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Full text of "Flavius Josephus Werke: Altertümer, Krieg, Apion, Leben. Übersetzt von Heinrich Clementz"

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iclite. Verlag von Benziger & Co. 

Der Herodianisehe Tempel mit der Burg Antonia. 




Des Flavius Josephus 

Jüdische Altertümer. 


Übersetzt 

und mit Einleitung und Anmerkungen versehen 

von 

Dr. Heinrich Clementz. 

II. Band. 

Buch XI bis XX 
nebst Namenregister. 



Halle a. d. S. 
Verlag von Otto Hendel. 


Digitized by 


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Original from 

VERSITY OF CALIFORNIA 



Elftes Buch 


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Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 253 Jahren 

und 5 Monaten. 

Inhalt. 

1. Wie der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babylon in ihre 

Heimat entliess, ihnen den Tempel wieder aufzubauen ge* 
stattete und ihnen Geldmittel dazu gab. 

2. Wie des Königs Beamte sie beim Bau des Tempels störten. 

3. Wie nach dem Tode des Cyrus dessen Sohn Kambyses den 

Thron bestieg und den Juden die Wiederaufrichtung des 
Tempels völlig untersagte. 

4. Wie Darius, des Hystaspes Sohn, nachdem er die Herrschaft 

über die Perser angetreten, das Volk der Juden mit Achtung 
behandelte und für den Wiederaufbau des Tempels sorgte. 

5. Wie nach ihm sein Sohn Xerxes die Juden mit grösstem Wohl- 

wollen behandelte. 

6. Wie unter der Regierung des Artaxerxes das gesamte Juden- 

volk durch die Ränke Amans in die äusserste Gefahr 
geriet. 

7. Wie Bagoses , der das Heer des jüngeren Artaxerxes befehligte, 

die Juden hart bedrängte. 

8. Wie Alexander, König der Macedonier, den Juden vieles Gute 

erwies, nachdem er Judaea unteijocht hatte. 


Erstes Kapitel. 

Wie der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babylon 
in ihre Heimat entliess, ihnen den Tempel wieder 
aufzubauen gestattete und ihnen Geldmittel dazu gab. 

1. Im ersten Jahre der Regierung des Cyrus, dem 
siebzigsten seit der Überführung unseres Volkes nach 
Babylon, erbarmte sich Gott der Gefangenschaft und 

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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


der Drangsal, welche jene Unglücklichen ertragen 
mussten, wie er ihnen durch den Seher Jeremias vorher- 
gesagt hatte, ehe die Stadt zerstört wurde: nachdem sie 
Nabuchodonosor und seinen Nachfolgern als Knechte 
gedient und diese Sklaverei siebzig Jahre lang erduldet 
hätten, werde er sie wieder in ihr Heimatland zurück- 
führen, damit sie den Tempel aufbauen und ihr früheres 
Glück wiedergewinnen könnten. Dieser Verheissung ge- 
treu bewog Gott den Cyrus, in ganz Asien ein Rund- 
schreiben zu erlassen folgenden Inhalts: „Also spricht 
der König Cyrus: Da mich der allmächtige Gott zum 
Könige des Erdkreises gemacht hat, glaube ich, dass er 
es ist, den das Volk der Israeliten anbetet. Er hat 
durch die Propheten meinen Namen Vorhersagen und 
verkündigen lassen, dass ich seinen Tempel zu Jerusalem 
im Lande Judaea wieder aufbauen würde." 

2. Das hatte der König erfahren bei der Lesung des 
Buches der Weissagungen, welches Esa'ias zweihundert- 
zehn Jahre früher geschrieben *hatte. Dieser verkündete 
nämlich, Gott habe ihm insgeheim offenbart: „Ich will, 
dass Cyrus, den ich zum Könige über viele und grosse 
Völkerschaften gemacht habe, mein Volk in sein Heimat- 
land zurücksende und meinen Tempel wieder aufrichte." 
So prophezeite Esa’ias einhundertvierzig Jahre vor der 
Zerstörung des Tempels. Als Cyrus es gelesen hatte, 
bewunderte er Gottes Vorsehung und ward von regem 
Eifer erfüllt, dasjenige auszuführen, was geschrieben 
stand. Er liess daher die vornehmsten Juden in Baby- 
lon Zusammenkommen und sagte ihnen, er gebe ihnen 
die Erlaubnis, in ihr Vaterland zurückzukehren, um die 
Stadt Jerusalem und den Tempel Gottes wieder aufzu- 
bauen. Gott selbst werde sie dabei unterstützen ; er aber 
wolle seinen Beamten und Satrapen in den an das 
Land der Juden grenzenden Provinzen schreiben, dass 
sie ihnen Gold und Silber zum Tempelbau wie auch 
Vieh zu den Opfern lieferten. 

3. Als Cyrus den Israeliten diese Erlaubnis gegeben, 
machten sich die Oberhäupter der beiden Stämme Judas 


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Elftes Buch, 1 . Kapitel. 


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und Benjamin sowie die Leviten und Priester sogleich 
auf den Weg nach Jerusalem. Viele jedoch blieben in 
Babylon, weil sie ihr Besitztum nicht verlassen wollten 
Als nun die vorerwähnten Juden in Jerusalem ankamen, 
leisteten ihnen alle Freunde des Königs Hilfe und 
lieferten ihnen zur Erbauung des Tempels teils Gold 
und Silber, teils eine ungeheure Anzahl Pferde und 
anderes Vieh. Da brachten sie Gott ihre Gebete dar 
und schlachteten nach alter Gewohnheit Opfertiere, als 
wenn die Stadt schon wieder aufgebaut wäre und die alte 
Pracht des Gottesdienstes wieder aufleben sollte. Cyrus 
sandte ihnen hierauf auch die heiligen Geräte zurück, 
die der König Nabuchodonosor aus dem geplünderten 
Tempel nach Babylon gebracht hatte. Diese übergab 
er seinem Schatzmeister Mithradates mit dem Aufträge, 
sie an Abassar auszuliefern, der sie bis zur Vollendung 
des Tempels aufbewahren und dann den Priestern und 
Vorstehern des Volkes zur Aufstellung im Tempel aus- 
händigen sollte. Ferner sandte Cyrus an seine Satrapen 
in Syrien ein Schreiben folgenden Inhalts: „Der König 
Cyrus an Sisinas und Sarabasanas. Ich habe den Juden, 
welche dazu Lust tragen, gestattet, in ihr Vaterland 
zurückzukehren und ihre Stadt sowie den Tempel Gottes 
zu Jerusalem auf derselben Stelle wieder aufzubauen, 
wo er früher gestanden hat. Meinen Schatzmeister 
Mithradates und den Vorsteher der Juden Zorobabel habe 
ich entsandt, um die Fundamente zum Tempel zu legen 
und ihn in der Höhe und Breite von sechzig Ellen zu 
erbauen, indem sie je drei Lagen von geglättetem Marmor 
und eine Lage Holz von Bäumen des Landes selbst auf- 
schichten, sowie auch den Altar zur Darbringung von 
Opfern zu errichten. Die gesamten Baukosten will ich 
aus meinen Mitteln bestreiten. Die Geräte, welche der 
König Nabuchodonosor einst aus dem Tempel geraubt 
hat, habe ich meinen Schatzmeister Mithradates und dem 
Vorsteher der Juden, Zorobabel, übergeben, um sie nach 
Jerusalem zu bringen und im Tempel Gottes wieder auf- 
zustellen. Deren Anzahl ist folgende: Fünfzig goldene 



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Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


und fünfhundert silberne Schüsseln, vierzig goldene und 
fünfhundert silberne Becher, fünfzig goldene und fünf- 
hundert silberne Krüge, dreissig goldene und dreihundert 
silberne Opferschalen, dreissig goldene und zweitausend- 
vierhundert silberne Opferteller, sowie eintausend andere 
Gefässe. Auch bewillige ich den Juden dieselben Rechte, 
welche ihre Vorfahren hatten. Für Vieh, Wein und 
Oel gewähre ich ihnen zweihundertfünftausendfünfhundert 
Drachmen, ferner zwanzigtausendfünfhundert Artaben 1 
Weizenmehl, und befehle, dass alles dies aus dem Steuer- 
amte in Samaria zu entnehmen ist. Die Opfer sollen 
die Priester zu Jerusalem nach moysaischem Ceremoniell 
darbringen und beim Opfer für das Heil des Königs 
und seines Hauses zu Gott flehen, damit das Reich der 
Perser lange bestehen möge. Wer diesem meinem Be- 
fehle nicht Folge leistet und ihn Übertritt, der soll ans 
Kreuz geschlagen werden, und seine Besitzungen sollen 
dem königlichen Schatze verfallen sein.“ Das war der 
Inhalt des Briefes. Derer aber, die nach Jerusalem 
zurückkehrten , waren zweiundvierzigtausendvierhundert- 
zweiundsechzig.J 


Zweites Kapitel. 

Wie die Chuthaer und Satrapen die Juden am Tempel- 
bau hinderten, und wie nach Cyrus’ Tod Kambyses 
denselben ganz untersagte. 

1. Während man nun die Fundamente zum Tempel 
legte und allen Eifer auf den Bau verwandte, baten die 
benachbarten Völkerschaften und besonders die Chuthaer, 
die der Assyrierkönig Salmanasar nach Wegführung des 
Volkes der Israeliten in die Gefangenschaft aus Persien 
und Medien nach Samaria verpflanzt hatte, die Satrapen 
und die Bauleiter, sie möchten die Juden an der Wieder- 
aufrichtung der Stadt und des Tempels hindern. Diese 

1 Eine Artaba = 65,49 Liter. 


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Elftes Buch, 2. Kapitel. 


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liessen sich auch durch Bestechung mit Geldgeschenken 
dazu verleiten, denChuthäern zu Gefallen die Juden mit 
Gleichgiltigkeit zu behandeln und den Tempelbau sehr 
nachlässig zu betreiben. Cyrus hatte davon keine Kennt- 
nis, da er mit Feldzügen beschäftigt war. Auf einem 
derselben, den er gegen die Massageten unternahm, fand 
er seinen Tod. Als nun sein Sohn Kambyses den Thron 
bestiegen hatte, schrieben die Syrer, Phoeniker, Amma- 
niter, Moabiter und Samariter einen Brief folgenden 
Inhalts an ihn: „Deine Knechte, o Herr, Rathymus der 
Kanzler, Semelius der Schreiber, und die Vorsteher des 
phoenicischen und syrischen Rates. Du musst wissen, 
o König, dass die Juden, welche nach Babylon wegge- 
führt waren, in unser Land gekommen sind, um die ver- 
räterische und ruchlose Stadt wieder aufzubauen, ihre 
Plätze wiederherzustellen, die Mauer wieder zu errichten 
und den Tempel zu bauen. Wenn das alles vollendet 
ist, werden sie dir weder Tribut zahlen noch deinen Be- 
fehlen Folge leisten, sondern sich zum Widerstand rüsten 
und lieber selbst herrschen, als dienen. Da nun der 
Tempelbau bereits im Gange ist, haben wir es für gut 
gehalten, an dich zu schreiben, o König, und es nicht 
unterlassen wollen, dich zu bitten, die Geschichte deiner 
Vorfahren nachzusehen. Du wirst darin finden, dass die 
Juden wie auch ihre Stadt , die ebendeswegen zerstört 
worden ist, aufrührerisch und gegen die Könige höchst 
feindselig sich benahmen. Auch wollen wir dir nicht 
verhehlen, dass, wenn die Stadt wieder aufgebaut und 
mit Mauern umgeben ist, du von Coelesyrien und Phoe- 
nicien abgeschnitten sein wirst.“ 

2. Als Kambyses den Brief gelesen hatte, geriet er, 
da er von Charakter jähzornig war, über dessen Inhalt 
in Wut und schrieb also zurück: „Der König Kambyses 
an den Kanzler Rathymus, an Belsemus, an den 
Schreiber Semelius und Genossen, sowie an alle Ein- 
wohner von Samaria und Phoenicien. Nachdem ich 
euren Brief gelesen, habe ich die Geschichte meiner Vor- 
fahren durchsehen lassen und gefunden, dass diese Stadt 



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Josephus’ Jüdisch® Altertümer. 


stets gegen die Könige feindlich gesinnt gewesen ist, 
dass ihre Bewohner Aufruhr und Krieg an gezettelt, und 
dass ihre Herrscher mächtige und strenge Könige waren, 
die von Coelesyrien uud Phoenicien Tribut erhoben 
haben. Ich befehle daher, den Juden die Erbauung der 
Stadt zu wehren, damit ihre empörerische Gesinnung, die 
sie bisher stets zum Schaden der Könige bewiesen haben, 
nicht noch grösser werde." Als der Inhalt dieses Briefes 
vorgelesen war, stiegen Rathymus, der Schreiber Semelius 
und deren Amtsgenossen zu Pferde, eilten nach Jeru- 
salem, versammelten dort das Volk und wehrten den 
Juden den Bau des Tempels und der Stadt. So wurde 
der Bau neun Jahre lang unterbrochen bis zum zweiten 
Jahre der Regierung des Perserkönigs Darius. Kambyses 
starb nach sechsjähriger Regierung, als er von einem 
Kriegszuge gegen Aegypten, das er unteijocht, zurück- 
kehrte, in Damaskus. 


Drittes Kapitel. 

Wie nach dem Tode des Kambyses Darius zur Regierung 
kam, und wie Zorobabel, weil er in der Lösung schwie- 
riger Fragen seine Genossen übertraf, von ihm die Er- 
laubnis zum Wiederaufbau des Tempels erhielt. 

1. Nachdem die Mager, welcher nach dem Tode des 
Kambyses ein Jahr lang die Herrschaft innehatten, aus 
dem Wege geräumt waren, erwählten die Oberhäupter 
der sogenannten sieben Häuser der Perser Darius, den 
Sohn des Hystaspes, zum Könige. Als dieser noch 
Privatmann war, hatte er Gott gelobt, wenn er die 
Königswürde erhielte, alle heiligen Gefässe, die sich noch 
in Babylon befänden , an den Tempel zu Jerusalem 
zurücksenden zu wollen. Um diese Zeit kam aus Jeru- 
salem zu Darius Zorobabel, der zum Vorsteher der 
Juden in der Gefangenschaft ernannt worden war. 
Diesen verband mit dem Könige eine alte Freundschaft, 



Elftes Buch, 3. Kapitel. 


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und so kam es, dass er nebst zwei anderen die Ehren- 
stelle eines königlichen Leibwächters erhielt. 

2. Im ersten Jahre seiner Regierung lud Darius seine 
nähere Umgebung, die Beamten seines Hauses, die 
Fürsten der Meder, die persischen Satrapen, die Statt- 
halter von Indien bis nach Aethiopien hin und die 
militärischen Befehlshaber der hundertsiebenundzw'anzig 
Satrapien zu einem glänzenden Prunkmahle ein. Als 
man nach reichlichem Schmause sich trennte und jeder 
sein Quartier aufgesucht hatte, begab sich auch Darius 
zu Bett, wachte aber nach kurzem Schlummer auf und 
fing, da er keinen Schlaf mehr finden konnte, mit seinen 
drei Leibwächtern ein Gespräch an. Dabei versprach 
er, er wolle demjenigen von ihnen , der ihm die beste 
und scharfsinnigste Antwort auf eine Frage geben 
würde, zum Lohne die Erlaubnis erteilen, dass er ein 
Purpurgewand tragen, aus goldenem Becher trinken, in 
goldenem Bette schlafen, in goldgeschirrtem Wagen 
fahren, eine Kopfbedeckung von Byssus und eine 
goldene Halskette tragen, und um seiner Weisheit willen 
neben ihm sitzen dürfe. Auch wolle er ihn als seinen 
Verwandten betrachten. Nachdem er ihnen solche Be- 
lohnungen in Aussicht gestellt hatte, fragte er den 
ersten, ob der Wein am gewaltigsten sei, den zweiten, 
ob die Könige, den dritten, ob die Weiber die meiste 
Macht hätten, oder ob die Wahrheit gewaltiger sei als 
alle drei. Alsdann begab er sich zur Ruhe. Am Morgen 
liess er seine Grossen', die Satrapen und die Statthalter 
von Persien und Medien Zusammenkommen, nahm auf 
seinem Throne Platz und befahl jedem seiner Leib- 
wächter, vor versammeltem Hofstaat über die ihm vor- 
gelegte Frage seine Meinung zu äussern. 

3. Da begann der erste von der Gewalt des Weines 
zu reden und lobte ihn folgendermassen : „Ihr Männer, 
ich soll die Macht des Weines schildern, und ich beweise 
euch, dass er alles übertrifft. Er umnebelt und bethört 
nämlich den Sinn derer, die ihn trinken, macht die 
Könige den Waisen und Dürftigen gleich, löst die Zunge 




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Josepkus’ Jüdische Altertümer. 


des Knechtes dem Freien gegenüber und stellt den 
Armen mit dem Reichen auf eine Stufe. Die Seele 
wandelt er um und verleiht ihr neue Kraft. Den Un- 
glücklichen nimmt er ihre Traurigkeit, lässt den 
Schuldner seine Schuld vergessen ‘und macht, dass er 
sich für den reichsten Menschen hält, sodass er nicht 
mehr von Kleinigkeiten, sondern nur noch von Talenten 
und allem anderen, was glückselig macht, redet. Er 
lässt Fürsten und Könige ihre Würde vergessen und 
tilgt selbst das Andenken an Freunde und Verwandte. 
Den Menschen bringt er auf gegen seine Lieben, als 
wenn sie ihm wildfremd wären. Ist man aber nüchtern 
geworden und hat man den Weinrausch in der Nacht 
verschlafen , so erhebt man sich , ohne noch etwas von 
dem zu wissen, was man im Taumel gethan. Daraus 
ziehe ich den Schluss, dass der Wein der allmächtigste 
Herrscher ist, und nichts ihn an Gewalt übertrifft.“ 

4. Nachdem der erste diese Rede auf den Wein ge- 
halten, fing der zweite an, von der Macht des Königs 
zu sprechen, die er für gewaltiger als jede andere körper- 
liche oder geistige Macht hielt. Diese Behauptung ver- 
suchte er also zu beweisen: „Der Mensch herrscht über 
alle Dinge und kann sich Land und Meer nach Be- 
lieben dienstbar machen. Die Könige aber haben 
wieder die Herrschaft über die Menschen. Wer also 
über das stärkste und mächtigste Geschöpf gebietet, der 
muss wohl die grösste Gewalt besitzen. Wenn der König 
seinen Unterthanen befiehlt, sich in Krieg und Gefahren 
zu stürzeu, so gehorchen sie. Sendet er sie gegen den 
Feind, so wagt niemand zu trotzen. Berge werden auf 
seinen Befehl abgetragen, feste Mauern und Türme zer- 
stört. Ja, morden und sich morden lassen, wenn er 
gebietet, ist der Menschen Pflicht, wie auch der Sieger 
seine Kampfesbeute nur dem Könige zu bringen hat. 
Die aber vom Kriegsdienste frei sind und das Land be- 
bauen, müssen, wenn sie nach harter Arbeit endlich 
ernten, dem Könige die Abgabe davon entrichten. Was 
er ausspricht und befiehlt, muss ohne Verzug gethan 



Elftes Buch, 3. Kapitel. 


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werden. Von Wollust und Üppigkeit gesättigt, schläft 
er ein, und dann beschirmen ihn Wächter, welche die 
Furcht an ihn fesselt, sodass sie ihn nicht ein Weilchen 
zu verlassen wagen, um ihren eigenen Geschäften nach- 
zugehen. Die Bewachung des Königs ist vielmehr das 
einzige, worauf sie ihr Augenmerk zu richten haben. Es 
muss also der König der mächtigste von allen sein, da 
seinem Befehl eine so grosse Menge gehorcht.“ 

5. Als auch dieser geendet hatte, hub Zorobabel als 
dritter an, die Macht der Weiber und der Wahrheit zu 
schildern, und sprach: „Grosse Macht hat der Wein, 
und gewaltig ist der König, dem alle gehorchen. Aber 
noch weit mächtiger sind die Weiber. Denn auch den 
König brachte ein Weib zur Welt, und die Winzer, die 
den Wein keltern, sind vom Weibe geboren und erzogen. 
Überhaupt giebt es nichts, das wir nicht dem Weibe 
verdankten. Denn es webt unsere Kleider und besorgt 
unser gesamtes Hauswesen. Ohne Weib können wir 
nicht leben, und Gold, Silber wie alle anderen Kostbar- 
keiten geben wir gern dahin, wenn wir ein schönes 
Weib erblicken. Ja, unser ganzes Hab und Gut 
opfern wir, um in den Genuss seiner Reize gelangen 
zu können. Vater, Mutter und Heimat verlassen wir 
und vergessen unsere teuersten Freunde um der Weiber 
willen; ja, wir scheuen uns nicht, für sie zu sterben. 
Hieraus lässt sich leicht ermessen, wie gross des Weibes 
Macht ist. Arbeiten wir nicht und tragen wir nicht alle 
Mühsale zu Wasser und zu Lande, um das dadurch 
Erworbene freudig dem Weibe, unserer Herrscherin , zu 
Füssen zu legen ? Sah ich doch einst , wie der König, 
der gewaltige Herrscher, von Aparae, der Tochter des 
Themasiers Rabezak, seinem Kebs weibe, geohrfeigt wurde; 
wie er duldete, dass sie das Diadem von seinem Haupte 
nahm und sich selbst aufsetzte; wie er lächelte*, wenn 
sie fröhlich, und zürnte, wenn sie traurig war; wie er 
auf jede erdenkliche Weise dem Weibe schmeichelte 
und durch tiefe Demütigung ihre Gunst wiederzuerlangen 
trachtete, wenn er sie in Unmut sah!“ 




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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


6. Während die Fürsten und Satrapen noch über 
das Gehörte nachdachten, schickte Zorobabel sich an, 
von der Wahrheit zu reden mit folgenden Worten: „Ich 
habe gezeigt, wie mächtig die W eiber sind ; allein schwach 
sind sie wie der König im Vergleich zu der Wahrheit. Denn 
wie gross auch die Erde, wie hoch der Himmel, und wie 
schnell der Sonne Lauf ist, so bewegt sich doch das 
alles nur nach dem Willen Gottes, der die Wahrheit 
ist. Daraus folgt, dass die Wahrheit die grösste Macht 
ist, gegen welche keine Ungerechtigkeit etwas vermag. 
Denn während alles andere, das mächtig zu sein scheint, 
sterblich und hinfällig ist, bleibt die Wahrheit dagegen 
ewig und unsterblich. Sie glänzt nicht durch Schönheit, 
welche die Zeit schwinden macht, noch durch Reichtum, 
den der Zufall raubt, sondern durch Recht und Gesetz- 
mässigkeit, wonach sie das Ungerechte von sich abstösst 
und verdammt.“ 

7. Sobald Zorobabel hiermit seine Lobrede auf die 
Wahrheit beendigt hatte, riefen alle aus, er habe am 
besten gesprochen , und nur die Wahrheit sei von un- 
veränderlicher Macht und altere nie. Der König aber 
hiess ihn noch eine Gabe zu dem verlangen, was er ihm 
schon in Aussicht gestellt hatte. Er wolle ihm dieselbe 
gern gewähren, weil er sich als einen so verständigen 
und überaus klugen Mann bewiesen habe. „Du wirst 
von nun an,“ sagte er, „mir zur Seite sitzen und mein 
Verwandter heissen.“ Hierauf erinnerte ihn Zorobabel 
an das Gelübde, das der König zu erfüllen versprochen 
habe, wenn er den Thron besteigen würde. Dann wolle 
er ja Jerusalem wieder erneuern, den Tempel Gottes 
aufbauen lassen und die von Nabuchodonosor geraubten 
und nach Babylon geschleppten Gefässe wieder zurück- 
geben. „Das ist es,“ fügte er hinzu, „was ich jetzt von 
dir erbitte, weil du mir als Belohnung für meine Weis- 
heit und Klugheit noch eine Gnade versprochen hast.“ 

8. Da erhob sich der König erfreut, küsste den Zoro- 
babel und liess an die Statthalter und Satrapen schreiben, 
sie sollten dem Zorobabel und allen, die mit ihm zur 



Elftes Buch, 3. Kapitel. 


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Wiederaufrichtung Jerusalems ausziehen wollten, das 
Geleit geben. Auch befahl er den Präfekten von 
Syrien und Phoenicien brieflich , auf den Libanon 
Oedernbäume fällen und dieselben zum Tempelbau nach 
Jerusalem schaffen zu lassen. Ferner schenkte er allen 
Gefangenen, welche bereit waren, nach Judaea zu ziehen, 
die Freiheit, verbot seinen Verwaltern und Satrapen, 
von den Juden die Abgaben für den König zu erheben, 
und erliess den Juden alles Land, das sie bebauen 
wollten, steuerfrei. Den Idumäern, Samaritern und Be- 
wohnern von Coelesyrien aber befahl er, sie sollten alle 
Wohnsitze der Juden, welche sie innehätten, verlassen 
und zum Bau des Tempels fünfzig Talente beisteuern. 
Den Juden selbst gestattete er, ihre gesetzlichen Opfer 
wieder darzubringen, liess alle Geräte sowie die Kleidung 
des Hohepriesters und der übrigen Priester auf seine 
Kosten hersteilen, gab den Leviten Musikinstrumente, 
wies den Wächtern der Stadt und des Tempels Ländereien 
sowie ein Jahresgehalt an, sandte die heiligen Gefässe 
nach Jerusalem zurück und ordnete überhaupt alles das 
an, was schon früher Cyrus zum Besten der Juden be- 
absichtigt hatte. 

9. Als Zorobabel diese Gnade vom Könige erlangt 
hatte, verliess er den Palast, erhob sein Antlitz gen 
Himmel und dankte Gott dafür, dass er ihm Weisheit 
verliehen und ihm dadurch den Sieg ermöglicht habe. 
„Denn das alles,“ sagte er, „hätte ich nicht erlangt, 
wenn du, o Herr, mir nicht gnädig gewesen wärest.“ 
Nachdem er so Gott öffentlich seinen Dank abgestattet 
und ihn gebeten hatte, ihm in Zukunft gleiches Wohl- 
wollen zu beweisen, eilte er nach Babylon und brachte 
seinen Landsleuten die frohe Botschaft von der Erlaub- 
nis des Königs. Als die Juden dies vernahmen, dankten 
sie zunächst Gott dafür, dass er ihnen die Rückkehr in 
ihre Heimat wieder gestatten wolle, und ergötzten sich 
dann sieben Tage lang mit Freudenmahlen und heiterem 
Spiel, um die Wiedererstehung ihres Vaterlandes zu 
feiern. Darauf bewogen sie die Vorsteher der Stämme, 



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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


ihnen voraus mit Weibern, Kindern und Vieh die Reise 
nach Jerusalem anzutreten. Diese erhielten von Darius 
Geleit nach Jerusalem und legten den Weg unter 
freudigen Lobgesängen und unter dem Schalle von 
Flöten und Cymbeln zurück. Alsdann folgte ihnen 
jubelnd das übrige Volk nach. 

10. So zog also aus jedem Geschlecht eine bestimmte 
Zahl aus. Ich halte es nun nicht für zweckmässig, diese 
Geschlechter alle einzeln aufzuzählen, damit der Leser 
nicht von dem Zusammenhang der Begebenheiten ab- 
gelenkt werde und der Geschichtserzählung besser 
folgen könne. Die Zahl aller Abziehenden aus den 
Stämmen Judas und Benjamin, die über zwölf Jahre alt 
waren, betrug viermillionsechshundertachtundzwanzig- 
tausend, 1 die der Leviten vierundsiebzig, während die 
übrige Menge, Frauen und Kinder, die Zahl vierzig- 
tausendsiebenhundertzweiundvierzig auf wies. Ausserdem 
waren dabei hundertachtundzwanzig Leviten als Sänger, 
hundertzehn als Thürhüter und dreihundertzweiund- 
neunzig als Tempeldiener. Dazu kamen dann noch 
sechshundertzweiundsechzig, die sich für Israeliten aus- 
gaben, aber ihre Abstammung nicht beweisen konnten. 
Einige aus den Priestern übrigens mussten ihrer Priester- 
würde entkleidet werden, da sie Weiber geheiratet hatten, 
deren Herkunft sie nicht nachzuweisen vermochten und 
die auch in den Registern der Leviten und Priester 
nicht verzeichnet waren. Es waren dies im ganzen 
gegen fünfhundertfünfundzwanzig Priester. An Knechten 
folgten denen, die nach Jerusalem zogen, siebentausend- 
dreihundertsiebenunddreissig Mann. Sänger und Psalter- 
spieler waren zweihundertfünfundvierzig dabei, ausserdem 
vierhundertfünfunddreissig Kamele und fünftausendfünf- 
hundertfünfundzwanzig Stück Zugvieh. Die Anführer 
des ganzen Zuges waren Zorobabel, der Sohn des 
Salathiel, aus dem Stamme Judas und aus Davids Ge- 


1 Diese Zahl ist sicher übertrieben , findet sich aber sowohl bei 
Havercamp als bei Dindorf. 


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Elftes Buch, 4. Kapitel. 


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schlecht, und Jesus, der Sohn des Hohepriesters Josedek. 
Ausser diesen hatte das Volk sich noch zu Führern 
erwählt den Mardochaeus und den Serebaeus, welche 
hundert Minen Gold und fünftausend Minen Silber bei- 
gesteuert hatten. Auf diese Weise zogen also die 
Priester nebst einem Teile des gesamten Volkes der 
Juden, das damals in Babylon wohnte, nach Jerusalem 
aus. Der Rest des Volkes aber begab sich gesondert in 
sein Heimatland zurück. 


Viertes Kapitel. 

Wie trotz des Widerstandes der Chuthäer der Tempel 

erbaut wurde. 

1. Im siebenten Monat nach dem Auszuge aus 
Babylon sandten der Hohepriester Jesus und der An- 
führer Zorobabel Boten im Lande umher und beriefen 
die ganze Volksmenge^ nach Jerusalem zusammen, die 
diesem Rufe auch gern Folge leistete. Dann errichteten 
sie den Altar an derselben Stelle, wo er früher gestanden 
hatte um Gott die feierlichen Opfer darzubringen , die 
im Gesetze des Moyses vorgeschrieben waren. Dieses 
Beginnen betrachteten die benachbarten Völker mit 
neidischen Blicken, da sie samt und sonders ihnen 
feindlich gesinnt waren. Trotzdem feierten die Juden 
das Laubhütten fest um die Zeit, die der Gesetzgeber 
dafür bestimmt hatte, und vollzogen wieder die Speise- 
opfer, Brandopfer, Sabbatopfer und alle anderen fest- 
lichen Opfer; auch brachten [sie die vorgeschriebenen 
Gebete dar und begannen mit] den Opfern wieder vom 
Neumond des siebenten Monats an. Alsdann gaben sie 
sich auch an die Erbauung des Tempels, zahlten den 
Steinmetzen und Zimmerleuten eine grosse Geldsumme 
und gewährten denen, die das Material herbeischafften, 
Speise und Trank. Diese Arbeiten besorgten die 
Sidonier mit leichter Mühe, indem sie Cedernholz vom 
Libanon zu Flössen zusaramenfügten und damit in den 



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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Hafen von Joppe 1 einfuhren. Cyrus hatte das bereits 
angeordnet, während es jetzt erst unter Darius voll- 
zogen. wurde. 

2. Im zweiten Jahre nach der Rückkehr der Juden 
und zwar im zweiten Monat begann man mit dem 
Tempelbau, indem man am Neumond dieses Monats die 
Fundamente legte nnd auf diesen weiterbaute. Den 
Bau leiteten die über zwanzig Jahre alten Leviten, Jesus 
mit seinen Söhnen und Brüdern, sowie Zodmiel, der 
Bruder des Judas, Sohnes des Aminadab, nebst seinen 
Söhnen. Und da mit angestrengtestem Fleisse gearbeitet 
wurde , ward der Tempel wider Erwarten schnell 
vollendet. Als das Heiligtum fertig war, legten die 
Priester ihre -Gewänder an und stellten sich mit 
Posaunen auf, desgleichen auch die Leviten und die 
Söhne des Asaph. ‘ Darauf sangen sie Gott Loblieder, 
wie David sie dereinst gelehrt hatte. Die Priester und 
Leviten aber und die Ältesten aus den Geschlechtern, 
<iie sich der Pracht und Grösse des früheren Tempels 
noch erinnerten und nun den jetzigen, weit ärmlicheren 
entstehen sahen , gerieten bei dem Gedanken an ihr 
einstiges Glück und den Glanz ihres früheren 
Tempels in tiefe Trauer und vermochten ihr Wehklagen 
und ihre Thränen nicht zurückzuhalten. Das Volk da- 
gegen war schon zufrieden, dass es wieder einen Tempel 
erhielt, und dachte nicht an den früheren, quälte sich 
auch nicht mit Vergleichen ab, welche die geringere 
Pracht des jetzigen Tempels erst recht hätten empfinden 
lassen. Und der Schall der Posaunen und das Jauchzen 
der Menge übertönte die Wehklage der Ältesten und 
der Priester, die immer wieder daran erinnert wurden, 
dass der jetzige Tempel dem zerstörten weit nach- 
stehe. 

3. Als nun die Samariter, die den Stämmen Judas 
und Benjamin feindlich gesinnt waren, den Schall der 
Posaunen vernahmen, liefen sie herbei, um den Grund 


1 Nach Jüd. Krieg III, 9,3 hatte Joppe keinen Hafen. 


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Elftes Buch, 4. Kapitel. 


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des Festtrubels kennen zu lernen. Und da sie sahen, 
dass die Juden, die als Gefangene nach Babylon weg- 
geführt worden waren, den Tempel wieder aufbauten, 
gingen sie den Zorobabel und den Jesus sowie die 
Oberhäupter der Geschlechter mit der Bitte an, man 
möge ihnen gestatten, sich am Bau zu beteiligen. „Wir 
verehren ja,“ sagten sie, „ebenso wie ihr den allmächtigen 
Gott und beten zu ihm, und wir sind auch stets in 
seinem Dienste eifrig gewesen von der Zeit an, da der 
Assyrierkönig Salmanasar uns aus Chuthien und Medien 
hierher verpflanzt hat.“ Zorobabel , der Hohepriester 
Jesus und die Oberhäupter der Geschlechter entgegneten 
ihnen darauf, es sei unmöglich, sie am Tempelbau teil- 
nehmen zu lassen , da nur die Juden zuerst von Cyrus 
und jetzt von Darius den Auftrag zur Wiedererrichtung 
des Tempels erhalten hätten. Jedoch wolle man ihnen 
erlauben , in dem Tempel Gott zu verehren , denn nur 
hierin bestehe die Gemeinschaft der Juden mit ihnen 
wie mit allen anderen, die zum Tempel kämen, um Gott 
anzubeten. 

4. Als die Chuthäer (so heissen eigentlich die Sama- 
riter) diese Antwort vernahmen, wurden sie wütend und 
veranlassten die Völkerschaften Syriens, die Satrapen 
zu bitten, sie möchten, wie dies früher unter Cyrus 
und Kambyses geschehen sei, den Bau des Tempels 
hintertreiben und den Juden bei ihrer Arbeit Schwierig- 
keiten und Hindernisse in den Weg legen. Um diese 
Zeit kam der Statthalter von Syrien und Phoenicien, 
Sisineß, in Begleitung des Sarabazanes und einiger 
anderen nach Jerusalem. Diese fragten die Vorsteher 
der Juden, wer ihnen erlaubt habe, einen solchen Tempel 
zu bauen, der einer Festung ähnlicher als einem Heilig- 
tum sei, und weshalb sie ihn mit Säulenhallen und die 
Stadt mit so starken Mauern umgeben hätten. Zoro- 
babel und der Hohepriester Jesus antworteten ihnen, 
sie seien Diener des allmächtigen Gottes, und der Tempel, 
den ihr glücklichster und tugendhaftester König einst 
erbaut, habe lange Zeit unversehrt dagestanden. Als 

Josephus’ Jüdische Altertümer, II. 2 



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Josephus* Jüdische Altertümer. 


aber ihre Vorfahren gegen Gott gefrevelt, habe 
Nabuchodonosor, der König der Babylonier und Chal- 
däer, die Stadt eingenommen und zerstört, den Tempel 
geplündert und verbrannt und das Volk nach Babylon 
in die Gefangenschaft geschleppt* Cyrus indessen, der 
ihm in der Herrschaft über Babylonien und Persien ge- 
folgt sei, habe schriftlich den Befehl erteilt, den Tempel 
wieder aufzubauen, und alle von Nabuchodonosor ge- 
raubten Weihgeschenke und Geräte dem Zorobabel und 
seinem Schatzmeister Mithradates übergeben, um sie nach 
Jerusalem zuTückzuschaffen und in dem neuerbauten 
Tempel wieder aufzustellen. Und damit alles möglichst 
schnell vollführt werde, habe er dem Abassar befohlen, 
6ich nach Jerusalem zu begeben und für den Tempel 
Sorge zu tragen. Dieser sei darauf mit einem Schreiben 
des Cyrus sogleich dorthin abgereist und habe die Fun- 
damente legen lassen. Seit dieser Zeit habe man eifrig 
weitergebaut, sei jedoch wegen der Böswilligkeit der 
Feinde mit dem Bau noch nicht fertig geworden. Wenn 
sie es daher für gut fänden, möchten sie an DariuB 
schreiben, damit er die königliche Chronik [nachsehen 
lasse und sich überzeuge, dass sie die volle Wahrheit 
geredet hätten. 

5. Auf diese Vorstellungen Zorobabels und des 
Hohepriesters hin beschlossen Sisines und seine Be- 
gleiter, dem Bau nichts in den Weg zu legen, bis sie 
den König Darius benachrichtigt hätten. Und sogleich 
schrieben sie ihm über die Angelegenheit. Da aber die 
Juden in Schrecken gerieten und fürchteten, den König 
möchte die Wiederaufrichtung des Tempels und der 
Stadt reuen, flössten zwei Seher, welche damals unter 
ihnen lebten, Aggaeus und Zacharias, ihnen Mut ein 
und verkündeten ihnen nach einer Verheissung Gottes, es 
werde ihnen von den Persern kein Leid zugefügt 
werden. Im Vertrauen hierauf bauten sie alsdann 
fieissig weiter und setzten die Arbeit auch nicht einen 
einzigen Tag aus. 

6. Unterdessen schrieben die Samariter an Darius und 


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Elftes Buch, 4. Kapitel. 


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klagten die Juden an, sie befestigten ihre Stadt, und 
ihr Tempel gleiche mehr einer Festung wie einem 
Heiligtum. Auch stellten sie dem Könige vor, der Bau 
liege nicht in seinem Interesse, und fügten den Brief 
des Kambyses bei , in welchem dieser den Tempelbau 
untersagt hatte, weil er von der Wiederaufrichtung 
Jerusalems für sich Gefahr befürchtete. Als Darius 
nun auch den Brief des Sisines und seiner Amtsgenossen 
gelesen hatte, befahl er, in den königlichen Archiven 
nachzuforschen. Man fand dabei zu Ekbatana in 
Medien in einem Turme ein Geschichtsbuch, in welchem 
folgendes geschrieben stand : „Im ersten Jahre seiner 
Regierung hat der König Cyrus befohlen, den Tempel 
zu Jerusalem samt dem Altäre wieder aufzubauen, in 
einer Höhe und Breite von sechzig Ellen aus je drei 
Lagen geglätteten Marmors und einer Lage Holz des 
Landes, und die Kosten auf die königliche Kasse zu 
übernehmen. Ferner hat er vorgeschrieben, die Geräte, 
die Nabuchodonosor aus dem Tempel geraubt und nach 
Babylon geschleppt hatte, den Jerusalemern wieder zu- 
zustellen. Mit der Sorge dafür betraute er Abassar, den 
Statthalter von Syrien und Phoenicien, und dessen 
Unterbeamte. Diese selbst sollten sich von der Stadt 
fernhalten, die Juden aber, die Diener Gottes, und deren 
Vorsteher bei der Erbauung des Tempels ruhig ge- 
währen lassen. Weiterhin hat er befohlen, zur Unter- 
stützung des Werkes aus den Abgaben der Provinzen, 
die jene Beamten verwalteten, den Juden Stiere, Widder, 
Lämmer, Böcke, Weizenmehl, Öl, Wein und alles andere, 
das die Priester begehren würden, zu liefern. Dafür 
sollten die Juden zu Gott für das Heil des Königs und 
der Perser beten. Wer gegen diese Anordnungen ver- 
stosse, solle gekreuzigt und seine Besitzungen zu gunsten 
des Königs eingezogen werden. Obendrein flehte er 
auch selbst zu Gott, dieser möge jeden, der den Bau zu 
hindern wage, vernichten und ihn so von dem Frevel 
abhalten.“ 

7. Als Darius diese Aufzeichnungen in der Chronik 




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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


des Cyrus gefunden hatte, schrieb er dem Sisines und 
seinen Amtsgenossen folgendes zurück: „Der König 
Darius an den edlen Ritter Sisines, an Sarabazanes und 
an deren Amtsgenossen. Ich sende euch hiermit eine 
Abschrift des Briefes, den ich in der Chronik des Cyrus 
gefunden habe, und will, dass alles so ausgeführt werde, 
wie es darin geschrieben steht. Lebt wohl. u Als Sisines 
und seine Amtsgenossen aus diesem Briefe den Willen 
des Königs klar erkannt hatten, beschlossen sie, sich 
genau danach zu richten. Sie forderten demgemäss das 
heilige Werk und unterstützten die Ältesten und Vor- 
steher der Juden, sodass der Bau unter Anwendung 
höchsten Fleisses in sieben Jahren vollendet wurde, wie 
die Seher Aggaeus und Zacharias im Aufträge Gottes 
ge weissagt und die Könige Cyrus und Darius es gewollt 
hatten. Im neunten • Jahre der Regierung des Darius, 
am dreiundzwanzigsten Tage des zwölften Monats, der 
bei uns Adar, bei den Macedoniern aber Dystros heisst, 
brachten die Priester, die Leviten und das gesamte Volk 
der Israeliten für die Erneuerung ihres ehemaligen 
Glückes und aus Dankbarkeit für den ihnen wieder- 
gegebenen Tempel hundert Stiere, zweihundert Widder, 
vierhundert Lämmer und zwölf Böcke (letztere der Zahl 
der Stämme entsprechend) dar zur Sühnung ihrer Sünden. 
Hierauf sorgten die Priester und Leviten dafür, dass 
nach dem Gesetze des Moyses Thürhüter für die einzelnen 
Eingänge angestellt wurden. Denn die Juden hatten 
auch die rings um den Tempel laufenden Säulenhallen 
des inneren Heiligtums wieder aufgebaut. 

8. Da nun das Fest der ungesäuerten Brote im ersten 
Monat, den die Macedonier Xanthikos, wir aber Nisan 
nennen, bevorstand, strömte alles Volk aus den anderen 
Städten nach Jerusalem. Hier begingen sie das Fest, 
nachdem sie sich nebst Weibern und Kindern nach 
väterlicher Sitte der Reinigung unterzogen hatten, 
brachten am vierzehnten Tage des Monats das sogenannte 
Paschaopfer dar und vergnügten sich dann sieben Tage 
lang, ohne auf die Kosten zu sehen. Auch Brandopfer 



Elftes Buch, 4. Kapitel. 


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brachten sie dar, imgleichen Dank opfer dafür, dass Gott 
sie in ihr Heimatland zurückgeführt und ihnen ihre 
väterlichen Gesetze wiedergegeben, sowie den Perser- 
könig ihnen wohlgesinnt gemacht hatte. In der Folge- 
zeit begingen die Bewohner von Jerusalem den Gottes- 
dienst wieder mit aller Pracht. Ihre Staatsverfassung 
war eine gemischte, teils aristokratisch, teils oligarchisch. 
Denn die Hohepriester standen an der Spitze des Staates, 
bis die Asamonäer die Königswürde erlangten. Vor der 
Wegführung des Volkes in die Gefangenschaft regierten, 
von Saul und David angefangen, fünfhundertzweiund- 
zwanzig Jahre sechs Monate und zehn Tage lang 
Könige. Vor diesen wurde das Volk von Richtern 
regiert, und es bestand diese Staatsverfassung nach dem 
Tode des Moyses und des Feldherrn Jesus mehr als 
fünfhundert Jahre lang. So verhielt es sich mit den 
Juden, die unter Cyrus und Darius aus der Gefangen- 
schaft heimkehrten. 

9. Die Samariter aber, die den Juden höchst feind- 
lich und missgünstig gegenüberstanden, fügten ihnen 
grossen Schaden zu, indem sie sich auf ihren Reichtum 
sowie auf ihre Verwandtschaft mit den Persern stützten, 
von denen sie abstammten. Sie verweigerten die Liefe- 
rung der Beiträge, die sie nach dem Befehle des Königs 
zu den Opfern zu leisten hatten, und verstanden es, die 
königlichen Beamten auf ihre Seite zu bringen, wie sie 
auch keine andere Gelegenheit unbenutzt Hessen, um 
den Juden sei es selbst, sei es durch andere zu schaden. 
Die Jerusalemer beschlossen daher, sich an den König 
Darius zu wenden und die Samariter zu verklagen. Zu 
diesem Zwecke ordneten sie eine Gesandtschaft ab, die 
aus Zorobabel und vier anderen vornehmen Juden be- 
stand. Als der König von diesen die Klagen gegen die 
Samariter gehört hatte, entliess er sie mit einem 
Schreiben an seine Beamten und an den Senat zu 
Samaria, das folgenden Inhalt hatte: „Der König 
Darius an seine Beamten zu Samaria, Tanganas, Sam- 
babas, Sadrakas, Bobelon und deren Amtsgenossen. Die 



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J osephus’ J fidische Altertümer. 


Gesandten der Juden Zorobabel, Ananias und Mardo- 
chaeus haben euch verklagt, ihr hättet sie beim Tempel- 
bau belästigt und die Beiträge zu den Opfern, wie ich 
befohlen, nicht geleistet. Ich gebiete daher, dass ihr 
nach Lesung dieses Briefes aus dem königlichen Steuer- 
amte zu S&maria alles zu liefern habt, was nach dem 
Gutdünken der Priester zu den Opfern erforderlich ist, 
damit sie die täglichen Opfer nicht zu unterbrechen 
brauchen und für mich und mein Volk zu Gott beten.“ 
Das war der Inhalt des Schreibens. 


Fünftes Kapitel. 

Wie Xerxes, der Sohn des Darius, die Juden höchst 

wohlwollend behandelte. Von Esdras und Neemias. 

1. Nach [dem Tode des Darius folgte ihm in der 
ßegierung sein Sohn Xerxes, der ebenso gottesfürchtig 
wie sein Vater war.. Denn er. lag wie dieser eifrig dem 
Gottesdienste ob und jwar den Juden überaus wohlgesinnt. 
Um diese Zeit war Joakim, Jesus’ Sohn, Hohepriester. 
Es befand sich aber zu Babylon ein gerechter und hoch- 
geachteter Mann mit Namen. Esdras, der erste Priester 
des Volkes. Dieser war mit dem moysaischen Gesetze 
besonders vertraut und genoss die Freundschaft des 
Königs Xerxes. Da er nun beschlossen hatte, nach 
Jerusalem zu ziehen und einige von den zu Babylon 
lebenden Juden mitzunehmen, bat er den König, ihm 
ein Beglaubigungsschreiben an dieftSatrapen Syriens mit- 
zugeben. Darauf schrieb der {König [folgendes: „Der 
König Xerxes entbietet dem Priester und Gesetzeslehrer 
Esdras seinen Gruss. In meiner königlichen Gnade habe 
ich beschlossen, dass den Juden sowie deren Priestern 
und Leviten , die noch in meinem Reiche leben und nach 
Jerusalem ziehen wollen, dieses verstattet sein soll. Wer 
also Lust dazu trägt, möge mit meiner und meiner 
sieben Räte Einwilligung sich dorthin begeben, damit 
Gottes Gesetz in Judaea wieder völlig zur Geltung 


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Elftes Buch, 5. Kapitel. 


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komme. Die Abziehenden sollen auch dem Gotte der 
Israeliten die Geschenke, die ich und meine Freunde 
ihm gelobt haben, mitnehmen sowie alles Gold und 
Silber, das sich im Lande der Babylonier noch vor- 
findet und früher Gott geweiht war. Was . du selbst 
aus Gold und Silber, verfertigen willst, das magst du 
mit deinen Brüdern her6tellen. Die heiligen Geräte, die 
dir eingehändigt worden sind, sollst du Gott wieder 
weihen und auch sonst alles nach deinem Gutdünken 
dir anfertigen lassen, und zwar auf meine Kosten. 
Meinen Schatzmeistern in Syrien und Phoenicien habe 
ich geschrieben, dass sie für alles Sorge tragen sollen, 
was der Priester und Ausleger der Gesetze Gottes, Es- 
dras, von ihnen verlangen wird. Und damit Gott mir 
und meinen Nachkommen nicht zürne, befehle ich, dass ihm 
alles bis auf hundert Koren Weizen nach seinem Gesetze 
geliefert werde. Ausserdem lege ich euch ans Herz, 
dass ihr von keinem Priester, Leviten, Pförtner, Sänger, 
Tempeldierier oder Tempelschreiber irgend eine Steuer 
erheben, noch sie zu irgend welchen Lasten heranziehen 
dürft. , Du aber, Esdras, magst nach dem Gutdünken 
deiner Weisheit, die Gott dir verliehen hat, Richter, 
die in deinem Gesetze bewandert sind, in ganz Syrien 
und Phoenicien einsetzen. Die des Gesetzes Unkundigen 
aber wollest du belehren, damit derjenige von deinen 
Landsleuten, der Gottes oder des Königs Gesetz Über- 
tritt, keine Unkenntnis desselben vorschützen kann, 
sondern als wissentlicher Verächter des Gesetzes seine 
Strafe erleidet.. Die Strafe aber soll entweder Todes- 
oder Geldstrafe sein. Gehab dich, wohl.“ 

2. Als Esdras dieses Schreiben erhielt, freute er sich 
ausserordentlich und lobte Gott, dem allein er die gute 
Gesinnung des Königs zuschrieb und dem er deshalb 
auch seinen innigsten Dank abstattete. Und nachdem 
er den Brief den Juden in Babylon yorgelesen hatte, 
behielt er das Original für sich, während er eine Ab- 
schrift davon an alle seine in Medien lebenden Lands- 
leute sandte. Diese wurden von hoher Freude durch- 


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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


drangen, als sie die Kunde von der gottesfürchtigen 
Gesinnung des Königs und seinem Wohlwollen gegen 
Esdras vernommen hatten, und viele von ihnen begaben 
sich alsbald mit ihrer Habe nach Babylon, um von 
dort nach Jerusalem zurückzukehren. Die grosse Masse 
des Volkes aber blieb im Lande. Daher kommt es, 
dass nur zwei Stämme in Asien und Europa den Römern 
unterthan sind, während die zehn übrigen Stämme als 
eine unendliche, unzählbare Menge noch heutigen Tages 
jenseits des Euphrat wohnen. An Esdras aber schlossen 
sich die meisten Priester, Leviten, Thürhüter, Sänger 
und Tempeldiener an. Als er nun die Verbannten, die 
ihn begleiten wollten, über den Euphrat geführt hatte, 
rastete er hier drei Tage lang, ordnete ein Fasten an 
und liess das Volk zu Gott flehen, dass er sie gnädig 
beschützen und sie vor allem Übel sei es seitens ihrer 
Feinde, sei es anderswoher bewahren möge. Denn 
Esdras hatte dem Könige schon im voraus gesagt, Gott 
werde sie behüten , und deshalb auf den ihm angebotenen 
Schutz von Reitern verzichtet. Nachdem sie nun ihr 
Gebet beendigt hatten, brachen sie am zwölften Tage 
des ersten Monats, im siebenten Jahre der Regierung 
desXerxes, vom Euphrat auf und gelangten im fünften 
Monat desselben Jahres nach Jerusalem. Dort übergab 
Esdras den Schatzmeistern das für den Tempel bestimmte 
Vermögen, sechshundertfünfzig Talente Silber, hundert 
Talente an silbernen Gefässen, zwanzig Talente an 
goldenen Gefässen und zwölf Talente an ehernen Ge- 
fässen, die noch werth voller als Gold waren. Das alles 
hatten ihm der König, dessen Räte und die in Babylon 
bleibenden Israeliten geschenkt. Als Esdras diese Kost- 
barkeiten den Priestern eingehändigt hatte, liess er Gott 
die gesetzlichen Brandopfer darbringen, zwölf Stiere für 
das Heil des ganzen Volkes, neunzig Widder, zweiund- 
siebzig Lämmer, und zwölf Ziegenböcke als Sühnopfer. 
Den königlichen Schatzmeistern und den Präfekten von 
Coelesyrien und Phoenicien aber übergab er den Brief 
des Königs, und diese erfüllten denn auch wohl oder 




Elftes Buch, 5. Kapitel. 


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übel den Befehl des Xerxes, behandelten die Juden 
achtungsvoll und unterstüzten sie mit allem Notwendigen. 

3. So traf Esdras seine Anordnungen, und es gelang 
ihm alles nach Wunsch, weil, wie ich glaube, Gott ihn 
wegen seiner Rechtschaffenheit und Gottesfurcht des 
glücklichen Erfolges aller seiner Pläne für würdig hielt. 
Nicht lange nachher aber kamen einige Juden zu ihm 
und hinterbrachten ihm, einige aus dem Volke und 
selbst Priester und Leviten hätten die Verfassung über- 
treten und die Gesetze verletzt, indem sie fremde Weiber 
geheiratet und dadurch das Priestergeschlecht entehrt 
hätten. Sie baten ihn deshalb, das Gesetz hochzuhalten, 
damit Gottes Zorn sie nicht abermals ins Unglück 
stürzen lasse. Als Esdras dies vernommen, zerriss er 
vor Trauer sein Gewand, raufte sich Haupthaar und 
Bart und warf sich zur Erde nieder, weil die Besten 
des Volkes sich so vergangen hatten. Und indem er 
bedachte, sie würden, wenn er ihnen den Befehl gäbe, 
ihre Weiber und Kinder zu verstossen, ihm doch nicht 
gehorchen, blieb er auf der Erde liegen. Da liefen alle 
Guten und Gerechten herzu und weinten und wehklagten 
um das, was vorgefallen war. Endlich erhob sich Es- 
dras, rang die Hände gen Himn^el und rief aus, er 
müsse sich schämen, zu Gott seine Augen emporzubeben 
wegen der schweren Vergehungen des Volkes, das die 
Strafe, welche seine Vorfahren um ihrer Sünden willen 
getroffen, vergessen zu haben scheine. Dann bat er zu 
Gott, er möge, da er sie aus der Gefangenschaft er- 
rettet, sie nach Jerusalem zurückgeführt und den Königen 
der Perser Mitleid mit ihnen eingeflösst habe, auch jetzt 
ihrer Sünden nicht mehr gedenken, obgleich sie eigent- 
lich den Tod verdient hätten, und in seiner Güte ihnen 
die Strafe erlassen. 

4. Nach diesem Gebete brachen alle, die sich mit 
Weib und Kind versammelt hatten, in Thränen aus, 
und Achonius, einer der ersten in Jerusalem, trat auf 
Esdras zu und sagte, sie hätten sich freilich verfehlt, 
da sie die fremden Weiber geheiratet hätten. Er wolle 



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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


ihm aber die eidliche Zusage geben , dass eie sich alle 
zur Verstos8Ung ihrer Weiber und Kinder verpflichteten 
und damit einverstanden seien, dass deijenige, der hier- 
auf nicht , eingehen wolle, zur .Verantwortung gezogen 
werde. Im Vertrauen darauf liess Esdras die Stammes- 
häupter der Priester, Leviten und übrigen Israeliten 
schwören, dass sie nach dem Rate des Achonius ihre 
Weiber und Kinder entlassen wollten. Nachdem diese 
den Eid geleistet, entfernte er sich aus dem Tempel, 
begab sich zur Wohnung des [Joannes, der ein Sohn 
des Eliasib war , und brachte den ganzeu Tag in tiefer 
Bekümmernis zu, ohne Speise oder Trank zu sich zü 
nehmen. Dann liess er bekannt machen, dass alle, die 
aus der Gefangenschaft zurückgekehrt seien, sich in 
Jerusalem einfinden sollten. Wer aber in zwei bis drei 
Tagen nicht zur Stelle sei, der solle aus dem Volke 
ausgestossen und sein Vermögen nach dem Beschlüsse 
der Ältesten zu gunsten des Tempels eingezogen werden. 
Daraufhin kamen die Angehörigen der Stämme Judas 
und Benjamin nach drei Tagen zusammen, am zwan- 
zigsten Tage des neunten Monats, der bei den Hebräern 
Chaslev, bei den Macedoniern aber Apellaios heisst 
In den oberen Räumen des Tempels setzten sie sich -in 
Gegenwart der Ältesten nieder, gedrückt von banger 
Furcht Da erhob sich Esdras und warf ihnen ihr Ver- 
gehen vor, das sie mit der Heirat fremder Weiber be- 
gangen hätten. Jetzt aber könnten sie Gott versöhnen 
und zu ihrem eigenen Nutzen handeln, wenn 6ie auf 
das fernere Zusammenleben mit ihren Weibern verzichteten. 
Alle erklärten sich hierzu bereit; doch seien ihrer viele, 
und obendrein sei es Winterszeit, sodass es sich in einem 
oder zwei Tagen wohl nicht durchführen lasse. Es müsse 
deshalb denen, die noch mit fremden Weibern vermählt 
seien, eine Frist gewährt werden, innerhalb deren die 
Vorsteher und Ältesten die Schuldigen ermitteln sollten. 
Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung, und so 
begann man am ersten Tage des zehnten Monats die- 
jenigen. aufzusuchen, welche fremde Weiber geheiratet 



Elftes Buch, 5. Kapitel. 


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hatten. Damit wurde fortgefahren bis zum ersten Tage 
des folgenden Monats, und es fanden sich viele Nach- 
kommen des Hohepriesters Jesus, desgleichen auch viele 
Priester, Leviten und andere Israeliten, die ihre Weiber 
und Kinder sogleich entliessen, da sie die Beobachtung 
des Gesetzes höher stellten als die Liebe zu ihrer 
Familie. Dann brachte man zur Versöhnung Gottes 
ein Opfer von Widdern dar. Die einzelnen Namen auf- 
zuzählen, habe ich nicht für notwendig gehalten. Nach- 
dem Esdras so die durch die eingegangenen Ehen ent- 
standenen Verirrungen, wieder gutgemacht hatte, traf 
er in dieser Angelegenheit Bestimmungen, die für alle 
Zeit Gültigkeit haben sollten. 

5. Als im siebenten Monate das Laubhüttenfest be- 
gangen wurde und fast das gesamte Volk herbeigeströmt 
war, stiegen alle in den Teil des Tempels hinauf, der 
nach dem östlichen Thore zu lag, und baten den Esdras, 
ihnen die Gesetze des Moyses vorzulesen. Dieser trat 
in ihre Mitte und las von der Morgenfrühe bis zum 
Mittag. Da nun die Leute das Gesetz vorlesen hörten, 
erfuhren sie nicht bloss, wie sie es jetzt und in Zukunft 
anzufangen hätten, um gerecht zu leben, sondern be- 
reuten auch : die Vergangenheit und beklagten unter 
Thränen ihr Unglück, das sie nicht betroffen haben 
würde, wenn sie das Gesetz beobachtet hätten. Als Es- 
dras sah, dass sie sich so abhärmten, hiess er sie heim- 
kehren, ohne zu weinen : denn . es sei ein Festtag, und 
es gezieme sich nicht, an einem solchen Tage zu trauern. 
Vielmehr sollten sie sich zu freudigem Schmause wenden 
und das Fest mit Frohlocken begehen. Ihre Reue und 
ihr Schmerz werde sie davor bewahren, dass sie in Zu- 
kunft wieder in dergleichen Sünden fielen. Nach- 
dem Esdras sie dergestalt ermuntert hatte, überliessen 
sie sich der Freude, und als sie acht Tage in Zelten 
gewohnt hatten, begaben sie sich unter Lobgesängen 
auf Gott nach Hause und dankten dem Esdras dafür, 
dass er ihre Vergehen gegen die Verfassung wieder gut- 
gemacht habe. Esdras aber starb, reich an Verdiensten, 


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Josepbus' Jüdische Altertümer. 


in hohem Alter und wurde mit grosser Pracht zu Jeru- 
salem bestattet. Um dieselbe Zeit schied auch der Hohe- 
priester Joakim aus dem Leben, und es folgte ihm in 
der Hohepriesterwürde sein Sohn Eliasib. 

6. Unter den gefangenen Juden befand sich ein 
Mundschenk des Königs Xerxes, mit Namen Neemias. 
Als dieser einst vor den Thoren der persischen Haupt- 
stadt Susa lustwandelte, hörte er einige Fremde, die 
von einer langen Reise in die Stadt einkehrten, in 
hebraeischer Sprache sich unterhalten, trat auf sie zu 
und fragte sie, woher sie kämen. Sie entgegneten, aus 
Judaea, worauf er sich weiter erkundigte , wie es um ihr 
Volk und die Stadt Jerusalem stehe. Jene erwiderten, 
es sei sehr schlecht damit bestellt, da die Stadtmauern 
dem Erdboden gleich gemacht seien und die ringsum 
wohnenden Völkerschaften den Juden hart zusetzten. 
Bei Tage fielen sie in das Land ein, raubten und ver- 
wüsteten, bei Nacht aber schlichen sie sich heran und 
führten viele aus der Umgegend und selbst aus Jeru- 
salem gefangen weg, und gar oft finde man Leichen 
auf den Wegen liegen. Da brach Neemias vor Mitleid 
mit dem Unglück seiner Landsleute in Wehklagen aus, 
erhob die Augen gen Himmel und sprach: „Bis wann, 
o Herr, willst du unser Volk noch also heimsuchen? 
Wahrlich, wir sind zum Raube und zur Beute aller 
unserer Feinde geworden !“ Während er nun so am 
Thore stand und weinte, wurde ihm gemeldet, der König 
wolle sich zum Mahle begeben. Da eilte er, ungewaschen 
wie er war, um seinen Dienst beim Könige zu versehen. 
Nach dem Mahle war der König sehr gut gelaunt und 
heiterer als gewöhnlich, und als er des Neemias traurige 
Miene bemerkte, fragte er ihn, weshalb er so nieder- 
geschlagen sei. Da bat Neemias zu Gott, er möge seiner 
Rede die Kraft der Überzeugung verleihen, und sprach: 
„Wie kann ich, o König, anders aussehen, oder wie 
sollte ich nicht traurig sein, da ich höre, dass in meiner 
Vaterstadt Jerusalem, wo meine Vorfahren begraben 
liegen, die Mauern niedergerissen und die Stadtthore 



Elftes Buch, 5. Kapitel. 


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verbrannt sind? Lass mich, ich bitte dich, dorthin 
ziehen, um die Mauern wieder aufzurichten und den 
Tempel zu vollenden!“ Der König bewilligte ihm so- 
gleich seine Bitte und versprach Briefe an die Satrapen 
zu schreiben, damit sie ihm achtungsvoll entgegenkämen 
und ihm alles Erforderliche lieferten. „Nun aber,“ 
sagte er, „höre auf zu trauern und diene mir mit ge- 
wohnter Behendigkeit!“ Da betete Neemias Gott an, 
dankte dem Könige für sein Versprechen, [legte seinen 
Missmut ab und erhob freudig sein Haupt. Am folgen- 
den Tage beschied der König ihn zu sich und gab ihm 
einen Brief an Adaeus, den Präfekten von Syrien, Phoe- 
nicien und Samarien, mit, worin er den Befehl erteilte, 
Neemias ehrenvoll zu behandeln und ihm alles zu liefern, 
dessen er beim Bau bedürfe. 

7. Als Neemias nach Babylon kam, schlossen sich 
ihm viele seiner Landsleute an. Darauf zog er nach 
Jerusalem im fünfundzwanzigsten Jahre der Regierung 
des Xerxes, zeigte den Brief dem Adaeus und den 
übrigen Befehlshabern vor, berief dann das ganze Volk 
nach Jerusalem, trat in die Mitte des Heiligtums und 
redete die Menge also an: „Ihr wisst, Juden, dass Gott 
noch immer eurer Ahnen Abram, Isak und Jakob ge- 
denkt und um ihrer Gerechtigkeit willen nicht aufhört, 
für euch zu sorgen. Mir hat er gnädig geholfen, vom 
Könige die Erlaubnis zu erlangen, dass ich die Mauern 
unserer Stadt wieder aufrichten und den fehlenden Teil 
des Tempels ergänzen darf. Da ihr indes die üble 
Gesinnung unserer Nachbarn kennt und euch denken 
könnt, dass sie auf die Nachricht von unserer Bauarbeit 
uns alle möglichen Hindernisse in den Weg zu legen 
suchen werden, so ermahne ich euch, vor allem auf Gott 
zu vertrauen, der euren Feinden schon Widersand leisten 
wird. Dann aber dürft ihr weder bei Tage noch bei 
Nacht die Arbeit unterbrechen, müsst vielmehr mit 
höchstem Eifer ans Werk gehen, weil gerade jetzt der 
rechte Zeitpunkt ist.“ Als er so geredet, befahl er den 
Vorstehern, sogleich die Mauer abstecken zu lassen und 



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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


die Arbeit nach Städten und Dörfern gleichmässig zu 
verteilen. Dann versprach er, auch seinerseits mit seinen 
Leuten sich am Werke zii beteiligen, und entliess die 
Versammelten. Die Juden machten sich sogleich ans 
Werk. Den Namen Juden hatten sie aber von jenem 
Tage an, da sie aus Babylon zurückkehrten, und zwar 
von dem Stamme Judas, der zuerst im Lande, ankam, 
und nach welchem das Land sowohl als die Bewohner 
desselben genannt wurden. 

8. Sobald die Ammaniter, Moabiter, Samariter und 
alle Bewohner Coelesyriens von dem raschen Fort- 
schreiten des Baues der Stadtmauer Kunde erhielten, 
wurden sie aufgebracht und fuhren fort, die Juden zu 
beunruhigen und von ihrem Vorhaben abzulenken. 
Viele Juden erlagen ihren Nachstellungen, und auch 
dem Neemias trachteten sie nach dem Leben, indem sie 
einige Ausländer dingten, um ihn zu töten. Als sie 
nun auch noch das Gerücht ausstreuten, es rückten ver- 
schiedene Völkerschaften mit grosser Heeresmacht gegen 
die Juden heran, gerieten diese derartig in Schrecken, 
dass sie beinahe den Bau aufgegeben hätten. Neemias 
aber liess . sich nicht ein schüchtern, sondern hielt zu 
seinem Schutze eine Leibwache in seiner Umgebung und 
harrte standhaft aus, ohne in seinem Eifer für den Bau 
irgendeine Mühe anzuschlagen. Doch war er nicht deshalb 
so sorgfältig .auf seinen Schutz bedacht, weil er den Tod 
fürchtete, sondern weil er davon überzeugt war, dass 
nach seinem Tode die Mauer nicht vollendet werden 
würde. Auch befahl er, dass die Bauleute nur bewaff- 
net ans Werk gehen sollten, und so kam es, dass jeder 
Maurer und Handlanger mit dem Schwerte umgürtet 
war. Die Schilde liess er in der Nähe bereit legen, und 
von fünfhundert zu fünf hundert Schritten stellte er Trom- 
peter auf, die den Auftrag hatten, beim Erscheinen der 
Feinde durch Trompetenstoss den Arbeitern ein Zeichen 
zu geben, damit sie sich zum Kampfe rüssten könnten 
und nicht unversehens und wehrlos dem Angriff des 
Feindes ausgesetzt wären. Er selbst ging zur Nachtzeit 



Elftes Buch, 5. Kapitel. 


31 


rings um die Stadt, ohne sich die Strapazen oder die 
Entbehrung von Speise und Trank irgendwie anfechten 
zu lassen. Seine Nahrung nahm er übrigens nicht zu 
seinem Vergnügen, sondern nur zur notdürftigen Fristung 
seines Lebens. Diese gewaltigen Anstrengungen ertrug 
er zwei Jahre und vier Monate lang, denn so langer 
Zeit bedurfte er, um Jerusalem mit Mauern zu umgeben. 
Vollendet war die Arbeit im neunten Monat des acht- 
undzwanzigsten Jahres der Regierung des Xerxes, und 
Neemias brachte nun mit dem Volke Gott Dankopfer 
dar, worauf ein achttägiges Fest gefeiert wurde. Als 
aber die Völkerschaften Syriens vernahmen, die Be- 
festigung sei fertig, gerieten sie in gewaltige Aufregung. 
Neemias glaubte deshalb, die Besatzung der Stadt sei 
zu klein, und forderte die Priester und Leviten, die 
rings im Lande wohnten, auf, in die Stadt zu ziehen 
und sich dort anzusiedeln. Er liess ihnen auf. seine 
Kosten Wohnungen erbauen und befahl dem Ackerbau 
treibenden Teile der Bevölkerung, den Zehnten der Ernte 
nach Jerusalem zu liefern, damit die Priester und Leviten 
hinreichenden Lebensunterhalt hätten, ohne den Gottes- 
dienst vernachlässigen zu müssen. Diese Anordnungen 
des Neemias wurden bereitwillig befolgt, und so "kam 
es, dass die Bevölkerung Jerusalems sich von Tag zu 
Tag vermehrte. Neemias traf noch manche vortreffliche 
und lobenswerte Einrichtung und starb in hohem 
Alter. Er war ein Mann von edlem und gerechtem 
Charakter und ein echter Freund seines Volkes, dem er 
in den Ringmauern Jerusalems ein dauerndes Denkmal 
hinterlassen hat. Das sind die Begebenheiten unter der 
Regierung des Xerxes. 



32 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Sechstes Kapitel. 

Von Esther, Mardochaeus und Aman, und wie unter Atta« 

xerxes beinahe das ganze Volk der Juden ausgerottet 

worden wäre. 

1. Nach Xerxes’ Tod ging die Regierung an seinen 
Sohn Cyrus über, den die Griechen Artaxerxes nennen. 
Während dieser über die Perser herrschte, wäre beinahe 
das ganze Volk der Juden mit Weibern und Kindern 
«lern Untergange verfallen gewesen. Die Ursache hier- 
von will ich gleich angeben. Vorher nämlich muss ich 
berichten, wie der König eine Jüdin aus königlichem 
Geschlechte zur Gemahlin nahm, von der erzählt wird, 
dass sie unser Volk gerettet - habe. Als Artaxerxes den 
Thron bestiegen und die hundertsiebenundzwanzig Sa- 
trapen von Indien bis nach Aethiopien hin eingesetzt 
hatte, lud er im dritten Jahre seiner Regierung seine 
Freunde, die ihm untergebenen Perser und deren Fürsten 
ein und gab ihnen ein hundertachtzig Tage währendes 
Fest, wie es einem Könige geziemt, der seinen Reichtum 
zur Schau stellen will. Alsdann bewirtete er sieben 
Tage lang die fremden Völker und deren Gesandte in 
Susa. Das Gastmahl wurde folgendermassen gehalten: 
Der König liess ein Zelt errichten, dessen Gerüst aus 
goldenen und silbernen Säulen und dessen Bekleidung 
aus Leinwand und Purpur bestand. In diesem Zelte 
fanden viele Tausende Platz. Man bediente sich beim 
Mahle goldener > mit Edelsteinen besetzter Becher, die 
ebenso das Auge ergötzten als dem Ganzen zur Zierde 
gereichten. Den Dienern befahl der König, niemand 
durch öfteres Einschenken zum Trinken zu nötigen, wie 
das bei den Persern Sitte ist, sondern die Gäste ganz 
nach ihrem Gutdünken sich der Freude hingeben zu 
lassen. Im ganzen Lande sandte er Boten umher und 
liess verkündigen, die Arbeit solle ruhen und eine Reihe 
von Tagen festlich begangen werden. Auch den Frauen 
gab die Königin Vaste im Palaste ein Fest. Da nun 
die Königin von hervorragender Schönheit war, wollte 




Elftes Buch, 6. Kapitel. 


33 


der König sie seinen Gästen zeigen und liess ihr be- 
fehlen, zum Mahle zu kommen. Die Königin aber 
weigerte sich dessen, da die Gesetze der Perser den 
Fremden verbieten, Frauen des Landes zu betrach ten, 
und so viele Verschnittene der König auch zu ihr sandte, 
blieb fie doch in ihren Gemächern und weigerte sich zu 
kommen. Der König geriet hierüber in heftigen*Zorn, 
beendete das Mahl, stand auf und beschied die sieben 
Perser zu sich, denen die Auslegung des Gesetzes oblag. 
Bei diesen klagte er seine Gattin an, ihn dadurch be- 
leidigt zu haben, dass sie trotz seines öfteren Befehls, 
zum Gastmahle zu kommen, nicht ein einziges Mal er- 
schienen sei. Er hiess sie daher ihm auslegen, was nach 
dem Gesetze gegen die Königin zu geschehen habe. 
Einer von den sieben, Muchaeus mit Namen, erklärte» 
das Benehmen der Königin gereiche nicht nur dem Könige 
zur Schmach, sondern auch allen Persern, die dadurch 
in Gefahr kämen, von ihren Weibern missachtet zu 
werden. Denn nach dem Vorgänge der Königin werde 
kein Weib mehr vor ihrem Gatten Ehrfurcht haben. 
Er legte deshalb dem König nahe, das widerspenstige 
Gebaren der Königin empfindlich zu bestrafen und 
allen seinen Unterthanen das über sie verhängte Urteil 
bekannt zu machen. Demgemäss ward beschlossen, der 
König solle die Vaste verstossen und ihren Rang einer 
anderen Frau verleihen. 

2. Da aber der König die Vaste sehr liebte, konnte 
er sich in eine Trennung von ihr schlecht schicken. 
Doch gab es nun des Gesetzes wegen für ihn keine Um- 
kehr von dem Beschluss, und es blieb ihm nichts übrig, 
als sein Unglück, das er selbst gewollt hatte, zu be- 
klagen. Als seine Freunde ihn so übelgelaunt sahen, 
rieten sie ihm, das Andenken an Vaste und an seine 
Liebe zu ihr, die ihm ja doch nichts nützen könne, ganz 
aufzugeben, dann aber im ganzen Lande die schönsten 
und anmutigsten Jungfrauen aufsuchen zu lassen und 
die liebreizendste von ihnen zur Ehe zu nehmen. Denn 
je rascher er eine neue Gattin heimführe, desto eher 

Joeephus’ Jüdische Altertümer, II. 3 


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S4 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


werde die Neigung zu seiner ersten Gemahlin in ihm 
erkalten und bald auf die andere sich übertragen. Dieser 
Rat gefiel dem Könige, und er gab daher den Auftrag, 
ihm die schönsten Jungfrauen aus seinem Reiche aus- 
zusuchen und zuzuführen. Unter den ''Erwählten befand 
sich auch ein Mädchen, welches verwaist war und zu 
Babylon von seinem Oheim Mardochaeus erzogen wurde. 
Letzterer war aus dem Stamme Benjamin und gehörte 
einer der vornehmsten jüdischen Familien an. Esther 
(das war der Name der Jungfrau) zeichnete sich vor 
allen anderen durch Schönheit aus und zog durch ihre 
lieblichen Gesichtszüge aller Augen auf sich. Sie wurde 
einem Verschnittenen zur Wartung übergeben, der ihr 
die (sorgfältigste Pflege angedeihen liess und sie mit 
Wohlgerüchen und kostbaren Salben im Überfluss ver- 
sah. Dieselbe Pflege wurde auch den übrigen Mädchen, 
die im ganzen vierhundert] an der Zahl waren , zu 
teil, und »zwar sechs Monate lang. Als man nun nach 
Ablauf dieser Zeit die Jungfrauen für hinreichend vor- 
bereitet hielt, beim Könige zu ruhen, liess man jeden 
Tag eine von ihnen mit dem Könige Gemeinschaft 
haben. Der aber schickte sie alle demuVerschnittenen 
wieder zurück. Als jedoch Esther zu ihm kam, hatte 
er Gefallen an ihr und |ward von solcher Liebe zu ihr 
ergriffen, dass er sie zu seiner rechtmässigen Gattin er- 
kor und sich im siebenten Jahre seiner Regierung, im 
zwölften Monate, der [Adar heisst, mit ihr vermählte. 
Alsdann sandte er Boten (zu (allen Völkerschaften, um 
ihnen seine Hochzeit anzukündigen. Die Perser aber 
und {die Meder J sowie die Vornehmsten der Völker- 
schaften bewirtete er aus diesem Anlass festlich einen 
ganzen Monat lang. Als nun seine neue Gemahlin in 
den Palast eingeführt war, setzte er ihr das Königs- 
diadem auf, und Esther wohnte von da an beim Könige, 
ohne ihm das Volk, dem sie entstammte, zu nennen. 
Ihr Oheim zog dann ebenfalls von Babylon nach Susa, 
nahm dort seinen Wohnsitz und verkehrte täglich 
im Königspalaste, |um sich nach dem Befinden. 



Elftes Buch, 6. Kapitel. 


35 


der Esther zu erkundigen, da er sie wie seine Tochter 
liebte. 

3. Um diese Zeit erliess der König ein Gesetz, dass 
niemand von seinen Unterthanen ihm ungerufen nahen 
dürfe, wenn er auf dem Throne sitze. Infolgedessen um- 
gab er sich mit Beilträgern, die jeden Übertreter des 
Gesetzes bestrafen sollten. Der König selbst hatte in 
seiner Hand einen goldenen Stab, den er, wenn er einen 
von denen , die ungerufen zu ihm kamen , retten wollte, 
gegen diesen ausstreckte. Wen er damit berührte, der 
war ausser Gefahr. Soviel mag hierüber genügen. 

4. Einige Zeit darauf verschworen sich die beiden 
Verschnittenen Bagathous undj Theodestes gegen den 
König. Barnabazus aber, der Diener des einen Ver- 
schnittenen, seiner Abstammung nach Jude, erhielt von 
der Verschwörung Kenntnis und meldete die Sache dem 
Oheim der Königin , der durch Esther dem Könige die 
Verschworenen anzeigte. Der König geriet in heftigen 
Schrecken, liess eine Untersuchung anstellen und fand, 
dass die Anzeige auf Wahrheit beruhte. Alsdann liess 
er die beiden Verschnittenen ans Kreuz schlagen ; seinem 
Retter Mardochaeus aber gab er keine andere Belohnung, 
als dass er seinen Namen von den Chronisten in die 
Jahrbücher eintragen liess, ihm im Königspalaste eine 
Wohnung anwies und ihn in die Zahl seiner vertrauten 
Freunde aufnahm. 

5. Damals war es Sitte, dass Aman, dem Sohne des 
Amadathas, einem geborenen Amalekiter, so oft er sich 
zum Könige begab, sowohl von den Persern als auch 
von den Fremden die Ehrenbezeugung erwiesen werden 
musste, dass man sich vor ihm niederwarf. Es war dies 
auf einen Befehl des Artaxerxes zurückzuführen. Mar- 
dochaeus aber konnte es bei seiner Weisheit und seiner 
Achtung vor den Gesetzen seines Volkes nicht über sich 
bringen, einen Menschen also zu verehren. Aman, der 
sein Benehmen bemerkt hatte, erkundigte sich, woher er 
sei, und da er hörte, Mardochaeus sei Jude, geriet er in 
Zorn darüber, dass, obgleich die freien Perser ihm die 

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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Verehrung zollten, ein solcher Sklave sich dessen weigere. 
Um sich dafür an Mardochaeus zu rächen, hielt er es 
für zu wenig, nur die Bestrafung dieses einen Mannes 
zu fordern, sondern beschloss, das ganze Volk zu ver- 
nichten. Denn er trug auch von Hause aus den Juden 
grossen Hass nach, da das Volk der Amalekiter, dem 
er entstammte, von ihnen ausgerottet worden war. Er 
begab sich also zum Könige und führte bei ihm Klage, 
es lebe in seinem Reiche zerstreut ein verruchtes Volk, 
das sich ganz abgesondert und unvermischt erhalte und 
weder dieselben Götter wie seine übrigen Unterthanen 
verehre, noch den Gesetzen gehorche, vielmehr infolge 
seiner Sitten und Einrichtungen sowohl dem persischen 
Volke als allen übrigen Menschen ein Dorn im Auge 
sei. „Willst du,“ fuhr er fort, „deinen Unterthanen eine 
Wohlthat erweisen, so gieb Befehl, dass dieses Volk 
völlig ausgerottet werde und nicht ein einziger von ihm 
übrig bleibe, sei es auch nur als Sklave oder Kriegs- 
gefangener. Damit dir jedoch kein Schaden daraus er- 
wächst, erbiete ich mich, dir von meinem Vermögen 
vierzigtausend Talente Silber zu liefern, wohin du willst. 
Ich will mich gern dieser Summe entäussern, wenn nur 
das Reich von dieser Pestbeule befreit wird und Frieden 
geniessen kann.“ 

6. Als Aman diese Bitte ausgesprochen hatte, hiesa 
ihn der König sein Geld behalten und mit den Juden 
nach seinem Gutdünken verfahren. Aman, der so seinen 
Wunsch erfüllt sah, sandte sogleich im Namen des 
Königs an alle Völkerschaften ein Edikt folgenden In- 
halts: „Der grosse König Artaxerxes an die einhundert- 
siebenundzwanzig Satrapen von Indien bis nach Aethi- 
opien. Da ich die Herrschaft über viele Völker und 
Länder errungen, jedoch nicht übermütig oder grausam, 
sondern mild und gütig mich gegen meine Unterthanen 
bewiesen und ihnen Frieden und den Schutz der Ge- 
setze verschafft habe, bin ich auch bemüht gewesen, 
ihnen alle diese Vorteile für immer zu sichern. Nun 
hat mich Aman, der wegen seiner Weisheit und Ge- 




Elftes Buch, 6. Kapitel. 


87 


rechtigkeit von mir in hohen Ehren gehalten wird und 
Wegen seiner Treue und Anhänglichkeit mir besonders 
nahe steht, voll hingebender Sorgfalt darauf aufmerksam 
gemacht, dass mitten unter meinen. Völkern ein feind» 
seliges Volk lebt, das die Gesetze nicht beachtet, dem 
Könige nicht gehorcht, seiner eigenen Gebräuche sich 
bedient, unseren ganzen Staat hasst und heimtückische 
Pläne gegen uns hegt. Ich befehle daher, dass ihr die 
von meinem väterlichen Berater Aman bezeichneten 
Menschen mit Weib und Kind umbringt, ohne auch nur 
einen einzigen zu verschonen, und dass ihr euch nicht 
durch Mitleid verleiten lasst, meinem Befehl zuwider- 
zuhandeln. Dies soll geschehen am dreizehnten Tage 
des zwölften Monats im nächsten Jahre, damit unsere 
Feinde sämtlich an einem Tage umkommen, und wir in 
Zukunft vor ihnen sicher sind.“ Als dieses Edikt im 
ganzen Lande bekannt gemacht worden war, traf man 
überall Vorkehrungen, um die Juden an dem festge- 
setzten Tage auszurotten, und auch in Susa rüstete man 
sich dazu. Inzwischen vergnügten sich der König und 
Aman mit Schmausereien und Zechgelagen, während die 
Stadt in Aufregung und Verwirrung sich befand. 

7. Als Mardochaeus von dem Anschläge Kenntnis 
erhielt, zerriss er seine Kleider, hüllte sich in Lumpen, 
bestreute sich mit Asche und zog durch die Stadt, indem 
er ausrief, es solle ein Volk zu Grunde gerichtet werden, 
das niemand f ein Leid zugefügt habe. So kam er bis 
zum Königspalaste, vor dem er stehen blieb, da er in 
solchem Aufzug dort nicht eintreten durfte. Ebenso ver- 
fuhren auch die übrigen Juden in den Städten, wo das 
bezügliche Edikt verkündet worden war, und jammerten 
und wehklagten über das ihnen bevorstehende Schicksal. 
Als man nun der Königin meldete, in welch kläglichem 
Aufzuge Mardochaeus vor dem Palast stehe, schickte 
sie ihm in ihrer Aufregung darüber andere Kleider. 
Mardochaeus aber weigerte sich, die Lumpen abzulegen, 
weil das Leid, umjdessetwillen er sie angezogen, noch 
nicht beendigt sei. Da beschied die Königin den gerade 


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Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


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in ihrer Nähe befindlichen Verschnittenen Achratheus zu 
sich und schickte ihn zu Mardochaeus, um sich zu er- 
kundigen, was ihm denn Trauriges zugestossen sei, dass 
er so wehklage und sein Gewand selbst auf ihre Bitten 
nicht ablegen [wolle. Mardochaeus erklärte dem Ver- 
schnittenen, die Ursache seines Schmerzes sei das gegen 
die Juden vom König erlassene Edikt Jund der Um- 
stand, dass Aman dem Könige für die Ausrottung der 
Juden Geld versprochen habe. Dann übergab er ihm 
für Esther eine Abschrift des in Susa bekannt gemachten 
Ediktes und liess sie bitten, sie solle sich beim Könige 
für ihr Volk verwenden und sich nicht schämen, für 
dessen Errettung^ demütig zu flehen, wodurch sie viel- 
leicht den Untergang der Juden abwenden könne. Denn 
Aman, die rechte Hand des Königs, habe die Juden so 
verleumdet, dass der König heftigen Zorn gegen sie 
hege. Als Esther [dies vernahm, liess sie dem Mardo- 
chaeus sagen, sie sei schon lange nicht mehr zum Könige 
beschieden worden, und jeder, der ungerufen zu ihm 
hingehe, müsse sterben, wenn der König ihm nicht den 
goldenen Stab entgegenstrecke. Mardochaeus liess ihr 
entgegnen, sie dürfe nicht so sehr auf ihr eigenes Wohl- 
ergehen bedacht sein, als vielmehr auf die Rettung ihres . 
ganzen Volkes. Wenn sie das nicht thue, werde Gott 
zwar sein Volk auch zu retten wisssn, |sie selbst aber 
werde dann mit ihrem Hause von denen zu Grunde ge- 
richtet werden, um die |sie sich nicht kümmern wolle. 
Darauf liess ihm Esther durch denselben Diener sagen, 
er solle sich nach Susa begeben, alle dort befindlichen 
Juden zusammenberufen und ein dreitägiges Fasten für 
sie anordnen, während welcher Zeit sie sich von Speise 
und Trank völlig enthalten möchten. Dasselbe wolle 
auch sie mit ihren Mägden thun und dann trotz des 
Gesetzes zum Könige gehen, selbst wenn sie dafür den 
Tod erleiden müsse. 

8. Mardochaeus ordnete nach Esthers Befehl das 
Fasten an und flehte mit dem Volke zu Gott, er möge 
sie nicht zu Grunde gehen lassen, sondern sie vom Ver- 




Elftes Buch, 6. Kapitel. 


39 


derben erretten, wie er auch früher so oft für sie ge- 
sorgt und ihnen ihre ‘Sünden verziehen habe. Denn 
nicht durch eigene Schuld [sei das Volk in Gefahr ge- 
raten, sondern er allein habe den Zorn Amans erregt, 
weil er ihm nicht dieselbe Ehrenbezeugung wie Gott 
dem Herrn habe erweisen wollen. Deshalb sei Aman 
so sehr gegen die aufgebracht, die nichts gegen Gottes 
Gesetz sich hätten zu schulden kommen lassen. Auch 
das ganze Volk :rief flehentlich zu Gott, er wolle ihm 
gnädig sein und alle Israeliten im Lande vor dem ihnen 
drohenden Unheil bewahren. Letzteres nämlich schwebte 
ihnen beständig vor Augen und rückte (immer näher 
heran. Esther warf sich gleichfalls zur Erde, legte ein 
Trauergewand an, enthielt sich drei Tage lang der Nah- 
rung und jeglicher Erholung, und flehte inbrünstig zu 
Gott, er möge sich ihrer erbarmen und ihrer demütigen 
Bitte beim Könige die Kraft der Überzeugung, ihrei Ge- 
stalt aber noch mehr Liebreiz als früher verleihen, da- 
mit sie durch diese beiden Mittel den etwaigen Zorn des 
Königs beschwichtigen und ihre Landsleute aus der 
ihnen drohenden Gefahr erretten könne. Gott möge 
auch dem Könige Hass gegen die einflössen, die den 
Juden feindlich gesinnt seien und ihnen , wenn der 
König auf seiner schlechten Meinung von ihnen be- 
harre, in kurzem den Untergang bereiten würden. 

9. Nachdem Esther so drei Tage lang im Gebet vor 
Gott verharrt hatte, legte sie das Trauerkleid ab und 
ein anderes an, schmückte sich, wie es einer Königin 
ansteht, und begab sich in Begleitung zweier Dienerinnen, 
auf deren eine sie sich leicht stützte, während die andere 
ihr folgte und die Schleppe ihres „ Gewandes trug, zum 
Könige. Ihre Wangen färbte eine anmutige Röte, und 
ihre ganze Gestalt atmete Liebreiz und königliche 
Majestät. Voll Angst trat sie beim Könige ein, und als 
sie ;ihn in seinem Prunkgewand, das aus verschieden- 
farbigen Stoffen, Gold und Edelsteinen gewirkt war, auf 
dem Throne sitzen sah, kam er ihr schon deshalb furcht- 
barer vor. Wie er sie nun auch noch grimmig und mit 



40 Josephus’ Jüdische Altertümer. 

vor Zorn gerötetem Gesicht anschaute, verlor sie aus 
Angst die Besinnung und sank lautlos ihren Dienerinnen 
in die Arme. Da veränderte sich, durch Gottes Fügung, 
wie ich glaube, plötzlich die Gesinnung des Königs, und 
voll Besorgnis, es möchte ihr etwas Schlimmes wider- 
fahren sein, sprang er vom Throne auf, umarmte sie 
und redete ihr mit zärtlichen Worten zu, sie möge nur 
getrost sein und nichts Übles befürchten, wenn sie auch 
ungerufen zu ihm gekommen sei. Das Gesetz sei ja 
bloss für seine Unterthanen gegeben, während die Königin, 
die mit ihm die gleiche Würde bekleide, sich daran 
nicht zu stören brauche. Während er so sprach, gab er 
ihr sein Scepter in die Hand und berührte dem Gesetze 
gemäss mit dem Stabe ihren Nacken, um ihr alle Furcht 
zu benehmen. Als Esther nun wieder zu sich gekommen 
war, sprach sie: „Herr, ich kann dir nicht sagen, was 
mir da so plötzlich angekommen ist. Als ich dich in 
deiner Macht, Majestät und Furchtbarkeit erblickte, ver- 
liess mich meine Kraft, und es entschwanden mir die 
Sinne.“ Diese Worte brachte sie mühsam und mit 
schwacher Stimme hervor, was den König nur noch mehr 
ängstigte und verwirrte, sodass er Esther ermunterte, sie 
solle Mut fassen und überzeugt sein, dass er ihr die 
Hälfte seines Reiches geben werde, wenn sie es wünsche. 
Esther bat jedoch nur, er möge mit seinem Vertrauten 
Aman bei ihr speisen, da sie ihnen ein Mahl habe be- 
reiten lassen. Der König gewählte ihr sogleich die 
Bitte, und als sie zu Tische sassen, forderte er Esther 
auf, ihm zu sagen, was sie begehre. Denn alles wolle 
er ihr gewähren, und wenn sie die Hälfte seines Reiches 
verlange. Esther aber erklärte ihm, sie ziehe es vor, 
ihren Wunsch für den folgenden Tag aufzusparen, wenn 
er dann wieder mit Aman bei ihr speisen wolle. 

10. Der König versprach das, und Aman entfernte 
sich in heller Freude darüber, dass er allein mit dem 
Könige von Esther zur Tafel gezogen worden war, da 
sonst niemand einer derartigen Ehre gewürdigt wurde. 
Als er aber vor der Thür den Mardochaeus erblickte, 


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Elftes Buch, 6. Kapitel. 


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der ihm, wie gewöhnlich, keine Ehrenbezeugung erwies, 
geriet er in heftige Aufregung. Zu Hause angelangt, 
beschied er sein Weib Zaraza und seine Freunde zu 
sich und erzählte ihnen, welche Ehre er beim Könige 
und der Königin genossen habe, da er allein mit dem 
Könige von Esther zur Tafel gezogen worden und auch 
für den folgenden Tag wieder eingeladen sei. Aberdas 
alles könne ihm keine Freude machen, so lange er den 
Juden Mardochaeus vor der Thür des Palastes stehen 
sehe. Da riet ihm Zaraza, er solle einen fünfzig Ellen 
hohen Balken herrichten lassen und am anderen Morgen 
vom Könige erwirken, dass Mardochaeus ans Kreuz ge- 
schlagen würde. Dieser Vorschlag gefiel ihm über die 
Massen, und er befahl sogleich seinen Dienern, einen 
solchen Balken herzurichten und ihn im Hofe aufzu- 
stellen, um den Mardochaeus daran hinzurichten. Das 
geschah ddnn auch sofort. Gott aber machte die frevel- 
hafte Hoffnung Amans zu Schanden, denn er kannte die 
Zukunft und wusste, was ihm bevorstand. Den König 
nun floh in der folgenden Nacht der Schlaf, und da 
er die Zeit nicht müssig verbringen wollte, beschloss er, 
sich etwas mit der Geschichte seines Reiches zu befassen, 
und befahl daher seinem Schreiber, die Chronik seiner 
Vorfahren herbeizuholen und ihm daraus vorzulesen. 
Als dieser nun las, kam er zuerst auf jemand, der wegen 
einer hervorragenden That die Verwaltung einer Provinz 
erhalten hatte. Der Name der Provinz war mit aufge- 
zeichnet. Dann las er von einem anderen, dem für be- 
wiesene Treue ein Geschenk zu teil geworden war, und 
daran schloss sich die Geschichte von der Verschwörung 
Bagathous’ und Theodestes' gegen den König, die Mar- 
dochaeus aufgedeckt hatte. Als nun der Schreiber schnell 
zu einem anderen Kapitel übergehen wollte, unterbrach 
ihn der König und fragte, ob da nichts von einer Be- 
lohnung geschrieben stehe, die Mardochaeus erhalten 
habe. Der Schreiber verneinte dies; der König aber 
hiess ihn auf hören und fragte die Wächter, welche Zeit 
in der Nacht es sei. Und als er hörte, es sei bereits 


42 


Josephus’ Jüdisch« Altertümer. 


Morgen, befahl er, ihm zu melden, wenn etwa einer 
seiner Freunde schon vor dem Thore sei. Es traf sich 
nun, dass Aman gerade da war; denn er war früher als 
sonst gekommen, um für Mardochaeus die Todesstrafe 
zu begehren. Als daher die Diener dem Könige mel- 
deten, Aman sei im Hofe, liess er ihn zu sich rufen und 
sprach zu ihm: „Da ich deine gute Gesinnung gegen 
mich besonders erprobt habe, so gieb mir einen Rat, wie 
ich den meinem Range entsprechend ehren soll, den ich 
liebe." Aman, der nicht anders glaubte, als dass es 
sich um ihn selbst handle, da er ja vom Könige be- 
sonders geliebt wurde, entgegnete, er halte es für das 
Beste, wenn der König den Mann, den er liebe und be- 
sonders ehren wolle, zu Pferde steigen lasse, bekleidet 
mit königlichen Gewändern und mit goldener Halskette 
angethan. Dann solle einer der Vertrauten des Königs 
durch die ganze Stadt vor ihm herschreiten und aus- 
rufen: „So wird der geehrt, den der König ehren will!" 
Aman aber machte diesen Vorschlag, weil er glaubte, 
ihm selbst sei diese Belohnung zugedacht. Der König 
jedoch, dem der Vorschlag gefiel, sprach zu ihm: „Geh 
also hin, nimm das Pferd, das Gewand und die Kette, 
suche den Juden Mardochaeus auf, thu mit ihm, wie du 
vorgeschlagen hast und schreite vor ihm her, um seine 
Ehrung auszurufen. Du bist ja mein vertrauter Freund 
und sollst ausführen, was du mir geraten hast. Mardo- 
chaeus aber soll so geehrt werden, weil er mir das Leben 
gerettet hat." Aman, über diesen unerwarteten Befehl 
bestürzt und völlig fassungslos, ging mit dem Pferde, 
dem Purpur und der Kette hinweg und traf den Mardo- 
chaeus vor dem Thore mit einem Sacke bekleidet. Diesen 
hiess er ihn ausziehen und das Purpurgewand anlegen. 
Mardochaeus aber, der den wahren Sachverhalt nicht 
kannte und an Spott dachte, rief ihm zu: „O schänd- 
lichster aller Menschen, so willst du uns also in unserem 
Leid auch noch verhöhnen und verspotten ? !" Als Aman 
ihm jedoch versicherte, der König habe ihm diese Be- 
lohnung dafür zuerkannt, dass er ihm durch Auf- 



Elftes Buch, 6. Kapitel 


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deckung der Verschwörung der beiden Verschnittenen 
das Leben gerettet habe, legte er den Purpur an, den 
«onst nur der König zu tragen pflegte, hing sich die 
Kette um den Hals, stieg zu Pferde und ritt durch die 
ganze Stadt, wobei Aman voranschritt und ausrief, diese 
Ehre erlange vom Könige der, den dieser liebe und den 
«r ehren wolle. Als sie so die ganze Stadt durchzogen 
hatten, begab sich Mardochaeus zum Könige ; Aman aber 
kehrte niedergeschlagen nach Hause zurück uno erzählte 
unter Thränen seiner Gattin und seinen Freunden, was 
ihm widerfahren war. Diese meinten , er werde sich 
■wohl an Mardochaeus nicht rächen können, da Gott mit 
ihm sei. 

11. Während sie sich hierüber noch unterhielten, 
kamen Esthers Verschnittene, um den Aman zum Mahle 
zu rufen. Einer von ihnen, Sabuchadas mit Namen, 
sah im Hofe Amans das Kreuz errichtet, das für Mar- 
dochaeus bestimmt war, und erkundigte sich bei einem 
■der Diener, für wen dasselbe aufgestellt sei.! Als er 
nun hörte, es sei für den Oheim der Königin bestimmt, 
dessen Hinrichtung Aman vom Könige begehren wolle, 
schwieg er. Der König begab sich also mit Aman zum 
Mahle und bat die Königin, ihm zu sagen, welche Gnade 
sie von ihm begehre; sie solle alles erhalten, was sie 
verlange. Da begann Esther die Gefahr, in der ihr 
Volk schwebe, zu beklagen und erklärte, sie sei jetzt 
mit ihrem ganzen Volke dem Untergänge geweiht und 
wolle daher für ihre Landsleute das Wort ergreifen. 
Sie würde ihn nicht belästigt haben, wenn er sie in 
bittere Knechtschaft verkauft hätte, denn das sei das 
geringere Übel. Doch bitte sie ihn flehentlich, sie vom 
Verderben zu erretten. Als nun der König sie fragte, 
wer das denn angeordnet habe, klagte sie offen den Aman 
an und beschuldigte ihn, aus Bosheit solche Anschläge 
gegen die Juden ersonnen zu haben. Der König erhob 
«ich darauf im höchsten Zorn vom Tische und stürzte 
in den Garten hinaus; Aman aber bat Esther flehent- 
lich, ihm zu verzeihen, da er wohl cinsah, welche Gefahr 



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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


ihm drohte. Wie er sich nun auf das Lager der 
Königin warf, um seine Bitte anzubringen, trat der 
König plötzlich wieder ein und rief bei diesem Anblick 
ergrimmt aus: „0 du verruchtester aller Menschen, willst 
du meiner Gattin Gewalt anthun?!“ Aman erstarrte 
vor Schrecken und wusste kein Wort zu erwidern. Da 
trat der Verschnittene Sabuchadas ein und warf dem 
Aman vor,l er habe in dessen Hof ein Kreuz errichtet 
gesehen, um den Mardochaeus daran zu schlagen; das 
habe ihm der Diener gesagt, als er mit der Einladung 
zum Mahle dorthin gekommen sei. Das Kreuz haba 
eine Höhe von fünfzig Ellen. Als der König dies hörte,, 
beschloss er, dem Aman dieselbe Strafe aufzuerlegen ^ 
die dieser dem Mardochaeus zugedacht hatte, und be- 
fahl daher, ihn sogleich an jenes Kreuz zu schlagen^ 
Hieraus kann man wieder einmal ersehen, wie wunder- 
bar Gott waltet und wie weise und gerecht er ist, da er 
nicht bloss Amans Verruchtheit strafte, sondern auch 
dieselbe Strafe ,£ die er gegen einen anderen ersonnen, 
hatte, über ihn verhängte und so den Menschen den 
Beweis dafür lieferte, dass derjenige, der gegen andere 
heimtückische Anschläge plant, sich gewöhnlich ,in seiner 
eigenen Schlinge fängt. 

12. So kam Aman um, weil er das Ansehen, welches 
er beim Könige genoss, missbraucht hatte. Sein Ver- 
mögen aber schenkte Artaxerxes der Königin. Dann 
liess er den Mardochaeus zu sich rufen (die verwandt- 
schaftlichen Beziehungen zu ihm hatte Esther inzwischen 
ihrem Gatten erklärt) und übergab ihm den Ring, den 
er früher dem Aman geschenkt hatte. Die Königin 
aber schenkte ihm alle Besitzungen Amans und bat 
den König, er möge nun auch das Volk der Juden von 
der Todesangst befreien, die das im) ganzen Lande 
umhergesandte Rundschreiben Amans, des Sohnes des 
Amadathas, ihnen eingeflösst habe. Denn wenn ihr 
Vaterland verwüstet würde und ihre Landsleute zu 
Grunde gingen, wolle auch sie nicht länger leben. Der 
König versprach ihr, nichts geschehen zu lassen, was 



Elftes Buch, 6. Kapitel. 


45 


ihr missfallen könne oder gegen ihren Willen sei. Sie 
solle in betreff der Juden nur alles in seinem Namen 
schreiben, was sie für gut finde, das Schreiben mit 
seinem Siegel versehen und es im ganzen Reiche ver- 
öffentlichen. Denn niemand , der einen mit des Königs 
Siegel versehenen Brief lese, werde demselben entgegen- 
zuhandeln wagen. Esther liess also die königlichen 
Schreiber kommen und befahl ihnen, zu gunsten der 
Juden an alle Völkerschaften und an die hundertsieben- 
undzwanzig Satrapen der Provinzen von Indien bis nach 
Aethiopien hin, sowie an die Statthalter und Fürsten 
folgendermassen zu schreiben: „Der grosse König Arta- 
xerxes entbietet den Fürsten und allen, die zu ihm 
halten, seinen Gruss. Viele, denen von ihrem Könige 
grosse Wohlthaten erwiesen und Ehrenstellen zugeteilt 
wurden, wagen nicht nur ihre Untergebenen ungerecht 
zu behandeln, sondern scheuen sich auch nicht, gegen 
ihre Wohlthater selbst Ränke zu schmieden, und be- 
weisen sich so höchst 4 undankbar. Übermütig infolge 
•des ihnen unerwartet zu teil gewordenen Glückes, freveln 
sie gegen dieiUrheber desselben und glauben, dass so 
etwas Gott verborgen bleiben könne und sie seiner 
Rache entschlüpfen würden. Einige aus diesen, die von 
dem ihnen befreundeten Herrscher mit der Verwaltung 
Roher Ämter betraut waren und gegen einzelne Menschen 
«inen persönlichen Hass trugen, hintergingen sogar ihre 
Gönner und bewirkten durch falsche Beschuldigungen 
und Verleumdungen, dass deren Zorn sich gegen Un- 
schuldige richtete und diese dem Untergang weihte. 
Das sind nicht etwa Begebenheiten aus alter Zeit oder 
solche, die nur vom Hörensagen bekannt geworden sind, 
sondern vor unseren Augen sind solche Frevelthaten 
mit grosser Tollkühnheit begangen worden, weshalb ich 
beschlossen habe, Verleumdungen, falschen Anschuldi- 
gungen und fremden Einflüsterungen in Zukunft kein 
Gehör zu geben, sondern nur danach zu urteilen, was 
klar zu Tage liegt, und Belohnungen wie Bestrafungen 
nur nach wirklichem Verdienst, nicht aber auf irgend 



46 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


eine Fürsprache hin eintreten zu lassen. So konnte 
auch Aman, der Sohn des Amadathas, ein Amalekiter, 
also nicht von persischer Abstammung, der hier als 
Gastfreund mit höchster Achtung behandelt wurde und 
es sogar dahin brachte, dass er mein Vater genannt, von 
allen mit Kniebeugung begrüsst /wurde und königliche 
Ehrenbezeugungen neben mir genoss, sein Glück nicht 
ertragen, noch sich weise! Mässigung auferlegen, sondern 
unternahm es, mir, dem er seine Macht jverdankte, Leben 
und Herrschaft zu rauben und meinen Retter Mardo- 
chaeus sowie meine Gefährtin im Leben ;und auf dem 
Throne, die Königin Esther, hinterlistig aus dem Wege 
zu räumen. Indem er mich* so meiner Freunde berauben 
wollte, hatte er vor, die oberste Gewalt einem anderen 
zu übertragen. Da ich nun aber überzeugt bin, dass die 
Juden, denen er den Untergang bereiten wollte, keine 
Verbrecher sind, sondern nach sehr guten Gesetzen leben 
und den Gott verehren 1 , der mir und meinen Vorfahren 
die Herrschaft gesichert hat, so befreie ich sie nicht 
allein von der Strafe, (die das Rundschreiben Aman» 
über sie verhängte, sondern verleihe ihnen auch alle 
Rechte und befehle, dass derjenige, der sich etwas gegen 
sie zu schulden kommen' lässt, vor den Thoren von 
Susa mit seiner ganzen Familie gekreuzigt werden solL 
Möge er dann wissen, dass es der allgegenwärtige Gott 
ist, der diese Strafe über ihn verhängt hat. Euch aber 
befehle ich, dass ihr Abschriften dieses Briefes an allen 
Orten meines'Reiches verbreitet, und dass ihr die Juden 
nicht nur nach ihren Gesetzen in Frieden leben lasst, 
sondern sie auch unterstützt, wenn sie sich an denen 
rächen wollen, die ihnen unrecht gethan haben. Da» 
soll an dem Tage geschehen, den Gott ihnen von jetzt 
ab statt eines Unglückstages zum Freudentage bestimmt 
hat, nämlich am dreizehnten Tage des zwölften Monats* 
welcher Adar heisst. Dieser Tag soll auch allen denen, 
die eine gute Gesinnung gegen mich hegen, ein Tag der 
Freude sein, allen denen aber, die Unheil brüten, ein 
Tag der Rache. Ich will, dass jedem Volke und jeder 



Elftes Buch, 6. Kapitel. 47 

Stadt bekannt gegeben werde , wie sie , falls sie den in 
meinem Schreiben enthaltenen Befehlen nicht nach- 
kommen, Vertilgung mit Feuer und Schwert zu ge- 
wärtigen haben. Dieses Edikt soll in allen Ländern 
meines Reiches verlesen werden, und alle Juden sollen 
sich an jenem bestimmten Tage bereit halten, an ihren 
Feinden Rache zu nehmen.“ 

13. Die reitenden Boten, welche den Brief über- 
bringen sollten, machten sich sogleich auf den Weg und 
legten diesen bald zurück. Als nun die Juden in Susa 
den Mardochaeus im königlichen Kleide, mit der goldenen 
Krone und der Halskette erblickten und sahen, wie der 
König ihn ehrte, nahmen sie an seinem Glücke teil. 
Noch höher stieg der Jubel, als die Juden in den 
Städten und Provinzen das Edikt des Königs vernahmen. 
Ja, es nahmen sogar viele andere Völkerschaften aus 
Furcht vor den Juden die Beschneidung an, um sich so- 
grössere Sicherheit zu verschaffen. Denn am dreizehnten 
Tage des zwölften Monats, der bei den Juden Adar, bei 
den Macedoniern aber Dystros heisst, sollten die Juden, 
wie die Boten des Königs verkündigt hatten , da ihnen 
selbst an diesem Tage der Untergang bevorgestanden, 
ihre Feinde umbringen dürfen. Die Juden standen jetzt 
bei Satrapen, Königen, Fürsten und Schreibern in hohen 
Ehren; denn man fürchtete den Mardochaeus und legte 
sich deshalb Mässigung auf. Als nun der Erlass des 
Königs in allen Provinzen bekannt gemacht war, töteten 
in Susa allein die Juden gegen fünfhundert ihrer Feinde. 
Der König teilte die Zahl der in der Stadt Getöteten 
seiner Gemahlin mit, fügte auch hinzu, er habe noch 
keine Kunde davon, wie es in den Provinzen zu- 
gegangen, und fragte sie, ob sie sonst noch etwas 
wünsche, weil das sofort ausgeführt werden solle. Esther 
bat ihn darauf, er möge den Juden gestatten, auch noch 
am folgenden Tage ihre Feinde umzubringen und die 
zehn Söhne Amans ans Kreuz zu schlagen. Auch dies 
gestand der König den Juden zu, weil er der Esther 
nichts abschlagen wollte. Die Juden rotteten sich daher 


Go gle 




48 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


am vierzehnten Tage des Monats Adar wieder zusammen 
und töteten noch gegen dreihundert ihrer Feinde, ohne 
jedoch von deren Besitztümern etwas anzugreifen. Die 
Juden, welche in den Provinzen und in den übrigen 
Städten lebten, brachten fünfundsiebzigtausend ihrer 
Gegner um, und da das am dreizehnten Tage des 
Monats geschah, begingen sie den vierzehnten fest- 
lich; die Juden in Susa aber fügten auch noch den 
fünfzehnten als Festtag hinzu. Daher kommt es, dass 
noch heute auf dem ganzen Erdkreise die Juden diese 
beiden Tage festlich begehen und sich gegenseitig an 
denselben bewirten. Mardochaeus nämlich schrieb an 
alle Juden, die im Reiche des Artaxerxes lebten, sie 
sollten die beiden Tage feiern und diese Gewohnheit 
auch ihren Nachkommen hinterlassen, damit das Fest 
für alle Zukunft begangen werde und nicht in Ver- 
gessenheit gerate. Denn da ihnen an diesen beiden 
Tagen von 4 man der Untergang zugedacht gewesen sei, 
müssten sie, wenn sie recht handeln wollten, jetzt , da 
sie von der ihnen drohenden Gefahr befreit wären und 
sich an ihren Feinden gerächt hätten, dieselben festlich 
begehen und Gott danken. Deshalb feiern die Juden 
die erwähnten Tage und nennen sie Phruraeische Tage. 1 
Mardochaeus aber blieb beim Könige in hohen Ehren 
und teilte mit ihm die Herrschaft, auch verkehrte er 
stetig bei der Königin. Daher kam es, dass die Ver- 
hältnisse der Juden sich günstiger gestalteten, als diese 
erwartet hatten. Das sind die Begebenheiten unter 
dem Könige Artaxerxes. 


1 Purimfest. 



Elftes Buch, 7. Kapitel. 


49 


Siebentes Kapitel. 

Wie Joannes seinen Bruder Jesus im Tempel erschlug, 
und wie Bagoses dafür die Juden hart bedrückte. 

Sanaballetes. 

1. Als der Hohepriester Eliasib gestorben war, folgte 
ihm in der Würde sein Sohn Judas, und als auch dieser 
aus dem Leben schied, dessen Sohn Joannes, der Ver- 
anlassung dazu gab, dass Bagoses, der Feldherr des 
anderen Artaxerxes, den Tempel entweihte und den Juden 
eine Abgabe in der Weise auferlegte, dass sie, bevor sie 
die täglichen Opfer darbrachten, für jedes Lamm fünfzig 
Drachmen aus öffentlichen Mitteln entrichten mussten. 
Der Hergang war folgender : Joannes hatte einen 
Bruder Jesus, dem sein Freund Bagoses versprochen 
hatte, ihm das Hohepriesteramt zu verschaffen. Im 
Vertrauen auf dieses Versprechen fing Jesus mit seinem 
Bruder Joannes im Tempel Streit an und reizte diesen 
so sehr, dass er ihn im Zorne erschlug. Das war um so 
freventlicher von Joannes gehandelt, als er selbst das 
Hohepriesteramt bekleidete, und um so schrecklicher, 
weil weder bei den Griechen noch bei den Barbaren je 
eine so gottlose und verruchte That begangen worden 
war. Deshalb liess auch Gott es zu, dass um dieser 
Ursache willen das Volk geknechtet und der Tempel 
von den Persern entheiligt wurde. Denn sobald Bagoses, 
der Heerführer des Artaxerxes, erfahren hatte, der 
jüdische Hohepriester Joannes habe seinen Bruder im 
Tempel getötet, begab er sich unverzüglich mitten unter 
die Juden und rief ihnen entrüstet zu: „So habt ihr also 
in eurem eigenen Heiligtum einen Mord zu vollbringen 
gewagt!“ Als er nun in den Tempel eintreten wollte, 
suchte man ihn zurückzuhalten. Er aber wandte sich 
zu ihnen und sprach: „Bin ich denn nicht reiner als 
der Mensch, der im Tempel den Mord begangen hat?“ 
Und mit diesen Worten betrat er den Tempel. Der an 
Jesus begangene Mord bot nun Bagoses eine will- 

Josephus’ Jüdische Altertümer, II. d 



50 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


kommene Veranlassung, die Juden sieben Jahre lang zu 
bedrücken. 

2. Nach dem Tode des Joannes erhielt sein Sohn 
Jaddus die Hohepriesterwürde. Dieser hatte einen 
Bruder mit Namen Manasses, dem der vom letzten Darius 
nach Samaria gesandte Satrap Sanaballetes, ein Chuthäer 
(von denen bekanntlich die Samariter abstammen), be- 
reitwillig seine Tochter Nikaso zur Ehe gegeben hatte. 
Denn da er sah, dass Jerusalem ein berühmte Stadt 
war und die Könige derselben den Assyriern und den 
Bewohnern von Cölesyrien viel zu schaffen gemacht 
hatten, glaubte er mit dieser Heirat ein Unterpfand 
dafür zu erhalten, dass das ganze Volk der Juden ihm 
eine wohlwollende Gesinnung bewahre. 


Achtes Kapitel. 

Wie Sanaballetes und Manasses auf dem Berge Garizin 
einen Tempel erbauten. Wie Alexander in ■'Jerusalem einzog, 
|und welche Wohlthaten er den Juden erwies. 

1. Um diese Zeit 1 wurde der Macedonierkönig Phi- 
lippus von Pausanias, der ein Sohn des Kerastos war 
und aus dem Geschlechte des Orestes stammte, zu 
Aegaeae meuchlings ermordet. Ihm folgte sein Sohn 
Alexander, der über den Hellespont zog und die Heer- 
führer des Darius am Granikus besiegte. Dann griff 
er Lydien an, unterwarf Ionien,* zog durch Karien 
und fiel in Pamphylien ein, wie dies anderswoher be- 
kannt ist. 

2. Die Ältesten zu Jerusalem aber die es nicht er- 
tragen konnten, dass der mit einer Ausländerin ver- 
mählte Bruder ihres Hohepriesters Jaddus Anteil an der 
Priesterwürde haben sollte, erregten gegen diesen einen 
Aufruhr. Denn sie hielten dafür , seine Ehe werde 


1 336 vor Chr. 




Giftes Buch, 8. Kapitel. 


51 


denen, die gegen die Ehegesetze verstossen wollten, ein 
Vorwand sein, um sich mit Ausländerinnen vermählen 
zu können. Waren doch die Übertretung der Ehegesetze 
und die Heiraten mit fremden Weibern die Ursache 
ihrer früheren Gefangenschaft und ihres vielen Leides 
gewesen. Sie verlangten daher von Manasses, er solle 
entweder sich von seinem Weibe trennen, oder nie mehr 
den Altar betreten. Da nun der Hohepriester in gleicher 
Weise wie das Volk hierüber unwillig war und seinem 
Bruder den Zutritt zum Altäre verbot, begab sich 
Manasses zu seinem Schwiegervater Sanaballetes und 
erklärte ihm, er liebe zwar seine Tochter Nikaso sehr, 
doch wolle er um ihretwillen der priesterlichen Würde, 
die bei seinem Volke in hohem Ansehen stehe und bei 
derselben Familie verbleibe, nicht verlustig gehen. 
Darauf versprach ihm Sanaballetes, er werde, wenn 
Manasses seine Tochter als Gattin behalten wolle, ihm 
nicht nur die Priesterwürde sichern, sondern ihn auch 
zum Hohepriester und Präfekten des von ihm selbst 
verwalteten Landes machen. Ferner werde er auf dem 
Berge Garizin, dem höchsten in Samaria, einen Tempel 
erbauen, der dem zu Jerusalem gleich sein solle, und 
zwar mit Zustimmung des Königs Dariue. Durch diese 
Versprechungen angelockt, blieb Manasses bei Sana- 
balletes in der Hoffnung, von des Darius Gnade das 
Hohepriesteramt zu erhalten ; denn Sanaballetes war 
schon alt. Da es nun noch viele Priester und 
Israeliten gab, die solche Ehen eingegangen waren, 
entstanden zu Jerusalem nicht geringe Unruhen : denn 
sie alle gingen zu Manasses über und wurden von 
Sanaballetes mit Geld, Ackerland und Bauplätzen unter- 
stützt, weil dieser seinem Schwiegersohn gern jede Ge- 
fälligkeit erwies. 

3. Als um diese Zeit Darius die Nachricht erhielt, 
Alexander habe den) Hellespont überschritten, seine 
Feldherren am Granikus geschlagen und dringe nun 
weiter vor, bot er seine ganze Streitmacht an Reiterei 
und Fusssoldaten auf, um den Macedoniern entgegen- 



52 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zutreten, ehe sie ganz Asien unterworfen hätten. Er 
setzte dann über den Euphrat, überschritt das Taurus- 
gebirge in Cilicien und erwartete die Feinde noch inner- 
halb der Grenzen dieses Landes, um ihnen hier eine 
Schlacht zu liefern. Sanaballetes freute sich über den 
Zug des Darius und verhiess dem Manasses die Erfüllung 
seines Versprechens, sobald Darius die Feinde besiegt 
habe und zurückkehre. Er war nämlich wie alle 
anderen in Asien der festen Überzeugung, die Macedonier 
würden den Kampf mit den Persern wegen deren Über- 
macht nicht wagen. Doch es kam ganz anders, als sie 
erwartet hatten. Denn der König wurde von den 
Macedoniern geschlagen, verlor einen grossen Teil seines 
Heeres und musste, nachdem seine Mutter, seine Gattin 
und seine Kinder in Gefangenschaft geraten waren, nach 
Persien hieben. Alexander zog nun nach Syrien, nahm 
Damaskus ein, bemächtigte sich Sidons, belagerte Tyrus 
und sandte ein Schreiben an den Hohepriester der Juden, 
worin er verlangte, dieser solle ihm Hilfstruppen 
schicken, seinem Heere Lebensmittel liefern nnd alle 
Abgaben, die er früher dem Darius geleistet, nunmehr 
ihm entrichten. Dann werde er die Freundschaft der 
Macedonier gewinnen und seine Bereitwilligkeit nicht zu 
bereuen haben. Da aber der Hohepriester den Über- 
bringern des Schreibens zur Antwort gab, er habe sich 
dem Darius gegenüber eidlich verpflichtet, nie die Waffen 
gegen ihn zu ergreifen , und er werde, so lange Darius 
am Leben sei, diesen Eid nicht brechen, geriet Alexander 
in Zorn. Gleichwohl beschloss er, von Tyrus, dessen 
Fall jeden Augenblick erfolgen konnte, nicht abzuziehen, 
liess aber dem Hohepriester drohen, er werde, sobald 
Tyrus erobert sei, sein Heer gegen ihn führen und an 
seinem Beispiele den anderen zeigen , wem sie ihre 
Eide zu halten hätten. Dann verschärfte er die Be- 
lagerung und nahm endlich Tyrus ein, ordnete die Ver- 
waltung der Stadt und zog nach Gaza, dessen unter 
dem Befehle von Babemeses stehende Besatzung er be- 
lagerte. 



Elftes Buch, 8. Kapitel. 


53 


4. Jetzt hielt Sanaballetes den richtigen Zeitpunkt 
für gekommen, sein Vorhaben auszuführen. Er fiel also 
von Dari us ab, bot achttausend seiner Untergebenen auf, 
stiess mit denselben zu Alexander, der sich gerade zur 
Belagerung von Tyrus anschickte, und erklärte ihm, er 
wolle die von ihm verwalteten Landesteile übergeben 
und Alexander gern anstatt des Darius als seinen Herrn 
anerkennen. Da nun der König ihn gnädig aufnahm, 
fasste Sanaballetes Mut und sprach von seinem eigent- 
lichen Vorhaben, indem er berichtete, er habe einen 
Schwiegersohn Manasses, den Bruder des jüdischen 
Hohepriesters Jaddus, und es befänden sich bei ihm 
noch viele Juden, die gern in seiner Provinz einen 
Tempel bauen möchten. Das könne aber dem Könige 
nur von Vorteil sein, da so die Kräfte der Juden zer- 
splittert würden, während dieses Volk, wenn es Zu- 
sammenhalte und einig sei, den Königen viel zu schaffen 
machen könne, wie es dies schon den Königen der 
Assyrier gegenüber bewiesen habe. Als Alexander 
darauf seine Einwilligung gab, baute Sanaballetes den 
Tempel in aller Eile, setzte Manasses als Priester ein 
und glaubte dadurch den Kindern seiner Tochter eine 
besondere Ehre verschafft zu haben. Inzwischen ver- 
flossen sieben Monate bei der Belagerung von Tyrus und 
zwei Monate bei der von Gaza. Da starb Sanaballetes, 
und Alexander zog nach der Eroberung von Gaza so- 
gleich auf Jerusalem zu. Als der Hohepriester Jaddus 
davon Kunde erhielt, befiel ihn grosse Angst und arge 
Verlegenheit, wie er den Macedoniern entgegen treten 
sollte, da der König wegen seiner früheren Absage so 
sehr gegen ihn erzürnt war. Er schrieb daher dem 
Volke Gebete vor, brachte Opfer dar und flehte 
zu Gott, dass er sein Volk beschützen und aus der 
drohenden Gefahr erretten möge. Als er nun nach 
dem Opfer sich zur Nachtruhe begeben hatte, ermutigte 
ihn Gott im Traume, er solle nur getrost sein, die 
Stadt bekränzen und die Thore öffnen lassen. Die 
Einwohner sollten alsdann in weissen Gewändern, 



54 


Josepkus’ Jüdische Altertümer. 


er selbst aber mit den Priestern in feierlichem Ornat 
dem Könige entgegenzieben und nichts Schlimmes 
befürchten, da er für sie sorgen werde. Als Jaddus 
vom Schlafe erwacht war, freute er sich sehr und teilte 
in seiner Freude allen mit, was ihm im Schlafe auf- 
getragen worden war. Dann bereitete er sich auf die 
Ankunft des Königs vor. 

6. Als er nun vernahm, der König sei nicht mehr 
weit von der Stadt entfernt* schritt er mit den Priestern 
und dem gesamten Volke in feierlichem, bei anderen 
Völkerschaften unbekannten Aufzuge aus der Stadt bis 
zu einem Orte, der Sapha heisst. Dieser Name bedeutet 
auf Griechisch so viel als „Warte“; man kann nämlich 
von hier aus ganz Jerusalem nebst dem Tempel über- 
blicken. Die dem Könige folgenden Phoeniker und 
Chaldäer glaubten nun bestimmt, Alexander werde in 
seinem Zorn ihnen erlauben, die Stadt zu plündern und 
den Hohepriester umzubringen. Doch es geschah das 
gerade Gegenteil. Sobald nämlich Alexander von fern 
die Menge in ihren weissen Kleidern, die Priester in 
ihren Byssusgewändern und den Hohepriester mit dem 
Kleide aus Hyacinth und Gold, dem Kopfbunde und 
der goldenen Platte, auf welcher der Name Gottes ein- 
graviert war, erblickte, eilte er allein herbei, bewies dem 
Namen seine Verehrung und begrüsste den Hohepriester 
zuerst. Und da nun auch die Juden insgesamt wie aus 
einem Munde den Alexander bewillkommten und um- 
ringten, gerieten die Könige von Syrien und die übrigen 
in Erstaunen und glaubten, der König sei seiner Sinne 
nicht mehr mächtig. Parmenion allein fasste sich ein 
Herz, schritt auf Alexander zu und fragte ihn, weshalb 
er, den alle Welt verehre, sich vor dem jüdischen Hohe- 
priester niederwerfe. Der König entgegnete ihm darauf: 
„Nicht ihn habe ich angebetet, sondern Gott, dessen 
höchste Priesterwürde er bekleidet. Diesen Hohepriester 
habe ich in demselben Gewände schon im Traume ge- 
sehen, als ich zu Dios in Macedonien mich befand. Und 
da ich schon überlegte, wie ich Asien unterjochen könne. 




Elftes Bach, 8. Kapitel. 


55 


riet dieser mir, nicht zu zögern, sondern wacker überzu- 
setzen. Er selbst werde meinem Heere voranschreiten 
und mir die Herrschaft über die Perser verschaffen. 
Weil ich nun noch keinen anderen Menschen in einem 
solchen Gewände gesehen habe, erinnerte ich mich bei 
seinem Anblick sogleich des Traumes und seiner Ver- 
kündigung, und ich glaube jetzt, dass ich meinen Kriegs- 
zug auf Gottes Geheiss unternehme, dass ich den Darius 
überwinden, die Macht der Perser vernichten und alle 
meine Absichten verwirklichen werde.“ Nach dieser an 
Parmenion gerichteten Antwort reichte er dem Hohepriester 
die Hand und begab sich in Begleitung der Priester * 
zur Stadt, stieg zum Tempel hinauf, opferte Gott nach 
des Hohepriesters Anweisung und erwies diesem wie den 
Priestern die höchsten Ehrenbezeugungen. Als man ihm 
nun das Buch Daniel zeigte, in welchem vorausgesagt 
war, ein Grieche werde der Perser Reich zerstören, hielt 
er sich selbst für diesen Griechen und entliess voll 
Freude das Volk. Am folgenden Tage aber rief er 
sie wieder zusammen und hiess sie Geschenke begehren, 
so viele sie wollten. Da nun der Hohepriester um 
die Erlaubnis, nach den väterlichen Gesetzen leben 
zu dürfen, und um die Befreiung von Abgaben in 
jedem siebenten Jahre bat, gestand Alexander ihm 
dies gern zu. Und als man ihn weiter bat, er möge 
auch den Juden in Babylon und Medien gestatten, 
nach ihrem Gesetze zu leben, bewilligte er das eben- 
falls. Dann erklärte er der Menge, wenn welche von 
ihnen mit ihm zu Felde ziehen wollten, so) sei er be- 
reit, sie mitzunehmen; auch könnten sie 'beim Heere 
ihren väterlichen Gebräuchen treu bleiben und danach 
leben. Daraufhin Hessen sich viele für den Feldzug 
einschreiben. 

6. Nachdem Alexander die Verhältnisse zu Jerusalem 
geordnet hatte, führte er sein Heer weiter gegen die 
benachbarten Städte. Und da alle, zu denen er kam, 
ihn jubelnd aufnahmen, beschlossen die Samariter, deren 
Hauptstadt das auf dem Berge Garizin liegende und 




56 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


von jüdischen Überläufern bewohnte Sikim war, bei der 
Nachricht, dass Alexander die Juden so ehrenvoll be- 
handelt habe, sich für Juden auszugeben. Die Sama- 
riter sind nämlich, wie ich schon früher erwähnt habe, 
so geartet: Wenn es den Juden schlecht geht, wollen sie 
ihnen nicht verwandt sein, womit sie die Wahrheit be- 
kennen; sobald aber die Verhältnisse der Juden sich 
bessern, haben sie nichts Eiligeres zu thun, als sich 
ihnen anzuschliessen , nennen sich ihre Blutsverwandten 
und berufen sich auf ihre Herkunft von Josephs Nach- 
kommen Ephraim und Manasses. Sie kamen deshalb 
auch jetzt bereitwillig und mit grosser Begeisterung dem 
König bis in die Nähe von Jerusalem entgegen. Als 
Alexander ihren Eifer lobte, traten die Sikimiter mit 
den Soldaten, welche Sanaballetes ihm gesandt hatte, 
auf ihn zu und baten ihn, er möge auch ihre Stadt be- 
suchen und ihren Tempel mit seiner Gegenwart beehren. 
Der König versprach ihnen darauf, er wolle auf dem 
Rückwege zu ihnen kommen. Als sie aber nun be- 
gehrten, dass auch ihnen die Abgabe des siebenten 
Jahres erlassen werde, weil sie in diesem Jahre nicht 
ernteten, erkundigte sich der König, wer sie seien, da 
sie solches verlangten. Sie entgegneten , sie seien 
Hebräer, doch würden die Sikimiter auch Sidonier ge- 
nannt, worauf der König weiter fragte, ob sie Juden 
seien. Als sie dies verneinten, sagte er: „Den Juden 
habe ich jene Erleichterungen zugestanden. Doch will 
ich, wenn ich zurückkomme und näheres über euch er- 
fahre, anordnen, was mir gut scheint.“ Damit wurden 
die Sikimiter entlassen. Den Soldaten des Sanaballetes 
aber befahl Alexander, ihm nach Aegypten zu folgen, 
da er ihnen hier Ländereien anweisen wolle. Das that 
er auch bald nachher in Thebai's, wo er ihnen den Schutz 
des Landes anvertraute. 

7. Nach Alexanders Tod wurde sein Reich unter 
seine Nachfolger geteilt. Der Tempel auf dem Berge 
Garizin aber blieb bestehen , und wenn nun zu Jeru- 
salem jemand des Genusses verbotener Speise, der Ent- 




Elftes Buch, 8. Kapitel. 


57 


heiligung des Sabbats oder eines anderen Vergehens 
angeklagt war, floh er zu den Sikimitern und behauptete 
dort, ungerecht beschuldigt zu sein. Um diese Zeit 
starb auch der Hohepriester Jaddus , und es folgte ihm 
in der Würde sein Sohn Onias. So sah es damals in 
Jerusalem aus. 


Go gle 



Zwölftes Bueh 


Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 170 Jahren. 

Inhalt: 

1. Wie Ptolemaeus Lagi Jerusalem und Judaea mit List eroberte 

und viele Bewohner nach Aegypten wegführte. 

2. Wie sein Sohn Ptolemaeus Philadelphus die Gesetze der Juden 

ins Griechische übertragen liess, viele Gefangene dem Hohe* 
priester Eleazar zu Gefallen freiliess und Gott sehr reiche 
Weihgeschenke darbrachte. 

3. Wie die Könige Asiens das Volk der Juden ehrten und in den 

von ihnen gegründeten Städten denselben das Bürgerrecht 
verliehen. 

4. Joseph, des Tobias Sohn, schliesst mit Ptolemaeus Epiphanes 

Freundschaft und befreit die Juden von dem Unheil, in 
welches sie geraten waren. 

5. Freundschaftsbündnis der Lakedaemonier mit dom jüdischen 

Hohepriester Onias. 

0. Die Machthaber der Juden entzweien sich und rufen die Hilfe 
des Antiochus Epiphanes an. 

7. Wie Antiochus gegen Jerusalem zog, die Stadt einnahm und 
den Tempel plünderte. 

S. Wie Antiochus den Juden untersagte, nach den Gesetzen ihrer 
Väter zu leben, und wie allein Mattathias der Asamonäer 
den Befehlen des Königs trotzte und die Feldherren des An* 
tiochus besiegte. 

9. Mattathias stirbt in hohem Alter und hinterlässt die Leitung 
des Staates seinen Söhnen. 

10. Wie sein Sohn Judas mit den Feldherren des Antiochus kämpfte, 

den Juden die Möglichkeit, nach dem Gesetze ihrer Väter 
zu leben, wieder verschaffte und vom Volke zum Hohepriester 
erwählt wurde. 

11. Wie des Antiochus Heerführer Apollonius in Judaea einfiel, aber 

besiegt wurde und umkam. 

12. Feldzug des Lysias und des Gorgias gegen die Juden; Nieder- 

lage und Untergang des macedonischen Heeres. 



Zwölftes Buch, 1. Kapitel. 


59 


18. Wie Judas gegen die Ammaniter und das Land Galaditis, sein • 
Bruder Simon gegen die Syrer und Ptolemaenser zu Felde 
zog, und wie beide siegreich blieben. 

14. Wie Antiochus Epiphanes in Persien starb. 

15* Wie Antiochus Eupator zugleich mit Lysias gegen die Juden 
zog, sie besiegte und den Judas im Tempel belagerte. 

16« Wie nach langer Belagerung Antiochus mit Judas ein Bündnis 
schloss und friedlich aus Judaea abzog. 

17. Wie Bakchides, der Heerführer des Demetrius, gegen die Juden 

marschierte und unverrichteter Sache zum Könige zurückkehrte. 

18. Wie Nikanor, der nach Bakchides als Befehlshaber gesandt 

wurde, nebst seinem Heere umkam. 

19. Wie Bakchides abermals gegen Judaea geschickt wurde und 

den Sieg davontrug. 

20. Wie Judas im Treffen fiel. 


Erstes Kapitel. 

Wie Ptolemaeus Lagi Jerusalem und Judaea mit List 
eroberte und viele Gefangene nach Aegypten wegführte. 

Nachdem Alexander, der König von Macedonien, das 
Reich der Perser unterjocht und die Verhältnisse in 
Judaea, wie oben erwähnt, geordnet hatte, starb er, 
und sein Reich ward unter seine Nachfolger geteilt, 
Antigonus erhielt Asien, Seleukus Babylon und die 
übrigen Länder jenes Striches, Lysimachus die Länder 
am Hellespont, Kassander Macedonien, und Ptolemaeus 
Lagi Aegypten. Da diese jedoch bald unter sich uneins 
wurden und über ihre Macht in Streitigkeiten gerieten, 
entstanden langwierige Kriege, die den Städten grosse 
Drangsal bereiteten und vielen ihrer Einwohner das 
Leben kosteten. So erlitt auch Syrien von Ptolemaeus 
Lagi, der sich damals Soter, das ist „Retter“, nannte, 
das Gegenteil von dem, was sein Beiname bezeichnete. 
Jerusalem eroberte er durch Betrug und List. Er zog 
nämlich, als wollte er Opfer darbringen, am Sabbat in 
die Stadt ein, ohne dass die Juden, die in ihm keinen 
Feind erblickten und deshalb nichts Schlimmes ahnten, 
auch des Feiertages wegen in Müsse und Sorglosigkeit 




60 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


lebten, ihn davon abgehalten hätten. So bemächtigte er 
sich der Stadt ohne alle Anstrengung und behandelte- 
sie hart und ungnädig. Das bezeugt auch Agatharchide» 
von Knidus, der die Geschichte der Diadochen, der 
Nachfolger Alexanders, geschrieben hat und uns den 
Vorwurf macht, wir hätten wegen unseres Aberglauben» 
die Freiheit verloren. Er sagt: „Es giebt ein Volk,, 
das sich Juden nennt und die grosse und wohl befestigte 
Stadt Jerusalem bewohnt. Diese liess es ruhig in de» 
Ptolemaeus Gewalt gelangen, weil es nicht zu den 
Waffen greifen, sondern aus unzeitigem Aberglauben 
lieber einer grausamen Herrschaft sich unterwerfen 
wollte.“ So schreibt Agatharchides über unser Volk* 
Um nun wieder auf Ptolemaeus zurückzukommen, sa 
nahm er in den Gebirgen Judaeas, in der Umgebung 
von Jerusalem, in Samaria und Garizin viele Menschen 
gefangen und siedelte sie nach Aegypten über. Und 
da er aus der Antwort, die Alexanders Gesandte nach 
der Besiegung des Darius erhalten hatten, ersah, wie- 
sehr sich die Jerusalemer durch treues Festhalten am 
Eide und durch Zuverlässigkeit auszeichneten, legte er 
viele von ihnen aU Besatzungen in die festen Plätze,, 
gab ihnen mit den Macedoniern in Alexandria gleiche 
Rechte und verpflichtete sie unter Eid, dass sie auch 
seinen Nachfolgern treu bleiben würden. Auch von den 
übrigen Juden zogen nicht wenige freiwillig nach 
Aegypten, zum Teil mit Rücksicht auf die Fruchtbarkeit 
des Landes, zum Teil auch im Vertrauen auf die Frei- 
gebigkeit des Ptolemaeus. In der Folge jedoch brachen 
zwischen ihren Nachkommen, die an den Gebräuchen 
ihrer Väter festzuhalten entschlossen waren, und den 
Samaritern Streitigkeiten aus, und es kam schliesslich 
zum Kriege, da die Jerusalemer ihren Tempel als Heilig- 
tum betrachtet und die Opfer dorthin geschickt wissen 
wollten, die Samariter aber dasselbe für den auf dem 
Berge Garizin gelegenen Tempel forderten. 




Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


61 


Zweites Kapitel. 

Wie Ptolemaeus Philadelphia die Gesetze der Juden ins 
Griechische übertragen liess, vielen Gefangenen die Frei- 
heit schenkte und Gott eine Menge Weihgeschenke 

darbrachte. 

1. Nachdem Alexander zwölf und sein Nachfolger 
Ptolemaeus Soter vierzig Jahre regiert hatte, bestieg 
Philadelphus den Thron Aegyptens und behielt die 
Herrschaft neununddreissig Jahre lang. Er liess die 
Gesetze der Juden ins Griechische übertragen und setzte 
-die in aegyptischer Knechtschaft schmachtenden Jeru- 
salemer, hundertzwanzigtausend an der Zahl, in Freiheit, 
und zwar aus folgender Veranlassung. Demetrius Pha- 
lereus, der Oberbibliothekar des Königs, bemühte sich, 
womöglich alle Bücher des Erdkreises zu sammeln, und 
kaufte alles auf, was nur irgend des Studiums wert war 
und dem Könige, dem das Bibliothekwesen sehr am 
Herzen lag, gefiel. Als Ptolemaeus ihn nun einmal 
fragte, wie viele tausend Bücher er schon zusammen- 
gebracht habe, entgegnete er: Einstweilen zweihundert- 
tausend, doch hoffe er es bald auf fünfhunderttausend 
zu bringen. Er habe auch in Erfahrung gebracht, dass 
«s bei den Juden viele Bücher über deren Gebräuche 
gebe, die des Studiums wert seien und einen Platz in 
<ler königlichen Bibliothek verdienten, die aber, da sie 
in hebraeischer Sprache und hebraeischen Buchstaben 
geschrieben seien, der Übersetzung ins Griechische viele 
Schwierigkeiten bereiten würden. Obgleich nämlich die 
Schrift der Juden der syrischen ganz ähnlich sei und 
auch ihre Sprache sich nicht viel von der syrischen 
unterscheide, sei doch Sprache wie Schrift durchaus 
eigenartig. Dennoch könne den König, da er die nötigen 
Mittel zur Bestreitung der Kosten zu gewähren imstande 
sei, nichts abhalten, diese Bücher übersetzen zu lassen 
und seiner Bibliothek einzuverleiben. Da nun dem 
Könige der Eifer des Demetrius für die Vermehrung 
<ler Büchersammlung sehr gefiel, schrieb er dem Hohe- 


Go gle 



62 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


priester der Juden, er möge die Benutzung der Bücher 
gestatten. 

2. Aristaeus, ein wegen seiner Bescheidenheit vom 
Könige besonders geschätzter Freund desselben, hatte 
sich früher schon öfters vorgenommen, den König um 
Freilassung aller in seinem Reiche lebenden Juden zu 
bitten. Da er nun jetzt einen günstigen Zeitpunkt zur 
Anbringung seiner Bitte für gekommen erachtete, be- 
sprach er die Angelegenheit zunächst mit den Befehls- 
habern der königlichen Leibwache, dem Tarentiner So- 
sibius und dem Andreas, und bat diese, sie möchten 
sein Gesuch beim Könige unterstützen. Er benutzte nun 
den vorhin erwähnten Plan des Königs für seine Zwecke,, 
begab sich zu Ptolemaeus und redete ihn folgender- 
massen an: „O König, wir wollen uns nicht betrügen,, 
sondern die Wahrheit zu erforschen suchen. Wenn wir 
dahin streben, die Gesetze der Juden dir zu Gefallen 
nicht nur abschreiben, sondern auch übersetzen zu lassen,, 
wie können wir dies ausführen, da so viele Juden in 
deinem Reiche als Knechte leben? Es kann dir in 
deiner Hochherzigkeit und Güte doch nicht schwer fallen,, 
sie aus ihrem Elend zu befreien. Durch eifriges Forschen 
habe ich gefunden, dass derselbe Gott, der den Juden 
die Gesetze gab, auch dein Reich regiert. Diesen Gott, 
den Schöpfer des Weltalls, verehren auch wir und nennen 
ihn den Lebendigen, weil er allen das Leben verleiht. 1 
Gieb also zur Ehre Gottes denen, die ihn ganz besonders 
lieben, ihre Heimat wieder, damit sie im Lande ihrer 
Väter sich des Lebens erfreuen können. Glaube je- 
doch nicht, dass ich dir diese Bitte vortrage, weil ich 
mit dieser Nation verwandt oder aus ihr entsprossen sei. 
Vielmehr bitte ich dich darum, weil wir alle Geschöpfe 
Gottes sind, und weil ich weiss, dass er an wohlthätigen 
Menschen seine Freude hat.“ 

3. Als Aristaeus so geredet hatte, blickte ihn der 


1 Im Texte lautet das Wortspiel : Zrjva (nichtattischer Akkusativ 
von Zeu$) xaXouvxes ätto tou ejji^uetv to £rjv. 


Go gle 



Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


63 


König mit freundlicher und heiterer Miene an und fragte : 
„Wie viele tausend, glaubst du denn, werden es sein, 
die freigelassen werden sollen?“ Da warf Andreas, der 
zufällig dabei stand, ein, es seien wenig mehr als 
hunderttausend. „Ist das,“ fragte darauf der König, 
„also wohl eine Kleinigkeit, um die du, Aristaeus, mich 
bittest?“ Als aber Sosibius und die übrigen Anwesenden 
ihm vorhielten, er müsse doch Gott, der ihm die Herr- 
schaft verliehen, einen seiner Freigebigkeit entsprechen- 
den Dank dafür abstatten * sagte der König erfreut zu 
und befahl, bei der nächsten Auslöhnung der Soldaten 
auch für jeden Gefangenen, der unter ihrer Aufsicht 
stehe, hundertzwanzig Drachmen auszuzahlen. In betreff 
der Bitte des Aristaeus aber versprach er diesem, einen 
Erlass zu veröffentlichen , der seinem Wunsche und damit 
auch dem Willen Gottes entsprechen solle. Er erklärte 
nämlich, er wolle nicht nur die von seinem Vater und 
dessen Soldaten in Gefangenschaft geführten, sondern 
auch die schon vorher in seinem Reiche befindlichen und 
die später noch hinzugekommenen Juden in Freiheit 
setzen. Und da ihm mitgeteilt wurde, die Freilassung 
erfordere mehr als vierhundert Talente, bewilligte er 
diese sogleich. Um nun die Grossmut des Königs ge- 
bührend zu ehren, beschloss man, eine Abschrift de» 
Erlasses der Nachwelt zu überliefern. Deren Wortlaut 
war folgender: „Wer immer mit meinem Vater nach 
Syrien und Phoenicien zu Felde gezogen ist und nach 
der Verwüstung von Judaea Gefangene in unsere Städte 
oder aufs Land mitgenommen hat, soll diesen die Frei- 
heit geben. Desgleichen sollen alle Juden, die schon 
vorher in meinem Reiche waren, ferner die, welche 
durch Kauf in anderen Besitz übergegangen sind, frei- 
gelassen werden. Die Eigentümer erhalten für jeden 
einzelnen Kopf hundertzwanzig Drachmen, die den Sol- 
daten zugleich mit der Löhnung, den übrigen aber an 
der königlichen Kasse als Lösegeld gezahlt werden sollen. 
Ich bin nämlich der Meinung, dass dieselben gegen 
meines Vaters Willen und widerrechtlich zu Gefangenen 



64 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


gemacht worden sind, und dass ihr Land von der Will- 
kür der Soldaten schwer bedrängt worden ist, während 
diese selbst aus der Überführung der Gefangenen nach 
Aegypten grossen Nutzen gezogen haben. Um der Ge- 
rechtigkeit willen und aus Mitleid mit den ungerechter- 
weise Unterdrückten befehle ich hiermit allen denen, 
welche Juden zu Sklaven haben, dieselben gegen das er- 
wähnte Lösegeld freizugeben, und niemand soll sich unter- 
stehen, diesem Befehle heimtückischerweise zu trotzen. 
' » 

Innerhalb drei Tagen nach Bekanntmachung dieses 
Ediktes haben sich die Freigelassenen bei den zuständigen 
Behörden zu melden und dort ihren Freibrief sich aus- 
fertigen zu lassen. Wer diesem Befehle zuwiderhandelt, 
kann von jedem, der dies will, zur Anzeige gebracht 
werden, und es soll sein Vermögen für die königliche 
Kasse eingezogen werden.“ Als dieses Edikt zuerst dem 
Könige vorgelesen wurde, fand es zwar ira allgemeinen 
seine Billigung, jedoch fehlte noch darin die Bestimmung 
über die vorher und nachher aus Judaea weggeschleppten 
Juden, die der König dann in seiner Güte und Hoch- 
herzigkeit noch hinzufügen liess. Alsdann gab er Be- 
fehl, die ansehnliche zu Lösegeldern bestimmte Summe 
an die einzelnen Beamten und Zahlmeister zu verteilen. 
Das geschah sogleich, und so war in nicht mehr als 
sieben Tagen der Erlass des Königs ins Werk gesetzt. 
Aufgewendet wurden als Lösegelder mehr denn vier- 
hundertsechzig Talente; die Herren forderten nämlich 
auch für die Kinder die hundertzwanzig Drachmen, weil 
das vom Könige angeordnet sei, indem er „für jeden 
Kopf“ diesen Betrag ausgeworfen habe. 

4. Als nun alles dies im Sinne des Königs vollzogen 
war, befahl er dem Demetrius, nunmehr seinen AVunsch 
hinsichtlich der Bücher der Juden in einem Schriftstücke 
niederzulegen. Von den Ptolemäern wurde nämlich alles 
mit grosser Genauigkeit und Umständlichkeit durch- 
geführt. Ich habe es deswegen für nötig gehalten, nicht 
nur das Gesuch des Demetrius und die übrigen in der 
Angelegenheit gewechselten Briefe hier mitzuteilen, 



Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


65 


sondern auch die Zahl der Weihgeschenke und den für 
jedes derselben gemachten Aufwand, damit alle die 
Prachtliebe des Geschenkgebers ermessen und aus der 
Vortrefflichkeit der Arbeit auf die Geschicklichkeit der 
Künstler schliessen können. Das Gesuch nun lautet 
folgendermassen : „Demetrius an den grossen König. Da 
du mir den Auftrag gegeben hast, o König, die zur 
Vervollständigung deiner Bibliothek noch erforderlichen 
Bücher zu sammeln und den etwa abhanden gekommenen 
mit gebührender Sorgfalt nachzuforschen, so habe ich 
den grössten Fleiss aufge wandt und zeige dir hiermit 
an, dass unter anderem auch die Gesetzbücher der Juden 
uns fehlen. Denn diese sind , weil in hebraeischer Schrift 
und Sprache geschrieben, für uns unverständlich. Da 
nun deine königliche Sorgfalt sich bisher auf diese 
Bücher nicht erstreckt hat, so kann es sein, dass sie dir 
vielleicht als weniger wichtig bezeichnet worden sind. 
Indessen ist es notwendig, dass du deine Aufmerksam- 
keit auch ihnen zuwendest. Denn diese Gesetzsamm- 
lung ist so beschaffen, dass sie von höchster Weisheit 
und unbeflecktester Sittenreinheit Zeugnis ablegt, als 
käme sie von Gott selbst her. Deshalb haben auch, 
wie Hekataeus derAbderite bezeugt, sowohl die Dichter 
wie die Geschichtschreiber ihrer ebensowenig Erwähnung 
gethan als der Männer, die nach ihren Vorschriften die 
Verfassung eingerichtet haben. Sie wurde eben immer 
als so ehrwürdig und heilig betrachtet, dass sie von un- 
heiligem Munde nicht besprochen werden dürfe. Wenn 
«s dir also gut scheint, so schreibe, o König, an den 
Hohepriester der Juden, er möge dir aus jedem Stamme 
sechs Älteste schicken, die in den Gesetzen wohlbe- 
wandert sind. Von ihnen werden wir dann den genauen 
und getreuen Wortlaut jener Bücher erfahren und eine 
authentische Erklärung erhalten, damit wir deinem 
Wunsche in würdiger Weise entsprechen können." 

5. Als Demetrius dieses Schriftstück überreicht hatte, 
befahl der König, in der c Angelegenheit an den 
jüdischen. Hohepriester Eleazar zu schreiben und ihn 

Joeephas’ Jüdische Altertümer, II. 5 



66 


Josepbus’ Jüdisch« Altertümer. 


zugleich von der Freilassung der in Aegypten befindlichen 
jüdischen Sklaven in Kenntnis zu setzen. Dabei sandte 
er zum Zwecke der Anfertigung von Bechern, Krügen 
und Schalen fünfzig Talente Gold und eine unschätz- 
bare Menge von Edelsteinen, und befahl den Hütern 
der Kasten, welche die Edelsteine enthielten, die Künstler 
nach Belieben daraus aus wählen zu lassen. Ausserdem 
liess der König Geld zur Darbringung von Opfern und 
zu anderen Aufwendungen für den Tempel bis zur 
Höhe von hundert Talenten an weisen. Bevor ich jedoch 
die einzelnen Weihgeschenke beschreibe, will ich zu- 
nächst den Wortlaut des an den Hohepriester Eleazar 
gerichteten Schreibens erwähnen. Eleazar aber hatte 
sein Amt aus folgender Veranlassung erhalten. Nach 
dem Tode des Hohepriesters Onias folgte demselben 
sein Sohn Simon, der wegen seiner Gottesfurcht und 
Menschenfreundlichkeit den Beinamen „der Gerechte“ 
erhielt. Als dieser aus dem Leben schied, war sein 
Sohn Onias noch unmündig, weshalb sein Bruder Eleazar, 
von dem hier die Rede ist, die Hohepriesterwürde er- 
langte. Diesem also liess Ptolemaeus schreiben wie 
folgt: „Der König Ptolemaeus entbietet dem Hohepriester 
Eleazar seinen Gruss. In meinem Reiche wohnen viele 
Juden, die mein Vater, als sie von den obsiegenden 
Persern gefangen genommen waren, mit Achtung be- 
handelte, indem er sie teils, gegen höheren Sold zum 
Kriegsdienste heranzog, teils und zwar die, welche mit 
ihm nach Aegypten gekommen waren, zum Schrecken 
der Aegyptier als Besatzungen in die Festungen legte* 
Als ich nun zur Regierung kam, habe ich, wie alle 
meine Unterthanen, so besonders deine Mitbürger 
freundlich behandelt, indem ich mehr als hunderttausend 
von ihnen aus Sklaven zu Freien machte und aua 
meinem Vermögen ihren Herren das Lösegeld entrichtete* 
Diejenigen nun von diesen Freigelassenen , die ihrem 
Alter nach zum Waffendienste tauglich waren, habe ich 
zu Soldaten gemaeht; ‘einige andere aber, deren Treue 
mir dieser Ehre wert zu sein schien, habe ich zum Range 



Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


67 


von Hofleuten erhoben und dachte so Gott zur Er- 
langung seiner Gnade ein angenehmes und grossartiges 
Weihgeschenk zu widmen. Diesen nun sowie allen 
Juden auf dem Erdkreise will ich einen Gefallen er- 
weisen, indem ich mich entschliesse, euer Gesetzbuch aus 
dem Hebraeischen ins Griechische übertragen zu lassen 
und es meiner Bibliothek einzuverleiben. Du wirst mir 
deshalb einen Gefallen thun, wenn du mir aus jedem 
Stamme sechs ältere und gesetzeskundige Männer 
schickst, welche die Gesetzbücher genau erklären können. 
Durch dieses Unternehmen glaube ich mich mit Ruhm 
bedecken zu können. Zur näheren Besprechung über 
die Angelegenheit sende ich dir Andreas, den Befehls- 
haber meiner Leibwache, und den Aristaeus, beide hoch- 
angesehene Männer, durch die ich dir auch hundert 
Talente Silber als Weihgeschenk für den Tempel und 
behufs Darbringung von Opfern übermache. Schreibe 
mir nun auch deine Wünsche, was mir sehr angenehm 
sein wird.“ 

6. Als dieser Brief des Königs an Eleazar gelangt 
war, beantwortete er denselben mit möglichster Freund- 
lichkeit: „Der Hohepriester Eleazar entbietet dem 
Könige Ptolemaeus seinen Gruss. Wenn du mit der 
Königin Arsinoe und deinen Kindern dich wohl be- 
findest, so sind wir zufrieden. Nach Empfang deines 
Briefes habe ich mich über deine Absicht sehr gefreut 
und den Brief alsbald in öffentlicher Versammlung vor- 
gelesen, um dem Volke deine Gottesfurcht kundzu- 
machen. Die von dir gesandten zwanzig goldenen und 
dreissig silbernen Schalen, die fünf Krüge, den zur 
Aufnahme von Weihgeschenken bestimmten Tisch, sowie 
die zur Darbietung von Opfern und zum Besten des 
Tempels gespendeten hundert Talente, die deine ver- 
trauten Freunde, die hochachtbaren, edlen, gelehrten 
und tugendhaften Männer Andreas und Aristaeus uns 
gebracht haben, habe ich dem Volke gezeigt. Wisse 
nun, dass ich dir alles, was zu deinem Nutzen dienen 
kann, gern gewähren will, soweit es in meinen Kräften 


Go gle 



68 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


steht, um dir den schuldigen Dank für die meinen 
Landsleuten bewiesenen Wohlthaten zu erstatten. Des- 
halb habe ich sogleich für dich, deine Schwester, deine 
Kinder und deine Freunde Opfer dargebracht, und das 
Volk hat mit mir zu Gott gefleht, damit dir alles nach 
Wunsch gelinge, dein Reich sich des Friedens erfreue, 
und auch die Übertragung der Gesetze den von dir ge- 
wollten glücklichen Erfolg aufweise. Ich habe aus 
jedem Stamme sechs ältere Männer ausgewählt, die ich 
mit den Gesetzbüchern dir zuschicke. Von deiner 
Frömmigkeit und Gerechtigkeit aber erwarte ich, dass 
du mir nach Fertigstellung der Übersetzung die Bücher 
wieder zuschickst und auch für das Wohlergehen der- 
jenigen sorgst, die sie dir Überbringern Lebe wohl.“ 

7. Das war das Antwortschreiben des Hohepriesters. 
Ich habe es nun nicht für nötig gehalten, die Namen der 
siebzig Greise mitzuteilen, die Eleazar mit den Gesetz- 
büchern schickte; in dem Schreiben waren diese Namen 
indes enthalten. Dagegen will ich die Pracht und 
Kostbarkeit der Weihgeschenke, die der König Gott dem 
Herrn stiftete, beschreiben, weil ich das für passend 
halte, damit des Königs Frömmigkeit allgemein bekannt 
werde. Er spendete nicht nur reichliche Mittel zu 
diesen Weihgeschenken, sondern ging auch zu den 
Künstlern hin und besichtigte die Arbeiten, damit nichts 
davon nachlässig oder oberflächlich ausgeführt würde. 
Ich will nun jedes einzelne Stück schildern, nicht weil 
die Geschichte gerade eine solche Beschreibung erforderte, - 
sondern damit ich meinen Lesern einen Begriff von 
dem Schönheitssinne und der Hochherzigkeit des Königs 
geben kann. 

8. Zunächst wende ich mich zur Beschreibung des 
Tisches. Diesen wollte der König in gewaltigen Massen 
anfertigen lassen. Er befahl also, Erkundigungen 
darüber einzuziehen, welche Dimensionen der Tisch zu 
Jerusalem habe und ob es möglich sei, einen noch 
grösseren herzustellen. Als er nun erfuhr, wie gross 
dieser sei, und dass nichts im Wege stehe, den neuen 



Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


69 


Tisch noch grösser zu machen , meinte er, er wolle ihn 
wohl fünfmal so gross machen lassen , doch fürchte er, 
dass er dann seiner grossen Masse wegen beim Gottes- 
dienst nicht gebraucht werden könne. Da er nun 
wünsche, dass seine Weihgeschenke nicht bloss Schau- 
stücke darstellten, sondern auch beim Gottesdienste Ver- 
wendung finden möchten, halte er es für richtig, den 
neuen Tisch nicht grösser als den anderen, der übrigens 
wohl aus Mangel an Gold in so bescheidener Grösse 
angefertigt worden sei, aber aus kostbarerem Material 
herstellen zu lassen. Da er nun eine scharfe Be- 
obachtungsgabe besass und geschickt im Erdenken von 
allerhand neuen und wundervollen Formen war, so ent- 
warf er selbst mit grossem Fleiss die Zeichnungen, legte 
sie den Künstlern vor und hiess sie danach arbeiten, da 
sie nun die Ciselierungen zur Herausarbeitung der 
Formen leichter würden vollenden können. 

9. Nachdem die Künstler diese Anleitungen sich zu 
nutze gemacht, fertigten sie den Tisch ganz aus Gold 
an, zweiundeinehalbe Elle lang, eine Elle breit, einund- 
einehalbe Elle hoch. Der Rand des Tisches, der die 
Platte handhoch überragte, war an den Ecken um- 
gebogen und hier mit getriebener, Stricke darstellender 
Arbeit versehen, sodass er an drei Stellen wundervolle 
Verzierungen zeigte. Der Tisch war nämlich dreieckig, 
und jede Ecke wies dieselbe Anordnung auf, sodass man 
von allen Seiten immer die nämliche Verzierung er- 
blickte. War nun schon die innere, nach dem Tische 
zu gewandte Seite des Randes schön ausgearbeitet, so 
zeigte sich die äussere Seite, die hauptsächlich ins Auge 
fiel, doch noch herrlicher. An den drei Ecken, wo man 
die in Form von Stricken getriebene Arbeit angebracht 
hatte, waren in wechselnder Ordnung Edelsteine be- 
festigt, die von goldenen, durch Löcher der Steine 
laufenden Schnüren zusammengehalten wurden. An der 
Seite des Randes, die sich dem Anblick darbot und 
schräg stand, waren in Eiform kostbare Steine angebracht, 
die zu einer rings um den Tisch laufenden stabförmigen 



70 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Anordnung verbunden waren. Unterhalb dieser ovalen 
Medaillons schlang sich ein Kranz von allerhand Früchten, 
hängenden Trauben, aufragenden Ähren und dazwischen 
versteckten Granatäpfeln. Edle Steine gaben bei jeder 
der genannten Früchte die natürliche Farbe wieder und 
wurden rings um den Tisch von goldener Einfassung 
gehalten. Unterhalb des Kranzes befanden sich wieder 
die eiförmigen Medaillons und die stabförmige An- 
ordnung wie oberhalb desselben, sodass, selbst wenn man 
den Tisch umkehrte, keinerlei Verschiedenheit in der 
Arbeit bemerkbar wurde. Dazu kam dann noch eine 
goldene, vier Finger breite Platte, in welche die Füsse 
des Tisches eingelassen waren. Die letzteren waren mit 
Klammern und Stiften neben der Platte des Tisches 
befestigt, sodass man stets dieselbe kunstvolle Arbeit 
vor sich hatte, wie man auch den Tisch drehen und 
wenden mochte. Oben auf der Tischplatte war eine 
Maeanderverzierung angebracht, in die kostbare Steine 
gleich Sternen in verschiedenen Farben eingelassen 
waren: Karfunkel und Smaragde, die das Auge des Be- 
schauers durch ihren herrlichen Glanz entzückten, sowie 
noch andere Edelsteine, die wegen ihrer Kostbarkeit 
hochgeschätzt sind. Neben der Maeanderverzierung lief 
ein strickförmiges Flechtwerk, sodass in der Mitte eine 
rautenförmige Figur entstand. Das Flechtwerk war be- 
setzt mit Krystallen und Bernstein, die in reicher Ab- 
wechselung den Beschauer wunderbar ergötzten. Die 
oberen Enden der Füsse wiesen die Form von Lilien 
auf, deren Blätter unter die Tischplatte zurückgebogen 
waren, sodass die inneren Blütenteile sich dem Auge 
darboten. Die Basis der Füsse bildete je ein hand- 
breiter und acht Finger dicker Karfunkel, in welche die 
Füsse wie in Postamente eingelassen waren. Die 
einzelnen Füsse waren aufs feinste und sorgfältigste aus- 
gearbeitet und bestanden aus Epheu, Rebzweigen und 
Trauben, die so täuschend gemacht waren, dass man 
sie von wirklichen nicht unterscheiden konnte. Denn 
sie waren so ausserordentlich zart gearbeitet, dass sie 




Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


71 


vom Winde bewegt wurden, und schienen so eher ein 
Werk der Natur als der Kunst zu sein. Der ganze 
Tisch war aus drei Teilen zusammen gefügt, die so genau 
ineinander passten, dass man die Verbindungsstellen 
nicht wahrnehmen konnte. Die Dicke der Tischplatte 
betrug nicht weniger als eine halbe Elle. So herrlich, 
kostbar, reich an Verzierungen und natürlich in der 
Ausführung war dieses Weihgeschenk des Königs, und 
wenn es auch den anderen Tisch an Grösse nicht über- 
ragte, so that es dies doch sicher an kunstvoller Aus- 
stattung, Originalität und Pracht der Verzierungen. 

10. Ausserdem liess Ptolemaeus zwei goldene Krüge 
anfertigen, die vom Fusse bis zur Mitte schuppenförmig 
getriebene Arbeit zeigten, auf den Rippen aber mit ver- 
schiedenartigen Edelsteinen besetzt waren. Darüber er- 
hob sich eine Maeanderverzierung von der Höhe einer 
Elle, zusammengesetzt aus mannigfaltigen und kunstvoll 
geformten Steinen, an die sich eine stabförmige An- 
ordnung anschloss. Von da bis zum Rande des Ge- 
fässes war ein netzförmiges Muster in Rauten angebracht. 
In der Mitte des Kruges befanden sich Schilde, welche, 
aus Steinen in der Grösse von vier Fingern hergestellt 
waren und nicht wenig zum Glanze und zur Zierde des 
Gefasses beitrugen. Den Rand des Kruges umgaben 
Lilien blätter, Blumen und Rebzweige, die sich als 
Kranzgewinde rings um denselben schlangen. So waren 
die beiden goldenen Krüge beschaffen, deren «jeder zwei 
Amphoren 1 hielt. Die silbernen wetteiferten an Glanz 
mit dem Spiegel, sodass man in ihnen sein Bild noch 
deutlicher als in einem solchen erblicken konnte. 
Ausserdem liess der König auch noch dreissig Schalen 
anfertigen, die, soweit sie von Gold waren, mit Epheu- 
und Weinlaub in getriebener Arbeit verziert, jedoch 
nicht mit Edelsteinen besetzt waren. Diese Kunstgegen- 
stände waren nicht nur ein Beweis für die grosse Ge- 
schicklichkeit der Künstler, welche sie verfertigt hatten 


1 Eine Amphora — etwa 26 Liter. 


Go gle 



72 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sondern auch und zwar in noch höherem Grade für den 
Eifer und die Freigebigkeit des Königs, dem es zu ver- 
danken war, dass die Arbeiten eine so hohe Voll- 
kommenheit aufwiesen. Denn er hatte nicht nur den 
Künstlern die Mittel reichlich und freigebig gewährt, 
sondern auch mit Hintansetzung seiner Regierungs- 
geschäfte die Arbeiten persönlich beaufsichtigt. Dadurch 
wurden die Künstler zu regem Fleisse angespornt und 
widmeten sich im Hinblick auf das Beispiel des Königs 
ihrem Werke mit grösserer Hingabe. 

11. Das waren also die Weihgeschenke, die Ptole- 
maeus nach Jerusalem sandte. Der Hohepriester Eleazar 
liess sie im Tempel aufstellen, bewies den Überbringern 
die grösste Aufmerksamkeit und entließe sie mit Ge- 
schenken für den König. Als sie nach Alexandria ge- 
kommen waren und Ptolemaeus ihre wie der siebzig 
Ältesten Ankunft erfuhr, beschied er sogleich seine Ge- 
sandten Andreas und Aristaeus zu sich. Diese über- 
brachten ihm das Schreiben des Hohepriesters und er- 
klärten ihm alles, worüber er Aufschluss verlangte. Da 
er nun sehnlichst wünschte, die von Jerusalem zur Er- 
klärung der Gesetze gekommenen Ältesten zu sprechen, 
entliess er alle übrigen, die sich zur Erledigung laufen- 
der Geschäfte bei ihm befanden, ohne auf Gebrauch 
und Sitte zu achten. Wer nämlich aus diesem Grunde 
zu ihm kam, hatte an jedem fünften Tage Zutritt, Ge- 
sandte jedoch nur jeden Monat. Damals nun entliess 
er alle anderen, um die Gesandten Eleazars zu empfangen. 
Sobald die Greise ein getreten waren mit den Geschenken, 
die der Hohepriester ihnen für den König übergeben, 
und mit den Rollen, auf denen in goldenen Buchstaben 
die Gesetze verzeichnet standen, fragte der König so- 
gleich nach den Büchern. Und da sie ihm dieselben 
nach Entfernung der Hülle zeigten , bewunderte er 
längere Zeit die Feinheit des Pergamentes und die Ge- 
schicklichkeit, mit der die Bücher aneinandergefügt 
waren. Dann dankte er den Greisen dafür, dass sie ge- 
kommen seien ; noch grösseren Dank aber stattete er 



Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


73 


dem ab, der sie gesandt, und dem allerhöchsten Gott, 
von dem diese Gesetze herrührten. Als nun die Greise 
samt den übrigen Anwesenden dem Könige einstimmig 
ihre Segenswünsche darbrachten, brach er vor übergrosser 
Freude in Thränen aus. So ist es ja von der Natur 
angeordnet, dass die höchste Freude wie der tiefste 
Schmerz sich in denselben Zeichen äussern. Darauf liess 
er die Bücher seinen Beamten übergeben und umarmte 
dann die Greise, indem er sagte, es sei billig gewesen, 
zuerst von dem Zwecke ihrer Anwesenheit zu reden, be- 
vor er sie begrüsst habe. Den Tag ihrer Ankunft aber 
versprach er zu einem Festtage zu machen und den- 
selben jedes Jahr, so lange er leben werde, zu feiern. 
Der Zufall wollte es, dass der Tag der Ankunft der 
Greise derselbe war, an welchem der König den Seesieg 
über Antigonus davongetragen hatte. Er lud alsdann 
die Greise ein, mit ihm zu speisen, und liess ihnen in 
der Nähe der Königsburg die beste Herberge anweisen. 

12. Nikanor, dem der Empfang der Gastfreunde ob- 
lag, liess gleich den Dorotheus, der für ihre Bequemlich- 
keit zu sorgen hatte, kommen und befahl ihm, den 
Gästen alle erforderlichen Lebensmittel zu verabreichen. 
Diese Angelegenheit hatte nämlich der König in folgen- 
der Weise geordnet. In jeder Stadt, die nicht selbst 
eine gleiche Einrichtung besass, befand sich ein könig- 
licher Beamter, der für die ankomm enden Fremden zu 
sorgen und ihnen alles zu liefern hatte, dessen sie nach 
ihren Lebensgewohnheiten bedurften. Der Zweck dieser 
Einrichtung war der, dass die Fremden bei ihrer ge- 
wohnten Lebensweise bleiben konnten und nicht unter 
dem Gefühl, in der Fremde zu sein, leiden sollten. So 
geschah es auch mit den siebzig Greisen, für die Doro- 
theus, da er ihre Lebensart gut kannte, in bester Weise 
sorgte. Er selbst leitete alle Anstalten zur Bewirtung 
der Gäste und liess dem Befehle des Königs gemäss den 
Tisch auf beiden Seiten decken. Ptolemaeus hatte näm- 
lich angeordet, dass die eine Hälfte der Greise neben 
ihm, die andere aber ihm gegenüber Platz nehme, da er 



74 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


nichts unterlassen wollte, wodurch er sie ehren konnte. 
Nachdem sie nun Platz genommen, befahl er dem Doro- 
theus, seinen Gästen das Mahl ganz nach der Art vor- 
zusetzen, wie sie es in Judaea gewöhnt waren. Aus 
diesem Grunde liess er auch die Opferdiener, Opferer 
und Gebetsrufer sich entfernen und bat einen der Gäste, 
den Priester Elissaeus, das Gebet zu sprechen. Dieser 
trat darauf in die Mitte und betete für den König und 
seine Unterthanen. Alsdann klatschten alle vor Freude 
in die Hände und riefen dem Könige zu, worauf sie sich 
zum Mahle wandten. Nach hinreichender Pause begann 
der König ein philosophisches Gespräch und legte jedem 
einzelnen Fragen aus der Naturgeschichte und Philosophie 
vor. Und da sie alle über die aufgeworfenen Themata 
genauen Bescheid wussten, freute der König sich sehr 
und liess das Gastmahl zwölf Tage lang wiederholen. 
Wer sich über die bei den Mahlzeiten geführten Ge- 
spräche genauer unterrichten will, mag das Buch lesen, 
welches Aristaeus darüber geschrieben hat. 

13. Die Greise erregten nicht nur die Bewunderung 
des Königs, sondern auch des Philosophen Menedemos, 
welcher gestehen musste, es gebe ein Wesen, das in 
seiner weisen Fürsorge alles lenke und leite, und von 
dem die Greise die überzeugende Kraft ihrer Rede er- 
halten hätten. Damit nahmen dann die philosophischen 
Untersuchungen ein Ende, und der König erklärte, die 
Ankunft der Greise gereiche ihm zum höchsten Vor- 
teil, da er von ihnen gelernt habe, wie er seinen 
Herrscherpflichten nachkommen müsse. Dann befahl er, 
jedem der Greise drei Talente einzuhändigen und 
Männer zu bestimmen, welche sie in ihre Herberge ge- 
leiten sollten. Nach drei Tagen holte Demetrius sie ab, 
führte sie sieben Stadien weit über einen in das Meer 
nach einer Insel hin sich erstreckenden Damm, schritt 
mit ihnen über die Brücke nach dem nördlichen Teile 
der Insel und liess sie hier in ein nahe beim Strande 
erbautes Haus eintreten, welches die zum Studium er- 
wünschte Stille darbot. Dann bat er sie, sie möchten. 


Go gle 



Zwölftes Buch, 2. Kapitel. 


75 


da alles zur Übertragung Notwendige vorhanden sei, 
nunmehr mit dem Werke beginnen. Die Greise gaben 
sich .hierauf mit grösstem Fleisse daran, eine genaue 
Übersetzung anzufertigen, und arbeiteten täglich bis zur 
neunten Stunde. Dann sorgten sie auch für ihre leib- 
lichen Bedürfnisse, hinsichtlich deren ihnen alle er- 
forderlichen Lebensmittel reichlich zur Verfügung standen. 
Denn Dorotheus musste ihnen auf Geheiss des Königs 
vieles von dessen eigener Tafel bringen. Täglich kamen 
sie in der Frühe zur Königsburg, begrüssten den Ptole- 
maeu9, kehrten dann desselben Weges zurück, wuschen 
ihre Hände im Meer und begaben sich wieder an die 
Arbeit. Im ganzen nahm die Abschrift und Über- 
tragung der Gesetze zweiundsiebzig Tage in Anspruch. 1 
Alsdann liess Demetrius an der Stelle, wo die Über- 
setzung stattgefunden batte, alle Juden sich versammeln 
und las die Arbeit in Gegenwart der Übersetzer vor. 
Die Menge bezeigte darauf den Übersetzern ihren Bei- 
fall und lobte auch den Demetrius wegen seines vor- 
trefflichen Einfalles, wodurch er ihnen vieles Gute er- 
wiesen habe. Sie baten ihn dann, auch ihren Vor- 
stehern das Gesetz zur Lesung zu übergeben, und alle, 
sowohl die Priester und Ältesten aus den Übersetzern 
als auch die Vorsteher der Gemeinde, drückten den 
Wunsch aus, die Übersetzung möge, weil sie so gut aus- 
gefallen sei, nun auch unverändert bleiben. Diesem 
Wunsche traten alle Anwesenden bei und bestimmten, 
dass, wenn jemand bemerke, dass etwas Überflüssiges 
sich in das Gesetz eingeschlichen habe oder etwas weg- 
gelassen worden sei, er sich nochmals gründlich davon 
überzeugen und dann auf Verbesserung bedacht sein 
solle. Daran thaten sie klug; denn nachdem die 
Übersetzung nun einmal als richtig befunden war, sollte 
sie es auch bleiben. 

14. War nun der König schon sehr erfreut, als er 


1 Nach der Zahl der Uebersetzer heisst die Uebersetzung die 
„Septuaginta“. 



76 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


seinen Plan verwirklicht sah, so stieg seine Freude noch 
höher, als ihm die Gesetze vorgelesen wurden. Er 
staunte ob der Weisheit und dem Scharfsinne des Ge- 
setzgebers und fragte den Demetrius, wie es möglich sei, 
dass eine so wunderbare Gesetzgebung weder von den 
Geschichtschreibern noch von den Dichtern erwähnt 
werde. Demetrius entgegnete darauf, niemand habe das 
Gesetzbuch zu berühren gewagt, weil es ehrwürdig und 
göttlich sei, und weil schon manche, die sich dessen 
unterfangen, von Gott bestraft worden seien. Er er- 
zählte ihm, wie Theopompos, der etwas aus dem Gesetz 
habe abschreiben wollen, länger als dreissig Tage in 
Geistesstörung versunken gewesen sei und in seinen 
lichten Augenblicken Gott mit Bitten zu versöhnen ge- 
sucht habe, weil er richtig geahnt habe, dass dies die 
Ursache seines Wahnsinns sei. Aus einem Traume habe 
er dann auch wirklich erkannt, dass er von dem Un- 
glück betroffen worden sei, weil er Göttliches anzutasten 
und es dem gemeinen Volke mitzuteilen im Sinne ge- 
habt habe. Sobald er nun von seinem Vorhaben abge- 
kommen sei, habe er seinen Verstand wiedererlangt. 
Ferner berichtete er ihm von dem Trauerspieldichter 
Theodektas, der, wie man sage, in einer Dichtung des 
Inhaltes der heiligen Bücher habe Erwähnung thun 
wollen und dafür von einer Augenkrankheit, die man 
Star nenne, heimgesucht worden sei. Darauf habe er 
die Ursache seines Leidens erkannt und sei durch 
Gottes Gnade wieder gesund geworden. 

15. Als der König von Demetrius die Gesetzbücher 
erhalten hatte, bezeigte er ihnen seine Verehrung und 
befahl, die grösste Sorgfalt darauf zu verwenden, dass 
sie unversehrt blieben. Dann lud er die Übersetzer ein, 
recht oft aus Judaea zu ihm zu kommen, da er sie nicht 
nur stets mit offenen Armen empfangen, sondern auch 
reichlich beschenken werde. Jetzt sei es allerdings billig, 
sie zu entlassen. Kämen sie aber aus eigenem Antrieb 
wieder, so könnten sie sicher sein, alles bei ihm zu 
finden, was ihre Weisheit verdiene und seine Freigebig- 



Zwölftes Buch, 3. Kapitel. 


77 


keit ihnen zu gewähren imstande sei. Darauf entliess 
er sie, nachdem er ihnen noch drei prachtvolle Ge- 
wänder, zwei Talente Gold, einen Becher im Werte von 
einem Talente, und das Gedeck, dessen sie sich beim 
Mahle bedient, als Geschenke verehrt hatte. Für den 
Hohepriester Eleazar gab er ihnen zehn Ruhebetten mit 
silbernen Füssen und allem Zubehör sowie einen Becher 
im Werte von dreissig Talenten mit, ferner zehn Ge- 
wänder, Purpur, eine herrliche Krone, hundert Ellen 
Byssusgewebe, sodann Schalen, Teller, Becher und zwei 
Krüge zur Aufstellung im Tempel. Endlich bat er den 
Eleazar noch in einem Briefe, er möge, falls einer von 
den Greisen ihn wieder besuchen wolle, dazu seine Er- 
laubnis geben, weil es ihm das höchste Vergnügen be- 
reite, sich mit gebildeten Männern zu unterhalten, und 
es ihm stets eine Freude sei, seine Reichtümer mit 
ihnen zu teilen. Das sind die Ehrenbezeugungen und 
Wohlthaten, die Ptolemaeus Philadelphus den Juden 
erwiesen hat. 


Drittes Kapitel. 

Wie die Könige Asiens das Volk der Juden ehrten 
und in den von ihnen gegründeten Städten ihnen 
das Bürgerrecht verliehen. 

1. Die Juden wurden auch von den Königen Asiens, 
unter denen sie Kriegsdienste geleistet hatten, ehrenvoll 
behandelt. Seleukus Nikator verlieh ihnen in den 
Städten, die er in Asien und im unteren Syrien ge- 
gründet hatte, sowie in der Hauptstadt Antiochia selbst 
das Bürgerrecht und stellte sie den dort wohnenden 
Macedoniern und Griechen völlig gleich. Dieses Recht 
gemessen sie auch heute noch, wie daraus hervorgeht, 
dass den Juden, die kein fremdes Öl 1 gebrauchen wollen, 


1 Bei den Leibesübungen in den Gymnasien (Turnscbulen) zum 
Kinreiben der Glieder. 


Go gle 



78 


Joseplms’ Jüdische Altertümer. 


von den Gymnasiarchen statt des Öles eine bestimmte 
Geldsumme gezahlt wird. Als im letzten Kriege das 
Volk von Antiochia diesen Gebrauch abschaffen wollte, 
hielt Mucianus, der damals Statthalter von Syrien war, 
ihn aufrecht. Und als später Vespasianus und dessen 
Sohn Titus den Erdkreis beherrschten und die Bewohner 
von Alexandria und Antiochia verlangten, dass den 
Juden das Bürgerrecht genommen werde, konnten sie 
die Erfüllung dieses Verlangens nicht erreichen. 1 Man 
kann daraus ersehen, wie edel und grossmütig die Römer 
und besonders Vespasianus und Titus waren. Denn ob- 
wohl diese Fürsten im Kriege gegen die Juden viel Un- 
gemach zu ertragen hatten und ihnen zürnten, weil sie 
sich nicht ergeben wollten , sondern bis zum letzten 
Augenblicke Widerstand leisteten, so wollten sie doch 
die vorgenannten Rechte der Juden nicht geschmälert 
wissen. Vielmehr widerstanden sie sowohl ihrem eigenen 
Zorn, als auch dem Verlangen der Bewohner von 
Alexandria und Antiochia, und liessen sich weder aus 
Wohlwollen gegen die letzteren noch aus Hass gegen 
die Unterjochten dazu verleiten, in ihrer Grossmut gegen 
die Juden nachzulassen. Denn sie meinten, die, welche 
die Waffen gegen sie erhoben und im Kampfe den 
kürzeren gezogen hätten, seien dadurch schon genug ge- 
straft, und diejenigen, die nichts verbrochen, dürften 
billigerweise auch ihrer Rechte nicht beraubt werden. 

2. Von gleicher Gesinnung gegen die Juden war be- 
kanntlich auch Marcus Agrippa beseelt. Denn als die 
Ionier sich gegen die Juden erhoben hatten und den 
Agrippa baten, ihnen das Bürgerrecht, welches Antiochus, 
der Enkel des Seleukus, der bei den Griechen „Gott“ 
genannt wird, ihnen verliehen, allein zu belassen, indem 
sie zugleich verlangten, die Juden müssten, wenn sie 
mit ihnen gleichgestellt würden, auch ihre Götter ver- 
ehren, gewannen die Juden den deswegen anhängig ge- 
machten Prozess unter dem Rechtsbeistand des Nikolaus 

1 Vergl. Jüd. Krieg VII, 5,8. 




79 


Zwölftes Buch, 3. Kapitel. 

von Damaskus und durften bei ihren Gebräuchen 
bleiben. Agrippa erklärte nämlich, er dürfe daran nichts 
ändern. Will jemand Genaueres hierüber erfahren, so 
lese er im hundertdreiundzwanzigsten und hundertvier- 
undzwanzigsten Buche der Geschichten des Nikolaus von 
Damaskus nach. Über die Entscheidung des Agrippa 
aber darf man sich nicht wundern, da unser Volk 
damals mit den Römern nicht im Kriege lag. Dagegen 
verdient die Grossmut des Vespasianus und des Titus 
die höchste Bewunderung, da sie trotz so vieler mit 
uns geführten Kriege in ihrer Leutseligkeit gegen uns 
nicht nachliessen. Doch ich will den Faden der Er- 
zählung wieder aufnehraen. 

3. Als Antiochus der Grosse in Asien regierte, traf 
die Juden einschliesslich derjenigen, die in Coelesyrien 
wohnten, viel Unglück. In dem Kriege nämlich, den 
der genannte König gegen Ptolemaeus Philopator und 
dessen Sohn Ptolemaeus Epiphanes führte, wurden sie 
von Unheil verfolgt, mochte der König nun siegen oder 
geschlagen werden, sodass sie nicht unähnlich einem 
Schiff im Sturme waren, das auf beiden Seiten von den 
Fluten bedrängt wird. Sie lagen gleichsam zwischen des 
Antiochus Glück und Unglück in der Mitte. Als unter- 
dessen Antiochus den Ptolemaeus endgiltig besiegt hatte, 
eroberte er Judaea. Nach dem Tode des Philopator 
sandte dessen Sohn ein grosses Heer gegen die Coelesyrer 
unter Skopas; der ausser vielen Städten dieses Landes 
auch unser Land besetzte. Nicht lange nachher jedoch 
schlug Antiochus den Skopas bei den Quellen des 
Jordan und vernichtete einen grossen Teil seiner Streit- 
macht. Als nun infolgedessen Antiochus die Städte 
Coelesyriens, welche Skopas erobert hatte, sowie Samaria 
in seine Gewalt brachte, unterwarfen sich ihm die Juden 
freiwillig, Hessen ihn in die Stadt einziehen, versahen 
sein Heer und seine Elefanten mit Lebensmitteln und 
halfen ihm die von Skopas in der Burg von Jerusalem 
zurückgelassene Besatzung belagern. Antiochus, der es 
für billig hielt, die Treue und das Entgegenkommen der 



80 


Josephus' Jüdische Altertümer. 


Judet\ zu belohnen, schrieb nun an seine Heerführer 
und Freunde, gab den Juden das Zeugnis, dass sie sich 
um ihn sehr verdient gemacht hätten, und zeigte ihnen 
an, welche Geschenke er ihnen dafür zugedacht habe. 
Von diesem Briefe möchte ich eine Abschrift hier bei- 
fügen; zunächst aber will ich erzählen, wie Polybiua 
von Megalopolis diese meine Angaben bestätigt Er 
sagt nämlich im zehnten Buche seiner Geschichten: 
„Skopas, der Feldherr des Ptolemaeus, griff die höher 
gelegenen Gegenden an und unterwarf im Winter das 
Volk der Juden.“ In demselben Buche berichtet er 
weiter: „Als Antiochus den Skopas besiegt hatte, er- 
oberte er Batanaea, Samaria, Abila und Gadara. Bald 
darauf unterwarfen sich ihm die Juden, so viele ihrer 
um das Jerusalem genannte Heiligtum herum wohnten. 
Hierüber sowie über die Gegenwart der Gottheit im 
Heiligtum hätte ich noch vieles zu sagen, doch will ich 
das auf eine andere Zeit verschieben.“ Soweit Polybius 
in seiner Geschichte. Kehren wir nun wieder zum 
Gange der Begebenheiten zurück. Es folgt also zunächst 
der Brief des Antiochus. „Der König Antiochus ent- 
bietet dem Ptolemaeus seinen Gruss. Sowie ich das 
Land der Juden betrat, haben sie mir sogleich ihre 
Treue bewiesen, mich glänzend aufgenommen, meine 
Soldaten und Elefanten mit Lebensmitteln versorgt und 
mir bei der Vertreibung der aegyptischen Besatzung aus 
der Burg geholfen. Ich habe es nun für billig gehalten, 
mich ihnen hierfür erkenntlich zu beweisen und zunächst 
ihre von manchem widrigen Geschick heimgesuchte 
Stadt wiederherzustellen und durch Zurück berufung der 
zerstreuten Bewohner wieder zu bevölkern. Vorläufig 
habe ich beschlossen, ihnen um ihrer Gottesfurcht willen 
den Bedarf für die Opfer zu liefern, nämlich Vieh, Wein, 
öl und Weihrauch für zwanzigtausend Sekel, sechs 
Artaben Weizenmehl nach dem Gebrauche ihres Landes, 
tausend vierhundertsechzig Scheffel Weizen und drei- 
hundertfünfundsiebzig Scheffel Salz. Das alles ist ihnen 
genau zu verabfolgen, wie ich befehle; imgleichen sollen 


Go gle 



Zwölftes Buch, 3. Kapitel. 


81 


auch die Arbeiten am Tempel, an den Säulenhallen und 
wo sonst Bauten nötig sind , in Angriff genommen 
werden. Das Material dazu 6oll aus Judaea selbst, aus 
den anderen Bezirken und vom Libanon entnommen 
werden , ohne dass irgend eine Abgabe dafür erhoben 
werden darf. Dasselbe bestimme ich hinsichtlich aller 
übrigen Arbeiten, die zur Verschönerung des Tempels 
notwendig sind. Allen Angehörigen des Volkes soll ge- 
stattet sein, nach den Gesetzen ihrer Väter zu leben, 
und es sollen die Ältesten, die Priester, die Tempel- 
schreiber und die Sänger von der Kopfsteuer, der Ab- 
gabe für die Krone und jeder anderen Steuer befreit 
sein. Damit nun die Stadt desto eher wieder bevölkert 
werde, bewillige ich den Bewohnern derselben und allen, 
die sich bis zum Monat Hyperberetaios dort nieder- 
lassen, Steuerfreiheit für drei Jahre. Auch will ich 
ihnen den dritten Teil aller Abgaben erlassen, damit 
sie sich von ihrem Elend erholen können. Ferner setze 
ich hiermit alle, die aus der Stadt in die Sklaverei 
geschleppt worden öind, samt ihren Kindern in Freiheit 
und befehle, dass ihnen ihr Vermögen zurück gegeben 
werde.“ 

4. Das war der Inhalt dieses Briefes. Weiterhin liess 
er auch im ganzen Reiche folgende Vorschriften zum 
Besten des Tempels bekannt machen: „Kein Fremder 
darf das Innere des Tempels betreten, was ja auch den 
Juden nach dem Gesetze ihrer Väter nur erlaubt ist, 
wenn sie entsprechende Reinigungen vorgenommen haben. 
Niemand darf ferner Fleisch von Pferden, Maultieren, 
wilden oder zahmen Eseln, Pardeln, Füchsen, Hasen 
oder anderen Tieren, deren Genuss den Juden verboten 
ist, in die Stadt einbringen, imgleichen auch die Häute 
dieser Tiere nicht einführen noch ein derartiges Tier in 
der Stadt halten , sondern es dürfen nur die zu den 
Opfern verwendeten Tiere, durch deren Darbringung 
Gott versöhnt werden soll, in der Stadt vorhanden sein. 
Wer diese Vorschriften Übertritt, hat den Priestern drei- 

Josephu«’ Jüdische Altertümer, II. 6 



82 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


tausend Silberdrachmen zu entrichten.“ In einem 
weiteren Briefe stellte er unserer Gottesfurcht und Treue 
ein gutes Zeugnis aus, als er sich in den höher ge- 
legenen Satrapien Persiens befand und vernommen 
hatte, in Lydien und Phrygien sei ein Aufstand aus- 
gebrochen. In diesem Schreiben befahl er seinem 
Feldherrn Zeuxis, der sein vertrauter Freund war, eine 
Anzahl der Unseren aus Babylon nach Phrygien zu 
schicken. Der Wortlaut des Schreibens war folgender: 
„Der König Antiochus entbietet Zeuxis dem Vater 
seinen Gruss. Wenn es dir gut geht, soll es mich 
freuen; mir geht es gleichfalls gut. Da ich vernommen 
habe, dass in Lydien und Phrygien Unruhen aus- 
gebrochen sind, glaube ich denselben die grösste Be- 
achtung schenken zu müssen. Ich habe mich nun mit 
meinen Freunden beratschlagt, was zu thun sei, und be- 
schlossen, in den Festungen und den am meisten ge- 
fährdeten Plätzen zweitausend jüdische Familien aus 
Mesopotamien und Babylonien mit der nötigen' Aus- 
rüstung anzusiedeln. Ich glaube 'nämlich, dass die 
Juden treue Besatzungen bilden werden, einmal wegen 
ihrer Gottesfurcht, dann aber auch, weil ich weiss, dass 
meine Vorfahren ihnen wegen ihrer Zuverlässigkeit und 
Bereitwilligkeit das beste Zeugnis erteilt haben. Obwohl 
nun ihre Übersiedlung immerhin sehr mühsam sein wird, 
will ich doch mein ihnen gegebenes Versprechen halten, 
dass ihnen erlaubt sein soll, nach ihren eigenen Ge- 
setzen zu leben. Wenn du sie in die angegebenen Orte 
geführt hast, so gieb einem jeden von ihnen einen Bau- 
platz sowie einen Acker zum Anbau von Feldfrüchten 
und Wein, und erlasse ihnen für zehn Jahre die Ab- 
gaben von dem Ertrage. So lange sie noch nicht selbst 
geerntet haben , sollen sie wie meine Diener eine be- 
stimmte Menge Getreide erhalten. Desgleichen soll auch 
für alle, welche ihnen dienen, das Notwendige an- 
gewiesen werden, damit sie durch solches Wohlwollen 
veranlasst werden, noch eifriger für mich zu wirken. 
Trage auch Sorge dafür, dass das Volk von niemand 



Zwölftes Buch, 4. Kapitel. 


83 


belästigt werde.“ Das mag zum Beweise der guten Ge- 
sinnung, welche Antiochus gegen die Juden hegte, ge- 
nügen. 


Viertes Kapitel. 

Wie Antiochus mit Ptolemaeus ein Bündnis einging» 
und wie Onias den Zorn des Ptolemaeus Euergetes 
erregte. Wie Joseph mit Ptolemaeus Freundschaft 
schloss, und was er sonst noch that. Von seinem 

Sohne Hyrkanus. 

1. Darauf schloss Antiochus mit Ptolemaeus ein 
Freundschaftsbündnis, gab ihm seine Tochter Kleopatra 
zur Ehe und trat ihm Coelesyrien. Samaria, Judaea und 
Phoenicien in Form einer Mitgift ab. Da nun die 
Steuern sich unter die beiden Könige verteilten, kauften 
die Vornehmsten in jeder Stadt die Abgaben an, trieben 
die ganze Steuer ein und zahlten den Königen die 
ihnen zukommende Summe aus. In dieser Zeit be- 
lästigten die Samariter, denen es gut ging, die Juden 
sehr, indem sie deren Ackerland verwüsteten qnd die 
Bewohner wegschleppten. Das ereignete sich unter dem 
Hohepriester Onias. Als nämlich Eleazar gestorben 
war, folgte ihm in der Würde sein Oheim Manasses, 
nach dessen Tod Onias, der Sohn Simons des Gerechten, 
Hohepriester wurde. Dieser Simon war, wie schon er- 
wähnt, ein Bruder Eleazars. Onias war schmutzigen 
Charakters und habgierig, weshalb er die Abgabe von 
zwanzig Talenten, die seine Vorfahren den Königen für 
das Volk entrichtet hatten, nicht mehr zahlte. Hierdurch 
erbitterte er den König Ptolemaeus Euergetes, den Vater 
des Philopator. Dieser schickte einen Gesandten nach 
Jerusalem und liess dem Onias Vorwürfe machen, weil 
er den Tribut nicht gezahlt habe, sowie auch drohen, 
er werde, wenn das Geld nicht bezahlt würde, das Land 
verteilen und seine Soldaten dort ansiedeln. Als die 
Juden diese Drohung vernahmen, gerieten sie in 

6 * 



84 


Josephtu’ Jüdische Altertümer. 


Schrecken; Onias aber kümmerte sich in seinem Geize 
nicht darum. 

2. Nun wohnte damals zu Jerusalem ein gewisser 
Joseph, der Sohn des Tobias und einer Schwester des 
Hohepriesters Onias , der wegen seiner Besonnenheit 
Klugheit und Gerechtigkeit bei den Jerusalemern in 
hohem Ansehen stand. Als dieser von seiner Mutter 
die Ankunft des Gesandten erfuhr (er befand sich 
nämlich damals gerade in dem Weiler Phichola, aus dem 
er gebürtig war), begab er sich in die Stadt und warf 
dem Onias vor, es liege ihm nichts an der Sicherheit 
seiner Mitbürger, sondern er wolle lieber das Volk ins 
Verderben stürzen, als sich von seinem Gelde trennen, 
um de8setwillen er auch, wie man sage, die Regierung 
und die Würde des Hohepriesters erstrebt habe. Wenn 
er so geldgierig sei, dass er um des Mammons willen 
sein Vaterland in Gefahr und seine Mitbürger im Elend 
sehen könne, so wolle er ihm den Rat geben, sich an 
den König zu wenden und diesen zu bitten, dass er 
ihm das ganze Geld oder wenigstens einen Teil des- 
selben schenken möge. Onias entgegnete, er sei nicht 
im mindesten herrschbegierig und auch bereit, wenn es 
möglich wäre, die Hohepriesterwürde niederzulegen. Zum 
Könige aber werde er nicht gehen, weil er sich um 
diese Dinge nicht kümmere. Darauf bat ihn Joseph, 
er möge ihm gestatten, sich für das Volk bei Ptolemaeus 
zu verwenden. Als Onias hierzu seine Einwilligung 
gab, stieg Joseph sogleich zum Tempel hinauf, berief 
eine Volksversammlung und ermunterte die Bürger, sie 
möchten sich nicht in Verwirrung oder Furcht versetzen 
lassen , weil sein Oheim sich so wenig um sie kümmere. 
Die trüben Gedanken sollten sie fahren lassen, denn er 
werde zum Könige gehen und ihm zureden, dass er den 
Juden nicht zürne. Für diesen Trost stattete das Volk 
dem Joseph seinen Dank ab. Dieser verliess sodann 
den Tempel, nahm den Gesandten des Ptolemaeus gast- 
freundlich auf, beschenkte ihn reichlich und bewirtete 
ihn viele Tage lang glänzend. Hierauf liess er ihn 


Go gle 




Zwölftes Bach, 4. Kapitel. 


85 


zum Könige vorausreisen und sagte, er werde ihm bald 
folgen. Denn er verlangte jetzt um so mehr danach, 
zum Könige zu kommen, weil der Gesandte ihn zu der 
Reise nach Aegypten ermuntert und versprochen hatte, 
er werde ihm alles erwirken, was er von Ptolemaeus 
erbitten wolle. Josephs freigebiges und besonnenes 
Wesen hatte ihn nämlich mit grosser Freude erfüllt. 

3. Als der Gesandte nach Aegypten kam, erzählte 
er dem Könige von des Onias schmutzigem Geize sowie 
von Josephs Herzensgüte und fügte hinzu, der letztere 
wolle selbst zu ihm kommen, um für das Volk, dessen 
Sachwalter er sei, Fürbitte einzulegen. Er lobte 
dann den Jüngling so sehr, dass der König und 
seine Gemahlin Kleopatra schon im voraus für diesen 
eingenommen wurden. Joseph lieh sich unterdessen 
von seinen Freunden in Samaria Geld, verschaffte sich 
alles, was zur Reise erforderlich war, Kleider, Becher 
und Maultiere, und begab sich nach diesen Vorbe- 
reitungen , die einen Aufwand von zwanzigtausend 
Drachmen nötig gemacht hatten, auf den Weg nach 
Alexandria. Es traf sich nun , dass um jene .Zeit die 
Vornehmsten aus den Städten Syriens und Phoeniciens 
ebenfalls dorthin zogen , um die Erhebung der Steuern 
zu pachten, die der König alljährlich an die an- 
gesehensten Männer jeder Stadt ausbieten liess. Als 
diese unterwegs den Joseph trafen, verspotteten sie ihn 
wegen seiner Dürftigkeit. Joseph aber ging, als er 
nach Alexandria kam und hörte , der König befinde 
sich in Memphis, demselben dorthin entgegen. Der 
König sass gerade mit seiner Gemahlin und seinem 
Freunde Athenion, der eben jener von Joseph so gast- 
freundlich aufgenommene Gesandte war, im Wagen, als 
Athenion den Joseph erblickte und den König darauf 
aufmerksam machte, das sei der gefällige und edle 
Jüngling, von dem er ihm nach seiner Rückkehr aus 
Jerusalem erzählt habe. Da begrüsste Ptolemaeus ihn 
sogleich und lud ihn ein, in seinen Wagen zu steigen. 
Kaum sass Joseph darin, als der König über das Be- 


Go gle 



86 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


nehmen des Onias zu klagen anfing. Joseph aber ent« 
gegnete ihm : „Du musst ihm das mit Rücksicht auf sein 
Alter nachsehen. Es kann dir ja nicht unbekannt sein, 
dass die Greise genau so denken wie die Kinder. Wir 
Jüngeren dagegen werden dir in allem so entgegen» 
kommen, dass du nichts zu tadeln haben wirst.“ Über 
diese Höflichkeit und Liebenswürdigkeit hocherfreut, 
fasste der König jetzt, da er Joseph persönlich kennen 
gelernt hatte, eine noch grössere Neigung zu ihm, sodass 
er ihn im Palaste wohnen liess und täglich zur Tafel 
zog. Als nun der König wieder nach Alexandria kam, 
sahen die syrischen Vornehmen den Joseph an seiner 
Seite sitzen, was sie sehr verdross. 

4. Am Tage der Steuerverpachtung boten nun die 
Vornehmsten jeder Stadt auf die Steuern derselben. 
Achttausend Talente waren schon auf die Abgaben von 
Syrien, Phoenicien, Judaea und Samaria geboten, als 
Joseph hinzukam und den Bietern Vorwürfe darüber 
machte, dass sie so wenig für die Steuern geben wollten. 
Er selbst versprach dann das Doppelte zu geben und 
dem Könige noch dazu die Güter dexjenigen auszuliefern, 
die sich gegen sein Haus vergehen würden. Denn das 
wurde ebenfalls zugleich mit den Steuern vergeben. Der 
König vernahm dieses Gebot mit Freuden und gab dem 
Joseph , der seine Einkünfte so gewaltig vermehren 
wollte, den Zuschlag, nachdem er ihn noch gefragt hatte, 
ob er auch Bürgen stellen könne. Joseph beeilte sich, 
hierauf zu erwidern : ,*Ich will euch so gute und ehren- 
werte Bürgen stellen, dass ihr kein Misstrauen zu hegen 
braucht.“ Als der König ihn nun ersuchte, dieselben 
zu nennen, sagte er: „Dich selbst, o. König, und deine 
Gemahlin stelle ich als Bürgen* jeden für eine Hälfte.“ 
Hierüber lachte Ptolemaeus und schlug ihm die Steuern 
ohne Bürgen zu. Das war nun den anderen, die aus 
den Städten nach Aegypten gekommen waren, gar nicht 
recht, da sie sich benachteiligt glaubten, und sie kehrten 
beschämt nach Hause zurück. 

5. Joseph bat sich sodann, vom Könige Hilfe aus, 



Zwölftes Buch, 4. Kapitel. 


87 


um diejenigen, welche die Abgaben verweigern würden, 
zwingen zu können, worauf der König ihm zweitausend 
Fusssoldaten zur Verfügung stellte. Hierauf lieh Joseph 
sich von den Freunden des Königs zu Alexandria fünf- 
hundert Talente und brach nach Syrien auf. Als er 
aber nach Askalon kam und von den Bewohnern der 
Stadt die Steuern forderte, verweigerten diese nicht bloss 
die Zahlung, sondern lästerten ihn auch noch obendrein. 
Joseph liess darauf gegen zwanzig ihrer Vornehmen 
verhaften und hinrichten, ihr Vermögen aber, welches 
fast tausend Talente betrug, sandte er an den König 
und erstattete ihm zugleich Bericht über den Vorfall. 
Ptolemaeus wunderte sich über seine Ehrlichkeit, billigte 
das Geschehene und gab ihm in allem unbegrenzte Voll- 
macht. Als die Syrer das hörten, erschraken sie ge- 
waltig, und da sie an der Hinrichtung der Askalonier 
ein Beispiel dafür hatten, was den Widerspenstigen be- 
vorstand, öffneten sie die Thore, nahmen den Joseph 
bereitwillig auf und entrichteten die Steuern. Nur die 
Bewohner von Skythopolis wagten es , ihn zu schmähen 
und die Abgaben zu verweigern, die sie sonst ohne An- 
stand entrichtet hatten. Joseph aber liess auch ihre 
Vornehmen hinrichten und schickte deren Vermögen 
dem Könige ein. Als er nun so eine Menge Geld zu- 
sammengebracht hatte, verblieb ihm nach Bezahlung des 
Pachtpreises noch ein ansehnlicher Gewinn, den er zur 
Befestigung seiner Macht verwandte, da er es für klug 
und vorteilhaft hielt, mit seinem Reichtum sich sein 
Glück zu begründen. Er sandte also heimlich Geschenke 
an den König sowie an dessen Gemahlin, Freunde und 
Günstlinge, um sich ihr Wohlwollen zu erhalten. 

6. Dieses Glück genoss Joseph zweiundzwanzig Jahre 
lang. Er hatte von einer seiner beiden Gattinnen sieben 
Kinder, zu denen von seiner anderen Frau, der Tochter 
seines Bruders Solymius, noch ein Sohn mit Namen 
Hyrkanus hinzukam. Die letztere heiratete er aus 
folgender Veranlassung. Als er sich einst in Begleitung 
seines Bruders, der seine heiratsfähige Tochter bei sich 



88 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


führte, um sie in Alexandria einem vornehmen Juden zu 
vermählen, dorthin begeben hatte, wurde er zur könig- 
lichen Tafel gezogen und sah bei dieser Gelegenheit 
eine Tänzerin, die so schön war, dass er in Liebe zu 
ihr entbrannte. Davon machte er seinem Bruder Mit- 
teilung und bat ihn inständig, er möge, da es den 
Juden nicht erlaubt sei, sich mit einem fremden Weibe 
abzugeben, dieses sein sündiges Verlangen geheim halten 
und ihm behilflich sein, dasselbe zu stillen. Solymius 
versprach ihm auch, seinen Wunsch zu erfüllen, führte 
ihm aber zur Nachtzeit seine eigene Tochter im Braut- 
schmuck zu und liess sie bei ihm ruhen. Joseph merkte 
die Täuschung nicht, da er berauscht war, und umarmte 
seines Bruders Tochter. Und als er dies zu wiederholten 
Malen gethan, liebte er sie nur noch heftiger. Seinem 
Bruder aber gestand er, er werde sich aus Liebe zu der 
Tänzerin das Leben nehmen, wenn der König sie ihm 
vielleicht nicht geben wolle. Dieser beruhigte ihn und 
sprach ihm zu, er solle sich deswegen nicht grämen, 
weil er dafür sorgen werde, dass Joseph das geliebte 
Weib als Gattin heimführen könne. Alsdann gestand 
er, dass er ihn getäuscht habe, weil er lieber seine 
Tochter habe entehren, als ihn einen Verstoss gegen da» 
Gesetz begehen lassen wollen. Joseph dankte ihm für 
diesen Beweis brüderlicher Liebe und heiratete seine 
Tochter, mit der er, wie gesagt, den Hyrkanus zeugte. 
Als dieser, der sein Jüngster war, erst dreizehn Jahre 
zählte, bewies er schon eine solche Körperkraft und so 
hervorragende Geistesanlagen , dass er die Eifersucht 
seiner Brüder erregte. Joseph wollte nun wissen, wer 
von seinen Söhnen der tüchtigste sei, und sandte sie 
daher alle ausser Hyrkanus zu den geschicktesten 
Lehrern jener Zeit. Doch sie kamen alle wegen ihrer 
Trägheit und ihres Leichtsinnes unerfahren und, ohne 
etwas gelernt zu haben, nach Hause zurück. Darauf 
sandte er seinen jüngsten Sohn Hyrkanus mit dreihundert 
Joch Ochsen zwei Tagereisen weit in die Wüste, um 
Land zu bestellen, verbarg aber die Jochriemen. Als 



Zwölftes Buch, 4. Kapitel. 


89 


nun Hyrkanus an die ihm angegebene Stelle kam und 
die Riemen vermisste, rieten ihm die Ochsentreiber, er 
solle einige von .'ihnen zu seinem Vater schicken, um 
die Riemen zu holen. Er aber verwarf diesen Rat, weil 
er nicht so viel Zeit verlieren zu dürfen glaubte, als mit 
dem Warten auf die Boten versäumt würde, und ersann 
dafür etwas recht Schlaues, das eines viel älteren 
Mannes würdig gewesen wäre. Er liess nämlich zehn 
Joch Ochsen schlachten und verteilte das Fleisch an 
die Arbeiter, die Häute aber zerschnitt er zu Riemen, 
schirrte damit die Joche an, bestellte dann nach dem 
Aufträge seines Vaters das Land und begab sich heim. 
Der Vater gewann ihn nun seines Scharfsinnes wegen 
noch lieber, lobte ihn, dass er das Werk ebenso rasch 
ausgeführt als ersonnen habe, und zeichnete ihn aus, als 
sei er sein einziger leiblicher Sohn, was den Brüdern 
natürlich gar nicht recht war. 

7. Um diese Zeit erhielt Joseph die Nachricht, dem 
Ptolemaeus sei ein Sohn geboren worden, und alle 
Grossen Syriens und des zugehörigen Gebietes zögen zur 
Feier dieses Ereignisses mit grossem Aufwand nach 
Alexandria. Da er nun durch sein hohes Alter ver- 
hindert wurde, gleichfalls dorthin zu reisen, fragte er 
seine Söhne, ob einer von ihnen zum Könige sich be- 
geben wolle. Die älteren Söhne weigerten sich dessen, 
weil sie für den Verkehr am Hofe zu unbeholfen seien, 
und rieten ihm deshalb, den Hyrkanus dorthin zu senden. 
Joseph hörte das gern, rief den Hyrkanus zu sich und 
fragte ihn, ob er zum Könige gehen könne und dazu 
bereit sei. Hyrkanus versprach sogleich, reisen zu 
wollen, und erklärte, er bedürfe nicht viel Geld, da er 
sparsam leben werde, sodass zehntausend Drachmen hin- 
reichend seien. Über diese] Bescheidenheit freute sich 
Joseph sehr. Alsdann riet Hyrkanus seinem Vater, er 
solle ihm keine Geschenke für den König von Hause 
aus mitgeben, sondern eine Anweisung an seinen Ver- 
walter in Alexandria, damit dieser ihm so viel Geld 
auszahle, als er zum Ankauf der schönsten und kost- 



90 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


barsten Geschenke, welche er finden könne, nötig habe. 
Der Vater meinte, zehn Talente würden zu Geschenken 
für den König genügen, lobte den Hyrkanus wegen 
des vernünftigen Rates und schrieb an seinen Verwalter 
Arion, der sein ganzes Geld, nicht weniger als drei* 
tausend Talente, in Verwahr hatte. Joseph schickte 
nämlich seine ganzen Einkünfte aus Syrien nach 
Alexandria, und wenn der Tag kam, an welchem die 
Abgaben an den König entrichtet werden mussten, gab 
er dem Arion schriftlichen Auftrag, dies zu thun. An 
diesen Arion erbat sich also Hyrkanus von seinem 
Vater ein Schreiben, nach dessen Empfang er nach 
Alexandria abreiste. Kaum war er fort, so schrieben 
seine Brüder an alle Freunde des Königs, sie sollten 
ihn umbringen. 

8. Als nun Hyrkanus in Alexandria ankam, übergab 
er dem Arion den Brief. Dieser fragte ihn, wie viele 
Talente er haben wolle, und dachte, er werde deren 
zehn oder etwas mehr verlangen. Als er aber tausend 
begehrte, brauste Arion auf und warf ihm vor, er wolle 
wohl wie ein Verschwender leben. Er erinnerte ihn 
daran, unter welchen Mühen und Entbehrungen sein 
Vater dieses Vermögen zusammengebracht habe, und 
bat ihn, sich den Vater zum Muster zu nehmen. Er 
werde ihm nicht mehr als zehn Talente geben und 
auch die nur zu Geschenken für den König; Darüber 
geriet der Jüngling in Aufregung und liess Arion ins 
Gefängnis werfen. 1 Arions Gattin zeigte dies sogleich 
der Kleopatra an, bei der ihr Mann in hohem Ansehen 
stand, und bat sie, den Jüngling bestrafen zu lassem 
Kleopatra meldete den Vorfall dem Könige, der dem 
Hyrkanus durch Boten sagen liess, er wundere sich, 
dass er als Abgesandter seines Vaters bei ihm noch 
nicht erschienen sei und dazu auch noch den Verwalter 
habe einkerkern lassen. Er solle ihm unverzüglich den 

1 Arion war leibeigener Sklave, und darum ein solches Verfahren 
selbst im Auslande gegen ihn zulässig. 




Zwölftes Buch, 4. Kapitel. 


91 


Grund angeben, weshalb er das gethan habe. Darauf 
soll der Jüngling dem Boten erwidert haben, der König 
sei ja selbst im Besitze des jüdischen Gesetzes, welches 
jedem jungen Manne verbiete, vom Opfer zu kosten, 
bevor er den Tempel betreten und Gott geopfert habe. 
Aus diesem Grunde sei er auch noch nicht zum Könige 
gekommen, sondern habe warten wollen, bis er dem 
Wohlthäter seines Vates Geschenke mitbringen könne. 
Was aber den Sklaven betreffe, so sei er gegen ihn 
eingeschritten, weil er seinem Befehl nicht gehorcht 
habe. Es komme nämlich gar nicht darauf an, ob der 
Gebieter gross oder klein sei. Wenn solche Frevler 
nicht bestraft würden, so brauche sich der König auch 
nicht zu wundern, wenn er von. seinen Unterthanen 
verhöhnt werde. Als Ptolemaeus dies hörte, brach er in 
helles Gelächter aus und konnte dem Mute des jungen 
Mannes seine Anerkennung nicht versagen. 

9. Als Arion vernahm, dass der König so gesinnt 
sei und er von niemand Hilfe zu erwarten habe, gab 
er dem Jüngling die tausend Talente, um aus seinen 
Fesseln erlöst zu werden, und drei Tage darauf machte 
Hyrkanus dem Königspaare seine Aufwartung. Er 
wurde von diesem freundlich empfangen und aus Rück- 
sicht auf seinen Vater glänzend bewirtet. Alsdann be- 
gab er sich heimlich zu den Sklavenhändlern und kaufte 
von ihnen hundert wohlgestaltete und gebildete Sklaven, 
jeden für ein Talent, und ebensoviele Sklavinnen um 
denselben Preis. Als er aber mit den Vornehmsten des 
Landes zur königlichen Tafel gezogen wurde, erhielt er 
den niedrigsten Platz, da er wegen seiner Jugend von 
den Platzordnern verächtlich angesehen wurde. Alle 
seine Mitgäste häuften nun die Knochen, von denen sie 
das Fleisch gegessen hatten, vor Hyrkanus auf, sodass 
sein Tisch ganz damit bedeckt wurde. Dann trugen sie 
dem Hofnarren Tryphon, der bei den Gelagen für Witz 
und Gelächter zu sorgen hatte, auf, zum Könige zu 
gehen. Dieser that also und sprach : „Siehst du, o Herr, 
die vielen Knochen, die vor Hyrkanus liegen? So wie 




92 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


er die Knochen vom Fleische entblösst hat, also hat sein 
Vater ganz Syrien geschunden!“ Über diese Worte 
Tryphons lachte der König herzlich und fragte den 
Hyrkanus, weshalb so viele Knochen vor ihm lägen. 
„Das ist gar nicht wunderbar, Herr“, entgegnete der 
Jüngling, „denn die Knochen mit dem Fleische zu ver- 
schlingen, wie diese hier (dabei blickte er seine Mitgäste 
an), die nichts von Knochen vor sich liegen haben, ist 
Hundeart; die Menschen dagegen pflegen das Fleisch 
zu essen und die Knochen wegzuwerfen, und das habe 
auch ich gethan, da ich mich zu den Menschen rechne.“ 
Über diese witzige Antwort erstaunte der König und 
hiess alle ihm dafür Beifall klatschen. Am folgenden 
Tage nun ging Hyrkanus zu allen Freunden des Königs 
und den Mächtigen bei Hofe, begrüsste sie und er- 
kundigte sich gleichzeitig bei den Dienern, welche Ge- 
schenke ihre Herren dem Könige aus Anlass der Geburt 
seines Sohnes machen würden. Wenn er nun hörte, 
einige würden zwölf Talente geben, andere, höher Ge- 
stellte, ihrem Range entsprechend mehr, drückte er sein 
Bedauern aus, dass er sich so hoch nicht versteigen 
könne, da es ihm nicht möglich sei, mehr als fünf Ta- 
lente zu geben. Die Diener berichteten das sogleich 
ihren Herren, die sich schon darüber freuten, dass Joseph 
seines ärmlichen Geschenkes wegen beim Könige Anstoss 
erregen und in Ungnade fallen würde. Als nun der 
Tag kam, brachten die Reichsten höchstens zwanzig 
Talente; Hyrkanus aber gab den hundert von ihm ge- 
kauften Sklaven sowie den hundert Sklavinnen ebenso 
viele Talente in die Hände und führte die Sklaven dem 
König, die Sklavinnen aber der Königin zu. Und 
während alle , auch der König und die Königin , sich 
über das unerwartet reiche Geschenk verwunderten, gab 
er den Freunden und Dienern des Königs ebenfalls Ge- 
schenke im Wert von vielen Talenten, um sich vor ihren 
Nachstellungen zu sichern. Denn es war ihm bekannt 
geworden, dass seine Brüder den Auftrag erteilt hatten, 
ihn zu töten. Ptolemaeus hiess darauf in seinem 



Zwölftes Buch, 4. Kapitel. 


93 


Staunen über des Jünglings Freigebigkeit diesen sich 
ein beliebiges Geschenk wählen. Hyrkanus aber bat 
ihn nur darum, er möge seinem Vater und seinen 
Brüdern über ihn schreiben. Der König erwies ihm so- 
dann die höchsten Ehrenbezeugungen, beschenkte ihn 
reichlich und entliess ihn mit Briefen an seinen Vater, 
seine Brüder und an alle königlichen Statthalter und 
Beamten. Als nun die Brüder vernahmen, wie freund- 
lich Hyrkanus vom Könige aufgenommen worden sei 
und dass er so ehrenvoll heimkehre, zogen sie ihm ent- 
gegen, um ihn zu töten, und zwar mit Wissen ihres 
Vaters. Denn dieser grollte ihm wegen des ungeheuren 
Geldaufwandes zu den Geschenken, und es lag ihm des- 
halb nichts an seiner Rettung ; doch durfte er mit Rück- 
sicht auf den König seinen Unmut nicht merken lassen. 
Als aber Hyrkanus mit seinen Brüdern zusammenstiess, 
brachte er ausser vielen anderen ihrer Begleiter auch 
zwei von ihnen selbst um; die übrigen entflohen nach 
Jerusalem zu ihrem Vater. Hyrkanus zog darauf auch 
selbst nach der Stadt; als aber niemand ihn aufnehmen 
wollte, geriet er doch in Angst, zog sich über den 
Jordan zurück und blieb daselbst,' indem er die dort 
ansässigen Barbaren sich tributpflichtig machte. 

10. Damals herrschte in Asien Seleukus mit dem 
Beinamen Philopator, ein Sohn Antiochus’ des Grossen. 
Um dieselbe Zeit starb des Hyrkanus Vater Joseph, 
der durch seine Tüchtigkeit und seine glänzenden 
Geistesgaben das Volk der Juden aus Armut und Un- 
ansehnlichkeit zu glücklicheren Verhältnissen erhoben 
und zweiundzwanzig Jahre lang die Einziehung der Steuern 
in Syrien, Phoenicicn und Samaria besorgt hatte. Auch 
sein Oheim Onias schied bald danach aus dem Leben und 
hinterliess das Hohepriesteramt seinem Sohne Simon. 
Nach dessen Tod wurde Hohepriester sein Sohn Onias, 
an den Areios, der König der Lakedaemonier, Gesandte 
mit einem Schreiben folgenden Inhalts schickte: „Areios, 
König der Lakedaemonier, entbietet dem Onias seinen 
Gruss. Wir sind auf eine Schrift gestossen, in der ge- 



94 


Joaephus’ Jüdische Altertümer. 


schrieben steht, dass die Juden mit den Lakedaemoniern 
eines Stammes seien und sich vom Hause Abrams her- 
leiteten. Da ihr nun unsere Brüder seid, ist es billig, 
dass ihr uns eure Wünsche kundthut. Wir werden das- 
selbe thun, wollen euer Besitztum als das unsere be- 
trachten und ebenso alles, was uns gehört, mit euch ge- 
meinsam haben. Dieses Schreiben überbringt unser 
Brief bote Demoteles. Es ist viereckig, und das Siegel 
zeigt einen Adler, der einen Drachen hält.“ 

11. Diesen Inhalt hatte der Brief des Lakedaemonier- 
königs. Als nun Joseph gestorben war, entstand durch 
seine Söhne Uneinigkeit unter dem Volke. Denn die 
älteren von ihnen zogen gegen Hyrkanus, welcher der 
jüngste war, zu Felde, und so teilte sich das Volk. Der 
grössere Teil hielt zu den älteren Söhnen, was auch der 
Hohepriester Simon aus verwandtschaftlichen Rück- 
sichten that. Hyrkanus wagte daher nicht mehr, nach 
Jerusalem zurückzukehren, sondern setzte sich jenseits 
des Jordan fest und lag beständig mit den Arabern im 
Kriege, von denen er viele niedermachte oder gefangen 
nahm. Er erbaute sich eine feste Burg, die er bis zum 
Dache aus weissem Marmor aufführte und rings mit 
Tiergestalten von ungeheurer Grösse versah. Um die- 
selbe zog er einen breiten und tiefen Graben. An dem 
gegenüberliegenden Gebirge liess er die vorspringenden 
Felsgräten durchbohren und stadienlange Höhlen da- 
selbst anlegen. Letztere dienten teils zur Abhaltung 
von Schmausereien, teils zu Wohn- und Schlafstätten. 
In sie hinein leitete er kräftige Quellen, die der Anlage 
zum Schmucke und zur Bewässerung dienten. Die Ein- 
gänge zu den Höhlen liess er nicht grösser machen, als 
dass ein Mann eben eintreten konnte, und zwar mit 
Rücksicht auf seine Sicherheit. Sollte er nämlich von 
seinen Brüdern einmal belagert werden, so dachte er 
ihnen auf diese Weise zu entschlüpfen. Dazu legte er 
auch noch Höfe von grosser Ausdehnung an und 
schmückte sie mit weiten Garten anlagen. Die ganze 
Ansiedlung nannte er Tyrus. Sie liegt zwischen Arabien 




Zwölftes Buch, 5. Kapitel. 


95 


und Judaea, jenseits des Jordan und nicht weit von 
Essebonitis. Hier herrschte Hyrkanus sieben Jahre lang, 
die ganze Zeit hindurch, während welcher Seleukus in 
Syrien regierte. Als dieser gestorben war, bestig sein 
Bruder Antiochus mit dem Beinamen Epiphanes den 
Thron. Inzwischen starb auch Ptolemaeus, der König 
von Aegypten, der ebenfalls Epiphanes hiess und zwei 
noch jugendliche Söhne hinterliess, von denen der ältere 
Philometor, der jüngere Physkon genannt wurde. Da 
nun Hyrkanus die grosse Macht des Antiochus erkannte 
und befürchten musste, wegen seiner Kriegszüge gegen 
die Araber von ihm gefangen und hingerichtet zu 
werden , tötete er sich selbst. Seine sämtlichen Be- 
sitzungen aber zog Antiochus ein. 


Fünftes Kapitel. 

Uneinigkeit unter den Juden. Des Antiochus Zug gegen 
Jerusalem. Die Samariter weihen ihren Tempel auf dem 
Garizin dem griechischen Zeus. 

1. Da um diese Zeit auch der Hohepriester Onias 
starb, übertrug der König die Hohepriesterwürde an 
dessen Bruder Jesus. Denn der Sohn, welchen Onias 
hinterlassen hatte, war noch ein Kind. Das Nähere 
über diesen Knaben will ich später berichten. Übrigens 
nahm der König im Zorn bald darauf dem Jesus, 
Bruder des Onias, die Holiepriesterwürde wieder ab und 
verlieh sie dessen jüngstem Bruder, der gleichfalls Onias 
hiess. Simon hatte nämlich drei Söhne, die alle Hohe- 
priester wurden ; davon nahm Jesus den Namen Jason 
und Onias den Namen Menelaus an. Als nun zwischen 
dem früheren Hohepriester Jesus und dem später zu der 
Würde gelangten Menelaus Streitigkeiten entstanden, 
und das Volk sich in zwei Parteien spaltete, standen 
nur des Tobias Söhne auf seiten des Menelaus, während 
der grössere Teil des Volkes sich dem Jason anschloss, 
von dem Menelaus und die Söhne des Tobias so 



Josephus’ Jüdische Altertümer. 


bedrängt wurden, dass sie zu Antiochus flohen und ihm 
erklärten, sie wollten sich von ihren heimischen Sitten 
und Gebräuchen lossagen und nach griechischer Weise 
und der Verfassung ties Königs leben. Deshalb baten sie 
ihn, er möge ihnen gestatten, in Jerusalem eine Tum- 
schule zu erbauen. Als der König ihnen diese Erlaub- 
nis gegeben, verhüllten sie die Beschneidung ihrer 
Schamteile, sodass sie sich auch bei entblösstem Körper 
von den Griechen nicht unterschieden, gaben ihre 
heimischen Gebräuche auf und nahmen heidnisches 
Wesen an. 

2. Antiochus, dem übrigens alles nach Wunsch ge- 
lang, beschloss inzwischen, einen Feldzug gegen Aegypten 
zu unternehmen , um dasselbe zu erobern. Die Söhne 
des Ptolemaeus achtete er, da sie noch jung und zum 
Widerstand nicht fähig waren, gering. Er zog also mit 
grosser Kriegsmacht nach Pelusium, täuschte den Ptole- 
maeus Philometor und bemächtigte sich Aegyptens. Und 
als er in die Gegend von Memphis gekommen war und 
dieses eingenommen hatte, wandte er sich gegen 
Alexandria, um diese Stadt und den daselbst residierenden 
Ptolemaeus in seine Gewalt zu bringen. Doch musste 
er bald nicht nur von Alexandria, sondern auch aus 
ganz Aegypten abziehen, weil die Römer dies von ihm 
verlangten, wie ich schon früher anderswo berichtet 
habe. Ich will jetzt eingehend beschreiben, wie dieser 
König Judaea eroberte und sich des Tempels be- 
mächtigte. Denn da ich in meinem früheren Werke 1 2 
diese Begebenheiten nur kurz berührt habe, halte ich es 
für notwendig, dieselben hier ausführlicher und genauer 
zu erzählen. 

3. Als der König Antiochus aus Furcht vor den 
Römern aus Aegypten abzog, wandte er sich gegen 
Jerusalem und rückte vor die Stadt im hundertdreiund - 
vierzigsten Jahre der seleukidischen Königsherrschaft. 3 

1 Jüd. Krieg I, l. 

2 Die im JAhre 312 vor Christi Geburt ihren Anfang nahm. 


Zwölftes Buch, 5. Kapitel. 


97 


Er nahm die Stadt ohne Kampf ein, da seine Anhänger 
ihm die Thore öffneten. Sobald er Jerusalem in seiner 
Gewalt hatte, liess er viele Angehörige der gegnerischen 
Partei töten, raubte eine Menge Geld und kehrte dann 
nach Antiochia zurück. 

4. Zwei Jahre später jedoch, im hundertfünfundvier- 
zigsten Jahre der Seleukiden , am fünfundzwanzigsten 
Tage des Monats, der bei uns Chaslev, bei den Mace- 
doniern aber Apellaios heisst, in der hundertdreiundfünf- 
zigsten Olympiade, 1 kehrte der König mit grosser Heeres- 
macht nach Jerusalem zurück und nahm, indem er eine 
friedliche Gesinnung heuchelte, die Stadt mit List ein. 
Diesmal schonte er aber nicht einmal diejenigen, die 
ihn in die Stadt eingelasssen hatten, denn es war ihm 
in seiner Habgier nur um die Schätze des Heiligtums 
zu thun. Hatte er doch eine grosse Menge Gold und 
die prachtvollen Weihgeschenke im Tempel gesehen. 
Um das alles rauben zu können, verletzte er selbst den 
Vertrag, den er mit seinen Anhängern geschlossen hatte. 
Er plünderte also den Tempel völlig, sodass er die 
heiligen Gefässe, die goldenen Leuchter, den goldenen 
Altar, den Tisch und die Weihrauchfässer fortschleppte 
und nicht einmal die aus Byssus und Scharlach ver- 
fertigten Vorhänge zurückliess. Desgleichen leerte er 
die verborgene Schatzkammer und liess überhaupt nichts 
Wertvolles an Ort und Stelle, sodass er die Juden in 
den tiefsten Gram versetzte. Ja, er verbot ihnen sogar 
die Darbringung der täglichen Opfer, plünderte die ganze 
Stadt, tötete einen Teil der Bürger und schleppte den 
anderen samt Weib und Kind in die Gefangenschaft, 
im ganzen gegen zehntausend Menschen. Die schönsten 
Stadtteile liess er in Brand stecken und die Mauern 
schleifen, und in der Unterstadt errichtete er eine Burg, 
welche sehr hoch war uod den Tempel beherrschte. 
Diese Burg befestigte er mit hohen Mauern und legte 


1 Die Rechnung nach Olympiaden (Zeiträumen von 4 Jahren) 
begann im Jahre 776 vor Christi Geburt. 

Josephus' Jüdische Alterttimer, II. 


7 



98 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


eine macedonische Besatzung hinein; auch hielten sich 
in ihr die Gottlosen und Verruchten aus dem Volke 
auf, die ihren Mitbürgern viel Leids anthaten. An der 
Stelle des Altars liess der König einen anderen errichten, 
schlachtete Schweine auf demselben und brachte so 
Opfer dar, die weder gesetzmässig noch beim Gottes- 
dienste erlaubt waren. Dann zwang er die Juden, die 
Verehrung ihres Gottes aufzugeben, seine eigenen Götter 
anzubeten, ihnen in jeder Stadt und in jedem Dorfe 
Altäre zu erbauen und täglich Schweine zu opfern. 
Weiterhin verbot er ihnen, ihre Söhne zu beschneiden, 
und bedrohte die Zuwiderhandelnden mit Strafe. Um 
aber das Volk zur Befolgung seiner Befehle zu zwingen, 
stellte er besondere Beamten an. Leider kamen denn 
auch teils freiwillig, teils aus Furcht vor der angedrohten 
Strafe viele Juden den Geboten des Königs nach. Die 
Vornehmsten und Edelmütigsten jedoch kümmerten sich 
nicht um ihn und hielten ihre väterlichen Gesetze höher 
als die Strafen, welche den Widerspenstigen angedroht 
waren. Deshalb wurde tagtäglich eine Anzahl von ihnen 
unter grausamen Martern hingerichtet: man geisselte 
und verstümmelte sie und schlug sie dann noch lebend 
ans Kreuz. Die Weiber aber und die beschnittenen 
Knaben wurden auf Geheiss des Königs erwürgt, und 
die letzteren am Halse ihrer gekreuzigten Eltern auf- 
gehängt. Fand sich ein heiliges Buch oder eine Ge- 
setzesrolle, so wurden sie verbrannt, und diejenigen, bei 
denen sie gefunden worden waren, wie Übelthäter hin- 
gerichtet. 

5. Als die Samariter diese schrecklichen Leiden der 
Juden sahen, leugneten sie wieder einmal jede Ver- 
wandtschaft mit ihnen und erklärten, der Tempel auf 
dem Berge Garizin sei kein Heiligtum des höchsten 
Gottes. Vielmehr gaben sie sich, getreu ihrem früher 
schon geschilderten Charakter, für Abkömmlinge der 
Meder und der Perser aus, was sie ja auch wirklich 
sind. Sie schickten daher Gesandte an Antiochus mit 
einem Schreiben folgenden Inhalts: „Die Sidonier von 



Zwölftes Buch, 5. Kapitel. 


99 


Sikim an den erhabenen Gott und König Antiochus 
Epiphanes. Unsere Vorfahren haben infolge häufiger 
Heimsuchung ihres Landes durch Seuchen mit Rücksicht 
auf einen alten Aberglauben die Sitte eingeführt, den 
Tag zu feiern, welchen die Juden Sabbat nennen, und 
haben in dem Tempel, den sie, ohne ihn einem be- 
stimmten Gotte zu weihen, auf dem Berge Garizin er- 
bauten, feierliche Opfer dargebracht. Weil es dir nun 
gefallen hat, die Juden für ihre Nichtswürdigkeit nach 
Verdienst zu züchtigen, belegen uns die königlichen 
Beamten mit denselben Strafen, da sie glauben, wir 
seien mit ihnen verwandt und ebenso verrucht. Wir 
sind jedoch unserer Abstammung nach Sidonier, was aus 
unseren Archiven hervorgeht. Wir bitten dich deshalb, 
du wollest als unser Wohlthäter und Erretter deinem 
Statthalter Apollonius und deinem Geschäftsträger 
Nikanor befehlen , uns nicht derselben Verbrechen wie 
die Juden zu zeihen, von denen wir uns in unserer 
Lebensweise und unserer Abstammung nach so sehr 
unterscheiden, und uns in Frieden zu lassen. Zugleich 
bitten wir darum, unseren Tempel, der noch auf den 
Namen keines Gottes geweiht ist, dem hellenischen Zeus 
zu Ehren benennen zu dürfen. Dadurch werden wir 
von ferneren Belästigungen verschont bleiben, können 
unsere Arbeiten ohne Furcht erledigen und werden dann 
imstande sein, dir einen grösseren Tribut zu entrichten.“ 
Auf diese Bitten der Samariter schickte der König 
folgendes Antwortschreiben : „Der König Antiochus an 
Nikanor. Die zu Sikim wohnenden Sidonier haben uns 
die beigefügte Bittschrift überreicht. Da nun in dem 
Rate, den wir mit unseren Ratgebern abgehalten, die 
von den Sidoniern geschickten Gesandten bewiesen 
haben, dass die den Juden zur Last gelegten Vergehen 
von ihnen nicht begangen worden, sondern dass sie nach 
griechischem Muster leben wollen , so befreien wir sie 
von aller Schuld und befehlen, dass ihr Tempel ihrer 
Bitte gemäss den Namen des hellenischen Zeus tragen 
soll.“ Dasselbe liess er unter dem achtzehnten des 



100 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Monats Hekatombaion des hundertsechsundvierzigsten 
Jahres auch dem Statthalter Apollonius schreiben. 


Sechstes Kapitel. 

Wie Mattathias der Asamonäer allein den Geboten des 

Antiochus trotzte und dessen Heerführer überwand. 

Vom Tode des Mattathias, und von seinem Nachfolger 

Judas. 

1. Um diese Zeit wohnte in Modiim, einem Dorfe 
Judaeas, ein Mann mit Namen Mattathias, ein Sohn des 
Joannes, des Sohnes Simeons, des Sohnes des Asamo- 
naeus. Er war Priester nach der Ordnung des Joarib, 
stammte aus Jerusalem und hatte fünf Söhne, Joannes 
mit dem Beinamen Gaddes, Simon mit dem Beinamen 
Matthes, Judas mit dem Beinamen Makkabaeus, Eleazar 
mit dem Beinamen Auran, und Jonathas mit dem Bei- 
namen Apphus. Dieser Mattathias bejammerte vor seinen 
Söhnen das Elend des Volkes, die Plünderung der Stadt, 
die Beraubung des Tempels und die Änderung der Ver- 
fassung und erklärte ihnen, es sei besser, für die Gesetze 
der Väter den Tod zu erleiden, als ein so schmähliches 
Leben zu führen. 

2. Als nun die Beamten, die vom Könige angestellt 
waren, um die Juden zur Befolgung seiner Befehle zu 
zwingen, auch nach Modiim kamen und die Bewohner 
des Dorfes zur Darbringung der vom Könige an- 
geordneten Opfer anhalten wollten, verlangten sie von 
Mattathias, der seiner Gelehrsamkeit wegen in hohem 
Ansehen stand, er solle mit den Opfern beginnen; seine 
Mitbürger würden sich dann nach ihm richten und er 
dem Könige besonders wohlgefällig werden. Mattathias 
aber weigerte sich dessen und erklärte, wenn auch andere 
Familien, sei es aus Furcht, sei es aus Kriecherei den 
Befehlen des Antiochus folgten, so werde doch er mit 
seinen Söhnen nie dahin zu bringen sein, dass sie dem 



Zwölftes Buch, 6. Kapitel. 


101 


Gotte ihrer Väter untreu würden. Kaum hatte er dies 
gesprochen, da trat ein Jude hervor und brachte das 
Opfer nach des Königs Vorschrift dar. Als Mattathias 
das sah, griff er mit seinen Söhnen zum Schwerte, tötete 
den Juden am Altar, machte den königlichen Beamten 
Apelles, der ihn dazu gezwungen, nebst einigen Soldaten 
nieder, stürzte den Altar um und rief aus: „Jeder, der 
noch für die Gebräuche unserer Väter und die Ver- 
ehrung Gottes eifert, folge mir nach!“ Darauf zog er 
mit seinen Söhnen unter Zurücklassung seiner ganzen 
Habe in die Wüste, wohin gleich ihm noch viele andere 
flohen und in Höhlen sich ansiedelten. Als dies die 
Heerführer des Königs vernahmen, riefen sie die ganze 
Besatzung der Burg zu Jerusalem unter die Waffen und 
setzten den Juden in die Wüste nach. Nachdem sie 
dieselben eingeholt hatten, versuchten sie zunächst, ihnen 
zuzureden, sie sollten zur Einsicht kommen, auf ihren 
Vorteil bedacht sein und die Gegner nicht in die Not- 
wendigkeit versetzen, nach Kriegsrecht mit ihnen zu 
verfahren. Die Juden aber achteten nicht auf ihre 
Vorstellungen, sondern beharrten bei ihrer Meinung. 
Hierüber erbittert, griffen die Soldaten sie an einem 
Sabbat an und verbrannten sie in ihren Höhlen , ohne 
dass sie Widerstand geleistet oder auch nur die Ein- 
gänge versperrt hätten. Sie enthielten sich nämlich 
wegen des Feiertages jeder körperlichen Thätigkeit und 
wollten den Sabbat selbst in ihrer gefahrvollen Lage 
nicht entheiligen, da uns an diesem Tage die strengste 
Ruhe geboten ist. So wurden sie also samt Weib und 
Kind in den Höhlen erstickt, im ganzen gegen tausend 
Menschen. Doch gelang es auch vielen, zu entkommen ; 
diese schlossen sich an Mattathias an und erwählten ihn 
zu ihrem Anführer. Mattathias belehrte sie nun zu- 
nächst, dass sie auch am Sabbat kämpfen müssten. 
Denn wenn sie auch in diesem Punkte so streng am 
Gesetz festhalten wollten, würden sie sich selbst den 
grössten Schaden zufügen, weil die Feinde sie nun stets 
an dem Tage angreifen würden, an dem sie sich nicht 



102 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


wehren könnten , und dann müssten sie alle samt und 
sonders ohne Verteidigung ihr Leben lassen. Das 
leuchtete ihnen ein, und so kommt es, dass noch bis 
heute bei uns die Sitte besteht, auch am Sabbat zu 
kämpfen, falls dies erforderlich ist. Mattathias sammelte 
nun allmählich eine grosse Schar um sich, zerstörte die 
Altäre und Hess die Abtrünnigen, deren er habhaft 
werden konnte, umbringen. Viele nämlich hatten sich 
aus Furcht zu den umwohnenden Völkerschaften ge- 
flüchtet. Alle noch nicht beschnittenen Knaben liess er 
sodann beschneiden und die Beamten des Königs ver- 
jagen. 

3. Er hatte nur erst ein Jahr lang den Oberbefehl 
innegehabt, als er in eine Krankheit fiel. Da ver- 
sammelte er seine Söhne um sich und sprach zu ihnen: 
„Ich muss nun, liebe Kinder, den Weg gehen, den wir 
alle betreten müssen. Ich lasse euch deshalb meinen 
Geist zurück und beschwöre euch, demselben nicht un- 
treu zu werden, sondern den Willen eures Erzeugers 
und Ernährers im Andenken zu behalten, dem Gesetze 
eurer Väter treu zu bleiben und unsere bedrohte Ver- 
fassung zu retten. Lasst euch nicht von denen ver- 
leiten, die, sei es freiwillig, sei es gezwungen, dieselbe 
preisgegeben haben, sondern bleibt meiner wert und 
trotzt aller Gewalt und allem Zwange, indem ihr euch 
bereit zeigt, selbst den Tod zu erleiden, wenn dies nicht 
zu vermeiden ist. Bedenkt, dass Gott, wenn ihr in dieser 
Gesinnung verharrt, euch nicht verlassen, sondern euch 
eure verlorene Selbständigkeit und Freiheit wieder ver- 
leihen wird, damit ihr in Sicherheit nach euren eigenen 
Gebräuchen leben könnt. Sind auch eure Leiber sterb- 
lich und hinfällig, so wird doch das Andenken an eure 
Thaten euch Unsterblichkeit verschaffen. Im Hinblick 
darauf begeistert euch zu ruhmvollen Unternehmungen, 
scheut selbst vor dem Schwierigsten nicht zurück und 
gebt, wenn es notwendig ist, gern euer Leben dahin. 
Ganz besonders aber ermahne ich euch zur Eintracht: 
übe ein jeder von euch seine Tugenden, ohne die 




Zwölftes Buch, 7. Kapitel. 


103 


Vorzüge des anderen zu verkennen! Euren Bruder 
Simon, der ein verständiger Mann ist, betrachtet als 
euren Vater und folgt seinem Rate. Den Makkabaeus 
aber wählt um seiner Tapferkeit und Stärke willen zu 
eurem Heerführer im Kriege. Denn er ist der Mann, 
der. die Schmach seines Volkes rächen und die Feinde 
züchtigen wird. Zum Schlüsse noch eins: Zieht alle ge- 
rechten und frommen Männer an euch heran ; denn da- 
durch werdet ihr eure Macht verstärken.“ 

4. Darauf flehte Mattathias zu Gott, dass er seinen 
Söhnen beistehen und dem Volke seine Selbständigkeit 
wieder verleihen möge. Nicht lange danach verschied 
er und ward zu Modiim begraben. Das ganze Volk 
trauerte schmerzlich um ihn, und es folgte ihm im Ober- 
befehl sein Sohn Judas mit dem Beinamen der Makka- 
bäer, im einhundertsechsundvierzigsten Jahre der Seleu- 
kidenherrschaft. Da dieser von seinen Brüdern und 
allen anderen bereitwillig unterstützt wurde, vertrieb er 
den Feind aus dem Lande, liess diejenigen von seinen 
Landsleuten, welche die heimischen Gesetze übertreten 
hatten, hinrichten und reinigte das Land von jeglicher 
Befleckung. 


Siebentes Kapitel. 

Wie Judas die Truppen des Apollonius und des Seron 
schlug, und wie die beiden Feldherfen fielen. Wie er 
kurz darauf Lysias und Gorgias überwand, nach Jeru- 
salem zog und den Tempel reinigte. 

1. Als Apollonius, der Befehlshaber von Samaria, die 
Kunde von diesen Vorgängen erhielt, bot er sein Heer 
auf und zog gegen Judas zu Felde. Dieser marschierte 
ihm entgegen und besiegte ihn in einem Treffen, machte 
eine Menge Feinde, darunter auch den Apollonius selbst 
nieder (sein Schwert nahm er an sich und trug ee von 
da an beständig) , verwundete viele von ihnen und zog 
sich mit reicher Beute zurück. Als nun Seron, der Be- 



104 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


fehlshaber von Coelesyrien, vernahm, dass des Judas 
Anhang so gewachsen sei und er schon eine bedeutende 
Truppenmacht zusammengebracht habe, beschloss auch 
er, sogleich gegen ihn ins Feld zu ziehen, weil er es für 
geboten hielt, mit aller Kraft gegen die einzuschreiten, 
die des Königs Gebote übertraten. Er bot also die ganze 
Truppenmacht auf, die ihm zur Verfügung stand, zog 
auch die jüdischen Überläufer an sich heran, rückte gegen 
Judas aus und schlug bei Bethoron, einem Dorfe Judaeas, 
sein Lager auf. Judas zog ihm entgegen, und da er im Be- 
griffe war, ihn anzugreifen, und die Seinigen wegen ihrer 
Minderzahl und infolge von Erschöpfung (sie waren noch 
nüchtern) wenig Lust zum Kampfe zeigten, ermutigte er 
sie mit dem Hinweise darauf, dass es bei dem Siege 
nicht auf die Zahl, sondern auf das Vertrauen zu Gott 
ankomme. Das leuchtendste Beispiel hierfür seien ihre 
Vorfahren, die, weil sie für Recht, Gesetz und Herd ge- 
kämpft, oft viele Tausende ihrer Feinde niedergeworfen 
hätten. Denn wer für die Ungerechtigkeit streite, könne 
keine Macht entfalten. Nach dieser Ermunterung riet 
er ihnen, ungeachtet der vielen Feinde insgesamt auf 
Seron einzudringen. Und so gelang es ihm, die Syrer 
in die Flucht zu schlagen. Denn sobald ihr Anführer 
gefallen war, sahen sie in der Flucht ihr einziges Heil. 
Judas verfolgte sie bis in die Ebene und tötete noch 
gegen achthundert von ihnen, während der Rest an die 
Meeresküste entkam. 

2. Diese Niederlagen versetzten den König Antiochus 
in den heftigsten Zorn. Er zog sogleich alle seine 
Truppen zusammen, warb noch eine Menge Söldner von 
den Inseln 1 an und rüstete sich, mit Frühlingsanfang in 
Judaea einzufallen. Als er aber den Söldnern den Lohn aus- 
zahlen wollte, fand er, dass seine Mittel nicht langten. Denn 
abgesehen davon, dass bei den fortwährenden Unruhen 
die Abgaben nicht vollständig eingingen, war der König 
auch bis zur Verschwendung freigebig und verstand mit 


1 Gemeint sind die Ionischen Inseln. 



Zwölftes Buch, 7. Kapitel. 


105 


seinen Mitteln nicht zu rechnen. Er beschloss deshalb, 
zunächst nach Persien zu ziehen, um dort die Steuern 
einzutreiben. Einem gewissen Lysias aber, der bei ihm 
in hohem Ansehen stand, überliess er die Verwaltung 
des Landes vom Euphrat bis zu den Grenzen Aegyptens 
und des unteren Asien, sowie einen Teil des Heeres und 
der Elefanten und befahl ihm, seinen Sohn Antiochus 
bis zu seiner Rückkehr sorgfältig zu erziehen. Dann 
werde er Judaea verwüsten , seine Bewohner in die 
Sklaverei schleppen, Jerusalem zerstören und das Volk 
der Hebräer ausrotten. Nachdem er dem Lysias diese 
Aufträge erteilt hatte, zog Antiochus im einhundertsieben- 
undvierzigsten Jahre nach Persien, überschritt den Euphrat 
und rückte gegen die höher gelegenen Provinzen vor. 

3. Lysias ernannte nun Ptolemaeus, den Sohn des 
Dorymenes, ferner Nikanor und Gorgias, die mächtigsten 
von des Königs Freunden, zu Feldherren und schickte 
sie mit vierzigtausend Mann Fussvolk und siebentausend 
Reitern nach Judaea. Sie rückten bis Emmaus vor und 
schlugen in der dortigen Ebene ihr Lager auf. Hier 
stiessen noch Hilfstruppen aus Syrien und den an- 
grenzenden Ländern, sowie eine Menge jüdischer Über- 
läufer zu ihnen. Auch fanden sich, um die Gefangenen 
zu kaufen, Händler bei ihnen ein, welche die Fesseln 
sowie den Kaufpreis in Gold und Silber gleich mit- 
brachten. Als nun Judas das Lager und die Menge der 
Feinde erblickte, ermunterte er seine Leute zur Zu- 
versicht und riet ihnen, nach Art ihrer Väter von Gott 
den Sieg zu erflehen. Sie sollten also Säcke anlegen 
und in der Weise flehen, wie es zuZeiten grosser Gefahr 
geschehe, um sich Stärke zur Überwindung der Feinde 
zu erbitten. Dann teilte er sie nach alter Sitte in Ab- 
teilungen unter Obersten und Hauptleuten und entliess 
alle Neuvermählten sowie die, welche erst kürzlich Be- 
sitztum erworben hatten, damit sie nicht aus Verlangen 
danach allzusehr am Leben hängen und im Kampfe sich 
furchtsam erweisen möchten. Darauf redete er die 
Seinigen also an: „Noch nie sind die Zeiten, ihr Waffen- 



106 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


gefährten, so geeignet gewesen, euch zur Tapferkeit und 
Verachtung von Gefahren anzuspornen, als jetzt. Nun- 
mehr gilt es, durch mutiges Kämpfen die Freiheit zu 
erringen, die zwar allen ein erstrebenswertes Gut, uns 
aber um so teurer ist, als von ihr die Möglichkeit ab- 
hängt, der Verehrung Gottes wieder okzuliegen. Die 
Sachen stehen also jetzt so, dass ihr entweder die Frei- 
heit und ein glückliches Leben erringt, wie wir es unter 
den alten väterlichen Einrichtungen gehabt haben, oder 
aber dass ihr, wenn ihr im Kampfe euch feige benehmt, 
das Schimpflichste erleidet und mit eurem ganzen Ge- 
schlechte zu Grunde geht. Bedenket ihr nun, dass ihr 
auch ohne Kampf dem Tode verfallen seid, und habt 
ihr die Überzeugung, dass euch als Lohn Freiheit, Hei- 
mat, Schutz der Gesetze und freie Ausübung eurer 
Gottesverehrung winkt, so werdet ihr euch mutig zum 
Kampfe rüsten und bereit sein , morgen mit Tages- 
anbruch den Feind zu erwarten.“ 

4. Mit diesen Worten flösste Judas seinen Streitern 
Mut ein. In der Nacht nun sandten die Feinde den 
Gorgias mit fünftausend Fusssoldaten und tausend 
Reitern ab, um unter Führung einiger jüdischen Über- 
läufer das Lager der Juden anzugreifen. Als desMatta- 
thias Sohn davon Kunde erhielt, beschloss er, sogleich 
seinerseits in das feindliche Lager einzufallen, um so 
mehr, da die Kräfte der Feinde jetzt geteilt waren. Nach 
dem Abendessen liess er daher viele Feuer im Lager 
anzünden und marschierte die ganze Nacht hindurch 
gegen die Abteilung der Feinde, welche im Lager bei 
Emmaus zurückgeblieben war. Als nun Gorgias niemand 
im feindlichen Lager antraf, vermutete er, die Feinde 
seien aus Furcht abgezogen und hätten sich im Ge- 
birge versteckt. Er brach daher sogleich wieder auf und 
beschloss, sie zu suchen. Judas aber kam in der Morgen- 
frühe mit dreitausend schlecht bewaffneten Streitern in 
den Bereich der bei Emmaus lagernden Abteilung. Und 
da er sah, dass die Feinde sich gut verschanzt und das 
Lager geschickt befestigt hatten , ermunterte er die 



Zwölftes Buch, 7. Kapitel. 


107 


Seinigen, sie sollten sich vor dem Kampfe nicht fürchten, 
selbst wenn sie diesen völlig wehrlos bestehen müssten, 
und bedenken, dass Gott schon oft Kriegern, die sich in 
einer solchen Lage befunden, als Lohn ihrer Tapferkeit 
den Sieg über eine viel grössere und besser bewaffnete 
Masse von Feinden verliehen habe. Darauf liess er die 
Trompeter das Signal blasen und fiel unerwartet über 
die Feinde her, jagte ihnen Schrecken und Bestürzung 
ein, tötete viele von denen, die sich zur Wehr setzten, 
und verfolgte die übrigen bis nach Gadara und in die 
Gefilde von Idumaea, Azot und Jamnia. Es fielen vom 
Feinde gegen dreitausend Mann. Judas aber ermahnte 
die Seinigen, jetzt nicht an Beute zu denken, da ihnen 
noch der Kampf mit Gorgias und dessen Heer bevor- 
stehe. Sobald auch diese besiegt seien, könnten sie in 
Ruhe und unbesorgt sich an die Beute machen. Während 
Judas diese Worte an seine Krieger richtete, erblickten 
des Gorgias Leute von einer Anhöhe herab die im Lager 
zurückgebliebene Abteilung in voller Flucht und das 
Lager in Flammen, sodass sie sich schon denken konnten, 
was geschehen war. Als sie nun auch noch die Schar 
des Judas zum Kampfe bereit stehen sahen, gerieten sie 
ebenfalls in Schrecken und wandten sich zur Flucht. 
So besiegte Judas die Krieger des Gorgias ohne Schwert- 
streich. Dann kehrte er zurück, um die Beute zu holen 
und zog mit einer Menge Gold und Silber, Hyacinth 
und Purpur voll Freude nach Hause zurück, indem er 
Gott für das ihm zu teil gewordene Glück dankte. Zur 
Erlangung der Freiheit aber trug dieser Sieg nicht 
wenig bei. 

5. Lysias, der über die Niederlage des von ihm ab- 
gesandten Heeres in Bestürzung geriet, zog im folgenden 
Jahre sechzigtausend auserlesene Krieger und fünftausend 
Reiter zusammen, fiel mit ihnen in Judaea ein und 
schlug, nachdem er das Gebirge erreicht hatte, bei Beth- 
sura, einem Dorfe Judaeas, sein Lager auf. Ihm zog 
Judas mit nur zehntausend Mann entgegen ■, und als er 
die ungeheure Menge der Feinde sah, bat er Gott, ihm 


Go gle 



108 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


beizustehen. Dann griff er die Vorhut des Feindes an, 
schlug sie, tötete gegen fünftausend Mann und setzte 
die übrigen dadurch in Schrecken. Weil aber Lysias ein- 
sah, dass die Juden entschlossen seien, entweder zu 
sterben oder ihre Freiheit zu erringen, und allen Grund 
hatte, sich vor ihrer Verzweiflung zu fürchten, sammelte 
er die Reste seiner Truppen und kehrte nach Antiochia 
zurück, wo er verblieb und Aushebungen unter den 
Fremden veranstaltete, um mit einem grösseren Heere 
abermals in Judaea einfallen zu können. 

6. Da nun die Heerführer des Antiochus so oft ge- 
schlagen worden waren, berief Judas eine Volksver- 
sammlung und erklärte, nach den vielen Siegen, die 
Gott ihnen verliehen, sei es jetzt an der Zeit, nach 
Jerusalem zu ziehen, den Tempel zu reinigen und die 
gewohnten Opfer wieder darzubringen. Als er aber mit dem 
ganzen Volke sich Jerusalem näherte und den Tempel 
verlassen, die Thore verbrannt und in dem öden Heilig- 
tum Strauchwerk alle freien Stellen bedecken sah, brach 
er bei dem trostlosen Anblick samt den Seinigen in 
Wehklagen aus. Zunächst wählte er nun eine Schar 
seiner Krieger aus und befahl ihnen, in der Zeit, da er 
den Tempel reinige, die Besatzung der Burg zu be- 
lagern. Nachdem er dann den Tempel gesäubert hatte, 
beschaffte er neue Gefässe, Leuchter, Tisch, Altar, alles 
aus Gold, und liess an den Eingängen neue Vorhänge 
anbringen sowie neue Thürflügel einsetzen. Darauf liess 
er den Altar zerstören und einen neuen aus behauenen 
Steinen errichten. Am fünfundzwanzigsten Tage des 
Monats Chaslev, den die Macedonier Apellaios nennen, 
zündete man ‘ die Lampen auf dem Leuchter wieder an, 
brachte Räucherwerk dar, legte die Brote auf den Tisch 
und opferte zum erstenmal auf dem neuen Altäre. Das 
geschah genau an demselben Tage, an welchem drei 
Jahre früher der Tempel entheiligt worden war. Denn 
da Antiochus ihn verwüstet hatte, blieb er drei Jahre 
lang in diesem unwürdigen Zustande. Im einhundert- 
fünfundvierzigsten Jahre, am fünfundzwanzigsten Apel- 



Zwölftes Buch, 8. Kapitel. 


109 


laios, in der einhundertdreiundfünfzigsten Olympiade 
brach das Unglück über den Tempel herein, und an 
demselben Tage, dem fünfundzwanzigsten Apellaios des 
ein hundertachtund vierzigsten Jahres, in der einhundert- 
vierundfünfzigsten Olympiade, ward er wieder eingeweiht. 
Diese Verwüstung des Tempels geschah gemäss der 
Prophezeiung des Daniel, welche dieser vierhundert- 
undacht Jahre früher verkündigt hatte, als er weis- 
sagte, der Tempel werde von den Macedoniern zerstört 
werden. 

7. Judas feierte mit seinen Mitbürgern die Wieder- 
einrichtung der Opfer im Tempel acht Tage lang unter 
lautem Jubel. Kostbare und herrliche Opfer lieferten 
die Speisen zum Mahle, und man ehrte Gott durch Lob- 
gesänge und Psalmen , während das Volk in Freuden 
lebte. So grosses Frohlocken erregte die Wiederein- 
führung der freien Ausübung des Gottesdienstes, dass 
man ein Gesetz machte, wonach in Zukunft jährlich 
acht Tage lang die Erneuerung des Tempels gefeiert 
werden sollte. Dieses Fest feiern wir von jener Zeit an 
bis heute und nennen es das Fest der Lichter, weil, wie 
ich glaube, die freie Ausübung unserer Religion uns un- 
erwartet wie ein Lichtstrahl aufgegangen ist. Alsdann 
umgab Judas auch die Stadt wieder mit Mauern, er- 
richtete zum Schutz gegen feindliche Überfälle hohe 
Türme, in welche er Wachtposten legte, und be- 
festigte auch die Stadt Bethsura, um sie, falls ein 
Feind ihn dazu zwingen würde, als Vorwerk benutzen 
zu können. 



110 


Jdoephus’ Jüdische Altertümer. 


Achtes Kapitel. 

Wie Judas die benachbarten Völkerschaften unterwarf 
und Simon die Tyrier und Ptolemaiter schlug. Wie 
Judas den Timotheus in die Flucht trieb. Joseph und 
Azarias erleiden eine Niederlage. 

1. Diese Stärkung der jüdischen Macht war den 
Nachbarvölkern ein Dorn im Auge, sodass sie sich gegen 
die Juden zusammenthaten und durch Hinterlist und 
heimliche Nachstellungen viele von ihnen umbrachten. 
Wollte also Judas sie von feindlichen Einfällen und 
der Beunruhigung der Seinigen abhalten, so war er ge- 
nötigt, beständig mit ihnen im Streit zu liegen. Zu- 
nächst griff er die Idumäer, die Nachkommen Esaus, 
bei Akrabatta an, machte eine Menge von ihnen nieder 
und belud sich mit reicher Beute. Dann schloss er die 
Söhne des Baan, die den Juden einen Hinterhalt gelegt 
hatten, in ihren festen Plätzen ein, steckte deren Festungs- 
werke in Brand und tötete die wehrfähigen Männer. 
Ferner rückte er gegen die Ammaniter aus, die unter 
dem Oberbefehl des Timotheus eine starke und zahl- 
reiche Kriegsmacht versammelt hatten, schlug sie, er- 
oberte ihre Stadt Jazor, steckte dieselbe in Brand und 
zog mit den Weibern und Kindern der Ammaniter, 
welche er in die Gefangenschaft schleppte, nach Judaea 
zurück. Als nun die benachbarten Völkerschaften von 
seiner Rückkehr Kunde erhielten, griffen sie die im 
Galaditerlande lebenden Juden an. Diese jedoch retteten 
sich in die Festung Dathema und Hessen dem Judas 
melden, Timotheus rücke gegen ihren Zufluchtsort heran, 
um ihn einzunehmen. Noch während der Vorlesung des 
Meldeschreibens erschienen auch aus Galilaea Boten mit 
der Nachricht, die Bewohner von Ptolemais, Tyrus und 
Sidon sowie die in Galilaea ansässigen Fremden hätten 
sich zusammengeschart. 

2. Um nun den * von beiden Seiten drohenden Ge- 
fahren zu begegnen, gab Judas seinem Bruder Simon 




Zwölftes Buch, 8. Kapitel. 


111 


den Auftrag, mit dreitausend auserlesenen Streitern den 
in Galilaea wohnenden Juden Hilfe zu bringen, während 
er selbst mit seinem anderen Bruder Jonathas und acht- 
tausend Mann nach Galaditis zog. Zu Befehlshabern 
der zurückgebliebenen Mannschaft ernannte er Joseph, 
den Sohn des Zacharias, und Azarias, denen er ans 
Herz legte, Judaea sorgfältig zu bewachen und sich mit 
niemand in einen Kampf einzulassen, bevor er zurück- 
gekehrt sei. Als nun Simon in Galilaea anlangte, traf 
er gleich mit den Feinden zusammen, schlug sie in die 
Flucht und verfolgte sie bis zu den Thoren von Ptole- 
ma'is, wobei er gegen dreitausend von ihnen nieder- 
machte. Dann liess er den Gefallenen die Rüstungen 
ausziehen und kehrte mit den aus der Gefangenschaft 
befreiten Juden und dem erbeuteten Gepäck in die 
Heimat zurück. 

3. Unterdessen überschritt Judas Makkabaeus mit 
seinem Bruder Jonathas den Jordan und stiess nach 
dreitägigem Marsch auf die Nabatäer, die ihm friedlich 
begegneten und ihm erzählten, was sich in Galaditis er- 
eignet habe und was die zu leiden hätten, die in die 
festen Plätze dieses Landes eingeschlossen seien. Sie 
baten dann den Judas, er möge gegen die Fremden 
ziehen und seine Landsleute aus deren Händen befreien. 
Daraufhin marschierte Judas durch die Wüste, nahm 
Bosora im ersten Anlauf und liess alle waffenfähigen 
Männer der Besatzung niedermachen und die Stadt ein- 
äschern. Und obgleich die Nacht inzwischen herein- 
gebrochen war, setzte er doch sogleich seinen Marsch 
fort auf die Festung zu, in welcher die Juden sich ein- 
geschlossen hatten, und die von Timotheus mit Auf- 
bietung aller Kraft belagert wurde. Beim Morgengrauen 
kam er hier an, und da er die Feinde schon dicht an 
die Stadtmauer herangerückt und mit Leitern und Be- 
lagerungsmaschinen sich zum Sturm rüsten sah, liess er 
in die Trompeten stossen, ermahnte die Seinigen, für 
ihre Brüder der Gefahr wacker zu trotzen, und fiel mit 
seinen in drei Haufen geteilten Streitkräften dem Feinde 



112 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


in den Bücken. Als die Krieger des Timotheus den 
Makkabäer erkannten, von dessen Tapferkeit und Kriegs- 
glück sie so manches erfahren hatten, wandten sie sich 
alsbald zur Flucht. Judas aber setzte ihnen nach und 
machte achttausend Mann von ihnen nieder. Dann 
wandte er sich gegen die sogenannte Fremdenstadt Malle, 
nahm auch diese ein und liess die wehrfähigen Männer 
umbringen und die Stadt anzünden. Weiterhin zerstörte 
er darauf noch die Städte Chasphoma, Bosor und eine 
ganze Reihe anderer Orte in Galaditis. 

4. Kurz darauf aber brachte Timotheus wieder eine 
grosse Streitmacht zusammen, bewog ausser anderen 
Hilfstruppen auch einige Araberstämme, gegen ent- 
sprechenden Sold mit ihm zu Felde zu ziehen, und 
rückte mit seinem Heere über einen Bach bis in die 
Nähe von Raphon, das damals eine Stadt war. Dann 
ermahnte er seine Soldaten, wacker zu kämpfen, wenn 
sie mit den Juden handgemein würden, und ihnen vor 
allem den Übergang über den Bach zu wehren. Denn 
wenn dem Feinde dieser Übergang gelinge, werde ihre 
Niederlage besiegelt sein. Als nun Judas vernahm, dass 
Timotheus sich zum Kampfe rüste, eilte er mit seiner 
ganzen Streitmacht dem Feinde entgegen, überschritt 
den Bach, drang auf des Timotheus Krieger ein und 
machte die, welche ihm Widerstand leisteten, nieder, 
während er die anderen derart in Schrecken versetzte, 
dass sie die Waffen von sich warfen und ihr Heil in 
der Flucht suchten. Von den letzteren entkamen indes 
nur wenige; die meisten, die sich in das Karnain ge- 
nannte Heiligtum geflüchtet, wo sie sicher zu sein wähnten, 
wurden niedergemacht. Judas nahm den Ort ein, liess 
das Heiligtum in Flammen aufgehen und bereitete so 
seinen Feinden auf mannigfache Art den Untergang. 

5. Nach diesen Erfolgen versammelte Judas alle in 
Galaditis wohnenden Juden mit ihren Weibern und 
Kindern und ihrer gesamten Habe, um sie nach Judaea 
zurückzuführen. Als er nun unterwegs an eine Stadt 
mit Namen Ephron kam und keine Möglichkeit sab, 



Zwölftes Buch, 8. Kapitel. 


113 


einen anderen Weg einzuschlagen, aber auch nicht 
zurückkehren mochte, liess er die Bürger ersuchen, ihm 
die Thore zu öffnen und ihm den Durchmarsch durch 
die Stadt zu erlauben. Die Thore waren nämlich mit 
Felsblöcken versperrt und machten somit den Durchzug 
unmöglich. Da aber die Ephroniter sich dessen weigerten, 
feuerte Judas die Seinigen an, schloss die Stadt rings- 
um ein und belagerte sie. Nachdem er das einen Tag 
und eine Nacht lang gethan, erstürmte er Ephron, 
machte alle wehrfähigen Bürger nieder und äscherte die 
Stadt ein, bevor er weiterrückte. Und so gross war die 
Zahl der Gefallenen, dass der Weg mit Leichen wie be- 
sät war. Nun zogen sie über den Jordan, kamen in 
•die grosse Ebene, 1 in deren Bereich die Stadt Bethsana, 
welche die Griechen Skythopolis nennen, lag, und rückten 
bald darauf in Judaea ein. Dort feierten sie ihre Siege 
mit Jubelgesängen und den üblichen Spielen, brachten 
Auch Gott zum Danke für ihr Kriegsglück und die Er- 
kaltung des Heeres Opfer dar. Denn von den Juden 
war in allen diesen Kämpfen auch nicht ein Mann 
gefallen. 

6. Während nun Simon in Galilaea gegen die Ptole- 
maiter und Judas mit seinem Bruder Jonathas in Gala- 
ditis Krieg führte, wollten des Zacharias Sohn Joseph 
und Azarias, die Judas als Befehlshaber zurückgelassen 
hatte, sich gleichfalls den Ruhm ausgezeichneter Feld- 
herren erwerben und zogen daher mit ihrer Abteilung 
gegen Jamnia. Gorgias aber, der Befehlshaber von 
Jamnia, rückte ihnen entgegen, schlug sie und trieb 
sie mit einem Verluste von etwa zweitausend Mann bis 
zur Grenze Judaeas in die Flucht. Diese Niederlage 
war die Folge davon, dass sie den Befehl des Judas, 
vor seiner Rückkehr sich mit niemand in einen Kampf 
einzulassen, missachtet hatten. Und so muss man ausser 
den sonstigen weisen Plänen des Judas auch noch die 
Sicherheit bewundern, mit der er den Kriegern des 
. 

1 Vergl. Anmerkung zu V, 1,23. 

Joeephus’ Jüdische Altertümer, II. 8 




114 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Joseph und des Azarias ihre Niederlage für den Fall 
voraussagte , dass sie seinem Befehle zuwiderhandelten. 
Judas und seine Brüder standen nun aber keineswegs 
von weiteren kriegerischen Unternehmungen ab, sondern 
setzten nach wie vor den Idumäern hart zu, nahmen die 
Stadt Chebron, schleiften deren Befestigungen, steckten 
die Türme in Brand und verwüsteten das Land rings- 
um. Ebenso verfuhren sie mit MarisBa und Azot. Reich 
mit Waffen und anderer Beute beladen, kehrten, sie als- 
dann nach Judaea zurück. 


Neuntes Kapitel. 

Des Antiochus Epiphanes Tod. Wie Antiochus Eupator 
den Judas im Tempel belagerte, aber abziehen musste. 

Alkimus. Onias. 

1. Um diese Zeit hörte der König Antiochus, als er 
sich auf einem Zuge in das Oberland befand, in Persien 
gebe es eine reiche Stadt, Elyraais geheissen, mit einem 
prachtvollen Tempel der Artemis, der Weihgeschenke 
aller Art berge, darunter auch Panzer, welche der Mace- 
donierkönig Alexander, des Philippus Sohn, dort zurück- 
gelassen haben sollte. Der König, dessen Habsucht 
hierdurch mächtig gereizt wurde, brach sogleich nach 
Elymais auf und belagerte die Stadt. Da aber die 
Bürger sich weder durch sein Anrücken, noch durch die 
Belagerung in Schrecken jagen Hessen, vielmehr tapferen 
Widerstand leisteten, sah er sich in seiner Hoffnung ge- 
tauscht. Ja, es gelang denselben sogar, bei einem Aus- 
fälle den König von der Stadt zu vertreiben und ihn 
derart zu verfolgen, dass er nach Babylon fliehen musste 
und einen grossen Teil seines Heeres verlor. In seinem 
Missmut über diese Niederlage erhielt er nun noch die 
Nachricht, dass seine Heerführer, welche er gegen die 
Juden gesandt hatte, geschlagen seien und die Macht 
der Juden einen gewaltigen Aufschwung genommen habe. 
Das war zu viel für ihn, und er zog sich aus Ärger eine 




Zwölftes Buch, 9. Kapitel. 


115 


Krankheit zu. Als dieselbe sich sehr verlängerte und 
ihm immer grössere Qualen verursachte, sah er ein, dass 
er sterben müsse. Er berief daher seine Freunde zu- 
sammen, teilte ihnen mit, dass seine Krankheit ihnen 
schweres Leid bringen werde, und gestand ihnen, dass 
er seine schrecklichen Leiden nur der von ihm verübten 
Misshandlung der Juden, der Beraubung des Tempels 
und der Verachtung Gottes zuzuschreiben* habe. Als- 
dann gab er den Geist auf. Man muss sich nun billig 
über den Polybius von Megalopolis verwundern, der, ob- 
gleich er ein ehrenwerter Geschichtschreiber ist, erzählt, 
Antiochus sei gestorben, weil er den Artemistempel in 
Persien habe plündern wollen. Es ist aber doch klar, 
dass etwas, was man nur beabsichtigt, jedoch nicht 
zur Ausführung gebracht hat, keine Strafe verdienen 
kann. Will also Polybius darin die Ursache von 
Antiochus’ Tod finden, so ist es doch viel wahrschein- 
licher, dass der König wegen der Beraubung unseres 
Tempels hat sterben müssen. Doch ich mag über diese 
Sache nicht mit denen streiten, welche die Ansicht des 
Megalopoliters der meinigen vorziehen. 

2. Ehe Antiochus verschied, hatte er den Philippus, 
einen seiner Vertrauten, zu sich rufen lassen und ihn 
als Reichsverweser eingesetzt. Ihm hatte er auch das 
Diadem, den Königsmantel und seinen Siegelring über- 
geben und ihm aufgetragen, das alles seinem Sohne aus- 
zuhändigen, für dessen Erziehung zu sorgen und ihm 
die Herrschaft zu sichern. Antiochus starb im hundert- 
neunundvierzigsten Jahre seleukidischer Zeitrechnung. 
Lysias machte dem Volke von seinem Tode Mitteilung, 
rief seinen Sohn Antiochus, dessen Erziehung er leitete, 
zum Könige aus und gab diesem den Beinamen 
Eupator. 

3. Um diese Zeit fügten die Besatzung der Burg zu 
Jerusalem und die jüdischen Überläufer den Juden viel 
Ungemach zu. Kam nämlich jemand in den Tempel, 
um zu opfern, so machten ihn die Soldaten nieder: 
denn die Burg beherrschte den Tempel. Diesem Un- 

8 * 


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116 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


wesen beschloss Judas durch Vertreibung der Besatzung 
ein Ende zu machen ; er berief daher sein Kriegsvolk 
zusammen und belagerte die Burg nachdrücklich. Das 
geschah im hundertfünfzigsten Jahre der seleukidischen 
Aera. Judas liess also Belagerungsmaschinen anfertigen 
und Wälle aufwerfen, und betrieb überhaupt die Be- 
lagerung unter Anspannung aller Kräfte. Doch gelang 
es vielen in der Burg befindlichen Überläufern, bei 
Nacht zu entweichen. Diese sammelten eine Anzahl 
ihres Gelichters, begaben sich zum Könige Antiochus 
und baten ihn, sich ihrer anzunehmen, da sie von ihren 
Landsleuten hart bedrängt würden. Und zwar geschehe 
dies, weil sie ihre eigene Religion verlassen und die 
seines Vaters angenommen hätten. Es sei jetzt zu be- 
fürchten, dass, wenn er nicht für Entsatz sorge, Judas 
und seine Anhänger die Burg samt den königlichen 
Truppen in die Hände bekämen. Bei .dieser Kunde ge- 
riet der König in Zorn, beschied seine Heerführer und 
Ratgeber zu sich und hiess sie Söldner werben und alle 
wehrfähigen Männer im Reiche aufbieten. Auf diese 
Weise wurde ein Heer von etwa hunderttausend Fuss- 
soldaten, zwanzigtausend Reitern und zweiunddreissig 
Elefanten zusammengebracht. 

4. Mit dieser Streitmacht brach der König in Be- 
gleitung des zum Oberbefehlshaber ernannten Lysias 
von Antiochia auf. Und als er nach Idumaea gekommen 
war, wandte er sich gegen Bethsura, eine stark befestigte 
und schwer einnehmbare Stadt, und fing an sie zu be- 
lagern. Die Bethsuraner aber leisteten tapferen Wider- 
stand und steckten bei ihren Ausfällen seine Maschinen 
in Brand, sodass die Belagerung sich sehr in die Länge 
zog. Als nun Judas von dem Feldzug des Königs 
Kunde erhielt, hob er die Belagerung der Burg auf, zog 
dem Antiochus entgegen und schlug sein Lager bei 
einem Engpässe in Betbzacharia auf, siebzig Stadien 
vom Feinde entfernt. Der König verliess darauf 
Bethsura und rückte gegen den Engpass und das Lager 
der Juden vor. Beim Morgengrauen stellte er seine 


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Zwölftes Buch, 9. Kapitel. 


117 


Truppen in Schlachtordnung auf und liess die Elefanten, 
weil sie des Engpasses wegen sich nicht in der Breite 
entfalten konnten, hintereinander aufmarschieren. Jeden 
Elefanten umgaben tausend Fusssoldaten und fünf- 
hundert Reiter, und auf ihrem Rücken trugen die Tiere 
hohe, mit Bogenschützen besetzte Türme. Den Rest des 
Heeres liess . er in einzelnen Abteilungen unter dem 
Kommando seiner Freunde sich auf den Bergspitzen 
aufstellen. Alsdann liess Antiochus das Heer den 
Schlachtruf erheben, auf den Feind eindringen und die 
goldenen und ehernen Schilde schwingen, sodass die- 
selben im Sonnenlicht glitzerten, und die Berge von dem 
Getöse wiederhallten. Judas aber liess sich nicht ein- 
schüchtern, sondern erwartete tapfer den feindlichen 
Anprall und erschlug gleich gegen sechshundert von der 
Vorhut. Unterdessen hatte sein Bruder Eleazar mit 
dem Beinamen Auran den Elefant erspäht, der gewaltiger 
als die anderen war und den Königspanzer trug. Da 
er nun vermutete, auf diesem Elefant befinde sich der 
König, drang er mutvoll auf denselben ein. Und nach- 
dem er von den den Elefant begleitenden Kriegern 
eine beträchtliche Anzahl erschlagen und die übrigen 
zerstreut hatte, schlich er sich unter den Bauch des 
Tieres und verwundete es tödlich. Leider stürzte aber 
der zusammenbrechende Koloss auf Eleazar und er- 
drückte ihn unter seiner Last. So kam der wackere 
Kämpfer ums Leben, der so vielen Feinden den Unter- 
gang bereitet hatte. 

5. Judas aber sah ein, dass er der Übermacht des 
Feindes nicht gewachsen war; er zog sich deshalb nach 
Jerusalem zurück und machte sich auf eine Belagerung 
gefasst. Antiochus sandte nun den einen Teil seines 
Heeres zur Erstürmung von Bethsura ab, während er 
mit dem anderen gegen Jerusalem rückte. Die Beth- 
suraner gerieten ob der gewaltigen Menge der Belagerer 
in Schrecken, und da ihnen auch die Lebensmittel aus- 
zugehen drohten, ergaben sie sich, nachdem sie die eid- 
liche Zusage erhalten hatten, dass der König ihnen 



118 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


nichts Schlimmes zufügen werde. Wirklich that 
Antiochus nach Einnahme der Stadt ihnen auch nichts 
anderes zuleide, als dass er sie wehrlos aus der Stadt 
auswies und von seinen eigenen Truppen eine Besatzung 
hineinlegte. Was aber Jerusalem angeht, so kostete den 
König die Belagerung des Heiligtums doch eine ungleich 
längere Zeit, da die im Tempel eingeschlossenen Juden 
sich mit zäher Ausdauer verteidigten. Jeder Maschine 
des Königs nämlich stellten sie eine andere entgegen. 
Bei den Belagerten aber trat sehr rasch Mangel an 
Lebensmitteln ein, weil das vorrätige Getreide verzehrt 
war und das Land in diesem Jahre nicht bebaut werden 
durfte. Das Jahr war nämlich gerade ein siebentes 
Jahr, in welchem nach dem Gesetze der Boden brach 
liegen musste. Viele der Belagerten entflohen daher 
aus Mangel am Notwendigsten, und nur wenige blieben 
zurück. 

6. So erging es den Juden, die im Tempel belagert 
wurden. Auf einmal aber erhielten der Heerführer 
Lysias und der König Antiochus die Nachricht, 
Philippus sei aus Persien gekommen und erhebe selbst 
Anspruch auf den Thron. Das veranlasste sie, die Be- 
lagerung aufzuheben und sich gegen Philippus zu 
wenden. Doch beschlossen sie, den Anführern und dem 
Heere den wahren Grund ihres Abzuges zu verheim- 
lichen. Vielmehr trug der König dem Lysias auf, den 
Führern wie den Soldaten, ohne von des Philippus Ab- 
sichten zu sprechen, mitzuteilen, die Belagerung nehme 
doch zu viel Zeit in Anspruch, und ;der Platz sei zu 
stark befestigt. Auch stelle sich schon Mangel an 
Lebensmitteln ein, und im Reiche sei noch vieles zu er- 
ledigen, sodass es besser sei, mit den Belagerten und 
dem ganzen Volke Frieden und Freundschaft zu 
schliessen, indem man sie ruhig nach ihrem Gesetze, 
dessen Vernichtung der Zweck des Krieges gewesen sei, 
leben lasse und in die Heimat zurückkehre. Diese 
Worte des Lysias fanden den Beifall sowohl der An- 
führer als auch des ganzen Heeres. 


Zwölftes Buch, 9. Kapitel. 


119 


7. Der König liess also dem Judas und den übrigen 
Belagerten sagen, er wolle mit ihnen Frieden schliessen 
und sie nach dem Gesetze ihrer Väter leben lassen. 
Das hörten die Juden mit Freuden und kamen, nachdem 
sie eine eidliche Versicherung erhalten hatten, aus dem 
Tempel hervor. Als aber Antiochus in denselben ein- 
gezogen war und bemerkte, dass der Platz so vortreff- 
lich befestigt sei, brach er seinen Eid und befahl den 
Seinigen, die Mauer zu schleifen und sie dem Erdboden 
gleich zu machen. Darauf kehrte er nach Antiochia 
zurück und führte den Hohepriester Onias, der auch 
Menelaus genannt wurde, mit sich fort. Lysias hatte 
nämlich dem Könige geraten, er solle den Menelaus um- 
bringen lassen, wenn er Ruhe vor den Juden haben 
wolle. Denn von ihm komme alles Unheil her, weil er 
den Vater des Königs veranlasst habe, die Juden zum 
Abfall von der Gottesverehrung ihrer Väter zu zwingen. 
Demgemäss schickte der König den Menelaus nach 
Beroea in}Syrien und liess ihn dort hinrichten, nachdem 
er zehn Jahre lang in Frevel und Gottlosigkeit die 
Hohepriesterwürde innegehabt und, um seine Herrsch- 
sucht zu befriedigen, das Volk hatte zwdngen lassen, von 
den Gesetzen abzufallen. Nach dem Tode des Menelaus 
wurde Alkimus, der auch Jakim hiess, Hohepriester. 
Um übrigens auf Antiochus zurückzukommen, so traf 
«r den Philippus schon im Besitze der Regierung an. 
Er überzog ihn daher mit Krieg und liess ihn, nachdem 
sr sich seiner bemächtigt hatte, hinrichten. Als nun 
Onias, der Sohn des Hohepriesters , der, wie oben er- 
wähnt, beim Tode seines Vaters noch ein Kind war, 
sah, wie der König nach der Hinrichtung seines Oheims 
die Hohepriesterwürde dem Alkimus übertrug, der nicht 
aus hohepriesterlichem Geschlechte war, und auf den 
Rat des Lysias das Amt von seiner Familie auf eine 
andere übergehen liess, floh er zu Ptolemaeus, dem 
Könige von Aegypten. Dort fand er sowohl von seiten 
des Königs als auch bei deäsen Gemahlin Kleopatra 
«hrenvolle Aufnahme und erhielt von dem Königspaar 


Go gle 



120 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


ein Grundstück im Bezirke von Heliopolis, auf welchem 
er einen Tempel nach dem Muster des zu Jerusalem 
befindlichen erbaute. Ich werde darauf noch später zu- 
rückkommen. 


Zehntes Kapitel. 

Wie Bakchides, der Feldherr des Demetrius, gegen die 
Juden zog , aber unverrichteter Sache heimkehren 
musste. Wie Nikanor gegen Judas geschickt wurde 
und mit seinem ganzen Heere umkam. Des Alkimus 

Tod. 

1, Um diese Zeit floh des Seleukus Sohn Demetrius 
von Rom weg, nahm die Stadt Tripolis in Syrien ein 
und setzte sich die Königskrone auf. Dann warb er 
noch eine Anzahl Söldner und zog in die königliche 
Residenz ein, wo er freudig aufgenommen und als 
Herrscher anerkannt wurde. Den König Antiochus und 
den Lysias liess er sodann festnehmen, vor seinen Thron 
führen und sogleich hinrichten. Antiochus regierte also, 
wie ich schon anderswo bemerkt habe, nur zwei Jahre. 
Zu Demetrius kamen nun viele gottlose jüdische Über- 
läufer, darunter auch der Hohepriester Alkimus, und 
klagten das ganze Volk und besonders den Judas sowie 
dessen Brüder an, sie hätten sämtliche Freunde des 
Königs und alle im Reiche, die ihm treu geblieben seien, 
umgebracht. Sie, die Ankläger, seien aus ihrer Heimat 
vertrieben worden, sodass sie in der Fremde Gastfreund- 
schaft in Anspruch nehmen müssten, und sie bäten ihn 
daher, einen von seinen Vertrauten hinzuschicken, damit 
dieser sich erkundige, was Judas anfange. 

2. Demetrius sandte darauf in hellem Zorne Bak- 
chides, den Freund des Antiochus Epiphanes, einen 
rechtschaffenen, damals mit der Statthalterschaft von 
ganz Mesopotamien betrauten Mann, an der Spitze eine» 
Heeres ab, gab ihm den Hohepriester Alkimus bei und 
befahl ihm, den Judas samt seinen Anhängern um- 


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Zwölftes Buch, 10. Kapitel. 


121 


zubringen. Bakchides brach demgemäss mit seinem 
Heere von Antiochia auf, und als er nach Judaea ge- 
kommen war, schickte er Boten an Judas und dessen 
Brüder, um mit ihnen über Frieden und Freundschaft 
zu unterhandeln. So hoffte er den Judas mit List in 
seine Gewalt zu bekommen. Doch dieser traute ihm 
nicht, weil er ein Heer bei sich habe, das man zum 
Kriegführen , nicht aber zum Friedensschluss brauche. 
Nur einige aus dem Volke schenkten den Vorspiegelungen 
des Bakchides Glauben und gingen in der Hoffnung, 
Alkimus werde als ihr Landsmann nichts Böses gegen 
sie im Schilde führen, zu ihm über. Dort erhielten sie 
die eidliche Zusage, dass weder ihnen noch denen, die 
ihnen etwa folgen würden, ein Leids geschehen solle, 
worauf sie sich vertrauensvoll ergaben. Bakchides aber 
brach den Eid und liess sechzig von ihnen umbringen, 
wodurch er die anderen, die noch vorhatten, nachzufolgen, 
abschreckte. Dann zog er von Jerusalem weg zu einem 
Dorfe, welches Bethzetho hiess, liess eine Menge Über- 
läufer und einige von den Bewohnern des Dorfes er- 
greifen und niedermachen, und befahl, dass alle Be- 
wohner der Gegend dem Alkimus Gehorsam zu erweisen 
hätten. Nachdem er sodann dem letzteren eine Ab- 
teilung Soldaten dagelassen, die ihn bei der Verwaltung 
der Provinz schützen sollten , kehrte er nach Antiochia 
zum Könige Demetrius zurück. 

3. Alkimus suchte nun um jeden Preis seine Herr- 
schaft zu befestigen, und da er einsah, er werde viel 
sicherer regieren, wenn er die Zuneigung des Volkes be- 
sitze, schmeichelte er jedem seiner Untergebenen mit 
freundlichen und gefälligen Worten. In kurzer Zeit 
jedoch umgab er sich mit einer starken und wohlgeübten 
Kriegerschar, die grösstenteils aus Frevlern und Über- 
läufern bestand. Mit ihnen durchzog er das Land und 
schlachtete alles hin, was Neigung zu Judas offenbarte. 
Als Judas die rasche Zunahme der Macht des Alkimus 
bemerkte und viele edle und gerechte Männer morden 
sah, streifte auch er durchs Land und machte die An- 



122 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


hänger seines Gegners nieder. Alkimus aber sah nun 
wohl ein, dass er dem Judas nicht gewachsen war, und 
beschloss daher, sich zum Könige Demetrius zurück* 
zuziehen. Als er in Antiochia ankam, reizte er den 
König gegen Judas auf, indem er sich beklagte, dieser 
habe ihm schon viel Unheil zugefügt und werde ihm 
wohl noch mehr schaden, wenn er nicht zeitig fest- 
genommen und bestraft würde. Zu diesem Zweck aber 
sei es notwendig, ein starkes Heer gegen ihn ins Feld 
zu schicken. 

4. Demetrius, der auch schon seinerseits überlegt 
hatte, eine wie grosse Gefahr des Judas zunehmende 
Macht für ihn sei , schickte seinen besten und ver- 
trautesten Freund Nikanor, der auch mit ihm aus Rom 
geflohen war, ab, gab ihm ein Heer mit, das nach seiner 
Meinung zur Besiegung des Judas hinreichend war, und 
befahl ihm, niemand aus dem ganzen Volke zu ver- 
schonen. ’ Als Nikanor nach Jerusalem gekommen war, 
wollte er den Judas nicht sogleich offen angreifen, 
sondern dachte ihn durch List in seine Gewalt zu be- 
kommen und liess ihm daher Frieden anbieten. Er sehe 
keinen Grund, liess er ihm raitteilen, weshalb sie mit- 
einander kämpfen sollten, und sei bereit, ihm die eid- 
liche Zusage zu geben, dass ihm nichts Schlimmes wider- 
fahren würde. Denn er sei in Begleitung seiner Freunde 
nur gekommen, um ihnen zu verkündigen, wie der König 
Demetrius gegen ihr Volk gesinnt sei. Diesen Ver- 
sprechungen glaubten Judas und seine Brüder trauen zu 
dürfen, und da sie nicht im entferntesten an eine List 
dachten, Hessen sie den Nikanor mit seinem Heere ein. 
Als dieser aber den Judas begrüsst hatte, gab er, 
während er sich mit ihm unterhielt, den Seinigen ein 
Zeichen, ihn zu ergreifen. Judas jedoch hatte rechtzeitig 
die ihm drohende Gefahr erkannt, sprang auf und ent- 
kam zu den Seinigen. Als Nikanor seinen Anschlag 
vereitelt sah, beschloss er, offen mit Judas zu streiten. 
Er rüstete sich daher sogleich zum Kampfe, lieferte dem 
Judas bei dem Dorfe Kapharsalama eine Schlacht, be- 



Zwölftes Buch, 10. Kapitel. 


123 


siegte ihn und zwang ihn, nach Jerusalem in die Burg 
zu fliehen. 

5. Als er nun von der Burg aus sich zum Tempel 
begab, begegneten ihm einige Priester und Älteste, 
grössten- ihn und zeigten ihm die Opfer, die Gott für 
das Wohl des Königs dargebracht würden. Er aber 
stiess gotteslästerische Worte aus und drohte, wenn sie 
ihm den Judas nicht auslieferten, bei seiner Rückkehr 
den Tempel zu zerstören. Alsdann verliess er Jeru- 
salem; die Priester aber brachen aus Trauer über seine 
Drohung in Thränen aus und flehten zu Gott, er möge 
sie doch aus den Händen der Feinde befreien. Nikanor 
also verliess Jerusalem und schlug bei dem Dorfe 
Bethoron, wo noch eine andere syrische Heeresabteilung 
zu ihm stiess, sein Lager auf. Judas dagegen lagerte 
sich mit seiner kaum tausend Mann zählenden Schar 
bei dem Dorfe Adasa, dreissig Stadien von Bethoron 
entfernt. Hier ermunterte er die Seinigen, sich nicht 
durch die Überzahl der Feinde in Furcht jagen zu 
lassen, noch daran zu denken, mit wie vielen Feinden 1 
sie kämpfen müssten, sondern zu erwägen, wer sie selbst 
seien und was für sie auf dem Spiele stehe, und dem- 
gemäss wacker auf die Feinde einzudringen. Darauf 
führte er sie zur Schlacht, griff den Nikanor an und 
überwand nach heissem Kampfe seine Gegner, von denen 
viele umkamen. Zuletzt fiel auch Nikanor selbst nach 
heldenmütigem Ringen. Nach seinem Tode hielt das 
Heer nicht länger stand, sondern warf, seines Führers 
beraubt, die Waffen weg und wandte sich zur Flucht. 
Judas verfolgte sie, richtete ein gewaltiges Blutbad unter 
ihnen an und liess den benachbarten Dörfern durch 
Trompeten Zeichen seinen Sieg bekannt geben. Als die 
Bewohner diese Signale hörten, rückten sie in Wehr und 
Waffen aus, traten den Fliehenden entgegen und töteten 
sie Mann für Mann, sodass von den neuntausend an der 
Schlacht Beteiligten auch nicht einer entkam. Diesen 
Sieg errang Judas am dreizehnten Tage des Monats, den 
die Juden Adar und die Macedonier Dystros nennen. 



124 


Josephus’ Jüdisch«» Altertümer. 


Alljährlich werden seitdem an jenem Tage Opfer dar- 
gebracht und der Tag aus Dankbarkeit für den Sieg’ 
festlich gefeiert. Das Volk der Juden aber genoss nun 
eine Zeitlang Ruhe und erfreute sich des Friedens, bis 
es dann wieder von neuem unter den Gefahren de& 
Krieges zu leiden hatte. 

6. Als nun der Hohepriester Alkimus die Mauer des 
Tempels, welche schon alt und noch von den heiligen 
Propheten erbaut war, niederreissen wollte, traf ihn 
plötzlich die Hand Gottes, sodass er sprachlos zur Erde 
stürzte und nach mehrtägigen Qualen starb; vier Jahre 
lang war er Hohepriester gewesen. Nach seinem Tode 
übertrug das Volk dem Judas die hohepriesterliche 
Würde. Da dieser vernahm, dass die zu grosser Macht 
gelangten Römer Galatien, Iberien und Karthago in 
Afrika erobert, Griechenland sich unterworfen und die 
Könige Perseus, Philippus und Antiochus den Grossen 
besiegt hätten, nahm er sich vor, mit ihnen ein Bünd- 
nis zu schliessen. Er sandte daher seine Freunde Eupo- 
lemos, den Sohn des Joannes, und Jason, den Sohn 
des Eleazar, nach Rom und liess dort bitten, die Römer 
möchten Bundesgenossenschaft mit ihm schliessen und 
an Demetrius schreiben, dass er die Juden nicht 
weiter mit Krieg behellige. Der römische Senat nahm 
die jüdischen Gesandten ehrenvoll auf, verhandelte mit 
ihnen in betreff ihres Auftrages und sagte die Bundes- 
genossenschaft zu. Von diesem Senatsbeschlusse wurde 
eine Abschrift nach Judaea geschickt, das Original aber 
auf eherne Tafeln eingraviert und im Kapitol nieder- 
gelegt. Der Beschluss lautete folgendermassen : „Senats- 
beschluss in betreff des Bündnisses und der Freundschaft 
mit dem Volke der Juden. Kein römischer Unterthan 
darf mit dem jüdischen Volke Krieg führen, noch andere, 
welche dies thun, mit Getreide, Schiffen oder Geld 
unterstützen. Werden die Juden angegriffen, so sollen 
die Römer ihnen jede mögliche Hilfe leisten, wie die 
Juden auch ihrerseits Hilfe zu leisten haben, wenn die 
Römer angegriffen werden. Will das jüdische Volk zu 



Zwölftes Buch, 11. Kapitel. 


125 


diesem Vertrage Bestimmungen hinzusetzen oder solche 
davon streichen, so kann das nur mit Zustimmung des 
römischen Volkes geschehen. Die Zusätze sollen dann 
ebenso giltig sein wie der frühere Vertrag. Unterzeichnet 
wurde dieser Senatsbeschluss jüdischerseits von Eupo- 
lemos, dem Sohne des Joannes, und von Jason, dem 
Sohne des Eleazar, unter dem Hohepriestertume des 
Judas und der Heerführerschaft seines Bruders Simon.“ 
Dies war das erste Mal, dass die Römer mit den Juden 
Bündnis und Freundschaft schlossen. ' 


Elftes Kapitel. 

Wie Bakchides wiederum gegen Judas zu Felde zog. 

Judas fällt nach heldenmütigem Kampfe. 

1. Als Demetrius von dem Tode Nikanors und der 
Niederlage seines Heeres Meldung erhielt, sandte er 
abermals den Bakchides an der Spitze eines Heeres 
nach Judaea. Dieser brach von Antiochia auf und 
schlug, als er Judaea erreicht hatte, bei Arbela, einer 
Stadt Galilaeas, sein Lager auf. Hier hatten sich in 
den dort befindlichen Höhlen viele Juden verbarrikadiert, 
sodass er gezwungen war, sie förmlich zu belagern. 
Nachdem er sie dann gefangen genommen hatte, zog er 
in Eilmärschen nach Jerusalem. Unterwegs erhielt er 
Kunde davon, dass Judas bei dem Dorfe Bethzetho lagere, 
und brach daher mit zwanzigtausend Fuss Soldaten und 
zweitausend Reitern gegen ihn auf. Judas dagegen 
hatte nur tausend Mann zu seiner Verfügung. Als diese 
die Übermacht der Truppen des Bakchides sahen, ent- 
setzten sie sich so, dass viele das Lager verliessen und 
nur achthundert zurückblieben. Obgleich 4 nun Judas 
von seinen eigenen Kriegern im Stich gelassen wurde, 
und ihm bei dem Drängen des Feindes keine Zeit zur 
Aushebung neuer Streitkräfte blieb, beabsichtigte er doch, 
mit den achthundert den Kampf gegen Bakchides auf- 
zunehmen. Er ermahnte daher die Seinen zu mutigem 




126 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Verhalten und hiess sie dann in Schlachtordnung auf- 
marschieren. Sie aber erklärten, es sei unmöglich, dass 
sie mit einer solchen Masse den Kampf wagen könnten, 
und baten ihn, für jetzt von seinem Plane abzustehen, 
auf ihre Rettung bedacht zu sein und später mit 
stärkeren Streitkräften den Feind anzugreifen. Judas 
jedoch entgegnete ihnen: „Das soll die Sonne nicht 
sehen, dass ich dem Feinde den Rücken zu wende. Wäre 
mir auch bestimmt, im Kampfe zu fallen, so werde ich 
dennoch tapfer streiten und lieber meinem Untergang 
entgegen sehen, als durch schimpfliche Flucht meinen 
bisherigen Kriegsruhm beflecken.“ Mit solchen Worten 
feuerte er die ihm treugebliebenen Krieger an, der Ge- 
fahr zu trotzen und den Kampf zu wagen. 

2. Unterdessen hatte Bakchides seine Truppen aus 
dem Lager geführt und sie in Schlachtordnung so auf- 
gestellt, dass die Reiterei die beiden Flügel einnahm 
und die Plänkler mit den Bogenschützen vor der eigent- 
lichen Heeresmasse standen. Er selbst befand sich auf 
dem rechten Flügel. In dieser Schlachtordnung Hess 
er sein Heer gegen den Feind anrücken , hiess die 
Trompeter zum Angriff blasen und befahl den Seinigen, 
mit lautem Kriegsruf sich in die Schlacht zu stürzen. 
Dasselbe that Judas, und so stiessen die Heere zu- 
sammen. Auf beiden Seiten wurde ausdauernd gekämpft^ 
sodass sich die Schlacht bis Sonnenuntergang hinzog 
Um diese Zeit merkte Judas, dass Bakchides sich mit 
dem Kern seines Heeres auf dem rechten Flügel befand, 
und drang sogleich mit den tapfersten seiner Leute nach 
dieser Seite hin vor, griff den Flügel an und brachte 
ihn zum Wanken. In gewaltigem Ansturm trieb er die 
Gegner alsdann in die Flucht und verfolgte sie bis zum 
Berge Aza. Kaum aber hatten die Krieger des linken 
Flügels bemerkt, dass der rechte Flügel geworfen war, 
als sie dem Judas nachsetzten und ihn von rückwärts 
umzingelten. Als dieser nun keine Möglichkeit zu ent- 
kommen sah , da er rings von Feinden umgeben war, 
schloss er sich mit den Seinigen fest zusammen und 



Zwölftos Buch, 1 1 . Kapitel. 


127 


focht unter Anspannnng aller Kräfte. So machte er 
noch eine Menge seiner Gegner nieder. Endlich aber 
ermattete er und fiel, im Tode nicht minder ruhmvoll 
wie im Leben. Als Judas niedergemacht war, suchten 
die Seinigen ihr Heil in der Flucht, da sie ohne seine 
Führung alle Hoffnung aufgeben mussten. Seine Brüder 
Simon und Jonathas Hessen sich seinen Leichnam von 
den Feinden ausliefern, brachten ihn nach Modiim, wo 
ihres Vaters Grabstätte war, und bestatteten ihn daselbst. 
Das Volk betrauerte ihn viele Tage lang und erwies 
ihm die üblichen Ehrenbezeugungen. So schied Judas, 
der heldenhafte Kriegsmann, aus dem Leben, der den 
Geboten seines Vaters Mattathias treugeblieben und be- 
reit war, für die Freiheit seiner Volksgenossen alles zu 
thun und alles zu leiden. Durch seine Tapferkeit be- 
freite er sein Volk aus der macedonischen Knechtschaft 
und erwarb sich dadurch hohen Ruhm und ein ewiges 
Andenken. Bei seinem Ableben war er drei Jahre lang 
Hohepriester gewesen. 


Go gle 



Dreizehntes Bueh 


Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 82 Jahren. 


Inhalt. 

1. Wie Judas* Bruder Jonathas nach dessen Tod die Führung des 

Volkes übernahm. 

2 . Wie er den Bakchides zwang, mit ihm Freundschaft zu schliessen 

und aus Judaea abzuziehen. 

3. Wie Alexander , des Antiochus Epiphanes Sohn , nach Judaea 

zog und den Demetrius bekriegte. 

4. Wie Demetrius an Jonathas eine Gesandtschaft schickte, mit 

ihm ein Bündnis schloss und ihm selbst wie unserem Volke 
reiche Geschenke machte. 

5. Wie Alexander auf die Nachricht hiervon den Demetrius mit 

Geschenken überbot, den Jonathas zum Hohepriester machte 
und ihn so auf seine Seite zog. 

6. Wie um diese Zeit Onias Freundschaft mit Ptolemaeus Philo* 

metor schloss und einen Tempel nach dem Muster des in 
Jerusalem befindlichen erbaute. 

7. Wie Alexander nach dem Tode des Demetrius den Jonathas 

höchst ehrenvoll behandelte. 

8. Wie des Demetrius Sohn Demetrius von Kreta nach Syrien 

übersetzte, den Alexander im Kriege überwand, selbst die 
Königswürde erlangte und mit Jonathas Freundschaft schloss. 

9. Wie Tryplion aus Apamea den Demetrius besiegte, an Alexanders 

Sohn Antiochus die Königswürde übertrug und mit Jonathas 
ein Bündnis schloss. 

10. Wie Tryphon, nachdem Demetrius von den Parthern gefangen 

worden war, das mit Jonathas eingegangeno Bündnis brach, 
ihn mit List fangen und töten liess und seinen Bruder 
Simon mit Krieg überzog. 

11. Wie das jüdische Volk dem Simon, Bruder des Jonathas, den 

Oberbefehl übertrug und ihn zum Hohepriester wählte. 



Dreizehntes Buch, Inhalt. 


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12. Wie Simon den Trypliou in Dora einschloss und belagerte, 
nachdem er mit Antiochus dem Frommen, dem Bruder des 
Demetrius, sich verbündet hAtte. 

13* Wie nach Tryphons Ermordung Antiochus gegen Simon zu Felde 
zog, und wie Simon dessen Feldherrn Kendebaeus besiegte 
und aus Judaea vertrieb. 

14. Wie Simon von seinem Schwiegersöhne Ftolemaeus beim Mahle 

hinterlistig umgebracht wurde, und wie Ptolemaeus, nachdem 
er Simons Gattin und Kinder ins Gefängnis geworfen , die 
Herrschaft zu erringen suchte. 

15. Wie Simons jüngster Sohn Hyrkanus dem Ptolemaeus zuvorkam 

und ihn in der Burg Dagon lange belagerte. 

16. Wie Antiochus der Fromme gegen Hyrkanus zu Felde zog, vor 

die Stadt Jerusalem rückte und die Belagerung erst aufhob, 
als Hyrkanus ihm dreihundert Talente gezahlt und ein 
Bündnis mit ihm geschlossen hatte. 

17. Hyrkanus zieht nach dem Tode des Antiochus gegen Syrien und 

erobert viele Städte. 

18. Freundschaft zwischen Hyrkanus und Alexander mit dem Bei- 

namen Zebinas. 

t 

19. Wie Antiochus von Kyzikos, der den von Hyrkanus belagerten 

Samaritern zu Hilfe gezogen war, in die Flucht geschlagen 
und von den Söhnen des Hyrkanus aus Judaea vertrieben 
wurde. 

20. Wie Aristobulus zur Herrschaft kam und sich die Königskrone 

aufsetzte. 

21. Wie nach dem Tode des Aristobulus dessen Bruder Alexander, 

der ihm in der Regierung folgte, gegen Syrien, Phoenicien 
und Arabien zu Felde zog und viele feindliche Plätze er- 
oberte. 

22. Des Ptolemaeus Lathurus Kampf gegen Alexander und sein 

Sieg. 

23. Wie Demetrius Eukaerus ein Heer gegen Alexander führte und 

ihn überwand. 

24. Des Antiochus Dionysus Kriegszug gegen Judaea, und wie er 

in der Schlacht den Sieg davontrug. 

25. Wie nach dem Tode Alexanders dessen Gattin Alexandra neun 

Jahre lang die Regierung innehatte und nach einem Leben 
voll Frieden und Ruhm starb. 


Josephus'Jlidiscbe Altertümer, II. 


9 


Go gle 




130 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Erstes Kapitel. 

Wie Jonathas nach seinem Bruder Judas die Herrschaft 
übernahm und mit seinem Bruder Simon gegen Bakchides 

zu Felde zog. 

1. Wie das Volk der Juden sich aus der Knecht- 
schaft der Macedonier befreite, und wie nach vielen 
und schweren Kämpfen Judas im Kriege den Tod fand, 
habe ich im vorhergehenden Buche berichtet. Nach 
Judas’ Ende nun fassten die Frevler und Gesetzesver- 
ächter wieder Mut und thaten den Juden allerwärts viel 
Schlimmes an. Dazu kam auch noch eine Hungersnot, 
die das Land schwer heimsuchte, sodass viele, weil sie 
am Notwendigsten Mangel litten und das doppelte Leid, 
Feinde und Hunger, nicht zu ertragen vermochten, zu 
den Macedoniern übergingen. Bakchides nämlich ver- 
sammelte alle Juden um sich, die von ihren väterlichen 
Gesetzen abgefallen waren und sich heidnischen Lebens- 
gewohnheiten zugewandt hatten, und übertrug ihnen die 
Verwaltung des Landes. Diese ergriffen die Anhänger 
und Freunde des Judas und lieferten sie dem Bakchides 
aus, der sie nach Herzenslust foltern und dann grausam 
umbringen liess. So traf die Juden ein Unheil, wie sie 
es seit der Rückkehr aus Babylon nicht mehr erfahren 
hatten. Als nun die wenigen, welche dem Judas noch 
treugeblieben waren , ihre Landsleute so elend um- 
kommen sahen, baten sie den Jonathas, er möge sich 
seinen Bruder Judas zum Vorbild nehmen, seinem Volke 
dieselbe Fürsorge widmen wie jener, der für des Vater- 
landes Freiheit sein Blut vergossen habe, und die Juden 
jetzt nicht ohne Führer lassen, da sie in höchster Ge- 
fahr schwebten. Jonathas entgegnete ihnen, er sei eben- 
falls bereit, für sie dem Tode zu trotzen, und da man 
glaubte, dass er seinem Bruder in nichts nachstehe, 
wurde er zum Führer der Juden erwählt. 

2. Als Bakchides das erfuhr, befürchtete er, Jonathas 
möchte dem Könige und den Macedoniern nicht weniger 



Dreizehntes Buch, 1 . Kapitel. 


131 


zu schaffen machen als sein Bruder Judas, und suchte 
ihn deshalb mit List aus dem Wege zu räumen. Diese 
seine Absicht blieb jedoch weder dem Jonathas noch 
dessen Bruder Simon verborgen. Sie sammelten daher 
auf die erste Kunde hiervon alle ihre Freunde und 
flohen eiligst in die vor der Stadt gelegene Wüste, wo 
sie bei der Cisterne Asphar ihren Aufenthalt nahmen. 
Als Bakchides erfuhr, dass sie in ihrer Schwäche und 
Mutlosigkeit sich an diesen Ort geflüchtet hatten, brach 
er mit seinen gesamten Truppen gegen sie auf, schlug 
jenseits des Jordan sein Lager auf und liess das Heer 
sich hier ausruhen. Jonathas hatte kaum von dem An- 
marsche des Bakchides Nachricht erhalten, als er seinen 
Bruder Joannes mit dem Beinamen Gaddes zu den ihm 
befreundeten nabataeischen Arabern schickte, um bei 
ihnen während des Krieges mit Bakchides die beweg- 
liche Habe in Sicherheit zu bringen. Als Joannes nun 
auf dem Wege zu den Nabatäern war, legten ihm die 
Söhne des Amaraeus aus der Stadt Medaba einen Hinter- 
halt, nahmen ihn samt seinen Begleitern gefangen, 
raubten alles, was jene bei sich hatten, und machten sie 
nieder. Doch erlitten sie hierfür die verdiente Strafe, 
wie ich gleich erzählen will. 

3. Unterdessen hatte Bakchides in Erfahrung ge- 
bracht, dass Jonathas in den Sümpfen am Jordan ein 
Lager aufgeschlagen habe. Er wartete also den Sabbat 
ab und rückte dann gegen ihn aus in dem Glauben, 
Jonathas werde an diesem Tage aus Achtung vor dem 
Gesetz den Kampf nicht wagen. Dieser aber sprach 
seinen Gefährten Mut ein und erklärte ihnen, sie seien 
mitten zwischen dem Feinde und dem Flusse derart ein- 
geschlossen, dass Fliehen ein Ding der Unmöglichkeit 
sei. Dann betete er zu Gott um den Sieg und griff die 
Feinde an. Viele von diesen waren schon gefallen, als 
er den Bakchides mit grossem Ungestüm auf sich zu- 
kommen sah. Rasch holte er zum Schlage aus, um ihn 
niederzustrecken. Bakchides jedoch sah den Streich 
kommen und wich ihm aus, und nun sprang Jonathas 



132 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


mit den Seinigen in den Fluss, schwamm hinüber und 
brachte sich jenseits des Jordan, wohin die Feinde noch 
nicht übergesetzt hatten, in Sicherheit. Bakchides aber 
zog sich sogleich in die Burg von Jerusalem zurück, 
nachdem er gegen zweitausend Mann von seinem Heere 
verloren hatte. Alsdann befestigte er viele Städte Judaeas, 
•deren Mauern zerstört waren, aufs neue, unter anderen 
Jericho, Emmaus, Bethoron, Bethella, Thamnatha, 
Pharathon, Tochoa und Gazara. In jeder dieser Städte 
•erbaute er Türme, umgab sie mit starken und gewaltigen 
Mauern und legte Besatzungen hinein, welche Ausfälle 
machen und die Juden beunruhigen sollten. Ganz be- 
sonders aber befestigte er die Burg von Jerusalem. Dann 
liess er sich die Söhne der Vornehmsten in Judaea 
als Geiseln geben und in der Burg gefangen setzen. 

4. Um diese Zeit ward dem Jonathas und seinem 
Bruder Simon gemeldet, die Söhne des Amaraeus feierten 
eine Hochzeit. Die Braut stamme aus der Stadt Gabatha 
und sei die Tochter eines vornehmen Arabers. Sie solle 
nun in glänzendem und prächtigem Brautzuge von dort 
abgeholt werden. Jonathas und Simon glaubten, dass 
jetzt eine Gelegenheit gekommen sei, ihren Bruder 
zu rächen, und brachen deshalb nach Medaba auf, wo 
sie in Schlupfwinkeln des Gebirges versteckt ihre Feinde 
erwarteten. Als sie dieselben mit der Braut, dem 
Bräutigam und einem ganzen Schwarm von Freunden, 
wie es bei Hochzeiten üblich ist, heranziehen sahen, 
sprangen sie plötzlich aus dem Hinterhalt hervor, brachten 
sämtliche Zugteilnehmer um, raubten den Brautschmuck 
und alle übrigen Kostbarkeiten, die jene bei sich hatten, 
und kehrten dann wieder heim. So nahmen sie an den 
Söhnen des Amaraeus Rache für die Ermordung ihres 
Bruders Joannes. Denn diese selbst und alle ihre Be 
gleiter nebst Frauen und Kindern , im ganzen gegen 
vierhundert Personen, verloren bei diesem Überfalle das 
Leben. 

5. Simon und Jonathas zogen nun wieder in die 
Niederungen am Jordan und blieben daselbst. Auch 




Dreizehntes Buch, 1 . Kapitel. ISS 

Bakchides begab sich, nachdem er ganz Judaea mit Be- 
satzungen versehen hatte, zum Könige zurück, sodas» 
zwei volle Jahre lang Friede herrschte. Als aber die 
Überläufer und Frevler sahen, dass Jonathas mit den 
Seinigen unter dem Schutze des Friedens ruhig im Lande 
lebte, Hessen sie den König Demetrius bitten, er möge 
den Bakchides senden und Jonathas gefangen nehmen 
lassen. Denn das werde nicht schwer fallen, und man 
könne, wenn man Jonathas unvermutet angreife, ihn. 
samt seinen Anhängern in einer Nacht überwältigen. 
Der König sandte auch wirklich den Bakchides ab, unck 
als dieser nach Judaea kam, schrieb er sogleich an alte 
seine Freunde sowohl unter den Juden als unter de» 
Bundesgenossen, sie sollten auf Jonathas fahnden und 
ihn gefangen einliefern. Da es aber trotz aller Mühe 
niemand gelang, des Jonathas habhaft zu werden (dieser 
hatte nämlich die Nachstellungen gemerkt und war auf 
seiner Hut), geriet Bakchides gegen die Überläufer, dte 
seiner Meinung nach ihn und den König zum beste» 
halten wollten, in Zorn und liess gegen fünfzig vom 
ihren Vornehmen ergreifen und niedermachen. Jonathan 
dagegen zog sich mit seinem Bruder und seinen An- 
hängern aus Furcht vor Bakchides nach Bethalaga,. 
einem Dorf in der Wüste, zurück, baute daselbst Türme- 
und Kingmauern und sicherte sich vor Überfällen. Als 
Bakchides hiervon Kunde erhielt, zog er mit den Truppen,, 
die ihm damals zu Gebote standen, sowie mit den ihm 
verbündeten Juden gegen Jonathas, rückte an dte 
Festung heran und belagerte sie viele Tage lang. 
Jonathas aber liess sich durch das Ungestüm der Be- 
lagerer nicht einschüchtern, sondern leistete zunächst 
tapferen Widerstand. Sodann liess er seinen Bruder 
Simon in der Stadt zurück, um den Kampf gegen Bak- 
chides fortzusetzen, während er selbst heimlich sich 
hinausschlich, unter seinen Anhängern eine zahlreiche 
Schar zusammenbrachte, bei Nacht in des Bakchides 
Lager einbrach und dort so wütete, dass der Angriff’ 
auch seinem Bruder bemerklich wurde. Dieser machte 



134 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


nun, als er das Blutbad unter den Feinden wahrnahm, 
■einen Ausfall, steckte die Belagerungsmaschinen der 
Macedonier in Brand und hieh viele von ihnen nieder. 
Als Bakchides sich vorn wie hinten von Feinden be- 
-drängt sah, geriet er in Verzweiflung und Bestürzung, 
weil er einen solchen Verlauf der Belagerung nicht er- 
wartet hatte. Dafür liess er seine Wut an den Über- 
läufern, die seine Sendung vom Könige begehrt hatten, 
aus, weil sie ihn hintergangen hätten, und gedachte 
ehestens nach Hause zurückzukehren, wenn es ihm ge- 
lingen würde, die Belagerung in Ehren zu beendigen. 

6. Als Jonathas diese seine Absicht merkte, liess er 
ihm durch Gesandte Frieden und Freundschaft anbieten 
unter der Bedingung, dass die beiderseitigen Gefangenen 
ausgewechselt würden. Bakchides, der sich auf keine 
ehrenvollere Art hätte aus der Klemme ziehen können, 
nahm das Anerbieten an und schloss Freundschaft mit 
Jonathas, wobei sie noch gegenseitig sich das eidliche 
Versprechen gaben, dass fortan keiner von ihnen gegen 
den anderen die Waffen ergreifen solle. Nachdem 
dann die Gefangenen ausgewechselt waren , begab sich 
Bakchides nach Antiochia zum Könige zurück und griff 
in der Folge auch wirklich Judaea nicht mehr an. 
Jonathas, der sich nun sicher fühlte, nahm seinen Wohn- 
sitz in der Stadt Machma, wo er dem Volke Recht 
sprach , die Gottlosen und Frevler zum Tode ver- 
urteilte und so das Land von diesem Schandfleck 
xeinigte. 



Dreizehntes Buch, 2. Kapitel. 


135 


Zweites Kap.itel. 

Wie Alexander den Demetrius mit Krieg überzog, dem 
Jonathas reiche Geschenke machte und ihn durch Ver- 
leihung der Hohepriesterwürde auf seine Seite zog, 
obgleich Demetrius noch reichere Geschenke ver- 
sprach. Des Demetrius Tod. 

1. Im einhundertsechzigsten Jahre (seleukidischer 
Zeitrechnung) kehrte Alexander, der Sohn des Antiochus 
Epiphanes, nach Syrien zurück und nahm Ptolemais in- 
folge des Verrates der Besatzung ein, die gegen Deme- 
trius wegen seines Stolzes und seiner Unzugänglichkeit 
aufgebracht war. Demetrius schloss sich nämlich in eine 
Burg mit vier Türmen ein, welche er in der Nähe von 
Antiochia erbaut hatte, liess niemand vor und betrieb 
auch die Regierungsgeschäfte nachlässig und mangel- 
haft. Dadurch zog er sich den Hass seiner Unterthanen 
noch um so mehr zu, wie ich dies anderwärts schon be- 
richtethabe. Als nun Demetrius vernahm, dass Alexander 
sich in Ptolemais befinde, zog er mit allen seinen Truppen 
gegen ihn aus und schickte zugleich Gesandte an Jona- 
thas, um sich seiner Bundesgenossenschaft und Treue 
zu versichern. Er beabsichtigte damit dem Alexander 
zuvorzukommen * und zu bewirken, dass dieser nicht 
schon früher die Hilfe des Jonathas erlange, um so mehr, 
als er befürchten musste, dass Jonathas im Andenken 
an die ihm einst zugefügten Unbilden mit seinem Feinde 
gemeinschaftliche Sache machen möchte. Er trug ihm 
•deshalb auf, eine Aushebung zu veranstalten und Waffen 
bereit zu machen, wofür er dann die Geiseln zurück- 
erhalten solle, die Bakchides in der Burg zu Jerusalem 
in Gewahrsam gebracht hatte. Sobald dem Jonathas 
dieser Auftrag zugegangen war, kam er nach Jerusalem 
und las das Schreiben des Königs dem Volke wie der 
Besatzung vor. Da gerieten die Frevler und Überläufer 
in Schrecken, als sie hörten, dass der König ihm ge- 
stattet habe, ein Heer zu sammeln und die Geiseln zu 




136 


Josephus’ Jttdische Altertümer. 


befreien. Die letzteren gab Jonathas nun sämtlich 
ihren Angehörigen wieder, und da er sich jetzt wieder 
als Herrn von Jerusalem betrachtete, erneuerte er die 
Stadt und richtete alles nach seinem Gutdünken ein. 
Auch befahl er, die Stadtmauer aus Quadersteinen auf- 
zuführen, damit sie dem Feinde mehr Widerstand leisten 
könne. Als dies die Besatzungen in den festen Plätzen 
Judaeas merkten , verliessen sie sämtlich ihre Posten 
und flohen nach Antiochia, mit Ausnahme der Be- 
satzung Bethsuras und derjenigen der Burg von Jeru- 
salem. Denn diese bestanden grösstenteils aus jüdischen 
Überläufern, die sich nicht getrauten, die Festungen zu 
verlassen. 

2. Als Alexander von den Versprechungen Nachricht 
erhielt, die Demetrius dem Jonathas gemacht, und zu- 
gleich erfuhr, welch ein vortrefflicher Mann dieser sei, 
wie viel Schaden er den Macedoniern schon im Kriege 
gethan und was er von Demetrius und dessen Heer- 
führer Bakchides habe leiden müssen, erklärte er 
seinen freunden, er könne sich augenblicklich keinen 
besseren Bundesgenossen wünschen als Jonathas, der 
nicht nur ein Held im Kriege sei, sondern auch grim- 
migen Hass gegen Demetrius hege, da er so viel 
Schlimmes von ihm habe erfahren müssen. Wenn es ihnen 
also ratsam erscheine, den Jonathas sich zum Freunde 
und von Demetrius abspenstig zu machen, so sei wohl 
jetzt die beste Zeit dazu. Da dies allseitig für zweck- 
mässig erachtet wurde, schrieb er an Jonathas folgenden 
Brief: „Der König Alexander entbietet seinem Bruder 
Jonathas besten Gruss. Schon längst haben wir von 
deiner Zuverlässigkeit und Tapferkeit gehört und schicken 
deshalb Gesandte an dich, um mit dir Freundschaft und 
Bündnis zu schliessen. Weiterhin ernennen wir dich 
heute zum Hohepriester der Juden und nehmen dich in 
die Reihe unserer persönlichen Freunde auf. Als Ge- 
schenke senden wir dir ein Purpurkleid und eine goldene 
Krone und bitten dich, uns ebenso in Ehren zu halten, 
wie wir dich.‘* 




Dreizehntes Buch, 2. Kapitel. 


137 


3. Nach Empfang dieses Briefes legte Jonathas, weil 
gerade Laubhüttenfest war, das hohepriesterliehe Ge- 
wand an, vier Jahre nach dem Tode seines Bruders 
Judas, während welcher Zeit das Amt unbesetzt ge- 
blieben war. Hierauf zog er ein grosses Heer zusammen 
und liess eine Menge Waffen anfertigen. Die Nachricht 
hiervon verdross den Demetrius sehr, und er warf sich 
seine Langsamkeit vor, dass er nicht dem Alexander 
zuvorgekommen sei und den Jonathas durch grössere 
Gefälligkeit sich geneigt gemacht, sondern seinem Gegner 
Zeit dazu gelassen habe. Dennoch entschloss er sich, 
an Jonathas und das Volk einen Brief folgenden In- 
halts zu schreiben : „Der König Demetrius entbietet dem 
Jonathas und dem Volke der Juden seinen Gruss. Weil 
ihr die mit uns eingegangene Freundschaft gehalten und 
den Lockungen unserer Feinde kein Gehör gegeben habt, 
zolle ich dieser eurer Treue alles Lob und bitte euch, 
dabei zu verharren, wofür ich euch den wärmsten Dank 
erstatten werde. Ich werde euch nämlich zum grössten 
Teile von den Steuern und Abgaben befreien , die ihr 
meinen Vorgängern und mir bisher bezahlt habt. Für 
jetzt erlasse ich euch die regelmässigen Steuern, ver- 
zichte ferner auf den Preis des Salzes 1 und der Kronen, 2 
die ihr uns darzubringen pflegt, und schenke euch von 
jetzt an auch das Drittel des Getreides und die Hälfte 
der Baumfrüchte, die mir zustehen. Ferner erlasse ich 
euch für alle Zeiten die Kopfsteuer, die mir von jedem 
Einwohner Judaeas und der drei angrenzenden Pro- 
vinzen Samaria, Galilaeä und Peraea bisher zu ent- 
richten war. Die Stadt Jerusalem erkläre ich für heilig 
und unverletzlich, und ihren ganzen Bezirk befreie ich 
vom Zehnten und sonstigen Abgaben. Die Burg der 


1 Josephus meint hier den Preis, den die Juden für das in den 
Salinen Judaeas entnommene Salz bezahlen mussten. 

• Die Juden pflegten den syrischen Königen jedes Jahr eine 
goldene Krone darzubringen ; das zu diesen Kronen verwendete 
oder an deren Stelle entrichtete Gold hiess Krongold. 


Go gle 




138 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Stadt trete ich an euren Hohepriester Jonathas ab, 
welcher eine Besatzung hineinlegen kann, die er selbst 
für zuverlässig hält, damit die Burg für mich erhalten 
bleibt. Alle Juden , die als Kriegsgefangene unter uns 
leben, lasse ich frei. Ferner verordne ich, dass die Zug- 
tiere der Juden nicht mehr zu Frondiensten heran- 
gezogen werden dürfen, und dass an Sabbaten und 
allen übrigen Festtagen sowie an den drei denselben 
vorhergehenden Tagen überhaupt keine Dienstleistungen 
mehr zu fordern sind. Imgleichen erkläre ich auch die 
in meinem Reiche lebenden Juden für frei und will, 
dass sie in keiner Weise mehr behelligt werden. Wer 
mit mir zu Felde ziehen will, mag das thun, bis die Zahl 
dreissigtausend voll ist. Diese Krieger sollen überall 
denselben Sold erhalten, wie meine eigenen Soldaten. 
Ich werde dieselben teils als Besatzungen verwenden, 
teils in meine Leibwache aufnehmen, teils sie auch zu 
Anführern der in meiner Residenz stehenden Truppen 
ernennen. Ich gestatte ihnen, nach den Gesetzen ihres 
Landes zu leben und dieselben zu beobachten, und will 
ferner, dass in den drei an Judaea angrenzenden Statt- 
halterschaften dieselben Gesetze Geltung haben sollen. 
Der Hohepriester hat dafür zu sorgen, dass kein Jude einen 
anderen Tempel zu seinem Gottesdienste benutzt, als den 
zu Jerusalem. Aus meinem Schatze gebe ich jährlich 
zur Bestreitung der Opferkosten hundertfünfzigtausend 
Drachmen und lasse euch alles überschiessende Geld zu 
beliebiger Verwendung. Die zehntausend Drachmen 
aber, welche die Könige sonst aus der Tempelkasse er- 
hielten, erlasse ich euch und bestimme, dass sie den 
Priestern zukommen sollen , die den Gottesdienst im 
Tempel besorgen. Jeder, der in den Tempel zu Jeru- 
salem oder in dessen Bezirk flüchtet, mag er nun Steuern 
schuldig oder sonst mit einer Zahlung im Rückstände 
sein, soll in seinem Besitz unangetastet bleiben. Ich 
gestatte endlich, dass der Tempel erneuert und ausgebaut 
werde, und weise die Kosten dazu aus meiner Kasse an. 
Auch die Stadtmauern sollen wieder aufgebaut und mit 




Dreizehntes Buch, 3. Kapitel. 


139 


hohen Türmen versehen werden, und zwar alles auf 
meine Kosten. Ist noch ein Platz da, dessen Be- 
festigung dem Lande der Juden erspriesslich sein kann, 
so sollen auch diese Arbeiten auf meine Kasse über- 
nommen werden.“ 

4. In dieser Weise schrieb Demetrius an die Juden, um 
sie für sich zu gewinnen. Alexander aber hatte unter- 
dessen ein grosses Heer von Söldnern und den aus 
Syrien zu ihm übergegangenen Kriegern zusammen- 
gebracht und zog gegen Demetrius zu Felde. Als es 
zur Schlacht kam, trieb der linke Flügel der Truppen 
des Demetrius die ihm entgegenstehende Abteilung in 
die Flucht, verfolgte sie geraume Zeit, machte eine 
Menge nieder und plünderte das Lager, während der 
rechte Flügel, auf dem Demetrius selbst sich befand, 
geworfen wurde. Hier löste sich alles in wilder Flucht 
auf, und nur Demetrius stritt wacker, tötete eine Anzahl 
Feinde und setzte den übrigen nach, geriet aber hierbei 
mit seinem Pferde in einen tiefen Morast, aus dem er, 
weil das Tier stürzte, nicht entkommen konnte. Das 
war sein Verderben. Die Feinde nämlich hatten kaum 
den ihm zugestossenen Unfall bemerkt, als sie ihn um- 
zingelten und mit Speer würfen überschütteten. Dennoch 
kämpfte er wacker zu Fuss weiter, musste aber endlich 
erliegen, da er mit Wunden bedeckt war und vor Er- 
schöpfung keinen Widerstand mehr leisten konnte. So 
schied Demetrius nach elfjähriger Regierung aus dem 
Leben, wie ich schon anderswo berichtet habe. 


Drittes Kapitel. 

Freundschaft zwischen Onias und Ptolemaeus Philometor. 
Wie Onias in Aegypten einen Tempel nach dem Muster des 
zu Jerusalem befindlichen erbaute. 

1. Als der Sohn des Hohepriesters Onias, der den- 
selben Namen wie sein Vater führte und in Alexandria 
als Flüchtling bei dem Könige Ptolemaeus Philometor 



140 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


lebte (wie ich schon oben erwähnt habe), die Bedrängung 
der Juden durch die Macedonier und deren Könige er- 
fuhr, wollte er sich unsterblichen Ruhm und ein dauernde» 
Andenken sichern und beschloss daher, den König 
Ptolemaeus und die Königin Kleopatra brieflich zu 
bitten , dass sie ihm erlauben möchten , in Aegypten 
einen Tempel nach dem Vorbilde des zu Jerusalem be- 
findlichen zu bauen und an demselben Leviten und 
Priester aus seinem Geschlechte anzustellen. Hierzu 
wurde er gedrängt durch die Verkündigung des Sehers 
Esafas, der mehr als sechshundert Jahre früher gelebt 
und vorhergesagt hatte, es werde dereinst in Aegypten 
dem höchsten Gotte von einem Juden ein Tempel er- 
richtet werden . 1 Onias schrieb also im Vertrauen auf 
diese Prophezeiung an Ptolemaeaus und Kleopatra 
folgenden Brief: „Nachdem ich mit Gottes Hilfe euch 
während des Krieges von grossem Nutzen gewesen bin, 
sowie nach Coelesyrien und Phoenicien mich begeben 
habe und zu den Juden von Leontopolis im Bezirke 
Heliopolis und an anderen Orten gekommen bin, wo ich 
bemerkt habe, dass viele von ihnen gegen die Vorschrift 
einen Tempel besitzen und deswegen in stetem Zanke 
leben, wie es ja auch den Aegyptiern wegen der Menge 
ihrer Tempel und der Verschiedenheit ihres Gottes- 
dienstes ergeht, habe ich in einem der Göttin Bubastis 
geweihten Bezirke ein mit allerlei Gehölz bewachsenes 
und mit heiligen Tieren gefülltes Heiligtum gefunden. 
Ich bitte dich nun, du wollest mir dieses Heiligtum, 
das keiner besonderen Gottheit geweiht und im Verfall 
begriffen ist, überlassen, damit ich es reinigen und zu 
einem Tempel des höchsten Gottes nach dem Muster 
und in den Massen des Tempels zu Jerusalem für dich, 
deine Gattin und deine Kinder umbauen kann. Da- 
durch würden die in Aegypten wohnenden Juden zu 
einträchtigen Zusammenkünften veranlasst werden und 
dir desto mehr ergeben sein. Denn unser Prophet 


1 Jesaias 19, 18. 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 3. Kapitel. 


141 


Esa'ias hat geweissagt, es werde in Aegypten ein Altar 
erstehen, der Gott dem Herrn geweiht sei, und er hat 
an dieser Stelle auch noch andere darauf bezügliche 
Andeutungen gemacht.“ 

2. Aus dem hierauf an Onias gerichteten Antwort- 
schreiben des Königs kann man so recht die Frömmig- 
keit des Ptolemaeus und seiner Gattin und Schwester 
Kleopatra erkennen. Sie Hessen nämlich die Sünde 
und Gesetzesübertretung auf Onias’ Haupt fallen, indem 
sie ihm folgendes schrieben: „Der König Ptolemaeus 
und die Königin Kleopatra entbieten dem Onias ihren 
Gruss. Wir haben deine Bittschrift gelesen, in welcher 
du die Erlaubnis begehrst, den bei Leontopolis im Be- 
zirke Heliopolis gelegenen zerfallenen, der Feidgöttin 
Bubastis geweihten Tempel wiederherzustellen. Wir 
müssen uns darüber verwundern, dass Gott ein Tempel 
angenehm sein könnte, der auf einer so unreinen und mit 
heiligen Tieren angefüllten Stelle erbaut werden soll. 
Da du aber sagst, es sei dies schon vor langer Zeit 
von dem Seher Esai'as vorhergesagt worden, so wollen 
wir dir die Erlaubnis geben, aber unter der ausdrück- 
lichen Erklärung, dass nicht wir es sind, die sich damit 
gegen Gott versündigen.“ 

3. Als Onias so den Platz erhalten hatte, baute er 
Gott einen Tempel und einen Altar nach dem Vorbilde 
des zu Jerusalem befindlichen, jedoch kleiner und ärm- 
licher. Die Masse und die innere Ausstattung habe ich 
nicht für nötig gehalten hier anzuführen, weil ich im 
siebenten Buche des „Jüdischen Krieges“ darüber be- 
richtet habe. Onias aber fand eine Anzahl Juden, 
welche wie er dachten, und auch Priester und Leviten, 
die den Gottesdienst in jenem Tempel einrichteten. Doch 
hiermit genug von diesem Tempel. 

4. In Alexandria brach zwischen den Juden und 
den Samaritern, welch letztere ihren Gottesdienst nach 
dem Ritus des auf dem Berge Garizin zu Alexanders 
Zeiten erbauten Tempels hielten, Streit aus, der so er- 
bittert war dass man die Entscheidung der Tempel- 



142 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


frage schliesslich dem Ptolemaeus unterbreitete. Die 
Juden behaupteten, der nach dem Gesetze des Moyses 
erbaute Tempel sei der zu Jerusalem, die Samariter da- 
gegen, der auf Garizin. Sie gingen daher den König 
an, er möge diese Angelegenheit mit seinen Räten prüfen 
und die Unterliegenden mit dem Tode bestrafen. Für 
die Samariter sprachen Sabbaeus und Theodosius , für 
Jerusalem und die Juden aber Andronikus, der Sohn 
des Me8salamus. Diese schwuren bei Gott und dem 
Könige, ihre Sache streng gesetzmässig zu führen, und 
ersuchten den Ptolemaeus, den mit dem Tode zu be- 
strafen, der auf der Verletzung des Eides ertappt würde. 
Der König setzte sich also mit einer nicht geringen An- 
zahl seiner Räte zu Gericht, um zunächst die Sachwalter 
zu hören. Die alexandfinischen Juden nun waren in 
grosser Angst um die, welche das Recht des Tempels zu 
Jerusalem verteidigen sollten, da sie es wohl kaum 
hätten verwinden können, wenn das Ansehen des schon 
so alten und berühmtesten Tempels der Welt erschüttert 
werden sollte. Sabbaeus und Theodosius Hessen dem 
Andronikus zuerst das Wort geben. Dieser stützte sich 
auf das Gesetz und zeigte an der Folge der Hohepriester, 
wie jeder derselben nach seinem Vater die Würde er- 
halten und den Vorstand des Tempels gebildet habe, 
und wie alle Könige Asiens den Tempel durch kostbare 
Weihgeschenke und Gaben bereichert hätten, während 
von dem Tempel auf Garizin niemand spreche noch 
sich um ihn kümmere, als sei er überhaupt nicht vor- 
handen. Durch solche und ähnliche Beweise überzeugte 
Andronikus den König, sodass dieser die Entscheidung 
traf, der Tempel zu Jerusalem sei als im Sinne des 
Moyses erbaut zu betrachten, und es hätten demgemäss 
Sabbaeus und Theodosius den Tod verwirkt. Das 
waren die Erlebnisse der Juden zu Alexandria unter 
Ptolemaeus Philometor. 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 4. Kapitel. 


148 


Viertes Kapitel. 

Wie Alexander den Jonathas höchst ehrenvoll behandelte, 
und wie des Demetrius Sohn Demetrius den Alexander 
überwand und mit Jonathas Preundschaft schloss. 

- 1. Als Demetrius, wie oben gesagt, in der Schlacht 

ums Leben gekommen war, trat Alexander die Regierung 
von Syrien an und schrieb an Ptolemaeus Philometor, 
er möge ihm die Hand seiner Tochter geben. Denn es 
sei jetzt billig, dass er ihn seiner Verwandtschaft 
würdige, da er das Reich seines Vaters wieder erobert 
habe, durch Gottes Fügung nach Überwindung des 
Demetrius auf dessen Thron gelangt sei und sich auch 
in Zukunft seiner Verwandtschaft nicht unwert zu 
machen gedenke. Ptolemaeus war mit seiner Werbung 
einverstanden und schrieb zurück, er freue sich, dass 
Alexander die Herrschaft seines Vaters wiedererlangt 
habe. Seine Tochter wolle er ihm geben, und er möge 
ihm bis Ptolema'is, wohin er sie geleiten und wo er sie 
ihm vermählen wolle, entgegenkomraen. Nach Ab- 
sendung dieses Schreibens begab sich Ptolemaeus alsbald 
mit seiner Tochter Kleopatra nach Ptolema'is. Und da 
er hier den Alexander, der ihm seinem Schreiben ge- 
mäss entgegengezogen war, schon vorfand, gab er ihm 
seine Tochter zur Ehe und stattete sie mit reicher Mit- 
gift an Gold und Silber aus, wie es einem Könige ge- 
ziemt. 

2. Als die Hochzeit zu Ende war, schrieb Alexander 
an den Hohepriester Jonathas und ersuchte ihn, nach 
Ptolema'is zu kommen. Dieser begab sich darauf mit 
herrlichen Geschenken zu den Königen und fand bei 
beiden die ehrenvollste Aufnahme. Alexander nötigte 
ihn, sein Gewand abzulegen und Purpur anzuziehen, 
liess ihn neben sich auf dem Throne Platz nehmen und 
befahl seinen Grossen, ihn mitten durch die Stadt zu 
geleiten und zu verkündigen, niemand dürfe etwas gegen 
ihn Vorbringen oder ihn irgendwie belästigen. Als nun 




144 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


die, welche in feindseliger Gesinnung gekommen waren, 
um ihn anzuklagen, sahen, wie der König ihn ehrte, 
machten sie sich aus Furcht, es könne ihnen schlecht 
ergehen, davon. Alexander war übrigens von solchem 
Wohlwollen für Jonathas durchdrungen, dass er ihn als 
den ersten seiner Freunde aufzeichnen liess. 

3. Im hundertfünfundsechzigsten Jahre (seleukidischer 
Aera) brach Demetrius, der Sohn des ersten Demetrius, 
mit einer Menge Söldner, die der Kreter Lasthenes ihm 
zugeführt hatte, von Kreta auf und setzte nach Cilicien 
über. Diese Nachricht erschreckte den Alexander aufs 
äusserste, und er eilte sogleich aus Phoenicien nach 
Antiochia, um dort vor des Demetrius Ankunft alles 
in Sicherheit zu bringen. Als Statthalter von Coele- 
syrien liess er den Daus Apollonius zurück, der alsbald 
mit einem grossen Heere nach Jamnia zog und dem 
Hohepriester Jonathas sagen liess, es sei unrecht, dass 
er allein für sich in Ruhe dahinlebe, ohne dem Könige 
unterworfen zu sein. Ihm selbst werde es allseitig- zum 
Vorwürfe gemacht, dass er ihn nicht unter des Königs 
Botmässigkeit bringe. Er möge daher nicht, so lange er 
im Gebirge sitze, sich selbst täuschen und Wunders 
glauben, wie mächtig er sei. Habe er Vertrauen auf 
seine Stärke, so solle er in die Ebene herabsteigen und 
sich mit seinen Kriegern messen. Dann müsse es sich 
zeigen, wer der Tapferste sei und den Sieg erringen 
werde. Doch solle er wissen, dass die Wackersten aus 
jeder Stadt sich in den Reihen seiner Krieger befänden, 
welche des Jonathas’ Vorfahren stets überwunden 
hätten. Übrigens möge er an einer Stelle ihm gegen- 
übertreten, wo mit Waffen, nicht mit Steinen gekämpft 
werde, und wo es für den Besiegten keine Schlupf- 
winkel gebe. 

4. Über diese Herausforderung entrüstet, rückte 
Jonathas mit zehntausend auserlesenen Kämpfern und 
mit Unterstützung seines Bruders Simon aus Jerusalem 
aus und kam nach Joppe, wo er ausserhalb der Stadt 
«in Lager schlagen liess, da die Joppener vor ihm die 



Dreizehntes Buch, 4. Kapitel. 


145 


Thore schlossen. Es befand sich nämlich in der Stadt 
eine von Apollonius dorthin gelegte Besatzung. Als 
aber Jonathas sich zur Belagerung anschickte, fürchteten 
die Bürger, er möchte die Stadt stürmen, und öffneten 
ihm die Thore. Apollonius hatte kaum vernommen, 
dass Joppe in der Gewalt des Jonathas sei, als er mit 
dreitausend Heitern und achttausend Fusssoldaten nach 
Azot eilte und von da aus still und langsam Schritt vor 
Schritt weiterzog. Vor Joppe angelangt, lockte er durch 
verstellten Rückzug den Jonathas in die Ebene, voll 
Vertrauen auf seine Reiterei. Jonathas rückte aus und 
verfolgte den Apollonius bis Azot. Sobald aber 
Apollonius seinen Feind ganz in der Ebene hatte, 
machte er kehrt und griff ihn an. Obgleich nun 
Jonathas die Nachricht erhielt, Apollonius habe bei 
einem Bache tausend Reiter in den Hinterhalt gelegt, 
um ihm in den Rücken zu fallen, geriet er nicht im 
mindesten in Verwirrung, sondern liess seine Truppen ein 
Viereck bilden und sich derart zur Schlacht aufstellen, 
dass sie sowohl einem Angriff von vorn wie von hinten 
begegnen konnten J Dann ermahnte er sie, mannhaften 
Widerstand zu leisten. Während nun die Schlacht sich 
bis zum Abend hinzog, üb ergab { Jonathas einen Teil des 
Heeres seinem Bruder Simon und hiess ihn in die feind- 
lichen Reihen einbrechen , während er selbst seinen 
Kriegern befahl, die Schilde aneinander zu schliessen 
und so die feindlichen Geschosse aufzufangen. Diese 
thaten sogleich, wie ihnen befohlen war. Die feind- 
lichen Reiter aber schleuderten nun ihre Speere, bis sie 
deren keine mehr hatten, ohne zu treffen. Denn die 
Geschosse konnten ja die Krieger nicht erreichen, weil 
sie von den dicht aneinander geschlossenen Schilden ab- 
prallten und so mit Leichtigkeit unschädlich gemacht 
wurden. Als sich nun die Feinde vom Morgen bis zum 
Abend müde geschleudert hatten, stürmte Simon, der 
ihre Erschöpfung bemerkte, auf ihre Reihen ein, und es 
gelang seinen heldenhaft streitenden Soldaten, sie zu 
werfen. Sobald die Reiter die Flucht der Fusssoldaten 

Joaepbns’ jüdische Altertümer, II. 1 0 


Go gle 



146 


Joseplius’ Jüdische Altertümer. 


merkten , hielten auch sie nicht mehr stand , sondern 
flohen, da sie durch den langen Kampf ermattet waren 
und vom Fussvolke nichts mehr zu hoffen stand, in 
wildem Durcheinander davon , sodass sie in der ganzen 
Ebene zerstreut wurden. Jonathas setzte ihnen bis Azot 
nach, machte viele nieder und zwang die übrigen, sich 
in den zu Azot befindlichen Dagontempel zurückzuziehen. 
Darauf nahm er die Stadt im Sturm und äscherte sie 
samt den umliegenden Dörfern ein. Auch den Tempel 
des Dagon verschonte er nicht, sondern verbrannte ihn 
samt denen, die sich dort eingeschlossen hatten. Die 
Zahl der in der Schlacht und durch Feuer um- 
gekommenen Feinde betrug insgesamt achttausend Mann. 
Nachdem er in dieser Weise über ein so gewaltiges 
Heer gesiegt hatte, brach Jonathas von Azot auf und 
marschierte gegen Askalon, wo er vor der Stadt sein 
Lager errichtete. Die Askaloniter aber kamen ihm ent- 
gegen, brachten ihm Gastgeschenke und erwiesen ihm 
alle Ehre. Nachdem er sie wegen ihrer Unterwerfung 
belobt hatte, zog er mit reicher Beute nach Jerusalem 
zurück. Als Alexander von der Niederlage seines Heer- 
führers Apollonius Nachricht erhielt, stellte er sich 
darüber erfreut, weil Apollonius gegen seinen Willen 
den Jonathas angegriffen habe, der ihm befreundet und 
verbündet sei. Dem letzteren aber schickte er zur Er- 
härtung dessen und als Ehrengeschenk eine goldene 
Armspange, wie sie sonst nur Verwandte von Königen 
erhalten, und überwies ihm Akkaron sowie dessen Bezirk 
als erbliches Eigentum. 

5. Um diese Zeit kam auch Ptolemaeus Philometor 
mit einer Flotte und einem Landheere nach Syrien, um 
Alexander Hilfe zu leisten, dessen Schwiegervater er 
war. Auf Alexanders Befehl nahmen ihn alle Städte 
bereitwillig auf und gaben ihm bis Azot das Geleit, wo 
er mit allgemeinem Wehgeschrei über die Einäscherung 
des Dagontempels empfangen wurde. Die Einwohner 
klagten den Jonathas an, dass er den Tempel zerstört, 
das Land mit Feuer und Schwert verwüstet und so 



Dreizehntes Buch, 4 . Kapitel. 


147 


viele der Ihrigen getötet habe. Ptolemaeus hörte diese 
Klagen an und schwieg dazu. Jonathas aber kam ihm 
bis Joppe entgegen, erhielt von ihm herrliche Geschenke 
und die höchsten Ehrenbezeugungen, begleitete ihn dann 
bis zum Flusse Eleutherus und begab sich darauf wieder 
nach Jerusalem zurück. 

6. Als Ptolemaeus nach Ptolemais gekommen war, 
wäre er beinahe ums Leben gekommen, weil Alexander 
ihm durch seinen Freund Ammonius Nachstellungen 
bereitete. Doch die Sache kam heraus, und Ptolemaeus 
schrieb an Alexander einen Brief, in welchem er die 
Auslieferung des Ammonius verlangte, weil dieser ihm 
nachgestellt und Strafe verdient habe. Als aber Alexander 
die Auslieferung verweigerte, merkte Ptolemaeus, dass er 
der eigentliche Anstifter des Anschlages sei und geriet 
in heftigen Zorn gegen ihn. Alexander hatte sich 
übrigens auch den Antiochenern schon früher wegen 
des Ammonius verhasst gemacht. Von diesen erhielt 
Ammonius jetzt die gebührende Strafe für seine Frevel- 
thaten, indem er auf schimpfliche Weise in Weiber- 
kleidern umgebracht wurde. Er hatte sich nämlich, wie 
ich schon anderswo berichtete, in Weiberkleidern un- 
kenntlich zu machen gesucht. 

7. Ptolemaeus ärgerte sich nun darüber, dass er seine 
Tochter dem Alexander vermählt und mit ihm gegen 
Demetrius sich verbündet hatte. Er machte deshalb der 
Verwandtschaft mit Alexander ein Ende, indem er seine 
Tochter heimholen liess. Dann schickte er sogleich Ge- 
sandte an Demetrius, um mit ihm Frieden und Freund- 
schaft zu schliessen, und liess ihm versprechen, er werde 
ihm seine Tochter zur Ehe geben und ihn in die Herr- 
schaft seines Vaters wieder einsetzen. Demetrius ging 
hierauf mit Freuden ein und schloss das Bündnis sowohl 
wie auch die Ehe. Jetzt blieb dem Ptolemaeus nur 
noch übrig, die Antiochener, welche sich dem Demetrius 
wegen der ihnen von seinem Vater zugefügten Unbilden 
stets feindselig erzeigt hatten, zu seiner Aufnahme zu 
bewegen. Aber auch das brachte er fertig. Die 



148 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Antiochener nämlich hassten den Alexander wegen des 
Ammonius, wie oben erwähnt, und hatten ihn deswegen 
aus Antiochia vertrieben, von wo er sich nach Cilicien 
begab. Als nun Ptolemaeus nach Antiochia kam, riefen 
Bürger und Heer ihn zum Könige aus, sodass er ge- 
nötigt war, sich zwei Kronen aufs Haupt zu setzen, die 
eine von Asien, die andere von Aegypten. Er war aber 
von Natur gutmütig, gerecht und nicht begierig nach 
fremdem Besitz, und da er wohl vorhersah, was in Zu- 
kunft daraus erfolgen würde, beschloss er, um den 
Römern keinen Anlass zum Neide zu geben, auf die 
Herrschaft zu verzichten. Er berief daher die 
Antiochener zusammen und schlug ihnen vor, den De- 
metrius aufzunehmen, indem er ihnen sagte, derselbe 
werde, wenn er ihnen so viel zu danken habe, um seines 
Vaters willen ihnen nichts zuleide thun. Er selbst 
wolle ihm übrigens Lehrer und Führer sein und nicht 
zugeben, dass er etwas Böses zur Ausführung bringe. 
Was ihn angehe, so sei er mit der Herrschaft über 
Aegypten zufrieden. Durch diese Rede bewog er die 
Antiochener, den Demetrius aufzunehmen. 

8. Unterdessen rückte Alexander mit einem grossen 
Heere und entsprechendem Tross aus Cilicien nach 
Syrien und verwüstete das Gebiet der Antiochener durch 
Raub und Brand. Ptolemaeus zog mit seinem Schwieger- 
söhne Demetrius (denn er hatte diesem inzwischen seine 
Tochter zur Ehe gegeben) gegen ihn zu Felde, besiegte 
ihn und schlug ihn in die Flucht, sodass er sich nach 
Arabien wenden musste. In der Schlacht geschah es, 
dass des Ptolemaeus Pferd, durch [das Brüllen eines 
Elefanten scheu gemacht, seinen Reiter abwarf. Als die 
Feinde dies bemerkten, drangen sie auf den König ein, 
verwundeten ihn vielfach am Kopfe und Hessen ihn wie 
tot liegen. Seine Trabanten entrissen ihn zwar den 
Händen der Feinde, doch war er so schwach, dass er 
vier Tage lang weder Besinnung hatte noch sprechen 
konnte. Unterdessen sandte der arabische Fürst Zabel us 
dem Ptolemaeus das vom Rumpfe getrennte Haupt 



Dreizehntes Bach, 4. Kapitel. 


149 


Alexanders. Als nun Ptolemaeus am fünften Tage 
etwas zur Besinnung kam, war ihm die Nachricht von 
Alexanders Tod und der Anblick des Hauptes eine 
höchst angenehme Ohren- und Augenweide. Bald darauf 
aber beschloss auch er, erfreut über Alexanders Unter- 
gang, sein Leben. Alexander hatte fünf Jahre lang 
unter dem Namen Balas die Herrschaft über Asien inne- 
gehabt, wie dies auch anderswoher bekannt ist. 

9. Demetrius mit dem Beinamen Nikator hatte kaum 
die Herrschaft angetreten, als er voll Bosheit anfing, 
gegen die Soldaten des Ptolemaeus zu wüten, uneingedenk 
seines Bündnisses mit ihm und ohne darauf Rücksicht 
zu nehmen, dass er sein Schwiegervater war. Die Sol- 
daten flohen daher vor seiner Grausamkeit nach 
Alexandria, während die Elefanten in des Demetrius 
Hände fielen. Jonathas der Hohepriester aber zog aus 
ganz Judaea ein Heer zusammen, um damit die Burg 
von Jerusalem, die eine macedonische Besatzung hatte 
und ausserdem noch eine Anzahl nichts würdiger 
Menschen einschloss, welche den Gesetzen ihrer Väter 
untreu geworden waren, zu belagern. Die Besatzung 
spottete anfangs über die Maschinen, die Jonathas zum 
Zwecke der Belagerung errichten liess, weil sie auf die 
starke Befestigung des Platzes vertraute. Bei Nacht 
aber schlichen sich einige von jenen Frevlern hinaus 
eilten zu Demetrius und meldeten ihm die Belagerung 
der Burg. Dieser ergrimmte hierüber und brach sogleich 
mit seinem Heere von Antiochia gegen Jonathas auf. 
In Ptolema*i8 angelangt, schickte er an letzteren den 
schriftlichen Befehl, sich sofort zu ihm nach Ptolemais 
zu verfügen. Jonathas hob indessen die Belagerung 
nicht auf, zog jedoch mit den Ältesten des Volkes und 
den Priestern unter Mitnahme von Gold, Silber, Ge- 
wändern und anderen Geschenken zu Demetrius hin. 
Durch die Geschenke gelang es ihm denn auch, den 
Zorn des Königs zu beschwichtigen; ja, er wurde sogar 
höchst ehrenvoll aufgenommen und erhielt die Be- 
stätigung in der Hohepriesterwürde, wie er sie auch von 



150 Josephus' Jüdische Altertümer. 

* 

des Demetrius Vorgängern erhalten hatte. Den An- 
klagen der Überläufer aber schenkte der König nicht 
den mindesten Glauben, vielmehr gab er, als Jonathas 
ihn bat, für ganz Judaea und die drei Toparchien Sa- 
maria, Peraea und Galilaea sich mit einer Abgabe von 
dreihundert Talenten zu begnügen, ihm diese Zusage 
schriftlich, und zwar folgen denn aasen : „Der König 
Demetrius an seinen Bruder Jonathas und das Volk der 
Juden. Abschrift des Briefes, den wir an unseren Ver- 
wandten Lasthenes geschrieben haben, euch zur Kenntnis- 
nahme. Der König Demetrius an seinen Vater Lasthenes. 
Da das Volk der Juden mir freundlich gesinnt ist und 
die schuldige Treue bewahrt hat, habe ich beschlossen, 
ihm meine Erkenntlichkeit zu beweisen. Ich bestätige 
ihnen also den Besitz der drei Präfekturen Apherima, 
Lydda und Ramatba, die von Samaria zu Judaea ge- 
schlagen worden sind, samt den zugehörigen Bezirken, 
und erlasse ihnen alles, was die früheren Könige von 
den Opfern in Jerusalem zu erhalten pflegten, imgleichen 
auch alle Abgaben von Feld- und Baumfrüchten und 
alle übrigen Steuern sowie die Abgabe für das Salz und 
die Kronen, und bestimme, dass von nun an bis in 
ewige Zeiten an diesem Verhältnis nichts geändert 
werde. Du hast dafür Sorge zu tragen, dass von diesen 
Bestimmungen Abschrift genommen, dem Jonathas ein- 
gehändigt und an einer in die Augen fallenden Stelle 
des Tempels angeschlagen werde.“ Das war der Inhalt 
des Briefes. Da nun Demetrius sah, dass alles in 
Frieden lebte und nirgendwoher Kriegsgefahr drohte, 
entliess er die Soldaten und kürzte ihnen den Sold; 
nur den fremden Söldnern sowie denen, die mit ihm 
von Kreta und den übrigen Inseln gekommen waren, 
zahlte er denselben für die ganze vorausbedungene Zeit. 
Dadurch aber zog er sich die Feindschaft und den Hass 
seiner Krieger zu, denen er nichts mehr zukommen liess, 
während seine Vorgänger ihnen auch im Frieden den Sold 
weitergezahlt hatten, um sie bei gutem Willen zu erhalten 
und nötigenfalls zum Kampfe bereit zu finden. 



Dreizehntes Buch, 5. Kapitel. 


151 


Fünftes Kapitel. 

Wie Tryphon nach Besiegung des Demetrius die Herr- 
schaft an Antiochus, den Sohn Alexanders, übertrug und 
mit Jonathas Bundesgenossenschaft schloss. Jonathas’ 

Thaten. 

1. Als ein ehemaliger Heerführer Alexanders, der 
aus Apamea gebürtig war und eigentlich Diodotue, mit 
seinem Beinamen aber Tryphon (der Schwelger) hiess, 
den Hass der Soldaten gegen Demetrius bemerkte, be- 
gab er sich zu dem Araber Malchus, der Alexanders 
Sohn Antiochus erzog, setzte ihn von der aufgeregten 
Stimmung des Heeres gegen Demetrius in Kenntnis und 
beredete ihn, ihm den Antiochus zu übergeben, weil er 
diesen zum Könige machen und in die Herrschaft seines 
Vaters wieder einsetzen wolle. Malchus machte zunächst 
Schwierigkeiten, da er ihm nicht hinlänglich traute. Als 
aber Tryphon immer mehr in ihn drang, gab er endlich 
seinem Verlangen nach. So viel hiervon. 

2. Weil nun dem Hohepriester Jonathas viel daran 
lag, die Besatzung der Burg zu Jerusalem sowie die ver- 
ruchten jüdischen Überläufer und die Besatzungen der 
übrigen festen Plätze aus dem Lande zu entfernen, 
schickte er eine Gesandtschaft mit Geschenken an 
Demetrius und liess ihn bitten , die Truppen aus den 
Festungen Judaeas abzuberufen. Demetrius sagte ihm 
nicht nur die Erfüllung dieses Wunsches zu, sondern 
versprach ihm noch mehr für die Zeit nach Beendigung 
des Krieges, der ihn für jetzt ganz in Anspruch nehme. 
Gleichzeitig liess er den Jonathas um Hilfstruppen 
bitten, indem er ihm mitteilte, dass fast alle seine Sol- 
daten von ihm abgefallen seien. Daraufhin sandte ihm 
Jonathas dreitausend auserlesene Krieger. 

3. Die Antiochener aber, die dem Demetrius wegen 
seiner Härte feindlich gesinnt waren und ihm auch noch 
die Unbilden nach trugen, welche sein Vater ihnen zu- 
gefügt hatte, lauerten auf eine Gelegenheit, ihn angreifen 



152 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zu können. Da * sie nun in Erfahrung gebracht, dass 
Hilfstruppen von Jonathas angekommen seien, und über- 
legten , der König werde sich ein mächtiges Heer 
sammeln, wenn sie ihm nicht zuvorkämen, griffen sie zu 
den Waffen, umzingelten die Königsburg, als wollten sie 
dieselbe belagern, besetzten die Ausgänge und suchten 
den König in ihre Gewalt zu bekommen. Als der 
König sah, wie das ganze Volk von Antiochia feindlich 
und bewaffnet gegen ihn auftrat, griff er mit seinen 
Söldnern und den jüdischen Hilfstruppen die Antiochener 
an, konnte aber ihren Ansturm nicht aushalten, weil 
ihrer zu viele waren, und zog sich deshalb zurück. Die 
Juden hatten den Vorteil der Antiochener kaum bemerkt, 
als sie auf das Dach des Palastes stiegen und von hier 
aus denselben ihre Geschosse entgegensandten. Und da 
6ie wegen der Höhe des Gebäudes zu weit von den An- 
greifern entfernt waren, als dass sie selbst hätten Schaden 
leiden können, ihren Gegnern dagegen von oben herab 
hart zuzusetzen vermochten, trieben sie dieselben bald 
von den nächsten Häusern weg und steckten diese in 
Brand. Die Häuser aber waren dicht aneinander gebaut 
und bestanden zumeist aus Holz, und so verbreitete sich 
das Feuer bald über die ganze Stadt und zwang die 
Antiochener, da sie sich weder verteidigen noch die 
Feuersbrunst löschen konnten, in der Flucht ihr Heil 
zu suchen. Die Juden sprangen nun von Dach zu Dach 
und verfolgten ihre Gegner mit unglaublicher Zähigkeit. 
Als der König sah, dass die Antiochener nur die Rettung 
der Frauen und Kinder im Auge hatten und auf weiteren 
Kampf verzichteten, fiel er von einer anderen Strasse 
aus über sie her und richtete ein solches Blutbad unter 
ihnen an, dass sie sich genötigt sahen, die Waffen zu 
strecken und sich zu ergeben. Der König gewährte 
ihnen darauf Verzeihung und machte so dem Aufstand 
ein Ende. Dann beschenkte er die Juden reichlich von 
der Beute, dankte ihnen als den Urhebern seines Sieges 
und entliess sie nach Jerusalem zu Jonathas, dem er 
das Zeugnis ausstellen musste, dass er sich als treuer 




Dreizehntes Bach, 5. Kapitel. 


153 


Bundesgenosse bewährt habe. Später jedoch wusste er 
ihm dafür wenig Dank, hielt seine Versprechungen nicht 
und bedrohte ihn mit Krieg, wenn er nicht die gesamten 
Abgaben entrichte, welche das jüdische Volk den ersten 
Königen Syriens gezahlt habe. Diese Drohung würde 
er auch ausgeführt haben, wenn Tryphon ihn nicht daran 
gehindert hätte, der ihn nötigte, die für den Kampf 
gegen Jonathas bestimmten Truppen zu seiner eigenen 
Deckung und Sicherheit zu verwenden. Denn Tryphon 
war bereits mit dem jungen Antiochus, der dem Knaben- 
alter noch nicht entwachsen war, aus Arabien nach 
Syrien gekommen und hatte ihm hier die Königskrone 
aufgesetzt. Und da das ganze Heer, das von Demetrius 
wegen des nicht gezahlten Soldes abgefallen war, zu ihm 
überging, griff er den Demetrius an, besiegte ihn, nahm 
seine Elefanten gefangen und eroberte die Stadt An- 
tiochia. 

4. Als Demetrius diese Niederlage erlitten hatte, zog 
er sich nach Cilicien zurück. Der junge Antiochus da- 
gegen schickte an Jonathas Gesandte mit einem 
Schreiben, worin er ihn zum Freund und Bundesgenossen 
ernannte, ihn in der Hohepriesterwürde bestätigte und 
ihm die vier Bezirke an wies, die zu dem jüdischen Ge- 
biete noch hinzugekommen waren. Ausserdem sandte er 
ihm goldene Geräte, Becher und ein Purpurkleid mit der 
Erlaubnis, das letztere zu tragen, schenkte ihm eine 
goldene Armspange und nahm ihn in die Reihe seiner 
vertrautesten Freunde auf. Den Simon aber ernannte 
er zum Befehlshaber für das Gebiet vom Tyrischen Ge- 
birge an bis nach Aegypten. Jonathas freute sich über 
diese Gnadenbezeugungen des Antiochus und ordnete 
an ihn wie auch an Tryphon Gesandte ab mit dem 
Versprechen, dass er ihr Freund und Bundesgenosse 
sein und mit ihnen gegen Demetrius kämpfen wolle, 
weil dieser ihm für alle seine Hilfe keinen Dank ge- 
wusst, vielmehr Gutes mit Bösem vergolten habe. 

5. Nachdem er darauf von Antiochus die Erlaubnis 
erhalten hatte, ein grosses Heer in Syrien und Phoenicien 



154 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


anzuwerben und die Feldherren des Demetrius zu be- 
kriegen, brach er sogleich gegen die Städte auf. Einige 
von diesen empfingen ihn mit allen Ehren, weigerten 
sich aber, Söldner zu stellen. Als er nun nach Askalon 
gekommen war und die Askaloniter ihm mit Geschenken 
entgegenzogen, forderte er sie wie auch die Bewohner 
aller Städte in Coelesyrien auf, von Demetrius abzufallen 
und sich an Antiochus anzuschliessen, damit sie im 
Kampfe gegen Demetrius an diesem für seine Be- 
drückungen Ra,che nehmen könnten, wozu sie ja alle 
Ursache hätten. Dadurch bewog er die Städte, sich mit 
Antiochus zu verbinden , und begab sich dann nach 
Gaza, um auch dessen Bewohner für Antiochus zu ge- 
winnen. Doch fand er die Gazäer in ganz anderer 
Stimmung, als er erwartet hatte. Sie schlossen nämlich 
vor ihm die Thore und wollten weder von Demetrius 
abfallen, noch zu Antiochus halten. Hierüber ergrimmt, 
belagerte Jonathas die Stadt und verwüstete deren Be- 
zirk, und während ein Teil seines Heeres vor Gaza 
liegen blieb, machte er mit dem Reste desselben Ein- 
fälle in das Land und zeichnete seinen Weg durch Zer- 
störung und Brandlegung. Als die Gazäer sich in 
solcher Bedrängnis sahen und von Demetrius keine 
Hilfe zu erwarten hatten, das Unglück also in nächster 
Nähe und die Hilfe in weiter Ferne erblickten, hielten 
sie es für geratener, sich von Demetrius loszusagen und 
dem Jonathas nachzugeben. Sie schickten daher Boten 
an Jonathas und versprachen Freundschaft und Waffen- 
verbrüderung. So geht es ja bei den Menschen zu: 
ehe sie Schlimmes erleiden, sehen sie nicht ein, was 
ihnen nützlich ist; sobald sie aber ins Unglück geraten 
sind, ändern sie ihren Sinn und entschlossen sich am 
Ende, nachdem sie bittere Erfahrungen gemacht haben, 
zu dem, was sie früher ohne Behelligung hätten erlangen 
können. Nachdem also Jonathas mit den Gazäern ein 
Bündnis geschlossen und Geiseln von ihnen erhalten 
hatte, schickte er die letzteren nach Jerusalem, während 
er selbst das ganze Land bis Damaskus durchzog. 



Dreizehntes Buch, o. Kapitel. 


155 


6. Hier vernahm er, des Demetrius Heerführer seien 
mit grosser Truppenmacht nach Kedasa gezogen, einer 
Stadt, die zwischen dem Gebiete der Tyrier und Galilaea 
liegt. Diese hofften nämlich, den Jonathas aus Syrien 
weg nach Galilaea locken zu können, da er die Galiläer, 
die zu seiner Obhut gehörten, in der Bedrängnis wohl 
nicht im Stiche lassen würde. Wirklich rückte er 
ihnen auch entgegen und liess seinen Bruder Simon in 
Judaea zurück. Dieser brachte aus dem Lande ein 
möglichst grosses Heer zusammen, zog damit vor Beth- 
sura und belagerte die Stadt, einen der festesten Plätze 
in Judaea, dessen Besatzung, wie ich schon oben er- 
wähnt habe, noch zu Demetrius hielt. Als Simon Wälle 
aufwerfen, Maschinen heranbringen und die Belagerung 
mit Nachdruck betreiben liess, fürchtete die Besatzung, 
sie möchte nach Erstürmung des Platzes dem Untergang 
geweiht sein, und liess daher den Simon bitten, die eid- 
liche Versicherung zu geben, dass ihr nichts Übles wider- 
fahren würde; unter dieser Bedingung sei sie bereit, den 
Platz aufzugeben und zu Demetrius zurückzukehren. 
Simon gab ihnen die erbetene Zusage, liess sie aus der 
Stadt abziehen und legte eine Besatzung von seinen 
Kriegern hinein. 

7. Inzwischen brach Jonathas aus Galilaea vom See 
Gennesar, wo er sein Lager errichtet hatte, auf und 
rückte bis zur Ebene Asor vor, ohne zu wissen, das6 
hier die Feinde sich befanden. Des Demetrius Feld- 
herren nun, die am Tage vorher gehört hatten, dass 
Jonathas sich nähere, legten ihm einen Hinterhalt und 
versteckten die dazu bestimmte Abteilung im Gebirge, 
während sie selbst mit dem eigentlichen Heer ihm in 
der Ebene entgegen zogen. Als Jonathas sie kampfbereit 
erblickte, liess auch er die Seinigen, so gut es ging, in 
Schlachtordnung aufmarschieren. Die von Demetrius’ 
Feldherren im Hinterhalt aufgestellte Abteilung aber 
fiel den Juden in den Rücken, sodass diese besorgten, 
sie möchten umzingelt werden, und deshalb die Flucht 
ergriffen. So verliessen den Jonathas alle, und nur 



156 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


wenige, etwa fünfzig an der Zahl, unter ihnen Mattathias, 
der Sohn des Absalom, und Judas, der Sohn des Chap- 
saeus, die Oberbefehlshaber des Heeres, hielten bei ihm 
aus. Diese drangen wacker und wie verzweifelt auf die 
Feinde ein, sodass ihr unerschütterlicher Mut dieselben 
in Verwirrung brachte und schliesslich in die Flucht 
trieb. Als nun die flüchtigen Krieger des Jonathas die 
feindliche Schlachtlinie wanken sahen, sammelten sie 
sich, griffen die Syrer an und verfolgten sie bis nach 
Kedasa, wo ihr Lager stand. 

8. Nach diesem glänzenden Siege, der zweitausend 
Feinden das Leben gekostet hatte, kehrte Jonathas nach 
Jerusalem zurück. Und da er sah, wie durch Gottes 
Fürsorge alles nach seinen Wünschen ging, schickte er 
Gesandte an die Römer, um die Freundschaft, welche 
die Juden einst mit ihnen geschlossen hatten, zu er- 
neuern. Diesen Gesandten trug er auf, auf der Rück- 
reise von Rom auch die Spartaner im Andenken an die 
mit ihnen bestehende Freundschaft und Verwandtschaft 
zu besuchen. Als die Gesandten nun nach Rom kamen, 
begaben sie sich in den Senat, richteten die Aufträge 
ihres Hohepriesters Jonathas aus und erklärten, dieser 
habe sie geschickt, um die einstige Freundschaft der 
Römer mit den Juden zu erneuern. Der Senat be- 
stätigte darauf die früheren Abmachungen und gab den 
Gesandten Briefe mit an alle Fürsten Asiens, Europas 
und der Städte, damit sie unbehelligt in ihre Heimat 
zurückgelangen könnten. Auf der Rückreise besuchten 
die Gesandten auch Sparta und überreichten dort den 
Brief, den Jonathas ihnen mitgegeben hatte, und dessen 
Wortlaut folgender war: „Jonathas, der Hohepriester 
der Juden, der hohe Rat und das gesamte jüdische Volk 
entbieten ihren Brüdern, den Ephoren, dem Senate und 
dem Volke der Lakedaemonier, ihren Gruss. Wenn es 
euch gut geht und eure Staats- und Privatangelegen- 
heiten vom Glücke begünstigt werden, so sind unsere 
Wünsche erfüllt; was uns betrifft, so geht es uns gut. 
In früheren Zeiten wurde unserem Hohepriester Onias 




Dreizehntes Buch, 5. Kapitel. 


157 


durch Demoteles ein Brief eures Königs Areios über- 
bracht, der die Verwandtschaft zwischen euch und uns 
betrifft und dessen Abschrift beiliegt. Diesen Brief 
haben wir mit Freuden empfangen und bewahren dafür 
dem Demoteles und dem Areios unseren innigsten Dank, 
obwohl wir eigentlich dieses Zeugnisses nicht bedurften, 
vielmehr über die Verwandtschaft aus unseren heiligen 
Büchern schon unterrichtet waren. Doch haben wir es 
bisher nicht für geboten erachtet, den Anstoss zum 
Wiederaufleben der Beziehungen zu geben, damit es 
nicht scheine, als wollten wir die von euch uns er- 
wiesene Ehre selbstgefällig in Anspruch nehmen. So 
lange Zeit nun auch seit der ersten Anbahnung unseres 
Verhältnisses verstrichen ist, so bitten wir doch, wenn 
wir Gott an heiligen und festlichen Tagen Opfer dar- 
bringen, noch immer für euer Heil und den Erfolg eurer 
Waffen. Und obgleich uns die Habgier unserer Nach- 
barn vielfach mit Krieg überzogen hat, wollten wir doch 
weder euch noch sonst einem unserer Freunde lästig 
fallen. Jetzt aber, da wir unsere Feinde überwunden 
und die hochangesehenen Männer aus dem Bäte unserer 
Ältesten, Numenius, den Sohn des Antiochus, und Anti- 
pater, den Sohn des Jason, zu den Römern gesandt 
haben, haben wir denselben einen Brief an euch mit- 
gegeben, um die zwischen euch und uns bestehende 
Freundschaft aufzufrischen. Ihr werdet uns daher eine 
Freude machen, wenn ihr auch an uns schreibt und uns 
eure Wünsche mitteilt, zu deren Erfüllung ihr uns stets 
bereit finden werdet“ Die Lakedaemonier nahmen die 
Gesandten freundlich auf, beschlossen Freundschaft und 
Bündnis zu bestätigen und schickten unserem Volke den 
hierauf bezüglichen Beschluss zu. 

9 . Um diese Zeit gab es bei den Juden drei Sekten, 
welche über die menschlichen Verhältnisse verschiedene 
Lehren aufstellten, und von denen die eine die der 
Pharisäer, die zweite die der Sadducäer und die dritte 
die der Essener hiess. Die Pharisäer behaupten, dass 
manches, aber nicht alles das Werk des Verhängnisses 




158 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sei, manches dagegen auch freiwillig geschehe oder unter- 
bleibe. Die Essener hingegen lehren, alles stehe unter 
der Macht des Verhängnisses, und es komme bei den 
Menschen nichts vor, das nicht vom Geschicke bestimmt 
sei. Die Sadducäer endlich wollen überhaupt nichts vom 
Verhängnis wissen und glauben, es gebe weder ein Ver- 
hängnis, noch richte sich der Menschen Geschick da- 
nach, sondern alles geschehe nur nach unserem Willen, 
sodass wir ebenso die Urheber unseres Glückes seien, 
als wir auch unser Unglück uns durch unseren eigenen 
Unverstand zuzögen. Genaueres hierüber habe ich im 
zweiten Buche meines Werkes über den Jüdischen Krieg 1 
gebracht. 

10. Um nun wieder auf des Demetrius Feldherren 
zurückzukommen , so brachten diese in der Absicht, die 
Scharte auszuwetzen, eine noch grössere Truppenmacht 
als früher zusammen und rückten damit gegen Jonathas. 
Auf die Nachricht hiervon zog Jonathas ihnen sogleich 
bis in das Gebiet von Amathe entgegen, um ihnen zu 
einem Einfall in Judaea keine Zeit zu lassen. Als er 
noch fünfzig Stadien vom Feinde entfernt war, schickte 
er Spione aus, um dessen Lager und die Stärke des 
letzteren zu erforschen. Dieselben meldeten ihm nicht 
nur ihre Beobachtungen, sondern machten auch in der 
Nacht noch einige Gefangene, die ihm verrieten, dass 
die Feinde beabsichtigten, ihn anzugreifen. Er traf da- 
her bei Zeiten die nötigen Vorkehrungen, stellte Aussen- 
posten vor dem Lager auf, hielt seine Krieger die ganze 
Nacht hindurch unter den Waffen und ermahnte sie, sie 
sollten sich wacker halten und bereit sein, nötigenfalls 
auch in der Nacht zu kämpfen, damit der Anschlag der 
Feinde vereitelt werde. Als nun aber die Feldherren 
des Demetrius erfuhren, dass Jonathas um ihren Plan 
wisse, entsank ihnen der Mut, einmal vor Beschämung 
darüber, dass der Feind von ihrem tückischen Vorhaben 
Kenntnis erlangt habe, dann aber auch, weil nach dem 


1 Jüd. Krieg II, 8 , 2 - 14 . 



Dreizehntes Buch, 5. Kapitel. 


159 


Fehlschlagen ihres Planes ihnen keine Hoffnung auf 
Sieg mehr geblieben war. Denn sie sahen wohl ein, 
dass sie in offener Feldschlacht dem Jonathas keines- 
wegs gewachsen seien. Sie entschlossen sich daher zum 
Abzug, zündeten im Lager eine Menge Feuer an, damit 
die Feinde glauben sollten, sie seien noch darin, und 
rückten in aller Stille aus. Als nun Jonathas in der 
Morgenfrühe sich dem Lager näherte und dasselbe ver- 
lassen fand, erkannte er, dass die Feinde geflohen waren, 
und setzte ihnen nach, ohne sie jedoch einholen zu 
können, da sie den Fluss Eleutherus schon überschritten 
hatten und sich in Sicherheit befanden. Jonathas wandte 
sich sodann nach Arabien, griff die Nabatäer an und 
schlug sie, worauf er mit reicher Beute und einer Menge 
Kriegsgefangener nach Damaskus zog und dort alles ver- 
kaufte. Zur selben Zeit durchzog auch sein Bruder 
Simon ganz Judaea und Palaestina bis nach Askalon, 
verstärkte die Befestigungen und Besatzungen und be- 
gab sich dann nach Joppe, das er eroberte und mit 
einer starken Schutz wache versah. Er hatte nämlich in 
Erfahrung gebracht , dass die Joppener ihre Stadt dem 
Heere des ^Demetrius übergeben wollten. 

11. Nachdem Jonathas und Simon diese Kriegsthaten 
vollbracht und alles andere geordnet hatten, kehrten sie 
nach Jerusalem zurück. Hier berief Jonathas das gesamte 
Volk in den Tempel und schlug ihm vor, die Mauern Jeru- 
salems wiederherzustellen, die Einfriedigung des Tempels, 
so weit sie zerstört war, aufzubauen und dessen Um- 
gebung durch hohe Türme zu sichern. Ferner riet er ihnen, 
mitten in der Stadt eine zweite Mauer aufzuführen, um 
die Besatzung der Burg vom Markte abzuschneiden und 
ihr so die Möglichkeit des Einkaufs von Lebensmitteln 
zu nehmen, endlich auch noch die im Bezirke der Stadt 
gelegenen festen Plätze mit stärkeren Befestigungen zu 
versehen, als sie bis dahin hatten. Als das Volk mit 
diesen Vorschlägen einverstanden war, übernahm er 
selbst die Bauten in der Stadt, während er den Simon 
ausschickte, um für die Befestigungs werke auf dem Lande 



160 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zu sorgen. Inzwischen überschritt Demetrius den Fluss 
und zog nach Mesopotamien , um dieses Land sowie 
Babylon zu erobern und nach Unterwerfung der oberen 
Satrapien Gelegenheit zur Unterjochung des ganzen 
Reiches zu finden. Die dort wohnenden Griechen und 
Mazedonier hatten nämlich zu wiederholten Malen Ge- 
sandte mit dem Versprechen zu ihm geschickt, sie würden 
sich, falls er herüberkommen wolle, ihm unterwerfen und 
mit ihm gegen den Partherkönig Arsakes zu Felde 
ziehen. Durch diese Aussichten ermutigt, zog er zu 
ihnen hin in der Absicht, nach Niederwerfung der 
Parther und Gewinnung von Hilfstruppen den Tryphon 
anzugreifen und ihn aus Syrien zu vertreiben. Und als 
die Bewohner des Landes ihn J begeistert aufnahmen, 
sammelte er Truppen und überzog den Arsakes mit 
Krieg, verlor aber sein ganzes Heer und fiel selbst 
lebendig in Gefangenschaft, wie ich schon anderwärts 
berichtet habe. 


Sechstes Kapitel. 

Wie Jonathas von Tryphon hinterlistiger weise um- 
gebracht wurde, und wie die Juden alsdann den 
Simon zum Oberfeldherrn und Hohepriester erwählten. 

Simons Thaten. 

1. Als Tryphon erfuhr, welche \ Wendung des Deme- 
trius Glück genommen hatte, war seine Treue gegen 
Antiochus zu Ende, und er sann nur noch darauf, wie 
er ihn aus dem Wege räumen und sich selbst der Herr- 
schaft bemächtigen könne. Doch hinderte ihn an der 
Ausführung dieses Planes die Furcht vor Jonathas, 
dem Freunde des Antiochus. Deshalb beschloss er, 
diesen zunächst zu beseitigen und dann erst gegen 
Antiochus vorzugehen. In der Absicht nun, den Jona- 
thas hinterlistigerweise umzubringen, begab er sich von 
Antiochia nach Bethsana, das von den Griechen Sky- 
thopolis genannt wird. Hierhin zog ihm Jonathas mit 
vierzigtausend auserlesenen Kriegern entgegen, da er glaubte, 




Dreizehntes Buch, 6. Kapitel. 


161 


Tryphon sei gekommen, um ihn mit Krieg zu überziehen. 
Als Tryphon nun sah, dass Jonathas zum Kampfe bereit 
war, kam er mit Geschenken und freundlichen Worten 
zu ihm, befahl seinen Heerführern, dem Jonathas ebenso 
wie ihm selbst zu gehorchen, und suchte sich dadurch 
dessen Wohlwollen zu verschaffen und jeden Verdacht 
zu beseitigen. Er hoffte ihn dann, während er an nichts 
Arges dachte, gefangen nehmen zu können. Zuletzt riet 
er ihm, sein Heer zu entlassen, weil dasselbe gar keinen 
Zweck habe, da alles sich des Friedens erfreue. Es 
genüge vielmehr, wenp er nur wenige Mann zu seiner 
persönlichen Bedeckung bei sich behalte, mit denen er 
ihn dann nach Ptolemai's begleiten möge. Er wolle ihm 
nämlich diese Stadt sowohl als auch die übrigen festen 
Plätze in der Gegend übergeben ; denn zu diesem Zwecke 
sei er gekommen. 

2. Jonathas, der an nichts Böses dachte, sondern der 
Meinung war, Tryphon rate ihm dies wirklich in red- 
licher Absicht, entliess sein Heer und behielt nur drei- 
tausend Mann bei sich, von denen er noch zweitausend 
in Galilaea zurückliess, während er mit den übrigen 
tausend in Begleitung des Tryphon nach Ptolemai's zog. 
Kaum waren sie dort angelangt, als die Bewohner der 
Stadt sogleich auf Tryphons Befehl die Thore schlossen. 
Letzterer liess nun den Jonathas gefangen nehmen und 
dessen Begleiter sämtlich niedermachen. Alsdann schickte 
er zu den in Galilaea zurückgebliebenen zweitausend 
Juden, um auch sie umzubringen. Diese aber hatten 
bereits von dem Schicksal des Jonathas Nachricht er- 
halten und waren, noch ehe die von Tryphon abgesandte 
Schar anlangte, mit den Waffen in der Hand aus dem 
Lande abgezogen. Als nun die ihnen nachgeschickten 
Krieger sahen, dass sie gewillt waren, ihr Leben teuer 
zu verkaufen, kehrten sie, ohne einen Angriff zu wagen, 
zu Tryphon zurück. 

3. Als die Jerusalemer die Gefangennahme des Jona- 
tbaa und die Niedermetzelung seiner Begleiter erfuhren, 
erhob sich über sein Schicksal allgemeines Wehklagen. 

Josephua’ Jüdische Altertümer, II. 11 



162 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Allseitig vermisste man ihn, und die Jerusalemer fürch- 
teten nicht ohne Grund, es möchten jetzt, da sie des 
Jonathas starken Arm und seine weisen Ratschläge nicht 
mehr hätten, die benachbarten feindlichen Völkerschaften, 
die nun den Jonathas nicht mehr zu scheuen brauchten, 
über sie herfallen und ihnen hart zusetzen. Das trat 
auch nur zu bald ein. Denn als die Heiden den Tod 
des Jonathas erfuhren, griffen sie die nach ihrer Meinung 
führerlosen Juden an, und auch Tryphon hatte bereits 
ein Heer gerüstet, um damit nach Judaea zu ziehen und 
die Bewohner des Landes zu bekriegen. Als nun Simon 
die Jerusalemer in Angst und Schrecken sah, berief er, 
um durch sein Wort ihren Mut zum Widerstand gegen 
Tryphon zu stählen, das Volk in den Tempel und tröstete es 
mit folgender Ansprache: „Es kann euch ja nicht un- 
bekannt sein, liebe Landsleute, dass wie mein Vater, so 
auch ich und meine Brüder stets bereit waren, für eure 
Freiheit das Leben aufs Spiel zu .setzen. Ausser vielen 
anderen Beweisen hierfür habe ich auch den, dass es 
Mitglieder unserer Familie waren, die für Religion und 
Gesetz den grausamsten Tod erlitten haben. Keine 
Furcht also kann diese Gesinnung aus meiner Seele 
entfernen und dafür Todesscheu und Feigheit in sie ein- 
pflanzen. Da ihr somit einen Führer habt, der das 
Höchste für euch zu leiden und zu thun bereit ist, so 
folgt mir getreulich, wohin ich euch führen werde. Denn 
ich bin weder besser als meine Brüder, sodass ich mein 
Leben schonen müsste, noch schlechter als sie, sodass 
ich den Tod für Gesetz und Religion , der ihnen etwas 
Herrliches war, fliehen und scheuen sollte. Wo es am 
Platze ist, dass ich mich als ihren echten Bruder erweise, 
da werde ich zeigen, dass ich das wirklich bin. Denn 
ich bin überzeugt, dass es mir gelingen wird, an den 
Feinden Raehe zu nehmen , euch alle mit Weib und 
Kind vor ihrer Wut zu schützen und mit Gottes Hilfe 
den Tempel vor der Zerstörung zu bewahren. Ich sehe 
auch, dass die Heiden euch jetzt nur deshalb verachten 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 6- Kapitel. 


163 


und sich wider euch rüsten , weil sie euch ohne Führer 
wähnen.“ 

3. Durch diese Worte richtete Simon den Mut des 
Volkes wieder auf, sodass es die Furcht fahren lies.«, 
froh aufatmete und hoffnungsvoll in die Zukunft sah. 
Alle riefen einstimmig, Simon solle ihr Führer sein und 
den Oberbefehl gleich wie seine Brüder Judas und Jona- 
thas erhalten, da sie ihm freudig gehorchen würden. 
Daraufhin zog Simon alsbald alle tauglichen Streitkräfte 
zusammen und Hess eiligst die Stadtmauer wieder auf- 
richten. Nachdem dieselbe durch hohe und feste Türme 
gesichert war, sandte er einen seiner Freunde Namens 
Jonathas, den Sohn des Absalom, mit einem Heere nach 
Joppe und trug ihm auf, die Bewohner der Stadt von 
dort zu verjagen, da er befürchtete, sie möchten Joppe 
dem Tryphon übergeben. Er selbst aber blieb zu Jeru- 
salem, um dessen Schutz wahrzunehmen. 

4. Unterdessen brach Tryphon mit einem grossen 
Heere von Ptolemais auf und marschierte nach Judaea, 
wobei er den Jonathas gefesselt mit sich führte. Simon 
rückte ihm mit seinen Truppen bis zur Stadt Addida 
entgegen, die auf einem hohen, die Ebene von Judaea 
beherrschenden Berge lag. Als nun Tryphon erfuhr, 
dass Simon von den Juden zum Anführer erwählt sei, 
schickte er Boten ab, um auch ihn mit List und Betrug 
zu umgarnen, und forderte ihn auf, wenn er seinen 
Bruder Jonathas frei sehen wolle, hundert Talente Silber 
und als Bürgen dafür, dass dieser nicht, sobald er ent- 
lassen sei, Judaea dem König wieder abtrünnig mache, 
zwei von Jonathas’ Kindern zu schicken. Jonathas 
werde nämlich gefangen gehalten wegen des Geldes, das 
er dem Könige als Darlehn schulde. Simon aber erkannte 
Tryphons Tücke sehr gut und sah ein, dass er des 
Geldes verlustig gehen würde , ohne seinen Bruder zu 
befreien, und noch dazu dessen Kinder dem Feinde 
überliefere, wenn er auf Tryphons Forderung eingehe. 
Da er indessen fürchtete, vom Volke als der Mörder 
seines Bruders bezeichnet zu werden, wenn er das Geld 



164 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


und die Kinder für ihn nicht ausliefere, versammelte er 
das Heer und trug ihm Tryphons Ansinnen vor, indem 
er hinzufügte, er halte dasselbe zwar nur für eine schänd- 
liche List, wolle jedoch lieber das Geld und die Kinder 
dem Tryphon schicken, als dass er durch Verweigerung 
der Forderung in den Verdacht komme, er habe seinen 
Bruder nicht erlösen wollen. Demgemäss lieferte er das 
Geld und die beiden Kinder des Jonathas aus. Tryphon 
aber hielt sein Wort nicht, gab auch den Jonathas nicht 
frei, sondern umging mit seinem Heere das Land, um 
durch Idumaea nach Jerusalem zu ziehen. Auf diesem 
Marsche kam er nach Adora, einer Stadt Idumaeas; Simon 
aber folgte dem Tryphon auf dem Fusse und schlug 
stets ihm gegenüber sein Lager auf. 

5. Inzwischen schickte die Besatzung der Burg an 
Tryphon die Bitte, schleunigst nach Jerusalem zu kommen 
und ihnen Lebensmittel zu schicken. Tryphon liess 
darauf sogleich die Reiterei sich marschfertig machen 
und dachte in einer Nacht in Jerusalem eintreffen zu 
können. In der Nacht jedoch fiel hoher Schnee, der 
die Wege bedeckte und den Pferden das Fortkommen 
so erschwerte, dass es ihm nicht gelang, Jerusalem zu 
erreichen. Er schwenkte deshalb nach Coelesyrien ab, 
fiel eilig in Galaditis ein, liess hier den Jonathas um- 
bringen und begraben und kehrte dann nach Antiochia 
zurück. Simon aber liess die Gebeine seines Bruders 
aus der Stadt Baska herüberholen und bestattete sie in 
seiner Heimat Modiim, während das Volk in tiefer Trauer 
um Jonathas wehklagte. Darauf liess Simon seinem 
Vater und seinen Brüdern ein prächtiges Grabmal aus 
weissem, poliertem Marmor errichten, das sich weithin 
sichtbar erhob, und das er mit einer Halle und mit 
mächtigen , aus einem einzigen Block gehauenen Säulen, 
die eine wahre Augenweide boten, umgab. Ausserdem 
liess er sieben Pyramiden für seine Eltern und Brüder 
erbauen, die in ihrer Grösse und Schönheit die Bewun- 
derung herausforderten und bis auf den heutigen Tag 
erhalten sind. Solche Sorgfalt wurde dem Grabe des 



Dreizehntes Buch, 6. Kapitel. 


165 


Jonathas und den Denkmälern für Simons Angehörige 
gewidmet. Jonathas starb, nachdem er vier Jahre lang 
Hohepriester und Vorsteher des Volkes gewesen war. 

6. Der an seiner Stelle zum Hohepriester erwählte 
Simon befreite im ersten Jahre seines Amtes das Volk 
vom Joche der Macedonier, sodass es denselben keinerlei 
Abgaben mehr zu zahlen hatte. Diese Freiheit und 
Steuerlosigkeit erlangten die Juden nach Ablauf des 
hundertsiebzigsten Jahres der assyrischen Herrschaft, ge- 
rechnet von der Besitznahme Syriens durch Seleukus 
Nikator. Das Volk aber war derart begierig, den Simon 
zu ehren, dass alle öffentlichen wie privaten Schriftstücke 
gezeichnet wurden : Im ersten Jahre Simons, des Fürsten 
und Wohlthäters der Juden. Unter ihm genossen die 
Juden hohes Glück und besiegten ihre feindlichen Nach- 
barn. Denn Simon brachte die Städte Gazara, Joppe 
und Jamnia in seine Gewalt und erstürmte auch die 
Burg zu Jerusalem, die er dem Erdboden gleich machte, 
damit sie nicht wieder ein Schlupfwinkel der Feinde 
werde, von dem aus sie den Juden, wie bis dahin 
Schaden zufügen könnten. Nachdem dies geschehen, 
erschien es auch ratsam, den Berg abzutragen, auf 
welchem die Burg gestanden hatte, damit der Tempel 
einen um so majestätischeren Eindruck mache. Hierzu 
beredete er das Volk, nachdem er es zusammen berufen 
hatte; er stellte ihnen vor, jene Massregel sei notwendig, 
damit sie nicht wieder, wenn ein fremder Herrscher eine 
Besatzung in die Burg lege, von dieser und von den 
jüdischen Überläufern so viele Unbilden zu erdulden 
hätten, wie das geschehen sei. Durch diese Worte über- 
zeugte er das Volk um so leichter, als er ja nur dessen 
Nutzen im Auge hatte. Darauf legten alle Hand an, 
trugen den Berg ab und ruhten drei Jahre lang weder 
Tag noch Nacht, bis sie denselben der Ebene des Feldes 
gleich gemacht hatten. Von dieser Zeit an überragte 
der Tempel die ganze Stadt, weil die Burg samt dem 
Berge, auf dem sie gestanden hatte, beseitigt war. Solche 
herrlichen Thaten vollbrachte Simon. 




166 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Siebentes Kapitel. 

Wie Simon mit Antiochus ein Bündnis schloss und den 

Tryphon sowie den Kendebaeus besiegte. Sein Tod. 

1. Nicht lange nach der Gefangennahme des Deme- 
trius liess Tryphon Alexanders Sohn Antiochus, der den 
Beinamen „Gott“ führte, umbringen, nachdem er während 
dessen vieljähriger Regierung die Vormundschaft geführt 
hatte. Er liess alsdann überall bekannt machen , der 
Tod des Antiochus sei den Ärzten zuzuschreiben; seine 
Freunde und Vertrauten aber schickte er zu den Soldaten 
und liess ihnen reiche Geldspenden für den Fall ver- 
sprechen, dass sie ihn zum Könige ausrufen wollten. 
Demetrius, liess er sagen, sei von den Parthern gefangen, 
und wenn dessen Bruder Antiochus zur Herrschaft ge- 
lange, werde er ihren Abfall gewiss schwer bestrafen. 
Die Soldaten, welche auf die reiche Geldspende hofften, 
riefen auch wirklich den Tryphon einstimmig zum Könige 
aus. Kaum aber war Tryphon im Besitze der höchsten 
Gewalt, als er auch gleich wieder seine Bosheit hervor- 
kehrte. Früher hatte er dem Volke sich gefällig er- 
wiesen, den Bescheidenen gespielt und es sich dadurch 
gefügig zu machen gesucht; sobald er aber am Ruder 
war, warf er die Maske ab und liess den wahren Try- 
phon wieder erkennen. Dadurch aber leistete er nur 
seinen Feinden Vorschub. Denn die Soldaten, die ihn 
hassten, fielen zu Demetrius* Gattin Kleopatra ab, die 
damals in Seleukia mit ihren Kindern zurückgezogen 
lebte. Als nun des Demetrius Bruder Antiochus, der 
den Beinamen Soter führte, im ganzen Lande umher- 
schweifte, weil ihn keine Stadt aus Furcht vor Tryphon 
aufzunehmen wagte , schickte Kleopatra zu ihm und 
liess ihm ihre Hand samt dem Throne anbieten. Das 
that sie teils auf den Rat ihrer Freunde, teils aus Furcht, 
weil einige Bewohner von Seleukia die Stadt dem Try- 
phon zu übergeben trachteten. 

2. Als nun Antiochus nach Seleukia gekommen war 




Dreizehntes Buch, 7. Kapitel. 


167 


und seine Macht von Tag zu Tag wuchs, zog er von da 
aus gegen Tryphon zu Felde, besiegte ihn, vertrieb ihn 
aus dem oberen Syrien nach Phoenicien, verfolgte ihn 
auch bis dahin und belagerte ihn in Dora, einem schwer 
einnehmbaren Platze, wohin er geflohen war. Darauf 
schickte er auch Gesandte an den jüdischen Hohepriester 
Simon, um mit ihm ein Schutz- und Trutzbündnis zu 
schliessen. Dieser erfüllte bereitwillig sein Verlangen, 
lieferte ihm Geld und Lebensmittel für die Belagerer von 
Dora in Hülle und Fülle und zählte so in kurzer Zeit 
zu den vertrautesten Freunden des Antiochus. Tryphon 
aber entkam aus Dora nach Apamea und wurde dort 
noch während der Belagerung gefangen genommen und 
getötet, nachdem er drei Jahre lang König gewesen war. 

3. Antiochus indessen hatte in seiner Habgier und 
Bosheit die Dienste, die ihm Simon in seiner Not ge- 
leistet hatte, bald vergessen und schickte seinen Freund 
Kendebaeus mit Truppen ab, um Judaea zu Yerwüsten 
und den Simon gefangen zu nehmen. Als Simon von 
dieser Nichtswürdigkeit hörte, entrüstete er sich über 
die Ungerechtigkeit des Antiochus, und obwohl er schon 
in vorgerücktem Alter stand, beschloss er doch mit der 
Thatkraft eines Jünglings, ein Heer ins Feld zu führen. 
Seine Söhne sandte er mit dem Kern des Heeres vor- 
aus, während er selbst mit dem Rest einen anderen Weg 
einschlug. Er legte nämlich eine grosse Menge dieser 
letzteren Truppen als Hinterhalt in die Gebirgspässe 
und blieb nun überall Sieger. Nachdem er dann auch 
noch ein Bündnis mit den Römern geschlossen hatte 
verlebte er den Rest seiner Tage in Frieden. 

4. Im ganzen herrschte Simon acht Jahre lang über 
die Juden. Bei einem Mahle verlor er infolge hinter- 
listiger Nachstellung von seiten seines Schwiegersohnes 
Ptolemaeus das Leben. Dieser liess auch Simons Gattin 
sowie zwei seiner Söhne ergreifen und ins Gefängnis 
werfen und wollte auch den dritten Sohn Joannes, der 
den Beinamen Hyrkanus führte, umbringen lassen. Als 
aber der Jüngling von der Ankunft der zu diesem Zweck 



168 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


abgeschickten Leute Kunde erhielt, entging er der Ge- 
fahr, indem er sich in die Stadt rettete, wo er sich auf 
das Volk verlassen konnte, das seinem Vater so viel 
Gutes verdankte und den Ptolemaeus hasste. Als nun 
Ptolemaeus durch ein anderes Thor eindringen wollte, 
trieb ihn das Volk zurück, weil es den Hyrkanus schon 
aufgenommen hatte. 


Achtes Kapitel. 

Hyrkanus wird Hohepriester und vertreibt 
den Ptolemaeus aus dem Lande. Antiochus zieht gegen 

Hyrkanus zu Felde. 

1. Ptolemaeus zog sich darauf in eine oberhalb 
Jerichos gelegene feste Burg, welche Dagon hiess, zurück. 
Hyrkanus aber, der seinem Vater in der Hohepriester- 
würde gefolgt war, erflehte zunächst durch Opfer den 
Beistand Gottes und rückte dann gegen Ptolemaeus aus, 
belagerte dessen Zufluchtsort und war wohl sonst glück- 
lich, wurde aber von Mitgefühl für seine Mutter und 
seine Brüder schwer niedergedrückt. Diese liess nämlich 
Ptolemaeus auf die Mauer führen und drohte, sie hinab- 
stürzen zu lassen, falls Hyrkanus nicht von der Be- 
lagerung Abstand nehme. So sehr nun auch Hyrkanus 
nach der Einnahme des Platzes verlangte, glaubte er es 
doch seinen Lieben schuldig zu sein, dass er sie nicht 
leiden lasse, und betrieb deshalb die Belagerung weniger 
scharf. Da aber beschwor ihn seine Mutter . mit ge- 
rungenen Händen, um ihretwillen doch nicht nachzu- 
lassen, sondern die Belagerung nur noch um so eifriger 
fortzusetzen , damit er durch die Einnahme des Platzes 
die Seinigen rächen könne. Ein grausamer Tod sei ihr 
süss, wenn nur der Feind, der ihr denselben bereite, für 
seinen Frevel gezüchtigt werde. Diese Worte seiner 
Mutter trieben den Hyrkanus wieder zur Einnahme der 
Festung an. Als er sie aber geissein und zerfleischen 
sah, erlahmten seine Kräfte aus Mitleid mit ihren Qualen 



Dreizehntes Buch, 8. Kapitel. 


169 


So zog sich die Belagerung in die Länge, bis das Jahr 
anbrach, in welchem die Juden feiern müssen. Dies 
wird nämlich alle sieben Jahre ebenso beobachtet wie 
die Feier des siebenten Tages. Dadurch wurde Ptole- 
maeus von der Belagerung befreit, tötete des Hyrkanus 
Mutter und Brüder und floh nach dieser Greuelthat zu 
Zeno, der den Beinamen Kotylas hatte und die Stadt 
Philadelphia beherrschte. 

2. Antiochus grollte unterdessen noch immer dem 
Simon wegen der von ihm erlittenen Niederlage. Er 
griff deshalb im vierten Jahre seiner Regierung, im 
ersten der Herrschaft des Hyrkanus und in der hundert- 
zweiundsechzigsten Olympiade Judaea an, verheerte das 
Land und schloss den Hyrkanus in der Hauptstadt ein. 
Diese belagerte er mit sieben Heerhaufen, welche er 
rund um die Stadt verteilte, konnte indes anfangs nicht 
das mindeste ausrichten, einmal wegen der Festigkeit 
der Mauern , dann wegen der Tapferkeit der Belagerten, 
endlich auch wegen starken Wassermangels, dem erst 
ein beim Niedergang der Plejaden 1 eintretender Platz- 
regen ein Ende machte. Da aber an der Nordseite der 
Mauer ein ebener Platz war, liess Antiochus hier hundert 
dreistöckige Türme errichten , legte in jeden derselben 
eine Abteilung Soldaten und liess die Mauern täglich 
berennen. Auch liess er einen doppelten, sehr tiefen 
und breiten Graben auswerfen und setzte den Belagerten 
hart zu. Trotzdem wussten diese immer noch viele 
Stellen zu finden, an denen sie Ausfälle machen konnten. 
Gelang es ihnen nun, die Feinde unversehens zu über- 
fallen, so brachten sie ihnen empfindliche Schlappen bei; 
wurden sie aber bemerkt, so zogen sie sich eilig zurück. 
Da jedoch Hyrkanus die Beobachtung machte, dass die 
in der Stadt befindliche Menschenmenge ihm sehr 
schadete, weil die Lebensmittel sich zu schnell er- 
schöpften, und der Meinung war, dass viele Bewohner 
mehr Last als Nutzen verursachten , schied er alle 


1 Das Siebengestirn am Halse des Stieres. 



170 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Untauglichen aus, entliess dieselben und behielt nur die 
Kräftigen und Wehrfähigen zurück. Antiochus aber 
verhinderte den Abzug der Ausgewiesenen, sodass sie 
zwischen den Mauern umherirrten, und viele von Hunger 
erschöpft elendiglich umkamen. Erst als das Laub- 
hüttenfest bevorstand, nahmen die in der Stadt Befind- 
lichen sie aus Mitleid wieder auf. Hyrkanus schickte 
nun zu Antiochus und liess des Festes wegen um einen 
siebentägigen Waffenstillstand bitten, worauf Antiochus 
aus Frömmigkeit gegen Gott dies nicht nur zugab, 
sondern auch ein herrliches Opfer in die Stadt sandte, 
nämlich Stiere mit vergoldeten Hörnern, allerlei Räucher- 
werk und Gefässe von Gold und Silber. Dieses Opfer 
nahmen die Posten am Thore von den Überbringern in 
Empfang und besorgten es in den Tempel. Antiochus 
aber bewirtete sein Heer und unterschied sich dadurch 
vorteilhaft von Antiochus Epiphanes, der nach der Ein- 
nahme der Stadt Schweine auf dem Altäre geschlachtet, 
mit ihrem Blute den Tempel besudelt und die Gesetze 
und Gottesfurcht der Juden missachtet hatte, sodass das 
Volk gegen ihn erbittert wurde und sich nie mehr mit 
ihm aussöhnte. Dieser Antiochus dagegen wurde um 
seiner ausgezeichneten Gottesfurcht willen allgemein 
Eusebes (der Fromme) genannt. 

3. Hyrkanus entschloss sich daher, mit Rücksicht auf 
die edle Gesinnung des Königs und dessen Ehrfurcht 
gegen Gott, eine Gesandtschaft an ihn zu schicken und 
ihn bitten zu lassen, er möge den Juden gestatten, am 
Gesetze ihrer Väter festzuhalten. Antiochus verwarf 
nun den Rat derer, die ihm nahelegten, das Volk um 
seiner Abgeschlossenheit willen auszurotten, sondern gab 
seiner Gottesfurcht nach und antwortete den Gesandten, 
er wolle, falls die Belagerten die Waffen auslieferten, 
ihm die Abgaben von Joppe und den übrigen um Judaea 
herum liegenden StädteD abträten und eine Besatzung 
aufnähmen, die Belagerung auf heben. Die Gesandten 
sagten zu und wollten nur die Besatzung sich nicht ge- 
fallen lassen, weil sie ihren Gebräuchen gemäss sich mit 




Dreizehntes Buch, 8. Kapitel. 


171 


Fremden nicht einlassen dürften. Dafür erboten sie sich, 
Geiseln zu stellen und fünfhundert Talente Silber zu 
zahlen, von denen sie auch dreihundert sogleich erlegten. 
Antiochus nahm diesen Vorschlag an und wählte selbst 
die Geiseln aus, unter denen sich auch des Hyrkanus 
Bruder befand. Doch verlangte er ausserdem noch, dass 
sie die Mauerkrönung abbrechen sollten , und zog nach 
Erfüllung dieser Bedingungen ab. 

4. Hyrkanus aber liess das Grab Davids, der alle 
Könige an Reichtum übertroffen hatte, öffnen und ent- 
nahm ihm dreitausend Talente Silber. Mit diesem Gelde 
ausgerüstet, warb er — der erste, der dies bei den 
Juden that — fremde Söldner an. Dann schloss er mit 
Antiochus ein Schutz- und Trutzbündnis, nahm ihn in 
die Stadt auf und versah sein Heer mit allen Bedürf- 
nissen aufs reichlichste. Und als Antiochus gegen die 
Parther zu Felde zog, beteiligte sich Hyrkanus an dem 
Kriegszuge. Das bezeugt auch Nikolaus von Damaskus 
mit folgenden Worten : „Antiochus errichtete am Flusse 
Ly kos ein Siegesdenkmal, nachdem er den Feldherrn 
der Parther Indates überwunden hatte, und blieb da- 
selbst zwei Tage lang auf Bitten des Juden Hyrkanus, 
weil die Juden zufällig ein Fest begingen, an welchem 
sie nicht marschieren durften.“ Darin hat er auch recht. 
Denn es fiel gerade auf den Tag nach einem Sabbat 
das Fest Pentekoste, und wir dürfen weder am Sabbat 
noch an diesem Festtage reisen. Als Antiochus hierauf 
den Parther Arsakes angriff, verlor er einen grossen 
Teil seines Heeres und fiel auch selbst. Sein Nach- 
folger in der Regierung war sein Bruder Demetrius, 
den Arsakes um dieselbe Zeit, als Antiochus in das 
Land der Parther einfiel, aus der Gefangenschaft ent- 
lassen hatte, wie ich schon anderswo berichtete. 



172 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Neuntes Kapitel. 

Wie Hyrkanus gegen Syrien zu Felde zog und mit 

den Römern ein Bündnis schloss. Demetrius* und 

Alexanders Tod. 

1. Als Hyrkanus von dem Tode des Antiochus Kunde 
erhielt, unternahm er sogleich einen Kriegszug gegen die 
Städte in Syrien, weil er glaubte, dass sie, wie es auch 
der Fall war, von Verteidigern entblösst seien. Medaba 
nahm er nach grossen Strapazen seines Heeres im 
sechsten Monat ein, hierauf Samega und die benach- 
barten Orte, ferner Sikim und Garizin , und unterjochte 
das Volk der Chuthäer, welches das dem Tempel zu 
Jerusalem ähnliche Heiligtum verehrte. Diesen hatte, 
wie schon früher gesagt, Alexander dem Feldherrn 
Sanaballetes für seinen Schwiegersohn Manasses, den 
Bruder des Hohepriesters Jaddus, zu bauen erlaubt. 
Jetzt nach zweihundert Jahren wurde der Tempel zer- 
stört. Hyrkanus eroberte ferner in Idumaea die Städte 
Adora und Marissa und unterwarf alle Idumäer, ge- 
stattete ihnen aber, im Lande zu bleiben, wenn sie die 
Beschneidung einführen und nach jüdischen Gesetzen 
leben wollten. Wirklich nahmen sie auch aus Liebe zu 
ihrer Heimat die Beschneidung wie die übrigen Gewohn- 
heiten der Juden an und waren also von dieser Zeit an 
ebenfalls Juden. 

2. Da nun der Hohepriester Hyrkanus die einst mit 
den Römern geschlossene Freundschaft erneuern wollte, 
schickte er eine Gesandtschaft nach Rom. Der Senat 
bestätigte nach Empfang seines Briefes die Freundschaft 
durch folgendes Antwortschreiben : „Der Praetor Fanius, 
Sohn des Marcus, hat am sechsten Februar den Senat 
unter dem Vorsitze des Lucius Manlius, Sohnes des 
Lucius Mentinas, und des Gajus Sempronius, Sohnes 
des Gajus Falernas, zusammenberufen wegen des 
Schreibens, welches die jüdischen Gesandten Simon, Sohn 
des Dositheus, Apollonius, Sohn des Alexander und 



Dreizehntes Buch, 9. Kapitel. 


173 


Diodorus, Sohn des Jason, ehrenwerte und edle Männer, 
überbracht haben. Das Schreiben handelt von dem 
zwischen den Juden und Römern bestehenden Bündnisse, 
sodann von äusseren Angelegenheiten und enthält die 
Bitte, es möchten den Juden Joppe nebst dem Hafen, 
Gazara nebst den Quellen sowie alle anderen Städte 
und Plätze, die Antiochus ihnen entgegen dem Senats- 
beschluss im Kriege abgenommen habe, zurückgegeben, 
ferner den königlichen Soldaten der Durchzug durch 
ihre und ihrer Untergebenen Länder verboten werden. 
Des weiteren möchte alles, was in jenem Kriege von 
Antiochus dem Senatsbeschlusse zuwider ausgeführt wurde, 
für ungiltig erklärt, sodann durch eine Gesandtschaft die 
Zurückgabe des ihnen von Antiochus entrissenen Gebietes 
und die Abschätzung des Landes, das im Kriege verwüstet 
wurde, vorgenommen und endlich den jüdischen Ge- 
sandten an die Könige und freien Städte ein Geleitsbrief 
behufs sicherer Heimkehr ausgefertigt werden. Es ist 
daher beschlossen worden, das Freundschaftsbündnis mit 
den ausgezeichneten und von einem so edlen und ehren- 
werten Volke gesandten Männern zu erneuern.“ Betreffs 
der übrigen Briefe des Hyrkanus versprachen sie, die 
Antwort in Erwägung zu ziehen , sobald der Senat 
weniger mit Geschäften überhäuft sei, versicherten auch, 
dafür sorgen zu wollen, dass in Zukunft ihnen keine 
derartigen Unbilden mehr zugefügt würden, und gaben 
dem Praetor Fanius den Auftrag, den Gesandten zum 
Zweck ihrer Heimkehr Geldmittel aus der öffentlichen 
Kasse anzuweisen. Fanius entliess daher die jüdischen 
Abgeordneten, nachdem er ihnen Geld aus der Staats- 
kasse angewiesen und sie nach dem Senatsbeschlusse mit 
einem Geleitsbrief behufs Gewährleistung sicherer Heim- 
reise versehen hatte. 

3. So weit über den Hohepriester Hyrkanus. Was 
nun den König Demetrius betrifft, so wollte er den 
Hyrkanus mit Krieg überziehen, hatte aber weder Zeit 
noch Gelegenheit dazu, weil sowohl das syrische Volk 
als auch die Soldaten wegen seiner Grausamkeit höchst 



174 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


feindselig gegen ihn gesinnt waren. Sie wandten sich 
deshalb an Ptolemaeus Physkon und baten ihn, er möge 
ihnen einen aus des Seleukus Geschlecht zum Könige 
geben. Ptolemaeus sandte ihnen darauf den Alexander 
Zebinas mit einem Heere, und Demetrius wurde in der 
Schlacht besiegt, sodass er genötigt war, nach Ptolemais 
zu seiner Gattin Kleopatra zu fliehen. Da diese ihn 
aber nicht aufnehmen wollte, wandte er sich nach Tyrus, 
wo er gefangen wurde und, von seinen Feinden grausam 
gepeinigt, starb. Alexander, der nach ihm den Thron 
bestieg,’ schloss mit dem Hohepriester Hyrkanus Freund- 
schaft, verlor aber in dem Kriege , den des Demetrius 
Sohn Antiochus Grypus gegen ihn unternahm, Schlacht 
und Leben. 


Zehntes Kapitel. 

Wie Hyrkanus, während die Brüder Antiochus Grypus 
und Antiochus von Kyzikos um die Herrschaft stritten, 
Samaria einnahm und zerstörte. Wie er sich von den 
Pharisäern lossagte und sich an die Sadducäer an- 
schloss. 

1. Antiochus hatte kaum die Herrschaft über Syrien 
angetreten, als er sich zu einem Feldzuge gegen Judaea 
anschickte. Inzwischen aber hörte er, dass sein Stief- 
bruder, der ebenfalls Antiochus hiess, in Kyzikos ein 
Heer gegen ihn sammle. Er blieb deshalb in seinem 
Lande und beschloss, sich gegen den Angriff seines 
Bruders zu rüsten. Dieser führte den Beinamen „der 
Kyzikener“, weil er in Kyzikos erzogen worden war. 
Sein Vater war Antiochus Soter, der im Kampfe gegen 
die Parther gefallen war und mit Demetrius, dem Vater 
des Grypus, dieselbe Mutter hatte. Kleopatra aber hatte, 
wie schon erwähnt, beide Brüder geheiratet. Antiochus 
von Kyzikos kam nun nach Syrien und führte viele 
Jahre hindurch gegen seinen Bruder Krieg, während 
welcher Zeit Hyrkanus sich des Friedens erfreute. Denn 


Go gle 




Dreizehntes Buch, 10. Kapitel. 


175 


er war nach dem Tode des Antiochus von den Mace- 
doniern abgefallen und hatte ihnen weder als Freund 
noch als Unterthan irgend welche Hilfe geleistet, viel- 
mehr während des Alexander Zebinas Regierung und 
noch |mehr zu der Zeit, als die beiden Brüder mitein- 
ander im Streit lagen , sich in Glück und Wohlstand 
befunden. Der Bruderkrieg gewährte ihm hinreichend 
Müsse, Judaea sorgfältig anzubauen, sodass er einen 
ungeheuren Reichtum anhäufte. Wollte Antiochus von 
Kyzikos sein Land verwüsten, so trat er ihm entgegen, 
und da er sah, dass der andere Antiochus von 
Aegypten keine Hilfe erhielt und mit seinem Bruder 
beständig im Hader lag, kümmerte er sich um beide 
nicht. 

2. So kam es , dass er Gelegenheit fand , gegen die 
sehr feste Stadt Samaria zu Felde zu ziehen, über die 
ich, da sie jetzt Sebaste heisst und von Herodes neu 
gebaut worden ist, später an anderer Stelle sprechen 
will. Er griff die Stadt an und belagerte sie mit Nach- 
druck, da er gegen die Samariter aufgebracht war, weil 
sie auf Geheiss der Könige von Syrien die Bewohner 
von Marissa , welche jüdische Kolonisten und seine 
Bundesgenossen waren, hart bedrängt hatten. Rings um 
die Stadt zog er einen Graben sowie einen doppelten 
Wall in der Länge von achtzig Stadien, und bestellte 
seine Söhne Antigonus und Aristobulus zu Leitern der 
Belagerung. Diese versahen ihren Dienst mit allem 
Eifer, und so kam es, dass die Samariter bald so sehr 
vom Hunger gequält wurden, dass sie ganz ungewöhn- 
liche Nahrungsmittel zu sich nahmen und schliesslich 
den Antiochus von Kyzikos herbeiriefen. Dieser kam 
dem Hilferuf bereitwillig nach, wurde aber von Aristo- 
bulus geschlagen und auf der Flucht nach Skythopolis 
von den Brüdern verfolgt. Alsdann kehrten die letzteren 
um und schlossen die Samariter abermals in ihre Stadt 
ein, sodass sie wiederum den Antiochus zu Hilfe riefen. 
Dieser erbat sich von Ptolemaeus Lathurus etwa sechs- 
tausend Mann, welche er auch erhielt, doch gegen den 



176 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Willen von Ptolemaeus’ Mutter, die ihn deshalb beinahe 
der Herrschaft verlustig erklärt hätte. Zunächst nun 
beschränkte sich Antiochus darauf, mit den Aegyptiern 
das Land des Hyrkanus durch Raub und Verwüstung 
zu beunruhigen, da er ihm an Streitkräften nicht ge- 
wachsen war und ihm deshalb nicht in offener Schlacht 
entgegenzutreten wagte. Er glaubte auch , durch die 
Verwüstung des Landes ihn am besten zur Aufhebung 
der Belagerung von Samaria zwingen zu können. Da 
er aber eine Menge seiner Soldaten dadurch verlor, dass 
sie in Hinterhalte gerieten, beauftragte er Kallimander 
und Epikrates mit der Fortsetzung des Krieges gegen 
die Juden, während er selbst sich nach Tripolis zu- 
rückzog. 

3. Kallimander griff die Feinde mit grösserer Kühn- 
heit an, ward aber in die Flucht geschlagen und fiel. 
Epikrates dagegen, der sehr habgierig war, gab gegen 
Zahlung einer Geldsumme Skythopolis und die um- 
liegenden Plätze ganz offen den Juden preis und konnte 
Samaria auch nicht entsetzen. Hyrkanus nahm daher 
nach einjähriger Belagerung die Stadt ein, begnügte sich 
aber damit nicht, sondern zerstörte sie von Grund aus 
und liess sie von reissenden Gebirgsbächen überströmen. 
Hierdurch wurde sie derartig unterwühlt, dass sie in die 
Schluchten hinabstürzte und kaum noch den Anblick 
einer Stadt darbot. Bei dieser Gelegenheit soll dem 
Hohepriester Hyrkanus etwas Wunderbares begegnet 
sein, indem Gott zu ihm geredet habe. An dem Tage 
nämlich, da seine Söhne mit dem Kyzikener kämpften, 
soll der Hohepriester, als er allein im Tempel ein 
Rauchopfer darbrachte, eine Stimme vernommen haben, 
die ihm verkündigte, Antiochus sei soeben von seinen 
Söhnen besiegt worden. Er begab sich alsbald aus 
dem Tempel und teilte dem Volke sein Erlebnis mit; 
und wirklich war es so eingetroffen. So viel wieder von 
Hyrkanus. 

4. Um diese Zeit erfreuten sich nicht nur die zu 
Jerusalem und in ihrem Lande, sondern auch die in 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 10. Kapitel. 


177 


Alexandria, Aegypten und Cypern wohnenden Juden 
eines grossen Glückes. Die Königin Kleopatra nämlich 
sagte sich von ihrem Sohne Ptolemaeus Lathurus völlig 
los und ernannte zu Heerführern Chelkias und Ana- 
nias, die Söhne jenes Onias, der, wie schon früher 
erwähnt, im Bezirke von Heliopolis den Tempel nach 
dem Muster des zu Jerusalem befindlichen erbaut hatte. 
Kleopatra übergab ihnen die gesamte Leitung der Ge- 
schäfte und that nichts ohne ihre Zustimmung, wie dies 
auch der Kappadocier Strabo mit folgenden Worten be- 
zeugt: „Die meisten von denen, welche mit uns nach 
Cypern kamen, und diejenigen, die Kleopatra später 
dorthin schickte, gingen sogleich zu Ptolemaeus über. 
Nur die Juden, die sich nach Onias nannten, blieben 
treu, weil ihre Landsleute Chelkias und Ananias bei der 
Königin in hohem Ansehen standen." Also Strabo. 

5. Um nun wieder auf Hyrkanus zurückzukommen, 
so erregte sein Glück den Neid der Juden, und besonders 
waren gegen ihn die Pharisäer aufgebracht, die, wie ich 
oben erwähnte, eine Sekte der Juden bilden. Sie stehen 
beim Volke in solchem Ansehen, dass sie stets Glauben 
finden, selbst wenn sie etwas gegen den König oder den 
Hohepriester Vorbringen. Hyrkanus war ihr Schüler 
und anfangs bei ihnen sehr beliebt. Einst hatte er sie 
zum Mahle geladen und bewirtete sie prächtig, und als 
er sie vergnügt sah, erklärte er ihnen, sie wüssten doch 
wohl, dass er gerecht sein und alles thun wolle, was 
Gott angenehm sei, wie ja das auch die Pharisäer 
lehrten. Er bitte sie also, falls sie ihn sündigen und 
vom rechten Wege abirren sähen, ihn zu bekehren und 
zu bessern. Sie aber stellten seiner Tugend das beste 
Zeugnis aus und lobten ihn, worüber er sich sehr freute. 
Nur einer von den Gästen, mit Namen Eleazar, ein 
schlechter und streitsüchtiger Mensch, sagte: „Weil du 
denn die Wahrheit hören willst, so merke auf meine 
Worte. Willst du gerecht sein, so entsage der hohe- 
priesterlichen Würde und begnüge dich damit, des Volkes 
Fürst zu sein.“ Da nun Hyrkanus den Grund zu 

Joeephua’ Jüdische Altertümer, II. 13 



178 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


erfahren wünschte, weshalb er die hohepriesterliche 
Würde ablegen sollte, entgegnete Eleazar: „Weil wir 
von älteren Leuten hören, dass deine Mutter unter der 
Regierung des Antiochus Epiphanes gefangen gewesen 
ist/‘ Diese Behauptung war indes falsch, weshalb so- 
wohl Hyrkanus wie alle Pharisäer heftig gegen Eleazar 
aufgebracht wurden. 

6. Nun gab es bei der Sekte der Sadducäer, welche 
an den entgegengesetzten Ansichten wie die Pharisäer 
festhalten, einen gewissen Jonathas, der des Hyrkanus 
vertrauter Freund war und ihm auseinandersetzte, 
Eleazar habe mit seiner Schmähung nur im Sinne aller 
Pharisäer gesprochen. Das werde sogleich offenkundig 
werden, wenn er sie frage, welche Strafe Eleazar für 
seine Behauptung verdient habe. Als nun Hyrkanus 
sich bei den Pharisäern erkundigte, welche Strafe sie 
Eleazar zuerkännten, und ihnen erklärte, er sei über- 
zeugt, dass sie mit jener Schmähung nichts zu thun und 
demgemäss dem Eleazar schon die gebührende Strafe 
auferlegt hätten, antworteten sie, er verdiene gegeisselt 
und gefesselt zu werden. Eine Lästerung nämlich schien 
ihnen noch nicht den Tod zu verdienen , wie ja die 
Pharisäer von Natur mild im Bestrafen sind. Hierüber 
aber geriet Hyrkanus in solchen Zorn, dass er nun wirk- 
lich glaubte, der Mensch habe seine Schmähung mit ihrer 
Zustimmung ausgestossen. Jonathas that dann noch das 
seinige, um ihn aufzureizen , und brachte es wirklich 
dahin, dass Hyrkanus sich an die Sadducäer anschloss, 
sich von den Pharisäern lossagte und die von letzteren 
dem Volke gegebenen Vorschriften nicht nur für un- 
gültig erklärte, sondern auch gegen die,'; welche sie be- 
folgten, mit Strafen einschritt. Infolgedessen richtete 
sich der Hass des Volkes gegen ihn und seine Söhne, 
wie ich gleich näher ausführen werde. Für jetzt will 
ich nur noch bemerken, dass die Pharisäer dem Volke 
durch mündliche Überlieferung viele Gebote aufbewahrt 
haben, welche in die Gesetzgebung des Moyses nicht 
aufgenommen sind. Diese Gebote nun verwirft die 




Dreizehntes Buch, 11. Kapitel. 


179 


Sekte der Sadducäer und behauptet, das allein sei 
massgebend, was geschrieben stehe, während die münd- 
liche Überlieferung der Vorfahren keine Gültigkeit habe. 
Über diesen Punkt entstanden oft heftige Streitigkeiten, 
wobei die Sadducäer nur die Reichen , die Pharisäer 
aber die grosse Menge des Volkes ' auf ihrer Seite hatten. 
Näheres über diese beiden Sekten, sowie über die dritte 
der Essener findet sich im zweiten Buche meines Werkes 
über den Jüdischen Krieg. 

7. Hyrkanus aber machte diesen Streitigkeiten bald 
ein Ende, lebte darauf im höchsten Glück und starb 
nach einunddreissigjähriger ausgezeichneter Regierung 
mit Hinterlassung von fünf Söhnen. Gott hatte ihm 
drei grosse Gnaden verliehen: die Herrschaft über sein 
Volk, die hohepriesterliche Würde und die Gabe der 
Weissagung. Der Herr nämlich war sein beständiger 
Helfer und setzte ihn in den Stand, das Zukünftige 
vorherzusehen und vorherzuverkündigen. So prophezeite 
er auch, seine beiden ältesten Söhne würden nicht lange 
im Besitze der Regierungsgewalt bleiben. Es ist der 
Mühe wert, das Ende dieser beiden Söhne des Hyr- 
kanus ausführlicher zu berichten, weil man daraus er- 
sehen kann , wie weit sie hinter dem Glücke ihres 
Vaters zurückblieben. 


Elftes Kapitel. 

Wie Aristobulus sich die Königskrone aufsetzte und gegen 
seine Mutter und seine Brüder höchst grausam verfuhr. 
Wie er nach der Ermordung des Antigonus auch selbst 

sein Leben beschloss. 

1. Als Hyrkanus gestorben war, beschloss sein ältester 
Sohn Aristobulus, aus eigener Machtvollkommenheit die 
bisherige Regierungsform in ein Königtum zu verwandeln, 
und setzte sich vierhunderteinundachtzig Jahre und drei 
Monate nach der Rückkehr des Volkes aus der baby- 
lonischen Knechtschaft zuerst wieder die Krone auf. 


12 * 



180 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Von seinen Brüdern liebte er den Antigonus ganz be- 
sonders und ehrte ihn königlich, während er die übrigen 
in Ketten und Banden hielt. Sogar seine Mutter, die 
von Hyrkanus mit der Regierung betraut worden war 
und deshalb mit ihm wegen der Herrschaft in Streit 
geriet, liess er ins Gefängnis werfen und ging sogar in 
seiner Grausamkeit so weit, dass er sie durch Hunger 
umkommen liess. Seinen Bruder Antigonus, dem er an- 
fangs so sehr zugethan schien, behandelte er später nicht 
viel besser, da er durch Verleumdungen gegen ihn auf- 
gebracht worden war. Zunächst zwar schenkte er diesen 
Beschuldigungen keinen Glauben, teils weil er ihn 
wirklich liebte, teils weil er glaubte, dieselben gingen 
aus Neid hervor. Als aber Antigonus eines Tages in 
prächtigem Aufzug von einer kriegerischen Unternehmung 
heimkehrte, während Aristobulus von einer Krankheit ans 
Bett gefesselt war, zog ersterer, da gerade das Laub- 
hüttenfest gefeiert wurde, mit grossem Gepränge in Be- 
gleitung seiner Krieger nach dem Tempel, um das Fest 
zu begehen und vor allem , um durch Gebet die Ge- 
nesung seines Bruders zu erflehen. Es gab nun genug 
böswillige Menschen, die, um die Eintracht der Brüder 
zu stören, aus dem glanzvollen Aufzuge des Antigonus 
und seinen glücklichen Kriegsthaten Veranlassung 
nahmen, zum Könige zu gehen, ihm die Sache über Ge- 
bühr aufzubauschen und ihm vorzustellen, dass das Be- 
nehmen seines Bruders durchaus nicht dem eines Privat- 
mannes entspreche, sondern die Begierde nach der 
Königsherrschaft erkennen lasse. Antigonus werde ge- 
wiss mit seiner starken Mannschaft kommen, um ihn zu 
töten, da er es für thöricht halten müsse, sich mit der 
Teilnahme an der Regierung zu begnügen, wenn er selbst 
König werden könne. 

2. Aristobulus liess sich durch diese Einflüsterungen, 
wiewohl mit Widerstreben, aufreizen. Um aber bei 
seinem Bruder keinen Verdacht zu erregen, und zugleich 
auch, um für seine eigene Sicherheit zu sorgen, liess er 
seine Leibwache in einem dunklen unterirdischen Raume 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 11. Kapitel. 


181 


(1er Burg Antonia, 1 in welcher er krank darniederlag, 
verstecken und ihr befehlen , keinem Unbewaffneten 
etwas zuleide zu thun, den Antigonus aber, falls er be- 
waffnet eintrete, niederzumachen. Gleichzeitig schickte 
er zu Antigonus und liess ihn bitten, unbewaffnet zu 
kommen. Die Königin aber und die, welche dem 
Antigonns feindlich gesinnt waren, beredeten den Boten, 
das gerade Gegenteil zu sagen und zu melden, Aristo- 
bulus habe vernommen , dass sein Bruder sich neue 
Waffen und neue Kriegsrüstung angeschafft habe, und 
bäte ihn daher, bewaffnet zu ihm zu kommen, damit er 
sich die Waffen ansehen könne. Antigonus, der nicht im 
entferntesten an List und Tücke dachte, vielmehr von 
der Freundlichkeit seines Bruders entzückt war, begab 
sich in vollem Waffenschmuck zu Aristobulus, um ihm 
denselben zu zeigen. Als er nun den sogenannten 
Stratonsturm erreicht hatte , wo sich ein sehr dunkler 
Gang befindet, machten ihn die Leibwächter nieder. 
Sein Tod bewies klar, dass nichts eine grössere Gewalt 
hat als Neid und Verleumdung, und dass nichts im- 
stande ist, Wohlwollen und natürliche Zuneigung 
schneller zu zerstören, als diese Leidenschaften. Wundern 
muss man sich hierbei über einen Juden von der Sekte 
der Essener, dessen Prophezeiungen noch stets ein- 
getroffen waren. Als dieser den Antigonus zum Tempel 
gehen sah, rief er in Gegenwart seiner Freunde und 
Genossen, welche bei ihm die Kunst der Weissagung 
erlernen wollten, aus, er wünsche, dass der Tod ihn 
jetzt ereile, da er etwas Falsches prophezeit habe. Noch 
lebe ja Antigonus, von dem er vorhergesagt habe, dass 
er heute im Stratonsturm sterben werde, und den er 
doch jetzt vorbeiziehen sehe, obgleich der Stratonsturm 
sechshundert Stadien entfernt und der grösste Teil des 
Tages schon verstrichen sei. Er laufe somit jetzt Ge- 
fahr, eine falsche Weissagung verkündigt zu haben. 
Während er noch so sprach und wehklagte, ward ihm 


1 Die aber damals noch Baris hiess. 


Go gle 



182 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


gemeldet, Antigonus sei in dem unterirdischen Gelasse 
umgekommen, welches ebenso wie das an der Meeres- 
küste sechshundert Stadien weit entfernt liegende 
Caesarea „Stratonsturm“ heisst. Hierdurch war der Seher 
verwirrt worden. 

3. Aristobulus aber empfand bald über den Bruder- 
mord heftige Beue, und von Gewissensbissen gefoltert, 
fiel er in eine Krankheit, die seine Eingeweide so an- 
griff, dass er Blut auswarf. Dieses Blut wollte einer der 
ihm dienenden Pagen, wie ich glaube, durch göttliche 
Fügung, an dieselbe Stelle bringen, die noch mit dem 
Blute des gemordeten Antigonus befleckt war, glitt aber 
aus und verschüttete den Inhalt des Gefasses. Darüber 
erhoben die, welche es gesehen hatten, ein gewaltiges 
Geschrei, als wenn der Page das Blut mit Absicht ver- 
schüttet hätte. Aristobulus, der das Geschrei hörte, er- 
kundigte sich nach der Ursache, und da man ihm nicht 
antwortete, war er nur desto begieriger, dieselbe zu er- 
fahren, wie denn die Menschen gewöhnlich, wenn ihnen 
etwas verschwiegen wird, gleich das Schlimmste dahinter 
versteckt glauben. Als man ihm dann endlich auf seine 
Drohungen aus Furcht die Wahrheit gestand, brach er, 
von Gewissensbissen gequält, in Thränen aus und weh- 
klagte: „So konnten also meine schändlichen und ver- 
ruchten Thaten Gott nicht verborgen bleiben, da er mich 
für den Mord meines Bruders mit schneller Strafe heim- 
suchte! Wie lange denn noch willst du, o schamloser 
Leib, die Seele zurückhalten, die den Schatten meines 
Bruders und meiner Mutter verfallen ist? Weshalb 
giebst du sie nicht sogleich los, da ich einen Teil 
meines Blutes schon jetzt denen, welche ich so schmäh- 
lich dahingemordet habe, zum Opfer bringe?“ Kaum 
hatte er diese Worte gesprochsn, da starb er nach nur 
einjähriger Regierung. Obwohl er ein Freund der 
Griechen genannt wurde, hatte er doch seinem Vater- 
lande viel Gutes erwiesen, indem er Ituraea bekriegte, 
einen grossen Teil dieses Landes mit Judaea vereinigte 
und die Bewohner zwang, falls sie in ihrer Heimat 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 12. Kapitel 


183 


bleiben wollten, die Beschneidung anzunehmen und nach 
jüdischen Gesetzen zu leben. Er war von Natur leut- 
selig und schamhaft, wie dies auch Strabo bezeugt, der 
nach Timagenes also berichtet: „Dieser Mann war leut- 
selig und den Juden sehr nützlich, da er deren Gebiet 
vergrösserte ; denn er nahm einen Teil des Ituräervolkes 
in dasselbe dadurch auf, dass er die Ituräer zur Be- 
schneidung nötigte.“ 


Zwölftes Kapitel. 

Wie Alexander zur Herrschaft kam und gegen Ptolemaeus 
zu Felde zog, aus. Furcht vor Ptolemaeus Lathurus aber 
die Belagerung aufhob. Wie Ptolemaeus den Alexander 
bekriegte und die Juden niederwarf. 

1. Als Aristobulus gestorben war, liess seine Witwe 
Salome, welche von den Griechen Alexandra genannt 
wird, dessen Brüder, die, wie oben erwähnt, Aristobulus 
gefangen gehalten hatte, frei und bestimmte den 
Jannaeus, der auch Alexander hiess, zum Könige, da 
ihm infolge seines Alters und seiner Rechtschaffenheit 
der Vorrang gebühre. Dieser hatte sich, kaum dass er 
geboren war, schon den Hass seines Vaters zugezogen 
und durfte ihm während seines ganzen Lebens nicht 
unter die Augen kommen. Der Hass gründete sich auf 
folgende Begebenheit. Hyrkanus, der seine beiden 
ältesten Böhne Antigonus und Aristobulus am meisten 
liebte, fragte einst Gott, der ihm im Traume erschienen 
war, welcher von seinen Söhnen sein Nachfolger werden 
würde. Als Gott ihm darauf den Alexander bezeichnete, 
verdross es ihn , dass gerade dieser alle seine Güter 
erben sollte, und so liess er ihn in Galilaea, wo er ge- 
boren war, erziehen. Gott aber hatte den Hyrkanus 
nicht getäuscht. Denn Alexander kam nach dem Tode 
des Aristobulus zur Regierung und liess den einen von 
seinen Brüdern, der nach der Herrschaft strebte, um- 
bringen, während er den anderen, der ein ruhiges Leben 
führte, in hohen Ehren hielt. 



184 


Joseplius’ Jüdische Altertümer. 


2. Als nun Alexander seine Herrschaft begründet 
hatte, unternahm er einen Kriegszug gegen Ptolemaeus, 
schlug [die zum Kampf ausgerückten Einwohner aufs 
Haupt, trieb sie in die Stadt und belagerte sie. An der 
Küste nämlich blieben ihm nur noch die Städte Ptole- 
mai's und Gaza sowie der Tyrann Zoilus, welcher 
Stratonsturm (Caesarea) und Dora behauptete, zu unter- 
werfen übrig. Da nun Antiochus Philometor und sein 
Bruder Antiochus von Kyzikos sich noch immer bekriegten 
und gegenseitig ihre Kräfte aufrieben, hatten die Ptole- 
maiter von ihnen keine Hilfe zu erwarten. Während 
der Belagerung jedoch erschien Zoilus, der Beherrscher 
von Stratonsturm und Dora , mit einer Heerschar , und 
da er wegen des zwischen den beiden Königen tobenden 
Streites seine Herrschaft auszudehnen gedachte, leistete 
er den Ptolemaitern einige Hilfe. Letztere abel* konnten 
auch schon darum auf die Könige nicht rechnen, weil 
diese ihnen nicht sonderlich gewogen waren. So machten 
es denn beide Teile wie die Ringkämpfer, die, wenn ihre 
Kräfte nachlassen und die Scham ihnen nicht gestattet, 
zu weichen , den Kampf durch Lässigkeit und Ver- 
schnaufen in die Länge zu ziehen suchen. Es blieb nun 
den Ptolemaitern nur noch die Hoffnung auf die 
aegyptischen Könige und auf Ptolemaeus, den Herrscher 
von Cypern, der, von seiner Mutter Kleopatra vom 
Throne gestossen, sich nach dieser Insel gewandt hatte. 
Zu diesem also schickten die . Ptolemaiter mit der Bitte, 
er möge ihnen Hilfe leisten und sie aus den Händen 
Alexanders retten. Da ihm nun die Gesandten Hoff- 
nung machten, es würden, wenn er nach Syrien über- 
setze, die Gazäer und Zoilus, welche auf seiten der 
Ptolemaiter ständen, sowie auch die Sidonier und noch 
viele andere Städte sich mit ihm verbünden, beeilte er 
sich voll Zuversicht, seine Truppen einzuschiffen. 

3. Inzwischen aber gelang es einem gewissen De- 
mainetos, der als Volksredner bei den Ptolemaitern 
grosses Ansehen genoss, die Meinung seiner Mitbürger 
umzustimmen, indem er ihnen vorstellte, es sei besser, 




Dreizehntes Buch, 12. Kapitel. 


185 


wenn auch mit ungewissem Erfolge, gegen die Juden 
zu kämpfen, als sich in odenbare Knechtschaft zu 
stürzen, indem man sich mit einem fremden Herrscher 
einlasse und dann nicht nur den jetzigen Krieg, sondern 
auch noch den viel schwierigeren mit Aegypten werde 
zu bestehen haben. Denn Kleopatra werde nicht so 
thöricht sein, zuzulassen, dass Ptolemaeus sich bei ihren 
Nachbaren eine grosse Streitmacht sammle, sondern sie 
mit einem grossen Heere angreifen, da sie doch sogar 
versuche, ihren Sohn von Cypern zu verdrängen. Dem 
Ptolemaeus stehe es, wenn er in seiner Hoffnung getäuscht 
werde, frei, sich nach Cypern zurückzuziehen, während 
ihnen selbst in diesem Falle die äusserste Gefahr drohe. 
Obwohl nun Ptolemaeus unterwegs diese Sinnesänderung 
der Ptolemaiter erfuhr, setzte er nichtsdestoweniger seine 
Fahrt fort und landete bei Sykaminus, wo er seine 
Truppen, im ganzen gegen dreissigtausend Fusssoldaten 
und Reiter, ausschiffte. Diese führte er alsdann bis in 
die Nähe von Ptolemais, wo er sein Lager aufschlug. 
Da jedoch die Bürger weder seine Gesandten aufnahmen, 
noch sonst auf ihn hören wollten, geriet er in grosse 
Besorgnis. 

4. Als nun aber Zoilus und die Gazäer den Ptole- 
maeus um seine Hilfe prsuchen Hessen, weil ihre Äcker 
von den Juden verwüstet würden, hob Alexander aus 
Furcht vor diesem die Belagerung auf, führte sein Heer 
heim und benahm sich nun zweideutig, indem er ins- 
geheim die Kleopatra gegen den Ptolemaeus zu Hilfe 
rief, anderseits aber mit letzterem zum Scheine ein Freund- 
schaftsbündnis aufrecht erhielt. Ja, er versprach ihm 
vierhundert Talente Silber, wenn er den Zoilus aus dem 
Wege räumen und dessen Land den Juden überlassen 
wolle. Ptolemaeus schloss auch wirklich damals mit 
Alexander bereitwillig Freundschaft und unterwarf ihm 
den Zoilus. Als er aber später hörte, Alexander habe 
heimlich Boten an seine Mutter Kleopatra geschickt, 
löste er seine Verbindlichkeiten nicht ein und belagerte 
Ptolemais, weil es ihn nicht aufgenommen hatte. Und 


Go gle 



186 


Joseplius’ Jüdische Altertümer. 


nachdem er zu dieser Belagerung einige Heerführer mit 
einem Teile seiner Truppen zurückgelassen, marschierte 
er mit dem anderen Teile nach Judaea, um dasselbe zu 
verwüsten. Alexander aber, der von des Ptolemaeus Ab- 
sicht Kenntnis erhalten hatte, zog ein Heer von fünfzig- 
tausend oder — nach anderen Schriftstellern — von 
achtzigtausend Mann zusammen und rückte mit diesen 
Truppen dem Ptolemaeus entgegen. Ptolemaeus griff 
unterdessen unversehens die galilaeische Stadt Asochis 
an, eroberte sie an einem Sabbat, faahm gegen zehn- 
tausend Menschen gefangen und machte auch sonst reiche 
Beute. 

5. Alsdann wandte er sich gegen Sepphoris, das von 
Asochis nicht weit entfernt war, erlitt aber hier grosse 
Verluste und zog daher in der Richtung nach Ptolemais 
ab, um dem Alexander eine Schlacht zu liefern. Alexander 
begegnete ihm am Jordan bei einem Orte, der Asophon 
hiess, und lagerte sich in der Nähe des Feindes. Im 
Vordertreffen hatte er achttausend sogenannte Hekaton- 
tomachen (Kämpfer , die es mit hundert aufnehmen), 
welche mit Erz überzogene Schilde führten. Auch die 
Kämpfer des Ptolemaeus, die im Vordertreffen standen, 
bedienten sich solcher erzbeschlagenen Schilde. Wenn 
nun auch die Soldaten des Ptolemaeus im übrigen den 
Juden nachstanden und deshalb der Gefahr nicht so 
leicht trotzten, so erhöhte doch ihren Mut der Taktiker 
Philostephanos, indem er sie über den Fluss setzen liess, 
der die beiderseitigen Lager trennte, ohne dass Alexander 
den Übergang hinderte. Alexander nämlich dachte die 
Feinde, sobald sie den Fluss im Rücken hätten, um so 
leichter vernichten zu können , weil ihnen dann die 
Flucht unmöglich war. Anfangs nun schwankte der 
Kampf hin und her, und es fiel auf beiden Seiten eine 
grosse Zahl. Als aber Alexander die Oberhand gewann, 
teilte Philostephanos seine Truppen und brachte den 
Bedrängten in geschickter Weise Hilfe. Die Juden 
mussten sich nun, da niemand ihrem unterliegenden Teil 
Unterstützung gewährte, zur Flucht wenden und rissen 



Dreizehntes Buch, 13. Kapitel. 


187 


auch die anderen Reihen mit in dieselbe hinein, während 
des Ptolemaeus Soldaten gerade das Gegenteil thaten. 
Denn sie setzten den Juden nach, machten sie nieder, 
schlugen zuletzt das ganze Heer in die Flucht und 
richteten ein solches Blutbad an , dass ihre Waffen 
stumpf wurden und ihre Arme erlahmten. Dreissig- 
tausend (nach Timagenes fünfzigtausend) Juden sollen 
in diesem Treffen gefallen sein ; die übrigen gerieten 
teils in Gefangenschaft, teils entkamen sie in ihre 
Heimat. 

6. Nach diesem Kriege verwüstete Ptolemaeus die 
Gegend und bezog am Abend in einigen Dörfern Quar- 
tier. Als er nun die Dörfer mit Weibern und Kindern 
angefüllt fand, befahl er seinen Soldaten, die letzteren 
niederzumachen, sie in Stücke zu hauen und diese in 
Kessel mit siedendem Wasser zu werfen. Das that er, 
damit die, welche aus dem Treffen entkommen waren und 
etwa hierher ihre Zuflucht nahmen , die Feinde für 
Menschenfresser halten und über den Anblick desto 
mehr in Schrecken geraten sollten. Auch Strabo und 
Nikolaus berichten diesen Vorgang, wie ich ihn 
dargestellt habe. Ptolemaeus aber nahm dann schliess- 
lich auch noch Ptolemais mit Gewalt ein, wie ich schon 
anderswo erzählte. 


Dreizehntes Kapitel. 

Wie Alexander einen Feldzug nach Coelesyrien unter- 
nahm, die Stadt Gaza zerstörte und später viele tausend 
Juden, die sich gegen ihn empört hatten, niedermachen 
liess. Von Antiochus Grypus , Seleukus, Antiochus von 

Kyzikos und anderen. 

1. Als Kleopatra die Macht ihres Sohnes wachsen 
sah und bemerkte, wie er Judaea nach Herzenslust ver- 
wüstete und Gaza in seine Gewalt brachte, glaubte sie 
es doch nicht zulassen zu dürfen, dass er sozusagen vor 
die Thore ihrer Residenz rücke und seine Hand nach 




188 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


der Krone Aegyptens ausstrecke, sondern brach mit einer 
Flotte und einem Landheere gegen ihn auf. Zu Ober- 
befehlshabern des Heeres ernannte sie die Juden Chelkias 
und Ananias, während sie ihre Reich tümer, ihre Enkel 
und ihr Testament den Bewohnern der Insel Kos zur 
Bewahrung anvertraute. Alsdann befahl sie ihrem Sohne 
Alexander, mit einer grossen Flotte nach Phoenicien zu 
schiffen. Als die Phoenicier sich unterworfen hatten, kam 
Kleopatra nach Ptolema’is, sah sich aber, weil die Bewohner 
sie nicht einlassen wollten , zur Belagerung der Stadt 
gezwungen. Inzwischen brach Ptoleraaeus aus Syrien 
auf und eilte nach Aegypten in dem Glauben, das Land 
sei von Truppen entblösst und er könne es deshalb un- 
versehens erobern. Doch sah er sich in dieser Hoffnung 
getäuscht. Chelkias, der eine von Kleopatras Feldherren, 
setzte ihm nach, starb jedoch in Coelesyrien. 

2. Sobald Kleopatra von dem Unternehmen ihres 
Sohnes Kunde erhielt und zugleich vernahm, dass er in 
Aegypten Misserfolg gehabt, schickte sie einen Teil ihres 
Heeres dorthin und liess ihn aus dem Lande vertreiben. 
So musste sich Ptolemaeus aus Aegypten zurückziehen 
und überwinterte in Gaza. Unterdessen nahm Kleo- 
patra Ptolema’is ein und die Besatzung gefangen. Da 
nun Alexander von Ptolemaeus so schwer geschlagen 
war und ihm keine andere Zuflucht übrig blieb, ging er 
die Königin unter Darbringung von Geschenken und 
mit gebührender Huldigung um Hilfe an. Einige ihrer 
Freunde rieten der Kleopatra, sie solle die Geschenke 
annehmen und das Land in ihre Gewalt zu bekommen 
suchen, da sie sehe, eine wie grosse Menge tapferer 
Juden von dem einen Manne abhängig sei. Ananias 
aber trat diesem Rate entgegen, indem er auseinander- 
setzte, die Königin werde ein Unrecht begehen, wenn sie 
ihrem Bundesgenossen, der noch dazu sein Verwandter sei, 
seiner Macht berauben wolle. Eine solche Ungerechtig- 
keit werde auch übrigens alle Juden mit der Königin ver- 
feinden. Durch diese Vorstellungen wurde Kleopatra 
bewogen, nichts gegen Alexander zu unternehmen. Ja, 



Dreizehntes Buch, 1 8. Kapitel. 


189 


sie schloss sogar mit ihm zu Skythopolis in Coelesyrien 
ein Bündnis. 

3. Als Alexander so von seiner Furcht vor Ptolemaeus 
befreit war, zog er sogleich nach Coelesyrien ins Feld 
und eroberte Gadara nach zehnmonatlicher Belagerung. 
Weiterhin nahm er Amathus ein, die grösste der am 
Jordan gelegenen Festungen, wo Theodorus, der Sohn 
des Zeno, die schönsten und kostbarsten seiner Schätze 
auf bewahrte. Dieser aber griff unversehens die Juden 
an, tötete zehntausend von ihnen und plünderte Alexanders 
Gepäck. Doch liess dieser sich hierdurch nicht ent- 
mutigen, sondern zog gegen die Küstenstädte Raphia 
und Anthedon (welch letztere der König Herodes später 
Agrippias nannte) und nahm auch diese ein. Als er 
nun erfuhr, dass Ptolemaeus von Gaza nach Cypern 
und seine Mutter Kleopatra wieder nach Aegypten zurück- 
gekehrt seien, belagerte er Gaza im Zorn darüber, dass 
seine Bewohner den Ptolemaeus zu Hilfe gerufen hatten, 
und verwüstete deren Äcker. Apollodotus aber, der 
Anführer der Gazäer, fiel mit zweitausend Söldnern und 
zehntausend Bürgern bei Nacht in das Lager der Juden 
ein. So lange nun die Nacht währte, waren die Gazäer 
im Vorteil, da sie die Feinde zu dem Glauben verleiteten, 
Ptolemaeus sei es, der sie angreife. Als es aber Tag 
wurde und der Irrtum sich auf klärte, schlossen sich die 
Juden fest zusammen, drangen auf die Gazäer ein und 
machten gegen* tausend von ihnen nieder. Dennoch 
hielten die belagerten Gazäer stand und Hessen sich 
weder durch den Mangel an Lebensmitteln, noch durch 
die Menge der Gefallenen einschüchtern, wollten vielmehr 
lieber alles Ungemach erdulden, als in die Hände ihrer 
Feinde geraten. Zudem ermutigte sie der Araberkönig 
Aretas, der ihnen Hilfe in Aussicht gestellt hatte. Doch 
noch vor seinem Eintreffen kam Apollodotus um; sein 
Bruder Lysimachus nämlich, der ihn um sein Ansehen 
bei den Bürgern beneidete, tötete ihn, sammelte sich 
eine Schar Soldaten und übergab die Stadt dem Alexander. 
Dieser rückte sogleich ein und benahm sich zunächst 



190 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


gnädig; später aber gestattete er seinen Leuten, sich 
an den Gazäern zu rächen. Die Soldaten zerstreuten 
sich darauf in der Stadt und begannen zu morden. Doch 
auch die Gazäer bewiesen sich nicht feige, leisteten viel- 
mehr tapferen Widerstand und töteten nicht weniger 
Juden , als ihrer selbst fielen. Einige verliessen auch 
ihre Häuser und steckten sie in Brand , damit den 
Feinden keinerlei Beute zufalle. Andere wieder töteten 
mit eigener Hand ihre Frauen und Kinder, weil sie die- 
selben nicht in die Knechtschaft des Feindes geraten 
lassen wollten. Die fünfhundert Mitglieder des Rates 
der Stadt (zur Zeit des Überfalles war dieser gerade 
versammelt) hatten sich in den Apollotempel geflüchtet; 
auch sie liess Alexander niedermachen, zerstörte dann 
die Stadt und kehrte, nachdem die Belagerung ein Jahr 
gedauert hatte, nach Jerusalem zurück. 

4. Um diese Zeit starb auch Antiochus Grypus, 
meuchlerisch umgebracht von einem gewissen Herakleon, 
nachdem er fünfundvierzig Jahre gelebt und neunund- 
zwanzig Jahre regiert hatte. Ihm folgte sein Sohn 
Seleukus, der mit seinem Oheim Antiochus von Kyzikos 
Krieg führte, denselben besiegte, gefangen nahm und 
tötete. Nicht lange danach kam des Kyzikeners Sohn 
Antiochus mit dem Beinamen Eusebes nach Aradus, 
setzte sich die Krone auf und bekriegte den Seleukus, 
den er schlug und aus ganz Syrien verdrängte. Seleukus 
floh nach Cilicien, zog sich nach Mopsuestia zurück und 
wollte von den Bürgern der Stadt Abgaben eintreiben, 
Das Volk aber ward hierüber unwillig und legte den 
Feuerbrand an die Königsburg , sodass Seleukus mit 
seinen Freunden umkam. Während nun des Kyzikeners 
Sohn Antiochus in Syrien regierte, überzog ihn Antiochus, 
des Seleukus Bruder, mit Krieg, ward jedoch geschlagen 
und verlor Heer und Leben. Nach ihm setzte sich sein 
Bruder Philippus die Krone auf und herrschte über einen 
Teil von Syrien. Inzwischen aber hatte Ptolemaeus 
Lathurus dessen vierten Bruder Demetrius mit dem Bei- 
namen Eukaerus aus Knidus herbeigerufen und setzte 



Dreizehntes Buch, 13. Kapitel. 


191 


ihn zu Damaskus als König ein. Diesen beiden Brüdern 
leistete Antiochus tapferen Widerstand, kam aber bald 
um. Er zog nämlich die Königin der Galadener, Lao- 
dike, welche damals gegen die Parther Krieg führte, zu 
Hilfe und fiel nach heldenmütigem Kampfe auf dem 
Schlachtfelde. Die Herrschaft von Syrien behaupteten 
nun die beiden Brüder Demetrius und Philippus, wie 
schon anderswo berichtet ist. 

5. Was den Alexander angeht, so erhob sich das 
Volk gegen ihn und bewarf ihn während einer Festfeier, 
als er am Altäre stand und opfern wollte, mit Citronen. 
Es ist nämlich bei den Juden Gebrauch, dass am Laub- 
hüttenfest jedermann Palm- und Citronenzweige mit- 
bringt, wie ich bereits an anderer Stelle erwähnt habe. 
Auch schmähten sie ihn, er sei der Sohn einer Gefangenen 
und des Hohepriestertums wie der Ehre, Opfer darzu- 
bringen, nicht wert. Hierüber ergrimmt, liess Alexander 
gegen sechstausend von ihnen niedermetzeln. Dann liess 
er rings um den Altar und den Tempel hölzerne Schranken 
errichten bis an den Räum, den nur die Priester betreten 
durften, und verwehrte so dem Volke den Zutritt. Er 
hielt auch fremde Söldner, Pisider und Cilicier, doch 
keine Syrer, weil er mit diesen verfeindet war, unter- 
jochte dann die Moabiter und die Galaditer, arabische 
Völkerschaften, machte sie tributpflichtig und zerstörte 
auch die Stadt Amathus, ohne dass Theodorus ihm 
Widerstand geleistet hätte. Als er nun aber dem Araber- 
könige Obedas entgegentrat, fiel er in einer zerklüfteten 
und schwer zugänglichen Gegend in einen Hinterhalt, 
wurde bei dem galaditischen Dorfe Gadara von der Menge 
der Kamele in eine tiefe Schlucht gedrängt und ent- 
kam nur mit genauer Not. Von hier floh er dann nach 
Jerusalem, und da nun auch noch das Volk sich gegen 
ihn empörte, führte er sechs Jahre lang gegen dasselbe 
Krieg, in welchem er nicht weniger als fünfzigtausend 
Juden umbrachte. Und obwohl er sie beständig er- 
mahnte, von ihrer Feindseligkeit abzulassen, hassten sie 
ihn doch immer mehr. Da er sie nun endlich fragen 



192 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


liess, was sie denn eigentlich verlangten, schrien sie: 
seinen Tod. Dann schickten sie zu Demetrius Eukaerus 
und liessen ihn zu Hilfe rufen. 


Vierzehntes Kapitel. 

Wie Demetrius Eukaerus den Alexander überwand, 

sich aber bald wieder zurückzog. Alexanders Rache 
an den Juden. Des Demetrius Tod. 

1. Demetrius rückte darauf mit einem Heere an, 
nahm die, welche ihn zu Hilfe gerufen, in dasselbe auf 
und lagerte sich bei Sikim. Alexander zog ihm mit 
sechstausendzweihundert Söldnern und zwanzigtausend 
Juden, die zu ihm hielten, entgegen. Die Streitmacht 
des Demetrius bestand aus dreitausend Reitern und 
vierzigtausend Fusssoldaten. Von beiden Seiten versuchte 
man nun zunächst, dem Gegner Truppen abzuschwätzen, 
indem Demetrius die Söldner, weil sie Griechen seien, 
Alexander dagegen die zu Demetrius haltenden Juden 
zum Abfall zu bewegen suchte. Da indes keiner von 
beiden etwas ausrichtete, kam es zur Schlacht, in 
welcher Demetrius siegte und alle Söldner Alexanders, 
die sich heldenmütig und treu benommen hatten , doch 
auch viele von Demetrius’ Kriegern fielen. 

2. Alexander floh nun ins Gebirge, wo er sechstausend 
Juden, die das Mitleid mit seinem Geschick zu ihm trieb, 
um sich versammelte. Demetrius zog sich darauf aus 
Furcht vor diesem Anhänge Alexanders zurück ; die 
übrigen Juden aber griffen den Alexander an. Doch 
sie wurden geschlagen, und es kamen viele von ihnen 
im Kampfe ums Leben. . Die Angesehensten des Volkes 
drängte dann Alexander in die Stadt Bethoma, belagerte 
sie hier und führte sie nach dem Falle der Festung ge- 
fangen nach Jerusalem, wo er eine ganz unmenschliche 
Frevelthat ersann. Als er nämlich mit seinen Buhl- 
dirnen an einem in die Augen fallenden Orte schmauste, 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 14. Kapitel. 


198 


liess er gegen achthundert dieser Gefangenen kreuzigen 
und, während sie noch lebten, ihre Frauen und Kinder 
vor ihren Augen niedermetzeln. Damit vollzog er für 
das erlittene Unrecht eine so grausame Strafe, wie ein 
Mensch sie je ersonnen haben mochte. Freilich hatten 
die Juden ihm in den gegen ihn geführten Kämpfen 
hart zugesetzt und auch sein Leben wie seinen Thron 
aufs äusserste bedroht, da sie sich nicht damit begnügten, 
selbst gegen ihn zu Felde zu ziehen, sondern auch noch 
fremde Hilfstruppen gegen ihn heranzogen und ihn end- 
lich derart in die Enge trieben, dass er die im Lande 
der Moabiter und Galaditer unterjochten Gebiete samt 
den darin befindlichen Festungen dem Könige der Araber 
abtrat, damit [dieser den Juden, die ihm schon so un- 
zählige Unbilden und Kränkungen zugefügt hatten, nicht 
auch noch gegen ihn beistehe. Doch war {das noch keine 
zwingende Veranlassung für ihn, eine so unmenschliche 
Grausamkeit zu begehen, die ihm sogar den Namen 
Thrakidas 1 bei den Juden eintrug. Übrigens flohen die 
ihm feindlich gesinnten Krieger, etwa achttausend an 
der Zahl, bei Nacht davon und lebten bis zum Tode 
Alexanders als Flüchtlinge. So nahm dieser Aufstand 
ein Ende, und Alexander regierte von da ab in voller 
Ruhe. 

3. Unterdessen war Demetrius aus Judaea nach 
Beroea gezogen und belagerte hier seinen Bruder Phi- 
lippus mit zehntausend Fusssoldaten und tausend Reitern. 
Straton jedoch, der Tyrann von Beroea und Bundes- 
genosse des Philippus, rief den arabischen Stammesfürsten 
Zizus und den Partherhäuptling Mithradates Sinakes 
zu Hilfe. Diese kamen mit grosser Heeresmacht, be- 
lagerten den Demetrius in seinem eigenen Lager, wo die 
Geschosse ebensosehr als der Durst ihm zusetzten, und 
zwangen die Seinigen schliesslich zur Übergabe. Dann 
plünderten sie die ganze Umgegend, nahmen den Deme- 
trius gefangen und schickten ihn zu dem damaligen 

1 D. h. Thrakern ähnlich, die als grausam bekannt waren, j 

Josephus’ I Jüdische Altertümer II. . 13 


Go gle 



194 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Partherkönige Mithadrates, Hessen jedoch alle Gefangenen, 
welche Antiochener waren, ohne Lösegeld nach Anti- 
ochia zurückkehren. Der Partherkönig Mithradates 
behandelte übrigens den Demetrius sehr ehrenvoll, bis 
dieser an einer Krankheit starb. Philippus aber rückte nach 
jenem Kampfe sogleich gegen Antiochia, nahm die 
Stadt ein und wurde dadurch König von Syrien. 


Fünfzehntes Kapitel. 

Wie Antiochus Dionysus und nach ihm Aretas 
gegen Judaea zu Felde zogen. Alexanders weitere Thaten 

und Tod. 

1. Später kam des Philippus Bruder Antiochus Dio- 
nysus in der Absicht, sich der Herrschaft zu bemäch- 
tigen, nach Damaskus, nahm dasselbe ein und setzte 
sich die Krone auf. Während er aber auf einem Kriegs- 
zuge gegen die Araber begriffen war, hörte sein Bruder 
Philippus, was vorgefallen war, und eilte nach Damaskus, 
Milesius, der als Kommandant der Burg zurückgeblieben 
war, übergab ihm im Einverständnis mit den Damas* 
cenern die Stadt. Da er sich aber gegen den Milesius 
undankbar bewies und ihm nichts von dem, was dieser 
nach der Übergabe der Stadt erwartet hatte, gewährte, 
vielmehr lieber den Schein erwecken wollte, als habe er 
durch Einschüchterung, nicht aber durch des Milesius 
Gefälligkeit die Einnahme der Stadt bewerkstelligt, 
wurde er, zumal er keinerlei Geschenke machte, bald 
missliebig und verlor Damaskus wieder. Da er nämlich 
einmal in die Rennbahn zog, schloss Milesius die Thore 
und bewahrte die Stadt wieder für Antiochus. Sobald 
dieser aber von dem Beginnen des Philippus hörte, 
kehrte er sogleich aus Arabien zurück und zog mit acht- 
tausend Fusssoldaten und achthundert Reitern nach 
Judaea. Alexander, der bei seinem Anrücken in Furcht 
geriet, zog einen tiefen Graben, der sich von Chabarzaba, 




Dreizehntes Buch, 15. Kapitel. 


195 


dem jetzigen Antipatris, bis zum Meerbusen von Joppe 
erstreckte; an dieser Seite nämlich war das Land völlig 
offen. Ausserdem errichtete er hölzerne Türme mit 
Brustwehren von hundertfünfzig zu hundertfünfzig Stadien 
und erwartete nun den Antiochus. Dieser aber steckte 
alle diese Befestigungs werke in Brand und führte sein 
Heer von dort nach Arabien hinüber. Der Araber zog 
sich anfänglich vor ihm zurück, brach dann aber plötz- 
lich mit zehntausend Reitern hervor und lieferte ihm 
eine blutige Schlacht, in welcher Antiochus zwar siegte, 
aber fiel, während er dem bedrängten Teile derSeinigen 
zu Hilfe kam. Nach seinem Tode floh das Heer iii 
den Flecken Kana, wo der grösste Teil desselben dem 
Hunger erlag. 

2. Nach Antiochus gelangte zur Regierung von Coele- 
syrien Aretas, der von der Besatzung in Damaskus aus 
Hass gegen Ptolemaeus Mennaei zur Herrschaft berufen 
wurde. Dieser rückte nach Judaea ins Feld, besiegte 
den Alexander bei Addida, schloss aber dann Frieden 
mit ihm und zog sich wieder nach Judaea zurück. 

3. Alexander rückte nun seinerseits gegen die Stadt 
Dion, nahm dieselbe ein und führte sein Heer von da 
nach Essa, wo Zeno seine grössten Kostbarkeiten ver- 
wahrte. Diesen Platz umzog er mit einem dreifachen 
Walle, nahm ihn mit Sturm und wandte sich dann gegen 
Gaulana und Seleukia. Diese eroberte er ebenfalls, wie 
auch das sogenannte Thal des Antiochus und die Festung 
Gamala. Den Demetrius aber, den Beherrscher dieser 
Gegenden, plünderte er unter allerhand Vorwänden rein 
aus und kehrte dann, nachdem er drei Jahre im Felde 
gelegen hatte, nach Hause zurück, wo die Juden ihn 
seines Kriegsglückes wegen mit Begeisterung aufnahmen. 

4. Um diese Zeit besassen die Juden auch schon 
viele Städte der Syrer, Idumäer und Phoenicier. Am 
Meere hatten sie Stratonsturm, Apollonia, Joppe, Jamnia, 
Azot, Gaza, Anthedon, Raphia und Rhinokorura; im 
Binnenlande, welches an Idumaea grenzte, Adora, Marissa, 
Samaria, den Karmel, den Tabor, Skythopolis, Gadara, 

13 * 



196 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Gaulanitis, Seleukia und Gabala; in Moabitis Essebon, 
Medaba, Lemba, Oronas, Telithon, Zara, die Cilicier- 
Schlucht, Pella (dieses zerstörten sie, weil die Bewohner 
nicht versprechen wollten, die jüdischen Gebräuche an- 
zunehmen), sowie ferner noch eine Reihe bedeutender 
Städte Syriens, die gleichfalls zerstört waren. 

5. Später fiel Alexander infolge von Trunksucht in 
eine Krankheit und wurde drei Jahre lang von vier- 
tägigem Wechselfieber geplagt, ohne aber deshalb vom 
Kriege abzulassen, bis er endlich den Strapazen erlag 
und im Gerasenischen Gebirge bei der Belagerung der 
Festung Ragaba jenseits des Jordan starb. Als die 
Königin ihn dem Tode nahe sah und keine Hoffnung 
auf seine Genesung mehr hatte, weinte und jammerte 
sie und beklagte sich und ihre Kinder, weil sie nun 
bald verlassen sein würden. Dann sprach sie zu Alexander: 
„Wem lässt du nun mich und meine Kinder, die fremder 
Hilfe so sehr bedürfen, zumal da du weisst, wie sehr 
das Volk der Juden gegen dich aufgebracht ist?“ Er 
aber redete ihr zu, seinem Rate zu folgen^ die königliche 
Würde mit ihren Kindern festzuhalten und seinen Tod 
dem Heere zu verheimlichen, bis die Festung erobert sei. 
Hierauf solle sie als Siegerin in glänzendem Aufzuge 
sich nach Jerusalem begeben und den Pharisäern irgend 
ein Vorrecht einräumen. Diese würden ihr dann aus 
Dankbarkeit für die Auszeichnung das Volk geneigt 
machen; denn sie besässen grossen Einfluss auf die 
Juden und könnten ihren Feinden bedeutenden Schaden, 
ihren Freunden dagegen grossen Vorteil bringeij, tla das 
Volk auf jedes ihrer Worte, welches sie aus Hass gegen 
jemand richteten, höre. Habe er sich doch selbst beim 
Volke missliebig gemacht, weil er ihrem Übermut ent- 
gegengetreten sei. „Wenn du nun,“ fügte er hinzu, 
„nach Jerusalem gekommen bist, so lass die Vornehmsten 
zu dir rufen, zeige ihnen meinen Leichnam und gieb 
ihnen die Erlaubnis, mit mir nach Gutdünken zu ver- 
fahren. mögen sie nun, weil sie so viel von mir erduldet 
haben, meinem Leibe aus Hohn die Bestattung ver- 



Dreizehntes Buch, 16. Kapitel. 


197 


sagen oder in ihrer Wut irgend eine andere Schmach 
demselben zufügen. Versprich ihnen alsdann, bei der 
Regierung nichts ohne ihre Zustimmung zu thun. Wenn 
du so zu ihnen redest, werden sie mir ein ehrenvolleres 
Leichenbegängnis veranstalten, als du mir hättest bereiten 
können, weil sie dann von der Erlaubnis, mit meinem 
Körper schimpflich verfahren zu dürfen, keinen Ge- 
brauch machen werden. Auf diese Weise wirst du in 
Sicherheit herrschen können.“ Nachdem er seiner Gattin 
diese Ermahnungen gegeben, verschied Alexander nach 
siebenundzwanzigjähriger Regierung und im Alter von 
neunundvierzig Jahren. 


Sechzehntes Kapitel. 

Alexandras neunjährige Regierung und Tod. 

1. Als die Festung gefallen war, wandte sich 
Alexandra der Weisung ihres Gatten gemäss an die 
Pharisäer, gab ihnen alles auf den Leichnam wie auf 
die Regierung Bezügliche anheim , beschwichtigte da- 
durch ihren Zorn gegen Alexander und machte sie sich 
wohlwollend und geneigt. Sie gingen also sogleich zum 
Volke, versammelten es, priesen Alexanders Thaten, 
klagten, dass sie einen gerechten König an ihm verloren 
hätten, und bewirkten durch diese Lobeserhebungen, dass 
das Volk ihn aufrichtig betrauerte. Infolgedessen wurde 
er glänzender als irgend einer der früheren Könige be- 
stattet. Obwohl nun Alexander zwei Söhne, Hyrkanus 
und Aristobulus, hinterliess, ging doch die Königswürde 
nach seiner testamentarischen Bestimmung an Alexandra 
über. Hyrkanus war übrigens auch zur Leitung eines 
Staatswesens wenig geeignet und mehr zu einem bequemen 
Leben geneigt, während der jüngere Aristobulus als ent- 
schlossener und kühner Jüngling sich erwies. Alexandra 
aber erwarb sich bald die Zuneigung des Volkes, weil 
sie die Verfehlungen ihres verstorbenen Gatten offen 
missbilligte. 


Go gle 




198 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


2. Zum Hohepriester ernannte Alexandra den Hyr- 
kanus, einmal wegen seines Alters, dann aber auch 
wegen seines Hanges zu trägem Leben. Im übrigen gab 
sie alles den Pharisäern anheim, hiess das Volk ihnen 
gehorchen und setzte alle den Pharisäern von ihren 
Vorfahren überlieferten Einrichtungen, die ihr Schwieger« 
vater Hyrkanus abgeschafft hatte , wieder in Kraft. So 
gab die Königin eigentlich nur den Namen für die 
Regierung her, während in Wirklichkeit die Phari- 
säer die Gewalt in Händen hatten. Denn sie riefen 
Verbannte zurück, Hessen Gefangene frei und unter- 
schieden sich überhaupt in nichts von wirklichen 
Herrschern. Immerhin trug aber auch die Königin 
Sorge für die Regierung, warb ein grosses Söldnerheer 
und vergrösserte ihre Macht, sodass sie die benachbarten 
Fürsten in Schrecken jagte und von ihnen Geiseln gestellt 
bekam. So befand sich das ganze Land in Ruhe, mit 
alleiniger Ausnahme der Pharisäer. Denn sie bestürmten 
die Königin, ihnen zu gestatten, dass sie die Ratgeber 
Alexanders bei dem Morde der achthundert hinrichten 
lassen dürften. Sie machten nun mit einem gewissen 
Diogenes den Anfang und Hessen dann einen nach dem 
anderen umbringen , bis die Vornehmsten sich in den 
königlichen Palast begaben, um zugleich mit Aristo- 
bulus der Königin Vorstellungen zu machen. Aristobulus 
nämlich war sehr unwillig über das Vorgefallene und 
gab offen zu erkennen, dass er, sobald er die Macht 
dazu erlangt habe, dem Beginnen seiner Mutter Einhalt 
gebieten werde. Diese baten also die Königin, zu er- 
wägen, wie manchen Gefahren sie schon ins Auge ge- 
sehen und wie sie dadurch sich als treu und anhänglich 
an ihren Herrscher erwiesen hätten, wofür ihnen denn 
auch grosse Auszeichnungen zu teil geworden seien. 
Alexandra möge ihnen also nicht alle ihre Hoffnung 
rauben, indem sie zugebe, dass die welche dem Feinde 
auf dem Schlachtfelde so wackeren Widerstand geleistet, 
zu Hause von ihren Gegnern wie Tiere dahingeschlachtet 
würden. Wenn ihren Widersachern die Zahl der bereits 


Go gle 



Dreizehntes Buch, 16. Kapitel. 


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Gemordeten genüge, so wollten sie diese schon geschehene 
Unbill aus Ehrfurcht gegen das Herrscherhaus ruhig 
hinnehmen. Beharrten dieselben jedoch auf ihrer Feind- 
seligkeit, so bäten sie inständig um Entlassung aus 
ihren Ämtern. Denn sie seien nicht so gesinnt, dass sie 
wider den Willen der Königin ihre Rettung bewerk- 
stelligen wollten, erböten sich vielmehr gern, ihr Leben 
in der Königsburg zu lassen, wenn sie keine Verzeihung 
erlangen könnten. Indessen werde es schimpflich für 
sie selbst wie für die Königin sein, wenn sie von ihr 
verstossen und von den Feinden ihres Gemahls auf- 
genommen würden. Der Araber Aretas aber und die 
übrigen Fürsten würden es gewiss hoch anschlagen, so 
viele Männer zu gewinnen, deren Namen allein ihnen 
früher schon Schrecken eingeflösst hätten. Wolle sie 
nun das letztere nicht billigen und auch den Pharisäern 
ihren Einfluss lassen, so möge sie verfügen, dass sie 
selbst in Festungen geschickt würden. Denn wenn ein- 
mal ein Fluch auf Alexanders Hause laste, so wollten sie 
sich schon gern damit begnügen, in niedrigeren Stellungen 
Verwendung zu finden. 

3. Als sie diese und ähnliche Vorstellungen erhoben 
und schliesslich Alexanders Schatten um Mitleid mit den 
Gemordeten und denen, die noch in Gefahr schwebten, 
anriefen , brachen alle Anwesenden in Thränen aus. 
Ganz besonders aber legte Aristobulus seine Meinung 
offen dar und machte seiner Mutter die herbsten Vor- 
würfe. Doch sie waren ja eigentlich an ihrem Unglück 
selbst schuld, da sie einem herrsch süchtigen Weibe die 
Regierung überliessen, und zwar gegen jedes Herkommen, 
obwohl doch ein geeigneter Thronerbe vorhanden war. 
Die Königin aber wusste nicht, wie sie sich mit Ehren 
aus der Sache ziehen sollte, und vertraute ihnen daher 
die Hut der Festungen an, jedoch mit Ausnahme von 
Hyrkania, Alexandrium und Machaerus, wosie ihre grössten 
Kostbarkeiten auf bewahrte. Nicht lange danach sandte 
sie ihren Sohn Aristobulus mit einem Heere nach Da- 
maskus gegen Ptolemaeus Mennaei, der für Jerusalem 


Go gle 



200 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


ein gefährlicher Nachbar war. Er kehrte indes zurück, 
ohne etwas Erwähnenswertes vollbracht zu haben. 

4. Um diese Zeit lief die Nachricht ein, der Armenier- 
könig Tigranes sei mit fünfhunderttausend Mann in Sy- 
rien eingefallen und beabsichtige, auch Judaea anzu- 
greifen. Dadurch geriet, wie leicht erklärlich, die Königin 
samt dem Volke in Schrecken, sodass man dem Tigranes, 
während er Ptolemais belagerte, durch eine Gesandtschaft 
eine Menge kostbarer Geschenke zuschickte. Die da- 
malige Königin von Syrien, Selene, auch wohl Kleopatra 
genannt, war es hauptsächlich, welche die Bewohner von 
Ptolemais veranlasste, vor Tigranes die Thore geschlossen 
zu halten. Die Gesandten begaben sich also zu Tigranes 
und baten ihn, der Königin und dem Volke der Juden 
sich gnädig erzeigen zu wollen. Tigranes fühlte sich 
geschmeichelt, dass sie aus so weiter Ferne zu ihm kamen, 
um seine Huld zu erflehen, und machte ihnen deshalb 
Mut und Hoffnung. Kaum aber hatte er Ptolemais ein- 
genommen, als ihm gemeldet wurde, Lucullus habe den 
Mithradates verfolgt, ihn aber nicht einholen können, 
weil dieser sich zu den Iberern geflüchtet, und verwüste 
nun Armenien , das er zu erobern beabsichtige. Auf 
diese Nachricht zog Tigranes schleunigst heim. 

5. Als kurz darauf die Königin schwer krank wurde, 
glaubte Aristobulus eine günstige Gelegenheit erwischt 
zu haben, bei der er sich der Regierung bemächtigen könne, 
und begab sich daher mit einem einzigen Diener bei 
Nacht aus der Stadt, um die Festungen zu besuchen, 
wo seines Vaters Freunde standen. Schon längst war 
er ja mit der Regierung seiner Mutter unzufrieden ; jetzt 
aber besorgte er auch noch, es möchte im Falle ihres 
Todes sein ganzes Geschlecht unter der Herrschaft der 
Pharisäer stehen. Dass sein Bruder, dem die Nachfolge 
zufallen musste, zur Regierung untauglich war, sah er 
wohl ein. Um seinen Plan wusste nur seine Gattin, die 
er mit den Kindern in der Stadt zurückgelassen hatte. 
Zuerst kam er nun nach Agaba, wo Galaestes, einer von 
seinen mächtigen Freunden, ihn aufnahm. Bei Tages- 




Dreizehntes Buch, 1 6. Kapitel. 


201 


anbruch merkte die Königin Aristobulus’ Flucht, dachte 
aber zunächst noch nicht daran , dass sein Entweichen 
mit aufrührerischen Plänen Zusammenhänge. Als aber 
ein Bote nach dem anderen kam und meldete, Aristo- 
bulus habe eine Festung im Besitz, dann die zweite und 
endlich alle insgesamt (sobald er nämlich mit der ersten 
den Anfang gemacht, folgten die übrigen gleich von 
selbst), geriet die Königin mit dem Volke in die äusserste 
Bestürzung. Man sah nämlich wohl ein, dass Aristo- 
bulus bald im Besitze der Herrschaft sein werde, und 
fürchtete besonders, er werde Rache dafür nehmen, dass 
man sein Haus verwüstet hatte. Man beschloss deshalb, 
seine Gattin nebst den Kindern in die oberhalb des 
Tempels liegende Burg zu bringen. An Aristobulus aber 
schlossen sich inzwischen so viele an, dass er schon den 
Eindruck eines Königs machte. In ungefähr fünfzehn 
Tagen hatte er zweiundzwanzig Festungen erobert und 
besass nun die Mittel, um am Libanon, in Trachonitis 
und bei den umwohnenden Fürsten sich ein Heer zu 
werben. Wie nun die Menschen überhaupt gern dem 
Machthaber anhängen, so unterwarf man sich auch ihm 
leicht. Übrigens hoffte man auch, wenn man ihn in 
seiner jetzigen bedenklichen Lage unterstütze, werde man 
später um so mehr Vorteile von ihm gemessen, weil man 
ihm zur Regierung verholfen habe. Die Ältesten der 
Juden begaben sich nun mit Hyrkanus zur Königin und 
baten sie um ihren Rat, was zu thun sei. Aristobulus 
habe nämlich schon so viele Festungen in seiner Gewalt, 
dass er drauf und dran sei, sich der Regierung zu be- 
mächtigen. Und wenn die Königin auch noch so krank 
sei, zieme es ihnen doch nicht, so lange sie lebe, etwas 
ohne ihren Rat zu thun, obgleich die Gefahr vor der 
Thür stehe. Alexandra jedoch hiess sie alles nach ihrem 
Gutdünken bewerkstelligen, da ihnen ja ein kräftiges 
Volk, ein Heer und die Staatskasse genug Hilfsmittel 
darböten. Sie selbst könne sich nicht mehr viel um die 
Geschäfte kümmern, weil sie schon zu schwach sei. 

6. Bald darauf starb sie, nachdem sie neun Jahre 



202 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


regiert und dreiundsiebzig Jahre gelebt hatte. Sie war 
eine Frau, die in keiner Hinsicht die Schwäche ihres 
Geschlechtes zeigte. Herrschsüchtig und herrschfahig 
wie sie war, lieferte sie den Beweis, wie thöricht die 
Männer sind, welche die Regierung nicht mit Festigkeit 
zu führen wissen. Da sie stets nur auf die Gegenwart, 
nicht aber auf die Zukunft bedacht war und alles ihrer 
Herrschsucht unterordnete, so kümmerte sie sich weder 
um Anstand noch um Gerechtigkeit. Gleichwohl brachte 
sie in. ihrer unweiblichen Herrschbegier ihr Haus so 
weit, dass es die Macht, welche es mit so vieler Mühe 
errungen hatte, bald wieder verlor. Hatte sie sich doch 
mit denen eingelassen, die gegen die königliche Familie 
übelgesinnt waren, ja sogar das Reich seiner mächtigsten 
Beschützer beraubt. So kam es, dass aus ihrer Regierung 
nach ihrem Tode die grössten Wirren und Unruhen ent- 
standen. Immerhin aber muss anerkannt werden, dass 
sie dem Volke den Frieden erhalten hat. So endete die 
Regierung der Königin Alexandra. 




Vierzehntes Buch 


Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 32 Jahren. 

Inhalt. 

• 

1. Wie nach dem Tode Alexandras ihr jüngster Sohn Aristobuluf 

mit seinem Bruder Hyrkanus um die Herrschaft stritt, ihn 
besiegte und bis in die Burg von Jerusalem verfolgte. Wie 
sie alsdann übereinkamen, dass Aristobulus König sein, Hyr- 
kanus dagegen sich ins Privatleben zurückziehen solle. 

2. Von Antipater und dessen Geschlecht, und wie er und seine 

Söhne aus kleinen und bescheidenen Anfängen zu Ruhm und 
grosser Macht gelangten. Wie auf seinen Rat Hyrkanus aus 
J erusalem zum Araberkönige Aretas floh und diesen unter dem 
Versprechen von grossem Landbesitz und vielem Gelde bat, 
ihm zur Herrschaft zu verhelfen. 

3. Wie Aretas den Hyrkanus freundlich aufnahm, gegen Aristo- 

bulus zu Felde zog, ihn besiegte, bis nach Jerusalem verfolgte 
und die Stadt belagerte. 

4. Wie zu Scaurus, den Poinpejus der Grosse aus Armenien nach 

Syrien geschickt hatte , Gesandte sowohl von Hyrkanus als 
von Aristobulus kamen, um seine Hilfe zu erbitten. 

5. Wie Scaurus durch Zahlung von vierhundert Talenten bewogen 

wurde, sich auf Aristobulus’ Seite zu stellen. 

6. Wie, als Pompejus aus Armenien nach Damaskus zog, Aristo- 

bulus und Hyrkanus sich mit ihrem Thronstreit an ihn 
wandten, und wie Pompejus, nachdem er die Ursache des 
Streites vernommen, die Entscheidung verschob, bis er in ihr 
Land kommen würde. 

7. Wie Aristobulus, nachdem er erkannt hatte, welche Gesinnung 

Pompejus gegen ihn hege, nach Judaea abzog und, da Pom- 
pejus erzürnt gegen ihn ins Feld rückte, sich in Alexandrium, 
einem festen und schwer einnehmbaren Platze, einschloss. 

8. Wie Pompejus auf die Kunde hiervon eine Kriegslist gebrauchte 

und den Aristobulus beredete, die Festung zu verlassen und 
zu ihm zu kommen, als wolle er ihm die Herrschaft über- 
tragen. Wie Pompejus, als Aristobulus dies getlian und 


Go gle 



204 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


wiederholt mit seinem Bruder sich unterredet hatte, ihn 
zwang , eigenhändig an die Kommandanten der Festungen 
zu schreiben , dass sie dieselben den Römern zu übergeben 
hätten. 

9. Wie Aristobulus aus Furcht darauf einging, dann aber aus 
Aerger darüber, dass Pompejus ihm nichts von dem be- 
willigte, was er erwartet hatte, entfloh, um sich in Jerusalem 
einzuschli essen. 

10. Wie Aristobulus, als Pompejus ihm auf dem Fusse folgte, seinen 

Sinn änderte und ihm bis nach Jericho entgegenzog, ihn 
wegen seiner Verfehlungen um Verzeihung bat und ihm die 
Stadt nebst allem Gelde zu übergeben versprach. Wie 
hierauf die Jerusalemer, als Gabinius mit auserlesenen Streit- 
kräften von Pompejus zur Einnahme der Stadt und zum 
Empfang des Geldes geschickt wurde , vor den Römern die 
Thore schlossen, weil sie sahen, dass Aristobulus wie ein Ge- 
fangener behandelt wurde. 

11. Wie im Zorn darüber Pompejus den Aristobulus fesseln liess 

und mit seiner ganzen Truppenmacht die Stadt belagerte, 
und wie die Anhänger des Hyrkanus ihn in die obere Stadt 
einliessen, die des Aristobulus aber in den Tempel flüchteten. 

12. Wie Pompejus den Tempel und die untere Stadt im dritten 

Monat eroberte. Von seiner Mässigung und Gottesfurcht. 

13. Wie Pompejus nichts im Tempel antastete, obgleich dort viel 

Geld vorhanden war. 

14. Wie er , nachdem er das alles vollbracht, Judaea den Römern 

tributpflichtig machte, Hyrkanus zum Ethnarchen ernannte, 
Aristobulus nebst seinen Kindern gefangen nach Rom führte 
und Scaurus zum Landpfleger von Syrien machte. 

15. Wie Scaurus gegen Petra, die Königsstadt der Araber, aus- 

rückte und sie belagerte. Wie, nachdem sein Heer in Not 
geraten war, Antipater den Araber beredete, dem Scaurus 
dreihundert Talente zu zahlen und dafür ein Bündnis mit 
ihm zu schliessen. 

16. Wie des Aristobulus Sohn Alexander, der dem Pompejus ent- 

flohen war und sich nach Judaea begeben batte, ein 
grosses Heer sammelte und Hyrkanus wie Antipater be- 
kriegte. 

17. Wie Alexander von Gabinius besiegt, in die Festung Alexandrium 

gedrängt und dort belagert wurde. 

18. Wie Gabinius , nachdem Alexander auf Veranlassung seiner 

Mutter die Festung übergeben hatte , ihn freiliess und an 
den Senat schrieb , er möge dessen Brüder , die mit ihrem 
Vater Aristobulus in Ketten lagen, freigeben und ihrer 
Mutter zusenden, die wegen ihrer Treue einer solchen Gnade 
würdig sei. 


Go gle 



Vierzehntes Buch, Inhalt. 


205 


19. Wie Aristobulus aus Rom nach Judaea entkam, aber von Gabi- 

nius ergriffen und nach Rom zurückgeschickt wurde. 

20. Crassus fallt auf seinem Kriegszuge gegen die Parther in Judaea 

ein und plündert den Tempelschatz. 

21. Des Pompejus Flucht nach Epirus. Scipio kommt in Syrien an 

mit dem Befehl, Alexander zu töten. 

22. Wie Caesar, nachdem er den Aristobulus in Freiheit gesetzt 

hatte, im Begriff stand, ihn mit zwei Kohorten nach Judaea 
zu schicken, und wie Aristobulus von des Pompejus Anhängern 
durch Gift umgebracht wurde. 

23. Caesars Feldzug nach Aegypten, und wie Hyrkanus und Anti- 

pater ihm Hilfstruppen stellten und die Juden bewogen , zu 
ihm zu halten. 

24. Antipaters Heldenthaten im Kampfe und seine Freundschaft mit 

Caesar. Wie Caesar in seiner Freude über den Sieg Hyr- 
kanus mit Ehren überhäufte und ihm gestattete, die zerstörten 
Mauern seiner Vaterstadt wieder aufzubauen , Antipater aber 
zum Landpfleger von Judaea ernannte. 

25. Caesars Briefe und des Senates Beschlüsse betreffend die Freund- 

schaft mit den Juden. 

26. Wie Antipater seinen Söhnen die Verwaltung anvertraute, dem 

Herodes die- von Galilaea , Pliasael die von Jerusalem. Wie 
Sextus Caesar , als er Statthalter in Syrien war , Geschenke 
von Herodes erhielt und ihn dafür gross und ruhmvoll 
machte , indem er ihn zum Statthalter von Coelesyrien er- 
nannte. 

27. Wie Cassius nach Caesars Ermordung in Judaea einfiel, das Land 

bedrängte und von den Juden einen Tribut von achthundert 
Talenten erzwang , und wie Herodes durch die Eintreibung 
des Geldes bei Cassius zu Ansehen kam. 

28. Wie Malichus den Antipater meuchlings durch Gift aus dem 

Wege räumte, und zwar mit Hilfe von Hyrkanus’ Mundschenk, 
den er mit Geld bestochen hatte. 

29. Wie Herodes auf Cassius’ Befehl den Malichus umbrachte. 

30. Wie Herodes Antigonus, den Sohn des Aristobulus, der von dem 

syrischen Tyrannen Marion unterstützt wurde, in die Flucht 
schlug und aus Judaea vertrieb. 

81. Wie Herodes, nachdem Cassius in Macedonien von dem jungen 
Caesar und von Antonius besiegt worden war, den Antonius 
bei seiner Ankunft in Bithynien mit vielem Gelde sich ge- 
neigt machte, und wie letzterer deswegen keine Anklagen 
gegen Herodes zuliess. Was Antonius den Tyriern in betreff 
der Juden schrieb. 

32. Wie Antonius, als er abermals nach Syrien gekommen war und 
Anklagen gegen Herodes und Phasael erhoben wurden, diese 




206 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


nicht nur zurückwies , sondern die beiden zu Tetrarchen er* 
nannte und zehn von den Anklägern hinrichten liess. 

33. Kriegszug der Parther gegen Syrien , bei welcher Gelegenheit 

sie Antigonus, den Sohn des Aristobulus, wieder in die Königs* 
herrschaft einsetzen. 

34. Wie sie Hyrkanus und Phasael , den Bruder des Herodes, zu 

Gefangenen machten. 

35. Wie Herodes floh, sich nach Rom begab und durch Versprechung 

grosser Geldsummen und durch Bitten bei Antonius es er- 
reichte, dass er vom Senate und von Caesar (Octavianus) zum 
Könige von Judaea ernannt wurde. 

36. Herodes fahrt zu Schiffe von Italien nach Judaea und kämpft 

mit Hilfe des Römerheeres , das ihn begleitet , und des An- 
führers Silo gegen Antigonus. 

37. Wie Jerusalem von Silo belagert, und Antigonus von Sosius und 

Herodes überwunden wurde. 


Erstes Kapitel. 

Aristobulus’ und Hyrkanus* Kampf um die Herrschaft, 
und wie sie übereinkamen, dass Aristobulus König sein, 
Hyrkanus aber als Privatmann leben solle. Wie darauf 
Hyrkanus zu Aretas floh. 

1. Nachdem ich im vorigen Buche von der Königin 
Alexandra und ihrem Tode berichtet habe, wende ich 
mich jetzt zur Erzählung der darauf folgenden Be- 
gebenheiten und werde ganz besonders darauf bedacht 
sein, nichts aus Unkenntnis oder Vergesslichkeit zu über- 
gehen. Ich beabsichtige ja nichts anderes, als die Ge- 
schichte von Ereignissen zu schreiben, die ihres Alters 
wegen meistenteils unbekannt sind, und ich habe mir 
vorgenommen, die Darstellung, so viel dies möglich ist, 
durch Schönheit des Ausdruckes und wohlgefügten Stil 
zu beleben, wie auch alles andere zu thun, um dem 
Leser gefällig zu sein, damit er sich die Kenntnis der 
Geschichte auf angenehme und unterhaltende Weise ver- 
schaffe. Die Hauptsache muss selbstverständlich für den 
Geschichtschreiber peinlichste Genauigkeit und wahrheits- 




Vierzehntes Buch, 1. Kapitel. 


207 


getreue Darstellung sein, damit sein Werk dem Leser 
Belehrung und Überzeugung beibringe. 

2. Als Hyrkanus im dritten Jahre der hundertsieben- 
undsiebzigsten Olympiade unter den römischen Kon- 
suln Quintus Hortensius und Quintus Metellus Creticus 
das Hohepriesteramt angetreten hatte, überzog ihn so- 
gleich Aristobulus mit Krieg. In der Schlacht, die bei 
Jericho stattfand, gingen viele von den Kriegern des 
Hyrkanus zu seinem Bruder über, weshalb ersterer sich in die 
Burg flüchten musste, wohin die Gattin und Kinder des 
Aristobulus, wie oben erwähnt, von seiner Mutter in 
Gewahrsam gebracht worden waren. Die übrigen Gegner 
des Aristobulus zogen sich in die Einfriedigung des 
Tempels zurück, wurden aber hier gefangen genommen. 
Alsdann besprach sich Aristobulus mit seinem Bruder 
über eine etwaige Verständigung, und man schloss 
Frieden unter der Bedingung, dass Aristobulus König 
sein, Hyrkanus dagegen in Müsse von seinen Einkünften 
leben solle. Nachdem sie diese Übereinkunft im Tempel 
gethätigt, sie mit Schwur und Handschlag bekräftigt 
und sich vor den Augen des ganzen Volkes umarmt 
hatten, schieden sie voneinander, und Aristobulus be- 
gab sich in den Königspalast, Hyrkanus aber als Privat- 
mann in die frühere Wohnung des Aristobulus. 

3. Es hatte aber Hyrkanus einen Freund Namens 
Antipater, der Idumäer von Geburt, sehr reich und von 
Charakter thatkräftig und verwegen war. Wegen seiner 
Neigung zu Hyrkanus konnte er sich mit Aristobulus 
nicht befreunden. Nikolaus von Damaskus leitet seine 
Herkunft von den ersten Juden ab, die aus Babylon 
nach Judaea zurückkehrten. Doch sagt er das wohl 
nur, um seinem Sohne Herodes, der durch Zufall König 
der Juden wurde und von dem ich später reden werde, 
einen Gefallen zu erweisen. Dieser Antipater hiess zu- 
erst Antipas, welchen Namen auch sein Vater führte. 
Den letzteren hatten König Alexander und dessen Ge- 


1 70 v. Chr. 




208 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


mahlin zum Statthalter von ganz Idumaea ernannt, in 
welcher Eigenschaft er Bündnisse mit den ihm gleich- 
gesinnten Arabern, Gazäern und Askalonitern , die er 
durch reiche und kostbare Geschenke auf seine Seite 
brachte, geschlossen haben soll. Da nun dieser jüngere 
Antipater von Aristobulus’ Macht sich nichts Gutes ver- 
sprach und befürchten musste, wegen seines Hasses 
gegen Aristobulus von diesem verfolgt zu werden, reizte 
er heimlich die Vornehmen der Juden gegen ihn auf, 
indem er denselben vorstellte, es sei doch unrecht, zu 
dulden, dass Aristobulus die Herrschaft innehabe und 
seinen älteren Bruder, dem sie seines \ höheren Alters 
wegen zukomme, davon ausschliesse. Dieselben Reden 
führte er auch bei Hyrkanus und setzte ihm auseinander, 
sein Leben sei in Gefahr, wenn er sich nicht vorsehe 
und den Aristobulus aus dem Wege räume. Er sei 
sicher, dass des Aristobulus Freunde keine Gelegenheit 
Vorbeigehen Hessen, diesen zu ermahnen, dass er zur 
Sicherung seines Thrones den Hyrkanus töten müsse. 
Indessen achtete Hyrkanus [ nicht auf solche Ein- 
flüsterungen , weil er von Natur rechtlich gesinnt war 
und in diesem seinem Billigkeitsgefühl nicht leicht eine 
Verleumdung annahm. Auch war er infolge seiner 
Trägheit und Gleichgültigkeit ein unentschlossener und 
energieloser Charakter, während Aristobulus sich im 
Gegenteil unternehmend und geweckt zeigte.} 

4. Als nun Antipater sah, dass Hyrkanus auf seine 
Vorschläge nicht einging, liess er keinen Tag vorüber- 
gehen, ohne Aristobulus zu beschuldigen, dieser _ wolle 
den Hyrkanus umbringen. Aber nur mit grosser Mühe 
konnte er den letzteren bereden , zu^dem Araberkönige 
Aretas zu fliehen, indem er ihm seine Hilfe für flen 
Fall zusagte, dass er etwas unternehmen wolle. Auf 
dieses Versprechen hin hielt es denn auch Hyrkanus 
für geraten, zu Aretas in die Gebiete JArabiens zu fliehen, 
welche Judaea benachbart sind. Dochfsandte er zuvor 
den Antipater zu Aretas, um sich die Versicherung 
geben zu lassen, dass dieser ihn, wenn er als Schützling 



Vierzehntes Buch, 2. Kapitel. 


209 


komme, nicht seinen Feinden ausliefern werde. Als 
Antipater diese Zusage erhalten hatte, kehrte er nach 
Jerusalem zu Hyrkanus zurück, begab sich kurze Zeit 
darauf mit ihm bei Nacht aus der Stadt und brachte 
ihn nach einer langen Reise in die Stadt Petra, wo die 
Residenz des Aretas war. Da er nun dem letzteren 
sehr befreundet war, bat er ihn, den Hyrkanus auf den 
Thron Judaeas zurückzuführen, was denn auch Aretas, 
nachdem ihm die Bitte Tag für Tag wiederholt und 
durch Geschenke unterstützt worden war, endlich zu- 
sagte. Hyrkanus selbst aber versprach ihm, er wolle, 
wenn er zur Herrschaft gelangt sei, ihm das Gebiet mit 
den zwölf Städten zurückgeben, die sein Vater Alexander 
den Arabern abgenommen hatte, nämlich Medaba, 
Naballo, Livias, Tharabasa, Agalla, Athone, Zoara, 
Oronae, Marissa, Rhydda, Lusa und Oryba. 


Zweites Kapitel."] 

Wie Aretas und Hyrkanus gegen Aristobulus zogen und 
Jerusalem belagerten, und wie der Römer Scaurus die Stadt 
von der Belagerung befreite. Des Onias Tod.j 

1. Durch diese Versprechungen bewogen, zog Aretas 
mit einem aus Reitern und Fussvolk bestehenden Heere 
von fünfzigtausend Mann gegen Aristobulus zu Felde 
und besiegte ihn. Und da nach diesem Siege viele von 
des Aristobulus Anhängern zu Hyrkanus übergingen, 
sah sich Aristobulus, verlassen wie er war, genötigt, nach 
Jerusalem zu fliehen. Der Araber aber folgte ihm mit 
seinem Heere und belagerte ihn im Tempel, während 
das Volk sich an Hyrkanus anschloss und ihn bei der 
Belagerung unterstützte, sodass allein die Priester bei 
Aristobulus aushielten. Aretas befahl alsdann den 
Arabern und den Juden, mit ihrem beiderseitigen Lager 
näher aneinander zu rücken, und betrieb nun die Be- 
lagerung mit allem Nachdruck. Während dies geschah, 

Josephua’ Jüdische Altertümer, n. 14 




210 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


fiel das Fest der ungesäuerten Brote ein, welches wir 
Pascha nennen, und es verliessen daher die vornehmsten 
Juden das Land, um nach Aegypten zu fliehen. Nur 
ein gewisser Onias, ein gerechter und Gott wohlgefälliger 
Mann, der, als er einst bei einer Dürre Gott um Regen 
gebeten hatte, augenblicklich erhört worden war, verbarg 
sich, weil er noch kein Ende des Streites absah. Die 
Juden aber ergriffen ihn, führten ihn ins Lager und ver- 
langten von ihm, er solle, wie er einst durch sein Gebet 
der Dürre ein Ende gemacht habe, so jetzt über 
Aristobulus und dessen Anhänger den Fluch herabrufen. 
Da er nun trotz seines Bittens und Sträubens von der 
Menge genötigt wurde, trat er in ihre Mitte und rief 
aus: „O Gott, König des Weltalls, da die jetzt um mich 
Stehenden dein Volk und die Belagerten deine Priester 
sind, so bitte ich dich, du wollest weder den einen noch 
den anderen gewähren, was sie über ihre Gegner herab- 
flehen.“ Als er so geredet hatte, töteten ihn einige 
Bösewichter aus den umstehenden Juden mit Stein - 
würfen. 

2. Gott aber bestrafte sie alsbald für diese Grausam- 
keit und rächte die Ermordung des Onias auf folgende 
Weise. Da, wie gesagt, das Paschafest bevorstand, an 
dem es bei uns Sitte ist, Gott dem Herrn reiche Opfer 
darzubringen , und Aristobulus und seine Umgebung 
keine Opfertiere hatten, baten sie ihre Landsleute darum 
und boten ihnen dafür so viel Geld, als sie haben 
wollten. Obgleich diese nun für jedes Stück tausend 
Drachmen 1 forderten, bewilligten die Priester und Aristo- 
bulus doch sogleich diesen Preis und Hessen das Geld 
durch die Maueröffnungen hinunter. Die Belagerer 
nahmen das Geld, gaben ihnen aber keine Opfertiere 
dafür, sondern gingen in ihrer Bosheit so weit, dass sie 
ihr Wort brachen und gegen Gott frevelten, indem sie 
ihren Gegnern trotz deren Bitten die Opfertiere ver- 
weigerten. Als die Priester sich getäuscht sahen, flehtea 


1 Etwa 800 Mark. 



Vierzehntes Buch, 2. Kapitel. 


211 


•sie zu Gott, er möge sie an ihren Landsleuten rächen. 
Der Herr schob denn auch die Rache nicht auf, sondern 
sandte einen heftigen Orkan, der alle Feldfrüchte der 
Gegend zerstörte, sodass um diese Zeit der Modius 1 
Weizen elf Drachmen kostete. 

3. Unterdessen sandte Pompejus, der in Armenien 
stand und noch mit Tigranes Krieg führte, den Scaurus 
nach Syrien. Als dieser in Damaskus ankam, traf er 
dort Lollius und Metellus, die soeben die Stadt ein- 
genommen hatten, und begab sich nun sogleich nach 
Judaea. Kaum war er hier angelangt, als sowohl von 
Aristobulus wie von Hyrkanus Gesandte bei ihm er- 
schienen, die ihn um Hilfe baten. Aristobulus bot ihm 
dafür vierhundert Talente und Hyrkanus nicht weniger. 
Indessen nahm er das Anerbieten des Aristobulus an, 
weil dieser sehr reich und freigebig war und weniger 
verlangte, während Hyrkanus arm und dabei geizig war 
und für seine unsicheren Versprechungen viel mehr be- 
gehrte. Es war nämlich nicht dasselbe, eine Stadt er- 
obern, welche weit und breit die stärkste und festeste 
war, oder einen Haufen Flüchtlinge und Nabatäer ver- 
treiben, von denen die letzteren obendrein noch wenig 
kriegstauglich waren. Aus diesen Gründen schloss er 
mit Aristobulus einen Vertrag, nahm dessen Geld und 
befreite ihn von der Belagerung, indem er dem Aretas 
befahl, abzuziehen, wofern er nicht für einen Feind der 
Römer erklärt werden wolle. Darauf kehrte Scaurus 
nach Damaskus zurück; Aristobulus dagegen zog mit 
grosser Heeresmacht gegen Aretas und Hyrkanus zu 
Felde, besiegte sie bei Papyron und machte von ihren 
Kriegern gegen sechstausend nieder, darunter auch Anti- 
paters Bruder Phallion. 


1 1 Modius = 8,75 Liter. 


j-i* 


Go gle 



212 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Drittes Kapitel. 

Wie Aristobulus und Hyrkanus ihren Thronstreit vor 

Pompejus brachten, und wie ersterer in die Festung 

Alexandrium floh. Pompejus zieht gegen ihn zu 

Felde. 

1. Als kurz darauf Pompejus nach Damaskus und 
Coelesyrien kam, erschienen bei ihm Gesandte aus ganz 
Syrien, Aegypten und Judaea. Aristobulus sandte ihm 
ein sehr kostbares Geschenk, nämlich einen goldenen 
Weinstock im Werte von fünfhundert Talenten. Dieses 
Geschenk erwähnt auch der Kappadocier Strabo mit 
folgenden Worten : „Es kam aus Aegypten eine Gesandt- 
schaft mit einer Krone von viertausend Goldstücken, 
und aus Judaea ein Geschenk, welches einen Weinstock 
oder einen Garten darstellte und Terpole, das heisst 
„Ergötzung“, genannt wurde. Dieses Geschenk sahen 
wir zu Rom im Tempel des Capitolini sehen Jupiter auf- 
gestellt, und es trug die Aufschrift: Geschenk Alexanders, 
des Königs der Juden. Seinen Wert schätzte man auf 
fünfhundert Talente, und wie man meint, ist es das- 
selbe, welches der jüdische Herrscher Aristobulus ge- 
schickt hatte.“ 

2. Bald danach kamen abermals Gesandte zu ihm, 
und zwar Antipater für Hyrkanus und Nikodemus für 
Aristobulus. Der letztere klagte zugleich den Gabinius 
und den Scaurus der Bestechlichkeit an, weil der 
eine fünfhundert, der andere dreihundert Talente sich 
habe geben lassen. Hierdurch machte er ausser anderen 
auch noch diese beiden zu Aristobulus’ Feinden. Pompejus 
aber hiess die streitenden Parteien bei Frühlingsanfang 
wiederkommen , führte sein Heer aus den Winter- 
quartieren und brach gegen Damaskus auf. Unterwegs 
zerstörte er die Burg zu Apamea., die Antiochus von 
Kyzikos befestigt hatte, und verheerte das Gebiet des 
Ptolemaeus Mennaei, eines ebenso nichts würdigen 
Menschen, wie sein Verwandter Dionysius von Tripolis 



Vierzehntes Buch, 3. Kapitel. 


213 


war, der mit dem Beile hingerichtet wurde. Er selbst 
jedoch erkaufte sich Verzeihung für seine Frevel thaten 
mit tausend Talenten, die Pompejus zur Löhnung seiner 
Soldaten verwendete. Dann eroberte der römische Feld- 
herr die Festung Lysias, deren Befehlshaber der Jude 
Silas war, zog durch die Städte Heliopolis und Chalkis, 
überstieg das Gebirge, welches Coelesyrien durch- 
schneidet, und begab sich von Pella nach Damaskus, 
wo er nunmehr die Juden und deren Führer anhörte, 
die untereinander im Streite lagen: Hyrkanus und 
Aristobulus samt ihrem beiderseitigen Anhänge. Das 
Volk, das überhaupt von der Königsherrschaft nichts 
wissen wollte, liess Vorbringen, bei ihnen sei es alte 
Sitte, dass sie nur den Priestern des von ihnen verehrten 
Gottes zu gehorchen brauchten; diese beiden Nach- 
kommen von Priestern aber suchten dem Volke eine 
andere Regierungsform aufzudrängen, um es in Sklaverei 
zu bringen. Hyrkanus klagte, er als der ältere sei von 
Aristobulus des Rechtes der Erstgeburt beraubt worden 
und besitze nur einen kleinen Teil des Landes, während 
Aristobulus den übrigen Teil mit Gewalt an sich ge- 
rissen habe. Dieser sei es auch, der die Einfälle in die 
benachbarten Gebiete verursache und auf dem Meere 
die Seeräubereien verübe, und das Volk wäre sicherlich 
nie aufständisch geworden, wenn er nicht so gewalt- 
thätig und tyrannisch regiere. Das bezeugten dann 
über tausend der vornehmsten Juden, die Antipater zu 
diesem Zweck mitgebracht hatte. Aristobulus dagegen 
behauptete, er habe den Hyrkanus von der Herrschaft 
ausgeschlossen, weil er zu träge sei und sich kein An- 
sehen zu verschaffen wisse. Er selbst habe die Regierung 
nur deshalb angetreten, weil er sie nicht in fremde 
Hände habe geraten lassen wollen, führe dieselbe aber 
unter keinem anderen Namen als sein Vater Alexander. 
Als Zeugen dafür rief er einige stutzerhaft gekleidete 
Jünglinge auf, deren Purpurkleider, Haarschmuck und 
sonstiger lächerliche Putz Anstoss erregten, da sie nicht 
aussahen, als wenn sie vor Gericht, sondern als wenn 



214 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sie bei einem prunkvollen Aufzuge hätten erscheinen 
sollen. 

3. Nachdem Pompejus diese Klagen angehört hatte, 
gab er dem Aristobulus wegen seiner Gewaltthätigkeit 
unrecht, entliess sie dann aber alle mit dem freund- 
lichen Bescheid, er wolle in ihr Land kommen und die 
ganze Sache ordnen, sobald er von dem Feldzuge gegen 
die Nabatäer zurück sei. Unterdessen hiess er sie sioh 
ruhig verhalten; dem Aristobulus aber sprach er be-^ 
sonders gnädig zu, damit er das Volk nicht aufwiegele 
und ihm selbst nicht die Zugänge abschneide. Gleich- 
wohl that Aristobulus dies und kümmerte sich in keiner 
Weise um das, was Pompejus mit ihm besprochen 
hatte, sondern begab sich nach Dion und von da 
nach Judaea. 

4. Hierüber geriet Pompejus in Zorn, zog das Heer, 
welches gegen die Nabatäer marschieren sollte, die 
Hilfstruppen aus Damaskus und dem übrigen Syrien, 
sowie die römischen Legionen, welche er bei sich hatte, 
zusammen und rückte gegen Aristobulus ins Feld. Und 
nachdem er an Pella und Skythopolis vorbei nach 
Koraea, wo landeinwärts Judaea beginnt, gekommen 
war, sandte er in die auf der Spitze eines Berges herr- 
lich gelegene Festung Alexandrium, wohin Aristobulus 
sich geflüchtet hatte, zu diesem einen Boten und liess 
ihn auffordern, zu ihm zu kommen. Da nun dem 
Aristobulus von vielen Seiten der Rat erteilt wurde, 
sich nicht, in einen Krieg mit den Römern einzulassen, 
folgte er der Aufforderung , unterhandelte mit seinem 
Bruder in betreff der Herrschaft und begab sich dann 
mit Erlaubnis des Pompejus wieder in die Festung zu- 
rück. Das that er auch zum zweiten- und drittenmal, 
indem er sich mit der Hoffnung schmeichelte, von 
Pompejus als Herrscher bestätigt zu werden, und des- 
halb allen Befehlen desselben sich ■ willfährig zeigte, 
dabei aber jedesmal sich wieder in die Festung zurück- 
zog und sich zum Kriege gerüstet hielt, damit die Herr- 
schaft nicht an Hyrkanus falle. Als ihm aber 



Vierzehntes Buch, 4. Kapitel. 


215 


Pompejus befahl, er solle die Festungen übergeben und 
eigenhändig deswegen an die Befehlshaber derselben 
schreiben, weil sie sonst niemand einlassen durften, ge- 
horchte er zwar, zog aber im höchsten Groll nach Jeru- 
salem und rüstete sich zum Kriege. Pompejus war 
schon auf dem Marsche gegen ihn begriffen, als er durch 
einige Ankömmlinge aus Pontus die Nachricht vom 
Tode des Mithradates erhielt, der von seinem eigenen 
Sohne Pharnakes ermordet worden war. 


Viertes Kapitel. 

Wie Pompejus Jerusalem belagerte und eroberte. 

1. Nachdem Pompejus zunächst bei Jericho, wo die 
Palme wächst und der Opobalsam gedeiht, aus dessen 
mit einem scharfen Stein geritzten Früchten als Saft 
eine vortreffliche Salbe hervorquillt, sich gelagert hatte, 
brach er in der Morgenfrühe nach Jerusalem auf. Nun 
änderte Aristobulus seinen Plan, begab sich zu Pom- 
pejus und bat ihn unter dem Versprechen, eine Geld- 
summe zahlen und ihn in Jerusalem einlassen zu wollen, 
er möge vom Kriege ablassen und im Frieden alles 
nach seinem Gutdünken ordnen. Auf seine Bitten ver- 
zieh ihm Pompejus und schickte den Gabinius mit einer 
Abteilung Soldaten, um das Geld und die Schlüssel der 
Stadt in Empfang zu nehmen. Doch geschah weder 
das eine noch das andere, sondern Gabinius kam ohne 
Geld und, ohne Einlass in die Stadt erlangt zu haben, 
zurück, weil Aristobulus’ Krieger mit dessen Abmachung 
nicht einverstanden waren. Hierüber erbittert, liess 
Pompejus den Aristobulus gefangen nehmen und rückte 
an die Stadt heran, die auf allen Seiten mit Ausnahme 
der Nordseite stark befestigt war. Denn sie war von 
einer breiten und tiefen Schlucht umgeben, die sich 
rings um den durch eine steinerne Mauer befestigten 
Tempel zog. 




216 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


2. In der Stadt konnte man sich über das, was zu 
thun sei, nicht einigen. Die eine Partei hielt dafür, 
man solle dem Pompejus die Stadt übergeben, während 
des Aristobulus Anhänger verlangten, man solle die 
Thore schliessen und sich zum Kriege rüsten, weil 
Aristobulus gefangen gehalten werde. Die letzteren be- 
setzten darauf den Tempel , zerstörten die ihn mit der 
Stadt verbindende Brücke und bereiteten sich auf eine 
Belagerung vor. Die anderen dagegen Hessen das Heer 
ein und übergaben dem Pompejus die Stadt und den 
Königspalast. Dieser sandte darauf seinen Legaten 
Piso mit einem Heere und liess die Stadt und den Palast 
besetzen sowie die in der Nähe des Tempels liegenden 
Häuser und die ganze Umgebung desselben befestigen. 
Zunächst unterhandelte er nun noch mit der Besatzung 
des Tempels in betreff des Friedens. Da dieselbe aber 
auf seine Bedingungen nicht eingehen wollte, liess er 
die Umgebung des Tempels mit einer Mauer einscb Hessen, 
wobei Hyrkanus alle notwendige Hilfe leistete. Pom- 
pejus lagerte sich darauf an der Nordseite des Tempels, 
wo derselbe am leichtesten zu berennen war. Hier er- 
hoben sich hohe Türme, undj es zog sich ein Graben 
noch innerhalb der tiefen Schlucht hin. Die der Stadt 
zugekehrte Seite, wo Pompejus sich befand, fiel nach 
Zerstörung der Brücke jäh ab, und der Wall wurde täg- 
lich mit grosser Mühe weitergeführt, indem die Körner 
die in der Nähe stehenden Bäume fällten. Sobald aber 
der Wall vollendet und der sehr tiefe Graben notdürftig 
ausgefüllt war, liess Pompejus Belagerungs- und 
Schleuderraaschinen von Tyrus kommen und begann den 
Tempel mit Steingeschossen zu überschütten. Wäre es 
nun nicht Sitte bei uns, am siebenten Tage zu feiern, 
80 wäre wohl die Vollendung des Walles von den Be- 
lagerten verhindert worden. Das Gesetz erlaubt näm- 
lich, sich in der Schlacht gegen den Angriff des Feindes 
am Sabbat zu wehren, aber nicht, einer anderen feind- 
lichen Unternehmung entgegenzutreten. 



Vierzehntes Buch, 5. Kapitel. 


217 


3. Als die Römer das erkannt hatten, warfen sie an 
den Sabbaten weder Steine gegen die Juden, noch Hessen 
sie sich auf einen anderen Kampf mit ihnen ein, sondern 
sie errichteten Wälle und Türme und brachten die 
Maschinen heran, um sie am folgenden Tage verwenden 
zu können. Wie sehr wir uns aber der Verehrung 
Gottes und der Beobachtung der Gesetze befleissigen, 
kann man daraus ersehen, dass sich die Priester während 
der Belagerung durch Furcht nicht abhalten Hessen, die 
Opfer darzubringen. Vielmehr versahen sie sowohl in der 
Morgenfrühe als um die neunte Stunde 1 den Gottesdienst 
und unterliesseii denselben nicht einmal dann, wenn sich 
ein besonders schlimmer Zufall bei der Belagerung er- 
eignete. Beispielsweise als die Stadt an dem Fasttage 
im dritten Monat, in der hundertneunundsiebzigsten 
Olympiade, unter dem Konsulate des Gajus Antonius 
und des Marcus Tullius Cicero eingenommen wurde 2 und 
die eindringenden Feinde alle im Tempel Befindlichen 
niedermachten, Hessen sich die Priester beim Gottesdienste 
nicht im geringsten stören und weder aus Furcht für 
ihr Leben noch durch die Menge der Getöteten sich be- 
wegen, zu fliehen, sondern sie wollten lieber das Un- 
vermeidliche an den Altären selbst erdulden, als irgend 
eine Vorschrift des Gesetzes übertreten. Dass dies nicht 
bloss leere Worte sind, die einer falschen Frömmigkeit 
das Lob reden sollen, sondern völlig der Wahrheit ent- 
spricht, bezeugen alle Schriftsteller, die des Pom pejus 
Thaten aufzeichneten, darunter Strabo und Nikolaus 
und ausserdem Titus Livius, der römische Geschicht- 
schreiber. 

4. Nachdem nun der grösste der Türme unter den 
Stössen der herbeigeschafften Maschinen gefallen war 
und so eine Bresche sich gebildet hatte, drangen die 
Feinde ein. Zuerst erstieg Cornelius Faustus, Sohn des 
Sulla, mit seiner Kriegerschar die Mauer, dann an einer 


1 Drei Uhr nachmittags. 

2 63 v.Chr. 



220 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Als er nun mit seinem Heere Hunger litt, lieferte ihm 
Antipater auf Hyrkanus’ Geheiss Getreide und alle übrigen 
Lebensmittel. Dann schickte Scaurus an Aretas einen 
Legaten, der mit diesem in Gastfreundschaft stand, und 
liess ihm vorschlagen, er solle durch eine Geldzahlung 
der weiteren Verwüstung des Ackerlandes Einhalt thun, 
wobei der Legat selbst für dreihundert Talente die Bürg- 
schaft übernahm. Unter dieser Bedingung machte Scau- 
rus, nachdem Aretas dieselbe angenommen, dem Kriege 
ein Ende, weniger, weil Aretas dies wünschte, als weil 
er selbst danach verlangte. 

2. Als einige Zeit darauf Alexander, der Sohn des 
Aristobulus, Judaea durchzog, kam Gabinius als Praetor 
aus Rom nach Syrien und unternahm ausser anderen 
bemerkenswerten Thaten auch einen Feldzug gegen 
Alexander. Hyrkanus nämlich konnte Alexanders 
Macht nicht länger ertragen und fing an, die von Pom- 
pejus zerstörten Mauern Jerusalems wieder aufzurichten, 
was jedoch die in der Stadt befindlichen Römer ver- 
hinderten. Alexander durchstreifte inzwischen das Land, 
rief viele Juden zu den Waffen und hatte bald zehn- 
tausend Fus8soldaten und tausendfünfhundert Reiter zu- 
sammen. Alsdann verstärkte er die Befestigungen von 
Alexandrium, der bei Koreae gelegenen Festung, und 
von Machaerus im arabischen Gebirge. Nun rückte 
Gabinius gegen ihn an und schickte den Marcus Anto- 
nius nebst den übrigen Heerführern voraus. Diese zogen 
mit den römischen Soldaten, welche sie führten, mit den 
Juden, die unter dem Befehl von Pitholaus und Malichus 
sich ihnen anschlossen, und mit Antipaters Hilfstruppen 
dem Alexander entgegen, während Gabinius mit den 
Schwerbewaffneten folgte. Alexander zog sich in die 
Nähe von Jerusalem zurück, und hier kam es zur 
Schlacht, in der die Römer gegen dreitausend Feinde 
niedermachten und ebenso viele gefangenn ahmen. 

3. Alsdann rückte Gabinius vor Alexandrium und 
forderte die Besatzung zur Übergabe auf, indem er für 
alles Vorgefallene Verzeihung versprach. Da aber auch 




Vierzehntes Buch, 5. Kapitel. 


221 


noch eine Menge von Feinden vor der Festung lagerte, 
griffen die Römer dieselben an, wobei namentlich Marcus 
Antonius sich sehr hervorthat und durch Niedermetzelung 
vieler Gegner seine Kampfgenossen weit übertraf. 
Darauf liess Gabinius einen Teil seines Heeres zur Be- 
lagerung des Platzes zurück, zog weiter durch Judaea 
und liess alle zerstörten Städte, die er antraf, wiederher- 
stellen. So erstanden aufs neue Samaria, Azot, Skytho- 
polis, Anthedon, Raphia, Dora, Marissa, Gaza und viele 
andere. Und da deB Gabinius Vorschriften allseitig be- 
folgt wurden, bildeten diese Städte in kurzem wieder 
sichere Wohnplätze, nachdem sie lange Zeit verlassen 
gewesen waren. 

4. Nach diesen Anordnungen kehrte Gabinius wieder 
nach Alexandrium zurück. Im weiteren Verlaufe der 
Belagerung nun schickte Alexander eine Gesandtschaft 
an ihn, liess ihn um Verzeihung bitten und übergab ihm 
zunächst die Festungen Hyrkania und Machaerus und 
schliesslich auch Alexandrium, die Gabinius sämtlich 
zerstören liess. Als darauf die Mutter Alexanders, die 
sich mit den Römern gut halten musste, weil ihr Gatte 
und ihre Kinder in Rom gefangen gehalten wurden, sich 
an ihn wandte, erfüllte er alle ihre Bitten. Alsdann 
führte er den Hyrkanus in Jerusalem ein und übertrug 
ihm die Sorge für den Tempel. Endlich bestellte er 
fünf Gerichtshöfe (Synedrien) für ebenso viele Bezirke und 
zwar zu Jerusalem, Gadara, Amathus, Jericho und zu 
Sepphoris in Galilaea. So waren also die Juden ihres 
Königtums verlustig und hatten nun eine aristokratische 
Regierungsform. 



222 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Sechstes Kapitel. 

Wie Gabinius den aus Rom entwichenen Aristobulus 

gefangennahm und dorthin zurückschickte. Er besiegt 
den Alexander und die Nabatäer. 

1. Unterdessen war es Aristobulus gelungen , aus 
Rom nach Judaea zu entkommen. Als er aber das jüngst 
zerstörte Alexandrium wiederherzustellen im Begriff war, 
schickte Gabinius eine Abteilung Soldaten unter Sisenna, 
Antonius und Servilius gegen ihn , um ihn aus dem 
Platze zu vertreiben und gefangen zu nehmen. Von den 
Juden strömten viele zu Aristobulus hin, einmal seines 
alten Ruhmes wegen, und dann auch, weil sie an Um- 
wälzungen Gefallen hatten. Ja, ein gewisser Pitholaus, 
der zu Jerusalem als Legat stand, ging sogar mit tausend 
Mann zu ihm über. Allein die meisten von denen, die 
zu Aristobulus stiessen, waren noch unbewaffnet. Da 
nun Aristobulus beschlossen hatte, nach Machaerus zu 
ziehen, entliess er diese Unbewaffneten sämtlich, weil sie 
nicht eingeübt, mithin zum Kriegsdienst untauglich waren, 
und zog mit nur ungefähr achttausend Bewaffneten ins 
Feld. Doch die Römer griffen ihn an und besiegten ihn, 
und obwohl die Seinigen wacker fochten, mussten sie 
zuletzt die Flucht ergreifen. Dabei kamen gegen fünf- 
tausend von ihnen um, während die übrigen zerstreut 
wurden und sich zu retten suchten, so gut sie konnten. 
Aristobulus floh mit stark tausend Mann nach Machae- 
rus, fing an, den Platz zu befestigen, und war trotz seines 
Unglückes voll zuversichtlicher Hoffnung. Nach zwei- 
tägiger Belagerung jedoch wurde er, mit Wunden be- 
deckt, samt seinem Sohne Antigonus, der mit ihm aus 
Rom geflohen war, von den Römern gefangen genommen 
und zu Gabinius geführt. Dieser schickte ihn wieder 
nach Rom , wo er in strengem Gewahrsam gehalten 
wurde, nachdem er drei Jahre und sechs Monate König 
und Hohepriester gewesen war und sich als edler und 
hochherziger Mann bewiesen hatte. Seine Kinder da- 
gegen liess der Senat frei, weil Gabinius schrieb, er 



Vierzehntes Buch, 6. Kapitel. 


223 


habe dies ihrer Mutter für die Übergabe der Festungen 
versprochen. So kamen sie denn nach Judaea zurück. 

2. Gabinius beabsichtigte nun, gegen die Parther zu 
Felde zu ziehen. Doch als er den Euphrat schon über- 
schritten hatte, änderte er seinen Plan, kehrte um und 
zog nach Aegypten, um dort dem Ptolemaeus wieder auf 
den Thron zu helfen, wie das schon anderswoher bekannt 
ist. Bei diesem Kriegszuge, den er gegen Archelaus 
unternahm, lieferte ihm Antipater Getreide, Waffen und 
Geld und verschaffte ihm die Bundesgenossenschaft der- 
jenigen Juden, welche oberhalb Pelusium wohnten und 
den Zugang zu Aegypten bewachen mussten. Als er 
nun aus Aegypten zurückkehrte, traf er Syrien in Ver- 
wirrung und Aufruhr an. Denn des Aristobulus Sohn 
Alexander, der sich mit Gewalt der Regierung wieder 
bemächtigt hatte, veranlasste viele Juden zum Aufstand, 
durchzog mit grosser Truppenmacht das Land, machte 
alle Römer nieder, die er auf ihrer Flucht nach dem 
Berge Garizin traf, und belagerte die übrigen daselbst. 

3. Als Gabinius Syrien in einem solchen Zustand sah, 
schickte er, schlau wie er war, den Antipater gegen die 
Empörer vor, um sie möglicherweise von ihrer Toll- 
kühnheit abzubringen und zu besserer Einsicht zu be- 
kehren. Diesem gelang es denn auch, viele der Auf- 
rührer zur Vernunft zu bringen, und nur bei Alexander 
schlugen seine Bemühungen fehl. Letzterer zog viel- 
mehr mit dreissigtausend Juden dem Gabinius entgegen 
und griff ihn an, wurde aber bei dem Berge Tabor ge- 
schlagen und verlor zehntausend seiner Leute. 

4. Hierauf ordnete Gabinius die Verhältnisse Jeru- 
salems nach dem Dafürhalten Antipaters und rückte 
dann gegen die Nabatäer. Diese besiegte er in einer 
Schlacht, schickte dann die parthischen Flüchtlinge 
Mithradates und Orsanes, welche bei ihm Zuflucht gesucht 
hatten, unter dem Vorwände, sie seien ihm entlaufen, 
voraus nach Rom und kehrte nach Vollbringung glän- 
zender Kriegsthaten ebendahin zurück, nachdem er die 
Provinz dem Crassus übergeben hatte. Von diesen 



224 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


kriegerischen Unternehmungen des Pompejus und des 
Gabinius berichten in übereinstimmender Weise auch 
Nikolaus von Damaskus und Strabo der Kappadocier. 


Siebentes Kapitel. 

Wie Crassus nach Judaea kam und den Tempel plünderte, 
und wie er im Kriege gegen die Parther umkam. Wie 
Cassius Syrien gegen die Parther verteidigte und nach 

Judaea zog. 

1. Als Crassus auf einem Feldzuge gegen die Parther 
sich befand, kam er nach Judaea, raubte alles im Tempel 
befindliche Geld, welches Pompejus nicht angerührt hatte, 
im ganzen zweitausend Talente, und vermass sich sogar, 
alles Gold im Werte von ungefähr achttausend Talenten 
daraus zu entfernen. Unter anderem eignete er sich 
auch eine Stange aus reinem Golde an, die dreihundert 
Minen 1 wog. Eine Mine ist bei uns zwei und ein halbes 
Pfund. Diese Stange gab ihm der den Schatz hütende 
Priester mit Namen Eleazar nicht aus Bosheit — denn 
er war ein edler und gerechterJMann — , sondern aus 
folgender Veranlassung. Eleazar hatte auch für die 
Bewahrung der Tempelvorhänge zu sorgen , die von 
wunderbarer Schönheit und kostbar gearbeitet waren 
und die von jener Stange herabhingen. Da er nun sah, 
wie gierig Crassus nach dem Golde war, und für den 
ganzen Tempelschmuck fürchten musste, gab er ihm die 
goldene Stange, um alles andere dagegen einzulösen, 
nachdem er sich eidlich hatte versichern lassen, dass 
Crassus nichts weiter aus dem Tempel entfernen, sondern 
sich mit dieser Gabe, die viele Tausende wert war, be- 
gnügen wolle. Die Stange war aber in einer zweiten 
hohlen Stange von Holz eingeschlossen, was ausser 
Eleazar sonst niemand wusste. Crassus nahm also die 


1 Etwa 180 Kilogramm, 



Vierzehntes Buch, 7. Kapitel. 


225 


Stange und that, als wenn er nichts anderes im Tempel 
anrühren wollte, schleppte aber trotz seines Eides alles 
im Tempel befindliche Gold weg. 

2. Es darf übrigens nicht wunder nehmen, dass ein 
solcher Reichtum in unserem Tempel angehäuft war: 
hatten doch alle Juden des Erdkreises und alle Verehrer 
des wahren Gottes sowohl in Asien wie in Europa seit 
langen Zeiten dazu beigetragen. Ich kann auch für die 
Menge des angegebenen Goldes Zeugnisse beibringen 
und nach weisen, dass von unserer Seite dabei keine 
Prahlerei und Übertreibung mit unterläuft. So sagt 
z. B. der Kappadocier Strabo : „Mithradates schickte nach 
Kos und liess das Geld holen, welches Kleopatra daselbst 
niedergelegt hatte, imgleichen auch die achthundert Ta- 
lente der Juden.“ Nun haben wir aber kein anderes 
öffentliches Geld als dasjenige, welches Gott gehört, und 
es ist klar, dass die Juden in Asien dieses Geld aus 
Furcht vor Mithradates nach Kos gebracht hatten. Denn 
dass die in Judaea wohnenden Juden, die eine so wohl- 
befestigte Stadt und den Tempel hatten, Geld nach Kos 
geschickt haben sollten, ist nicht wahrscheinlich. Ebenso- 
wenig ist dies von den Juden in Alexandria anzunehmen, da 
sie den Mithradates. nicht zu fürchten brauchten. An einer 
anderen Stelle bezeugt derselbe Strabo, dass Sulla zu der 
* Zeit, als er nach Griechenland übersetzte, um Mithra- 
dates zu bekriegen, den Lucullus geschickt habe, um den 
Aufstand unseres Volkes in Kyrene zu unterdrücken, von 
dem die ganze Welt voll war. Er sagt uämlich: „In der 
Stadt der Kyrenäer gab es vier Klassen, Bürger, Acker- 
bauern, Mietwohner und J uden. Die letzteren sind schon 
fast in jeder Stadt des Erdkreises verbreitet, und man 
kann nicht leicht einen Ort'in der Welt finden, der dieses 
Volk nicht beherbergte Jund nicht pn seiner Gewalt 
wäre. So kommt es, dass Aegypten und Kyrenaea, die 
unter ihrer , Herrschaft stehen, sowie viele andere Bezirke 
die Sitten der Juden nachahmen, es mit dem sehr zahl- 
reichen Volke halten und mit ihnen an Macht zunehmen, 
indem sie nach den bei den Juden geltenden Gebräuchen 

Josephua 1 Jüdische Altertümer, II. 15 




226 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


leben. In Aegypten ist ihnen verstattet worden zu 
wohnen, und ein grosser Teil von Alexandria ist diesem 
Volke besonders eingeräumt. Sie haben auch ihren 
eigenen Vorsteher, der ihre Gemeinde- Angelegenheiten 
leitet, Recht spricht und ihre Verträge bekräftigt, als 
wenn er der wirkliche Beherrscher eines Staates wäre. 
In Aegypten aber hat dieses Volk eine so grosse Macht, 
weil die Aegyptier jüdischen Ursprunges und nach ihrer 
Trennung doch noch Nachbarn der Juden geblieben sind. 
Nach Kyrenaea hat sich das Volk deswegen verpflanzt, 
weil dieses Gebiet an Aegypten ebenso grenzt wie 
Judaea, ja sogar früher ein Teil des aegyptischen Reiches 
war.“ So weit Strabo. 

3. Crassus ordnete nun alles nach seinem Ermessen 
und zog dann gegen das Land der Parther, kam aber 
daselbst mit seinem ganzen Heere um, wie schon ander- 
wärts berichtet ist. Cassius dagegen floh nach Syrien, 
nahm Besitz von dem Lande und verteidigte es gegen 
die Parther, die nach dem über Crassus errungenen Siege 
Syrien arg beunruhigten. Dann marschierte er nach 
Tyrus und kam auch nach Judaea, griff Taricheae an, 
nahm es beim ersten Ansturm, machte gegen dreissig- 
tausend Gefangene und liess den Pitholaus, der nach 
Aristobulus den Aufstand geleitet hatte, auf Anraten 
des Antipater, der bei ihm in grossem Ansehen stand, 
hinrichten. Antipater hatte übrigens auch bei den Idu- 
mäern gewaltigen Einfluss, da aus diesem Volke seine 
Gattin stammte, welche Kypron hiess und ihm vier 
Söhne gebar: Phasael, Herodes (den nachmaligen König), 
Joseph und Pheroras, und ausserdem noch eine Tochter 
Salome. Antipater stand auch zu den übrigen benach- 
barten Fürsten in freundschaftlichen Beziehungen, be- 
sonders zu dem Araberkönige, dem er während des 
Krieges mit Aristobulus seine Kinder zur Obhut anver- 
traute. Cassius brach nun alsbald auf und zog an den 
Euphrat, um dort den Einfallen der Feinde entgegen- 
zutreten, wie anderswoher bekannt ist. 

4. Einige Zeit nachher beschloss Caesar, der nach 


Go gle 



Vierzehntes Buch, 7. Kapitel. 


227 


der Flucht des Pompejus und des Senates über das 
Ionische Meer zu Rom die Gewalt in Händen hatte, 
den Ari8tobulus in Freiheit zu setzen und ihn mit zwei 
Legionen nach Syrien zu schicken, um dort die Verhältnisse 
zu ordnen. Doch ward die Hoffnung, die Caesars Macht 
in Aristobulus erweckt hatte, jäh zunichte gemacht, da 
die Parteigänger des Pompejus den letzteren noch vor 
seiner Abreise vergifteten, sodass Caesars Anhang ihn 
bestatten musste. Sein Leichnam lag lange Zeit in 
Honig 1 einbalsamiert, bis Antonius ihn nach Judaea 
schickte und in der Königsgruft beisetzen liess. Durch 
einen Brief des Pompejus erhielt Scipio den Auftrag, 
auch des Aristobulus Sohn Alexander aus dem Wege 
zu räumen, und so zog dieser den Jüngling wegen seiner 
früheren Vergehen gegen die Römer vor Gericht und 
liess ihn mit dem Beile hinrichten. Dieses Todesurteil 
ward in Antiochiat vollzogen. Seine Brüder nahm Pto- 
lemaeus Mennaei auf, der Beherrscher des am Libanon 
gelegenen Chalkis, der seinen Sohn Philippio nach As- 
kalon zu Aristobulus’ Gattin schickte und sie auffordern 
liess, auch ihren Sohn Antigonus und ihre Töchter ihm 
zuzusenden. Zu einer der letzteren, Alexandra mit 
Namen, fasste Philippio Neigung und nahm sie zur Ehe. 
Indessen liess ihn sein Vater Ptolemaeus später um- 
bringen, heiratete selbst die Alexandra und liess sich 
fortwährend die Sorge für deren Brüder augelegen sein. 


1 Dass Honig die Verwesung verhindert , bezeugt auch Plinius 
(Naturgeschichte XV, 18,2; 18,6). 



228 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Achtes Kapitel. 

Die Juden leisten dem Caesar auf seinem Feldzuge nach 
Aegypten Hilfe. Antipaters Kriegsthaten und seine Freund- 
schaft mit Caesar. Die Juden von den Römern und 

Athenern geehrt. 

1. Nach der Niederwerfung und dem Tode des Pom- 
pejus überzog Caesar Aegypten mit Krieg und wurde 
hierbei von Antipater, der Judaea nach des Hyrkanus 
Anordnung verwaltete, in mancher Beziehung unterstützt. 
Als nämlich Caesar dem pergamenischen Könige Mithra- 
dates Hilfstruppen zuführen wollte und, weil er den Weg 
über Pelusium nicht erzwingen konnte, bei Askalon halt 
machen musste, stiess Antipater mit dreitausend jüdischen 
Fusssoldaten zu ihm und bewirkte, dass nicht nur die 
Araberfürsten, sondern auch alle Syrefr, die sich in der 
Diensteifrigkeit gegen Caesar von niemand wollten über- 
treffen lassen, ferner der Alleinherrscher Jamblichus und 
dessen Sohn Ptolemaeus, die auf dem Libanon wohnten, 
und fast alle Städte dem Caesar ihr Entgegenkommen 
bewiesen. Nun brach Mithradates aus Syrien nach 
Pelusium auf, und da dessen Einwohner ihn nicht auf- 
nehmen wollten, belagerte er die Stadt. Hierbei benahm 
sich Antipater höchst heldenhaft, legte zuerst Bresche in 
die Mauer und bahnte den übrigen einen Weg in die 
Stadt. So fiel Pelusium. Als aber nun Antipater und 
Mithradates sich zu Caesar begeben wollten, hinderten 
die aegyptischen Juden, welche in dem nach Onias be- 
nannten Landstriche wohnten, sie daran. Antipater in- 
dessen beredete sie, ihre Landsleute nachzuahmen , indem 
er ihnen einen Brief des Hohepriesters Hyrkanus vor- 
zeigte, worin dieser sie ermahnte, gegen Caesar sich 
freundlich zu benehmen und das Heer mit allem Not- 
wendigen zu versehen. Als sie nun sahen, dass Anti- 
pater und der Hohepriester eines Sinnes waren, gehorchten 
sie und veranlassten dadurch auch die Bewohner von 



Vierzehntes Buch, 8. Kapitel. 


229 


Memphis, den Mithradates einzuladen, der denn auch 
alsbald dorthin zog und deren Unterwerfung annahm. 

2. Mithradates war schon um das Delta herumgezogen, 
als er bei dem sogenannten Judenlager auf die Feinde 
stiess. Den rechten Flügel befehligte Mithradates, den 
linken Antipater. Als es zur Schlacht kam, wich des 
Mithradates Flügel zurück und wäre in die grösste Not 
geraten, wenn Antipater, der die ihm gegenüberstehende 
feindliche Abteilung schon geschlagen hatte, nicht mit 
den Seinigen am Flussufer entlang geeilt wäre, ihn be- 
freit und die siegreichen Aegyptier in die Flucht ge- 
schlagen hätte. Bei der weiteren Verfolgung bemächtigte 
er sich dann auch des feindlichen Lagers und rief den 
Mithradates zurück, der schon weit geflohen war. Von 
dem Flügel des Mithradates waren gegen achthundert, 
von dem des Antipater aber nur vierzig gefallen. 
Mithradates schrieb nun sogleich an Caesar und bezeich- 
nete Antipater als den Urheber des Sieges und seiner 
Rettung, sodass Caesar diesen mit Lobeserhebungen be- 
dachte und in den schwierigsten Fällen des ganzen 
Krieges sich seiner Hilfe bediente, bis eines Tages Anti- 
pater im Treffen verwundet wurde. 

3. Als Caesar einige Zeit darauf den Krieg beendigte 
und nach Syrien hinüberschiffte, bewies er seinen Dank 
dadurch, dass er den Hyrkanus in der Hohepriester- 
würde bestätigte, dem Antipater aber das römische 
Bürgerrecht verlieh und ihn von allen Abgaben befreite. 
Vielfach wird nun behauptet, auch Hyrkanus habe an 
diesem Feldzug teilgenommen und sei mit nach Aegypten 
gezogen. Das geht z. B. aus Strabo hervor, der nach 
Asinius berichtet: „Als Mithradates nebst dem jüdischen 
Hohepriester Hyrkanus nach Aegypten gezogen war 
u. s. f.“ Ebenderselbe Strabo sagt an einer anderen Stelle 
unter Citierung des Schriftstellers Hypsikrates, Mithra- 
dates sei allein ausgerückt, der jüdische Statthalter 
Antipater aber, den er nach Askalon entboten habe, sei 
ihm mit dreitausend Mann zu Hilfe gekommen und 
habe die übrigen Fürsten beredet, ein gleiches zu thun. 



230 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


Diesem Feldzug habe auch der Hohepriester Hyrkanus 
bei gewohnt. So weit Strabo. 

4. Um dieselbe Zeit kam des Aristobulus Sohn Anti- 
gonus zu Caesar, beklagte das Schicksal seines Vaters, 
der um Caesars willen durch Gift habe urakommen 
müssen, und seines Bruders, der von Scipio mit dem 
Beile hingerichtet worden sei, und bat ihn, er möge sich 
doch seiner, da er aus dem Reiche seines Vaters ver- 
bannt sei, erbarmen. Hyrkanus und Antipater, klagte 
er, führten eine ge waltthäti ge Regierung und hätten ihm 
selbst Unrecht gethan. Antipater aber, der gerade an- 
wesend war, verteidigte sich gegen die Anklage und 
zeigte, dass Antigonus ein unruhiger, aufrührerischer 
Mensch sei, erinnerte auch daran, wie viele Strapazen 
er selbst mitgemacht und wie er Caesars militärischer 
Ratgeber gewesen sei, wofür er diesen zum Zeugen an- 
rief. Aristobulus , sagte -er, sei mit Recht zum zweiten- 
mal nach Rom gebracht worden, da er den Römern be- 
ständig feindlich gesinnt gewesen sei; des Antigonus 
Bruder aber habe von Scipio die gebührende Strafe da- 
für erhalten, dass er auf einem Raubzuge ergriffen worden 
sei, und es sei gegen ihn weder nach Willkür noch un- 
gerecht verfahren worden. 

5. Als Antipater sich so verteidigt hatte, bestätigte 
Caesar den Hyrkanus als Hohepriester, gab dem Anti- 
pater jede gewünschte Machtbefugnis und ernannte ihn 
zum Landpfleger von ganz Judaea. Auch erlaubte er 
dem Hyrkanus, die Mauern seiner Vaterstadt, die noch 
von Pompejus her zerstört dalagen, wieder aufzubauen, 
und schrieb nach Rom an die Konsuln, sie sollten die 
guten Beziehungen auf dem Kapitol beurkunden. Der 
diesbezügliche Senatsbeschluss lautete also: „Gemäss dem 
Anträge des Praetors Lucius Valerius, Sohnes des Lucius, 
verhandelt am dreizehnten Dezember im Tempel der 
Concordia, in Gegenwart, des Lucius Coponius, Sohnes 
des Lucius, aus der Collinischen Tribus, und des Papiriua 
aus der Quirinischen Tribus. Weil die jüdischen Ge- 
sandten Alexander, Sohn des Jason, Numenius, Sohn 




Vierzehntes Buch, 8. Kapitel. 231 

des Antiochus, und Alexander, Sohn des Dorotheus, 
unsere ehrenwerten Bundesgenossen, darum gebeten haben, 
dass ihr von früher her mit den Römern bestehendes 
Freundschaftsbündnis erneuert werde, und als Zeichen 
der Verbrüderung einen goldenen Schild im Werte von 
fünfzigtausend Goldstücken überbracht, weiterhin auch 
Briefe an die freien Städte und die Könige sich aus- 
gebeten haben, um das Gebiet und die Häfen derselben 
in Sicherheit und unbehelligt besuchen zu können, hat 
der Senat beschlossen, mit ihnen Freundschaft und Ver- 
brüderung zu pflegen, ihre Forderungen zu bewilligen 
und den Schild anzunehmen.“ Das geschah im neunten 
Jahre der Regierung und des Hohepriestertuins des Hyr- 
kanus, im Monate Panemos. Gleiche Ehre wurde dem 
Hvrkanus auch vom Volke der Athener zu teil, weil er 
ihnen viele Dienste geleistet hatte. Sie schickten ihm 
einen Beschluss folgenden Inhalts: „Unter der Prytanie 
und dem Priestertum des Dionvsios, Sohnes des Askle- 
piades, am fünften Tage des Schlussmonats Panemos, 
wurde den Heerführern der Athener folgender Beschluss 
übergeben, der unter dem Archonten Agathokles in einer 
am elften Munychion wie auch am elften Tage der 
Prytanie im Theater abgehaltenen Volksversammlung 
gefasst wurde. Schriftführer war Eukles, Sohn des 
Menander aus Alimusia, Stimmzähler Dorothees aus 
Erchiea und dessen Amtsgenossen. Nachdem Dionysios, 
Sohn des Dionysios, auseinandergesetzt hatte, wie der 
jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanos, Sohn des 
Alexandros, sowohl dem Staate als jedem einzelnen 
Bürger fortgesetzt sich wohlwollend und freundlich be- 
wiesen, und wie er diejenigen Athener, welche als Ge- 
sandte oder um privater Geschäfte willen nach Judaea 
kamen, gastfreundlich aufgenoramen, ihnen auch sicheres 
Geleit zur Rückreise besorgt hat, was schon früher von 
uns anerkannt worden ist — haben wir auf den Antrag 
des Theodoros, Sohnes des Theodosios aus Sunion, der 
das Volk von dem Edelmute dieses Mannes und seiner 
steten Bereitwilligkeit, uns nach Möglichkeit zu helfen, 


Go gle 



232 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


in Kenntnis setzte, beschlossen, demselben die gesetzliche 
Auszeichnung der goldenen Krone zu verleihen, seine 
Bildsäule aus Erz im Tempel des Volkes und der Cha- 
riten aufzustellen und die Verleihung der Krone durch 
den Mund des Herolds an den Dionysien im Theater 
bei der Aufführung neuer Tragödien, imgleichen auch 
bei den Panathenäen, den Eleusinischen Festen und den 
Kingkämpfen verkünden zu lassen. Hie Heerführer 
haben dafür zu sorgen, dass demselben, so lange er in 
Freundschaft und Wohlwollen gegen uns verharrt, jede 
denkbare Ehre und Gunstbezeugung erwiesen werde, und 
dass unser Volk sich auf diese Weise gegen hochver- 
diente Männer, wie dies billig ist, dankbar erzeige. 
Ausserdem sollen Gesandte aus der Mitte der Athener 
erwählt werden, die ihm diesen Beschluss zu überbringen 
und ihn aufzufordern haben, dass er nach solchen Ehren- 
bezeugungen auch fürderhin um unseren Staat sich ver- 
dient machen möge.“ So viel mag über die Ehrungen, 
welche dem Hyrkanus von den Römern und Athenern 
erwiesen wurden, genügen. 


Neuntes Kapitel. 

Wie Antipater dem Herodes die Verwaltung vonGalilaea, 
dem Phasael die von Jerusalem übertrug. Wie Herodes 
bei Hyrkanus verklagt wurde. 

1. Als Caesar die Angelegenheiten Syriens geordnet 
hatte, zog er auf dem Seewege ab. Antipater, der ihm 
aus Syrien das Geleit gegeben hatte, kehrte nun wieder 
nach Judaea zurück, liess sogleich die von Pompejus 
zerstörte Stadtmauer aufführen und beschwichtigte die 
hier .und da im Lande ausgebrochenen Unruhen teils 
durch Drohungen, teils durch gütliche Überredung. 
Wenn sie zu Hyrkanus hielten, setzte er seinen Lands- 
leuten auseinander, würden sie glücklich leben und in 
Frieden ihre Güter geniessen können. Liessen sie sich 


Go gle 




Vierzehntes Buch, 9. Kapitel. 


233 


jedoch zu Empörungen verleiten, so würden sie an ihm 
selbst statt eines Landpflegers einen strengen Herrn, an 
Hyrkanus statt eines Königs einen Tyrannen, an den 
Römern und Caesar aber statt Führern bittere Feinde 
haben , die den von ihnen eingesetzten Fürsten wohl 
zu schützen wissen würden. Durch solche Vorstellungen 
gelang es ihm leicht, die Juden zu beruhigen. 

2. Da er nun sah, wie träge und nachlässig sich 
Hyrkanus benahm , ernannte er seinen ältesten Sohn 
Phasael zum Befehlshaber von Jerusalem und Umgebung, 
während er dem Zweitältesten, Herodes, Galilaea an ver- 
traute. Dieser war noch sehr jung, indem er erst fünfund- 
zwanzig Jahre zählte, zeigte aber keinerlei Schwächen 
seines Alters, sondern fand, weil er entschlossenen Cha- 
rakters war, bald Gelegenheit, seine Fähigkeiten zu 
zeigen.. Als er nämlich dem Räuberhauptmann Ezechias, 
der mit einer grossen Schar die Nachbargegenden von 
Syrien durchzog, zufällig begegnete, liess er ihn ergreifen 
und mit vielen seiner Raubgenossen hinrichten. Wegen 
dieser That hielten ihn die Syrer in hohen Ehren; hatte 
er ihnen doch das Land gesäubert, das sie so sehr von 
den Räubern befreit zu sehen wünschten. In Stadt und 
Dorf feierte man ihn, weil er Frieden und Sicherheit 
geschaffen hatte. So kam es, dass er auch dem Sextus 
Caesar, einem Verwandten des grossen Caesar und Land- 
pfleger von Syrien, bekannt wurde. Seine That machte 
aber auch die Eifersucht seines Bruders Phasael rege, 
und seine Berühmtheit spornte diesen so sehr an, dass 
er sich keinen geringeren Ruf zu schaffen beschloss und 
die Jerusalemer sich sehr geneigt machte, indem er zwar 
selbständig regierte, aber weder unehrenhafter noch ge- 
waltsamer Mittel sich bediente. Durch alles dies erreichte 
Antipater, dass er vom Volke wie ein König verehrt 
und derart ausgezeichnet wurde, wie es sonst nur einem 
allmächtigen Herrscher zu geschehen pflegt. Dennoch 
liess er sich durch ein so grosses Glück nicht, wie dies 
meistens der Fall ist, zur Verminderung seiner Ergebenheit 
und Treue gegen den Fürsten verleiten. 



234 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


3. Als aber die vornehmen Juden wahrnahmen, wie 
mächtig Antipater und dessen Söhne durch die Gunst 
des Volkes wie durch Hyrkanus’ und Judaeas Geld- 
mittel wurden, regten sie sich gewaltig gegen ihn auf. 
Antipater nämlich hatte Freundschaft mit den römischen 
Machthabern geschlossen und veranlasste den Hyrkanus, 
denselben Geld zu schicken. Dieses Geld nahm er dann 
an sich und schickte es in seinem eigenen, nicht in 
Hyrkanus’ Namen ab. Als Hyrkanus davon hörte, 
machte ihm die Sache eher Freude als Verdruss. In- 
dessen wuchs die Furcht der vornehmen Juden, weil es 
ihnen nicht entging, wie gewaltthätig , verwegen und 
herrschsüchtig Herodes war, und so gingen sie endlich 
zu Hyrkanus und verklagten Antipater offen, indem sie 
sagten: „Wie lange willst du denn noch ruhig Zusehen? 
Merkst du nicht, dass Antipater und seine Söhne alle 
Gewalt in Händen haben und dir selbst nur noch den 
Namen eines Königs lassen? Du darfst hiergegen nicht 
blind sein, noch dich selbst ausser Gefahr wähnen, 
wenn du so leichtsinnig an dir und dem Reiche handelst. 
Denn nicht deine Verwalter sind Antipater und dessen 
Söhne, wie du dir vielleicht trügerischerweise einredest, 
sondern sie werden fiir die wirklichen Herrscher ge- 
halten. Herodes hat zudem den Ezechias und dessen 
Genossen in durchaus gesetzwidriger Weise hinrichten 
lassen. Denn das Gesetz verbietet ausdrücklich, einen 
wenn auch noch so verbrecherischen Menschen umbringen 
zu lassen, ehe er vom Synedrium zum Tode verurteilt 
ist. Und doch hat Herodes ohne deine Ermächtigung 
das gewagt.“ 

4. Durch diese Anklagen liess sich Hyrkanus denn 
auch bereden, besonders da sein Zorn noch durch die 
Mütter der von Herodes Gemordeten entfacht wurde. Denn 
diese Hessen nicht nach. Tag für Tag im Tempel den 
König und das Volk zu bitten, sie möchten den Herodes 
für seine Thaten vor dem Synedrium zur Verantwortung 
ziehen. Infolgedessen lud Hyrkanus den Herodes vor, 
um sich gegen die Anschuldigungen zu verteidigen. 



Vierzehntes Buch, 9. Kapitel. 


235 


Herodes kam nun auch ; jedoch hatte Bein Vater ihm 
geraten, er solle nicht nach Art eines Privatmannes, 
sondern mit einer Leibwache und Bedeckung zu Hyr- 
kanus sich begeben. Nachdem er daher in Galilaea die 
notwendigen Anordnungen getroffen, stellte er sich mit 
einer Begleitung, die insofern hinreichte, als er mit der- 
selben dem Hyrkanus nicht gefährlich erscheinen konnte 
und doch auch nicht ganz ohne Schutz war, dem Ge- 
richte. Sextus jedoch, der Landpfleger von Syrien, 
forderte den Hyrkanus schriftlich auf , Herodes frei- 
zusprechen, und drohte ihm für den Fall, dass er sieb 
nicht füge. Dem Hyrkanus bot dieses Schreiben einen 
erwünschten Vorwand, den Herodes, den er wie einen 
Sohn liebte, zu entlassen, ohne dass das Synedrium eine 
Strafe über ihn verhängte. Als nun Herodes mit seiner 
Bedeckung vor dem Synedrium sich stellte, erzitterte 
alles, und keiner seiner Ankläger, die ihn vorher ge- 
schmäht hatten, wusste etwas vorzubringen, sondern es 
herrschte tiefes Schweigen. Bei dieser Lage der Dinge 
erhob sich der gerechte und deswegen über alle Furcht 
erhabene Sameas und sprach also: „Weder habe ich 
selbst jemals einen Menschen gesehen, o König und ihr 
Richter, noch glaube ich, dass ihr mir einen nennen 
könnt, der so als Angeklagter vor euch aufzutreten ge- 
wagt hätte. Wer sonst vor den Gerichtshof des hohen 
Rates kam, erschien in demütiger und zaghafter Haltung, 
als wenn er unser Mitleid herausforderte, mit lang herab- 
hängendem Haar und in schwarzem Kleide. Unser 
Freund Herodes aber, der des Mordes beschuldigt und 
eines so schweren Verbrechens angeklagt ist, steht da in 
Purpur, mit geschniegeltem Haupthaar und von Be- 
waffneten umgeben, um uns, wenn wir ihn dem Gesetze 
gemäss verurteilen, niederzumachen und alles Recht zu 
verhöhnen. Doch ich will Herodes keinen Vorwurf 
daraus machen, dass er mehr auf seinen Vorteil als auf 
die Gesetze achtet. Euch vielmehr und den König muss 
ich tadeln, dass ihr euch so etwas bieten lasst. Denkt 
aber daran, dass es einen allmächtigen Gott giebt, und 



236 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


dass der, den ihr jetzt dem Hyrkanus zu Gefallen frei- 
sprechen wollt, einst euch und den König dafür züch- 
tigen wird.“ Diese Worte gingen auch wirklich in Er- 
füllung. Denn als Herodes später König geworden war, 
Hess er alle Mitglieder des Gerichtshofes samt Hyrkanus 
umbringen, mit alleiniger Ausnahme des Sameas. Diesen 
nämlich achtete er sehr, einmal seiner Gerechtigkeit 
wegen, dann aber auch, weil er, als die Stadt nachmals 
von Herodes und Sosius belagert wurde, das Volk auf- 
forderte, den Herodes einzulassen, da man um der be- 
gangenen Sünden willen ihm doch nicht entgehen könne. 
Darüber werde ich mich später an geeigneter Stelle noch 
verbreiten. 

5. Als nun Hyrkanus merkte, dass die Mitglieder 
des Synedriums den Herodes zum Tode verurteilen 
wollten, verschob er die Gerichtsverhandlung auf den 
folgenden Tag und liess dem Angeklagten heimlich den 
Rat geben , er solle sich aus der Stadt fortmachen und 
so der Gefahr aus dem Wege gehen. Herodes begab 
sich darauf nach Damaskus, als ob er vor dem König 
fliehe. Sobald er aber bei Sextus Caesar angekommen 
war und sich in Sicherheit wusste, machte er kein Hehl 
daraus, dass er sich bei nochmaliger Vorladung vor das 
Synedrium nicht stellen würde. Hierüber entrüsteten 
sich die Mitglieder des hohen Rates und suchten dem 
Hyrkanus begreiflich zu machen, dass er sein eigenes 
Interesse verkenne. Hyrkanus sah das auch wohl ein, 
wusste aber vor Unschlüssigkeit und Zaghaftigkeit nicht, 
was er thun sollte. Als nun Sextus den Herodes zum 
Landpfleger von Coelesyrien ernannte (er hatte sich 
dieses Amt mit Geld erkauft), ergriff den Hyrkanus die 
Furcht, Herodes möchte ihn mit Krieg überziehen. Das 
geschah auch bald in der That: Herodes kam mit 
einem Heere, erzürnt über seine Vorladung vor den 
Gerichtshof des hohen Rates. Doch sein Vater Anti- 
pater und sein Bruder hielten ihn von einem Angriff 
auf Jerusalem ab, beschwichtigten seinen Groll und 
baten ihn, nichts Feindseliges zu unternehmen und den 


Go gle 



Vierzehntes Buch, 10. Kapitel. 


237 


König, durch dessen Güte er doch zu seiner Würde ge- 
langt sei, mit dem blossen Schrecken davonkommen zu 
lassen. Wenn er sich darüber entrüste, dass man ihn 
vor Gericht geladen habe, so müsse er doch auch be- 
denken, dass er entkommen sei, und für seine Rettung 
sich dankbar beweisen, statt sich durch Gewaltthätigkeit 
unerkenntlich zu zeigen. Er solle auch wohl erwägen, 
dass Gott die Wechselfalle des Krieges lenke, sodass 
der Ausgang des Feldzuges unsicher sei und er auf den 
Sieg nicht rechnen könne, wenn er den ihm befreundeten 
König angreife, der ihm nur Wohlthaten erwiesen und 
nicht das Geringste gegen ihn verbrochen habe. Hier- 
durch liess sich Herodes denn auch erweichen und hielt 
seine Zukunftspläne schon hinreichend dadurch gefördert, 
dass er dem Volke wenigstens seine Macht gezeigt habe, 
So standen damals die Dinge in Judaea. 


Zehntes Kapitel. 

Die Beziehungen der Juden zu den Römern und 
anderen Völkern. 

1. Inzwischen hatte Caesar sich nach Rom begeben 
und bereitete eine Unternehmung gegen Afrika vor, wo 
er Scipio und Cato angreifen wollte, als Hyrkanus zu 
ihm schickte und ihn um Bestätigung des bestehenden 
Freundschaftsbündnisses bitten liess. Ich habe es nun 
für notwendig gehalten, hier einmal alle Ehren- 
bezeugungen, die unserem Volke von den Römern und 
deren Herrschern erwiesen worden sind, sowie die Bünd- 
nisse aufzuzählen, damit es allgemein bekannt werde, 
wie die Herrscher in Asien und Europa aus Achtung 
vor unserer Tapferkeit und Treue uns ausgezeichnet 
haben. Viele zwar wollen aus Abneigung gegen uns 
das nicht glauben, was die Perser und Macedonier über 
uns geschrieben haben, weil die Werke dieser Geschicht- 
schreiber nicht überall zu haben sind und in den öffent- 




288 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


liehen Archiven sich nicht vorfinden, sondern nur bei 
uns und einigen wenigen fremden Völkern auf bewahrt 
werden. Doch wagen sie nichts gegen die Beschlüsse 
der Römer einzuwenden. Denn diese sind sowohl in 
den öffentlichen Archiven und auf dem Kapitol nieder- 
gelegt, als auch auf eherne Säulen eingegraben. So hat 
zum Beispiel Julius Caesar die zu Alexandria wohnenden 
Juden durch eine auf einer Säule von Erz angebrachte 
Inschrift öffentlich für alexandrinische Bürger erklärt. 
Aus diesen Quellen will ich also den Beweis fuhren 
und die Beschlüsse des Senates sowie des Julius Caesar, 
die sich auf Hyrkanus und unser Volk beziehen, bei- 
fügen. 

2. „Gajus Julius Caesar, Imperator und Pontifex 
maximus, zum zweitenmal Diktator, an den Magistrat, 
den Senat und das Volk der Sidonier. Wenn es euch 
gut geht, bin ich zufrieden; ich und mein Heer sind 
gleichfalls wohl. Ich schicke euch anbei die Abschrift 
eines in den Archiven niedergelegten Dekretes, welches 
Hyrkanus, den Sohn des Alexander, Hohepriester und 
Fürsten der Juden betrifft, damit dasselbe eurem Archive 
einverleibt werde. Ich will ausserdem , dass es in 
griechischer und lateinischer Sprache auf ehernen Tafeln 
eingegraben werde. Nämlich: Julius Caesar, zum 
zweitenmal Imperator und Pontifex maximus, verordnet 
nach Anhörung seines Rates wie folgt. Weil der Jude 
Hyrkanus, Sohn des Alexander, sowohl jetzt als auch 
früher, im Frieden wie im Kriege, sich stets treu und 
ergeben gegen uns bewiesen hat, was ihm auch schon 
viele unserer Machthaber bezeugten, weil er ferner jüngst 
im Alexandrinischen Kriege uns mit tausendfünfhundert 
Mann zu Hilfe gekommen ist und bei einer Sendung 
an Mithradates sich vor allen übrigen ausgezeichnet 
hat, in Erwägung dessen ernenne ich Hyrkanus, den 
Sohn Alexanders, und dessen Söhne zu Ethnarchen der 
Juden, gestatte ihnen, das jüdische Hohepriestertum 
ihrem Gebrauche gemäss für immer beizubehalten, und 
befehle, dass er selbst und seine Söhne zu unsern 



Vierzehntes Buch, 10. Kapitel. 


239 


Bundesgenossen und besonderen Freunden gerechnet 
werden. Alles, was nach ihren Gesetzen den Hohe- 
priestern zusteht oder ihnen durch die Güte anderer 
Wohlthäter verliehen worden ist, soll ihm und seinen 
Söhnen verbleiben. Wenn über jüdische Einrichtungen 
unter den Juden ein Streit ausbricht, so soll er die 
Macht haben, darüber zu entscheiden. Dass in Judaea 
überwintert werde, oder dass man Geld von den Juden 
eintreibe, will ich hiermit verbieten.“ 

3. „Des Konsuls Gajus Caesar Verordnungen, Zu- 
geständnisse und Beschlüsse bestimmen wie folgt. Des 
Hyrkanus Söhne sollen die Fürsten der Juden sein und 
im Besitze des ihnen angewiesenen Landes bleiben. 
Der Hohepriester und Landesfürst der Juden soll sich 
der Bedrängten annehmen. An Alexanders Sohn Hyr- 
kanus, den Hohepriester der Juden, sollen Gesandte ge- 
schickt werden, um über ein Schutz- und Trutzbündnis 
mit ihm zu verhandeln. Der Wortlaut dieses Vertrages 
soll auf eherne Tafeln eingegraben und diese im Kapitol, 
in Tyrus, Sidon, Askalon und in den Tempeln in 
römischer und griechischer Sprache aufgehängt werden. 
Weiterhin ist Sorge dafür zu tragen , dass dieser Erlass 
an die Quaestoren und Praetoren der einzelnen Städte 
sowie an unsere Freunde gelange, damit den Gesandten 
die übliche Bewirtung zu teil und diese Vorschriften 
überall bekannt gemacht werden.“ 

4. „Gajus Caesar, Imperator, Diktator und Konsul, 
genehmigt hiermit zwecks Anerkennung der Tapferkeit 
und aus besonderem Wohlwollen, sowie zu Nutz und 
Frommen des Senates und Volkes der Römer, dass 
Hyrkanus, der Sohn Alexanders, und dessen Söhne 
Hohepriester und Priester für Jerusalem und das ganze 
Volk sein sollen mit denselben Rechten und Befug- 
nissen, die auch ihre Vorgänger im Priestertum besessen 
haben.“ 

5. „Gajus Caesar, zum fünftenmal Konsul, verordnet 
hiermit, dass den Juden erlaubt sein soll, die Stadt 
Jerusalem besetzt zu halten und zu befestigen, ferner 


Go gle 



240 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


dass der jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanus, 
Alexanders Sohn, dieselbe nach seinem Gutdünken 
regieren darf, sowie dass den Juden in jedem zweiten 
Jahre von den Getreide-Abgaben ein Kor erlassen werden 
und in Zukunft weder Steuerverpachtungen bei ihnen 
stattfinden, noch immer die nämlichen Steuern bezahlt 
werden sollen.“ 

6. „Gajus Caesar, zum zweitenmal Imperator, ver- 
ordnet wie folgt. I. Zum Vorteil der Stadt Jerusalem 
hat ganz Judaea mit Ausnahme von Joppe jährlich eine 
Abgabe zu entrichten, es sei denn, dass es das siebente 
sogenannte Sabbatjahr ist, in welchem weder Baum- 
früchte geerntet noch Felder bebaut werden. II. In 
Sidon muss alle zwei Jahre der vierte Teil der Feld- 
früchte als Abgabe geliefert werden, und ausserdem sind 
dem Hyrkanus und dessen Söhnen die Zehnten ebenso 
zu entrichten, wie sie deren Vorfahren entrichtet worden 
sind: III. Kein Beamter, Feldherr oder Legat darf im 
Gebiete der Juden Hilfstruppen ausheben, noch ist es 
den Soldaten erlaubt, von den Juden Geld, sei es zur 
Überwinterung, sei es unter irgend einem anderen Vor- 
wand, einzutreiben; dieselben sollen vielmehr von allen 
Plackereien verschont bleiben. IV. Alles, was sie in 
Zukunft besitzen, kaufen oder sonstwie erwerben werden, 
bleibt in ihrem ungestörten Besitz. V. Die Stadt Joppe, 
welche die Juden schon früher, als sie mit den Körnern 
Bundesgenossenschaft schlossen, besessen haben, soll 
ihnen wie früher gehören; auch sollen Alexanders Sohn 
Hyrkanus und dessen Söhne als Eigentümer dieser Stadt 
von den Ackerbauern derselben als Zoll für das aus 
der Umgegend und dem [Hafen jährlich nach Sidon aus- 
geführte Getreide sechsundzwanzigtausendfünfundsiebzig 
Modii erhalten, mit Ausnahme des Sabbatjahres, in 
welchem weder das Feld bebaut noch Baumfrüchte geerntet 
werden. VI. Die Dörfer in der grossen Ebene, welche 
dem Hyrkanus und dessen Vorfahren gehörten, sollen 
Hyrkanus und die Juden laut Senatsbeschluss unter 
demselben Rechte wie auch früher besitzen. Ferner 




Vierzehntes Buch, 10. Kapitel. 


241 


sollen die Rechtsbeziehungen, welche von jeher zwischen 
den Juden und ihren Hohepriestern bestanden , sowie 
die Zugeständnisse, die ihnen vom römischen Volke und 
Senate gemacht worden sind, in Giltigkeit bleiben. Die- 
selben Rechte sollen sie auch in Lydda gemessen. 
VII. Alle Plätze, ländlichen Weiler und Dörfer, die 
früher den dem römischen Volke befreundeten Königen 
von Syrien und Phoenicien gehörten, und deren Nutz- 
messung sie durch Schenkung derselben erhalten haben, 
sollen nach Senatsbeschluss Eigentum des Fürsten Hyr- 
kanus und der Juden sein. VIII. Dem Hyrkanus, 
seinen Söhnen und den von ihm geschickten Gesandten 
steht das Recht zu, bei den Gladiatorenspielen und Tier- 
kämpfen ihren Zuschauerplatz unter Jen Senatoren zu 
nehmen, und wenn sie sich vom Diktator oder vom 
Reiteroberst das Wort erbitten, so sollen sie in den 
Senat eingefühlt werden und in zehn Tagen nach er- 
folgtem Senatsbeschluss Antwort erhalten.“ 

7. „Gajus Caesar, zum viertenmal Imperator, zum 
fünftenmal Konsul, Diktator auf Lebenszeit, verordnet 
folgendes in betreff der Rechte des jüdischen Hohe- 
priesters und Fürsten Hyrkanus, des Sohnes des 
Alexander: In Erwägung, dass die früheren Imperatoren 
sowohl in den Provinzen, als vor Volk und Senat dem 
jüdischen Hohepriester Hyrkanus und den Juden da6 
Jbests Zeugnis erteilt, und Volk wie Senat denselben 
ihren Dank erstattet haben, wollen auch wir bedacht 
und besorgt sein, dass dem Hyrkanus, seinen Söhnen 
und dem Volke der Juden von dem römischen Senat 
und Volk für ihre Ergebenheit und ihre Dienstleistungen 
der gebührende' Dank zu teil werde.“ 

8. „Gajus Julius, Praetor und Konsul der Römer, an 
den Magistrat, den Senat und das Volk von Paros. Die 
Juden in Delos und einige der jüdischen Mietwohner 
sind in Gegenwart eurer Gesandten bei mir vorstellig 
geworden und haben angezeigt, dass ihr durch Verord- 
nungen sie hindert, ihre althergebrachten Gebräuche und 
ihren Gottesdienst zu vollziehen. Es hat mein Miss- 

Joaephus 1 Jüdische Altertümer, II. 1 G 




242 


Josephns* Jüdische Altertümer. 


fallen erregt, dass ihr solche Bestimmungen gegen unsere 
Freunde und Bundesgenossen erlasst und ihnen verbietet, 
nach ihren Gesetzen zu leben und Geld zu gemeinsamen 
Mahlen wie zum Gottesdienste beizutragen, besonders 
da ihnen dies noch nicht einmal in Rom untersagt ist. 
Denn unser Praetor und Konsul Gajus Caesar hat, als 
er die Verordnung erliess, durch welche alle Versamm- 
lungen in der Stadt Rom verboten wurden, jene Zu- 
sammenkünfte, Geldsammlungen und Veranstaltungen 
von Gastmahlen ausdrücklich von dem Verbote aus- 
genommen. Ebenso gestatte auch ich, obgleich ich alle 
sonstigen Versammlungen verbiete, den Juden allein, 
sich nach den Sitten und Gebräuchen ihrer Väter zu 
versammeln und dabei zu verbleiben. Es ist daher er- 
forderlich, dass ihr alle gegen unsere Freunde und 
Bundesgenossen erlassenen Verordnungen wegen ihrer 
Verdienste um uns und ihrer Treue sogleich auf- 
hebt.“ 

9. Nach Gajus Caesars Tode beriefen die Konsuln 
Marcus Antonius und Publius Dolabella den Senat, 
führten die Gesandten des Hvrkanus ein, hielten über 
deren Begehren Vortrag und schlossen dann aufs neue 
ein Freundschaftsbündnis mit [ihnen , worauf der Senat 
ihnen alle ihre Forderungen zu erfüllen beschloss. Ich 
füge den Beschluss bei, um dem Leser dieses Geschichts- 
buches den Beweis für meine Angaben zu erbringen. 
Er lautete also: 

10. „Senatsbeschluss, entnommen aus dem Archive 
und den Verzeichnissen der Quaestoren, unter den 
Quaestoren Quintus Rutilius und Gajus Cornelius, und 
zwar aus dem Anfänge des zweiten Verzeichnisses. Ver- 
handelt am elften April im Tempel der Concordia, in 
Gegenwart des Lucius Calpurnius Piso aus der Mene- 
nischen Tribus, des Servius Papinius Potitus aus der 
Lemonischen Tribus, des Gajus Caninius Rebilius aus 
der Terentinischen Tribus, des Publius Tidetius und des 
Lucius Apulinus, Sohnes des Lucius aus der Sergischen 
Tribus, des Flavius, Sohnes des Lucius aus der Lemo- 




Vierzehntes Buch, 10. Kapitel. 


243 


machen Tribus, des Publius Platius, Sohnes des Publius 
aus der Papirischen Tribus, des Marcus Acilius, Sohnes 
des Marcus* aus der Maecischen Tribus, des Lucius 
Erucius, Sohnes des Lucius aus der Stellatinischen 
Tribus, des Marcus Quintius Plancillus aus der Pollischen 
Tribus, und des Publius Serius, auf den Antrag der 
Konsuln Publius Dolabella und Marcus Antonius. In 
Übereinstimmung mit den genannten Konsuln haben 
wir beschlossen, die von Gajus Caesar gemäss einem 
Senatsbeschlusse zu gunsten der Juden erlassene, da- 
mals aber nicht in das öffentliche Archiv aufgenommene 
Verordnung nunmehr darin niederzulegen und den 
städtischen Quaestoren behufs Abschrift zuzustellen. ^So 
geschehen am neunten Februar im Tempel der Concordia. 
Anwesend waren als Gesandte des Hohepriester Hyr- 
kanus: Lysimachus, Sohn des Pausanias, Alexander, 
Sohn d^s Theodorus, Patroclus, Sohn des Chaerea, und 
Jonathas, Sohn des Onias “ 

11. Einen von diesen Gesandten schickte Hyrkanus 
auch an Dolabella, der damals Asien verwaltete, und 
liess ihn bitten, die Juden vom Kriegsdienste zu be- 
freien , ihnen ihre väterlichen Gebräuche zu lassen und 
ihnen zu ermöglichen, dass sie danach leben könnten. 
Als Dolabella diesen Brief des Hyrkanus erhalten hatte, 
schickte er sogleich ohne weitere Beratung an alle 
asiatischen Städte, und zwar zuerst an Ephesus, das 
damals in Asien die erste Stelle einnahm, einen Erlass 
in betreff der Juden folgenden Inhalts: 

12. „Unter dem Prytanen Artemon am ersten Lenaion. 
Dolabella der Imperator an den Senat, den Magistrat und 
das Volk von Ephesus. Alexander, Sohn des Theodorus, 
Gesandter des Hyrkanus, des Sohnes Alexanders, Hohe- 
priesters und Fürsten der Juden, hat mir mitgeteilt, 
seine Landsleute könnten am Kriegsdienste nicht teil- 
nehmen, weil sie am Sabbat weder Waffen tragen noch 
marschieren dürften, auch ihre von Gesetz und Gewohn- 
heit ihnen vorgeschriebenen Speisen sich nicht ver- 
schaffen könnten. Iufolgedessen befreie ich sie ebenso, 

16 * 



244 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


wie meine Vorgänger gethan haben, vom Kriegsdienste, 
gestatte ihnen, wenn sie sich zu Opfer und Gottesdienst 
nach ihrem Brauche versammeln, sich ihrer hergebrachten 
Einrichtungen zu bedienen sowie Geld zur Beschaffung 
der Opfer beizutragen, und befehle, dass dieser Erlass 
bei allen Städten cirkuliere.“ 

13. Das war die Gunstbezeugung, welche Dolabella 
unserem Volke erwies, als Hyrkanus einen Gesandten 
zu ihm geschickt hatte. Weitere Schriftstücke sind: 
„Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Ich habe die- 
jenigen Juden, welche römische Bürger sind und in der 
Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus leben, in öffent- 
licher Sitzung ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste 
befreit. Verhandelt am zwanzigsten September unter 
den Konsuln Lucius Lentulus und Gajus Marcellus, in 
Gegenwart des Legaten Titus Appius Balgus, Sohnes 
des Titus aus der Horatischen Tribus, des Titus Tongius, 
Sohnes des Titus aus der Crustuminischen Tribus, des 
Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompe- 
jus, Sohnes des Titus , des Gajus Servilius , Sohnes des 
Gajus aus der Terentinischen Tribus, des Publius Olusius 
Gallus, Sohnes des Publius aus der Veturischen Tribus, 
und des Gajus Sentius, Sohnes des Gajus aus der Saba- 
tinischen Tribus.“ — „Der Legat und Propraetor Titus 
Appius Bulbus, Sohn des Titus, an den Magistrat, den 
Senat und das Volk der Ephesier. Der Konsul Lucius 
Lentulus hat die in Asien wohnenden Juden auf meine 
Verwendung hin vom Kriegsdienste befreit. Von dem Pro- 
praetor Fannius und dem Proquaestor Lucius Antonius 
habe ich auf desfallsiges Ersuchen dasselbe erlangt, und 
ihr habt deshalb dafür zu sorgen, dass niemand sie in 
dieser Hinsicht belästige.“ 

14. Beschluss der Delier. „Verordnung, erlassen am 
zwanzigsten Thargelion unter dem Archonten Boeotos. 
Der Legat Marcus Piso hat, als er in unserer Stadt die 
Aushebung leitete , uns und viele andere Bürger zu- 
sammenbarufen und befohlen, die Juden, welche römische 
Bürger seien, nicht mit Kriegsdienst zu belästigen, weil 



Vierzehntes Buch, 10. Kapitel. 


245 


der Konsul Cornelius Lentulus dieselben ihrer Religion 
wegen davon befreit habe. Dieser Verordnung ist un- 
weigerlich Folge zu leisten." Einen ähnlichen Beschluss 
fassten in betreff der Juden die Sardianer. 

15. „Gajus Fanmus, Sohn des Gajus, Imperator und 
Konsul, an den Magistrat der Koer. Ich will euch davon 
in Kenntnis setzen, dass Gesandte der Juden mit der 
Bitte zu mir gekommen sind, ich möge ihnen die ihret- 
wegen erlassenen Senats beschlösse aushändigen. Diese 
Beschlüsse gehen euch anliegend zu. Gemäss denselben 
habt ihr euch dieser Gesandten anzunehmen und dafür 
zu sorgen, dass sie unbehelligt durch euer Gebiet in ihre 
Heimat zurückkehren können.“ 

16. „Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Die das 
römische Bürgerrecht geniessenden Juden, welche ich in 
der Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus lebend an- 
getroffen habe, befreie ich ihrer Religion wegen vom 
Kriegsdienste. So geschehen am neunzehnten Sep- 
tember.“ 

17. „Lucius Antonius, Sohn des Marcus, Proquaestor 
und Propraetor, an den Magistrat, den Senat und das 
Volk der Sardianer. Weil die das römische Bürgerrecht 
geniessenden Juden bei mir vorstellig geworden sind und 
mir erklärt haben, sie hätten von jeher ihrem Gesetze 
gemäss eigene Zusammenkünfte und einen eigenen Ge- 
richtshof, vor dem sie ihre Streitigkeiten schlichteten 
und ihre Verträge schlössen , so bestimme ich auf ihr 
Ersuchen um Genehmigung dieser Einrichtungen, dass 
sie hierbei zu belassen sind.“ 

18. „Marcus Publius, Sohn des Spurius, Marcus, Sohn 
des Marcus, und Lucius, Sohn des Publius, erklären: 
Nachdem wir den Prokonsul Lentulus angegangen und 
ihm mitgeteilt haben, dass Dositheus, der Sohn des 
Kleopatridas aus Alexandria, ersucht hat, die Juden 
mit römischem Bürgerrecht, die nach jüdischem Kultus 
leben , ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste zu be- 
freien, hat er diesem Verlangen am neunzehnten Sep- 
tember stattgegeben.“ 




246 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


19. „Verhandelt unter dem Konsulate des Lucius 
Lentulus, Sohnes des Quintilius, und des Gajus 
Marcellus, in Gegenwart des Legaten Titus Appius 
Baibus, Sohnes des Titus [aus der Horatischen Tribus, 
des Titus Tongius aus der Crustuminischen Tribus, des 
Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompe- 
jus, Sohnes des Titus, des Cornelius Longinus, des 
Kriegstribunen Gajus Servilius Bracchus , Sohnes des 
Gajus aus der Terentinischen Tribus, des Publius Clusius 
Gallus, Sohnes des Publius aus der Veturischen Tribus, 
des Kriegstribunen Gajus Teutius, Sohnes des Gajus 
aus der' Aemilischen Tribus, des Sextus Atilius Serranus, 
Sohnes des Sextus aus der Aesquilinischen Tribus, des 
Gajus Pompejus, Sohnes desJGajus aus derJSabatinischen 
Tribus des Titus Appius Men ander, Sohnes des Titus, 
des Publius Servilius Strabo, Sohnes des Publius, des 
Lucius Paccius Capito, Sohnes des Lucius aus der Colli- 
nischen Tribus, des Aulus Furius Tertius, Sohnes des 
Aulus , und des Appius Menas.' In Gegenwart vor- 
benannter Männer verkündet Lentulus folgenden Be- 
schluss: Die Juden mit römischem Bürgerrecht, die nach 
jüdischem Kultus in Ephesus leben, sind ihrer Religion 
wegen vom Kriegsdienste befreit.“ 

20. „Der Magistrat von Laodikea an den Konsul 
Gajus Rabilius, Sohn des Gajus. Sopater, der Ab- 
gesandte des Hohepriesters Hyrkanus, hat uns deinen 
Brief überbracht, aus welchem hervorgeht, dass von dem 
jüdischen Hohepriester Hyrkanus Gesandte arigekommen 
sind und ein Schreiben in betreff ihres Volkes über- 
reicht haben, worin gebeten wurde, es möge den Juden 
gestattet sein, ihre Sabbate und ihre übrigen gottesdienst- 
lichen Verrichtungen nach den väterlichen Gesetzen bei- 
zubehalten, sodann dass niemand ein Recht über sie 
eingeräumt werde, weil sie unsere Freunde und Bundes- 
genossen seien, und dass keiner sie in unserer Provinz 
behelligen dürfe, da du doch die Trallianer, die sich 
den ihretwegen erlassenen Verordnungen widersetzt 
hätten, zur Befolgung derselben angehalten habest, wes- 




Vierzehntes Buch, 10. Kapitel. 


247 


halb sie auch bäten , dass du uns ebenfalls ihretwegen 
«in Schreiben zukommen lassen wollest. Wir haben 
daher deinem Befehle gemäss den überbrachten Brief 
in Empfang genommen und denselben in unserem 
Archiv niedergelegt. Auch werden wir uns angelegen 
«ein lassen, deine übrigen Aufträge zu deiner Zufrieden- 
heit zu erledigen.“ 

21. „Publius Servilius Galba, Sohn des Publius, Pro- 
konsul, an den Magistrat, den Senat und das Volk der 
Milesier. Da euer Mitbürger Prytanis, Sohn des 
Hermas, in der Stadt Tralles, wo ich eine Versammlung 
abhielt, mir mitgeteilt hat, ihr behandeltet die Juden 
nicht in unserem Sinne, sondern verhindertet sie, ihre 
Sabbate zu feiern, ihre herkömmlichen Opfer dar- 
zubringen und nach ihrer Gewohnheit zu leben,, und 
Jass er selbst diesen Beschluss auf gesetzmassigem Wege 
zustande gebracht habe, so thue ich euch hiermit zu 
wissen, dass ich nach Anhörung beider Parteien ent- 
schieden habe: Die Juden dürfen in der Ausübung ihrer 
Gebräuche nicht behindert werden.“ 

22. Beschluss der Pergamener. „Verordnung, erlassen 
unter dem Prytanen Kratippos am ersten Tage des 
Monats Daisios. Da die Römer nach dem Vorgänge 
ihrer Ahnen für das allgemeine Wohl jeder Gefahr Trotz 
bieten und um die Wette sich bemühen, ihren Freunden 
und Bundesgenossen Wohlstand und Frieden zu sichern, 
so hat der Senat auf Anstehen der ehrenwerten Ge- 
sandten der Juden und des Hohepriesters Hyrkanus, 
nämlich des Strato, Sohnes des Theodotus, des Apollonius, 
Sohnes des Alexander, des Aeneas, Sohnes des Anti- 
pater, des Aristobulus, Sohnes des Amyntas, und des 
Sosipater, Sohnes des Philippus, und nach Anhörung 
ihrer Vorstellungen im einzelnen beschlossen, ihrem 
Verlangen gemäss dem Könige Antiochus, dem Sohne 
des Antiochus, vorzuschreiben, er dürfe den Juden als 
römischen Bundesgenossen keinerlei Unbill anthun und 
müsse, was er ihnen an Festungen, Häfen und Land 
entrissen habe, wieder herausgeben. Imgleichen sei den 




248 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Juden die Ausfuhr aus ihren Häfen zu gestatten, nur 
dürfe niemand, sei er nun König oder Unterthan, aus 
den Häfen irgend etwas ohne Zollabgabe ausführen, mit 
alleiniger Ausnahme des alexandrinischen Königs Ptole- 
maeus, weil er ihr Freund und Bundesgenosse sei. End- 
lich müsse auch die Besatzung aus Joppe zurück- 
gezogen werden. Das Mitglied unseres Senates Lucius 
Pettius hat daher angeordnet, dass wir für gehörige Aus- 
führung des Beschlusses des römischen Senates zu sorgen 
und den Gesandten eine sichere Heimreise zu ver- 
schaffen hätten. Wir haben darauf den Theodorus in 
unseren Senat und unsere Volksversammlung eingeführt,, 
von ihm das Schreiben mit dem Senatsbeschlusse in 
Empfang genommen und von ihm gehört, wie tugend- 
haft und hochherzig Hyrkanus sei, da er in gleicher 
Weise für das Wohl des Staates wie jedeB einzelnen 
Bürgers sorge. Alsdann haben wir das Schreiben in 
unserem Archiv niedergelegt und als Bundesgenossen 
der Römer beschlossen, auch unserseits den Juden in 
jeder Beziehung Vorschub zu leisten. Theodorus, der 
Überbringer des Schreibens, sprach dann noch die Bitte 
aus, unsere Obrigkeit möge an Hyrkanus eine Abschrift 
des Beschlusses durch Gesandte schicken, die ihn von 
der Gesinnung unseres Volkes benachrichtigen, ihn zur 
Bewahrung und Steigerung seiner freundschaftlichen 
Zuneigung und zur Erweisung neuer Gefälligkeiten für 
entsprechende Gegenleistungen veranlassen und ihn 
daran erinnern könnten, wie schon zu den Zeiten 
Abrams, des Stammvaters aller Hebräer, unsere Vor- 
fahren nach Ausweis unserer Annalen mit diesen freund- 
schaftliche Beziehungen unterhalten hätten.“ 

23. Beschluss der Bewohner von Halikarnassos. „Auf 
Antrag des Marcus Alexander beschloss die Gemeinde 
unter dem Priestertum des Memnon , Sohnes des 
Orestidas und Adoptivsohnes des Euonymos, am .. . ten 
Tage des Monats Anthesterion wie folgt. Weil wir die 
Frömmigkeit gegen Gott und die Religion allzeit eifrig 
pflegen, so haben wir nach dem Beispiele des um alle 



Vierzehntes Buch, 10. Kapitel. 


249 


Menschen hochverdienten römischen Volkes und im 
Hinblick darauf, dass dasselbe den Juden, die mit ihm 
verbündet sind, freie Ausübung ihres Gottesdienstes und 
unbeschränkte Feier ihrer Feste gewährleistet hat, be- 
schlossen, dass es allen Juden, sei es Mann oder Weib 
freistehen soll, die Sabbate Zu halten, Opfer nach ihrem 
Gesetze darzubringen und Gebete am Meere, wie es bei 
ihnen üblich ist, zu veranstalten. Wer sie darin be- 
hindert, sei er obrigkeitliche oder Privatperson, soll mit 
Geldstrafe büssen und der Stadt dafür haften.“ 

24. Beschluss der Bewohner von Sardes. „Senat und 
Volk haben auf Antrag der Vorsteher beschlossen wie 
folgt. Da unsere jüdischen Mitbürger, die vom Volk 
allezeit viele und grosse Wohlthaten erfuhren, Senat und 
Volk gebeten haben, es möge ihnen jetzt, da das Volk 
und der Senat der Römer ihnen ihre Freiheiten und die 
Möglichkeit, nach ihrem Gesetze zu leben, wiedergegeben 
haben, bei der Abhaltung ihrer religiösen und von ihrem 
Gesetze vorgeschriebenen Zusammenkünfte nichts in den 
Weg gelegt und ihnen ein Ort angewiesen werden, wo 
sie mit ihren Frauen und Kindern sich versammeln und 
ihre herkömmlichen Gebete und Opfer Gott darbringen 
können, so hat der Senat und das Volk beschlossen, 
ihnen zu gestatten, dass sie an bestimmten Tagen Zu- 
sammenkommen und allen ihnen von ihrem Gesetze ge- 
botenen Verrichtungen obliegen dürfen, sodann auch, 
ihnen von den städtischen Beamten besondere Bau- und 
Wohnplätze nach ihrer Wahl anweisen zu lassen und 
den Agoranomen 1 der Stadt aufzutragen, ihnen alles 
zu ihrem Lebensunterhalt Notwendige verabfolgen zu 
lassen.“ 

25. Beschluss der Bewohner von Ephesus. „Unter 
dem Prytanen Menophilos, am ersten Tage des Monats 
Artemisios, beschloss das Volk auf Antrag des Nika- 
nor, Sohnes des Euphemos, und der Stadtvorsteher wie 
folgt. In Erwägung, dass die in der Stadt lebenden 


1 Beamte, denen das Marktwesen der Stadt unterstellt war. 



250 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Juden auf ihre bei dem Prokonsul Marcus Julius Pom- 
pejus, dem Sohne des Brutus, angebrachte Bitte, ohne 
irgendwelche Behinderung die Sabbate beobachten und 
nach ihren väterlichen Einrichtungen leben zu dürfen, 
dies vom Praetor bewilligt erhalten haben, beschloss das 
Volk und der Senat mit besonderer Rücksichtnahme auf 
die Römer, dass niemand an der Feier des Sabbates be- 
hindert noch deswegen mit einer Geldstrafe belegt, viel- 
mehr den Juden alle Freiheit in der Befolgung ihrer 
eigenen Gesetze gewährt werden solle.“ 

26. Es fgiebt noch viele derartige {Senatsbeschlüsse 
und Verordnungen einzelner Machthaber, die zu gunsten 
des Hyrkanus und unseres Volkes erlassen worden sind, 
desgleichen Volksdekrete und obrigkeitliche Edikte in 
betreff unserer Rechte, auf deren Inhalt der aufmerksame 
Leser dieser Schrift leicht aus den vorstehenden An- 
gaben schliessen kann. Da wir nämlich klare und 
überzeugende Beweise für unsere freundschaftlichen Be- 
ziehungen zum römischen Volke beigebracht und auch 
der ehernen Säulen und Tafeln Erwähnung gethan 
haben, die sich noch jetzt auf dem Kapitol finden und 
dort auch wohl noch lange Zeit bleiben werden, so haben 
wir es für überflüssig und unerquicklich gehalten, alle 
einzelnen Beweismittel hier noch anzuführen, und des- 
halb davon Abstand genommen. Wir halten auch 
niemand für so böswillig, dass er nun noch an unserer 
Freundschaft mit den Römern, die durch so viele De- 
krete erwiesen ist, Zweifel hegen könnte, da aus den ge- 
gebenen 4 Mitteil un gen unsere Wahrheitsliebe klar hervor- 
leuchtet. So- steht also die Freundschaft, die uns mit 
den Römern verband, über allen Zweifel erhaben da. 


Go gle 




Vierzehntes Buch, 1 1 . Kapitel. 


251 


Elftes Kapitel. 

Wie Cassius nach Syrien kam und Judaea schwer 

bedrückte. Antipater von Malichus und dieser von 

Herodes getötet. 

1. Um diese Zeit entstanden in Syrien Unruhen aus 
folgender Veranlassung. Bassus Caecilius, einer von 
Pompejus’ Anhängern, brachte den Sextus Caesar 
meuchlerisch ums Leben, stellte sich an die Spitze des 
Heeres und bemächtigte sich der Herrschaft. Darüber 
kam es bei Apamea zu einem furchtbaren Kriege, indem 
Caesars Heerführer den Bassus mit Reiterei und Fuss- 
volk angriffen. Auch Antipater stellte ihnen dazu unter 
dem Befehl seiner Söhne eine Hilfstruppe, da er sich 
der ihm von Caesar erwiesenen Wohlthaten erinnerte 
und es deshalb für seine Pflicht erachtete, ihn zu rächen 
und seinen Mörder zu züchtigen. Während der Krieg 
sich nun in die Länge zog, kam Murcus von Rom, um 
den Sextus zu ersetzen, und gleichzeitig ward Caesar 
von Brutus und Cassius in der Kurie ermordet, 1 nachdem 
er drei Jahre und sechs Monate die höchste Gewalt 
innegehabt hatte. 

2. Als nun bei dem durch Caesars Ermordung ver- 
ursachten Kriege sich alle bedeutenderen Männer hier- 
hin und dorthin zerstreuten, um Truppen zu werben, 
kam Cassius nach Syrien, um das bei Apamea stehende 
Heer zu übernehmen, hob die Belagerung auf und 
stiftete Frieden zwischen Bassus und Murcus. Dann 
durchzog er die Städte, sammelte Waffen, warb Soldaten 
an, legte den Städten schwere Kriegsabgaben auf und 
drückte insbesondere Judaea durch Eintreiben einer 
Steuer von siebenhundert Talenten Silber. Als Anti- 
pater deswegen alles in Furcht und Bestürzung sah, 
verteilte er die Beitreibung der Abgabe auf seine Söhne, 
auf den ihm wenig freundlich gesinnten Malichus und 


1 15. März 44 v. Chr. 




252 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


auf einige andere Vertraute. Da nun Herodes zuerst 
aus Galilaea seinen Anteil beibrachte, kam er bei Cassius 
in hohe Gunst. Herodes hielt es nämlich für klug, den 
Römern diesen Dienst zu erweisen und sich ihr Wohl- 
wollen auf fremde Kosten zu erringen. In den übrigen 
Städten wurden deren Vorsteher samt den Bewohnern 
gepfändet, und Cassius brachte so vier Städte, von denen 
die mächtigsten Gophna und Emmaus, die übrigen Lydda 
und Thamna waren, in Knechtschaft. Ja, er ging in 
seinem Zorn so weit, dass er den Malichus, gegen den 
er aufgebracht war, getötet haben würde, wenn Hyrkanus 
ihm nicht aus seinen Mitteln durch Antipater hundert 
Talente geschickt und dadurch seinen Groll beschwich- 
tigt hätte. 

3. Cassius aber war kaum aus Judaea wieder ab- 
gezogen, als Malichus dem Antipater nachstellte, weil 
er durch dessen Ermordung die Herrschaft des Hyrkanus 
befestigen zu können glaubte. Dieser Plan blieb jedoch 
Antipater nicht verborgen, und er begab sich, sobald er 
Kunde davon erhalten hatte, über den Jordan und warb 
ein Heer aus Arabern und Einheimischen. Malichus 
leugnete nun in seiner Schlauheit, je an solche Nach- 
stellungen gedacht zu haben, reinigte sich vor Antipater 
und dessen Söhnen durch einen Eid, und erklärte, ein 
derartiger Anschlag sei doch nicht möglich, da Phasael 
Jerusalem besetzt halte und Herodes die Waffen unter 
Aufsicht habe. Als er aber sah, dass er damit nichts 
ausrichtete, versöhnte er sich mit Antipater und einigte 
sich mit ihm. Murcus, der um diese Zeit Praetor in Sy- 
rien war, erkannte indes bald, dass Malichus auf eine 
Umwälzung in Judaea sinne, und hätte ihn töten lassen, 
wenn er nicht durch Antipaters Bitten veranlasst worden: 
wäre, ihm das Leben zu schenken. 

4. Antipater sah aber nicht ein, dass er damit nur 
seinen eigenen Mörder rettete. Cassius und Murcus 
hatten nämlich kaum ihr Heer beisammen, als sie 
Herodes die gesamte Verwaltung übergaben, ihn zum 
Statthalter von Coelesyrien ernannten und ihm eine 



Vierzehntes Buch, 1 1. Kapitel. 


253 


Flotte sowie ein aus Reiterei und Fussvolk bestehendes 
Landheer an vertrauten. Auch versprachen sie, ihn gleich 
nach dem Kriege, der zwischen Antonius und dem 
jungen Caesar (Octavianus) ausgebrochen war, zum Könige 
von Judaea machen zu wollen. Nun geriet Malichus 
erst recht in Furcht vor Antipater und suchte ihn aus 
dem Wege zu räumen. Als sie eines Tages beide bei 
Hyrkanus speisten, bestach Malichus den Mundschenk 
des Hyrkanus, liess den Antipater vergiften und be- 
mächtigte sich mit Hilfe von Bewaffneten, die er bereit 
gehalten, der ganzen Stadt. Herodes und Phasael ent- 
rüsteten sich bei der Nachricht von dem gegen ihren 
Vater verübten Meuchelmord; doch leugnete Malichus 
auf Befragen hartnäckig die That. So kam Antipater 
ums Leben, der sich stets durch Frömmigkeit, Gerechtig- 
keit und Vaterlandsliebe ausgezeichnet hatte. Von 
seinen Söhnen nun beschloss Herodes alsbald, seinen 
Vater zu rächen, und zog mit Heeresmacht gegen Ma- 
lichus zu Felde. Phasael jedoch, der ältere Bruder, 
wollte ihn lieber mit List fangen, um nicht den Vor- 
wurf auf sich zu laden, er habe einen Bürgerkrieg 
heraufbeschworen. Er nahm daher zum Schein des 
Malichus Rechtfertigung an, that, als wenn er an dessen 
Unschuld glaubte, und errichtete seinem Vater ein Grab- 
mal. Unterdessen war Herodes nach Samaria gekommen, 
und da er die Stadt in sehr verwahrlostem Zustande 
antraf, verschönerte er sie und legte die Streitigkeiten 
ihrer Bewohner bei. 

5. Als aber bald darauf in Jerusalem das ^Pfingst-) 
Fest bevorstand, näherte er sich mit seinen Soldaten 
der Stadt. Malichus in seiner Angst riet nun dem Hyr- 
kanus, ihn nicht einzulassen. Hyrkanus willfahrte dem 
Malichus und gab als Vorwand an, er könne, da das 
Volk sich zum Feste reinige, nicht gut eine solche 
Menge von Fremdlingen in die Stadt aufnehmen. 
Herodes aber kümmerte sich nicht um des Hyrkanus 
Boten und rückte bei Nacht in die Stadt ein. Obwohl 
nun Malichus hierüber in grosse Bestürzung geriet, fiel 



254 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


er doch nicht aus der Rolle, sondern jammerte um Anti- 
pater und rief öffentlich aus, dieser sei sein bester Freund 
gewesen. Insgeheim dagegen war er auf seine Sicher- 
heit bedacht. Herodes beschloss nun, seine Heuchelei 
nicht zu entlarven, sondern, um ihm allen Argwohn zu 
benehmen, ihn mit Freundlichkeit zu empfangen. 

6. Inzwischen teilte Herodes dem Cassius brieflich 
mit, dass sein Vater ermordet worden sei. Dieser, der 
des Malichus Charakter genau kannte, schrieb ihm zu- 
rück, er solle seinen Vater rächen, und trug den zu 
Tyrus stehenden Tribunen heimlich auf, Herodes Hilfe 
zu leisten, wenn er Vergeltung üben wolle. Als nun 
Cassius Laodikea eingenommen hatte, und man von 
allen Seiten mit Kränzen und Geld zu ihm hinströmte, 
hoffte Herodes, auch Malichus werde dorthin kommen 
und dann seiner Strafe nicht entgehen. Malichus jedoch, 
der sich bei Tyrus in Phoenicien aufhielt, hatte Ver- 
dacht geschöpft und ersann einen kühnen Streich. Da 
nämlich sein Sohn zu Tyrus als Geisel festgehalten 
wurde, beschloss er, diesen aus der Stadt zu rauben, 
nach Judaea zu eilen und, während Cassius gegen An- 
tonius marschiere, das Volk zum Abfall zu bewegen 
und selbst die Herrschaft an sich zu reissen. Dieser 
Plan aber ward zunichte durch die Fügung Gottes und 
die Klugheit des Herodes, der des Malichus Vorhaben 
merkte und einen Diener in die Stadt sandte, angeblich 
um ein Mahl herzurichten, zu dem er alle seine Freunde 
geladen hatte, in Wirklichkeit aber, um einige Tribunen 
zu veranlassen, dass sie, mit Dolchen bewaffnet, dem 
Malichus entgegengehen möchten. Diese begaben sich 
auch gleich auf den Weg, trafen den Malichus nahe bei 
der Stadt am Meeresufer uod stiessen ihn nieder. Als 
Hyrkanus hiervon Kunde erhielt, entsetzte er sich so, 
dass er kein Wort hervorbringen konnte. Kaum aber 
war er wieder zu sich gekommen, als er bei Herodes 
anfragen liess, wer den Malichus getötet habe. Da man 
ihm nun die Antwort brachte, die That sei auf Befehl 
des Cassius geschehen, billigte er dieselbe und 6agte, 



Vierzehntes Buch, 12. Kapitel. 


255 


Malichus sei ein nichtswürdiger Mensch und ein Feind 
seines Vaterlandes gewesen. Also traf den Malichus für 
die Ermordung Antipaters die gerechte Strafe. 

7. Kaum aber hatte Cassius Syrien verlassen, als in 
Judaea wieder Unruhen ausbrachen. Ein gewisser Helix* 
der in Jerusalem mit einer Heeresabteilung zurück- 
geblieben war, griff Phasael an und veranlasst« dadurch 
eine Erhebung des Volkes. Herodes begab sich darauf 
zu Fabius, dem Kommandanten von Damaskus, von wo 
aus er seinem Bruder zu Hilfe eilen wollte, ward aber 
durch eine Krankheit daran verhindert. Unterdessen 
hatte Phasael den Helix schon überwunden und in einen 
Turm gedrängt, aus dem er ihn nach Abschluss einea 
Vergleiches wieder entliess. Dann aber machte er dem 
Hyrkanus Vorwürfe, weil dieser trotz vieler von Anti- 
paters Familie ihm erwiesener Wohlthaten deren Feinde 
unterstütze. Des Malichus Bruder nämlich hatte eine 
Reihe von Festungen, darunter auch das ausserordentlich 
starke Masada, zum Abfall gebracht und von denselben 
Besitz ergriffen. Als Herodes jedoch bald darauf genesen 
war, zog er gegen ihn zu Felde und vertrieb ihn aus 
allen festen Plätzen, die er an sich gerissen hatte. Als- 
dann aber liess er ihn einer Vereinbarung gemäss frei 
ausgehen. 


Zwölftes Kapitel. 

• 

Herodes vertreibt Antigonus, den Sohn des Aristobulus, 
aus Judaea und erwirbt sich die) Gunst des Antonius. 

[Des Antonius Erlasse an die Tyrier. 

1. Mittlerweile zog Ptolemaeus Mennaei mit Aristo- 
bulus’ Sohn Antigonus, der ein Heer züsammengebracht 
und den Fabius durch Geld sich willfährig gemacht 
hatte, aus verwandtschaftlichen Rücksichten auf Judaea 
los. Dabei leistete ihnen Marion, den Cassius als Allein- 
herrscher in Tyrus zurückgelassen hatte , bereitwillig 
Hilfe. Cassius hatte nämlich das eroberte Syrien der 


Go gle 



256 


Josepbus* Jüdische Altertümer. 


Obhüt einzelner Machthaber anvertraut. Marion fiel 
nun in das ihm zunächst liegende Galilaea ein, eroberte 
drei Festungen und versah dieselben mit Besatzungen. 
Herodes jedoch griff ihn an und nahm ihm alles wieder 
ab, entliess aber die tyrischen Besatzungsmannschaften 
mit grosser Freundlichkeit und gab einigen von ihnen 
wegen seiner Vorliebe für Tyrus sogar Geschenke mit. 
Hierauf zog er dem Antigonus entgegen, schlug ihn und 
trieb ihn von den Grenzen Judaeas, die er schon erreicht 
hatte, wieder zurück. Als er nach Jerusalem zurückkehrte, 
überreichten Hyrkanus und das Volk ihm Kränze als 
Siegespreise. Er war übrigens schon durch Verlobung 
zum Schwiegersohn des Hyrkanus bestimmt und erwies 
diesem um so mehr Aufmerksamkeit, als er auch der 
Gatte einer Tochter von Aristobulus’ Sohn Alexander, 
die mütterlicherseits eine Enkelin des Hyrkanus war und 
ihm später drei Söhne und zwei Töchter schenkte, werden 
sollte. Früher schon hatte er eine Gattin aus niederem 
Stande mit Namen Doris heimgeführt und von ihr seinen 
ältesten Sohn Antipater erhalten. 

2. Unterdessen war Cassius, wie auch anderswoher 
bekannt ist, von Antonius und Caesar bei Philippi be- 
siegt worden, worauf Caesar nach Italien eilte, während 
Antonius sich nach Asien begab. Als der letztere nun 
nach Bitbynien gekommen war, erschienen von allen 
Seiten Gesandte bei ihm, unter anderen auch die Vor- 
nehmsten der Juden, die sich überPhasael und Herodes 
beklagten und darauf hinwiesen, dass Hyrkanus nur 
noch eine Scheinregierung führe, während jene beiden 
in Wirklichkeit alle Macht in Händen hätten. Antonius 
aber schätzte den Herodes sehr hoch, und da dieser zu 
ihm kam, um sich gegen seine Ankläger zu verteidigen, 
hatte er es bald so weit gebracht, dass seine Gegner 
nicht einmal mehr Zutritt zu Antonius erlangten, den 
er durch reiche Geldgeschenke noch mehr für sich ge- 
wonnen hatte. Sobald darauf Antonius nach Ephesus 
gekommen war, schickten der Hohepriester Hyrkanus und 
unser Volk eine Gesandtschaft an ihn, die ihm einen 


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257 


Vierzehntes Buch, 12. Kapitel. 

goldenen Kranz überbvach te und ihn bat, er möge an 
die Vorsteher der Provinzen schreiben, dass sie die von 
Cassius gegen alles Kriegsrecht gefangen genommenen 
Juden freilassen und ihnen das Land, welches ihnen zu 
Cassius’ Zeiten abgenommen worden war, zurückgeben 
sollten. Diese Forderungen der Juden erkannte Anto- 
nius als gerecht an ; er schrieb daher dem Hyrkanus und 
Jen Juden sogleich Antwort und sandte auch an die 
Tyrier eine entsprechende Verordnung. ' Brief und Ver- 
ordnung hatten folgenden Wortlaut: 

3. „Der Imperator Marcus Antonius an den jüdischen 
Hohepriester und Fürsten Hyrkanus. Wenn es dir gut 
geht, 8oll’s mich freuen; ich und mein Heer befinden 
uns ebenfalls wohl. Nachdem eure Gesandten Lysi- 
machu8,Sohn des Pausanias, Josephus, Sohn des Mennaeus, 
und Alexander, Sohn des Theodorus, zu mir nach Ephesus 
gekommen sind und in derselben Eigenschaft, wie früher 
zu Rom, deine Aufträge getreulich ausgerichtet sowie 
Beweise deiner guten Gesinnung erbracht haben, bin ich 
von eurer aufrichtigen Freundschaft sowohl aus ihren 
Worten als auch nach den Thatsachen hinreichend über- 
zeugt und halte es für meine Pflicht, eure Treue und 
Ergebenheit hiermit ausdrücklich anzuerkennen. Weit 
nun eure und des römischen Volkes Feinde ganz Asien 
verwüstet und weder Städte und Tempel verschont, noch 
Eidschwüre gehalten haben, so haben wir, die wir 
nicht nur für unser eigenes Wohl, sondern auch für das 
<ler ganzen Welt kämpfen, sie dafür gebührend gezüch- 
tigt. Begingen sie doch solche Schandthaten gegen ihre 
Mitmenschen und solche Frevel gegen die Götter, dass 
selbst die Sonne sich verhüllte, um den an Caesar be- 
gangenen Mord nicht sehen zu müssen. So haben wir 
auch die himmelschreienden Pläne, zu deren Ausführung 
Macedonien, das für alle Schandthaten geeignete Land, 
sich darbot, zunichte gemacht und die Rotte sinnloser 
Verbrecher, welche sie bei Philippi in Macedonien zu- 
sammengezogen hatten, aufs Haupt geschlagen, obgleich 
sie alle geeigneten und durch das Gebirge wie durch 

Joaephus* Jlidlache Altertümer, II. 17 



258 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


einen Wall bis ans Meer hin geschützten Plätze besetzt 
hatten, sodass nur durch einen einzigen Pass der Zu- 
gang offen stand. Doch die Götter selbst hatten sie um 
ihrer Frevel willen dem Verderben geweiht Brutus, der 
nach Philippi geflohen und dort von uns belagert worden 
war, wurde gleich Cassius vom Untergange ereilt. Nach- 
dem dieselben so ihre verdiente Strafe erlitten haben, 
hoffen wir in Zukunft Frieden zu geniessen und Asien 
sich vom Kriege erholen zu sehen. Den Frieden, den 
Gott uns geschenkt, wollen wir nun auch unseren Bundes- 
genossen verschaffen, sodass infolge unseres Sieges Asien 
gleichsam von einer schweren Krankheit zur Genesung 
gelangt. Da ich nun besonders deiner und deines Volkes 
eingedenk bin, so will ich mir angelegen sein lassen, für 
euer Wohlergehen zu sorgen. Ich habe deshalb den 
einzelnen Städten geschrieben, dass sie alle Freien oder 
Sklaven, die von Cassius oder dessen Heerführern ver- 
kauft worden sind, sogleich in Freiheit zu setzen haben. 
Weiterhin bestätige ich euch alle Zugeständnisse, die ihr 
von meiner und Dol abellas Güte erlangt habt. Den 
Tyriern habe ich verboten, euch zu behelligen; auch 
müssen sie alles, was sie den Juden entrissen haben, 
denselben wieder zustellen. Den mir übersandten Kranz, 
aber nehme ich mit Dank an.“ 

4. „Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat, 
den Senat und'das Volk derTyrier. Nachdem in Ephesus 
die Gesandten des Hohepriesters und Fürsten Hyrkanue 
bei mir Klage darüber geführt haben, dass ihr Landes- 
teile von dessen Gebiet an euch gerissen hättet, während 
unsere Gegner im Besitz der Gewalt waren, so befehle 
ich euch jetzt, weil wir für den rechtmässigen Herrscher 
Krieg geführt und um der Gerechtigkeit und Gottes- 
furcht willen diejenigen gezüchtigt haben, die weder der 
empfangenen Wohlthaten noch ihrer Eidschwüre ge- 
dachten, dass ihr mit unseren Bundesgenossen Frieden 
haltet und alles, was ihr von unseren Feinden bekommen 
habt, als unrechtmässiges Gut den früheren Eigentüm ern 
wieder zustellt. Denn keiner von jenen Menschen hat 


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Vierzehntes Buch, 12. Kapitel. 


259 


jemals eine Provinz oder ein Heer vom Senate erhalten; 
vielmehr haben sie alles nur mit Gewalt an sich gerissen, 
um sich den Genossen ihrer Schandthaten gegenüber 
freigebig beweisen zu können. jNachdem sie nun ihre 
verdiente Strafe erlitten haben, halten wir es für billig, 
dass unseren Bundesgenossen ihr früheres Eigentum in 
ungestörtem Besitze verbleibt, undjjdass ihr alle Landes- 
teile, welche am Tage vor dem ungerechten Angriff des 
Gajus Cassius gegen unsere Provinz [dem jüdischen 
Fürsten Hyrkanus gehörten und die ihr jetzt in Besitz 
habt, demselben zurückgebt, euch auch aller ferneren 
Eingriffe in die Eigentumsrechte der Juden enthaltet. 
Habt ihr etwas hiergegen zu eurer Rechtfertigung vor- 
zubringen, so könnt ihr dies bei unserer nächsten An- 
wesenheit dortselbst thun, da wir beschlossen haben, die 
Rechte aller unserer Bundesgenossen in gleichem Masse 
zu schützen.“ 

5. „Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat, 
den Senat und das Volk derTyrier. Anbei erhaltet ihr 
eine Verordnung, von der ihr eine Abschrift in latei- 
nischer und griechischer Sprache in eurem Archiv nieder- 
zulegen, das Original aber an einer besonders auffallenden 
Stelle anzuheften habt, sodass es von allen gelesen 
werden kann.“ „Der Imperator und Triumvir Marcus 
Antonius erklärt: Weil Gajus Cassius bei dem letzten 
Aufstand eine mit Besatzung versehene fremde Provinz 
geplündert, unsere Bundesgenossen beraubt und das mit 
den Römern befreundete Volk der Juden bekriegt hat, 
so stellen wir, da sein Übermut nunmehr von uns mit 
Waffengewalt bezwungen worden ist, kraft unserer Ver- 
ordnungen und gerichtlichen Urteile alles von ihm Ge- 
raubte unseren Bundesgenossen wieder zu, geben auch 
alles, was zum Schaden der Juden an Menschen oder 
Sachen verkauft worden ist, wieder frei, sodass die 
Menschen ihre Freiheit wiedererlangen, die Sachen aber 
an die früheren Herren zurückfallen. Wer dieser Ver- 
ordnung nicht nachkommt, hat die gesetzliche Strafe 
verwirkt, und es bleibt in den einzelnen Fällen meinem 




260 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Ermessen überlassen, wie hoch der Widersetzliche zu 
bestrafen ist.“ 

6. Eine Abschrift dieser Verordnung erhielten auch 
die Bewohner von Sidon, Antiochia und Aradus. Ich 
glaube derselben hier eine passende Stelle angewiesen 
zu haben, da sie als Bew r eis der Fürsorge dienen kann, 
welche die Römer unserem Volke zu teil werden Hessen . 


Dreizehntes Kapitel. 

Wie Antonius Herodes und Phasael zu Tetrarchen 
ernannte. Wie die Parther in Judaea einfielen und 
Hyrkanus sowie Phasael gefangen nahmen. Herodes’ 
Flucht und Phasaels Ende. 

1. Als nunAntiochus sich später nach Syrien begeben 
wollte, kam ihm in Cilicien Kleopatra entgegen, zu der 
er in Liebe entbrannte. Hier erschienen abermals hundert 
der vornehmsten Juden bei ihm, um Herodes und dessen 
Angehörige zu verklagen; sie hatten zu diesem Zwecke 
die gewandtesten Redner ausgesucht. Ihnen widersprach 
aber namens der Jünglinge Messala in Gegenwart des 
Hyrkanus, der bereits des Herodes Schwiegervater war. 
Nachdem Antonius in Daphne beide Parteien angehört 
hatte, fragte er Hyrkanus, welche von beiden das Volk 
besser zu regieren verstehe. Und als dieser entgegnete, 
Herodes und seine Verwandten, ernannte Antonius, der 
auch schon früher den letzteren aus Anlass der gast- 
lichen Aufnahme, welche er und Gabinius bei ihrem 
Vater gefunden, sehr zugethan war, die beiden Brüder 
zu Tetrarchen 1 , übertrug ihnen in verbriefter Form die 
Verwaltung von Judaea und liess fünfzehn von ihren 
Gegnern einkerkern, die auch hingerichtet worden wären, 


1 Tetrarch, ursprünglich Bezeichnung für den Beherrscher des 
vierten Teiles eines Landes, bezeichnete damals nur noch Toilherrscher 
überhaupt. 


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Vierzehntes Buch, 15. Kapitel. 


261 


wenn Herodes sich nicht für sie ins Mittel gelegt 
hätte. 

2. Gleichwohl beruhigten sich die Juden nach der 
Heimkehr der Gesandten nicht. Vielmehr zogen nun 
abermals tausend Juden zu Antonius nach Tyrus, wohin 
er, wie es hiess, kommen sollte. Antonius aber, der von 
Herodes und dessen Bruder mit grossen Geldsummen 
bestochen war, erteilte dem Vorsteher von Tyrus den 
Befehl, die jüdischen Abgeordneten, die nur auf Um- 
wälzungen bedacht seien, hinrichten zu lassen und des 
Herodes Herrschaft zu unterstüzen. Als die Abgesandten 
nun auf einem freien Platze vor der Stadt sich ver- 
sammelt hatten, ermahnte sie Herodes, der mit Äyrkanus 
ihnen vorausgeeilt war, sie sollten sich entfernen, da es 
ihnen übel ergehen würde, wenn sie es auf einen Streit 
ankommen lassen wollten. Die Abgesandten aber machten 
keine Miene, diesem Rate zu folgen, weshalb die Römer 
sie sogleich mit gezückten Schwertern angriffen und einen 
Teil von ihnen niedermachten oder verwundeten, sodass 
die übrigen nach Hause flohen und sich hier ruhig ver- 
hielten. Beim Volke aber erhob sich darauf ein solches 
Murren gegen Herodes, dass Antonius aus Zorn darüber 
die Gefangenen töten liess. 

3. Im folgenden Jahre fielen Pakorus, der Sohn des 
Partherkönigs, und der parthische Satrap Barzapharnes 
in Syrien ein. Um diese Zeit nämlich starb Ptolemaeus 
Mennaei, und sein Sohn Lysanias schloss nach der 
Thronbesteigung sogleich Freundschaft mit Antigonus, 
dem Sohne des Aristobulus, wobei er sich der Hilfe 
jenes Satrapen bediente, der bei Antigonus grossen Ein- 
fluss besass. Antigonus versprach nun den Parthern 
tausend Talente und fünfhundert Weiber, wenn sie ihn 
an Stelle des Hyrkanus auf den Thron setzen und den 
Herodes samt dessen Angehörigen umbringen wollten. 
Dieses Versprechen hielt er jedoch nicht; gleichwohl 
drangen dieParther auf diese Veranlassung hin in Judaea 
ein, um dem Antigonus die Herrschaft zu erobern, und 
zwar Pakorus von der Küste, der Satrap Barzapharnes 


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262 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


aber vom Binnen lande her. Von Tyrus wurde Pakorus 
abgewiesen, während Sidon und Ptolemais ihn aufnahmen. 
Darauf sandte er eine Reiterschar nach Judaea, um das 
Land unter|Führung des mit dem Könige, gleichnamigen 
königlichen Mundschenken auszukundschaften. Als nun 
die am Karmel wohnenden Juden sich |an Antigonus 
anschlossen, der mit der Reiterschar gezogen war, und 
sich bereit zeigten, {mit (ihm auszurücken, hoffte er mit 
ihrer Hilfe einen Platz nehmen zu können, der Drymos 
genannt Jwurde. Weil sie aber hier auf Widerstand 
stiessen, wandten sie sich heimlich nach Jerusalem und 
fanden unterwegs noch Zuwachs, und da sie jnun eine 
ansehnliche Truppe bildeten, zogen sie vor die Königs- 
burg und belagerten dieselbe. Herodes und Phasael aber 
eilten sogleich zu Hilfe, und es entwickelte sich auf dem 
Markte eine förmliche Schlacht, in welcher des Herodes 
jugendliche Streiter die Feinde schlugen, sie tfn den 
Tempel drängten und die benachbarten Häuser mit Be- 
waffneten besetzten, um sie zu verteidigen. Gegen diese 
aber ging nun das Volk vor und verbrannte sie samt 
den Häusern , ohne dass sie Hilfe erhalten hätten. 
Herodes jedoch nahm für diese Schmach |bald Rache, 
indem er seine Gegner in förmlicher Schlacht angriff 
und eine Menge von ihnen tötete. 

4. Während der nun täglich zwischen den ^beiden 
Parteien vorfallenden Scharmützel erwarteten die Feinde 
die Menge der £zum Fest Pentekoste in die Stadt 
strömenden Landbewohner. * Als der Festtag anbrach, 
versammelten sich um den Tempel viele tausend Mann, 
teils bewaffnet, teils unbewaffnet. Diese hatten Tempel 
und Stadt in ihrer Gewalt mit Ausnahme ider Königs- 
burg, weiche Herodes mit geringen Streitkräften ver- 
teidigte. Während nun Phasael die [Mauer bewachte, 
machte Herodes mit einer Abteilung seiner Krieger durch 
die Vorstadt einen Ausfall gegen die Feinde und stritt 
so tapfer, dass er sie zu tausenden in die Flucht schlug 
und, von Phasael unterstützt, die einen in die Stadt, die 
anderen in den Tempel , noch andere in die äussere 


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Vierzehntes Buch, 13. Kapitel. 


268 


TJmwallung drängte. Inzwischen war der parthische 
Heerführer Pakorus auf Antigonus* Ersuchen' mit einer 
Anzahl Soldaten in die Stadt gekommen, angeblich um 
<len Aufstand zu dämpfen, in Wahrheit aber, um dem 
Antigonus auf den Thron zu helfen. Phasael ging ihm 
entgegen und bot ihm Gastfreundschaft an, worauf 
Pakorus ihm riet, selbst als Gesandter zu Barzapharnes 
zu gehen; doch hatte er dabei nichts Gutes im Sinne. 
Phasael aber merkte die List nicht und war zu dem 
Gange bereit. Herodes dagegen, der die Treulosigkeit 
der Barbaren kannte, versagte seine Einwilligung dazu 
und forderte seinen Bruder auf, gegen Pakorus und dessen 
Begleiter mit Strenge einzuschreiten. 

6. Trotzdem gingen Hyrkanus und Phasael als Gesandt- 
schaft ab, und Pakorus, der bei Herodes zweihundert Heiter 
und zehn sogenannte Eleutheren (Freie) zurückgelassen 
hatte, gab ihnen das Geleit. Als sie nach Galilaea ge- 
kommen waren, zogen ihnen die Kommandanten der 
dortigen Städte mit Bewaffneten entgegen. Barzapharnes 
selbst nahm sie zunächst freundlich auf und brachte 
ihnen Geschenke, bereitete aber in der Stille einen An- 
schlag gegen sie vor. Phasael hatte mit seiner Reiter- 
schar in der Nähe des Meeres Quartier genommen. Als 
sie nun hier hörten, Antigonus habe den Parthern 
tausend Talente und fünfhundert Weiber versprochen, 
um sie zu verderben, fingen sie an, Verdacht gegen die 
Barbaren zu hegen. Vermehrt wurde ihre Sorge noch, 
als ihnen gemeldet wurde, man wolle sie in der Nacht 
überfallen und bewache sie deswegen schon insgeheim. 
Es wäre auch wirklich um sie geschehen gewesen, wenn 
man nicht hätte warten wollen, bis die in Jerusalem be- 
findlichen Parther den Herodes gefangen genommen 
hätten, weil dieser sonst bei der Nachricht von der Er- 
mordung seines Bruders und der Begleiter desselben sich 
durch Flucht gerettet haben würde. So lag die Sache, 
und Phasael sah sogar die, welche ihn bewachten, mit 
eigenen Augen. Einige rieten ihm daher, nicht mehr 
zu zögern , sondern eiligst zu Pferde davonzujagen ; 



264 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


besonders aber Ophellius, der von Saramallas, dem be- 
gütertsten Manne im damaligen Syrien, den Anschlag 
erfahren hatte, gab ihm diesen Rat und versprach ihm, 
Schiffe in Bereitschaft zu halten , da das Meer nicht 
weit entfernt war. Phasael aber wollte den Hyrkanus 
nicht im Stich lassen und auch seinem Bruder keine 
Gefahr bereiten, sondern ging geradeswegs zu Barza- 
pharnes und stellte ihm vor, wie unrecht er handle, da 
er ihnen also nachstelle. Wenn der Satrap Geld be- 
dürfe, könne er ihm mehr geben, als Antigonus zu bieten 
vermöge, und es sei doch eine frevelhafte That, schuld- 
lose Gesandte zu morden, die im Vertrauen auf seine 
Treue zu ihm gekommen seien. Darauf aber entgegnete 
ihm Barzapharnes, er wolle ihm eidlich versichern, das» 
daran nichts Wahres sei; vielmehr quäle Phasael sich 
mit einem falschen Verdachte. Nach dieser Beteuerung 
begab er sich zu Pakorus. 

6. Sobald er fort war, fesselten einige Parther den 
Hyrkanue und den Phasael, welche ihrerseits die Parther 
wegen ihres hinterlistigen Benehmens mit Schmähungen 
überschütteten. Der Mundschenk nun, der zu Herode» 
geschickt worden war, hatte den Auftrag, den letzteren 
aus der Stadt zu locken und festzunehmen. Da Phasael 
aber Boten geschickt hatte, um ihm von der Treulosig- 
keit der Parther Kunde zu geben , und diese von den 
Feinden aufgefangen wurden, wandte sich Herodes an 
Pakorus und die parthischen Grossen als an die Gebieter 
der übrigen. Obwohl diese nun von dem Vorfall unter- 
richtet waren, leugneten sie doch mit der grössten Bos- 
heit und sagten, er brauche nur mit ihnen bis vor die 
Stadt den Boten entgegenzugehen. Denn diese seien 
gar nicht von ihren Feinden abgefangen worden, sondern 
würden bald da sein , um zu melden , was Phasael er- 
reicht habe. Diesen Ausflüchten aber schenkte Herodes 
keinen Glauben, zumal er schon von anderer Seite die 
Gefangennahme seines Bruders erfahren hatte. Da 
ihn nun auch die Tochter des Hyrkanus, seine zu- 
künftige Schwiegermutter, warnte, nahm er sich noch 



Vierzehntes Buch, 13. Kapitel. 


265 


mehr vor den Parthern in acht, und obwohl die anderen 
nicht viel auf die Heden der Frau gaben, so schenkte 
er ihr doch vollen Glauben, weil er sie für verständig 
hielt. 

7. AVährend nun dieParther, die sich scheuten, einen 
solchen Mann offen anzugreifen, beratschlagten, was zu 
thun sei, und die Ausführung ihres Planes auf den 
folgenden Tag verschoben, beschloss Herodes, der sich 
in einer üblen Lage befand und den Nachrichten über 
die Gefangennahme seines Bruders und die Nach- 
stellungen der Parther mehr glaubte als den gegen- 
teiligen Versicherungen, bei Anbruch der Nacht zu 
fliehen und nicht mehr zu zögern, als wenn die ihm 
von seinen Feinden drohende Gefahr noch zweifelhaft 
sein könnte. Er sammelte daher alle Soldaten, die er 
noch hatte, liess seine Weiber, seine Mutter, seine 
Schwester, ferner die Tochter von Aristobulus’ Sohn 
Alexander, die seine Gattin werden sollte, deren Mutter, - 
die Tochter des Hyrkanus, seinen jüngsten Bruder sowie 
die ganze Dienerschaft und alles übrige Gesinde auf 
Reittiere setzen und machte sich, unbemerkt von den 
Feinden, auf den Weg nach Idumaea. Es gab aber 
wohl niemand, der, wenn er zugegen gewesen wäre, kein 
Mitleid gefühlt hätte, als die Frauen ihre kleinen Kinder 
an sich drückten und unter Weinen und Schluchzen ihr 
Vaterland und ihre gefangenen Verwandten verliessen, 
um einer ungewissen Zukunft entgegenzugehen. 

8. Herodes jedoch, der sich bald über sein Unglück 
hinwegsetzte, bewies sich nicht nur selbst der drohenden 
Gefahr gegenüber starkmütig, sondern ermahnte auch 
unterwegs jeden einzelnen, unverzagt zu sein und sich 
vom Gram nicht überwältigen zu lassen; denn das sei 
ihnen auf der Flucht, in der allein ihr Heil beruhe, 
doch nur hinderlich. Auf dieses Zureden des Herodes 
hin versuchten auch alle, dem Unglück standzuhalten. 
Beinahe aber hätte er, als ein Maultier ausglitt und 
seine Mutter in Lebensgefahr geriet, sich selbst ums 
Leben gebracht, einesteils aus übergrosser Angst um 



266 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


seine Mutter, dann aber auch, weil er besorgte, dass 
bei dem dadurch verursachten Aufenthalt die Feinde 
ihn einholen würden. Er hatte schon sein Schwert ge- 
zückt und wollte sich mit demselben durchbohren, als 
die Umstehenden ihn daran hinderten und ihm vor- 
stellten, er dürfe sie doch nicht den Händen der Feinde 
überantworten. Das sei kein Benehmen eines wahrhaft 
tapferen Mannes, sich selbst der Gefahr zu entziehen 
und seine Freunde in derselben zu lassen. So wurde er 
teils durch diese Vorstellungen, teils durch die Menge 
derer, die sein Vorhaben verhinderten, genötigt, vom 
Selbstmorde abzustehen, und da seine Mutter unterdessen 
wieder zu sich gekommen und, so gut es bei ihrer be- 
denklichen Lage geschehen konnte, erquickt war, setzte 
er den eingeschlagenen Weg fort und eilte auf die 
Festung Masada zu. Freilich war er oft genötigt, gegen 
einzelne Abteilungen der Parther, die ihn verfolgten 
und angriffen, Front zu machen, wobei er indes stets 
siegreich blieb. 

9. Aber vor den Juden selbst war er auf seiner 
Flucht nicht einmal sicher, da dieselben ihn sechzig 
Stadien von der Stadt entfernt angriffen. Trotz seiner 
bedrängten und verzweifelten Lage jedoch schlug er sie 
in die Flucht, gerade als wenn er wohlgerüstet und mit 
starker Truppenmacht ins Feld gezogen wäre. Später, 
als er König geworden war, baute er an derselben Stelle, 
wo er die Juden geschlagen hatte, einen prachtvollen 
Palast und gründete eine Stadt dabei, welche er Hero- 
dias nannte. Als er nun bis zur idumaeischen Stadt 
Thresa gelangt war, kam ihm sein Bruder Joseph ent- 
gegen , um mit ihm zu überlegen , was zu thun sei. 
Denn Herodes hatte ausser den Söldnern noch eine 
grosse Schar im Gefolge, wogegen die Festung Masada, 
die ihnen Aufnahme gewähren sollte, viel zu klein war. 
Herodes aber wusste sich zu helfen. Er entliess näm- 
lich den grössten Teil feiner Leute, über neuntausend 
Mann, mit Proviant und der Weisung, sich in Idumaea 
zu zerstreuen und zu sehen, wie sie zurecht kämen. 


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Vierzehntes Buch, 13. Kapitel. 


267 


Dann nahm er die rüstigsten und vertrautesten seiner 
Krieger mit sich in die Festung, liess hier, wo Getreide, 
Wasser und alle übrigen Lebensmittel reichlich vorhanden 
waren, die Weiber und deren Begleitung, im ganzen 
gegen achthundert Personen, zurück und brach selbst nach 
Petra in Arabien auf. Unterdessen hatten die Parther 
bei Tagesanbruch in Jerusalem alles geplündert, auch 
die Königsburg, und nur des Hyrkanus Schatz, der sich 
auf dreihundert Talente belief, unberührt gelassen. Von 
des Herodes Besitztum war ihnen indes manches ent- 
gangen, besonders da er aus Vorsicht schon früher 
vieles nach Idumaea hatte schaffen lassen. Doch ge- 
nügte den Parthern Jerusalem allein zur Plünderung 
noch nicht, sondern sie zogen auch in der Umgegend 
umher, hausten hier schrecklich und zerstörten die 
mächtige Stadt Marissa. 

10. Als Antigonus auf diese Weise durch den 
Partherkönig zur Herrschaft von Judaea gelangt war, 
wurden ihm Hyrkanus und Phasael gefangen aus- 
geliefert. Nun war er aber in grosser Besorgnis, weil 
die Frauen entflohen waren, die er zugleich mit dem 
Gelde den Feinden zu übergeben versprochen hatte. 
Und da er weiterhin fürchtete, das Volk möchte den 
Hyrkanus, der von den Parthern bewacht wurde, wieder 
auf den Thron setzen wollen, liess er diesem die Ohren 
abschneiden, damit er als Verstümmelter die hohe- 
priesterliche Würde nicht mehr bekleiden könne, zu der 
das Gesetz nur Fehlerfreie zulässt. Phasael seinerseits 
bewies einen bewunderungswürdigen Heldenmut, da er 
bei der Nachricht, dass er hingerichtet werden solle, vor 
dem Tode nicht die geringste Furcht zeigte, sondern es 
nur für schimpflich und beklagenswert hielt, dass er 
von seinen Feinden so ums Leben gebracht werde. Weil 
er nun der Fesseln wegen nicht selbst Hand an sich 
legen konnte, zerschmetterte er sich den Kopf an einem 
Felsblock und brachte sich auf diese in seiner ver- 
zweifelten Lage ehrenvollste Art ums Leben, da er den 
Feinden die Möglichkeit benahm, ihn nach ihrem Be- 



268 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


lieben zu töten. Man sagt, als er mit der schweren 
Wunde dagelegen, habe Antigonus unter dem Schein, 
ihn heilen lassen zu wollen, Ärzte geschickt, die ihn 
mit Gift vollends aus dem Leben geschafft hätten. Ehe 
aber Phasael seinen Geist aufgab, hörte er von einem 
Weibe, dass sein Bruder Herodes den Feinden ent- 
schlüpft sei, und ging nun um so mutiger dem Tode 
entgegen, weil er den Rächer zurückliess, der die Macht 
besass, seine Feinde zu züchtigen. 


Vierzehntes Kapitel. 

Wie Herodes von Aegypten und von da nach Rom floh, 
und wie er vom Senate und dem Caesar zum König 

ernannt wurde. 

1. Herodes liess sich durch die Grösse der ihn um- 
gebenden Gefahren nicht einschüchtern, sondern war nur 
desto entschlossener, alles zu wagen. Zunächst begab er 
sich zu dem arabischen Könige Malchus, dem er früher 
viele Dienste geleistet hatte, und hoffte jetzt als Gegen- 
leistung von ihm Geld entweder leihweise oder als Ge- 
schenk zu erhalten, zumal da er ihn früher damit reich- 
lich unterstützt hatte. Weil er nun von dem Schicksal 
seines Bruders noch keine Kenntnis hatte, wollte er 
denselben eiligst aus den Händen der Feinde befreien, 
selbst wenn er ein Lösegeld bis zu dreihundert Talenten 
für ihn zahlen müsse. Zu diesem Zweck nahm er den 
siebenjährigen Sohn Phasaels mit, den er den Arabern 
als Pfand lassen wollte. Unterwegs jedoch begegneten 
ihm Boten, durch welche Malchus ihn auffordern liess, 
heimzukehren, weil dieParther ihm verboten hätten, den 
Herodes aufzunehmen. Das gebrauchte er indes nur als 
Vorwand, teils ' weil er nicht gesonnen war, seine Schuld 
abzutragen , teils weil die vornehmen Araber ihn auf- 
hetzten, da sie das von Antipater ihnen anvertraute Gut 
unterschlagen wollten. Herodes antwortete darauf, er 



Vierzehntes Buch, 14. Kapitel. 


269 


sei nicht gekommen, um ihnen in irgend einer Hin- 
sicht lästig zu fallen, sondern nur, um sich mit dem 
Könige über einige dringende Angelegenheiten zu be- 
sprechen. 

2. Trotzdem schien es ihm geraten, umzukehren, und 
er wandte sich nun mit schlauer Überlegung nach 
Aegypten, kehrte aber zunächst in einem Tempel ein, wo 
er viele seiner Begleiter zurückgelassen hatte. Am 
folgenden Tage kam er nach Rhinokorura und erfuhr 
hier den Tod seines Bruders. Unterdessen war Malchus, 
den sein Benehmen reute, dem Herodes nachgeeilt, 
konnte aber nichts mehr ausrichten, weil dieser sich schon 
weit auf dem Wege nach Pelusium befand. Als nun 
Herodes in dieser Stadt an langte und keines der dort 
liegenden Schiffe ihn nach Alexandria bringen wollte, 
ging er die Stadtvorsteher an, die ihn mit aller Ehrfurcht 
und Aufmerksamkeit in die Stadt geleiteten, wo Kleo- 
patra ihn aufnahm. Doch konnte die letztere ihn nicht 
bereden, länger zu bleiben, weil er nach Rom eilen 
wollte, der Winter aber schon vor der Thür stand und 
aus Italien grosse Unruhen gemeldet wurden. 

3. Er fuhr deshalb von Alexandria in der Richtung 
nach Pamphylien ab, geriet aber in einen heftigen See- 
sturm und kam nach Verlust seines Gepäckes mit Mühe 
und Not in Rhodus an, wo zwei seiner Freunde, Sappinas 
und Ptolemaeus, ihn aufnahmen. Da er nun die Stadt 
infolge des Krieges gegen Cassius in einem traurigen 
Zustande antraf, beschloss er, obgleich selbst hilflos, sie 
zu unterstützen, und trug über seine Kräfte zu ihrer 
Erneuerung bei. Alsdann liess er einen Dreiruderer 
ausrüsten, fuhr mit seinen Freunden nach Italien und 
landete in Brundusium. Von hier reiste er nach Rom 
und teilte dem Antonius mit, was sich in Judaea er- 
eignet hatte, wie sein Bruder Phasael von den Parthern 
gefangen und umgebracht worden sei und dass Hyrkanus 
noch von ihnen gefangen gehalten werde, weiterhin wie 
die Parther den Antigonus, der ihnen tausend Talente 
und fünfhundert Weiber aus den edelsten Geschlechtern 



270 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


versprochen, als König eingesetzt hätten, wie er selbst 
aber die Frauen bei Nacht davongeführt habe und nach 
harten Drangsalen den Händen seiner Feinde entschlüpft 
sei. Dann berichtete er, wie die Seinigen infolge der Be- 
lagerung in grosser Gefahr schwebten, und wie er durch 
Meeresstürme und viele andere Leiden zu Antonius ge- 
eilt sei, auf den er alle seine Hoffnung gesetzt habe und 
von dem allein er Hilfe erwarte. 

4. Antonius bemitleidete den Herodes in seiner 
traurigen Lage, und da er bei sich erwog, dass auch 
die Machthaber dem Schicksal unterworfen seien, liess 
er teils aus Rücksicht auf Antipater, dessen Gastfreund- 
schaft er genossen hatte, teils durch das Versprechen 
einer Geldsumme, die Herodes ihm für den Fall seiner 
Ernennung zum Könige, wie er das auch früher für 
seine Ernennung zum Tetrarchen gethan hatte, in Aus- 
sicht stellte, ganz besonders aber aus Hass gegen Anti- 
gonus, den er für aufrührerisch und den Römern feind- 
lich gesinnt hielt, sich herbei , des Herodes ehrgeizige 
Pläne zu unterstützen. Was nun den Caesar anging, 
so war dieser teils wegen der Waffenbrüderschaft, in der 
Antipater während des aegyptischen Krieges zu seinem 
Vater gestanden, und wegen dessen Gastfreundlichkeit 
und Gefälligkeit, teils auch aus Rücksicht auf Antonius, 
der dem Herodes sehr zugethan war, gern bereit, ihm 
zu der erstrebten Würde zu verhelfen und die Wünsche 
des Bittstellers zu fördern. Nachdem daher der Senat 
sich versammelt hatte, wiesen Messala und nach ihm 
Atratinus, die den Herodes eingeführt hatten, auf die 
Dienstleistungen seines Vaters hin, erwähnten dann seine 
eigene Ergebenheit gegen die Römer und klagten den 
Antigonus an, den sie für einen Feind erklärten, nicht 
bloss seiner früheren Vergehen wegen, sondern auch, weil 
er sich von den Parthern in die Herrschaft habe ein- 
setzen lassen, ohne sich um die Römer zu kümmern. 
Als der Senat hierüber in Bewegung geriet, erhob sich 
sogleich Antonius und wies nach, dass es für den 
Parthischen Krieg nur von Vorteil sein könne, wenn 


Go gle 



Vierzehntes Buch, 14 . Kapitel. 271 

Herodes König werde. Dieser Antrag fand allgemeine 
Zustimmung und wurde zura Beschluss erhoben. 

5. So bewies Antonius gegen Herodes den denkbar 
grössten Diensteifer, da er es nicht nur durchsetzte, dass 
ihm die Königswürde zuerkannt wurde, sondern es ihm 
auch bereits in sieben Tagen ermöglichte, Italien im 
Besitze seines unverhofften Glückes verlassen zu können. 
Die Königswürde aber hatte Herodes zunächst nicht für 
sich erbitten wollen, weil er darauf bei den Römern, 
welche dieselbe nur an Personen von königlicher Ab- 
stammung zu vergeben pflegten, nicht rechnen zu dürfen 
glaubte, sondern er hatte sie seinem Schwager, der vom 
Vater her des Aristobulus, von der Mutter her des 
Hyrkanus Enkel war, zugedacht. Diesen Jüngling Hess 
Herodes später umbringen, wie ich an geeigneter Stelle 
noch mitteilen werde. Als nun die Senatssitzung zu 
Ende war, nahmen Antonius und der Caesar den Herodes 
in die Mitte und führten ihn unter Begleitung der Kon- 
suln und der gesamten Obrigkeit zum Kapitol, um zu 
opfern und den Beschluss dort niederzulegen. Am 
ersten Tage seiner neuen Würde genoss Herodes die 
Gastfreundschaft des Antonius. Er trat die Königs- 
herrschaft an in der hundertvierundachtzigsten Olympiade, 
unter dem zweiten Konsulate desJGajus Domitius|Calvinus 
und dem ersten des Gajus Asinius Pollio. 

6. Während dieser ganzen Zeit belagerte Antigonus 
die Besatzung von Masada,' und obwohl dieselbe an 
sonstigen Lebensmitteln Überfluss hatte, litt sie doch an 
erheblichem Wassermangel. 'Aus diesem Grunde be- 
schloss Joseph, der Bruder des Herodes, mit zweihundert 
seiner Leute zu den Arabern zu fliehen, zumal er ver- 
nommen hatte, dass Malchus sein Benehmen gegen Herodes 
bereue. Gott aber hielt ihn von dieser Flucht ab, in- 
dem er über Nacht Regen fallen liess. Nachdem nun 
die Cisternen wieder mit Wasser gefüllt waren, dachten 
die Belagerten nicht mehr an Flucht, fassten vielmehr 
wieder Mut und waren um so freudiger bewegt, als der 
Überfluss an dem, was sie vermisst hatten, ihnen durch. 



272 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


Gottes offenbare Fürsorge zu teil geworden war. Hierauf 
machten sie häufige Ausfälle, griffen die Truppen des 
Antigonus bald offen , bald heimlich an und machten 
viele von ihnen nieder. Unterdessen war der römische 
Heerführer Ventidius, der den Auftrag hatte, die Parther 
aus Syrien zu verdrängen, bei deren Verfolgung nach 
Judaea gekommen, angeblich um dem Joseph Hilfe zu 
bringen, in Wirklichkeit aber, um von Antigonus Geld 
zu erpressen. Als er nun in der Nähe von Jerusalem 
sich lagerte, erhielt er von Antigonus eine grosse Geld- 
summe, worauf er mit dem grösseren Teile seiner Truppen 
abzog. Damit jedoch seine Handlungsweise ihm nicht 
schlecht ausgelegt werde, liess er den Silo mit einer Ab- 
teilung Soldaten zurück. Zu diesem unterhielt Anti- 
gonus gute Beziehungen, damit er ihm keinen Schaden 
zufüge, wenn, wie er hoffte, die Parther ihm wiederum 
zu Hilfe kommen würden. 


Fünfzehntes Kapitel. 

Wie Herodes aus Italien nach Judaea zurückkehrte und 
gegen Antigonus kämpfte. Was weiterhin um diese Zeit 

in Judaea vorfiel. 

1. Als Herodes von Italien abgefahren und nach 
Ptolemai's gekommen war, sammelte er eine nicht un- 
bedeutende Truppenmacht, die teils aus Söldnern, teils 
aus Juden zusammengesetzt war, und zog in Eilmärschen 
durch Galilaea dem Antigonus entgegen, wobei Silo und 
Ventidius, die von Dellius, dem Abgesandten des An- 
tonius, den Befehl erhalten hatten, Herodes wieder in 
sein Reich einzuführen, sich ihm anschlossen. Ventidius 
war gerade im Begriff, die in den einzelnen Städten 
durch die Parther hervorgerufenen Aufstände nieder- 
zuwerfen, während Silo, den Antigonus bestochen hatte, 
in Judaea verweilte. Je weiter Herodes vorrückte, desto 
mehr wuchs seine Macht, und mit wenigen Ausnahmen 




Vierzehntes Buch, 15. Kapitel. 


273 


stand bald ganz Galilaea auf seiner Seite. Zunächst 
zog er nun nach Masada, weil er den dort Belagerten 
als seinen Verwandten Hilfe bringen wollte. Hierbei 
war ihm aber Joppe im Wege, das er, weil es sich ihm 
feindselig bewies, zuerst nehmen musste, um bei seinem 
Angriff gegen Jerusalem keine feindliche Festung im 
Rücken zu haben. Da nun auch Silo diese Gelegenheit 
benutzte, um sich von Antigonus loszusagen, und die 
Juden ihn verfolgten, zog Herodes mit einer kleinen 
Mannschaft heran, schlug die Juden in die Flucht und 
rettete den hart bedrängten Silo. Dann nahm er Joppe 
ein und eilte, die Seinigen in Masada zu entsetzen. Von 
den Juden schlossen sich jetzt die einen wegen ihrer 
früheren Zuneigung zu seinem Vater, die anderen um 
seines Ruhmes willen, noch andere aus Dankbarkeit für 
die von beiden empfangenen Wohlthaten, die meisten 
aber deswegen an ihn an, weil sie auf ihn als den 
künftigen König ihre Hoffnung setzten. 

2. Auf diese Weise hatte er bald eine stattliche 
Truppenmacht beisammen. Als er nun Jmit derselben 
seinen Vormarsch antrat, versah Antigonus alle ihm im 
Wege liegenden geeigneten Plätze mit Besatzungen und 
Hinterhalten, konnte aber seinen Feinden damit keinen 
sonderlichen Schaden thun. Herodes befreite vielmehr 
in kurzem Ansturm die Seinigen aus Masada, nahm die 
Festung Thresa und wandte sich dann nach Jerusalem, 
gefolgt von Silos Truppen und vielen Jerusalemern, 
welche die Furcht vor seiner Macht zu ihm trieb. Als 
er nun an der Westseite der Stadt sein Lager auf- 
geschlagen hatte, schossen die daselbst aufgestellten 
Wachen mit Pfeilen und Spiessen, und einige Ab- 
teilungen rückten sogar aus und griffen seine Vorhut 
an. Herodes liess darauf rings um die Stadtmauer be- 
kannt machen, er sei zum Heile des Volkes und der 
Stadt gekommen und wolle nicht einmal seinen erklärten 
Feinden etwas zuleide thun , sondern selbst seinen er- 
bittertsten Gegnern Vergessenheit für alle wider ihn be- 
gangenen Verfehlungen zusichern. Auf diese Verkündigung 

Josepbus’ Jüdische Altertümer, II. 18 


274 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


hin liess Antigonus Silo und der römischen Abteilung 
zurufen, sie würden wenig gerecht handeln, wenn sie die 
Herrschaft an Herodes gelangen Hessen, der ein Privat- 
mann und alsldumäer nur ein halber Jude sei, während 
die Königswürde nach den Bräuchen des Landes nur 
Männern aus königlichem Geschlecht zufallen dürfe. 
Wenn sie auch ihm selbst jetzt zürnten und ihn des 
Thrones entsetzen wollten, weil er diesen den Parthern 
verdanke, so gebe es doch noch viele Männer seines 
Geschlechtes, die ein Anrecht auf die Königswürde 
hätten , weil sie sich niemals etwas gegen die Römer 
hätten zu schulden kommen lassen und auch dem 
Priesterstande angehörten, und die deshalb nicht über- 
gangen werden dürften. Während dieser beiderseitigen 
Reden, die bald in Schmähungen ausarteten , befahl 
Antigonus den Seinen, die Feinde von der Mauer weg- 
zutreiben. Diese aber schossen mit solchem Eifer und 
Erfolg, dass sie ihre Gegner mit leichter Mühe von den 
Türmen zurückjagten. 

3. Nun aber zeigte Silo ganz offen, dass er mit 
Geld bestochen war. Er reizte nämlich eine Anzahl 
seiner Soldaten auf, über Mangel an Lebensmitteln zu 
klagen und Geld zu ihrem Unterhalt sowie Winter- 
quartiere zu verlangen, weil von Antigonus’ Kriegern 
alles rings umher verwüstet und geplündert sei. So 
brachte er das ganze Heer in Aufruhr und veranlasste 
sogar hier und da Desertion. Herodes aber hielt Silos 
Anführer und Soldaten auf und stellte ihnen vor, dass 
sie ihn nicht im Stiche lassen dürften, weil er vom 
Caesar sowie von Antonius und dem Senate geschickt 
sei. Für ihren Unterhalt werde er schon sorgen und 
ihnen mit Leichtigkeit alle geforderten Lebensmittel 
liefern. Und sogleich zog er in die Umgegend und be- 
nahm dem Silo jeden Grund, sich zu entfernen, da er 
eine solche Menge Lebensmittel mitbrachte, wie niemand 
sie erwartet hätte. Ausserdem trug er seinen Freunden 
zu Samaria auf, Getreide, Wein, Öl, Vieh und alle 
sonstigen Lebensmittel nach Jerusalem zu bringen, damit 



Vierzehntes Buch, 1 5. Kapitel. 


275 


seine Soldaten keinen Mangel mehr zu leiden brauchten, 
Das kam jedoch zur Kenntnis des Antigonus, der nun 
alsbald Abteilungen von Bewaffneten in die Umgegend 
schickte, um die Getreidekarawanen anzugreifen und 
abzufangen. Diese vollzogen seine Befehle, boten bei 
Jericho noch eine weitere Menge von Bewaffneten auf 
und lagerten sich im Gebirge, um die Karawanen zu 
erwarten. Unterdessen blieb aber Herodes auch nicht 
müssig, sondern zog mit zehn halb aus Römern, halb 
aus Juden bestehenden Kohorten, einer Anzahl Söldner 
und einiger Reiterei nach Jericho. Er traf die Stadt 
verlassen an , und nur in der Burg befanden sich fünf- 
hundert Mann, welche sich mit Weib und Kind hier 
festgesetzt hatten. Diese liess Herodes frei; die Römer 
aber durchzogen die Stadt, um sie zu plündern, und 
fanden die Häuser mit Kostbarkeiten aller Art gefüllt. 
Hierauf legte der König eine Besatzung in die Stadt, 
kehrte um und wies dem römischen Heere in Idumaea, 
Galilaea und Samaria Winterquartiere an. Dennoch 
erreichte es Antigonus bei Silo durch Geld, dass er einen 
Teil des römischen Heeres in die Stadt Lydda auf- 
nehmen konnte, wodurch er sich des Antonius Gunst 
zu erwerben suchte. So kam es, dass die Römer während 
der Waffenruhe in grösstem Überfluss lebten. 

4. Herodes aber, dem alle Unthätigkeit zuwider war, 
schickte seinen Bruder Joseph mit zweitausend Mann 
Fussvolk und vierhundert Reitern nach Idumaea. Er 
selbst zog nach Samaria, brachte dort seine Mutter und 
seine übrigen Verwandten , welche Masada verlassen 
hatten , in Sicherheit, und rückte dann nach Galilaea, 
um einige Plätze zu nehmen, in die Antigonus Be- 
satzungen gelegt hatte. Bei starkem Scheefall kam er 
nach Sepphoris, und da des Antigonus Leute heimlich 
abzogen, gelangte er in den Besitz eines grossen Vorrates 
von Proviant. Dann sandte er gegen eine in den 
Höhlen der Umgegend sich aufhaltende Räuberbande 
eine Reiterschar und drei Kohorten Fusssoldaten, um 
dem Treiben der Banditen ein Ende zu machen. Das 


18* 




276 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


geschah in der Nähe des Dorfes Arbela. Am vierzigsten 
Tage folgte er selbst mit seinem ganzen Heere nach. 
Die Feinde griffen ihn darauf ungestüm an und 
brachten seinen linken Flügel zum Weichen. Sobald 
er aber selbst mit seinen Truppen, erschien, schlug er 
sie trotz ihres siegreichen Vordringens in die Flucht, 
sammelte die Seinen wieder und setzte den Feinden auf 
verschiedenen Wegen bis zum Jordan nach. Auf diese 
Weise hatte er bald ganz Galilaea mit Ausnahme der 
in Höhlen wohnenden Gegner unterworfen. Alsdann 
teilte er den Seinigen Mann für Mann hundertfünfzig 
Silberdrachmen , den Führern jedoch noch mehr zu und 
entliess sie in die Winterquartiere. Unterdessen aber 
hatte sich auch Silo mit den Anführern der im Winter- 
quartier liegenden römischen Truppen bei ihm ein- 
gefunden, weil Antigonus ihnen für nicht mehr als einen 
Monat Unterhalt gewähren wollte. Derselbe hatte sogar 
in die ganze Umgegend den Befehl erlassen, alles, was 
sich auf dem Felde befand, zu sammeln und damit in 
die Berge zu fliehen, damit die Römer vor Hunger zu 
Grunde gingen. Herodes aber gab seinem jüngsten 
Bruder Pheroras den Auftrag, dies zu verhindern und 
zugleich auch Alexandrium aufs neue zu befestigen. 
Pheroras trug demgemäss sogleich Sorge dafür, dass die 
Soldaten wieder Überfluss an Lebensmitteln hatten, und 
versah das verlassene Alexandrium mit neuen Festungs- 
werken. 

5. Um diese Zeit hielt sich Antonius in Athen auf. 
Ventidius aber, der in Syrien weilte, nahm den Silo 
gegen die Parther zu Hilfe, trug ihm jedoch auf, zuerst 
den Herodes in seinem Kriege zu unterstützen und dann 
zu dem Partherfeldzuge sämtliche Bundesgenossen auf- 
zubieten. Herodes aber, der gegen die in Höhlen 
hausenden Räuberbanden ziehen wollte, liess den Silo 
zu Ventidius stossen und rückte allein gegen die Räuber 
aus. Diese Höhlen lagen in abschüssigen Bergen und 
hatten in halber Höhe steile und enge Zugänge, die 
rings von zackigen Felsen umgeben waren. In diesen 



Vierzehntes Buch, 15. Kapitel. 


277 


Schlupfwinkeln hausten die Räuber mit Weib und Kind. 
Der König liess nun grosse Kasten anfertigen, die mit 
Hilfe vonj-Maschinen an eisernen Ketten von dem Gipfel 
hinuntergelassen wurden, da der Steilheit wegen von 
unten niemand hinaufzuklettern, noch von oben hinab- 
zukriechen wagte. Diese Kasten wurden mit Bewaffneten 
gefüllt, die mit langen Haken ausgerüstet waren, um 
damit die Widerspenstigen heranzuziehen und sie in die 
Tiefe zu stossen. Das Hinablassen der Kasten war mit 
grosser Gefahr verbunden, zumal da die Höhlenbewohner 
mit allen Abwehrmitteln versehen waren. Als nun die 
Kasten in die Tiefe gelassen wurden, hatte keiner von 
den Räubern den Mut, sie anzugreifen, sondern sie ver- 
hielten sich sämtlich ruhig, bis endlich einer von den 
Bewaffneten, mit seinem Schwert umgürtet, mit beiden 
Händen die Kette ergriff, an welcher der Kasten herab- 
hing, und voll Unwillen darüber, dass die Räuber nicht 
herauskommen wollten, sich zu einer der Höhlenöffnungen 
hinabliess. Hier angelangt, trieb er zunächst die vielen 
Räuber, die sich dort befanden, mit Wurfspiessen zurück, 
zog dann die, welche sich widersetzten, mit dem ge- 
krümmten Haken an sich heran und stürzte sie in die 
Tiefe. Hierauf drang er tiefer in die Höhle ein, tötete 
eine grosse Anzahl der daselbst versteckten Räuber 
und kehrte nun erst in den Kasten zurück, während die 
übrigen Banditen, die das Wehklagen vernahmen, von 
Schrecken und Verzweiflung ergriffen wurden. Der 
Anbruch der Nacht that der weiteren Vernichtung Ein- 
halt, und da der König durch einen Herold Verzeihung 
in Aussicht stellen liess, unterwarfen sich viele. Am 
folgenden Morgen wurde der Angriff in derselben Weise 
wiederholt, und nun gingen die Soldaten schon kühner 
ans Werk, kämpften an den Höhleneingängen mit den 
Räubern und warfen Feuerbrände hinein, um das Innere 
der Höhlen, wo viele brennbare Stoffe aufgehäuft lagen, 
anzuzünden. Ein greiser Räuber, der mit seinem Weib 
und seinen sieben Söhnen in einer Höhle eingeschlossen 
war, stellte sich, als seine Söhne ihn um die Erlaubnis 




278 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


baten, hinausgehen und sich den Feinden ergeben au 
dürfen, an den Eingang der Höhle, und sobald einer 
seiner Söhne heraustrat, stiess er ihn nieder, bis er end- 
lich alle samt seinem Weibe umgebracht hatte. Hierauf 
warf er ihre Leichen in den Abgrund und stürzte sich 
auch selbst hinab, da er den Tod der Sklaverei vorzog. 
Vorher jedoch erging er sich noch in Schmähungen 
gegen Herodes wegen dessen niedriger Herkunft, obwohl 
der König, der alles mit angesehen hatte, ihm die Hand 
bot und ihm volle Sicherheit versprach. Auf diese Weise 
wurden schliesslich alle Höhlen genommen. 1 

6. Darauf setzte der König zum Befehlshaber dieser 
Gegend den Feldherrn Ptolemaeus ein und brach mit 
sechshundert Reitern und dreitausend Fusssoldaten nach 
Samaria auf, um Antigonus eine Schlacht zu liefern. 
Ptolemaeus erzielte jedoch mit seiner Verwaltung wenig 
Erfolg; vielmehr griffen ihn die Scharen, welche auch 
früher Galilaea beunruhigt hatten, an, töteten ihn, zogen 
sich dann in sumpfige, unwegsame Gegenden zurück und 
verwüsteten das ganze Land. Herodes kehrte sogleich 
um und züchtigte sie, indem er sie teils hinrichten, teils 
in den Festungen , in welche sie sich geflüchtet hatten, 
nach deren Eroberung niedermachen liess. Die Festungen 
liess er alsdann schleifen und legte den Städten, um 
ihnen die Lust an ähnlichen Unternehmungen zu ver- 
derben, eine Busse von hundert Talenten auf. 

7. Da inzwischen Pakorus gefallen war und das 
Kriegsglück der Parther zur Neige ging, sandte Venti- 
dius auf Antonius’ Befehl den Machaeras mit zwei 
Legionen und tausend Reitern dem Herodes zu Hilfe. 
Machaeras aber liess sich, was Herodes nicht erwartet 
hatte, von Antigonus mit Geld bestechen und zog unter 
dem Vorwände ab, sich von der Lage des Antigonus 


1 Der heldenmütige Widerstand, den die Höhlenbewohner 
leisteten, macht es sehr wahrscheinlich, dass sie keine Räuber, 
sondern Patrioten waren, die sich der idumaeiscli-römischen FremÄ- 
berrschaft nicht fügen wollten (Paret). 



Vierzehntes Buch, 15. Kapitel. 


279 


selbst überzeugen zu wollen. Antigonus indes, der über 
seine Absicht im Zweifel war, liess ihn nicht ein, sondern 
trieb ihn mit Schleudern zurück und gab ihm deutlich 
zu verstehen, wie er gesinnt sei. Da nun Machaeras 
einsah, dass Herodes ihm gut geraten, und dass er durch 
die Nichtbefolgung seiner Ratschläge einen grossen 
Fehler begangen habe, zog er sich in die Stadt Emmaus 
zurück und liess im Zorn über das, was ihm widerfahren 
war, alle Juden, welche er unterwegs antraf, umbringen, 
mochten es Freunde oder Feinde sein. In heller 
Entrüstung darüber zog nun der König nach Samaria. 
Er hatte beschlossen, sich an Antonius zu wenden und 
ihm vorzustellen, dass er solcher Bundesgenossen nicht 
bedürfe, die ihm selbst mehr Unheil als den Feinden 
anrichteten. Übrigens sei er zur Bekämpfung des 
Antigonus allein stark genug. Machaeras jedoch kam 
zu ihm und bat ihn, zu bleiben. Wenn er aber durch- 
aus gehen wolle, so möge er ihm seinen Bruder Joseph 
beigeben, damit sie den Antigonus zusammen angreifen 
könnten. Durch diese inständigen Bitten des Machaeras 
liess sich Herodes wieder beschwichtigen und gab ihm 
seinen Bruder Joseph mit einem Heere zur Seite, er- 
mahnte diesen aber, sich nicht auf eine Schlacht einzu- 
lassen und mit Machaeras in gutem Einvernehmen zu 
bleiben. 

8. Herodes begab sich darauf mit einer Bedeckung 
von Reitern und Fusssoldaten auf den Weg zu Antonius, 
der die Festung Samosata am Euphrat belagerte. Als 
er in Antiochia anlangte und dort eine grosse Menge 
Menschen traf, die sich zu Antonius begeben wollten, 
aber aus Furcht, unterwegs angegriffen und getötet zu 
werden, sich nicht zu reisen getrauten, bot er sich 
ihnen mit ermunternden Worten als Führer an. Zwei 
Tagereisen von Samosata entfernt lagen aber die Ein- 
geborenen im Hinterhalt, um dem Antonius die Zufuhr 
abzuschneiden, und an den Ausgängen der Wälder in die 
Ebene standen Reiterabteilungen, die sich so lange ruhig 
verhielten, bis die, wfelche zu Antonius wollten, sich in 


Go gle 



280 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


der Ebene befanden. Als nun die ersten Züge vorbei 
waren, brachen gegen Herodes, der den Nach trab deckte, 
plötzlich etwa fünfhundert Reiter aus dem Hinterhalt 
hervor. Die vorderen Züge ergriffen sogleich die Flucht; 
der König aber drang mit der ihm eigenen Tapferkeit 
auf die Feinde ein und warf sie zurück. Dadurch 
machte er den Seinigen Mut, und da auch die Flüch- 
tigen sich wieder einstellten, erlitten die Eingeborenen 
eine blutige Niederlage. Der König setzte ihnen nach 
und ruhte nicht eher, als bis er ihnen den ganzen Raub, 
darunter eine grosse Zahl Lasttiere und Sklaven, wieder 
abgejagt hatte, worauf er seinen Weg fortsetzte. Nun 
aber brach plötzlich eine noch grössere Schar aus den 
an die Ebene stossenden Waldschluchten gegen sie her- 
vor. Der König jedoch griff auch diese mit seiner nun- 
mehr verstärkten Mannschaft an, schlug sie in die 
Flucht und machte eine grosse Anzahl nieder, sodass 
er seinen Begleitern eine sichere Reise verschaffte und 
von ihnen Retter und Schirmer genannt wurde. 

9. Als sie nun in die Nähe von Samosata kamen, 
schickte ihnen Antonius ein Heer nebst seiner persön- 
lichen Dienerschaft entgegen, um dem Herodes damit 
eine Ehre zu erweisen und ihm zugleich, weil er von 
den Angriffen der Eingeborenen gehört hatte, Hilfe zu 
leisten. Bei Herodes’ Anblick freute sich Antonius sehr, 
und da er erfahren hatte, welche Heldenthaten er unter- 
wegs vollbracht, nahm er ihn mit grosser Achtung vor 
seiner Tapferkeit auf, begrüsste ihn durch Umarmung 
und erwies ihm um so grössere Ehren, weil er ihn 
jüngst zum König ernannt hatte. Antiochus aber über- 
gab die Festung bald, 1 und da der Krieg hiermit zu 
Ende war, ernannte Antonius den Sosius zum Befehls- 
haber des Platzes, trug ihm auf, Herodes Hilfe zu 
leisten, und reiste selbst nach Aegypten. Sosius sandte 
alsdann gleich zwei Legionen als Hilfstruppen für 


1 Vergl. hierzu Dio Cassius XLIX, 24. 



Vierzehntes Buch, 15. Kapitel. 


281 


Berodes nach Judaea voraus, während er selbst mit dem 
grösseren Teile des Heeres nachfolgte. 

10. Unterdessen hatte Joseph in Judaea auf folgende 
Weise seinen Tod gefunden. Un eingedenk dessen, was 
sein Bruder, als dieser seine Keise zu Antonius an trat, 
ihm ans Herz gelegt hatte, bezog er an einem Gebirgs- 
abhang ein Lager. Er wollte nämlich mit fünf Kohorten, 
die er von Machaeras erhalten hatte, nach Jericho eilen, 
um dort die Saaten zu rauben. Da aber die römische 
Heeresabteilung, welche zum grössten Teil in Syrien 
ausgehoben war, aus noch ungeübten Rekruten bestand, 
wurde er bei einem feindlichen Angriff auf sehr un- 
günstigem Terrain umzingelt, fiel nach tapferem Wider- 
stand und verlor sein ganzes Heer, welches sechs Ko 
horten stark war. Antigonus bemächtigte sich der Ge- 
fallenen und liess dem Joseph das Haupt abschlagen, 
wofür dessen Bruder Pheroraa ihm fünfzig Talente bot. 
Darauf fielen auch die Galiläer von ihren Befehlshabern 
ab und ertränkten des Herodes Anhänger im See, 1 und 
in Judaea brach gleichfalls eine allgemeine Empörung 
aus. Machaeras befestigte unterdessen das Städtchen 
Gittha. 

11. Herodes erhielt gar bald von diesen Vorgängen 
Nachricht. Dabei traf ihn die Kunde von dem Schick- 
sal seines Bruders, die ihm in Daphne bei Antiochia 
zuging, nicht unvorbereitet, weil er dasselbe in Träumen 
vorhergesehen hatte. Er beschleunigte daher seinen 
Marsch, zog, sobald er zum Libanon gekommen war, 
gegen achthundert Bewohner dieser Gegend an sich und 
begab sich mit diesen und der römischen Legion, die er 
bei sich hatte, nach Ptolemais, von wo er zur Nachtzeit 
mit seinem Heere wieder aufbrach und Galilaea durch- 
zog. Die Feinde stellten sich ihm hier entgegen, wurden 
aber geschlagen und in die Festung gedrängt, aus 
welcher sie tags vorher ausgerückt waren. Bei Tages- 
anbruch versuchte Herodes den Platz zu stürmen, konnte 


1 Genesareth. 



*282 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


aber, da sich ein schreckliches Unwetter erhob, nichts 
ausrichten und musste sein Heer in den umliegenden 
Dörfern einquartieren. Als aber noch eine zweite von 
Antonius geschickte Legion zu ihm stiess, ward die Be- 
satzung der Festung von Furcht ergriffen und verliess 
dieselbe im Dunkel der Nacht. Darauf eilte der König 
nach Jericho , um den Tod seines Bruders zu rachen. 
Sobald er hier sein Lager aufgeschlagen hatte, lud er 
seine Heerführer zum Mahle ein. Nach beendigter 
Tafel aber entliess er seine Gäste und zog sich in 
sein Schlafgemach zurück. Aus dem, was jetzt folgte, 
kann man das Wohlwollen Gottes gegen den König er- 
kennen. In dem Speisezimmer nämlich stürzte die 
Decke ein; doch wurde, weil dasselbe bereits leer war, 
niemand getötet. Hierin erblickte man allgemein einen 
Beweis dafür, dass Herodes ein Liebling Gottes sei, 
da er einer so grossen und unversehenen Gefahr ent- 
gangen war. 

12. Am folgenden Tage wurden die Römer von einer 
sechstausend Mann starken Truppe, die kampfbereit von 
den Bergen herabstieg, in Schrecken versetzt. Die 
Leichtbewaffneten aus dieser Schar rückten vor und 
griffen die Umgebung des Königs, die zuerst sich hinaus- 
gewagt hatte, mit Wurfspeeren und Steinen an, und 
Herodes selbst wurde in der Seite von einem Speer ge- 
troffen. Darauf sandte Antigonus einen seiner Heer- 
führer mit Namen Pappus an der Spitze einer kleinen 
Streitmacht nach Samaria, um bei seinen Feinden den 
Glauben zu erwecken , er führe den Krieg mit mehr 
Kräften, als er nötig habe. Dieser warf sich nun dem 
Machaeras entgegen. Herodes aber hatte bald ünf 
Städte genommen, liess gegen zweitausend Menschen, 
die sich darin befanden, niedermachen, äscherte die 
Städte ein und wandte sich dann gegen Pappus, der 
sich bei dem Dorfe Isanae gelagert hatte. Und da 
sowohl aus Jericho wie aus ganz Judaea eine grosse 
Menge Krieger sich bei Herodes zusammenfand, schlug 
er, als er an die Feinde herangekommen war und von 



Vierzehntes Buch, 15. Kapitel. 


283 


ihnen stürmisch angegriffen wurde, dieselben völlig aufs 
Haupt und verfolgte sie, um seinen Bruder zu rächen, 
bis in das Dorf hinein unter stetem Gemetzel. Weil 
aber alle Häuser mit Bewaffneten angefüllt und viele 
sogar auf die Dächer gestiegen waren, liess er die Häuser 
förmlich erobern und die Dächer abdecken, worauf sich 
dann die unteren Räume mit Soldaten gefüllt zeigten. 
Diese liess er nun durch von oben hineingeworfene 
Felsblöcke haufenweise zermalmen, sodass sich im 
ganzen Verlaufe des Krieges kein so grässlicher An- 
blick dargeboten hatte, als die ungeheure Menge von 
Leichen, welche ausserhalb der Stadtmauer aufgehäuft 
wurden. Dieses Blutbad brach den Mut der Feinde 
gänzlich, da sie ein ähnliches Schicksal auch für sich 
besorgen müssten, und bald erblickte man in der Um- 
gebung des Dorfes grosse Massen fliehender Menschen. 
Hätte die Strenge des Winters ihn nicht daran ge- 
hindert, so wäre Herodes mit' seinem siegestrunkenen 
Heere sogleich nach Jerusalem gezogen, und der Krieg 
wäre zu Ende gewesen. Antigonus bereitete in der 
That schon seine Flucht und den Abzug aus der 
Stadt vor. 

13. Für jetzt liess der König, weil es schon spät war, 
seine Soldaten das Abendessen nehmen und zog sich 
selbst ermüdet in seine Gemächer zurück, um zu baden. 
Dabei geriet er wieder in die grösste Lebensgefahr, aus 
der er abermals durch Gottes Fürsorge entkam. Er war 
nämlich ganz unbewaffnet und nahm das Bad, nur von 
einem Pagen bedient, im Inneren des Hauses, wo sich 
einige feindliche Krieger auf der Flucht aus Angst ver- 
steckt hatten. Während er nun badete, kam plötzlich 
einer derselben mit gezücktem Schwert aus seinem Ver- 
steck hervor und stürzte zur Thür hinaus, dann noch 
einer und endlich ein dritter, alle bewaffnet. Sie waren 
indes so erschrocken, dass sie dem König nichts zuleide 
thaten, sondern froh waren, mit heiler Haut aus dem 
Hause zu entkommen. Am folgenden Tage liess 
Herodes dem Pappus, der gefallen war, das Haupt 



284 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


abschlagen und sandte es an Pheroras, um so seinen 
Bruder zu rächen, den Pappus mit eigener Hand ge- 
tötet hatte. 

14. Als der Winter zu Ende war, brach er mit 
seinem Heere auf, zog gegen Jerusalem und errichtete 
nahe bei der Stadt sein Lager. Das war schon das 
dritte Jahr nach seiner Ernennung zum Könige. Bald 
aber brach er das Lager ab, rückte näher an den Teil 
der Mauer heran, wo der Zugang zur Stadt am ehesten 
möglich war, und lagerte sich vor dem Tempel, um die 
Stadt in derselben Weise zu nehmen, wie dies früher 
Pompejus gethan hatte. Er liess drei Wälle aufwerfen 
und Türme bauen, wozu er bedeutende Kräfte auf bot; 
ferner liess er die in der Nähe stehenden Bäume fallen. 
Diese Arbeiten vertraute er geeigneten Leuten an und 
reiste, während sein Heer dort lagerte, nach Samaria 
zur Hochzeit, um die Tochter von Ari8tobulu8 , Sohn 
Alexander heimzuführen, mit der er, wie bereits oben 
gesagt, verlobt war. 


Sechzehntes Kapitel. 

Wie Jerusalem von Herodes und Sosius erobert wurde. 

Das Ende der Asamonäer-Herrschaft. 

1. Nach Beendigung der Hochzeit zog Sosius durch 
Phoenicien heran, sandte seine Kerntruppen im Inneren 
des Landes voraus und folgte selbst an der Spitze einer 
grossen Menge Reiterei und Fussvolk nach. Nun 
kehrte auch der König aus dem Lande der Samariter 
zurück und vermehrte die Stärke seines Heeres nicht 
unwesentlich, sodass seine Streitmacht sich auf fast 
dreissigtausend Mann belief. Dieses ganze Heer 6charte 
sich nun vor den Mauern Jerusalems zusammen und 
lagerte sich an der Nordseite der Stadt. Es bestand 
aus elf Legionen Fussvolk und sechstausend Reitern, 
ungerechnet die Hilfstruppen aus Syrien. Den Ober- 



Vierzehntes Buch, 16. Kapitel. 


285 


befiehl führten Sosius, der von Antonius zu Hilfe ge- 
schickt war, und Herodes in seinem eigenen Namen, 
weil er den Antigonus, den Rom zum Feinde erklärt 
hatte, vom Throne stossen und laut Senatsbeschluss 
selbst an dessen Stelle regieren sollte. 

2. Die Juden aber, die sich aus dem ganzen Lande 
zusammengefunden hatten und innerhalb der Mauern 
eingeschlossen waren, leisteten dem Herodes tapferen 
und hartnäckigen Widerstand, prahlten mit dem Tempel 
und priesen ihr Volk glücklich, gleich als wenn Gott 
dasselbe sicher aus der Gefahr befreien würde. Vor 
der Stadt nahmen Bie alles weg, sodass weder für 
Menschen noch Vieh dort die geringste Nahrung 
mehr vorhanden war, und brachten durch ihre heim- 
lichen Raubzüge das feindliche Heer in Not. Als 
Herodes das merkte , legte er an geeigneten Stellen 
gegen diese Streifzüge Hinterhalte, sandte dann be- 
waffnete Abteilungen zur Herbeischaffung von Lebens- 
mitteln aus und liess aus der Ferne Proviant holen, 
sodass die Belagerer in kurzer Zeit Überfluss an allem 
Notwendigen hatten. Inzwischen arbeiteten viele Hände 
an den Belagerungswerken weiter, sodass die drei Wälle 
bald fertig waren. Zudem war es gerade Sommer, und 
das Wetter also den Arbeiten sehr förderlich. Nun 
wurden die Maschinen herangebracht, die Mauer be- 
rannt, und kein Belagerungsmittel unversucht gelassen. 
Die Belagerten jedoch Hessen sich nicht in Schrecken 
jagen , sondern erdachten auch ihrerseits mancherlei 
Mittel, um die Bemühungen ihrer Gegner zu vereiteln, 
steckten bei ihren Ausfallen die aiigefangenen oder 
schon fertigen Maschinen in Brand und zeigten sich 
im Handgemenge den Römern an Kühnheit gleich, 
während sie an Kriegserfahrung von denselben über- 
troffen wurden. Den Maschinen, welche an Stelle der 
zerstörten errichtet wurden, setzten sie andere entgegen; 
auch rückten sie den in den Laufgräben arbeitenden 
Feinden unter der Erde zu Leibe und beunruhigten sie nicht 
wenig. Übrigens kämpften sie mehr aus Verzweiflung, 




286 


Josophus’ Jüdische Altertümer. 


als nach einem vernünftigen Plan, und leisteten Wider- 
stand bis zum äussersten, obwohl sie von einem so 
grossen Heere belagert wurden und unter Hunger und 
Mangel gewaltig litten. Denn das Jahr, in welches die 
Belagerung fiel, war zufällig ein Sabbatjahr. Endlich 
gelang dem Feinde die Ersteigung der Mauer, und zwar 
waren die ersten zwanzig Freiwillige, denen die Cen- 
turion en des Sosius folgten. Die erste Mauer wurde 
nach vierzig, die zweite nach fünfzehn Tagen ge- 
nommen. Dabei gerieten einige der um den Tempel 
sich hinziehenden Säulengänge in Brand, und Herodes 
schob die Schuld daran auf Antigonus, um diesen bei 
den Juden verhasst zu machen. Als endlich die 
äusseren Teile des Tempels und die untere Stadt er- 
obert waren, flohen die Juden in das Innere des Heilig- 
tums und in die obere Stadt, und da sie fürchteten, 
von den Römern an der Darbringung der täglichen 
Opfer gehindert zu werden, liessen sie bitten, es möge 
ihnen die Herb ei Schaffung von Opfertieren gestattet 
werden. Herodes willfahrte diesem Verlangen in der 
Meinung, die Belagerten würden sich jetzt ergeben. Als 
er sich aber in dieser Erwartung getäuscht sah und er- 
kannte, wie hartnäckig sie den Thron des Antigonus 
verteidigten, liess er die Stadt erstürmen. Es entstand 
nun ein entsetzliches Blutbad, da die Römer über die 
lange Dauer der Belagerung erbittert waren, des Herodes 
Anhänger aber keinen von den ihnen feindlichen Juden 
am Leben lassen wollten. In dichten Haufen wurden 
die Besiegten in den Gassen , in den Häusern und im 
Tempel, in welchen sie sich geflüchtet hatten, nieder- 
gemacht. Weder zarte Kinder, noch gebrechliche Greise, 
noch schwache Frauen wurden geschont, und obwohl 
der König überallhin schickte und Einhalt gebieten liess, 
hörte doch niemand mit Morden auf, sondern allseitig 
wüteten die Sieger wie rasend gegen Menschen jedes 
Alters. Endlich kam Antigonus, der weder eine 
Empfindung von seinem früheren noch von seinem 
jetzigen Geschick zu haben schien, aus der Burg hervor 



Viorzehntes Buch, 16. Kapitel. 


287 


und warf sich dem Sosius zu Füssen. Dieser aber hatte 
nicht das geringste Mitleid mit dem Unglück des Königs, 
sondern fuhr ihn hart an und schalt ihn Antigone, liess 
ihn aber nicht, als wäre er ein Weib, frei ausgehen, 
sondern befahl, ihn gefangen zu halten. 

2. Nach Unterwerfung seiner Feinde war es des 
Herodes erste Sorge, dem Ungestüm der Hilfstruppen 
zu wehren. Die fremden Soldaten drängten sich näm- 
lich heran, um den Tempel und seine Heiligtümer zu 
sehen. Der König aber hielt sie teils durch Bitten, teils 
durch Drohungen , teils sogar mit Waffengewalt zurück, 
da er seinen Sieg für schimpflicher als eine Niederlage 
erachtet haben würde , wenn die Fremden etwas an- 
geschaut hätten, das selbst den Juden zu sehen unter- 
sagt war. Ebenso verhinderte er auch die Plünderung 
Jerusalems, indem er den Sosius wieder und wieder 
fragte, ob die Römer die Stadt von Menschen und Kost- 
barkeiten völlig leeren und ihn als König einer Wüste 
zurücklassen wollten, während er die Herrschaft über 
den ganzen Erdkreis mit der Hinschlachtung so vieler 
Bürger nicht erkaufen möchte. Als nun Sosius ihm 
entgegnete, den Soldaten komme doch für die bei der 
Belagerung ausgestandenen Strapazen eine Belohnung 
zu, bemerkte ihm Herodes, er werde aus eigenen Mitteln 
einem jeden Soldaten seine Belohnung anweisen. Da- 
durch erreichte er, dass der übrige Teil der Stadt ver- 
schont blieb, und nun löste er sein Versprechen ein, 
indem er die einzelnen Soldaten reich beschenkte, den 
Heerführern aber noch kostbarere und dem Sosius wahr- 
haft königliche Gaben zukommen liess, sodass alle be- 
reichert von ihm Abschied nahmen. 

4. Dieses Unglück traf die Stadt Jerusalem unter 
dem Konsulate des Marcus Agrippa und des Caninius 
Gallus, in der hundertfünfund achtzigsten Olympiade, 1 
im dritten Monat, und zwar wieder an einem Fasttage, 
als ob das Unheil sich wiederholen sollte, welches die 


1 37 v. Chr. 



288 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Juden einst von Pompejus erlitten hatten. Denn an 
demselben Tage war Jerusalem siebenundzwanzig Jahre 
früher eingenommen worden. Sosius weihte Gott eine 
goldene Krone und brach dann von Jerusalem auf, um 
den Antigonus gefesselt zu Antonius zu bringen. Herodes 
aber fürchtete, Antigonus möchte von Antonius geschont 
und zur Verantwortung vor den Senat verwiesen werden, 
wobei es dann an den Tag kommen würde, dass Anti- 
gonus aus königlichem Geschlechte, Herodes dagegen 
aus niederem Stande sei, und .es möchte, obwohl Anti- 
gonus sich gegen die Römer verfehlt »hatte , ^[die Herr- 
schaft nach dem Rechte der Geburt an dessen Kinder 
fallen. In dieser Angst bewog er den Antonius durch 
Übersendung einer grossen Geldsumme, den Antigonus 
zu töten , und war so von aller Furcht befreit. Damit 
nahm die Herrschaft des Geschlechtes der Asamonäer 
ein Ende, nachdem" sie hundertsechsundzwanzig Jahre 
gedauert * hatte. Es war ein ruhmvolles und edles 
Herrschergeschlecht, einmal wegen des Adels seiner Ab- 
kunft |undj der ihm eigenen hohepriesterlichen Würde, 
dann aber auch wegen der herrlichen Thaten, die seine 
Ahnen zum Besten des Volkes vollbracht hatten. Den 
Thron verlor das Haus aber nur infolge der Uneinigkeit 
seiner Mitglieder, und so kam derselbe an Herodes, den 
Sohn des Antipater, einen Menschen von niedriger Her- 
kunft und aus dem Stande gewöhnlicher Unterthanen. 
So lautet der Bericht, den unsere Vorfahren uns über 
das Ende der Asamonäer-Herrschaft hinterlassen haben. 




Fünfzehntes Bueh 


Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 18 Jahren. 


Inhalt. 


1. Wie Antonius, nachdem Jerusalem von Sosius und Herodes er- 

obert worden war, den Antigonus zu Antiochia mit dem Beile 
hinrichten liess, und wie Herodes fünfundvierzig von dessen 
Freunden, vornehme Jerusalemer, umbringen liess und der 
Stadt eine Steuer auferlegte. 

2. Wie Hyrkanus, der frühere König und Hohepriester der Juden, 

von dem PartherkÖnige Arsakes freigelassen wurde und zu 
Herodes zurückkehrte. 

3. Wie Herodes den Aristobulus, den Bruder seiner Gattin Mariamne, 

zum Hohepriester ernannte und ihn bald darauf ermorden liess. 

4. Wie Kleopatra, die nach der Herrschaft über die Juden und 

Araber lüstern war, einen Teil des Gebietes derselben von 
Antonius erhielt. 

5. Ankunft der Kleopatra in Judaea. 

6. Wie Herodes um dieselbe Zeit, da Antonius |vom Caesar bei 

Actium besiegt wurde, den Aretas mit Krieg überzog. 

7. Von dem Erdbeben, welches in Judaea stattfand und Menschen 

wie Tieren den Untergang bereitete. 

8. Des Herodes Rede an die Juden, welche durch die Unglücksfalle 

und Drangsale entmutigt waren. 

9. Wie Herodes, als er zu Octavius reisen musste, den Hyrkanus 

töten liess, und wie er vom Caesar in der Königswürde be- 
stätigt wurde und diesen nach Aegypten geleitete. 

10. Wie Herodes , als er nach Alexandria gekommen war, vom 

Caesar, den er glänzend empfangen hatte, hoch geehrt wurde. 

11. Wie Herodes nach seiner Rückkehr aus Aegypten durch Ver- 

leumdungen veranlasst wurde, seine Gattin Mariamne hin- 
richten zu lassen. 

Josephus 1 Jüdische Altertümer II. 19 

Go gle 



290 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


12. Von der Hungersnot, welche Juda6a und Syrien heimsuchte, 

und wie Herodes für Land und Leute sorgte. 

13. Von der Erbauung griechischer Städte, und wie der König Herodes 

sie prächtig ausstattete. 

14. Wie Herodes den alten Tempel der Juden, nachdem er sechs- 

hundert Jahre gestanden hatte, abbrechen liess und an seiner 
Stelle einen anderen, doppelt so grossen erbauto. 


Erstes Kapitel. 

Von Pollio und Sameas. Herodes lässt die besten 
Freunde des Antigonus umbringen und erpresst Geld 
von der Stadt. Antonius lässt den Antigonus mit 
dem Beile hinrichten. 

1. Wie Sosius und Herodes Jerusalem einnahmen 
und den Antigonus zum Gefangenen machten, habe ich 
im vorhergehenden Buche berichtet. Nunmehr will ich 
auch die näheren Umstände dieser Ereignisse mitteilen. 
Nachdem Herodes die Herrschaft über ganz Judaea er- 
langt hatte, erhob er alle Bürger, die auf seiner Seite 
standen, zu hohen Ehren, während er diejenigen, welche 
der Partei seiner Gegner angehörten, tagtäglich quälte 
und züchtigte. In besonderen Ehren aber standen bei 
ihm der Pharisäer Pollio und dessen Schüler Sameas, 
weil sie bei der Belagerung von Jerusalem ihren Mit- 
bürgern den Rat erteilt hatten , den Herodes in die 
Stadt einzulassen. Auch hatte ebenderselbe Sameas, als 
Herodes einst, eines todes würdigen Verbrechens angeklagt, 
vor Gericht stand, dem Hyrkanus und den Richtern 
vorwurfsweise vorhergesagt, dass Herodes, dem sie das 
Leben geschenkt, sie später alle dafür bestrafen würde, 
eine Verkündigung, die durch Gottes Fügung im Ver- 
laufe der Zeit auch in Erfüllung gegangen ist. 

2. Nach der Einnahme Jerusalems raffte Herodes 
alle königlichen Kleinodien zusammen , plünderte dazu 
auch noch die Reichen aus und gewann auf diese Weise 
eine grosse Menge Silber und Gold, welches er dem 



Fünfzehntes Buch, 1. Kapitel. 


291 


Antonius und dessen Freunden schenkte. Ferner liess 
er fünfundvierzig der vornehmsten Anhänger des Anti- 
gon us umbringen, wobei er an den Stadtthoren Wacht- 
posten aufstellte, damit nichts mit den Getöteten hinaus- 
geschafft würde. Darauf wurden die Leichen genau 
untersucht und alles, was sich an Silber, Gold oder 
sonstigen Kostbarkeiten bei ihnen vorfand, dem Könige 
überbracht. Der Plackereien war überhaupt kein Ende, 
teils wegen der Habgier des Herrschers, der Geld nötig 
hatte, teils auch, weil das Land in diesem Jahre un- 
bebaut liegen bleiben musste, da letzteres ein Sabbatjahr 
war, in welchem es uns nicht gestattet ist, das Land zu 
bestellen. Antonius hatte nun eigentlich beschlossen, 
den gefangenen Antigonus bis zum Triumph gefesselt 
am Leben zu halten. Als er aber vernahm, dass das 
Volk auf Empörung sinne und aus Hass gegen Herodes 
zu Antigonus halte, beschloss er, diesen zu Antiochia mit 
dem Beile hinrichten zu lassen, da er die Juden durch 
kein anderes Mittel zu beruhigen vermochte. Das be- 
zeugt auch der Kappadocier Strabo mit folgenden 
Worten: „Antonius liess den Juden Antigonus nach 
Antiochia schaffen und ihn hier mit dem Beile hinrichten, 
und er war der erste unter den Römern, der einen König 
mit dem Beile vom Leben zum Tode bringen liess. Er 
glaubte eben auf keine andere Weise die Juden dahin 
bringen zu können, dass sie den Herodes an Antigonus’ 
Stelle als König anerkännten, weil sie nicht einmal 
durch die Folter dazu gezwungen werden konnten, ihn 
König zu nennen; so gross war die Meinung, die sie 
von ihrem früheren Könige hatten. Deshalb meinte er, 
durch eine schmachvolle Hinrichtung das Andenken an 
Antigonus schwächen und den Hass der Juden gegen 
Herodes dämpfen zu können.“ So weit Strabo. 


19 * 



292 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Zweites Kapitel. 

Wie Hyrkanus von den Parthem freigelassen wurde und 
zu Herodes zurückkehrte. Alexandras Bemühungen zu 

gunsten ihres Sohnes. 

1. Sobald der Hohepriester Hyrkanus, der bei den 
Parthem in Gefangenschaft lebte, vernommen hatte, dass 
Herodes zur Regierung gelangt sei, begab er sich zu 
ihm, nachdem er auf folgende Weise aus seiner Gefangen- 
schaft befreit worden war. Als Barzaphames und Pa- 
korus, die Heerführer der Parther, den Hyrkanus, der 
erst Hohepriester und dann König geworden war, sowie 
Phasael, den Bruder des Herodes, gefangen genommen 
hatten, führten sie dieselben nach Parthien weg. Pha- 
sael, der es nicht ertragen konnte, sein Leben schmach- 
voll in Fesseln zubringen zu müssen, und einen helden- 
mütigen Tod einem solchen Leben vorzog, tötete sich 
selbst, wie oben erwähnt. 

2. Als nun Hyrkanus in das Land der Parther ge- 
führt worden war, behandelte ihn der Partherkönig 
Phraates, der von seiner vornehmen Abstammung gehört 
hatte, mit grosser Milde: er liess ihm die Fesseln ab- 
nehmen und gestattete ihm, in Babylon zu wohnen, wo 
eine Menge Juden lebten. Diese ehrten den Hyrkanus 
als ihren Hohepriester und König, wie das auch alle 
bis zum Euphrat hin wohnenden Juden thaten, und 
Hyrkanus freute sich darüber sehr. Da er nun von der 
Thronbesteigung des Herodes Kunde erhalten hatte, 
erfüllte ihn neue Hoffnung, einmal, weil er schon von 
Anfang an gegen Herodes sich freundlich erzeigt hatte, 
dann aber auch, weil er glaubte, derselbe sei der Wohl- 
that noch eingedenk, die er ihm mit der Errettung aus 
Lebensgefahr erwiesen hatte, als Herodes vor Gericht 
stand und eines todes würdigen Verbrechens angeklagt 
war. Hierüber sprach er auch oft mit den Juden, die 
ihn besuchten. Diese aber hielten ihn zurück und rieten 
ihm, bei ihnen zu bleiben, indem sie ihm vorstellten, 




Fünfzehntes Buch, 2. Kapitel. 


293 


wie hochgeehrt er bei ihnen sei und wie ihm keine Aus- 
zeichnung versagt werde, die seiner königlichen und 
hohepriesterlichen Würde zukomme. Was aber noch 
weit mehr ins Gewicht falle, sei der Umstand, dass er 
zu Jerusalem dieser Ehrenbezeugungen sich wohl nicht 
erfreuen würde, da er auf Antigon us’ Befehl verstümmelt 
worden sei. Auch pflegten die Könige nicht immer der 
im Privatleben empfangenen Wohlthaten zu gedenken, 
da das Glück ihre Gesinnung nicht selten verändere. 

3. Aber obwohl sie ihm so zusetzten und zwar in 
seinem eigenen Interesse, verlangte Hyrkanus doch sehr, 
von ihnen wegzuziehen, besonders da Herodes ihm 
schrieb, er solle den Phraates und die dort wohnenden 
Juden bitten, ihm nicht zu missgönnen, dass er des 
Herodes Herrschaft teile. Jetzt sei die beste Zeit, 
ihm den Dank für die Lebensrettung abzutragen, wie 
auch für Hyrkanus die beste Gelegenheit, denselben 
in Empfang zu nehmen. Zugleich schickte Herodes den 
Saramallas mit vielen Geschenken zu Phraates und liess 
diesen freundlich ersuchen, ihm doch nicht im Wege zu 
sein, da er einem so verdienten Manne seine Dankes- 
schuld abtragen wolle. Doch war das durchaus nicht 
der wahre Grund, weshalb Herodes diese Bitte stellte. 
Vielmehr fürchtete er, da er ohne sein eigenes Verdienst 
auf den Thron gelangt war, es möchten Unruhen ent- 
stehen, und suchte deshalb den Hyrkanus in seine Ge- 
walt zu bekommen oder ihn auch gänzlich aus dem Wege 
zu räumen, wie er dies später wirklich that. 

4. Hyrkanus wurde also, da er voll froher Zuversicht 
war, vom Partherkönige entlassen und kam, von den 
Juden reichlich mit Geld versehen, in Jerusalem an. 
Herodes empfing ihn höchst ehrenvoll, räumte ihm in den 
Versammlungen und bei Gastmahlen den ersten Platz 
ein, nannte ihn seinen Vater und täuschte ihn dadurch 
so, dass kein Verdacht auf ihn selbst fiel, als ob er sich 
hinterlistig benehme. Herodes that auch noch vieles 
andere, um seinen Thron zu stützen, erregte aber da- 
durch in seinem Hause arge Unruhen. So berief er, um 




294 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zu verhüten, dass ein Vornehmer die Hohepriesterwürde 
erlange, von Babylon einen gewissen Priester Ananel 
und ernannte ihn zum Hohepriester. 

5. Diese Schmach aber konnte Alexandra, die Tochter 
des Hyrkanus und Gattin von Aristobulus’ Sohn 
Alexander, die dem letzteren zwei Kinder geboren hatte, 
nämlich einen hervorragend schönen Sohn mit Namen 
Aristobulus und eine gleichfalls sehr schöne Tochter 
Mariamne, die mit Herodes vermählt war, nicht ertragen. 
Vielmehr geriet sie in gewaltige Erregung und Erbitte- 
rung über die Schande, dass, während ihr Sohn noch am 
Leben war, einem Eindringling die Hohepriesterwürde 
zu teil werden sollte. Sie schrieb daher an Kleopatra 
einen Brief, den sie ihr durch einen Harfenspieler über- 
bringen liess, und bat sie, sich bei Antonius dafür zu 
verwenden, dass ihrem Sohne die Hohepriesterwürde zu- 
erkannt werde. 

6. Während nun Antonius mit der Erfüllung der 
Bitte zögerte, kam sein Freund Dellius wegen irgend 
eines Geschäftes nach Judaea. Als dieser den Aristo- 
bulus erblickte, erstaunte er über die Schönheit und den 
schlanken Wuchs des Jünglings, wie auch nicht minder 
über die Anmut der Mariamne, und er konnte sich nicht 
enthalten, der Alexandra zu schmeicheln, wie schöne 
Kinder sie habe. Diese liess sich darauf in ein Gespräch 
mit ihm ein, in dessen Verlauf er ihr den Vorschlag 
machte, die beiden malen zu lassen und die, Bilder dem 
Antonius zu übersenden, der ihr gewiss nichts mehr ver- 
sagen würde, wenn er dieselben zu Gesicht bekäme. 
Alexandra ging denn auch darauf ein und schickte dem 
Antonius die Bilder. Dellius fügte noch einige Über- 
treibungen hinzu und schrieb seinem Freunde, die Kinder 
schienen ihm nicht von Menschen, sondern von einem 
Gott abzustammen. Damit beabsichtigte er aber, des 
Antonius sinnliche Lust zu reizen. Dieser scheute sich nun 
zwar, die Mariamne zu sich kommen zu lassen, weil sie 
an Herodes vermählt war und er auch die Eifersucht 
der Kleopatra nicht wecken wollte. Doch schrieb er, 



Fünfzehntes Buch, 2. Kapitel. 


295 


man möge ihm den Jüngling schicken, und zwar, um 
den Schein des Anstandes zu wahren, mit dem Zu- 
satze: wenn es nicht allzu viele Mühe verursache. Als 
Herodes hiervon Kenntnis erhielt, erachtete er es für 
gefährlich, den Aristobulus, einen so schönen und im 
blühenden Alter von sechzehn Jahren stehenden Jüng- 
ling, der noch dazu von so vornehmer Herkunft war, 
zu Antonius zu schicken, einem Manne, der damals der 
mächtigste aller Römer war und von dem man sich ver- 
sehen konnte, dass er auch imstande sei, den Jüngling 
seiner Wollust zu opfern; denn er that, was ihm be- 
liebte. Herodes schrieb deshalb zurück, wenn der Jüng- 
ling auch nur einen Fuss aus dem Lande setze, werde 
Krieg und Aufruhr entfesselt werden, da die Juden stets 
auf eine Gelegenheit zu Unruhen und Umwälzungen 
lauerten. 

7. Als er sich so dem Antonius gegenüber entschul- 
digt hatte, beschloss er, den Jüngling und Alexandra 
nicht ohne Ehrung zu lassen. Denn abgesehen davon, 
dass seine Gattin Mariamne ihn mit anhaltenden Bitten 
bestürmte, er möge doch ihrem Bruder die hohepriester- 
liche Würde verschaffen, hielt er es auch für in seinem 
Interesse liegend, dass Aristobulus sich nicht mehr ent- 
fernen dürfe, wenn er zu dieser Würde gelangt sei. Er 
berief daher seine Freunde zusammen und beklagte sich 
sehr über Alexandra, indem er ihnen vorstellte, diese 
trachte nach der Herrschaft und suche es durch Kleo- 
patra dahin zu bringen, dass er selbst vom Throne ge- 
stossen und der Jüngling von Antonius zürn Könige er- 
nannt werde. Darin aber handle sie sehr unbillig, da 
sie nicht bloss ihre Tochter der ehrenvollen Stellung, 
die sie besitze, beraube, sondern auch das Reich, welches 
er mit so vieler Mühe und unter nicht unbedeutenden 
Gefahren sich erworben, in Unruhen stürze. Obgleich 
er aber des Unrechtes, das er von jener Seite erfahren, 
wohl eingedenk sei, wolle er doch nicht auf hören, Billig- 
keit walten zu lassen, und jetzt dem Sohne der 
Alexandra die hohepriesterliche Würde verleihen, die er 



296 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


früher dem Ananel übertragen habe, weil Aristobulus 
noch ein Kind gewesen sei. Da nun der König dies 
nicht aufs geratewohl, sondern mit schlauer Überlegung 
sagte, um die anwesenden Frauen und Freunde zu be- 
thören, erwiderte Alexandra, die sowohl von der Freude 
über die unerwartete Ehrung, als von der Furcht, Ver- 
dacht zu erregen , heftig bewegt war, unter Thränen 
folgendes: Sie habe sich allerdings die grösste Mühe ge- 
geben, dem Aristobulus zur Hohepriesterwürde zu ver- 
helfen, da sie es für eine Schmach halte, dass er die- 
selbe nicht besitze; aber an die Königswürde habe sie 
nicht im entferntesten gedacht. Sie würde dieselbe nicht 
einmal annehmen, wenn man sie ihr anböte, da sie schon 
genug Ehre darin finde, dass Herodes herrsche. Auch 
werde dadurch hinreichend die Sicherheit ihrer Familie 
gewährleistet, da er von Natur mehr als andere befähigt 
sei, zu regieren. Jetzt aber habe er sie durch die 
ihrem Sohn erwiesene Ehre zum Danke verpflichtet, und 
sie werde ihm künftig in allem gehorsam sein. Zugleich 
bitte sie ihn um Verzeihung, wenn sie vielleicht wegen 
ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm und aus 
allzu grossem Selbstvertrauen in Erregung geraten sei 
und unbesonnen gehandelt habe. Nachdem sie diese 
Heden gewechselt, gaben sie sich zum Zeichen der Aus- 
söhnung die Hand, und es schien nun jeder Argwohn 
beseitigt zu sein. 


Drittes Kapitel. 

Wie Herodes den Aristobulus umbringen liess und 
deshalb von Antonius zur Verantwortung gezogen 
wurde. Von Joseph und Mariamne. 

1. Bald darauf entsetzte Herodes den Ananel der 
hohepriesterlichen Würde. Dieser war, wie bereits oben 
erwähnt, kein Einheimischer, sondern gehörte seiner Her- 
kunft nach zu den Juden , welche jenseits des Euphrat 



Fünfzehntes Buch, 3. Kapitel. 


297 


wohnten. Einst waren ja viele Tausende unseres Volkes 
nach Babylon weggeführt worden , und von diesen 
stammte, und zwar aus hohepriesterlichem Geschlecht, 
Ananel ab, den Herodes sich schon längst durch Freund- 
schaft verpflichtet hatte. Als nun Herodes zur Regierung 
gelangt war, hatte er ihm die Ehrenstelle verliehen, die 
er ihm jetzt in ungesetzmässiger Weise um der Beilegung 
eines Familien Streites willen wieder aberkannte. Denn 
wer einmal diese Würde erlangt hatte, konnte derselben 
nicht wieder verlustig erklärt werden. Antiochus Epi- 
phanes war der erste, der dieses Gesetz verletzte, da er 
dem Jesus die Würde nahm und sie auf dessen Bruder 
Onias übertrug. Der zweite war Aristobulus, der seinen 
Bruder Hyrkanus aus dem Amt entfernte, und als 
dritter folgte nun Herodes, der das Hohepriestertum dem 
Jünglinge Aristobulus verlieh. 

2. Auf diese Weise glaubte nun Herodes den Familien- 
zwist aus der Welt geschafft zu haben. Doch liess er 
nach erfolgter Aussöhnung mit Alexandra nicht, wie es 
billig gewesen wäre, seinen Argwohn gegen sie fahren, 
sondern hielt sich wegen ihrer früheren Feindseligkeit 
auch jetzt noch für berechtigt, bei Gelegenheit einen von 
ihr angezettelten Aufruhr befürchten zu müssen. Er 
befahl ihr daher, sich innerhalb der Königsburg zu 
halten, und gestattete ihr nicht, etwas nach ihrem Be- 
lieben zu thun. Ja, er liess sie so scharf bewachen, dass 
sie ausser den gewöhnlichen täglichen Verrichtungen 
nichts unternehmen konnte, wovon er nicht Kenntnis 
erlangt hätte. Das alles rief allmählich bei Alexandra 
eine Erbitterung hervor, die bald zu förmlichem Hasse 
aus wuchs. Denn aufgebläht durch weiblichen Stolz, 
konnte sie die über sie verhängte argwöhnische Be- 
wachung nicht ertragen und wollte lieber alles Erdenk- 
liche leiden, als, ihrer Freiheit beraubt, unter dem Schein 
der Ehre in Knechtschaft und Furcht ihr Leben ver- 
bringen. Sie schickte daher zu Kleopatra, klagte der- 
selben ihre unerquickliche Lage und bat sie, ihr nach 
Kräften behilflich zu sein. Kleopatra riet ihr, sie solle 



298 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


heimlich mit Aristobulus zu ihr nach Aegypten fliehen, 
was Alexandra denn auch, da ihr dieser Rat gefiel, 
folgendermassen ins Werk zu setzen beschloss. Sie liess 
zwei Särge anfertigen und schloss sich und ihren Sohn 
in dieselben ein, nachdem sie ihren ins Einverständnis 
gezogenen Dienern befohlen hatte, sie während der Nacht 
hinauszutragen. Sie gedachte sich dann sogleich ans Meer 
zu begeben, wo ein Schiff bereit lag, das sie nach Aegypten 
bringen sollte. Ihr Diener Aesopus aber, der zufällig 
ihren Freund Sabbion traf, teilte diesem, weil er glaubte, 
er sei eingeweiht, den Plan mit. Sabbion war dem 
Herodes verhasst, weil er im Verdacht stand, einer von 
denen zu sein, die dem Antipater Gift gereicht hatten, 
und da er hoffte, durch die Anzeige vom Vorhaben 
Alexandras bei Herodes wieder in Gunst zu kommen, 
verriet er dem Könige die beabsichtigte Flucht. Herodes 
aber liess die beiden bis zur wirklichen Ausführung des 
Planes in Ruhe, und erst als sie im Begriffe standen, 
zu fliehen, liess er sie festnehmen. Obwohl er nun gern 
gegen Alexandra ein geschritten wäre, sah er ihr doch 
das Vergehen nach; denn er fürchtete, Kleopatra, die 
nicht gut auf ihn zu sprechen war, würde ihn auf eine 
Anklage von seiten Alexandras hin noch mehr hassen. 
Er stellte sich deshalb an , als ob er aus Grossmut und 
Milde Verzeihung gewährt habe. Doch nahm er sich 
vor, auf alle Fälle den Jüngling aus dem Wege zu 
räumen. Damit jedoch seine Schuld weniger ans Licht 
käme, glaubte er diese That nicht sogleich nach dem 
Fluchtversuch ausführen zu dürfen. 

3. Unterdessen fiel das Laubhüttenfest ein, das bei 
uns mit grösster Feierlichkeit begangen wird. Herodes 
liess die Festtage noch Vorbeigehen und gab sich 
während derselben mit dem Volke den Vergnügungen hin; 
doch ward bei dieser Gelegenheit sein Neid noch ganz 
besonders zur Ausführung des geplanten Verbrechens 
gedrängt. Denn als der Jüngling Aristobulus, damals 
siebzehn Jahre alt, zum Altäre getreten war, um nach der 
Vorschrift des Gesetzes zu opfern, und in seinem hohe- 



Fünfzehntes Bach, 3. Kapitel. 


299 


priesterlichen Gewände die religiösen Ceremonien getreu 
dem Ritus vollzog, auch in seiner hervorragenden Grösse 
und Schönheit wie in seiner edlen Gestalt seine vornehme 
Abkunft zeigte, hatte die ganze Volksmenge ihr Wohl- 
gefallen an ihm und rief sich die herrlichen Thaten 
seines Grossvaters Aristobulus ins Gedächtnis. Und 
überwältigt von ihren Gefühlen, jauchzte sie ihm freudig 
zu, brachte ihm Segenswünsche dar und liess überhaupt 
eine solche Begeisterung für ihn zu Tage treten, dass es 
Tätlicher gewesen wäre, den Dank für die früher 
empfangenen Wohlthaten mit Rücksicht auf Herodes 
weniger laut auszudrücken. Denn gerade infolge dieser 
Vorgänge beschloss Herodes, seinen Anschlag gegen den 
Jüngling bald ins Werk zu setzen. Als er daher nach 
dem Feste von Alexandra nach Jericho zum Mahle ge- 
laden war, suchte er durch Schmeicheleien den Jüngling 
an einen stillen Ort hinzulocken und stellte sich dann, 
als wollte er sich mit ihm in jugendlichem Spiel ergötzen. 
Da es aber an dem Orte sehr heiss war, gingen sie, er- 
mattet vom Spiel, beiseite und traten an die Fischteiche, 
die in beträchtlicher Grösse die Anlagen umschlossen 
und bei der Hitze angenehme Kühlung gewährten. Zu- 
nächst nun sahen sie einigen ihrer Freunde zu, wie diese 
in dem Wasser schwammen, und als sich dann der Jüng- 
ling auf Zureden des Herodes gleichfalls unter sie 
mischte, tauchten ihn die Freunde des Herodes, welche 
dieser entsprechend beauftragt hatte — es dämmerte 
bereits — unter dem Schein des scherzhaften Spiels 
unter und liessen ihn nicht eher los , als bis sie ihn er- 
tränkt hatten. So kam Aristobulus im blühenden Alter 
von noch nicht achtzehn Jahren ums Leben , nachdem er 
nur ein Jahr lang die Hohepriesterwürde bekleidet hatte, 
die nun wieder auf Ananel überging. 

4. Als die Frauen von diesem Unfall Kunde er- 
hielten, verwandelte sich ihre Freude in Trauer, und es 
entstand ein anhaltendes Wehklagen um den geliebten 
Toten. Auch die ganze Stadt ward, als die Nachricht 
sich verbreitete, von gewaltigem Schmerz ergriffen, und 



300 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


Jede« Haus beweinte das Unglück, als wäre es ihm selbst 
zugestossen. Besonders aber empfand Alexandra den 
tiefsten Schmerz, der sich noch vermehrte, als sie erfuhr, 
wie der Vorfall sich ereignet hatte. Doch musste sie 
aus Furcht vor noch grösserem Übel alles geduldig über 
sich ergehen lassen. Oft zwar geriet sie in Versuchung, 
sich das Leben zu nehmen; aber stets hielt sie davon 
der Gedanke zurück, sie könnte, wenn sie am Leben 
bliebe, noch etwas dazu beitragen, dass ihr hinterlistig 
ermordeter Sohn gerächt würde. Sie stellte sich daher, 
als wisse sie nichts davon, dass ihr Sohn vorsätzlich ge- 
tötet worden war, und glaubte so eher eine Gelegenheit 
zur Rache finden zu können, da sie bei diesem Benehmen 
am wenigsten Argwohn erregte. Herodes selbst aber 
suchte überall den Anschein zu erwecken, als ob er an 
dem Tode des Jünglings nicht die geringste Schuld 
trüge, indem er nicht nur an der Trauer Anteil nahm, 
sondern sogar Thränen vergoss, wie wenn ihm die Teil- 
nahme wirklich von Herzen käme. Es wäre ja immer- 
hin möglich gewesen, dass ihn beim Anblick des in 
blühender Jugendschönheit dahingemordeten Jünglings 
aufrichtiger Schmerz ergriffen hätte, wenn es nicht allzu 
klar gewesen wäre, dass er den Tod desselben im Inter- 
esse seiner eigenen Sicherheit für notwendig gehalten 
hätte. Offenbar wollte er also mit seinem Gebaren nur 
die Schuld von sich abwälzen. Besonders aber über- 
schritt er in der Pracht des Leichenbegängnisses alles 
Mass, indem er die Aufbahrung mit peinlichster Sorg- 
falt und unter Herbeischaffung einer grossen Menge von 
kostbaren Spezereien vollziehen, wie auch viele Kleino- 
dien mit begraben liess. Dadurch gelang es ihm denn 
auch, wenigstens die Trauer und den Schmerz der 
übrigen Frauen zu mildern und ihnen einigen Trost zu 
gewähren. 

5. Alexandra jedoch vermochte er nicht zu besänftigen. 
Vielmehr wuchs deren Schmerz von Tag zu Tag im An- 
denken an ihr grosses Unglück, und allmählich steigerte 
sich ihre Erbitterung derart, dass sie der Kleopatra von 



Fünfzehntes Buch, 3. Kapitel. 


801 


der Hinterlist des Herodes und der Ermordung ihres Sohnes 
brieflich Mitteilung machte. Da diese aber schon längst 
den Wunsch hegte, den Bitten Alexandras zu willfahren 
und deren Schicksal aufrichtig bedauerte, machte sie 
die Angelegenheit zu der ihrigen und liess nicht ab, den 
Antonius zu bestürmen, dass er den Mord des Jüng- 
lings rächen möge. Es gezieme sich nicht, sagte sie, dass 
Herodes, der doch nur durch ihn in den Besitz seines 
Reiches, welches ihm eigentlich gar nicht zukora me, ge- 
langt sei, solche Verbrechen gegen die wahren Könige 
begehe. Dadurch liess sich Antonius denn auch bewegen, 
und als er nach Laodikea kam, lud er den Herodes zur 
Verantwortung vor, da er der hinterlistigen Ermordung 
des Aristobulus angeklagt sei. Herodes, der infolge des 
Grolles der Kleopatra, die den Antonius beständig gegen 
ihn aufreizte, Gefahr für sich fürchtete, beschloss, da ihm 
nichts anderes zu thun übrig blieb, dem Befehle zu ge- 
horchen. Er vertraute alsdann seinem Schwager Joseph 
die Verwaltung des Reiches an und befahl ihm ins- 
geheim, er solle, sobald Antonius ihm selbst ein Leid 
zufüge, sogleich die Mariamne umbringen. Denn er 
liebe sie so sehr, dass er es für schmachvoll halte, wenn 
ein anderer nach seinem Tode ihre Schönheit besitzen 
würde. Auch deutete er im allgemeinen darauf hin, dass 
Antonius, der von Mariamnes Schönheit gehört, eine 
heftige Neigung zu ihr gefasst habe. Nach Erlass dieser 
Vorschriften reiste Herodes mit sehr zweifelhaften Er- 
wartungen zu Antonius'ab. 

6. Joseph aber, der während der Dauer der Stell- 
vertretung mit Mariamne häufige Unterredungen pflog, 
teils weil die Erledigung der Geschäfte dies verlangte, 
teils um der Königin die gebührende Ehre zu erweisen, 
that bei diesen Gelegenheiten öfters des Herodes und seiner 
grossen Liebe zu ihr Erwähnung. Als nun die Frauen 
und besonders Alexandra nach Weiberart seine 
Schmeicheleien belächelten, ging Joseph in seinem Be- 
streben, ihnen die liebevolle Gesinnung des Königs dar- 
zulegen, endlich so weit, dass er den ihm erteilten 


Go gle 




302 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


heimlichen Auftrag verriet, um dadurch zu beweisen* 
dass Herodes ohne Mariamne nicht leben könne und auch 
im Tode nicht von ihr getrennt sein wolle. Die Weiber 
aber schlossen aus diesen Worten Josephs, wie das auch 
leicht erklärlich war, nicht auf die heftige Liebe des 
Herodes, sondern einzig auf dessen grausame Gesinnung, 
infolge deren er selbst nach seinem Tode noch in 
tyrannischer Herzlosigkeit zu ihrem Verderben beitragen 
wolle, und schwebten also in bängster Sorge um das, 
was ihnen bevorstand. 

7. Unterdessen wurde von den Feinden des Herodes 
in der Stadt Jerusalem das Gerücht verbreitet, der König 
sei von Antonius gefoltert und mit dem Tode bestraft 
worden. Hierdurch ward der ganze Hof, besonders aber 
die Weiber, in die grösste Bestürzung versetzt. Alexandra 
suchte nun den Joseph zu veranlassen, mit ihnen aus 
der Königsburg zu fliehen und sich unter den Schutz 
der römischen Legion zu stellen, welche damals nahe 
bei der Stadt unter dem Befehle des Julius lagerte. 
Denn dort, sagte sie, würden sie, wenn im Palaste ein 
Aufruhr entstände, bei dem bekannten Wohlwollen der 
Römer am sichersten sein , und zugleich hege sie auch 
die Hoffnung, dass, wenn Antonius die Mariamne gesehen 
habe, sie durch ihn nicht nur die Herrschaft, sondern 
auch alles andere erlangen würden, was der Sprösslinge 
königlicher Ahnen würdig sei. 

8. Während sie nun hierüber noch im Gespräch be- 
griffen waren, kam auf einmal ein Brief von Herodes 
an, der das gerade Gegenteil des Gerüchtes meldete. 
Denn sobald Herodes zu Antonius gekommen war, 
hatte er ihn durch Geschenke, die er von Jerusalem 
mitgenommen, gnädig^gestimmt und im Verlaufe der 
Unterredung seinen Zorn derart besänftigt, dass die 
Worte derKleopatra gegenüber seiner milden Gesinnung 
ihre Kraft verloren. Antonius sagte nämlich, es zieme 
sich nicht, dass ein König dafür zur Verantwortung ge- 
zogen werde, was er während seiner Regierung thue; er 
selbst möchte unter solchen Umständen nicht König 



Fünfzehntes Buch, 3. Kapitel. 


303 


sein. Wer die Würde und Macht eines Königs besitze, 
müsse nach Recht und Billigkeit auch freien Gebrauch 
davon machen dürfen. Der Kleopatra aber gab er zu 
verstehen, es passe sich nicht, dass sie sich um die An- 
gelegenheiten der Fürsten kümmere. Von allen diesen 
Vorgängen schrieb Herodes, wie auch weiterhin von den 
Ehrenbezeugungen , die ihm Antonius tagtäglich in 
Audienzen und bei Tische erweise, und dass ihm das 
alles zu teil werde trotz der Feindseligkeit der Kleopatra, 
welche, nach seinem Reiche lüstern, auf alle mögliche 
Weise versuche, ihn aus dem Wege zu räumen. Da nun 
Antonius ihm so wohlgeneigt sei, habe er auch für die 
Zukunft nichts Schlimmes zu befürchten, sondern werde 
bald zurückkehren und bei dem Wohlwollen des Anto- 
nius noch fester stehen. Kleopatra aber habe weiter 
nichts mehr zu erwarten, da Antonius, um ihre Forde- 
derungen zu befriedigen, ihr Coelesyrien geschenkt und 
damit sowohl ihren Groll beschwichtigt als auch bewirkt 
habe, dass sie auf das Königreich Judaea keinen An- 
spruch mehr erhebe. 

9. Nach Bekanntwerden dieses Schreibens hatte selbst- 
verständlich das Vorhaben, sich unter den Schutz der 
Römer zu begeben, keinen Zweck mehr. Doch blieb 
dasselbe dem Herodes nicht verborgen. Denn als der 
König, weil Antonius gegen die Parther aufgebrochen 
war, nach Judaea zurückkehrte, teilten ihm seine 
Schwester Salome und seine Mutter den Plan mit, und 
Salome beschuldigte noch obendrein ihren Gatten Joseph 
des häufigen verbotenen Umganges mit Mariamne. Das 
that sie aber, weil sie gegen Mariamne einen alten Groll 
hegte, der darin seinen Grund hatte, dass diese bei 
Streitigkeiten, die zwischen ihnen vorfielen, ihr und ihren 
Geschwistern gewöhnlich ihre niedrige Herkunft zum 
Vorwurf machte. Herodes, der Mariamne stets leiden- 
schaftlich geliebt hatte, geriet über diese Mitteilungen 
in heftigen Zorn und vermochte seine Wut kaum zu 
bezwingen. Doch nahm er sich, um in seiner gewaltigen 
Erregung nichts zu begehen, was er später bereuen 



804 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


müsse, zusammen und stellte Mariamne insgeheim 
wegen ihrer Zusammenkünfte mit Joseph f zur Rede. 
Da sie aber ihre Unschuld eidlich beteuerte 
und zu ihrer Rechtfertigung alles vorbrachte, was 
nur Schuldlose geltend machen können, überzeugte 
sie den König allmählich von der Grundlosigkeit der 
Anklage. Dieser liess nun von seinem Zorn ab und 
ging, durch die Liebe zu ihr besiegt, sogar so weit, dass 
er sich entschuldigte, weil er der Verleumdung so leicht- 
sinnig Glauben geschenkt, ihr für ihr sittsames Ver- 
halten seinen Dank abstattete und ihr seine besonders 
herzliche Liebe zu erkennen gab. Und wie es meistens 
bei solchen Anlässen zu geschehen pflegt, brachen sie 
schliesslich beide in Schluchzen aus und umarmten sich 
innig. Da aber der König sie wieder und wieder seiner 
grossen Liebe versicherte und ihre Gegenliebe zu ent- 
flammen suchte, erwiderte ihm Mariamne: „Das ist 
aber doch sicher kein Zeichen grosser Liebe, dass du 
den Befehl erteilt hast, mich trotz meiner Unschuld zu 
töten, sobald Antonius dir etwas zuleide thun würde.“ 
Diese Worte schnitten dem Könige ins Herz; er liess 
sie aus seinen Armen, raufte sich das Haar und schrie 
laut auf, nun sei der klare Beweis geliefert, dass sie mit 
Joseph verbotenen Umgang gepflogen habe. Denn dieser 
hätte ihr den geheimen Auftrag gewiss nicht verraten, 
wenn sie nicht so sehr miteinander vertraut gewesen 
wären. Beinahe hätte der König sogar seine Gattin um- 
gebracht. Doch verhütete seine immer noch grosse Liebe 
zu ihr diesen Ausbruch seines Zornes, wiewohl er sich 
nur mühsam beherrschte. Den Joseph aber liess er ohne 
jedes Verhör hinrichten und Alexandra als die Urheberin 
alles Unheils ins Gefängnis werfen. 




Fünfzehntes Buch, 4. Kapitel. 


305 


Viertes Kapitel. 

Wie Kleopatra , nachdem Antonius ihr einen Teil von 
Judaea und Arabien geschenkt hatte, nach Judaea kam, 
und wie Herodes sie reich beschenkte und nach Aegypten 

geleitete. 

1. Unterdessen kam es in Syrien wieder zu Unruhen, 
da Kleopatra nicht auf hörte, den Antonius zum Kriege 
gegen ihre sämtlichen Nachbarn zu hetzen. Sie suchte 
ihn nämlich zu bereden, ihnen allen die Herrschaft zu 
nehmen und dieselbe ihr zu übertragen, und bei der 
grossen Liebe, die er zu ihr hegte, hatte sie grossen 
Einfluss auf ihn. Habgierig von Natur, wie sie war, 
schreckte sie vor keiner noch so grossen Ungerechtigkeit 
zurück, wenn sie ihre Zwecke dadurch fördern konnte. 
So hatte sie ihren fünfzehn Jahre alten Bruder, von dem 
sie wusste , dass er ihr auf dem Throne folgen sollte, 
mit Gift aus dem Wege geräumt, und ihre Schwester 
Arsinoö, als diese sich zu Ephesus in den Dianatempel 
geflüchtet hatte, mit Hilfe des Antonius umbringen 
lassen. Wo sie auch nur die leiseste Hoffnung hatte, 
zu Geld zu kommen, verschonte sie weder Tempel noch 
Gräber. Kein Ort war ihr so heilige dass sie" ihn nicht 
mit Gewalt seines Schmuckes beraubt hätte, und keiner 
so unheilig, dass sie sich gescheut hätte, ihn zu betreten, 
wenn sie nur hoffen konnte, ihre unersättliche Habgier 
daselbst zu befriedigen. Kurz, es war dem üppigen und 
sinnlichen Weibe nichts genug, und es fehlte ihr alles, 
wenn sie auch nur etwas nicht besass,] wonach sie ver- 
langte. Deshalb lag sie beständig dem Antonius an, 
dass er anderen ihre Besitzungen nehmen und ihr 
schenken möge. Als sie nun in Syrien mit ihm zu- 
sammentraf, gedachte sie auch dieses Land in ihre Ge- 
walt zu bringen. In derselben Absicht liess sie Lysanias, 
den Sohn des Ptolemaeus, unter dem Vorwand er- 
morden, er wolle die Parther in Aufruhr bringen, 
und forderte von Antonius, er solle die Länder Arabien 

Josephus’ Jüdische Altertümer, n. 80 


306 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


und Judaea Ihren Königen nehmen und ihr dieselben 
geben. Antonius war nun zwar so in den Netzen dieses 
Weibes verstrickt, dass er nicht nur mit ihr in ver- 
trautestem Verkehr stand, sondern auch wie durch einen 
Zauberbann dazu verpflichtet schien, ihr in allen Stücken 
zu Willen zu sein. Dennoch hielt ihn die Scheu vor 
offenbaren Ungerechtigkeiten davon zurück, ihr in allem 
und jedem nachzugeben und dadurch allzu grossen An- 
stoss zu erregen. Um ihr daher einerseits ihre Bitte 
nicht geradezu abzuschlagen, anderseits aber auch durch 
Eingehen auf alle ihre Forderungen nicht öffentlich als 
ungerecht zu erscheinen, nahm er jedem der beiden 
Könige einen Teil seines Landes ab und schenkte ihn 
der Kleopatra. Auch gab er ihr die Städte, welche 
zwischen dem Flusse Eleutherus und Aegypten lagen, 
jedoch mit Ausnahme von Tyrus und Sidon, weil er 
wusste, dass dieselben von alters her frei gewesen 
waren, obgleich sie ihn sehr bestürmte, ihr auch diese 
zu schenken. 

2. Als Kleopatra das erlangt und den Antonius auf 
seinem Zuge gegen Armenien bis zum Euphrat begleitet 
hatte, kehrte sie um, reiste nach Apamea und Damaskus 
und begab sich von da nach Judaea. Hier trafHerodes 
mit ihr zusammen und pachtete ihr den ihr geschenkten 
Teil von Arabien sowie die Einkünfte des Gebietes von 
Jericho ab. Die letztere Gegend nämlich bringt Balsam 
hervor, welcher der köstlichste im ganzen Lande ist und 
sonst nirgends erzeugt wird, sowie viele und schöne 
Palmbäume. Da nun Kleopatra hier längeren Aufent- 
halt nahm und mit Herodes regen Verkehr unterhielt, 
versuchte sie, von Natur zu unkeuschen Vergnügungen 
geneigt, den König in verbotenen Umgang zu ver- 
stricken, sei es, dass sie wirklich in ihn verliebt war, sei 
es, dass sie, was wahrscheinlicher ist, im Sinne hatte, 
aus dem Ehebruch, zu dem sie ihn verleiten wollte, nur 
neuen Anlass zu (Nachstellungen herzunehmen. Kurz, 
sie stellte sich an, als ob sie in Liebe zu ihm vergehen 
müsse. Herodes aber, der ihr schon längst feindlich 



Fünfzehntes Buch, 4. Kapitel. 


307 


gesinnt war und wusste, dass sie mit ihren Zudringlich- 
keiten niemand verschonte, glaubte, wenn sie aus zügel- 
loser Lust zu den Anträgen sich hätte hinreissen lassen, 
sie mit Recht verabscheuen, wenn sie aber in hinter- 
listiger Absicht dieselben vorgebracht hätte, ihr zuvor- 
kommen und sie dafür züchtigen zu müssen , und wies 
deshalb ihre Lockungen [von ?sich. Dannj überlegte er 
mit seinen Freunden, ob er sie nicht umbringen lassen 
solle, da er jetzt Gelegenheit dazu habe. Dadurch werde 
er alle, denen sie bisher lästig gefallen sei und künftig 
noch lästig fallen könnte, von mancher Unannehmlich- 
keit befreien, und auch dem Antonius werde das von 
Nutzen sein, da sie auch diesem gegenüber sich nicht 
als treu bewähren würde, wenn er einmal in die Lage 
kommen sollte, sich auf sie verlassen zu müssen. Doch 
seine Freunde hielten ihn von diesem Vorhaben zurück, 
indem sie ihm zunächst vorstellten, dass es ihm, da er 
wichtigere Dinge zu thun habe, nicht zieme, sich einer 
so offenbaren Gefahr auszusetzen. Darum baten und 
bestürmten sie ihn, er möge nicht unüberlegt handeln. 
Denn sicher werde Antonius eine solche That nicht un- 
gestraft hingehen lassen, wenn er auch vielleicht über- 
zeugt -sei, dass dieselbe ihm grossen Nutzen bringen 
könne. Vielmehr werde seine Liebe zu Kleopatra noch 
heftiger entfacht werden, wenn er daran denken müsse, 
dass sie mit Gewalt und Hinterlist ihm entrissen worden 
sei. Auch werde Herodes keine hinreichende Ent- 
schuldigung dafür beibringen können , dass er sich an 
einer Frau vergriffen habe, welche die angesehenste und 
mächtigste ihrer Zeit sei. Der Nutzen der That aber, 
wenn überhaupt von einem solchen die Rede sein könne, 
werde, da er mit soloher Tollkühnheit und im Wider- 
spruch mit der Liebe des Antonius errungen werde, gar 
nichts zu bedeuten haben. Daraus gehe klar hervor, 
dass Herodes sein Reich und sein Haus in grosses und 
unabsehbares Unglück stürzen würde. Anderseits stehe 
ihm aber auch nichts im Wege, die Sünde, zu der sie 
ihn verlocken wolle, T zu vermeiden und dadurch seinem 


io 



308 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Nutzen sowohl als auch der Schicklichkeit zu dienen. 
Durch diese abschreckenden Worte und die Schilderung 
der wahrscheinlichen Gefahr hielten sie ihn von seinem 
Vorhaben zurück. Alsdann beschwichtigte Herodes die 
Kleopatra durch Geschenke und begleitete sie nach 
Aegypten. 

3. Sowie nun Antonius Armenien unteijocht hatte, 
schickte er Artabazes, den Sohn des Tigranes, samt 
dessen Söhnen und Satrapen gefangen nach. Aegypten 
und machte sie nebst allen königlichen Kostbarkeiten, 
die er erbeutet hatte, der Kleopatra zum Geschenk. Der 
Herrschaft über Armenien aber bemächtigte sich Artaxias, 
der älteste Sohn des Artabazes, der damals durch Flucht 
entkommen war. Später jedoch vertrieben ihn Archelaus 
und der Caesar Nero, die sodann seinen jüngeren Bruder 
Tigranes auf den Thron setzten. 

4. Was übrigens die Zölle betrifft, die der Kleopatra 
samt den ihr abgetretenen Landesteilen von Antonius 
angewiesen worden waren, so bezahlte Herodes dieselben 
pünktlich, da er es nicht für klug hielt, der 
Aegyptierin Ursache zur Unzufriedenheit zu geben. 
Der Araberkönig nun, von dem Herodes die Abgaben 
erhob, weil dieser für die pünktliche Entrichtung der- 
selben sich verbürgt hatte, entrichtete zwar eine Zeit- 
lang jährlich zweihundert} Talente, wurde aber später 
säumig in der Bezahlung des Geldes, und wenn er auch 
einen Teil der Abgaben auf vieles Drängen hin zahlte, 
so that er daß doch nicht, ohne zugleich noch Unter- 
schlagungen zu begehen. 




Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel. 


309 


Fünftes Kapitel. 

Wie Herodes gegen die Araber Krieg führte. 

Von dem grossen Erdbeben. Des Herodes Rede an seine 

Truppen. 

1. Da nun der Araber sich so unzuverlässig zeigte 
und zuletzt (seiner Pflicht gar nicht mehr nachkam, 
wollte Herodes ihn mit Waffengewalt zwingen, wurde 
aber durch] den inzwischen ausgebrochenen römischen 
Bürgerkrieg daran gehindert. ;Um diese Zeit sah ]man 
nämlich der Schlacht bei Actium entgegen, welche in 
die hundertsiebenundachtzigste Olympiade fiel, und jin 
der Caesar (Octavianus) mit Antonius um die Oberherr- 
schaft kämpfen wollte. Herodes, der sich schon lange 
im Besitz eines vorzüglich bebauten Landes befand und 
sich grosse Reichtümer aus seinenVEinkünften erworben 
hatte, sammelte ein Heer, rüstete~es in jeder Beziehung 
vortrefflich aus und wollte^damit dem Antonius] zu Hilfe 
kommen. Antonius aber erklärte .ihm, dass er seiner Hilfe 
nicht bedürfe, und trug ihm auf, den Araberkönig zu be- 
kriegen, von dessen Treulosigkeit er sowohl durch Herodes 
als auch durch Kleopatra in; Kenntnis gesetzt^ worden 
war. Kleopatra nämlich wünschte sehr, dass die beiden 
miteinander^intKrieg verwickelt würden, weil sie daraus 
Nutzen zu ziehen hoffte. Herodes kehrte also, nachdem 
er den Auftrag des Antonius erhalten hatte, wieder um 
und rüstete sich, in Arabien einzufallen. Mit Fussvolk 
und Reiterei rückte er alsdann aus, traf die Araber bei 
Diospolis und besiegte sie in einer blutigen Schlacht. 
Bald aber brachten sie wieder ein zahlreiches Heer bei 
Kana, einem Orte in Coelesyrien, zusammen. Auf die 
Kunde hiervon führte Herodes den grössten Teil seiner 
Streitkräfte gegen die Araber, und sobald er sich Kana 
genähert hatte, beschloss er, ein Lager zu schlagen und 
dasselbe mit einem Walle zu befestigen, um zu ge- 
legener Zeit eine Schlacht liefern zu können. Als er 
aber die Anstalten hierzu traf, rief das ganze Heer laut 




310 Josephus’ Jüdische Altertümer. 

aus, es wolle sogleich ohne Verzug gegen die Araber 
geführt werden. Denn es war auf einmal von heftiger 
Kampfbegierde erfasst worden, weil es sich wohlgerüstet 
glaubte, und diejenigen Krieger, welche die frühere 
Schlacht mitgemacht hatten, waren erst recht auf den 
Zusammen stoss erpicht. Weil nun das Heer eine so 
grosse Begeisterung und Kampfesfreudigkeit zeigte, be- 
schloss der König, sich diesen, Eifer zu nutze zu machen, 
sprach daher zu seinen Kriegern, er wolle ihrer Tapfer- 
keit nichts mehr in den Weg legen, und zog den Seinen 
in den Kampf voraus, während sie selbst ihm in ge- 
höriger Ordnung folgten. Da erfasste die Araber plötz- 
lich ein gewaltiger Schrecken, sodass sie nur kurzen 
Widerstand leisteten und sich alsbald zur Flucht 
wandten. Ja , sie wären gänzlich aufgerieben worden, 
wenn ein gewisser Athenion nicht dem Herodes und 
den Juden einen schlechten Streich gespielt hätte. 
Dieser Athenion führte imi Namen der Kleopatra den 
Oberbefehl über das derselben gehörende arabische Ge- • 
biet, und da er sich mit Herodes schlecht vertrug, wollte 
er den Ausgang des Krieges nicht unvorbereitet ab- 
warten, beschloss vielmehr, sich ruhig zu verhalten, wenn 
die Araber im Vorteil blieben, dagegen die Juden an- 
zugreifen, falls die Araber, wie es wirklich eintraf, unter- 
liegen würden. Er brach also mit seinem Kriegsvolk 
auf die Juden, welche vom Kampfe ermattet waren und 
sich schon im Besitze des Sieges glaubten, unversehens 
ein und bereitete ihnen eine schwere Niederlage. Weil 
nämlich die Juden ihre Kräfte im Kampf gegen den 
offenen Feind erschöpft hatten und in der Ausnutzung 
ihres Sieges etwas zu lässig waren, wurden sie von den 
frischen Angreifern leicht zum Weichen gebracht und 
erlitten auf dem felsigen und für die Reiterei sehr un- 
günstigen Terrain, an welches ihre Gegner bereits ge- 
wöhnt waren, schwere Verluste. Als nun die Araber 
die verzweifelte Lage ihrer Feinde gewahrten, bereiteten 
auch sie sich mit neuem Mute wieder zum Angriff vor, 
warfen die Juden völlig in die Flucht und richteten 



Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel. 


311 


ein gewaltiges Blutbad unter ihnen an. So kam der 
grösste Teil der Juden um, und nur wenige konnten 
eich ins Lager retten. Herodes hatte zwar, als er die 
üble Lage der Seinen erkannte, in aller Schnelligkeit 
Hilfe herbeizuholen gesucht. Wie sehr er sich aber .auch 
beeilte — die Hilfe kam doch zu spät, da das Lager der 
Juden schon von den Arabern genommen war. ^Die 
letzteren aber waren auf ihren so unverhofft errungenen 
Sieg und die völlige Aufreibung! des feindlichen Heeres 
nicht wenig stolz. Herodes verlegte sich sodann auf 
Raubzüge, schlug sein Lager in den Bergen auf und 
beunruhigte die Araber durch fortwährende Einfälle, 
hütete sich jedoch, sich auf einen offenen Kampf ein- 
zulassen. Auf diese Weise setzte er seinen Feinden arg 
zu und suchte die erlittene’ Niederlage nach Möglichkeit 
wieder gut zu machen. 

2. Unterdessen wurde umj die^Zeit der Schlacht bei 
Actium, 1 die im siebenten Regierungsjahre des Herodes 
zwischen Caesar und Antonius geschlagen wurde, Judaea 
von einem Erdbeben heimgesucht, wie man es noch nie 
erlebt hatte, sodass im ganzenLande eine grosse Menge 
Vieh zu Grunde ging und auch gegen zehntausend 
Menschen unter den Trümmern ihrer eingestürzten 
Häuser den Tod fanden, während das Heer, weil es 
unter freiem Himmel weilte, von dem Unglück nicht 
berührt wurde. Als die Araber von diesem Missgeschick 
der Juden, welches ihnen von denenj, die ihrem Hasse 
gegen die Juden schmeicheln wollten, noch dazu sehr 
übertrieben berichtet) wurde, Kunde Jerhielten, wurden 
eie sehr übermütig, als* wenn sie nach der Verwüstung 
des feindlichen Landes und dem Untergange so vieler 
Menschen nun keinen Widerstand mehr zu erwarten 
hätten. Ja, sie ergriffen sogar die Gesandten der Juden, 
die nach dem Erdbeben zu ihnen gekommen waren, um 
Frieden mit ihnen zu schliessen, töteten sie und rückten 
mit grossem Ungestüm auf das jüdische Heer an. Die 


1 31 y. Chr 



312 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


Juden aber hatten keine Lust, es mit ihnen aufzunehmen, 
da sie nach der schweren Drangsal, welche sie betroffen, 
schier in Verzweiflung geraten waren und sich für viel 
zu schwach hielten, um dem Feinde entgegentreten zu 
können, zumal sie bei ihren zerrütteten heimischen Ver- 
hältnissen auf keine Unterstützung rechnen konnten. 
Bei dieser misslichen Lage redete der König den Heer- 
führern zu und suchte ihren gesunkenen Mut auf- 
zurichten, und nachdem er einige, der Vornehmsten dahin 
gebracht, dass sie sich wieder ermannten, wandte er sich 
an das gesamte Kriegsvolk, das er bis jetzt, weil es von 
den Schicksalsschlägen zu sehr niedergebeugt war, nicht 
anzureden gewagt hatte, und hielt an dasselbe folgende 
ermunternde Ansprache: 

3. „Ich weiss wohl,JJihr wackeren Leute, dass in der 
letzten Zeit sich manches ereignete, was uns schwer 
niedergedrückt hat, und vielleicht dürfte in einer so 
schlimmen Lage selbst der Tapferste den Mut verlieren. 
Weil wir aber jetzt zum Kriege gedrängt werden, und 
nichts von dem, was uns getroffen hat, derart ist, dass 
es nicht durch eine ruhmvolle That wieder ausgeglichen 
werden könnte, will ich euch jetzt ermuntern und euch 
zeigen, wie ihr euren früheren Heldenmut wieder be- 
währen könnt. Was zunächst den Krieg selbst anlangt, 
so will ich euch beweisen, wie gerechte Ursache wir 
haben, ihn zu führen, da wir durch die Ungerechtigkeit 
unserer Feinde dazu gezwungen werden. Denn das wird 
euch, wenn ihr es recht bedenkt, zähe Widerstandskraft 
einflössen. Dann will ich euch auch zeigen , dass alle 
Übel, die uns jetzt drücken, für nichts zu achten sind, 
und dass wir gegründete (Hoffnung auf Sieg haben. Ich 
beginne mit dem ersten Beweise und rufe euch selbst zu 
Zeugen der Wahrheit meiner Worte an. Ihr wisst doch 
gut, wie ungerecht die Araber gehandelt und wie treulos 
und gottlos sie sich nach Art der Barbaren benommen 
haben. Besonders haben sie durch ihre Habgier, durch 
ihren Neid und durch hinterlistige Angriffe uns sehr 
geschadet. Doch wozu soll ich noch viele Worte 




Fünfzehntes Bach, 5. Kapitel. 


313 


hierüber verlieren ? Wer hat 6ie denn, als sie in Gefahr 
standen, ihre Freiheit zu verlieren und in die Knecht- 
schaft der Kleopatra zu fallen, aus dieser Gefahr be- 
freit? Nur meine guten Beziehungen zu Antonius waren 
die Ursache, dass ihnen damals nichts Schlimmeres 
widerfuhr, zumal Antonius nichts that, was uns hätte 
Argwohn einflössen können. Als er dann der Kleopatra 
Teile unseres beiderseitigen Gebietes schenken wollte, 
habe ich auch in dieser Sache die ganze Sorge auf mich 
genommen, uns durch reiche Geschenke Frieden ver- 
schafft, die ersten zweihundert Talente selbst gezahlt 
und für weitere zweihundert Talente, die dem Lande 
auferlegt waren, die Bürgschaft übernommen. Und doch 
haben uns die Araber hierin ihr Wort nicht gehalten. 
Ist es nun schon überhaupt an sich unbillig, dass die 
Juden von ihren Gütern irgend jemand Abgaben oder 
Steuern bezahlen, so ist es doch erst recht nicht in der 
Ordnung, dass wir das auch noch für diejenigen thun 
sollen, die uns ihre Rettung verdanken, zumal die 
Araber, welche eingestandenermassen uns zur Erkennt- 
lichkeit verpflichtet sind, uns noch dazu beleidigt und 
betrogen haben, obwohl wir nicht ihre Feinde, sondern 
ihre Freunde waren. Wenn aber das gegebene Wort 
selbst unter erbitterten Feinden Geltung hat, um wieviel 
mehr muss das unter Freunden der Fall sein! Freilich 
muss man Treue nicht bei denen suchen, die jedes Mittel 
für erlaubt halten, wodurch sie sich Gewinn verschaffen 
können. Kann es euch daher noch im geringsten 
zweifelhaft sein, dass wir an solchen ungerechten 
Menschen Rache nehmen müssen, da Gott selbst uns 
geboten hat, die Ungerechtigkeit zu verabscheuen, und 
da wir nicht nur einen gerechten, sondern auch einen 
notwendigen Krieg Vorhaben ? Haben sie doch mit der 
Ermordung unserer Gesandten eine Schandthat begangen, 
die von Griechen wie Barbaren für gleich nichtswürdig 
gehalten wird. Denn die Griechen erklären die Ge- 
sandten für heilig und unverletzlich; wir aber haben 
unsere wichtigsten Satzungen und den heiligsten Teil 



314 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


unserer Gesetze durch Engel erhalten, die von Gott ge- 
sandt waren. Eine solche Kraft hat der Titel eines 
Gesandten, dass er bei den Menschen für den Stell- 
vertreter Gottes gilt und den Feind mit dem Feinde aus- 
zusöhnen vermag. Welcher Frevel könnte also grösser 
sein wie die Ermordung derer, die gesandt sind, um über 
Recht und Frieden zu verhandeln? Und wie können 
diejenigen, die solchen Frevel begangen haben, je in 
ihrem Leben wieder ruhig und im Kriege wieder glück- 
lich sein? Mir wenigstens scheint das undenkbar. Es 
könnte nun vielleicht jemand einwenden, wir hätten 
wohl das Recht auf unserer Seite, die Feinde aber die 
Stärke und Übermacht der Zahl. Solche Rede kann 
aber bei euch keine Wirkung haben. Denn wer das 
Recht auf seiner Seite hat, hat Gott für sich; wo aber 
Gott ist, da ist auch Macht und Stärke. Bedenken wir 
ferner unsere früheren Thaten: in der ersten Schlacht 
haben wir gesiegt, in der zweiten haben uns die Feinde 
keinen Widerstand geleistet, sondern sind sogleich ge- 
flohen, da sie unseren kraftvollen Ansturm nicht aus- 
zuhalten vermochten. Als wir dann schon gesiegt hatten, 
griff Athenion uns an, ohne uns den Krieg erklärt zu 
haben. Ist das nun nicht eher Hinterlist und Tücke, 
als Tapferkeit? Warum sollen wir denn den Mut ver- 
lieren wegen einer Sache, die eigentlich unsere Zu- 
versicht noch steigern müsste? Und wie können solche 
Menschen uns Furcht einjagen, die, sowie sie offen mit 
uns kämpften, noch stets unterlegen sind, und die, wenn 
sie einen Sieg errungen zu haben schienen, diesen nur 
ihrer Hinterlistigkeit verdankten? Hält sie aber trotz- 
dem noch jemand für tapfer , warum lässt er sich nicht 
eben dadurch zu grösserem Kampfeseifer anspornen? 
Ein Zeichen von Mut ist es doch wahrlich nicht, 
Schwache anzugreifen, sondern vielmehr Stärkere zu 
überwinden. Sollte aber vielleicht jemand infolge der 
Drangsale, die unser Heimatland betroffen haben, und 
namentlich infolge des Erdbebens zaghaft sein, so möge 
er doch zunächst bedenken, dass diese Unfälle den 



Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel. 


315 


Arabern viel grösser Vorkommen, als sie in Wirklich- 
keit sind, und sodann auch, dass es sich für uns nicht 
geziemt, uns durch das iu Angst jagen zu lassen , was 
unsere Feinde mit Zuversicht erfüllt. Denn nicht, weil 
ihnen selbst etwas Glückliches widerfahren ist, sind sie 
so übermütig, sondern weil sie hoffen, wir würden uns 
unter der Wucht der Schicksalsschläge beugen. Wenn 
wir aber gegen sie zu Felde ziehen, werden wir ihren 
Übermut schon dämpfen und dann erst recht zuversicht- 
lich sein, wenn wir nicht mehr mit so trotzigen Gegnern 
zu ringen haben. Lasst uns also nicht verzagen und 
nicht etwa glauben , dass unser Missgeschick eine Folge 
des göttlichen Zornes sei ; vielmehr ist dasselbe nur dem 
blossen Zufall zuzuschreiben. Wäre es aber auch wirk- 
lich von Gott in seinem Ratschlüsse über uns verhängt 
worden, so hätte es doch auch schon durch seinen Rat- 
schluss ein Ende genommen, weil Gott sich an dem 
Vergangenen genügen lässt. Denn hätte er uns noch 
fernerhin heimsuchen wollen, so würde er gewiss seinen 
Ratschluss nicht so schnell geändert haben. Dass es 
aber sein Wille ist, dass wir diesen Krieg unternehmen 
und dass derselbe von ihm für gerecht gehalten wird, 
hat er uns deutlich zu erkennen gegeben. Denn während 
rings im Lande gar manche durch das Erdbeben um- 
gekommen sind, ist doch keinem einzigen Krieger etwas 
zugestossen. Vielmehr seid ihr alle wohlbehalten, wo- 
durch Gott euch kundthut, dass, wenn ihr auch mit 
Weib und Kind in den Krieg zöget, euch dennoch kein 
Unheil treffen würde. Wenn ihr das alles bedenkt und, 
was noch mehr heissen will, euch vorstellt, dass Gott 
stets für euch streiten wird, so werdet ihr gerechte und 
blutige Rache nehmen an denen, die treulos gegen ihre 
Freunde, unversöhnlich im Kriege, frevelhaft gegen 
unsere Gesandten waren, und die ihr an Tapferkeit 
stets weit übertroffen habt. * 

3. Diese Rede hob den Mut der Juden gewaltig. 
Herodes aber führte sie nach Darbringung eines feier- 
lichen Opfers eilig über den Jordan gegen die Araber 



316 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


und schlug nicht weit vom Feinde sein Lager auf. Er 
beschloss sodann, eine zwischen den Juden und den 
Arabern liegende Festung zu nehmen , weil er dies für 
nützlich hielt, einmal für den Fall, dass derZusammen- 
stoss mit dem Feinde schnell erfolgen sollte, dann aber 
auch im Hinblick auf die Möglichkeit, dass der Kampf 
sich in die Lange ziehen würde; in letzterem Falle 
sollte die Festung ein befestigtes Lager ersetzen. Die 
Araber jedoch hatten denselben Plan, und so entbrannte 
um diesen Ort der Kampf. Anfangs beschränkte sich 
derselbe auf leichte Plänkeleien; dann aber wurden die 
Gegner handgemein, und es fiel auf beiden Seiten eine 
beträchtliche Anzahl , bis schliesslich die Araber unter- 
lagen und zu weichen begannen. Dadurch wuchs das 
Selbstvertrauen der Juden, und da der König bedachte, 
dass die Araber eher alles andere thun würden, als sich 
wieder in einen Kampf einzulassen, fing er an, die 
feindlichen Verschanzungen zu zerstören und das Lager 
der Araber zu stürmen. Ohne alle Ordnung, Kampfes* 
freudigkeit und Siegeshoffnung zogen die Feinde heran 
und leisteten nur Widerstand, weil sie an Zahl über- 
legen waren und aum Kampfe genötigt wurden. Schliess- 
lich entwickelte sich ein blutiges Treffen, in welchem 
auf beiden Seiten gar viele umkamen. Alsdann 
wandten sich] die Araber zur Flucht, und es entstand 
unter ihnen ein gewaltiges Blutbad, da sie nicht nur 
dem Schwerte der Feinde, sondern auch dem ihrer 
eigenen Freunde erlagen. Es kam nämlich bei der 
grossen Menschenmasse zu einer ungeheuren Verwirrung, 
in der die Araber 6ich gegenseitig zu Tode traten und 
mit ihren eigenen Geschossen verwundeten. So geschah 
es, dass fünftausend von ihnen fielen. Der Rest flüchtete 
sich in eine Festung, aber wegen Mangels an Lebens- 
mitteln und |besonders an Wasser ohne alle Hoffnung 
auf Rettung. Die Juden setzten ihnen nach, konnten 
jedoch nicht zugleich mit ihnen in die Festung ein- 
dringen und schlossen sie deshalb ein. Dann be- 
wachten sie die Pässe aufs schärfste und schnitten 



Fünfzehntes Buch, 5. Kapitel. 


317 


ihren Feinden dadurch jede Möglichkeit der Flucht wie 
des Entsatzes ab. 

5. In dieser schlimmen Lage schickten die Araber 
Gesandte an Herodes, zunächst um wegen des Friedens 
zu unterhandeln, und ferner, um Abhilfe hinsichtlich 
ihres grossen Wassermangels zu erbitten. Herodes aber, 
der sich für das erlittene Unrecht rächen wollte, nahm 
weder die Gesandten, noch Lösegeld für die Gefangenen, 
noch irgend einen anderen Vorschlag an, und so sahen 
sich die Araber durch] Durst und ihre sonstige Not 
endlich gezwungen, sich den Juden zu ergeben, um sich 
von ihnen fesseln und wegführen zu lassen. Auf diese 
Weise wurden im Verlauf von fünf Tagen viertausend 
Araber in die Gefangenschaft geschleppt. Am sechsten 
Tage aber entschlossen sich die übrigen , einen regel- 
rechten Ausfall zu versuchen und mit dem Feinde hand- 
gemein zu werden, da sie sich lieber der Gefahr des 
Kampfes, als dem schmählichen Hungertode unterziehen 
wollten. Sie rückten also aus der Umwallung heraus, 
konnten aber vor körperlicher und geistiger Ermattung 
keinen nennenswerten Widerstand mehr leisten, weshalb 
sie den Tod. als Gewinn, das Leben aber als Qual be- 
trachteten. Und so fielen gleich beim ersten Zusammen- 
stoss gegen siebentausend Mann von ihnen. Nach dieser 
Niederlage verloren die Araber allen Mut, und voll 
Bewunderung für die Feldherrntüchtigkeit des Herodes 
ergaben sie sich ihm und erkannten ihn als ihren Herrn 
an. Herodes aber kehrte, stolz auf sein Kriegsglück 
und wegen seiner Heldenthaten allgemein bewundert, 
nach Hause zurück. 



318 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Sechstes Kapitel. 

Wie Herodes den Hyrkanus umbringen liess, zum 
Caesar reiste und von diesem freundlich empfangen 
wurde. Wie er bald darauf auch dem Caesar zu 
Ptolemaxs einen glänzenden Empfang bereitete. 

1. Herodes hatte nun alles so in Ordnung gebracht, 
dass es schien, als könne ihm von keiner Seite mehr 
etwas Widriges zustossen. Gleichwohl geriet er nach 
dem Siege, welchen Octavianus über Antonius bei Ac- 
tium errungen hatte, in Gefahr, alles zu verlieren. Denn 
nach dieser Schlacht gab nicht nur Herodes selbst jeg- 
liche Hoffnung auf, sondern es thaten dies auch seine 
Freunde, während seine Feinde frohlockten. War es 
doch wahrscheinlich, dass Herodes wegen der freund- 
schaftlichen Beziehungen zu Antonius nun seiner Strafe 
nicht entgehen würde. Seine Freunde fingen daher an, 
völlig den Mut zu verlieren, während seine Feinde zwar 
äusserlich Mitgefühl zur Schau trugen, innerlich aber 
sich freuten, da sie nun eine bessere Wendung der 
Dinge für sich erhofften. Bei dieser Sachlage hielt 
Herodes es für geraten, den Hyrkanus, der allein vom 
Königsgeschlechte noch am Leben war, aus dem Wege 
zu räumen. Denn er glaubte, dass es für ihn vorteilhaft 
sein müsse, wenn für den Fall, dass er der drohenden 
Gefahr entginge, niemand mehr vorhanden wäre, der, 
des Thrones würdiger als er selbst, den Versuch machen 
könnte, sich der Herrschaft zu bemächtigen. Würde 
aber der Caesar ihn mit dem Tode bestrafen, so wollte 
er wenigstens dem Hyrkanus nicht die Freude gönnen, 
dass er ihm in der Regierung folge. 

2. Während Herodes sich mit solchen Gedanken 
trug, gaben ihm die Freunde des Hyrkanus selbst 
Gelegenheit, seinen Plan zu verwirklichen. Hyrkanus 
nämlich wollte sich, da er von milder Sinnesart war, in 
die Staatsgeschäfte nicht einmischen, dachte auch nicht 
an Neuerungen, sondern überliess, zufrieden mit seinem 



Fünfzehntes Buch, 6. Kapitel. 


319 


Lose, alles dem Schicksal. Alexandra dagegen, herrsch- 
süchtig und von unbändigem Verlangen nach Um- 
wälzung durchdrungen, reizte ihren Vater Hyrkanus 
auf, er solle doch den Herodes mit seinen fortwährenden 
Frevelthaten gegen ihr Haus nicht ruhig gewähren 
lassen, sondern sich die Hoffnungen, die ihm in der Zu- 
kunft winkten, schon jetzt zu nutze machen. Dann bat 
sie ihn, an den Araberfürsten Malchus zu schreiben und 
ihn um Aufnahme und sicheres Geleit zu ersuchen; denn 
wenn nach ihrer Entfernung Herodes als Feind des 
Caesars seinem verdienten Schicksal anheimfalle, werde 
die Herrschaft auf sie übergehen, teils ihrer Abkunft 
wegen, teils weil das Volk sehr an ihnen hänge. Diesen 
Ratschlägen schenkte Hyrkanus zunächst kein Gehör. 
Als aber Alexandra ihm Tag und Nacht mit der den 
Weibern eigenen Hartnäckigkeit anlag und immerfort 
von Nachstellungen sprach, die Herodes gegen ihn be- 
absichtige, liess er sich endlich bereden , einem gewissen 
Dositheus einen Brief an den Araber zu übergeben, 
worin er diesen bat, ihm Reiter zu schicken, die ihn ab- 
holen und bis zum See Asphaltis geleiten sollten, welcher 
von Jerusalem dreihundert Stadien entfernt ist. Auf 
den Dositheus aber hatte er sein besonderes Vertrauen 
gesetzt, weil dieser sowohl ihm wie der Alexandra sehr 
zugethan war und alle Ursache hatte, dem Herodes 
feindselig zu sein. Denn er war ein Verwandter Josephs, 
den Herodes hatte hinrichten lassen, und der Bruder 
derer, die auf Befehl des Antonius früher zu Tyrus um- 
gebracht worden waren. Trotzdem fühlte er sich nicht 
bewogen, dem Hyrkanus treu zu bleiben; vielmehr schlug 
er die Gunst des Herodes höher an und übergab diesem 
den Brief. Herodes lobte ihn wegen seiner Anhänglich- 
keit und trug ihm auf, den Brief wieder zu verschliessen, 
zu siegeln , dem Malchus zu überbringen und dessen 
Antwortschreiben in Empfang zu nehmen. Denn er 
habe das grösste Interesse daran, auch dessen Gesinnung 
kennen zu lernen. Dositheus that das bereitwillig, und 
der Araber schrieb zurück, er werde den Hyrkanus 




320 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


dessen Begleiter und alle Juden, die zu ihm hielten, 
gern aufnehmen; auch werde er ihn sicher geleiten und 
keinen seiner Wünsche unberücksichtigt lassen. Als 
Herodes diesen Brief erhalten hatte, liess er den Hyr- 
kanus zu sich rufen und fragte ihn, ob er mit Malchus 
eine Verabredung getroffen habe. Hyrkanus stellte das 
entschieden in Abrede; Herodes aber zeigte ihm vor 
versammeltem Hofe den Brief und liess ihn sogleich 
hinrichten. 

3. In dieser Weise findet sich der Hergang in den 
Annalen des Herodes beschrieben. Nach anderen jedoch 
hat sich die Sache nicht so verhalten; vielmehr soll 
Herodes den Hyrkanus nicht sowohl aus dem oben er- 
wähnten Grunde, als wegen der Nachstellungen, die 
dieser ihm bereitet, unter Anklage gestellt und zum Tode 
verurteilt haben. Sie schreiben nämlich, Herodes habe 
bei einem Gastmahl, ohne seinen Argwohn auch nur an- 
zudeuten, den Hyrkanus gefragt, ob ihm ein Brief von 
Malchus zugegangen sei, worauf dieser entgegnet habe, 
er habe allerdings einen Brief von ihm empfangen, doch 
sei der Zweck desselben nur der gewesen, ihm einen 
Gruss zu entbieten. Hierauf habe sich Herodes wieder 
an ihn mit der Frage gewandt, ob er von Malchus Ge- 
schenke erhalten habe, und als ihm hierauf die Antwort 
erteilt worden sei, er habe nur vier Pferde zum Reiten 
geschenkt bekommen, habe der König das als Bestechung 
und Verrat ausgelegt und ihn zum Tode verurteilt. Dass 
aber Hyrkanus unschuldig die Todesstrafe erlitten habe, 
suchen sie daraus zu beweisen, dass er von sanfter Ge- 
mütsart gewesen sei, sodass er nicht einmal als Jüng- 
ling irgend ein Anzeichen von Tollkühnheit oder Ver- 
wegenheit geboten und selbst dann, als er zur Regierung 
gelangte, fast die ganze Verwaltung dem Antipater über- 
lassen habe. Hierzu komme noch, dass er damals be- 
reits sein achtzigstes Lebensjahr überschritten und wohl 
gewusst habe, dass des Herodes Regierung fest begründet 
sei. Ja, er sei sogar über den Euphrat gegangen, habe 
alle, die ihn jenseits dieses Flusses in so hohen Ehren 



Fünfzehntes Buch, 6. Kapitel. 


321 


gehalten , verlassen und sich der Gewalt des Herodes 
unterworfen. Es sei somit ganz unglaublich und ent- 
spreche auch durchaus nicht seinem Charakter, dass er 
eine Umwälzung beabsichtigt habe. Vielmehr scheine 
es, als ob dieser Grund von Herodes nur erdichtet 
worden sei. 

4. So beschloss Hyrkanus sein Leben, nachdem er 
während desselben viele und mancherlei Schicksale er- 
fahren hatte. Denn als seine Mutter Alexandra zur 
Regierung gekommen war, wurde er Hohepriester des 
jüdischen Volkes und bekleidete diese Würde neun 
Jahre lang. Nach dem Tode seiner Mutter übernahm 
er dann auch die Regierung, führte dieselbe aber nur 
drei Monate lang und wurde von seinem Bruder 
Aristobulus vertrieben. Von Pompejus wieder in alle 
seine Würden eingesetzt, behauptete er sich alsdann 
vierzig Jahre lang darin. Hierauf wurde er von Anti- 
gonus abermals derselben beraubt und lebte als Ver- 
stümmelter und Gefangener bei den Parthern. Einige 
Zeit nachher kehrte er, angelockt durch die Aussichten, 
welche Herodes ihm eröffnete, in seine Heimat zurück. 
Aber nichts von allem, was er gehofft hatte, ging in 
Erfüllung; vielmehr erfuhr er noch weitere schwere Schick- 
salsschläge und musste schliesslich das Schlimmste er- 
dulden, indem er, wie gesagt, in hohem Greisen alter 
einen unverdienten Tod erlitt. Denn er scheint milden 
und gemässigten Charakters gewesen zu sein, und da 
er sich mit Staatsgeschäften nicht gern befasste und auch 
in der Kunst des Regierens nicht erfahren war, liess er 
das Reich grösstenteils durch andere verwalten. Diese 
seine grosse Milde war auch allein schuld daran, dass 
Antipater und Herodes zu so grosser Macht gelangten, 
von welch letzterem er dann endlich gegen Recht und 
Gerechtigkeit mit dem Tode bestraft wurde. 

5. Nach dem Tode des Hyrkanus trat Herodes seine 
Reise zum Caesar 1 an, von dem er aber wegen seiner 

1 Im Jahre 27 v. Chr. erteilte der Senat ihm den Beinamen 
Augustus (der Erhabene), der dann der gebräuchliche Name des 

Joaephus* Jüdische Altertümer, II. 21 




322 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Freundschaft mit Antonius nichts Gutes erwartete. 
Anderseits hatte er Alexandra im Verdacht, sie möchte 
die Gelegenheit benutzen, um das Volk zur Empörung 
aufzustacheln und im Reiche eine Umwälzung ins Werk 
zu setzen. Er übertrug daher die ganze Verwaltung 
seinem Bruder Pheroras, brachte seine Mutter in Cypern, 
seine Schwester und alle seine Kinder in Masada unter 
und gab seinem Bruder den Auftrag, die Regierung 
weiterzuführen, wenn er höre, dass ihm etwas Schlimmes 
zugestossen sei. Seine Gattin Mariamne aber, die er 
wegen ihrer Feindschaft gegen seine Schwester und seine 
Mutter mit diesen nicht Zusammenleben lassen konnte, 
befahl er nebst deren Mutter Alexandra nach Alexan- 
drium zu bringen und vertraute ihren Schutz seinem 
Schatzmeister Joseph sowie dem Ituräer Soemus an, die 
er von vornherein als sehr treu befunden hatte und deshalb 
jetzt unter dem Scheine einer besonderen Ehrung zu 
Wächtern der Frauen bestellte. Sie hatten zugleich den 
strengen Befehl, sobald sie etwas Ungünstiges über des 
Herodes Schicksal erführen, unverzüglich beide Frauen 
zu töten und alles aufzubieten, um die Herrschaft seinen 
Kindern und seinem Bruder zu sichern. 

6. Nachdem er diese Anordnungen getroffen, reiste er 
schleunigst nach Rhodus zum Caesar. Sobald er in der 
Stadt anlangte, legte er sein Königsdiadem ab, behielt 
aber seinen übrigen Schmuck an. Und als er nun vor 
den Caesar trat und sich mit ihm unterredete, bewies er 
einen grossen Mut, da er durchaus nicht, wie es bei 
solchen Anlässen zu geschehen pflegt, zu demütigen 
Bitten seine Zuflucht nahm, um etwa Verzeihung für 
seine Fehler zu erflehen, sondern freimütig von seinen 
Handlungen Rechenschaft ablegte. Er erklärte nämlich 
dem Caesar offen, dass er mit Antonius sehr befreundet 


Octavianus als Alleinherrscher und ebenso wie Princeps, Caesar, 
Imperator, der Titel der römischen Herrscher wurde. Später wird 
Caesar die besondere Bezeichnung des vom regierenden Augustus 
bei Lebzeiten ernannten Nachfolgers. 




Fünfzehntes Buch, 6. Kapitel. 


323 


gewesen sei und nach Kräften dazu beigetragen habe, 
ihm den Besitz der höchsten Gewalt zu sichern. Mit 
Waffen freilich habe er ihn nicht unterstützt, weil er in 
einen Krieg mit den Arabern verwickelt gewesen sei ; 
dafür aber habe er ihm Geld und Getreide geliefert. 
Doch glaube er auch damit seiner Pflicht noch nicht 
genügt zu haben. Denn wer eines anderen Freund sein 
wolle und von ihm bewusstermassen nur Gutes erlangt 
habe, müsse im Falle der Gefahr ebenso gern sein 
Leben wie sein Besitztum für ihn hingeben. Obwohl 
er ihm nun weniger geleistet, als sich geziemt hätte, 
glaube er doch gut daran gethan zu haben, dass er ihn, 
als er bei Actium geschlagen worden, nicht im Stich 
gelassen und sich bei der jähen Wendung seines Glückes 
nicht von ihm abgewandt habe. Vielmehr habe er ihm, 
wenn er ihm auch keine hinreichende Hilfe habe ge- 
währen können, doch wenigstens einen sehr guten Rat 
gegeben, indem er ihm als die einzige Möglichkeit seiner 
Rettung die Tötung der Kleopatra bezeichnet habe. 
Habe er diese nämlich aus dem Wege geräumt, so könne 
er die Hoffnung hegen, sich der höchsten Gewalt zu be- 
mächtigen und sich mit dem Caesar Augustus auszu- 
söhnen. Antonius aber habe seinen Vorschlag nicht in 
Erwägung gezogen, sondern einem schlechteren Rat nach- 
gegeben, wovon er selbst nur Schaden, Augustus aber 
Nutzen gehabt habe. „Wenn du nun,“ fuhr er fort, 
„weil du dem Antonius grollst, mir meine Anhänglich- 
keit an ihn als Verbrechen anrechnen willst, so muss 
ich mich allerdings schuldig bekennen , und ich scheue 
mich nicht, offen zu erklären, dass ich ihm sehr ergeben 
war. Wenn du aber, abgesehen von meiner Person, 
meine Erkenntlichkeit und Ergebenheit gegen meine 
Wohlthäter kennen lernen willst, so kannst du sie aus 
meinen dir soeben gegebenen Beweisen am besten er- 
sehen. Ist aber auch der Name des höchsten Macht- 
habers ein anderer geworden, so werde ich nichtsdesto- 
weniger diesem gleichfalls meine unerschütterliche Freund- 
schaft beweisen.“ 

21* 


Go gle 




324 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


7. Mit diesen eine freimütige Gesinnung verratenden 
Worten machte er sich den Augustus nicht wenig ge- 
neigt, der überhaupt ein edler und hochherziger Mann 
war. So kam es, dass gerade das, worauf sich die An- 
klage gegen ihn auf bauen sollte, ihm die Gunst des 
Caesars verschaffte. Dieser setzte ihm also das Diadem 
wieder auf und ermahnte ihn, sich gegen ihn ebenso 
freundschaftlich zu benehmen wie gegen Antonius. Auch 
erwies er ihm hohe Ehrenbezeugungen und teilte ihm 
mit, dass Quintus Didius geschrieben habe, wie hilfreich 
Herodes sich ihm in seiner Unternehmung gegen die 
Gladiatoren 1 gezeigt habe. Da nun Herodes eine so 
freundliche Aufnahme gefunden hatte und gegen alle 
Erwartung seine Herrschaft teils durch das Entgegen- 
kommen des Caesars, teils durch einen Beschluss des 
römischen Senates, den er sich zu grösserer Sicherheit 
hatte erwirken lassen, befestigt sah, begleitete er den 
Caesar auf seiner Reise nach Aegypten und beschenkte 
ihn wie seine Freunde sehr reichlich, indem er die 
möglichste Freigebigkeit an den Tag legte. Auch bat 
er, dass dem Alexander, einem Freunde des Antonius, 
seine Strafe erlassen werden möchte ; doch konnte er die 
Gewährung dieser Bitte nicht erreichen, weil der Caesar 
in der Angelegenheit durch einen Eid gebunden war. 
Darauf kehrte er mit grösserem Ansehen und Selbst- 
vertrauen nach Judaea zurück und versetzte diejenigen, 
welche das Gegenteil erwartet hatten, in die äusserste 
Bestürzung, als ob er durch besonderes Wohlwollen 
Gottes aus allen Gefahren nur mit desto grösserem 
Ruhm hervorgehe. Gleich nachher rüstete er sich zum 
Empfange des Caesars, der von Syrien aus gegen 
Aegypten gezogen war. Zu Ptolema'is empfing er ihn 
mit wahrhaft königlichem Pomp; auch bewirtete er sein 
Heer und versorgte es mit allem Notwendigen reichlich. 
Daher kam es, dass er zu den vertrautesten Freunden 


1 Die sich nach der Niederlage des Antonius, ihres Herrn, von 
Kyzikos nach Aegypten durchzuschlagen versucht hatten. 



Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel. 


325 


des Caesars gehörte. Er ritt neben ihm, wenn er das 
Heer musterte, und umgab ihn und seine Freunde mit 
einem Geleit von hundertfünfzig Mann, welche auf die 
prunkvollsten und glänzendsten Dienstleistungen ein- 
geübt waren. Desgleichen schützte er sie auf ihrer Reise 
durch wasserarme Gegenden gegen Mangel und versorgte 
sie hinreichend mit Wein und das Heer mit Wasser. 
Obendrein schenkte er dem Caesar achthundert Talente 
und brachte so allen die Meinung bei, dass er einen 
grösseren und glänzenderen Aufwand gemacht habe, als 
die Kräfte seines Reiches gestatteten. Infolgedessen 
breitete sich nur um so mehr die Überzeugung von seiner 
Ergebenheit und Treue aus, und es gereichte ihm zu 
grossem Nutzen, dass er seine Freigebigkeit den Zeit- 
verhältnissen so richtig angepasst hatte. Auch als die 
Römer aus Aegypten zurückkehrten, nahm er sie mit 
nicht geringerer Diensteifrigkeit auf. 


Siebentes Kapitel. 

Wie Herodes den Soemus und die Mariamne, sowie 
später auch Alexandra, Kostobar und die Söhne des 
Babas umbringen liess. 

1. Als Herodes in sein Königreich zurückgekehrt 
war, traf er sein Haus in Verwirrung und seine Gattin 
Mariamne sowie deren Mutter Alexandra in schlechter 
Stimmung an. Da sie nämlich der Meinung waren, sie 
seien nicht ihrer Sicherheit halber, sondern gleichsam 
als Gefangene in die Festung eingeschlossen worden, 
sodass sie weder über fremdes Gut noch über ihr eigenes 
Gewalt haben sollten, wurden sie sehr unwillig, und 
Mariamne hielt die Liebe des Königs für selbstsüchtig 
und erheuchelt. Ganz besonders aber kränkte es sie, 
dass, wenn Herodes umkommen würde, auch ihr jede 
Lebenshoffnung abgeschnitten sein sollte. Und da sie 
sich zugleich des Auftrages erinnerte, der früher dem 


326 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Joseph erteilt worden war, suchte sie auf jede mögliche 
Weise die Wächter zu bestechen und ganz besonders 
den Soemus, weilnsie wusste, dass von ihm alles ab- 
hänge. Anfangs nun bewies sich Soemus treu und be- 
folgte genau die Vorschriften des Herodes. Als aber 
die Weiber ihm durch Schmeicheleien und Geschenke 
immerfmehr zusetzten, gab er endlich nach und teilte 
ihnen den Auftrag des Herodes mit, zumal er nicht er- 
wartete, dass der König mit derselben Macht zurück- 
kehren würde. Indem er also einerseits keine Gefahr 
mehr befürchten zu müssen glaubte, gedachte er sich 
anderseits die Gunst der Weiber zu erringen, da es ihm 
wahrscheinlich vorkam, dass sie ihr früheres Ansehen 
wiedererlangen und in die Möglichkeit versetzt würden, 
ihm alles reichlich zu vergelten. Mariamne, so hoffte 
er, würde entweder selbst Königin werden, oder doch 
dem zukünftigen Könige sehr nahe stehen. Doch auch 
für den Fall, dass Herodes mit guten Erfolgen heim- 
kehre, glaubte er nicht schlecht zu fahren, da Herodes 
den Wünschen seiner Gattin gewiss keinen Widerstand 
entgegensetzen würde. War es ihm doch bekannt, wie 
leidenschaftlich der König die Mariamne liebte. Diese 
Erwägungen führten ihn dazu, die Aufträges des Königs 
zu verraten. Mariamne aber erfuhr es mit grossem Un- 
willen, dass ihr von Herodes stets neue Gefahren be- 
reitet wurden, und wünschte in ihrer Erbitterung darüber 
nichts sehnlicher, als dass er umkommen möchte, da sie 
mit ihm nicht mehr Zusammenleben zu können glaubte, 
woraus sie ihm auch später unter Hinweis auf ihre üble 
Lage kein Hehl machte. 

2. Sobald nun Herodes wider Erwarten in vollem 
Glücke heimkehrte, teilte er, wie billig, seiner Gattin, 
die er mehr als alle anderen liebte und deshalb auch allein 
begrüsste, die freudige Nachricht zuerst mit. Als er ihr 
aber den glücklichen Erfolg seiner Reise erzählte, 
empfand sie mehr Schmerz als Freude. Auch vermochte 
sie ihren Kummer nicht zu verheimlichen, sondern als 
er sie begrüsste, seufzte sie im Gefühl ihrer Würde und 




Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel. 


327 


ihres Adels laut auf, sodass Herodes nicht mehr durch 
blossen Argwohn, sondern durch offenbare Beweise in 
Unruhe versetzt wurde. Vor allem ärgerte ihn die 
Wahrnehmung, dass seine Gattin einen unerwarteten und 
unverhohlenen Abscheu gegen ihn hege. Bei seiner 
heftigen Zuneigung zu ihr konnte er das nicht ertragen und 
schwankte zwischen Hass und Liebe, indem er bald über 
sie in Zorn geriet, bald sich wieder mit ihr versöhnte. 
Oft nahm er sich vor, sie wegen ihres Stolzes zu strafen, 
doch immer wieder gab er seiner Liebe »nach , da er zu 
schwach war, sich von ihr zu trennen. Ja, er fürchtete, 
wenn er gegen sie einschreite, sich selbst zu bestrafen, 
weil er sicht nichts Schrecklicheres denken konnte, als 
sie durch den Tod zu verlieren. 

3. Da aber seine Mutter und seine Schwester seine 
Gesinnung gegen Mariamne erkannt hatten, glaubten 
sie eine günstige Gelegenheit erhascht zu haben, um 
ihren Hass gegen diese zu befriedigen, und suchten 
in ihren Gesprächen mit Herodes ihn durch schändliche 
Verleumdungen aufzureizen und ihm so Abscheu und 
Widerwillen gegen seine Gattin beizubringen. Derartige 
Beden hörte Herodes mit stillem Grimm an, doch wollte 
er noch immer nicht daran glauben und nichts gegen 
Mariamne daraufhin^ unternehmen. Gleichwohl ent- 
fremdete sich sein Gemüt ihr täglich mehr und mehr, 
und da sie aus ihrer Gesinnung kein Hehl machte, er 
aber seine Liebe unablässig in Hass verwandelte, steigerte 
sich die Erbitterung auf beiden Seiten fortwährend 
sodass er endlich beschloss, sie zu töten. Inzwischen 
aber erhielt er die Nachricht, dass der Caesar nach dem 
Tode des Antonius und der Kleopatra sich Aegyptens 
bemächtigt habe. Deshalb ging er trotz seiner unerquick- 
lichen Lage von Hause fort und zog dem Caesar eilends 
entgegen. Bei seinem Abschied empfahl ihm Mariamne 
den Soemus, der durch seine treue Fürsorge besonderen 
Anspruch auf Dank habe, und erbat für ihn vom Könige 
eine Befehlshaberstelle, welcher Ehre er auch teilhaftig 
wurde. Als nun Herodes nach Aegypten gekommen 



328 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


war, redete er mit dem Caesar vertraulich wie ein Freund 
und erlangte von ihm die grössten Wohlthaten. Denn 
der Caesar schenkte ihm die vierhundert Gallier, welche 
die Leibwache der Kleopatra gebildet hatten, gab ihm 
das Land zurück, das ihm der Kleopatra zuliebe ab- 
genommen worden war, und fügte seinem Königreiche 
noch hinzu: Gadara, Hippos, Samaria sowie die Küsten- 
städte Gaza, Anthedon, Joppe und Stratonsturm. 

4. Durch diese Schenkungen wurde Herodes noch 
mächtiger, und er begleitete darauf den Caesar nach 
Antiochia. So sehr sich aber seine äusseren Verhältnisse 
besserten, so viel Leid erwartete ihn bei seiner Rück- 
kehr zu Hause und besonders in seiner Ehe, die früher 
so glücklich zu sein schien. Denn er war, und das mit 
Recht, in Mariamne so verliebt, dass er hierin keinem 
der Männer nachgab, von denen die Geschichte berichtet. 
Sie dagegen benahm sich wohl züchtig und treu, be- 
handelte ihn aber nach Weiberart etwas abstossend und 
von oben herab, da er in Liebe zu ihr schmachtete, 
und liess oft ohne Rücksicht darauf, dass sie ihm unter- 
than war, ihre schlechte Laune an ihm aus, was er aber, 
als wenn er es nicht merkte, geduldig ertrug. Schliess- 
lich verspottete sie offen des Königs Mutter und Schwester 
und schmähte dieselben wegen ihrer niedrigen Herkunft, 
soda8s sich zwischen den Weibern eine unversöhnliche 
Feindschaft entspann, die dann noch heftigere 
Schimpfereien zur Folge hatte. Dadurch kam es, dass 
beim Könige der Argwohn immer mehr stieg, der nun- 
mehr schon ein ganzes Jahr nach seiner Rückkehr vom 
Caesar andauerte. Endlich kam die lang verhaltene 
Gärung durch folgenden Vorfall zum Ausbruch. Als 
der König sich eines Tages um die Mittagszeit zur 
Ruhe begab, rief er aus grosser Liebe die Mariamne zu 
sich. Mariamne trat auch in das Gemach, weigerte sich 
aber, bei ihm zu ruhen, und erwiderte sein desfallsiges 
Begehren mit Schmähungen und Vorwürfen, indem sie 
ihm ihres Vaters und ihres Bruders Tod zur Last legte. 
Hierüber geriet Herodes in Zorn und war eben im 



Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel. 


329 


Begriff, eine Gewaltthat zu begehen, als seine Schwester 
Salome den Lärm hörte und nach dem Mundschenk des 
Königs schickte, den sie schon früher verständigt hatte 
und dem sie jetzt befahl, er solle dem Könige melden, 
wie er von Mariamne ersucht worden sei, ihr bei der 
Bereitung eines Liebestrankes für den König zn helfen. 
Wenn dann der König hierüber sich beunruhigt zeigen 
und fragen würde, was das für ein Trank sei, so solle 
er sagen, er habe den Liebestrank bei sich und sei von 
ihr ersucht worden, ihn dem Könige darzureichen. 
Würde aber der König bei Erwähnung des Liebestrankes 
nicht in Unruhe geraten, so solle er Stillschweigen und 
sich um nichts weiter kümmern; denn das werde ihn 
keiner Gefahr aussetzen. Nachdem Salome ihn also 
unterwiesen hatte, schickte sie ihn um diese Zeit zum 
Könige hinein, um die Sache zur Sprache zu bringen. 
Der Mundschenk that nun bei Herodes sehr wichtig und 
geheimnisvoll und teilte ihm mit, Mariamne habe ihm 
Geschenke gegeben und ihn bereden wollen, dem Könige 
einen Liebestrank zu reichen. Als nun Herodes 
hierüber in Erregung geriet, sagte der Mundschenk, der 
Liebestrank sei eigentlich ein Gifttrank, den Mariamne 
ihm gegeben habe. Weil er aber dessen Wirkung nicht 
kenne, habe er dem Könige davon Mitteilung machen 
und so in gleichem Masse für seine wie für des Königs 
Sicherheit Sorge tragen wollen. Über diese Mit- 
teilungen wurde Herodes, der so wie so schon übel ge- 
launt war, noch mehr erbittert und liess deshalb den 
Verschnittenen, welcher der geheimste Vertraute der 
Mariamne war, peinlich wegen des Gifttrankes befragen, 
da ihm bekannt war, dass ohne dessen Vorwissen auch 
nicht das Kleinste von Mariamne ausgeführt wurde. 
Der Verschnittene aber konnte über die Frage, wegen 
deren er gefoltert wurde, nichts äussern, sondern be- 
kannte nur, dass der Hass der Mariamne sich auf das 
gründe, was Soemus ihr verraten habe. Noch während 
er so sprach , erhob der König ein gewaltiges Geschrei 
und rief aus, Soemus, der früher ihm und dem Reiche 



330 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


so treu gedient habe, würde niemals seine Aufträge ver- 
raten haben, wenn er mit Mariamne nicht in unerlaubtem 
Verkehr gestanden hätte. Und sogleich liess er den 
Soemus festnehmen und hinrichten. Über seine Gattin 
aber hielt er unter Zuziehung seiner vertrautesten Freunde 
Gericht und erhob mit grossem Eifer eine Anklage gegen 
sie wegen des Gift- und Liebestrankes, dessen Bereitung 
die Verleumdung ihr zur Last gelegt hatte. Herodes 
redete dabei heftiger und ergrimmter, wie es sich für 
eine Gerichtsverhandlung ziemte, und als die Anwesenden 
ihn in solcher Erregung sahen, verurteilten sie Mariamne 
zum Tode. Dennoch hielten der König und einige der 
Anwesenden dafür, das Urteil nicht allzu schnell zu 
vollstrecken, sondern Mariamne zunächst an irgend einen 
Ort des Königreiches in Gewahrsam zu bringen. Salome 
dagegen gab sich die grösste Mühe, die sofortige Hin- 
richtung zu erwirken, und beredete endlich den König 
dazu, indem sie ihm vorhielt, es könnten Unruhen unter 
dem Volke ausbrechen, wenn man Mariamne lebendig 
gefangen halte. Demnach wurde Mariamne zum Tode 
geführt. 

5. Da nun Alexandra merkte, wie die Sachen standen, 
und es ihr klar wurde, dass sie befürchten müsse, gleich- 
falls von Herodes mit dem Tode bestraft zu werden, 
liess sie von ihrem früheren Übermut ab und änderte 
ohne alle Rücksicht auf Anstand ihr Benehmen voll- 
ständig. Um nämlich zu beweisen, dass sie von dem, 
was ihrer Tochter vorgeworfen wurde, kein Mitwissen 
habe, lief sie auf die Strasse und erhob öffentlich 
gegen ihre Tochter ein Geschrei, schalt sie, dass sie sich 
so schlecht und undankbar gegen ihren Gatten benommen 
habe, und bezeichnete die Strafe, die sie dafür erleiden 
sollte, als durchaus verdient: denn alle ihr erwiesenen 
Wohlthaten habe sie mit Undank gelohnt. Als sie sich 
nun so ungebührlich verstellte und ihrer Tochter sogar in 
die Haare fiel, warfen ihr viele, was ja auch recht war, 
schändliche Heuchelei vor. Ganz besonders aber schien 
ihr Mariamne, die nun bald den Tod erleiden sollte, 



Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel. 


331 


diesen Vorwurf zu machen. Denn auf die Schmähungen 
ihrer Mutter entgegnete sie kein Wort; auch verfiel sie 
nicht in die geringste Aufregung, sondern sie bewies ihren 
Unwillen über das schändliche Benehmen Alexandras nur 
durch einen stolzen, verachtenden Blick. Dann ging sie 
unverzagt und ohne auch nur die Farbe zu wechseln, 
in den Tod und wahrte so noch bei ihrem Ende den 
Adel ihres Geschlechtes, was denn auch allseitig bemerkt 
wurde. 

6. So starb Mariamne, eine keusche und hochherzige 
Frau, die nur den einen Fehler besass, dass sie nicht genug 
Mässigung aufwies und deshalb von Natur etwas streit- 
süchtig war. An körperlicher Schönheit und Würde im 
Auftreten übertraf sie mehr, als es sich sagen lässt, alle 
Frauen ihrer Zeit, und hierin lag auch die Ursache, 
warum sie sich gegen den König nicht besonders gefällig 
zeigte, sodass ihr Zusammenleben nicht frei von Unan- 
nehmlichkeiten war. Denn während sie von ihm aus 
grosser Liebe nachsichtig behandelt wurde und von seiner 
Seite keinerlei Härte oder Schroffheit zu erwarten hatte, 
war sie selbst freimütiger, als es sich ziemte. Und da 
sie auch über das Leid, welches die Ihrigen betroffen 
hatte, grossen Unwillen empfand, scheute sie sich nicht, 
ihm hierüber offene Vorstellungen zu machen. Endlich 
brachte sie dann auch noch des Herodes Mutter und 
Schwester und sogar den König selbst gegen sich auf, 
dem sie doch das Vertrauen geschenkt hatte, dass er 
alle Übel von ihr abhalten würde. 

7. Als aber Mariamne tot war, entbrannte das sehn- 
süchtige Verlangen des Königs nach ihr nur noch heftiger 
wie früher. Seine Liebe zu ihr war nämlich nicht frei 
von Unruhe und nicht von gewöhnlicher Art, und wenn 
er sie anfangs fast wahnsinnig liebte, so liess diese Art 
der Zuneigung auch später nicht nach, obwohl Mariamne 
sich in ihrem täglichen Verkehr etwas zu frei und 
selbstbewusst benahm. Jetzt aber schien es, als wenn 
Gott ihn für den Tod der Mariamne strafen wolle, in- 
dem seine Sehnsucht nach ihr sich immer mehr steigerte, 




832 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sodass er bald ihren Namen ausrief, bald sie kläglich 
beweinte, bald durch Vergnügungen aller Art, besonders 
aber durch Gastmahle und Trinkgelage seinen Schmerz 
zu ersticken suchte. Da ihm aber dies alles nichts half, 
zog er sich zuletzt von den Regierungsgeschäften zurück 
und stand so sehr unter der Macht seines Kummers, 
dass er sogar seinen Dienern befahl, Mariamne beim 
Namen zu rufen, als ob sie noch lebte und es hören 
könnte. Um diese Zeit brach eine Seuche aus, die nicht 
nur viele Leute aus den niederen Ständen, sondern auch 
den grössten Teil der Freunde des Königs und dazu 
noch solche, denen er besonders zugethan war, dahin- 
raffte, sodass allgemein die Ansicht herrschte, es sei dies 
eine Strafe Gottes für das an Mariamne begangene Un- 
recht. Dadurch verschlimmerte sich der Gemütszustand 
des Königs noch mehr, sodass er sich endlich in die 
Wüste hinausbegab und dort scheinbar der Jagd oblag. 
Doch hatte er dieses Leben kaum einige Tage aus- 
gehalten, als er in eine sehr schwere Krankheit fiel, die 
in einer schmerzhaften Entzündung des Hinterkopfes 
bestand und mit Geistesstörung verbunden war. Kein 
Heilmittel brachte auch nur die geringste Besserung, 
vielmehr ward der Zustand von Tag zu Tag schlimmer, 
sodass man endlich an der Erhaltung seines Lebens 
verzweifelte. Und da nun die Krankheit den Arznei- 
mitteln trotzte, und auch die Diät, welche der Zustand 
vorschrieb, nichts nutzte, verordneten schliesslich die 
Ärzte, man solle ihm alles verabreichen, was er begehre, 
und überliessen die fast aussichtslose Genesung dem 
Zufall. An dieser Krankheit lag Herodes in Samaria, 
welches jetzt Sebaste 1 heisst, darnieder. 

8. Als Alexandra, die damals in Jerusalem wohnte, 
hiervon Nachricht erhielt, versuchte sie sogleich, die 
festen Burgen der Stadt in ihre Gewalt zu bringen. Es 
waren deren zwei, eine in der Stadt selbst, die andere 


1 D. i. dem Augustus su Ehren: Sebaste (griechisch) = Angusta 
(lateinisch). 



Fünfzehntes Buch, 7. Kapitel. 


333 


am Tempel, und wer sie besass, hatte damit auch die 
Herrschaft über das ganze Volk in Händen. Denn ohne 
dieselben können die Opfer nicht dargebracht werden, 
und niemand von den Juden kann es über sich bringen, 
die Opfer zu unterlassen. Vielmehr sind die Juden so 
gesinnt, dass sie lieber sterben, als den Gottesdienst aus- 
setzen wollen. Alexandra stellte also den Besatzungen 
beider Burgen vor, dass dieselben ihr und den Söhnen 
des Herodes übergeben werden müssten, damit nicht, 
wenn Herodes stürbe, sonst jemand sich vor ihnen in 
den Besitz der Festungswerke setze. Wenn er aber ge- 
nese, so könnten dieselben niemand sicherer anvertraut 
sein, als seinen eigenen Verwandten. Diese Worte 
fanden indes nicht den Beifall der Kommandanten, 
sondern sie bewahrten nun noch um so mehr dem Herodes 
die Treue, teils aus Abneigung gegen Alexandra, teils 
weil sie es für unwürdig hielten, vom Könige abzufallen, 
so lange er noch am Leben war. Und da sie sämtlich 
zu Herodes in freundschaftlichen Beziehungen standen 
und einer von ihnen mit Namen Achiab sogar sein 
Neffe war, teilten sie ihm den Anschlag der Alexandra 
mit. Herodes gab darauf un verweilt Befehl, Alexandra 
zu töten. Als er nun von seiner Krankheit zur Not und 
nach grossen Qualen wieder genesen war, war er in- 
folge seiner seelischen und körperlichen Leiden so er- 
bittert, dass er aus geringfügigen Ursachen die, welche 
ihm zufällig in die Quere kamen, umbringen liess. Ja, 
er liess sogar seine besten Freunde Kostobar, Lysimachus, 
Gadias mit dem Beinamen Antipater und Dositheus 
hinrichten, und zwar aus folgender Veranlassung. 

9. Kostobar, Idumäer von Geburt, war einer der 
Vornehmsten seines Landes und stammte von dem 
Priestergeschlecht des Koze ab. Koze wurde von den 
Idumäern göttlich verehrt, ehe Hyrkanus bei ihnen die 
Gebräuche und Gesetze der Juden eingeführt hatte. 
Diesen Kostobar nun setzte Herodes nach seiner Thron- 
besteigung als Statthalter über Iduraaea und Gaza und 
gab ihm seine Schwester Salome zur Frau, nachdem er 




334 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


deren früheren Gatten Joseph, wie oben erwähnt, hatte 
töten lassen. Da aber Kostob ar unerwartet zu solchem 
Glück gelangt war, wurde er übermütig und vermass 
sich schliesslich, dem Herodes den Gehorsam zu ver- 
weigern und zu verlangen , dass die Idumäer frei von 
der Oberhoheit der Juden und der Beobachtung jüdischer 
Gebräuche sein sollten. Er schickte deshalb zu Kleo- 
patra und liess ihr melden, Idumaea sei stets ihren Vor- 
fahren unterthan gewesen, und es sei daher angemessen, 
dass sie dieses Land von Antonius zurückbegehre. Was 
ihn betreffe, so sei er gern bereit, seine Ergebenheit 
auf sie zu übertragen. Das that er aber nicht des- 
halb, weil er die Kleopatra lieber als Herrscherin von 
Idumaea gesehen hätte, sondern weil er glaubte, dass, 
wenn des Herodes Macht geschwächt sei, er selbst mit 
leichter Mühe die Herrschaft über das Idumäervolk an 
sich reissen und dann zu noch grösserer Macht gelangen 
könnte. Unterstützt wurde diese seine Hoffnung durch 
den Umstand, dass er von vornehmer Herkunft und 
sehr reich war. Er hatte nämlich durch seine Hab- 
gier ein bedeutendes Vermögen zusammen gebracht und 
betrieb auch im übrigen alles mit grosser Energie. 
Kleopatra begehrte nun zwar das Land von Antonius, 
erhielt es aber nicht. Als Herodes von der Sache hörte, 
wollte er Kostobar dem Henker überliefern; doch liess 
er sich durch die Bitten seiner Schwester und seiner 
Mutter erweichen, gab ihn frei und verzieh ihm. Seit 
dieser Zeit aber hegte er wegen jenes Planes einen 
steten Argwohn gegen ihn. 

10. Einige Zeit nachher entstand zwischen Salome 
und Kostobar Streit, und Salome schickte ihrem Gatten 
einen Scheidebrief, was aber den Gesetzen der Juden 
zuwider war. Denn einem Manne ist es wohl bei uns 
gestattet, das zu thun, keinesfalls aber darf ein Weib, 
welches den Gatten aus freien Stücken verlassen hat, 
eine neue Ehe eingehen, wenn sie nicht zuvor von ihrem 
Manne freigegeben ist. Salome jedoch kümmerte sich 
nicht um dieses Gesetz der Hebräer, sondern handelte 



Fünfzehntes Bach, 7. Kapitel. 


335 


nach ihrem Gutdünken, kündigte ihre Ehe auf und er- 
klärte ihrem Bruder Herodes, sie sei aus Liebe zu ihm 
von ihrem Gatten fortgegangen , da es ihr bekannt ge- 
worden sei, dass Kostobar, Antipater und Dositheus eine 
Umwälzung planten. Um ihren Worten noch mehr 
Glauben zu verschaffen, erwähnte sie, dass Kostobar 
schon im zehnten Jahre die Söhne des Babas bei sich 
habe, was auch der Wahrheit entsprach. Der König 
entsetzte sich gewaltig über diese Nachricht, da er an 
so etwas nicht im entfernteste!* gedacht hätte, und ge- 
riet um so mehr in Aufregung, als ihm die Sache ganz 
unglaublich vorkam. Denn was die Söhne des Babas 
betrifft, so hatte Herodes einst im Sinne gehabt, sie um- 
bringen zu lassen, weil sie sich ihm feindselig bewiesen 
hatten. Doch war seitdem eine so lange Zeit verstrichen, 
dass er sich ihrer gar nicht mehr erinnerte. Sein Hass 
und seine Feindschaft gegen dieselben aber hatte 
folgenden Grund. Als Herodes zur Zeit der Herrschaft 
des Antigonus die Stadt Jerusalem belagerte, und viele, 
um der Not der Belagerung zu steuern, den Herodes 
einlassen und alle ihre Hoffnung auf ihn setzen wollten, 
beharrten die Söhne des Babas, die beim Volke grossen 
Einfluss hatten, bei ihrer Treue gegen Antigonus, traten 
gegen Herodes auf und ermahnten ihre Mitbürger, den 
König in der Behauptung der ihm von seinen Vorfahren 
überkommenen Herrschaft zu unterstützen. Diesem 
Rate folgten diese denn auch, da sie ihren Vorteil darin 
erblickten. Als aber die Stadt eingenommen war und 
Herodes sich der Herrschaft bemächtigt hatte, brachte 
Kostobar, der die Thore besetzt hielt und dem die Be- 
wachung der Stadt oblag, damit die schuldigen Bürger 
und Gegner des Königs nicht entfliehen könnten, die 
Söhne des Babas, von denen er wusste, dass sie beim 
Volke in hohem Ansehen standen und ihm bei einer 
Umwälzung von grossem Nutzen sein würden, beiseite 
und in Sicherheit. Da er nun hierdurch den Argwohn 
des Herodes wachgerufen hatte, versicherte er ihm unter 
Eid, dass er nichts von den Söhnen des Babas wisse. 



336 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


und beseitigte auf diese Weise den gegen ihn aufgetauchten 
Verdacht. Und auch, als der König später eine Be- 
lohnung für den aussetzte, der ihren Aufenthalt anzeigen 
würde, und ihnen eifrig nachforschen liess, wollte Kosto- 
bar nichts eingestehen. Denn da er nun einmal ge- 
leugnet hatte, fürchtete er, es möchte ihm nicht un- 
gestraft hingehen, wenn die Söhne des Babas jetzt ent- 
deckt würden, und hielt sie deshalb nicht nur aus 
Wohlwollen, sondern auch um seiner selbst willen ver- 
steckt. Als aber Herodes von seiner Schwester die An- 
zeige erhalten hatte, schickte er nach den Plätzen, die 
ihm als Aufenthaltsorte der Söhne des Babas bezeichnet 
worden waren , und liess sie wie alle übrigen An- 
geklagten umbringen. So war denn also vom Ge- 
schlechte und der Verwandtschaft desHyrkanus niemand 
mehr übrig, und Herodes hatte die Herrschaft so voll- 
ständig in Händen, dass keiner, der noch irgend etwas 
zu bedeuten hatte, seinen Ungesetzlichkeiten entgegen- 
trat. 


Achtes Kapitel. 

Verschwörung gegen Herodes. 

Er befestigt Caesarea, Sebaste und andere Plätze. 

1. Das war auch die Ursache, weshalb Herodes mehr 
und mehr von den väterlichen Einrichtungen abwich und 
die alte Ordnung der Dinge, die unversehrt hätte bleiben 
sollen, allmählich ins Wanken brachte. Da nun so 
alles, was das Volk früher zur Frömmigkeit hinleitete, 
beseitigt wurde, drang im Laufe der Zeit eine Menge 
von Übeln bei uns ein. Zunächst nämlich richtete 
Herodes zu Ehren des Caesars alle fünf Jahre wieder- 
kehrende Kampfspiele ein und baute zu Jerusalem ein 
Theater sowie in der Ebene ein grossartiges Amphi- 
theater. Beide Bauwerke zeichneten sich durch grosse 
Pracht aus, standen aber mit den jüdischen Sitten im 
Widerspruch, da die Juden die Einrichtung der Schau- 




Fünfzehntes Buch, 8. Kapitel. 


337 


und Kampfspiele von ihren Vorfahren nicht überkommen 
hatten. Die fünfjährigen Spiele liess Herodes mit höchstem 
Prunk ausstatten; auch lud er die benachbarten Völker- 
schaften dazu ein und rief Zuschauer aua aller Herren 
Länder herbei. Weither strömten in der Hoffnung, die 
Siegespreise zu gewinnen, Wettkämpfer und Schauspieler 
Aller Art zusammen, namentlich solche, die in diesen 
Spielen sehr geübt waren. Denn nicht nur auf Ring- 
kämpfer war Bedacht genommen worden, sondern es 
waren auch Preise für diejenigen ausgesetzt, die sich mit 
Musik beschäftigten und Thymeliker genannt wurden, 
damit die Tüchtigsten von allen zur Teilnahme am Wett- 
streit veranlasst würden. Weiterhin stiftete Herodes 
grosse Siegespreise für Wettfahrten von zweirädrigen 
und vierrädrigen Wagen sowie für Pferderennen, und 
bot überhaupt alles auf, was den Spielen Glanz und 
Pracht verleihen konnte. Das Theater selbst hatte man 
aufs herrlichste geschmückt , und ringsum waren die 
Thaten des Caesars und die Trophäen, die er im Kampf 
mit den einzelnen Völkerschaften davongetragen hatte, 
auf echtem Gold- und Silbergrund abgebildet. Und was 
die sonstige Ausstattung angeht, so gab es kein noch 
so wertvolles Kleid und keine noch so kostbaren Edel- 
steine, die sich nicht zugleich mit den Wettkämpfern 
•dem Auge dargeboten hätten. Auch wilde Tiere waren 
herbeigeschafft worden, Löwen und andere durch Stärke 
oder Seltenheit hervorragende Bestien in Menge. Diese 
Tiere liess man teils gegen einander, teils auch mit 
Menschen kämpfen, die dazu verurteilt worden waren. 
Für die Fremden war nun freilich dieser Aufwand und 
der Anblick der gefährlichen Kämpfe eine Augenweide 
und ein Gegenstand der Bewunderung; für die Ein- 
heimischen dagegen bedeutete das alles eine offenbare 
Auflösung der bei ihnen in so hoher Ehre gehaltenen 
väterlichen Sitte. Denn es schien ihnen eine Gottlosig- 
keit zu sein, Menschen den wilden Tieren vorzuwerfen 
zur Ergötzung anderer Menschen, und nicht weniger ver- 
werflich kam es ihnen vor, die Landesgebräuche mit 

Joaephus' Jüdische Altertümer, II. 22 




388 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


fremden Sitten zu vertauschen. Nichts aber verletzte 
sie mehr als die Trophäen; denn da sie dieselben für 
in Rüstungen ein gehüllte Bilder hielten, vermochten sie, 
weil nach ihren Gesetzen die Verehrung von Bildern ver- 
boten war, diesen Anblick nur mit höchstem Unwillen zu 
ertragen. 

2. Herodes konnte es nicht verborgen bleiben, dass 
die Juden hierüber in grosse Aufregung gerieten, und 
da er es nicht für klug hielt, mit Gewalt dagegen 
vorzugehen, gab er sich alle Mühe, sie mit Worten zu 
besänftigen und von ihren religiösen Bedenken zu be- 
freien. Doch richtete er hiermit nichts aus; vielmehr 
schrien sie aus Ärger über das, was sie ihm als Frevel 
anrechneten, einstimmig, wenn sie auch alles andere noch 
ertragen könnten, so dürften sie doch die Bildsäulen von 
Menschen (womit sie die Trophäen meinten) in der Stadt 
nicht dulden, weil das nach dem| Gesetze ihrer Väter 
untersagt sei. Als nun Herodes sah, dass sie so auf- 
geregt waren, und dass sie nicht nachgeben würden, 
wenn er sie nicht auf irgend eine Weise beruhigte, be- 
rief er die Vornehmsten des Volkes ins Theater, zeigte 
ihnen die Trophäen und fragte sie, wofür sie dieselben 
hielten. Und da sie laut entgegneten, das seien Bild- 
nisse von Menschen, Hess erfl die Trophäen ihres 
Schmuckes entkleiden und zeigte ihnen die blossen 
Holzklötze. Da erhob sich ein allgemeines Gelächter, 
das um so anhaltender wurde, als ihnen auch 
schon vorher der {ganze Bilderkram lächerlich vor- 
gekommen war. 

3. Auf diese Weise hatte Herodes vorläufig den Un- 
willen des Volkes beschwichtigt, sodass die meisten be- 
ruhigt und umgewandelt schienen. Immerhin beharrten 
aber noch einige dabei, dass sie sich an der Veränderung 
der heimischen Sitten stiessen, und da sie der Meinung 
waren, dass eine solche Verletzung der Gesetze und 
Einrichtungen die Quelle grosser Übel sei, glaubten 
sie sich eher jeder Gefahr aussetzen zu müssen, als dass 
sie den Herodes ruhig dabei gewähren lassen sollten, 



Fünfzehntes Buch, 8. Kapitel. 


339 


die Ordnung der Dinge umzustossen, mit Gewalt 
Neuerungen einzuführen und, während er sich zum 
Schein als König benehme, in Wahrheit sich als den 
ärgsten Feind des ganzen Volkes zu beweisen. Es ver- 
schworen sich daher gegen ihn zehn Männer aus der 
Bürgerschaft auf jede Gefahr hin und versteckten Dolche 
in ihren Kleidern. Unter ihnen befand sich auch ein 
Blinder, der durch alles das, was er gehört hatte, in 
Entrüstung versetzt worden war. Er verschwor sich mit 
den anderen nicht so sehr, um sie bei ihrem Vorhaben 
zu unterstützen, als vielmehr, um alles Widrige mit 
ihnen zu erleiden, wenn das Unternehmen ungünstig 
ablaufen würde. Hierdurch wurde der Mut der anderen 
zur Ausführung ihres Planes nicht wenig gehoben. 

4. Als sie nun solches einmütig beschlossen hatten, 
begaben sie sich zum Theater in der Hoffnung, dass 
Herodes ihnen nicht entgehen würde, wenn sie ihn un- 
versehens überfallen könnten. Wenn sie aber auch den 
Gehassten verfehlten, so hofften sie doch einige von 
seiner Umgebung töten zu können und dadurch dem 
Könige Anlass zu geben, über das Unrecht nachzudenken, 
das er dem Volke anzuthun schien, und sollten sie 
auch selbst darüber zu Grunde gehen. Wohlvorbereitet 
und mit grossem Eifer gingen sie darauf ans Werk. 
Aber einer von des Herodes Spionen, denen die Aus- 
kundschaftung und Anzeige solcher Anschläge oblag, 
entdeckte das Komplott und setzte den König davon in 
Kenntnis, als er eben ins Theater eintreten wollte. 
Herodes, der, wenn er an den Hass, den er bei vielen 
erregt, und an die Unruhen, die fast alle seine Hand- 
lungen zur Folge gehabt, dachte, an der Wahrheit der 
Meldung nicht zweifeln konnte, zog sich sogleich in 
seinen Palast zurück und liess die Verschworenen vor- 
führen. Da diese nun, von der Leibwache des Königs 
ergriffen, wohl einsahen, dass sie dem Tode nicht ent- 
gehen würden, gaben sie sich wenigstens Mühe, den- 
selben dadurch zu verherrlichen, dass sie ihm mutig 
entgegengingen. Sie bewiesen deshalb weder Reue, noch 

2t * 



340 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


verlegten sie sich aufs Leugnen; vielmehr zeigten sie 
offen die Dolche vor und bekannten freimütig ihre Ver- 
schwörung, auf die sie sich nicht aus Gewinnsucht oder 
Leidenschaft eingelassen hätten, sondern, was ihnen 
mehr wert sei, zu gunsten der öffentlichen Wohlfahrt, 
die jeder selbst mit Aufopferung seines Lebens schützen 
müsse. Nachdem sie so ungescheut ihr Vorhaben bekannt 
hatten, wurden sie von den Soldaten des Königs weg- 
geführt und unter vielfachen Qualen hingerichtet Aber 
auch ihr Verräter, der sich den allgemeinen Hass des 
Volkes zugezogen hatte, ward nicht lange danach von 
einigen Bürgern ergriffen und nicht nur getötet, sondern 
sogar in Stücke zerrissen und den Hunden zum Frasse 
vorgeworfen. Diese That hatten zwar viele Bürger ge- 
sehen, aber niemand wollte etwas verraten, bis Herodes 
eine strenge Untersuchung anordnete und einige Weiber 
durch die Folter zum Geständnis zwang. Hierauf wurden 
die Urheber der That nebst ihren Familien mit dem 
Tode bestraft Da jedoch das Volk eine grosse Stand- 
haftigkeit und Unerschrockenheit in der Verteidigung 
seiner Gesetze bewies, ward die Lage des Herodes all- 
mählich so schwierig, dass er Massregeln zu seiner 
grösseren Sicherheit treffen musste. Er beschloss des- 
wegen, das Volk von allen Seiten einzuschliessen, 
damit diese kleinen Unruhen nicht zu offenem Aufruhr 
anwüchsen. 

5. In der Stadt besass er an Befestigungswerken 
schon den Palast, in dem er selbst wohnte, und die 
Veste des Tempels, welche Antonia hiess; dazu glaubte 
er nun noch ein drittes Bollwerk gegen das Volk in 
Samaria, weiches er Sebaste nannte, errichten zu müssen, 
und da er den Ort für sehr geeignet hielt', die ganze 
Umgegend im Zaume zu halten (er lag von Jerusalem 
nur eine Tagereise entfernt), befestigte er ihn sehr stark. 
Auch erbaute er noch eine andere Festung zur Be- 
zwingung des Volkes an dem Orte, der früher Stratons- 
turm hiess, von ihm aber Caesarea genannt wurde. 
Desgleichen errichtete er einen festen Platz in der 




Fünfzehntes Buch, 8. Kapitel. 


841 


grossen Ebene , 1 in den er eine auserlesene Besatzung 
legte, und befestigte auch Gaba in Galilaea und Ese- 
bonitis in Peraea. So umgab er das ganze Volk mit 
Festungen, damit es nicht nach Belieben Unruhen er- 
regen könnte, die damals häufig aus unscheinbaren Ver- 
anlassungen entstanden, und damit der Aufruhr, falls 
erfdennoch zum Ausbruch kommen sollte, gleich bemerkt 
uud im Keime erstickt würde. Als er nach Samaria 
zog, um diese Stadt zu befestigen, führte er auch eine 
Kolonie dahin, die teils aus früheren Hilfstruppen, teils 
aus Angehörigen benachbarter Volksstämme bestand, 
einmal weil er in der Stadt einen Tempel erbauen 
wollte, und dann auch , weil die Stadt früher zu wenig 
bevölkert gewesen war, ganz besonders aber, um zu 
seiner grösseren Sicherheit seine Freigebigkeit in helles 
Licht zu setzen. Er änderte dann den Namen der Stadt 
in Sebaste um und verteilte das in der Nähe gelegene 
Ackerland, das beste der ganzen Gegend, unter die Eih- 
wohner, damit sie gleich nach ihrer Ankunft zu Wohl- 
stand gelangten. Rings um die Stadt führte er eine 
grosse Mauer auf, und die Abschüssigkeit des Terrains 
benutzte er zum Vorteil der Befestigung. Auch er- 
weiterte er die Stadt gegen früher so bedeutend, dass sie 
an Grösse selbst hinter den berühmtesten Städten nicht 
zurückstand. Ihr Umfang betrug nämlich fünf Stadien . 2 
In der Mitte der Stadt steckte er einen in jeder Hin- 
sicht geeigneten Platz von eineinhalb Stadien ab, auf 
dem er einen grossen und herrlichen Tempel erbaute. 
Auch die übrigen Stadtteile verschönerte er tagtäglich 
mehr, richtete zu seiner grösseren Sicherheit den Haupt- 
teil der Stadt durch Erbauung starker Mauern zu einer 
Art Kastell ein und betrachtete es als Ehrensache, 
seinen Nachkommen damit ein Denkmal seines Schön- 
heits- und Wohlthätigkeitssinnes zu hinterlassen. 

1 S. Anmerkung zu V, 1 , 21. 

9 Etwas über neun Kilometer. 



842 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Neuntes Kapitel. 

Hungersnot in Judaea. Herodes schliesst eine neue Ehe 
und baut weitere Städte. 

1. Noch in demselben Jahre, dem dreizehnten der 
.Regierung des Herodes, wurde das Land von schweren 
Plagen heimgesucht, sei es infolge des göttlichen Zornes, 
sei es infolge der zu bestimmten Zeiten wiederkehrenden 
Übel. Zunächst entstand eine anhaltende Dürre, sodass 
das Land unfruchtbar wurde und noch nicht einmal 
diejenigen Früchte trug , die es von selbst hervor- 
zubringen pflegte. Und weil nun wegen des Mangels 
an Nahrungsmitteln die ganze Lebensweise sich änderte, 
entstanden Krankheiten und Seuchen, und es folgte so 
ein Unglück dem anderen. Denn da es an Pflege und 
Nahrung für die Kranken fehlte, griff die Seuche immer 
weiter um sich, und die grosse Sterblichkeit raubte auch 
den Überlebenden alle Hoffnung, weil 6ie nicht imstande 
waren, ihrer Not abzuhelfen. Als nun die Ernte dieses 
Jahres samt den vorhandenen Vorräten aus früheren 
Jahren ganz aufgezehrt war und das Übel von Tag zu 
Tag wuchs, blieb keine Hoffnung mehr übrig. Denn 
da selbst das aufbewahrte Saatgut verzehrt war, war 
auch für das_ kommende Jahr auf keinen Ertrag (zu 
rechnen, sodass fman «auf alle {möglichen Mittel sann, 
um der Not zu steuern. Selbst der König litt 
Mangel, da er keine Abgaben von der Ernte, wie 
er gewohnt war, empfing, und da er sein Geld in allzu- 
grosser Freigebigkeit gegen diejenigen, deren Städte er 
wiederhergestellt, verausgabt hatte. Auch schien ihm 
niemand der Hilfe würdig, zumal infolge der Drangsale 
der Hass des Volkes noch mehr entbrannte, wie es 
denn eben nicht so selten zu geschehen pflegt, dass man 
bei schlimmen Ereignissen der Obrigkeit die Schuld bei- 
misst. 

2. Gleichwohl sann Herodes in dieser traurigen Lage 
auf Mitteil, um die Not zu lindern. Das war indes 



Fünfzehntes Buch, 9. Kapitel. 


843 


schwierig, teils weil die Nachbarvölker selbst am Not- 
wendigsten Mangel litten, teils weil ihm, auch wenn er 
imstande gewesen wäre, für so viele Menschen nur eine 
Kleinigkeit Lebensmittel anzuschaffen , das Geld dazu 
fehlte. Da er es aber für billig hielt, nichts unversucht 
zu lassen, um dem Elend abzuhelfen, liess er alles, was 
sich an Gold- und Silbergerät im Königspalast vorfand, 
zusammenschmelzen und verschonte selbst die kostbarsten 
und kunstvollsten Erzeugnisse nicht. Das so erhaltene 
Geld schickte er dann nach Aegypten, dessen Verwaltung 
Petronius im Namen des Caesars führte. Obgleich sich 
nun nicht wenige, die in derselben Notlage waren, um 
Abhilfe an Petronius wandten , wollte er . doch als be- 
sonderer Freund des Herodes dessen Unterthaneh zu- 
nächst das Leben erhalten. Er gestattete deshalb ihnen 
zuerst, Getreide auszuführen, und war ihnen beim An- 
kauf und jder Ausfuhr desselben in jeder Hinsicht 
behilflich, sodass sie ihm zum grössten Teile oder auch 
ganz allein ihre Rettung zu verdanken hatten. Als nun 
die Abgesandten mit dem Getreide ankamen, sorgte 
Herodes zunächst dafür, dass das Volk diese Hilfe nur 
ihm zuschrieb, und brachte dadurch nicht nur denen, 
die ihm früher feindlich gegenübergestanden hatten, eine 
bessere Meinung bei, sondern zeigte auch offenkundig, 
wie sehr er auf das Wohl des Volkes bedacht gewesen 
war. Denn zuerst teilte er mit möglichster Genauigkeit 
Getreide an diejenigen aus, die sich selbst Brot daraus 
bereiten konnten. Alsdann wies er den vielen, die wegen 
hohen Alters oder sonstiger Schwäche sich die Nahrung 
nicht selbst herzustellen vermochten, Bäcker an, welche 
das thun sollten. Weiterhin sorgte er dafür, dass die, 
denen ihr Vieh zu Grunde gegangen war oder die das- 
selbe zur Nahrung verwendet hatten und deshalb weder 
Wolle noch sonstige Kleidungsstücke besassen, im Winter 
nicht in Gefahr gerieten. Nachdem er das alles besorgt 
hatte, gedachte er auch den benachbarten Städten Hilfe 
zu leisten, indem er die Bewohner Syriens mit Saatgut 
versah, eine Massregel, die den höchsten Nutzen ver- 




344 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sprach , weil hierdurch die Fruchtbarkeit des Lande» 
wieder hinreichend gesichert war, sodass dem Mangel an 
Lebensmitteln gesteuert werden konnte. Als nun die 
Erntezeit herangekommen war, schickte er fünfzigtausend 
Menschen, welche er ernährt hatte, im Lande umher 
und half auf diese Weise nicht nur seinem eigenen 
schwer bedrängten Reiche wieder auf, sondern gewährte 
auch den Nachbarn, die in gleicher Not waren, seine 
Unterstützung. Denn niemand wandte sich in seinem 
Elend an ihn, dem er nicht nach Kräften beigesprungen 
wäre. Ja, ganze Völker, ganze Städte und solche Privat- 
personen, die, weil sie für eine grosse Zahl von An- 
gehörigen zu sorgen hatten, in Not geraten waren und 
zu ilfln ihre Zuflucht nahmen, erlangten Gewährung 
ihrer Anliegen. So verteilte er an auswärtige Not- 
leidende zehntausend Koren Getreide (ein Kor enthält 
zehn attische Scheffel) und in seinem eigenen Reiche im 
ganzen gegen achtzigtausend Koren. Durch diese seine 
Fürsorge und Güte gewann sich Herodes so sehr die 
Zuneigung der Juden, dass sie ihn nicht genug zu loben 
wussten, und dass der Hass, den er sich durch seine 
Missachtung der heimischen Gebräuche zugezogen hatte, 
aus dem Herzen seiner Unterthanen getilgt ward. All- 
seitig war man jetzt überzeugt, er habe durch seine 
opferwillige Hilfe in der schweren Zeit der Not seine 
früheren Fehler vollständig gut gemacht. Auch bei den 
Auswärtigen stieg sein Ruhm, und es scheint, dass das 
unsägliche Elend, welches sein Reich so schwer gedrückt 
hatte, dazu bestimmt gewesen sei, den Glanz seines 
Namens zu erhöhen. Denn durch die grossartige Frei- 
gebigkeit, die er wider Erwarten in den Zeiten der Not 
bewiesen hatte, schlug die Stimmung des Volkes so sehr 
zu seinen Gunsten um, dass man ihn nicht mehr für 
den hielt, als den man ihn früher kennen gelernt, 
sondern für den Mann, der seine Fürsorge während der 
argen Drangsal glänzend gezeigt hatte. 

3. Um diese Zeit sandte er auch dem Caesar fünf- 
hundert auserlesene Krieger aus seiner Leibwache zu 



Fünfzehntes Buch, 9. Kapitel. 


345 


Hilfe, die Aelius Gallus ans Rote Meer führte und die 
dem Augustus von grossem Nutzen waren. Als nun 
sein Wohlstand sich wieder gehoben hatte, baute er in 
der oberen Stadt einen Königspalast mit sehr geräumigen 
Zimmern, die aufs prächtigste mit Gold, Marmor und 
Ruhebetten ausgestattet waren, sodass sie eine grosse 
Zahl Menschen aufnehmen konnten. Je nach der 
Grösse benannte er diese Räume, so z. B. den einen nach 
dem Caesar, den anderen nach Agrippa u. s. w. Alsdann 
nahm er, von sinnlicher Lust getrieben, eine neue Gattin, 
wie er sich denn überhaupt durch keinerlei Scheu ab- 
halten liess, den Vergnügungen des Lebens nach Be- 
lieben zu frönen. Diese eheliche Verbindung aber 
hatte folgende Veranlassung. Es lebte zu Jerusalem 
ein gewisser Simon, der Sohn des Alexandriners Boethos, 
ein angesehener Priester. Dieser hatte eine Tochter, die 
für die schönste Frau der damaligen Zeit galt. Da sie 
nun aus diesem Grunde zu Jerusalem der Gegenstand 
allgemeinen Gespräches wurde, hörte auch Herodes 
von ihr und geriet in Entzücken, als er sie in ihrer 
blühenden Schönheit sah. Doch wollte er sie nicht mit 
Gewalt seinen Lüsten dienstbar machen, da er befürchtete, 
es möchte ihm übelgenommen werden, wenn er mit 
tyrannischer Willkür zu Werke ginge. Er hielt es 
darum für geratener, sie zur Ehe zu nehmen. Weil aber 
Simon eine zu niedrige Stellung bekleidete, um mit dem 
Könige in Verwandtschaft treten zu können, und doch 
auch wieder zu hoch stand, als dass man ihn ganz hätte 
missachten dürfen, so hielt Herodes für das beste Mittel 
zur Erfüllung seines Wunsches die Erhebung der Familie 
des Simon zu grösseren Ehren. Deshalb entsetzte er 
den Hohepriester Jesus, den Sohn des Phabes, seines 
Amtes und übertrug die Würde dem Simon, worauf er 
verwandtschaftliche Beziehungen mit ihm anknüpfte. 

4. Nach beendigter Hochzeitsfeier erbaute er eine 
Festung an dem Orte, wo die Juden von ihm besiegt 
worden waren, nachdem Antigonus ihn vertrieben und 
sich der Herrschaft bemächtigt hatte. Dieser Ort war 



346 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


von Jerusalem gegen sechzig Stadien entfernt und 
schon von Natur zur Befestigung sehr geeignet. In 
seiner nächsten Nähe nämlich liegt ein mässiger Hügel, 
der sich so in die Höhe erhebt, als wäre er von Menschen- 
hand gemacht, und in seiner Gestalt Ähnlichkeit init 
einer weiblichen Brust auf weist Diesen Hügel versah 
Herodes mit runden Türmen und machte ihn schwer zu- 
gänglich, indem er eine steile, aus zweihundert Quader- 
steinstufen bestehende Treppe zu ihm hinaufführte. Im 
Innern der Türme befanden sich prachtvolle königliche 
Gemächer, die ebenso der Sicherheit wie der Ver- 
schönerung dienten, und am Fusse des Hügels waren 
Wohnungen erbaut, welche einen herrlichen Anblick 
gewährten, und für die, weil der Ort kein Wasser hatte, 
Wasserleitungen angelegt waren, die man mit grossen 
Kosten aus weiter Ferne herangeführt hatte. Die Ebene 
ringsum wurde gleichfalls mit Gebäuden besetzt, sodass 
sie das Ansehen einer grossen Stadt darbot, über welcher 
sich der Hügel wie eine Burg erhob. 

5. Als sich nun alles glücklich nach seinen Wünschen 
gestaltet hatte, befürchtete Herodes in seinem Reiche 
keine Empörungen mehr, da er seine Unterthanen durch 
zwei Mittel im Gehorsam hielt , nämlich teils durch 
Furcht, indem er niemand die verdiente Strafe erliess, 
teils durch seine Fürsorge, von der er bei Gelegenheit 
der Hungersnot eine so glänzende Probe gegeben hatte. 
Dennoch suchte er auch im Ausland für seine Sicher- 
heit zu sorgen, als wenn er eines solchen Schutzes gegen 
seine Unterthanen bedurft hätte. Er erwies sich näm- 
lich gegen die auswärtigen Städte freundlich und ge- 
fällig, ehrte ihre Herrscher bei vorkornmenden Gelegen- 
heiten und machte sie sich durch Geschenke und noch 
grössere Gunstbezeugungen geneigt, da er, wie es einem 
Könige geziemt, von Natur freigebig war. Durch die 
in dieser Hinsicht errungenen Erfolge war nun seine 
Macht gewaltig vermehrt. Doch wurde er infolge seiner 
Prachtliebe und des Eifers, womit er sich den Caesar 
und die Machthaber der Römer günstig zu stimmen 




Fünfzehntes Buch, 9. Kapitel. 


347 


suchte, auch zum Abfall von den heimischen Gebräuchen 
und zur Übertretung der Gesetze genötigt, da er seinem 
Ehrgeiz zuliebe Städte baute und Tempel errichtete, 
nicht zwar in Judaea, weil die Juden, denen es verboten 
ist, nach Art der Griechen Bildsäulen und Bildnisse zu 
verehren, das nicht geduldet haben würden, sondern in 
anderen Gegenden und Städten. Den Juden gegenüber 
entschuldigte er sein Verfahren damit, dass er dies nicht 
aus freien Stücken, sondern auf höheren Befehl thue, 
wogegen er sich beim Caesar und den Römern dadurch 
in Gunst setzte, dass er mehr Rücksicht auf ihre Ehrung 
als auf die heimischen Gebräuche nahm. Auch hatte 
er dabei seinen eigenen Nutzen im Auge, indem er sich 
bemühte, den Nachkommen möglichst herrliche Denk- 
mäler seiner Regierung zu hinterlassen. Das war es, 
was ihn veranlasste, Städte zu bauen und zu diesem 
Zwecke ungeheure Geldmittel aufzuwenden. 

6. Zur Erbauung einer Stadt erschien ihm nun ein 
Ort an der Meeresküste, der früher Stratonsturm hiess, 
besonders geeignet, und er liess deshalb sogleich den 
Plan dazu entwerfen. Dann baute er die verfallenen 
Gebäude mit grosser Pracht und Sorgfalt aus weissein 
Marmor wieder auf und schmückte die Stadt sowohl 
mit herrlichen Königspalästen als mit sonstigen Wohn- 
häusern. Ja, er versah, was ein äusserst schwieriges und 
mühevolles Werk war, die Stadt mit einem sehr sicheren 
Hafen, der an Grösse dem Piraeus 1 gleichkam und in 
welchem die Schiffe aufs zweckmässigste ankern konnten. 
Der Bau der Stadt musste um so mehr Aufsehen erregen, 
als der Ort selbst die hierzu notwendigen Materialien 
nicht darbot, diese vielmehr anderweitig herbeigeschafft 
und mit grossen Kosten zugerichtet werden mussten. Die 
Stadt liegt in Phoenicien, an dessen Küste man auf der 
Reise nach Aegypten vorbeifährt, zwischen Dora und 
Joppe. Diese Seestädtchen sind hafenlos und den 
heftigen von Afrika her wehenden Winden ausgesetzt, 


1 Dem Hafen von Athen. 




348 J osephus’ J üdische Altertümer. 

welche den Meeressand ans Ufer schleudern und keine 
ruhige Landung gestatten, sodass die Kaufleute hier 
meist im offenen Meere vor Anker gehen müssen. Um 
diesem Übelstand abzuhelfen, steckte Herodes für den 
Hafen ringsum einen so weiten Raum ab, als hin- 
reichend war, um grosse Flotten aufzunehmen, und liess 
bis zur Tiefe von zwanzig Ellen Felsblöcke von ge- 
waltiger Grösse ins Meer senken, von denen die meisten 
fünfzig Fus8 lang, achtzehn Fuss breit und neun Fuss 
hoch waren, einige auch grösser oder kleiner. Dieser 
Damm, den er zur Abwehr der anprallenden Meeres- 
fluten errichten liess, wies eine Breite von zweihundert 
Fuss auf. Die eine Hälfte desselben diente dazu, die 
Gewalt der Wogen zu brechen, und wurde deshalb 
Prokymatia (Wellenbrecher) genannt; die andere trug 
eine steinerne Mauer, welche mit Türmen versehen war. 
Von den Türmen erhielt der grösste und schönste nach 
dem Stiefsohn des Caesars, der als Jüngling gestorben 
war, den Namen Drusus. Ausserdem waren daselbst 
viele Gewölbe angebracht, die den Schiffern als Her- 
berge dienten, und vor den Gewölben zog sich rings um 
den Hafen eine zu Spaziergängen geeignete Plattform. 
Der Eingang des Hafens war dem Nordwinde zugekehrt, 
der hier von allen Winden der mildeste ist. Am 
äussersten Ende der Hafenböschung lag, wenn man in 
den Hafen einfuhr, zur Linken ein runder Turm, der 

auf einem breiten Unterbau ruhte und den Fluten 

/ 

kräftigen Widerstand entgegensetzte; zur Rechten da- 
gegen standen dem Turm gegenüber zwei hohe mit- 
einander verbundene steinerne Säulen. Rings um den 
Hafen lagen in ununterbrochener Reihe Häuser, die aus 
dem feinsten geschliffenen Marmor erbaut waren, und in 
der Mitte erhob sich ein Hügel, auf welchem der Tempel 
des Caesars stand, weithin den Seefahrern sichtbar. In 
diesem Tempel befanden sich zwei Bildsäulen, eine der 
Stadt Rom und eine des Caesars. Die Stadt selbst, die 
sowohl wegen des Baumaterials als auch wegen der 
kunstreichen Bauart der Häuser ein merkwürdiges 



Fünfzehntes Buch, 10. Kapitel. 


349 


Ansehen hatte, ward Caesarea genannt. Was nun die 
unterirdischen Gänge betrifft, so waren sie ebenso kunst- 
voll angelegt wie die Gebäude über der Erde. Einige 
von ihnen, die voneinander durch gleiche Zwischenräume 
getrennt waren, reichten bis zum Meeresufer, während 
ein gleicher Gang alle übrigen quer durchschnitt, sodass 
das Regenwasser und die Schmutzwässer der Stadt ab- 
fliessen und die Meeresfluten von aussen eindringen 
konnten, wodurch die ganze Stadt unterspült und rein 
gehalten wurde. Ausserdem baute Herodes in der Stadt 
ein Theater auB Felsquadern und hinter demselben 
an der Südseite des Hafens ein Amphitheater, welches 
eine ungeheure Menschenmenge zu fassen vermochte 
und so günstig lag, dass es eine weite Aussicht aufs 
Meer gestattete. Da nun der König weder Mühe noch 
Kosten scheute, wurde die Stadt in zwölf Jahren 
vollendet. 


Zehntes Kapitel. 

Wie Herodes seine Söhne nach Rom schickte, und wie 
er von Zenodorus und den Gadarenern angeklagt, aber 
vom Caesar freigesprochen wurde. Von dem Essener 

Manaem. 

1. Als Herodes auch diese Stadt vollendet hatte 
(Sebaste war ja bereits früher gebaut worden), beschloss 
er seine Söhne Alexander und Aristobulus nach Rom 
zu schicken, damit sie dem Caesar ihre Aufwartung 
machten. Dort angelangt, kehrten sie bei Pollio, einem 
sehr guten Freunde ihres Vaters, ein, obwohl es ihnen 
auch freistand, beim Caesar abzusteigen. Augustus nahm 
sie äusserst huldreich auf und erteilte dem Herodes die 
Erlaubnis, einen von den beiden Söhnen nach Be- 
lieben zu seinem Nachfolger zu ernennen. Auch schenkte 
er ihm noch an Ländergebieten Trachon, Batanaea und 
Auranitis, und zwar aus folgender Veranlassung. Ein 
gewisser Zenodorus, der die Güter des Lysanias gepachtet 



850 


Josephus 1 Jüdische Altertümer. 


hatte, war mit deren reichen Einkünften nicht zufrieden, 
sondern suchte dieselben durch Raubzüge, welche er 
nach Trachon unternahm, zu vermehren. Diese Gegend 
nämlich wurde von verkommenen Menschen bewohnt, 
die das Gebiet der Damascener plünderten, und anstatt 
ihren Räubereien Einhalt zu thun, beteiligte sich Zeno- 
dorus sogar noch an ihrer Beute. Die Nachbarn aber, 
die hierdurch hart bedrängt wurden, wandten sich mit 
lauten Klagen an den damaligen Statthalter Varro und 
und baten ihn, dem Caesar von den Ungerechtigkeiten 
des Zenodorus Meldung zu machen. Der Caesar hatte 
die Klagen kaum vernommen, als er sogleich Befehl er- 
teilte, die Räuber aus der Gegend zu vertreiben und 
dieselbe dem Herodes zu übergeben, dessen Umsicht und 
Thatkraft es gewiss verhüten würde, dass die Trachoniter 
ihren Nachbarn künftig lästig fielen. Dem Treiben der 
Räuber ein Ende zu machen, war indes keine leichte 
Sache, da dieselben nur von ihren Räubereien lebten 
und weder Städte noch Ackerland, sondern nur unter- 
irdische Schlupfwinkel und Höhlen besassen, in denen 
sie mit ihrem Vieh gemeinschaftlich lebten. Auch hatten 
sie sich reichlich mit Wasser und Getreidevorräten ver- 
sorgt, sodass sie aus ihren Verstecken heraus längere 
Zeit Widerstand zu leisten vermochten. Die Eingänge 
der Höhlen waren so eng, dass nur einer nach dem 
anderen hineingehen konnte; der innere Raum dagegen 
war von ganz beträchtlicher Grösse und so eingerichtet, 
dass er einer grossen Anzahl Menschen Unterkunft ge- 
währte. Oben aber ragten die Wohnungen nicht hervor, 
sondern waren hier fast dem Erdboden gleich. Die 
ganze Gegend war rauh, felsig und schwer zugänglich, 
wenn man sich nicht eines Führers bediente; denn die 
Pfade waren nicht gerade, sondern vielfach verschlungen. 
Konnten diese Menschen keine Schandthaten gegen ihre 
Nachbarn verüben, so pflegten sie sich selbst gegenseitig 
zu berauben, und schreckten vor keinem Verbrechen 
zurück. Sobald nun Herodes diese Gegend von 
Augustus zum Geschenk erhalten hatte, zog er mit 



Fünfzehntes Bach, 10. Kapitel. 


351 


kundigen Führern dahin , legte den Übelthätern das 
Handwerk und verschaffte den Nachbarn Friede und 
Sicherheit. 

2. Zenodorus aber, den der Verlust seines Gebietes 
sehr kränkte, und der den Herodes wegen der darüber 
erlangten Herrschaft beneidete, reiste nach Rom, um ihn 
anzuklagen, musste jedoch unverrichteter Sache wieder 
heimkehren. Unterdessen ward Agrippa abgeschickt, um 
im Namen des Augustus die Provinzen jenseits des 
Ionischen Meeres zu verwalten. Da nun Herodes ihm 
sehr befreundet war, besuchte er ihn in Mytilene, wo er 
überwinterte, und kehrte dann wieder nach Judaea 
zurück. Übrigens kamen auch einige Gadarener zu 
Agrippa, um den Herodes zu verklagen. Agrippa aber 
liess sie, ohne sie auch nur einer Antwort zu würdigen, 
dem Könige gefesselt zuführen. Unterdessen gerieten 
auch die Araber, die schon längst der Herrschaft des 
Herodes überdrüssig waren, wieder in Erregung und 
suchten ihm Schwierigkeiten zu bereiten, und zwar, wie 
es schien, aus ziemlich erheblichen Ursachen. Zenodorus 
nämlich hatte, als er bereits alle Hoffnung auf Erhaltung 
seiner Macht schwinden sah, einen Teil seines Gebietes, 
und zwar Auranitis, den Arabern um fünfzig Talente ver- 
kauft. Weil aber dieses Gebiet zu dem Lande gehörte, 
das Augustus dem Herodes geschenkt hatte, kämpften 
die Araber mit ihm um den Besitz desselben, als ob es 
ihnen ungerechterweise abgenommen worden sei, fielen 
häufig in das Land ein und versuchten bald mit Gewalt, 
bald auf dem Rechtswege ihren Anspruch zu behaupten. 
Sie suchten auch arme Soldaten des Herodes zu sich 
herüberzuziehen und waren überhaupt sehr feindselig 
gegen ihn gesinnt, indem sie wie alle die, welchen es 
übel ergeht, ihre Hoffnung auf Erregung von Um- 
wälzungen setzten. Obwohl nun Herodes längst Kennt- 
nis davon hatte, trat er ihnen doch nicht entgegen, sondern 
suchte sie klugerweise zu besänftigen, um ihnen keinen 
Anlass zu offenem Aufruhr zu geben. 

3. Im siebzehnten Jahre der Regierung des Herodes 




352 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


kam der Caesar nach Syrien, und ein grosser Teil der 
Gadarener benutzte diesen Anlass, um über Herodes 
Klage zu führen, dass er sich herrsch süchtig, hart und 
tyrannisch benehme. Zu diesem kühnen Wagnis hatte 
sie Zenodorus getrieben, der sie stets aufwiegelte, sich 
über Herodes beklagte und ihnen eidlich zusagte, alles 
auf bieten zu wollen, damit sie von der Herrschaft des 
Herodes befreit und unmittelbar der Botmässigkeit des 
Augustus unterstellt würden. Hierdurch Hessen die 
Gadarener sich bewegen, gegen Herodes Klage zu er- 
heben, indem sie sich besonders darauf stützten, dass 
diejenigen ihrer Mitbürger, welche Agrippa gefesselt dem 
Herodes hatte zuführen lassen, von letzterem nicht be- 
straft, sondern, ohne dass man ihnen ein Haar gekrümmt 
hatte, freigelassen worden waren. Denn Herodes, der 
gegen die Seinigen hei Verfehlungen mit unerbittlicher 
Strenge einschritt, war leicht geneigt, die Übelthaten 
von Fremden grossmütig zu verzeihen. Da er nun von 
den Gadarenern der Gewaltthätigkeit, des Raubes und 
der Zerstörung ihrer Tempel angeklagt wurde, bereitete 
er ruhig seine Verteidigung vor. AuguBtus aber gab 
ihm die Hand und änderte trotz des Tobens der Menge 
nicht im mindesten seine freundliche Gesinnung gegen 
ihn. Über diese Sache verhandelte man am ersten Tage ; 
am folgenden Tage aber wurde die Untersuchung nicht 
fortgesetzt. Denn da die Gadarener die Stimmung des 
Caesars und der Beisitzer des Gerichtes erkannten und 
der Meinung waren, dass sie an den König würden 
ausgeliefert werden , töteten sie sich aus Furcht vor 
Folterqualen in der folgenden Nacht teils mit eigener 
Hand, teils stürzten sie sich in einen Abgrund oder er- 
tränkten sich im Flusse. Weil sie aber damit ihre 
Leichtfertigkeit und Schuld selbst anzuerkennen 
schienen , sprach Augustus den Herodes ohne weiteres 
Bedenken frei. Ferner vollzog sich noch ein anderes, 
für Herodes sehr glückliches Ereignis. Dem Zenodorus 
nämlich platzte ein Darm, und er wurde infolge des 
dadurch eintretenden Blutverlustes so schwach, dass er 



Fünfzehntes Buch, 10. Kapitel. 


353 


zu Antiochia in Syrien starb. Sein Land aber, das 
nicht klein war und zwischen Trachon und Galilaea lag, 
schenkte der Caesar einschliesslich Ulathas, Panias’ und 
des daran grenzenden Gebietes dem Herodes. Auch 
brachte er ihn in nähere Beziehungen zu den Statthaltern 
von Syrien, denen er auftrug, nichts ohne des Herodes 
Zustimmung vorzunehmen. Kurz, Herodes gelangte zu 
solchem Glücke, dass die beiden Machthaber des so 
gewaltigen Römerreiches , Augustus und Agrippa, ihn 
sehr hoch schätzten, und dass namentlich Augustus nach 
Agrippa auf niemand grössere Stücke hielt als auf Herodes, 
und auch Agrippa seinerseits ihn nach dem Caesar seinen 
besten Freund nannte. Durch solche Gunstbezeugungen 
wuchs das Selbstvertrauen des Herodes gewaltig, und er er- 
bat sich daher vom Caesar für seinen Bruder Pheroras eine 
Tetrarchie und wies diesem von den Einkünften seines 
eigenen Reiches hundert Talente an, damit, wenn er selbst 
vom Tode ereilt würde, Pheroras in gesicherter Stellung sich 
befände und nicht in Abhängigkeit von den Söhnen seines 
Bruders geriete. Nachdem nun Herodes den Caesar bis 
zum Meere geleitet hatte, kehrte er heim und er- 
baute ihm im Lande des Zenodorus nahe bei dem Orte 
Panium einen herrliche^ Tempel aus Marmor. Hier be- 
findet sich im Berge eine prächtige Grotte, in welcher 
ein steiler und tiefer, mit stehendem Wasser angefüllter 
Erdschlund sichtbar ist, während darüber ein gewaltiger 
Berg emporragt. Unterhalb der Grotte entspringen die 
Quellen des Jordanflusses. Diesen berühmten Ort also 
schmückte Herodes mit einem Tempel, welchen er dem 
Augustus weihte. 

4. Damals liess Herodes auch seinen Unterthanen 
den dritten Teil der Abgaben nach, angeblich, um ihnen 
die Möglichkeit zu bieten, sich nach der langen Un- 
fruchtbarkeit des Landes wieder zu erholen, in Wahrheit 
aber, um sich ihre Zuneigung zu sichern. Denn über 
seine Unternehmungen, durch welche Religion und Sitte 
untergraben zu werden drohten, waren sie sehr unwillig, 
und das ganze Volk sprach davon nur mit Erbitterung 

Joaephua’ Jüdische Altertümer, II. 23 

Go gle 



354 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


und Erregung. Einen Aufruhr aber suchte er dadurch 
zu vereiteln, dass er seinen Unterthanen jede Gelegen- 
heit dazu benahm und sie zu beständiger Arbeit anhielt. 
Auch verbot er den Bürgern alle Zusammenkünfte, 
öffentliche wie geheime, und stellte überall Spione an. 
Wurde jemand bei Übertretungen ertappt, so bestrafte 
er ihn streng, und es wurden viele offen oder heimlich 
in die Festung Hyrkania abgeführt und dort hingerichtet. 
Überall, in der Stadt wie auf den Landstrassen, gab es 
bestimmte Menschen, die alle Zusammenkünfte auszu- 
forschen suchten. Ja, man sagt, der König habe sich 
oft selbst in der Kleidung eines Privatmannes bei Nacht 
unter die Menge begeben, um die Meinung des Volkes 
über seine Regierung zu erfahren. Wer seinen Anord- 
nungen Widerstand entgegensetzte, wurde auf alle er- 
denkliche Weise verfolgt. Die übrigen aber verpflichtete 
Herodes unter Eid, ihm stets die Treue zu bewahren. 
Die meisten seiner Unterthanen fügten sich denn auch 
seinen Befehlen, teils aus wirklicher Zuneigung zu ihm, 
teils aus Furcht. Wer jedoch in zähem Widerstand ver- 
harrte und 6ich nicht zu bezwingen vermochte, wurde 
schonungslos beiseite geschafft. Als er aber auch den 
Pharisäer Pollio und den Sam^as sowie mehrere von 
deren Anhängern zum Eidschwur zwingen wollte, 
weigerten sie sich dessen entschieden ; gleichwohl schritt 
er mit Rücksicht auf Pollio nicht gegen sie ein wie 
gegen die anderen, die den Eid nicht leisten wollten. 
Auch waren von dieser Verpflichtung die sogenannten 
Essener befreit, die eine ähnliche Klasse von Menschen 
bilden, wie bei den Griechen die Pythagoräer. Doch 
ich habe mich über dieselben anderswo ausführlich ver- 
breitet. Hier mag es nicht unpassend sein, darüber zu 
reden, weshalb Herodes den Essenern eine so ungewöhn- 
liche Vergünstigung gewährte, zumal daraus hervor- 
geht, wie man überhaupt in jener Zeit von ihnen 
dachte. 

5. Ein gewisser Essener mit Namen Manaem, der 
wegen der Ehrbarkeit seines Lebenswandels in gutem 


Go gle 



Fünfzebntes Buch, 10. Kapitel. 


355 


Rufe stand und von Gott mit der Gabe, die Zukunft 
vorherzusehen , ausgestattet war, blickte eines Tages den 
Herodes, da dieser noch ein Knabe war und mit ihm 
zur Schule ging, an und sagte zu ihm, er werde dereinst 
König der Juden werden. Herodes aber, der der 
Meinung war, Manaem kenne ihn entweder nicht oder 
treibe seinen Scherz mit ihm, entgegnete, er sei doch 
nur von gewöhnlicher Herkunft. Manaem lächelte 
darüber, schlug ihn auf die Schenkel und sprach: „Du 
wirst in der That König werden und, weil dich Gott 
dessen für würdig hält, eine glückliche Regierung führen. 
Erinnere dich alsdann der Schläge des Manaem und 
lass sie dir zum Zeichen dienen, dass alles Glück 
wandelbar ist. Denn eine solche Erwägung wird dir 
zu grossem Nutzen gereichen, wenn du Gerechtigkeit 
und Frömmigkeit liebst und dich gegen deine Unter- 
thanen mild erweisest. Ich aber, der ich genau hierüber 
unterrichtet bin, weiss bestimmt, dass du so nicht sein 
wirst. Denn du wirst wohl, wie kein anderer, ein glück- 
liches Leben führen und dir ewigen Ruhm erwerben, 
Frömmigkeit und Gerechtigkeit aber wirst du vergessen. 
Allein Gott dem Herrn wird dies nicht verborgen 
bleiben, und er wird dich am Ende deines Lebens dafür 
bestrafen.“ Auf diese Worte achtete Herodes damals 
nicht, weil er eine solche Hoffnung nicht hegte. Als er 
aber zur Regierung und zwar zu glücklicher Regierung 
gelangt war, liess er, da er auf dem Gipfel seiner Macht 
stand, den Manaem rufen und fragte ihn, wie lange er 
noch regieren werde. Manaem antwortete hierauf nichts 
und schwieg. Da fragte Herodes weiter, ob seine Re- 
gierung wohl noch zehn Jahre dauer'n werde, und nun 
erwiderte Manaem, auch wohl zwanzig oder dreissig Jahre, 
ohne jedoch das Ende seines Lebens genau zu bestimmen. 
Herodes aber war damit zufrieden, gab dem Manaem 
die Hand, entliess ihn und hielt von der Zeit an alle 
Essener in Ehren. Obgleich nun diese Erzählung 
allen Glauben übersteigt, hielt ich es doch für 
gut, sie den Lesern mitzuteilen und zugleich davon 



356 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Erwähnung zu thun, dass noch viele Essener wegen 
ihres ehrbaren Lebenswandels mit der Gabe der Weis- 
sagung ausgestattet waren. 


Elftes Kapitel. 

Wie Herodes den Tempel umbaute und ihn höher und 
prächtiger gestaltete. Von der Burg Antonia. 

1. Im achtzehnten Jahre seiner Regierung nahm 
Herodes, nachdem er die oben erwähnten Bauten aus- 
geführt hatte, noch ein schwieriges Werk in Angriff. 
Er ging nämlich daran, den Tempel Gottes in weit 
grösserem Umfang und viel höher zu errichten; denn er 
glaubte, dieses Werk müsse, wenn er es vollendete, wie 
es auch wirklich der Fall war, herrlicher sein als alles, 
was er bisher zu stände gebracht, und er würde sich 
dadurch ein dauerndes Andenken sichern. Weil er aber 
einsah, dass das Volk nicht leicht zur Inangriffnahme 
eines so gewaltigen Unternehmens zu haben sein würde, 
beschloss er, dasselbe zunächst durch eine Anrede darauf 
vorzubereiten und erst dann Hand ans Werk zu legen. 
Er berief deshalb das Volk zusammen und sprach also: 
„Liebe Landsleute, ich halte es für unnötig, von den 
anderen Werken zu euch zu reden, die ich seit dem 
Beginne meiner Regierung vollbracht habe, obgleich sie 
alle derart sind, dass sie mehr eurer Sicherheit als 
meinem Ruhme dienen. Und da ich auch in den Zeiten 
schlimmer Not euch beizuspringen nicht ausser acht 
liess und bei der Ausführung meiner Bauwerke mehr 
für eure als für meine Sicherheit sorgte, so bin ich über- 
zeugt, dass ich nach dem Willen Gottes das Volk der 
Juden zu einem Glücke geführt habe, wie es dasselbe 
früher nie gekannt hat. Doch ich halte es , wie gesagt, 
für überflüssig, euch alles einzeln aufzuzählen, was ich 
im Lande vollführt und wie ich durch Erbauung 
von Städten sowohl in eurem Gebiete als in den dazu 


357 


Fünfzehntes Buch, 1 1. Kapitel. 

gehörenden Landesteilen euer Volk zu grossem Ansehen 
erhoben habe, da euch das ja wohl bekannt ist. Ich 
will euch jetzt nur mit wenigen Worten zeigen, dass 
das Werk , welches ich gegenwärtig in Angriff nehmen 
will, ebenso sehr der Ehre Gottes als eurem Ruhme 
dienen soll. Dieser Tempel ist von euren Vorfahren 
dem höchsten Gotte erbaut worden, als sie aus Babylon 
zurückgekehrt waren. Doch fehlen ihm an seiner Höhe 
noch sechzig Ellen, um welche der früher von Solomon 
errichtete Tempel ihn überragte. Das ist aber nicht 
etwa dem Mangel an Frömmigkeit bei unseren Vorfahren 
zuzuschreiben ; denn es stand nicht bei ihnen, dem Tempel 
die frühere Grösse zu geben. Vielmehr schrieben Cyrus 
. und Darius, des Hystaspes Sohn, ihnen die Art, wie sie 
den Bau einrichten sollten, vor, sodass sie, da sie zuerst 
diesen Königen, dann deren Nachkommen und später 
den Macedoniern unterthan waren , nicht die Macht be- 
sassen, dieses Denkmal ihrer Gottesfurcht in derselben 
Grösse wie ehemals aufzuführen. Weil ich nun durch 
Gottes Gnade zur Regierung gelangt bin, einer langen 
Friedenszeit mich erfreue, grosse Reichtümer mir ge- 
sammelt habe, bedeutende Einkünfte beziehe und, was 
das Wichtigste ist, mit den Römern , den Herren der 
Welt, wie ich wohl sagen darf, in freundschaftlichem 
Verkehr stehe, so will ich mich bemühen, das, was 
unsere Vorfahren aus Not und weil sie unter fremder 
Herrschaft standen, nicht ausführen konnten, zu voll- 
enden und dadurch Gott für die vielen Wohlthaten, die 
er mir während meiner Regierung erwiesen hat, frommen 
Dank zu erstatten.“ 

2. Also sprach Herodes zum Volke. Viele jedoch 
wurden durch diese Rede, die sie nicht erwartet hatten, 
in Bestürzung versetzt, und da sie den Plan für unaus- 
führbar hielten , waren sie keineswegs freudig erregt, 
sondern vielmehr beängstigt. Sie befürchteten nämlich, 
der König möchte, wenn der Tempel niedergelegt wäre, 
nicht die hinlänglichen Mittel besitzen, um das Werk, 
welches er sich vorgenommen, vollenden zu können, und 



358 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


es schien ihnen diese Gefahr um so grösser zu sein, als 
der Bau ihnen in der That schwierig und kolossal vor- 
kam. Weil sie nun so niedergeschlagen waren, flösste 
Herodes ihnen dadurch wieder Mut ein, dass er ihnen 
die Versicherung gab, er werde den Tempel nicht eher 
niederreissen lassen, als bis er alles zu seiner Vollendung 
Erforderliche in Bereitschaft habe. Hierin hielt er auch 
Wort. Denn erst als er tausend Wagen zum Anfahren 
der Steine beschafft, zehntausend erfahrene Werkmeister 
ausge wählt, tausend Priestern priesterliche Gewänder 
gekauft, sie teils in der Steinmetzkunst, teils im Zimmer- 
handwerk hatte unterrichten lassen, und überhaupt alles 
aufs sorgfältigste vorbereitet hatte, nahm er das Werk 
in Angriff. 

3. Er liess also zunächst die alten Fundamente 
durch neue ersetzen und erbaute dann auf diesen den 
Tempel selbst, hundert Ellen lang und hundertzwanzig 
Ellen hoch. Von den letzteren hundertzwanzig Ellen 
gingen zwanzig ab, nachdem sich die Fundamente ge- 
hörig gesetzt hatten ; doch haben wir dieselben zu Neros 
Zeiten wieder hinzuzufügen beschlossen. Der Tempel 
wurde aus festen weissen Marmorsteinen erbaut, die 
ungefähr fünfundzwanzig Ellen lang, acht Ellen hoch 
und gegen zwölf Ellen breit waren. Wie die königliche 
Säulenhalle war der ganze Tempel auf beiden Seiten 
etwas niedriger, in der Mitte dagegen etwas höher, sodass 
er schon auf viele Stadien Entfernung sichtbar war, 
besonders für diejenigen, welche ihm gerade gegenüber 
wohnten oder für solche, die auf ihn zugingen. Die 
Thüren am Eingänge 1 mit den Oberschwellen waren 
wie das Innere des Heiligtums selbst mit bunten Vor- 
hängen geschmückt, in welche purpurne Blumen und Säulen 
eingewebt waren. Über denselben breitete sich unter- 
halb der Mauerkrönung ein goldener Weinstock mit 
herabhängenden Trauben aus, und es war überhaupt ein 


1 Josephus meint hier nicht das äussere, sondern das innere 
Thor, welches unmittelbar ins Heiligtum führte. 



Fünfzehntes Buch, 11. Kapitel. 


359 


solch reicher Aufwand an kostbarem Material gemacht 
worden, dass der Anblick des überaus gewaltigen und 
kunstvollen Bauwerkes wahres Staunen erregte. Den 
ganzen Tempel umgab er mit ungeheuren Säulenhallen, 
die zum eigentlichen Tempelhause in richtigem Ver^ 
hältnis standen, und deren Pracht die der früheren weit 
übertraf, sodass es den Anschein gewann, als ob nie- 
mand sonst den Tempel so herrlich habe ausschmücken 
können. Beide Säulenhallen ruhten auf einer starken 
Mauer; die Mauer selbst aber war eines der gross- 
artigsten Werke, von denen man je gehört hat. Denn 
sie stellte einen felsigen, steilen Hügel vor, der nach 
der Ostseite der Stadt hin allmählich sich bis zu seinem 
höchsten Gipfel erhob. Diesen Hügel umgab Solomon, 
unser erster 1 König, auf Gottes Geheiss oben am Gipfel 
mit einer Mauer. Unten am Fusse aber, wo er nach 
der Südseite hin von einer tiefen Schlucht umgeben 
war, verschanzte er ihn mit gewaltigen, durch Blei 
untereinander verbundenen Felsblöcken, indem er in- 
wendig immer einen kleinen Zwischenraum liess und 
damit bis in die Tiefe fortfuhr, sodass der ins Geviert 
gearbeitete Bau eine ungeheure Grösse und Höhe er- 
hielt. Von aussen erblickte man die gewaltigen Fels- 
blöcke, die von innen mit eisernen Klammern so fest 
ineinander gefügt waren, dass sie für alle Zeiten unauf- 
löslich verbunden schienen. Und als das ganze 
Werk bis zur Spitze des Hügels hinaufgeführt war, 
glättete er den Gipfel des letzteren, füllte die innerhalb 
der Mauer befindlichen Höhlungen aus und machte alle 
Teile der Oberfläche, die etwa noch hervorragten, völlig 
gleich und eben. Diese ganze Einfriedigung hatte vier 
Stadien im Umfang, da jede Seite ein Stadion lang war. 
Inwendig zog sich dann um den Gipfel des Hügels noch 
eine andere Steinmauer, welche gegen die Ostseite hin 
eine doppelte Säulenhalle trug. Die letztere war gerade 
so lang wie die Mauer und sah nach dem Thore des 


1 D. h. hervorragendster. 



860 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Tempels hin, welcher der Mitte der Mauer gegenüberlag. 
Diese Säulenhalle hatten viele der früheren Könige reich 
ausgeschmückt. Rings um den Tempel waren die 
Rüstungen aufgehängt, die man von den fremden 
Völkern erbeutet hatte, und Herodes brachte dieselben 
jetzt wieder dort an und fügte auch noch diejenigen 
hinzu, welche er den Arabern abgenommen hatte. 

4. An der Nordseite der Einfriedigung war eine vier- 
eckige, sehr stark befestigte Burg errichtet, welche die 
Asamonäer, des Herodes Vorgänger, die Könige und 
Priester zugleich waren , gebaut und Baris genannt 
hatten, um daselbst das priesterliche Gewand aufzu- 
bewahren, welches der Hohepriester nur, wenn er opfern 
wollte, anzulegen pflegte. Auch Herodes bewahrte das 
priesterliche Kleid wieder an diesem Orte auf. Nach 
seinem Tode aber kam es in die Gewalt der Römer bis 
auf die Zeiten des Caesars Tiberius. Als unter dessen 
Regierung Vitellius, der Statthalter von Syrien, nach 
Jerusalem gekommen und vom Volke mit höchsten 
Ehrenbezeugungen aufgenommen worden war, richtete 
er auf die Bitte der Juden, dass ihnen das priesterliche 
Gewand wieder ausgeliefert werden möge, um sich ihnen 
gefällig zu erweisen , ein diesbezügliches schriftliches 
Gesuch an den Caesar, der denn auch die Bitte 
gewährte. Darauf blieb das Gewand in den Händen 
der Juden bis zum Tode des Königs Agrippa. Nach 
dessen Ableben gaben Cassius Longinus, der damals Syrien 
verwaltete, und Cuspius Fadus, der Landpfleger von 
Judaea, den Juden den Befehl, das Gewand in der 
Burg Antonia niederzulegen, da die Römer dasselbe 
wieder wie früher in ihrer Gewalt haben müssten. Die 
Juden schickten daher Gesandte an den Caesar 
Claudius und baten ihn, er möge ihnen doch das Kleid 
lassen. Als diese Gesandten angelangt waren, setzte es 
der damals gerade in Rom weilende jugendliche 
König Agrippa durch, dass der Caesar ihnen das 
Gewand wieder überliess und Vitellius, dem Statthalter 
von Syrien, einen diesbezüglichen Befehl erteilte. 



Fünfzehntes Buch, 11. Kapitel. 


361 


Früher befand sich das Gewand unter dem Siegel des 
Hohepriestern und der Tempelschatzmeister, welch 
letztere sich am Tage vor einem Feste zum Kom- 
mandanten der römischen Besatzungstruppen begaben 
und nach geschehener Besichtigung des Siegels das 
Gewand bei ihm abholten. Waren die Festtage dann 
vorüber, so brachten sie es wieder zurück und über- 
gaben es nach Vorzeigung des Siegels dem Befehlshaber 
wieder zur Bewahrung. So erklären sich die vielen 
Wechselfälle, die sich später mit dem Kleide ereignet 
haben. Diese Burg liess nun Herodes, der König der 
Juden, zur Sicherheit und zum Schutze des Tempels 
noch stärker befestigen und nannte sie seinem 
Freunde, dem römischen Feldherrn Antonius, zuliebe 
Antonia. 

5. Gegen die Westseite hin hatte die Einfriedigungs- 
mauer vier Thore, von denen eines durch ein dazwischen 
gelegenes Thal in die Königsburg, zwei weitere in die 
Vorstadt und das vierte in die eigentliche Stadt 
führten. Eine Menge von Stufen ermöglichte den Ab- 
stieg in das Thal und das Hinaufsteigen aus demselben. 
Denn die Stadt lag gerade dem Tempel gegenüber und 
machte, gegen Süden von einer tiefen Schlucht um- 
geben, den Eindruck eines Theaters. Die vierte Seite 
der Einfriedigungsmauer endlich nach der Südseite hin 
hatte ebenfalls in der Mitte Thore und eine dreifache 
königliche Säulenhalle, die sich der Länge nach von 
der östlichen zur westlichen Seite des Thaies erstreckte, 
da sie nicht weiter fortgeführt werden konnte. Das 
ganze Werk war eines der merkwürdigsten, welche die 
Sonne jemals beschienen hat. Denn über dem Thale, 
welches so tief war, dass man, wenn man hinabsah, 
anfing schwindelig zu werden, war noch eine uner- 
messlich hohe Halle erbaut, sodass derjenige, der vom 
Dache dieser Halle aus beide Höhen zugleich mit 
seinem Auge ermessen wollte, schon vom Schwindel 
erfasst wurde, ehe noch sein Blick den Grund der 
ungeheuren Tiefe erreichen konnte. Vier Reihen 



362 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Säulen hatte man von einem Ende der Halle bis zum 
anderen einander gerade gegenüber aufgestellt ; die 
vierte dieser Säulenreihen war in eine steinerne Mauer 
eingefügt. Die Dicke einer jeden Säule war so gross, 
dass drei sich gegenseitig bei den Händen fassende 
Menschen sie mit den Armen eben umspannen konnten. 
Die Länge betrug siebenundzwanzig Fuss, und jede 
Säule ruhte auf einem doppelten Wulst. An Zahl 
waren ihrer im ganzen hundertzweiundsechzig 1 ; ihre 
Kapitelle waren in korinthischem Stil gehalten und 
stellten grossartige und wundervolle Arbeit dar. Weil 
nun der Säulenreihen vier waren, teilten drei davon den 
Kaum in Säulengänge. Zwei von diesen Gängen, die 
einander gegenüberlagen, waren ganz gleich aus- 
gestaltet, sodass jeder von ihnen dreissig Fuss in der 
Breite, ein Stadion in der Länge und mehr als fünfzig 
Fuss in der Höhe hatte. Der mittlere Gang dagegen 
war einundeinhalbmal so breit und zweimal so hoch 
und reichte an beiden Seiten über die anderen weit 
hinaus. Die Dächer waren mit tief in das Holz ge- 
schnittenen Bildwerken verziert, die mancherlei Formen 
aufwiesen; das mittlere Dach war höher als die beiden 
anderen. Vorn auf den Kapitellen befand sich eine 
steinerne Wand, die mit eingesetzten Säulchen verziert 
und sehr exakt geglättet war, sodass, wer sie nicht 
gesehen, sich keine Vorstellung von ihrer Schönheit 
machen konnte, und dass der, welcher sie sah, in 
staunendes Entzücken geriet. So war also die erste 
Einfriedigung des Tempels beschaffen. Nach innen zu 
befand sich dann unweit der ersten eine zweite, zu der 
man auf einigen Stufen emporstieg. Sie stellte eine 
steinerne Mauer dar, auf der geschrieben stand, dass 
jedem Fremden der Eintritt bei Todesstrafe verboten 
sei. Diese innere Einfriedigung hatte auf der Süd- und 


1 Wie bei dieser Zahl die Säulen in vier Reihen gerade ein- 
ander gegenüber aufgestellt sein konnten, ist unerklärlich. 



363 


Fünfzehntes Buch, 1 1 . Kapitel. 

Nordseite je drei Thore, die gleich weit voneinander ab- 
standen, und auf der Ostseite ein grosses Thor, durch 
welches diejenigen, welche rein waren, mit ihren 
Frauen eintreten durften. Das innere Heiligtum da- 
gegen durften die Frauen unter keinen Umständen 
betreten. Endlich gab es noch einen dritten inneren 
Raum, in welchen einzutreten nur den Priestern ge- 
stattet war. Dies war der eigentliche Tempel, und vor 
demselben befand sich der Altar, auf dem wir Gott die 
Brandopfer darbringen. In keinen dieser drei inneren 
Räume trat Herodes ein, da er kein Priester war 
und ihm somit der Eintritt nicht freistand. Viel- 
mehr besorgte er nur den Aufbau der Säulenhallen 
und der äusseren Einfriedigungen, den er in acht Jahren 
vollendete. 

6. Nachdem nun auch der eigentliche Tempelbau von 
den Priestern in einem Jahre und sechs Monaten er- 
richtet worden war, freute sich das gesamte Volk und 
dankte Gott dafür, dass das Werk so schnell zur Voll- 
endung gekommen war und dass der König dieselbe 
mit so regem Eifer betrieben hatte. Mit Festfeier und 
Segenswünschen begleiteten die Juden die Fertigstellung 
ihres Tempels. Der König aber opferte Gott dreihundert 
Ochsen, und die übrigen nach ihrem Vermögen. Die 
Zahl der Opfer kann ich nicht angeben; denn da die 
Feier auf denselben Tag fiel, an welchem der König 
den Antritt seiner Regierung zu begehen pflegte, so 
wurde das Fest um dieser zweifachen Ursache willen 
desto glänzender begangen. 

7. Ausserdem wurde für den König noch ein ge- 
heimer Gang angelegt, der von der Burg Antonia zum 
östlichen Tempelthor führte. Darüber liess er sich einen 
Turm erbauen, um bei etwa ausbrechenden Volksauf- 
ständen durch den unterirdischen Gang auf denselben 
hinaufsteigen und sich so in Sicherheit bringen zu 
können. Es geht die Sage, während der ganzen Zeit, 
da man am Tempelbau gearbeitet, habe es nur des 
Nachts geregnet, damit der Bau nicht aufgehalten 




364 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


würde, und diese von unseren Vorfahren überlieferte 
Sage erscheint auch nicht unglaublich, wenn man alles 
andere in Betracht zieht, wodurch Gott sich uns 
offenbart hat. So vollzog sich der Neubau des 
Tempels. 


Go gle 




Sechzehntes Buch 


Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 12 Jahren. 

Inhalt. 

1. Wie Alexander und Aristobulus aus Rom zu ihrem Vater heim- 

kehrten, und wie Salome und Pheroras , des Königs Ge- 
schwister, gegen die beiden Ränke schmiedeten. 

2. Wie Herodes, nachdem er Alexander und Aristobulus vermählt 

hatte, zu Agrippa nach Mytilene fuhr und ihn zu bewegen 
suchte, dass er nach Judaea käme. 

3. Agrippas Reise nach Ionien, und wie Herodes abermals zu 

Agrippa in den Bosporus sich hegab. 

4. Beschwerde der Juden über die ionischen Griechen bei Agrippa 

in Anwesenheit des Herodes. 

5. Wie Agrippa den Juden die Beobachtung ihrer Gesetze ver- 

bürgte, und wie Herodes nach Judaea zurückkehrte. 

6. Wie Herodes an die Jerusalemer eine Ansprache hielt und 

ihnen den vierten Teil der Steuern des abgelaufenen Jahres 
nachliess. 

7. Wie im Hause des Herodes Zwistigkeiten entstanden , weil er 

seinen ältesten Sohn Antipater den anderen vorzog und 
dadurch Mariamnes Söhne gegen diesen foindlich stimmte. 

8. Wie während Antipaters Aufenthalt in Rom Herodes seine Söhne 

Alexander und Aristobulus zum Caesar brachte und sie dort 
verklagte. 

9. Alexander verteidigt sich vor dem Caesar, worauf Herodes sich 

mit den Prinzen aussöhnt. 

10. Wie Herodes zur Feier der Gründung von Caesarea Kampfspiele 

für jedes fünfte Jahr anordnete. 

11. Gesandtschaft der Juden zu Kyrene und in Asien an den 

Caesar mit Klagen über die Griechen. Wortlaut der Briefe, 
welche der Caesar und Agrippa ihretwegen an die Städte 
schickten. 



366 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


12. Wie Herodes, weil es ihm an Geld mangelte, in Davids Grab 

eindrang, aber in Schrecken versetzt wurde und dann über dem 
Grabe ein Denkmal errichtete. 

13. Wie Archelaus, der König von Kappadocien, den Alexander, 

der von seinem Vater ins Gefängnis geworfen worden war, 
mit Herodes aussöhnte, und wie darauf Archelaus nach Kappa- 
docien, Herodes aber nach Rom reiste. 

14 . Die Trachoniter fallen von Herodes ab , werden aber von den 

Befehlshabern der Provinz wieder unterworfen. 

15. Wie Herodes die Auslieferung der nach Arabien geflohenen Auf- 

rührer verlangte und , als dieselbe verweigert wurde , gegen 
die Araber mit Bewilligung des kaiserlichen Heerführers 
Saturninus zu Felde zog. 

16. Wie der Araber Syllaeus den Herodes wegen seines Einfalles 

in Arabien beim Caesar verklagte, und wie Herodes den 
Zorn des Augustus mit Hilfe des Nikolaus beschwichtigte. 

17. Eurykles verleumdet die Söhne des Herodes bei ihrem Vater; 

dieser lässt sie festsetzen und schreibt ihretwegen an den 
Caesar. 

18. Wie Herodes mit Erlaubnis des Augustus seine Söhne beim Ge- 

richtshöfe zu Berytus verklagte. Hinrichtung der Prinzen 
und ihre Bestattung in Alexandrium. 


Erstes Kapitel. 

Herodes erlässt ein Gesetz gegen den Diebstahl. 

Alexanders und Aristobulus’ Rückkehr von Rom. 

Salome und Pheroras schmieden Ränke gegen 
die jungen Leute. 

Die Verheiratung der Prinzen. 

1. Nachdem der König bei der Ordnung des Staats- 
wesens die grösste Mühe darauf verwandt hatte, allen 
Übelthaten in der Stadt wie auf dem Lande zu steuern, 
gab er auch einem Gesetze seine Bestätigung, welches 
den früheren Verordnungen sehr unähnlich war. Er 
bestimmte nämlich, dass die Diebe ausser Landes ver- 
kauft werden sollten. Diese Strafe war nicht nur für 
solche Vergehen zu hart, sondern lief auch den her- 
kömmlichen Gebräuchen zuwider. Denn als Sklave bei 
Ausländern und nach anderen Sitten lebenden Herren 



Sechzehntes Buch, 1. Kapitel. 


367 


dienen und allen ihren Befehlen gehorchen zu müssen, 
war mehr eine Verletzung religiöser Vorschriften, als eine 
Strafe für Übelthäter, besonders da eine solche in den 
alten Gesetzen vorgesehen war. Diese schrieben näm- 
lich vor, dass der Dieb das Vierfache als Strafe zahlen 
oder, falls er das nicht könne, verkauft werden solle, 
doch nicht an Ausländer noch zu dauernder Sklaverei. 
Vielmehr mussten solche Sklaven nach sechs Jahren 
wieder freigelassen werden. 1 Die jetzt festgesetzte Strafe 
erschien daher hart, unbillig und vom Übermute diktiert, 
gerade wie wenn Herodes nicht als König, sondern als 
Tyrann Strafen einführen wolle, ohne sich um die Ver- 
fassung der Juden zu kümmern. Und da diese Hand- 
lungsweise ganz seinem übrigen Gebaren entsprach, war 
dieselbe umsomehr ein Anlass zu Vorwürfen und 
Feindseligkeiten. 

2. Um diese Zeit unternahm er auch eine Reise 
nach Rom, teils um sich dem Caesar vorzustellen, 
teils um seine in Rom lebenden Söhne zu besuchen. 
Der Caesar nahm ihn äusserst freundlich auf und 
liess die Prinzen , da sie ihre Studien vollendet 
hatten, wieder mit ihm nach Hause ziehen. Als 
sie nun in Judaea angelangt waren, empfing das 
Volk die beiden Jünglinge mit grosser Begeisterung, 
da sie ebenso sehr durch ihre Geistesgaben wie durch 
ihre hoheitsvolle äussere Erscheinung imponierten, die 
eine wahrhaft königliche war. Um so verhasster 
aber wurden sie der Salome, der Schwester des Königs, 
und den anderen, die durch ihre Verleumdungen 
Mariamne den Tod bereitet hatten. Diese glaubten 
nämlich, dass, wenn die beiden zu Macht und Einfluss 
kämen, sie selbst für ihre gegen deren Mutter begangenen 
Frevel Strafe erleiden würden. In dieser Besorgnis 
nahmen sie ihre Zuflucht zu Verleumdungen gegen die 
jungen Leute, indem sie ausstreuten, dieselben hätten 
durchaus keinen Gefallen daran, mit ihrem Vater zu- 

1 S. IV, 8,17 


Go gle 



368 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sammenzuleben , weil sie mit dem Mörder ihrer Mutter 
keine Gemeinschaft haben wollten. Da diese Behauptung 
sich auf wirkliche Vorgänge stützte, konnte es ihr nicht 
an Glauben mangeln, und es war vorauszusehen, dass 
den Söhnen dadurch das Wohlwollen ihres Vaters würde 
entrissen werden. Selbstverständlich sprachen die Ver- 
leumder in dieser Weise nicht bei Herodes, sondern 
sie streuten solche Verdächtigungen unter dem Volke aus. 
Und da es nicht fehlen konnte, dass dieselben auch dem 
Könige zu Ohren kamen, bildete sich bei ihm allmählich 
der Hass aus, den er später seinem Charakter gemäss 
nicht überwinden konnte. Vorläufig jedoch war bei 
Herodes die Liebe des Vaters zu seinen Kindern noch 
mächtiger als alle Verdächtigung und Verleumdung, 
und so liess er den beiden nicht nur die ihnen ge- 
bührende Auszeichnung zu teil werden, sondern gab ihnen 
auch, als sie das gehörige Alter erreicht hatten, würdige 
Gattinnen, nämlich dem Aristobulus Salomes Tochter 
Berenike und dem Alexander Glaphyra, die Tochter des 
Kappadocierkönigs Archelaus. 


Zweites Kapitel. 

Wie Herodes zweimal zu Agrippa reiste, und wie dieser 
auf die von den Juden gegen die Griechen vorgebrachten 
Klagen den ersteren ihre Rechte verbürgte. 

1. Als Herodes hierauf die Nachricht erhielt, Marcus 
Agrippa 1 sei zum zweitenmal aus Italien nach Asien 
gekommen, begab er sich schleunigst zu ihm und bat 
ihn, sein Königreich zu besuchen und bei ihm als Gast 
und Freund einzukehren. Auf diese inständigen Bitten 
sagte Agrippa zu und kam wirklich nach Judaea. 
Herodes liess es an nichts fehlen, was ihm Vergnügen 
bereiten konnte, empfing ihn in den neuerbauten 


1 Der Schwiegersohn des Augustus. 


Go gle 




Sechzehntes Buch, 2. Kapitel. 


369 


Städten und bewirtete ihn und seine Freunde, während 
er ihnen die Bauwerke zeigte, aufs köstlichste und 
prächtigste, sowohl in Sebaste und in dem neuerbauten 
Hafen Caesarea, als in den mit grossem Kostenaufwand 
wiederhergestellten Festungen Alexandrium, Herodium 
und Hyrkania. Auch in die Stadt Jerusalem nahm er 
ihn mit, wo ihm das Volk in festlichem Aufzuge ent- 
gegenkam und ihn mit Segenswünschen empfing. Agrippa 
opferte Gott dem Herrn hundert Ochsen, gab dem Volke 
ein Festmahl und liess es an dem denkbar grössten 
Aufwand nicht fehlen. So gern er sich nun noch viele 
Tage lang hier aufgehalten hätte, musste er sich doch 
der Jahreszeit wegen beeilen. Er hatte nämlich vor, 
wieder nach Ionien zurückzukehren, und hielt es 
nicht für geraten, bei Anbruch des Winters in See zu 
gehen. 

2. Nachdem er und seine hervorragendsten Begleiter 
von Herodes reich beschenkt worden waren, schiffte er 
sich ein. Der König aber verbrachte den Winter ruhig 
in seinem Lande, und als er bei Beginn des Frühlings 
vernahm, dass Agrippa sich zu einem Zuge nach dem 
Bosporus rüste, suchte er mit ihm wieder zusammen- 
zutreffen. Er fuhr also an Rhodus und Kos vorbei 
bis nach Lesbos und dachte ihn hier zu finden, konnte 
aber, da widriger Nordwind wehte, den Hafen nicht er- 
reichen. Aus diesem Grunde blieb er einige Tage in 
Chios, nahm eine Menge Bittgesuche huldreich entgegen 
und entliess die Bittsteller mit königlichen Geschenken. 
Als er die Säulenhalle der Stadt, die im Mithradatischen 
Kriege zerstört worden war und ihrer Grösse und Schön- 
heit halber nicht so leicht wie die übrigen Bauwerke 
wieder aufgerichtet werden konnte, in Trümmern da- 
liegen sah, wies er den Einwohnern so viel Geld an, 
dass sie zum Bau mehr als genug hatten, und ermahnte 
sie, nicht zu zögern und ihrer Stadt den schönen 
Schmuck wiederzugeben. Da sich inzwischen der Sturm 
gelegt hatte, begab er sich zunächst nach Mytilene und 
von da nach Byzantium, und als er hier erfuhr, Agrippa 

Joaephua* Jüdische Altertümer n. 24 

Go gle 




370 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sei schon an den Kyaneischen Felsen 1 vorbeigefahren, 
folgte er ihm nach, so schnell er konnte. Bei Sinope 
holte er ihn auf dem Pontus Euxinus ein und kam, 
wiewohl unerwartet, mit seiner Flotte doch nicht un- 
gelegen, sondern wurde sehr freundlich aufgenommen. 
Denn Agrippa hielt es für ein Zeichen grosser Ergeben- 
heit und Treue gegen seine Person, dass der König einen 
so weiten Seeweg zurückgelegt hatte und ihm zur 
passenden Zeit Hilfe leistete, wofür er doch sein Reich und 
dessen Verwaltung hatte im Stich lassen müssen. Auf 
diesem Kriegszuge war nun Herodes stets an Agrippas 
Seite, im Kampfe als Bundesgenosse und Helfer, in 
Verlegenheiten als Ratgeber, bei der Erholung als guter 
und angenehmer Gesellschafter, und so teilte er alles 
mit ihm, die Beschwerden aus Zuneigung und die An- 
nehmlichkeiten der Ehre wegen. Als sie nun den Krieg 
auf dem Pontus, zu dem Agrippa entsandt worden war, 
beendigt hatten, beschlossen sie den Rückweg nicht zu 
Schiffe zu ^machen ,J sondern durchzogen Paphlagonien 
und Kappadocien, wandten sich dann in weiteren Fuss- 
märschen durch Grossphrygien nach Ephesus und 
setzten von hier zu Wasser nach Samos über. In den 
einzelnen Städten gewährte Agrippa dem Herodes zu 
Gefallen den Hilfesuchenden je nach deren Bedürfnissen 
bedeutende Unterstützungen, und auch Herodes selbst 
liess keine Gelegenheit Vorbeigehen, wo er durch Geld- 
geschenke und freundliches Entgegenkommen seinen 
Vorteil wahren konnte, und gab reichlich aus seinen 
Mitteln. So oft er darum angegangen wurde, unter- 
stützte er die Gesuche der Bittsteller bei Agrippa aufs 
beste. Denn auch Agrippa war freigebig und gross- 
mütig und gab gern, wo er Nutzen stiften konnte, wenn 
er nur damit anderen nicht zu nahe trat, und es be- 
durfte deshalb nur der Verwendung des Herodes, um 
den Agrippa zum Wohlthun geneigt zu machen. So 

1 Am Eingang in den Pontus Euxinus gelegen (s. Namen- 
register). 




Sechzehntes Buch, 2. Kapitel. 


371 


versöhnte Herodes den Agrippa mit den Iliern, auf 
welche dieser erbost war, zahlte für die Chier das Geld, 
das sie den Beamten des Caesars schuldeten, erwirkte 
ihnen Befreiung von den Einfuhrzöllen und half über- 
haupt allen, welche dessen bedurften. 

3. Als sie nun nach Ionien gekommen waren, strömte 
eine Menge Juden, die in den ionischen Städten wohnten, 
zu Agrippa, um die ihnen gebotene Gelegenheit zu be- 
nutzen. Sie beklagten sich bei ihm über allerhand Un- 
gerechtigkeiten: dass man sie verhindere, nach ihren 
Gesetzen zu leben, dass man sie an heiligen Tagen nach 
der Willkür der Behörden vor Gericht lade, dass man 
ihnen das Geld raube, welches sie nach Jerusalem für 
den Tempel senden wollten, dass man sie zur Leistung 
von Heeresdienst und zu öffentlichen Arbeiten zwinge 
und sie nötige, das zu heiligen Zwecken bestimmte Geld 
dazu zu verwenden, während sie doch von alledem be- 
freit seien, da die Römer ihnen ausdrücklich erlaubt 
hätten , nach ihren heimischen Gebräuchen zu leben, 
Als sie dies unter lauten Klagen vorbrachten, bat 
Herodes den Agrippa, ihre Gründe anzuhören, und ge- 
wann seinen Freund Nikolaus als Sachwalter der Juden. 
Agrippa setzte sich daher mit den Vornehmsten seines 
Gefolges und den anwesenden Königen und Fürsten zu 
Gericht, und nun begann Nikolaus also für die Juden 
zu sprechen : 

4. „Wie alle ^Bedrängten, grossmächtiger Agrippa, ge- 
^ nötigt sind, zu denen ihre Zuflucht zu nehmen, die ihrem 

Leid abhelfen können, so haben auch die, welche jetzt 
hilfesuchend vor dir stehen, das grösste Vertrauen zu 
dir, dass du dich ihnen gnädig erweisest. Schon früher 
ja haben sie oft erfahren, wie entgegenkommend ihr 
euch ihnen gezeigt habt, und sie bitten jetzt nur darum, 
dass ihnen die früheren Vergünstigungen nicht entrissen 
werden, zumal sie dieselben von einem Volke erhalten 
haben, das allein sie zu gewähren imstande war, 
während sie derselben nicht durch Höhergestellte, 
sondern durch solchej, welche a sie gleich sich selbst euch 

'U* 




372 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


unterthan wissen, beraubt worden sind. Haben sie damit 
etwas Bedeutendes erlangt, so gereicht ihnen eben das 
zum Lobe, dass sie sich solcher Gnaden wert gezeigt 
haben. Sind die Vergünstigungen aber unbedeutend, so 
ziemt es den Spendern derselben um so weniger, ihnen 
diese jetzt nicht zu belassen. Es steht ja ausser Zweifel, 
dass diejenigen, welche die Juden behelligen und be- 
drücken, beide Teile beleidigen : die, welche die Wohl- 
thaten empfangen haben, indem sie dieselben nicht für 
wert halten, dass so vortreffliche Männer ihnen damit 
ihre Anerkennung zollen, die Wohlthäter selbst dagegen, 
indem sie verlangen, dass diese ihre Gunstbezeugungen 
wieder zu nichte machen sollen. Wollte man nun die 
Juden fragen, was sie lieber verlieren möchten, ihr Leben 
oder ihre heimischen Gebräuche, Aufzüge, Opfer und 
Feste, womit sie ihre Gottheit ehren, so weiss ich be- 
stimmt, dass sie eher alles Schlimme zu erdulden, als 
irgend eine ihrer väterlichen Satzungen aufzugeben be- 
reit sind. Führen sie doch ihre meisten Kriege deshalb, 
weil sie dieselben schützen wollen. Das Glück nun, das 
jetzt das ganze Menschengeschlecht durch euch geniesst, 
bemessen wir eben danach, dass es jedem einzelnen in 
eurem Gebiete freisteht, seinen Gottesdienst zu üben und 
nach seinen religiösen Grundsätzen zu leben. Nun aber 
wollen jene Menschen ein Unrecht, das sie an sich 
selbst wohl nicht dulden würden, anderen mit Gewalt zu- 
fügen, als ob es nicht gleich frevelhaft wäre, den eigenen 
Gottesdienst zu vernachlässigen und andere widerrecht- 
lich an der Ausübung ihres Gottesdienstes ,zu hindern. 
Doch nun noch eine andere Erwägung: Giebt es wohl 
eine Gemeinde, eine Stadt, eine Nation, die nicht den 
Schutz eurer Herrschaft und die römische Oberhoheit 
für das grösste Glück hielte? Oder giebt es einen 
Menschen, der auf eure Wohlthaten verzichten möchte? 
Sicherlich niemand, es müsste denn sein, dass er von 
Sinnen ist. Es findet sich auch in der That weder ein 
Gemeinwesen noch ein Privatmann, die nicht nach eurer 
Gunst strebten. Jeder aber, der andere um den Genuss 




Sechzehntes Buch, 2. Kapitel. 


373 


eurer Wohlthaten bringen will, muss auch auf das Ver- 
zicht leisten , was er selbst euch verdankt , und doch 
können diese Wohlthaten nicht hoch genug angeschlagen 
werden. Vergleicht man die frühere Regierungsform 
mit der jetzigen, so muss unter den vielen Vorteilen, 
welche die letztere gewährt, vor allem der anerkannt 
werden , dass die Untergebenen keine Sklaven mehr, 
sondern Freie sind. So gut es uns nun auch im all- 
gemeinen geht, so ist doch unsere Lage nicht dazu an- 
gethan, dass wir deshalb zu beneiden wären. Denn wir 
erfreuen uns keines anderen Glückes, als ihr es auch den 
übrigen Völkern gewährt habt, und wir verlangen nur 
darin denselben gleichgestellt zu werden, dass wir un- 
behindert der Religion unserer Väter treu bleiben dürfen. 
Das ist an und für sich keine unbillige Forderung und 
liegt übrigens auch im Interesse derer, die sie zu be- 
willigen haben. Denn wenn Gott seine Freude an 
Ehrenbezeugungen hat, so hat er auch seine Freude an 
denen , welche die Erweisung derselben ermöglichen. 
Übrigens giebt es in unseren Satzungen nichts, was der 
Menschlichkeit widerspräche, vielmehr entspricht alles in 
denselben Enthaltene nur der Gottesfurcht und einer 
heilsamen Gerechtigkeit. Wir machen auch aus den 
Vorschriften, nach denen wir unser Leben einrichten 
und die für unsere Frömmigkeit und unser gutes Be- 
nehmen gegen unsere Mitmenschen Zeugnis ablegen, 
durchaus kein Geheimnis. Der siebente Tag ist bei uns 
zur Unterweisung in unseren Gebräuchen und Gesetzen 
bestimmt, damit diese Gesetze, durch deren Befolgung 
wir vor Sünden bewahrt bleiben, ebenso wie alle anderen 
Vorschriften gehörig beachtet werden. Wenn es mir 
nun gestattet ist, einige Worte über dieselben zu reden, 
so will ich darauf hinweiseil, dass die Gesetze überaus 
vortrefflich sind und dazu auch noch ein ehrwürdiges 
Alter aufweisen, obgleich das manchem nicht der Fall 
zu sein scheint. Auf den Vorteil des hohen Alters wird 
aber gerade der besonderen Wert legen, der mit 
frommem Gemüt die Gesetze befolgt, wie sie überkommen 


Go gle 



874 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


sind. Diese Gesetze nun will man uns mit Gewalt und 
widerrechtlich rauben ; man entreisst uns ferner das 
Geld, das wir zur Ehre Gottes sammeln, fordert Steuern 
von uns, ladet uns an heiligen Tagen vor Gericht, und 
das alles nicht etwa infolge vertragsmässiger Ab- 
machungen, sondern um unsere religiöse Überzeugung 
zu beleidigen und zu verfolgen, die unseren Bedrückern 
doch nicht unbekannt ist. Eure Weltherrschaft ist ja 
so beschaffen, dass sie gegenseitiges Wohlwollen fordert 
und dem Hasse steuert, sobald jemand mehr zu 'letzterem 
als zu ersterem neigt. Wir bitten dich daher, gross- 
mächtiger Agrippa, du wollest Sorge dafür tragen, dass 
wir kein Unrecht mehr zu erleiden haben, in der Be- 
folgung unserer Satzungen nicht mehr gehindert, unserer 
Güter nicht mehr beraubt und von den Gewalthabern 
nicht mehr bedrückt werden, da auch wir ihnen nicht 
mit Gewalt entgegentreten. Denn diese unsere 
Forderungen sind nicht bloss billig und gerecht, sondern 
auch schon längst von eurer Menschenfreundlichkeit be- 
willigt. Können wir doch zum Beweise dafür die vielen 
Senatsbeschlüsse und auf dem Kapitol niedergelegten 
Tafeln anführen, aus denen hervorgeht, dass ihr ^ns 
nur deshalb so ausgezeichnet habt, weil ihr uns dieser 
Gnade wert hieltet, und die selbst dann unsere vollste 
Ehrfurcht in Anspruch nehmen würden, wenn die Ver- 
günstigungen uns ohne unser Verdienst zuteil geworden 
wären. Denn nicht bloss uns, sondern auch allen übrigen 
Völkern habt ihr das Besitztum geschützt und erweist 
ihnen grosse und ungeahnte Wohlthaten dazu, sodass, 
wer dieselben aufzählen wollte, damit wohl nicht zu 
Ende kommen würde. Um euch aber zu zeigen , dass 
wir in der That eures Wohlwollens würdig sind, können 
wir von allem anderen absehen und brauchen nur auf 
den hinzuweisen, der unser Herrscher ist und jetzt an 
deiner Seite sitzt. Giebt es denn irgend eine Gefällig- 
keit oder einen Dienst, den er euch nicht erwiesen 
hätte? Oder habt ihr je seine Treue vermisst? Oder 
giebt es eine Ehrenbezeugung, die er euch nicht geleistet 



Sechzehntes Buch, 2. Kapitel. 


375 


und zu der er nicht vor allen anderen sich angeschickt 
hätte? Wer wollte also leugnen, dass euren Wohlthaten 
die grössten Verdienste auf seiner Seite entsprechen? 
Vielleicht. könnte es auch zweckdienlich erscheinen, die 
Tapferkeit seines Vaters Antipater zu erwähnen, der bei 
dem Zuge Caesars nach Aegypten diesem zweitausend 
Mann Hilfstruppen stellte und der wederi in Land- 
gefechten noch in Seeschlachten sich übertreffen liess. 
Doch wozu soll ich davon sprechen, wie grossen Vorteil 
Caesar von diesen Hilfstruppen hatte und wie viele Ge- 
schenke sie von ihm erhielten ? Eher müsste ich die 
Briefe erwähnen, die Caesar damals an den Senat 
schrieb, und von den Ehrenbezeugungen reden, die 
Antipater nebst dem Bürgerrecht von unserem Volke 
erhielt. Aus allen diesen Thatsachen geht klar hervor, 
dass wir eure Wohlthaten nicht ohne unser Verdienst 
empfangen haben und dass wir in vollem Rechte sind, 
wenn wir dich um die Bestätigung der Vergünstigungen 
bitten, die wir, wenn sie uns selbst früher nicht zuteil 
geworden wären , mit Rücksicht auf die zwischen euch 
und unserem Könige bestehenden guten Beziehungen 
wohl von dir hätten erwarten dürfen. Haben wir doch 
auch von den Juden in Judaea gehört, mit welch 
gnädiger Gesinnung du ihr Land betreten, wie du Gott 
die gebührenden Opfer dargebracht, ihn mit Gebeten 
geehrt, das Volk festlich bewirtet und dessen Gast- 
geschenke nicht verschmäht hast. Eine solche Auf- 
nahme, die ein Mann von* deiner Stellung beim Volke 
und in der Stadt gefunden hat, muss als Beweis der 
zwischen dir und dem jüdischen Volke durch Ver- 
mittlung des Hauses des Herodes bestehenden Freund- 
schaft gelten. Indem wir dich daran erinnern und auf 
unseren König hinweisen, der hier anwesend ist und an 
deiner Seite sitzt, begehren wir nichts weiter, als dass 
ihr uns die Vergünstigungen , welche ihr uns bewilligt 
habt, durch anderer Gewaltthätigkeit und Übermut nicht 
wollet rauben lassen.“ 

5. Auf diese Rede des Nikolaus wagten die Griechen 



376 


Josepbuut' Jüdische Altertümer. 


keinerlei Einwendungen vorzubringen, besonders da ja 
die Verhandlung eigentlich keine gerichtliche war, 
sondern es sich nur um ein Bittgesuch zur Abwehr von 
Gewaltthätigkeit handelte. Sie versuchten auch nicht* 
den Thatbeßtand zu leugnen, sondern versteckten sich 
hinter die Ausflucht, die Juden bewohnten griechisches 
Gebiet und scheuten vor keinem Unrecht zurück. Da- 
gegen wiesen die Juden nach, dass sie Eingeborene seien 
und dass sie, indem sie ihre Gesetze in Ehren hielten, 
den Griechen kein Unrecht zufügten. Da nun Agrippa 
einsah, dass die Juden die Bedrückten seien, gab 
er den Bescheid, er sei wegen der ergebenen und 
freundschaftlichen Gesinnung des Herodes bereit, alle 
Forderungen der Juden zu erfüllen und als gerecht 
anzuerkennen. Auch wenn sie noch mehr Bitten vor- 
zubringen hätten, Werde die Gewährung keine Schwierig- 
keiten machen , wofern nur die römische Oberhoheit 
dadurch nicht benachteiligt würde. Weil sie aber um 
nichts weiter gebeten hätten, als dass ihnen ihre früheren 
Rechte bestätigt würden, so bestimme er hiermit,, dass 
ihnen niemand etwas bei der Befolgung ihrer Gesetze in 
den Weg legeft dürfe. Hierauf entliess er die Ver- 
sammlung. Herodes trat nun auf ihn zu, verneigte sich 
vor ihm und dankte ihm für seine Gnade aufs wärmste. 
Agrippa aber erwiderte voll Freude seine Ehren- 
bezeugung, indem er ihn umarmte und küsste. Alsdann 
verliess er Lesbos. Der König beschloss nun zu Wasser 
wieder heimzukehren ; er sagte daher Agrippa Lebewohl 
und lichtete die Anker. Nach einigen Tagen landete er mit 
günstigem Winde bei Caesarea, zog von hier aus nach 
Jerusalem und berief das gesamte Volk, zu dem auch 
noch eine Menge Landbewohner sich gesellten, zu einer 
Versammlung. Hier trat er vor, stattete über seine 
ganze Reise Bericht ab und machte namentlich Mit- 
teilung davon, dass er den Juden in ganz Asien die Ge- 
währleistung ihrer Rechte erwirkt habe. Alsdann sprach 
er von seiner glücklichen Regierung, setzte seinen 
Eifer für das Wohl des Volkes in gehörige Beleuchtung 




Sechzehntes Buch, 8. Kapitel 


377 


und erließs ihm in seiner Freude den vierten Teil der 
Abgaben für das verflossene Jahr. Ob einer solchen 
Gnade und der ganzen Rede des Königs von Be- 
wunderung ergriffen, ging das Volk unter Glückwünschen 
für seinen König in hellem Jubel auseinander. 


Drittes Kapitel. 

Wie im Hause des Herodes neue Zwistigkeiten entstanden, 
weil er seinen ältesten Sohn Antipater den anderen vorzog 
und dadurch Mariamnes Söhne gegen diesen feindselig 

stimmte. 

1. Von Tag zu Tag wuchs unterdessen im Hause 
des Herodes die Zwietracht und nahm einen stets feind- 
seligeren Charakter an. Einerseits übertrug Salome 
ihren Hass gleichsam als Erbstück auf die Jünglinge 
und liess sich durch den glücklichen Erfolg ihrer gegen 
deren Mutter geschmiedeten Ränke zu solch leiden- 
schaftlicher Tollkühnheit hinreissen, dass sie sich vor- 
nahm, keinen von Mariamnes Söhnen am Leben zu 
lassen, der den Tod seiner Mutter rächen könnte. 
Anderseits wurden auch die Jünglinge teils durch die 
Erinnerung an das traurige Ende ihrer Mutter, teils 
aus eigener Herrschbegierde stets trotziger und gegen 
ihren Vater mehr und mehr aufgebracht. Bald war es 
wieder dasselbe Leid wie früher, indem die Prinzen 
Pheroras und Salome offen schmähten, diese aber die 
ersteren mit Tücke und Arglist verfolgten. Der Hass 
war auf beiden Seiten gleich gross, und nur die Art, 
wie er zu Tage trat, verschieden, da die einen in ihrer 
Unerfahrenheit und in ihrem Unvermögen, ihren Hass 
zu verheimlichen, sich in offenen Schmähungen und 
Vorwürfen ergingen, während die anderen auf dem Wege 
der geheimen und tückischen Verleumdung die Jüng- 
linge bei jeder Gelegenheit herausforderten und nur 
darauf lauerten, dass ihre Feindseligkeit sich zu Ge- 




378 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


waltthätigkeit gegen den Vater steigere. Denn da die 
jungen Leute die gegen ihre Mutter erhobenen Beschuldi- 
gungen nicht gelten Hessen , vielmehr der Meinung 
waren, dieselbe sei unschuldig hingerichtet worden, so 
zweifelten die Verleumder nicht daran, dass sie schliess- 
lich an dem Urheber des Mordes mit eignen Händen 
Rache nehmen würden. Zuletzt war die ganze Stadt 
von dem Gerede erfüllt, und während die Unerfahrenheit 
der Jünglinge überall Mitleid erregte, liess Salome es 
an Eifer nicht fehlen und fand in dem Benehmen der 
Prinzen selbst Anlass genug, Gerüchte auszustreuen, 
die grosse Wahrscheinlichkeit für sich hatten. Diese 
nämlich empfanden den Tod ihrer Mutter, deren Be- 
schimpfung auch sie selbst traf, so schmerzlich, dass 
sie sich alle Mühe gaben, nicht nur Mitleid mit dem 
traurigen Ende ihrer Mutter, welches eine derartige 
Teilnahme wirklich verdiente, sondern auch mit ihrer 
eigenen Lage zu erwecken , indem sie sich darüber be- 
klagten, dass sie gezwungen seien, mit den Mördern 
ihrer Mutter zusammenzuwohnen. 

2. Diese Zwistigkeiten nahmen um so mehr zu, 
als die Abwesenheit des Königs ihnen stets neue 
Nahrung zuführte. Sobald aber Herodes zurückgekehrt 
war und die oben erwähnte Ansprache an das Volk 
gehalten hatte, stellten ihm Pheroras und Salome so- 
gleich vor, eine wie grosse Gefahr ihm von seiten der 
Jünglinge drohe, da dieselben offen erklärt hätten, sie 
würden die Ermordung ihrer Mutter nicht un gerächt 
lassen. Dann fügten sie hinzu , die beiden schienen zu 
hoffen, durch Vermittlung des Kappadociers Archelaus 
Zutritt zum Caesar erlangen und hier ihren Vater ver- 
klagen zu können. Über diese Mitteilungen geriet 
Herodes in Bestürzung und zwar um so mehr, als er 
dasselbe auch schon von anderer Seite erfahren hatte. 
Zu alledem fielen ihm nun auch noch die früheren Vor- 
gänge ein, nämlich die ersten Zwistigkeiten in seinem 
Hause, welche ihm die heftige Abneigung gegen seine 
nächsten Verwandten und selbst gegen seine geliebte 



Sechzehntes Buch, 3. Kapitel. 


379 


Gattin beigebracht hatten, und da er für die Zukunft 
noch viel Schlimmeres ahnte, war er gänzlich ratlos. 
Denn wenn ihm auch in seinem Herrscherleben durch 
Gottes Fügung alles wider Erwarten glücklich von 
statten gegangen war, so war er doch in seinem Hause 
gleichfalls wider Erwarten höchst unglücklich, und da 
er nun so zwischen Glück und Unglück in der Mitte 
schwebte , war er in Ungewissheit darüber, ob er dieses 
wechselvolle Leben weiterführen oder dem grossen häus- 
lichen Elend durch Verzichtleistung auf die Krone und 
ihren Glanz ein Ende machen sollte. 

3. Bei dieser Zerfahrenheit und Trostlosigkeit seiner 
Lage rief er, um die Jünglinge zu demütigen, seinen 
anderen Sohn Antipater, der ihm noch während seines 
Privatlebens geboren worden war, zu sich und beschloss, 
denselben zu bevorzugen, doch vorläufig noch nicht in 
dem Masse wie später, sodass er gänzlich hinter ihm 
zurücktreten und ihm alles übertragen müsste, sondern 
nur in der Absicht, die Verwegenheit der Söhne 
Mariamnes zu zügeln und ihnen damit eine Warnung 
zukommen zu lassen. Denn er glaubte, sie würden 
sich weniger anmassend benehmen, wenn sie sich über- 
zeugten, dass die Thronfolge weder ihnen allein, noch 
unbedingt ihnen zukomme. Indem er somit den Anti- 
pater gewissermassen als ihren Nebenbuhler bei sich 
aufnahm, hoffte er, sich selbst am besten sicher zu 
stellen, den Trotz der Jünglinge dagegen zu brechen 
und sie mit der Zeit zu bessern. Aber es kam ganz 
anders , als er geglaubt hatte. Denn die Jünglinge 
fassten die Anordnung ihres Vaters als schwere Be- 
leidigung auf, während Antipater, ein gewandter Mensch, 
nachdem er urplötzlich zu so glänzenden Aussichten ge- 
langt war, nicht nur darauf ausging, seine Brüder von 
oben herab zu behandeln und ihnen den Vorrang streitig 
zu machen, sondern auch seinem Vater, der den beiden 
anderen bereits durch Verleumdungen entfremdet und 
nach Antipaters Ansicht leicht dazu zu bringen war, 
seinen höchsten Zorn an denselben auszulassen, auf 


Go gle 



380 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


Schritt und Tritt anhing. Alle möglichen Gerüchte 
streute er aus, hütete sich aber, selbst seinem Vater 
etwas dergleichen zu hinterbringen, sondern bediente 
sich dazu der Hilfe von Menschen, auf die kein Ver- 
dacht fallen konnte und die damit nur ihre Ergebenheit 
gegen den König zu bekunden schienen. Antipater 
aber hatte wegen seiner glänzenden Aussichten bald 
eine Menge Anhänger, die auch bei Herodes vollen 
Glauben fanden, da er ihre Angaben als Beweise ihrer 
Treue gegen seine eigene Person betrachtete. Während 
nun diese Angebereien fleissig betrieben wurden, gaben 
die Söhne Mariamnes reichlichen Anlass dazu. Sehr 
häufig nämlich vergossen sie Thränen über die ihnen 
zugefügte Schmach, riefen den Namen ihrer Mutter aus 
und wagten im Kreise ihrer Freunde den Vater offen 
der Ungerechtigkeit zu beschuldigen. Da Antipater in 
seiner Bosheit das alles geschickt aufgriff und dem 
Herodes, nicht ohne noch allerlei hinzuzufügen, hinter- 
brachte, konnte es nicht fehlen , dass der häusliche 
Streit einen immer schärferen Charakter annahm. Denn 
durch die Verleumdungen erbittert, zog der König, um 
die Söhne Mariamnes zu demütigen, den Antipater tag- 
täglich zu neuen Ehren heran, bis er endlich sogar ihm 
zuliebe seine Mutter Doris ins Haus nahm. Auch 
schrieb er häufig seinetwegen an den Caesar und 
empfahl ihn dort aufs beste. Als nun Agrippa zehn 
Jahre lang Asien verwaltet hatte und nach Rom zurück- 
kehrte, fuhr Herodes von Judaea aus zu ihm und ver- 
traute ihm den Antipater, den er allein mitgenommen 
hatte, an, um ihn mit vielen Geschenken nach Rom zu 
bringen, wo er sich des Caesars Freundschaft erwerben 
sollte. So gewann es den Anschein, als ob Antipater 
in den Besitz der Macht gelangen und den Jünglingen 
gar keine Hoffnung auf den Thron mehr bleiben 
würde. 


Go gle 



Sechzehntes Buch, 4. Kapitel. 


381 


Viertes Kapitel. 

Wie Herodes , als Antipater in Rom weilte * seine 

Söhne Aristobulus und Alexander zum Caesar brachte 
und sie dort verklagte. Die Aussöhnung. 

1. Diese Reise verschaffte Antipater eine grosse Aus- 
zeichnung und liess so recht den Vorzug erkennen, den 
er vor seinen Brüdern genoss. Da nämlich Herodes an 
alle seine Freunde in Rom geschrieben hatte, wurde 
Antipater dort höchst wohlwollend aufgenommen. In- 
dessen war es ihm nicht recht, dass er nun nicht mehr 
bei seinem Vater sein konnte und keine Gelegenheit 
mehr hatte, seine Brüder zu verleumden. Denn er 
fürchtete, der Vater möchte seinen Sinn ändern und mit 
grösserer Milde gegen Mariamnes Söhne verfahren. 
Infolge dieser Erwägung beschloss er, auf dem ein- 
geschlagenen Wege zu bleiben, und schickte von Rom 
aus, so oft er hoffen konnte, den Vater gegen seine 
Brüder aufzureizen, Briefe, in denen er eine ängstliche 
Besorgnis heuchelte, die aber in Wirklichkeit nur den 
Zwecken seiner Bosheit und seines Ehrgeizes dienten 
und durch die er den Herodes in solche Erbitterung 
versetzte, dass dieser anfing, gegen die Jünglinge den 
denkbar höchsten Groll zu hegen. Doch wollte er, um 
durch Übereilung keinen Fehler zu begehen, diese seine 
Stimmung noch nicht zum Ausbruch kommen lassen, 
sondern hielt es für besser, nach Rom zu reisen, die 
Jüngling^ beim Caesar zu verklagen und sich nichts zu 
schulden kommen zu lassen, was man ihm als Un- 
gerechtigkeit deuten könnte. In Rom angelangt, begab 
er sich unverzüglich nach Aquileja, um den Caesar 
sobald als möglich sprechen zu können. Sowie er Zu- 
tritt erhalten hatte, bat er um geneigtes Gehör behufs 
Darlegung seines grossen Leidwesens; alsdann führte er 
seine Söhne vor den Thron und beklagte sich über 
deren verbrecherische Verwegenheit. Sie seien, sagte er. 
so feindselig gesinnt, dass sie ihren Hass gegen den 


Go gle 




382 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Vater auf alle mögliche Weise an den Tag legten;, ja, 
sie wollten ihn sogar umbringen und durch diese ab- 
scheuliche That den Thron an sich reissen, während er 
doch vom Caesar die Vollmacht habe, die Nachfolge in 
der Regierung nicht nach festgelegten Bestimmungen 
eintreten zu lassen, sondern sie nach Belieben dem- 
jenigen seiner Söhne zu übertragen, dessen Ergebenheit 
die grösste sei. Den beiden nun liege an der Herrschaft 
nicht gerade so viel, sondern sie würden gern darauf 
verzichten und selbst ihr Leben in die Schanze schlagen, 
wenn sie nur ihren Vater aus dem Wege räumen 
könnten; ein so unbändiger und grausamer Hass habe 
sich ihrer bemächtigt. Dieses Leid habe er lange genug 
getragen; jetzt aber sei er genötigt, es dem Caesar mit- 
zuteilen und sein Ohr mit solchen Reden zu belästigen. 
Die beiden sollten doch nur offen heraussagen, was sie 
denn von ihm Unbilliges und Hartes zu erdulden ge- 
habt hätten, und sich darüber äussern, ob sie es für 
recht und billig hielten, ihren Vater, der seine Herr- 
schaft schon so lange besitze und dieselbe unter grossen 
Gefahren erworben habe, vom Throne zu stossen und 
ihn daran zu hindern, die Nachfolge dem Würdigsten 
zu übertragen. Denn diese Auszeichnung stehe doch, 
wie jede andere Belohnung der Treue, nur dem zu, der 
sich auch Mühe gebe, es seinem Vorgänger an Sorgfalt 
gleichzuthun. Nun sei es aber klar], dass dieses ihr 
Streben keinen Schimmer von Recht aufzuweisen habe. 
Denn jemand, der stets an die Herrschaft denke, ^müsse 
auch stets die Ermordung des Vaters im Sinrfe haben, 
wenn er nur nach t dessen Ableben auf den Thron ge- 
langen könne. Dazu komme noch, dass er gegen seine 
Söhne, wie gegen alle seine Unterthanen, im höchsten 
Masse freigebig sei. Habe er doch nicht nur für ihre 
Ausstattung, ihre Dienerschaft, ihre Vergnügungen ge- 
sorgt, sondern ihnen auch die ehrenvollsten ehelichen 
Verbindungen ermöglicht , indem er dem einen die 
Tochter seiner Schwester, dem anderen die Tochter des 
Königs Archelaus vermählt habe. Das Wichtigste aber 




Sechzehntes Buch, 4. Kapitel. 


383 


sei, dass er trotzdem von seiner Gewalt keinen Gebrauch 
gemacht, sondern seine Söhne zu ihrer aller Wohl thäter, 
dem Caesar, geführt habe und mit Hintansetzung alles 
dessen, was ein beleidigter Vater und in Gefahren 
schwebender König habe thun können , gekommen sei, 
um sich ebenso wie sie der Entscheidung desAugustus zu 
unterwerfen. Nur bitte er den Caesar, wenigstens in 
etwa dafür zu sorgen, dass er nicht in so grosser Angst 
sein Leben zubringen müsse. Nach solchen Anschlägen 
könne es ja den beiden nichts helfen, noch länger 
zu leben, da sie, wenn sie auch jetzt der Strafe ent- 
gingen, doch sicher ins grösste Unheil geraten würden, 
sowie sie ihm dasselbe zu bereiten unternommen hätten. 

2. Solch heftige Vorwürfe machte Herodes seinen 
Söhnen vor dem Caesar. Die Jünglinge waren schon 
während seiner Rede in Thränen ausgebrochen, und ihr 
Schluchzen steigerte sich noch, als Herodes geendigt 
hatte. Denn sie konnten sich mit gutem Gewissen das 
Zeugnis geben, dass ihnen der Gedanke an derartige 
Frevelthaten fernlag, obgleich sie sich freilich auch 
sagen mussten , dass es schwer fallen würde, sich gegen 
die Beschuldigungen von seiten ihres Vaters zu ver- 
teidigen. Es schien ja zwar die beste Gelegenheit dazu 
vorhanden zu sein; dennoch wäre es unpassend gewesen, 
hätten sie nachweisen wollen, dass ihr Vater durch 
seine Heftigkeit und Voreiligkeit irregeführt worden 
war. Sie wussten also vorderhand nichts zu sagen und 
hatten nur Thränen und Seufzer. Schwiegen sie gänz- 
lich, so konnte es nicht fehlen, dass ihnen dies als 
Schuldbewusstsein ausgelegt wurde ; anderseits aber fehlte 
ihnen bei ihrer jugendlichen Zaghaftigkeit und Bestürzung 
auch jede Fähigkeit, ihre Verteidigung richtig anzu- 
greifen. Der Caesar jedoch, der ihre Verwirrung beob- 
achtete, sah wohl ein, dass sie mehr aus Unerfahrenheit 
und Beklemmungl als aus Schuldbewusstsein schwiegen, 
und auch keiner der übrigen Anwesenden konnte ihnen 
sein Mitleid versagen; ja selbst Herodes vermochte seine 
innere Bewegung darüber nicht zu bemeistern. 



384 


Josephu9’ Jüdische Altertümer. 


3. Da nun die jungen Leute merkten, dass ihr Vater 
etwas milder gestimmt war und dass nicht nur der Caesar, 
sondern auch alle übrigen Anwesenden ihre Lage be- 
dauerten, ja zum Teil sogar der Thränen sich nicht ent- 
halten konnten, wandte sich Alexander, der eine der 
beiden Brüder, an seinen Vater und versuchte den auf 
ihnen lastenden Verdacht zu beseitigen, indem er also 
sprach: „Vater, von deiner Liebe zu uns legt diese Ver- 
handlung selbst Zeugnis ab. Denn wenn du etwas 
Schlimmes gegen uns im Sinne gehabt hättest, würdest 
du uns nicht zu dem Erretter aller Menschen geführt 
haben. Gemäss deiner königlichen und väterlichen 
Gewalt hättest du ja selbst die Schuldigen in Strafe 
nehmen können. Dass du uns aber nach Rom bringst 
und den Caesar als Richter in Anspruch nimmst, ist ein 
Beweis dafür, dass du uns verschonen willst. Niemand 
führt ja den, welchen er töten will, zum Tempel und 
ins Heiligtum hinein. Unsere Lage ist indes eine viel 
schlimmere, als wenn wir zum Tode verurteilt wären. 
Denn wir würden uns des Lebens nicht mehr für wert 
halten, wenn man von uns glauben könnte, wir hätten 
einem solchen Vater nach dem Leben getrachtet. In 
der That wäre es nicht so schlimm für uns, unschuldig 
zu sterben, als im Verdacht eines solchen Frevels zu 
leben. Wenn nun unsere Wahrheitsliebe etwas gilt, so 
wollen wir uns herzlich freuen, dich überzeugen und der 
Gefahr entgehen zu können. Falls aber die Verleum- 
dung grösseren Einfluss auf dich hat, so ist selbst dieser 
eine Tag noch zu viel, um ihn unter einem so schweren 
Verdachte zu erleben. Du sagst, wir trachteten nach 
deiner Königskrone; eine solche Beschuldigung indes 
lässt sich leicht gegen junge Leute erheben, und wenn 
noch das traurige Ende unserer Mutter damit in Ver- 
bindung gebracht wird, so ist das genug, um unser Elend 
voll zu machen. Aber ich bitte dich, sieh doch zu, ob 
das nicht in gleichen Fällen stets gesagt zu werden 
pflegt. Wenn ein König Söhne hat, die im Jünglings- 
alter stehen und ihre Mutter überleben, so steht ihm 



Sechzehntes Buch, 4. Kapitel. 


385 


nichts im Wege, dieselben zu verdächtigen, als ob sie 
ihrem Vater nach dem Leben trachteten. Aber ein 
blosser Verdacht reicht doch nicht hin, um eine solche 
Schlechtigkeit glaubhaft zu machen. Da müsste doch 
noch einer gefunden werden, der behaupten könnte, dass 
etwas von unserer Seite geschehen wäre, um einen so un- 
glaublichen Verdacht zu rechtfertigen. Kann denn 
jemand uns beweisen, dass wir dir Gift bereitet oder 
uns mit Gleichgesinnten verschworen oder deine Diener 
mit Geld bestochen oder Schriften gegen dich verfasst 
haben? Und doch sind gerade das die Dinge, auf 
welche die Verleumdung zuweilen ohne jeden Anlass 
verfällt. Gewiss ist Zwietracht und Uneinigkeit im 
Königshause ein schweres Unglück für den Thron, und 
die Königsherrschaft, die du eine Belohnung der Treue 
nennst, stachelt oft die verbrecherischsten Menschen zu 
Hoffnungen an, infolge deren sie keinen Frevel unver- 
sucht lassen. Übrigens kann uns eine solche Schandthat 
niemand vorwerfen. Wie will aber jemand sich von 
unserer Unschuld überzeugen , der uns gar nicht anhören 
mag ? Haben wir etwa jemals zu frei geredet ? Das gilt 
natürlich nicht dir — denn das wäre ein Vorwurf gegen 
dich — , sondern denen, die kein aufgefangenes Wort ver- 
schweigen können. Hat einer von uns um die Mutter 
geklagt, so ist es nicht deshalb geschehen, weil sie 
gestorben ist, sondern weil sie selbst nach ihrem Tode 
noch von frevelhaften Menschen beschimpft wurde. Streben 
wir denn nach der Königswürde, die wir im Besitze 
unseres Vaters wissen? Und wozu sollen wir danach 
streben? Denn wenn wir, wie es ja thatsächlich der 
Fall ist, uns schon königlicher Auszeichnungen erfreuen, 
ist dann ein solches Streben nicht vergeblich und über- 
flüssig? Oder haben wir dieselben nicht auf jeden Fall 
nach deinem Ableben zu erwarten? Wie sollten wir 
denn durch deinen Tod uns den Weg zum Throne haben 
bahnen wollen, da wir nach einer solchen Frevel that 
uns weder zu Lande noch zu Wasser hätten zeigen 
dürfen? Die Treue der Unterthanen und das Billigkeits- 

Josephus 1 Jüdische Altertümer, II. 25 




386 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


gefühl des gesamten Volkes würde es doch gewiss nicht 
geduldet haben, dass Vatermörder im Besitz der höchsten 
Gewalt wären und das Heiligtum des von dir erbauten 
Tempels betreten hätten. Aber auch abgesehen von 
allem anderen, könnte dein Mörder, so lange der Caesar 
lebt, seiner Strafe entgehen? Deine Söhne sind weder 
so gottlos noch eo thöricht, wie du glaubst, aber viel- 
leicht sind sie unglücklicher, als es dir frommt. Wenn 
du uns nun nichts zum Vorwurf machen und auch keine 
Nachstellungen gegen dein Leben entdecken kannst,, 
was vermöchte dir dann eine so grosse Lasterhaftigkeit 
glaubwürdig erscheinen zu lassen ? Unsere Mutter ist nun 
einmal nicht mehr. Aber ihr Unglück konnte uns nicht 
zu Schlechtigkeiten treiben , sondern nur zur Vorsicht 
mahnen. Wir hätten nun zwar noch manches zu unserer 
Verteidigung anzuführen; doch wozu bedarf das einer 
Rechtfertigung, was nie begangen worden ist? Deshalb 
wollen wir im Angesichte des Caesars , des allmächtigen 
Gebieters und unseres gegenwärtigen Vermittlers, Frieden 
schliessen. Wenn du, Vater, wieder eine liebevolle und 
von jedem Verdacht freie Gesinnung gegen uns hegen 
kannst, so lass uns das Leben , mag es denn auch kein 
glückliches sein, da es immerhin hart ist, solcher Ver- 
brechen, wenn auch fälschlich, beschuldigt zu werden. 
Wenn du aber noch irgend eine Furcht hegst, so um- 
gieb dich weiter mit Vorsichtsmassregeln, während wir 
uns damit begnügen , uns gerechtfertigt zu haben. Denn 
so lieb ist uns unser Leben nicht, dass wir es zum 
Schaden desjenigen uns erhalten sollten, der es uns 
gegeben hat.“ 

4. Durch diese Rede wurde der Caesar, der auch 
schon vorher an die Wahrheit einer so schweren Beschul- 
digung nicht geglaubt hatte, noch mehr umgestimmt 
und blickte den Herodes, der auch seinerseits schon 
etwas gerührt war, unverwandt an. Auch alle übrigen 
Anwesenden zeigten aufrichtige Teilnahme für die jungen 
Leute, und im Saale erhob sich ein Murren des Unwillens 
gegen Herodes. Die Anschuldigung erschien eben ganz 


Go gle 




Sechzehntes Buch, 4 . Kapitel. 


387 


unglaublich, sodass die in der Schönheit ihrer Jugend- 
kraft dastehenden Jünglinge nicht bloss allseitiges Mit- 
gefühl, sondern auch den Wunsch, ihnen zu helfen, 
rege machten, besonders da Alexander die Klage seines 
Vaters so geschickt und verständig zurückgewiesen hatte. 
Die beiden Jünglinge aber konnten sich gar nicht fassen, 
sondern blickten weinend und niedergeschlagen zur Erde. 
Gleichwohl leuchtete ihnen schon einige Hoffnung, und 
der König, der offenbar ein sah, dass die Beschuldigungen, 
welche er gegen die beiden vorgebracht hatte, nicht auf 
festen Füssen standen, war ratlos, da er auf die Ver- 
teidigungsrede nichts zu entgegnen wusste. Nach einer 
Weile bemerkte daher der Caesar, die Jünglinge hätten, 
obgleich sie der ihnen zur Last gelegten Verbrechen 
nicht schuldig seien, doch insofern sich verfehlt, als 
ihr Benehmen gegenüber dem Vater nicht derart gewesen 
sei, dass der Verdacht ohne weiteres habe zurückgewiesen 
werden können. Den Herodes aber forderte er auf, 
allen Argwohn nunmehr fahren zu lassen und sich mit 
den jungen Leuten auszusöhnen. Es sei ja unbillig, so 
etwas von seinen Kindern zu glauben, und eine auf- 
richtige Sinnesänderung könne nicht nur auf beiden 
Seiten das Vorgefallene wieder gut machen, sondern 
auch gegenseitiges Wohlwollen zur Folge haben. Beide 
Teile müssten eben den ungegründeten Verdacht ein- 
ander zugut halten und durch doppelte Herzlichkeit 
alles wieder ins Gleichgewicht bringen. Während dieser 
Ansprache gab er den Jünglingen einen Wink, und als 
diese sich nun anschickten, ihrem Vater zu Füssen zu 
fallen und ihn um Verzeihung zu bitten, kam ihnen 
Herodes mit offenen Armen entgegen und fiel beiden 
nacheinander um den Hals, sodass niemand von den 
Anwesenden, mochte er nun Freier oder Knecht sein, 
sich der Rührung erwehren konnte. 

5. Darauf sprachen sie dem Caesar ihren Dank aus 
und entfernten sich miteinander in Begleitung Anti- 
paters, der sich anstellte, als sei er Wunders wie erfreut 
über die Versöhnung. An einem der folgenden Tage 




388 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


schenkte Herodes dem Caesar, der gerade Spiele feierte 
und dem römischen Volke Spenden austeilte, dreihundert 
Talente, wofür Augustus ihm die Hälfte der Einkünfte aus 
den Bergwerken Cyperns überwies und ihm die andere 
Hälfte zur Verwaltung an vertraute. Weiterhin ehrte er ihn 
durch gastliche Aufnahme und Geschenke und gab ihm 
die Vollmacht, irgend einen von seinen Söhnen zum 
Nachfolger zu ernennen oder auch die Regierung gleich- 
mässig unter alle zu verteilen. Da aber Herodes dies 
auf der Stelle thun wollte, erklärte ihm der Caesar, er 
werde nicht zulassen, dass er sich bei Lebzeiten der 
Macht über sein Reich und seine Söhne begebe. 

6. Hierauf trat Herodes die Rückreise nach Judaea 
an. Während seiner Abwesenheit hatten sich die 
Trachoniter, die einen nicht unbedeutenden Teil seines 
Reiches bewohnten, empört, waren aber von den dort 
zurückgelassenen Befehlshabern bald wieder unterworfen 
worden. Inzwischen war Herodes mit seinen Söhnen 
Cilicien gegenüber auf der Insel Elaeusa gelandet, die 
jetzt Sebaste heisst, und traf daselbst den Kappadocier- 
könig Archelaus , der ihn äusserst herzlich aufnahm und 
sich freute, dass Herodes mit den Prinzen wieder aus- 
gesöhnt war und dass gerade sein Schwiegersohn 
Alexander die Unwahrheit der Beschuldigungen nach- 
gewiesen hatte. Dann machten sie sich gegenseitig 
Geschenke, die ihrem königlichen Range entsprachen, 
und Herodes kehrte nach Judaea zurück. Dort ange- 
kommen, begab ersieh sogleich zum Tempel und stattete 
über alles, was ihm auf seiner Reise begegnet war, Bericht 
ab, insbesondere über des Caesars Freigebigkeit und über 
seine eigenen Thaten, von denen er glaubte, dass sie 
des Volkes Interesse erregen würden. Zum Schlüsse 
seiner Ansprache gab er seinen Söhnen Ermahnungen 
und forderte die Höflinge und das übrige Volk auf, die 
Eintracht hochzuhalten. Hierauf ernannte er seine Söhne 
zu Thronfolgern, zunächst Antipater und dann auch die 
Söhne der Mariamne, Alexander und Aristobulus. Vor- 
läufig aber ermahnte er sie alle, auf ihn zu schauen 




Sechzehntes Buch, 5. Kapitel. 


389 


und ihn als ihren Herrn und König anzuerkennen, da 
weder das höhere Alter, das ja von allen Lebens- 
abschnitten am meisten zur Regierung befähigt sei, 
noch die übrigen Eigenschaften, die zur Leitung eines 
Staats Wesens oder einer Familie erforderlich seien, ihm 
mangelten. Auch die Offiziere und das Heer würden, wenn 
sie auf ihn allein blickten, die grösste Ruhe gemessen 
und wechselseitig einer des anderen Glück erzeugen. 
Nach diesen Worten entliess er die Versammlung. Die 
meisten hatten Gefällen an seiner Rede, manche aber 
auch nicht; denn infolge des Zwistes und der durch ihn 
in den jungen Leuten erregten Hoffnung war bei vielen 
der Gedanke an die Möglichkeit eines Umsturzes rege 
geworden, nach dem sie übrigens lebhaft verlangten. 


Fünftes Kapitel. 

Wie Herodes Spiele zur Feier der Erbauung 
von Caesarea veranstaltete. 

Seine weiteren Bauten und seine Freigebigkeit. 

1. Um diese Zeit ward die Stadt Caesarea Sebaste, 1 
die Herodes, wie oben gesagt, neu erbaute, nach neun- 
jähriger Arbeit vollendet; die feierliche] Einweihung 
fiel in das achtundzwanzigste Jahr seiner Regierung und 
in die einhundertzweiundneunzigste Olympiade. Zu dieser 
Feier veranstaltete man ein grosses Fest: die glän- 
zendsten Zurüstungen wurden getroffen, Wettstreit in der 
Musik und in gymnastischen Spielen angesagt, eine 
grosse Zahl Gladiatoren und wilde Tiere beschafft und 
Wettrennen sowie alles, was in Rom und anderswo beliebt 
war, vorbereitet. Diese Wettspiele weihte er dem Caesar 
und traf die Einrichtung, dass sie alle fünf Jahre wieder- 
holt wurden. Der Caesar dagegen bestritt, um seine 
Freigebigkeit zu zeigen, den Aufwand zu den Spielen aus 


1 D. i. Caesarea am Meer im Gegensatz zu Caesarea Philippi. 




390 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


seinen eignen Mitteln, und auch seine Gattin Julia 1 liess 
eine Menge von Dingen hersenden, die in Italien für 
die grössten Kostbarkeiten galten , damit die Spiele 
möglichst glänzend würden. Der Gesamtaufwand betrug 
wohl an die fünfhundert Talente. Die ganze ungeheure 
Menge, welche in die Stadt zum Zuschauen strömte, so- 
wie die Gesandtschaften, welche die einzelnen Völker- 
schaften zum Dank für empfangene Wohlthaten schickten, 
erhielten Herberge und Verpflegung und genossen an- 
dauernde Unterhaltung. Bei Tage ergötzte sich die Menge 
an den Spielen, bei Nacht an sonstigen rauschenden 
Vergnügungen, sodass die Freigebigkeit des Herodes 
allgemeines Lob fand. Dieser bemühte sich aber auch, 
alles zu überbieten, was früher in dieser Beziehung ge- 
leistet worden war. Man sagt, der Caesar selbst und 
Agrippa hätten zu wiederholten Malen bemerkt, des 
Herodes Reich sei für seine Prachtliebe viel zu klein, 
und es müssten eigentlich noch Syrien und Aegypten 
hinzukommen. 

2. Nach Beendigung dieser Festlichkeiten und Ver- 
gnügungen gründete Herodes eine weitere Stadt in der 
sogenannten Ebene Kapharsaba und wählte dazu eine 
wasserreiche, fruchtbare, rings von einem Fluss um- 
strömte Stelle, in deren Nähe sich herrliche Waldungen 
ausbreiteten. Diese Stadt nannte er nach seinem Vater 
Antipatris. Ferner erbaute er eine Stadt oberhalb Jericho, 
die ebenso sicher als angenehm zu bewohnen w r ar, und 
die er seiner Mutter zu Ehren Kypros nannte. Auch 
setzte er seinem Bruder Phasael aus brüderlicher Liebe 
ein sehr schönes Denkmal, indem er in Jerusalem selbst 
einen Turm errichtete, der an Grösse dem von Pharos 2 
gleichkam, und dem er den Namen Phasael gab. Dieser 

1 Den Namen Julia erhielt Livia , die Gemahlin des Augustus, 
eigentlich erst nach dessen Tod, als sie (s. T&citus, Annalen I, g) 
in das Julische Geschlecht aufgenommen wurde. Vergl. auch Dio 
Cassius, LVI, 46. 

2 Dem bei Alexandria gelegenen Leuchtturm, einem der sieben 
Wunderwerke des Altertums. 




Sechzehntes Buch, 5. Kapitel. 


391 


Turm diente nicht minder der Sicherheit der Stadt, als 
der Erhaltung des Andenkens an den Verstorbenen. Des- 
gleichen erbaute er eine nach seinem Bruder Phasaelis 
genannte Stadt im nördlichen Teile des Thaies von 
Jericho. Diese Stadt gab Veranlassung dazu, dass 
das ganze benachbarte Gebiet, welches bis dahin so gut 
wie Wüste war, reger gewerblicher Thätigkeit erschlossen 
wurde. 

3. Es würde übrigens zu weit führen, alle Wohlthaten 
Aufzuzählen, die er den Städten in Syrien, Griechen- 
land und wo er sich sonst auf halten mochte, erwies. 
Es scheint, dass er für öffentliche Anlagen und Bauten 
sowie namentlich für Unternehmungen, zu deren Vollen- 
dung die vorhandenen Mittel nicht reichten , wirklich 
ganz fabelhafte Geldsummen aufgewendet hat. Sein 
grösstes und berühmtestes Unternehmen aber bestand 
darin, dass er den Bewohnern von Rhodus einen Tempel 
des Pythischen Apollo erbauen liess und ihnen viele 
tausend Talente zur Ausrüstung einer Flotte gewährte. 
Weiterhin half er der Stadt Nikopolis, die der Caesar 
bei Actium gegründet hatte, die meisten öffentlichen 
Gebäude aufführen, und den Antiochenern , welche die 
grösste Stadt Syriens bewohnten, schuf er eine die Stadt 
ihrer ganzen Länge nach mitten durchschneidende Allee, 
verzierte sie auf beiden Seiten mit Säulenhallen und liess 
ihre Fläche teils in der Absicht, sie zu schmücken, teils 
zur Bequemlichkeit der Bürger mit geschliffenen Stein- 
platten belegen. Den Olympischen Spielen, die aus 
Mangel an Mitteln ihren alten Ruf nicht mehr bewährten, 
verschaffte er grösseres Ansehen, indem er zu ihrer 
Feier jährliche Einkünfte anwies und ihnen durch Opfer 1 
und sonstigen Aufwand neuen Glanz verlieh. Wegen dieser 
seiner Freigebigkeit wurde er nach! fast einstimmigem 
Beschluss in die Listen der Preisrichter aufgenommen. 


1 Wie man sieht , war Herodes bald Mono - , bald Polytheist, 
ganz wie es seinem Hauptzweck, der Befriedigung seines Ehrgeizes 
und seiner Prachtliebe, eben frommte. 



392 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


4. Man muss sich nun wohl darüber wundern, dass 
bei Herodes so verschiedene Eigenschaften in einem und 
demselben Charakter vereinigt waren. Wenn man nämlich 
die Freigebigkeit und Wohlthätigkeit in Erwägung zieht, 
die er allen Menschen gegenüber bewies, so kann auch 
selbst der, welcher nicht besonders auf ihn zu sprechen 
ist, nicht leugnen, dass er von Natur überaus gutherzig 
war. Betrachtet man dann aber die Gewaltthätigkeit 
und Ungerechtigkeit, womit er seine Untergebenen und 
seine nächsten Verwandten behandelte, und bedenkt man 
die Härte und Unbeugsamkeit seines Gemütes, so muss 
man allerdings gestehen, dass er ein allem menschlichen 
Empfinden abgeneigtes Ungeheuer war. Daher sind die 
meisten der Ansicht, er habe mit sich selbst in Wider- 
spruch und Zwiespalt gelebt. Ich dagegen glaube, dass 
die beiden so grundverschiedenen Richtungen seines 
Charakters auf eine und dieselbe Ursache zurückzuführen 
sind. Da er nämlich sehr ehrgeizig und dieser Leiden- 
schaft ganz ergeben war, neigte er zu prunksüchtiger 
Freigebigkeit, sobald er hoffen konnte, augenblickliche 
Anerkennung oder besonderen Nachruhm zu finden. 
Weil aber seine Ausgaben ihm schliesslich über den 
Kopf wuchsen, war er genötigt, gegen seine Unterthanen 
hart und grausam aufzutreten. Denn was er den einen 
mit vollen Händen zuteilte, musste er von anderen wieder 
erpressen. Da er nun wohl einsah, dass er sich um 
seiner Ungerechtigkeit willen den Hass seiner Unter- 
thanen zjigezogen hatte, und nicht imstande war, seine 
Fehler abzulegen, ohne seine Einkünfte zu vermindern, 
so suchte er eben diese üble Gesinnung des Volkes zur 
Vermehrung seines Vermögens zu benutzen. Und was 
seine Angehörigen betrifft, so war sein Benehmen gegen 
sie nicht minder ungerecht. Sprach einmal einer von 
diesen nicht so, wie er es gern hörte, oder wollte jemand 
sich ihm nicht sklavisch unterordnen, oder geriet einer 
in den Verdacht, etwas gegen ihn ins Werk setzen zu 
wollen, so verfolgte er mit der Zügellosigkeit seiner 
Leidenschaft Freunde und Verwandte nicht anders, als 




Sechzehntes Buch, 6. Kapitel. 


393 


man Todfeinde zu verfolgen pflegt, und zwar aus dem 
Grunde, weil er allein geehrt sein wollte. Wie heftig 
diese Leidenschaft war, kann man aus den Ehren er- 
sehen, die er dem Caesar, dem Agrippa und seinen 
anderen hohen Freunden erwies. Wie er nämlich Mäch- 
tigere ehrte, so wollte er auch selbst geehrt sein, und seine 
eigenen grossen Aufwendungen in diesem Punkte bewiesen 
klar, dass er auf gleiche Behandlung von anderer Seite 
rechnete. Das jüdische Volk aber war seinen Gesetzen 
zuliebe allen derartigen Veranstaltungen abhold und 
gewöhnt, Recht und Gerechtigkeit höher als eitlen Ruhm 
zu schätzen. Daher kam es, dass die Juden vor ihm 
keine Gnade fanden ; sie verstanden es eben nicht, durch 
Errichtung von Bildsäulen , Tempeln und ähnlichen 
Bauwerken dem Ehrgeiz ihres Königs zu schmeicheln. 
Darin scheint mir der Grund zu liegen, weshalb Herodes 
seine Angehörigen und Freunde so schlecht behandelte, 
während er die Auswärtigen und Fremden mit Wohl- 
thaten zu überhäufen suchte. 


Sechstes Kapitel. 

Gesandtschaft der Juden zu Kyrene und in Asien an 
den Caesar mit Klagen über die Griechen. Wortlaut 
der Briefe , welche der Caesar und Agrippa ihretwegen 
an die Städte schickten. 

1. Unterdessen hatten die in Asien und im kyre- 
naeischen Libyen wohnenden Juden von den einzelnen 
Städten viele Unbilden auszuhalten. Während die früheren 
Könige ihnen alle ihre Rechte gewährleistet hatten, 
wurden sie jetzt von den Griechen hart bedrückt, sodass 
man ihnen die Tempelgelder raubte und sie auch in 
ihrem Privatbesitz schädigte. In dieser üblen Lage 
schickten sie, da die Grausamkeit der Griechen kein 
Ende nehmen zu wollen schien , Gesandte mit ent- 
sprechendem Aufträge an den Caesar. Dieser verlieh 




394 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


ihnen darauf wieder dei) vollen Besitz ihrer Rechte und 
sandte diesbezügliche Verfügungen an die einzelnen Pro- 
vinzen , deren Abschrift ich hier beifügen will zum 
Zeugnis dafür, wie wohlwollend uns die früheren 
Herrscher behandelt haben. 

2. „Der Caesar Augustus, Pontifex maximus mit 
Tribunengewalt, thut hiermit kund und zu wissen: In 
Erwägung, dass das Volk der Juden nicht bloss jetzt, 
sondern auch schon früher und besonders zu den Zeiten 
meines Adoptivvaters Caesar, da Hyrkanus Hohepriester 
war, sich dem römischen Volke treu und ergeben be- 
wiesen, hat es mir und meinen Räten nach ein- 
geholter Zustimmung des römischen Volkes gefallen, zu 
verordnen, dass die Juden bei ihren Einrichtungen und 
dem Gesetze ihrer Väter zu belassen sind, so wie es auch 
zu Zeiten Hyrkanus’, des Hohepriesters des höchsten 
Gottes, gewesen ist, dass ferner ihre Tempelgelder nicht 
angetastet werden dürfen, sondern dass es ihnen frei- 
stehen soll, dieselben nach Jerusalem zu schicken und 
den dortigen Tempelschatzmeistern abzuliefern, und 
endlich, dass sie am Sabbat oder dem ihm vorher- 
gehenden Vorbereitungstage von der neunten Stunde 
an nicht mehr zu Bürgschaftsleistungen gezwungen werden 
können. Wird jemand bei der Entwendung ihrer heiligen 
Bücher oder Gelder aus dem Sabbathause oder dem 
Hause ihrer Vorsteher betroffen, so soll er wie ein 
Terapelräuber behandelt und seine Besitzungen als Eigen- 
tum des römischen Volkes erklärt werden. Der Beschluss, 
den sie mir zu Ehren und wegen meiner Milde gegen 
das ganze Menschengeschlecht, sowie mit Rücksicht auf 
die Verdienste des Gajus Marcius Censorinus gefasst 
haben, und der mir schriftlich mitgeteilt wurde, soll zu- 
gleich mit dieser Verfügung in dem vielbesuchten Heilig- 
tum, welches sämtliche Gemeinden Asiens mir zu Ankyra 
geweiht haben, niedergelegt werden. Zuwiderhandlungen 
gegen dieses Edikt sollen mit schwerer Strafe belegt 
werden.“ Diese Inschrift befindet sich auf einer Säule 
im Tempel des Caesars. 




Sechzehntes Buch, 6. Kapitel. 


395 


3. „Der Caesar an Norbanus Flaccus. Die Juden, 
wo sie auch wohnen mögen, sollen, wenn sie nach dem 
bei ihnen geltenden alten Brauche Tempelgelder nach 
Jerusalem schicken, dabei in keiner Weise behindert 
werden.“ 

4. Ferner erliess Agrippa in betreff der Juden fol- 
gende Verordnungen: „Agrippa an den Magistrat, den 
Senat und das Volk von Ephesus. Die Sammlung und 
Aufbewahrung der Gelder, welche nach Jerusalem zum 
Tempel geschickt zu werden pflegen, soll nach altem 
Brauche den Juden in Asien freistehen, und wer nach 
Entwendung jüdischer Tempel gelder in ein Asyl geflohen 
ist, soll von dort weggeführt und den Juden zur Be- 
strafung ausgeliefert werden, wie das einem Tempelräuber 
von Rechts wegen gebührt. Dem Praetor Silanus habe 
ich Befehl erteilt, keinen Juden am Sabbat zur Leistung 
von Bürgschaft heran zuziehen.“ 

5. „Marcus Agrippa an den Magistrat, den Senat 
und das Volk von Kyrene. Die Juden zu Kyrene, in 
betreff deren schon Augustus den Praetor Flavius von 
Libyen und die übrigen Beamten dieser Provinz ange- 
wiesen hat, die bei ihnen gebräuchliche Absendung der 
Tempelgelder nach Jerusalem nicht zu verbieten, haben 
mir jetzt die Klage vorgetragen, dass sie von tückischen 
Angebern verfolgt und unter Auferlegung von Abgaben, 
zu deren Leistung sie gar nicht verpflichtet sind, an 
der Absendung der Gelder gehindert würden. Ich befehle 
daher, dass sie von jeder Belästigung zu befreien 
sind, und dass ihnen in den einzelnen Städten die Gelder, 
welche etwa den mit der Einsammlung und Auf- 
bewahrung derselben betrauten Männern geraubt worden 
sind, unverzüglich wieder zugestellt werden sollen. Auch 
ist Sorge dafür zu tragen, dass solches in Zukunft nicht 
wieder vorkommt.“ 

6. „ Der Proconsul Gajus Norbanus Flaccus an den 
Magistrat zu Sardes. Der Caesar hat mir geschrieben, 
er befehle, dass die Juden, welche nach ihrem Brauche 
Tempelgelder sammeln , an der Absendung dieser Gelder 


Go gle 



396 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


nach Jerusalem nicht gehindert werden dürfen. Ich teile 
euch dies mit, damit euch nicht unbekannt bleibe, was 
des Caesars und mein eigener Wille ist.“ 

7. Ebenso verordnete auch der Proconsul Julius An- 
tonius: „An den Magistrat, den Senat und das Volk von 
Ephesus. Die in Asien wohnenden Juden haben mir 
am 13. Februar zu Ephesus in öffentlicher Gerichtssitzung 
angezeigt, dass der Caesar Augustus und Agrippa ihnen 
gestattet hätten, nach ihren eignen Gesetzen und Ge- 
brauchen zu leben und die Erstlinge, die ein jeder als 
Tribut seiner Frömmigkeit freiwillig Gott darbringt, 
unbehindert unter feierlichem Geleit nach Jerusalem zu 
senden. Sie haben dann gebeten, ich möge in Überein- 
stimmung mit der Bewilligung Agrippas und des Caesars 
ihnen diese Freiheit bestätigen. Ich thue euch daher 
kund und zu wissen, dass es sowohl mein als des Caesars 
und Agrippas Wille ist, die Juden nach ihren Gesetzen 
und Gebräuchen leben zu lassen.“ 

8. Diese Verfügungen musste ich hier anführen, um 
den Griechen, in deren Hände dieses mein Geschichts- 
werk vorzugsweise gelangen wird, zu zeigen, dass wir 
früher aller möglichen Auszeichnungen teilhaftig geworden 
sind und von keiner Obrigkeit an der Befolgung unserer 
Satzungen gehindert wurden , vielmehr unter dem 
Schutze der Behörden unsern Gottesdienst unbehelligt 
haben ausüben können. Ich erwähne übrigens diese 
Dinge häufiger, um die fremden Völker mit unseren Ein- 
richtungen zu befreunden und die bei unverständigen 
Menschen noch herrschende Abneigung zu beseitigen. 
Denn während es kein einziges Volk giebt, das stets 
denselben Einrichtungen treu bleibt, vielmehr von Stadt 
zu Stadt hierin die grössten Verschiedenheiten herrschen, 
ist das Recht allen Menschen, sowohl den Griechen wie 
den Ausländern, als nützliche Einrichtung gemeinsam. 
Da nun unsere Gesetze in jeder Beziehung auf Recht 
und Gerechtigkeit beruhen, so müssen wir durch deren 
getreue Beobachtung gegen alle Menschen wohlwollend 
und freundlich werden. Dieselbe Behandlung aber 



Sechzehntes Buch, 7. Kapitel. 


397 


beanspruchen wir auch von anderen und können es 
nicht für recht halten, dass man uns, weil wir andere 
Gebräuche haben, als Fremdlinge betrachtet. Vielmehr 
verlangen wir, dass man nur darauf sein Augenmerk 
richte, ob diese Gebräuche gut und rechtschaffen sind. 
Denn das allein ist es, was alle Völker gemeinsam er- 
streben sollen, und was auch allein schon genügt, die 
Sicherheit der menschlichen Verhältnisse zu verbürgen. 
Doch ich will nach dieser kurzen Abschweifung nun- 
mehr zur eigentlichen Erzählung zurückkehren. 


Siebentes Kapitel. 

Wie Herodes in Davids Grab eindrang , und wie die 
Zwistigkeiten in seinem Hause sich mehrten. 

1. Herodes, der sowohl innerhalb wie ausserhalb 
seines Reiches einen kolossalen Aufwand machte, hatte 
schon früher einmal vernommen, dass sein Vorgänger 
Hyrkanus Davids Grab geöffnet und daraus dreitausend 
Talente Silber entnommen habe, sowie auch, dass darin noch 
so viel vorhanden sei, um seinen ganzen jetzigen Bedarf 
zu decken. Er hatte sich daher schon längst mit dem 
Gedanken getragen, dasselbe zu thun, und liess jetzt in 
einer Nacht das Grab öffnen , worauf er sich mit seinen 
vertrautesten Freunden hineinbegab, jedoch in aller 
Stille, damit man in der Stadt nichts davon merke. 
Aber er fand ebenso wenig Geld darin, wie Hyrkanus, 
und nahm dafür eine Menge goldener Schmucksachen 
und kostbarer Geräte mit, die er dort an traf. Um nun 
nichts undurchsucht zu lassen, wollte er noch weiter 
bis zu den Grabkammern Vordringen, in denen Davids 
und Solomons Gebeine ruhten. Doch verlor er dabei 
zwei seiner Leibwächter, wie man sagt, durch eine 
Feuerflamme, die ihnen von innen entgegenschlug. 1 Im 


1 An eine Entzündung der in der Gruft vorhandenen Erdgase 
durch die mitgenommenen Fackeln zu denken, liegt hier sehr nahe. 


Go gle 




398 


Josephus’ Jüdisch« Altertümer. 


grössten Schrecken eilte Herodes aus dem Grabmal 
hinaus und liess, um die Gottheit zu versöhnen, am 
Eingänge desselben mit grossen Kosten ein Denkmal 
aus weissem Marmor errichten. Dieses Denkmal er- 
wähnt auch der Geschichtschreiber Nikolaus, der zur 
Zeit des Herodes lebte. Doch berichtet er nicht, dass 
der König in das Grab eingedrungen sei, da er wohl 
weiss, wie unziemlich ein solches Benehmen ist. Diese 
Art, Geschichte zu schreiben, behält Nikolaus auch im 
übrigen bei. Denn weil er im Reiche des Herodes lebte 
und mit ihm verkehrte, schrieb er, um sich ihm gefällig 
zu erweisen und ihm zu schmeicheln, nur das nieder, 
was zum Ruhme des Königs beitragen konnte, und liess 
viele seiner offenbarsten Ungerechtigkeiten in günstigerem 
Lichte erscheinen oder verschwieg sie auch gänzlich. 
Er unternimmt es sogar, die grausame Ermordung 
Mariamnes und ihrer Söhne zu beschönigen, indem er 
die Mutter beschuldigt, einen schamlosen Lebenswandel 
geführt, Und die Söhne, ihrem Vater nach dem Leben 
getrachtet zu haben. Überhaupt verfährt er in seinem 
ganzen Werke so, dass er alle guten Thaten des Königs 
übermässig lobt, seine Frevel dagegen zu entschuldigen 
sucht. Gleichwohl kann man ihm das nachsehen ; er 
hatte es sich ja nicht zur Aufgabe gemacht, für andere 
Geschichte zu schreiben, sondern wollte nur dem König 
sich gefällig erzeigen. Ich aber, der ich mit dem Königs- 
geschlechte der Asamonäer verwandt bin und deshalb 
auch die Priesterwürde besitze, habe es für unziemlich 
gehalten, anderen zulieb die Unwahrheit zu sagen, 
sondern berichte die Thatsachen sorgfältig und unge- 
schminkt. Zwar verehre ich viele von den Nachkommen 
des Königs, die den Thron innegehabt haben. Aber 
höher als diese Verehrung steht mir die Wahrheit, sollte 
ich mir dadurch auch den Zorn der Machthaber zu- 
ziehen. 

2. Übrigens verschlimmerten sich nach der Schändung 
des Grabes die häuslichen Verhältnisse des Herodes 
mehr und mehr, sei e6, dass ein furchtbares Unheil sich 



Sechzehntes Buch, 7. Kapitel. 


399 


nun gerade dahin warf, weil schon früher dort schweres 
Leid geherrscht hatte, sei es, dass sein Geschick ihn 
besonders verfolgte, weil er, wie man wohl annehmen 
könnte, bis dahin ziemlich glücklich gewesen war und 
nun um seiner Frevel willen büssen sollte. Der Streit, 
der jetzt im Palaste aüsbrach , sah schon fast einem 
Bürgerkriege ähnlich , und infolge der gegenseitigen 
Verleumdungen steigerte sich der Hass zu unsäglicher 
Erbitterung. Antipater brütete stets neue Anschläge 
gegen seine Brüder aus und bewies eine gewisse ver- 
brecherische Verschlagenheit darin, die beiden von 
anderen verleumden zu lassen, während er selbst sie 
heuchlerischerweise verteidigte und unter dem Deck- 
mantel des wohlwollenden Beschützers seine giftigen 
Pfeile besser anzubringen versuchte. Auf solche Weise 
umgarnte er auch seinen Vater, sodass dieser zu dem 
Glauben kam, Antipater allein sei auf sein Wohl be- 
dacht. Herodes ordnete ihm deshalb seinen Kanzler 
Ptolemaeus völlig unter und beratschlagte alle wichtigen 
Fragen mit Antipaters Mutter. Kurz, diese Partei galt 
alles, that, was sie wollte, und richtete den Hass des 
Königs, wohin ihr beliebte. Die Söhne Mariamnes da- 
gegen wurden von Tag zu Tag erbitterter und ver- 
mochten im Gedanken an die ihnen von Rechts wegen 
gebührende Thronfolge ihre Zurücksetzung und die 
Schwächung ihres Ansehens nicht zu ertragen. Und 
was die Frauen betraf, so lebte Glaphyra, die Tochter 
des Archelaus und Gattin Alexanders, mit Salome in 
hellem Streit, teils aus Liebe zu ihrem Gatten, teils 
weil ihr ein anmassendes Benehmen gegen deren Tochter 
vorgeworfen wurde. Diese war nämlich mit Aristobulus 
vermählt, und es wurmte Glaphyra sehr, dass sie mit 
ihr in gleichem Range stand. 

3. Als nun dieser zweite Zwist ausbrach, ward auch 
Pheroras, des Königs Bruder, der schon an und für sich 
missliebig und verdächtig genug war, darein verwickelt. 
Er entbrannte nämlich in Liebe zu einer seiner 
Sklavinnen und zwar so heftig, dass er des Königs 


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400 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


Tochter, mit der er verlobt war, gänzlich vernachlässigte 
und nur der Sklavin anhing. Hierüber ärgerte sich 
Herodes gewaltig und empfand das Benehmen des 
Pheroras als persönliche Beleidigung, zumal dieser 
von ihm mit Wohlthaten überhäuft und sogar zum Mit* 
regenten erhoben worden war und ihm jetzt so schlechten 
Dank wusste. Weil er nun überzeugt war, dass Pheroras 
eine Schmach für die Familie sei, hielt er ihn einer 
Verbindung mit seiner Tochter gar nicht mehr wert 
und gab deshalb die letztere einem Sohne Phasaels 
zur Ehe. Einige Zeit später aber, als er die Leiden- 
schaft seines Bruders erloschen glaubte, erinnerte er ihn 
an seine Verpflichtung und verlangte nun, er solle 
seine zweite Tochter Kypros zur Gattin nehmen. Auch 
Ptolemaeus riet dem Pheroras, seiner Liebschaft ein 
Ende zu machen und seinen Bruder nicht länger zu be- 
leidigen. Es sei doch schmachvoll, einer Sklavin zuliebe 
die Zuneigung des Königs zu verscherzen und demselben 
nur Verdruss zu bereiten. Pheroras, der schon einmal 
für ein Vergehen Nachsicht erlangt hatte, sah die 
Bichtigkeit dieser Vorstellungen ein und entliess das 
Weib, obschon sie ihm bereits einen Sohn geboren 
hatte. Dann versprach er dem Könige, dessen zweite 
Tochter heiraten zu wollen, setzte die Hochzeit auf den 
dreissigsten Tag fest und schwur, sich mit der Sklavin 
nicht mehr abzugeben. Als aber die dreissig Tage 
um waren, ergriff ihn die Liebe wieder so mächtig, dass 
er seine Versprechungen in den Wind schlug und sich 
der Sklavin wieder hingab. Darüber geriet Herodes in 
unverhaltenen Grimm und liess Bich manches Wort 
entschlüpfen, das wieder und wieder zu neuen Ränken 
gegen Pheroras Veranlassung gab. Es kam schliesslich 
so weit, dass kein Tag, ja nicht eine Stunde ohne neue 
Streitigkeiten verfloss, die zwischen den nächsten und 
teuersten Angehörigen des Königs entbrannten. Salome 
wusste in ihrem unerbittlichen Hasse gegen Mariamnes 
Söhne sogar ihre eigene Tochter, die mit Aristobulus, 
dem einen dieser beiden Söhne, vermählt war, dahin zu 


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Sechzehntes Buch, 7. Kapitel. 


401 


bringen, dass sie die ihr geziemende Verschwiegenheit 
brach und ihrer Mutter alle Geheimnisse verriet, die 
ihr Mann ihr anvertraut hatte. Und da es sich, wie 
man sich denken kann, dabei um manches anstössige 
Wort handelte, gelang es Salome, auch ihrer Tochter 
gegenüber deren Gatten zu verdächtigen. So kam es, 
dass sie nicht nur die Geheimnisse der Söhne Mariamnes 
erfuhr , sondern auch das Herz ihrer Tochter dem 
Aristobulus immer mehr entfremdete. Der Mutter zu 
Gefallen erzählte diese manchmal, wie oft die Söhne 
Mariamnes, wenn sie unter sich allein seien, ihrer 
Mutter gedächten, wie sie ihren Vater hassten und wie 
sie hätten verlauten lassen, sie wollten, wenn sie einmal 
im Besitz der Macht seien, die Söhne, welche Herodes 
von seinen übrigen Frauen erhalten, zu Dorfschreibern 
machen , zu welchem Amt sie infolge ihres Studiums 
ganz geeignet seien, die Frauen selbst aber, falls sie 
dieselben je mit den Schmucksachen ihrer Mutter prunken 
sähen , statt in schöne Kleider in Säcke stecken und 
einsperren lassen, dass sie das Licht des Tages nicht 
mehr erblickten. Das alles hinterbrachte Salome sogleich 
dem Könige, und so schmerzlich ihn auch diese Nach- 
richten berührten, gab er sich doch Mühe, alles in 
Güte beizulegen. Die beständigen Verdächtigungen aber 
regten ihn derart auf, dass er von Tag zu Tag er- 
bitterter wurde und schliesslich alles glaubte, was man 
ihm hinterbrachte. Zwar Hess er sich, als er seine Söhne 
zur Rechenschaft zog und diese die Verdächtigungen 
von sich abzu wälzen wussten, für den Augenblick wieder 
.zur Milde stimmen. Indes ereignete sich dafür in der 
Folge nur um so schlimmeres Unheil. 

4. Pheroras nämlich begab sich zu Alexander, der, 
wie gesagt, des Archelaus Tochfer zur Frau hatte, und 
erzählte ihm, er habe von Salome gehört, dass Herodes 
in unwiderstehlicher Liebe zu Glaphyra entbrannt sei. 
Bei dieser Nachricht brauste Alexander in jugendlicher 
Hitze und Eifersucht auf und deutete nun die Artig- 
keiten, die Herodes seiner Gattin öfters erwiesen hatte, 

JoBephufl’ jüdische Altertümer, II. 26 


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402 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


im allerschlimmsten Sinne. Und da er seine Erregung 
nicht mehr bemeistern konnte, ging er zu seinem Vater 
und teilte ihm weinenden Auges mit, was Pheroras ihm 
gesagt hatte. Darüber geriet Herodes nur desto mehr 
in Wut, und ausser stände, eine so schändliche Ver- 
dächtigung auf sich sitzen zu lassen, rang er die Hände, 
beklagte die Bosheit der Seinigen und warf ihnen vor, 
mit wie schmählichem Undank sie seine Güte lohnten. 
Alsdann liess er den Pheroras rufen, überhäufte ihn mit 
Verwünschungen und fuhr ihn an: „Du verruchtester 
aller Menschen, so über alles Mass hast du also deine 
Undankbarkeit getrieben, dass du derartiges von mir 
denken und sprechen kannst? Ist es jetzt nicht klar, 
dass du nicht nur, um mich zu beschimpfen, meinen 
Sohn mit solchen Reden angehst, sondern auch, um ihn 
zu bereden, dass er mir durch Gift den Tod bereite? 
Wer hätte denn, wenn er nicht gleich meinem Sohne 
Gott vor Augen gehabt, bei einer solchen Anschuldigung 
an seinem Vater keine Rache geübt? Wolltest du nur 
deine giftigen Reden in seine Seele senken, oder ihm 
gleich den Dolch zum Morde des Vaters in die Hand 
drücken ? Oder was wolltest du, als du in deinem Hasse 
gegen ihn und seinen Bruder nach aussen jein freund- 
liches Benehmen zur Schau trugst, um mich zu ver- 
leumden und ihm Dinge zu sagen, die nur du in deiner 
Ruchlosigkeit erdenken und aussprechen konntest ? Hebe 
dich hinweg von mir, wenn du so gegen deinen Wohl- 
thäter und Bruder handeln kannst! So lange du lebst, 
soll dich das Bewusstsein deiner Schandthat drücken 1 
Ich aber will fortfahren, die Meinigen an Güte zu über- 
treffen und statt der verdienten Strafen unverdiente 
Wohlthaten ihnen zukommen zu lassen.“ 

5. So der König. Pheroras aber, dessen Schlechtig- 
keit nun klar zutage trat, behauptete, Salome habe ihm 
das alles mitgeteilt und von ihr seien diese Redereien 
zuerst ausgegangen. Salome, die gerade anwesend war, 
hatte diese Aussage kaum vernommen, als sie mit schein- 
barer Entrüstung aufschrie, davon sei kein Wort über 


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Sechzehntes Buch, 7. Kapitel. 408 

ihre Lippen gekommen. Vielmehr suche man ihr nur 
den Hass des Königs zuzuziehen und sie aus dem Wege 
zu räumen, weil sie in ihrer Zuneigung zu Herodes alle 
demselben drohenden Gefahren stets rechtzeitig voraus- 
sehe. Und noch ergrimmter sei man jetzt über sie, weil 
sie allein ihrem Bruder den Rat gegeben habe, sich von 
seiner Gattin zu trennen und die Tochter des Königs 
zu heiraten. Es sei deshalb auch nicht zu verwundern, 
dass sie ihrem Bruder verhasst sei. Während sie diese 
Worte hervorstiess , raufte sie ihr Haar und zerschlug 
sich die Brust und machte es so durch ihr Gebärden- 
spiel glaubhaft, dass alles gegen sie Vorgebrachte nur 
Lüge sei, während sie in Wirklichkeit bei der Bösartig- 
keit ihres Charakters nur Heuchelei trieb. Pheroras 
stand unterdessen in der Mitte und konnte nichts zu 
seiner Entschuldigung Vorbringen. Er vermochte ja 
nicht zu leugnen, dass er jene Verleumdungen wirklich 
ausgestreut hatte , und dass er sie anders woher gehört 
haben wollte, glaubte man ihm nicht Dieser aufregende 
Wortwechsel hielt noch geraume Zeit an, bis endlich 
der König seinen Bruder und seine Schwester im höchsten 
Zorn entliess , seinen Sohn aber lobte , weil er sich be- 
herrscht und ihm diese Reden hinterbracht habe. Als- 
dann begab sich Herodes, da es inzwischen Abend ge- 
worden war, zur Körperpflege in seine Gemächer. Nach 
diesem Zwischenfall geriet Salome in Verruf, weil kein 
Zweifel mehr daran obwaltete, dass sie zuerst jene Ver- 
leumdung ausgestreut hatte. Des Königs Gattinnen aber 
waren schon längst gegen sie erbittert, weil sie ihre 
Schlangennatur kannten und wussten , dass sie bald 
freundliche , bald feindliche Gesinnung zur Schau trug, 
wie der Zweck es eben erforderte. Von ihnen also 
hörte Herodes stets neue Beschuldigungen gegen Salome, 
und weitere Ermunterung dazu fanden sie in folgendem 
Vorfälle. 

6. Der Araberkönig Obodas, der ein unthätiger, 
träger Charakter war , liess seine meisten Geschäfte 
durch einen scharfsinnigen und wohlgestalteten jungen 

* 6 * 




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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Mann, Syllaeus mit Namen, verwalten. Als dieser Syllaeus 
einmal in geschäftlichen Angelegenheiten zu Herodes 
gekommen war und beim Mahle Salome erblickte, fasste 
er Neigung zu ihr, und da er wusste, dass sie Witwe 
war, bot er ihr seine Hand an. Salome, die bei ihrem 
Bruder jetzt nicht mehr so wie früher beliebt und dem 
jungen Manne sehr zugethan war, nahm den Antrag 
an, und von nun an konnte man bei den Mahlzeiten 
eine besondere Vertraulichkeit zwischen den beiden wahr- 
nehmen. Darauf machten den König seine Frauen alsbald 
aufmerksam, indem sie zugleich über ein solch unziem- 
liches Benehmen lachten. Herodes fand sich deshalb ver- 
anlasst, auch mitPheroras darüber zu reden, und befahl 
ihm, während der Mahlzeit darauf zu achten, wie die 
beiden sich gegeneinander benähmen. Pheroras meldete 
ihm darauf, man könne aus ihren Mienen und Winken 
leicht entnehmen, dass sie einverstanden seien. Der 
Araber reiste nun, mit argwöhnischen Blicken betrachtet, 
ab, kehrte aber nach zwei oder drei Monaten zurück, 
und zwar zu dem Zwecke, mit Herodes zu sprechen 
und sich die Hand der Salome zu erbitten. Diese Ver- 
bindung, sagte er, werde für Herodes insofern nicht 
ohne Nutzen sein , als er dadurch in Beziehungen zu 
den Arabern trete, über welche er die Herrschaft, was 
die Hauptsache betreffe, ja schon ausübe und in Zu- 
kunft in noch grösserem Masse ausüben werde. Sowie 
Herodes dies seiner Schwester mitteilte und sie fragte, 
ob sie bereit sei, die Ehe einzugehen, bejahte sie die 
Frage sogleich. Als nun aber Syllaeus aufgefordert 
w'urde, vorder Eheschliessung sich zur jüdischen Religion 
zu bekehren, da dieselbe sonst unmöglich sei, weigerte 
er sich dessen mit dem Bemerken, die Araber würden 
ihn steinigen, wenn er das thäte, und reiste wieder ab. 
Salome musste hierauf von Pheroras den Vorwurf hören, 
sie sei ein zügelloses Weib, und noch mehr setzten ihr 
die Frauen zu, die ihr zu verstehen gaben, sie habe 
sich mit dem Araber zu tief eingelassen. Als sie nun 
für ihren und Kostobars Sohn die Jungfrau zur Ehe 


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Sechzehntes Buch, 8. Kapitel. 


405 


begehrte, die der König seinem Bruder Pheroras verlobt, 
aber nicht angetraut hatte, weil dieser, wie oben er- 
wähnt, von dem anderen Weibe nicht ablassen wollte, 
war Herodes anfangs geneigt, sie demselben zu geben. 
Doch bald änderte er seinen Entschluss auf Zureden 
des Pheroras, der ihm bemerkte, der junge Mann könne 
das Mädchen wegen der Ermordung seines Vaters un- 
möglich lieb gewinnen, und es sei besser, dass dieselbe 
seinen eignen Sohn zur Ehe nehme, der zum Nach- 
folger in der Tetrarchie bestimmt war. Weil er sich 
nun bei dieser Gelegenheit auch Verzeihung für sein 
früheres Vergehen erbat, gelang es ihm, den König 
umzustimmen. Das Mädchen wurde also nochmals ver- 
lobt und dem Sohne des Pheroras zur Ehe gegeben, 
wobei der König sie mit einer Mitgift von hundert 
Talenten ausstattete. 


Achtes Kapitel. 

Wie Herodes den Alexander einkerkern liess. 

Versöhnung durch Archelaus. 

1. Damit war jedoch in dem Hause des Herodes 
noch immer keine Ruhe geschaffen, sondern von Tag 
zu Tag wuchs die Spannung beständig an. So ereignete 
sich auch ein Vorfall, der, weil er unlauteren Quellen 
entsprang, zu grossen Verwicklungen führte. Der König 
hatte nämlich Verschnittene, die er ihrer Schönheit 
wegen sehr liebte. Der eine von ihnen war sein Mund- 
schenk, der andere sein Tischdiener, der dritte musste 
ihm aufwarten, wenn er sich zur Ruhe begab, und be- 
sorgte auch zugleich die wichtigsten Geschäfte. Be- 
züglich dieser Verschnittenen machte nun jemand dem 
König die Anzeige , sie seien von seinem Sohne 
Alexander mit vielem Geld bestochen worden. Auf 
Befragen gestanden sie auch, dass sie zu Alexander in 
vertraulichen Beziehungen ständen , wollten jedoeh von 
keinem Anschläge gegen seinen Vater etwas wissen. 



406 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Als sie aber gefoltert und von den Henkersknechten 
Antipater zu Gefallen immer grausamer gequält wurden, 
gaben sie in ihrer Not an, Alexander, der gegen seinen 
Vater höchst feindselig gesinnt sei, habe sie be- 
redet, sich von Herodes loszusagen, da er sich über- 
lebt habe und sein hohes Alter [damit zu vertuschen 
trachte, dass er sich das Haar schwärze. Wollten sie 
sich jedoch auf seine Seite schlagen, so werde er sie 
nach seiner Thronbesteigung, die trotz Herodes .-sonst 
niemand als ihm gelingen werde, bald zu hohen Ehren- 
stellen berufen. Dass er aber zur Herrschaft gelangen 
werde , verbürge ihm nicht nur seine Abstammung, 
sondern auch sein Anhang. Denn er habe unter den 
Edlen und Vornehmen des Volkes eine Menge Freunde, 
die bereit seien, für . ihn durch dick und dünn zu 

2. Als Herodes das hörte, erfüllten ihn die Schmä- 
hungen ebenso sehr mit Zorn , als die Nachricht von 
der ihm drohenden Gefahr mit Furcht, sodass er in ge- 
waltige Erregung geriet und besorgte, es möchte in der 
That etwas gegen ihn im Werke sein, vor dem er sich 
jetzt nicht in Acht nehmen könne. Deshalb stellte er 
keine öffentlichen Untersuchungen an, sondern liess die, 
welche ihm verdächtig erschienen, heimlich beobachten. 
Da er. aber bald gegen alle Welt Verdacht und Arg- 
wohn hegte, weil seine Sicherheit das zu fordern schien, 
so dehnte er sein Misstrauen auch auf ganz Unschuldige 
aus und kannte dabei keinerlei Mässigung. Wer oft zu 
ihm kam, den fürchtete er, weil er mehr Gelegenheit 
finde, ihm nachzustellen; wer aber nicht oft kam, den 
brauchte man meist nur zu nennen, um bei ihm den 
Entschluss zur Reife zu bringen, ihn seiner grösseren 
Sicherheit halber umbringen zu lassen. Schliesslich in- 
triguierten seine Höflinge, die sich nicht mehr sicher 
fühlten, gegeneinander und hofften sich selbst zu nützen, 
wenn sie einem anderen mit der Anschuldigung zuvor- 
kämen. Hatte aber einer den anderen beiseite geschafft, 
so geriet er eben dadurch in Verdacht und verfiel der- 




Sechzehntes Buch, 8. Kapitel. 


407 


selben Strafe, die er dem anderen bereitet hatte, um 
ihm zuvorzukommen. Jede Gelegenheit wurde benutzt, 
um dem Gegner Fallen zu stellen, bis der eine sich in 
demselben Netze fing, das er dem anderen gelegt hatte. 
Der König nämlich empfand bald Reue, wenn er jemand 
ohne regelrechtes Urteil hatte hinrichten lassen. Aber 
anstatt dass diese Reue ihn zu grösserer Vorsicht für 
die Zukunft ermahnt hätte, verfuhr er nun gegen die 
Angeber in gleicher Weise und verschlimmerte dadurch 
die Zustände am Hofe immer mehr. 

3. Schon hatte er vielen seiner Freunde angekündigt, 
sie brauchten nicht mehr zur Erfüllung ihrer Dienst- 
verpflichtungen zu erscheinen oder sich bei Hofe zu 
zeigen. Diesen Befehl gab er aber nur deshalb, um 
durch Rücksichtnahme auf dieselben weniger gebunden 
zu sein. So verbannte er auch seine alten Freunde 
Andromachus und Gemellus vom Hofe, die ihm in den 
Regierungsgeschäften, bei der Abordnung von Gesandt- 
schaften und bei Beratungen viele Dienste geleistet, 
seine Söhne unterrichtet hatten und bei ihm in hohem 
Ansehen standen. Den einen traf diese Strafe, weil 
sein Sohn Demetrius mit Alexander Umgang pflog, 
den Gemellus aber, weil Herodes dessen Anhänglichkeit 
an Alexander kannte. Letzterer nämlich war als 
Knabe von Gemellus unterrichtet worden und hatte ihn 
auch w r ährend seines Aufenthaltes in Rom als steten 
Begleiter bei sich gehabt. Gern hätte Herodes auch 
diese verdienten Männer mit härterer Strafe belegt. 
Doch da er den Schein willkürlicher Grausamkeit gegen 
dieselben meiden musste, begnügte er sich damit, ihnen 
ihre Ehrenstellen zu nehmen, wodurch er ihnen aller- 
dings auch die Möglichkeit verschaffte, sich den Aus- 
brüchen seiner Wut zu entziehen. 

4. DerUrheber aller dieser Grausamkeiten wareigentlich 
Antipater, der schon längst seines Vaters Ratgeber war 
und nun, nachdem er die unheilvolle Gesinnung des- 
selben erkannt hatte, ihm noch mehr zusetzte und um 
so leichter seinen Zweck erreichen zu können glaubte. 




408 


Josephus 1 Jüdische Altertümer. 


je eher er alle Widerspenstigen aus dem Wege räumen 
würde. Nachdem nun Andromachus und Gemellus vom 
Hofe entfernt waren, begann der König damit, alle die- 
jenigen, die er für Anhänger Alexanders hielt, der Folter 
zu unterwerfen, um dessen vermeintliche Anschläge zu 
erfahren. Diese jedoch erlitten den Tod, ohne etwas 
aussagen zu können, worüber der König nur noch mehr 
in Wut geriet. Antipater war es, der in diesen Fällen 
das Schweigen als Verstocktheit und als Treue gegen 
Alexander auslegte und denKönig reizte, noch weiter 
nach geheimen Anschlägen zu forschen. Einer von den 
vielen, die gefoltert wurden, behauptete, er habe den 
Alexander, wenn er wegen seiner körperlichen Ge- 
wandtheit, seiner Fertigkeit im Schiessen und wegen 
anderer vorzüglicher Eigenschaften gelobt worden sei, 
oftmals sagen hören, diese Gaben der Natur seien für 
ihn mehr ehrenvoll als nutzbringend, weil sein Vater 
ihn deswegen beneide und hasse. Daher pflege er bei 
Spaziergängen mit seinem Vater sich zu bücken, um 
nicht grösser als dieser zu erscheinen , und bei Jagden, 
die er mit dem Vater unternehme, absichtlich das Wild 
zu fehlen, da er dessen Ehrgeiz kenne, der anderen 
keinen Ruhm gönne. Als nun mit der Folterung etwas 
eingehalten wurde, fügte er noch hinzu, Alexander habe 
in Gemeinschaft mit Aristobulus den Plan gefasst, den 
Vater auf der Jagd aus dem Hinterhalt zu töten, nach 
vollbrachter That nach Rom zu fliehen und dort um 
Verleihung der Königswürde zu bitten. Da sich nun 
auch noch ein Brief Alexanders an seinen Bruder vor- 
fand, worin er sich darüber beklagte, dass sein 
Vater dem Antipater gegen alles Recht ein Gebiet mit 
zweihundert Talenten Einkünften geschenkt habe, glaubte 
Herodes endlich den sicheren Beweis für die Richtigkeit 
des gegen die jungen Leute gefassten Verdachtes zu 
besitzen, und liess daher den Alexander ergreifen und 
einkerkern. Aber auch jetzt fand er noch keine Ruhe, 
teils weil er dem, was er gehört, wenig Glauben bei- 
mass, teils weil er, wenn er recht nachdachte, doch 




Sechzehntes Buch, 8. Kapitel. 


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eigentlich keinen Grund hatte, auf eine Verschwörung 
zu schliessen , vielmehr zu der Überlegung gelangen 
musste, dass es sich da nur um jugendliche Streit- und 
Klagesucht handle. Auch schien es ihm unglaublich, 
das9 ein Vatermörder so offen eine Reise nach Rom 
wagen sollte. Er wollte deshalb einen schärferen Be- 
weis für die Schuld seines Sohnes haben und fürchtete 
den Schein, als ob er ihn voreilig in Ketten gelegt 
habe. Zu dem Ende liess er die bedeutendsten Freunde 
Alexanders foltern und viele von ihnen umbringen, 
ohne jedoch etwas zu erfahren, das seinen Erwartungen 
entsprochen hätte. Das aber war für ihn nur eine An- 
reizung, die Nachforschungen immer leidenschaftlicher 
zu betreiben, sodass sich Bestürzung und Schrecken der 
gesamten Königsburg bemächtigte. Endlich fand sich 
ein junger Mann, der auf der Folter aussagte, Alexander 
habe an seine Freunde in Rom geschrieben, sie möchten 
Sorge dafür tragen, dass der Caesar ihn schleunigst zu 
sich entbiete, weil er ihm Mitteilungen über ein zwischen 
seinem Vater und dem Partherkönige Mithradates gegen 
die Römer abgeschlossenes Bündnis machen könne. Der 
junge Mann fügte dann noch hinzu , Alexander habe 
zu Askalon Gift bereiten lassen. 

5. Diesen Angaben schenkte Herodes Glauben und 
fand für seine Übereilung einigen Trost, indem er sich 
die Gefahr noch grösser vorstellte, als sie ihm ge- 
schildert worden war. Aber obgleich man sofort eifrig 
nach dem Gift forschte, ward dasselbe nicht gefunden. 
Um nun das Mass des Unheils überlaufen zu lassen, 
leugnete Alexander die ihm zur Last gelegten verruchten 
Anschläge absichtlich nicht, sondern stachelte des Vaters 
Leidenschaft durch ein noch grösseres Unrecht auf, 
vielleicht in der Absicht, ihn wegen seiner Leicht- 
gläubigkeit hinsichtlich der Verleumdungen zu be- 
schämen, vielleicht aber auch, um für den Fall, dass er 
Glauben fände, den Herodes samt seinem ganzen Hofe 
dem Verderben zu weihen. Er verschickte nämlich vier 
Briefe, die alle gleichmässig besagten , es bedürfe keiner 


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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Folter und keiner weiteren Untersuchung, da er wirklich 
mit Pheroras und den besten Freunden des Königs sich 
verschworen habe. Salome sei übrigens in der Nacht 
zu ihm gekommen und habe ihn mit Gewalt zum Bei- 
schlaf gezwungen. Das allgemeine Sehnen gehe ja auch 
darauf hinaus, den König aus dem Wege geräumt und 
das Volk von der Schreckensherrschaft befreit zu 
sehen. Des weiteren wurden in den Briefen Ptolemaeus 
und Sapinnius, welche für die treuesten Anhänger des 
Königs galten, der Teilnahme an der Verschwörung be- 
schuldigt. Doch wozu soll ich noch viele Worte machen? 
Es war, als hätte Raserei den Hof befallen, so 
wüteten die gegeneinander, welche früher die besten 
Freunde gewesen waren. Weder Verteidigung noch 
Widerlegung zur Aufdeckung der Wahrheit wurden 
verstattet, sondern ohne jedes Verhör ward die Todes- 
strafe verhängt. Und während die einen in Ketten 
lagen, die anderen ihren baldigen Tod und noch andere 
beides unvermeidlich zu erwarten hatten, erfüllte den 
Hof im Gegensatz zu dem früheren glücklichen Leben 
nur Trauer und Wehklage. Herodes selbst aber ver- 
zehrte sich in Bitterkeit, und die beständigen Intriguen 
sowie sein Misstrauen gegen jedermann Hessen ihn von 
der Zukunft nichts Gutes erwarten. Oft bildete er sich 
ein, sein Sohn komme auf ihn zu und stehe mit ge- 
zücktem Schwerte vor ihm, und da ähnliche Vorstellungen 
ihn Tag und Nacht verfolgten, war er dem Wahnsinn 
und der Tobsucht nahe. So stand es mit Herodes. 

6. Als von dieser Lage der Dinge im Hause des 
Herodes der Kappadocierkönig Archelaus hörte, ängstigte 
er sich wegen seiner Tochter und Alexanders, und da 
er zugleich mit dem Schicksal seines Freundes Herodes 
Mitleid empfand, reiste er nach Jerusalem, um die 
Wirren zu ordnen. Er fand dort thatsächlich den Zu- 
stand vor, den man ihm geschildert hatte, und glaubte 
unter diesen Umständen den König nicht tadeln oder 
der Grausamkeit zeihen zu dürfen, da zu erwarten war, 
dass er bei dem Versuche, sich zu rechtfertigen, in noch 




Sechzehntes Buch, 8. Kapitel. 


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heftigere Erregung geraten würde. Deshalb ging er 
auf andere Weise vor, um dem Unheil ein Ende zu 
machen. Er stellte sich nämlich gegen Alexander er- 
zürnt und erklärte den Herodes für einen gerechten 
Menschen, der keiner Unbesonnenheit fähig sei. Ja, er 
gab sogar seine Absicht kund , Alexanders Ehe zu 
trennen und selbst seine Tochter nicht zu schonen, 
falls sie etwas wüsste, was sie dem Könige verschwiegen 
haben sollte. Als nun Herodes den Archelaus wider 
Erwarten so auftreten und um seinetwillen eine solche 
Erbitterung zur Schau tragen sah, beruhigte er sich, 
glaubte bei seinen Handlungen sich im Recht befunden 
zu haben und gab allmählich der väterlichen Liebe in 
seinem Herzen wieder Raum. Nun aber war er erst 
recht zu bedauern. Wollte nämlich jemand die gegen 
Alexander erhobenen Beschuldigungen als nichtig er- 
weisen, so geriet er in Aufregung; nahm aber Archelaus 
ihn selbst in Schutz, so weinte er vor bitterem Schmerz 
und bat diesen sogar, doch die Ehe nicht zu trennen 
und dem jungen Manne ob seiner Frevelthaten nicht 
zu zürnen. Als Archelaus ihn nun milder gestimmt 
sah, schob er die Schuld auf Alexanders Freunde, die 
den jungen Mann in seiner Arglosigkeit überredet 
hätten, und lenkte den Verdacht namentlich auf den 
Bruder des Königs. Pheroras, der so wie so bei Herodes 
nicht in Gunst stand und keinen sonstigen Vermittler 
zu finden wusste, wandte sich, als er den grossen Ein- 
fluss des Archelaus bemerkte, an diesen in schwarzem 
Gewände, ganz wie ein Mensch, der an seiner Rettung 
verzweifelt. Archelaus hörte zwar seine Bitte an, er- 
klärte es jedoch für unmöglich , dem gewaltigen Zorn 
des Herodes sobald ein Ende zu machen, und riet ihm 
daher, persönlich den König um Verzeihung zu bitten 
und sich als den Urheber des ganzen Unheils hin- 
zustellen. Dadurch werde er den Groll seines Bruders 
besänftigen ; er selbst wolle übrigens gern den Vermittler 
abgeben. Pheroras folgte diesem Rat, und so wurde 
allen geholfen: Alexander ward unverhofft von dem 



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Josephus* Jüdische Altertümer. 


auf ihm lastenden Verdacht frei und Pheroras mit 
Herodes wieder ausgesöhnt. Archelaus begab sich darauf 
nach Kappadocien zurück und gelangte in des Herodes 
Gunst, wie kein anderer in damaliger Zeit, sodass der- 
selbe ihn mit kostbaren Geschenken erfreute, ihn mit 
allen sonstigen Ehren bedachte und ihn seinen besten 
Freund nannte. Auch gab er ihm das Versprechen, 
nach Rom zu gehen , weil er über seine Lage dem 
Caesar bereits Bericht erstattet habe. Bis Antiochia 
reisten alsdann beide Könige zusammen, und nachdem 
Herodes hier den Streit zwischen Archelaus und dem 
syrischen Statthalter Titius beigelegt hatte, begab er 
sich wieder nach Judaea. 


Neuntes Kapitel. 

Abfall der Trachoniter. 

Wie Syllaeus den Herodes mit Augustus verfeindete, 
und wie Herodes, um den Caesar zu versöhnen, seinen 
Freund Nikolaus nach Rom schickte. 

1. Als Herodes von Rom zurückgekehrt war, kam 
es zwischen ihm und den Arabern aus folgender Veran- 
lassung zum Kriege. Die Bewohner von Trachonitis 
konnten, nachdem der Caesar dieses Land dem Zenodorus 
abgenommen und dem Herodes überwiesen hatte, nicht 
mehr ihren Räubereien nachgehen, sondern wurden zu 
Ackerbau und ruhigem Leben angehalten. Das gefiel 
ihnen aber durchaus nicht, zumal da der Boden zum 
Ackerbau höchst ungeeignet war. Anfangs hielt der 
König sie im Zaume, sodass sie ihre Nachbarn nicht 
belästigen konnten, wofür er allgemeine Anerkennung 
fand. Als er aber nach Rom gereist war, um seinen 
Sohn Alexander anzuklagen und seinen anderen Sohn 
Antipater dem Caesar zu empfehlen, streuten die Tracho- 
niter das Gerücht aus, er sei umgekommen, empörten 
sich und belästigten ihre Nachbarn wieder wie früher 
mit Raub und Verwüstung. Den Heerführern des Herodes 




Sechzehntes Buch, 9. Kapitel. 


413 


jedoch gelang es, sie in Abwesenheit des Königs zur 
Ruhe zu bringen, und nur vierzig Räuberhauptleute ver- 
liessen, durch das Schicksal ihrer gefangenen Genossen 
abgeschreckt, die Gegend und zogen sich nach Arabien 
zurück, wo Syllaeus, nachdem seine beabsichtigte ehe- 
liche Verbindung mit Salome nicht zustande gekommen 
war, sie aufnahm und ihnen eine Festung anwies. Von 
hier aus beunruhigten sie dann nicht bloss Judaea, son- 
dern auch ganz Coelesyrien durch Raubzüge, bei denen 
Syllaeus hilfreiche Hand bot. Sobald nun Herodes von 
Rom zurück war und den Schaden erfuhr, den sie seinem 
Lande zugefügt hatten, zog er, weil er den Räubern 
selbst, die im sicheren Schutze der Araber lebten, nicht 
beikommen konnte, nach Trachonitis und liess ihre An- 
gehörige niedermachen. Das aber erbitterte die Räuber 
noch mehr, zumal ein bei ihnen geltendes Gesetz ihnen 
vorschrieb, den Mord ihrer Verwandten auf jede nur 
mögliche Art zu rächen, sodass sie mit wahrer Todes- 
verachtung fortfuhren , das ganze Gebiet des Herodes 
heimzusuchen. Herodes setzte sich daher mit den 
römischen Feldherren Saturninus und Volumnius ins 
Einvernehmen und verlangte von Syllaeus die Aus- 
lieferung der Räuber zur Bestrafung. Hierdurch aber 
wuchs deren Verwegenheit erst recht, und da auch 
ihre Zahl sich stetig vergrösserte, dehnten sie ihre Raub- 
züge immer weiter aus, zerstörten im Reiche des Herodes 
Dörfer und Flecken und machten die Gefangenen nieder, 
sodass die Raubzüge fast wirklichen Kriegszügen glichen. 
Ihre Zahl war unterdessen auf etwa tausend Köpfe ange- 
wachsen. Herodes forderte nun nochmals energisch ihre Aus- 
lieferung sowie die Rückzahlung der sechzig Talente, die 
er dem Obodas durch Vermittlung des Syllaeus geliehen 
hatte und deren Verfalltag schon vorüber war. Syllaeus 
jedoch, der den Obodas in den Hintergrund gedrängt 
hatte und die Regierung allein führte, leugnete die An- 
wesenheit der Räuber in Arabien und verschob die Be- 
zahlung des Geldes, bis endlich die Sache vor die da- 
maligen Statthalter von Syrien, Saturninus und Volumnius, 


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414 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zur Entscheidung kam. Ihr Urteil lautete, dass das Geld 
in dreissig Tagen an Herodes entrichtet sein müsse, 
und dass jeder die Unterthanen des anderen, die in 
seinem Reiche lebten, auszuliefern habe. Im Gebiete 
des Herodes nun fand sich kein einziger Araber, weder 
um ein Verbrechen zu verüben, noch aus irgend einer 
anderen Ursache; wohl aber wurden die Araber über- 
führt, dass sie die Räuber in ihrem Lande aufgenommen 
hatten. 

2. Der vorerwähnte Termin war schon verstrichen, 
als Syllaeus, ohne eine der ihm auferlegten Verpflich- 
tungen erfüllt zu haben, nach Rom reiste. Herodes aber 
bestand auf der Rückzahlung des Geldes und der Aus- 
lieferung der Räuber, die sich bei den Arabern auf- 
hielten, und erhielt von Saturninus und Volumnius die 
Ermächtigung, den Widerstand der Araber mit Waffen- 
gewalt zu brechen. Er rückte demgemäss schleunigst 
gegen Arabien zu Felde und legte einen Weg von sieben 
Tagemärschen in drei Tagen zurück. Bei der Festung 
angelangt, die den Räubern als Schlupfwinkel diente, 
nahm er beim ersten Ansturm den ganzen Haufen der- 
selben gefangen und schleifte den Platz, welcher Raipta 
hiess, vollständig, ohne jedoch sonst jemand etwas zu- 
leide zu thun. Da nun die Araber unter Nakebs Füh- 
rung den Räubern zu Hilfe eilten , kam es zum Treffen, 
in welchem auf Herodes’ Seite nur wenige, von den 
Arabern aber Nakeb selbst und fünfundzwanzig der 
Seinigen fielen, während der .Rest in die Flucht ge- 
schlagen wurde. Nachdem Herodes also die Räuber zur 
Bestrafung gezogen, siedelte er dreitausend Idumäer in 
Trachonitis an und hielt dadurch die räuberischen Be- 
wohner des Landes in Ruhe. Dann schrieb er an 
die beiden in Phoenicien stehenden Feldherren und 
teilte ihnen mit, daas er nichts weiter gethan habe, 
als was zur Bestrafung der widerspenstigen Araber 
notwendig gewesen sei. Das fanden denn die beiden 
Feldherren nach sorgfältiger Untersuchung auch be- 
stätigt 



Sechzehntes Buch, 9. Kapitel. 


415 


3. Unterdessen aber hatten sich in aller Eile Boten 
nach Rom begeben, welche dem Syllaeus diese Vorgänge 
meldeten und, wie gewöhnlich, alles übertrieben. Syllaeus, 
der schon beim Caesar eingeführt war und beim Empfange 
der Meldung sich gerade in der Nähe des Palastes 
befand, legte sogleich schwarze Kleider an, begab sich 
zu Augustus und klagte ihm, Arabien sei von Kriegs- 
wirren beunruhigt, und Herodes, der das Land ver- 
wüste, habe das ganze Araberheer aufgerieben. Zwei- 
tausendfünfhundert der edelsten Araber, jammerte er, 
seien samt ihrem Anführer Nakeb, seiem Freunde und 
Verwandten, niedergemacht und die in Rai'pta auf- 
bewahrten Schätze geraubt worden, da man sich vor 
Obodas, der die Strapazen eines Krieges ungern ertrage, 
nicht gefürchtet habe, er selbst aber sowie das eigent- 
liche arabische Heer nicht zur Stelle gewesen seien. 
Und um den Herodes beim Caesar noch verhasster zu 
machen, fügte er hinzu, er würde wohl seine Reise 'nach 
Rom nicht unternommen haben, wenn er nicht die Über- 
zeugung gehabt hätte, dass dem Caesar die Erhaltung 
des Friedens in seinem ganzen Reiche am Herzen liege, 
und im Falle seiner Anwesenheit wäre der Krieg wohl 
nicht so glücklich für Herodes verlaufen. Hierüber er- 
zürnt, fragte Augustus die zufällig anwesenden Freunde 
des Herodes und seine eigenen aus Syrien gekommenen 
Beamten, ob Herodes ins Feld gezogen sei. Da nun die 
Gefragten das bejahen mussten, der Caesar ihnen aber die 
Darlegung der näheren Umstände nicht gestattete, schrieb 
letzterer im höchsten Groll an Herodes einen in bitteren 
Worten abgefassten Brief, dessen Hauptinhalt der war, 
dass er ihn statt wie früher als Freund nunmehr als 
Unterthan behandeln werde. Auch Syllaeus gab den 
Arabern von diesem Ausgang der Sache Kenntnis, und 
nun wurden dieselben erst recht übermütig, lieferten 
weder die Räuber noch das Geld aus und nahmen noch 
obendrein die Weideplätze, die sie von Herodes gepachtet 
hatten, als ihr Eigentum in Anspruch, weil der König 
der Juden von dem erzürnten Caesar abgesetzt worden 


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416 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


sei. Auch die Trachoniter benutzten die Gelegenheit 
erhoben sich gegen die idumaeischen Besatzungen und 
trieben ihre Räubereien im Verein mit den Arabern, 
welche die Besitzungen der Idumäer verwüsteten, nicht 
nur aus Beutegier, sondern auch aus Rachsucht mit 
höchster Grausamkeit. 

4. Weil nun Herodes das Vertrauen des Caesars ver- 
loren hatte, musste er alles ruhig geschehen lassen. 
Aber es kam noch schlimmer, da der Caesar nicht einmal 
die Gesandten, die Herodes zu seiner Rechtfertigung 
nach Rom schickte, empfangen wollte, sondern dieselben, 
obgleich sie sogar zweimal kamen, unverrichteter Sache 
heimkehren liess. Darüber geriet Herodes in Furcht und 
Bestürzung, und noch mehr ärgerte es ihn, dass Syllaeus 
Glauben fand und persönlich in Rom anwesend sein 
konnte, wo er weitausschauende Pläne verfolgte. Denn 
Obodas war inzwischen gestorben, und die Herrschaft 
über die Araber kam an Aeneas, der seinen Namen in 
Aretas umänderte. Diesen suchte Syllaeus, um selbst auf 
den Thron zu gelangen, durch Verleumdungen zu ver- 
kleinern und gab zu diesem Zwecke nicht nur den Höf- 
lingen reiche Geschenke, sondern machte auch dem 
Caesar selbst die glänzendsten Versprechungen. Gegen 
Aretas war übrigens der Caesar schon aufgebracht, weil 
er die Regierung angetreten hatte, ohne ihm vorher Mit- 
teilung davon zu machen. Unterdessen lief jedoch ein 
Schreiben von ihm ein, das von reichen Geschenken 
worunter eine goldene Krone im Werte von vielen Ta- 
lenten, begleitet war. In diesem Schreiben wurde dem 
Syllaeus vorgeworfen, dass er ein verruchter Sklave sei, 
der den Obodas mit Gift beiseite geschafft und schon 
bei dessen Lebzeiten sich die Herrschaft angemasst habe, 
dass er ferner bei den Arabern als Ehebrecher bekannt 
sei und Geldanleihen mache, um sich damit die Herr- 
schaft zu erkaufen. Aber auch die Überbringer dieses 
Schreibens liess der Caesar nicht vor, sondern schickte 
sie heim, ohne irgend ein Geschenk anzunehmen. 
Mit der Regierung von Judaea und Arabien ward es 



Sechzehntes Buch, 10. Kapitel. 


417 


inzwischen von Tag zu Tag schlimmer, einmal wegen 
der dort herrschen Umtriebe, dann aber auch, weil nie- 
mand da war, der die Kraft besessen hätte, dem Übel 
Einhalt zu thun. Von den beiden Königen nämlich war 
der eine noch gar nicht anerkannt, während Herodes, 
weil er beim Caesar in Ungnade gefallen war, alle Be- 
leidigungen ruhig hinnehmen musste. Als aber Herodes 
kein Ende seiner üblen Lage abzusehen vermochte, ent- 
schloss er sich, abermals eine Gesandtschaft nach Rom 
zu schicken und zu versuchen, ob er mit Hülfe seiner 
Freunde und durch Bitten die Gunst des Caesars wieder 
erlangen könne. Diese Gesandtschaft übernahm Nikolaus 
von Damaskus. 


Zehntes Kapitel. 

Wie Eurykles die Söhne des Herodes bei ihrem Vater 
verleumdete, und wie dieser sie festsetzen liess und 
ihretwegen an den Caesar schrieb. Syllaeus von 

Nikolaus überführt. 

1. Inzwischen verwirrten sich die häuslichen Ver- 
hältnisse des Herodes schlimmer als je, und seine Söhne 
wurden ihm von Tag zu Tag mehr entfremdet. War es 
überhaupt schon früher ersichtlich gewesen, dass das 
Geschick seine Regierung mit den grössten Übeln heim- 
suchte, die den Menschen treffen können, so erwies sich 
dies in noch höherem Masse bei folgender Veranlassung. 
Ein gewisser Lakedaemonier Eurykles, der aus vor- 
nehmem Hause stammte, aber ein verruchter, wollüstiger 
und kriecherischer Mensch war (doch so, dass er diese 
Untugenden geschickt zu verbergen verstand), genoss 
am Hofe des Herodes Gastfreundschaft, gab diesem 
Geschenke, wofür er weit grössere empfing, und wusste 
sich durch sein höfliches Benehmen die vertraute 
Freundschaft des Königs zu erschleichen. Eigentlich war 
er Antipaters Gastfreund, verkehrte aber meistens mit 
Alexander, da er sich für einen Vertrauten des kappa- 

Joeephus 1 Jüdische Altertümer, II. 87 




418 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


docischen Königs Archelaus ausgab. Aus diesem Grunde 
bewies er sich auch besonders aufmerksam gegen Glaphyra 
und wusste sich überhaupt bei jedermann einzuschmeicheln, 
während er alles, was gesprochen wurde und sonst vor 
sich ging, scharf beobachtete und dann seine Berichte 
darüber so verdrehte, wie es gerade gern gehört wurde. 
Schliesslich brachte er es so weit, dass jeder, mit dem 
er verkehrte, ihn für seinen alleinigen Freund hielt, der 
nur ihm zu Gefallen auch mit anderen Beziehungen 
pflege. So schlich er sich auch bei Alexander ein und 
schwätzte diesem vor, er könne ihm ruhig die ihm wider- 
fahrenen Kränkungen anvertrauen, die er sonst niemand 
mitzuteilen wage. Alexander erzählte ihm darauf be- 
trübt, wie sehr das Herz des Vaters ihm entfremdet sei, 
wie es seiner Mutter ergangen, und wie Antipater alle 
Gewalt an sich gerissen habe, nachdem er ihn und 
seinen Bruder um ihre Vorrechte gebracht. Das alles, 
sagte er, sei nicht zu ertragen, besonders da sein Vater 
bereits so sehr von Hass gegen sie erfüllt sei, dass 
er weder gemeinschaftlich mit ihnen speisen noch über- 
haupt mit ihnen reden wolle. Solche Mitteilungen waren 
nun, wie sich leicht denken lässt, nichts weiter als ein 
Ausbruch des Schmerzes. Eurykles aber hinterbrachte 
sie dem Antipater und sagte, er thue das nicht etwa, 
um sich ihm gefällig zu erzeigen, sondern die Wichtig- 
keit der Sache verlange gebieterisch, darüber nicht zu 
schweigen, damit er sich vor Alexander hüten könne. 
Denn das seien keine absichtslos hingeworfenen Worte 
gewesen, sondern sie hätten deutlich erkennen lassen, 
dass hinter ihnen ein entschlossener Wille sich verberge. 
Antipater, der nach diesen Enthüllungen den Eurykles 
für seinen ganz besonderen Freund hielt, beschenkte ihn 
dafür zu wiederholten Malen reichlich und bewog ihn 
endlich, die Sache dem Herodes anzuzeigen. Hier fand 
Eurykles, da er als Beweis für Alexanders Bosheit dessen 
eigne Worte vorbrachte, leicht Glauben und versetzte den 
König durch seine schlau gewählten Redewendungen so 
in Wallung, dass diesen ein unversöhnlicher Hass gegen 



Sechzehntes Buch, 10. Kapitel. 


419 


seinen Sohn erfasste. Dem Eurykles aber schenkte Herodes 
sogleich fünfzig Talente, mit denen dieser sich zum 
Kappadocierkönig Archelaus begab, wo er Alexander lobte 
und behauptete, demselben behufs Versöhnung mit Herodes 
grosse Dienste geleistet zu haben. Durch diese Lügen 
schwindelte er auch dem Archelaus Geld ab und machte 
sich nun rasch davon, bevor seine Falschheit entdeckt 
werden konnte. Weil er aber auch in Lakedaemon seinen 
verruchten Lebenswandel fortsetzte, wurde er seiner vielen 
Schandthaten wegen aus dem Vaterlande verbannt. 

2. Der König der Juden aber begnügte sich von nun 
an nicht mehr wie früher damit, Beschuldigungen gegen 
Alexander und Aristobulus anzuhören, sondern entbrannte 
gegen die beiden in so unersättlichem Hasse, dass er, 
wenn niemand sie beschuldigte, dies selbst veranlasste, 
indem er überall spionieren und auskundschaften liess 
und jedem, der etwas gegen sie vorzubringen hatte, Ge- 
legenheit dazu gab. Endlich wurde ihm auch gemeldet, 
der Koer Evaratus habe sich mit Alexander verschworen, 
und das war für Herodes die angenehmste Nachricht, 
die man ihm hätte bringen können. 

3. In der Folge wuchsen die gegen die jungen Leute 
erhobenen Beschuldigungen immer mehr an, indem so- 
zusagen ein allgemeines Wettlaufen zum Könige statt- 
fand, um demselben etwas zu hinterbringen, was seine 
Sicherheit bezwecken zu können schien. Nun hatte 
Herodes zwei Leibwächter, die er wegen ihrer Körper- 
stärke und ihres schlanken W uchses sonst sehr in Ehren 
hielt, Jucundus und Tyrannus mit Namen. Diese waren 
infolge irgend eines Verstosses beim Könige in Ungnade 
gefallen, ritten nun mit Alexander aus und standen bei 
ihm, da sie mit allen gymnastischen Künsten vertraut 
waren, in hohem Ansehen, erhielten auch von ihm hier 
und da Goldstücke und andere Dinge zum Geschenk. 
Dadurch aber erregten sie den Verdacht des Königs, der 
sie vorladen und peinlich befragen liess. Lange blieben 
sie standhaft; endlich aber gaben sie doch an, Alexander 
habe sie bereden wollen, den Herodes auf der Jagd zu 

27 * 


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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


töten. Man würde dann leicht glaubhaft machen können, 
dass er vom Pferde gestürzt sei und sich zufällig mit 
seinen Jagdspiessen verletzt habe, wie ihm auch früher 
schon ähnliches zugestossen sei. Zugleich zeigten sie an, 
im Pferdestalle sei Gold vergraben, und beschuldigten 
den Obeijäger, ihnen königliche Jagdspiesse sowie auch 
Alexanders Dienern auf dessen Befehl Waffen geliefert 
zu haben. 

4. Hierauf wurde der Kommandant von Alexandrium 
gefänglich eingezogen und gefoltert, weil er beschuldigt 
war, er habe den jungen Leuten versprochen, sie in die 
Festung einzulassen und ihnen die königliche Kasse, die 
sich daselbst befand, auszuliefern. Der Kommandant 
selbst gestand nun zwar nichts ein; doch trat dessen 
Sohn auf und versicherte, die Sache verhalte sich wirk- 
lich so. Er zeigte dann einen Brief vor, der, wie es 
schien, Alexanders Handschrift aufwies und also lautete: 
„Wenn wir mit Gottes Hilfe alles, was wir beabsichtigen, 
ausgeführt haben, so kommen wir zu euch. Sorgt dann 
nur dafür, dass ihr uns eurem Versprechen gemäss in 
die Festung aufnehmen könnt." Als Herodes diesen 
Papierstreifen gesehen hatte, war es für ihn nicht mehr 
zweifelhaft, dass seine Söhne ihm nach dem Leben 
trachteten. Alexander freilich behauptete, der Schreiber 
Diophantus habe seine Handschrift nachgemacht, und der 
Text sei von Antipater in böswilliger Absicht erfunden 
worden. Diophantus war allerdings im Nachahmen von 
Handschriften sehr geschickt und wurde deshalb auch 
in einem anderen Falle überführt und zum Tode ver- 
urteilt. 

5. Alle diejenigen nun, die auf der Folter bekannt 
hatten, liees der König zu Jericho auch öffentlich vor- 
führen , um gegen seine Söhne zu zeugen, und hier warf 
sie die Menge mit Steinen zu Tode. Dasselbe wäre auch 
beinahe Alexander und Aristobulus widerfahren, wenn 
der König es nicht dadurch verhindert hätte, dass er 
Ptolemaeus und Pheroras beauftragte, das Volk zurück- 
zudrängen. Die jungen Leute aber liess er einkerkern 


Sechzehntes Buch, 10. Kapitel. 


421 


und bewachen, den Zutritt zu ihnen verbieten und all 
ihr Thun und Treiben beobachten. So unterschieden sie 
sich in nichts von ehrlosen Verbrechern. Darüber er- 
grimmte Aristobulus derart, dass er sogar seine Tante 
und Schwiegermutter Salome zum Mitleid mit ihrem Un- 
glück und zum Hasse gegen den Urheber desselben zu 
bewegen suchte. „Schwebst nicht auch du“, sagte er, 
„in Lebensgefahr, da du im Rufe stehst, in der Hoff- 
nung auf eheliche Verbindung mit Syllaeus diesem alles 
zu verraten, was hier vorgeht?“ Diese Worte hinter- 
brachte Salome sogleich ihrem Bruder Herodes, der sich 
nun nicht mehr bezwingen konnte, sondern Befehl gab, 
die beiden zu fesseln und sie von einander zu trennen. 
Alsdann sollten sie zu Papier bringen, was sie gegen 
ihren Vater verbrochen hätten. Da sie diesem Befehle 
keinen Widerstand entgegensetzen konnten, schrieben sie, 
sie hätten weder jemals ihrem Vater nach dem Leben 
getrachtet noch auch in dieser Hinsicht irgend etwas 
ins Werk gesetzt. Doch gäben sie zu, dass sie ihre 
Flucht vorbereitet hätten, und zwar aus dem zwin- 
genden Grunde, weil sie das Leben unter steten Ver- 
dächtigungen und Plackereien nicht mehr auszuhalten 
vermöchten. 

6. Um diese Zeit kam aus Kappadocien ein Gesandter 
des Archelaus mit Namen Melas, der zu den Fürsten 
seines Landes gehörte. Da nun Herodes ihm beweisen 
wollte, wie feindselig Archelaus gegen ihn gesinnt sei, 
liess er den Alexander in Fesseln vorführen und befragte 
ihn in betreff der geplanten Flucht, besonders wohin 
und auf welche Weise sie hätten entfliehen wollen. 
Darauf entgegnete Alexander: Zu Archelaus, der ihnen 
versprochen habe, sie von seinem Hofe aus nach Rom 
zu bringen. Gegen ihren Vater aber hätten sie nichts 
Verbrecherisches im Schilde geführt, und an alledem, 
was ihre Gegner ihnen zur Last legten, sei kein wahres 
Wort. Sie wünschten nur, man hätte mitTyrannus und 
dessen Genossen ein eingehenderes Verhör angestellt; 
leider aber seien sie auf Antipaters Anstiften sehr 


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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


schnell umgebracht worden, da dieser seine Anhänger 
unter der Volksmenge verteilt habe. 

7. Auf diese Worte hin befahl Herodes, Melas und 
Alexander zu Glaphyra, der Tochter des Archelaus, zu 
führen und dieselbe zu befragen, ob sie etwas von den 
gegen Herodes geplanten Anschlägen wisse. Als sie 
dort ankamen und Glaphyra den Alexander in Fesseln 
erblickte, zerschlug sie sich das Haupt und brach vor 
grenzenloser Bestürzung in lange, jammervolle Klagen 
aus. Auch dem jungen Manne stürztenjdie Thränen aus 
den Augen, und die Anwesenden wurden von dem An- 
blick so erschüttert, dass sie eine Zeitlang gar nicht 
das, wozu sie gekommen waren , reden oder thun konnten . 
Als endlich Ptolemaeus, der den Alexander hergeführt 
hatte, die Glaphyra fragte, ob sie um die Anschläge 
wisse, sagte Alexander: „Wie sollte sie nicht um alles 
wissen, da sie mir lieber als mein Leben und die Mutter 
meiner Kinder ist?“ Glaphyra aber erklärte, sie wisse 
von keiner Schlechtigkeit; *wenn jedoch Alexanders Wohl 
es verlange, dass sie gegen sich selbst lüge, so wolle sie 
alles gestehen. Alexander erwiderte darauf: „Eine Frevel- 
that, wie sie mir von denen zur Last gelegt wird, die 
am wenigsten Ursache dazu haben, habe ich weder er- 
sonnen, noch weisst du etwas von einer solchen That, 
sondern allein das ist dir bekannt, dass wir zu Archelaus 
und von da nach Rom fliehen wollten.“ Als Glaphyra 
dies bejahte, übergab Herodes, der nun von der bös- 
willigen Gesinnung des Archelaus überzeugt zu sein 
glaubte, dem Olympus und Volumnius Briefe und befahl 
ihnen, auf ihrer Fahrt an der cilicischen Insel Elaeusa 
zu landen und einen von den Briefen dem Archelaus zu 
überreichen. Dann sollten sie sich über seine Teil- 
nahme an den Anschlägen der Prinzen bei ihm be- 
schweren und sogleich geradeswegs nach Rom weiter- 
fahren. Fänden sie dort, dass Nikolaus etwas ausgerichtet 
habe und der Caesar ihm nicht mehr zürne, so sollten 
sie demselben den anderen Brief und die Beweisstücke 
einhändigen, die er gegen die jungen Leute mitschicke. 



Sechzehntes Buch, 10. Kapitel. 


423 


Was nun Archelaus angeht, so reinigte er sich von dem 
Verdachte, indem er zwar zugab, dass er die beiden 
jungen Leute habe aufnehmen wollen, weil das ebenso- 
wohl in ihrem Interesse wie indem ihres Vaters gelegen 
habe, damit dieser in seinem Zorn nicht zu hart bei 
ihrer Bestrafung verführe. Indessen habe er sie nicht 
zum Caesar bringen wollen und ihnen auch keinerlei 
Versprechungen gemacht, die als Beweise einer böswilligen 
Gesinnung gegen Herodes gedeutet werden könnten. 

8. Als die Gesandten nun weiterfuhren und nach 
Rom kamen, hatten sie bald Gelegenheit, dem Caesar 
den Brief zu überreichen, weil sie ihn schon mit Herodes 
versöhnt fanden. Des Nikolaus Gesandtschaft nämlich 
hatte folgendes ausgerichtet. Sobald er in Rom ange- 
langt war und im Palast Zutritt erhalten hatte, glaubte 
er nicht nur das, wozu er gekommen, thun, sondern auch 
den Syllaeus anklagen zu müssen. Bevor er nämlich 
mit den Arabern ins Gespräch gekommen war, hatten 
diese untereinander Streit bekommen, und so schlossen 
sich einige von Syllaeus’ Anhängern an Nikolaus an, 
dem sie alle Schandthaten des Syllaeus mitteilten und 
klare Beweise dafür lieferten, dass er viele Anhänger 
des Obodas habe umbringen lassen. Denn während eines 
Streites war es ihnen gelungen, die Briefe an sich zu 
bringen, durch die sie ihn überführen konnten. Diesen 
günstigen Zufall glaubte Nikolaus für seinen Zweck aus- 
nutzen zu können und trachtete nun eifrig danach, den 
Caesar mit Herodes auszusöhnen. Es stand nämlich für 
ihn fest, dass er kein Gehör finden werde, wenn er des 
Herodes Handlungsweise verteidigen wolle, und dass er 
nur dann auf einen günstigen Erfolg für Herodes rechnen 
dürfe, wenn er Syllaeus anklagen könne. Die Streit- 
sache wurde also anhängig gemacht und der Verhand- 
lungstag festgesetzt, und nun warf Nikolaus in Gegen- 
wart der Gesandten des Aretas unter anderem dem 
Syllaeus vor, dass er seinem Könige und vielen Arabern 
den Untergang bereitet, dass er zum Zwecke der Erregung 
eines Aufruhrs Geld entliehen, dass er sowohl in Rom 



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Josephas’ Jüdische Altertümer. 


wie in Arabien Weiber geschändet und, was die Haupt- 
sache 6ei, dass er den Caesar betrogen habe, indem er 
ihm über Herodes’ Thaten die Unwahrheit berichtet habe. 
Hier unterbrach ihn der Caesar und hiess ihn von Herodes 
nur das eine angeben, ob er nicht mit einem Heere 
nach Arabien gezogen sei, dort zweitausendfünfhundert 
Mann umgebracht und nach Verwüstung des Landes die 
Bewohner in Gefangenschaft geschleppt habe. Nikolaus 
entgegnete, er könne den Beweis liefern, dass diese Be- 
hauptungen teils unwahr seien, teils wenigstens nicht 
ganz der Wahrheit entsprächen, sodass Augustus dem 
Herodes deshalb nicht weiter zürnen könne. Darob er- 
staunte der Caesar und hörte nun desto aufmerksamer 
zu, als Nikolaus von den fünfhundert geliehenen Talenten 
und von der Verschreibung sprach, in welcher bestimmt 
war, dass Herodes nach dem Verfalltage sich aus dem 
ganzen Lande der Araber Pfänder nach Belieben aus- 
wählen könne. Jener Feldzug, sagte er, sei also gar 
kein Kriegszug gewesen, sondern nur die rechtsgiltige 
Eintreibung einer Schuldförderung, und auch diese habe 
Herodes durchaus nicht eilig vollzogen, obgleich der 
Vertrag ihm dazu ein Recht gegeben, sondern erst ins 
Werk gesetzt» nachdem er sich mehrmals an die syrischen 
Statthalter Saturninus und Volumnius gewandt und 
Syllaeus in ihrer Gegenwart zu Berytus beim Glücke des 
Caesars geschworen habe, er werde binnen längstens 
dreissig Tagen das Geld bezahlen und die nach Arabien 
geflohenen Unterthanen des Herodes ausliefern. Weil nun 
Syllaeus keine von diesen Versprechungen gehalten habe, 
sei Herodes abermals bei den Statthaltern vorstellig ge- 
worden, und erst als diese ihm gestattet hätten, die 
Pfänder mit Beschlag zu belegen, habe er sich, wiewohl 
ungern, zu dem Feldzuge nach Arabien entschlossen. 
„Das ist es also,“ fuhr er fort, „was jene Übertreiber 
einen Krieg und einen Feldzug nennen. Wie kann man 
denn diese Geltendmachung des guten Rechtes einen 
Krieg nennen, nachdem deine Statthalter dazu die Er- 
laubnis gegeben und die Bestimmungen eines Vertrages 


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Sechzehntes Buch, 10. Kapitel. 


425 


die Berechtigung dazu klar dargelegt hatten, und nach- 
dem nicht nur die anderen Götter 1 beleidigt waren, 
sondern auch deines Namens Majestät, o Caesar? Ich 
komme nun zu den Beschuldigungen betreffend die Ge- 
fangenen. Räuberische Trachoniter, erst vierzig, später 
mehr, flüchteten sich nach Arabien, um der Bestrafung 
durch Herodes zu entgehen. Diese nahm Syllaeus zum 
Nachteil aller Menschen auf, wies ihnen eine Festung 
als Wohnort an und erhielt dafür seinen Anteil aus der 
bei den Raubzügen gemachten Beute. Auch diese Räuber 
wollte Syllaeus seinem Eidschwur gemäss an demselben 
Tage, an dem er das Geld zurückzahlen sollte, aus- 
liefern. Er kann aber nicht nach weisen, dass ausser 
diesen Räubern auch nur ein einziger Mensch aus Arabien 
weggeführt worden ist. Ja, auch sie wurden nicht einmal 
alle gefangen, sondern nur diejenigen von ihnen, die 
ihren Schlupfwinkel nicht erreichen konnten. Da du 
nun wohl einsiehst, dass das Geschwätz von den Ge- 
fangenen nichts als Verleumdung ist, so bitte ich dich, 
Caesar, du wollest anerkennen, dass die Mittel, welche 
dieser Mensch zur Erregung deines Zornes an wandte, 
ein eitles Lügengewebe sind. Endlich kann ich auch 
beweisen, dass erst nachdem das Araberheer auf unsere 
Truppen eingedrungen und auf Herodes’ Seite bereits 
der eine oder andere gefallen war, Herodes sich ver- 
teidigte, und dass dann erst der Anführer der Araber, 
Nakeb, mit nicht mehr als fünfundzwanzig der Seinigen 
fiel, deren Zahl dieser Mensch mit hundert vervielfältigt 
qat und so von zweitausendfünfhundert Gefangenen 
faselt.“ 

9. Diese Rede verfehlte ihren Eindruck auf den 
Caesar nicht, und er wandte sich voll Zorn an Syllaeus, 
um ihn zu fragen, wie viele Araber gefallen seien. Als 
dieser stockte und eingestand, er müsse falsch berichtet 
sein, wurden der Vertrag, die Briefe der Statthalter und 


1 Den römischen Caesaren wurde, wie bekannt, göttliche Ver- 
ehrung gezollt. 




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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


die Klageschriften der Städte über erlittene Räubereien 
vorgelesen. Zuletzt war der Caesar so überzeugt, dass 
er Syllaeus zum Tode verurteilte und dem Herodes 
seine Gunst wieder zu wandte, indem er über das bittere 
Schreiben, das er infolge der Verleumdungen an ihn 
gerichtet, sein Bedauern ausdrückte und dem Syllaeus 
den Vorwurf machte, er habe ihn durch seine lügnerischen 
Reden veranlasst, die Pflichten der Freundschaft zu 
verletzen. Kurz, Syllaeus wurde heimgeschickt, um 
seine Verpflichtung zu erfüllen, die Schuld zu bezahlen 
und dann seine Strafe zu erleiden. Mit Aretas aber 
konnte der Caesar sich nicht befreunden, weil dieser 
nicht mit seiner Bewilligung, sondern eigenmächtig die 
Herrschaft angetreten habe. Er beschloss daher, dem 
Herodes auch Arabien zu geben, kam aber davon wieder 
ab , als er den Brief des Herodes erhielt. Sobald 
nämlich Olympus und Volumnius vernahmen, dass der 
Caesar wieder versöhnt sei, glaubten sie dem Befehle 
des Herodes gemäss den Brief und die seine Söhne be- 
treffenden Beweisstücke übergeben zu müssen. Nach 
Lesung derselben hielt der Caesar es nicht für geraten, 
einem alternden und mit seinen Söhnen in Zwietracht 
lebenden Manne noch ein zweites Reich anzuweisen, 
sondern er liess nun die Gesandten des Aretas vor, tadelte 
ihnen gegenüber nur, dass ihr Herr übereilt gehandelt 
habe, indem er nicht wartete, bis er in seinem Reiche 
bestätigt sei, nahm dann ihre Geschenke entgegen und 
erkannte den Aretas als König an. 


Elftes Kapitel. 

Wie Herodes mit Bewilligung des Caesars seine Söhne 
beim Gerichtshöfe zu Berytus verklagte und sie dann 

hinrichten liess. 

1. Nachdem der Caesar nun mit Herodes ausgesöhnt 
war, schrieb er an ihn, er bedauere, dass er solche 
Söhne habe, und falls sie sich ein Verbrechen hätten 




Sechzehntes Buch, 11. Kapitel. 


427 


zu schulden kommen lassen, müsse man gegen sie wie 
gegen Vatermörder einschreiten , wozu er ihm hiermit 
die Vollmacht gebe. Wenn sie aber nur die Flucht 
vorgehabt hätten , müsse man sie auf mildere Art 
zurechtweisen und es nicht zum äussersten kommen 
lassen. Übrigens rate er ihm, wegen der Angelegenheit 
einen Gerichtstag nach Berytus, wo auch Römer lebten, 
anzusagen , die Statthalter , den Kappadocierkönig 
Archelaus sowie alle übrigen, die er liebe und achte, 
dorthin zu entbieten und nach deren Entscheidung das 
Urteil zu fallen. So der Caesar. Als Herodes diesen 
Brief erhielt, war er hocherfreut, einmal wegen der 
wiedergewonnenen Gunst des Caesars, und dann auch, 
weil ihm jetzt die Macht gegeben war, gegen seine 
Söhne nach Belieben einzuschreiten. Ich kann mir nun 
nicht erklären, wie auf einmal, nachdem sein früheres 
Unglück ihn zu einem zwar hartherzigen, aber doch 
nicht grausamen und auf den Untergang seiner Söhne 
bedachten Vater gemacht hatte, der unerwartete Glücks- 
wechsel und die wiedergewonnene Zuversicht seinen Hass 
-so gewaltig entfachte. Er entbot sonach alle, die ihm 
gefielen, zu dem Gerichtstermin, jedoch nicht den 
Archelaus, teils weil er ihn wegen seiner vermeintlichön 
Feindseligkeit nicht dabei haben wollte, teils weil er 
fürchtete, er möchte sich seinem Willen widersetzen. 

2. Als nun die Statthalter sowie die sämtlichen aus 
den Städten zur Teilnahme an der Gerichtssitzung be- 
rufenen Personen in Berytus zusammengekoramen waren, 
liess Herodes seine Söhne, die er nicht vor die Schranken 
führen lassen wollte, in dem nahe bei der Stadt ge- 
legenen sidonischen Dorfe Platana unterbringen, um 
sie, wenn nötig, vor Gericht schaffen zu lassen. Er 
selbst kam ohne Begleitung in den Gerichtssaal und 
führte nun vor hundertfünfzig Beisitzern eine Klage, 
die zur Abwehr unvermeidlichen Unheils wohl am Platze 
gewesen wäre, hier aber den Vater entehrte, der seine 
Söhne beschuldigte. Er benahm sich nämlich ausser- 
ordentlich aufgeregt, führte den Beweis unter stürmischen 



428 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Gestikulationen und legte die Anzeichen der höchsten 
Wut und Grausamkeit an den Tag. Den Beisitzern 
gestattete er gar nicht, die Beweismittel zu prüfen, 
sondern verteidigte selbst deren Giltigkeit in einer 
Weise, die dem Vater seinen Söhnen gegenüber recht 
schlecht anstand, und las die von letzteren verfassten 
Schriftstücke vor, in denen keineswegs von Nach- 
stellungen oder einem geplanten Verbrechen, sondern 
nur von der beabsichtigten Flucht und einigen durch 
des Herodes Strenge veranlassten Schmähungen die 
Rede war. Wenn er an solche Stellen kam, schrie er 
noch lauter, suchte jedes Wort auf die vermeintliche 
Verschwörung zu deuten und schwur, er wolle lieber 
sein Leben verlieren, als so etwas noch länger ertragen. 
Schliesslich erklärte er, dass er sowohl nach natürlichem 
Rechte wie infolge der Bewilligung des Caesars alle 
Macht in Händen habe, und fügte hinzu, ein Gesetz 
seines Landes schreibe vor, dass, wenn die Eltern einem 
angeklagten Sohne die Hand aufs Haupt legten, alle 
Umstehenden denselben mit Steinwürfen töten müssten. 
Obgleich er nun seiner väterlichen und königlichen Ge- 
walt gemäss handeln könne, so wolle er doch die Ent- 
scheidung des Gerichtshofes abwarten. Die Mitglieder 
desselben seien zwar nicht eigentlich als Richter über 
eine so offenbare Bosheit, der er beinahe erlegen wäre, 
gekommen, sondern nur, um Zeugen seines gerechten 
Zornes zu sein, da solche Anschläge niemand, auch 
keinem Fremden, gleichgiltig bleiben könnten. 

3. Als der König so geredet hatte und die jungen 
Leute noch nicht einmal zu ihrer Verteidigung vor- 
geführt worden waren , erkannten die Beisitzer wohl, 
dass er zu sehr erzürnt sei, um an Milderung seines 
Grolles und Versöhnung denken zu können , und so 
gaben sie ihm das Recht, seine Macht auszuüben. Zu- 
nächst aber sprach Saturninus, ein ehemaliger Konsul, 
der grosses Ansehen genoss, seine Meinung in sehr ge- 
mässigtem Sinne aus. Er erklärte nämlich , er halte 
des Herodes Söhne wohl für schuldig, wolle jedoch nicht 


Go gle 



Sechzehntes Buch, 1 1 . Kapitel. 


429 


für die Todesstrafe stimmen, weil er selbst Sohne habe 
und die Strafe im Hinblick auf das, was der König 
von ihnen erlitten, zu schwer sei. Dieselbe Meinung 
äusserten auch die drei Söhne des Saturninus, die er 
als Legaten bei sich hatte. Volumnius dagegen meinte, 
solche Verbrechen gegen den eignen Vater verdienten 
unbedingt die Todesstrafe. In gleicher Weise stimmten 
dann auch der Reihe nach die meisten anderen, sodass 
die Verurteilung der jungen Leute zum Tode sicher er- 
schien. Bald darauf reiste Herodes mit seinen Söhnen 
nach Tyrus ab und fragte den inzwischen aus Rom 
zurückgekehrten Nikolaus , nachdem er ihm die in 
Berytus stattgehabten Verhandlungen erzählt hatte, was 
seine Freunde zu Rom über die beiden jungen Leute 
dächten. Nikolaus entgegnete, sie hegten die Meinung, 
dass zwar die Anschläge seiner Söhne fluchwürdige Ver- 
brechen seien, dass es jedoch vorläufig genüge, die beiden 
in strengem Gewahrsam zu halten. Scheine ihm dann 
später eine strengere Strafe erforderlich, so könne er 
sie immer noch mit dem Tode bestrafen, damit er nicht 
den Eindruck erzeuge, als folge er mehr der Stimme 
seines Jähzorns wie der seiner Vernunft. Wenn er 
jedoch ein milderes Verfahren gegen sie einschlagen 
wolle, so möge er sie freilassen, um nicht namenloses 
Unheil heraufzubeschwören. Das sei die Ansicht der 
meisten Freunde des Königs zu Rom. Herodes ver- 
harrte nun eine Zeitlang in tiefem Nachdenken und 
hiess dann den Nikolaus ihn begleiten. 

4. Sobald er nach Caesarea kam, sprach man dort 
überall von den jungen Leuten, und das ganze Reich 
war in Spannung, welche Wendung ihr Geschick wohl 
nehmen würde. Allseitig nämlich herrschte die Furcht, 
es möchte ihnen bei dem eingewurzelten Familienstreit 
der Tod drohen , und so empfand man überall das 
grösste Mitleid mit ihrem Lose. Dennoch durfte niemand 
ein unbesonnenes Wort sich entschlüpfen lassen, sondern 
jeder musste sein Mitgefühl in sich verschliessen und 
ein so schmerzliches Geschick zwar bekümmert, aber 



430 Josephus’ Jüdische Altertümer. 

• 

schweigend mitertragen. Nur ein früherer Soldat des 
Königs, Teron mit Namen, der einen mit Alexander be- 
freundeten und gleich alterigen Sohn hatte, wagte frei 
heraus zu sagen , was die anderen still verschwiegen, 
und konnte sich nicht enthalten, zu wiederholten Malen 
öffentlich auszurufen, die Wahrheit sei untergegangen 
und das Recht von den Menschen gewichen , während 
Lüge und Bosheit triumphierten und alles derartig in 
Dunkel gehüllt sei, dass die Frevler nicht einmal das 
grösste Unheil zu erkennen vermöchten, das einem Menschen 
zustossen könne. Diese Freimütigkeit gefährdete nun 
zwar sein Leben aufs höchste, veranlasste aber auch 
bei allen billig Denkenden das Geständnis, dass er einen 
für die traurigen Zeiten bemerkenswerten Mut an den 
Tag lege. Deshalb hörten auch alle das, was er sagte, 
mit innerer Befriedigung an, und obgleich ihr eignes 
Interesse ihnen Stillschweigen zur Pflicht machte, konnten 
sie doch seiner Unerschrockenheit ihren Beifall nicht 
versagen. Denn die Aussicht auf ein so trauriges Ge- 
schick musste ja jedem einzelnen derartige Worte auf 
die Zunge legen. 

5. Mutig, wie er war, begab sich Teron auch zum 
Könige selbst und begehrte mit ihm unter vier Augen 
zu reden. Als ihm dies gestattet wurde, sprach er: 
„Ich vermag, o König, diese Seelenqual nicht länger zu 
ertragen und muss daher selbst auf die Gefahr hin, 
mein Leben zu verlieren, freimütig mit dir sprechen, 
woraus du übrigens, wenn du auf dein Interesse bedacht 
bist, nur Nutzen ziehen kannst. Bist du überhaupt noch 
bei Sinnen? Und wo ist jener ausgezeichnete Geist, 
mit dem du so Grosses vollbracht hast, wo sind deine 
Freunde und Verwandten geblieben? Aber wären sie 
auch zugegen — ich kann doch diejenigen nicht als 
deine Verwandten und Freunde betrachten, die zu einer 
solchen Frevelthat in diesem einst so glücklichen Reiche 
ihre Zustimmung geben. Willst du denn nicht einsehen, 
was du eigentlich zu thun vorhast ? Zwei mit allen 
Vorzügen geschmückte junge Leute, welche eine aus 


Go gle 



Sechzehntes Buch, 11. Kapitel. 


481 


königlichem Geschlecht stammende Gattin dir geboren, 
willst du morden und dich im Alter dem einen Sohne, 
der die auf ihn gesetzte Hoffnung schlecht rechtfertigen 
wird, und deinen Verwandten, die du selbst schon so 
oft zum Tode verurteilt hast, an vertrauen? Denkst du 
denn nicht daran, dass das Volk, wenn es auch schweigt, 
doch deine That sieht und deinen Frevel verabscheut, 
und dass das ganze Heer, besonders aber die Anführer, 
die Unglücklichen bemitleiden und den Urheber ihres 
Unglückes hassen?“ Anfangs hörte der König diese 
Vorstellungen gelassen an ; als aber Teron so offen von 
seinem Frevel und der Treulosigkeit seiner Angehörigen 
sprach, geriet er in Erregung. Teron indes nahm hierauf 
nicht die geringste Rücksicht und liess sich schliesslich 
von seiner soldatischen Freimütigkeit so weit hinreissen, 
dass Herodes wütend wurde und seine Worte nicht für 
gut gemeinte Ratschläge, sondern für grobe Schmähungen 
hielt. Als er daher von dem Unwillen der Soldaten 
und der Entrüstung ihrer Anführer hörte, befahl er 
sogleich, alle die, welche Teron genannt hatte, sowie 
auch ihn selbst in Gewahrsam zu bringen. 

6. Diese Gelegenheit benutzte ein gewisser Tryphon, 
der Barbier des Königs , um diesem zu melden , Teron 
habe ihn oft überreden wollen, den König mit dem 
Schermesser zu töten, denn dadurch werde er Alexanders 
Gunst erlangen und sich reichen Lohn sichern. Als er 
so gesprochen , liess der König ihn festnehmen und 
nebst Teron und dessen Sohn peinlich befragen. Teron 
blieb trotz seiner Leiden standhaft. Als aber sein Sohn 
ihn so übel zugerichtet sah, dass man an seinem Auf- 
kommen verzweifeln musste , und aus seinen Qualen 
entnehmen konnte, was ihm selbst bevorstand, versprach 
er dem Könige, er wolle die Wahrheit bekennen , wenn 
ihm die Zusicherung gegeben würde, dass man bei ihm 
und seinem Vater von weiteren Folterqualen absehen 
wolle. Der König gab ihm sein Wort darauf, und nun 
sagte er, es sei beschlossen gewesen, dass Teron Hand 
an den König lege, weil dieser ihn unter vier Augen 



482 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


leicht hätte bewältigen können und damit auch noch 
Alexanders Gunst errungen haben würde. Durch diese 
Aussage befreite er seinen Vater von der Folterung; 
doch weiss man nicht, ob er in der That die Wahrheit 
gesagt oder bloss deshalb so gesprochen hat, um sich 
und seinem Vater die Qualen zu ersparen. 

7. Hatte nun Herodes früher wenigstens noch in 
etwa gezögert, seine Söhne umbringen zu lassen, so war 
jetzt jedes Bedenken aus seiner Seele verbannt, und 
ohne noch einer besseren Regung Raum zu geben, eilte 
er, sein Vorhaben auszuführen. Zunächst jedoch liess 
er dreihundert verdächtige Offiziere, Teron und seinen 
Sohn sowie deren Angeber Tryphon in öffentlicher Ver- 
sammlung richten, und das Volk warf sie mit allem, 
was ihm gerade in die Hände kam, zu Tode. Hierauf 
wurden Alexander und Aristobulus nach Sebaste ge- 
führt und dort auf Befehl ihres Vaters erdrosselt. Ihre 
Leiber aber brachte man in der Nacht nach Alexandrium, 
wo ihr Oheim von mütterlicher Seite und viele ihrer 
Vorfahren begraben lagen. 

8. Nun könnte es manchem wohl nicht besonders 
auffallend erscheinen, dass der eingewurzelte Hass des 
Königs sich also steigerte und schliesslich dahin gelangte, 
dass er jede Regung der Natur erstickte. Mit Recht aber 
muss daran gezw eifeit werden, dass die jungen Leute 
ihrem Vater einen stichhaltigen Grund zum Zorn gegeben 
und ihn durch ihre Bosheit zu unversöhnlichem Hasse 
getrieben hätten. War etwa Herodes so hart, grausam 
und herrschsüchtig, dass er niemand neben sich dulden 
und nur seinen eignen Willen durchsetzen wollte? 
Oder hat das Schicksal, welches mächtiger ist als die 
weiseste Überlegung, hier seinen Einfluss gezeigt? 
Müssen wir doch annehmen , dass die menschlichen 
Handlungen durch eine gewisse Notwendigkeit vorher- 
bestimmt werden, welche wir das Schicksal nennen, weil 
nichts geschieht, das nicht durch sie bewirkt worden 
wäre. Es dürfte, glaube ich, hinreichen, diese Ansicht 
als verschieden von der zu bezeichnen, die uns selbst 


Go gle 



Sechzehntes Buch, 11. Kapitel. 


433 


einen Einfluss zuschreibt und jeden für seine eigne 
Schlechtigkeit büssen lässt, wie dies auch schon vor uns 
das Gesetz bestimmt hat. Es giebt aber noch zwei 
andere Ursachen, aus denen man den Söhnen des 
Herodes vielleicht einen Vorwurf machen könnte, nämlich 
ihre jugendliche Überhebung und ihr Pochen auf die 
königliche Abstammung. Diese beiden Fehler verleiteten 
sie dazu, den gegen ihren Vater gerichteten Ver- 
leumdungen ihr Ohr zu leihen, seine Handlungen und 
seinen Lebenswandel ungerecht zu beurteilen und immer 
das Schlimmste anzunehmen. Auch wussten sie ihre 
Zunge nicht im Zaum zu halten und gaben dadurch 
ihren Gegnern und denen, die sie beobachteten, will- 
kommenen Anlass, sie bei Herodes anzuschwärzen. 
Gleichwohl konnte ihr Vater keine stichhaltige Ent- 
schuldigung für seine Grausamkeit beibringen, da er, 
ohne sich einen sicheren Beweis von ihrer Schuld zu 
verschaffen, es über sich brachte, seine eignen Kinder 
zu morden, Menschen von äusserster Wohlgestalt, die 
noch dazu in den Wissenschaften und Künsten wohl- 
bewandert waren, mochte es sich nun um Jagd, Kriegs- 
wesen oder wissenschaftliche Unterredung handeln, und 
die sich auch allgemeiner Beliebtheit erfreuten. In allen 
diesen Fertigkeiten nämlich zeichneten sich die beiden 
und besonders Alexander in hohem Masse aus. Wollte 
Herodes sie nun einmal verurteilen, so wäre es sicher 
genug gewesen , sie ira Gefängnis zu halten oder aus 
dem Reiche zu verbannen, besonders da die römische 
Oberhoheit ihm hinreichenden Schutz gewährte, sodass 
er einen plötzlichen Überfall oder offene Gewalttätig- 
keit wohl nicht zu fürchten brauchte. Sie aber so 
schnell und aus unbezwinglicher Leidenschaft zu morden, 
was war das anders als ein Beweis anmassender Grau- 
samkeit, zumal da Herodes die That beging, als er 
schon in vorgerücktem Alter stand? Man kann ihn 
auch nicht einmal damit entschuldigen, dass er mit der 
Hinrichtung gezögert oder dieselbe aufgeschoben habe. 
Denn dass jemand in der ersten Aufwallung sich zu 

JoB6phus’ Jüdische Altertümer, II. 28 

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434 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


grauaamen Handlungen hinreissen lässt, ist wohl 
schrecklich, doch immerhin erklärlich. Wenn aber nach 
reiflicher Überlegung und nach öfterem Vorgehen und 
Einhalten endlich eine solche Frevelthat doch begangen 
wird, so kann das nicht anders denn als Zeichen eines 
blutdürstigen und durchaus verrohten Gemütes gedeutet 
werden. Das bewies Herodes auch in der Folgezeit, 
indem er selbst derer nicht schonte, die ihm am teuersten 
waren, und wenn diese letzteren auch weniger Mitleid 
verdienten, weil sie ihren Untergang selbst verschuldeten, 
so war es doch jedenfalls von Herodes’ Seite dieselbe 
Grausamkeit, auch sie umbringen zu lassen. Doch hier- 
von später. 


Go gle 




Siebzehntes Buch 


Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 14 Jahren. 

Inhalt. 

1. Wie Antipater beim ganzen Volke wegen der Ermordung seiner 

Brüder verhasst wurde, und wie er aus diesem Grunde seine 
Gönner zu Rom sowie Saturninus, den Landpfleger von Syrien, 
und dessen Beamte durch reiche Geldspenden für sich zu ge- 
winnen trachtete. 

2. Wie der König Herodes in der Ueberzeugung, dass die Provinz 

Trachonitis wegen der häufigen Einfälle der Araber nicht zu 
ruhiger Entwicklung gelangen könne, den Juden Zamaris, 
welcher Babylon verlassen und sich in Antiochia angesiedelt 
hatte, zu sich entbot, ihm in Trachonitis einen Wohnort an- 
wies und sich seiner zur Abwehr der Araber bediente. 

3. Wie Antipater, als Herodes die Söhne Alexanders und Aristo- 

bulus’ an Kindesstatt angenommen und mit des Pheroras 
Töchtern verlobt hatte , den Vater beredete , die Jungfrauen 
• mit seinen (Antipaters) Söhnen zu verloben, und wie er dann 
dem Pheroras schmeichelte, um sich seiner zu Anschlägen 
gegen Herodes zu bedienen. Wie Salome, des Königs 
Schwester, die Anschläge entdeckte und'heimlich ihren Bruder 
verriet. Wie darauf Herodes dem Antipater untersagte, 
Pheroras zu besuchen oder ihm irgend ein Geheimnis an- 
zuvertrauen, und wie Antipater diesen Befehl zwar nicht 
öffentlich , aber doch insgeheim Ubertrat , was sogleich zur 
Kenntnis des Königs gelangte. 

4 . Wie Antipater an seine Freunde in Rom schrieb , sie möchten 

seinen Vater bewegen , ihn mit vielem Gelde nach Rom zum 
Caesar zu schicken, was Herodes auch that. 

5. Wie Antipater den Pheroras beredete, seinen Vater Herodes zu 

vergiften, und ihm selbst das Gift gab. Wie Herodes seinem 
Bruder Pheroras befahl , entweder seine Gattin zu verstossen 
oder das Reich zu verlassen , und wie dieser das letztere 
wählte, sich in seine Tetrarchie zurückzog und dort nicht 
lange nachher starb. 


Go gle 


28 * 



436 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


6. Des Pheroras Witwe wird von dessen Freigelassenen beschuldigt, 

ihren Mann vergiftet zu haben. Berodes findet bei der Unter- 
suchung das Gift, welches ihm von seinem Sohne Antipater 
zugedacht war, und erfahrt durch Anwendung der Folter 
Anti paters Ränke. 

7. Antipater kehrt aus Rom zu seinem Vater zurück , wird von 

Nikolaus aus Damaskus angeklagt, von seinem Vater zum 
Tode verurteilt und von Quintilius Varus, dem damaligen 
Statthalter von Syrien, bis zur Aburteilung durch den Caesar 
ins Gefängnis gesetzt. 

8. Herodes schickt eine Gesandtschaft an den Caesar in betreff 

Antipaters. Wie der Caesar nach Anhörung der Klage den 
Antipater zum Tode verurteilte, 

9. Von des Herodes Krankheit und dem dadurch verursachten 

Aufruhr. Wie die Empörer gezüchtigt wurden. 

10. Wie Antipater in dem Glauben , Herodes sei gestorben , seinen 

Wächter bereden wollte, ihn freizulassen, und wie er infolge- 
dessen auf Befehl seines Vaters hingerichtet wurde. 

11. Des Herodes Tod. Was er in seinem Testament dem Caesar 

vermachte. Teilung des Reiches unter seine drei Söhne. 
Archelaus zum König von Judaea ernannt. 

12. Des Herodes Botschaft an das Heer; seine Freigebigkeit gegen 

die Soldaten. 

18. Bestattung des Herodes in der Festung Herodium. Wie das 
Volk gegen seinen Sohn Archelaus an einem Feste sich em- 
pörte. Wie Archelaus* dreitausend der Empörer niedermachen 
liess und mit seinem Bruder Herodes nach Rom zum Caesar 
reiste unter Bestellung seines Bruders Philippus zum Reichs- 
verweser. 

14. Wie Sabinus, der Statthalter des Caesars in Syrien, gege^ Je- 

rusalem zog und unter Androhung von Gewalt von des 
Archelaus Beamten die Auslieferung der Schätze des Herodes 
sowie die Uebergabe der Festungen forderte. Wie des 
Archelaus Beamten das Volk veranlassten , zu den Waffen 
zu greifen und den Sabinus samt seiner Streitmacht in der 
Antonia zu belagern, und wie Varus, als er davon Kunde 
erhielt, mit grosser Macht heranrückte, den Sabinus entsetzte, 
die Urheber des Aufstandes bestrafte, in Judaea Ordnung 
schaffte und dem Caesar schriftlichen Bericht sandte. 

15. Wie der Caesar des Herodes Testament bestätigte und seihen 

Söhnen das Recht der Nachfolge zuerkannte. Vom falschen 
Alexander. 

16. Wie Archelaus von seinen Verwandten beim Caesar verklagt 

wurde , aber obsiegte und in der Königsfrürde bestätigt 
wurde. Wie er nach zehnjähriger elender Regierung aber- 
mals verklagt und nach Vienna verbannt wurde, und wie der 
Caesar sein Reich in eine Provinz verwandelte. 




Siebzehntes Buch, 1. Kapitel. 


437 


Erstes Kapitel. 

Antipaters Lage nach dem Tode seiner Brüder. Von den 
Gattinnen und Kindern des Herodes. 

1. Nachdem Antipater seine Brüder aus dem Wege 
geräumt und seinen Vater erst zu unerhörter Grausam- 
keit gereizt, dann aber in Gewissensqualen betreffs der 
Hinrichtung gestürzt hatte, war trotzdem von der Zu- 
kunft nicht viel für ihn zu erwarten. Obwohl er näm- 
lich jetzt von der Furcht wegen der Mitbewerbung seiner 
Brüder um die Herrschaft befreit war, merkte er doch, 
dass ihm die Erlangung derselben noch viele Schwierig- 
keiten bereiten würde, weil das Volk einen so tief ein- 
gewurzelten Hass gegen ihn bewies. War ihm nun das 
allein schon drückend genug, so flösste ihm erst recht 
grosse Besorgnis das Heer ein, das sich ihm ganz und 
gar feindlich gesinnt zeigte, während doch die Sicherheit 
eines Herrschers, falls das Volk Empörung brütet, von 
der Treue seiner Soldaten abhängt. In solche Gefahren 
versetzte also den Antipater der Tod seiner Brüder. 
Trotzdem regierte* er in Gemeinschaft mit seinem Vater 
und unterschied sich in der That bereits gar nicht von 
einem wirklichen König. Er fand jetzt bei Herodes um 
so grösseres Zutrauen, als seine Handlungsweise, die 
eigentlich den Tod verdient hatte, ihn noch in der 
Gunst des Königs befestigte, gerade als wenn er nur 
der Sicherheit des Herodes halber und nicht aus Hass 
gegen ihn und seine Söhne die Anklage gegen die 
letzteren erhoben hätte. Das alles versetzte ihn in Auf- 
regung, besonders da es ihm schien, als biete sich die 
Möglichkeit, den Herodes aus dem Wege zu räumen. 
Hierdurch glaubte er verhindern zu können, dass jemand 
ihn wegen seiner Handlungen zur Rechenschaft zöge; 
auch wollte er es unmöglich machen, dass Herodes eine 
Zufluchtsstätte oder Hilfe fände, falls er selbst offen als 
Feind gegen seinen Vater auftreten würde. Hass gegen 
Herodes war es, der ihn zur Verfolgung seiner Brüder 




438 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


getrieben hatte, und derselbe Hass stachelte ihn auch 
jetzt auf, das angefangene Werk zu vollenden. Des 
Herodes Tod, überlegte er, müsse ihm die Herrschaft 
sichern, ein längeres Leben desselben aber die Gefahr 
heraufbeschwören, dass er, falls seine Intriguen an den 
Tag kämen, an ihm einen erbitterten Feind hatte. Aus 
diesem Grunde scheute er keine Kosten, um die Freunde 
seines Vaters für sich zu gewinnen; ferner suchte er 
durch grosse Spenden die Abneigung des Volkes zu be- 
seitigen und insbesondere die Freunde in Rom sowie 
den syrischen Statthalter Saturninus durch Übersendung 
reicher Geschenke auf seine Seite zu bringen. Auch 
hoffte er den Bruder des Saturninus sowie die Schwester 
des Königs, die einen von dessen vertrautesten Freunden 
geheiratet hatte, durch Geschenke sich geneigt zu 
machen. Er war übrigens ein Meister in der Ver- 
stellungskunst, wusste sich dadurch das volle Zutrauen 
derer, die mit ihm verkehrten, zu erwerben, und verstand 
es nicht minder, seinen Hass gegen die, welche er damit 
traf, schlau zu verbergen. Doch gelang es ihm nicht, 
seine Tante zu täuschen , die ihn schon von früher her 
genugsam kannte und alle Mittel in Bereitschaft hatte, 
um seiner Bosheit gehörig begegnen zu können. Aller- 
dings batte Antipaters Oheim mütterlicher Seite die 
Tochter der Salome geheiratet, welche früher mitAristo- 
bulus vermählt gewesen war, und zwar durch Ver- 
mittlung Antipaters, während die andere Tochter mit 
Kallias, dem Sohne ihres jetzigen Gatten, vermählt war. 
Aber diese Verwandtschaft konnte es nicht verhindern, 
dass seine Bosheit durchschaut wurde, wie auch jene 
frühere Verwandtschaft den Hass gegen ihn nicht aus- 
zutilgen vermocht hatte. Herodes hatte seine Schwester 
Salome, die gern mit dem Araber Syllaeus in eheliche 
Verbindung getreten wäre, zur Heirat mit Alexas ge- 
nötigt, wobei ihm die Gattin des Caesars Hilfe geleistet 
hatte, indem sie Salome riet, sich diesem Vorhaben 
nicht zu widersetzen, damit sie keinen offenen Bruch 
mit Herodes veranlasse. Denn Herodes habe geschworen. 


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Siebzehntes Buch, 1 . Kapitel, 


439 


er werde ihr [nie wieder zugethan sein, wenn sie sich 
nicht mit Alexas vermählen wolle. Salome folgte dem 
Kate der Julia, einmal weil dieselbe des Caesars Gattin 
war, dann aber auch, weil sie diese Verbindung für vor- 
teilhaft hielt. Um diese iZeit schickte Herodes die 
Tochter des Archelaus, Alexanders Witwe, zu ihrem 
Vater zurück und ersetzte ihr aus seinen Mitteln die 
Aussteuer, um keinen Streit hervorzurufen. 

2. Die Kinder seiner Söhne liess Herodes übrigens 
mit grosser Sorgfalt erziehen. Alexander nämlich hatte 
von Glaphyra zwei Söhne, und Aristobulus von Bere- 
nike, der Tochter Salomes, drei Söhne und zwei Töchter 
erhalten. Wenn nun seine Freunde gerade bei ihm 
waren, stellte er ihnen manchmal die Kinder vor, be- 
klagte das 2 Geschick seiner Söhne und drückte den 
Wunsch aus, seine Enkel möchten doch vor dem 
gleichen Schicksal bewahrt bleiben, vielmehr tugendhaft 
und liebevoll ihm die Sorgfalt vergelten, die er auf ihre 
Erziehung verwende. Als sie das gehörige Alter er- 
reicht hatten , verlobte er dem älteren Sohne des 
Alexander eine Tochter des Pheroras, einem Sohne des 
Aristobulus aber eine Tochter! Antipaters, ferner von 
Aristobulus’ Töchtern die eine mit einem Sohne des 
Antipater und die andere mit seinem eignen Sohne 
Herodes, den ihm die Tochter des Hohepriester i geboren 
hatte. Es ist nämlich bei uns Sitte, dass ein Mann 
gleichzeitig mehrere Gattinnen hat. Diese Verlobungen 
schloss der König aus Mitleid mit [den Waisen und in 
der Absicht, ihnen dadurch Antipaters Liebe zuzuwenden. 
Antipater aber bewies den Kindern dieselbe feindselige 
Gesinnung, welche er gegen seine Brüder gehegt hatte, 
und die Zuneigung seines Vaters zu denselben reizte 
ihn nur noch mehr auf. Denn er war überzeugt, dass 
sie mächtiger als seine Brüder werden würden, besonders 
da, wenn sie erwachsen wären, Archelaus seinen könig- 
lichen Einfluss zu gunsten seiner Enkel aufbieten und 
Pheroras, welcher Tetrarch war, die eine der beiden ver- 
waisten Jungfrauen wohl als Schwiegertochter annehmen 


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440 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


würde. Am meisten aber ärgerte es ihn, dass das Volk 
aus Mitleid mit den Waisen und aus Hass gegen ihn 
jede Gelegenheit benutzte, um die Bosheit, mit der er 
seine Brüder verfolgt hatte, in helles Licht zu rücken. 
Er versuchte daher, seinen Vater zur Zurücknahme der 
getroffenen Anordnungen zu bewegen, indem er es ihm 
als gefährlich hinstellte, dass er’ die Waisen durch An- 
knüpfung jener verwandtschaftlichen Beziehungen so 
mächtig werden lassen wolle. Herodes gab endlich 
seinen Bitten nach und bestimmte, dass Antipater die 
Tochter des AriBtobulus und Antipaters Bohn die Tochter 
des Pheroras heiraten solle. In dieser Weise änderten 
sich also die Verlobungen sehr gegen den Willen des 
Königs. 

3. Herodes selbst hatte um diese Zeit neun Gattinnen : 
Zunächst Antipaters Mutter, dann die Tochter des Hohe- 
priesters, von der er einen Bohn seines Namens erhalten 
hatte; weiter die eine Tochter seines Bruders und die 
Tochter seiner Schwester, die beide keine Kinder hatten ; 
sodann eine Samariterin, die ihm zwei Söhne, Antipas 
und Archelaus, sowie eine Tochter Olympias gebar. 
Letztere heiratete später Joseph, den Bruderssohn des 
Königs. Archelaus und Antipas wurden zu Rom bei 
einem Privatmann erzogen. Eine weitere Frau des He- 
rodes war Kleopatra aus Jerusalem, die Mutter von 
Herodes und Philippus, welch letzterer ebenfalls zu Rom 
erzogen wurde. Alsdann kam Pallas, die ihm einen 
Bohn Phasael gebar, und ausserdem hatte er noch zwei 
Frauen Namens Phaedra und Elpis geheiratet, von denen 
er zwei Töchter, Roxane und Salome, erhielt. Von seinen 
beiden älteren Töchtern, den rechten Schwestern seines 
Sohnes Alexander, deren Hand Pheroras ausgeschlagen 
hatte, vermählte er die eine mit seinem Schwestersohn 
Antipater, die andere mit seinem Bruderssohn Phasael. 
Das war des Herodes Familie. 



Siebzehntes Bach, 2. Kapitel. 


441 


Zweites Kapitel. 

Von dem babylonischen Juden Zamaris. Weitere 

Ränke Antipaters gegen Herodes. Einiges von den 

Pharisäern. 

1. Um diese Zeit beschloss Herodes, um sich vor 
den Trachonitern Ruhe zu verschaffen, inmitten ihres 
Landes einen Flecken für die Juden anzulegen, der an 
Grösse einer Stadt nichts nachgeben sollte, und dadurch 
nicht nur sein eignes Land gegen Einfalle zu sichern, 
sondern sich auch einen Stützpunkt zu schaffen, von 
dem aus er den Feind, wenn nötig, überfallen könnte. 
Da er nun in Erfahrung gebracht hatte, ein Jude aus 
Babylonien habe mit fünfhundert berittenen Bogen- 
schützen und gegen hundert seiner Verwandten den 
Euphrat überschritten, sich zu Antiochia in der Nähe 
der syrischen Stadt Daphne niedergelassen und von dem 
damaligen syrischen Statthalter Saturninus einen Wohn- 
platz, Valatha genannt, angewiesen erhalten, liess er 
denselben nebst seinen Begleitern zu sich kommen und 
versprach ihm, um seine Feinde wirksam abwehren zu 
können, einen Landstrich in dem an Trachonitis 
grenzenden Bezirk Batanaea. Diesen Landstrich wollte 
er von allen Abgaben befreien und ihm denselben ohne 
die sonst üblichen Entschädigungen zur steuerfreien Be- 
bauung überlassen. 

2. Durch diese Versprechungen liess sich der Baby- 
lonier bewegen, nahm den Landstrich in Besitz und er- 
baute in demselben einige Kastelle sowie einen Flecken, 
dem er den Namen Bathyra gab. Wirklich diente 
auch dieser Mann sowohl den Einwohnern des Landes 
zum Schutz, als den Juden, die aus Babylonien 
nach Jerusalem behufs Darbringung von Opfern kamen, 
zur Sicherung gegen räuberische Überfalle der Tracho- 
niter. Da nun in der Folge sich viele an ihn an- 
schlossen und namentlich solche, die treu am jüdischen 
Gesetz hingen, w 7 urde die Gegend bald sehr bevölkert, 


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442 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zumal sie ausser Sicherheit auch noch völlige Steuer- 
freiheit gewährte, wenigstens zu Lebzeiten des Herodes. 
Sein Sohn und Nachfolger Philippus erhob für kurze 
Zeit unbedeutende Abgaben, während Agrippa der Grosse 
und dessen gleichnamiger Sohn den Landstrich hart be- 
drückten, ohne ihm jedoch etwas von seinen Freiheiten 
zu nehmen. Als die Römer zur Herrschaft gelangt 
waren , Hessen sie den Bewohnern zwar auch ihre 
sonstigen Rechte, legten ihnen aber ungeheure Steuern 
auf, worüber ich an gehörigem Orte noch ausführlicher 
sprechen werde. 

3. Als Zamaris (so hiess der Babylonier) nach einem 
Leben voll Ruhm starb, hinterliess er ausgezeichnete 
Söhne, unter anderen auch den Jakim, der durch seine 
Tapferkeit berühmt wurde und seine Babylonier vor- 
nehmlich im Reiterdienst auebildete, sodass die genannten 
Könige stets eine Abteilung von ihnen als Leibwache 
hielten. Als Jakim in hohem Alter starb, folgte ihm 
sein Sohn Philippus, ein wegen seiner Thatkraft und 
sonstigen Tüchtigkeit ganz besonders erwähnenswerter 
Fürst. Deshalb erwies ihm der König Agrippa treue 
Freundschaft und beständiges Wohlwollen, und so viele 
Soldaten der König auch halten mochte, Philippus 
musste dieselben stets im Kriegsdienst unterweisen und 
sie bei allen Feldzügen anführen. 

4. Um aber wieder zu Herodes zurückzukehren, so 
war die Lage an seinem Hofe die, dass Antipater alle 
Macht in Händen hatte, und zwar mit Bewilligung 
des Königs, der auf seine Anhänglichkeit und Treue 
baute. Da nun Antipater seinen wahren Charakter ge- 
schickt zu verbergen wusste und bei Herodes leicht 
Glauben fand, so dachte er ernstlich an die Erweiterung 
seiner Macht. Bald war er überall ein Gegenstand des 
Schreckens, nicht so sehr durch die Grösse seines Ein- 
flusses, als vielmehr durch seine ränkevolle Bosheit, und 
besonders war es Pheroras, der ihm schmeichelte, so wie 
er diesem gegenüber ebenfalls ein äusserst freundliches 
Wesen zur Schau trug, während er ihn durch die Frauen 



Siebzehntes Buch, 2. Kapitel. 


443 


in ein schlau gelegtes Netz verstrickte. Pheroras stand 
unter dem Einflüsse seiner Gattin, seiner Schwiegermutter 
und seiner Schwägerin. Obgleich ihm diese Frauen 
wegen des Unrechtes, das sie seinen unverheirateten 
Töchtern zugefügt hatten, im Grunde höchst verhasst 
waren, so liess er sich doch von ihnen leiten und ver- 
mochte nichts ohne sie zu thun, da sie ihn ganz in 
ihrem Banne hatten und untereinander völlig einver- 
standen waren. Infolgedessen aber ward auch Antipater 
von ihnen beherrscht, teils durch seine eigne Schuld, 
teils seiner Mutter zuliebe, die, wie man sagte, im stillen 
zu den Frauen hielt. In der Folge entstand zwischen 
Pheroras und Antipater scheinbarer Streit, und zwar 
verhielt sich die Sache also. Die Schwester des Königs 
hatte ihr Einverständnis längst durchschaut, und da sie 
darin nichts Gutes für Herodes witterte, säumte sie 
nicht, dasselbe anzuzeigen. Als die beiden nun einsahen, 
dass ihr Zusammenhalten das Missfallen des Königs 
erregte, beschlossen sie, öffentlich sich entzweit zu stellen, 
besonders in Gegenwart des Herodes oder eines Höflings, 
der ihm davon Mitteilung machen könnte, insgeheim 
jedoch um so fester sich aneinander anzuschliessen, was 
sie denn auch thaten. Der Salome aber blieb weder 
diese ihre Absicht noch ihre eigentliche Gesinnung ver- 
borgen. Vielmehr wusste sie alles zu erspähen und mit 
grösster Übertreibung ihrem Bruder von geheimen Zu- 
sammenkünften, Trinkgelagen und versteckten An- 
schlägen zu berichten, die, wie sie sagte, gewiss nicht 
die Öffentlichkeit zu scheuen hätten, wenn sie nicht 
seinen Untergang bezweckten. Denn öffentlich stellten 
sich die beiden entzweit und wüssten nicht genug 
Schmähungen gegeneinander zu häufen, während sie, 
sobald sie sich allein wüssten, gemeinschaftlich in bester 
Freundschaft Pläne gegen die schmiedeten, denen sie 
ihr Einvernehmen zu verhehlen bemüht seien. So er- 
fuhr Salome alles und hinterbrachte es bei erster Ge- 
legenheit ihrem Bruder, der auch selbst wohl manches 
gemerkt hatte, aber noch nichts zu unternehmen wagte, 



444 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


weil er den Reden seiner Schwester nicht so ganz traute. 
Unter den Juden nun gab es eine Sekte, deren An- 
gehörige sich auf genaue Kenntnis des Gesetzes etwas 
zu gut thaten, sich für besondere Lieblinge Gottes aus- 
gaben und jene Frauen auf ihre Seite gezogen hatten. 
Das waren die Pharisäer, welche den Königen gegen- 
über hartnäckigen Widerstand an den Tag legten und 
ebenso verschlagen wie zu offenem Kampfe bereit waren. 
Als das ganze jüdische Volk dem Caesar und seinem 
König Treue schwur, hatten sie, an Zahl über sechs- 
tausend, sich dessen geweigert, und als sie deshalb von 
Herodes mit einer Geldstrafe belegt worden waren, be- 
zahlte des Pheroras Gattin dieselbe für sie. Aus Er- 
kenntlichkeit für diesen Dienst sagten sie, weil sie im 
Rufe standen, göttliche Weissagungsgabe zu besitzen, 
ihr voraus, Herodes und dessen Nachkommen würden 
nach Gottes Ratschluss die Herrschaft verlieren , die 
dann an sie, Pheroras und ihre Kinder fallen werde. 
Auch das blieb Salome nicht verborgen, und sie meldete 
es dem Könige mit dem Zusatz, einige seiner Höflinge 
seien schon bestochen. Der König liess daher die am 
meisten blossgestellten Pharisäer sowie den Verschnittenen 
Bagoas und seinen Pagen Carus, der zu jener Zeit für 
den schönsten Jüngling galt, hinrichten. Desgleichen 
wurden aus seiner Dienerschaft alle diejenigen um- 
gebracht, die den Reden der Pharisäer Glauben geschenkt 
hatten. Die letzteren hatten auch den Bagoas übermütig 
gemacht durch die Vorspiegelung, er werde der Vater 
und Wohlthäter dessen heissen, der nach ihrer Ver- 
kündigung zum König bestimmt sei. Dieser König werde 
alles unter seine Gewalt bringen, und Bagoas werde 
die Fähigkeit wiedererlangen, mit einem Weibe zu ver- 
kehren und Kinder zu zeugen. 


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Siebzehntes Buch, 3. Kapitel. 


445 


Dritte s Kapitel. 

Feindschaft zwischen Herodes und Pheroras. 

Wie Herodes den Antipater nach Rom zum Caesar schickte. 

Des Pheroras Tod. 

1. Nachdem nun Herodes die schuldig befundenen 
Pharisäer hatte hinrichten lassen, berief er seine Freunde 
zusammen und erhob Klage gegen des Pheroras Gattin: 
ihrem Übermut legte er die den Jungfrauen zugefügten 
Beleidigungen zur Last und erklärte, dass er selbst 
durch diese Schmach mitbeleidigt sei. Sie stifte, sagte 
er, Streit zwischen ihm und seinem Bruder und errege 
mit Wort und That Feindschaft zwischen ihnen; sie sei 
es auch, die die Geldstrafe für die Pharisäer bezahlt 
habe, und stecke überhaupt hinter allem, was am Hofe 
vor sich gehe. Pheroras werde daher gut daran thun, 
wenn er freiwillig, ohne erst eine diesbezügliche Auf- 
forderung abzuwarten, sich von einem Weibe lossage, 
die nur Zwietracht zwischen ihnen zu säen trachte. 
„Wenn du also,“ fuhr er fort, „noch auf ein brüderlich 
liebevolles Verhältnis Anspruch erhebst, so musst du 
dieses Weib verstossen. Denn nur unter dieser Be- 
dingung kannst du in Wahrheit mein Bruder bleiben 
und auf meine Zuneigung rechnen.“ Pheroras ward 
durch diese kräftig gesprochenen Worte erschüttert, ent- 
gegnete aber , er werde weder aufhören , des Königs 
Bruder zu sein, noch auf die Liebe seiner Gattin ver- 
zichten, und lieber wolle er sterben, als ohne seine ihm so 
teure Frau leben. Obwohl nun Herodes durch diese 
Erklärung schwer beleidigt war, unterdrückte er doch 
seinen Zorn gegen Pheroras, verbot aber dem Antipater 
und dessen Mutter, mit Pheroras zu sprechen oder eine 
Zusammenkunft der Frauen zu dulden. Das versprachen 
nun freilich beide; nichtsdestoweniger aber kamen Anti- 
pater und Pheroras auch fernerhin zu Schmausereien 
und Gelagen znsammen. Es ging sogar das Gerücht, 
Antipater unterhalte unerlaubte Beziehungen zu Pheroras* 
Gattin, und Antipaters Mutter spiele dabei die Kupplerin. 


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446 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


2. Da Antipater indes vor seinem Vater auf der Hut 
sein musste und seinen Groll nicht noch mehr reizen 
durfte, schrieb er an seine Freunde in Rom und ersuchte 
sie, dem Herodes mitzuteilen, dass er seinen Sohn Anti- 
pater möglichst bald zum Caesar schicken müsse. Das 
geschah denn auch, und so sandte Herodes den Anti- 
pater mit reichen Geschenken und seinem Testamente 
ab, in welchem er festgesetzt hatte, dass nach seinem 
Tode Antipater, falls dieser aber vor ihm sterben würde, 
sein Sohn Herodes, den ihm die Hohepriesterstochter 
geboren hatte, den Thron besteigen sollte. Zur selben 
Zeit wie Antipater nun kam auch der Araber Syllaeus 
nach Rom, ohne etwas von dem gethan zu haben, was 
ihm vom Caesar befohlen worden war, und so klagte ihn 
Antipater bei Augustus derselben Vergehen an, die ihm 
früher schon Nikolaus zur Last gelegt hatte. Auch 
Aretas hatte gegen Syllaeus die Klage erhoben, er habe 
ohne seine Einwilligung in Petra viele der vornehmsten 
Männer und besonders den wegen seiner Tüchtigkeit 
hochgeachteten Soemus sowie Fabatus, den Diener des 
Caesars, umbringen lassen. Die letztere Anklage 
gründete sich auf folgende Thatsachen. Herodes hatte 
einen Leibwächter mit Namen Korinthus, dem er das 
höchste Zutrauen schenkte. Dieser Leibwächter war von 
Syllaeus mit vielem Gelde bestochen worden, den He- 
rodes zu töten, und hatte auch eine diesbezügliche Zu- 
sage gemacht. Nun erhielt aber Fabatus durch Syllaeus 
selbst Kenntnis von dem Mordanschlage und machte 
dem Könige Meldung. Herodes liess darauf den Korin- 
thus festnehmen und erpresste auf der Folter von ihm 
das Geständnis des beabsichtigten Verbrechens. Auf die 
Angaben des Korinthus hin wurden dann auch noch 
zwei andere Araber gefänglich eingezogen, von denen 
der eine ein Stammeshäuptling, der andere ein besonderer 
Freund des Syllaeus war. Diese beiden gestanden auf 
der Folter ebenfalls dem König, sie seien gekommen, 
um demKorinthu8 zuzusprechen, er solle sich nicht ent- 
mutigen lassen, und um ihm nötigenfalls bei dem Morde 



Siebzehntes Buch, 4. Kapitel. 


447 


behilflich zu sein. Das alles zeigte Herodes dem Satur- 
ninus an, der die Verschworenen nach Rom bringen liess. 

3. Da unterdessen Pheroras bei der Anhänglichkeit 
an seine Gattin verharrte, befahl ihm Herodes, er solle 
sich in sein Land begeben. Pheroras schwur darauf 
hoch und teuer, er werde nicht eher zurückkehren, als 
bis er von des Herodes Tod in Kenntnis gesetzt sei, und 
zog sich alsdann bereitwillig in seine Tetrarchie zurück. 
Treu seinem Eide weigerte er sich sogar, zu Herodes zu 
reisen, als dieser ihn während einer Krankheit zu sich 
bitten liess, um ihm einen geheimen Auftrag anzuver- 
trauen. Dieses Benehmen vergalt jedoch Herodes nicht, 
sondern begab sich milderen Sinnes und ungerufen, als 
Pheroras krank wurde, zu diesem, um ihm einen Besuch 
abzustatten. Als nun Pheroras gestorben war, liess 
Herodes ihn auf bahren, nach Jerusalem überführen, dort 
feierlich beisetzen und schrieb eine allgemeine Trauer 
für ihn aus. Mit diesem Todesfall nahm auch das Ge- 
schick Antipaters trotz seiner Reise nach Rom eine un- 
günstige Wendung, und Gott strafte ihn jetzt für den 
Brudermord. Doch ich will diese ganze Geschichte aus- 
führlicher darlegen und damit den kommenden Ge- 
schlechtern den Beweis liefern, dass in allen Lebens- 
lagen dip Tugend allein den Sieg behält. 


Viertes Kapitel. 

Herodes entdeckt Antipaters Anschläge. 

1. Nach der Beisetzung des Pheroras begaben sich 
zwei seiner Freigelassenen, denen er besonders zugethan 
gewesen war, zu Herodes und baten ihn, er möge doch 
den Tod seines Bruders nicht ungerächt lassen, sondern 
über sein trauriges Ende eine Untersuchung anstellen. 
Diese Worte, die den Stempel der Wahrheit an sich 
trugen, machten den König aufmerksam, und die Frei- 
gelassenen berichteten ihm nun, Pheroras habe am Tage 




448 Josephus’ Jüdische Altertümer. 

vor seiner Erkrankung bei seiner Gattin gespeist. Hier 
sei ihm in einem unbekannten Gerichte Gift beigebracht 
worden, welches seinen Tod herbeigeführt habe. Dieses 
Gift sei von einem Weibe aus Arabien gekommen, an- 
geblich um als Liebestrank verwendet zu werden, in 
Wahrheit aber, um Pheroras damit aus dem Wege zu 
räumen. Die arabischen Weiber sind als Giftmischerinnen 
bekannt, und von derjenigen, auf die sich jetzt der Ver- 
dacht lenkte, stand es fest, dass sie mit einer Freundin 
des Syllaeus vertrauten Verkehr pflog, wie auch, dass 
die Mutter und Schwester der Gattin des Pheroras zum 
Ankauf des Giftes zu ihr gereist und am Tage vor 
jenem Mahle mit ihr zurückgekommen waren. Über diese 
Anzeige aufs höchste ergrimmt, unterwarf der König die 
Sklavinnen jener Frauen und einige Freigelassene der 
Folter, konnte aber zunächst nichts ermitteln, weil keine 
der Gefolterten etwas bekannte, bis endlich eine von 
ihnen im Übermass ihrer Qual ausrief, sie bitte Gott, er 
möge solche Qualen über die Mutter Antipaters ver- 
hängen, die an all jenem Unglücke schuld sei. Diese 
Aussage veranlasste den Herodes, die Folterung ver- 
schärfen zu lassen, bis er endlich alles erfuhr, die Ge- 
lage und geheimen Zusammenkünfte, den Verrat wichtiger 
Geheimnisse, die er Antipater anvertraut hatte, an des 
Pheroras Weiber (unter anderem hatte Antipater für die 
Zusage, nicht mehr mit Pheroras sprechen zu wollen, 
hundert Talente von Herodes erhalten), Antipaters Hass 
gegen seinen Vater, dessen Klagen bei seiner Mutter 
über des Herodes langes Leben, während er selbst altere 
und sich seiner einstigen Herrschaft nicht recht werde 
erfreuen können. Sodann habe Antipater sich darüber 
beschwert, dass noch so viele Brüder und Bruderssöhne 
gleich ihm in der Hoffnung auf die Thronfolge erzogen 
würden, und dass deswegen seine Aussichten sehr zweifel- 
haft seien; sei doch sogar jetzt schon für den Fall, dass 
ihm etwas Menschliches zustosse, sein Bruder und nicht 
sein Sohn von Herodes zum Nachfolger bestimmt. Des 
weiteren habe Antipater sich über die furchtbare Grau- 


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Siebzehntes Buch, 4. Kapitel. 


' 449 


samkeit des Königs und die Hinrichtung der beiden 
Prinzen sehr missliebig geäussert und erklärt, dass nur 
•die Furcht vor einem gleichen Schicksal ihn selbst nach 
Rom und den Pheroras in seine Tetrarchie getrieben 
habe. 

2. Das alles stimmte mit den Aussagen der Schwester 
•des Königs überein, und um jeden Zweifel, zu beheben, 
kamen noch manche Gründe hinzu. Für Antipaters 
Bosheit stellte nun der König zunächst dessen Mutter 
Doris zur Rede, nahm ihr den ganzen Schmuok ab, 
<ler einen Wert von vielen Talenten darstellte, entliess 
43ie dann und söhnte sich mit des Pheroras Frauen 
wieder aus. Den Zorn des Königs gegen Antipater ent- 
flammte aber aufs höchste der Samaritaner. Antipater, 
der Verwalter seines gleichnamigen Sohnes, der auf 
-der Folter unter anderem aussagte, Antipater habe sich 
^in todbringendes Gift verschafft, dasselbe dem Pheroras 
gegeben und ihm aufgetragen, es während seiner Ab- 
wesenheit dem Könige beizubringen, da dann am 
wenigsten Verdacht auf ihn fallen könne. Dieses Gift 
habe Antiphilus, einer der Freunde Antipaters, aus 
Aegypten mitgebracht, worauf es von Theudion, dem 
Oheim Antipaters von mütterlicher Seite, an Pheroras 
geschickt worden sei, und so habe es des Pheroras Gattin 
in die Hände bekommen, der es von ihrem Manne zur 
Aufbewahrung übergeben worden sei. Auf die Frage des 
Königs gestand die Gattin des Pheroras das ein, eilte 
dann, angeblich um das Gift zu holen, hinaus und stürzte 
eich vom Dache hinab, blieb jedoch am Leben, da sie 
auf die Füsse fiel. Als sie nun wieder zu sich gekommen 
war, sicherte der König ihr und allen ihren Angehörigen 
Verzeihung zu, wenn sie ihm die volle Wahrheit gestehe, 
während er ihr die äussersten Qualen androhte, falls sie 
etwas zu verschweigen suche. Darauf versprach sie eid- 
lich, alles der Wahrheit gemäss zu berichten, und, wie 
man allgemein glaubt, hat sie auch thatsächlich die 
Wahrheit gesagt, als sie bekannte: „Das Gift ist aus 
Aegypten von Antiphilus geholt worden, der es von seinem 

Josepbus 1 Jüdische AltortUmer, II. 29 

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450 


Josephus’ Jttdische Altertümer. 


Bruder,, einem Arzte, erhalten hat. Dann brachte e» 
Theudion zu uns, und ich erhielt es von meinem Gatten 
zur Aufbewahrung, weil Antipater es für dich in Bereit- 
schaft haben wollte. Als nun Pheroras krank wurde- 
und sich bei Gelegenheit deines Besuches von deiner 
freundlichen Gesinnung überzeugte, verlor er den Mut* 
liess mich rufen und sprach zu mir: Liebes Weib, Anti- 
pater hat mich umgarnt, als er mich zur Ermordung 
seines Vaters und meines Bruders beschwätzte und mir 
das Gift gab, welches diesem Zwecke dienen sollte. Da 
nun mein Bruder mir den klaren Beweis geliefert hat,, 
dass er noch dieselbe gute Gesinnung wie früher gegen 
mich hegt, und ich nicht mehr lange zu leben habe, so 
will ich das Andenken meiner Vorfahren nicht durch 
einen Brudermord schänden. Bringe daher das Gift herbei 
und ^verbrenne es vor meinen [Augen. Diesem Befehl 
folgte ich sogleich und holte das Gift herbei, goss den 
grössten Teil desselben ins Feuer und liess nur etwa» 
davon übrig, um, falls ich nach meines Gatten Tode 
von dir eine harte Behandlung erfahren würde, meinem» 
Leben und meiner Not zugleich damit ein Ende zu machen.“ 
Nach diesen Worten brachte sie die Büchse mit dem Gift 
herbei. Des Antiphilus anderer Bruder und seine Mutter 
sagten auf der Folter dasselbe aus und erkannten die- 
Giftbüchse an. Nun wurde auch die Tochter des Hohe- 
priesters, die mit dem Könige vermählt war, beschuldigt, 
dass sie um alles gewusst, aber die Bache verheimlicht 
habe. Aus diesem Grunde verstiess Herodes sie und 
tilgte den Namen ihres Sohnes in seinem Testamente 
aus, das denselben zum Thronfolger bestimmte. Dann 
entsetzte er seinen Schwiegervater Simon, den Sohn des 
Boethos, der hohepriesterlichen Würde und verlieh die- 
selbe einem Bürger von Jerusalem, Matthias, dem Sohne 
des Theopbilus. 

3. Unterdessen kam von Rom Antipaters Freigelassener 
Bathyllus an, und als derselbe in Untersuchung gezogen 
wurde, stellte es sich heraus, dass er Antipaters Mutter und 
Pheroras Gift überbringen sollte, womit sie den König, 


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Siebzehntes Buch, 5. Kapitel. 


451 


falls das frühere bei ihm nicht gewirkt habe, sicher aus 
dem Wege räumen könnten. Zugleich' erhielt Herodes 
auch Briefe von seinen Freunden in Rom, worin auf 
Antipaters Anstiften Archelaus und Philippus beschuldigt 
wurden, als ob sie wegen der Hinrichtung Alexanders 
und Aristobulus’ ihrem Abscheu} gegen den Vater und 
ihrem Mitleid mit den Brüdern Ausdruck verliehen und 
befürchtet hätten, sie würden aus keiner anderen Ursache 
zurückberufen, als um in gleicherweise beiseite geschafft 
zu werden. Dass seine Freunde sich zu dieser Verleum- 
dung herbeigelassen hatten, war von Antipater durch 
grosse Geldgeschenke bewirkt worden. Auch er selbst 
beschuldigte übrigens in einem Briefe seine] Brüder auf 
heftigste, entschuldigte sie aber zugleich damit, {dass sie 
noch jung seien und dass man ihre Worte ihrem Alter 
zugut halten müsse. Inzwischen führte er den Prozess 
gegen Syllaeus weiter und suchte die vornehmen Römer 
auf seine Seite zu ziehen, indem er sich mit einer prunk- 
vollen Ausstattung im Werte von zweihundert Talenten 
umgab. Auffallend war es jedoch, dass er von dem, 
was nun schon seit sieben Monaten gegen ihn in Judaea 
angezettelt wurde, auch nicht die leiseste Ahnung hatte. 
Das war aber die Folge der scharfen Aufsicht, die auf 
allen Wegen geführt wurde, sowie der allgemeinen Ab- 
neigung gegen Antipater. Denn niemand hatte Lust, für 
Antipaters Sicherheit zu sorgen und dagegen sein eigenes 
Leben in die Schanze zu schlagen. 


Fünftes Kapitel. 

Antipater kehrt zu seinem Vater zurück, wird von ihm 
zum Tode verurteilt und von Quintilius Varus , |dem 
Statthalter Syriens, eingekerkert, bis der Caesar über 

ihn entschieden habe. 

1. Als nun Antipater an Herodes geschrieben hatte, 
er werde, da er alles aufs beste erledigt habe, nunmehr 
in kurzem zurückkehren, liess Herodes nichts von seinem 

29 * 


452 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Zorn merken und schrieb zur Antwort, er solle nur un- 
verzüglich abreisen, damit nicht etwa ihm, seinem Vater, 
während seiner Abwesenheit Schlimmes zustosse. Zugleich 
berührte er leichthin die gegen Antipaters Mutter er- 
hobene Anklage und versprach ihm, nach seiner Rück- 
kehr von dieser Anklage keinen Vermerk mehr zu nehmen. 
Kurz, Herodes heuchelte die liebevollste Sorgfalt, damit 
Antipater keinen Verdacht schöpfe und die Rückreise 
nicht aufgebe, weil dann zu befürchten stand, er werde 
von Rom aus seinem Vater Nachstellungen bereiten und 
auf Umwälzung hinarbeiten. Diesen Brief erhielt Anti- 
pater in Cilicien, nachdem er schon vorher in Tarent 
des Pheroras Tod erfahren hatte. Die letztere Nachricht 
schmerzte ihn sehr, aber nicht deshalb, weil er Pheroras 
besonders zugethan gewesen wäre, sondern weil derselbe 
nicht, wie er versprochen, vor seinem Tode den Herodes 
ermordet hatte. Als er nun zu Kelenderis in Cilicien 
angelangt war, trug er Bedenken, in sein Vaterland 
zurückzukehren, da die Verstossung seiner Mutter ihn 
stutzig gemacht hatte. Von seinen Freunden rieten ihm 
die einen, den Ausgang der Dinge anderswo abzuwarten, 
die anderen dagegen , un verweilt die Heimreise anzutreten, 
weil er in eigener Person alle Beschuldigungen wider- 
legen könne, während seine Abwesenheit nur den Mut 
seiner Verleumder stärke. Der lezteren Vorstellung gab 
er recht, fuhr also weiter und landete im Hafen 
Sebastos 1 , den Herodes mit grossen Kosten angelegt 
und dem Augustus zu Ehren so genannt hatte. Hier 
konnte Antipater schon merken, was ihn erwartete, da 
niemand ihm entgegenkam oder ihn begrüsste, während 
bei seiner Abreise allgemeine Segenswünsche ihn begleitet 
hatten. Jetzt dagegen stiess das Volk ungehindert Ver- 
wünschungen gegen ihn aus, weil es überzeugt war, er 
werde für die Ermordung seiner Brüder büssen müssen. 

2. Zu dieser Zeit befand sich gerade Quin tilius Varus 2 , 

1 Dem Hafen von Caesarea. 

Derselbe, der im Jahre 9 n. dir. von Armiuius im Teutoburger 
Walde besiegt wurde. 



Siebzehntes Bach, 5. Kapitel. 


453 


der Nachfolger des Saturninus in der Verwaltung Syriens 1 , 
in Jerusalem, wohin er auf Herodes’ Bitte zur Besprechung 
über die gegenwärtige Lage gekommen war. Während 
beide Beratung abhielten, langte Antipater an, ohne 
nähere Kenntnis von den Vorgängen zu haben, und be- 
trat im Purpurgewande den Palast. Die Pförtner liessen 
nun zwar ihn selbst ein, nicht aber seine Freunde. 
Darüber entsank ihm der Mut, und er sah nun ein, 
wohin es mit ihm gekommen war, besonders als sein 
Vater, auf den er zur Begrüssung zuschritt, ihn zurück- 
wies, ihm die Ermordung seiner Brüder sowie den Anschlag 
gegen das Leben seines Vaters vorwarf und ihm an- 
kündigte, Varus werde am folgenden Tage über die 
ganze Angelegenheit entscheiden. Von diesem ge- 
waltigen Schlage erschüttert, ging Antipater wie geistes- 
abwesend weg und traf seine Mutter, die Tochter von 
Herodes’ Vorgänger Antigon us, sowie seine Gattin, die 
ihm entgegenkamen und ihm alles mitteilten, was vor- 
gefallen war, worauf er sich zur Verteidigung vor- 
bereitete. 

3. Am folgenden Tage setzten sich Varus, der König, 
ihre beiderseitigen Räte und die Verwandten des Königs 
zu Gericht.. Geladen waren ausserdem die Schwester des 
Königs, Salome, alle, die eine Beschuldigung vorzubringen, 
und die, welche auf der Folter Geständnisse gemacht 
hatten, sowie die Diener von Antipaters Mutter, die kurz 
vor seiner Ankunft verhaftet worden waren. Bei den 
letzteren; war ein Brief gefunden worden, dessen Haupt-* 
inhalt dahin lautete, Antipater möge nicht heimkehren, 
da sein Vater um alles wisse und ihm nur noch die 
Zuflucht beim Caesar übrig bleibe, wenn er nicht in die 
Hände seines Vaters fallen wolle. Antipater warf sich 
gleich zu Beginn der Verhandlung seinem Vater zu Füssen 
und bat ihn, er möge ihn doch nicht auf eine vorgefasste 
Meinung hin verurteilen, sondern ihm geneigtes Gehör 
schenken, da er sich völlig rechtfertigen könne. Herodes 
-N 

1 Er trat dieses Amt im Jahre 4 v. Chr. an. 


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454 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


aber befahl, ihn in die Mitte zu stellen, und brach in 
Klagen über seine Kinder aus, von denen er schon so 
viel gelitten, noch ehe Antipaters Ruchlosigkeit seine 
alten Tage verbittert habe. Dann erwähnte er, wie grosse 
Sorgfalt er auf ihre Erziehung und Bildung verwendet 
und welche Schätze er ihnen jederzeit, so oft sie dies 
gewünscht, habe jzukommen lassen. Dafür sei ihm der 
Dank zuteil geworden, dass sie ihm nach dem Leben 
trachteten und die Herrschaften Besitz zu nehmen strebten, 
noch ehe das Schicksal oder das Gesetz oder der Wille 
ihres Vaters ihnen dies ermöglichten. Es sei unbegreif- 
lich, bis zu welchem Grade von Überhebung und Frevel- 
mut Antipater sich habe hinreissen lassen. Als Nach- 
folger auf dem Throne sei er doch durch testamentarische 
Bestimmung schon bezeichnet worden, und auch jetzt 
bei Lebzeiten seines Vaters stehe [er diesem weder an 
glanzvollem Range noch an Macht nach, da er fünfzig 
Talente jährlicher Einkünfte und bei seiner Abreise nach 
Rom noch ausserdem dreihundert Talente Reisegeld an- 
gewiesen erhalten habe. Dann warf er ihm vor, dass er 
seine Brüder angeschwärzt habe, denen er, wenn sie 
wirklich so schlecht gewesen wären, an Ruchlosigkeit 
jetzt nichts nachgebe, die er aber, wenn sie unschuldig 
gewesen, sich nicht gescheut habe zu verleumden, obwohl 
sie ihm nahe verwandt gewesen seien. Er habe ja alles, 
was ihm über dieselben bekannt geworden, nur aus 
Antipaters Mund vernommen, und das, was er über sie 
Verhängt habe, nur auf sein Anstiften gethan. Er müsse 
aber jetzt die beiden von aller Schuld freisprechen, 
nachdem Antipater als der eigentliche Vatermörder sich 
herausgestellt habe. 

4. Hier vermochte Herodes vor Thränen nicht weiter 
zu reden. Er bat (daher den Nikolaus von Damaskus, 
der als sein Freund und beständiger Gefährte von den 
meisten seiner Handlungen Kenntnis hatte, fortzufahren 
und alles übrige hervorzuheben, was (sich auf Schuld 
und Unschuld bezog. Alsdann wandte sich Antipater, 
um sich zu verteidigen, an seinen Vater, ging alle Be- 




Siebzehntes Buch, 5. Kapitel. 455 

■weise von Wohlwollen durch, die Herodes ihm hatte 
-zukommen lassen, und zählte namentlich die Auszeich- 
nungen her, die, wie er sagte, ihm sicher nie zuteil 
.geworden wären, wenn er sie nicht durch sein gutes 
Verhalten verdient hätte. Was zu besorgen gewesen, 
&abe er aufmerksam besorgt, und wo sein thatkräftiges 
Einschreiten nötig geworden, habe er sich alle Mühe ge- 
geben, zu helfen. Es sei doch nicht anzunehmen, dass 
jemand, der seinen Vater aus fremden Nachstellungen 
«errettet habe, ihm nun nach dem Leben trachte und den 
bei der Rettung bewiesenen Edelmut durch die Ruch- 
losigkeit einer solchen That verdunkle. Dazu komme 
noch, dass er ja schon längst ohne Widerspruch zum 
Thronfolger ernannt worden und in den Genuss der 
Ehren getreten sei, deren er sich jetzt erfreue. Kaum 
«lenkbar sei es ferner, dass jemand, der schon im sicheren 
und rühmlichen Besitz der Hälfte sei, mit sträflichem 
Ehrgeiz nach dem Ganzen strebe, dessen Erringung 
zweifelhaft sei; besonders könne man das von ihm des- 
halb nicht annehmen, weil er Zeuge des traurigen Schick- 
sals seiner Brüder] gewesen, gegen die er, daj sie sich 
nun einmal verfehlt hätten , selbst als Ankläger und 
nach ihrer Verurteilung als Vollstrecker des Todesurteils 
aufgetreten sei. Diese Störungen der häuslichen Eintracht 
seien der beste Beweis dafür, wie treu und ergeben er 
sich stets gegen seinen Vater benommen habe. Was 
aber sein Betragen in Rom betreffe, so dürfe er dafür 
«las Zeugnis des Caesars anrufen, den man ebensowenig 
wie Gott selbst betrügen und hintergehen könne. Lägen 
«doch Briefe von ihm vor, denen man jedenfalls ein grösseres 
Gewicht beilegen müsse als den verleumderischen Aus- 
sagen schlechter Menschen, die nur auf Erregung von 
XJnruhen und Streitigkeiten bedacht seien und infolge 
seiner Abwesenheit reiche Gelegenheit gefunden hätten, 
ihre Ränke zu schmieden, was sie während seiner An- 
wesenheit niemals vermocht hätten. Alsdann sprach er 
noch gegen die Anwendung der Folter, wodurch die 
Menschen gezwungen würden , alles zu gestehen, was die 




456 Josephus’ Jüdische Altertümer. 

Machthaber hören wollten. Gleichwohl, erklärte er, sei 
er bereit, sich der Folterung zu unterziehen. 

5. Diese Worte brachten eine gewaltige Veränderung- 
bei den Versammelten hervor. Allseitig hatte man Mit- 
leid mit Antipater, dessen Antlitz Thränen überströmten,, 
sodass selbst seine Gegner weich wurden. Auch Herodee 
vermochte, so sehr er sich Mühe gab, seine Rührung nicht 
zu verbergen. Nikolaus aber führte nun die vom König^ 
begonnene Rede weiter, brachte alle Beweise vor, weiche- 
geeignet waren, die Anklage zu stützen und teils durch 
die Folter, teils durch anderweitige Zeugenaussagen er- 
härtet waren, und erwähnte besonders des Königs Sorg- 
falt bei der Erziehung seiner Kinder, für die er jetzt 
nicht nur keinen Lohn erhalten habe, sondern aus einem 
Unglück ins andere geraten sei. Er wundere sich, sagte 
er, nicht so sehr über die Verwegenheit der beiden schon 
bestraften Söhne, da sie durch ihre Jugend und durch 
schlechte Ratgeber dazu verleitet worden seien, die 
Rechte der Natur zu missachten und voreilig nach der 
Herrschaft zu [streben. Dagegen setze ihn Antipaters 
Ruchlosigkeit geradezu in Erstaunen, der bei den grössten 
Wohlthaten seines Vaters unempfindlich geblieben sei,, 
während doch selbst das wildeste Tier gegen seinen Wohl- 
thäter sich freundlich erweise, und den nicht einmal da» 
traurige Los seiner Brüder von einem ähnlichen Verbrechen 
abgeschreckt habe. „Du bist es gewesen, Antipater,“ fuhr 
er fort, „der die Pläne seiner Brüder zuerst zur Anzeige 
gebracht hat, du hast die Beweismittel gegen sie zu- 
sammengetragen und nach Fällung des Urteils ihre 
Hinrichtung betrieben. Wenn wir dir nun auch gerade 
daraus keinen Vorwurf machen wollen, dass dein Has» 
gegen sie so unersättlich gewesen ist, so müssen wir uns 
doch über dich wundern, dass du nun auf einmal in 
ihre Fussstapfen getreten bist, und wir können jetzt er- 
messen, dass du damals nicht das Wohl deines Vaters, 
sondern lediglich das Verderben deiner Brüder im Auge 
hattest und durch die Verfolgung ihrer Bosheit nur 
deshalb den Schein eines liebenden Sohnes erwecken 




Siebzehntes Buch, 5. Kapitel. 


457 


wolltest, um desto verwegener und thatkräftiger gegen 
den Vater Vorgehen zu können, wie das jetzt klar zu 
Tage liegt. Auch hast du deine Brüder auf Grund der 
von dir erhobenen Beschuldigungen aus dem Wege ge- 
räumt, ohne Mitwisser und Helfer anzugeben, sodasa 
die allgemeine Überzeugung dahin geht, du habest vor 
der Anklage dich mit ihnen ins Einvernehmen gesetzt, 
um die Früchte des Vatermordes allein zu gemessen, 
aus beiden Verbrechen aber doppelte, deines Charakters 
würdige Lust zu ziehen. In der Öffentlichkeit hast du 
den Schein erweckt, als hättest du mit der Hinrichtung 
deiner Brüder eine herrliche That vollbracht, und bist 
deshalb auch, wie billig, gerühmt worden. Hast du den 
Buhm aber nicht verdient, so bist du noch schlechter 
als sie und hast sie, während du selbst insgeheim deinem 
Vater nach dem Leben trachtetest, nicht als Feinde 
ihres Vaters (denn dann hättest du nicht desselben 
Verbrechens dich schuldig gemacht), sondern als bevor- 
zugtere Thronerben gehasst. Und noch obendrein hast 
du deinen Vater umbringen wollen, um nicht der Ver- 
leumdung deiner Brüder überführt zu werden und den 
Tod, den du selbst verdientest, über deinen unglücklichen 
Vater zu bringen. So wolltest du allerdings keinen ge- 
wöhnlichen Vatermord begehen, sondern einen solchen, 
wie er seit Menschengedenken nicht erhört worden ist. 
Denn du hast nicht bloss als Sohn deinem Vater nach 
dem Leben getrachtet, sondern du hast auch dem nach- 
gestellt, der dich mit liebevoller Fürsorge umgeben, dich 
zum Mitregenten und Nachfolger ernannt, dir alle Ehren 
der königlichen Würde schon jetzt zuerkannt und durch 
seinen schriftlich aufgesetzten Willen deine Hoffnungen 
auf die Zukunft gesichert hat. Auch hast du nicht dea 
Herodes Güte, sondern nur deiner eigenen Verkehrtheit 
Rechnung getragen, als du deinem Vater, der so nach- 
sichtig gegen dich war, auch noch seinen Anteil an der 
Herrschaft entreissen wolltest und, während du dich als 
sein Retter aufspieltest, in Wirklichkeit auf seinen Tod 
bedacht warst. Ja, du begnügtest dich nicht damit, 


458 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


deine Mutter in deine verbrecherischen Anschläge zu 
verwickeln, sondern zerstörtest auch das gute Einver- 
nehmen zwischen deinen Brüdern und wagtest es, deinen 
Vater dem wilden Tiere zu vergleichen. Nein, du selbst 
bist gefährlicher als die giftigste Schlange, da du nicht 
bloss dein Gift gegen deine nächsten Blutsverwandten 
und deine grössten Wohlthäter verspritztest, sondern auch 
im Übermasse deiner Bosheit bewaffnete Scharen und 
alle möglichen Ränke von Männern wie von Weibern 
gegen einen schwachen Greis auf botest. Und jetzt wagst 
du noch hier zu erscheinen, nachdem Freie und Sklaven, 
Männer und Weiber deinetwegen gefoltert worden sind, 
jetzt wagst du noch hier zu erscheinen, um der Wahr- 
heit zu trotzen und der gegen dich erlassenen Verfügung, 
dem Billigkeitssinne des Varus, ja aller Gerechtigkeit 
Hohn zu sprechen? Traust du denn deiner Verwegen- 
heit und Unverschämtheit so viel zu, dass du dich der 
Folter unterwerfen willst? Meinst du etwa, die früher 
auf der Folter gemachten Geständnisse entkräften und 
die, welche es mit deinem Vater gut meinen, der Lüge 
zeihen zu können? Und sollen wir etwa dem Glauben 
schenken, was du aussagen wirst? Wie lange denn, 
Varus, willst du den König noch den Verunglimpfungen 
seiner Verwandten aussetzen? Wann endlich gedenkst 
du dieses Ungeheuer von einem Menschen zu vertilgen, 
das, um seinen Brüdern den Untergang zu bereiten, 
Liebe zu seinem Vater heuchelt und, da es im Begriffe 
steht, den Thron zu besteigen, diesen seinen Vater ver- 
derben will? Es kann dir ja nicht unbekannt sein, 
dass der Vatermord sowohl ein Verbrechen gegen die 
Natur als gegen das Leben des einzelnen Menschen ist, 
und dass schon der blosse Gedanke daran der wirklichen 
Ausführung der Frevelthat nicht nachsteht. Wahrlich, 
wer dagegen nicht mit Strenge einschreitet, begeht selbst 
ein Verbrechen gegen die Natur!“ 

6. Schliesslich befasste sich Nikolaus auch noch mit 
Antipaters Mutter, erwähnte, was sie in weibischer Ge- 
schwätzigkeit ausgeplaudert hatte, und sprach von der 




Siebzehntes Buch, 5. Kapitel. 


459 


Befragung von Sehern und von Opfern, die den Unter- 
gang des Königs beschleunigen sollten, sowie von den 
Schamlosigkeiten, die Antipater vor Geilheit im Rausche 
gegen des Pheroras Frauen begangen hatte. Alsdann 
wiederholte er die vielen Geständnisse, die von den Ge- 
folterten, und die Aussagen, die von den Zeugen teils 
wohlüberlegt, teils überstürzt gemacht worden waren, 
und wies nach, dass gerade die letzteren Aussagen die 
meiste Beweiskraft hätten. Hatte nun noch jemand aus 
Furcht, im Falle von Antipaters Freisprechung seine 
Rache gewärtigen zu müssen, etwas verschwiegen, so fiel 
dieser Grund jetzt, da er von seinem sonstigen Glück 
verlassen schien, fort, und alles ward verraten. So 
wurde Antipater nicht sowohl durch die Feindseligkeit 
seiner Ankläger gestürzt, als vielmehr durch die Grösse 
seiner Frevelthaten und durch seine Bosheit gegen 
Vater und Brüder, mit der er Zwietracht und Mord in das 
Haus seines Vaters gebracht hatte und je nach seinen 
Zwecken bald Hass, bald Wohlwollen zur Schau trug. 
Das alles war zwar schon längst von denen, die ein ge- 
sundes Urteil besassen und sich nicht von Parteihass 
beeinflussen liessen, bemerkt worden, doch hatten diese 
Leute früher nicht den Mut, Klagen darüber laut werden 
zu lassen. Jetzt dagegen, da sie sich sicher fühlten, 
brachten sie alles vor, was sie wussten, und so kamen 
Anklagen der mannigfaltigsten Art zu Tage, die sich 
nicht widerlegen Hessen, weil man den Angebern weder 
vorwerfen konnte, dass sie dem König zu Gefallen 
sprächen, noch dass sie aus Furcht etwas zu ver- 
schweigen trachteten. Vielmehr erhoben sie ihre An- 
klagen nur deshalb, weil sie die ruchlosen Thaten Anti- 
paters verabscheuten und seine Bestrafung nicht um der 
Sicherheit des Herodes willen wünschten, sondern als 
gerechten Lohn für seine Frevel ansahen. Viele traten 
auch unaufgefordert vor und machten so schwerwiegende 
Aussagen, dass Antipater trotz seiner Meisterschaft in 
der Lüge und Schamlosigkeit kein Wort darauf zu ent- 
gegnen wusste. Nachdem nun Nikolaus mit seiner Be* 




460 


Josephus' Jttdische Altertümer. 


weißführung zu Ende war, forderte Varus den Antipater 
auf, sich zur Widerlegung der Beschuldigungen an- 
zuschicken, wenn er seine Unschuld beweisen könne; er 
wünsche nämlich sehr, ihn frei ausgehen zu sehen, wie 
das auch, dessen sei er gewiss, dem Wunsche seines 
Vaters entspreche. Antipater warf sich darauf zu Boden 
und rief Gott und alle Menschen zu Zeugen dafür an, 
dass er unschuldig sei und nichts gegen seinen Vater 
im Schilde geführt habe. Das ist allerdings das 
Verfahren aller Unholde: Schicken sie sich zu einem 
Verbrechen an, so kümmern sie sich nicht um 
Gottes Allgegenwart und handeln ihrer Willkür ge- 
mäss ; werden sie aber ergriffen und vor Gericht 
gestellt, so wollen sie dadurch, dass sie Gott zum Zeugen 
anrufen, alle Schuld von sich abwälzen. Genau so 
machte es auch Antipater. Denn zuerst verübte er alle 
möglichen Greuel, als ob es keinen lebendigen Gott 
mehr gebe; als er aber zur Rechenschaft gezogen wurde 
und keinen Ausweg zu seiner Rettung sah, vermass er 
sich, Gottes Hilfe wieder anzurufen, beschwor ihn, seine 
Macht zu seinen Gunsten walten zu lassen, und berief 
sich auf das, was er fortgesetzt für das Wohl seines 
Vaters gethan habe. 

7. Als nun Varus trotz öfteren Fragens aus Anti- 
pater nichts anderes herausbringen konnte, als die Be- 
rufung auf Gott, und einsah, dass er damit nicht zu 
Ende kommen würde, befahl er, das Gift herbei- 
zubringen, um dessen Wirkung zu erproben. Als das- 
selbe geholt worden war, musste auf Varus’ Anordnung 
ein zum Tode verurteilter Verbrecher davon trinken, 
und dieser fiel sogleich entseelt nieder. Da erhob sich 
Varus, verliess die Sitzung und begab sich am folgenden 
Tage nach Antiochia, der Hauptstadt von Syrien, wo 
er sich meistens aufzuhalten pflegte. Herodes aber lies» 
sogleich seinen Sohn in Ketten legen, und man wusste 
nicht recht, was Varus vor seiner Abreise dem König 
noch gesagt hatte. Doch war man vielfach der Meinung, 
er habe zu dem Verfahren, welches Herodes gegen 



Siebzehntes Buch, 5. Kapitel. 


461 


Antipater einschlug, seine Zustimmung gegeben. Als 
letzterer nämlich eingekerkert war, schickte Herodes 
•einen schriftlichen Bericht über *die Vorgänge an den 
Caesar und liess ihm zugleich mündlich die Bosheit 
Antipaters darlegen. Bald darauf wurde ein Brief des 
Antiphilus, der sich in Aegypten auf hielt, an Antipater 
aufgefangen, den der König eröffnete und der also 
lautete: „Ich schicke dir den Brief der Akme unter 
eigener Lebensgefahr. Du weisst ja, dass ich wieder 
von zwei Familien alles zu fürchten habe, wenn ich 
ertappt werde. Ich wünsche dir übrigens 'guten Erfolg 
zu deinem Unternehmen.“ Das war der Inhalt dieses 
Briefes. Der König suchte nun auch nach dem anderen 
Schreiben, doch wollte sich dasselbe nicht finden, und 
der Sklave des Antiphilus, der den einen Brief gebracht 
hatte, leugnete, noch einen zweiten erhalten zu haben. 
Als nun der König unschlüssig hin und her überlegte 
bemerkte einer von seinen Freunden an dem inneren 
Gewände des Sklaven, der zwei Kleider übereinander 
trug, eine zusammengenähte Falte und vermutete in 
dieser Falte den zweiten Brief, was sich denn auch be- 
stätigte. Herodes griff hastig nach dem Schreiben, - 
welches folgenden Inhalt aufwies: „Akme an Antipater. 
Ich habe deinem Vater den von dir gewünschten Brief 
geschrieben und schicke ihm die angebliche Abschrift 
eines von Salome an meine Herrin gerichteten Schreibens, 
nach dessen Lesung er, des bin ich gewiss, Salome 
wegen Mordversuchs zum Tode verurteilen wird.“ Dieser 
Brief war ein scheinbar von Salome an die Herrin der 
Akme gerichtetes Schreiben, das Antipater dem Sinne 
nach der Akme in Auftrag gegeben , diese aber mit 
ihren eigenen Worten zu Papier gebracht hatte. Es 
lautete folgender massen : „Akme an den König Herodes. 
Da ich mir Mühe gebe, alles zu deiner Kenntnis zu 
bringen, was gegen dich ins Werk gesetzt wird, so habe 
ich mit eigener Lebensgefahr, doch zu deinem Nutzen 
einen Brief Salomes an meine Herrin, der in meine 
Hände fiel, abgeschrieben und schicke dir denselben. 


Go gle 



462 


. Josephas' Jüdische Altertümer. 


Sie hat ihn geschrieben, als sie noch willens war, den 
Syllaeus zu heiraten. Ich bitte dich aber, den Brief zu 
zerreissen, damit ich nicht in Gefahr gerate.“ Dem 
Antipater selbst aber hatte Akme geschrieben, sie habe 
nach seinem Willen an Herodes einen Brief des Inhalts 
gerichtet, dass Salome alles auf biete, um ihn zu ver- 
derben, und dass sie ihm eine Abschrift des angeblich 
von Salome an ihre Herrin gerichteten Briefes geschickt 
habe. Diese Akme war jüdischer Abstammung, diente 
der Julia, der Gattin des Caesars, und hatte die Briefe 
Antipater zuliebe geschrieben , von dem sie mit grossen 
Geldsummen bestochen war, ihm bei der Ermordung 
seines Vaters und seiner Tante behilflich zu sein. 

8. Durch Antipaters aussergewöhnliche Bosheit fast 
von Sinnen gebracht , [wollte Herodes ihn sogleich hin- 
richten lassen , weil er so verbrecherische Anschläge 
nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen seine 
Schwester ins Werk gesetzt und seine Mitverschworenen 
sogar am Hofe (des Caesars gesucht hatte. In diesem 
Entschlüsse bestärkte den König noch seine Schwester 
Salome, indem sie ihre Brust [zerschlug und sich frei- 
willig erbot, den Tod Jzu erleiden , (wenn irgend ein 
stichhaltiger Beweis gegen sie erbracht werden könne. 
Herodes liess also seinen Sohn vorführen, fragte ihn 
aus und hiess ihn offen alles Vorbringen, was er zu 
der Briefangelegenheit zu sagen habe. Als nun Anti- 
pater schwieg, forderte er ihn auf, da er doch in jeder 
Beziehung als Bösewicht entlarvt worden sei, wenigstens 
seine Mitschuldigen unverweilt zu nennen. Hierauf be- 
zeichnete Antipater den Antiphilus als Urheber des 
ganzen Planes, ohne jedoch sonst noch jemand anzu- 
geben. In höchster Wut wollte nun Herodes seinen 
Sohn sogleich nach Rom zum Caesar schicken, damit 
er daselbst für seine Anschläge zur Rechenschaft ge- 
zogen würde. Da er aber die Befürchtung nicht von 
sich zu weisen vermochte, er könne dort mit Hilfe 
seiner Freunde vielleicht doch noch seine Freisprechung 
durchsetzen , hielt er ihn weiter in t Gewahrsam und 



Siebzehntes Buch, 6. Kapitel. 


46$ 


schickte Gesandte mit Klageschriften zum Caesar, indem 
er ihn zugleich davon in Kenntnis setzen liess, inwie- 
fern Akme an den verbrecherischen Anschlägen beteiligt 
sei, zu welchem Zwecke er Abschriften der oben er- 
wähnten Briefe mitgab. 


Sechstes Kapitel. 

Aufruhr unter den Juden aus Anlass einer Erkrankung 
des Herodes. Die Krankheit verschlimmert sich. Des 
Königs letzte Anordnungen. 

1. Während die Gesandten, mit den nötigen An- 
weisungen versehen, zur Überbringung der Briefe nach 
Rom eilten , fiel der König in eine Krankheit und 
machte deshalb sein Testament, in welchem er aus Hass 
gegen seine beiden von Antipater verleumdeten Söhne 
Archelaus und Philippus seinen jüngsten Sohn zum 
Thronfolger ernannte sowie dem Caesar tausend Talente, 
der Gattin desselben, Julia, aber und den Söhnen, 
Freunden und Freigelassenen des Caesars fünfhundert 
Talente vermachte. Seine eignen Söhne und Enkel 
bedachte er mit Legaten , Leibrenten und Grundbesitz 
und vermachte auch seiner Schwester Salome grosse 
Reichtümer, weil sie ihm stets die höchste Treue be- 
wiesen und niemals Ränke gegen ihn geschmiedet habe. 
Weil er nun bei seinem vorgerückten Alter von beinahe 
siebzig Jahren auf Genesung nicht mehr hoffen durfte, 
befiel ihn eine heftige Erbitterung und leidenschaftliche 
Wut, besonders da er meinte , das Volk missachte ihn 
jetzt und freue sich über seine Erkrankung. Dazu kam 
noch, dass einige der Einflussreichsten unter dem Volke 
einen Aufruhr an zettelten , der sich folgendermassen 
entwickelte. 

2. Unter den Juden galten des Sariphaeus Sohn 
Judas und des Margaloth Sohn Matthias für bedeutende 
Redner und höchst erfahrene Ausleger des Gesetzes, 
und beim Volke erfreuten sie sich um so grösserer Be- 



464 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


liebtheit, als sie zugleich Lehrer der Jugend waren. 
Jeder, der nach wahrer Vollkommenheit strebte, ging in 
ihrem Hause ein und aus. Als diese beiden Männer 
erfuhren, des Königs Krankheit sei unheilbar, forderten 
sie die jungen Leute auf, alles, was der König dem 
väterlichen Gesetze zuwider eingeführt hatte, wieder ab- 
zuschaffen und den Lohn des heiligen Kampfes, den sie 
vorhätten, in der Befolgung der Gesetze zu suchen. 
Denn nur deswegen , sagten sie , weil der König in 
frevelhaftem Wagemut das Gesetz missachtet, habe ihn 
ausser vielem anderen ungewöhnlichen Missgeschick auch 
diese Krankheit heimgesucht. Herodes hatte nun aller- 
dings in mancher Beziehung das Gesetz übertreten, so- 
dass Judas und Matthias mit ihrer Beschuldigung nicht 
im Unrecht waren. Er hatte nämlich über dem grössten 
Thore des Tempels einen gewaltigen und kostbaren 
goldenen Adler anbringen lassen. Nun verbietet aber 
das Gesetz allen denen, die nach ihm ihr Leben ein- 
richten wollen, an die Errichtung von Bildwerken auch 
nur zu denken oder irgend welche lebenden Wesen in 
Weihgeschenken darzustellen. Die erwähnten Gesetzes- 
lehrer erklärten daher, der Adler müsse entfernt werden, 
und wenn auch manchen dabei der Tod ereilen würde, 
so müssten doch Männer, die für den Schutz der väter- 
lichen Gesetze in den Tod gingen, das für viel schöner 
halten als alle Freuden des Lebens, weil sie sich da- 
durch ewigen Nachruhm erwürben und für alle Zeiten 
ein ehrenvolles Andenken sicherten. Der Tod sei ja 
doch allen , auch denen , die ein gefahrloses Leben 
führten, bestimmt, und so müsse jeder, der nach wahrer 
Tugend strebe, darauf bedacht sein, rühmlich von hinnen 
zu scheiden. Zudem liege ein grosser Trost darin, bei 
gefahrvollen Unternehmungen sein Leben zu lassen, 
weil dann auch die gesamten Verwandten, Männer wie 
Frauen, an dem Ruhm ihren Anteil hätten. 

3. Mit solchen Reden reizten die Gesetzeslehrer die 
Jugend auf. Plötzlich verbreitete sich die Kunde, der 
König sei gestorben. Das kam den Aufwieglern nur 



Siebzehntes Buch, 6. Kapitel. 


465 


recht, und so zog am hellen Tage eine Schar nach dem 
Tempel hinauf, riss den Adler herunter und hieb ihn 
vor den Augen der im Heiligtum befindlichen Menge 
in Stücke. Als dies dem Statthalter des Königs hinter- 
bracht wurde, rückte er, weil er der Sache eine grössere 
Bedeutung beilegte , als sie in Wirklichkeit hatte , mit 
einer ansehnlichen Abteilung Soldaten aus, um den 
Empörern, die das Weihgeschenk des Königs zu zer- 
stören sich erdreistet hatten, entgegenzutreten, und fiel 
unversehens über dieselben her. Wie sich nun das ge- 
wöhnliche Volk bei Unternehmungen mehr von augen- 
blicklicher Aufwallung als von vernünftiger Überlegung 
leiten lässt, verloren auch hier die meisten völlig den 
Kopf, und so gerieten gegen vierzig junge Leute, die 
bei der Flucht des ganzen übrigen Haufens wacker 
standgehalten hatten, sowie die Anstifter der Empörung, 
Judas und Matthias, die es für schimpflich hielten, sich 
bei der Ankunft der Soldaten zurückzuziehen, in die 
Gewalt des Statthalters, der sie zum Könige führen 
liess. Als Herodes sie fragte, ob sie sein Weihgeschenk 
herabzureissen sich erfrecht hätten , entgegneten sie : 
„Was geplant war, haben wir geplant, und was vollführt 
worden ist, haben wir vollführt, wie es wackeren Männern 
ziemt. Wir haben das Haus Gottes in Schutz ge- 
nommen, und da wir durch häufige Anhörung des Ge- 
setzes gelernt haben, für dasselbe einzutreten, so ist es 
nicht zu verwundern, wenn wir die Vorschriften, die 
Moyses auf Gottes Befehl und Eingebung uns schriftlich 
hinterlassen hat, für wichtiger halten als deine An- 
ordnungen. Es wird uns ein Vergnügen sein, den Tod 
und jede Marter zu erleiden , da wir uns bewusst sind, 
dass wir nicht als Übelthäter, sondern als Eiferer für 
Gottes Sache in den Tod gehen.“ Diesen Worten 
pflichteten alle übrigen bei und bewiesen dieselbe Kühn- 
heit, die sie auch bei Begehung der That an den Tag 
gelegt hatten. Der König liess sie fesseln und nach 
Jericho bringen , wohin er auch die Vornehmsten der 
Juden beschied. Als diese sich versammelt hatten, 

Josepbus' jüdische Altertümer, II. SO 




466 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


liess der König sie ins Theater kommen und begann 
hier vom Bette aus, da er schon nicht mehr stehen 
konnte , herzuzählen , wie viele Strapazen er um des 
Volkes willen erduldet, mit wie grossen eigenen Kosten 
er den Tempel erbaut, was den Asamonäern während 
ihrer hundertfünfundzwanzigjährigen Regierungszeit nicht 
möglich gewesen sei, und wie er den Tempel mit pracht- 
vollen Weihgeschenken geschmückt habe, wofür er noch 
nach seinem Tode Lob und Dank zu ernten hoffe. 
Jetzt aber, rief er mit erhobener Stimme, könne er nicht 
einmal bei Lebzeiten sich der Beleidigungen erwehren, 
da man am hellen Tage seine Weihgeschenke herunter- 
zureissen und zu zerstören sich erkühne. Richte sich 
diese Beleidigung auch anscheinend nur gegen seine 
Person, so sei sie doch in Wirklichkeit, wenn man 
sie beim rechten Namen nennen wolle, eine Tempel- 
schändung. 

4. Da nun die Vornehmen bei der bekannten Grau- 
samkeit und dem Jähzorn des Königs befürchten 
mussten, es möchte auch ihnen schlecht ergehen, miss- 
billigten sie die That aufs schärfste und stimmten für 
strenge Bestrafung der Schuldigen. Trotzdem verfuhr 
Herodes ziemlich gelinde, entsetzte aber den Hohepriester 
Matthias als den teil weisen Urheber des Vorfalles seines 
Amtes und übertrug dasselbe an Jozar, den Schwager 
des Matthias. Unter dem Hohepriestertum des Matthias 
geschah es übrigens, dass für einen Tag, den Fasttag 
der Juden, ein anderer Hohepriester ernannt werden 
musste, und zwar um folgender Ursache willen. In der 
dem Fasttage voraufgehenden Nacht träumte Matthias, 
er wohne seinem Weibe bei, und da er deswegen kein 
Opfer darbringen konnte, übernahm sein Verwandter 
Joseph, der Sohn des Ellern, für ihn den Dienst. Diesen 
Matthias also entsetzte Herodes seines Amtes, den 
anderen Matthias aber , der den Aufruhr angestiftet 
hatte, liess er mit einigen seiner Genossen lebendig ver- 
brennen. In derselben Nacht fand eine Mondfinsternis 
statt 




Siebzehntes Buch, 6. Kapitel. 


467 


5. Des Herodes Krankheit nahm übrigens immer 
mehr zu , und Gott züchtigte ihn offenbar für seine 
Frevel thaten. Denn ein langsames Feuer verzehrte ihn, 
das jedoch äusserlich nicht die Glut verriet, mit der es 
seine Eingeweide durchwühlte. Dazu kam ein heftiges 
Verlangen, etwas zu nehmen, dem zu widerstehen un- 
möglich war. Weiterhin gesellten sich zu der Krank- 
heit Geschwüre in den Eingeweiden, und besonders 
quälten ihn grausame Schmerzen in den Därmen. Die 
Füsse waren ebenso wie der Unterleib von einer 
wässerigen , durchscheinenden Flüssigkeit aufgetrieben, 
und an den Geschlechtsteilen entstand ein fauliges 
Geschwür, welches Würmer erzeugte. Wenn der Kranke 
sich aufrichtete, litt er an quälender Atemnot, und der 
Gestank des Atems machte ihm ebenso viele Beschwerden 
als das angestrengte Atemholen. Endlich wüteten in 
fast allen Gliedern seines Körpers Krämpfe , die ihm 
eine unwiderstehliche Kraft gaben. Die Wahrsager, 
welche sich auf die Deutung solcher Heimsuchungen 
verlegten, waren der Meinung, Gott habe dem König 
für seine Bosheit diese schwere Strafe zuerkannt. 
Herodes selbst indes hoffte , obgleich er schrecklicher 
litt, als einem Menschen zu ertragen möglich schien, 
immer noch auf Heilung, liess Ärzte kommen und be- 
folgte ihre Vorschriften aufs genaueste. Ja, er liess 
sich sogar über den Jordan bringen und gebrauchte die 
warmen Bäder zu Kallirrhoe, welche neben anderen 
vortrefflichen Eigenschaften auch die haben, dass sie 
trinkbar sind. Das Wasser der Quellen ergiesst sich 
in den Asphaltsee. Als ihn hier die Ärzte so weit ge- 
bessert glaubten , Hessen sie ihn in eine mit öl gefüllte 
Badewanne setzen, wo er beinahe gestorben wäre. Da 
aber seine Diener ein Geschrei erhoben, kam er wieder 
zu sich, gab jetzt selbst die Hoffnung, je wieder zu ge- 
nesen, auf und befahl, den Soldaten Mann für Mann 
fünfzig Drachmen auszuteilen. Den Führern und seinen 
Freunden machte er gleichfalls reiche Geschenke und 
kehrte dann nach Jericho zurück, wo ihn die schwarze 

30 * 



468 


Josephus’ JUdische Altertümer. 


Galle 1 ergriff und ihn derartig verbitterte, dass er gegen 
sein Ende hin noch folgende Schandthat ersann. Er 
befahl, dass die Vornehmen des ganzen Volkes sich 
bei ihm einfinden sollten; es war das aber eine ganz 
gewaltige Menge, weil sie aus dem gesamten Volke zu- 
sammenkamen und alle dem Befehl folgten, da auf 
Widersetzlichkeit die Todesstrafe stand. Diese ganze 
Menge nun liess der König, der in gleicherweise gegen 
Schuldige wie Unschuldige wütete , in der Rennbahn 
einschliessen , entbot dann seine Schwester Salome und 
deren Gatten Alexas zu sich und äusserte, er werde, 
weil ihn so grässliche Schmerzen quälten, wohl bald 
sterben. Das sei nun zwar . an sich nichts Schlimmes, 
da es allen Menschen bevorstehe, und nur das eine 
thue ihm leid, dass er unbetrauert und unbeklagt sterben 
solle, wie es eines Königs unwürdig sei. Er kenne ja 
die Gesinnung der Juden recht wohl und wisse, dass 
sie sich über nichts so sehr freuen würden, als über 
seinen Tod , da sie schon bei seinen Lebzeiten sich 
gegen ihn empört und sein Weihgeschenk geschändet 
hätten. Es werde also Pflicht der Salome und ihres 
Gatten sein, diesem Übelstand abzuhelfen. Wenn sie 
seiner Meinung beipflichteten , müssten sie ihm ein 
glänzendes Leichenbegängnis veranstalten, wie es noch 
nie einem Könige zuteil geworden sei, und das ganze 
Volk werde dann aufrichtig um ihn trauern, während 
es ihn sonst nur mit Spott und Hohn beklagen werde. 
Sobald sie daher wahrnähmen, dass er seinen Geist auf- 
gegeben habe, sollten sie die Rennbahn von Soldaten 
umzingeln lassen, ohne dieselben seinen Tod, den sie 
erst nach vollbrachter That erfahren dürften, merken 
zu lassen, und dann alle eingeschlossenen Juden mit 
Pfeilen erschiessen lassen. Durch eine solche That 
würden sie ihm eine doppelte Freude bereiten, indem 
sie sowohl den letzten Willen eines Sterbenden erfüllten, 
als auch eine seiner würdige Totenklage zustande 


1 D. i. hochgradige Gelbsucht. 




Siebzehntes Buch, 7. Kapitel. 


469 


brach teD. Diesen Auftrag gab er seiner Schwester und 
seinem Schwager unter Jammergestöhn und beschwor 
sie bei ihrer verwandtschaftlichen Liebe und bei ihrem 
Glauben an Gott, ihm diese Ehrung nicht zu ver- 
weigern , was die beiden denn auch thun zu wollen 
versprachen. 

6. Kann man nun allenfalls des Herodes früheres 
Verhalten gegen seine Angehörigen noch damit recht- 
fertigen, dass ihm die Sorge um sein eigenes Leben 
dasselbe auf genötigt habe, so muss doch diese letzte 
Anordnung als ein Zeichen unmenschlicher Grausamkeit 
erscheinen. Denn nichts geringeres hatte er vor, als 
das gesamte Volk in Trauer und Wehklage um die 
Teuersten zu versetzen, indem er aus jeder Familie ein 
Mitglied dem Tode geweiht wissen wollte, ohne dass 
die von der Anordnung Betroffenen ihn beleidigt odfer 
auch nur den Schatten einer Übelthat auf sich geladen 
hatten, während es doch sonst als Regel gilt, dass 
jemand, der sich nur noch einen Rest von menschlichem 
Gefühl bewahrt hat , in solchen Lebenslagen seinen 
Hass selbst gegen diejenigen, die er mit Recht als seine 
Feinde betrachten kann, gänzlich ablegt. 


Siebentes Kapitel. 

Herodes beabsichtigt Selbstmord. Antipaters Hinrichtung. 

Während Herodes seinen Verwandten diesen Auftrag 
erteilte, kamen aus Rom Briefe an, in welchen die zu 
Augustus geschickten Männer mitteilten , dass Akme 
von dem aufs äusserste entrüsteten Caesar zum Tode 
verurteilt und hingerichtet worden sei, weil sie Antipaters 
Frevelthaten unterstützt habe, dass aber Antipater vor- 
läufig am Leben gelassen worden sei, damit Herodes 
seiner königlichen und väterlichen Gewalt gemäss selbst 
darüber entscheide, ob er ihn in die Verbannung schicken 
oder mit dem Tode bestrafen wolle. Als Herodes diese 
Nachrichten erhielt, liess die Kunde vom Tode der 



470 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Akme und die Gewissheit, dass er nun die Vollmacht 
besitze, seinen Sohn hinrichten zu lassen, seinen ge- 
brochenen Lebensmut wieder in etwa erstarken. Da 
aber bald nachher seine Qualen sich aufs äusserste 
steigerten und eine grosse Erschöpfung ihn befiel, wollte 
er etwas .gemessen und verlangte deshalb einen Apfel 
und ein Messer. Er war nämlich gewöhnt, das Obst 
eigenhändig zu schälen und in Stücke zu schneiden. 
Als ihm das Verlangte gebracht worden war, blickte er 
um sich und wollte sich dann selbst mit dem Messer 
erstechen. Sein Vorhaben wäre ihm auch gelungen, 
wenn sein Vetter Achiab ihn nicht bei der Hand er- 
griffen 'hätte. Achiab erhob ein lautesJGeschrei , und 
es entstand im Palaste eine solche Bestürzung und ein 
solches Jammern, als ob der König wirklich gestorben 
wäre. Auch Antipater glaubte aus dem Tumult 
schliessen zu müssen, dass sein Vater aus dem Leben 
geschieden sei, und begann bereits voll Zuversicht, als 
wenn er nun gleich in Freiheit gesetzt und ohne weiteres 
den Thron besteigen würde , mit dem Kerkermeister 
wegen seiner Entlassung zu unterhandeln , indem er 
ihm nicht nur für den Augenblick, sondern auch für 
später die glänzendsten Versprechungen machte, weil es 
jetzt gelte, entschlossen zu handeln. Der Kerkermeister 
indes .wies nicht inur Antipaters [Begehren [von der 
Hand, sondern meldete auch sein Vorhaben dem Könige. 
Als Herodes, der schon ohnehin auf seinen Sohn sehr 
schlecht t zu sprechen war, den Bericht des Kerker- 
meisters vernahm, schrie er laut auf und zerschlug sich 
das Haupt, obgleich er schon in den letzten Zügen lag. 
Dann stützte er sich auf den Ellbogen und befahl, 
sofort einige Trabanten zu beordern, dass sie hingingen 
und Antipater töteten, seine Leiche aber zu Hyrkania 
ohne alle Ehrenbezeugungen bestatteten. 



Siebzehntes Buch, 8. Kapitel. 


471 


Achtes Kapitel. 

Des Herodes Testament, Tod und Leichenbegängnis. 

1. Herodes änderte nun abermals seinen letzten Willen 
und liess ein neues Testament aufsetzen, in welchem er 
den Antipas, den er früher zum Könige bestimmt hatte, 
zum Tetrarchen von Galilaea und Peraea ernannte, 
während er dem Archelaus die Thronfolge zuerkannte. 
Weiterhin gab er Gaulonitis, Trachonitis, Batanaea und 
Panias seinem Sohne Philippus, dem Bruder des Archelaus, 
als Tetrarchie und vermachte seiner Schwester Salome 
Jamnia, Azot und Phasaelis sowie fünfhunderttausend 
geprägte Silberstücke. Auch alle seine übrigen Verwandten 
bedachte er mit Legaten und Jahresrenten in reichem 
Masse. Dem Caesar vermachte er zehn Millionen Silber- 
stücke nebst goldenen und silbernen Gefässen und äusserst 
kostbaren Gewändern, der Gattin des Caesars, Julia, aber 
und einigen anderen Personen fünf Millionen. Hierauf 
starb er 1 , fünf Tage nach Antipaters Hinrichtung, vier- 
unddreissig Jahre nach der Ermordung des Antigonus 
und sieben unddreissig Jahre nach seiner Ernennung zum 
Könige durch die Römer. Er war ein Mann, der gegen 
alle ohne Unterschied mit gleicher Grausamkeit wütete, 
im Zorn kein Mass kannte und sich über Recht und Ge- 
rechtigkeit erhaben dünkte, dabei aber die Gunst des 
Glückes, wie kein anderer, erfuhr. Denn aus niedrigem 
Stande zur Königswürde erhoben und von zahllosen Ge- 
fahren bedroht, entging er allem äusseren Unheil und 
starb erst in vorgerücktem Alter. Was indes seine häus- 
lichen Verhältnisse und besonders die Beziehungen zu 
seinen Söhnen angeht, so war er zwar auch hierin, wie 
er selbst glaubte, völlig glücklich, da er in seinen Söhnen 
seine Feinde überwunden zu haben glaubte, meiner 
Meinung nach aber ein höchst unglücklicher und be- 
dauernswerter Mensch. 


1 4 v. Chr. Hiernach wäre das, wirkliche Geburtsjahr Jesu Christi 
etwa in das siebente Jahr vor Beginn unserer Zeitrechnung zu verlegen. 



472 


Joseph ns’ Jüdische Altertümer. 


2. Noch ehe der Tod des Königs bekannt geworden 
war, entliessen Salome und Alexas die in der Rennbahn 
eingeschlossenen Juden nach Hause mit dem Bemerken, 
der König befehle ihnen heimzukehren und ihren Be- 
schäftigungen wieder obzuliegen. Hiermit erwiesen die 
beiden dem gesamten Volke eine grosse Wohlthat. All- 
mählich verbreitete sich nun die Nachricht vom Ableben 
desHerodes im Volke; Salome und Alexas aber beriefen 
das ganze Heer in das Theater zu Jericho und lasen 
zunächst das Schreiben vor, welches der König an seine 
Soldaten gerichtet hatte und worin er ihnen für ihre 
Treue und Ergebenheit dankte und sie bat, dieselbe Ge- 
sinnung auch auf seinen zum Könige ernannten Sohn 
Archelaus zu übertragen. Darauf las Ptolemaeus, dem 
das Siegel des Königs an vertraut war, das Testament 
vor, welches aber, um Gültigkeit zu erlangen, erst vom 
Caesar bestätigt werden musste. Sogleich erhob sich 
nun ein allgemeines Freuden geschrei zu Ehren des 
Archelaus, und Soldaten wie Offiziere gelobten diesem 
dieselbe Treue und Anhänglichkeit, die sie seinem Vater 
erwiesen hatten ; auch flehten sie Gottes Segen auf seine 
Regierung herab. 

3. Alsdann bereitete man dem Könige das Leichen- 
begängnis , welches Archelaus mit verschwenderischer 
Pracht ausstattete. Herodes wurde auf einem goldenen, 
mit vielen und kostbaren Edelsteinen verzierten Trag- 
bett zu Grabe getragen, dessen Decke von Purpur 
glänzte, und auch der Leichnam selbst war mit dem 
Königspurpur bekleidet. Auf dem Haupte ruhte ein 
Diadem mit überragender Krone von Gold, und die 
Rechte hielt das Scepter. Das Tragbett umgaben des 
Königs Söhne und die grosse Menge seiner Verwandten, 
an welche sich die nach Völkerschaften abgeteilten und 
mit deren Namen bezeichneten Soldaten anschlossen, und 
zwar in folgender Ordnung. Zuerst schritt die Leibwache 
einher, dann folgten der Reihe nach die Thraker, Ger- 
manen und Gallier, alle in voller Rüstung, und hieran 
schlossen sich die übrigen Krieger mit ihren Führern 


Go gle 



Siebzehntes Buch, 8. Kapitel. 


473 


und Hauptleuten, wie zur Schlacht gerüstet. Den Schluss 
bildeten fünfhundert Diener, welche Spezereien trugen. 
So bewegte sich der Zug acht Stadien 1 weit bis nach 
Herodium , wo der König seinem Befehle gemäss bei- 
gesetzt wurde. Dies war das Ende des Herodes. 

4. Archelaus beobachte zu Ehren seines Vaters der 
Gewohnheit des Landes gemäss eine siebentägige Trauer, 
nach deren Beendigung er das Volk bewirtete und sich 
zum Tempel hinaufbegab, begleitet von den Segens- 
wünschen und dem Freudenjauchzen der Menge, die einen 
wahren Wetteifer in scheinbar herzlichen Zurufen ent- 
faltete. Hierauf bestieg Archelaus eine Anhöhe und er- 
klärte unter beständigen Huldigungen des Volkes, wie 
angenehm ihm diese Beweise von Ergebenheit seien, 
dankte dafür, dass man seines Vaters Härte so schnell 
vergessen habe, und versprach, eifrigst auf Vergeltung 
dieser Anhänglichkeit bedacht zu sein. Vorläufig ver- 
zichte er noch auf den Königstitel, da er diese ehren- 
volle Benennung sich erst dann beilegen dürfe, wenn 
der Caesar das Testament seines Vaters bestätigt habe. 
Aus diesem Grunde habe er auch das ihm vom Heere 
an gebotene Diadem, so ehrenvoll das auch für ihn ge- 
wesen wäre, sich nicht aufs Haupt setzen wollen, bis er 
der Einwilligung dessen, der diese Ehrung zu gestatten 
habe, sicher sei. Wenn er aber endgiltig zur Regierung 
gelangt sei, werde er es sich angelegen sein lassen, den 
ihm entgegengebrachten guten Willen zu vergelten und 
in allen Stücken seinen Vater an Güte zu übertreffen. 
Die Menge nun, welche, wie das meistens zu geschehen 
pflegt, sich in dem Glauben befand, die Gesinnung derer, 
die die höchste Macht erlangen, trete schon gleich in 
der ersten Zeit zu Tage, erschöpfte sich, je herablassender 
und freundlicher Archelaus sie anredete, desto mehr in 
Lobeserhebungen und liess sofort schon ihre Wünsche 
laut werden. Die einen schrien um Verminderung der 


1 In der Geschichte des Jüdischen Krieges (I, 33, 9) heisst es: 
200 Stadien, und dies dürfte das richtigere sein. 



474 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


jährlichen Abgaben, die anderen um Freilassung der zahl- 
reichen Gefangenen, die Herodes schon so lange ein- 
gekerkert gehalten, und noch andere um Abschaffung 
der auf den Marktverkehr gelegten und bisher mit aller 
Strenge eingetriebenen Steuern. Archelaus erhob nicht 
den mindesten Widerspruch, da es ihm vorläufig nur 
darum zu thun war, sich des Volkes Gunst zu verschaffen, 
die er im Hinblick auf die zu erstrebende Bestätigung 
für unerlässlich hielt. Alsdann brachte er Opfer dar 
und begab sich mit seinen Freunden zum Mahle. 


Neuntes Kapitel. 

Wie das Volk sich gegen Archelaus empörte, und wie 
dieser nach Rom reiste. 

1. Unterdessen scharten sich einige aufrührerisch ge- 
sinnte Juden zusammen und beklagten unter grossem 
Geschrei den Tod des Matthias und seiner Genossen, die 
Herodes hatte hinrichten lassen und denen man bis 
dahin, weil sie wegen der Zerstörung des goldenen Adlers 
mit dem Tode bestraft worden waren, aus Furcht vor 
Herodes die Ehre einer feierlichen Beisetzung noch nicht 
erwiesen hatte. Gleichzeitig stiessen sie, als ob das den 
Verstorbenen zum Trost gereichen könnte, Schmähungen 
gegen Herodes aus. Alsdann hielten sie eine Versamm- 
lung ab und begehrten von Archelaus, er solle die Hin- 
richtung jener Männer an denen rächen, die sich der 
besonderen Wertschätzung des Herodes erfreut hatten. 
Vornehmlich aber solle er den von Herodes ernannten 
Hohepriester wieder absetzen und statt seiner einen 
anderen gesetzlicheren und zu dem Amte geeigneteren 
berufen. Archelaus ärgerte sich zwar sehr über dieses 
ungestüme Drängen, wollte aber die Forderungen nicht 
schroff zurückweisen, weil er sobald als möglich nach 
Rom zu reisen gedachte, um sich der Bestätigung des 
Caesars zu versichern. Er sandte deshalb einen seiner 
Offiziere zu ihnen, der sie bereden sollte, von ihrem Ver% 



Siebzehntes Buch, 9. Kapitel. 


475 


langen nach Rache abzustehen, in der Erwägung, dass 
ihre Freunde nach dem Gesetz mit dem Tode bestraft 
worden seien und dass demnach ihr Begehren sich durch- 
aus nicht zieme. Auch erfordere die Zeit ganz andere 
Dinge, und vor allem thue es not, einträchtig zusammen- 
zuhalten, bis Archelaus vom Caesar bestätigt und wieder 
zurückgekehrt sei. Dann wolle er über ihre Forderungen 
sich mit ihnen verständigen; einstweilen aber sollten sie 
sich zufrieden geben und nicht das Verbrechen der Em- 
pörung auf sich laden. 

2. Alles das liess ihnen Archelaus durch den Offizier 
vorstellen. Sie aber schrien gewaltig, schnitten dem 
Boten des Königs das Wort ab und bedrohten ihn sowie 
jeden anderen, der es wagen würde, sie von ihrem Vor- 
haben abwendig machen zu wollen, mit dem Tode, da 
sie ihrem eigenen Willen und nicht dem ihrer Vor- 
gesetzten gemäss zu handeln sich entschlossen hätten* 
Es sei doch unerträglich, dass ihre lieben Freunde, die 
sie bei Lebzeiten des Herodes verloren, nun nicht 
einmal nach seinem Tode gerächt werden sollten. In 
ihrer Aufregung hielten sie eben das, was ihrem Willen 
entsprach, auch für recht und gesetzlich, ohne dass sie 
an die Gefahr dachten, die daraus für sie entstehen 
konnte. Kam aber auch wirklich der eine oder andere 
auf einen solchen Gedanken, so trat er doch bald wieder 
hinter dem Verlangen nach Rache an ihren vermeint- 
lichen Todfeinden zurück. Und obwohl Archelaus noch 
manchen Boten zu ihnen entsandte, um sich mit ihnen 
zu verständigen, sowie auch noch viele andere Bürger 
aus eigenem Antrieb sich zu ihnen begaben, um sie auf 
vernünftigere Gedanken zu bringen, Hessen sie doch 
niemand zu Wort kommen. So entstand denn allmählich 
ein förmlicher Aufruhr, und es war leicht vorauszusehen, 
dass derselbe bald grössere Dimensionen annehmen würde, 
weil eine immer zahlreichere Menge sich an die Un- 
zufriedenen anschloss. 

3. Da um diese Zeit das Fest herannahte, an welchem 
die Juden nach väterlicher Sitte nur ungesäuertes Brot 


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476 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


essen (dieses Fest heisst Pascha und ist eingesetzt zur 
Erinnerung an den Auszug aus Aegypten; es wird mit 
grosser Freude begangen, und es werden an demselben 
mehr Opfertiere als an irgend einem anderen Feste ge- 
schlachtet, wie auch zu seiner Feier eine gewaltige Menge 
Menschen aus dem ganzen Lande, ja selbst aus dem 
Auslande zusammenströmt), hielten auch jene Aufrührer 
sich unter beständigen Klagen um die Gesetzeslehrer 
Judas und Matthias im Tempel zusammen. An den not- 
wendigen Lebensmitteln hatten sie dabei keinen Mangel, 
denn sie schämten sich nicht, dieselben von anderen sich 
zu erbetteln. Deshalb schickte Archelaus aus Besorgnis, 
die Verwegenheit der Aufrührer möchte zu einem schlimmen 
Ausgang führen, einen Hauptmann mit einer Abteilung 
Soldaten dorthin, um den Empörern Einhalt zu thun, 
ehe noch die übrige Volksmenge in den Taumel mit 
hineingerissen würde, und um die Rädelsführer festzu- 
nehmen und ihm vorzuführen. Gegen diese Soldaten 
aber hetzten die am Aufruhr beteiligten Gesetzeslehrer 
das Volk durch lärmende Zurufe auf, sodass es schliess- 
lich zum förmlichen Angriff des Volkes auf die Kriegs- 
leute kam, die umzingelt und grösstenteils mit Steinen 
zu Tode geworfen wurden , während der Hauptmann und 
einige wenige seiner Leute verwundet die Flucht ergreifen 
mussten. Nach dieser That wandte sich das Volk wieder 
den Opfern zu. Archelaus aber, der wohl einsah, dass 
seine ganze Macht in Gefahr stände, wenn er dem Un- 
gestüm der Menge nicht mit Nachdruck entgegenträte, 
bot seine ganze Streitmacht gegen die Empörer auf und 
liess besonders durch seine Reiterei die ausserhalb des 
Tempels befindliche Volksmenge verhindern, denen, die 
im Tempel waren, Hilfe zu leisten. Auch hatte die 
Reiterei den Befehl, diejenigen Aufrührer, welche den 
Händen der Fusssoldaten entschlüpften und sich schon 
in Sicherheit wähnten, abzufangen. Auf diese Weise 
wurden gegen dreitausend der Empörer von der Reiterei 
zusammengehauen, während der Rest sich auf die nahe- 
gelegenen Berge zurückzog. Archelaus liess alsdann ver- 


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Siebzehntes Buch, 9. Kapitel. 


477 


kündigen, es sollten sich alle nach Hause begeben, was 
denn auch geschah, da die Aufständischen es geraten 
fanden, aus Furcht vor grösserem Unheil sich vom Feste 
zu entfernen, nachdem sie sich aus Unerfahrenheit zu 
dem verwegenen Unternehmen hatten hinreissen lassen. 
Hierauf begab sich Archelaus mit seiner Mutter, Nikolaus, 
Ptolemaeus und vielen seiner Freunde ans Meer, nach- 
dem er die Sorge für sein Hauswesen und die Regierungs- 
geschäfte seinem Bruder Philippus übertragen hatte. 
Ferner begleitete ihn des Herodes Schwester Salome 
nebst ihren Söhnen und vielen anderen Verwandten, dem 
Scheine nach, um ihm bei Erlangung der Herrschaft 
behilflich zu sein, in Wirklichkeit aber, um ihm Hinder- 
nisse in den Weg zu legen und ganz besonders, um ihn 
wegen der Vorgänge im Tempel zu verklagen. In Caesarea 
begegnete dem Archelaus der Finanzverwalter des Caesars 
in Syrien, Sabinus, der nach Judaea eilte, um des Herodes 
Schätze in Verwahrung zu nehmen. Doch es kam noch 
rechtzeitig Varus hinzu, der ihn von der Weiterreise Ab- 
stand nehmen hiess. Den Varus aber hatte Archelaus 
durch Ptolemaeus herbeirufen lassen, und ihm zuliebe 
besetzte Sabinus weder die Festungen Judaeas, noch ver- 
siegelte er die Schätze, sondern liess sie in der Gewalt 
des Archelaus, bis der Caesar nähere Bestimmungen ge- 
troffen haben würde. Dann gab er dem Archelaus ein 
förmliches diesbezügliches Versprechen und blieb in 
Caesarea zurück. Kaum aber war Archelaus nach Rom 
und Varus nach Antiochia abgereist, als Sabinus sich 
sogleich nach Jerusalem begab und den Palast in Besitz 
nahm. Hierauf liess er die Festungskommandanten und 
alle Verwaltungsbeamten rufen, forderte sie auf, Rechen- 
schaft abzulegen, und wollte mit den Festungen nach 
seinem Gutdünken verfahren. Die Beamten des Archelaus 
aber hielten sich streng an dessen Befehle und erklärten, 
alles der Entscheidung des Caesars Vorbehalten zu 
wollen. 

4. Um diese Zeit reiste auch Antipas, der Sohn des 
Herodes (von der Samariterin Malthake), nach Rom in 




478 Joseph us’ Jüdische Altertümer. 

der Absicht, sich daselbst um den Thron zu bewerben. 
Verleitet wurde er hierzu durch die Vorspiegelungen der 
Salome, die ihm einraunte, er habe bei weitem mehr 
Anspruch auf die Regierung als Archelaus, da er indem 
früheren Testamente, welches grössere Giltigkeit wie das 
spätere habe, zum König ernannt worden sei. Antipas 
hatte auch seine Mutter bei sich sowie Ptolemaeus, den 
Bruder des Nikolaus, der einst ein besonderer Vertrauter 
des Herodes gewesen war, nun aber auf seiner Seite stand. 
Am meisten jedoch wurde Antipas zur Bewerbung um 
die Herrschaft veranlasst durch den Redner Irenaeus, 
der seiner hervorragenden Beredsamkeit wegen . es bis 
zum Verwalter des Reiches gebracht hatte. Deshalb 
schenkte auch Antipas denen, welche ihm rieten, dem 
Archelaus als dem älteren von ihnen und als dem im 
letzten Testamente seines Vaters vorherbestimmten Könige 
den Vorrang zu lassen, kein Gehör. Als er nun nach 
Rom gekommen war, ergriffen sämtliche Verwandten seine 
Partei, nicht so sehr aus Anhänglichkeit gegen ihn, als 
aus Hass gegen Archelaus. Vor allem nämlich wünschten 
sie frei zu sein und nur unter dem römischen Land- 
pfleger zu stehen; sollte ihnen das aber nicht gelingen, 
so hofften sie bei Antipas immer noch besser zu fahren 
als bei Archelaus und boten daher alles auf, um dem 
ersteren zur Herrschaft zu verhelfen. Übrigens verklagte 
auch Sabinus brieflich den Archelaus beim Caesar. 

5. Archelaus übersandte nun dem Augustus einen 
Brief, in welchem er seine Rechtsansprüche verteidigte, 
nebst dem Testament seines Vaters, ordnete dann den 
Ptolemaeus mit einem Verzeichnis der von Herodes 
hinterlassenen Schätze und mit dessen Siegel an ihn ab 
und sah nun dem Erfolg seiner Bemühungen entgegen. 
Als der Caesar die Schriftstücke sowie die Briefe des 
Varus und des Sabinus gelesen, sich von dem Nachlasse 
des Herodes und den jährlichen Einkünften Kenntnis 
verschafft und auch den Brief des Antipas, in welchem 
dieser sich um die Herrschaft bewarb, erhalten hatte, 
berief er seine Vertrauten zusammen, um deren Meinungs- 


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Siebzehntes Buch, 9. Kapitel. 


479 


äusserungen entgegenzunehmen, darunter auch Gajus, 
den Sohn Agrippas unc^ der Julia, der Tochter des Caesars, 
den der letztere adoptiert und dem er im Rate den ersten 
Platz zuerkannt hatte. Auf die Aufforderung des Augustus, 
zu der vorliegenden Angelegenheit das Wort zu ergreifen, 
meldete sich zuerst Antipater, der Sohn der Salome, ein 
äussert gewandter und dem Archelaus sehr feindlich ge- 
sinnter Mann, welcher ausführte, Archelaus bewerbe sich 
wohl jetzt nur zum Scherz um die Herrschaft, da er 
sich die Gewalt schon angemasst, ehe der Caesar ihm 
dieselbe bestätigt habe. Beweis dessen sei die Kühnheit, 
mit der er am Feste so viele Menschen habe umbringen 
lassen. Denn wenn dieselben auch unrecht gehandelt 
hätten, so hätte ihre Bestrafung doch der rechtmässigen 
Obrigkeit Vorbehalten bleiben müssen. Keinesfalls aber 
hätte dieselbe von einem Manne vollzogen werden dürfen, 
der, wenn er so als König verfahren wäre, den Caesar 
beleidigt haben würde, da ihm dessen Gesinnung gegen 
ihn noch gar nicht bekannt gewesen sei. Habe er aber 
so als Privatmann gehandelt, so sei die Sache noch viel 
schlimmer, und es dürfe einem Manne, der sich um die 
Königswürde bemühe, vom Caesar nicht die Gewalt ge- 
geben werden, deren er vorher diesen selbst beraubt 
habe. Weiterhin machte er dem Archelaus zum Vorwurf, 
dass er einige Militärobersten ihrer Stellungen enthoben, 
dass er sich auf den königlichen Thron gesetzt, Streitig- 
keiten entschieden, als ob er schon König wäre, den 
Forderungen, die das Volk öffentlich vorgebracht, Er- 
füllung zugesagt, kurz sich in allem so benommen habe 
dass er auch nicht mehr hätte thun können, wenn er 
vom Caesar bereits bestätigt gewesen sei. Dann be- 
schuldigte er ihn, die in der Rennbahn Eingeschlossenen 
freigelassen zu haben, und brachte manches andere bei, 
das teils auf Wahrheit beruhte, teils deshalb den Schein, 
der Wahrheit an sich trug, weil derartiges von jungen 
Leuten, die aus Herrschsucht voreilig ihre Hand nach 
der Krone ausstrecken, verübt zu werden pflegt. Ja, er 
warf ihm sogar vor, dass er die Trauer um seinen Vater 




480 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


vernachlässigt und gleich in der ersten Nacht nach dessen 
Tod Schmausereien veranstaltet habe, worauf auch die 
Empörung des Volkes zurückzuführen sei. Wenn er nun 
seinem Vater, der ihm so viele und grosse Wohlthaten 
erwiesen, mit so schlechtem Dank gelohnt habe, dass er 
am Tage wie ein echter Schauspieler Trauer geheuchelt 
und die Nächte hindurch in königlichen Lüsten geschwelgt 
habe, so werde er sich gewiss gegen den Caesar, wenn 
er von ihm die Herrschaft erlange, nicht anders be- 
nehmen. Denn er ergötze sich an Gesang und Tanz, 
als ob sein schlimmster Feind, nicht aber ein ihm so 
nahestehender Wohlthäter aus dem Leben geschieden 
wäre. Das Schlimmste aber sei, dass er erst jetzt zum 
Caesar komme, um dessen Bestätigung zu erbitten, nach- 
dem er schon vorher alles nach seinem eignen Gut- 
dünken vollführt habe, obgleich er das erst hätte thun 
dürfen, nachdem sein oberster Herr ihm die Vollmacht 
dazu gegeben. Besonders viel Wesens machte Antipater 
aus dem im Tempel angerichteten Blutbad : an 
einem hohen Festtage seien Fremde wie Einheimische 
gleich Schlachtopfern hingewürgt und der Tempel mit 
den Leichen der Erschlagenen angefüllt worden, und das 
nicht etwa auf Geheis s eines Fremden, sondern dessen, 
der unter dem Vorwand königlicher Machtvollkommen- 
heit sich zu dieser That habe hinreissen lassen, um in 
tyrannischer Willkür die schändlichste Ungerechtigkeit 
begehen zu können. Daher sei es dem Herodes, der den 
Charakter des Archelaus genau gekannt habe, nicht ein- 
mal im Traume eingefallen, diesen zu seinem Nach- 
folger zu ernennen. Vielmehr habe er in dem Testa- 
mente, das den meisten Anspruch auf Rechtsgiltigkeit 
habe, dessen Gegner Antipas als König eingesetzt, und 
zwar nicht etwa zu einer Zeit, als seine körperlichen 
und geistigen Kräfte schon nachgelassen hätten , sondern 
bei vollem Verstände und im Besitze derjenigen körper- 
lichen Rüstigkeit, die zu solchen Handlungen erforder- 
lich sei. Aber selbst wenn auch des Herodes Urteil über 
Archelaus früher schon ebenso gelautet hätte, als in dem 



Siebzehntes Buch, 9. Kapitel. 


481 


späteren Testamente, so habe der letztere doch hin- 
länglich zu erkennen gegeben , wie er sich als König 
benehmen wolle, da er den Caesar, in dessen Macht es 
stehe, ihm die Königswürde zu verleihen, in diesem 
Rechte beeinträchtigt und schon als Privatmann kein 
Bedenken getragen habe, im Tempel seine Mitbürger 
hinzuschlachten. 

6. Nachdem Antipater so gesprochen und viele seiner 
Verwandten als Zeugen für die Wahrheit seiner Worte 
aufgerufen hatte, beendigte er, seine Rede, und es erhob 
sich nun Nikolaus, der Sachwalter des Archelaus, und 
sprach: „Die Vorgänge im Tempel sind mehr der Hart- 
näckigkeit derer zuzuschreiben, die dabei den Tod ge- 
funden haben, als der Willkür des Archelaus. Denn 
diejenigen, welche sich auf solche Dinge einlassen, be- 
gehen nicht nur dadurch Unrecht, dass sie Unschuldige 
aufreizen , sondern auch dadurch , dass sie die Rache 
der Friedliebenden herausfordern. Den Worten nach 
haben zwar diese Menschen Feindseligkeiten gegen 
Archelaus begangen, in Wahrheit aber offen gegen den 
Caesar gefrevelt. Denn es steht ,fest, dass jene Auf- 
rührer die Soldaten, die Archelaus zur Unterdrückung 
der Bewegung gegen sie gesandt hatte, angegriffen und 
niedergemacht haben , ohne Rücksicht auf Gott und 
unsere heiligsten Festtage zu nehmen. Das sind also 
die Menschen, die Antipater hier in Schutz zu nehmen 
sich erdreistet, sei es nun, dass er dadurch seinem Hasse 
gegen Archelaus Ausdruck verleihen will, sei es, dass 
^r für Recht und Gerechtigkeit keine Empfindung mehr 
hat. Denn die, welche andere angreifen und unversehens 
überfallen, zwingen die Angegriffenen selbst wider deren 
Willen, die Waffen in die Hand zu nehmen. Für alles 
übrige aber , was hier dem Archelaus vorgeworfen 
worden ist, muss er die Schuld den Anklägern beimessen, 
die seine Ratgeber gewesen sind. Denn nichts von dem, 
was hier als Unrecht ausgegeben wurde, ist ohne ihren 
Rat geschehen, und es handelt sich auch in Wirklichkeit 
£ar nicht um Unrecht, sondern man stellt die Thaten 

Josephus’ Jüdische Altertümer, II. 31 



482 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


nur aus Hass gegen Archelaus als Ungerechtigkeiten 
dar. Hieraus kann man ersehen, wie gross die Sucht 
der Ankläger ist, ihrem Verwandten zu schaden, der 
sich doch um ihren eigenen Vater so verdient gemacht 
und ihnen selbst alle möglichen Freundschaftsdienste 
erwiesen hat. Sein Testament aber hat Herodes bei 
vollem Verstände aufgesetzt, und zweifellos ist da» 
letzte Testament gütiger als das erste, zumal er alle 
darin enthaltenen Bestimmungen der Genehmigung des 
Caesars Vorbehalten hat. Es ist daher nicht zu be- 
fürchten, dass der Caesar die Unbilligkeit derjenigen 
nachahmen wird , die , nachdem sie bei Lebzeiten des 
Herodes aus dessen Macht nur Nutzen gezogen haben, 
jetzt nach seinem Tode sich seinem Willen widersetzen, 
und das in dem Bewusstsein , dass sie sich bei weitem 
um Herodes nicht so verdient gemacht haben wie 
Archelaus. Denn der Caesar ist nicht der Mann , der 
das ihm zur Bestätigung vorgelegte Testament eines 
Freundes und Bundesgenossen, der sich wie in allen 
Stücken so auch in diesem Punkte völlig seinem Willen 
untergeordnet hat, für ungiltig erklären wird. Das ent- 
spricht in keiner Weise seinem Gerechtigkeitsgefühl und 
seiner Treue, die in der ganzen Welt bekannt ist, und 
er wird es sich nicht beifallen lassen, zu erklären, ein 
König, der einen braven Sohn zu seinem Nachfolger 
bestimmt und dazu auch noch den Caesar um die Be- 
stätigung seines Testamentes gebeten hat, sei nicht mehr 
bei gesundem Verstände gewesen. Denn wenn Herodes 
bei Abfassung seines Testamentes noch so viel Verstand 
besessen hat, dass er alles der Genehmigung des Caesars 
anheimstellte, so musste er doch auch bei der Wahl 
seines Nachfolgers noch im vollen Besitz seiner Geistes- 
kräfte sein.“ 

7. Hiermit schloss Nikolaus seine Rede. Der Caesar 
aber richtete den Archelaus, der sich ihm zu Füssen 
geworfen hatte, freundlich auf und erklärte ihn für am 
würdigsten zur Bekleidung der königlichen Gewalt, 
womit er deutlich zu verstehen gab, er sei so gesinnt. 




Siebzehntes Buch, 10. Kapitel. 


483 


dass er nichts anderes anordnen werde, als was das 
Testament bestimme und was dem Archelaus zum Vor- 
teil gereiche. Da er nun merkte, dass Archelaus infolge 
dieses hinreichenden Beweises seines Wohlwollens von 
Vertrauen zu ihm durchdrungen sei, hielt er es für ge- 
raten, vorläufig nichts Endgiltiges festzusetzen. Als- 
dann entliess er die Versammelten und ging mit sich 
zu Rate, ob er den Archelaus auf dem Throne be- 
stätigen oder das Reich unter alle Söhne des Herodes, 
die, wie er sah, seiner Hilfe in hohem Grade bedurften, 
gleichmässig teilen solle. 


Zehntes Kapitel. 

Aufstand der Juden gegen Sabinus. Varus stellt die 
Ordnung wieder her. 

1. Bevor aber in dieser Angelegenheit ein endgiltiger 
Beschluss gefasst war, erkrankte und starb des Archelaus 
Mutter Malthake, und zugleich kam von Varus, dem 
Statthalter Syriens, ein Brief an, worin er von einem 
Aufstand der Juden Meldung machte. Nach der Ab- 
reise des Archelaus nämlich hatte sich das gesamte 
Volk empört. Varus aber schritt nach seiner Ankunft 
gegen die Rädelsführer ein , dämpfte den nicht un- 
bedeutenden Aufruhr zum grössten Teil und begab sich 
dann nach Antiochia zurück, nachdem er in Jerusalem 
eine Legion zurückgelassen hatte, um die Juden im 
Zaume zu halten, falls sie wieder unruhig würden. Doch 
war es ihm nicht gelungen , den Aufstand völlig zu 
unterdrücken. Denn sobald Varus abgereist war, machte 
Sabinus, der als stellvertretender Landpfleger zurück- 
geblieben war, den Juden mancherlei zu schaffen, indem 
er hoffte, mit der ihm zu Gebote stehenden nicht ge- 
ringen Truppenmacht ihrer Herr werden zu können. Er 
nahm überallhin eine Schar bewaffneter Trabanten mit, 
durch welche er die Juden bedrückte und zu neuem 
Aufruhr reizte, sodass sie, von Gewinnsucht und Raub- 



484 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


lust getrieben, sich der Kastelle zu bemächtigen suchten, 
welche die königlichen Schätze bargen. 

2. Als nun das Fest Pentekoste herannahte, strömten 
in Jerusalem nicht nur zum Gottesdienste, sondern 
auch aus Erbitterung über die Gewaltthätigkeit des 
Sahinus eine Menge Einwohner aus Galilaea, Idumaea 
und Jericho, die nach Tausenden zählten, zusammen. 
Ausserdem fanden sich alle Bewohner der jenseits des 
Jordans gelegenen Landesteile ein, und endlich schloss 
sich eine grosse Anzahl Juden an, die noch mehr als 
alle anderen vor Begierde brannten, sich an Sabinus zu 
rächen. Die ganze Masse teilte sich in drei Abteilungen, 
deren erste sich in die Rennbahn warf, während von 
den beiden übrigen die eine die östliche Seite des 
Tempels von der Kordseite an bis zur Südseite, die 
andere die westliche Seite, wo die Königsburg lag, be- 
setzte. Man verfolgte damit den Zweck, die Römer von 
allen Seiten einzuschliessen und sie zu belagern. Sabinus, 
den ebenso sehr die grosse Menge der Aufrührer wie die 
Verwegenheit, mit der sie lieber sterben als unterliegen 
wollten, in Schrecken versetzte, gab sogleich dem Varus 
briefliche Nachricht und bat ihn um schleunige Hilfe, 
da die in Jerusalem zurückgelassene Legion in der 
grössten Gefahr schwebe und nahe daran sei, gefangen 
und niedergemacht zu werden. Dann stieg er auf den 
höchsten Turm der Burg, der zu Ehren Phasaels, des 
Bruders des Herodes , nachdem die Parther ihn um- 
gebracht hatten, errichtet und nach ihm Phasael genannt 
worden war, und gab den Römern das Zeichen zum 
Angriff auf die Juden. Während er nun selbst nicht 
einmal zu seinen Freunden hinabzusteigen wagte, ver- 
langte er doch von anderen, dass sie sich seiner Hab- 
sucht wegen in Todesgefahr stürzen sollten. Die Römer 
rückten also aus, und es entspann sich ein scharfer 
Kampf, iiy welchem zuletzt die Römer Sieger blieben. 
Dennoch verloren die Juden in der Gefahr und beim 
Anblick der vielen auf ihrer Seite Gefallenen nicht den 
Mut, sondern machten eine Schwenkung, stiegen auf 




Siebzehntes Buch, 10. Kapitel. 


485 


die um den äusseren Vorhof des Tempels liegenden 
Hallen, erneuerten den Kampf und warfen teils mit 
den Händen , teils mit Schleudern Steine von oben 
hinab, da sie in dieser Art des Kampfes besonders ge- 
übt waren. Zwischen ihnen verteilten sich dann noch 
sämtliche Bogenschützen und fügten den Römern ge- 
waltigen Schaden zu, weil sie an einem erhabenen Orte 
standen, wo die feindlichen Geschosse sie nicht erreichen 
konnten, während sie selbst ohne Mühe den Gegnern 
zuzusetzen vermochten. Auf diese Art zog sich der 
Kampf lange Zeit hin, bis endlich die Römer in ihrer 
Erbitterung, ohne dass die oben befindlichen Juden es 
merkten, Feuer in die Hallen warfen, welches, da sie 
den Feuerbränden leicht entzündliche Stoffe zufügten, 
alsbald das Dach ergriff. Dieses aber wurde bei der 
grossen Menge von Pech, Wachs und mit Wachs über- 
zogenem Golde, das sich an ihm vorfand, sehr schnell 
ein Raub der Flammen, und so war das gewaltige und 
bewunderungswürdige Werk rasch zerstört. Alle, die 
auf den Hallen standen, fanden auf diese Weise un- 
versehens den Tod. Denn die einen stürzten mit dem 
einbrechenden Dache herab , die anderen wurden von 
den Feinden niedergemacht, und viele, die keinen Aus- 
weg z ur Rettung erspähen konnten und vor Entsetzen 
ausser sich w aren , warfen sich ins Feuer oder töteten 
sich, um den Flammen zu entgehen, mit dem eigenen 
Schwert. Diejenigen endlich, welche rückwärts auf 
demselben Wege entfliehen wollten, auf dem sie herauf- 
gestiegen waren , wurden , da sie der Waffen beraubt 
waren und selbst in ihrer Verzweiflung nichts mehr 
auszurichten vermochten, mühelos von den Römern 
niedergemetzelt, sodass von denen, die auf das Dach 
gestiegen waren, auch nicht ein einziger mit dem Leben 
davonkam. Die Römer aber drangen durch die Flammen, 
wo dies möglich war, in das Heiligtum und bemächtigten 
sich des Tempelschatzes, von dem die Soldaten einen 
grossen Teil an sich rissen, während Sabinus selbst vor 
aller Augen vierhundert Talente wegnahm. 



486 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


3. Das Unglück, welches ihre im Kampf gefallenen 
Freunde betroffen, sowie die Plünderung des Tempel- 
schatzes und der Weihgeschenke erfüllte die Juden mit 
grösstem Schmerz. Gleichwohl scharte sich eine Anzahl 
der tapfersten Männer zusammen, welche nun die 
Königsburg belagerten und sie anzuzünden drohten. 
Doch versprachen sie den Belagerten, dass, wenn sie 
die Burg rasch verliessen, weder ihnen noch dem Sabinus 
etwas geschehen solle. Daraufhin ging der grösste Teil 
der Königlichen zu den Juden über; Rufus aber und 
Gratus , welche dreitausend der besten Soldaten des 
Herodes unter sich hatten, schlugen sich auf die Seite 
der Römer. Dasselbe that auch eine Anzahl Reiter, 
welche Rufus befehligte, sodass die Römer einen nicht 
unbedeutenden Zuwachs erhielten. Nichtsdestoweniger 
setzten die Juden die Belagerung fort, legten unter- 
irdische Gänge an und schrien den Belagerten zu, sie 
sollten sich nur herausscheren und sie nicht hindern, 
ihr Vaterland zu befreien. Dem Sabinus wäre nun 
freilich nichts erwünschter gewesen, als sich mit seinen 
Soldaten davonmachen zu können, doch traute er wegen 
der von ihm verübten Frevelthaten den Juden nicht 
recht, und die ungewöhnliche Milde der Feinde, die 
ihm Verdacht einflösste, war schuld daran, dass er ihre 
Bedingungen 'zurückwies. Dazu kam , % dass er von 
Varus Hilfe erwartete, und so entschloss er sich, die 
Belagerung auszuhalten. 

4. Um diese Zeit entstanden in Judaea auch noch 
vielerlei andere Unruhen, indem gar manche bald hier, 
bald da entweder aus Gewinnsucht oder aus Hass gegen 
die Juden Aufruhr anzettelten. So thaten sich in 
Judaea selbst zweitausend Mann, die einst unter Herodes 
gedient hatten und bereits eine Zeitlang entlassen 
waren , zusammen und begannen die Königlichen zu 
belagern. Dieser Schar leistete Achiab, der Vetter des 
Herodes , Widerstand , doch konnte er sich auf die 
Dauer gegen so erfahrene Krieger im Felde nicht 
behaupten urtd zog sich deshalb auf unzugängliche 


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Siebzehntos Buch, 10. Kapitel. 


487 


Anhöhen zurück, um zu retten, was noch zu 
retten war. 

5. Ferner sammelte ein gewisser Judas, der Sohn des 
Räuberhauptmannes Ezechias, der eine grosse Macht be- 
lass und von Herodes nur mit Mühe niedergehalten 
worden war, bei Sepphoris, einer Stadt in Galilaea, eine 
Schar verkommener Menschen, griff damit das Zeughaus 
an, bemächtigte sich der daselbst befindlichen Waffen, 
teilte sie unter die Seinigen aus, raubte auch das dort 
aufbewahrte Geld und verbreitete allseitig Schrecken, 
indem er jeden , der ihm in die Hände fiel , plünderte 
und mit sich fortschleppte. Ja, er strebte sogar nach 
der Königsherrschaft und glaubte dieselbe nicht so sehr 
durch Tapferkeit , als vielmehr durch zügellose Zer- 
ztörungssucht erringen zu können. 

6. Auch ein gewisser Simon, ein Knecht des Königs 
Herodes und ein Mensch von hoher, schöner Gestalt, 
wollte aus der allgemeinen Verwirrung Nutzen ziehen 
und wagte sich die Königskrone aufzusetzen. Dann 
sammelte er eine Menge Abenteurer um sich, liess sich 
von diesem sinnlosen Haufen als König begrüssen und 
glaubte von sich selbst, dass er mehr wie alle anderen 
der Königsherrschaft würdig sei. Er plünderte darauf 
den Königspalast in Jericho und äscherte ihn ein, 
zündete auch noch' an vielen anderen Orten die könig- 
lichen Schlösser an und überliess alles, was sich darin 
vorfand, seiner Mannschaft als Beute. Zweifellos hätte 
er noch schlimmeres Unheil angerichtet, wenn man nicht 
zeitig gegen ihn eingeschritten wäre. Gratus nämlich 
vereinigte die königlichen Streitkräfte mit den Römern 
und zog ihm mit seiner gesamten Truppenmacht ent- 
gegen. Nach einem langen und scharfen Gefechte 
wurde die Bande des Simon, die aus den Gegenden jen- 
seits des Jordan zusammengelaufen war und mehr toll- 
kühn als kunstgerecht ohne alle Ordnung kämpfte, 
gänzlich vernichtet. Simon selbst aber wurde, als er, 
um sein Leben zu retten, durch einen Engpass entfliehen 
wollte, von Gratus eingeholt und enthauptet. Auch bei 



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Josephas’ Jüdische Altertümer. 


Amatha, einer Stadt am Jordan, wurde ein königliches 
Schloss von einer Horde, die der des Simon ähnlich 
war, in Brand gesteckt. Ein solcher Taumel war da- 
mals über das ganze Volk gekommen, weil es keinen 
eigenen König hatte, der durch eine gerechte und kraft- 
volle Regierung die Menge hätte lenken können, und 
weil die Ausländer, die zur Züchtigung der Auf- 
ständischen ins Land eingedrungen waren, durch ihren 
Übermut und ihre Habsucht das Übel nur noch ver- 
schlimmerten. 

7. Hierauf vermass sich auch ein gewisser Athronges, 
ein Mann, der sich weder auf vornehme Herkunft, noch 
auf Tüchtigkeit und Reichtum berufen konnte, sondern 
ein einfacher Schafhirt war und sich durch nichts 
anderes als durch einen riesenhaften Körperbau und 
gewaltige Stärke auszeichnete , seine Hand nach der 
Krone auszustrecken. Dieser sehnte sich so sehr nach 
der Macht, anderen Schaden zufügen zu können, dass 
er, obgleich er beständig den Tod vor Augen sah, doch 
den Verlust des Lebens, den er sich durch seine Übel- 
thaten zuziehen würde, für nichts achtete. Er hatte vier 
Brüder, welche, da sie ebenfalls von gewaltigem Körperbau 
und so handfest waren, dass sie jedem noch so schwierigen 
Unternehmen gewachsen schienen , seiner Meinung nach 
ihm sehr nützlich bei der Behauptung der errungenen 
Herrschaft sein konnten. Jeder von diesen vier Brüdern 
befehligte eine Rotte Abenteurer, da eine grosse 
Menschenmasse ihnen zugelaufen war, und als Anführer 
dieser Rotten Hessen sie sich auf Gefechte ein und 
schlugen sich für Athronges. Er selbst aber setzte sich 
die Königskrone auf, hielt Rat, wie man die einzelnen 
Unternehmungen anzugreifen habe, und ordnete alles 
nach seiner Willkür an. So hielt er sich lange Zeit, 
führte den Titel König und that, was ihm beliebte; auch 
verursachte er mit seinen Brüdern den Römern nicht 
weniger Schaden wie den Königlichen, da er gegen 
beide Teile in gleicher Weise aufgebracht war, gegen 
die Königlichen nämlich wegen des Übermutes, den sie 




Siebzehntes Buch, 10. Kapitel. 


489 


unter Herodes an den Tag gelegt, und gegen die Römer 
wegen der Unbilden, welche diese ihm zugefügt hatten. 
In der Folgezeit wüteten sie überall mit gleicher Grau- 
samkeit, sodass bei ihrer Habgier und Mordsucht kaum 
einer, der ihnen in die Hände fiel, dem Tode entging. 
Eines Tages griffen sie sogar bei Emmaus eine römische 
Kohorte an, die dem Heere Getreide und Waffen zu- 
führte, und umzingelten dieselbe so vollständig, dass sie 
den Befehlshaber der Abteilung, Arius, welcher zugleich 
Anführer der Legion war, nebst vierzig der tapfersten 
Fusssoldaten mit Pfeilschüssen niederstrecken konnten. 
Den übrigen, die infolge dieser Niederlage wie fassungs- 
los waren, eilte Gratus mit den Königlichen zu Hilfe, 
sodass sie unter Zurücklassung der Leichen ihrer Kame- 
raden noch so eben mit dem Leben davon kamen. In 
dieser Weise trieben es die Abenteurer noch lange Zeit, 
Hessen sich bald hier, bald da auf Gefechte ein und 
fügten den Römern ebenso bedeutenden Schaden zu, als 
sie ihr eigenes Volk schwer bedrückten. Später aber 
unterlagen sie alle vier: der eine fiel in einem Treffen 
gegen Gratus, der andere bei einem Zusammenstoss mit 
Ptolemaeus, und als auch der älteste in die Gewalt des 
Archelaus geraten war, grämte sich der vierte so sehr 
über seines Bruders Geschick, dass er, da übrigens auch 
seine Mannschaft durch Krankheiten und die beständigen 
Strapazen völlig erschöpft war, sich ebenfalls auf Gnade 
und Ungnade dem Archelaus ergab. Doch geschah dies 
erst später. 

8. So war Judaea eine wahre Räuberhöhle, und wo 
sich nur immer eine Schar von Aufrühren zusammen- 
that, wählten sie gleich Könige, die dem Staate sehr 
verderblich wurden. Denn während sie den Römern nur 
unbedeutenden Schaden zufügten, wüteten sie gegen ihre 
eigenen Landsleute weit und breit mit Mord und Tod- 
schlag. 

9. Sobald Varus aus einem Briefe des Sabinus die 
Lage der Dinge erfuhr, zog er, besorgt wegen des 
Schicksals der in Jerusalem zurückgelassenen Legion, 



490 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


die beiden anderen der in Syrien liegenden drei 
Legionen sowie vier Schwadronen Reiter und alle Hilfe* 
truppen der Könige und Tetrarchen an sich und eilte 
damit den in Judaea Belagerten zu Hilfe. Alle voraus- 
geschickten Truppen hatten Befehl , schleunigst nach 
Ptolemais zu marschieren. Auch die Berytier stellten 
ihm, als er durch ihre Stadt zog, noch fünfzehnhundert 
Mann Bundestruppen, und ebenfalls sandte ihm Aretas, 
der König des petraeischen Arabien, der aus Hass gegen 
Herodes ein Freund der Römer geworden war. ausser 
Reitern und Fusssoldaten noch sonstige Hilfsmittel. Als 
nun die ganze Streitmacht bei Ptolemais versammelt 
war, übergab er einen Teil derselben seinem Sohne und 
einem seiner Freunde und befahl ihnen, die oherhalb 
Ptolemais wohnenden Galiläer mit Krieg zu überziehen. 
Diese Abteilung griff alsbald die Feinde an, schlug sie 
in die Flucht, äscherte die Stadt Sepphoris ein und ver- 
kaufte deren Einwohner in die Sklaverei. Varus selbst 
zog mit dem gesamten übrigen Heere auf Samaria an. 
Weil aber diese Stadt sich am Aufstande nicht beteiligt 
hatte, verschonte er dieselbe und schlug sein Lager bei 
dem Dorfe Arus auf, das zum Gebiete des Ptolemaeus 
gehörte. Dieses Dorf legten die von Aretas dem Varus 
zu Hilfe geschickten Araber, die aus Hass gegen He- 
rodes auch dessen Freunden feindlich gesinnt waren, in 
Asche. Von da zogen die Araber weiter und plünderten 
und verbrannten einen anderen sehr befestigten Ort mit 
Kamen Sampho. Auch was ihnen sonst auf ihrem 
Marsch in die Quere kam, verheerten sie durch Feuer 
und Schwert. Varus seinerseits liess Emmaus, das je- 
doch von seinen Bewohnern schon verlassen war, in 
Flammen aufgehen, um den dort Gefallenen ein feier- 
liches Totenopfer zu bringen. Alsdann rückte er gegen 
Jerusalem. Sobald* aber die Juden, welche die Legion 
von dieser Seite aus belagerten, das Heer des Varus ge- 
wahrten, ergriffen sie die Flucht und Hessen von der 
Belagerung ab. Als nun Varus den Juden zu Jerusalem 
heftige Vorwürfe machte, entschuldigten sie sich damit, 



Siebzehntes Buch, 10. Kapitel. 


491 


dass das Volk des Festes wegen in Jerusalem sich so 
massenhaft eingefunden habe, und dass der Krieg nicht 
auf ihren Rat, sondern nur infolge der Verwegenheit der 
Auswärtigen unternommen worden sei. Sie seien mehr 
in Gemeinschaft mit den Römern belagert worden, als 
sie selbst daran gedacht hätten, die Römer zu belagern. 
Es waren aber schon vorher demVarus entgegengezogen 
Joseph us, der Vetter des Herodes, Gratus und Rufus 
mit ihren Soldaten sowie die Römer, welche belagert 
gewesen waren. Sabinus dagegen kam dem Varus nicht 
unter die Augen , sondern entfernte sich heimlich aus der 
Stadt und reiste nach der Küste. 

10. Darauf sandte Varus einen Teil seiner Truppen 
durchs Land, um die Urheber der Empörung aufzu- 
suchen. Von den ermittelten Rädelsführern bestrafte er 
nur die, welche am meisten schuldig befunden wurden, 
während er die übrigen freiliess. Im ganzen wurden 
zweitausend um dieser Ursache willen ans Kreuz ge- 
schlagen. Das Kriegsvolk aber, welches ihm nun zu 
nichts mehr dienlich sein konnte, verabschiedete er, da 
es seinem Willen und Befehl zuwider aus Raubgier 
vielerlei Frevelthaten begangen hatte. Als er dann 
vernahm, es hätten sich wieder zehntausend Juden zu- 
sammengerottet, brach er sogleich auf, um sie nieder- 
zuwerfen. Die Juden wagten indes nicht, mit ihm hand- 
gemein zu werden, sondern ergaben sich ihm auf den 
Rat des Achiab samt und sonders. Varus liess nun 
dem gemeinen Haufen der Empörer Verzeihung zuteil 
werden, die Anführer aber schickte er sämtlich dem 
Caesar zu. Dieser entliess die meisten von ihnen un- 
bestraft, und nur die, welche zu den Verwandten des 
Herodes gehörten und sich den Aufrührern angeschlossen 
hattep, liess er hinrichten, weil sie allem Recht und 
Pflichtgefühl zum Hohn gegen ihre eigenen Verwandten 
die Waffen ergriffen hatten. • 


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492 


Josephus' Jüdische Altertümer. 


Elftes Kapitel. 

Gesandtschaft der Juden an den Caesar. Augustus 
bestätigt das Testament des Herodes. 

1. Als Varus den Aufstand niedergeworfen hatte, 
liess er die Legion, welche auch bisher dort gelegen 
hatte, als Besatzung in Jerusalem zurück und begab 
sich wieder nach Antiochia. In Rom aber bekam Arche- 
laus neue Händel aus folgender Veranlassung. Von 
seiten der Juden war mit Erlaubnis des Varus eine Ge- 
sandtschaft nach Rom beordert worden, um dort das 
Begehren zu stellen, dass sie frei nach ihren Gesetzen 
leben dürften. Der Männer, die nach dem Beschluss 
des gesamten Volkes geschickt wurden, waren fünfzig, 
und zu Rom schlossen sich ihnen noch über achttausend 
Juden an. Da nun der Caesar im Tempel des Apollo, 
den er mit grossen Kosten erbaut hatte, eine Rats- 
Versammlung seiner Freunde und der vornehmsten Römer 
anberaumt hatte, kamen dahin auch die Gesandten, ge- 
folgt von einer Menge römischer Juden, und ArchelauB 
hatte sich ebenfalls mit seinen Freunden eingefunden. 
Was die Verwandten des Königs Herodes betrifft, so 
wollten sie weder für Archelaus Partei ergreifen, weil 
sie ihn hassten, noch gegen ihn, weil sie es für un- 
ziemlich hielten, in Gegenwart des Caesars einem so 
nahen Verwandten feindlich entgegenzu treten. Auch 
Philippus war auf Varus’ Antrieb aus Syrien gekommen, 
hauptsächlich um seinen Bruder, dem Varus besonders 
zugethan war, zu unterstützen, dann aber auch, um, falls 
eine Änderung in den Regierungsverhältnissen des 
Königreiches eintreten sollte, seinerseits nichts zu ver- 
nachlässigen, damit auch er einen Teil davon erhielte. 
Da nämlich viele Juden nach ihren eigenen Gesetzen 
zu leben begehrten, glaubte Varus, das Königreich würde 
geteilt werden. 

2. Als nun den Gesandten der Juden das Wort er- 
teilt wurde, fürchteten sie sich, von Auflösung des 




Siebzehntes Buch, 1 1 . Kapitel. 


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Reiches zu sprechen, und begannen daher mit der Klage 
über die Ungerechtigkeiten des Herodes. Dem Namen 
nach, sagten sie, sei derselbe wohl König gewesen, in 
der That aber habe er die ärgste Tyrannei ausgeübt, 
vieles zum Verderben der Juden ersonnen und sich 
nicht gescheut, eine Menge willkürlich erdachter 
Neuerungen einzuführen. Eine grosse Anzahl Menschen 
habe er, was in früheren Zeiten niemals geschehen sei, 
auf verschiedene Art aus dem Wege geräumt. Diejenigen 
aber, welche er am Leben gelassen, seien noch viel 
unglücklicher, einmal wegen der Angst, die sein blut- 
dürstiges Wesen ihnen eingeflösst habe, dann aber auch 
wegen der beständigen Besorgnis, ihr Vermögen zu ver- 
lieren. Die benachbarten, von Ausländern bewohnten 
Städte habe er verschönert, um die in seinem eigenen 
Reiche gelegenen durch Steuern zu erschöpfen und zu 
Grunde zu richten. Das Volk, das bei seinem Re- 
gierungsantritt sich noch eines besonderen Wohlstandes 
erfreut habe, habe er völlig verarmen, die Vornehmen 
um der geringfügigsten Ursache willen töten und ihr 
Vermögen einziehen lassen, und diejenigen, denen er 
wenigstens noch das Leben geschenkt, seien von ihm um 
Hab und Gut gebracht worden. Ausserdem, dass er 
die den einzelnen auferlegten jährlichen Abgaben aufs 
strengste eingetrieben habe, sei man auch noch genötigt 
gewesen, ihm selbst, seinen Verwandten und Freunden 
sowie den Steuereinnehmern reiche Geschenke zu geben, 
weil man sich der Plackereien nur mit Aufopferung 
von Silber und Gold habe erwehren können. Nicht 
reden wolle man davon, wie er mit der grössten Scham- 
losigkeit Frauen und Jungfrauen geschändet habe, weil 
es den Geschändeten fast mehr zum Trost gereiche, 
dass die Misshandlungen verborgen blieben, als dass sie 
nicht geschehen sein möchten. Kurz, sie seien von 
Herodes so misshandelt worden, dass ein wdldes Tier 
ihnen wohl keine schlimmeren Unbilden hätte anthun 
können, wenn es zur Herrschaft über sie gelangt wäre. 
Zwar sei ihr Volk auch schon früher von schweren 


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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Unglücksfällen heimgesucht und zu Auswanderungen 
gezwungen worden; aber es komme doch in der Ge- 
schichte kein Beispiel einer Drangsal vor, die mit dem 
gegenwärtigen Elend, welches Herodes heraufbeschworen, 
verglichen werden könne. Deshalb hätten sie auch zu- 
nächst mit gutem Grund den Archelaus freudig als 
König begrüsst, da sie überzeugt gewesen seien, es 
könne nicht leicht ein Nachfolger des Herodes, wer es 
auch sei, diesen an Härte übertreffen. Ja, sie hätten 
sogar dem Archelaus zulieb dessen Vater öffentlich be- 
trauert, und sie würden noch mehr gethan haben, um 
sich sein Wohlwollen zu sichern, wenn sie ihn nur da- 
durch etwas milder hätten stimmen können. Archelaus 
aber habe, gleich als ob er ängstlich gewesen sei, man 
möchte ihn nicht für den echten Sohn des Herodes 
halten, unverzüglich seine Gesinnung gegen das Volk 
dargelegt, und das zu einer Zeit, da er des Thrones noch 
gar nicht sicher gewesen sei, sondern es noch beim 
Caesar gestanden habe, ob er ihm denselben geben oder 
verweigern wolle. Gleich zu Anfang seiner Regierung 
nämlich habe er seinen Unterthanen eine Probe seiner 
Mässigung und seines Gefühls für Recht und Billigkeit 
gegeben, indem er den Frevel gegen Gott und Menschen 
begangen habe, dreitausend seiner Landsleute im Tempel 
hinzumorden. Sei nun ihr Hass gegen Archelaus nicht 
vollkommen berechtigt, zumal poch der Umstand hinzu 
komme , dass er eine Anklage gegen sie erhoben habe, 
als ob sie sich seiner Herrschaft widersetzt hätten ? 
Mit einem Wort, ihre Forderung gehe dahin, dass sie 
von solcher Herrschaft befreit, der Provinz Syrien zu- 
geteilt und einem römischen Landpfleger unterstellt 
würden. Auf diese Weise werde es sich zeigen, ob sie 
aufrührerisch und umstürzlerisch, oder aber unter einer 
gerechten Regierung ruhig und zufrieden seien. 

3. Sobald die Juden diese ihre Rede beendigt hatten, 
unternahm es Nikolaus, die Könige von den gegen sie 
erhobenen Beschuldigungen zu reinigen. Herodes, sagte 
er, sei bei seinen Lebzeiten niemals wegen irgend einer 



Siebzehntes Buch, 11. Kapitel. 


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Sache von ihnen angeklagt worden, und es sei nicht recht, 
dass, da sie ihn während seines Lebens vor den gesetz- 
mässigen Richtern hätten verklagen und zur Verant- 
wortung ziehen können, sie nun nach seinem Tode solche 
Anklagen gegen ihn vorbrächten. Was aber Archelaus 
gethan, das komme auf Rechnung ihrer eigenen Un- 
gerechtigkeit und Widersetzlichkeit. Denn nachdem sie 
sich ganz ungesetzmässig benommen und diejenigen zu 
morden angefangen hätten, deren Beruf es gewesen sei, 
sie von ihren Ungerechtigkeiten abzuhalten, kämen sie 
nun und klagten, dass sie für diese Ungerechtigkeiten 
bestraft worden seien. Dann warf er ihnen vor, dass 
sie ihr Vergnügen an Neuerungen und Erregung von 
Aufständen hätten, und dass sie nicht verständen, Ge- 
rechtigkeit zu üben und den Gesetzen zu gehorchen, 
sondern überall vorgezogen sein und Recht haben wollten. 
So sprach Nikolaus. 

4. Als der Caesar diese Reden angehört hatte, ent- 
liess er die Versammlung. Einige Tage später ernannte 
er den Archelaus zwar nicht zum König, wohl aber zum 
Ethnarchen über die Hälfte des Gebietes, welches dem 
Herodes unterworfen gewesen war; auch versprach er 
ihm den Königstitel, wenn er sich durch seine Tüchtig- 
keit dessen würdig zeige. Die andere Hälfte zerlegte er 
in zwei Teile und gab diese den beiden ebenfalls an- 
wesenden Söhneni des Herodes, Philippus und Antipas, 
von denen der letztere mit seinem Bruder Archelaus 
sich um die Herrschaft über das ganze Reich beworben 
hatte. Dem Antipas fiel das Gebiet jenseits des Jordan 
sowie Galilaea zu, die zusammen zweihundert Talente an 
Jahresabgaben zahlten. Batanaea aber mit Trachonitis 
und Auranitis nebst einem Teil des sogenannten Besitz- 
tums des Zenodorus (der Landschaft Abilene) wurden 
dem Philipp us zugeteilt, dem diese Ländergebiete jähr- 
lich hundert Talente einbrachten. Dem Archelaus fielen 
sonach Idumaea, Judaea und Samaria zu, und es wurde 
den Samaritern der vierte Teil ihrer Abgaben nach Be- 
schluss des Caesars erlassen, weil sie sich an dem Auf- 


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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


stände nicht beteiligt hatten. Zum Gebiete des Archelaus 
gehörten die Städte Straton sturm , Sebaste, Joppe und 
Jerusalem, während die Griechenstädte Gaza, Gadara 
und Hippos von demselben durch den Caesar getrennt 
und mit Syrien verbunden wurden. Archelaus hatte 
aus seinem Anteil jährlich sechshundert Talente Ein- 
kommen. 

5. So wurde das Reich des Herodes unter seine Söhne 
verteilt. Der Salome aber schenkte der Caesar ausser 
den Besitzungen, die ihr Bruder ihr schon vermacht 
hatte, nämlich Jamnia, Azot und Phasaelis, und ausser 
dem ihr bereits zugefalleuen Legate von fünfhundert- 
tausend Stücken geprägten Silbers noch den Königs- 
palast zu Askalon. Sie bezog daraus im ganzen sechzig 
Talente Jahreseinkommen. Ihr Wohnhaus lag im Ge- 
biete des Archelaus. Auch den übrigen Verwandten 
des Herodes wurden ihre Legate ausgezahlt, wie dieser 
im Testament bestimmt hatte. Den beiden noch jung- 
fräulichen Töchtern des Herodes machte der Caesar 
ausser dem, was ihnen der Vater hinterlassen hatte, je 
zweihundertfünfzigtausend Stücke geprägten Silbers zum 
Geschenk und vermählte sie dann mit den Söhnen des 
Pheroras. Alles aber, was Herodes ihm selbst vermacht 
hatte, im ganzen fünfzehnhundert Talente, stellte er 
den Söhnen des Königs wieder zu und behielt nur 
einige Gefässe, nicht wegen ihres grossen Wertes, 
sondern als Andenken an Herodes. 


Zwölftes Kapitel. 

Vom falschen Alexander. 

1. Als der Caesar auf diese Weise alles geordnet 
hatte, trat ein junger Mann von jüdischer Abstammung 
auf, der in Sidon bei dem Freigelassenen eines römischen 
Bürgers erzogen worden war, und gab sich für einen 
Sohn des Herodes aus, wobei ihm seine Ähnlichkeit mit 




Siebzehntes Buch, 12. Kapitel. 


497 


Alexander, dem Sohne des Herodes, den dieser hatte 
hinrichten lassen, sehr zu statten kam. Die Ähnlichkeit 
bezeugten übrigens alle, welche die beiden gesehen 
hatten. Hierdurch also wurde Alexander veranlasst, die 
Herrschaft für sich in Anspruch zu nehmen. Als 
Helfershelfer benutzte er dabei einen Menschen seines 
Stammes, der in Hofintriguen erfahren und auch sonst 
ein vollendeter Böse wicht und zur Anstiftung von Un- 
ruhen wie geschaffen war. Derselbe war sein Lehrmeister 
in solchen schlechten Künsten gewesen, und so fand er 
den Mut, sich für Alexander, den Sohn des Herodes, 
auszugeben, der von einer der bei der Hinrichtung be- 
schäftigt gewesenen Personen versteckt worden sei. Der 
Betreffende habe nämlich, um den Betrug zu vertuschen, 
statt seiner und des Aristobulus andere getötet und sie 
beide am Leben gelassen. In dieser seiner Anmassung 
fuhr er nun fort, diejenigen, mit welchen er zusammen- 
traf, durch sein Geschwätz irre zu führen, sodass, als er 
nach Kreta gekommen war, alle Juden, an die er sich 
dort wandte, ihm Glauben schenkten und ihn reichlich 
mit Geld unterstützten, das er zur Überfahrt nach Melos 
verwandte. Auch hier gelang es ihm, grosse Geld- 
summen zusammenzubringen, weil man allgemein glaubte, 
er sei aus königlichem Blut entsprossen, und sich der 
Hoffnung hingab, er werde das Reich seines Vaters 
wieder an sich bringen und dann seinen Gönnern sich 
erkenntlich zeigen. Alsdann machte er sich auf den 
Weg nach Rom, begleitet von seinen Gastgebern, und 
landete zunächst in Dikaearchia J wo ihm wieder ajles 
so gut von statten ging, dass er auch die Bewohner 
dieses Ortes für seinen Betrug gewann. Ja, man schloss 
sich bereits an ihn an, als ob er schon König wäre, und 
besonders thaten dies diejenigen, die früher zu Herodes 
in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatten. 
Es war auch zu natürlich, dass man seinen Worten 
Glauben schenkte, da die Menschen sich gern von der 


1 Puteoli (siehe Leben des Josephus Abschnitt 3). 
Josephus' Jüdische Altertümer, U. 


32 




498 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


äußseren Gestalt ein nehmen lassen, und so gelang es 
ihm leicht, denjenigen, welche mit Alexander verkehrt 
hatten, die Überzeugung beizubringen, er sei eben jener 
Alexander, was diese dann anderen gegenüber sogar 
eidlich versicherten. Und als sich nun der Ruf von 
ihm auch bis nach Rom verbreitet hatte, zog die ganze 
Menge der dort lebenden Juden ihm entgegen, erkannte 
darin, dass er wider alles Erwarten am Leben erhalten 
worden sei, die Vorsehung Gottes und begrüsste ihn, wo 
immer er auf seinem Wagen sich zeigte, besonders seiner 
mütterlichen Abstammung wegen mit jubelnder Freude, 
zumal er einen wahrhaft königlichen Pomp entfaltete, 
wozu ihm seine Gastfreunde die Mittel gewährten. 
Schliesslich strömte das Volk in Masse ihm zu, beglück- 
wünschte ihn und erwies ihm alle Ehrenbezeugungen, 
die man denen angedeihen zu lassen pflegt, welche un- 
verhofft ihrem Verderben entronnen sind. 

2. Als nun die Sache auch dem Caesar gemeldet 
wurde, konnte sich dieser nicht entsch Hessen, daran zu 
glauben, weil er zu gut wusste, dass Herodes in einer 
so wichtigen und ihn selbst so nahe berührenden An- 
gelegenheit nicht so leicht sich hätte täuschen lassen. 
Da er jedoch seiner Sache nicht ganz sicher war, 
schickte er einen seiner Freigelassenen Namens Celadus, 
der mit den Söhnen des Herodes einst vertraulich ver- 
kehrt hatte, hin, um ihm den angeblichen Alexander 
vorzuführen. Diesem Befehl kam Celadus nach, aber 
auch er vermochte den jungen Mann nicht besser wie 
die anderen zu erkennen. Der Caesar indes liess sich 
nicht täuschen. Denn wenn auch eine gewisse Ähnlich- 
keit nicht wegzuleugnen war, so war dieselbe doch nicht 
so gross, dass sie den hätte einnehmen können, der eine 
schärfere Beobachtungsgabe besass. Dieser falsche 
Alexander nämlich hatte rauhe, von harter Arbeit 
zeugende Hände, und statt eines zarten Körpers , wie 
ein Mann von feiner Erziehung ihn hätte aufweisen 
müssen, war der seine ungelenk und plump. Da nun 
der Caesar merkte, dass hier der Schüler dem Meister 



Siebzehntes Buch, 12. Kapitel. 


499 


an Lügenferfcigkeit nichts nachgab, und dass der eine 
ebenso frech die Unwahrheit behauptete wie der andere, 
fragte er den angeblichen Alexander, wie es denn dem 
Aristobulus, der mit ihm zugleich gerettet worden, er- 
gangen und weshalb derselbe nicht auch gekommen sei, 
um das ihm infolge seiner vornehmen Herkunft zu- 
stehende Recht in Anspruch zu nehmen. Die Antwort 
lautete, Aristobulus sei aus Furcht vor den Gefahren 
des Meeres auf der Insel Cypern zurückgeblieben, damit, 
wenn ihm, dem Alexander, etwas Menschliches begegne, 
das Geschlecht der Mariamne nicht gänzlich ausgerottet 
würde , sondern wenigstens Aristobulus noch am Leben 
bliebe, um es mit seinen Feinden aufzunehmen. Als 
nun der, welcher diese Ausrede ersonnen hatte, die Aus- 
sage des jungen Mannes bekräftigte, nahm der Caesar 
den letzteren beiseite und sprach zu ihm: „Wenn du 
mir die Wahrheit gestehst, will ich dir zur Belohnung 
das Leben schenken. Sage mir also, wer du bist, und 
wer dich zu solchem Unterfangen beschwätzt hat. Denn 
dein Vorgehen verrät eine Tücke, die man deinem Alter 
nicht Zutrauen kann.“ Da entdeckte der junge Mann, 
der nicht wohl anders konnte, dem Caesar den ganzen 
Plan und gab auch an, wie und von wem derselbe aus- 
gedacht worden sei. Der Caesar, der sein gegebenes 
Wort nicht brechen wollte, schickte sodann den falschen 
Alexander, weil er sah, dass derselbe zu anstrengender 
Arbeit tauglich war , auf die Ruderbank , den Anstifter 
des Betruges aber liess er hinrichten. Übrigens war es 
für die Bewohner von Melos schon Strafe genug, dass 
sie das viele Geld verloren, welches sie dem falschen 
Alexander gegeben hatten. Einen so schimpflichen 
Ausgang hatte das tollkühne Unternehmen des falschen 
Alexander. 




500 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Dreizehntes Kapitel. 

Wie Archelaus abermals verklagt und nach Vienna 

verbannt wurde. 

1. Als der zum Ethnarchen ernannte Archelaus nach 
Judaea zurückgekehrt war, entsetzte er Joazar, den Sohn 
des Boethos, den er der Parteinahme für die Aufrührer 
beschuldigte, seines hohepriesterlichen Amtes und über- 
trug dasselbe an dessen Bruder Eleazar. Alsdann stellte 
er den Königspalast in Jericho prächtig wieder her und 
leitete die Hälfte des Wassers, welches das Dorf Neara 
versorgte, auf das Feld, das er ganz mit Palmbäumen 
bepflanzt hatte. Weiterhin baute er einen Ort, den er 
Archelais nannte. Auch nahm er gegen die Vorschrift 
des väterlichen Gesetzes Glaphyra, die Tochter des Königs 
Archelaus und ehemalige Gattin seines Bruders Alexander, 
mit welcher dieser eine Anzahl Kinder gezeugt hatte, 
zur Ehe. Bei den Juden gilt es nämlich als verabscheuens- 
wert, das Weib seines Bruders zu heiraten. Eleazar 
blieb übrigens nicht lange Hohepriester, da noch bei 
beinen Lebzeiten Josua, der Sohn des Sie, an seine 
Stelle trat. 

2. Im zehnten Jahre der Regierung des Archelaus 
verklagten ihn die Vornehmsten der Juden und Samariter, 
die seine Grausamkeit und Tyrannei nicht mehr ertragen 
konnten, beim Caesar, besonders da sie erkannt hatten, 
dass er dem Befehle des letzteren, sie mild zu behandeln, 
keineswegs nachgekommen war. Als der Caesar diese 
Klagen vernahm, ergrimmte er, liess, weil er den Archelaus 
keines Schreibens würdigte, dessen Verwalter in Rom, 
der gleichfalls Archelaus hiess, rufen und sprach zu ihm: 
„Schiffe dich sofort ein, begieb dich zu ihm hin und 
führe ihn mir ungesäumt vor.“ Archelaus benutzte darauf 
die erste Fahrgelegenheit, und als er nach Judaea kam, 
traf er den Fürsten bei einem Gastmahl, welches der- 
selbe mit seinen Freunden hielt. Er machte ihn sofort 
mit dem Willen des Caesars bekannt und drängte ihn 
zur schleunigen Abreise. Als nun Archelaus in Rom 


Go gle 



Siebzehntes Buch, 13. Kapitel. 


501 


angekommen war und Augustus ihn in ordnungsmässiger 
Gerichtssitzung zur Verantwortung gezogen hatte, bestrafte 
er ihn mit Einziehung seines Vermögens und verbannte 
ihn nach Vienna, einer Stadt in Gallien. 1 

3. Bevor aber Archelaus nach Rom berufen wurde, 
erzählte er seinen Freunden folgenden Traum. Es habe 
ihm geträumt, dass zehn volle und reife Weizenähren 
von Ochsen abgefressen worden seien. Als er erwacht 
war, liess er, weil er den Traum für wichtig hielt, die 
Traumdeuter rufen. Da diese aber in ihrer Auslegung 
nicht überein stimmten, erbat sich ein gewisser Essener 
Simon das Wort und erklärte dem Archelaus, der Traum 
zeige eine schlimme Veränderung an. Die Ochsen näm- 
lich bedeuteten Elend, weil sie mit harter Arbeit geplagt 
seien, und zugleich bedeuteten sie eine Veränderung, 
weil der Boden, der von ihnen bebaut werde, nicht immer 
in dem nämlichen Zustand bleiben könne. Die zehn 
Ähren aber zeigten ebenso viele Jahre an, "weil die Ähre 
in einem Sommer zur Reife gelange, und es stehe daher 
das Ende der Herrschaft des Archelaus bevor. So legte 
Simon den Traum aus, und am fünften Tage danach 
fand sich der Verwalter Archelaus auf Befehl des Caesars 
in Judaea ein , um den Fürsten nach Rom zu berufen. 

4. Etwas Ähnliches begegnete auch seiner Gemahlin 
Glaphyra, der Tochter des Königs Archelaus, die, wie 
oben erwähnt, zuerst Alexander, den Sohn des Herodes 
und Bruder des Archelaus, geheiratet hatte. Später, als 
Alexander auf Befehl seines Vaters hingerichtet worden 
war, ehelichte sie Jubas, den König von Libyen 2 , und 
da sie nach dessen Tod als Witwe im Hause ihres Vaters 
lebte, nahm sie Archelaus zur Gattin, nachdem er seine 
bisherige Gemahlin Mariamne verstossen hatte — so sehr 
liebte er die Glaphyra. Als sie nun mit Archelaus ver- 
mählt war, hatte sie folgenden Traum. Es habe ihr ge- 
schienen, Alexander stehe an ihrer Seite ; darüber sei sie 


1 6 n. Chr. 

2 Jubas, der König von Libyen oder Numidien, war einer der ge- 
bildetsten Fürsten jener Zeit und zugleich ein fruchtbarer Schriftsteller. 


Go gle 




502 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


hocherfreut gewesen, sodass sie ihn herzlich umarmt habe. 
Er aber habe sich bei ihr beklagt und sie folgender- 
massen angeredet: „Glaphyra, so bewahrheitest du also 
das Sprichwort, dass man den Weibern nicht trauen 
dürfe, da du, als Jungfrau mir verlobt und vermählt, 
mir Kinder geboren und dennoch meiner Liebe vergessen, 
einen anderen geheiratet und, auch mit dieser Schmach 
noch nicht zufrieden, dich einem dritten Manne hin- 
gegeben hast, indem du mit Schimpf und Schande dich 
wiederum in meine Familie eindrängtest und deinem 
Manne Archelaus, meinem Bruder, die Hand reichtest. 
Ich werde aber trotzdem meiner Liebe zu dir nicht ver- 
gessen, sondern dich von deiner Schande befreien und 
dich wieder zu der Meinigen machen, wie du es früher 
warst.“ Nachdem sie diesen Traum ihren Freundinnen 
erzählt hatte, starb sie einige Tage darauf. 

ö. Ich glaubte dies in meine Erzählung aufnehmen 
zu müssen, weil ich gerade von den Königen sprach, 
besonders aber auch; weil daraus ein Beweis für die Un- 
sterblichkeit der Seele und für das Walten der göttlichen 
Vorsehung hergeleitet werden kann. Sollte es jemand 
unglaublich Vorkommen, so mag er seine eigene Meinung 
darüber haben; nur wolle er einer Sache nicht hinder- 
lich sein, die ihn zur Tugend anspornen kann. — 
Übrigens wurde das Gebiet des Archelaus der Provinz 
Syrien einverleibt, und der Caesar schickte nun den 
Quirinius, einen gewesenen Konsul, ab, um eine Schätzung 
des Vermögens in Syrien vorzunehmen und die Güter 
des Archelaus zu verkaufen. / 




f 


Achtzehntes Buch. 

Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 32 Jahren. 

Inhalt. 

1. Wie Quirinius vom Caesar gesandt wurde, um Syrien und Judaea 

einzuschätzen und des Archelaus Güter zu verkaufen, und 
wie Judaea aus einem Königreich zur Provinz gemacht wurde. 
Wie Coponius, ein Mann ritterlichen Standes, als Landpfleger 
nach Judaea geschickt wurde. Wie Judas der Galiläer und 
einige andere das Volk beredeten, sich der Einschätzung zu 
widersetzen , und wie manche diesem Rate folgten , bis der 
Hohepriester Joazar zum Gehorsam gegen die Römer ermahnte. 

2. Welche und wie viele Philosophenschulen es bei den Juden gab, 

und welche Grundsätze sie hatten. 

3. Wie die Tetrarchen Herodes und Philippus Städte zu Ehren des 

Caesars erbauten. 

4. Wie die Samariter Totengebeine in den Tempel warfen und so 

das Volk für sieben Tage verunreinigten. 

5. Wie Salome, des Herodes Schwester, ihr Vermögen der Gattin 

des Caesars vermachte. 

fl. Wie Pontius Pilatus heimlich Bildnisse des Caesars nach Jeru- 
salem bringen lassen wollte, das Volk dies aber nicht zuliess 
und gegen ihn sich erhob, bis die Bildnisse von Jerusalem 
nach Caesarea geschafft wurden. 

7. Was den zu Rom lebenden Juden um diese Zeit widerfuhr. 
Wie die Samariter sich empörten und Pilatus viele von ihnen 
hinrichten liess. 

S. Pilatus wird von den Samaritern bei Vitellius verklagt, und 
dieser nötigt ihn, nach Rom zu reisen und Rechenschaft ab- 
zulegen. 

9. Des Vitellius Reise nach Jerusalem, und wie der Caesar Tiberius 
ihm auftrug , den Parther Artabanus zur Sendung von Geiseln 
zu veranlassen, den Aretas aber zu bekriegen. 

10. Des Philippus Tod, und wie seine Tetrarchie zur Provinz ge- 
macht wurde. 


Go gle 



504 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


11. Herodes zieht gegen Aretas zu Felde und wird geschlagen. 

12. Der König Agrippa reist nach Rom zum Caesar Tiberius, wird 

von seinem eigenen Freigelassenen verklagt und ins Gefängnis 
geworfen. Wie er nach des Tiberius Tod von Gajus frei- 
gelassen und zum Könige über dos Philippus Tetrarchie er- 
nannt wurde. 

13. Wie der Tetrarch Herodes nach Rom reiste, von Agrippa ver- 

klagt und in die Verbannung geschickt wurde. Wie Gajus 
seine Tetrarchie dem Agrippa übertrug. 

14. Streit der Juden und Griechen zu Alexandria und ihre beider- 

seitige Gesandtschaft an Gajus. 

15. Die Juden werden von Apion und dessen Mitgesandten verklagt, 

weil sie kein Bildnis des Caesars hätten. 

16. Wie Gajus, hierüber erzürnt, den Petronius als Statthalter nach 

Syrien schickte mit dem Auftrag, die Juden zu bekriegen, 
falls sie sein Bildnis nicht aufstellen wollten. 

17. Was den Juden zu Babylon durch die Brüder Asinaeus und 

Anilaeus widerfuhr. 


Erstes Kapitel. 

Sendung des Quirinius. Der Landpfleger Coponius. 

Judas der Galiläer. Von den Sekten der Juden. 

1. Quirinius also, einer von den römischen Senatoren, 
der übrigens alle öffentlichen Ämter bereits bekleidet 
hatte und wegen seiner ehrenvollen Stellung grossen 
Einfluss besass, kam auf Geheiss des Caesars mit wenigen 
Begleitern nach Syrien , teils um Gerichtssitzungen abzu- 
halten, teils um die Vermögen sschätzung vorzunehmen. 
Zugleich mit ihm wurde Coponius, ein Mann ritterlichen 
Standes, zur Wahrnehmung der höchsten Gewalt in Judaea 
abgeschickt. 1 Bald fand sich nun Quirinius auch in 
Judaea ein, das mit Syrien verbunden war, um hier 
ebenfalls das Vermögen zu schätzen und die Güter des 
ArchelauB zu verkaufen. Die Juden wollten zwar an- 
fangs von der Schätzung nichts wissen, gaben jedoch 
allmählich auf Zureden [des Hohepriesters Joazar, des 
Sohnes des Boethos, ihren Widerstand auf und Hessen 

1 6 n. Chr. 


Go gle 



Achtzehntes Buch, 1. Kapitel. 


505 


nach seiner Weisung die Schätzung ihres Vermögens 
ruhig geschehen. Der Gaulaniter Judas 1 dagegen, der 
aus der Stadt Gamala gebürtig war, reizte in Gemein- 
schaft mit dem Pharisäer Sadduk das Volk durch die 
Vorstellung zum Aufruhr, die Schätzung bringe nichts 
anderes als offenbare Knechtschaft mit sich, und so 
forderten sie das gesamte Volk auf, seine Freiheit zu 
schützen. Denn jetzt sei die beste Gelegenheit gegeben, 
sich Ruhe, Sicherheit und dazu auch noch Ruhm zu ver- 
schaffen. Gott aber werde nur dann bereit sein, ihnen 
zu helfen, wenn sie ihre Entschlüsse thatkräftig ins Werk 
setzten und das besonders, je wichtiger diese ihre Ent- 
schlüsse seien und je unverdrossener sie dieselben aus- 
führten. Derartige Reden wurden mit grösstem Beifall 
aufgenommen, und so dehnte sich das tollkühne Unter- 
nehmen bald ins ungeheuerliche aus. Kein Leid gab 
es, von dem infolge der Hetzarbeit jener beiden Männer 
unser Volk nicht heimgesucht worden wäre. Ein Krieg 
nach dem anderen brach aus, und es konnte nicht fehlen, 
dass die Juden unter den beständigen Angriffen schwer 
litten. Ihre wahren Freunde, die ihnen hätten beistehen 
können, hatten sie verloren; Räuber machten das Land 
unsicher und viele der edelsten Männer wurden ermordet, 
angeblich um der Freiheit willen, in Wahrheit aber nur 
aus Beutegier. So kam es zu Aufständen und öffent- 
lichem Blutvergiessen , wobei bald die Bürger in der 
Sucht, keinen von der Gegenpartei am Leben zu lassen, 
sich gegenseitig mordeten, bald die Feinde niedergemacht 
wurden. Um das Elend voll zu machen, entstand dann 
auch noch Hungersnot, die zu allen möglichen Freveln 
die Wege ebnet, sodass ganze Städte verwüstet wurden 
und endlich sogar der Tempel infolge des Aufruhrs in 
Flammen aufging. So wurde die Neuerungssucht und 
das Rütteln an den althergebrachten Einrichtungen den 
Übelthätern selbst zum Verderben. Judas und Sadduk 
nämlich, die eine vierte Philosophenschule gegründet 


1 Vergl. Apostelgeschichte 5 , 37. 



506 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


und bereits zahlreiche Anhänger um sich versammelt 
hatten, brachten nicht nur augenblicklich den Staat 
in grenzenlose Verwirrung, sondern säten auch für die 
Zukunft durch Lehren, die bis dahin kein Mensch je 
gehört hatte, all das Unheil, das gar bald anfing Wurzel 
zu treiben. Ich will darüber mit einigen Worten mich 
verbreiten, besonders da die Jugend es war, die, durch 
jene Lehren fanatisiert, unserem Staate den Untergang 
bereitete. 

2. Bei den. Juden gab es schon seit langer Zeit drei 
philosophische Sekten, nämlich die der Essener, Sadducäer 
und Pharisäer, und wiewohl ich bereits im zweiten Buche 
des Jüdischen Krieges mich darüber ausgesprochen habe, 
will ich doch die Mühe nicht scheuen, auf dieselben hier 
nochmals einzugehen. 

3. Die Pharisäer leben enthaltsam und kennen keine 
Annehmlichkeiten. Was vernünftige Überlegung als gut 
erscheinen lässt, dem folgen sie und halten es überhaupt 
für ihre Pflicht, den Vorschriften der Vernunft nachzu- 
kommen. Die Alten ehren sie und massen sich nicht 
an, den Anordnungen derselben zu widersprechen. Wenn 
sie behaupten, alles geschehe nach einem bestimmten 
Schicksal, so wollen sie damit dem menschlichen Willen 
nicht das Vermögen absprechen, sich selbst zu bestimmen, 
sondern lehren, es habe Gott gefallen, die Macht des 
Schicksals und die menschliche Vernunft Zusammenwirken 
zu lassen, sodass jeder es nach seinem Belieben mit 
dem Laster oder der Tugend halten könne. Sie glauben 
auch, dass die Seelen unsterblich sind und dass dieselben, 
je nachdem der Mensch tugendhaft oder lasterhaft ge- 
wesen, unter der Erde Lohn oder Strafe erhalten, sodass 
die Lasterhaften in ewiger Kerkerhaft schmachten müssen, 
während die Tugendhaften die Macht erhalten, ins Leben 
zurückzukehren. Infolge dieser iLehren besitzen sie beim 
Volke einen solchen Einfluss, dass sämtliche gottesdienst- 
liche Verrichtungen, Gebete wie Opfer, nur nach ihrer 
Anleitung dargebracht werden. Ein so herrliches Zeugnis 
der Vollkommenheit gaben ihnen die Gemeinden, weil 



Achtzehntes Buch, 1. Kapitel. 


507 


man glaubte, dass sie in Wort und That nur das Beste 
wollten. 

4. Die Lehre der Sadducäer lässt die Seele mit dem 
Körper zu Grunde gehen und erkennt keine anderen Vor- 
schriften an als das Gesetz. Sogar gegen die Lehrer 
ihrer eigenen Schule im Wortstreit anzugehen, halten sie 
für rühmlich. Ihrer Anhänger sind nur wenige, doch ge- 
hören sie den besten Ständen an. Übrigens richten sie 
nichts Bedeutendes aus, und wenn sie einmal dazu ge- 
nötigt sind, ein Amt zu bekleiden, so halten sie es mit 
den Pharisäern, weil das Volk sie sonst nicht dulden 
würde. 

5. Die Essener dagegen lehren, man müsse alles dem 
Willen Gottes anheimgeben. Sie glauben an die Un- 
sterblichkeit der Seele und halten den Lohn der Ge- 
rechtigkeit für das erstrebenswerteste Gut. Wenn sie 
Weihgeschenke in den Tempel schicken, bringen sie kein 
Opfer dar, weil sie heiligere Reinigungsmittel zu besitzen 
vorgeben. Aus diesem Grunde ist ihnen der Zutritt zum 
gemeinsamen Heiligtum nicht gestattet, und sie verrichten 
demgemäss ihreh Gottesdienst besonders. Übrigens sind 
es Menschen von vortrefflichen Sitten, und sie beschäftigen 
sich bloss mit Ackerbau. Ganz besonders bewunderungs- 
würdig und lobenswert aber sind sie wegen einer bei 
den Griechen und den anderen Völkern völlig un- 
bekannten, bei ihnen jedoch nicht etwa erst seit kurzer 
Zeit, sondern schon seit vielen Jahren herrschenden aus- 
gleichenden Gerechtigkeit, infolge deren sie vollkommene 
Gütergemeinschaft haben und dem Reichen nicht mehr 
Genuss von seinen Gütern lassen wie dem Armen. Nach 
dieser Lehre leben über viertausend Menschen. Sie 
heiraten ebensowenig, als sie Knechte halten, da sie das 
letztere für Unrecht, das erstere aber für die Quelle 
alles Streites halten, und so leben sie voneinander ab- 
gesondert und dienen einer dem andern. Zu Verwaltern 
ihrer Einkünfte vom Feldertrag wählen sie tüchtige Männer 
aus priesterlichem Stande, die für Getreide und sonstige 

Nahrungsmittel zu sorgen haben. Sie leben übrigens 

/ 



508 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


alle auf eine und dieselbe Weise und kommen am 
nächsten denjenigen Dakern, welche Polisten 1 heissen. 

6. Ausser diesen drei Schulen nun gründete jener 
Galiläer Judas eine vierte, deren Anhänger in allen 
anderen Stücken mit den Pharisäern übereinstimmen, 
dabei aber mit grosser Zähigkeit an der Freiheit hängen 
und Gott allein als ihren Herrn und König anerkennen. 
Sie unterziehen sich auch jeder möglichen Todesart und 
machen sich selbst nichts aus dem Morde ihrer Ver- 
wandten und Freunde, wenn sie nur keinen Menschen 
als Herrn anzuerkennen brauchen. Da ihre Hart- 
näckigkeit indes allgemein durch Augenschein bekannt 
ist, glaube ich von weiteren Bemerkungen über sie ab- 
6ehen zu können. Ich brauche ja nicht zu fürchten, 
dass meine Worte keinen Glauben finden; viel eher 
müsste ich besorgen, dass mir nicht genug Worte zu 
Gebote stehen, um solchen Heldenmut und solche 
Standhaftigkeit zu schildern. Diese Tollkühnheit war 
es, die das Volk in Aufruhr brachte, als der Landpfleger 
Gessius Florus durch den Missbrauch seiner Amtsgewalt 
dasselbe so zur Verzweiflung trieb, dass es von den 
Körnern abfiel. So viel von den Philosophenschulen 
der Juden. 


Zweites Kapitel. 

Wie Herodes und Philippus zu Ehren des Caesars 
Städte erbauten. Folge der Landpfleger und der Hohe- 
priester. Tod des Partherkönigs Phraates. 

1. Als Quirinius des Archelaus Vermögen sequestriert 
und die Einschätzung, die in das siebenunddreissigste 
Jahr nach dem Siege des Caesars über Antonius bei 
Actium fiel, zu Ende geführt hatte, setzte er den Hohe- 
priester Joazar, der mit dem Volke in Streit geraten 
war, von Amt und Würden ab und übertrug die Stelle 

1 Diejenigen von den sonst nomadisierenden dakischen Stämmen, 
die zuerst feste Wohnsitze (T| koXi;, die Stadt) einnahmen. 



Achtzehntes Buch, 2. Kapitel. 


509 


an Ananus, den Sohn des Seth. Herodes und Philippus 
aber nahmen jeder Besitz von seiner Tetrarchie. Herodes 
befestigte alsdann Sepphoris, die Zierde von Galilaea, 
und weihte die Stadt dem Caesar. Ebenso umgab er 
Betharamphtha, das bereits zu einer Stadt angewachsen 
war, mit Mauern und nannte die Festung der Gemahlin 
des Caesars zu Ehren Julias. 1 Philippus seinerseits 
baute die an den Quellen des Jordan gelegene Stadt 
Paneas aus und gab ihr den Namen Caesarea (Philippi), 
erhob dann den Flecken Bethsaida, der am See Gennesar 
lag, zum Range einer Stadt, verschaffte derselben Ein- 
wohner und Hilfsquellen und nannte sie nach des 
Caesars Tochter ebenfalls Julias. 

2. Übrigens ereignete sich unter dem Landpfleger 
Coponius, der, wie gesagt, zugleich mit Quirinius ge- 
schickt worden war, folgender Vorfall. An dem Feste 
der ungesäuerten Brote, welches wir Pascha nennen, 
pflegten die Priester gleich nach Mitternacht die Thore 
des Tempels zu öffnen. Kaum war das diesmal ge- 
schehen, als einige Samariter, die heimlich nach 
Jerusalem gekommen waren, menschliche Gebeine in 
den Hallen und im ganzen Tempel verstreuten. Deshalb 
musste man , ganz gegen die sonst bei dem Fest 
geltende Gewohnheit, den Zutritt zum Tempel ver- 
bieten und ihn in Zukunft schärfer bewachen lassen. 
Bald darauf kehrte Coponius nach Rom zurück, und es 
folgte ihm im Landpflegeramte Marcus Ambivius, 2 unter 
dessen Amtsführung des Herodes Schwester Salome aus 
dem Leben schied. Sie hinterliess Julia , der Gattin 
des Caesars, den ganzen Bezirk der Stadt Jamnia, sowie 
das in der Ebene gelegene Phasaelis und die Stadt 
Archelais, wo sich eine Menge Palmbäume mit vor- 
züglichen Früchten befand. Der folgende Landpfleger 
war Annius Rufus, 3 unter dessen Verwaltung der Caesar 


1 Vergl. die Anmerkung zu XVI, 5, 1, 

2 Etwa 9 n. Chr. 

3 11 n. Chr. 


Go gle 



510 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Augu8tus, der zweite römische Alleinherrscher 1 , starb, 
nachdem er siebenundfünfzig Jahre, sechs Monate und 
zwei Tage, und zwar vierzehn Jahre mit Antonius ge- 
meinschaftlich regiert und siebenundsiebzig Jahre gelebt 
hatte. Auf Augustus folgte in der Regierung Tiberius 
Nero, derßohn der Julia^ als der dritte römische Allein- 
herrscher. Von diesem wurde Valerius Gratus als Land- 
pfleger nach Judaea geschickt, 2 nachdem Annius Rufus 
abberufen worden war. Valerius Gratus entsetzte den 
Hohepriester Ananus seines Amtes und übertrug dasselbe 
an Ismael, den Sohn des Phabi, entzog aber auch diesem 
bald die Würde wieder und verlieh sie Eleazar, dem 
Sohne des Hohepriesters Ananus. Kaum ein Jahr 
später ward aueh Eleazar abgesetzt, und Kamiths Sohn 
Simon trat an seine Stelle. Diesem folgte wieder nach 
einem Jahre Joseph, der auch Kaiaphas hiess. Gratus 
war elf Jahre lang Landpfleger von Judaea, als er ab- 
berufen wurde und Pontius Pilatus das Amt über- 
nahm. 3 

3. Da Herodes der Tetrareh mit Tiberius sehr be- 
freundet war, erbaute er eine Stadt am See Gennesar 
im schönsten Teile von Galilaea, die er Tiberias nannte. 
Nicht weit von dieser Stadt befinden sich warme Quellen 
an einem Orte, der Eramaus heisst. Tiberias ward 
übrigens von zusammengelaufenem Volk bewohnt, 
worunter sich auch viele Galiläer und gezwungene An- 
kömmlinge befanden, die mit Gewalt dort angesiedelt 
wurden, obwohl sie zum Teil den besseren Ständen an- 
gehörten. Auch die Bettler, die im ganzen Lande auf- 
gefangen wurden, sowie viele, von denen es noch nicht 
einmal feststand, ob sie Freie waren, erhielten hier 
Wohnungen angewiesen und bekamen mancherlei Vor- 
rechte. Um sie an die Stadt zu fesseln, liess Herodes 
ihnen Häuser bauen und Ländereien zuteilen, da es 


1 Josephus rechnet Gajus Julius Caesar als den ersten Allein- 
herrscher. 

2 14 n. Chr. 

3 25 n.Chr. 



Achtzehntes Buch, 2. Kapitel. 


511 


ihm wohlbekannt war, dass ihnen nach jüdischen Vor- 
schriften das Wohnen daselbst nicht gestattet war. Es 
waren nämlich behufs Erbauung von Tiberias viele dort 
befindliche Grabdenkmäler entfernt worden, und unser 
Gesetz erklärt die Bewohner solcher Orte für unrein 
auf die Dauer von sieben Tagen. 

4. Um diese Zeit starb auch der Partherkönig 
Phraates infolge der Nachstellungen, die ihm sein Sohn 
Phraatakes aus nachstehender Ursache bereitete. Phraates, 
der schon rechtmässige Kinder hatte, lebte mit einer 
italischen Sklavin Namens Thermusa, die er nebst 
anderen Geschenken von Julius Caesar erhalten hatte, 
zuerst im Concubinate, bis er, von der Schönheit ihrer 
Gestalt gefesselt, sie nach einiger Zeit, da sie ihm schon 
den Phraatakes geboren hatte, zum Range einer Gattin 
erhob. In dieser Stellung besass sie grossen Einfluss 
auf den König und nutzte denselben aus, um den 
parteiischen Thron an ihren Sohn zu bringen. Doch 
sah sie bald ein, dass sie in dieser Hinsicht nichts aus- 
richten würde, wenn sie nicht die rechtmässigen Söhne 
des Phraates aus dem Wege räume. Sie beredete daher 
ihren Gemahl, diese rechtmässigen Söhne nach Rom als 
Geiseln zu schicken , und da der König der Thermusa 
nicht leicht ein Begehren abschlug, wurden die Prinzen 
wirklich dorthin gebracht. Bald aber dauerte es dem 
Phraatakes , der nun allein für den Thron erzogen 
wurde, zu lange, auf das Ableben seines Vaters zu 
warten. Er trachtete daher dem Phraates nach dem 
Leben, und die Ausführung dieses Verbrechens gelang 
ihm auch mit Hilfe seiner Mutter, mit der er, wie es 
hiess, unerlaubten Umgang pflog. Beide Schandthaten 
machten ihn indes allgemein verhasst, und so wurde er, 
bevor er eine besondere Macht erlangt hatte, von seinen 
aufrührerischen Unterthanen, welche die Blutschande 
für noch schmachvoller als den Vatermord hielten, aus 
seinem Reiche vertrieben und kam um. Die Vor- 
nehmsten der Parther aber waren der einhelligen 
Meinung, dass das Reich ohne König, der jedoch aus 


512 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


dem Hause der Arsakiden stammen müsse, nicht regiert 
werden könne. Einen König aus anderem Geschleckte 
nämlich hielten sie hauptsächlich deshalb für unmöglich, 
weil das Reich schon so oft und in jüngster Zeit noch 
durch die italische Buhlerin und deren Sohn Schaden 
gelitten habe. Sie Hessen daher durch Gesandte den 
Orodes herbeirufen, der zwar aus königlichem Gechlecht 
stammte, jedoch wegen seiner unmenschlichen Grausam- 
keit und seines abstossenden und aufbrausenden Wesens 
bei seinen Unterthanen bald verhasst wurde. Daher 
fiel auch er einer Verschwörung zum Opfer, indem er, 
wie einige behaupten, bei einem Zechgelage, zu dem die 
Parther stets bewaffnet erscheinen , nach allgemeiner 
Annahme aber auf der Jagd ermordet wurde. Nun 
schickte man nach Rom und erbat sich einen der als 
Geiseln gestellten Prinzen zum Könige. Daraufhin 
wurde Vonones gesandt, der vor seinen Brüdern den 
Vorzug erhielt. Dieser glaubte, sich einer recht glück- 
lichen Regierung erfreuen zu können, da ihm dieselbe 
von zwei mächtigen Reichen, seinem eigenen und dem 
der Römer, angetragen worden war. Allein gar bald 
änderte sich die Gesinnung der halbwilden Parther, die 
überhaupt von Natur treulos und wankelmütig sind. 
Sie erklärten nämlich, es sei unter ihrer Würde, dem 
Sklaven einer fremden Macht, wie sie einen als Geisel 
gestellten Prinzen nannten, zu gehorchen, und hielten 
seine Erhebung zum Könige für schmachvoll, da er 
ihnen nicht etwa in rechtmässigem Kriege, sondern, was 
weit schlimmer, in schimpflichem Frieden aufgedrängt 
worden sei. Deswegen beriefen sie alsbald den Arta- 
banus, der über Medien herrschte und aus dem Ge- 
schlechte der Arsakiden stammte, auf den Thron. Dieser 
nahm die Berufung an und erschien mit einem Heere. 
Vonones aber zog ihm entgegen, und da anfangs die 
meisten Parther noch zu ihm hielten, ward Artabanus 
besiegt und floh in die medischen Berge. Bald jedoch 
hatte er eine grosse Streitmacht beisammen, mit der er 
den Vonones abermals angriff und ihn so vollständig 




Achtzehntes Buch, 2. Kapitel. 513 

aufs Haupt schlug, dass derselbe, von nur einigen 
wenigen Reitern begleitet, nach Seleukia fliehen musste. 
Artabanus richtete darauf unter den flüchtigen und 
völlig in Verwirrung geratenen Parthern ein gewaltiges 
Blutbad an und marschierte sodann nach Ktesiphon. 
Auf diese Weise also war er Beherrscher der Parther 
geworden. Vonones dagegen, der nach Armenien ge- 
flohen war, schickte sogleich, um seine Ansprüche auf 
den Thron wieder geltend zu machen, Gesandte nach 
Rom. Tiberius indes wies ihn ab, teils wegen seiner 
feigen Flucht, teils wegen der drohenden Haltung des 
Partherkönigs , der durch Gesandte erklären liess, er 
werde sogleich zum Kriege schreiten. Da es nun für 
Vonones keinen anderen Weg mehr zum Throne gab, 
zumal die mächtigen armenischen Stämme, die am 
Niphates wohnten, sich mits Artabanus verbündet hatten, 
blieb ihm nichts übrig, als sich unter den Schutz des 
syrischen Statthalters Silanus zu begeben. Dieser be- 
hielt ihn mit Rücksicht auf seine in Rom genossene 
Bildung bei sich in Syrien, während Artabanus Armenien 
seinem Sohne Orodes zuteilte. 

5. Um diese Zeit starb auch Antiochus, der König 
*von Kommagene. Nach seinem Tode entstanden 
Streitigkeiten zwischen dem Volke und dem Adel, sodas6 
beide Teile Gesandte nach Rom schickten. Der Adel 
verlangte, das Reich solle in eine römische Provinz ver- 
wandelt werden , während das Volk es in hergebrachter 
Form von Königen weiter regiert wissen wollte. Des- 
halb wurde Germanicus laut Senatsbeschluss nach dem 
Orient geschickt, um die Angelegenheit zu ordnen. Doch 
das Geschick hatte ihm hier seinen Untergang be- 
stimmt. Als er nämlich den Streit im Orient beigelegt 
hatte, wurde er auf Pisos Anstiften vergiftet, wie dies 
auch anderswo berichtet ist. 1 

1 Vergl. Tacitus, Annalen, II, G9 — 72. Germanicus starb übrigens 
bereits im Jahre 1 9 n. Chr. , wonach also der Tod des Antiochus 
vor die Zeit fallt, die Josephus hier anzunehmen scheint. 


JoeephuB 1 Jüdische Altertümer, II. 


93 



514 


Josepbus’ Jüdisch« Altertümer. 


Drittes Kapitel. 

Aufruhr der Juden gegen Pontius Pilatus. 

Jesus Christus. Was den Juden in Rom zustiess. 

1. Als der jüdische Landpfleger Pilatus sein Heer 
aus Caesarea Dach Jerusalem in die Winterquartiere 
geführt hatte, liess erf, um seine Missachtung gegen die 
jüdischen Gesetze an den Tag zu legen, das Bild des 
Caesars auf den Feldzeichen in die Stadt tragen, obwohl 
doch unser Gesetz alle Bilder verbietet. Aus diesem 
Grunde hatten die früheren Landpfleger stets die Feld- 
zeichen ohne dergleichen Verzierungen beim Einzug 
der Truppen in die Stadt vorantragen lassen. Pilatus 
war der erste, der (ohne Vorwissen des Volkes zur 
Nachtzeit jene Bildnisse nach Jerusalem bringen und 
dort aufstellen liess. 1 Sobald das Volk dies erfuhr, zog 
es in hellen Haufen nach Caesarea und bestürmte den 
Pilatus viele Tage lang mit Bitten, er möge die Bilder 
doch irgendwo anders hinbringen lassen. Das gab aber 
Pilatus nicht zu, weil darin eine Beleidigung des Caesars 
liege. Als indes das Volk nicht auf hörte, ihn zu 
drängen, bewaffnete er am siebenten Tage in aller Stille 
seine Soldaten und bestieg eine in der Rennbahn be- 
findliche Tribüne, hinter welcher die Bewaffneten ver- 
steckt lagen. Da nun die Juden ihn abermals be- 
stürmten, gab er den Soldaten ein Zeichen, dieselben zu 
umzingeln , und drohte ihnen mit augenblicklicher 
Niedermetzelung, wenn sie sich nicht ruhig nach Hause 
begäben. Die Juden aber warfen sich zu Boden, ent- 
blössten ihren Hals und erklärten, sie wollten lieber 
sterben als etwas geschehen lassen, was der weisen Vor- 
schrift ihrer Gesetze zuwiderlaufe. Einer solchen Stand- 
haftigkeit bei Beobachtung des Gesetzes konnte Pilatus 


1 Dem auf einem Spiess befestigten Adler, woraus bisher die 
Feldzeichen bestanden, wurden um diese Zeit kleine Brustbilder 
der Caesaren beigefügt, weshalb der „signifer“ auch „ imaginifer“ 
hiess. 


Go gle 




Achtzehntes Buch, 3. Kapitel. 


515 


seine Bewunderung nicht versagen und befahl daher, 
die Bilder sogleich aus Jerusalem nach Caesarea zurück- 
zubringen. 

2. Pilatus machte auch den Versuch, das Wasser 
einer zweihundert Stadien von Jerusalem entfernten 
Quelle in die Stadt zu leiten , und beschloss dazu 
Tempelgelder zu verwenden. Dieser Plan missfiel aber 
den Juden, und es liefen Tausende von Menschen zu- 
sammen, die mit lautem Geschrei begehrten, er solle 
davon Abstand nehmen, wobei es übrigens, wie das bei 
einem gemischten Haufen zu geschehen pflegt, ohne 
Schimpfereien und Beleidigungen nicht abging. Pilatus 
schickte deshalb eine starke Abteilung Soldaten in 
jüdischer Tracht , die unter ihren Kleidern Knittel ver- 
steckt hatten, an einen Platz, von wo aus sie die Juden 
leicht umzingeln konnten , und befahl den letzteren 
dann , auseinanderzugehen. Als aber die Juden mit 
Schmähungen antworteten, gab er den Soldaten das 
verabredete Zeichen, und diese fielen mit grösserem Un- 
gestüm, als es in der Absicht des Pilatus lag, über 
ruhige Bürger wie über Aufständische her. Gleichwohl 
Hessen die Juden von ihrer Hartnäckigkeit nicht ab, 
und da sie den Bewaffneten wehrlos gegenüber6tanden, 
kamen viele von ihnen um, während andere verwundet 
weggetragen werden mussten. So wurde dieser Aufruhr 
unterdrückt. 

3. Um diese Zeit lebte Jesus, ein weiser 
Mensch, wenn man ihn überhaupt einen 
Menschen nennen darf. Er war nämlich der 
Vollbringer ganz ungl aublicher Thaten und 
der Lehrer aller Men sehen, die mit Freuden 
die Wahrheit aufnahmen. So zog er viele 
Juden und auch viele Heiden an sich. Er 
war dej Christus. 1 Und obgleich ihn Pilatus 
auf Betreiben d er Vornehmsten unseres Volkes 
zum Kreuzestod verurteilte, wurden doch 


1 D. h. der Gesalbte, der Messias. 


Go gle 


33 * 



516 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


seine früheren Anhänger ihm nicht untreu. 
Denn er erschien ihnen am dritten Tage 
wieder lebend, wie gottgesandte Propheten 
dies und tausend andere wunderbare Dinge 
von ihm vorherverkündigt hatten. Und noch 
bis auf den heutigen Tag besteht das Volk 
der Christen, die sich nach ihm nennen, fort. 

4. Gleichfalls um diese Zeit traf auch noch ein 
anderes Unglück die Juden, und zu Rom geschahen im 
Isistempel schändliche Dinge. Zunächst nun will ich 
den Vorgang im Isistempel erzählen, ehe ich in meinem 
Bericht über die Schicksale der Juden fortfahre. Es 
lebte zu Rom eine gewisse Paulina, die von vornehmer 
Herkunft, tugendhaft, reich und sehr schön war, auch 
gerade in dem Alter stand , in welchem die Frauen be- 
sonders liebreizend und sittsam sind. Sie war mit einem 
Manne Namens Saturninus vermählt, der ihr an vortreff- 
lichen Eigenschaften nichts nachgab. Zu dieser Frau 
entbrannte nun in Liebe der hoch angesehene Ritter 
Decius Mundus, und da sein Bemühen, sie durch reiche 
Geschenke sich geneigt zu machen, vergeblich blieb, 
liess er sich von seiner Leidenschaft endlich so weit 
hinreissen, dass er ihr für einen einzigen Beischlaf die 
Summe von zweihunderttausend Drachmen anbot. Als 
sie aber auch dieses Anerbieten zurückwies, grämte er 
sich vor Liebe so sehr, dass er es für das beste hielt, 
sich wegen der Sprödigkeit der Paulina verhungern zu 
lassen, und sogleich zur Ausführung dieses Vorhabens 
schritt. Es befand sich aber in seinem Hause eine Frei- 
gelassene seines Vaters mit Namen Ide, die in allen 
Ränken bewandert war. Diese hatte Missfallen daran, 
dass der Jüngling so hartnäckig auf seinem Vorhaben, 
sich das Leben zu nehmen, bestand; war es doch offen- 
bar, dass er mehr und mehr dahin welkte. §ie begab 
sich deshalb zu ihm, tröstete ihn und machte ihm Hoff- 
nung darauf, dass er doch noch Gelegenheit finden 
werde, den vertraulichen Umgang der Paulina zu ge- 
messen. Als nun Mundus mit Freuden auf ihre Worte 




Achtzehntes Buch, 3. Kapitel. 


517 


horchte, erklärte sie ihm, sie bedürfe nur fünfzigtausend 
Drachmen, um die Schamhaftigkeit der Frau zu über- 
winden. Nachdem sie dergestalt den Jüngling ermuntert 
und die verlangte Geldsumme erhalten hatte, schlug sie 
einen anderen Weg ein als Mundus, da die Frau zu 
tugendhaft war, als dass sie sich durch Geld hätte ge- 
winnen lassen. Es war ihr nämlich wohlbekannt, dass 
Paulina der Verehrung der Isis sehr ergeben war, und 
hierauf baute sie ihren Plan auf. Sie ging zu einigen 
Isispriestern und versicherte sich ihrer Bereitwilligkeit, 
was ihr auch nicht schwer fiel, da sie das Geld vorzeigte. 
Und nachdem sie ihnen vorläufig zwanzigtausend 
Drachmen gezahlt und ebensoviel für den Fall, dass der 
Plan gelingen würde, in Aussicht gestellt hatte, machte 
sie ihnen von der Liebe des jungen Mannes Mitteilung 
und bat sie, ihr möglichstes zu thun, um ihm zur Er- 
füllung seines Wunsches zu verhelfen. Die Priester, 
durch das Gold angelockt, sagten zu, und der älteste 
von ihnen begab sich zu Paulina und bat, nachdem er 
Einlass erhalten, mit ihr ohne Zeugen sprechen zu dürfen. 
Paulina war hierzu bereit, und nun erklärte ihr der 
Priester, er sei vom Gott Anubis geschickt, der sie liebe 
und ihr befehle, zu ihm zu kommen. Sie vernahm diese 
Worte . mit Freude und rühmte sich bei ihren Haus- 
genossen der Ehre, die Anubis ihr zugedacht habe. 
Ihrem Gatten aber zeigte sie an, dass sie zum Gastmahl 
und der Umarmung des Gottes beschieden sei. Dieser 
gab seine Einwilligung, da er seines Weibes Scham- 
haftigkeit hinreichend kannte. Paulina ging sodann 
zum Tempel, und als ein Priester nach dem Mahle zur 
Zeit der Nachtruhe die Thore geschlossen und im Inneren 
des Heiligtums die Lampen ausgelöscht hatte, kam 
Mundus, der vorher sich dort versteckt hatte, zu ihr und 
genoss die ganze Nacht ihren Umgang, da sie der 
Meinung war, er sei der Gott Anubis. Bevor jedoch 
diejenigen Priester, die um den Plan nicht wussten, er- 
wacht waren, schlich sich Mundus fort, und Paulina 
begab sich in der Morgenfrühe zu ihrem Gatten zurück, 


Go gle 



518 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


erzählte ihm die Erscheinung des Gottes und prahlte 
auch bei ihren Hausgenossen mit der ‘ihr widerfahrenen 
Ehre. Diese aber nahmen zum Teil die Sache sehr un- 
gläubig auf, zum Teil drückten sie ihre Verwunderung 
darüber aus, dass die edle und tugendsame Frau sich zu 
so etwas hergegeben habe. Am dritten Tage nach dem 
Vorfall nun begegnete ihr Mundus und sprach zu ihr: 
„Nun hast du, Paulina, mir zweihunderttausend 
Drachmen erspart, die du dein eigen hättest nennen 
können, und bist mir nichtsdestoweniger zu Willen ge- 
wesen. Es liegt mir jetzt nichts daran, dass du mich 
mit Schmähungen überhäuft hast, vielmehr hat es mir 
grosse Freude gemacht, der Stellvertreter des Gottes 
Anubis gewesen zu sein." Darauf entfernte er sich. 
Paulina aber zerriss auf die Kunde von der Schandthat 
ihr Gewand und zeigte ihrem Gatten die ihr wider- 
fahrene Schmach an, beschwor ihn auch, dieselbe nicht 
ungerächt zu lassen. Saturninus meldete darauf den 
ganzen Vorfall dem Caesar, der eine genaue Unter- 
suchung anstellen und sowohl die Priester als auch die 
Ide, welche den schmachvollen Plan ersonnen hatte, ans 
Kreuz schlagen liess. Alsdann liess er den Tempel zer- 
stören und die Bildsäule der Isis in den Tiber versenken. 
Den Mundus aber verbannte er und hielt diese. Strafe 
für hinreichend, weil die Liebe ihn zu dem Frevel ver- 
leitet habe. So verhielt es sich mit dem Greuel, durch 
den die Isispriester ihren Tempel schändeten. Nunmehr 
wende ich mich, wie oben angedeutet, zur Erzählung 
des Unglückes, welches die in Rom lebenden Juden traf. 

5. Ein Mann von jüdischer Abstammung hatte sich 
aus seinem Vaterlande geflüchtet, weil er der Gesetzes- 
übertretung angeklagt war und Strafe fürchten musste, zu- 
mal er überhaupt ein nichtswürdiger und gottloser Mensch 
war. Dieser hielt sich damals in Rom auf, gab sich für einen 
Erklärer des moysaischen Gesetzes aus und verband sich 
mit drei anderen Menschen, die in allem seinesgleichen 
waren. Die vier beredeten dann eine edle Frau Namens 
Fulvia, die das moysaische Gesetz angenommen und sich 



Achtzehntes Buch, 4. Kapitel. 


519 


von ihnen darin hatte unterweisen lassen, Purpur und 
und Gold nach Jerusalem in den Tempel zu schicken. 
Beides übernahmen sie zur Bestellung, behielten es dann 
aber für sich und verprassten es, zu welchem Zweck 
sie es auch von vornherein verlangt hatten. Tiberius, 
-dem der ihm befreundete Gatte der Fulvia, Saturninus 
mit Namen, auf Veranlassung seiner Gattin den Vorfall 
angezeigt hatte, befahl darauf, alle Juden aus Rom zu 
vertreiben. Die Konsuln veranstalteten deshalb eine 
Aushebung unter ihnen und schickten viertausend von 
ihnen al6 Soldaten nach der Insel Sardinien. 1 Die 
meisten jedoch w r eigerten sich ihrem Gesetze zulieb, 
Kriegsdienste zu leisten, und wurden darum mit harten 
Strafen belegt. So kam es, dass die Juden um der 
Ruchlosigkeit jener vier Menschen willen aus Rom ver- 
trieben wurden. 


Viertes Kapitel. 

“Wie die Samariter sich empörten und viele von ihnen 
getötet wurden. Pilatus bei Vitellius verklagt. Vitellius 
in Judaea und bei den Parthem. 

1. Unterdessen hatten auch die Samariter sich empört, 
aufgereizt von einem Menschen, der ;sich aus Lügen 
nichts machte und dem zur Erlangung der Volksgunst 
jedes Mittel recht war. Er forderte das Volk auf, mit 
ihm denfcBerg Garizin zu besteigen, der bei den Sama- 
ritern als heiliger Berg gilt, und versicherte, er werde 
dort die heiligen Gefässe vorzeigen, die von Moyses da- 
selbst vergraben worden seien. Diesen Worten schenkten 
die Samariter Glauben, ergriffen die Waffen, sammelten 
sich in einem Dorfe mit Namen Tirathaba und zogen 
immer mehr Menschen an sich heran, um in möglichst 
grosser Anzahl auf den Berg rücken zu können. Pilatus 


1 Vergl. hierzu Tacitus, Annalen, II, 85, sowie Suetonius, Leben 
des Tiberius, 86. 


Go gle 



520 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


jedoch kam ihnen zuvor und besetzte den Weg, den ßie 
zurücklegen mussten, mit Reiterei und Fussvolk. Diese 
Streitmacht griff die Aufrührer an, hieb eine An- 
zahl von ihnen nieder, schlug den Rest in die Flucht 
und nahm noch viele gefangen , von welch letzteren 
Pilatus die Vornehmsten und Einflussreichsten hin- 
richten liess. 

2. Als dieser Aufstand niedergeworfen war, schickte 
der hohe Rat der Samariter Abgeordnete an Vitellius, 
gewesenen Konsul und nunmehrigen Statthalter von 
Syrien, um den Pilatus wegen des Jan den Ihrigen ver- 
übten Gemetzels anklagen zu lassen. Sie hätten sich, 
Hessen sie geltend machen, nicht deshalb in Tirathaba 
versammelt, um sich gegen die Römer zu empören, 
sondern nur, um sich vor des Pilatus Ungerechtigkeiten 
zu schützen. Daraufhin schickte Vitellius den ihm be- 
freundeten Marcellus zur Verwaltung des Landpfleger- 
amtes nach Judaea und befahl dem Pilatus, sich nach 
Rom zu begeben, 1 um sich vor dem Caesar wegen der 
von den Juden gegen ihn erhobenen Beschuldigungen 
zu verantworten. 2 * Nach zehnjähriger Amtsführung in 
Judaea reiste daher Pilatus nach Rom, um des Vitellius 
Anweisung, der er nicht zu widersprechen wagte, nach- 
zukommen. Ehe er indes in Rom anlangte, war Tiberius 
schon gestorben. 8 

3. Vitellius begab sich darauf nach Judaea und kam 
in Jerusalem zu der Zeit an , als das sogenannte Pascha- 
fest gefeiert wurde. Da die Juden ihm einen glänzenden 
Empfang bereiteten, liess er den Jerusalemern die Ab- 
gabe von den Marktfrüchten für alle Zeit nach und ge- 
stattete den Priestern, das Gewand des Hohepriesters 
nebst dessen sonstigem Ornat wie früher im Tempel 
aufzubewahren. Diese Gegenstände wurden nämlich zu 
damaliger Zeit in der Burg Antonia aufbewahrt, und 

1 Die Landpfleger von Judaea waren den Statthaltern in Syrien 
untergeordnet. 

2 36 n. Chr. 

* 37 n. Chr. 




Achtzehntes Buch, 4. Kapitel. 


521 


zwar aus folgendem Grunde. Ein gewisser Hyrkanus, 
der erste von den vielen Hohepriestern dieses Namens, 
hatte in der Nachbarschaft des Tempels einen Turm er- 
baut, wo er seine meiste Zeit zubrachte und das in seinem 
Gewahrsam befindliche Gewand, welches nur er allein 
tragen durfte, niederlegte, so oft er in gewöhnlicher 
Kleidung zur Stadt ging. Dasselbe thaten auch seine 
Söhne und Enkel. Als nun Herodes König wurde, liess 
er den günstig gelegenen Turm ausbauen und nannte 
ihn seinem Freunde Antonius zu Ehren Antonia. Das 
hohepriesterliche Gewand verwahrte er dort weiter, so 
wie er es vorfand, weil er der Meinung war, das Volk 
werde aus diesem Grunde nichts gegen ihn unternehmen. 
Ebenso wie Herodes that auch sein Sohn und Nach- 
folger Archelaus, und als nun die Römer des letzteren 
Reich in Besitz nahmen , fanden sie auch das hohe- 
priesterliche Gewand, das in einem steinernen Behälter 
verwahrt lag und zwar unter dem Siegel der Priester 
und der Schatzmeister, und vor dem der Burghauptmann 
täglich ein Licht anzünden musste. Sieben Tage vor 
einem Feste wurde das Gewand vom Burghauptmann 
den Priestern übegeben, dann gereinigt und vom Hohe- 
priester benutzt. Am Tage nach dem Feste aber wurde 
es wieder in den Behälter eingeschlossen, in welchem es 
früher gelegen hatte. So hielt man es jährlich an den 
drei Festen und am grossen Fasttage. Vitellius also 
gestattete die Aufbewahrung des Gewandes nach dem 
Gebrauche unserer Väter und gab dem Burghauptmann 
den Auftrag, sich weder um den Ort, wo es niedergelegt 
wurde, noch um den Tag, an dem es zur Verwendung 
kam, zu kümmern. Durch diese Anordnung gewann er 
sich die Zuneigung des Volkes. Alsdann entsetzte er 
den Hohepriester Joseph, der auch Kaiaphas hiess, seines 
Amtes, übertrug dasselbe an Jonathas, den Sohn des 
Hohepriesters Ananus, und kehrte sodann wieder nach 
Antiochia zurück. 

4. Unterdessen hatte Tiberius dem Vitellius den 
schriftlichen Auftrag erteilt, mit dem Partherkönige Ar- 



522 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


tabanue Freundschaft zu schliessen. Er fürchtete diesen 
nämlich, weil er sich höchst feindselig benahm, Armenien 
schon besetzt hatte und dem Reiche noch grösseren 
Schaden anzuthun drohte. An seine aufrichtige Freund- 
schaft wollte er indes nur dann glauben, wenn er 
Geiseln stellen und vor allem seinen Sohn ausliefern 
\vürde. Zugleich mit diesem Schreiben an Vitellius 
suchte Tiberius die Könige der Iberer und Albaner zu 
bewegen, unverzüglich den Artabanus mit Krieg zu über- 
ziehen. Dessen weigerten sich nun zwar diese Könige, 
jedoch reizten sie die Skythen gegen Artabanus auf, 
indem sie ihnen zugleich den Durchmarsch durch ihr 
Gebiet und durch die Kaspischen Pässe gestatteten. 
Infolgedessen verloren die Parther Armenien abermals. 
In ihrem Lande aber wütete der Krieg, ihre besten 
Männer fielen, Feuer und Schwert verwüsteten das Reich, 
und des Königs Sohn musste nebst vielen tausend 
Streitern im Kampfe sein Leben lassen. Beinahe wäre 
es nun Vitellius geglückt, den Artabanus durch Be- 
stechung der Verwandten und Freunde desselben aus 
dem Wege zu räumen. Dieser aber, der das rings auf 
ihn lauernde Verderben erkannte und bedachte, wie die 
meisten von denen, die sich seine Anhänger nannten, 
bestochen seien und ihre freundliche Gesinnung nur 
heuchelten, um bei passender Gelegenheit zu den bereits 
früher Abgefallenen überzugehen, zog es vor, sich in die 
oberen Satrapien zu flüchten. Hier brachte er aus 

Dahern und Sakern 1 ein grosses Heer zusammen, warf 
damit seine Feinde nieder und befestigte seine Herrschaft , 
aufs neue. 

5. Als Tiberius von diesen Ereignissen Kunde erhielt, 
beschloss er mit Artabanus in freundschaftliche Be- 
ziehungen zu treten. Der diesbezüglichen Einladung 
kam Artabanus bereitwillig nach und traf am Euphrat 
mit Vitellius zusammen. Über den Fluss wurde eine 


1 Skythische Völkerschaften (vergl. Plinius, Naturgesch., VI, 19 
und Herodot VII, 9 ). 



Achtzehntes Buch, 4. Kapitel. 


523 


Brücke geschlagen, und mitten auf derselben begegneten 
sich die beiden mit ihren Trabanten. Nachdem sie sich 
hierauf wegen des abzuschliessenden Bündnisvertrages 
verständigt hatten, bewirtete sie Herodes der Tetrarch, 
der mitten auf der Brücke mit grossem Kostenaufwand 
ein Zelt errichtet hatte. Bald darauf sandte Artabanus 
dem Tiberius seinen Sohn Darius als Geisel sowie eine 
Menge von Geschenken, unter denen besonders ein sieben 
Ellen grosser Mann von jüdischer Herkunft mit Namen 
Eleazar, wegen seiner gewaltigen Grösse „der Riese“ zu- 
benannt, auffiel. Hierauf kehrte Vitellius nach Antiochia 
zurück; Artabanus aber begab sich nach Babylonien. 
Herodes wollte der erste sein, der dem Caesar die Nach- 
richt von der Stellung der verlangten Geiseln gab, und 
sandte daher Boten an ihn mit einem Briefe, in welchem 
alles so genau mitgeteilt war, dass dem Legaten 
(Vitellius) nichts mehr zu berichten übrig blieb. Als 
dieser nun auch seinerseits einen Brief absandte und der 
Caesar ihm antwortete, er wisse schon alles aus dem 
Schreiben des Herodes, geriet er in heftige Aufregung 
und sah eine viel grössere Kränkung darin, als dies in 
der That der Fall war. Dennoch bezwang er seinen 
Zorn, bis nach dem Regierungsantritte des Gajus ihm 
Gelegenheit zur Rache gegeben wurde. 

6. Inzwischen war auch Philippus, des Herodes 
Bruder, im zwanzigsten Jahre der Regierung des 
Tiberius 1 gestorben, nachdem er Trachonitis, Gaulanitis 
und Batanaea siebenunddreissig Jahre lang verwaltet 
hatte. Er war seinen Unterthanen ein milder Herrscher 
und ruhigen Gemütes, brachte auch sein ganzes Leben 
in seinem eigenen Lande zu. So oft er sich aus seinem 
Hause begab, nahm er nur wenige Auserlesene mit und 
liess sich den Thronsessel, von dem aus er Recht sprach, 
auf allen Wegen nachtragen. Begegnete ihm dann je- 
mand, der Hilfe und Beistand begehrte, so w T urde der 
Sessel sogleich aufgestellt, und nun hielt er Unter- 


1 33 n. Chr. 




524 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


üuchung ab, bestrafte die Schuldigen und sprach die un- 
schuldig Angeklagten frei. Er starb zu Julias und 
wurde in der Gruft, die er sich schon bei Lebzeiten er- 
baut hatte, mit grossem Prunk beigesetzt. Da er keine 
Kinder hinterliess, nahm Tiberius sein Reich an sich 
und schlug es zur Provinz Syrien, Hess jedoch die 
Einkünfte , welche die Tetrarchie auf brachte , auch 
ferner in derselben verwalten. 


Fünftes Kapitel. 

Herodes der Tetrarch erklärt dem Araberkönige den Krieg. 

Der Tod Joannes’ dq§ Täufers. Vitellius kommt nach 

Jerusalem. Von den Nachkommen Herodes’ des Grossen. 

1. Um diese Zeit gerieten Aretas, der König von Petraea, 
und Herodes aus folgender Veranlassung in Streit. Herodes 
der Tetrarch hatte des Aretas Tochter geheiratet und 
lebte mit ihr schon lange Zeit. Als er nun nach Rom 
reiste, kehrte er bei seinem Stiefbruder Herodes, dem Sohne 
der Tochter des Hoheprie9ters Simon, ein. Hier fasste er 
eine so heftige Neigung zu dessen Gattin Herodias, die 
ihres gemeinschaftlichen Bruders Aristobulus Tochter und 
Agrippas des Grossen Schwester war, dass er mit dem 
Plan umging, sie zur Ehe zu nehmen. Herodias war 
damit einverstanden, und so kamen sie überein, dass 
sie gleich nach seiner Rückkehr aus Rom in sein Haus 
kommen solle, jedoch unter der Bedingung, dass er des 
Aretas Tochter verstosse. Herodes sagte das zu und 
reiste dann nach Rom weiter. Als er hier mit der Er- 
ledigung der in Frage stehenden Angelegenheiten fertig 
war und nach Hause zurückkehrte, verlangte seine 
Gattin, die von der Abmachung mit Herodias Kenntnis 
erlangt hatte, nach Machaerus, einer auf der Grenze 
zwischen dem Gebiete des Herodes und dem des Aretas 
gelegenen Festung, gebracht zu werden, ohne von der 
Absicht, die sie dabei leitete, etwas verlauten zu lassen. 
Herodes erfüllte ihren Wunsch und ahnte nicht im ent- 



Achtzehntes Buch, 5. Kapitel. 525 

ferntesten, dass sie um sein Vorhaben wusste. Sie aber 
hatte schon früher nach Machaerus geschickt, das da- 
mals unter der Botmässigkeit ihres Vaters stand. Als 
sie nun dort ankam, fand sie alles zur Weiterreise Er- 
forderliche von dem Befehlshaber der Festung vor- 
bereitet, brach daher gleich nach Arabien auf und ge- 
langte, von einem Festungskommandanten zum anderen 
geleitet, in kurzer Zeit zu ihrem Vater, dem sie des 
Herodes Plan mitteilte. Daraufhin brachen die Feind- 
seligkeiten aus, noch verschärft durch einen gleichzeitigen 
Streit um die Festsetzung der Grenzen von Gamalitis, 
und nachdem beide Fürsten ihre Streitmacht aufgeboten 
hatten, kam es zum Kriege, zu dem beide, statt selbst 
mit auszurücken, ihre Feldherren entsandten. Gleich 
beim ersten Zusammenstoss ward des Herodes ganzes 
Heer aufgerieben, da es von einigen Überläufern aus der 
Tetrarchie des Philippus, die unter Herodes Kriegsdienste 
leisteten, verraten wurde. Herodes gab davon sogleich 
dem Tiberius briefliche Nachricht, der nun, entrüstet 
über des Aretas Beginnen, dem Vitellius befahl, den 
Araber mit Krieg zu überziehen und ihn entweder 
lebendig in Fesseln ihm vorzuführen, oder ihm seinen 
Kopf zu senden. 

2. Manche Juden waren übrigens der Ansicht, der 
Untergang der Streitmacht des Herodes sei nur dem 
Zorne Gottes zuzuschreiben , der für die Tötung Joannes’ 
des Täufers die gerechte Strafe gefordert habe. Den 
letzteren nämlich hatte Herodes hinrichten lassen, ob- 
wohl er ein edler Mann war, der die Juden anhielt, 
nach Vollkommenheit zu streben, indem er sie ermahnte, 
Gerechtigkeit gegeneinander und Frömmigkeit gegen 
Gott zu üben und so zur Taufe zu kommen. Dann 
werde, verkündigte er, die Taufe Gott angenehm sein, 
weil sie dieselbe nur zur Heiligung des Leibes, nicht 
aber zur Sühne für ihre Sünden anwendeten; die Seele 
nämlich sei dann ja schon vorher durch ein gerechtes 
Leben entsündigt. Da nun infolge der wunderbaren 
Anziehungskraft solcher Reden eine gewaltige Menschen- 



526 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


menge zu Joannes strömte, fürchtete Herodes, das An- 
sehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu 
werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben, 
und hielt es daher für besser, ihn rechtzeitig aus dem 
Wege zu räumen, als beim Eintritt einer Wendung der 
Dinge in Gefahr zu geraten und dann, wenn es zu spät 
sei, Reue empfinden zu müssen. Auf diesen Verdacht 
hin liess also Herodes den Joannes in Ketten legen, 
nach der Festung Machaerus bringen, die ich oben er- 
wähnte, und dort hinrichten. Sein Tod aber war, wie 
gesagt, nach der Überzeugung der Juden die Ursache, 
weshalb des Herodes Heer aufgerieben worden war, da 
Gott in seinem Zorn diese Strafe über den Tetrarchen 
verhängt habe. 

3. Vitellius also rüstete sich zum Kriege gegen Aretas, 
zog zwei Legionen Schwerbewaffnete, alle dazu gehörige 
leichte Mannschaft sowie die von den verbündeten Königen 
gestellte Reiterei an sich, eilte auf Petra zu und gelangte 
zunächst nach Ptolemai's. Als er aber von hier aus 
ifiit seinem Heere durch Judaea marschieren wollte, kamen 
ihm die vornehmsten Männer entgegen und baten ihn, 
diesen Weg nicht zu benutzen, da es nach ihrem Gesetze 
verboten sei, Bilder, deren sich viele auf den Feldzeichen 
befanden, durch das Land zu tragen. Vitellius gab 
diesen Bitten nach, änderte seine Absicht, liess sein 
Heer durch die grosse Ebene 1 ziehen und begab sich 
selbst mit dem Tetrarchen Herodes und seinen Freunden 
nach Jerusalem, um hier, weil gerade ein jüdisches Fest 
bevorstand , Gott ein Opfer darzubringen. Als er daselbst 
anlangte, bereiteten ihm die Juden einen ehrenvollen 
Empfang. Er hielt sich dann drei Tage in Jerusalem 
auf, setzte während dieser Zeit den Hohepriester Jonathas 
ab und übertrug die W ürde an dessen Bruder Theophilus. 
Als er dann am vierten Tage einen Brief aus Rom er- 
hielt, der ihm den Tod des Tiberius meldete, verpflichtete 


1 D. b. durch die Ebene Jezreel und dann dem östlichen Ufer 
des Jordan entlang durch die sogenannte Jordan -Ebene. 



Achtzehntes Buch, 5. Kapitel. 


527 


er sogleich das Volk eidlich für Gajus (Caligula). Hier- 
auf berief“ er das Heer zurück und liess dasselbe Winter- 
quartiere beziehen, da er jetzt nach des Gajus Thron- 
besteigung keine Vollmacht zur Kriegführung mehr zu 
haben glaubte. Aretas soll übrigens, sobald ihm des 
Vitellius Anmarsch gemeldet wurde, Vogelschau gehalten 
und erklärt haben, das Heer des Vitellius könne un- 
möglich Petra erreichen, da in kurzem ein Führer sterben 
werde, sei es nun der, welcher den Befehl zum Kriege 
gegeben habe, oder der, welcher auf des ersteren Weisung 
hin den Krieg führe, oder endlich der, gegen den das 
Heer zu Felde ziehe. Vitellius zog sich alsdann nach 
Antiochia zurück. Des Aristobulus Sohn Agrippa aber 
war bereits ein Jahr vor dem Tode des Tiberius nach 
Rom gereist, um mit dem Caesar Verhandlungen anzu- 
knüpfen, sobald sich ihm dazu Gelegenheit bieten würde. 
— Ich will mich nun etwas eingehender über die Familie 
des Herodes verbreiten, teils weil deren Mitglieder eine 
wichtige Rolle in der Geschichte spielen, teils weil sie 
den Beweis liefern, dass weder eine zahlreiche Nach- 
kommenschaft noch irgend eine andere menschliche Macht- 
entfaltung ohne fromme Gesinnung gegen Gott etwas 
nützen kann. Sind doch in noch nicht ganz hundert 
Jahren die zahlreichen Nachkommen des Herodes fast 
alle zu Grunde gegangen. Aber auch abgesehen hiervon 
kann dem ganzen Menschengeschlecht die Kenntnis ihrer 
widrigen Schicksale nur erspriesslich sein, und besonders 
die Erzählung von dem höchst bewundernswerten Agrippa, 
der aus einem in aller Stille geführten Leben und wider 
alles Erwarten seiner Bekannten auf den Thron gelangte. 
Ich habe zwar früher schon über diesen Gegenstand ge- 
sprochen, will das aber jetzt mit grösserer Genauigkeit 
thun. 

4. Herodes der Grosse hatte von Mariamne, der Tochter 
des Hyrkanus, zwei Töchter, von denen die eine, Salampsio 
mit Namen, mit ihrem Vetter Phasael, dem Sohne von 
Herodes* Bruder Phasael, die andere, Kypros, ebenfalls 
mit ihrem Vetter Antipater, dem Neffen des Herodes 



528 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


und Sohn der Salome, von ihrem Vater vermählt worden 
war. Phasael zeugte mit der Salampsio fünf Kinder, 
Antipater, Herodes, Alexander, Alexandra und Kypros, 
welch letztere des Aristobulus Sohn Agrippa heiratete, 
während Alexandra mit Timius, einem vornehmen Be- 
wohner von Cypern, vermählt wurde und als dessen Gattin, 
ohne Kinder zu hinterlassen, starb. Kypros dagegen 
gebar dem Agrippa drei Töchter, Berenike, Mariamne 
und Drusilla, sowie zwei Söhne, Agrippa und Drusus, 
von denen der letztere noch als Knabe starb. Ihr Vater 
Agrippa hatte übrigens noch zwei Brüder, Herodes und 
Aristobulus, und es waren diese drei die Söhne, welche 
Berenike, die Tochter von Kostobar upd des Herodes 
Schwester Salome, dem Aristobulus, dem Sohne Herodes’ 
des Grossen, geboren hatte. Sie wurden alle drei schon 
früh Waisen, da ihr Vater samt seinem Bruder Alexander, 
wie früher erwähnt, hingerichtet wurde. Als sie erwachsen 
waren, verheirateten sie sich, und zwar führte dieser 
Herodes, der Bruder Agrippas, die Mariamne heim, deren 
Mutter Olympias, eine Tochter des Herodes, und deren Vater 
Joseph, der Sohn von Herodes’ Bruder Joseph war. Von 
dieser Mariamne erhielt Herodes einen Sohn Aristobulus. 
Der dritte Bruder Agrippas, gleichfalls Aristobulus mit 
Namen, heiratete Jotape, die Tochter des Königs Sam- 
psigeram von Emesa, und erhielt von ihr eine taube 
Tochter, die auch Jotape genannt wurde. Das waren 
die Nachkommen von männlicher Seite. Herodias nun, die 
Schwester der drei Brüder, vermählte sich mit Herodes, 
dem Sohne Herodes’ des Grossen und der Mariamne, der 
Tochter des Hohepriesters Simon, und gebar ihm eine 
Tochter Salome, nach deren Geburt sie den väterlichen 
Gesetzen zum Trotz Herodes, den Tetrarchen von Galilaea 
und Stiefbruder ihres Gatten, heiratete, von dem sie sich 
indes noch bei seinen Lebzeiten lossagte. Ihre Tochter 
Salome war zunächst mit des Herodes Sohn Philippus, 
dem Tetrarchen von Trachonitis, vermählt, und als dieser 
ohne Kinder starb, heiratete sie Aristobulus, den Sohn 
von Agrippas Bruder Herodes, und gebar ihm drei 




Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


529 


Söhne, Herodes, Agrippa und Aristobulus. Das war also 
Phasaels und Salampsios Nachkommenschaft. Kypros 
aber, die andere Tochter der Mariamne, gebar dem Anti- 
pater eine Tochter Kypros, welche sich mit Alexas Helkias, 
dem Sohne des Alexas, vermählte und ihm eine Tochter 
schenkte, die wieder Kypros hiess. Herodes und Alexander, 
die Brüder Antipaters, starben kinderlos. Was nun den 
Alexander angeht, der auf Befehl seines Vaters Herodes 
hin gerichtet wurde, so erhielt er von der Tochter des 
Kappadocierkönigs Archelaus zwei Söhne, Alexander und 
Tigranes. Tigranes starb als König von Armenien, wäh- 
rend er sich in Rom gegen eine Anklage rechtfertigte, 
und zwar kinderlos. Seinem Bruder Alexander dagegen 
wurde ein Sohn geboren, der, nach seinem Oheim Tigranes 
genannt, von Nero das Königreich Armenien erhielt und 
einen Sohn Alexander zeugte. Dieser heiratete Jotape, 
die Tochter des Kommagenerkönigs Antiochus, und wurde 
von Vespasianus zum Könige der Cilicischen Inseln er- 
nannt. Die ganze Nachkommenschaft Alexanders gab 
übrigens schon in der Jugend die jüdischen Gebräuche 
auf und nahm heidnische Sitten an. Die anderen Töchter 
des Herodes starben kinderlos. Da aber die genannten 
Nachkommen des Herodes noch am Leben waren, als 
Agrippa der Grosse zur Regierung gelangte, und ich 
deren Geschlechtsregister schon oben erwähnt habe, so 
bleibt mir nur übrig zu erzählen, welche Schicksale 
Agrippa erfuhr, wie er aus denselben hervorging und 
wie er zur höchsten Macht und Würde gelangte. 


Sechstes Kapitel. 

Agrippa reist nach Rom zum Caesar Tiberius, wird 
von ihm in Ketten gelegt, nach dem Tode des Tiberius 
aber von Gajus freigelassen und zum Könige über die 
Tetrarchie des Philippus ernannt. 

1. Kurz vor dem Ableben des Herodes hatte Agrippa, 
der sich in Rom aufhielt und mit Drusus, dem Sohne 

Josepbus' Jüdische Altertümer, II. 34 



530 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


des Caesars Tiberius, in freundschaftlichem Verkehr stand, 
auch mit Antonia, der Gattin des älteren Drusus, Be- 
ziehungen angeknüpft, die seine Mutter Berenike in hohen 
Ehren hielt und deshalb deren Sohn zu Ansehen bringen 
wollte. So lange nun seine Mutter lebte, hatte Agrippa, 
der von Natur freigebig und verschwenderisch war, seiner 
Leidenschaft Zügel angelegt, um Berenike nicht zu er- 
zürnen. Kaum aber war dieselbe gestorben und er sein 
eigener Herr geworden, als er auch sein Vermögen teil» 
durch äus8erst verschwenderische Lebensweise, teils durch 
masslose Freigebigkeit zu verschleudern anfing. Ganz 
besonders reiche Geschenke machte er den Freigelassenen 
des Caesars, da er auf diese Weise sich deren Unter- 
stützung zu sichern hoffte. Bei dieser Lebensart konnte 
es nicht ausbleiben, dass seine Mittel sich bald derart er- 
schöpften, dass er sich in Rom nicht länger mehr halten 
konnte. Dazu kam noch, dass Tiberius den Freunden 
seines unlängst verstorbenen Sohnes verboten hatte, vor 
ihm zu erscheinen, damit ihr Anblick nicht das Andenken 
an seinen Sohn und infolgedessen erneute Trauer in ihm 
wachrufe. 

2. Bei dieser üblen Lage blieb Agrippa nichts anderes 
übrig, als sich nach Judaea einzuschiffen. Er befand sich 
in sehr unbehaglicher Stimmung, weil er sein* ganzes 
Geld verloren hatte und nichts ihm zur Befriedigung 
seiner Gläubiger übrig blieb, die sehr zahlreich waren 
und alle seine Bewegungen beobachteten, um ihn nicht 
entwischen zu lassen. Da es nun so weit kam, dass er 
nicht mehr aus noch ein wusste und sich obendrein 
seiner Thaten nicht wenig schämte, begab er sich in die 
Festung Malatha in Idumaea mit dem Vorsatz, seinem 
Leben ein Ende zu machen. Diesen Plan aber erriet 
6eine Gattin Kypros und gab sich alle erdenkliche 
Mühe, ihn davon abzubringen. Sie schrieb an seine 
Schwester Herodias, die mit dem Tetrarchen Herodes ver- 
mählt war, zeigte ihr an, was Agrippa beabsichtige und 
welche Not ihn dazu t getrieben habe, und bat sie um 
ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen willen, Hilfe zu 



Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


531 


leisten und ihren Gatten ebenfalls dafür zu gewinnen, 
besonders da sie selbst, wie ersichtlich, alles daran setze, 
um ihren Mann aufzurichten, obgleich sie an Mitteln 
gewiss keinen Überfluss habe. Herodias und Herodes 
Hessen infolgedessen den Agrippa zu sich kommen, 
wiesen ihm Tiberias als Wohnort sowie eine bestimmte 
Summe zum Lebensunterhalt an und übertrugen ihm 
obendrein noch die Stelle eines Agoranomen 1 der Stadt. 
Lange jedoch behielt Herodes diese Gesinnung nicht bei, 
obwohl er auch so Agrippas Bedürfnisse noch nicht be- 
friedigt hatte. Bei einem Gastmahle zu Tyrus nämlich 
gerieten sie über’m Trinken in Streit, und Herodes warf 
Agrippa vor, dass er ein Habenichts und auf seine Hilfe 
angewiesen sei. Das glaubte Agrippa nicht auf sich sitzen 
lassen zu dürfen und begab sich deshalb zu Flaccus, 
einem ehemaligen Konsul und nunmehrigen Statthalter 
von Syrien, mit dem er schon früher in Rom gute Freund- 
schaft gehalten hatte. 

3. Flaccus nahm ihn freundlich auf, und obgleich 
sich auch sein Bruder Aristobulus dort befand, mit dem 
er in Streit lebte, hinderte das den Flaccus doch nicht, 
ihnen beiden gleiche Ehrenbezeugungen zu erweisen. 
Aristobulus aber vermochte auf die Dauer seinen Hass 
gegen Agrippa nicht zu unterdrücken und ruhte nicht, 
bis er den Flaccus gegen ihn aufgereizt hatte, wozu 
folgender Vorfall den Anstoss gab. Die Damascener 
waren mit den Sidoniern in einen Grenzstreit verwickelt, 
den Flaccus entscheiden sollte, und da sie erfahren hatten, 
dass Agrippa viel bei ihm vermochte, baten sie diesen 
um seine Hilfe und versprachen ihm dafür eine grosse 
Geldsumme. Agrippa gab sich nun die grösste Mühe, 
die Damascener zu unterstützen; Aristobulus aber, dem 
das Versprechen der Geldsumme nicht unbekannt ge- 
blieben war, verklagte seinen Bruder deshalb bei Flaccus 
Und da seine Angaben durch das Ergebnis der Unter- 
suchung bestätigt wurden, kündigte Flaccus. dem Agrippa 


1 S. die Anmerkung zu*XlV, 10 , 24 . 



532 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


die Freundschaft, der nun wieder in die äusserste, Armut 
versetzt wurde und nach Ptolemais ging, von wo er 
mangels anderer geeigneter Unterkunft nach Italien zu 
fahren beschloss. Hierzu gebrach es ihm indes an Geld, 
und er trug daher seinem Freigelassenen Marsyas auf, 
alle seine Künste zu versuchen, um ihm solches leih- 
weise zu verschaffen. Marsyas begab sich infolgedessen 
zu Petrus, einem Freigelassenen von Agrippas Mutter 
Berenike, der aber durch deren Testament an Antonia 1 
verwiesen war, und bat ihn, dem Agrippa gegen einen 
Schuldschein Geld zu leihen. Weil aber Petrus den 
Agrippa beschuldigte, früher entliehenes Geld nicht zurück- 
gezahlt zu haben, verlangte er von Marsyas einen Schuld- 
schein über zwanzigtausend attische Drachmen, obgleich 
er zweitausendfünfhundert weniger hergab. Marsyas 
musste sich hiermit zufrieden geben, da ihm kein anderer 
Ausweg übrig blieb. Als Agrippa nun das Geld erhalten 
hatte, reiste er nach Anthedon und schickte sich an, von 
dort in See zu gehen. Das erfuhr indes Herennius Capito, 
der Kommandant von Jamnia, und schickte sogleich Sol- 
daten ab, um von Agrippa dreihunderttausend Sesterzien 2 t 
welche dieser von seinem früheren Aufenthalt in Rom her 
dem Caesar schuldete, einzutreiben. So wurde Agrippa 
genötigt, zu bleiben. Er stellte sich nun, als wolle er 
dem Zahlungsbefehl nachkommen, hieb aber in der Nacht 
die Schiffstaue durch und fuhr nach Alexandria, wo er 
den Alabarchen 3 Alexander ersuchte, ihm zweihundert- 
tausend Sesterzien zu leihen. Dieser weigerte sich zwar, 
ihm selbst die Summe vorzustrecken, war aber nicht ab- 
geneigt, sie der Kypros, deren Liebe zu ihrem Gatten 
und sonstige vortreffliche Eigenschaften j ihn in Erstaunen 
versetzten, zu leihen. Kypros leistete also Bürgschaft, 
und Alexander zahlte sofort in Alexandria fünf Talente 
aus und versprach, den Rest gleich nach seiner Ankunft 


1 Die Mutter des Germanicus (s. den folgenden Abschnitt). 

2 Ein Sestertius = 15,9 Pfennige. 

3 D. i. Vorsteher. 



Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


533 


in Dikaearchia herzugeben, weil er die Vergeh wendungs- 
Bucht Agrippa8 fürchtete. Kypros verabschiedete sich 
darauf von ihrem Gatten, der alsbald nach Italien ab- 
fuhr, und kehrte selbst mit ihren Kindern nach Judaea 
zurück. 

4. In Puteoli angelangt, schrieb Agrippa einen Brief 
an den Caesar Tiberius, der damals in Capreae zurück- 
gezogen lebte, teilte ihm mit, er sei gekommen, um ihm 
pflichtgemäss seine Aufwartung zu machen, und bat ihn 
um die Erlaubnis, sich in Capreae einfinden zu dürfen. 
Tiberius antwortete ihm mit grösster Freundlichkeit und 
gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass er ihn in 
Capreae sehen werde. Als Agrippa nun ankam, fand er 
eine so ehrenvolle Aufnahme und glänzende Bewirtung, 
wie er dem Briefe gemäss erwarten konnte. Am folgenden 
Tage jedoch erhielt der Caesar von Herennius Capito die 
schriftliche Anzeige, Agrippa habe dreihunderttausend 
Sesterzien entliehen, sie aber am Verfalltage nicht zurück- 
gezahlt, und als er ihn an die Rückzahlung gemahnt 
habe, sei er aus seinem Lande geflohen, sodass er jetzt 
gar keine Hoffnung mehr habe, das Geld von ihm ein- 
zutreiben. Als der Caesar diesen Brief gelesen hatte, 
wurde er sehr unwillig und liess Agrippa den Zutritt 
zum Hofe untersagen, bis er die Schuld bezahlt habe. 
Dieser aber liess sich durch den Zorn des Caesars nicht 
im mindesten aus der Fassung bringen, sondern erbat 
sich von Antonia, der Mutter des Germanicus und des 
nachmaligen Caesars Claudius, dreihunderttausend Se- 
sterzien, damit er die Freundschaft des Tiberius nicht 
verlöre. Antonia gab ihm das Geld, teils im Andenken 
an seine Mutter Berenike, mit der sie in sehr vertrautem 
Verkehr gestanden hatte, teils weil er mit Claudius er- 
zogen worden war. Sobald nun Agrippa seine Schuld 
abgetragen hatte, war sein gutes Einvernehmen mit 
Tiberius wiederhergestellt, und der Caesar vertraute ihm 
sogar seinen Enkel an, damit er ihn auf seinen Aus- 
gängen begleite. Aus Dankbarkeit für das freundliche 
Entgegenkommen der Antonia widmete alsdann Agrippa 




534 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


seine ganze Sorgfalt dem Gajus, welcher der Enkel der 
Antonia war und wegen der allgemeinen Beliebtheit seines 
Vaters überall in hoher Achtung stand. Es befand sich 
aber damals ein gewisser Samariter Thallus , ein Frei- 
gelassener des Caesars, am Hofe. Von diesem lieh 
Agrippa sich eine Million Sesterzien, bezahlte der Antonia 
seine Schuld und verwendete den Rest dazu, Aufwendugen 
behufs Erlangung der Gunst des Gajus zu machen, so- 
dass er in dessen Ansehen gewaltig stieg. 

5. Als nun Agrippa mit Gajus immer vertrauter wurde 
und eines Tages mit ihm im Wagen ausfuhr, kam die 
Rede auf Tiberius. Da sprach Agrippa, weil sie unter 
sich waren, den Wunsch aus, Tiberius möge recht bald 
dem des Thrones viel würdigeren Gajus Platz machen. 
Das hörte Agrippas Freigelassener Eutychus, der den 
Wagen lenkte, schwieg aber einstweilen dazu. Später 
beschuldigte Agrippa den Eutychus, ihm ein Gewand 
gestohlen zu haben, was auch auf Wahrheit beruhte. 
Eutychus floh darauf, wurde aber ergriffen und zum 
Stadtpraefekten Piso geführt, der ihn um die Ursache 
seiner Flucht befragte. Der Gefangene entgegnete, er 
habe dem Caesar ein Geheimnis zu melden, welches seine 
Sicherheit betreffe. Der Praefekt schickte ihn nun nach 
Capreae, wo Tiberius ihn nach seiner Gewohnheit in 
Fesseln legen liess. Der Caesar konnte überhaupt zaudern, 
wie kein anderer König oder Fürst. So liess er auch 
Gesandtschaften oft lange warten und gab seinen Statt- 
haltern und Landpflegern nicht leicht Nachfolger, wenn 
sie nicht mit Tod abgingen. 1 Daher kam es auch, dass 
er Gefangene oft längere Zeit im Kerker liess, ehe er sie 
verhörte. Als ihn eines Tages seine Freunde fragten, 
warum er alles von einem Tag auf den anderen ver- 
schiebe, sagte er, die Gesandtschaften pflege er deshalb 
hinzuhalten, damit nicht bei schneller Entlassung der- 
selben sobald wieder neue zu ihm geschickt würden und 
er sich so stets der Mühe unterziehen müsse, sie zu 


1 Vergl. hierzu Tacitus, Annalen, 1, 80. 



Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


535 


empfangen und abzufertigen. Die Befehlshaberstellen aber 
lasse er solchen, denen er sie einmal verliehen habe, 
möglichst lange, damit wenigstens eine Rücksicht sie 
an treibe, seine Unterthanen (Wohlwollend zu behandeln. 
Denn der Sinn der meisten Menschen, die ein Amt be- 
kleideten, neige zur Habsucht, und wenn jemand ein Amt 
Glicht auf die Dauer, sondern nur für kurze Zeit erhalte, 
•ohne zu wissen, wann ihm dasselbe wieder abgenommen 
werde, so sei seine Sucht zu plündern nur um so grösser. 
Wenn aber jemand längere Zeit im Besitze eines Amtes 
bleibe, so werde er doch bald, wenn er genug zusammen- 
gescharrt habe, der Erpressungen überdrüssig und halte 
damit ein. Trete dagegen ein zu schneller Wechsel ein, 
so genüge den Beamten nicht einmal das Besitztum ihrer 
Untergebenen mehr, weil bei vorzeitiger Abberufung ihnen 
nicht so viel Zeit bleibe, dass sie, wie die Vorgänger, 
ihre Raubgier völlig befriedigen könnten. Hierfür gab er 
folgendes Beispiel an : „Ein verwundeter Mensch lag am 
Boden, und eine Menge Fliegen sassen in seinen Wunden. 
EinWanderer, der zufällig vorbeiging, hatte Mitleid mit 
ihm, und da er ihn für zu schwach hielt, um die Fliegen 
zu vertreiben, trat er hinzu und schickte sich an, die- 
selben zu verscheuchen. Der Verwundete aber bat ihn, 
das zu unterlassen, und als der andere ihn fragte, wes- 
halb er denn von der Plage nicht befreit sein wolle, 
entgegnete er: Du machst mir noch mehr Schmerz, wenn 
<lu sie vertreibst. Denn sie sind schon gesättigt von 
meinem Blute und machen mir deshalb nicht mehr so 
viele Beschwerden als zuerst, sondern lassen schon etwas 
mit Quälen nach. Vertreibst du sie aber und kommen 
•dann neue, hungrige heran, so werden sie, weil sie mich 
schon erschöpft antreffen, mich zu Tode aussaugen.“ 
Aus demselben Grunde, fuhr Tiberius fort, schicke er 
seinen Unterthanen, die schon durch viele Plackereien 
hart bedrückt seien, nicht so häufig einen Beamten nach 
dem anderen, von denen sie dann wie die Fliegen aus- 
gesogen würden, besonders da zu der natürlichen Hab- 
gier der Bedränger auch noch die Furcht hinzukäme, 



536 


Josephus' Jüdische Altertümer. 


eine so angenehme Art, sich zu bereichern, möchte ihnen 
schon so bald unmöglich gemacht werden. Diese Ge- 
sinnung des Tiberius ward durch seine Handlungsweise 
bestätigt, da er während seiner zweiundzwanzigjährigen 
Regierung den Juden nur zwei Landpfleger schickte, 
nämlich Gratus und dessen Nachfolger Pilatus. So ver- 
fuhr er aber nicht nur bei den Juden, sondern bei allen 
seinen Unterthanen. Auch die Gefangenen verhörte er, 
wie er sagte, immer deshalb erst so spät, damit sie nicht 
durch schnelle Hinrichtung von ihrer Haft befreit würden, 
was sie als Verbrecher gar nicht verdient hätten, sondern 
damit ihre quälende Ungewissheit während des langen 
Kerkeraufenthaltes noch gesteigert würde. 

6. Aus diesem Grunde also wurde auch Eutychus 
nicht zum Verhör vorgeführt, sondern blieb im Ge- 
fängnis. Einige Zeit später kam Tibeiius von Capreae 
nach Tusculanum, das ungefähr hundert Stadien von 
Rom entfernt liegt, und nun bat Agrippa die Antonia, 
sie möge doch dahin wirken, dass Eutychus endlich in 
betreff der gegen ihn vorgebrachten Anklagen verhört 
werde. Antonia stand nämlich bei Tiberius in hohem 
Ansehen, teils weil er mit ihr verwandt war (sie war die 
Gattin seines verstorbenen Bruders), teils wegen ihrer 
Keuschheit, da sie ungeachtet ihres blühenden Alters 
Witwe blieb, trotz des Augustus Zureden das Eingehen 
einer zweiten Ehe verweigert hatte und ihren Lebens- 
wandel von jedem Vorwurf rein bewahrte. Dazu kam 
noch, dass sie durch eine besondere Gefälligkeit sich den 
Tiberius zu grösstem Dank verpflichtet hatte. Sejanus 
nämlich, ein Freund ihres verstorbenen Gatten und als 
Befehlshaber der Praetorianer 1 der einflussreichste Mann 
jener Zeit, hatte eine Verschwörung angestiftet, an der 
6ich viele Senatoren mit ihren Freigelassenen beteiligten 
und für die auch das Heer gewonnen war. Die Ver- 
schwörung hatte also schon weite Kreise ergriffen, und 
es fehlte nicht viel, so wäre dem Sejanus sein Anschlag 


1 Der Leibwache der Caesaren. 



Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


537 


gelungen, wenn nicht Antonia entschlossen und mit 
kluger Überlegung denselben vereitelt hätte. Sobald sie 
nämlich von den Nachstellungen gegen Tiberius Kunde 
erhielt, schrieb sie diesen alles ausführlich, übergab 
den Brief dem ergebensten ihrer Sklaven, Pallas, und 
schickte ihn damit nach Capreae zu Tiberius. Darauf- 
hin liess der Caesar den Sejanus und alle seine Mit- 
verschworenen hinrichten , schätzte von nun an die 
Antonia um so höher und schenkte ihr sein volles Ver- 
trauen. Sie bat also jetzt Tiberius, er möge den Eutychus 
verhören lassen, worauf der Caesar entgegnete: „Hat 
Eutychus das, was Agrippa gesagt haben soll, erlogen, 
so wird er nach Gebühr bestraft werden. Erweist sich 
dagegen bei der peinlichen Befragung seine Aussage als 
wahr, so mag Agrippa sich vorsehen, dass die Strafe, 
die er seinem Freigelassenen zugedacht hat, nicht auf 
sein eigenes Haupt zurückfalle.“ Als Antonia diese 
Worte dem Agrippa mitteilte, bat dieser um so nach- 
drücklicher, die Sache möchte untersucht werden, und da 
er gar nicht aufhörte, sie darum anzugehen, ergriff sie die 
günstige Gelegenheit, als Tiberius in Begleitung Agrippas 
und seines Enkels Gaj us nach der Mahlzeit ausfuhr, ging 
eine Weile neben dem Wagen her und bat den Caesar, 
den Eutychus jetzt vorführen zu lassen und zu verhören. 
Darauf erwiderte Tiberius : „Ich rufe die Götter zu Zeugen 
an, dass ich nicht freiwillig, sondern durch deine Bitten 
genötigt thue, was jetzt geschehen soll.“ Nach diesen 
Worten befahl er Macro, dem Nachfolger des Sejanus, 
den Eutychus vorzuführen. Als dies unverzüglich ge- 
schehen war und Tiberius ihn fragte, was er denn gegen 
den Mann Vorbringen könne, der ihn in Freiheit gesetzt 
habe, antwortete Eutychus: „Gajus und Agrippa fuhren 
einmal im Wagen aus, und ich sass zu ihren Füssen. 
Nachdem nun mancherlei Reden gewechselt waren, sprach 
Agrippa zu Gajus: Käme doch endlich der Tag, an dem 
der Alte das Zeitliche segnete und dich zum Herrscher des 
Erdkreises einsetzte! Denn sein Enkel Tiberius wird uns 
wenig zu schaffen machen, wenn du ihn aus dem Wege 




538 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


räumst, und es käme dann die ganze Welt und besonders ich 
in eine glückliche Lage.“ Diese Aussage hielt Tiberius für 
glaubwürdig, und da auch sein alter Groll gegen Agrippa 
sich regte, weil dieser trotz seines Befehls, sich an Tiberius, 
seinen Enkel und des Drusus Sohn, anzuschliessen, den 
letzteren vernachlässigt und sich ganz zu Gajus ge- 
halten hatte, wandte er sich an Macro und sagte: „Leg* 
ihn in Fesseln!“ Weil nun Macro einesteils nicht recht 
verstand, wen Tiberius gefesselt haben wollte, andern- 
teils nicht ahnte, dass er so etwas gegen Agrippa be- 
schlossen könne, wartete er, bis er den Caesar besser 
verstanden haben würde. Später wandelte Tiberius in 
der Rennbahn umher, und als er hier Agrippa stehen 
sah, rief er aus: „Aber, Macro, ich habe dir doch be- 
fohlen, diesen in Fesseln zu legen!“ Macro fragte: 
„Wen denn?“ worauf der Caesar entgegnete: „Agrippa.“ 
Nun legte sich dieser aufs Bitten, erinnerte ihn an den 
Sohn, mit dem er erzogen worden sei, und an Tiberius, 
dessen Bildung er geleitet habe. Es half aber alles 
nichts, sondern er wurde im Purpurgewande, so wie er 
war, gefesselt hinweggeführt. Zur Mahlzeit nun wurde 
ihm sehr wenig Wein gereicht, und da es obendrein sehr 
heiss war, bekam er heftigen Durst, unter dem er 
schliesslich so litt, dass er von höchstem Unbehagen 
ergriffen wurde. Da erblickte er einen von Gajus’ 
Dienern mit Namen Thaumastus, der Wasser in einem 
Gefässe trug, und bat sich von ihm etwas zu trinken 
aus. Der Diener reichte ihm das Gefäss, und als er ge- 
trunken hatte, sagte er: „Das soll dein Schaden nicht 
sein, Sklave, dass du mir den Gefallen erwiesen hast. 
Sobald ich von diesen Fesseln befreit bin, wird es meine 
erste Sorge sein, dir die Freiheit von Gajus zu erwirken, 
weil du mir jetzt, da ich gefangen bin, mit derselben 
Bereitwilligkeit deine Dienste geleistet hast, wie früher, 
als ich noch im Glück lebte.“ Das bewahrheitete sich 
auch in der Folgezeit, und Agrippa konnte ihm so 
seinen Dank abstatten. Sobald er nämlich König ge- 
worden war, bat er sich den Thaumastus von dem in- 




Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 539 

zwischen auf den Thron gelangten Gajus aus, liess ihn 
frei und machte ihn zum Verwalter seines Vermögens. 
Nach seinem Tode aber blieb der Freigelassene bei 
seinem Sohne Agrippa und seiner Tochter Berenike in 
gleicher Stellung und bekleidete das Ehrenamt, bis er 
in hohem Alter starb. Das alles geschah freilich erst 
später. 

7. Eines Tages stand Agrippa mit einer Anzahl 
seiner Mitgefangenen gefesselt vor dem Palaste und 
lehnte sich voll Schwermut an einen Baum. Auf diesen 
Baum liess sich einer jener Vögel nieder, die man Uhu 
nennt. Als nun einer von den Ein gekerkerten' den 
Vogel bemerkte, fragte er einen Soldaten, wer der Ge- 
fangene im Purpurkleide sei. Dieser antwortete dem 
Fragesteller, einem Germanen, derselbe heisse Agrippa, 
stamme aus Judaea und sei einer der Vornehmsten 
dieses Landes. Der Germane bat darauf den Soldaten, 
mit dem er zusammengeschlossen war, er möge etwas 
näher an Agrippa herantreten , da er mit ihm zu 
sprechen wünsche; er wolle ihn nämlich über die Ver- 
hältnisse seines Vaterlandes befragen. Als dies ge- 
schehen war, sprach er zu ihm durch einen Dolmetscher 
folgendermassen : „Junger Mann, dich betrübt wohl der 
plötzliche Wechsel deines Geschickes, der dich in so 
schweres Unglück versetzt hat. Vielleicht nun wirst du 
meinen Worten keinen Glauben beimessen, die dir ver- 
kündigen, was die Gottheit in ihrer Vorsehung be- 
schlossen hat, um dich aus deinem Elend zu befreien. 
Ich rufe indes meine eigenen Götter und die Götter 
dieses Landes, durch deren Willen wir in die Gefangen- 
schaft geraten sind, zu Zeugen an, dass alles, was ich 
dir sagen werde, nicht dazu bestimmt ist, deinen Ohren 
zu schmeicheln oder dich mit leeren Hoffnungen zu 
vertrösten. Denn solche Vorhersagungen pflegen, wenn 
der Seher sich getäuscht hat, mehr Leid zu bringen, als 
wenn man überhaupt nichts von ihnen gehört hätte. 
Ich habe also selbst unter eigener Lebensgefahr es für 
angemessen gehalten, dir kundzuthun, was die Götter 


Go gle 



540 


Josephas’ Jüdische Altertümer. 


dir für die Zukunft in Aussicht stellen. Es kann nämlich 
gar nicht ausbleiben, da6S du in kurzer Frist aus diesen 
Fesseln befreit wirst. Dann wirst du zu höchstem An- 
sehen und grösster Macht gelangen , und alle werden 
dich glücklich preisen, die jetzt dein Schicksal bedauern. 
Auch wirst du einen glücklichen Tod haben und deine 
Macht auf deine Kinder vererben. Siehst du aber 
diesen Vogel wieder, so magst du daran erkennen, dass 
du in fünf Tagen sterben musst. Um dir nun an- 
zuzeigen, dass dies alles geschehen wird, hat die Gott- 
heit dir diesen Vogel geschickt. Und da ich Sehergabe 
besitze, hielt ich es für unrecht, dir die Kenntnis der 
Zukunft zu verheimlichen. Bist du also deines künftigen 
Glückes sicher, so magst du das, was du jetzt leidest, 
als eine Kleinigkeit ansehen. Ist dir aber einmal dieses 
Glück zu teil geworden, so gedenke auch unser, damit 
wir dem Elend, das uns jetzt drückt, entrinnen mögen.“ 
Diese Weissagung des Germanen erschien damals dem 
Agrippa ebenso lächerlich, als sie ihn später mit Staunen 
erf üllte. — Antonia aber, die über Agrippas Unglück 6ehr 
verstimmt war, hielt es jetzt für unthunlich, sich bei 
Tiberius für ihn zu verwenden , zumal sie diesen als 
unerbittlich kannte. Doch wusste sie es bei Macro 
durchzusetzen , dass zu den Soldaten , die ihn bewachen 
mussten, und den Centurionen , welche diese befehligten 
und mit ihm zusammengeschlossen wurden, nur menschen- 
freundliche und verständige Männer gewählt wurden, 
dass man ihm gestattete, täglich zu baden, dass seine 
Freigelassenen und Freunde ihn besuchen durften, und 
dass ihm manche andere Erleichterung gewährt wurde. 
Infolgedessen hatten sein Freund Silas und seine Frei- 
gelassenen Marsyas und Stoecheus ungehinderten Zutritt 
zu ihm, brachten ihm Speisen, die er besonders gern 
ass, und bewiesen sich ihm recht hilfreich. So 
brachten sie auch Teppiche heran, als wenn sie 
dieselben verkaufen wollten, und breiteten sie zur 
Nachtzeit mit Hilfe der Soldaten und mit Zu- 
stimmung Macros unter ihm aus. In dieser Weise 


Go gle 




Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


541 


ging es sechs Monate lang weiter, ohne dass Agrippas 
Lage sich änderte. 

8. Als nun Tiberius nach Capreae zurückgekehrt 
war, fing er an zu kränkeln, und die Krankheit ver- 
schlimmerte sich bald derart, dass er an seiner Ge- 
nesung verzweifelte. Er trug daher dem Evodus, dem 
er von allen seinen Freigelassenen das meiste Vertrauen 
schenkte, auf, seine Kinder herbeizuholen , weil er vor 
seinem Tode noch einiges mit ihnen besprechen wolle. 
Nun hatte er zwar keine eigenen Kinder mehr, da sein 
einziger Sohn Drusus schon gestorben war, doch lebte 
noch dessen Sohn Tiberius mit dem Beinamen Gemellus, 
sowie Gajus, der Sohn seines Bruders Germanicus, der 
schon herangewachsen war, feine Bildung besass und 
um seines Vaters Germanicus willen beim Volke sehr 
beliebt war. Letzteren nämlich hatte das Volk in hohen 
Ehren gehalten, weil er ein sittenreiner, leutseliger und 
freundlicher Mann gewesen war und trotz seines hohen 
Standes vor niemand etwas voraus haben wollte. Infolge 
dieses seines umgänglichen Wesens ward er bei Senat 
und Volk immer beliebter, und auch von den fremden 
Völkerschaften, die den Römern unterthan wurden, 
fesselte die einen seine persönliche Liebenswürdigkeit, 
während die anderen schon durch den blossen Ruf 
seiner vortrefflichen Eigenschaften für ihn eingenommen 
wurden. Als er starb, war die Trauer eine allgemeine 
und aufrichtige, weil jeder sich durch seinen Tod in 
Mitleidenschaft gezogen glaubte. Infolgedessen genoss 
auch sein Sohn allgemeines Wohlwollen, und besonders 
hingen die Soldaten an diesem so sehr, dass sie mit 
Freuden in den Tod gegangen wären, wenn sie ihm 
dadurch zur Herrschaft hätten verhelfen können. 

9. Nachdem Tiberius den Evodus beauftragt hatte, 
ihm am folgenden Tage in aller Frühe seine Kinder zu 
bringen, betete er zu seinen Göttern, ihm durch ein 
deutliches Zeichen den anzugeben, der sein Nachfolger 
werden solle. Sein Wunsch ging zwar dahin, seinen 
Enkel auf den Thron zu bringen, doch wollte er mehr 



542 


Josephus' Jüdische Altertümer. 


dem Zeichen vertrauen , das die Götter ihm kundthun 
würden, als seinem eigenen Willen. Er beschloss daher, 
denjenigen zu seinem Nachfolger zu ernennen, der am 
folgenden Tage zuerst zu ihm kommen würde. Indem 
er so überlegte, schickte er dem Erzieher seines Enkels 
den Befehl, den jungen Mann beim Morgengrauen zu 
ihm zu bringen, und hoffte , die Gottheit werde diesem 
alsdann den Thron zuerkennen. Es kam jedoch ganz 
anders, als er gedacht hatte. Sobald es nämlich Tag 
wurde, befahl er dem Evodus, den Jüngling, der zuerst 
da sei, hereinzuführen. Evodus ging also hinaus und 
fand den Gajus vor der Thür. Tiberius nämlich war 
noch nicht erschienen, weil er sein Frühstück zu spät 
erhalten hatte, und da Evodus nicht wusste, was sein 
Herr vorhatte, sagte er: „Der Vater wünscht dich zu 
sehen,“ und führte ihn herein. Als nun Tiberius den 
Gajus erblickte, erkannte er zunächst die Macht der 
Gottheit, vor der all seine eigene Macht in nichts zu- 
sammenschrumpfe, da er seinen Willen nicht mehr 
durchzusetzen vermöge. Dann beklagte er sowohl sich 
selbst, weil er einen so lange gehegten Wunsch nicht 
in Erfüllung gehen sah, als auch seinen Enkel Tiberius, 
der nun nicht nur um seine Anwartschaft auf den Thron 
gekommen sei, sondern auch in Lebensgefahr schwebe, 
da seine Sicherheit jetzt von Mächtigeren abhänge, die 
ihn wohl nicht neben sich dulden würden. Die Ver- 
wandtschaft nämlich, so überlegte er weiter, könne ihm 
dabei wenig helfen, da er dem Machthaber ein Dorn 
im Auge sein werde, teils weil er das nächste Anrecht 
auf den Thron habe, teils weil er sich um seiner eigenen 
Sicherheit willen oder aus Herrschbegierde von Nach- 
stellungen gegen den Caesar wohl nicht fernhalten 
würde. Nun gab Tiberius sehr viel auf Vorbedeutungen 
und richtete sich in seinem Leben mehr danach als 
sonst jemand, der an dergleichen glaubte. So hatte er 
auch einmal, als er den Galba daherkommen sah, zu 
einigen seiner Vertrauten gesagt* das sei der Mann, der 
einst den römischen Caesarenthron besteigen werde. Da 




Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


543 


er also mehr wie andere Herrscher an alles glaubte, was 
nur den Schein einer Vorbedeutung an sich trug, weil 
ihn manchmal solche Dinge nicht getäuscht hatten, so 
richtete er sich auch in der Regierung danach. Er ge- 
riet deshalb in grosse Angst wegen des Vorgefallenen, 
zeigte sich von Schmerz ergriffen, als ob sein Enkel 
schon ermordet wäre, und klagte sich selbst an, weil er 
in übergrosser Sorge um die Zukunft sich der Vor- 
bedeutung bedient habe , während er doch sorgenfrei 
hätte sterben können , wenn er den Schleier , der die 
kommenden Ereignisse verhüllte , nicht gelüftet haben 
würde. Nu^n aber quäle ihn der Gedanke, dass er bei 
seinem Tode all das Leid voraussehen müsse, welches 
seinen Lieben bevorstehe. So sehr es ihm aber auch 
zu Herzen ging, dass sein Nachfolger ein anderer sein 
sollte, als er sich gewünscht hatte, sprach er doch zu 
Gajus, allerdings mit innerem Widerstreben: „Mein 
Sohn, obwohl Tiberius mir verwandtschaftlich näher 
steht als du, so lege ich doch in deine Hände nach 
eigenem Entschluss und mit Zustimmung der Götter die 
Zügel der römischen Herrschaft. Nur bitte und be- 
schwöre ich dich, auf dem Throne weder meine Güte, 
die dich zu so hoher Würde erhoben hat, noch deine 
Verwandtschaft mit Tiberius zu vergessen. Sei vielmehr 
eingedenk, dass ich mit Wissen und Willen der Götter 
dir eine so grosse Wohlthat erwiesen habe, und vergilt 
mir diese meine Liebe, indem du mit Tiberius gute Be- 
ziehungen unterhältst. Bedenke ausserdem, dass Tiberius, 
so lange er lebt, eine mächtige Schutz wehr deiner per- 
sönlichen Sicherheit und deines Thrones sein, dass 
dagegen sein Tod für dich nur die Quelle grossen 
Unheils bilden wird. Gefährlich ist ja eine einsame 
Stellung auf solcher Höhe, und die Götter werden es 
nicht ungestraft lassen, wenn durch ungerechte Hand- 
lungen das Gesetz, welches uns das Gegenteil vorschreibt, 
verletzt wird.“ So sprach Tiberius , ohne jedoch auf 
Gajus Eindruck zu machen. Zwar gelobte dieser, nach 
seinem Wunsche haudeln zu wollen; kaum aber war er 



544 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zur Regierung gelangt, so liess er den Tiberiue, wie 
dessen Grossvater geahnt hatte, ermorden. Doch fiel 
auch er selbst nicht lange nachher einer Verschwörung 
zum Opfer. 

10. Wenige Tage, nachdem er den Gajus zu seinem 
Nachfolger ernannt hatte, starb Tiberius nach einer Re- 
gierung von zweiundzwanzig Jahren, fünf Monaten und 
drei Tagen. Gajus war der vierte 1 römische Caesar. 
Die Nachricht vom Tode des Tiberius versetzte die 
Römer in grosse Freude; doch wagten sie kaum daran 
zu glauben, nicht als ob sie es nicht sehnlichst gewünscht 
hätten (denn sie würden die Nachricht, wenn sie wahr 
gewesen wäre, gern mit vielem Gelde bezahlt haben), 
sondern weil sie fürchteten, ihre Freude, falls das Ge- 
rücht sich nicht bewahrheiten sollte, zu voreilig kund- 
gegeben zu haben und deshalb angeklagt und hin- 
gerichtet zu werden. Hatte doch Tiberius über den 
römischen Adel unsägliches Leid gebracht. Denn bei 
jeder Gelegenheit brauste er zornig auf und wusste seine 
Aufregung selbst dann nicht zu bemeistern , wenn die- 
selbe keinen vernünftigen Grund hatte. Von Natur war 
er geneigt, mit grausamer Willkür zu verfahren, sodass 
er selbst die leichtesten Vergehen mit dem Tode be- 
strafte. So gern daher auch die Römer das Gerücht 
von seinem Tode hörten, so durften sie sich doch aus 
Furcht vor dem Unheil, das ihnen im Falle einer 
Täuschung drohte, ihrer Freude nicht hingeben. 
Agrippas Freigelassener Marsyas aber eilte bei der 
Nachricht vom Ableben des Tiberius gestreckten Laufes 
zu dem Gefangenen , um ihm die frohe Botschaft zu 
bringen. Er traf ihn auf dem Wege zum Bad und 
flüsterte ihm auf Hebraeisch zu: „Der Löwe ist tot.“ 
Agrippa verstand recht gut, was diese Worte bedeuten 
sollten, und sprach voller Freude zu Marsyas: „Für 
diese frohe Kunde werde ich dir wie für deine übrigen 
Dienste aufrichtigen Dank wissen, wenn sie nur auf 


1 $. die dritte Anmerkung zu XVIII, 2,3. 




Achtzehntes Buch, 6. Kapitel. 


545 


Wahrheit beruht." Als nun der Centurio, der Agrippas 
Wache befehligte, bemerkte, wie eilig Marsyas daherkam 
und welche Freude Agrippa über seine Worte empfand, 
ahnte er, dass es sich um etwas Wichtiges handeln 
müsse, und fragte deshalb, was sie miteinander be- 
sprochen hätten. Die beiden machten zuerst Ausflüchte ; 
als aber der Centurio in sie drang, teilte Agrippa, der 
mit ihm bereits Freundschaft geschlossen hatte, ihm so- 
gleich alles mit. Da freute sich der Centurio nicht 
weniger als Agrippa und gab deswegen ein Gastmahl. 
Während man nun hier festlich schmauste und noch 
wackerer zechte, erschien auf einmal ein Bote mit der 
Nachricht, Tiberius lebe noch und w T erde in wenigen 
Tagen nach Rom zurückkehren. Darüber erschrak der 
Centurio gewaltig, da es ihm ans Leben gehen konnte, 
weil er auf die Nachricht vom Tode des Caesars mit 
seinen Gefangenen geschmaust hatte. Und in seiner 
Aufregung riss er den Agrippa vom Polster herunter 
und schrie ihn an: „Meinst du, du solltest mich un- 
gestraft mit der Nachricht vom Tode des Caesars zum 
Narren gehalten haben und für diese Unverschämtheit 
nicht mit deinem Kopfe einstehen müssen?" Nach diesen 
Worten liess er den Gefangenen , dem er vorhin die 
Ketten abgenommen hatte, wieder fesseln und gab ihm 
eine zahlreichere Wache wie früher. So verbrachte 
Agrippa eine recht traurige Nacht; am folgenden Tage 
jedoch verbreitete sich das Gerücht vom Tode des 
Tiberius in der ganzen Stadt, und niemand scheute sich, 
dasselbe weiter zu erzählen. Ja, man brachte hier und 
da schon Dankopfer dar. Bald kamen denn auch Briefe 
von Gajus an, und zwar einer an den Senat, worin er 
den Tod des Tiberius meldete und seinen Regierungs- 
antritt kundthat, der andere an den Stadtpraefekten Piso, 
worin diesem dasselbe mitgeteilt und zugleich der Befehl 
erteilt wurde, Agrippa aus dem, Soldatengefängnis in 
das Haus zu bringen , welches er vor seiner Gefangen- 
nehmung bewohnt hatte und wo er furchtlos der Zu- 
kunft entgegen sehen konnte. Er war zwar immer noch 

Joaephus’ Jlidißche Altertümer, II. ' 35 

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546 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Gefangener, konnte aber, da er sehr schonend behandelt 
wurde, leben, wie es ihm gefiel. Als nun Gajus mit der 
Leiche des Tiberius nach Rom gekommen war und ihn 
dort nach Landessitte mit grossem Pomp bestattet hatte, 
wollte er noch am selbigen Tage Agrippa freilassen. 
Doch Antonia widersprach ihm darin, allerdings nicht 
aus Hass gegen den Gefangenen , sondern nur aus 
Rücksicht auf des Gajus Ehre. Sie wollte nämlich 
nicht, dass Gajus sich den Anschein gebe, als freue er 
sich über des Tiberius Tod, indem er den von seinem 
Vorgänger in Ketten gelegten Agrippa sogleich in 
Freiheit setze. Einige Tage nachher aber liess Gajus 
ihn in den Palast kommen , ihm das Haar scheren und 
ihn neu kleiden. Dann setzte er ihm ein Diadem aufs 
Haupt, ernannte ihn zum Könige über die Tetrarchie, 
welche Philippus regiert hatte , sowie über die des 
Lysanias, und gab ihm statt der eisernen Kette eine 
goldene von gleichem Gewicht. Zum Befehlshaber der 
in Judaea stehenden Truppen aber ernannte er den 
Marullus. 

11. Im zweiten Jahre der Regierung des Caesars 
Gajus bat Agrippa um die Erlaubnis, in sein Reich 
abreisen zu dürfen, um dasselbe zu ordnen, und ver- 
sprach , nach Regelung aller Verhältnisse wieder zu 
Gajus zurückzukehren. Der Caesar erteilte die erbetene 
Erlaubnis , und so machte sich Agrippa nach seinem 
Vaterlande auf, wo er wider Erwarten als König er- 
schien und denen, die seine frühere Dürftigkeit und 
sein nunmehriges Glück in Vergleich zogen, den Beweis 
lieferte , wie gross die Macht des Geschickes sei. Die 
einen nun priesen ihn glücklich, weil seine Hoffnung 
ihn nicht getäuscht habe, während die anderen sich 
kaum entschlossen konnten, daran zu glauben, dass die 
Sache auf Wahrheit beruhe. 


Go gle 



Achtzehntes Buch, 7. Kapitel. 


547 


Siebentes Kapitel. 

» 

Wie der Tetrarch Herodes verbannt wurde. 

1. Herodias, die Schwester des Agrippa und Gattin 
des Herodes, des Tetrarchen von Galilaea und Peraea, 
beneidete ihren Bruder um seine Macht, weil sie ihn 
auf einem ansehnlicheren Throne sah als ihren Gatten, 
und weil er, obwohl er früher hatte fliehen müssen, ohne 
seine Schulden bezahlen zu können, jetzt in so hohen 
Ehren und so reichem Glücke zurückgekehrt war. 
Dieser Wechsel ärgerte und kränkte sie , und besonders 
wenn sie ihn im königlichen Schmuck unter dem Volke 
einherfahren sah, konnte sie ihren Neid nicht verbergen, 
sondern stachelte ihren Gatten an, er solle nach Rom 
reisen und sich um die gleiche Würde bewerben. Sie ver- 
möge das Leben nicht mehr zu ertragen, erklärte sie, 
wenn Agrippa, der Sohn des von seinem Vater hin- 
gerichteten Aristobulus, der so grossen Mangel gelitten 
habe, dass Fremde ihm seinen täglichen Lebensunterhalt 
hätten spenden müssen, und der genötigt gewesen sei, 
aus Furcht vor seinen Gläubigern sich zu Schiffe davon 
zu machen, mit der Königswürde bekleidet zurückkehre, 
während Herodes, eines Königs Sohn, dem seine Ver- 
wandtschaft den nächsten Anspruch auf den Thron 
gebe, sich mit dem Leben eines Privatmannes begnüge. 
„Hast du nun auch, Herodes,“ fuhr sie fort, „dir bisher 
nichts daraus gemacht, unter den Rang deines Vaters 
herabgedrückt zu sein, so bemühe dich doch wenigstens 
jetzt um die dir zustehende Würde und lass nicht einen 
Menschen sich über dich erheben, der sich nicht ge- 
schämt hat, mit deinem Gelde gross zu thun. Gieb doch 
nicht zu, dass er mit seiner Armut mächtiger dasteht 
als wir mit unserem Reichtum und Überfluss, und erröte 
davor, hinter jemand zurücktreten zu müssen , der gestern 
und vorgestern noch von deiner Barmherzigkeit gelebt 
hat. Auf, lass uns nach Rom gehen, und sparen wir 
weder Mühe noch Gold und Silber, weil es gewiss nicht 

35 * 


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548 


Josephas’ Jüdische Altertümer. 


besser ist, Reichtümer aufzuspeichern, als sie auf die 
Gewinnung eines Königsthrones zu verwenden.“ 

2. Herodes sträubte sich zwar anfänglich gegen den 
Plan, weil er Ruhe und Bequemlichkeit liebte, und da 
er das aufregende Treiben in Rom fürchtete, versuchte 
er auch seine Gattin eines besseren zu belehren. Je 
mehr diese ihn aber widerstreben sah , desto heftiger 
setzte sie ihm zu und ermunterte ihn, nichts unversucht 
zu lassen, um König zu werden. Sie ruhte auch nicht, 
bis Herodes wider seinen Willen zur Nachgiebigkeit ge- 
bracht war; konnte er sich doch überhaupt nicht leicht 
dem entziehen , was sie einmal beschlossen hatte. Er 
traf also möglichst glänzende Vorbereitungen , ohne 
irgend welche Kosten zu scheuen, und schifite sich dann 
in Begleitung der Herodias nach Rom ein. Agrippa 
aber , der von ihrer Absicht und ihren Zurüstungen 
Wind bekommen hatte, traf auch seinerseits Vor- 
bereitungen, und sobald er ihre Abreise erfuhr, schickte 
er den Fortunatus, einen seiner Freigelassenen, nach 
Rom zum Caesar mit Geschenken und einer gegen 
Herodes gerichteten Schrift, zu der er gelegentlich das 
Nähere noch mündlich hinzuzufügen gedachte. Fortu- 
natus folgte dem Herodes auf dem Fusse, und da er 
glückliche Fahrt hatte, kam er so zeitig nach ihm an, 
dass er, während Herodes Zutritt zu Gajus erhielt, auch 
selbst anlangte und seinen Brief überreichen konnte. 
Beide landeten in Dikaearchia und trafen den Caesar 
zu Bajae, einem Städtchen in Campanien, das ungefähr 
fünf Stadien von Dikaearchia entfernt ist. Hier be- 
finden sich die aufs glänzendste ausgestatteten Sommer- 
wohnungen der Caesaren, bei deren Einrichtung stets 
ein Caesar den anderen an Prachtaufwand zu übertreffen 
suchte. Der Ort hat warme Quellen , die dem Boden 
entsprudeln und ebensowohl der Wiederherstellung der 
Gesundheit als der Annehmlichkeit des Lebens dienen. 
Gajus also las zur selben Zeit, da er mit dem zuerst 
vorgelassenen Herodes sich besprach, die Anklageschrift 
Agrippas, in welcher Herodes beschuldigt wurde, sich 


Go gle 



Achtzehntes Buch, 7. Kapitel. 


549 


wie früher mit Sejanus gegen Tiberius , so jetzt mit 
Artabanus gegen Gajus verschworen zu haben. Zum 
Beweise dieser Beschuldigung wurde angeführt, er be- 
wahre in seinen Zeughäusern eine so grosse Menge 
Waffen auf, dass man damit siebzigtausend Mann aus- 
rüsten könne. Über diese Angabe erstaunt, fragte Gajus 
den Herodes, ob es sich mit den Waffen wirklich so 
verhalte. Herodes gab zu, dass er die Waffen besitze, 
da er, wollte er nicht lügen, nicht anders aussagen 
konnte. Gajus aber glaubte nun auch das für wahr 
halten zu müssen, was ihm von der Verschwörung be- 
richtet wurde; er nahm daher dem Herodes seine 
Tetrarchie und vereinigte sie mit dem Reiche Agrippas, 
den er dazu auch noch mit Geld beschenkte. Den 
Herodes dagegen verurteilte er zu dauernder Verbannung 
und wies ihm die Stadt Lugdunum 1 in Gallien zum 
Aufenthalt an. Als er nun später erfuhr, Herodias sei 
Agrippas Schwester, liess er dieselbe im Besitz des 
Vermögens, welches ihr gehörte, und da er glaubte, sie 
werde ihrem Gatten nicht in die Verbannung folgen 
wollen, unterstellte er sie dem Schutze ihres Bruders. 
Herodias aber entgegnete ihm darauf: „Du sprichst da 
zwar ein grosses und deines Ranges würdiges Wort, o 
Caesar. Dass ich aber von deiner Gnade Gebrauch 
mache, daran hindert mich die Liebe zu meinem Gatten, 
den ich billigerweise im Unglück nicht verlassen kann, 
nachdem ich sein Glück geteilt habe.“ Über diese 
Seelengrösse noch mehr erbittert, verbannte Gajus die 
Herodias mit ihrem Gatten und schenkte ihr Vermögen 
dem Agrippa. So strafte Gott die Herodias für den 
Neid gegen ihren Bruder und den Herodes für die 
Nachgiebigkeit gegen die eitle Rede seines Weibes. 
Gajus regierte übrigens im ersten und zweiten Jahre 
in hochherziger Weise und erwarb sich durch seine 
Mässigung die Liebe der Römer wie seiner anderen 
Unterthanen. Später dagegen verwirrte ihm die Grösse 


1 Lyon 


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550 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


seines Reiches derart den Kopf, dass er in seiner Über- 
hebung sich zum Gott machte und der Gottheit alle 
erdenkliche Schmach anthat. 


Achtes Kapitel. 

Wie die Juden und Griechen zu Alexandria in Streit 
gerieten und Gesandte an Gajus schickten. Gajus sendet 
den Petronius nach Syrien, um die Juden mit Krieg zu 
überziehen, wenn sie sich weigerten, sein Standbild 

aufzustellen. 

1. Unterdessen war zu Alexandria zwischen den dort 
wohnenden Juden und Griechen ein Streit entstanden, 
und von beiden Seiten erschienen drei Gesandte vor 
Gajus. 1 Einer der griechischen Abgeordneten war 
ein gewisser Apion, 2 der die Juden mit bitteren 
Schmähungen überhäufte und unter anderem ihnen vor- 
warf, sie vernachlässigten die Verehrung des Caesars. 
Denn während alle übrigen Unterthanen des römischen 
Reiches dem Gajus zu Ehren Altäre und Tempel er- 
richteten und ihn als Gott verehrten, hielten allein die 
Jud6n es für schimpflich, ihm Bildsäulen zu weihen 
und bei seinem Namen zu schwören. Durch solche 
schweren Beschuldigungen hoffte Apion den Gajus zu 
erbittern, und da es wahrscheinlich war, dass ihm dies 
gelingen würde, bereitete Philo, der die Gesandtschaft 
der Juden führte und als Bruder des Alabarchen 
Alexander sowie wegen seiner philosophischen Bildung 
hochberühmt war, sich vor, seine Anschuldigungen zu 
widerlegen. Gajus indes verhinderte ihn daran, befahl 
ihm, sich zu entfernen und geriet in so gewaltigen Zorn, 
dass niemand im Zweifel blieb, er werde die Juden aufs 


1 40 n. Chr. 

2 Der von Josephus in der Schrift „Gegen Apion“ widerlegte 
Gelehrte. 



Achtzehntes Buch, 8. Kapitel. 


551 


empfindlichste züchtigen. So gekränkt trat Philo zurück 
und ermunterte die mit ihm gekommenen Juden, sie 
sollten sich nicht mutlos machen lassen, daGajus ihnen 
zwar mit Worten seinen Groll beweise, in Wirklichkeit 
aber sich Gott zum Feinde gemacht habe. 

2. Gajus, der in hohem Grade darüber erbittert war, 
dass die Juden allein ihn so missachteten , schickte den 
Legaten Petronius als Nachfolger des Vitellius nach 
Syrien und trug ihm auf, mit starker Heeresmacht in 
Judaea einzurücken und, falls man ihn willig aufnehme, 
sein (des Caesars) Standbild im Tempel Gottes auf- 
zustellen, falls er jedoch auf Widerstand stosse, die 
Juden niederzuwerfen und dann seinem Befehle nach- 
zukommen. Petronius hatte kaum die Verwaltung 
Syriens übernommen, als er sich beeilte, die Befehle des 
Caesars zu vollziehen. Er bot daher so viele Hilfs- 
truppen auf, als ihm möglich war, vereinigte dieselben 
mit zwei römischen Legionen und bezog in Ptolemais 
Winterquartiere, um gleich mit Anbruch des Frühjahrs 
den Krieg zu beginnen. Von diesen seinen Vor- 
bereitungen machte er alsbald dem Caesar Meldung, 
und dieser lobte seinen Eifer und befahl ihm, mit 
grösster Rührigkeit vorzugehen, um die Widerspenstigen 
mit Krieg zu überziehen. Von den Juden aber kamen 
viele Tausende nach Ptolemais zu Petronius und baten 
ihn, er möge sie doch nicht zwingen, ihr väterliches Ge- 
setz zu übertreten. „Hast du,“ so sprachen sie, „durch- 
aus beschlossen, die Bildsäule im Heiligtum aufzustellen, 
so lass uns erst umbringen und dann handle, wie dir 
beliebt. Denn so lange wir noch einen Atemzug zu 
thun haben, dürfen wir nicht zulassen, dass etwas gegen 
unser Gesetz geschieht, und wir stützen uns dabei nicht 
bloss auf das Ansehen unseres Gesetzgebers, sondern 
auch auf das Beispiel unserer Vorfahren, welche die 
Heilighaltung des Gesetzes stets als die höchste Tugend 
betrachtet haben.“ Hierauf entgegnete Petronius un- 
willig: „Wenn ich allein zu befehlen hätte, so möchte 
euer Verlangen wohl billig und erfüllbar erscheinen. 


Go gle 



552 


Josephus' Jüdische Altertümer. 


Jetzt aber, da der Caesar mir mein Verhalten vor- 
geschrieben hat, muss ich ihm unbedingt Folge leisten, 
damit ich mir nicht durch Ungehorsam schwere Strafe 
zuziehe.“ Die Juden erklärten dagegen: „Wenn es deine 
feste Absicht ist, Petronius, keinen Befehl des Caesars 
ausser acht zu lassen, so dürfen wir noch viel weniger 
der Vorschrift unseres Gesetzes zuwiderhandeln, dem 
wir im Vertrauen auf Gottes Güte und im Hinblick auf 
die Standhaftigkeit unserer Vorfahren bisher treu ge- 
blieben sind, und wir können nicht so niederträchtig 
handeln, dass wir aus Todesfurcht Vorschriften über- 
treten, deren Befolgung Gott zur Bedingung unseres 
Glückes gemacht hat. Wir wollen also jegliches Un- 
heil mit Freuden ertragen, wenn nur unser väterliches 
Gesetz unangetastet bleibt. Denn wir wissen, dass uns 
trotz der Gefahr die Hoffnung auf Sieg winkt, weil Gott 
mit uns sein wird, wenn wir zu seiner Ehre das Kriegs- 
glück versuchen. Wollten wir aber dir gehorchen, so 
würden wir die grösste Schande auf uns laden, weil wir 
unser Gesetz mit Füssen getreten und uns den Zorn 
Gottes zugezogen hätten, der, wie du erkennen wirst, 
mächtiger als dein Gajus ist.“ 

3. Da Petronius aus diesen Worten ihre Standhaftig- 
keit erkannte und einsah, dass die Aufstellung der 
Bildsäule des Gajus nicht ohne vieles Blutvergiessen 
möglich sein würde, zog er mit seinen Freunden und 
seiner Dienerschaft nach Tiberias, um sich dort vom 
Stande der jüdischen Verhältnisse zu überzeugen. Die 
Juden aber, die wohl wussten, dass der Krieg mit den 
Römern ihnen grosse Gefahr bereiten würde (freilich 
zogen sie dieselbe der Übertretung des Gesetzes bei 
weitem vor), gingen dem Petronius abermals in einer 
Stärke von vielen Tausenden auf dem Wege nach 
Tiberias entgegen und baten ihn flehentlich, sie doch 
nicht in solche Not zu versetzen und nicht durch Auf- 
stellung der Bildsäule ihre Hauptstadt zu entweihen. 
„Wollt ihr denn also wirklich,“ fragte Petronius, „mit 
dem Caesar Krieg führen, ohne seine Rüstungen und 



Achtzehnte» Bach, 8. Kapitel. 


553 


eure Schwäche in Betracht zu ziehen?" Sie aber er- 
widerten ihm: „Keineswegs wollen wir Krieg führen, 
sondern wir wollen lieber sterben als unsere Gesetze 
übertreten.“ Damit warfen sie sich zur Erde, boten 
ihren Nacken dar und erklärten sich bereit, augenblick- 
lich den Tod zu erleiden. So thaten sie vierzig Tage 
lang und unterliessen sogar, das Land zu bestellen, ob- 
wohl es hohe Zeit zur Aussaat war, indem sie fest bei 
ihrem Entschlüsse verharrten, eher zu sterben als die 
Aufrichtung des Standbildes mit ansehen zu müssen. 

4. In dieser Notlage begaben sich Aristobulus, der 
Bruder des Koni gs Agrippa, Helkias der Grosse und die 
übrigen Vornehmen aus diesem Geschlechte nebst den 
Edelsten der Juden zu Petronius und beschworen ihn, 
er möge doch, da er den Starrsinn des Volkes sehe, 
dasselbe nicht zur Verzweiflung treiben, sondern dem 
Caesar berichten , wie sehr sich die Juden gegen die 
Aufstellung der Bildsäule sträubten, wie sie die Be- 
stellung des Landes vernachlässigten und sich zur Wehr 
setzten, und dass sie zwar keinen Krieg führen wollten, 
weil ihnen die Kräfte dazu mangelten, aber eher mit 
Freuden stürben , als dass sie ihr Gesetz übertreten 
liessen. Auch möge er nicht verfehlen, darauf 
hinzuweisen, dass die unterlassene Landbestellung not- 
wendigerweise Räubereien zur Folge haben müsse, weil 
die Entrichtung der Abgaben dadurch unmöglich ge- 
macht werde. Vielleicht werde dann Gajus sich be- 
wegen lassen, von schärferen Massregeln abzusehen und 
das Volk zu verschonen. Bleibe aber der Caesar bei 
seinem Entschluss, das Land mit Krieg zu überziehen, 
so habe Petronius dann ja immer noch Zeit, sich dazu 
anzuschicken. Auf diese Weise suchten Aristobulus und 
dessen Begleiter den Petronius zu erweichen. Da sie 
nun in an betracht der Wichtigkeit der Sache auf alle 
mögliche Art und Weise ihm zusetzten, hielt Petro- 
nius, der die Standhaftigkeit der Juden sah und sich 
nicht entschliessen konnte, so viele tausend Menschen 
dem Wahnsinn des Caesars zu opfern und durch Ver- 


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554 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


letzung der der Gottheit schuldigen Ehrerbietung sich 
selbst ein unglückliches Leben zu bereiten , es für ge« 
ratener, an Gajus zu schreiben, so sicher er auch vor- 
aussah, dass dieser ihm wegen der verschobenen Aus- 
führung seiner Befehle schwer zürnen werde. Doch 
hatte er noch die leise Hoffnung, ihn umstimmen zu 
können. Wenn der Caesar dann , so überlegte er, bei 
seinem unsinnigen Vorhaben verharre, so könne er sich 
noch immer zum Kriege gegen die Juden entschliessen, 
und selbst wenn sein Zorn sich gegen ihn kehre, wolle 
er aus Hochachtung vor der Tugend um einer so 
grossen Menschenmenge willen den Tod nicht scheuen. 
Er entschloss sich deshalb, den Bitten der Juden nach- 
zugeben. 

5. Darauf berief er die Juden nach Tiberias, wo sich 
dieselben denn auch zu Tausenden einfanden, trat mitten 
unter sie und erklärte ihnen, nicht sein Wille sei es, 
sondern der des Caesars, dass er unverzüglich gegen 
diejenigen einschreite, die sich seinen Befehlen zu wider- 
setzen wagten. Da er nun durch des Caesars Gnade zu 
so hoher Ehre gelangt sei, zieme es ihm, sich seinen 
Anordnungen zu fügen. „Gleichwohl,“ fuhr er fort, 
„würde ich es für unrecht halten, wenn ich nicht mein 
Leben und meine Stellung für euer Heil opferte, da ihr 
so zahlreich seid und mit solchem Eifer für euer vor- 
treffliches Gesetz eintretet, das ihr als von den Vätern 
überkommen auf jeden Fall aufrecht zu halten euch 
entschlossen habt. Was mich betrifft, so würde ich es 
als ein Verbrechen gegen die allmächtige Gottheit an- 
sehen, den Tempel durch die Willkür des Machthabers 
zu entweihen. Ich will daher den Caesar von eurer Ge- 
sinnung in Kenntnis setzen und, soviel ich vermag, 
eure Sache unterstützen, um euch den Beweis zu liefern, 
dass ich euer euch ehrendes Verhalten zu würdigen ver- 
stehe. Gott, dessen Macht über alle menschliche Klug- 
heit und Stärke erhaben ist, stehe euch in der treuen 
Beobachtung eurer Gesetze bei und bewahre den Caesar 
davor, dass er durch sein rücksichtsloses Vorgehen 






Achtzehntes Buch, 8. Kapitel. 


555 


schliesslich nicht noch seinen Thron verliere. Sollte 
Gajus in Erbitterung geraten und mich seinen Zorn 
fühlen lassen, so will ich mich lieber jeder Gefahr unter- 
ziehen und alles Leid ertragen, das mich an Seele und 
Leib nur treffen kann, als dass ich euch in so grosser 
Anzahl für euren Bekennermut dem Verderben preisgebe. 
Gehe nun ein jeder von euch an seine Arbeit und baue 
das Land. Ich selbst aber werde nach Rom schreiben 
und alles, was in eurem Interesse liegt, sei es durch 
meine eigene Fürsprache, sei es durch Vermittlung meiner 
Freunde durchzusetzen suchen/ 1 

6. Als er so gesprochen , entliess er die Versammlung 
der Juden und forderte die Ältesten auf, das Volk zum 
Ackerbau anzuhalten und ihm Hoffnung auf eine bessere 
Zukunft zu machen. Gott aber bewies dem Petronius, 
als er auf diese Weise die Menge ermutigt hatte, seine 
Gegenwart und Macht Kaum nämlich hatte er 6eine 
Rede an die Juden beendigt, als Gott wider alles Er- 
warten einen heftigen Platzregen niederfallen liess, ob- 
gleich der Tag heiter gewesen war und keine Vorboten 
von Regen sich am Himmel gezeigt hatten. Die Juden 
waren umsomehr erstaunt, als das ganze Jahr hindurch 
Dürre geherrscht hatte, sodass man allseitig selbst dann 
nicht auf Regen hoffte, wenn der Himmel einmal mit 
Wolken überzogen war. Als daher gegen alle Erwartung 
der reichliche Platzregen niederging, gaben sich die 
Juden der Hoffnung hin, dass des Petronius Fürbitte 
für sie nicht vergeblich sein werde. Auch Petronius selbst 
war aufs höchste betroffen, als er sah, wie Gott sich der 
Juden annahm und seine Gegenwart so deutlich offen- 
barte, dass niemand, wenn er auch gewollt hätte, die- 
selbe verkennen konnte. Er berichtete das auch an 
Gajus und fasste überhaupt sein Schreiben so ab, dass 
alles, was darin enthalten war, geeignet erschien, den 
Caesar umzustimmen und ihn zu veranlassen, dass er 
nicht so viele tausend Menschen zur Verzweiflung treibe. 
Ferner stellte er dem Gajus vor, dass, wenn er die 
Juden, die übrigens nur der Gewalt weichen würden, 


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556 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 




umbringen lasse, er sich selbst der von ihnen bezogenen 
Einkünfte beraube und für alle Zeiten in schmachvollem 
und verächtlichem Andenken bei ihnen stehen werde. 
Zum Schluss schilderte er ihm die Macht des Gottes, 
der den Juden seinen Schutz angedeihen lasse, und be- 
merkte, dass dieselbe sich offenkundig und in ihrer 
ganzen Grösse gezeigt habe. Also berichtete Petronius. 

7. Unterdessen stieg der König Agrippa, der sich 
noch in Rom befand, immer höher in der Gunst des 
Gajus. Eines Tages lud er den Caesar zum Mahle und 
gab sich solche Mühe, an Aufwand für die Tafel und 
Beschaffung von erheiternden Zerstreuungen es anderen 
zuvorzuthun, dass in der That niemand, ja sogar Gajus 
selbst ihm gleichkommen, geschweige denn ihn übertreffen 
konnte. Über diesen gewaltigen Aufwand und die Frei- 
gebigkeit Agrippas, die ihn dem Caesar zulieb zu Aus- 
gaben verleitet hatte, welche seine Kräfte weit über- 
stiegen, geriet Gajus in Erstaunen, und da er hinter der 
Freigebigkeit und Zuvorkommenheit seines Gastfreundes 
nicht Zurückbleiben wollte, sagte er in weinseliger Stim- 
mung zu Agrippa, der ihn stets wieder zum Trinken 
aufforderte: „Ich bin dir schon längst verpflichtet für die 
Ehre, die du mir immer erwiesen, und die Zuneigung, 
womit du mir trotz der von Tiberius dir bereiteten Ge- 
fahren entgegengekommen bist. Weil du nun auch jetzt 
nichts unterlassen hast, um mir noch mehr Vergnügen 
zu bereiten, als in deinen Kräften steht, so will ich mich 
von dir an Gefälligkeit und Grossmut nicht übertreffen 
lassen und darum alles nachholen, woran ich es bisher 
habe fehlen lassen. Dass ich dir früher nur sehr wenig 
zum Geschenk gemacht habe, ist leider wahr. Um so 
mehr aber will ich dir jetzt gewähren, was zur Vervoll- 
ständigung deines Glückes dienen kann, und zwar gern 
unter Aufbietung aller meiner Kräfte.“ Das sagte Gajus 
in der Meinung, Agrippa werde sich ausgedehnte Länder- 
strecken oder die Einkünfte mehrerer Städte ausbitten. 
Obgleich aber Agrippa mit sich im reinen darüber war, 
was er begehren wollte, hielt er zunächst doch noch 




Achtzehntes Buch, 8. Kapitel. 


557 


damit zurück und entgegnete unverzüglich dem Caesar, 
er habe weder früher gegen den Willen des Tiberius 
sich an ihn angeschlossen, um dadurch Vorteile zu er- 
langen, noch handle er jetzt ihm gegenüber aus niedriger 
Gewinnsucht. Die grossartigen Wohlthaten, dieGajusihm 
früher schon erwiesen habe und die alle seine Erwar- 
tungen übertroffen batten, ständen, wenn sie auch noch 
nicht das Grösste seien, was er verleihen könne, doch 
•in keinem Verhältnis zur Würdigkeit des Empfängers. 
Diese Genügsamkeit setzte den Caesar noch mehr in Er- 
staunen, und er drang nun noch beharrlicher in Agrippa, 
ihm zu sagen, was er als Geschenk haben wolle. Dieser 
erwiderte darauf: „Wenn du, oHerr, mich in deiner Güte 
noch eines weiteren Geschenkes für wert hältst, 60 will 
ich nichts von dir begehren, was zu meiner Bereicherung 
dienen könnte, besonders da ich deiner Gnade schon 
mehr verdanke als alle anderen. Vielmehr möchte ich 
nur um eines dich bitten, das dir den Ruhm der Frömmig- 
keit verschaffen, Gott zu deinem Beschützer und Helfer 
machen und mir bei denen, die davon hören, den herr- 
lichen Ruf eintragen wird, dass ich alles, was ich wünsche, 
von deiner Macht sicher erlangen kann. Ich bitte dich also, 
du wollest auf die Errichtung deiner Bildsäule im Tempel 
der Juden, womit du den Petronius beauftragt hast, Ver- 
zicht leisten.“ 

8. Das War nun freilich eine sehr gewagte Bitte. 
Denn ein Begehren, welches dem Caesar nicht gefiel, 
war gleichbedeutend mit dem sicheren Tode des Bitt- 
stellers. Weil aber die Angelegenheit sehr wichtig war, 
wollte Agrippa sein Glück damit versuchen. Gajus 
ßchärate sich nun mit Rücksicht auf Agrippas gewinnende 
Freigebigkeit, diesem vor so vielen Zeugen eine Bitte 
abzuschlagen, zu der er selbst ihn gedrängt hatte, gleich 
als wenn ihm seine Versprechungen im nächsten Augen- 
blick wieder leid würden. Zudem konnte er auch nicht 
umhin, Agrippas Edelmut zu bewundern, weil er, statt 
an seinen Thron oder an reichere Einkünfte oder an 
Vermehrung seiner Macht zu denken, nur für das öffent- 




558 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


liehe Wohl, den Schutz der Gesetze und die Ehre Gottes 
besorgt war. Er sagte daher die Gewährung der Bitte 
zu und drückte dem Petronius brieflich seine Zufrieden- 
heit darüber aus, dass er das Heer zusammengebracht 
und ihn betreffs des gegen die Juden einzuschlagenden 
Verfahrens um Rat gefragt habe. „Sollte nun,“ so fuhr 
das Schreiben fort, „die Bildsäule schon errichtet sein, 
so entferne sie wieder ; 1 hast du sie aber noch nicht auf- 
gestellt, so mache dir deshalb keine weitere Mühe, 
sondern entlasse das Heer und schicke dich an, meinen 
sonstigen Aufträgen nachzukommen. Ich habe nämlich 
beschlossen, von der Errichtung der Bildsäule abzusehen, 
und zwar aus Gefälligkeit gegen Agrippa, den ich zu 
hoch schätze, als dass ich seine Wünsche und Bitten 
unerfüllt lassen sollte.“ So schrieb Gajus an Petronius, 
freilich ehe er den Brief gelesen hatte, in welchem es hiess, 
dass die Juden wegen des Standbildes in Aufruhr geraten 
und offenbar zum Kriege gegen die Römer bereit seien. 
Als er aber diesen Brief erhielt, erzürnte er aufs heftigste, 
als hätten die Juden seine Macht auf die Probe zu stellen 
gewagt. War er doch ein Mensch, der sich vor nichts 
scheute und für Anstand keinen Sinn hatte, wie er auch 
gegen jedermann ganz ohne Grund masslos aufgebracht 
werden konnte und sein Glück darin fand, seinen Jäh- 
zorn stets befriedigen zu können. Er schrieb daher aber- 
mals an Petronius folgendermassen: „Weil du die Ge- 
schenke, mit denen die Juden dich bedacht haben, höher 
als meine Befehle geachtet und dich unterstanden hast, 
den Juden zulieb anders zu handeln, als dir von mir 
aufgetragen war, so sollst du jetzt dein eigener Richter 
sein und selbst bestimmen, was dir geschehen soll, damit 
du die Wucht meines Zornes fühlst. Denn ich will an 
dir ein Beispiel aufstellen, das die Mitwelt wie die Nach- 
welt davor warnen soll, den Befehlen des Caesars zu- 
widerzuhandeln.“ 

1 Hier ist vor eoTctTio offenbar jj. 7) einzuschiebon , da es sonst 
heissen würde: „so soll sie stehen bleiben“, was der Gewährung 
von Agrippas Bitte nicht entsprochen hätte. 



Achtzehntes Buch, 9. Kapitel. 


559 


9. Das war der Inhalt des Briefes, den Gajus an 
Petronius richtete. Doch erhielt Petronius denselben 
nicht mehr bei Lebzeiten des Caesars, weil die Seefahrt 
sich für die Überbringer so in die Länge zog, dass ein 
anderer Brief, in welchem ihm der Tod des Gajus ge- 
meldet wurde , früher in seine Hände gelangte. Gott 
war offenbar der Gefahren eingedenk, denen sich Pe- 
tronius ihm zu Ehren und den Juden zu Gefallen unter- 
zogen hatte, und nahm daher den Gajus, dem er wegen 
des Beanspruchens göttlicher Verehrung zürnte, von der 
Erde weg. Mit Petronius freuten sich darüber nicht 
nur die Römer, sondern auch das ganze römische Reich 
und insbesondere alle edlen Senatoren, gegen die Gajus 
am meisten seine Wut hatte toben lassen. Er starb 
nicht lange nach Abfassung des Briefes, in welchem er 
dem Petronius den Tod androhte. Die Veranlassung 
zu seiner Ermordung und die Art der gegen ihn ge- 
stifteten Verschwörung werde ich im folgenden aus- 
einandersetzen. Petronius also erhielt den Brief, der 
ihm den Tod deB Gajus meldete, früher wie den anderen, 
worin ihm befohlen wurde , selbst Hand an sich zu 
legen. Seine Freude über des Gajus Tod war jedenfalls 
ebenso gross als die Bewunderung, mit der er Gottes 
Vorsehung anerkannte , der ihm unverzüglich für die 
dem Tempel erwiesene Ehre und für die Hilfe, welche 
er den Juden geleistet hatte, seinen Lohn zukommen 
liess, indem er ihn aus ungeahnter Todesgefahr er- 
rettete. 


Neuntes Kapitel. 

Was den Juden in Babylonien durch die Brüder 
Asinaeus und Anilaeus widerfuhr. 

1. Um diese Zeit traf die in Mesopotamien und be- 
sonders die bei Babylon wohnenden Juden ein schweres 
Unglück, das sich mit keinem anderen vergleichen lässt, 
und es wurde unter ihnen ein Blutbad angerichtet, wie 


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560 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


die Geschichte kein ähnliches kennt. Um diese Be- 
gebenheit hinreichend genau darstellen zu können, muss 
ich auf ihre Ursachen zurückgreifen. In Babylonien 
liegt eine Stadt Naarda , die sehr bevölkert ist und 
ausser anderen Vorzügen auch ein fruchtbares, aus- 
gedehntes Gebiet besitzt. Dazu kommt , dass sie nicht 
eingenommen werden kann , weil sie rings vom Euphrat 
umflossen und stark befestigt ist. Gleichfalls von diesem 
Flusse umströmt ist auch die Stadt Nisibis, welche in 
jener Gegend liegt. Die Juden, die sich auf die 
natürliche Festigkeit dieser Orte verliessen, verwahrten 
hier die Doppel drachme , 1 welche jeder Jude Gott nach 
dem Gesetze opfern musste, sowie alle übrigen Opfer- 
gelder und betrachteten diese Städte gleichsam als ihre 
Schatzkammern. Von hier aus wurde das Geld dann 
zu bestimmten Zeiten nach Jerusalem geschafft, und 
zwar aus Furcht vor den Räubereien der Parther, denen 
Babylonien zinspflichtig war, unter Bedeckung von 
mehreren tausend Mann. Aus Naarda stammten zwei 
rechte Brüder, Asinaeus und Anilaeus, die nach dem 
Tode ihres Vaters von ihrer Mutter angehalten worden 
waren, die Webekunst zu erlernen, weil das bei den 
Einwohnern jenes Landes nicht für unpassend gilt und 
sogar Männer dort Wolle spinnen. Nun machte ihnen 
eines Tages der Meister, bei dem sie die Kunst lernten, 
Vorwürfe, weil sie zu spät zur Arbeit gekommen waren, 
und züchtigte sie dafür mit Schlägen. Diese Strafe er- 
schien ihnen schmachvoll, weshalb sie alles, was sich 
im Hause an Waffen vorfand , zusammenrafften und 
damit an einen Ort zogen , wo der Fluss sich teilt 
und wo üppige Weideplätze sowie Früchte, die für den 
Winter aufgespeichert werden können, in Menge vor- 
handen waren. Hier strömten ihnen bald alle jungen 
Leute zu, die nichts ihr eigen nannten. Diese versahen 
sie mit Waffen, spielten sich als deren Anführer auf 
und unterwiesen sie in allen möglichen Übelthaten. 

1 Vergl. Matthaeus 17, 23 . 




Achtzehntes Buch, 9. Kapitel. 


561 


TJnd da der Ort, wo sie sich auf hielten, unzugänglich 
war, erbauten sie sich dort eine Burg, schickten einige 
der Ihrigen zu den Hirten und legten denselben eine 
so grosse Abgabe an Vieh auf, dass sie ihr Leben damit 
fristen konnten , indem sie ihnen zugleich mitteilen 
Hessen, sie würden, falls sie sich fügten, sich als ihre 
Freunde beweisen und sie vor ihren Feinden schützen, 
im anderen Falle dagegen ihre Herden niedermachen. 
Da den Hirten nichts anderes übrig blieb, gehorchten 
sie und lieferten so viele Schafe, als die Abenteurer 
forderten. So wuchs die Macht des Gesindels immer 
mehr, und es trieb schliesslich, was ihm beliebte, indem 
niemand mehr vor seinen plötzlichen Überfallen sicher 
war. Auf Widerstand stiessen die Abenteurer nirgends, 
weil sie überall Furcht und Schrecken zu verbreiten 
wussten, und der Ruf von ihren Thaten drang endlich 
bis zum Könige der Parther. 

2. Als nun der babylonische Satrap von diesem 
Treiben Kunde erhielt, wollte er die Abenteurer gleich 
im Anfänge niederwerfen, bevor das Übel sich weiter 
ausbreitete. Er zog daher aus den Parthern und Baby- 
loniern eine so grosse Streitmacht zusammen, als er nur 
konnte, und brach in Eilmärschen gegen sie auf, um 
sie zu überrumpeln;, ehe sie noch von seinen Rüstungen 
Kenntnis erlangten. Bei einem Sumpfe machte er halt 
und unternahm zunächst nichts. Am folgenden Tage 
aber, einem Sabbat, an dem die Juden sich jeglicher 
Arbeit enthalten, rückte er, da er glaubte, der Feind 
werde sich deshalb auf keinen Kampf einlassen, sondern 
sich ohne Schwertstreich gefangen geben, langsam vor, 
um denselben unversehens zu überfallen. Asinaeus nun, 
der zufällig mit seinen Gefährten zusammensass und 
die Waffen neben sich gelegt hatte, sprach plötzlich: 
„Ihr Männer, es tönt Gewieher an mein Ohr, doch nicht 
von Pferden, die auf den Weiden grasen, sondern wie 
von Schlachtrossen, die den Reiter tragen. Ja, ich höre 
sogar deutlich das Knirschen der Gebisse, sodass ich 
fürchte, die Feinde haben uns umzingelt und schreiten 

Joeephufi’ Jüdische Altertümer* II. 36 



562 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


zum Angriff. Laufe also gleich einer von euch hin, 
um zu kundschaften und sichere Nachricht zu bringen. 
Es soll mir lieb sein, wenn ich mich getäuscht habe." 
Sogleich liefen einige von den Leuten weg, um zu 
spähen , und kehrten alsbald mit folgendem Bescheid 
zurück: „Deine Vermutung über das Vorhaben unserer 
Feinde hat dich nicht getäuscht; es scheint, sie wollen 
sich glicht mehr ungestraft drangsalieren lassen. Wir 
sind mitList umzingelt, müssen uns von der gewaltigen 
Reitermasse, die auf uns eindringt, wie Schlachtvieh 
niedermachen lassen und können noch nicht einmal 
Widerstand leisten, weil wir nach der Vorschrift unseres 
Gesetzes verpflichtet sind, uns ruhig zu verhalten.“ Asi- 
naeus indes war nicht derselben Meinung wie die Kund* 
schafter, sondern hielt es für ratsamer, bei der gefähr- 
lichen Lage Mut zu fassen und das Gesetz zu übertreten, 
um lieber in tapferer Gegenwehr dem sicheren Tode zu 
erliegen, als dem Feinde die Freude zu lassen, dass er 
sie wehrlos hinschlachten könne. Dann griff er selbst 
zu den Waffen und trieb seine Gefährten zu gleicher 
Kühnheit an, rief ihnen auch noch zu, sie sollten sich 
wacker schlagen. Als nun der Kampf entbrannte,, 
machten sie viele ihrer Feinde nieder, da dieselben mit 
einer Sorglosigkeit herangezogen waren, als hätten sie 
den Sieg schon in Händen; den Rest aber trieben sie 
in die Flucht. 

3. Als der Partherkönig von diesem Kampfe hörte,, 
wünschte er voll Bewunderung für die Kühnheit der 
beiden Brüder sie zu sehen und zu sprechen. Er schickte 
daher den treuesten seiner Trabanten zu ihnen und 
liess ihnen sagen: „Der König Artabanus will, obgleich 
ihr ihn durch Eindringen in sein Reich beleidigt habt,, 
dennoch seinen Zorn eurer Tapferkeit zum Opfer bringen 
und schickt mich deshalb her, um euch unter Hand- 
schlag zu versichern, dass er euch ungehinderte Reise 
gewährleistet. Er bittet euch nämlich, zu ihm zu 
kommen, weil er mit euch einen Freundschaftsvertrag 
schliessen will, und nichts von List oder Betrug zu 



Achtzehntes Buch, 9. Kapitel. 


563 


fürchten. Auch verspricht er euch reiche Geschenke 
und ehrenvolle Auszeichnungen, die bei seiner Macht 
euch noch gewaltiger machen werden.“ Asinaeus selbst 
aber wollte diese Reise nicht unternehmen, sondern 
schickte seinen Bruder Anilaeus mit Geschenken, wie 
sie seiner Lage entsprachen. Anilaeus begab sich also 
auf den Weg und fand sogleich Zutritt beim Könige. 
Als nun Artabanus den Anilaeus allein kommen sah, 
fragte er ihn um die Ursache, weshalb Asinaeus nicht 
mit ihm gekommen sei. Er erhielt zur Antwort, derselbe 
sei aus Furcht in den Niederungen zurückgeblieben, 
worauf er bei den Göttern seines Landes schwur, er 
werde denen nichts zuleide thun, die sich ihm an- 
vertrauten. Alsdann gab er dem Anilaeus die Hand, 
was bei den barbarischen Bewohnern dieses Landes die 
höchste Sicherheit beim Abschluss von Verträgen bedeutet. 
Niemand würde dort einen Betrug begehen, wenn er 
einmal seine Rechte gegeben hat, und niemand, der 
irgend welchen schlimmen Verdacht hegt, zweifelt noch 
an seiner Sicherheit, sobald er diese Beteuerung er- 
halten hat. Artabanus entliess nun nach dem Hand- 
schlag den Anilaeus, damit er seinen Bruder berede, 
mit ihm zum Könige zurückzukehren. Dabei leitete den 
König die Absicht, die Tapferkeit der jüdischen Brüder 
gewissermassen als Zügel für seine Satrapen zu ge- 
brauchen, damit dieselben, die drauf und dran waren, 
von ihm abzufallen, verhindert würden, die Treue zu 
brechen. Er besorgte nämlich, dass, wenn er in einen 
Krieg mit den Empörern verwickelt würde , Asinaeus 
und die Babylonier ihre Macht nur desto mehr befestigen 
und bei der ersten Nachricht von dem Aufruhr entweder 
selbst zum Kriege schreiten oder, oder wenn ihnen das 
nicht möglich wäre, wenigstens weit und breit ihr ganzes 
Nachbarland verwüsten würden. 

4. In dieser Absicht also entliess der König den 
Anilaeus. Diesem gelang es auch wirklich, seinen 
Bruder zu der Reise zu bewegen, indem er ihm von des 
Königs Wohlwollen und Freundlichkeit sowie von der 

36 * 



564 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


unter Handschlag gegebenen Versicherung erzählte. Und 
so begaben sie sich denn beide auf den Weg zu den 
Parthern. Als sie dort anlangten, nahm Artabanus sie 
sehr freundlich auf und konnte sich über Asinaeus, der 
so grosse Thaten vollbracht, nicht genug wundern, weil 
er von kleiner Gestalt und verächtlich anzuschauen war, 
sodass man ihn, nach dem ersten Eindruck zu urteilen, 
für eine Null hätte halten können. Deshalb sagte der 
König zu seinen Freunden, Asinaeus verrate einen Geist, 
der jedenfalls bei weitem grösser als sein Körper sei. 
Beim Trinkgelage zeigte er ihn dem Abdagases, einem 
von den Befehlshabern seiner Leibwache, und erzählte 
ihm, welch ein Held er sei und wie unerschrocken er 
im Kampf auftrete. Als aber Abdagases die Erlaubnis 
begehrte, ihn töten und so Rache für die Unbilden 
nehmen zu dürfen, die er dem Reiche der Parther zu- 
gefügt habe, entgegnete der König: „Ich darf dies nicht 
an einem Manne geschehen lassen, der sich mir anver- 
traut hat, besonders da ich ihm meine Rechte gegeben 
und geschworen habe, ihm Treue zu halten. Willst du 
nun ein Mann und Kriegsheld sein, so brauchst du mich 
nicht zum Eidbruch zu veranlassen, um die Unbilden zu 
rächen, die das Partherreich von ihm erlitten hat. Auf 
seinem Rückwege aber magst du ihn überfallen und 
deine Kraft an ihm versuchen, nur darf ich nichts von 
deinem Anschlag erfahren.“ Am folgenden Morgen be- 
schied er den Asinaeus zu sich und sprach zu ihm : „Es 
ist Zeit, junger Mann, dass du zu den Deinigen zurück- 
kehrst, und zwar schon deshalb, damit du nicht einigen 
von den an meinem Hofe befindlichen Fürsten Gelegen- 
heit giebst, dich gegen meinen Willen umzubringen. Ich 
vertraue dir nun das babylonische Land an, damit es 
durch deinen Schutz vor Räubereien bewahrt bleibe, und 
ich halte es für billig, dass du mir treue Freundschaft 
bewahrst, da ich dir mein Wort unverbrüchlich gehalten 
habe und zwar unter Umständen, in denen es sich nicht 
um Kleinigkeiten, sondern um dein Leben und deine 
Sicherheit handelte.“ Nach diesen Worten beschenkte er 



Achtzehntes Buch, 9. Kapitel. 


565 


den Asinaeus und liess ihn un verweilt heimkehren. So- 
bald Asinaeus in seiner Niederlassung angelangt war, 
legte er teils neue Kastelle an, teils versah er die alten 
mit neuen Befestigungen und gelangte in kurzer Zeit zu 
einer Macht, wie sie vor ihm von niemand erreicht 
worden war, der sich aus so kleinen Anfängen empor- 
geschwungen hatte. Auch die parthischen Anführer, 
welche in die benachbarten Gebiete geschickt (wurden, 
achteten und ehrten ihn; denn die Auszeichnung, welche 
ihm die Babylonier zu teil werden liessen, erschien nur 
unbedeutend und in keiner Weise seinen Verdiensten 
entsprechend. So hatte er bald alle Gewalt in Händen, 
da in Mesopotamien sich jeder nach seinem Wink und 
Willen richtete, und fünfzehn Jahre lang stieg sein Glück 
täglich mehr und mehr. 

5. Als aber die Brüder auf dem Gipfel ihrer Macht 
angelangt waren, fing das Unglück an, ihnen zuzusetzen, 
und zwar aus folgender Veranlassung. Sie wichen all- 
mählich vom Pfade der Tugend ab, die ihnen eine so 
gewaltige Macht verschafft hatte, und wandten sich einem 
sündhaften Leben zu, indem sie die Gesetze ihrer Väter 
verachteten und in Lust und Sinnlichkeit verfielen. Ein 
parthischer Fürst, der zum Satrapen jener Provinzen er- 
nannt worden war, brachte dorthin seine Gattin mit, die 
ausser anderen Vorzügen besonders eine wunderbar schöne 
Körpergestalt aufwies. Mochte nun An ilaeus, der Bruder 
des Asinaeus, etwas von ihrer Schönheit gehört oder sie 
einmal selbst erblickt haben, genug, er wurde sogleich 
ebenso sehr von Liebe als von Erbitterung ergriffen, teils 
weil ihm gar keine Hoffnung blieb, das Weib zu besitzen, 
es sei denn, dass er sich ihrer mit Gewalt bemächtigt 
hätte, teils weil er seine Begierde nach ihr nicht zu 
unterdrücken vermochte. Die Brüder erklärten daher 
den Gatten des Weibes für ihren Feind, und kaum war 
er im Kampfe gefallen, so war seine Gattin auch schon 
mit ihrem Liebhaber vermählt. Indessen zog das Weib 
nicht in das Haus der Brüder ein, ohne dem Anilaeus 
sowohl wie dem Asinaeus das schwerste Unheil zu be- 




566 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


reiten. Sie war nämlich bereits vor der Ehe mit dem 
jetzt gefallenen Gatten vermählt gewesen, und da sie 
nach dem Tode ihres ersten Mannes in Gefangenschaft 
geriet, verbarg sie die Bildnisse der Götter, die sie mit 
jenem Manne verehrt hatte, und nahm sie nach dem 
Brauche ihres Landes mit sich. In jenen Gegenden ist 
es nämlich allgemein Sitte, Götterbilder zu Hause zu 
haben und dieselben auf Reisen mitzunehmen. Zunächst 
nun verehrte das Weib die Bildnisse heimlich; als sie 
aber des Anilaeus Gattin geworden war, betete sie ihre 
Götter nach ihrer früheren Gepflogenheit und unter den- 
selben Ceremonien, die sie von ihrem ersten Gatten her 
gewohnt war, an. Die Gefährten der beiden Brüder nun, 
die bei denselben besonderen Einfluss hatten, machten 
dem Anilaeus in aller Güte Vorstellungen darüber, dass 
er so arg gegen die Gesetze und Gebräuche der Hebräer 
verstosse und ein ausländisches Weib genommen habe, 
welche die ihnen so genau vorgeschriebenen Opfer und 
sonstigen gottesdienstlichen Handlungen umgehe. Er 
möge sich daher vorsehen, dass er nicht seiner Sinnes- 
lust zuliebe seine Macht einbüsse, nachdem dieselbe mit 
Gottes Hilfe so sehr gewachsen sei. Doch richteten sie 
mit solchen Reden nichts aus, und Anilaeus stiess sogar 
einen der Seinigen, der so freimütig gesprochen hatte, 
nieder. Als dieser im Sterben lag, flehte er in seiner 
Anhänglichkeit an das Gesetz zu Gott, er möge seinen 
Tod an Asinaeus und Anilaeus rächen, alle seine Ge- 
fährten aber auf gleiche Weise durch die Hand ihrer 
Feinde umkommen lassen, weil sie ihm keine Hilfe ge- 
leistet hätten, als er sich für das Gesetz der Gefahr 
unterzogen habe. Hierüber gerieten sie alle in grosse 
Missstimmung, verhielten sich aber zunächst noch ruhig, 
weil sie sich wohl bewusst waren, dass sie ihre gegen- 
wärtige glänzende Lage nur der Tapferkeit der beiden 
Brüder zu verdanken hatten. Als sie jedoch von der 
Verehrung der parthischen Götzenbilder hörten, glaubten 
sie des Anilaeus Frevel gegen das Gesetz nicht länger 
ertragen zu dürfen , sondern zogen in Menge zu Asinaeus 


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Achtzehntes Buch, 9. Kapitel. 


567 


hin und schrien, er müsse, wenn er auch früher einzu- 
schreiten unterlassen habe, doch wenigstens jetzt das 
Geschehene wieder gut zu machen suchen, ehe er selbst 
samt allen anderen zur Strafe für diesen Frevel dem 
Verderben anheimfalle. Dann führten sie Klage über 
<lie Ehe mit einem fremden Weibe, die weder mit ihren 
Sitten noch mit den Gesetzen ihrer Väter in Einklang 
stehe, und über die Götzenverehrung, die das Weib zur 
Beschimpfung des von ihnen an gebeteten Gottes treibe. 
Kun wusste Asinaeus zwar recht gut, dass das Vergehen 
seines Bruders schon grosses Unheil heraufbeschworen 
habe und noch herauf beschwören werde; gleichwohl 
schwieg er aus verwandtschaftlichen Rücksichten dazu 
still und verzieh ihm, weil er unter dem Banne seiner 
mächtigen Leidenschaft stehe. Da aber Tag für Tag 
die Menge sich zu ihm drängte und das Geschrei immer 
lauter wurde, machte er endlich seinem Bruder Vor- 
stellungen, tadelte das Vorgefallene bitter und verlangte 
von ihm, er solle von seinem Wandel ablassen und das 
Weib heimschicken. Indes richtete er mit diesen Worten 
nichts aus. Als das Weib aber merkte, dass die Menge 
ihretwegen in Aufruhr war, und fürchten musste, 
Anilaeus werde wegen seiner Liebe zu ihr grossen Ge- 
fahren entgegen gehen, mischte sie dem Asinaeus Gift 
in die Speisen und räumte ihn so aus dem Wege. Eine 
Strafe hatte sie ja für ihr Verbrechen nicht zu fürchten, 
weil ihr eigener sterblich in sie verliebter Gatte sie hätte 
richten müssen. 

6. Anilaeus, der nun allein an der Spitze stand, 
unternahm alsbald einen Kriegszug gegen die Besitzungen 
des Mithradates, eines vornehmen Parthers, welcher die 
Tochter des Königs Artabanus zur Frau hatte. Diese 
Besitzungen wurden geplündert und lieferten eine grosse 
Ausbeute an Geld und Sklaven -sowie an Vieh und 
vielem anderen , was seinem Besitzer das Leben angenehm 
machen kann. Als aber [Mithradates, der sich gerade in 
der Gegend aufhielt, die Einnahme seiner Besitzungen 
erfuhr, geriet er in höchsten Zorn darüber, dass Anilaeus, 


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568 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


den er früher nie gereizt hatte, jetzt mit Feindseligkeiten 
begann. Er zog daher eine so starke Keiterei, als er 
nur konnte, und zwar aus Leuten im blühendsten Alter, 
zusammen und marschierte damit dem Anilaeus entgegen, 
um ihn zu bekämpfen. Als er nun bei einem seiner 
Dörfer angelangt war, hielt er sich zunächst ruhig und 
wollte erst am folgenden Tage, der ein Sabbat war und 
als solcher von den Juden gefeiert werden musste, zur 
Schlacht ausrücken. Anilaeus aber erhielt hiervon Kunde 
durch einen Syrer, der in einem anderen Dorfe wohnte 
und ihm über alles genaue Auskunft gab, insbesondere 
auch über den Ort, wo Mithradates mit den Seinigen 
speisen wollte. Er liess daher zeitig die Abendmahlzeit 
nehmen und brach in der Nacht auf, um die Parther, 
die sich dessen nicht versahen, zu überfallen. Um die 
vierte Nachtwache 1 griff er sie an, machte die einen im 
Schlafe nieder und jagte die anderen in die Flucht. 
Den Mithradates, den er lebendig gefangen hatte, liess er 
mitführen und nackt auf einen Esel setzen, was bei den, 
Parthern für die ärgste Schmach gilt. So brachte man 
ihn in einen Wald, wo Anilaeus von seinen Freunden 
bestürmt wurde, er solle den Mithradates umbringen 
lassen. Dem widersetzte sich aber Anilaeus und belehrte 
sie, es könne ihnen nicht zum Vorteil gereichen, wenn 
sie den Mithradates töteten, da er bei den Parthern in 
hohem Ansehen stehe und ausserdem auch noch mit dem 
Könige verwandt sei. Was bis jetzt geschehen sei, lasse 
sich noch ertragen, und obschon man den Mithradates 
schwer beschimpft habe, werde er doch, wenn er ihnen 
sein Leben verdanken müsse, nicht vergessen, denen 
seine Erkenntlickeit zu beweisen, die ihn so wohlwollend 
behandelt hätten. Wenn er aber den Tod erleide, werde 
der König sicher nicht ruhen, bis er unter den babylo- 
nischen Juden das schrecklichste Blutbad angerichtet 
habe. Um diese aber müssten sie Sorge tragen, einmal 
weil sie mit ihnen verwandt seien, dann aber auch, weil 


1 Nach drei Uhr morgens. 


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Achtzehntes Buch, 9. Kapitel. 


569 


ihnen selbst im Falle eines Unglückes keine Hoffnung 
mehr bleiben würde, da die meisten jungen Leute aus- 
gehoben seien. Durch diese Worte, welche er an die 
Versammelten richtete, wusste Anilaeus es dahin zu 
bringen, dass sie sich überzeugen Hessen, und so wurde 
Mithradates freigelassen. Als er nun zu Hause anlangte, 
empfing ihn seine Gattin mit Schmähungen und fragte 
ihn, ob er die schimpfliche Behandlung, die ihm zu teil 
geworden, ruhig hinnehmen und zufrieden sein wolle, 
sein Leben aus den Händen der Juden gerettet zu haben. 
„Jetzt,“ fügte sie hinzu, „kehrst du entweder tapferen 
Mutes wieder um, oder, das schwöre ich dir bei den 
Göttern dieses Landes, ich löse meine Ehe mit dir auf.“ 
So musste denn Mithradates , teils weil er der täglichen 
Vorwürfe überdrüssig war, teils weil er bei dem stolzen 
Sinne seines Weibes fürchtete, sie werde sich wirklich 
von ihm trennen, wider seinen Willen so viele Soldaten, 
als er konnte, auftreiben. Mit diesen zog er dann gegen 
den Feind, entschlossen, lieber sein Leben zu verlieren, 
als im Kampfe gegen die Juden zu unterliegen. 

7. Als aber Anilaeus vernahm, dass Mithradates im 
Begriff stehe, mit grosser Heeresmacht ihm entgegenzu- 
ziehen, hielt er es für unrühmlich, sich innerhalb der 
sumpfigen Niederungen zu bergen, und beschloss daher 
dem Feinde die Stirn zu bieten. Und da ihm auch sein 
einstiges Glück das Vertrauen einflösste, er werde den 
Feinden ebenso wie früher mitspielen und es werde seinen 
Leuten die Kühnheit nicht mangeln, die sie sonst bewiesen, 
führte er seine Streitmacht vor. Ausser seinem eigent- 
lichen Heere schlossen sich noch viele andere an ihn an, 
welche die Hoffnung auf Beute lockte und die durch 
ihren blossen Anblick dem Feinde schon Schrecken ein- 
zujagen geeignet waren. Als man nun durch dürre 
Gegenden und dazu noch um die Mittagszeit neunzig 
Stadien weit marschiert war, hatte den Kriegern der 
Durst schon gewaltig zugesetzt. Da zeigte sich plötz- 
lich Mithradates und drang mit grossem Ungestüm auf 
sie ein, und weil sie vor Durst und Hitze keine Waffen 

< 


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570 


Josephas’ Jüdisch© Altertümer. 


mehr zu halten vermochten, wurden Anilaeus und die 
Seinigen, welche völlig erschöpft waren, schmählich in 
die Flucht getrieben, wobei viele tausend Juden um- 
kamen. In wildem Durcheinander zog sich darauf Ani- 
laeus samt seiner Umgebung in einen Wald zurück, 
während Mithradates vor Freude über den errungenen 
Bieg laut jubelte. Gar bald aber hatte sich beiAnilaeus 
wieder eine Schar verkommener Menschen gesammelt, 
die sich um die Zukunft wenig kümmerten, wenn sie 
nur für den Augenblick ihrer Not enthoben waren. So 
wurde wohl die Zahl der Gefallenen ersetzt, doch 
konnten die neuen Ankömmlinge den Vergleich mit 
diesen nicht aushalten, weil sie roh und ungeübt waren. 
Trotzdem unternahm Anilaeus mit ihnen einen Raubzug 
gegen babylonische Dörfer, bei dem es zu greulichen 
Verwüstungen kam. Daher sandten sowohl die Baby- 
lonier als auch die im Felde stehenden Truppen nach 
Naarda zu den dort befindlichen Juden und verlangten 
die Auslieferung des Anilaeus. Diesem Verlangen wurde 
selbstverständlich keine Folge gegeben, weil die Juden, 
selbst wenn sie wollten, den Abenteurer nicht ausliefern 
konnten. Hierauf bot man ihnen Frieden an, und da 
auch sie das lebhafteste Verlangen danach trugen, 
schickten sie mit den Babyloniern Männer aus ihrer 
Mitte ab, die deswegen mit Anilaeus verhandeln sollten. 
Als aber die Babylonier hier alles ausgekundschaftet 
und die Beschaffenheit des Ortes, wo Anilaeus lagerte, 
sich gemerkt hatten, machten sie auf diesen und seine 
Leute, während sie berauscht im Schlafe lagen, einen 
Angriff und hieben ohne Gegenwehr alle Feinde, deren 
sie habhaft werden konnten, darunter auch den Anilaeus 
selbst, nieder. 1 

8. Die Babylonier waren nun von der Furcht vor 
Anilaeus befreit, dem einzigen Menschen, der ihrem 
Hass gegen die Juden bisher Schranken gesetzt hatte. 
Fast ununterbrochen hatten sie mit diesen wegen der 


1 35 oder 36 n. Chr. 




Achtzehntes Buch, 9. Kapitel. 


571 


Verschiedenheit ihrer Religion in Streit gelebt, und jeder 
der beiden Gegner suchte den anderen zu kränken, so 
viel er nur vermochte. Sobald aber jetzt Anilaeus und 
seine Gelahrten tot waren, fielen die Babylonier über 
die Juden her. Diese litten sehr unter den Feindselig- 
keiten ihrer Gegner, und da sie keinen offenen Wider- 
stand leisten konnten, aber auch nicht länger mit ihnen 
zusammenzuleben sich getrauten, wanderten sie zum Teil 
nach Seleukia aus, der Hauptstadt jenes Landes, die 
von Seleukus, dem Sohne des Nikator, erbaut ist, und 
wo viele Macedonier, aber noch mehr Griechen und 
auch eine Anzahl Syrer wohnen. Hier fanden sie Auf- 
nahme, und fünf Jahre lang erfreuten sie sich in dieser 
Stadt eines friedlichen Daseins. Im sechsten Jahre aber 
brach unter den in Babylon zurückgebliebenen Juden 
eine Seuche aus, und es wanderten infolgedessen wieder 
viele von ihnen nach Seleukia aus. Doch traf sie bald 
hier ein noch grösseres Unglück, und zwar aus folgender 
Veranlassung. 

9. Die Griechen und Syrer in Seleukia lebten eben- 
falls meist in Streit und Hader, wobei jedoch die 
Griechen immer im Vorteil blieben. Als aber jetzt die 
jüdischen Ankömmlinge bei ihnen wohnten, stieg die 
Macht der Syrer, weil die Juden, die als tapfere Männer 
und stets bereite Helfer in Kriegsfällen bekannt 
waren, zu ihnen hielten. Die Griechen befanden sich 
also in einer üblen Lage, und da sie erkannten, dass 
sie nur dadurch ihre Macht wiedererlangen konnten, 
dass sie die Juden mit den Syrern entzweiten, machten 
sich einige von ihnen an diejenigen Syrer heran, zu 
denen sie früher nähere Beziehungen unterhalten hatten, 
und suchten sie zur Aussöhnung zu bewegen. Hierauf 
gingen die Syrer ein, und nachdem man sich verständigt 
hatte, unterhandelten die vornehmsten Männer von 
beiden Seiten in betreff des Friedensschlusses, worauf 
eine völlige Aussöhnung zu stände kam. Nun aber 
glaubten beide Teile sich kein besseres Freundschafts- 
zeichen geben zu können, als wenn sie ihren Hass gegen 




572 


Josephns' Jüdische Altertümer. 


die Juden vereinigten. Sie überfielen demnach unver- 
sehens die letzteren und machten über fünfzigtausend 
von ihnen nieder. Niemand wurde verschont als diejenigen, 
denen das Mitleid ihrer Freunde oder Nachbarn die 
Flucht ermöglichte. Diese wandten sich nach Ktesiphon, 
einer griechischen Stadt in der Nähe von Seleukia, wo 
der König alljährlich den Winter zuzubringen pflegte 
und wo infolgedessen grosse Vorräte angehäuft waren. 
Indes fanden sie auch hier keine festen Wohnsitze, weil 
die Seleukier vor ihrem Könige wenig Achtung hatten. 
Schliesslich gerieten sämtliche Juden in Schrecken vor 
den Babyloniern und Seleukiern, der noch dadurch ver- 
mehrt wurde, dass alle im Lande wohnenden Syrer sich 
mit den letzteren zur Vernichtung der Juden verbündeten. 
Die meisten Juden zogen sich daher nach Naarda und 
Nisibi8 zurück, deren feste und geschützte Lage ihnen 
die nötige Sicherheit gewährte, zumal da diese Städte 
nur von streitbaren Männern bewohnt waren. So verhielt 
es sich mit den Juden in Babylonien. 



Neunzehntes Buch. 

Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 3 Jahren 

und 6 Monaten. 

Inhalt 

1. Wie der Caesar Gajus von Cassius Chaerea ermordet wurde. 

2. Wie des Gajus Oheim Claudius auf Drängen der Soldaten die 

Regierung übernahm. 

3. Streit zwischen dem Senat und Volk einerseits , Claudius und 

den zu ihm haltenden Soldaten anderseits. 

4. König Agrippa verhandelt mit dem Senat. Wie die auf seiten 

des Senates stehenden Soldaten sich gleichfalls zu Claudius 
begaben und ihm die Herrschaft übertrugen, der nun allein- 
stehende Senat aber ihn bat, sich mit ihm zu vergleichen. 

5. Wie der Caesar Claudius dem Agrippa das ganze Reich seines 

Vaters zurückgab und die Tetrarchie des Lysanias noch hin- 
zufügte. 

6. Erlasse des Caesars Claudius an die Alexandriner und an alle 

übrigen Länder seines Reiches in betreff der Juden. 

7. Rückkehr des Königs Agrippa aus Judaea. 

8. Verordnung des syrischen Landpflegers Publius Petronius an die 

Doriter in betreff der Juden. 

9. Wie der König Agrippa die Mauern von Jerusalem mit grossem 

Aufwand wiederherstellte, aber das Werk unvollendet lassen 
musste, weil der Tod ihn überraschte. 

10. Was er in den drei Jahren bis zu seinem Tode ausführte, und 
auf welche Weise er starb. 


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574 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Erstes Kapitel. 

Wie Gajus von Chaerea ermordet wurde. 

1. Gajus bewies übrigens nicht nur gegen die zu 
Jerusalem und in dessen Umgebung lebenden Juden 
seine wahnsinnige Grausamkeit, sondern liess dieselbe 
auch durch alle Länder und Meere wüten, soweit das 
römische Reich sich erstreckte, und erfüllte letzteres mit 
unsäglichem Leid, dergleichen man früher nie gehört 
hatte. Rom besonders war der Schauplatz seiner un- 
menschlichen Handlungen , und anstatt dasselbe vor 
anderen Städten auszuzeichnen, wütete er gegen die 
Bürger mit besonderer Grausamkeit, namentlich aber 
gegen die Senatoren und unter diesen wieder vorzüglich 
gegen diejenigen, welche zu den Patriziern gehörten 
und durch berühmte Ahnen sich auszeichneten. Un- 
zählige Drangsalierungen ersann er auch gegen die 
Ritterschaft, die in der Stadt ihres Einflusses und Reich- 
tums wegen ebenso wie der Senat geachtet war und aus 
deren Mitte die Senatoren hervorgingen. Die Ritter 
nämlich beschimpfte er auf jede mögliche Weise, stiess 
sie aus ihrem Stande aus und nahm ihnen Leben und 
Vermögen, wie denn ihre Hinrichtung in der Regel 
nur die Einziehung ihres Vermögens zum Zweck hatte. 
Weiterhin legte Gajus sich göttliches Ansehen bei und 
forderte von seinen Unterthanen Ehrenbezeugungen, die 
einem Menschen gar nicht zukommen. Auch besuchte 
er besonders häufig den Tempel des Jupiter, der das 
Kapitolium heisst und von allen Tempeln der be- 
rühmteste ist, und wagte sogar den Jupiter seinen Bruder 
zu nennen. Überhaupt sprach aus allen seinen Unter- 
nehmungen fast der vollendete Wahnsinn. So liess er, 
weil ihm die Schiffahrt von Puteoli in Campanien bis 
nach der gleichfalls in Campanien liegenden Küsten- 
stadt Misenum zu lästig war, und er überhaupt als 
Herr des Meeres von diesem dieselbe Unterwürfigkeit 
wie von der Erde beanspruchen zu können glaubte, von 




Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


575 


einem Vorgebirge zum anderen dreissig Stadien weit das 
Meer überbrücken und fuhr sodann zu Wagen über den 
ganzen Meerbusen, da, wie er meinte, diese Art, den 
Weg zurückzulegen, eines Gottes würdiger sei. 1 Es gab 
ferner keinen Tempel in Griechenland, den er un- 
geplündert liess, und was sich an Werken der Malerei 
oder Bildhauerkunst sowie an Standbildern und Weih- 
geschenken dort vorfand, liess er nach Rom schaffen. Denn 
das Schöne, meinte er, dürfe nirgendwo anders seinen 
Platz finden, als in der schönsten Stadt, und das sei eben 
Rom. Mit diesen geraubten Kunstgegenständen zierte er 
auch seinen Palast und seine Gärten sowie seine in ganz 
Italien zerstreuten Landhäuser. Ja, er gab sogar Befehl, 
die Bildsäule des von den Griechen verehrten Olympischen 
Zeus, das Werk des Atheners Pheidias, nach Rom zu 
überführen. Freilich kam es nicht zur Ausführung des 
Befehls, weil die Architekten dem Memmius Regulus, 
der mit derselben betraut war, erklärten, das Bild werde 
brechen, wenn man es von seiner Stelle bewege. Aus 
diesem Grunde und weil auch noch fast unglaubliche 
Wunderzeichen sich dabei ereigneten, soll Memmius von 
der Wegschaffung der Bildsäule Abstand genommen 
haben. Das schrieb er auch an Gajus und bat um Ent- 
schuldigung, weil er seinen Befehlen nicht habe nach- 
kommen können. Doch hätte ihm dies bald das Leben 
gekostet, und nur der inzwischen erfolgte Tod des Gajus 
befreite ihn aus der Gefahr. 

2. Der Wahnsinn des Caesars steigerte sich schliess- 
lich so weit, dass er, als ihm eine Tochter geboren 
worden war, diese aufs Kapitolium bringen und der 
Bildsäule des Jupiter in den Schoss legen liess, indem 
er erklärte, sie sei dessen Tochter ebenso gut wie die 
seinige, und sie hätten beide Anspruch auf die Rechte 
des Vaters, wobei er unentschieden lassen wolle, wer 
von ihnen der Grössere sei. Trotz dieses wahnsinnigen 
Treibens sah die Menschheit ihm ruhig zu. Nun ge- 


1 Vergl. hierzu Suetonius, C&ligula 19. 



576 Joseph us’ Jüdische Altertümer. 

stattete er auch den Sklaven, ihre Herren zu verklagen 
und ihnen Beschuldigungen vorzuwerfen , welche sie 
wollten. Selbstverständlich wurden die schwersten An- 
klagen erhoben, weil alles ihm zu Gefallen und auf sein 
Anstiften als Verbrechen gedeutet wurde. Ja, gegen 
Claudius 1 sogar wagte dessen Sklave Pollux eine An- 
klage vorzubringen, und als deshalb gegen seinen Oheim 
verhandelt wurde, kam Gajus selbst in die Gerichts- 
sitzung und hörte zu in der Hoffnung, er werde jetzt 
Gelegenheit finden, ihn aus dem Wege zu räumen. 
Hierin aber täuschte er sich. Da er nun das ganze ihm 
untergebene Ländergebiet mit Verleumdung und Bosheit 
angefüllt und den Sklaven eine so mächtige Waffe gegen 
ihre Herren in die Hand gegeben hatte, entstanden 
überall Verschwörungen gegen ihn, indem die einen in 
ihrer Wut für erlittenes Unrecht Rache nehmen wollten, 
die anderen aber ihn umzubringen trachteten, bevor sie 
selbst von ihm ins Verderben gestürzt würden. So war 
denn sein Tod eine Bürgschaft für den Fortbestand der 
Gesetze und die Sicherheit der Völker, und ganz be- 
sonders galt das für unser Volk, das wohl gänzlich der 
Vernichtung anheimgefallen wäre, wenn der Tod ihn 
nicht so schnell ereilt hätte. Ich will daher die Ge- 
schichte seiner Ermordung mit sämtlichen Einzelheiten 
erzählen, besonders weil sie geeignet ist, allen Bedrängten 
Vertrauen auf Gottes Allmacht und Trost einzuflössen, 
für diejenigen aber, die freventlich auf ihr Glück pochen, 
auch wenn dasselbe der Tugend entbehrt, eine ernste 
Warnung enthält. 

3. Schon bestanden drei Verschwörungen gegen des 
Caesars Leben , ausgehend von drei edlen Männern. 
Aemilius Regulus aus Korduba in Iberien hatte sich mit 
einigen Genossen ins Einvernehmen gesetzt und wollte 
entweder durch sie oder auch mit eigener Hand den 
Gajus beiseite schaffen. Eine andere Verschwörung ging 


1 Tiberius Claudius Drusus Nero, Caligulas Oheim und Nach- 
folger. 


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Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


577 


von dem Tribun Cassius Chaerea aus, -und endlich trug 
sich auch ein gewisser Annius Minucianus mit der Ab- 
sicht, dem Tyrannen den Untergang zu bereiten. Ge- 
meinsam war allen dreien der Hass gegen Gajus, 
während im übrigen ihre Beweggründe verschieden 
waren. Regulus, von Natur leicht erregbar und von 
Abscheu gegen alles Unrecht durchdrungen, war ent- 
schlossenen und hochherzigen Sinnes, machte aus seinen 
Absichten kein Hehl und teilte deshalb auch jetzt seinen 
Plan vielen seiner Freunde und anderen thatkräftigen 
Männern mit. Minucianus wollte teils für seinen ver- 
trauten Freund Lepidus, einen der edelsten Bürger, den 
Gajus hatte hinrichten lassen, Rache nehmen, teils sich 
selbst sichern, weil Gajus in seinem grausamen Wüten 
keine Grenzen kannte und es auch auf ihn schon ab- 
gesehen hatte. Chaerea endlich war über des Gajus 
Schmähungen aufgebracht, der ihn einen feigen und 
verweichlichten Menschen nannte, und schwebte ebenfalls 
trotz seiner Freundschaft und Gefälligkeit, die er Gajus 
bewies, beständig in Gefahr, sodass auch er die Er- 
mordung des Caesars für eine eines freien Mannes 
würdige That erachtete. Alle drei Männer nun hielten 
es für angebracht, sich mit den vielen ins Einvernehmen 
zu setzen, welche täglich die Ungerechtigkeiten sahen 
und durch Gajus’ Tod denselben zu entgehen hofften. 
Höchst wahrscheinlich, überlegten sie, werde ja ihr 
Unternehmen gelingen, und in diesem Fall könne es für 
sie nur angenehm sein, so viele edle Männer mit sich 
eins zu wissen, die gleichfalls für das Wohl der Stadt 
und des Reiches sich aufzuopfern bereit seien. Mehr 
als die anderen indes war Cassius Chaerea auf die That 
erpicht, einesteils weil er seinen Ruf dadurch verbessern 
wollte, andernteils weil die Ermordung des Gajus ihm 
am leichtesten gelingen konnte, da er als Tribun freieren 
Zutritt zu ihm hatte. 

4. Unterdessen wurden circensische Spiele 1 gefeiert, 


1 Die Spiele, besonders Wettrennen, im römischen Cirkus, den 
Josephus* Jüdische Altertümer, LI. 37 



578 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


ein Schauspiel, dem die Römer leidenschaftlich ergeben 
sind. Dabei drängt sich alles nach dem Cirkus, und 
wenn das Volk etwas vom Caesar erbitten will, rottet 
es sich zusammen und bringt dort sein Begehren vor. 
Derartige Bitten gelten als besonders bevorzugt und 
finden stets Erhörung. Jetzt nun bestürmte man Gajus 
um Steuernachlass und Erleichterung der drückendsten 
Auflagen. Davon aber wollte der Caesar nichts wissen, 
und als das Geschrei überhand nahm, Hess er die Lärm- 
macher durch Trabanten ergreifen und augenblicklich 
zur Hinrichtung abführen. Die Henker vollzogen so- 
gleich seine Befehle, und so fanden viele den Tod. 
Gleichwohl verhielt das Volk sich ruhig und liess vom 
Lärm ab, weil jeder, der noch um Steuernachlass gebeten 
hätte, seinen Tod vor Augen sah. Um so mehr aber 
stieg Chaereas Verlangen, den Caesar umzubringen und 
dadurch die Welt von dem Wüterich zu befreien, öfter» 
schon dachte er daran, ihn beim Mahle zu überfallen, 
und nur eine Erwägung hielt ihn noch davon zurück: 
nicht dass sein Entschluss ins Wanken geraten wäre, 
sondern weil er den rechten Augenblick abwarten wollte, 
wo er mit Erfolg ans Werk gehen könnte. 

5. Chaerea hatte übrigens schon lange Zeit Kriegs- 
dienste geleistet, und als sein Unwille durch den Ver- 
kehr mit Gajus immer mehr gestiegen war, übertrug 
dieser ihm die Erhebung der gewöhnlichen Steuern und 
die Eintreibung der rückständigen Abgaben. Da diese 
Abgaben aufs doppelte erhöht worden waren, machte er 
sich mit ihrer Einziehung keine besondere Mühe und 
folgte dabei mehr seinem eigenen guten Herzen als den 
Befehlen des Gajus. Dadurch erregte er den Zorn des 
letzteren, der ihm seine Saumseligkeit im Eintreiben der 
Steuern beständig vorwarf und ihn deshalb einen feigen 
Menschen nannte. Auch noch andere Schmähungen 
musste er hören, und so oft er sich für den Tag, an dem 


Römern so unentbehrlich wie das tägliche Brot, woher der Ausdruck : 
P&nem et circenses. 


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Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


579 


er sein Amt als Tribun wahrnehmen musste, die Losung 
holte, stand auf derselben ein gemeines und ehr- 
verletzendes Schimpfwort. Das that der Caesar, obwohl 
er selbst bei gewissen geheimnisvollen Zusammenkünften, 
die er angeordnet hatte, sich einfand, wo er. Weiber- 
kleider anlegte, sich das Haar auf eine besondere, von 
ihm ersonnene Art kräuselte und auch in allem 
übrigen das Gebaren eines Weibe6 nachahmte. Gleich- 
wohl scheute er sich ‘nicht, ein gleiches dem Chaerea 
vorzuwerfen. Jedesmal nun, wenn Chaerea die Losung 
empfing, geriet er in Erbitterung, besonders da er die- 
selbe anderen einhändigen musste und dann von diesen 
ausgelacht wurde. So ward er bald für alle übrigen 
Tribunen eine Zielscheibe des Spottes; denn so oft er 
die Losung vom Caesar vorzuzeigen hatte, freuten sie 
sich schon zum voraus, dass sie wieder etwas zu be- 
spötteln bekamen. Chaerea fasste sich daher ein Herz 
und vertraute einigen Freunden an, dass er sich nicht 
mehr ungestraft wolle reizen lassen. Unter diesen be- 
fand sich auch ein gewisser Pompedius, ein Mann von 
Senatorsrang, der schon fast alle Ehrenämter bekleidet 
hatte, im übrigen aber ein Epikuräer 1 war und deshalb 
Ruhe und Bequemlichkeit liebte. Ihn verklagte sein 
Feind Timidius, er habe grobe Schmähungen gegen 
Gajus ausgestossen, und berief sich dabei auf das Zeug- 
nis einer gewissen Quintilia, die auf der Bühne auftrat 
und infolge ihrer Schönheit eine Menge Liebhaber hatte, 
darunter auch den Pompedius. Als diese sich aber 
weigerte, ein falsches Zeugnis abzulegen und dadurch 
ihren Liebhaber dem Tode zu überantworten, drang Ti- 
midius darauf, dass sie der Folter unterworfen werde. 
Gajus gab auch wirklich in seiner Erbitterung dem 
Chaerea Befehl, unverzüglich die Quintilia zu foltern. 
Er pflegte nämlich alle Hinrichtungen und Folterungen 
dem Chaerea zu übertragen, weil er glaubte, dieser 

1 Die Epikuräer (Anhänger der Lehre des Epikur) betrachteten 
das Vergnügen als das höchste Gut; vergl. X, 11, 

37 * 



580 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


werde mit grösster Härte verfahren, um den Vorwurf 
der Weichlichkeit von sich abzuwälzen. Als nun Quin- 
tilia zur Folter abgeführt wurde, trat sie einem ihrer 
Vertrauten auf den Fuss, um ihm anzudeuten, er solle 
Mut fassen und bei ihrer Qual nicht erzittern, da sie 
dieselbe standhaft ertragen werde. Chaerea liess sie 
darauf grausam foltern, allerdings nicht mit Willen, 
sondern nur aus Gehorsam gegen den ihm erteilten Be- 
fehl. Da aber die Qualen der Folter sie nicht zu über- 
wältigen vermochten, führte Chaerea sie dem Caesar so 
entstellt vor, dass niemand sie ohne Mitleid ansehen 
konnte. Auch Gajus vermochte sich beim Anblick ihres 
zermarterten Körpers der Rührung nicht zu erwehren und 
liess sie wie auch Pompedius frei ausgehen. Ja, er machte 
der Quintilia sogar noch ein Geldgeschenk, um sie für 
die ausgestandenen Qualen zu entschädigen und für ihre 
Standhaftigheit zu belohnen. 

6. Hierüber geriet Chaerea in gewaltige Angst, gleich 
als hätte er so grosses Leid über eine Person gebracht, 
die selbst ein Gajus zu trösten sich herabgelassen habe. 
Er sprach deshalb zu Clemens und Papinius, von denen 
der letztere ebenfalls Tribun, der erstere aber Befehls- 
haber der Praetorianer war: „Wir haben gewiss nichts 
ausser acht gelassen, was zum Wohle des Caesars er- 
forderlich war. Denn von denen, die sich gegen ihn 
verschworen haben, sind die einen durch unsere Mühe 
und Sorgfalt dem Tode verfallen, und die anderen so 
gefoltert worden, dass selbst Gajus bei ihrem Anblick 
Mitleid empfand. Und haben wir nicht mit Ehren 
Kriegsdienste gethan ?“ Als nun Clemens hierauf 
schwieg und durch sein Erröten verriet, wie sehr er sich 
der Befehle des Caesars schämte, gleichwohl aber es 
nicht für ratsam hielt, den Wahnsinn des Gajus offen 
zu tadeln, wurde Chaerea zuversichtlicher und sprach 
freier und unbefangener von dem Elend der Stadt und 
des Reiches. „Allgemein ist man der Ansicht,“ führte 
er aus, „Gajus sei schuld daran. Geht man aber der 
Sache auf den Grund, so bin ich es, mein Clemens, und 



Neunzehntes Buch, 1 . Kapitel. 


581 


Papinius hier ist es, und noch mehr als wir beide bist 
du es, der den Römern und dem ganzen Menschen- 
geschlecht diese Qualen bereitet. Denn nicht so sehr 
des Gajus Befehle, als vielmehr unseren eigenen Willen 
haben wir vollzogen. Obgleich es nämlich bei uns 
stände, diesen Quälereien der Bürger und Unterthanen 
ein Ende zu machen, sind wir ihm überall zu Willen, 
verrichten anstelle von Kriegsdiensten Henkersarbeit, 
führen unsere Waffen nicht für die Freiheit und das 
Vaterland, sondern für einen Menschen, der die ferner an 
Leib und Seele knechtet, und beflecken uns tagtäglich 
mit dem Blute derer, die wir töten oder foltern, bis wir 
auf sein Geheiss von anderen in gleicher Weise behandelt 
werden. Denn er weiss uns für unsere Dienste ja keinen 
besonderen Dank, sondern verfolgt uns mit Argwohn 
und Hass. Und wenn auch noch so viele Menschen 
hingeschlachtet werden, seine Wut wird sich deshalb 
doch niemals legen, weil er sich bei seinem Zorn nicht 
von der Rücksicht auf Recht und Gerechtigkeit, sondern 
nur von seiner eigenen Lust leiten lässt. Diese Wut 
wird auch uns treffen, uns, deren Pflicht es ist, für die 
allgemeine Sicherheit und Freiheit zu sorgen und Ge- 
fahren vom Volke abzuwenden.“ 

7. Diese Ausführungen Chaereas billigte Clemens voll 
und ganz, riet aber Stillschweigen an, damit nichts da- 
von unter das Volk komme. Denn wenn der Anschlag 
vorzeitig verraten werde, seien sie alle Kinder des Todes. 
Man müsse vielmehr alles der Zeit überlassen und alle 
Hoffnung auf die Zukunft setzen, weil das Glück ihnen 
gewiss auf ungeahnte Weise zu Hilfe kommen werde. 
Er selbst sei zwar schon zu alt, um so etwas zu unter- 
nehmen , aber er müsse gestehen , dass er wohl etwas 
weniger Gefährliches, indessen nichts Ehrenvolleres den 
Plänen und Vorschlägen Chaereas entgegenzustellen 
wisse. Clemens begab sich hierauf nach Hause und 
überlegte, uneins mit sich selbst, das, was er gehört und 
selbst gesagt hatte. Chaerea geriet deswegen in Unruhe 
und eilte sogleich zu dem Tribun Cornelius Sabinus, 



582 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


den er als einen vortrefflichen und freiheitliebenden 
Mann kannte und von dem er wusste, dass er mit dem 
gegenwärtigen Zustand der Dinge durchaus nicht ein- 
verstanden war. Diesem wollte er sein Vorhaben mit- 
teilen und dann un verweilt zur Ausführung schreiten, 
weil er von Clemens Verrat befürchtete und erwog, wie 
viel kostbare Zeit ihm verloren gehe. 

8. Sabinus nahm seine Vorschläge mit Freuden auf. 
Hatte er doch schon längst denselben Gedanken gehegt 
und nur deshalb bisher geschwiegen , weil er niemand 
wusste, mit dem er sich beratschlagen konnte. Jetzt 
aber, da er einen Mann gefunden, der nicht nur Still- 
schweigen über das Gehörte versprach, sondern auch 
selbst mit seiner Meinung nicht hinterm Berge hielt, 
befestigte sich sein Entschluss vollkommen, und er drang 
in Chaerea, doch nicht mehr zu zaudern. Beide begaben 
sich nun zu Minucianus, der mit ihnen dieselbe Liebe 
zur Tugend und dieselbe Seelengrösse besass, und der 
obendrein dem Gajus wegen der Hinrichtung des Lepidus 
nichts weniger als freundlich gesinnt war. Minucianus 
und Lepidus waren nämlich infolge gemeinsam be- 
standener Gefahren besonders eng befreundet. Denn 
für alle, die in Rang und Würden standen, war Gajus 
ein Gegenstand des Schreckens, weil er gegen alle ohne 
Unterschied wütete. Freilich hatten die Unzufriedenen 
die gleiche Angst auch voreinander und wagten aus 
Furcht vor Verrat weder ihre Meinung offen aus- 
zusprechen noch ihren Hass gegen Gajus zur Schau zu 
tragen, was sie indessen nicht hinderte, miteinander in 
freundschaftlichem Verkehr zu bleiben, da sie sich ihres 
gemeinsamen Hasses gegen den Caesar wohl bewusst 
waren. 

9. Als sich die drei Männer jetzt zusammenfanden, 
grüssten sie sich gegenseitig, und Minucianus, dem sie 
stets wegen seiner hervorragenden Stellung und seiner 
Bürgertugenden, besonders beim Reden den Vorrang 
gelassen hatten, begann auch jetzt die Unterhaltung mit 
der Frage, was für eine Losung Chaerea heute vom 




Neunzehnte» Buch, 1. Kapitel. » 58S 

Caesar erhalten habe; denn es war allgemein bekannt, 
wie Chaerea beim Empfang dieses Schriftstückes verhöhnt 
wurde. 1 Chaerea aber merkte den Spott, dankte Minu- 
cianus für seine gütige Nachfrage und fuhr dann fort: 
„Gieb mir nun ein Pfand der Freiheit, und ich will dir 
Dank dafür wissen, dass du mich mehr in Erregung 
gebracht hast, als mein Charakter verträgt. Es bedarf 
auch keiner Worte mehr, um mich aufzuhetzen, wenn 
du der nämlichen Meinung bist wie ich und meine An- 
sicht schon vor dieser Zusammenkunft geteilt hast. Ich 
bin nur mit einem einzigen Schwerte umgürtet, aber es 
langt für zwei. Daher lass uns zum Werke schreiten: 
■entweder folge ich deiner Führung, wenn du so willst, 
oder ich gehe voran und du leihst mir deinen Schutz 
und Beistand. Keines Stahls bedürfen Männer, die 
mutige Entschlossenheit zur Schau tragen; denn auch 
dem Stahl verleiht nur Thatkraft seine Schärfe. Mächtig 
treibt es mich zur That, und keine Furcht vor dem, 
was mich treffen mag, lähmt mir den Arm. Denn keine 
Zeit habe ich, an meine eigene Gefahr zu denken, wenn 
ich das Geschick meines aus goldener Freiheit in 
schmählichste Knechtschaft gestürzten Vaterlandes, die 
Vernichtung der Autorität des Gesetzes und das allen 
Menschen von Gajus drohende Verderben beklagen 
muss. Möchte ich nur hierbei dein Vertrauen gewinnen 
und auf deine Zustimmung rechnen dürfen !“ 

10. Minucianus verstand wohl , wohin diese Worte 
zielten, umarmte den Chaerea herzlich und erhöhte da- 
durch dessen Mut und Vertrauen nicht wenig. Dann 
entliess er ihn unter den besten Wünschen für das Ge- 
lingen seines Planes. Man sagt auch , er habe seine 
Zuversicht noch auf folgende Weise gestärkt. Als 
Chaerea eines Tages auf dem Wege zur Curie sich be- 
fand, soll eine Stimme aus der Volksmenge ihn auf- 
gefordert haben , das Erforderliche durchzuführen und 
auf den Beistand der Götter zu vertrauen. Im ersten 


1 Vergl. Suetonius, Caligula, 56. 



584 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Augenblicke sei darauf Chaerea in Schrecken geraten 
und habe geglaubt, er sei von einem der Verschworenen 
verraten worden und werde nun festgenommen werden. 
Bald indessen habe er eingesehen, dass die Worte eine 
Aufmunterung bedeuteten, die entweder von einem seiner 
Mitverschworenen oder von der Gottheit, die alle 
menschlichen Verhältnisse durchschaut, ausgegangen sei. 
Übrigens waren schon viele in den Plan eingeweiht, 
und sie alle, Senatoren, Ritter und Soldaten, waren be- 
waffnet zugegen. Gab es doch niemand, der die Er- 
mordung des Gajus nicht für das grösste Glück gehalten 
hätte, und so bemühte sich jeder, so viel an ihm lag, 
bei diesem Unternehmen an Eifer nicht zurückzustehen, 
vielmehr mit Wort und That das seinige zu der Weg- 
räumung des Tyrannen beizutragen. Selbst Callistus 
gehörte dazu, ein Freigelassener des Gajus, der zu hohem 
Einfluss gelangt war und beinahe dieselbe Macht wie 
der Caesar besass, weil er allseitig gefürchtet war und 
einen ungeheuren Reichtum sein eigen nannte. Er hatte 
sich Ämter auf alle mögliche Weise erschlichen und 
schreckte vor keinem Unrecht zurück, sondern schaltete 
wider Recht und Gesetz ganz nach Willkür. Da er 
aber des Gajus unversöhnliches Gemüt, das niemals 
von dem einmal gefassten Entschlüsse abging, kannte 
und wohl wusste, dass er sowohl aus vielen anderen 
Ursachen, als besonders wegen seines ungeheuren Reich- 
tums in steter Lebensgefahr. schwebe, schloss er sich an 
Claudius an in der Hoffnung , dass , wenn Gajus aus 
dem Wege geräumt sei und Claudius den Thron be- 
stiegen habe, er dann auch bei diesem zu Ansehen 
kommen werde, besonders da er sich schon vorher durch 
treue Dienste ihm unentbehrlich gemacht habe. Er wagte 
sogar zu behaupten, er habe von Gajüs Befehl erhalten, 
den Claudius zu vergiften , dies aber auf mancherlei 
Weise hintertrieben. Ich glaube indes, dass diese Be- 
hauptung von Callistus nur erfunden war, um Bich bei 
Claudius in Gunst zu setzen. Denn Gajus hätte, wenn 
er den Claudius umbringen wollte, sich gewiss um des 



Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


585 


Callistus Vorstellungen nicht gekümmert, \ und ander- 
seits würde Callistus den Befehlen des Gajus sich nicht 
zu widersetzen gewagt oder, wenn er dessen Aufträge 
missachtet hätte, sogleich seine Strafe erhalten haben. 
Ich bin vielmehr der Meinung , dass Claudius durch 
göttliche Fügung der sinnlosen Wut des Gajus ent- 
gangen ist, dass aber Callistus sich ein Verdienst zu- 
geschrieben hat, auf das er nicht den mindesten An- 
spruch machen konnte. 

11. Inzwischen zog sich Chaereas Unternehmen durch 
die Unschlüssigkeit der meisten Mitverschworenen immer 
mehr in die Länge. Er selbst freilich sah die Ver- 
zögerung sehr ungern , da er jeden Augenblick für 
günstig hielt. Wenn nämlich Gajus sich aufs Kapi- 
tolium begab , um dort für das Wohlergehen seiner 
Tochter Opfer darzubringen , bot sich oft Gelegenheit, 
ihn von der Höhe des auf das Forum nieder- 
schauenden Tempeldaches hinabzustürzen, wenn er von 
dort aus Gold- und Silbermünzen unter das Volk warf, 
oder ihn bei der Feier der von ihm eingerichteten 
Mysterien nieder'zustossen. Er selbst nämlich hatte nicht 
die geringste Besorgnis und war nur darauf bedacht, 
dass bei den Mysterien alles regelrecht zuging. Dass 
jemand etwas gegen ihn im Schilde führen könne, ahnte 
er nicht im entferntesten. Wenn aber Chaerea auch 
kein Zeichen dafür gehabt hätte, dass die Götter seinen 
Anschlag billigten, so wäre er doch an sich stark genug 
gewesen, den Gajus selbst ohne Waffe umzubringen. 
Er war deshalb über die anderen Verschworenen höchst 
ärgerlich, da er befürchtete, der günstige Augenblick 
möchte verpasst werden. Diese sahen nun zwar ein, 
dass er mit Recht aufgebracht sei und ebenso gerechten 
Grund habe, mit der That zu eilen; doch baten sie 
trotzdem um Aufschub, damit nicht, falls die Sache 
schief gehe, die ganze Stadt bei der Suche nach den 
Schuldigen in Aufruhr gerate und Gajus den Ver- 
schworenen trotz deren Tapferkeit unerreichbar werde, 
weil dann die Wachen verstärkt würden. Es sei deshalb 




586 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


besser, meinten sie , erst bei den Spielen , die auf dem 
Palatium 1 aufgeführt werden sollten, ans Werk zu gehen. 
Diese Spiele werden zu Ehren des Caesars gefeiert, der 
zuerst die dem Volke zustehende Gewalt auf seine 
Person übertragen hat , und die römischen Patrizier 
finden sich mit Weib und Kind wie auch der Caesar 
selbst ein, um von eigens dazu errichteten Zelten aus 
den Spielen zuzusehen. Die Verschworenen meinten 
also, es sei leicht, in einer Versammlung von so vielen 
tausend Menschen den Caesar gleich beim Eintritt zu 
überfallen, da dann sogar seine Leibwache ihm keine 
Hilfe leisten könne. 

12. Chaerea wartete demgemäss einen Tag um den 
anderen, und als die Spiele begannen, war er gleich am 
ersten Tage zur That entschlossen. Doch das Geschick, 
das noch Aufschub bestimmt hatte, erwies sich mächtiger 
als die Kühnheit der Verschworenen; denn drei der 
festlichen Tage mussten erst vergehen, bevor endlich am 
vierten die That ausgeführt werden konnte. An diesem 
Tage berief Chaerea seine Mitverschworenen zusammen 
und sprach zu ihnen: „Schon ist eine lange Zeit ver- 
strichen, und wir müssen es uns zum Vorwurf an- 
rechnen, dass wir so lässig in der Ausführung dieses 
ehrenvollen Unternehmens gewesen sind. Wie ver- 
hängnisvoll aber wäre es, wenn jetzt noch der Plan 
durch Verrat vereitelt würde und des Gajus Wut dann 
ins unermessliche stiege! Sehen wir nicht, dass wir 
uns und allen unseren Mitbürgern die Freiheit vor- 
enthalten und des Gajus Tyrannei in den Himmel 
wachsen lassen , während wir doch verpflichtet sind, 
unsere Zukunft zu sichern, und uns in der Lage be- 
finden, allgemeines Glück zu stiften und uns dadurch 
ewigen Ruhm zu erwerben?“ Da die anderen hierauf 
nichts zu entgegnen wussten und auch noch nicht in 
die Ausführung der That einzuwilligen schienen, sondern 
den Chaerea wortlos anstarrten, fuhr dieser fort: „Wenn 


1 Einem der sieben Hügel Roms. 



Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 587 

ihr wackere Männer seid, wozu zaudern wir denn noch? 
Bedenkt ihr nicht, dass heute der letzte Tag der Spiele 
ist und dass Gajus von hier sogleich in See gehen will ? 
Hat er doch schon Vorbereitungen getroffen, um nach 
Alexandria zu reisen und Aegypten zu besuchen. Das 
wäre fürwahr eine nette Sache , dieses Scheusal von 
einem Menschen entschlüpfen zu lassen , damit er sich 
unter dem Beifall der Römer zu Lande wie zu Wasser 
breit machen kann! Welche Schande für uns, wenn ihn 
in Aegypten jemand niedermacht, der die Ertragung so 
sinnloser Grausamkeit für unwürdig eines freien Mannes 
hält! Ich habe nun meinerseits keine Lust mehr, euer 
Zaudern noch mit anzusehen , sondern ich werde die 
That heute wagen und mit Freuden alles, Was daraus 
folgen könnte, auf mich nehmen. Denn Aufschub giebt’s 
jetzt für mich nicht mehr. Was könnte auch einen 
tapferen und edeldenkenden Mann, wie mich, mehr 
ärgern , als wenn ein anderer vor meinen Augen den 
Gajus niederstiesse und mich um den Ruhm der That 
brächte? “ 

13. Mit diesen Worten stärkte Chaerea ebensowohl 
den Mut seiner Genossen als seine eigene Entschlossen- 
heit, und so drangen denn nun alle auf unverzügliche 
Ausführung des Planes. Gleich in der Morgenfrühe 
fand sich Chaerea, mit dem Reiterschwert umgürtet, im 
Palaste ein. Es war nämlich Sitte, dass die Tribunen 
in dieser Bewaffnung sich die Losung vom Caesar er- 
baten, und an diesem Tage war Chaerea gerade an der 
Reihe, dieselbe in Empfang zu nehmen. Schon strömte 
die Menge mit Ungestüm zum Palatium, und ei. n er stiess 
und drängte den anderen , um den besten Platz zum 
Zusehen zu erhalten. Gajus hatte an diesem Drängen 
immer seine besondere Freude und liess deshalb auch 
weder den Senatoren, noch den Rittern bestimmte Plätze 
freihalten. Vielmehr mussten alle durcheinander sitzen, 
Männer wie Frauen, Sklaven wie Freie. Für Gajus 
aber wurde ein besonderer Weg offen gehalten, und nun 
opferte er zunächst den Manen des Caesars Augustus, 



588 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


zu dessen Ehre die Spiele veranstaltet wurden. Beim 
Hinfallen des Opfertieres geschah es, dass die Toga 
eines Senators Asprenas mit Blut bespritzt wurde. Das 
gab dem Gajus Anlass zum Lachen ; für Asprenas aber 
war es eine böse Vorbedeutung, weil er gleichzeitig mit 
Gajus umkara. Gajus soll übrigens an diesem Tage 
sich zugänglicher als sonst gezeigt und so freundlich 
gesprochen haben, dass man sich allseitig darüber ver- 
wunderte. Als nun das Opfer dargebracht war, nahm 
er, umgeben von seinen vertrautesten Freunden, seinen 
Platz im Theater ein. Das Theater wurde jedes Jahr 
von neuem aufgeschlagen und war mit folgender Ein- 
richtung versehen. Es hatte zwei Thore, von denen das 
eine ins Freie führte und das andere den Ein- und 
Ausgang zu . einer Säulenhalle offen liess , damit die 
innen Befindlichen nicht gestört würden, die Schauspieler 
und Musiker aber sich aus demselben Raume, innerhalb 
dessen noch ein anderer abgeschlossen war, ungehindert 
zurückziehen könnten. Als nun das Volk ruhig ge- 
worden wftr und Chaerea mit den übrigen Tribunen 
nicht weit vom Caesar , der auf der rechten Seite des 
Theaters sass, Platz genommen hatte, fragte Vatinius, 
ein Mann von Senatorsrang und gewesener Praetor, den 
neben 'ihm sitzenden Cluvius , einen ehemaligen Konsul, 
ob er nichts Neues gehört habe. Doch sprach er so 
vorsichtig , dass sonst niemand ihn verstehen konnte. 
Cluvius entgegnete ihm, er habe nichts vernommen, und 
nun flüsterte ihm Vatinius zu: „Heute, lieber Cluvius, 
wird das Schauepiei vom Tyrannenmord aufgeführt!“ 
„Schweig,“ erwiderte dieser, „damit kein anderer Achiver 
die Rede vernehme !“ 1 Nun wurden ganze Ladungen 
von Früchten und Vögeln , die wegen ihrer Seltenheit 
hochgeschätzt waren, unter die Zuschauer geworfen, und 
Gajus hatte seine helle Freude daran , den darüber ent- 
standenen Streitigkeiten zuzusehen. Alsdann ereignete 
sich zweierlei, das als Vorbedeutung aufgefasst werden 


1 Vers aus Homer (Ilias XIV, 9o). 




Neunzehntes Buch, 1 . Kapitel. 


489 


musste. Man führte nämlich ein Schauspiel auf, in 
welchem ein Räuberhauptraann ans Kreuz geschlagen 
wurde, und die Pantomime stellte die Kinyrische Fabel 
dar, in der Kinyras nebst seiner Tochter Myrrha um- 
kommt. Sowohl bei der Kreuzigung nun wie bei der 
Tötung des Kinyras floss künstliches Blut in Menge. Es 
6teht übrigens fest, dass dies derselbe Tag war, an dem 
Philippus, des Amyntas Sohn, als er ins Theater gehen 
wollte, von seinem Freunde Pausanias ermordet wurde. 
Während nun Gajus im Zweifel war, ob er, weil dies der 
letzte Tag war, bis zum Ende des Spiels bleiben oder, 
wie er sonst that, erst baden und speisen und dann 
wiederkommen sollte, sah Minucianus, der oberhalb des 
Caesars sass, den Chaerea hinausgehen und stand aus 
Besorgnis, die Zeit möchte unbenutzt verstreichen, schnell 
auf, um ihm Mut zu machen. Gajus aber ergriff ihn 
freundlich bei einem Zipfel seiner Toga und sprach zu 
ihm: „Wo willst du hin, mein Lieber?“ Darauf setzte 
sich Minucianus, dem Anschein nach aus Ehrfurcht vor 
dem Caesar, in Wirklichkeit aber aus Angst, wieder hin 
Nach einer Weile jedoch erhob er sich abermals, und 
nun hielt Gajus ihn nicht auf, weil er glaubte, es rufe 
ihn ein Bedürfnis ab. Asprenas aber, der auch zu den 
Verschworenen gehörte, riet dem Caesar, er möge sich 
seiner früheren Gewohnheit gemäss, ohne Aufsehen zu 
erregen, entfernen, baden, speisen und dann zurückkehren. 
Dadurch hoffte er die Ausführung des Anschlages be- 
schleunigen zu können. 

14. Unterdessen hatte sich Chaerea mit seinen Ge- 
nossen an geeigneten Punkten aufgestellt, und jeder war 
angewiesen, seinen Platz sorgfältig zu behaupten. Die 
Verzögerung fing allmählich an, ihnen unerträglich zu 
werden, und da es schon um die neunte Stunde 1 des 
Tages war und Gajus noch immer keine Anstalten machte, 
hinauszugehen, beschloss Chaerea, zurückzukehren und 
ihn auf seinem Sitze zu überfallen. Freilich konnte das, 

1 Suetonius sagt: die siebent#. 


Go gle 




590 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


wie er wohl wusste, nicht geschehen, ohne dass vorher 
auch viele von den anwesenden Senatoren und Rittern 
getötet wurden. Gleichwohl brannte er vor Verlangen, 
zur That zu schreiten, weil er glaubte, dass ein solches 
Blutbad gegenüber der allgemeinen Sicherheit und Frei- 
heit nicht ins Gewicht fallen könne. Schon war er nebst 
' seinen Genossen im Begriff, ins Theater zurückzukehren, 
als ein plötzliches Geräusch ankündigte, dass Gajus sich 
erhoben habe. Nun eilten die Verschworenen herzu und 
drängten die Menge zurück, dem Scheine nach, damit 
Gajus nicht belästigt würde, in der That aber, um sich 
sicher zu stellen, weil sie ihn erst von allem Schutz 
entblössen wollten, ehe sie die That wagten. Vor Gajus 
her schritten sein Oheim Claudius, sein Schwager Marcus 
Vinicius und Valerius Asiaticus, die ebenfalls von ihm 
zu trennen ihres Ranges wegen nicht angängig war. 
Dann folgte Gajus selbst mit Paulus Arruntius, und als 
er im Palast angelangt war, bog er aus dem Haupt- 
gange, wo die zu seiner Bedienung befohlenen Sklaven 
standen und durch den Claudius und die anderen voraus- 
gegangen waren, in einen engen Seitengang ein, um die 
Badegemächer zu erreichen und zugleich um die Knaben 
zu sehen, die aus Asien gekommen waren, um teils in 
den von ihm veranstalteten Mysterien Hymnen zu singen, 
teils im Theater als Waffentänzer aufzutreten . 1 Hier 
kam ihm Chaerea entgegen und bat um die Losung, 
Als er dann wieder ein Schimpfwort vernahm, stiess er 
Schmähungen gegen den Caesar aus, zog sein Schwert 
und brachte ihm eine tiefe, aber nicht tödliche Wunde 
bei. Einige behaupten nun, Chaerea habe absichtlich so 
gehandelt, um Gajus nicht beim ersten Streich zu töten 
und durch öftere Verwundungen zu quälen. Doch scheint 
mir dies wenig glaubhaft, weil bei solchen Unternehmungen 
die Furcht kalte Berechnung nicht aufkommen lässt. 
Hätte Chaerea wirklich so gedacht, so würde ich ihn für 
den thörichtsten Menschen halten, der lieber seine Rach- 


1 Vergl. Suetunius, Caligula, 58. 



Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


591 


gier befriedigen, als sich und seine Mitverschworenen 
rasch aus der Gefahr befreien wollte. Dann aber gab 
es auch noch Mittel und Wege, um dem Gajus Hilfe zu 
leisten , wenn er nicht sogleich seinen Geist aufgab. 
Chaerea müsste also die Absicht gehabt haben, sich und 
seinen Freunden ebenso sehr wie Gajus zu schaden, wenn 
er thörichterweise sich selbst hätte verderben wollen; bei 
günstigem Erfolg konnte er sich ja leicht allen Ver- 
folgungen entziehen, während es von vornherein doch 
noch ungewiss war, ob alles nach Wunsch ablaufen würde. 
Doch mag hierüber jeder seine eigene Meinung haben. 
Gajus nun, dem die Wunde heftigen Schmerz verursachte, 
da das Schwert zwischen Hals und Schulter eingedrungen 
und vom Schlüsselbein aufgeh alten worden war, schrie 
in seiner Bestürzung weder auf noch rief er die Hilfe 
eines seiner Freunde an, sei es, weil er niemand so recht 
traute, sei es, dass er gar nicht daran dachte. Doch 
stöhnte er einmal in ungeheurem Schmerz auf und ver- 
suchte dann zu entfliehen. In diesem Augenblicke 
aber warf sich ihm Cornelius Sabinus entgegen, der 
schon darauf vorbereitet war und ihn zu Boden drückte. 
Und nun drangen die sämtlichen Verschworenen mit 
Schwertern auf ihn ein, indem sie sich gegenseitig zu- 
riefen: „Stoss zu! stosszu!“ Wie allgemein angenommen 
wird, war es Aquilas, der ihm den letzten Stoss versetzte, 
worauf er verschied. Chaerea aber ist mit vollem Recht 
als der Urheber des Mordes anzusehen. Denn obwohl er 
die That mit einer Anzahl Genossen zusammen verübte, 
war er es doch, der den ersten Gedanken daran fasste. 
Ebenso hatte er die Art dar Ausführung ersonnen und 
zuerst den Plan mit anderen beraten. Und als die 
übrigen seinem Vorschlag zustimmten, war er es wieder, 
der sie zu dem Komplott vereinigte, die besten Mittel 
und Wege ausklügelte und so geschickt zu sprechen 
wusste, dass er seine Genossen schliesslich zu der That 
beredete. Sobald dann der Augenblick zum Handeln ge- 
kommen war, feuerte Chaerea die anderen Verschworenen 
zu entschlossenem Vorgehen an und machte ihnen die 




592 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Ermordung des Gajus leicht, nachdem er diesem eine fast 
tödliche Wunde beigebracht hatte. Mit Recht muss also 
auch das, was seine Mitverschjworenen gethan haben, 
Chaereas Überlegung, Entschlossenheit und Tapferkeit 
zugeschrieben werden. 

16 . So lag denn Gajus, mit Wunden bedeckt, entseelt am 
Boden. Ohaerea und seine Genossen sahen übrigens nach 
vollbrachter Mordthat wohl ein, dass sie unmöglich 
auf dem Wege, den sie gekommen, unbehelligt zurück- 
kehren konnten. Das Geschehene flösste ihnen doch 
Entsetzen ein, denn es war keine Kleinigkeit, einen 
Caesar getötet zu haben, der dem sinnlosen Pöbel immer- 
hin lieb und angenehm war und den die Soldaten gewiss 
blutig zu rächen suchen würden. Zudem war der Gang, 
auf dem der Mord geschehen war, sehr eng und von 
zahlreicher Dienerschaft sowie von Soldaten der Palast- 
wache besetzt Die Verschworenen schlugen daher einen 
anderen Weg ein und begaben sich in die Wohnung des 
Germanicus, dessen Sohn der ermordete Gajus war. Diese 
Wohnung war mit dem Palast verbunden, der ein ein- 
ziges Gebäude bildete und von den einzelnen Macht- 
habern immer erweitert worden war. Aus diesem Grunde 
führte er auch verschiedene Namen, entweder nach dem, 
der einen Teil des Gebäudes fertig gestellt, oder nach 
dem, der einen anderen zu bauen angefangen hatte. 
Bald waren also die Verschworenen dem Gewühl ent- 
ronnen und für den Augenblick in Sicherheit, weil die 
Ermordung des Caesars noch nicht bekannt war. Die 
Germanen waren die ersten, die Gajus’ Ende erfuhren. 
Es waren dies die Soldaten der Leibwache, die den 
Namen des Volkes führten, aus welchem die keltische 
Legion genommen war. Diese Germanen neigen sehr 
zum Jähzorn und gleichen darin anderen barbarischen 
Völkern, die wenig Überlegung bei ihren Handlungen 
beweisen, aber kräftig dreinhauen und deshalb gern zum 
ersten Angriff verwendet werden, wobei sie so gut wie 
immer siegreich sind. Als die Germanen nun des Gajus 
Ermordung erfuhren, erzürnten sie gewaltig, nicht so sehr 


Go gle 




Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


593 


aus Liebe zum Caesar, als vielmehr in ihrem eigenen 
Interesse, da Gajus ihr Wohlwollen mit reichen Geschenken 
zu erkaufen pflegte. Mit gezückten Schwertern stürmten 
sie daher durchs Haus und suchten nach den Mördern 
des Caesars unter Anführung des Tribunen Sabinus, der 
nicht durch seine oder seiner Vorfahren Tüchtigkeit (er 
war Gladiator gewesen), sondern durch seine Körperkraft 
zu dieser Befehlshaberstelle gelangt war. Zuerst nun 
stiessen sie auf Asprenas, dessen Toga, wie schon oben 
erwähnt, mit dem Blute des Opfertieres bespritzt und ihm 
so zu böser Vorbedeutung geworden war, und hieben ihn 
in Stücke. Alsdann begegnete ihnen N orbanus, einer 
von den vornehmsten Bürgern, der zu seinen Vorfahren 
viele Feldherren zählte; indes vermochte seine Würde 
den Ergrimmten keine Scheu einzuflössen. Weil er aber 
eine ansehnliche Körperstärke besass, griff er den ersten 
Soldaten, der ihm entgegentrat, an, entwand ihm sein 
Schwert und schien sein Leben teuer verkaufen zu wollen, 
bis er endlich, von der Überzahl erdrückt und mit Wunden 
* bedeckt, seinen Geist aufgab. Als dritter fiel ihnen 
Antejus in die Hände, ein Mann von Senatorsrang, der 
mit einigen Begleitern nicht zufällig, wie die beiden 
anderen, sondern aus Neugier und um durch den Anblick 
des ermordeten Gajus seinen Hass zu befriedigen, daher- 
kam. Gajus nämlich hatte den Vater des Antejus, der 
denselben Namen wie sein Sohn führte, in die Verbannung 
geschickt und, hiermit nicht zufrieden, aüch noch Sol- 
daten beauftragt, ihn zu töten. Antejus wollte sich also 
am Anblick der Leiche des Caesars weiden, aber obgleich 
er bei der allgemeinen Verwirrung sich zu verstecken 
trachtete, entging er der Wut der Germanen nicht, die 
alle Winkel durchstöberten und Schuldige wie Unschuldige 
mit gleicher Erbitterung niedermachten. So kamen diese 
drei Männer ums Leben. 

16 . Als nun das Gerücht von Gajus’ Ermordung ins 
Theater drang, bemächtigte sich Entsetzen der gesamten 
Volksmenge, die an die Wahrheit der Nachricht kaum 
glauben wollte. Die einen hörten zwar die Kunde mit 

Joiephua 9 Jüdische Altertümer, II. 38 

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Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Freuden und hätten wer weiss was darum gegeben, wenn 
sie so glücklich gewesen wären, waren aber zu furchtsam, 
um daran zu glauben. Andere dagegen wollten schlechter- 
dings die Nachricht nicht für wahr halten, da sie dem 
Caesar ein solches Unglück nicht wünschten und auch die 
That als für menschliche Kräfte unausführbar erachteten. 
Das waren aber nur die Frauen, die jungen Leute, die 
Sklaven und allenfalls auch einige Soldaten. Die letzteren, 
die vom Caesar ihren Sold erhielten und seiner tyrannischen 
Grausamkeit gedient hatten, waren durch die Hinrichtung 
aller edeldenkenden Bürger zu Ansehen und Reichtum 
gelangt. Die Frauen und jungen Leute aber waren, wie 
das stet6 der Fall ist, für die Schaustellungen, Gladiatoren- 
kämpfe und blutigen Scenen ganz gewaltig eingenommen. 
Geschah doch das alles dem Namen nach zur Ergötzung 
des Volkes, obgleich es in der That zur Sättigung der 
sinnlosen Grausamkeit des Caesars diente. Und was die 
Sklaven angeht, so hatten sie die Freiheit erhalten, ihre 
Herren anzuklagen, und fanden bei allen gegen dieselben 
gerichteten Beschuldigungen am Caesar ihren Rückhalt. 
So war es ihnen leicht, für eine ganz und gar erfundene 
Verleumdung gegen ihre Herren Glauben zu finden, und 
wenn sie deren Reichtum verrieten, erlangten sie nicht 
nur die Freiheit, sondern auch ein schönes Stück Geld 
als Angeberlohn, da ihnen für die Anzeige der achte 
Teil des Vermögens zugesichert war. Die Patrizier end- 
lich hielten das Gerücht für glaubwürdig, da sie teils 
um den Mordanschlag wussten, teils des Gajus Tod von 
Herzen wünschten. Gleichwohl verstanden sie nicht nur 
ihre Freude zu verbergen, sondern stellten sich auch, als 
hätten sie überhaupt nichts gehört. Die einen nämlich 
fürchteten, sie möchten sich getäuscht haben und bestraft 
werden, weil sie ihre wahre Gesinnung zu früh bekannt 
hätten; andere, die als Mitverschworene in die Sache 
eingeweiht waren, hatten um so mehr Grund, mit ihrer 
Meinung zurückzuhalten ; wieder andere endlich kannten 
die übrigen Verschworenen nicht und mussten daher be- 
fürchten, wenn sie an jemand ein Wort richteten, der 



Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


595 


an dem Fortbestand der Tyrannei Interesse habe, ver- 
raten und hingerichtet zu werden, falls Gajus noch lebe. 
Wirklich besagte auch ein anderes Gerücht, Gajus sei 
zwar verwundet, aber nicht tot, und befinde sich in 
ärztlicher Behandlung. Niemand aber gab es, dem man 
seine Meinung hätte an vertrauen können. War nämlich 
jemand des Gajus Freund, so traute man ihm nicht, weil 
er auf seiten des Tyrannen stand; hasste er ihn aber, so 
schenkte man eben um dieses Hasses willen seinen 
Worten keinen Glauben. Ein drittes Gerücht endlich, 
das den Patriziern alle Hoffnung benahm, meldete, Gajus 
sei trotz der Gefahr und ohne auf seine Wunden Rück- 
sicht zu nehmen, blutüberströmt aufs Forum gekommen 
und rede dort zum Volke. Das war indes nichts als 
eine leere Erfindung solcher Menschen, die Unruhen 
stiften wollten und jedermann das sagten, was er gern 
hörte. Niemand aber verliess seinen Sitz, um nicht beim 
Hinausgehen falsch angeklagt zu werden. Denn es war 
vorauszusehen, dass jeder, der das Theater verliess, nicht 
nach seiner wirklichen Gesinnung, sondern nur nach der 
Willkür der Angeber und Richter beurteilt werden 
würde. 

17. Als nun die Schar der Germanen mit gezückten 
Schwertern das Theater umzingelte, fingen die sämtlichen 
Zuschauer an, für ihr Leben zu fürchten, erzitterten bei 
dem Eintritt eines jeden Soldaten, als sollten sie schon 
niedergemetzelt werden, und verloren völlig den Kopf, 
indem sie weder das Theater zu verlassen wagten, noch 
bei längerem Verweilen in demselben unbehelligt zu 
bleiben hoffen konnten. Als die Soldaten nun sämtlich 
eindrangen, hallte das Theater von dem Geschrei der 
Zuschauer wieder, die den Germanen kniefällig versicherten, 
sie wüssten weder etwas von einem beabsichtigten Aufruhr, 
falls man einen solchen wirklich geplant habe, noch von 
dem, was geschehen sei. Man solle sie also schonen und 
sie nicht für fremde Schuld büssen lassen, sondern ihnen 
gestatten, die Urheber dessen, was etwa sich zugetragen 
habe, ausfindig zu machen. In dieser und ähnlicher Weise 

38 * 




596 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


jammerte man und rief wehklagend und schluchzend die 
Götter an, wie die drohende Gefahr es eingab und wie 
man nur am Rande des Verderbens flehen konnte. Das 
brach denn auch die Erbitterung der Soldaten, und ihr 
Vorhaben gegen die Zuschauer fing an,f sie zu reuen. 
In der That wäre das ja ein grausames Verfahren ge- 
wesen, und nicht anders erschien es jetzt auch den auf- 
geregten Soldaten , nachdem sie die Köpfe der mit 
Asprenas Gefallenen auf dem Altar aufgestellt hatten. 
Bei diesem Anblick aber gerieten die Zuschauer in noch 
grössere Aufregung, weil sie an den hohen Rang der 
Ermordeten dachten und Mitleid mit ihrem Geschick 
hatten, sodann aber auch,* weil ihnen aufs neue ihre 
eigene angstvolle Lage zum Bewusstsein kam, aus der 
es augenscheinlich kein Entrinnen mehr gab. So kam 
es, dass auch denen, die alle Ursache hatten, Gajus zu 
hassen, die Freude über seinen Tod gründlich verdorben 
wurde, weil sie jetzt selbst in Lebensgefahr schwebten 
und nirgends ihnen ein Rettungsschimmer leuchtete. 

18. Dieser Ungewissheit machte der mit gewaltiger 
Stimme begabte Ausrufer Evaristus Arruntius ein Ende, 
der einer der reichsten Römer war und sowohl damals 
als auch später noch einen bedeutenden Einfluss in 
manchen Angelegenheiten besass. Obgleich dieser Mann 
den Gajus mehr als alle anderen hasste, so hielt er doch, 
anstatt Freude über das Vorgefallene zu bezeugen, es 
für geratener, mit schlauer Vorsicht aufzutreten, wie die 
Furcht und die unsichere Lage dies gebot. Er gab sich 
daher ein so klägliches Aussehen als möglich, legte 
Trauerkleider an, wie es bei dem Verlust der teuersten 
Angehörigen Sitte ist, begab sich ins Theater und ver- 
kündete dort den Tod des Gajus, womit sich dann end- 
lich die allgemeine Spannung löste. Bald erschien auch 
Paulus Arruntius, der die Soldaten zurückrief, und mit 
ihm kamen die Tribunen, welche die Schwerter einzu- 
stecken befahlen und ebenfalls Mitteilung vom Tode des 
Caesars machten. Damit vollzog sich dann auch die 
Errettung der im Theater Verammelten und überhaupt 



Neunzehntes Buch, 1. Kapitel. 


597 


aller, die den Germanen in die Hände gefallen wären. 
Denn so lange die Soldaten noch die Hoffnung hegten, 
dass Gajus am Leben bleibe, schreckten sie vor keiner 
Gewaltthat zurück, da sie immer noch so viel Anhänglich- 
keit an ihn besassen, dass sie gern ihr Leben gelassen 
hätten, wenn sie ihn damit hätten retten und vor dem 
Untergang bewahren können. Sobald sie aber über des 
Gajus Tod nicht mehr in Ungewissheit waren, legte sich 
ihre Wut sogleich, einesteils weil ihnen nun nichts mehr 
daran liegen konnte, Anhänglichkeit an jemand zu be- 
weisen, der ihnen, da er tot war, dieselbe doch nicht 
mehr vergalt, andernteils weil sie fürchteten, bei weiterer 
Gewalttätigkeit vom Senat, falls dieser die höchste 
Obrigkeit bilden sollte, oder von dem neuen Caesar be- 
straft zu werden. So liessen denn die Germanen, wenn- 
gleich ungern, von der Erbitterung ab, in welche sie der 
Mordanschlag gegen Gajus versetzt hatte. 

19. Mittlerweile war Chaerea in grosser Besorgnis, 
Minucianus möchte den wütenden Germanen in die Hände 
gefallen sein. Er wandte sich daher an jeden einzelnen 
Soldaten mit der eindringlichen Bitte, auf seine Schonung 
bedacht zu sein, erkundigte sich auch eingehend, ob er 
vielleicht schon umgekommenjsei. iDaraufhin liess Clemens 
den Minucianus, der vor ihn geführt wurde, frei und gab 
damit ebenso wie viele andere Senatoren für die Recht- 
mässigkeit und Billigung des Geschehenen; sowie für den 
Edelmut derjenigen, die den gleichen Entschluss ge- 
fasst, ihn aber nicht hatten ausführen können, sein 
Zeugnis ab. Ein Tyrann könne nämlich wohl an seiner 
willkürlichen Grausamkeit für kurze Zeit Vergnügen 
finden, wie Clemens erklärte, aber kein glückliches Lebens- 
ende haben, weil er infolge des Hasses aller Gutgesinnten 
schliesslich doch dem Schicksal verfalle, welches den 
Gajus ereilt habe, der noch vor der Bildung jener Ver- 
schwörung sein eigener Feind geworden sei und durch 
nicht zu ertragende Beleidigungen wie auch durch seine 
Missachtung der Gesetze es selbst verschuldet habe, dass 
seine besten Freunde sich in seine bittersten Feinde 




598 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


verwandelt hätten. Seien diese also auch die Werkzeuge 
zur Vollbringung der Mordthat gewesen, so habe doch 
in Wirklichkeit Gajus selbst sich den Tod gegeben. 

20. Im Theater aber erhob man sich nun von den 
Sitzen, und es entstand unter den Zuschauern ein ge- 
waltiges Gedränge, weil jeder möglichst schnell hinaus- 
zukommen suchte. Den Anlass dazu gab der Arzt 
Halkyon, der fortBtürzte, -als habe er Verwundeten bei- 
zustehen, und seine Begleiter wegschickte, dem Anschein 
nach, als wenn sie alles zum Verbinden der Verwundeten 
Nötige herbeiholen sollten, in derThat aber, um sie aus 
der drohenden Gefahr zu retten. Unterdessen versammelte 
6ich der Senat in der Kurie und das Volk auf dem 
Forum, wo in der Regel die Komitien gehalten wurden. 
Sogleich begann nun die Untersuchung behufs Ermittelung 
der Mörder des Caesars, die dem Volke ernstgemeint, für 
den Senat aber nur eine Förmlichkeit war. Anwesend 
war auch Valerius Asiaticus, ein gewesener Konsul. 
Dieser trat mitten unter die lärmende Volksmenge, die 
aufs äusserste darüber erbittert war, dass man die Mörder 
noch nicht entdeckt habe, und als er von vielen Seiten 
mit der Frage bestürmt wurde, wer der Thäter sei, er- 
widerte er: „Ich wünschte sehr, dass ich selbst es wäre!" 1 
Übrigens erliessen die Konsuln ein Edikt, in welchem 
sie gegen Gajus schwere Anklagen erhoben und das Volk 
wie auch die Soldaten nach Hause gehen hiessen. 
Weiterhin versprachen sie darin dem Volke einen be- 
deutenden Steuernachlass, den Soldaten aber eine Be- 
lohnung, wenn sie die gewohnte Ruhe beobachten und 
sich aller Übergriffe enthalten wollten. Es stand nämlich 
zu befürchten, dass bei einem Aufruhr die Stadt durch 
Plünderung und Tempelraub sehr zu leiden haben würde. 
Bald aber trugen die gesamten Senatoren und besonders 
die Verschworenen die grösste Kühnheit und Zuversicht 
zur Schau, als wenn die oberste Gewalt schon in ihren 
Händen wäre. 

1 Selbstverständlich war dies nur Komödie. 




Neunzehntes Buch, 2. Kapitel. 


599 


Zweites Kapitel. 

Wie die Senatoren sich für eine Volksherrschaft, die 
Soldaten aber für die eines Caesars erklärten. Von der 
.Ermordung der Gattin und dey Tochter des Gajus, und 

von seinem Charakter. 

1. Während dies vor sich ging, wurde Claudius auf 
einmal aus seinem Hause hervorgeholt. Die Soldaten 
nämlich versammelten sich, berieten über die zu er- 
greifenden Massregeln und fanden, dass eine Volks- 
herrschaft für so ausgedehnte Regierungsgeschäfte nicht 
genüge und auch nicht in ihrem Interesse liege. Wenn 
aber einer der Mächtigsten zum Alleinherrscher ausgerufen 
werde, würden sie erheblich dadurch benachteiligt sein, 
weil sie hierzu in keiner Weise ihre Hilfe gewährten. 
Da also noch keine bestimmte Entscheidung getroffen sei, 
werde es sich wohl am besten machen, wenn sie den 
Claudius zum Herrscher erwählten, der als Oheim des 
verstorbenen Caesars keinem Senator an edler Abstammung 
wie an Bildung etwas nachgebe. Von ihm könnten sie 
auch erwarten, dass er, wenn er den Thron bestiegen 
habe, sie für ihre Verdienste belohnen und beschenken 
werde. Kaum hatten sie diesen Beschluss gefasst, als sie 
auch sogleich zur Ausführung schritten, und so wurde 
Claudius von den Soldaten hervorgeholt. Im Senat aber 
erhob sich Cnejus Sentius Saturninus, der schon von dem 
Vorgang mit Claudius gehört und erfahren hatte, dass 
er die Herrscherwürde anscheinend ungern, in Wirk- 
lichkeit aber mit grösster Bereitwilligkeit übernehmen 
wolle. Mit grossem Freimut hielt er dann folgende, eines 
wackeren und edlen Mannes würdige Rede: 

2. „Römer! Obwohl jetzt erst nach so langer Zeit 
und gegen alle Erwartung uns die Freiheit wieder zu 
teil wird, so ist es doch Thatsache, dass wir sie besitzen. 
Wie lange sie freilich dauern wird, ist unsicher und steht 
bei den Göttern, die sie uns geschenkt haben. Doch 
dürfen wir uns ihrer freuen, und selbst wenn wir sie 
wieder verlieren sollten, wird sie zu unserem Glück 



600 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


beitragen. Eine einzige Stunde ist ja schon für alle 
guten und edlen Männer kostbar, wenn sie mit reinem 
Sinn in einem freien Lande und nach den Gesetzen, die 
dessen Ruhm begründet haben, verlebt wird. Nicht 
sprechen will ich hier von der früheren Freiheit, weil sie 
schon verloren ging, ehe ich das Licht der Welt erblickte. 
Der jetzigen aber will ich mich mit unersättlicher Lust 
hingeben und diejenigen selig preisen, denen es vergönnt 
ist, in dieser Stunde geboren zu werden. Nächst den 
unsterblichen Göttern gebührt dafür denen unser Dank, 
die es uns ermöglicht haben, dass wir die Freiheit, wenn 
auch erst spät, gemessen können. Möge sie nur in alle 
Ewigkeit blühen und gedeihen! Uns aber, mögen wir 
nun jung oder alt sein, muss dieser eine Tag schon ge- 
nügen. Die Alten werden es als ein ewiges Glück be- 
trachten, wenn sie bei ihrem Hinscheiden die Freiheit 
besitzen; den Jüngeren aber bleibt sie ein Denkmal des 
Edelsinnes, der unsere Vorfahren geziert hat . Auch uns 
darf daher jetzt nichts mehr am Herzen liegen , als dass 
wir in solchem Edelsinn leben, der allein den Menschen 
die Freiheit giebt und erhält. Aus der Geschichte der 
Vergangenheit und aus meinen eigenen Erfahrungen 
weiss ich nun, wie grosses Unheil dem Reiche aus der 
Herrschaft eines Einzelnen erwächst, die alle Tüchtigkeit 
erstickt, jeden Edelmann in seiner Freiheit beeinträchtigt 
und Schmeichelei wie Furcht gross zieht, weil der Staat 
nicht nach der weisen Vorschrift der Gesetze, sondern 
nach Willkür verwaltet wird. Denn seitdem Julius Caesar 
es sich beifallen liess, dem Volke seine Macht zu nehmen, 
seitdem er durch Hintansetzung der Verfassung den Staat 
erschütterte, das Recht mit Füssen trat und nur seinen 
Leidenschaften nachgab, existiert kein Leid, von dem 
das Reich nicht heimgesucht worden wäre, indem alle 
seine Nachfolger darin wetteiferten, die väterliche Sitte 
abzuschafien und die Stadt, soweit sie dies vermochten, 
von wackeren und edlen Bürgern zu entvölkern. Glaubten 
sie doch darin ihre Sicherheit zu finden, dass sie sich 
mit verbrecherischen und lasterhaften Menschen umgaben 



Neunzehntes Buch, 2. Kapitel. 


601 


und alle wahrhaft hervorragenden Männer nicht bloss 
unterdrückten, sondern auch ins Verderben stürzten. 
So viele nun ihrer auch waren und so unerträgliche 
Grausamkeiten sie auch verübten, so hat doch der heute 
ermordete Gajus mehr Schandthaten auf dem Gewissen 
als alle die anderen, und zwar hat er dieselben nicht 
nur gegen seine Mitbürger, sondern auch gegen seine 
Verwandten und Freunde in zügelloser Wut verbrochen. 
Stieg doch seine Bosheit in der Verhängung ungerechter 
Strafen und seine Ruchlosigkeit gegen Götter wie Menschen 
von Tag zu Tag! Einem Tyrannen genügt es ja nicht, 
seine Leidenschaft in ungerechtem Wüten zu befriedigen 
und anderen Gut und Ehre zu rauben, sondern seine 
höchste Lust ist es, das ganze Geschlecht seiner Feinde 
vom Erdboden zu vertilgen. Jeder Freie aber ist des 
Tyrannen Feind, und nicht einmal diejenigen vermögen 
sich sein Wohlwollen zu sichern, die seinen Übermut 
geduldig ertragen. Denn da der Tyrann sich des Un- 
rechts bewusst ist, das er so vielen Menschen zugefügt 
hat, und diese seine Opfer mit Ergebung und Selbst- 
verleugnung ihr Unglück tragen, so glaubt er erst dann 
ganz sicher zu sein, wenn er jene Unglücklichen voll- 
ständig aus dem Wege räumt. Von solchem Übel seid 
ihr jetzt frei, und keine Gewalt braucht ihr mehr anzu- 
erkennen, als euren eigenen Willen. Und da eine solche 
Verfassung nicht bloss zum augenblicklichen Frieden, son- 
dern auch zur dauernden Sicherheit des Staates das meiste 
beiträgt, so muss jeder von euch für das allgemeine Wohl 
eintreten oder, falls ihm das bisher Geschehene und Be- 
schlossene nicht gefällt, seine Meinung äussern, und zwar 
ohne alle Scheu, weil es jetzt keinen Herrscher mehr 
giebt, der ungestraft die Bürgerschaft beleidigen und 
diejenigen, welche frei von der Leber weg reden, 
willkürlich hinrichten lassen könnte. Gewiss hat jüngst 
der Tyrannei nichts grösseren Vorschub geleistet als die 
Feigheit derer, die gegen den Willen des Machthabers 
auch nicht den leisesten Widerspruch zu erheben 
wagten. Eingelullt in süsse Ruhe und an ein sklavisches 



602 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Dasein gewöhnt, haben wir aus Furcht vor dem Tode, 
wäre er auch noch so ehrenvoll gewesen, selbst die 
grösste Schmach still ertragen und den Kränkungen der 
Unseren ruhig zugesehen. Vor allem aber ziemt es sich 
jetzt, denen, die den Tyrannen aus dem Wege geräumt, 
und besonders dem Cassius Chaerea die höchste An- 
erkennung zu zollen. Denn er war es ja nächst den 
Göttern, dessen weise Überlegung und tapfere Hand 
uns die Freiheit gab. Das dürfen wir nicht vergessen, 
sondern wie er zur Zeit der Tyrannei vor allen anderen 
den Entschluss, euch zu befreien, gefasst und sich zuerst 
allen Gefahren ausgesetzt hat, so müssen wir jetzt, da 
wir die Freiheit besitzen, ihm die schuldige Ehre er- 
weisen, und zwar muss der Anstoss dazu von euch, ihr 
Senatoren, ausgehen. Denn ehrenvoll ist es und freier 
Männer Pflicht, dem Retter Dank zu zollen. Hier steht 
der Held unter uns, ganz verschieden von Cassius und 
Brutus, den Mördern des Gajus Julius. Diese nämlich 
haben nur den Keim der Zwietracht . und des Bürger- 
krieges gesät, während er durch Beiseiteschaffung des 
Tyrannen den Staat mit einem Schlage von den Übeln 
befreite, welche die Tyrannei uns gebracht hat.“ 

3. So sprach Sentius und erregte damit den Beifall 
der anwesenden Senatoren und Ritter. Nun sprang ein 
gewisser Trebellius Maximus auf und zog von Sentius’ 
Hand einen Ring, der einen Stein mit dem Bilde des 
Gajus einschloss. Diesen Ring hatte Sentius offenbar 
in dem Eifer, mit dem er die Rednerbühne bestieg, um 
seine Gedanken in Worte zu setzen, abzulegen ver- 
gessen. In diesem Augenblick zerbrach der Stein mit 
dem Bildnis. Als nun endlich in tiefer Nacht die Ver- 
handlungen ihr Ende erreichten, erbat sich Chaerea von 
den Konsuln die Losung, und es lautete dieselbe „Frei- 
heit.“ Diese beiden Vorfälle setzten alle Anwesenden 
in Erstaunen, und fast niemand konnte sich das selt- 
same Zusammentreffen erklären. Jetzt nämlich, hundert 
Jahre nachdem ihnen ihre Selbständigkeit genommen 
worden war, stand den Konsuln zuerst wieder die Aus- 


Go gle 



Neunzehntes Buch, 2. Kapitel. 


603 


gäbe der Losung zu, wie sie denn auch vor Einführung 
der Alleinherrschaft das Heer unter ihrem Befehl 
hatten. 1 Als Chaerea die Losung erhalten hatte, gab er 
eie den Soldaten, die vor dem Sitzungssaal des Senates 
standen. Es waren dies im ganzen vier Kohorten, die 
lieber auf den Caesar verzichten als einem Tyrannen 
dienen wollten. Die Soldaten rückten darauf mit ihren 
Tribunen ab, und alsbald zerstreute sich auch das Volk 
in heller Freude und voll Zuversicht, weil es nun wieder 
im Besitz der Gewalt und keinem Machthaber mehr 
unterworfen sei. Chaerea aber stand jetzt beim Volke 
in hohem Ansehen. 

4. Übrigens war es ihm nicht recht, dass Gajus’ 
Gattin und Tochter sowie dessen ganze Familie nicht 
zugleich mit dem Caesar dem Verderben anheimgefallen 
waren. Er war nämlich der Meinung, dass jeder, der 
aus diesem Hause am Leben bleibe, dem Staate und 
den Gesetzen nur von Nachteil sein könne, und da es 
ihn drängte, das angefangene Werk zu vollenden und 
damit seinen Hass gegen Gajus zu sättigen, schickte er 
den Tribun Julius Lupus mit dem Aufträge ab, des 
Gajus Gattin und Tochter umzubringen. 2 Lupus, ein 
Verwandter des Clemens, wurde mit dieser That betraut, 
damit auch er als Teilnehmer am Tyrannenmord auf 
die Anerkennung der Bürger in gleicher Weise Anspruch 
habe, als wenn er an der ganzen Verschwörung beteiligt 
gewesen wäre. Einigen der Verschworenen jedoch er- 
schien es unmenschlich, ein Weib hinzumorden, zumal 
da Gajus mehr aus eigenem Antrieb als auf Anstiften 
seiner Gattin jene Fehler begangen habe, die den 
Staat ins Unglück gestürzt und die edelsten Bürger dem 
Tode geweiht hätten. Andere hingegen wollten alle 
diesbezüglichen Erlasse der Gattin des Caesars zur Last 
legen und ihr die Initiative zu all den Frevelthaten, die 


1 Die Konsuln waren unter den Caesaren thatsächlich nicht viel 
mehr als die Träger ihres Titels. 

2 Vergl. Suetonius, Caligula, 59. 




604 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Gajuü begangen, zuschieben, indem sie dieselbe ver- 
dächtigten, sie habe ihrem Gatten einen Zaubertrank 
eingegeben , um ihn sich willfährig und geneigt zu 
machen. Dadurch habe sie ihn dem Wahnsinn in die 
Arme getrieben, und deshalb sei sie es in Wahrheit» die 
das Glück der Römer wie des ganzen Erdkreises zu 
nichte gemacht habe. Trotz aller Bemühungen der Ge- 
mässigten drang diese Ansicht durch, und so wurde 
Lupus damit beauftragt, die Gattin des Caesars zu töten. 
Dieser machte sich auch unverzüglich ans Werk, um 
nur ja nichts zu unterlassen, was dem Gemeinwohl dien- 
lich sein könne. Als er den Palast betrat, traf er de6 
Gajus Gattin Caesonia neben der Leiche, die noch jeg- 
licher Fürsorge, wie sie einem Toten zukommt, entbehrte, 
am Boden liegend und mit dem Blut seiner Wunden 
besudelt an. In tiefstem Schmerz, der durch den An- 
blick ihrer bei ihr weilenden Tochter noch vergrössert 
wurde, weinte und jammerte sie, und aus all ihrem 
Stöhnen drangen fort und fort nur Klagen über Gajus 
hervor, dass er ihr, obgleich sie ihn so oft gewarnt, nicht 
geglaubt habe. Diese Äusserung wurde damals ver- 
schieden gedeutet, und auch noch jetzt kann man sich 
nicht für eine bestimmte Erklärung entscheiden. Einige 
nämlich legen jenen Worten den Sinn bei , als habe 
Caesonia ihm geraten , mildere Saiten aufzuziehen und 
von der Grausamkeit gegen die Bürger abzulasssn, damit 
ihm nicht gleiches mit gleichem vergolten werde. Andere 
dagegen meinen, sie habe beim Auftauchen des Gerüchtes 
von der Verschwörung den Gajus aufgereizt, er solle 
alle Verdächtigen, wenn sie auch noch nichts Böses ver- 
übt hätten, unverzüglich umbringen lassen, um sich 
selbst die Gefahr vom Halse zu schaffen. Sie habe 
demnach mit dem Vorwurf nichts anderes sagen wollen, 
als dass er trotz ihrer Warnung zu träge gehandelt habe. 
So verschieden also wurden die Klagen der Caesonia 
ausgelegt. Als die unglückliche Frau nun den Lupus 
herankommen sah, wies sie weinend und wehklagend 
auf Gajus’ Leiche und bat ihn, näher zu treten. Da sie 



Neunzehntes Buch, 2. Kapitel. 


605 


aber wahrnahm, dass Lupus wie angewurzelt stehen 
blieb, und aus seinem Gebaren leicht entnehmen 
konnte, in welcher Absicht er gekommen sei, nahm sie 
ihr unvermeidliches Schicksal hin, entblösste ihren Hals, 
rief nach Art derer, die mit dem Leben abgeschlossen 
haben, Götter und Menschen an und hiess ihn nicht mit 
der Ausführung dessen zögern, was ihr zugedacht sei. 
Alsdann empfing sie mutig den Todesstoss von Lupus’ 
Hand, und mit ihr starb auch ihre Tochter. Lupus aber 
eilte sogleich zu Chaerea zurück, um ihm von der Voll- 
ziehung des Auftrages Meldung zu machen. 

5. Ein solches Ende nahm Gajus nach einer Re- 
gierung von vier Jahren weniger vier Monaten. 1 Auch 
schon ehe er den Thron bestieg, war er hartherzig und 
grausam bis zum äussersten, dabei wollüstig und aller 
Angeberei zugänglich. Überall Gefahren witternd, war 
er stets mit Bluturteilen bei der Hand und liess in 
thörichtem, dünkelhaftem Stolz seine Macht nur die 
fühlen, welche es am wenigsten verdient hatten. Durch 
Mord und Ungerechtigkeiten scharrte er Reichtümer 
zusammen und erkannte weder Götter noch Gesetze an, 
während er dagegen vor dem Beifall der Menge sich 
beugte. Alles, was das Gesetz als schändlich brand- 
markt, achtete er höher wie die Tugend. Gegen seine 
Freunde bewies er wenig Erkenntlichkeit, so anhänglich 
und erprobt er sie auch gefunden haben mochte, und 
in seinem zügellosen Jähzorn verhängte er selbst über 
die leichtesten Vergehen die entsetzlichsten Strafen. 
Jeder Gutgesinnte war sein Feind, und in leidenschaft- 
licher Geltendmachung seines Willens kannte er keine 
Grenzen. So scheute er sich auch nicht, mit seiner 
leiblichen Schwester Unzucht zu treiben, 2 wodurch er 
freilich heftigen Abscheu und eine Feindseligkeit bei 
den Römern wachrief, wie sie seit langer Zeit nicht da- 


1 Nach Suetonius von drei Jahren zehn Monaten und acht Tagen. 

* Vergl. Suetonius, Caligula, 24, sowie Dio Cassius, LIX, wo die 
Angabe des Josephus bestätigt wird. 



606 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


gewesen war. Eine wirklich grossartige, eines Herrschers 
würdige That dagegen vermag niemand von ihm anzu- 
führen, vielleicht mit einziger Ausnahme der Erbauung 
von Werftmagazinen , die er mit Rücksicht auf die aus 
Aegypten kommenden Schiffe bei Rhegium und an der 
sicilischen Küste anlegen liess und die eingestandener- 
massen für die Schiffahrt höchst nützliche Einrichtungen 
waren, freilich aber auch unvollendet blieben. Der Bau 
wurde nämlich höchst saumselig betrieben, weil Gajus 
an andere unnütze Werke seinen Eifer verschwendete 
und auch so viel Geld für seine Vergnügungen auf- 
wandte, dass für wirklich edle Zwecke sein Beutel nicht 
langte. Dagegen war er ein ausgezeichneter Redner und 
sprach ebenso geschickt griechisch wie lateinisch. Ausser- 
dem hatte er eine lebendige Auffassungsgabe, und da er 
alles, was andere einstudiert und mühsam vorbereitet 
hatten, aus dem Stegreif widerlegen konnte, vermochte 
es ihm nicht leicht ein Redner gleich zuthun , zumal er 
seine von Natur schon vorhandene Befähigung noch 
durch energische Übung ausgebildet hatte. Zu fleissigem 
Studium regte ihn übrigens auch seine Verwandtschaft 
mit Tiberius an (er war der Enkel von dessen Bruder x ), 
dem er auf dem Throne folgte und der ebenfalls in den 
Wissenschaften sich besonders hervorthat. Ihm suchte 
Gajus gleichzukommen, um die Pflichten der Ehrfurcht 
gegen seinen Verwandten und des Gehorsams gegen den 
regierenden Caesar zu erfüllen, und so war er der be- 
deutendste Römer seiner Zeit. Doch vermochte seine 
Bildung ihn nicht vor dem Verderben zu bewahren, das 
er sich durch seine Willkür zuzog, wie es denn über- 
haupt für diejenigen, die keine Rechenschaft abzulegen 
brauchen und ihrem eigenen Willen folgen können, 
schwer ist, sich selbst zu beherrschen. Anfangs, da 
er seine Freunde aus den vortrefflichsten und edelsten 
Männern wählte und in der Gelehrsamkeit den 


1 Nero Claudius Drusus, dessen Sohn Germanicus dar Vater 
Caligulas war. 


Neunzehntes Buch, 3. Kapitel. 


607 


besten Vorbildern folgte, genoss er noch grosses An- 
sehen bei seinen Untergebenen; später aber, als seine 
Willkür keine Grenzen mehr kannte, liess seine Beliebt- 
heit immer mehr nach, und so konnte es nicht aus- 
bleiben, dass er schliesslich der wachsenden Erbitterung 
zum Opfer fiel. 


Drittes Kapitel. 

Claudius wird von den Soldaten zum Caesar ausgerufen. 

Der Senat sendet Abgeordnete an ihn. 

1. Claudius hatte sich also, wie oben erwähnt, auf 
dem Wege, den er mitGajus ging, von diesem getrennt, 
und da das ganze Haus infolge des traurigen Endes 
des Caesars sich in grosser Erregung befand, versteckte 
er sich, für sein Leben besorgt, in einem engen Gange. 
Nichts konnte ihm nämlich seiner Meinung nach jetzt 
mehr Gefahr bringen, als seine hohe Abstammung. In 
der nächsten Zeit führte er ein eingezogenes Leben als 
Privatmann und beschäftigte sich in äusserster Genüg- 
samkeit mit dem Studium der Litteratur, besonders der 
griechischen, stets nur darauf bedacht, wie er den 
draussen tobenden Stürmen entgehen könne. Während 
nun des Volkes allgemeine Bestürzung sich bemächtigt 
batte, der ganze Palast von wütenden Soldaten wimmelte 
und die Leibwachen die Angst und Verwirrung der 
Bürger zu teilen schienen, traten die sogenannten 
Praetorianer , die den Kern des Heeres bildeten, 
zu einer Beratung zusammen. Von allen, die dabei 
zugegen waren, schlug niemand die Ermordung des 
Gajus besonders an, weil er sein Schicksal verdient 
habe, und nur das eine wollten sie überlegen, wie 
sie selbst am besten bei der Sache fahren würden. 
Hatten doch auch die Germanen, als sie an den 
Mördern Rache nahmen, mehr ihre eigene Grausamkeit 
befriedigen, als für das allgemeine Wohl sorgen wollen.. 



608 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Das alles steigerte die Angst des um sein Leben be- 
sorgten Claudius, besonders als er auch noch die Häupter 
des Asprenas und seiner mit ihm gefallenen Genossen 
' umhertragen sah. Eines Tages nun stand er im Schutz 
der Dämmerung auf einer Anhöhe von einigen Stufen, 
als ihn Gratus, ein Soldat der Palastwache, be- 
merkte, und da dieser ihn in der Dämmerung nicht ge- 
nau zu erkennen vermochte, ging er in der Meinung, 
einen gefährlichen Menschen vor sich zu haben, auf ihn 
zu. Claudius bat ihn, nicht näher zu treten; doch der 
Soldat kehrte sich nicht daran. Als dieser nun die 
Hand nach ihm ausstrecken wollte, erkannte er ihn und 
rief seinen herbeigelaufenen Kameraden zu: „Das ist 
Germanicus, 1 wohlan, lasst uns ihn zum Caesar aus- 
rufen!“ Da nun Claudius gewahrte, dass die Soldaten 
willens waren, ihn mit Gewalt zu entfuhren, und ein 
ähnliches Schicksal, wie es den Gajus ereilt, befürchtete, 
bat er sie, seiner zu schonen, und erinnerte sie daran, 
dass er sich keiner Ungerechtigkeiten gegen andere 
schuldig gemacht habe, und dass alles, was vorgefallen, 
ohne sein Wissen geschehen sei. Gratus aber ergriff 
ihn bei der Rechten und sprach zu ihm: „Sprich doch 
nicht so dummes Zeug, sondern blick auf und denke 
daran, dass die Götter zum Heile des Erdkreises die 
Herrscherwürde von Gajus genommen und deiner Tugend . 
zum Lohn gegeben haben. Komm daher und besteige 
den Thron deiner Vorfahren.“ Dann richtete er den 
Claudius auf, der vor Furcht und zugleich vor Freude 
über das Gehörte zusammengesunken war. 

2. Bald hatten sich um Gratus viele Soldaten der 
Leibwache geschart, und als sie Claudius wegführen 
sahen, gerieten sie in Betrübnis, da sie nicht anders 
meinten, als er werde wegen der letzten Vorgänge zum 
Tode geschleppt. Claudius hatte sich ja sein ganzes 


1 Dem Drusus und seinen Nachkommen war vom Senat 
der Beiname Germanicus zuerkannt worden. Vergl. Suetonius, 
Claudius, 1. 




609 


Neunzehntes Buch, 3. Kapitel. 

Leben lang von allem Unrecht fern gehalten und, so 
lange Gajus regierte, in grösster Lebensgefahr geschwebt. 
Man hörte deshalb hier und da die Meinung äussern, 
die Konsuln müssten zu seinem Schutze einschreiten. 
Inzwischen gesellten sich immer mehr Soldaten zu dem 
Haufen, und die Volksmenge stob auseinander. Claudius 
aber konnte vor Schwäche kaum weiter, da seine 
Sänftenträger, die, als sie ihn wegführen sahen, an seiner 
Rettung verzweifelten, davongeflohen waren. Als nun 
der Zug auf der Fläche des Palatiums, der Stelle, die, 
wie die Geschichtschreiber melden, von ganz Rom zuerst 
bewohnt gewesen sein soll, angekommen war, strömte, 
weil hier die Entscheidung über die Zukunft fallen sollte, 
eine noch weit grössere Menge Soldaten zusammen, die 
Claudius sehen und ihn aus Anhänglichkeit an Germanicus 
zum Caesar ausrufen wollten. Er war nämlich der Bruder 
dieses Helden, dessen gewaltiger Ruhm auf alle Mitglieder 
der Familie seinen Abglanz warf. Dazu kam noch, dass 
die Soldaten daran dachten, wie habgierig diejenigen 
seien, welche jetzt im Senat die Oberhand hatten, und 
was dieselben verbrochen hätten, als sie früher im Be- 
sitz der Macht gewesen waren. Endlich erwogen sie 
auch ihre eigene schwierige Lage, da sie, wenn die 
Herrschaft wieder an einzigen Machthaber fiel, von 
diesem alles zu befürchten hatten, während sie, wenn 
Claudius durch ihre Hilfe und Vermittlung auf den 
Thron gelangte, von seiner Erkenntlichkeit eine Be- 
lohnung erwarten durften, die ihren Verdiensten ent- 
sprach. 

3. Also überlegten die Versammelten und teilten ihre 
Ansicht auch den neu Hinzukommenden mit, die ihr 
volles Einverständnis mit dem Plan bekundeten. Darauf 
nahmen sie Claudius in die Mitte und geleiteten ihn 
in die Kaserne, damit ihre Absicht nicht etwa durch 
irgend ein Hindernis vereitelt werde. Unterdessen war 
zwischen dem Volk und den Senatoren Streit aus- 
gebrochen , da die letzteren ihre frühere Macht wieder 
an sich reissen und das Tyrannenjoch abschütteln 

Josephus 1 Jüdische Altertümer, n. 39 

Go gle 



610 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


wollten, wozu ihnen jetzt die Gelegenheit geboten schien, 
während das Volk, das den Adel stets gehasst hatte 
und in der Caesarengewalt den besten Zügel gegen die 
Willkür desselben sowie seinen eigenen Rückhalt er- 
kannte, des Claudius Erhebung zujubelte. Durfte es 
doch von diesem , wenn er auf den Thron gelangte, die 
Verhütung des Bürgerkrieges erhoffen, der ebenso wie 
unter Pompejüs 1 hereinzubrechen drohte. Als nun der 
Senat Kunde davon erhielt, dass die Soldaten den 
Claudius in die Kaserne gebracht hatten, sandte er die 
Vornehmsten aus seiner Mitte zu ihm mit dem Ersuchen, 
keine Schritte zur Erlangung der Herrschaft zu unter- 
nehmen, sondern sich dem Senate zu fügen, da er doch 
nur einer so vielen gegenüber sei und später auch zu 
ihnen gehören werde. Die Fürsorge für den Staat solle 
er der gesetzlichen Behörde überlassen und bedenken, 
welches Unheil die früheren Alleinherrscher über den- 
selben gebracht hätten und welche Gefahren er zu 
Gajus’ Zeiten mit ihnen allen habe teilen müssen. Wenn 
er also über das grausame Wüten der Tyrannei entrüstet 
sei, das andere sich hätten zu schulden kommen lassen, 
so möge er selbst sich eines solchen Verbrechens gegen 
das Vaterland enthalten. Wolle er sich nun dem Senat 
fügen und sich mit der ehrenvollen Ruhe seines früheren 
Lebens bescheiden, so werde er von seinen freien Mit- 
bürgern mit Ehrenbezeugungen überhäuft werden und 
sich den Ruhm eines wahrhaft edlen Mannes erwerben, 
der innerhalb der gesetzlichen Schranken ebenso zu 
herrschen wie zu dienen bereit sei. Wenn er sich da- 
gegen nicht raten lassen wolle und durch Gajus’ Ende 
noch nicht klug geworden sei, so würden sie schon 
Mittel wissen, da sie einen bedeutenden Teil des Heeres 
auf ihrer Seite sowie Waffen in Menge zur Verfügung, 
auch keinen Mangel an Sklaven hätten, die sie ent- 
sprechend verwenden könnten. Vornehmlich aber be- 
ruhe ihre Hoffnung darauf, dass das Geschick und 


1 49—46 V. Chr. 



Neunzehntes Buch, 4. Kapitel. 


611 


die Götter nur den unterstützten , der für Recht 
und Billigkeit streite, und solche Männer seien die, 
welche für des Vaterlandes Freiheit den Kampf nicht 
scheuten. 

4. Mit diesen Worten wandten sich die Abgeordneten 
des Senates, die Volkstribunen Veranius und Brocchus, 
an Claudius und baten ihn kniefällig, er möge über die 
Stadt nicht das Elend des Krieges herauf beschwören. 
Als sie aber die gewaltige Menge der Soldaten sahen, 
die ihn umringten und gegen die das Heer der Konsuln 
kaum in Betracht kommen konnte, fügten sie die weitere 
Bitte hinzu, er möge, wenn er durchaus nach der 
Caesaren würde verlange, sich dieselbe wenigstens vom 
Senat übertragen lassen. Denn mit um so grösserem 
Glück werde seine Regierung gekrönt sein, wenn er mit 
Zustimmung des Senates die Zügel derselben ergreife. 


Viertes Kapitel. 

Eintreten Agrippas zu gunsten des Claudius. 

Claudius erlangt endgiltig die Herrschaft und lässt die 
Mörder des Gajus hinrichten. 

1. Claudius, der wohl wusste, mit welcher Zuversicht 
man diese Boten gesandt hatte, liess sich durch ihre 
Worte für den Augenblick zu milderem Verhalten be- 
wegen. Von Furcht war indes keine Spur mehr bei ihm 
vorhanden, teils weil die Entschlossenheit seiner Soldaten 
ihn ermutigte, teils weil der König Agrippa ihn auf- 
forderte, die gewaltige ihm übertragene Macht nicht aus 
den Händen zu lassen. Übrigens hatte Agrippa auch 
dem Gajus alle Liebesdienste erwiesen, die man einem 
teuren Verstorbenen zu erzeigen pflegt: er hatte den 
Körper des Entseelten aufgehoben, ihn auf ein Ruhebett 
gelegt und, nachdem er die Leiche so gut wie möglich 
bedeckt hatte, sich zur Leibwache begeben mit der 
Nachricht, Gajus lebe noch, sei aber von seinen Wunden 




612 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


erschöpft und bedürfe dringend ärztlicher Behandlung. 
Als er nun hörte, Claudius sei von den Soldaten ent- 
führt worden, eilte er sogleich zu ihm und langte in 
dem Augenblick bei ihm an, als er in seiner Verwirrung 
schon geneigt war, dem Senat nachzugeben. Er sprach 
ihm sodann Mut ein, forderte ihn auf, die Herrschaft 
fest zu behaupten, und begab sich hierauf wieder zurück. 
Als er nun in den Senat beschieden wurde, erschien er 
dort mit gesalbtem Haar , als käme er von einem 
Trinkgelage, und fragte die Senatoren, was Claudius 
mache. Diese sagten ihm, wie die Sachen ständen, und 
befragten ihn alsdann um seine Ansicht über die zweck- 
mässigste Regierungsform. Agrippa entgegnete, was ihn 
betreffe, so sei er bereit, für das Ansehen des Senates 
sein Leben zu opfern. Doch rate er, einzig das 
Nützliche zu erwägen und von vorgefassten Meinungen 
abzusehen. Wenn sie die Macht behaupten wollten, so 
bedürften sie Waffen und Soldaten , um allen Möglich- 
keiten die Spitze bieten zu können. Als ihm nun er- 
widert wurde, der Senat besitze Waffen in Menge und 
Geld sei leicht zu beschaffen, ausserdem aber habe man 
nicht nur bereits eine beträchtliche Streitmacht, sondern 
könne dieselbe auch leicht durch Freilassung der Sklaven 
vermehren', wandte Agrippa folgendes ein: „Ich will 
euch zwar den besten Erfolg wünschen, doch kann ich 
euch, da es sich um euer eigenes Wohlergehen handelt, 
meine Meinung nicht vorenthalten. Bedenkt wohl, dass 
sich auf Claudius’ Seite die altgedienten Soldaten be- 
finden, die in der Führung der Waffen höchst erfahren 
sind, dass dagegen mit unserer Macht, die aus her- 
gelaufenen Fremdlingen und unerwartet freigelassenen 
Sklaven besteht , nicht viel zu erreichen sein wird. 
Gegen kriegserfahrene und abgehärtete Soldaten können 
wir doch keine Rekruten ins Treffen führen, die kaum 
das Schwert zu ziehen verstehen! Es scheint mir daher 
am geratensten, bei Claudius durch gütliche Überredung 
dahin zu wirken, dass er auf den Thron verzichte, und ich 
selbst erkläre mich bereit, die Botschaft zu übernehmen.“ 


Go gle 




Neunzehntes Buch, 4. Kapitel. 


613 

2. Diese Worte fanden den Beifall des Senates, und 
so wurde Agrippa mit noch einigen anderen zu Claudius 
geschickt. Dort angekommen , teilte er diesem heimlich 
die Verlegenheit des Senates mit und riet ihm, bei Er- 
teilung der Antwort eine der Grösse seiner Macht ent- 
sprechende Würde zu zeigen. Claudius entgegnete daher, 
er wundere sich nicht im mindesten, wenn der Senat 
keinen Herrscher über sich anerkennen wolle, da er 
durch die Grausamkeit der früheren Machthaber so viel 
zu leiden gehabt habe. Jetzt dagegen sollten die 
Senatoren eine mildere Behandlung erfahren, weil er 
sich seihst nur den Titel des Herrschers Vorbehalten, 
in der That aber die Herrschaft mit allen teilen wolle. 
Da er nun vor ihren Augen schon so viel und so 
mancherlei gethan habe, könne er gewiss auf ihr volles 
Vertrauen Anspruch machen. Mit diesem Bescheid 
wurden die Abgeordneten entlassen. Claudius wandte 
sich hierauf an das um ihn versammelte Heer und ver- 
pflichtete es durch den Soldateneid zur Treue. Dann 
liess er der Leibwache Mann für Mann fünftausend 
Drachmen austeilen, gab den Hauptleuten ein ihrem 
Range entsprechendes grösseres Geschenk und versprach 
den übrigen Heeresabteilungen , wo sie auch stehen 
möchten, dieselbe Spende. 

3. Die Konsuln aber beriefen noch in tiefer Nacht 
den Senat in den Tempel des siegverleihenden Jupiter. 
Einige der Senatoren nun verbargen sich in der Stadt, 
weil ihnen bei der Nachricht von Claudius’ Antwort der 
Mut entsank. Andere begaben sich auf ihre Landgüter, 
weil sie in Voraussicht dessen , was kommen werde, an 
der Freiheit verzweifelten und es für besser hielten, in 
gefahrloser Unterwürfigkeit ein ruhiges und unthätiges 
Leben zu führen, als im Besitz der früheren Macht 
für das eigene Leben fürchten zu müssen. Gleichwohl 
kamen noch mehr als hundert Senatoren zusammen. 
Während aber die Versammelten über das einzuschlagende 
Verfahren berieten, erhoben plötzlich die zu ihnen 
haltenden Soldaten ein lautes Geschrei und forderten, 


614 J osephus’ J üdische Altertümer. 

der Senat solle einen kriegserfahrenen Mann zum Caesar 
wählen. Durch die Herrschaft so vieler Männer dürfe 
der Staat nicht zu Grunde gehen, und sie seien durchaus 
dafür, dass die Regierung nicht dem Senat, sondern 
einem Alleinherrscher übertragen werde. Zu bestimmen 
aber, wer dieser Ehre würdig sei, komme nur ihnen, den 
Soldaten, zu. Nun wurde die Lage des Senates eine 
noch viel schwierigere , weil er an der gerühmten 
Freiheit verzweifeln musste und dazu noch vor Claudius 
gewaltige Furcht hatte. Es fehlte indessen nicht an 
solchen, die wegen ihrer vornehmen Herkunft oder Ver- 
wandtschaft selbst nach der Krone trachteten. Dazu 
gehörte auch Marcus Minucianus, der, weil er von altem 
Adel und mit Gajus’ Schwester Julia 1 verheiratet war, 
auf den Thron Anspruch erhob. Jedoch brachten die 
Konsuln gegen seine Erhebung einen Vorwand nach 
dem anderen vor. Den Valerius Asiaticus aber hielt 
der andere Minucianus, der zu den Mördern des Gajus 
gehörte, von einem solehen Gedanken ab. Dass es ein 
ungeheures Blutbad gegeben hätte, wenn denen, die auf 
den Thron Anspruch machten , gestattet worden wäre, 
sich mit Claudius zu messen, steht ausser allem Zweifel. 
Es strömten nämlich sowohl die Gladiatoren in be- 
deutender Anzahl, als auch die Soldaten der Nacht- 
wache und die Schifisruderer kampfbereit in die Kaserne, 
sodass von den Thronbewerbern die einen, um die Stadt 
zu schonen, die anderen, um sich selbst zu sichern, von 
ihrem Vorhaben Abstand nahmen. 

4. Kaum graute der Tag, als Chaerea mit seinen 
Genossen sich in den Senat begab, um eine Ansprache 
an die Soldaten zu halten. Da diese aber sahen, dass 
er mit der Hand Stillschweigen gebot und anfangen 
wollte zu sprechen, verursachten sie ein lautes Getöse 
und Hessen niemand zu Wort kommen, weil sie alle nur 
einen einzigen Herrscher haben wollten. Mit Ungestüm 
forderten sie dann einen Caesar, weil sie des Wartens 


1 Suetonius nennt sie Livilla (Claudius 1). 



Neunzehntes Buch, 4. Kapitel. 


615 


überdrüssig seien. Der Senat aber wusste nicht ein 
noch aus: die Soldaten mochten seine Autorität nicht 
anerkennen, während die Mörder des Gajus nicht zu- 
geben wollten, dass man sich der Anmassung der 
Soldaten willfährig zeige. Bei dieser Lage der Dinge 
konnte Chaerea seinen Unwillen über das Verlangen 
der Soldaten nach einem Caesar nicht verhehlen und 
versprach, ihnen einen Herrscher zu geben, wenn ihm 
jemand ein Zeichen von Eutychus bringe. Dieser 
Eutychus war der Wagenlenker der sogenannten lauch- 
grünen Partei , 1 der treueste Diener des Gajus, der beim 
Bau von dessen Pferdeställen die Soldaten geschunden 
hatte , indem er sie zu den niedrigsten Arbeiten anhielt. 
Dies und anderes derart warf Chaerea ihnen jetzt vor 
und drohte, er werde ihnen noch den Kopf des Claudius 
bringen. Es sei ja erbärmlich, sagte er, dass sie statt 
eines Wahnsinnigen jetzt einen Narren zum Herrscher 
machen wollten. Die Soldaten aber achteten nicht auf 
seine Worte, sondern eilten mit gezückten Schwertern 
und erhobenen Feldzeichen zu Claudius, um gleich den 
anderen ihm Treue zu schwören. So sah sich denn der 
Senat seiner Verteidiger beraubt; die Konsuln aber 
waren nicht viel mehr als blosse Privatleute. Allent- 
halben herrschte jetzt Bestürzung und Niedergeschlagen- 
heit, weil niemand wusste, wie er sich vor dem Zorn 
des Claudius schützen solle. Einer schmähte den 
anderen, und schon fing die Reue an, sie zu quälen. 
Sabinus aber, einer von Gajus’ Mördern, trat jetzt auf 
und erklärte, er werde sich eher selbst das Leben 
nehmen, als dass er des Claudius Thronbesteigung zu- 
gäbe und den Staat wieder in Knechtschaft gestürzt 
sähe. Dann warf er Chaerea vor, er hänge allzusehr 
am Leben, wenn er, der zuerst den Anschlag gegen 
Gajus ersonnen habe, es noch für der Mühe wert halte. 


1 In den circensischen Spielen gab es vier nach den Farben 
ihrer Kleider benannte Parteien von Wettfahrern: russata, die rote, 
alba, die weisse, veneta, die blaue, prasina, die lauchgriine. 




616 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


den Tod zu fürchten, da nicht einmal der ein geschlagene 
Weg dem Vaterland zur Freiheit verholfen habe. 
Chaerea entgegnete, nichts liege ihm ferner, als Furcht 
vor dem Tode zu hegen; doch wolle er erst die Ge- 
sinnung des Claudius zu erfahren suchen. 

6. Während dies im Senate vorging, strömten nach 
der Kaserne von allen Seiten neue Streitkräfte, um dem 
Claudius den Eid der Treue zu leisten. Die Soldaten 
aber beschuldigten besonders den einen Konsul, Quintus 
Pomponius, den Senat zur Einführung der Republik 
veranlasst zu haben , drangen deshalb mit gezückten 
Schwertern auf ihn ein und würden ihn sicher getötet 
haben, wenn Claudius sie nicht daran gehindert hätte. 
Dieser liess den Konsul, nachdem er der Gefahr ent- 
ronnen war, neben sich Platz nehmen. Den Senatoren 
aber, die mit Quintus gekommen waren, widerfuhr nicht 
die gleiche Ehre, sondern einigen von ihnen wurde sogar 
mit Schlägen der Zutritt zu Claudius verwehrt, und 
Aponius musste verwundet weggetragen werden, während 
alle übrigen Senatoren in Lebensgefahr schwebten. Da 
wandte sich der König Agrippa an Claudius und bat 
ihn, milder gegen die Senatoren zu verfahren; denn 
wenn ihnen etwas Schlimmes zustosse, habe er ja 
niemand anders ihehr , über den er herrschen könne. 
Claudius gab nach und berief den Senat in den Palast, 
wohin er selbst sich mitten durch die Stadt in einer 
Sänfte tragen liess unter dem Geleite der Soldaten, 
welche d$bei die gröbsten Ausschreitungen gegen die 
Bürger begingen. Von Gajus’ Mördern waren auch 
Chaerea und Sabinus unter das Volk gegangen, obgleich 
es ihnen durch ein Edikt Pollios, den Claudius kurz 
vorher zum Befehlshaber der Leibwache ernannt hatte, 
verboten war, sich öffentlich zu zeigen. Als nun Claudius 
im Palast angelangt war, berief er seine Räte zusammen 
und liess sie über das gegen Chaerea einzuschlagende 
Verfahren abstimmen. Ihnen allen erschien zwar die 
That eine lobenswerte, den Thäter aber beschuldigten 
sie der Untreue und glaubten die gerechte Strafe über 



Neunzehntes Buch, 4. Kapitel. 


617 


ihn verhängen zu müssen, damit er späteren Übelthätern 
zum warnenden Beispiel diene. Demgemäss wurde 
Chaerea zum Tode geführt, und Lupus sowie viele 
andere Römer teilten sein Schicksal. Chaerea nun soll 
sein Los mit Starkmut ertragen haben, sodass er nicht 
einmal seine Gesichtsfarbe gewechselt und sogar dem 
Lupus, der in Thränen ausgebrochen sei, die heftigsten 
Vorwürfe gemacht habe. Als Lupus sich entkleidete 
und über Kälte klagte, sagte Chaerea zu ihm, er werde 
doch wohl nicht stärker frieren wie ein Wolf (lupus). 
Eine grosse Volksmenge folgte ihnen zum Richtplatz, 
und als der Zug dort angelangt war, fragte Chaerea den 
Soldaten , ob er schon Übung im Hinrichten besitze 
oder ob er zum erstenmal jetzt Henkersdienste thue. 
Dann liess er das Schwert bringen , mit dem er selbst 
den Gajus niedergemacht hatte. Ein einziger glücklicher 
Streich machte seinem Leben ein Ende; dem Lupus 
dagegen erging es nicht so gut, weil er aus Zaghaftigkeit 
den Hals nicht gehörig vorstreckte, sodass der Hieb 
wiederholt werden musste. 

6. Wenige Tage nachher jedoch, als das Totenfest 
begangen wurde und jeder Römer den Manen seiner 
verstorbenen Angehörigen Totenopfer darbrachte, ehrte 
man auch Chaerea durch Opferkuchen , die man ins 
Feuer warf; und hierbei rief man ihn an, gnädig zu 
sein und über den ihm bewiesenen Undank nicht zu' 
zürnen. So schied Chaerea aus dem Leben. Sabinus 
dagegen wurde von Claudius nicht bloss freigesprochen, 
sondern erhielt auch die Erlaubnis, sein früheres Amt 
weiterzuführen. Da er es aber für unrecht hielt, sein 
den Verschworenen gegebenes Wort zu brechen, brachte 
er sich selbst ums Leben , indem er sich sein Schwert 
bis ans Heft in den Leib rannte. 



618 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Fünftes Kapitel. 

Claudius giebt dem Agrippa das Reich seines Gross- 
vaters zurück und erweitert dasselbe. Seine Erlasse zu 

gunsten der Juden« 

1. Claudius entfernte nun zunächst aus dem Heere 
alle Soldaten, die nicht zuverlässig waren, und erliess 
dann eine Verordnung, wodurch er dem Agrippa die 
Herrschaft, welche Gajus ihm verliehen hatte, bestätigte 
und ihm seine Zufriedenheit aussprach. Dazu gab er 
dem Könige alsdann noch ganz Judaea und Samaria, 
wie dessen Grossvater Herodes es besessen hatte. Diese 
Gebiete erhielt Agrippa nach dem Rechte der Ver- 
wandtschaft. Ausserdem aber teilte ihm Claudius von 
seinen eigenen Besitzungen noch Abila zu, das unter’ 
der Herrschaft des Lysanias gestanden hatte, und die 
Gebiete am Libanon. Beide gingen dann auf dem 
Forum ein Bündnis ein. 1 Dem Antiochus, dem er sein 
früheres Reich abgenommen hatte, gab Claudius einen 
Teil von Cilicien und ganz Kommagene. Weiterhin 
Hess er den Alabarchen Alexander Lysimachus, an den 
ihn alte Freundschaftsbande knüpften und der einst 
der Sachwalter seiner Mutter Antonia gewesen war, 
wieder frei. Der Sohn Alexanders heiratete dann 
Agrippas Tochter Berenike. Diese vermählte Agrippa 

‘später, als ihr Gatte Marcus, der Sohn des Alexander, 
gestorben war, mit seinem Bruder Herodes und erbat 
für letzteren von Claudius die Herrschaft über Chalkis. 

2. Um diese Zeit brach zwischen den Juden und 
Griechen zu Alexandria Streit aus. Nach Gajus’ Tod 
nämlich wurden die Juden, die während seiner Regierung 
hart bedrückt waren und viele Unbilden von den 
Alexandrinern erleiden mussten, wieder zuversichtlicher, 
und bald griff man zu den Waffen. Claudius erteilte 
nun dem Statthalter von Aegypten den schriftlichen 
Befehl , diese Unruhen zu unterdrücken , und sandte 


1 41 n. Chr. 




Neunzehntes Buch, 5. Kapitel. 


619 


ausserdem auf Bitten der Könige Agrippa und Herodes 
nach Alexandria und Syrien ein Edikt folgenden Inhalts: 
„Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, Pon- 
tifex maximus mit tribunicischer Gewalt, verordnet hier- 
mit wie folgt In Erwägung, dass die Juden, welche zu 
Alexandria wohnen und Alexandriner heissen , bald 
nach Erbauung der Stadt zugleich mit den eigent- 
lichen Alexandrinern dorthin geschickt worden sind und 
von den Königen gleiches Bürgerrecht mit den letzteren 
erhalten haben , wie dies aus deren Verordnungen und 
Erlassen hervorgeht; sodann in Erwägung, dass bei der 
durch Augustus vollzogenen Einverleibung der Stadt 
Alexandria in unser Reich den Juden ihre Rechte nicht 
verkürzt, sondern von den zu verschiedenen Zeiten 
dorthin gesandten Statthaltern ohne jede Einwendung 
aufrecht erhalten worden sind; in fernerer Erwägung, 
dass auch zu der Zeit, da Aquila Statthalter in 
Alexandria und der jüdische Etbnarch gestorben war, 
Augustus die Wahl eines neuen Ethnarchen nicht ver- 
boten und diesem bei der Huldigung gestattet hat, dass 
die Juden nach ihren eigenen Gebräuchen leben und 
der Religion ihrer Väter treu bleiben dürften; endlich 
in Erwägung, dass die Erhebung der Alexandriner gegen 
die mit ihnen zusammen wohnenden Juden noch in die 
Regierungszeit des Caesars Gajus fällt, der in seinem 
ungeheuren Wahnsinn das jüdische Volk unterdrückte, 
weil es von seiner Religion nicht abfallen und ihn nicht 
als Gott anerkennen wollte: will ich nicht dem Un- 
verstand des Gajus zulieb eines von den dem Volke 
der Juden gemachten Zugeständnissen wieder aufheben, 
sondern ihnen alle früheren Rechte nebst der Freiheit, 
nach ihrer Religion zu leben , bestätigen. Desgleichen 
befehle ich, dass nach Bekanntmachung dieses meines 
Ediktes von beiden Seiten alles vermieden werde, wo- 
durch neue Unruhen entstehen könnten.“ 

3. So lautete das Edikt, das zu gunsten der Juden 
nach Alexandria gesandt wurde. Gleichzeitig erging 
auch an alle übrigen Länder des Erdkreises ein Schreiben 




620 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


folgenden Inhalts: „Tiberius Claudius Caesar Augustus 
Germanicus, Pontifex maximus mit tribunicischer Gewalt, 
Konsul zum zweitenmal, verordnet wie folgt. Nachdem 
meine lieben Freunde Agrippa und Herodes mich in- 
ständigst gebeten haben , ich möge den im ganzen 
römischen Reiche lebenden Juden dieselben Rechte be- 
willigen, die auch den Juden in Alexandria zugestanden 
sind, habe ich ihren Bitten gern stattgegeben und nicht 
nur diesen Bittstellern zu Gefällen , sondern auch mit 
Rücksicht auf diejenigen, für die ich gebeten worden 
bin , es für gerecht gehalten , ihnen ihre Treue gegen 
die Römer damit zu lohnen, dass ich keine Stadt, und 
zwar auch keine von den griechischen Städten , der 
Rechte beraube, die ihnen unter dem göttlichen Augustus 
bestätigt worden sind. Ich erachte es vielmehr für billig, 
dass die Juden in unserem gesamten Reiche ihren her- 
kömmlichen Gebräuchen ohne alle Anfechtungen treu 
bleiben, und ermahne sie gleichzeitig, dass sie, mit 
dieser Gnade zufrieden, sich duldsam benehmen und die 
religiösen Gebräuche anderer Völker nicht verachten, 
sondern sich bei ihren eigenen Gesetzen bescheiden. 
Dieses Edikt soll allen Behörden in den Städten, 
Kolonien und Municipien sowohl innerhalb wie ausser- 
halb Italiens, desgleichen allen Königen und Fürsten 
durch ihre eigenen Botschafter kundgegeben und 
ausserdem innerhalb dreissig Tagen - an einer Stelle, wo 
es bequem gelesen werden kann , angeschlagen werden.“ 


Sechstes Kapitel. 

Welche Anordnungen Agrippa traf, als er nach Judaea 
zurückgekehrt war. Des Petronius Erlass an die Doriter 

in betreff der Juden. 

1. Durch diese Edikte, die nach Alexandria und in 
die ganze Welt erlassen wurden , bewies der Caesar 
Claudius klar, welche Gesinnung er gegen die Juden 
hegte. Bald darauf entliess er Agrippa mit den 



Neunzehntes Buch, 6. Kapitel. 


621 


glänzendsten Ehrenbezeugungen in sein Reich und gab 
allen Statthaltern in den Provinzen schriftlichen Befehl, 
ihn freundlich und zuvorkommend zu empfangen. Agrippa 
beschleunigte seine Heimreise nach Möglichkeit, wie sich 
das von einem Manne erwarten liess, dem alles nach 
Wunsch gegangen war, und als er in Jerusalem anlangte, 
brachte er Dankopfer dar und liess keine der gesetz- 
lichen Vorschriften ausser acht. Aus diesem Grunde liess 
er auch viele Naziräer 1 scheren, und die goldene Kette, 
welche Gajus ihm geschenkt hatte und die ebenso schwer 
war wie die eiserne, von der seine königlichen Hände ge- 
fesselt gewesen, liess er als Andenken an seine frühere 
traurige Lage und deren spätere Wandlung zum besseren 
innerhalb des Tempels über der Schatzkammer aufhängen, 
damit sie dort Zeugnis dafür ablege, dass die grösste 
Macht vor dem Zusammenbruch nicht sicher ist und dass 
Gott den Gedemütigten wieder aufzurichten vermag. Die 
Weihe der Kette bewies ja zur Genüge, wie der König 
Agrippa um einer geringfügigen Ursache willen seinen 
Thron mit dem Kerker hatte vertauschen müssen, und 
wie er bald nachher, von seinen Fesseln befreit, zu 
grösserer Macht als früher gelangte. Daraus lässt sich 
die Lehre ziehen, dass die grösste Macht den Menschen 
nicht vor dem Sturze sichern, der Gestürzte aber auch 
wieder zur höchsten Würde emporsteigen kann. 

2. Als Agrippa nun allem, was die Ehre Gottes er- 
heischte, nachgekommen war, entsetzte er Theophilus, den 
Sohn des Ananus, des hohepriesterlichen Amtes und über- 
trug dasselbe an Simon mit dem Beinamen Kantheras, 
den Sohn des Boethos. Simon hatte noch zwei Brüder 
und seinen Vater Boethos am Leben, dessen Tochter, 
wie oben erwähnt, den König Herodes geheiratet hatte. 
Demnach gelangten sowohl Simon als sein Vater und 
seine Brüder zum Hohepriestertum , gerade so, wie auch 


1 Asketische, gottgeweihte Personen, die ihr Haar lang wachsen 
Hessen und denen dasselbe nach Ablauf einer bestimmten Frist vom 
Priester unter grosser Feierlichkeit geschoren wurde. 



622 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


die drei Söhne von Simon, dem Sohne des Onias, unter 
der Herrschaft der Macedonier sämtlich Hohepriester 
wurden , wovon ich in den früheren Büchern Erwähnung 
gethan habe. 

3. Nachdem der König so die Verhältnisse des hohe- 
priesterlichen Amtes geordnet hatte, bewies er auch den 
Jerusalemern für ihre Treue und Anhänglichkeit seinen 
Dank und erliess ihnen, weil er sich an Edelmut von ihnen 
nicht übertreffen lassen wollte, die Gebäudesteuer. Den 
Silas aber, der an all seinen Schicksalen Anteil ge- 
nommen hatte, ernannte er zum Oberbefehlshaber der 
gesamten Truppenmacht. — Kurze Zeit nachher stellten 
einige übermütige junge Leute, denen nichts heilig war, 
in der Judensynagoge zu Dora eine Bildsäule des Caesars 
auf. Das erbitterte den Agrippa gewaltig, weil die Übel- 
thäter damit gewissermassen das jüdische Gesetz ausser 
Kraft gesetzt hatten. Er begab sich deshalb unverweilt 
zu Publius Petronius., dem damaligen Statthalter von 
Syrien, und erhob gegen die schuldigen Doriter Klage. 
Petronius war über die Frevelthat sehr unwillig, denn 
auch er hielt jede Verhöhnung des Gesetzes für Gott- 
losigkeit. Er schrieb daher im höchsten Zorn an die 
Doriter folgendermassen : „Publius Petronius, Legat des 
Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, thut dem 
Magistrate der Doriter nachstehendes zu wissen. Da 
einige von euch in ihrem Übermut so weit gegangen 
sind, dass sie trotz der Verordnung des Claudius Caesar 
Augustus Germanicus, wonach den Juden die Beobachtung 
ihrer väterlichen Gesetze gestattet ist, sich gegen dieselbe 
widerspenstig gezeigt haben, indem sie die religiösen Zu- 
sammenkünfte der Juden durch Aufstellung der Bildsäule 
des Caesars in der Synagoge störten, so habt ihr nicht 
nur gegen die Juden, sondern auch gegen den CaeBar 
selbst gefrevelt, dessen Standbild in seinen eigenen, 
nicht aber in einen fremden Tempel, am wenigsten in 
einen Versammlungssaal gehört. Es ist von Natur recht 
und deshalb auch vom Caesar anerkannt, dass jeder 
Herr in seinem Hause sei, und es wäre überflüssig. 


Neunzehntes Buch, 6. Kapitel. 


623 


meiner eigenen diesbezüglichen Verordnung zu gedenken, 
nachdem das Edikt des Caesars den Juden die Freiheit 
zugestanden hat, dass sie nach ihren Gebräuchen 
leben können und ausserdem mit den Griechen gleiche 
bürgerliche Rechte gemessen sollen. Da nun diejenigen, 
welche so die Befehle unseres erhabenen Herrn über- 
treten und sich dadurch sogar den Unwillen ihrer eigenen 
Vorgesetzten zugezogen haben, dies nicht aus persön- 
lichem Antrieb, sondern dem Ungestüm des Volkes zu 
Gefallen, wie mir versichert wird, gethan haben, so be- 
fehle ich, dass mir dieselben durch den Centurio Vitellius 
Proculus zur Verantwortung vorgeführt werden. Die Vor- 
steher des Magistrates aber ermahne ich, wenn sie nicht 
als Mitschuldige angesehen werden wollen, die Thäter 
dem Centurio anzuzeigen und jeden Aufruhr und Lärm, 
dessen Erregung allein wohl der Zweck der That war, 
zu verhindern, da ich gleich meinem königlichen Freunde 
Agrippa nichts so sehr verhüten möchte, als dass das 
jüdische Volk Gelegenheit fände, sich unter dem Vor- 
wand der Notwehr zusammenzurotten und Aufstand zu 
erregen. Damit ihr aber um so sicherer erkennt, was 
unseres erlauchten Caesars Ansicht über diese Sache ist, 
füge ich in der Anlage einen auf Alexandria bezüg- 
lichen Erlass desselben bei, den mir mein lieber Freund, 
der König Agrippa, trotzdem er allgemein bekannt ist, 
in öffentlicher Verhandlung vorgelesen hat, als er auch 
für die Juden Anteil an des Caesars Gnade begehrte. 
Für die Zukunft bestimme ich daher ausdrücklich, dass 
ihr jeden Anlass zu Unruhen und Streitigkeiten zu ver- 
meiden habt und jedem die Freiheit lasst, nach seiner 
eigenen Überzeugung Gott zu verehren.“ 

4. Auf diese Weise traf Petronius Fürsorge, das Vor- 
gefallene wieder gut zu machen und die Juden vor ähn- 
lichen Belästigungen sicfher zu stellen. Agrippa aber 
nahm jetzt die Hohepriesterwürde dem Simon Kantheras 
ab und übertrug dieselbe wiederum an Jonathas, den 
Sohn des Ananus, den er der Ehrenstelle für würdiger 
hielt. Diesem schien indes die Erhebung zu solcher 


Go gle 



624 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Würde nicht angenehm zu sein, und er lehnte sie darum 
mit folgenden Worten ab: „Es gereicht mir zur Freude, 
o König, dass du mich so ehrst, indem du mir aus 
freien Stücken eine Würde übertragen willst, die mir nach 
dem Willen Gottes nicht zukommt. Doch es genügt mir, 
einmal das heilige Gewand getragen zu haben; denn 
damals habe ich das Amt mit reinerem Herzen erhalten, 
als ich es jetzt antreten würde. Willst du aber, dass 
ein Würdigerer als ich der Ehre teilhaftig werde, so 
lass dich belehren. Ich habe einen Bruder, der von 
jedem Vergehen gegen Gott wie gegen dich, o König, 
sich freigehalten hat. Diesen empfehle ich dir, weil er 
jener Auszeichnung würdig ist.“ Diese Rede gefiel dem 
König, und so überging er Jonathas und verlieh 
das Hohepriesteramt an dessen Bruder Matthias. Nicht 
lange darauf folgte Marsus dem Petronius in der Ver- 
waltung Syriens. 


Siebentes Kapitel. 

Agrippas Zorn gegen Silas. Er baut die Mauern 
Jerusalems wieder auf. Sein Charakter. 

1. Da Silas, der Oberkommandant des Heeres, dem 
Könige in allen Wechselfällen die Treue bewahrt und 
vor keiner Gefahr zurückgescheut, sondern selbst den 
schwierigsten Mühewaltungen sich unterzogen hatte, war 
er der zuversichtlichen Erwartung, seine Anhänglichkeit 
durch eine entsprechende Auszeichnung belohnt zu sehen. 
Deshalb wollte er in allen Stücken dem Könige gleich 
sein und benahm sich in dessen Gegenwart stets recht 
frei, bei vertraulichen Unterhaltungen aber geradezu lästig, 
indem er sich über Gebühr brüstete und dem Könige 
öfters sein früheres trauriges Geschick ins Gedächtnis 
zurückrief, um seine damalige Ergebenheit ins rechte 
Licht zu rücken. Ferner ward er gar nicht müde, dem 
Könige herzuzählen, welche Mühseligkeiten er für .ihn 



Neunzehnte!} Buch, 7. Kapitel. 


625 


ertragen habe. Auf die Dauer kam dieses Benehmen 
Agrippa fast wie Hohn vor, und die rücksichtslose Frei- 
heit des Mannes wurde ihm immer unerträglicher. Es 
ist eben keine angenehme Sache, sich an unrühm- 
liche Zeiten erinnern zu lassen, und nur ein Thür 
glaubt seine Verdienste immer und immer wieder hervor- 
heben zu müssen. Silas zog sich deswegen endlich den 
höchsten Unwillen des Königs zu, sodass dieser seine 
bessere Einsicht dem Zorn opferte und den Silas nicht 
nur seines Befehlshaberpostens entsetzte, sondern ihn 
auch in Ketten nach seiner Heimat bringen liess. Mit 
der Zeit indes legte sich sein Groll wieder, und wenn 
er vorurteilsfrei über Silas dachte, musste er anerkennen, 
dass derselbe ihm in der That grosse Dienste geleistet 
habe. Als er daher seinen Geburtstag feierte, den alle 
seine Unterthanen mit fröhlichen Gelagen begingen, liess 
er auch den Silas unverzüglich rufen, damit er an 
seiner Tafel speise. Dieser aber glaubte gerechte Ur- 
sache zum Groll zu haben und machte daraus in seinem 
Freimut auch vor den Abgesandten des Königs kein 
Hehl, sondern sprach zu ihnen: „Was ist das für eine 
Ehre, zu welcher der König mich jetzt beruft, um sie 
mir im nächsten Augenblick wieder abzunehmen ? Denn 
auch die früheren Beweise seines Wohlwollens sind nicht 
von Dauer gewesen, sondern mir in schmachvoller Weise 
wieder entzogen worden. Glaubt Agrippa denn, ich habe 
meine freie Art, zu reden, dran gegeben ? Nein, ich will 
vielmehr, da ich mir keiner Schuld bewusst bin, nur um 
so lauter kundthun, aus wie vielen Übeln ich ihn befreit 
und welche Mühen ich für sein Wohlergehen und seine 
Ehre auf mich genommen habe. Und doch hat er mir 
dafür keinen anderen Dank gewusst als Ketten und 
Kerker. Das werde ich nie vergessen, und selbst in 
meiner Todesstunde wird das Bewusstsein , recht gehandelt 
zu haben, mir noch ein süsser Trost sein.“ Diesen Be- 
scheid hiess er dem Könige überbringen. Agrippa aber 
erkannte daran, dass er unversöhnlichen Gemütes sei, und 
liess ihn in Gewahrsam. 


Josephus' Jüdische Altertümer, II. 


40 



626 Josephus’ J üdische Altertümer. 

2. Darauf liess der König die der Neustadt 1 zu- 
gekehrten Mauern Jerusalems auf Staatskosten neu auf- 
richten, und zwar sowohl breiter als höher denn vorher. 
Er hätte sie auch thatsächlich so stark gemacht, dass sie 
jedem feindlichen Anprall getrotzt haben würden, wenn 
nicht der syrische Statthalter Marcus dem Caesar Claudius 
das Unternehmen des Königs schriftlich angezeigt hätte. 
Weil nun Claudius der Sache nicht recht traute, befahl 
er dem Agrippa, unverzüglich vom Bau der Mauer Ab- 
stand zu nehmen, und dieser hielt es für das geratenste, 
sich zu fügen. 

3. Der König war von Natur höchst freigebig und 
wohlthätig und suchte sich die Liebe seiner Unterthanen 
durch reiche Geschenke zu erwerben. Seinen Ruhm fand 
er in grossen Aufwendungen, und indem er im Geben 
glücklich war, stach er von seinem Vorgänger Herodes 
sehr ab. Denn dieser war grausam, unversöhnlich, kannte 
in seinem Hasse gar kein Mass und gestand offen, dass 
er grössere Vorliebe für die Griechen wie für die Juden 
hege. Und während er fremde Städte mit verschwende- 
rischer Pracht ausstattete, in der einen Bäder und Theater,, 
in der anderen Tempel und Säulenhallen einrichtete, be- 
dachte er keine einzige jüdische Stadt auch nur mit dem. 
geringsten Schmuck oder einem nennenswerten Geschenk. 
Agrippa dagegen war leutselig und gegen alle gleich 
wohlthätig. Freundlich gegen die Ausländer, die über 
seine Freigebigkeit nicht zu klagen hatten, vergass er 
doch auch nicht, seine Unterthanen durch um so grössere 
Teilnahme zu entschädigen. Desgleichen wohnte er gern 
und andauernd in Jerusalem, beobachtete die Satzungen 
seiner vaterländischen Religion gewissenhaft und war 
Von höchster Sittenreinheit, wie er auch keinen Tag 
ohne Darbringung der gesetzlichen Opfer vorübergehen 
liess. 

4. Dennoch wagte, als Agrippa einst nach Caesarea 
gereist war, ein gewisser Simon aus Jerusalem, der im 


1 Dem Stadtteil Bezetha. 



Neunzehntes Buch, 7. Kapitel. 


627 


Rufe eines Gesetzeskundigen stand, das Volk zu ver- 
sammeln und den König zu beschuldigen, er sei nicht 
gottesfürchtig und des Zutritts zum Tempel, der nur ein- 
geborenen Juden offen stehe, gar nicht wert. Von dieser 
Rede Simons gab der Stadtkommandant dem Könige 
sogleich briefliche Nachricht. Dieser liess den Simon 
zu sich kommen, hiess ihn im Theater, wo er sich gerade 
befand, an seiner Seite Platz nehmen und fragte ihn mild 
und gütig: „Sage mir doch, ob hier etwas .gegen die 
Gesetze geschieht?“ Simon wusste darauf nichts zu ent- 
gegnen und bat um Verzeihung. Nun war er mit Agrippa 
eher, als jemand erwarten konnte, wieder ausgesöhnt, 
weil dieser der Meinung war, dass einem Könige Sanft- 
mut mehr zieme als Zorn, und dass überhaupt hoch- 
stehenden Männern Milde besser anstehe als Heftigkeit. 
Er liess daher den Simon wieder heimkehren und be- 
schenkte ihn noch obendrein reichlich. 

5. Nachdem Agrippa nun schon viele Bauwerke er- 
richtet hatte, bedachte er Berytus damit besonders frei- 
gebig. Hier liess er nämlich ein Theater aufführen, das 
an Pracht und Schönheit die anderen weit überragte, 
sowie ein herrliches Amphitheater und dazu Bäder und 
Säulenhallen, bei denen der prächtigen Ausstattung zu- 
lieb keine Kosten gespart wurden. Zur würdigen Ein- 
weihung dieser Bauwerke entfaltete er den glänzendsten 
Pomp. Im Theater wurden Schaustücke aufgefübrt, Wett- 
kämpfe aller Art ausgefochten und jede erdenkliche Be- 
lustigung geboten. Im Amphitheater bewies der König 
den zahlreichen Gladiatoren seine Freigebigkeit, und um 
auch das Schauspiel eines Massenkampfes vorführen zu 
können, liess er zwei Kohorten von je siebenhundert Mann 
sich gegenseitig angreifen. Zu diesem Kampfe waren alle 
Verbrecher, die es nur gab, zur Strafe aufgeboten worden, 
und während so der Krieg dem Frieden zur Zierde dienen 
musste, waren die Übelthäter mit einem Schlage aus der 
Welt geschafft. 


40* 



628 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Achtes Kapitel. 

Agrippas weitere Regierung und Tod. 

1. Nachdem diese Feierlichkeiten in Berytus zu Ende 
waren, begab sich Agrippa nach Tiberias in Galilaea. 
Die benachbarten Könige, bei denen er in hohem An- 
sehen stand, fanden sich bei ihm zum Besuche ein, näm- 
lich Antiochus von Kommagene, Sampsigeram von Emesa, 
Kotys von Kleinarmenien, Polemon von Pontus und 
Herodes von Chalkis, sein eigener Bruder. Sie alle nahm 
er gastfreundlich und zuvorkommend auf und bewies 
ihnen seine wahrhaft edle Gesinnung, die ihm auch die 
Ehre der königlichen Besuche verschafft hatte. Noch 
während der Anwesenheit dieser Gäste erschien auch 
der syrische Statthalter Marsus bei ihm, und um den 
Römern die gebührende Ehre zu erweisen, zog Agrippa 
ihm sieben Stadien weit aus der Stadt entgegen. Das 
aber gab Anlass zu Streit zwischen ihm und Marsus. 
Agrippa hatte nämlich die anderen Könige in seinem 
Wagen mitgebracht, und Marsus kam diese Vertraulich- 
keit verdächtig vor, da er ein Einverständnis so vieler 
mächtigen Fürsten nicht im Interesse der Römer liegend 
erachtete. Alsbald sandte er daher einige seiner ver- 
trauten Freunde zu den einzelnen Königen und liess 
ihnen anbefehlen, ungesäumt in ihre Heimat zurückzu- 
kehren. Darüber ärgerte sich Agrippa gewaltig und 
lebte von der Zeit an mit Marsus in schlechtem Ein- 
vernehmen. Übrigens nahm er um diese Zeit dem 
Matthias die Hohepriesterwürde und übertrug sie an 
Eiion aeus, den Sohn des Kantheras. 

2. Schon war das dritte Jahr verflossen, seit Agrippa 
die Herrschaft über ganz Judaea ausübte, als er sich 
nach Caesarea, dem ehemaligen S traton sturm , begab. 
Dort gab er zu Ehren des Caesars Schauspiele, weil ihm 
bekannt war, dass eben Festtage für dessen Wohl- 
ergehen gefeiert wurden. Zu diesen Festlichkeiten strömte 
eine grosse Zahl angesehener und mächtiger Juden aus 




Neunzehntes Buch, 8. Kapitel. 


629 


der ganzen Provinz zusammen. Am zweiten Tage begab 
sieb Agrippa schon frühmorgens in einem Gewände, das 
mit wunderbarer Kunstfertigkeit ganz aus Silber gewirkt 
war, zum Theater. Hier nun leuchtete das Silber, das 
von den ersten Strahlen der Sonne getroffen wurde, in 
schimmerndem Glanze auf und blendete das Auge derart, 
dass man erschauernd sich abwenden musste. Alsbald 
riefen seine Schmeichler ihm von allen Seiten zu, nannten 
ihn Gott und sprachen : „Sei uns gnädig ! Haben wir dich 
bisher nur als Mensch geachtet, so wollen wir in Zu- 
kunft ein überirdisches Wesen in dir verehren.“ Der 
König machte ihnen daraus keinen Vorwurf und wies 
ihre gotteslästerischen Schmeicheleien nicht zurück. Als 
er aber gleich darauf den Blick nach oben wandte, sah 
er über seinem Haupte auf einem Strick einen Uhu 
sitzen und erkannte darin sogleich den Unglücksboten, 
der ihm, wie früher sein Glück, so jetzt seinen nahen 
Tod anzeigte , 1 weshalb er bitteren Gram empfand. Bald 
stellten sich auch heftige Schmerzen in seinem Leibe ein, 
die ihn gleich vom Beginn der Krankheit an in un- 
erhörter Weise folterten. Da richtete er den Blick auf 
seine Freunde und sprach zu ihnen: „Seht, euer Gott 
muss jetzt das Leben lassen, und das Schicksal macht 
eure gleissneriscben Worte zu schänden. Unsterblich 
nanntet ihr mich, und doch streckt der Tod schon seine 
Arme nach mir aus. Aber ich muss mein Geschick 
tragen, wie Gott es will. Habe ich doch nicht in kümmer- 
lichen Verhältnissen, sondern im höchsten Glanze gelebt.“ 
Noch währender diese Worte sprach, mehrten sich seine 
Qualen in hohem Grade. Er wurde daher schnell in seinen 
Palast gebracht, und bald verbreitete sich allenthalben 
das Gerücht, der König liege im Sterben. Sogleich warf 
sich das gesamte Volk mit Weibern und Kindern nach 
väterlicher Sitte auf Teppiche nieder, um für die Ge- 
nesung des Königs zu Gott zu flehen, und überall erhob 
sich Jammer und Wehklage. Der König, der sich in 


1 Vergl. XVIII, 6 , 7. 



630 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


einem hochgelegenen Zimmer befand und von da aus 
sehen konnte, wie das Volk am Boden lag, vermochte 
sich auch seinerseits der Thränen nicht zu erwehren. 
Noch fünf Tage lang ertrug er die Qual in seinen 
Eingeweiden , bis ihn dann endlich der Tod erlöste. 
Er starb im vierundfünfzigsten Jahre seines Lebens und 
im siebenten seiner Regierung. Vier Jahre hatte er 
unter dem Caesar Gajus regiert, und zwar drei Jahre 
lang nur die Tetrarchie des Philippus, im vierten aber 
auch noch die des Herodes. Die drei übrigen Jahre 
seiner Regierung fielen in die Zeit des Caesars Claudius, 
und in diesen beherrschte er ausser den genannten Ge- 
bieten auch noch Judaea, Samaria und Caesarea. Er 
bezog aus seinem Reiche die denkbar grössten Ein- 
künfte, nämlich zwölf Millionen Drachmen; gleichwohl 
musste er noch viele Anleihen machen. Da er nämlich 
ausserordentlich freigebig war, konnten seine Einkünfte 
die Ausgaben nicht decken, und Sparsamkeit war ihm 
gänzlich fremd. 

3. Noch war sein Ableben dem Volke nicht bekannt 
geworden, als Herodes, der Beherrscher von Chalkis, 
und der Statthalter Helkias, des Königs Freund, nach 
gemeinsam gefasstem Beschluss seinen ergebensten 
Diener Ariston aussandten und den ihnen verhassten 
Silas umbringen Hessen, als wenn der König dies be- 
fohlen hätte. 


Neuntes Kapitel. 

Begebenheiten nach Agrippas Tod. Claudius sendet 
Iden Cuspius Fadus als Landpfleger nach Judaea. 

1. So war denn Agrippa aus dem Leben geschieden. 
Er hinterliess einen siebzehnjährigen Sohn Agrippa und 
drei Töchter, von denen die sechzehn Jahre alte 
Berenike mit ihrem Oheim Herodes vermählt war. Die 
beiden anderen waren noch jung, nämlich erst zehn 
beziehungsweise sechs Jahre alt. Doch waren sie schon 



Neunzehntes Buch, 9. Kapitel. 


631 


von ihrem Vater verlobt worden , und zwar die ältere, 
Mariamne, mit Julius Archelaus, dem Sohne des Helkias, 
die jüngere, Drusilla, mit Epiphanes, dem Sohne des 
Kommagenerkönigs Antiochus. Als nun der Tod 
Agrippas bekannt wurde, hatten die Bewohner von 
Caesarea und Sebaste seine Wohlthaten bald vergessen 
und benahmen sich wie seine schlimmsten Feinde. Denn 
sie überhäuften den Verstorbenen mit Schmähungen, 
die sich nicht wiedergeben lassen, und die gerade 
unter den Waffen stehenden Bürger drangen in sein Haus, 
raubten die Bilder seiner Töchter, brachten sie in ge- 
schlossenem Zug in Bordelle und stellten sie dort auf ' 
den Dächern auf, wo sie dieselben in unsäglicher Weise 
verspotteten. Ja, auf den öffentlichen Plätzen hielten 
sie mit bekränztem Haupt und von Salben duftend 
grosse Gelage, wobei sie dem Charon 1 opferten und 
sich einander vor Freude über des Königs Tod zu- 
tranken. So undankbar benahmen sie sich nicht nur 
gegen Agrippa, dessen Freigebigkeit sie so reich be- 
dacht hatte , sondern auch gegen seinen Grossvater 
Herodes, von dem ihnen Städte erbaut, Häfen angelegt 
und auf eigene Kosten prachtvolle Tempel errichtet 
worden waren. 

2. Des Verstorbenen Sohn Agrippa befand sich 
damals in Rom, wo er am Hofe des Caesars Claudius 
erzogen wurde. Als der Caesar, nun erfuhr, dass 
Agrippa aus dem Leben geschieden sei, und dass die 
Bewohner von Caesarea und Sebaste sich so schmachvoll 
gegen ihn benommen hätten , war seine Trauer über 
Agrippa nicht minder gross wie sein Zorn gegen die 
Undankbaren. Er beschloss deshalb, sogleich den 
jüngeren Agrippa als Nachfolger seines Vaters heim- 
zuschicken, und wollte damit ein früheres eidliches 
Versprechen bestätigen. Doch rieten ihm seine Frei- 
gelassenen und Freunde, welche grossen Einfluss auf 
ihn hatten, davon ab und stellten ihm vor, wie ge- 


1 Dem Fährmann der Unterwelt. 


Go gle 




632 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


fährlich es sei , einem jungen , dem Knabenalter noch 
nicht entwachsenen Menschen ein so grosses Reich an- 
zuvertrauen, dessen Verwaltung er durchaus nicht leiten 
könne und das selbst eines rüstigen Mannes ganze 
Thätigkeit in Anspruch nehme. Diese Gründe leuchteten 
dem Caesar ein, und er ernannte deshalb den Cuspius 
Fadus zum Landpfleger über Judaea und das ganze 
Reich , 1 womit er zugleich den Verstorbenen ehrte, indem 
er von der Ernennung des Marsus , der mit Agrippa 
verfeindet gewesen war, absah. Fadus erhielt zunächst 
den Auftrag, die Bewohner von Caesarea und Sebaste 
wegen der dem Andenken Agrippas zugefügten 
Schmähungen und der gegen seine Töchter verübten 
Beleidigungen zu züchtigen , die aus Bürgern von 
Caesarea und Sebaste bestehende Truppe nebst fünf 
Kohorten zum Kriegsdienst nach Pontus zu schicken 
und aus den in Syrien stehenden römischen Legionen 
ebenso viele Mannschaften auszuwählen, um die Ab- 
kommandierten zu ersetzen. Es kam jedoch nicht zum 
Ausmarsch, weil die Schuldigen eine Gesandtschaft an 
Claudius schickten und ihn zu bewegen wussten, dass 
er ihnen gestattete, in Judaea zu bleiben. Hier bereiteten 
sie in der Folgezeit den Juden schweres Unheil, indem 
sie zu dem Kriege, der unter Florus ausbrach , den An- 
stoss gaben. Als daher Vespasianus, wie ich später er- 
zählen werde, Judaea erobert hatte, entfernte er sie aus 
der Provinz. 


1 44 n. Chr. 




Zwanzigstes Bueh. 


Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 22 Jahren. 

Inhalt. 

1. Wie der Caesar Claudius nach dem Tode Agrippas den Fadus 

als Landpfleger nach Judaea schickte. 

2. Streit der Bewohner von Philadelphia mit den peraeischen Juden 

wegen der Grenzen des Bezirkes Mia, und wie Fadus aus 
Zorn darüber, dass die letzteren viele Bewohner Philadelphias 
getötet hatten, die drei vornehmsten Männer aus den pe- 
raeischen Juden festnehmen und hinrichten liess. 

8. Wie der Räuberhauptmann Tholomaeus, der die Araber beunruhigt 
hatte, gefangen vor Fadus geführt und hingerichtet wurde. 

4. Wie Fadus und Cassius Longinus, der Statthalter von Syrien, 

nach Jerusalem zogen und den Vornehmsten der Juden be- 
fahlen, das hohepriesterliche Gewand in die Burg Antonia zn 
bringen , damit es dort wie früher unter Aufsicht der Römer 
verbleibe. 

5. Die Juden richten an Fadus und Longinus die Bitte, ihnen zu 

gestatten, dass sie in der erwähnten Angelegenheit eine Ge- 
sandtschaft an den Caesar Claudius schickten. 

6. Wie Fadus dies gegen Stellung von Geiseln erlaubte. 

7. Wie der Caesar Claudius auf Verwendung des jüngeren 

Agrippa den Bitten der Juden willfahrte und deswegen an 
Fadus schrieb. 

8. Wie Helena, die Königin der Adiabener, nebst ihren Söhnen 

Monobazus und Izates und ihrer ganzen Familie zum Juden- 
tum übertrat. 

9. Wie Tiberius Alexander als Landpfleger nach Judaea kam und 

gegen die Söhne des Galiläers Judas, die das Volk aufgewiegelt 
hatten, einschritt. 

10. Von der im Lande ausgebrochenen Hungersnot. 

11. Ankunft des vom Caesar geschickten Landpflegers Cumanus in 

Judaea. 



634 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


12. Wie nach Herodes, des Königs von Chalkis, Tod der jüngere 

Agrippa mit Bewiligung des Caesars Claudius dessen Reich 
übernahm. 

13. Wie unter Cumanus viele Juden in der Nähe des Tempels um- 

kamen. 

14. Streit zwischen den Samaritern und Juden, und wie eine Menge 

Samariter getötet wurden. 

15. Wie Ummidius Quadratus , der Statthalter in Syrien, auf die 

Nachricht hiervon nach Judaea kam und die Vornehmsten 
der Juden und Samariter sowie den Landpfleger Cumanus 
und den Tribun Celer nach Rom sandte, um sich vor dem 
Caesar Claudius zu verantworten. Wie er alsdann einige 
Juden selbst zur Strafe zog. 

15. Wie Claudius, nachdem er die Juden und ihre Begleiter ver- 
hört hatte, die ersteren auf Verwendung dos Königs Agrippa 
freisprach , den Cumanus aber verbannte und den Tribun 
Celer sowie die Vornehmsten der Samariter zum Tode ver- 
urteilte. 

17. Wie nach des Claudius Tod Nero auf den Thron gelangte. 

18. Wie Felix, der Landpfleger von Judaea, weil er das Land von 

Räubern bedrängt sah , diese vernichtete , dem Laude den 
Frieden wiedergab und den Räüberhauptmann Eleazar ge- 
fesselt nach Rom schickte. 

19. Wie Felix, als ein aegyptischer Gaukler aufgetreten war und 

viele Juden zur Empörung verleitet hatte, dagegen einschritt 
und viele der Aufrührer niodermachen liess. 

20. Wie Felix den Streit zwischen den vornehmsten Juden und 

Syrern zu Caesarea beilegte. 

21. Wie unter dem Landpfleger Porcius Festus Judaea von den 

Sikariern beunruhigt wurde. Wie die Juden die äussere 
Säulenhalle des Tempels höher bauten. 

22. Wie Festus im Unwillen darüber die Vornehmsten der Juden, 

die ihn wegen des Vorgefallenen beschwichtigen wollten, nach 
Rom zu Nero sandte. 

23. Wie Festus in Judaea starb und Albinus ihm im Amt folgte. 

24. Wie unter Albinus die Sikarier aufhörten, das Land zu schädigen. 

25. Wie Florus, des Albinus Nachfolger, den Juden so viel Böses 

anthat, dass er sie zum Kriege trieb. 



Zwanzigstes Buch, 1 . Kapitel. 


635 


Erstes Kapitel. 

Streit der Bewohner von Philadelphia mit den Juden. 

Gesandtschaft nach Rom betreffs des hohepriesterlichen 

Gewandes. 

1. Als der König Agrippa, wie ich im vorigen Buch 
erzählte, aus dem Leben geschieden war, ernannte der 
Caesar Claudius den Cassius Longinus zum Nachfolger des 
Marsus und ehrte damit das Andenken des Königs, der 
ihn während seines Lebens öfters schriftlich gebeten 
hatte, er möge den Marsus nicht mehr als Statthalter in 
Syrien belassen. Bei seiner Ankunft in Judaea nun 
traf Fadus die jüdischen Bewohner von Peraea in 
hellem Streit mit den Bürgern Philadelphias wegen 
der Grenzen eines Bezirkes, der Mia hiess und den jetzt 
das Getümmel des Krieges erfüllte. Das gemeine Volk 
in Peraea nämlich hatte ohne Vorwissen der Angesehenen 
des Landes zu den Waffen gegriffen und viele Bewohner 
Philadelphias niedergemacht. Als Fadus davon Kunde 
erhielt, geriet er in Zorn, weil die Juden, wenn sie sich 
von den Bewohnern Philadelphias benachteiligt geglaubt, 
ihm die Entscheidung anheimgeben und nicht ohne 
weiteres zu den Waffen hätten greifen dürfen. Er Hess 
deshalb die drei Vornehmsten von ihnen, die auch den 
ganzen Streit angezettelt hatten, io Fesseln legen und 
den einen, der Annibas hiess, hinrichten; die beiden 
anderen aber, Amaram und Eleazar, verwies er des 
Landes. Nicht lange nachher wurde auch der Räuber- 
hauptmann Tholomaeus, der den Idumäern und Arabern 
beträchtlichen Schaden zugefügt hatte, gefesselt ihm vor- 
geführt und mit dem Tode bestraft, und bald war durch 
seine Energie ganz Judaea von den Räuberhorden befreit. 
Darauf beschied er, wie der Caesar ihm befohlen hatte, 
die Priester und Vornehmen von Jerusalem zu sich und 
forderte sie auf, das lange Unterkleid und die übrigen 
heiligen Gewandstücke, welche nur der Hohepriester an- 
legen durfte, wieder nach der Burg Antonia zu bringen, 


Go gle 




686 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


damit sie wie früher der Obhut der Römer unterstanden. 
Diesem Ansinnen wagten die Versammelten nicht zu 
widersprechen, richteten aber an Fadus und Longinus, 
von denen der letztere in der Befürchtung, jenes Ver- 
langen mochte das Volk zum Aufruhr treiben, mit 
grosser Truppenmacht nach Jerusalem gekommen war, 
die Bitte, ihnen zunächst die Abordnung einer Gesandt- 
schaft an den Caesar wegen Überlassung der heiligen 
Gewänder zu gestatten und sich noch so lange zu ge- 
dulden, bis sie von Claudius Antwort erhalten hätten. 
Die beiden entgegneten, sie hätten gegen die Gesandt- 
schaft nichts einzuwenden, doch müssten die Bittsteller 
ihre Kinder als Geiseln stellen. Dazu verstanden sich 
die Juden gern, und so machten sich die Gesandten auf 
den Weg. Als sie in Rom angelangt waren, bat der 
jüngere Agrippa, der Sohn des verstorbenen Königs, der, 
wie erwähnt, am Hofe des Caesars lebte, den letzteren, 
er möge den Wunsch der Juden betreffs der heiligen 
Gewänder erfüllen und den Fadus mit entsprechender 
Weisung versehen. 

2. Daraufhin liess Claudius die Gesandten zu sich 
kommen und erklärte ihnen, er wolle dem Gesuch statt- 
geben. Zu danken hätten sie dies aber nur Agrippa, 
auf dessen Verwendung er also handle. Ausser dieser 
Antwort erhielten sie noch einen Brief folgenden In- 
halts: „Claudius Caesar Germanicus, zum fünftenmal 
Tribun, zum viertenmal Konsul, zum zehntenmal Impe- 
rator, Vater des Vaterlandes, an den Magistrat, den 
hoben Rat und die Bürgerschaft zu Jerusalem und an 
das gesamte Volk der Juden. Da mein lieber Freund 
Agrippa, der bei mir seine Bildung genoss und stets in 
meiner Nähe weilte, eure Gesandten, die mir für meine 
Sorge um euer Volk dankten und mich inständigst 
baten, das heilige Gewand und den Turban des Hohe- 
priesters zu eurer Verfügung zu lassen, bei mir ein- 
geführt hat, so gestatte ich hiermit, dass es bei der An- 
ordnung des edlen und mir sehr werten Vitellius sein 
Bewenden habe. Diesem eurem Verlangen gebe ich 



Zwanzigstes Bach, 1. Kapitel. 


6B7 


nach, weil vor allem mein eigenes Gewissen mich dazu 
treibt, und weil ich will, dass alle meine Unterthanen 
die Gottheit nach ihren althergebrachten Satzungen ver- 
ehren, sodann aber auch, weil ich überzeugt bin, dass 
ich damit dem Könige Herodes selbst und dem jungen 
Aristobulus, von deren Ergebenheit gegen mich und 
Wohlwollen gegen euch ich Beweise habe und denen 
ich um ihres Edelsinnes und ihrer Liebenswürdigkeit 
willen besonders zugethan bin, einen Gefallen erzeige. 
Den Landpfleger Cuspius Fadus habe ich hiervon be- 
reits in Kenntnis gesetzt Die Namen der Überbringer 
dieses Schreibens Bind: Cornelius, Sohn des Keron, 
Tryphon, Sohn des Theudion, Dorotheus, Sohn des Na- 
thanael, und Joannes, Sohn des Joannes. Gegeben am 
achtundzwanzigsten Juni unter dem Konsulat des 
Rufus und des Pompejus Silvanus.“ 

3. Nun aber erbat sich Herodes, der Bruder des ver- 
storbenen Agrippa und damalige Beherrscher von 
Chalkis, vom Caesar Claudius das Verfügungsrecht über 
den Tempel und die heiligen Gelder sowie die Voll- 
macht, die Hohepriester zu ernennen. Das alles wurde 
ihm denn auch vom Caesar zugestanden, sodass bis zum 
Ende des Jüdischen Krieges seinen sämtlichen Nach- 
kommen diese Befugnisse verblieben. Demzufolge ent- 
setzte Herodes den Hohepriester mit dem Beinamen 
Kantheras seines Amtes und übertrug dasselbe an 
Joseph, den Sohn des Kamus. 



638 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Zweites Kapitel. 

Wie Helena , die Königin von Adiabene , und ihr Sohn 
Izates zur jüdischen Religion übertraten, und wie erstere 
zur Zeit einer Hungersnot den Bewohnern von Jeru- 
salem b eistand. 

1. Um diese Zeit traten die Königin Helena von 
Adiabene und ihr Sohn Izates zum Judentum über, 1 und 
zwar aus folgender Veranlassung. Monobazus, der König 
der Adiabener, der den Beinamen Bazaeus führte, ver- 
liebte sich in Helenas Schwester und heiratete sie. Es 
dauerte auch nicht lange, so wurde sie schwanger von 
ihm. Als er nun einst an ihrer Seite schlief und seine 
Hand auf ihren Leib legte, glaubte er im Schlaf eine 
Stimme zu hören, die ihm gebot, die Hand zurückzu- 
ziehen , damit er nicht das Kind im Mutterleibe be- 
schädige, das durch Gottes Vorsehung ins Leben gerufen 
worden sei und einem glücklichen Dasein entgegengehe. 
Durch diese Stimme erschreckt, wachte er auf und er- 
zählte seiner Gattin, was er gehört habe. Als nun das 
Kind, ein Sohn, zur Welt kam, gab er ihm den Namen 
Izates. Bereits hatte er aber von Helena einen älteren 
Sohn Monobazus und ausserdem auch noch Söhne von 
anderen Gattinnen. Dennoch erwies er dem Izates eine 
viel grössere Liebe, gleich als hätte er nur den einen 
Sohn. Daher kam es, dass der Knabe von allen seinen 
Stiefbrüdern beneidet wurde, und der Neid wuchs 
schliesslich zu offenem Hasse an, weil alle sich durch 
die Bevorzugung des Izates gekränkt fühlten. Obgleich 
nun dem Könige dieser Hass nicht entging, verzieh er 
ihnen doch ihre gereizte Stimmung, weil sie offenbar 
nicht aus Bosheit sich so benahmen, sondern alle in 
gleicher Weise auf ihres Vaters Liebe Anspruch machten. 
Da er aber sehr besorgt war, Izates möchte unter dem 


1 Vergl. hierzu den Jerusalemitischen Talmud, Sukka, 1 und 
Nazir, 3, 6, sowie das Erbauungsbuch Midrasch Bereschit Rabba. 



Zwanzigstes Buch, 2. Kapitel. 


639 


Hasse seiner Brüder zu leiden haben, schickte er den- 
selben mit reichen Geschenken zu Abennerig, dem 
Könige von Charax Spasini, 1 dem er das Heil seine» 
Kindes anvertraute. Abennerig nahm den jungen Mann 
freundlich auf, erwies ihm ganz besonderes Wohlwollen, 
gab ihm seine Tochter Symacho zur Ehe und schenkte 
ihm eine Provinz, die ihm reiche Einkünfte brachte. 

2. Als Monobazus nun zu hohem Alter gelangt war 
und das Ende seines Lebens herannahen fühlte, wünschte 
er vor seinem Tode noch einmal seinen Sohn zu sehen. 
Er beschied ihn deshalb zu sich, nahm ihn mit herz- 
licher Liebe auf und schenkte ihm die Landschaft 
Karrae. Diese Gegend ist besonders ergiebig an Amo- 
mum, 2 und es befinden sich dort auch noch die Über- 
reste der Arche, in welcher Noe der Sintflut entkommen 
sein soll. 3 Jedem, der sie sehen will, werden die Trümmer 
noch bis auf den heutigen Tag gezeigt. In dieser Land- 
schaft also hielt sich Izates auf, bis sein Vater das 
Zeitliche gesegnet hatte. An dem nämlichen Tage nun, 
da Monobazus starb, versammelte die Königin Helena 
alle Grossen, Satrapen und Heerführer des Reiches, und 
als dieselben sich ein gefunden hatten, sprach sie zu 
ihnen: „Es ist euch, wie ich glaube, wohlbekannt, das» 
mein Gatte den Izates zu seinem Nachfolger gewünscht 
und ihn dieser Ehre würdig erachtet hat. Indes will 
ich auch eure Ansicht darüber hören. Denn glücklich 
ist derjenige, der nicht von einem einzigen, sondern von 
vielen und zwar mit ihrer vollen Einwilligung die 
Herrschaft erhält.“ Das sagte sie, um die Stimmung 
der Versammelten zu erforschen. Als diese nun die 
Worte vernahmen, fielen sie zunächst nach Landessitte 
vor ihrer Königin nieder und erklärten dann, sie 
müssten dem Wunsche des Königs durchaus beipflichten 
und würden Izates, dem der Vater mit Recht und im 


1 Vergl. I, 6 , 4 . 

2 Ein würziger Balsam. 

3 Vergl. I, 16,1 und 19,4 (Charra). 


Go gle 



640 


Josephua’ Jüdische Altertümer. 


Sinne aller Unterthanen den Vorzug vor seinen Brüdern 
gegeben, mit Freuden als ihren Herrn anerkennen. 
Obendrein versicherten sie auch noch, sie wollten des 
Izates Brüder und seine sonstigen Verwandten um- 
bringen, damit er in Sicherheit regieren könne. Denn 
wenn man diese aus dem Wege geräumt habe, sei auch 
alle Furcht beseitigt, die ihm ihr Hass und Neid ein- 
flösseri würde. Helena sprach ihnen darauf für die freund- 
liche Gesinnung gegen sie und Izates ihren Dank aus, 
beschwor sie aber zugleich, ihren Plan wegen der Tötung 
seiner Brüder zu verschieben, bis Izates käme und ihn 
billigte. Da nun die Versammelten mit ihrer Ansicht 
nicht durchzudringen vermochten, rieten sie der Königin, 
um ihrer eigenen Sicherheit willen die Brüder wenigstens 
einkerkern zu lassen, bis Izates da wäre, und inzwischen 
jemand, dem sie besonderes Vertrauen schenke, zum 
Reich 8 Verweser zu ernennen. Diesen Vorschlag befolgte 
Helena und ernannte ihren ältesten Sohn Monobazus 
zum König, setzte ihm das Diadem auf, gab ihm den 
Siegelring seines Vaters sowie die sogenannte Sampsera 1 
und befahl ihm, das Reich bis zur Ankunft seines 
Bruders zu verwalten. Dieser aber traf schnell ein, als 
er den Tod seines Vaters erfahren hatte, und Monobazus 
trat ihm bereitwillig die Regierung ab. 

3. Zu der Zeit nun, als Izates sich in Charax Spa- 
sini aufgehalten hatte, waren die Frauen des dortigen 
Hofes durch einen jüdischen Kaufmann mit Namen 
Ananias, der daselbst Zutritt hatte, in der jüdischen 
Religion unterrichtet worden. Durch Vermittlung der 
Frauen ward der Kaufmann auch mit Izates bekannt, 
und es gelang ihm , denselben ebenfalls für seine Reli- 
gion zu gewinnen. Bald darauf wurde Izates von seinem 
Vater nach Adiabene zurückberufen, und nun begleitete 
ihn der Kaufmann auf seine inständigen Bitten dorthin. 

1 Sampsa heisst bei den Arabern die Sonne. Die Sampsera wird 
also ein goldener Schild in Sonnenform gewesen sein , der ab 
Herrscherabzeichen getragen wurde. 



Zwanzigstes Buch, 2. Kapitel. 


641 


Inzwischen hatte auch Helena, die von einem anderen 
Juden unterrichtet worden war, den jüdischen Glauben 
angenommen. Als nun Izates beim Antritt seiner Re- 
gierung nach Adiabene kam und seine Brüder und 
übrigen Verwandten in Ketten sah, war ihm das keines- 
wegs recht. Sie hinzurichten oder weiterhin gefangen 
zu halten , erschien ihm unbillig ; anderseits konnte er 
sich, da er ihres früheren Hasses gedachte, nicht ent- 
schliessen, sie frei neben sich zu haben, und so 
schickte er einige von ihnen samt ihren Kindern 
als Geiseln nach Rom zum Caesar Claudius , die 
übrigen aber in gleicher Eigenschaft zum Partherkönige 
Artabanus. 

4. Sobald Izates erfuhr, wie sehr seine Mutter den 
jüdischen Gebräuchen zugethan sei, wollte auch er selbst 
sich vollständig dazu bekennen, und da er sich für 
keinen rechten und vollkommenen Juden hielt, wenn er 
sich nicht beschneiden liesse, war er auch hierzu bereit. 
Seine Mutter aber, der dies zu Ohren kam, suchte ihn 
von seinem Vorhaben abzubringen, indem sie ihm zu 
bedenken gab, in wie grosse Gefahr er dadurch geraten 
würde. Es müsse ja bei seinen Unterthanen lebhaften 
Unwillen erregen, wenn sie vernähmen, dass er sich zu 
fremden und ihnen ganz widerwärtigen Gebräuchen be- 
kenne, und sie würden gewiss nicht zugeben, dass ein 
echter Jude über sie herrsche. Durch solche Vor- 
stellungen suchte sie ihm seine Absicht zu verleiden. 
Izates aber teilte ihre Äusserungen dem Ananias mit, 
der wider Erwarten die Ansicht der Helena billigte und 
ihm zugleich ankündigte, er werde seinen Hof verlassen, 
wenn er nicht gehorche. Er, Ananias, müsse ja selbst 
Gefahr für sein Leben befürchten, wenn die Sache in 
die Öffentlichkeit käme, weil man ihm dann gleich den 
Vorwurf machen würde, den König dazu verleitet und 
ihn in solchen, ihm so wenig anstehenden Dingen unter- 
wiesen zu haben. Izates, fuhr er fort, könne Gott auch 
ohne Beschneidung verehren, wenn er nur die gottes- 
dienstlichen Gebräuche der Juden befolgen wolle, die 

Josephus 1 Jüdische Altertümer, n. 41 




642 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


viel wichtiger als die Beschneidung seien. Dann fügte 
er noch hinzu , Gott selbst werde ihm wohl gern nach- 
sehen, dass er von der Beschneidung Abstand nehme, 
weil er sich in einer Zwangslage befinde und Rücksicht 
auf seine Unterthanen nehmen müsse. Durch diese 
Worte liess der König sich einstweilen bereden. Einige 
Zeit nachher aber machte ein aus Galilaea gekommener 
Jude mit Namen Eleazar, der für besonders gesetzes- 
kundig galt, sein Verlangen nach der Beschneidung 
wieder rege. Als dieser nämlich beim Könige Einlass 
erlangt hatte und ihn bei der Lesung des moysaischen 
Gesetzes an traf, sprach er zu ihm: „Du weisst nicht, o 
König, wie sehr du dich gegen das Gesetz und demnach 
auch gegen Gott verfehlst. Es ist nämlich nicht genug, 
das Gesetz zu lesen, sondern du musst auch alle seine 
Vorschriften befolgen. Wie lange willst du denn noch 
ohne Beschneidung bleiben? Hast du die Bestimmungen 
über dieselbe noch nicht gelesen, so thu das gleich, da- 
mit du einsiehst, wie weit du noch von wahrer Frömmig- 
keit entfernt bist.“ Als der König ihn so reden hörte, 
war er sogleich entschlossen, nicht länger zu säumen. 
Er begab sich daher in ein anderes Gemach und liess 
durch einen Arzt die Vorschrift des Gesetzes an sich 
vollziehen, worauf er seine Mutter und seinen Lehrer 
Ananias rufen liess und ihnen mitteilte, was er gethan 
habe. Diese ängstigten sich hierüber beide nicht wenig 
und fürchteten, der König möchte, sobald die Sache 
ruchbar würde, Gefahr laufen, seinen Thron zu verlieren, 
weil die Unterthanen gewiss keinen Herrscher über sich 
dulden würden , der ausländische Sitten angenommen 
habe. Obendrein beschlich sie auch noch die Besorgnis, 
sie möchten als der Urheberschaft verdächtig in gleiche 
Gefahr geraten. Gott aber liess ihre Befürchtungen 
sich nicht verwirklichen. Denn aus all den Gefahren, 
in denen Izates schwebte, rettete er ihn und seine Kinder, 
indem er ihnen, als sie schon fast verzweifelten, den 
Weg zum Heile wies und ihnen zeigte, dass die, welche 
zu Gott aufschauen und auf ihn allein ihr Vertrauen 




Zwanzigstes Buch, 2. Kapitel. 


643 


setzen, den Lohn ihrer Frömmigkeit sicher erwarten 
dürfen. Doch hiervon später. 

5. Als nun des Königs Mutter Helena sah, dass im 
Reiche durchaus friedliche und geordnete Zustände 
herrschten und dass ihr Sohn glücklich und durch 
Gottes Fügung auch im Ausland überall hochangesehen 
war, regte sich in ihr das Verlangen, nach Jerusalem 
zu pilgern, um den von aller Welt gerühmten Tempel 
Gottes zu verehren und Dankopfer darzubringen. Dazu 
bat sie ihren Sohn um seine Einwilligung. Dieser ge- 
währte ihr die Bitte mit Freuden, liess grossartige Vor- 
bereitungen treffen , versah sie reichlich mit Geld und 
gab ihr eine gute Strecke Wegs das Geleit. Den Be- 
wohnern von Jerusalem aber konnte nichts erwünschter 
sein, als Helenas Ankunft. Denn Hungersnot 1 bedrückte 
ihre Stadt, und da viele Bürger aus Mangel an Lebens- 
mitteln umkamen, schickte die Königin einige aus ihrem 
Gefolge nach Alexandria, um grosse Mengen Getreide 
dort zu kaufen, und andere nach Cypern, um ganze 
Schiffsladungen Feigen herbeizuschaffen. Als die Ab- 
gesandten , welche die Reise mit grösster Schnelligkeit 
zurückgeiegt hatten, wieder da waren, liess sie den Not- 
leidenden Lebensmittel austeilen, sodass sie sich durch 
ihre Wohlthätigkeit bei unserem ganzen Volke ein ge- 
segnetes Andenken sicherte. Auch ihr Sohn Izates 
säumte nicht, als er von der Hungersnot Kunde erhielt, 
an die Vornehmsten in Jerusalem grosse Geldsummen 
zu senden, welche unter die Darbenden verteilt wurden 
und viele vom Hungertod erretteten. Was diese Königs- 
familie noch sonst für Wohlthaten unserer Hauptstadt» 
erwies, und welche Dienste die letztere dafür leistete 
werde ich später mitteilen. 2 


1 Vergl. Apostelgeschichte 11,28 

2 Wo, ist unbekannt. 


Go gle 


41 * 



644 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Drittes Kapitel. 

Wie der Partherkönig Artabanus 
aus Furcht vor einer Verschwörung seiner Satrapen 
sich zu Izates flüchtete und mit dessen Hilfe seinen 
Thron wieder bestieg. 

1. Inzwischen war der Partherkönig Artabanus zu der 
Überzeugung gekommen, dass seine Satrapen eine Ver- 
schwörung gegen ihn angestiftet hätten, und da er sich 
bei ihnen nicht länger mehr sicher glaubte, beschloss er, 
sich zu Izates zu begeben in der Absicht, dort Schutz 
zu suchen und mit dessen Hilfe womöglich seinen Thron 
wieder zu erlangen. So kam er in Begleitung Beiner 
Verwandten und Diener, ungefähr tausend an der Zahl, nach 
Adiabene und traf mit Izates, den er sehr gut kannte, 
während er selbst dem Izates noch völlig unbekannt 
war, auf dem Wege zusammen. Als er nun in seine 
Nähe gekommen war, hei er zunächst nach Landesbrauch 
vor ihm nieder und sprach zu ihm: „0 König, verachte 
nicht deinen Diener und erhöre gnädig meine Bitte. 
Denn das Unglück hat mich schwer darniedergebeugt, 
und ich bedarf, von der Höhe des Thrones ins Privat- 
leben gestossen, dringend deiner Hilfe. Bedenke also, 
wie unbeständig das Glück ist, und dass auch du ein- 
mal in dieselbe Lage kommen könntest. Lässt du mich 
ungerächt, so werden sich viele finden, die gegen andere 
Könige mit noch grösserer Verwegenheit auftreten.“ 
Diese Worte sprach Artabanus unter Thränen und ge- 
senkten Hauptes. Sobald aber Izates seinen Namen 
hörte und ihn in so demütiger Stellung vor sich sah, 
6prang er vom Pferde und redete ihm zu: „Sei gutes 
Muts, König, und lass dich durch dein jetziges Un- 
glück nicht aus der Passung bringen, als könnte dem- 
selben nicht abgeholfen werden. Bald nämlich soll 
deine Trauer sich in Freude verwandeln, und du sollst 
an mir einen besseren Freund und Bundesgenossen 
finden, als du vielleicht erwartet hast. Denn entweder 




Zwanzigstes Buch, 3. Kapitel. 


645 


führe ich dich auf den parteiischen Thron zurück, oder 
ich trete dir meinen eigenen ab." 

2. Nach diesen Worten liess er den Artabanus zu 
Pferde steigen und folgte selbst zu Fuss nach, um ihm 
durch diese Ehrenbezeugung den Vorrang zuzuerkennen. 
Als aber Artabanus dies gewahrte, wollte er es durchaus 
nicht zugeben und schwur bei seinem gegenwärtigen 
Glück und der ihm zu teil gewordenen Auszeichnung 
er werde absitzen, wenn nicht auch Izates wieder zu 
Pferde steige und voranreite. Izates gab nach, geleitete 
seinen Gast in die Königsburg und erwies ihm alle 
möglichen Ehren, räumte ihm auch bei allen Zusammen- 
künften und Gelagen den ersten Platz ein. Dabei sah 
er nicht auf die gegenwärtige Lage des Artabanus 
sondern nur auf dessen frühere Würde, und bedachte bei 
sich, dass den Wechselfällen des Glückes alle Menschen 
in gleicher Weise unterworfen seien. Er schrieb darauf 
an die Parther, forderte sie auf, Artabanus wieder an, 
zuerkennen, und liess ihnen unter Eid versichern, dass 
durch seine Vermittlung das Geschehene vergessen 
werden solle. Die Parther weigerten sich nun zwar 
nicht, ihren König wieder aufzunehmen, erklärten aber, 
dass sie keine Verfügung mehr über den Thron besässen, 
weil sie denselben schon einem anderen, nämlich einem 
gewissen Kinnamus, an vertraut hätten und fürchten 
müssten, durch Änderung der jetzigen Lage einen Auf- 
ruhr hervorzurufen. Als aber Kinnamus von diesem 
Bescheid Kenntnis erhielt, schrieb er selbst an Arta 
banus, dessen Pflegesohn er war, und bat ihn ehrlich 
und aufrichtig, seinem Worte zu vertrauen und wieder- 
zukommen , um sein Reich in Besitz zu nehmen. Arta- 
banus verliess sich auf sein Versprechen und kehrte 
zurück. Kinnamus aber ging ihm entgegen und be- 
grüsste ihn als König, indem er ihm das Diadem auf- 
setzte, das er von seinem eigenen Haupt genommen 
hatte. 

3. So gelangte Artabanus mit Hilfe des Izates wieder 
auf den Thron, den ihm seine eigenen Grossen entrissen 



646 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


hatten. Übrigens bewies er Izates in der Folge seinen 
Dank, indem er ihm die höchsten Ehrenbezeugungen zu 
teil werden liess. Besonders gestand er ihm das Recht 
zu, eine aufrechtstehende Tiara zu tragen und in einem 
goldenen Bett zu schlafen, Auszeichnungen, die sonst 
nur den parthischen Königen zukommen. Ferner 
schenkte er ihm eine grosse und fruchtbare Landschaft, 
die er von dem Gebiete des armenischen Königs los- 
gerissen hatte. Diese Landschaft hiess Nisibis, und in 
ihr hatten die Macedonier einst eine Stadt gegründet, 
die sie Antiochia Epimygdonia nannten. So vergalt 
der Partherkönig die ihm von Izates geleisteten Dienste. 

4. Nicht lange darauf starb Artabanus und hinter- 
liess das Reich seinem Sohne Vardanes. Dieser kam 
zu Izates und wollte ihn bereden, zum Zweck eines 
Krieges gegen die Römer sich mit ihm zu verbünden 
und ihm Hilfstruppen zu stellen. Das gelang ihm in- 
des nicht, da Izates, der die Macht und das Kriegsglück 
der Römer kannte, wohl einsah, dass er etwas Unmög- 
liches unternehme. Statt dessen sandte er seine fünf 
Söhne, die sämtlich noch im Jünglingsalter standen, zu 
uns, um unsere Landessprache und unsere heimischen 
Gebräuche gründlich zu erlernen , liess seine Mutter, 
wie schon erwähnt, den Tempel besuchen und zog die 
Kriegsangelegenheit immer mehr in die Länge, indem er 
den Vardanes mit Berichten von der Macht und den 
Heldenthaten der Römer hinhielt, um ihm Furcht ein- 
zuflössen und seine Kriegsbegierde zu dämpfen. Das 
aber erbitterte den Parther, und sogleich erklärte er 
Izates den Krieg. Doch brachte er diesen Feldzug nicht 
zustande, weil Gott seine ganze Hoffnung zu nichte 
machte. Als nämlich die Parther die Absicht des Var- 
danes sowie seinen Entschluss, die Römer zu bekriegen, 
erfuhren, ermordeten sie ihn und übertrugen seinem 
Bruder Kotardes 1 die Königswürde. Doch auch dieser 
fiel bald einer Verschwörung zum Opfer, und es folgte 


1 Gotarzes bei Tacitus. 


Go gle 



Zwanzigstes Buch, 4. Kapitel. 


647 


ihm sein Bruder Vologeses, 1 der das Reich unter seine 
zwei rechten Brüder so teilte, dass der ältere, Pakorus, 
Medien, der jüngere, Tiridates, Armenien erhielt. 2 


Viertes Kapitel. 

Kriegszug der Araber gegen Adiabene. 

Izates entgeht durch Gottes Fügung den Händen der Parther. 

Sein Tod. 

1. Als des Königs Bruder Monobazus und seine 
übrigen Verwandten den Izates um seiner Frömmigkeit 
willen bei aller Welt so hochgeachtet sahen , ergriff sie 
ebenfalls das Verlangen, ihre heimischen Gebräuche auf- 
zugeben und zur jüdischen Religion überzutreten. Das 
thaten sie denn auch alsbald. Wie nun aber ihr Be- 
ginnen bekannt wurde, regte sich bei den Grossen des 
Landes heftiger Unwille, und wenn sie ihren Zorn auch 
nicht gerade offen zur Schau trugen, so wühlte derselbe 
doch in ihrem Innern, sodass sie nur auf der* geeigneten 
Zeitpunkt warteten, um ihre Rache zu kühlen. Endlich 
schrieben sie an den Araberkönig Abias und ver- 
sprachen ihm eine grosse Summe Geldes, wenn er gegen 
ihren König zu Felde ziehen wolle. Beim ersten Zu- 
sammenstoss würden sie sogleich von Izates abfallen, 
um ihn für seinen Übertritt zum Judentum zu züchtigen, 
und sie wollten sich hierzu eidlich verpflichten, wenn 
Abias nur recht bald käme. Der Araber ging darauf 
ein und rückte mit grosser Heeresmacht gegen Izates 
heran. Als nun die Schlacht beginnen sollte, wandte 
sich auf ein gegebenes Zeichen des Izates ganzes Heer 
zur Flucht und lief, wie von panischem Schrecken er- 


1 Nach Tacitus (Annalen, XII, u) erlag Gotarzes einer 
Krankheit, und es folgte ihm zunächst Vonones und dann erst 
Vologeses. 

2 Vergl. Tacitus, Annalen, XII, 50. 


Go gle 


648 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


griffen, auseinander. Izates aber liess sich dadurch nicht 
einschüchtern , sondern da er einsah, dass Verrat von 
seiten seiner Grossen im Werke war, zog er sich auch 
selbst ins Lager zurück. Hier stellte er eine Unter- 
suchung über die Ursache der Flucht an, und als das 
Einvernehmen mit dem Araber an den Tag kam , liess 
er die Urheber des Verrates hinrichten, zog dann am 
folgenden Tage wieder gegen den Feind und trieb dessen 
gesamte Streitmacht unter grossem Gemetzel in die 
Flucht. Den feindlichen König selbst verfolgte er und 
drängte ihn in das Kastell Arsamus, welches er alsdann 
belagerte und erstürmte. Mit reicher Beute beladen, 
kehrte er darauf nach Adiabene zurück, ohne jedoch 
den Abias in seine Gewalt bekommen zu haben; denn 
dieser hatte, als er sich von allen Seiten umzingelt sah, 
sich selbst das Leben genommen, um nicht in Izates’ 
Hände zu fallen. 

2. Obgleich nun die adiabenischen Grossen diesen 
ihren ersten Anschlag vereitelt sahen, und Gott 
selbst sie in die Gewalt ihres Königs gegeben hatte, 
ruhten sie dennoch nicht, sondern schrieben jetzt an 
Vologeses, den König der Parther, er möge ihnen an 
stelle des Izates irgend einen parthischen Fürsten zum 
Herrscher geben. Denn ihr jetziger König sei ihnen 
verhasst, weil er ihre heimischen Satzungen abschaffen 
und fremde Sitten einführen wolle. Dieser Antrag 
reizte den Parther zum Kriege, und da er keinen rechten 
Vorwand finden konnte, forderte er von Izates Verzicht- 
leistung auf die ihm von seinem Vater zugestandenen 
Auszeichnungen, widrigenfalls er ihm den Krieg erklären 
werde. Als Izates das vernahm, geriet er in heftige Be- 
stürzung; die Verzichtleistung auf das ihm gemachte 
Geschenk aber konnte er nur als Schmach ansehen, 
weil er damit den Vorwurf der Zaghaftigkeit auf sich 
laden würde. Da er jedoch einsah, dass der Parther 
auch nach einer solchen Verzichtleistung sich noch nicht 
zufrieden geben würde, beschloss er, sich in seiner Not- 
lage dem Schutze Gottes an zu vertrauen, und liess in der 




Zwanzigstes Buch, 4. Kapitel. 


649 


Hoffnung auf dessen mächtige Hilfe seine Kinder und 
Gattinnen in ein sehr festes Kastell bringen, das vor- 
handene Getreide in die Festungen schaffen und alles 
Heu und Weidefutter verbrennen. Nach diesen Vor- 
bereitungen sah er der Ankunft seiner Feinde entgegen. 
Viel schneller, als man erwartete, war der Parther, der 
grosse Märsche gemacht hatte, mit bedeutender Truppen- 
macht zu Fuss und zu Pferde da und schlug sein Lager 
an dem Flusse auf, der Adiabene von Medien trennt 
Nicht weit davon lagerte auch Izates mit ungefähr sechs- 
tausend Mann, und alsbald kam ein Bote des Parthers 
zu ihm, der ihm die Grösse der parthischen Macht 
welche sich vom Euphrat bis zu dem Gebiete der 
Baktrer erstreckte, und die Menge der den Parthern 
unterworfenen Fürsten schilderte. Alsdann drohte ihm 
der Bote mit schwerer Strafe , weil er sich gegen seinen 
Herrn undankbar bewiesen habe, und fügte hinzu, selbst 
der Gott, den er verehre, vermöge ihn nicht den Händen 
des Partherkönigs zu entreissen. Auf diese Prahlereien 
des Boten entgegnete IzateB, er wisse wohl recht gut, 
dass die parthische Macht viel grösser sei als die seinige. 
Noch viel besser aber wisse er, dass Gott mächtiger als 
alle Menschen zusammen sei. Nachdem er diese Ant- 
wort erteilt, wandte er sich im Gebete zu Gott, warf 
sich zur Erde nieder, bestreute sein Haupt mit Asche 
und fastete mit Weib und Kind, und flehend erscholl 
sein Bitte zum Herrn: „O höchster aller Herrscher, 
wenn ich nicht vergebens auf deine Güte vertraut habe, 
sondern dich mit Recht als einzigen und vornehmsten 
Helfer verehre, so eile, mir beizustehen, und vernichte 
meine Feinde, nicht sowohl meinetwegen, als weil sie 
wider deine Macht sich zu erheben gewagt und ihre 
prahlerische Zunge nicht im Zaum gehalten haben.“ So 
flehte Izates unter Thränen und Wehklagen zu Gott, 
und dieser erhörte ihn. Noch in derselben Nacht näm- 
lich erhielt Vologeses einen Brief, der ihm meldete, die 
Daher und Saker hätten sich seine Abwesenheit zu- 
nutze gemacht und seien mit grosser Heeresmacht in 




650 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Parthien eingefallen , das von ihnen geplündert und 
verwüstet werde. So musste er sich unverrichteter Sache 
zurückziehen , und Izates war durch Gottes Fügung der 
Gefahr entronnen. 

3. Nicht lange darauf starb Izates im sechsund- 
fünfzigsten Jahre seines Lebens und im fünfund- 
zwanzigsten seiner Regierung. Er hinterliess vierund- 
zwanzig Söhne und vierundzwanzig Töchter, bestimmte 
aber zu seinem Nachfolger auf dem Throne den Mono- 
bazus aus Dankbarkeit dafür, dass dieser ihm nach 
des Vaters Tod während seiner Abwesenheit so treu 
das Reich verwaltet hatte. Als Helena den Tod ihres 
Sohnes erfuhr, trauerte sie freilich, wie das von einer 
Mutter zu erwarten war, die einen so edlen Sohn 
verlor; doch fand sie ihren Trost darin, dass die Re- 
gierung auf ihren ältesten Sohn überging, und sie begab 
sich sogleich zu ihm hin. In Adiabene angekommen, 
überlebte sie indes ihren Sohn Izates nicht lange, 
sondern schied, von Alter und Gram gebeugt, alsbald 
aus dem Leben. Monobazus sandte ihre Gebeine mit 
denen seines Bruders nach Jerusalem und liess sie in 
den Pyramiden beisetzen, die seine Mutter, drei an der 
Zahl, drei Stadien von der Stadt entfernt hatte erbauen 
lassen. Was Monobazus während seines übrigen Lebens 
gethan, will ich später erzählen. 


Fünftes Kapitel. 

Von Theudas und den Söhnen des Galiläers Judas. 

Cumanus verhütet einen Aufruhr der Juden. 

1. Noch während Fadus Landpfleger von Judaea 
war, bewog ein Betrüger mit Namen Theudas 1 eine un- 
geheure Menschenmenge, ihm unter Mitnahme ihrer ge- 

1 Soll das der Betrüger sein , von dem Apostelgeschichte 5, $6 
die Rede ist, so müsste man annehmen, Josephus habe sich in der 
Zeit geirrt, da die Rede des Gamaliel viele Jahre früher gehalten 
wurde, als der hier erwähnte Vorgang sich abspielte. 



Zwanzigstes Buch, 5. Kapitel. 


651 


samten Habe an den Jordan zu folgen. Er gab sich 
nämlich für einen Propheten aus und behauptete, er 
könne durch sein Machtwort die Fluten des Jordan 
teilen und seinem Gefolge einen bequemen Durchgang 
ermöglichen. Durch solche Spiegelfechtereien gelang es 
ihm, viele zu täuschen. Indes duldete Fadus nicht, dass 
ihr sinnloses Treiben Schaden stifte, indem er eine Ab- 
teilung Reiter gegen sie aussandte, die unversehens über 
sie herfiel, viele von ihnen tötete und andere in Ge- 
wahrsam brachte. Theudas selbst geriet ebenfalls in 
Gefangenschaft , worauf er enthauptet und sein Kopf 
nach Jerusalem gebracht wurde. Das sind die Haupt- 
begebenheiten während der Amtsführung des Land- 
pflegers Cuspius Fadus. 

2. Auf Fadus folgte Tiberius Alexander, 1 der Sohn 
des Vorstehers Alexander zu Alexandria, der durch 
Edelsinn und Reichtum sich vor allen Einwohnern 
dieser Stadt auszeichnete und an Frömmigkeit seinen 
Sohn Alexander weit übertraf, da dieser den väterlichen 
Gebräuchen und Satzungen nicht treu blieb. Unter 
Tiberius Alexander dauerte die oben erwähnte Hungers- 
not, während welcher die Königin Helena Getreide in 
Aegypten kaufte und an die Notleidenden verteilen 
liess, noch an. Alexander liess auch Jakobus und 
Simon, die Söhne des Galiläers Judas, der, wie schon 
in einem der vorhergehenden Bücher erwähnt, während 
der Einschätzung des Quirinius das Volk zum Aufruhr 
verleitete, ans Kreuz schlagen. Herodes aber, der König 
von Chalkis, entsetzte um diese Zeit Joseph, den Sohn 
des Kemede, der hohepriesterlichen Würde und ernannte 
zu seinem Nachfolger Ananias, den Sohn des Nebedaeus. 
Tiberius Alexander wurde übrigens nach kurzer Amts- 
führung durch Cumanus ersetzt. 2 In diese Zeit fällt 
auch der Tod Herodes’, des Bruders Agrippas des 
Grossen. Er starb nämlich im achten Jahre der Re- 


1 45 n. Chr. 

* 49 n. Chr.; vergl, über letzteren Tacitus, Annalen, XII, 54 . 


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652 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


gierung des Claudius und hinterliess drei Söhne, Aristo- 
bulus, der ihm von seiner ersten Gemahlin Mariamne 
geboren war, sowie Berenikianus und Hyrkanus, die er 
von Berenike, der Tochter seines Bruders, erhalten hatte. 
Sein Reich übertrug der Caesar Claudius dem jüngeren 
Agrippa. 

3. Unter Cumanus brach in Jerusalem eine Empörung 
aus, bei der viele Juden umkamen. Zunächst will ich 
die Ursache darlegen, aus welcher dieselbe hervorging. 
Als das sogenannte Paschafest, an dem wir nur un- 
gesäuertes Brot zu essen pflegen , bevorstand und eine 
ungeheure Menschenmenge zu demselben herbeiströmte, 
befürchtete Cumanus, es möchten Unruhen entstehen, 
und gab deshalb einer Kohorte Soldaten den Befehl, 
in Wehr und Waffen die Säulenhallen des Tempels zu 
besetzen , um etwa ausbrechende Ruhestörungen gleich 
zu unterdrücken. Das hatten auch die früheren Land- 
pfleger an Festtagen stets angeordnet. Am vierten Tage 
des Festes nun liess sich ein Soldat beifallen , im An- 
gesichte des VolkeB seine Schamteile zu entblössen. Die 
Menge geriet hierüber in Erbitterung und schrie, nicht 
ihnen sei damit Schmach angethan, sondern Gott selbst 
sei gelästert. Als Cumanus den Vorfall vernahm, er- 
zürnte auch er nicht wenig über diese Verhöhnung , bat 
jedoch die Juden, sich aller Unruhen zu enthalten und 
während des Festes keine Empörung anzuzetteln. Da man 
ihm aber nicht gehorchte, sondern ihn nur noch mit desto 
grösseren Schmähungen überhäufte, liess er die gesamte 
Streitmacht zu den Waffen rufen und in die Antonia 
rücken; es war dies, wie oben erwähnt, die den Tempel 
beherrschende Veste. Beim Anblick der in Masse 
heranziehenden Soldaten ward das Volk in Schrecken 
versetzt und ergriff die Flucht. Weil aber die Strassen 
eng waren und die Juden sich von Feinden verfolgt 
glaubten, entstand bei der Flucht ein fürchterliches Ge- 
dränge, und viele wurden von den ungestüm Nach- 
folgenden erdrückt. Die Zahl der auf diese Weise 
Umgekommenen betrug an zwanzigtausend, und so 



Zwanzigstes Buch, 5. Kapitel. 


653 


wandelte sich die Festesfreude in tiefe Trauer. Opfer 
und Gebet waren vergessen, und die Stadt hallte wieder 
von Jammer und Wehklage. So grosses Unglück 
brachte der Mutwille eines einzigen Soldaten über die 
Juden. 

4. Noch aber war dieses Leid nicht vorüber, als 
auch schon ein anderes Unglück hereinbrach. Einige 
Unruhstifter nämlich griffen auf öffentlicher Land- 
strasse, hundert Stadien von der Stadt entfernt, wie 
Wegelagerer den Stephanus, einen Diener des Caesars, 
an und raubten ihm alles, was er bei sich hatte. Als 
Cumanus hiervon Kenntnis erhielt, schickte er sogleich 
Soldaten ab mit dem Befehl, die benachbarten Dörfer 
zu plündern und die Vornehmsten aus denselben ge- 
fesselt ihm vorzuführen, damit sie zur Verantwortung 
gezogen würden. Bei dieser Plünderung nun fand ein 
Soldat in einem Dorf die moysaischen Gesetze und 
zerriss das Buch vor aller Augen unter den mannig- 
faltigsten Verhöhnungen und Schmähungen. Sowie die 
Ji\den dies vernahmen , rotteten sie sich zusammen, 
zogen nach Caesarea, wo Cumanus sich auf hielt, und 
baten ihn, er möge doch nicht etwa- ihnen, sondern 
Gott, dessen Gesetz so unwürdig behandelt worden sei, 
Genugthuung verschaffen. Denn sie wollten lieber ihr 
Leben dahingeben, als ihre heimischen Gesetze so ge- 
schmäht wissen. Da nun Cumanus fürchtete, das Volk 
möchte abermals in Unruhe geraten, liess er auf den 
Rat seiner Freunde den Soldaten, der das Gesetz ver- 
höhnt hatte, mit dem Beil hinrichten und unterdrückte 
so die Empörung in dem Augenblick, als sie auszubrechen 
drohte. 



654 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Sechstes Kapitel. 

Streit zwischen den Juden und Samaritern. 

Claudius legt denselben bei. 

1. In der Folge kam es zu Feindseligkeiten zwischen 
Juden und Samaritern, und zwar aus folgender Ver- 
anlassung. Die Galiläer , die zu den Festen nach 
Jerusalem zogen, pflegten ihren Weg durch Samaria zu 
nehmen. Als sie nun auch jetzt wieder dieses Weges 
kamen, wurden sie von einer Anzahl Bewohner des 
Dorfes Ginaea, welches auf der Grenze zwischen Samaria 
und der grossen Ebene 1 liegt, überfallen, und es kamen 
viele von ihnen um. Auf die Nachricht von dieser 
That begaben sich die angesehensten Galiläer zu 
Cumanus und baten ihn, den Tod der Gefallenen zu 
rächen. Cumanus aber liess sich von den Samaritern 
mit Geld bestechen und schenkte den Klagen der 
Galiläer keine Beachtung. Hierüber erbittert, riefen 
diese das ganze jüdische Volk zu den Waffen, um die 
Freiheit zu schützen. Denn die Knechtschaft, führten 
sie aus, sei schon an und für sich bitter genug; um wie 
viel unerträglicher müsse sie also sein , wenn noch 
schmachvolle Beleidigungen hinzukämen? Um ihre Auf- 
regung zu beschwichtigen, versprachen ihnen die Be- 
amten , bei Cumanus die Bestrafung der Schuldigen 
zu erwirken. Darauf aber hörten sie nicht, sondern sie 
griffen zu den Waffen, riefen desDinaeus Sohn Eleazar, 
einen Käuber, der sich schon eine Reihe von Jahren im 
Gebirge umhertrieb, zu Hilfe und äscherten einige 
Dörfer der Samariter ein. Sobald Cumanus hiervon 
Kunde erhielt, zog er mit der Truppe von Sebaste, vier 
anderen Kohorten Fusssoldaten und den bewaffneten 
Samaritern gegen die Juden und machte eine Menge 
von ihnen nieder und eine noch grössere Anzahl zu 
Gefangenen. Als nun die Angesehenen und Vornehmen 


1 Jezreel oder fsdraelon. 




Zwanzigstes Buch, 6. Kapitel. 


655 


zu Jerusalem merkten, in wie grosse Drangsal das Volk 
geraten sei , legten sie Säcke an , bestreuten ihr Haupt 
mit Asche und beschworen die aufrührerische Menge 
aufs dringendste, im Hinblick auf die drohende Zer- 
störung ihrer Vaterstadt, die Einäscherung des Tempels 
und die eigene sowie ihrer Weiber und Kinder Weg- 
führung in die Sklaverei von ihrem Vorhaben Abstand 
zu nehmen, die Waffen fortzuwerfen und ruhig nach 
Hause zu gehen. Diesen Vorstellungen fügte man sich, 
und die Menge ging auseinander, während die Banditen 
sich wieder in ihre Schlupfwinkel zurückzogen. Von 
dieser Zeit an war Judaea fortwährend der Schauplatz 
räuberischer Streifzüge. 

2. Nun aber wandten sich die Häupter der Samariter 
an den syrischen Statthalter Ummidius Quadratus, der 
sich damals gerade in »Tyrus befand , und klagten die 
Juden wegen der Plünderung und Einäscherung sama- 
ritischer Dörfer an. Das Unrecht, sagten sie, das sie 
selbst dabei erlitten hätten, wollten sie nicht so sehr in 
Betracht ziehen als die Missachtung der Römer, an 
deren Richterspruch die Juden , falls ihnen selbst ein • 
vermeintlicher Nachteil entstanden sei, sich hätten 
wenden müssen, anstatt feindliche Einfälle zu unter- 
nehmen, als ob sie von einer römischen Oberhoheit nichts 
wüssten. Sie bäten daher, ihnen zu ihrem Recht ver- 
helfen zu wollen. In dieser Weise stellten die Samariter 
die Sache dar. Die Juden dagegen behaupteten, die 
Samariter seien die Urheber des Aufstandes, und der 
Feindseligkeiten, denn sie hätten den Cumanus mit Ge- 
schenken bestochen und ihn dadurch veranlasst, be- 
züglich der Ermordung der Galiläer ein Auge zuzu- 
drücken. Als Quadratus so die beiderseitigen Klagen 
angehört hatte, setzte er die weitere Verhandlung aus 
und versprach, das Urteil zu fällen, wenn er in Judaea 
anwesend sei und die Sache genauer Untersucht habe. 
Damit mussten die Parteien sich vorläufig zufrieden 
geben. Bald darauf kam Quadratus nach Samaria, wo 
er nach eingehender Untersuchung die Samariter für 


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656 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


die Urheber der Unruhen erklärte. Sobald er aber ver- 
nahm, unter den Juden seien wieder aufrührerische 
Gelüste bemerkbar, liess er die von Cumanus gefangen 
genommenen Juden ans Kreuz schlagen. Alsdann begab 
er sich nach einem Flecken, der Lydda hiess und einer 
Stadt an Grösse nicht nachstand. Hier hielt er Ge- 
richtssitzung ab, in der die Klage der Samariter aber- 
mals zur Verhandlung kam. Dabei erfuhr Quadratus 
von einem der letzteren, ein vornehmer Jude mit Namen 
Dortus habe mit einigen anderen Unruhstiftern, vier 
an der Zahl, das Volk zum Abfall von den Römern zu 
verleiten gesucht. Diese Rädelsführer liess der Statthalter 
hinrichten; den Hohepriester Ananias und den Haupt- 
mann Ananus aber sandte er gefesselt nach Rom, wo sie 
vor dem Caesar Claudius Rechenschaft ablegen sollten. 
Ebenso befahl er den Vornehmsten der Juden und der 
Samariter sowie dem Landpfleger Cumanus 1 und dem 
Tribun Celer, sich nach Italien zum Caesar zu verfügen, 
um ihre Streitigkeiten vor dessen Richterstuhl zu bringen. 
Er selbst begab sich , da er einen neuen Aufstand der 
Juden befürchtete, nach Jerusalem, fand das Volk aber 
ruhig bei der Feier eines religiösen Festes versammelt 
und kehrte in der Überzeugung, dass weitere Unruhen 
jetzt nicht zu erwarten seien, nach Antiochia zurück. 

3. Als Cumanus mit den Vornehmsten der Samariter 
in Rom anlangte, wurde ihnen vom Caesar ein Tag 
bestimmt, an welchem über die Streitigkeiten verhandelt 
werden sollte. Mit äusserster Anstrengung verwandten 
sich nun die Freigelassenen und Vertrauten des Caesars 
für Cumanus und die Samariter, und diese hätten gewiss 
Recht bekommen, wenn nicht der jüngere Agrippa, der 
sich gerade zu Rom befand und die üble Lage der 
jüdischen Vornehmen gewahrte, Agrippina, die Gattin 
des Caesars, inständigst gebeten hätte, auf ihren Gemahl 
einzuwirken , dass er bei der Entscheidung des Streites die 
wirklich Schuldigen zur gerechten Strafe ziehe. Durch 


1 6 . die Anmerkung zu XVI11, 4 , 2 . 




Zwanzigstes Buch, 7. Kapitel. 


657 


diese Verwendung schon vorbereitet, liess Claudius, der 
in den Samaritern die Urheber der gesamten Feind- 
seligkeiten erkannte, diejenigen von ihnen , die sich bei 
ihm eingefunden hatten, hinrichten, schickte Cumanus 
in die Verbannung und liess den Tribun Celer nach 
Jerusalem bringen, dort öffentlich durch die ganze Stadt 
führen und dann enthaupten. 


Siebentes Kapitel. 

Felix zum Landpfleger ernannt. Nachrichten von 

Agrippas Familie. 

1. Claudius schickte alsdann Felix, den Bruder des 
Pallas, als Landpfleger nach Judaea, 1 und überwies im 
dreizehnten Jahre seiner Regierung dem Agrippa die 
Tetrarchie des Philippus nebst Batanaea, gab ihm auch 
noch obendrein Trachonitis sowie Abila, die ehemalige 
Tetrarchie des Lysanias, nahm ihm aber Chalkis, das er 
vier Jahre lang beherrscht hatte. So reichlich vom 
Caesar beschenkt, vermählte Agrippa mit Azizus, dem 
Könige von Emesa, der zur Annahme der Beschneidung 
bereit war, seine Schwester Drusilla. Epiphanes nämlich, 
der Sohn des Königs Antiochus, hatte ihre Hand zurück- 
gewiesen, weil er trotz eines ihrem Vater gegebenen Ver- 
sprechens nicht zur jüdischen Religion übertreten wollte. 
Weiterhin gab Agrippa die Mariamne dem Archelaus, 
dem Sohne des Helkias, zur Ehe, dem sie schon von 
seinem Vater Agrippa verlobt worden war; aus dieser 
Ehe entspross eine Tochter Berenike. 

2. Nicht lange nachher aber wurde Drusillas Ehe 
mit Azizus aus folgender Veranlassung aufgelöst. Felix, 
der Landpfleger von Judaea, hatte Drusilla, die sich 
durch hohe Schönheit auszeichnete, kaum gesehen, als 
er auch schon in heftiger Liebe zu ihr entbrannte. Er 


1 53 n. Chr. Vergl. hierzu Tacitus, Annalen, XII, 54 ; Apostel- 
geschichte 23 und 24 . 

Jooephus’ Jüdische Altertümer, II. 42 

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658 


Joseph us’ Jüdische Altert&mer. 


schickte daher einen ihm befreundeten Juden mit Namen 
Simon, der aus Cypern stammte und sich für einen 
Mager ausgab, zu ihr und liess ihr Zureden, ihren Gatten 
zu verlassen und sich mit ihm (Felix) zu vermählen. 1 
Wenn sie ihn nicht verschmähe, liess er ihr sagen, 
werde er sie glücklich machen. Drusilla beging auch 
wirklich das Unrecht, dass sie sich, um dem Neide ihrer 
Schwester Berenike, von der sie ihrer Schönheit wegen 
viel auszustehen hatte, zu entgehen, zur Übertretung 
ihres heimischen Gesetzes verleiten liess und sich mit 
Felix vermählte. Diesem gebar sie einen Sohn, den sie 
Agrippa nannte und der zur Zeit des Caesars Titus bei 
einem Ausbruch des Vesuv mit seiner Mutter umkam, 
wie ich später noch erzählen werde. 

3. Was Berenike betrifft, so lebte sie nach dem Tode 
des Herodes, der zugleich ihr Gatte und ihr Oheim ge- 
wesen war, lange Zeit im Witwenstande. Da aber das 
Gerücht ging, sie unterhalte sündhafte Beziehungen zu 
ihrem Bruder, beredete sie Polemon, den König vo$ 
Cilicien, die Beschneidung anzunehmen und sich mit ihr 
zu vermählen; denn hierdurch glaubte sie alle Verleum- 
dungen am sichersten aus der Welt schaffen zu können. 
Polemon ging darauf ein , vornehmlich um ihres Reich- 
tums willen; indes war die Ehe nicht von Dauer, da 
Berenike sich bald wieder von Polemon trennte, wie man 
sagte, aus Unenthaltsamkeit. Nach Auflösung der Ehe 
kehrte sich Polemon nicht weiter an die Gebräuche und 
Satzungen der Juden. Um dieselbe Zeit vermählte sich 
Mariamne, die von Archelaus nichts mehr wissen wollte, 
mit Demetrius, der unter den Juden zu Alexandria durch 
"fcdle Abkunft und Reichtum sich auszeichnete und damals 
die Steuern gepachtet hatte. Den Sohn, welchen sie von 
ihm erhielt, nannte sie Agrippinus. Über alle diese Per- 
sonen wird sich noch Gelegenheit finden näher zu reden. 


1 Vergl. Tacitus, Historien, V, 9. 


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Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel. 


659 


Achtes Kapitel. 

Claudius’ Tod und Neros Thronbesteigung. Auftreten 
von Räubern, Mördern und Betrügern in Judaea unter 

Felix und Festus. 

1. Inzwischen starb der Caesar Claudius nach einer 
Regierung von dreizehn Jahren, acht Monaten und zwanzig 
Tagen. 1 Einige behaupten, er sei von seiner Gemahlin 
Agrippina vergiftet worden. 2 Diese war eine Tochter 
von Germanicus, dem Bruder des Claudius, und in erster 
Ehe mit Domitius Ahenobarbus, einem adligen Römer, 
verheiratet gewesen. Nach dessen Tod lebte sie lange 
Zeit als Witwe und vermählte sich dann mit Claudius, 
dem sie einen Stiefsohn Domitius zubrachte. Claudius 
nämlich hatte seine Gattin Messalina, von der er den 
Brittannicus und die Octavia erhalten hatte, aus Eifer- 
sucht verstossen. Ausserdem war er schon früher mit 
Petina verheiratet gewesen, die ihm seine älteste Tochter 
Antonia geboren hatte. Diese Antonia gab Claudius 
sogleich dem Nero zur Ehe; so nannte er nämlich den 
Domitius, als er ihn an Sohnesstatt annahm. 

2. Da also Agrippina befürchtete, Britannicus möchte, 
wenn er erwachsen sei, von seinem Vater den Thron 
erben, brachte sie, wie die Sage geht, um ihrem 
eigenen Sohne zur Herrschaft zu verhelfen, dem Claudius 
das todbringende Gift bei. Sogleich nach seinem Ab- 
leben sandte sie alsdann Burrus, den Oberbefehlshaber 
des Heeres, nebst den angesehensten Tribunen und Frei- 
gelassenen zu Nero, um ihn in die Praetorianerkaserne 
geleiten und dort zum Caesar ausrufen zu lassen. Als 
Nero auf diese Weise den Thron bestiegen hatte, liess 
er den Britannicus heimlich vergiften. Seine Mutter aber 
brachte er bald nachher öffentlich um und dankte ihr 
auf so schnöde Weise nicht nur dafür, dass sie ihm das 
Leben gegeben, sondern auch dafür, dass sie ihm durch 


1 54 n. Chr. 

2 Vergl. Tacitus, Annalan, XII, 66 f. 


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4a* 



660 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


ihre Ränke auf den Thron geholfen hatte. Ebenso tötete 
er auch seine Gattin Octavia sowie viele edle Römer 
unter dem Vorwand, eie hätten sich gegen ihn ver- 
schworen. 

3. Doch ich will hierüber nichts weiter berichten. 
Denn Neros Geschichte haben viele geschrieben, von 
denen die einen aus Dankbarkeit für seine Gunst- 
bezeugungen die Wahrheit absichtlich verschleierten, die 
anderen aber aus Hass und Feindseligkeit ihn derart 
mit Lügen verfolgten, dass sie dafür volle Verachtung 
verdienen. Freilich zu verwundern braucht man sich 
über diesen Mangel an Wahrheitsliebe nicht, da die be- 
treffenden Geschichtschreiber nicht einmal bei der Schil- 
derung der Thaten seiner Vorgänger der Wahrheit die 
Ehre gaben, obwohl sie doch gegen diese keine persön- 
liche Abneigung haben konnten, weil sie so lange Zeit 
nach ihnen lebten. Mögen indes die Geschichtschreiber, 
denen an der Wahrheit nichts liegt, schreiben, wie es 
ihnen beliebt, da sie nun einmal an willkürlichen Be- 
richten Freude zu haben scheinen. Ich dagegen, der ich 
es mit der Wahrheit genau nehme, habe mich entschlossen, 
alles, was zu meinem Hauptgegenstande nicht gehört, nur 
kurz zu berühren und lediglich das, was meine Landsleute, 
die Juden, betrifft, ausführlicher zu erzählen, weil ich 
mich nicht scheue, auch unser Unglück und unsere Schuld 
offenkundig zu machen. Ich nehme daher jetzt den 
Faden meiner Erzählung wieder auf. 

4. Im ersten Jahre von Neros Regierung starb Azizus, 
der König von Emesa, und es folgte ihm auf dem Thron 
sein Bruder Soemus. Die Herrschaft über Kleinarmenien 
aber wurde von Nero an Aristobulus, den Sohn des 
Königs Herodes von Chalkis, übertragen, und Agrippa 
erhielt vom Caesar einen Teil von Galilaea nebst Tiberias 
und Taricheae, die sich seiner Botmässigkeit unterwerfen 
mussten, sowie die Stadt Julias und vierundzwanzig Dörfer 
in Peraea. 

5. Die Verhältnisse Judaeas wurden inzwischen von 
Tag zu Tag zerrütteter.. Denn das Land war abermals 



Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel. 


661 


voll von Räubern und von Betrügern, die das Volk irre- 
leiteten. Felix nun liess von diesen wie von jenen tag- 
täglich eine grosse Anzahl ergreifen und hinrichten. So 
nahm er auch Eleazar, den Sohn des Dinaeus, der eine 
ganze Räuberbande um sich gesammelt hatte, mit List 
gefangen. Er lockte ihn nämlich unter Zusicherung 
voller Straflosigkeit an seinen Hof und schickte ihn 
alsdann sogleich in Fesseln nach Rom. Ganz besonders 
aber erregte den Unwillen des Felix der Hohepriester 
Jonathas, weil er den Landpfleger oft zurechtwies, er 
solle Judaea besser verwalten, damit er selbst, der seine 
Ernennung vom Caesar erbeten hatte, unter den Klagen 
des Volkes weniger zu leiden habe. Felix sann daher 
auf Mittel, den unbequemen Tadler aus dem Wege zu 
räumen. Denn nichts ist denen, die Böses im Schilde 
führen, lästiger als stete Ermahnungen. Er bestach also 
durch Zusicherung einer grossen Geldsumme den ver- 
trautesten von Jonathas’ Freunden, einen Bürger von 
Jerusalem mit Namen Doran, den Jonathas durch ge- 
dungene Mörder töten zu lassen. Doran ging auf den 
Vorschlag ein und lieferte den Hohepriester wirklich in 
die Hände der Meuchler. Einige von diesen nämlich 
zogen mit Dolchen unter den Kleidern nach Jerusalem, 
als wollten sie dort Gott anbeten, mischten sich dann 
unter Jonathas’ Dienerschaft und machten ihn nieder. 
Und da man den Mord ruhig geschehen liess, kamen in 
der Folge die Räuber an Festtagen mit grosser Dreistigkeit 
zur Stadt, verteilten sich, den Dolch im Gewände, unter 
dem Volk und stachen bald ihre eigenen Feinde, bald 
andere nieder, gegen die sie sich für Geld dingen Hessen, 
und£das nicht nur in der Stadt, sondern öfters sogar auch 
im Tempel. Denn selbst die Heiligkeit dieses Ortes ver- 
mochte ihrem Blutdurst keine Schranken zu setzen. 
Deshalb hat auch Gott, wie ich glaube, im Zorn über 
solche Greuel seine Hand von Jerusalem weggezogen 
und, weil er den Tempel nicht mehr als seine unbefleckte 
Wohnstätte anerkannte, die Römer gegen uns heran- 
geführt, über die Stadt das läuternde Feuer geschickt 



662 


Josephus' Jüdische Altertümer. 


und uns mit Weib und Kind der Sklaverei preisgegeben, 
um uns durch Unglück zur Erkenntnis unserer Schuld 
zu bringen. 

6. Infolge des Treibens der Räuber war die ganze 
Stadt ein Schauplatz der nichtswürdigsten Verbrechen. 
Gleichzeitig traten auch Gaukler und Betrüger auf und 
beredeten die Menge, ihnen in die Wüste zu folgen, wo 
sie mit Gottes Beistand offenbare Zeichen und Wunder 
thun würden. Viele glaubten ihnen, mussten aber für 
ihren Unverstand schwer büssen, da Felix sie zurück- 
bolen und hinrichten liess. Um diese Zeit kam auch 
ein Mensch aus Aegypten nach Jerusalem, der sich für 
einen Propheten ausgab und das gemeine Volk verleiten 
wollte, mit ihm auf den ölberg zu steigen, der in einer 
Entfernung von fünf Stadien der Stadt gegenüber liegt. 
Dort, sagte er, wolle er ihnen zeigen, wie auf sein Ge- 
heiss die Mauern Jerusalems zusammenstürzten, durch 
welche er ihnen dann einen Eingang in die Stadt bahnen 
würde. Als Felix hiervon Kunde erhielt, liess er die 
Besatzung alarmieren, machte mit einer starken Abteilung 
von Reitern und Fusssoldaten einen Ausfall aus Jerusalem 
und griff den Aegyptier und dessen Anhänger an. Von 
den letzteren fielen viertausend, und zweihundert wurden 
gefangen genommen; der Ägyptier selbst aber entkam 
aus dem Treffen und wurde unsichtbar. Jetzt reizten die 
Banditen abermals das Volk zum Kriege gegen die 
Römer, denen man keinen Gehorsam erweisen dürfe, 
und wo man auf ihre Hetzereien nicht einging, ver- 
heerten sie die Dörfer durch Brandstiftung und Plün- 
derung. 

7. Auch zwischen den Juden in Caesarea und den 
dort wohnenden Syrern entstanden Streitigkeiten wegen 
gleicher Beteiligung am Bürgerrecht. Die Juden näm- 
lich beanspruchten ein Vorrecht für sich, weil ihr König 
Herodes, der Gründer von Caesarea, jüdischer Abstammung 
gewesen sei. Die Syrer wollten das gelten lassen, be- 
haupteten aber, die Stadt sei schon lange vorher Stratons- 
turm genannt worden, ehe noch ein einziger Jude dort 



Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel. 


663 


gewohnt habe. Als dies den römischen Beamten zu Ohren 
kam, Hessen sie die Hauptschreier auf beiden Seiten 
festnehmen und geissein, wodurch die Unruhen für kurze 
Zeit unterdrückt wurden. Die Juden indes, die sich auf 
ihren Reichtum etwas einbildeten und deshalb die Syrer 
verachteten, verfolgten diese bald wieder mit Schmähungen, 
um sie zu Thätlichkeiten zu reizen. Die Syrer ihrer- 
seits, die zwar nicht so reich waren, sich aber darauf 
verliessen, dass die in der Nähe stehende römische Heeres- 
abteilung zum grössten Teil aus Bürgern von Caesarea 
und Sebaste bestand, erwiderten eine Zeitlang die 
Schmähungen der Juden mit ähnlichen Beleidigungen. 
Dann aber kam es zu Steinwürfen , bis auf beiden Seiten 
viele verwundet und getötet waren. Der Vorteil war 
jedoch auf seiten der Juden. Als nun Felix sah, dass 
der Streit sich kaum noch von offenem Kriege unter- 
schied, eilte er herbei und beschwor die Juden, sich ruhig 
zu verhalten. Da diese sich aber an seine Vorstellungen 
nicht kehrten, liess er eine Truppenabteilung gegen sie 
ausrücken, eine Menge von ihnen niedermachen, eine noch 
grössere Anzahl gefangen nehmen und etliche ihrer 
Häuser in Caesarea, die mit Schätzen aller Art gefüllt 
waren, von seinen Soldaten ausplündern. Da richteten 
die gemässigten und einflussreichen Juden, die um ihre 
und ihrer Angehörigen Sicherheit besorgt waren, an Felix 
die Bitte, er möge doch den Soldaten durch Trorapeten- 
signale Einhalt gebieten lassen und ihrer schonen, um 
ihnen Gelegenheit zur Sühne für die begangenen Fehler 
zu geben. Diesem Verlangen willfahrte Felix sogleich. 

8. Um diese Zeit übertrug der König Agrippa die 
hohepriesterliche Würde an Ismael, den Sohn des Phabi. 
Übrigens gerieten jetzt auch die Hohepriester mit den 
Priestern und den Vornehmsten zu Jerusalem in Streit, 
sodass jeder von ihnen eine Schar verwegener und auf- 
rührerischer Gesellen um sich sammelte, die, wo sie sich 
trafen, sich gegenseitig mit Beschimpfungen und Stein- 
würfen überschütteten. Niemand fand sich, der sie zu- 
rechtgewiesen hätte, sodass die Willkür sich immer breiter 


Go gle 



664 Josephus’ Jüdische Altertümer. 

machte, als sei keine Obrigkeit mehr vorhanden. Schliess- 
lich gingen die Hohepriester in ihrer Dreistigkeit und 
in ihrem Übermut so weit, dass sie sich nicht scheuten, 
ihre Knechte auf die Tennen zu schicken und die den 
Priestern zustehenden Zehnten wegnehmen zu lassen, 
was zur Folge hatte, dass die ärmeren Priester aus 
Mangel an Lebensmitteln dem Tode verfielen. So war 
an die Stelle von Recht und Gerechtigkeit die zügel- 
loseste Tyrannei unruhiger Köpfe getreten. 

9. Inzwischen folgte im Landpflegeramte dem Felix 
der von Nero ernannte Porcius Festus. 1 Kaum war dieser 
eingetroffen, als sich die Häupter der in Caesarea woh- 
nenden Juden nach Rom begaben, um Felix anzuklagen, 
und es fehlte nicht viel, so hätte dieser die den Juden 
zugefügten Kränkungen schwer gebüsst. Doch gelang es 
seinem Bruder Pallas, der bei Nero damals in hohem 
Ansehen stand, durch inständige Bitten den Caesar gnädig 
zu stimmen. Ja, die beiden vornehmsten der in Caesarea 
wohnenden Syrer suchten sogar den Burrus, der Neros 
Lehrer gewesen war und jetzt dessen griechische Korre- 
spondenz besorgte, durch eine ungeheure Geldsumme zu 
bewegen, dass er ihnen einen Brief von Nero auswirke 
in welchem den Juden die Gleichberechtigung mit den 
Syrern aberkannt werde. Burrus setzte auch wirklich 
durch seine Verwendung beim Caesar die Ausfertigung 
eines solchen Briefes durch, und damit nahm das Leid, 
welches später über unser Volk herein brach, seinen An- 
fang. Als nämlich die Juden zu Caesarea den Inhalt 
dieses an die Syrer gerichteten Briefes erfuhren, ver- 
harrten sie im Aufruhr, bis zuletzt der förmliche Krieg 
sich daraus entwickelte. 

10. Bei seiner Ankunft in Judaea fand Festus das 
Land in stetem Schrecken vor den Banditen, welche 
allenthalben die Dörfer einäscherten und plünderten. 
Diese sogenannten Sikarier waren allmählich zu einer 
gewaltigen Menge angewachsen. Sie führten kleine Dolche, 


1 61 n. Chr. 




Zwanzigstes Buch, 8. Kapitel. 


665 


die sich der Grösse nach nicht viel von den persischen 
Akinaken unterschieden, aber gekrümmt waren wie die 
römischen „sicae“, woher auch die Banditen den Namen 
Sikarier erhielten. An Festtagen mischten sie sich, wie 
schon erwähnt, unter die Volksmenge, die von allen 
Seiten zum Gottesdienst in die Stadt strömte, und er- 
dolchten so viele von den Andächtigen, als ihnen be- 
liebte. Oft brachen sie auch bewaffnet, in die Dörfer 
ihrer Opfer ein, plünderten alles und warfen den Feuer- 
brand in die Häuser. Um diese Zeit trat wieder ein 
Gaukler auf, welcher der Menge Glückseligkeit und Be- 
freiung von allem Elend verhiess, wenn sie ihm in die 
Wüste folge. Festus aber sandte sogleich gegen den 
Betrüger und dessen Anhang Abteilungen zu Fuss und 
zu Pferde aus, die den ganzen Haufen niedermachten. 

11. Ebenfalls um diese Zeit errichtete der König 
Agrippa ein weitläufiges Gebäude auf der ehemaligen 
Königsburg der Asamonäer nahe bei der Ringschule, und 
da das Gebäude in bedeutender Höhe lag, genoss man 
von hier aus einen reizenden Ausblick auf die Stadt. 
Daran hatte der König seine Freude, und wenn er hier 
auf einem Polster lag, konnte er alles übersehen, was 
im Tempel vor sich ging. Als dies die Vornehmsten 
von Jerusalem gewahrten, wurden sie sehr unwillig, weil 
es durchaus ungebräuchlich und ungesetzlich war, die 
Vorgänge im Tempel, besonders während der heiligen 
Handlungen, zu beobachten. Deshalb liessen sie ober- 
halb der Halle, welche im Innern des Heiligtums 
gegen Westen lag, eine hohe Mauer auffuhren, die nicht 
nur dem Ruheplatz des Königs, sondern auch der west- 
lichen Halle ausserhalb des Tempels, von wo aus die 
Römer an Festtagen die Vorgänge im Tempel überwachen 
liessen, jeden Ausblick versperrte. Hierüber geriet nicht 
nur Agrippa, sondern in noch höherem Grade auch der 
Landpfleger Festus in Erregung, und der letztere gab 
Befehl, die Mauer niederzureissen. Die Juden jedoch 
baten um die Erlaubnis, wegen dieser Angelegenheit 
Abgeordnete an Nero schicken zu dürfen, weil sie lieber 



€66 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


sterben als einen Teil ihres Tempels zerstört sehen 
wollten. Da Festus dies gestattete, ordneten sie zehn 
vornehme Bürger aus ihrer Mitte sowie den Hohepriester 
Ismael und den Tempelschatzmeister Helkias an den 
Caesar ab. Nero erteilte ihnen Audienz und verzieh 
ihnen nicht nur das Geschehene, sondern gestattete auch, 
dass das Bauwerk stehen blieb, und zwar that er das 
seiner Gemahlin Poppaea zu Gefallen, die eine gottes- 
fürchtige Frau war und sich deshalb für die Juden ins 
Mittel legte. Poppaea liess alsdann nur die zehn Vor- 
nehmen heimkehren, behielt aber Helkias und Ismael 
als Geiseln zurück. 1 Als dies der König erfuhr, über- 
trug er die Hohepriesterwürde an Joseph mit dem Bei- 
namen Kabi , den Sohn des ehemaligen Hohepriesters 
Simon. 


Neuntes Kapitel. 

Albinus wird Landpfleger. Steinigung des Jakobus. 

Weitere Ereignisse unter Albinus. 

1. Bald darauf gelangte die Nachricht vom Tode des 
Festus nach Rom, und nun schickte der Caesar den 
Albinus als Landpfleger nach Judaea. 2 Der König 
aber entsetzte den Joseph wieder des Hohepriesteramtes 
und übertrug dasselbe dem Sohne des Ananus , der 
gleichfalls Ananus hiess. Dieser ältere Ananus soll 
einer der glücklichsten Menschen gewesen sein. Er 
hatte nämlich fünf Söhne, die alle dem Herrn als Hohe- 
priester dienten, nachdem er auch selbst diese Würde 
lange Zeit hindurch bekleidet hatte, und so etwas war 
noch bei keinem unserer Hohepriester der Fall gewesen. 
Der jüngere Ananus jedoch, dessen Ernennung zum 
Hohepriester ich soeben erwähnt habe, war von heftiger 


1 OfFonbar den Juden zulieb, denen diese beiden Personen wegen 
ihrer Willkür verhasst waren. 

2 63 n. Clir. 


Go gle 



Zwanzigstes Buch, 9. Kapitel. 


667 


und verwegener Gemütsart und gehörte zur Sekte der 
Sadducäer, die, wie schon früher bemerkt, im Gerichte 
härter und liebloser sind als alle anderen Juden. Zur 
Befriedigung dieser seiner Hartherzigkeit glaubte Ananus 
auch jetzt, da Festus gestorben, Albinus aber noch 
nicht angekommen war, ein günstige Gelegenheit ge- 
funden zu haben. Er versammelte daher den hohen 
Rat zum Gericht und stellte vor dasselbe den Bruder 
des Jesus, der Christus genannt wird, mit 
Namen Jakobus, sowie noch einige andere, die er 
der Gesetzesübertretung anklagte und zur Steinigung 
führen liess. Das aber erbitterte auch die eifrigsten Be- 
obachter des Gesetzes, und sie schickten deshalb ins- 
geheim Abgeordnete an den König mit der Bitte, den 
Ananus schriftlich aufzufordern, dass er für die Folge 
sich ein ähnliches Unterfangen nicht mehr beifallen 
lasse, wie er auch jetzt durchaus im Unrecht gewesen 
sei. Einige von ihnen gingen sogar dem Albinus, der 
von Alexandria kam, entgegen und stellten ihm vor, 
dass Ananus ohne seine Genehmigung den hohen Rat 
gar nicht zum Gericht habe berufen dürfen. Diesen 
Ausführungen pflichtete Albinus bei und schrieb im 
höchsten Zorne an Ananus einen Brief, worin er ihm 
die gebührende Strafe androhte. Agrippa aber entsetzte 
ihn infolge dieses Vorfalls schon nach dreimonatlicher 
Amtsführung seiner Würde und ernannte Jesus, den Sohn 
des Damnaeus, zum Hohepriester. 

2. Als nun Albinus in Jerusalem angelangt war, gab 
er sich alle erdenkliche Mühe, das Land zu beruhigen 
und geordnete Zustände in demselben zu schaffen, indem 
er eine grosse Menge Sikarier niedermachen liess. Der 
(frühere) Hohepriester Ananias aber stieg mit jedem 
Tage im Ansehen des Volkes und wurde stets mehr und 
mehr ausgezeichnet und geehrt. Er verstand es nämlich 
sehr gut, Geldgeschäfte zu machen, und wusste durch 
Geschenke sowohl den Landpfleger Albinus, als auch 
den Hohepriester für sich einzunehmen. Dabei aber 
hatte er nichtswürdige Knechte, die sich mit den ver- 




668 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


wegensten Menschen ins Einvernehmen setzten, um von 
den Tennen die den Priestern gehörigen Zehnten zu 
rauben, und wer ihnen Widerstand zu leisten wagte, 
wurde mit Schlägen misshandelt. Die Hohepriester 
machten es ebenso, wie Ananias’ Knechte, und da nie- 
mand sich ihnen widersetzen mochte, konnte es nicht 
ausbleiben, dass die Priester, die sich sonst von den 
Zehnten ernährten, aus Mangel zu Grunde gingen. 

3. Bei einem Feste nun, das um diese Zeit gefeiert 
wurde, kamen auch die Sikarier wieder zur Nachtzeit 
in die Stadt, ergriffen den Schreiber des Tempelvorstehers 
Eleazar, der des Hohepriesters Ananias Sohn war, und 
führten ihn gebunden von dannen. Alsdann schickten 
sie einen Boten zu Ananias und versprachen, ihm den 
Schreiber zurückzuschicken, wenn er den Landpfleger 
veranlasse, zehn ihrer Genossen, die dieser gefangen 
hielt, freizugeben. Ananias, der keinen anderen Ausweg 
wusste, verwendete sich bei Albinus, und es gelang ihm, 
sein Gesuch bewilligt zu erhalten. Indes war das nur 
der Anfang von noch grösserem Übel. Denn die 
Banditen suchten jetzt auf alle mögliche Weise irgend 
einen von Ananias’ Angehörigen oder Freunden in ihre 
Gewalt zu bekommen und hielten ihre Opfer jedesmal 
so lange gefangen, bis einige ihrer Genossen freigegeben 
wurden. So wuchs ihre Zahl wieder an, und mit noch 
grösserer Dreistigkeit als bisher verwüsteten sie das ganze 
Land. 

4. Um diese Zeit hatte der König Agrippa die Stadt 
Caesarea Philippi erweitert und nannte sie nun dem 
Nero zu Ehren Neronias. Auch erbaute er zu Berytus 
mit grossen Kosten ein Theater, in welchem er unter 
Aufwendung ungeheurer Summen alljährlich Schauspiele 
aufführen liess, wobei er das Volk mit Getreide und öl 
beschenkte. Dann schmückte er die ganze Stadt mit 
Statuen und Bildwerken nach den Originalen früherer 
berühmter Künstler und verlegte überhaupt fast den 
gesamten Glanz seiner Regierung in diese Stadt. Dadurch 
aber erregte er den Unwillen seiner Unterthanen , weil 



Zwanzigstes Buch, 9. Kapitel. 


669 


er ihnen das Ihrige nehme und eine fremde Stadt damit 
verschönere. Übrigens erkannte der König um diese 
Zeit dem Jesus, Sohn des Damnaeus, die hohe- 
priesterliche Würde wieder ab und übertrug dieselbe 
dem gleichfalls den Namen Jesus führenden Sohne des 
Gamaliel, woraus sich zwischen den beiden ein Streit 
entspann. Jeder von ihnen sammelte eine Schar ver- 
wegener Menschen um sich, die sich gegenseitig in 
gröbster Weise schmähten und schliesslich mit Steinen 
bewarfen. Allen zuvor aber that es Ananias, indem er 
durch seinen Reichtum die meisten Anhänger auf seine 
Seite brachte. Ebenso hatten Kostobar und Saulus je 
eine Rotte verbrecherischer Menschen in Dienst ge- 
nommen. Diese beiden stammten aus königlichem Ge- 
schlecht und standen ihrer Verwandtschaft mit Agrippa 
wegen in hohem Ansehen, waren aber übermütig und 
gewaltthätig und auf die Ausplünderung der Schwächeren 
erpicht. Von dieser Zeit an kam unsere Stadt aus den 
Drangsalen nicht mehr heraus, und alle Verhältnisse 
trieben dem Untergang zu. 

5. Da Albinus jetzt die Nachricht erhielt, Gessius 
Florus sei zu seinem Nachfolger ernannt und schon 
unterwegs, wollte er sich den Anschein geben, als habe 
er etwas für die Juden gethan, und liess daher alle Ge- 
fangenen, die offenbar den Tod verdient hatten, hin- 
richten, während er diejenigen, die wegen leichterer Ver- 
gehen im Kerker sassen, gegen Entrichtung einer 
bestimmten Geldsumme freigab. So leerten sich zwar 
die Gefängnisse von Übelthätern, das Land aber füllte 
sich mit Banditen. 

6. Unterdessen begaben sich aus der Mitte der 
Leviten, die einen besonderen Stamm bilden, sämtliche 
Psalmensänger zum König und baten ihn, er möge den 
hohen Rat zusammenberufen und ihnen bei demselben 
das Recht erwirken, ebenso wie die Priester leinene 
Gewänder tragen zu dürfen. Denn es werde, meinten 
sie, seinen Regierungsjahren zum Ruhm gereichen, wenn 
er eine neue Einrichtung für ewige Zeiten treffe. Ihr 



670 


Josephas* Jüdische Altertümer. 


Verlangen wurde ihnen auch wirklich erfüllt; denn der 
König verlieh mit Zustimmung der Mitglieder des hohen 
Rates den Psalmensängern die Befugnis, ihre ehemalige 
Kleidung mit der gewünschten leinenen zu vertauschen. 
Einem anderen Teil des Stammes, dem die niederen 
Dienstverrichtungen im Tempel oblagen, gestattete er auf 
diesbezüglichen Antrag, die heiligen Gesänge zu er- 
lernen. Das alles aber stand mit unseren althergebrachten 
Satzungen im Widerspruch, und so konnte es nicht aus- 
bleiben, dass der Gesetzesübertretung die verdiente Straf© 
folgte. 

7. Um diese Zeit ward der Tempel vollendet. Als 
nun das Volk die Handwerker, mehr denn achtzehn- 
tausend an der Zahl, müssig gehen sah, musste es be- 
fürchten, dass sie um Verdienst verlegen sein würden, 
da sie bisher durch die Arbeit am Tempel sich ihren 
Lebensunterhalt erworben hatten. Nun wollte man auch 
aus Furcht vor den Römern keine Tempelgelder mehr 
ansammeln und deshalb den vorhandenen Schatz zur 
Beschäftigung der Handwerker verwenden. Denn wenn 
einer von ihnen auch nur eine Stunde am Tempel ge- 
arbeitet hatte, erhielt er den Lohn dafür auf der Stelle 
ausgezahlt. Deshalb ging man den König mit der Bitte 
an, die östliche Halle wiederherzustellen. Das war ein 
Säulengang aussen am Tempel, der sich längs eines 
tiefen Abgrundes hinzog und darum auf Mauern von 
vierhundert Ellen Höhe ruhte. Die Halle bestand 
übrigens aus blendend weissen Quadersteinen von je 
zwanzig Ellen Länge und sechs Ellen Höhe und war 
noch ein Werk des Königs Solomon, der zuerst einen 
einheitlichen Tempelbau hergestellt hatte. Da aber der 
König, dem vom Caesar Claudius die Sorge für den 
Tempel an vertraut war, bei sich überlegte, wie leicht es 
sei, ein Bauwerk zu zerstören, wie schwer dagegen, es 
dann wiederherzustellen, zumal eine solche Halle, deren 
Erneuerung viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen 
würde, gab er dem Verlangen der Juden nicht nach, 
erlaubte ihnen aber, die Stadt mit weissem Marmor zu 



Zwanzigstes Buch, 1 0. Kapitel. 


671 


pflastern. Alsdann entsetzte er Gamaliels Sohn Jesus 
wieder seines hohepriesterlichen Amtes und übertrug 
dasselbe an Matthias, den Sohn des Theophilus, unter 
dem der Krieg zwischen Römern und Juden zum 
Ausbruch kam. 


Zehntes Kapitel. 

Überblick über die sämtlichen Hohepriester bis zum Ende 

des Krieges. 

Ich halte es nunmehr für notwendig und dem Zweck 
dieses Geschieh ts Werkes besonders dienlich, von den 
Hohepriestern anzugeben, woher sie stammten, wem 
es gestattet war, die Würde zu bekleiden, und wie viele 
derselben es bis zum Ende des Krieges gab. Der aller- 
erste Hohepriester Gottes war, wie berichtet wird, Aaron, 
der Bruder des Moyses. Diesem folgten, als er ge- 
storben war , seine Söhne , und von da an blieb die 
Würde erblich bei seinen Nachkommen. Es gilt daher 
bei uns das Gesetz, dass niemand Hohepriester Gottes 
werden kann, der nicht von Aaron abstammt. Aus 
einer anderen Familie darf niemand, und wenn es der 
König selbst wäre, auf diese Würde Anspruch machen. 
Von Aaron also, dem ersten Hohepriester, an zählte 
man bis auf Phinees, der während des Krieges von den 
Empörern eingesetzt wurde, im ganzen dreiundachtzig 
Hohepriester. Von diesen bekleideten seit der Zeit, da 
die von Moyses dem Herrn errichtete Hütte in der 
Wüste stand, bis zur Ankunft in Judaea, wo der König 
Solomon Gott den Tempel erbaute, dreizehn das Hohe- 
priesteramt. Anfangs behielten sie die Würde bis zum 
Ende ihres Lebens, während sie später auch schon zu 
Lebzeiten durch Nachfolger ersetzt wurden. Jene drei- 
zehn nun , die von den beiden Söhnen Aarons ab- 
stammten, erhielten ihr Amt in regelmässiger Nachfolge. 
Während ihrer Amtsführung war die Verfassung zu- 
nächst eine aristokratische, dann eine solche der Re- 


Go gle 



672 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


gierung eines Einzigen, und endlich die des Königtums. 
Die Zahl der Jahre , während welcher jene dreizehn die 
Würde bekleideten, belief sich von dem Tage, da unsere 
Väter unter Moyses’ Anführung Aegypten verliessen, 
bis zur Grundsteinlegung des vom Könige Solomon zu 
Jerusalem erbauten Tempels auf sechshundertzwölf. 
Nach diesen dreizehn Hohepriestern hatten das Amt 
achtzehn inne, die seit der Zeit des Königs Solomon 
zu Jerusalem aufeinander folgten, bis der babylonische 
König Nabuchodonosor gegen die Stadt zog, das Heilig- 
tum den Flammen preisgab, unser Volk nach Babylon 
wegführte und den Hohepriester Josadak gefangen nahm. 
Die Dauer ihrer Amtsführung betrug vierhundertsechs- 
undsechzig Jahre, sechs Monate und zehn Tage, während 
welcher Zeit die Juden unter Königen standen. Siebzig 
Jahre nach der Zerstörung Jerusalems durch die Baby- 
lonier liess der Perserkönig Cyrus die Juden aus Babylon 
in ihre Heimat zurückkehren und erlaubte ihnen, den 
Tempel wieder aufzubauen. Jetzt erhielt Josadaks 
Sohn Jesus, einer von den Heimgekehrten, die hohe- 
priesterliche Würde. Dieser und seine Nachkommen, 
fünfzehn im ganzen , regierten bis auf den König 
Antiochus Eupator den nunmehr wieder demokratischen 
Staat vierhundertzwölf Jahre hindurch. Jener Antiochus 
und sein Feldherr Lysias waren die ersten , die einen 
Hohepriester, nämlich den Onias mit dem Beinamen 
Menelaus, seiner Würde beraubten, indem sie ihn zu 
Beroea umbringen Hessen und mit Umgehung seines 
Sohnes den Jakim zum Hohepriester machten, der zwar 
aus Aarons Geschlecht, aber nicht aus dem Hause des 
Onias stammte. Deshalb zog Onias , der Vetter des 
verstorbenen Onias , nach Aegypten , erwarb sich hier 
die Gunst des Ptolemaeus Philometor und seiner Ge- 
mahlin Kleopatra und bewog dieselben , ihn im Bezirk 
von Heliopolis Gott einen ähnlichen Tempel , wie der zu 
Jerusalem war, erbauen zu lassen, sowie ihn selbst zum 
Hohepriester zu ernennen. Von diesem in Aegypten 
erbauten Tempel habe ich schon wiederholt gesprochen. 




Zwanzigstes Buch, 10. Kapitel. 


673 


Jakira aber, um wieder auf ihn zurückzukommen, starb 
schon nach dreijähriger Führung des Hohepriesteramtes. 
Er erhielt nicht sogleich einen Nachfolger, sondern die 
Stadt blieb nun sieben Jahre lang ohne Hohepriester. 
Später aber, als den Asamonäern die Leitung des Volkes 
anvertraut war, ernannten diese nach Beendigung des 
Krieges mit den Macedoniern den Jonathas zum Hohe- 
priester, der sieben Jahre lang die Würde innehatte. 
Als dieser nun, wie ich schon früher irgendwo erwähnt 
habe, von Tryphon mit List aus dem Wege geräumt 
worden war, erhielt sein Bruder Simon das Amt. Simon 
wurde ebenfalls, nachdem er ein Jahr länger wie sein 
Bruder die Würde bekleidet hatte , hinterlistigerweise 
beim Mahle umgebracht, und es folgte ihm sein Sohn 
Hyrkanus. Als Hyrkanus dreissig Jahre lang Hohe- 
priester gewesen war , starb er in hohem Alter und 
hinterliess als Nachfolger den Judas, der auch Aristo- 
bulus genannt wurde. Dieser bekleidete zugleich mit 
der hohepriesterlichen auch die königliche Würde, denn 
er war der erste , der sich die Krone aufsetzte. Doch 
regierte er danach nur noch ein Jahr, und als eine 
Krankheit ihn dahingerafft , folgte ihm sein Bruder 
Alexander, der siebenundzwanzig Jahre lang Hohe- 
priester und König blieb und sterbend seiner Gemahlin 
Alexandra die Befugnis übertrug, einen neuen Hohe- 
priester zu ernennen. Alexandra ühergab alsdann das 
Amt ihrem Sohne Hyrkanus, und als sie nach neun- 
jähriger Regierung starb, war es auch mit des Hyrkanus 
Hohepriestertum aus. Denn nach dem Tode der Mutter 
erregte sein Bruder Aristobulus Krieg gegen ihn, be- 
siegte ihn und entsetzte ihn seiner Würde, um an seiner 
Stelle Hohepriester und König zugleich zu werden. 
Drei Jahre und drei Monate nach seiner Thronbesteigung 
indes kam Pompejus nach Judaea, eroberte Jerusalem 
mit stürmender Hand und sandte Aristobulus samt 
seinen Kindern gefangen nach Rom. Nun wurde Hyr- 
kanus wieder in sein Amt als Hohepriester eingesetzt 
und erhielt auch die Regierungsgewalt, aber nicht die 

Jo ephun 1 Jüdische Altertümer, II. 43 

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674 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Königskrone. So herrschte Hyrkanus weitere vierund- 
zwanzig Jahre. Dann aber überschritten die parteiischen 
Fürsten Barzapharnes und Pakorus den Euphrat, über- 
zogen Hyrkanus mit Krieg, nahmen ihn gefangen 
und setzten Aristobulus’ Sohn Antigonus als König 
ein. Nachdem dieser drei Jahre und drei Monate 
regiert hatte, eroberten Sosius und Herodes die 
Stadt Jerusalem, worauf er nach Antiochia gebracht 
und dort auf Antonius’ Befehl hingerichtet wurde. Nun 
erhielt Herodes von den Römern die Herrschaft und er- 
nannte keine Angehörigen des Asamonäergeschlechtes 
mehr zu Hohepriestern, sondern mit Ausnahme des 
Aristobulus Männer aus unberühmten und nur priester- 
lichen Familien. Aristobulus aber, den Enkel des von 
den Parthern gefangen genommenen Hyrkanus und 
Bruder seiner späteren Gattin Mariamne, machte er nur 
deshalb zum Hohepriester, weil er sich die Gunst des 
Volkes, bei dem das Andenken des Hyrkanus in Ehren 
stand, verschaffen wollte. Da er jedoch später befürchtete, 
es möchten alle zu Aristobulus halten, räumte er den- 
selben aus dem Wege, indem er ihn zu Jericho beim 
Baden ertränken liess, wie ich schon früher mitgeteilt 
habe. Nach ihm erhielt kein Asamonäer mehr die hohe- 
priesterliche Würde, Ebenso wie Herodes verfuhren bei 
Ernennung der Hohepriester auch sein Sohn Archelaus 
und nach diesem die Römer, als sie das jüdische Reich 
erobert hatten. Von der Zeit des Herodes nun bis zu 
dem Tage, da Titus den Tempel und die Stadt ein- 
äscherte, gab es im ganzen achtundzwanzig Hohepriester, 
deren Amtsführung sich über eine Zeit von hundertund- 
sieben Jahren erstreckte. Einige von diesen bekleideten 
die Würde noch unter Herodes und seinem Sohne 
Archelaus, nach deren Ableben der Staat aristokratisch 
verwaltet würde, während die Aufsicht über das Volk 
den Hohepriestern anvertraut war. Das mag über die 
Hohepriester genügen. 




Zwanzigstes Buch, 11. Kapitel. 


675 


Elftes Kapitel. 

Vom Landpfleger Florus, 
der die Juden zum Kriege gegen die Römer trieb. 

Schlusswort. 

1. Was nun Gessius Florus anlangt, den Nero als 
Nachfolger des Albinus gesandt hatte, 1 so verhängte er 
unsägliches Leid über die Juden. Er stammte aus 
Klazomenae und brachte seine Gattin Kleopatra mit, 
die als Freundin und an Gottlosigkeit 2 ebenbürtige Ge- 
nossin von Neros Gemahlin Poppaea ihm das Amt 
eines Landpflegers von Judaea verschafft hatte. Mit 
der ihm hierdurch verliehenen Gewalt trieb er nun 
einen so schmählichen und nichtswürdigen Missbrauch, 
dass die Juden gegenüber seiner Schlechtigkeit Albinus 
noch als ihren Wohlthäter priesen. Denn dieser hatte 
wenigstens seine Bosheit zu verbergen gesucht und sich 
sorgfältig in acht genommen, um nicht überall in Ver- 
ruf zu geraten. Gessius Florus dagegen prahlte mit der 
Misshandlung unseres Volkes, als wäre er nur geschickt 
worden, um seine Bosheit an den Tag zu legen, und es 
lässt sich keine Art von Erpressung oder sonstiger Un- 
gerechtigkeit denken, deren er nicht fähig gewesen wäre. 
Denn er war grausam und hartherzig und so unersätt- 
lich in seiner Habgier, dass er zwischen wenig und viel 
gar keinen Unterschied kannte und selbst mit Banditen 
zu teilen sich nicht scheute. Diese gingen daher in 
grosser Anzahl dem Raube nach, weil sie sicher sein 
konnten, dass ihnen gegen Abgabe eines Teiles der 
Beute nicht das mindeste zuleide geschah. Damit aber 
war das Mass des Elendes noch nicht voll, sondern da 
die unglücklichen Juden die Plünderungen seitens der 
Räuber nicht mehr ertragen konnten, mussten sie sämt- 


1 64 n. Chr. 

2 Vergl. hierzu XX, 8, 11 , wo Josepbus genau das entgegen- 
gesetzte Urteil über Poppaea fällt. 

43 * 

Go gle 


676 


Josephus* Jüdische Altertümer. 


lieh ihre Wohnsitze verlassen und ihr Heil in der Flucht 
suchen, weil sie überall im Ausland ein besseres Los 
erhoffen durften. Kurz, Florus war es, der uns so weit 
brachte, dass wir den Krieg mit den Römern aufnahmen, 
weil wir lieber auf einmal als in langsamem Todes- 
kampf untergehen wollten. Dieser Krieg nahm seinen 
Anfang im zweiten Jahre der Amtsführung des Florus 
und im zwölften der Regierung des Nero. 1 Was wir 
während desselben zu thun gezwungen waren und was 
wir Schreckliches erdulden mussten, darüber kann sich 
jeder genaue Kenntnis verschaffen , wenn er meine 
Bücher über den Jüdischen Krieg lesen will. 

2. Somit will ich denn mein Werk über die 
Jüdischen Altertümer beendigen, an welche sich das 
Werk über den Krieg sogleich anschliessen soll. 2 Die 
Altertümer enthalten die überlieferte Geschichte von der 
Erschaffung des ersten Menschen bis zum zwölften 
Regierungsjahre des Caesars Nero und berichten, was 
uns Juden in Aegypten, in Syrien und in Palaestina 
widerfahren ist, ferner die Drangsalierungen von seiten 
der Assyrier und Babylonier, dann der Perser und Mace- 
donier, und endlich die Unterjochung durch die Römer. 
Das alles glaube ich mit grösster Genauigkeit geschildert 
zu haben. Auch habe ich mir Mühe gegeben, die 
Reihenfolge sämtlicher Hohepriester anzuführen, die es 
in zweitausend Jahren gegeben hat. Weiterhin habe ich 
wahrheitsgetreu die Geschichte der Könige, ihre Thaten, 
Regierung8&rt und Machtstellung nach Anleitung unserer 
heiligen Schriften auseinandergesetzt, wie ich dies gleich 
zu Anfang dieses Werkes versprochen habe. Ich darf 
nun am Schlüsse meiner Geschichte wohl zuversichtlich 
behaupten, dass selbst beim besten Willen kein anderer, 
sei er Jude oder Ausländer, den Inhalt dieses Werkes 
so getreu in griechischer Sprache wiederzugeben imstande 


1 66 n. Chr. Vergl. Tacitus, Historien, V, io. 

2 Geschrieben ist das Werk über den Krieg indes vor den 
„Altertümern“ (vergl. z. B. XII, 5, i). 



Zwanzigstes Bach, 11. Kapitel. 


677 


gewesen wäre. Denn wie meine Landsleute mir das 
Zeugnis geben können, dass ich mich in den Wissen- 
schaften meines Vaterlandes besonders hervorgethan 
habe, so habe ich mich auch mit der griechischen Sprache 
eingehend befasst und ihre grammatischen Regeln 
gründlich erlernt, wiewohl das geläufige Sprechen der- 
selben mir durch die Sitte meiner Heimat unmöglich 
gemacht wird. Bei uns sind nämlich diejenigen nicht 
besonders angesehen, die in vielen Sprachen bewandert 
sind und auf Schönheit im Ausdruck W$rt legen , da 
diese Kunst als Gemeingut nicht nur der Freien, sondern 
auch der Sklaven gilt. Vielmehr gemessen nur die- 
jenigen bei uns den Ruf von Weisen, die eine gründ- 
liche Kenntnis des Gesetzes verraten und die Bedeutung 
der heiligen Bücher nach Wort und Inhalt zu erklären 
vermögen. Obwohl sich nun gar viele den grössten 
Fleiss in diesem Fache nicht haben verdriessen lassen, 
haben doch kaum zwei oder drei eine besondere Voll- 
kommenheit darin erreicht und alsbald die Frucht ihrer 
Mühen eingeheimst. Vielleicht aber wird es nicht un- 
passend erscheinen, wenn ich über meine Herkunft und 
über das, was ich während meines Lebens gethan habe, 
einiges mitteile, so lange es noch Zeugen giebt, die 
meine Angaben entweder, wenn sie auf Wahrheit be- 
ruhen, bestätigen, oder, wenn sie falsch sind, widerlegen 
können. Hiermit beschliesse ich also meine Altertümer, 
die aus zwanzig Büchern und sechzigtausend Zeilen 1 
bestehen , und so Gott will, erzähle ich später in kurzer 
Darstellung den Hergang des Krieges 2 und meinen 
eigenen Lebenslauf bis auf den heutigen Tag, der in 
das dreizehnte Regierungsjahr desj Caesars Domitianus 3 


1 oti/oi. Jede dieser Zeilen war somit um neun Buchstaben 
kleiner als eine griechische Zeile der Dindorfschen Text -Ausgabe 
(Paret). 

2 D. h. soweit er bei der Abfassung des Lebenslaufes in Betracht 
kam, denn die eigentliche Geschichte des Krieges war ja schon er- 
schienen. 

3 93 n. Chr. 




678 


Josephua’ Jüdische Altertümer. 


und in das eecbsundfünfzigste Jahr meines Lebens fällt. 
Ich habe die Absicht, auch noch vier Bücher über die 
Lehre der Juden von Gott und seinem Wesen nach 
altehrwürdiger Überlieferung zu schreiben, sowie ferner 
ein Werk über die Gesetze und den Grund zu verfassen, 
weshalb uns nach deren Vorschriften das eine erlaubt 
und das andere verboten ist. 





Namenregister. 

Die römische Ziffer bedeutet dag Buch, die erste arabische das Kapitel, die 
«weite arabische den Abschnitt, also II, 18, 1 = II. Buch, 13. Kapitel, 1. Abschnitt. 


A. 

Aaron, Moyses’ Bruder, II, 13, 1 ; 

III, 2, 4; III, 8, Ibis IV, 4,7; 
XX, 10, 1. 

Abaneth, Priestergürtel, III, 7, 2. 

Abar, Äsers Sohn, II, 7, 4. 

Abar (Abarim), Bergreihe in Pa- 
laestina, welche den zu dem Ge- 
filde Moabs (gegenüber Jericho) 
und zum toten Meer, min- 
destens zu dessen nördlichem 
Teile abfallenden Westrand der 
moabitischen Hochebene bildet, 

IV, 8, 48. 

Abassar, Statthalter von Persien, 
Syrien und Phoenicien, XI, 1, 3 ; 
4, 4. 

Abba (Ab), hebraeischer Monats- 
name, macedonisch Loos, ent- 
spricht Teilen unseres Juli und 
August (Josephus gebraucht 
immer den macedonischen Ka- 
lender), IV, 4, 7. 

Abdagases, parthischer Befehls- 
haber, XVIII, 9, 4. 

Abdeel, Ismaels Sohn, 1, 12, 4. 

Abdemon, VIII, 5, 3. 

Abdenago (Azarias), Daniels Ge- 
fährte, X, 10, 1 ff. 

Abdon, Richter, Nachfolger des 
Elon, V, 7, 15. 

Abel, Adams Sohn, 1, 2, 1. 

Abela, Stadt in Palaestina, etwa 
3 Stunden südlich von Bethsana 
(Skythopolis) im Jordanthal 


gelegen, zu Isachar gehörig, 
VIII, 13, 7. 

Abellane , Stadt in Nord -Pa- 
laestina, unfern von Dan und 
Ijon ira Stamme Nephthali ge- 
legen, wahrscheinlich das heu- 
tige Abil el Kämh, VIII, 12, 4. 
Abelmachea, dasselbe wie Abel- 
lane, VII, 11, 7. 

Abener, Sauls Feldherr, VI, 6,6 
bis VII, 1,5. 

Abennerig, König zu Charax 
Spasini, XX, 2, 1. 

Abesalom, Davids Sohn, VII, 
1,4 bis 10,2. 

Abessa, Davids Neffe und Joabs 
Bruder, VII, 1, 3 ff. 

Abia, Samuels Sohn, VI, 3, 2. 
Abia, Achaz* Gattin, IX, 13, 1. 
Abias, Roboams Sohn , VII, 8, 5 
bis VIII, 11, 3. 

Abias, arabischer Fürst, XX, 4, 1. 
Abiathar, Sohn des Abimelech, 

VI, 12,6; 12,8; VII, 5, 4; 9, 2; 
9, 7; 14,4; VIII, 1,3. 

Abibalos , Köniz von Tyrus, 
VIII, 5,3. 

Abida, Gattin des Königs Asanus, 

ym, 12, 6 . 

Abiezer, Sohn des Phinees, Hohe- 
priester, V, 11, 5. 

Abigaea, Nabals und nach dessen 
Tode Davids Weib, VI, 13,7; 

VII, 1,4. 

Abigaea, Mutter des Amessas, 
VII, 10, 1. 


Go gle 



680 


Josepbus’ Jüdische Altertümer. 


Abila, Stadt in Peraea, zwölf 
römische Meilen östlich von 
Gadara, heute die südlich vom 
Hieromax gelegene Trümmer- 
stadt Abil, IV, 8, 1; V, 1, 1; 

XII, 3, 3. 

Abila Lysaniae , Hauptstadt der 
nach ihr benannten Landschaft 
Abilene in Coelesyrien, XIX, 
5,1. 

Abilamarodach, Nabuchodonosors 
Sohn, X, 11,2. 

Abimaöl, Juktas’ Sohn, I, 6, 4. 
Abimelech , König von Gerara, 
1 , 12, 1 ff. 

Abimelech , Gedeons Sohn , V, 
7, lff. 

Ablnadab, Statthalter Solomons, 
VIII, 2, 3. 

Abiram, Gegner des Moyses, IV, 

2, 2 ff. 

Abisa, Sohn von Davids Schwester 
Sarvia, VI, 18, 9; VII, 1, 3; 
5, 4. 

Ablsake (Abisag) , Davids Bei- 
schläferin, VII, 14, 3 ; VIII, 1, 2. 
Abitaal, Davids Gattin, VII, 1, 4. 
Abin, Aarons Sohn, III, 8, 1 ; 8, 7. 
Abram, Sohn des Tharrus, 1, 6, 5 ff. 
Abrarasheim, Dorf bei Damaskus, 
1 , 7 , 2 . 

Absalom, Vater des Mattathias, 

XIII, 5, 7. 

Absalom , Aristobulus’ Oheim, 

XIV, 4, 4. 

Abama, Stadt Palaestinas in der 
Nähe von Sichern , heute die 
Ruinen el -'Orma, zwei Stunden 
südöstlich von Sichern an der 
Strasse von Nabulus nach dem J 
Jordan gelegen, X, 5, 2. 

Achab, Sonn des Amarinus, König i 
der Israeliten, VIII, 12, 5ff. 
Achamon, Stadtk ommandan t unter 
Achab, VIII, 15,4. 

Achar, Sohn des Zebedias, V, 
l,10ff. 

Achaz, König der Juden, IX, 12, 1 ; 

12 , 3 . 


Achemae ns, Vater eines der Helden 
Davids, VII, 12, 4. 

Achiab, Neffe Herodes’ des Grossen, 
XV, 7, 8; XVII, 7; 10,4. 
Achiala, Gattin des Königs Ama- 
sias, IX, 10, 3. 

Achias, Hohepriester, VI, 6, 2. 
Achias, Seher, VIII, 7, 7; 11,1; 

X, 4, 4. 

Achiba, Ezekias’ Gattin, Manasses’ 
Mutter, X, 8, 1. 

Ac hi laus , Davids Geheimkäm- 
merer, VII, 11,8. 

Achilus, Josaphats Vater, VII, 5, 4. 
Achima, Davids Weib, VI, 13, 10; 
VII, 1,4. 

Achiman, des Berzelaeus Sohn, 

VII, 11, 4. 

Achimas , Sadoks Sohn, Hohe- 
priester, VII, 9, 2; 10, 4; X, 
8 , 6 . 

Aehimeleeh , Hohepriester, VI, 
12, 1; 12,4 u. 6. 

Achlnadab, Statthalter von Gali- 
laea unter Solomon, VIII, 2, 3. 
Achitob, Hohepriester, VI, 6, 5; 

VIII, 1, 3. 

Achitophel 9 Genosse Ahesaloms 
bei dessen Empörung gegen 
David, VII, 9, 2 ff. 

Achonius, vornehmer Jerusalemer, 

XI, 5, 4. 

Achratheus, Verschnittener, XI, 
6,7. 

Actlum, flache, sandige Landzunge 
von dreieckiger Form (jetzt la 
Punta), die westliche Spitze von 
Akarnanien , welche mit der 
gegenüberliegenden Spitze von 
Epirus die breite Mündung des 
AmbrakischenMeerbusensbildet, 
XV, 5, lff.; 6,1; XVI, 5, 3; 
XVIII, 2,1. 

Ada, Lamechs Weib, 1, 2, 2. 

Ada, Esaus Weib, 1,18,4. 

Adad, König von Damaskus und 
Syrien, VII, 5, 2. Seine Nach- 
folger, alle desselben Namens, 
VIII, 14,1 bis IX, 8, 7. 


Go gle 



Namenregister. 


681 


Adaeus , Statthalter von Syrien Aegaeae, Stadt in Macedonien im 
unter Xerxes, XI, 5, 6. Distrikt Emathia am Flusse 

Adfun, Stammvater des Menschen- Lydias , das heutige Roglena, 

geschlechtes, 1, 1, 2 ff. XI, 8, 1. 

Adar, der letzte Monat des Jahres Aegitha, Davids Weib, VII, 14,4. 
bei den Juden, macedonisch Aegla, Davids Weib, VII, 1,4. 
Dystros (etwa unser März), IV, Aegypten, von den Juden Mestre 
8,49; XI, 4, 7; 6,2; 6,12; XII, genannt, I,6,2ff. 

10, 5. Aelana, idumaeische Hafen- und 

Adasa,Dorf Judaeas (nach Schwarz Handelsstadt an der östlichen 

das heutige Dorf Dschora di al Spitze des Arabischen Meer- 
Chadas), XII, 10, 5. busens isinus aelaniticus) im 

Addida, von dem Makkabäer petraeischen Arabien , heute 
Simon befestigte Stadt auf einer 'Akaba, VIII, 6, 4. 

Berghohe am Ostrand der von Aeman, hebraeiscber Weiser zur 
Joppe südwärts zwischen dem Zeit Solomons, VIII, 2. 5. 
Judaeischen Gebirge und der Aelius Gallus, Statthalter von 
Küste des Mittelmeeres sich er- Aegypten, XV, 9, 3. 
streckenden Niederung, zu Ju- Aemilische Tribus, XIV, 10, 19. 
daea gehörig, XIII, 6, 5; 15, 2. Aemilins Regulus, einer der Ver- 
Ader, ldumäer, Solomons Feind, schworenen gegen Caligula, 

VIII, 7, 6. XIX, 1,3. 

Adlabene, assyrische Landschaft, Aeneas, Antipaters Sohn, XIV, 
XX, 2,1 ff 10,22. 

Adonias. Pavids Sohn, VII, 1,4 Aeneas, arabischer König, XVI, 
/ bis VIII, 1, 3. 9, 4. 

' Adonibezel, König der Bezeker, Aeoler, von den Juden Elysäer 

V, 2, 2. genannt, 1,6,1. 

Adora, SUdtim südlichen Binnen- Aerls, Sohn des Gad, 11,7,4. 
lande des Stammes Judas, von Aesopus, Alexandras Diener, XV, 
Jeroboim befestigt, in der nach- 3, 2. 

exilisclen Zeit zu Idumaea ge- Aetu, die Steinkluft, wo Samson 
hörig das heutige Dura im hauste, V, 8, 8. 

Distrkt Hebron, XIII, 6, 5; Aethiopien, seine Bewohner 1, 6. 2 ; 
9, 1. Krieg gegen Aegypten II, 10, 1 f.; 

Adora /hi , Stadt in Judaea, wohl BescnneidungVIII,10,3. Aethi- 

dtsselbe wie Adora, VIII, 10, 1. opien im weiteren Sinne ist 

Ad#ram, Sohn des Thaenus, VII, alles dasjenige Südland, welches 

1 , 4 ; 11,8; VIII, 2, 9. man sich von dem ebenso un- 

Aframelech, Sohn des Assyrier- bestimmten sogenannten Volke 

könig8 Senacherib, X, 1, 5. der Aethiopen bewohnt dachte, 

Xdrazar , König von Sophene, im engeren Sinne das südlich 

VII, 5, 1 ; VIII, 7, 6. von Philae am Nil aufwärts ge- 

Adullama (Adullam), uralte cha- legene, vom Arabischen Meer be- 

nanaeische Königsstadt, in der grenzte und bis an die Küste des 

zum Stamme Judas gehörigen ! Indischen Meeres reichende Land. 

Niederung gelegen, vielleicht das Aözel, Juktas’ Sohn, 1,6,4. 
heutige Dorf Deir Dubbän, Afrika, benannt nach Abraras 

VI, 12, 3. Sohn Apher, 1, 15. 



682 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Agaba, Stadt in Palaestina, jetzt 
unbekannt, XIII, 16, 5. 

Agag, König der Amalekiter, 
VI, 7, 2. 

Agalla, Stadt in Arabien an der 
Qrenze des Moabiterlandes, deren 
Beste bei der heutigen Quelle 
'Ain el Feschka (Mistquelle) am 
Nordende des toten Meeres zu 
suchen sind, XIV, 1,4. 

Agar. Ismaels Mutter, 1, 10, 4. 

Agatharchides , Geschichtschrei- 
ber, XII, 1. 

Agathokles, athenischer Archont, 

XIV, 8, 5. 

Aggaens, Prophet, XI, 4, 5; 4,7. 

Aggltha, Davids Weib, VII, 1, 4. 

Agrippa, Marcus, Konsul, XIV, 
16, 4 ff. 

Agrippa der Grosse, XVII, 2, 2; 
XVIII, 5, 4 ff.; XIX, 4,1 ff. 

Agrippa, Agrippas des Grossen 
Sohn, XVIII, 5, 4; XIX, 9, 2; 
XX, 1,1; 6,3. 

Agrippa, des Herodes Freund, 

XV, 9, 3; 10,3. 

Agrippa, Sohn des Aristobulus 
und der Salome, XVIII, 5, 4. 

Agrippa, Sohn des Land pflegers 
Felix, XX, 7, 2. 

Agrippias, häufiger Anthedon, 
Hafenstadt im Süden von Pa- 
laestina, das heutige Kefr-Hette, 
XIII, 13. 3; XIV, 5, 3; XV, 
7,3; XVIII, 6, 3. 

Agripplna, Claudius* Gattin, XX, 
8. If. 

Agrippinus, Sohn des Demetrius | 
und der Mariamne, XX, 7, 3. 

Allion (Ajone), Stadt Palaestinas 
im Stamme Nephthali, heute 
nur noch Ruinen auf dem Teil 
Näma. VIII, 12, 4. 

Aikam, Vater des Godolias, X,9,l. 

Akkaron, eine der fünf Philister- 
städte, jetzt Akir oder Aker, 
zwei Stunden östlich von J amnia, 
V, 1, 22 ff.; VI, l,2f.; IX, 2,1; 
XIII, 4, 4. 


Ake, s. Ptolemais. 

Akme, Sklavin, XVII, 5, 7 ; 7. 
Akrabatene ( Akrabatta),Toparchie 
im Norden v. Judaea mit gleich- 
namiger Hauptstadt. Letztere, 
das heutige Akrabi, XII. 8, 1. 
Akusilaus, Geschichtschreiber, I, 

3, 9. 

Albaner, die, skythischer oder 
sarmatischer Volksstamm im 
Küstenland am Kaspischen 
Meere, gegen Westen an Iberien, 
eine rings von Gebirge um- 
schlossene Landschaft im nörd- 
lichen Asien, grenzend, XVIII, 

4.4. 

Albinos, Landpfleger von Judaea, 
XX, 9, 1 f. 

Alexander Jannaens, Sohn des 
Hyrkanus, XIII, 12, 1 ff. 

Alexander , Aristotulus’ Sohn, 

XIV, 4, 5 ff. 

Alexander, Sohn Herodes' des 
Grossen, XV, 10, 1 C 
Alexander, Sohn des Alexander 
und der Glaphyra, XVIII, 5,4. 
Alexander, Vorsteher 4er alexan- \ 
drinischen Juden, XVIII, 6,3; 
8,1; XIX, 5,1. 

Alexander, Zollpächter, XX, 5, 2. 
Alexander, Sohn des Dorotheus, 
XII, 8, 5. 

Alexander, Sohn des Jas»n, XII, 

8, 5. 

Alexander, Phasaels Sohn, XVIII, 

5.4. 

Alexander, Theodors Sohn, XIV, 

| 10 , 10 ; 10 , 12 . 

Alexander , der falsche , XVII, 

12, 1 ff . 

Alexander, Hohepriester, XX 

10 , 1 . 

Alexander der Grosse, XI, 8, 1 ff. 
Alexander Balas, XIII, 2, 1 ff. 
Alexander Zebinas, XIII, 9, 3. 
Alexander, Sohn des armenischen 
Königs Tigranes, XVIII, 5, 4. 
Alexander, des Antonius Freund, 

XV, 6, 7. 


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Namenregister. 


683 


Alexander Polyhistor, Geschicht- 
schreiber, 1, 15. 

Alexandra (griechischer Name für 
Salome), Gattin des Aristobulus, 
XIII, 12, 1. 

Alexandra, des Alexander Jan- 
naeus Gattin, XIII, 16, lff 
Alexandra, Tochter desHyrkanus, 
XV, 2, 5 ff. 

Alexandra, des Königs Aristobu- 
lus Tochter, zuerst mit Philip- 

S ion , später mit Ptolemaeus 
lennaei vermählt, XIV, 7, 4. 
Alexandra, Phasaels Tochter, 
XVIII, 5, 4. 

Alexandria, die bekannte Stadt 
in Aegypten, XIII, 3. 4; XIV, 
7,2; XIX, 1,12; 5,2. 
Alexandrlnm, Kastell Palaestinas 
an der Strasse von Skythopolis 
nach Jerusalem, wahrscheinlich 
von Alexander Jannaeus erbaut, 
vielleicht das heutige KefrStüna, 
XIII, 16, 3; XIV, 5, 4; 15,4; 
XVI, 2,1; 11,7. 

Alexas , Freund Herodes’ des 
Grossen, XVII, 1, 1 ff . 

Alexas Helkias, Antipaters Schwie- 
gersohn, XVIII, 5, 4. 

Alibama, Esaus Weib, 1, 18, 4. 
Alkimns, Hohepriester, XII, 9, 7 ff 
Amadath, Vater des Aman, XI, 
6,5. 

Amalek, Sohn des Eliphaz, II, 

1 , 2 . 

Amalekiter, uraltes Volk in Ara- 
bia petraea, südwestlich von 
Palaestina, zwischen dem Ge- 
biete der Edomiter (Idumäer) 
und der Grenze Aegyptens. 
Um das Jahr 800 v. Chr. ver- 
schwinden sie gänzlich. III, 
2, 1 ff ; IV, 8, 44; V, 6, lff; 
IX, 9, 1 f. 

Araalekitis, II, 1, 2. 

Aman, einflussreicher Günstling 
des Perserköoigs Artaxerxes, 
XI, 6. 5ff 

Aman, Adads Page, VIII, 15, 5. 


Amanus, Berg in Cilicien, 1. 6, 1 f. 

Amaram, Moyses’ Vater, II, 9, 3. 

Amarant, vornehmer Jude, XX, 

1 , 1 . 

Amarinus (Omri), König der 
Israeliten, VIII, 12, 5. 

Amasias, König der Juden, IX, 
9, lff 

Amasias, Kichter, IX, 1, 1. 

Amasias, Sohn des Königs Achaz, 
IX, 12, 1. 

Amasias, Stadtkommandant von 
Jerusalem unter Josias, X, 4, 1. 

Amathe, Stadt in Phoenicien, von 
den Macedoniern Epiphania ge- 
nannt, am Fusse des Hermon, 
führt heute noch den alten 
Namen Hamäth, 1,6,2; III, 
14, 2; VII. 5, 4; VIII, 6, 3. 

Amathlus, Sohn des Ciianaan, 

1 , 6 , 2 . 

Amathus, jetzt Amäteh, Stadt in 
Peraea , drei Stunden südlich 
von Pella an der Ost6eite des 
Jordan, IX, 10, 1 ; XVII, 10, 6; 
XIII, 13, 3; XIV, 5, 4. 

Ambivius, Marcus, Landpfleger 
von Judaea, XVIII, 2, 2. 

Amessas, Abesaloms Heerführer, 
VII, 10, lff 

Amintidab, Davids Bruder, VI, 

8 , 1 . 

Aminadab, Sauls Sohn. VI, 14, 7. 

Aminadab, Levit, VI, 1,4; VII, 
4.2. 


Amitala, Joachaz’ Mutter, X, 5,2. 

Ammanlter, die, Nachbarvolk der 
Israeliten , dessen Wohnsitze 
im Südosten von Palaestina 
zwischen den Flüssen Arnon 
(jetzt el Mojibj und dem oberen 
Jabbok (jetzt ez-Zerka) durch 
das 5 — 6 Meilen breite Gebiet 
der Stämme Rubel und Gad 
vom toten Meere und dem un- 
teren Jordan getrennt waren. 
Die Hauptstadt ihres Landes 
war Rabbath- Ammon, das spä- 
tere Philadelphia. Die Amma- 


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684 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


niter verschwinden seit dem Ankyra, Stadt in Asien, ursprüng- 
3. Jahrhundert aus der Ge- lieh zu Phrygien gehörig, später 
schichte. 1,11,5; V, 7, 7; VI,! Hauptstadt von Galatien, Mittel - 
5, lff. ; IX, 10, 3. j punkt der grossen Heerstrasse 

Amman, Lots Sohn, Stammvater! von Byzanz nach Syrien, jetzt 
der Ammaniter, 1,11,5. ! Angora oder Engürieh, XVI, 

Ammonius, XIII, 4, 6. | 6, 2. 

Amnon, Davids Sohn, VII, 1,4 ff. Anna, chananaeische Königsstadt, 
Amoritis (Amoraea), das Land heute die Ruinen Tell-el-Hagar 
der Amoriter, Ajnoräer oder! südöstlich von Beitin, V, 1, 15. 
Amorrhäer, IV, 5, 1 f. ; 7, 3. j Anna, Samuels Mutter, V. 10, 2. 
Grenzen des Landes IV, 5, 2. Annibas, Einwohner von Peraea, 
Amorrhaeus, Sohn des Chanaan, XX, 1,1. 

1,6,2. Anoeh, Sohn des Kais, 1,2,2. 

Arnos, König zu Jerusalem, X, Anoeh, Sohn des Jared, 1,3,4. 

3,2; 4,1. Anoeh, Sohn des Madian, 1,15. 

Amraphel, assyrischer Heerführer, Anoeh, Sohn des Rubel, 11,7,4. 

1,9. Anoeha, von Kais gegründete 

Amyr, Phares’ Enkel, 11,7,4. Stadt, 1,2.2. 

Anaeharis, assyrischer Feldherr, Antaens, 1, 15. 

X, 1, 1. Antejus, Vater und Sohn, XIX, 

Ananel, Hohepriester, XV, 2, 4; 1,15. 

3, 1 ; 3, 3. Anthedon, s. Agrippias. 

Ananias, Daniels Gefährte, X, Antigonus, einer der Diadochen, 
10, lf. .. XII, 1,1. 

Ananias, Ältester. XI, 4, 9. Antigonns, des Hyrkanus Sohn, 

Ananias, Feldherr, XIII, 10,4; XIII, 10, 2f. 

13, 1 f. Antigonns, des Aristobulus Sohn, 

Ananias, jüdischer Kaufmann, XIV, 4, 5 ff.; 12, 1 ; XVII, 5, 2. 

XX, 2, 3. Antiochia, Metropole Syriens, von 

Ananias, Hohepriester, XX, 5, 2 ff. Seleukus Nikator erbaut, nach 

Ananus, Hohepriester, XVIII, dem Hain Daphne auch den 
2, 1 f . ; XIX, 6, 2; XX, 9,1. ! Beinamen Epidaphne führend, 

Ananas, Centurio, XX, 6, 2. jetzt Antaki, XII, 9, 7 bis XIV, 

Anathoth,Priesterstadt im Stamme 2,6; XVII, 2,1; 5,7; 11,1. 
Benjamin auf der Heerstrasse, Antiochia Epimygdonia, die jetzt 
die vom Norden Palaestinas Nisib heissende Hauptstadt der 
nach Jerusalem führte, jetzt Provinz Mygdonia in Mesopo- 
Anäta, ein kleines Dorf nord- ; tamien am Flusse Mvgdonius, 
östlich von Jerusalem, X, 7, 3. XX, 3, 3. 

Andreas, Befehlshaber der Leib- Antiochus II., mit dein Beinamen 
wache des Ptolemaeus Philadel- „Gott“, Enkel des Seleukus, 
phus, XII, 2, 2. XII, 3, 2. 

Andromachns, Herodes’ des Antiochus III., der Grosse, XII, 
Grossen Vertrauter, XVI, 8, 3. 3, 3 ff. 

Andronikus, des Messalamus Sohn, Antiochus IV., Epiphanes , X, 
XIII, 3,4. 11,7; XII, 4, 11 ff.; XV, 3, l. 

Anilaeus, babylonischer Jude, Antiochus V., Eupator, XII, 
XVIII, 9, lff. 7, 2 ff. 


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Namenregister. 


685 . 


Antiochas TI., Alexander Balas’ 
Sohn, XIII, 5.1 ff. 

Antiochus VII., Soter, XIII, 7, lff. 
Antiochas VIII., Grypue, XIII, 
9, 3 ff. 

Antiochas IX. , von Kyzikos, 
XIII, 10, lff. 

Antiochas X., Eusebes, XIII, 8,2ff. 
Antiochas XI. , Sohn des Antio- 
chus Grypus, XIII, 13, 4. 
Antiochas XII., XIII, 13, 4. 
Antiochas, König von Komma- 
gene, XIV, 15, 9 
Antiochus, König von Komma- 
gene, XVIII, 2, 5 ff. 

Antiochus Epiphanes, Sohn des 
Antiochus von Kommagene, 

XIX, 9, 1; XX, 7, 1. 
Antiochasthal, XIII, 15, 3. 
Antipas, Herodes’ des Grossen 

Sohn, XVII, 1, 3 ff. 

Antipater, früher Antipas ge- 
heissen, XIV, 1, 3 ff. 

Antipater, Herodes’ des Grossen 
Sohn, XVI, 2, 3 ff. 

Antipater, Jasons Sohn, XIII, 5, 8. 
Anti pater, Samariter, XVII, 4, 2. 
Antipater, Phasaels Sohn, XVIII, 
5, 4. 

Antipater , Schwestersohn des 
Herodes, XVII, 1,3; XVIII, 
5, 4. 

Antipater, Aeneas’ Sohn, XIV, 

10 , 22 . 

Antipatris, Stadt in Judaea, das 
heutige Kefr-Saba am Ostrande 
der Ebene Sarou, XIII, 15, 1; 

XVI, 5, 2. 

Antiphilus, Antipaters Freund, 

XVII, 4, 2; 5, 7. 

Antonia, des Drusus Gattin, 
XVIII, 6, 1. 

Antonia, des Claudius Tochter, 

XX, 8, 1. 

Antonia, Burg in Jerusalem, 
XIII, 11, 2; XV, 8, 5; 11, 4; 
XVIII, 4, 3. 

Antonins, Gajus, Konsul, XIV, 
4, 3. 


Antonias , Lucius , Propraetor, 
XIV, 10, 17. 

Antonias , Lucius , Proquaestor, 

XIV, 10.13 

Antonius, Marcus, XIV, 5, 2 ff 
Apame, Rabezaks Tochter, XI, 

3, 5. 

Apaniea, Hauptstadt der syrischen 
Landschaft Apamene am Oron- 
| te9, südlich von Antiochia, jetzt 

I prächtige Ruinen zu Kalaat- 

el-Medik im Paschalik Tara- 
! blüs, XIII, 7, 2; XIV, 3, 2; 

XV, 4, 2. 

Apellaios, macedonischer Monats- 
name, hebraeisch Tebeth (etwa 
unser Dezember) XI, 5, 4 
Apelles, Heerführer, XII, 6, 2. 
Apheka, Stadt in Judaea, nord- 
westlich von Jerusalem, das 
heutige Fik, V, 11, I; VIII, 
14, 4. 

Apher, Sohn Abrams und der 
Chetura, I, 15. 

Apherima, Städtchen in Judaea, 
nördlich von Jerusalem in der 
Nähe von Bethel gelegen, nach 
Robinson das heutige Et-Taiji- 
beh. XIII, 4, 9 

Aphra, von Apher gegründete 
Stadt, 1, 15. 

Apion, alexandrinischer Gelehrter, 

XVIII, 8, 1. 

Apobaterion, der Ort, wo Noe die 
Arche verliess, I, 3, 5. 

Apollo, Tempel des, XVII, 11, 1. 
Apollodotus, Heerführer der Ga- 
zäer, XIII, 13, 3. 

Apollonia, Seestadt in Palaestina 
zwischen Caesarea und Joppe, 
jetzt ein verödetes Dorf Arsuf 
etwa sechs Stunden von Jaffa, 
XIII, 15, 4. 

Apollonias, Statthalter von Sa- 
maria unter Antiochus Epi- 
phanes, XII, 5, 5. 

Apollonias, Statthalter von Coe- 
lesyrien unter Alexander Balas, 
XIII, 4, 3f. 


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686 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Apollonias , Alexanders Sohn, 

XIII, 9, 2; XIV, 10, 22. 
Aponius, Senator, XIX, 4, 5. 
Apsanes, Richter, V, 7, 13. 
Aquilas, einer der Mörder Cali- 

gulas, XIX, 1, 14. 

Aquileja, grosse, blühende und 
stark befestigte Kolonie der 
Römer in Venetia (Oberitalien), 
jetzt ein Flecken Aglar oder 
Aequileja in Friaul am Meer- 
busen von Triest, XVI, 4, 1. 
Araber, Arabien, I, 15; V, 6, 1 ; 

XIV, 1, 4; 5, 1; 9, 1 ff.; XVII, 
4, 1. 

Aradaeus,Sohn des Chanaan,1, 6, 2. 
Ar ad us , Inselstadt an der phoe- 
nicischen Küste nördlich von 
Tripolis, jetzt Ruad oder Ru- 
weida, 1,6,2; XIII, 3, 4; 
XIV, 12, 6. 

Ar am, Aramtter, I, 6, 4. 
Aramatha, Leviten- und Frei- 
stadt im Stamme Gad , das 
heutige Es-Szalt, VIII, 15, 8 ff. 
Aran, des Tharrus Sohn, Lots 
Vater, I, 6, 5. 

Arases, König von Syrien und 
Damaskus, IX, 12, lf. 

Arbela, Dorf in Galilaea, jetzt 
Irbid, XII, 11, 1; XIV, 15, 4. 
ArchelaYs, Ort in Judaea, nahe 
bei Phasaelis und Jericho, jetzt 
el - Basallye , XVII , 13 , 1 ; 
XVIII, 2, 2 

Archelaus, kappadocischer König, 
XVI, 1, 2 ff. 

Archelaus, Herodes’ Sohn, XVII, 

1, Sff. 

Archelaus, Gatte der Berenike, 
XIV, 6, 2. 

Archelaus, Verwalter des Königs 
Archelaus, XVII, 13, 2. 
Arehelans. Julius, Sohn des Chel- 
kias, XIX, 9, 1 ; XX, 7, 1. 
Areios, lakedaemouischer König, 
XII, 4, 10. 

Aremmantus, babylonischer Fürst, 
X, 8, 2. 


Aretas, arabischer Fürst, XIII, 
'13,3; XVI, 9, 4ff; XVIII, 
5, lff. 

Aretas, König von Coelesyrien, 
XIII, 15, 2. 

Arethusa, befestigte Stadt Syriens, 
zwischen Epiphania und Emesa 
im Lande der nomadischen 
Araber, jetzt Rostan oder Re- 
stun, XIV, 4, 4. 

Ariel, Gads Sohn, 11,7,4. 

Arien, persische Provinz, durch- 
strömt vom Flusse Arius. heute 
etwa Kohestan , Tejestan und 
ein Theil von Khorasan, I, 6, 4. 

Ariman, Asylstadt, IV, 7, 4. 

Arion, Verwalter, XII, 4, 7. 

Arioch, Befehlshaber der Leib- 
wache des babylonischen Königs, 
X, 10 3. 

Aristaeus, XII, 2,2 f. 

Aristobulus, Hyrkanus’ Sohn, 

XIII, 10, 2. 

Aristobulus , des Alexander Jan- 
naeus Sohn, XIII, 16,1. 

Aristobulus, Sohn des Alexander 
und der Alexandra, XV, 2, 5 ff. 

Aristobulus, Herodes’ Sohn, XV, 

10, 1 ff 

Aristobulus, Salomes Sohn, XVIII, 
5,4. 

Aristobulus, Bru derssohn A grippas 
des Grossen, XX, 5, 2 ff. 

Aristobulus, des Amyntas Sohn, 

XIV, 10, 22. 

Arlston, XIX, 8, 3. 

Arius, Centurio, XVII, 10, 7. 

Arke, phoenicische Stadt am 
Fusse des Libanon, das heutige 
Irkä, 1, 6, 2. 

Arke, Stadt in Arabien, später 
Petra genannt, 1 V , 4, 7. Arekeme 
heisst die Stadt IV, 7, 1. 

Armathou, Stadt, VIII, 12, 3. 

Armenien, Gebirgsland in Asien, 
wurde durch den Euphrat in 
zwei ungleiche Teile, Armenia 
major (jetzt Turkomanien und 
Iran) und minor (jetzt Aladulie) 


Go gle 




Namenregister. 


687 


geteilt, 1, 3, 5; 6, 4; XVIII, 2, 4; 
4, 4. 

Arnon , der Fluss , welcher die 
Nordgrenze Moabs gegen die 
Amoriter, später gegen die 
Israeliten bildete , jetzt Wadi 
Mödjib, IV, 5, 1. 

Arophaeus , Sohn des Maraiotb, , 
VIII, 1,3. 

Arphaxades Sems Sohn, 1, 6, 4. 

Arruntius, Evaristus, XIX, 1,18. 

Arruntius, Paulus, XIX, l, 14. 

Arsakes, partbischer König, XI 11, 
5,11; 8,4. i 

Arsakiden, die, XVIII, 2, 4. 

Arsamus, arabisches Kastell, jetzt 
unbekannt, XX, 4, 1. 

Arsinoö, Gattin des Ptolemaeus 
Philadelphus, XII, 2, 6. 

Artabanus, König von Medien, I 
XVIII, 2,4; 9, 3 ff. 

Artabazes , armenischer König, 
XV, 4, 3 

Artaxerxes I., persischer König, 
XI, 6, lff. 

Artaxias, Sohn des parthischen 
Königs Artabazes, XV, 4, 3. 

Artemis! os, macedonischerMonats- 
name, hebraeiscb Iar (etwa 
unser Mai), VIII, 3, 1; XIV, 
10, 25. 

Arukaeus, Cbanaans Sohn, I, 6, 2. 

Arura, Ort in Judaea, VI, 12, 4. 

Arus, Flecken, wahrscheinlich in 
Samaria, XVII, 10, 9. 

Asabel, Benjamins Sohn, II, 7, 4. 

Asagl, Davids Enkel, VII, 1,3. 

Asanns, Sohn des Königs Abias, 
VIII, 11, 3 ff. 

Asaph und seine Söhne, XI, 4. 2. 

Aschanaxes, Aschanaxer, 1, 6. 1 . 

Aseneth , Josephs Gattin, 11,6,1. 

Äser, Jakobs Sohn, I, 19, 7. 

Asinaeus, babylonischer Jude, 
XVIII, 9, lff 

Asinius, Schriftsteller, XIV, 8, 3 

Asinius PolIio 9 Gajue, Konsul, 
XIV, 14. 5 

Askalon, jetzt Askulan, Stadt in 


Judaea , früher eine der fünf Phi- 
listerstädte , V,l,22; VI, 1,2; 
X 1 1, 4, 5 ; XVI, 8, 4 ; XVII, 1 1 , 5. 

| Asmontter (Asamonäer), die, XIV, 

! 16,4; XVII, 6, 3. 

Asoehis, Stadt in Galilaea am See 
Tiberias nahe bei Sepphoris, 
; XIII, 12, 4. 

Asophon 9 jetzt unbekannte Stadt 
Galilaeas, XIII, 12, 5. 

Asor, Stadt in der Nähe des Sees 
Merom, V, 5, 1 ; 5, 4 ; 6, 1 ; XI II, 
5, 7. 

i Asphaltsee, der (das tote Meer) 
j 1,9; XV, 6, 2; XVII, 6, 5. 

Asphar, Cisterne, XIII, 1, 2. 

Asprenas, Senator, XIX, 1, 13 ff 

Assaeharoddas, assyrischer König, 
Senacheribs Nachfolger, X, 1, 5. 

Assaron, Bubels Sohn, 11,7,4. 

Assaron 9 jüdisches Mass (etwa 2 
Liter), 111,6,6; VIII, 3, 6. 

Assor, Sems Sohn, 1,6,4. 

Assuris, Dadans Sohn, 1, 15. 

Assyrier, die, I, 6, 4; 9. 

Astabarer, die, arabisches Volk, 

1 , 6 , 2 . 

Astaboras, Fluss in Aethiopien, 
jetzt Takkazie und in seinem 
unteren Lauf Atbara, II, 10, 2. 

Astapus, Fluss in Aethiopien, 
jetzt Abawi oder blauer Nil, 
II, 10, 2. 

Astarte, phoenicische Göttin, VII I, 
5, 3. 

Astyages, des Darius Vater, X, 
11,4. 

Athener, die, XIV, 8, 5. 

Athenion . des Ptolemaeus Euer- 
getes Freund, XII. 4, 3. 

Atnone, arabische Stadt, jetzt un- 
bekannt, XIV, 1,4. 

Athronges, Hirt, XVII, 10, 7. 

Augustus, römischer Caesar, XVI, 
6,2 ; XVIII, 2, 2. 

Auranitis, Landschaft jenseits des 
Jordan in Peraea, jetzt. Hau- 
r&n, östlich an Trachonitis, 
nördlich an Ituraea, westlich 


Go gle 




688 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


an Gaulonitis grenzend , XV, 
10, lf.; XVIII, 11, 4. 1 

Auza, Stadt in Libyen, jetzt Sur 
Guslan, VIII, 13, 2, 

Axioram, Hohepriester, X, 8, 6, 

Aza, ein jetzt unbekannter Berg 
Palaestinas, XII. 11,2. 

Aza£l, König von Syrien, VIII, 
13,7. 

Azarias, Hohepriester, IX, 10, 4 ; 
X, 8, 6 ff. 

Azarias, Prophet, VIII, 12, 2. 

Azarias, Heerführer unter Judas 
Makkabaeus, XII, 8, 6. 

Azav, Nachors Sohn, 1, 6, 5. 

Azeka, Stadt in der Niederung 
des Stammes Judas, die heutige 
Ruinenstätte Damum und 
Sucho-Schuweikeh.VI, 9, 1 ; VIII, 
10 , 1 . 

Azizus, König von Emesa, XX, 
7,1; 8,4. 

Azot, Stadt in Judaea, einst zu 
den fünf Philisterstädten ge- 
hörig . stark befestigter Platz 
an der aegyptisch - syrischen 
Hauptstrasse, das heutige Esdud, 
V, 1, 22; VI, 1,1; XIII, 4, 4f.: 
XVII, 8,1; 11,5. 

B. 

Baal, tyrischer Gott, IX, 6, 6. 

Baalis , König der Ammaniter, X, 
9 2 f 

Babas, XV, 7, 10. 

Babel, Bedeutung des Wortes I, 
4. 3. 

Babylon, Stadt in Chaldaea (Bäb- 
ilu = Thor Gottes), 1, 4, 3 ; X, 
2,2; 11, lf.; XVIII, 9,1. 

Babylon, festes Kastell in Unter- 
aegypten, dessen Trümmer noch 
jetzt Baboul heissen, II, 15, 1. 

Bachures, Ort im Stamme Ben- 
jamin, nordöstlich von Jerusa- 
lem auf dem Wege zwischen 
dem Ölberg und dem Jordan 
gelegen, VII, 9, 7. 


Bad , jüdisches Mass , VIII , 2, 9 ; 
3, 5. 

Badakrns, Feldherr der Juden, 

IX, 6, 3. 

Bagathous, XI, 6, 4. 

Bagoses, Feldherr unter Arta- 
xerxes, XI, 7, 1. 

Bajae, Stadt in Campanien. das 
heutige Kastell Baja, XVIII, 
7,2. 

Bakchides, syrischer Heerführer, 
XII, 10, 2; 10,11; XIII, 1, 1; 
1 , 6 . 

Baktrianer, die, 1,6,4. 

Baladas, babylonischer König, X, 
2 2 

Balak, Moabiterkönig, IV, 6, 2 ff. 
Balam, Seher, IV, 6, 2 ff. 

Balener, die, 1,9. 

Baleth, Stadt im Stamme Dan, 
von Solomon gegründet, VIII, 
6 , 1 . 

Balla, Jakobs Beischläferin, I, 
19, 7. 

Bailas, sodomitischer König, J, 9. 
Baltasar , babylonischer König, 

X, 11, 2 ff. 

Baltasar, s. Daniel. 

Banajas, Sohn des Joadas, Be- 
fehlshaber der Leibwache Davids, 

VII, 5,4; 11,8; 12,4. 

Banajas, Sohn des Achilus, Statt- 
halter Solomons, VIII, 2, 3. 

Banakates, Statthalter Solomons, 

VIII. 2, 3. 

Banaothas, VII, 2, 1. 

Baraehias, IX, 12, 2. 

Barak, Richter, V, 5, 2 f. 

Baris, Äsers Sohn, 11,7,4. 

Baris , Berg in Armenien , wohl 
der heutige Ararat, I, 3, 6. 
Baris, Burg in Jerusalem, von 
Herodes Antonia genannt, XV, 
11,4. 

Barnabazus, XI, 6, 4. 

Barsas, Sodom iterkönig, I, 9. 
Barsnbe (Bersaba) , Stadt im 
Stamme Simeon , südlich von 
Hebron, äusserster Grenzpunkt 



Namenregister. 


689 


Palaestinas gegen Idumaea, | Berenike, des Aristobulus Gattin, 
heute Bir-es-Seba, VI, 3, 2. i XVI, 1,2 ff. 

Baruch, Prophet, X, 6, 2 f. Berenike , Tochter des Julius 

Barzapharnes, parthischer Satrap, Archelaus, XX, 7, 1. 

XIV, 8, 8 ff. ; XX, 10, 1. Berenike, Stadt am aelanitischen 

Basanes, König der Israeliten, Arme des Arabischen Meer- 
VIII, 11, 4f. busens, auch Gasiongabel bei 

Basaöl, Baumeister, 111,6,1. Josephus und sonst Ezeongeber 

Basemmatha, Esaus Weib, I, genannt, VIII, 6, 4. 

18,9. Berenikianus, Sohn Hei ödes’, des 

Basima, Solomons Tochter, VIII, Bruders Agrippas, XX, 5,2. 

2, 8. Beroea, Stadt in der Landschaft 

Baska, Stadt in Gilead , XIII, Syria Kyrrhestica zwischen 
5,6. Hierapolis und Antiochia, am 

Bassus, Caecilius, XIV, 11,1 f. I Flusse Chalos, jetzt Haleb oder 

Batanaea, der nördliche Teil des j Aleppo, XII, 9, 7; XIII, 14,8; 

Ostjordan landes, welch letzteres, | XX, 10, 1.- 

aus Gilead und Batanaea be- j Berosus, chaldaeischer Geschicht- 
stehend , vom Arnon bis zum Schreiber, 1,3,6; 3,9; 7,2; X, 

Hermon reichte. Zur Zeit der 1,4; 2,2; 11,1. 

Einwanderung der Israeliten Berotiia, Stadt im oberen Gali- 
umfasste es die beiden amori- laea, nach Robinson das heutige 
tischen Reiche der Könige Og l;orf Bereitan, V, 1, 18. 
zu ßasan und Sihon zu Hes- Bersuba, Brunnen in Gerara, I, 
bon. Nach dem Exil zerfiel es 12, l. 

in Batanaea, Auranitis, Tracho- Bersubee» dasselbe wie Barsube 
nitis und Gaulonitis. Batanaea (s. d.), VW, 13, 7. 
heisst jetzt el Botthin. IX, 8,1; Berytus, Stadt, in Plioenieien, 
XII, 3, 3; XV, 10,1; XVII, 2,1; jetzt Beirut, XVI, 11,2; XVII, 
8,1. 10,9; XIX, 7, 5; XX, 9, 4. 

Bathuel, Nachors Sohn, 1, 6, 5. Berzelaeus, ein vornehmer Gala- 
Bathuel, Rebekkas Vater, 1, 16, 2. diter, VII, 9, 8. 

Bathy llus, Antipaters Freigelasse- Beseleöl, Architekt, 111,8,4. 

ner, XVII, 4, 3. Besira, Stadt in Südpalaestina, 

Bathyra , Flecken in Batanaea, VII, 1, 5. 

jetzt el Bethirra, XVII, 2, 2. Bethalaga, Stadt in Palaestina, 
Beersabe, des Urias Weib, VII, Grenzort zwischen den Stämmen 
7, lff. ; VIII, 1,2. Judas und Benjamin, das 

Belsepbon, aegyptische Stadt, am heutige Ain Hadschla in der 
Roten Meere gelegen (s. Ebers, Nähe von er-Riha (Jericho], 
Durch Gosen zum Sinai , S. 98, XIII, 1, 5. 

510 ff.), 11,15,1. Betharamphtha , altamoritische 

Belsephon , Stadt im Stamme Stadt im Jordanthal , jetzt die 
Ephraim, VII, 8, 2. Ruinenstätte Rämeh, XVIII, 2,1. 

Bel, tyrischer Gott. VIII, 13, 1. Bethoron, Bethchora VIII, 6, 1, 

BeLsemus, Perser, XI, 2, 2. Bethora V, 1, 17, Stadt in 

Benjamin, Jakobs Sohn, 1,21, 3ff. Judaea, heute Beit-Urel-F6ka 
Berenike, Agrippas des Grossen und ß.-U. Tachta, XII, 7,1; 
Tochter, XVIII, 5, 4ff. JO, 5; XIII, 1, 3. 

Joaephus’ Jüdische Altertümer, II. 


44 




690 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Bethel , alte Stadt im Gebirge 
Ephraim, an der nach Sichern 
führenden Strasse, südlich von 
Silo, das heutige Beitin, 1,19,2; 
21,2; V, 1,22; VIII, 8, 4; 11,3. 

Betheia, dasselbe wie Bethel, 
XIII, 1,8. 

Bethleßm, jetzt Beit-Lahem (Brot- 
haus), grosses, volkreiches Dorf 
zwei Stunden südlich von Jeru- 
salem, V, 2, 8; 7,13; 9,2; VI, 
8,1; VII, 1,3; VIII, 10, 1. 

Bethoma, dieselbe Stadt wie 
Bemeselis (Jüd. Krieg I, 4, 6), 
Lage unbekannt, XIII, 14, 2 

Bethsaida, Flecken in Galilaea, 
nicht zu verwechseln mit dem 
westlich vom See Tiber ias ge- 
legenen Bethsaida, XVIII, 2, 1. 

Bethsama, Priesterstadt auf der 
Grenze der Stämme Judas und 
Dan, jetzt das arabische Dorf 
‘Ain Scheins im Thale des 
Wady es Surär, VI, 1, 3. 

Bethsuna, s. Skythopolis. 

Bethsemera, IX, 9,1, s. Bethoron. 

Bethsura, Stadt auf dem Gebirge 
Judas, das heutige Beit Sür, 
drei deutsche Meilen südlich 
von Jerusalem auf dem Wege 
nach Hebron, VIII, 10, 1 ; XII, 
7, 5 ff.; XIII, 5, 6. 

Bethzacharia , Stadt zwischen 
Jerusalem und Bethsura, drei- 
undeinehalbe Stunde von letz- 
terem, das heutige Beit Zakä- 
rieh, XII, 9, 4. 

Bethzetho, Flecken in Judaea, 
Lage unbekannt, XII, 10, 2. 

Bettaea, Stadt des Königs Adra- 
zar von Sophene, VII, 5, 3. 

Bezeka, chananaeische Stadt in 
Nordpalaestina, nicht weit von 
dem jenseits des Jordan ge- 
legenen Jabes entfernt, heute 
unbekannt, V, 2, 2. 

Boaz, Namen einer Tempelsäule, 
VIII, 3, 4. 

Boaz, Ruths Gatte, V, 9, 2 ff. 


Bobelon , Feldherr des Perser- 
königs Darius, XI, 4, 9. 

Bochorlas, des Sabaeus Vater, 
VII, 11, 6. 

Boeotos, Archont, XIV, 10, 14. 

Bo£thos, Simons Vater, XV, 9, 3 ; 
XVII, 4, 2; XIX, 6, 2. 

Boöthos , Joazars Vater, XVII, 
13, 1. 

Bokkias, VIII, 1,3. 

Boskethi , Ort in der Ebene des 
Stammes Judas, Lage unbe- 
kannt, X, 4, 1. 

Bosora, feste Stadt in Galaditis, 
IV, 7,4; XII, 8, 3. 

Bosporus, der, heute die Strasse 
von Konstantinopel, XVI, 2, 2. 

Botrys , Stadt in Phoenicien am 
Meere, jetzt Batrün, VIII, 13, 2. 

Britanniens, XX, 8, 1 f. 

Brocchus, Senator, XIX, 3, 4. 

Brundusium, Stadt in Calabrien 
am Adriatischen Meere, jetzt 
Brindisi, XIV, 14, 3. 

Brutus , der Mörder Julius Cae- 
sars, XIV, 11,1; XIX, 2, 2. 

Buhastis, die aegyptische Feld- 
göttin, XIII, 3,2. 

Burrus, Neros Erzieher und Ge- 
heimsekretär, XX, 8, 2 ff. 

Byzantium, das heutige Stambul 
(Konstantinopel), XVI, 2, 2. 


c. 

Caesar, Julius, XIV, 7, 4ff. 
Caesar Octavianus Augustns, 

XV, 5,1 ff. 

Caesarea am Meere, jetzt Kai- 
sariye, ein Trümmerhaufen, auf 
dem nur wenige Araber wohnen, 
XIII, 11, 2; XV, 8, 5; 9,6; 

XVI, 5,1; XVII, 9, 5; XIX, 
9, 1 ; XX, 8, 9. 

Caesarea Philipp!, von Agrippa 
Neronias genannt, jetzt aas 
Dorf B&nias, XVIII, 2, 1; XX, 
9, 4. 



Namenregister. 


691 


Caesonia, Caligulas Gattin, XIX, 

2.4. 

Callistus, Caligulas Frei gelassener, 
XIX,], 10. 

Campanien, XVII, 7, 2; XIX, 1, 1. 

Caninius Gallus , Konsul, XIV, 

16. 4. 

Capreae (Capri), Insel im Tyrrhe- 
nischen Meere, XVIII, 6, 4f. 

Carus, Herodes’ des Grossen Page, 
XVII, 2,4. 

Cassius, der Mörder Julius Cae- 
sars, XIV, 7, 3. 

Cassius Longinus, Statthalter von 
Syrien, XV, 11, 4; XX, 1, 1. 

Celer, Tribun, XX, 6, 2f. 

Celadus, Freigelassener des Au- 
gustus, XVII, 12, 2. 

Chabalon, Distrikt von zwanzig 
Städten, welche Solomon dem 
tyrischen König Hiram schenkte, 
VIII, 5, 3. 

Chabarzaba, dasselbe wie Anti- 
patris (s. d.), XIII, 5, 1. 

Chaerea, Cassius, der Leiter der 
gegen Caligula gestifteten Ver- 
schwörung, XIX, 1 , 1 ff. 

Chalkis , Stadt in Syrien , am 
Libanon auf dem Wege von 
Damaskus nach Beirut gelegen, 
jetzt 'Andjar, XIV, 7, 4; XIX, 
5,1. 

Chaldäer 9 die, von Arphaxades 
abstammend, 1,6,4. 

Chaleb, V,2,8. 

Chamas, Noes Sohn, 1, 4, 1 ff. 

Chanaan, Sems Sohn, 1, 6, 2. 

Chananaea, 1,6, 2 ff 

Chanaeae, Priester im Gegensatz 
zum Hohepriester, 111,7,1. 

Chapsaeus, des Judas Vater, 
XIII, 5, 7. 

Charmis, Rubels Sohn, 11,7,4. 

Charou 9 der Fährmann der Unter- 
welt, XIX, 9, 1. 

Charra, Stadt in Mesopotamien, 
1,6,5; 9,3; 16,1. 

Chasphoma, galaditische Stadt, 
XII, 8,3. 


Charehamesa , feste Stadt am 
Euphrat, jetzt Kirkesia, X,6, 1. 

Chebron, jetzt Hebron, Stadt im 
Gebiete des Stammes Judas, 
von den Arabern el-Chalil — 
Freund Gottes genannt, 1,8,3; 
22; V, 1,24; VII, 1,2; VIII, 
10,1; XII, 8, 6. 

Cheiramos , tyrischer Künstler, 
VIII, 3,4. 

Chelkias , jüdischer Feldherr der 
Kleopatra, XIII, 10, 4; 13,1. 

Chelkias, XIX, 9, 1. 

Chellion, Sohn des Elimelech, 
V, 9, 1. 

Chephthorim , Mestraims Sohn, 
1, 6, 2. 

Chesloem, Mestraims Sohn, 1,6, 2. 

Chethomene 9 priesterliches Ge- 
wandstück, III, 7, 2. 

Chetim, 1, 6. 1. 

Chetima (Cypern), Insel, I, 6, 1. 

Chetimus , des Jovanus Sohn, I, 
6 , 1 . 

Chettaeus, Chanaans Sohn, I, 6, 2. 

Chetura, Abrams Weib, I, 15. 

Chidons Tenne, VII, 4, 2. 

Chios, die bekannte Insel im 
Aegaeischen Meer, XVI, 2, 2. 

Chodollamor , assyrischer Heer- 
führer, I, 9. 

Chodad, Ismaels Sohn, 1, 12, 4. 

Choö, attisches Mass, III, 8, 3. 

Chosbia, des Zambrias Weib. IV, 

6 , 10 . 

Christen, die, XVIII, 3,3. 

Christus, s. Jesus. 

Chus, des Chamas Sohn, I, 6. 2. 

Chusäer, die, I, 6, 2. 

Chusartes, Assyrierkönig, V, 3, 2f. 

Chusi, Davids Freund, VII, 
9, 2 ff. 

Chuth , Gegend und Fluss in 
Persien, IX, 14, 1 u. 3. 

Chuthäer, von den Griechen Sa- 
mariter genannt , IX, 14, 3 ; X. 
9, 7. 

Cicero, Marcus Tullius, Konsul, 
XIV, 4, 3. 


44 * 




692 Josephus’ Jüdische Altertümer. 

Gilden, früher Tharsus genannt, j Cornelius Faust ns, XIV, 4, 4. 

1, 6, 1 ; XIII, 3, 4; XVII, 5, 1 : Cornelius Gaju?, Quaestor, XIV, 
XVII 1,5, 4. 10,10. 

Ciltcier-Schlucht, an den Grenzen Cornelius Lentulus, Konsul, XIV, 
der Moabiter gelegen, der Eng- 10,14. 

pass zwischen Tyana und Tar- Cornelius Longinus, XIV, 10, 19. 
sus, durch welche Alexander Cornelius Sabinus, XIX, 1, 7 f. 
der Grosse aus Kappadocien Cornelius, Cerons Sohn, XX, 1, 2. 
eindrang, jetzt der Pass Ramo- j Crassus, römischer Feldherr, XIV, 
sanogli, XIII, 15, 4. j 6,4ff. 

Cinnamus, XX. 3, 2. | Crustuminische Tribus, die, XIV, 

Cireensisehe Spiele, XIX, 1,4. 10,3; 10,19. 

Claudius, römischer Caesar, III, Cumanus, Landpfleger von Judaea, 
15,3; XV, 11,4; XIX, 1,2 ff. XX,5,2ff. 

Clemens, Tribun, XIX, 1, 6; 1, 19. ! Cuspius Fadus, Landpfleger von 
Cluslus Gallus, Publius, XIV, j Judaea, XIX, 9, 2 ff. 

10, 19. ! Cypern, die grosse Insel des 

CIuvlus, Senator, XIX, 1,13. ! Mittelmeeres, XVII, 12, 2. 

Coelesyrien. Mit diesem Namen I Cjtus, König der Perser, XI, 
bezeichneten die Griechen ei- j 1,1 ff.; XV, 11,1. 
gentlich nur das von dem 
Flusse Leontes durchströrate 
lange syrische Thal zwischen J) # 

Libanon undAntilibanon. Später 

ward der Name auf das ganze * Dadau, Sus Sohn, 1, 15. 
östlich angrenzende ebene Land Dagon , Gott der Philister, VI, 
ausgedehnt. In der Zeit der j 1, 1; XIII, 4, 4. 

Seleukiden war Coelesyrien das ' Dagon, Festung in Judaea nahe 
Leontesthai, dazu das Oroutes- j bei Jericho, XIII, 8, 1 
tlial bis gegen Emesa. Seit ' Daher, die , skytbisches Volk an 
den Ptolemäern (etwa seit 192 j der Ostküste des Kaspischen 
v. Chr.), die einen grossen Teil | Meeres im heutigen Dahesthän, 
Syriens au sich gebracht hatten, | XVIII, 4, 4; X3^4,2. 
dehnte man den Namen auf das Daisios, macedonischer Monats- 
gesamte südliche Syrien mit ( name (etwa unser Juni), XIV, 
Einschluss von Phoenicien und 10, 22. 

Palaestina aus. Die Römer ! Daker, die, Bewohner von Dakien, 
trennten Phoenicien und Judaea XVIII, 1, 5. 

wieder von Coelesyrien, zu dem Dulila, Samsons Geliebte, V, 
jedoch Ituraea, Maacha und' 8,11. 

Trachonitis gehörten. Josephus Damaskus, eine der ältesten 
rechnet zu Syrien die Dekapolis Städte Syriens, jetzt esch- 
mit Einschluss von Skythopolis Schäm oder Dimischek, 1,6,4; 
sowie das ganze Ostjordanland. IX, 12, «>; XIV, 2, 3; XVIII, 
X, 9. 7 ; XII, 3, 3. 6, 3. 

Collinische Tribus, die, XIV, 8 , 5; ! Dan, Jakobs Sohn , I, 19, 7 ; II, 
10,9. 7,4; V, 1,22. 

Coponius, Landpfleger von Judaea, Dan, Ort bei den Quellen des 
XVIII, 1,1; 2,2. i Jordan, VIII, 8, 4. 


Go gle 



Namenregister. 


693 


Dana oder Dan, nördlichste Grenz- ' Demetrius , des Andromachus 

Stadt Palaestinas im Gebiet des J Sohn, XVI, 8 , 3. 

Stammes Nephthali, jetzt Teil- 1 Demetrius, Freigelassener des 
el - Kadi = Richterhügel, V. ' Pompejus, XIV, 4, 4. 

3,1; VIII, 12,4. ; Demetrius, Gemahl der Mariamne, 

Daniel, Davids Solm, VII, 1,4 j XX, 7,3 
Daniel, Prophet, von Nabucho- ! Demoteles, Lakedaemonier, XII, 
donosor Baltasar genannt, X, 4, 10; XIII, 5, 8. 

10, lff. Didor, Herkules’ Sohn, 1,15. 

Daphne, die jenseits des Orontes j Diglath (Tigris), I, 1, 3. 
gelegene Vorstadt Antiochias, | Dikaearchia (Puteoli) , XVII, 
welches deshalb den Beinamen 12,1; XVIII, 7, 2. 


Epidaphne hatte, sowie der zu 
ihr gehörige, schöne und quellen- 
reiche Hain, XIV, 13, 1 ; 15, 1 1 ; 
XVII, 2,1. 

Dardanus, VIII, 2, 5. ^ 

Dareikos, persische Goldmünze, 

111 , 8 , 10 . 

Darius, des Hystaspes Sohn, me- 
discher König, X, 11, 2 ff.; XI, 
8, lff.; XV, 11,1. 

Darius III., Perserkönig, XI, 8, 1 ; 
8, 3. 

Darius, des Partherkönigs Arta- 
bauus Sohn, XVIII, 4, 5. 

Datliam, IV, 2, 2 ff. 

Dathema, Festung in Palaestina, 
nach Ewald das heutige von 
Burkhardt aufgefundene Dama, 
XII, 8, 1. 

David, Jesses Sohn , VI, 8, 1 bis 
VII, 5, 13. 

Debora, Seherin, V, 5, 2. 

Deklas, Juktas’ Sohn, 1,6,4. 

Dellius, des Antonius Freund, 
XIV, 15, 1 ; XV, 2, 6. 

Delos , Insel der Kykladen des 
Archipelagus, XIV, 10, 8. 

Demaiuetos, XIII, 12, 3. 

Demetrius I., des Seleukus Sohn, 
XII, 10, 1 ff. 

Demetrius II., Nikator, XIII, 
4, 3 ff. 

Demetrius III,, Eukaerus, XIII, 
13, 4 ff. 

Demetrius Phalereus, Oberbiblio- 
thekar des Königs Ptolemaeus 
Philadelphus, XIl, 2, 1 f. 


Dina, Jakobs Tochter, I, 19, 8; 

i 21 , 1 . 

Diodorus, 'Jasons Sohn, XIII, 9, 2. 
i Diodotus, XIII, 5, 1. 

! Diogenes, XIII, 16, 2 . 
Dioklerus, Statthalter Solomons, 
I VIII, 2, 3. 

Dioklcs, Geschichtschreiber, X, 

n,i. 

Dion, Stadt in Syrien unweit 
; Pella, XIII, 15, 3; XIV, 4, 2. 

' Dion , Stadt in Macedonien am 
1 Sinus Tliermaicus , jetzt (nach 
Kruse) Katrina, XI, 8, 5. 
Dionysius von Tripolis, XIV, 3, 2. 
Dionysius, des Asklepiades Sohn, 
i XIV, 8, 5. 

Dionysius, des Dionysius Sohn, 
XIV, 8,' 5. 

Dionysius von Halikarnass, Ge- 
schichtschreiber, VII 1,6, 2. 
Diophantus , Schreiber Herodes’ 
i des Grossen. XVI, 4, 10. 

Dios, Geschichtschreiber, VIII, 
5, 3. 

Dios, macedonischer Monatsname, 
liebracisch Marsuane (etwa unser 
Oktober), 1,3,3. 

Dodias, Eleazars Vater. VII, 12, 4. 
Dock, Sauls Diener, VI, 12, 1; 
12, 4. 

Dolabella, Publius, Konsul, XIV, 

lü. Off. 

Domitianus , römischer Caesar, 
XX, 11,2. 

Domitius Calvinus, Konsul. XIV. 
4, 5. 


Go gle 



694 


Joseph us’ Jüdische Altertümer. 


Domitius Ahenobarbus, XX, 8, 1. 

Dora, Seestadt auf einer Art 
Halbinsel am Ftisse des Kar- 
mel in Palaestina, nördlich von 
Caesarea, heute ein elendes 
Dorf Tantura, V, 1,22; XIII, 
7,2; XIX, 6, 8. 

Doran, XX, 8, 5. 

Doris , Herodes’ des Grossen 
Gattin, XIV, 12,1; XVII, 4, 2. 

Dorotheus , Beamter des Ptole- 
maeus Philadelphus, XII, 2.12. 

Dorotheus, Nathanaels Sohn, XX, 
1 , 2 . 

Dortus, vornehmer Jude, XX, 6, 2. 

Dositheus, Simons Vater, XIII, 
9, 2. 

Dositheus, Alexandriner, XIV, 
10, 18. 

Dositheus, des Hyrkanus Diener, 
XV, 6 2. 

Dothaim, Stadt in Palaestina an 
der Karawanenstrasse von 
Aegypten nach Gilead, nicht 
weit von Sichern in der Nähe 
der Ebene Jezreel an einem 
Engpass gelegen , heute ein 
grüner Hügel Teil Dothan mit 
alten Trümmerresten, IX, 4, 3. 

Drusilla, Agrippas des Grossen 
Tochter. XVIII, 5, 4ff. 

Br usus, Stiefsohn des Augustus, 
XV, 9, 6. 

Drusus, des Tiberius Sohn, XVI II, 
6, 1 ft*. 

Drusus , Agrippas des Grossen 
Sohn, XVIII, 5, 4. 

Drususturm, der Turm am Hafen- 
damm von Caesarea, welcher 
Drusus, dem Stiefsohn des 
Augustus, zu Ehren benannt 
wurde, XV, 9, 6. 

Drymoi, fester Platz in Phoeni- 
cien nahe beim Karmel, XIV, 
13, 3. 

Dystros, macedonischer Monats- 
name , hebraeisch Adar (etwa j 
unser März), IV, 8, 49. 


E. 

Ebal, Juktas’ Sohn, I, 6, 4. 
Eban, Davids Sohn, VII, 3, 3. 
Ebidas, Madians Sohn, 1, 15. 
Echarampsaris , babylonischer 
Fürst, X, 8, 2. 

Ednaeus, VIII, 15, 2. 

Edoram, Juktas’ Sohn. 1,6,4. 
Eglon, moabitischer König, V, 
4, 1. 

Ehud, Richter, V, 4, 2 f. 

Eiraös, Juktas’ Sohn, 1,6,4. 
Ekbatana, Hauptstadt Mediens, 
zwölf Stadien vom Berge 
^ Orontes, dem heutigen Hama- 
dan entsprechend, X, 11,7; XI, 
4, 6. 

Ekdipus (Aktipus), Seestadt in 
der Ebene von Akko, das heu- 
tige Zib, V, 1, 22. 

Elam, Sems Sohn, 1, 6, 4. 

Elan, Sohn des Königs Basanes, 
VIII, 12, 4. 

Elaeusa, Insel an der Küste von 
Cilicien, XVI, 4, 6. 

Eldas, Madians 8ohn, 1, 1 5. 
Eleazar, Moyses’ Sohn, 11,13, 1. 
Eleazar, Aarons Sohn, III, 8, 1 ; 
IV, 3, 4. 

| Eleazar, des Dodias Sohn , VII, 
i 12, 4. 

Eleazar, Hohepriester, Vorwort 3, 
XII, 2, 5f. 

Eleazar, des Mattathias Sohn, 
Auran zubenannt, XII, 6,1. 
Eleazar, Pharisäer. XIII, 10, 5f. 
Eleazar, Tempelschatzmeister, 
XIV, 7,1; XX, 9, 3. 

Eleazar, Joazars Bruder. XVII, 

13.1. 

Eleazar, des Ananus Sohn, XVIII, 

2 , 2 . 

Eleazar, ein Riese, XVIII, 4, 5. 
Eleazar, peraeischer Jude, XX, 

1 . 1 . 

Eleazar, galilaeischer Jude, XX> 
2, 4. 



Namenregister. 



Eleazar, des Dinaeus Sohn, Räuber, 
XX, 6, 1. 

Eleazar, Zauberer, VIII, 2, 5. 

Eleon, Richter, V, 7, 14. 

Eleusinisches Fest, XIV, 8, 5. 

Elentherus, Grenzfluss von Sy- 
rien und Phoenicien, entspringt 
auf dem Libanon und mündet 
zwischen Antaradus und Tri- 
polis ins Meer, jetzt Nähr el 
Kebir, XIII, 4, 5 ; 5, 10; XV, 
4,1. 

Eli, Hohepriester, V, 9, 1 ff. 

,EHab, Architekt, III, 8, 4. 

Eliakias, Hohepriester, X, 4, 1 f. 

Eliakim, X, 1, 2; 5, 2. 

Elias, Prophet, VIII, 13, 4 ff. 

Eliasib, Hohepriester, XI, 5, 4. 

Ellen, Davids Sohn, VII, 3, 3. 

Elimelech, V, 9, 1. 

Elionaeus, des Simon Kantheras 
Sohn, Hohepriester, XIX, 8, 1. 

Eliphale, Davids Sohn, VII, 3, 3. 

Eliphaz, Esaus Sohn, II, 1, 2. 

Elis, Ort in Arabien, III, 1,3. 

Elissaeus. Prophet, VIII, 13, 7; 
IX, 3, 1 ff 

Elissaeus, Priester, XII, 2, 12. 

Elkas, IX, 12, 1. 

Elkan, Levit, V, 10, 2. 

Elkias, Hohepriester, X, 8, 6. 

Elmodad, Juttas’ Sohn, I, 6, 4. 

Elom, Levitenstadt im Stamme 
Dan, VIII, 10, 1. 

Elon, Zabulons Sohn, II, 7,4. 

Elpis, Herodes’ des Grossen 
Gattin, XVII, 1, 3. 

Elulaeus , tvrischer König , IX, 
14, 2. 

ElymaYs, Landschaft zwischen 
Persis und Susiana, benannt 
nach dem Räubervolke der 
Elymäer. Eine Stadt Elymais 
ist unbekannt. XII, 9,1. 

Elysas, Jovans Sohn, I, 6, 1. 

Emalsema, des Amos Mutter, X, 
3. 2 

Emaon, VIII, 2, 5. 

Emesa, Stadt in Syria Apamene, 


jetzt Hems oder Höms, XVIII, 
5,4; XIX, 8,1; XX, 7,1; 8,4. 

Emian, Priestergürtel, 111,7,2. 

Emma, Stadt in Palaestina, die 
heutige Ruinenstelle Main süd- 
östlich von Hebron, VI, 13,6, 

Emmaus, Stadt im Westen von 
Jerusalem in der Ebene Sche- 
phela, jetzt Amwäs, XIII, 1,3; 
XIV, 11,2; XVII, 10,7; 10,9. 

Emmor, König von Sichern, I, 

21 , 1 . 

Emmis, Davids Sohn, VII, 3, 3 

Endor, kleine, ursprünglich phi- 
listaeische Stadt in der Ebene 
JezreelimStammgebiete Isachar, 
aber der Westhälfte des Stammes 
Manasses zugeteilt, in der Nähe 
von Skythopolis, das heutige 
Endur oder Hondurah an der 
Nordseite des kleinen Hermon, 
VI, 14, 2. 

Engaddi (Engedain) , Stadt in 
Südpalaestina, in der Wüste 
des Stammes Judas, am Ufer 
des toten Meeres, jetzt 'Ain Jidy 
(Dschidi), VI, 13, 4; IX. 1, 2. 

Ennaphen, Davids Sohn, VII, 3,3. 

Enner , Abrams Kriegsgefährte, 

1 , 10 , 2 . 

Enos, Seths Sohn, 1, 3, 2. 

Epaphrodltns, des Flavius Jo- 
sephus Freund, Vorwort 2. 

Ephas, Madians Sohn, I, 15. 

Ephesus, berühmte, kleinasiatische 
Griechenstadt Ioniens, an der 
Mündung des lydischen Stromes 
Kaystros, heute das türkische 
Dorf Ajasoluk, XVI, 2, 2; 6, 4. 

Ephorus, Geschichtschreiber, 1,3,9. 

Ephraim, Josephs Sohn, II, 6, lff. 

EphraYm aus Chebron, 1, 14. 

Ephran, Stadt im Stammgebiete 
Manasses, Geburtsort Gedeons, 
V, 6, 7. 

Ephrata, I, 21, 3. 

Ephron , grosse und feste Stadt 
im ostjordanischen Gebiete des 
Stammes Manasses, XII, 8, 5 


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696 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Ephud , hohepriesterliches Ge- 
wandstück, 111,7,5. 

Epikrates, syrischer Heerführer, 
XIII, 10, 2. 

Epiknrfler, die, XIX, 1,5. 

Epiphania, s. oben Amatha, I, 

6 , 2 . 

Erikas, IX, 12, 1. 

Eroge, Flecken in Judaea nahe 
bei Jerusalem, IX, 10, 4. 

Eroedes, Gads Sohn, II, 7, 4. 

Eron, Holzart, III, 6, 5. 

Esal'as, Prophet, X, 1, 8 ff. 

Esau, Isaks Sohn, 1, 18, lff. 

Escholes, Abrams Kriegsgefährte, 

1 , 10 , 2 . 

Esdras, Hohepriester, XI, 5, lff. 

Esebeon , Esaus Schwiegervater, 
1, 18, 4. 

Esermotli , Ort in Arabien, 
III, 13. 

Eskon, „der Brunnen des Streites“, 
1, 18, 2. 

Esron, des Phares Enkel, 11,7,4. 

Essn, syrische Stadt, XIII, 15, 3. 

Essebou , Essebonitis, Chesbon, 
Stadt im südlichen Teile des 
Ostjordanlandes gegenüber von 
Jericho, XIII, 15, 4. 

Esseues , hohepriesterliches Ge- 
wandstück, III, 7, 5. 

Essener, die, Sekte der Juden, 
XIII, 5, 9; XV, 10, 4f. ; XVIII, 
1, 2ff. 

Esther, XI, 6, 2 ff. 

Etante, Stadt in Judaea, VIII, 

10 , 1 . 

Etliam (wohl dasselbe wie Etame), 
Ort in der Nähe von Jerusalem, 
VIII, 7, 3. 

Ethan, jüdischer Weiser, VIII, 2, 5. 

Ethi, Davids Freund, VI 1, 10, 1. 

Eukles, XIV, 8, 5. 

Euphemos, XIV, 10, 25. 

Euphrat, 1, 1,3; X, 6, 1. 

Eupolemos, des Joannes Sohn, 
XII, 10, 6. 

Eurykles, Lakedaemonier , XVI, 

10 , 1 . 


Eutychus, Freigelassener Agrippas 
des Grossen, XV 111, 6, 5 ff. 

Eutychus, Stallmeister des Caesars 
Gajus, XIX, 4, 4. 

Eva, Adams Gattin, 1,1, 2 ff. 

Evaratus, XVI, 10, 2. 

Evilüer, die, 1,6,2. 

Evilas, Sohn des Chus, I, 6, 2. 

Evilates, des Juktas Sohn, I, 6, 4. 

Evodus, Freigelassener des Tibe- 
rius, XVIII, 6, 8f. 

Ezechias, Räuberhauptmann, XIV, 
9,2; XVII, 10,5. 

Ezekias, König der Juden, IX, 

12, 3 ff. 

F. 

Fabatus , Statthalter in Arabien, 
XVII, 3, 2. 

Fabius, Kommandant von Da- 
maskus, XIV, 11, 7. 

Fabius, Centurio, XIV, 4, 4; 12, 1. 

Fannius, Praetor, XIII, 9, 2. 

Fannius, Propraetor, XIV, 10, 13. 

Faun i us , Gajus, Konsul, XIV, 
10, 15. 

Faust us, Cornelius, Sullas Sohn, 
XIV, 4, 4. 

Felix, Landpfleger von Judaea, 
XX, 7, lff 

Flaccus, Statthalter von Syrien, 
XVIII, 6, 2f. 

Flavins, XIV, 10, 10 ; XVI, 6, 5. 

Florus, Gessius, Landpfleger von 
Judaea, XIX, 9, 2; XX, 9, 5 ff. 

Fortunatus, Agrippas des Grossen 
Freigelassener, XVIII, 7, 2. 

Fulvia, edle Dame, XVIII, 3, 4. 

Furius, Centurio, XIV, 4, 4. 

G. 

Gaal, Stammeshäuptling, V, 7, 3. 

Gaamus, Nachors Sohn, 1,6, 5. 

Gaba, Levitenstadt im Stamme 
Benjamin, das heutige Dscheba 
nördlich von Jerusalem, V, 2, 8 ; 
VI, 8, l; VIII, 12,4. 


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Namenregister. 


697 


Gaba, Stadt in Galilaea, die 
Reiterstadt genannt, weil des 
Herodes ausgediente Reiter sich 
hier angesiedelt hatten (Jüd. 

• Krieg 111,3, l), XV, 8, 5. 

Gabala, Stadt an der Küste von 
Syria Seleukis, jetzt Djebili, 
XIII, 15, 4. 

Gabaon, Priesterstadt im Stamme 
Benjamin, das heutige el-Dschib, 
zwei und eine halbe Stunde nord- 
westlich von Jerusalem. V, 1, 16, 
VI, 6, 2; VII, 11,7; 12,1. 

Gabares, Solomons Statthalter, 
VIII, 2, 3. 

Gabatba (Gabathsaula) , Stadt in 
J udaea, SaulsV aterstadt, V, 1,29; 
VI, 4, 2; 4,6. 

Gabatba, Philisterstadt, VIII, 10,4. 

Gabinius, XIV, 3, 2 ff. 

Gad, Jakobs Sohn, 1, 19, 7; II, 7, 4. 

Gad, Seher, VII, 13, 2. 

Gadara, Stadt in Peraea, sechzig 
Stadien von Tiberias entfernt, 
jetzt Om-Keis, kleines Dorf auf 
der westlichen Spitze eines Ge- 
birgskammes zwischen demThale 
des Yarmuk, d. i. des Hieromax 
(auch Scheriat Mundhar ge- 
nannt), im Norden und dem 
Wadi r Arab im Süden, südöst- 
lich vom See Genezareth an der 
Südseite des Hieromax , etwa 
eindreiviertel Stunde vom Jordan 
entfernt, V, 1 , 22 ; XII , 3, 3; 
XIII, 13, 5; XV, 10, 2 f. ; XVU, 
11, 4. 

Gadias, vornehmer Jude, XV, 7, 8. 

Gaetuler (Eviläer), die, 1,6,2. 

Gajns (Caligula), römischer Cae- 
sar, XVI), 9,7; XVIII, 4, 5 ff.; 
XIX, 1,1 ff. 

Galaditis (Galadena), Landschaft 
Östlich vom Jordan, im weiteren 
Sinne das ganze Ostjordanland, 
soweit dies von den Juden er- 
obert wurde, d. i. vom Hermon 
bis zum Flusse Amon , in 
engerer Bedeutung nur die I 


Gegend vom Hieromax bis gegen 
den Arnon hin. Im engsten 
Sinne endlich haftete die Be- 
zeichnung Galad oder Gilead 
an einigen der höchsten Gebirgs- 
züge des heutigen Dschebel f Ad- 
schlün. Sehr weidereiches und 
gesegnetes Land. I, 19,11; II, 
3, 3; IV, 5,3; IX, 11,1. 

Galad, Hügel in Galaditis, woher 
das Land denNamen hat, 1, 1 9, 1 1 . 

Galater, die, 1, 6, 1. 

Galba, XVIII, 6, 9. 

Galbaath, Ort mit Propheten- 
wohnungen, VI, 11, 5. 

Galgala, Stadt in Judaea, zehn 
Stadien von Jericho und fünf- 
zig Stadien vom Jordan entfernt, 
heutzutage Teil Dscbeldschül, 
V, 1,11; VII, 11, 4. 

Galilaea, Toparchie vonPalaestina, 
IX, 11, 1; XIII, 2, 3; XV1I,8, 1. 

Gallier, XVII, 8, 4. 

Gamala, Stadt in Gaulanitis, am 
jenseitigen Ufer des Sees Gene- 
zareth , jetzt wahrscheinlich 
Kalat el Hösn oder auch Chan 
el Akaba, X1IJ, 15, 3; XVIII, 1, 1. 

Gamaliel, Vater des Hohepriesters 
Jesus, XX, 9, 4. 

Ganges, Fluss in Indien, von den 
Juden Phison genannt, I, 1,3. 

Garizin, Berg in Samaria, jetzt 
Djebel el Tor, IV, 8,44; V, 1, 
19; XII, 1,1; XIII, 3, 4; Tempel 
auf demselben XI, 8, 2 ; XIII, 9, 1. 

Gasiongabel (Ezeongeber) , edo- 
mitische Hafenstadt, VIII , 6, 4. 

Ganlana, Leviten- und Asylstadt 
inBasan,zum Stamme Manasses 
gehörig, nach Josephus in der 
Nähe von Gamala, heute un- 
bekannt. Nach ihr war die Land- 
schaft Gaulanitis benannt. IV, 
7,4; XIII, 15, 3. 

Gaulanitis, Landschaft Palaesti- 
nas, jetzt Dschölän, zwischen 
dem Djebel Heisch im Norden, 
dem Hieromax im Süden, dem 


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698 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


See Tiberias im Westen und 
der Hauran-Ebene im Osten, 
eine weite , fruchtbare und 
wasserreiche Hochebene, IV, 5, 8 ; 
XVII, 8, 1. 

Gaza, die südlichste und be- 
deutendste von den fünf Haupt- 
städten der Philister, fünf Stun- 
den von Askalon, eine Stunde 
vom Meer entfernt. V, 1,22; 
V, 8, 10; VI, 1,2; IX, 13, 3; XI, 
8, 3 f. ; XI 1 1, 5, 5 ; 13, 3 ; XIV, 5, 2 ; 
XVII, 11, 4. 

Gazara, Stadt in Samaria, deren 
Ruinen im Jahre 1878 zwischen 
el Kulab und Ekron (Akir) bei 
Tell-el-Djezer aufgefunden wur- 
den, VII, 4, 1; 12,2; VIII, 6, 1; 
XIII, 1,3. 

Gedeon , Richter, V,6, 2 ff.; VII, 
7, 2. 

Gelboö, Gebirge im Stamme Isa- 
char, an der Südostgrenze der 
Ebene Jezreel, heute Djebel 
Fakü 'a, VI, 14, 2. 

Gelmon, Stadt in Palaestina, nach 
Bädeker-Socin vielleicht der Ort 
Bet Djala, VII, 9, 8. 

Gemellus, des Herodes Vertrauter, 
XVI, 8, 3. 

Gennesar, See (Genezareth), V, 
1,22; XVIII, 2, 1 ff. 

Geon, jüdischer Name für den 
Nil, 1, 1, 3. 

Gerara, eine der ältesten Philister- 
städte an der Südgrenze zwischen 
Gaza und Berseba, 1,12,1; 18,2; 
VIII, 12,2 

Geras, Vater des Ehud, V, 4, 2. 

Geras, Vater des Semei, VII, 9, 4. 

Gerasenergebirge , das, in der 
heutigen Provinz Dschebel 
'Adjlün gelegen, XIII, 15, 5. 

Gergesaeus, Chanaans Sohn, 1,6,2. 

Germanen, die, XVJI, 8, 4; XIX, 
1, 15. 

Germanicus, des Drusus Sohn, 
XV11I, 2, 5; 6, 8; XIX, 1, 15; XX. 
8 , 1 . 


Gersom, des Levis Sohn, II, 7, 4. 

Gersus, des Moyses Sohn, II, 13. 1. 

Gessirer, die, VII, 1,4. 

Ges8ius, s. Florus. 

Gethraamas, Davids Sohn, VII, 1,4. 

Gethsura, kleine syrische Land- 
schaft innerhalb der Grenzen 
des Stammes Ost-Manasses, die 
aber nicht erobert wurde, VII, 8, 3. 

Gibal (Ebai), Berg in Samaria, 
arabisch Djebel Sulömiye, IV, 
8, 44. 

Ginaea, Dorf an der Grenze Sama- 
rias und der Ebene Jezreel, XX, 
6 , 1 . 

Gitta, eine der fünf Philister- 
Hauptstädte (Spuren von ihr 
auf dem Teil Zakarijeh), VI, 1, 
2; 12, 2 ; IX, 8, 4; 10,3. 

Gittha, Kastell in Idumaea, XIV, 
15, 10. 

Glaphyra, Tochter des kappa- 
docischen Königs Archelaus, 

XVI, 1,2; XVII, 1,2; 13, 1 ff. 

Gobolitis, arabische Landschaft, 

II. 1,2; III, 2, 1. 

Godolias, Statthalter Nabucho- 
donosors, X, 9, 1 ff. 

Goliath, VI, 9, 1 ff. 

Gomar, Japheths Sohn, I, 6, 1. 

Gophna, das heutige, zwischen 
Nabulus und Jerusalem gelegene 
Jifna oder Djifna, XIV, 11,2. 

Gorgias, XII, 7, 3. 

Gotham, des Eliphaz Sohn, II, 1,2. 

Gotkolia, König Achabs Tochter, 
VIII, 15,3. 

Granikns, asiatischer Fluss in 
Troas , der auf dem Kotylos, 
einer Spitze des Ida, entspringt 
und zwischen Priapos und Ky- 
zikos in die Propontis mündet, 
XI, 8, 1. 

Gratus, jüdischer Heerführer, 

XVII, 10, 3ff. 

Gratus, Praetorianer, XIX, 3, 1. 

Griechen, ihr Ursprung von Jovan, 
dem Sohne Japheths, I, 6, 1. 

Guuis, Nephthalis Sohn, II, 7, 4. 


Go gle 


Namenregister. 


699 


H. 

Halikarnassus, karische Stadt am 
Keramischen Meerbusen , Ge- 
burtsort des Herodot und des 
Dionysius, XIV, 10, 23. 
Halkyon, Arzt, XIX, 1,20. 
Heber, des Salas Sohn, von dem 
die Hebräer ihren Namen haben, 
1. 6, 4. 

Hekataeus, Geschichtschreiber, 

I, 3,9; 7,2; XII, 2, 4. 
flekatombaion , athenischer Mo- 

nntsname, macedonisch Loos 
(Teile unseres Juli und August), 
IV, 4, 7. 

Helena, des Izates Mutter, XX, 

2,1 ff . ' 

Heliopolis , Stadt in Syrien , das 
spätere Baalbek, XIV, 3, 2. 
Heliopolis, Stadt in Unteraegypten 
an der Grenze von Arabien, 

II, 7,6; XII, 9, 7.; XIII, 3, 1 ; 
3,2; XX, 10, 1. 

Helix, XIV, 11, 7. 

Helkias der Grosse, XVIII, 8, 4. 
Helkias, Freund des Königs 
Agrippa, XIX, 8, 3. 

Helkias, Tempelschatzmeister, 
XX, 8, 11. 

Hellanikus , Geschichtschreiber, 
1 , 3 , 9 . 

Hellespont, der, die heutige Strasse 
der Dardanellen, XI, 8, 1 ; XII, 
1 , 1 . 

Helon, Esaus Schwiegervater, I, 
18, 4. 

Herakleon, XIII, 13, 4. 

Herakles, 1, 15 ; VIII, 5, 3. 
Herennius Capito, XVIII, 6, 3. 
Hermas, XIV, 10, 21. 

Herodes der Grosse, Antipaters 
Sohn, XIV, 7, 3 ff. 

Herodes, Herodes’ des Grossen und 
der Mariamne Sohn, XVII, 1, lff. 
Herodes, Herodes’ des Grossen 
und der Kleopatra Sohn, XVII, 
1, 3. 


Herodes, Sohn des Aristobulus 
und der Berenike, XVIII. 5. 4. 

Herodes , Sohn des Aristobulus 
und der Salome, XVIII, 5, 4. 

Herodes, Phasaels Sohn, XVIII, 

5.4. 

Herodes, König von Chalkis, 
XIX, 8, 1. 

Herodias , Aristobulus’ Tochter, 
XVIII, 5, 1 ff. 

Herodium, Festung in Judaea, 
60 Stadien von Jerusalem ent- 
fernt, heute Dschebel el Fu- 
reidis oder Ferdis (Berg des 
kleinen Paradieses) genannt, 
XV, 9, 4; XVI, 2,1; XVII, 8. 4. 

Herodot von Halikarnass, der 
berühmte Geschichtschreiber, 
VIII, 10. 2 f. ; X, 1, 4. 

Hero$nstadt, die, in Aegypten 
gelegen, 11,7,5. 

Hesiod, Dichter. I, 3, 9. 

Hestiaeus, Geschichtschreiber, I, 
3,9; 4,3. 

Hieronymus , aegyptischer Ge- 
schichtschreiber, 1, 8, 6 ; 3, 9. 

Hin, jüdisches Mass, 111,8,3; 
9,4; VIII, 3, 8. 

Hippos, Stadt am östlichen Ufer 
des Sees Genezareth, 30 Stadien 
von Tiberias, 60 von Gadara 
und 120 von Skythopolis ent- 
fernt (s. Leben des Josephus, 
Abschnitt 65), XIV, 4, 4; XVII, 

11.4. 

Hiram, König von Tyrus, VII, 
3, 2 ff 

Holophantes, vornehmer Jude, 
IV, 7, 5. 

Homer, der grosse Dichter, VII, 
3 2. 

Horatische Tribus, die, XIV, 
10,13; 10,19. 

Hortensius , Quintus , Konsul, 
XIV 1 2. 

Hothniel, Richter, V, 3, 3. 

Hyoscyamus (Bilsenkrautpflanze), 
eingehende Beschreibung III, 
7,6. 


Go gle 



700 


Josephu» 1 Jttdische Altertümer. 


Hyperberetaios , macedonischer 
Monatsname, hebraeisch Thisri 
(etwa unser Oktober), III, 10, 2; 
VIII, 4, 1. 

Hypsikrates, XIV, 8, 3. 

Hyrkania, Kastell in Palaestina, 
XIII, 16, 8; XIV, 5, 4; XV, 10,4; 
XVI, 2,1; XVII, 7. 

Hyrkanus, Hohepriester, VII, 
15,3; XIII, 8, lff.; XX, 10, 1. 

Hyrkanus, des Alexander Jan- 
naeus Sohn, XIII, 16, lff. 

Hyrkanus, Josephs Sohn, XII, 
4, 6 ff. 

Hyrkanus, des Herodes Sohn, 
XX, 5, 2. 


i. j. 

Jabach (Jabok), Fluss in. Palae- 
stina, der heutige Nahr-ez-Zerka, 
der auf dem Basanitischen Ge- 
birge entspringt, die Grenze 
der Ammaniter gegen die He- 
bräer bildet und Sichern gegen- 
über in den Jordan mündet, 
1,20,2; IV, 5, 2. 

Jabata, Stadt in Palaestina, jetzt 
unbekannt, X,8, 2. 

Jabes, Sellums Vater, IX, 11,1. 

Jabin, chananaeischer König, V, 
5, 1. 

Jabison (Jabis) , Stadt in Gala- 
ditis, heutige Lage unbekannt, 
V, 2, 11: VI, 14, 8. 

Jachin, Simeons Sohn, II, 7, 4. 

Jaddus , Hohepriester , XI , 7, 2 ; 
8 7 

Jadon, Seher, VIII, 8, 5f. 

Ja! res, Richter, V, 7, 6. 

Jakim, Hohepriester, XX, 10, 1. 

Jakim,desZamarisSohn,XVII,2,3. 

Jakob, Isaks Sohn, 1, 18, 1 ff. 

Jakobus , Sohn des Galiläers 
Judas, XX, 5, 2. 

Jakobus, der Bruder Jesu Christi, 
XX, 9, l. 

Ialc, des Kenes Weib, V, 5, 4. 

Jalel, Zabulons Sohn, II, 7, 4. 


Ialus, Hüter der zum Tempelbau 
bestimmten Schätze, VII, 14, 10. 

Jamblichus, XIV, 8,1. 

Jamin, Simeons Sohn, 11,7,4. 

J amnia, Stadt in J udaea zwischen 
Joppe und Azot. Jetzt steht 
an der Stelle ein ziemlich ver- 
fallener Flecken Yebna, eine 
Stunde vom Meer entfernt. 
V, 1, 22; IX, 10, 3; XII, 8, 6; 
XIV, 4, 4; XVII, 8,1; 11, 5* 
XVIII, 2, 2 ; 6,3. 

Jaod, Simeons Sohn, 11,7,4. 

Japheth, Noes Sohn, 1,4,1. 

Japhra, Abrams Sohn, 1,15. 

Jared, Anochs Sohn, 1, 2, 2. 

Jared, Malaels Sohn, 1,3,2 

Jason, Eleazars Sohn, XII, 10, 6. 

Jason, s. Jesus. 

Jaus, Esaus Sohn, II, 1, 2. 

Jazar, Abrams Sohn, I, 15. 

Jazlel, Seher, IX, 1,2. 

Jazor, Ammaniterstadt , später 
dem Stamme Gad zugeteilt, 
jedoch an die Leviten abgetreten, 
nach dem Exil wieder amma- 
nitisch, XII, 8, 1. 

Iberer, die, Bewohner der frucht- 
baren Landschaft Iberien im 
nordöstlichen Asien , welche 
heute einen Teil von Georgien 
bildet, 1,6,1; XVII 1,4, 4. 

Ide, Freigelassene, XVIII, 3, 4. 

Idumaea, 11,1,1: IV, 4, 5; VII, 
5, 4; IX, 3, 1; 9, 1; XV, 7,9; 
XVI, 9, 3. 


Idumas, Ismaels Sohn, I, 12,4. 
Jebar, Davids Sohn, VII, 3, 3. 
Jebost, Sauls Sohn, VII, l,3ff. 
Jebusäer, die, VII, 3,1. 
Jebusaeus, Chanaans Sohn, 1,6, 2. 
Jedis, Josias’ Mutter, X, 4, 1. 
Jeglom, Esaus Sohn, II, 1, 2. 
Jehu, Prophet, VIII, 12, 3. 

Jehu, König der Israeliten, VIII, 
13, 7 ff. 


Jeldaphas, Nachors Sohn, I, 6, 5. 
Jenae, Davids Sohn, VII, 3, 3. 
Jeplithes, Richter, V,7, 8 ff. 


Go gle 



Namenregister. 


Jerasa , König Oziaa’ Mutter, 
IX, 11,2. 

Jeremias, Prophet, X, 5, 1 ff. 

Jericho, Stadt in Judaea, heute 
ein schlechtes Dorf er-Riha mit 
armseligen Hütten und kaum 
200 Einwohnern, voll ausschwei- 
fenden, wollüstigen Lebens. IV, 
6,1; V, 1,1 ff.; XIII, 1,3; XIV, 
5, 4; XVII. 6, 3 ; 8, 2; 10, 6; 13, 1. 

Jeroboam, des Nabataeus Sohn, 
VIII, 7, 7 ff. 

Jeroboam, des Joas Sohn, IX, 
8, 7 ff 

Jerusalem (Hierosolyma), 1,10,2; 
VII, 3, 2; Einnahme durch die 
Chananäer V, 2, 2; von den 
Jebusäern bewohnt VII ,3,1; 
Befestigung VII, 3, 2 ; VIII, 6, 1 ; 
Einnahme durch Ptolemaeus 
XII, 1, durch Pompejus XIV, 
4, 2 ff; Sitz eines Gerichtshofes 
XIV, 5, 4; Eroberung durch 
Herodes und Sosius Xi V, 6, 1 ff ; 
Theater daselbst XV,8,1; Er- 
weiterung und Verschönerung 
XX, 7, 2; 9,7. 

Jes, Benjamins Sohn, II, 7, 4. 

Jesei, Nephthalis Sohn, II, 7, 4. 

Jesraela, bedeutende Stadt Sarna- 
rias iu der Ebene Jezreel, jetzt 
Zer'in, VIII, 13, 6. 

Jesse, Davids Vater, V, 9, 4; VI, 8,1. 

Jesus (Josua), Sohn des Nave, 
III, 2, 3 ff. 

J esus, J osedeksSohn, H ohepries ter, 
XI, 3, 10; 4,1. 

Jesus, des Judas Sohn, XI, 7, 1. 

Jesus (Jason), Simons Sohn, Hohe- 
priester, XII, 5, 1. 

Jesus, des Phabes Sohn, Hohe- 
priester, XV. 9, 3. 

Jesus, des Damnaeus Sohn, Hohe- 
priester, XX, 9, 1. 

J esus, J osadaksSohn,H ohepriester, 
XX, 10, 1. 

Jesus, Gamaliels Sohn, Hohe- 
priester. XX, 9, 4 ; 9, 7. 

Jesus CUi Istus,XVlII,3, 8 ; XX, 9.1. 


701 


Jetharsas, des Amessns Vater, 

VII, 10, 1 ; 15, 1 (hier Jetliranas 
genannt). 

Jetur, Ismaels Sohn, 1,12,4. 
Jezabel, Achabs Weib, VIII, 13, lff 
Jezanias, X, 9, 2. 

Jezechiel , Prophet, X, 5, 1 ; 6, 3; 

7, 2. 

Ilienser, die, Bewohner von (Neu-) 
Ilium , einer Stadt am Helles- 
pont, nahe am Ausflusse des- 
selben ins Aegaeische Meer, 
XVI, 2, 2. 

Ilus, des Kesabaeus Vater, VII, 
12, 4. 

Indates, parthischer Heerführer, 
XIII. 8,4. 

Indien, 1,6.3; 6,4; X, 11,1. 
Joab. Davids Neffe, VII, l,3ff. 
Joacliaz, König der Juden, IX, 

8, lff 

Joachebed, des Moyses Mutter, 
II, 9, 4. 

Joachim, König der Juden, X,6,3ff. 
Joach, X, 1,2. 

Joadas, VII, 5, 4 

Joakim, des Josias Sohn, König 
der Juden, X, 5, 2 ff. 

Joakim, des Jesus Sohn, Hohe- 
priester, XI, 5, 1. 

Joannes, Heerführer der Juden, 

VIII, 15,2. 

Joannes, des Koreas Sohn. X, 9, 2ff. 
Joannes, des Judas Sohn, Hohe- 
priester, XI, 7, 1. 

Joannes, des Mattat! das Sohn, 
XII, 6,1; XIII, 1,2. 

Joannes Hyrkanus, XIII. 7, 4. 
Joannes der Tfiufer, XVIII, 5, 2. 
Joas, des jüdischen Königs Oeho- 
zias Sohn, IX, 7, 1 ff 
Joas, Sohn des Joaz, König der 
Israeliten, IX, 8, 6 ff 
Joatham, Gedeons Sohn, V, 7, lf. 
Joathes, X, 4, 1. 

I Joazar, Hohepriester, XVII, 13, 1. 
! Joaz, König der IsraeliteD , IX, 
; 8, i ff. 

I Jobab, des Juktas Sohn, 1,6,4. 


Go gle 



7ü2 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Jobei, Lamechs Sohn, 1,2,2 
Jobeljahr, das, 111,12,3. 

Jochab, des Phinees Sohn, V, 1 1,4. 
Jodam, VII, 2, 2. 

Jodaus, Hohepriester, IX, 7, 1 ff. 
Jo£l, Samuels Sohn, VI, 3, 2. 
Jomnes, Äsers Sohn, Jl, 7, 4. 
Jonadab, IX, 6, 6. 

Jonas, Prophet, IX, 10. 1 ff. 
Jonathas, Sauls Sohn, VI, 6,1 ff. 
Jonathas, AbiatharsSohn. VII, 9, 2. 
Jonathas, des SamasSohn, VII, 8, 3 ; 
12 , 2 . 

Jonathas, des Mattathias Sohn, 

XII, 6,1. 

Jonathas, des Onias Sohn, XIV, 

10 , 10 . 

Jonathas, des Ananus Sohn, 
Hohepriester, XVIII, 5, 8; XIX, 
6,4; XX, 8, 5. 

Jonathas, ein Sadducäer, XIII, 10,6. 
lonien, I, 6, 1 ; XV, 2, 3. 

Joppe, die heutige nicht unbe- 
deutende Hafen- und Handels- 
stadt Jaffa oder Jäfa am mittel- 
ländischen Meere, IX, 10, 2; 

XI, 4,1; XIII, 4, 4; XIV, 4, 4; 
15,1; XVII, 11, 4. 

Joram, Josaphats Sohn, VIII, 15, 3. 
Joram, König, IX, 2, 2 ff. 

Joram, des Azarias Sohn, Hohe- 
priester, X, 8, 6. 

Jordan, der, V, 3, 1; VIII, 8. 4; 

XIII, 1,3; 1, 5. 

Josabeth, des Königs Ochozias 
Schwester, IX, 7, 1. 

Josadok, Hohepriester, X, 8, 5f. 
Josaphat, des Achilus Sohn, 
Vli, 5, 4. 

Josaphat, König, VIII, 12, 6 ff. 
Josedek, Hohepriester, XI, 3, 10. 
Joseph, Jakobs Sohn, 11,2, 1 ff. 
Joseph, des Tobias Sohn , XII, 4,2ff. 
Joseph, des Zacharias Sohn, 

XII, 8, 2; 8,6. 

Joseph, des Mennaeus Sohn, 

XIV, 12, 3. 

Joseph, Antipaters Sohn und He- 
rodes’ Bruder, XIV, 7, 3; 13, 9. 


Joseph, Schatzmeister, XV, 6, 5. 
Joseph, des Herodes Neffe, XVlI r 

I, 3; 10,9; XVIII, 5, 4. 

Joseph, des Ellern Sohn, XVII, 6, 4. 
Joseph, auch Kaiaphas genannt, 

Hohepriester, XVIII, 2, 2 ff. 
Joseph Kabi, Hohepriester, XX, 
8 , 11 . 

Joseph, des Kamus Sohn, Hohe- 
priester, XX, 1,3; 5,2. 

Josias, König der Juden, X, 4, 1. 
Josna, Sohn des Sie, Hohepriester, 
XVII, 13, 1. 

Josubak, Abrams Sohn, 1, 15. 
Jotape, des Aristobulus Gattin, 
XVIII, 5, 4. 

Jothain, König der Juden, IX, 
10, 4 ff. 

Jothain, Hohepriester, X, 8, 6. 
Jothor , des Moyses Schwieger- 
vater, V, 2, 3. 

Jovanus, des Japheth Sohn, 1, 6, 1. 
Jozar, Hohepriester, XVII, 6, 4. 
Ipa, Stadt in Palaestina, VIII, 
10 , 1 . 

Irenaeus, Redner, XVII, 9, 6. 
Isachar, Jakobs Sohn, 1, 19, 8. 
Isak, Abrams Sohn, 1,10, 5 ff. 
Isamach, Eliabs Vater, III, 6, 1. 
Isana, Stadt in Palaestina, Lage 
unbekannt, VIII, 11,3. 

Isanae, Dorf in Palaestina, XIV, 
15, 12. 

Isma£l, Abrams Sohn von der 
Agar, 1, 10, 4f. 

Ismae], X, 9, 2. 

Ismacl, Hohepriester, XV111, 2, 2 ; 
XX, 8, 8. 

Isuis, Äsers Sohn, II, 7, 4. 

Isus, Äsers Sohn, II, 7, 4. 

Isus, Hohepriester, X, 8, 6. 

Itaby risches Gebirge (der Tabor), 
V, 1,22; XIII, 5, 4. 

Ithamar, Aarons Sohn, 111,8, 1. 
Ithobal, König von Tyrus und 
Sidon. VIII, 13, lf; IX, 6, 6; X, 

II , 1 .' 

Ituraea, Landschaft im Nordosten 
von Palaestina, deren Grenzen 




Namenregister. 


703 


nicht genau zu bestimmen sind, 
XIII, 11, 3. 

Jubal, Lamechs Sohn, 1,2,2. 

Jubas, libyscher König, XVII, 3, 4. 

Jucundus , Herodes’ Trabant, 

XVI, 10, 3. 

Judadas, des Regmus Sohn, 1, 6, 2. 

Judaea, Juden, frühere Benennung 
I, 6, 2 ; Abram zieht dorthin 
1, 7, 1 ff. ; Hungersnot H, 6, 1 ff.; 
in Aegypten 11,9, 1 ff. ; Auszug 
aus Aegypten II, 15, 1 ff. ; in der 
Wüste 111, 1, ff; Bündnis mit 
den Römern XII, 10, 6; Ver- 
breitung XVI, 7, 2 ; XVII, 9, 5. 

Judas, Jakobs Sohn, 1, 19, 8. 

Judas, Aminadabs Sohn, XI, 4, 2. 

Judas, Hohepriester, XI, 7,1; 
XII, 10, 6; XX, 10, 1. 

Judas Makkabaeus , des Matta- 
thias Sohn, XII, 6, lff. 

Judas, Essener und Seher, XII, 1 1, 2. 

Judas, des Chapsaeus Sohn, XIII, 
5, 7. 

Judas, des Räubers Ezechias Sohn, 

XVII, 10,5. 

Judas, des Sariphaeus Sohn, XVII, 
6, 2f. 

Judas der Galiläer, XVIII, 1,1; 
1,6; XX, 5, 2. 

Juöl, Hohepriester, X, 8, 6. 

Juktas, HeDersSohn, 1,6,4. 

Julia (Li via), Gemahlin des Au- 
gustus, XVI, 5, 1 ff. 

Julia, CaligulasSchwester,XlX,4,3. 

Julias (Livias), Stadt in Peraea, 
früher Betharamphtha genannt 
(s. dieses), XVIII, 2, 1 ; XX, 8, 4. 

Julias, Stadt am See Genezareth, 
früher Bethsaida genannt (s. 
dieses), XVIII, 2, 1. 

Julius, römischer Heerführer, XV, 
3,7. 

Jupiter Victor (der sieg verleihende 
Jupiter), XIX, 4, 

Jykäer, die, syrisches Volk, VIII, 
5, 3. 

Izara, Jzars Stadt, Jesraela (s. d.), 
VIII, 13, 6; 15,4. I 


Izates, König vonAdiabene, XX, 

2, 1 ff. 

K. 

Kaath, Levis’ Sohn, H, 7, 4 

Kabrothaba, III, 13. 

Kaina, Ort im Lande der Ziphener, 
VI, 13, 2. 

Kainas, des Enos Sohn, I, 3, 2 ; 3, 4. 

Kaiaphas, Hohepriester, s. auch 
unter Joseph, XV1IJ,2, 2. 

Kais, Adams Sohn, I, 2, 1 ff. 

Kallias, XVII, 1, 1. 

Kallimander, syrischer Feldherr, 
XIII, 10, 2. 

Kallirrhoe, warme Quellen mit 
Badeort in Peraea, jetzt Zerka 
Main, XVII, 6, 5. 

Kambyses, König der Perser, II, 
10,2; XI, 2, lf. 

Kamith, Vater des Hohepriesters 
Simon, XVIJI. 2, 2. 

Kamon, Stadt in Galaditis, zum 
Stamme Manasses gehörig, V,7,6. 

Kamuel, Nachors Sohn, 1, 6, 5. 

Kamus, XX, 1, 3. 

Kana, Dorf in Galilaea, das heutige 
Käna-el-Djelil, XIII, 15, 1 ; XV, 
5, 1. 

Kant heran, Beiname des Hohe- 
priesters Simon, XIX, 6, 2 ff. 

Käpharsaba (Chabarzaba), das- 
selbe wie Antipatris (s. d.), XIII, 
15, 1; XVI, 5, 2. 

Kapharsalama, kleiner Ort in der 
Nähe von Jerusalem, XII, 10, 4. 

Knppadocien, Provinz in Asia 
minor, vom Taurus bis zum 
Pontus Euxinus und vom Halys 
bis zum Euphrat sich er- 
streckend, XVI, 2, 2. Seine Be- 
wohner I, 6, 1. 

Koreas, X, 9, 2. 

Kariathiarim , Stadt in Judaea, 
zum Stamme Judas gehörig, an 
der westlichen Grenze des 
Stam m es Benj amin , höchst wahr- 
scheinlich das heutige , drei 
Stunden von Jerusalem ent- 



704 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


fernte Kariet el ‘Enab (Stadt Kinchar , hebraeieches Gewicht, 
der Weintrauben), V, 1, 16; 111,6,7. 

VI, 1, 4 Kinyras, XIX, 1,13. 

Karten, südwestlichste Landschaft Kition, Stadt auf Cypern, 1,6,1. 
Kleinasiens , von den Türken Klazomenae , eine der ionischen 
jetzt Alidinella und Meutech- Zwölfstädte an der lydischen 
Seli genannt, XI, 8, 1. Küste iKleiuasien), XX, 11, 1. 

Karmel* Berg, der heutige Karmel ! Kleodemus, Seher, 1, 15. 

oder Jebel Mar Elyas, V, 1 , 22; | Kleopatra , des Ptolomaeus Epi- 
VIII, 13, 5. . | phanes Gattin, XII, 4, 1. 

KarnaYn, Heiligtum in Syrien, J Kleopatra , Tochter des Ptole- 
XII, 8, 4. I niaeus Philometor, XIII, 4, 1 ff. 

Knrrae, Stadt in Mesopotamien Kleopatra, die berüchtigte Königin 
südöstlich von Edessa, das von Aegypten, XIV, 13, 1 bis 
Charra der Römer und Griechen, XV, 5, 1 . 

jetzt Trümmerstätte, XX, 2, 2. Kleopatra, Herodes J des Grossen 
Kaspische Thore, der berühmte Gattin, XVII, 1,3. 

Engpass, im Kaukasus, welcher Kleopatra , des Gessius Florus 
aus Medien nach Hyrknnien Gattin, XX, 11, 1. 
und Parthien führte, jetzt der Kleopatra, Name der syrischen 
Pass Chawar und Firuz-Koh Königin Selene, XIII, 16, 4. 
zwischen Harka-Koh und Siah- Knidus, Hafenstadt in der klein- 
Koh, XVIII, 4, 4. asiatischen Landschaft Karien. 

Kassander, XII, 1, 1. XIII, 13, 4. 

Kedar, Ismaels Sohn, 1,12,4. Kommagene, die nordöstlichste 
Kednsa , zum Stamme Nephthali Provinz Syriens, im Osten vom 
gehörig, den Leviten zugeteilt Euphrat, im Norden und Westen 
und zur Freistadt erhoben, bei vom Amanus begrenzt, während 
Caesarea Philippi gelegen, jetzt sie im Süden (gegen Syria 

das Dorf Kedes , XIII, 5, 5 ; V, Kyrrhestica hin) der natürlichen 

1, 18; 1, 24. Grenzen entbehrte, XVIII, 5, 4; 

Kedmas, Ismaels Sohn. 1,12,4. XIX, 5,1. 

Kcdron, Bach in der Nähe Jeru- Kophene, Fluss in Indien, jetzt 
salems, VIII, 1, 5. Kabul, 1,6,4. 

Kelenderis, Kastell in Cilicien Kor, jüdisches Mass, 111,15,3; 
(vergl. Tacitus, Annalen II, 8), XV, 9,2. 

jetzt Kalandria oder Gulnar, : Kordaba, jetzt Cordova, grosse 
XV1II,5, 1. und berühmte Stadt in His- 

Keltische Legion, die, XIX, 1, 15. pania Baetica, XIX, 1, 3. 
Kemede, XX, 5, 2. Kordyäer-Gebirge , das , trennt 

Kendebueus, Heerführer des An- Armenien von Mesopotamien, 
tioehus Soter, XIII, 7, 3. die jetzigen Dschudi-Berge, 1,3,6. 

Kenez, desEliphaz Sohn, II, 1,2. Kore, Esaus Sohn, II, 1,2. 

Kenez, Hothniels Vater, V, 3, 3. Kores , des Moyses Gegner , IV, 
Kepheriter, die, chananaeische 2, 2 ff. 

Völkerschaft, V, 1, 16. Koraea , Stadt zwischen Sichern 

Killa, Stadt in der Ebene des und Silo, das heutige Küriyüt, 
Stammes Judas , die heutige XIV, 3, 4. 

Ruinenstätte Kila, VI, 13, 1. 




Namenregister. 


705 


Korraea , Stadt in Südpalaestina, 
heute unbekannt, VI, 2, 2. 

Kos, zu den Sporaden gehörige 
Insel im Myrtoischen Meere, an 
der Küste von Karien gelegen, 
jetzt Stanchio, Stingo, Mankos, 
Isola longa genannt, XIV, 7,2; 

XVI, 2, 2. Ihre Bewohner XIV, 
10, 15. 

Kostobar, Gatte der Salome, XV, I 
7, 9f.; XVI, 7, 6. | 

Kostobar, Verwandter Agrippas 
des Jüngeren, XX, 9, 4. 

Kotardes, Partherkönig, XX, 3, 4. 

Kotylas, Beiname des Tyrannen 
Zeno von Philadelphia, XIII, 8, 1. 

Kotys, König von Kleinarmenien, 
XIX, 8,1. 

Koze, idumaeischer Gott, XV, 7,9. 

Kreta, jetzt Gandia, die bekannte 
grosse Insel des Mittelmeeres, 

XVII, 12, lf. 

Ktesiphon, Stadt in Babylonien 
am Ostufer des Tigris, Seleukia 
gegenüber, nordöstlich von Ba- 
bylon. Jetzt liegt an der Stelle 
von Ktesiphon unter dem Namen 
Täki Kesre ein beträchtlicher 
Trümmerhaufen. XVIII, 2, 4; 
9, 9. 

KyaneYsche Felsen, die zwei 
kleinen Felseninseln an der 
Mündung des Thrakischen Bo- 
sporus in den Pontus Euxinus, 
auch dieSymlpejaden (vgl. Argo- 
nautensage), heute Urek-Jaki 
gena int, XVI, 2, 2. 

Kydisa, dasselbe wie Kedasa (s. 
d.), IX, 11,1. 

Kypron , Gattin des Idumäers 
Antipater, XIV, 7, 3. 

Kypros, Herodes’ des Grossen und 
der MariamneTochter,XVlII,5,4. 

Kypros, Antipaters Tochter, Gattin 
des Alexas Helkias, XVIII, 5, 4. 

Kypros , des Alexas Helkias 
Tochter, XVIII, 5, 4. 

Kypros, Phasaels Tochter, XVIII, 
5,4. 

Joeephus' Jüdische Altertümer, II. 

Go gle 


Kypros, Kastell bei Jericho, zu 
Anfang des Jüdischen Krieges 
zerstört und dem Erdboden 
gleichgemacht, XVI, 5. 2. 

Kyrene, Hauptstadt der Land- 

| schaft Kyrenaika (seit den Tagen 
der Ptolemäer Pentapolis ge- 
nannt) westlich von Aegypten, 
welche jetzt Plateau von Barka 
heisst. Kyrene ist das heutige 
Cayron, Grenneh, Curen, Kurin; 
dieBuinen sind sehr ausgedehnt. 
XIV, 7, 2; XVI, 6, 5. 

Kyzikos* eine im Altertum ihrer 
Schönheit wegen berühmte Stadt 
in Mysien auf einer Landzunge 
der Propontis. Häufige Erd- 
beben , namentlich das von 
443 n. Chr., und die Eroberung 
durch die Araber 675 n.Chr. 
haben die frühere Pracht und 
Grösse der Stadt zum Ver- 
schwinden gebracht. Jetztheisst 
sieAidinschik oderTemaschalik. 
XIII, 10, 1. 

L. 

Laban , Bathuels Sohn , 1,6,5; 
16, 2. 

Labntha, Ort in Galad jenseits 
des Jordan , in der Nahe von 
Eabbath Ammon (Philadelphia), 
VII, 5, 5. 

Labim, Mestraims Sohn, 1, 6, 2. 

Labina, Landschaft Palaestinas 
zwischen Bethel und Sichern, 

IX, 5, 1. 

Labosordach , babylonischer König, 

X, 11, 2. 

Lachis, Stadt in Judaea, das 
heutige Umm-Läkis, im Süden 
von Palaestina an der grossen 
Völkerstrasse nach Aegypten 
gelegen, VIII, 10, 1 ; IX, 9, 3. 

Lakeduemonier, die, XII, 4, 10 f.; 
XII 1, 5, 8. 

Lamech, Mathusalas Sohn, 1, 2, 2 ; 
3,4. 

45 



706 


Josephuä’ Jüdische Altertümer. 


Laodike, Königin der Galadener, 
XIII, 13, 4. 

Laodikea, Stadt an der Westküste 
Syriens südlich vom Berge 
Kasios, jetzt Lädikije, XI V, 10,20. 

Lasthenes, Kretenser, XIII, 4,3; 
4,9. 

Latopolis, Stadt in Unteraegypten, 
angeblich jetzt das Dorf Errahne, 
11,15,1. 

Latusim, Dadans Sohn, 1, 15. 

Lemba, Moabiterstadt, jetzt un- 
bekannt, XIII, 15,4. 

LemonischeTribus,die,XIV, 10,10. 

Lentulus, Lucius, Konsul, XIV, 
10,13; 10,16. 

Leontopolis, Stadt im Nildelta, 
XIII, 3, 2. 

Lepidus, XIX, 1,3; 1,8. 

Lesbos, die grösste unter den 
Inseln des Aegaeisehen Meeres 
vor der Küste von Mysien, später 
nach der Hauptstadt Mytilene 
genannt, heute Metelino, Mete- 
lin, Midilly, XVI, 2, 2. 

Levis, Jakobs Sohn, 1, 19, 7 ; 21, 1. 

Lia, Labans Tochter, 1, 19, 7. 

Libanon, das bekannte syrische 
Gebirge, 111,14, 2 ; V, 3, 1 ; VIII, 
2,3; 6,3; XIX, 5,1. 

Libyen, Landschaft an der Nord- 
küste Afrikas, 1,6,2; 15; XVI, 
6 , 1 . 

Libys, Mestrai'ms Sohn, I, 6, 2. 

Livias, arabische Stadt, XIV, 1,4. 

Lirins, römischer Geschichtschrei- 
ber, XIV, 4, 3. 

Lobana, Stadt in Judaea (s. La- 
bina), X, 5,2. 

Lollias, XIV, 2,3. 

Loos, raacedonischer Monatsname 
(s. Hekatombaion), IV, 4, 7. 

Lot, Arans Sohn, I, 6, 5 ff. 

Lncullus, XIII, 16, 4. 

Lud, Sems Sohn, I, 6, 4. 

Lugdunum, Stadt in Gallien, das 
heutige Lyon, XVIII, 7,2. 

Lnom, Dadans Sohn, 1, 15. 

Lupus, Julius, XIX, 2,4; 4,5. 


Lydda (Diospoli6), Stadtin Judaea, 
heute Luad oder Ludda, un- 
weit Jaffa an der Strasse von 
Jerusalem nach Caesarea ge- 
legen, XIII, 4,9; XIV, 11, 2; 
15, 3; XX, 6,2. 

Lyder, die, 1,6,4. 

Lydien , kleinasiatische Provinz 
am Aegaeisehen Meere, jetzt die 
Provinz Sarukhan und der 
nördliche Teil von Sighla, XI,8,1. 
Lysanias, des Ptolemaeus Men- 
naei Sohn XIV, 13, 3; XV, 4, 1. 
Lysias, Statthalter des Antiochus 
Epiphanes, XII, 7, 2ff. 

Lysias, ein Raubkastell Syriens, 
Lage unbekannt, XIV, 3, 2. 
Lysimachus, einer der Diadochen 
(Nachfolger Alexanders des 
Grossen), XII, 1, 1. 

Lysimachus , des Apollodotus 
Bruder, XIII, 13, 3. 

Lysimachus, des Pausanias Sohn, 

XIV, 10, 10; 12, 3. 

Lysimachus , vornehmer Jude, 

XV, 7, 8. 


M. 

Maathas, Priesterdes Baal, IX, 7, 4. 

Macedonier, die, XI, 8, 1 ff. ; XII, 
1 , 1 . 

Machaeras, römischer Heerführer, 
XIV, 15,7. 

Machaerus, Kastell an der Grenze 
von Palaestina und Arabien 
(genaue Beschreibung s. Jüd. 
Krieg VII, 6, 1), jetzt Mkaur, 
VII, 9, 8; XIII, 16,3; XIV, 5, 4; 
XVIII, 5, 1. 

Machama, Davids Gattin, VII, 1, 4. 

Machana, Roboams Gattin, Vlll, 
10 , 1 . 

Machas, Nachors Sohn, 1,6,5. 

Machir , vornehmer Galaditer, 
VII, 5, 5; 9,8. 

Machrna, Stadt im Stamme Ben- 
jamin, jetzt Michmäsch oder 
Mukmäs, VI, 6, 1 ; XIII, 1, 6. 




Namenregister. 


707 


Machon, Stadt in Syrien, Yil, 
5,3. 

Macro,Praetorianer-Oberst, XYIII, 
6,6; 6,7. 

Madäer, die, von den Griechen 
Meder genannt, 1,6,1. 

Madan, Abrains Sohn, I, 15. 

Mades, Japlieths Sohn, i, 6, 1. 

Madian, Abrams Sohn, 1, 15. 

Madiana, Stadt in Arabien, am 
Roten Meere gelegen, 11,11,1. 

Madianiter, die, weitverbreitetes, 
nomadisches Volk im südlichsten 
Teile' des Peträi sehen Arabien, 
dessen früheste VV ohnsitze west- 
lich vom Sinai zwischen dem 
Gebirge Seir und dem Arabisch en 
Meerbusen zu suchen sind. Das 
Volk verbreitete sich auf der 
Ostseite des Arabischen Meeres 
bis zu den Grenzen der Moabiter l 
hin in nördlicher Richtung und \ 
gelangte durch lebhaften Kara- 
wanenhandel zwischen Aegypten 
und Arabien, sowie durch Vieh- 
zucht zu bedeutendem Wohl- 
stand, bis es von Gedeon ge- 
demütigt wurde. Seit dem 
Exil verschwindet der Name 
aus der Geschichte. IV, 6, 1 ff. ; 
V, 6 , 1 ff. 

Maecische Tribus, die. XIV, 10, 10. 

Magedo, Stadt im Gebiete des 
Stammes Isachar, aber zum 
Stamme Manasses gehörig, 
früher chananaeische Königs- 
stadt und auch nach Josua noch 
geraume Zeit in den Händen 
der Chananäer, lag am Fusse 
der Hügelreihe, die im Südosten 
des Karmel das samaritanische ! 
Gebiet begrenzt, und findet sich 1 
in der jetzigen Ruinenstadt Chan 1 
oder dem Dorfe el-Lejün — : 
VUI, 6, 1 ; IX, 6, 3. I 

Magog, Japheths Sohn, 1,6,1. ; 

Malael, des Kainas Sohn, 1,3,4. j 

Malathu , Kastell Idumaeas im j 
äussersten Süden des Stamm- 1 


gebietes Judas, später den Si- 
meonitern überwiesen und nach 
dem Exil wieder von Judäem 
bewohnt, heute die Brunnen 
und Ruinen von el-Milh oder 
el-Melah acht Stunden südlich 
von Hebron, XVIII, 6, 2. 

Malchns (s. Kleodemus), 1, 15. 

Malchus « Araber , Erzieher des 
Antiochus, XI II, 5, 1. 

Mulchus, arabischer Fürst, XIV, 
14, lf.; XV, 6, 2. 

Maliath, Stadt jenseits des Jordan 
im Ammanitergebiet. V. 7, 10. 

Malichus, vornehmer Jude, XIV, 
5,2; 11,2. 

Malle, Stadt in Palaestina, Lage 
unbekannt, XII, 8, 3. 

Mallon, Elimelecns Sohn, V, 9, 1. 

Malthake. Herodes’ des Grossen 
Gattin, XVII, 10, 1. 

Mambre, A brams W ohnung, 1. 1 0,2 ; 

11 , 2 . 

Manibres, Abrams Kriegsgeföhrte, 

I. 10, 2. 

Manugm, König der Israeliten, 
JX,11, 1. 

Manafrn, Essener, XV, 10, 5. 

Manasses, Josephs Sohn, II, 6, 1 ; 
7,4; 12,4. 

Manasses, König der Juden, X, 
3, 1 f. 

Manasses. Bruder des Jaddus, 

! XI, 7, 2. 

| Manasses, Hohepriester, XII. 4, 1 . 

Mandra, Ort in Palaestina, Lage 
unbekannt, X, 9, 5. 

Manetho, aegyptischer Geschicht- 
schreiber, I, 3, 9. 

Manlius, Lucius, XIII, 9, 2. 

Manna, III, 1, 6. 

Manoch, Samsons Vater, V, 8, 2. 

Maon, Stadt im Gebiete des 
Stammes Judas, nicht weit vom 
Berge Karmel, VI, 13, 2. 

Mar, Ort in der Arabischen Wüste, 
III, 1, 1. 

Maraioth^JothamsSohn, VIII, 1,3. 

Marari, Levis’ Sohn, II, 7, 4. 

45 * 


Go gle 



708 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Marcellus, Gajus, Konsul, XIV, 
10, 13; 10, 19. 

Märcellus,Landpfleger vonJ udaea, 
XVIII, 4,2. 

Mar cus, Alexanders Sohn, XIX, 5,1. 

Mardochaeus, Heerführer, XI, 3, 10. 

Mardochaeus, Esthers Oheim, XI, 

6, 2 ff. 

Maresa (Marissa), Stadt im Stamm- 
gebiete Judas, die heutige 
Trümmerstätte Maräsch, VIII, 
10,1; 12,1; XII, 8, 6; XIII, 9,1; 
XIV, 1,4. 

Margaloth, XVII, 6, 2. 

Mariamme, des Moyses Schwester, 
11,9,4; lll,ö,l; IV, 4, 6 

Mariamne, Herodes’ des Grossen 
Gattin, XV, 6, 5ff. ; XVII, 1, 3. 

Mariamne, Tochter des Hohe- 
priesters Simon, Herodes’ des 
Grossen Gattin, XV, 9, 3; XVJI, 
1,3; 4,2. 

Mariamne, Agrippas des Grossen 
Tochter, XVIII, 5, 4; XIX, 9, 1. 

Mariamne, JosephsTochter, XVIII, 
5, 4. 

Mariamne, Gattin des Ethnarchen 
Archelaus, XVII, 13,4. 

Marion, Beherrscher von Tyrus, 
XIV, 12, 1. 

Marissa, s. Maresa. 

Marsuane, hebraeischer Monats- 
name, s. Dios. 

Marsus, Landpfleger von Syrien, 
XIX, 7, 2; 8,1. 

Marsyas, Agrippas Freigelassener, 
XVIII, 6, 3; 6, 10. 

Maruel, Jareds Sohn, 1,2,2. 

Marullus, XVIII, 6, 10. 

Masada, Kastell am westlichen 
Ufer des toten Meeres in der 
Nähe von Engaddi, jetzt Sebbeh. 
Genaue Beschreibung Masadas s. 
Jüd. Krieg VII, 8. 3. XIV, 11,7. 

Masmas, Ismaels Sohn, 1, 12, 4. 

Masnaömphthes, Turban der 
Priester, III, 7, 3. 

Maspha, Stadt in Palacstina, nahe 
bei Gibeon und Rama , die 


heutige Moschee Nebi Samvil, 
z'wei Stunden nordwestlich von 
Jerusalem auf dem Gipfel eines 
von Nordost nach Südwest ver- 
laufenden Bergrückens gelegen, 
VIII, 12, 4. 

Masphath, feste Stadt im Ost- 
jordanland auf dem Gebirge 
Gilead, V,7,9; VI, 2,1; 4.4; 
X, 9, 1 ff. 

Massabazanes , Leibrock der 
Priester, III, 7, 2. 

Massageten, die, ein mächtiges 
und kriegerisches Nomadenvolk 
Asiens, im Norden des heutigen 
Kiwa auf dem Isthmus zwischen 
dem Kaspischen Meere und dem 
Aralsee, sowie in den Steppen 
der Kirghisen (vergl. Herodot 

I, 208 ff.), XI, 2,1. 
Mastherongebirge, Höhenzüge bei 

Engaddi, VI, 13,4. 

Mathusala, Maruels Sohn, 1, 2, 2. 
Mathusala, Lamechs Vater, I, 3, 2. 
Mattat hias, Vater der Makkabäer, 
XII, 6, lf. 

Mattathias, Absaloms Sohn, XIII, 
5,7. 

Matthias , des Theophilus Sohn, 
Hohepriester, XVII, 4, 2. 
Matthias, Margaloths Sohn, Ge- 
setzeslebrer, XVII, 6, 2. 
Matthias, des Ananus Sohn, Hohe- 
priester, XIX, 6, 4; 8, 1. 
Matthias , des Theophilus Sohn, 
Hohepriester, XX, 9, 7. 

Mazaka, Hauptstadt vonKappa- 
docien, später Caesarea am Ge- 
birge Argaeus, jetzt Kaisari, 1,6,1. 
Medaba, Grenzstadt des Stammes 
Rubel, jetzt Maedeba, l l / 4 Stunde 
südöstlich vod Hesbän, XIII, 1,2; 
9,1; 15,4; XIV, 1,4. 

Meder, die, I, 6, 1; IX, 12, 3; X, 

II, 4. 

Meeir, Talar des Hohepriesters, 

III, 7,4. 

Megasthenes, Geschichtschreiber, 
X, 11,1. 




Namenregister. 


709 


Melas, XVI, 10, 6. 

Meleha, Nachors Gattin, I, 6, 5. 

Melchis, Säule Sohn, VI, 6. 6. 

Melchisedek, König von Solvma, 

I, 10, 2. 

Melos, eine der bedeutendsten 
südwestlichen Inseln des Aegae- 
ischen Meeres, heute Milo, 
XVII, 12, 2. 

Memmius Regulus, XIX, 1, 1. 

Memnon, XIV, 10, 28. 

Memphibost, des Jonathas Sohn, 

VII, 5,5ff. 

Memphis, Stadt in Aegypten auf 
dem linken Ufer des Nil, süd- 
lich von der Spitze des Deltas, 
heute nur noch unbedeutende 
Trümmer, II, 10, 1 ; VIII, 6, 2; 
XII, 4, 3; 5, 2. 

Menander, Geschichtschreiber, 

VIII, 5, 3; 13,2; IX, 14, 2; XIV, 
8, 5. 

Mende, Stadt in Palaestina, Lage 
unbekannt, X, 5,JL 

Menedemos, Philosoph, XII, 2, 13. 

Menelans, s. Onias, XII, 5, 1. 

Menenische Tribns, die, XIV, 

10 , 10 . 

Mennaehasen, priesterliches Ge- 
wandstück, III, 7, 1. 

Menophilos, ephesischer Prytane, 
XIV, 10, 25. 

Mentinns, Lucius, XIII. 9, 2. 

Merob, Sauls Tochter, VI, 6, 6. 

Meroe (Saba), Hauptstadt von 
Aethiopien, II, 10, 2. 

Mesas, Arams Sohn, 1,6,4. 

Mesopotamien,Land Vorderasiens, 
welches im Westen durch den 
Euphrat von Syrien und Arabien, 
und im Osten durch den Tigris 
von Assyrien geschieden wird, 
weshalb es von den Eingeborenen 
Aram Naharaim , d. i. Syrien 
zwischen den Flüssen, genannt 
wurde. Jetzt Al Dschesireh. I, 
7, 4; XVIII, 9, lff. 

Messala, des Herodes Sachwalter, 
XIV, 4, 4; 13,1. 


Messalina , Gattin des Caesars 
Claudius, XX, 8, 1. 

Mesträer (Aegyptier) und Mestre 
(Aegypten), benannt nach Me- 
straim, I. 6, 2. 

Metellus Creticus, Quintus, Kon- 
sul, XIV, 1,2; 2, 3. 

Mia, Flecken in Peraea, jetzt un- 
bekannt, XX, 1,1. 

Michas, Memphibosts Sohn, VII, 
5 5 

Mlchaeas, Seher, VIII, 14, 5; X,6,2. 

Michal , Sauls Tochter , VI , 6, 6 ; 
10, 3; VII, 1,4. 

Milesius, XIII, 15, 1. 

Minaios, König von Aegypten, 
VIII, 6,2. 

Minucianus , Annius, XIX, 1, 3 ff. 

Minucianus, Marcus, XIX, 4, 3. 

Minyas, ein Distrikt Armeniens, 
I, 3, 6. 

Misaeh , Misaels babylonischer 
Name, X, 10, 1. 

Misael, X, 10, 1. 

Misan, Moabiterkönig, IX, 3,1. 

Misenum, Stadt in Unteritalien, 
jetzt Miseno, XIX, 1, 1. 

Mithradates Sinakes, parthischer 
Häuptling, XIII, 14,3. 

Mithradates, König von Pontus, 
XIV 3 4. 

Mithradates, Parther, XIV, 6, 4. 

Mithradates, pergamenischer Kö- 
nig, XIV, 8,1. 

Mithradates, Partherkönig, XVI, 
8,4. 

Mithradates, vornehmer Parther, 
XVIII, 9, 6f. 

Mnaseas, Geschichtschreiber, 1, 3,6. 

Moab, Lots Sohn, I, 11,5. 

Moabiter, die, Bewohner von 
Moabitis, einer Berggegend im 
Petraeischen Arabien am öst- 
lichen Ufer des toten Meeres, 
die sich von Zoar bis zum 
Flusse Arnon erstreckte. Nach 
der Zerstörung Jerusalems durch 
Nabuchodonosor (588 vor ChrA 
verschwinden sie gänzlich aus 


Go gle 



710 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


der Geschichte. Ihre Haupt- 
stadt war Rabbat Moab, später 
Areopolis, jetzt Rabba genannt. 

I, 11,5; V, 4, 1 ff. ; IX, 1, 2. 
Mochus, Geschichtschreiber, 1, 3, 9. 
Modiim, Flecken in Judaea, nicht 

weit von Diospolis (Lydda), das 
heutige el-Mediyeb , XII , 6, 1 ; 

II . 2 . 

Modius, römisches Mass, XIV, 2, 2. 
Momphis, Benjamins Sohn, II, 7,4. 
Monobazns Bazaeus, König von 
Adiabene, XX, 2, 1 f. 
Monobazos, desM. BazaeusSohn, 
XX, 2. 1 ff. 

Mopsuestia, eine bedeutende und 
unter den Römern freie Stadt 
in Cilicien, an beiden Ufern 
des Pyramus, im Mittelalter 
Mamistra , Jetzt Messis , ein 
schmutziger Flecken, XIII, 13, 4. 
Moria, Berg in Judaea, der spätere 



die Mosochener (Kappadocier) 
den Namen haben, 1, 6, 1. 

Moyses, Vorwort 4; II, 9, 4 ff. 

Muchaeus, Perser, XI, 6, 1 

Mucianus, Statthalter von Syrien, 
XII, 3, 1. 

Mundus, Decius, römischer Ritter, 
XVIII, 3, 4. 

Murcus, Statthalter von Syrien, 
XIV, 11,1 ff. 

Muska,phoenidsche G ötti n,IX ,2, 1 . 

Myrrha , des Kinyras Tochter, 
XIX, 1, 13. 

My tileneiauchMi tylene) .diegrösste 
und wichtigste Stadt auf der 
Insel Lesbos, jetzt Castro oder 
Metelino , welcher Name auch ! 
auf die ganze Insel über- 
gegangeu ist, XV, 10, 2; XVI, 
tf, 2. 

N. 

Xaamis, desElimelech\Veib,V,9, 1. 

Naarda(Nearda), sehr bedeutende 
Stadt in Babylonien an einem 


Kanäle des Euphrat , grössten- 
teils von Juden newohnt, welche 
dort für kurze Zeit einen 
eigenen Staat bildeten und eine 
Akademie hatten , heute un- 
bekannt, XVIII, 9, 1 ff. 

Xaases, Ammaniterkönig, VI, 5, 1 ; 
VII, 6,1. 

X aba , Stadt im Stammgebiete 
Benjamin an der üeerstrasse, 
die von Norden nach Jerusalem 
führte , so nahe bei letzterer 
Stadt, dass man von dort aus 
Naba sehen konnte, VI, 12, 1. 

Xabad, Aarons Sohn, III, 8, 1. 

Xabaioth« Ismaels Sohn, I, 12, 4. 

Nabal, Ziphener, VI, 13, 6 ff. 

Naballo. arabisches Kastell an 
der Grenze von Palaestina, Lage 
unbekannt. XIV, 1, 4. 

NabatÄer, Haupt voik des Petrae- 
ischen Arabien, besonders mäch- 
tig zur Zeit des Augustus. Ihr 
Reich, dessen Hauptstadt Petra 
war, endigle zur Zeit des Tra- 
janus, und das Land gehörte 
von da ab zu Palaestina 
tertia. I, 12, 4; XII, 8, 3; XIII, 
1 , 2 . 

Xabla, musikalisches Instrument, 
VII. 12,3; VIII, 3, 8. 

Xaboandel (Baltasar), König von 
Babylon, X, 11, 2. 

Xabosaris, babylonischer Fürst, 
X, 8, 2. 

Xabuchodonosor , babylonischer 
König, X, 6, 1 ff. 

Xabutli, VIII, 13, 8. 

N abuzardanes , babylonischer 

Heerführer, X, 8, 5. 

Xaehor, Serugs Sohn, 1,6,5. 

Xaehor, des TharrusSohn, I, 6, 5; 
16, 1. 

Xadab. JeroboamsSohn, VIII, 10,4. 

Xa8man, Benjamins Sohn, 11,7,4. 

Xahum, Prophet, IX, 11,2. 

Na'ida, Kais’ Wohnort, I, 2, 2. 

Xaphaesus, Ismaels Sohn, 1, 12, 4. 

Xathan, Davids Sohn, VII, 3, 3. 


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Namenregister. 


711 


Nathan, Prophet, VII, 4, 4; 7,8; 
14,5. 

NathanaSl, Davids Bruder, VI, 8,1 . 
Nave, des Jesus (Josua) Vater, 

III, 2, 3. 

Naziräer, gottgeweihte Personen, 

IV, 4, 4; XIX, 6,1. 

Neara , südöstliche Grenzstadt 
des Stammgebietes Ephraim, 
zwischen Ataroth und Jericho 
gelegen, noch nicht wiederauf- 
gefunden, XVII, 18, 1. 

Nebrod, des Chus Sohn, 1, 4, 2 f ;6,2. 
Nechao, König von Aegypten, 

X, 5,1; 5,2; 6, 1. 

Nedem, Sohn des Mestraim, I, 6, 2. 
NeSraias, Mundschenk desXerxes, 

XI, 5, 6 ff. 

Nemessus, Vater des Jehu,IX.6,l. 
Nephanus, VII, 12, 2. 

Nephtalim, Jakobs Sohn, 1, 19, 7 ; 
11,7,4; V, 1, 22. 

Nergelear , babylonischer Heer- 
führer, X, 8, 2. 

Neidas, Hohepriester, X, 8, 6. 
Nero, römischer Caesar, XV, 4, 3 ; 

XVIII, 5,4; XX, 8, 1 ff. 
Neronias, Name für Caesarea 
Philippi, XX, 9, 4. 

Nerus, Sauls Oheim, VI, 6, 6. 

Ne rus, Baruchs Vater, X, 9, 1. 
Niglisar, babylonischer König, 

X, 11, 2. 

Nikanor, des Antiochus Epiphanes 
Statthalter, XII, 5, 5; 7, 3. 
Nikanor, Beamter des Ptolemaeus 
Philadelphus, XII, 2, 12. 
Nikanor, Freund des Königs 
Demetrius, XII, 10, 4 f. 
Nikanor, des Euphemus Sohn, 
XIV, 10, 25. 

Nikaso, des Sanaballetes Tochter, 

XI, 7,2. 

Nikator, Beiname des Königs 
Seleukus, XVIII, 9, 8. 

Nikanle, Königin von Aegypten, 
VIII, 6,2. 

Nikodemus, XIV, 3, 2. 

Nikolaus von Damaskus, Ge- 


schichtschreiber und Sachwalter 
des Herodes, I, 3,6; VII, 5, 2; 
XII, 3, 2; XIII, 12, 6; XIV, 1,3; 
4,3; 6, 4; XVI, 7, 1 ; 9, 4; 11, 3f ; 
XVII, 3, 2; 5,4; 11,3. 

Nikopolis, Stadt an der Süd- 
westspitze von Epirus und am 
Eingänge des Ambracischen 
Meerbusens, der Stadt Actium 
gegenüber, jetzt Paleoprevyza, 
etwas nördlich von Prevyza oder 
Prevesa, XVI, 5, 3. 

Nil , der bekannte Fluss in 
Aegypten, 1, 1, 3 ; II, 10, 2. 

Ninive, die berühmte Hauptstadt 
des assyrischen Reiches am 
östlichen Ufer des Tigris, heut- 
zutage beträchtliche Ruinen 
gegenüber Mossul IX, 10, 2. 

Ninus, assyrischer König, IX, 10, 2. 

Niphates*, ein nordöstlicher, zum 
Taurussystem gehöriger Zweig 
des Gebirges Masius, zwischen 
Euphrat und Tigris im nörd- 
lichen Mesopotamien, der sich 
jenseits des Tigris durch Ar- 
menien nach dem See Arsissa 
und dem Antitaurus hinzieht. 
Jetzt die Hatrascb-Alpen mit 
dem Balanberge. XV11I,2, 4. 

N isan, hebraeischer Monatsname, 
macedonisch Xanthikos (etwa 
unser April), I, 3, 3; 11,14,6; 
XI, 4, 8. 

Nisibis, babylonische Stadt (s. 
auch Antiochia Epimygdonia), 
XVIII, 9,1; 9,9; XX, 8, 3. 

Noö, I, 3, 1 ff. 

Notima, Lamechs Tochter, 1, 2, 2. 

Nooma,Solomons Gattin, VIII, 8,1. 

Norbanus Flaccus, Gajus, XVI, 
6, 3 ; 6, 6. 

Norbanus, adeliger Römer, XIX, 
1, 15. 

Nosta, König Joachims Mutter, 
X 6 3 

Numenius, XIII, 5,8; XIV, 8, 5. 


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712 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


0 . 

Obed, des Boaz und der Euth 
Sohn, V, 9, 4. 

Obedam, Levit, VII, 4, 2. 

Obedas, arabischer Fürst, XIII, 
13, 5. 

Obedas, Seher, IX, 12, 2. 

Obedias, VIII, 13,4 
0bime8,JeroboamsSohn.XlII,l 1,1, 
Obodas, arabischer Fürst, XV J, 
7,6; 9,4. 

Ochozias, König Achabs Sohn, 

VIII. 15, 6; IX, 2.1. 

Oebozias, König Jorams Sohn, 

IX, 5, 3; 6,3. 

Octavia, Tochter des Caesars 
Claudius, XX, 8, 1 f. 

Odeas, Hohepriester, X, 8, 6. 
Odolla, dasselbe wie Adullama 
(s. d.), Stadt in Judaea,VIII,10,l. 
OS, Madianiterkönig, IV, 7, 1. 

Og, König von Galaditis, IV, 5, 3. 
Ogyges, Eiche bei Chebron, 1, 10,4. 
Olda, Seherin, X, 4, 2. 

Olymplas, Herodes’ des Grossen 
Tochter, XVIII, 1,3; 5,4. 
Olympische Spiele, XVI, 5, 3. 
Olympus, Herodes’ des Grossen 
Freund, XVI, 10, 7; 10,9. 

Oman, des Elipbaz Sohn, II, 1,2. 
Onias, des Jaddus Sohn, Hohe- 
priester, XI, 8, 7 ; XII, 2, 5. 
Onias, Simons des Gerechten 
Sohn, Hohepriester, XII, 4, 1 ff. 
Onias, Simons Sohn, Hohepriester, 1 
XII, 4, 10. ; 

Onias, mit dem Beinamen Mene- 
laus, Hohepriester, XII, 5, 1 ff ; 
XX, 10, 1. 

Onias, des Onias Sohn, XII, 5, 1 ; 

9,7; XIII, 3 1 ff; XX, 10,1 
Onias, ein frommer Jude, XIV, 2, 1. 
Onias’ Bezirk, in Unteraegypten, 
XIV, 8, 1. 

Ophellius , Phasaeis Freund, 
XIV, 13, 5. 

Opheires, des Juktas Sohn, 1, 6, 4. 


Ophnis, Elis Sohn, V, 10, 1. 

Oreb, Madianiterkönig, V, 6, 5. 

Orestes, XI, 8, 1. 

Orodes, XVIU, 2,4. 

Oronae (Oronas) , Stadt der 
Moabiter, XIII, 15, 4 ; XIV, 1, 4. 

Orpha, V,9, 1. 

Orsa, V III, 12, 4. 

Orsanes , vornehmer Parther, 
XIV, 6, 4. 

Orus, Moyses’ Schwager, III, 2, 4. 

Oryba, arabische Stadt, Lage 
unbekannt, XIV, 1, 4. 

Oseas, König der Israeliten, IX, 
13,1; X, 9, 7. 

Ozas, VII, 4, 2. 

Ozias, König der Juden, IX, 10, 3 f. 

Ozis, Hohepriester, V, 11, 5. 

P. 

Pakorus, Sohn des Partherkönigs 
Arad, XIV, 13,3; 15,7. 

Pakorus, Sohn des Partherkönigs 
Artabanus, XX, 3, 4 ; 10, 1. 

Palaestina, griechischer Name für 
das Philisterland, 1, 6, 2. 

Palaestiner (Philister), V, 10, 1 ff. 

Pallas, Herodes’ des Grossen 
Gattin, XVII, 1, 3. 

Pallas,AntoniasDiener,XVIII,6,6. 

Pallas, Bruder des Landpflegers 
Felix, XX, 7, 1 ; 8, 9. 

Palmyra, Stadt in Syrien, in 
einer anmutigen und frucht- 
baren Oase der grossen syrischen 
Wüste nordöstlich von Damas- 
kus gelegen. Sank später zu 
einem unbedeutenden Flecken^ 
dem heutigen Tadmor, herab 
VIII, 6,1. 

Pamphylien, Landschaft an der 
Südküste Kleinasiens, welche 
früher Mopsopia hiess und 
zwischen Lycien und Cilicien 
lag, von welch letzterem sie der 
Taurus trennte. Als römische 
Provinz grenzte Pamphylien 
westlich an Lycien und Klein- 


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Namenregister. 


713 


phrygien, nördlich an Galatien 
und Kappadocien, östlich an 
das Rauhe Cilicien und südlich 
ans Mittelländische Meer, XI, 
8, 1 ; XIV, 14, 3. 

Pamphylisches Meer, II, 16, 5. 

Panathenäen, athenisches Fest, 
XIV, 8, 5. 

Paneas, Gegend inPalaestina an 
den Quellen des Jordan, XV, 
10,3; XVII, 8,1. 

Panias, Stadt der Landschaft 
Paneas (s. auch Caesarea 
Philippi), XVIII, 2, 1. 

Panium, XV, 10, 3. 

Paphlagonier, die, von den Juden 
Riphathäer genannt , I, 6, 1 ; 
vergl. XVI, 2, 2. 

Papimus« Tribun, XIX, 1, 6. 

Papirische Tribus,die,|XIV,10,10. 

Pappus, XIV, 15, 12 f. 

Papyron, Ort in Arabien oder 
Syrien, dessen Lage sich nicht 
genau angeben lasst, XIV, 2, 3. 

Parembolai, ein sehr alter Ort 
in Galaditis, VII, 9, 8 ; 10,1 ;11,4. 

Parmenio, Alexanders Heerführer, 
XI, 8, 5. 

Paros, XIV, 10, 8. 

Parther, die, von Natur treulos 
XVIII, 2, 4; von Demetrius 
besiegt XIII, 5, 1 1 ; ermorden 
den Phasael XVII, 10,2; be- 
drängen die Juden XVIII, 9,1 ff ; 
ihr König Artabanus XX, 3, 1 ff. 

Pascha, jüdisches Fest, II, 14, 6 ; 
III, 10, 5; XVII, 9, 3. 

Patroklus, XIV, 10, 10. 

Paulina, des Saturninus Gattin, 
XVIII, 3, 4. 

Pausanias, XI, 8, 1 ; XIV, 10, 10; 
12,3; XIX, 1,13. 

Pella, Stadt an der Grenze 
Peraeas gegen Norden zwischen 
dem See Genezareth und dem 
toten Meer, heute das mit 
vielen Ruinen anf einem Hügel 
gelegene Tübakat Fahil, XIII, 
15,4; XIV, 3, 2; 4,4. 


Pelusium, aegyptische Stadt, an 
der östlichen Nilmündung 
zwischen Sümpfen und Morästen 
gelegen, der Scnlüssel Aegyptens, 
jetzt nur Ruinen, VI, 7,3; X, 
1,4; XIV, 8,1. 

Pentekoste, jüdisches Erntedank- 
fest (Pfingstfest), III, 10, 6. 

Pergamener, die, XIV, 10, 22. 

Perseus, XII, 10, 6. 

Perser, ihre Abstammung I, 6, 4. 

Petephres (Potiphar) , Küchen- 
meister des Pharao, II, 4, 1 ff. 

Petephres, Priester zu Heliopolis, 
Josephs Schwiegervater, II, 6, 1. 

Petina , Gemahlin des Caesars 
Claudius, XX, 8, 1. 

Petra, edomitische Stadt, 3 bis 
4 Tagereisen von Jericho ent- 
fernt, in der Nähe des Berges 
Hör, jetzt Wadi Müsa , III, 
2, 1; IV, 4, 7; XVII, 3,2; 
XVIII, 5, 3. 

Petronius, Statthalter von Aegyp- 
ten, XV, 9, 2. 

Petronius, Statthalter von Syrien, 
XVIII, 8, 2 ff. 

Petrus, Freigelassener der Bere- 
nike, XVIII, 6, 3» 

Pettius, Lucius, XIV, 10, 22. 

Phabes, Hohepriester, XV, 9, 3. 

Phabf, Vater des Hohepriesters 
Ismael, XVIII, 2, 2; XX, 8, 8. 

Phaedra, Herodes’ des Grossen 
Gattin, XVII, 1, 3. 

Phakeas, König der Israeliten, 
IX, 11,1. 

Phakeas, Hauptmann, IX, 11, 1. 

Phalaus, reicher Jude, IV, 2, 2. 

Phalek, Hebers Sohn, I, 6, 4. 

Phallion, XIV, 2, 3. 

Phallus, Rubels Sohn, 11,7,4. 

Phalna, Davids Sohn, VII, 3, 3. 

Phanuel , Stadt jenseits des 
Jordan nordöstlich von Suk- 
koth, heutige Lage unbekannt, 
1,20,2; VIII, 8, 4. 

Pharao, 1,8,1; 11,4, 1 ff; VIII, 
6, 1 f. 


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714 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Pharathon, Stadt in Judaea, das 
heutige Dorf Fer f ata, etwa 2 1 / 2 
Stunden westsüdwestlich von 
Nabulus, V, 7, 15; XIII, 1,8. 

Pliares, des Judas Sohn, II, 7, 4. 

Pharisäer, die, XIII, 5, 4; XVII, 
2,4; XVIII, 1, 2 f. 

Pharmnthl, aegyptischer Monats- 
name (hebraeisch Nisan), 11,14,6. 

Pharnakes , Sohn des Mithra- 
dates, XIV, 3, 4. 

PhasaÖl, des Herodes Bruder, 
XIV, 7, 4; 9, 2; 9, 5; 11, 7; 
13, 5 f.; 13,10. 

Phasael , des Herodes Sohn, 
XVII, 1, 3. 

Phasael , des Herodes Neffe, 
XVII, 1,13; XVIII, 5, 4. 

Phasa31, des Pheroras Sohn, 
XVI, 7, 6; XVII, 1,3. 

Phasael, höchster Turm in Jeru- 
salem, XVI, 5, 2; XVII, 10, 2. 

Phasaelis, Stadt im Jordanthale 
nördlich von Jericho, jetzt 
'Ain el Fasall, XVI, 5, 2; XVII, 
8,1; 11,5; XVIII, 2, 2. 

Pheidias, der berühmte Ver- 
fertiger der Statue des Zeus, 
XIX, 1,1. 

Pheldas, Nachors Sohn, 1, 6, 5. 

Pheltias, Sauls Schwiegersohn, 
VII, 1, 4; vergl. VI, 13, 8. 

Phenanna, Alkans Gattin, V, 10, 2. 

Pheroras, Antipaters Sohn, He- 
mdes’ des Grossen Bruder, 
XIV, 7, 3; 15,4; XV, 10, 3; 
XVI, 7, 3 f.; XVII, 1,2; 2,4. 

Phethrosim,Mestraims Sohn, 1,6,2. 

Phichola, Dorf in Judaea, jetzt 
unbekannt, XII, 4, 2. 

Phideas, Hohepriester, X, 8, 6. 

Phikol, Heerführer, I, 18, 3. 

Philadelphia (Rabbat Ammon), 
ansehnliche und uralte Stadt 
jenseits des Jordan an der 
Grenze von Arabien und Peraea, 
nordöstlich von der Nordspitze 

. des toten Meeres, heute Am- 
man, XIII, 8, 1 ; XX, 1, 1. 


Philipp!, berühmte, blühende und 
feste Stadt Macedoniens, heute 
die Ruinenstätte Felibah oder 
Felibejik, XIV, 12,21 

Philippion, Sohn des Ptolemaeus 
Mennaei, XIV, 7, 4. 

Philippus, König von Macedonien, 
XI, 8, 1 ; XIX, 1, 13. 

Philippus, Verwandter des An- 
tiochus Epiphanes, XII, 9, 2. 

Philippus, des Antiochus Grypus 
Sohn, XIII, 13, 4; 14,3. 

Philippus, Herodes’ des Grossen 
Sohn, XVII, 1, 3 bis XVIII, 
5, 4. 

Philippus, Jakims Sohn, XVII, 
2 3. 

Philo von Alexandria, XVIII, 8, 1 . 

Philostephanos , Feldherr des 
Ptolemaeus Lathurus , XIII, 
12 , 5 - 

Philostratus , Geschichtschreiber, 
X,ll, 1. 

Philistin, Bezeichnung einer Land- 
schaft, 1, 6, 2. 

Phinees, Eleazars Sohn, IV, 6, 12ff. 

Phinees, Elis Sohn, V, 10, lff. 

Phinees, der letzte Hohepriester, 
XX, 10. 

Phison, hebraeischer Name für 
den Ganges, I, 1,3. 

Phoenicien , XI, 8, 3 ; XII, 4, 1 ; 
IX, 14, 2. 

Phora, Name für den Euphrat, 
1, 1, 3. 

Phraatakes, XVIII, 2, 4. 

Phraates , parthischer König, 

XV, 2, 2 ff; XVIII, 2, 4. 

Phruraeisehe Festtage (Purim- 
fest), XI, 6, 13. 

Phryger , die , 1, 6, 1 ; XII, 3, 4 ; 

XVI, 2, 2. 

Phullus, Assyrierkönig, IX, 11, 1. 

Phuter, Volk Afrikas, I, 6, 2. 

Phutes, des Chamas Sohn, 1, 6, 2. 

Phutus, Fluss in Mauretanien, 
1, 6, 2. 

Pilatus, Pontius, Landpfleger von 
Judaea, XVIII, 2, 2 ff 




Namenregister. 


715 


Piso, Gesandter des Pompejus, 

XIV, 4, 2; 10,14. 

Piso, Mörder des Germanicus, 
VIII, 2, 5. 

Piso, Stadtkommandant von Pom, 
XVIII, 6, 5; 6, 10. 

Pitholaus, XIV, 5, 2. 

Platana, Ort in Phoenicien an 
einem schmalen Passe zwischen 
demSee und demLibanon unweit 
des Flusses Damurus, XVI, 11,2. 
Polemon , König von Cilicien, 
XX, 7, 3. 

Polemon , König von Pontus, 
XIX, 8,1. 

Pollio, Pharisäer, XV, 1, 1 ; 10, 1 ; 
10, 4. 

Pollio , Befehlshaber der Leib- 
wache des Caesars Claudius, 
XIX, 4, 5. 

Pollische Tribus, die, XIV, 10, 10. 
Pollux, des Claudius Diener, 
XIX, 1,2. 

Polybius von Megalopolis, Ge- 
schichtschreiber, XII, 3, 3 ; 9, 1. 
Pompedius , römischer Senator, 
XIX, 1,5. 

Pompejus, der bekannte römische 
Feldherr, XIV, 2, 3 ff. ; XX, 10. 
Pomponius , Quintus , Konsul, 
XIX, 4, 5. 

Poppaea, Neros Gemahlin, XX, 

8 , 11 ; 11 , 1 . 

Poreius Festus, Landpfleger von 
Judaea, XX, 8, 9; 8,10; 9,1. 
Prokymatia, Name für einen Teil 
der Hafenanlagen von Caesarea, 

XV, 9,6. 

Psothomphanech , Beiname des 
ägyptischen Joseph, 11,6,1. 
Ptolemaeus I., Lagi, XII, 1, 1. 
Ptolemaeus II., Philadelphus, 
Vorwort 3; XII, 2, lff. 
Ptolemaeus III., Euergetes, XII, 
4, 1 ff. 

Ptolemaeus IV., Philopator, XII, 

3, 3f. 

Ptolemaeus V., Epiphanes, XII, 
3, 3 ff. 


Ptolemaeus VI., Philometor, XII, 
4, 11 ff. 

Ptolemaeus VII., Physkon, XII, 
4,11; XIII, 9, 3. 

Ptolemaeus VIII. , Lathurus, 

XIII, 10, 2 ff. 

Ptolemaeus XII., Auletes, XIV, 

6 , 2 . 

Ptolemaeus Mennaei, XIII, 15, 2; 

XIV, 12, 1. 

Ptolemaeus, des Jamblichus 
Sohn, XIV, 8, 1. 

Ptolemaeus , Schwiegersohn des 
Judenfürsten Simon, XIII, 7,4. 

Ptolemaeus, des Dorymenes Sohn, 
XII, 7, 3. 

Ptolemaeus von Rhodus, XIV, 
14, 3. 

Ptolemaeus, Statthalter von Ga- 
lilaea, XIV, 15, 6. 

Ptolemaeus, Beamter des Hero- 
des, XIV, 7, 3; 8, 5; XVII, 8 2ff. 

Ptolemaeus, Bruder des Niko- 
laus von Damaskus, XVII, 9, 4. 

Ptolemal's (Ake), Stadt in Phoe- 
nicien, jetzt St. Jean d’Acre, 
bei den Arabern Akka, XIII, 
2,1; XVII, 10,9; XVIII, 5, 3; 
6, 3. 

Puteoli (Dikaearchia) , Stadt in 
Italien, jetzt Pozzuoli, XVIII, 
6, 3 f. ; XIX, 1,1. 

Q. 

<£uadratus,Ummidius, Statthalter 
von Syrien, XX, 6, 2. 

Quintilia, Geliebte des Pompedius, 
XIX, 1,5. 

Quirinische Tribus, die, XIV, 8, 5. 

Quirinius, gewesener Konsul, mit 
der Schätzung in Syrien und 
Judaea betraut, XVII, 13, 5 ff. 

R. 

Raazar, Räuberhauptmann, VIII, 
7,6. 

Rabatha (s. Philadelphia) , Stadt 


Go gle 




716 


Josephns’ Jüdische Altertümer. 


der Ammaniter, IV, 5,3; VII, 
6,2; 7,5. 

Rabezak, XI, 3, 5. 

Rabülus, Gajus , Konsul, XIV, 

10 , 20 . 

Raehel, Labans Tochter, 1, 19, 6 ff. 

Raöl, Davids Bruder, VI, 8, 1. 

Raesius, Quintus, XIV, 10, 13; 
10, 19. 

Raespha, Sauls Kebsweib, VII, 1,4. 

Ragaba, Kastell im transjordia- 
nischen Palaestina, jetzt unbe- 
kannt, XIII, 15, 5. 

Ragav, Pbaleks Sohn, 1,6,4. 

Raguel, Esaus Sohn, II, 1, 2. 

Raguel , des Moyses Schwieger- 
vater, III, 3 ff. 

Ramatha, s. Aramatha. 

Raphla, Küstenstadt in Palaestina, 
südwestlich von Gaza am An- 
fang der Wüste gelegen, jetzt 
Blr-Refä, XIII, 13, 3 ; XIV, 5, 3. 

Raphidin , letzte Station der Is- 
raeliten vor dem Sinai, jetzige 
Lage unbekannt, III, 1, 7. 

Raphon, Stadt in Syrien jenseits 
des Jordan, XII, 8, 4. 

Rapsakes , assyrischer Feldherr, 
X,l,l. 

Rathymus, XI, 2, 1. 

Rebekka, Bathuels Tochter, I, 
6, 5 ff. 

Reblatha, Stadt an der Nord- 
grenze von Palaestina, das heu- 
tige Dorf Ribl&h, X, 8, 2 ; 8, 5. 

Regm&er, die, 1,6,2. 

Regmus, Sohn des Chus, 1,6,2. 

Rekem, Madianiterkönig, IV, 7, 1. 

Renga, Stadt in Palaestina, völlig 
unbekannt, VI, 14, 1. 

Rheginer, griechische Bezeichnung 
für Aschanaxer, I, 6, 1. 

Rhegium, XIX, 2, 5. 

Rhinokorura, Stadt an der Grenze 
von Palaestina und Aegypten, 
das heutige el-‘ Arisch , XIII, 
15,4, XIV, 14, 2. 

Rhoa, der Felsen Bimmon in der 
Wüste, auf dem die Reste des 


Stammes Benjamin nac^ 1 £ er 
Niederlage bei Gibea ein e ^ u - 
flucht fanden, V, 2, 12. 

Rhodos, die östlichste Insel des 
Aegaeischen Meeres, XIV, 14, 3; 

XVI, 2, 2. 

Riphatäer, die, 1, 6, 1. 

Rlphates, Gomars Sohn, 1,6,1. 
Robe, Madianiterkönig, IV, 7,1. 
Roboam, Solomons Sohn, VII, 
5, 3 ff. 

Römer, Rom, XII, 5,2; 10, 6; 
XIII, 5, 8; 7,3; 9, 2; XIV, 8, 5; 

XVII, 11,1 f.; XVIII, 3, 4 u. 5; 
XIX, 1,3; 1,4; 3,2. 

Romelias, des Phakeas Vater, 
IX, 11,1. 

Rooboth, Brunnen, 1, 18, 2. 

Ros, Benjamins Sohn, 11,7,4. 
Roxane, Hemdes’ des Grossen 
Tochter, XVII, 1,3. 

Rubel, Jakobs Sohn, 1,19,7; II, 
3, 1 ff ; IV, 7, 3. 

Rufu8,jüdischerHeerfuhrer,XVII, 

10, Bff 

Rufus, Anniu«, Landpfleger von 
Judaea, XV1II,2,2. 

Rufas, Konsul, XX, 1, 2. 

Roma, Nachors Kebsweib, 1,6, 5. 
Ruth, Moabiterin, V, 9, 1 ff 
Rydda, Stadt in Arabien, jetzt 
unbekannt, XIV, 1,4. 


s. 

Saba, Hafenstadt in Aethiopien 
am Arabischen Meerbusen, von 
Kambyses Meroe genannt, II, 
10 , 2 . 

Sabäer, die, 1,6,2. 

Sabaeus, des Regmus S< »hn, 1, 6, 2. 
Sabaeus, des Bochorias Sohn, 
VII, 11,6. 

Sabaktener, die, 1, 6, 2. 

Sabaktes, Sohn des Chus, 1, 6, 2. 
Sabas, Sohn des Chus, 1,6,2. 
Sabathener, die, 1,6,2. 

Sabathes, Sohn des Chus, I, 6,2, 



Namenregister. 


717 


Sabathes, Davids Geheimkämme- Salome , Herodes’ des Grossen 
rer, VII, 11,8. Schwester, XIV. 7, 3ff. 

Sabatinlsche Tribus , die , XIV, Salome, Herodes’ Tochter, XVII, 

10, 13; 10, 19. 1, 3; XVIII, 5,4. 

Sabbaeus, Samariter, XIII, 3, 4. Salome, des Anstobulus Gattin, 
Sabbatjahr, das, 111,12,3; XIV, XIII, 12,1; XIV, 1,2; XVII, 

16, 2 ; XV, 1,1. 1, 1 ; 2, 4. S. auch Alexandra. 

Sabbion, XV, 3, 2. Samaeas, Prophet, VIII, 10, 3. 

Sabek, syrischer Heerführer, VII, Samal, Davids Bruder, VI, 8,1. 

6, 2. Samaraeus, Chanaans Sohn, 1, 6, 2. 

Sabeus, des Juktas Sohn, 1,6,4. Samaria, Stadt in Mittelpalaestina, 
Sabinus, Statthalter von Syrien, von Herodes Sebaste genannt, 
XVII, 9, 5. heute das unbedeutende Dorf 

Sabinus, Tribun, XIX, 1,7 ff. Sebastlye, VIII, 12, 5; IX, 4,3; 

Sabinus , Befehlshaber der Leib- XI, 4, 3ff. ; XII, 5, 5 ; XIII, 10, 2 ; 

wache des Caligula, XIX, 1, 15. XV, 8, 5 ; XVII, 10, 9. 

Sabuchades, Verschnittener, XI, Sambabas, Statthalter von Sama- 
6, 11. ria, XI, 4,9. 

Sadducäer,die, XIII, 5, 9 ; XVIII, Sameas, Pharisäer, XIV, 9, 4 ; XV, 
l,2ff. 1,1; 10,4. 

Sadduk, Pharisäer, XVIII, 1, 1 ff. Samega , das am Südende des 
Sadok, Hohepriester, VII, 2, 2 ff. Sees Gen ezareth gelegene jetzige • 
Sadrakes, XI, 4, 9. Dorf Semakh, XIII, 9, 1. 

Sal'r, das Gebirgsland, welches Samos, eine der bedeutendsten 
nach der Vertreibung der Ho- Inseln des Aegaeischen Meeres 

riter von dem Stamme Esau nahe der ionischen Küste von 

oder den Edomitern bewohnt Kleinasien, jetzt Samo, von den 

wurde und sich im Süden von Türken Susam Adassi genannt, 

Palaestina bis gegen den Aela- XVI, 2, 2. 
nischen Meerbusen erstreckte, Samosata, befestigte Hauptstadt 
jetzt Dschebal und el Schera, der syrischen Provinz Komma- 
1,20,3. j gene, am westlichen Ufer des 

Saker, die, skythisches Nomaden- i Euphrat gelegen , heute nur 
volk, XVIII, 4, 4; XX, 4, 2. noch ein Schutthaufen bei dem 

Salampsio, Herodes’ des Grossen Flecken Someisat, XIV, 15, 8. 

Tochter, XVIII, 5, 4. Sampho, befestigter Flecken Sa- 

Salathiel, Zorobabels Vater, XI, marias, vielleicht das heutige 
3, 10. Dorf el-Säviye südlich von Sa- 

Saleph, des Juktas Sohn, 1,6,4. maria, XVU, 10, 9. 

Sales, des Arphaxades Sohn, I, Sampsigeram, König vonEmesa, 
6,4f. XVIII, 5, 4; XIX, 8,1. 

Sales, des Judas Sohn, 11,7,4. Samson, Richter, V,8, 4 ff. 

Sali um, Hohepriester, X, 8, 6. Samuel, Prophet, V, 9, 3 ff. 

Sallum, Gatte der Seherin Olda, j Sanaballetes, Satrap von Samaria, 

X, 4, 2. XI, 7, 2 ff. 

Salmanas, madianitischer Heer- Sanagar, V, 4, 3. 

führer, V, 6, 5. Sapha (Skopos) , Anhöhe bei Je- 

Salmanasar, assyrischer König, 1 rusalem, XI, 8, 5. 

IX, 13, 1; 14,1; 14,2; XI, 4, 3.1 




718 


Joseplius’ Jüdische Altertümer. 


Saphanes , Schreiber des Königs l Scaurus , römischer Heerführer, 
Josias, X, 4, 1. XIV, 2, 3; 5,1. 

Saphates, Statthalter von Galilaea, Seipio, XIV, 7,4; 10, 1 . 

VIII, 2, 3. Sebaste (s. Samaria) , XIII , 10, 2; 

Saphatias, Davids Sohn, VII, 1,4. XV, 8, 5; XVII, 11, 4; XIX, 
Saphatus, des Elissaeus Vater, 9, lf. 

VIII, 13, 7. Sebaste, Name für die Insel 

Saphta, Thal bei Maresa, VIII, I Elaeusa, XVI, 4,6. 

12,1. iSebastos* Hafen von Caesarea, 

Sappinas, des Herodes Freund, 1 XVII, 5,1. 

XIV, 14, 3. ! Sebe, Stadt in Galaditis, V, 7 , 12. 

Sara, Äsers Tochter, II, 7, 4. j Sedekias, falscher Prophet, VIII, 
Sara, kleine Stadt auf dem Wege i 15, 4. 
zwischen Ramlek und Jerusa- 1 Sedekias, König der Juden, X, 
lern, VI, 12,4. | 7,1 ff. 

Sarabazanes, XI, 1,3; 4, 4. j Sejanus, Oberst der Praetorianer, 
Sarad, Zabulons Sohn, 11,7,4. j XV1IJ, 6, 6. 

Saraira, unbekannteStadt Judaeas, j Sekela, Stadt der Philister, zum 
VIII, 10, 1. | Stamme Gad gehörig, dem 

Saramallas, XIV, 13, 5; XV, 2, 3. j Stamme Judas und später dem 
Sarasar, Senacheribs Sohn, X, 1, 5. ! Stamme Simeon zugeteilt. Nach 
. Sardes, die alte Residenzstadt der i dein Exil wohnten Idumäer da- 
lydischen Könige, jetzt die Ru - 1 selbst. VI, 13, 9 f. 
inenstätte Sart, XIV, 10, 17; 'Selene, syrische Königin, XIII, 
XVI, 6, 6. : 16, 4. 

Sareas, Hohepriester, X, 8, 5 f. Seleukia, Stadt in Babylonien, 

Sareas, Führer der in Judaeazu- die wichtigste aller von Seleukus 
rückgebliebenen Juden, X,9, 2. 1 Nikator erbauten Städte, in der 
Sarephtlia , phoenicische Stadt | Nähe des Tigris an einem Kanal 
zwischen Sidon und Tyrus, jetzt : gelegen, der Euphrat und Tigris 
nur noch ein Dorf Surafent, ; verband , jetzt die Ruinen el- 
Sarfeno oder Zerfant, VIII, 13, 2. ; Madai'n, XVI1J, 9, 8f. 

Sariasa, Stadt in der Niederung i Seleukia, Stadt im oberen Gaula- 
des Stammes Judas, V, 8, 12. i nitis, heutige Lage noch nicht 
Sariphaeus, X Vll, 6, 2. ermittelt, Xlll, 7, 1 ; 15, 3 ; XVIII, 

Sarra, Abrams Gattin, 1,8, lff. , 2, 4. 

Sarvia, Davids Schwester, VI, ! Seleukus I., Nikator, XII, 3,1. 

13, 9; VII, 1, 3; 10, 1. i Seleukus IV., Philopator, XII, 4, 10. 

Saturninus, römischer Feldherr i Seleukus VI., Epiphanes, des 
in Syrien, XVI, 9, lff. i Antiochus Grypus Sohn, XIII, 

Saturninus, Konsul, XVI, 11,3. j 13, 4. 

Saturninus, Fulvias Gatte, XVIII, j Seleukus , Sohn des S. Nikator, 
3, 5. | XV11I, 9, 8. 

Saturninus , Paulinas Gatte, ; Sella, Lamechs Gattin, I, 2, 2. 

XVIII, 3, 4. Sellim, Nephthalis Sohn, II, 7, 4. 

Saul, Simeons Sohn, II, 7, 4. Sellum, König der Israeliten, IX, 
Saul, Sohn des Kis, VI, 4, lff. 11, 1. 

Saulus, Verwandter des Königs Sem, Noes Sohn, 1,4,1. 

Agrippa, XX, 9,4. I Semar, VIII, 12,5. 




Namenregister. 


719 


Semareon (Samaria) , VIII, 12, 5. 

Seraaron, Stadt auf dem Gebirge 
Ephraim unweit Bethel, VIII, 
11 , 2 . 

Semechonitischer See (der See 
Merom), V, 5, 1. 

Semegar, babylonischer Fürst, X, 

8 , 2 . 

Semel', des Geras Sohn, VII, 9, 4. 

SemeYs,StatthalterSolom ons, VI II , 

2 , 8 . 

Semelios, Schreiber des Kambyses, 
XI, 2,1. 

Sempronlns, Gajus, Senator, XIII, 
9,2. 

Senabares , sodom itischer König, 
1 , 9 . 

Senacherlb, Assyrierkönig, X.l, lff. 

Sennaar, Ebene in Babylonien 


Seth, Adams Sohn, 1, 2, 3. 

Seth, Vater des Hohepriesters 
Ananus, XVIII, 2, 1. 

Sextus Caesar, Statthalter von 
Syrien, XIV, 9, 2; 10, 19. 

Sibas, Sauls Freigelassener, VII, 

5, 5 ; 9, 3. 

Sibath, Vater der Raespha, VII, 
1,4. 

Sibylla, 1,4,3. 

Sichon, König von Moabitis und 
Amoritis, IV, 5,1 f. 

! Sidon , Sohn des Chanaan , I, 

6 , 2 . 

Sidon, Stadt in Phoenicien, jetzt 
Saida, I, 6. 2 ; IX, 14, 2 ; XI, 4, 1 ; 
8,6; XIV, 12,6. 

Sie, Vater des Hohepriesters Je- 
sus, XVII, 13, 1. 


südlich von der Vereinigung i Sikim (Sichern), uralte Stadt in 


des Euphrat und Tigris, heute 
Trat T 4- 1 • 4 S 

Sentius, Senator) XIX, 2, 1 ff. 

Sepphora, Moyses’Gattin, II, 18, 1 ; 
III, 3. 

Sepphoris, jetzt Sefüriye, ein Dorf 
mit erbärmlichen Hütten am 
Abhange eines Hügels mitten 
in Galilaea, westlich vom Tabor 
und von Tiberias, XIII, 12, 5; 
XIV, 5,4; 15,4; XVII, 10, 9; 
XVIII, 2,1. 


Samaria auf dem Gebirge 
Ephraim, in einem engen Thal 
am Fusse der Berge Garizin 
und Gibal, jetzt Nabulus oder 
Naplusa, 1,12,1; 11,2,4; V, 
1,19; 1,24; 7,2; VIII, 8,4. 
Ihre Bewohner (Sikimiter), VI, 
7,3. 

Silanns, Statthalter von Syrien, 
XVIII, 2, 4. 

Silas, Agrippas Freund, XVIII, 
6,7; XIX, 6, 3; 7,3. 


Serebaeus, XI, 3, 10. Silas , Beherrscher von Lysias, 

Sergische Tribus, die, XIV, 10, 10. XIV, 3, 2. 

Seron, Heerführer des Antiochus ' Silo, römischer Heerführer, XIV, 
Epiphanes, XII, 7, 1 . j 14, 6 f. 

Serriter, Nachbarvolk ‘der Pa- j Silo, Stadt in Samaria, jetzt 
laestiner, VI, 13, 10. ; Seilün, V, 1, 19 ff. 

Serag, Ragavs Sohn, 1,6,4. j Simeon, Jakobs Sohn, 1, 19, 7 ff. 
Servilius Galba, Publius, Pro- i Simon, Hohepriester, XII, 2, 5; 

konsul, XIV, 10, 21. j 4, 10; XIII, 6, 3. 

Servilins, Feldherr, XIV, 6 , 1 . Simon, des Mattathias Sohn, 


Servilius Papinius, XIV, 10, 10. 
Servilius Braeehus, Tribun, XIV. 
10,13; 10,19. 

Servilius Strabo, Publius, XIV, 
10, 19. 


XII, 6, lff. 

Simon, des Dositheus Sohn, XIII, 
9 2. 

Simon, des Boethos Sohn, XV, 9, 3 ; 
XVII, 4, 2. 


Sesostris, aegyptischer König, j Simon, Herodes’ des Grossen 
VIII, 10, 2. i Sklave, XVII, 10, 6. 



720 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Simon, Essener und Traumdeuter, 
XVII, 13, 3. 

Simon, des Kamith Sohn, Hohe- 
priester, XVIII, 2, 2. 

Simon Kantheras, Hohepriester, 

XIX, 6, 2. 

Simon, Gesetzeslehrer, XIX, 7, 4. 
Simon, Sohn des Galiläers Judas, 

XX, 5,2. 

Simon, Mager, XX, 7, 2. 

Sinaens, Chanaans Sohn, I, 6, 2. 
Sinai, Berg auf der sogenannten 
Sinaitischen Halbinsel des Boten 
Meeres, II, 12, 1 ; III, 2, 5; 5, 1. 
Sinope, die wichtigste aller grie- 
chischen Kolonien am Pontus 
Euxinus, auf einer Halbinsel 
der paphlagonischen Küste Öst- 
lich vom Vorgebirge Karambis, 
heute Sinabe, Sinop, Sinub, 

XVI, 2, 2. 

Siphar, Beherrscher von Amma- 
nitis, VII, 9, 8. 

Slsas, Davids Schreiber, VII, 5, 4. 
Sisenna, Befehlshaber, XIV, 6, 1. 
Sisines, Statthalter, XI, 1, 3; 4, 4. 
Skopas, Heerführer, XII, 8, 3. 
Skythen, die, Bewohner desLandes, 
welches sich nach Herodot (I, 
103 — 104) im Norden bis in die 
jetzigen russischen Gouverne- 
ments Mohilew , Tschernigow, 
Orel und Kursk, im Süden bis 
an den Pontus Euxinus, im 
Westen bis zum Ister, der es 
von Thracien schied, und im 
Osten bis an den Tanais und 
Mokotis erstreckte, I, 6, 1; 

XVII, 4, 4. 

Skythopolis, Stadt in Palaestina 
an der südlichen Grenze von 
Galilaea, früher Bethsana ge- 
nannt, das heutige Beisan, 
V, 1, 22 ; VI, 14, 8; XII, 3, 3; 
8, 5; XIV, 5, 3. 

Soar, Simeons Sohn, II, 7, 4. 
Soas, aegyptischer König, IX, 14,1. 
Soba, VI, 6, 6. 

Sobakches, VII, 12, 2. 


Sobnaeus, X, 1, 2. 

Socho (Sochus), Stadt in der 
Ebene des Stammes Judas, 
VI, 9,1: VIII, 10,1. 

Sodoma, die südlichste der vier 
Städte im Thale Siddim, welche 
ins tote Meer versanken, I, 
8 3*11 

SoCmus, Ituräer, XV, 6, 5 ff. 

Soömus, Araber, XVII, 3, 2. 

Soömus, König von Emesa und 
Tetrarch vom Libanon, XX, 8, 4. 

Solomon, Davids Sohn, VII,3,3ff. 

Solyma, Name für Jerusalem, 
1,10,2; VII, 3, 2. 

Solymlus, XII, 4, 6. 

Sophaker, die, afrikanisches Volk, 
1,15. 

Sophene, ein durch den Euphrat 
von Melitene in Klein armenien, 
durch den Antitaurus von Me- 
sopotamien getrennter Gau in 
Grossarmenien zwischen dem 
Antitaurus und Masius, VII, 
5,1; VIII, 7,6. 

Sophira, Gegend in Indien, Gold- 
land genannt, VIII, 6, 4. 

Sophones, I, 15. 

Sophonias, Gads Sohn, 11,7,4. 

Sophonias, Hohepriester, X, 8, 5. 

Sosibius, Befehlshaber der Leib- 
wache des Ptolemaeus Philadel- 
phus, XII, 2, 2. 

Sosipater, XIV, 10, 22. 

Sosius, XIV, 15, 9f.; XX, 10, 1. 

Spasini Charax , Stadt am Ara- 
bischen Meerbusen in der da- 
nach benannten Landschaft 
Charakene, an der Mündung 
desTigris, angeblich jetzt Karem 
oder Kamata, I, 6, 4; XX, 2, 1 ; 
2 3. 

Spnrius, XIV, 10, 18. 

Stellatinische Tribus, die, XIV, 

10 , 10 . 

Stephanus, Diener des Caesars 
Claudius, XX, 5,4. 

Stoecheus, Agrippas Freigelasse- 
ner, XVIII, 6, 7. 


Go gle 




Namenregister. 721 


Strabo, Geschichtschreiber, XIII, i 
10,4ff.; XIV, 4, 3 ff.; XV. 1,2. , 

Stratou, Tyrann von Beroea, ' 
XIII, 14, 3. ; 

Stratonsturm, Stadt in Samaria, 
von Herodes Caesarea genannt. 
XIII, 11. 2; 12.2; XIV, 4, 4; 
XV, 8, 5; 9, 6; XVII, 11, 4; 

XIX. 8, 3. 

Su. Abrams Sohn, 1, 15. , 

Subas, VII, 6, 1. 

Sudeas, Hohepriester, X, 8, 6. 

Sulla, XIV, 4, 5. 

Suna, Stadt in Palaestina nicht! 
weit von Gilboa, heute das 
kleine und schmutzige Dorf 
Sünem (Sülam) am südwest- 
lichen Fusse des kleinen Iler- 
mon (I)schebel el I)ahi), eine j 
Stunde nordwärts Jezreel gegen- 
über, von wo aus man die | 
ganze westliche Ebene Jezreel J 
bis zum Karmel übersehen kann, 
VI, 14, 2. ! 

Suitis, Gads Sohn, II, 7, 4. I 

Suris, Abrams Sohn, 1, 15. 

Sures,Madianiterfürst,lV,6, 1 0 ;7,1 . 

Susa, Hauptstadt der persischen 
Provinz Susis oder Susiaua, 
an der Ostseite des Flusses 
Eulaeus oder Chonspes , auch 
Memnonia genannt, jetzt Ruinen 
bei Sehusch am Kerkha, X, 1 1 , 7 ; 
XI. 6, 1 f. 

Susak, aegvptisclier König, VII, 
5.3; VI II, 7, 8; 10, 2 f. 

Susas, Davids Schreiber, VII, 11,8. 

Svchem, König Emmors Sohn, 
*1.21.1. 

Sykaminus, Stadt in Phoeuicien 
am nördlichen Abhange des 
Karmel, südwestlich von Ptole- 1 
mai's und nördlich von Cae- 
sarea, jetzt Haifa, XIII, 12. 3. 

Syllaeus, Araber, XVI, 7, 6 ; 9, 1 ff; 
XVII, 0,3; 3,2. 

Sytnacho, XX, 2, 1. 

Symoborus, sodomitiseher König, 

I, 9- 

Josephus’ Jüdische Altertümer, II. 


Syrer (Aramäer), die, I. 6, 4; VIII, 
*14,1 ff; X, 6,1 ff; XI. 8,3; XII, 
1,1 ff. 

Syriis, König von Mesopotamien, 
VII, 6,1. 

T. 

Tabaeus, Nachors S »lm, I, 6, 5. 

Tanganas, Berniter des K<*nigs 
Darius, XI, 4, 9. 

Tanis, aegyptische Stadt in der 
Gegend der Nilmündungen, 
1,8,3. 

Tarent, Stadt in Italien, jetzt 
Taranto, XVII, 5, 1. 

Taricheac, Stadt am Südende 
des Sees Genezareth, nach 
Wilson das heutige Medsehilel, 
XIV, 7, 3; XX, 8, 4. 

Tarsus, im römischen Zeitalter 
Hauptstadt von Cilicien, heute 
Tersus oder Tarso im Ejalet 
Adana, 1,6.1; IX, 10, 2. 

Taurus, Hauptgebirge Asiens, 
welches seinen Anfang bei dem 
! Heiligen Vorgebirge in Lycien 

; nimmt, zwischen Lycien und 

I Pamphylien sich erstreckt und 

an der nordwestlichen Grenze 
von Cilicien sich in zwei 
Teile, Taurus (jetzt. Ala-Dagh) 
und Antitaurus (Al-Kurun) 
trennt, I, 6, 1 ; XI, 8, 3. 

Tavaus, Nachors Sohn, I, 6, 5. 

Telithon* Moabiterstadt im Pe- 
traeischen Arabien, XIII, 15,4. 

Terentinische Tribus, die, XIV, 
10, 10; 10, 13; 10. IV». 

Teron, Veteran. XVI, ll,4ff. 

Tcutius,Gajus, Tribun, XIV, 10,19. 

Thadal, assyrischer Heerführer, 1,9. 

1 Thadamor, Stadt in Syrien, von 
| den Griechen Palmyra genannt 
(s. dieses), VIII, 6, 1. 

I Thaenus, Beherrscher von Amathe, 
! VII, 5, 4 

| Thallus, Freigelassener <les Ti- 
| berius, XVII 1,6, 4. 

49 



722 


Joseph\M f Jüdische Altertümer. 


Thamar , Davids Tochter, VII, 
3,3; 8,1. 

Thamar , Abesaloms Tochter, 

VII, 10, 3. 

Thamna, Stadt an der Nord- 
grenze des Stammes Judas, V, 
1,29; 8,5; XIV, 11,2. 

Thanmaeos, VIII, 12, 5. 

Thamnata, Stadt in Judaea(wohl 
dasselbe wie Thamna), XIII, 1,3. 

Thannus, VII, 2,1. 

Thaphine, VIII, 7,6. 

Thapsa, Stadt in Palaestina, Lage 
unbekannt, IX, 11,1. 

Tharabasa, Stadt in Arabien, 
Lage unbekannt, XIV, 1, 4. 

Tharata, assyrischer Heerführer, 
X,l,l. 

Tharbis, Moyses* Gattin, II, 10, 2. 

Tharras, Abrams Vater, 1, 6, 5. 

Tharsa, Stadt in Palaestina, 
zwei Stunden nördlich von 
Sichern auf einem Bergkamm, 
der vom Tafellande des Gibal 
atisläuft, jetzt das DorfTallüzah 
oder Talu8&, VIII, 12,41 

Tharsikes,Aethiopenkönig,X, 1,4. 

Tharsns, Jovans Sohn, 1, 6, 1. 

Thamnastus , Sklave des Cali- 
gula, später Agrippas Frei- 
gelassener, XVIII, 6. 6. 

Theben (Thebae), Stadt in Mittel- 
palaestina unweit Sichern, das 
heutige grosse Dorf Tübäs, V, 
7, 5; VII, 7, 2. 

Thekoa, Stadt im Stamme Judas, 
jetzt Takü'a, zwei Stunden 
südlich von Bethleem, VIII, 
10, 1 ; IX, 1, 3. 

Tlieglaphalassar (Tiglat Pilesar), 
KÖuig der Assyrier, IX, 11,1; 
15,5. 

Theman, Ismaels Sohn,1, 12, 4. 

Theman, des Eliphaz Sohn, II, 1,2. 

Theodektas, Trauerspieldichter, 
XII, 2, 14. 

Theodestes, Verschnittener, XI, 
6,4; 6. 10. 

Theodorus, XIII, 13, 3 ff. 


Theodosias, Samariter, XIII, 3, 4. 

Theodosius, Theodors Sohn, XIV, 

8 , 5 . 

Theodotus, XIV, 10, 22. 

Theophilas, Vater des Hohe- 
priesters Matthias, XVII, 4, 2. 

Theophilas , des Ananus Sohn, 
Hohepriester, XVIII, 5, 3; XIX, 
6 , 2 . 

Tbeopompos , Geschichtschreiber, 

XII, 2, 14. 

Thermusa , des Partherkönigs 
Phraates Gattin, XVIII, 2, 4. 

Thermnthis, Tochter des Pharao, 
II, 9, 5. 

Thesbona, Stadt in Galaditis, Ge- 
burtsort des Elias, VIII, 13, 2. 

Theudas, Betrüger, XX, 5, 1. 

Theadion, Herodes’ des Grossen 
Schwager. XVII', 4, 2 ; XX, 1, 2.- 

Thiras, Japheths Sohn, 1, 6, 1. 

Thisri, hebraeischer Monatsname, 
macedonisch Hyperberetaios, 
VIII, 4,1. 

Thobel, Japheths Sohn, 1, 6, 1. 

Thobel, Lamechs Sohn, 1,2,2. 

Tholomaeas, Gessirerkönig, VII, 
1,4. 

Tholomaeas, Rauberhauptmann, 
XX, 1,1. 

Thorgames, Thorgamtter, I, 6, 1. 

Thraker, die, I, 6, 1; IX, 1, 4; 
XVII, 8, 4. 

Thrakidas, Beiname Alexanders, 

XIII, 14,2. 

Thresa, Festung in Idumaea oder 
eigentlich in Judaea, da sie 
zwischen Jerusalem und Masada 
lag, XIV, 13, 9; 15,2. 

Tlmlas, Isachars Sohn, 11,7,4. 

Tiberias , Stadt am See Geneza- 
reth, jetzt Tabariye, XVIII, 2, 2. 
XX, 8 , 4. 

Tiber ius Nero, römischer Caesar, 
XVIII, 2, 2ff. 

Tiberius tiemellas, des Drusus 
Sohn, XVIII, 6, 8. 

Tiberius Alexander, Landpfleger 
von Judaea, XX, 5, 2. 


Go gle 



Namenregister. 


723 


Ti gr an es , König von Armenien, j Tyrannus, des Herodes Trabant, 
XIII, 16,4; XV, 4, 3; XVIII, XVI, 10,3. 

5,4. 


Tigris, Fluss in Asien, 1, 1, 3. 

Tlmagenes , Geschichtschreiber, 
XIII, 11, 3; 12,5. 

Timidius, XIX, 1, 5. 

Tlmius , Phasaels Schwiegersohn, 
XVIII, 5, 4. : 

Timotheus , ammanitischer Heer- 1 
fährer, XII, 8, 3. | 

Tirathaba, Ort in Samaria. inj 
der Nähe des Berges Garizin, ' 
jetzt noch unbekannt, XVIII, 
4, lf. 

Tirldates, König von Gross- 
armenien, XX, 3, 4. 

Titius, Statthalter von Syrien, 
XVI, 8, 6. 

Titus, des Vespasianus Soiin, XII, 
3.1; XX, 10. 

Tobias, Josephs Vater, XII, 4, 2. 

Tochoa, Stadt in Judaea, Lage 
unbekannt, XIII, 1, 3, 

Trachonitis, Landschaft im Osten 
des Jordan zwischen dem Anti- 
libanon und dem Arabischen 
Gebirge (Alsudamusgebirge), 
XV, 10. 1; XVI, 4, 6 ; XVII, 2,1; 
8, 1; XVIII, 5, 4. 

Tralles, Stadt in Karien, jetzt die 
Ruinen Aidin Güzelhissar in 
der Landschaft Aidin (Ejalet 
Ismir), XIV, 10,21. 

Trebellius Maximus, Senator, XIX, 
2,3. 

Tripolis , Stadt in Plioenicien 
nördlich von Sidon, jetzt Tara- 
bulus, XII, 10, 1 ; XIII, 10, 2. 

Troglodytis, 1, 15 ; Bewohner II, 

11 , 2 . 

Tryphon, Hofnarr des Ptolemaeus 
Epiphanes XII, 4, 9. 

Tryphon, Barbier Herodes’ des 
Grossen, XVI, ll,6f. 

Tryphon, Sohn des Theudion, 
XX, 1,2. 

Tusculanum, Villa des Tiberius, 
XVIII, 6, 6. 


Tyrus, Ort zwischen Arabien und 
Judaea unweit Essebonitis, XII, 
4, 11. 

Tyrus, alte Handelsstadt Phoe- 
niciens, heute Sür. Man unter- 
schied Palaetyrus, die Mutter- 
stadt auf dem Festlande (IX, 
14, 2), und das 1154 vor Chr. 
gegründete Inseltyrus. IX, 14, 2; 
XI, 8, 3 ff. ; XIV, 12, 1; 12,3; 
13, 13. 

U. 

Ulatha, die Gegend um den See 
Merom, XV, 10, 3. 

Ulus, Arams Sohn, 1, 6, 4. 

Ur, Stadt in Mesopotamien, von 
wo aus Abram nach Chana- 
naea zog , heute die Ruinen 
El-Mugheir südlich von Baby- 
lon am rechten Ufer des Euphrat, 
I, 6, 5. 

Ur, Madianiterkönig, IV, 7, 1. 

Ures, Statthalter Solomons, VIII, 
2,3. 

Urias, Beersabes Gatte , VII, 
7, lf. 

Urias , Jotharas Sohn, Hohe- 
priester, X, 8, 6. 

Usis, Dans Sohn, 11,7,4, 

Usus, Arams Sohn, I, 6. 4. 

Usus, Beseleels Vater, III, 6, 1. 

Uxus, Nachors Sohn, I, 6, 5. 


V. 

Yalatha, Gegend in Syrien, 
XVII, 2,1. 

Valerius, Lucius, römischer Prae- 
tor, XIV, 8, 5. 

Valerius Gratus, Landpfleger von 
Judaea, XVIII, 2, 2. 

Valerius Asiaticus, gewesener 
Konsul, XIX, 1,14; 1,20; 4,3. 
Vardanes, Partherkönig, XX, 3, 4. 


Go gle 



724 


Josephus’ Jüdische Altertümer. 


Varro, Statthalter von Syrien, 
XV, 10, 1. 

Taste, des Artaxerxes Gemahlin, 
XI, 6, 1. 

Vatinius, Senator, XIX, 1, 13. 
Yentldius, röm scher Feldherr, 
XIY, 14, 6 f. 

Yeraitius, Senator, XIX, 3,4. 
Vespasianus, Titus Flav'us, XII, 
3,1; XVIII, 5, 4; XIX, 9, 2. 
Yeturische Tribns , die , XIV, 
10,13; 10,19. 

Vienna, Stadt in Gallien, jetzt 
Vienne im Departement der 
Isfere, XVII, 13, 2. 

Vitellins, Statthalter von Syrien, 

XV, 11, 4; XVIII, 4, 2 ff. 
Yitellius Proculus , Centurio, 

XIX, 6, 3. 

Vologeses, des Partherkönigs Ar- 
tabanus Sohn, XX, 3, 4 ; 4, 2. 
Volumnins, römischer Feldherr, 

XVI, 9, lf. 

Vonones,des Partherkönigs Phraa- 
tes Sohn, XVIII, 2, 4. 

X. 

Xerxes, Perserkönig, XI, 5, 1 ff. 
Xantbikos, macedonischerMonats- 
name, hebraeisch Nisan, 1, 3, 3. 

z. 

Zabadias Vorsitzenderdesobersten 
Gerichtshofes, IX, l,'l. 

Zabel, arabischer Fürst, XIII, 4, 8. 
Zabuda, Joakims Mutter, X, 5, 2. 
Zabulun, Jakobs Sohn, 1, 19, 8. 
Zaeharias, des JodausSohn, IX, 8, 3. 
Zacharias, JerobamsSohn, König 
der Israeliten, IX, 10, 3. 


Zacharias, Prophet, XI, 4,5; 4,7. 
Zacharis, Heerführer der Israe- 
liten, IX, 12,1. 

Zamares, VIII, 12, 4f. 

Zamaris, babylonischer Jude, XVII, 
2, 3. 

Zambran, Abrains Sohn, 1, 15. 
Zambrias, IV, 6, 10 ff. 

Zara, moabitische Stadt im Pe- 
traeischen Arabien, XIII, 15,4. 
Zaraens,aethiopischer König, VIII. 
12 , 1 . 

Zaras, des Judas Sohn, 11,7,4. 
Zaraza. Amans Gattin, XI, 6, 10. 
Zeb, Madianiterkönig, V, 6, 5. 
Zebedias, Achars Vater, V, 1,10. 
Zebes, madianitischer Heerführer, 
V, 6, 5. 

Zelpha, Magd der Lia, 1, 1 9, 7. 
Zeno, mit dem Beinamen Koty- 
las , Beherrscher von Philadel- 
phia, XIII, 8,1. 

Zenodorns, XV, 10, 1 f. ; XVII, 11, 4. 
Zeus Enyalios, 1,4,3. 

Zeuxis, Feldherr des Antiochus, 
XII, 3, 4. 

Zipha, Stadt im Stamme Judas, 
jetzt Teil Zlfa auf dem Wege 
von Hebron nachEngaddi, l 3 /* 
Stunde von Hebron entfernt, 
VIII, 10,1. 

Ziphener, die, VI, 13,2. 

Zizus, arabischer Fürst, XIII, 14,3. 
Zoara, Stadt in Arabien, XIV, 

1.4. Zohor heisst der Ort I, 

11.4. 

Zodmiel, XI, 4, 2. 

ZoYlus, Beherrscher von Stratons- 
turm und Dora, XIII, 12, 2; 
12 4. 

ZorobabeU XI, 1,3; 3, 7 ff. 




Halle a. S,, Druck von Otto Hendel. 
Holzfreies Papier aus der Fabrik von Wiede & Söhne 
in Trebeen. 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Stammbaum de 

I. Anttpater d 

verheiratet mit der Araberin Kypron (XIV, 7,3); 


/■■■■■ ■ ■ ■ 

1) Phasaöl, 2) Herodes der Grosse, 3) Joseph, 

tötet sich selbst König der Juden von 39 v. fällt bei Jerich» 

(40 v. Chr.) nach der Chr. bis 4 v. Chr. Kampfe geg« 

Eroberung Jerusa- (s. unten II) Antigonus 

lems durch den (XIV, 15, IC 

Asmonäer Antigonus , 

(XIV, 13, 10) 


1) Doris 

aus Jerusalem 
(XIV, 12, 1) 

I 

Antipater, 

auf seines 
Vaters Befehl 
hingerichtet 
(XVII, 7) 


2) Mariamne, 

Tochter des Hobe- 
priesters Simon 
(XVII, 1,3) 

I 

Herodes, 

von seinem Vater 
enterbt, vermählt 
mit: Herodias 


Salome, 

die Evang. 
Matth* 14, 6 
erwähnte 
Tänzerin 



II. Herodes der Grosse; 


3) Malthake, 

Samariterin 


4)1 

aus 

(X 


Herodes Archelans, 

Antipas, Ethnarch 

Tetrarch von 4 v. Chr. bis 
Galilaea, ,6 n. Chr. 

38 n. Chr. von 
Caligula nach ; 

' Lyon 

verbannt 
<XVIII, 7, 2) 


Olympias, 

vermählt mit 
Joseph, dem 
Neffen Hero- 
des J d. Grossen 
(s. Jüd. Krieg 
I, 28, 4) 


Philipp« 

Tetrarch 1 
Trachom 
etc., gestor 
35 n. Ch 




1) Alexander, 
vermählt mit Glaphyra, der 
Tochter d. Königs Archelaus 
von Kappadocien; auf Be- 
fehl seines Vaters hin- 
gerichtet (XVI, 11, 7) 


2) Aristobulus, 

vermählt mit Berenike, der Tochter 
des Kostobar und der Salome ; 
auf Befehl seines Vaters hingerichtet 
(XVI, 11, 7) 

I 


Alexander 

I 

Tigranes, 

von Nero zum 
Könige von 
Armenien er- 
nannt 

(XVIII, 5,4) 


— " Herodes Herodes, Aristobulus, Herodias, 

Tigranes, Agrippa I., König von vermählt mit verlässt ihren 
gestorben als König d. Juden 36 Chalüs, ge- Jotape, der Gatten Hero- 

König von bis44 n.Chr. ; ver- storben 49 n. Tochter des des, den Sohn 

Armenien mahlt mit Kypros, Chr. (s. Jüd. Königs Samp- der Hoheprie- 

(XVI II, 5, 4) einer Tochter ’ Krieg II, 11,6) sigeram von sterstochter 
seiner Tante Emesa Mariamne (s. 

Salampsio (XVIII, 5, 4) oben) und hei- 

(s. nebenstehend ra *®t den He- 

unter 3) rodes Antipas 


Berenike, 

vermählt mit 
Herodes von 
Chalkis(XIX, 
5, 1) ; Geliebte 
des Titus tTac. 
Hist. II, 2; 
Suet. Titus 7) 


Mariamne 

(XIX, 9,1; 
XX, 7,1; 7,3) 


Drnsilla, 

in erster Ehe ver- 
mählt mit Azizus, 
dem Könige v.Emesa; 
verlässt diesen und 
heiratet den Land- 
pfleger Felix (XX, 
7, lf., auch Apostel- 
geschichte 24, 2 1) 


Herodes 
Agrippa II. 

(s. Apostel - 
gesch. 25, 13) 


Drnsti8 

(XV1I1, 5, 4) 


r Herodianer. 

er Idamäer, 

43 v. Chr. von Malichus vergiftet (XIV, 11,3 f.) 


> im 
;n 

) 


4) Pheroras, 

stirbt in seiner jen- 
seits des Jordan 
gelegenen Tetrarchie 
und wird zu Jeru- 
salem beigesetzt 
(XVII, 3, 4) 


5) Salome, 

verheiratet in erster Ehe mit ihrem 
Oheim Joseph, der der Eifersucht 
des Herodes zum Opfer fällt, in 
zweiter Ehe mit dem idumäischen 
Priester Kostobar, den Herodes 
gleichfalls hinrichten lässt (XV, 7,9) 


verheiratet mit folgenden Frauen : 


Cleopatra 

Jerusalem 
VII, 1,3) 

I 

is, Herodes 

von (XVII, 1, 3) 

tis 

ben 

ir. 


5) Marianine, 6) Pallas 

Tochter | 

des Asmonäers Phasael, 
Alexander; auf (XVII, 1, 3) 
ihres Gatten Be- 
fehl hingerichtet 
(XV, 7, 5) 


7) Phaedra 8) Elpls 

I I 

Roxane Salome 

(XVII, 1,3) (XVII, 1,3) 


3) Salampsio, 

vermählt mit Phasael, dem Sohne 
ihres Oheims Phasael (s. Jüd. 
Krieg I, 28, 6) 


- Antipater Herodes Alexander Alexandra Kypros 
Marlamne (XVII, 1 ,*3) 


V 


9) und 10) 
Zwei Frauen 
unkekannten 
Namens, beide 
kinderlos 
(s. Jüd. Krieg 
I, 28, 4) 


4) Kypros, 
vermählt mit 
Antipater, 
dem Sohne 
ihrer Tante 
Salome (s.Jüd. 
Krieg 1, 28, 6) 


Go gle