser Ehre würdig erachtet hat. Indes will
ich auch eure Ansicht darüber hören. Denn glücklich
ist derjenige, der nicht von einem einzigen, sondern von
vielen und zwar mit ihrer vollen Einwilligung die
Herrschaft erhält.“ Das sagte sie, um die Stimmung
der Versammelten zu erforschen. Als diese nun die
Worte vernahmen, fielen sie zunächst nach Landessitte
vor ihrer Königin nieder und erklärten dann, sie
müssten dem Wunsche des Königs durchaus beipflichten
und würden Izates, dem der Vater mit Recht und im
1 Vergl. I, 6 , 4 .
2 Ein würziger Balsam.
3 Vergl. I, 16,1 und 19,4 (Charra).
Go gle
640
Josephua’ Jüdische Altertümer.
Sinne aller Unterthanen den Vorzug vor seinen Brüdern
gegeben, mit Freuden als ihren Herrn anerkennen.
Obendrein versicherten sie auch noch, sie wollten des
Izates Brüder und seine sonstigen Verwandten um-
bringen, damit er in Sicherheit regieren könne. Denn
wenn man diese aus dem Wege geräumt habe, sei auch
alle Furcht beseitigt, die ihm ihr Hass und Neid ein-
flösseri würde. Helena sprach ihnen darauf für die freund-
liche Gesinnung gegen sie und Izates ihren Dank aus,
beschwor sie aber zugleich, ihren Plan wegen der Tötung
seiner Brüder zu verschieben, bis Izates käme und ihn
billigte. Da nun die Versammelten mit ihrer Ansicht
nicht durchzudringen vermochten, rieten sie der Königin,
um ihrer eigenen Sicherheit willen die Brüder wenigstens
einkerkern zu lassen, bis Izates da wäre, und inzwischen
jemand, dem sie besonderes Vertrauen schenke, zum
Reich 8 Verweser zu ernennen. Diesen Vorschlag befolgte
Helena und ernannte ihren ältesten Sohn Monobazus
zum König, setzte ihm das Diadem auf, gab ihm den
Siegelring seines Vaters sowie die sogenannte Sampsera 1
und befahl ihm, das Reich bis zur Ankunft seines
Bruders zu verwalten. Dieser aber traf schnell ein, als
er den Tod seines Vaters erfahren hatte, und Monobazus
trat ihm bereitwillig die Regierung ab.
3. Zu der Zeit nun, als Izates sich in Charax Spa-
sini aufgehalten hatte, waren die Frauen des dortigen
Hofes durch einen jüdischen Kaufmann mit Namen
Ananias, der daselbst Zutritt hatte, in der jüdischen
Religion unterrichtet worden. Durch Vermittlung der
Frauen ward der Kaufmann auch mit Izates bekannt,
und es gelang ihm , denselben ebenfalls für seine Reli-
gion zu gewinnen. Bald darauf wurde Izates von seinem
Vater nach Adiabene zurückberufen, und nun begleitete
ihn der Kaufmann auf seine inständigen Bitten dorthin.
1 Sampsa heisst bei den Arabern die Sonne. Die Sampsera wird
also ein goldener Schild in Sonnenform gewesen sein , der ab
Herrscherabzeichen getragen wurde.
Zwanzigstes Buch, 2. Kapitel.
641
Inzwischen hatte auch Helena, die von einem anderen
Juden unterrichtet worden war, den jüdischen Glauben
angenommen. Als nun Izates beim Antritt seiner Re-
gierung nach Adiabene kam und seine Brüder und
übrigen Verwandten in Ketten sah, war ihm das keines-
wegs recht. Sie hinzurichten oder weiterhin gefangen
zu halten , erschien ihm unbillig ; anderseits konnte er
sich, da er ihres früheren Hasses gedachte, nicht ent-
schliessen, sie frei neben sich zu haben, und so
schickte er einige von ihnen samt ihren Kindern
als Geiseln nach Rom zum Caesar Claudius , die
übrigen aber in gleicher Eigenschaft zum Partherkönige
Artabanus.
4. Sobald Izates erfuhr, wie sehr seine Mutter den
jüdischen Gebräuchen zugethan sei, wollte auch er selbst
sich vollständig dazu bekennen, und da er sich für
keinen rechten und vollkommenen Juden hielt, wenn er
sich nicht beschneiden liesse, war er auch hierzu bereit.
Seine Mutter aber, der dies zu Ohren kam, suchte ihn
von seinem Vorhaben abzubringen, indem sie ihm zu
bedenken gab, in wie grosse Gefahr er dadurch geraten
würde. Es müsse ja bei seinen Unterthanen lebhaften
Unwillen erregen, wenn sie vernähmen, dass er sich zu
fremden und ihnen ganz widerwärtigen Gebräuchen be-
kenne, und sie würden gewiss nicht zugeben, dass ein
echter Jude über sie herrsche. Durch solche Vor-
stellungen suchte sie ihm seine Absicht zu verleiden.
Izates aber teilte ihre Äusserungen dem Ananias mit,
der wider Erwarten die Ansicht der Helena billigte und
ihm zugleich ankündigte, er werde seinen Hof verlassen,
wenn er nicht gehorche. Er, Ananias, müsse ja selbst
Gefahr für sein Leben befürchten, wenn die Sache in
die Öffentlichkeit käme, weil man ihm dann gleich den
Vorwurf machen würde, den König dazu verleitet und
ihn in solchen, ihm so wenig anstehenden Dingen unter-
wiesen zu haben. Izates, fuhr er fort, könne Gott auch
ohne Beschneidung verehren, wenn er nur die gottes-
dienstlichen Gebräuche der Juden befolgen wolle, die
Josephus 1 Jüdische Altertümer, n. 41
642
Josephus’ Jüdische Altertümer.
viel wichtiger als die Beschneidung seien. Dann fügte
er noch hinzu , Gott selbst werde ihm wohl gern nach-
sehen, dass er von der Beschneidung Abstand nehme,
weil er sich in einer Zwangslage befinde und Rücksicht
auf seine Unterthanen nehmen müsse. Durch diese
Worte liess der König sich einstweilen bereden. Einige
Zeit nachher aber machte ein aus Galilaea gekommener
Jude mit Namen Eleazar, der für besonders gesetzes-
kundig galt, sein Verlangen nach der Beschneidung
wieder rege. Als dieser nämlich beim Könige Einlass
erlangt hatte und ihn bei der Lesung des moysaischen
Gesetzes an traf, sprach er zu ihm: „Du weisst nicht, o
König, wie sehr du dich gegen das Gesetz und demnach
auch gegen Gott verfehlst. Es ist nämlich nicht genug,
das Gesetz zu lesen, sondern du musst auch alle seine
Vorschriften befolgen. Wie lange willst du denn noch
ohne Beschneidung bleiben? Hast du die Bestimmungen
über dieselbe noch nicht gelesen, so thu das gleich, da-
mit du einsiehst, wie weit du noch von wahrer Frömmig-
keit entfernt bist.“ Als der König ihn so reden hörte,
war er sogleich entschlossen, nicht länger zu säumen.
Er begab sich daher in ein anderes Gemach und liess
durch einen Arzt die Vorschrift des Gesetzes an sich
vollziehen, worauf er seine Mutter und seinen Lehrer
Ananias rufen liess und ihnen mitteilte, was er gethan
habe. Diese ängstigten sich hierüber beide nicht wenig
und fürchteten, der König möchte, sobald die Sache
ruchbar würde, Gefahr laufen, seinen Thron zu verlieren,
weil die Unterthanen gewiss keinen Herrscher über sich
dulden würden , der ausländische Sitten angenommen
habe. Obendrein beschlich sie auch noch die Besorgnis,
sie möchten als der Urheberschaft verdächtig in gleiche
Gefahr geraten. Gott aber liess ihre Befürchtungen
sich nicht verwirklichen. Denn aus all den Gefahren,
in denen Izates schwebte, rettete er ihn und seine Kinder,
indem er ihnen, als sie schon fast verzweifelten, den
Weg zum Heile wies und ihnen zeigte, dass die, welche
zu Gott aufschauen und auf ihn allein ihr Vertrauen
Zwanzigstes Buch, 2. Kapitel.
643
setzen, den Lohn ihrer Frömmigkeit sicher erwarten
dürfen. Doch hiervon später.
5. Als nun des Königs Mutter Helena sah, dass im
Reiche durchaus friedliche und geordnete Zustände
herrschten und dass ihr Sohn glücklich und durch
Gottes Fügung auch im Ausland überall hochangesehen
war, regte sich in ihr das Verlangen, nach Jerusalem
zu pilgern, um den von aller Welt gerühmten Tempel
Gottes zu verehren und Dankopfer darzubringen. Dazu
bat sie ihren Sohn um seine Einwilligung. Dieser ge-
währte ihr die Bitte mit Freuden, liess grossartige Vor-
bereitungen treffen , versah sie reichlich mit Geld und
gab ihr eine gute Strecke Wegs das Geleit. Den Be-
wohnern von Jerusalem aber konnte nichts erwünschter
sein, als Helenas Ankunft. Denn Hungersnot 1 bedrückte
ihre Stadt, und da viele Bürger aus Mangel an Lebens-
mitteln umkamen, schickte die Königin einige aus ihrem
Gefolge nach Alexandria, um grosse Mengen Getreide
dort zu kaufen, und andere nach Cypern, um ganze
Schiffsladungen Feigen herbeizuschaffen. Als die Ab-
gesandten , welche die Reise mit grösster Schnelligkeit
zurückgeiegt hatten, wieder da waren, liess sie den Not-
leidenden Lebensmittel austeilen, sodass sie sich durch
ihre Wohlthätigkeit bei unserem ganzen Volke ein ge-
segnetes Andenken sicherte. Auch ihr Sohn Izates
säumte nicht, als er von der Hungersnot Kunde erhielt,
an die Vornehmsten in Jerusalem grosse Geldsummen
zu senden, welche unter die Darbenden verteilt wurden
und viele vom Hungertod erretteten. Was diese Königs-
familie noch sonst für Wohlthaten unserer Hauptstadt»
erwies, und welche Dienste die letztere dafür leistete
werde ich später mitteilen. 2
1 Vergl. Apostelgeschichte 11,28
2 Wo, ist unbekannt.
Go gle
41 *
644
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Drittes Kapitel.
Wie der Partherkönig Artabanus
aus Furcht vor einer Verschwörung seiner Satrapen
sich zu Izates flüchtete und mit dessen Hilfe seinen
Thron wieder bestieg.
1. Inzwischen war der Partherkönig Artabanus zu der
Überzeugung gekommen, dass seine Satrapen eine Ver-
schwörung gegen ihn angestiftet hätten, und da er sich
bei ihnen nicht länger mehr sicher glaubte, beschloss er,
sich zu Izates zu begeben in der Absicht, dort Schutz
zu suchen und mit dessen Hilfe womöglich seinen Thron
wieder zu erlangen. So kam er in Begleitung Beiner
Verwandten und Diener, ungefähr tausend an der Zahl, nach
Adiabene und traf mit Izates, den er sehr gut kannte,
während er selbst dem Izates noch völlig unbekannt
war, auf dem Wege zusammen. Als er nun in seine
Nähe gekommen war, hei er zunächst nach Landesbrauch
vor ihm nieder und sprach zu ihm: „0 König, verachte
nicht deinen Diener und erhöre gnädig meine Bitte.
Denn das Unglück hat mich schwer darniedergebeugt,
und ich bedarf, von der Höhe des Thrones ins Privat-
leben gestossen, dringend deiner Hilfe. Bedenke also,
wie unbeständig das Glück ist, und dass auch du ein-
mal in dieselbe Lage kommen könntest. Lässt du mich
ungerächt, so werden sich viele finden, die gegen andere
Könige mit noch grösserer Verwegenheit auftreten.“
Diese Worte sprach Artabanus unter Thränen und ge-
senkten Hauptes. Sobald aber Izates seinen Namen
hörte und ihn in so demütiger Stellung vor sich sah,
6prang er vom Pferde und redete ihm zu: „Sei gutes
Muts, König, und lass dich durch dein jetziges Un-
glück nicht aus der Passung bringen, als könnte dem-
selben nicht abgeholfen werden. Bald nämlich soll
deine Trauer sich in Freude verwandeln, und du sollst
an mir einen besseren Freund und Bundesgenossen
finden, als du vielleicht erwartet hast. Denn entweder
Zwanzigstes Buch, 3. Kapitel.
645
führe ich dich auf den parteiischen Thron zurück, oder
ich trete dir meinen eigenen ab."
2. Nach diesen Worten liess er den Artabanus zu
Pferde steigen und folgte selbst zu Fuss nach, um ihm
durch diese Ehrenbezeugung den Vorrang zuzuerkennen.
Als aber Artabanus dies gewahrte, wollte er es durchaus
nicht zugeben und schwur bei seinem gegenwärtigen
Glück und der ihm zu teil gewordenen Auszeichnung
er werde absitzen, wenn nicht auch Izates wieder zu
Pferde steige und voranreite. Izates gab nach, geleitete
seinen Gast in die Königsburg und erwies ihm alle
möglichen Ehren, räumte ihm auch bei allen Zusammen-
künften und Gelagen den ersten Platz ein. Dabei sah
er nicht auf die gegenwärtige Lage des Artabanus
sondern nur auf dessen frühere Würde, und bedachte bei
sich, dass den Wechselfällen des Glückes alle Menschen
in gleicher Weise unterworfen seien. Er schrieb darauf
an die Parther, forderte sie auf, Artabanus wieder an,
zuerkennen, und liess ihnen unter Eid versichern, dass
durch seine Vermittlung das Geschehene vergessen
werden solle. Die Parther weigerten sich nun zwar
nicht, ihren König wieder aufzunehmen, erklärten aber,
dass sie keine Verfügung mehr über den Thron besässen,
weil sie denselben schon einem anderen, nämlich einem
gewissen Kinnamus, an vertraut hätten und fürchten
müssten, durch Änderung der jetzigen Lage einen Auf-
ruhr hervorzurufen. Als aber Kinnamus von diesem
Bescheid Kenntnis erhielt, schrieb er selbst an Arta
banus, dessen Pflegesohn er war, und bat ihn ehrlich
und aufrichtig, seinem Worte zu vertrauen und wieder-
zukommen , um sein Reich in Besitz zu nehmen. Arta-
banus verliess sich auf sein Versprechen und kehrte
zurück. Kinnamus aber ging ihm entgegen und be-
grüsste ihn als König, indem er ihm das Diadem auf-
setzte, das er von seinem eigenen Haupt genommen
hatte.
3. So gelangte Artabanus mit Hilfe des Izates wieder
auf den Thron, den ihm seine eigenen Grossen entrissen
646
Josephus’ Jüdische Altertümer.
hatten. Übrigens bewies er Izates in der Folge seinen
Dank, indem er ihm die höchsten Ehrenbezeugungen zu
teil werden liess. Besonders gestand er ihm das Recht
zu, eine aufrechtstehende Tiara zu tragen und in einem
goldenen Bett zu schlafen, Auszeichnungen, die sonst
nur den parthischen Königen zukommen. Ferner
schenkte er ihm eine grosse und fruchtbare Landschaft,
die er von dem Gebiete des armenischen Königs los-
gerissen hatte. Diese Landschaft hiess Nisibis, und in
ihr hatten die Macedonier einst eine Stadt gegründet,
die sie Antiochia Epimygdonia nannten. So vergalt
der Partherkönig die ihm von Izates geleisteten Dienste.
4. Nicht lange darauf starb Artabanus und hinter-
liess das Reich seinem Sohne Vardanes. Dieser kam
zu Izates und wollte ihn bereden, zum Zweck eines
Krieges gegen die Römer sich mit ihm zu verbünden
und ihm Hilfstruppen zu stellen. Das gelang ihm in-
des nicht, da Izates, der die Macht und das Kriegsglück
der Römer kannte, wohl einsah, dass er etwas Unmög-
liches unternehme. Statt dessen sandte er seine fünf
Söhne, die sämtlich noch im Jünglingsalter standen, zu
uns, um unsere Landessprache und unsere heimischen
Gebräuche gründlich zu erlernen , liess seine Mutter,
wie schon erwähnt, den Tempel besuchen und zog die
Kriegsangelegenheit immer mehr in die Länge, indem er
den Vardanes mit Berichten von der Macht und den
Heldenthaten der Römer hinhielt, um ihm Furcht ein-
zuflössen und seine Kriegsbegierde zu dämpfen. Das
aber erbitterte den Parther, und sogleich erklärte er
Izates den Krieg. Doch brachte er diesen Feldzug nicht
zustande, weil Gott seine ganze Hoffnung zu nichte
machte. Als nämlich die Parther die Absicht des Var-
danes sowie seinen Entschluss, die Römer zu bekriegen,
erfuhren, ermordeten sie ihn und übertrugen seinem
Bruder Kotardes 1 die Königswürde. Doch auch dieser
fiel bald einer Verschwörung zum Opfer, und es folgte
1 Gotarzes bei Tacitus.
Go gle
Zwanzigstes Buch, 4. Kapitel.
647
ihm sein Bruder Vologeses, 1 der das Reich unter seine
zwei rechten Brüder so teilte, dass der ältere, Pakorus,
Medien, der jüngere, Tiridates, Armenien erhielt. 2
Viertes Kapitel.
Kriegszug der Araber gegen Adiabene.
Izates entgeht durch Gottes Fügung den Händen der Parther.
Sein Tod.
1. Als des Königs Bruder Monobazus und seine
übrigen Verwandten den Izates um seiner Frömmigkeit
willen bei aller Welt so hochgeachtet sahen , ergriff sie
ebenfalls das Verlangen, ihre heimischen Gebräuche auf-
zugeben und zur jüdischen Religion überzutreten. Das
thaten sie denn auch alsbald. Wie nun aber ihr Be-
ginnen bekannt wurde, regte sich bei den Grossen des
Landes heftiger Unwille, und wenn sie ihren Zorn auch
nicht gerade offen zur Schau trugen, so wühlte derselbe
doch in ihrem Innern, sodass sie nur auf der* geeigneten
Zeitpunkt warteten, um ihre Rache zu kühlen. Endlich
schrieben sie an den Araberkönig Abias und ver-
sprachen ihm eine grosse Summe Geldes, wenn er gegen
ihren König zu Felde ziehen wolle. Beim ersten Zu-
sammenstoss würden sie sogleich von Izates abfallen,
um ihn für seinen Übertritt zum Judentum zu züchtigen,
und sie wollten sich hierzu eidlich verpflichten, wenn
Abias nur recht bald käme. Der Araber ging darauf
ein und rückte mit grosser Heeresmacht gegen Izates
heran. Als nun die Schlacht beginnen sollte, wandte
sich auf ein gegebenes Zeichen des Izates ganzes Heer
zur Flucht und lief, wie von panischem Schrecken er-
1 Nach Tacitus (Annalen, XII, u) erlag Gotarzes einer
Krankheit, und es folgte ihm zunächst Vonones und dann erst
Vologeses.
2 Vergl. Tacitus, Annalen, XII, 50.
Go gle
648
Josephns’ Jüdische Altertümer.
griffen, auseinander. Izates aber liess sich dadurch nicht
einschüchtern , sondern da er einsah, dass Verrat von
seiten seiner Grossen im Werke war, zog er sich auch
selbst ins Lager zurück. Hier stellte er eine Unter-
suchung über die Ursache der Flucht an, und als das
Einvernehmen mit dem Araber an den Tag kam , liess
er die Urheber des Verrates hinrichten, zog dann am
folgenden Tage wieder gegen den Feind und trieb dessen
gesamte Streitmacht unter grossem Gemetzel in die
Flucht. Den feindlichen König selbst verfolgte er und
drängte ihn in das Kastell Arsamus, welches er alsdann
belagerte und erstürmte. Mit reicher Beute beladen,
kehrte er darauf nach Adiabene zurück, ohne jedoch
den Abias in seine Gewalt bekommen zu haben; denn
dieser hatte, als er sich von allen Seiten umzingelt sah,
sich selbst das Leben genommen, um nicht in Izates’
Hände zu fallen.
2. Obgleich nun die adiabenischen Grossen diesen
ihren ersten Anschlag vereitelt sahen, und Gott
selbst sie in die Gewalt ihres Königs gegeben hatte,
ruhten sie dennoch nicht, sondern schrieben jetzt an
Vologeses, den König der Parther, er möge ihnen an
stelle des Izates irgend einen parthischen Fürsten zum
Herrscher geben. Denn ihr jetziger König sei ihnen
verhasst, weil er ihre heimischen Satzungen abschaffen
und fremde Sitten einführen wolle. Dieser Antrag
reizte den Parther zum Kriege, und da er keinen rechten
Vorwand finden konnte, forderte er von Izates Verzicht-
leistung auf die ihm von seinem Vater zugestandenen
Auszeichnungen, widrigenfalls er ihm den Krieg erklären
werde. Als Izates das vernahm, geriet er in heftige Be-
stürzung; die Verzichtleistung auf das ihm gemachte
Geschenk aber konnte er nur als Schmach ansehen,
weil er damit den Vorwurf der Zaghaftigkeit auf sich
laden würde. Da er jedoch einsah, dass der Parther
auch nach einer solchen Verzichtleistung sich noch nicht
zufrieden geben würde, beschloss er, sich in seiner Not-
lage dem Schutze Gottes an zu vertrauen, und liess in der
Zwanzigstes Buch, 4. Kapitel.
649
Hoffnung auf dessen mächtige Hilfe seine Kinder und
Gattinnen in ein sehr festes Kastell bringen, das vor-
handene Getreide in die Festungen schaffen und alles
Heu und Weidefutter verbrennen. Nach diesen Vor-
bereitungen sah er der Ankunft seiner Feinde entgegen.
Viel schneller, als man erwartete, war der Parther, der
grosse Märsche gemacht hatte, mit bedeutender Truppen-
macht zu Fuss und zu Pferde da und schlug sein Lager
an dem Flusse auf, der Adiabene von Medien trennt
Nicht weit davon lagerte auch Izates mit ungefähr sechs-
tausend Mann, und alsbald kam ein Bote des Parthers
zu ihm, der ihm die Grösse der parthischen Macht
welche sich vom Euphrat bis zu dem Gebiete der
Baktrer erstreckte, und die Menge der den Parthern
unterworfenen Fürsten schilderte. Alsdann drohte ihm
der Bote mit schwerer Strafe , weil er sich gegen seinen
Herrn undankbar bewiesen habe, und fügte hinzu, selbst
der Gott, den er verehre, vermöge ihn nicht den Händen
des Partherkönigs zu entreissen. Auf diese Prahlereien
des Boten entgegnete IzateB, er wisse wohl recht gut,
dass die parthische Macht viel grösser sei als die seinige.
Noch viel besser aber wisse er, dass Gott mächtiger als
alle Menschen zusammen sei. Nachdem er diese Ant-
wort erteilt, wandte er sich im Gebete zu Gott, warf
sich zur Erde nieder, bestreute sein Haupt mit Asche
und fastete mit Weib und Kind, und flehend erscholl
sein Bitte zum Herrn: „O höchster aller Herrscher,
wenn ich nicht vergebens auf deine Güte vertraut habe,
sondern dich mit Recht als einzigen und vornehmsten
Helfer verehre, so eile, mir beizustehen, und vernichte
meine Feinde, nicht sowohl meinetwegen, als weil sie
wider deine Macht sich zu erheben gewagt und ihre
prahlerische Zunge nicht im Zaum gehalten haben.“ So
flehte Izates unter Thränen und Wehklagen zu Gott,
und dieser erhörte ihn. Noch in derselben Nacht näm-
lich erhielt Vologeses einen Brief, der ihm meldete, die
Daher und Saker hätten sich seine Abwesenheit zu-
nutze gemacht und seien mit grosser Heeresmacht in
650
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Parthien eingefallen , das von ihnen geplündert und
verwüstet werde. So musste er sich unverrichteter Sache
zurückziehen , und Izates war durch Gottes Fügung der
Gefahr entronnen.
3. Nicht lange darauf starb Izates im sechsund-
fünfzigsten Jahre seines Lebens und im fünfund-
zwanzigsten seiner Regierung. Er hinterliess vierund-
zwanzig Söhne und vierundzwanzig Töchter, bestimmte
aber zu seinem Nachfolger auf dem Throne den Mono-
bazus aus Dankbarkeit dafür, dass dieser ihm nach
des Vaters Tod während seiner Abwesenheit so treu
das Reich verwaltet hatte. Als Helena den Tod ihres
Sohnes erfuhr, trauerte sie freilich, wie das von einer
Mutter zu erwarten war, die einen so edlen Sohn
verlor; doch fand sie ihren Trost darin, dass die Re-
gierung auf ihren ältesten Sohn überging, und sie begab
sich sogleich zu ihm hin. In Adiabene angekommen,
überlebte sie indes ihren Sohn Izates nicht lange,
sondern schied, von Alter und Gram gebeugt, alsbald
aus dem Leben. Monobazus sandte ihre Gebeine mit
denen seines Bruders nach Jerusalem und liess sie in
den Pyramiden beisetzen, die seine Mutter, drei an der
Zahl, drei Stadien von der Stadt entfernt hatte erbauen
lassen. Was Monobazus während seines übrigen Lebens
gethan, will ich später erzählen.
Fünftes Kapitel.
Von Theudas und den Söhnen des Galiläers Judas.
Cumanus verhütet einen Aufruhr der Juden.
1. Noch während Fadus Landpfleger von Judaea
war, bewog ein Betrüger mit Namen Theudas 1 eine un-
geheure Menschenmenge, ihm unter Mitnahme ihrer ge-
1 Soll das der Betrüger sein , von dem Apostelgeschichte 5, $6
die Rede ist, so müsste man annehmen, Josephus habe sich in der
Zeit geirrt, da die Rede des Gamaliel viele Jahre früher gehalten
wurde, als der hier erwähnte Vorgang sich abspielte.
Zwanzigstes Buch, 5. Kapitel.
651
samten Habe an den Jordan zu folgen. Er gab sich
nämlich für einen Propheten aus und behauptete, er
könne durch sein Machtwort die Fluten des Jordan
teilen und seinem Gefolge einen bequemen Durchgang
ermöglichen. Durch solche Spiegelfechtereien gelang es
ihm, viele zu täuschen. Indes duldete Fadus nicht, dass
ihr sinnloses Treiben Schaden stifte, indem er eine Ab-
teilung Reiter gegen sie aussandte, die unversehens über
sie herfiel, viele von ihnen tötete und andere in Ge-
wahrsam brachte. Theudas selbst geriet ebenfalls in
Gefangenschaft , worauf er enthauptet und sein Kopf
nach Jerusalem gebracht wurde. Das sind die Haupt-
begebenheiten während der Amtsführung des Land-
pflegers Cuspius Fadus.
2. Auf Fadus folgte Tiberius Alexander, 1 der Sohn
des Vorstehers Alexander zu Alexandria, der durch
Edelsinn und Reichtum sich vor allen Einwohnern
dieser Stadt auszeichnete und an Frömmigkeit seinen
Sohn Alexander weit übertraf, da dieser den väterlichen
Gebräuchen und Satzungen nicht treu blieb. Unter
Tiberius Alexander dauerte die oben erwähnte Hungers-
not, während welcher die Königin Helena Getreide in
Aegypten kaufte und an die Notleidenden verteilen
liess, noch an. Alexander liess auch Jakobus und
Simon, die Söhne des Galiläers Judas, der, wie schon
in einem der vorhergehenden Bücher erwähnt, während
der Einschätzung des Quirinius das Volk zum Aufruhr
verleitete, ans Kreuz schlagen. Herodes aber, der König
von Chalkis, entsetzte um diese Zeit Joseph, den Sohn
des Kemede, der hohepriesterlichen Würde und ernannte
zu seinem Nachfolger Ananias, den Sohn des Nebedaeus.
Tiberius Alexander wurde übrigens nach kurzer Amts-
führung durch Cumanus ersetzt. 2 In diese Zeit fällt
auch der Tod Herodes’, des Bruders Agrippas des
Grossen. Er starb nämlich im achten Jahre der Re-
1 45 n. Chr.
* 49 n. Chr.; vergl, über letzteren Tacitus, Annalen, XII, 54 .
Go gle
652
Josephus’ Jüdische Altertümer.
gierung des Claudius und hinterliess drei Söhne, Aristo-
bulus, der ihm von seiner ersten Gemahlin Mariamne
geboren war, sowie Berenikianus und Hyrkanus, die er
von Berenike, der Tochter seines Bruders, erhalten hatte.
Sein Reich übertrug der Caesar Claudius dem jüngeren
Agrippa.
3. Unter Cumanus brach in Jerusalem eine Empörung
aus, bei der viele Juden umkamen. Zunächst will ich
die Ursache darlegen, aus welcher dieselbe hervorging.
Als das sogenannte Paschafest, an dem wir nur un-
gesäuertes Brot zu essen pflegen , bevorstand und eine
ungeheure Menschenmenge zu demselben herbeiströmte,
befürchtete Cumanus, es möchten Unruhen entstehen,
und gab deshalb einer Kohorte Soldaten den Befehl,
in Wehr und Waffen die Säulenhallen des Tempels zu
besetzen , um etwa ausbrechende Ruhestörungen gleich
zu unterdrücken. Das hatten auch die früheren Land-
pfleger an Festtagen stets angeordnet. Am vierten Tage
des Festes nun liess sich ein Soldat beifallen , im An-
gesichte des VolkeB seine Schamteile zu entblössen. Die
Menge geriet hierüber in Erbitterung und schrie, nicht
ihnen sei damit Schmach angethan, sondern Gott selbst
sei gelästert. Als Cumanus den Vorfall vernahm, er-
zürnte auch er nicht wenig über diese Verhöhnung , bat
jedoch die Juden, sich aller Unruhen zu enthalten und
während des Festes keine Empörung anzuzetteln. Da man
ihm aber nicht gehorchte, sondern ihn nur noch mit desto
grösseren Schmähungen überhäufte, liess er die gesamte
Streitmacht zu den Waffen rufen und in die Antonia
rücken; es war dies, wie oben erwähnt, die den Tempel
beherrschende Veste. Beim Anblick der in Masse
heranziehenden Soldaten ward das Volk in Schrecken
versetzt und ergriff die Flucht. Weil aber die Strassen
eng waren und die Juden sich von Feinden verfolgt
glaubten, entstand bei der Flucht ein fürchterliches Ge-
dränge, und viele wurden von den ungestüm Nach-
folgenden erdrückt. Die Zahl der auf diese Weise
Umgekommenen betrug an zwanzigtausend, und so
Zwanzigstes Buch, 5. Kapitel.
653
wandelte sich die Festesfreude in tiefe Trauer. Opfer
und Gebet waren vergessen, und die Stadt hallte wieder
von Jammer und Wehklage. So grosses Unglück
brachte der Mutwille eines einzigen Soldaten über die
Juden.
4. Noch aber war dieses Leid nicht vorüber, als
auch schon ein anderes Unglück hereinbrach. Einige
Unruhstifter nämlich griffen auf öffentlicher Land-
strasse, hundert Stadien von der Stadt entfernt, wie
Wegelagerer den Stephanus, einen Diener des Caesars,
an und raubten ihm alles, was er bei sich hatte. Als
Cumanus hiervon Kenntnis erhielt, schickte er sogleich
Soldaten ab mit dem Befehl, die benachbarten Dörfer
zu plündern und die Vornehmsten aus denselben ge-
fesselt ihm vorzuführen, damit sie zur Verantwortung
gezogen würden. Bei dieser Plünderung nun fand ein
Soldat in einem Dorf die moysaischen Gesetze und
zerriss das Buch vor aller Augen unter den mannig-
faltigsten Verhöhnungen und Schmähungen. Sowie die
Ji\den dies vernahmen , rotteten sie sich zusammen,
zogen nach Caesarea, wo Cumanus sich auf hielt, und
baten ihn, er möge doch nicht etwa- ihnen, sondern
Gott, dessen Gesetz so unwürdig behandelt worden sei,
Genugthuung verschaffen. Denn sie wollten lieber ihr
Leben dahingeben, als ihre heimischen Gesetze so ge-
schmäht wissen. Da nun Cumanus fürchtete, das Volk
möchte abermals in Unruhe geraten, liess er auf den
Rat seiner Freunde den Soldaten, der das Gesetz ver-
höhnt hatte, mit dem Beil hinrichten und unterdrückte
so die Empörung in dem Augenblick, als sie auszubrechen
drohte.
654
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Sechstes Kapitel.
Streit zwischen den Juden und Samaritern.
Claudius legt denselben bei.
1. In der Folge kam es zu Feindseligkeiten zwischen
Juden und Samaritern, und zwar aus folgender Ver-
anlassung. Die Galiläer , die zu den Festen nach
Jerusalem zogen, pflegten ihren Weg durch Samaria zu
nehmen. Als sie nun auch jetzt wieder dieses Weges
kamen, wurden sie von einer Anzahl Bewohner des
Dorfes Ginaea, welches auf der Grenze zwischen Samaria
und der grossen Ebene 1 liegt, überfallen, und es kamen
viele von ihnen um. Auf die Nachricht von dieser
That begaben sich die angesehensten Galiläer zu
Cumanus und baten ihn, den Tod der Gefallenen zu
rächen. Cumanus aber liess sich von den Samaritern
mit Geld bestechen und schenkte den Klagen der
Galiläer keine Beachtung. Hierüber erbittert, riefen
diese das ganze jüdische Volk zu den Waffen, um die
Freiheit zu schützen. Denn die Knechtschaft, führten
sie aus, sei schon an und für sich bitter genug; um wie
viel unerträglicher müsse sie also sein , wenn noch
schmachvolle Beleidigungen hinzukämen? Um ihre Auf-
regung zu beschwichtigen, versprachen ihnen die Be-
amten , bei Cumanus die Bestrafung der Schuldigen
zu erwirken. Darauf aber hörten sie nicht, sondern sie
griffen zu den Waffen, riefen desDinaeus Sohn Eleazar,
einen Käuber, der sich schon eine Reihe von Jahren im
Gebirge umhertrieb, zu Hilfe und äscherten einige
Dörfer der Samariter ein. Sobald Cumanus hiervon
Kunde erhielt, zog er mit der Truppe von Sebaste, vier
anderen Kohorten Fusssoldaten und den bewaffneten
Samaritern gegen die Juden und machte eine Menge
von ihnen nieder und eine noch grössere Anzahl zu
Gefangenen. Als nun die Angesehenen und Vornehmen
1 Jezreel oder fsdraelon.
Zwanzigstes Buch, 6. Kapitel.
655
zu Jerusalem merkten, in wie grosse Drangsal das Volk
geraten sei , legten sie Säcke an , bestreuten ihr Haupt
mit Asche und beschworen die aufrührerische Menge
aufs dringendste, im Hinblick auf die drohende Zer-
störung ihrer Vaterstadt, die Einäscherung des Tempels
und die eigene sowie ihrer Weiber und Kinder Weg-
führung in die Sklaverei von ihrem Vorhaben Abstand
zu nehmen, die Waffen fortzuwerfen und ruhig nach
Hause zu gehen. Diesen Vorstellungen fügte man sich,
und die Menge ging auseinander, während die Banditen
sich wieder in ihre Schlupfwinkel zurückzogen. Von
dieser Zeit an war Judaea fortwährend der Schauplatz
räuberischer Streifzüge.
2. Nun aber wandten sich die Häupter der Samariter
an den syrischen Statthalter Ummidius Quadratus, der
sich damals gerade in »Tyrus befand , und klagten die
Juden wegen der Plünderung und Einäscherung sama-
ritischer Dörfer an. Das Unrecht, sagten sie, das sie
selbst dabei erlitten hätten, wollten sie nicht so sehr in
Betracht ziehen als die Missachtung der Römer, an
deren Richterspruch die Juden , falls ihnen selbst ein •
vermeintlicher Nachteil entstanden sei, sich hätten
wenden müssen, anstatt feindliche Einfälle zu unter-
nehmen, als ob sie von einer römischen Oberhoheit nichts
wüssten. Sie bäten daher, ihnen zu ihrem Recht ver-
helfen zu wollen. In dieser Weise stellten die Samariter
die Sache dar. Die Juden dagegen behaupteten, die
Samariter seien die Urheber des Aufstandes, und der
Feindseligkeiten, denn sie hätten den Cumanus mit Ge-
schenken bestochen und ihn dadurch veranlasst, be-
züglich der Ermordung der Galiläer ein Auge zuzu-
drücken. Als Quadratus so die beiderseitigen Klagen
angehört hatte, setzte er die weitere Verhandlung aus
und versprach, das Urteil zu fällen, wenn er in Judaea
anwesend sei und die Sache genauer Untersucht habe.
Damit mussten die Parteien sich vorläufig zufrieden
geben. Bald darauf kam Quadratus nach Samaria, wo
er nach eingehender Untersuchung die Samariter für
Go gle
656
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
die Urheber der Unruhen erklärte. Sobald er aber ver-
nahm, unter den Juden seien wieder aufrührerische
Gelüste bemerkbar, liess er die von Cumanus gefangen
genommenen Juden ans Kreuz schlagen. Alsdann begab
er sich nach einem Flecken, der Lydda hiess und einer
Stadt an Grösse nicht nachstand. Hier hielt er Ge-
richtssitzung ab, in der die Klage der Samariter aber-
mals zur Verhandlung kam. Dabei erfuhr Quadratus
von einem der letzteren, ein vornehmer Jude mit Namen
Dortus habe mit einigen anderen Unruhstiftern, vier
an der Zahl, das Volk zum Abfall von den Römern zu
verleiten gesucht. Diese Rädelsführer liess der Statthalter
hinrichten; den Hohepriester Ananias und den Haupt-
mann Ananus aber sandte er gefesselt nach Rom, wo sie
vor dem Caesar Claudius Rechenschaft ablegen sollten.
Ebenso befahl er den Vornehmsten der Juden und der
Samariter sowie dem Landpfleger Cumanus 1 und dem
Tribun Celer, sich nach Italien zum Caesar zu verfügen,
um ihre Streitigkeiten vor dessen Richterstuhl zu bringen.
Er selbst begab sich , da er einen neuen Aufstand der
Juden befürchtete, nach Jerusalem, fand das Volk aber
ruhig bei der Feier eines religiösen Festes versammelt
und kehrte in der Überzeugung, dass weitere Unruhen
jetzt nicht zu erwarten seien, nach Antiochia zurück.
3. Als Cumanus mit den Vornehmsten der Samariter
in Rom anlangte, wurde ihnen vom Caesar ein Tag
bestimmt, an welchem über die Streitigkeiten verhandelt
werden sollte. Mit äusserster Anstrengung verwandten
sich nun die Freigelassenen und Vertrauten des Caesars
für Cumanus und die Samariter, und diese hätten gewiss
Recht bekommen, wenn nicht der jüngere Agrippa, der
sich gerade zu Rom befand und die üble Lage der
jüdischen Vornehmen gewahrte, Agrippina, die Gattin
des Caesars, inständigst gebeten hätte, auf ihren Gemahl
einzuwirken , dass er bei der Entscheidung des Streites die
wirklich Schuldigen zur gerechten Strafe ziehe. Durch
1 6 . die Anmerkung zu XVI11, 4 , 2 .
Zwanzigstes Buch, 7. Kapitel.
657
diese Verwendung schon vorbereitet, liess Claudius, der
in den Samaritern die Urheber der gesamten Feind-
seligkeiten erkannte, diejenigen von ihnen , die sich bei
ihm eingefunden hatten, hinrichten, schickte Cumanus
in die Verbannung und liess den Tribun Celer nach
Jerusalem bringen, dort öffentlich durch die ganze Stadt
führen und dann enthaupten.
Siebentes Kapitel.
Felix zum Landpfleger ernannt. Nachrichten von
Agrippas Familie.
1. Claudius schickte alsdann Felix, den Bruder des
Pallas, als Landpfleger nach Judaea, 1 und überwies im
dreizehnten Jahre seiner Regierung dem Agrippa die
Tetrarchie des Philippus nebst Batanaea, gab ihm auch
noch obendrein Trachonitis sowie Abila, die ehemalige
Tetrarchie des Lysanias, nahm ihm aber Chalkis, das er
vier Jahre lang beherrscht hatte. So reichlich vom
Caesar beschenkt, vermählte Agrippa mit Azizus, dem
Könige von Emesa, der zur Annahme der Beschneidung
bereit war, seine Schwester Drusilla. Epiphanes nämlich,
der Sohn des Königs Antiochus, hatte ihre Hand zurück-
gewiesen, weil er trotz eines ihrem Vater gegebenen Ver-
sprechens nicht zur jüdischen Religion übertreten wollte.
Weiterhin gab Agrippa die Mariamne dem Archelaus,
dem Sohne des Helkias, zur Ehe, dem sie schon von
seinem Vater Agrippa verlobt worden war; aus dieser
Ehe entspross eine Tochter Berenike.
2. Nicht lange nachher aber wurde Drusillas Ehe
mit Azizus aus folgender Veranlassung aufgelöst. Felix,
der Landpfleger von Judaea, hatte Drusilla, die sich
durch hohe Schönheit auszeichnete, kaum gesehen, als
er auch schon in heftiger Liebe zu ihr entbrannte. Er
1 53 n. Chr. Vergl. hierzu Tacitus, Annalen, XII, 54 ; Apostel-
geschichte 23 und 24 .
Jooephus’ Jüdische Altertümer, II. 42
Go gle
658
Joseph us’ Jüdische Altert&mer.
schickte daher einen ihm befreundeten Juden mit Namen
Simon, der aus Cypern stammte und sich für einen
Mager ausgab, zu ihr und liess ihr Zureden, ihren Gatten
zu verlassen und sich mit ihm (Felix) zu vermählen. 1
Wenn sie ihn nicht verschmähe, liess er ihr sagen,
werde er sie glücklich machen. Drusilla beging auch
wirklich das Unrecht, dass sie sich, um dem Neide ihrer
Schwester Berenike, von der sie ihrer Schönheit wegen
viel auszustehen hatte, zu entgehen, zur Übertretung
ihres heimischen Gesetzes verleiten liess und sich mit
Felix vermählte. Diesem gebar sie einen Sohn, den sie
Agrippa nannte und der zur Zeit des Caesars Titus bei
einem Ausbruch des Vesuv mit seiner Mutter umkam,
wie ich später noch erzählen werde.
3. Was Berenike betrifft, so lebte sie nach dem Tode
des Herodes, der zugleich ihr Gatte und ihr Oheim ge-
wesen war, lange Zeit im Witwenstande. Da aber das
Gerücht ging, sie unterhalte sündhafte Beziehungen zu
ihrem Bruder, beredete sie Polemon, den König vo$
Cilicien, die Beschneidung anzunehmen und sich mit ihr
zu vermählen; denn hierdurch glaubte sie alle Verleum-
dungen am sichersten aus der Welt schaffen zu können.
Polemon ging darauf ein , vornehmlich um ihres Reich-
tums willen; indes war die Ehe nicht von Dauer, da
Berenike sich bald wieder von Polemon trennte, wie man
sagte, aus Unenthaltsamkeit. Nach Auflösung der Ehe
kehrte sich Polemon nicht weiter an die Gebräuche und
Satzungen der Juden. Um dieselbe Zeit vermählte sich
Mariamne, die von Archelaus nichts mehr wissen wollte,
mit Demetrius, der unter den Juden zu Alexandria durch
"fcdle Abkunft und Reichtum sich auszeichnete und damals
die Steuern gepachtet hatte. Den Sohn, welchen sie von
ihm erhielt, nannte sie Agrippinus. Über alle diese Per-
sonen wird sich noch Gelegenheit finden näher zu reden.
1 Vergl. Tacitus, Historien, V, 9.
Go gle
Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel.
659
Achtes Kapitel.
Claudius’ Tod und Neros Thronbesteigung. Auftreten
von Räubern, Mördern und Betrügern in Judaea unter
Felix und Festus.
1. Inzwischen starb der Caesar Claudius nach einer
Regierung von dreizehn Jahren, acht Monaten und zwanzig
Tagen. 1 Einige behaupten, er sei von seiner Gemahlin
Agrippina vergiftet worden. 2 Diese war eine Tochter
von Germanicus, dem Bruder des Claudius, und in erster
Ehe mit Domitius Ahenobarbus, einem adligen Römer,
verheiratet gewesen. Nach dessen Tod lebte sie lange
Zeit als Witwe und vermählte sich dann mit Claudius,
dem sie einen Stiefsohn Domitius zubrachte. Claudius
nämlich hatte seine Gattin Messalina, von der er den
Brittannicus und die Octavia erhalten hatte, aus Eifer-
sucht verstossen. Ausserdem war er schon früher mit
Petina verheiratet gewesen, die ihm seine älteste Tochter
Antonia geboren hatte. Diese Antonia gab Claudius
sogleich dem Nero zur Ehe; so nannte er nämlich den
Domitius, als er ihn an Sohnesstatt annahm.
2. Da also Agrippina befürchtete, Britannicus möchte,
wenn er erwachsen sei, von seinem Vater den Thron
erben, brachte sie, wie die Sage geht, um ihrem
eigenen Sohne zur Herrschaft zu verhelfen, dem Claudius
das todbringende Gift bei. Sogleich nach seinem Ab-
leben sandte sie alsdann Burrus, den Oberbefehlshaber
des Heeres, nebst den angesehensten Tribunen und Frei-
gelassenen zu Nero, um ihn in die Praetorianerkaserne
geleiten und dort zum Caesar ausrufen zu lassen. Als
Nero auf diese Weise den Thron bestiegen hatte, liess
er den Britannicus heimlich vergiften. Seine Mutter aber
brachte er bald nachher öffentlich um und dankte ihr
auf so schnöde Weise nicht nur dafür, dass sie ihm das
Leben gegeben, sondern auch dafür, dass sie ihm durch
1 54 n. Chr.
2 Vergl. Tacitus, Annalan, XII, 66 f.
Go gle
4a*
660
Josephus’ Jüdische Altertümer.
ihre Ränke auf den Thron geholfen hatte. Ebenso tötete
er auch seine Gattin Octavia sowie viele edle Römer
unter dem Vorwand, eie hätten sich gegen ihn ver-
schworen.
3. Doch ich will hierüber nichts weiter berichten.
Denn Neros Geschichte haben viele geschrieben, von
denen die einen aus Dankbarkeit für seine Gunst-
bezeugungen die Wahrheit absichtlich verschleierten, die
anderen aber aus Hass und Feindseligkeit ihn derart
mit Lügen verfolgten, dass sie dafür volle Verachtung
verdienen. Freilich zu verwundern braucht man sich
über diesen Mangel an Wahrheitsliebe nicht, da die be-
treffenden Geschichtschreiber nicht einmal bei der Schil-
derung der Thaten seiner Vorgänger der Wahrheit die
Ehre gaben, obwohl sie doch gegen diese keine persön-
liche Abneigung haben konnten, weil sie so lange Zeit
nach ihnen lebten. Mögen indes die Geschichtschreiber,
denen an der Wahrheit nichts liegt, schreiben, wie es
ihnen beliebt, da sie nun einmal an willkürlichen Be-
richten Freude zu haben scheinen. Ich dagegen, der ich
es mit der Wahrheit genau nehme, habe mich entschlossen,
alles, was zu meinem Hauptgegenstande nicht gehört, nur
kurz zu berühren und lediglich das, was meine Landsleute,
die Juden, betrifft, ausführlicher zu erzählen, weil ich
mich nicht scheue, auch unser Unglück und unsere Schuld
offenkundig zu machen. Ich nehme daher jetzt den
Faden meiner Erzählung wieder auf.
4. Im ersten Jahre von Neros Regierung starb Azizus,
der König von Emesa, und es folgte ihm auf dem Thron
sein Bruder Soemus. Die Herrschaft über Kleinarmenien
aber wurde von Nero an Aristobulus, den Sohn des
Königs Herodes von Chalkis, übertragen, und Agrippa
erhielt vom Caesar einen Teil von Galilaea nebst Tiberias
und Taricheae, die sich seiner Botmässigkeit unterwerfen
mussten, sowie die Stadt Julias und vierundzwanzig Dörfer
in Peraea.
5. Die Verhältnisse Judaeas wurden inzwischen von
Tag zu Tag zerrütteter.. Denn das Land war abermals
Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel.
661
voll von Räubern und von Betrügern, die das Volk irre-
leiteten. Felix nun liess von diesen wie von jenen tag-
täglich eine grosse Anzahl ergreifen und hinrichten. So
nahm er auch Eleazar, den Sohn des Dinaeus, der eine
ganze Räuberbande um sich gesammelt hatte, mit List
gefangen. Er lockte ihn nämlich unter Zusicherung
voller Straflosigkeit an seinen Hof und schickte ihn
alsdann sogleich in Fesseln nach Rom. Ganz besonders
aber erregte den Unwillen des Felix der Hohepriester
Jonathas, weil er den Landpfleger oft zurechtwies, er
solle Judaea besser verwalten, damit er selbst, der seine
Ernennung vom Caesar erbeten hatte, unter den Klagen
des Volkes weniger zu leiden habe. Felix sann daher
auf Mittel, den unbequemen Tadler aus dem Wege zu
räumen. Denn nichts ist denen, die Böses im Schilde
führen, lästiger als stete Ermahnungen. Er bestach also
durch Zusicherung einer grossen Geldsumme den ver-
trautesten von Jonathas’ Freunden, einen Bürger von
Jerusalem mit Namen Doran, den Jonathas durch ge-
dungene Mörder töten zu lassen. Doran ging auf den
Vorschlag ein und lieferte den Hohepriester wirklich in
die Hände der Meuchler. Einige von diesen nämlich
zogen mit Dolchen unter den Kleidern nach Jerusalem,
als wollten sie dort Gott anbeten, mischten sich dann
unter Jonathas’ Dienerschaft und machten ihn nieder.
Und da man den Mord ruhig geschehen liess, kamen in
der Folge die Räuber an Festtagen mit grosser Dreistigkeit
zur Stadt, verteilten sich, den Dolch im Gewände, unter
dem Volk und stachen bald ihre eigenen Feinde, bald
andere nieder, gegen die sie sich für Geld dingen Hessen,
und£das nicht nur in der Stadt, sondern öfters sogar auch
im Tempel. Denn selbst die Heiligkeit dieses Ortes ver-
mochte ihrem Blutdurst keine Schranken zu setzen.
Deshalb hat auch Gott, wie ich glaube, im Zorn über
solche Greuel seine Hand von Jerusalem weggezogen
und, weil er den Tempel nicht mehr als seine unbefleckte
Wohnstätte anerkannte, die Römer gegen uns heran-
geführt, über die Stadt das läuternde Feuer geschickt
662
Josephus' Jüdische Altertümer.
und uns mit Weib und Kind der Sklaverei preisgegeben,
um uns durch Unglück zur Erkenntnis unserer Schuld
zu bringen.
6. Infolge des Treibens der Räuber war die ganze
Stadt ein Schauplatz der nichtswürdigsten Verbrechen.
Gleichzeitig traten auch Gaukler und Betrüger auf und
beredeten die Menge, ihnen in die Wüste zu folgen, wo
sie mit Gottes Beistand offenbare Zeichen und Wunder
thun würden. Viele glaubten ihnen, mussten aber für
ihren Unverstand schwer büssen, da Felix sie zurück-
bolen und hinrichten liess. Um diese Zeit kam auch
ein Mensch aus Aegypten nach Jerusalem, der sich für
einen Propheten ausgab und das gemeine Volk verleiten
wollte, mit ihm auf den ölberg zu steigen, der in einer
Entfernung von fünf Stadien der Stadt gegenüber liegt.
Dort, sagte er, wolle er ihnen zeigen, wie auf sein Ge-
heiss die Mauern Jerusalems zusammenstürzten, durch
welche er ihnen dann einen Eingang in die Stadt bahnen
würde. Als Felix hiervon Kunde erhielt, liess er die
Besatzung alarmieren, machte mit einer starken Abteilung
von Reitern und Fusssoldaten einen Ausfall aus Jerusalem
und griff den Aegyptier und dessen Anhänger an. Von
den letzteren fielen viertausend, und zweihundert wurden
gefangen genommen; der Ägyptier selbst aber entkam
aus dem Treffen und wurde unsichtbar. Jetzt reizten die
Banditen abermals das Volk zum Kriege gegen die
Römer, denen man keinen Gehorsam erweisen dürfe,
und wo man auf ihre Hetzereien nicht einging, ver-
heerten sie die Dörfer durch Brandstiftung und Plün-
derung.
7. Auch zwischen den Juden in Caesarea und den
dort wohnenden Syrern entstanden Streitigkeiten wegen
gleicher Beteiligung am Bürgerrecht. Die Juden näm-
lich beanspruchten ein Vorrecht für sich, weil ihr König
Herodes, der Gründer von Caesarea, jüdischer Abstammung
gewesen sei. Die Syrer wollten das gelten lassen, be-
haupteten aber, die Stadt sei schon lange vorher Stratons-
turm genannt worden, ehe noch ein einziger Jude dort
Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel.
663
gewohnt habe. Als dies den römischen Beamten zu Ohren
kam, Hessen sie die Hauptschreier auf beiden Seiten
festnehmen und geissein, wodurch die Unruhen für kurze
Zeit unterdrückt wurden. Die Juden indes, die sich auf
ihren Reichtum etwas einbildeten und deshalb die Syrer
verachteten, verfolgten diese bald wieder mit Schmähungen,
um sie zu Thätlichkeiten zu reizen. Die Syrer ihrer-
seits, die zwar nicht so reich waren, sich aber darauf
verliessen, dass die in der Nähe stehende römische Heeres-
abteilung zum grössten Teil aus Bürgern von Caesarea
und Sebaste bestand, erwiderten eine Zeitlang die
Schmähungen der Juden mit ähnlichen Beleidigungen.
Dann aber kam es zu Steinwürfen , bis auf beiden Seiten
viele verwundet und getötet waren. Der Vorteil war
jedoch auf seiten der Juden. Als nun Felix sah, dass
der Streit sich kaum noch von offenem Kriege unter-
schied, eilte er herbei und beschwor die Juden, sich ruhig
zu verhalten. Da diese sich aber an seine Vorstellungen
nicht kehrten, liess er eine Truppenabteilung gegen sie
ausrücken, eine Menge von ihnen niedermachen, eine noch
grössere Anzahl gefangen nehmen und etliche ihrer
Häuser in Caesarea, die mit Schätzen aller Art gefüllt
waren, von seinen Soldaten ausplündern. Da richteten
die gemässigten und einflussreichen Juden, die um ihre
und ihrer Angehörigen Sicherheit besorgt waren, an Felix
die Bitte, er möge doch den Soldaten durch Trorapeten-
signale Einhalt gebieten lassen und ihrer schonen, um
ihnen Gelegenheit zur Sühne für die begangenen Fehler
zu geben. Diesem Verlangen willfahrte Felix sogleich.
8. Um diese Zeit übertrug der König Agrippa die
hohepriesterliche Würde an Ismael, den Sohn des Phabi.
Übrigens gerieten jetzt auch die Hohepriester mit den
Priestern und den Vornehmsten zu Jerusalem in Streit,
sodass jeder von ihnen eine Schar verwegener und auf-
rührerischer Gesellen um sich sammelte, die, wo sie sich
trafen, sich gegenseitig mit Beschimpfungen und Stein-
würfen überschütteten. Niemand fand sich, der sie zu-
rechtgewiesen hätte, sodass die Willkür sich immer breiter
Go gle
664 Josephus’ Jüdische Altertümer.
machte, als sei keine Obrigkeit mehr vorhanden. Schliess-
lich gingen die Hohepriester in ihrer Dreistigkeit und
in ihrem Übermut so weit, dass sie sich nicht scheuten,
ihre Knechte auf die Tennen zu schicken und die den
Priestern zustehenden Zehnten wegnehmen zu lassen,
was zur Folge hatte, dass die ärmeren Priester aus
Mangel an Lebensmitteln dem Tode verfielen. So war
an die Stelle von Recht und Gerechtigkeit die zügel-
loseste Tyrannei unruhiger Köpfe getreten.
9. Inzwischen folgte im Landpflegeramte dem Felix
der von Nero ernannte Porcius Festus. 1 Kaum war dieser
eingetroffen, als sich die Häupter der in Caesarea woh-
nenden Juden nach Rom begaben, um Felix anzuklagen,
und es fehlte nicht viel, so hätte dieser die den Juden
zugefügten Kränkungen schwer gebüsst. Doch gelang es
seinem Bruder Pallas, der bei Nero damals in hohem
Ansehen stand, durch inständige Bitten den Caesar gnädig
zu stimmen. Ja, die beiden vornehmsten der in Caesarea
wohnenden Syrer suchten sogar den Burrus, der Neros
Lehrer gewesen war und jetzt dessen griechische Korre-
spondenz besorgte, durch eine ungeheure Geldsumme zu
bewegen, dass er ihnen einen Brief von Nero auswirke
in welchem den Juden die Gleichberechtigung mit den
Syrern aberkannt werde. Burrus setzte auch wirklich
durch seine Verwendung beim Caesar die Ausfertigung
eines solchen Briefes durch, und damit nahm das Leid,
welches später über unser Volk herein brach, seinen An-
fang. Als nämlich die Juden zu Caesarea den Inhalt
dieses an die Syrer gerichteten Briefes erfuhren, ver-
harrten sie im Aufruhr, bis zuletzt der förmliche Krieg
sich daraus entwickelte.
10. Bei seiner Ankunft in Judaea fand Festus das
Land in stetem Schrecken vor den Banditen, welche
allenthalben die Dörfer einäscherten und plünderten.
Diese sogenannten Sikarier waren allmählich zu einer
gewaltigen Menge angewachsen. Sie führten kleine Dolche,
1 61 n. Chr.
Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel.
665
die sich der Grösse nach nicht viel von den persischen
Akinaken unterschieden, aber gekrümmt waren wie die
römischen „sicae“, woher auch die Banditen den Namen
Sikarier erhielten. An Festtagen mischten sie sich, wie
schon erwähnt, unter die Volksmenge, die von allen
Seiten zum Gottesdienst in die Stadt strömte, und er-
dolchten so viele von den Andächtigen, als ihnen be-
liebte. Oft brachen sie auch bewaffnet, in die Dörfer
ihrer Opfer ein, plünderten alles und warfen den Feuer-
brand in die Häuser. Um diese Zeit trat wieder ein
Gaukler auf, welcher der Menge Glückseligkeit und Be-
freiung von allem Elend verhiess, wenn sie ihm in die
Wüste folge. Festus aber sandte sogleich gegen den
Betrüger und dessen Anhang Abteilungen zu Fuss und
zu Pferde aus, die den ganzen Haufen niedermachten.
11. Ebenfalls um diese Zeit errichtete der König
Agrippa ein weitläufiges Gebäude auf der ehemaligen
Königsburg der Asamonäer nahe bei der Ringschule, und
da das Gebäude in bedeutender Höhe lag, genoss man
von hier aus einen reizenden Ausblick auf die Stadt.
Daran hatte der König seine Freude, und wenn er hier
auf einem Polster lag, konnte er alles übersehen, was
im Tempel vor sich ging. Als dies die Vornehmsten
von Jerusalem gewahrten, wurden sie sehr unwillig, weil
es durchaus ungebräuchlich und ungesetzlich war, die
Vorgänge im Tempel, besonders während der heiligen
Handlungen, zu beobachten. Deshalb liessen sie ober-
halb der Halle, welche im Innern des Heiligtums
gegen Westen lag, eine hohe Mauer auffuhren, die nicht
nur dem Ruheplatz des Königs, sondern auch der west-
lichen Halle ausserhalb des Tempels, von wo aus die
Römer an Festtagen die Vorgänge im Tempel überwachen
liessen, jeden Ausblick versperrte. Hierüber geriet nicht
nur Agrippa, sondern in noch höherem Grade auch der
Landpfleger Festus in Erregung, und der letztere gab
Befehl, die Mauer niederzureissen. Die Juden jedoch
baten um die Erlaubnis, wegen dieser Angelegenheit
Abgeordnete an Nero schicken zu dürfen, weil sie lieber
€66
Josephus’ Jüdische Altertümer.
sterben als einen Teil ihres Tempels zerstört sehen
wollten. Da Festus dies gestattete, ordneten sie zehn
vornehme Bürger aus ihrer Mitte sowie den Hohepriester
Ismael und den Tempelschatzmeister Helkias an den
Caesar ab. Nero erteilte ihnen Audienz und verzieh
ihnen nicht nur das Geschehene, sondern gestattete auch,
dass das Bauwerk stehen blieb, und zwar that er das
seiner Gemahlin Poppaea zu Gefallen, die eine gottes-
fürchtige Frau war und sich deshalb für die Juden ins
Mittel legte. Poppaea liess alsdann nur die zehn Vor-
nehmen heimkehren, behielt aber Helkias und Ismael
als Geiseln zurück. 1 Als dies der König erfuhr, über-
trug er die Hohepriesterwürde an Joseph mit dem Bei-
namen Kabi , den Sohn des ehemaligen Hohepriesters
Simon.
Neuntes Kapitel.
Albinus wird Landpfleger. Steinigung des Jakobus.
Weitere Ereignisse unter Albinus.
1. Bald darauf gelangte die Nachricht vom Tode des
Festus nach Rom, und nun schickte der Caesar den
Albinus als Landpfleger nach Judaea. 2 Der König
aber entsetzte den Joseph wieder des Hohepriesteramtes
und übertrug dasselbe dem Sohne des Ananus , der
gleichfalls Ananus hiess. Dieser ältere Ananus soll
einer der glücklichsten Menschen gewesen sein. Er
hatte nämlich fünf Söhne, die alle dem Herrn als Hohe-
priester dienten, nachdem er auch selbst diese Würde
lange Zeit hindurch bekleidet hatte, und so etwas war
noch bei keinem unserer Hohepriester der Fall gewesen.
Der jüngere Ananus jedoch, dessen Ernennung zum
Hohepriester ich soeben erwähnt habe, war von heftiger
1 OfFonbar den Juden zulieb, denen diese beiden Personen wegen
ihrer Willkür verhasst waren.
2 63 n. Clir.
Go gle
Zwanzigstes Buch, 9. Kapitel.
667
und verwegener Gemütsart und gehörte zur Sekte der
Sadducäer, die, wie schon früher bemerkt, im Gerichte
härter und liebloser sind als alle anderen Juden. Zur
Befriedigung dieser seiner Hartherzigkeit glaubte Ananus
auch jetzt, da Festus gestorben, Albinus aber noch
nicht angekommen war, ein günstige Gelegenheit ge-
funden zu haben. Er versammelte daher den hohen
Rat zum Gericht und stellte vor dasselbe den Bruder
des Jesus, der Christus genannt wird, mit
Namen Jakobus, sowie noch einige andere, die er
der Gesetzesübertretung anklagte und zur Steinigung
führen liess. Das aber erbitterte auch die eifrigsten Be-
obachter des Gesetzes, und sie schickten deshalb ins-
geheim Abgeordnete an den König mit der Bitte, den
Ananus schriftlich aufzufordern, dass er für die Folge
sich ein ähnliches Unterfangen nicht mehr beifallen
lasse, wie er auch jetzt durchaus im Unrecht gewesen
sei. Einige von ihnen gingen sogar dem Albinus, der
von Alexandria kam, entgegen und stellten ihm vor,
dass Ananus ohne seine Genehmigung den hohen Rat
gar nicht zum Gericht habe berufen dürfen. Diesen
Ausführungen pflichtete Albinus bei und schrieb im
höchsten Zorne an Ananus einen Brief, worin er ihm
die gebührende Strafe androhte. Agrippa aber entsetzte
ihn infolge dieses Vorfalls schon nach dreimonatlicher
Amtsführung seiner Würde und ernannte Jesus, den Sohn
des Damnaeus, zum Hohepriester.
2. Als nun Albinus in Jerusalem angelangt war, gab
er sich alle erdenkliche Mühe, das Land zu beruhigen
und geordnete Zustände in demselben zu schaffen, indem
er eine grosse Menge Sikarier niedermachen liess. Der
(frühere) Hohepriester Ananias aber stieg mit jedem
Tage im Ansehen des Volkes und wurde stets mehr und
mehr ausgezeichnet und geehrt. Er verstand es nämlich
sehr gut, Geldgeschäfte zu machen, und wusste durch
Geschenke sowohl den Landpfleger Albinus, als auch
den Hohepriester für sich einzunehmen. Dabei aber
hatte er nichtswürdige Knechte, die sich mit den ver-
668
Josephus’ Jüdische Altertümer.
wegensten Menschen ins Einvernehmen setzten, um von
den Tennen die den Priestern gehörigen Zehnten zu
rauben, und wer ihnen Widerstand zu leisten wagte,
wurde mit Schlägen misshandelt. Die Hohepriester
machten es ebenso, wie Ananias’ Knechte, und da nie-
mand sich ihnen widersetzen mochte, konnte es nicht
ausbleiben, dass die Priester, die sich sonst von den
Zehnten ernährten, aus Mangel zu Grunde gingen.
3. Bei einem Feste nun, das um diese Zeit gefeiert
wurde, kamen auch die Sikarier wieder zur Nachtzeit
in die Stadt, ergriffen den Schreiber des Tempelvorstehers
Eleazar, der des Hohepriesters Ananias Sohn war, und
führten ihn gebunden von dannen. Alsdann schickten
sie einen Boten zu Ananias und versprachen, ihm den
Schreiber zurückzuschicken, wenn er den Landpfleger
veranlasse, zehn ihrer Genossen, die dieser gefangen
hielt, freizugeben. Ananias, der keinen anderen Ausweg
wusste, verwendete sich bei Albinus, und es gelang ihm,
sein Gesuch bewilligt zu erhalten. Indes war das nur
der Anfang von noch grösserem Übel. Denn die
Banditen suchten jetzt auf alle mögliche Weise irgend
einen von Ananias’ Angehörigen oder Freunden in ihre
Gewalt zu bekommen und hielten ihre Opfer jedesmal
so lange gefangen, bis einige ihrer Genossen freigegeben
wurden. So wuchs ihre Zahl wieder an, und mit noch
grösserer Dreistigkeit als bisher verwüsteten sie das ganze
Land.
4. Um diese Zeit hatte der König Agrippa die Stadt
Caesarea Philippi erweitert und nannte sie nun dem
Nero zu Ehren Neronias. Auch erbaute er zu Berytus
mit grossen Kosten ein Theater, in welchem er unter
Aufwendung ungeheurer Summen alljährlich Schauspiele
aufführen liess, wobei er das Volk mit Getreide und öl
beschenkte. Dann schmückte er die ganze Stadt mit
Statuen und Bildwerken nach den Originalen früherer
berühmter Künstler und verlegte überhaupt fast den
gesamten Glanz seiner Regierung in diese Stadt. Dadurch
aber erregte er den Unwillen seiner Unterthanen , weil
Zwanzigstes Buch, 9. Kapitel.
669
er ihnen das Ihrige nehme und eine fremde Stadt damit
verschönere. Übrigens erkannte der König um diese
Zeit dem Jesus, Sohn des Damnaeus, die hohe-
priesterliche Würde wieder ab und übertrug dieselbe
dem gleichfalls den Namen Jesus führenden Sohne des
Gamaliel, woraus sich zwischen den beiden ein Streit
entspann. Jeder von ihnen sammelte eine Schar ver-
wegener Menschen um sich, die sich gegenseitig in
gröbster Weise schmähten und schliesslich mit Steinen
bewarfen. Allen zuvor aber that es Ananias, indem er
durch seinen Reichtum die meisten Anhänger auf seine
Seite brachte. Ebenso hatten Kostobar und Saulus je
eine Rotte verbrecherischer Menschen in Dienst ge-
nommen. Diese beiden stammten aus königlichem Ge-
schlecht und standen ihrer Verwandtschaft mit Agrippa
wegen in hohem Ansehen, waren aber übermütig und
gewaltthätig und auf die Ausplünderung der Schwächeren
erpicht. Von dieser Zeit an kam unsere Stadt aus den
Drangsalen nicht mehr heraus, und alle Verhältnisse
trieben dem Untergang zu.
5. Da Albinus jetzt die Nachricht erhielt, Gessius
Florus sei zu seinem Nachfolger ernannt und schon
unterwegs, wollte er sich den Anschein geben, als habe
er etwas für die Juden gethan, und liess daher alle Ge-
fangenen, die offenbar den Tod verdient hatten, hin-
richten, während er diejenigen, die wegen leichterer Ver-
gehen im Kerker sassen, gegen Entrichtung einer
bestimmten Geldsumme freigab. So leerten sich zwar
die Gefängnisse von Übelthätern, das Land aber füllte
sich mit Banditen.
6. Unterdessen begaben sich aus der Mitte der
Leviten, die einen besonderen Stamm bilden, sämtliche
Psalmensänger zum König und baten ihn, er möge den
hohen Rat zusammenberufen und ihnen bei demselben
das Recht erwirken, ebenso wie die Priester leinene
Gewänder tragen zu dürfen. Denn es werde, meinten
sie, seinen Regierungsjahren zum Ruhm gereichen, wenn
er eine neue Einrichtung für ewige Zeiten treffe. Ihr
670
Josephas* Jüdische Altertümer.
Verlangen wurde ihnen auch wirklich erfüllt; denn der
König verlieh mit Zustimmung der Mitglieder des hohen
Rates den Psalmensängern die Befugnis, ihre ehemalige
Kleidung mit der gewünschten leinenen zu vertauschen.
Einem anderen Teil des Stammes, dem die niederen
Dienstverrichtungen im Tempel oblagen, gestattete er auf
diesbezüglichen Antrag, die heiligen Gesänge zu er-
lernen. Das alles aber stand mit unseren althergebrachten
Satzungen im Widerspruch, und so konnte es nicht aus-
bleiben, dass der Gesetzesübertretung die verdiente Straf©
folgte.
7. Um diese Zeit ward der Tempel vollendet. Als
nun das Volk die Handwerker, mehr denn achtzehn-
tausend an der Zahl, müssig gehen sah, musste es be-
fürchten, dass sie um Verdienst verlegen sein würden,
da sie bisher durch die Arbeit am Tempel sich ihren
Lebensunterhalt erworben hatten. Nun wollte man auch
aus Furcht vor den Römern keine Tempelgelder mehr
ansammeln und deshalb den vorhandenen Schatz zur
Beschäftigung der Handwerker verwenden. Denn wenn
einer von ihnen auch nur eine Stunde am Tempel ge-
arbeitet hatte, erhielt er den Lohn dafür auf der Stelle
ausgezahlt. Deshalb ging man den König mit der Bitte
an, die östliche Halle wiederherzustellen. Das war ein
Säulengang aussen am Tempel, der sich längs eines
tiefen Abgrundes hinzog und darum auf Mauern von
vierhundert Ellen Höhe ruhte. Die Halle bestand
übrigens aus blendend weissen Quadersteinen von je
zwanzig Ellen Länge und sechs Ellen Höhe und war
noch ein Werk des Königs Solomon, der zuerst einen
einheitlichen Tempelbau hergestellt hatte. Da aber der
König, dem vom Caesar Claudius die Sorge für den
Tempel an vertraut war, bei sich überlegte, wie leicht es
sei, ein Bauwerk zu zerstören, wie schwer dagegen, es
dann wiederherzustellen, zumal eine solche Halle, deren
Erneuerung viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen
würde, gab er dem Verlangen der Juden nicht nach,
erlaubte ihnen aber, die Stadt mit weissem Marmor zu
Zwanzigstes Buch, 1 0. Kapitel.
671
pflastern. Alsdann entsetzte er Gamaliels Sohn Jesus
wieder seines hohepriesterlichen Amtes und übertrug
dasselbe an Matthias, den Sohn des Theophilus, unter
dem der Krieg zwischen Römern und Juden zum
Ausbruch kam.
Zehntes Kapitel.
Überblick über die sämtlichen Hohepriester bis zum Ende
des Krieges.
Ich halte es nunmehr für notwendig und dem Zweck
dieses Geschieh ts Werkes besonders dienlich, von den
Hohepriestern anzugeben, woher sie stammten, wem
es gestattet war, die Würde zu bekleiden, und wie viele
derselben es bis zum Ende des Krieges gab. Der aller-
erste Hohepriester Gottes war, wie berichtet wird, Aaron,
der Bruder des Moyses. Diesem folgten, als er ge-
storben war , seine Söhne , und von da an blieb die
Würde erblich bei seinen Nachkommen. Es gilt daher
bei uns das Gesetz, dass niemand Hohepriester Gottes
werden kann, der nicht von Aaron abstammt. Aus
einer anderen Familie darf niemand, und wenn es der
König selbst wäre, auf diese Würde Anspruch machen.
Von Aaron also, dem ersten Hohepriester, an zählte
man bis auf Phinees, der während des Krieges von den
Empörern eingesetzt wurde, im ganzen dreiundachtzig
Hohepriester. Von diesen bekleideten seit der Zeit, da
die von Moyses dem Herrn errichtete Hütte in der
Wüste stand, bis zur Ankunft in Judaea, wo der König
Solomon Gott den Tempel erbaute, dreizehn das Hohe-
priesteramt. Anfangs behielten sie die Würde bis zum
Ende ihres Lebens, während sie später auch schon zu
Lebzeiten durch Nachfolger ersetzt wurden. Jene drei-
zehn nun , die von den beiden Söhnen Aarons ab-
stammten, erhielten ihr Amt in regelmässiger Nachfolge.
Während ihrer Amtsführung war die Verfassung zu-
nächst eine aristokratische, dann eine solche der Re-
Go gle
672
Josephus’ Jüdische Altertümer.
gierung eines Einzigen, und endlich die des Königtums.
Die Zahl der Jahre , während welcher jene dreizehn die
Würde bekleideten, belief sich von dem Tage, da unsere
Väter unter Moyses’ Anführung Aegypten verliessen,
bis zur Grundsteinlegung des vom Könige Solomon zu
Jerusalem erbauten Tempels auf sechshundertzwölf.
Nach diesen dreizehn Hohepriestern hatten das Amt
achtzehn inne, die seit der Zeit des Königs Solomon
zu Jerusalem aufeinander folgten, bis der babylonische
König Nabuchodonosor gegen die Stadt zog, das Heilig-
tum den Flammen preisgab, unser Volk nach Babylon
wegführte und den Hohepriester Josadak gefangen nahm.
Die Dauer ihrer Amtsführung betrug vierhundertsechs-
undsechzig Jahre, sechs Monate und zehn Tage, während
welcher Zeit die Juden unter Königen standen. Siebzig
Jahre nach der Zerstörung Jerusalems durch die Baby-
lonier liess der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babylon
in ihre Heimat zurückkehren und erlaubte ihnen, den
Tempel wieder aufzubauen. Jetzt erhielt Josadaks
Sohn Jesus, einer von den Heimgekehrten, die hohe-
priesterliche Würde. Dieser und seine Nachkommen,
fünfzehn im ganzen , regierten bis auf den König
Antiochus Eupator den nunmehr wieder demokratischen
Staat vierhundertzwölf Jahre hindurch. Jener Antiochus
und sein Feldherr Lysias waren die ersten , die einen
Hohepriester, nämlich den Onias mit dem Beinamen
Menelaus, seiner Würde beraubten, indem sie ihn zu
Beroea umbringen Hessen und mit Umgehung seines
Sohnes den Jakim zum Hohepriester machten, der zwar
aus Aarons Geschlecht, aber nicht aus dem Hause des
Onias stammte. Deshalb zog Onias , der Vetter des
verstorbenen Onias , nach Aegypten , erwarb sich hier
die Gunst des Ptolemaeus Philometor und seiner Ge-
mahlin Kleopatra und bewog dieselben , ihn im Bezirk
von Heliopolis Gott einen ähnlichen Tempel , wie der zu
Jerusalem war, erbauen zu lassen, sowie ihn selbst zum
Hohepriester zu ernennen. Von diesem in Aegypten
erbauten Tempel habe ich schon wiederholt gesprochen.
Zwanzigstes Buch, 10. Kapitel.
673
Jakira aber, um wieder auf ihn zurückzukommen, starb
schon nach dreijähriger Führung des Hohepriesteramtes.
Er erhielt nicht sogleich einen Nachfolger, sondern die
Stadt blieb nun sieben Jahre lang ohne Hohepriester.
Später aber, als den Asamonäern die Leitung des Volkes
anvertraut war, ernannten diese nach Beendigung des
Krieges mit den Macedoniern den Jonathas zum Hohe-
priester, der sieben Jahre lang die Würde innehatte.
Als dieser nun, wie ich schon früher irgendwo erwähnt
habe, von Tryphon mit List aus dem Wege geräumt
worden war, erhielt sein Bruder Simon das Amt. Simon
wurde ebenfalls, nachdem er ein Jahr länger wie sein
Bruder die Würde bekleidet hatte , hinterlistigerweise
beim Mahle umgebracht, und es folgte ihm sein Sohn
Hyrkanus. Als Hyrkanus dreissig Jahre lang Hohe-
priester gewesen war , starb er in hohem Alter und
hinterliess als Nachfolger den Judas, der auch Aristo-
bulus genannt wurde. Dieser bekleidete zugleich mit
der hohepriesterlichen auch die königliche Würde, denn
er war der erste , der sich die Krone aufsetzte. Doch
regierte er danach nur noch ein Jahr, und als eine
Krankheit ihn dahingerafft , folgte ihm sein Bruder
Alexander, der siebenundzwanzig Jahre lang Hohe-
priester und König blieb und sterbend seiner Gemahlin
Alexandra die Befugnis übertrug, einen neuen Hohe-
priester zu ernennen. Alexandra ühergab alsdann das
Amt ihrem Sohne Hyrkanus, und als sie nach neun-
jähriger Regierung starb, war es auch mit des Hyrkanus
Hohepriestertum aus. Denn nach dem Tode der Mutter
erregte sein Bruder Aristobulus Krieg gegen ihn, be-
siegte ihn und entsetzte ihn seiner Würde, um an seiner
Stelle Hohepriester und König zugleich zu werden.
Drei Jahre und drei Monate nach seiner Thronbesteigung
indes kam Pompejus nach Judaea, eroberte Jerusalem
mit stürmender Hand und sandte Aristobulus samt
seinen Kindern gefangen nach Rom. Nun wurde Hyr-
kanus wieder in sein Amt als Hohepriester eingesetzt
und erhielt auch die Regierungsgewalt, aber nicht die
Jo ephun 1 Jüdische Altertümer, II. 43
Go gle
674
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Königskrone. So herrschte Hyrkanus weitere vierund-
zwanzig Jahre. Dann aber überschritten die parteiischen
Fürsten Barzapharnes und Pakorus den Euphrat, über-
zogen Hyrkanus mit Krieg, nahmen ihn gefangen
und setzten Aristobulus’ Sohn Antigonus als König
ein. Nachdem dieser drei Jahre und drei Monate
regiert hatte, eroberten Sosius und Herodes die
Stadt Jerusalem, worauf er nach Antiochia gebracht
und dort auf Antonius’ Befehl hingerichtet wurde. Nun
erhielt Herodes von den Römern die Herrschaft und er-
nannte keine Angehörigen des Asamonäergeschlechtes
mehr zu Hohepriestern, sondern mit Ausnahme des
Aristobulus Männer aus unberühmten und nur priester-
lichen Familien. Aristobulus aber, den Enkel des von
den Parthern gefangen genommenen Hyrkanus und
Bruder seiner späteren Gattin Mariamne, machte er nur
deshalb zum Hohepriester, weil er sich die Gunst des
Volkes, bei dem das Andenken des Hyrkanus in Ehren
stand, verschaffen wollte. Da er jedoch später befürchtete,
es möchten alle zu Aristobulus halten, räumte er den-
selben aus dem Wege, indem er ihn zu Jericho beim
Baden ertränken liess, wie ich schon früher mitgeteilt
habe. Nach ihm erhielt kein Asamonäer mehr die hohe-
priesterliche Würde, Ebenso wie Herodes verfuhren bei
Ernennung der Hohepriester auch sein Sohn Archelaus
und nach diesem die Römer, als sie das jüdische Reich
erobert hatten. Von der Zeit des Herodes nun bis zu
dem Tage, da Titus den Tempel und die Stadt ein-
äscherte, gab es im ganzen achtundzwanzig Hohepriester,
deren Amtsführung sich über eine Zeit von hundertund-
sieben Jahren erstreckte. Einige von diesen bekleideten
die Würde noch unter Herodes und seinem Sohne
Archelaus, nach deren Ableben der Staat aristokratisch
verwaltet würde, während die Aufsicht über das Volk
den Hohepriestern anvertraut war. Das mag über die
Hohepriester genügen.
Zwanzigstes Buch, 11. Kapitel.
675
Elftes Kapitel.
Vom Landpfleger Florus,
der die Juden zum Kriege gegen die Römer trieb.
Schlusswort.
1. Was nun Gessius Florus anlangt, den Nero als
Nachfolger des Albinus gesandt hatte, 1 so verhängte er
unsägliches Leid über die Juden. Er stammte aus
Klazomenae und brachte seine Gattin Kleopatra mit,
die als Freundin und an Gottlosigkeit 2 ebenbürtige Ge-
nossin von Neros Gemahlin Poppaea ihm das Amt
eines Landpflegers von Judaea verschafft hatte. Mit
der ihm hierdurch verliehenen Gewalt trieb er nun
einen so schmählichen und nichtswürdigen Missbrauch,
dass die Juden gegenüber seiner Schlechtigkeit Albinus
noch als ihren Wohlthäter priesen. Denn dieser hatte
wenigstens seine Bosheit zu verbergen gesucht und sich
sorgfältig in acht genommen, um nicht überall in Ver-
ruf zu geraten. Gessius Florus dagegen prahlte mit der
Misshandlung unseres Volkes, als wäre er nur geschickt
worden, um seine Bosheit an den Tag zu legen, und es
lässt sich keine Art von Erpressung oder sonstiger Un-
gerechtigkeit denken, deren er nicht fähig gewesen wäre.
Denn er war grausam und hartherzig und so unersätt-
lich in seiner Habgier, dass er zwischen wenig und viel
gar keinen Unterschied kannte und selbst mit Banditen
zu teilen sich nicht scheute. Diese gingen daher in
grosser Anzahl dem Raube nach, weil sie sicher sein
konnten, dass ihnen gegen Abgabe eines Teiles der
Beute nicht das mindeste zuleide geschah. Damit aber
war das Mass des Elendes noch nicht voll, sondern da
die unglücklichen Juden die Plünderungen seitens der
Räuber nicht mehr ertragen konnten, mussten sie sämt-
1 64 n. Chr.
2 Vergl. hierzu XX, 8, 11 , wo Josepbus genau das entgegen-
gesetzte Urteil über Poppaea fällt.
43 *
Go gle
676
Josephus* Jüdische Altertümer.
lieh ihre Wohnsitze verlassen und ihr Heil in der Flucht
suchen, weil sie überall im Ausland ein besseres Los
erhoffen durften. Kurz, Florus war es, der uns so weit
brachte, dass wir den Krieg mit den Römern aufnahmen,
weil wir lieber auf einmal als in langsamem Todes-
kampf untergehen wollten. Dieser Krieg nahm seinen
Anfang im zweiten Jahre der Amtsführung des Florus
und im zwölften der Regierung des Nero. 1 Was wir
während desselben zu thun gezwungen waren und was
wir Schreckliches erdulden mussten, darüber kann sich
jeder genaue Kenntnis verschaffen , wenn er meine
Bücher über den Jüdischen Krieg lesen will.
2. Somit will ich denn mein Werk über die
Jüdischen Altertümer beendigen, an welche sich das
Werk über den Krieg sogleich anschliessen soll. 2 Die
Altertümer enthalten die überlieferte Geschichte von der
Erschaffung des ersten Menschen bis zum zwölften
Regierungsjahre des Caesars Nero und berichten, was
uns Juden in Aegypten, in Syrien und in Palaestina
widerfahren ist, ferner die Drangsalierungen von seiten
der Assyrier und Babylonier, dann der Perser und Mace-
donier, und endlich die Unterjochung durch die Römer.
Das alles glaube ich mit grösster Genauigkeit geschildert
zu haben. Auch habe ich mir Mühe gegeben, die
Reihenfolge sämtlicher Hohepriester anzuführen, die es
in zweitausend Jahren gegeben hat. Weiterhin habe ich
wahrheitsgetreu die Geschichte der Könige, ihre Thaten,
Regierung8&rt und Machtstellung nach Anleitung unserer
heiligen Schriften auseinandergesetzt, wie ich dies gleich
zu Anfang dieses Werkes versprochen habe. Ich darf
nun am Schlüsse meiner Geschichte wohl zuversichtlich
behaupten, dass selbst beim besten Willen kein anderer,
sei er Jude oder Ausländer, den Inhalt dieses Werkes
so getreu in griechischer Sprache wiederzugeben imstande
1 66 n. Chr. Vergl. Tacitus, Historien, V, io.
2 Geschrieben ist das Werk über den Krieg indes vor den
„Altertümern“ (vergl. z. B. XII, 5, i).
Zwanzigstes Bach, 11. Kapitel.
677
gewesen wäre. Denn wie meine Landsleute mir das
Zeugnis geben können, dass ich mich in den Wissen-
schaften meines Vaterlandes besonders hervorgethan
habe, so habe ich mich auch mit der griechischen Sprache
eingehend befasst und ihre grammatischen Regeln
gründlich erlernt, wiewohl das geläufige Sprechen der-
selben mir durch die Sitte meiner Heimat unmöglich
gemacht wird. Bei uns sind nämlich diejenigen nicht
besonders angesehen, die in vielen Sprachen bewandert
sind und auf Schönheit im Ausdruck W$rt legen , da
diese Kunst als Gemeingut nicht nur der Freien, sondern
auch der Sklaven gilt. Vielmehr gemessen nur die-
jenigen bei uns den Ruf von Weisen, die eine gründ-
liche Kenntnis des Gesetzes verraten und die Bedeutung
der heiligen Bücher nach Wort und Inhalt zu erklären
vermögen. Obwohl sich nun gar viele den grössten
Fleiss in diesem Fache nicht haben verdriessen lassen,
haben doch kaum zwei oder drei eine besondere Voll-
kommenheit darin erreicht und alsbald die Frucht ihrer
Mühen eingeheimst. Vielleicht aber wird es nicht un-
passend erscheinen, wenn ich über meine Herkunft und
über das, was ich während meines Lebens gethan habe,
einiges mitteile, so lange es noch Zeugen giebt, die
meine Angaben entweder, wenn sie auf Wahrheit be-
ruhen, bestätigen, oder, wenn sie falsch sind, widerlegen
können. Hiermit beschliesse ich also meine Altertümer,
die aus zwanzig Büchern und sechzigtausend Zeilen 1
bestehen , und so Gott will, erzähle ich später in kurzer
Darstellung den Hergang des Krieges 2 und meinen
eigenen Lebenslauf bis auf den heutigen Tag, der in
das dreizehnte Regierungsjahr desj Caesars Domitianus 3
1 oti/oi. Jede dieser Zeilen war somit um neun Buchstaben
kleiner als eine griechische Zeile der Dindorfschen Text -Ausgabe
(Paret).
2 D. h. soweit er bei der Abfassung des Lebenslaufes in Betracht
kam, denn die eigentliche Geschichte des Krieges war ja schon er-
schienen.
3 93 n. Chr.
678
Josephua’ Jüdische Altertümer.
und in das eecbsundfünfzigste Jahr meines Lebens fällt.
Ich habe die Absicht, auch noch vier Bücher über die
Lehre der Juden von Gott und seinem Wesen nach
altehrwürdiger Überlieferung zu schreiben, sowie ferner
ein Werk über die Gesetze und den Grund zu verfassen,
weshalb uns nach deren Vorschriften das eine erlaubt
und das andere verboten ist.
Namenregister.
Die römische Ziffer bedeutet dag Buch, die erste arabische das Kapitel, die
«weite arabische den Abschnitt, also II, 18, 1 = II. Buch, 13. Kapitel, 1. Abschnitt.
A.
Aaron, Moyses’ Bruder, II, 13, 1 ;
III, 2, 4; III, 8, Ibis IV, 4,7;
XX, 10, 1.
Abaneth, Priestergürtel, III, 7, 2.
Abar, Äsers Sohn, II, 7, 4.
Abar (Abarim), Bergreihe in Pa-
laestina, welche den zu dem Ge-
filde Moabs (gegenüber Jericho)
und zum toten Meer, min-
destens zu dessen nördlichem
Teile abfallenden Westrand der
moabitischen Hochebene bildet,
IV, 8, 48.
Abassar, Statthalter von Persien,
Syrien und Phoenicien, XI, 1, 3 ;
4, 4.
Abba (Ab), hebraeischer Monats-
name, macedonisch Loos, ent-
spricht Teilen unseres Juli und
August (Josephus gebraucht
immer den macedonischen Ka-
lender), IV, 4, 7.
Abdagases, parthischer Befehls-
haber, XVIII, 9, 4.
Abdeel, Ismaels Sohn, 1, 12, 4.
Abdemon, VIII, 5, 3.
Abdenago (Azarias), Daniels Ge-
fährte, X, 10, 1 ff.
Abdon, Richter, Nachfolger des
Elon, V, 7, 15.
Abel, Adams Sohn, 1, 2, 1.
Abela, Stadt in Palaestina, etwa
3 Stunden südlich von Bethsana
(Skythopolis) im Jordanthal
gelegen, zu Isachar gehörig,
VIII, 13, 7.
Abellane , Stadt in Nord -Pa-
laestina, unfern von Dan und
Ijon ira Stamme Nephthali ge-
legen, wahrscheinlich das heu-
tige Abil el Kämh, VIII, 12, 4.
Abelmachea, dasselbe wie Abel-
lane, VII, 11, 7.
Abener, Sauls Feldherr, VI, 6,6
bis VII, 1,5.
Abennerig, König zu Charax
Spasini, XX, 2, 1.
Abesalom, Davids Sohn, VII,
1,4 bis 10,2.
Abessa, Davids Neffe und Joabs
Bruder, VII, 1, 3 ff.
Abia, Samuels Sohn, VI, 3, 2.
Abia, Achaz* Gattin, IX, 13, 1.
Abias, Roboams Sohn , VII, 8, 5
bis VIII, 11, 3.
Abias, arabischer Fürst, XX, 4, 1.
Abiathar, Sohn des Abimelech,
VI, 12,6; 12,8; VII, 5, 4; 9, 2;
9, 7; 14,4; VIII, 1,3.
Abibalos , Köniz von Tyrus,
VIII, 5,3.
Abida, Gattin des Königs Asanus,
ym, 12, 6 .
Abiezer, Sohn des Phinees, Hohe-
priester, V, 11, 5.
Abigaea, Nabals und nach dessen
Tode Davids Weib, VI, 13,7;
VII, 1,4.
Abigaea, Mutter des Amessas,
VII, 10, 1.
Go gle
680
Josepbus’ Jüdische Altertümer.
Abila, Stadt in Peraea, zwölf
römische Meilen östlich von
Gadara, heute die südlich vom
Hieromax gelegene Trümmer-
stadt Abil, IV, 8, 1; V, 1, 1;
XII, 3, 3.
Abila Lysaniae , Hauptstadt der
nach ihr benannten Landschaft
Abilene in Coelesyrien, XIX,
5,1.
Abilamarodach, Nabuchodonosors
Sohn, X, 11,2.
Abimaöl, Juktas’ Sohn, I, 6, 4.
Abimelech , König von Gerara,
1 , 12, 1 ff.
Abimelech , Gedeons Sohn , V,
7, lff.
Ablnadab, Statthalter Solomons,
VIII, 2, 3.
Abiram, Gegner des Moyses, IV,
2, 2 ff.
Abisa, Sohn von Davids Schwester
Sarvia, VI, 18, 9; VII, 1, 3;
5, 4.
Ablsake (Abisag) , Davids Bei-
schläferin, VII, 14, 3 ; VIII, 1, 2.
Abitaal, Davids Gattin, VII, 1, 4.
Abin, Aarons Sohn, III, 8, 1 ; 8, 7.
Abram, Sohn des Tharrus, 1, 6, 5 ff.
Abrarasheim, Dorf bei Damaskus,
1 , 7 , 2 .
Absalom, Vater des Mattathias,
XIII, 5, 7.
Absalom , Aristobulus’ Oheim,
XIV, 4, 4.
Abama, Stadt Palaestinas in der
Nähe von Sichern , heute die
Ruinen el -'Orma, zwei Stunden
südöstlich von Sichern an der
Strasse von Nabulus nach dem J
Jordan gelegen, X, 5, 2.
Achab, Sonn des Amarinus, König i
der Israeliten, VIII, 12, 5ff.
Achamon, Stadtk ommandan t unter
Achab, VIII, 15,4.
Achar, Sohn des Zebedias, V,
l,10ff.
Achaz, König der Juden, IX, 12, 1 ;
12 , 3 .
Achemae ns, Vater eines der Helden
Davids, VII, 12, 4.
Achiab, Neffe Herodes’ des Grossen,
XV, 7, 8; XVII, 7; 10,4.
Achiala, Gattin des Königs Ama-
sias, IX, 10, 3.
Achias, Hohepriester, VI, 6, 2.
Achias, Seher, VIII, 7, 7; 11,1;
X, 4, 4.
Achiba, Ezekias’ Gattin, Manasses’
Mutter, X, 8, 1.
Ac hi laus , Davids Geheimkäm-
merer, VII, 11,8.
Achilus, Josaphats Vater, VII, 5, 4.
Achima, Davids Weib, VI, 13, 10;
VII, 1,4.
Achiman, des Berzelaeus Sohn,
VII, 11, 4.
Achimas , Sadoks Sohn, Hohe-
priester, VII, 9, 2; 10, 4; X,
8 , 6 .
Aehimeleeh , Hohepriester, VI,
12, 1; 12,4 u. 6.
Achlnadab, Statthalter von Gali-
laea unter Solomon, VIII, 2, 3.
Achitob, Hohepriester, VI, 6, 5;
VIII, 1, 3.
Achitophel 9 Genosse Ahesaloms
bei dessen Empörung gegen
David, VII, 9, 2 ff.
Achonius, vornehmer Jerusalemer,
XI, 5, 4.
Achratheus, Verschnittener, XI,
6,7.
Actlum, flache, sandige Landzunge
von dreieckiger Form (jetzt la
Punta), die westliche Spitze von
Akarnanien , welche mit der
gegenüberliegenden Spitze von
Epirus die breite Mündung des
AmbrakischenMeerbusensbildet,
XV, 5, lff.; 6,1; XVI, 5, 3;
XVIII, 2,1.
Ada, Lamechs Weib, 1, 2, 2.
Ada, Esaus Weib, 1,18,4.
Adad, König von Damaskus und
Syrien, VII, 5, 2. Seine Nach-
folger, alle desselben Namens,
VIII, 14,1 bis IX, 8, 7.
Go gle
Namenregister.
681
Adaeus , Statthalter von Syrien Aegaeae, Stadt in Macedonien im
unter Xerxes, XI, 5, 6. Distrikt Emathia am Flusse
Adfun, Stammvater des Menschen- Lydias , das heutige Roglena,
geschlechtes, 1, 1, 2 ff. XI, 8, 1.
Adar, der letzte Monat des Jahres Aegitha, Davids Weib, VII, 14,4.
bei den Juden, macedonisch Aegla, Davids Weib, VII, 1,4.
Dystros (etwa unser März), IV, Aegypten, von den Juden Mestre
8,49; XI, 4, 7; 6,2; 6,12; XII, genannt, I,6,2ff.
10, 5. Aelana, idumaeische Hafen- und
Adasa,Dorf Judaeas (nach Schwarz Handelsstadt an der östlichen
das heutige Dorf Dschora di al Spitze des Arabischen Meer-
Chadas), XII, 10, 5. busens isinus aelaniticus) im
Addida, von dem Makkabäer petraeischen Arabien , heute
Simon befestigte Stadt auf einer 'Akaba, VIII, 6, 4.
Berghohe am Ostrand der von Aeman, hebraeiscber Weiser zur
Joppe südwärts zwischen dem Zeit Solomons, VIII, 2. 5.
Judaeischen Gebirge und der Aelius Gallus, Statthalter von
Küste des Mittelmeeres sich er- Aegypten, XV, 9, 3.
streckenden Niederung, zu Ju- Aemilische Tribus, XIV, 10, 19.
daea gehörig, XIII, 6, 5; 15, 2. Aemilins Regulus, einer der Ver-
Ader, ldumäer, Solomons Feind, schworenen gegen Caligula,
VIII, 7, 6. XIX, 1,3.
Adlabene, assyrische Landschaft, Aeneas, Antipaters Sohn, XIV,
XX, 2,1 ff 10,22.
Adonias. Pavids Sohn, VII, 1,4 Aeneas, arabischer König, XVI,
/ bis VIII, 1, 3. 9, 4.
' Adonibezel, König der Bezeker, Aeoler, von den Juden Elysäer
V, 2, 2. genannt, 1,6,1.
Adora, SUdtim südlichen Binnen- Aerls, Sohn des Gad, 11,7,4.
lande des Stammes Judas, von Aesopus, Alexandras Diener, XV,
Jeroboim befestigt, in der nach- 3, 2.
exilisclen Zeit zu Idumaea ge- Aetu, die Steinkluft, wo Samson
hörig das heutige Dura im hauste, V, 8, 8.
Distrkt Hebron, XIII, 6, 5; Aethiopien, seine Bewohner 1, 6. 2 ;
9, 1. Krieg gegen Aegypten II, 10, 1 f.;
Adora /hi , Stadt in Judaea, wohl BescnneidungVIII,10,3. Aethi-
dtsselbe wie Adora, VIII, 10, 1. opien im weiteren Sinne ist
Ad#ram, Sohn des Thaenus, VII, alles dasjenige Südland, welches
1 , 4 ; 11,8; VIII, 2, 9. man sich von dem ebenso un-
Aframelech, Sohn des Assyrier- bestimmten sogenannten Volke
könig8 Senacherib, X, 1, 5. der Aethiopen bewohnt dachte,
Xdrazar , König von Sophene, im engeren Sinne das südlich
VII, 5, 1 ; VIII, 7, 6. von Philae am Nil aufwärts ge-
Adullama (Adullam), uralte cha- legene, vom Arabischen Meer be-
nanaeische Königsstadt, in der grenzte und bis an die Küste des
zum Stamme Judas gehörigen ! Indischen Meeres reichende Land.
Niederung gelegen, vielleicht das Aözel, Juktas’ Sohn, 1,6,4.
heutige Dorf Deir Dubbän, Afrika, benannt nach Abraras
VI, 12, 3. Sohn Apher, 1, 15.
682
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Agaba, Stadt in Palaestina, jetzt
unbekannt, XIII, 16, 5.
Agag, König der Amalekiter,
VI, 7, 2.
Agalla, Stadt in Arabien an der
Qrenze des Moabiterlandes, deren
Beste bei der heutigen Quelle
'Ain el Feschka (Mistquelle) am
Nordende des toten Meeres zu
suchen sind, XIV, 1,4.
Agar. Ismaels Mutter, 1, 10, 4.
Agatharchides , Geschichtschrei-
ber, XII, 1.
Agathokles, athenischer Archont,
XIV, 8, 5.
Aggaens, Prophet, XI, 4, 5; 4,7.
Aggltha, Davids Weib, VII, 1, 4.
Agrippa, Marcus, Konsul, XIV,
16, 4 ff.
Agrippa der Grosse, XVII, 2, 2;
XVIII, 5, 4 ff.; XIX, 4,1 ff.
Agrippa, Agrippas des Grossen
Sohn, XVIII, 5, 4; XIX, 9, 2;
XX, 1,1; 6,3.
Agrippa, des Herodes Freund,
XV, 9, 3; 10,3.
Agrippa, Sohn des Aristobulus
und der Salome, XVIII, 5, 4.
Agrippa, Sohn des Land pflegers
Felix, XX, 7, 2.
Agrippias, häufiger Anthedon,
Hafenstadt im Süden von Pa-
laestina, das heutige Kefr-Hette,
XIII, 13. 3; XIV, 5, 3; XV,
7,3; XVIII, 6, 3.
Agripplna, Claudius* Gattin, XX,
8. If.
Agrippinus, Sohn des Demetrius |
und der Mariamne, XX, 7, 3.
Allion (Ajone), Stadt Palaestinas
im Stamme Nephthali, heute
nur noch Ruinen auf dem Teil
Näma. VIII, 12, 4.
Aikam, Vater des Godolias, X,9,l.
Akkaron, eine der fünf Philister-
städte, jetzt Akir oder Aker,
zwei Stunden östlich von J amnia,
V, 1, 22 ff.; VI, l,2f.; IX, 2,1;
XIII, 4, 4.
Ake, s. Ptolemais.
Akme, Sklavin, XVII, 5, 7 ; 7.
Akrabatene ( Akrabatta),Toparchie
im Norden v. Judaea mit gleich-
namiger Hauptstadt. Letztere,
das heutige Akrabi, XII. 8, 1.
Akusilaus, Geschichtschreiber, I,
3, 9.
Albaner, die, skythischer oder
sarmatischer Volksstamm im
Küstenland am Kaspischen
Meere, gegen Westen an Iberien,
eine rings von Gebirge um-
schlossene Landschaft im nörd-
lichen Asien, grenzend, XVIII,
4.4.
Albinos, Landpfleger von Judaea,
XX, 9, 1 f.
Alexander Jannaens, Sohn des
Hyrkanus, XIII, 12, 1 ff.
Alexander , Aristotulus’ Sohn,
XIV, 4, 5 ff.
Alexander, Sohn Herodes' des
Grossen, XV, 10, 1 C
Alexander, Sohn des Alexander
und der Glaphyra, XVIII, 5,4.
Alexander, Vorsteher 4er alexan- \
drinischen Juden, XVIII, 6,3;
8,1; XIX, 5,1.
Alexander, Zollpächter, XX, 5, 2.
Alexander, Sohn des Dorotheus,
XII, 8, 5.
Alexander, Sohn des Jas»n, XII,
8, 5.
Alexander, Phasaels Sohn, XVIII,
5.4.
Alexander, Theodors Sohn, XIV,
| 10 , 10 ; 10 , 12 .
Alexander , der falsche , XVII,
12, 1 ff .
Alexander, Hohepriester, XX
10 , 1 .
Alexander der Grosse, XI, 8, 1 ff.
Alexander Balas, XIII, 2, 1 ff.
Alexander Zebinas, XIII, 9, 3.
Alexander, Sohn des armenischen
Königs Tigranes, XVIII, 5, 4.
Alexander, des Antonius Freund,
XV, 6, 7.
Go gle
Namenregister.
683
Alexander Polyhistor, Geschicht-
schreiber, 1, 15.
Alexandra (griechischer Name für
Salome), Gattin des Aristobulus,
XIII, 12, 1.
Alexandra, des Alexander Jan-
naeus Gattin, XIII, 16, lff
Alexandra, Tochter desHyrkanus,
XV, 2, 5 ff.
Alexandra, des Königs Aristobu-
lus Tochter, zuerst mit Philip-
S ion , später mit Ptolemaeus
lennaei vermählt, XIV, 7, 4.
Alexandra, Phasaels Tochter,
XVIII, 5, 4.
Alexandria, die bekannte Stadt
in Aegypten, XIII, 3. 4; XIV,
7,2; XIX, 1,12; 5,2.
Alexandrlnm, Kastell Palaestinas
an der Strasse von Skythopolis
nach Jerusalem, wahrscheinlich
von Alexander Jannaeus erbaut,
vielleicht das heutige KefrStüna,
XIII, 16, 3; XIV, 5, 4; 15,4;
XVI, 2,1; 11,7.
Alexas , Freund Herodes’ des
Grossen, XVII, 1, 1 ff .
Alexas Helkias, Antipaters Schwie-
gersohn, XVIII, 5, 4.
Alibama, Esaus Weib, 1, 18, 4.
Alkimns, Hohepriester, XII, 9, 7 ff
Amadath, Vater des Aman, XI,
6,5.
Amalek, Sohn des Eliphaz, II,
1 , 2 .
Amalekiter, uraltes Volk in Ara-
bia petraea, südwestlich von
Palaestina, zwischen dem Ge-
biete der Edomiter (Idumäer)
und der Grenze Aegyptens.
Um das Jahr 800 v. Chr. ver-
schwinden sie gänzlich. III,
2, 1 ff ; IV, 8, 44; V, 6, lff;
IX, 9, 1 f.
Araalekitis, II, 1, 2.
Aman, einflussreicher Günstling
des Perserköoigs Artaxerxes,
XI, 6. 5ff
Aman, Adads Page, VIII, 15, 5.
Amanus, Berg in Cilicien, 1. 6, 1 f.
Amaram, Moyses’ Vater, II, 9, 3.
Amarant, vornehmer Jude, XX,
1 , 1 .
Amarinus (Omri), König der
Israeliten, VIII, 12, 5.
Amasias, König der Juden, IX,
9, lff
Amasias, Kichter, IX, 1, 1.
Amasias, Sohn des Königs Achaz,
IX, 12, 1.
Amasias, Stadtkommandant von
Jerusalem unter Josias, X, 4, 1.
Amathe, Stadt in Phoenicien, von
den Macedoniern Epiphania ge-
nannt, am Fusse des Hermon,
führt heute noch den alten
Namen Hamäth, 1,6,2; III,
14, 2; VII. 5, 4; VIII, 6, 3.
Amathlus, Sohn des Ciianaan,
1 , 6 , 2 .
Amathus, jetzt Amäteh, Stadt in
Peraea , drei Stunden südlich
von Pella an der Ost6eite des
Jordan, IX, 10, 1 ; XVII, 10, 6;
XIII, 13, 3; XIV, 5, 4.
Ambivius, Marcus, Landpfleger
von Judaea, XVIII, 2, 2.
Amessas, Abesaloms Heerführer,
VII, 10, lff
Amintidab, Davids Bruder, VI,
8 , 1 .
Aminadab, Sauls Sohn. VI, 14, 7.
Aminadab, Levit, VI, 1,4; VII,
4.2.
Amitala, Joachaz’ Mutter, X, 5,2.
Ammanlter, die, Nachbarvolk der
Israeliten , dessen Wohnsitze
im Südosten von Palaestina
zwischen den Flüssen Arnon
(jetzt el Mojibj und dem oberen
Jabbok (jetzt ez-Zerka) durch
das 5 — 6 Meilen breite Gebiet
der Stämme Rubel und Gad
vom toten Meere und dem un-
teren Jordan getrennt waren.
Die Hauptstadt ihres Landes
war Rabbath- Ammon, das spä-
tere Philadelphia. Die Amma-
Go gle
684
Josephus’ Jüdische Altertümer.
niter verschwinden seit dem Ankyra, Stadt in Asien, ursprüng-
3. Jahrhundert aus der Ge- lieh zu Phrygien gehörig, später
schichte. 1,11,5; V, 7, 7; VI,! Hauptstadt von Galatien, Mittel -
5, lff. ; IX, 10, 3. j punkt der grossen Heerstrasse
Amman, Lots Sohn, Stammvater! von Byzanz nach Syrien, jetzt
der Ammaniter, 1,11,5. ! Angora oder Engürieh, XVI,
Ammonius, XIII, 4, 6. | 6, 2.
Amnon, Davids Sohn, VII, 1,4 ff. Anna, chananaeische Königsstadt,
Amoritis (Amoraea), das Land heute die Ruinen Tell-el-Hagar
der Amoriter, Ajnoräer oder! südöstlich von Beitin, V, 1, 15.
Amorrhäer, IV, 5, 1 f. ; 7, 3. j Anna, Samuels Mutter, V. 10, 2.
Grenzen des Landes IV, 5, 2. Annibas, Einwohner von Peraea,
Amorrhaeus, Sohn des Chanaan, XX, 1,1.
1,6,2. Anoeh, Sohn des Kais, 1,2,2.
Arnos, König zu Jerusalem, X, Anoeh, Sohn des Jared, 1,3,4.
3,2; 4,1. Anoeh, Sohn des Madian, 1,15.
Amraphel, assyrischer Heerführer, Anoeh, Sohn des Rubel, 11,7,4.
1,9. Anoeha, von Kais gegründete
Amyr, Phares’ Enkel, 11,7,4. Stadt, 1,2.2.
Anaeharis, assyrischer Feldherr, Antaens, 1, 15.
X, 1, 1. Antejus, Vater und Sohn, XIX,
Ananel, Hohepriester, XV, 2, 4; 1,15.
3, 1 ; 3, 3. Anthedon, s. Agrippias.
Ananias, Daniels Gefährte, X, Antigonus, einer der Diadochen,
10, lf. .. XII, 1,1.
Ananias, Ältester. XI, 4, 9. Antigonns, des Hyrkanus Sohn,
Ananias, Feldherr, XIII, 10,4; XIII, 10, 2f.
13, 1 f. Antigonns, des Aristobulus Sohn,
Ananias, jüdischer Kaufmann, XIV, 4, 5 ff.; 12, 1 ; XVII, 5, 2.
XX, 2, 3. Antiochia, Metropole Syriens, von
Ananias, Hohepriester, XX, 5, 2 ff. Seleukus Nikator erbaut, nach
Ananus, Hohepriester, XVIII, dem Hain Daphne auch den
2, 1 f . ; XIX, 6, 2; XX, 9,1. ! Beinamen Epidaphne führend,
Ananas, Centurio, XX, 6, 2. jetzt Antaki, XII, 9, 7 bis XIV,
Anathoth,Priesterstadt im Stamme 2,6; XVII, 2,1; 5,7; 11,1.
Benjamin auf der Heerstrasse, Antiochia Epimygdonia, die jetzt
die vom Norden Palaestinas Nisib heissende Hauptstadt der
nach Jerusalem führte, jetzt Provinz Mygdonia in Mesopo-
Anäta, ein kleines Dorf nord- ; tamien am Flusse Mvgdonius,
östlich von Jerusalem, X, 7, 3. XX, 3, 3.
Andreas, Befehlshaber der Leib- Antiochus II., mit dein Beinamen
wache des Ptolemaeus Philadel- „Gott“, Enkel des Seleukus,
phus, XII, 2, 2. XII, 3, 2.
Andromachns, Herodes’ des Antiochus III., der Grosse, XII,
Grossen Vertrauter, XVI, 8, 3. 3, 3 ff.
Andronikus, des Messalamus Sohn, Antiochus IV., Epiphanes , X,
XIII, 3,4. 11,7; XII, 4, 11 ff.; XV, 3, l.
Anilaeus, babylonischer Jude, Antiochus V., Eupator, XII,
XVIII, 9, lff. 7, 2 ff.
Go gle
Namenregister.
685 .
Antiochas TI., Alexander Balas’
Sohn, XIII, 5.1 ff.
Antiochus VII., Soter, XIII, 7, lff.
Antiochas VIII., Grypue, XIII,
9, 3 ff.
Antiochas IX. , von Kyzikos,
XIII, 10, lff.
Antiochas X., Eusebes, XIII, 8,2ff.
Antiochas XI. , Sohn des Antio-
chus Grypus, XIII, 13, 4.
Antiochas XII., XIII, 13, 4.
Antiochas, König von Komma-
gene, XIV, 15, 9
Antiochus, König von Komma-
gene, XVIII, 2, 5 ff.
Antiochus Epiphanes, Sohn des
Antiochus von Kommagene,
XIX, 9, 1; XX, 7, 1.
Antiochasthal, XIII, 15, 3.
Antipas, Herodes’ des Grossen
Sohn, XVII, 1, 3 ff.
Antipater, früher Antipas ge-
heissen, XIV, 1, 3 ff.
Antipater, Herodes’ des Grossen
Sohn, XVI, 2, 3 ff.
Antipater, Jasons Sohn, XIII, 5, 8.
Anti pater, Samariter, XVII, 4, 2.
Antipater, Phasaels Sohn, XVIII,
5, 4.
Antipater , Schwestersohn des
Herodes, XVII, 1,3; XVIII,
5, 4.
Antipater, Aeneas’ Sohn, XIV,
10 , 22 .
Antipatris, Stadt in Judaea, das
heutige Kefr-Saba am Ostrande
der Ebene Sarou, XIII, 15, 1;
XVI, 5, 2.
Antiphilus, Antipaters Freund,
XVII, 4, 2; 5, 7.
Antonia, des Drusus Gattin,
XVIII, 6, 1.
Antonia, des Claudius Tochter,
XX, 8, 1.
Antonia, Burg in Jerusalem,
XIII, 11, 2; XV, 8, 5; 11, 4;
XVIII, 4, 3.
Antonins, Gajus, Konsul, XIV,
4, 3.
Antonias , Lucius , Propraetor,
XIV, 10, 17.
Antonias , Lucius , Proquaestor,
XIV, 10.13
Antonius, Marcus, XIV, 5, 2 ff
Apame, Rabezaks Tochter, XI,
3, 5.
Apaniea, Hauptstadt der syrischen
Landschaft Apamene am Oron-
| te9, südlich von Antiochia, jetzt
I prächtige Ruinen zu Kalaat-
el-Medik im Paschalik Tara-
! blüs, XIII, 7, 2; XIV, 3, 2;
XV, 4, 2.
Apellaios, macedonischer Monats-
name, hebraeisch Tebeth (etwa
unser Dezember) XI, 5, 4
Apelles, Heerführer, XII, 6, 2.
Apheka, Stadt in Judaea, nord-
westlich von Jerusalem, das
heutige Fik, V, 11, I; VIII,
14, 4.
Apher, Sohn Abrams und der
Chetura, I, 15.
Apherima, Städtchen in Judaea,
nördlich von Jerusalem in der
Nähe von Bethel gelegen, nach
Robinson das heutige Et-Taiji-
beh. XIII, 4, 9
Aphra, von Apher gegründete
Stadt, 1, 15.
Apion, alexandrinischer Gelehrter,
XVIII, 8, 1.
Apobaterion, der Ort, wo Noe die
Arche verliess, I, 3, 5.
Apollo, Tempel des, XVII, 11, 1.
Apollodotus, Heerführer der Ga-
zäer, XIII, 13, 3.
Apollonia, Seestadt in Palaestina
zwischen Caesarea und Joppe,
jetzt ein verödetes Dorf Arsuf
etwa sechs Stunden von Jaffa,
XIII, 15, 4.
Apollonias, Statthalter von Sa-
maria unter Antiochus Epi-
phanes, XII, 5, 5.
Apollonias, Statthalter von Coe-
lesyrien unter Alexander Balas,
XIII, 4, 3f.
Go gle
686
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Apollonias , Alexanders Sohn,
XIII, 9, 2; XIV, 10, 22.
Aponius, Senator, XIX, 4, 5.
Apsanes, Richter, V, 7, 13.
Aquilas, einer der Mörder Cali-
gulas, XIX, 1, 14.
Aquileja, grosse, blühende und
stark befestigte Kolonie der
Römer in Venetia (Oberitalien),
jetzt ein Flecken Aglar oder
Aequileja in Friaul am Meer-
busen von Triest, XVI, 4, 1.
Araber, Arabien, I, 15; V, 6, 1 ;
XIV, 1, 4; 5, 1; 9, 1 ff.; XVII,
4, 1.
Aradaeus,Sohn des Chanaan,1, 6, 2.
Ar ad us , Inselstadt an der phoe-
nicischen Küste nördlich von
Tripolis, jetzt Ruad oder Ru-
weida, 1,6,2; XIII, 3, 4;
XIV, 12, 6.
Ar am, Aramtter, I, 6, 4.
Aramatha, Leviten- und Frei-
stadt im Stamme Gad , das
heutige Es-Szalt, VIII, 15, 8 ff.
Aran, des Tharrus Sohn, Lots
Vater, I, 6, 5.
Arases, König von Syrien und
Damaskus, IX, 12, lf.
Arbela, Dorf in Galilaea, jetzt
Irbid, XII, 11, 1; XIV, 15, 4.
ArchelaYs, Ort in Judaea, nahe
bei Phasaelis und Jericho, jetzt
el - Basallye , XVII , 13 , 1 ;
XVIII, 2, 2
Archelaus, kappadocischer König,
XVI, 1, 2 ff.
Archelaus, Herodes’ Sohn, XVII,
1, Sff.
Archelaus, Gatte der Berenike,
XIV, 6, 2.
Archelaus, Verwalter des Königs
Archelaus, XVII, 13, 2.
Arehelans. Julius, Sohn des Chel-
kias, XIX, 9, 1 ; XX, 7, 1.
Areios, lakedaemouischer König,
XII, 4, 10.
Aremmantus, babylonischer Fürst,
X, 8, 2.
Aretas, arabischer Fürst, XIII,
'13,3; XVI, 9, 4ff; XVIII,
5, lff.
Aretas, König von Coelesyrien,
XIII, 15, 2.
Arethusa, befestigte Stadt Syriens,
zwischen Epiphania und Emesa
im Lande der nomadischen
Araber, jetzt Rostan oder Re-
stun, XIV, 4, 4.
Ariel, Gads Sohn, 11,7,4.
Arien, persische Provinz, durch-
strömt vom Flusse Arius. heute
etwa Kohestan , Tejestan und
ein Theil von Khorasan, I, 6, 4.
Ariman, Asylstadt, IV, 7, 4.
Arion, Verwalter, XII, 4, 7.
Arioch, Befehlshaber der Leib-
wache des babylonischen Königs,
X, 10 3.
Aristaeus, XII, 2,2 f.
Aristobulus, Hyrkanus’ Sohn,
XIII, 10, 2.
Aristobulus , des Alexander Jan-
naeus Sohn, XIII, 16,1.
Aristobulus, Sohn des Alexander
und der Alexandra, XV, 2, 5 ff.
Aristobulus, Herodes’ Sohn, XV,
10, 1 ff
Aristobulus, Salomes Sohn, XVIII,
5,4.
Aristobulus, Bru derssohn A grippas
des Grossen, XX, 5, 2 ff.
Aristobulus, des Amyntas Sohn,
XIV, 10, 22.
Arlston, XIX, 8, 3.
Arius, Centurio, XVII, 10, 7.
Arke, phoenicische Stadt am
Fusse des Libanon, das heutige
Irkä, 1, 6, 2.
Arke, Stadt in Arabien, später
Petra genannt, 1 V , 4, 7. Arekeme
heisst die Stadt IV, 7, 1.
Armathou, Stadt, VIII, 12, 3.
Armenien, Gebirgsland in Asien,
wurde durch den Euphrat in
zwei ungleiche Teile, Armenia
major (jetzt Turkomanien und
Iran) und minor (jetzt Aladulie)
Go gle
Namenregister.
687
geteilt, 1, 3, 5; 6, 4; XVIII, 2, 4;
4, 4.
Arnon , der Fluss , welcher die
Nordgrenze Moabs gegen die
Amoriter, später gegen die
Israeliten bildete , jetzt Wadi
Mödjib, IV, 5, 1.
Arophaeus , Sohn des Maraiotb, ,
VIII, 1,3.
Arphaxades Sems Sohn, 1, 6, 4.
Arruntius, Evaristus, XIX, 1,18.
Arruntius, Paulus, XIX, l, 14.
Arsakes, partbischer König, XI 11,
5,11; 8,4. i
Arsakiden, die, XVIII, 2, 4.
Arsamus, arabisches Kastell, jetzt
unbekannt, XX, 4, 1.
Arsinoö, Gattin des Ptolemaeus
Philadelphus, XII, 2, 6.
Artabanus, König von Medien, I
XVIII, 2,4; 9, 3 ff.
Artabazes , armenischer König,
XV, 4, 3
Artaxerxes I., persischer König,
XI, 6, lff.
Artaxias, Sohn des parthischen
Königs Artabazes, XV, 4, 3.
Artemis! os, macedonischerMonats-
name, hebraeiscb Iar (etwa
unser Mai), VIII, 3, 1; XIV,
10, 25.
Arukaeus, Cbanaans Sohn, I, 6, 2.
Arura, Ort in Judaea, VI, 12, 4.
Arus, Flecken, wahrscheinlich in
Samaria, XVII, 10, 9.
Asabel, Benjamins Sohn, II, 7, 4.
Asagl, Davids Enkel, VII, 1,3.
Asanns, Sohn des Königs Abias,
VIII, 11, 3 ff.
Asaph und seine Söhne, XI, 4. 2.
Aschanaxes, Aschanaxer, 1, 6. 1 .
Aseneth , Josephs Gattin, 11,6,1.
Äser, Jakobs Sohn, I, 19, 7.
Asinaeus, babylonischer Jude,
XVIII, 9, lff
Asinius, Schriftsteller, XIV, 8, 3
Asinius PolIio 9 Gajue, Konsul,
XIV, 14. 5
Askalon, jetzt Askulan, Stadt in
Judaea , früher eine der fünf Phi-
listerstädte , V,l,22; VI, 1,2;
X 1 1, 4, 5 ; XVI, 8, 4 ; XVII, 1 1 , 5.
| Asmontter (Asamonäer), die, XIV,
! 16,4; XVII, 6, 3.
Asoehis, Stadt in Galilaea am See
Tiberias nahe bei Sepphoris,
; XIII, 12, 4.
Asophon 9 jetzt unbekannte Stadt
Galilaeas, XIII, 12, 5.
Asor, Stadt in der Nähe des Sees
Merom, V, 5, 1 ; 5, 4 ; 6, 1 ; XI II,
5, 7.
i Asphaltsee, der (das tote Meer)
j 1,9; XV, 6, 2; XVII, 6, 5.
Asphar, Cisterne, XIII, 1, 2.
Asprenas, Senator, XIX, 1, 13 ff
Assaeharoddas, assyrischer König,
Senacheribs Nachfolger, X, 1, 5.
Assaron, Bubels Sohn, 11,7,4.
Assaron 9 jüdisches Mass (etwa 2
Liter), 111,6,6; VIII, 3, 6.
Assor, Sems Sohn, 1,6,4.
Assuris, Dadans Sohn, 1, 15.
Assyrier, die, I, 6, 4; 9.
Astabarer, die, arabisches Volk,
1 , 6 , 2 .
Astaboras, Fluss in Aethiopien,
jetzt Takkazie und in seinem
unteren Lauf Atbara, II, 10, 2.
Astapus, Fluss in Aethiopien,
jetzt Abawi oder blauer Nil,
II, 10, 2.
Astarte, phoenicische Göttin, VII I,
5, 3.
Astyages, des Darius Vater, X,
11,4.
Athener, die, XIV, 8, 5.
Athenion . des Ptolemaeus Euer-
getes Freund, XII. 4, 3.
Atnone, arabische Stadt, jetzt un-
bekannt, XIV, 1,4.
Athronges, Hirt, XVII, 10, 7.
Augustus, römischer Caesar, XVI,
6,2 ; XVIII, 2, 2.
Auranitis, Landschaft jenseits des
Jordan in Peraea, jetzt. Hau-
r&n, östlich an Trachonitis,
nördlich an Ituraea, westlich
Go gle
688
Josephus’ Jüdische Altertümer.
an Gaulonitis grenzend , XV,
10, lf.; XVIII, 11, 4. 1
Auza, Stadt in Libyen, jetzt Sur
Guslan, VIII, 13, 2,
Axioram, Hohepriester, X, 8, 6,
Aza, ein jetzt unbekannter Berg
Palaestinas, XII. 11,2.
Aza£l, König von Syrien, VIII,
13,7.
Azarias, Hohepriester, IX, 10, 4 ;
X, 8, 6 ff.
Azarias, Prophet, VIII, 12, 2.
Azarias, Heerführer unter Judas
Makkabaeus, XII, 8, 6.
Azav, Nachors Sohn, 1, 6, 5.
Azeka, Stadt in der Niederung
des Stammes Judas, die heutige
Ruinenstätte Damum und
Sucho-Schuweikeh.VI, 9, 1 ; VIII,
10 , 1 .
Azizus, König von Emesa, XX,
7,1; 8,4.
Azot, Stadt in Judaea, einst zu
den fünf Philisterstädten ge-
hörig . stark befestigter Platz
an der aegyptisch - syrischen
Hauptstrasse, das heutige Esdud,
V, 1, 22; VI, 1,1; XIII, 4, 4f.:
XVII, 8,1; 11,5.
B.
Baal, tyrischer Gott, IX, 6, 6.
Baalis , König der Ammaniter, X,
9 2 f
Babas, XV, 7, 10.
Babel, Bedeutung des Wortes I,
4. 3.
Babylon, Stadt in Chaldaea (Bäb-
ilu = Thor Gottes), 1, 4, 3 ; X,
2,2; 11, lf.; XVIII, 9,1.
Babylon, festes Kastell in Unter-
aegypten, dessen Trümmer noch
jetzt Baboul heissen, II, 15, 1.
Bachures, Ort im Stamme Ben-
jamin, nordöstlich von Jerusa-
lem auf dem Wege zwischen
dem Ölberg und dem Jordan
gelegen, VII, 9, 7.
Bad , jüdisches Mass , VIII , 2, 9 ;
3, 5.
Badakrns, Feldherr der Juden,
IX, 6, 3.
Bagathous, XI, 6, 4.
Bagoses, Feldherr unter Arta-
xerxes, XI, 7, 1.
Bajae, Stadt in Campanien. das
heutige Kastell Baja, XVIII,
7,2.
Bakchides, syrischer Heerführer,
XII, 10, 2; 10,11; XIII, 1, 1;
1 , 6 .
Baktrianer, die, 1,6,4.
Baladas, babylonischer König, X,
2 2
Balak, Moabiterkönig, IV, 6, 2 ff.
Balam, Seher, IV, 6, 2 ff.
Balener, die, 1,9.
Baleth, Stadt im Stamme Dan,
von Solomon gegründet, VIII,
6 , 1 .
Balla, Jakobs Beischläferin, I,
19, 7.
Bailas, sodomitischer König, J, 9.
Baltasar , babylonischer König,
X, 11, 2 ff.
Baltasar, s. Daniel.
Banajas, Sohn des Joadas, Be-
fehlshaber der Leibwache Davids,
VII, 5,4; 11,8; 12,4.
Banajas, Sohn des Achilus, Statt-
halter Solomons, VIII, 2, 3.
Banakates, Statthalter Solomons,
VIII. 2, 3.
Banaothas, VII, 2, 1.
Baraehias, IX, 12, 2.
Barak, Richter, V, 5, 2 f.
Baris, Äsers Sohn, 11,7,4.
Baris , Berg in Armenien , wohl
der heutige Ararat, I, 3, 6.
Baris, Burg in Jerusalem, von
Herodes Antonia genannt, XV,
11,4.
Barnabazus, XI, 6, 4.
Barsas, Sodom iterkönig, I, 9.
Barsnbe (Bersaba) , Stadt im
Stamme Simeon , südlich von
Hebron, äusserster Grenzpunkt
Namenregister.
689
Palaestinas gegen Idumaea, | Berenike, des Aristobulus Gattin,
heute Bir-es-Seba, VI, 3, 2. i XVI, 1,2 ff.
Baruch, Prophet, X, 6, 2 f. Berenike , Tochter des Julius
Barzapharnes, parthischer Satrap, Archelaus, XX, 7, 1.
XIV, 8, 8 ff. ; XX, 10, 1. Berenike, Stadt am aelanitischen
Basanes, König der Israeliten, Arme des Arabischen Meer-
VIII, 11, 4f. busens, auch Gasiongabel bei
Basaöl, Baumeister, 111,6,1. Josephus und sonst Ezeongeber
Basemmatha, Esaus Weib, I, genannt, VIII, 6, 4.
18,9. Berenikianus, Sohn Hei ödes’, des
Basima, Solomons Tochter, VIII, Bruders Agrippas, XX, 5,2.
2, 8. Beroea, Stadt in der Landschaft
Baska, Stadt in Gilead , XIII, Syria Kyrrhestica zwischen
5,6. Hierapolis und Antiochia, am
Bassus, Caecilius, XIV, 11,1 f. I Flusse Chalos, jetzt Haleb oder
Batanaea, der nördliche Teil des j Aleppo, XII, 9, 7; XIII, 14,8;
Ostjordan landes, welch letzteres, | XX, 10, 1.-
aus Gilead und Batanaea be- j Berosus, chaldaeischer Geschicht-
stehend , vom Arnon bis zum Schreiber, 1,3,6; 3,9; 7,2; X,
Hermon reichte. Zur Zeit der 1,4; 2,2; 11,1.
Einwanderung der Israeliten Berotiia, Stadt im oberen Gali-
umfasste es die beiden amori- laea, nach Robinson das heutige
tischen Reiche der Könige Og l;orf Bereitan, V, 1, 18.
zu ßasan und Sihon zu Hes- Bersuba, Brunnen in Gerara, I,
bon. Nach dem Exil zerfiel es 12, l.
in Batanaea, Auranitis, Tracho- Bersubee» dasselbe wie Barsube
nitis und Gaulonitis. Batanaea (s. d.), VW, 13, 7.
heisst jetzt el Botthin. IX, 8,1; Berytus, Stadt, in Plioenieien,
XII, 3, 3; XV, 10,1; XVII, 2,1; jetzt Beirut, XVI, 11,2; XVII,
8,1. 10,9; XIX, 7, 5; XX, 9, 4.
Bathuel, Nachors Sohn, 1, 6, 5. Berzelaeus, ein vornehmer Gala-
Bathuel, Rebekkas Vater, 1, 16, 2. diter, VII, 9, 8.
Bathy llus, Antipaters Freigelasse- Beseleöl, Architekt, 111,8,4.
ner, XVII, 4, 3. Besira, Stadt in Südpalaestina,
Bathyra , Flecken in Batanaea, VII, 1, 5.
jetzt el Bethirra, XVII, 2, 2. Bethalaga, Stadt in Palaestina,
Beersabe, des Urias Weib, VII, Grenzort zwischen den Stämmen
7, lff. ; VIII, 1,2. Judas und Benjamin, das
Belsepbon, aegyptische Stadt, am heutige Ain Hadschla in der
Roten Meere gelegen (s. Ebers, Nähe von er-Riha (Jericho],
Durch Gosen zum Sinai , S. 98, XIII, 1, 5.
510 ff.), 11,15,1. Betharamphtha , altamoritische
Belsephon , Stadt im Stamme Stadt im Jordanthal , jetzt die
Ephraim, VII, 8, 2. Ruinenstätte Rämeh, XVIII, 2,1.
Bel, tyrischer Gott. VIII, 13, 1. Bethoron, Bethchora VIII, 6, 1,
BeLsemus, Perser, XI, 2, 2. Bethora V, 1, 17, Stadt in
Benjamin, Jakobs Sohn, 1,21, 3ff. Judaea, heute Beit-Urel-F6ka
Berenike, Agrippas des Grossen und ß.-U. Tachta, XII, 7,1;
Tochter, XVIII, 5, 4ff. JO, 5; XIII, 1, 3.
Joaephus’ Jüdische Altertümer, II.
44
690
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Bethel , alte Stadt im Gebirge
Ephraim, an der nach Sichern
führenden Strasse, südlich von
Silo, das heutige Beitin, 1,19,2;
21,2; V, 1,22; VIII, 8, 4; 11,3.
Betheia, dasselbe wie Bethel,
XIII, 1,8.
Bethleßm, jetzt Beit-Lahem (Brot-
haus), grosses, volkreiches Dorf
zwei Stunden südlich von Jeru-
salem, V, 2, 8; 7,13; 9,2; VI,
8,1; VII, 1,3; VIII, 10, 1.
Bethoma, dieselbe Stadt wie
Bemeselis (Jüd. Krieg I, 4, 6),
Lage unbekannt, XIII, 14, 2
Bethsaida, Flecken in Galilaea,
nicht zu verwechseln mit dem
westlich vom See Tiber ias ge-
legenen Bethsaida, XVIII, 2, 1.
Bethsama, Priesterstadt auf der
Grenze der Stämme Judas und
Dan, jetzt das arabische Dorf
‘Ain Scheins im Thale des
Wady es Surär, VI, 1, 3.
Bethsuna, s. Skythopolis.
Bethsemera, IX, 9,1, s. Bethoron.
Bethsura, Stadt auf dem Gebirge
Judas, das heutige Beit Sür,
drei deutsche Meilen südlich
von Jerusalem auf dem Wege
nach Hebron, VIII, 10, 1 ; XII,
7, 5 ff.; XIII, 5, 6.
Bethzacharia , Stadt zwischen
Jerusalem und Bethsura, drei-
undeinehalbe Stunde von letz-
terem, das heutige Beit Zakä-
rieh, XII, 9, 4.
Bethzetho, Flecken in Judaea,
Lage unbekannt, XII, 10, 2.
Bettaea, Stadt des Königs Adra-
zar von Sophene, VII, 5, 3.
Bezeka, chananaeische Stadt in
Nordpalaestina, nicht weit von
dem jenseits des Jordan ge-
legenen Jabes entfernt, heute
unbekannt, V, 2, 2.
Boaz, Namen einer Tempelsäule,
VIII, 3, 4.
Boaz, Ruths Gatte, V, 9, 2 ff.
Bobelon , Feldherr des Perser-
königs Darius, XI, 4, 9.
Bochorlas, des Sabaeus Vater,
VII, 11, 6.
Boeotos, Archont, XIV, 10, 14.
Bo£thos, Simons Vater, XV, 9, 3 ;
XVII, 4, 2; XIX, 6, 2.
Boöthos , Joazars Vater, XVII,
13, 1.
Bokkias, VIII, 1,3.
Boskethi , Ort in der Ebene des
Stammes Judas, Lage unbe-
kannt, X, 4, 1.
Bosora, feste Stadt in Galaditis,
IV, 7,4; XII, 8, 3.
Bosporus, der, heute die Strasse
von Konstantinopel, XVI, 2, 2.
Botrys , Stadt in Phoenicien am
Meere, jetzt Batrün, VIII, 13, 2.
Britanniens, XX, 8, 1 f.
Brocchus, Senator, XIX, 3, 4.
Brundusium, Stadt in Calabrien
am Adriatischen Meere, jetzt
Brindisi, XIV, 14, 3.
Brutus , der Mörder Julius Cae-
sars, XIV, 11,1; XIX, 2, 2.
Buhastis, die aegyptische Feld-
göttin, XIII, 3,2.
Burrus, Neros Erzieher und Ge-
heimsekretär, XX, 8, 2 ff.
Byzantium, das heutige Stambul
(Konstantinopel), XVI, 2, 2.
c.
Caesar, Julius, XIV, 7, 4ff.
Caesar Octavianus Augustns,
XV, 5,1 ff.
Caesarea am Meere, jetzt Kai-
sariye, ein Trümmerhaufen, auf
dem nur wenige Araber wohnen,
XIII, 11, 2; XV, 8, 5; 9,6;
XVI, 5,1; XVII, 9, 5; XIX,
9, 1 ; XX, 8, 9.
Caesarea Philipp!, von Agrippa
Neronias genannt, jetzt aas
Dorf B&nias, XVIII, 2, 1; XX,
9, 4.
Namenregister.
691
Caesonia, Caligulas Gattin, XIX,
2.4.
Callistus, Caligulas Frei gelassener,
XIX,], 10.
Campanien, XVII, 7, 2; XIX, 1, 1.
Caninius Gallus , Konsul, XIV,
16. 4.
Capreae (Capri), Insel im Tyrrhe-
nischen Meere, XVIII, 6, 4f.
Carus, Herodes’ des Grossen Page,
XVII, 2,4.
Cassius, der Mörder Julius Cae-
sars, XIV, 7, 3.
Cassius Longinus, Statthalter von
Syrien, XV, 11, 4; XX, 1, 1.
Celer, Tribun, XX, 6, 2f.
Celadus, Freigelassener des Au-
gustus, XVII, 12, 2.
Chabalon, Distrikt von zwanzig
Städten, welche Solomon dem
tyrischen König Hiram schenkte,
VIII, 5, 3.
Chabarzaba, dasselbe wie Anti-
patris (s. d.), XIII, 5, 1.
Chaerea, Cassius, der Leiter der
gegen Caligula gestifteten Ver-
schwörung, XIX, 1 , 1 ff.
Chalkis , Stadt in Syrien , am
Libanon auf dem Wege von
Damaskus nach Beirut gelegen,
jetzt 'Andjar, XIV, 7, 4; XIX,
5,1.
Chaldäer 9 die, von Arphaxades
abstammend, 1,6,4.
Chaleb, V,2,8.
Chamas, Noes Sohn, 1, 4, 1 ff.
Chanaan, Sems Sohn, 1, 6, 2.
Chananaea, 1,6, 2 ff
Chanaeae, Priester im Gegensatz
zum Hohepriester, 111,7,1.
Chapsaeus, des Judas Vater,
XIII, 5, 7.
Charmis, Rubels Sohn, 11,7,4.
Charou 9 der Fährmann der Unter-
welt, XIX, 9, 1.
Charra, Stadt in Mesopotamien,
1,6,5; 9,3; 16,1.
Chasphoma, galaditische Stadt,
XII, 8,3.
Charehamesa , feste Stadt am
Euphrat, jetzt Kirkesia, X,6, 1.
Chebron, jetzt Hebron, Stadt im
Gebiete des Stammes Judas,
von den Arabern el-Chalil —
Freund Gottes genannt, 1,8,3;
22; V, 1,24; VII, 1,2; VIII,
10,1; XII, 8, 6.
Cheiramos , tyrischer Künstler,
VIII, 3,4.
Chelkias , jüdischer Feldherr der
Kleopatra, XIII, 10, 4; 13,1.
Chelkias, XIX, 9, 1.
Chellion, Sohn des Elimelech,
V, 9, 1.
Chephthorim , Mestraims Sohn,
1, 6, 2.
Chesloem, Mestraims Sohn, 1,6, 2.
Chethomene 9 priesterliches Ge-
wandstück, III, 7, 2.
Chetim, 1, 6. 1.
Chetima (Cypern), Insel, I, 6, 1.
Chetimus , des Jovanus Sohn, I,
6 , 1 .
Chettaeus, Chanaans Sohn, I, 6, 2.
Chetura, Abrams Weib, I, 15.
Chidons Tenne, VII, 4, 2.
Chios, die bekannte Insel im
Aegaeischen Meer, XVI, 2, 2.
Chodollamor , assyrischer Heer-
führer, I, 9.
Chodad, Ismaels Sohn, 1, 12, 4.
Choö, attisches Mass, III, 8, 3.
Chosbia, des Zambrias Weib. IV,
6 , 10 .
Christen, die, XVIII, 3,3.
Christus, s. Jesus.
Chus, des Chamas Sohn, I, 6. 2.
Chusäer, die, I, 6, 2.
Chusartes, Assyrierkönig, V, 3, 2f.
Chusi, Davids Freund, VII,
9, 2 ff.
Chuth , Gegend und Fluss in
Persien, IX, 14, 1 u. 3.
Chuthäer, von den Griechen Sa-
mariter genannt , IX, 14, 3 ; X.
9, 7.
Cicero, Marcus Tullius, Konsul,
XIV, 4, 3.
44 *
692 Josephus’ Jüdische Altertümer.
Gilden, früher Tharsus genannt, j Cornelius Faust ns, XIV, 4, 4.
1, 6, 1 ; XIII, 3, 4; XVII, 5, 1 : Cornelius Gaju?, Quaestor, XIV,
XVII 1,5, 4. 10,10.
Ciltcier-Schlucht, an den Grenzen Cornelius Lentulus, Konsul, XIV,
der Moabiter gelegen, der Eng- 10,14.
pass zwischen Tyana und Tar- Cornelius Longinus, XIV, 10, 19.
sus, durch welche Alexander Cornelius Sabinus, XIX, 1, 7 f.
der Grosse aus Kappadocien Cornelius, Cerons Sohn, XX, 1, 2.
eindrang, jetzt der Pass Ramo- j Crassus, römischer Feldherr, XIV,
sanogli, XIII, 15, 4. j 6,4ff.
Cinnamus, XX. 3, 2. | Crustuminische Tribus, die, XIV,
Cireensisehe Spiele, XIX, 1,4. 10,3; 10,19.
Claudius, römischer Caesar, III, Cumanus, Landpfleger von Judaea,
15,3; XV, 11,4; XIX, 1,2 ff. XX,5,2ff.
Clemens, Tribun, XIX, 1, 6; 1, 19. ! Cuspius Fadus, Landpfleger von
Cluslus Gallus, Publius, XIV, j Judaea, XIX, 9, 2 ff.
10, 19. ! Cypern, die grosse Insel des
CIuvlus, Senator, XIX, 1,13. ! Mittelmeeres, XVII, 12, 2.
Coelesyrien. Mit diesem Namen I Cjtus, König der Perser, XI,
bezeichneten die Griechen ei- j 1,1 ff.; XV, 11,1.
gentlich nur das von dem
Flusse Leontes durchströrate
lange syrische Thal zwischen J) #
Libanon undAntilibanon. Später
ward der Name auf das ganze * Dadau, Sus Sohn, 1, 15.
östlich angrenzende ebene Land Dagon , Gott der Philister, VI,
ausgedehnt. In der Zeit der j 1, 1; XIII, 4, 4.
Seleukiden war Coelesyrien das ' Dagon, Festung in Judaea nahe
Leontesthai, dazu das Oroutes- j bei Jericho, XIII, 8, 1
tlial bis gegen Emesa. Seit ' Daher, die , skytbisches Volk an
den Ptolemäern (etwa seit 192 j der Ostküste des Kaspischen
v. Chr.), die einen grossen Teil | Meeres im heutigen Dahesthän,
Syriens au sich gebracht hatten, | XVIII, 4, 4; X3^4,2.
dehnte man den Namen auf das Daisios, macedonischer Monats-
gesamte südliche Syrien mit ( name (etwa unser Juni), XIV,
Einschluss von Phoenicien und 10, 22.
Palaestina aus. Die Römer ! Daker, die, Bewohner von Dakien,
trennten Phoenicien und Judaea XVIII, 1, 5.
wieder von Coelesyrien, zu dem Dulila, Samsons Geliebte, V,
jedoch Ituraea, Maacha und' 8,11.
Trachonitis gehörten. Josephus Damaskus, eine der ältesten
rechnet zu Syrien die Dekapolis Städte Syriens, jetzt esch-
mit Einschluss von Skythopolis Schäm oder Dimischek, 1,6,4;
sowie das ganze Ostjordanland. IX, 12, «>; XIV, 2, 3; XVIII,
X, 9. 7 ; XII, 3, 3. 6, 3.
Collinische Tribus, die, XIV, 8 , 5; ! Dan, Jakobs Sohn , I, 19, 7 ; II,
10,9. 7,4; V, 1,22.
Coponius, Landpfleger von Judaea, Dan, Ort bei den Quellen des
XVIII, 1,1; 2,2. i Jordan, VIII, 8, 4.
Go gle
Namenregister.
693
Dana oder Dan, nördlichste Grenz- ' Demetrius , des Andromachus
Stadt Palaestinas im Gebiet des J Sohn, XVI, 8 , 3.
Stammes Nephthali, jetzt Teil- 1 Demetrius, Freigelassener des
el - Kadi = Richterhügel, V. ' Pompejus, XIV, 4, 4.
3,1; VIII, 12,4. ; Demetrius, Gemahl der Mariamne,
Daniel, Davids Solm, VII, 1,4 j XX, 7,3
Daniel, Prophet, von Nabucho- ! Demoteles, Lakedaemonier, XII,
donosor Baltasar genannt, X, 4, 10; XIII, 5, 8.
10, lff. Didor, Herkules’ Sohn, 1,15.
Daphne, die jenseits des Orontes j Diglath (Tigris), I, 1, 3.
gelegene Vorstadt Antiochias, | Dikaearchia (Puteoli) , XVII,
welches deshalb den Beinamen 12,1; XVIII, 7, 2.
Epidaphne hatte, sowie der zu
ihr gehörige, schöne und quellen-
reiche Hain, XIV, 13, 1 ; 15, 1 1 ;
XVII, 2,1.
Dardanus, VIII, 2, 5. ^
Dareikos, persische Goldmünze,
111 , 8 , 10 .
Darius, des Hystaspes Sohn, me-
discher König, X, 11, 2 ff.; XI,
8, lff.; XV, 11,1.
Darius III., Perserkönig, XI, 8, 1 ;
8, 3.
Darius, des Partherkönigs Arta-
bauus Sohn, XVIII, 4, 5.
Datliam, IV, 2, 2 ff.
Dathema, Festung in Palaestina,
nach Ewald das heutige von
Burkhardt aufgefundene Dama,
XII, 8, 1.
David, Jesses Sohn , VI, 8, 1 bis
VII, 5, 13.
Debora, Seherin, V, 5, 2.
Deklas, Juktas’ Sohn, 1,6,4.
Dellius, des Antonius Freund,
XIV, 15, 1 ; XV, 2, 6.
Delos , Insel der Kykladen des
Archipelagus, XIV, 10, 8.
Demaiuetos, XIII, 12, 3.
Demetrius I., des Seleukus Sohn,
XII, 10, 1 ff.
Demetrius II., Nikator, XIII,
4, 3 ff.
Demetrius III,, Eukaerus, XIII,
13, 4 ff.
Demetrius Phalereus, Oberbiblio-
thekar des Königs Ptolemaeus
Philadelphus, XIl, 2, 1 f.
Dina, Jakobs Tochter, I, 19, 8;
i 21 , 1 .
Diodorus, 'Jasons Sohn, XIII, 9, 2.
i Diodotus, XIII, 5, 1.
! Diogenes, XIII, 16, 2 .
Dioklerus, Statthalter Solomons,
I VIII, 2, 3.
Dioklcs, Geschichtschreiber, X,
n,i.
Dion, Stadt in Syrien unweit
; Pella, XIII, 15, 3; XIV, 4, 2.
' Dion , Stadt in Macedonien am
1 Sinus Tliermaicus , jetzt (nach
Kruse) Katrina, XI, 8, 5.
Dionysius von Tripolis, XIV, 3, 2.
Dionysius, des Asklepiades Sohn,
i XIV, 8, 5.
Dionysius, des Dionysius Sohn,
XIV, 8,' 5.
Dionysius von Halikarnass, Ge-
schichtschreiber, VII 1,6, 2.
Diophantus , Schreiber Herodes’
i des Grossen. XVI, 4, 10.
Dios, Geschichtschreiber, VIII,
5, 3.
Dios, macedonischer Monatsname,
liebracisch Marsuane (etwa unser
Oktober), 1,3,3.
Dodias, Eleazars Vater. VII, 12, 4.
Dock, Sauls Diener, VI, 12, 1;
12, 4.
Dolabella, Publius, Konsul, XIV,
lü. Off.
Domitianus , römischer Caesar,
XX, 11,2.
Domitius Calvinus, Konsul. XIV.
4, 5.
Go gle
694
Joseph us’ Jüdische Altertümer.
Domitius Ahenobarbus, XX, 8, 1.
Dora, Seestadt auf einer Art
Halbinsel am Ftisse des Kar-
mel in Palaestina, nördlich von
Caesarea, heute ein elendes
Dorf Tantura, V, 1,22; XIII,
7,2; XIX, 6, 8.
Doran, XX, 8, 5.
Doris , Herodes’ des Grossen
Gattin, XIV, 12,1; XVII, 4, 2.
Dorotheus , Beamter des Ptole-
maeus Philadelphus, XII, 2.12.
Dorotheus, Nathanaels Sohn, XX,
1 , 2 .
Dortus, vornehmer Jude, XX, 6, 2.
Dositheus, Simons Vater, XIII,
9, 2.
Dositheus, Alexandriner, XIV,
10, 18.
Dositheus, des Hyrkanus Diener,
XV, 6 2.
Dothaim, Stadt in Palaestina an
der Karawanenstrasse von
Aegypten nach Gilead, nicht
weit von Sichern in der Nähe
der Ebene Jezreel an einem
Engpass gelegen , heute ein
grüner Hügel Teil Dothan mit
alten Trümmerresten, IX, 4, 3.
Drusilla, Agrippas des Grossen
Tochter. XVIII, 5, 4ff.
Br usus, Stiefsohn des Augustus,
XV, 9, 6.
Drusus, des Tiberius Sohn, XVI II,
6, 1 ft*.
Drusus , Agrippas des Grossen
Sohn, XVIII, 5, 4.
Drususturm, der Turm am Hafen-
damm von Caesarea, welcher
Drusus, dem Stiefsohn des
Augustus, zu Ehren benannt
wurde, XV, 9, 6.
Drymoi, fester Platz in Phoeni-
cien nahe beim Karmel, XIV,
13, 3.
Dystros, macedonischer Monats-
name , hebraeisch Adar (etwa j
unser März), IV, 8, 49.
E.
Ebal, Juktas’ Sohn, I, 6, 4.
Eban, Davids Sohn, VII, 3, 3.
Ebidas, Madians Sohn, 1, 15.
Echarampsaris , babylonischer
Fürst, X, 8, 2.
Ednaeus, VIII, 15, 2.
Edoram, Juktas’ Sohn. 1,6,4.
Eglon, moabitischer König, V,
4, 1.
Ehud, Richter, V, 4, 2 f.
Eiraös, Juktas’ Sohn, 1,6,4.
Ekbatana, Hauptstadt Mediens,
zwölf Stadien vom Berge
^ Orontes, dem heutigen Hama-
dan entsprechend, X, 11,7; XI,
4, 6.
Ekdipus (Aktipus), Seestadt in
der Ebene von Akko, das heu-
tige Zib, V, 1, 22.
Elam, Sems Sohn, 1, 6, 4.
Elan, Sohn des Königs Basanes,
VIII, 12, 4.
Elaeusa, Insel an der Küste von
Cilicien, XVI, 4, 6.
Eldas, Madians 8ohn, 1, 1 5.
Eleazar, Moyses’ Sohn, 11,13, 1.
Eleazar, Aarons Sohn, III, 8, 1 ;
IV, 3, 4.
| Eleazar, des Dodias Sohn , VII,
i 12, 4.
Eleazar, Hohepriester, Vorwort 3,
XII, 2, 5f.
Eleazar, des Mattathias Sohn,
Auran zubenannt, XII, 6,1.
Eleazar, Pharisäer. XIII, 10, 5f.
Eleazar, Tempelschatzmeister,
XIV, 7,1; XX, 9, 3.
Eleazar, Joazars Bruder. XVII,
13.1.
Eleazar, des Ananus Sohn, XVIII,
2 , 2 .
Eleazar, ein Riese, XVIII, 4, 5.
Eleazar, peraeischer Jude, XX,
1 . 1 .
Eleazar, galilaeischer Jude, XX>
2, 4.
Namenregister.
Eleazar, des Dinaeus Sohn, Räuber,
XX, 6, 1.
Eleazar, Zauberer, VIII, 2, 5.
Eleon, Richter, V, 7, 14.
Eleusinisches Fest, XIV, 8, 5.
Elentherus, Grenzfluss von Sy-
rien und Phoenicien, entspringt
auf dem Libanon und mündet
zwischen Antaradus und Tri-
polis ins Meer, jetzt Nähr el
Kebir, XIII, 4, 5 ; 5, 10; XV,
4,1.
Eli, Hohepriester, V, 9, 1 ff.
,EHab, Architekt, III, 8, 4.
Eliakias, Hohepriester, X, 4, 1 f.
Eliakim, X, 1, 2; 5, 2.
Elias, Prophet, VIII, 13, 4 ff.
Eliasib, Hohepriester, XI, 5, 4.
Ellen, Davids Sohn, VII, 3, 3.
Elimelech, V, 9, 1.
Elionaeus, des Simon Kantheras
Sohn, Hohepriester, XIX, 8, 1.
Eliphale, Davids Sohn, VII, 3, 3.
Eliphaz, Esaus Sohn, II, 1, 2.
Elis, Ort in Arabien, III, 1,3.
Elissaeus. Prophet, VIII, 13, 7;
IX, 3, 1 ff
Elissaeus, Priester, XII, 2, 12.
Elkas, IX, 12, 1.
Elkan, Levit, V, 10, 2.
Elkias, Hohepriester, X, 8, 6.
Elmodad, Juttas’ Sohn, I, 6, 4.
Elom, Levitenstadt im Stamme
Dan, VIII, 10, 1.
Elon, Zabulons Sohn, II, 7,4.
Elpis, Herodes’ des Grossen
Gattin, XVII, 1, 3.
Elulaeus , tvrischer König , IX,
14, 2.
ElymaYs, Landschaft zwischen
Persis und Susiana, benannt
nach dem Räubervolke der
Elymäer. Eine Stadt Elymais
ist unbekannt. XII, 9,1.
Elysas, Jovans Sohn, I, 6, 1.
Emalsema, des Amos Mutter, X,
3. 2
Emaon, VIII, 2, 5.
Emesa, Stadt in Syria Apamene,
jetzt Hems oder Höms, XVIII,
5,4; XIX, 8,1; XX, 7,1; 8,4.
Emian, Priestergürtel, 111,7,2.
Emma, Stadt in Palaestina, die
heutige Ruinenstelle Main süd-
östlich von Hebron, VI, 13,6,
Emmaus, Stadt im Westen von
Jerusalem in der Ebene Sche-
phela, jetzt Amwäs, XIII, 1,3;
XIV, 11,2; XVII, 10,7; 10,9.
Emmor, König von Sichern, I,
21 , 1 .
Emmis, Davids Sohn, VII, 3, 3
Endor, kleine, ursprünglich phi-
listaeische Stadt in der Ebene
JezreelimStammgebiete Isachar,
aber der Westhälfte des Stammes
Manasses zugeteilt, in der Nähe
von Skythopolis, das heutige
Endur oder Hondurah an der
Nordseite des kleinen Hermon,
VI, 14, 2.
Engaddi (Engedain) , Stadt in
Südpalaestina, in der Wüste
des Stammes Judas, am Ufer
des toten Meeres, jetzt 'Ain Jidy
(Dschidi), VI, 13, 4; IX. 1, 2.
Ennaphen, Davids Sohn, VII, 3,3.
Enner , Abrams Kriegsgefährte,
1 , 10 , 2 .
Enos, Seths Sohn, 1, 3, 2.
Epaphrodltns, des Flavius Jo-
sephus Freund, Vorwort 2.
Ephas, Madians Sohn, I, 15.
Ephesus, berühmte, kleinasiatische
Griechenstadt Ioniens, an der
Mündung des lydischen Stromes
Kaystros, heute das türkische
Dorf Ajasoluk, XVI, 2, 2; 6, 4.
Ephorus, Geschichtschreiber, 1,3,9.
Ephraim, Josephs Sohn, II, 6, lff.
EphraYm aus Chebron, 1, 14.
Ephran, Stadt im Stammgebiete
Manasses, Geburtsort Gedeons,
V, 6, 7.
Ephrata, I, 21, 3.
Ephron , grosse und feste Stadt
im ostjordanischen Gebiete des
Stammes Manasses, XII, 8, 5
Go gle
696
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Ephud , hohepriesterliches Ge-
wandstück, 111,7,5.
Epikrates, syrischer Heerführer,
XIII, 10, 2.
Epiknrfler, die, XIX, 1,5.
Epiphania, s. oben Amatha, I,
6 , 2 .
Erikas, IX, 12, 1.
Eroge, Flecken in Judaea nahe
bei Jerusalem, IX, 10, 4.
Eroedes, Gads Sohn, II, 7, 4.
Eron, Holzart, III, 6, 5.
Esal'as, Prophet, X, 1, 8 ff.
Esau, Isaks Sohn, 1, 18, lff.
Escholes, Abrams Kriegsgefährte,
1 , 10 , 2 .
Esdras, Hohepriester, XI, 5, lff.
Esebeon , Esaus Schwiegervater,
1, 18, 4.
Esermotli , Ort in Arabien,
III, 13.
Eskon, „der Brunnen des Streites“,
1, 18, 2.
Esron, des Phares Enkel, 11,7,4.
Essn, syrische Stadt, XIII, 15, 3.
Essebou , Essebonitis, Chesbon,
Stadt im südlichen Teile des
Ostjordanlandes gegenüber von
Jericho, XIII, 15, 4.
Esseues , hohepriesterliches Ge-
wandstück, III, 7, 5.
Essener, die, Sekte der Juden,
XIII, 5, 9; XV, 10, 4f. ; XVIII,
1, 2ff.
Esther, XI, 6, 2 ff.
Etante, Stadt in Judaea, VIII,
10 , 1 .
Etliam (wohl dasselbe wie Etame),
Ort in der Nähe von Jerusalem,
VIII, 7, 3.
Ethan, jüdischer Weiser, VIII, 2, 5.
Ethi, Davids Freund, VI 1, 10, 1.
Eukles, XIV, 8, 5.
Euphemos, XIV, 10, 25.
Euphrat, 1, 1,3; X, 6, 1.
Eupolemos, des Joannes Sohn,
XII, 10, 6.
Eurykles, Lakedaemonier , XVI,
10 , 1 .
Eutychus, Freigelassener Agrippas
des Grossen, XV 111, 6, 5 ff.
Eutychus, Stallmeister des Caesars
Gajus, XIX, 4, 4.
Eva, Adams Gattin, 1,1, 2 ff.
Evaratus, XVI, 10, 2.
Evilüer, die, 1,6,2.
Evilas, Sohn des Chus, I, 6, 2.
Evilates, des Juktas Sohn, I, 6, 4.
Evodus, Freigelassener des Tibe-
rius, XVIII, 6, 8f.
Ezechias, Räuberhauptmann, XIV,
9,2; XVII, 10,5.
Ezekias, König der Juden, IX,
12, 3 ff.
F.
Fabatus , Statthalter in Arabien,
XVII, 3, 2.
Fabius, Kommandant von Da-
maskus, XIV, 11, 7.
Fabius, Centurio, XIV, 4, 4; 12, 1.
Fannius, Praetor, XIII, 9, 2.
Fannius, Propraetor, XIV, 10, 13.
Faun i us , Gajus, Konsul, XIV,
10, 15.
Faust us, Cornelius, Sullas Sohn,
XIV, 4, 4.
Felix, Landpfleger von Judaea,
XX, 7, lff
Flaccus, Statthalter von Syrien,
XVIII, 6, 2f.
Flavins, XIV, 10, 10 ; XVI, 6, 5.
Florus, Gessius, Landpfleger von
Judaea, XIX, 9, 2; XX, 9, 5 ff.
Fortunatus, Agrippas des Grossen
Freigelassener, XVIII, 7, 2.
Fulvia, edle Dame, XVIII, 3, 4.
Furius, Centurio, XIV, 4, 4.
G.
Gaal, Stammeshäuptling, V, 7, 3.
Gaamus, Nachors Sohn, 1,6, 5.
Gaba, Levitenstadt im Stamme
Benjamin, das heutige Dscheba
nördlich von Jerusalem, V, 2, 8 ;
VI, 8, l; VIII, 12,4.
Go gle
Namenregister.
697
Gaba, Stadt in Galilaea, die
Reiterstadt genannt, weil des
Herodes ausgediente Reiter sich
hier angesiedelt hatten (Jüd.
• Krieg 111,3, l), XV, 8, 5.
Gabala, Stadt an der Küste von
Syria Seleukis, jetzt Djebili,
XIII, 15, 4.
Gabaon, Priesterstadt im Stamme
Benjamin, das heutige el-Dschib,
zwei und eine halbe Stunde nord-
westlich von Jerusalem. V, 1, 16,
VI, 6, 2; VII, 11,7; 12,1.
Gabares, Solomons Statthalter,
VIII, 2, 3.
Gabatba (Gabathsaula) , Stadt in
J udaea, SaulsV aterstadt, V, 1,29;
VI, 4, 2; 4,6.
Gabatba, Philisterstadt, VIII, 10,4.
Gabinius, XIV, 3, 2 ff.
Gad, Jakobs Sohn, 1, 19, 7; II, 7, 4.
Gad, Seher, VII, 13, 2.
Gadara, Stadt in Peraea, sechzig
Stadien von Tiberias entfernt,
jetzt Om-Keis, kleines Dorf auf
der westlichen Spitze eines Ge-
birgskammes zwischen demThale
des Yarmuk, d. i. des Hieromax
(auch Scheriat Mundhar ge-
nannt), im Norden und dem
Wadi r Arab im Süden, südöst-
lich vom See Genezareth an der
Südseite des Hieromax , etwa
eindreiviertel Stunde vom Jordan
entfernt, V, 1 , 22 ; XII , 3, 3;
XIII, 13, 5; XV, 10, 2 f. ; XVU,
11, 4.
Gadias, vornehmer Jude, XV, 7, 8.
Gaetuler (Eviläer), die, 1,6,2.
Gajns (Caligula), römischer Cae-
sar, XVI), 9,7; XVIII, 4, 5 ff.;
XIX, 1,1 ff.
Galaditis (Galadena), Landschaft
Östlich vom Jordan, im weiteren
Sinne das ganze Ostjordanland,
soweit dies von den Juden er-
obert wurde, d. i. vom Hermon
bis zum Flusse Amon , in
engerer Bedeutung nur die I
Gegend vom Hieromax bis gegen
den Arnon hin. Im engsten
Sinne endlich haftete die Be-
zeichnung Galad oder Gilead
an einigen der höchsten Gebirgs-
züge des heutigen Dschebel f Ad-
schlün. Sehr weidereiches und
gesegnetes Land. I, 19,11; II,
3, 3; IV, 5,3; IX, 11,1.
Galad, Hügel in Galaditis, woher
das Land denNamen hat, 1, 1 9, 1 1 .
Galater, die, 1, 6, 1.
Galba, XVIII, 6, 9.
Galbaath, Ort mit Propheten-
wohnungen, VI, 11, 5.
Galgala, Stadt in Judaea, zehn
Stadien von Jericho und fünf-
zig Stadien vom Jordan entfernt,
heutzutage Teil Dscbeldschül,
V, 1,11; VII, 11, 4.
Galilaea, Toparchie vonPalaestina,
IX, 11, 1; XIII, 2, 3; XV1I,8, 1.
Gallier, XVII, 8, 4.
Gamala, Stadt in Gaulanitis, am
jenseitigen Ufer des Sees Gene-
zareth , jetzt wahrscheinlich
Kalat el Hösn oder auch Chan
el Akaba, X1IJ, 15, 3; XVIII, 1, 1.
Gamaliel, Vater des Hohepriesters
Jesus, XX, 9, 4.
Ganges, Fluss in Indien, von den
Juden Phison genannt, I, 1,3.
Garizin, Berg in Samaria, jetzt
Djebel el Tor, IV, 8,44; V, 1,
19; XII, 1,1; XIII, 3, 4; Tempel
auf demselben XI, 8, 2 ; XIII, 9, 1.
Gasiongabel (Ezeongeber) , edo-
mitische Hafenstadt, VIII , 6, 4.
Ganlana, Leviten- und Asylstadt
inBasan,zum Stamme Manasses
gehörig, nach Josephus in der
Nähe von Gamala, heute un-
bekannt. Nach ihr war die Land-
schaft Gaulanitis benannt. IV,
7,4; XIII, 15, 3.
Gaulanitis, Landschaft Palaesti-
nas, jetzt Dschölän, zwischen
dem Djebel Heisch im Norden,
dem Hieromax im Süden, dem
Go gle
698
Josephus’ Jüdische Altertümer.
See Tiberias im Westen und
der Hauran-Ebene im Osten,
eine weite , fruchtbare und
wasserreiche Hochebene, IV, 5, 8 ;
XVII, 8, 1.
Gaza, die südlichste und be-
deutendste von den fünf Haupt-
städten der Philister, fünf Stun-
den von Askalon, eine Stunde
vom Meer entfernt. V, 1,22;
V, 8, 10; VI, 1,2; IX, 13, 3; XI,
8, 3 f. ; XI 1 1, 5, 5 ; 13, 3 ; XIV, 5, 2 ;
XVII, 11, 4.
Gazara, Stadt in Samaria, deren
Ruinen im Jahre 1878 zwischen
el Kulab und Ekron (Akir) bei
Tell-el-Djezer aufgefunden wur-
den, VII, 4, 1; 12,2; VIII, 6, 1;
XIII, 1,3.
Gedeon , Richter, V,6, 2 ff.; VII,
7, 2.
Gelboö, Gebirge im Stamme Isa-
char, an der Südostgrenze der
Ebene Jezreel, heute Djebel
Fakü 'a, VI, 14, 2.
Gelmon, Stadt in Palaestina, nach
Bädeker-Socin vielleicht der Ort
Bet Djala, VII, 9, 8.
Gemellus, des Herodes Vertrauter,
XVI, 8, 3.
Gennesar, See (Genezareth), V,
1,22; XVIII, 2, 1 ff.
Geon, jüdischer Name für den
Nil, 1, 1, 3.
Gerara, eine der ältesten Philister-
städte an der Südgrenze zwischen
Gaza und Berseba, 1,12,1; 18,2;
VIII, 12,2
Geras, Vater des Ehud, V, 4, 2.
Geras, Vater des Semei, VII, 9, 4.
Gerasenergebirge , das, in der
heutigen Provinz Dschebel
'Adjlün gelegen, XIII, 15, 5.
Gergesaeus, Chanaans Sohn, 1,6,2.
Germanen, die, XVJI, 8, 4; XIX,
1, 15.
Germanicus, des Drusus Sohn,
XV11I, 2, 5; 6, 8; XIX, 1, 15; XX.
8 , 1 .
Gersom, des Levis Sohn, II, 7, 4.
Gersus, des Moyses Sohn, II, 13. 1.
Gessirer, die, VII, 1,4.
Ges8ius, s. Florus.
Gethraamas, Davids Sohn, VII, 1,4.
Gethsura, kleine syrische Land-
schaft innerhalb der Grenzen
des Stammes Ost-Manasses, die
aber nicht erobert wurde, VII, 8, 3.
Gibal (Ebai), Berg in Samaria,
arabisch Djebel Sulömiye, IV,
8, 44.
Ginaea, Dorf an der Grenze Sama-
rias und der Ebene Jezreel, XX,
6 , 1 .
Gitta, eine der fünf Philister-
Hauptstädte (Spuren von ihr
auf dem Teil Zakarijeh), VI, 1,
2; 12, 2 ; IX, 8, 4; 10,3.
Gittha, Kastell in Idumaea, XIV,
15, 10.
Glaphyra, Tochter des kappa-
docischen Königs Archelaus,
XVI, 1,2; XVII, 1,2; 13, 1 ff.
Gobolitis, arabische Landschaft,
II. 1,2; III, 2, 1.
Godolias, Statthalter Nabucho-
donosors, X, 9, 1 ff.
Goliath, VI, 9, 1 ff.
Gomar, Japheths Sohn, I, 6, 1.
Gophna, das heutige, zwischen
Nabulus und Jerusalem gelegene
Jifna oder Djifna, XIV, 11,2.
Gorgias, XII, 7, 3.
Gotham, des Eliphaz Sohn, II, 1,2.
Gotkolia, König Achabs Tochter,
VIII, 15,3.
Granikns, asiatischer Fluss in
Troas , der auf dem Kotylos,
einer Spitze des Ida, entspringt
und zwischen Priapos und Ky-
zikos in die Propontis mündet,
XI, 8, 1.
Gratus, jüdischer Heerführer,
XVII, 10, 3ff.
Gratus, Praetorianer, XIX, 3, 1.
Griechen, ihr Ursprung von Jovan,
dem Sohne Japheths, I, 6, 1.
Guuis, Nephthalis Sohn, II, 7, 4.
Go gle
Namenregister.
699
H.
Halikarnassus, karische Stadt am
Keramischen Meerbusen , Ge-
burtsort des Herodot und des
Dionysius, XIV, 10, 23.
Halkyon, Arzt, XIX, 1,20.
Heber, des Salas Sohn, von dem
die Hebräer ihren Namen haben,
1. 6, 4.
Hekataeus, Geschichtschreiber,
I, 3,9; 7,2; XII, 2, 4.
flekatombaion , athenischer Mo-
nntsname, macedonisch Loos
(Teile unseres Juli und August),
IV, 4, 7.
Helena, des Izates Mutter, XX,
2,1 ff . '
Heliopolis , Stadt in Syrien , das
spätere Baalbek, XIV, 3, 2.
Heliopolis, Stadt in Unteraegypten
an der Grenze von Arabien,
II, 7,6; XII, 9, 7.; XIII, 3, 1 ;
3,2; XX, 10, 1.
Helix, XIV, 11, 7.
Helkias der Grosse, XVIII, 8, 4.
Helkias, Freund des Königs
Agrippa, XIX, 8, 3.
Helkias, Tempelschatzmeister,
XX, 8, 11.
Hellanikus , Geschichtschreiber,
1 , 3 , 9 .
Hellespont, der, die heutige Strasse
der Dardanellen, XI, 8, 1 ; XII,
1 , 1 .
Helon, Esaus Schwiegervater, I,
18, 4.
Herakleon, XIII, 13, 4.
Herakles, 1, 15 ; VIII, 5, 3.
Herennius Capito, XVIII, 6, 3.
Hermas, XIV, 10, 21.
Herodes der Grosse, Antipaters
Sohn, XIV, 7, 3 ff.
Herodes, Herodes’ des Grossen und
der Mariamne Sohn, XVII, 1, lff.
Herodes, Herodes’ des Grossen
und der Kleopatra Sohn, XVII,
1, 3.
Herodes, Sohn des Aristobulus
und der Berenike, XVIII. 5. 4.
Herodes , Sohn des Aristobulus
und der Salome, XVIII, 5, 4.
Herodes, Phasaels Sohn, XVIII,
5.4.
Herodes, König von Chalkis,
XIX, 8, 1.
Herodias , Aristobulus’ Tochter,
XVIII, 5, 1 ff.
Herodium, Festung in Judaea,
60 Stadien von Jerusalem ent-
fernt, heute Dschebel el Fu-
reidis oder Ferdis (Berg des
kleinen Paradieses) genannt,
XV, 9, 4; XVI, 2,1; XVII, 8. 4.
Herodot von Halikarnass, der
berühmte Geschichtschreiber,
VIII, 10. 2 f. ; X, 1, 4.
Hero$nstadt, die, in Aegypten
gelegen, 11,7,5.
Hesiod, Dichter. I, 3, 9.
Hestiaeus, Geschichtschreiber, I,
3,9; 4,3.
Hieronymus , aegyptischer Ge-
schichtschreiber, 1, 8, 6 ; 3, 9.
Hin, jüdisches Mass, 111,8,3;
9,4; VIII, 3, 8.
Hippos, Stadt am östlichen Ufer
des Sees Genezareth, 30 Stadien
von Tiberias, 60 von Gadara
und 120 von Skythopolis ent-
fernt (s. Leben des Josephus,
Abschnitt 65), XIV, 4, 4; XVII,
11.4.
Hiram, König von Tyrus, VII,
3, 2 ff
Holophantes, vornehmer Jude,
IV, 7, 5.
Homer, der grosse Dichter, VII,
3 2.
Horatische Tribus, die, XIV,
10,13; 10,19.
Hortensius , Quintus , Konsul,
XIV 1 2.
Hothniel, Richter, V, 3, 3.
Hyoscyamus (Bilsenkrautpflanze),
eingehende Beschreibung III,
7,6.
Go gle
700
Josephu» 1 Jttdische Altertümer.
Hyperberetaios , macedonischer
Monatsname, hebraeisch Thisri
(etwa unser Oktober), III, 10, 2;
VIII, 4, 1.
Hypsikrates, XIV, 8, 3.
Hyrkania, Kastell in Palaestina,
XIII, 16, 8; XIV, 5, 4; XV, 10,4;
XVI, 2,1; XVII, 7.
Hyrkanus, Hohepriester, VII,
15,3; XIII, 8, lff.; XX, 10, 1.
Hyrkanus, des Alexander Jan-
naeus Sohn, XIII, 16, lff.
Hyrkanus, Josephs Sohn, XII,
4, 6 ff.
Hyrkanus, des Herodes Sohn,
XX, 5, 2.
i. j.
Jabach (Jabok), Fluss in. Palae-
stina, der heutige Nahr-ez-Zerka,
der auf dem Basanitischen Ge-
birge entspringt, die Grenze
der Ammaniter gegen die He-
bräer bildet und Sichern gegen-
über in den Jordan mündet,
1,20,2; IV, 5, 2.
Jabata, Stadt in Palaestina, jetzt
unbekannt, X,8, 2.
Jabes, Sellums Vater, IX, 11,1.
Jabin, chananaeischer König, V,
5, 1.
Jabison (Jabis) , Stadt in Gala-
ditis, heutige Lage unbekannt,
V, 2, 11: VI, 14, 8.
Jachin, Simeons Sohn, II, 7, 4.
Jaddus , Hohepriester , XI , 7, 2 ;
8 7
Jadon, Seher, VIII, 8, 5f.
Ja! res, Richter, V, 7, 6.
Jakim, Hohepriester, XX, 10, 1.
Jakim,desZamarisSohn,XVII,2,3.
Jakob, Isaks Sohn, 1, 18, 1 ff.
Jakobus , Sohn des Galiläers
Judas, XX, 5, 2.
Jakobus, der Bruder Jesu Christi,
XX, 9, l.
Ialc, des Kenes Weib, V, 5, 4.
Jalel, Zabulons Sohn, II, 7, 4.
Ialus, Hüter der zum Tempelbau
bestimmten Schätze, VII, 14, 10.
Jamblichus, XIV, 8,1.
Jamin, Simeons Sohn, 11,7,4.
J amnia, Stadt in J udaea zwischen
Joppe und Azot. Jetzt steht
an der Stelle ein ziemlich ver-
fallener Flecken Yebna, eine
Stunde vom Meer entfernt.
V, 1, 22; IX, 10, 3; XII, 8, 6;
XIV, 4, 4; XVII, 8,1; 11, 5*
XVIII, 2, 2 ; 6,3.
Jaod, Simeons Sohn, 11,7,4.
Japheth, Noes Sohn, 1,4,1.
Japhra, Abrams Sohn, 1,15.
Jared, Anochs Sohn, 1, 2, 2.
Jared, Malaels Sohn, 1,3,2
Jason, Eleazars Sohn, XII, 10, 6.
Jason, s. Jesus.
Jaus, Esaus Sohn, II, 1, 2.
Jazar, Abrams Sohn, I, 15.
Jazlel, Seher, IX, 1,2.
Jazor, Ammaniterstadt , später
dem Stamme Gad zugeteilt,
jedoch an die Leviten abgetreten,
nach dem Exil wieder amma-
nitisch, XII, 8, 1.
Iberer, die, Bewohner der frucht-
baren Landschaft Iberien im
nordöstlichen Asien , welche
heute einen Teil von Georgien
bildet, 1,6,1; XVII 1,4, 4.
Ide, Freigelassene, XVIII, 3, 4.
Idumaea, 11,1,1: IV, 4, 5; VII,
5, 4; IX, 3, 1; 9, 1; XV, 7,9;
XVI, 9, 3.
Idumas, Ismaels Sohn, I, 12,4.
Jebar, Davids Sohn, VII, 3, 3.
Jebost, Sauls Sohn, VII, l,3ff.
Jebusäer, die, VII, 3,1.
Jebusaeus, Chanaans Sohn, 1,6, 2.
Jedis, Josias’ Mutter, X, 4, 1.
Jeglom, Esaus Sohn, II, 1, 2.
Jehu, Prophet, VIII, 12, 3.
Jehu, König der Israeliten, VIII,
13, 7 ff.
Jeldaphas, Nachors Sohn, I, 6, 5.
Jenae, Davids Sohn, VII, 3, 3.
Jeplithes, Richter, V,7, 8 ff.
Go gle
Namenregister.
Jerasa , König Oziaa’ Mutter,
IX, 11,2.
Jeremias, Prophet, X, 5, 1 ff.
Jericho, Stadt in Judaea, heute
ein schlechtes Dorf er-Riha mit
armseligen Hütten und kaum
200 Einwohnern, voll ausschwei-
fenden, wollüstigen Lebens. IV,
6,1; V, 1,1 ff.; XIII, 1,3; XIV,
5, 4; XVII. 6, 3 ; 8, 2; 10, 6; 13, 1.
Jeroboam, des Nabataeus Sohn,
VIII, 7, 7 ff.
Jeroboam, des Joas Sohn, IX,
8, 7 ff
Jerusalem (Hierosolyma), 1,10,2;
VII, 3, 2; Einnahme durch die
Chananäer V, 2, 2; von den
Jebusäern bewohnt VII ,3,1;
Befestigung VII, 3, 2 ; VIII, 6, 1 ;
Einnahme durch Ptolemaeus
XII, 1, durch Pompejus XIV,
4, 2 ff; Sitz eines Gerichtshofes
XIV, 5, 4; Eroberung durch
Herodes und Sosius Xi V, 6, 1 ff ;
Theater daselbst XV,8,1; Er-
weiterung und Verschönerung
XX, 7, 2; 9,7.
Jes, Benjamins Sohn, II, 7, 4.
Jesei, Nephthalis Sohn, II, 7, 4.
Jesraela, bedeutende Stadt Sarna-
rias iu der Ebene Jezreel, jetzt
Zer'in, VIII, 13, 6.
Jesse, Davids Vater, V, 9, 4; VI, 8,1.
Jesus (Josua), Sohn des Nave,
III, 2, 3 ff.
J esus, J osedeksSohn, H ohepries ter,
XI, 3, 10; 4,1.
Jesus, des Judas Sohn, XI, 7, 1.
Jesus (Jason), Simons Sohn, Hohe-
priester, XII, 5, 1.
Jesus, des Phabes Sohn, Hohe-
priester, XV. 9, 3.
Jesus, des Damnaeus Sohn, Hohe-
priester, XX, 9, 1.
J esus, J osadaksSohn,H ohepriester,
XX, 10, 1.
Jesus, Gamaliels Sohn, Hohe-
priester. XX, 9, 4 ; 9, 7.
Jesus CUi Istus,XVlII,3, 8 ; XX, 9.1.
701
Jetharsas, des Amessns Vater,
VII, 10, 1 ; 15, 1 (hier Jetliranas
genannt).
Jetur, Ismaels Sohn, 1,12,4.
Jezabel, Achabs Weib, VIII, 13, lff
Jezanias, X, 9, 2.
Jezechiel , Prophet, X, 5, 1 ; 6, 3;
7, 2.
Ilienser, die, Bewohner von (Neu-)
Ilium , einer Stadt am Helles-
pont, nahe am Ausflusse des-
selben ins Aegaeische Meer,
XVI, 2, 2.
Ilus, des Kesabaeus Vater, VII,
12, 4.
Indates, parthischer Heerführer,
XIII. 8,4.
Indien, 1,6.3; 6,4; X, 11,1.
Joab. Davids Neffe, VII, l,3ff.
Joacliaz, König der Juden, IX,
8, lff
Joachebed, des Moyses Mutter,
II, 9, 4.
Joachim, König der Juden, X,6,3ff.
Joach, X, 1,2.
Joadas, VII, 5, 4
Joakim, des Josias Sohn, König
der Juden, X, 5, 2 ff.
Joakim, des Jesus Sohn, Hohe-
priester, XI, 5, 1.
Joannes, Heerführer der Juden,
VIII, 15,2.
Joannes, des Koreas Sohn. X, 9, 2ff.
Joannes, des Judas Sohn, Hohe-
priester, XI, 7, 1.
Joannes, des Mattat! das Sohn,
XII, 6,1; XIII, 1,2.
Joannes Hyrkanus, XIII. 7, 4.
Joannes der Tfiufer, XVIII, 5, 2.
Joas, des jüdischen Königs Oeho-
zias Sohn, IX, 7, 1 ff
Joas, Sohn des Joaz, König der
Israeliten, IX, 8, 6 ff
Joatham, Gedeons Sohn, V, 7, lf.
Joathes, X, 4, 1.
I Joazar, Hohepriester, XVII, 13, 1.
! Joaz, König der IsraeliteD , IX,
; 8, i ff.
I Jobab, des Juktas Sohn, 1,6,4.
Go gle
7ü2
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Jobei, Lamechs Sohn, 1,2,2
Jobeljahr, das, 111,12,3.
Jochab, des Phinees Sohn, V, 1 1,4.
Jodam, VII, 2, 2.
Jodaus, Hohepriester, IX, 7, 1 ff.
Jo£l, Samuels Sohn, VI, 3, 2.
Jomnes, Äsers Sohn, Jl, 7, 4.
Jonadab, IX, 6, 6.
Jonas, Prophet, IX, 10. 1 ff.
Jonathas, Sauls Sohn, VI, 6,1 ff.
Jonathas, AbiatharsSohn. VII, 9, 2.
Jonathas, des SamasSohn, VII, 8, 3 ;
12 , 2 .
Jonathas, des Mattathias Sohn,
XII, 6,1.
Jonathas, des Onias Sohn, XIV,
10 , 10 .
Jonathas, des Ananus Sohn,
Hohepriester, XVIII, 5, 8; XIX,
6,4; XX, 8, 5.
Jonathas, ein Sadducäer, XIII, 10,6.
lonien, I, 6, 1 ; XV, 2, 3.
Joppe, die heutige nicht unbe-
deutende Hafen- und Handels-
stadt Jaffa oder Jäfa am mittel-
ländischen Meere, IX, 10, 2;
XI, 4,1; XIII, 4, 4; XIV, 4, 4;
15,1; XVII, 11, 4.
Joram, Josaphats Sohn, VIII, 15, 3.
Joram, König, IX, 2, 2 ff.
Joram, des Azarias Sohn, Hohe-
priester, X, 8, 6.
Jordan, der, V, 3, 1; VIII, 8. 4;
XIII, 1,3; 1, 5.
Josabeth, des Königs Ochozias
Schwester, IX, 7, 1.
Josadok, Hohepriester, X, 8, 5f.
Josaphat, des Achilus Sohn,
Vli, 5, 4.
Josaphat, König, VIII, 12, 6 ff.
Josedek, Hohepriester, XI, 3, 10.
Joseph, Jakobs Sohn, 11,2, 1 ff.
Joseph, des Tobias Sohn , XII, 4,2ff.
Joseph, des Zacharias Sohn,
XII, 8, 2; 8,6.
Joseph, des Mennaeus Sohn,
XIV, 12, 3.
Joseph, Antipaters Sohn und He-
rodes’ Bruder, XIV, 7, 3; 13, 9.
Joseph, Schatzmeister, XV, 6, 5.
Joseph, des Herodes Neffe, XVlI r
I, 3; 10,9; XVIII, 5, 4.
Joseph, des Ellern Sohn, XVII, 6, 4.
Joseph, auch Kaiaphas genannt,
Hohepriester, XVIII, 2, 2 ff.
Joseph Kabi, Hohepriester, XX,
8 , 11 .
Joseph, des Kamus Sohn, Hohe-
priester, XX, 1,3; 5,2.
Josias, König der Juden, X, 4, 1.
Josna, Sohn des Sie, Hohepriester,
XVII, 13, 1.
Josubak, Abrams Sohn, 1, 15.
Jotape, des Aristobulus Gattin,
XVIII, 5, 4.
Jothain, König der Juden, IX,
10, 4 ff.
Jothain, Hohepriester, X, 8, 6.
Jothor , des Moyses Schwieger-
vater, V, 2, 3.
Jovanus, des Japheth Sohn, 1, 6, 1.
Jozar, Hohepriester, XVII, 6, 4.
Ipa, Stadt in Palaestina, VIII,
10 , 1 .
Irenaeus, Redner, XVII, 9, 6.
Isachar, Jakobs Sohn, 1, 19, 8.
Isak, Abrams Sohn, 1,10, 5 ff.
Isamach, Eliabs Vater, III, 6, 1.
Isana, Stadt in Palaestina, Lage
unbekannt, VIII, 11,3.
Isanae, Dorf in Palaestina, XIV,
15, 12.
Isma£l, Abrams Sohn von der
Agar, 1, 10, 4f.
Ismae], X, 9, 2.
Ismacl, Hohepriester, XV111, 2, 2 ;
XX, 8, 8.
Isuis, Äsers Sohn, II, 7, 4.
Isus, Äsers Sohn, II, 7, 4.
Isus, Hohepriester, X, 8, 6.
Itaby risches Gebirge (der Tabor),
V, 1,22; XIII, 5, 4.
Ithamar, Aarons Sohn, 111,8, 1.
Ithobal, König von Tyrus und
Sidon. VIII, 13, lf; IX, 6, 6; X,
II , 1 .'
Ituraea, Landschaft im Nordosten
von Palaestina, deren Grenzen
Namenregister.
703
nicht genau zu bestimmen sind,
XIII, 11, 3.
Jubal, Lamechs Sohn, 1,2,2.
Jubas, libyscher König, XVII, 3, 4.
Jucundus , Herodes’ Trabant,
XVI, 10, 3.
Judadas, des Regmus Sohn, 1, 6, 2.
Judaea, Juden, frühere Benennung
I, 6, 2 ; Abram zieht dorthin
1, 7, 1 ff. ; Hungersnot H, 6, 1 ff.;
in Aegypten 11,9, 1 ff. ; Auszug
aus Aegypten II, 15, 1 ff. ; in der
Wüste 111, 1, ff; Bündnis mit
den Römern XII, 10, 6; Ver-
breitung XVI, 7, 2 ; XVII, 9, 5.
Judas, Jakobs Sohn, 1, 19, 8.
Judas, Aminadabs Sohn, XI, 4, 2.
Judas, Hohepriester, XI, 7,1;
XII, 10, 6; XX, 10, 1.
Judas Makkabaeus , des Matta-
thias Sohn, XII, 6, lff.
Judas, Essener und Seher, XII, 1 1, 2.
Judas, des Chapsaeus Sohn, XIII,
5, 7.
Judas, des Räubers Ezechias Sohn,
XVII, 10,5.
Judas, des Sariphaeus Sohn, XVII,
6, 2f.
Judas der Galiläer, XVIII, 1,1;
1,6; XX, 5, 2.
Juöl, Hohepriester, X, 8, 6.
Juktas, HeDersSohn, 1,6,4.
Julia (Li via), Gemahlin des Au-
gustus, XVI, 5, 1 ff.
Julia, CaligulasSchwester,XlX,4,3.
Julias (Livias), Stadt in Peraea,
früher Betharamphtha genannt
(s. dieses), XVIII, 2, 1 ; XX, 8, 4.
Julias, Stadt am See Genezareth,
früher Bethsaida genannt (s.
dieses), XVIII, 2, 1.
Julius, römischer Heerführer, XV,
3,7.
Jupiter Victor (der sieg verleihende
Jupiter), XIX, 4,
Jykäer, die, syrisches Volk, VIII,
5, 3.
Izara, Jzars Stadt, Jesraela (s. d.),
VIII, 13, 6; 15,4. I
Izates, König vonAdiabene, XX,
2, 1 ff.
K.
Kaath, Levis’ Sohn, H, 7, 4
Kabrothaba, III, 13.
Kaina, Ort im Lande der Ziphener,
VI, 13, 2.
Kainas, des Enos Sohn, I, 3, 2 ; 3, 4.
Kaiaphas, Hohepriester, s. auch
unter Joseph, XV1IJ,2, 2.
Kais, Adams Sohn, I, 2, 1 ff.
Kallias, XVII, 1, 1.
Kallimander, syrischer Feldherr,
XIII, 10, 2.
Kallirrhoe, warme Quellen mit
Badeort in Peraea, jetzt Zerka
Main, XVII, 6, 5.
Kambyses, König der Perser, II,
10,2; XI, 2, lf.
Kamith, Vater des Hohepriesters
Simon, XVIJI. 2, 2.
Kamon, Stadt in Galaditis, zum
Stamme Manasses gehörig, V,7,6.
Kamuel, Nachors Sohn, 1, 6, 5.
Kamus, XX, 1, 3.
Kana, Dorf in Galilaea, das heutige
Käna-el-Djelil, XIII, 15, 1 ; XV,
5, 1.
Kant heran, Beiname des Hohe-
priesters Simon, XIX, 6, 2 ff.
Käpharsaba (Chabarzaba), das-
selbe wie Antipatris (s. d.), XIII,
15, 1; XVI, 5, 2.
Kapharsalama, kleiner Ort in der
Nähe von Jerusalem, XII, 10, 4.
Knppadocien, Provinz in Asia
minor, vom Taurus bis zum
Pontus Euxinus und vom Halys
bis zum Euphrat sich er-
streckend, XVI, 2, 2. Seine Be-
wohner I, 6, 1.
Koreas, X, 9, 2.
Kariathiarim , Stadt in Judaea,
zum Stamme Judas gehörig, an
der westlichen Grenze des
Stam m es Benj amin , höchst wahr-
scheinlich das heutige , drei
Stunden von Jerusalem ent-
704
Josephus’ Jüdische Altertümer.
fernte Kariet el ‘Enab (Stadt Kinchar , hebraeieches Gewicht,
der Weintrauben), V, 1, 16; 111,6,7.
VI, 1, 4 Kinyras, XIX, 1,13.
Karten, südwestlichste Landschaft Kition, Stadt auf Cypern, 1,6,1.
Kleinasiens , von den Türken Klazomenae , eine der ionischen
jetzt Alidinella und Meutech- Zwölfstädte an der lydischen
Seli genannt, XI, 8, 1. Küste iKleiuasien), XX, 11, 1.
Karmel* Berg, der heutige Karmel ! Kleodemus, Seher, 1, 15.
oder Jebel Mar Elyas, V, 1 , 22; | Kleopatra , des Ptolomaeus Epi-
VIII, 13, 5. . | phanes Gattin, XII, 4, 1.
KarnaYn, Heiligtum in Syrien, J Kleopatra , Tochter des Ptole-
XII, 8, 4. I niaeus Philometor, XIII, 4, 1 ff.
Knrrae, Stadt in Mesopotamien Kleopatra, die berüchtigte Königin
südöstlich von Edessa, das von Aegypten, XIV, 13, 1 bis
Charra der Römer und Griechen, XV, 5, 1 .
jetzt Trümmerstätte, XX, 2, 2. Kleopatra, Herodes J des Grossen
Kaspische Thore, der berühmte Gattin, XVII, 1,3.
Engpass, im Kaukasus, welcher Kleopatra , des Gessius Florus
aus Medien nach Hyrknnien Gattin, XX, 11, 1.
und Parthien führte, jetzt der Kleopatra, Name der syrischen
Pass Chawar und Firuz-Koh Königin Selene, XIII, 16, 4.
zwischen Harka-Koh und Siah- Knidus, Hafenstadt in der klein-
Koh, XVIII, 4, 4. asiatischen Landschaft Karien.
Kassander, XII, 1, 1. XIII, 13, 4.
Kedar, Ismaels Sohn, 1,12,4. Kommagene, die nordöstlichste
Kednsa , zum Stamme Nephthali Provinz Syriens, im Osten vom
gehörig, den Leviten zugeteilt Euphrat, im Norden und Westen
und zur Freistadt erhoben, bei vom Amanus begrenzt, während
Caesarea Philippi gelegen, jetzt sie im Süden (gegen Syria
das Dorf Kedes , XIII, 5, 5 ; V, Kyrrhestica hin) der natürlichen
1, 18; 1, 24. Grenzen entbehrte, XVIII, 5, 4;
Kedmas, Ismaels Sohn. 1,12,4. XIX, 5,1.
Kcdron, Bach in der Nähe Jeru- Kophene, Fluss in Indien, jetzt
salems, VIII, 1, 5. Kabul, 1,6,4.
Kelenderis, Kastell in Cilicien Kor, jüdisches Mass, 111,15,3;
(vergl. Tacitus, Annalen II, 8), XV, 9,2.
jetzt Kalandria oder Gulnar, : Kordaba, jetzt Cordova, grosse
XV1II,5, 1. und berühmte Stadt in His-
Keltische Legion, die, XIX, 1, 15. pania Baetica, XIX, 1, 3.
Kemede, XX, 5, 2. Kordyäer-Gebirge , das , trennt
Kendebueus, Heerführer des An- Armenien von Mesopotamien,
tioehus Soter, XIII, 7, 3. die jetzigen Dschudi-Berge, 1,3,6.
Kenez, desEliphaz Sohn, II, 1,2. Kore, Esaus Sohn, II, 1,2.
Kenez, Hothniels Vater, V, 3, 3. Kores , des Moyses Gegner , IV,
Kepheriter, die, chananaeische 2, 2 ff.
Völkerschaft, V, 1, 16. Koraea , Stadt zwischen Sichern
Killa, Stadt in der Ebene des und Silo, das heutige Küriyüt,
Stammes Judas , die heutige XIV, 3, 4.
Ruinenstätte Kila, VI, 13, 1.
Namenregister.
705
Korraea , Stadt in Südpalaestina,
heute unbekannt, VI, 2, 2.
Kos, zu den Sporaden gehörige
Insel im Myrtoischen Meere, an
der Küste von Karien gelegen,
jetzt Stanchio, Stingo, Mankos,
Isola longa genannt, XIV, 7,2;
XVI, 2, 2. Ihre Bewohner XIV,
10, 15.
Kostobar, Gatte der Salome, XV, I
7, 9f.; XVI, 7, 6. |
Kostobar, Verwandter Agrippas
des Jüngeren, XX, 9, 4.
Kotardes, Partherkönig, XX, 3, 4.
Kotylas, Beiname des Tyrannen
Zeno von Philadelphia, XIII, 8, 1.
Kotys, König von Kleinarmenien,
XIX, 8,1.
Koze, idumaeischer Gott, XV, 7,9.
Kreta, jetzt Gandia, die bekannte
grosse Insel des Mittelmeeres,
XVII, 12, lf.
Ktesiphon, Stadt in Babylonien
am Ostufer des Tigris, Seleukia
gegenüber, nordöstlich von Ba-
bylon. Jetzt liegt an der Stelle
von Ktesiphon unter dem Namen
Täki Kesre ein beträchtlicher
Trümmerhaufen. XVIII, 2, 4;
9, 9.
KyaneYsche Felsen, die zwei
kleinen Felseninseln an der
Mündung des Thrakischen Bo-
sporus in den Pontus Euxinus,
auch dieSymlpejaden (vgl. Argo-
nautensage), heute Urek-Jaki
gena int, XVI, 2, 2.
Kydisa, dasselbe wie Kedasa (s.
d.), IX, 11,1.
Kypron , Gattin des Idumäers
Antipater, XIV, 7, 3.
Kypros, Herodes’ des Grossen und
der MariamneTochter,XVlII,5,4.
Kypros, Antipaters Tochter, Gattin
des Alexas Helkias, XVIII, 5, 4.
Kypros , des Alexas Helkias
Tochter, XVIII, 5, 4.
Kypros, Phasaels Tochter, XVIII,
5,4.
Joeephus' Jüdische Altertümer, II.
Go gle
Kypros, Kastell bei Jericho, zu
Anfang des Jüdischen Krieges
zerstört und dem Erdboden
gleichgemacht, XVI, 5. 2.
Kyrene, Hauptstadt der Land-
| schaft Kyrenaika (seit den Tagen
der Ptolemäer Pentapolis ge-
nannt) westlich von Aegypten,
welche jetzt Plateau von Barka
heisst. Kyrene ist das heutige
Cayron, Grenneh, Curen, Kurin;
dieBuinen sind sehr ausgedehnt.
XIV, 7, 2; XVI, 6, 5.
Kyzikos* eine im Altertum ihrer
Schönheit wegen berühmte Stadt
in Mysien auf einer Landzunge
der Propontis. Häufige Erd-
beben , namentlich das von
443 n. Chr., und die Eroberung
durch die Araber 675 n.Chr.
haben die frühere Pracht und
Grösse der Stadt zum Ver-
schwinden gebracht. Jetztheisst
sieAidinschik oderTemaschalik.
XIII, 10, 1.
L.
Laban , Bathuels Sohn , 1,6,5;
16, 2.
Labntha, Ort in Galad jenseits
des Jordan , in der Nahe von
Eabbath Ammon (Philadelphia),
VII, 5, 5.
Labim, Mestraims Sohn, 1, 6, 2.
Labina, Landschaft Palaestinas
zwischen Bethel und Sichern,
IX, 5, 1.
Labosordach , babylonischer König,
X, 11, 2.
Lachis, Stadt in Judaea, das
heutige Umm-Läkis, im Süden
von Palaestina an der grossen
Völkerstrasse nach Aegypten
gelegen, VIII, 10, 1 ; IX, 9, 3.
Lakeduemonier, die, XII, 4, 10 f.;
XII 1, 5, 8.
Lamech, Mathusalas Sohn, 1, 2, 2 ;
3,4.
45
706
Josephuä’ Jüdische Altertümer.
Laodike, Königin der Galadener,
XIII, 13, 4.
Laodikea, Stadt an der Westküste
Syriens südlich vom Berge
Kasios, jetzt Lädikije, XI V, 10,20.
Lasthenes, Kretenser, XIII, 4,3;
4,9.
Latopolis, Stadt in Unteraegypten,
angeblich jetzt das Dorf Errahne,
11,15,1.
Latusim, Dadans Sohn, 1, 15.
Lemba, Moabiterstadt, jetzt un-
bekannt, XIII, 15,4.
LemonischeTribus,die,XIV, 10,10.
Lentulus, Lucius, Konsul, XIV,
10,13; 10,16.
Leontopolis, Stadt im Nildelta,
XIII, 3, 2.
Lepidus, XIX, 1,3; 1,8.
Lesbos, die grösste unter den
Inseln des Aegaeisehen Meeres
vor der Küste von Mysien, später
nach der Hauptstadt Mytilene
genannt, heute Metelino, Mete-
lin, Midilly, XVI, 2, 2.
Levis, Jakobs Sohn, 1, 19, 7 ; 21, 1.
Lia, Labans Tochter, 1, 19, 7.
Libanon, das bekannte syrische
Gebirge, 111,14, 2 ; V, 3, 1 ; VIII,
2,3; 6,3; XIX, 5,1.
Libyen, Landschaft an der Nord-
küste Afrikas, 1,6,2; 15; XVI,
6 , 1 .
Libys, Mestrai'ms Sohn, I, 6, 2.
Livias, arabische Stadt, XIV, 1,4.
Lirins, römischer Geschichtschrei-
ber, XIV, 4, 3.
Lobana, Stadt in Judaea (s. La-
bina), X, 5,2.
Lollias, XIV, 2,3.
Loos, raacedonischer Monatsname
(s. Hekatombaion), IV, 4, 7.
Lot, Arans Sohn, I, 6, 5 ff.
Lncullus, XIII, 16, 4.
Lud, Sems Sohn, I, 6, 4.
Lugdunum, Stadt in Gallien, das
heutige Lyon, XVIII, 7,2.
Lnom, Dadans Sohn, 1, 15.
Lupus, Julius, XIX, 2,4; 4,5.
Lydda (Diospoli6), Stadtin Judaea,
heute Luad oder Ludda, un-
weit Jaffa an der Strasse von
Jerusalem nach Caesarea ge-
legen, XIII, 4,9; XIV, 11, 2;
15, 3; XX, 6,2.
Lyder, die, 1,6,4.
Lydien , kleinasiatische Provinz
am Aegaeisehen Meere, jetzt die
Provinz Sarukhan und der
nördliche Teil von Sighla, XI,8,1.
Lysanias, des Ptolemaeus Men-
naei Sohn XIV, 13, 3; XV, 4, 1.
Lysias, Statthalter des Antiochus
Epiphanes, XII, 7, 2ff.
Lysias, ein Raubkastell Syriens,
Lage unbekannt, XIV, 3, 2.
Lysimachus, einer der Diadochen
(Nachfolger Alexanders des
Grossen), XII, 1, 1.
Lysimachus , des Apollodotus
Bruder, XIII, 13, 3.
Lysimachus, des Pausanias Sohn,
XIV, 10, 10; 12, 3.
Lysimachus , vornehmer Jude,
XV, 7, 8.
M.
Maathas, Priesterdes Baal, IX, 7, 4.
Macedonier, die, XI, 8, 1 ff. ; XII,
1 , 1 .
Machaeras, römischer Heerführer,
XIV, 15,7.
Machaerus, Kastell an der Grenze
von Palaestina und Arabien
(genaue Beschreibung s. Jüd.
Krieg VII, 6, 1), jetzt Mkaur,
VII, 9, 8; XIII, 16,3; XIV, 5, 4;
XVIII, 5, 1.
Machama, Davids Gattin, VII, 1, 4.
Machana, Roboams Gattin, Vlll,
10 , 1 .
Machas, Nachors Sohn, 1,6,5.
Machir , vornehmer Galaditer,
VII, 5, 5; 9,8.
Machrna, Stadt im Stamme Ben-
jamin, jetzt Michmäsch oder
Mukmäs, VI, 6, 1 ; XIII, 1, 6.
Namenregister.
707
Machon, Stadt in Syrien, Yil,
5,3.
Macro,Praetorianer-Oberst, XYIII,
6,6; 6,7.
Madäer, die, von den Griechen
Meder genannt, 1,6,1.
Madan, Abrains Sohn, I, 15.
Mades, Japlieths Sohn, i, 6, 1.
Madian, Abrams Sohn, 1, 15.
Madiana, Stadt in Arabien, am
Roten Meere gelegen, 11,11,1.
Madianiter, die, weitverbreitetes,
nomadisches Volk im südlichsten
Teile' des Peträi sehen Arabien,
dessen früheste VV ohnsitze west-
lich vom Sinai zwischen dem
Gebirge Seir und dem Arabisch en
Meerbusen zu suchen sind. Das
Volk verbreitete sich auf der
Ostseite des Arabischen Meeres
bis zu den Grenzen der Moabiter l
hin in nördlicher Richtung und \
gelangte durch lebhaften Kara-
wanenhandel zwischen Aegypten
und Arabien, sowie durch Vieh-
zucht zu bedeutendem Wohl-
stand, bis es von Gedeon ge-
demütigt wurde. Seit dem
Exil verschwindet der Name
aus der Geschichte. IV, 6, 1 ff. ;
V, 6 , 1 ff.
Maecische Tribus, die. XIV, 10, 10.
Magedo, Stadt im Gebiete des
Stammes Isachar, aber zum
Stamme Manasses gehörig,
früher chananaeische Königs-
stadt und auch nach Josua noch
geraume Zeit in den Händen
der Chananäer, lag am Fusse
der Hügelreihe, die im Südosten
des Karmel das samaritanische !
Gebiet begrenzt, und findet sich 1
in der jetzigen Ruinenstadt Chan 1
oder dem Dorfe el-Lejün — :
VUI, 6, 1 ; IX, 6, 3. I
Magog, Japheths Sohn, 1,6,1. ;
Malael, des Kainas Sohn, 1,3,4. j
Malathu , Kastell Idumaeas im j
äussersten Süden des Stamm- 1
gebietes Judas, später den Si-
meonitern überwiesen und nach
dem Exil wieder von Judäem
bewohnt, heute die Brunnen
und Ruinen von el-Milh oder
el-Melah acht Stunden südlich
von Hebron, XVIII, 6, 2.
Malchns (s. Kleodemus), 1, 15.
Malchus « Araber , Erzieher des
Antiochus, XI II, 5, 1.
Mulchus, arabischer Fürst, XIV,
14, lf.; XV, 6, 2.
Maliath, Stadt jenseits des Jordan
im Ammanitergebiet. V. 7, 10.
Malichus, vornehmer Jude, XIV,
5,2; 11,2.
Malle, Stadt in Palaestina, Lage
unbekannt, XII, 8, 3.
Mallon, Elimelecns Sohn, V, 9, 1.
Malthake. Herodes’ des Grossen
Gattin, XVII, 10, 1.
Mambre, A brams W ohnung, 1. 1 0,2 ;
11 , 2 .
Manibres, Abrams Kriegsgeföhrte,
I. 10, 2.
Manugm, König der Israeliten,
JX,11, 1.
Manafrn, Essener, XV, 10, 5.
Manasses, Josephs Sohn, II, 6, 1 ;
7,4; 12,4.
Manasses, König der Juden, X,
3, 1 f.
Manasses. Bruder des Jaddus,
! XI, 7, 2.
| Manasses, Hohepriester, XII. 4, 1 .
Mandra, Ort in Palaestina, Lage
unbekannt, X, 9, 5.
Manetho, aegyptischer Geschicht-
schreiber, I, 3, 9.
Manlius, Lucius, XIII, 9, 2.
Manna, III, 1, 6.
Manoch, Samsons Vater, V, 8, 2.
Maon, Stadt im Gebiete des
Stammes Judas, nicht weit vom
Berge Karmel, VI, 13, 2.
Mar, Ort in der Arabischen Wüste,
III, 1, 1.
Maraioth^JothamsSohn, VIII, 1,3.
Marari, Levis’ Sohn, II, 7, 4.
45 *
Go gle
708
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Marcellus, Gajus, Konsul, XIV,
10, 13; 10, 19.
Märcellus,Landpfleger vonJ udaea,
XVIII, 4,2.
Mar cus, Alexanders Sohn, XIX, 5,1.
Mardochaeus, Heerführer, XI, 3, 10.
Mardochaeus, Esthers Oheim, XI,
6, 2 ff.
Maresa (Marissa), Stadt im Stamm-
gebiete Judas, die heutige
Trümmerstätte Maräsch, VIII,
10,1; 12,1; XII, 8, 6; XIII, 9,1;
XIV, 1,4.
Margaloth, XVII, 6, 2.
Mariamme, des Moyses Schwester,
11,9,4; lll,ö,l; IV, 4, 6
Mariamne, Herodes’ des Grossen
Gattin, XV, 6, 5ff. ; XVII, 1, 3.
Mariamne, Tochter des Hohe-
priesters Simon, Herodes’ des
Grossen Gattin, XV, 9, 3; XVJI,
1,3; 4,2.
Mariamne, Agrippas des Grossen
Tochter, XVIII, 5, 4; XIX, 9, 1.
Mariamne, JosephsTochter, XVIII,
5, 4.
Mariamne, Gattin des Ethnarchen
Archelaus, XVII, 13,4.
Marion, Beherrscher von Tyrus,
XIV, 12, 1.
Marissa, s. Maresa.
Marsuane, hebraeischer Monats-
name, s. Dios.
Marsus, Landpfleger von Syrien,
XIX, 7, 2; 8,1.
Marsyas, Agrippas Freigelassener,
XVIII, 6, 3; 6, 10.
Maruel, Jareds Sohn, 1,2,2.
Marullus, XVIII, 6, 10.
Masada, Kastell am westlichen
Ufer des toten Meeres in der
Nähe von Engaddi, jetzt Sebbeh.
Genaue Beschreibung Masadas s.
Jüd. Krieg VII, 8. 3. XIV, 11,7.
Masmas, Ismaels Sohn, 1, 12, 4.
Masnaömphthes, Turban der
Priester, III, 7, 3.
Maspha, Stadt in Palacstina, nahe
bei Gibeon und Rama , die
heutige Moschee Nebi Samvil,
z'wei Stunden nordwestlich von
Jerusalem auf dem Gipfel eines
von Nordost nach Südwest ver-
laufenden Bergrückens gelegen,
VIII, 12, 4.
Masphath, feste Stadt im Ost-
jordanland auf dem Gebirge
Gilead, V,7,9; VI, 2,1; 4.4;
X, 9, 1 ff.
Massabazanes , Leibrock der
Priester, III, 7, 2.
Massageten, die, ein mächtiges
und kriegerisches Nomadenvolk
Asiens, im Norden des heutigen
Kiwa auf dem Isthmus zwischen
dem Kaspischen Meere und dem
Aralsee, sowie in den Steppen
der Kirghisen (vergl. Herodot
I, 208 ff.), XI, 2,1.
Mastherongebirge, Höhenzüge bei
Engaddi, VI, 13,4.
Mathusala, Maruels Sohn, 1, 2, 2.
Mathusala, Lamechs Vater, I, 3, 2.
Mattat hias, Vater der Makkabäer,
XII, 6, lf.
Mattathias, Absaloms Sohn, XIII,
5,7.
Matthias , des Theophilus Sohn,
Hohepriester, XVII, 4, 2.
Matthias, Margaloths Sohn, Ge-
setzeslebrer, XVII, 6, 2.
Matthias, des Ananus Sohn, Hohe-
priester, XIX, 6, 4; 8, 1.
Matthias , des Theophilus Sohn,
Hohepriester, XX, 9, 7.
Mazaka, Hauptstadt vonKappa-
docien, später Caesarea am Ge-
birge Argaeus, jetzt Kaisari, 1,6,1.
Medaba, Grenzstadt des Stammes
Rubel, jetzt Maedeba, l l / 4 Stunde
südöstlich vod Hesbän, XIII, 1,2;
9,1; 15,4; XIV, 1,4.
Meder, die, I, 6, 1; IX, 12, 3; X,
II, 4.
Meeir, Talar des Hohepriesters,
III, 7,4.
Megasthenes, Geschichtschreiber,
X, 11,1.
Namenregister.
709
Melas, XVI, 10, 6.
Meleha, Nachors Gattin, I, 6, 5.
Melchis, Säule Sohn, VI, 6. 6.
Melchisedek, König von Solvma,
I, 10, 2.
Melos, eine der bedeutendsten
südwestlichen Inseln des Aegae-
ischen Meeres, heute Milo,
XVII, 12, 2.
Memmius Regulus, XIX, 1, 1.
Memnon, XIV, 10, 28.
Memphibost, des Jonathas Sohn,
VII, 5,5ff.
Memphis, Stadt in Aegypten auf
dem linken Ufer des Nil, süd-
lich von der Spitze des Deltas,
heute nur noch unbedeutende
Trümmer, II, 10, 1 ; VIII, 6, 2;
XII, 4, 3; 5, 2.
Menander, Geschichtschreiber,
VIII, 5, 3; 13,2; IX, 14, 2; XIV,
8, 5.
Mende, Stadt in Palaestina, Lage
unbekannt, X, 5,JL
Menedemos, Philosoph, XII, 2, 13.
Menelans, s. Onias, XII, 5, 1.
Menenische Tribns, die, XIV,
10 , 10 .
Mennaehasen, priesterliches Ge-
wandstück, III, 7, 1.
Menophilos, ephesischer Prytane,
XIV, 10, 25.
Mentinns, Lucius, XIII. 9, 2.
Merob, Sauls Tochter, VI, 6, 6.
Meroe (Saba), Hauptstadt von
Aethiopien, II, 10, 2.
Mesas, Arams Sohn, 1,6,4.
Mesopotamien,Land Vorderasiens,
welches im Westen durch den
Euphrat von Syrien und Arabien,
und im Osten durch den Tigris
von Assyrien geschieden wird,
weshalb es von den Eingeborenen
Aram Naharaim , d. i. Syrien
zwischen den Flüssen, genannt
wurde. Jetzt Al Dschesireh. I,
7, 4; XVIII, 9, lff.
Messala, des Herodes Sachwalter,
XIV, 4, 4; 13,1.
Messalina , Gattin des Caesars
Claudius, XX, 8, 1.
Mesträer (Aegyptier) und Mestre
(Aegypten), benannt nach Me-
straim, I. 6, 2.
Metellus Creticus, Quintus, Kon-
sul, XIV, 1,2; 2, 3.
Mia, Flecken in Peraea, jetzt un-
bekannt, XX, 1,1.
Michas, Memphibosts Sohn, VII,
5 5
Mlchaeas, Seher, VIII, 14, 5; X,6,2.
Michal , Sauls Tochter , VI , 6, 6 ;
10, 3; VII, 1,4.
Milesius, XIII, 15, 1.
Minaios, König von Aegypten,
VIII, 6,2.
Minucianus , Annius, XIX, 1, 3 ff.
Minucianus, Marcus, XIX, 4, 3.
Minyas, ein Distrikt Armeniens,
I, 3, 6.
Misaeh , Misaels babylonischer
Name, X, 10, 1.
Misael, X, 10, 1.
Misan, Moabiterkönig, IX, 3,1.
Misenum, Stadt in Unteritalien,
jetzt Miseno, XIX, 1, 1.
Mithradates Sinakes, parthischer
Häuptling, XIII, 14,3.
Mithradates, König von Pontus,
XIV 3 4.
Mithradates, Parther, XIV, 6, 4.
Mithradates, pergamenischer Kö-
nig, XIV, 8,1.
Mithradates, Partherkönig, XVI,
8,4.
Mithradates, vornehmer Parther,
XVIII, 9, 6f.
Mnaseas, Geschichtschreiber, 1, 3,6.
Moab, Lots Sohn, I, 11,5.
Moabiter, die, Bewohner von
Moabitis, einer Berggegend im
Petraeischen Arabien am öst-
lichen Ufer des toten Meeres,
die sich von Zoar bis zum
Flusse Arnon erstreckte. Nach
der Zerstörung Jerusalems durch
Nabuchodonosor (588 vor ChrA
verschwinden sie gänzlich aus
Go gle
710
Josephus’ Jüdische Altertümer.
der Geschichte. Ihre Haupt-
stadt war Rabbat Moab, später
Areopolis, jetzt Rabba genannt.
I, 11,5; V, 4, 1 ff. ; IX, 1, 2.
Mochus, Geschichtschreiber, 1, 3, 9.
Modiim, Flecken in Judaea, nicht
weit von Diospolis (Lydda), das
heutige el-Mediyeb , XII , 6, 1 ;
II . 2 .
Modius, römisches Mass, XIV, 2, 2.
Momphis, Benjamins Sohn, II, 7,4.
Monobazns Bazaeus, König von
Adiabene, XX, 2, 1 f.
Monobazos, desM. BazaeusSohn,
XX, 2. 1 ff.
Mopsuestia, eine bedeutende und
unter den Römern freie Stadt
in Cilicien, an beiden Ufern
des Pyramus, im Mittelalter
Mamistra , Jetzt Messis , ein
schmutziger Flecken, XIII, 13, 4.
Moria, Berg in Judaea, der spätere
die Mosochener (Kappadocier)
den Namen haben, 1, 6, 1.
Moyses, Vorwort 4; II, 9, 4 ff.
Muchaeus, Perser, XI, 6, 1
Mucianus, Statthalter von Syrien,
XII, 3, 1.
Mundus, Decius, römischer Ritter,
XVIII, 3, 4.
Murcus, Statthalter von Syrien,
XIV, 11,1 ff.
Muska,phoenidsche G ötti n,IX ,2, 1 .
Myrrha , des Kinyras Tochter,
XIX, 1, 13.
My tileneiauchMi tylene) .diegrösste
und wichtigste Stadt auf der
Insel Lesbos, jetzt Castro oder
Metelino , welcher Name auch !
auf die ganze Insel über-
gegangeu ist, XV, 10, 2; XVI,
tf, 2.
N.
Xaamis, desElimelech\Veib,V,9, 1.
Naarda(Nearda), sehr bedeutende
Stadt in Babylonien an einem
Kanäle des Euphrat , grössten-
teils von Juden newohnt, welche
dort für kurze Zeit einen
eigenen Staat bildeten und eine
Akademie hatten , heute un-
bekannt, XVIII, 9, 1 ff.
Xaases, Ammaniterkönig, VI, 5, 1 ;
VII, 6,1.
X aba , Stadt im Stammgebiete
Benjamin an der üeerstrasse,
die von Norden nach Jerusalem
führte , so nahe bei letzterer
Stadt, dass man von dort aus
Naba sehen konnte, VI, 12, 1.
Xabad, Aarons Sohn, III, 8, 1.
Xabaioth« Ismaels Sohn, I, 12, 4.
Nabal, Ziphener, VI, 13, 6 ff.
Naballo. arabisches Kastell an
der Grenze von Palaestina, Lage
unbekannt. XIV, 1, 4.
NabatÄer, Haupt voik des Petrae-
ischen Arabien, besonders mäch-
tig zur Zeit des Augustus. Ihr
Reich, dessen Hauptstadt Petra
war, endigle zur Zeit des Tra-
janus, und das Land gehörte
von da ab zu Palaestina
tertia. I, 12, 4; XII, 8, 3; XIII,
1 , 2 .
Xabla, musikalisches Instrument,
VII. 12,3; VIII, 3, 8.
Xaboandel (Baltasar), König von
Babylon, X, 11, 2.
Xabosaris, babylonischer Fürst,
X, 8, 2.
Xabuchodonosor , babylonischer
König, X, 6, 1 ff.
Xabutli, VIII, 13, 8.
N abuzardanes , babylonischer
Heerführer, X, 8, 5.
Xaehor, Serugs Sohn, 1,6,5.
Xaehor, des TharrusSohn, I, 6, 5;
16, 1.
Xadab. JeroboamsSohn, VIII, 10,4.
Xa8man, Benjamins Sohn, 11,7,4.
Xahum, Prophet, IX, 11,2.
Na'ida, Kais’ Wohnort, I, 2, 2.
Xaphaesus, Ismaels Sohn, 1, 12, 4.
Xathan, Davids Sohn, VII, 3, 3.
Go gle
Namenregister.
711
Nathan, Prophet, VII, 4, 4; 7,8;
14,5.
NathanaSl, Davids Bruder, VI, 8,1 .
Nave, des Jesus (Josua) Vater,
III, 2, 3.
Naziräer, gottgeweihte Personen,
IV, 4, 4; XIX, 6,1.
Neara , südöstliche Grenzstadt
des Stammgebietes Ephraim,
zwischen Ataroth und Jericho
gelegen, noch nicht wiederauf-
gefunden, XVII, 18, 1.
Nebrod, des Chus Sohn, 1, 4, 2 f ;6,2.
Nechao, König von Aegypten,
X, 5,1; 5,2; 6, 1.
Nedem, Sohn des Mestraim, I, 6, 2.
NeSraias, Mundschenk desXerxes,
XI, 5, 6 ff.
Nemessus, Vater des Jehu,IX.6,l.
Nephanus, VII, 12, 2.
Nephtalim, Jakobs Sohn, 1, 19, 7 ;
11,7,4; V, 1, 22.
Nergelear , babylonischer Heer-
führer, X, 8, 2.
Neidas, Hohepriester, X, 8, 6.
Nero, römischer Caesar, XV, 4, 3 ;
XVIII, 5,4; XX, 8, 1 ff.
Neronias, Name für Caesarea
Philippi, XX, 9, 4.
Nerus, Sauls Oheim, VI, 6, 6.
Ne rus, Baruchs Vater, X, 9, 1.
Niglisar, babylonischer König,
X, 11, 2.
Nikanor, des Antiochus Epiphanes
Statthalter, XII, 5, 5; 7, 3.
Nikanor, Beamter des Ptolemaeus
Philadelphus, XII, 2, 12.
Nikanor, Freund des Königs
Demetrius, XII, 10, 4 f.
Nikanor, des Euphemus Sohn,
XIV, 10, 25.
Nikaso, des Sanaballetes Tochter,
XI, 7,2.
Nikator, Beiname des Königs
Seleukus, XVIII, 9, 8.
Nikanle, Königin von Aegypten,
VIII, 6,2.
Nikodemus, XIV, 3, 2.
Nikolaus von Damaskus, Ge-
schichtschreiber und Sachwalter
des Herodes, I, 3,6; VII, 5, 2;
XII, 3, 2; XIII, 12, 6; XIV, 1,3;
4,3; 6, 4; XVI, 7, 1 ; 9, 4; 11, 3f ;
XVII, 3, 2; 5,4; 11,3.
Nikopolis, Stadt an der Süd-
westspitze von Epirus und am
Eingänge des Ambracischen
Meerbusens, der Stadt Actium
gegenüber, jetzt Paleoprevyza,
etwas nördlich von Prevyza oder
Prevesa, XVI, 5, 3.
Nil , der bekannte Fluss in
Aegypten, 1, 1, 3 ; II, 10, 2.
Ninive, die berühmte Hauptstadt
des assyrischen Reiches am
östlichen Ufer des Tigris, heut-
zutage beträchtliche Ruinen
gegenüber Mossul IX, 10, 2.
Ninus, assyrischer König, IX, 10, 2.
Niphates*, ein nordöstlicher, zum
Taurussystem gehöriger Zweig
des Gebirges Masius, zwischen
Euphrat und Tigris im nörd-
lichen Mesopotamien, der sich
jenseits des Tigris durch Ar-
menien nach dem See Arsissa
und dem Antitaurus hinzieht.
Jetzt die Hatrascb-Alpen mit
dem Balanberge. XV11I,2, 4.
N isan, hebraeischer Monatsname,
macedonisch Xanthikos (etwa
unser April), I, 3, 3; 11,14,6;
XI, 4, 8.
Nisibis, babylonische Stadt (s.
auch Antiochia Epimygdonia),
XVIII, 9,1; 9,9; XX, 8, 3.
Noö, I, 3, 1 ff.
Notima, Lamechs Tochter, 1, 2, 2.
Nooma,Solomons Gattin, VIII, 8,1.
Norbanus Flaccus, Gajus, XVI,
6, 3 ; 6, 6.
Norbanus, adeliger Römer, XIX,
1, 15.
Nosta, König Joachims Mutter,
X 6 3
Numenius, XIII, 5,8; XIV, 8, 5.
Go gle
712
Josephus’ Jüdische Altertümer.
0 .
Obed, des Boaz und der Euth
Sohn, V, 9, 4.
Obedam, Levit, VII, 4, 2.
Obedas, arabischer Fürst, XIII,
13, 5.
Obedas, Seher, IX, 12, 2.
Obedias, VIII, 13,4
0bime8,JeroboamsSohn.XlII,l 1,1,
Obodas, arabischer Fürst, XV J,
7,6; 9,4.
Ochozias, König Achabs Sohn,
VIII. 15, 6; IX, 2.1.
Oebozias, König Jorams Sohn,
IX, 5, 3; 6,3.
Octavia, Tochter des Caesars
Claudius, XX, 8, 1 f.
Odeas, Hohepriester, X, 8, 6.
Odolla, dasselbe wie Adullama
(s. d.), Stadt in Judaea,VIII,10,l.
OS, Madianiterkönig, IV, 7, 1.
Og, König von Galaditis, IV, 5, 3.
Ogyges, Eiche bei Chebron, 1, 10,4.
Olda, Seherin, X, 4, 2.
Olymplas, Herodes’ des Grossen
Tochter, XVIII, 1,3; 5,4.
Olympische Spiele, XVI, 5, 3.
Olympus, Herodes’ des Grossen
Freund, XVI, 10, 7; 10,9.
Oman, des Elipbaz Sohn, II, 1,2.
Onias, des Jaddus Sohn, Hohe-
priester, XI, 8, 7 ; XII, 2, 5.
Onias, Simons des Gerechten
Sohn, Hohepriester, XII, 4, 1 ff.
Onias, Simons Sohn, Hohepriester, 1
XII, 4, 10. ;
Onias, mit dem Beinamen Mene-
laus, Hohepriester, XII, 5, 1 ff ;
XX, 10, 1.
Onias, des Onias Sohn, XII, 5, 1 ;
9,7; XIII, 3 1 ff; XX, 10,1
Onias, ein frommer Jude, XIV, 2, 1.
Onias’ Bezirk, in Unteraegypten,
XIV, 8, 1.
Ophellius , Phasaeis Freund,
XIV, 13, 5.
Opheires, des Juktas Sohn, 1, 6, 4.
Ophnis, Elis Sohn, V, 10, 1.
Oreb, Madianiterkönig, V, 6, 5.
Orestes, XI, 8, 1.
Orodes, XVIU, 2,4.
Oronae (Oronas) , Stadt der
Moabiter, XIII, 15, 4 ; XIV, 1, 4.
Orpha, V,9, 1.
Orsa, V III, 12, 4.
Orsanes , vornehmer Parther,
XIV, 6, 4.
Orus, Moyses’ Schwager, III, 2, 4.
Oryba, arabische Stadt, Lage
unbekannt, XIV, 1, 4.
Oseas, König der Israeliten, IX,
13,1; X, 9, 7.
Ozas, VII, 4, 2.
Ozias, König der Juden, IX, 10, 3 f.
Ozis, Hohepriester, V, 11, 5.
P.
Pakorus, Sohn des Partherkönigs
Arad, XIV, 13,3; 15,7.
Pakorus, Sohn des Partherkönigs
Artabanus, XX, 3, 4 ; 10, 1.
Palaestina, griechischer Name für
das Philisterland, 1, 6, 2.
Palaestiner (Philister), V, 10, 1 ff.
Pallas, Herodes’ des Grossen
Gattin, XVII, 1, 3.
Pallas,AntoniasDiener,XVIII,6,6.
Pallas, Bruder des Landpflegers
Felix, XX, 7, 1 ; 8, 9.
Palmyra, Stadt in Syrien, in
einer anmutigen und frucht-
baren Oase der grossen syrischen
Wüste nordöstlich von Damas-
kus gelegen. Sank später zu
einem unbedeutenden Flecken^
dem heutigen Tadmor, herab
VIII, 6,1.
Pamphylien, Landschaft an der
Südküste Kleinasiens, welche
früher Mopsopia hiess und
zwischen Lycien und Cilicien
lag, von welch letzterem sie der
Taurus trennte. Als römische
Provinz grenzte Pamphylien
westlich an Lycien und Klein-
Go gle
Namenregister.
713
phrygien, nördlich an Galatien
und Kappadocien, östlich an
das Rauhe Cilicien und südlich
ans Mittelländische Meer, XI,
8, 1 ; XIV, 14, 3.
Pamphylisches Meer, II, 16, 5.
Panathenäen, athenisches Fest,
XIV, 8, 5.
Paneas, Gegend inPalaestina an
den Quellen des Jordan, XV,
10,3; XVII, 8,1.
Panias, Stadt der Landschaft
Paneas (s. auch Caesarea
Philippi), XVIII, 2, 1.
Panium, XV, 10, 3.
Paphlagonier, die, von den Juden
Riphathäer genannt , I, 6, 1 ;
vergl. XVI, 2, 2.
Papimus« Tribun, XIX, 1, 6.
Papirische Tribus,die,|XIV,10,10.
Pappus, XIV, 15, 12 f.
Papyron, Ort in Arabien oder
Syrien, dessen Lage sich nicht
genau angeben lasst, XIV, 2, 3.
Parembolai, ein sehr alter Ort
in Galaditis, VII, 9, 8 ; 10,1 ;11,4.
Parmenio, Alexanders Heerführer,
XI, 8, 5.
Paros, XIV, 10, 8.
Parther, die, von Natur treulos
XVIII, 2, 4; von Demetrius
besiegt XIII, 5, 1 1 ; ermorden
den Phasael XVII, 10,2; be-
drängen die Juden XVIII, 9,1 ff ;
ihr König Artabanus XX, 3, 1 ff.
Pascha, jüdisches Fest, II, 14, 6 ;
III, 10, 5; XVII, 9, 3.
Patroklus, XIV, 10, 10.
Paulina, des Saturninus Gattin,
XVIII, 3, 4.
Pausanias, XI, 8, 1 ; XIV, 10, 10;
12,3; XIX, 1,13.
Pella, Stadt an der Grenze
Peraeas gegen Norden zwischen
dem See Genezareth und dem
toten Meer, heute das mit
vielen Ruinen anf einem Hügel
gelegene Tübakat Fahil, XIII,
15,4; XIV, 3, 2; 4,4.
Pelusium, aegyptische Stadt, an
der östlichen Nilmündung
zwischen Sümpfen und Morästen
gelegen, der Scnlüssel Aegyptens,
jetzt nur Ruinen, VI, 7,3; X,
1,4; XIV, 8,1.
Pentekoste, jüdisches Erntedank-
fest (Pfingstfest), III, 10, 6.
Pergamener, die, XIV, 10, 22.
Perseus, XII, 10, 6.
Perser, ihre Abstammung I, 6, 4.
Petephres (Potiphar) , Küchen-
meister des Pharao, II, 4, 1 ff.
Petephres, Priester zu Heliopolis,
Josephs Schwiegervater, II, 6, 1.
Petina , Gemahlin des Caesars
Claudius, XX, 8, 1.
Petra, edomitische Stadt, 3 bis
4 Tagereisen von Jericho ent-
fernt, in der Nähe des Berges
Hör, jetzt Wadi Müsa , III,
2, 1; IV, 4, 7; XVII, 3,2;
XVIII, 5, 3.
Petronius, Statthalter von Aegyp-
ten, XV, 9, 2.
Petronius, Statthalter von Syrien,
XVIII, 8, 2 ff.
Petrus, Freigelassener der Bere-
nike, XVIII, 6, 3»
Pettius, Lucius, XIV, 10, 22.
Phabes, Hohepriester, XV, 9, 3.
Phabf, Vater des Hohepriesters
Ismael, XVIII, 2, 2; XX, 8, 8.
Phaedra, Herodes’ des Grossen
Gattin, XVII, 1, 3.
Phakeas, König der Israeliten,
IX, 11,1.
Phakeas, Hauptmann, IX, 11, 1.
Phalaus, reicher Jude, IV, 2, 2.
Phalek, Hebers Sohn, I, 6, 4.
Phallion, XIV, 2, 3.
Phallus, Rubels Sohn, 11,7,4.
Phalna, Davids Sohn, VII, 3, 3.
Phanuel , Stadt jenseits des
Jordan nordöstlich von Suk-
koth, heutige Lage unbekannt,
1,20,2; VIII, 8, 4.
Pharao, 1,8,1; 11,4, 1 ff; VIII,
6, 1 f.
Go gle
714
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Pharathon, Stadt in Judaea, das
heutige Dorf Fer f ata, etwa 2 1 / 2
Stunden westsüdwestlich von
Nabulus, V, 7, 15; XIII, 1,8.
Pliares, des Judas Sohn, II, 7, 4.
Pharisäer, die, XIII, 5, 4; XVII,
2,4; XVIII, 1, 2 f.
Pharmnthl, aegyptischer Monats-
name (hebraeisch Nisan), 11,14,6.
Pharnakes , Sohn des Mithra-
dates, XIV, 3, 4.
PhasaÖl, des Herodes Bruder,
XIV, 7, 4; 9, 2; 9, 5; 11, 7;
13, 5 f.; 13,10.
Phasael , des Herodes Sohn,
XVII, 1, 3.
Phasael , des Herodes Neffe,
XVII, 1,13; XVIII, 5, 4.
Phasa31, des Pheroras Sohn,
XVI, 7, 6; XVII, 1,3.
Phasael, höchster Turm in Jeru-
salem, XVI, 5, 2; XVII, 10, 2.
Phasaelis, Stadt im Jordanthale
nördlich von Jericho, jetzt
'Ain el Fasall, XVI, 5, 2; XVII,
8,1; 11,5; XVIII, 2, 2.
Pheidias, der berühmte Ver-
fertiger der Statue des Zeus,
XIX, 1,1.
Pheldas, Nachors Sohn, 1, 6, 5.
Pheltias, Sauls Schwiegersohn,
VII, 1, 4; vergl. VI, 13, 8.
Phenanna, Alkans Gattin, V, 10, 2.
Pheroras, Antipaters Sohn, He-
mdes’ des Grossen Bruder,
XIV, 7, 3; 15,4; XV, 10, 3;
XVI, 7, 3 f.; XVII, 1,2; 2,4.
Phethrosim,Mestraims Sohn, 1,6,2.
Phichola, Dorf in Judaea, jetzt
unbekannt, XII, 4, 2.
Phideas, Hohepriester, X, 8, 6.
Phikol, Heerführer, I, 18, 3.
Philadelphia (Rabbat Ammon),
ansehnliche und uralte Stadt
jenseits des Jordan an der
Grenze von Arabien und Peraea,
nordöstlich von der Nordspitze
. des toten Meeres, heute Am-
man, XIII, 8, 1 ; XX, 1, 1.
Philipp!, berühmte, blühende und
feste Stadt Macedoniens, heute
die Ruinenstätte Felibah oder
Felibejik, XIV, 12,21
Philippion, Sohn des Ptolemaeus
Mennaei, XIV, 7, 4.
Philippus, König von Macedonien,
XI, 8, 1 ; XIX, 1, 13.
Philippus, Verwandter des An-
tiochus Epiphanes, XII, 9, 2.
Philippus, des Antiochus Grypus
Sohn, XIII, 13, 4; 14,3.
Philippus, Herodes’ des Grossen
Sohn, XVII, 1, 3 bis XVIII,
5, 4.
Philippus, Jakims Sohn, XVII,
2 3.
Philo von Alexandria, XVIII, 8, 1 .
Philostephanos , Feldherr des
Ptolemaeus Lathurus , XIII,
12 , 5 -
Philostratus , Geschichtschreiber,
X,ll, 1.
Philistin, Bezeichnung einer Land-
schaft, 1, 6, 2.
Phinees, Eleazars Sohn, IV, 6, 12ff.
Phinees, Elis Sohn, V, 10, lff.
Phinees, der letzte Hohepriester,
XX, 10.
Phison, hebraeischer Name für
den Ganges, I, 1,3.
Phoenicien , XI, 8, 3 ; XII, 4, 1 ;
IX, 14, 2.
Phora, Name für den Euphrat,
1, 1, 3.
Phraatakes, XVIII, 2, 4.
Phraates , parthischer König,
XV, 2, 2 ff; XVIII, 2, 4.
Phruraeisehe Festtage (Purim-
fest), XI, 6, 13.
Phryger , die , 1, 6, 1 ; XII, 3, 4 ;
XVI, 2, 2.
Phullus, Assyrierkönig, IX, 11, 1.
Phuter, Volk Afrikas, I, 6, 2.
Phutes, des Chamas Sohn, 1, 6, 2.
Phutus, Fluss in Mauretanien,
1, 6, 2.
Pilatus, Pontius, Landpfleger von
Judaea, XVIII, 2, 2 ff
Namenregister.
715
Piso, Gesandter des Pompejus,
XIV, 4, 2; 10,14.
Piso, Mörder des Germanicus,
VIII, 2, 5.
Piso, Stadtkommandant von Pom,
XVIII, 6, 5; 6, 10.
Pitholaus, XIV, 5, 2.
Platana, Ort in Phoenicien an
einem schmalen Passe zwischen
demSee und demLibanon unweit
des Flusses Damurus, XVI, 11,2.
Polemon , König von Cilicien,
XX, 7, 3.
Polemon , König von Pontus,
XIX, 8,1.
Pollio, Pharisäer, XV, 1, 1 ; 10, 1 ;
10, 4.
Pollio , Befehlshaber der Leib-
wache des Caesars Claudius,
XIX, 4, 5.
Pollische Tribus, die, XIV, 10, 10.
Pollux, des Claudius Diener,
XIX, 1,2.
Polybius von Megalopolis, Ge-
schichtschreiber, XII, 3, 3 ; 9, 1.
Pompedius , römischer Senator,
XIX, 1,5.
Pompejus, der bekannte römische
Feldherr, XIV, 2, 3 ff. ; XX, 10.
Pomponius , Quintus , Konsul,
XIX, 4, 5.
Poppaea, Neros Gemahlin, XX,
8 , 11 ; 11 , 1 .
Poreius Festus, Landpfleger von
Judaea, XX, 8, 9; 8,10; 9,1.
Prokymatia, Name für einen Teil
der Hafenanlagen von Caesarea,
XV, 9,6.
Psothomphanech , Beiname des
ägyptischen Joseph, 11,6,1.
Ptolemaeus I., Lagi, XII, 1, 1.
Ptolemaeus II., Philadelphus,
Vorwort 3; XII, 2, lff.
Ptolemaeus III., Euergetes, XII,
4, 1 ff.
Ptolemaeus IV., Philopator, XII,
3, 3f.
Ptolemaeus V., Epiphanes, XII,
3, 3 ff.
Ptolemaeus VI., Philometor, XII,
4, 11 ff.
Ptolemaeus VII., Physkon, XII,
4,11; XIII, 9, 3.
Ptolemaeus VIII. , Lathurus,
XIII, 10, 2 ff.
Ptolemaeus XII., Auletes, XIV,
6 , 2 .
Ptolemaeus Mennaei, XIII, 15, 2;
XIV, 12, 1.
Ptolemaeus, des Jamblichus
Sohn, XIV, 8, 1.
Ptolemaeus , Schwiegersohn des
Judenfürsten Simon, XIII, 7,4.
Ptolemaeus, des Dorymenes Sohn,
XII, 7, 3.
Ptolemaeus von Rhodus, XIV,
14, 3.
Ptolemaeus, Statthalter von Ga-
lilaea, XIV, 15, 6.
Ptolemaeus, Beamter des Hero-
des, XIV, 7, 3; 8, 5; XVII, 8 2ff.
Ptolemaeus, Bruder des Niko-
laus von Damaskus, XVII, 9, 4.
Ptolemal's (Ake), Stadt in Phoe-
nicien, jetzt St. Jean d’Acre,
bei den Arabern Akka, XIII,
2,1; XVII, 10,9; XVIII, 5, 3;
6, 3.
Puteoli (Dikaearchia) , Stadt in
Italien, jetzt Pozzuoli, XVIII,
6, 3 f. ; XIX, 1,1.
Q.
<£uadratus,Ummidius, Statthalter
von Syrien, XX, 6, 2.
Quintilia, Geliebte des Pompedius,
XIX, 1,5.
Quirinische Tribus, die, XIV, 8, 5.
Quirinius, gewesener Konsul, mit
der Schätzung in Syrien und
Judaea betraut, XVII, 13, 5 ff.
R.
Raazar, Räuberhauptmann, VIII,
7,6.
Rabatha (s. Philadelphia) , Stadt
Go gle
716
Josephns’ Jüdische Altertümer.
der Ammaniter, IV, 5,3; VII,
6,2; 7,5.
Rabezak, XI, 3, 5.
Rabülus, Gajus , Konsul, XIV,
10 , 20 .
Raehel, Labans Tochter, 1, 19, 6 ff.
Raöl, Davids Bruder, VI, 8, 1.
Raesius, Quintus, XIV, 10, 13;
10, 19.
Raespha, Sauls Kebsweib, VII, 1,4.
Ragaba, Kastell im transjordia-
nischen Palaestina, jetzt unbe-
kannt, XIII, 15, 5.
Ragav, Pbaleks Sohn, 1,6,4.
Raguel, Esaus Sohn, II, 1, 2.
Raguel , des Moyses Schwieger-
vater, III, 3 ff.
Ramatha, s. Aramatha.
Raphla, Küstenstadt in Palaestina,
südwestlich von Gaza am An-
fang der Wüste gelegen, jetzt
Blr-Refä, XIII, 13, 3 ; XIV, 5, 3.
Raphidin , letzte Station der Is-
raeliten vor dem Sinai, jetzige
Lage unbekannt, III, 1, 7.
Raphon, Stadt in Syrien jenseits
des Jordan, XII, 8, 4.
Rapsakes , assyrischer Feldherr,
X,l,l.
Rathymus, XI, 2, 1.
Rebekka, Bathuels Tochter, I,
6, 5 ff.
Reblatha, Stadt an der Nord-
grenze von Palaestina, das heu-
tige Dorf Ribl&h, X, 8, 2 ; 8, 5.
Regm&er, die, 1,6,2.
Regmus, Sohn des Chus, 1,6,2.
Rekem, Madianiterkönig, IV, 7, 1.
Renga, Stadt in Palaestina, völlig
unbekannt, VI, 14, 1.
Rheginer, griechische Bezeichnung
für Aschanaxer, I, 6, 1.
Rhegium, XIX, 2, 5.
Rhinokorura, Stadt an der Grenze
von Palaestina und Aegypten,
das heutige el-‘ Arisch , XIII,
15,4, XIV, 14, 2.
Rhoa, der Felsen Bimmon in der
Wüste, auf dem die Reste des
Stammes Benjamin nac^ 1 £ er
Niederlage bei Gibea ein e ^ u -
flucht fanden, V, 2, 12.
Rhodos, die östlichste Insel des
Aegaeischen Meeres, XIV, 14, 3;
XVI, 2, 2.
Riphatäer, die, 1, 6, 1.
Rlphates, Gomars Sohn, 1,6,1.
Robe, Madianiterkönig, IV, 7,1.
Roboam, Solomons Sohn, VII,
5, 3 ff.
Römer, Rom, XII, 5,2; 10, 6;
XIII, 5, 8; 7,3; 9, 2; XIV, 8, 5;
XVII, 11,1 f.; XVIII, 3, 4 u. 5;
XIX, 1,3; 1,4; 3,2.
Romelias, des Phakeas Vater,
IX, 11,1.
Rooboth, Brunnen, 1, 18, 2.
Ros, Benjamins Sohn, 11,7,4.
Roxane, Hemdes’ des Grossen
Tochter, XVII, 1,3.
Rubel, Jakobs Sohn, 1,19,7; II,
3, 1 ff ; IV, 7, 3.
Rufu8,jüdischerHeerfuhrer,XVII,
10, Bff
Rufus, Anniu«, Landpfleger von
Judaea, XV1II,2,2.
Rufas, Konsul, XX, 1, 2.
Roma, Nachors Kebsweib, 1,6, 5.
Ruth, Moabiterin, V, 9, 1 ff
Rydda, Stadt in Arabien, jetzt
unbekannt, XIV, 1,4.
s.
Saba, Hafenstadt in Aethiopien
am Arabischen Meerbusen, von
Kambyses Meroe genannt, II,
10 , 2 .
Sabäer, die, 1,6,2.
Sabaeus, des Regmus S< »hn, 1, 6, 2.
Sabaeus, des Bochorias Sohn,
VII, 11,6.
Sabaktener, die, 1, 6, 2.
Sabaktes, Sohn des Chus, 1, 6, 2.
Sabas, Sohn des Chus, 1,6,2.
Sabathener, die, 1,6,2.
Sabathes, Sohn des Chus, I, 6,2,
Namenregister.
717
Sabathes, Davids Geheimkämme- Salome , Herodes’ des Grossen
rer, VII, 11,8. Schwester, XIV. 7, 3ff.
Sabatinlsche Tribus , die , XIV, Salome, Herodes’ Tochter, XVII,
10, 13; 10, 19. 1, 3; XVIII, 5,4.
Sabbaeus, Samariter, XIII, 3, 4. Salome, des Anstobulus Gattin,
Sabbatjahr, das, 111,12,3; XIV, XIII, 12,1; XIV, 1,2; XVII,
16, 2 ; XV, 1,1. 1, 1 ; 2, 4. S. auch Alexandra.
Sabbion, XV, 3, 2. Samaeas, Prophet, VIII, 10, 3.
Sabek, syrischer Heerführer, VII, Samal, Davids Bruder, VI, 8,1.
6, 2. Samaraeus, Chanaans Sohn, 1, 6, 2.
Sabeus, des Juktas Sohn, 1,6,4. Samaria, Stadt in Mittelpalaestina,
Sabinus, Statthalter von Syrien, von Herodes Sebaste genannt,
XVII, 9, 5. heute das unbedeutende Dorf
Sabinus, Tribun, XIX, 1,7 ff. Sebastlye, VIII, 12, 5; IX, 4,3;
Sabinus , Befehlshaber der Leib- XI, 4, 3ff. ; XII, 5, 5 ; XIII, 10, 2 ;
wache des Caligula, XIX, 1, 15. XV, 8, 5 ; XVII, 10, 9.
Sabuchades, Verschnittener, XI, Sambabas, Statthalter von Sama-
6, 11. ria, XI, 4,9.
Sadducäer,die, XIII, 5, 9 ; XVIII, Sameas, Pharisäer, XIV, 9, 4 ; XV,
l,2ff. 1,1; 10,4.
Sadduk, Pharisäer, XVIII, 1, 1 ff. Samega , das am Südende des
Sadok, Hohepriester, VII, 2, 2 ff. Sees Gen ezareth gelegene jetzige •
Sadrakes, XI, 4, 9. Dorf Semakh, XIII, 9, 1.
Sal'r, das Gebirgsland, welches Samos, eine der bedeutendsten
nach der Vertreibung der Ho- Inseln des Aegaeischen Meeres
riter von dem Stamme Esau nahe der ionischen Küste von
oder den Edomitern bewohnt Kleinasien, jetzt Samo, von den
wurde und sich im Süden von Türken Susam Adassi genannt,
Palaestina bis gegen den Aela- XVI, 2, 2.
nischen Meerbusen erstreckte, Samosata, befestigte Hauptstadt
jetzt Dschebal und el Schera, der syrischen Provinz Komma-
1,20,3. j gene, am westlichen Ufer des
Saker, die, skythisches Nomaden- i Euphrat gelegen , heute nur
volk, XVIII, 4, 4; XX, 4, 2. noch ein Schutthaufen bei dem
Salampsio, Herodes’ des Grossen Flecken Someisat, XIV, 15, 8.
Tochter, XVIII, 5, 4. Sampho, befestigter Flecken Sa-
Salathiel, Zorobabels Vater, XI, marias, vielleicht das heutige
3, 10. Dorf el-Säviye südlich von Sa-
Saleph, des Juktas Sohn, 1,6,4. maria, XVU, 10, 9.
Sales, des Arphaxades Sohn, I, Sampsigeram, König vonEmesa,
6,4f. XVIII, 5, 4; XIX, 8,1.
Sales, des Judas Sohn, 11,7,4. Samson, Richter, V,8, 4 ff.
Sali um, Hohepriester, X, 8, 6. Samuel, Prophet, V, 9, 3 ff.
Sallum, Gatte der Seherin Olda, j Sanaballetes, Satrap von Samaria,
X, 4, 2. XI, 7, 2 ff.
Salmanas, madianitischer Heer- Sanagar, V, 4, 3.
führer, V, 6, 5. Sapha (Skopos) , Anhöhe bei Je-
Salmanasar, assyrischer König, 1 rusalem, XI, 8, 5.
IX, 13, 1; 14,1; 14,2; XI, 4, 3.1
718
Joseplius’ Jüdische Altertümer.
Saphanes , Schreiber des Königs l Scaurus , römischer Heerführer,
Josias, X, 4, 1. XIV, 2, 3; 5,1.
Saphates, Statthalter von Galilaea, Seipio, XIV, 7,4; 10, 1 .
VIII, 2, 3. Sebaste (s. Samaria) , XIII , 10, 2;
Saphatias, Davids Sohn, VII, 1,4. XV, 8, 5; XVII, 11, 4; XIX,
Saphatus, des Elissaeus Vater, 9, lf.
VIII, 13, 7. Sebaste, Name für die Insel
Saphta, Thal bei Maresa, VIII, I Elaeusa, XVI, 4,6.
12,1. iSebastos* Hafen von Caesarea,
Sappinas, des Herodes Freund, 1 XVII, 5,1.
XIV, 14, 3. ! Sebe, Stadt in Galaditis, V, 7 , 12.
Sara, Äsers Tochter, II, 7, 4. j Sedekias, falscher Prophet, VIII,
Sara, kleine Stadt auf dem Wege i 15, 4.
zwischen Ramlek und Jerusa- 1 Sedekias, König der Juden, X,
lern, VI, 12,4. | 7,1 ff.
Sarabazanes, XI, 1,3; 4, 4. j Sejanus, Oberst der Praetorianer,
Sarad, Zabulons Sohn, 11,7,4. j XV1IJ, 6, 6.
Saraira, unbekannteStadt Judaeas, j Sekela, Stadt der Philister, zum
VIII, 10, 1. | Stamme Gad gehörig, dem
Saramallas, XIV, 13, 5; XV, 2, 3. j Stamme Judas und später dem
Sarasar, Senacheribs Sohn, X, 1, 5. ! Stamme Simeon zugeteilt. Nach
. Sardes, die alte Residenzstadt der i dein Exil wohnten Idumäer da-
lydischen Könige, jetzt die Ru - 1 selbst. VI, 13, 9 f.
inenstätte Sart, XIV, 10, 17; 'Selene, syrische Königin, XIII,
XVI, 6, 6. : 16, 4.
Sareas, Hohepriester, X, 8, 5 f. Seleukia, Stadt in Babylonien,
Sareas, Führer der in Judaeazu- die wichtigste aller von Seleukus
rückgebliebenen Juden, X,9, 2. 1 Nikator erbauten Städte, in der
Sarephtlia , phoenicische Stadt | Nähe des Tigris an einem Kanal
zwischen Sidon und Tyrus, jetzt : gelegen, der Euphrat und Tigris
nur noch ein Dorf Surafent, ; verband , jetzt die Ruinen el-
Sarfeno oder Zerfant, VIII, 13, 2. ; Madai'n, XVI1J, 9, 8f.
Sariasa, Stadt in der Niederung i Seleukia, Stadt im oberen Gaula-
des Stammes Judas, V, 8, 12. i nitis, heutige Lage noch nicht
Sariphaeus, X Vll, 6, 2. ermittelt, Xlll, 7, 1 ; 15, 3 ; XVIII,
Sarra, Abrams Gattin, 1,8, lff. , 2, 4.
Sarvia, Davids Schwester, VI, ! Seleukus I., Nikator, XII, 3,1.
13, 9; VII, 1, 3; 10, 1. i Seleukus IV., Philopator, XII, 4, 10.
Saturninus, römischer Feldherr i Seleukus VI., Epiphanes, des
in Syrien, XVI, 9, lff. i Antiochus Grypus Sohn, XIII,
Saturninus, Konsul, XVI, 11,3. j 13, 4.
Saturninus, Fulvias Gatte, XVIII, j Seleukus , Sohn des S. Nikator,
3, 5. | XV11I, 9, 8.
Saturninus , Paulinas Gatte, ; Sella, Lamechs Gattin, I, 2, 2.
XVIII, 3, 4. Sellim, Nephthalis Sohn, II, 7, 4.
Saul, Simeons Sohn, II, 7, 4. Sellum, König der Israeliten, IX,
Saul, Sohn des Kis, VI, 4, lff. 11, 1.
Saulus, Verwandter des Königs Sem, Noes Sohn, 1,4,1.
Agrippa, XX, 9,4. I Semar, VIII, 12,5.
Namenregister.
719
Semareon (Samaria) , VIII, 12, 5.
Seraaron, Stadt auf dem Gebirge
Ephraim unweit Bethel, VIII,
11 , 2 .
Semechonitischer See (der See
Merom), V, 5, 1.
Semegar, babylonischer Fürst, X,
8 , 2 .
Semel', des Geras Sohn, VII, 9, 4.
SemeYs,StatthalterSolom ons, VI II ,
2 , 8 .
Semelios, Schreiber des Kambyses,
XI, 2,1.
Sempronlns, Gajus, Senator, XIII,
9,2.
Senabares , sodom itischer König,
1 , 9 .
Senacherlb, Assyrierkönig, X.l, lff.
Sennaar, Ebene in Babylonien
Seth, Adams Sohn, 1, 2, 3.
Seth, Vater des Hohepriesters
Ananus, XVIII, 2, 1.
Sextus Caesar, Statthalter von
Syrien, XIV, 9, 2; 10, 19.
Sibas, Sauls Freigelassener, VII,
5, 5 ; 9, 3.
Sibath, Vater der Raespha, VII,
1,4.
Sibylla, 1,4,3.
Sichon, König von Moabitis und
Amoritis, IV, 5,1 f.
! Sidon , Sohn des Chanaan , I,
6 , 2 .
Sidon, Stadt in Phoenicien, jetzt
Saida, I, 6. 2 ; IX, 14, 2 ; XI, 4, 1 ;
8,6; XIV, 12,6.
Sie, Vater des Hohepriesters Je-
sus, XVII, 13, 1.
südlich von der Vereinigung i Sikim (Sichern), uralte Stadt in
des Euphrat und Tigris, heute
Trat T 4- 1 • 4 S
Sentius, Senator) XIX, 2, 1 ff.
Sepphora, Moyses’Gattin, II, 18, 1 ;
III, 3.
Sepphoris, jetzt Sefüriye, ein Dorf
mit erbärmlichen Hütten am
Abhange eines Hügels mitten
in Galilaea, westlich vom Tabor
und von Tiberias, XIII, 12, 5;
XIV, 5,4; 15,4; XVII, 10, 9;
XVIII, 2,1.
Samaria auf dem Gebirge
Ephraim, in einem engen Thal
am Fusse der Berge Garizin
und Gibal, jetzt Nabulus oder
Naplusa, 1,12,1; 11,2,4; V,
1,19; 1,24; 7,2; VIII, 8,4.
Ihre Bewohner (Sikimiter), VI,
7,3.
Silanns, Statthalter von Syrien,
XVIII, 2, 4.
Silas, Agrippas Freund, XVIII,
6,7; XIX, 6, 3; 7,3.
Serebaeus, XI, 3, 10. Silas , Beherrscher von Lysias,
Sergische Tribus, die, XIV, 10, 10. XIV, 3, 2.
Seron, Heerführer des Antiochus ' Silo, römischer Heerführer, XIV,
Epiphanes, XII, 7, 1 . j 14, 6 f.
Serriter, Nachbarvolk ‘der Pa- j Silo, Stadt in Samaria, jetzt
laestiner, VI, 13, 10. ; Seilün, V, 1, 19 ff.
Serag, Ragavs Sohn, 1,6,4. j Simeon, Jakobs Sohn, 1, 19, 7 ff.
Servilius Galba, Publius, Pro- i Simon, Hohepriester, XII, 2, 5;
konsul, XIV, 10, 21. j 4, 10; XIII, 6, 3.
Servilins, Feldherr, XIV, 6 , 1 . Simon, des Mattathias Sohn,
Servilius Papinius, XIV, 10, 10.
Servilius Braeehus, Tribun, XIV.
10,13; 10,19.
Servilius Strabo, Publius, XIV,
10, 19.
XII, 6, lff.
Simon, des Dositheus Sohn, XIII,
9 2.
Simon, des Boethos Sohn, XV, 9, 3 ;
XVII, 4, 2.
Sesostris, aegyptischer König, j Simon, Herodes’ des Grossen
VIII, 10, 2. i Sklave, XVII, 10, 6.
720
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Simon, Essener und Traumdeuter,
XVII, 13, 3.
Simon, des Kamith Sohn, Hohe-
priester, XVIII, 2, 2.
Simon Kantheras, Hohepriester,
XIX, 6, 2.
Simon, Gesetzeslehrer, XIX, 7, 4.
Simon, Sohn des Galiläers Judas,
XX, 5,2.
Simon, Mager, XX, 7, 2.
Sinaens, Chanaans Sohn, I, 6, 2.
Sinai, Berg auf der sogenannten
Sinaitischen Halbinsel des Boten
Meeres, II, 12, 1 ; III, 2, 5; 5, 1.
Sinope, die wichtigste aller grie-
chischen Kolonien am Pontus
Euxinus, auf einer Halbinsel
der paphlagonischen Küste Öst-
lich vom Vorgebirge Karambis,
heute Sinabe, Sinop, Sinub,
XVI, 2, 2.
Siphar, Beherrscher von Amma-
nitis, VII, 9, 8.
Slsas, Davids Schreiber, VII, 5, 4.
Sisenna, Befehlshaber, XIV, 6, 1.
Sisines, Statthalter, XI, 1, 3; 4, 4.
Skopas, Heerführer, XII, 8, 3.
Skythen, die, Bewohner desLandes,
welches sich nach Herodot (I,
103 — 104) im Norden bis in die
jetzigen russischen Gouverne-
ments Mohilew , Tschernigow,
Orel und Kursk, im Süden bis
an den Pontus Euxinus, im
Westen bis zum Ister, der es
von Thracien schied, und im
Osten bis an den Tanais und
Mokotis erstreckte, I, 6, 1;
XVII, 4, 4.
Skythopolis, Stadt in Palaestina
an der südlichen Grenze von
Galilaea, früher Bethsana ge-
nannt, das heutige Beisan,
V, 1, 22 ; VI, 14, 8; XII, 3, 3;
8, 5; XIV, 5, 3.
Soar, Simeons Sohn, II, 7, 4.
Soas, aegyptischer König, IX, 14,1.
Soba, VI, 6, 6.
Sobakches, VII, 12, 2.
Sobnaeus, X, 1, 2.
Socho (Sochus), Stadt in der
Ebene des Stammes Judas,
VI, 9,1: VIII, 10,1.
Sodoma, die südlichste der vier
Städte im Thale Siddim, welche
ins tote Meer versanken, I,
8 3*11
SoCmus, Ituräer, XV, 6, 5 ff.
Soömus, Araber, XVII, 3, 2.
Soömus, König von Emesa und
Tetrarch vom Libanon, XX, 8, 4.
Solomon, Davids Sohn, VII,3,3ff.
Solyma, Name für Jerusalem,
1,10,2; VII, 3, 2.
Solymlus, XII, 4, 6.
Sophaker, die, afrikanisches Volk,
1,15.
Sophene, ein durch den Euphrat
von Melitene in Klein armenien,
durch den Antitaurus von Me-
sopotamien getrennter Gau in
Grossarmenien zwischen dem
Antitaurus und Masius, VII,
5,1; VIII, 7,6.
Sophira, Gegend in Indien, Gold-
land genannt, VIII, 6, 4.
Sophones, I, 15.
Sophonias, Gads Sohn, 11,7,4.
Sophonias, Hohepriester, X, 8, 5.
Sosibius, Befehlshaber der Leib-
wache des Ptolemaeus Philadel-
phus, XII, 2, 2.
Sosipater, XIV, 10, 22.
Sosius, XIV, 15, 9f.; XX, 10, 1.
Spasini Charax , Stadt am Ara-
bischen Meerbusen in der da-
nach benannten Landschaft
Charakene, an der Mündung
desTigris, angeblich jetzt Karem
oder Kamata, I, 6, 4; XX, 2, 1 ;
2 3.
Spnrius, XIV, 10, 18.
Stellatinische Tribus, die, XIV,
10 , 10 .
Stephanus, Diener des Caesars
Claudius, XX, 5,4.
Stoecheus, Agrippas Freigelasse-
ner, XVIII, 6, 7.
Go gle
Namenregister. 721
Strabo, Geschichtschreiber, XIII, i
10,4ff.; XIV, 4, 3 ff.; XV. 1,2. ,
Stratou, Tyrann von Beroea, '
XIII, 14, 3. ;
Stratonsturm, Stadt in Samaria,
von Herodes Caesarea genannt.
XIII, 11. 2; 12.2; XIV, 4, 4;
XV, 8, 5; 9, 6; XVII, 11, 4;
XIX. 8, 3.
Su. Abrams Sohn, 1, 15. ,
Subas, VII, 6, 1.
Sudeas, Hohepriester, X, 8, 6.
Sulla, XIV, 4, 5.
Suna, Stadt in Palaestina nicht!
weit von Gilboa, heute das
kleine und schmutzige Dorf
Sünem (Sülam) am südwest-
lichen Fusse des kleinen Iler-
mon (I)schebel el I)ahi), eine j
Stunde nordwärts Jezreel gegen-
über, von wo aus man die |
ganze westliche Ebene Jezreel J
bis zum Karmel übersehen kann,
VI, 14, 2. !
Suitis, Gads Sohn, II, 7, 4. I
Suris, Abrams Sohn, 1, 15.
Sures,Madianiterfürst,lV,6, 1 0 ;7,1 .
Susa, Hauptstadt der persischen
Provinz Susis oder Susiaua,
an der Ostseite des Flusses
Eulaeus oder Chonspes , auch
Memnonia genannt, jetzt Ruinen
bei Sehusch am Kerkha, X, 1 1 , 7 ;
XI. 6, 1 f.
Susak, aegvptisclier König, VII,
5.3; VI II, 7, 8; 10, 2 f.
Susas, Davids Schreiber, VII, 11,8.
Svchem, König Emmors Sohn,
*1.21.1.
Sykaminus, Stadt in Phoeuicien
am nördlichen Abhange des
Karmel, südwestlich von Ptole- 1
mai's und nördlich von Cae-
sarea, jetzt Haifa, XIII, 12. 3.
Syllaeus, Araber, XVI, 7, 6 ; 9, 1 ff;
XVII, 0,3; 3,2.
Sytnacho, XX, 2, 1.
Symoborus, sodomitiseher König,
I, 9-
Josephus’ Jüdische Altertümer, II.
Syrer (Aramäer), die, I. 6, 4; VIII,
*14,1 ff; X, 6,1 ff; XI. 8,3; XII,
1,1 ff.
Syriis, König von Mesopotamien,
VII, 6,1.
T.
Tabaeus, Nachors S »lm, I, 6, 5.
Tanganas, Berniter des K<*nigs
Darius, XI, 4, 9.
Tanis, aegyptische Stadt in der
Gegend der Nilmündungen,
1,8,3.
Tarent, Stadt in Italien, jetzt
Taranto, XVII, 5, 1.
Taricheac, Stadt am Südende
des Sees Genezareth, nach
Wilson das heutige Medsehilel,
XIV, 7, 3; XX, 8, 4.
Tarsus, im römischen Zeitalter
Hauptstadt von Cilicien, heute
Tersus oder Tarso im Ejalet
Adana, 1,6.1; IX, 10, 2.
Taurus, Hauptgebirge Asiens,
welches seinen Anfang bei dem
! Heiligen Vorgebirge in Lycien
; nimmt, zwischen Lycien und
I Pamphylien sich erstreckt und
an der nordwestlichen Grenze
von Cilicien sich in zwei
Teile, Taurus (jetzt. Ala-Dagh)
und Antitaurus (Al-Kurun)
trennt, I, 6, 1 ; XI, 8, 3.
Tavaus, Nachors Sohn, I, 6, 5.
Telithon* Moabiterstadt im Pe-
traeischen Arabien, XIII, 15,4.
Terentinische Tribus, die, XIV,
10, 10; 10, 13; 10. IV».
Teron, Veteran. XVI, ll,4ff.
Tcutius,Gajus, Tribun, XIV, 10,19.
Thadal, assyrischer Heerführer, 1,9.
1 Thadamor, Stadt in Syrien, von
| den Griechen Palmyra genannt
(s. dieses), VIII, 6, 1.
I Thaenus, Beherrscher von Amathe,
! VII, 5, 4
| Thallus, Freigelassener <les Ti-
| berius, XVII 1,6, 4.
49
722
Joseph\M f Jüdische Altertümer.
Thamar , Davids Tochter, VII,
3,3; 8,1.
Thamar , Abesaloms Tochter,
VII, 10, 3.
Thamna, Stadt an der Nord-
grenze des Stammes Judas, V,
1,29; 8,5; XIV, 11,2.
Thanmaeos, VIII, 12, 5.
Thamnata, Stadt in Judaea(wohl
dasselbe wie Thamna), XIII, 1,3.
Thannus, VII, 2,1.
Thaphine, VIII, 7,6.
Thapsa, Stadt in Palaestina, Lage
unbekannt, IX, 11,1.
Tharabasa, Stadt in Arabien,
Lage unbekannt, XIV, 1, 4.
Tharata, assyrischer Heerführer,
X,l,l.
Tharbis, Moyses* Gattin, II, 10, 2.
Tharras, Abrams Vater, 1, 6, 5.
Tharsa, Stadt in Palaestina,
zwei Stunden nördlich von
Sichern auf einem Bergkamm,
der vom Tafellande des Gibal
atisläuft, jetzt das DorfTallüzah
oder Talu8&, VIII, 12,41
Tharsikes,Aethiopenkönig,X, 1,4.
Tharsns, Jovans Sohn, 1, 6, 1.
Thamnastus , Sklave des Cali-
gula, später Agrippas Frei-
gelassener, XVIII, 6. 6.
Theben (Thebae), Stadt in Mittel-
palaestina unweit Sichern, das
heutige grosse Dorf Tübäs, V,
7, 5; VII, 7, 2.
Thekoa, Stadt im Stamme Judas,
jetzt Takü'a, zwei Stunden
südlich von Bethleem, VIII,
10, 1 ; IX, 1, 3.
Tlieglaphalassar (Tiglat Pilesar),
KÖuig der Assyrier, IX, 11,1;
15,5.
Theman, Ismaels Sohn,1, 12, 4.
Theman, des Eliphaz Sohn, II, 1,2.
Theodektas, Trauerspieldichter,
XII, 2, 14.
Theodestes, Verschnittener, XI,
6,4; 6. 10.
Theodorus, XIII, 13, 3 ff.
Theodosias, Samariter, XIII, 3, 4.
Theodosius, Theodors Sohn, XIV,
8 , 5 .
Theodotus, XIV, 10, 22.
Theophilas, Vater des Hohe-
priesters Matthias, XVII, 4, 2.
Theophilas , des Ananus Sohn,
Hohepriester, XVIII, 5, 3; XIX,
6 , 2 .
Tbeopompos , Geschichtschreiber,
XII, 2, 14.
Thermusa , des Partherkönigs
Phraates Gattin, XVIII, 2, 4.
Thermnthis, Tochter des Pharao,
II, 9, 5.
Thesbona, Stadt in Galaditis, Ge-
burtsort des Elias, VIII, 13, 2.
Theudas, Betrüger, XX, 5, 1.
Theadion, Herodes’ des Grossen
Schwager. XVII', 4, 2 ; XX, 1, 2.-
Thiras, Japheths Sohn, 1, 6, 1.
Thisri, hebraeischer Monatsname,
macedonisch Hyperberetaios,
VIII, 4,1.
Thobel, Japheths Sohn, 1, 6, 1.
Thobel, Lamechs Sohn, 1,2,2.
Tholomaeas, Gessirerkönig, VII,
1,4.
Tholomaeas, Rauberhauptmann,
XX, 1,1.
Thorgames, Thorgamtter, I, 6, 1.
Thraker, die, I, 6, 1; IX, 1, 4;
XVII, 8, 4.
Thrakidas, Beiname Alexanders,
XIII, 14,2.
Thresa, Festung in Idumaea oder
eigentlich in Judaea, da sie
zwischen Jerusalem und Masada
lag, XIV, 13, 9; 15,2.
Tlmlas, Isachars Sohn, 11,7,4.
Tiberias , Stadt am See Geneza-
reth, jetzt Tabariye, XVIII, 2, 2.
XX, 8 , 4.
Tiber ius Nero, römischer Caesar,
XVIII, 2, 2ff.
Tiberius tiemellas, des Drusus
Sohn, XVIII, 6, 8.
Tiberius Alexander, Landpfleger
von Judaea, XX, 5, 2.
Go gle
Namenregister.
723
Ti gr an es , König von Armenien, j Tyrannus, des Herodes Trabant,
XIII, 16,4; XV, 4, 3; XVIII, XVI, 10,3.
5,4.
Tigris, Fluss in Asien, 1, 1, 3.
Tlmagenes , Geschichtschreiber,
XIII, 11, 3; 12,5.
Timidius, XIX, 1, 5.
Tlmius , Phasaels Schwiegersohn,
XVIII, 5, 4. :
Timotheus , ammanitischer Heer- 1
fährer, XII, 8, 3. |
Tirathaba, Ort in Samaria. inj
der Nähe des Berges Garizin, '
jetzt noch unbekannt, XVIII,
4, lf.
Tirldates, König von Gross-
armenien, XX, 3, 4.
Titius, Statthalter von Syrien,
XVI, 8, 6.
Titus, des Vespasianus Soiin, XII,
3.1; XX, 10.
Tobias, Josephs Vater, XII, 4, 2.
Tochoa, Stadt in Judaea, Lage
unbekannt, XIII, 1, 3,
Trachonitis, Landschaft im Osten
des Jordan zwischen dem Anti-
libanon und dem Arabischen
Gebirge (Alsudamusgebirge),
XV, 10. 1; XVI, 4, 6 ; XVII, 2,1;
8, 1; XVIII, 5, 4.
Tralles, Stadt in Karien, jetzt die
Ruinen Aidin Güzelhissar in
der Landschaft Aidin (Ejalet
Ismir), XIV, 10,21.
Trebellius Maximus, Senator, XIX,
2,3.
Tripolis , Stadt in Plioenicien
nördlich von Sidon, jetzt Tara-
bulus, XII, 10, 1 ; XIII, 10, 2.
Troglodytis, 1, 15 ; Bewohner II,
11 , 2 .
Tryphon, Hofnarr des Ptolemaeus
Epiphanes XII, 4, 9.
Tryphon, Barbier Herodes’ des
Grossen, XVI, ll,6f.
Tryphon, Sohn des Theudion,
XX, 1,2.
Tusculanum, Villa des Tiberius,
XVIII, 6, 6.
Tyrus, Ort zwischen Arabien und
Judaea unweit Essebonitis, XII,
4, 11.
Tyrus, alte Handelsstadt Phoe-
niciens, heute Sür. Man unter-
schied Palaetyrus, die Mutter-
stadt auf dem Festlande (IX,
14, 2), und das 1154 vor Chr.
gegründete Inseltyrus. IX, 14, 2;
XI, 8, 3 ff. ; XIV, 12, 1; 12,3;
13, 13.
U.
Ulatha, die Gegend um den See
Merom, XV, 10, 3.
Ulus, Arams Sohn, 1, 6, 4.
Ur, Stadt in Mesopotamien, von
wo aus Abram nach Chana-
naea zog , heute die Ruinen
El-Mugheir südlich von Baby-
lon am rechten Ufer des Euphrat,
I, 6, 5.
Ur, Madianiterkönig, IV, 7, 1.
Ures, Statthalter Solomons, VIII,
2,3.
Urias, Beersabes Gatte , VII,
7, lf.
Urias , Jotharas Sohn, Hohe-
priester, X, 8, 6.
Usis, Dans Sohn, 11,7,4,
Usus, Arams Sohn, I, 6. 4.
Usus, Beseleels Vater, III, 6, 1.
Uxus, Nachors Sohn, I, 6, 5.
V.
Yalatha, Gegend in Syrien,
XVII, 2,1.
Valerius, Lucius, römischer Prae-
tor, XIV, 8, 5.
Valerius Gratus, Landpfleger von
Judaea, XVIII, 2, 2.
Valerius Asiaticus, gewesener
Konsul, XIX, 1,14; 1,20; 4,3.
Vardanes, Partherkönig, XX, 3, 4.
Go gle
724
Josephus’ Jüdische Altertümer.
Varro, Statthalter von Syrien,
XV, 10, 1.
Taste, des Artaxerxes Gemahlin,
XI, 6, 1.
Vatinius, Senator, XIX, 1, 13.
Yentldius, röm scher Feldherr,
XIY, 14, 6 f.
Yeraitius, Senator, XIX, 3,4.
Vespasianus, Titus Flav'us, XII,
3,1; XVIII, 5, 4; XIX, 9, 2.
Yeturische Tribns , die , XIV,
10,13; 10,19.
Vienna, Stadt in Gallien, jetzt
Vienne im Departement der
Isfere, XVII, 13, 2.
Vitellins, Statthalter von Syrien,
XV, 11, 4; XVIII, 4, 2 ff.
Yitellius Proculus , Centurio,
XIX, 6, 3.
Vologeses, des Partherkönigs Ar-
tabanus Sohn, XX, 3, 4 ; 4, 2.
Volumnins, römischer Feldherr,
XVI, 9, lf.
Vonones,des Partherkönigs Phraa-
tes Sohn, XVIII, 2, 4.
X.
Xerxes, Perserkönig, XI, 5, 1 ff.
Xantbikos, macedonischerMonats-
name, hebraeisch Nisan, 1, 3, 3.
z.
Zabadias Vorsitzenderdesobersten
Gerichtshofes, IX, l,'l.
Zabel, arabischer Fürst, XIII, 4, 8.
Zabuda, Joakims Mutter, X, 5, 2.
Zabulun, Jakobs Sohn, 1, 19, 8.
Zaeharias, des JodausSohn, IX, 8, 3.
Zacharias, JerobamsSohn, König
der Israeliten, IX, 10, 3.
Zacharias, Prophet, XI, 4,5; 4,7.
Zacharis, Heerführer der Israe-
liten, IX, 12,1.
Zamares, VIII, 12, 4f.
Zamaris, babylonischer Jude, XVII,
2, 3.
Zambran, Abrains Sohn, 1, 15.
Zambrias, IV, 6, 10 ff.
Zara, moabitische Stadt im Pe-
traeischen Arabien, XIII, 15,4.
Zaraens,aethiopischer König, VIII.
12 , 1 .
Zaras, des Judas Sohn, 11,7,4.
Zaraza. Amans Gattin, XI, 6, 10.
Zeb, Madianiterkönig, V, 6, 5.
Zebedias, Achars Vater, V, 1,10.
Zebes, madianitischer Heerführer,
V, 6, 5.
Zelpha, Magd der Lia, 1, 1 9, 7.
Zeno, mit dem Beinamen Koty-
las , Beherrscher von Philadel-
phia, XIII, 8,1.
Zenodorns, XV, 10, 1 f. ; XVII, 11, 4.
Zeus Enyalios, 1,4,3.
Zeuxis, Feldherr des Antiochus,
XII, 3, 4.
Zipha, Stadt im Stamme Judas,
jetzt Teil Zlfa auf dem Wege
von Hebron nachEngaddi, l 3 /*
Stunde von Hebron entfernt,
VIII, 10,1.
Ziphener, die, VI, 13,2.
Zizus, arabischer Fürst, XIII, 14,3.
Zoara, Stadt in Arabien, XIV,
1.4. Zohor heisst der Ort I,
11.4.
Zodmiel, XI, 4, 2.
ZoYlus, Beherrscher von Stratons-
turm und Dora, XIII, 12, 2;
12 4.
ZorobabeU XI, 1,3; 3, 7 ff.
Halle a. S,, Druck von Otto Hendel.
Holzfreies Papier aus der Fabrik von Wiede & Söhne
in Trebeen.
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Stammbaum de
I. Anttpater d
verheiratet mit der Araberin Kypron (XIV, 7,3);
/■■■■■ ■ ■ ■
1) Phasaöl, 2) Herodes der Grosse, 3) Joseph,
tötet sich selbst König der Juden von 39 v. fällt bei Jerich»
(40 v. Chr.) nach der Chr. bis 4 v. Chr. Kampfe geg«
Eroberung Jerusa- (s. unten II) Antigonus
lems durch den (XIV, 15, IC
Asmonäer Antigonus ,
(XIV, 13, 10)
1) Doris
aus Jerusalem
(XIV, 12, 1)
I
Antipater,
auf seines
Vaters Befehl
hingerichtet
(XVII, 7)
2) Mariamne,
Tochter des Hobe-
priesters Simon
(XVII, 1,3)
I
Herodes,
von seinem Vater
enterbt, vermählt
mit: Herodias
Salome,
die Evang.
Matth* 14, 6
erwähnte
Tänzerin
II. Herodes der Grosse;
3) Malthake,
Samariterin
4)1
aus
(X
Herodes Archelans,
Antipas, Ethnarch
Tetrarch von 4 v. Chr. bis
Galilaea, ,6 n. Chr.
38 n. Chr. von
Caligula nach ;
' Lyon
verbannt
<XVIII, 7, 2)
Olympias,
vermählt mit
Joseph, dem
Neffen Hero-
des J d. Grossen
(s. Jüd. Krieg
I, 28, 4)
Philipp«
Tetrarch 1
Trachom
etc., gestor
35 n. Ch
1) Alexander,
vermählt mit Glaphyra, der
Tochter d. Königs Archelaus
von Kappadocien; auf Be-
fehl seines Vaters hin-
gerichtet (XVI, 11, 7)
2) Aristobulus,
vermählt mit Berenike, der Tochter
des Kostobar und der Salome ;
auf Befehl seines Vaters hingerichtet
(XVI, 11, 7)
I
Alexander
I
Tigranes,
von Nero zum
Könige von
Armenien er-
nannt
(XVIII, 5,4)
— " Herodes Herodes, Aristobulus, Herodias,
Tigranes, Agrippa I., König von vermählt mit verlässt ihren
gestorben als König d. Juden 36 Chalüs, ge- Jotape, der Gatten Hero-
König von bis44 n.Chr. ; ver- storben 49 n. Tochter des des, den Sohn
Armenien mahlt mit Kypros, Chr. (s. Jüd. Königs Samp- der Hoheprie-
(XVI II, 5, 4) einer Tochter ’ Krieg II, 11,6) sigeram von sterstochter
seiner Tante Emesa Mariamne (s.
Salampsio (XVIII, 5, 4) oben) und hei-
(s. nebenstehend ra *®t den He-
unter 3) rodes Antipas
Berenike,
vermählt mit
Herodes von
Chalkis(XIX,
5, 1) ; Geliebte
des Titus tTac.
Hist. II, 2;
Suet. Titus 7)
Mariamne
(XIX, 9,1;
XX, 7,1; 7,3)
Drnsilla,
in erster Ehe ver-
mählt mit Azizus,
dem Könige v.Emesa;
verlässt diesen und
heiratet den Land-
pfleger Felix (XX,
7, lf., auch Apostel-
geschichte 24, 2 1)
Herodes
Agrippa II.
(s. Apostel -
gesch. 25, 13)
Drnsti8
(XV1I1, 5, 4)
r Herodianer.
er Idamäer,
43 v. Chr. von Malichus vergiftet (XIV, 11,3 f.)
> im
;n
)
4) Pheroras,
stirbt in seiner jen-
seits des Jordan
gelegenen Tetrarchie
und wird zu Jeru-
salem beigesetzt
(XVII, 3, 4)
5) Salome,
verheiratet in erster Ehe mit ihrem
Oheim Joseph, der der Eifersucht
des Herodes zum Opfer fällt, in
zweiter Ehe mit dem idumäischen
Priester Kostobar, den Herodes
gleichfalls hinrichten lässt (XV, 7,9)
verheiratet mit folgenden Frauen :
Cleopatra
Jerusalem
VII, 1,3)
I
is, Herodes
von (XVII, 1, 3)
tis
ben
ir.
5) Marianine, 6) Pallas
Tochter |
des Asmonäers Phasael,
Alexander; auf (XVII, 1, 3)
ihres Gatten Be-
fehl hingerichtet
(XV, 7, 5)
7) Phaedra 8) Elpls
I I
Roxane Salome
(XVII, 1,3) (XVII, 1,3)
3) Salampsio,
vermählt mit Phasael, dem Sohne
ihres Oheims Phasael (s. Jüd.
Krieg I, 28, 6)
- Antipater Herodes Alexander Alexandra Kypros
Marlamne (XVII, 1 ,*3)
V
9) und 10)
Zwei Frauen
unkekannten
Namens, beide
kinderlos
(s. Jüd. Krieg
I, 28, 4)
4) Kypros,
vermählt mit
Antipater,
dem Sohne
ihrer Tante
Salome (s.Jüd.
Krieg 1, 28, 6)
Go gle