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Full text of "Journal für Ornithologie"

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ORNITHOLOGIE 


GEGRÜNDET VON J. CABANIS. 


Im Auftrage der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


herausgegeben 


von 


Dr. Erwin Stresemann 


Generalsekretär der Gesellschaft. 


0. Jahrgang: 192%. IT 3 (\O 


| Berlin 1922. | 
Verlag der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 


In Kommission bei L. A. Kittler 
Leipzig, Sternwartenstr. 46, 


Es sind erschienen von Band 70: | 

Heft 1 (p. 1—136) am 13. Februar 1922. 
« Heft 2/3 (p. 157—418) am 25. Juli 1922. 
Heft 4 (p. 419—518, I—IV) am 1. Oktober 1922. 


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Inhalt des 70. Jahrganges (1922). 


H. Fihr. von Berlepsch, Mein ornithologischer Lebenslauf 
. Duncker, Die Reich sche Gesangeskreuzung De 
_ Kanarienvogel) eine „erworbene‘‘ Eigenschaft . . oe 
0. Fehringoer, Die Vogelwelt Macedoniens . . . . . 89 
i. Gebhard, Andreas Johannes Jäckel . . 

.Frhr. Ber Schweppenburg, Zur Theorie des Vogel- 
wuges... 

. Grote, Zur alba nördlichen "Deutsch-Stdwestafrika 
- Bemerkungen über einige neue afrikanische Formen . . 8397, 
0. Heinroth, }Die en von Habicht, Blaurake 
und eererente, a, he 
— jHandschwingenmauser der hinsan Bon 

— Die Beziehungen zwischen ‚Vogelgewicht, Eigewicht, Gologese- 
- wicht und Brutdauer. Mit 7 Kurventafeln . { : 

- [Ueber Raubwürger und Neuntöter] . 

- [Die Jugendentwicklung von Zeunkönie, Nobelkrähe, Schmarz- 
 specht und den Lappentauchern] 5 5 - 
C. Heyder, Nachträge zur Ornis Saxonica . . wine 
RB. Lindner, Zum Gedächtnis von. Oberpfarrer Dr. Lindner, 
Quedlinburg . 


- 9m) .. en 
F.v. Lucanus. [Ueber die Flugformen der Zugvögel] ee 
 Erwiderung auf die Arbeit des Freiherrn von Em 
burg „Zur Theorie des Vogelzuges“ . . IR : 
— [Nachruf an J. A. Allen und Th. Krüper] ie 
Stephan von Chernel zu Chernelhäza } . 
O0. Neumann, [Ueber die Gattung Phormopleetes] ; 
R. Päfsler, In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete 
Vögel. Beschreibung der Nester und Bier der Brutvögel . 
A. Reichenow, [Ueber F. v. Lucanus, Die Rätsel des Vogel- 
zuge) . 
H Sachtleben, [Weber die Bengranhische oa des Formen- 
_ kreises Motacilla alba] 
-H. Schalow, [Bericht über die Fostsitzung zur r Feier des 20. Be- 
 — burtstages des Herrn Schalow] . . : 
- [Ueber das Vorkommen der Zwergohreule ii in Deutschland] 
H. Seilkopf, Der Daumenfittich der Raubrögel als Steuerorgan 


. Baron Loudon, [Geographische "Besonderheiten der baltischen 


Seite 


325 


123 


v 


E. Stresemann, Rafinesque’s enenhrisen sizilianischer Vos a 


— Neue Formen aus dem papuanischen Gebiet 


— [Ueber mn. in der ee einiger Vo 


arten] 


— Einige Bemerkungen zur „Synopsis ar the Aceipikrestt Sn Er 


H. Kirke Swann. Die indoaustralischen Tagraubvögel 
— [Die Entwicklung der Vogelsammlung des Berliner Museums 

unter Illiger und Lichtenstein] . . 498 
— [Meine Molukkenreise) 509° 
J. Thienemann, XX, Tohre bericht, (1920) nm 2 ne 

Rossitten der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 61 
V.v. Tschusi zuSchmidhoffen, Zum heurigen Durchzug 

des Seidenschwanzes 1920/21 . 49 
0. Graf Zedlitz, [Beitrag zur Bi der en 416 
— Ein Beitrag zur Biologie von Colymbus arcticus L. . . 419 

Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 

Bericht über die Oktobersitzung 1921 129 
Bericht über die Novembersitzung 1921 . 182 
Bericht über die Dezembersitzung 1921 . 408 
Bericht über die Januarsitzung 1922 . 412 
Bericht über die Festsitzung zur Feier des 20. Geburtstages des 

Herrn Herman Schalow . . ee en AED 
Bericht über die Aprilsitzung 1922 N 413 
Bericht über die Jahresvers ımmlung in Berlin vom 18. I, Mai 1922 506 
Bücherei der Deutschen en, Gesellschaft 135 
Bericht des Bibliothekarss . . es 517 
Namenyorzeichns 4... „2... a. 519 
Berichtigungen . 


. 528 


GEGRÜNDET voN a CAB ANIES 


He: 


Im Au Itrage d er 


Jahrgaı ©, 2 = Januar 1922, 


. Leipzig 122. 
Y via B ‚von . A. Kit ne 


‚smcko & Buechner 
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JOURNAL 
ORNITHOLOGIE 


- Siebzigster Jahrgang. 


No. 1. Januar. 1922. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 
Ein zweiter Beitrag zur Kenntnis der Vogelwelt des Staates Sachsen. 


Von Rich. Heyder, Oederan. 


Vorbemerkungen. 


Seit dem Erscheinen meiner Abhandlung „Ornis Saxonica. 
Ein Beitrag zur Kenntnis der Vogelwelt des Königreichs Sachsen‘ 4) 
sind viele Teile derselben naturgemäfs durch neuere Ergebnisse 
der rastlos vorwärts schreitenden Forschung überholt worden, 

 sodals eine zusammenfassende Ergänzung der damals veröffent- 
lichten Mitteilungen nach dem gegenwärtigen Stande unserer 
Kenntnis geboten erscheint. 

Zwar war die seit dem Abschlufs meiner Arbeit im No- 
vember 1914 verstrichene Zeit im allgemeinen der faunistischen 
Bearbeitung der sächsichen Vogelwelt nicht sonderlich günstig, 
weil der Krieg mit seinen Begleit- und Folgeerscheinungen tief 
in die Lebensverhältnisse jedes einzelnen eingriff, jede wissen- 
schaftliche Betätigung erschwerte und viele der jüngeren Vogel- 
kundigen für oft lange Zeit dem Vaterlande fernhielt. Trotz 
dieser schädlichen Einflüsse ist dennoch heute in vielen Einzel- 
heiten eine zunehmende Kenntnis der örtlichen Vogelverbreitung 
wahrzunehmen, die uns für die kommende Zeit zu den schönsten 

Hoffnungen berechtigt, während die Untersuchung der geo- 
graphischen Abänderungen, soweit solche innerhalb der sächsischen 
Vogelwelt erkennbar sind, erst eigentlich in neuester Zeit aufge- 
griffen worden ist. Gerade in letzterer Hinsicht treten in der 
„Ornis Saxonica“ die Mängel eines vorzeitigen Abschlusses, zu 
dem mich meine drohende Einziehung zum Heeresdienst bewog, 
sehr offensichtlich hervor. Andererseits darf ich zu meiner Ent- 
lastung wohl sagen, dafs die mir 1914 zur Verfügung stehenden 


1) Journ. f. Ornith. 1916 p. 165 £. 
Joum, f, Orn, LXX, Jahrg. Januar 1922, 1 


2 Rich. Heyder: 
Beleg- und Vergleichsvögel kaum ausgereicht hätten, um die 
Kenntnis der geographischen Beziehungen vieler unserer Brutvögel 
der Entwicklungsstufe entgegen zu führen, die wir heute, wenn 
sicher auch als vielfach nur vorläufige, einnehmen. 

In der Behandiung und Anoıdnung des Stoffes folgte ich 
im wesentlichen den in der „Ornis Saxonica“ eingeschlagenen 
Wegen. Bei den nicht allgemein bezw. den sporadisch im Ge- 
biet verbreiteten Brutvögeln strebte ich eine schärfere 
Darstellung ihrer Brutgebiete an, die namentlich 
bei einzelnen derjenigen Arten, welche ihre Ansprüche an die 
Landschaftsausprägungen g+-wisser Höhenstufen in sichtbarer 
Weise betonen, zu dem Versuche führte, vertikale „Verbreitungs- 
linien“ zu entwerfen. Immer gab ich in solchen oder ähn- 
lichen Fällen einer Auflösung des Gebiets in geographisch be- 
gründete Einzelteile (z. B. Lausitzer Niederung, Leipziger Bucht, 
Erzgebirgisches Becken usw.) den Vorzug vor einer Gruppierung 
der Fundorte nach politischen Bezirken (Amts- und Kreishaupt- 
mannschaften). Bei Wasservögeln wurde eine solche Gruppierung 
auch nach Flufsgebieten vorgenommen und teilweise sogar lieber 
zur Bildung behelfsmäfsiger Gebietsabgrenzungen (z. B. Elbe- 
Röder-Abschnitt) geschritten als zu der Abtrennung nach poli- 
tischen Begriffen zurückgekehrt. Von diesem Verfahren versprach 
ich mir neben nicht minder leichter Orientierung den Vorteil, 
dafs dem Leser damit die Beziehung der Vogelver- 
breitung zu Landschaftsausdruck und geolo- 
gischem Aufbau und zu der in beider Gefolgschaft 
stehenden Pflanzenbedeckung ohne viele Worte näher 
gebracht werde. Noch zweckmälsiger würde die kartographische 
Wiedergabe der einzelnen Verbreitungsgebiete („Brutareale“) sein, 
doch ‚bezweifle ich die Durchführungsmöglichkeit einer solchen 
in der gegenwärtigen Zeit. Später gedenke ich noch umfassender 
auf die ökologische Seite der Verbreitung unserer sächsichen 
Brutvögel zurückzukommen. 

Wo der Inhalt der „Ornis Saxonica“ Veranlassung zur 
Kritik gegeben hat, bin ich bemüht gewesen, Aenderungen platz- 
greifen zu lassen. So habe ich z. B. durchgängig jeder Angabe 
im besonderen Teile dieser Arbeit die Belegstelle nach ihrer 
Nummer im Schriftenverzeichnis bezw. den Namen des Gewährs- 
mannes angefügt. Das Schrifttum der Zeit vor 1800, das ich 
nicht etwa deshalb unbeachtet liefs, weil es mir unbekannt war 
oder mir ein solches Verhalten „bequemer“ schien, habe ich 
diesmal insofern herangezogen, als ich ihm einige bestimmte An- 
gaben entnahm, die Belegstellen aber nur zitierte und nicht im 
Literaturverzeichnis aufführte.e Eine allgemeine Einbeziehung 
jener alten Unterlagen hätte eine Menge kritischer Bemerkungen 
erfordert, wesentliche Beiträge mit Ausnahme der eben erwähnten 
Angaben aber kaum gelietert. Einen Wechsel erfährt auch die 
Benamung der hier verzeichneten Vogelarten, indem ich dies- 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 8 


mal die Nomenklatur nach Hartert, Die Vögel der paläarktischen 
Fauna bezw. nach der Hand-List of British Birds wählte, in 
einigen Fällen auch anderen Systematikern folgte. Doch 
ist in jedem Falle durch die dem Namen vorangesetzte Nummer 
aus meinem ersten Beitrag auch dem Fernerstehenden jedwede 
durch den Wechsel entstandene Schwierigkeit aus dem Wege ge- 
räumt und deshalb auch die bisherige Reihenfolge nach Reiche- 
nows Kennzeichen von 1902 nochmals beibehalten worden. 

Irrefübrende Druckfehler in der Ornis Saxonica sind im 
besonderen Teile bei jeder Art, im Schriftenverzeichnis am 
Eingang berichtigt; worden. 


Trotz des verhältnismäfsig kleinen Untersuchungsgebietes 
bleibt faunistisch noch unendlich viei zu tun übrig. Die nach- 
stehend niedergelegten Ergebnisse und die ihnen auch späterhin 
folgenden periodischen Zusammenfassungen wollen selbstredend 
nur als Etappen auf dem Weiterweg betrachtet sein. Zu meiner 
Befriedigung konnte ich mich wieder der Unterstützung durch 
eine Reihe bewährter Vogelkenner erfreuen, denen ich auch hier 
meinen herzlichsten Dank abstatte.. Es sind dies vor allem 
folgende Herren: 

A. Bär, Präparator, Oederan; 

Dr. V. Colditz, Studienrat, Rochlitz; 

O0. Henker, Assistent an der Städt. Naturwissenschaftl. 
Sammlung in Chemnitz; 

H. Hildebrandt, Domänenkassierer, Altenburg; 
Kästner, Seminar-Oberlehrer, Frankenberg; 
Keller, Dentist, Chemnitz; 

. Köhler, Oberlehrer, Grüna; 
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H. Mayhoff, cand. phil., Dresden; 
estler, Lehrer, Leipzig; 
. Rechenberger, Lehrer, Annaberg; 
. Salveter, Totenbettmeister, Waldheim; 
r. E. Stresemann, München; 
. Türk, Limbach; 
r. A. Voigt, Studienrat Professor, Leipzig; 

P. Weifsmantel, Lehrer, Grüngräbchen bei Schwepnitz; 

Dr. W. Zumpe, Rittergut Munzig bei Miltitz. 

Literarische Hilfe verdanke ich besonders den Herren: 

H. Schalow, Professor, Berlin-Grunewald; 

R. Zimmermann, Schriftsteller, Dresden. 

Einen nicht zu unterschätzenden Nutzen zog ich aus der 
Bekanntschaft mit zwei aus Liebhaberei zusammengebrachten 
Privatsammlungen, die zahlreiche Vögel sächsischer Herkunft 
enthalten: In Limbach die Sammlung des Herrn Rob. Berghähnel, 
die hauptsächlich Jagdtrophäen von den nahegelegenen Teichen 
enthält, und in Waldheim die Salvetersche Kollektion, die zu 


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gem» 


4 Rich. Heyder: 


einem grofsen Teile aus Vögeln der dortigen Gegend besteht. 
Leider vermochte es der als Sonderling bekannte Besitzer der 
ersteren nicht über sich zu bringen, mir die Tür des im Halb- 
dunkel des Flurs stehenden Sammlungsschrankes zu öffnen (!), 
sodals die genauere Bestimmung einiger ungünstig stehenden 
Präparate (so einer Raubmöwe, eines Seetauchers usw.) unter- 
bleiben mufste. Interessant ist gewils, dafs der Ursprung beider 
Sammlungen indirekt auf Ornithologen von Klang und Namen 
zurückzuführen ist. Der Ausstopfer Berghähnels namens Bach- 
mann lernte die Kunst des Präparierens von Chr. Ludw. Brehms 
zweitem Sobne Oskar, der einige Zeit in Limbach als Provisor 
an der dortigen Apotheke tätig war und später bekanntlich im 
Nil ertrank. Und der Besitzer der anderen Sammlung, Herr 
Salveter, stammt aus Stolp in Pommern und lernte als Knabe 
dort die grofse Vogelsammlung Eugen Ferdinand von Homeyers 
kennen, die auf ihn einen so nachhaltigen Eindruck machte, 
dafs er sich ebenfalls eine anzulegen beschlofs, die er auf eine 
für seine Verhältnisse jedenfalls beachtenswerte Höhe brachte. 
Es entbebrt nicht des Reizes, diese feinen, die Gegenwart mit 
der Vergangenheit verknüpfenden Fäden blofszulegen. — 
Zuletzt noch einige Mitteilungen, die als Nachträge zu dem 
Abschnitt über die geschichtliche Entwickelung der Vogelkunde 
in Sachsen betrachtet werden können. Die literarischen Er- 
scheinungen brauche ich hier nicht zu berühren; sie gehen aus 
dem nächsten Abschnitt hervor, und ihr Inhalt ist, soweit es ihre 
Bedeutung erforderte und der Raum zuliefs, im übernächsten 
benutzt. Es bleibt mir lediglich die traurige Pflicht, derer zu 
gedenken, die während der Berichtszeit aus den Reihen der 
Lebenden geschieden sind. Als Opfer der Krieges fielen von 
Vogelkundigen, die mit Arbeiten über Sachsen hervorgetreten 
sind, Realschullehrer Hugo Oskar Grimm (Leipzig) Anfang 
November 1914 an der Westfront, Landgerichtsrat Dr. Mus- 
hacke (Freiberg) im Januar 1915 auf den Höhen von Craonne; 
1917 starb an einer Schwerverwundung Lehrer J. W. Stolz 
(Trachenberg in Schlesien). Am 20. II. 1916 verschied in 
Rochlitz, wo er am Lehrerseminar wirkte, Professor Ernst Max 
Höpfner. Er war am 18. VI. 1854 in Grubnitz bei Riesa 
geboren, studierte, nachdem er sich in Dresden darauf vorbe- 
reitete, an der Universität Leipzig, wurde 1879 Oberlehrer am 
Seminar zu Grimma und kam 1895 in gleicher Eigenschaft nach 
Rochlitz. Als Ornitholog trat er besonders hervor als einer der 
eifrigsten und zuverlässigsten Berichterstatter für Meyer und 
Helms Jahresberichte. Er war der erste wirkliche Vogelkundige, 
der meinen Weg kreuzte. Seine Anregung und Anleitung, die 
ich dann genielsen durfte, wirkten auf mich unverlöschbar ein- 
drucksvoll und verpflichten mich zum Dank über sein Grab hin- 
aus. Am 11. VII. 1917 ist mit Hugo Mayhoff ein vielver- 
sprechender und hochbegabter Vogelkenner in der Blüte der 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 5 


Jahre dahingegangen. Eine vorzügliche zeichnerische Begabung 
gewährte ihm vor allem das rasche Erfassen der für: die Freibe- 
obachtung wichtigen Kennzeichen und befähigte ihn so in hohem 
Mafse. zum Feldornithologen. Freundeshand hat ihm bereits 
Worte des Gederkens!) gewidmet. Mit Recht wird dort auf die 
grofse Bedeutung seiner Arbeiten für die sächsische Faunistik 
hingewiesen, die durch ihn eine ungewöhnliche Förderung er- 
fahren hat. Soweit der Inhalt seiner peinlich genau geführten 
Tagebücher nicht schon veröffentlicht ist, habe ich ihn — mit 
gütiger Erlaubnis der ’Mutter — meinen Aufgaben dienstbar ge- 
macht und ihm das für meine Zwecke Wichtigste entnommen. 
Besonders Dank schulde ich dem Verstorbenen für die Bereit- 
willigkeit, mit der er in meiner Abwesenheit einen Teil des 
Druckes der Ornis Saxonica überwachte und da und dort noch 
nachträglich Nachprüfungen vornahm. Das Schicksal hat uns 
ein Wiedersehen versagt; ich werde seiner jederzeit mit Dankbar- 
keit gedenken. — — 

Eine Berichtigung am Inhalt des ersten Abschnitts 
der Ornis Saxonica auf p. 167 macht sich insofern nötig, als es 
nicht der Kantor Lange in Hirschfelde war, der bei Bechstein 
eine Studienzeit in Dreifsigacker verlebte, sondern sein Sohn Gott- 
helf, der nachmalige „Revierjägeradjunkt‘“ und spätere Kämmerei- 
verwalter und Stadtrat in Zittau. 


 Berichtigungen und Nachträge zum Schriftenverzeichnis. 


Die nachstehend unter Fortsetzung der laufenden Nummer 
verzeichneten Schriften sind wieder nach denselben Grundsätzen 
ausgewählt und zusammengestellt, die mich im ersten Beitrag 
leiteten. Eine Neuerung führte ich ein, indem ich denjenigen 
Arbeiten, deren Titel Bemerkungen über die Vogelfauna Sachsens 
nicht erwarten läfst, knappe Inhaltsangaben und die in Frage 
kommenden Seitenzahlen angliederte.e. Bis auf die Nummern 
42, 43, 63, 68 und 264 habe ich alle Arbeiten entweder einge- 
sehen oder mir — es sind dies nur wenige Fälle — von ge- 
wissenhafter Seite Abschriften bezw. Auszüge machen lassen. 
Ueber die Literatur aus der Zeit vor 1800 vergleiche man 
das im vorigen Abschnitt Gesagte; ich habe mich unter Hinblick 
- auf den Druckraum nicht entschliefsen können, sie hier zu be- 
- rücksichtigen, obschon man das vom bibliographischen Standpunkt 
aus zu fordern berechtigt ist. 

Berichtigungen: Lies p. 183 unter Nr. 158 statt 
„60. Jg.“ 59. Jg., 


= 1) Verhandlungen der Orn. Gesellschaft. Bayern Bd. XIII (1918) 
= p: 860—362. e 


416. 
al". 


418. 


419. 


420. 


421. 
422, 


423. 
424. 
425. 
426. 
427. 


428. 


429. 


Rich. Heyder: 


. 185 unter Nr. 205 statt „16. Jg. (1908) 17. Jg. (1909), 
. 190 unter Nr. 307 statt „(1914/05)“ (1904/05), 

. 191 unter Nr. 323 statt „Naturh.“ Naturk., 

. 191 unter Nr. 327 statt „(1907/08)“ 1903/04, 

‚ 194 unter Nr. 391 statt ‚29. Jg. (1904)“ 30. Jg. (1905), 
. 195 unter Nr. 410 statt „Frohberg* Frohburg. 


Burg 


Nachtrag. 


Bäfsler, F. A., Die Gartenammer. Mitteil. ü. d. Vogel- 
welt 19. Jg. (1920) p. 78. 

Beck, [Notizen aus der Sächsischen Schweiz.) Sitzungs- 
ber. d. Naturforsch. Gesellschaft Leipzig 19.—21. Jg. 
1892—94 (1895) p. 10—11. 

Brehm, [L.] Schilderung mehrerer Ausflüge nach Bripnis 
bey Delitzsch, 4 Stunden von Leipzig, in zoologischer, vor- 
züglich ornithologischer Hinsicht. Isis (von Oken) Heft 1 
(1841) p. 39—67, Heft 2 p. 121-157, Heft 3, p. 200-218, 
Heft 4 p. 293—309, Heft 6 (1842) p. 409-435, Heft 7 
p. 488-516, Heft 8 p. 566—590, Heft 9, p. 647-681, 
Heft 10 p. 752—783. 

— Ueber den Aufenthalt und Zug der Vögel vom 15. Mai 
1846 bis zum 17. März 1847. Allgem. deutsche Natur- 
histor. Zeitung 2. Jg. (1847) p. 149—159. 

Brehm, O., Naturbistorische Wanderung durch einen 
Teil des Harzes im Monat August 1846. Ebenda 2. Jg. 
(1847) p. 104—115. 

Erwähnung auch einiger sächsischen Beobachtungen. 
Gaetke, H, Geschwindigkeit und Höhe des Zugfluges. 
Aquila 1. Jg. (1894) p. 132—134. 

Gengler, J., Emberiea citrinella 9 ad. Ein Versuch, 
den Goldammer nach der Färbung gewisser Gefieder- 
partien in geographische Gruppen einzuteilen. Journ. £. 
Orn. 55. Jg. (1907) p. 249—282 m. 2 Tafeln. 

Gerlach, R.,, Von der Singdrossel.e. Orn. Monatsschr. 
45. Jg. (1920) p. 154. 

Grofse, H., [Tannenheherzug]. Monatsschr. d. Deutsch. 
Ver. z. Schutze d. Vogelwelt 12. Jg. (1887) p. 79. 

— [Steppenhühner]. Ebenda 13. Jg. (1888) p. 170-171. 
— [Steppenhühner]. Ebenda 13. Jg. (1888) p. 171—172. 
Hagen, W., Zur Biologie und Faunistik von Totanus 
fuscus L. Orn. Monatsber. 21. Jg. (1913) p. 17—22. 
Hantzsch, B. Beitrag zur Charakteristik und Lebens- 
weise unserer Reiher. e. Die kleine Rohrdommel (Ardeita 
minuta [L.]), f. Die grofse Robrdommel (Botaurus stellaris 
[L.]). Orn. Monatsschr. 27. Jg. (1902) p. 417—420. 
Heller, F. [Beobachtungen im oberen Vogtland]. 
Ebenda 43. Jg. (1918) p. 160. 3 


430. 
431. 


432. 


433. 
434. 
435. 


436. 


437. 
438. 
439. 
440 
441. 
442. 
443. 


444. 
445. 
446. 

447. 


448. 
449. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 7 


Heller, F., [Abzug der Turmschwalben 1918.] Ebenda 
44. Jg. (1919) p. 191 192. 
— Ornithologische Beobachtungen auf kleinem Gebiet. 


 Ebenda 45. Jg. (1920) p. 177-184. 


Helm, F., Ornithologische Beobachtungen an den Berg- 
werksteichen von Grofshartmannsdorf und Berthelsdorf bei 
Freiberg. Journ. f. Orn. 64. Jg. (1916) p. 252-267. 


Henze, A, Land für Vogelschutz bei Dresden. Orn. 
Monatsschr. 45. Jg. (1920) p. 115—118. 


Hesse, E., [Ansammlungen von Grauammern zur Brut- 
zeit.] Orn. Monatsber. 22. Jg. (1914) p. 166. 

— Einige bemerkenswerte Belegstücke der deutschen Ornis 
im Königl. Zoolog. Museum Berlin. Journ. f. Orn. 63. Jg. 
(1915) p. 569-603 [593, 599]. 

— Von Jagdfalk und Alpen-Lämmergeier im Zoolog. Mu- 
seum der Universität Leipzig. Ebenda 65. Jg. II. Band 
(Reichenow-Festschrift) (1917) p. 112—115. 

— Feldlerche ein Nestjunges forttragend. Orn. Monatsber. 
25. Jg. (1917) p. 143—144. 

— Wieder ein trommelnder Grünspecht. Ebenda 26. Jg. 
(1918) p. 113—115. 

— Das Vorkommen der Schwanzmeisen bei Leipzig im 
Winter. Ebenda 26. Jg. (1918) p. 115—117. 

— Zur Ornis des Leipziger Gebietes. Journ. £. Orn. 67. Jg. 
(1919) p. 392— 430. 

— Lausfliege von Sitte. Orn. Monatsber. 28. Jg. (1920) 
p. 38—39. 

— Gewöllinhalt eines Bruchwasserläufers (Totanus glare- 
ola L.). Ebenda 28. Jg. (1920) p. 54—55. | 
— Ergänzungen zu: R. Schlegel, Aufzeichnungen über das 
Vorkommen unserer Drosselarten im Leipziger Flachland- 
gebiete usw. Journ. f. Orn. 68. Jg. (1920) p. 388—389. 
— Ueber Vorkommen zweier seltenen Ammerarten in 
Mitteldeutschland. Ebenda 68. Jg. (1920) p. 393—396. 
Heyder, R, Einige Bemerkungen über das vermeintliche 
Brüten der Reiherente bei Frohburg in Sachsen. Orn. 
Monatsber. 23. Jg. (1915) p. 70—71. Ä 
— ÖOrnis Saxonica. Ein Beitrag zur Kenntnis der Vogel- 
welt des Königreichs Sachsen. Journ. f. Orn. 64. Jg. 
(1916) p. 165—228, 277 —324, 429 —488. 

— Neuere Beobachtungen an Weidenmeise und Schlag- 
schwirl in Sachsen. Orn. Monatsber. 27. Jg. (1919) p. 31— 32. 
— Einige Gedanken über die Zunahme der Wachtel. Orn. 
Monatsschr. 44. Jg. (1919) p. 60— 62. 

— Ueber Massenzüge und Zugstrafsen von Kranich und 
Saatgans in Sachsen. Orn. Monatsber. 27. Jg. (1920) 
p. 79—81. | 


451. 


452. 


453. 


454. 
455. 


456. 
457. 
458. 


459. 


460. 
461. 
462. 
463. 


464. 
465. 
466. 
467. 


Rich. Heyder: 


. Heyder, R., Bemerkungen über das Vorkommen von 


Bart- und Uralkauz in der sächsichen Oberlausitz. Ebenda 
29. Je. (1921) p. 81—84. ; 
— siehe auch unterStresemann, E. und Heyder, R. 
Hildebrandt, H. Beitrag zur Ornis Ostthüringens. 
Mitteil. aus dem "Osterlande 35. (N. F. 16.) Band (Fest- 
schrift z. Feier d. hundertjähr. Bestehens d. Naturforsch. 
Gesellsch. d. Osterlandes). (1919) p. 289—371. 
Hoffmann, B., Beitrag zur Kenntnis von Certhia fami- 
liaris L. = Ü. macrodactyla Brehm. Orn. Monatsschr. 
41. Jg. (1916) p. 82—87. 
— Zum Gesang der beiden Goldhähnchen ( Regulus regulusL. 
und AReyulus ignicapillus Tem... Ebenda 41. Jg. (1916) 
p. 273 977. 
— Der harte Winter 1916/17 und unsere Vogelwelt. Ebenda 
42. Jg. (1917) p. 254— 257. 
— Weifsflügelige Seeschwalben (Aydrochelidon leucoptera 
[Schinz]) am Dippelsdorfer Teich in Sachsen. Orn. Monats- 
ber. 25. Jg. (1917) p. 147—148, 
— Einige Bemerkungen und Ergänzungen zu Heyders 
„Ornis Saxonica.“ Journ. f. Orn. 66. Jg. (1918) p. 317— 324. 
— Musikalischer Wettstreit zweier eifersüchtiger Kuckucke. 
Orn. Monatsschr. 43. Jg. (1918) p. 245— 247. 
— Vom Vogelleben im hinterpommerschen Küstengebiet. 
Verhandl. Orn. Gesellsch. Bayern Band XIV (1919) p.89— 102. 
Erwähnt p. 92 eine Uferschwalbensiedelung bei Zschorna 
in Sachsen. 
— Ein interessanter Fall von Schulung eines jüngeren 
Raubvogels im Fangen der Beute. Orn. Monatsschr. 45. Jg. 
(1920) p. 50-53. 
Jacobi, A., Weiteres Vorkommen von Agquila clanga 
Pall. in Sachsen. Orn. Monatsber. 28. Jg. (1915) p. 125. 
Kabitzsch, E., [Steppenhühner.] Monatsschr. d. Deutsch. 
Ver. z. Schutze d. Vogelwelt 13. Jg. (1888) p. 171. 
Kees, W., Einiges über den Turmfalken. Orn. Monats- 
schr. 45. Je. (1920) p. 207 —208 m. Textbild. 
Kleinschmidt, O. Berajah, Zoogeographia infinita. 
Erithacus Domesticus. [Bastard von Haus- und Baumrot- 
schwanz] p. 6 Tafel VII (1908). 
a a Realgattung Falco Peregrinus p. 8 Fulsnote 
1914 
Klengel, A., Hat der Krieg Einflufs auf das Wandern 
der Vögel? "Orn. Monatsschr. 40. Jg. (1915) p. 315—316. 
ze N che mit feblerhaftem Ruf. Ebenda 42. Jg. (1917) 
p. 179 
— sStörche und Storchnester im östlichen Sachsen. Mitteil. 
Landesverein Sächs. Heimatschutz Band VI (1917) p. 99—112 
mit 6 Textbildern u. 1 Karte. 


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484. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 9 


. Klengel, A., Unsere sächsichen Störche und Storch- 


nester. Ebenda Band VII (1918) p. 34—46 mit 5 Text- 
bildern. 


. — Stare und Mufflons. Orn. Monatsschr. 42. Jg. (1917) 


p. 293— 294. 


. — Der Wechsel im Bestande der Wachtel. Ebenda 43. Jg. 


(1918) p. 172— 177. 


. — Einige strittige Punkte in der Storchforschung. Ebenda 


44. Jg. (1919) p. 161—168 m. 1 Karte. 


. Köhler, P., Hydrochelidon leucoptera in Sachsen. Ebenda 


44. Jg. (1919) p. 223— 224. 


. Kollibay, P. Die Vögel der Preufsischen Provinz 


Schlesien. Breslau 1906. 

Enthält p. 106, 107, 153, 154, 179, 187, 262, 269, 345 
Hinweise auf sächsische Vorkommen. 

Kramer, H., Besetzte Storchnester in der sächsischen 
Oberlausitz im Jahre 1913. Mitteil. d. Naturw. Gesellsch. 
in Zittau. Zittau 1916. p. 95—104. 

— siehe auch unter Uttendörfer, OÖ. und Kramer, H. 
Krezschmar, C. Später Abzug unserer Zugvögel. 
Orn. Monatsschr. 40. Jg. (1915) p. 314—315. 

— Sommerausflug in den Wermsdorfer Forst. Ebenda 
43. Jg. (1918) p. 227—231. 

— Kreuzschnäbel inmitten der Grolsstadt. Ebenda 43. Je. 
(1918) p. 247— 248. | 
Krezschmar, J. G., Beitrag zu einem systematischen 
Verzeichnifs der Oberlausitzischen Vögel. (1823) 29 pp. 
Mskr. im Archiv d. Oberlaus. Gesellsch. d. Wissenschaften: 
III. B. 40. 

Krüfs, P., Berichte über die Vogelberingungsversuche in 
den Jahren 1913—1916 und über den Vogelzug auf Hel- 
goland in den Jahren 1914—1917. Journ. f. Orn. 66. Jg. 
(1918) Sonderheft. 

Sachsen betreffende Funde siehe p. 35 und 37. 
Kümmler, A. Durchziehende Seidenschwänze in 
Gartenanlagen Dresdens. Orn. Monatsschr. 41. Jg. (1916) 
p. 222— 223. 

Kurella, H. Die Stimmlaute der Sumpfmeisen. Falco 
6. Jg. (1910) p. 10—12. 

Lange, A., Rückgang des Wachtelvorkommens. Orn. 
Monatsschr. 45. Jg. (1920) p. 57. 

Langerhans, Die Selbstdomestizierung der Singvögel. 
Ebenda 29. Jg. (1904) p. 464—-466. 

Lindner, C., Reminiscenzen an eine ornithologische 
Reise durch Oesterreich-Ungarn und Bosnien im Jahre 1902. 
Ebenda 28. Jg. (1903) p. 209—223. 

Erwähnt p. 222/223 eine Wanderfalkenfamilie in der 
Gegend der „Bastei“ (Sächs. Schweiz). 


10 


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502. 


Rich. Heyder : 


Lindner, C., Ein Beitrag zur Biologie des Steinsperlings 
(Petronia petronia L.). Ebenda 31. Jg. (1906) p. 46—65, 
105— 121, Tafel VI. 

Auf der beigegebenen Bunttafel (gez. von Geisler) ein 
„altes Männchen aus Sachsen“ dargestellt (Vergleiche hier- 
zu Nr. 207). 

— Etwas von den Staren. Ebenda 39. Jg. (1914) p. 550. 
Mayhoff, H, Seeadier auf dem Herbstdurchzug im 
sächsischen Elbtal. Orn. Monatsber. 24. Jg. (1916) p. 43—44. 
— Nachtrag zu Heyder, Ornis Saxonica. Journ. f. Orn. 
64. Jg. (1916) p. 488. 

— Ungewöhnlich später Kuckucksruf. Orn. Monatsschr. 
41. Jg. (1916) p. 404 - 405. 

— Zum Schwingengeräusch der Schellente (Olaucionetta c 
clongula L.). Verhandl. Orn. Gesellsch. Bayern Band XIU 
(1918) p. 351 —359. | 
— und Schelcher, R., Beobachtungen im Gebiete der 
Moritzburger Teiche 1906— 1914. Orn. Monatsschr. 40. Jg. 
(1915) p. 268-286, 289— 306, 323—-340, 364— 379, 385—395 
m. 2 Tafeln. 

— [und Stresemann, E.] Von den Brutvögeln des 
Moritzburger Teichgebiets. Verhandl. Orn. Gesellsch. Bayern. 
Band XIV Sonderheft (1920) p. 3--63. 

Naumann, J. F. Ueber den Vogelzug, mit besonderer 
Hinsicht auf Helgoland. Rhea I. Band Heft 1 (1846) 
p: 18—26. 

Neumann, R., [Ueberwinternde Stare.] Zoolog. Garten 
44. Jg. (1903) p. 233. 

Nieselt, E, Das Mifsgeschick eines Schwarzplättchen- 
pärchens. Orn. Monatsschr. 42. Jg. (1917) p. 84—85. 
Nitsche, H., [Kranich Brutvogel in Sachsen.] Sitzungs- 
ber. und Abhandl. der Naturwissensch. at Isis in 
Dresden Jg. 1902. Januar bis Juni (1902) p 
— [Kranich bei Hermsdorf erlegt.] here "Jg. 1901 
Januar bis Juni (1901) p. 4. 


Pudor, V., Girlitz als Brutvogel in Hellerau bei Dresden. 
Orn. Monatsschr. 45. Jg. (1920) p. 61. 


Rechenberger, A. Ornithologisches aus Annabergs 
Umgebung. XII. Bericht über den Annaberg-Buchholzer 
Verein für Naturkunde 1904—1909 (1909) p. 67—80. 
Reichenow, A., Nachtrag zur „Neuen Namenliste der 
Vögel Deutschlands“ Journ. f£ Orn. 64. Jg. (1916) 
p. 611—612. 
— [Bemerkungen über die in Sachsen brütenden Formen 
von Sitta und Certhia.] Ebenda 65. Jg. (1917) p. 228. 

— Ueber den fahlbäuchigen Kleiber. Orn. Monatsber. 
25. Jg. (1917) p. 55—57. 


503. 


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517. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 11 


Reichenow, A., Die Kennzeichen der Vögel Deutschlands. 
[1. Aufl] Neudamm 1902. Auf Sachsen bezügliche Hin- 
weise p. 77, 80, 99, 100. 

2. Auflage Neudamm 1920. 

Mitteilungen über unser Gebiet p. 65, 75, 81, 82, 85, 
94, 103, 104, 117, 121, 135. 

Rey, E., [Steppenhühner.] Monatsschr. d. Deutsch. Ver. 
z. Schutze d. Vogelwelt 13. Jg. (1888) p. 171. 
— [Ueber ein Schwalbennest.] Orn. Monatsschr. 30. Je. 
(1905) p. 552. 
Roch, H., Beobachtungen des Zugs der Vögel, der Vege- 
tation und der Witterung im Jahre 1855. Allgem. deutsche 
Naturhistor. Zeitung. N. F. 2. Bd. (1856) p. 151—154. 
Sachtleben, H., Zur Kenntnis der Wasserschmätzer. 
Verh. d. Orn. Gesellsch. in Bayern Band XIV (1919) 82—88. 
— sieheauch Stresemann, E,undSachtleben, H. 
Schalow, H., Ueber das Vorkommen von Sula bassana (L.) 
im deutschen Binnenlande. Orn. Monatsber. 23. Jg. (1915) 
p. 109 132. 
Schaufufs, W., [Ueber Oircaetos brachydaciylus.| Sitzungs- 
ber. d. Naturforsch. Gesellsch. Isis Dresden Jg. 1861 (1862) 
. 54-59. Abdruck: Schaufufs, W., Nunguam otiosus 
1. Bd. 1870/71 p. 233—240. ü 
Schelcher, R. Die Weidenmeise in Holstein und im 
sächsischen Erzgebirge. Verhandl. d. Orn. Gesellsch. in 
Bayern Band XIV (1919) p. 155. 

Schelcher, R,s.auch Mayhoff, H,u.Schelcher, R. 
Schlegel, R., Ein 25er Gelege von Kuticilla phoenicura. 
Zeitschr. f. Ool. und Orn. 22. Jg. (1912) p. 89. 

— Ornithologische Beobachtungen aus dem mittelsäch- 
sischen Berg- und Hügellande. Orn. Monatsber. 24. Jg. 
(1916) p. 97—103. | 

— Die Rohrsänger des Leipziger Flachlandsgebietes mit 
besonderer Berücksichtigung ihres Vorkommens in den 
Flufsgebieten der weifsen Elster, Pleifse, vereinigten und 
Zwickauer Mulde nach dem sächsischen Berglande und Erz- 
gebirge zu. Journ. f. Orn. 65. Jg. (1917) p. 169—181. 

— Aufzeichnungen über das Vorkommen der Sylvien im 
Leipziger Flachlandgebiete. Ebenda 66. Jg. (1918) p. 43—51. 
— Wie vollziehen die Spechte den Begattungsakt? Orn. 
Monatsber. 26. Jg. (1918) p. 42—43. 

— Einige bemerkenswerte Winterbeobachtungen aus dem 
mittelsächsischen Berg- und Hügellande. Ebenda 26. Jg. 
(1918) p. 67—71. | 

— Ein Beitrag zur Ornis des westlichen Rufsland. Verhandl. 
d. Orn. Gesellsch. in Bayern. Band XIII (1918) p. 325—336. 

Verf. zieht vergleichsweise auch Kleider sächsischer 
Vögel heran. | 


518. 


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534. 


Rich. Heyder: 


Schlegel, R., Zur Abwehr. Orn. Monatsber. 27. Jg. 
(1919) p. 14—15. 
— Kurze systematische Vorbemerkungen zu einer in der 
„2. f£. O. u. OÖ.“ erscheinenden Arbeit über die Eier der 
deutschen Baumläuferarten. Zeitschr. für Ool. u. Orn .24. Jg. 
(1919) p. 111-115, 25. Jg. (1920) p. 28. 
— Die sächsischen Spechtmeisen und Baumläufer. Ver- 
handl. d. Orn. Gesellsch. in Bayern. Band XIV (1920) 
p. 189-198. 
— Die früheren Saatkrähenkolonien Leipzigs und seiner 
Umgebung. Orn. Monatsschr. 45. Jg. (1920) p. 150 —154. 
— Wie man falsche Kuckuckseier als solche leicht be- 
stimmen kann. Zeitschr. f. Ool. u. Orn. 25. Jg. (1920) p. 8—12. 
— Aufzeichnungen über das Vorkommen unserer Drossel- 
arten im Leipziger Flachlandgebiete, in Mittelsachen und 
im Erzgebirge. Journ. f. Orn. 68. Jg. (1920) p. 292—-308. 
— Beobachtungen und Untersuchungen an sächsischen 
Schwanzmeisen, Aegithalos caudatus europaeus (Herm.). 
Verhandl. Orn. Gesellsch. Bayern XV (1921) p. 51—57. 
Schneider, K. M., Fulmarus glacialis in Sachsen. 
Journ. f Orn. "69. Jg. (1921) p. 41—45. 
Schreitmüller, W. Ueber das Vorkommen des 
Bienenfressers im Bielatale in Sachsen. Mitteil. über die 
Vogelwelt 19. Jg. (1920) p. 40. 
Simroth, H. Ueber eine merkwürdige Auswahl und 
Ausstattung der Niststätte bei der Kohlmeise. Monatsschr. 
d. deutschen Vereins z. Schutze der Vogelwelt 12. Jg. (1887) 
p. 362— 363. 
Stolz, J. W, Zu der Arbeit „Ornithologisches aus den 
Grenzgebieten der sächsischen und preufsischen Oberlausitz“. 
Orn. Monatsschr. 39. Jg. (1914) p. 292— 295. 
— ÖOrnithologische Nachlese aus der Oberlausitz. Abhandl. 
d. Naturforsch. Gesellsch., zu Görlitz 28. Bd. 1917) 
p. 163—250 mit 2 Karten. 
Stresemann, E., Ueber die europäischen Baumläufer. 
Verhandl. d. Orn. Gesellsch. in Bayern Band XIV (1919) 
p. 39—74 mit 1 Karte. 
— Ueber die Formen der Gruppe Aegithalos caudatus und 
ihre Kreuzungen. Beiträge zur Zoogeographie der palä- 
arktischen Region. Heft 1 (1919) p. 1— 24. 
— Ueber die europäischen Gimpel. Ebenda Heft 1 (1919) 
p. 25—56 mit 1 Karte. 
— Avifauna Macedonica. München 1920. 

Zahlreiche Vergleiche mit sächsischen Vögeln p. 4, 88, 
100, 125, 144, 148, 183, 191, 200, 212, 221. 
— und H eyd er, R, Zugbeobachtungen an Wasservögeln 
Mittelsachsens, Verhandl. d. Orn. Gesellsch. in Bayern 
Band XIV, Sonderheft (1920) p. 64—86. | 


535. 


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Nachträge zur Ornis Saxonica. 18 


Stresemann, E, und Sachtleben, H. Ueber die 
europäischen Mattkopfmeisen (Gruppe Parus atricapillus). 
Ebenda Band XIV (1920) p. 228 --269. 

— siehe auch unter Mayhoff, H. [und Strese- 
mann, E.] 

Thienemann, F. A. L., Systemat. Darstellung der Fort- 
pflanzung der "Vögel Europas. Leipzig 1825—1836 mit 
28 Tafeln. 

— Meine Schwalbe. Rhea 1. Bd. 1. Heft (1846) p. 98-103. 
—, G., Gröfsere und späte Durchzüge von Gimpeln. Orn. 
Monatsschr. 36. Jg. (1911) p. 188—189. 

—, J., Das häufige Vorkommen von Filarien in Lanius 
collurio. Orn. Monatsber. 10. Jg. (1902) p. 91—93. 

— 1X. Jahresbericht (1909) der Vogelwarte Rossitten der 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. Journ. f. Orn. 
58. Jg. (1910) p. 531—676 [620]. 

— XI. Jahresbericht (1911) der Vogelwarte Rossitten der 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. Ebenda 60. Jg. 
(1912) Sonderheft p. 46. 

— XVl. Jahresbericht (1916) der Vogelwarte Rossitten der 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. Ebenda 65. Jg. 
(1917) p. 313—367 |331—332, 320—321, 348, 350] 

— XVll. Jahresbericht (1917) der Vogelwarte Rossitten 
der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. Ebenda 66. Jg. 
(1918) p. 343—406 [366]. 

Tischler, F., Das Vorkommen der Reiherente (Nyroca 
fuligula) in Deutschland. Orn. Monatsschr. 41. Jg. (1916) 
p. 257—273 [Sachsen: p. 267—268]. 

— Das Vorkommen der Reiherente (Nyroca fuligula) in 
Deutschland. II. Nachtrag. Ebenda 43. Jg. (1918) p. 239 — 245. 
— Inwieweit hat der Grauammer (Zmberiza calandra) als 
Zugvogel zu gelten? Journ. f. Orn. 66. Jg. (1918) 
p. 425—436. 

Türk, F., Vom Micropus apus. Orn. Monatsschr. 45. Jg. 
(1920) p. 223—224. 


Uechtritz, M.F.von, Beyträge zur Naturgeschichte der 


‚Oberlausitz. Isis (von Oken) 1. Band (1821) p. 278—291. 


Uttendörfer, O. Unsere Beute an Raubvogeltaten im 
Jahre 1916. Orn. Monatsschr. 42. Jg. (1917) p. 249-253. 
— Verschiedene Beobachtungen bei Herrnhut. Ebenda 
44. Jg. (1919) p. 139—140. 
— und Kramer, H. Raubvcogeltaten im Jahre 1917. 
Ebenda 43. Jg. (1918) p. 185—192. 

— Raubvogelrupfungen 1918. Ebenda 44. Jg. (1919) 
p. 133— 137. 


. — Raubvogeltaten im Jahre 1919. Ebenda 45. Jg. (1920) 


p. 209— 213. 


561. 


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566. 
567. 
568. 


Rich. Heyder: 


. Voigt, A., Dorndreher und Vogelschutz. Ebenda 31. Jg. 


(1906) p. 14—16. 


. — Ueberwinternde Girlitze im Leipziger Stadtgebiet. Ebenda 


41. Jg. (1916) p. 157—158. 
-— Deutsches Vogelleben. Leipzig [II. Auflage] 1918. 
Enthält viele Mitteilungen über Sachsen. 


. Weigold, H., II. Jahresbericht der Vogelwarte der Kgl. 


Biologischen Anstalt auf Helgoland 1910. Journ. f. Orn. 
59. Jg. (1911) Sonderheft p. 121, 123. 


. Weise, A, Pflege und Schutz der Singvögel. Lusatia 


1. Jg. (1885) p. 35, 42—44. 


. Wichtrich, P., Der Leipziger Schlachtfeldgau als Winter- 


aufenthalt der Krähen. Sitzungsber. der Naturforsch. Ge- 
seilsch. zu Leipzig 38. Jg. (1911) p. 22—25. | 


. Zedlitz, OÖ. Graf, Die Avifauna des westlichen Pripjet- 


Sumpfes im Lichte der Forschung deutscher Ornithologen 
in den Jahren 1915—18. Journ. f. Orn. 68. Jg. (1920) 
p. 177— 235, 350--388, 69. Jg. (1921) p. 50—90, 269—406, 
mit zwei Tafeln. 

Gelegentlich sind zu systematischen Untersuchungen auch 
sächsische Vögel herangezogen, so p. 231— 234. 
Zimmermann, R. Ueber das angebliche Brüten der 
Reiherente auf den Frohburg-Eschefelder Teichen. Orn. 
Monatsber. 23. Jg. (1915) p. 10-11. 

— Tannenhäher und Seidenschwänze im Winter 1913/14 
im Königreich Sachsen. Ebenda 23. Jg. (1915) p. 22—23. 
— Eine weilse Fulica aira in Frohburg erlegt. Ebenda 
24. Jg. (1916) p. 183— 184. 

— Bilder aus dem Vogelleben. Orn. Monatsschr. 41. Jg. 
(1916) p. 356— 367 mit 2 Tafeln. 

— Auf Bahnschutzwache in Niederwartha. Ein Beitrag 
zur Ornis des Elbtales unterhalb Dresdens. Ebenda 44.Jg. 


- (1919) p. 145—158. 


— Storch und Kreuzotter. Ebenda 45. Jg. (1920) p. 46—50 
mit 2 Karten. 

— Zur Höhenverbreitung der Vögel. Journ. f. Orn. 68. Jg. 
(1920) p. 344—350. 

— Tragen die Vögel ihre gefährdeten Jungen fort? Orn. 
Monatsber. 29. Jg. (1921) p. 9—12. 


Ergänzungen zu 


Verbreitung und Vorkommen der Vögel in Sachsen. 


Es liegt in der Natur besonders der faunistischen Arbeiten, 


dals sie in Einzelheiten oft schon zur Zeit ihrer Veröffentlichung 
überholt sind, denn alle die Lücken zu schliefsen, die sich allein 


a 


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Nachträge zur Ornis Saxonica. 15 


schon bei der Zusammenfassung des Stoffes ergeben, ist einem 
einzelnen selbst bei gröfster Hingabe nicht möglich. Aufserdem 
erleidet ja auch die Vogelfauna beständige Aenderungen. Es 
gilt deshalb, der Verbreitung der sächsischen Vogelwelt auch 
fernerhin Aufmerksamkeit zu widmen. Aus diesem Grunde ist 
mir jede Ergänzung der nachstehenden Bemerkungen im höchsten 
Malse willkommen. — 

Wo die Nummern der in () angefügten Belegstellen noch 
eine römische Zahl aufweisen (z. B. 268/lll) ist mit dieser ent- 
weder dıe Band- resp. Jahrgangszahl, in einigen anderen Fällen 
auch die Auflagenummer gemeint. 


3. Colymbus a. arcticus L. 


Berichtigung: Lies p. 201 der Orn. Sax. unter dieser 
Art Zeile 12 von oben statt „auf dem“ am. 

Die neuerdings nachgewiesenen Polartaucher geben mir 
hinsichtlich ihres Auftretens zu besonderen Bemerkungen kaum 
Anlafs, denn ihre Fundzeiten fallen nicht aus den gewohnten 
ZugperiodenEnde Oktober-Anf.Dezemberund Mitte 
April-Mai heraus. Die von mir gewählte Bezeichnung als 
Wintergast gilt nur teilweise. Die Vögel befanden sich, soweit 
das festzustellen war, in der im Binnenland häufig auftretenden 
Tracht des Jugend- bezw. Winterkleides. 

Während des Frühjahrszuges beobachtete Schelcher (491) 
am 21. IV. 1914 einen auf dem Moritzburger Grofsteich. An- 
scheinend trug er trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit noch 
nicht das Hochzeitskleid, denn sein Beobachter erwähnt nur den 
grau gefärbten Scheitel und Nacken, nicht aber den dunklen 
Vorderhals, der doch mit seiner seitlichen Streifung gewils nicht 
_ weniger auffällig gewesen wäre. Den gleichen Stand der Be- 
 fiederung trug ein anderer, den ich selbst am 23. IV. 1919 auf 
der kleinen Talsperre bei Neunzehnhain (bei Lengefeld im Erz- 
gebirge) lange beobachten und mich mittels Prismenglases gut 
vom Feblen einer dunklen Kehlfärbung und weilsen Rücken- 
zeichnung überzeugen konnte. Ein Seetaucher mit ebenfalls 
hellem Vorderhals (derselbe?) zeigte sich schon am 18. IV. 1919 
auf dem Grofshartmannsdorfer Grofsteich, doch konnte ich in- 
folge zu grofser Entfernung nicht über die Art klar werden, 
vermute aber doch arcticus in ihm. Aus dem gleichen Grunde 
mufs ich die Bestimmung eines am 28. X. i913 auf deinselben 
Gewässer beobachteten, vermutlich bierher gehörenden Seetauchers 
offen lassen. Ein Stück im Jugendkleid, etwa 8. XII. 1917 bei 
Falkenau (bei Flöha) erbeutet, sah ich beim Ausstopfer Bär. In 
Berghähnels Sammlung steht ein ebensolches von den Limbacher 
Teichen. 

4. Colymbus stellatus Pontopp. 


-Standen die bisher für Sachsen bekannten Nordseetaucher, 
denen ein in Helds Sammlung (104) befindliches „gQ' Zittau, 


16 ' Rich. Heyder: 


Herbst 1872 gefangen“ noch nachzutragen ist, alle, soweit die 
Literatur dahingehend Auskunft gibt, im schlichten Herbstkleide, 
so kann ich heute die erste Mitteilung über das Vorkommen 
eines solchen im Hochzeitskleid machen: Salveter teilte mir 
mündl. mit, dafs im Dezember 1914 ein Stück mit roter Kehle 
auf der Zschopau bei Waldheim erbeutet wurde, das er selbst 
sehen, aber nicht erwerben konnte. Aufserdem kamen natürlich. 
noch weitere, im Jugend- bezw. Winterkleid steckende Exemplare 
zur Festellung, darunter bemerkenswerterweise auch eins im. 
Frühjahr, das Mayhoff (534) am 25. IV. 1915 auf der Elbe 
bei Wildberg beobachtete, ferner je ein Junger, Ende der 
neunziger Jahre vor. Jahrhunderts bei Dittmannsdorf (bei 
Zschopau) erbeutet, jetzt im Chemnitzer Museum (Henker briefl.), 
einer bei Frankenberg gefangen, in der Sammlung des dortigen 
Lehrerseminars (Kästner mündl.) und ein weiterer verletzt bei 
Grüna (bei Chemnitz) gefunden, in der Grünaer Schule (Köhler 
mündl.).. Endlich sei noch erwähnt, dafs Mayhoff (534) am 
13. X. 1915 auf der Talsperre bei Malter einen Seetaucher 
beobachtete, den er (nach briefl. Mitteilung) zu dieser Art zu 
stellen geneigt war. | 

Der Durchzug dieser Art tritt also, wie noch kurz zu- 
sammengefafst sei, nur im Herbste schärfer in Erscheinung und 
umspannt die Zeit der Monate Oktober bis Dezember. 
Der Frühlingszug ist bisher nur durch eine Beobachtung (534) 
belegt. 

; 5. Podiceps c. cristatus (L.). 


Die von mir angegebene Aufenthaltsdauer muls, wenn sie 
auch im allgemeinen zutrifft, für Ausnahmefälle dabin erweitert 
werden, dals zuweilen einzelne Haubentaucher im Herbste bis 
Dezember (34), andereschon wiederim Februar (268/lll,/IV, 
13, 534), namentlich auf den gröfseren Flüssen, anzutreffen sind. 
Ausgesprochene Ueberwinterung ist mir nicht vorgekommen und 
bei der verhältnismälfsig geringen Gröflse unserer Gewässer auch: 
kaum zu erwarten. 


8. Podiceps n. nigricollis Brehm. 


Schwarzhalstaucher beobachtete ich 1918 schon zu unge- 
wöhnlich früher Zeit, am 17. IIL, auf dem Frohburger Ziegel- 
teich, wo auch am 31. X. 1917, also ziemlich spät, vermauserte 
Vögel noch in Menge vertreten waren. 

Den Mitteilungen über das Brüten dieses Tauchers sei 
angefügt, dafs schon F. A. L. Thienemann (536) sein Nest aus 
der Leipziger und Dresdener Umgegend und der Lausitz erhielt. 
Bei Moritzburg, woher er durch Helm (111, 124) vom Dippels- 
dorfer Teich bekannt war, brütete er nach Mayhoff (492) in 
neuerer Zeit auf folgenden Teichen aufser dem schon genannten: 
Grofsteich, Oberer und Niederer Waldteich, Schlofs-, Frauen- und 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 2 17 


Köckritzteich, Niederauer Neuteich und lehrte durch die Ver- 
teilung seines Bestandes die Gebundenheit der Art an ausge- 
dehnte Dickichte von Typha angustifolia, Acorus calamus, Scirpus 
lacuster, Sparganium ramosum“. 6. VI. 1919 sah ich einen 
solchen Taucher auch auf dem Bauernteich bei Moritzburg. Da- 
gegen vermifste ich ihn auf allen von mir besuchten — mehr als 
vierzig — Teichen der westlichen Lausitz zwischen Schönfeld- 
Zschorna im Westen und Weilsig im Osten. Für die weiter im 
östlich gelegenen Teile der Lausitz ist er mehrfach (2, 99, 268/I, 
"230, 376) brütend nachgewiesen, wie schon (446) näher ange- 
geben wurde. Nachzutragen bleibt hierzu, dafs nach Hager (268/I1I) 
15. V. 1888 ein nistendes Pärchen auf dem Oberoderwitzer Teich 
erlesgt wurde. Im Gebiet der Vereinigten Mulde beobachtete 
ihn Höpfner (268/X) zur Brutzeit, am 3. VI. 1894, in einem 
Paare auf den Püchauer Teichen (bei Wurzen), Voigt (384) 
zuweilen in derselben Gegend auf den Teichen um Machern. 
Hülsmann (198) kannte ihn für diese Gebiete nur als Gast, ver- 
merkt aber ein ähnlich frübes Beobachtungsdatum wie oben 
(15. III). Auf dem Grofsteich bei Grofshartmannsdorf, dem 
wahrscheinlich höchsten Brutplatz, brütete er recht unregelmälsig. 
Er bewohnte ihn zur Brutzeit 1910 (432), 1912, 1913, 1919 und 
1920. brachte aber Nachkommenschaft nachweislich nur 1912, 
1919 und 1920 auf. Helm (432) beobachtetete 1 St. am 19. VI. 
1910 auch auf dem Helbigsdorfer Grolsteich, 2 km südöstl. vom 
vorigen gelegen, sodafs auch hier sein zeitweiliges Brüten möglich 
erscheint. Regelmälsig ist es aber keineswegs, da mir die Art 
dann wohl kaum entgangen wäre. 


Fulmarus g. glacialis (L.). 

Nach Schneider (525) wurde in der Nacht vom 5. zum 
6. X. 1919 bei Wurzen ein volkommen ausgefärbter weiblicher 
Eisstarmvogel gefangen und einige Tage später lebend im Zoolog. 
Garten zu Leipzig eingeliefert, wo er verendete. Der Balg be- 
findet sich in Schlegels Sammlung. 
| ‘Der Eissturmvogel ist durch dieses Vorkommnis nicht nur 
neu für Sachsen, sondern anscheinend auch für das innere 
Deutschland überhaupt nachgewiesen, da seine seitherige Fest- 
stellung nur im Nordsee- und (selten) im Östseelitorale erfolgte. 


14. Larus a. argentatus Pontopp. 


Meine Mitteilungen über das Erbeuten dieser Art bei 
- Höckendorf und Stollberg (268/Ill) sind fragwürdig, denn Meyer 
und Helm (268/Vl) bezweifelten schon die Richtigkeit derselben. 

Behms (12) versichert ein 9‘ der Silbermöwe aus Zittau 
bekommen zu haben. ‘Berge (25) beobachtete im Okt. 1898 am 
Zwickauer Schwanteiche 2 Möwen, die er als Silbermöwen im 
Jugendkleide ansprach. Mayhoff (534) notierte am 19. XI. 1915 
2 über der Elbe bei Blasewitz im Winterkleid. 

Journ. f. On. LXX, Jahrg. Januar 1922. 2 


18 Rich. Heyder : 


15. Larus f. fuscus L. 


Ein wichtiges Belegstück der Heringsmöwe vergals ich auf- 
zuführen, ein junges Stück, nach J. Thienemann (541) am 24.X. 
1911 in Rossitten beringt und am 25. XI. 1911 im Revier Leub- 
nitz bei Plauen i. V. geschossen. Heller (429, 431) beobachtete 
ebenfalls im Vogtlande, bei Bad Elster, einmal 9 auf einem 
Sturzacker. Mayhofi (534) notierte ein altes Exemplar am 
31. X. 1914 über den Wilisch bei Kreischa streichend. 


16. Larus c. canus L. 


Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dafs schon Ludwig ° 


die Sturmmöwe in seinem Vogelverzeichnis Sachsens (251) auf- 
führt. Für neuere Zeit liegt durch Mayhofi (491, 534) eine 
Reihe Beobachtungen aus dem Bereich des Elbstromes vor: 
15. X. 1914 1 im-ersten Winterkled am oberen Waldteich bei 
Moritzburg, 26. XII. 1914 1 juv. über der Elbe bei Wachwitz, 
3. 11. 1915 3 Junge bei Kötzschenbroda, 1 unterhalb der Gauer- 
nitzer Elbinsel, 25. XII. 1915 3 im Winterkleid am Wildberger 
Haken (Elbe), 24. II. 1916 1 Junge über der Elbe bei Kötitz. 
Am 25. Ill. 1921 beobachtete ich eine ebensolche lange auf dem 
Grofshartmannsdorfer Grolfsteich. 


17. Larus r. ridibundus L. 


Die zur Zeit gröfste sächsische Lachmöwenkolonie auf dem 
Vierteich beiFreitelsdorf, südöstlich von Grofsenhain, 
war mir bei Abfassung der Orn. Sax., wie Hoffmann (456) richtig 
vermutet, unbekannt, bis mich Hinweise in der Literatur (542) 
und briefl. und mündl. Nachrichten Mayhoffs auf sie aufmerksam 
machten. Inwieweit sie identisch ist mit der Kolonie, die nach 
den Angaben Neumanns und Grünewalds (1/lII) sich 1878 „in 
mehreren hundert Stück“ von der des Adelsdorfer Gr. Spittel- 
teichs „abgezweigt“ und auf dem Teiche bei Schönfeld gebildet 
hatte, vermag ich nicht zu sagen, zumal nach diesen Gewährs- 
männern (1/lIl) im seiben Jahre auch nach dem „Teich bei 
Kalkreuth“ Brutmöwen von Adelsdorf in geringerer Zahl ab- 
zweigten, der (1/V, 268/l) auch für spätere Jahre — 1880, 
1885 — wieder als Brutort erwähnt wird. An letzterer Stelle 
wird der Kalkreutber Teich „Grofsteich“ genannt. Hierzu ist zu 
bemerken, dafs heute bei Kalkreuth unmittelbar kein grölserer 
Teich, zwischen diesem Ort und Schönfeld aber folgende 3 Teiche 
liegen: Mühlbacher, Röhricht- und Dammmühlenteich; 2 km 
südlich vom letzteren liegt der Vierteich. Die Angabe „Grofs- 
teich bei Kalkreuth‘‘ läst vermuten, dafs sich Neumann und 
Grünewald nur sehr flüchtig oder durch Mittelspersonen über 
die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse unterrichtet haben, sodafs 
die Vierteich-Kolonie damals schon gemeint bezw. mitgemeint 
gewesen sein kann. 1919 brüteten auf den genannten 3 Teichen 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 19 


keine Möwen, doch ist natürlich nicht ausgeschlossen, dafs dies 
zu Neumanns und Grünewalds Zeiten der Fall war. Die Aus- 
kunft Jacobis (446, 456) betraf aber wohl die Kolonie auf dem 
Vierteich. Sie umfalste nach Hoffmann (456) 1916 schätzungs- 
weise 1500 Paare; auch Mayhoff schätzte (492) über 1000 Paare. 
Jacobi (542) nimmt ihre Stärke ebenfalls mit 3000 Köpfen an 
und vermutet, dafssie von der der Moritzburger Teiche besiedelt 
worden sei. Indessen findet ein Individuenaustausch auch 
zwischen Kolonien auf gröfsere Entfernungen hin statt, wie eine 
am 21. V. 1913 bei Militsch (Schlesien) beringte, dort erbrütete 
Möwe beweist, die nach J. Thienemann (542) am 30. IV. 1916 in 
der Kolonie des Vierteichs an Legenot verendet aufgefunden 
wurde Am 7. VI 1919 überschlug ich die Zahl der in dem 
stark verlandeten Teichareal gerade anwesenden mit 600-800 
Stück; eine sehr grofse Zahl war natürlich dauernd abwesend, 
und es herrschte, besonders in Richtung nach der Elbe, ein be- 
ständiges Kommen und Gehen der Alten. Junge wurden noch 
nicht gesichtet. Ä 

Ueber die Kolonie auf dem Gr. Spittelteich bei 
Adelsdorf, die im Jahre 1913 noch ca. 50 Paare aufwies, 
fehlen mir neuere Nachrichten. 

Die ehedem so starken Kolonien bei Moritzburg, auf dem 
Dippelsdorfer und dem Frauenteich, nördl. von Dresden, 
sind nach Mayhoff und Schelcher (491, 492) dem Erlöschen nahe. 

Erloschen ist ferner die schwache Siedelung, die ich 
1912 —1914 auf dem südwestlichen Ausstichgelände am Gro/[s- 
teich bei Grofshartmannsdorf feststellte (181, 446). 
Die Nester standen damals wahrscheinlich auf den unzugänglichen 
Resten der alten Torfstichdämme, die inselartig vom Wasser um- 
flutet und mit Kaupen besetzt sind. Sobald ich zur Brutzeit in 
deren Nähe kam, wurde ich von den Alten heftig angenommen. 
Später safsen dann auch die Jungen gern auf den schlammigen 
Rändern und Bänken dieser Orte. Mehrfach fand ich unter den 
Jungen solche von so unbeholfener Flugbarkeit, dafs sie unmöglich 
von anderen Orten zugewandert sein konnten. Helm (452), der 
den Teich 1910 und 1911 vor mir besuchte, fand die Lachmöwe 
hier nicht als Brutvogel. Die Siedelung hat demnach nur 5 Jahre 
bestanden. 

Wahrscheinlich gleichfalls erloschen blieben die ehemaligen 
Siedelungen bei Commerau (99), Burkersdorf (268/l, 230 etc.), 
Burkhardshain (198), Frohburg (268/l, 391 etec.), Grethen (311, 
151), Grofshennersdorf (230) und Rohrbach (133, 137), die ich 
bereits (446) erwähnte. Von der F:ohburger Kolonie besitze ich 
2 Eier: „19. V. 1910 Ziegelteich.“ 


18. Rissa t. tridactiyla (L.). 
| Zu den von mir aufgeführten Nachweisen sächsischer Drei- 
zehenmöwen gesellen sich noch die Angabe Langes (245), die 
2* 


20 Rich. Heyder: 


Art einmal bei Zittau gefunden zu haben, sowie der Nachweis | 


eines noch nicht erwähnten Belegstücks der Sammlung der Natur- 
forsch. Ges. des Osterlandes in Altenburg mit der Aufschrift 
„Crimmitschau, 22. I. 1873“ durch Hiltebrandt (451). Die Mit- 
teilung des Berichterstatters Bauer in Friesen bei Reichenbach 
(268/IV), am 25. VII. sei eine erlegt worden, die ich ausliefs, 
versahen Meyer und Helm schon mit einem berechtigten Frage- 
zeichen. (S. 209 Jabrg. 1916 5 Zeile von unten lies IX anstatt XI). 


20. Sierna a. albifrons Pall. 


Weifsmantel (Tgbch.) beobachtete eine Zwergseeschwalbe 
noch am 11.X1. 1917 am Tschernitzteich bei Bulieritz (bei Kamenz). 


21. Hydrochelidon leucoptera (Temm.). N 


Das einzige sächsische Belegstück der Weilßsflügeligen See- 
schwalbe (2. Vf. 1887 Breitenbach bei Meerane) gelangte nach 
Päfsler (268/Vl) in die Naturwissenschaftliche Sammlung des 
Chemnitzer Museums. Dieser Vogel ist, wie mir Henker ver- 
sichert, noch vorhanden, nur ist nicht zu ersehen, welches der 
zwei in der gen. Sammlung aufbewahrten leucoptera älterer Her- 
kunft hierfür in Frage kommt, weil beide uudatiert sind. Da 
sich eins dieser Tiere im Brutkleid befindet, das andere in der 
Brutmauser steht, kommt angesichts des Erlegungsdatums wohl 
das erstere in Frage. Auf jeden Fall aber besteht Päßslers Be- 
stimmung zu Recht. Im Neuen Naumann ist übrigens dieses 
Vorkommnis fälschlich nach Sachsen-Altenburg verlegt. 

Neuerdings ist diese Seeschwalbe von Hoffmann (455, 456) am 
19. VI. 1917 in 10—11 Exemplaren am Dippelsdorfer Teich bei 
Moritzburg und von Köhler (472) am 6. V1. 1919 in einem Stück 
auf dem Poltermühlenteich in Grüna bei Chemnitz beobachtet 
worden. 

22. Hydrochelidon n. nigra (L.). 


Gegenwärtig sind, wie ich durch Weifsmantel weils und 
mich auch durch eigene Besichtigung überzeugte, die von Lübeck 
(268/Il) genannten Brutplätze der Trauerseeschwalbe bei 
Brauna, Grüngräbchen und Schwepnitz nicht mehr bewohnt. 
Auch zur Zugzeit ist in der westlichen Lausitz nach ersterem 
Gewährsmann das Auftreten spärlich. Aehnlich vermochte May- 
hoff (491, 492) neuerdings bei Moritzburg keine derartigen 
Durchzügler festzustellen, obwohl die Art nach Schelcher (491) 
1910 noch am Dippelsdorfer Teich gebrütet haben dürfte. 

Helm (127) beobachtete eine noch am 16. X. 


23. Phalacrocorax carbo subeormoranus (Brehm). 

Eine alte Ueberlieferung (T. Heydenreich, Leipzigische 
Cronicke 1635 p. 371; 69, 150) erwähnt den Fang eines „wilden 
Seeraben, so grölser als sonst ein gemeiner Rabe“, auf dem 
Gange des Thomasturmes zu Leipzig am 2. XI. 1627. 


BET 


a 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 21 


Dehne (58) berichtet über eine Scharbe, die im Herbst 


' 1853 bei Chemnitz erlegt wurde. Neuerdings beobachtete May- 


hoff eine am 18. X. 1908 auf dem Grofsteich bei Moritzburg; 
weitere Beobachter (491) sahen zu derselben Zeit dort 2. 
Insgesamt ist das Auftreten des Kormorans nunmehr in 
folgenden 11 Fällen durch Nachrichten oder Belegstücke be- 
kannt: Leipzig (siehe oben), Grofsteich bei Moritzburg (289, 
290, 269, 124, 271), Leipzig (289, 290, 269, 124, 491), Walden- 
burg (331, 58, 491), Cossebaude (58, 491), Chemnitz (58), 
Lützschena (150), Crostau (446), Gräfenhain bei Königsbrück 
(284), Neudorf (25, 29, 491), Grofsteich bei Moritzburg (491). 


26. Mergus serrator L. 


Berichtigung: Lies p. 213 in der Ueberschrift statt 
„Meryus“ Mergwus. | 

Den bereits erwähnten Fällen des Vorkommens Mittlerer 
Säger sind nachzutragen SQ vom Herbst 1875 aus Kleinschönau 
in der Sammlung Th. Held (105), @ 11. XII. 1878 bei Grofsen- 
hain erbeutet (284) und Mayhoffs Beobachtungen an der Elbe: 
5.1IV.1915 5 bei Loschwitz und 13.11. 1915 2 bei Laubegast (534). 


27. Mergus albellus L. 


Berichtigung: Lies p. 213 Zeile 5 von oben statt 
„Q vom Herbst 1875 aus“ @Q von 1872 aus. 

Die bisher einzige Herbstnotiz ist laut vorstehender Be- 
richtigung zu streichen. Mayhoff (492) beobachtete den Zwerg- 
säger mehrfach an der Elbstrecke zwischen Dresden und Meifsen 
aber auch schon im Dezember (19., 25., 30.). Sein Auftreten 
ist nunmehr erwiesen für die Zeit vom 19. XII. bis 8. IV. (2) 
und folgende Flulsgebiete: Weiflse Elster: Schleufsig (150); 
Mulde: Chemnitz (268/VII), Limbach (S' in Berghähnels 
Sammlung, am Grofsteich bei Limbach erlegt), Grimma (268/VIII, 
/IX.), Nischwitz (268/lIl, /IV, 197, 198), unterhalb Wurzen (384, 
395); Elbe: Pillnitz (446), Dresden (120) bis Meilsen (492); 
Spree: Königswartha (2), Neiflse (67, 245, 268/IV): Klein- 
schönan (104), Burkersdorf (230), Die Fundorte schliefsen sehr 
augenfällig alle gebirgigen Striche aus. 


28. Somateria m. mollissima (L.). 


Die schon von Helm (130) erwähnte, im Dezember 1908 
auf dem Chemnitzer Schlofsteich ergriffene Eiderente konnte ich 
im Chemnitzer Museum besichtigen: Ein junges 01, dessen 
Mauseruug in das Brutkleid beginnt, wie einzelne weifse Federn 
auf Brustmitte und -seiten zeigen. Gegenwärtig kenne ich von 
den 4 bezw. 5 sächsischen Vorkommen 2 Belegstücke: 9 13.1. 1889 


Chemnitz (genauer „Auerswalder Gebiet“ (268/V)) im Zool. 


Museum Dresden und das oben erwähnte, 


22 Rich. Heyder: 


.29. Oidemia f. fusca (L.) 


Berichtigung: Lies p. 214 auf Zeile 12 von oben statt 
„Soritsch“ Saritsch. 


30. Oidemia n. nigra (L.). 


Nach Dietrich aus dem Winckell!) sollen 1805 und 1808 
zwischen Leipzig und Wurzen zwei Trauerenten erlegt worden sein. 


32. Nyroca fuligula (1..). 


Bedauerlicherweise habe ich in der Orn. Sax. die Notizen, 
die das Brüten der Reiherente auf dem Eschefelder Grofsteich 
bei Frohburg festlegen, übersehen, obwohl Helm dieselben wieder- 
holt veröffentlicht hat. Ich konnte sie aber noch anhangsweise 
kurz nachtragen. Helm (124, 127) beobachtete nämlich Ende 
Juli 1896 ein Q mit 8 ziemlich grofsen Jungen, am 11. VII. 1897 
ein @ mit 12 (an anderer Stelle [124] steht 13) und am 17. VII. 
1899 ein © mit 3 Jungen auf dem erwähnten Teiche. Angaben 
über die Fortpflanzung dieser Ente auf den Teichen bei Froh- 
burg sind auch — wenngleich in knapper Form und bezüglich 
des Ortes unrichtig — in die Neuausgabe vom Naumann über- 
gegangen. Zimmermann (561) berichtist das Letztere und 
äufsert sich dahin, dafs die Angaben von einem dortigen Brut- 
vorkommen irrtümliche seien. Zimmermanns Zweifel, die übrigens 
auch Hildebrandt (545) teilt, beziehen sich aber wohl haupt- 
sächlich auf die Behauptung im Naumann und sind anscheinend 
ohne Kenntnis jener eingangs erwähnten Brutnachweise ent- 
standen. Ich glaube sie jedoch nicht nur durch Hinweis auf die 
gut begründete Stellungsnahme Tischlers (545), sondern vor allem 
durch Helms eigene Worte entkräften zu können, in denen er 
(124) sagt: „Ich war dort auch in den beiden letzten Jahren — 
die Beobachtung von 1899 war damals noch nicht erfolgt — in 
der glücklichen Lage, je eine weibliche Reiherente mit Jungen 
wiederholt in solcher Nähe betrachten zu können, dafs über ihre 
Identität kein Zweifel herrschen konnte, denn mit Hilfe des 
Feldstechers sah ich nicht nur den Schopf, sondern auch die gelbe 
Iris des Vogels“. Schon in den Jahren vorher waren Helm die 
Brutzeit hindurch bald einzelne, bald kleine Gesellschaften dieser 
Art vorgekommen (124), sodals er schon damals es für „höchst 
wahrscheinlich‘ hielt, dafs die Art daselbst brüte (119, 122). 
Eine Veranlassung zu Zweifeln dürfte angesichts obiger Be- 
merkungen kaum noch bestehen und das Brüten der Art 
wenigstens für die angeführten Jahre als sicher anzunehmen 
sein. Es ist sonach für Sachsen nachgewiesen für die Teich- 
gebiete von Moritzburg (1891 Schlofsteich, 1892 Dippels- 
dorfer Teich) und Frohburg (1896, 1897, 1899 Eschefelder 


1) Handbuch für Jäger 2. Aufl. Leipzig 1820. I. Teil p. CCCCIY.- 


u ya 
UT = 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 28 


Grofsteich. Gegenwärtig brütet die Ente in keinem der 
beiden Gebiete mehr, sondern besucht sie nur auf dem 
Durchzuge. 

Einzelne Exemplare zeigen sich, wie verschiedene Beobachter 
übereinstimmend bestätigen, nicht selten zur Brutzeit. Den 
wenigen in der Orn. Sax. aufgeführten derartigen Fällen sei an- 
gefügt, dals Zimmermann (561) am 17. VI. 1914 ein einzelnes 
Q' bei Frohburg, ich am 6. VI. 1909 ein ©‘ ebenda auf dem 
Grofsteich, am 18. VIII. 1919 ein einzelnes Stück auf dem 
Grofsteich bei Grofshartmannsdorf, Mayhoff (492) ein einzelnes 
g' am 20. VII. 1916 auf dem Moritzburger Schlofsteich beob- 
achteten. Fast stets sind es, wie Hildebrandt (545) zutreffend 
hervorhebt, 91, die in dieser Weise umherbummeln. 


35. Nyroca n. nyroca (L.). 


1916 fand Mayhoff (492) ein Brutpaar der Moorente auf 
dem Moritzburger Schwanteichee Weilsmantel (Tgbch. und 
mündl.) kennt sie als Brutvogel aller gröfseren Teiche der west- 
lichen Lausitz. 

Alle nunmehr bekannt gewordenen Brüteplätze be- 
schränken sich, mit Ausnahme des ehemaligen bei Burkersdorf, 
auf die Niederung. Sie gruppieren sich folzendermafsen: 
Leipziger Bucht: Teiche bei Frohburg: Früher hier häufig 
nach Kratzsch (246, 217) brütend, berichten neuere Beobachter 
(119, 127, 391, 451) nichts mehr von einem Brutvorkommen; ich 
selbst bemerkte sie zur Brutzeit neuerdings mehrmals (13. V. 
1915 Q'Y, 10. VI. 9, 22. VII. 1917 g'Q), ohne indessen Brut- 
beweise ermitteln zu können. Teiche bei Rohrbach: 13906 —09 
ein Brutpaar (149, 150, 151, 152, 157). Teiche bei Püchau: 
Bruten während der achtziger Jahre (268/V),. Rödergebiet: 
Teiche bei Moritzburg (491, 492); am 5. VI. 1919 @ von mir 
auf dem Schlofsteich beobachtet; 7. Vl. sodann zwei 9° am 
Vierteich bei Freitelsdorff. Lausitzer Niederung: Teiche 
bei Zeisholz, Cosel, Schwepnitz, Grüngräbchen, Grofsgrabe, 
Bulleritz, Biehla, Weifsig, Döbra, Milstrich, Schönbach, Rohrbach, 
Brauna, Deutschbaselitz, (Weilsmantel mündl.), Königswartha 
(2, 99). Ich beobachtete sie an mehreren der genannten Orte 
zur Brutzeit, aufserdem am 4. VI. 1914 auf Teichen bei Holscha, 
Commerau und Brohna (446). Die Teiche ostwärts von hier be- 
wohnt sie vermutlich ebenso, doch sind diese Gebiete bisher 
kaum bekannt geworden. Neifsegebiet: Früher nach Held 
(104) an den Teichen bei Burkersdorf brütend, von Kramer 
neuerdings dort (230) nicht mehr bemerkt. 


36. Bucephala c. clangula (L.). 


Mehr und mehr rundet sich das Bild vom örtlichen Brut- 
vorkommen der Schellente, das bisher auf die Teiche der 


24 Rich. Heyder: 


Flufsgebiete von Spree und Schwarzer Elster beschränkt er- 
schien. Neuerdings hat der so erfolgreiche Mayhoff das plötz- 
liche Auftreten dieser Ente westlich aller bisher bekannten 
Brutorte auf den Teichen bei Moritzburg festgestellt. 
Er beobachtete, wie er in umfassenden und vorbildlich gründ- 
lichen Mitteilungen (492) darlegt, 1916 auf dem Schlofsteich 
2 Bruten und schildert unter zahlreichen biologischen Be- 
merkungen, auf welche hier verwiesen sei, das Heranwachsen der 
Jungen. 1919 war es mir zu meiner grolsen Freude vergönnt, 
das Brüten der Ente auf diesem Gewässer zu bestätigen. Am 
Nachmittag des 5. VI. trieben sich auf der östlichen Seite des 
Westbeckens gen. Teiches 7 der durch ihre weise, scharf kon- 
trastierende Wangenfärbung leicht kenntlichen Dunenjungen 
eigentümlich zerstreut und sehr selbständig unter fortwährendem 
Tauchen umher, ohne dafs zunächst ein 9 bei ihnen gewesen 
wäre. Wohl aber schwammen 2 braunköpfige Alte — die eine 
mehrfach „kopfruckend“ — und eine ebensolche einzeln nahe 
dem Schwanenhäuschen umher, während sich fast gleichzeitig 1 9 
und 10 etwas kleinere, sich gedrängt haltende Junge auf der 
westlichen Seite des Teiches tummelten. Gegen abend zählte 
ich in beiden Ketten aufser den QQ nur 6 und 7 Junge, doch 
ist bei der schon erwähnten Selbständigkeit dieser Zahlenunter- 
schied schon erklärlich. Am Morgen des 6. Vl. beobachtete ich 
nur die Jungen einer Brut hinter kleinen Pflanzenbüscheln im 
Wasser sitzend, bis das Q sie zusammenlockte. 1 braunköpfiger 
Vogel vollführte währenddem zahlreiche Rundflüge, die ihn fast 
stets durch den Garten des Moritzburger Schlosses führten. Noch 
am nämlichen Tage erblickte ich auf der Mitte des Bauernteichs 
(nordwestl. vom Moritzburger Mittelteich) ein grünköpfiges o' 
und 2 Braunköpfe, gleichzeitig aber auch ca. 8 Dunenvögel, 
wiederum über einen grofsen Teil des Teiches verstreut. Das 
aus dem Schilf hervorkommende © führte sie schliefslich bis 
auf 2, die weiter auf der Blänke verblieben, in dieses zurück. 
Dieser Brutort ist der westlichste sächsische, soweit mir diese 
bisher bekannt wurden. Das spontane Auftreten im Moritzburger 
Gebiet bleibt bemerkenswert; ein früheres Brüten würde gerade 
bei dieser Art weder Mayhoff noch Helm entgangen sein. Der 
erstere vermutet übrigens, dafs diese Moritzburger Brutvögel es 
sind, die z. T. auf der Elbe überwintern. Für weit zurückliegende 
Zeit führt sie als Brutvogel dieses Gebietes schon F. A. L. Thiene- 
mann (536) an, der zwei Eier „aus einem Neste aus den 
Moritzburger Teichen‘“ erhalten zu haben angibt. Thienemann 
läfst wie Naumann die Schellente im Schilf nisten, was Mayhoff 
(492) nicht ohne Grund mit Zweifeln erfüllt und zur Glaubhaft- 
machung nur ebenso schwach beitragen kann wie die mitge- 
teilten Mafse der Eier eine Nachprüfung gestatten, weil sie nach 
it sind, das angewendete Zollsystem aber unbekannt 
eibt. 


_ Nachträge zur Ornis Saxonica. 28 


| Für die westliche Lausitz konnte ich bereits (446) 
eine Reihe von Brutstätten namhaft machen: die Teiche bei 
Deutschbaselitz (268/IIl, /V, 2, 446), Milstrich (268/IV) und 
Schwepnitz (446). Durch die Freundlichkeit Weifsmantels (Tgbch.) 
bin ich zu einer grofsen Zah! weiterer Brutbefunde gekommen, 
die ich kurz anführen möchte: Deutschbaselitz: auf dem Grofßs- 
teich 1918 2, 5 und 6 Dunenjunge, 1919 Nest in hohler Eiche, 
am Sandteich 1914 Nest in hohler Eiche mit 4 Eiern, j1919 5 
und 7 Dunenjunge; Milstrich: auf dem Rocknitzteich 1919 
3 halbwüchsige Junge; Biehla: 1918 1 9 aus Nistkasten!) am 
Teichdamm abfliegend ; Weilsig: 1919 auf dem Grofsteich 4 und 7 
halbwüchsige Junge, auf dem Alten Teich 6 Dunenjunge; 
Brauna: am Grenzteich 1919 Nest in hohler Eiche; Bulleritz: 
auf dem Tschernitzteich 1917 6 Dunenjunge; Grofsgrabe: 1918 
fliegt am Langen Teich 1 © aus hohler Eiche, auf dem Grolsteich 
4 Junge; Schwepnitz: 1918 auf dem Triemigteich 5 und 6 halb- 
wüchsige Junge, am Hinteren Teich Nest in hohler Eiche. Bei 
eigenen, verhältnismäßig flüchtigen Besuchen dieser Gebiete 
notierte ich neben alten Vögeln, die natürlich Weifsmantel 
regelmälsig und nicht selten antraf, am Abend des 11. VI. 1919 
Q mit ca. 7 kleinen Jungen auf dem Nordbecken des Sandteichs 
bei Deutschbaselitz, am 8. VI. 1920 auf dem Triemigteich bei 
Schwepnitz 1 halbwüchsigen Vogel wenige Meter vor mir am 
Schilfrande. Aus der Anzahl vorstehender Notizen ergibt sich 
zur Genüge die Art des Vorkommens. Wahrscheinlich ebenso 
verbreitet mag die Schellente auf den zahlreichen Teichen östlich 
der ebenerwähnten sein, doch liegen Nachrichten nur über 
(Königswartha (2, 99), Milkel (2) und Klix (268/1V) vor. 


37. Olangula hyemalis (L.). 


In Salveters Sammlung ein 9! „aus der Gegend von Dresden“ 
Salveter mündl.); Näheres war nicht zu ermitteln. 


41. Anas penelope L. 

Die von Fritzsche (268/Ill) gemachte und von mir (446), 
übernommene, aber nicht als vollwertig betrachtete Angabe, die 
Pfeifente sei Brutvogel an den Moritzburger Teichen und im 
Sommer 1879 dort in ziemlicher Zahl erlegt, ist bereits durch 
Meyer und Helm (268/VI) widerrufen worden und bezieht sich 
auf die Tafelente. 


43. Anas querquedula L. 


Die Knäckente kann ich nunmehr als Brutvogel auch für 
den 500 m hoch liegenden Grolsteich 'von Grofshartmannsdorf 


1) An den riesigen Kiefern der dortigen Teichdämme sind sowohl 
für die Schellente als auch für die Blaurake Nistkästen (Holzkisten 
mit seitlicher Oeffnung) mit Erfolg ausgehängt worden. D. Verf. 


26 Rich. Heyder: 


aufführen. Am 12. VII. 1920 beobachteten Voigt und ich ein Q 
mit 8 kleinen Jnngen. 


45. Tadorna tadorna (L.). 


Hesse (440) wendet sich in der Annahme, dafs ich ihn 
Laienangaben gegenüber für nicht vorsichtig genug kennzeichnen 
wolle, gegen meine Bemerkung, dafs man zugetragenen Nachrichten 
über das Vorkommen von Brandgänsen (Brandenten) mit äulserster 
Vorsicht entgegentreten müsse, weil im Volksmund da und dort 
auch die Tafelente „Brandente‘“‘ genannt werde. Er beachtet 
nicht, dafs — während seine Angaben (148) auf ihm von dritter 
Seite übermittelte Gefiederbeschreibungen sich gründen — 
ich vom erwähnten Volksnam en ausgehe und unterläfst bei An- 
führung meiner Worte, einen wesentlichen Satzteil anzuführen, 
sodals der Leser den Eindruck erhalten mufls, als richte sich 
meine Bemerkung gegen die von Hesse aufgewendete Sorgfalt. 
Diesen Sinn habe ich, wie bier ausdrücklich erklärt sei, meinen 
Worten nicht zu geben beabsichtigt. 


53. Cygnus olor (Gm.). 


In der Orn. Sax. schrieb ich vom Höckerschwan; 
„— — Insbesondere werden auch die, welche da und dort den 
Sommer verbrachten, halbzahm gehaitene und entwischte Vögel 
sein. Diese Art ist also nur als seltener Durchzugsvogel anzu- 
sehen“. Dies wird von Hesse (440) beanstandet, weil ich dem- 
nach „die alten im Nordwesten Leipzigs gelegenen Brutplätze 
gänzlich zu erwähnen vergessen‘ hätte. Hesse meint damit die 
von ihm früher (143, 150) bereits namhaft, gemachten sog. 
Brandt’schen Lachen südlich des Leipziger Vorortes Möckern 
mit den ihnen benachbarten Auegebieten. In ihnen haben 
„Höckerschwäne z. T. in mehreren Paaren eine lange Reihe von 
Jahrenund noch bis in das jetzige Jahrhundert hinein gebrütet. — — 
Sie hielten auch den Winter aus, solange noch offenes Wasser 
in den stehenden oder den nahen fliefsenden Gewässern, auf 
welch letztere sie schliefslich bei völliger Vereisung der ersteren 
abwanderten, vorhanden war.“ 

Die ganze Frage findet ihren Angelpunkt darin, ob man 
in den Vögeln Wildlinge erblickt oder nicht, denn mit meiner 
oben ausgesprochenen Kennzeichnung will ich natürlich nur das 
Auftreten des wilden Höckerschwans in Sachsen festlegen. 
Hesse selbst (440) läfst, unentschieden, ob sie „als ursprünglich 
wilde oder als entwichene, oder endlich als Abkömmlinge teils 
entwichener teils einzelner daraufhin zugewanderter wilder anzu- 
sehen‘ sind. Schon das starre Festhalten des für einen so grofsen 
und als Wildvogel gewandten Flieger immerhin verhältnismälsig 
kleinen Gebietes zu allen Jahreszeiten läfst vermuten, dafs die 
Leipziger Brutstätten mit Wildschwänen nicht besiedelt waren 


Nachträge zur Ornis Saxonica, 27 


Ich gehe wohl auch kaum fehl in der Annahme, dafs es gerade 
die besprochenen Oertlichkeiten sind, von denen Voigt (384) 
schreibt: „Der Höckerschwan — — brütet in hiesiger Gegend 
auf gröfseren Ausstichsümpfen halb wild); aber in voller 
Majestät erscheinen die stolzen Vögel erst, wo sie auf weltfernen 
Seen in ungebrochener Wildheit hausen“. Stehe ich somit in der 
Meinung, dafs dieses Brutvorkommen kein natürliches ist, nicht 
allein da, so gewinnt sie noch ferner an Nachdruck, wenn man 
bedenkt, dafs J. F. Naumann (280/IX) schon 1842 bitter beklagte, 
dafs die letzten (wilden) Schwäne seines Beobachtungskreises 
längst [heute vor ca. 100 Jahren!] ihre Nistplätze aufgaben, ob- 
wohl diese — wenigstens teilweise — den Kultureinflüssen viel 
weiter entrückt waren als die Brutstätten wenige Kilometer vor 
der Grolsstadt Leipzig. Zu einer ähnlichen Stellungnahme wie 
ich kommt übrigens auch Hildebrandt (451) in der Beurteilung 
des vom älteren Brehm erwähnten Brütens von Höckerschwänen 
auf den Teichen bei Haselbach (Sachs.- Altenburg), obgleich die 
Vorbedingungen für ein Wohnen wilder Schwäne damals wesent- 
lich günstiger gewesen sein werden als in neuerer Zeit. Die 
vorstehend vorgebrachten Erwägungen liefsen mich keinerlei 
Veranlassung finden, auf die von Hesse erwähnten Brutplätze 
einzugehen und die Art daraufhin als einen Brutvogel Sachsens 
anzunehmen. Auch die ältere Literatur liefert hierzu keine 
Handhabe. Heinrich Wilhelm Döbel?) z. B., der ganz in der 
Nähe grolfser Teiche — in Reckwitz bei Hubertusburg — wohnte, 
vermag von den Schwänen nur zu sagen: „Die wilden kommen 
nicht viel hier zu Lande, als bis sie etwan durch Seesturm ge- 
schüchtert werden.“ 


54. Oygnus cygnus (L.). 


Der in der Sammlung der Rochlitzer Realschule aufbewahrte 
Schwan (446) ist nach briefl. Mitteilung von Colditz kein Höcker-, 
sondern ein Singschwan. Ich habe das Ex. nicht gesehen, 
sondern Nachricht über dasselbe mündl. von Höpfner erhalten, 
der es seinerseits aber vermutlich ebenfalls nicht in Augenschein 
genommen haben dürfte. 


56. Haematopus o. ostralegus L. 


Zufolge einer brieflichen Nachricht Nestlers sah er 1916 
im Gasthof Poppengrün bei Falkenstein i. V. einen Austernfischer 
ausgestopft, der einige Jahre vorher vom Gastwirt Rudert nahe 
des Dorfes erlegt wurde. 


I) Urschriftlich nicht gesperrt. Verf. 
2) Neueröffnete Jäger-Practica, oder der wohlgeübte und Erfahrene 
Jäger. II. Aufl. Leipzig 1754. Erster Teil p. 68. 


28 Rich. Heyder: 


58. Cursorius 9. gallicus (Gm.). 


In einem Briefe, den mir Mayhoft ins Feld sandte, teilte ° 
er mir mit, dafs ihm „fide Schwarze und Hantzsch ein drittes 


sächsisches Stück bekannt, das leider auch nicht erhalten“ sei. 
Der frühe Tod Mayhoffs verhinderte leider, Näheres hierüber in 
Erfahrung zu bringen. 


59. Squatarola 35. squatarola (L.). 


Berichtigung: Lies p. 227 Zeile 5 von unten statt 


„1889* 1892. 
Nachzutragen ist, dafs nach Berge (41) am 17. X. 1906 
ein Junger bei Kirchberg erlegt und von Helm (127) am 27. X. 


\ 


1895 zwei am Eschefelder Grofsteich bei Frohburg beobachtet 


wurden. Mayhoff (491) beobachtete 4. X. 1909 einen am Mittel- 
teich bei Moritzburg, und Hildebrandt (451) stellte 6. X. 1912 
1 und 12. X. 1912 2 am schon erwähnten Eschefelder Grols- 
teich fest. 

Herbstliche Durchzügler sind sonach festgestellt für 
die Zeit von Mitte September bis dahin No- 
vember; der Frühjahrszug ist bisher mit einer Beob- 
achtung (140, 391) — Mitte April — belegt. Soweit dahin- 
gehende Mitteilungen vorliegen, standen erbeutete Herbstvögel 
stets im Jugendkleid (269/Ill, 41.) 


62. Charadrius h. hiaticula L. 


Berichtigung: Lies p. 228 in der Ueberschrift statt 
„Charadricus“ Charadrius. 

Sowohl für die Moritzburger Teiche als auch für das Elbe- 
gebiet, für welche der Sandregenpfeifer schon nachgewiesen war, 


konnte Mayhoff (534) neue Vorkommen feststellen: 19. Ill. 1906 | 


sah er mit Stresemann 1 auf einem Elbheger bei Dresden; am 
Moritzburger Grofsteich bemerkte er 24. IX. 1915 12, 8. IX. 1916 
1,23. 1X. 1916 11 und am Köckritzteich 28 IX. 1916 2. 28. XI. 1878 
wurde ein Q’ bei Grofsenhain geschossen (284) Weifsmantel (T'gbch.) 
beobachtete 19.X. 1919 zwölf Stück am Deutschbaselitzer Grolsteich, 

Der Frühlingszug liegt nunmehr fest für 19. IL—11. V. 
der Herbstzug für 20. VIIL.—28. XI. 


c 


63. Charadrius dubius curonicus Gm. 


Nachstehend seien die bisher bekannt gewordenen Brue 
plätze des Flufsregenpfeifers unter Einschlufs der in jüngster 


Zeit festgestellten kurz nach Fluflsgebieten gesondert zusammen- 


gestellt: Weilse Elster: Grofsteich bei Frohburg (446): 
9. V. 1918 fand ich hier ebenfalls ein Gelege mit 3 Eiern; 


Lehmausstich bei Gautzsch (149); Kläranlagen beim Leipziger 
Rosental (514); an der Elster bei bezw. in Leipzig (440), dieser 


ds 


a. Nachträge zur Ornis S$axonica. 39 


- Brutort wohl identisch mit dem Elsterbecken auf den ehemaligen 
Lindenauer Wiesen, an welchem nach (briefl.) Mitteilungen 
Nestlers die Art neuerdings den Sommer verbrachte. Mulde: 
Flufsufer bei Zwickau (345, 13), Breitenbach (268/V), Grols- 
weitzschen (268/lil, /IV), Grimma (268/IIl, /Vill, /X), Wurzen 

(197, 198, 397); Elbe: Fiufsufer bei Dresden (364, ein Dunen- 
junges „Dresden“ im dortigen Museum), Niederwartha (268/11, 
/V1l, 492, 565), Nünchritz (268/1IX). Röder: Großsteich bei 
Moritzburg (491), Zabeltitz (268/I). 3 

Zimmermann (565) nennt als Durchzugsdatum noch den 
8. XII., anscheinend ist aber seine Bestimmanng nicht ganz ein- 
deutig erfolgt. 


65. Burhinus oe. oedicnemus (L.). 


Weifsmantel bezeichnete mir (mündl.) die Umgebung der 
Orte Königsbrück, Schmorkau, Weifsbach, Reichenau, Koitsch, 
Neukirch, Gottschdorf und Schwepnitz in der westlichen Lausitz 
als Oertlichkeiten, an denen er zur Brutzeit die Rufe des Triels 
gehört habe. Unter seiner Führung habe ich dies Anfang Juni 
1919 für Reichenau, woher er übrigens zwei Eier besitzt, auch 
bestätigt gefunden. Hofimann (457) verhörte den Triel in der 
Gegend nördlich von Radeburg, wo er ebenfalls brütet. Die Zu- 
gehörigkeit der vorgenannten Gegenden zum sächsischen Brut- 
areal der Art stand nach ihrem oberflächengeologischen Ge- 
präge mit Bestimmtheit zu erwarten. Die von mir (446) gegebene 
Kennzeichnung der Brutplätze hat auch in ihnen wohl ausnahme- 
los Gültigkeit. 

Fassen wir kurz die nunmehr bekannten Brutplätze 
zusammen, so wird zunächst deutlich, dafs das sächsische Brut- 
- areal des Triels mit der Südgrenze des Norddeutschen Tieflands 

endet. Weiter ergibt sich als Hauptverbreitungsgebiet die ost- 
sächsische Niederung, die als südliche Randwasserbahn des 
Breslau-Magdeburger Urstremtales durch reichliches Vorkommen 
eiszeitlicher Schotter und weitausgedehnte Talsandflächen, aufser- 
dem durch nicht minder bedeutende Decksande gekennzeichnet 
ist. Hier ist die Art nachgewiesen für die Gegenden um Klix 
(268/1V) und Königswartba (99), die nach Weilsmantel oben auf- 
gelührten Orte nördlich Königsbrück, die Gegend von Grofsen- 
-hain: Schönfeld (268/lIl), Göhra (268/IIl), Dallwitz (268/ILl), 
Radeburg (457) bis hinüber zur Elbe beı Nünchritz (268/lV—X). 
Nach Naumann-Bautzen (268/VIlI) wurde 1892 bei Bautzen 
ein noch nicht ganz flügger Junger von einem Hunde ge- 
- fangen; leider gibt der Gewährsmann, dessen Mitteilungen sich 
oft auch auf die weitere Umgebung von Bautzen (z. B. Klix, 
Königswartha) beziehen, den Fundort nicht genauer an. Im 
Mai 1890 wurde ein Triel bei Kronförstchen bei Bautzen erlegt 
(268/V]). 


80 Rich. Heyder: 


Westlich der Elbe liegt das Brüten fest für die Gegend 
von Zöschau (Marx sen. briefl., 384), Schotterflächen und Mulden- 
heger unterhalb Wurzen (197, 198, 384, 268/IV, /X), Grimma 
(268/X), in einem nicht ganz sicheren, aber nach dem geologischen 
Charakter der Gegend durchaus glaubhaften Fall bei Klinga 
(311) und für weit zurück liegende Zeit (ca. 1840) für Seehausen 
und Podelwitz nördlich Leipzig (156). 

Der Angabe Schusters (268/IV), die zwei Eier der Art, die 
er übrigens als „Brachvogel“ bezeichnet, bereits am 4. IV. ge- 
funden zu haben, dürfte irgend ein Irrtum (Druckfehler?) zu- 
srundeliegen. Sonst sind die Gelege von Anfang Mai bis Ende 
Juni (268/IV—V], 311) gefunden worden. 

Der Durchzug wurde schon Ende März (268/VI, /VIII) be- 
obachtet, ein herbstlicher Spätling am 7. XII. noch bei Breiten- 
bach erlegt (268/V). Ansammlungen gelegentlich des Se 
notierte Peschel (268/IV, /V) bis zu 80 Stück. 


69. Orocethia alba (Pall.). 


Helm (432) beobachtete 25. IX. 1910 einen am Hüttenteich 
bei Berthelsdorf (bei Freiberg). | 


€ 71. Calidris a. alpina (L.). 


Helm (127) bemerkte die ersten herbstlichen Alpenstrand- 
läufer 1896 und 1897 bereits ausgangs Juli; es waren, wie 
dies auch im August wohl stets der Fall zu sein pflegt, Alte im 
Brutkleid. 


72. Calidris ferruginea (Brünn.). 


Den Bogenschäbligen Strandläufer beobachtete Helm (432) 
am 18., 25. und 30. IX. 1910 am Berthelsdorfer Hüttenteiche in 
einer Anzahl von vier bis zehn Stück. Mayhofi (292) stellte 
zwei vom 2.—5. IX. 1914 an der Elbe bei Kötitz fest und 
notierte ihn ferner für den Moritzburger Grolsteich als am 
24. IX. 1915 in einem und am 8. IX. 1916 in drei und einem 
Exemplar vorgekommen. Hildebrandt (451) hat ihn am Esche- 
felder Grofsteich öfter bemerkt. 

Der Durchzug ist nunmehr durch 17 Einzeldaten für die 
Zeit vom 2. IX. bis 26. XL, jedoch nicht fürs Frühjahr 
festgestellt. 

73. Calidris minuta (Leisl.). 


Einegröfsere Reihevon Herbstzugdaten Mayhofis(491, 492), 
denen ich drei eigene (1. IX. 1918 vier, 15. IX. 1918 einer am 
Eschefelder Grofsteich, 10. VIII. 1919 einer am Grofsteich von 
Grofshartmannsdorf) anfügen kann, bestätigt aufs neue das 
regelmälsige herbstliche Erscheinen des Zwergstrandläufers bei 
uns. Der Frühlingsdurchzug ist bisher nur für Mai (127) 
belegt, sein Verlauf sicher viel schwächer als der des Herbst- 


Nachträge zur Ornis Saxonica. / 3i 


zuges, wie das auch aus Ostpreufsen (Tischler), Mecklenburg 
(Wüstnei und Clodius), Schlesien (473), Ostthüringen (451), 
Bayern (Jäckel) etc. bekannt ist. 

Nachgewiesen ist die Art nunmehr für die Herbstzeit vom 
9. VII. bis 17. XI. und für folgende Oertlichkeiten: Königs- 
wartha (2), Kleinschönau bei Zittau (104), Moritzburg (491, 492), 
Elbstrecke zwischen Dresden und Meifsen (111, 127, 534), Rein- 
hardtsdorf a. d. Elbe (268/IIl), Grofshartinannsdorf (181), Crim- 
mitschau (41), Frohburg (119, 127, 172, 389), Rohrbach (141, 
148) und Gundorf (149). Das von Loos (268/IV) eriegte und 
von mir (446) aufgeführte Exemplar stammt aus der Gegend von 
Schluckenau in Böhmen, nicht wie ich schrieb, aus der von 
Sohland. 

74. Calidris temminckü (Leisl.). 


Zweineue Beobachtungen von Temmincks Strandläufer liegen 
vor: 28. VIII. 1910 einer von Helm (432) am Berthelsdorfer 
Hüttenteich, 20. IV. 1911 einer von Mayhoff und Schelcher (491) 
am Dippelsdorfer Teich bei Moritzburg beobachtet; letztere 
Notiz ist der erste Nachweis für den Frühjahrsdurchzug 
für unser Gebiet. 

Weitere Notizen Heims (127, 432), die teils auf diese, teils 
auf vorige Art zu beziehen sird, muls ich hier ausschalten, weil 
sie sich nicht sondern lassen. 


75. Tringa hypoleucos L. 


Berichtigung: Lies p. 281 auf Zeile 8 von unten statt 
„Kretzschmar* Krezschmar. 
Die Zugnotiz Zimmermanns (565): 14. 11I. 1916 ist auf 
einen Druckfehler zurückzuführen und mufs, wie mir der Verf. 
mitteilt, 14. V. heifsen. 


77. Tringa t. totanus (L.). 


Die Brutplätze des Rotschenke!s an den Teichen bei 
Moritzburg (268/Vlll, 111, 121, 124) sind, wie Mayhoff und 
Scheicher (491, 492) berichten und mir auch durch einen am 
5. VI. 1919 der grofsen Mittelteichwi:se abgestatteten Besuch 
glaubhaft wurde, bis in die neueste Zeit bezogen worden. May- 
hoff (492) schätzt die Zahl der Brutpaare auf 5—6 Paare, die 
sich auf die Umgebung von Frauen-, Grofs-, Dippelsdorfer und 
Mittelteich verteilen. Am obengenannten Tage beobachtete ich 
an letzterem Teich einen Rotschenkel in seinem bekannten, Be- 
sorgenis um die Brut ausdrückenden Gebaren. Einige Tage 
später wiederholte sich das vor Weifsmantel und mir an einigen 
Teichen der westlichen Lausitz: 10. VI. 1919 einer unter Warn- 
rufen („gip — —“ ete.) am Südufer des Grofsteichs Grofsgrabe, 
11. VI. 1919 mindestens drei am Neuen Teich bei Weilsig; die 
letzteren auf einem flach aus dem Wasser herausstehenden 


82 Rich. Heyder: 


Wiesenrücken, an den die Annäherung nicht so leicht möglich 
war, die Vögel daher nicht so beunruhigt und fast nur Balzrufe 
vernehmen lassend.. Ganz teilnahmslos flog am 10. VI. 1919 
einer vor uns am Tschernitzteich bei Bulleritz auf; er schien 
hier nicht zu brüten. Im Vorjahre hatte Weilsmantel an diesem 
Teich zwei Brutpaare und fand (Tgbch.) am 24. V. 1918 auch 
das Gelege des einen mit 4 Eiern, wodurch das Brutvorkommen 
in der Lausitzer Niederung (2, 97, 99, 446) erneute Bestätigung 
erfährt. 
78. Tringa erythropus (Pall.). 


Die Zugzeiten des dunklen Wasserläufers sind auf Grund 
neuerer Beobachtungen erweitert wiederzugeben: Mitte April 
(Mayhoff und Schelcher (491): 17. IV. 1908 und 20. IV. 1911 


bei Moritzburg) bis Mai, August bis Ende Oktober (31. X. 


1917 zwei am Frohburger Ziegelteich. Verf.). 
Einen Herumstreicher zur Brutzeit beobachtete Hesse (148): 
17. VI. 1905. 
79. Tringa nebularia (Gunn.). 


Auch hier sei einiger Fälle des Vorkommens von Hellen 
Wasserläufern während der Brutzeit gedacht: 16. VI. 1901 einer 
bei Frohburg (127), 10. VI. 1908 einer bei Gundorf (152). 


80. Tringa stagnatilis (Bechst.). 
Hesse (440) beobachtete 25. und 29. IX. je ein Stück in 


einem Lehmausstich bei Gundorf, vermutlich beidemal denselben 


Vogel. Der nunmehr dritte Nachweis für unser Gebiet (396, 410). 


81. Tringa ochropus L. 


Im Anhang zur Orn. Sax. hat sich Mayhoff (488) über die. 


Nachprüfung jener schon von mir (446) erwähnten angeblich 
sächsischen Eier des Waldwasserläufers verbreitet: Bedenken 
gegen die Echtheit von vier Eiern lassen sich nicht geltend 
machen, desgleichen besteht, wie Mayhoff hervorhebt, auch kein 
Grund, die Richtigkeit der Herkunftsangabe „Moritzburg‘‘ anzu- 
zweifeln, sodals in den Eiern, die vermutlich ein Gelege dar- 
stellen, tatsächlich ein sächsischer Brutbeleg vorzu- 
liegen scheint. In seiner „Systemat. Darstellung der Fortpflanzung 
der Vögel Europas“ (536) geht F. A. L. Thienemann in „Ab- 
theilung 4 (erschienen 1830) zwar auf das Brutvorkommen des 
Waldwasserläufers in Deutschland ein, nennt aber obigen Fund- 
ort nicht, sodals er die Eier damals noch nicht besessen zu 
haben scheint. 
83. Limosa Il. limosa (L.). 
In der Orn. Sax. konnte ich nur vom Auftreten der 


Schwarzschwänzigen Limose im Frühjahr reden; inzwischen ge- 
lang Mayhoff (492) auch eine Herbstzug beobachtung: 4. VII. 


Be 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 33 


1916 eine an der Gauernitzer Elbinsel. Der Frühlingsdurchzug 
(früheste Notiz 30. III, späteste 26. V.) ist nachgewiesen für 
Gundorf (148), Pomfsen (152), Frohburg (119, 127, 184, 391, 
410), Oschatz (268/VII), Dippelsdorf (491), Moritzburg (127, 534) 
Adelsdorf (284) und Grofsheunersdorf (230). 


84. Limosa 1. lapponica (L.). 


Mayhoff (534) notierte 3. IX. 1914 zwischen Kötitz und 
Brockwitz an der Elbe acht Rostrote Pfuhlschnepfen und machte 
mir (briefl.) die Mitteilung, dafs Hantzsch früher zwei im Jugend- 
kleid befindliche bei Moritzburg beobachtet habe. 


89. Lymnocryptes gallinula (L.). 


M Berichtigung: Lies p. 286 in der Ueberschrift statt 
„Gallinago gallinago“ Gallinago gallinula. 


91. Otis £. tarda L. 


Berichtigung: Lies p. 287 auf Zeile 5 von unten 
statt „Hencke“ Heucke. 


93. Otis orientalis tetrax Hart. 


Die Mitteilungen Kunz’s (243) über das Brutvorkommen 
der Zwergtrappe enthalten auch, wie hier kurz nachgeholt sei, 
die Bemerkung, dafs (?1901) auf Wiederitzscher Flur ein Gelege 
von vier Eiern gefunden worden sei. Neben den zwei Exem- 
plaren aus dem Grofsen Gehege bei Dresden und Grafsdorf bei 
Leipzig, welch letzteres sonach aus einer Gemarkung inmitten 
des ehemaligen Brutgebietes Wiederitzsch - Seehausen - Taucha 
stammt, führte Reichenbach (289) noch eins „von Kredeler Revier 
an der Elbe“, 1835 erlegt, auf. Da es einen Ort dieses Namens 
nicht gibt, wird damit Grödel am nämlichen Flusse, südl. Riesa, 
gemeint gewesen sein. Ferner macht Held (104) noch eine Zwerg- 
trappe nambhaft, die zu Anfang vorigen Jahrhunderts erlegt im 
Besitz des Gutsbesitzers Riedel in Luptin gewesen sei, indessen 
bleibt deren Herkunft zweifelhaft. Die weiter im Gebiet erlegten 
und beobachteten Vögel (nördi. Bautzen 268/lII), Reichenbach 
im Vogtl. (88) und Altenbach (199) bei Wurzen) sind bereits 
(446) erwähnt. 


99. Porzana parva (Scop.). 


Ueber das Kieine Sumpfhuhn sind von Hesse (162, 440) 
sehr bedeutsame Beobachtungsergebnisse veröffentlicht worden, 
die uns in der Stimmenkunde dieser Art als auch in der Kennt- 
nis ihres in Sachsen zu vermutenden Brütens sehr gefördert 
haben. Er hörte am 15. VI. 1908 von abends gegen 9h an bis 

tief in die Nacht hinein an einer Stelle des dicht verwachsenen 


Joum, f, Orn, LXX, Jahrg. Januar 1921, 3 


34 Rich. Heyder: 


Südufers des Rohrbacher Grofsteichs Rufe, die er mit „tjip tjip 
tjip trre ,“ oder auch „tjip . . . brri,‘‘ notierte, das „tjip“ auch 


manchmal nur ein- oder zweimal vorangestellt, die seiner An- 
gabe nach „mithin von O. parva herrühren mulsten.“ In den 
folgenden Sommern vermochte er zunächst ähnliche Beobach- 
tungen nicht mehr zu machen. Diese Angaben gab ich in der 
Orn. Sax. wie folgt wieder: „— — Aus am 15. VI. 1908 bei 
Rohrbach aufgezeichneten Stimmnotizen mutmafste Hesse den 
Aufenthalt von entweder einem unbeweibten 9° oder einem 
Paar am dortigen Grofsteich, vermochte aber den Rufer weder 
zu sehen noch in den folgenden Sommern festzustellen. Hesse 
(440) findet nun den von mir angewendeten Ausdruck „mutmalst“, 
den ich aus Gründen der Vorsicht wählte, um nicht mehr zu 
sagen als die Beobachtung damals ergab, unzutrefiend und be- 
merkt, dafs „diese ehemalige Beobachtung und ihre Deutung nicht 
nur eine „Mutmafsung“, sondern die Feststellung einer Tatsache“ 
seien. Ich vermag aus den oben zitierten Worten der Orv. Sax. 
nicht herauszulesen, dafs ich die Beobachtung an sich einer 
Mutmafsung gleichstellen wollte. Die Deutung auf parva aber 
war eine Mutmalsung, denn Hesse sagt nichts davon, dals er den 
rufenden Vogel so gesehen habe, dafs er ihn seinem Gefieder 
nach bestimmen konnte. Er begründete seine Artbestimmung 
demnach lediglich auf die Stimmbeschreibungen anderer Forscher 
(Dobbrick, Alexander v. Homeyer) in der Literatur. Dafs die 
Bestimmung richtig war, woran ich niemals gezweifelt habe und 
was spätere Beobachtungen dann auciı bestätigten, ändert meines 
Erachtens nichts an ihrem Charakter als „Mutmalsung“. Soviel 
nur nebenbeil 


Mehr Freude als die eben behandelte Angelegenheit be- 
reitete mir die neuerliche Feststellung dieses Sumpfhühnchens 
durch Hesse (440) im gleichen Teichgebiet von Rohrbach. Er 
vernahm am 7. VI. 1918 nachmittags bei sonnigstem heifsen 
Wetter wiederum am Grolsen Teich ‚jene stereotypen Rufkombi- 
nationen‘, wenn auch nicht entfernt so lange wie damals, sah den 
Vogel, ein 9, auch und erwähnt seine Rufe auch als am 19. VI. 
gehört. Beidemal konnte er sich von der Uebereinstimmung 
mit den oben näher angeführten, vor zehn Jahren verzeichneten 
Ruffiormen hinlänglich überzeugen. 


Zu meiner besonderen Freude kann auch ich einen weiteren 
Beitrag zur Kenntnis dieser Rufe liefern, wenngleich, wie ich 
vorausschicken will, meine Ergebnisse nicht so eindeutige sind 
wie die Hesses und ich dem Wein anfänglicher Begeisterung mit 
jedem Beobachtungstage mehr Wasser zusetzen mulste. Ich 
hörte nämlich am 20. VI. 1920 in den inneren Partien des süd- 
westlichen Torfstichgebietes am Grofshartmannsdorfer Grofsteich 
aus einem mit Wasser gefüllten und überwachsenen Aussticharm 
nacheinander gegen 20 helle Rufe, die ich anfänglich mit „witt 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 85 


witt berrerrr‘‘ notierte. Nach längerer Pause, die nur durch 
wenige Einzelrufe unterbrochen wurde, setzte wieder lebhaftes 
Rufen ein, das sich während des ganzen Nachmittags unter Ein- 
schaltung von Pausen beständig fortsetzte. Die Rufe ertönten 
ziemlich nahe, bis wenige Meter vor uns, und verstummten auch 
nicht, als ich schliefslich den Austausch mit meinem Begleiter, 
Lehrer Uhlig-Oederan, halblaut fortsetztee Der Rufer hielt 
sich dabei in einem Glyceriafeld auf, das an der einen Seite, 
dem Damm zu, lückiger stand und offenes Wasser zwischen den 
einzelnen Pflanzen zeigte, nach der anderen, unzugänglichen 
Seite aber üppiger siedelte und mit Trupps von Lysimachia 
vulgaris und Carex graecilis durchsetzt war, in deren Verein es 
die dichte niedrigere Flora (Eriophorum Menyanthes irifolvata, 
 Potentilla palustris etc.) einer hier vorhandenen Sphagnumdecke 

überschattete. Es schien mir, als kämen diese Rufe meist aus be- 
sonders dichten Büscheln Carex und Glyceria. Zu sehen war 
trotz angestrengtester Aufmerksamkeit nichts, kaum dafs sich das 
Gehälm der höher stehenden Pflanzen einmal bewegte. Einige 
Male rief auch Rallus hier seine mir wohlbekannten grunzenden 
Rufreihen. Am 24. VI. sals ich wieder beinahe einen halben 
Tag an zum besonderen Vergnügen der blutgierigen Mücken, 
Der Vogel rief in seinem Bezirk wieder teilweise sehr lebhaft 
teilweise stundenlang auch nur ein, zwei Rufe. Nach vielfachen 
Notierungen hörte ich diesmal vorwiegend „tjip berrerrr“ und 
fand das Tonbild wenig veränderlich, hingegen die Stimme 
ziemlich wandlungsfähig. Die Zahl der voranstehenden, wie 
 herausgeplatzten „tjip“ wechselte zwischen eins bis drei; oft 
wurden die Pausen zwischen den einzelnen Rufgebilden mit 
diesen „tjip“ (zuweilen absinkend auf „tjep‘“ bis „tjop‘) ausge- 
füllt. Der zweite, schnarrende Teil der „Strophe“ gliederte sich 
ständig in zwei hörbare, aber in einem Atem herausgestolsene 
Silben, von deren letzter ich offen lassen muls, ob sie wirklich 
tiefer lag oder ob sie lauter gerufen wurde als die erste (also 


entweder „tjip berrogrr,, oder „tjip berrerr“). Der ganze 


„Schnarrer“ begann oft mit dumpfem bauchrednerischen Einsatz. 
Dieser hohle Kinag beherrschte zuweilen den ganzen Ruf: „tjöp 
borrirrr“ und brachte ihn in gewisse lautliche Verwandtschaft 
zu den gewöhnlichen Grunzrufen der Ralle, die der Stimmen- 
kenner jedoch immer noch ohne Schwanken würde unterschieden 
haben. 

Vorstehende Notizen ergeben eine bis ins einzelne gehende 
Uebereinstimmung mit den Aufzeichnungen Hesses (162, 440) und 
v. Homeyers!) mit dem Unterschiede, dals Hesse den letzten 
Teil der Rufe deutlich herabgezogen und dumpfer als ich betont 
(„tip — — brrio“ etc.) hörte. Ein mehr als einmaliges Ab- 


1) Orn. Monatsschr. 17. Jg. (1892) p. 411. 
2 


56 | Rich, Heyder: 


fallen dieses Telies, wie es Dobbrick laut Voigt (384) verzeichnete, 
bezw. ein mehr als zweisilbiges Schnarren, wie es Grafsmann!) — 
ohne genauere Kenntnis des Rufers — in den Rokitnosümpfen 
hörte, vernahm ich nie. Ich würde auf Grund der festgesteilten 
Rufe ohne Bedenken die Laute parva zugeschrieben haben, wenn 
sich dem nicht am 2.VII. folgende Klompikationen in den 
Weg gestellt hätten: Am Vormittag, kurz nach meiner Ankunft, 
hörte ich plötzlich „borrief borriet borrief borr tjip tjip berrerrr“, 
also eine Verbindung der bisher am gleichen Orte gehörten Rufe 
von Ralle und Sumpfhuhn, was sich bei regster stimmlicher 
Tätigkeit namentlich desletzterennochviermalan diesem 
Tage wiederholte! Ich war nach den Eindrücken dieses Tages 
nicht imstande, mir diese Kombinationen (in einem Fall auch: 
„borrie borr borr“, a!so stets unverkennbare Rallenrufe, und un- 
mittelbar an sie anschlielsend ca. zehn „tjip — — berrerrr‘“) anders 
entstanden zu erklären, als aus einem und demselben Schnabel 
stammend, wie es tatsächlich in geradezu zwingendster Weise den 
Anschein hatte. Heute neige ich jedoch der Erklärung zu, ein 
Begegnis beider Vogelarten (der 9?) im Pflanzendickicht anzu- 
nehmen, bei welchem sich beide mit ihren „Balzrufen“ entgegen- 
traten, wie ich es von einigen Zallus in der Tat schon erlebte 
(17. IV. 1908 am Frohburger Ziegeiteich), nur dals damals die 
Rufe regellos durcheinander, nicht nacheinander zu hören waren. 
Am 6. VII. hörte ich trotz dreistündigen Ansitzens keine auf 
parva zu deutenden Rufe; das gleiche Ergebnis zeitigten einige mit 
Prof. Voigt am 11. und 12. VII. vorgenommene Besuche desPlatzes. 
Ich habe geschwankt, ob ich das Vorstehende, dessen Er- 
gebnisse ich als durchaus vorläufige und keineswegs 
abschliefsende betrachtet wissen möchte veröffentlichen sollte 
oder nicht. Jedenfalls möchte ich aus ihnen heute noch 
nicht den eindeutigen Nachweis des Vorkommens vom Kleinen 
Sumpfhuhn im genannten Gebiete ableiten, sondern will 
versuchen weitere Beobachtungen anzustellen. Ein Betreten des 
in Frage stehenden Gebietes, in dem wohl die Niststätten der 
Vögel zu vermuten waren, war nicht möglich; selbst als im 
Herbst (12. X.) der Teichspiegel und mit ihm die Sumpfdecke 
jenes Ausstichs um etwa einen halben Meter gefallen waren, er- 
wies sich die letztere noch als unbetretbar, da sie schon bei den 
ersten tastenden Schritten bedenklich zu schwanken begann. 


Platalea Tl. leucorodia L. 


Der Voliständigkeit halber sei angeführt, dafs nach alten 
Angaben?) 1625 bei Zittau eine „Löflelgans“ erbeutet wurde. 


1) Journ. f. Orn. 67. Jg. (1918) p. 295. \ 
2) Joh. Bened. Karpzow, Analecta fastorum Zittaviensium, 
Leipzig 1716 1. Teil p. 39; Christ. Ad. Pescheck, Handbuch d. Geschichte 
von Zittau. 2. Teil. Zittau 1887 p. 817 (ferner 280, 281, 369, 371). 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 37 


104. Oiconia c. eiconia (L.). 


Ueber den Bestand an sächsischen Storchnestern sind kurz 
nacheinander zwei umfangreiche Aufnahmen veranstaltet worden: 
Eine von Kramer (529, 474) für den Bereich der Oberlausitz, 
dem zur Zeit wichtigsten Storchengebiet, und für das gesamte 
Sachsen durch Klengel (467, 468). Ich kann hier wohl darauf 
verzichten, auf die Einzelheiten dieser mühsamen und dankens- 
werten Untersuchungen einzugehen und verweise auf die Arbeiten 
selbst. Ihre Ergebnisse erhärten das von mir (446) über gegen- 
wärtige Verbreitung und Abnahme Gesagte; speziell für die 
Oberlausitz falst sie Stolz (529) nach Kramers Befunden folgender- 
mafsen zusnmmen: „In der dicht besiedelten sächsischen Ober- 
lausitz ist trotz ursprünglich günstiger Bedingungen sehr starke 
Abnahme erfolgt“. Kramer ermittelte 1913 20 besetzte und 19 
unbesstzte Nester. Klengel bestätigt und ergänzt diese Angaben 
unter Zugrundelegung der Verhältnisse von 1916 und 1917 und 
erwähnt für ganz Sachsen 45 Nester, davon waren 1916 19, 1917 
17 besetzt. Faunistisch weiter von Interesse ist die Erscheinung, 
dafs der Storch am ehesten der höher gelegenen und bergigen 
Striche seines Brutgebietes verlustig gegangen ist und sich bis 
heute nur noch in der Niederung, die er wohl von jeher dichter 
besiedeite als jene, halten konnte. Der am weitesten nach 
Süden liegende Brutort neuerer Zeit ist Drausendorf in der 
Neifseaue bei Zittau (467, 474, 529). Das ganze westelbische 
Sachsen wies nach Klengel nur noch ein Storchnest auf: Malk- 
witz bei Dahlen (468); die Siedelungen zwischen Hubertus- 
burger Wald und Mulde und im Pleifsegebiet (169, 171) waren 
erloschen. 

Einen ungewöhnlich frühen Ankunftstag des Storches über- 
mittelte mir Zimmermann (briefl.) nach einer Ueberlieferung !) 
aus alter Zeit: 1680 traf der Storch nach voraufgegangenem ‚„‚ge- 
inden“ Winter bereits am 9. II. ein. 


105. Oiconia nigra (L.). 


Bei Tobias (371) findet sich in Klammer der Hinweis: 
„Nach Fechner brütete er im Jahre 1851 bei Kölitz'' Ich habe 
die betr. Arbeit Fechners (wohl 68) nicht einsehen, aber auch 
einen Ort dieses Namens in der Oberlausitz nicht ermitteln 
können. Doch scheint mir soviel sicher, dafs „Köblitz“‘ (bei 
Wilthen) nicht gemeint sein dürfte, wie ich (446) irrtümlich an- 
nahm. Auch Berge (26) scheint einen sicheren Anhalt nicht ge- 
funden zu haben, denn er umschreibt unter Hinweis auf die 
Tobias’sche Stelle den Brutplatz mit „östlich von Bautzen“, 


1) Christian Schoettgen, Historie der Chur-Sächsischen 
Stifits-Stadt Wurtzen. Leipzig 1717. 


38 Rich. Heyder: Nachträge zur Ornis Saxonica. 


Das Brüten des Schwarzstorchs in Sachsen ist sonach für die 
Zeit nach 1800 nicht erwiesen. 

Für die Zeiten vordem ist ein solches gewils zu vermuten, 
doch fehlen hierfür sichere Nachrichten. Die Unterlagen hierzu, 
die Kiengel (467) in der alten Abhandlung G. Fabricius’!) gefunden 
zu haben glaubt, sind viel zu allgemein gehalten und können 
ebensogut auf vorübergehendes Vorkommen gedeutet werden. 


107. Botaurus st. stellaris (L.). 


Berichtigung: p. 294 Zeile 12 von unten ist „(Grenz- 
teich)“ zu streichen. 

| Aufser den von mir zusammengestellten Bru trevieren 
der Grolsen Rohrdommel finde ich von Hantzsch (99) noch das 
Teichgebiet von Wartha in der Lausitz als solches verzeichnet. 
Für entlegenere Zeiten, vor Mitte vor. Jahrhunderts, erwähnte 
Fechner (68) nach Baer (2) sogar die Zittauer Gegend als Nist- 
gebiet; das mag nach den heutigen örtlichen Verhältnissen kaum 
möglich erscheinen. Doch ist das recht gut glaubhaft, weil die 
Umgebung von Zittau um jene Zeit noch zahlreiche Teiche 2) 
aufwies. 

119. Coturnix c. coturnix. (L.). 


Die von mir für das Brutvorkommen der Wachtel auf- 
geführten Höhenangaben bedürfen zufolge sehr wesentlicher Er- 
gänzungen durch Hoffmann (456) der Berichtigung: Hoffmann 
stellte die Wachtel im westlichen Erzgebirge (Sosa, Eibenstock) 
bis zu 650 m, im östlichen (Schellerhau,' Hermsdorf) teilweise 
bis über 800 m hinauf fest; es ist anzunehmen, dafs sie dort 
auch brütete. Etwa vom Jahre 1915 an hob sich der Bestand 
der Wachtel deutlich und ziemlich allgemein. 

Noch am 4. XI. 1917 fand ich in Rochlitz den frischen 
Kadaver eines jungen O‘, das noch gestopft werden konnte. | 


120. Tetrao u. urogallus L. 


Berichtigung: Lies p. 299 in der Ueberschrift statt 
„121“ 120, p. 300 unter Nr. 40 statt „Elternlein“, Elterlein. 
(Schluls folgt.) 


i) Georgii fabrieii rerum Misnicarum libri VII. Lipsiae (1569) 
p. 224. — Verfasser der hier aufgeführten Elbvogelfauna ist Johannes 
Kentmann, seinerzeit Stadtarzt in Meifsen und ‚der erste mitteldeutsche 
Faunist aus der Zeit der Renaissancezoologie‘‘ (R. Zaunick in Mitteil. 
z. Geschichte d. Medizin u. der Naturwissenschaften Nr. 82 XVIII. Bd. 
Nr. 3 (1919) p. 180). Abdrucke obiger Arbeit in Wittenbergsches 
Wochenblatt auf das Jahr 1779 12. Bd. p. 278—279 und Archiv für 
Naturgeschichte 32. Jg. (1866) p. 269—270. 

2) Chr. Ad. Pescheck, Handbuch d. Geschichte von Zittau I 
(1834) p. 199. 


39 


Zur Avifauna des nördlichen Deutsch-Südwestafrika. 
(Dr. Leo Waibel’s Sammelausbeute aus dem Etoschagebiet.) 


Von Hermann Grote, 


Zu den deutschen Forschungsunternehmen, deren glückliche 
Vollendung durch den Ausbruch des Weltkrieges jäh vereitelt 
wurde, gehörte auch die im Frühjahr 1914 von Prof. Dr. Fritz 
Jaeger und Dr. Leo Waibel im Auftrage des Reichskolonial- 
amts unternommene Expedition ins nördliche Deutsch-Südwest- 
afrika. Das Hauptziel des Unternehmens war, eine landes- 
kundliche Beschreibung des Kaokoveldes, des Karstveldes und 
der Etoschapfanne zu gewinnen, daneben sollte geologisch, 
meteorologisch, botanisch, zoologisch und ethnographisch be- 
obachtet und gesammelt werden. Aber die hoffnungsvollen 
Pläne konnten nur zu einem Teile ausgeführt werden: kurz 
darauf, als im nördlichen Deutsch-Südwestafrika die Forschungen 
begonnen hatten, brach der grofse Krieg aus, und die beiden 
Reisenden wurden als Reiter der Schutztruppe eingezogen Nach- 
dem später die deutsche Truppe vor der erdrückenden Über- 
macht des Feindes hatte kapitulieren müssen, und Deutsch-Südwest 
von den Engländern besetzt worden war, wurde von diesen den 
beiden Forschern nicht gestattet, die Expedition fortzusetzen und 
ihr eigentliches Forschungsfeld — das Kaokoveld und das 
Etoschagebiet — zu bereisen. So haben die Ergebnisse der 
Forschungsreise (wenigstens soweit die zoologische Seite in Be- 
tracht kommt) naturgemäfs nur einen Teil der Erwartungen er- 
füllen können, die ursprünglich in sie gesetzt worden waren; 
immerhin ist aber dasjenige, was durch die Wirren der Kriegs- 
zeit hindurch gerettet werden konnte und von dem Samnler 
— Dr. Waibel — kürzlich dem Berliner Museum für Naturkunde 
überwiesen wurde, der Wissenschaft besonders willkommen ge- 
wesen. Gibt es doch Kunde aus einem zoologisch bisher fast 
gänzlich unbekannten Gebiet. 

Die Ausbeute an Vogelbälgen besteht in 81 Exemplaren, 
die 40 verschiedenen Arten angehören. DBedauerlich ist, dafs 
von den meisten Arten nur je ein oder zwei Exemplare ge- 
sammelt wurden, und für den ornithologischen Systematiker gilt 
ja bekanntlich im allgemeinen der Grundsatz: ein DBalg ist 
kein Balg! Die beiden Formen, von denen eine gute Serie 
zusammengebracht worden war, nämlich der Philetawrus und eine 
Mirafra des Gebiets, haben sich als für die Wissenschaft neu 
erwiesen; es ist anzunehmen, dafs bei genügendem Material sich 
manche andere Rasse hätte erkennen lassen, die vorläufig auf 
Grund des einen vorliegenden Stückes hat unbeschrieben bleiben 
müssen. Im ganzen konnten vier Formen der Waibel’schen 
Vogelsammlung als neu abgetrennt werden; ihre Beschreibung 


40 2 Hermann Grote: 


folgt nachstehend. Die Vögel wurden alle im Etoschagebiet 
gesammelt.) 


Dies Gebiet war bis vor kurzem einer der am wenigsten . 


erforschten Teile Afrikas. In seiner weltfernen Abgeschlossen- 
heit blieb es lange von der wissenschaftlichen Forschung unbe- 
achtet, umsomehr, als es nichts von tropischer Pracht, 
nichts von der freundlicher Fruchtbarkeit gemäfsigter Zonen 
aufzuweisen hat, und seine Ode grofse und besonders lohnende 
Forschungsergebnisse kaum zu versprechen schien. Den 
Zugang zu ihm sperrte überdies im Westen das grolse Sand- 
meer — die „Namib“, die wasserlose Wüste; im Norden 
verlegte das unzugängliche jungfräuliche Amboland mit seinem 
üppigen Tropenwald den Weg. Im Südosten lagerte sich die 
unendliche Kalaharisteppe davor. Nur ein paar Jäger und 
Händler durchbrachen den Ring und brachten spärliche Nach- 
richten über das Land und Seinen grofsen Wildreichtum zurück... 

Die riesige Lagune oder Pfanne Etoscha breitet sich 
zwischen dem Amboland im Norden, dem Kaokoveld im Westen 
und dem Hereroland im Süden in einer Länge von weit mehr 
als 100 und einer mittleren Breite von mindestens 40 km aus. 
In der Regenzeit (die zu Ende des Jahres eintritt) wird sie von 
den Saisonflüssen des Gebiets, den Omuramben, gespeist und 
teilweise von zusammengeflossenem Regenwasser überschwemmt, 
ferner sendet ihr der Kunene bei Hochwasser einen kleinen Teil 
seiner Fluten zu, aber während des gröfsten Teils des Jahres 
ist sie eine weite trockene graugrüne Fläche, die an ihrem Rande 
mit einer Salzkruste von mehreren Zentimetern Dicke bedeckt 
ist. Der Pfannenboden ist absolut vegetationslos, die salz- 
inkrustierten Uferstreifen hingegen weisen bereits. spärlichen 
Pflanzenwuchs in Gestalt rötlicher Salsolabüsche auf. Stellen- 
weise bedeckt ein Queckgras die Uferterrassen, die im übrigen 
meist mit Busch bestanden sind. Die fiache ebene Umgebung 
der Etoscha wird durch Gras- und Buschsteppe gebildet; etwas 
Gehölz ist hier und da eingesprengt. Im Osten tritt der Trocken- 


2 RE. 
N fait Fe E 
LIST IHRZIR 


wald des Okawangogebiets bis dicht an die Etoschapfanne heran. 


Ungemein grofs ist der Tierreichtum des Etoschagebiets. 
Zahllose Wildrudel beleben laut Waibel die Buschsteppe und 
ziehen auf die Salzflächen der Lagune hinaus, um das begehrte 
Salz zu lecken. Trupps von 50—100 Blauen Gnus, sowie Zebras 
in zwei Arten und Straufse vergesellschaften sich, Scharen von 
Springböcken wandern hin und her, Oryxantilopen und Kuhanti- 


1) Von den Fundorten der gesammelten Vögel liegt Okaukwejo am 
westlichen Südrande, Namutoni an der östlichen Ausbuchtung der Etoscha, 
unterhalb der Mündung des Omuramba-u-Owambo. Achawachab ist etwa 
in der Mitte zwischen Etoscha und Otavi gelegen; Obab liegt im Karst- 
veld, Rietfontein und Gaigosaub am Südrande der Etoscha, Tsumeb und 
Gaub nordöstlich von Otavi. 


: Zur Avifauna des nördlichen Deutsch-Stidwestafrika. ol 


lopen stehen mit Vorliebe in den grofsen Ausbuchtungen der 
Etoschapfanne, da wo die Quellen austreten und sich grofse 
Grasflächen landeinwärts erstrecken. Von anderen hier vor- 
kommenden Antilopen sind zu nennen: Grofses Kudu, Pferde- 
antilope, Schwarzfersenantilope, Steinböckchen, Ducker, Blau- 
böckchen, aber „zur Signatur der Etoschapfanne gehören sie 
nicht, ebensowenig wie die Giraffe, die gelegentlich durch das 
Karstfeld streift“ (Waibel). Die weiten Grasflächen werden 
ferner bewohnt von Springhasen (Pedetes), Erdferkeln (Oryc- 
teropus), Erdhörnchen (Xerus), Hasen. Diesen Tieransamm- 
lungen folgen natürlich die Raubtiere: Löwe, Leopard, Hyäne, 
Schakal. 

Unter den Vögeln ist der Straufs ein Charaktervogel des 
Gebiets, in Trupps von 10—12 Stück durchstreift er die Gras- 
ebenen. Eine Grofstrappe (vermutlich Os kori?) ist hier gleich- 
falls nicht selten. Vor allem macht sich aber die kleine Trappe 
(Eupodotis afroides etoschae) überall im Graslande bemerkbar. 
„Die schwarzweifsen Vögel gehören mit ihrem Geschrei und Ge- 
gacker durchaus zur Physiognomie der Etoscha. Laut lärmend 
steigen sie, im Gras aufgescheucht, mit raschen, schweren Flügel- 
schlägen in die Höhe, lassen sich dann mit vorgestrecktem Hals 
senkrecht herunterfallen ins Gras hinein. Ruhig und lautlos 
bleiben sie liegen. Dem Auge sind sie sofort verschwunden. 
Die Hottentotten nennen sie Garas, wegen ihrer schnellen und 
aufgeregten Bewegung“ (Waibel). Von gröfseren Vögeln sind 
neuerdings durch Roberts (cfr. das Referat in „The Ibis“ 1918) 
„Francolinus hartlaubi“ und ,„Vinago calva“ für unser Gebiet 
bekannt geworden, die von Leutnant Finch-Davies bei Otavi ge- 
sammelt wurden. Über Francolinus gariepensis bei Tsumeb be- 
richtet W. Sclater in Bull. Brit. Ornith. Cl. 1917, p. 46—47. 

ÖOrnithogeographisch scheint das Etoschagebiet noch ganz 
zum Herero- und Damaralande zu gehören: das Steppenland 
hat dieselben Charaktervögel wie die südwestafrikanischen 
Steppen überhaupt aufzuweisen, teilweise allerdings in anderen 
geographischen Formen. Selbst der Siedelsperling (Philetairus) 
— dieser Charaktervogel Südafrikas — dringt bis hierher vor, 
doch in einer heller grau gefärbten vikariierenden Rasse, (Ver- 
mutlich gehört jedoch das im Osten der Etoscha beginnende 
Waldgebiet schon zu einem anderen Tiergebiet, nämlich dem 
des Okawango und des Ambolandes. Dies letztgenannte Gebiet 
ist aber noch fast ganz unbekannt, und es läfst sich vorläufig 
wenig darüber sagen; spätere Forschungen werden hier zweifellos 
überraschende Tatsachen zutage fördern). Das Wenige, was wir 
bis jetzt über die Vogelwelt der Etoscha wissen, läfst den Wunsch 
aufkommen, mehr Material aus diesem Tiergebiet zu erlangen. 
Dankbar indessen müssen wir dem Sammler und Forscher 
Dr. Waibel sein, der uns aus einem unerforschten Lande die 
erste Kunde über dessen Ornis brachte und trotz der Kriegs- 


42 | Hermann Grote: 


wirren es fertig zu bringen verstand, der Wissenschaft wert- 
volles Material zu retten.!) 

Herrn Dr. E. Stresemann, der mir die systematische Be- 
arbeitung der Waibel’schen interessanten ornithologischen Sammel- 
ausbeute anvertraute, möchte ich auch an dieser Stelle meinen 
herzlichsten Dank aussprechen. 


1. Burhinus capensis damarensis (Rehw.) [| Oedicnemus ca- 
pensis var. damarensis Reichenow 1905]. — In der Waibel’schen 
Sammlung ist leider nur ein einziges Exemplar vorhanden; unter 
einer mir vorliegenden Reihe (8 Stck.) aus Damaraland usw. ist 
es das hellstee Es wäre verfrüht, auf Grund des einzigen 
Exemplars die Vermutung auszusprechen, dafs wir es im Gebiet 
der Etoscha mit einer besonderen geographischen Form zu tun 
haben, die sich auf dem Salzboden dieses Gebiets zu einer sehr 
hellen Rasse ausbildete, wie dies bei einigen anderen Vogelarten 
stattgefunden hat (vgl. Eupodotis afroides etoschae, Mirafra sa- 
bota waibeli). 

Waibel’s Exemplar stammt von Okaukwejo (VII); Flügel- 
länge 220 mm; Körpergewicht i. Fl.: 322 gr. 


2. Eupodotis afroides etoschae nov. subsp. Diese 
neue Form unterscheidet sich auffällig von der typischen 
E. afroides durch die sehr hellen (fast weilsen) welligen Quer- 
binden — die bei der Nominatform braun sind — der Oberseite. 
(Verglichen mit sechs Exemplaren von Damaraland). 

Typus: 9‘, von Okaukwejo, 31. VII. 1914. Gefieder ziemlich 
frisch. Flügellänge: 283 mm; der Körper wiegt i. Fl. 785, das 
Herz 5 gr. 


3. Streptopelia capicola damarensis (Finsch u. Hartl.) [Zurtur 
damarensis Finsch und Hartlaub 1870]. — Ein Exemplar von 
Okaukwejo (VIII); Flügellänge 154 mm. 


4. Tyto alba splendens (Br.) |[Strix splendens Chr. “ Brehm 
1840 (= Strix maculata Brehm 1858)]. — Ein alter Vogel 
sowie ein Pullus, beide von Achawachab (12. VI. 1914). Der 
alte Vogel hat 255 mm Flügellänge; die Grundfärbung der 
Unterseite ist ockergelb; in Damaraland leben neben ebenso 
gefärbten auch Vögel mit weilser Grundfärbung der Unterseite. 


5. Zricholaema leucomelan (Bodd.) [Bucco leucomelas Bod- 
daert 1783]. — Zwei Exemplare, von Tsumeb bezw. Okaukwejo, 
Flügellänge 77 bzw. 80 mm, beide Stücke unterseits ungefleckt. 


1) Dr. Waibel hat sich nicht darauf beschränkt, Vögel nur zu 
sammeln, sondern er hat die meisten der von ihm gesammelten Exem- 
plare auch im Fleisch gewogen. Seine Gewichtsangaben stellte er 
mir für diese Abhandlung freundlichst zur Verfügung. 


gur Avifauna des nördlichen Deutsch-Südwestafrika. 43 


Eine gröfsere Serie von Damaraland (im Berliner Museum) ist 
durchweg unterseits ungefleckt, während ein Stück von Port- 
Elizabeth unterseits starke Fleckung aufweist, sich aufserdem 
durch sehr starken Schnabel auszeichnet. Ein Exemplar, das 
ebenso aussieht und gleichfalls dicken Schnabel hat, befindet sich 


 — wie mir Herr Dr. Hartert freundlichst brieflich mitteilte — 


im Museum zu Tring; es stammt von Klipfontein im Namaqua- 
lande, also gleichfalls aus dem Süden! Ein 9‘ von Hopetown 
am Oranjefluls (im Tring-Museum) ist laut Hartert (in litt.) inter- 
mediär in der Fleckung. Daneben besitzt dies Museum aber 
auch ungefleckte Exemplare von Transvaal. Es scheint mir nicht 
unwahrscheinlich, dafs die Südwestafrikaner von den Vögeln der 
Südspitze Afrikas subspezifisch verschieden sind; leider fehlt 
mir gutes Vergleichsmaterial aus dem Süden. 

Ein von Waibel gewogener Vogel hat 29 gr. Körpergewicht. 


6. Dendromus abingoni smithii (Malh.) [Picus (Chrysoptilo- 
picus) smithii Malherbe 1845]. — Ein Exemplar (auf dem Etikett 
irrtümlich als Q' bezeichnet) von Okaukwejo, 29. VIL.; Flügel- 


länge 118 mm; Gewicht i. Fl. 70 gr. 


71. Dendropicos guineensis stresemanni noVv. subsp. 
Dem Dendropicos guineensis guineensis (Scop.) sehr ähnlich, ist 
aber unterseits schmäler gestrichelt, was besonders auf dem 
Bauche und den Körperseiten auffällt. Bewohnt das nördliche 
Deutsch-Südwestafrika bis nach Angola hinein. In den Grenz- 
gebieten der Verbreitung sind (wie bei allen Formen der gueneensis- 
Gruppe) Uebergänge nicht selten; so z. B. ist ein mir vorliegendes 
S‘ von Chaungu, Angola, (Ansorge leg.) auf der Oberseite etwas 
grüner. 

Als Typus der Form bestimme ich das von Dr. Waibel bei 


 Okaukwejo gesammelte Stück, ein Q vom 29. VII; Flügellänge 


90 mm; Körpergewicht i. Fl. 26 gr. (Die Schnabelfärbung ist 
auf dem Etikett als „schwarz‘“ angegeben; laut Reichenow [Vög. 
Afr. II, p. 193] ist sie bei D. guwineensis bleifarben). Sechs 
weitere Exemplare, die ich zu dieser neuen Form rechne, liegen 
mir aus Angola und dem Nordteile Deutsch-Südwestafrikas vor 
[im Berliner Museum]. 

Dr. E. Stresemann, wohl unser bester Spechtkenner, hatte 
die Freundlichkeit, die Form zu begutachten. Ich benenne sie 
nach ihm. 


8. Dicrocerceus hirundineus hirundineus (A. Lcht.) |Merops 


_ hirundineus Lichtenstein 1793). — Ein Exemplar (9°), ITsumeb 


(V); Flügellänge 98 mm. 


9. Rhinopomasius cyanomelas cyanomelas (Vieill.) [Falei- 
nellus cyanomelas Vieillot 1819]. — Ein Exemplar (9), Namu- 
toni (VII); Flügellänge 100 mm; Gewicht i. Fl. 25 gr. 


44 | Hermann Grote: 


10. Bradornis mariquensis mariquensis A. Sm. [Bradornis 
mariquensis Smith. 1847]. — Zwei Exemplare, von Okaukwejo 
(VIII), die solchen von Damaraland durchaus gleichen. elige 
länge 83,5 und 85 mm; Gewicht i. Fl. 21 gr. 


11. Batis molitor molitor (Küster) [Musceicapa molitor 
[Licht.] Küster 1850]. — Ein 9:1) von Obab, 20. V.; Flügellänge 
59 mm; Gewicht ı. Fl. 10 gr. | 


12. Lanioturdus torguatus Waterhouse 1868. — Ein Exemplar, 
von Okaukwejo, 14. VIII, Flügellänge 8 mm; Gewicht i. Fl. 
26 gr. E 


13. Prionops poliocephala poliocephala (Stanl.) [Lanius 
poliocephalus Stanley 1814; (= talacoma A. Sm.)] — Ein Stück, 
von Obab, 20. V.; : Flügellänge 109 mm; Gewicht i. Fl. 34 gr. 


14. unpilstes australis en. (Rehw.) [Pomato- 
rhynchus australis damarensis Reichenow 1915]. — Die beiden 
von Dr. Waibel gesammelten Exemplare (von Namutoni bzw. 
Obab) stimmen mit den Typen (von Windhuk) dieser Subtilform 
völlig überein. Die Nowinatform (aus Südafrika) liegt mir nur in 
ganz unzulänglichem Material vor. Flügellänge der Waibel’schen 
Stücke 77 und 78 mm; Gewicht i. Fl. 31 und 34 gr. 


15. Laniarius atrococeineus (Burch.) [Lanius atrococeineus 
Burchell 1822]. — Drei Exemplare von Namutoni (VII), die 
Stücken aus Damaraland gleichen. Flügellänge 92, 96, 96 mm; 
Gewicht i. Fl. 44—45 gr. 


16. Dierurus adsimilis adsimilis (Behst., Lath.) [Corvus ad- 
similis Bechstein, Latham 1794]. — Drei Exemplare von Gaub 
(IV) und Okaukwejo (VIII); Flügellänge 130—133 mm. 


17. Ploceus intermedius lübberti Rchw. [Ploceus lübberh 
Reichenow 1902]. — Drei Exemplare im Wintergefieder; Fund- 
orte: Rietfontein und Obab (V, VII). Flügellänge 74--75 mm; 
Gewicht i. Fl.: 18 (?), 23, 24 gr. 


18. Plocepasser mahali mahali A. Sm. [Plocepasser mahali 
A. Smith 1836]. — Zwei Exemplare von Tsumeb bezw. Riet- 
fontein (V bezw. VIl). Weifse Schwanzsäume schmal; Oberseite 
sehr wenig dunkler als bei Stücken von Windhuk, dagegen etwas 
heller als bei zwei mir vorliegenden P. m. ansorgei von Mossa- 
medes. Flügellänge: 92 und 95 mm; ein Expl. wiegt i. Fl. 39 gr. 


19. Sporopipes squamifrons damarensis Reichenow 1905. — 
Reichenow beschreibt diese Form als oberseits heller und grauer 
als typ. squamıfrons; dies trifft vollauf zu, aber ich möchte 
hinzufügen, dafs in denselben Gegenden dunkler und heller ge- 
färbte Stücke nebeneinander vorkommen. So ist z. B. ein mir 


1) Vom Sammler irrtümlich als Q' bezeichnet. 


Zur Avifauna des nördlichen Deutsch-Südwestafrika. 45 


_ vorliegendes 9 von Windhuk (Wilde leg.) sehr hell grau (man 
hat sofort den Eindruck, eine „Wüsteuform‘“ vor sich zu haben), 
während andere Exemplare von Damaraland sowie zwei Stücke 
von Mossamedes nur unbedeutend heller als squamifrons sind. 
Das von Dr. Waibel gesammelte Stück (von Gaigosaub, 23. VII.) 
ist gleichfalls ziemlich hell, aber etwas bräunlicher. „Auge . 
braun, Schnabel rosa, Fülse grau“. Flügellänge 59 mm); Ge- 
wicht i. Fl. 12 er. 

: Hartert schreibt in den Novit. Zool. 1907 p. 489: „We 
have a series of S. s. sguamifrons from Damaraland (Andersson)“ 
usw.und läfst die Form damarensis Benguella bewohnen. Der 
Typus von $. s. damarensis Rcehw. stammt aber gerade von 
Damaraland, sogar aus dem Süden des Landse!| 


20. Amadına erythrocephala (L.) [Loxia ery(thro)cephala 
Linnaeus 1758]. — Ein Q' von Okaukwejo (1. VIII) und zweiQ 
von Gaigosaub (23. VIl), die mit dem mir vorliegenden Ver- 
gleichsmaterial aus Damaraland völlig übereinstimmen. Flügel- 
länge: 9 71, 92 70 bezw. 72,5 mm; ein Exemplar wiegt 
r RB]. 23 gr. 


21. Pytilia melba melba (L.) [Fringilla melba Linnaeus 
1758). — Drei Exemplare (9, QQ), alle von Obab, im Mai ge- 
sammelt. Flügellänge 60-62 mm; Gewicht i. Fl. 15, 12, 13 gr. 
[Die Form P. m. angolensis Rchw. 1919 scheint mir der Be- 
stätigung auf Grund eines gröflseren Vergleichsmaterials zu 
bedürfen. Dagegen ist die gleichzeitig beschriebene ostafrikanische 
Form P. m. yrotei Rchw. (Typus von Mikindani) an der grolsen 
Ausdehnung der roten Färbung am Kopie recht gut kenntlich. 
P. m. mosambica van Someren (Bull. Brit. Orn. Cl. 1920, p. 
55—56) von Nord-Mossambik ist augenscheinlich ein Synonym 
von P. m. grotei Rehw.]. 


22. Estrilda erythronotos erythronotos (Vieill.) |Fringilla 
erythronotos Vieillot 1817.] — Mir stehen als Vergleichsmaterial 
nur Stücke aus Südwestafrika zur Verfügung, denen das von 
Dr. Waibel in Rietfontein (24. VII) gesammelte Exemplar voll- 
ständig gleicht. Flügellänge 53,5 mm; Gewicht i. Fl. 10 gr. 


23. Uraeginthus granatinus (L.) |Frengilla grunatina Lin- 
naeus 1766]. — Ein Q' von Obab (20. V); Flügellänge 57 mm; 
Gewicht i. Fl. 12 gr. 


24. Phiületairus socius geminus nov. subsp. Der 
Nominatform sehr ähnlich, aber das Graubraun der Oberseite 
‚deutlich heller (besonders auf dem Unterrücken) und graulicher. 


1) Dies grofse Flügelmafs würde nach Hartert (Nov. Zool. 1907, 
p. 489) besser auf S. s. squamifrons als auf 8. s. damarensis 
passen. 


so 


46 Hermann Grote: 


Flügelläuge 72—76, je einmal 70 und 71 mm. Die Q sind meist 
etwas kleiner als die Q'. 

Wurde mit Exemplaren aus Damaraland verglichen; Stücke 
aus dem eigentlichen Südafrika dürften vermutlich noch etwas 


dunkler als Damaravögel sein. 


Diese neue Form liegt mir in 16 Exemplaren vor, alle von 
Dr. Waibel in Okaukwejo im Juli und August gesammelt. 
Mausert im Juli, wie einige Mauserstücke dartun, wenigstens so- 
weit es sich um die Schwingen handelt. Das Kleingefieder ist 
frisch. Zwei Expl. wiegen i. Fl. 26 und 28 gr. 


25. Passer motitensis motitensis A. Sm. [Passer motitensis 
A. Smith 1848]. — Ein 9 von Okaukwejo (1. VIII), das mit 
solchen aus südlicher gelegenen Teilen Deutsch-Südwestafrikas 
übereinstimmt. Jedoch fällt die Unterseite durch ihre reinweilse 
Färbung auf (die bei den übrigen mir vorliegenden Stücken 
schmutzigbräunlich verwaschen, gewissermafsen verstaubt er- 
scheint). Flügellänge 80 mm; Gewicht i. Fl. 34 gr. 


26. Poliospigea angolensis desertt Reichenow 1918. -— Zwei 
Exemplare von Rietfontein, 24. VII. Flügellänge 68 und 70 mm; 
ein Vogel wiegt i. Fl. 10 gr. 

Diese Rasse bedarf wohl weiterer Untersuchung auf Grund 
ausreichenden Vergleichsmaterials. Von der Nominatform liegt 
mir lediglich ein Balg vor (von Dr. Falkenstein in Tschintschoscho 
[Loangoküste] gesammelt), von Südwestafrika (Damaraland) drei 
Exemplare (desert:), ferner die beiden Stücke der Waibelschen 
Sammlung. Von den drei Damaravögeln ist der eine (der Typus 
der Form) allerdings sehr hell, die beiden anderen dagegen sind 
nur wenig merklich heller als das Loangoexemplar. 


27. Emberiga flavwentris flaviventris Steph. | Emberiza fla- 
viventris Steph. 1815]. — Ein Exemplar von Rietfontein, 24. VII; 
Flügellänge 8l mm; Gewicht i. Fl. 25 gr. 


28. Mirafra sabota waibeli nov. subsp. Eine sehr 
helle Form. Steht der Mirafra sabota nacvia Strickl. nahe, ist 
aber — verglichen mit einer grölseren Reihe (7 Stck.) von 
Vögeln aus Damaraland (Windhuk, Rehoboth) — erheblich heller, 
die Säume der Rückenfedern sind weniger braun, sondern mehr 
‚„wüstenfarbig‘“‘, die Federn des Nackens sehr hell, fast weils ge- 
säumt, ebenso die des Unterrückens. Die Unterseite ist bis auf 
den gefleckten Kropf fast rein weils, nicht so bräunlich über- 
unen wie bei M. s. naevia, was besonders auf den Fianken 
aufällt. 


Mirafra (? sabota) plebeia (Cab.) ist oberseits viel brauner 
und hat zierlicheren Schnabel [Typus untersucht]. 

Von der neuen Form liegen mir 8 von Dr. Waibel im 
Etoschagebiet (Okaukwejo, Namutoni, Obab, Gaigosaub) im Mai, 


Zur Avifauna des nördlichen Deutsch-Südwestafrika, 47 


Juli und August gesammelte Bälge vor. Flügellänge 82—86 mm; 
sechs Vögel wiegen i. Fl. 25, 26, 26, 27, 28, 28 gr. 

Typus 9, von Okaukwejo, 13, VIII. („Auge grau, Schnabel 
grau Fülse grau“). [Die Augenfarbe bei den übrigen Exemplaren 
ist — wohl irrtümlich! — sehr verschieden angegeben: „gelb, 
grau, braun, schwarz, rot“, die Färbung des Schnabels durchweg 
„grau“, die der Fülse „grau“, einmal „rotgrau‘). 

Zu Ehren des Sammlers benannt. 


29. Pycnonotus capensis nigrieans (Vieill.) [Turdus nigricans 
Vieillot 1818]. — Das einzige von Dr. Waibel gesammelte Stück 
(von Tsumeb, V) stimmt mit Exemplaren von Damaraland völlig 
überein. Flügellänge 96,5 mm. 


30. Uinnyris (? bifasciatus) ovamboensis Rehw. [Oinnyris ma- 
riquensis ovamboensis Reichenow 1904]. — Drei SQ (V, VI, VII), 
Fundorte Tsumeb, Okaukwejo, Namutoni. Flügellänge 67—70 mm; 
Gewicht i. Fl. von zwei Expl. 13 und 15 gr. 


31. Cinnyris fuscus Vieillot 1819. — Ein Exemplar (9“, das 
ins Prachtkleid umzumausern beginnt) von Okaukwejo, 1. VIII; 
Flügellänge 59 mm; Gewicht i. Fl. 9 gr. — Ein recht nördlicher 
Fundort. | Ä 


32. Parus afer damarensis Reichenow 1902. — Ein Exem- 
plar (von Namutoni), das mit typischen Stücken von Damaraland 
übereinstimmt. Flügellänge 75 mm; Gewicht i. Fl. 19 gr. — 
Die Flügellänge ist bei dieser Form (ebenso bei der Nominat- 
form) einer nicht unerheblichen Variationsweite unterworfen, 
wenn es sich nicht vielleicht später doch auf Grund grölseren 
Materials herausstellen sollte, dafs in dieser Gruppe noch weitere 
Rassen abzutrennen sind. Das Exemplar aus Namaland, auf welches 
hin Reichenow neuerdings die Form brunnescens abgetrennt hat 
(Ornith. Mtsber. 1916, p. 154), ist sehr braun und klein (Flügel 
71 mm). 


33. Parisoma subcaeruleum cinerascens Reichenow 1902. — 
Ein Exemplar von Okaukwejo (17. VIII), das mit den Typen von 
Hereroland übereinstimmt. Flügellänge 71 mm; Gewicht i. Fl.13 gr. 
Durch das vorliegende Exemplar ist erwiesen, dafs die Ver- 
breitung dieser Rasse nördlich mindestens bis zum Etoschagebiet 
einschliefslich reicht; die Verbreitungsgrenze zwischen P. s. cine- 
rascens und der jüngst von Graf Zedlitz beschriebenen!) Ben- 
guellaform P. s. ansorgei bedarf nach wie vor der Feststellung. 


34. Prinia flavicans fluvicans (Vieill.) [Sylvia flavicans 
Vieillot 1820]. — Zwei Exemplare von Obab bzw. Rietfontein 
(V bzw. VII) im rostgelblichen, langschwänzigen Winterkleide. 


1) Ornith. Monatsber. 1921, p. 52. 


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48 Hermann Grote: 


Flügellänge 54,5 (Q°) und 51 mm; Gewicht i. Fl. eines Exem- 


plars 7 gr. 


35. Sylvielta rufescens ? rufescens (Vieill.) [Dicaeum rufes- 
cens Vieillot 1817). — Ein Exemplar — Flügellänge 52,5 mm, 
Gewicht i. Fl. 10 gr. —, vom Sammler als J' bezeichnet, von 
Rietfontein (VII), das anscheinend mit dem Typus von Sylviella 
flecki Rehw. 1900 übereinstimmt. Sclater und Mackworth-Praed 
haben neuerdings behauptet, dals Sylviella flecki Rehw. ein Sy- 
nonym von Sylvietta rufescens rufescens (Vieill.) sei („The Ibis“ 
1918, p. 667), dagegen sondern sie 1. c. die intensiver gefärbten 
Transvaalvögel als neue Form 8. r. transvaalensis ab. Ich nehme 
ihre Behauptung hin, ohne — wegen Mangels an genügendem 
Vergleichsmaterial — die Möglichkeit einer Nachprüfung der- 
selben zu haben. Es sei hier aber darauf hingewiesen, dals die 
Vögel vom südwestafrikanischen Küstengebiet augenschein- 
lich nicht dasselbe sind, wie der als Syliviella flecki beschriebene 
Vogel vom Ngamisee. Mehrere mir vorliegende von Dr. Baum- 
gart in Windhuk gesammelte Exemplare sind oberseits (besonders 
kenntlich auf dem Oberkopfe) bräunlicher als der Typus von 
S. flecki, unterseits meist etwas kräftiger gelbbraun gefärbt, ebenso 
auf den Kopfseiten. Der Schnabel ist in drei von vier Fällen 
nicht unbeträchtlich länger als bei flecki. Sollten sich diese 
Unterschiede als konstante erweisen, so mülste der Name 8. r. 
flecki Rchw. den reiner grau gefärbten Vögeln des binnen- 
ländischen Südwestafrika erhalten bleiben. 


36. Crateropus bicolor Jardine 1830. — Ein Exemplar von 
Namutoni (VII), Flügellänge 114 mm; Gewicht i. Fl. 80 gr. 
Ein sehr nördlicher Fundort. 


37. Erythropygia paena damarensis Hartert 1907. — Ein 
Exemplar („og“) von Okaukwejo (l. VIII), Flügellänge 74 mm; 
Gewicht i. Fl. 20 gr. 


38. Erythropygia munda ovamboensis OÖ. Neumann 1920. — 
Ein Exemplar dieser kürzlich von Prof. Neumann beschriebenen 
Form, „Q“ von Obab, V; Auge „braun“, Schnabel „schwarz“, 
Fülse „grau“. (Die Basis des Unterschnabels ist hell, im Leben 
vermutlich gelb). 

Mit dem mir vorliegenden Typus von EZ. m. munda (Cab.) 


[von Malange, Angola] verglichen, hat der Waibelsche Vogel 


graueren Oberkopf, dessen Färbung von dem braunen Rücken 
deutlich abgesetzt ist, die Oberschwanzdecken sind etwas heller 
rotbraun, die Wangen haben schwach grauliche Tönung, während 
sie bei der Nominatform rein braun sind. Letztere ist auch 
vielleicht etwas kleiner: der Typus von E. m. munda hat 63 mm 
Flügel- und ca.. 60 mm Schwanzlänge, das Waibelsche Exemplar 


von E. m. ovamboensis 67 mm Flügel- und ca. 64 mm Schwanz- 
länge. Der Schnabel ist etwas länger und stärker als bei E. m. 


Zur Avifauna des nördlichen Deutsch-Südwestafrika. 49 


 munda. Doch mögen die letzgenannten Unterschiede auf indivi- 
dueller Abänderung beruhen. — 

Zwei weitere Bälge der Waibelschen Sammlung können 
wegen ihres äufserst mangelhaften Erhaltungszustandes nur un- 
sicher bestimmt werden: 


39. eine Batis, die vermutlich zu pririt gehört, und 
40. eine Beutelmeise (Kemiz sp.). 


Zum heurigen Durchzug des Seidenschwanzes 1920/21. 
Von V. v. Tschusi zu Schmidhoffen. 


Das Auftreten des Seidenschwanzes in Mitteleuropa ist 
keine Seltenheit, doch handelt es sich da zumeist um kleine 
Gesellschaften, die besonders im Osten öfters zur Beobachtung 
gelangen und da oft sehr weit nach Süden vordringen. Im heu- 
rigen Jahre scheint wieder ein ganz becträchtlicher Durchzug 
stattgefunden zu haben, dessen Ausbreitung eine ganz bedeutende 
gewesen sein dürfte. Die gehabte Absicht, auch diesen Zug in 
seiner Gänze zu bearbeiten, scheiterte an dem Umstande, dafs 
der wissenschaftliche Verkehr mit den Deutschen und Deutsch- 
Oesterreichischen Randstaaten bedauerlicherweise noch sehr im 
Argen liegt. Wir sind, da über den Südzug nur dürftige Nach- 
richten vorliegen, über den Zugbeginn ganz ungenügend orien- 
tiert, wissen daher nicht, wann er seinen Anfang nahm und 
ebenso nicht, woher er erfolgte; nur über seine Entfaltung und 
das Abflauen des Zuges, sowie sein allmähliches Erlöschen sind 
wir einigermalsen unterrichtet. Da die ersten Nachrichten über 
das Erscheinen von Seidenschwänzen aus der Schweiz erfolgten, 
könnnte das den Anschein erwecken, dafs die Fremdlinge den 
Weg zu uns aus dem Westen genommen hätten. Das wäre aber 
ein Trugschlufs, denn die Schweiz sah nur eine verhältnismälsig 
kleine Zahl im Land, und so müssen die grofsen Mengen, welche 
besonders in Mähren und auch in Schlesien auftraten, wohl aus 
dem Osten hergekommen sein. Völlige Klarheit darüber wird 
sich wohl später ergeben, wenn im Interesse der Wissenschaft, 
für welche es keine politischen Grenzen geben soll und darf, 
ein freier Verkehr wieder Platz gegriffen hat. 
Die uns vorliegenden Daten sind folgende: 


Schweiz. 
Wattwiel (Toggenburg). Nach Dr. J. Winkteler am 
21. November 1920 ein Schwarm, der bis Ende Dezember gesichtet 
wurde [Orn. Beob. XVIII, 1920/21. Nr. 4. p. 62, Nr. 5. p. 79]. — 
Ende Februar 1921 meldet F. Matchys je einen von Heimis- 
wil und Dürrenroth (Bern) [Orn. Beob. ns 1920/21. 
Journ. f, Om, LXX, Jahrg, Januar 1922, 


50 V. v. Tschusi zu Schmidhoffen: 


Nr. 6. p. 93.] und wenige Exemplare bei Iffwil (Bern) 
Chr. Hofstetter einige am 8. und 21. Januar aufRanflühberg. 
[Ibid. Nr. 7. p. 108] — Am 15. März wurde von E. Platel 1 Stück 
bei Iltiswi ] (Bern) gesehen. [Orn. Beob. XVII, 1920/21. 
Nr. 7. p. 108]. — Forstpraktikant G. Winkelmann beobachtete 
den 6. März im Auenwald (Schachen) an der Emme b./Burg- 
dorf(Luzern) ca. 10 Stück. Vormittags hielten sie sich eng bei 
einander, völlig ruhig in den Gipfeln einiger Eschen, nachmittags 
sah Winkelmann, wie einer nach dem anderen zu kurzem Fluge 
aufstieg nach Art der Fliegenschnäpper, um gleich wieder auf 
den verlassenen Baum rückzukehren. Ob dabei Insekten ge- 
fangen wurden, konnte nicht sichergestellt werden [Orn. Beob. 
XVII 1920/21. Nr. 6. p. 93.] 


Deutschland. 
Preussen. 


Brandenburg. W. Rüdiger beobachtete am 18. XII. 
1920 bei der Kolonie Neubrück auf Oberförsterei Hochzeit 
i. Um. 20 Stück beim Verzehren der Früchte des Schneeball. 
[Hege und Jagd. I. 1921. Nr. 9. p. 143.] — Dafs die Seiden- 
schwänze vielfach vorkamen, beweist da=> Offert der Schmiede- 
berg’schen zoologischen Handlung in Berlin, welche in der „Gefied. 
Welt“, Heft 4 vom 17. Februar lebende. Exemplare zu 30 Mk. 
anbietet. 

West-Preufsen. Laut H. Rasmus-Zoppot b./Danzig 
zeigte sich am 1. April um 2 h p. m. mitten in der Stadt ein 
Flug von ungefähr 7 Köpfen, die sich bei recht warmem Wetter 
an Mistelbeeren gütlich taten. [Wild und Hund. XXVIl. 1921. 
Nr. 15. p. 395, „vom Tage‘). | | 

? Den 14. Februar zeigten sich am hinteren 
Raubschlofs 40—50 Stück, im Kitmitschtal ein sehr grofser 
Schwarm. Die Vögel taten sich an den Ebereschen und Hirsch- 
holunderbeeren gütlich. Wohin man kam, erzählte man von den 
vielen Bee. [W.: St. Hubert. 39, 1921. Nr. 8. 
p. 112. 

? Auf R. Marcken b./Starchau trieben sich am 28. I. in 
einer Rotdornhecke 14 Stück herum. [Hege und Jagd. I. 1921. 
Nr. 9. p. 143]. | 


Sachsen. 
Im Elbetal trat der Seidenschwanz in ganzen Schwärmen 
auf. [Hege und Jagd. I. 1921, Nr. 9. p. 143]. 
Bayern. 


Wie wir E. Gebhardt-Nürnberg unter dem 29. März 
mitteilt wurde in der ersten Februarhälfte aus einem Fluge von 
ungefähr 16 ein Stück erlegt. 


\ 
Zum. heurigen Durchzug des Seidenschwanzes 1920/21. 51 


Oesterreich. 
Niederösterreich. 


In Oberhollabrunn beobachtete Fritz Hirnschall am 
25. Januar ungefähr 20 Stück, die sich auf 40 Schritte ruhig 
beobachten liefsen. [Waidmh. 41. 1921. Nr. 3. p. 37; Hege und 
Jagd. I. 1921. Nr. 9. p. 143—144.] — Unter dem 2. März be- 
richtet ein ‚fl.“ zeichnender Beobachter, dafs seit Tagen ein Flug 
Seidenschwänze in Gesellschaft vieler Misteldrosseln die Anlagen 
des im Kernpunkte Wiens gelegenen Volksgartens bevölkern, 
auch im Augarten hielten sie sich vorübergehend auf, dagegen bekam 
er in den Auen der Lobau keinen einzigen dieser Vögel zu Ge- 
sicht [St. Hubert. 39. 1921. Nr. 13. p. 191/92]. — „Die Seiden- 
schwänze hielten sich in den Wiener Parks wochenlang auf 
und nährten sich während dieser Zeit von Misteln. Interessant 
ist, dafs ich noch am 2. Mai im Wiener Stadtpark um 7 Uhr 
früh und 2 Uhr nachmittags 10 Stück beobachtete.“ [F. Ra- 
gowsky in litt., 20. V. 21.] 

In Vösendorf zeigte sich 1 Stück am 19. Januar 
[J. Spurng, Deutsch. Volksbl. v. 23. I. 1921.] — Nach G. Ho- 
feneder hielten sich inKorneuburg 9 Stück vom 13—16. Fe- 
bruar auf, in Mauerbach nach H. Endl am 17. Februar 
4 Stück. [E. P. Tratz, D. Waldrapp. Ill. 1921. Nr. 1. p. 6.] 


Oberösterreich: 


Oberstleutnant Pointner in Steyr sah am 9. Februar vor- 
mittags an der Grenze des Stadtgebietes einen Flug von 20 Stück 
auf etwa 10 Schritte Entfernung. [Waidmh. 41. 1921, Nr. 5. 
- p. 62.] — Wie mir Oberlehrer O. Koller aus Mauerkirchen mit- 
teilt, fehlte der Seidenschwanz im Innviertel. Die nördliche 
Grenze scheint der Kobernauser Wald zu sein, denn sie treten 
in Frankenberg immer noch auf, wenn man in Mauerkirchen 
negative Beobachtungen macht. [In litt. 11. 7. 21.] 

C. Ruff beobachtete in Goisern den 18. Februar 6 Stück, 
am Freinberg — Linz wurden nach Dr. Th. Kirschner den 
30. Januar 3 und in Spielberg b./St. Georgen am 18. Februar 
20—30 Stück gesichtet. Bei Schlofs Hagenau laut Fr. Kmitta 
8—10 St. (nahe Ende Februar), in Linz nach Fr. Schöffmann 
Ende Februar 1 Stück, n Ampfelwang (Hausruck) O. Koller 
zufolge am 7. Februar zahlreich. [E. P. Tratz in Waldrapp. II. 
1921. Nr. 1. p. 6.] 


Salzburg. 


Den 29. Januar wurde vom Landschaftlichen Bauführer 
T. Zagler in Michaelbeuern am Lilonberge ein Flug von 
12 Exemplaren beobachtet, am 16. Februar 9 Stück in der Nähe 
des regulierten OQigtenflussesan der Grenze Salzburg- 


4% 


52 V. v. Tschusi zu Schmidhoffen: 


Oberoesterreich und inNussdorf, 5. Febrnar 5 Stück. [Salzb. 
Volksbl. 51. 1921 Nr. 39, p.4,; D. D. Jäger 43. 1921 Nr. 12, 
p. 178.] — Nach den letzten Schneefällen traf R. v. Thanner 
am 10. Februar am Adneter Riedl b./Hallein einen Flug von 10 
und am 12. Februar einen solchen von 5 am Wimberg 
b./Adnet. [D. D. Jäger 43. 1921. Nr. 12, p. 177.) — R. Michl 


in Weitwörth zufolge gab es zahlreiche Seidenschwänze, am 


15. Februar 10 Exemplare zugleich. — Oberstleutnant Haas in 
Salzburg traf zwischen dem 10.—15. Februar in seinem am Süd- 
abhange des Mönchsberges gelegenen Garten in der Rieden- 
burg ungefähr 5—6 Stück. Beobachter bemerkt, dafs sich 
die Art schon im Januar des Vorjahres gezeigt habe. — Maler 
G. Kutil sah den 15. Februar in Bischofhofen auf den 
Sträuchern des Gartens des Forstrat Garies 15 Stück. [R. 
v. Thanner: D. D. Jäger 43, 1921, Nr. 12, p. 178.) 

In Weitwörth (F. Bruckbauer) am 30. Januar 6 Stück, 


in Salzburg (Thumegg) am 13. Februar 1 Stück (Tratz), in 


Oberndorf (F. Bruckbauer) um den 10. Februar 1 Stück, 
in Hellbrunn Mitte Januar 20—25 Stück, 11. Februar 10 
Stück (Tratz), St. Martin 1. Februar 10 Stück (F. Wagner), 
Golling, Mitte Februar 15 Stück (J. Harasser) [E. P. Tratz, 
D. Waldrapp. Ill. 1921, Nr. 1, p. 6.] 


Steiermark. 


Aus Oeblarn berichtet F. Grogger unter dem 15. Februar. 
„Dieser Tage waren ca. 30 braune nordische Vögel mit Schopf 
in meinem Garten, sind aber wieder fort. Hatten die Grölse 
eines Stares.“ [R. v. Thanner: D. D. Jäg. 43, 1921, Nr. 12, 
p. 178.] — Regierungsrat O. Reiser zufolge soll der Seiden- 
schwanz überall in Steiermark vorgekommen sein. [In litt: 
10./V. 21.] 

In Fürstenfeld zeigten sich nach J. Langhans am 13. Fe- 
bruar 10 Stück. [E. P. Tratz, Waldrapp. IIL 1921, Nr. 1, p. 6.] 


Tirol. 


A. Kasswalder meldet: Kufstein? 5 Stück und Walchen? 
2 Stück A. Kasswalder. [E. P. Tratz, D. Waldrapp. III. 1921, 
Nr. 1, p.6.] 
Csechoslowakei. 


Böhmen. 


„Erlaube mir zu berichten, dafs Seidenschwänze im Dezember 


1919 und Jänner 1920 sich bei Trautenau im Riesengebirge 
eingefunden haben.‘ [A. Hauptvogel in litt., 19. III. 1921.] 
Mähren. 


‚ _ Der Seidenschwanz war hier im beurigen Winter sehr zahl- 
reich, in einigen Gegenden sogar massenhaft aufgetreten. 


ee SS 
ee. 
eis 


Zum heurigen Durchzug des Seidenschwanzez 1920/21. 58 


Die grofsen Schwärme sind aber erst spät im Winter an- 
gekommen, einzelne Exemplare dafür ungewöhnlich lange hier 
geblieben. 

Die ersten Nachrichten über die Seidenschwänze in der 
Brünner Umgebung haben die Vogelsteller Ende Dezember 
gebracht. Ich selbst habe die ersten bei Brünn am 3. Jänner 
gesehen. Seit etwa 20. Jänner waren die Vögel häufig und über- 
all anzutrefien.e Die gröfsten Schwäruwe haben sich aber erst 
anfangs Februar eingestellt. In der Umgebung von Olmütz 
und hauptsächlich in Schlesien wurden sehr viele gefangen und 
der hiesige Vogelhändler Blimsrider hat viele in den Käfigen 
gehalten und noch mehrere tote zum Verspeisen gehabt. Am 
13. II. habe ich bei ihm 12 St. zum Präparieren gekauft 


1 altes S', 2 junge 99, die übrigen junge OO. Am 16. II. kam 


ein Mann zu mir, der mir einen fast vollen Rucksack toter 
Bombycilla — es waren sicher 200 St. — zum Kaufe anbot. 
Er behauptete, die Vögel bei Wischau gefangen zu haben, 
ich glaube aber, dafs die Vögel auch aus Schlesien stammten. 
Ich habe 10 gekauft und alle gemustert und auch in diesem 
Haufen toter Seidenschwänze waren nur drei alte og‘, das 


- Uebrige meistens junge O1‘, die Q2 in Minderzahl. Bis zum 


10. März haben wir die Seidenschwänze in Flügen gesehen, vom 
20. März schon nur vereinzelt mehr. Am 10. April einen Vogel 
bei Raigern — 13 km südlich Brünn — gesehen. Noch bis 
etwa Ende April haben die Vogelsteller über Seidenschwänze 
berichtet und auch noch einige gefangen. Am 3. Mai habe ich 


ein altes Q und am 9. Mai ein schönes, altes S' aus Eisgrub 


erhalten. Die Vögel waren tadellos im Gefieder, aber sehr ab- 
gemagert. Die Testikel waren wenig vergrölsert, der Eierstock 
fast unverändert. 
Oberlehrer Häla aus Hermanic — 40 km westlich Brünn, 
eine höher gelegene Gegend, wo der Uhu und Wanderfalke 
nistet — berichtet auch über das häufige Vorkommen von 
Dombyeilla. [J. Karäsek in litt.) 

Aus Mährisch-Schönberg berichtet F. 1. dafs sich 
am 19. Februar vormittags ein Schwarm in seinem Garten ge- 
zeigt, der 50—60 Köpfe stark, auf einer Birke safs und sang. 


[Waidmh. 41, 1921, Nr. 6, p. 71.] — Der Seidenschwanz erchien 


in starken Scharen fast in ganz Mähren. [Ed. Schimitscheck: 
D.-Jäg.-Zeit. 77, 1921, Nr. 13/14, verm. Teil p. 45.] — Den 
9, Februar zeigten sich in losen Flügen 20—30 Seidenschwänze 


in der Umgebung von Znaim. Sie nährten sich ausschliefslich 


von den Früchten der Hundsrose wie dies auch die Untersuchung 
des Mageninhaltes ergab. Nach 3tägigem Aufenthalte ver- 
schwanden sie. Am 6. März erschienen 4 Stück auf einer Birke, 
wo sie noch nach 3 Stunden angetroffen wurden und den Beob- 
achter auf 5 Schritt Entfernung vorbeigehen liefsen. [A. H.: 
Waidmh. 41, 1921, Nr. 7, p. 84.] 


54 V. v. Tschusi zu Schmidhoffen: 


Schlesien. 


Anfangs. Februar in grofsen Schwärmen in Sehlesien. 
[Dr. Karäsek in litt.] $ 


Jugoslavien. 


Bosnien. 


„Am 29. April d. J. gingen der Forstschüler Krainz und 
sein Kamerad Rogulja gegen Abend in das Bjelava-Viertel der 
Stadt Sarajevo auf Vogeljagd. Da erblickten sie einen Flug 
von 6 Seidenschwänzen, aus welchen Krainz mit einem einzigen 
Schufse 3 herabholte, worauf die andern 3 verschwanden. Einer 
der Getroffenen wurde nicht gefunden, der zweite wurde bei 
einem Versuche ihn abzubalgen, total zerrissen, den dritten er- 
hielt Präparator Santarius, dem ich auch diese Miteilung ver- 
danke, noch warm und fertigte einen tadellosen Balg (9). Alle 
Nachforschungen am nächsten Tag nach dem Verbleib der Uebrigen 
blieben erfolglos.“ [O. Reiser in litt., 10./V. 21.] 

Das Ergebnis aus den wenigen vorliegenden Angaben, die 
aufserdem mehr weniger Zufallsbeobachtangen darstellen, kann 
begreiflicherweise ein nur sehr bescheidenes sein; immerhin ge- 
statten auch diese dürftigen Daten einen Einblick auf den Zug 
und seinen Verlauf. 

Chronologisch bietet der Zug folgendes Bild: 


1920. 


21. November. Schweiz (Wattwiel) ein Schwarm — bis Ende 
Dezember. 

18. Dezember. Preufsen (Brandenburg) 20 St. 

Ende (vgl. November, 21. Schweiz). Mähren zuerst. 


1921. 


5. Januar Mähren (Brünn). 

Bl Schweiz (Ranflühberg) einige — 21. 

Mitte „ Salzburg (Hellbrunn) 20—25 St. 

19. „ Niederösterreich (Vösendorf) 1 St. 
Seit 20. , Mähren, überall häufig. 

21. ,„ 0 vgl. 8. Januar, Schweiz. 

25.  , Niederösterreich (Oberhollabrunn) 20 St. 

98. .„ Preufsen (Marken) 14. St. 

29.  ,„ Salzburg (Michaelbeurn) 12 St. 

30. n (Weitwörth) 6 St. 

1. Februar » (St. Martin) 10 St. 

Anfang 5 Mähren in gröfsten Schwärmen, besonders um 

Olmütz und in Schlesien. 

5. Februar Mähren (Oitzenflußs) 5 St. 

7. Oberösterreich (Ampfelwang) zahlreich. 

9. " Oberösterreich (Steyr) 20 St.,-Mähren (Znaim) 
ca. 20—30 St. 


Zum heurigen Durchzug des Seidenschwanzes 1920/21 55 


10. Februar Salzburg (Adnet) 10 St., (Möncheburg) 5—6 St. 
(Oberndorf) 1. St. 
11. Februar Salzburg (Hellbrunn) 10 St. 
12. ss n (Wimbere) 5 St. 
13. Niederösterreich (Korneuburg) 9 St., Ober- 
österreich (Goisern) 6. St. 
" 13. Februar Salzburg (Thumegg) 1. St., Mähren (bei Brünn) 
viele. 
14. hs ? (Hinteres Raubschlofs) 40—50 St., ? (Kimitsch- 
thal) grofse Scharen. 
Erste Hälfte. Bayern (Nürnberg) 16 St. 
15. Februar Salzburg (Weitwörth) 10., war zahlreich, (Nufs- 
dorf) 5 St., (Bischofshofen) 15 St. Steiermark (Oeblarn) ca. 30 St. 
Mitte Februar Salzburg (Golling) 15 St. 
16. n ? Mähren oder Schlesien circa 200 gefangene 
tote Stücke. 
17. 7 Niederösterreich (Mauerbach) 4 St. 
18. ;, Oberösterreich (b./St. Georgen) 20—30 St. 
19. 5 Mähren (Mähr. Schönberg) 1 Schar. 
Ende? Oberösterreich (Hagenau) 8--10 St., (Linz) 
1 St., Schweiz (Heimisweiel und Dürrenroth) je I St., (Iffwil) wenige. 
30. Februar. Öerösterreich (Linz) 4 St. 
3. März. Niederösterreich (Wien) 1 Flug. 
6.0, Schweiz (b./Burgdorf) ca. 10 St.; Mähren 
(Znaim) 4 St. 
10. März. Mähren. Bis dahin in Flügen. 
15... ,, e (Iltiswie) 1 St. 
20. von da an vereinzelt. 
29. ,, Bayern (Nürnberg) 16 St. 
1. April. Preufsen (Danzig) 7 St. 
10. Mähren (Raigern) 1 St. 
29:92, Bosnien (Sarajevo) 6 St. 
Ende ,„ Mähren. Noch welche. 


2. Mai. Niederösterreich (Wien) 10 St. 


: ” N Mähren (Eisgrub) 09 ad. 


Das heurige Auftreten des Seidenschwanzes kann Sich zwar 
an Zahl und Ausdehnung mit dem grofsartigen Zuge des Jahres 
1903/04 nicht messen, ?2) doch gestatten die vorliegenden Daten 
die Annahme, dafs er gröfser war, als diese zu ergeben scheinen 
und dafs es nur an der geringen Beachtung lag, die man seinem 
Erscheinen schenkte, wodurch eine wünschenswerte genaue Um- 
fassung des ganzen Zuges vereitelt wurde. 


1) 18. Februar, Oberösterreich (Goisern) 6 St. 
2) vgl. meine Bearbeitung dieses und des Durchzuges 1910/11 
(„Ornis“, 1905, 56 pp. und „Zoolog. Beobachter‘, 1911, 9 pp.) 


56 v. Tschusi zu Schmidhoffen: Durchzug des Seidenschwanzes 1920/21, 


Aus den hier mittgeteilten Daten ergibt sich folgendes: 

Der Zug bez. Aufenthalt der Seidenschwänze währte vom 
21. November 1920 bis 9. Mai 1921. 

Erstes Erscheinen in der Schweiz 21. XI. 20, letztes in 
Niederösterreich 2. V., bezw. Mähren, 3 und 9. V. 

Vermehrtes Auftreten im Jannar (Schweiz, Salzburg, Nieder- 
österreich, Preufsen, Mähren). _ 

Gröfste Ausbreitung im Februar (Schweiz, Salzburg, Ober- 
und Niederösterreich, Steiermark, Mähren, Bayern). 


Abflauung des Zuges im März (Schweiz, Bayern, Nieder- 


österreich, Mähren.) 

Erlöschen des Zuges, Nachzügler im April (Bosnien, Mähren, 
Preufsen), im Mai in Niederösterreich und Mähren. 

Am längsten hielten sich die Seidenschwänze in der Schweiz 
auf (November 1920 bis März 1921). 

Sie erschienen in Scharen, Schwärmen (Schweiz, Ober- 
österreich, Kimitschthal? Mähren), häufiger in Flügen (Branden- 
burg, Bayern, Salzburg, Steiermark, Oberösterreich und Mähren) 
am Öftesten in kleinen Gesellschaften. 

Die meisten Beobachtungen der Zahl nach entfallen auf 
Oesterreich und die Cschecho-Slowakei. Deutschland hat das Er- 
scheinen der Fremdlinge weniger in den Kreis seiner Beobachtungen 
gezogen, doch auch die dürftigen Daten von dort lassen ein min- 
destens gleich häufiges Auftreten wie inder Cschecho-Slowakei und 
Oesterreich vermuten und erwarten. 

Nach den wertvollen Angaben Dr. Karäsek’s muls die Zahl 
der in Mähren und wohl auch in Schlesien aufgetretenen Seiden- 
schwänze eine ganz gewaltige gewesen sein und scheinen selbe 
hier ihr Verbreitungszentrum gefunden zu haben, da sonst 
nirgendsher von solchen Massen berichtet wurde. Es dürfte 
daher meine noch vor Empfang des Berichtes Dr. Karäseks ge- 
äufserte Ansicht, dals der Anzug aus dem Osten erfolgte, durch 
diesen eine weitere Stütze erhalten, auch die späte erste Beob- 
achtung — 21. November, Schweiz — deutet darauf hin, da bei 
den früheren grofsen Zügen die ersten Beobachtungen in den 
Oktober, fallen. 


Tännenhof b. Hallein, September 1921. 


Andreas Johannes Jäckel. 


Am 6. Januar 1822 waren es 100 Jahre, dafs der Altmeister 
der bayerischen Zoologie, Pfarrer Andreas Johannes Jäckel 
als Sohn des Kirchners zu St. Aegydien, Jakob J., in Nürnberg 
das Licht der Welt erblickte. Pietät und Dankbarkeit erhei- 
schen es, dieses um unsere Wisseuschaft so hochverdienten Mannes 
auch in einer ornithologischen Zeitschrift zu gedenken. 


’ 


N 7235 


Andreas Johannes Jäckel. 57 


J. verlebte eine an Entbehrungen reiche Jugend, besuchte 
als einziges von seinen Geschwistern das Melanchtbon-Gymnasium 
zu Nürnberg, studierte in Erlangen Theologie und hatte dann 
als Vikar die Pfarrstellen von Kloster Sulz, Oberampfrach, 
Wendelstein und Ammerndorf, als Pfarrer die von Neuhaus b. 
Höchstadt a. Aisch, Sommersdorf b. Ansbach und Windsheim 
inne, wo er am 12. Juli 1885 starb. 

Dies die kurzen Daten seines Lebens. Mehr darüber zu 
sagen, verbieten die Raum- und Zeitverhältnisse, zumal wir ja 
auch einen ausführlichen Nachruf über ihn, nebst Verzeichnis 
seiner Arbeiten, aus der Feder seines Freundes Viktor R. 
von Tschusi zu Schmidhoffen besitzen.!) Es soll daher hier nur 
auf die Bedeutung Jäckels als Ornithologe eingegangen werden. 

Zunächst durch seinen Vater, der eifriger Vogelliebhaber 
war, dann durch die Gebrüder Sturm angeregt, benützte J. jede 
freie Stunde zum Studium der Natur und zum Sammeln von 
Pflanzen und Tieren. Auch lernte er bald das Ausstopfen von 
Vögeln und Säugetieren, das er lange Jahre mit Geschick und 
künstlerischem Geschmack betrieb. 

Als Jäckel im Jahre 1848 zum ersten Male mit einer 
wissenschaftlichen Arbeit an die Oeffentlichkeit trat, besafs er 
bereits eine eingehende Kenntnis nicht nur der Vogelwelt, son- 
dern auch sämtlicher anderen Tierklassen sowie der Pflanzen. 
Sein scharfes Ohr rühmte sich, die beiden Baumläuferarten mit 
Sicherheit am Lockruf unterscheiden zu können, auch hatte J. 
auf Ausflügen bereits einen grofsen Teil Mittelfrankens durch- 
streift. Sein Ruf als Naturkenner war schon in weite Kreise ge- 
drungen, von überallher bekam er Vögel und andere Tiere zur 
Bestimmung zugesandt und wurde um Rat und Auskunft in 
naturwissenschaftlichen Fragen angegangen. Selbstverständlich 
waren ihm auch alle Geheimnisse der Vogelliebhaberei und des 
Vogelfangs wohlbekannt. 

Zu systematischen Studien hatte J., dem auf seinen entle- 
genen Wohnsitzen jedes Vergleichsmaterial fehlte, kaum Gelegen- 
heit, weshalb wir auch über solche Fragen nur wenig in seinen 
Schriften finden, zumal auch die Systematik damals erst in ihren 
Anfängen steckte. 

Seine Lebensaufgabe erblickte J. darin, die Verbreitung 
der in Bayern vorkommenden Tierarten zu erforschen, ihr wid- 
mete er mit rastlosem Eifer jede Stunde seiner durch Amtsge- 


schäfte und auch Krankheit meist karg bemessenen freien Zeit. 


Aus eigener Anschauung kannte J. ganz Mittelfranken, den süd- 
lichen und westlichen Teil Oberfrankens, sowie grofse Teile von 


1) 18. Jahresbericht des Naturhist. Vereins zu Passau 1883—85. 
Herr v. Tschusi hatte auch die grofse Liebenswürdigkeit, mir die Briefe 
J.s an ihn zur Einsicht zu überlassen, wofür ihm auch an dieser Stelle 
herzlichst gedankt sei. 


58 Andreas Johannes Jäckel. 


Unterfrankeu und Schwaben, von Altbayern eigentlich nur 
München. Besonders ergebnisreich waren die in Neuhaus ver- 
brachten Jahre, in dessen teichereicher Umgebung J. eine Menge 
der seltensten Sumpf- und Wasservögel als Durchzügler oder 
Brutvögel feststellen konnte.!) Aus den übrigen Teilen Bayerns 
brachte ihm eine ungeheuer ausgedehnte Korrespondenz mit 
wohl sämtlichen damaligen bayerischen Naturkennern, mit Jägern, 
Lehrern, Geistlichen und Aerzten eine Fülle des wertvollsten 
Materials, das aufs sorgfältigste geprüft und gesammelt wurde. 
J. verstand es aber auch, wie selten jemand, anzuregen, zu er- 
muntern, Irrtümer auf die zarteste, liebenswürdigste Weise zu be- 
richtigen und den Einsender durch lobende Nennung seines 
Namens zu weiteren Beiträgen zu veranlassen. Alle vor J. er- 
erschienenen faunistischen Arbeiten behandeln fast durchweg nur 
Teile Bayerns und enthalten, was die Verbreitung betrifft, 
meist nur spärliche und allgemeine Angaben, ganz abzesehen 
von groben Fehlern und Irrtümern. In seinem nachgelassenen, 
1891 erschienenen Werke ‚Systematische Uebersicht der Vögel 
Bayerns“ konnte J. 312 für Bayern nachgewiesene Arten auf- 
führen und damit sein Vaterland in die Reihe der ornithologisch 
am besten durchforschten Länder Deutschlands stellen. Er 
schuf die Grundlage, auf der weiterzubauen für seine Nach- 
folger eine wesentlich leichtere Aufgabe war. Besondere Auf- 
merksamkeit schenkte J. bei seinen Forschungen der Ausbreitung 
neueingewanderter Tierarten, wie Girlitz, Haubenlerche und 
Wachholderdrossel. x 

Ueber die Biologie unserer Vogelwelt verdanken wir J. 
manche wertvolle Mitteilung. J., der selbst ständig Singvögel, 
seltene Wintergäste, Sumpf-, Wasser- und Raubvögel hielt, 
notierte sofort jede ihm neuerscheinende Beobachtung, um sie 
mit dem von ihm hochverehrten „Naumann“ zu vergleichen. 
Eingelieferte Vögel wurden auf das genaueste auf ihren Kropf- 
und Mageninhalt, auf Schmarotzer und Eingeweidewürmer unter- 
sucht. Durch die mühevolle und sorgfältige Untersuchung von 
mehr als 10,000 Eulengewöllen hat sich J. ein bleibendes Ver- 
dienst um die Wertschätzung dieser lange verkannten Vogelklasse 
erworben. Abnormitäten wie Schnabelmifsbildungeu, deforme 
Fufsbildungen, Leucismus, Hahnenfedrigkeit usw. erfreuten sich 
der besonderen Aufmerksamkeit J.s, der dafür wohldurchdachte 
und geistvolle Erklärungen gab. 

Hervorhebung verdientJ. auch als Historiker. Inallen 
grölseren Arbeiten J.’s finden sich historische Angaben aus 
seltenen alten Werken und Zeitschriften oder alte Gemälde, 
Abbildungen und Stiche von Vögeln erwähnt. (Nur Zorns treff- 
liche Petinotheologie scheint ihm merkwürdigerweise unbekannt 


1) Die Vögel des unteren Aisch-, Seebach u. Aurachgrundes. 
6. Bericht der naturf. Gesellschaft zn Bamberg 1863. 


Andreas Johannes Jäckel. 59 


geblieben zu sein.) Auch wurden alte Akten, Jagdrechnungen, 
Schufs- nnd Fanglisten aufgesucht oder aus den verschiedensten 
Archiven Bayerns verschrieben, um über die früheren Vorkomm- 
nisse genaue Aufschlüsse zu erhalten, auch die gesamte Literatur, 
soweit zugänglich, benützt und zitiert. 


Endlich sei J., der Freud und Leid und den Tageslauf des von 
ihm betreuten fränkischen Landvolkes aufs genaueste kannte, 
als Heimatforscher genannt. J., der mit Stolz und Be- 
wulstsein Bayer und Franke war, versäumt nie, Lokalbezeich- 
nungen, Volksnamen und Volksglauben zu erwähnen und bieten 
seine Werke auch in dieser Hinsicht eine reiche, noch lange 
nicht ausgeschöpfte Fundgrube. Eine von J.’s Arbeiten behan- 
delt ja speziell Volkssitte, Aberglauben und Volksmedizin in 
Franken. !) 


In gleicher Weise, wie über die Vogelwelt, hat J. über die 
Säugetiere gearbeitet und uns wertvolle, heute kaum mehr zu 
beschaffende Angaben über längst ausgerottete Raubtiere hinter- 
lassen. Besondere Aufmerksamkeit widmete er der wenig be- 
kannten Familie der Fledermäuse (und ihrer Nahrung), von denen 
er mehrere Arten für Bayern als neu nachwies. Wir besitzen 
von ihm auch eine Arbeit über die Fische Bayerns,2) in der er 
mehrere von ihm entdeckte Weifsfischbastarde beschreibt, und 
eine über die Kriechtiere und Lurche Bayerns ®) mit vielen bio- 
logischen und historischen Angaben. J. besals auch eine aus- 
gezeichnete Kenntnis der Insekten und hat seinerzeit das 
Wiener Nachtpfauenauge in Windsheim eingebürgert. Mehrere 
seiner Arbeiten behandeln die Geschichte der Heuschreckenzüge 
in Bayern. J. war auch guter Kenner auf dem Gebiete der 
Conchylien, ebenso auf dem der Pflanzenwelt, die Pilze mit ein- 
geschlossen; im Garten pflegte J. stets eine Menge schöner 
Blumen und seltener Blattpflanzen. 


J., der uns mehr als 100 verschiedene Veröffentlichungen 
hinterlassen hat, war kein Vielschreiber im gewöhnlich ge- 
brauchten Sinne dieses Wortes. Seine ganze Kraft vereinigte er 
auf das von ihm geplante grofse Werk über die Säugetiere, 
Vögel, Fische, Lurche und Kriechtiere Bayerns. Die vielen 
kleineren Aufsätze J.’s stellen gleichsam nur Antworten des 
bayerischen Heimatzoologen vor, in denen er irgendwo gelesene 
unrichtige Angaben über bayerische Vorkommnisse richtig stellt 
oder umgekehrt Beobachtungen in anderen Landesteilen durch 
solche aus Bayern bestätigt und ergänzt. 


1) Abhandlungen der naturhist. Gesellschaft zu Nürnberg II. 1861. 

3) Correspondenzblatt des zool. miner. Vereins zu Regensburg 
XVIll. 1864. 

8) Correspondenzblatt des zool. miner. Vereins zu Regensburg 
XV. 1865. 


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60 Andreas Johannes Jäckel. 


Ueber J.’s Arbeiten wie auch über seine prächtigen, mit 
zierlicher Handschrift geschriebenen Briefe ist die Weihe klas- 
sischer Bildung ausgegossen. Sich von Allgemeinheiten fern- 
haltend, erfeuen sie immer wieder durch ihre klare, eigenartige 
und anschauliche Darstellungsweise, die sich nicht selten zu 
warmer Begeisterung steigert. Ueberall spürt man in ihnen den 
Mann, der den Gegenstand, über den er schreibt, vollständig be- 
herrscht und meist noch etwas Neues aus seiner eigenen reichen 
Erfahrung darüber zu erzählen weils. Von Natur friedfertig, ist 
es immer die Sache, für die J. kämpft. Findet er aber seine 
mühevollen und gewissenhaften Beobachtungen in leichtsinniger 
oder ungerechter Weise angezweifelt, so scheut er sich auch nicht, 
in seine gewandte Feder gelegentlich die Lauge beilsenden Spottes 
oder heimatlicher Derbheit einflielsen zu lassen. 

J.s Arbeiten sind anfänglich im Korrespondenzblatt und 
in den Abhandlungen des zoologisch mineralogischen Vereins zu 
Regensburg erschienen, einer Gesellschaft die sich unter der 
Leitung Herrich-Schäfers die Erforschung der bayerischen Fauna 
zur Hauptaufgabe gestellt hatte. Später wurde von ihm die 
„Naumannia“, unser „Journal für Ornithologie‘“ und der „Zoo- 
logische Garten“ (jetzt „Zoologischer Beobachter‘) bevorzugt. 

J.s Verdienste fanden Ausdruck in der Ernennung zum 
korrespondierenden oder Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaft- 
licher Vereine, wovon hier nur die Ernennung zum Mitgliede 
der kaiserlich Leopold. Carolin. Akademie der Naturforscher 
- unter dem Beinamen „Fr. von P. Schrank“ erwähnt sei. Von 
seinen Windsheimer Mitbürgern, die den hochgewachsenen, 
äufserst liebenswürdigen Mann als treubesorgten Seelsorger und 
glänzenden Kanzelredner schätzten, hatten wohl die allerwenigsten 
eine Ahnung von seiner wissenschaftlichen Bedeutung, so still 
und schlicht, so gar nichts aus sich machend, lebte er unter ihnen. 

Durch seine zahlreichen, gewissenhaften und gründlichen 
Forschungen hat sich J. selbst ein unvergängliches Denkmal ge- 
Setzt und sein Name wird unter den bayerischen Naturforschern 
stets in erster Reihe genannt werden. Mögen diese Zeilen dazu 
beitragen, die Erinnerung an ihn auch in Ornithologenkreisen 


wieder wachzurufen! 
E. Gebhardt-Nürnberg. 


6i 


XX. Jahresbericht (1920) der Vogelwarte Rossitten 
der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 


Von J. Thienemann. 


Als ich im Jahre 1910 den zehnten Jahresbericht schrieb 
— ich weifs es noch wie heute — da flogen meine Gedanken 
in die Zukunft. Was wird das nächste Jahrzent bringen? Und 
heute, wo ich über dem zwanzigsten Berichte sitze, da weils ich 
es, und man sitzt und sinnt und läfst die verflossenen zehn 
Jahre an seinem geistigen Auge vorüberziehen. O, damals im 
Jahre 1910 stand die Vogelwarte in hartem Kampfe. Der Vogel- 
beringungsversuch hatte sich in Deutschland durchzusetzen. 
Damals liefs unter anderen noch ein Hermann Löns seinen 
beifsenden Spott und Hohn auf dieses neue Unternehmen über- 
fliefsen — und hat damit der Sache so unendlich viel genützt, 
indem er für Bekanntwerden sorgte. Dann nahm die Wissen- 
schaft den Versuch allgemein an, und nun kamen herrliche Jahre: 
1911; 12; 13; 14. 

Das war wirklich eine internationale Arbeit! In allen 
Kulturländern schossen die Beringungsstationen wie Pilze aus 


der Erde hervor. Man tauschte die Ergebnisse gegenseitig aus, 


und wo man ging und stand, war man in kurzer Zeit von einem 
Stolse Briefe aus aller Herren Länder umgeben, die Fundorte 


 beringter leichtbeschwingter Versuchsobjekte oft unter den 


wunderlichsten, verzwicktesten und spafßsigsten Begleitumständen 
meldeten. 

Man stand bei Ulmenhorst auf der Düne und sah die Zug- 
vögel in grauer Ferne verschwinden. Damit hörte früher die 
Beobachtung auf. Die Fortsetzung der Wanderstrafse war mehr oder 
weniger in geheimnisvolles Dunkel gehüllt.e Und jetzt war es, 
als ob plötzlich ein Schleier nach dem andern fiel. Man sah 
die Zugvögel inihrer Winterherberge Einkehr halten. Der Storch, 
den man eben in seinem Neste auf dem Dache eines Insthauses 
besucht hatte, der stolzierte jetzt am Nil entlang, um dann im 
Kaplande Heuschrecken zu fangen, und die Drossel, die die 
heimatlichen Ebereschenbäume plünderte, sah man in den Oliven- 
hainen am Guadalquivir ihr Wesen treiben, und das kleine 
Wollbällchken von Möwe, das auf dem Rossittener Bruche in 
seinem unordentlichen Neste hockte und mir als Dank für Ver- 
leihung des ehernen Geburtsscheines halbverdaute Fische über 
die Hand spie, das sah ich dann im Geiste in schmuckem Kleide 
überm Golf von Mexiko schweben. Und dasalles nicht Vermutung 
und Hypothese, sondern natururkundlich verbrieft und versiegelt. 
Das war bald wie Hellseherei, und nur der kann den Reiz und den 
Zauber solcher Arbeit verstehen, der selbst einmal an einer 
Zentralstelle des Beringungsversuches gesessen hat. 


62 J. Thienemann: 


Der Versuch zog immer weitere Kreise. Die Entwicklung 
ging rasend schnell vor sich. Noch ein paar Jahre so weiter in 
gemeinsamer Arbeit der Völker, und noch viele Fragen, über 
denen die Forscher früher grübelnd gesessen hatten, wären ihrer 
Lösung näher gebracht worden, und zwar nicht nur Vogelzug- 
fragen, sondern auch Fragen aus allen möglichen anderen Ge- 
bieten der Zoologischen Wissenschaft, denen sonst schwer bei- 
zukommen ist. 

Da kam der Weltkrieg und legte seine schwere eiserne 
Hand auch auf dieses Friedenswerk. Die Menschen, die eben 
noch friedlich miteinander gearbeitet hatten, schlugen blind wütend 
aufeinander los, und es schien ihnen ordentlich Spafs zu machen, 
das im Frieden Aufgebaute so recht gründlich wieder zu rui- 
nieren. Wohl wird der Beringungsversuch weiter geführt, bringt 
auch noch recht gute Resultate und ist auf dem besten Wege 
sich wieder emporzuarbeiten, aber immerhin müht er sich 
noch an dem Fufse der Höhe herum, die er schon einmal er- 
klommen hatte. Es treten ja jetzt noch so manche andere 
Punkte hindernd in den Weg. Ich darf nur an das teure Porto, 
an die hohen Aluminiumpreise, an die Verkehrsschwierigkeiten 
und dergleichen erinnern. Das Ausland meldet wieder, aufser 
Frankreich. 

Und nun kamen die langen, langen Kriegsjahre des 
Wartens und Hoffens; dann Zusammenbruch, Revolution und 
„Friede“ Die Leute waren an das Zerstören gewöhnt, kamen, 
schlugen mir mein Ulmenhorst entzwei und legten die Haupt- 
wirkungsstätte der Vogelwarte lahm. Waren denn das noch 
dieselben Menschen wie vor dem Kriege? War man selbst an- 
ders geworden ? Ueberall Ueberreiztheit und Nervosität. 
Draufsen in der grofsen Welt haderte und stritt man, und auch 
in unser Nehrungsdörfchen zog mancherlei Unfrieden ein, und 
ich kann als gewissenhafter Berichterstatter nicht an einer grofsen 
Hemmung vorübergehen, die die Vogelwarte gerade im letzten 

Jahre erfahren hat. | 
| Der alte Streit mit der Rossittener Forstverwaltung kam 
wieder einmal zum Ausbruch und erreichte seinen Höhepunkt. 
Schon die Gründung der Vogelwarte damals vor zwanzig Jahren, 
als das Rossittener Gebiet noch Dünenbezirk war, erfolgte gegen 
den Willen und unter heftigem Gegenstemmen des damaligen 
Revierverwalters. Die Verhältnisse bringen es mit sich, dafs der 
Leiter der Vogelwarte gewisse Befugnisse auf forstfiskalischem 
Gebiete haben muls, die ihm vom Herrn Minister in 
dankenswerter Weise gewährt worden sind. Das greift ein 
wenig in die Rechte der hiesigen Forstbeamten ein, und so 
wird die Vogelwarte immer als eine Art störendes Element 
angesehen. Im vergangenen Jahre rückte man nun dem Leiter 
der Vogelwarte arg zu Leibe. Ein gewildertes „Rehkalb“ 
sollte ich durchs Dorf getragen haben, und in Wirklichkeit war’s 


[3 


xx Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 63 


doch der ausgestopfte Stations-Jagduhu gewesen, derzum Rucksack 


 herauslugte. Man brachte mich als Wilddieb vor den Staats- 


anwalt, und als durch endlose Zeugenvernehmungen und Ver- 
höre der arme Uhu als corpus delicti glücklich festgestellt war, 
da wollte man’s immer noch nicht glauben, und die Sache zog 
immer weitere Kreise. Die hohen Ministerien wurden zu Hilfe 
gerufen; ich mulste für schweres Geld nach Berlin fahren, wo 
eine Kuratoriumsitzung in der Sache abgehalten wurde, und 
wer weils, was noch alles geschehen wäre. Man sagt mir 
manchmal nach, ich seı sehr gutmütig, aber ich konnte doch un- 
möglich aus Gefälligkeit meinen Uhuschwanz für einen Rehkopf 
erklären. Da legte sich der Herr Regierungspräsident in wohl- 
wollendster und geschicktester Weise ins Mittel. Wie ein Friedens- 
engel landete der hohe Herr an den hiesigen Gestaden, und er 
mag in dem erhebenden Bewulstsein abgefahren sein, das Schönste 
und Herrlichste vollbracht zu haben, was man bier auf Erden 
tun kann: Frieden stiften, Eintracht wiederherstellen, Mifs- 
verständnisse beseitigen. 

Doch lassen wir diese tragikomische Geschichte, die aller- 
dings den tief ernsten Hintergrund hat, dafs durch solche 
Dinge die ruhige, ungestörte, wissenschaftliche Arbeit der Vogel- 
warte durchaus in Frage gestellt wird. Das Wirken in der 
freien Natur, das ist das Fundament für die Vogelwarte, sonst 
hätte sie ja in der Stadt gegründet werden können, und gerade 
diesem Wirken werden von seiten der Rossittener Forstverwaltung 
gern Steine in den Weg gelegt. So wollte man im vergangenen 
Jahre dem Leiter der Vogelwarte den Zugangsweg zum Möwen- 
bruche sperren, den er fünfzehn Jahre lang in Jagdausrüstuug ge- 
gangen war, und was der Hemmungen mehr sind. Möchte es 
gelingen für die Anstalt festere Grundlagen zu schaffen. — 

Ja, es waren zuweilen bewegte Zeiten, die das zweite’ Jahr- 
zehnt barg, in dessen Dunkel ich damals bei Abfassung des 
zehnten Jahresberichtes hineinzuschauen suchte, und der Krieg mit 
seinen Folgeerscheinungen ist auch an der Vogelwarte nicht 
vorübergegangen ohne hart anzuklopfen — und doch ist gerade 
in den schwersten Jahren ein gewaltiger Aufstieg und Fortschritt 
en verzeichnen, wie man das ja im Leben so oft beobachten 
ann. 

Ich denke da zunächst an das neue schöne Heim, 
das die Vogelwarte durch das Entgegenkommen der „Kaiser 
Wilhelm Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften“ er- 
halten hat, und worüber ich schon im vorigen Jahresberichte 
schrieb. Aber auch dieses neue Haus mulste ich mir erst wieder 
schwer erkämpfen. Es stand, ebe die Vogelwarte einzog, so zu 
sagen leer. Wo darf es heutzutage ein unbesetztes Haus geben! 
Also rückte man von allen Seiten gegen an, am energisch- 
sten von seiten der Zollbehörde, die sich jetzt hier der nahen 
Grenze wegen festzusetzen hat und kein Unterkommen besals. 


64 J. Thienemann: 


Ich hatte zu kämpfen wie ein Löwe; mufste bis an den 
Herrn Finanzminister gehen, und auch Herr Unterstaatssekretär 
Geib hat mir in dankenswerter Weise treu zur Seite gestanden. 
Ich glaube, es wäre ganz unstatthaft gewesen, das Haus zwangs- 
weise zu belegen, und der Fernstehende wird vielleicht über 
solche Mikhelligkeiten den Kopf schütteln, aber wir leben eben 
hier an einem weltabgeschiedenen Punkte — und je kleiner 
der Ort, um so schwieriger die Verhältnisse, das ist und 
bleibt eine alte Wahrheit. Jetzt ist der Vogelwarte in der 
Person des Herrn Kurators der Albertus-Universität eine neue 
Behörde in Königsberg erstanden, an die ich mich in Zukunft 
bei Ausbruch solcher Schwierigkeiten wenden könnte. Und das 
ist gut. 

Auch das alte Vogelwartengebäude hätte ich sehr wohl noch 
. mit gebrauchen können, um die Anstalt zu erweitern, aber darauf 
habe ich in Anbetracht der Wohnungsnot im Einverständnis mit 
dem Vogelwartenkuratorium von vorn herein verzichtet. Das 
Haus ist vom Forstfiskus angekauft worden. 

Am 27. Juli siedelte ich mit der Sammlung in das neue 
Heim über, und es mag recht originell ausgesehen haben, als 
die Schulkinder in langer Polonäse mit den Vögeln in der Hand 
die Dorfstrafse entlang marschierten. Aber nun hiefs es Samm- 
lungsschränke besorgen! Denn die Vögel, die im alten Raume 
dicht gedrängt und unübersichtlich gestanden hatten, sollten jetzt 
auseinander gerückt und schön geordnet aufgestellt werden. Wo 
kann man sich aber jetzt neue Schränke fertigen lassen! Als 
der Tischler die alten schönen grofsen Schränke auseinander- 
nahm, meinte er, die würden jetzt ebensoviel oder noch mehr 
kosten als der ganze Bau des Vogelwartengebäudes im Jahre 
1907. Da trat Herr Geheimrat Braun in liebenswürdiger Weise 
helfend ein und stellte ein paar vom zoologischen Museum in 
Königsberg ausrangierte kleinere Schränke zur Verfügung. 
Aufserdem durfte der Museumspräparator, Herr Krichel- 
dorff, beim Ordnen der Sachen helfen. Herrn Geheimrat ver- 
bindlichsten Dank dafür! Nun stehen für die Sammlung zwei 


schöne grolse Zimmer zur Verfügung, die etwa dreimal so viel 


Raum bieten wie im alten Gebäude; ferner ein geräumiges 
Arbeitszimmer, ein Präparierzimmer mit Nebengelals, oben 
Assistentenzimmer und Vorratskammer. 

Der erste offizielle Besuch im neuen Heim war die Geo- 
graphische Gesellschaft Greifswald mit einigen 50 Teilnehmern 
unter Führung von Herrn Prof. Dr. G. Braun. 

Am 25. September wurde eine kleine schlichte Einweihungs- 
feier veranstaltet. Wir fanden uns mittags in der Sammlung 
zusammen. Ich hatte die Ortsbebörden und einige Familien ge- 
laden, und auch von auswärts waren Gäste gekommen. Vom 
Berliner Kuratorium war leider kein Vertreter hier. Die Reise 
ist ja aber auch heutzutage zu umständlich und kostspielig. 


u x AR 


II 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 65 


Nachdem ich die Gesellschaft begrüfst hatte, hielt Herr 
Amtsgerichtsrat F. Tischler eine herzliche Ansprache und 
gab einen kurzen Umrifs der Geschichte der Vogelwarte und 
ihrer Sammlung. Darauf überbrachte Herr Rittergutsbesitzer 
E. Ulmer- Quanditten im Auftrage des leider am Erscheinen 
verhinderten Herrn Landrats Schlufs die Grüfse und Glück- 
wünsche des Kreises Fischhausen. Dann wurden die neu aufge- 
stellten Sammlungsobjekte besichtigt, und die aufgehängten Zug- 
karten, die ja immer das Hauptinteresse der Besucher in An- 
Spruch nehmen, einer eingehenden Prüfung unterzogen. Jetzt 


habe ich in der Sammlung eine Art „Renommierecke‘“ einge- 


richtet. Da stehen unter anderen: Dünnschnäbliger 
Brachvogel, Falkenbussard, Steinmerle, La- 
surmeise,Schwarzkehlige Drossel, Sturmschwalbe 
u. a. Am Abend gemütliches Beisammensein beim Glase Bier. 

Wenn ich oben von einem Aufstieg und Fortschritt der 
Vogelwarte sprach, so denke ich zweitens an das großse Inter- 
esse für die Natur, das gerade jetzt in unserm Volke 
wach geworden ist. Menschen mit ihrer Kultur meiden und zur 


‚Natur flüchten! So heifst im Allgemeinen jetzt die Losung, und 


dieses Streben ünd Sehnen kommt einesteils der Vogelwarte zu 
gute, andrerseits hat sie aber auch die hohe und schöne Auf- 
gabe, diese Gefühle im Interesse der Heimatliebe und Heimat- 
kunde und im Interesse der Belehrung und Veredelung unseres 
Volkes zu pflegen und zu hegen. Dahin gehört alles das, was 
die Vogelwarte und ihren Leiter in Berührung mit breiteren 
Schichten der Bevölkerung bringt, also zunächst die Besuche 
auf der Anstalt, nicht nur von vielen Einzelpersonen, sondern 
auch von Schulen, Gesellschaften, akademischen Verbänden und 
dergleichen, wobei wohl mancherlei Belehrungen und Anregungen 
mit fortgenommen werden, denn ich halte nach Möglichkeit 
darauf, dafs die Besucher nicht stumm und teilnahmslos durch 
die Sammlung gehen, sondern dals jedem etwas gegeben wird, 
wie es für ihn pafst, und ich könnte von manchen rührenden 


und begeisterten Dankesworten erzählen, die beim Abschied ge- 


sprochen wurden. Manche Leute sind ganz erstaunt, dafs man 
sich über die Vogelwelt so lange unterhalten und dafs man 
dabei soviel Interessantes und Schönes sehen und hören kann. 
Sollten damit nicht einem vernünftigen Vogelschutz die Wege 
geebnet werden können! 

Der Besuch war im "verflossenen Jahre sehr rege, sowohl 
von Einzelpersonen als auch von Schulen und Gesellschaften. 
Um eine Probe aus der Besucherliste des Fremdenbuches zu 
geben, seien folgende Namen erwähnt: die Präparandenanstalt 
Friedland; die geologisch-botanische Exkursion der Albertus- 
Universität Königsberg unter Führung der Herrn Prof. Dr. 
Andre&e und Prof. Dr. Abromeit; die Geographische Ge- 
sellschaft Greifswald wurde schon erwähnt; der Kriegsseminaristen- 


Journ. f. Om, LXX, Jahrg. Januar 1922, 5 


66 J. Thienemann: 


kursus Königsberg unter Führung ven Herrr Dr. Schmidt; 
die geologische Exkursion der Volkshochschule Königsberg mit 
78 Teilnehmern unter Führung von Herrn Dr. Hof fmann; die 
 Präparandenanstalt Ragnit; die Landw. Realschule Heiligenbeil 
mit 80 Teilnehmern. Von Einzelpersonen,die sich längere Zeit hier 
aufhielten, um Studien zu treiben, folgende Herren: Manfred 
Grote; Dr. Dampf; Dr.A. Ginzberger vom botanischen 
Garten und Institut der Universität Wien; cand. rer. nat. 
F. Neubaur aus Bonn; Faber; Tischler und Ulmer 
wurden schon erwähnt. Auch Herr Dr. Deichler aus Berlin 
war wieder hier; Herr Karl Niemann von der Stettiner 
Urania filmte Möwen u. s. w. | 

Auch die Baukommission von der Regierung in Königsberg, 
bestehend aus den Herren Regierungs- und Baurat Dr. Mayer 
und Prof. Dr. Dethlefsen, hatte in Bauangelegenheiten für 
das neugekaufte Haus hier wieder zu tun. 

Weiter gehören bierher die mancherlei Vorträge, die 
vom Berichterstatter alle Jahre gehalten werden. Erwähnt seien 
die Vorträge im „Verein der Vogelliebhaber in Königsberg“; im 
Landwirtschaftlichen Zentralverein Insterburg;; in der faunistischen 
Sektion der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft; auf. der 
Monatsversammlung des Fischereivereins für die Provinz Ost- 
preufsen; im landwirtschaftlichen Zentralverein in Rössel; vor 
den Gymnasialklassen in Rössel. Als besondere Veranstaltungen 
sind hervorzuheben die Mitwirkung des Berichterstatters an 
dem „Ferienkursus für Heimatkunde“, der in 
Königsberg eine Woche hindurch abgehalten wnrde. Es ist das 
eine neue Eirrichtung, die die Lehrerschaft mit den verschieden- 
sten Wissenszweigen, So weit sie sich auf die beiden Provinzen 


Ost- und Westpreufsen beziehen, bekannt und vertraut machen 


soll, um das Dargebotene der heranwachsenden Jugend nahe zu 
bringen und damit den Sinn für die Heimat zu wecken und zu 
stärken. Auch die Vogelwarte wurde zur Mitwirkung herange- 
zogen. Die Teilnehmerzahl war sehr grols. Hunderte von Zu- 
hörern und Zuhörerinnen hatten sich eingefunden. Es war auch 
ein Ausflug nach Rossitten in das Programm des Ferien- 
kursus mit aufgenommen, der aber verschiedener widriger Um- 
stände wegen, wie sie die jetzige Zeit mit sich bringt, leider 
nicht stattfinden konnte. 

Ferner die Vorträge ander Volkshochschule, 
die im vergangenen Winter auch wieder stattfanden; diesmal 
leider nicht im Hörsaal des zoologischen Museums, wo mir so 
wertvolles Anschauungsmaterial zur Verfügung gestanden hätte, 
sondern im Naturwissenschaftszimmer des Loebenicht’schen 
Realgymnasiums. Ich verband mit meinen Vorträgen auch Ex- 
 kursionen, die sich eines regen Zuspruchs zu erfreuen hatten. 
Am Ende dieser Veranstaltungen wurde ich freudig überrascht, 
als mir von meinen Zuhören eine Sammelbüchse mit 283 Mark 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 67 


„zum Wiederaufbau der zerstörten Ulmenhorsthütte“ feierlichst 
überreicht wurde. Dafür sei auch hiernoch mals herzlichst gedankt. 
Ich schreibe solches Entgegenkommen immer der Lage der 
Vogelwarte zu. Die Nehrung ist es, die es den Leuten angetan 
hat, und deshalb suche ich auch, wo und wie ich nur immer mit 
meinen schwachen Kräften es vermag, für die Erhaltung dieses 
Kleinodes unter den deutschen Landschaftsbildern einzutreten. 
Die Kurische Nehrung verdient eine besondere Behandlung. Sie 
mufs noch einmal zu etwas Grofsem ausgenutzt werden. Ich 
denke so oft an ein Naturschutzgebiet mit wissenschaftlichem 
Hintergrunde, wie es zum Beispiel Prof. Dr. F. Pax in seiner 
kürzlich erschienenen Schrift: „Naturdenkmalpflege 
undwissenschaftlicheZoologie“ meint. (Naturdenk- 
mäler. Vorträge und Aufsätze. Herausgegeben von der Staatl. 
Stelle für Naturdenkmalpflege. Band 3, 3. Heft 23. Gebrüder 
Borntraeger in Berlin 1921.) 

Schliefslich sind hier auch noch meine Kurse über 
Vogelkunde und Vogelschutz zu erwähnen, die jährlich 
abgehalten werden. Der letzte fand zu Pfingsten in den Tagen 
vom 22.—26. Mai statt und war sehr gut besucht. Ich kann 
die Termine für diese Kurse immer nur ganz vorsichtig und 
unter der Hand bekannt geben, sonst würden sich zu viel Teil- 
nehmer melden, und darunter würde das Ganze leiden, soweit die 
Exkursionen in Betracht kommen. Wiederum ist’s die Nehrung, 
die auf die Leute eine so grofse Anziehungskraft ausübt. 

An Gutachten, die die Vogelwarte abzugeben hatte’ 
ist zu nennen ein solches für die Landwirtschaftskammer in 
Darmstadt über Krähenzug, das die Grundlage bilden sollte für 
eine ins Werk zu setzende Krähenvertilgung; ferner ein 
solches für den Magistrat in Marienburg in Westpreufsen über 
Einrichtung von Vogelschutzanlagen. 

An die Bibliothek haben folgende Autoren, der Zeit- 
folge nach aufgeführt, Schriften eingeschickt: 

Oberpfälzische Buchhandlung in Kallmünz bei Regensburg. 

Alfred Richard Neuchatel. 

Kroatische Ornithologische Zentrale. (Prof. Erwin Röfsler.) 

B. Horring-Kopenhagen. Ä 

H. F. Witherby. 

Hans Hefs von Wichdorff stiftet sein Buch ‚Geologie der 
Kurischen Nehrung.“ 

Prof. Dr. Karl Eckstein, Geh. Reg. Rat, Eberswalde. 

Prof. Dr. F. Pax. 

Albert Hefs in Bern. 

Wilhelm Rüdiger (Zeitschrift für Oologie und Ornithologie). 

Dr. L. Pittet-Fribourg. 

G. J. Visscher-Amsterdam. 

Versuchs- und Musterstation für Vogelschutz Seebach (Hans 
Freiherr von Berlepsch und Friedrich Schwabe). 


5* 


68 i J. Thienemann: 


Dansk. Ornithologisk Forenings-Tidsskrift. | 

Eduard Paul Tratz. 1 

Prof. R. Poncy-Genf, Rhöne 59. 

Das Königl. Ungarische Ornithologische Institut Budapest. 

Prof. Dr. E. Stechow-München. 

P. Skovgaard-Viborg Dänemark. 

Prof. Dr. Bernhard Hoffmann. 

Rud. Zimmermann-Dresden A. 

H. Chr. C. Mortensen-Viborg Dänemark. 

Dr. Traugott Müller, Elbing. 

James A. Grieg. 

Dr. Hugo Weigold-Helgoland. 

Prof. Ibarth-Danzig-Langfuhr. 

Walther Bacmeister. (Heilbronn.) 

Hermann Grote. 

Dr. Fr. Lindner-Quedlinburg a./Harz. 

Dr. J. Gengler. 

Heinrich Gottfried Gengler-Erlangen. 

Verbindlichsten Dank allen freundlichen Gebern! 

Nun ist noch über eine Anzahl hochherziger Schenkungen 
und Stiftungen zu berichten. Aufser der oben erwähnten Sammlung 
in meiner Volkshochschule für Wiederaufbau der Ulmenhorshütte, 
gingen für denselben guten Zweck noch folgende Beträge ein: 
Vom Göthebund in Königsberg 50 M.; von einem Mitglied des 
Vereins für Vogelliebhaber in Königsberg, Herrn Sandring, 
10 M.; von Herrn Ulmer-Quanditten 200 M.; von der 
Geographischen Gesellschaft Greifswald 50 M. Auch die im 
Sammlungsraum aufgestellte Sammeibüchse wurde sehr gut be- 
schickt. Ich kann verraten, dafs ich sogar Hundertmarkscheine 
herausnehmen konnte. 

Herr Liefsmann, ein eifriges Mitglied des „Vereins 
der Vogelliebhaber in Königsberg‘, stiftete für die Vogelwarte 
einen neuen photographischen Apparat. Wahrlich ein wertvolles 
Geschenk heutzutage! Die Provinz Ostpreufsen bewilligte wieder 
ihren Beitrag von 300 M. auf 5 Jahre. 

Allen freundlichen Spendern sei an dieser Stelle im Namen 
der Vogelwarte der herzlichste Dank ausgesprochen. — 

Erwäbnt soll noch werden, dafs im Bund für Vogel- 
schutz e. V. in Unterfranken, Sitz Würzburg, eine Zentralstelle 
für den Beringungsversuch, soweit Süddeutschland in Betracht 
kommt, eingerichtet worden ist. Die Vogelwarte schickt die 
Ringe an Herrn Schnabel, der die Verteilung und das Ein- 
sammeln der ausgefüllten Listen vornimmt. — 

Ein Assistent oder eine Assistentin zur Unterstützung 
des Leiters der Anstalt beim Schreiben, Sammlung zeigen, Beob- 
achten und dergleichen konnte im verflossenen Jahre nicht an- 
genommen werden. Der Museumsdiener, den die Anstalt zur 
Verrichtung der groben Arbeiten unbedingt braucht, da ein 


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'XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 69 


ganzes Grundstück zu verwalten ist, nimmt jetzt zu viel Lohn 
in Anspruch. Da reicht das Geld nicht. 


Bericht über den Vogelberingungsversuch im Jahre 1920. 


Diesem Abschnitt soll folgende Bemerkung vorangestellt 
werden: Die Aluminiumfufsringe wurden bisher unentgeltlich und 
porteifrei geliefert. So ganz ohne Einschränkung geht das nun 
leider nicht mehr. Der Etat der Vogelwarte ist wohl ein 
wenig erhöht worden, aber doch in gar keinem Ver- 
hältnis zur herrschenden Teuerung. So nimmt die Vogel- 
warte die freiwillige Bezahlung der Ringe und des Portos 
jetzt dankbarst an. Auf der jeder Ringsendung beigefügten Liste 
findet sich eine entsprechende Bemerkung aufgedruckt, und es 
ist höchst erfreulich, wie die meisten Ringempfänger der aus- 
gesprochenen Bitte willig Folge leisten. Zuweilen gehen nam- 
hafte Beträge ein, die den für die Ringe gezahlten Preis weit 
übersteigen. Das kommt dem Ringversuche zu statten. Die 
Lasten werden auf die Weise auf viele Schultern gelegt und 
tragen sich leichter. Aber es herrscht kein Zwang. Niemand 
lasse sich durch diese Ungunst der Verhältnisse von der Mit- 
wirkung am Beringungsversuche abhalten. 


In Rossitten selbst wurden folgende Vögel markiert: 


Sturmmöwen (Larus canus) 

Lachmöwe (Larus ridibundus) 

Rauchschwalbe (Hirundo rustica) 
Trauerfliegenschnäpper (Muscicapa atricapilla) 
Haussperlinge (Passer domesticus) 
Wiesenpieper (Anthus pratensis) 

weilse Bachstelze (Motacilla alba) 

Koblmeise (Parus major) 

Gartenrotschwänze (Brithacus phoenicurus) 

94 Rotkehlchen (Erithacus rubecula) 


Summa 106 Vögel. 


N SS) 


Nach auswärts wurden folgende Ringe abgegeben: 


Größe A: 21 Stück. 
a B:.165, ,, 
» GWD::724 '., 
sr BD: 655., 
= F: 1508 „ 
h F: 2405 „ 


Summa 5476 Stück. 


Im ganzen wurden also 5582 Ringe gebraucht, 900 mehr 
wie im vorigen Jahre. 


T0 J. Thienemann; 


Zurückgeliefert oder zurückgemeldet wurden im Jahre 1920 
folgende Vögel: 
3 Nebelkrähen. 
1 Storch (Ciconia ciconta) 
10 Lachmöwen. 
Silbermöwe. 
Stockenten. 
Bläfshuhn (Fulica atra). 
Ringeltaube. 
Hühnerhabicht. 
Sperber. 
Mäusebussarde (Buteo buteo). 
Wanderfalke. 
Turmfalk. 
Waldkauz. 
Schleiereulen. 
Mauersegler (Oypselus apus). 
Elstern. 
Stare. 
Buchfink. 
Grünlinge. 
Dompfaff. 
Goldammern. 
Kleiber. 
Kohlmeisen. 
Blaumeisen. 
Sumpfmeisen. 
Amseln. 
Hausrotschwänze. 
Gartenrotschwänze. 
Rotkehlchen. 


Summa 78 Vögel in 29 Arten. 


DV PSO-B-V Fr Br Desk De mn D m 


Nebelkrähen (Corvus cornix). 


DD Nr 21750 D. Gezeichnet auf dem Zuge am 
13. Oktober 1913 in Ulmenhorst bei Rossitten mit 36 Art- 
genossen. 

Geschossen am 12. Februar 1921 in Popelken 
Kreis Labiau Ostpr. von Herrn Wilhelm Wabbels. Ring 
eingeschickt. Rand sehr ausgeschliffen. Schrift tadellos. 

Zeit: 7 Jahr, 4 Monate. 

Entfernung: etwa 60 km nach SO. 

Die Krähe hat entweder in jenem Teile Ostpreulsens 
Winterguartier bezogen, oder sie ist schon auf dem Frühjahrs- 
rückzuge gewesen. Dann wäre der Fall ein Beleg für den 
Krähenzug auf dem jenseitigen Haffufer. 

Nun folgen noch zwei im Neste gezeichnete Stücke: 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 21 


2) Nr. 28398 D. Gezeichnet als junger Horstvogel 
am 21. Mai 1919 am Fürstenteich in Königsberg i./Pr. 
durch Herrn Gotthold Kobbert. 
| Geschossen im Oktober 1920 in Posilge bei Altfelde 
18 km südwestlicb von Elbing von Herrn Ernst Klein aus 
Eibing, Brückstr. 15 II. Beringten Fufs eingeschickt. 

Zeit: 1 Jahr, 5 Monate. | 

Entfernung: ca. 110 km. nach SW. 

Die Krähe ist auf dem Zuge nach SW. begriffen gewesen. 
Also auch die in Ostpreufsen erbrüteten Nebelkrähen wandern. 
Schon mehrfach durch den Ringversuch bewiesen. 


3) Nr. 29097. Gezeichnet am 17. Mai 1920 als junger 
flügger Nestvogel bei Tsechammendorf (am sogen. Teich- 
ne) bei Obermois Bez. Breslau durch Herrn Hans-Georg 

cke. 

Das Nest stand im Kopfstück einer Pappel. Das aus 
6 Eiern bestehende Gelege war am 25. April ausgefallen. 

Geschossen am 19. Dezember 1920 im Revier Pläs- 
witz, Kreis Striegau, Regbez. Breslau durch Herrn Förster 
H. Rudel. 

Zeit: 7 Monate. 

Entfernung: 3 km. 

Die Krähe ist an ihrem Geburtsorte geblieben. 


Storch (COiconia ciconia). 


1) Nr. 9917. Gezeichnet am 27. Juni 1914 in Open 
bei Wormditt Kreis Braunsberg Ostpreufsen durch Herrn 
Lehrer Frank. 

Erbeutet am 10. August 1920 auf der Försterei 
Gradtken bei Tollack Kreis Allenstein, Ostpreufsen. 

Zeit: 6 Jahre, 2 Monate. 

Entfernung: 32 km. nach SO, 

In die Heimat zurückgekehrt. 


Lachmöwen (Larus ridibundus). 
I. Auf dem Rossittener Möwenbruche im Halbdunenkleide markiert. 


Unter den eingelieferten Möwen sind sehr bejahrte Stücke 
von Sechs, sieben, zehn und zwölf Jahren. Unter drei Jahren 
ist nur eine. Jetzt werden der teuern Ringe wegen nicht mehr 
so viel Möwen gezeichnet, und da fehlt der frisch markierte 
Nachwuchs. Daher die vielen aiten Vögel. 

1) Nr. 27471. Gezeichnet am 24. Juli 1915 mit noch 
67 Artgenossen. — 

Vom Raubvogel geschlagen aufgefunden Anfang 
April 1920 am Ufer der Werra bei Salzungen in Thüringen 
von Herrn Ernst Niedner, 


72 J. Thienemann: | 


Zeit: 4 Jahre, 9 Monatn. 
Entfernung: 860 km nach SW. 
Eine von den Möwen, die in’s Binnenland gezogen ist. 


2) Nr. 28554. Gezeichnet am 24. Juli 1916 mit 
42 Artgenossen. 

Aufgefunden im Walde von Gr. Lasken, Post 
Sentken, Ostpreufsen im masurischen Seengebiet. 

Von einem Raubvogel geschlagen und zum Teil angefressen. 

Meldung und Ring am 15. Dezember 1920 durch Herrn 
Lehrer Grigo. Ring gar nicht abgeschliffen. 

Zeit: ca. 4 Jahre. 

Entfernung: ca. 180 km nach SO. 

Es folgen nun drei Stücke, die in ihre alte Brutkolonie 
zurückgekehrt sind, um selbst da wieder zu brüten. 


3) Nr. 1120. Gezeichnet am 8. Juli 1908. 

Ganz zufällig vom Berichterstatter ebenda erbeutet am 
11. Juli 1920. Das Stück ward zu einem Balge für die Sammlung 
gefertigt. In der Mauser befindlich. 

Zeit: 12 Jahre. | 

Schrift auf dem Ringe sehr abgeschliffen. Zwölfjährig be- 
findet sich diese Möwe zur Brutzeit noch in ihrer alten Stamm- 
kolonie. Wieviel Nachhommen hat die im Laufe der Jahre er- 
zeugt, die ohne Zweifel auf dem Bruche brüten. Inzucht! 

Bei solchen bejahrten Stücken sucht man unwillkürlich 
nach Merkmalen, die das bohe Alter andeuten könnten, da man 
doch bejahrte Käfigvögel oft recht gut als solche zu erkennen 
vermag — ich habe aber an Wildvögeln noch nie derartige 
Merkmale entdecken können. 


4) Nr. 20701. Gezeichnet am 17. Juli 1913. 

Wiedergefangen ebenda im Jahre 1920 von dem Fänger 
Watzkat. Am 7. August 1920 wird der Ring eingeliefert. 
Genauer Erbeutungstermin nicht bekannt. 

Ring tadellos erhalten. 

Zeit: 7 Jahre. 


5) Nr. ? Die Nummer ganz abgeschliffen; als Rossittener 
Ring aber an der Aufschrift zu erkennen. 

Der Ring wird von einem Rossittener Fänger am 7. August 
1920 an die Vogelwarte eingeliefert. Er kann nur das sagen, 
was Schon so oft gesagt worden ist, dafs eine Rossittener Lach- 
möwe nach langen Jahren an ihrem Geburtsorte wieder ange- 
troffen worden ist und selbst da gebrütet hat. 


Es folgen drei Stücke von der Insel Riems. 
6; 7; 8) Nr. 29174; 29052 und 29057. 


Alle drei Stücke wurden am 5. Juli 1917 als noch nicht 
flügge Vögel auf der Insel Riems im Greifswalder Bodden 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 73 


Kreis Grimmen Pommern durch Herrn Dr. Turowski 
markiert. 

Davon wurde das erste Stück am 15. Januar 1920 auf dem 
Landgute Cubero Provinz Granada in Südspanien, da wo 
die drei Provinzen Granada, Ja&n und Albacete zusammenstofsen, 
geschossen; Meldung durch Herrn Eloy Romero y Lopez in 
Huescar (Granada). 

Das zweite Stück bei Guarofia Provinz Badajoz in 
Estrematura im südwestlichen Spanien. Erbeutungs- 
termin nicht genau angegeben. Meldung unterm 24. November 
1920 durch Herrn Ricardo Guerrero Administrator de Correos 
de Zalamea de la Serena. 

Das dritte Stück am 17. März 1921 im Hafen von 
Lissabon in Portugal vom Arbeiter Guilherme Inocencio 
do Sonza gefangen. Nachricht und Ring durch die deutsche Ge- 
sandtschaft in Lissabon. Ring von innen dünn geschliffen. Schrift 
gut erhalten. 

Zeit: 2 Jahre 6 Monate; 3 Jahre 4 Monate und 3 Jahre 
8 Monate 

Entfernung: 2250 km;2300 km und 2400 km nach SW. 

Bei diesen drei Stücken sind verschiedene aufiallende Mo- 
mente zu erwähnen. Erstens, dafs die von einem Brutorte 
stammenden Vögel auch dieselbe Winterherberge, nämlich die 
Pyrenäen-Halbinsel, aufgesucht haben, und zwar wie scheint, in 
mehreren aufeinanderfolgenden Jahren; im Winter allerdings 
nicht zusammenbleibend. Zweitens, dafs die drei zu gleicher Zeit 
und an gleichem Orte geborenen Möwen fast das gleiche Alter 
erreicht haben, und dafs drittens ein Markierer von seiner Tages- 
arbeit einen so hohen Prozentsatz Treffer gehabt hat. Schliefslich 
ist auch noch hervorzuheben, dafs sich das zuletzt genannte 
 fortpflanzungsfähige Stück noch am 17. März bei Lissabon, so 
weit von der heimatlichen Brutstelle entfernt, aufgehalten hat. 

Es folgt eine am 2. Juli 1914 auf der Oberförsterei 
Sonderburg in Holstein von dem inzwischen gefallenen 
- Oberförster Plaas gezeichnete Lachmöwe. 


9) Nr. 18852. 


Geschossen am 5. Dezember 1920 in der Nähe von Zwolle 
in Holland. 


Meldung und Ring durch Herrn Dr. W. P.A. Jenken 
in Zwolle, Veerallee. 

Ring von innen dünn geschliffen. Schrift gut erhalten. 

Zeit: 6 Jahre, 5 Monate. 

Entfernung: 360 km nach SW. 

Ist in gewohnter Weise nach Südwesten abgewandert. 

Eine an demselben Tage und von demselben Herrn ge- 
zeichnete Lachmöve wurde bereits früher nach 5 Monaten bei 
Barcelona erbeutet. 


74 J. Thienemann: 


| Zum Schlufs noch einaufdem Wörthsee beiMünchen 
von der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern markiertes 

Stück: 

10) Nr. 21888. Gezeichnet am 17. Juni 1914. 

Geschossen am 23. Oktober 1920 in Genf. 

Meldung durch Herrn Dr. P. Revilliod, Assistent am naturhist. 
Museum in Genf. 

Zeit: 6 Jahre, 4 Monate. 

Entfernung: 450 km nach SW. 

Die gewohnte Strafse gezogen. 


Silbermöwe (Larus argentatus). 


Nr. 4670. Gezeichnet als Dunenjunges im Juli 1910 
auf dem Memmert bei Juist durch Herrn O. Leege. 

Erbeutet im Juli 1920 auf Juist. Der Ring wurde 
an einer verendeten Möwe aufgefunden von Herrn Emil Wals- 
muth aus Elberfeld, Aders Str 33a. 

Zeit: 10 Jahre. 

Entfernung: 3 km. 

Der sehr gut erhaltene, gar nicht dünn geschliffene Ring 
wird eingeschickt. Schrift tadellos. 

Jahraus jahrein in gewohnter Weise in der Nähe der 
Heimatkolonie geblieben. 


Stockenten (Anas boschas). 


1) Nr. 28936 C. Gezeichnet im Sommer 1920 am 
Wehrenteich bei Steinhorst in Lauenburg durch Herrn 
Wilhelm Blohm. 

Erbeutet am 18. September 1920 bei Osterhorn 
Post Danenhof Kreis Pinneberg Holstein von Herrn Gemeinde- 
vorsteber J. D. Fülscher. 

Die Ente war gut bei Wildbret und glatt im Gefieder. 


Zeit: etwa 3 Monate. 


Entfernung: etwa 45 km nach W. 
Vorläufig in der weiteren Umgebung umhergestreift. 


2) Nr. 24526 C. Gezeichnet als junger Vogel am 
2. Juli 1920 in Lenzen a. d. Elbe von Herrn Hermanı 
Bartelt. 

Geschossen am 17. Dezember 1920 an der Rögnitz, 
Amt Dömitz von Herrn Hofbesitzer J. Muchow in Grebs 
bei Mallis, Mecklenburg Schwerin. 

Zeit: ca. 5 Monate. 


Entfernung: etwa 17 km nach NW. 
In der Nähe der Geburtsstelle geblieben. 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 75 


Bläfshuhn (Fulica atrao). 


Nr. 26567 D. Gezeichnet alsalter Vogel am 22. April 
1919 in Seligenfeld bei Königsberg i./Pr. von Herrn Wilh. 
Kahl. Gleichzeitig mit einem zweiten markierten Stück auf 
einem Teiche in der Nähe des Dorfes ausgesetzt, wo sich die 
beiden Vögel bis zum Eintritt des Frostes hielten. 

Geschossen am 16. November 1920 auf der Enten- 
jagd Ostwinkel Schiefsfeld Nr. I im Frischen Haff von dem 
Entenjäger Herrn Herrmann Böhm, Terranowa, Kreis Elbing 
Westpreulfsen. 

Ring eingeschickt. 

Zeit: 1 Jahr, 7 Monat. 

Entfernung: 90 km nach SW. 

Nach Südwesten abgezogen. 


Ringeltaube (Columba palumbus). 


Nr. 27251 D. Gezeichnet als junger Nestvogel am 
4. August 1920 in Auerhof bei Thierenberg, Samland, Ost- 
preufsen durch Herrn Hauffe jr. 
| Im Netze gefangen am 7. März 1921 in Sarbazan 

(Landes.) im südwestlichen Frankreich. Nach einer Nach- 
richt aus dem Saint-Hubert Club April 1921. Meldung durch 
Herrn Prof. Poncy- Genf. 

Zeit: 7 Monate. 

Entfernung: ca. 2000 km nach SW. 

Der Fall ist von besonderem Interesse, da im vorigen Jahres- 
berichte über eine ostpreufische Ringeltaube geschrieben 
werden konnte, die in Mittelitalien erbeutet war. Die in ein 
und demselben Brutgebiete grofs gewordenen Wildtauben haben 
also ganz verschiedene Winterherbergen aufgesucht. Die zwei 
Niststellen liegen nur etwa 30 km aus einander. 


Hühnerhabicht (Astur palumbarius). 


Nr. 24479 C. Gezeichnet als ausgewachsener Vogel 
im Jugendkleide in Schaffhausen, Schweiz, am 2. Dezember 
1920. Der Vogel war in Thayngen ih Stunden von Hil- 
zingen in Baden Kreis Konstanz auf dem Hühnerhofe ge- 
fangen und von Herrn Karl Stemler in Schaffhausen gehalten 
und dann aufgelassen worden. 

Gefangen wiederum in Hilzingen im Hühnerstalle 
am 15. Januar 1921, nachdem ihm 5 Haushühner zum Opfer ge- 
fallen waren, von Herrn Jagdaufseher Friedrich Vögele. 

Zeit: 44 Tage. 

Entfernung: 13 km nach NO. 

Der Habicht hat sich weder durch Fang Hack durch Ge- 
fangenschaft abhalten lassen, an seine Wirkungsstätte zurück- 


76 d. Thienemann: 


zukehren und dem Hühnerfange weiter obzuliegen. Man hätte 
doch meinen sollen, dafs er sich nach solch schlechten Er- 
fahrungen von Gehöften mehr fern gehalten hätte. 


Sperber (Accipiter nisus). 


1) Der jetzt folgende Sperberfall birgt eine ganze Ge- 
schichte in sich, die sehr wohl zu einem Schüleraufsatze verar- 
beitet werden könnte. 

Am 26. April 1918 safs ich mit meiner Familie vor unserm 
Häuschen um den runden Tisch herum. Dicht daneben, etwa 
3 Schritt entfernt, hing ein Vogelbauer mit einem Buchfinken. 
Plötzlich stöfst ein Sperber auf dieses Bauer, um sich unsern 
Finken zu holen. Ich springe rasch zu und greife den dreisten 
Räuber auch wirklich mit den Iländen. Ein Weibchen. Rasch 
wird ihm ein Ring umgelegt, Nr. 27291 D, und schon fiiegt er 
wieder davon. Wer hätte damals gedacht, dafs wir von unserm 
Tischgaste wieder etwas hören würden! 

Aber siehe da, am 26. Februar 1921 wirderin Hamers- 
leben etwa 10 km westlich von Oschersleben in der Pro- 
vinz Sachsen von Herrn Max Seifert geschossen. 

Zeit: 2 Jahre, 10 Monate. 

Entfernung: 730 km nach SW. 

Wir haben uns den Zug dieses Sperbers auf Grund der Be- 
ringungsresultate und der örtlichen Beobachtungen folgender- 
malsen zu denken. Beim Einfangen und Beringen im April be- 
fand sich der Vogel auf der Rückwanderung nach seiner nörd- 
lichen oder östlichen Brutheimat. Gerade in der zweiten Hälfte 
April finden in jedem Jahre auf der Kurischen Nehrung ausge- 
dehnte Sperberzüge statt. Dann hat der Vogel im Herbst regel- 
mälsig seine Wanderungen nach Südwesten durch Deutschland 
und Frankreich angetreten, und bei der Erbeutung im Februar 
in der Provinz Sachsen war er wieder auf der Rückwanderung 
begriffen oder hatte in jener Gegend schon Winterquartier auf- 
geschlagen. 

Nr. 28501. Jung aufgezogen in Lohr am Main von Herrn 
Dr. Stadler. Aus Erlach a./Main stammend. Dann beringt 
entflogen am 26. August 1919. 

Wiedergefangen ebenda in einem Viehstalle am 
4. September 1919 und erschlagen. 

Zeit: 9 Tage. 


Mäusebussard (Buieo buteo). 


Zunächst drei ostpreufsische Vögel, die manches In- 
teressante bieten. Sie wurden alle drei Ende Mai 1920 als 
junge Horstvögel von Herrn Blochberger beringt, der ge- 
a den Raubvogelmarkierungen grofses Interresse entgegen- 

ringt. 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 77 


1) Nr. 20308 C. Gezeichnet Ende Mai 1920 als 
junger Vogel in einem Horste im Zehlaubruch, OÖst- 
preulsen. 

Erbeutet, und zwar im Fuchseisen gefangen, am 
14. Dezember 1920 in Sasslauken bei Rudau, Samland, 
Ostpreufsen. 

Meldung und ganzer Vogel (leider verwest) durch Herrn 
Gutsbesitzer Schwarz. 

Zeit: 7 Monate. 

Entfernung: etwa 50 km nach NW. 

Der Vogel ist den Winter über in seiner Brutheimat Ost- 
preulsen geblieben. 


2) Nr. 29039 ©. Gezeichnet als junger Horstvogel 
am 29. Mai 1920 im Kreise Fischhausen nicht weit von 
Königsberg i/Pr. 

Erbeutet am 16. Februar 1921 im Bezirk Aussig 
a/Elbee Ward dem Herrn Präparator Anton Oskar Beutel in 
-Teplitz in Böhmen eigeliefert. 

Zeit: 9 Monate. 

Entfernung: ca. 620 km nach SW. 

Der Vogel ist nach Südwesten abgezogen. 


3) Nr. 29044 C. Gezeichnet an demselben Tage und 
an derselben Stelle wie die vorhergehende Nr. 

Der Horst stand 28 m hoch auf einer alten Kiefer. Im 
Horste, der mit grünen Zweigen ausgelegt war, ein Eichhörn- 
chenschwanz und eine Blindschleiche. 

Am 12. November 1920 trifft eine Postkarte aus Sarrebourg 
 Moselle (so lautet der Postempel) ein mit einem aufgeklebten 
Zeitungsausschnitt „Bordeau 30. Oktober 1920.“ Danach hat ein 
Einwohner der Gemeinde Manciet (Gers) im südlichen Frankreich 
„dieser Tage“ einen grofsen Falken (un ©&norme faucon) ge- 
schossen, der diesen Ring trug. Kein Absender! Kein Hinweis, 
welcher Zeitung der Abschnitt entnommen ist! Nur Adresse: 
„Vogelwarte Rossitten Ostpreufsen.“ Es macht den Eindruck, 
als ob sich die Leute scheuen, offen mit Deutschland in Ver- 
bindung zu treten. Es war das die erste Meldung wieder aus 
Frankreich. 

Unterm 23. November 1920 zweite Meldung durch Herrn 
Ed. Jean Lafond aus Meyrin bei Genf. Nun erfahre ich 
auch, aus welcher Zeitung die Notiz stammt. Es ist die Zeitung 
für Jagd und Hund l’Eleveur, Paris. Herr Lafond ist mit dem 
Dorfbürgermeister von Manciet in direkte Verbindung getreten 
und hat erfahren, dafs der Bussard am 21. September 1920 
geschossen und vergraben, der beringte Fufs aber aufbewahrt 
worden ist. 

Zeit: 4 Monate. 

Entfernung: 1950 km nach SW. 


78 J. Thienemann: 


Ein interessanter Fall. So haben also von diesen drei 
ostpreufsischen Bussarden zwei im Winter ihre Heimat ver- 
lassen, davon hat einer eine weite Reise nach Frankreich unter- 
nommen. Einer ist geblieben. Man kann also nicht sagen, dafs 
Nahrungsmangel, etwa Mäuseknappheit, unsere Bussarde vertreibt, 
. und Nahrungsüberflufs zurückhält. Nein, die drei Vögel lebten 
unter den gleichen Bedingungen. Bei den Mäusebussarden 
scheint nach den bisherigen Erfahrungen das weite Wandern in- 
dividuelle Veranlagung zu sein, oder es ist von Zufälligkeiten 
abhängig. 


4) Nr. 28934 C. Im Iltiseisen, das mit einem Frosche be- 
ködert war, gefangen am 1. Januar 1921 am Wehrenteich 
mitten in der Steinhorster Forst, Lauenburg Bez. 
Hamburg. Die Hinterzehe ist im Eisen eingeklemmt. 

Wieder aufgefunden im kranken Zustande in der- 
selben Forst am 10. Februar 1921. 


Meldung und beringter Fang eingeschickt von Herrn Aug. 
Grever aus Stubben bei Steinhorst. Die Hinterzehe fehlt, 
Stumpf gut verheilt. Der Vogel hat mit diesem Fange nicht 
greifen können und ist nach und nach verkümmert. Mit einem 
Fange hat er sich nicht durchhelfen können. 


Zeit: 1 Monat, 10 Tage. 


5) Nr. 27565 C. Im Frühjahre 1919 in Gefangenschaft 
aufgezogen in Lohr am Main von Herrn Dr. Stadler. 

Am 19. März 1919 in Erlach am Main beringt und freige- 
lassen. Wiedereingefangen im November 1919 und in Gefangen- 
schaft gehalten. Dann wieder freigelassen. 


Erbeutet ganz in der Nähe am 22. März 1920 bei 
Bergrothenfals in Unterfranken als er einen Hasen zu 
schlagen suchte. 

Meldung durch Herrn Schnabel, Vertreter des Bundes 
für Vogelschutz in Unterfranken in Würzburg. | 


Zeit: 1 Jahr. 


Immer in der Nähe geblieben. Dieser Gefangenschafts- 
vogel sucht einen Hasen zu schlagen ! 


6) Nr. 16124 D. Ring am 18. Dezember 1912 an Herrn 
von Lucanus geschickt und von ihm an die ÖOberförsterei 
Sand bei Cassel weitergegeben. Beringung leider nicht ge- 
meldet. Wohl Bussard ? 

Erbeutet am 8. August 1920 in den langen Bergen bei 
Grofsenritte Bez. Cassel. Mit Schufsverletzungen, die 
wohl vom Tage vorher herrührten, tot aufgefunden. 

Meldung und Ring durch Herrn E. Köhn Cassel, Stände- 
platz 6 IIl. 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 9 


Da über Ort und Zeit der Beringung nichts Genaues be- 
kannt ist, lassen sich keine sichern Schlüsse ziehen. Der Vogel 
ist jedenfalls in der Nähe seines Geburtsortes geblieben. 


Wanderfalke (Falco peregrinus). 


Nr. 29043 C. Gezeichnet: als junger völlig flügger 
Vogel im Horste am 10. Juni 1920 bei Powayen im Samlande, 
Ostpreufsen, durch Herrn Blochberger. Der Vogel 
hielt als letzter von 4 Jungen am längsten im Horste aus. Im 
Horste lagen 21 Taubenfüfse. 

Dieser Wanderfalke wurde im Sommer 1920 am Seestrande 
bei Rossitten angespült. Den beringten Fang brachte der 
Fischer Ernst nach der Vogelwarte. 

Zeit: etwa 1 Monat. 

Entfernung: etwa 60 km nach NO. 

Der Falke muls doch wohl bei seinen ersten Ausflügen in 
ar See verunglückt sein. Powayen liegt 15 km vom Seestrande 
entiernt. 


Turmfalk (Oerchneis tinnunculus). 


Nr. 18630. Ring am 13.2.1913 an Herrn von Lucanus 
nach Berlin geschickt. Beringung leider nicht gemeldet. Es 
konnte nichts Näheres festgestellt werden. 

Gefangen am 8 März 1921 vormittags 10 Uhr in 
Reinickendorf beiBerlin von dem Feuerwehrmann Herrn 
Gustav Krüger Berlin N 20 Wriezenerstr. 30 IL Der Herr 
war auf dem Wege nach seinem Laubengelände begriffen. 


Waldkauz (Syrnium aluco). 


Nr. 23932 C. Gezeichnet im Halbdunenkleide am 
9. Mai 1920 in einem Taubenschlage in Losgehnen bei 
Bartenstein Ostpreufsen durch Amtsgerichtsrat F. Tischler. 

Gefangenin Plensen bei Bartenstein. \ 

Nachricht und Ring unterm 20. April 1921 durch Herr 
Richter. 

Zeit: 11 Monate. 

Entfernung: 5 km nach NW. 

Der Kauz ist in der nächsten Umgebung geblieben. 


Schleiereule (Sirix flammea,). 


1) Nr. 28065 C. Gezeichnet am 14. September 1919 
in Liebertwolkwitz bei Leipzeig durch Herrn Pfarrer 
Schneider. 

Erbeutet am 2. Februar 1921 in Wachau bei Leipzig. 

Meldung und Ring durck Herrn Decho. 

Zeit: 1 Jahr, 5 Monate. 


80 J. Thienemann : 


Entfernung: 3,5 km nach W. 
Die Schleiereule ist sefshaft geblieben. 


2) Nr. 30019. Gezeichnet am 2. April 1920 in Lohr 
am Main von Herrn Dr. Stadler. Die Eule war als alter Vogel 
Ende Februar 1920 inBodenbach, Unterfranken, gefangen und 
bis zum 2. April in Gefangenschaft gehalten worden. 

Tot aufgefunden am 29. April 1920 in einer Scheune 
in Bodenbach. 

Meldung durch Herrn Hauptlehrer Koopf namens der Volks- 
schule Bodenbach. 

Zeit: 27 Tage. 

Entfernung: 4 km. 

Die Eule hat den Weg nach Bodenbach (4 km) zurück- 
gefunden. 


Mauersegler (Uypselus apus). 


Nr. 18529 FE. 

Am 11. Juni 1918 erhielt das Heinroth’sche Ehepaar in 
Berlin, Aquarium, aus Braunschweig zwei 10 Tage alte, 
also noch nackte Mauersegler zum Aufziehen. Die beiden Vögel 
wurden am 17. Juli 1918, ais sie das Kunstuest verliefsen, be- 
ringt aufgelassen. Der eine erhielt den Ring F. 18550. Die andere 
Nr. wurde leider vergessen aufzuschreiben. Heinroth nimmt 
aber bestimmt an, dals es sich um obige Nr. 18529 F, die 
auch in seinem Besitz war, handelt, da er keinen andern Vogel, 
am allerwenigsten einen Mauersegler mit einer ähnlichen Ring- 
nummer versehen hat. 

Das Kunstnest stand im Zimmer, von wo aus die beiden 


=, y 7? 


Mauersegler die weitere Umgebung nicht sehen konnten. Der 


Abflug erfolgte vom Dache aus, wo die Tiere vorher nie ge- 
wesen waren. 

Am 9. Mai 1920 vormittags 11 Uhr, also nach zwei Jahren, 
verflog sich derselbe Mauersegler F. 18529 in eine Badestube in 
Spandau, Hobenzollernring 96 III zu Herrn Schlossermeister 
Ludwig Hamb erger. Er wurde wieder freigelassen. > 

Dr. Heinroth bemerkt zu diesem interessanten Falle, 
dafs sich also ergeben hat, „dafs ein ganz jung aufgezogener 
Mauersegler, der nie seine Eltern kennen gelernt hat und in 
keiner Weise zum Futterfangen angeleitet worden ist, sich doch 


draufsen gut zurecht finden kann und wieder an die Stelle zu- 


rückkehrt, an der er {freigelassen worden ist“. 

Zu betonen ist, dafs es die Stelle ist, wo er freigelassen, 
also „ausgeflogen“ ist, — Berlin und Spandau sind für einen 
flugbegabten Mauersegler als eins zu rechnen — nicht wo er 
geboren ist, denn dann hätte er nach Braunschweig zurückfliegen 
müssen. So scheint also das Auffinden der Heimat von seiten der 
Zugvögel nicht durchweg instinktmälsig vor sich zu gehen, sondern 


es scheint auch auf Orientierung zu beruhen. Der aus Braunschweig 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten 8i 


nach Berlin künstlich verpflanzte Mauersegler hat nach dem 
„Ausfliegen‘‘ Berlin als seine Heimat kennen gelernt, hat die 
dort erbrüteten Artgenossen als Landsleute betrachtet und ist 
wieder aus der Winterherberge dahin zurückgekehrt und zwar schon 
zum zweiten Male. Wäre der Vogel in Braunschweig zum Aus- 
fliegen gekommen, dann wäre er unfehlbar dorthin zum 
Brüten zurückgekehrt. Das hat der Ringversuch gerade von 
Mauerseglern schon durch eine ganze Reihe von Fällen unfehlbar 
bewiesen. 

Solche Experimente der Verpflanzung müfste man öfter 
unternehmen. | 

Zeit: 2 Jahre. 

Entfernung: etwa 8 km. 


Elster (Pica pica). 


1) Nr. 29953 EE Gezeichnet als junger Nestvogel am 
11. Juni 1919 im Oberförstereigarten Peine von Herrn 
Dr. Bode in Peine, Hannover, Ilsederstr. 35. 
Geschossen am 16. Juli 1920 in der Forst des Herrn 
Baron von Gadenstedt von Herrn Förster H. Mühl in 
Gadenstedt bei Peine. 
| Zeit: 1 Jahr, 1 Monat. 
Entfernung: 8 km nach S8. 
Beringter Fußs eingeschickt. 
Der Vogel ist sefshaft geblieben. 


| 2) Nr. 26629 E.E Gezeichnet als alter Vogel im Fe- 
bruar 1919 in Burghütte bei Burg Dillkreis, Hessen 
Nassau von Fräulein Else Jung. War einige Zeit in Ge- 
 angenschaft gehalten worden. 

Tot aufgefunden (anscheinend gegen einen Draht ge- 
flogen) am 24. April 1920 bei Herborn, Dillkreis. Zum 
Präparieren zu Herrn Präparator Carl Deuster in Herborn 
gebracht, der den Fall meldet. | 

Zeit: 1 Jahr, 2 Monate. 

Entfernung: 2 km. 

Auch diese Elster ist selshaft geblieben. 


Stare (Sturnus vulgaris). 


a) Die jungen Starebleibennach dem 
Ausfliegen zunächst inihrer engeren Heimat. 


1) Nr. 29602 F. Gezeichnet als junger Vogel am 
15. Juni 1920 in Liebertwolkwitz bei Leipzig durch 
Herrn Pastor Schneider. 
Geschossen ebenda aus einem grolsen Fluge heraus 
in einer Obstplantage am 17. Juli 1920. 
Zeit: 1 Monat, 2 Tage. 
Journ, f, Orn. LXX, Jahrg. Januar 18921. Ö 


83 J. Thienemann: 


b) Die sächsischen Stare ziehen nach 
Südspanien. 


2) Nr. 29489 F. Gezeichnet als Jungvogel im Neste 
mit noch 30 Artgenossen zusammen am 12. Mai 1920 in 
Liebertwolkwitz bei Leipzig von Herrn Pastor 
Schneider. 

Geschossen am 1. Februar 1921 in dem Dorfe 
Brenes bei Sevilla, Spanien von dem Arzte Juan de 
Lemus, Sevilla, San Vincente 23. 

Ich beglückwünsche Freund Schneider, der mit seinem 
Sohne zusammen das Vogelmarkieren mit gröfstem Eifer und 
Geschick betreibt, zu diesem interessanten Erfolge. 

Der Ring ist auf eine offene Postkarte aufgenäht, die die 
Aufschrift trägt „Prussia Vogelwarte Rossitten“, und alles 
kommt glücklich an. 

Zeit: 9 Monate. 

Entfernung: 2100 km nach SW. 

Im vorigen Jahresberichte konnte ein Magdeburger Star 
aus Portugal gemeldet werden. Es ist immer dieselbe Strafse 
nach Südwesten. 


c) Die Starekehren ausder Winterherberge 
inihre Heimat zurück. 


3) Nr. 29612 FE. Gezeichnet als junger Nestvogel am 
35. Juni 1920 in Liebertwolkwitz bei Leipzig durch 
Herrn Pastor Schneider. 

Wiedergefangen ebenda am 18. März 1921. 

Zeit: 8 Monate; 23 Tage. 


4) Nr. 29101 F. Gezeichnet als alter Vogel am 
30. September 1919 in Liebertwolkwitz bei Leipzig 
durch Herrn Pastor Schneider. 

Wiedergefangenebenda am 2. März 1921. 

Zeit: 1 Jahr; 5 Monate. 

Auch der nächste Fall zeigt deutlich den Südwestzug der 
norddeutschen Stare: 


5) Nr. 22740 F. Gezeichnet als alter Vogel, der mit 
andern Artgenossen zusammen im Netze gefangen war, am 
15. März 1915 am Schlofs Rosendahl bei Ostende 
(Belg.ien) von Herrn Boeder, Mag. Fuhrparkkolonne l, 
4. Ers Division. 

Erbeutet um den 22. März 1920 in Mellingstedt. 
bei Bergstedt in Holstein. 

Meldung durch Herrn Gemeinderotsieller Lemsahl. 

Der Star war in einem vom Sturm herabgeworfenen Star- 
kasten verunglückt. 


Ir Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 83 


Zeit: 5 Jahre. 

Entfernung: ca. 560 km nach NO. 

Wir haben uns den Fall folgendermafsen zu denken: Als 
der Star im März in Ostende gefangen und beringt wurde, be- 
fand er sich auf dem Zuge, und als er nach 5’Jahren in Holstein 
wieder in Menschenhände gelangte, war er in seiner Heimat be- 
reits angelangt. 

Buchäfink (Fringilla coelebs). 


Nr. 19877. Gezeichnet am 22. Januar 1918 in Berxen 
bie Vilsen in Hannover im ÖOffiziers- Gefangenlager von 
Herrn Leutnant Rutkowski. Zwei Wochen im Käfig gehalten. 

Tot aufgefunden Ende Dezember 1920 in Ochtmannien 
bei Vilsen von Herrn Pächter Johann Müller. 

Meldung durch Zeitungsausschnitt vom „Hoyaer Wochen- 
blatt“ und vom ‚Verdener Anzeigeblatt‘“ vom 1. Januar 1921. 

Zeit: fast 3 Jahre. 
Entfernung: In derselben Gegend verblieben. 


Grünling (Chloris chloris). 


1) Nr. 23878. Gezeichnet am 11. Dezember 1919 in 
Berlin-Friedenau, Wiesbadenerstr. 4 I von Herrn Manfred 
Grote. 

Zugeflogen am 22. Dezember 1920 ebenda, Le- 
fevrestr. 24 bei Herrn Ernst Kluke. 

Zeit: 1 Jahr; 11 Tage. 

Entfernung: ca. 600 m. 

Sefshaft geblieben. 


2) Nr. 23879. Gezeichnet am 27. Dezember 1919 von 
Herrn Manfred Grote in Berlin-Friedenau, Wiesba- 
denerstr. & I. 

Gefangen am 7. Juli 1920 früh 5 Uhr auf dem Balkon 
Berlin-Wilmersdorf, Augustastr. 18 III l. 

Meldung durch Herrn Junkel. 

Zeit: 6 Monate; 10 Tage. 

Entfernung: In derselben Gegend verblieben, auch 
während der Brutzeit. 


3) Nr. 20931. Gezeichnet am 30. März 1919 in Frei- 
halde n in Schwaben durch Herrn Oberförster E. Schäffer. 

Wiedergefangen ebenda am 8. März 1920. 

Zeit: fast ein Jahr. 

Sefshaft geblieben. 

Dompfaff. 

Nr. 10641 G. Gezeichnet im Frühjahr 1919 als junger 

Vogel bei Frankenberg, Eder, Hessen-Nassau 
durch Herrn Lehrer C. Tiese. Vier Geschwister hatten sich 
in den Schulsaal verflogen. 

G* 


84 J. Thienemann: 


Erbeutet ebenda Anfang April 1920 im Garten des - 


Herrn Bürgermeisters Dertz. Tot aufgefunden. 
Zeit: 1 Jahr. 
Selshaft geblieben. 


Goldammer (Emberisa citrinella). 


1) Nr. 22761 G. Männchen. Gezeichnet am il5. De- 
zember 1919 in Lohr am Main durch Herrn Schwindt. 

Wiedergefangen ebenda von demselben Herrn am 
18. März 1920. 

Zeit: 3 Monate. 

Der Goldammer ist den ganzen Winter über an ein und 
derselben Stelle geblieben und hat sicher da auch gebrütet. 
Standvogel. 


2) Nr. 24746. Gezeichnet am 8. März 1920 in Frei- 
halden in Schwaben durch Herrn Oberförster Schäffer 

Aufgefunden um den 28. November 1920 in Ettel- 
ried bei Dinkelscherben bei Augsburg. 

Meldung durch Herrn Oberförster a. D. Doesel. 

Zeit: 8 Monate. 

Entfernung: 15 km nach SO. 

In der engern Heimat geblieben. 


Kohlmeise (Parus major). 


1) Nr. 5469. Gezeichnet am 3. November 1919 in 
Lübeck von Herrn Werner Hagen. 

Wiedergefangen ebenda am 19. Dezember 1919. 
In diesen 46 Tagen hat sich der Oberschnabel verändert. Er ist 
41), mm über den Unterschnabel hinübergewachsen. Gefieder 
sehr schmutzig, da sich der Vogel nicht putzen kann. Im Juli 
1921 Balg an die Vogelwarte eingeschickt. 


2) Nr. 23876. Gezeichnet am 18. November 1919 in 
Berlin-Friedenau von Herrn Manfred Grote. 

Wiedergefangen ebenda am 20. Oktober 1920. 

Zeit: 11 Monate. 

Selshaft geblieben. 


3) Nr. 14185. Gezeichnet auf dem Fensterbrett am 


5. Oktober 1920 in Düsseldorf, Kurfüstenstr. 12 durch 
Herrn Tiermaler Waller. 

Aufgefunden in den ersten Tagen des Januar 1921 
ebenda 

Meldung und Ring durch ui Herren Gebr. Beckers- 
hoff u. Co., Pianohaus. 

Zeit: 3 Monate. 


4) Nr. 20930. Gezeichnet am 7. Januar 1920 in 
Freihalden in Schwaben durch Herrn Oberförster E. Schäffer. 


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XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 85 


Erfroren aufgefunden am 30. März 1920 ebenda. 
Zeit: 2 Monate; 23 Tage. 


Blaumeise (Parus caeruleus). 
ı) Nr. 23874. Gezeichnet am 15. November 1919 in 
Berlin-Friedenau von Herrn Manfred Grote. 
Wiedergefangen am 19. Februar 1920 ebenda Oden- 
waldstr. 18II von Herrn G. Wilcke. 
Zeit: 3 Monate. 


2) Nr. 21913 G. Gezeichnet am 28. Oktober 1918 in 
Lübars bei Berlin von Herrn Ing. Dluczewski. 

Gefunden am 16. März 1920 in Glinnicke (Nord- 
bahn) bei Berlin von Herrn Harnisch, Rinderstr. 40. 

Zeit: 1 Jahr; 5 Monate. 

Entfernung: In derselben Gegend geblieben. 

Ring eingeschickt. 


3) Nr. 25895. Gezeichnet am 21. Juli 1920 in 
Liebertwolkwitz bei Leipzig von Herrn Pastor Schneider. 
Wiedergefangen ebenda am 8. Oktober 1920. 

Zeit: 2 Monate, 18. Tage. 


Sumpfmeisen, 


1) Nr. 23752 G. (mattköpfig). Gezeichnet am 12. Ok- 
tober 1919 in Berlin-Friedenau von Herrn Manfred Grote. 

W iedergefangen ebenda am 14. Dezember 1919 und 
am 18. Januar 1920 und schliefslich am 19. Februar 1920 in 
Friedenau in der Odenwaldstr. 18 II von Herrn G. Wilcke. 

Zeit: 2 Monate; dann 3 Monate; dann 4 Monate. 


2) Nr. 25046. Gezeichnet am 23. November 1919 in 
Liebertwolkwitz bei Leipzig von HerrnPastor Schneider. 
Wiedergefangen ebenda am 16. März 1921. 
Zeit: 1 Jahr, 3 Monate, 26 Tage. 

Sefshaft geblieben. 


3) Nr. 23595 G. Gezeichnet am 3. Januar 1919 in 
Nürnberg, Sulzbacherstr. 54, durch Herrn Erwin Gebhardt. 

Wie im XVIII. Jahresberichte Seite 289 schon erwähnt ist, 
wurde diese Meise schon nach 6 Tagen abermals ebenda wieder- 
gefangen, und jetzt ist sie, wie Herr Gebhardt meldet, am 
28. Oktober 1920 in einer Strafse etwa 200 m entfernt noch- 
mals aufgefunden worden. 

Zeit: 1 Jahr, 9 Monate. 


Standvogel. 
| „Meise“, 


Nr. 25261. Gezeichnet am 18. Januar 1920 auf 
einem Balkon der Landwirtschaftskammer in Königs- 


“berg i./Pr., Bethovenstr., von Herrn Dr. Reinhold Hoffmann. 


86 J. Thienemann: 


Wiedergefangen am 6. März 1920 in einer benach- 
barten Strafse (Straufsstr.) von Herrn Werner. 
Zeit: 2 Monate. 


Amsel (Turdus merula). 


1) Nr. 29102, FE. Gezeichnet am 3. Oktober 1919 in 
Liebertwolkwitz bei Leipzig durch Herrn Pfarrer 
Schneider. 

Wiedergefangen ebenda am 16. Dezember 1920. 

Zeit: 1 Jahr, 2 Monate, 13 Tage. 


2) Nr. 16809. F. Gezeichnet am 11. Dezember 1919 
in Lohr am Main von Herrn Werkmeister Schwindt. 
Ein Männchen. 

Wiedergefangen ebenda am 5. Mai 1920 als Brutvogel. 
Wieder frei gelassen. Meldung durch denselben Herrn. 

Zeit: 5 Monate. ' 

Selshaft geblieben. 


3) Nr. 18485, FE. Gezeichnet als junger Nestvogel am 
3. Juni 1914 bei Frankfurt am Main durch Herrn Förster 
Dürrfeld. | 

Aufgefunden ebenda am 10. März 1919 auf der 
Rennbahn. 

Meldung durch denselben Herrn, dem der Vogel ge- 
bracht wird. 

Zeit: 4 Jahre, 9 Monate. 

Die Amsel, die als Jungvogel markiert wurde, ist in ihrer 
Heimat geblieben und hat da gebrütet. 


Hausrotschwanz (Krithacus titys). 


1 u. 2) Herr B. Volz in Hermsdorf bei Berlin zeich- 
nete ein seiner Ansicht nach gepaartes Paar Hausrotschwänze, 
das Männchen mit Nr. 18645, das Weibchen mit 18653. Beide 
Vögel kehrten aus der Winterherberge an ihren Geburtsort zurück. 


3) Nr. 25032. Gezeichnet am 17. Oktober 1919 in 
Liebertwolkwitz bei Leipzig von Herrn Pastor Schneider. 

Wiedergefangen ebenda am 8. Juli 1920. 

Zeit: 8 Monate, 22 Tage. 

Der Vogel ist in seine Heimat zurückgekehrt. 


Gartenrotschwanz (Erithacus phoenicurus). 


1) Die Lebensgeschichte von dem Gartenrotschwänzchen 
Nr. 18647 G, das Herr B. Volz in Hermsdorf bei Berlin 
am 16. Mai 1919 von einem Brutpaare einfing und beringte 
(s. XIX. Jahresbericht Seite 37), kann jetzt weiter erzählt werden. 
Wo hätte man das früher gekonnt! Da war Gartenrotschwanz 


Ei) 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 87 


Gartenrotschwanz und Fink war Fink, und man dachte dabei 
immer an die Spezies und behandelte sie als solche im Grolsen. 
Jetzt kennt man das Individuum. Der Beringungsversuch 
treibt Kleinarbeit, und da fällt für alle möglichen Wissenszweige 
etwas ab, zum Beispiel mancherlei auch für die Tierpsychologie. 
Der Gartenschwanz nahm — um kurz zu wiederholen — 

bald nach der Auflassung Mehlwürmer vom Fensterbrett, zeigte 
sich überhaupt sehr zutraulich und wurde nochmals wieder ein- 


gefangen, um die Ringnummer festzustellen. Am 28. Juni 1919 


brachte man ihn in einen vier km entfernt gelegen Wald und 
liefs ihn fliegen. Sofort kam er wieder zurück. Am 4. Juli 1919 
morgens wurde er mit nach Berlin genommen und in der Inva- 
lidenstrafse in einem Gebüsch an der Landwirtschaftlichen Hoch- 
schule losgelassen. Von da ab blieb er verschwunden, und Herr 
Volz schliefst seinen Bericht mit den Worten: „Vielleicht kehrt 
er im nächsten Jahre an seinen Nistort zurück.“ 

Ja, er ist zurückgekehrt. Am 21. April 1920 wurde er von 
Herrn Volz im Garten von Hermsdorf wieder eingefangen. 
Vogel gesund. Bein, Ring tadellos. Dann auch noch am 5., 14. 
und 21. Mai und am 1. Juni 1921 wiedergefangen und immer 
wieder freigelassen. 


| 2) Nr. 25112. Gezeichnet am 20. Mai 1920 in Zitz- 
schewig bei Dresden von Herrn Keller. Als alter Vogel 
frei gefangen. 

Erbeutet am 3. Mai 1921 in Naundorf bei Kötz- 
schenbroda Bez. Dresden. War in eine verschlossene Ve- 
randa geflogen. 

Meldung und Ring durch Herrn Erich Möbius. 

Zeit: fast 1 Jahr. 

Entfernung: 1 km nach S. 

Der Vogel ist in seine Brutheimat zurückgekehrt. 


Rotkehlchen (Erithacus rubecula). 


1) Nr. 27097 G. Gezeichnet beim Durchzuge in Ros- 
sitten am 2. Oktober 1920. 
| Wiedergefangen in einer Drosselschlinge am 24. Ok- 
tober 1920 in Jalhay ca. 30 km. südöstlich von Lüttich in 
Belgien. 
\ Meldung durch die Herrn L. Coopmann aus Brüssel, 
Generalsekretär der Ornithologischen Gesellschaft von Ost- 
Belgien und Eugen Att& aus Frankfurt am Main. 

Zeit: 22 Tage. 

Entfernung: 1135 km nach SW. Ergibt für die Zug- 
nacht rund 51 km. 

‘ Bemerkenswert ist die stark westliche Richtung der 

durch Ostpreufsen wandernden Rotkehlchenflüge (s. Orn. Monber. 
September/Oktobernummer 1921). 


88 | J. Thienemann: 


2) Nr. 22754 G. Gezeichnet am 9. Dezember 1919 in 
Lohr am Main durch Herrn Schwindt. 

Das Rotkehlchen wurde im Zimmer gehalten, flog’ öfters 
weg und kam immer freiwillig wieder bis zum 15. März 1920. 
Dann war es verschwunden. 

Zeit: 3 Monate. 


Kleinvögel, 


die in Danzig-Langfuhr während der Wintermonate am Futterplatze 
beringt und ebenda wiedergefangen wurden. 


Herr Major a. D. Wegner hat das Beringen in Gemein- 
schaft mit seiner Tochter eifrig und mit gutem Erfolge fort- 
gesetzt. Es liegt ein besonderer Bericht vor,! dem einige Ab- 
schnitte wörtlich entnommen werden: 

„In den Wintern 1919/20 und 1920/21 habe ich in Danzig- 
Langfuhr 75 Kleinvögel mit Ringen der Vogelwarte Rossitten 
versehen und von ihnen 22 wiedergefangen, also 29°%,. Die be- 
ringten Vögel waren in der gröfsten Anzahl Meisen, lielsen 
sich leicht durch Futter, das ich schwebend anbrachte, um die 
Sperlinge davon fern zu halten, anlocken und in einem daneben- 
stehenden Fangkasten ohne Schwierigkeit fangen. Sie gingen 
beim Einfangen immer wieder in dieselbe Falle und für den, der 
sich mit dem Kennzeichnen der Meisen beschäftigen will, ist e3 
ein Leichtes, auf diese Art zu verfahren ..... 


„Wer sich mit dem Beringen der Vögel beschäftigen will, 


für den ist es das Beste, im Winter damit anzufangen, Meisen 
zu beringen. Es wird ihm viel Freude machen, weil nämlich 
die Meisen sich leicht wieder einfangen lassen und er dadurch 
eine hohe Prozentzahl wiedergefangener Vögel erreichen kannn....“ 

„Sämtliche Vögel sind von mir in demselben Fangkasten, 
und in demselben Orte, nämlich Danzig-Langfuhr wiedergefangen, 
bis auf folgende Tiere:“ 


1) Blaumeise 25179 G. wurde am 25. Dezember 1919 
beringt und nach 4 Monaten 18 Tagen, am 18. Mai 1920, in 
der Nähe der Post in Danzig-Langfuhr tot aufgefunden. 

Meldung und Ring durch Herrn Dr. Stremel. Ferner 


2) Kohlmeise 23443 F. Gezeichnet am 16. November 
1919, wurde am 20. Mai 1920 nach 6 Monaten 4 Tagen Steffens- 
weg 2 in einer Mausefalle gefangen. 

Meldung durch Herrn Landgerichtsdirektor Riesenthal. 
und schliefslich 


3) Kohlmeise 25271 G. Gezeichnet am 16. März 1920. 

Wiedergefangen in einer Rattenfalle, die mit Speck 
beködert war, am 2. März 1921 im Garten von Herrn Moritz 
St umpf. 

Zeit: 1 Jahr. 


XX. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 89 


Entfernung: ca. 800 m. 

Ring eingeschickt. 

Im übrigen handelt es sich bei den wiedergefangenen 
Vögeln in der Hauptsache um Kohlmeisen und Blaumeisen, 
ferner um einen Kleiber und ein Rotkehlchen. 


Hervorzuheben sind eine 

4) Kohlmeise Nr. 25275 G, die zunächst am 6. Februar 
1920 gefangen und beringt wurde. Dann wiedergefangen am 
8. Februar 1920, am 21. März 1920 und am 21. Dezember 1920. 
Der Vogel ist also das ganze Jahr über an ein und derselben 
Stelle verblieben. 


5b) Ferner eine Blaumeise, Nr. 25161 G, die am 11. De- 
zember 1919 beringt, dann nach einem Jahre am 22. Dezember 
1920 und nochmals am 6. Februar 1921 wiedergefangen wurde. 


6) Eine Blaumeise, Nr. 25165 G, beringt am 19. Dezember 
1919, wiedergefangen am 30. Januar 1920 und am 1. Januar 
1921. Also auch das ganze Jahr über dageblieben. 


© Schliefslich eine Sumpfmeise, Nr. 25615 G, die sich 
mit staunenswertem Eifer immer und immer wieder in’s Ver- 
derben gestürtzt hat. Sie wurde gefangen am 16., 22., 23. und 29. 
Dezember 1920. 


Die Vogelwelt Macedoniens. 


Forschungsreise auf dem macedonischen Kriegsschauplatz 
1917 und 1918. 


Von Professor Dr. Otto Fehringer. 
Allgemeiner Teil. 


Am 1. Februar 1917 wurde ich auf Wunsch auf eine Feld- 
wetterwarte in Macedonien versetzte Die Formation bestand 
aus 7, meist gebildeten Menschen. Der Dienst war leicht, die 
Verpflegung gut und die Belästigung durch den Feind gering. 
Wie wertvoll und genufsreich hätte das Leben dort gestaltet 
werden können, wenn alle Beteiligten darnach gewesen wären! 
Obwohl ich jede freie Stunde zu ornithologischen Studien ver- 
wandte, so hinderte mich doch der Dienst, gröfsere Ausflüge zu 
‚unternehmen. Deshalb war es auch nicht möglich, den be- 
ginnenden Frühjahrszug genauer festzustellen, und so kommt es, 
dafs aus dieser Zeit nur wenige und nur ungefähre Zugdaten 
festgestellt werden konnten. Gleich in den ersten Tagen meines 
dortigen Aufenthaltes konnte ich Weidenlaubsänger, Braunellen, 
weilse Bachstelzen, Misteldrosseln, schwarzkehlige Wiesen- 
schmätzer und andere feststellen, konnte aber natürlich nicht 


98 | Otto Fehringer: 


entscheiden, ob diese schon wieder zurück waren oder ob sie 
den Winter über dageblieben sind, und mufste mich damit auf 
den nächsten Winter vertrösten. Ich benutzte zunächst meine 
freie Zeit dazu, die Umgebung meines Standortes näher zu be- 
trachten. 

Unsere Wetterstation lag bei Hudova (41° 20° n. Br. und 
22° 32° ö. L.) auf einem Vorhügel der Hudowa-Ebene, 
ca. 100 m ü. d. M. Die Hudova-Ebene war vom Wardar durch- 
strömt und rings von Vorhügeln eingeschlossen, hinter denen 
sich Berge von mittlerer Höhe erhoben. Diese Vorhügel hatten 
als Hauptvegetation alte knorrige Büsche der Quercus coceifera, 
die selten höher als 1 m waren und zwischen denen das nackte, 
zerklüftete Gestein bloßslag. Die Hügel waren von tiefen 
Schluchten durchzogen, die durch das zur Regenzeit herunter- 
stürzende Wasser immer mehr vertieft wurden. Obwohl dieses 
Gebirgsland zum Mittelgebirge gehört, gibt ihm der zerklüftete, 
kahle Fels den Charakter eines Hochgebirges. Die scharfkantigen 
Urgesteine, die ausgedehnten Schutthalden, grolse Felsenmeere, 
kahle Kuppen bedingen die Schwierigkeit und Unwegsamkeit des 
Geländes. Hinter den Vorhügeln stieg östlich von Hudova die 
Plaus-Planina an, die sich bis zu einer Höhe von ungefähr 
1000 m erhob und in ungefähr nord-südlicher Richtung die 
Hudova-Ebene von der Strumiza-Ebene trennte. Den öden Ein- 
druck, den diese Berge auf den Reisenden machen, der vom 
winterlichen Deutschland im Februar hierhinverschlagen wird 
und sich einbildet, in die sonnigen Gestade des Südens zu ge- 
langen, kann man nicht beschreiben. Das von den Bergen her- 


abstürzende Wasser sucht sich immer wieder neue Bahnen und _ 


wäscht den kahlen Fels immer wieder rein. In der Ebene ver- 
wandelt es alles zu einem endlosen Morast, sodafls man selbst 
an den Stellen, die offiziel den Namen „Wege“ führen, bis an 
die Waden, wenn nicht noch weiter einsinkt. Die Seitentäler 
des Warder sind zu dieser Zeit von breiten, reifsenden Strömen 
durchflutet und unpassierbar. Das nafskalte Wetter trägt noch 
dazu bei, die Stimmung zu erhöhen. Die Temperaturen sind _ 
des Nachts weit unter dem Nullpunkt. Man ist in jeder Hin- 
sicht enttäuscht. Morgens wird man öfter durch den Anblick 
einer Winterlandschaft erfreut, aber nach wenigen Stunden hatte 
die Sonne alles in einen lieblichen Matsch aufgelöst. Behält die 
Sonneeinmaltagsüber die Herrschaft,so trocknen die Hänge schnell 
ab. Man genielst in kurzer Zeit Bilder, die uns den endlosen 
Morast der Ebene vergessen lassen. Auf kleinen Wiesen an den 
Abhängen der Hügel tummeln sich in dem üppigen Polster der 
Vogelmiere Scharen der Girlitze, Distelfinken und Bluthänflinge. 
Die Kraft der Sonne hat sie die letzten Tage vergessen machen, 
und sie klirren, singen und flöten durcheinander, als ob jetzt 
schon der Frühling eingezogen wäre. Crocus-Blüten und Herbst- 
zeitlosen, die um diese Jahreszeit ihre bescheidene Pracht ent- 


Die Vogelwelt Macedoniens. 91 


falten, vermögen beinahe, eine bessere Jahreszeit vorzutäuschen. 


Gegend Abend wird es wieder empfindlich kalt. Wer an diese 
Schwankungen noch nicht gewöhnt ist, mufs sich erst durch 
einige Erkältungen dagegen abhärten. An Gegensätze muls man 
sich in Macedonien gewöhnen; sie beherrschen alles. Auf einen 
schönen Tag mit Sonnenschein konnte dann ein nalskalter mit 


Schneetreiben folgen. Der Vogelgesang war verstummt. Mit 


aufgeplustertem Gefieder kamen dann die Vögel in die Nähe 
menschlicher Behausungen und nährten sich kümmerlich von den 


‚Abfällen der Landstrafse und der Dungstätten. Die Gesellschaft 


war zu solchen Zeiten oft eine recht gemischte. Da sah man 
Heidelerchen unter Feldsperlingen, Buchfinken bei Staren, Sing- 
drosseln bei Feldlerchen, ferner Goldammern, Zaunammern, 
Zippammern, Stelzen, Pieper und Meisen. Sie alle einigt die 
Not, und sie werden ungemein zahm in der Nähe des Menschen. 
Sofort baue ich mir einige Käfige mit den einfachsten Werkzeugen, 
um zufällig erbeutete Vögel einige Zeit beherbergen zu können. 
Dann kamen wieder einige schöne Tage; man sah in der 
2. Hälfte des Februar die ersten Eidechsen. Buchfinken balgen sich 
um die Weibchen und studieren ihren Gesang ein. Zaunammern 
sieht man paarweise. Die Männchen singen schon vollständig. 
Hoch oben ziehen die Adler ihre Kreise. Ab und zu fliegt eine 
Schar Gänse vorüber, die in mustergültiger Ordnung immer das 
gleiche Flugbild, den stumpfen Winkel mit den ungleichen 
Schenkeln, zeigen. Das schöne Wetter und die kurze freie Zeit 
werden benutzt zu kleineren Ausflügen in die Umgegend. 

Bevor der Wardar in die Hudova-Ebene eintritt, durch- 
strömt er das Gebirge, das nach Norden zu immer näher an den 
Flufs hberantritt und nur an den Einmündungsstellen der Seiten- 
tälchen etwas Platz für Siedelungen freilälst. An einem solchen 


Platz liegt ca. 5 km nördlich von Hudova das Dorf Gradec. 


Die ärmlichen Häuser liegen z. T. unter mächtigen, uralten Pla- 
tanen. Die Bevölkerung ist ärmlich und besteht nur noch aus 
Kindern, Frauen und Greisen. Man merkt die Spuren des 
Krieges; die meisten Häuser sind zerfallen. Aber trotzdem 
wirkt das ganze Bild mit dem hohen Baumwuchs wie eine Oase 


inmitten der „Wüste“ der Krüppelsträucher der umliegenden 


Hänge. Für die Vogelwelt waren solche Stellen besonders be- 


liebt. Man trifft hier zu dieser Zeit Gimpel und Buntspechte. 

Am nördlichen Ende Hudovas lag die Abdeckerei. Hier 
wurde alles, was von den gefallenen Tieren nicht mehr irgendwie 
verwendbar war, am freien Ufer des Wardar hingeworfen, den 
Vögeln und Ratten zur willkommenen Beute. Hier bleichten die 


-Skelette von Pferden und Ochsen, und die Eingeweide stanken 


zum Himmel. Es war dies ein beliebter Tummelplatz für alle 


‚Rabenvögel die sich hier gütlich taten und so eine Art Gesund- 


heitspolizei darstelten. Ein prächtiger brauner Milan trieb sich 


Ende Februar und den ganzen März über hier herum, stand aber 


92 Otto Fehringer: 


mit den Stammgästen dieses Ausschankes, den Kolkraben, immer 
auf gespanntem Fuls. Der Kampf war meist harmlos und endete 
damit, dafs der Milan nach Beendigung seiner Mahlzeit sich 
mühelos in grolse Höhen schraubte und verschwand. Zwei 
Adler stellten sich auch als tägliche Gäste, besonders in den 
frühen Morgenstunden, hier ein, um sich zu sättigen. Auch 
kleinere Gäste beherbergte diese interessante Stätte. So turnte 
auf den Rippen eines gebleichten Pferdekadavers öfter ein Weiden- 
laubsänger herum, der hier die so zahlreichen Fliegen mit so 
grolser Gewandheit wegfing, als bewegte er sich auf den natür- 
lichsten Sitzstangen der Welt. War die Zeit knapp, so konnte 
man an diesem Platz, der von allen andern streng gemieden 
wurde, interessante Beobachtungen machen. Man mulste nur 
die herrschende Windrichtung berücksichtigen. 

Hatte man mehr Zeit, so konnte man einen Ausflug ins 
Nicola-Tal unternehmen. Dieses Tal liegt an der rechten Wardar- 
Seite nördlich von Hudova und ist von einem strömenden Ge- 
birgsbach durchflossen, der sich nach unten zu mälsigt und sich 
in gemütlichem Lauf in den Wardar ergiefst. Die Vegetation 
dieses Tales ist vollständig verschieden von der der umliegenden 
Hänge, die es durchschneidet. Hier herrscht gemischter Laub- 
wald, vorwiegend Eichen und Buchen, die auch den gröfsen Teil 
des niedrigen Gebüsches bilden. Der Bach ist begleitet von 
mächtigen Platanen, die nach Art unserer Weiden hohl sind und 
deren Hohlraum von den Hirten mit Vorliebe zur Anlage eines 
Feuers benutzt wird. In diesem Wald treiben sich Ende Februar 
Rotkehlchen, Singdrosseln. Misteldrosseln, Amseln, Kohl-, Blau-, 
Sumpf- und Schwanzmeisen, Eichelhäher und Buntspechte herum. 
Zaunkönige schmettern ihr fröhliches Lied, und Buchfinken stu- 
dieren fleifsig. Man glaubt sich in den deutschen Wald versetzt, 
nur ist der Vogelgesang zu dieser Zelt bei uns noch nicht so 
stark. Auch der Rückweg am Wardar-Ufer entlang auf einer 
Strafse, die die Deutschen erst gebaut haben, bietet interessante 
Bilder. Auf dem Warder tummeln sich Wildenten, über dem . 
Strom fliegen Möwen, in der Ferne sieht man das Gewimmel 
der schwarzen Brüder am Aas, und über dem Ganzen schweben 
kreisend einige Adler. Man mufs sich am Abend eilen, heim- 
zukommen; denn kurz ist die Dämmerung, und schnell bricht 
die Nacht herein. 

Ein anderer Ausflug führt in den Auwald nach Miletkovo. 
Man begibt sich über die hölzerne Wardar-Brücke und geht 
wardarabwärts an Mirovce vorbei bis zum Dörfchen Miletkovo. 
Auf dieser rechten Wardar-Seite ist die Hudova-Ebene verhält- 
nismälsig schmal, bietet aber doch genügend Platz für ausge- 
dehnten Getreidebau, soweit die Felder überhaupt bestellt sind. 
Zwischen Miletkovo und Wardar breitet sich ein Wäldchen aus, 
dessen Hauptbaumbestand alte hohle Weiden sind. Zwischen den 
Weiden wächst ein undurchdringliches Gestrüpp, das durch 


Die Vogelwelt Macedoniens. | 98 


Brombeerranken und Waldreben noch dichter wird. Zwischen 
diesen Beständen sind einzelne Wiesen eingestreut, wodurch 
‚ malerische Partien entstehen, zumal da auch das Wasser nicht 
fehlt. Durch diesen Wald zieht sich ein Altwasser des Wardar. 
Dieses Gehölz ist im späteren Teil unter dem Namen „Auwald 
bei Miletkowo“ öfter erwähnt. 

Hier herrscht das ganze Jahr hindurch reges Vogelleben. 
Die ganze Umgegend war öde, und das Wäldchen lag wie eine 
Oase mittendrin. 

Meine Zeit brachte ich hin zwischen Dienst und ornitho- 
logischen Ausflügen. Der März brachte durch die Rückkehr 
der verschiedenen Zugvögel eine Menge Abwechslung, und immer 
grölser wurde mein Bedauern, an eine bestimmte Stelle gebunden 
zu sein und zu wenig freie Zeit zur Verfügung zu haben. 

Im April bahnte sich dann eine Aenderung an, und im Mai 
kam die Erlösung. Es wurde eine Einrichtung getroffen, die 
unter dem Namen „Malako“ (Macedonische landeskundliche Kom- 
mission) die Aufgabe hatte, das Land gründlich zu durchforschen. 
Der Kaiser stiftete eine namhafte Summe, aus der ich die 
laufenden Unkosten bestritt. Als Mitglied der Malako war ich 
von jeglichem militärischen Dienst befreit und konnte mich als 
Privatmaonn ausschliefslich ornithologischen Studien widmen. 
Zwar war die Sache nicht so einfach, da ich nunmehr für die 
notwendigsten Bedürfnisse des Lebens selbst sorgen mufste. Ich 
hatte hierbei aber eine derart weitgehende Unterstützung von 
seiten der Formationsleiter, dafs ich über alle Schwierigkeiten 
bequem hinweg kam. Es ist mir eine angenehme Pflicht, diesen 
Herren allen hiermit nochmals meinen Dank auszusprechen 
Nach einiger Zeit hatte ich in Hudova, das ich mir als Haupt- 
aufenthaltsort wählte, 5 Einzelhäuschen mit elektrischem Licht 
und der notwendigen Einrichtung. In einem Russen namens 
Wassilji fand ich einen treuen Diener. Er war zu allem ge- 
schickt, präparierte Vögel nach einiger Zeit mit grolser 
Gewandtheit, kochte vorzüglich, war grundehrlich und nüch- 
tern, war Nichtraucher und für mein Wohl derartig besorgt, 
dafs ich mir keinen treueren Menschen wünschen konnte. 
Für die gröbere Hausarbeit hatte ich einen Rumänen. Ein 
junger Serbe bewährte sich nicht und wurde wieder abgeschafft. 
Nach einiger Zeit wurde mir ein Landsturmmann zugeteilt, der 
ın der Heimat einem Terrarien- und Aquarienverein argehörte 
und mich mit grofsem Interesse unterstützte Zuletzt wurde 
mir noch mein Bruder zur Assistenz zugewiesen. Inzwischen 
hatte sich meine „Formation“ noch weiter vergröfsert: ich erhielt 
noch einen prachtvollen Jagdhund und zwei äufserst intelligente 
Esel. Diese Tiere scheinen überhaupt nur dadurch in den Ge- 
.ruch der Dummheit gekommen zu sein, weil sie bisweilen klüger 
handeln, als der Mensch es versteht. Ein Reitpferd stand mir 
zeitweise zur Verfügung. Zur Beobachtung diente mir das 


94 Otto Führinger : 


siebenfache Marineglas von Zeifs. Flinten und Präparierzeug 


besorgte mir das zoologische Museum in Berlin. Wenn man 
nun noch die Nähe von Feldbäckerei, Etappenmagazin und 
Schlächterei, Viehdepot, Bekleidungsamt, Pionierpark und Bau- 
stofflager bedenkt, so wird man mir zugeben, dafs der Platz nicht 
gerade ungeschickt gewählt war. Aber die Verbindungen mit den 
erwähnten Stellen mufsten erst angeknüpft werden. Mit der Ein- 
richtung des Unternehmens ging viel Zeit verloren. Erst Anfang 
Juli 1917 war ich in meinem neuen Heim fertig eingerichtet. 
Von nun an erst konnten die grölseren Unternehmungen be- 
ginnen. Aber auch die Zwischenzeit war nicht nutzlos ver- 
strichen. Der Frühjahrszug 1917 konnte nur soweit festgestellt 
werden, als die zurückkehrenden Zugvögel in unmittelbarer Nähe 
meiner Wetterstation sich sehen liefsen. Durchschnittlich kamen 
die Vögel 1917 früher an als 1918. Ich führe hier einige Daten 
an und setze die entsprechenden Beobachtungstermine aus dem 
Frühjahr 1918 in Klammern. Hausrotschwanz 18. 2. (7. 3.), Grau- 
ammer 28. 2. (6. 3. Hauptzug). Braunelle 3. 3. (2. 3. Hauptzug). 
Grauer Steinschmätzer 19. 3. (2. 4.). Zaungrasmücke 22. 3. 
(6. 4.). Rauchschwalbe 25. 3. (1. u. 6. 4.). Weilser Storch 26. 3. 
Gartenrotschwanz 27. 3. Oestl. Mittelmeersteinschmätzer 27. 3. 
(4. u. 5. 4.). Schwarzkopf und Dorngrasmüeke 31. 3. (8. 4.). 


Wiedehopf 31. 3. (9. 4.) Weilsbartgrasmücke 31. 3. (4. 4.).- 


Schafstelze 3. 4. Kurzzehige Lerche 6. 4. (5. 4... Kuckuck 
8. 4. (5. 4). Braunkehlcheu 9. 4. (16. 4... Baumpieper 10. 4. 
(7. 4.). Grauer Fliegenschnäpper 12. 4. (17. 4.). Halsbandfliegen- 
schnäpper 12. 4. Turteitaube 21. 4. (18. 4.). Rotrückiger 
Würger 24. 4. (20. 4.). ÖOrtolan 25. 4. (15. 4.). Uferschwalbe 
28. 4. (20. 4.). Bienenfresser 29. 4. (12. 4). Kappenammer 
1. 5. (5. 5.).. Graue Grasmücke 1. 5. 

Bis 1. Juli 1917 dauerten die Vorbereitungen und Einrich- 
tnngen in meinem Heim, das in einer geschützten Schlucht bei 
Hudova sich an den Berg lehnte. Von meinem Häuschen aus 
konnte man die ganze Hudovaebene überblicken. Bis zu dieser 
Zeit konnten nur kleine Exkursionen unternommen werden, die 
man bequem in einem Tag zu Fuls bewältigen konnte. Ende 


Mai wurde die Plaus-Planina (Plagusa-Planina) besucht. Hier 


hatte man Gelegenheit, in halber Höhe in der Nähe des Dorfes 
Plaus den Balzflug der Steinrötel zu beobachten. Aus kleinen 


Gehölzen in der Nähe der höchsten Erhebung sangen die Am- 
seln. Heidelerchen waren im vollem Gesang, den sie aus der 


Luft herab und vom Boden aus erschallen liefsen. Sie führten 
damals gerade ihre halberwachsenen Jungen spazieren. Schwarz- 
kehlige Wiesenschmätzer waren an allen Hängen zu sehen. 
Ebenso Mittelmeersteinschmätzer und graue Steinschmätzer. 
Ueber den Höhen zogen Adler ihre Kreise und die Fälkchen, 
Turmfalken und Rötelfalken betrieben eifrig die Käferjagd. 
Blauracken, Turteltauben, rotrückige Würger und Zaun- 


Die Vogelwelt Macedoniens. 95 


ammern waren an den Hängen und auf den Höhen zu 
sehen. An den höchstgelegenen Punkten brüteten in grofser 
Zahl Feldsperlinge. Die Wiesen auf den Höhen beherbergten 
ein überaus üppiges Insektenleben. Päonien wuchsen wild. 
Der Abstieg nach Valandova war zum Teil eine recht mühsame 
Kletterpartie. Felsentauben und Kolkraben brüteten dort. Beim 
Heimweg von Valandova nach Hudova konnte man gegen Abend 
ungezählte Doblen beobachten, die nach ihren Butkolonien bei 
Valandova heimeilten. Noch in später Abendstunde rüttelten 
Turmfalken über der Wiese, und noch bei Einbruch der Dunkel- 
heit hörte man Kappenammern und Haubenlerchen singen, 
während schon allenthalben die Steinkäuzchen auf den Tele- 
graphenstangen safsen. Ende Mai trieben sich in der Hudovaebene 
Rosenstare in geringer Anzahl herum; viele waren von den eifrigen 
Nimroden erbeutet worden. Rotköpfige Würgerweibchen hatten 
am Ende dieses Monats völlig reife Eier im Leib, als ob sie in 
Bälde zum zweiten Mal legen wollten. Der Grünberg östlich 
von Kaluckova war hauptsächlich von Weifsbartgrafsmücken, 
Dorngraswücken, Kappen- und Zaunammern bewohnt. In 
der Hudovaebene fallen Anfang Juni die Grauammern besonders 
auf, die jetzt ihre Jungen spazierenführen und sich sehr auf- 
geregt gebärden. Sie lassen jetzt immer einen rätschenden Ton 
hören, was sie vorher nicht taten. Auch die Dorngrasmücken 
führen jetzt ihre Jungen herum, während man kleine Gruppen 
von Staren, überwiegend Junge, allüberall in der Ebene herum- 
streichen sieht. In den Maulbeerpflanzungen bei Kaluckova 
fütterte ein Kohlmeisenpaar zehn Junge, die schon fast ausge- 
wachsen waren. Nachtigallen waren sehr .aufgeregt. Ihre 
Jungen waren am Ausfliegen. Kappenammern haben ihre all- 
zugrolse Vertrauensseligkeit eingebüfst und sind jetzt scheuer 
als zur Balzzeit.e Aus den Kronen der Weiden tönte unablässig 
das Geschwätz des Blafsspötters. Distelfinken sah man zum 
ersten Mal mit ihren Jungen, die noch gefüttert wurden. Or- 
pheusgrasmücken sangen an den Abhängen, und Trauermeisen 
führten ihre Jungen spazieren. Ein Pärchen Baumfalken trieb 
sich in der Hudovaebene herum. Im Arazlital waren die Hals- 
bandregenpfeifer in der steinigen Talsohle ziemlich häufig. 
Grünlinge führen ihre ausgewachsenen Jungen herum und füttern 
sie mit Wolfsmilchsamen. Schwarze Milane zogen hier ständig 
ihre Kreise. Im Gelelttal, einem Seitental des Arazlitales, 
traf man Steinkäuze am hellen Tage. Blauracken brüteten in 
der Dorfplatane und Turmfälkchen fast in jedem Haus. Nacht- 
schwalben brüteten in der Umgegend des Dorfes und waren 
gegen Abend flügelklatschend zu beobachten. In diese Zeit 
fallen die Verhandlungen wegen der Einrichtung der Malako 
und ein Besuch bei Etappeninspekteur Generalleutnant Frhr. 
v. Krane, der wegen seiner Verdienste um die Einrichtung der 
Malako zum Ehrendoktor der Freiburger Universität ernannt 


96 Ötto Fehringer: 


wurde. Auf der Rückfahrt von Nisch nach Hudova konnte man 
die Fruchtbarkeit des serbischen Landes beobachten. Einige 
Dörfer waren kürzlich abgebrannt als Strafe für einen Banden- 
aufstand, der im Rücken unserer Front gemacht wurde. Die 
Morava zeigt ungefähr die gleiche Ufervegetation wie der Wardar 
Bei der Rückkehr nach Hudova waren die Haubenlerchen alle 
ausgeflogen. Mitte des Monats Mai hatten die Stare schon zum 
3. Mal Junge, die sie fleifsig fütterten. Ebenso führten Zaun- 
könige im Araslital ein sehr aufgeregtes Dasein, da sie frisch- 
ausgeflogene Junge hatten. Bei Kaluckova konnte man in einem 


gröfseren Busch eine kleine Kolonie Weidensperlinge beobachten, 


die dort ihre Nester hatten. Kappenammern fütterten ihre fast 
erwachsenen Jungen. In den Maulbeerplantagen trieben sich 
Grünlinge, Grasmücken und Bienenfresser und Stare herum, die 
sich alle an den sülsen, seit Mitte Juni reifen Früchten gütlich 
taten. Weidensperlinge hüpften mit ihren Jungen im Gras 
herum, wobei man beobachten konnte, wie die Alten ihre schon 
gsrofsen Jungen mit reiner Insektennahrung fütterten, die sie 
hüpfend erhaschten. Die Ebenen waren starkbewohnt von Zieseln, 
die allüberall aus ihren Löchern hervorkamen, aufrecht Umschau 
hielten, um dann plötzlich wieder zu verschwinden. Anf einem 
Maulbeerbaum stand in voller Sicht ein schönes Nest des rot- 
rückigen Würgers, das aulsen mit Hälmchen und kleinen Zweigchen 
schön geflochten war wie ein Körbchen; innen war es mit richtiger 
weilser Watte ausgepolstert, die von dem benachbarten Lazarett 
stammen mufste. Am 21. Juni verlielsen die 6 Jnngen alle wie 
auf Kommando das Nest und hüpften unbeholfen im Gras umher. 
Der Alte war so aufgeregt, dafs er uns Neugierigen fast auf die 
Nase flog. An diesem Tage flogen auch junge Kappenammern 
aus. Die Vogelwelt war jetzt überall zahlreicher, weil man jetzt 
die ausgeflogenen Jungen, die zum Teil schon erwachsen waren, 
umherstreichen sah. An Piatanenbüschen salsen im Arazlital 
und seinen Seitentälern in diesen Tagen Rosenkäfer so zahlreich, 
dals man das Fallen ihres Kotes wie ein Rauschen hörte. Oest- 
liche Heckensänger brüteten in der Ebene bei Kaluckova und 
über dem Wardar bei Mirovce. Rotköpfige Würger hatten grofse 
Jungen, die sie aber immer noch fütterten. Ein alter zeigte sich 
als vorzüglicher Spötter und hatte in seinem Gesang grolse 
Aehnlichkeit mit einem Sumpfrohrsänger. In Gelelital übertönten 
jetzt alle Stimmen die durchdringenden Töne der Cikaden, die 
unbeweglich an den Rinden der Platanen safsen und schwer 
zu sehen waren. Die Blaflsspötter hatten jetzt auch schon ihre 
ersten Jungen, die sie mit grolser Liebe und Aengstlichkeit 
herumführten. Am Ende des Monats Juni trifft man von fast 
allen hier brütenden Vögeln Junge an, unter denen Zaunammern,rot- 
rückige Würger und graue Steinschmätzer die Mehrzahl bildeten. 


Die Mittelmeersteinschmätzer waren jetzt zum Teil in der 


Mauser des Grolsgefieders. Damit war die Zeit herangekommen, 


RR 


ng SR 


Die Vogelwelt Macedoniens. | 97 


wo meine Häuschen so weit gediehen waren, dafs ich übersiedeln 
konnte. Ich versuchte es zuerst mit einem serbischen Diener, 


‘der sich als 15jähriger Bengel in deutscher Uniform im Ge- 


folge des deutschen Heeres herumtrieb und auf den Namen Emil 
hörte. Er besafs eine vorzügliche Sprachbegabung und war 
besonders zum Einkauf von Lebensmitteln und als Dolmetscher 
vorzüglich brauchbar. Sobald es aber an ernstere Arbeit ging, 
versagte er völlig. Dafür aber ließte er sehr die Zigaretten. 
Da er in Bezug auf Nahrung äulserst anspruchsvoll war, so 
schaffte ich ihn bald ab. Ich konnte das umso leichter, als ich 


zu Anfang Juli meinen Diener Wasilji bekam, der bis zum 


Schlufs ein unbezahlbar treuer und anbänglicher Diener blieb. 
Dieser Mensch konnte einfach alles. Nachdem er dann noch in 
ganz kurzer Zeit das Präparieren von Vögeln lernte, war er für 
mich unersetzlich. Er hatte es dann auch entsprechend schön, 
da er nur für bessere Arbeit Verwendung fand. Für die üblichen 
Hausarbeiten wurde ein Rumäne eingestellt, der sich für alles 
andere nicht geeignet hätte, aber das Reinhalten der Kleider vor- 


züglich verstand. 


Die nächsten Tage wurden einige Ausflüge unternommen, 
die man wegen der grolsen Hitze so einrichten mufste, dafs 
man frühmorgens aufbrach und dann die heifsesten Mittagsstunden 
an irgend einem geschützten Platze zubrachte, um dann gegen 
Abend den Heimweg anzutreten. Um Mitte Juli machte ich 
eine neue Bekanntschaft mit einer dort üblichen Einrichtung, die 
unter dem Namen Pappataci-Fieber bekannt ist und sehr grofse 


_ Aehnlichkeit mit einer heftig auftretenden Grippe hat. Das 


Fieber wird übertragen durch die sehr kleine Pappatacifliege, 
der man nur schwer den Zutritt in die Häuser verwehren kann. 
Das Fieber dauerte meist nur drei Tage, hinterliefs aber eine 
grofse Mattigkeit, die mich aber trotzdem nicht abhielt, vom 
18. Juli ab wieder gröfsere Touren zu machen. Nun hatten 
auch die östlichen Heckensänger Junge, die mit halblangen 
Schwänzchen ausgeflogen waren. Die Alten waren sehr aufgeregt, 
setzten sich immer frei auf Zweige und lockten unaufhörlich. 
Das Locken hatte Aehnlichkeit mit dem der Kurzzehenlerchen. 


-Aufserdem machten sie noch ein scharfes sst. Ihren Gesang 


liefsen die Männchen zu dieser Zeit nur noch bruchstückweise 
hören. Die schönsten Töne darin waren ein oft wiederholtes 
titrö, das auch meist die Einleitung zum Gesang bildete. Was 
dann noch folgte, war nicht viel wert und erinnerte an aus- 
einandergerissenes Rosenstarengequetsch. Es scheinen sehr grofse 
Unterschiede unter den einzelnen Sängern zu bestehen, ähnlich 
wie bei den Blaukehlchen, mit denen sie auch mit ihrem Be- 
nehmen auf dem Boden einigermafsen Aehnlichkeit haben. Die 


Abhänge rings um die Hudovaebene herum, die grofsenteils nur 


von Quercus coccifera bestanden waren, wimmelten jetzt von 
jungen Dorn- und Zaungrasmücken, denen sich weiter oben noch 


Joum. f. Om, LXX, Jahrg. Januar 1922, fl 


58 Ötto Fehringer: 


die Weilsbartgrasmücke zugesellte. In den Tälern waren die 
Konzerte, die die Cikaden und die Frösche miteinander veran- 
stalteten, direkt beängstigend. Die Maulbeerplantagen sind fleilsig 
besucht von allen möglichen Liebhabern dieser sülsen Früchte 
Die Kappenammern sind jetzt schon grofsen Teils verschwunden, 
während man nur noch an Hängen gelegentlich einige später 
noch sah. Auf Tagesausflügen mufste man sich jetzt so einrichten, 
dafs man die Vögel möglichst bald nach dem Erlegen abbalgte. 
Die Nacht vom 23. auf 24. Juli verbrachte ich im Auwald von 
Miletkovo.. Waldohreulen und Nachtschwalben machten die 
Nachtmusik. Am 24. Morgen fielen einige Tropfen, und es blieb 
fast den ganzen Tag über bedeckt, was zu dieser Zeit sehr selten 
vorkam. So kam die Hitze erst gegen Mittag auf. Der ganze 
Auwald schien den Elstern zu gehören, die dort im ganzen Land 
ungemein zahlreich vertreten waren. In diesem Wald brüteten: 
Störche, Krähen, Dohlen und eine Unmenge Kleinvögel. Da ein 
Altwasser der Vardar sich daneben befand, so hat man Gelegen- 
heit, Reiher, Flulsseeschwalben, Flufsregenpfeifer u. a. zu beob- 
achten. Tagesausflüge auf die Höhen hinter Gabres (von Milet- 
kovo aus) und auf die Gradec-Planina brachten nicht viel Neues. 
Besonders auf der Gradec-Planina war das Vogelleben verhältnis- 
mälsig gering. Am Ende des Monats bemerkte man, wie sich 
bei Gradee die rotrückigen Würger zum Wegzug sammelten. 
Eine verspätete Familie Kappenammern trieb sich dort herum, 
deren Junge grünlingsähnlich djöll, djöll lokten. Sie fielen direkt 
auf, weil die anderen längst fort waren. Mittelspechte und 
srofse Buntspechte trieben sich in den Baumbeständen um die 
Gradecer Kirche herum. Geschossene Spechte bielten sich am 
Baumstamm oft noch sehr lange und fielen manchmal erst nach 
einigen Minuten tot herab. Dort flogen auch Familien von Kirsch- 
kernbeilsern herum. Unter den hohen Bäumen bei Gradec 
fanden sich nebeu uralten Platanen auch hochstämmige Quercus 
coccifera, die bis zu acht Meter hoch waren. Es schien die 
gleiche Art zu sein, die überall an den steinigen Hängen die 
niederen Büsche bildeten. 

Um diese Zeit hatte ich durch einen befreundeten Stabs- 
arzt einen jungen Türken aus Arazli-Menecli kennen gelernt, der 
mit den Herren aus der Etappe in regen Handelsbeziehungen 
stand. Es war dies ein Jungtürke mit dem Namen Halil-Mustaca, 
den ich bald für meine Sache interessieren konnte. Er war ein 
in jeder Hinsicht brauchbarer Mensch von guten Sitten, edlem 
Anstand und unbedingt zuverlässig. Es war ihm ein Vergnügen 
auch Menschen gegenüber, mit denen er keine Geschäfte machen 
konnte, behülflich zu sein und Gastfreundschaft zu üben. In 
seinem Dorfe war er, obwohl erst 25 Jahre alt, der erste und 
erfüllte auch das Amt eines Priesters, die man dort Hodschas 
nennt. Das Ansehen Halils reichte weit, und in allen umliegenden 
Dörfern mit türkischer Bevölkerung ja selbst im Türkenviertel 


Die Vogelwelt Macedoniens. 99 


' Strumiza’s verschaffte seine Empfehlung Eintritt in jedes Türken- 
_ haus. Am Morgen des 31. Juli schickte mir Halil einen kleinen 
Türkenjungen mit einem Lastesel und stellte mir beide für 2 Tage 
zur Verfügung. Ich wollte mit einem Ethnographen die Dörfer 
westlich der Plaus-Planina besuchen. Der Weg führte uns durch 
Arazli-Menecli an der Wohnung Halils vorbei. Ich wollte so 
schnell als möglich in die Berge, aber ich rechnete nicht mit 
der ortsüblichen Gastfreundschaft der Türken. Halil hatte uns 
nämlich ein Frühstück bereitet, das wir nach der Meinung des 
Völkerkundlers unmöglich abschlagen durften. Wenn auch das 
Frühstück an und für sich nichts zu wünschen übrig liefs, bei 
dem gebratene Hühner und gebackene Eier die Hauptrolle spielten, 
und wenn auch die Schafmilch und die herrlichen Früchte vor- 
züglich schmeckten, so bestand doch der Hauptgenufs in der 
_ Art und Weise, wie die reichen Türken es verstehen, das Essen 
zu einem ästhetischen Genufls zu machen. Bei den vorzüglichen 
türkischen Zigaretten hatte man dann Gelegenheit, sich den ge- 
 mütlichen Raum etwas genauer anzusehen. Der Hauptreichtum 
bestand in den schweren Teppichen, die den unteren Teil des 
Gemachs vollständig anfüllten. Die Wände waren völlig weils ge- 
tüncht, ja auch die Nester der Rauchschwalbe, die sich im Innern 
des Zimmers befanden, waren mit übertüncht worden. Zum 
grofsen Leidwesen Halils waren die Schwalben in diesem Jahr 
zum ersten Mal ausgeblieben. Die Verständigung war uns sehr 
leicht gemacht, da Halil ziemlich gut deutsch verstand und aulser- 
dem noch ständig ein Wörterbuch bei sich trug. Es war mir 
sehr schwer zum Aufbruch zu drängen,- da der Ethnograph so- 
viel Interessantes bei den Türken vorfand, besonders als die 
beiden noch miteinander über einige alte türkische Bücher ge- 
rieten.e Kostbar war ein Ausspruch des Türken, als er seine 
Bücher mit den unsrigen verglich: „Die Deutschen schreiben so- 
herum verkehrt, wir Türken so“, wobei er jedesmal auf die 
Richtung hinwies in der die beiden Völker ihre Schriftzeichen 
setzten. Erst gegen Mittag brachen wir wirklich auf und stiegen 
durch das Arazlital weiter empor. Bei Kara-Eliasli erquickten 
wir uns an einem köstlichen natürlichen Sauerbrunnen, der im 
Schatten eines Gebüsches aus dem Boden quoll. Hier war 
wieder das Vogelleben ein reichhaltigeres. Hier trieben sich 
Schwarzköpfe, Amseln, Dorngrasmücken, Zaunammern und Blau- 
meisen herum. Bis hierhin gab uns Halil das Geleite und gab 
uns eine schriftliche Empfehlung an die Oberhäupter der nächsten 
Dörfer mit. Es stand recht wenig auf dem Zettel, eigentlich 
nur ein Wort, es mufs aber eine mächtige Zauberformel gewesen 
sein, denn wir wurden überall in gleich freundlicher Weise auf- 
genommen wie bei Halil selbst. Wir stiegen zum Dorfe Barakli 
empor, wo wir einen türkischen Gottesdienst beiwohnten und mit 
_ den Aeltesten des Ortes auf der Veranda eines Hauses auf 
' Teppichen sitzend den Kaffee schlürften. Von hier aus zogen 
7* 


100 Otto Fehringer: a 


wir weiter über das liebliche Bacelli, wo wir glücklicherweise in- 
cognito durchreisten, nach dem Dorfe Plaus, wo wir erst spät 
abends ankamen. Blauracken, Amseln, Turmfalken, Grasmücken 
rotrückige Würger und Kohlmeisen mit ihren Jungen trieben 


sich noch sehr spät am Abend hier oben herum. Die Empfehlung 


Halils verschaffte uns Eintritt im Hause des dortigen Hodscha, 
und wir fanden freundliche Aufnahme in dem Fremdenhaus neben 
der Moschee, wo wir auf Teppichen einer Veranda eine an- 
genehme Nacht verbrachten. Die alten weilsbärtigen Türken 
salsen vor unserm Haus unter einem Baum und verbrachten 
die warme Mondnacht im Freien, wobei sie ihre Tschibuks 
rauchten und flüsternd weise Gespräche führten. Es machte 
fast den Eindruck, als ob sie uns zuliebe als Ehrenwache da 
wären. Man fühlte sich von dem Zauber umgeben, wie er in 
1001 Nacht geschildert ist. Am nächsten Morgen machte ich 
mich sehr frühzeitig allein auf, um die Umgegend nach Vögeln 
zu durchstreifen. Gleich vor der Moschee safs ein Distelfinken- 
weibchen auf 5 Eiern. Das Nest stand auf einem Pflaumenbaum 
und war so ausgiebig mit Schafwolle durchsetzt, dafs es einen 
ganz weilsen Eindruck machte. Oberhalb des Dorfes machten 
Steinrötel ihre Balzflüge, deren Nester man aber nur ahnen, aber 
nicht ersteigen konnte. Man sah die Alten in Steinhöhlen ein- 
und ausschlüpfen. Blauracken bauten in hohlen Platanen, und 
das ganze Dorf war bewohnt von zahlreichen Turmfalken, die 
nicht nur unter den Dächern der Häuser, sondern auch in 
hohlen Pappeln standen, die man immer in der Umgegend der 
schöngebauten türkischen Brunnen antıaf. Den Rückweg traten 
wir nach einem herzlichen Abschied von unseren neuen Freunden 


durch ein direktes Tal nach Arazli-Menecli an. Hier wechselten - 


prachtvolle Gebüschgruppen mit gutgepflegsten Weinbergen, wo 
am ersten August noch allenthalben Nachtigallenschlag zu hören 
war, wenn auch die Strophen lange nicht mehr so feurig waren 
wie zu Anfang. Weiter unten im Arazlitale hörte man dann 
noch das liebliche Geschwätz der Wasseramsel, die im ganzen 
Verlauf des Arazlibaches brütete.e Auch Gebirgsbachstelzen 
wurden durch uns in ihrer Einsamkeit gestört und begleiteten 
uns eine Strecke Weges mit ihrem Gesang. 


Die nächsten Tage waren wieder dem Auwald bei Miletkovo 


gewidmet. Viele Vögel rüsteten sich schon zur Abreise. Vor 
allen die rotrückigen Würger, die bis zum 10. August fast alle 
verschwunden waren. Nachtigallen hörte man immer noch singen, 
allerdings nur noch bruchstückweise. Am 8. August war der 
letzte Gesang verstummt. Einige Pärchen fütterten zu dieser 
Zeit ihre fast ganz ausgewachsenen Jungen. Bienenfresser safsen 
auf einem Ueberständer im Auwalde, der mit einigen dürren 
Zweigen frei in die Luft ragte, häufig herum und ruhten hier 
von ihrem kunstvollen Fluge aus. Reiher und Störche waren 
mit ihren Jungen am Wasser. In den Feldern unterhalb des 


Die Vogelwelt Macedoniens, | 101 


Auwaldes sah man kleinere Völker Rebhühner. Nördlich des 
Auwaldes sammelten sich auf den verdorrten Wiesen grofse 
Scharen von Kurzzehenlerchen, die in den nächsten Tagen ver- 
schwanden. Wiedehopfe und Rosenstare trieben jetzt auch 
wieder ihr Wesen. In diesen Tagen erhielt ich zwei Esel, die 
mir ein Pionierhauptmann gegen eine Gebühr von 60 M. für 
die Dauer meines dortigen Aufenthaltes leihweise überliefs. Es 
waren dies zwei ganz hervorragend begabte Tragtiere, die mir 
auf meinen späteren Fahrten grolse Dienste erwiesen. Dann 
machte ich eine gröfsere Fahrt mit dem Pferdewagen von Kal- 
kova, Valandova, Rabrova, Kostorino, Roborci nach der bul- 
garischen Grenzstadt Strumiza, wo ich mir für meine Esel zwei 
Sättel erstand, wie sie die Eingeborenen dort für ihre Tragtiere 
zu gebrauchen pflegten. In Strumiza herschte ein reges Markt- 
leben. Man konnte hier zentnerweise Lebensmittel einkaufen, 
die der Heimat in der damaligen Zeit gut zu statten kamen. 
Die Strafse von Strumiza nach Valandova führte über die Pässe 
der Plagusa-Planina und der Bellasica-Planina.. Vom Wagen 
aus fiel die grofse Anzahl der grauen Steinschmätzer und der 
Zaunammern auf. Sonst schien die Vogelwelt am jenseitigen 
Abhang gegen Strumiza zu genau so zusammengesetzt zu sein 
wie am diesseitigen Abhang gegen die Hudovaebene. Nur in 
einem Kiefernwald bei Strumiza lebten Meisen und Spechte. Am 
12. August machte ich mit dem Hauptmann des Pionierparks nach 
einem Ritt nach Gradec eine Nachenfahrt Vardar abwärts, wobei 
wir mit der sog. Pionierangel (Handgranaten) Fische erbeuteten. 
Karpfen, Barben, Nasen, Weilsfische und Wels ergaben die Haupt- 
_ beute. Leider wurden auf diese Weise manche fischreiche Ge- 
genden während des Krieges schwer geschädigt, da durch die 
Handgranaten meist auch die Brut der Fische zerstört wurde. 

Mitte August füttern Hänflinge und Grünlinge noch ihre 
‘ Jungen im Arazlital. Vom 16. August ab erkrankte ich plötz- 
lich mit starkem Fieber und Schüttelfrost und begab mich in’s 
Seuchenlazarett Kaluckova, wo andere Mitglieder unserer Malako 
damals ihren dauernden Wohnsitz hatten und wo ich deshalb 
mit besonderer Liebe und Sorgfalt gepflegt wurde. Die Malaria 
allein wäre ja nicht so schlimm gewesen und hätte mich sicher 
nicht veranlafst, das Lazarett aufzusuchen, wenn sich nicht gleich- 
zeitig die Ruhr eingestellt hätte. Aber die liebevolle Pflege der 
Aerzte und der netten Schwestern vom Roten Kreuz brachten 
_ mich nach einigen Wochen so weit, dafs ich mich zur Erholung 
in die Heimat begeben konnte, von wo ich völlig wiederherge- 
stellt und mit neuen Kräften Ende Oktober an den Ort meiner 
Tätigkeit zurückkehrte. Leider war während meiner Abwesen- 
heit von einem Kenner in meinem Häuschen ein Einbruch ver- 
übt worden. Er hatte aber meine Schätze unberührt gelassen 
und sich nur meinen allerbesten hahnenlosen Drilling mitge- 
nommen. 


102 Ole Fehringer: 


Die Vogelwelt hatte sich inzwischen geändert. Würger, 
Bienenfresser, Heckensänger, Nachtigallen, Steinschmätzer u. a. 
waren verschwunden. Dafür aber traf man jetzt in den Ebenen 


Amseln, Braunellen, Rotkehlchen, Buchfinken und Laubsänger. - 


Kormorane und Enten waren jetzt am Vardar häufig. Kiebitze 
trieben sich in grofser Zahl in der Ebene herum. Anfang No- 


vember machte ich wieder einen Besuch in dem mir so lieb ge- 


- wordenen Plaus mit unserem Stabsarzt und zwei Schwestern. 


Durch unseren gemeinschaftlichen Freund Halil waren wir bei 
einem der reichsten Türken des Dorfes angemeldet und mufsten 
uns ein vorzüglisches Türkisches Gastmahl gefallen lassen. Es 


war einer der herrlichen Herbsttage, wie wir sie noch oft ge- 


nossen. Ueberall hörte man Rotkehlchen mit ihrem lauten 
Herbstgesang und Zaunammern, Buchfinken, Braunellen, Zaun- 
könige und Drosseln belebten die Büsche. Auch Hausrotschwänz- 
chen und Zippammern, Laubsänger und Stieglitze, Stare und 
Schwarzköpfchen waren jetzt überall zu sehen. 

In der Ebene trieben sich Anfang November Stare, Buch- 
finken, Zaunammern, Stieglitze, Feldsperlinge, Heidelerchen, 
Trauermeisen, Haubenlerchen, Hänflinsge, Amseln, Rotkehlchen, 
Braunellen und Wiesenpieper herum. Am 10. November wurde 
noch ein prachtvoll ausgefärbtes Männchen vom rotrückigen 
Würger gesehen, der sich merkwürdig scheu in die Büsche 


drückte. Er hatte eine schlecht verheilte Flügelverletzung und 


konnte deshalb nicht mit den andern fortziehen. Wahrscheinlich 
war er früher schon einmal mit mir in unliebsame Berührung 
geraten. Die Stare machten bei schönem Wetter ihre ge- 
schickten Fangflüge in der Luft nach Schwalbenart. In den 
Hecken tummelten sich besonders schönausgefärbte alte Haus- 
rotschwänze. Bei Miletkovo konnte man bei der Hasenjagd 


jetzt auch immer auf Schnepfen rechnen, die sich in den dichten 


Brombeerhecken verbargen und von den Hunden mit den Hasen 


zusammen aufgestöbert wurden. Sperber, Reiher und Enten 


wurden von Tag zu Tag häufiger. 


Nun setzte auch wieder das übliche Regenwetter ein. 


Man mufste die einzelnen schönen Tage gut ausnützen. Mitte 
Novemberkonnte man auf den Höhennördlich von Demirkabu lockere 
Verbände von Misteldrosseln und grofse Mengen zusammenge- 


scharter Distelfinken herumstreichen sehen. Die Hühner-, Hasen- 


und Entenjagden boten zu dieser Zeit manche Abwechselung. 


Gegen Ende des Monats November erchienen in den Büschen 


der Abhänge gelbköpfige Goldhähnchen. Ortolane waren immer 


noch da. 


Die Jagden in den Bergen waren äufserst schwierig und 


verliefen oft ergebnislos. An der Eisenbahnbrücke über den 


Vardar in der Nähe des Nicolatales lag als Wachkommando 


eine Abteilung Bulgaren, die in den Jagdgründen des Nicola- 
tales eifrig jagten. Bei diesen sah ich als Beute zwei junge 


Die Vogelwelt Macedoniens. 103 


Wildschweine und ein Reh. Da es mir bei dem besten Willen 
nicht möglich war, Schädel und Decke von diesen einzuhandeln, 
so beschlofs ich selbst das Jagdglück zu versuchen und rüstete 
in der Folgezeit mehrere Jagden dahin aus. Aber das Wild 
muls dort recht spärlich sein, denn wir kehrten meist ohne Beute 
heim. Die Vogelwelt des Nicolatales war zu dieser Zeit recht zahl- 
reich. Eichelhäher, Drosseln, Meisenschwärme, besonders Schwanz- 
meisen, Kleiber und Baumläufer belebten die Büsche und Säume. 
Die Vegetation war ja auch dort eine recht abwechslungsreiche 
und bot mancherlei Versteck und Nahrung. Eichen, Silber- 
linden, Hainbuchen, Feldahorn und Platanen bildeten den höheren 
Baumwuchs. Sanddorn, Weilsdorn, Heckenrosen, bildeten dichte 
Gebüsche. Weiter oben traf man dann noch alte Bestände von 
Wacholder. 

Im Anfang Dezember hatten sich die Wasseramseln weiter 
heruntergezogen in die Täler. An der Bosava bei Demirkapu 
hielten sie sich fast bis zur Mündung des Baches in den Wardar 
auf. Die Nächte waren jetzt schon empfindlich kalt, und der 
Vogelreichtum liefs merklich nach. An den Ufern des Vardar 
überwinterten zahlreiche Rotschenkel und Wasserläufer. Auch die 
übrige Vogelwelt konzentrierte sich jetzt mehr und mehr in die 
Nähe des Wassers. Im Arazlital waren bis zum 10. Dezember 
noch Hausrotschwänze zu sehen. In der Hudovaebene scharten 
sich Zaunammern, Feld- und Heidelerchen zusammen. Bei der 
Entenjagd wurden auch immer Kormorane, Nachtreiher, Fisch- 
reiher, Rotschenkel, Eisvögel u. a. erbeutet. Die Entenjagd war 
nicht ganz ungefährlich, weil sie von so vielen ausgeübt wurde, 
die mit Karabinern auf Enten scharf schossen. Gänse ziehen in 
ihrer typischen Schlachtordnung täglich vorüber und lassen sich 
oft zum Aesen in der Hudovaebene nieder. Sie sind aber 
äufserst scheu und bei dem weithin freien Gelände, das sie sich 
immer aussuchen, nicht zu erbeuten. Grofse Kormorane, Zwerg- 
scharbe, Moorenten, Tafelenten, Krickenten und Stockenten waren 
unsere häufigste Beute, während noch Knäckenten, Pfeifenten und 
Spiefsenten von anderen Schützen erbeutet wurden. Bekassinen 
wurmten an den flachen Ufern der Altwasser. Hohltauben 
konnte man auf dem Hin- oder Rückweg zum Entenwasser bei 
Miletkovo mitnehmen. Jedenfalls litten wir sehr selten unter 
Fleischmangel. Grauammern waren in kleinen Scharen bei 
 Miletkovo. Kurz vor Weihnachten gelang es mir endlich, eine 
schöne Blässengans, ein Weibchen von 1815 Gramm, zu erlegen. 

Zwischen der Gradec-Planina und Plugusa-Planina lag in 
Höhe von 600-900 m ein ausgedehnter Laubwald, der lediglich 
seiner grofsen Entfernung von den nächsten bewohnten Plätzen 
und der schweren Zugänglichheit sein Dasein verdankte. In 
diesem Walde hatte unser Freund Halil eine Köhlerei errichtet, 
um auch diesen Wald allmählich auszurotten. Die Holzkohlen 
- verkaufte er nach Strumiza, die bei der allgemeinen Not an Brenn- 


104 Otto Fehringer: 


materialien damals hoch im Preise standen. Die Köhlerei war ein 
ziemlich umfangreicher Betrieb, und viele Meiler rauchten gleich- 
zeitig. Die Arbeiter, Eingeborene von den primitivsten Ver- 
hältnissen, wohnten in einigen Hütten im Walde. Für Halil 
oder seine Aufseher war ein „Herrenhaus“ erbaut, dafs sich 
aber von den anderen nur dadurch unterschied, dafs es etwas 
gröfser war, dals man eine „Türe“ anlehnen konnte und dafs 
das Feuer einen Abzug hatte, der aber trotzdem zuliefs, dafs 
das Haus mit Rauch erfüllt war. Zur weiteren Einrichtung 
dienten hier noch zwei Schlafbänke, unter denen ein Raum für 
Hühner sich befand. Das ganze Haus bestand aus einem Ge- 
flecht von Buchen- und Haselzweigen, die gleichzeitig die Mög- 
lichkeit zum Kleideraufhängen boten. Das Geflecht war aulsen 
durch Lehm verschmiert, das Dach aufserdem noch durch grofse 
Stücke hobler Platanen geschützt. Die Türöffnung liefs genügend 
Licht ein, wenn man den vor ihr befindlichen Sack schob. 
Fenster waren der leichteren Heizbarkeit wegen nicht angebracht. 
Diese herrliche Jagdhütte, die im Vergleich zu den Wohnungen 
der Köhler villenartig ausgestattet war, bot mir Hali zur unum- 
schränkten Benützung für immer an. Da es sonst nicht gut 
möglich gewesen wäre, diesen entlegenen Wald auf einer Tages- 
fahrt zu besuchen, so nahm ich das Anerbieten mit Vergnügen 
an und machte erstmals am Jahresschluls eine gröfsere Exkur- 
sion in diese Wälder. Die Sylvesternacht verbrachte ich mit 
Halil und dem befreundeten Stabsarzt in dieser Hütte, und ich 
mufs gestehen, dafs wir alle vorzüglich schliefen. Am Neujahr- 
morgen machten wir uns alle früh auf, während ein Vetter Halils 
zurückblieb, um den Exkursionskoch zu markieren. Die Vege- 
tation war eine äulserst üppige und ähnelte sehr der im Nicola- 
tal. Eichen und Hainbuchen bildeten den Hauptbestand ; auch 
Birke, Silberlinde und Platanen waren vertreten. Die Vogelwelt 
war eine äulserst reichhaltige. Grofse Schwanzmeisenschwärme, 
unter denen sich ein kleiner Buntspecht herumtrieb, Kleiber, 
glanzköpfige Sumpfmeisen, Kohl- und Blaumeisen, Grün- und 
Grauspechte, Eichelhäher, Kernbeifser, Gimpel, Goldammern, 
Zaunammern, Zaunkönige, Braunellen, Amseln, Misteldrosseln, 
Singdrosseln und Heidelerchen belebten den Wald und das sich 
öffnende Tal. Später kamen hier noch verschiedene Buntspechte 
und Waldkäuze zur Beobachtung. Die Individuenzahl der auf- 
geführten Vögel war eine verhältnismälsig grofse, und ich nahm 
mir vor, diesen Wald öfter zu besuchen, was ich auch in der 
folgenden Zeit ausführte.e Auch jagdlich war das Gebiet 
sehr interessant, da hier noch Wölfe, Schakale, Füchse und 
Wildschweine vorkamen. Ich verabredete mit Halil, in aller- 
nächster Zeit eine grofse Treibjagd zu veranstalten, und er ver- 
sprach mir, seine Köhler und noch eine grolse Zahl anderer Ein- 
geborener als Treiber zu Verfügung zu stellen. Die Ernährung 
dieser Leute war ja nicht sehr schwierig. Wir konnten jeden 


Die Vogelwelt Macedoniens. 105 


Abend sehen, wie diese gehandhabt wurde. Gegen Abend kam 
von jeder Gruppe seiner Leute ein Abgesandter ins „Herrenhaus“ 
und empfing hier die Rationen für seine Kameraden, die 
genau zugewogen wurden. Die Zusammensetzung war recht 
einfach. In einem Sack von undefinierbarer Farbe bekam 
er die zugewogene Menge Maisschrot, das natürlich Mais- 


 mehl sein sollte. In seine schmutzige Mütze bekam er eine 


Handvoll Salz und in seine Leibbinde steckte er die wenigen 


empfangenen Lauchstengel. In flachen kupfernen Blechen buken 


sie sich über offenem Feuer eine Art Maisbrot, das wegen seiner 
Kuchenform und seiner gelben Farbe so verführerisch schön 
aussah, dafs wir uns trotz des Abratens Halils nicht enthalten 
konnten, davon zu kosten. Wir konnten nichts anderes tun, als 
uns möglich wenig anmerken zu lassen und im Stillen die Leute 
zu bedauern, deren dieses Brot als Hauptnahrung diente. Aus 
den paar Lauchstengeln kochten sie sich eine Art; Suppe, um die 
sie sich dann zur gemeinsamen Malzeit in ihrer Hütte vereinigten. 
Das Brot wurde gebrochen und jedem sein Teil frisch zugewiesen. 
In trockenem Zustand ist dieses Brot ungeniefsbar. Schweigend 
salsen die Männer in malerischen Lumpen um die dampfende 
Schüssel voll Suppe und verzehrten ihr Brot, das sie ab und zu 
noch in die reine Asche des Feuers tauchten, die ihnen das 
kärglich zugemesse Salz ersetzen half. Nur ab und zu, wenn 


das Brot gar nicht mehr rutschen wollte, langten sie sich mit 


einem selbstgeschnitzten Holzlöffel ein wenig Suppe aus der ge- 
meinschaftlichen Schüssel. So verbrachten diese Menschen 
den ganzen Winter als Saisonarbeiter in diesem Wald. Es 
war für sie ein Festtag, wenn sie am Freitag, dem Ruhetag der 
Türken, als Zukost ein wenig getrocknetes Hammelfleisch er- 
hielten. Die Arbeiter waren Eingeborene aus den umliegenden 
Dörfern und scheinen Südserben zu sein. Die Besitzer und 
Aufseher der Köhler waren Türken, die ein besseres Leben ge- 
wöbnt waren. Halil bewirtete uns in unserm Bau mit anderen 
Sachen. Eine grofse Rolle bei der Ernährung der Türken spielt 
das Geflügel. Deswegen waren auch die Plätze unter den Bänken 
zu Hühnerställen eingerichtet. Voll befriedigt über den Auf- 
enthalt in diesem herrlichen Laubwald, dessen Tage gezählt 
waren, traten wir den Heimweg an. Halil nahm gleich den 
Bau einer Hütte in Angriff, die uns als Aufenthalt für gröfsere 
Jagden dienen sollte. Vor allem sollten auch Pferde darin unter- 
gebracht werden können. 

Die nächsten Tage wurden trotz Kälte und Wind ver- 
schiedene Exkursionen Vardar auf- und abwärts unternommen. 
Besonders häufig waren jetzt die Zwergscharben, die auf den 
Altwassern bei Miletkovo fleifsig fischten. Sobald man einen 
dieser Fischräuber herabschofs, so spie er sofort seine er- 
beuteten Fische wieder aus. Man konnte auf diese Weise 
am bequemsten Kunde erhalten von den Fischen, die sich 


106 - Otto Fehringer: 


in den Nebenflüssen und Seitenarmen des Vardar aufhielten. 
Meist waren es Elritzen, Nasen und Groppen. Einmal 
wurden um diese Zeit zwei Trauerseeschwalben beobachtet, die 
in reilsendem Flug über die Wasserfläche dahinsausten. Auch 
Alpenstrandläufer sausten in der Gegend herum in einem ge- 
schlossenen Schwarm von zirka 10 Stück. Haubentaucher, 
Zwergtaucher, Kormorane, Enten und Möwen belebten die Ge- 
wässer. Gänse ästen, nachdem sie sich unter viel Geschrei 
und langer Sicherung vorsichtig niedergelassen hatten. Auch 
die grofsen Raubvögel liefsen sich jetzt wieder mehr in der 
Ebene sehen und waren sofort bei der Hand, wenn irgendwo 
ein Tier gefallen war. Einem Hirten war ein Schaf verendet. 
Er zog das Fell ab und liefs den Kadaver liegen. Da es gegen 
Abend war, so lag die Vermutung nahe, dafs hier am nächsten 
Morgen bequem Gelegenheit wäre, auf gröfsere Raubvögel zu 
Schufs zukommen. Wirschleiften den Kavader in die Nähe einer 
hohlen Weide, die man bequem zu einem Anstand herrichten konnte. 
Einige Elstern waren zwar in der Nähe und warteten lüstern auf 
unser Verschwinden, doch sonst war weiter nicht viel zu sehen. Da 
die Dunkelheit sehr rasch zunahm, beschlossen wir, am nächsten 
Morgen sehr zeitig wiederzukommen. Wir führten unser Vor- 
haben aus, aber wie erstaunten wir, als am nächsten Morgen 
das ganze Schaf aufgezehrt war und nur noch die Federn von 
Elstern und Gänsegeiern zeigten, dals es wohl nicht ganz fried- 
lich beim Schmause zugegangen sein mag. 

Eine Fahrt vardaraufwärts gab uns eines Tages Gelegenheit, 
den grolsen Gänsesäger bei der Arbeit zu beobachten. 10 Säger 
schwammen in der Mitte des Vardar in der Nähe von Gradsko. 
Interessant war die Art und Weise, wie diese Tiere gemein- 
schaftlich fischten. Sie sammelten sich auf einer kleinen Stelle, 
um dann wie auf Kommando alle auf einen Schlag unterzu- 
tauchen. Sie blieben ziemlich lange unter Wasser und tauchten 
dann weit zerstreut einzeln, die letzten oft nach langer Zeit, 
wieder auf. Dann schwammen sie aufeinder zu und sammelten 
sich etwas weiter stromaufwärts, um von Neuem des gemeinschaft- 
liche Tauchen zu beginnen. Dieses Manöver wiederholten sie längere 
Zeit, strichen dann gemeinschaftlich ab und begannen an einer 
weitentfernten Stelle von Neuem ihre gemeinschaftliche Fisch- 
jagd. Während des ganzen Fischfangs liefsen sich die Säger be- 
quem beobachten und zeigten absolut keine Scheu. Sie hielten 
sich aber respektvoll aufser Schufsweite. Sonst waren auf dem 
Vardar immer Stockenten, Möwen und andere zu beobachten. 
An der unteren Cerna sah man Taucherchen zwischen den ver- 
dorrten Rohrbeständen umherschwimmen. An den Ufern tum- 
melten sich in den Büschen Singdrosseln, Rotkehlchen, Stare, 
Amseln, Ammern, Weidenlaubsänger, Grünlinge, kurzzehige 
Baumläufer und Buntspechte. Elstern, Sperber, Bussarde sorgten 
für Abwechselung. Kohlmeisen und Seidenrohrsänger zeterten 


Die Vogelwelt Macedoniens. 107 


bei ihrem Anblick. Hoch oben zogen Adler ihre Kreise, und 
Gänse flogen in geordneten Reihen vorbei. In stillen Buchten 
stand regungslos der Fischreiher. Durch das Glas konnte man 
sein gelbes Auge als das einzig lebendige an ihm feststellen. 
Gro[se Kormorane und verschiedene Enten waren die Hauptbeute 
dieser Tage. Im zweiten Drittel des Januar machte ich eine zweite 
‚gröfsere Fahrt nach unserer Jadhütte, die uns Halil zur Ver- 
fügung gestellt hatte. Bei den Eingeborenen hiefs das Waldge- 
biet, in dem die Köhlerei lag, Salanschack. Es hatte sich noch 
nicht viel geändert, nur hatten die Wildschweine scheinbar zu- 
genommen, und ihre Spuren waren allenthalben zu sehen. Wir 
begaben uns abends auf Hochsitze, die wir uns schnell herrich- 
teten, hatten aber keinen Erfolg, während Halil einige Zeit 
vorher einen mittelmäfsigen Keiler beim Gang durch den Wald 
geschossen hatte, dessen Schädel ich für meine Sammlung er- 
hielt. Die Vogelwelt war noch die gleiche wie das letzte Mal. 
Nur wurde diesmal noch ein Tannenhäher erbeutet. Spechte 
Meisen, Kernbeilser, Gimpel, Grünlinge, Singdrosseln und 
Misteldrosseln bildeten den Hauptbestand. Bei der Rückkehr 
konnten bei- Barakli Wasseramseln beobachtet werden. Der 
kurze Schneefall, der zu Anfang dieser Fahrt einsetzte, war nicht von 
srofser Dauer. Gegen Ende des Monats wurden in den Schluchten 
. undanden steilen Hängen einige erfolgreiche Jagden auf Steinhühner 
unternommen. Da starker Nordwind herrschte, hielten die Hühner 
sehr gut. Bei diesem starken Wind war es auffallend, wie niedrig 
die Gänse bei ihren täglichen Flügen über die Berge hinflogen, und 
wie sehr sie bestrebt waren, die Gunst des Geländes auszunützen. 
Um diese Zeit schofs mir Rittmeister Reichard einen weils- 
köpfigen Geier und schenkte ihn mir für meine Sammlung. 
Damit war unsere Freundschaft begonnen. Wir beschlossen, eine 
gröfsere gemeinschaftliche Jagd im Salanschack zu veranstalten. 
Wir wollten den nächsten Schnee abwarten und diesen dann 
gründlich ausnützen. Anfang Februar machte ich noch einmal 
mit meinem Esel eine Vorexkursion dorthin, um ja alle Wege 
gründlich kennen zu lernen. Die nächsten Tage waren von 
herrlichem Frühlingswetter beglückt. Man konnte überall am 
Vardar aus den Büschen den Gesang von Meisen, Rotkehlchen, 
Hänflingen, Girlitzen, Stieglitzen und Weidenlaubsängern hören. 
Bei Grazko lachten die Grünspechte schon ganz laut. Es waren 
dort einige wenige hohe Bäume auf der linken Vardarseite, wo 
sich Meisen, Baumläufer und Spechte gerne herumtrieben. Auch 
Grauammern waren dort in gröfserer Zahl und sangen an schönen 
Tagen ihr einförmiges Lied. Eine Fahrt nach Drenovo führte 
durch die tierarme Adlerschlucht, die ebenso vegetationslos und 
felsig aussah wie die weitere Umgebung Grazkos. Aulser Wasser- 
amseln, die dort ziemlich reich vertreten waren, sah man fast 
keine Vögel. Inzwischen war auch noch mein Bruder angekommen, 
der mir von der Heeresverwaltung als Assistent zugeteilt wurde. 


108 Otto Fehringer: 


Ich führte ihn gleich in unsere Jagdgründe bei Miletkovo, wo 
es immer noch viele Enten gab und wo neben den Weidenlaub- 
sängern auch der Seidenrohrsänger in vollem Gesang war. Feld- 
lerchen zogen in Scharen von 30—40 Stück lockend herum, 
während man Haubenlerchen bei schönem Wetter schon voll im 
Gesang genielsen konnte. Kiebitze, Stare und Wachholder- 
drosseln waren in grolsen Scharen auf den Wiesen und Feldern 
nördlich des Auwaldes von Miletkovo. Der Auwald selbst machte 
durch sein Vogelkonzert an diesen schönen Tagen schon einen fast 
frühjahrsmäfsigen Eindruck. Rotkehlchen, Seidenrohrsänger, Gir- 
litze, Hänflinge, Grauammern mischten ihren Gesang mit dem der 
Feldlerchen, die vom Boden aus und in der Luft sich schon 
recht fleilsig hören liefsen. Die Temperaturen waren über Mittag 
schon recht angenehm. Man hofite auf ein schönes Frühjahr. 
Aber es sollte sehr bald anders werden. An Gegensätze war 
man ja schon einigermafsen gewöhnt. Dafs man aber nach den 
schönen warmen Tagen einen derartig harten Schneewinter noch 
durchzumachen hatte, ging doch über alle Erwartung. 

Am 15. Februar setzte zunächst leichter Schneefall ein, und 
sofort verständigte ich mich mit dem Rittmeister Reichard wegen 
der besprochenen Jagd im Salanschack. Es hatte die ganze 
Nacht hindurch mälsig geschneit, und am Morgen des 16. Februar 
lag eine leichte Schneedecke von cirka 6 cm, als wir aufbrachen. 


Im ganzen waren wir zu sechs, die zusammen eine malerische 


Karawane bildeten. Dem Rittmeister und seinem Burschen 
folgten wir beiden Brüder, und die Karawane wurde beschlossen 
durch unsere beiden braven Tragtiere, die mit allem Nötigen 
für eine viertägige Reise bepackt waren. Einer von ihnen trug 
sogar noch einen Kanonenofen samt den notwendigen Ofen- 
röhren. Wir freuten uns über den herrlichen Neuschnee und 
träumten von Wildschweinen und Wölfen. Ueber Tag schneite 
es gemütlich weiter. Der Schnee wurde immer höher und be- 
reitete den Tragtieren und uns selbst immer gröfsere Schwierig- 
keiten, so dafs wir zuletzt nur noch sehr langsam vorwärtskamen. 
Der immer tieferwerdende Schnee hatte natürlich die an 
und für sich nur wenig ausgetretenen Pfade längst unsichtbar 
gemacht und die Landschaft derartig verändert, dafs es kein 
grofses Kunststück war, sich zu verirren, was wir redlich be- 
sorgten. Um 9 Uhr morgens waren wir aufgebrochen und um 
9 Uhr abends irrten wir noch im Schnee herum, ohne irgend 
welche Aufssicht auf ein Nachtquartier. Im Schnee zu über- 
nachten schien doch wenig ratsam. So beschlossen wir, wenigstens 
immer in Bewegung zu bleiben, bis wir irgend etwas passendes 
gefunden hätten. Aber wir gerieten in eine Mulde, die so von 
Schnee erfüllt war, dafs unsere Esel mit dem besten Willen 
nicht mehr weiter konnten, da ihnen der Schnee bis an den 
Hals ging und sie grofse Schneemassen mit ihren Säcken vor 
sich herschieben mufsten. Wir waren notgedrungen zu einem 


Die Vogelwelt Macedoniens. 109 


Stillstand gezwungen und gewahrten jetzt erst, dals es inzwischen 
empfindlich kalt geworden war. Das Schneien hatte längst 
glücklicherweise nachgelassen. Wir hielten grofsen Kriegsrat 
und wufsten nichts schlaueres zu tun, als fünf Schufls aus einem 
Karabiner loszulassen, die in der einsamen Schneelandschaft 
mächtig wiederhallten. Die Schüsse hatten vor allem den Erfolg, 
dals gar nicht weit von uns ein Hund anschlug und die Glöckchen 
einer Herde ertönten. Wir waren gerettet, denn nach kurzer 
Zeit fanden wir einen Gral, in dem eine Schaf- und Ziegenherde 
nächtigte.e Nach Landessitte war ein viereckiger Raum durch 
Flechtwerk eingezäunt und der Zaun nach dem Innenraum so 
schief gestellt, dafs er gleichzeitig als Schutzdach diente Der 
Eingang war durch eine primitive Türe aus Flechtwerk ver- 
schliefsbar. In diesem Raum wurden die Tiere des Nachts zu- 
sammengetrieben, während der Hirte in einer am Eingang des 
Grals erbauten Hütte mit seinem Hund zusammen übernachtete. 
Diese Hütte bestand im vorliegenden Falle aus pyramidenförmig- 
zusammengestellten Baumstücken ohne jegliche Tür, wenn man 
nicht eine lose vor dem Eingang aufstellbares Holzstück so be- 
zeichnen will. In der Mitte dieser äufserst primitiven Hütte 
kohlte ein Baumstumpf und verbreitete eine behagliche Wärme, 
aber einen ungemütlichen Rauch. Der Ranm war gerade grofs 
genug, dals sich zur Not ein Mensch zusammengerollt schlafen 
legen konnte. Auf unsere Schüsse hin hatte der Hirte samt 
Hund wohl einen Ueberfall vermutet und waren verschwunden. 
Wir konnten nur noch im Schnee ihre Spuren erkennen. So 
hatten die beiden uns ihr Nachtquartier überlassen. Wir be- 
gannen uns häuslich einzurichten. Die Platzfrage war sehr bald 
erledigt, indem wir uns ja gerade in Hockerstellung um das 
Feuer gruppieren konnten. Die Esel wurden von ihrem Gepäck 
befreit und samt den Sätteln im Gral untergestellt; sie zogen 
es aber vor, im freien Mittelraum zu übernachten. Am nächsten 
Morgen aber zeigte sich auf ihren Sätteln eine Schneedecke von 
nahezu 40 cm, denn es hatte in der Nacht wieder lustig ge- 
schneit. Davon merkten wir in unserer herrlichen Behausung 
allerdings nichts, denn wir schliefen bald alle fest, obwohl wir 
alle zwei Stunden uns in der „Feuerwache“ ablösten. Wenigstens 
besorgten wir unseren Feuerdienst mehr im Schlafzustand als 
mit Bewustsein. Jedenfalls wurde das Feuer erhalten, und wir 
überstanden die Nacht ohne weitere Fährnisse. Am nächsten 
Morgen waren wir alle ziemlich steif und mufsten uns erst all- 
mählich wieder einrenken. Nachdem wir gefrühstückt hatten 
und uns die herrliche Schneelandschaft betrachteten, kam ein 
Eingeborener auf einem Maulesel aus dem Dorfe Ric, um nach 
seiner Herde zu sehen. Nachdem er die Bescherung gesehen 
hatte, war er hoch befriedigt, denn der entflohene Hirte wird ihm 
‘wohl eine schöne Räubergeschichte vorgemacht haben. Wir ver- 
ständigten uns über den Weg nach seinem Dorfe, und er lud 


110 Otto Fehringer: 


uns als Bürgermeister ein, in seinem Dorf die nächste Nacht zu 


verbringen. Zwar wollten wir eigentlich unsere Jagdhütte er- 
reichen, aber wir sahen doch bald ein, dafs es vernünftiger war, 
die nächste Nacht beim Bürgermeister von Ric zuzubringen. 
Die Sonne schien, und die Schneelandschaft war ganz herrlich. 
Wir brauchten nur die Fulsspuren des Maulesels zu verfolgen 
und mulsten schon nach Ric kommen. Am Nachmittag langten 
wir auch ziemlich müde dort an, denn wir mulsten alle vier 
vorausgehen und unsern Eseln den Weg bahnen, sonst hätten 
diese nicht folgen können. In Ric wurden wir gastlich auf- 
genommen, jedoch merkte man sehr den Unterschied zwischen 
hier und der Aufnahme bei Türken. Das ganze Dorf war von 
Südserben bewohnt, und die Leute waren nicht übermäfsig freund- 
lich. Auch scheint die Bevölkerung nicht besonders wohlhabend 
zu sein. Der Wohnraum des Bürgermeisters war eim weils- 
getünchtes Zimmer ohne jegliche Einrichtung. und hatte in der 
Mitte der einen Wand ein primitives Kamin, in dem das Feuer 
Tag und Nacht brannte. In diesem Raum wurde gekocht, ge- 
gessen, gewohnt und geschlafen. Es unterschied sich vorteihaft 
von den Wohnungen der andern Ortsbewohner, denn diese be- 
herbergten in dem einzigen Raum ihres Hauses meist noch ihr 
Vieh. Am Abend holten sich die Familienmitglieder aus einer 
Ecke des Zimmers aufgestapelte Decken und Felle, breiteten 
diese längs der einen Wand aus und legten sich hier schlafen. 


Die andere Wand gegenüber wurde uns als Schlafraum bedeutet. 


Wir machten uns hier unser Lager zurecht und folgten insofern 
dem Beispiel der Eingeborenen, als wir uns ebenfalls nicht aus- 
zogen. Die Nacht verlief ohne gröfsere Zwischenfäl'e, wenn man 
von den Wanzen und Flöhen, die trotz der Jahreszeit merk- 
würdig mobil waren, absieht. Am nächsten Morgen gelang es 
uns, einen Mann zu nfeten, der in der Köhlerei Halils scheinbar 
schon tätig war und den Weg nach dem Salanschack kannte. 
Er führte uns auch glücklich hin, und wir waren also endlich 
am Abend des dritten Tages an unserem eigentlichen Bestimmungs- 
ort angelangt. Der Weg dahin war ganz herrlich, denn die 
Schneelandschaft war äulserstabwechslungsreich. Wir mulsten eine 
Zeit lang durch ein flaches Tälchen wandern, durch das ein Bächlein 
flols, an dessen Ufern sich die Vögel der ganzen Gegend zu- 
sammengefunden hatten. Dort hielten sich Wachholderdrossein, 
Singdrosseln, Rotdrosseln, Amseln, Eichelhäher, Elstern, Kiebitze, 
Zaunammer, Zippammern, Goldammern, Buchfinken, Bergfinken 
und andere Vögel auf, die auf Insekten Jagd machten, die frisch 
aus dem Wasser ausgeschlüpft waren und nach kurzem Flug 
im hohen Schnee des Ufers landeten. Es war ein buntes Vogel- 
leben, und ihre Nahrung war sehr reichlich. Eine andere Er- 
scheinung in der Vogelwelt war aber noch viel auffallender. 
Viele Schwärme von Amseln, Drosseln, Kiebitzen und Hohltauben 
in Stärke von 20-40 Stück zogen genau in der Richtung von 


Die Vogelwelt Macedoniens. ıii 


Westen nach Osten, als ob sie auf diese Weise dem Schnee ent- 
rinnen könnten. Von den vorbeiziehenden Taubenschwärmen 
gelang es, vier Stück herunterzuholen. Es waren alles Hohl- 
tauben. Wir machten es uns in unserer Jagdhütte gemütlich, 
sparten nicht mit unseren Vorräten, da wir beschlossen, am 
nächsten Tage nach Hudova zurückzukehren und diese Jagd als 
ergebnislos zu buchen. Aber es kam, wie so oft, etwas anders; 
denn am nächsten Morgen versagte unseren Eseln die Kraft 
und sie waren aulser Stande, mit dem Gepäck noch weiter bergan 
zu gehen, obwohl wir sie bisher noch sehr gut gefüttert hatten. 
Wir hielten abermals grolsen Kriegsrat und hatten nur zwei 
Möglichkeiten, entweder mulsten wir die Esel samt dem Gepäck, 
das wir nicht selbst tragen konnten, opfern und allein nach 
Hudova zurückkehren, oder aber wir mulsten uns trennen, denn 
Rittmeister Reichard mulste an diesem Tage nach Valandova 
zurückkehren, da sein Urlaub abgelaufen war. Unser Proviant 
reichte noch notdürftig für diesen Tag. Rittmeister Reichard 
machte sich allein auf den Weg und gelangte spät am Abend 
nach Hudova, von wo aus er noch rechtzeitig zu seiner Truppe 
kam. Meinen Bruder und den Burschen liefs ich allein mit den 
kärglichen Resten der Nahrung in der Hütte zurück und machte 
mich auf den Weg nach Strumiza, das ich nach mühseligem 
Marsch gegen Abend erreichte. Dort besorgte ich mir zunächst 
bei der bulgarischen Kommandantur Lebensmittel und hoffte 
auch am nächsten Tag Pferde aufzutreiben. Die Telephon- 
leitungen nach Valandova waren gestört und erst am Mittag 
wiederhergestellt. Da in Strumiza sowohl von Bulgaren als auch 
von Türken keine Hilfe zu erwarten war, bat ich Rittmeister 
Reichard telephonisch um Hilfe. Er schickte mir sofort einen 
Burschen mit zwei prächtigen Reitpferden. Die Hilfe traf noch 
am selben Abend ein, und nach einer weiteren Nacht in Stru- 
miza konnten wir morgens nach dem Salanschack abreiten. Der 
Ritt war nicht ganz ungefährlich, denn die Wege waren durchaus 
nicht für deutsche Reitpferde geeignet. Je näher wir an unsere 
Jagdhütte kamen, desto schwieriger wurde das Gelände Die 
zweite Hälfte des Weges mufsten wir die Pferde führen. In der 
Zwischenzeit hatten die zurückgebliebenen Jagdgenossen samt 
den beiden Eseln etwas Erfahrung gesammelt über das Kapitel 
Hunger. Der Proviant, den ich aus dem bulgarischen Magazin 
Strumizas mitbrachte und der zum gröfsten Teil aus Hammel- 
talg und Maisbrot bestand, war keineswegs als gute Nahrung 
anzusprechen. Ich habe aber selten gesehen, dafs Nahrungs- 
mittel mit gröfserem Behagen verzehrt wurden als an jenem 
Abend in unserer Jagdhütte. Auch unsere Esel bekamen jetzt 
wieder genügend Nahrung, das sie mit deu Pferden teilen 
durften. So herrschte am Abend wieder eine ganz behagliche 
Stimmung, und am nächsten Morgen wurde die endgültige Heim- 
reise angetreten. So kamen wir am 7. Tag wohlbehalten nach 


112 Ötto Fehringer: 


- Hause und hatten als einzige Beute eine schöne Wildkatze, 3 


die wir am letzten Morgen noch erbeutet hatten. Unser Einzug 
in Hudova erregte grolses Staunen, denn man hielt uns schon 


für verloren. 

Der hohe Schnee dauerte noch einige Zeit an und gab uns 
noch Gelegenheit in der Hudovaebene viele ornithologische Be- 
obachtungen zu machen. Die gesamte Vogelwelt konzentrierte 
sich in die Umgebung der menschlichen Behausungen; besonders 
die Umgebung des Viehdepots in Hudova war der Sammelplatz 
zahlreicher Vogelarten. Buchtinken, Bergfinken und Heidelerchen 
waren oft beisammen. Auch Feldlerchen und Haubenlerchen be- 
fanden sich oft in einer Gruppe. Doch hielten die Kalanderlerchen 
unter sich am besten zusammen. Einige von ihnen sangen sogar 
bruchstückweise feldlerchenartig. Jegliche Scheu hatte aufge- 
hört. Kam man den Kalanderlerchen zu nahe oder schols gar 
einige aus dem Schwarm heraus, so flog der ganze Schwarm mit 
lauten Lockrufen davon, um sich aber nach einer Schwenkung in 
der Nähe des ersten Platzes niederzulassen. Man konnte, wenn 
man wollte, ein und denselben Schwarm öfter hintereinander mit 
Erfolg beschiefsen. Auffallend war der bedeutende Gröfsen- 
unterschied zwischen Männchen und Weibchen, der sich be- 
sonders beim Fluge zeigte. Die Lerchen waren zu dieser Zeit 
alle recht fett. Anderen Vögeln ging es weniger gut. Rot- 
kehlchen und Braunellen, Wachteln und Amseln fand man ver- 
hungert. Auch eine Ringeltaube erlitt das gleiche Schicksal. 
Die Raubvögel hatten es jetzt besonders gut, denn es war ihnen 
leicht, halbverhungerte Vögel in Menge zu erbeuten. So erhielt 
ich einen Mäusebussard, der neben zwei kleineren Vögeln, die 
er noch im Kropfe hatte, im Magen die Reste von einer Taube 
zweier Amseln und anderer Vögel aufwies. Er war sehr fett 


Viele Vögel waren jetzt leicht lebend zu fangen. Überall hatten. 


die deutschen Soldaten ihr tierschützlerisches Herz entdeckt 
und hielten in primitiven Käfigen Singvögel, um sie über die 


schwere Zeit durchzufüttern. Besonders häufig sah man Zaun- 


und Zippammern. Nach reichlicher Beute verschwand der Schnee 
zuerst aus der Ebene, und diese wurde mal wieder in den üb- 
lichen braunen, Morast verwandelt. So konnte man getrost 
einige Tage die Hudovaebene verlassen und sich anderweitig 
Quartiere für spätere Unternehmungen ausmachen. Am 27. Februar 
hatte ich Gelegenheit, in Uesküb einen Fackelzug mitanzusehen, 
der zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Zaren Fer- 
dinand von Bulgarien veranstaltet wurde. 

Am Anfang März war in der Hudovaebene wieder schönstes 
Frühlingswetter, und allenthalben sangen die Haubenlerchen, 
Weidenlaubsänger, Seidenrohrsänger, Gold-, Grau- u. Zaunammern, 
Feldlerchen, Braunellen, Rotkehlchen und Zaunkönig. Schwarz- 
kehlchen belebten jetzt in grofser Zahl die steinigen Hänge. Die 
nächsten Tagen verbrachte ich in Valandova bei Rittmeister 


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Die Vogelwelt Macedoniens. 118 


Reichard. Interessant waren die Felsenkleiber in der Nähe der 
durchlöcherten Kalkfelsen, die den Dohlen zum Wohnsitz dienen. 
In den Gärten sangen die Trauermeisen und Rotkehlchen um die 
Wette. Buntspechte und Singdrosseln lockten fleilsig. An den 
Hängen aufserhalb des Dorfes sangen Stieglitze und Schwarz- 
kehlchen. In den überschwemmten Gebieten der Ebene sah man 
Waldwasserläufer, Brachvögel und viele Enten. Es war diesen 
aber wegen des offenen Geländes nicht beizukommen. Hoch 
oben in der Luft sahen wir einem Fliegerkampf zu. Ein Falke, 
vermutlich eine Baumfalke, stiels auf eine Haubenlerche, die 
schon einige Zeit singend in der Luft war. Die Lerche wich ihm 
mit grofser Geschicklichkeit aus. Nachdem er es einige Male 
vergeblich versucht hatte von oben die Lerche zu fassen, ver- 
suchte er es scheinbar an ihr vorbeizustofsen und sie durch eine 
plötzliche Wendung halb von unten halb von der Seite zu fassen. 
Jedesmal aber stiefs er vorbei und mulste sich immer wieder 
von Neuem erheben, um den Stofs von oben beginnen zu können. 
Jedesmal, wenn der Falke sich erhob, versuchte die Lerche ein 
Stück tiefer zu kommen, hielt aber sofort im Abwärtsflug an, 
wenn der Faike sich zu neuem Stofs anschickte Nachdem sich 
dieses Spiel einige Male noch wiederholt hatte, war die Lerche 
dem Boden so nahe gekommen, dals sie sich nach dem letzten 
Fehlstofs des Falken auf den Boden herablassen konnte, wo sie 
inmitten einer Schafherde landete und so ihrem Schicksale für 
diesmal entgangen war. Hätte sich die Lerche nach dem ersten 
Angriff gleich zum Boden herabgelassen, so hätte der Falke 
sicherlich diese nachstürzend erreicht, bevor sie auf dem Boden 
gelandet wäre. 

Im Nicolatal herrschte jetzt Frühling. Ganze Rasen waren 
voller Anemonen und Krokus, und überall blühten die Veilchen. 
Ueber den Halden sangen die Heidelerchen. Trauermeisen, 
Buchfinken und Gebirgsbachstelzen liefsen sich fleilsig hören. 
Amseln flöteten ihre schwermütigen Weisen. In Gradsco erhielt 
ich einen prächtigen Uhu. Aufserdem bekam ich von dort her 
noch eine weitere Hilfskraft. 

Gegen Ende des Monats führte mich mein Weg nach Kuma- 
novo, nördlich von Uesküb. Die Gegend war öde und bot wenig 
landschaftliche Reize. Westlich von Kumanovo lag auf einem 
Berge über 1000 Meter hoch eine Klosterruine, die man in einer 
gröfseren Tagesfahrt besuchen Konnte. Die Vegetation dieser 
Berge war abweichend von den meisten Bergen gleicher Höhe 
des südlichen Macedoniens, da hier die Laubhölzer vorherrschten. 
Nur war der Holzreichtum ein geringer, und alle grofsen Bäume 
waren längst den Weg alles Holzes gegangen. Der Vogelreich- 
tum war kein grolser, allerdings war die Gegend noch recht 
winterlich. Wir konnten bei diesem Ausflug beobachten Kaiser- 
und Steinadler, Turmfalke und Sperber, Nebelkrähen, Dohlen, 
Elstern und Eichelhäher, Grünspechte, gelbe und weilse Bach- 

Journ. f. Orn. LXX, Jahrg. Januar 1922, 8 


ild Otto Fehringr: a 


stelzen, Rotkehlchen, Zaunkönig und Gartenbaumläufer, Blut- 
hänflinge, Zaun- und Grauammern, Schwarzkehlchen und Pieper, 
Feld- und Heide- und Kalanderlerchen. Letztere balzten und 
sangen auf der ganzen Ebene um Kumanovo herum. Es gab 
ganz vorzügliche Spötter unter ihnen. 

In den nächsten Tagen konnte man in der Hudovaebene den 
Einfufs des Wetters auf die Vogelwelt beobachten. An schönen 
Tagen war die ganze Gegend voll herrlichen Vogelgesangs, 
während an kalten Tagen die ganze Gesellschaft aufgeplustert 
herumsafs oder in Schwärmen herumstrich. Gegen Ende März 
setzte Schneefall ein. Zippammern, Singdrosseln, Wintergold- 
hähnchen, Braunellen, Rotkehlchen und Heidelerchen kamen 
wieder vor die Türen unserer Wohnungen. Während dieser nals- 
kalten Tage fielen in der Ebene die Misteldrosseln, Amseln, 
Singdrosseln und Ringdrosseln auf. Der Auwald von Miletkovo 
wimmelte in dieser Zeit von Drosseln, die während der schlechten 
Witterung dort Zuflucht suchten, um bei Eintritt besseren Wetters 
und südlicher Winde ihre Wanderfahrt nach Norden weiter fort- 
zusetzen. Vor allem fielen die Wachholderdrosseln auf, in deren 
Gesellschaft sich auch Stare aufbielten. Heidelerchen, Feldlerchen 
und Hänflinge flogen in Schwärmen. Auch Amseln waren an 
manchen Stellen so zahlreich, dafs man sie für Zugvögel halten 
mulste. ig 

Nach kurzem Aufenthalt in Uesküb, in dessen Umgebung 
einige Touren gemacht wurden, kehrte ich wieder nach Hudova 
zurück, weil jetzt hier der Frühjahrszug mit Gewalt einsetzte. 
Schwalben, Steinschmätzer, Steindrosseln, Kuckucke, kurzzehige 
Lerchen, Gartenrotschwänze, Nachtigalien, Dorngrasmücken, 
Klappergrasmücken waren bis zum 6. April alle da. Das Wetter 
war günstig, und die Vorberge der Plaus-Planina und die Hudova- 
ebene konnten nach allen Richtungen durchstreift werden. Die 
Zippammern waren jetzt endgültig aus der Ebene verschwunden. 
Rotkehlchen, Braunellen und Amseln machten sich schon sehr 
selten. Einige Singdrosseln hörte man Morgens noch halblaut 
singen, aber auch diese waren bald verschwunden. Baumpieper, 
Halsband- und Trauerfliegenschnäpper brachten Abwechslung ins 
Landschaftsbild. Besonders die Fliegenschnäpper waren im 
Arazlital sehr auffallende und zahlreiche Gäste, die aber nach 
einigen Tagen spurlos verschwunden waren. Auch Wintergold- 
hähnchen strichen noch zahlreich. Ueber meiner Wohnung 
machten täglich die Kolkraben paarweise ihre Liebesspiele. Als 
dann noch am 8. und 9. April‘ Schwarzköpfe und Orpheusgras- 
mücken angekommen waren und fleifsig sangen, verschwanden 
die Töne der weniger Begabten. Trauermeisen bauten schon 
fleifsig in den hohlen Platanen ihre Nester. Wiedehopfe hupten 
fleifsig. Das Heer der Körnerfresser, besonders Hänflinge, Gir- 
litze und Distelfinken waren überall anzutreffen und zu hören. 
Zwei Mal wurden vorüberfliegende Zeisige gesehen und gehört. 


Die Vogelwelt Macedoniens. 115 


Flulsregenpfeifer belebten das breite jetzt fast ausgetrocknete 
Strombett des Arazlibaches, der längst wieder seine normale be- 
scheidene Gröfse angenommen hatte. Graue Fliegenschnäpper 
kamen nun noch dazu, während die Anzahl der vorhin erwähnten 
schon merklich abnahm. Am 12. April erschienen gegen Abend 
die Bienenfresser. Es war eine. Schar von ungefähr dreifsig 
Stück, die hoch oben ihre Kreise zogen und unaufhörlich ihre 
Locktöne hören lielsen. Sie waren mit frisch einsetzenden süd- 
lichen Winden als Vortrupp erschienen, während die Hauptmasse 
erst später kam. Die Buchfinken, die in den letzten Tagen des 
März meist paarweise gesehen wurden und sich auch schon wie 
an ihren Brutplätzen hitzig bekämpften, waren zu Anfang des 
April alle aus den Ebenen verschwunden und hatten sich in die 
höhergelegenen Gegenden zurückgezogen. Den tiefstliegenden 
Brutplatz fand ich im Nicolatal nicht weit vom Vardar entfernt. 
Anfang April bauten sie dort schon ihre Nester mit Vorliebe auf 
die horizontalen dicken Aeste der Platanen. Das ganze Nicola- 
tal war erfüllt von Buchfinkenschlag. Desgleichen sangen dort 
um die Mitte April Nachtigallen, Misteldrosseln, Amseln, Schwarz- 
köpfe, Orpheusgrasmücken und Baumpieper. Die Ausflüge dort- 
hin waren jetzt recht lohnend. 

Ortolane, Braunkehlchen und Rotkopfwürger waren neu hinzu- 
gekommen. Während die Braunkeblchen sich nur kürzere Zeit in der 
Ebene singend und sich neckend aufhielten, um dann an ihre hochge- 
legenen Brutplätze zu verschwinden, blieben Ortolane und Rot- 
kopfwürger in der Ebene und an den Hängen zurück und 
wurden noch in den nächsten Tagen immer häufiger. Auch 
Brachpieper, Waldlaubsänger und Trauerfliegenschnäpper rückten 
jetzt ein. Sie liefsen sich bei schönem Wetter strophenweise 
hören. Während der Zug noch in vollem Gange war und täg- 
lich wechselnde Bilder brachte, safsen viele der einheimischen, 
frühangekommenen oder überwinternden Vögel schon längst auf 
ihren Eiern, besonders Stare und Trauermeisen. Fitislaubsänger 
und Weidenlaubsänger sangen im Nicolatal so fleilsig, als ob sie 
hier Brutvögel wären. Später aber waren auch sie dort ver- 
schwunden. Eine auffallende Erscheinung waren die Turtel- 
tauben, die vom 18. April ab überall zu sehen waren. Sie 
hielten sich am Anfang an allen möglichen und unmöglichen 
Plätzen auf und zogen sich erst allmählich in ihre Brutplätzezurück. 
Mehl-, Ufer- und Nachtschwalben hatten sich nun auch eingestellt. 

Eine herrliche Fahrt in die Berge am Doiransee zeigte die 
Braunkehichen auf ihrer Wanderung nach den Höhen. In den 
Ebenen hatten sie sich jetzt recht selten gemacht und trieben 
sich neckend in mittleren Höhen umher. Bei Kizildoganli 
waren sie recht häufig. Blauracken waren zurückgekehrt und 
brachten Farbe ins Landschaftsbild. Während des Durchzugs 
liefs sich auch mal ein Gelbspötter hören und sehen, der aber 

bald spurlos verschwunden war. 


$ 


i16 Ötto Fehringer:: - 


Im Auwald von Miletkovo waren vom 20. April ab die 
Pirole sehr häufig, während sich die rotrückigen Würger 
gleich nach ihrer Ankunft überall verteilten und an allen mög- 
lichen und unmöglichen Plätzen zu sehen waren. In der Ebene 
hatten sich die meisten Vögel zur Brut angeschickt. An Plätzen, 
die in der Nähe der vorjährigen lagen, war eine kleine Brut- 
kolonie des Weidensperlings. Beutelmeisen bauten fleilsig an 
ihren kunstvollen Nestern. Schwarzstirnwürger, Schilfrohrsänger 
und Kappenammern gehörten zu den letzten zurückkehrenden 
Vögeln, während die Stare zu dieser Zeit schon ihre halber- 
wachsenen Jungen fütterten. | 

Anfang Mai wurde eine grölsere Fahrt in die Gegend Bar- 
lova-Sermenli-Kojnsko unternommen. Diese Gegend war völlig 
verschieden von den bisher besprochenen. Denn nachdem wir 
die Steinhänge verlassen hatten, gelangten wir in richtiges Wald- 
gebiet, wo deutsche Kolonnen lagen und wo wir gastlich empfangen 
wurden. Unter uralten Platanen strömte ein Gebirgsbach, den 
wir abends bei Fackelschein nach Krebsen absuchten, die sehr 
zahlreich vorkamen. In den Höhlungen der Flatanen brüteten 
häufig die grauen Fliegenschnäpper und Steinkäuzchen, die uns 


nachts ein liebliches Konzert gaben. Der Hochwald oberhalb 


Borlova, den wir durchstreiften, war wie ein deutscher Wald. 
Buchen und Eichen bildeten den Hauptbestand.. An manchen 
Stellen war er noch wirklich urwaldmälsig, und gefallene Baum- 
riesen moderten am Boden. Auf kleinen Lichtungen prangten 
üppige Blumenwiesen und manche Stellen waren von Orchideen 
ganz übersät. Im Buchenhochwald traf man Kirschkernbeilfser, 
die den Kropf ganz voller grüner Raupen hatten, um ihre kleinen 
Jungen damit zu füttern. Schwarzspechte riefen ihr gedehntes 
Signal und flogen mit lautem grü-grü-grü-grü-grügrü davon. 
Der Wald war so dicht, dafs es unmöglich war, an sie heranzu- 
kommen. Amseln und Singdrosseln sangen hier an ihrem Brut- 
platz sehr fleilsig, Turteltauben, Blaumeisen und Kleiber waren 
zahlreich. Schwarze Störche waren paarweise zu sehen. Wasser- 
amseln und Gebirgsbachstelzen belebten den Bach bis hoch ins 
Gebirge. Auf den Höhen waren grofse Eichenwälder, in deren 
Schatten Maiblumen, Salomonssiegel und Bärenlauch wuchsen. 
Andere Hänge waren vorwiegend mit Buchen bestanden. Hoch oben 
auf einer freien Bergwiese hatte man einen prächtigen Blick nach 
Süden, und der Doiransee und der Ardzansee lagen friedlich zu 
unseren Füfsen, während man im Hintergrunde den Götterberg 
Olymp stolz emporragen sah und auf dem Golf von Saloniki die 
Dampfer mit dem Marineglas beobachten konnte. Beim Abstieg 


mulsten oft grofse Schwierigkeiten überwunden werden, denn es. 


fehlten Weg und Steg. Wir kletterten mühsam durch eine dicht- 
verwachsene Schlucht abwärts. Zaunkönige und Meisen schimpften 
über die hier sicherlich seltenen Gäste. In der Nähe unseres 
Quartiers, das höchstens 500 m hoch lag, baute ein Steinrötel 


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Die Vogelwelt Macedoniene. 117 


in einer Felsenschlucht ungefähr 10 Meter über dem Boden 
der Schlucht. Am Abend wurde trotz der anstrengenden Tages- 
arbeit noch der Krebsfang bei Fackelschein ausgeführt, wobei 
uns 72 Krebse zur Beute fielen. Es waren herrliche Tage in 
diesem Waldgebiet, und eine solche Stelle wäre sehr geeignet 
zur Errichtung eines Erholungsheimes. 

In der zweiten Hälfte des Mai war der Auwald von Milet- 
kovo voller Vögel. Störche bauten auf einer Weide ihr umfang- 
reiches Nest. Es war höchstens sechs Meter vom Boden ent- 
fernt und bequem zu besteigen. Seidenreiher zogen über dem 
Wald ihre Kreise. Krähen und Dobhlen safsen auf den Eiern. In 
der Ebene schlugen Wachteln.. Am Bergesrand waren die Jungen 
der Weifsbartgrasmücken am 15. Mai gerade ausgeflogen. 

Vom 16. Mai ab siedelte ich nach Uesküb über, wo mir 
mit meinen Leuten zusammen ein ganzes Haus zur Verfügung 
gestellt wurde. Die Einrichtung erhielt ich von einem Lazarett. 
Nur die Wanzen waren vorhanden. Von hier aus wurden zu- 
nächst einmal die Sumpfgegenden südlich von Uesküb bis zum 
Katlanowosee besucht, die eine ungemein reichhaltige Vogelwelt 
bargen. Rohrammern und Rohrsänger waren hier sehr häufig. 
Die Rohrammern waren die Form des Gimpelammers, der in 
seinem Lockton unserem Rohrammer sehr ähnlich war und auch 
einen ähnlichen stammelnden Gesang hören liefs. Die Sumpfrohr- 
sänger waren besonders in kleinen Gehölzen, die mit Weiden 
bestanden waren, recht häufig. Einige waren ganz vorzügliche 
Spötter. Die Schilfrohrsänger machten eifrig ihren Schwebeflug, 
wobei sie ihren Gesang vortrugen. Neben dem typischen Rohr- 
sängergesang verfügen sie über einige hellklingende volle Töne, 
die dem Gesang mehr Abwechselung verleihen. Oft fangen sie 
ihre Strophen mit dem Lockton der Maskenstelze an, die dort 
ungemein häufig ist. Besonders die Paare der Maskenstelzen, 
die schon erwachsene Junge haben, sind sehr aufgeregt, wenn 
man sich ihrem Brutplatze nähert. Zwischen hinein ertönt all- 
überall das unablässige Geschwätz der Teichrohrsänger. Alle 
werden übertönt durch das laute Geknarre der Drosselrohrsänger, 
Besonders im Schilfwald des Katlanovosees waren sie sehr häufig. 
Aber auch an Plätzen, wo die Gräser auf fast trockenem Unter- 
grund standen, waren sie anzutreffen. Grofse und kleine Kor- 
morane, Rohrweihen und Wiedehopfe sah man dort auf Schritt 
und Tritt. Grünfülsige Teichhühner schwammen auf den kleinsten 
Tümpeln und Gräben herum, die oft ganz voll von herrlich- 
blühenden Wasserranunkeln waren. Auf diesem Pfilanzengewirr 
sonnten sich Ringelnattern, die sich beim Herannahen aufrollten 
und geräuschlos im Wasser verschwanden. Zwischen den See- 
rosen des Katlanowosees schwammen die Taucherchen. Zwerg- 
rohrdommeln, Purpurreiher, Fischreiher und Moorenten erhoben 
‚sich aus dem Schilfwald. Es war ganz unmöglich bis an ihre 
‚Brutplätze vorzudringen, so dicht war das Pflanzengewirr. Auch 


118 "Otto Fehringer: 


mit den Einbäumen, die am Ufer einsam und verlassen standen, 


konnte man nicht weit in den Schilfwald eindringen. Beutel- 
meisen waren an ihren Locktönen weithin hörbar. Bei Marzalick 


war ein grofses ausgedehntes Sumpfgebiet, in dem Silberreiher, 
Purpurreiher und andere so zahlreich brüteten, dafs sie die 


Störenfriede in grofser Anzahl aber aufser Schulsweite um- 


kreisten. Sie hatten die Nahrungssuche- dort wirklich sehr 


leicht, denn an den Rohrstengeln und Schilfblättern salsen junge _ 


Laubfrösche in derartig grofser Anzahl, dafs man sie zentner- 
weise hätte einsammeln können. Auch Störche waren dort sehr 
häufig. Sie hatten auf den einzelnen hohen Bäumen in der 
Nähe der Gehöfte oft vier bis fünf Nester nahe beiander. In 
der Nähe Ueskübs befand sich eine Lehm- und Kiesgrube, die 
als Brutplatz der farbenprächtigen Bienenfresser und Blauracken 
von uns öfter besucht wurde. 

Die nächste Zeit galt gröfseren Ausflügen ins Vardartal 
und seinen Seitentälern.. Das Bergwerk von Radusche und 
Orasche war ornithologisch sehr interessant. In seiner Umgebung 


brüteten besonders häufig die Pirole, die Blafsspötter und die 


östlichen Mittelmeersteinschmätzer. Auf dem Weg dahin traf 


man häufig Wiedehopfe.. Die Dorngrasmücken waren jetzt 


wieder vorherrschend, da sie überall ihre zahlreiche Nachkommen- 


schaft herumführten. Elstern und Dohlen waren auch hier recht 
häufig. 

Eine Fahrt ins Nicolatal zu Anfang Juni zeigte hier schon 
grofse Veränderungen. Die Wiesen waren üppig mit Dolden- 
blüten, Winden, Wicken und Lippenblütlern bewachsen. Weifse 


Lilien, Johanniskräuter, Schafgarben und Skabiosen sorgten für 


die nötige Abwechselung. Auch Orchideen blüten unter den 
Lebensbäumen, den Feldahornbäumen und Buchsbäumen, Eschen, 


Hainbuchen und Eichen. Amseln, Gebirgsbachstelzen, Zaun- 


könige und Dorngrasmücken hatten Junge. An den Felsen des 


Vardartales safsen immer noch die Kolkraben und sperrten bei 


der Hitze ihre Schnäbel auf, und schwarze Milane zogen hoch 
oben ihre Kreise. Eine Tour ins Felsengebiet des eisernen 
Tores bei Demirkapu war zu dieser Zeit sehr interessant. Aas- 


geier, Weifskopfgeier und Bartgeier hatten hier an unzulänglichen 


Felsen ihre Brutplätze. Eine Blaudrossel machte ihre herrlichen 
Balzflüge von der Höhe des eisernen Tores aus bis hinunter zu 
den Felsen im Vardar. Ihr lautflötender Gesang war etwas ein- 
förmiger und melancholischer als der der Steinrötel. In den 
Felsennischen waren Kolonien von Felsenschwalben angesiedelt 
und hatten ihre Nester in Abständen voneinander an die Felsen 
angeklebt. Von der Ferne sahen diese Nester papierdünn aus. 
Oben auf den Höhen des eisernen Tores, in der Nähe des Dorfes 


Tal durchschnitten wird, ähnlich wie das bei manchen Stellen 


Klisura, waren Felder angebaut. Beim Ueberblick über die Gegend 
hatte man den Eindruck einer Hochebene, die von einem tiefen 


Die Vogelwelt Macedoniene. 119 


des Rheintals beim Durchbruch durch das Schiefergebirge er- 
scheint. Das Insektenleben war hier oben besonders reichhaltig. 
- Nachtigallen, Seidenrohrsänger uud Grasmücken bildeten den 
Hauptbestand der Kleinvogelwelt. Der Abstieg durch Geröll- 
halden nach Demirkapu war sehr anstrengend. Weifsbartgras- 
mücken, Steinrötel, Steinschmätzer und Felsenkleiber herrschten 
hier vor. Von den letzteren waren die Retortennester überall 
an den Felsen zu sehen, aber nicht zu erlangen. 

In Uesküb herrscht zu Anfang Juni in den umliegenden 
Gärten reiches Vogelleben. Grau- und Grünspechte lassen sich 
noch hören, und die Buntspechte trommelten fleifsig. Die Schul- 
jugend der Eingeborenen mifshandelt junge Dohlen und Elstern, 
die sie oft an Fülsen anbinden und herumziehen, ähnlich wie 
es unsere liebe Schuljugend oft heute noch mit den Maikäfern 
macht. Viele Herren der dortigen Offizierskasinos sind eifrige 
Jäger, und ich höre viel von deren Jagderfolgen. Grofstrappen, 
Zwergtrappen und zahlreiche Raubvögel waren von diesen er- 
beutet worden und als Jagdtrophäen erhalten geblieben. Es ist 
nur Schade, dafs man keine Gelegenheit hat, von diesen ornitho- 
logischen Schätzen genaue Kenntnis zu erlangen. 

Am 10. Juni fuhr ich über Veles nach Prilep. Mancherlei 
Gerüchte über ein baldiges Kriegsende waren im Umlauf. In 
Bulgarien sollten damals schon häufig Hungerrevolten aus- 
gebrochen sein. Deshalb war es geraten, sich zu beeilen, dafs 
man noch möglichst viele Landschaftstypen kennen lernte. 
Herrlich war die Fahrt im Auto von Veles nach Prilep über 
den Bapunapals. Die Felsenkuppen in der Umgebung Prileps 
waren von Felsensperlingen bewohnt, die hier einsam hausten. 
Schon bei Herannahen liefsen sie ihre ängstlichen Locktöne 
hören, die noch am meisten Aehnlichkeit mit denen der Girlitze 
hatten. In Prilep und seiner nächsten Umgebung waren Mauer- 
segler zu hören und zu sehen. Raubwürger befanden sich in 
den Gärten bei der Stadt. Dohlen und Elstern trieben sich auf 
den Feldern herum. Brachpieper und Haubenlerchen bewohnten 
die kurzrasigen Hänge, aus denen die nackten Felsen grau her- 
vorragten. Sie safsen mit Vorliebe auf diesen Felsen. Dem 
Kloster Treskovac statteten wir einen Besuch ab und wurden in 
seinen wohleingerichteten Räumen gastlich empfangen ünd be- 
herberst. Der Aufstieg nach diesem Kloster wurde durch un- 
wegsames Felsgewirr gewählt und war sehr anstrengend. Ein 
 überhängender Felsen mit einer darunter befindlichen Höhle war 
der Schlafplatz und Zufluchtsort von vielen Vögeln, wie man 
am Kot erkennen konnte. Vor allem scheinen Steinsperlinge 
und Steinschmätzer dort zu nächtigen. Heidelerchen waren an 
den Hängen überaus zahlreich. Felsenkleiber lockten und sangen 
und tummelten sich mit ihren Jungen an den Felsblöcken, die 
sie kopfauf und kopfab bekletterten. Nachtigallen und Dorn- 
‚grasmücken lebten hier, obwohl das Gebüsch äufserst spärlich 


120 Otto Fehringer: 


war. An manchen Stellen waren die einzelnen Gebüschgruppen, 
die nur einige Quadratmeter Umfang hatten, über 100 Schritte 
auseinander, und jeder Busch enthielt seine Dorngrasmücke. 
Bluthänflinge hrüteten in den Büschen und flogen weit weg auf 
Felder mit Unkrautsämereien, um sich die Kröpfe zu füllen für 
ihre schreienden Jungen. Auf den Rücken der Felsen hatte sich 
in ausgewaschenen Löchern Regenwasser angesammelt. Von 
weither kamen die Vögel zum Trinken und Baden. Zippammern 
brüteten auf den Kuppen und sangen von den Felsen herab ihre 
anmutigen Lieder. Der Gesang hat durchaus nichts ammerähn- 
liches, sondern erinnert an das Lied der Braunelle. Turteltauben 
und Elstern waren auf die höchsten Höhen hinauf zu beobachten. 
Die Elstern neckten eine Eule, die sie irgendwo aufgestöbert 
hatten. Oben in der Nähe des Klosters, das in 1400 m Höhe 
liegt, fand man Felsentauben, Dohlen, Turmfalken, Felsenkleiber 
und Blaudrosseln. Steinhühner und Wiedehopfe liefsen sich um 
das Kloster herum vernehmen. Weiter unten in der Nähe der 
Ruinen von Kalimarco flogen viele Schwalben herum. Die Rost- 
bürzelschwalbe war deutlich zu erkennen an dem rotbraunen 
Band um die Kopfplatte.e Besonders wenn das Tier auf den 
Felsen ausruhte war es mit dem Glas sicher anzusprechen. Im 
Fluge waren sie von den Rauchschwalben, die ebensfalls dort 
herumflogen, kaum zu unterscheiden. An den grofsen mächtigen 
Felsen machten die Steinrötel einen Eindruck wie die Rot- 
schwänze. In Prilep vergnügten sich einige Schuljungen mit 
jungen Alpendoblen, die sie auf den benachbarten Höhen wohl 
erbeutet haben müssen. Bei der Rückkehr über die Bapuna- 
strafse nach Veles fiel besonders ein schönes Gebiet mit dichterem 
Wald auf, wo sich das Erholungsheim Han-Abdipasa befand. 
Hier hörte man vor allem die herrlichen Ueberschläge der 
Schwarzköpfe. 

Bei Uesküb sangen jetzt wieder Nachtigallen und Schwarz- 
köpfe um die Wette, da sie sich zu einer neuen Brut anschickten. 
Rauchschwalben fütterten ihre ausgeflogenen Jungen, die in 
Bäumen und Gebüschen salsen. An den umliegenden Abhängen 
machten Brachpieper ihre netten Flugspiele. Buntspechte, Wiede- 
hopfe, Dohlen und Elstern fütterten ihre erwachsenen Jungen. 
Grün- und Grauspechte waren in den Gärten um Uesküb recht 
zahlreich. In den Pappeln horsteten die Turmfalken. Leider 
erlitten die Ausflüge damals öfter Unterbrechung durch eine üble 
Zahnfisteleiterung, die ich in Hudova mit Erfolg behandeln liefs. 
So mulste ich gegen Ende des Monats öfter zwischen Hudova 
und Uesküb die Bahn benutzen. 

Am 26. Juni wurden die Abhänge des Wodno nochmals be- 
sucht, wo jetzt überall zahlreiche Jungvögel waren. Besonders 
Kappenammern, Ortolane, Blafsspötter, Dorngrasmücken und rot- 
rückige Würger waren direkt häufig. In den Gärten bei Uesküb, 
die man das Paradies nannte, hörte man beim Heimweg am 


Die Vogelwelt Macedoniens. 121 


Abend die Grünspechte lachen und Pirole flöten. Ich übergehe 
hier alles, was Uesküb sonst noch bot, wie das bunte Marktleben, 
der Tanz der fanatischen Derwische, die bettelnden Zigeuner und 
die schreienden Stralsenhändler. Alles dies ist an anderen 
Orten ausgiebig geschildert. Erwähnen möchte ich nur einen 
Vogelfänger, der als Invalide dieses wenig einträgliche Geschäft 
betrieb. Er war gerade mit seiner Beute heimgekehrt, die in 
zwei ganzen Distelfinken bestand. Die Fangweise war eine äulfserst 
humane, denn er benutzte nur Lockkäfig mit Fangabteil. Die 
Liebhaberei mufste früher dort auf einiger Höhe gewesen sein, 
denn in vielen Häusern sah man Käfige. Wegen der Teuerung 
des Futters aber waren diese fast alle leer. Deswegen war es 
auch begreiflich, dafs der Fänger seine Vögel so billig anbot. Er 
wollte für einen Distelfinken nur einen Leva = 80 Pf. Ein 
Kilo Hanf dagegen kostete 20 Leva = 16 M. 

Gegen Ende des Monats wurde mein Hauptwunsch in Er- 
füllung gebracht, und es wurde mir ermöglicht, das Hochgebirge 
kennen zu lernen. In der Nähe der albanischen Grenzgebirge 
war ein deutsches Holzfällkommando bei Mawrowa (1800 M.). Mit 
einer Kleinbahn konnte man von Uesküb aus bis nach Gosdivar 
fahren. Die Bahn war in bulgarischem Betrieb. Die Kleinbahn- 
idyllen waren recht unterhaltsam. Das Bähnchen fuhr durch das 
Vardartal, der hier in seinem Oberlauf von fruchtbarem Gelände 
umgeben war. Von der Bahn aus konnte man Blauracken, die 
mit Vorliebe auf Telegraphendrähten safsen, beobachten. Dohlen 
und Nebelkrähen waren häufig. Pirole, Haubenlerchen und Kobl- 
meisen sangen fleilsig. Kappenammern und Schafstelzen fütterten 
ihre Jungen. In der Nähe der Stadt Kalkandelen flogen viele 
. Störche und Turmfalken. In den Kornfeldern vor Gosdivar 
schlugen die Wachteln. Wiedehopfe und Elstern waren gemein. 
Amseln, Ortolane und Goldammern liefsen überall ihren Gesang 
erschallen. Bis Gosdivar verfolgten wir das nicht sehr breite 
aber fruchtbare Vardartal. Dieses nette Städtchen Gosdivar war 
die Endstation der Nebenbahn. Nicht weit davon entfernt war 
die Vardarquelle. Von Gosdivar aus fuhren wir im Auto nach 
Mawrowa, wo ein Holzfällkommando stationiert war. Von da 
aus stiegen wir zu Fuls noch einige hundert Meter höher, wo 
inmitten eines prächtigen Mischwaldes der Leiter des Kommandos 
Leutnant Herz seine Wohnung hatte. Wir waren hier aufs beste 
aufgenommen und gut bewirtet. Den Hauptbestandteil unserer 
Nahrung lieferte die Umgegend, denn wir mufsten uns zeitweise 
fast ausschliefslich mit Forellen in Butter und Gemsbraten be- 
gnügen. Der Mischwald bestand hauptsächlich aus Eichen und 
Buchen, zwischen denen auch Nadelhölzer eingesprengt waren. 
Nicht weit davon waren auch gröfsere Bestände mit reinem 
Fichtenwald.e Die Waldgrenze lag ungefähr bei 1900 m. Da- 
rüber waren die Kuppen, die sich in der Gegend zu 22—2300 m 
erhoben von kurzem Rasen bedeckt. An einigen wenigen Stellen 


122 Otto Fehringer: 


hatten sich am Nordabhang noch einige kleine Schneeplatten 


RR FE; t; 
BB a ar 


erhalten. Es war um diese Zeit hier oben des Nachts recht 


empfindlich kalt, und man mufste gehörig einheizen. In den 


dichten Beständen der Wälder traf man hier alles an, was 


der sommerlichen Hitze der Ebenen urd der vegetationsarmen 
Mittelgebirge entflohen war. Hier brüteten Misteldrosseln, 
Singdrosseln und Amseln, Rotkehlchen und Braunellen, Baum- 
pieper, Schwarzköpfe und Zaunkönige, Kohl-, Blau-, Wald-, 
Sumpf- und Schwanzmeisen, Schwarzspechte, Grün- und Grau- 
spechte, Buntspechte, beide Goldhähnchenarten, sowie beide 
Baumläufer; Hohl-, Ringel- und Turteltauben waren an ihren 
Brutplätzen ziemlich scheu. Dagegen waren die Schwarz- 
spechte so liebestoll, dafs sie sich aus allernächster Nähe 
beobachten liefsen. Interessant war die Verschiedenartigkeit des 
Schwarzspechtrufes während des Fluges. Das krükrükrükrükrü 
ging bald in ein gügügügügü, über das zuletzt dem Lachen des 
Grünspechtes und dem Rufen des Grauspechtes ähnlich wurde. 
Ebenso waren die Kuckucke völlig liebesblind, überschlugen sich 


in den Tönen, riefen ihr kuck meist dreimal und liefsen sich 


auch ganz nahe heranlocken. Buchfinken schmetterten, Gimpel 
lockten, und die meisten Vögel hatten ihre Jungen bei sich. 
Die Misteldrosseln sollen erst vor kurzem hier oben eingerückt 
sein. Es wäre ja leicht denkbar, dafs sie in tieferen Lagen wie 
im Nicolatal ihre erste Brut erledigten und dann zur zweiten 
Brut höher in die Berge gingen. Die Weidenlaubsänger waren 
unermüdlich beim Abhacken ihres einförmigen Gesanges. Kleiber 
strichen mit ihrer zahlreichen Nachkommenschaft umher und 
lockten und schrien eifrig. Am Abend schallten die Lieder von 


Amseln, Singdrosseln und Rotkehlchen und die melancholischen 


Weisen der Misteldrosseln weithin über die Berge, und von be- 
nachbarten Höhen antworteten andere, bis die völlige Nacht herein- 
gebrochen war. Der Bergesfriede in dieser Waldeinsamkeit war 
herrlich. Wenn man die Waldzone verliefs und auf die kurz- 
rasigen Kuppen kam, so begegnete einem hier eine völlig andere 
Vogelwelt.. Hier waren Steinschmätzer, Braunkehlchen, Heide- 
lerchen, Feld- und Öhrenlerchen. Die Braunkehlchen hatten 
flügge Junge. Graue Steinshmätzer, die ihre schon erwachsenen 
Jungen herumführten, waren in voller Mauser. Die gröfsten 
landschaftlichen Reize bot die Radica-Schlucht, die von einem 
reifsenden Wasser durchströmt war, das dem ÖOchridasee zueilte. 
Durch diese Schlucht zog sich noch eine gutgebaute Fahrstrafse, 
die dadurch noch abwechselungsreicher war, dafs sie bald rechts 
bald links am Wasser hinführte, wobei die alten steinernen 
Brücken den Reiz der Landschaft erhöhten. So konnte ınan 
viele Kilometer weit durch diese romantische Schlucht wandern 
und dem Auge boten sich immer wieder neue Bilder. Die 
Felswände stiegen rechts und links steil und zerklüftet ungefähr 
100 m an. Felsenschwalben und Alpenmauerläufer waren hier 


Die Vogelwelt Macedoniens. 123 


zu Hause. Im Bachbett vergnügten sich Wasseramseln, und auf 
den Steinen sangen prachtvoll ausgefärbte Gebirgsbachstelzen. 
Unterhalb des Waldes traf man schwarzkehlige Wiesenschmätzer. 
In einem Busch lauerte ein Sperber auf Beute, und Schwalben 
umflogen ihn schreiend. In dem Dorf Mawrowa brüteten Mehl- 
“schwalben an den Häusern, während man nicht weit davon in 
der Radicaschlucht dieselben Schwalben an Felsen brütend fand. 
Sie hatten dort ihre Nester dicht nebeneinander unter dach- 
förmigen Vorsprüngen an die Felsen hingeklebt. Auch Hausrot- 
schwänze brüteten dort in der Felseinsamkeit. Bei der Rück- 
kehr von der Bergeshöhe nach Gosdiva mufsten wir durch einen 
herrlichen Kastanienwald, in dem viele Eichelhäher ihr Wesen 
trieben. 

Nachdem ich so einen Einblick in die Hochgebirgsgegend 
Macedoniens gewonnen hatte, kehrte ich wieder nach Uesküb zu- 
rück, um langsam die Vorbereitungen für einen gröfseren Heimat- 
aufenthalt zu treffen. Nach verschiedenen kürzeren Touren im 
Vardartal und seinen Seitentälern fuhr ich am 20. Juli nach 
Deutschland. Zwar vermutete man, durch alle möglichen An- 
zeichen veranlalfst, dafs der Krieg seinem jähen Ende entgegen- 
gehe. Jedoch glaubte ich nicht an die Plötzlichkeit, mit der 
dann die Ereignisse eintraten, sonst hätte ich mein ganzes Hab 
und Gut rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Als dann der Zu- 
sammenbruch an der macedonischen Front begann, fuhr ich 
schleunigst wieder auf den Balkan, um noch zu retten, was noch 
zu retten war. Es war zu spät. Ich kam nicht einmal mehr 
bis Uesküb. Meine Habseligkeit in Hudova und Uesküb war 
alle in Feindeshand getallen. Zum Glück war die wissenschaft- 
liche Ausbeute gerettet. So fand die Forschungsreise ihr 
schnelles vorzeitiges Ende. 


Der Daumeniittich der Baubvögel als Steuerorgan. 
Von Dr. Heinrich Seilkopf. 


Das Problem des Vogelfluges ist Gegenstand eines umfang- 
reichen Schrifttums geworden, das die Mechanik des Ruder-, 
_ Segel- und Gleitflugs im wesentlichen geklärt hat. Die Funktionen 
der Schwingen als Triebflügel, des Armflügels als Tragflügel sind 
nachgewiesen (Ahlborn, Der Segelfiug, p. 13). Einzelheiten 
scheinen jedoch noch der Klärung zu bedürfen, wie beispielsweise 
die Frage der Verwendung des Daumenfittichs, der Alula. 

Zu dieser Frage liegen zunächst einige Beobachtungen 
Kleinschmidts vor (Falco 1912, p. 7, Berajah 1914, p. 16). Klein- 
schmidt sah, wie ein in einer Pappel niedergehender Wanderfalk 
beim Landen den Daumenfittich stark spreizte. Ganz ähnliche 
Beobachtungen machte V. Franz (Naturwissenschaftliche Wochen- 


124 Heinrich Seilkopf: 


schrift 1918 p. 200) 1915 und 1916 in Nordfrankreich beim Baum- 
oder beim Turmfalken; das eine Mal, als ein Falk im Gleitflug 
in ein Ufergehölz einfiel, sodann bei einem um einen Fichten- 
wipfel kreisenden Falken, der immer den Daumenflügel abspreizte, 
wenn er sich den Zweigen näherte. Beide Beobachtungen sind 
durch Flugbildskizzen nach dem Gedächtnis festgehalten, die den 
aus dem Umrifs des Flugbildes deutlich heraustretenden Daumen- 
fittich zeigen. Nach diesen Skizzen liefs Franz einen Baum- und 
einen Turmfalken ausstopfen, deren Photographien a. a. O. p. 201 
veröffentlicht sind. Bei dem in Horizontallage schwebenden Turm- 
falken ist der Daumenflügel annähernd in der Ebene der Flügel 
vorgestreckt, während bei dem mit stark in V-Stellung erhobenen 
Flügeln aufgestellten Baumfalken die Lage des Daumenfittichs 
zum übrigen Flügel nicht so klar ersichtlich ist. 


Die Beobachtungen von Kleinschmidt und Franz werden 
wertvoll ergänzt durch eine in Meerwarths Lebensbildern aus der 
Tierweit veröffentlichte und in dem Aufsatze von Franz im Aus- 
schnitt wiedergegebene Photographie einer Rohrweihe vonR. Moore: 
Der Vogel fliegt mit weit gespreizten Flügeln, an denen die durch 
den Luftwiderstand nach vorn und aufwärts gebogenen ersten 
Handschwingen schön erkennbar sind, mit Beute in den Fängen 
zum Horste nieder. An der Vorderkante der Flügel treten die 
Daumenflügel deutlich hervor. Auf beiden Seiten sind sie ge- 
spreizt, aber ihre Lage zum übrigen Flügel ist eine andere, als 
aus den Beschreibungen und Bildern von Franz hervorgeht: Sie 
sind aus der Flügelfläche herausgedreht, nach vorn und nach 
aulsen hochgeklappt. 


Aus den Beobachtungen und der Photographie geht hervor, 
dals die Raubvögel kurz vor der Landung die Daumenfittiche 
entfalten. Ob sie es nur zuweilen, in noch näher zu unter- 
suchenden Fällen, oder in der Mehrzahl der Fälle tun, muls erst 
durch weitere Beobachtungen festgestellt werden. Es scheint 
jedoch nicht immer zu erfolgen, sonst wäre diese eigenartige 
Stellung der Daumenfittiche wohl schon anderen Beobachtern 
aufgefallen, wenn es auch schwer fällt, bei dem raschen Vorgang 
des Landens den richtigen Augenblick zu erhaschen. 


Die Frage, welche Bedeutung dieser Haltung der Alula beim 
Landen zukommt, hat Franz bereits zu beantworten gesucht 
(l. ec. p. 201). Nach Ablehnung der Annahme, der vorgespreizte 
Daumenfittich könne als vorgestrecktes Tastorgan oder als mecha- 
nischer Schutz gegen etwaiges Anstofsen an Zweigen oder ähn- 
lichen Hindernissen dienen, führt Franz (a. a. O. p. 202) aus, 
die Alula sei wohl ein Flügelchen am Flügel, das im geeigneten 
Zeitpunkt die Flügelflächen vergröfsere, damit den Flug bremse 
und zugleich vermöge seiner Lage ganz erheblich mitwirken mag 
zum Einnehmen der halbaufrechten Sitzstellung des vorher in 
Horizontallage geflogenen Vogels. — Da durch diesen kurzen 


Der Daumenfitich der Raubvögel als Steuerorgan. 125 


Hinweis das Wie der Wirkung nicht erläutert wird, erscheint 
es angebracht, die Steuerwirkung der Alula näher zu unter- 
Suchen. 

Auf die Bremswirkung des kurz vor der Landung gespreizten 
Daumenflügels dürfte es nicht wesentlich ankommen, wenn auch 
durch diese Vergröfserung des Stirnwiderstandes der Tragfläche 
zweifellos eine Bremsung eintritt. Viel wesentlicher scheint die 
Steuerwirkuug des Daumenfittichs zu sein: In annähernd hori- 
zontaler Lage, die Fänge angezogen oder schräg nach hinten ge- 
streckt, fliegt der Vogel heran. Bei der Landung handelt es sich 
nun darum, den Körper mehr oder weniger aufzurichten, damit 
die Fülse nach vorn zum Festhalten im Gezweig, zur Landung 
auf dem Erdboden greifen können. Der Vogel muls in die Stellung 
„Schwanzlandung‘“ übergehen. Um diese halbaufrechte Sitzstellung 
- zu erreichen, entfaltet der Vogel die Alula, wie Franz bereits 
hervorhebt. 

Schon das Vorspreizen des Daumenfittichs an sich bewirkt 
ein aufrichtendes Drehmoment. Es stellt eine Aenderung der 
Flächenentfaltung dar, wodurch der Luftwiderstand nach Grölse 
und Anordnung gegenüber dem Schwerpunkt verändert wird 
(Ahlborn, Der Segelflug, p. 23). Der Widerstandspunkt, der 
vorher bei Gleichgewichtslage über dem Schwerpunkt lag, wird 
durch das Vorlegen der Daumenfittiche nach vorn verschoben 
und verursacht eine Drehung des Vogelkörpers um die Querachse, 
bis der Widerstandspunkt wieder über dem Schwerpunkt liegt. 
. Genauer betrachtet wird allerdings auch der Schwerpunkt etwas 
verschoben, aber seine Verlagerung ist nur gering, da die Daumen- 
fittiche nur eine geringe Masse im Verhältnis zum übrigen Körper 
haben, so dafs die Schwerpunktsveränderung gegenüber der Ver- 
änderung des Widerstandspunktes vernachlässigt werden kann. — 
Dann aber werden, wie aus der Photographie der Rohrweihe 
ersichtlich ist, die Daumenfittiche nicht in der Ebene der Trag- 
fläche entfaltet, sondern nach vorn hochgeklappt. Sie wirken 
also als schräg nach oben gerichtete Steuerflächen, an denen 
durch Zerlegung der auf sie wirkenden Normalkraft in die hori- 
zontale Widerstandskomponente und die vertikale Auftriebskom- 
ponente eine vertikal nach oben gerichtete Kraft auftritt, die 
dem Vogel ein aufrichtendes Moment erteilt. Aehnliche, an den 
Tragflächen angewandte Steuerorgane stellen die Verwindungs- 
klappen der Flugzeuge dar, nur dafs sie an der Hinterkante der 
Tragflächen angebracht sind und nicht zur Höhensteuerung, 
sondern zur Quersteuerung dienen. Ob der Vogel die Daumen- 
fittiche durch ungleichartiges Aufrichten auf beiden Seiten eben- 
falls zur Quersteuerung beim Landen benutzt, — die unsymme- 
trische Stellung der Daumenfittiche in der einen Skizze von 
Franz legt die Vermutung nahe, — mülste erst durch weitere 
Beobachtungen geklärt werden. Für die jetzt schon recht zahl- 
reichen Tierphotographen bietet sich hier eine sehr lohnende 


126 H. Seilkopf: Der Daumenfittich der Raubvögel als Steuerorgan. 


Aufgabe, da jede Aufnahme von grolsem Werte sein kann, die 
den kurzen Augenblick der Landung festhält. 


F. v. Lucanus, Die Rätsel des Vogelzuges. Ihre Lösung auf 
experimentellem Wege durch Aeronautik, Aviatik und Vogel- 
beringung. (Beyer u. Mann, Langensalza) 1922. — Brosch. 
30 M., geb. 37 M. 


Ist je ein Buch mit Fug und Recht als „zeitgemälse Er- 
scheinung‘“ begrüfst worden, so verdient das vorliegende diese 
Bewillkommnung. Die „Rätsel des Vogelzuges‘‘, wie der Verfasser 
sehr treffend die Zugerscheinungen bezeichnet, bilden heute das 
anziehendste Kapitel der gesamten Vogelkunde, das namentlich 
durch die Beringungsversuche und die daraus gewonnenen Er- 
gebnisse volkstümlich geworden ist, nicht nur unter den Vogel- 
kundigen im engeren Sinne, sondern auch in den weitesten 
Kreisen von Jägern, Landwirten und Naturfreunden Beifall und 
Teilnahme gefunden hat. Seit Jahren durch eifrige Beschäftigung 
mit dem Gegenstande vertraut und durch seine Untersuchungen 
und Mitteilungen darüber in Wort und Schrift als Sachkundiger 
bekannt, war der Verfasser die berufendste Kraft zum Schaffen 
dieses zeitgemälsen Werkes, das in der Gründlichkeit der Bear- 
beitung, in der übersichtlichen Einteilung des ungemein umfang- 
reichen Stoffes, in der klaren kritischen Beurteilung der Er- 
scheinungen und der verständlichen und fesselnden Darstellung 
allen berechtigten Anforderungen entspricht. 

In der Einleitung wird zunächst ein geschichtlicher Rück- 
blick gegeben, der mit der ältesten wissenschaftlichen Ueber- 
lieferung vom Vogelzuge bei Aristoteles beginnt und durch die 
Darstellungen in den Werken des Kaisers Friedrich II. (13. Jahrh.) 
und Linnes (18. Jahrh.) zu den Anschauungen der hervorragendsten 
Vogelkundigen des 19. Jahrhunderts, Bechstein, Brehm, Naumann, 
v. Middendorff, Palmen u. a. bis zu Gätke, dem Vogelwart von 
Helgoland, führt, womit die erste, die alte Epoche der Vogelzug- 
forschung abschliefst. — Mit dem 20. Jahrhundert beginnt nach 
des Verfassers Darstellung eine neue Epoche, die experimentelle 
Methode der Forschung, und der erste Abschnitt des Buches 
behandelt die Vogelberingung. Es werden hierin ver- 
schiedene ältere Versuche, durch Zeichnen der Vögel über deren 
Verbleib auf und nach der Herbstwanderung Nachricht zu erhalten, 
erwähnt, bis durch Vorgehen des dänischen Ornithologen Mor- 
tensen und die danach von der Vogelwarte Rossitten u. a. auf- 
genommene Markierung mit Aluminiumringen am Fufse der Vögel 
das zweckentsprechendste Mittel für die Versuche gefunden 
worden ist. Dieses gegenwärtig geübte Zeichnen mit Ringen 
wird eingehend beschrieben und durch eine beigegebene Tafel 
erläutert. — Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit dem Zug 


F. v. Lucanus, Die Rätsel des Vogelzuges. 127 


der einzelnen deutschen Vogelarten nach den 
Ergebnissen des Ringversuches, wobei 133 Arten aufgeführt sind. 
Unter diesen haben Lachmöwe, Waldschnepfe und Storch eine 
besonders ausführliche Darstellung beansprucht und sind mit 
Kartenskizzen ihrer Zugstrafsen ausgestattet. Eine Uebersicht 
über die Literatur der Vogelberingung und der erlegten Ring- 
vögel schliefst dieses Kapitel. — Im dritten Abschnitt werden 
Entstehung und Ursachen des Zuges abgehandelt. 
Unter eingehender Darstellung der Weissmannschen Hypothese 
werden die an diese sich anschliefsenden Streitfragen kritisch 
untersucht. Hinsichtlich der Unterscheidung von „Sommer- 
frischlern‘ und ‚„Winterflüchtern“ nimmt Verfasser einen ver- 
mittelnden Standpunkt ein, dafs je nach den betreffenden Arten 
beide Anschauungen Berechtigung haben, „dafs die Eigenschaft 
des Ziehens nicht bei allen Vögeln in ein und derselben Weise 
hervorgerufen, sondern offenbar auf verschiedenen Wegen er- 
worben wurde, für die die geographische Ausdehnung des ur- 
sprünglichen Verbreitungsgebiets, die Veränderung des Klimas 
und der orographischen Verhältnisse und nicht zum mindesten 
die biologischen Eigenschaften der Vögel selbst von entscheidender 
Bedeutung waren.“ Gegenüber der Anschauung, dafs meteorolo- 
gische Verhältnisse Veranlassung zum Zuge seien, steht Verfasser 
auf ablehnendem Standpunkt. „Der Zugtrieb erwacht, ohne dafs 
es einer besonderen Veranlassung bedarf.“— DenRichtungen 
des Zuges und dem Zugstrafsenproblem ist der 
vierte Abschnitt gewidmet, worin der Unterschied von Zugstrafsen 
und Wanderung in breiter Front erörtert und insbesondere die 
darin vom Verfasser auf Grund der Ringversuche entworfenen, 
in südwestlicher Richtung durch Europa laufenden Zugstrafsen 
besprochen und skizziert sind. — In der noch immer gänzlich 
dunklen Frage der Orientierung der Zugvögel, der 
der fünfte Abschnitt gilt, kann zur Zeit zur Erklärung nur auf 
einen angeborenen unbewufsten Trieb zurückgegriffen werden, 
wenngleich in Einzelheiten auch der Tradition eine Rolle zu- 
gewiesen werden mufs. — Hinsichtlich der Beziehungen 
zwischen Witterung und Vogelzug, dem Inhalt des 


sechsten Abschnitts, schliefst der Verfasser sich im wesentlichen 


den von Bretscher vertretenen Ansichten an. — In dem nun 
folgenden Kapitel über die Höhe des Zuges berichtet der 
Verfasser nicht nur als sachkundiger Kritiker über die vor- 
liegenden Tatsachen und Erfahrungen, sondern schildert die Er- 
gebnisse seiner eigenen Forschungen und weist nach, dafs die 
Zughöhe vielfach, namentlich von Gätke bedeutend überschätzt 
worden ist, dafs der Zug sich im allgemeinen nur innerhalb 
einer Höhe von 100 m oder einigen Hundert Metern bewegt 
_ und immer unterhalb der Wolken bleibt. — Die übrigen Abschnitte 
‚ behandeln die Schnelligkeit des Zuges, die ebenfalls 
_ vielfach überschätzt ist, die Rückkehr im Frühjahr und 


128  Reichenow: F. v. Lucanus, Die Rätsel des Vogelzuges. 


besondere Gewohnheiten der Zugväzel. Zuletzt 
ist die Einrichtung der Vogelwarte Rossitten 
beschrieben, und ein Schluflswort fafst die bisher gewonnenen 
Ergebnisse in 10 Thesen zusammen. 

Es erfüllt mit Genugtuung, dafs gerade aus dem Kreise der 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, deren Vogelwarte unter 
Leitung des Prof. Thienemann so wesentlich an der Förderung 
der Erkenntnis des Vogelzuges mitgewirkt hat, ein Werk hervor- 
gegangen ist, das eine dauernde Grundlage für diesen Zweig der 


Ba on 


Vogelforschung bildet, das die Richtungen angibt, in der die _ 


ferneren Untersuchungen sich zu bewegen haben, um fördernd 
für die weitere Aufklärung zu wirken, zur Lösung der Rätsel 
des Vogelzuges. Rchw. 


Rafinesque’s Benennungen sizilianischer Vögel. 
Von E. Stresemann. 
Der Zufall spielte mir kürzlich eine seltene Schrift von 


C.S. Rafinesque-Schmaltz in die Hände: „Precis des 
d&ecouvertes somiologiques“, Palermo 1814. Die drei darin ent- 


haltenen Neubenennungen von Vögeln sind in Harterts Werk 


nicht zitiert worden, und nicht besser ist es vielen anderen 
Namen ergangen, weiche Rafinesque in einer 1810 erschienenen 
Broschüre veröffentlicht hat. Richmond hat vor einer Reihe 
von Jahren (Auk 1909 p. 252—255) die ornithologischen Ab- 
schnitte aus diesen beiden Schriften abdrucken lassen (ohne in- 
dessen eine Deutung der Namen zu versuchen), so dafs ich im 
folgenden (mit einer Ausnahme) von einer Wiedergabe der Dia- 
gnosen absehen und auf Richmonds Neudruck verweisen werde. 

I. Caratteri di alcuni nuovi generi e nuove specie di Ani- 
mali .. della Sicilia... Palermo 1810. 

p. 6, 5. Sp. [Richmond p. 253] Zringa Picta = Tringa gla- 
reola L. 1758. 

p. 6, 7. Sp. [R. p. 253] . .ingilla Olivacea = Carduelis 
citrinella (L. 1766).) 

p- 6, 10. Sp. [R. p. 254] „Sylvia Juncidis. — Penne fosche 
marginate di fulvastro al disopra, gola, spalle, fianchi e coscie 
fulvastre, petto e ventre bianchiccio, coda cuneiforma solle penne 
fosche alla base, nere all’ estremitaä e terminate di fulvo, le 
due piü esteriori lo sono di bianco; uno spazio nıado fra l’oc- 
chio e l’orecchie, rostro fosco, piedi bianchicci — Oss. Mo visto 
questa piccola Capinera vicino alla Roccella saltellare sopra i 


giunchi nei luoghi umidi; l’avevo pure osservata nelle vicinanze 


1) Im Cat. Birds B. M. XII, p. 391 unbegreiflicher Weise in die 
Synonymie von Üarpodacus erythrinus gestellt. Hartert hat diese 
falsche Deutung übernommen (Vögel pal. Fauna III, p. 2058). 


Rafinesque’s Benennungen sizilianischer Vögel. 129 


di Liverno, insieme colla seguente.“ Das ist eine unverkenn- 
bare Beschreibung des Vogels, den Temminck 10 Jahre später 
"Sylvia cisticola benannte. Der weit verbreitete Formenkreis, der 
bisher mit dem Namen Cisticola cisticola belegt wurde, muls 
| Kung Cistieola juncidis heilsen. Seine europäischen Rassen !) 
sind: | 

1. Cisticola juncidis juncidis (Rafın.) [Synonym: Cisticola 
cisticola harterti Witherby 1920]: Südfrankreich, Italien, Corsica, 
Sardinien, Sizilien (terra typica), Griechenland, Kleinasien. 

2. Oisticola juncidis cisticola (Temm.) [Synonym: Cisticola 
_ eisticola jordansi Tratz 1913]: Iberische Halbinsel (terra typica) 
Balearen, Nordwest-Afrika; Aegypten? 

p. 6, 11. Sp. [R. p. 254] Sylvia Capinera = Sylvia m. 
melanocephala (Gm. 1789). 

p. 6, 12. Sp. [R. p. 254] Sylvia Xanthogastra = Hip- 
polais Sp. 

p. 6, 13. Sp. [R. p. 254] Sylvia Rhodogasira == Sylvia 
ce. cantillans (Pallas 1764). 

p. 6, 15. Sp. [R. p. 255] Sylvia meleuca = Sylvia atrica- 
pilla (L. 1758). Falls es sich bestätigt, dafs die italische Rasse 
durch geringere Gröfse sich von der schwedischen unterscheidet, 
muls jene Sylvia atricapilla meleuca Rafin. genannt werden, 

II. Precis des decouvertes somiologiques, Palermo 1814. 

p. 14, 8. Esp. [R. p. 255] Numenius aterrimus = ? Tringa 
erythropus (Pall. 1764). Ä 

p. 14, 9. Esp. [R. p. 255] Sylvia Azuricollis = Luscinia 
svecica subsp. (wahrsch. cyanecula Wolf 1810 aberr. Wolf 
Brehm 1822). 

p. 14, 10. Esp. [R. p. 255] Falco torquaius =? Aceipiter nısus 
L. 1758.2) Die Diagnose läfst Zweifel zu,: den Trivialnamen 
Falcheitu stellt Benoit (Ornitologia Sicilianra, Messina 1840 
p. 15) zum Sperber. °5 


Deutsche Ornithc’sgische Gesellschaft. 


Bericht über die Oktober-Sitzung 1921. 


Verbandelt: Berlin, Montag, den 3. Oktober 1921, abends 
74/, Uhr im Aquarium des Zoologischen Gartens. 

Anwesend die Herren: Jung, Sachtleben, Pau- 
lick, Schalow,Strahl,Nyncke,Beckel,Hauche- 


1) vgl. Meinertzhagen, Ibis 1922 p. 11. 

2) Falco torguatus Rafin. 1814 praeoccupiert den Namen Falco 
torgqualus Temminck 1821 (Timor)'; ich benenne diesen Habicht nach 
meinem verehrten, um die Ornithologie Timors so verdienten Freunde 

Accipiter fasciatus hellmayri nom. noV. 
Journ, f. Orn. LXX. Jahrg. Jannar 1922, 9 


130 Bericht über die Oktober-Sitzung 1921. 


corne, Schuster, v. Stralendorff, Steinbacher, 
Börner, Preufs, Ohnesorge, Heck, Helfer, v. 
Versen, Bogatsch, Freyer, Stresemann,v.Schuck- 
mann, Berger, Arndt, Skopnik, Reichenow, v. 
Lucanus, Heinroth, Gottschalk, Fenk, Voigt- 
Leipzig, Zumpe,Hildebrandt- Altenburg, sowie 15 Gäste. 


Vorsitzender: Herr vv. Lucanus. Schriftführer: Herr 
Heinroth. 


Der Vorsitzende begrüfst die zahlreich erschienenen aus- 
wärtigen Mitglieder und dankt für ihr Erscheinen. Die Herren 
Graf v. Zedlitz, Schulz, Steinmetz, v. Berlepsch, 
Reiser und Frl. Friedrich sind am Erscheinen verhin- 
dert. Von ihnen allen, sowie auch von Herrn Thienemanın- 
Rossitten, sind Grülse eingegangen. 


Die Herren Reichenow, Schalow und Heinroth 
legen die eingegangenen Bücher und Zeitschriften vor. Herr 
Sachtleben spricht hierauf über geographische Variation des 
Formenkreises Motacilla alba L. Zur Kenntnis der geographischen 
Variation ist die Kenntnis der Gefiederfolge und des Gefieder- 
wechsels unumgängliche Vorbedingung, da bei Motacilla alba L. 
nach Alter, Jahreszeit und Geschlecht grofse Verschiedenheiten 
herrschen. Besprechung der Gefiederfolge und des Gefieder- 
wechsels: An Hand von Bälgen werden Jugendkleid, komb. erstes 
Ruhekleid, komb. erstes Brutkleid, einheitl. zweites Ruhekleid, 
komb. zweites Brutkleid charakterisiert und von einander unter- 
schieden, Zeit und Ausdehnung der Jugendmauser, der ersten Ruhe- 
.mauser, ersten Brutmauser und zweiten Ruhemauser behandelt. _ 


Die Kennzeichen der Rassen von Motacilla alba werden 
beschrieben und die Verbreitung dieser Rassen angegeben. Be- 
handelt wurden: M. a. alba L., M.a. dukhunensis Sykes, M. a. 
baicalensis Swinh., M. a. personata Gould., M. a. hodgsoni Blyth, 
M. a. leucopsis Gould., M. a. ocularıs Swinh., M. a. lugens Kittl., 
M. a. grandis Sharpe, M. a. lugubris Temm., M. a. arduenna 
Kleinschm., M. a. subpersonata Meade-Waldo, M. a. persica Blanf. 
Die Stellung von Motacilla forwoodi Grant & Forbes sowie von 
Motacilla maderaspatensis Gmel. noch nicht geklärt; unsicher 
ob sie auch zum Formenkreis Motacilla alba gehören. Ruhe- 
und Brutkleider der meisten genannten Formen werden in Bälgen 
vorgeführt; besonders interessant sind Stücke aus der Sammlung 
Weigold (Szetschwan) von M. a. hodgsoni und leucopsis. 

Vergleich der verschiedenen Rassen. Annahme eines hypo- 
thetischen Urkleides der weilsen Bachstelze: ähnlich dem Jugend- 
kleid, graurückig und grauköpfig, mit dunklem Kropfband. Für 
ein solches Kleid spricht das ähnlich gefärbte Ruhekleid vieler 
Rassen; ferner dafs durch Fehlmauser oder Mauserunterdrückung, 
besonders bei dem Weibchen, bei allen Rassen nicht selten im 
Brutkleid ein diesem ursprünglichen Kleid mehr oder weniger 


Bericht über die Oktober-Sitzung 1921. 151 


ähnlich gefärbtes angelegt wird. Nimmt man ein solches ur- 
sprüngliches Kleid der weilsen Bachstelze an, so kann man drei 
Entwicklungsrichtungen feststellen, die am deutlichsten im Brut- 
kleid hervortreten: 


1. Ausdehnung des schwarzen Kropfbandes über Kehle und 
Kinn und schliefslich über die Ohrdecken und den gröfsten 
Teil der Kopfseiten: 

Obere Kehla bleibt noch weils: M. baicalensis, leucopsis. 

Bis zum Kinn schwarz: M. alba, dukhunensis, lugubris, 
arduenna. 

Schwarz greift auf die Kopfseiten über: M. personata, 
hodgsoni, grandis. 

2. Der Oberkopf wird schwarz (dieser Entwicklungsgrad von 
allen Rassen im Brutkleid, wenigstens im voll ausgefärbten, 
erreicht); die übrige Oberseite wird dunkler und schliefslich 
ganz schwarz: 

Rücken grau: M. baicalensis, dukhunensis, (beide heller 
als:) alba. 

Schwarz des Oberkopfes greift weiter auf den Rücken 
über: M. personata. 

Rücken dunkler grau, schwärzlich gefleckt: M. arduenna. 

Rücken schwarz: M. lugubris, hodgsoni, leucopsis, grandis. 


3. Ausbildung eines schwarzen Augenstreifens: 
(Zu 2. oben; Rücken grau: M. ocularis. 
Rücken schwarz: M. lugens. 
zu 1. oben; bei beiden bleibt das Kinn weils.) 


Die Zunahme der schwarzen Färbung bei insularen Rassen 
wie M. lugens, grandis, lugubris könnte auf klimatische Einflüsse 
zurückgeführt werden; dem steht aber das Auftreten ebenso 
dunkler und rein kontinentaler Rassen, z. B. M. hodgsoni und 
leucopsis entgegen. 

Gang und Richtung der Entwicklung sind feststellbar, aber 
nicht die Ursachen. 

Besprechung des Zuges und der Winterquartiere der ver- 
schiedenen Rassen unter besonderer Berücksichtigung der von 
Weigold am mittleren Yangts und in Szetschwan gemachten 
Beobachtungen. Hinweis auf das Ueberziehen hoher Alpenpässe 
(z. B. Theodulpafs 3322 m) und hochgelegener Orte im Himalaya 
(Leh 3517 m, Shadidulla 3670 m). 

Herr Heinrothb hat in diesem Jahr unter anderem 
Habicht, Blaurake und Schleiereule jung aufgezogen, zeigt eine 
Anzahl Lichtbilder über die Jugendentwicklung dieser Vögel und 
führt sie in verschiedenen bezeichnenden Stellungen vor. Die 
Brutdauer der Blaurake wurde mit 19 Tagen, die Entwicklungs- 
zeit im Nest mit 28 Tagen festgestellt. Frisch geschlüpft ist 
die Blaurake völlig nackt, Augen und Ohren sind geschlossen. 
Am Schnabelwinkel sind, den Spechten und Eisvögeln ent- 


98 


132 Bericht über die November-Sitzung 1921. 


sprechend, Tastwarzen, bei deren Berührung der Kopf sofort 
herumfährt und den vorgehaltenen Bissen in Empfang nimmt. 
Aehnlich wie bei den Eisvögeln, dem Kuckuck und den Sporen- 
kuckucken ist das Gefieder zuerst längere Zeit von Hüllen um- 
schlossen, so dafs das Junge einen stachligen Eindruck macht. 
Der Vortragende geht des Näheren auf die geistige und körper- 
liche Entwicklung namentlich im Vergleich zu den Passeriformes 
ein. Ein aus dem Ei jung aufgezogenes Habichtweibchen ent- 
wickelte sich im Vergleich zum Bussard auffallend rasch. Während 
der Nestzeit sehr sanft und umgänglich, änderte sich dieses 
Verhalten aber bald nach dem Ausfliegen so, dafs es gefährlich 
wurde, den Raum zu betreten, in dem das Tier hauste. — Bei 
Besprechung der Schleiereule wies der Vortragende darauf hin, 
dafs sie von den mittelgrofsen Eulen die längste Brutdauer 


(30 Tage) und langsamste Jugendentwicklung aufweist. In Be- 


daunung und Benehmen hat sie manches von den anderen Eulen 
sehr Abweichende. 

Nach einer kleinen Pause wird zu einer geschäftlichen 
Sitzung geschritten, zu der mehrere Anträge vorliegen. Herr 
Stresemann regt an, dafs eine Bibliothek für die D. ©. G. 
geschaffen werden soll. Es sollen im Austausch gegen das 
Journal acht ausländische Zeitschriften erworben werden, wozu 
der Druck einer etwas gröfseren Auflage erforderlich ist. Der 
Antrag wird angenommen. Einem anderen Antrage, wieder 
25 Sonderdrucke an die Mitarbeiter des Journals zu geben, kann 
wegen der hohen Kosten vorläufig nicht stattgegeben werden. 

Ferner beantragt Herr Heinroth, dafs der Jahresbeitrag 
auf M. 50,— erhöht werde, und zwar dergestalt, dafs zu dem 
eigentlichen Beitrag von M. 20,— ein Teuerungszschlag von 
M. 30,— erhoben werden soll. Der Antrag wird angenommen 
mit dem Zusatz, dafs auf besonderes Ersuchen der Vorstand von 
der Erhöhung Abstand nehmen könne. 

Betrefis des Anlegens der Bücherei kommt man zu dem 
Entschlufs, dafs sie durch Austausch von Zeitschriften zustande 
kommen soll. Aufserdem werden von den Mitgliedern gestiftete 
Schriften mit Dank angenommen. Irgend ein Erwerb von Büchern 
usw. durch Kauf ist ausgeschlossen. Die Satzungen über das 
Ausleihen u. s. w. werden vom Vorstand festgelegt werden. 


Heinroth. 


Bericht über die November-Sitzung 1921. 


Verhandelt: Berlin, den 7. November 1921, abends 8 Uhr 
im Aquarium des Zoolog. Gartens. 

Anwesend die Herren v. Boxberger, Schuster, 
Strahl, Schulz, v. Stralendorff, Steinbacher, 
Stresemann, Jung, Neumann, Heck, Hilzheimer, 
Paulick, Bogatsch, Skopnik, Baron Loudon, 


Bericht über die November-Sitzung 1921. | 133 


Steinmetz,v.Schuckmann,Sachtleben, Helfer, 
Schalow, vv Lucanus, Ohnesorge, Nyncke, Spatz, 
Hauchecorne, Hamburger, Heinroth und Frl. Fried- 
rich, sowie 17 Gäste. 

Vorsitzender: Herr v. Lucanus. Schriftführer: Herr 
 Heinroth. 


{ Die Herren v. Lucanus und Schalow legen die ein- 
gegangenen Bücher und Zeitschriften vor. Herr Neumann 
macht die Mitteilung, dafs im südlichen Kongobecken eine Brut- 
kolonie von Pseudochelidon eurystomina entdeckt worden sei. 
Herr v. Boxberger hat von Herrn Natorp die Mitteilung 
bekommen, dafs in Schlesien mehrere Beutelmeisennester, zum 
Teil mit Eiern, gefunden worden seien. Herr Schalow weist 
darauf hin, dafs vor vielen Jahren Herr Reg. Rat Schmidt in 
Schwedt a. Oder alte und junge Vögel nebst Nest erhalten hat, 
und Herr Stresemann erwähnt, dafs nach Clodius im 
Mai 1920 ein Nest der Beutelmeise bei Neustrelitz (Mecklen- 
burg) gefunden worden sein soll. Herr Heinroth hat im 
Karlsruher Naturalien-Kabinett das Nest des Purpurreihers mit 
fast fliggen Jungen und den beiden Alten gesehen. Die ganze 
Gruppe stammt aus einem grolsen Schilfbestande des benachbarten 
Altrheins. Herr Stresemann ergänzt hierzu, dafs in Loth- 
ringen dieser Vogel 1897 als Brutvogel nachgewiesen sei. 


Herr Schalow berichtet über eine Mitteilung von Fr. 
Siegmund Voigt aus dem Jahre 1825, nach der in den zwanziger 
Jahren auf der Insel Mainau im Bodensee Kanarienvögel ein- 
gebürgert sein sollen, und stellt die Frage, ob darüber etwas 
Näheres bekannt sei, oder ob jetzt noch Reste dieser Ansiedlung 
vorhanden sind. Er selbst hat bei einem Besuch der Insel vor 
einigen Jahren nichts derartiges gefunden und auch in der ganzen 
dortigen Gegend nichts in Erfahrung bringen können. Im An- 
schlufs hieran gibt er eine Zusammenstellung der Urteile über 
den Gesang des wilden Kanarienvogels, wobei er sich namentlich 
auf Hartwig, König, Schmitz, Pollaczek und andere stützt. Hier- 
nach mag es wahrscheinlich unter den älteren Vögeln doch recht 
gute Sänger geben, die Hervorragenderes leisten, als die gesang- 
lich recht minderwertigen Stücke, die die Herren v. Lucanus und 
Heinroth im Käfige zu hören Gelegenheit hatten. 


Unter Hinweis auf seine Ausführungen über die Schwingen- 
mauser junger Hühnervögel im November vorigen Jahres bemerkt 
Herr Heinroth, dafs von ihm jung aufgezogene Jagdfasanen- 
hennen auch die äufsersten beiden Handschwingen wechselten; 
die letzte fiel im Alter von 31/, Monaten aus. Daraufhin unter- 
suchte junge Silber-, Gold- und Swinhoefasanen zeigten dasselbe 
Verhalten, das der Vortragende ja früher schon bei Pfau und 
Haushuhn festgestellt hatte. Bekanntlich werden beim Reb- und 
 Rothuhn, bei der Schopfwachtel und vielleicht auch bei den 


3 


184 Bericht über die November-Sitzung 1921. 


Tetraoniden die äufsersten beiden Schwungfedern im ersten Jahr 
nicht erneuert. 

Herr v. Lucanus spricht hierauf über die Flugformen 
der Zugvögel und führt folgendes aus: Wir kennen 2 Flugformen, 
die von einigen Vogelarten auf ihren Wanderungen gebildet 
werden: Die Winkelform und die gerade Linie. Erstere wird 
z. B. von den Kranichen und Wildgänsen, letztere von den 
Austernfischern, Brachvögeln und Ibissen gebildet. Im allgemeinen 
nimmt man an, dafs diese Flugformen den Vögeln eine Flug- 
erleichterung verschaffen. Man hat die Winkelform als aero- 
dynamisches Ganzes aufgefasst, das wie ein Luftschiff die Luft 
durchschneidet, wodurch der Luftwiderstand leichter überwunden 
wird. Bei dem Flug in einer geraden Linie nebeneinander soll 
der vom Nebenvogel erzeugte und nach seitwärts entweichende 
Luftstrom mit aufwärts treibender Wirkung den einzelnen Vögeln 
zu Gute kommen. Gegen diese Erklärungen läfst sich ins Feld 
führen, dafs doch nur wenige Vögel solche Flugformen bilden, 
und dafs die Wirkung eines aufwärts treibenden Luftstroms nur 
bei grofsen Vögeln, die mit grolsem Kraftaufwand fliegen, zur 
Geltung kommt, während dies bei kleineren Vögeln, die sehr 


gewandt fliegen, nicht der Fall ist. Bei den fluggewandten 


Austernfischern, die auch in breiter Front fliegen, bedeutet also 
diese Fluganordnung keinen aerodynamischen Vorteil. Bei der 


Winkelform fällt es auf, dafs die einzelnen Vögel nicht auf 


Vordermann, sondern stets seitwärts gestaffelt fliegen. So er- 
gibt sich die Winkelform wie die breite Linie vielleicht nur aus 
dem Bestreben der Vögel beim Fluge ein freies Gesichtsfeld zu 
haben und sich vor einem Aufprellen zu schützen, wenn der 
Vordermann zufällig seine Geschwindigkeit verkürzen sollte. 
Herr Heinroth bemerkt zum Vortrag, dafs die Staffelung 
oder die schiefe Reihe, wie sie z. B. Gänse und Schwäne im Fluge 
zeigen, bei dieser Gruppe auch im Schwimmen und Gehen ein- 
gehalten wird. Beim sogen. Gänsemarsch gehen die Gänse nicht, 
wie gewöhnlich angenommen wird, genau hintereinander, sondern 
binter- und nebeneinander, also genau so, wie sie auch fliegen. 
Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dafs die Tiere nicht 
durch den Vordermann behindert sein wollen. Dafs Vögel bei 
der Dreieckform irgend welchen Vorteil aus der Flugbewegung 
des Vorder- oder Nebenmannes ziehen sollen, ist nicht recht 
verständlich. Der Nebenmann ist bei den weiter von der Spitze 
entfernten Vögeln in viel zu grofsem Abstand und durch Luft- 
wirbel, die der Vordermann erzeugt, könnte der dahinter fliegende 
Vogel, streng genommeu, nur beirrt werden, da sie janureinen 
Flügel treffen. Eigentümlich ist, dafs die schiefen Reihen immer 
seitlich, nicht aber über- oder untereinander gestaffelt sind, und 
merkwürdig, dafs viele Vögel auch ohne bestimmte Anordnung, 
wie z. B. die meisten Tauben, Stare und andere, gut vorwärts 
kommen. Herr Schuster bemerkt, dafs Scheerenschnäbel, 


Bücherei der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 185 


Rhynchops, stets genau hintereinander dicht über das Wasser 
hinfliegen. Herr Stresemann berichtet dasselbe von den 
Trauerenten, und Herr Baron Loudon hat beobachtet, dafs 
Kormorane sich zu Tausenden in einer langen Linie anordnen, die 
dicht: über den Boden hinfliegt und Hindernisse nicht durch seit- 
lichen Ausbiegen, sondern durch Uebersteigen überwindet. Diese 
Vögel fliegen dabei ganz genau auf Vordermann. 

Zum Schlusse bittet der Vorsitzende, zu den künftigen 
Sitzungen stets pünktlich um 8 Uhr, also nicht wie bisher 
üblich, mit akademischem Viertel, zu erscheinen. 


©. Heinroth, 


Bücherei der Deutschen Ornithologischen 6esellschaft. 


In der Sitzung am 3. Oktober wurde die Gründung einer 
Vereins-Bücherei beschlossen und der Vorstand beauftragt, die 
für Errichtung und Verwaltung der Bücherei erforderlichen Mafs- 
nahmen und Bestimmungen zu treffen. Dieser hat folgende 
Büchereiordnung aufgestellt: 


Büchereiordnung. 


$ 1. Die Bücherei wird auf dem Museum für Naturkunde 
in Berlin, Invalidenstr. 43, aufbewahrt und von einem vom Vor- 
stande der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft gewählten 
Bücherwart verwaltet. Dieser ist für die ordnungsmäfsige Auf- 
bewahrung und Verwaltung der Bücherei verantwortlich. Er 
stellt ein nach Verfassernamen geordnetes Verzeichnis auf und 
hat bei Jahresschlufs dem Vorstande über den Stand der Bücherei 
und über die laufenden Einnahmen und Ausgaben Bericht zu 
erstatten. 
8 2. Die Bücherei steht den Mitgliedern der Denen 
Ornithologischen Gesellschaft unentgeltlich, Nichtmitgliedern gegen 
eine vom Vorstande bestimmte Leihgebühr zur Verfügung. 


- 83. Die Ausleihefrist beträgt 4 Wochen. Eine Verlängerung 
dieser Frist ist spätestens 8 Tage vor Ablauf beim Bücherwart 
schriftlich zu beantragen. Für jede weitere Woche ist pro Band 
eine Gebühr zu entrichten. 

$& 4. Beim Entleihen eines Buches hat der Entleiher eine 
eigenhändig unterzeichnete Empfangsbescheinigung auszustellen, 
die nach Rückgabe des Buches zurückerstattet wird. 

8 5. Die Bücher können auch nach auswärts verliehen 
werden. Die Kosten der Verpackung und der versicherten Hin- 
und Rücksendung trägt der Besteller. Der Betrag ist im voraus 
einzuzahlen. 

8 6. Der Entleiher haftet für jedes entliehene Buch. Er 
ist bei Beschädigung des Buches zu Schadenersatz verpflichtet. 


136 Bücherei der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 


Bei Verlust eines Buches hat er den vollen jeweiligen Wert 
desselben, sowie alle durch die Wiederbeschaffung entstehenden 
Kosten zu ersetzen. 

$ 7. Die Ausgabe der Bücher erfolgt wöchentlich am 
Montag zwischen 10 und 12 Uhr vormittags. 

& 8. Die Bestellung der Bücher hat stets schriftlich zu 
erfolgen und mufs die genaue Angabe des Titels enthalten. 

8 9. Da zur Anschaffung von Büchern keine gröfseren 
Geldmittel zur Verfügung stehen, werden alle Mitglieder und 
Gönner der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft gebeten, 
Sonderabdrucke ihrer Arbeiten oder einen Abzug ihrer selbständig 
im Buchhandel erschienenen Bücher der Bücherei zu stiften. 
Die Sendungen sind an die Deutsche Ornithologische Gesellschaft, 
Berlin N 4, Invalidenstr. 43, Museum für Naturkunde, ohne 
weitere Namensnennung zu richten. 


Den Eingang solcher Sendungen hat der Bücherwart sofort 
nach Empfang dem Absender schriftlich zu bestätigen. 


Berlin, im November 1920. 


Der Vorstand der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 
v. Lucanus,. Reichenow. 


Das zweite und dritte Heft des Journal für Orni- 
thologie 1922 wird als Doppelheft erscheinen. 


Druck von Otto Dorablüsh Naohf. in Bernburg. 


4 


TE 
IR 


Nachträge zur Ornis Sazonien. a R Hoya er 


ar. ee 


. Zum heurigen Durchzug des Se honoj. 
— Ws. Tschusizu Schmidh offen... 


A Andreas Johannes Jäckel. Von E. Gebha r d t- 


es XX. Jahresbericht (1920) derVogelwarte Rossitten der else 
Ornithologischen Gesellschaft. Von J. Thie nem a an. 


6: Die Vogelwelt Macedoniens. -L- Allgemeiner Teil. Von DD. 
Behringer . 

= Der Daumenfittich der Raubragel als Steuerorgan. e 
Seilkopf. . te 


8 F. v. Lucanus, Die Rätsel des Voregen. 
..2on ae ee S 


m. Bericht ber die: Oktobersitzung 1921. 
| 11. Bericht über die Novembersitzung 1921 | 
ee Bücherei der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


= as 


Im Auftr age der 


/ herausge geben 


Dr. Erwin Stresemann, 


Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 


Me 5 122. 


Im Areas Be nn . | 
_ Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


herausgegeben von Dr. E. Stresema n n. 


' Das Journal für Ornihbtonıe ist das dautsohe Centralorean = 
für alle Zweige der Vogelkunde. Es erscheint vierteljährlich und 
-_ wird den Mitgliedern der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 
kostenlos zugestell. Der Mitgliedsbeitrag beträgt für 1922 
M. 50.—. Für das Ausland ist ein Valutazuschlag festgesetzt 
worden, dessen Höhe beim Generalsekretär zu erfragen ist. 

Anträge um Aufnahme als Mitglied der Gesellschaft sowie 
alle literarischen- Beiträge, Anzeigen etc. zum J.f. O. bittet man = 


zu richten an den Generalsekretär, Dr. E. Stresemann, Berlin 


“N. 4, Zoologisches Museum, Invalidenstr. 43, alle Geldsendungen 
am den Kassenführer, Herrn H. Steinmetz, Berlin-Charlötten- 
burg, Tegeler Weg 13. (Für das Inland wird Einzahlung auf 
‘das Postscheckkonto der D. O. G., Berlin 36941, empfohlen.) 


me nun en 


Don den Jahrgängen 1894— 1921 sind: noch Yorrätig- 
durch den Kommissionsverlag L. A. un oipeis» Stern- 
wartenstr. 46 zu beziehen: 


 Einzelnummern der Jahrgänge 1894—1921 je M. 22,50 n 
- Jahrgänge 1894, 1896, 1897, 1900—1903, 1906, 1915— i 
.,.1919% | age M. 0 : 
Inhaltsverzeichnis für die eleane- 1894— 1913, ze 
 sammengestellt von R. Hesse (1914) M3 | 
- Verhandlungen des V. Internationalen Ornithologen- „Kongresses 
Berlin 1910. Leinwandband. SEM 225. Be. 
Für das Ausland Valntazuschlag. | | 

"Mitglieder im In- und Ausland erhalten die oben genannten 


Veröffentlichungen, soweit sie vor ihrem Eintritt ausgegeben 


wurden, bei unmittelbarem Bezug durch die ‚Gesellschaft (Berlin 
| N 4, Invalidenstr. 43) zu ermässigtem Preis. nn 


— | 


JOURNAL 
ORNITHOLOGIE. 


Siebzigster Jahrgang. 


No. 2/3. April/Juli. 1922. 


Nachträge zur Ornis Saxoniea. 
Ein zweiter Beitrag zur Kenntnis der Vogelwel des Staates Sachsen. 
Von Rich. Heyder, Oederan. 
(Schluls von S. 38.) 


123. Aegypius monachus (L.). 
. chtigung: Lies p. 303 auf Zeile5 von unten statt 
6 


”» 
125. Circus ae. aeruginosus (L.). 


Von mir nicht aufgeführte Brutorte der Rohrweihe erwähnen 


für die Mitte der achtziger Jahre noch Neumann und Grünewald 


(268/1,/Ill) für die Gegend von Grofsenhain, in welcher sie damals 
auf allen gröfseren Teichen nistete; genannt werden der grolse 
Spittelteich bei Grofsenhain und der „Strafsenteich bei Kalkreuth.“ 
Unfern dieser Gegend (ich vermute, da dieselbe nur annähernd 
zu ermitteln ist, bei Zschorna oder Freitelsdorf) beobachtete 
Mayhoff (Tgbch.) noch neuerdings, am 13. VI. 1915, also zur 


Brutzeit, mehrmals Exemplare. 


131. Circaetus gallieus (Gm.). 


Berichtigung: Lies p. 307 auf Zeile 13 von oben statt 
„Schlagschwirl“ Buschschwirl. 


136. Aquila c. chrysatos (L.). 


Neuerliche Einsicht in die Originalstelle der Nachricht vom 
Horsten des Steinadlers, die ich (446) Lange zuschrieb, veran- 
lafst mich zu bemerken, dafs dieselbe möglicherweise nicht von 
diesem, sondern von ‚Chr. Ad. Pescheck stammt, dem Herausgeber 
des „Neuen Lausitzischen Magazins“, in welchem Langes Angaben 


(245) enthalten sind. Es handelt sich um eine Fufsnote ohne 


Journ. f. Orn, LXX, Jahrg. April/Juli 1922. 10 


188 Rich. Heyder: 


Signum des Verfassers, sodals derselbe nicht klar zu erkennen 
ist. Im Text ist A. chrysastos als eine derjenigen Arten ge- 
kennzeichnet, die nicht bei Zittau brüten; dem widerspricht die 
Fufsnote folgendermalsen: „Ein Steinadler horstet seit undenk- 
lichen Zeiten auf den Felsen des Töpfers, eines herrlichen 
Berges ohnweit Oybin; auf einer Felsenmauer, in welcher ein 
gotisches Tor mit seinem Spitzbogen befindlich ist und die Be- 
wunderung auf sich zieht, habe ich ihn oitmals mit halbausge- 
breiteten Flügeln sitzen sehen. Das Männchen pflegt mit aus- 
gebreiteten Fittichen auf einem Felsen einige hundert Schritte 
davon auf dem Oybin zu stehen — —.“ 

Aus alter Zeit kann ich noch einige Nachrichten vom 
Brüten des Steinadlers anfügen, die schon von Berge (26) zitiert 
werden: 1551 berichtete der Meilsner Rektor Georg Fabricius?) 
an Conrad Gesner, dafs im Sommer jenes Jahres zwischen 
Meifsen und Dresden ein Adlerhorst ausgenommen wurde, der 
anscheinend unserer Art angehörte. Im Jahre 1642 erhielt ein 
Hammerherr zu Jöhstadt zwei junge Steinadler aus einem Horste 
in des Grafen von Thum Hammerholz 2), also aus dem Erzgebirge. 
Aus der Tatsache, dafs er je einen der aufgezogenen Vögel an 
den deutschen Kaiser und an den Kurfürsten von Sachsen 
schickte, läfst sich schliefsen, dafs Adler im Erzgebirge schon 
damals nicht mehr so regelmäfsig horsteten, wie man vermuten 
möchte. Auch Döbel®) scheint Horste des Steinadlers gefunden 
zu haben, schweigt sich aber über nähere Ortsangaben aus. Hin- 
gegen macht Berge (26) nicht unbegründete Zweifel geltend an 
den Mitteilungen Dietrich’s®), der den „Königsadler‘‘ auf Felsen 
des Spitzgrundes (bei Moritzburg) horsten lälst. | 


137. Aguila clanga Pall. 


Den drei bisher vorliegenden Funden (Quatitz, 268/IL/VII—X; 
Georgewitz, 268/VIl; Czorneboh, 182) reihen sich die folgenden 
zwei von Jacobi (460) untersuchten und beschriebenen Schell- 
adler sächsischer Herkunft an: Jüngerer Vogel, Mitte November - 


1) Die Quelle hierfür ist mir nicht bekannt geworden, vermutlich 
aber zu suchen in „Epistolarnım medicinalium Conradi Gesneri liber 
quartus Vitebergae 1584.“ — Verf. 

2) Christian Lehmann, Historischer Schauplatz. derer natürlichen | 
Merckwürdigkeiten in dem Meifsnischen Ober-Ertz-Gebirge. Leipzig 1699 
p. 685. 

8) Heinr. Wilh. Döbel, Neueröffnete Jäger-Practica etc. II. Aufl. 
Leipzig 1754. Erster Teil p. 76. 

4) Geschichte und Beschreibung des schönen und berühmten Königl. - 
Sächs. Lust- und Jagd-Schiosses Moritzburg aus alten glaubwürdigen 
Nachrichten und neuen Ansichten dargestellt von D. Ewald Dietrich 
[Moritzbg. 1822] p. 5. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. | 189 


1914, Grofsgrabe bei Schwepnitz (Museum Dresden), jüngeres 
Q', 18. IV. 1915, Schwepnitz (Privatbesitz). Alle fünf entfallen 
also auf den Osten Sachsens, die Oberlausitz. 


139. Pernis a. apivorus (L.). 


Berichtigung: Lies p. 310 auf Zeile 3 von oben statt 
„Honigfak“ Honigfalk. 
Speziell für die Leipziger Auewaldungen konnte Hesse 
(157, 158) zeitweilig eine auffallende, in anderen sächsischen Ge- 
bieten kaum beobachtbare Häufigkeit an Brutpaaren des Wespen- 
bussards verzeichnen, die er zahlenmälsig mit jener des Mäuse- 
bussards verglich. Inzwischen ist, wie er neuerdings (440) mit- 
teilt, die Zahl auch dort wieder zurückgesunken. Trotzdem 
halte ich gerade die ganze Leipziger Niederung bis herüber zum 
Laufe der Mulde für dasjenige sächsische Gebiet, das sich in- 
folge seiner grofsen Laubwälder noch einer ziemlichen Regel- 
mäfsigkeit horstender Wespenbussarde erfreut. 


142. Haliaeetus albicilla (L.). 


Berichtigung: Lies p. 312 Zeile 6 von oben statt 
„Hencke“ Heucke. 


143. Pandion h. haliaötus (L.). 


Berichtigung: p. 312 auf Zeile 12 von oben ist zwischen 
„Stunde“ und „entfernten“ einzufügen von Borna. 


Nach Angaben Hildebrandts (451) kannte Liebe einen alten 
Horst des Fischadlers „an der Elster im Vogtlande“, der noch 
1893 bezogen wurde. Ob aber das sächsische Vogtland 
hierbei in Frage kommt, ist leider nicht zu ersehen. Dem von 
mir (446) auf Grund der Mitteilungen Liebes (246), Koeperts (217) 
_ und Sperlings (268/IIl,/IV) vermuteten Horsten dieses Adlers in 
den sächsisch-altenburgischen Grenzwaldungen tritt Hildebrandt 
(451) mit nicht unberechtigten Zweifeln entgegen; jedensfalls 
- möchte ich den Nachweis eines solchen Brutvorkommens in der 
zwar sehr bestimmt lautenden, aber zu knappen Angabe Sper- 
lings (268/Ill): „ı Brutpaar‘ (bei Frohburg) allein nicht erbracht 
sehen. Für ältere Zeit macht auch F. A. L. Thienemann (536) 
eine Brutangabe: „Vor einigen Jahren (also vor 1825) horstete 
ein Paar — — — in der Nähe von Leipzig auf einer grolsen 
Buche.“ Hesse erwähnt in seinen zusammenfassenden Arbeiten 
über das Leipziger Gebiet diese Angabe nicht. 

7. VI. 1920 beobachtete ich auf Coseler Staatsforstrevier 
bei Schwepnitz (Lausitz), in der Nähe des Wehrichtteiches, einen 
Fischadler. Baer (9), der übrigens die Fänge eines am 26. VI. 1903 
an denselben Coseler Teichen erbeuteten erhielt, hob schon die 
Seltenheit des Vogels um diese Jahreszeit hervor. 

10* 


140 Rich. Heyder: 


144. Falco r. rusticolus L. 


Das einzige Belegstück eines sächsischen Jagdfalken, das 
ich nach Hesse (150) unter „Zalco rusticolus islandus Gm.“ 
anführte, hat nach neueren Untersuchungen desselben Schrift- 
stellers „als typischer Falco rusticolus L. zu gelten‘ (436). 


149. Falco v. vespertinus L. 


Salveter in Waldheim besitzt in seiner Sammlung zwei 
Exemplare aus der dortigen Gegend. 


154. Asio f. flammeus (Pontopp.) 


Berichtigung: Lies p. 320 auf Zeile 4 von oben statt 
„Leubitzer‘ Leulitzer, auf Zeile 7 von unten statt „185“ 
1851. 

Jährig (268/IV,/VI) führt als Brutgebiete der Sumpfohreule 
auch die Umgegend von Kamenz an und behauptet, wiederholt 
kaum flügge Junge aus dortigen Wäldern und einem Steinbruch 
erhalten zu haben. Ich vermute hier eine Verwechselung mit 
der Waldohreule, obwohl auch von anderen Seiten (268/1V, 327) 
das Brüten der ersteren in Waldgebieten behauptet wird. 


157. Strix u. uralensis Pall. 


Neuerdings habe ich nochmals (450) die literarischen Be- 
lege für das Vorkommen von Habichts- und Lapplandseule durch- 
geprüft und dabei festgestellt, dafs mit Bestimmtheit nur das 
sächsische Bürgerrecht der ersteren Art besteht. Für das Vor- 
kommen der Lapplandseule spricht nur das Zeugnis von Tobias 
(369, 371); seine Angabe läfst sich jedoch, da die Belegstücke 
für beide Arten verschollen sind, nicht nachprüfen. 


159. Nyetea nyctea (L.). 


| Aufser den von mir (446) aufgeführten Fällen des Vor- 

kommens von Schneeeulen existieren noch einige weitere aus der 
Zeit vor 1800. Reichenbach (289) verweist auf „zwei Exemplare, 
welche bei Leipzig geschossen“ und „aus Leske bekannt“ sind. 
Soweit ich jedoch die Schriften dieses alten Leipziger Zoologen 
kenne, führt er!) nur eins aus dieser Gegend auf, das seinerzeit 
„im Link’schen Kabinett [in Leipzig] aufbewahrt“ wurde, erwähnt 
aber weiter „die 1758 bey Dresden geschossenen zwo Eulen 
dieser Art.“ Aus diesem Jahr liegt noch ein weiterer Nachweis 
vor; es ist nicht unwahrscheinlich, dafs er mit einem der er- 
wähnten Fälle zusammenfällt: Wildmeister Freisleben schofs bei 


ı) N. G. Leske, Anfangsgründe der Naturgeschichte des Thierreichs. 
Wien 17883 p. 158, 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 141 


Dablen ein Stück, das „abgekommen und mager“ war und „in 
die Königliche Naturaliensammlung geliefert“!) wurde. 

Das Vorkommen von Schneeeulen ist nunmehr bekannt in 
folgenden zwölf Fällen: Leipzig (Leskel. c.), Dahlen (siehe oben), 
Dresden (Leskel. c.), Meifsen (251), Oybin (44, 369, 371), Nieder- 
schöna (289, 290, 271), Kalkreuth (289), Kamenz (290), Zabeltitz 
(1/III), sächsisches Vogtland (Ilennicke, Orn. Monatsschr. 1894 
p. 188), Zwickau (345, 268/VIl?2) Plagwitz bezw. Wurzen 


(268/1V, 286). 


160. Surnia u. ulula (L.). 


Keller machte mir (mündl.) Mitteilung von einer bei Königs- 
hain (bei Mittweida) erlegten Sperbereule, die er beim Erleger, 
einem Chemnitzer Gastwirt, sah. 


161. Aegolius f. funereus (L.). 


Den verhältnismäfsig reichlichen Brutnotizeen aus dem 
sächsischen Vogtland gliedert sich die Mitteilung F. A. L. Thiene- 
manns (536) ein, dafs der jüngere Herr von Beust ein Nest von 
„Sirix acadica“ in einer hohlen Buche auf den Gebirgen des 
Vogtlandes gefunden habe. 


171. Picoides tridactylus alpinus Brehm. 


Reichenow (500) erwähnt gelegentlich der Erörterung der 
Zugehörigkeit der mitteldeutschen Dreizehenspechte u. a. ein 
Stück der Eberswalder Sammlung aus dem sächsischen Erzge- 
birge. Auf meine Bitte hin teilte mir Prof. Dr. Eckstein (briefl.) 
mit, dafs einer der beiden in der Sammlung der dortigen Forst- 
akademie befindlichen Dreizehenspechte folgende Signatur trage: 
„Ficus tridaciylus L. alt. 9' Sachsen Dr. Afsmann.“ Er sei 
älterer Herkunft und stamme aus einer älteren, Mitte des 
19. Jahrhunderts als Grundstock der dortigen Sammlung er- 
worbenen Vogelsammlung. Der Fundort dieses sächsischen Vogels 
liegt also wie bei vielen Sammlungsobjekten damaliger Zeit nicht 
mit wünschenswerter- geographischer Genauigkeit fest, insbe- 
sondere scheint nicht erwiesen, dafs er dem Erzgebirge entstammt. 
Zwecks Klärung der Frage der Herkunft läfst sich zwar ver- 
muten, dafs der auf der Etikette genannte Dr. Afsmann der 
Leipziger Professor Dr. med. Friedr. Wilh. Afsmann ist, der 
auch ornithologisch interessiert war, doch ist dies nicht zu be- 
weisen. Noch schwieriger liefse sich ein Zusammenhang her- 


stellen zwischen den von Reichenbach (289) nach Frank (ich 


1) Dresdnisches Magazin. Zweyter Band. Dresden 1765 p. 394. — 
Eine beigefügte Kupfertafel („J. M. Vallier, del.“) bildet den Vogel, ein 
nur schwach gezeichnetes Stück, ab. Verf. 

2) An dieser Stelle fälschlich als „Surnia nisoria (Wolf) be- 
zeichnet. Verf. 


142 Rich. Heyder: 


schrieb 446 p. 431 fälschlich „Franke‘) erwähnten Vorkommen 
dieser Art bei Leipzig und dem besprochenen Vogel, den Reiche- 


now (500) bezüglich seiner geograpischen Zugehörigkeit der 4 


Alpenform zuweist. Für das Erzgebirge liegt bislang .nur ein 
sicheres Belegexemplar (9, Schwarzenberg) im Zoolog. Museum 
Dresden vor; die Angabe bei Reichenow (503/II), der Dreizehen- 
specht sei „im sächsischen Erzgebirge als Brutvogel nachge- 
wiesen“, bedarf der Berichtigung. 


173. Pocus c. canus L. 


Berichtigung: Lies p. 432 auf Zeile 10 von oben statt 
„Leipzig“ Leisnig. | 

Nach Voigt (384/VIII) ist das Nisten des Grauspechts bei 
Leipzig neuerdings sicher festgestellt, nachdem dasselbe nach 
verschiedenen Beobachtungen Hesses (148, 149, 150, 152, 157, 
158) und Voigts (382) sowie für frühere Zeit nach einem J! juv. 
vom 7. VI. 1847 im Zoolog. Museum Leipzig schon sehr wahr- 
scheinlich war. | 


175. Merops apiaster L. 


Nach Hesse (435) ist das Erlegungsdatum des im Berliner 
Museum für Naturkunde befindlichen sächsischen Bienenfressers 
laut Etikette der 21. X. 1893. Auch die Angabe, dafs es ein 
junges d' sei (268/X, 293) ist nach dem Genannten dahin zu 
berichtigen, dafs es sich um „ein noch nicht ganz ausgefärbtes 
Stück im zweiten Herbst“ handele. | 

ber das Auftreten von Bienenfressern, die sich 1914 in 
ca. 12—15 Exemplaren im Bielatale (Sächs. Schweiz) zeigten, 
berichtet Schreitmüller (526) folgendermalsen: „Die Vögel hielten 
sich längs der Biela — — auf, wo sie auf- und abfliegend Li- 
bellen und allerlei fliegende Insekten erhaschten. Nahe einer 
sandig-lehmigen Böschung, in deren steilen Wänden viele Ufer- 
schwalben nisteten, weilten sie besonders gern. Sie salsen hier 
vielfach auf freistehenden Aesten, Felsen und Steinen umher oder 
flogen, Insekten schnappend, ab und zu. Zwei Stücke, anscheinend 
ein Paar, sah ich wiederholt in eine, in die Lehmwand führende 
Röhre kriechen, sodals ich auzunehmen geneigt bin, dafs die 
Vögel daselbst auch gebrütet haben, was ich mit Bestimmtheit 
jedoch nicht behaupten kann, da der betreffende Ort unzugäng- 
lich war und ich die Sache nicht näher untersuchen konnte. — — — 
Wie mir mein in Dresden befindlicher Bruder auf Anfrage mit- 
teilte, hat er die Bienenfresser noch öfter, zuletzt im Sommer 
1919 [!] beobachtet, sodafs anzunehmen ist, dafs diese Vögel dort 
ständig als Sommergäste erscheinen — —.“ | 

Es ist bedauerlich, dafs dieses Vorkommnis nicht näher 
untersucht und nicht rechtzeitig zur Kenntnis eines Vogelkundigen 
gebracht wurde. Eine Bestätigung namentlich des Vorkommens 
nach 1914 halte ich für sehr wünschenswert. 


N 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 143 


‘Ein weit zurückliegendes Vorkommen einer Anzahl dieser 
. Vögel bei Leipzig im Jahre 1517 „umb Philippi Jacobi“ (Anf. Mai) 
wird uns durch alte Nachrichten!) übermittelt. 


176. Ooracias g. garrulus L. 


Weifsmantels tätiger Hilfe verdanke ich einige neue Brut- 
ortangaben der Blaurake, die sämtlich in der Oberlausitzer 
Niederung, dem noch alleinigen sächsischen Siedelungsgebiet, ge- 
legen sind: die Umgebung der Orte Schwepnitz, Grüngräbchen, 
Biehla und Reichenau, wo er die Art entweder am Brutplatz oder 
kurz nach dem Ausfliegen der Jungen beobachtete, und Cosel, von 
wo er durch den Revierverwalter glaubwürdig unterrichtet wurde. 
Das sächsiche Brutareal umgrenzt sich nach den Funden 


der letzten fünfzig Jahre mit folgenden Orten: Gohrischheide ? 


(374), Brofsnitz ? (268/I), Kienheide (268/IlI), Langebrück (268/IIl), 
Okrilla (268/Ill, 9), Reichenau (Weilsmantel Tgbch.), Grün-. 
gräbchen (Weilsmantel Tgbch.), Cosel (Weifsmantel briefl.), 
Schwepnitz (Weilsmantel Tgbch.), Rohrbach (ein Ei „15. VI. 1853‘ 
in der Tharandter Sammlung), Biehla (Weifsmantel Tgbch.), Döbra 
(268/IV), Deutschbaselitz (268/lI—-IV,/VI, Mayhoff Tgbch.), 
Truppen (99, Hantzsch briefl.), Eutrich (99), Cafslau (99), Nesch- 
witz (376), Neudorf (99), Droben ? (268/VIII), Merka (268/IX), 
Milkel (268/V1,/IX), Kauppa ? (9; „Q 12. VIL 1905“ in der 
Tharandter Sammlung). Es fällt in deutlichster Weise mit 
dem lausitzischen Niederungsstreifen zusammen, geht teilweise 
(Reichenau) bis zu dessen Südgrenze und in einem Falle (Lange- 
brück) bis zur Dresdener Heide über dieselbe hinaus; allerdings 
weist gerade dieser Wald viel an die Niederungsheiden erinnernde 
Züge auf (Kiefernwälder auf sandigem Boden). 


177. Upupa e. epops L. 


Einige lausitzische Brutplätze des Wiedehopfs, die ich z. T. 
aus eigener Beobachtung kennen lernte, sird nach Weifsmantel 
(Tgbch.) bei Königsbrück, Höckendorf, Reichenau, Gräfenhain, 
Gottschdorf, Grüngräbchen und Weilsig. Hoffmann (456) ver- 
zeichnet einen solchen zwischen Nieder-Rödern und dem Vierteich. 


181. Riparia r. riparia (L.). 
Ungewöhnlich frühes Eintreffen der Uferschwalbe notierte 
Mayhoff (Tgbch.) bereits am 8. IV. 1916 an der Elbe. 


188. Lanius e. excubitor L. 


Die verwandtschaftlichen Beziehungen und die Berechtigung 
der verschiedenen Raubwürgerformen sind gegenwärtig noch so 


1) T, Heydenreich, Leipzigische Cronicke 1635 p. 98; J. J. Vogel, 
Leipzigisches Geschichts-Buch, Leipzig 1714 p. 92a (ferner Brehms Tier- 
leben III. Aufl. Bd. V. p. 89, 280/IV, 69, 150, 440). 


144 Rich. Heyder: 


ungeklärt, dafs auch nur einigermafsen abschliefsende Urteile 
über die Natur der sächsischen Vögel nicht zu erwarten sind. 
In der Orn. Sax. nahm ich nach dem Vorgang von Reichenow 
(503) zwei geographische Formen als für Sachsen in Betracht 
kommend an: Brütend und überwinternd L. (exc.) excubitor und 
gelegentlich überwinternd L. excubitor maior auct. (jetzt rapaz 
Brehm). Hartert verneint bekanntlich das Bestehen der letz- 
teren und hält sie für übereinstimmend mit dertypischen Form ; 
ich will ihm aber darin vorläufig nicht folgen, da es nach den 
Auslassungen anderer Systematiker nicht ausgeschlossen erscheint, 
dafs neben den Unterschiedsmerkmalen des Flügelspiegels noch 
weitere, sich besser bewährende vorhanden sind. Die räumliche 
„Begrenzung“ der einzelnen Formen wird man nicht ohne wesent- 
liche Zugeständnisse an „Misch- und Uebergangsrassen“ durch- 
führen können. Dafs hierbei auch sächsischen Brutvögeln eine 
wichtige Rolle zukommen kann, steht zu erwarten, da Graf 
Zedlitz (560) geneigt ist, Brutvögel aus Mittelschlesien bereits 
zu L. exc. homeyeri zu ziehen. 

Das Brüten des Raubwürgers beschränkt sich auf die 
Niederung. Das bestätigen auch die neuerdings wiederholten 
Feststellungen. Weifsmantel (Tgbch.) verzeichnete Ende Juli 
1917 Alte und ausgeflogene Junge zwischen Straflsgräbchen und 
Grofsgrabe und beobachtete von April bis August 1919 ein Paar 
am Sandteich bei Deutschbaselitz. Ein Stück des letzteren 
Paares beobachtete ich in Weifsmantels Gesellschaft am 11. VI. 
1919 auf einzelnen Kiefern am Sandteich, am 9. VI. 1920 ferner 
zwei, wahrscheinlich ein Paar, sehr scheu, auf hohen Kiefern- 
überhältern einer Randkultur auf Coseler Forstrevier, nahe 
dem Herrenteich. 


189. Lanius e. rapax Brehm. 


Die Aufenthaltsdaten sind nach Hesse (151, 152, 440) noch 
zu erweitern auf die Zeit von Oktober bis Anfang April. 


190. Lanius minor Gm. 
Berichtigung: Lies p. 439 Zeile 4 von unten statt 
„Freiburg‘ Freiberg. 
Das Brüten eines Paares des sehr selten gewordenen 
Schwarzstirnigen Würgers in den Jahren 1909 und 1910 in der 
Nähe von Plauen im Vogtlande verzeichnet Dersch (60). 


193. Corvus c. corax L. 


Die Held’sche Angabe von der Erbeutung eines Kolkraben 
bei Waltersdorf (104, 268/I) bezieht sich auf die 1820er Jahre, 
nicht auf die Zeit nach 1868, wie hier berichtigt sei. 


196. Corvus f. frugilegus L. \ 


Die mir seinerzeit von Voigt briefl. gemachte Mitteilung, 
dafs die Saatkrähe um Leipzig nirgends mehr zu brüten scheine, 


| 
> a 


: 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 145 


bestätigt neuerdings wieder Schlegel (521), der die in der Leip- 
ziger Niederung bekannt gewordenen Siedelungen einzeln auf- 
führt. Zweifellos hat früher die Verbreitung dieser Art in 
Sachsen viel weiter südwärts gereicht, sodafs es berechtigt ist, 
mit Hoffmann (456) den jetzt vielfach für die Rabenkrähe 
gebrauchten Volksnamen „Gake‘ von der Saatkrähe übernommen 
anzusehen. Doch dürfte diese Verbreitung nichtbis zur Oederaner 
Gegend gereicht haben, in welcher der genannte Name ebenfalls 
gebräuchlich ist. 


197. Coloeus monedula spermologus (Vieill.). 


Berichtigung: Lies p. 443 Zeile 3 und 4 wie folgt: 
von denen Oktober, November viele auch südwestwärts durch- 
ziehen und Februar, März zurückkehren. 

Die Herkunft dieser Zugdohlen und ihre subspezifische Zu- 
gehörigkeit bleiben noch zu untersuchen. 


207. Petronia np. petronia (L.). 


Bei Lindner (485) findet sich auf Tafel VI ein Steinsperling 
von Geisler abgebildet, dessen Aufschrift ‚altes Q' aus Sachsen“ 
lautet. Näheres über diese vermutlich irrtümliche Bezeichnung 
war bislang nicht zu ermitteln. 


210. Fringilla m. montifringilla L. 


Mayhoff (Tgbch.) beobachtete 4. VII. 1916 in einem 
Kiefernwald bei Dippelsdorf einen männlichen Bergfinken. 


214. Carduelis f. flavirostris (L.). 


Berichtigung: Lies p. 449 Zeile 1 und 2 von unten 
statt „aus Leipzig“ aus der dessnı von Leipzig. 
Ergänzend sei erwähnt, dafs Behms (12) 9‘ und 2 vom 
Eänlng aus Olbersdorf bei Zittau in seiner Sammlung 
esals. 


217. Carduelis spinus (L.). 


Ende August (25., 26., 28.) 1915 und später beobachtete 
ich kleine Zeisigflüge in Familienstärke auf Birken der Dresdener 
Heide; um diese Zeit für die Niederung eine seltene Erscheinung, 
die das Brüten nicht fern des Fundorts vermuten lälst. 


Oarduelis c. cürinella (L.). 


Bei sehr vielen sächsischen Vogelarten liegt die Möglich- 
keit vor, dafs unter den festgestellten Exemplaren sich hier 
und da eins befindet, das aus der Gefangenschaft entflohen und 
dessen Anwesenheit am Feststellungsort mithin keinen natürlichen 
Vorgang bedeutet; das Tier ist also kein Beweis für das Vor- 


146 Rich. Heyder: 


kommen seiner Art, sobald seine Herkunft aus der Gefangen- 
schaft feststeht. Diese Feststellung ist jedoch begreiflicherweise 
nur im Ausnahmefall zu machen; meist unterscheiden sich ehe- 
malige Gefangenschaftsexemplare äulserlich in nichts von Wildlingen. 
Bei Arten, die infolge zahlreichen Auftretens als regelrechte Faunen- 
glieder anzusehen sind, spielen solche Einzelfälle keine oder eine 
nur örtliche Rolle von zweiter Bedeutung. Anders dort, wo eine 
Art nur durch wenige Beweisfälle gestützt Aufnahme in die Fauna 
findet. Hier ist, wenn es sich um Arten handelt, die öfters in 
Gefangenschaft gehalten werden, gewifs der Hinweis am Platze, 
dafs unter den als Beweis für das Vorkommen derselben auf- 
geführten Stücken eins oder das andere der Gefangenhaltung 
entflohen sein kann, ohne dafs es möglich ist, den Beweis für 
die wahre Herkunft des Stückes zu erbringen. Man wird aber 
doch mit Recht wohl den tatsächlichen Verhältnissen am nächsten 
kommen, wenn man bei einer Mehrzahl von Einzelnachweisen 
im allgemeinen der Annahme natürlichen Vorkommens zuneigt, 
Gefangenschaftsherkunft aber nur von Fall zu Fall annimmt. 
Sehr in Betracht zu ziehen sind bei der Entscheidung natürlich 
die näheren Umstände des Vorkommens, die Wesensart, Zug- 
gewohnheiten und Verbreitungsverhältnisse der jeweils in Frage 
stehenden Spezies. Von diesen Gedankengängen habe ich mich 
bei der Aufnahme einer Reihe von Arten leiten lassen, bei denen 
sich das Für und Wider im eben erwähnten Sinne geltend 
machte (z. B. Höckerschwan, Brand- und Rostga,ns Edelreiher). 
Ganz besonders schwierig war mir die Einreihung dort, wo ein 
Einzelexemplar die Aufnahme in die Fauna rechtfertigen soll 
und wie sie vorliegt bei der oben bezeichneten Art. Den Zitronen- 
zeisig, den Hesse (141, 150) in einem Exemplar im Botanischen 
Garten zu Leipzig beobachtete, nahm ich nicht unter die für 
Sachsen als sicher nachgewiesen zu betrachtenden Arten auf, 
weil ich das Tier für einen Flüchtling aus Gefangenschaft hielt. 
Mit einer gewissen Berechtigung erhebt daraufhin Hesse (440) 
den Vorwurf, dafs ich damit nicht folgerichtig verfahren sei und 
dies dann bei anderen Arten (z. B. Tadorna, Casarca, Oygnus olor) 
ebenfalls hätte tun müssen, weil unter diesen auch aus Gefangen- 
schaft entflohene Stücke vermutet werden können. Zu meiner 
Auffassung, das natürliche Erscheinen als noch ungenügend 
gesichert anzusehen — mehr wollte ich auch (446) nicht sagen — 
wurde ich veranlafst durch folgende Gründe: Es fehlte bisher 
an ernsthaften Nachweisen des Zitronenzeisigs für ganz Mittel- 
und Norddeutschland; die Art zeigt jedenfalls nur geringe 
Neigung, im Herbste grölsere Streifereien anzutreten, die sie bis 
zu uns führen könnten. Erst dem von Hesse erwähnten Vor- 
kommnis liegt eine eindeutige Bestimmung zugrunde. In Ver- 
bindung mit der Tatsache, dafs der Zitronenzeisig nicht selten 
von Liebhabern gefangen gehalten wird, deuten verschiedene 
Momente der Beobachtung (Einzeltier, mindestens vierzehntägiger 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 147 


Aufenthalt in einem Grofsstadtgarten, Gesang im Oktober) auf 
ein Tier aus Gefangenschaft hin, sodafs mir die Herkunft aus 
letzterer doch entschieden stärker in den Bereich der Möglich- 
keit tritt. Der zwingende Beweis dafür läfst sich natürlich nicht 
führen; mir war lediglich die gröfsere Wahrscheinlichkeit aus- 
schlaggebend. 

Die Behandlung detantiecı Fälle wird immer, weil eine An- 
sichtssache, strittig bleiben. Für den Faunisten erfordert sie 
ein gewisses Mafs von Handlungsfreiheit, weil er sich zu einer 
Stellungnahme bereitfinden muls, wo endgültige Klarheit garnicht 
zu erreichen ist. Gewils gibt es eine noch bequemere Lösung, 
indem man einfach alle mit Sicherheit beobachteten Vögel 
als Bestandteile der Fauna ansieht. Ob das aber in Fällen wie 
dem vorliegenden befriedigendere Ergebnisse verbürgt und die 
strenge Durchführung dieses Grundsatzes nicht zu Ueberspannungen 
führt, möchte ich dem Leser doch zu bedenken geben. 


217. Serinus canaria germanicus Laubm. 


Den Girlitz belege ich vorläufig mit obigem Namen, ob- 
wohl bislang noch nicht entschieden ist, ob die in Sachsen hei- 
mischen Tiere dieser westdeutschen Rasse oder dem 8. c. polo- 
nicus Dom. näher stehen. Die genauere Feststellung der geo- 
graphischen Variation eröffnet auch die Aussicht auf nähere Be- 
kanntschaft mit den von der Art eingeschlagenen Verbreitungs- 
wegen. 

Voigt (555, 384/VIII) stellte neuerdings den Girlitz bei 
Leipzig überwinternd fest, was durch Hantzsch (99) für Dresden 
ebenfalls schon geschah. 


221. Carpodacus e. erythrinus. (Pall.). 


Berichtigung: Lies p. 453 auf Zeile 9 von oben statt 
„vom Kantor Lange“ von Lange. Es ist nämlich nicht mehr 
feststellbar, welcher Lange, Vater oder Sohn, der Erleger der 
Hirschfelder Karmingimpel ist. Vermutungsweise möchte ich 
allerdings den Vater, also den Kantor, dafür ansehen, dessen 
Wohnort Hirschfelde war, zumal der Sohn in seiner Aufzählung 
der „Zittauischen Gebirgsvögel“ (245) diese Art garnicht nennt. 


223. Pyrrhula p. germanica Brehm. 


In der Orn. Sax. führte ich die bei uns brütenden Gimpel 
unter dem damals üblichen Namen P. p. europaea Vieillot auf. 
Stresemann hat neuerdings in sehr beachtenswerten Darstellungen 
(532) ausgeführt, dafs weder dieser Name Vieillot’s, der bisher 
dem kleineren westeuropäischen Gimpel galt, fernerhin ange- 
wendet werden darf, noch die mitteldeutschen Gimpel mit den 
Westeuropäern übereinstimmen. Er wendet deshalb obigen 
Namen an und schreibt (]. c.): „Nahezu oder völlig intermediär“ — 


148 Rich. Heyder; 


zwischen P. p. pyrrhula mit boreoalpinem und P. p. minor mit 
westeuropäischem Areal — „und daher mit dem Namen 
Pyrrhula pyrrhula germanica (oder der Formel Pyrrhula ». 
minor X pyrrhula) zu belegen sind nach den bisherigen Kennt- 
nissen die Gimpel des — — Erzgebirges und Lausitzer Gebirges, 
sowie der sächsischen und preufsischen Oberlausitz und des öst- 
lichen Thüringen. 

Die Verbreitung des Gimpels als Brutvogel habe ich in 
groben Zügen bereits (446) dargestellt. Im einzelnen zeigt sie 
sich ungemein wechselvoll, sodafs ich in einigen ergänzenden 
Worten auf sie zurückgreifen mufs. Es ist bemerkenswert, dafs 
weite Gebiete von ihm zur Brutzeit völlig oder fast völlig ge- 
mieden werden. Dies gilt vornehmlich für die Niederungsgebiete 
von der Leipziger Bucht bis zur Niederung der Röder und das 
gesamte Hügelland westlich der Elbe bis zu der untersten Stufe 
des Erzgebirges und dem Südrand des erzgebirgischen Beckens. 
Einzelne schüttere Besiedelungsversuche sind auch für diese 
Landstriche gemeldet worden, so für Grofswischstauden bei 
Groitzsch (268/IV), die Wälder südöstlich von Leipzig (137), 
Schweizerthal (268/IV), Rofswein (268/IV) und Grolsvoigtsberg 
(268/IV), allein neuere Forschungen haben sie nicht zu be- 
stätigen vermocht; einige von ihnen sind wahrscheinlich über- 
dies zweifelhaft. Uebereinstimmend hiermit vermilste auch 
Hildebrandt (451) Brutgimpel in den westlich angrenzenden 
Teilen Sachsen-Altenburgs. 

Dafs diese Art im Elster-, Erz- und Elbsardsteingebirge 
ein recht verbreiteter, wenn auch nirgends häufiger Brutvogel 
ist, wird durch reichliche Literaturangaben (268/I—V, 13, 106, 
399, 499, 431) erhärtet. Ich begnüge mich daher damit, die- 
jenigen Fundorte aufzuzählen, die als ungefähr an der Nord- 
grenze dieses Vorkommens gelegen betrachtet werden können: 
Mylau (268/I), „südliche Wälder“ des Zwickauer Gebietes: 
Mylau — Reichenbach — Stangengrün — Hartmannsdorf — Schnee- 
berg (13), Dittersdorf bei Zschopau (Anf. Aug. 1915 Familie — 
Henker briefl.), Augustusburg (268/II), Lengefeld (23. VII. 1914 
im Lengefelder Wald — Verf.), Pobershau (11. V. 1913 beim 
Katzenstein. — Verf.), Tharandt (vielleicht Brutvogel, doch keine 
direkten Beweise. — Baer briefl.), Pirna (268/IV); letzterer Ort 
der bisher einzige bekannte, für welchen das Brüten in einem 
Garten vermerkt wird. Der Gimpel kann sonach für das west- 
elbische Sachsen als eine Art mit fast rein montanem Ver- 
breitungscharakter gelten. Falst man den oben genannten Fund- 
ort Grolsvoigtsberg mit in die hypothetische Grenzlinie ein, so 
entspricht die gewonnene Linie vollkommen dem Nordrande des 
archäischen Gebirgszuges. 

Weit weniger scharf offenbart sich dieser montane Ver- 
breitungscharakter östlich der Elbe Zwar setzt er sich längs 
der Bergketten an der sächsischen Südgrenze fort, denn der 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 149 


Gimpel ist nachgewiesen als Brutvogel für Schmilka (268/1V, 
399), Schluckenau i. B. (268/VII, IX), Zittau (104), Neugersdorf 
(268/IV), den Kottmar (230) das Königsholz (230), Ebersbach 
(268/ll, 385), die Löbauer Gegend (268/II) und den Czorneboh 
(268/IV), ebenso für die ostwärts anschliefsenden schlesischen 
Grenzgebirge (473), aber die oben entworfene Nordgrenze seines 
Brutareals ändert in ihrem weiteren Verlaufe bald ihre bisherige 
West-Ostrichtung und biegt scharf nach Norden hin ab, sodafs 
fast das gesamte granitische Lausitzer Bergland von ihr erfafst 
wird. Vermutlich besiedelt der Gimpel auch den Nordzug des 
letzteren in grölserem Umfange als heute bekannt ist: Weils- 
mantel beobachtete ihn (Tgbch.) 1916 zur Brutzeit öfter bei 
Rauschwitz am Sibyllenstein. Etwa östlich der Röder schneidet 
schliefslich die angenommenen Grenzlinie die geognostisch und 
floristisch ganz anders als die bisher berührten Landstriche ge- 
artete Niederung des alten Breslau-Magdeburger Urstromtales 
und damit zugleich die Landesgrenze, weil auch die Ober- 
lausitzer Niederung als Wohngebiet des Gimpels laut folgender 
Befunde zu betrachten ist: Mayhoff (Tgbch.) stellte 30. V. 1915 
ein O' bei Schwepnitz fest. 7. VI. 1920 begegnete ich in einem 
auf sumpfigem Grunde anstehenden Kiefern - Fichtenmengwald 
mit vielem Unterwuchs von Frangula alnus und Pieridium bei 
Grüngräbchen wiederholt Gimpeln. Nach Weilsmantel (mündl.) 
steht ihr dortiges Nisten aufser Zweifel, weil er sie mit dem 
Aufsammeln von Niststoffen beschäftigt heobachtete. 27. IV. be- 
obachtete Mayhoff (Tgbch.) die Art bei Deutschbaselitz, woher 
auch das Zoolog. Museum Dresden Stücke besitzt, die Strese- 
mann (532) als dort beheimatet betrachtet, obschon ihre Fund- 
daten (6. IX. und 27. X.) teilweise erheblich aufserhalb der Brut- 
zeit liegen. A. von Vietinghoff (376) bezeichnet sie als bei 
Neschwitz brütend, und Hantzsch (99) fand sie als seltenen Brut- 
vogel bei Königswartha.. Baer (2) nennt sie geradezu „einen 
Charaktervogel der Fichtenbestände der Berge und in allerneuester 
Zeit kaum weniger der des Tieflandes‘“ der Oberlausitz. Für 
das östlich benachbarte Schlesien macht Kollibay (473) nur zwei 
Landstriche namhaft, die eine deutliche Bevölkerungsdichte 
‚seitens des Gimpels aufweisen; Das Oberlausitzer Niederland 
und die südlichen Grenzgebirge. Beide stehen, wie wir sahen, 
in enger Berührung mit dem Areal der Art im Osten Sachsens. 


226. Loaia leucoptera bifasciata (Brehm). 
Berichtigung: Lies p. 455 auf Zeile 9 von oben statt 
„Kreiburg‘ Freiberg. 
228. Passerina n. nivalis (L.). 


Zwei Beobachtungen der Schneeammer aus neuerer Zeit: 
20. XI. 1914 eine an der Bosel bei Meifsen (Mayhoff Tgbch.), 


150 | | Rich. Heyder: 


30. XI. 1919 einige am Fufse des Keulenbergs (bei Königsbrück) 
(Weilsmantel Tgbch.). 


229. Emberiza c. calandra L. 


Rechenberger (499) beobachtete einzelne Grauammern zur 
Brutzeit im Erzgebirge bei Mildenau und Königswalde, also bei 
etwa gleicher Höhe noch weiter südlich und kammwärts als ich. 
Ueberwinternd vermochte ich sie bei meinem Wohnorte Oederan 
und weiter hinauf nicht festzustellen; es steht das im Gegensatz 
zu den tiefer gelegenen Strichen, in denen die Art kaum in 
einem Winter vollkommen fehlen dürfte, wenngleich auch da das 
winterliche Auftreten keineswegs eleichmälsig ist. 


230. Emberiga melanocephala Scop. 


Hesse bemerkt!), dafs ich die Kappenammer „auf Grund 
zweier ganz unsicherer Fälle — — — in die Ornis aufgenommen“ 
habe. Darin kann ich ihm nicht beistimmen. Meyer?) macht 
die erste Mitteilung über das Vorkommen dieser Art und sagt: 
„Höchst selten in Deutschland. 1 Männchen wurde in der Ge- 
gend von Leipzig geschossen.“ Diese Notiz kehrt bei Naumann 
(280/Ill) folgendermalsen wieder: Es soll zwar auch bei Leipzig 
ein Männchen geschossen worden sein, allein ich habe, aller Er- 
kundigungen ungeachtet nichts Gewisses davon erfahren können 
und mufs es deshalb bezweifeln“. Obwohl Meyers Angabe sehr 
bestimmt abgefafst ist, hat es den Anschein, als ob er das Stück 
nicht selbst gesehen habe, denn ich betrachte es als das Nächst- 
liegendste, dafs sich Naumann in seinen Nachforschungen zunächt 
an Meyer gewendet haben wird und dieser ihm das Vorkommen 
nicht zweifelsfrei verbürgen konnte. Den zweiten Fall erörtert 


Berge (13, 22) teilweise sehr ausführlich: 3. IX. 1877 wurde auf 


dem Bahnhof zu Zwickau ein Männchen verendet aufgefunden, 
„wo essich den Tod anscheinend durch Anfliegen zugezogen hatte.“ 
Es gelangte in den Besitz des dortigen Präparators Rob. Riedel, 
bei dem Berge es sah und zu der Anschauung gelangte, dals es 
„als Wildling anzusprechen“ sei. 

Gewils ist die Möglichkeit vorhanden, dafs wie andere 
Irrgäste auch diese Kappenammern entflogen sein können; sowohl 
Berge als auch ich (446) haben dem auch Ausdruck gegeben. 
Dennoch; befinde ich mich wieder in Uebereinstimmung mit, Berge 
in der Annahme, dals die Möglichkeit eines natürlichen 
Vorkommens die erstere überwiegt und die Art den 
Vögeln Sachsens zuzuzählen sei. Dazu veranlafst auch das ver- 
hältnismälsig ofte Vorkommen der Art auf Helgoland usw. Hält 


1) Journ. f. Orn. 68. Jg. (1920) p. 274. 
2) Zusätze und Berichtigungen zu Meyer und Wolfs Taschenbuch 
der deutschen Vögelkunde (1822) p. 61. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 15i 


Hesse (444) es für „sogut wie sicher“, dafs eine andere, von ihm 
besprochene und vermutlich vor 1869 erbeutete männliche Kappen- 
ammer, von deren einstiger Existenz lediglich ein von einem 
hessischen Schäfer gemaltes Bildnis zeugt (!), der Freiheit ent- 
stammend „auf einem der vielen früheren Vogelherde des 
Thüringes Waldes gefangen“ wurde, so mufs mindestens gegen- 
über dem Zwickauer Vorkommnis, dessen Belegstück wahr- 
scheinlich noch heute vorhanden ist, ohne weiteres dieselbe Her- 
kunft angenommen und damit der Vorwurf der Unsicherheit 
zurückgewiesen werden. 


232. Emberiea hortulana L. 


Das Brutvorkommen der Gartenammer war bisher im 
wesentlichen nur für die ostsächsische Niederung bekannt (1/III, 
[IV, 268/I, /IIL, 2, 99, 230, 374). Es steht hier geographisch 
und ökologisch in innigem Zusammenhang mit dem der preulsischen 
Oberlausitz, das von Baer (2) und Stolz (529) ausführliche Dar- 
stellung gefunden hat. Bei dem gleichlautenden Landschafts- 
ausdruck beider Gebiete stand ein derart einheitliches Verhältnis 
nur zu erwarten. Die ausgesprochene Vorliebe für besondere 
Bodenklassen, insbesondere Sand- und Lölsboden, bestimmt auch 
das sächsische Areal der Art und gibt die Erklärung für das nur 
strichweise Siedeln. 

Die neu angestellten Beobachtungen bestätigen die bereits 
(446) namhaft gemachten lausitzischen Fundorte. Speziell das 
von Kramer (2) und Hantzsch (99) berichtete Vorkommen bei 
Königswartha verbürgen aufs neue Hofimann (456) und Stolz (529). 
Mayhoff (Tgbch.) beobachtete 6. V. 1915 ein Q zwischen dem 
Keulenberg und Königsbrück, also in derselben Gegend, für die 
schon Fritzsche (268/III) 1877 das Brüten vermutete; nördlich 
von hier, bei Rohrbach und Grüngräbchen, stellte Weifsmantel 
(Tgbch.) in der Brutzeit singende Männchen fest. Nach Hoffmann 
(456) wurden 1915 Gartenammern bei Wantewitz südlich Grolfsen- 
hain beobachtet, wiederum also auf altem Siedelungsbereich der 
Art (1/III, /IV, 268/l, /III). Interessant und wichtig ist die Tat- 
sache, dafs neuerdings zahlreiche Brutplätze westlich der Elbe 
* gefunden werden konnten. Dieselben erstrecken sich etwa vom 
Weilseritztal an nordwärts über eine schwachwellige Hochfläche 
bis mindestens zur Meifsener Gegend. Bisher erbielt ich Kenntnis 
von Beobachtungen an folgenden Fundorten: Kästner (mündl. u. 
briefl.) beobachtete Gartenammern im Juli der Jahre 1916—1918 
in Kirschalleen zwischen Bahnhof Löbschütz und Klein-Kagen, 
Löbschütz und Nimtitz, am 28. V. 1917 auch eine zwischen 
Klein-Kagen und Pröda, westlich Meifsen. Ebenfalls auf Kirsch- 
bäumen beobachtete ferner Mayhoff (Tgbch.) am 28. V. 1916 
zwei Q' zwischen Weilstropp und dem Tännichtgrund, was Hofi- 
mann (456) bestätigt. Zumpe und Voigt (brief. u. mündl.) 


152 Rich. Heyder: 


trafen sie im Sommer 1920 zwischen Munzig und Helbigsdorf 
in mehreren Männchen an; letzterer auch weiter nördlich noch- 
mals bei Görna, also unweit des oben genannten Löbschütz. 
Am weitesten südlich stellte sie Hoffmann (456) 1916 bei Nickern, 
südlich Dresden, fest, fand aber 1917 hier keine mehr. Bälsler 
(416) falst das Auftreten unter Nennung einiger weiteren Be- 
obachtungsorte nach seinen Beobachtungen von 1920 wie folgt 
zusammen: Von der Jochhöhe (nördliche Weifseritzhöhen bei 
Potschappel) an über Kesselsdorf, Weilstropp bis hinauf nach 
Meifsen. Es scheint sich hier um ein geschlossenes inselartiges 
Siedelungsgebiet westlich der Elbe zu handeln, dessen Aus- 
dehnung noch garnicht festliegt, dessen südliche Begrenzung 
aber wohl durch das Einsetzen des Gebirgscharakters in der 
Landschaft (etwa im Weilßseritzgebiet) erfolgt. Da dieses Vor- 
kommen früher nicht bekannt, jetzt aber plötzlich von ver- 
schiedenen Seiten zugleich beobachtet wurde, wird man auf Neu- 
ansiedelung schliefsen. Indessen ist es eine bekannte Gewohn- 
heit der Gartenammer, bald zahlreich, bald selten aufzutreten, 
bald eine bisher bewohnte Gegend jahrelang ganz zu meiden. 
Die Meldung Edlichs an Meyer und Helm (268/IV): „In ver- 
schiedenen Jahren, d. h. nicht jedes Jahr, 88 z. B. nicht, gegen 
Ende des Sommers familienweise Alte mit unlängst ausgeflogenen 
Jungen, was mich vermuten liefs, dafs hier gebrütet“, die sich auf 
die Gegend von Rofswein bezieht, ist hier von besonderer Be- 
deutung und spricht für Neuansiedelung jedenfalls nicht. Ob 
die Elbtalhänge noch regelrecht von der Gartenammer bewohnt 
werden, wie dies nach W. Thienemanı!) vermutlich früher der 
Fall war, ist nicht bekannt geworden; nur Zimmermann (565) 
beobachtete 21. und 31. V. 1916 je eine bei Niederwartha in 
Weinbergsgelände, unfern des oben erwähnten Fundortes Weifs- 
tropp; vielleicht liegt aber auch der von Hoffmann (456) erwähnte 
Fundort bei Nickern noch im Bereich der Elbtalflanken. — 


Dafs die Gartenammer eine alteingesessene Vogelart ist und 
nicht, wie Marshall?) meint, erst in den letzten Jahrhunderten 
in Mitteldeutschland einwanderte, dafür liegen durch das Inter- 
esse, welches das Wildbret des Vogels früher fand, gerade aus 
Sachsen und seinen Nachbargebieten genügende Beweise vor; 
Ortolanenherde bestanden in der Dresdener Gegend, und ein 
gewandter Ortolanenfänger, der „Schütze bei Ihro Excellenz dem 
Grafen von Flemming auf Hermesdorfi, David Richter‘ ver- 
mittelte zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts dem Dres- 


2) Monatsschr. d. Deutsch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt 6. Jg. 
(1881) p. 8. 


2) Deutschlands Vogelwelt im Wechsel der Zeit. Hamburg 1886, 
p. 20. | 


BR 


Nachträge zur Ornis Saxonica, 158 


- dener Arzt Wolff 1) 50 vorzügliche Angaben über Lebensweise, 
Zug und Fang des Vogels, dafs Naumann mit Erfolg für seine 
Naturgeschichte aus ihnen hätte schöpfen können. 


934, Emberigsa rustica Pall. 


Berichtigung: Lies p. 458 Zeile 6 von oben statt 
„Oberländische® Oberländersche. | 
Die Waldammer ist aus der Reihe der säch- 
sischen Vögel zu streichen, weil als genauer Fund- 
ort des von mir (446) angeführten Belegstückes Schönhaide 
bei Mannichswalde, jenseits der sächsichen Grenze, anzusehen 
ist, wie inzwischen durch Hildebrandt (451) nach älterer An- 
gabe?) festgestellt wurde und auch die Nachprüfung des Brief- 
wechsels zwischen Oberländer und Lichtenstein durch Hesse (444) 
ergeben hat. — 
. Im „Neuen Naumann“ ist das Vorkommnis, wie hier kurz 
als Entgegung auf Hesses Schlufsnotiz (444) bemerkt sei, nicht 
weggelassen, sondern in den Nachträgen (III, p. 383) erwähnt. 


237. Anthus c. campestris (L.). 


Das sächsische Verbreitungsgebiet des Brachpiepers deckt 
sich aus ökologischen Ursachen im wesentlichen mit dem des 
Triels, nur mit der Einschränkung, dafs der letztere begreif- 
licherweise gröfsere Ansprüche an Ausdehnung und Abgeschie- 
denheit der einzelnen Wohnplätze stellt als ersterer. Unter 
Zuhilfenahme der neuerdings gelungenen Nachweise wissen wir 
ihn nunmehr durch die ganze nordsächsische Niederung ver- 
breitet, was die nachfolgende Zusammenstellung der Brutorte 
bezw. derjenigen Fundstätten, für die der Beobachtungszeit nach 
das Brüten vermutet werden darf, veranschaulichen möge. Vom 
Osten an bis zur Elbe sind dies die folgenden: Halbendorf 
(9' 25. V. 1904 Zoolog. Mus. Dresd. — 7), Milkel (2), Neudorf (99), 


1) D. Andreas Elias Büchner, Miscellanea physico-medico-mathe- 
matica. Erstes und Zweytes Quartal 1727 (Erfurth) p. 112—116. — 
Nach dem Bericht Richters kommen die Ortolane „gemeiniglich gegen 
die Mitte des Monats Aprilis zum Vorschein, halten sich gern in Wein- 
bergen auf und pflegen allda zu nisten. Die Winzer oder Weingärtner 
und Bauern pflegen sie in unserer Gegend Windische oder Wendische 
Goldammer zu nennen. Im Monat Augusto ziehen sie von hier weg 
‘und meistens des Nachts. — — Vom 12. Aug. bis den 24. ejusd. 
fliegen sie am stärksten, — —.“ Nun folgen ausführliche Angaben über 
Anlage eines Herdes, Fang, Gefangenhaltung, Fütterung, Mästung und 
‚Zubereitung, Färbung und Stimme. „Während er des Nachts fleugt, so 
schnüpfet er wi=a eine Zippe, nur dafs er die Stimme länger ziehet und 
thönet, wer nicht wohl achtung giebt solte meynen es wären Zippen — —“. 
2) Rhea, 1. Heft (1846) p. 3. Verf. 


Joum. f. Or. LXX., Jahrg. April/Juli 1922. ll 


154 Rich. Heyder: 


Königswartha (2, 99), Neschwitz (2, 528), Truppen (99), Zerna 
(3. VI. 1914 beob. — Verf.), Kriepitz (Weifsmantel Tgbch.), Deutsch- 
baselitz (2, Weifsmantel Tgbch.), Schiedel (derselbe), „Wobrasch- 
ken“ bei Schiedel (10. VI. 1919 beob. — Verf.), Zschornau (Weils- 
mantel), Strafsgräbchen, Häslich, Reichenau (derselbe, 7. VI. 1919 
bei R. beob. — Verf.) Gottschdorf, Weifsbach, Königsbrück (Weils- 
mantel Tgbch.), Laufsnitzer Heide (7. VI. 1919 beob. — Verf.), 
Bärnsdorf (9. V. 1915 beob. — Mayhoft Tgbch.), Radeburg (14. V. 
1916 beob. — Mayhoff. Tgbch.), Niederrödern (30. VI. 1916 
beob. — Mayhoff Tebch.), Moritzburger Wald (21. V. 1916 beim 
Georgenteich, 4. VII. 1916 beim Rietzschkegrund, 13. VII. 1916 
in Weinböhlaer Kiefernheide beob. — Mayhoft Tgbch.), Grofsen- 
hain (1/II, 268/I), Skassa (1/III), Roda (S'0'Q 17. V. 1903 im 
Zoolog. Mus. Dresden), Nünchritz (268/V, /VI, /VIII, /X), Goh- 
rischheide bei Zeithain (374). Am weitesten nach Süden vor- 
‚geschoben sind Kriepitz, Häslich, Laufsnitzer Heide uud der 
Moritzburger Wald. Ganz abgetrennt von diesem Gebiet ist der 
von Weise und Rudolph (385, 268/lI) als Brutort aufgeführte 
Schlechteberg bei Ebersbach, ein Basaltberg im Lausitzer Ge- 
birge. Westwärts des Elblaufes liegen Nachrichten vor über 
Diesbar (384), Mautitz (268/l, /II), Oschatz (326), Wurzen (198, 
268/II), Böhlen bei Grimma (268/IX), Grofssteinberg-Pomisen 
(157, 440), Schleufsig (für zurückliegende Zeit: 9° juv. 14. VII. 
1862 im Zoolog. Museum Leipzig — 150, 440) und neuentstandene 
Kiesflächen nahe dem Leipziger Mefsplatz, wo sich Sommer 1920 
hindurch mehrere anscheinend unbeweibte C* aufhielten und 
vielleicht zu dauernder Ansiedelung schreiten (Nestler briefl.) 

Trotz der Fülle an Einzelangaben ist ein weiteres Studium 
des Verbreitungsgebietes erforderlich, da die Verbreitung nach 
Süden zu eine natürliche Grenze findet, deren Verlauf noch 
nicht genügend klar ist. Es ist anzunehmen, dafs z. B. in der 
Bautzener Gegend der Brachpieper mit den diluvialen Sanden 
viel weiter nach Süden geht als gegenwärtig bekannt ist. — 

Ein ganz ungewöhnlich frühes Beobachtungsdatum nennt 
Hoffmann (456) mit dem 25. März; ich beobachtete andererseits 
noch sichere Durchzügler am 1. und 6. Mai. 


238. Anihus sp. spinoletta (L.). 


Berichtigung: Lies p. 460 auf Zeile 7 von oben statt 
„1908 1909, auf Zeile 3 von unten statt „aus Leipzig“ aus 
der Gegend von Leipzig. 


241. Motacilla c. cinerea Tunst. 


Einige weitere Angaben über das Auftretet‘ der Gebirgs- 
bachstelze in der Niederung seien hier kurz angeführt: 9. IV. 
1909 ein Paar bei der Commerauer Mühle bei Königswartha 
(Mayhoffi Tgbch.), 14. V. und 24. IV. 1916 je ein Paar am Brett- 


A er 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 155 


mühlenteich bei Zschorna (Mayhoff Tgbch.), 7. VII. 1919 eine 
Familie am Abflufs des Dammühlenteichs bei Schönfeld, 7. und 
9. VI. 1920 ein Paar fütternd bei Grüngräbchen (Verf... Nach 
Weifsmantel (mündlich) ist das Brüten dieser Stelze im nörd- 
lichen Niederungsstreifen der Lausitz nichts seltenes. 


Motaeilla flava ihunbergi Billberg. 


Am 20. V. 1919 hielten sich auf einem Saatfeld nahe des 
Nordwestufers des Grofshartmannsdorfer Grofsteichs eine Anzahl 
Schafstelzen auf, die entgegen der Gewohnheit ihrer Artgenossen, 
welche sich schon auf ihre Brutplätze verstreut hatten, einen eng 
zusammenhaltenden Flug bildeten und sich dadurch als Durchzügler 
auswiesen. Es waren 5—6 Stück, worunter mindestens 3 9’. Da 
die Vögel anfangs nicht sonderlich scheu waren und erst nach 
mehrmaligem Angehen sichtlich mifstrauischer wurden, konnte 
ich mich mittels Prismenglases mehrmals genau vom Fehlen des 
Superziliarstreifs überzeugen und die dunkle Färbung des Ober- 
kopfes bei mindestens dem mir jeweils zunächst sitzenden Q' 
feststellen. Es unterliegt für mich keinerlei Zweifel, dafs ich 
Motacilla flava thunbergi vor mir hatte und dafs alle Vögel des 
Fluges dieser nordischen Form zugehörten. 

Einstweilen reihe ich diese Form den sächsischen Vögeln 
noch nicht ein, da ich überzeugt bin, dafs fernere Beobachtungen 
diese erstmalige Feststellung bald bestätigen werden. 
Bedauerlich ist, dafs mir die Möglichkeit des Abschusses eines 
Belegs nicht geboten war. 


244. Melanocorypha c. calandra (L.). 


Neuerdings wandeln mich Zweifel an, ob das sächsische 
Belegstück nicht doch der Gefangenschaft entflogen und dann 
wieder in die Hände des Fängers geraten ist. Baers (2) Ge- 
währsmann versichert zwar, dafs der Vogel unter Haubenlerchen 
und Artgenossen betroffen wurde, welch letzteres mich auch zur 
Aufnahme bestimmte. Ich halte es jedoch für bedenklich, ledig- 
lich auf eine von dem Gewährsmann Preifsiler nur weitergegebene, 
nicht durch Eigenbeobachtung befestigte Angabe hin das Stück 
als Wildling anzusehen und die Art in der Liste zu führen. 


248. Certhia familiaris macrodaciyla (Br.). 


Dem Waldbaumläufer ist während der Berichtsjahre auch 
in Sachsen so lebhafte Aufmerksamkeit gewidmet worden, dafs 
ich die (446) gegebenen Mitteilungen nicht unwesentlich erweitern 
bezw. berichtigen kann. Was zunächst die subspezifische 
Einordnung der bei uns wohnenden Waldbaumläufer be- 
trifft, so haben sich Stimmen erhoben gegen meine Einbeziehung 
des sächsischen Vogels in die oben genannte mitteldeutsche 


11* 


156 Rich, Heyder: 

Form. Reichenow (501) vertritt die Ansicht, er müsse zur Öst- 
lichen Form gezogen werden, also familiaris. heilsen. Dem- 
gegenüber kommt Schlegel (517, 519, 520), der neben den wenigen 
Vögeln des Zoolog. Museums Dresden, die mir seinerzeit vor- 
lagen und die dann Mayhoff auf meine Bitte nochmals nach- 
prüfte, eine gröfsere Serie (17 Stück) aus dem Leipziger Gebiete 
daraufhin untersuchen konnte, zu folgendem Ergebnis: Es sind 
— — hinsichtlich des Einordnens des sächsischen Materials zwei 
Möglichkeiten gegeben. Entweder verweisen wir die Sachsen 
auf die unterste ‘Stufe der Variationsbreite des hellen familiarıs 
familiaris oder ziehen ihn zum dunklen familiaris macrodactyla. 
Da nun der Variationsausschlag gegen familiarıs familiarıs ein 
recht auffälliger ist, sich aber unsere Sachsen von bayerischen 
und tbüringischen Stücken nach meiner Ueberzeugung nicht 
unterscheiden lassen, halte ich es persönlich für zwingender und 
natürlicher, die Sachsen besser mit Üerthia familiaris macro- 
 dactyla zu identifizieren.“ Ebenso zieht Stresemann (533) ihm 
aus Sachsen vorliegende Stücke zu dieser Form, betont aber 
gleichzeitig, dafs macrodactyla „eine nur schwach ausgebildete 
geographische Form“ sei. Ich füge hinzu, dafs auch im vor- 
liegenden Falle dem vermittelnden Charakter unserer sächsischen 
Vögel am natürlichsten Rechnung getragen wird durch die An- 
wendung von Formelzeichen, wie sie Stresemann neuerdings 
wieder empfiehlt. Sie mülsten wie folgt verwendet werden: 


Certhia familiarıs macrodactyla > familiaris. 


Im Ganzen darf ich mir hier wohl die Meinung zu eigen 
machen, die Graf Zedlitz!) sehr treffend äufserte, nämlich, dafs 
es nebensächlich ist und- Ansichtssache bleibt, wieviel und 
welche Namen man benutzt. um darzutun, dafs eine allmähliche 
Veränderung des Gefieders von West nach Ost stattfindet. 


Hesse schofs am 24. XI. 1916 im Kanitzschforst bei Leipzig 
ein @ und verglich es mit dem familiaris-Material des Berliner 
Museums. Der Vergleich ergab ihm, dafs dieses © das hellste 
von allen Stücken war. Hesse (440) zieht es deshalb zur letzt- 
genannten Form und erblickt in ihm eine Bestätigung der oben 
erwähnten Ansicht Reichenows. Wichtiger als die Frage, ob 
ein Einzelstück bei der nicht unerheblichen Pendelweite indivi- 
dueller Variation überhaupt zu einem Urteil berechtigt, erscheint 
mir der Hinweis, den sowohl Schlegel (520) als auch Graf Zed- 
litz (l. c.) damit geltend machen, dafs es sich um einen Winter- 
vogel von möglicherweise östlicher bezw. nördlicher Herkunft 
handeln könne. Einstweilen warte ich weitere Untersuchungen 
in dieser Hinsicht ab, bevor ich auch die Nominatform als in 
Sachsen auftretend betrachte. 


4) Journ. f. Orn. 68. Jg. (1920) p. 72. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 157 


In einem Punkte mufs ich mich . besserer Einsicht fügen: 
Für das Zustandekommen von Kreuzungen mit Exemplaren der 
äufserlich so nahestehenden Formengruppe Certhia brachydactyla 
haben sich auch neuerdings Beweise nicht finden lassen. Auch 
die Beobachtung Kramers (384, 230), der von einem Vogel sowohl 
den Gesang von brachydaciyla als den von famiharis gehört 
zu haben angibt, hat anderweite Bestätigung nicht erhalten. 
Die „physiologische Entfremdung“ — um mit Stresemann (530) 
zu reden — zwischen beiden Formengruppen ist doch tiefer als 
ich früher (446) glaubte. 

Der Waldbaumläufer ist heute in allen Teilen Sachsens 
festgestellt und nicht, wie Hoffmann (452) anzunehmen geneigt 
ist, „in vereinzelten Posten‘ im Lande vertreten. Er ist also 
nicht wie im Westen und Süden seines Verbreitungsareals, aus- 
schliefslich an das Gebirge gebunden und kettet sich ebensowenig 
überall an dessen Baumarten. Ein gemeinsames Merkmal seiner 
hiesigen Aufenthaltsplätze scheint in der Geschlossenheit der von 
ihm bewohnten Bestände zu liegen. Ich fand das bisher überall 
bestätigt, wo ich der Art begegnete. Vielleicht liegt hierin der 
Schlüssel zu der vielfältig (369, 371, 2, 230, 520) vertretenen 
Annahme, dafs der Waldbaumläufer auch in Mitteldeutschland 
den Nadelwald vorziehe, der uns ja in dieser Eigenschaft viel 
häufiger entgegentritt als Laubholzwuchs. Betrachten wir das 
örtliche- Vorkommen in Sachsen näher, so finden wir durch 
Weifsmantel (Tgbch.), der ihn in den Kiefernhochwäldern der 
Lausitzer Niederung und auch an den mit Mischwald bestandenen 
Hängen des Pulsnitztales östl. von Königsbrück (Tiefental) be- 
obachtete, neuerdings die etwas allgemeine Angabe Baers (2) 
vom Vorkommen der Art in der Oberlausitz bestätigt. Bei Weils- 
mantels Wohnort Grüngräbchen beobachtete ich 6. und 7. VI. 1920 
ein O' im mittelalten Kiefernwald mit Fichtenzwischenwuchs. 
Dem Elbelauf zu mehren sich die Einzelnachweise und liegen 
vor von Staatsforstrevier Okrilla (2 9 vom 10. VIII 1905 im 
Dresdener Museum), Gutspark Hermsdorf an der Röder (452, 
456, Tgbch. Mayhoff), Moritzburger Wald (492, 453), Dresdener 
Heide (453, 9 vom 10. VII. 1903 im Dresdener Museum), 
Gauernitz bei Dresden (446). Ebenso reichlich belegt ist das 
Vorkommen im nordelbischen Teile des Elbsandsteingebirges, 
insbesondere für das Doppelmassiv beider Winterberge und der 
es begrenzenden Taleinschnitte, aufserdem auch für Brand und 
Bastei durch Beobachtungen Voigts (briefl., 384), Hoffmanns (452, 
453, 456), Mayhofis (Tgbch.) und Belegstücke im Dresdener 
Museum (3 © vom Ottendorfer Revier). Über die Vorliebe für 
eine bestimmte Waldfazies der genannten Gegenden, deren Wälder 
vorwiegend von Nadelhölzern, in erster Linie Kiefern gebildet 
werden, erfahren wir wenig. Hoffmann (452) sagt, dafs er den 
Waldbaumläufer im Hermsdorfer Park meist an alten Eichen, 
Buchen, Kastanien, Erlen und Obstbäumen, an anderen Orten 


158 Rich. Heyder: 


mehr an Nadelbäumen betroffen habe; Mayhoff fand ihn bei 
Moritzburg in Kiefern-Birkenwald (Tgbch.). Für die Gegend 
von Grofshennersdorf (südöstl. Lausitzer Gebirge) weist ihn 
Kramer (230) dem Nadelwald zu. Das gleiche muls ich ohne 


wesentliche Einschränkung für das Erzgebirge tun. Hier be- 


beobachteten ihn Rechenberger (briefl.) in der Gegend von Anna- 
berg, Stresemann (530) in Kieferwäldern bei Oberschlema, woher 


die Staatssammlung München ein Belegstück besitzt. Ein weiteres 


enthält die Sammlung der Forstakademie Tharandt: „Tharandt, 
29. IV. 1905“ Ich selbst fand ihn im. Erzgebirge bisher an 
folgenden Orten: 25. III. und 20. VI. 1920 je ein singendes Q' 
in ca. hundertjährigem Fichtenbestand des „Oberen Freiwaldes“ 
bei Brand, 21. und 27. VIII. 1919, doch später nie wieder, ein 
solches in alter Fichtengruppe des Gutsparkes von Börnichen bei 
Oederan, seit 1914 alljährlich und sehr beständig in mehreren 
Paaren in einem alten Rotbuchenbestand des Röthenbachgehänges 
im Borstendorfer Walde (446) und den angrenzenden Fichten- 
parzellen sowie anderen Fichtenorten dieses Reviers, 23. IV.1919 
im Lengefelder Walde, 18. IV. und 9.V. 1920 in der „Feldung“ 
im Flöhatal, wiederum stets in Fichtenwaldteilen von einem be- 
stimmten Gepräge: Durch Windwurf lückig gewordene Althölzer, 
in welchen infolge ihres schütteren Bestandes bezw. infolge des 
Alters der Bäume das durchfallende Tageslicht bereits wieder 
Bodenvegetation hervorzubringen imstande ist und besonders 
4Aira flexuosa ausnahmelos in mehr oder minder zusammen- 
hängenden Polstern den Waldboden überzog. Zweifellos ist der 


Waldbaumläufer in den Bergwäldern, wenn auch nicht häufig, so 


doch viel verbreiteter als bisher festgestellt und seine Vertikal- 
verbreitung erst auf dem Rücken- unserer Gebirgszüge abge- 
schlossen. Da, wo ich ihn im Gebirge zur Brutzeit fand, habe 
ich den Gartenbaumläufer nie angetroffen. In der Niedernng aber 
treten beide auch brütend nebeneinander auf, wie die meisten 
Beobachter übereinstimmend berichten. Im Leipziger Gebiet 
fand Schlegel (520) beide als gleich häufige Standvögel, unsere 
Art in geschlossenen Waldkomplexen entschieden häufiger, den 
Gartenbaumläufer im mehr freien Gelände als den ausschliefs- 
lichen Brutvogel. Aufser den 17 Belegvögeln aus diesem engeren 
Gebiet, die Schlegel seinen Balgstudien zu Grunde legte, besitzt 
die Sammlung des Zoolog. Instituts zu Leipzig nach Hesse (150, 
440) 2 Stücke aus dieser Gegend, für welche die Art aufser dem 


letztgenannten (146, 150, 151, 152, 157, 158, 440) mir auch 


Voigt (384, briefl.), Nestler (briefl.) und Schlegel (517, 519, 520) 
nachwiesen. Endlich liegt aus dem Muldegebiet, aus dem 
„Tiergarten“ bei Colditz, wo ich trotz mehrfacher Besuche immer 
nur Gartenbaumläufer und zwar häufig antraf, ein von Hantzsch 
gesammeltes Belegstück vor: @ vom 28. IV. 1905 im Dresdener 
Museum (446). Auch hier herrscht, wie in den Leipziger Fund- 
gebieten, Laubwald. Für die meisten der genannten Oertlichkeiten 
dürfte die Art als Brutvogel anzusehen sein. 


H . 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 159 


249. Oerthia b. brachydactyla Br. 


Den Gartenbaumläufer sucht man im Gebirge meist ver- 
geblich als Brutvogel, obschon ihn das Niederland und die Vor- 
berge regelmälsig und an zusagenden Lebensräumen auch häufig 
aufweisen. Ursache davon ist seine deutliche Abneigung gegen- 
über reinem Fichtenwald, der ja im Gebirge mit zunehmender 
Höhe zu immer stärkerer Entfaltung kommt. Solange man diese 
Verhältnisse im Auge hat, kann man jedenfalls nicht ohne Be- 
rechtigung sagen, dafs der Gartenbaumläufer in der Niederung, 
der Waldbaumläufer hingegen im Gebirge vorherrscht. Mir ist 
nur einmal das Brüten unserer Art im reinem Fichtenwalde vor- 
gekommen: Kästner führte mich 13. V. 1920 im „Küchenwald“ 
bei Frankenberg an ein Nest, das in einem vom Schwarzspecht 
herrührenden Einhieb in einem Fichtenstamme stand. Nach der 
Brutzeit schwindet übrigens diese Eigenheit; Gartenbaumläufer 
im Fichtenwald sind dann keine Seltenheit mehr. Mit der Kiefer 
findet er sich weit besser ab; in den grofsen Heidewäldern der 
Lausitzer Niederung fand ich ihn verhältnismäfsig oft, meist 
allerdings dann, wenn die Kiefern gleichzeitig Zwischenwuchs 
alter Birken oder die Nachbarschaft eichenbestandener Teich- 
dämme aufwiesen. In ganz besonderem Mafse folgter der Eiche; 
selbst in völlig isoliert stehenden Gruppen alter Eichen wird man 
ihn selten vermissen. An Oertlichkeiten, wie sie brachydactyla 
auch in der Niederung wählt, wie alten Baumgärten, Alleen, 
Parks mit rissig berindeten Bäumen usw., tritt sie jedoch auch 
im Berglande auf. Doch erreicht hier ihr Auftreten nicht mehr 
jene Häufigkeit, mit der sich ihr Vorkommen in tieferen Lagen 
charakterisiert, weil die angegebenen Plätze mit der Höhenzu- 
nahme seltener werden und schliefslich verschwinden. Das Auf- 
treten der Art ist deshalb schon in mittleren Stufen ausgesprochen 
selten und insulär, aufserdem aber noch ungenügend bekannt. 

Es kann sich hier also vornehmlich nur darum handeln, 
festzustellen, wieweit der Gartenbaumläufer das Gebirge ersteigt. 
Da uns bezüglich der Artunterscheidung zwischen beiden Gruppen 
die ältere Literatur völlig im Stich läfst, betrachte ich als ge- 
sicherte Funde nur die Angaben neuerer Beobachter: Schlegel 
(520) stellte ihn für mehrere Stellen des Zwickauer Beckens (um 
Hohenstein-Ernsttal, Wildenfels und im Revier Hainholz) fest. 
Ich selbst fand ihn bei Oederan, also auf der niedrigsten Schwelle 
des Erzgebirges, verschiedentlich brütend; die südlichsten Punkte 
in meinem engeren Beobachtungsgebiet, an denen ich ihn zur 
Brutzeit fand, sind Langenau (südl. Freiberg), Leubsdorf und 
der Rauensteiner Schlofsberg im Flöhatal und erreichen Höhen 
von reichlich 450 m; darüber hinaus fand ich ihn nicht mehr. 
Mayhoff (Tgbch.) notierte ihn noch für das tief eingeschnittene 
Weifseritztal bei Berreuth im östlichen Erzgebirge. Am weitesten 
hinauf hat ihn Rechenberger (mündl.) verfolgt, der ihn brütend 


‘160 Rich. Heyder: 


im Kurpark Wiesenbad im Zschopautal und beim Markus Roeh- 
lingschacht bei Annaberg (ca. 600 m) feststellte. 


250. Tichodroma muraria (L.). 


Den Mitteilungen Wünsches (268/III, /IV, /V, /VIL 399, 


401, 402) über das Auftreten des Alpenmauerläufers in den 
Postelwitzer Sandsteinbrüchen ist nachzutragen, das von dem 
genannten Boobachter am 2. XII. 1879 einige und nach dem 
Winter 1894/95 zwei allwinterlich bis 1900 angetroffen wurden; im 
März 1901 war nur noch ein Stück festzustellen. Seitdem fehlen 
Aufzeichnungen. Wünsche kam seines vorgerückten Alters wegen 
nicht mehr an die Aufenthaltsorte, doch war er bis in die letzten 
Jahre seines Lebens vom unveränderten Vorkommen überzeugt, 
wie er mir gelegentlich meiner Besuche bei ihm (31. V. 1909 
und 21. VI. 1910) versicherte, sodafs auch heute noch der schöne 
Vogel im Winter die Steinbrüche besuchen, im Sommer aber 
wahrscheinlich in den zahlreichen höher gelegenen Wänden des 
Quadersandsteins brüten dürfte. 

Für das sächsische!) Sandsteingebiet ist die Art in nicht 
weniger als 17 Jahren (1834, 1836, 1859, 1878, 1879, 1881, 1882, 


1888, 1889, 1890, 1895, 1896, 1897, 1898, 1899, 1900, 1901) 


festgestellt. Wenn dies auch fast nur im Winter geschah, so 
sagt uns doch die Regelmälsigkeit des Erscheinens, dafs die 
Brutplätze nicht weitab liegen können. Ueberdies wurde die 
Art 1890 zur Brutzeit beobachtet, und Reichenbach (289) erhielt 
ebenfalls ein „im Sommer“ geschossenes Stück. Das Elbsand- 
steingebirge darf sonach wohl als nördlichstes Brutgebiet Deutsch- 
lands angesprochen werden. 

Belegstücke enthalten das Zoolog. Museum in Dresden 
(9 16. Ifl. 1881), die Tharandter Sammlung (1 Ex. von 1859), 
die Sammlung des ‚„Gebirgsvereins für die Sächsische Schweiz“ 
in Pirna (S' und 9, nach Wünsche beide aus den Postelwitzer 
Brüchen, wo aufser den von ihm gesammelten zwei Stücken noch 
weitere vier von anderer Seite geschossen wurden) und Wünsches 
Sammlung (O9! 7. I. 1888, © 14. III. 1878. — Die aufser ihnen 
vorhandenen Nestlinge hatte W. aus der Schweiz bezogen), die 
seit seinem Tode anscheinend aufgelöst ist. 


251. Sitta europaea caesia Wolf. 


Die Kleiber Mittel- und Osteuropas standen in den letzten 
Jahren mehr als je ein Mittelpunkte allgemeinen Interesses. Der 
Ueberzeugung, dafs die Art von West nach Ost und von Süd 
nach Nord allmählich die Färbung der Unterseite in so augenfälliger 
Weise wandele, dafs auch die Uebergänge als konstante Rassen 


1) Desgl. auf böhmischer Seite (auf Kirnitzscher Forstrevier) in den 
ersten vierziger Jahren vor. Jahrhunderts (401). Verf. 


Ei 
2 
Rn 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 161 


anerkannt und infolgedessen mit Namen belegt werden müssen, 
verschliefst sich niemand mehr. Wie aber das System und sein 
Werkzeug, die Namengebung, am ungezwungensten und zweck- 
mälsigsten diese Abänderung wiederspiegele, darüber gehen die 
Ansichten weit auseinander. Wer sich als Faunist eines Teiles 
jener oben genannten Gebiete veranlafst findet, die von den 
 Kleibern seines Untersuchungsbereichs erhaltenen Eindrücke zu 
bewerten, wird also von vorherein auf allseitige Zustimmung 
in seiner Auffassung verzichten müssen. 


Die Kleiber Sachsens sind von mir (446) zu obiger Form 
gezogen worden. Darin habe ich sowohl Widerspruch als auch 
Zustimmung gefunden. Reichenow (502) bemerkt: „Im nordöst- 
lichen Königreich Sachsen reicht die Verbreitung der $. c. sordida 
bis zur Elbe. Vögel aus der Sächsischen Schweiz, der Dresdener 
Heide und Colditz — — waren typische Fahibäuche. Dagegen 
stellte Herr Dr. Hesse in der Umgegend von Leipzig den Rost- 
bäuchigen Kleiber, S. caesia, fest.“ Auch an anderer Stelle hebt 
Reichenow (501, 503/Il) die Elbe als Grenze hervor. Hingegen 
sagt Stresemann (492): „Sächsische Kleiber lassen sich nicht von 
bayrischen unterscheiden. Sie sind typische caesia.‘ Und Schlegel 
(520), der speziell sächsische Vögel untersuchte, schreibt: „Auf 
Grund meiner Untersuchungen stelle ich also fest, dafs alle 
sächsischen Kleiber in den Gebieten von Leipzig ostwärts bis 
in die Dresdener Gegend Silta europaea caesia Wolf zugewiesen 
werden müssen. Wie sich in dieser Hinsicht Lausitzer Exemplare 
stellen zu der angrenzenden Kleinschmidt’schen reichenowi 
Schlesiens, mufs späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, 
da mir aus den Ööstlichsten Gegenden Sachsens Material nicht 
zur Verfügung stand.“ Die Ergebnisse Schlegels ruhen z.T. auf 
denselben Stücken des Dresdener Museums, die Reichenow schon 
zur Beurteilung vorlagen. Die zwei Vögel aus Colditz, nach 
Reichenow noch „typische Fahlbäuche“, nach Schlegel!) aber 
„von den dunkelsten Leipziger Stücken nicht unterscheidbar“ 
[und somit caesöa], überschreiten die von Reichenow angenommene 
Grenzzone des Elblaufes bedeutend, denn ihre Fundorte liegen 
nahe der westlichen Grenze Sachsens im Muldentale. 


Die Urteile stehen sich also scharf und unvereinbar gegen- 
über. Erwiesen scheint mir vorläufig nur das eine, dals im west- 
elbischen Sachsen, für das zur Zeit allein Untersuchungsergebnisse 
vorliegen, sich die geographische Abänderung in so unmerklichem 
Ausmafs geltend macht, dafs sie von der individuellen Variation 
vollkommen verschleiert wird und dafs eine eindeutige Fest- 
stellung zweier Lokalformen nach Vögeln von dort ausgeschlossen 
erscheint. 


1) Schlegel (520) schreibt p. 198 fälschlich „Exemplare aus Roch- 
litz“ statt Colditz. | Verf. 


162 ‚Rich. Heyder: 


Parus c. cyanus Pall. 
Die von mir (446) erwähnte Nachricht vom Fang von Lasur- 


meisen auf einer Meisenhütte in Sachsen dürfte auf » Brehm 


(48/I) zurückzuführen sein. 


256. Parus atricapillus salicarius Br. 


Es hat der Aufmerksamkeit weniger Jahre bedurft, um über 
das Vorkommen der Mattkopfmeise in Sachsen im grofsen und 
ganzen im klaren zu sein. Den beiden (446) erwähnten Beleg- 
vögeln haben sich rasch weitere Funde aus fast allen Teilen des 
Landes zugesellt, sodafs das Vorkommen dieser Meise durch 
ganz Sachsen vermutet werden darf. Eine Ausnahme macht bis- 
lang unter den sächsischen Landschaften nur die Leipziger 
Niederung, doch steht, nachdem Hildebrandt (451) den Nachweis 
ihres Auftretens am Südrande der Leipziger Bucht, bei Altenburg, 
führte, ihre Feststellung auch hier zu erwarten. Im allgemeinen 
ist die Art selten, da und dort tritt sie jedoch zeitweilig auch 
in stärkerer Siedelungsdichte auf. Die Aufenthaltsorte, gänzlich 
abweichend von denen der glanzköpfigen Sumpfmeise, werden 
von den meisten Beobachtern eben dieser Unterschiede wegen 
genau beschrieben; sehr ausführlich und treffend geschieht dies 
besonders durch Stresemann (535). Speziell für meine erzge- 
birgischen Fundorte waren immer undurchforstete Fichtenstangen- 
hölzer mit bald schütteren, bald undurchdringlich verwachsenen 
Bestandspartien, Ebereschen-, Birken- und Salweidenzwischen- 
wuchs bezeichnend. 

Aus der Lausitzer Niederung liegen neben den im Dresdener 
Museum befindlichen zwei Vögeln (9'Q 10. V. 1903) aus der Ge- 
gend von Krakau, die ich schon (446) erwähnte, folgende Nach- 
weise vor: Mayhoff (Tgbch.) beobachtete 7. 1V. 1909 am Deutsch- 
baselitzer Grofsteich eine, am 27. IV. 1916 auf dem Damm eines 
der Döbraer Teiche ein Paar und bei Königswartha (vermutlich 
zwischen Cunnewitz und dem Wollschankteich) nochmals eine. 
Weilsmantel (Tgbch.) begegnete ihr am 23. III. und 30. XI. 1919 
am „Wehrberg“ bei Reichenau. Im Lausitzer Gebirge fanden sie 
Uttendörfer und Kramer (551) an geeigneten Stellen regelmälsig 
— der erstere (550) nennt sie sogar „häufig“ — bei Herrnhut. 
Auch fürs Erzgebirge und das ihm vorgelagerte erzgebirgische 
Becken ist sie als stellenweise nicht selten bekannt geworden: 
Schlegel (512, 516, 535) wies sie für das letztere durch im 
Januar, April und Dezember im Revier „Hainholz‘“‘ und bei 
Hermsdorf geschossene Belegstücke nach; Schelcher (510) und 
Stresemann (535, briefl.) fanden sie Ende August und im Sep- 
tember 1919 bei Schneeberg, Oberschlema und Aue, wo der 
letztere für das Zoolog. Museum München ebenfalls einige Be- 
legvögel erlegte. Bei Oederan stellte ich sie ebenfalls fest; im 
Jahre: 1919 fand ich sie regelmälsig bis in den April an zwei 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 168 


Oertlichkeiten, dem „Stadtwald“ (447) und am oberen Ausgang 
des „Dreibörnergrundes“ im „Oederaner Wald“, sodafs ich schon 
hoffte, den Nachweis ihres Brütens führen zu können, leider 
vergebens. Erst nach der Brutzeit gelangen wieder Beobachtungen 
am erstgenannten Ort. 1918 und 1920 war das Vorkommen 
weniger oft festzustellen. Weiter hinauf im Gebirge kennt sie 
Rechenberger (briefl.) für die Umgegend von Annaberg; unter 
seiner Führung beobachteten am 20. VIII. 1920 Köhler und ich 
die Art an vier Stellen des Sehmatales unterhalb Annaberg. 
Endlich bemerkte ich sie auch einmal im Gebiete der Mulde, am 
23. II. 1918 ein Stück durch einen Ziergarten in Rochlitz 
streifend. Soweit bekannt ist bisher das Brüten der Art für 
Sachsen noch nicht nachgewiesen, so bestimmt dasselbe auch 
anzunehmen ist; es mag das auf das heimliche Wesen der Matt- 
kopfmeise am Brutplatz zurückzuführen sein. In dem oben er- 
wähnten Pärchen aus Krakau liegen aber wahrscheinlich Brut- 


„vögel vor. 


258. Aegithalos caudatus europaeus (Herm.). 


In der Orn. Sax. falste ich nach Reichenow (503/I) die 
Mehrzahl der bei uns vorkommenden Schwanzmeisen als Aeg. 
caudatus typ. auf, weil der gröfsere Teil von ihnen mehr weifs- 
als streifenköpfig gefärbt ist; diejenigen Stücke, die im Winter 
und nachher noch deutliche Kopfstreifung aufwiesen, der Jahres- 
zeit nach also nicht mehr in den Verdacht der Jugendfärbung 
kommen konnten, stellte ich unter besonderer Nnmmer zu Aeg- 
caudatus europaeus. Bereits in einer Korrekturnote hat dann 
Mayhoff darauf hingewiesen, dafs die sächsischen Vögel trotz 
der bei ihnen vorherrschenden Weifsköpfigkeit die von Hartert 
(Vög.d. pal. Fauna) genauer umschriebenen Merkmale der typischen 
Form nicht erreichen, sie mithin sämtlich zu europaeus zu ziehen 
seien und das Vorkommen des caudatus typicus 
bisher des Beweises entbehre, ein Standpunkt, der 
heute noch eingenommen werden muls. Die Folgezeit hat Ar- 
beiten in grölserer Zahl (439, 440, 451, 503/ll, 516, 524, 532) 
sich mit den schwierig liegenden Verwandtschafts- und Ver- 
breitungsverhältnissen beider Formen beschäftigen lassen. Teil- 
weise ist dort versucht worden, die Variabilität der Kopffärbung 
prozentual auszudrücken, so von Stresemann (531), der u. a. 
30 sächsische Schwanzmeisen untersuchte und sein Ergebnis 
folgendermalsen gruppiert: Rein weilsköpfig 42.3 °/,, hieran an- 
schliefsend drei vermittelnde und zur ausgeprägten Streifung 
überleitende Gruppen mit 31.3 %/,, 10.0°%, und 10.0 %/,, endlich 
diese mit 6.6 %,. Schlegel (524) untersuchte 39 sächsische Bälge 


‘und fand unter ihnen rein weilsköpfige 25.9 %/,, ausgesprochen 


streifköpfige 15.4 °/,, vermittelnde 59.2 °/, (diese nach Stresemanns 
Vorgang in drei Typen mit 20.8 °/,, 15.4 %%, und 23 °/, zerfallend) ; 


das Untersuchungsmaterial stammte aus Westsachsen (Leipziger 


164 Rich. Heyder: 


Bucht und Erzgebirgisches Becken). Aus dem westlich un- 
mittelbar angrenzenden Sachsen-Altenburg liegen durch Hilde- 
brandt (451); ähnliche Ermittelungen an 17 Tieren vor: 29%, 
weilsköpfig, 59 %/, vermittelnd, 12°/, schwarzbrauig, sodafs auch 
unter Berücksichtigung des Umstandes, dafs die Mafsstäbe dieser 
Forscher nicht völlig übereinstimmen werden, die durchschnitt- 
liche Zunahme der Kopfpigmentierung nach Westen selbst auf 
kleinere Entfernungen hin deutlich wird. Stresemann legt (l. c.) 
dann noch weiter dar, dafs das, was gemeinhin nach Harterts 
Vorgang als Ae. c. europaeus bezeichnet werde, keine geschlossene 
Einheit bilde. Korrekter sei die Benennung durch Formeln, was 
nicht nur zum Ausdruck bringe, dafs essich um eine Misch- 
rasse handele, sondern auch den ungefähren Grad der Blut- 
mischung andeute, für Sachsen also etwa 
„Aegithalos caudatus caudatus, X pyrenaicus;.“ 

Bezüglich der Verbreitung. der Art im Gebirge mangelt es 
mir noch zu sehr an Angaben, als dafs ich ausführlicher auf die- 
selbe eingehen könnte. Schlegel bezweifelt (516) die Richtigkeit 
der mir von Markert (briefl.) gemachten Angabe vom ausnahms- 
weisen Brüten eines Pärchens auf Crottendorfer Forstrevier. Ge- 
wifs ist die Art schon von 400 m Meereshöhe ab nur noch sehr 
sparsam aufwärts verbreitet und deshalb leicht zu übersehen. 
In der Oederaner Gegend habe ich sie auch erst nach jahrelang 
vergeblichen Versuchen in letzter Zeit bestätigen können: 1919 
in einer Eichenpflanzung bei Falkenau zur Brutzeit (11. IV., 
11. V., 16. V.) ein mutmafslich brütendes Paar, am 16. IV. am 
Rauensteiner Schlofsberg und ferner öfter während der Winter- 
monate. Als völlig ausgeschlossen möchte ich das Brutvorkommen 
in den höheren Lagen aber doch nicht betrachten. 


Remie p. pendulinus L. 


Angeblich beobachteten Neumann und Grünewald (1/III) 
am 31. III. 1878 3 Pärchen Beutelmeisen in Fichtenbäumen bei 
Grofsenhain. Ich führe diese Notiz lediglich der Vollständigkeit 
halber auf, ohne von ihrer Richtigkeit überzeugt zu sein. 


269. Sylvia a. atricapilla (L.). 


Salveter (mündl.) teilte mir mit, dafs im Dezember 1918 
noch immer Schwarzplättchen auf dem Waldheimer Friedhof an- 
zutrefien waren. Er legte mir eins derselben, mit brauner Kopf- 
platte, vor. 


270. Acrocephalus"a. arundinaceus (1.). 
Einige mir neuerdings bekannt gewordene Brutplätze 


der Rohrdrossel halte ich für erwähnenswert, weil sie verhältnis- 


mäfsig weitab vom eigentlichen sächsischen Brutareal, der 
Niederung unter 200 m, nach Süden, also gebirgwärts, verlegt 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 165 


sind. Es sind dies der Schilfteich, in ca. 250 m Höhe in der 
Zschopauaue bei Frankenberg gelegen, auf welchem die Art nach 
Kästner (briefl. u. mündl.) fast alljährlich zur Brutzeit vorkommt, 
und der Dorfteich in Kreischa südl. von Dresden in ca. 190 m 
Höhe, wo sie Mayhoff (Tgbch.) 1915 feststellte. Mit dem schon 
(446) genannten Burkersdorfer Teichgebiet und dem von Grols- 
hennersdorf bei Herrnhut (280 m), in welch beiden die Art nach 
K. A. Israel (268/III) und Kramer (230) brütet, sind die ge- 
nannten Brutorte gegenwärtiger Kenntnis nach als die südlichsten 
und gleichzeitig als die am höchsten gelegenen zu betrachten. 

In höher gelegenen Gegenden, insbesondere im Erzgebirge, 
tritt sie nur als selten beobachteter Durchzügler (268/lV, 181) 
auf. Der Herbstzug ist bekannt für Ende Juli bis Mitte 
September. 


271. Acrocephalus s. seirpaceus (Herm.). 


Schlegels Versuch (513), die südlichsten Brutstätten der 
Rohrsänger im westlichen Sachsen festzulegen und ihre Ver- 
breitung gebirgswärts zu verfolgen, läfst auch beim Teichrohr- 
sänger deutlich erkennen, wie er in der Besiedelung des Gebiets 
an den Gewässern unterhalb der 200 m-Isobypse seine ausgiebigste 
Verbreitung findet, in Hügellande den an Zahl und Umfang 
geringer vorhandenen Teichen zufolge nur noch sporadisch auf- 
tritt und — abgesehen von wenigen Ausnahmen — am Gebirgs- 
fulse mit den letzteren reicheren Standorten von Phragmites 
communis stehen bleibt. Diese Regel gilt aber nicht nur für 
Westsachsen, sondern sie kehrt im ganzen Staate in gleicher 
Weise wieder. Ich führe deshalb die quellwärts am weitesten 
vorgeschobenen Brutorte nach Flufsgebieten eingeteilt an: Weilse 
Elster: Teiche b. Tobertitz (450/500 m [268/l1l, /LV]), Teiche 
b. Steinpleis(200/300 m [38)); Zwickauer Mulde: Teiche b. 
Hartensein (350 m [Berge briefl.]); Freiberger Mulde: 
Grofsharttmannsdorfer Grolsteich (450/500 m [181], — hier un- 
regelmäfsig Brutvogel: 1912 und 1913 sangen im Röhricht eines 
Brutteiches 2 Q9', in einer Schilfrohrstelle eines unzugänglichen 
Ausstichrains im südwestl. Torfstich 1 0° von Mai bis Juli. Seit- 
her fehlte die Art zur Brutzeit — nur 26. V. 1915 sang ein Q‘ 
vorübergehend in einem nahen Fichtenbestand —, bis sich im 
Sommer 1920 an beiden genannten Oertlichkeiten wieder je 1 9‘ 
beständig hören liefs. — Dieser Brutplatz ist anscheinend mehr 
als alle bisher genannten vom übrigen sächsischen Brutareal ab- 
getrennt. Weiter flulsabwärts finde ich den nächsten erst für 
Grofsweitzschen (200 m [268/III, /IV]) verzeichnet; Elbe: 
Reinberger Teich (300/350 m [Mayhoff, Tgbch.]), Kreischaer Dorf- 
teich (200 m [Mayhofi, Tgbch.]), Teich b. Cunnersdorf südl. 
Dresden (200 m [268/X]). Eine diese Orte verbindende Linie 
dürfte annähernd der absoluten Südgrenze des westsächsischen 


1 Rich. Heyder: 


Brutareals entsprechen und damit zugleich dessen Höhengrenze 
bedeuten. Neifse: Teiche bei Grofshennersdorf und Burkers- 
dorf (280/300 m [2, 230). Für das westwärts von hier sich er- 
streckende Lausitzer Gebirge einschliefslich des Gebietes bis zur 
Elbe fehlen mir bestimmte Angaben. 


272. Acrocephalus palustris (Bchst.). 


Berichtigung: Lies p. 474 Zeile 1 von oben statt „Werms- 
dorf“ Wernsdorf. (Der gleiche Druckfehler auch 513 p. 172) 

Mehr und mehr sichert seine Anpassungsfähigkeit dem 
Sumpfrohrsänger, der bei uns heute wohl treffender „Kornsänger“ 
zu benennen wäre, das Recht, als verbreitetster der sächsischen 
Rohrsänger bezeichnet zu werden. Denn gegenwärtig umfalst 
sein Besiedelungsbereich wohl die Feldfluren des gesamten Flach- 
und Hügellands, örtlich und jährlich natürlich mit den dieser 
Art besonders eigentümlichen Schwankungen in der Zahl. Ver- 
hältnismäfsig schwach scheint von diesen Gegenden nur der 
nördliche 'lalsandstreifen der lausitzischen Niederung besiedelt 
zu sein, für welchen Weifsmantel (Tgbch.) bisher nur wenige 
Nachweise verzeichnen konnte, ganz übereinstimmend mit meinen 
Wahrnehmungen an Ort und Stelle. 

Der Ansicht, dafs die Art erst in neuerer Zeit vermöge 
ihrer Uebersiedelung in die Getreidefelder auch im Bergland auf- 
wärts gehe, begegnet man allgemein. Es erscheint daher zu 
weiterer Beurteilung dieses Vorrückens unerläfslich und auch in 
sonstiger faunistischer Hinsicht wünschenswert, nach den bisher 
vorliegenden Befunden eine südliche „Venbreitungsgrenze‘ allge- 
meineren Vorkommens zu skizzieren, deren spätere Vervoll- 
kommnung und Berichtigung angesichts ihrer vielfältigen Lücken 
natürlich eine Notwendigkeit darstellt. Nach dem Stande meiner 
gegenwärtigen Kenntnis würde eine solche Grenzlinie zu bezeichnen 
sein durch folgende Punkte: Bad Eister (431), Teiche b. Stein- 
pleis (41), Muidenröhricht bei Wernsdorf (13), Lungwitzbach- 
und Goldbachgebiet bei Hohenstein-Ernsttal (512, 513), Torteich 
bei Grüna (Köhler briefl.), Fluren südl. Chemnitz (Köhler briefl.), 
Augustusburg (446), Thiemendorf (Verf.), Oederan (268/IV !), Verf.), 
Grofshartmannsdorf (24. VI. und 13. VII. 1920 im Teichgebiet 
festgestellt, an letzterem Tage mit Prof. Voigt das Pärchen ge- 
sehen. — Verf... Gänzlich aus dieser Linie heraus fallen einige 
von Rechenberger (mündl.) 1920 in der Zschopauaue bei Schön- 
feld-Wiesa im Erzgebirge entdeckte Brutorte. Dieselben liegen 
25 km südlicher als die entworfene Linie, allerdings dabei nicht 
höher als die höchsten der genannten Brutplätze (Augustusburg 
und Grofshartmannsdorf mit je 500 m Höhe), und wurden im er- 


ı) Nach Flach 1889 „nur noch auf einem Teiche“. Ob wirklich 
diese Art?- Verf. 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 167 


wähnten Jahre erstmalig als solche erkannt, wodurch ihr Charakter 
als neu erworbenes Verbreitungsgebiet deutlich und die Annahme 
einer noch beständig andauernden Arealerweiterung gestützt wird. 
Vielleicht liegt auch bei Bad Elster (470 m Höhe) der gleiche 
Fall vor. Ostwärts von Oederan versiechen meine Quellen; in 
der Gegend von Freiberg-Brand habe ich den Sumpfrohrsänger 
nie bemerkt. Erst im. Weilseritzgebiet ist er wieder festgestellt 
durch Mayhoff (Tgbch.) bei Grofsopitz-Kesselsdorf, Seifersdorf 
und Malter, sowie am südlichen Rande des Elbtales um Dresden, 
bei Neuostra, Leubnitz (456). Ueber das Verhalten am Fufse 
des Lausitzer Berglandes sind wir ebenfalls nur teilweise unter- 
richtet: Stolz (529) vermerkt ihn nach Angaben der Gebrüder 
Kramer für das Gebiet der Mandau zwischen Bernstadt-Warns- 
dorf-Zittau-Ostritz. 


273. Acrocephalus schoenobaenus (L.). 


Es ist sehr bemerkenswert, dafs der Schilfsänger, dessen 
Areal im Norden rund 10 Breitengrade weiter polwärts reicht 
als das von Teich- und Drosselrohrsänger, im Gebirge nirgends 
zu brüten scheint, ja kaum den Versuch macht, die bescheidenen 
Höhenlagen zu ersteigen, die den Uebergang aus der Ebene zum 
Gebirge vermitteln. Er gleicht in diesem Verhalten der Rohr- 
drossel, obwohl beide Arten so gänzlich verschiedene Ansprüche 
an die Beschaffenheit ihrer Brutplätze stellen. Unterhalb der 
200 m—Isohypse ist sein Brutvorkommen also am reichsten, doch 
ändern kleine örtliche Abweichungen auch hier nichts an der 
Regel, dafs er der seltenste der bei uns brütenden Aerocephalus 
ist. Seine Verbreitung ist aber selbst für das Niederland noch 
sehr ungenügend bekannt. Ich fasse deshalb kurz zusammen, 
was mir bislang an Brutstätten bezw. Orten, für welche 
man den Fundzeiten nach das Brüten vermuten darf, bekannt 
wurde: Leipziger Bucht: Ausstichsümpfe bei Gundorf 
(137, 148, 149, 151), bei Möckern (248, 377, 513), bei Grols- 
zschocher (377, 513), Teiche bei Rohrbach (148, 149, 151), 
Pomssen (440), Grethen (440), Grimma (Müncherteich 268/V, 151), 
Frobburg (u. a. hier 3. VI. 1911 1 91, 10. VI. 1917 3 Q verhört, im 
Mai und Juli verschiedener Jahre, sowie während der Zugzeiten 
aulserdem vielfach beobachtet — Verf... Mulde-Elbe-Ab- 
schnitt: Wermsdorf (173: 5. und 21. VI. 1908 am Langen 
Rodaer See, 21. VI. und 4. VII. 1909 am Horstsee, aufserdem 
ebenfalls zur Herbstzugzeit beobachtet. — Verf.), Elbe-Röder- 
Abschnitt: Teiche bei Moritzburg (491, 492), Grofsenhain? 
(268/I),. Lausitzer Niederung: Teiche bei Grüngräbchen, 
Grofsgrabe, Bulleritz, Weilsig, Deutschbaselitz, allerorts der 
seltenste Rohrsänger (im Vergleich zu Robrdrossel und Teich- 
rohrsänger) nach Weilsmantel (Tgbch.), Königswartha (2, 99). 
Nach Baer (2) entspricht das Vorkommen dieser Art in der 


168 © Rich. Heyder: 


sächsischen Oberlausitz dem in der preufsischen, wo er sie für 


die Teiche der Moor-Heidegebiete als den häufigsten Rohrsänger 
bezeichnet. Sächsischerseits ist aber doch wohl das Phrag- 
mitetum die weitaus vorherrschende Pflanzengemeinschaft der 
Teichufer und demzufolge Acrocephalus schoenobaenus in seinem 
Auftreten ziemlich eingeengt. 

Jenseits der Höhenlinie 200 sind nur ganz wenige Spora- 
dische Brutorte bekannt: Teiche bei Grolshennersdorf und 
Burkersdorf (2, 230) in 280 m Höhe, in starker Verlandung be- 
griffen, die unserer Art ja besonders zusagt; Zwickau (näherer 
Ort von Berge (13) leider nicht angeführt, sodals sich die An- 
gabe hier nur erwähnen, nicht aber verwerten läfst. Die von 
Zwickau aus flulsabwärts gelegene Gegend von Rochlitz besucht 
die Artnur auf dem Durchzuge). Aus dem Erzgebirge kenne ich 
sie allein vom Grofshartmannsdorfer Grofsteich (181) und nur 
als unregelmälsigen, zuweilen häufigen Herbstzügler. Der von 
Kämpfe (268/II) aufgeführte Fundort Schellenberg (= Augustus- 
burg) ist unbedingt abzulehnen (vergl Orn. Sax.). 


275. Locustella n. naevia (Bodd.). 


Berichtigung: Lies p. 475 Zeile 11 von oben statt 
„Bändern“ Rändern. | 

Schlegel (513) hat neuerdings auf Grund eigener Beob- 
achtungen und literarischer Angaben das Auftreten des Busch- 
schwirlsin der Leipziger Tieflandsbucht sehreingehend abgehandelt. 
Für das engere Leipziger Auegebiet verdichtet sich die Zahl der 
Beobachtungsorte ganz auffällig, sodafs sowohl die gute Durch- 
forschung dieses Bezirks als auch die Vorliebe der Art für das 
Auegelände deutlich in Erscheinung treten. Die von Schlegel 
neugenannten Fundorte ergeben mit den bereits bekannten 
folgendes Bild: Elsteraue südl. Leipzig („Eichholz“, ‚„Bistum‘‘) 
Pleifseaue (Crostewitz, Markkleeberg, Connewitz) mit Göselbach 
(Dechwitz), Elsteraue nordwestl. Leipzig einschl. Luppegebiet 
(Möckern, Wahren, Gundorf — jenseits der Grenze: Waldkater, 
Schkeuditz). Wenn sich dieses summarische Ergebnis zunächst nur 
unter Benutzung aller mir zur Verfügung stehenden Daten, also 
auch offenkundiger Zugvorkommnisse, gewinnen liefs, so dürfte 
man kaum fehlgreifen, wenn man in diesem engeren Gelände 
Brutplätze als bestehend annimmt, zumal auch für die neueste 
Zeit, speziell für das Gundorfer Gebiet von Hesse (440), das 
Auftreten wieder bestätigt wird. Er fand im Sommer 1917 den 
Buschschwirl mehrfach auf stark verwucherten Kahlschlägen und 
im Weidicht der Ausschachtungen vertreten und hörte im Mai 
und Juni ca. 6 9'. Im Sommer 1918 dagegen zeigte er sich zur 
Brutzeit nur ganz vereinzelt. Nestfunde aus diesem Leip- 
ziger Gebiet waren früher noch nicht verzeichnet, doch führt 
Schlegel (513) nunmehr .den ersten ein: R. Müller fand Mitte 
‚Juni ein frisches Gelege bei Crostewitz. Es ist dies neben den 


Ne 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 169 


Angaben Paefslers (268/V.), der ein Nest mit Eiern am 26. VI. 
1889 bei Breitenbach (bei Meerane) fand, und Schulzes (268/IV), 
der angeblich ein Gelege aus Sahlis (bei Kohren) erhielt, die 
dritte Mitteilung über das Nisten in ganz Sachsen. 

Für weitere Teile der Leipziger Bucht bringt Schlegel neue 
Nachweise der Art nicht, wohl aber teilte mir Henker (briefl.) 
mit, am 25. VI. 1916 ein SQ’ im Weidicht des Streckteichs bei 
Frohburg schwirren gehört zu haben. Ein Jahr später, am 
10. VI. 1917, verhörten und sahen Köhler, Keller und ich ein 
Oo‘ in einem Winterroggenfeld und im Ufergebüsch des Straßen- 
teichs bei Frohburg. Der enge Anschlufs an die Ebene, den 
dieser Schwirl im allgemeinen, selbst auf dem Zuge, erkennen 
läfst, hindert ihn jedoch nicht, auch im Hügelland, selbst im Ge- 
birge aufzutreten, und je nach den Umständen zu verweilen. So 
hörte ich am Morgen des 21. V. 1918 sein Schwirren auf dem 


666 m hohen Schreckenberg bei Annaberg aus einem grofsen 


Wildrosenstrauch und sah ihn, nachdem ich mich ihm fast auf 
Reichweite nähern konnte, danach auf dem mit zahlreichen Gneis- 
brocken übersäten Boden umherhuschen, dessen Bewachsung sehr 
wenig an die sonstigen Aufenthaltsorte der Art gemahnte und 
deutlich genug für ein vorübergehendes und zufälliges Vorkommen 
sprach. Der Aufenthalt auf freier Bergkuppe war mir nicht 
neu, denn ich konnte schon früher, wenngleich für geringere 
Höhen, die gleiche Erfahrung sammeln und neuerdings bestätigt 
finden: 30. VI. 1909 gQ' in Roggenfeld südl. Markersdorf, (bei 
Burgstädt), 1.—8. VI. 1910 ein Q' nördl. Markersdorf, ebenfalls 
im Winterroggen (446), beide Orte in rund 300 m Meereshöhe, 
13. V. 1917 eins auf Fichten- und Lärchenkultur am Westhang 
des Rochlitzer Berges, 23.—24. V. 1918 eins am „Schrödter- 
berg“ bei Rochlitz, 26. VI. — 5. VII. 1918 am „Wetzsteinberg‘ 
bei Rochlitz, beidemal wiederum in Kornfeidern. Alle diese 
Standorte erwiesen sich — vielleicht mit Ausnahme des letz- 
teren — als rein vorübergehend und hoben sich hervor durch 
hohe freie Lage. Aulfserdem hörte bezw. sah ich diesen Schwirl 
am V. VI. 1917 bei Seifersdorf (bei Narsdorf) in einem Kornfeld, 
23. V. 1918 am „Eichberg‘“ bei Rochlitz in einer Schlehenhecke 
und am 5. VII. 1918 in der Pennaer Muldenaue bei Rochlitz im 
Korn in je einem 9. Das Auftreten ‚im Rochlitzer Gebiet war 
also in der Zeit meines letzten dortigen Aufenthaltes, besonders 
1918 im Gegensatz zu dem oben berührten bei Gundorf, ein ver- 
hältnismäfsig reiches. 

; Je weiter wir nun sein Auftreten gegen Osten im Gebiete 
verfolgen, desto seltener ist es seltsamerweise nachgewiesen. 
Mayhoffs Tagebücher verzeichnen ihn nicht für die Dresdener 
Pflege, nur Hantzsch (98) erwähnt ihn nebenher als in einem 
Kornfeld bei Constappel (bei Meilsen) gehört, und Henker beob- 
achtete ein Q' laut briefl. Mitteilung nahe Klotzsche (bei Dresden) 
im Sommer 1917. Hierzu kämen noch für Mittelsachsen die 


Journ. f. Om, LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 12 


170 Rich. Heyder: 


schon in der Orn. Sax. aufgeführten Funde Voigts bei Riesa 
(Marx sen. briefl.), Schwarzes bei Dresden und des Verf. bei 
Grofsenhain. Für die Oberlausitz führte ich keinen Nachweis 
auf, weil ich das bis dahin einzige dortige Belegstück — 0‘ 1869 
Zittau in Helds Sammlung (104) — übersehen hatte. Neuerdings 
fanden auch die Gebrüder Kramer und Uttendörfer (550) ein 
schwirrendes 9‘ am 19. V. und die folgenden Tage 1918 im 
Heuscheuner Walde (bei Grofshennersdorf). 


276. Locustella fluviatilis (Wolf). 


Hildebrandt machte mich (briefl.) darauf aufmerksam, dafs 
die bekannten Feststellungen Liebes (246) bezüglich des Schlag- 
schwirls ohne Zweifel sächsisches und nicht thüringisches Gebiet 
beträfen. In der Tat lehrt der Wortlaut von Liebes Schilderung, 
dafs der Ort, an welchem er 1875 uud 1876 zur Pfingstzeit 
diesen Schwirl verhörte, auf dem „linken südlichen Uier der 
Göltzsch‘“ (bei Netzschkau) liegt, welcher Flufs bis zu seiner 
Mündung in die Elster die Landesgrenze bildet. Es liegt hier, 
wie in den von Hantzsch (98, 384) und Hesse (147, 151, 152, 
157, 384, 440) festgestellten Fällen ein wiederholtes Vorkommen 
in aufeinanderfolgenden Jahren vor, dafs ein Nisten nahelegt, 
wie es Hantzsch tatsächlich auch bestätigt fand. Ein solches 
macht nun neuerdings auch Schlegel (513) namhaft, indem er 
mitteilt, dafs Nestler den Vogel im Jahre 1912 bei Möckern (bei 
Leipzig) wiederholt habe schwirren hören und am 28. VI. auch 
das Füttern der Jungen beobachtet habe. Hesse (440) fand ihn 
Sommer 1917 und 1918 im Gundorfer Auegebiet an mindestens 
jei einer Stelle wieder und erfuhr von Voigt, dafs sich der 
Schlagschwirl auch Mai 1916 in dem weiter nordwestlich Leipzigs 
gelegenen Auegelände habe feststellen lassen. Ganz besonders 
für dieses engere, für diese Art sehr charakteristische Gebiet 
macht sich also eine ähnliche Datenhäufung wie bei voriger 
Art bemerkbar. Desgleichen verhörte Nestler (briefl.) am 16. V. 
1920 ein Q' bei Eythra. Aus dem übrigen Sachsen fliefsen die 
Beobachtungen spärlicher zusammen: Uttendörfer und Kramer 
(551) beobachteten ein schwirrendes Q' am 23. V. 1917 im Er- 
licht am „Sandberg“ bei Herrnhut und konstatierten (550) am 
19. V. 1918 und später abermals ein solches im Heuscheuner 
Walde (bei Grofshennersdorf) in einem Bestande mit einzelnen 
hohen Kiefern und Unterwuchs von Birken, Himbeersträuchern 
und viel Calamagrostis. Ich selbst sah und hörte ein 9‘ vom 
29. V. — 11. VI. 1918 sehr ausgiebig in einem verwilderten 
Beerenobstgarten bei Rochlitz, wie ich (447) ausführlicher be- 
reits mitteilte. 

Für die in der Orn. Sax. aufgeführte Angabe Neumanns 
und Grünewalds (268/I) vom Nisten der Art bei Grofsenhain, die 
ich auf Locustella naevia deutete, liegt bereits (268/VI) eine 


Nachträge zur Ornis Saxonica. 171 


Berichtung der Autoren vor, nach der es heilsen muls: Zoc. fluv. 
„vereinzelt bei Grofsenhain beobachtet“. 


278. Phylloscopus s. sibilatrix (Bechst.). 


Stellenweise hat sich die Zahl der Buchenlaubvogelpaare 
erheblich gehoben, wie mir Nestler (briefl.) für die Leipziger 
Gegend mitteilt, und Hesse verzeichnet dies (440) für dieselbe 
Gegend unter Hervorhebung des Eindringens der Art in Gärten 
und Anlagen. Keller, Köhler und Henker bestätigten mir (mündl.) 
das erstere für die Chemnitzer, Rechenberger (mündl.) für die 
Annaberger Gegend. Weilsmantel (Tgbch.) fand sie in Birken- 
beständen bei Weilsbach und Schwepnitz einzeln brütend. 


281. Oinclus ec. medius Brehm. 


Nach Untersuchungen Sachtlebens (507), dem u. a. zehn 
sächsische Vögel vorlagen, bestätigt sich die Annahme, dafs die 
Wasserschmätzer Sachens zu dieser Form (= (0. e. merula Schäff.) 
zu stellen sind. Und zwar verkörperten sie mit Vögeln aus dem 
unterfränkischen Maingebiet das dunkelste Extrem der unter- 
suchten medius. Der Untersuchung Sachtlebens lagen teilweise 
dieselben Exemplare zugrunde, deren dunkle Unterseitenfärbung 
Nitsche (286) veranlafste, sie als „melanogaster‘‘ — die er aller- 
dings nur als Varietät gelten lassen wollte — aufzufassen. 


282. Turdus philomelos (brehmi Zedl.?). 


Die Singdrossel beobachtete ich am 19. I. 1919 in einem 
einzelnen Exemplar in einer Ebereschenallee bei Oederan; ich 
konnte das Stück u. a. einmal unterlaufen und es genau als 
Sıngdrossel feststellen. Ob dabei die bei uns heimische Form 
in Frage kam, liefs sich natürlich nicht entscheiden. Ueber- 
winterungen der Singdrossel sind anscheinend sehr seiten und 
bisher für Sachsen nur in zwei Fällen bekannt (268/Ill) geworden, 
dabei zufällig schon einmal für Oederan. 


291. Turdus torguatus alpestris (Brehm). 


Berichtigung: Lies p. 481, auf Zeile 10 von oben statt 
„Alpensingdrossein“ Alpenringdrosseln, auf Zeile 3 von 
unten statt „einige“ eine. 


292. Monticola saxatılis (L.). 


Aus einer von J. G. Krezschmar hinterlassenen Niederschrift 
(478) läfst sich das Eriegungsjahr einer jener alten, von vielen 
Faunisten erwähnten lausitzischen Steindrosseln ermitteln: 1824 
wurde eine bei Zittau geschossen, offenbar der Beleg für Krezsch- 
mars Bemerkung (239). 

12* 


172 Rich. Heyder: Nachträge zur Ornis Saxonica. 


295. Pratincola torquata rubicola (L.). 


Mayhoff machte bei der Drucksicht der Ornis Sax. schon 
einige Notizen in Form einer Fufsnote über das Auftreten 
des Schwarzkehlchens in der Elbaue unterhalb Dresden: 1915 
und 1916 zwei Paare gegenüber Niederwartha, die auch von 
Hoffmann (456) und Zimmermann (565) beobachtet wurden. 
Oberhalb Dresden fand Mayhoff (Tgbch.) beim Tolkewitzer 
Wasserwerk am 11. VI. 1916 ebenfalls zwei Brutpaare dicht bei- 
einander, Hoffmann deren zwei bei Hosterwitz (456) im gleichen 
Jahre. 


297. Phoenicurus ph. phoenicurus (L.). 


Die bisher höchste Stelle, an welcher ich den Gartenrot- 
schwanz wahrscheinlich nistend fand, ist Forsthaus Siebensäure 
bei Neudorf (750 m). In dem einige Laubbäume mit Nistkästen 
enthaltenden Garten sang am 26. V. 1919 ein d“. 


Die Zahl der für den Staat Sachsen als nachgewiesen zu 
betrachtenden Vogelarten erfährt durch die Streichung von 
Emberiza rustica, Melanocorypha c. calandra und Aegithalos c. 
caudatus und das Hinzutreten von Fulmarus glacialis eine 
Aenderung auf 300 Arten und Formen. 


Die Beziehungen zwischen Vogelgewicht, Eigewicht, 
Gelegegewicht und Brutdauer. 


Von ©. Heinroth, Berlin W 62. Aquarium. 
Mit 7 Kurventafeln. 


Seit einer langen Reihe von Jahren beschäftige ich mich 
sowohl in meiner tiergärtnerischen als auch in meiner aulser- 
dienstlichen Tätigkeit mit Beobachtungen über die natürliche und 
die künstliche Erbrütung von Vogeleiern. Ich habe daraufhin 
1908 schon einmal im „Zoologischen Beobachter“, Jahrgang 
49 Heft 1, eine Zusammenstellung von Trächtigkeits- und Brut- 
dauern gegeben und sie im Laufe der Zeit in meinem Sonder- 
heftchen allmählich recht vervollständigt. Dabei sei bemerkt, 
dals sich in den älteren Werken, besonders im Naumann, un- 
glaublich viele falsche Angaben über die Länge der Brutdauern 
finden, die dann meist ohne Nachprüfung und Urteil auch in die 
neuesten Auflagen der üblichen Handbücher (Friderich, Arnold, 
Brehm u. a.) übernommen sind. So wird z. B. angegeben: 
Steinkauz. 16—17 Tage statt 28 Tage, Uhu 3 Wochen statt 
35 Tage, Turmfalk 3 Wochen statt 4 Wochen, Kiebitz 16 Tage statt 
25 Tage, Lachmöwe 16—18 Tage statt 24 Tage, Gänsegeier 


Beziehungen zwischen - ‚gelgewicht ete. und Brutdauer. 178 


4—6 Wochen statt 531 Tag Dafs dieser letzten, von O.v. Riesen- 
thal stammenden, im N.uen Naumann enthaltenen Behauptung 
offenbar jede Grundlage fehlt, liegt auf der Hand, denn Gyps kann 
doch unmöglich einmal 4 und das andere Mal 6 Wochen zu seiner 
Entwicklung im Ei brauchen, zumal beides nicht stimmt und bei 
regelmäfsigster, abwechselnder Bebrütung durch beide Eltern 
über 7 Wochen erforderlich sind. Von der Voraussetzung aus- 
gehend, dafs die Brutdauer von der Grölse des Vogels abhängig 
sein müsse, wurde die Zeit, die die Entwicklung des Keimlings 
erfordert, oft einfach erdacht und so ein Kreisschlufs geschaffen. 
Es ist mir geradezu unverständlich, wie man so falsche Angaben 
über die doch leicht durch den Versuch festzustellenien Brut- 
dauern z. B. der meisten Raubvögel und des Kiebitzes frei er- 
finden konnte — anders vermag ich es beim besten Willen nicht 
zu bezeichnen, denn nach den eben angeführten Beispielen kann es 
sich unmöglich um Irrtümer handeln, auch kommen Ansichten 
und Auffassung bei Zahlen nicht in Betracht. Der Fehler liegt, 
wie in der Vogei-Biologie so oft, in der fast mittelalterlichen 
Scheu vor dem Experiment, obne das man aber in der Wissen- 
schaft meist nicht auskommt. Was damit auch für andere Zweige 
der Wissenschaft für Unheil gestiftet wird, wurde mir vor einiger 
Zeit dadurch klar, dafs sich ein hiesiger Physiologe an mich mit 
der Bitte um Ueberlassung von Eiern verschiedener Vogelarten 
aus dem Zoologischen Garten wandte. Er glaubte, die Brut- 
dauer müsse doch im einfachen Verhältnisse zur Ei- oder zur 
Dottergröfse stehen, und wollte dies durch Bestimmung der 
Kalorieen nachprüfen. In der Tat ergibt ein Blick auf die von 
Naumann behaupteten Brutdauern, dafs diese Annahme berechtigt 
erscheint. Nur liegen die Verhältnisse in Wirklichkeit leider 
ganz anders. So brütet von den entwickeltsten Nestflüchtern 
z. B. eine gegen 5 kg schwere BDrania canadensis auf ihrem Ei 
von mindestens 170 g genau ebensolange, d.h. 28 Tage, wie die 
etwa 1!/, pfündige Chenonetta jubata auf ihrem 45 g-Ei, und 
die grolsen Geier brauchen trotz ihres Nesthockertums etwa 
10 Tage länger zur Zeitigung ihrer Eier als der nestflüchtende 
afrikanische Straufs. Dabei verhalten sich die Eigewichte wie 
u kg:1'), kel 

Die Ermittlung genauer Brutdauern istnicht 
so einfach, wie man zunächst anzunehmen geneigt ist. Ich 
möchte dabei im folgenden unter Brutdauer!) die Zeit 
verstehen, die bei regelrechter, d. h. unge- 
störter Bebrütungeines frischen Eies biszum 
Auskriechen des jungen Vogels verstreicht, 


1) Die Brutdauer ist nicht zu verwechseln mit der Brutzeit. 
Letztere bezeichnet den Zeitraum des Jahres, in dem ein Brüten der 
Vogelart beobachtet wird, das heifst also z. B. bei der oft dreimal 
jährlich nistenden Amsel: März bis Juli. 


174 O. Heinroth: 


d. h. also die Entwicklungsdauer des Keimlings bis zum Aus- 
schlüpfen. Diese Zeitspanne braucht nicht genau der Zeitdauer 
zu entsprechen, in der der alte Vogel brütet, wenigstens nicht 
bei den Formen, deren Gelege aus mehreren oder gar aus vielen 
Eiern besteht. Manchmal werden bekanntlich die ersten Eier 
schon bebrütet, ehe die letzten gelegt sind. Dann kommen die 
Jungen auch zu verschiedener Zeit aus, wie z. B. bei der Blau- 
rake und bei vielen Eulen. Ferner ist noch in Betracht zu 
ziehen, dafs sich frische Eier anscheinend etwas schneller ent- 
wickeln als ältere. Hierfür erfolgt aber dann in der Natur ein 
Ausgleich insofern, als die zuerst gelegten, also älteren Eier 
während des Legens der folgenden schon so weit angebrütet 
werden, dafs die Jungen schliefslich doch zugleich ausfallen, was 
für die meisten Nestflüchter lebenswichtig ist. Ich habe das 
bei Enten oft beobachtet. Man kann sich in solchen Fällen 
durch Schieren, d. h. bei der Betrachtung des Eies im durch- 
fallenden künstlichen oder im Sonnen-Licht, leicht davon über- 
zeugen, dafs beim Legen des letzten Eies schon recht weit 
vorgeschrittene Keimscheiben bei den ersten Eiern, die man 
sich als solche irgendwie gekennzeichnet hatte, vorhanden sind. 

Evans hat im „Ibis“ 1891, Seite 52—93, und 1892, Seite 
55—58, eine Anzahl mit grofser Genauigkeit festgestellter Brut- 
dauern gegeben, wobei er die sich dabei leicht einstellenden Be- 
obachtungsfehler geschickt vermieden hat. Wie man das tut, 
will ich in Kürze andeuten, da auch ich bei meinen Unter- 
suchungen darauf aufmerksam wurde. 

Man kann die Brutdauer im Freien feststellen, indem man 
die vom Beginn des Brütens bis zum Ausschlüpfen der Jungen 
vergehende Zeit aufzeichnet. Da ja nun bei vielen Arten die 
Jungen nicht zugleich auskriechen, so ist eine genaue Fest- 
legung der Zeit für das einzelne Ei nur schwer möglich. Weifs 
man den Zeitpunkt des Ablegens des letzten Eies und des Aus- 
schlüpfens des letzten Jungen, so kann man die Brutdauer mit 
grofser Sicherheit errechnen. Dazu gehört natürlich die Mög- 
lichkeit, dafs man den Inhalt des Nestes im Anfang und am 
Ende der Bebrütung täglich oder halbtäglich besichtigen kann. 
Man kommt bei dieser Art der Beobachtung meist auf die 
kürzeste Brutdauer, die sich für die betreffende Art überhaupt 
feststellen läfst: das letzte Ei ist eben das frischeste und braucht 
die geringste Entwicklungszeit; zudem scheint es, als wenn es 
schon in einer vorgeschritteneren Furchungsstufe zur Welt käme 
als seine Vorgänger. Die Befruchtung findet ja in den obersten 
Teilen der weiblichen Geschlechtswerkzeuge statt, sodafs das 
letztgelegte Ei, das sicher oft schon zugleich mit seinen letzten 
Vorgängern befruchtet wurde, dann im mütterlichen Körper eine 
verhältnismälsig lange Zeit hindurch vorgebrütet ist. Daher 
kommt es auch, dafs ein letztes Ei, das der alte Vogel noch 
einen Tag nach dem Festsitzen gelegt hatte, oft zugleich mit 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 175 


den übrigen, namentlich mit dem vorletzten, ausschlüpft. Bei 
diesen Unterschieden in der Brutdauer kann es sich um etwa 
1—2 Tage handeln. 

Der zweite Weg zur Feststellung der Brutdauer ist der, 
das man frische Eier in den Brutofen oder unter einen unter 
Aufsicht brütenden Vogel (Huhn, Taube, Kanarienvogel) legt. 
Wie viele genaue Versuche von Evans und auch von mir ergeben 
haben, wird die natürliche Brutdauer durch diese Ab- 
änderung so gut wie nicht beeinflufst; höchstens insoweit, 
als der Brutofen oder die dauernd ungestört sitzende Hühnerglucke 
die Eier etwas schneller zeitigt als der freilebende Vogel, der 
sein Gelege öfter verlassen mufs. Die künstlich erbrüteten 
Jungen schlüpfen dann häufig etwa Y,—1, Tag früher aus als 
ihre Geschwister draufsen im Freien. Bei sehr schwächlichen 
Jungen kommt es vor, dals sie zwar zur rechten Zeit „picken“, 
sich dann aber zu langsam aus der Schale herausarbeiten, auch 
braucht der Dottersack oft zu lange, um sich zurückzuziehen. 
Kriechen solche Vögel schliefslich aus, so haben sie die regel- 
rechte Zeit überschritten, was wohl manchmal etwa 2 Tage be- 
tragen kann. Der erfahrene Beobachter kann solche Fälle leicht 
sinngemäfs berichtigen. 

Wie wenig sich übrigens die für die Art gültige Brutdauer 
künstlich beeinflussen läfst, das ergibt folgendes Beispiel. Nach 
dem vorzüglichen Beobachter Drescher brütet der Kiebitz für 
gewöhnlich mit grofsen Unterbrechungen nur stundenweise, wobei 
die allerdings im Nestboden gemessene Brutwärme nie über 
25° C. steigt. Trotzdem schlüpfen die Jungen auch im Brutofen 
bei dauernd 391/,° Oberkante der Eier (= etwa 36—37° 
Unterkante) ebenso wie im Freien mit 25—26 Tagen aus. 

Die künstliche Brut ergibt also wohl 


manchmal eine um einige Stunden kürzere, 


fast nie aber eine längere Brutdauer als die 
ungestörte Freibrut. Ich betone das ausdrücklich, weil 
die alten Angaben, die natürlich stets aus der Freiheit stammen 
sollen, immer — oft um 1 bis 2 Wochen — zu kurz, nie aber 
zu lang ausgefallen sind. 

Verzögerungen der Brutdauern können durch lange Unter- 
brechung der Brut oder durch für längere Zeit stark herabge- 
minderte Brutwärme eintreten. In einem Falle beobachtete der be- 
kannte HolländerZüchter Blaauw, dafs bei seinen im Dezember 
bis Januar im Schnee brütenden Hühnergänsen, Cereopsis, statt 
30 Tagen 7 (!) Wochen erforderlich wurden. Aus all diesem 
geht hervor, dafs wir die Entwicklung des Keimlings 
zwar verzögern, aber nicht wesentlich be- 
schleunigen können. 

Auf diese Dinge bin ich deshalb näher eingegangen, weil 
ich sehr oft die Erfahrung gemacht habe, dafs dem darin nicht 
Bewanderten zunächst der Gedanke nahe liegt, die langen oder 


176 O0. Heinroth: 


die kurzen Brutdauern verschiedener Vögel würden durch ver- 
schiedene Brut wärme hervorgerufen. Aber wenn wir z. B. auf 
dem Hausboden unter dem Taubenpaar ein frisches Ei mit dem 
' ebensogrofsen der gleichfalls dort, also unter genau denselben 
äufseren Verhältnissen nistenden Schleiereule vertauschen, so 
schlüpft das Eulenei doch erst nach 30 und nicht schon nach 
17 Tagen aus wie das Taubenei. 

Wenn ich nun hier der Kürze halber manchmal sagen 
werde, dafs ein Vogel z. B. 24 Tage brütet, so meine 
ich damit, dafs das frisch gelegte Ei bei ungestörter Be- 
brütung sei es durch die eigenen Eltern, den Ammenvogel 
oder den Brutofen 24 Tage braucht, bis das Junge aus- 
schlüpft. 

Nicht ganz leicht ist es, genau zu beurteilen, ob wir völlig 
unbebrütete Eier in den Brutofen oder unter die Henne legen. 
Am sichersten geht man, wenn man sie dem noch unvollständigen, 
also wohl auch noch unbebrüteten Gelege des Wildvogels ent- 
nehmen konnte. Durch das Schieren können wir dann bei den 
meisten weilsen und sonst gut durchscheinenden Eiern nach 
2 Tagen die Keimscheibe erkennen und so die Bebrütung fest- 
stellen; vorausgesetzt, dafs es sich nicht um sehr langbrütige 
Arten handelt, denn bei diesen müssen wir noch ein bis zwei 
Tage und länger warten. Diese Feststellung versagt aber völlig 
bei Eiern mit stark gefärbter Schale, bei denen auch später die 
Beobachtung der weiteren Entwicklung des Keimlings ausge- 
geschlossen bleibt, wie z. B. bei Emu, Trappe, Kranich, aber 
auch beim Habicht und bei vielen anderen. 

Ich selbst habe unter der Henne: Kormoran, Weilsen 
Storch (2. Hälfte), Schell-, Türken- und sehr viele andere Enten, 
Mittelsäger, Habicht (2. Hälfte), Korn- und Rohrweih, Wander- 
falk, Steifshuhn, Hokko und sehr viele fasanenartige Hühner- 
vogelarten, Blälshuhn, Cariama, Triel, Brachvogel, Lachmöwe 
und Kolkrabe; unter Tauben: Sperber (2. Hälfte), Tüpfel- 
sumpfhuhn, Kampfschnepfe, Rotschenkel, Fluls- und Zwergsee- 
schwalbe, Blaurake, Waldkauz, Schleier- und Waldohreule; und 
endlich im Brutofen bei etwa 391/,°C: Hauben-, Rotkehl- 
und Zwergsteifsfufs, Stockente, Teichhubn, Kiebitz, Flufsregen- 
pfeifer (2. Hälfte), Brachvogel, Limose, Kampfschnepfe, Rot- 
schenkel, Fluls- und Zwergseeschwalbe, Haustaube, Rohr- und 
Grauammer, Kuckuck, Wiedehopf (2. Hälfte), Singdrossel, Amsel 
(etwa ?/,), Uferschwalbe (etwa ?/,), Gelbspötter und einige 
andere Sperlingsvögel ausbrüten lassen. Da ich die frisch ge- 
schlüpften Jungen des gröfsten Teiles dieser Arten und auch 
noch viele andere mit meiner Frau zusammen in unserer eigenen 
Wohnung aufgezogen habe, so konnte ich mir auch ein Urteil 
‚über den körperlichen und geistigen Entwicklungsgrad und Ent- 
wicklungsgang bilden, was für meine folgenden Betrachtungen 
wichtig ist. 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 177 


Angaben aus andern Veröffentlichungen habe ich im all- 
gemeinen nur dann als zuverlässig übernommen, wenn ich dabei 


die Brutbeginn- und die Schlüpfdaten vorfand, somit also die 
 Brutdauern selbst nachrechnen konnte. Eine im März 1915 in 


Wilsons Bulletin, Chicago, von Burn gegebene Zusammen- 
stellung enthält leider so viele Irrtümer auch bei den bekanntesten 
Vogelarten (Haustaube 14 statt 17, Fulica 14 statt 22—23, La- 
gopus 18 statt 26 Tage u. a.), dafs ich von ihrer Verwendung 
Abstand nehmen mulste. Offenbar hat der Verfasser kaum per- 


sönliche Erfahrungen. Die im Practice. Handbook of Brit. 


Birds, Witherby, 1920, aufgeführten Brutdauern stellen, wenn 
nichts anderes dabei bemerkt ist, anscheinend die alten, z. T. 


wohl von Naumann herrührenden Angaben dar, entbehren also 


wohl manchmal der sicheren Grundlage. 

Von mir selbst festgestellte oder nachgeprüfte Brutdauern 
sind in der Tabelle mit (H.) bezeichnet. : 

Nun zu den Eigewichten. Ich verstehe unter 
Eigewicht natürlich nicht das Gewicht der Eischale, sondern 
das des gesamten und zwar des frisch gelegten Eies.. Da man 
nun bekanntlich sehr selten Gelegenheit hat, ganz frische 
Vogeleier zu wiegen, so bin ich auf ein anderes Auskunfts- 
mittel verfallen. Wenn man nämlich ein ausgeblasenes 
Ei. vollständig mit Wasser füllt und wiegt, 
so erhält man annähernd genau das Gewicht 
des frischen Eies: z. B. Kondorei frisch 278 g, mit 
Wasser gefüllt 270 g; Wanderfalkenei frisch 44 g, mit Wasser 
gefüllt 43,7 g; Hausente 74:73 g; Schleiereule 15,5:15 9; 
Wendehals 2,3:2,17 g. Die geringe Abweichung nach unten, 
die sich dabei ergibt, ist so unwesentlich, dafs man sie ruhig 
vernachlässigen kann, insbesondere auch schen deshalb, weil 
es sich ja auch sonst bei den Eigewichten nur um annähernde 
Durchschnittszahlen handeln kann, da die Eier selbst ein 
und desselben Vogels und innerhalb eines Geleges an Grölse 
untereinander meist etwas verschieden sind. Aulserdem kommt 
es bei unseren Betrachtungen weniger auf die ganz genaue 
Eigröfse der einzelnen Vogelart, als vielmehr auf den Vergleich 
der einzelnen Vogelgruppen hinsichtlich ihrer Eier an. Da nun 
die Eigröfsen fast alle in derselben Weise bestimmt sind, so 
bleiben auch die Verhältnisse der Eier zu einander die gleichen. 

Beim Wiegen der Eier der einzelnen Arten habe ich mir 
aus der überreichen Sammlung des Berliner Museums, der ja 
seit einiger Zeit die berühmte Nehrkornsche Eiersammlung ein- 
verleibt ist, mittelgrofse Stücke herausgesucht; nur bei wenigen, 
besonders seltenen Formen hatte ich keine Auswahl. 

Nebenbei sei hier bemerkt, dafs diese Rauminhalts- 
oder Gewichtsangaben der Vogeleier (l g Wasser 
= 1 ccm) für die Bestimmung der Arten und 
für die Vorstellung der Gröfse unabhängig von der 


178 O. Heinroth: 


oft sehr verschiedenen Form einen mindestens ebenso guten 
Anhaltspunkt geben wie die üblichen Längen- und Breiten- 
malse und die Schalengewichte. 


Ferner können wir jederzeit mit Hilfe der ausgeblasenen 


Eischale das GewichtdesfrischgeschlüpftenVogels 
bestimmen, da es, wie später besprochen werden wird, an- 
nähernd ?2/, des frischen Eies beträgt. 

Das Schwierigste sind die Vogelgewichte 
selbst. Nur in den wenigsten Fällen liegen in der Literatur 
gute Gewichtsangaben vor; in Brehm’s Tierleben z. B. vermifst 
man sie fast völlig, und in den doch sonst auf Vollständigkeit 
Anspruch machenden „Vögeln der paläarktischen Fauna“ von 
Hartert fehlen sie ganz. Die meisten Vögel werden ja als 
Beleg- und Museumsstücke gesammelt ohne Bedacht darauf, 
schon das frisch geschossene Tier gleich in jeder Weise für die 
Wissenschaft auszunutzen. In neuerer Zeit hatten sich namentlich 
Hantzsch und dann auch Weigold auf mein Anraten be- 
reit erklärt, Wägungen vorzunehmen, und ich verdanke namentlich 
ersterem eine grolse Menge oft sehr brauchbarer Gewichtszahlen 
zumeist hochnordischer Vögel. Jablonsky und Rey lieferten 
viele Gewichtsangaben heimischer, Crawshay auch solche 
südamerikanischer Arten. Viele bisher veröffentlichte Vogel- 
gewichte sind für unsere Zwecke deshalb leider unbrauchbar, 
weil dabei kein Vermerk über Geschlecht und Körper- 
zustand enthalten ist. Gerade dieser aber muls unbedingt 
berücksichtigt werden, wenn die Angabe überhaupt verwandt 
werden soll. Die vielen, namentlich in Jagdzeitungen ver- 
zeichneten Gewichte beziehen sich meist auf besonders schwere 
Tiere, mit denen sich der Erleger brüstet; sie kommen für 
unsere Zwecke nicht in Betracht. R. Hesse-Bonn gibt in seiner 
soeben in den Zoologischen Jahrbüchern 1921, Bd. 38 S. 244—364, 
erschienenen Arbeit „Das Herzgewicht der Wirbeltiere“ eine 
wundervolle Zusammenstellung von 623 Vogelgewichten, die ich 
zum Teil auch berücksichtigt habe. Bei seinen Durchschnitts- 
gewichten sind — für meine Zwecke leider — auch sehr magere 
sowie junge Tiere mit einbezogen worden. 

Ich selbst sammle seit 25 Jahren Tiergewichte, verfüge 
gegenwärtig über mehrere tausende und bin dabei zu folgenden 
Ergebnissen gekommen. Man überzeuge sich gelegentlich mög- 
lichst häufiger Leichenöffnungen, ob man den allgemeinen Fett- 
und Ernährungszustand, den man vorher durch Gesicht und 
Tastgefühl abzuschätzen versuchte, richtig beurteilt hatte. Das 
Körpergewicht trage man in eine der Spalten folgender Ein- 
teilung ein: „Sehr fett, fett, gut, ohne Fett, mager, sehr mager, 
abgezehrt“. Man wird hierbei die Erfahrung machen, dafs der- 
selbe Vogel je nach seinem Ernährungszustand ein unglaublich 
verschiedenes Gewicht haben kann. Dieselbe Nachtigall z. B., 
die im regelrechten Futterzustande etwa 23 g wiegt, bringt es 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 179 


als Fettklumpen auf 35 g und mehr, sie kann aber, zum Skelett 
abgezehrt, auf nur 15 g herunterkommen. Freilebende Vögel 
sind im Herbst gewöhnlich fett, im Frühjahr und namentlich in 
der schon vorgerückteren Fortpflanzungszeit ziemlich fettlos, je- 
doch verhalten sich hier die einzelnen Vogelgruppen verschieden. 
Während einige, wie z. B. viele Entenvögel, auch im Mittelgewicht 
eine gewisse Fettschicht aufweisen müssen, fehlt diese auch bei 
bestem Ernährungszustande manchen anderen Formen fast gänzlich. 

Ferner berücksichtige man, dafs die Weibchen namentlich 
verhältnismälsig großseiiger Arten kurz vor dem Legen sehr hohe 
Gewichte haben, wiegt doch z. B. bei kleinen Schnepfenvögeln 
das einzelne Ei oft !/, der Mutter, und dabei haben die noch 
folgenden drei auch schon eine gewisse Gröfse erreicht. So ist das 
Gewicht des Alpenstrandläufers für gewöhnlich 50 g, Hantzsch 
erlegte aber ein Weibchen mit legreifem Ei und entwickeltem 
Eierstock, das nicht weniger als 73 g wog. Limonites minutilla 
würde dann anstatt 20 sogar gut 30 g schwer sein. Auch der 
Füllungszustand des Verdauungsschlauchs ist namentlich bei 
solchen Gruppen, die auf Vorrat fressen können, wie bei Vögeln 
mit Kropf, aber auch bei Kormoranen u. a., in Betracht zu 
ziehen. 

Leider herrscht selbst bei sonst trefflich bewanderten Vogel- 
kundigen meist eine völlige Unkenntnis über Gewichte; diese 
aber allein und nicht die Längenmalse geben von der wirk- 
lichen Grölse des Tieres eine Vorstellung. Bei der äufseren 
Betrachtung wird man durch Gestalt und Federkleid oft recht 
irregeführt, das beweisen z. B, Zwergsäger, Ringeltaube, Wald- 
kauz, Krähe und Goldfasanenhenne, die durchschnittlich alle 
1/, kg wiegen und in ihrer Gesamterscheinung nicht ahnen lassen, 
dafs ihre Körper gieich schwer und bei etwa demselben spezi- 
fischen Gewicht also auch gleich grols sind. Auch Naumann 
belehrt uns in dieser Hinsicht oft recht falsch, wenn er z. B. 
angibt, dafs der Habicht ungefähr die Gröfse der Rabenkrähe 
habe (CO. corone 1), kg, Astur palumbarius, Durchschnitt von ©‘ 
und 9, dagegen das Doppelte). 

Zur Aufstellung guter Durchschnittsgewichte gehört grolse 
Uebung, insbesondere dann, wenn man von einer Art nicht eine 
ganze Reihe von Gewichtsangaben zur Verfügung hat. Ich habe 
bei dem Verhältnis vom Vogel- zum Eigewicht möglichst das 
Gewicht des mittelgenährten Weibchens zu 
Grunde gelegt in der Annahme, dafs nur dieses für die Grölse 
der Eier bestimmend ist, auch bei den Arten, bei denen das 
Weibchen nur die Hälfte des Männchens wiegt (z. B. Auerhuhn 
und Moschusente) oder umgekehrt (Sperber). Ich ziehe hier also 
nicht das Durchschnittsgewicht der Art in Betracht, das durch 
das arithmetische Mittel aus den Gewichten beider Geschlechter 
auszudrücken wäre. Da die jungen Auerhühner z. B. zunächst 
alle gleich grofs sind, so entsprechen sie anfangs gewissermafsen 


180 OÖ. Heinroth: 


alle der weiblichen Form, denn die Hähne überholen ihre Schwestern 
erst späterhin im Wachstum. Auf die Gröfse der Eier hat das 
befruchtende Männchen natürlich keiner Einflufs, denn unbe- 
fruchtete Eier haben dasselbe Gewicht wie befruchtete, und das 
Cairina-Ei z. B. hat auch dann die regelrechte Gröfse, wenn es 
einen ‚Plectropierus-Mischling ergibt. 

Nun noch einige Worte über die herrschenden n n - 
sichten, in welchem Verhältnis die Eigröfse zur Körpergröfse 
stehen soll. Es gilt als feststehend, und das ist im allgemeinen 
auch dann richtig, wenn wir Vögel einer Gruppe unter sich ver- 
gleichen, dals die kleinen Vögel relativ gröfsere Eier legen als 
die grofsen. Ferner wird darauf hingewiesen, dafs wenig ent- 
wickelt zur Welt kommende Junge aus kleinen Eiern hervorgehen 
sollen; zugleich müsse es sich hierbei um verhältnismäfsig kurze 
Brutdauern handeln. Umgekehrt soll zur Erreichung eines voll 
bewegungsfäbigen, mit entwickelten Sinneswerkzeugen und mit 
genügendem Kälteschutz ausgestatteten jungen Vogels ein grofses 


Ei mit, längerer Brutdauer erforderlich sein, und schliefsliich — 


darauf hat besonders Des Murs aufmerksam gemacht, — 
müsse die Gröfse des Eies von der Gröfse des Geleges insofern 
beeinfufst werden, als je grölser die Stückzahl ist, desto kleiner 
das einzelne Ei sein wird. Alle diese Erwägungen erscheinen 
von weitem gesehen gut und mechanistisch wohl begründet; sie 
stimmen auch ganz im allgemeinen für eine grolse Anzahl von 


Vogeigruppen, man ist aber bei näherem Zusehen darüber er- 


staunt, wie oft viele dieser Regeln durchbrochen werden. Man 
merkt nämlich bald, dafs mechanistisch nichts im Wege steht, 
wenn z. B. Vögel, die nur ein einziges Ei legen, trotzdem ein 


kleines Ei haben, es sehr lange bebrüten und doch nur einen 


hilflosen Nesthocker hervorbringen, wie z. B. Sula. Auf alle 
diese Punkte werde ich bei den einzelnen Gruppen und in der 
Schiufsbetrachtung einzugehen haben. 

Zum Verständnisder folgenden Tabelle sei 
vorausgeschickt, dafs ich mich bei der Auswahl der aufgeführten 
438 Arten vor allen Dingen danach zu richten hatte, von welchen 
Formen leidlich sichere Gewichte vorlagen. Aufser von frei- 
lebenden Vögeln stammen sie bei den ausländischen zum grofsen 
Teil von Gefangenschaftstieren aus dem Zoologischen Garten. 
Nun liegt der Einwand nahe, dafs auf diese Art festgestellte Ge- 
wichte nicht den natürlichen aus der Freiheit entsprechen. Ver- 
gleicht man aber eine grolse Zahl draufsen in der Natur frisch 
geschossener Vögel mit ihren entsprechenden Gefangenschaftsge- 
nossen, So ergibt sich, dafs auch die bei diesen festgestellten 
Gewichte recht gut zu brauchen sind. Bei manchen Formen, 
aber durchaus nicht bei allen, tritt zwar ein gewisser Schwund 
der Brustmuskeln ein, dafür sind Gefangenschaftsvögel aber 
häufig fetter als Freiheitstiere, sodafs schliefslich doch dasselbe 
Gewicht herauskommt. Durch Abrundung der Gewichtszahlen 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 181 


nach oben oder unten erhält man unter Berücksichtigung aller 
einschlägigen Verhältnisse recht brauchbare Werte. Dafs ich bei 
der Zusammstellung der Tabelle unsere einheimischen Vögel be- 
sonders berücksichtigt habe, liegt auf der Hand, denn von ihnen 
sind gute Gewichte auch aus der Freiheit verhältnismäfsig leicht 
zu erhalten. Aufserdem finden sich in der Liste eine Reihe von 
Bewohnern Neu-Pommerns bei Neu-Guinea, weil ich gelegentlich 
meiner Südseereise 1900—1901 diese Tropenbewohner in grofser 
Anzahi selbst gewogen und geöffnet habe. 

Bei der Einteilung der Vögel bin ich der auch in die 
4. Auflage von Brehms Tierleben übernommenen Gadowschen 
gefolgt, jedoch sind die hier aufgeführten Gruppen ziemlich un- 
gleichwertig, denn sie enthalten zum Teil Ordnungen (-formes) 
und Unterordnungen (z. B. Psittacı), zum Teil auch nur Familien 
(-sdae) und Unterfamilien (-inae). Das hat seinen Grund einmal 
in der Verschiedenheit derVermehrungsweise der einzelnen Formen, 
andrerseits aber auch darin, dafs mir von manchen besonders 
viele gute Gewichte der Körper und der Eier zugänglich waren (z.B. 
Hühner- und Entenvögel.) Innerhalb der einzelnen Gruppen habe 
ich die Arten nach ihrer Gröfse, d. h. also nach dem Körper- 
gewicht geordnet und auch sonst manch kleine, für den vorliegenden 
Zweck geeignete Verschiebung vorgenommen. Für die wissen- 
schaftliche Benennung ist im allgemeinen der bri- 
tische Katalog zu Grunde gelegt, weil er eine einheitliche 
Bezeichnung aller Vögel ermöglicht. Aufserdem sind in der 
Tabelle überall die deutschen Namen beigefügt, da sie erfahrungs- 
gemäfs in weiteren Kreisen viel bekannter sind als viele Gattungs- 
namen, wie z. B. Ajaja und Ereunetes. 

In der letzten Spalte der Tabelle finden sich einige 
Dottergewichte angegeben. Sie sind in der Weise ge- 
funden, dafs aus dem hart gekochten Ei der Dotter herausge- 
schält und dann gewogen wurde. Da das hartgekochte Ei fast 
genau dasselbe Gewicht hat wie das frische, so glaube ich nicht, 
dals wesentliche Fehler bei diesen Gewichtsbestimmungen unter- 
gelaufen sind.. Die Angaben über das Eiweifs be- 
ziehen sich auf das gekochte. 


Ö. Heinroth 


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Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 


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_ Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 


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Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 229 


Um einen besseren Vergleich der verschiedenen 


= v ogelgruppen untereinander zu ermöglichen, habe ich auf 


den beigegebenen 7 Tafeln Uebersichten in Kurvenform ge- 


geben, die natürlich nur als annähernde Richtlinien aufzufassen 


sind. Leider mufste wegen der unerschwinglichen Kosten von 
einer farbigen Unterscheidung der einzelnen Kurven Abstand 
genommen werden, ich hoffe aber dennoch, dafs es für den, der 
sich eingehender mit den Blättern beschäftigt, nicht allzu schwer 
sein wird, die Gruppen nach den verschiedenen Kennzeichen zu 


- verfolgen. 


Die Beziehungen vom Körpergewicht (an 


der Abszissenachse) zum Eigewichtin Prozenten des 


Körpergewichts (relative Eigröfse) (an der Ordinaten- 
achse) sind auf den Blättern 1, laund 1b, die Beziehungen 
des Körpergewichtszum GelegegewichtinPro- 
zentendesKörpergewichts (relatives Gelege- 
gewicht) aufBlatt 2 und 2a, und das Verhältnis des 
absoluten Eigewichts (an der Abszissenachse) zur 
Brutdauer (an der Ordinatenachse) auf den Blättern 3 und 
3a zur Anschauung gebracht. ; 

Blatt 1 gibt einen Ueberblick über alle von mir unter- 


suchten Vögel. Da jedoch hier die kleineren Formen nicht ge- 
 nügend berücksichtigt werden konnten, so mulste ein besonderes 


Blatt. (1a) hauptsächlich für Vögel mittlerer Gröfse im 
Körpergewicht bis 900 g ausgeführt und für die kleinsten 
Vögel im Gewicht bis zu 240 g eine noch genauere Ausführung 


(1b) beigegeben werden. ; 


Aehnlich verhält es sich mit den Blättern 2 und 2a, wobei 
wieder 2 alle Vögel in ihrem Verhältnis zum Gelegegewicht zur 


Anschauung bringt, während auf 2a kleinere Formen bis 


900 g vorgeführt werden. 
Blatt 3a stellt gleichfalls eine besondere Ausführung der 


kleineren Vögel von Blatt 3, absolutes Eigewicht: Brut- 


dauer, dar. 
Graphische Darstellungen, die das Verhältnis vom Vogel- 


gewicht zum absoluten Eigewicht zum Gegenstande haben, 


sind überflüssig, Wir würden daraus nur Selbstverständliches 


erfahren, wie z. B., dafs ein Straufs ein absolut grölseres Ei 


legt als ein Emu oder ein Kolibri. 
‘ Die Kurven sind im März 1920 von meiner Frau und mir 


_ gezeichnet und im Sommer 1921 etwas ergänzt worden. Im Ok- 
 tober 1921 wurden sie in halber Gröfse (linear) vervielfältigt, der 


Text konnte erst im Februar 1922 in Druck gegeben werden. Bis 


Tabellen andrerseits sind also die letzten 
beiden mafsgebend. | 


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RR 
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3: 
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1 


dahin sind darin einige Verbesserungen und Vervollständigungen 
‘vorgenommen worden. Bei Abweichungen zwischen 
den Kurven einerseits und dem Text und den 


280 Ed u 0. Heinroth: 


Im Folgenden werde ich in der Gadowschen systematischen 
Reihenfolge auf die einzelnen Vogelgruppen eingehen, um an Hand 
der Tabelle, auf deren Nummern zum besseren Zurechtfinden 
hier jedesmal hingewiesen wird, die Eigewichte, Gelegegewichte 
und Brutdauern zu besprechen. | 


Flachbrustvögel, Ratitess. No. 1—5. 


In dieser Ordnung fällt der Kiwi, Apteryx, durch sein ge- 
radezu riesiges Ei besonders auf. Leider war es mir nicht 
möglich, ein zuverlässiges Kiwigewicht zu erhalten; auch in 
srofsen Arbeiten über diesen Vogel fehlt es. Meiner Schätzung 
nach dürfte A. australis vielleicht etwa 21), kg wiegen. Sein 
Ei hat ein Gewicht von 450 g. Da sich in der Literatur ein 
Vermerk findet, dafs es ungefähr 1/, des Körpergewichts aus-. 
mache, so handelt es sich also bei meiner Angabe von 20°), nur 
‘ um einen Näherungswert. Aber selbst wenn man die Möglich- 
keit beträchtlicher Abweichungen nach oben und unten be- 
rücksichtigt, steht seine Eigröfse besonders auffallend da, denn 
der Fall, dafs ein Vogel ein Ei von !/, seines Körpergewichts 
legt, tritt sonst erst bei Vögeln von 100 g (Sterna anaestheta) 
und darunter ein. (Vielleicht auch bei Dromas, s. diesen.) 

Die riesige Eigröfse ist wohl hauptsächlich darauf zurück- 
zuführen, dafs das Gelege nur von einem Ei gebildet wird. Aber 
selbst wenn wir den Kiwi in der Gelegekurve (Blatt 2) auf- 
suchen, steht er immer noch recht hoch und wird im Gelege- 
gewicht nur von Chauna, den Anseriformes und dann noch von 
Rhea übertroffen, sämtlich Vögel, die über eine recht stattliche 
Eizahl verfügen. (Natürlich ist auch hierbei nur von solchen 
Vögeln die Rede, die dem Kiwi in der Gröfse nahestehen oder 
. gröfser sind als er, denn die kleinen verhalten sich wesentlich 
anders.) | | | 

Die übrigen Ratites legen Eier, die bei Struthio, Dromaeus 
und Oasuarius 1—2°/,, bei Zihea gegen 3°%/, des Körpergewichts 
betragen. Im Vergleich mit anderen Vögeln liegen diese Zahlen, 
wenn wir die absolute Gröfse der Formen bedenken, ziemlich 
hoch: sämtliche Linien des linken Teils von Blatt 1 würden bei 
einer Verlängerung bis auf etwa 20 Kilo und mehr sicher tiefer 
liegen, als die für die Straulsvögel gültigen Punkte. (Vergl. 
hierzu die späteren Betrachtungen.) Auf der Gelegekurve, 
Blatt 2, steht Ahea an höchster Stelle, auch Siruthio ist wegen 
seiner grofsen Eizahl stark nach oben gerückt. Am auffallendsten 
ist dann die tiefe Lage von Casuarius, der ja von allen die 
wenigsten Eier legt. Er sowohl wie Apteryx ist eine Inselform 
und hat daher offenbar eine starke Vermehrung nicht nötig. 2 

Was die Brutdauern der Flachbrustvögel angeht, so habe 
ich leider nirgends eine Angabe über die des Kiwis entdecken 


_ Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 281 


können. Die Vermutung liegt nahe, dafs er zu den Langbrütern 

gehört, zumal die Neugeborenen den Eltern bereits völlig gleichen, 
also in ihrer Entwicklung sehr vorgeschritten sind. Soviel steht 
fest, dafs die australisch-papuanischen Arten (Kasuar und Emu 
8 Wochen) eine ungleich längere Zeit zur Bebrütung ihrer Eier 
brauchen, als die offenbar während des Brutgeschäfts mehr 
gefährdeten Afrikaner und Amerikaner, deren Brutdauern im 
Verhältnis zur absoluten Grölse der Eier unglaublich kurz sind. 
So braucht Rhea mit 35 Tagen und einem Ei von gegen 600 g 
nicht länger als ein Schwan mit einer Eigröfse von 200 g, und 
- der Straufs zeitigt sein Ei in 42 Tagen, einem Zeitraum, den 
aulser z. B. Talegalla sogar Sula mit einem 15mal so kleinen 
Ei nötig hat, trotzdem diesem dann nur ein hilfloser Nesthocker 
entschlüpft. Der Sonderbarkeit halber sei darauf hingewiesen, 
dafs ein kleiner Sturmvogel, Hydrobates, No 20, von etwa 40 g 
auf seinem Ei von 7 g mindestens ebenso lange brüten mufs, 
wie der amerikanische Straufs, obgleich ersterer ein Nesthocker, 
Rhea ein Nestflüchter ist. Genau dasselbe gilt von Struthio 
und Daption, deren Eier sich wie 1500:37 = 40:1 verhalten. 


Tauchvögel, Colymbiforme. No. 6—13. 


Wie aus den Kurven ersichtlich, habe ich die Steilsfülse, 
Podicipidae, und die Seetaucher, Colymbidae, als getrennte 
Gruppen aufgefafst und sie auch in der Signatur unterschieden, 
hauptsächlich deshalb, weil sie sowohl durch das Aeufsere der 
Eier, als auch vor allen Dingen in der Eizabl stark von einander 
abweichen. | 

Bei den gröfseren Steifsfüfsen liegt die Eigröfse etwa 
auf 4% des Körpergewichts, dann steigt sie in sehr gleich- 
mälsiger Weise über P. nigricollis zu P. fluviatilis, d. h. aus 
6%, zu gegen 8°%/,. Die Linie nähert sich der der Steganopoden, 
bei den kleineren Formen auch der der Reiher, ja sogar den 
Raubvögeln und Eulen, also sämtlich Nesthockergruppen. 

Aehnlich verhält es sich mit der Gelegekurve. Die kleineren 
Arten stehen dicht neben der Rakenlinie, also auch hier im 
“wesentlichen in der Nähe von Nesthockern, wir können demnach 
sagen, dafs die Steifsfülse für einen Schwimmvogel kleine und 
wenig Eier legen. 

Auch hinsichtlich der Brutdauern liegen die Steilsfülse 
ziemlich tief, wenn auch unter den Nestflüchtern vereinzelte 
-Schwimmenten, eine Anzahl Rallen und die eigentlichen Schnepfen, 
sowie viele Hühner und die Steilshühner kürzer brüten als sie. 
Dagegen haben zahlreiche Nesthocker, wie Raubvögel, Eulen 
und Papageien längere Brutdauern als Podsceps, die sich übrigens 
_ für den Hauben-, den Rothals- und den Zwergsteifsfufs mit 25, 
23 und 20 Tagen den absoluten Eigröfsen von etwa 45, 30 und. 


232 © Heinroth: 


15,5 g Anieprethend echt gut in einer gleichmäßig aufsteigenden | 4 
Linie (Blatt 3a) anordnen lassen. 


| Bei der Erklärung aller dieser Verhältnisse müssen wir 
wohl in Betracht ziehen, dafs die jungen Steilsfülse im Anfang 
ziemlich hilflose Geschöpfe sind, die noch längere Zeit unter 
den Tragfedern und Flügeln der Eltern ein ziemlich verstecktes 
Dasein führen, sodafs man diese Gruppe mit Recht als die 
Beuteltiere unter den Vögeln bezeichnet hat. Auch die Be- 
daunung der frisch Geschlüpften ist für Wassertiere auffallend 
kurz und gewährt keinen ordentlichen Kälteschutz; sie ist mit 
der junger Enten z. B. garnicht zu vergleichen. Die Flucht- 
instinkte sind zunächst nur wenig entwickelt, auch vergeht lange 
Zeit bis sich die Jungen selbst ernähren können. Die verhältnis- 
mälsig geringe Grölse der Eier und die kurze Brutdauer lassen 
sich also wohl aus der Unentwickeltheit dieser Nestflüchter er- 
klären und die kleine Eizahl im Gelege daraus, dafs die Dunen- 
jungen von den Eltern so geschützt getragen werden, dals sie 
Nachstellungen und Witterungseinflüssen nur wenig ausgesetzt 
sind. Steifsfülse machen jährlich nur eine Brut, da die Jungen 
sich langsam entwickeln. 

Anschliefsend sei bemerkt, dafs die jungen Lappentaucher 


schon etwa zwei Tage vor dem Picken im Ei piepen. Das 


Durchbrechen der Schale dauert dann meist kaum eine halbe 
Stunde, während ja bei vielen Vögeln darüber I—2 Tage und 
mehr vergehen. Es liegt nahe, folgendes als Grund dafür an- 
zunehmen. Im Gegensatz zu den Enten z. B. schlüpfen die 
Jungen nicht gleichzeitig, sondern mit etwa zwei Tagen Abstand 
aus, es besteht somit die Gefahr, dafs die Alten mit den erst- 
ausgekommenen Spröfslingen davon schwimmen, ehe die letzten 
geboren sind. Das frühzeitige Lautgeben im Ei heifst also: 
„Achtung, weiterbrüten‘! (Zulica verhält sich hierin ähnlich.) 
Lägen die Eier während des Schlüpfens wie bei anderen Vögeln 
lange angepickt im Nest, so könnten sie leicht voll Wasser 
laufen und das Küken ertränke. (Beobachtet an P, cristatus, 
griseigena und fluviatilis.) e 


Die Eier der Seetaucher sind verhältnismäfsig grofßs, 
wie Blatt 1 zeigt, sogar schwerer als die gleich grofser Tauch- 
enten. Sie übertreffen ferner die Eier der Kraniche und der 
Trappen etwas, was um so bemerkenswerter ist, als diese ja 
auch vorwiegend zweieiig sind; im allgemeinen aber kann man | 
sagen, dafs sie mit. ihnen doch hinsichtlich des Gelegegewichts 
gut übereinstimmen. | 

Die Brutdauer von Col. glacialis wird von Faber mit 


30 Tagen angegeben (Hantzsch). Die Jungen haben keine 


Aehnlichkeit mit Steifsfüfsen und sind anscheinend besser vor 
Kälte geschützt und selbstständiger. Nach der Grölse der Eier 


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| Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 2838 


möchte man ja von vornherein schon eine verhältnismälsig lange 

 Entwicklungsdauer für die Jungen im Ei und eine grofse Reife 
beim Verlassen der Eischale annehmen. Leider habe ich bis jetzt 
kein brutfähiges Colymbus-Ei erhalten können, ich vermag daher 
auch über das Neugeborene nichts zu berichten. 


Pinguinvögel, Sphenisciformes. No. 14—16.. 


Leider verfüge ich hier nur über sehr wenig Arten. Das 
Gewicht des Kaiserpinguins, Aptenodytes forsteri, habe ich nach 
E. A. Wilsons Durchschnitt mit 32 kg angegeben, auch das 
De von 450 g stammt von ihm (Nat. Antarctic. Exp. 1907 

Band 2). | 

Das Ei dieses gröfsten Nesthockers wiegt also gegen 11/,%/, 
des Körpergewichts. Es ergibt sich nun, dafs die von den 
kleineren Arten her nach rechts verlängerte Pinguin-Linie auf 
Blatt 1 ziemlich genau auf den angegebenen Punkt, den ich unter 
der Ratiten-Abteilung verzeichnet habe, treffen würde. Das Ei 
ist also verhältnismälsig grofs, da es dem des etwa gleich- 

- schweren Kasuars undauch Emus fast entspricht. Auch Spheniscus 
demersus und Sph. magellanicus legen für Nesthocker grofse 
Eier, was wohl seinen Grund in der geringen Eizahl (die 
gröfseren Arten 1, die kleineren 2) und in den langen Brut- 
dauern hat. Sie liegen im Gelegegewicht beträchtlich höher als 

- die Pelikane und verlaufen nicht sehr verschieden von den Kra- 

_ nichen. Dies ist auffallend, da die Kraniche ja entwickelte Nest- 
flüchter sind. 

Nur vom Brillenpinguin ist mir die Brutdauer bekannt; 
sie beträgt angeblich 38 Tage, ist für die Grölse der Eier und 

- für einen Nestbocker sehr lang und wird nur durch die Sturm- 
vögel, den Tölpel, Sula, und um etwas von den grofsen Raub- 
vögeln übertroffen. Die geringe Vermehrung und die lange Brut- 
dauer sind wohl auch hier auf die geschützte Brutweise auf ab- 
gelegenen Inseln zurückzuführen. (S. auch die nächste Gruppe.) 


Sturmvögel, Procellariüforme. No. 17—20. 


Ueber das Gewicht des Albatros liegt mir nur eine Angabe 
von 7!/, kg ohne nähere Bezeichnung des Körperzustandes vor, 
immerhin erscheint sie aber nach dem allgemeinen Aussehen 

des Vogels verwendbar. Das Gewicht von HAydrobates ist leider 
nur schätzungsweise, also nur annähernd. Die beiden Anderen 
in der Liste und auf den Kurven habe ich selbst gewogen. Von 
. Daption kenne ich nur die Eigröfse und aus der Literatur die 
Brutdauer. Alle diese Formen legen sehr grofse Eier. Oceano- 
droma wird nur von Möwen und Schnepfenvögeln, Fulmarus nur 
- von den Grofsfufshühnern, Megapodius, und Diomedea von gleich 
-grolsen Vögeln überhaupt nicht übertroffen. Sämtliche Arten 
‚haben bekanntlich nur ein Ei, sodafs seine beträchtliche Gröfse 
Journ. f. Om. LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 16. 


284 Ö. Heinroth: : 


wohl hauptsächlich anf die Tatsache zurückzuführen ist. 
Immerhin entspricht, wie aus dem Studium der Gelegekurven 
hervorgeht, dies eine Ei im Gewicht nur den wenigsten Gelegen 
mehreiiger Vögel, die Sturmvogelgruppe kommt im Gelegegewicht 
also recht tief zu stehen. 

Ganz auffallend lang sind die Brutdauern der Procellarii- 
formes. Es klingt geradezu unglaublich, dafs die Sturmschwalbe, 


Hydrobates, von der Gröfse des Mittelspechts, No. 352, oder des 


Roten Kardinals, No. 423, mindestens 36 Tage, also ebensolange 
wie Khea, No. 2, brütet und dann nur einen sehr unvollkommenen 
Nesthocker erzeugt. Hätte nicht Evans mit dem Brutofen den 
Beweis für diese höchst merkwürdige Tatsache erbracht, und 
brüteten nicht Daption 42 (= Struthio), Fulmarus 57 Tage und 
Diomedea gar -8—9 Wochen (Freiheitsbeobachtungen), so würde 
ich es nicht gewagt haben, diese Zahl zu verwenden. 


Angeblich sind alle jungen Sturmvögel zunächst sehr hilf- 
‚lose Geschöpfe — leider habe ich nie ein kleines Junges ge- 
sehen — und brauchen viele Wochen bis sie fliegen können. 
Wir haben also hier wohl die langsamste Vogelentwicklung — 
vom Anfang der Brut ab gerechnet — die es überhaupt gibt, 
zugleich aber auch die geringste Vermehrung, die, namentlich auch 
bei kleineren Vögeln, beobachtet wird. Ich glaube, dafs wir die 
Erklärung für beides darin suchen müssen, dafs alle Sturmvögel 
besonders während des Brutgeschäfts so gut wie keine Feinde 
haben und auf ihren einsamen Inseln völlig geschützt brüten. 
Auf die Verfolgungen durch den Menschen, die ja erst in neuster 
Zeit zur Ausnutzung der Eier und der Federn einsetzten und den 
Bestand mancher Arten bereits stark gefährdet haben, sind 
diese und ähnlich lebende Vögel natürlich nicht eingerichtet. 
Irgend eine Zuchtwahl auf die ‚Beschleunigung des bei den 
meisten anderen Vögeln ja so’ gefährdeten Fortpflanzungs- 
abschnittes ist hier also nicht eingetreten, wir haben somit die 
ursprünglichste Vermehrungsweise vor uns. 

Dafs diese Gruppe auch nach unseren Betrachtungen mit 
den Möwen nicht die geringste Verwandtschaft hat, ja geradezu 
in scharfem Gegensatze zu ihnen steht, braucht kaum erwähnt 
zu werden. | 


Storchvögel, Ciconüformes. 


Ruderfüiser, Steganopödes. No. 21-27. 


Man kann sagen, dafs die Scharben und die Pelikane ver- 
hältnismälsig kleine Eier legen, die grölseren Formen sogar sehr 
kleine, ja die kleinsten von allen Vögeln überhaupt. Die Ei- 
gewichte der kleineren Arten liegen in der Nähe der Tauben 
und nähern sich vielfach den vieleiigen Hühnern. Auch das Ge- 
KEN liegt sehr tief, ja a Balstölpel, Sula Daseanıl, ist 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 285 


mit seinem einzigen und recht kleinen Ei derjenige Vogel, der 


mit kaum 3°, für seine Gröfse jährlich das geringste Gesamt- 
gewicht an Eiern legt, das überhaupt vorkommt. Hier trifft 
man auf den ab und zu eintretenden Fall, dafs die Eigrölse 


nur wenig zunimmt, wenn die Eizahl im Gelege geringer wird 


als bei nahe verwandten gleich grofsen Formen. (Vergleiche 
Pelecanus fuscus und Sula bassana, 2,°%/, und 2,9%). 


Die Brutdauer der Ruderfülser liegt hoch, leider fehlt mir 
eine Angabe über die Zwergscharbe. Schon der Kormoran 
braucht etwa 23—24 Tage (in den Kurven sind ursprünglich 
28 Tage verzeichnet), um aus seinen verhältnismälsig sehr kleinen 
Eiern die recht unentwickelten nackten und blinden Jungen 
schlüpfen zu lassen. Er brütet also etwa ebenso lange, wie zum 
Zeitigen vieler gleich grolser Enten-, Steifshühner-, Hühner- und 
Regenpfeifereier erforderlich ist, aus denen ja Nestflüchter kommen. 
Der Bafstölpel hat eine Entwicklungsdauer im Ei von 43 Tagen, 
sie ist sogar etwas länger, als die der grofsen Pelikane, die mit 
36—38 und 42 Tagen angegeben wird. Dabei ist sein Junges 
ein besonders hilfloser, zunächst angeblich nackter und erst 
später bedaunter, noch lange der elterlichen Pflege bedürftiger _ 
Nesthocker. Hier steht also die Länge der Bruidauer in keinem 
für uns einleuchtenden Verhältnisse zur Eigröfse und zum Ent- 
wicklungsgrade des Jungen. Ich glaube daher, wir müssen hier 
wieder auf die bei den Sturmvögeln angestellten Erwägungen 
zurückgreifen und daran denken, dafs die Tölpel durch ihr Leben 
auf See uud das Brüten auf einsamen Inseln vor Nachstellungen 
geschützt sind, und dort auch Eier und Junge kaum Feinde 

haben. Allerdings wird damit nicht erklärt, warum die Procellarsi- 
formes sehr grofse und die Sulae recht kleine Eier haben. 
Einen Grund könnte man darin suchen, dafs die anderen Ruder- 
fülser wohl meist mehreiig sind, und Sula deren Eigröfse bei- 
behalten hat. Auch die Pelikane brüten sehr lange und haben 
eine sehr geringe Vermehrung, was ja fast immer Hand in Hand 


geht. Das Blatt No. 3 führt uns vor Augen, dafs P. onocrotalus 


und P. crispus Eier legen, die etwa zwischen denen von Grau- 
und von Saatgans, No. 90 und 91, die Mitte halten, dafs sie 
aber zu ihrer Zeitigung etwa ein Tagzehnt länger brauchen, ob- 
gleich eine junge Gans ein mit ausgiebigem Kälteschutz und 


guten Bewegungs- und Sinneswerkzeugen ausgestattetes Geschöpf 
‚ist, während man beim neugebornen Pelikan genau das Gegen- 


teil findet. 


Störche, Reiher, Ibisse; Ciconiae, Ardeae, Ibidae No. 28—4T. 


Die Eikurve der Störche, Reiher und Ibisse ergibt für jede 


- dieser drei Gruppen eine besondere Linie. Die grölsten, also 


die eigentlichen Störche, liegen am tiefsten, und bilden unter 


sich so ziemlich eine Gerade, die im wesentlichen zwischen 2!/ 


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a 
19. 
je 
ER; 


. 16* 


286 | 0, Heinroth: 


und 31/,°/, liegt, die kleinen Schwankungen können wohl auf ; 


Fehler in der Körpergewichts- und der Eigewichtsbestimmung 


zurückgeführt werden. Bei den Reihern finden wir in ihren 
gröfseren Formen gleichfalls eine ziemlich gerade Linie; sie 
liegt zwischen 4 und 5°,. Ein merkwürdig kleines Ei hat nur 


die Grofse Rohrdommel, Botaurus, dann steigt die Linie bei den 
kleineren Vertretern vom Nachtreiher, Nycticorax, über Demie- 
gretia zur Zwergrohrdommel, Ardetia, bis auf 8°/,, ohne dafs 
ein wesentlicher Knick nach oben zu erkennen ist, wie er sich 


sonst gewöhnlich dann bemerkbar macht, wenn in einer Vogel- 


gruppe aulser grölseren auch sehr kleine Formen vorkommen. 
Die Ibisse haben gröfsere Eier als ebenso schwere Störche und 
und Reiher, ihre Linie liegt zwischen 4 und 6°,. Besonders 
auffallend ist übrigens die grofse Veränderlichkeit in der Gröfse 


der Löffler-Eier, natürlich konnten hier nur mittelgrolse berück- 


sichtigt werden. (Der Punkt für den Rosa-Löffler ist auf Blatt 1 
irrtümlich statt auf 4®/, auf 3®/, geraten, der Knick bei 1300 
muls also wegfallen.) 


Bei der Gelegekurve sind die drei Gruppen vereint. Sie 


ergibt, dafs Ardetia, wie zu erwarten, mit 48°/, sehr hoch steht. 
Nyeticoraxund Piegadis haben ein im Gewicht gleich grofses Gelege. 
Botaurus sinkt wegen der sehr kleinen Eier recht tief, die beiden 
eigentlichen Reiher, A. cinerea und A. goliath, lassen ein Auf- 


steigen der Kurve erkennen, dagegen haben die Nimmersatte 


leichte Gelege. Der Schwarze Storch hat ein relativ kleineres 
Gelegegewicht als der Weilse, trotzdem er kleinerist. Dies kommt 
daher, dafs er bei derselben Eizahl merkwürdigerweise im Ver- 
hältnis etwas kleinere Eier hat. Leptoptilus liegt wegen seiner 
Grölse und geringen Eizahl natürlich bedeutend tiefer. Ganz 
aus der Reihe fällt Demiegreita: während sie in ihrem Eigewicht 
genau in die Reihe der Verwandten palst, liegt sie im Gelege- 
gewicht besonders tief, da sie ja als Australierin und besonders als 
Insel-Tropenvogel nur ein sehr kleines Gelege von 2—3 Eiern 


zu erzeugen braucht. Wir haben hier also den Fall, dafs beim 
Kleinerwerden des Geleges die relative Eigröfse nicht steigt, 


sondern sich genau so verhält, wie bei gleich grofsen, mehr 
legenden Verwandten. Wir werden später sehen, dafs dies nicht 


immer so zu sein braucht. 


Im allgemeinen kann man sagen, dafs die Storch-Reiher- 
gruppe als Nesthocker zu den Langbrütern gehört; brauchen | 
doch die gröfseren Formen, d. h. von der Grofsen Rohrdommel 
aufwärts 251/, bis 30 Tage. Leider ist es unbekannt, wie lange 
die Sattelstörche, Ephippiorhynchus, und die Marabus zur Zeitigung 
ihrer Eier nötig haben; die kleineren Reiher brüten bedeutend 
kürzer: Nyeticorax 21, Ardetta nur 16%, Tage. Hier ist also 


mit steigender Gröfse des Vogels und des Eies eine beträchtliche 


Verlängerung. der Brutdauer festzustellen. Bei verschiedenen 


anderen Vogelgruppen ist dies dagegen nicht der Fall. 


PER 
En 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 287 


Auffallenderweise haben die mir bekannten Ibisse — sowohl 
‚der Schwarze Sichler als auch der über fischreiherschwere Heilige 
Ibis — eine nur 3 wöchige Brutdauer. 

Beim Vergleich der Dunenjungen, wenigstens so weit sie 
mir bekannt sind, ergibt sich ein deutlicher Unterschied zwischen 
den drei in Rede stehenden Gruppen. Die Sichler sind dicht 
mit kurzen, schwärzlichen Daunen bedeckt, die Störche haben 
ein kurzes, weifsliches Dunenkleid, und die Reiher sind meist 
mehr oder weniger hell oder dunkel grau gefärbt und haben 
zum Teil verlängerte haarartige Daunen auf dem Kopfe, auch 
fehlt ihnen das bei den Störchen ebenso wie bei den Raubvögeln 
vorhandene, sogenannte zweite, oder besser gesagt, das Pelz- 
Daunen-Kleid. Alle drei Formen machen demnach einen recht 
_ verschiedenen Eindruck und sind also wohl doch nicht so ganz 
nahe verwandt. 


Flamingos, Phoenicopteri. No. 48 u. 49. 


Die beiden von mir untersuchten Arten legen verhältnis- 
mälsig recht grofse Eier. Ihre Verbindungslinie liegt hoch über 
der Storchkurve und schneidet die Gänselinie, aufserdem steht sie 
der Trappen-Kranichkurve sehr nahe. Die Grölse der Eier hat 
vielleicht eine gewisse Erklärung in der geringen Eizahl im 
Gelege. Wenn wir die Flamingolinie auf Blatt 2 betrachten, so 
ergibt sich, dafs sie sich der Storchlinie sehr nähert, ja sogar noch 
etwas unterhalb davon liegt. Die angebliche Brutdauer von 
30—32 Tagen ist verhältnismäfsig lang, entspricht etwa der der 
grölseren Störche und liegt um ein Beträchtliches über den 
Anatiden. Angeblich sind die Jungen Nestflüchter: es liegt nahe, 
-dies in Zusammenhang mit der Grofseiigkeit und der Länge der 
Brutdauer zu bringen. 


Gänsevögel, Anseriformes. 


Wehrvögel, Palamedeae. No. 50. 


Leider fehlen mir wirklich gute Gewichtsangaben über Chauna, 
ich hoffe aber mit 2!/, kg etwa das Richtige getroffen zu haben. 
Das Eiverhältnis mit 5%/,%/, liegt dann in der Kranichlinie bei 
Grus virgo, ferner in der Linie der Seetaucher und etwas ober- 
halb der grofsen Tauchenten, aber unterhalb der Gänse. Syste- 
matisch ist es also nicht recht verwertbar, höchstens in dem 
Sinne, dafs es mit dem der grölseren Storchvögel nichts zu 
tun hat. 

Das Gelege wird recht verschieden angegeben: zum Teil 
mit 5, zum Teil mit 2 Eiern. Lassen wir die erste Zahl gelten, 
so kommen wir auf Blatt 2 sehr dicht an die Anatiden oder 
Anseres, insbesodere an die Casarca-Chloephaga-Gruppe heran, 
es ergeben sich also hier deutlich Beziehungen zu den Enten- 


288 | ‚Oo Hemmih 


vögeln. Sollte die Angabe der Brutdaner von 6 Wochen wirklich. E 


richtig sein, so würde sich hier allerdings eine sehr grofse Ab- 
weichung von den Gänsen mit 4 und selbst von den Schwänen 


mit 5 Wochen feststellen lassen, und Ohauna würde recht ver- 


einzelt dastehen. Eswäre aber immerhin möglich, dafs diese wehr- 
hafte, artenarme und wohl auch recht altertümliche Vogelgruppe 
sich eine besonders lange Brutdauer aus alten Zeiten bewahrt hätte. 


Eigentliche Gänsevögel, Anseres = Anatidae. 


Tauchentenartige, Merginae, Fuligulinae usw. No. 51—68. 
Unter dieser Gruppe fallen Erismatura leucocephala und 


Biziura lobata durch ihre besonders grofsen Eier auf. Zwar 
stehen mir von den Weibchen beider Arten keine sehr genauen 
Gewichte zur Verfügung, aber ich denke doch mit 13 und 9%, 
der Wahrheit nahegekommen zu sein. Ein sehr grolses Ei legt 
ferner Clangula, die mit 10%, noch vereinzelt dasteht. Die 
andern Tauchenten in der Grölse von 1/),—11/, kg haben auch 


sämtlich recht grofse Eier von etwa 7—9°/, ihres Körpergewichts. 


Somateria und schätzungsweise Tachyeres erreichen mit ihrem Ei, 


- wohl ihrer bedeutenden Körpergrölse entsprechend, nur 5%. 


Da der gröfste Teil der Tauchenten und Säger ein recht 


eireiches Gelege aufweist, so ergibt ein Blick auf die Gelegekurven, 


Blatt 2 und 2a, dafs wir es hier mit denjenigen Vögeln zu tun 
haben, die zusammen mit ihren nächsten Verwandten die 
schwersten Gelege, die es überhaupt gibt, hervorbringen. So 
erzeugen Clangula 110°/,, Erismatura 100°,, Mergus serrator 


80%, und Oidemia fusca 72°/, ihres Körpergewichts an Eiern in 


einer Brut, die gröfseren Formen dabei natürlich weniger, ent- 


sprechend ihrer relativ geringeren Eigröfse und ihren kleineren 


Gelegen. Merkwürdig ist, dafs sich zwangslos ein zweiter, viel 
tiefer liegender Tauchentenstrang ergibt, der sich bei Neita rufina 


noch einmal nach oben hin spaltet. 


Bei den Brutdauern ist die Läuge gerade der kleinsten 


Form, Fuligula nyroca, von 28 Tagen (nach Blaauw) auffallend, 
während F. fuligula und F. ferina nur etwa 26 Tage brüten. 


Die auch nur moorentengrolse Schellente mit gar 30 Tagen 


scheidet wegen ihrer geschützteren Brutweise bei diesem Ver- 
gleich aus. Die Brutdauer der Tauchentengruppe liegt, wohl ent- 


sprechend ihren auch etwas gröfseren Eiern, im allgemeinen über 


der der Schwimmenten, kommt aber nicht an gewisse Plectrop- 
teriden heran, denn selbst der Gänsesäger brütet noch beträcht- 
lich kürzer als die Moschusente, Oairina, obgleich beider Eier 


etwa gleichgrofs und beide Arten Höhlenbrüter sind. 


Schwimmenten im engeren Sinne, Aratinae No. 69—83. 


Wie schon erwähnt, legt diese Gruppe im allgemeinen 


kleinere Eier als die Tauchenten; die gröfste hier untersuchte 


« 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 239 


 Anatine, A. boscas, hat sogar recht kleine Eier und nur etwa 
dieselbe absolute Eigröfse, wie die halb so schwere Plectropteride 


 Aiz galericulata. Zwanglos fügt sich in die Schwimmenten auch 


Dendrocygna mit mehreren Arten ein. Die Kurven der Anatinae 
- verlaufen in der Reihe der Rallen und stehen merkwürdigerweise 
zum Teil zwischen den doch nesthockenden Tagraubvögeln und 
- Eulen. Auf Blatt 2 liegt die Gelegelinie etwa bei den unteren 
Tauchenten. (Um das Bild nicht zu sehr zu verwirren, sind hier 
und bei den Fuligulinae nur Durchschnittslinien gezogen.) 

Die Brutdauern sind bei einigen Formen (aufser Chen ross;) 
die kürzesten, die wir innerhalb der Anseriformes überhaupt 
kennen, so brauchen die Krick- und die Pfeifente nur 22—23 
Tage, A. boscas, dagegen zeitigt ihre Eier in 26 Tagen. Auf- 


fallend ist, dafs bei gleicher Eigröfse die Schnatterente 26, die 


Pfeifente nur 221/, Tage brütet, was vielleicht darauf zurück- 
zuführen ist, dafs M. penelope sich als nordischer Vogel mit der 
Kürze des Sommers ihrer Heimat einrichten mußs. 


Aus biologischen Gründen habe ich die Gruppen 


Chloöphaga, Alopochen, Casarca und Tadorna, No. 84—89, 


einheitlich zusammengefalst. Um die Uebersicht auf Blatt 1 
nicht zu sehr zu stören, ist von einer Verbindung ihrer Punkte 
Abstand genommen worden, die übrigens etwa innerhalb der 
anderen Anatidengruppen liegen. 

Was die Gelege angeht, so steht TZadorna sehr hoch. 
Casarca, Alopochen und Chloöphaga liegen im allgemeinen etwas 
tiefer ais die benachbarten Formen, denn sie legen etwas kleinere 
Eier als die Gänse und weniger als die Schwimmenten. 

Erwähnenswert erscheint, dafs die von mir beobachteten 
Kasarkas, Nilgänse und Chlo&phagas nicht, wie die meisten 
Schwimm- und Tauchenten, täglich, sondern, den Gänsen ent- 
sprechend, nur alle zwei Tage ein Ei legen. Dies hängt offenbar 
mit der niedrigen Eizahl im Gelege zusammen: hier besteht keine 
Gefahr, dafs die ersten Eier durch langes Liegen verderben, 
auch wenn sich der mütterliche Körper zur Erzeugung der ein- 
zelnen Eier mehr Zeit nimmt. 

Die Brutdauern schwanken wohl zwischen 28 und 29 Tagen, 
liegen also nicht gerade besonders hoch oder tief. 


Gänse, Anserinae. No. 90—96. 


Fast alle Gänse im engeren Sinne legen verhältnismäfsig 
sehr grofse Eier: erreicht doch A. albifrons fast 8°), ihres 
Körpergewichts. Merkwürdig klein ist dagegen das Ei von Ch. 
rossi mit nur etwa 6°/, trotz der Kleinheit des Vogels. 
Da die meisten Gänse bei der Gröfßse ihrer Eier auch ver- 
- hältnismäßig vieleiig sind, so stehen sie im Gelegegewicht recht 


240 | 0. Heinroth: 


hoch, nur Branta leucopsis liegt wegen ihrer geringen Eizahl 
tief. Die gröfseren Gänse schliefsen sich unmittelbar an die 
Schwäne an. 

Die Brutdauer beträgt, mit Ausnahme von Ch. rossi, wohl 
bei allen Arten ziemlich genau 4 Wochen, ohne dafs die Gröfse 
des Vogels oder des Eies darauf einen Einflufs hat. Die Kurz- 
brütigkeit der Zwergschneegans, nachgewiesen von Blaauw, 
ist wohl eine Anpassung an den kurzen hochnordischen Sommer. 
Vielleicht erklärt sich auch ihre Kleineiigkeit daraus. 


Schwäne, Oygninae No. 105—109. 


Das Eigewicht aller Schwäne liegt sehr hoch und ist, von 
den Sturmvögeln abgesehen, überhaupt das höchste, das bei 
Vögeln in dieser Gröfse vorkommt; beträgt es doch beim Schwarzen 
und beim Zwergschwan 6°), des Körpergewichts. 

Da so grofse Vögel sonst stets nur ganz wenig Eier legen, 
so ist, da wir es hier meist mit 6 zu tun haben, das Gelege- 
gewicht natürlich ganz erstaunlich hoch und beträgt beim 
Schwarzen Schwan 35°/,, erreicht also fast die viel reicher mit 
Eiern gesegnete Rhea. 

Alle Schwäne brüten, soweit bekannt, 35 Tage, also so 
lange wie ZAhea, und eine Woche länger als fast alle Gänse, 
wobei mah zu bedenken hat, dafs die Schwarzhalsschwänin nicht 
schwerer, also auch nicht gröfser als die Kanadagans ist. Aller- 
dings verhalten sich ihre Eier wie 210 :170. (S. auch die Be- 

sprechung des Kranichs.) 


Plectropterinae und Andere. No. 97— 104. 


Ich. folge bei dieser Gruppe Salvadori, fasse also 


ziemlich ungleichartige, aber sonst im System schwer unterzu- 
bringende Entenvögel zusammen. Leider verfüge ich nur von 
sehr wenigen über Körpergewichte, aber immerhin von recht 
verschieden grofsen Formen. Die Eier der kleineren Arten, der 
Braut- und der Mandarinente, haben etwa die Gröfse derjenigen 
ebensogrofser Tauchenten;; Sarcidiornis, Cairina und Plectropterus 
liegen auf den Kurven tiefer als die sonstigen Anatiden. 

Im Gelege nimmt A:x galericulata eine besonders hervor- 
ragende Stelle ein (s. S. 239). (Beim Abschlufs dieser Arbeit konnte 
ich gerade drei fast frische Mandarinenten-Gelege von je 13 Eiern 
zu je 50—55 g wiegen. Das Ei beträgt also gut !/,,, das Gelege 
fast */, des Gewichts der Mutter. Die Kurven sind demnach in 
diesem Sinne zu berichtigen.) Auch Lampronessa sponsa, Sar- 
 cidiornis und Cairina haben auffallend schwere, weil gleichfalls 

aus einer grolsen Zahl von Eiern bestehende Bruten; Plectropterus 
dagegen liegt weit unterhalb der Gänse- und der Schwanlinie. 
Die Brutdauern sind nur von Braut-, Mandarin- und Moschus- 
enten bekannt. Sie sind für Anatiden geradezu erstaunlich lang, 


ee 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 241 


betragen sie doch bei den ersten beiden 30, bei Cairina sogar 

35 Tage, ein Zeitraum, der dem, den die um vieles gröfseren 
Schwäne brauchen, völlig gleichkommt. Die Eier verhalten sich 
dabei oft wie 1:5 (70 g : 350 g). Im Entwicklungsgrade der 
frisch geschlüpften Jungen besteht gegenüber den Kurzbrütern, 
wie z. B. Mareca, kein Unterschied. 

Da wir es bei den drei erwähnten Formen mit reinen 
Höhlenbrütern, die ihre Nester meist recht hoch über der Erde 
anlegen, zu tun haben, so liegt vielleicht hier wieder ein recht 
ursprüngliches Verhalten vor, eine Vorstellung, in der ich durch 
das offenbar sehr hohe Alter mancher dieser Gattungen bestärkt 
werde. Sowohl das Vorkommen der beiden äufserst ähnlichen 
. Sarcidiornis-Arten in den Tropen der alten und der neuen Welt 
als auch die tapirartige Verbreitung der unter sich nahe ver- 
wandten Cairina und Asarcornis, beides reine Waldbewohner, 
die nicht übers Meer fliegen, beweist ihr erdgeschichtlich frühes 
Auftreten. | 
“ _ Cereopsis steht mit ihrer Eigröfse ziemlich tief (auf 
Blatt 1 muls sie um !/,%/, höher stehen, sodafs der Knick nach 
unten wegfällt), ebenso im Gelegegewicht, sie brütet etwas länger 
als die eigentlichen Gänse, nämlich 30 Tage. 

Anseranas rückt mit ihrer Eigröfse genau in die Reihe 
der Gänse, ebenso hinsichtlich des Geleges. Die Brutdauer finde 
ich leider nirgends angegeben. | 

Coscoroba, die wegen ihres bunten Küken - Daunen- 
kleides wohl mit Recht von den Schwänen abgerückt wird, unter- 
scheidet sich auch durch ihr verhältnismäßig kleines Ei von 
ihnen, im Gelege kommt sie allerdings nahe an den Schwarzhals- 
schwan heran. Leider habe ich keine Brutdauer ermitteln können. 


Bei den Anseres, also Schwänen, Gänsen und Enten im 
weitesten Sinne, sowie Sägern haben wir es wohl nächst den 
Megapodiiden mit den entwickeltsten Nestflüchtern zu tun, die es 
gibt. Die Neugeborenen sind mit dem dichtesten und voll- 
kommensten Dunenkleide begabt und brauchen daher eine Er- 
wärmung durch die Eltern nur in geringem Grade. Aufserdem 
aber werden viele, namentlich die eigentlichen Enten, von den 
Alten nicht gefüttert, ja bei den meisten Formen nicht einmal 
irgendwie zur Nahrungssuche angeleitett und machen gleich 
tauchend und schwimmend von selbst auf Wasserinsekten und 
ähnliches Jagd. Nun sollte man meinen, dafs solch hochent- 
 wickelter. Nestflüchter eine sehr lange Zeit der Entwicklung im 
- Ei durchmachen müsse. Nach dem eben Besprochenen ist das 
jedoch nicht der Fall; selbst die gröfsten Formen brüten nicht 
über 5 Wochen, und bei den kleinen Arten kommen Brutdauern 
von wenig mehr als 3 Wochen vor, ein Zeitraum, der von viel 
kleineren Eulen und Raubvögeln trotz ihrer unentwickelten 
Jungen ganz bedeutend überschritten wird. (Hierzu ein Beispiel: 


au 0. Heinroth: 


die Eier der Schleiereule, Nr. 329, und der etwa gleichgrofsen 


Knäkente verhalten sich wie 18:27, also wie 2:3, die Brut- 
dauern aber wie 30 : 23.) Die sehr ausgebildete Nestflüchtigkeit 


-läfst ferner auf verhältnismäfsig grofse Eier schliefsen, und das 


‚entspricht, wie ein Blick auf die Tabellen und die Kurvenblätter 


zeigt, durchaus der Wirklichkeit. Unsere Gruppe legte wohl 


noch gröfsere Eier, wenn sie nicht zugleich eine so hohe Eizahi 
im Gelege hätte, was ja meist verkleinernd auf das einzelne Ei 


wirkt; sind doch die grofsen Gänse und die Schwäne mit Aus- 


nahme der Straufsvögel und von Pfau und Truthahn die für ihre 
Gröfse eireichsten Vogelformen, d. h. also, sie haben und brauchen 
demnach auch die stärkste Vermehrung. Somit liegt der Schlufs 


nahe, dafs auch ihre kurze Brutdauer eine Anpassung an eine 


möglichst gesicherte Fortpflanzung darstellt. Die Stärke der 
Anseres (Lamellirosires) liegt somit in ihrer ausgezeichneten Ver- 
mehrungsweise, die vielfach bei höchst entwickelten Jungen grofse 
Gelege mit kurzer Brutdauer geschaffen hat. Im Gegensatz da- 
zu hatten wir ja z. B. bei den Sturmvögeln gesehen, dafs wir 
eine recht lange Brutdauer, die womöglich noch ein ganz un- 


entwickeltes Junges ergibt, als etwas sehr Ursprüngliches auf- 


zufassen haben. 

Irgend welche neuen Beziehungen zu anderen Vögeln haben 
sich nicht ergeben; die Anseres oder Anatidae erweisen sich in 
der Art ihrer Fortpflanzung als selbständige Gruppe. 


Raubvögel, Falconiformes. No. 110—141. 


Ein Blick auf die Blätter 1, 1a und 1b ergibt, dafs sich 
‘ eine einheitliche Raubvogellinie, die das Verhältnis vom Körper- 
zum relativen Eigewicht darstellt, nicht ziehen läfst. Ich habe 
daher die grofsen Geier einschliefsliich des Kondors von den 
anderen getrennt und unter sich vereinigt. Ihre Linie liegt, da 


es sich vielleicht mit Ausnahme vom Kondor (Kondorpaare legen 


und bebrüten in der Gefangenschaft aber stets nur ein Ei) dabei um 
fast immer eineiige Formen handelt, etwas höher als die Adler- 
linie. Diese Geier entsprechen in ihrer relativen Eigrölse durch- 
aus den Kranichen, also Nestflüchtern, und liegen höher als 
Störche, Pelikane und Pinguine. Verfolgen wir die übrigen Raub- 
vögel von den grolsen Formen ausgehend, so sehen wir, dafs 
ihr Eiverhältnis fast genau dem der Storchvögel entspricht, dann 
aber erhebt es sich über deren Linie und trifft erst bei den 
Formen von unter 1200 g wieder damit zusammen. Auch die 
mittelgrolsen und die kleineren Raubvögel mufste ich mit 2 Linien 
bedenken, die tiefere geht von Arch. lagopus, Astur palumbarius 
uud auch von Falco mweregrinus über Circus aeruginosus, C. 


cyaneus, Ace. nisus, C. tinnunculus und F. aesalon zu Ü. spar- i | 
verius, die andere zweigt sich vom Rauhfulsbussard und Hühner- 
habicht über den Mäusebussard und Schwarzen Milan zu Halia- 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 243 


stur girrenera ab, um auf dem Wege über den Baumfalken 
ebenfalls zum amerikanischen Zwergfalken zu gelangen. Ich 
zweifle nicht, dafs es eine Menge Raubvögel gibt, deren Punkte 
zwischen den beiden hier geschilderten Aesten liegen würden. 

Im allgemeinen sind die Eier der grofsen Raubvögel mittel- 
grofs, nähern sich aber bei den kleineren Arten vielfach denen 
der Alke, Rallen, Regenpfeifer und Möwen und haben also 
namentlich bei den kleinsten eine ganz erstaunliche Grölse. 
Leider fehlt mir das Gewicht der indisch-malayischen Zwerg- 
falken, Microhierax, der kleinsten Raubvögel überhaupt, die wohl 
sicher ein relativ geradezu riesiges Ei legen. Ein verhältnis- 
mälsig sehr grofses Ei hat Circaetus, es entspricht genau dem 
von Helotarsus.. Vom Schlangenadler wissen wir, dafs er nur 
ein Ei legt, und daher erklärt sich auch die Grölse. Heuglin 
fand beim Gaukler zwei Junge im Nest, andere Afrikareisende 
erhielten nur eins, ich möchte daher auch annehmen, dafs Helo- 
tarsus höchstens zweieiig ist. Dafs das Ei von Circadtus übrigens 
doch nicht so viel wiegt, wie das Gelege eines gleich grolsen 
-mehreiigen Raubvogels, wie z. B. Cath. aura, lehrt ein Blick 
auf Blatt 2. 

Da die grofsen Raubvögel meist eineiige Golse haben, so 
liegt ihre Linie auf Blatt 2 natürlich sehr tief und geht noch 
unter die der Pelikane herunter; sie steigt dann wieder bei den 
mehreiigen Adlern, insbesondere den Seeadlern. Eine Trennung, 
ähnlich wie auf Blatt 1, war auch bei der Gelegekurve am Platze, 
auch hier liegen Archibuteo, Milvus, Buteo wieder hoch und höher 
als Falco peregrinus undnamentlich als Pernis. Haliastur girrenera, 
der auf der Eikurve so sehr hoch lag, ist wegen seiner sehr ge- 
ringen Eizahl an eine recht tiefe Stelle gerückt. Im übrigen er- 
gibt sich, dafs die mittelgrofsen und die kleineren Formen ein 
im Vergleich zu vielen anderen Vögeln recht hohes Gelege- 
‚gewicht haben. 

Blatt 3 und zum Teil auch 3a belehren uns, dafs die Raub- 
vögel zu den längstbrütenden Vögeln gehören. Sie werden nur, 
wenn wir gleichgrofse Form.n vergleichen, von den Sturmvögeln, 
dem Tölpel, dem Papageitaucher, dem Kagu und einer Eule 
übertroffen und lassen somit — mechanistisch nicht erklärbar — 
alle gleich grofsen Nestflüchter tief unter sich. 

Wir haben es demnach hier mit verhältnismälsig grolseiigen, 
bei den grofsen Formen mit ein- oder wenigeiigen und mit sehr 
lang brütenden Tieren zu tun, nur die kleineren Arten erzeugen 


gröfsere Gelege. Die jungen Raubvögel kommen, soweit sie mir 


bekannt sind, zwar sehend und nicht so ganz hilflos aus dem Ei, 
entwickeln sich .aber bei den gröfseren Arten recht langsam, so- 
dafs das Flüggewerden bei den gröfsten 3 Monate und mehr in 
_ Anspruch nimmt. Ich möchte die ganze Gruppe in ihrer Fort- 
pflanzungsweise den Sturmvögeln an die Seite stellen: die Raub- 
vögel, namentlich aber die Adler und die Geier, haben wenig 


244 in 0: Heinroth; 


oder gar keine Feinde, die Vermehrung ist daher sehr gering, 
und keine Zuchtwahl hat auf Beschleunigung der Keimes- oder 
der Jugendentwicklung hingewirkt, sodafs also hier ebenfalls sehr 
ursprüngliche Zustände vorliegen. (Siehe auch die Besprechung 
des Kranichs). 

Im übrigen lehrt ein Vergleich der relativen Eigewichte der 
grofsen und der kleinen Formen, dafs die letzteren verhältnis- 
mäfsig viel grölsere Eier legen, trotzdem sie eireichere Gelege 
haben. Dies treffen wir ja bei vielen Gruppen an. 


Steifshühner, Zinamiforme. No. 142—145. 


Sämtliche Steifshühner legen viel. gröfsere Eier, als alle 
entsprechend grofsen Hühnervögel, Gallidae, und kommen in ihrer 
relativen Eigröfse dem Durchschnitt der Enten sehr nahe. Auch 
hier haben die kleineren Formen natürlich wieder verhältnis- 
mälsig gröfsere Eier als die grofsen, ohne dafs aber ein sehr er- 
hebliches Aufsteigen der Kurve zu bemerken ist; vielleicht würde 
es aber eintreten, wenn ich auch die kleinsten Arten hätte unter- 
suchen können. Entsprechend ihrer aufserdem noch sehr grofsen 
Eizahl hat diese Ordnung auffallend schwere Gelege, die denen 
der meisten Tauchenten nicht nachstehen. | 

Die Brutdauer der beiden mir in dieser Hinsicht bekannten 
Arten ist auffallend kurz, beträgt sie doch nur 20—21 Tage, 
nähert sich also der des Haushuhns und seiner nächsten Ver- 
wandten. | 

Da wir es hier mit körperlich und geistig wenig leistungs- 
fähigen Bodenbrütern zu tun haben, so müssen diese schwachen 
Seiten durch eine starke Seite, nämlich die ausgezeichnete Fort- 
pflanzungsfähigkeit ausgeglichen werden: viel Eier, kurze Brut- 
dauer und ausgebildete Nestflüchtigkeit bei schneller Entwicklung 
der Jungen sind hier vereinigt, und, wenigstens bei vielen Formen, 
noch damit gepaart, dafs das Weibchen seine Kräfte und seine 
Zeit ausschliefslich auf das Eierlegen, das Männchen auf das 
Brüten und das Führen verwendet, eine sinnreiche Arbeitsteilung, 
die eine grofse Menge von Nachkommenschaft sichert. 


Hühnervögel, Galliformes. 


Laufhühnchen, Turnices. No. 146. 


. Wie die Blätter 1, 1a und 1b zeigen, legt Zurnix Eier, 
die sich in ihrer relativen Gröfse zwanglos in die Hühnerlinie 
zwischen Excalfactoria und Coturnix einschieben, aber auch denen 
eines gleichschweren Singvogels, etwa einer Drossel, entsprechen. 
Die sehr niedrige Eizahl, die noch nicht an die der chinesischen 
 Zwergwachtel herankommt, bringt es mit sich, dafs Zurnix auf 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht otc. und Brutdauer. 245 


Blatt 2a recht tief unter der Linie der eigentlichen Hühner liegt 
und den kleinen Papageien nahe steht. 

Die Brutdauer von 13 Tagen ist die kürzeste, die bei einem 
Nestflüchter bisher beobachtet ist und entspricht genau der vieler 
gleichgrofser aber auch mancher noch kleinerer Singvögel. Diese 
auflallende Tatsache beweist, dafs es wohl möglich ist, innerhalb 
derselben Zeitdauer, die die doch ebenfalls durch Gefährdung 
ihres Nestes und durch Mehrbrütigkeit auf kurze Brutdauer ge- 
züchteten kleinerenSingvögel zu ihrer Keimesentwicklung brauchen, 
sich auch ein nestflüchtendes Junges entwickeln zu lassen. 
Nun sind zwar die frisch ausgebrüteten, wohl nur gegen 
4 g schweren Laufhühnchen in den ersten Tagen noch überaus 
wärmebedürftig und bekommen ihr Futter noch viele Tage lang 
von dem sie führenden Vater aufgesucht und vorgehalten, aber 
sie sind doch ungleich reifer als selbst eine junge Lerche, die — 
für einen Sperlingsvogel sehr früh — doch immerhin erst nach 
9 Tagen das Nest verläfst. Für die Gruppe Zurnix gilt bis zu 


einem gewissen Grade dasselbe wie für die Steifshühner: wir 


haben hier zwar im Gegensatz dazu nur ein sehr eiarmes Gelege, 
aber auch wieder eine sehr kurze Brutdauer und die gleiche, 
sinnreiche Arbeitsteilung in der Erzeugung und Aufzucht von 
Nachkommenschaft, wo das Weibchen nur legt, und das Männchen 
brütet und führt. 


Eigentliche Hühnervögel, Galli. No. 147—185. 


Hinsichtlich ihrer Vermehrungsweise verhalten sich die 
Grofsfulshühner, Megapoditidae, die Baumhühner, Uracidae, und 
die echten Hühner Gallidae (Phasianinae und Teiraoninae) 
grundverschieden, sie sollen hier also auch getrennt besprochen 
werden. 

Die Megapodiidae, No. 147—148, legen zum Teil mit die 
relativ gröfsten Vogeleier die es gibt, M. eremita übertrifft hierin 
mit 17°, sogar noch die Sturmvögel.e. Von einer Gelegezahl 
kann in Anbetracht der eigentümlichen Fortpflanzungsweise dieser 
Tiere wohl nicht gut gesprochen werden. Die riesige Gröfse des 
Eies bat ihren Grund einerseits darin, dafs jedes einzelne wohl 
sicher in einem gröfseren Zeitabstand vom nächsten hervor- 
gebracht wird, und andrerseits in der grofsen Reife der Jungen, 
die so entwickelt zur Welt kommen, dafs sie sich ohne jede 
Hilfe der Eltern aus der Erde herausarbeiten und ihren Weg 
ganz selbständig gehen können; ja ihre Flügel sind schon bei 
der Geburt völlig gebrauchsfähig. 

Bei der an sich sehr langen Brutdauer von 42 Tagen bei 
Talegalla weifs ich nicht, ob sie auch für die Bebrütung im 
Brutschrank oder unter 'der Henne und nicht nur im Laubhaufen 
gilt, dessen Inneres wohl wesentlich kühler ist, als die Eigen- 
wärme des Vogels. 


246 0.0, BHeinroth: 


Im Gegensatz zu den echten Hühnervögeln haben die 
Cracidae, No. 149—152, ein Gelege, das nur aus 2—3 Eiern be- 
steht, dafür werden aber die Nester auf Bäumen angebracht 
und sind daher gegen Ueberschwemmungen und das Heer der 
Bodenräuber gesichert, sodafs die Erhaltung der Art auch bei 
einer geringen Eizahl gewährleistet wird. Die Eier der Baum- 
hühner sind mit 7—11°/, gleichfalls verhältnismälsig grofs und 
zum Teil gröfser als die der Entenvögel. Dagegen steht be- 
greiflicherweise das Gelegegewicht tief, aber immer noch über 
dem gröfsten Teil der Nesthocker. Die mittelgrolsen Oracidae, 
wie Penelope und Notocraz liegen unter der Linie der Gallidae, 
Ortalis dagegen verhält sich ebenso wie eine entsprechend grolse 
Phasianide. Dasselbe tut das. Hokko, das auf Blatt 2 mit Teirao 


urogallus völlig zusammenfällt. Das heifst also: die beiden 


Eier von Orax wiegen zusammen gerade so viel wie das Gelege 
der gleich schweren Auerhenne , das aus 8 Eiern besteht. Hier 
tritt demnach, allerdings bei zwei verwandtschaftlich und bio- 
logisch nicht sehr nahe stehenden Formen, der Fall ein, dafs die 
Eier genau im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Anzahl kleiner 
werden, was ja sonst nicht immer einzutreffen braucht. (Vergl. 
z. B. Oepphus und die anderen Alken).. a 
Aus dieser Familie ist mir leider nur vom Hokko die Brutdauer 
bekannt, sie.ist ganz wenig länger, als bei Pfau und Truthuhn, aber 
auch selbst ein Tragopan mit einem Ei von nur 50 g braucht zu 
seiner Schlüpfreife fast ebenso lange, wie ein Hokko, das aus 
einem 31/, mal so schweren Ei hervorgeht. Junge Hokkos haben, 
ihrem Baumleben entsprechend, die Fähigkeit, sich fest an Aesten 
anzuklammern, sind aber sonst noch ziemlich hilflos und zeigen 
für Hühnervögel keine besonders starke Entwicklung der Flügel. 
Die Nahrung wird ihnen im Anfang von den Eltern gefangen oder 
gepfiückt und dann vorgehalten. 

. Bei Betrachtung von Blatt 1 ergibt sich, dafs die grofsen 
echten Hühnervögel, Gallidae, wie Pfau, Truthuhn, Auer- 
huhn, Ohrfasan, aber auch Perlhuhn, Jagdfasan (dieser ist auf 
der Kurve nicht ganz richtig eingetragen, man halte sich daher 
.an die Tabelle) und Rebhuhn ganz auffallend kleine Eier legen, 
zum Teil die relativ leichtesten, d. h. kleinsten Eier überhaupt, 
die wir finden, wobei ich noch daran erinnern möchte, dafs die 
Hühner sogar besonders dickschalige Eier haben. Andrerseits 
steigt, von Teirao urogallus angefangen, eine etwas höher ge- 
legene Linie an, die über den Silber- und den Schopffasan und 
auf Blatt 1a über Birkhuhn, Doppelspornfrankolin, Stein- und 
Haselhuhn nach links hin verläuft. Man kann wohl annehmen, 
dafs ein grofser Teil der entsprechend schweren, hier nicht unter- 
suchten Hühnervögel’ zwischen diesen beiden Kurvenzweigen 
liegt. Die kleinsten Hühner (siehe Blatt 1b) lassen sich, von 
Callipepla angefangen, von rechts nach links auch wieder in zwei 


Aeste teilen. Es wird ersichtlich, dafs Colinus und Coturnix 


Eu 


Beziehungen zwischen Vogeigewicht ete. und Brutdauer. 247 


delegorguei relativ beträchtlich gröfsere Eier legen, als (ot. 
 coburnixz und Excalfactoria. | 

Ist die relative Eigröfse aller Gallidae namentlich im Ver- 

hältnis zu anderen Nestflüchtern recht klein, so wird dies im 
 Gelegegewicht durch die grofse Zahl der Eier bei den meisten 
Arten wieder ausgeglichen, wie ein Blick auf die Blätter 2 und 
2a zeigt. Immerhin liegt aber die Gelegelinie namentlich bei 
- einem Vergleich mit der der Anseriformes doch noch recht tief. 
_ Auch hier habe ich die Kurven wieder in mehrere Zweige zer- - 
legt, die im einzelnen zu verfolgen ich dem Leser überlassen 
kann. Besonders auffallend sind die kleinen Formen: bei der 
grofser Zahl von Eiern, die sie hervorbringen, erreicht das Ge- 
legegewicht ®/, des Körpergewichts und mehr, ja Coturnix dele- 
gorguei steht mit 130°/, wohl mit an der Spitze aller der Vögel, 
die ich daraufbin untersuchen konnte. Excalfactoria, das kleinste 
Huhn, liegt im Gelegegewicht auffallend tief und nähert sich 
Turnis, wie bereits dort erwähnt wurde. 

Die Brutdauer dieser Familie schwankt zwischen 2 und 
etwa 4 Wochen. Die Betrachtung der Hühnerlinien auf den 
Blättern 3 und 3a ergibt jedoch, dafs die Schnelligkeit der Keimes- 
entwicklung durchaus nicht immer im geraden Verhältnis zur 
Gröfse der Eier oder der Vögel steht. So brütet das Rebhuhn 
auf seinen Eiern von je 13 g 3 Tage länger als ein 5fach so 
schweres Haushuhn auf seinen 41/, mal grölseren Eiern, und 
Excalfactoria braucht 17 Tage zur Entwicklung, im Gegensatz 

zu der fast doppelt so grolsen Oolurnix delegorguei mit nur 
14 Tagen. Im allgemeinen sehen wir ein gewisses Nebenein- 
anderlaufen der Linien mancher Hühnergruppen und können 
Formen von 28-, von 26-, von 24tägiger und von noch niedrigerer 
Brutdauer unterscheiden. Beim Haushuhn hat sich die Brutdauer 
gegen.die der Stammform um 21/, Tage verlängert, beim Hauspfau 
um die gleiche Dauer gegenüber dem vorderindischen Wildpfau, 
wie ich hier im Zoologischen Garten feststellen konnte. Dasselbe 
gilt ja auch von Haus- und von Stockente mit 28 und mit 
251/, -26 Tagen. 

Bei der auffallend langen Brutdauer des Swinhoe-Fasans 
mit 30 Tagen (sehr genaue Angabe von v. Wissel), dessen Ei- 
- gewicht nicht von dem des Silber- und des Schwarzrücken-Fasans 

abweicht, die etwa ebenso schwer sind und nur 26 Tage brüten, 
kann man vielleicht daran denken, dafs dieser Formosaner als 
Inselform ungefährdeter ist und sich daher ursprünglicher verhält. 


- Bei den Gallidae haben wir es bekanntlich mit sehr gut. 
entwickelten Nestflüchtern zu tun. Die Jungen sind zwar nicht 
mit dem dichten Dunenkleide der Entenvögel ausgestattet und 
auch nicht, wie die meisten von diesen, von Anfang an auf 
eigenen Nahrungserwerb im weitesten Sinne eingerichtet, aber 

ihre Sinnes- und Bewegungswerkzeuge sind doch immerhin recht 


REN 


348 0. Heinroth: 


ausgebildet, sodals die Küken imstande sind, bald nach dem Aus- 
kommen den Alten zu folgen. Gehudert werden sie viel öfter 
als junge Anatiden, und die Mutter oder auch beide Eltern 
müssen ihnen im Anfang gewöhnlich die Nahrung vorlegen und 
manchmal auch vorhalten. Aber dafür haben die jungen Hühner 
eine Fähigkeit, die allen andern Vögeln völlig abgeht: sie können 
entweder gleich oder doch wenigstens nach einigen Tagen so viel 
fliegen, dafs sie Bodenfeinden zu entgehen und auf niedrigen 
Aesten zur Nachtruhe aufzubaumen vermögen. Dies gilt nament- 
lich für Pfau und Argus. Bekanntlich wachsen aber auch den 
mehr steppenbewohnenden Arten, wie Perlhuhn und Rebhuhn, 
die Erstlingsschwingen recht bald, und alle sind durch eine sämt- 
lichen Galli und nur diesen allein zukommende, eigenartige Jugend- 
schwingenmauser befähigt, in jedem Zustande des Körpergewichts 
fliegen zu können. | 
Ferner haben wir hier eine viel verfolgte Vogelgruppe vor 
uns, ihre Vermehrung mufs also bedeutend sein, wenn sich die 
Arten erhalten sollen. Daraus erklärt sich natürlich die meist 
sehr grofse Eizahl im Gelege; es ist wohl die höchste, die bei 
Vögeln überhaupt vorkommt. Dagegen befremdet die geringe 
.Eigröfse dieser entwickelten Nestflüchter. Sie bringt es mit sich, 
dafs die Hühnervögel auf den Blättern 1, 1a und 1b zum Teil 
so sehr tief, ja noch unter den meisten Nesthockern stehen, 
hatten wir doch gesehen, dals die fast ebense viele Eier legenden 
Enten dennoch verhältnismälsig sehr grolse Eier aufzuweisen haben. 
(Vergleiche das Ei vom Rebhuhn mit etwas über 3°/, mit dem der 
fast ebenso grolsen kleinsten Ente mit gegen 8°/, des Körper- 
gewichts.) Die sehr geringe Eigröfse der eireichsten Hühner, 
wie z. B. Perdix, erklärt sich möglicherweise daraus, dafs eine 
zu beträchtliche bei sehr grofser Eizahl dem guten Bedecktwerden 
des Geleges bei der Bebrütung hinderlich sein könnte, was viel- 
leicht bei den dichten Daunennestern der Enten nicht so in Be- 
tracht kommt. Die Hühnervögel geben geradezu ein Schulbeispiel 
dafür ab, dafs ein hochentwickelter Nestflüchter aus einem viel 
kleineren Ei kommen kann, als man dies für möglich hält, wenn 
man ein gleichgrofses, ebensolange oder sogar viel länger zu 
bebrütendes Nesthocker-Ei dagegen in Betracht zieht. (Vergl. 
z. B. Sonnerats-Huhn und Baumfalk auf Blatt 3a.) | 
Auf zwei Formen möchte ich noch besonders hinweisen. 
Nach vielen von mir im Zoologischen Garten gemachten Fest- 
stellungen legt Polypleciron, No. 171, immer nur zwei Eier, 
deshalb sind sie mit je 7°/, verhältnismälsig sehr grofs und ent- 
sprechen etwa denen der allerdings viel eireicheren Enten. 
Andererseits ist die Brutdauer von nur 3 Wochen recht niedrig. 
Wie bereits erwähnt, fällt bei Cot. delegorguei, No. 179, 
das geradezu ungeheuerliche Gelegegewicht von 130 %,, das 
aufser durch die sehr grofse Eizahl dadurch zustande kommt, 
dafs auch das einzelne Ei mit 10°, für einen Hühnervogel sehr 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 249 


grols ist. Noch merkwürdiger ist aber die sehr kurze Brutdauer 
von nur 2 Wochen, die ich nicht für glaubhaft halten würde, 
wenn sie nicht durch ganz einwandfreie Beobachtungen von 
Engel (Gef. W. 1907, S. 2 u. 9) unter einer Haushenne fest- 
gestellt wäre. Es hat den Anschein, als wenn die Brut der 
Harlekinwachtel ganz besonders vielen Schädigungen und Ge- 
fahren ausgesetzt sei, sodafs sich die Art nur durch eine aufs 
höchste entwickelte Fortpflanzungsweise erhalten kann. 

Dals Excalfactoria, die durchaus nicht die kleinste nest- 
flüchtende Vogelart darstellt, wohl die winzigsten Nestflüchterchen 
erbrütet, die es gibt, werden wir noch auf Seite 254 am Schlusse 
der Schnepfenvögel erwähnt finden. 


Kranichvögel, Gruiformes. 


Rallen, Rallidae No. 186—193. 


Die Rallen zerfallen für uns in zwei Gruppen: erstens 
grofse Formen mit kleinem Gelege (Ocydromus, Porphyrio, Ara- 
mides) und zweitens solche, die ein eireiches Gelege hervor- 
bringen, wozu unsere heimischen Arten gehören. Die erste 
‚Gruppe legt, wie ein Blick auf Blatt 1a zeigt, verhältnismälsig 
recht grofse Eier, die denen der gröfseren Regenpfeifervögel 
etwa gleich stehen. Die anderen liegen bedeutend tiefer, fallen 
aber noch immerhin zum Teil mit den Schwimmenten in der 
 Eigröfse zusammen. Die kleinsten, wie Crex und ARallus. haben 
ihrer geringen Körpergrölse entsprechend dagegen wieder ver- 
hältnismäfsig sehr grofse Eier, wie das ja auch zu erwarten ist. 
Auf dem Gelegeblatt 2a drehen sich diese Verhältnisse bei den 
wenig- und den vieleiigen Gruppen natürlich um, und wir finden, 
- dafs namentlich die kleinen, vieleiigen Rallen Gelege haben, die 
in ihrem Gewicht denen der eireichsten Hühnervögel nahe stehen; 
kommt doch Ort. porzana bis auf 125 %,. 


Die Brutdauern liegen bei den gröfseren Arten mit 4 Wochen 
etwas hoch, dagegen geht die Keimentwicklung der kleineren 
Formen für Nestflüchter ziemlich rasch vor sich und beträgt 
etwa 19—221/, Tage, erinnert also an die gewisser Hühnervögel 
und der Schnepfen. Für die Rallen gelten ja wohl etwa die- 
selben Verhältnisse, wie wir sie ausführlicher bei den Hühnern 
besprochen haben. Besonders hoch gesteigert ist die Ver- 
mehrung von Gallinula (und Kallus?), die wohl im Gegensatz 


zu den meist viel später mit der Fortpflanzung beginnenden ' 


anderen heimischen Rallen nicht nur ein sondern zwei und 
trotzdem sehr eireiche Gelege im Jahre zeitigt. 


Journ. f. Om. LXX, Jahrg, April/Juli 1922, 17 


250 e 0. Heinroth: 


Kraniche, Gruidae. No. 194—198. 

Trompetervögel, Psophia. No. 199. 

Cariama. No. 200. Kagu, Rhinochetus. No. 201. 
Sonnenralle, Zurypyga. | 


Auf Blatt 1 habe ich die Linie der Kraniche mit der der 
Trappen vereinigt. Beide Familien haben etwa dieselbe Eigröfse, 
und die Gruidae sämtlich, die Otididae wenigstens in den grolsen 


Arten die Zweizahl im Gelege. Für ihre wenigen Eier und für 


Nestflüchter liegt die Linie mit 3%, bis allerhöchstens 5°, recht 
tief, sie sinkt nach links hin zur Zwergtrappe noch ein Stück 
hinunter, wohl weil wir es hier mit einem etwas zahlreicheren 
Gelege zu tun haben. Entsprechend der geringen Eizahl liegt 
die Kranich-Trappenlinie auch auf Blatt 2 nicht allzu hoch. 4 

Die Brutdauer reicht bei den grofsen Kranichen fast an 
die der Schwäne heran. Dabei ist zu berücksichtigen, dafs 
die des sehr grolsen Grus japonensis mit 33 Tagen durch mehr- 


fache Beobachtungen völlig sicher gestellt ist; während die 


30 Tage des europäischen Kranichs nur auf annähernder An- 
gabe beruhen. Die Jungen sind in den ersten Tagen für Nest- 
flüchter recht unselbständig. Leider fehlen anscheinend sichere 
Beobachtungen über die Brutdauer aller Trappen. 


Besonders lehrreich erscheint mir ein Vergleich von Grus 
grus mit zwei etwa gleichschweren Vögeln aus recht ver- 
schiedenen anderen Gruppen, nämlich mit Cygnus atratus, 
No. 108, und mit Aquila chrysaeitus, No. 123. Die Eigrölsen 
verhalten sich wie 4:6:3, die Eizahlen im Gelege wie 2:6:2, 
und die Brutdauern wie 30:35:44. Die Eier und die Jungen 
des bodenbrütenden Kranichs und Schwans sind natürlich mehr 
gefährdet, als die des hochhorstenden Adlers, dessen Keimling 
sich deshalb eine überaus langsame Entwicklung leisten kann 
oder, besser gesagt, sie von alters her beibehalten konnte. 
Trotz seiner langen Eizeit ist der frisch geschlüpfte Adler, da 
er ja wie alle Vögel ?2/, des frischen Eies wiegt, natürlich auch 
nur halb so schwer wie das neugeborene Kind des Schwarzen 
Schwans, was hier aber nicht schädigend in’s Gewicht fällt; denn 
der hilflose Nesthocker kann seine ganze, 11 Wochen be- 
_ anspruchende Jugendentwicklung (Macpherson, The home 
life of a golden eagle) ungestört im sicheren Horste durch- 
machen. Wohl wegen seines entwickelteren Nestflüchtertums 
hat der Schwan eine etwas längere Brutdauer und ein etwas 
gröfseres Ei als der Kranich; hierbei konnte selbst die 3 mal 
grölsere Anzahl von Eiern im Gelege nicht ’verkleinernd auf das 
einzelne Ei einwirken. In der Zusammenfassung von starker 
Vermehrung, rascher Keimesentwicklung und gröfster Selb- 


& Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 251 


 ständigkeit der Jungen haben wir im Gegensatz zum Adler beim 
Schwan geradezu eine Glanzleistung der Fortpflanzung vor uns. 


Die folgenden kleinen, den Kranichen möglicherweise nur 
vielleicht benachbarten Familien mit im wesentlichen nur je 
einer Art interessieren uns besonders deshalb, weil durch ihre 
Eigewichte oder ihre Brutdauern Anhaltspunkte für die syste- 
matische Stellung dieser -Vögel zu gewinnen sein könnten. 
Psophia palst auf Blatt 1 genau in die Kranich-Trappen- 
linie hinein, Cariama liegt dagegen bedeutend tiefer und ent- 
‚spricht in ihrer Eigröfse den Reihern., Zhinochetus legt ein 
auffallend grofses Ei, das dem der Möven gleichkommt. Die Ei- 
zahl im Gelege des Trompetervogels wird mit 2 angegeben, 
scheint mir aber nicht sehr sicher zu sein. Er würde dann auf 
dem Gelegeblatt No. 2 sehr tief zu stehen kommen, ebenso 
‚wie Cariama, die wohl kaum mehr als 2 Eier in einer Brut 
hervorbringt. Der Kagu, dessen Eizahl wohl 1 und nur in Aus- 
nahmefällen 2 beträgt, liegt im Gelegegewicht auch recht tief. 
(Auf den Blättern 2 und 2a ist er versehentlich mit 33°, 
„LIhinochetus?“* aulserdem noch angegeben.) | | 

Die Brutdauer von Psophia ist mir völlig unbekannt, Cariama 
 brütet nach eigener, sehr genauer Beobachtung 25—26 Tage. 
Ihr Junges ist in der ersten Zeit ein ausgesprochener Nesthocker, 
der einem jungen Reiher sehr ähnlich sieht, verläfst aber mit 
12 Tagen das mehrere Meter über dem Boden stehende Nest 
und läuft umher. Die Flugfähigkeit tritt erst nach etwa 8 Wochen 
ein, bereits vorher aber klettert der junge Vogel recht geschickt 
an rauhen Baumstämmen in die Höhe und übernachtet auf einem 
dicken Ast. Für ihren so unvollkommen entwickelt geborenen 
- Sprölsling brütet Cariama also ziemlich lange und verhält sich 
in absoluter Körpergrölse, relativer Eigröfse und Brutdauer dem 
Fischreiher sehr ähnlich. Nach den Angaben von Finkh ist die 
Brutdauer des Kagus 36 Tage, nicht 34, wie auf Blatt 3 zunächst 
irrtümlich angegeben wurde, also auch unverhältnismäfsig lange 
für ein Junges, das auch anscheinend in der ersten Zeit ein 
Nesthocker ist; leider habe ich nie Gelegenheit gehabt, ein solches 
Tier beobachten zu können. Mir scheint, dafs wir bei der Cariama 
und auch beim Kagu einen sehr ursprünglichen Zustand 
vor uns haben, der sich darin geltend macht, dafs sie weder bis zur 
- Befiederung Nesthocker noch von Anfang an Nestflüchter sind. 
_ Vielleicht haben wir.uns die Jugendentwicklung der ersten Vögel 
etwa so vorzustellen, wie wir sie heute noch bei Cariama sehen. 
Die geringe Anzahl der Eier im Gelege und die namentlich bei 
 Rhinochetus recht lange Brutdauer deuten auch darauf hin, dafs ' 
diese Arten keine durch widrige äufsere Umstände beeinfufste 
_ und besonders abgeänderte Fortpflanzungsweise erlangt haben. 
Von der Sonnenralle, Eurypyga, fehlt mir leider das Körper- 
gewicht, das Eigewicht beträgt 27 g. Die Brutdauer wird von 
17* 


ae 

= WM 

dee 

N 

BA 
Bein 

en 


252 Ö. Heinroth: 


Bartlett mit 27 Tagen angegeben und das Junge als Nest- 
‚flüchter geschildert. Für die Kleinheit des Eies kann die Brut- 
dauer als lang gelten. | 


Trappen, Otididae. No. 202—205. 
Siehe Kraniche. 


Regenpfeifervögel, Oharadrüformes. 


Schnepfenartige, Limicolae. No. 206—236. 


Da mir aus dieser Unterordnung verhältnismälsig viele 
Formen zu Gebote stehen, so habe ich bei den Kurvenblättern 
die Gruppen Charadriinae: die eigentlichen Regenpfeifer; Tovanus: 
die Wasserläuferartigen mit Einschlufs von Brachvogel und Pfuhl- 
schnepfe; Scolopacinae: die Schnepfen; und Zringa: die Strand- 
läufer zum Teil getrennt aufgeführt. 

Im allgemeinen ergibt sich, dafs alle die hier in Rede 
stehenden Formen relativ sehr grofse Eier haben, nächst den 
Sturmvögeln gleicher Schwere die gröfsten, die wir überhaupt 
kennen. Die Blätter 1a und 1b führen uns das am besten vor 
Augen und zeigen, dafs der kleinste Strandläufer, Limonites 
minutilla mit 20 g ein Ei von 28%,, der grölsere Flufsuferläufer, 
Tringoides, sogar ein solches von 29°), seines Körpergewichts 
legt. Nächst der eineiigen ‚Sierna anaesthela, No. 252, die es 
bis auf 34°/, bringt, treffen wir also hier die höchsten relativen 
Eigewichte; allerdings handelt es sich dabei auch um recht 
kleine Vögel und eine geringe Eizahl im Gelege. Die grofsen 
Arten erzeugen natürlich verhältnismäfsig kleinere, aber doch 
auch immer noch recht stattliche Eier, namentlich Squalarola- 
und Limosa. Hiergegen bleiben Vanellus sowie Chaetusia weit 
zurück, und Pavoncella (Machetes), vor allen Dingen aber Zudr. 
morinellus befremden geradezu durch die Kleinheit ihrer Eier. 
Auch Phalaropus hat ein auffallend kleines Ei mit nur 17%, des 
Körpergewichts (40 g: 7 g). Er ist auf den Kurven falsch ein- 
gezeichnet (25 g : 7 g). Im einzelnen sei auf die Blätter ia und 
1b verwiesen. (Calsdris arenaria ist auf den Kurven durchweg 
viel zu hoch eingetragen, da das im Berliner Museum befindliche 
Ei offenbar unrichtig bestimmt ist.) 

Da fast sämtliche Regenpfeifer- und Schnepfenvögel 4 Eier ' 
legen, so bleibt der Verlauf der Gelegekurven der verschiedenen 
Gruppen untereinander derselbe, wie der der Eikurven. Eine 
Betrachtung namentlich von Blatt 2a ergibt, dafs sie alle trotz 
ihrer verhältnismäfsig niedrigen Eizahl im Vergleich zu anderen ‘ 
Vögeln immer noch recht hoch stehen und es zum Teil sogar 
noch fast mit den vieleiigen kleinen Hühnern und Rallen auf- 
nehmen; bringt doch Tr. hypoleucus mit seinen 4 Eiern ein Ge- 
lege zur Welt, das ®, seines eigenen Gewichts beträgt. Die 


A 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 258 


Vermutung liegt nahe, in dem riesigen Ei- und auch Gelegege- 
wicht den Grund dafür zu suchen, dafs hier meist die Weibchen 
grölser als ihre Männchen sind, wie wir das ja in gleicher Weise 
auch beiInsekten und vielen Fischen finden. - Allerdings stimmt das 
nach Hartert anscheinend für Tringa maculata, acuminata und 
subruficollis gar nicht, bei Arguatella maritima sind die Ge- 
schlechter oft gleich, und in anderen Vogelgruppen mit ebenfalls 
sehr grofsen Eiern, z. B. bei Sierna minuta, sind die Weibchen 
nicht gröfser, bei solchen mit noch schwereren Gelegen, z.B. bei 
Clangula und Aix, viel kleiner als die Männchen. 

Haematopus mit 3 und Oedicnemus mit 2 Eiern liegen auf 
den Gelegekurven, Blatt 2 und 2a, natürlich recht tief, zumal 
sie trotz ihrer wenigen Eier auch nicht etwa gröfsere legen als 
die benachbarten viereiigen Formen. Besonders auffallend ist 
es, dafs der australische Triel bei fast doppeltem Körpergewicht 
kaum schwerere Eier hat als Oed. oedicnemus. In der Kurve 
auf Blatt 1a pafßst er genau in die Verlängerung von Oed. oed. 
und Haematopus nach rechts. 

Von Brutdauern ist bei dieser Gruppe recht wenig bekannt. 
Merkwürdig kurz brütet mit 231/, Tagen Haematopus. Das etwas ° 
kleinere Ei des europäischen Triels braucht 26 Tage zur Zeitigung 
_ und nur 4, Tag länger als das des Kiebitzes, der mit seiner 
25 1/, tägigen Brutdauer und einem Körpergewicht von etwa Y, kg 
‚also eine viel längere Keimentwicklung durchmacht, als beispiels- 
weise ein 6 mal schwereres Haushuhn bei über doppelter Eigrölse 
mit einer Brutdauer von nur 201/, Tagen. Auch die kleinen 
Formen brüten ziemlich lange, so Zringoides, Tr. alpina, Char. 
‚hiaticula 22 und 221/, Tage. Dagegen braucht Phalaropus für 
seine relativ kleinen Eier angeblich nur 16 Tage. Die eigent- 
lichen Schnepfen haben die verhältnismälsig kürzeste Brutdauer 
dieser Gruppe: Bekassine 191/,, Waldschnepfe 20 Tage. Viel- 
leicht hat diese Kürze ihren Grund darin, dafs sie im Gegensatz 
zu den meist viel später im Jahre zur Fortpflanzung schreitenden 
Verwandten 2 Bruten machen. Die längste bekannte Brutdauer 
hat, wohl seiner Grölse entsprechend, Num. arguatus mit an- 
 nähernd 30 Tagen. Eine merkwürdige Unstimmigkeit herrscht 
über die Brutdauer von Char. pluvielis. Evans hat sie bei 
künstlicher Bebrütung mit 27 Tagen festgestellt. Hantzsch be- 
obachtete in Island am Nest 21, allerdings hatte er die einzelnen 
Eier sich nicht gekennzeichnet, deshalb halte ich die Angabe 
von Evans für sicherer. (Machetes mit 21 und Limosa mit 
24 Tagen sind auf Blatt 3a nachträglich eingefügt worden. Sie 
liegen tiefer, als die Linie Zringoides — Totanus — Numenius.) 


Bei einem Ueberblick über die hier betrachteten Formen 
finden wir zunächst eine sehr geringe, aber recht feststehende Ei- 
zahl, die uns wohl die zum Teil unverhältnismäfsige Gröfse der 
einzelnen Eier erklärt. Man kann nicht gerade behaupten, dafs 


254 Nie O. Heinroth: 


die frisch geschlüpften Regenpfeifer und Schnepfen so ganz be- 


sonders weit entwickelte Nestflüchter sind. Sie suchen zwar 
meist gleich selbst Futter, bedürfen aber noch recht der Wärme 


a 


4 
y 


spendenden Eltern und sind künstlich ohne gute Wärmevorrich- 


tungen nicht aufzuziehen. Der Gröfse der Eier entspricht die im 
allgemeinen beträchtliche Länge der Brutdauer, ohne dafs dabei 
aber so besonders hohe Zahlen vorkommen, wie wir sie bei ge- 
wissen, sehr wenig gefährdeten Vogelformen finden. Die ganze 
Gruppe ist nicht in dem Maafse Beutetier wie z. B. die meisten 
Hühner, denn sie ist durch ihre meist ausgezeichnete Flugfähig- 
keit vor räuberischen Nachstellungen ziemlich geschützt. Sie 
kommt also mit einer geringen Eizahl aus, und auch die Brut- 
dauer erscheint nicht durch eine von widrigen Umständen und 
Feinden ausgeübte Zuchtwahl besonders stark abgekürzt, eher geht 
hier alles auf eine recht rasche Entwicklung des Fernflugver- 
mögens, das bei den kleinen Formen schon mit 3 Wochen er- 


langt wird, hinaus. Einen stichhaltigen Grund für die geradezu : 


ungeheuerliche relative Eigröfse der ganz kleinen Arten vermag 
ich nicht zu finden, sieht man doch, dafs ebenso entwickelt zur 


Welt kommende Junge anderer Nestflüchter gleicher Gröfse mit i 


einem viel kleineren Ei auskommen. Ueber das rasche Nachlegen 


und die sehr verschiedene Gröfse der Eier eines ersten und eines 


Ersatzgeleges bei Limosa s. Tabelle und die späteren Betrachtungen. 


In der Gruppe der Schnepfenvögel finden wir die kleinste 


nestflüchtende Vogelart in Gestalt von Limonites minu- 


tılla, etwa im Gewicht von 20 g (wie z. B: Sylvia atricapilla). 


Ihre Jungen, die beim Schlüpfen ungefähr 4 g schwer sein dürften, 


sind aber durchaus nicht die kleinsten Nestflüchter; diese treffen 


wir vielmehr bei der Chinesischen Zwergwachtel, Excalfactoria, 
mit nur etwa 3 g, während der alte Vogel ungefähr 45 g 
wiegt, an. Ä | 


Leider konnte ichden Reiherläufer, Dromas ardeola, 
nicht in die Tabellen und Kurven aufnehmen, da mir sein Ge- 


wicht unbekannt ist. Das Ei ist etwa 70 g schwer, also so wie: 


das von Hausente oder Truthuhn. Wenn wir den Vogel auf 


250—300 g schätzen, so ergäbe das eine relative Eigröfse von 
25°/,, also von 4/, des Körpergewichts. Wegen ihres riesigen, 


einzigen, einfarbig weilsen Eies, das noch dazu in einer Höhle | 
erbrütet wird, rückt diese, nur eine Art enthaltende Unterfamilie 


(Dromadinae) weit von allen andern Limicolae ab. Die genaue 


Feststellung der relativen Eigröfse, des Dottergewichts und der 
Brutdauer, sowie wirklich gute Beobachtungen über die bisher 
als uneigentliche Nesthocker beschriebenen Jungen sind dringend 
nötig. Es dürfte nicht allzu schwer sein, Eier, z. B. in Indien, 
von Haushühnern erbrüten zu lassen und die Jungen dann auf- 
zuziehen. Der Pfleger mufs dann aber, — und daran mangelt 
es gewöhnlich — nicht nur darauf achten, welche Eigenschaften 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 255 


die Jungvögel haben, sondern auch herausfinden, welche bei 
andern Vögeln vorkommenden ihnen fehlen. 


Scheidenschnäbel, Chionididae. No. 237. 


Von dieser Gruppe war mir nur Ch. minor zugänglich. Sie 
legt mit 10%, etwas kleinere Eier als gleichgrofse Möwen und 
weicht nur wenig von der Linie der gröfseren Regenpfeifer 
(Haematopus, Oedicnemus) ab. Auch im Gelegegewicht stimmt 
- sie bei ihrer geringen Eizahl mit den erwähnten Formen über- 
ein. Eine Angabe über die Brutdauer kann ich nicht finden. 


Sandläufer, Z’hinocoryihidae No. 238. 


2 Das relative Eigewicht von Th. orbignyanus beträgt 10%, 

ist also für einen Vogel von 135 g nicht allzu hoch; zufälliger- 
weise entspricht es dem der grolsen Raken. Jedenfalls steht es 
tief unter der Regenpfeifer-Linie und liegt zwischen den Rallen 
und den kleinen Hühnervögeln etwa in der’Mitte. Die Eizahl des 
Geleges und die Brutdauer kenne ich nicht. 


Blätterhühnchen, Parridae No. 239. 


Jacana liegt mit ihrem Eigewicht recht tief, noch unterhalb 
der Hühnervögel, so dafs nur noch Nesthocker unter ihrem Punkt 
auf den Blättern 1a und 1b zu finden sind und dieser mit einer 
- Papageilinie zusammenfällt. Dies ist umso merkwürdiger, als das 
Gelege offenbar regelmälsig nur aus vier Eiern besteht, wodurch 
die Jassana auf Blatt 2a sogar noch unter die Papageien herunter- 
rückt. Ueber die Brutdauer habe ich nichts, von der Entwick- 
lungsstufe der neugeborenen Jungen dieser vereinzelt dastehenden 
‚Familie nur so viel in Erfahrung bringen können, dafs sie, im 
 Gegensatze zu allen in ihre Nähe gestellten Vögeln, angeblich 
Nesthocker sein sollen: dann wäre auch die Kleinheit der Eier 
verständlich. In Brehms Tierleben, 4. Aufl., finden wir dagegen 
die Behauptung, dafs „die Jungen bald nach dem Ausschlüpfen der 
Mutter folgen“. Stünde das Wort „Mutter“ nicht da, so erschiene 
die ganze Angabe glaubhafter: wer kann denn diese gleichge- 
färbten Geschlechter sicher unterscheiden? 

Von den altweltlichen Arten ist mir leider nichts bekannt. 


Möwen, Lari. No. 240—252. 


Für unsere Zwecke erscheint eine Sonderung in u 
möwen, Stercorariinae, in eigentliche Möwen, Larinae, und in 
Seeschwalben Sterninae, zweckmäßig. 

Die Raubmöwen, No. 240 und 241, haben eine im 
Vergleich zu den anderen Formen sehr geringe Eigrölse und 
legen meist nur 2 Eier. Ich habe den beiden von mir unter- 


256 | O. Heinroth:) 


suchten Arten daher eine besondere Linie zugeteilt, die sich bei 
dem Eiverhältnis zwischen 7 und 10°/, bewegt und wesentlich 
tiefer liegt, als die der gleichgrofsen Larus-Arten. Natürlich 
wird auf den Blättern für die Gelege, No. 2 und 2a, dieser 
Tiefstand noch ausgeprägter und zwar eben wegen der niedrigen 
Zahl von meist nur 2 Eiern. Sichere Angaben über Brutdauern 
liegen leider nicht vor. 

Die eigentlichen Möwen, No. 242—248, die in 
der Gröfse von 125 g bis 11/, kg schwanken, haben regelmäfsig 
sehr grofse Eier, die es im Gewicht fast mit denen gewisser 
Tauchenten, mancher Alke und der Baumhühner aufnehmen 
können und auch meist noch über den Eiern der Regenpfeifer 
und der Schnepfenvögel stehen. Das relative Eigewicht liegt 
hier je nach der Grölse der Arten zwischen 7 und 154, %o. 
Merkwürdigerweise hat L. minutus ein verhältnismäfsig nicht 
gröfseres Ei als die doppelt so schwere Lachmöwe. 

Von den Seeschwalben, No. 249—252, hat die gröfste 
von mir untersuchte Form, St. höirundo, die etwas schwerer ist 
als die Zwergmöwe, ein verhältnismäfsig kleineres Ei als diese, 
sodals L. minutus mit ihrem Eigewicht sich zwanglos in die 
Sterna-Linie, nicht aber in die Larus-Linie, einfügt. 

Die kleineren Seeschwalben haben sehr grofse Eier, die 
mehreiigen bis zu 25°,, die eineiige Si. anaestheta, ein Vogel 
von etwa gegen 100 g, bringt es sogar auf ein Ei, das 34%, 
ihres Körpergewichts ausmacht. Dies ist wohl die höchste 
Leistung, dieein Vogel überhaupt vollbringt. 

Da die eigentlichen Möwen fast immer ein Gelege 


von drei Eiern aufweisen, so verläuft ihre Gelegekurve in sich 


ebenso wie die des Eiverhältnisses, nur liegt sie im Vergleich 
zu andern Vögeln tiefer, da ja die meisten andern gleich grofsen 
Formen eireichere Gelege haben. Die Linie zieht sich etwa 
zwischen der mancher Hühner und unterhalb der schnepfen- und 
regenpfeiferartigen Verwandten hin. 

Die Seeschwalben, deren Eizahl im Gelege nur 2—3 
beträgt, sind auf den Blättern 2 und 2a natürlich noch etwas 
weiter nach unten gerückt, sodafs wir sie zwischen den Sing- 
vögeln und in der Nähe der Spechte antreffen. St. anaestheta 
hat mit ihrem einen Ei dasselbe Gelegegewicht wie eine gleich- 
grofse Drossel mit einer Eizahl von fünf. 

Die grofsen Möwen haben eine Brutdauer von 26—27 
Tagen, sie ist für die Arten bis zur Gröfse von Rissa abwärts 
ziemlich gleich. Die Lachmöwe brütet nur 24, S£. hirundo 22, 
St. minuta 211), Tage. Leider gibt es gar keine Angaben über 
ausländische Formen, vor allen Dingen auch nicht über die ein- 
eiigen. 


‚ Betrachten wir die Möwengruppe im ganzen, so finden 
wir manche Uebereinstimmungen mit den verwandten Limicolae. 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 257 


Wir können sagen, dafs das relative Eigewicht der Laridae 
häufig fast um so viel höher als das der Schnepfenvögel liegt, 
als der Unterschied der Eizahl im Gelege von 4:3 beträgt. 
Ebenso ist natürlich die riesige Gröfse des Eies von St. anae- 
stheta auf ihre Eineiigkeit zurückzuführen. Auch die Brutdauern 
liegen etwa in der Nähe derjenigen gleich grofser Limicolen, z. B.: Ei 


von sSterna hirundo und Totanus calidris je etwa 20 g, Brut- 


dauer der beiden 221/, Tage. Oder sie sind um ein weniges 
kürzer (vergl. Numenius arguatus 291/, und Larus 26 Tage), 


denn die Jungen Lariden sind zwar auch Nestflüchter, aber doch 
etwas weniger vollkommene als die Kinder der gleich grofsen 


Schnepfenvögel. Ausnahmen gibt es freilich auch hier, denn 
Scolopax und Gallinago brüten kürzer (20 Tage) als alle, selbst 
die kleinsten Seeschwalben (21!/, Tage), allerdings sind letztere 
ein-, erstere mehrbrütig. 

Das Wort Nestflüchter ist hier cum grano salis zu ver- 
stehen. Namentlich die Seeschwalben sind ja auch im Alter 
sehr schlecht zu Fufs, daher „flüchten ihre Jungen nicht gleich 
aus dem Nest“. Ihrem sonstigen Benehmen nach sind junge 
Lariden aber recht weit entwickelt, wie ich mich bei der Auf- 
zucht aus dem Ei an Silber-, Sturm- und Lachmöwe sowie an 


'Zwerg-, Trauer- und Flufsseeschwalbe überzeugen konnte. 


Vom Standpunkte der Zweckmäfsigkeit aus betrachtet er- 
scheint es wunderlich, dafs die Möwen Nestflüchter sind im 
Gegensatz zu den in ihrer sonstigen Lebensweise ähnlichen 
Sturmvögeln, denn das Nestflüchtertum hat doch nur dann 


einen Sinn, wenn die Jungen den Eltern zu folgen oder ihre 


Nahrung gleich oder bald selbst zu finden vermögen. Das ist 
bei den Möwen natürlich unmöglich, denn die Alten müssen 
das Futter für ihre Spröfslinge von weit her holen, wie das sonst 
bei den Nesthockergruppen der Fall ist. Man denke dabei an 
Kissa, bei der die-Jungen ja wochenlang auf dem nur wenige 
Handflächen grofsen Nest auf einem kleinen Felsvorsprung herum- 
trippeln müssen bis sie flugfähig werden, oder an Gygis can- 
dida, deren Kind anscheinend oft genug vom Baumast herunter- 


fällt und verunglückt. Aber die Laridae mufsten nun einmal 


die Art ihrer Jugendentwicklung von den Limicolae und ihren 


_ Vorfahren übernehmen, worauf ja auch die Aehnlichkeit, Anzahl 


und Gröfse ihrer Eier sowie die Brutdauern hinweisen. 


 Flügeltaucher, Aleidae. No. 253—259. 


Bekanntlich legen die Alke und die Lummen sehr grofse . 
Eier. Manch einer neigt deshalb dazu, diese mit für die ver- 
hältnismäßsig gröfsten Vogeleier anzusehen, insbesondere schon 
deshalb, weil die meisten Formen jährlich nur ein einziges Ei 
legen. Ein Blick auf die Blätter 1 und la zeigt uns jedoch, 


dafs diese Gruppe im relativen Eigewicht von gleich schweren 


258 | | 0. Heinroth: 


Grofsfufshühnern, Möwen, Baumhühnern und einigen Lirnieoibs 


übertroffen wird. 


Die gröfseren Arten haben ein Ei von etwa 10%, die 


kleineren bis 18°%,, jedoch verläuft die Linie nicht gleichmälsig 
und zwar deshalb nicht, weil die beiden Fratercula-Arten es 
nur zu einem Ei von 9%, bringen, sodals hier die Kurve also 
von den gröfseren Formen nach links hin etwas absteigt, um 
dann allmählich wieder in die Höhe zu gehen. 


Im Gelegegewicht steht diese Familie im Vergleich zu den 
anderen, mehreiigen Vögeln natürlich ziemlich tief, die gröfseren 
lassen nur noch die Papageien und die Tauben unter sich. 
Eine Ausnahme in der Gelegezahl macht bekanntlich die Gat- 
tung Cepphus, weil sie zweieiig ist. Hier ergibt sich nun die 
merkwürdige Tatsache, dafs die relative Gröfse des einzelnen 
Eies von 124/),°%/, die der nahestehenden eineiigen Arten von 
9—10°/, noch etwas übertrifft, sodafs also das Gelegeverhältnis 
nicht, wie bei den übrigen, etwa 10°/, sondern 25°/, beträgt. 
Die Gröfse des einzelnen Eies wird hier also nicht 


A 
ae ER 


durch die Eizahl des Geleges beeinfluafst, wie wir 


das im Gegensatz dazu bei anderen Vogelgruppen ja bisher 


schon öfter gesehen haben. 


Die Brutdauern sind recht lang. Auffallenderweise brütet 


die kleine Fratercula auf ihrem Ei von 60 g 36 Tage, während 


Alca torda auf seinem 90 g-Ei nur 30, und Urie auf ibrem 


100 g-Ei 311/, Tage zu sitzen haben. 


Brutfähige Alciden-Eier waren mir bisher unerreichbar, 
ebenso ganz kleine Junge, ich kann mir daher über das Nest- 
hockertum dieser Gruppe keine Vorstellung machen. Vielleicht 
verhält es sich hier ähnlich wie bei den Möwen, und sie sind 
eigentlich Nestflüchter, aber nur vorläufig nicht im stande, die 
Lebensweise der Eltern zu führen. Die Eidottergrölse von 37%, 
(siehe später) spricht dafür. Allerdings haben sie während ihrer 
Jugendentwicklung ein erstes und ein zweites Dunenkleid, was 
ja sonst anscheinend bei Nestflüchtern nicht vorkommt. Nach 
Bälgen zu urteilen, haben kleine Alcidae in Farbe und Art der 
Bedaunung eine gewisse Aehnlichkeit mit manchen jungen 
Procellariiformes und Colymbi. 


Für diese Gruppe gilt wohl auch das bei den Sturmvögeln 
und den Raubvögeln Gesagte. Sie sind durch ihre Lebensweise 
vor Nachstellungen ziemlich geschützt, daher genügt zur Er- 
haltung der Art ein einziges Ei im Jahre. Dies kann ungestört 
lange bebrütet werden und ergibt dann ein Junges, dessen Pflege 
auf der einsamen Felseninsel nicht von aufsen bedroht ist. 
. Vielleicht können wir die übermälsig lange Brutdauer des Papagei- 
tauchers damit in Verbindung bringen, dafs er aufserdem noch in 
tiefen on sein Nest anlegt, also noch ‚Beschüfzier ist, als 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 259 


‘seine frei an den Hängen brütenden Verwandten, deren Eier 
und Junge doch ab und zu durch Absturz verunglücken. | 


Flughühner, Pierocle. No. 260 und 261. 


Diese kleine, von den Systematikern an den verschiedensten 
Stellen untergebrachte Vogelgruppe legt bekanntlich nur 2—3 
eigentümlich gefärbte und geformte Eier, die nicht eben grols 
zu nennen Sind und, wie ein Blick auf Blatt 1a lehrt, in ihrer 
relativen Gröfse zwischen denen mancher tropischer Singvögel 
und mancher Papageien die Mitte halten. Auch im Gelege- 
gewicht stehen diese Vögel im Vergleich mit anderen ebenso 
grofsen natürlich tief und gliedern sich an manche Nesthocker, 
wie die Spechte und einige tropische Singvögel, an. Die Brut- 
dauer ist mir nur von Syrrhapies mit angeblich 28 Tagen be- 
kannt, sie liegt also für ein Ei von 20 g sehr hoch und ent- 
spricht der gleich grofser Raubvögel, Eulen und Papageien, also der 
langbrütendsten Nesthocker, während gleich groise Nestflüchter 
wesentlich kürzer brüten. 


Die Flughühner sind offenbar Nestflüchter. Die Art, wie 
die Jungen ihre Nahrung erwerben oder gefüttert und nament- 
lich getränkt werden, kenne ich nicht. Vielleicht sind sie bis 
zum Eintritt der Flugfähigkeit Kerbtierfresser und haben des- 
halb noch nicht das Wasserbedürfnis der Alten. Auffallend 
bleiben jedenfalls die geringe Vermehrung und die Länge der 
Brutdauer: beides spricht dafür, dafs wir es mit einer wenig 
verfolgten Vogelgruppe zu tun. haben. Die Oede ihres Auf- 
enthalts und ihre fabelhafte Flugfähigkeit entziehen sie wohl 
den meisten Feinden, und auch den Eiern scheint wenig nach- 
gestellt zu werden. Ob sie mehrere Bruten im Jahre machen, 
weils ich nicht. Zur Erklärung der Kleinheit der Eier können, 


da es sich bier um Vögel mit sehr mächtigen Brustmuskeln 


handelt, vielleicht die in der Schlufsbetrachtung aufgestellten 
Gesichtspunkte mit herangezogen werden. 


Taubenvögel, Columbae. No. 261—283. 


Die Tauben gehören zu den kleinsteiigen Vögeln, die es 
gibt. Da sie sämtlich nicht mehr als zwei Eier im Gelege haben, 
so finden wir sie auf den Blättern für das Ei- wie für das Ge- 
 legeverhältnis sehr tief unten. Auch ihre kleinsten Arten mit 
- 50 und 35 g zeigen keinen sehr beträchtlichen Anstieg und 
bringen es nur auf ein Ei von 62/,%/, ihres Körpergewichts. Im. 
. allgemeinen verläuft die Taubeneikurve ziemlich gerade, nur die 
Formen biegen stark nach oben ab, die nur ein einziges Ei legen 
(Ptilopus, Carpophaga, Columba trocaz). Dieses Ei wiegt nun nicht 
 etwaso viel wie die Summe der beiden Eier gleich grofser anderer 
Tauben. Daher kommt es, dafs auf den Gelegekurvenblättern 2 


Pe 


260 O. Heinroth: 


und 2a diese Gruppe am tiefsten von allen ebenso schweren 
Vögeln liegt: sie bringt es im Gelege nur auf 6—-8°%,. Auch 


Goura, deren Eizahl mit 2 angegeben wird, steht mit 21/,%/, an 
tiefster Stelle, denn ihre beiden Eier wiegen zusammen fast nur 
1), von dem einzigen des gleichschweren Circaetus. 

Die Brutdauern der mir näher bekannten Formen schwanken 
zwischen 14 und 17 Tagen, wobei jedoch nicht allein die Gröfse 
mafsgebend zu sein scheint. So brütet ©. kvia 17, während 


©. oenas 16 und O.palumbus nur 15!/, Tage zur Zeitigung ihrer 


Eier nötig haben. Der gefährdetere Offenbrüter muls sein Brut- 
geschäft also mehr beschleunigen, als der geschütztere Höhlen- 
brüter. Turteltaube und Diamanttäubchen erinnern in ihrer Brut- 
dauer von 14 Tagen an viele Singvögel. 

Ich habe die Brutdauern vor Caloenas und Goura mit 
28 Tagen auf den Blättern 3 und 3a eingezeichnet, wir finden 
daher die Taubenlinie bis in dieder Raubvögel, Hühnervögel, grofsen 
Rallen und Eulen hineinragen; jedenfalls sind aber Nachprüfungen 
der Angaben über eine so merkwürdig lange Keimesentwicklung 
sehr erwünscht. Möglich wäre sie immerhin, denn es handelt sich 
um Inselformen, die vielleicht auch bei nur einer Brut ihre a 
erhalten können und kaum Nestfeinde haben. 


Die auffallende Kleinheit der Taubeneier hat wohl ihren 
Grund in dem sehr ausgebildeten Nesthockertum dieser Gruppe, 
andererseits ist sie wieder schwer verständlich, wenn wir die 
geringe Eizahl des Geleges bedenken. So ist z. B. ein neuge- 
borener Specht durchaus nicht weiter entwickelt als eine gleich 
alte Taube. Obgleich wir nun beim Spechtweibchen ein be- 
deutend eireicheres Gelege antreffen, legt es doch oft viel 
grölsere Eier, als die Täubin: so hat der Mittelspecht, No. 352, 
ein Ei von fast 12°%/, und ein ebenso grolses Täubchen nur ein 
solches von etwa 6°), des Körpergewichts; dabei scheint die 
Brutdauer bei beiden Formen etwa gleich zu sein (dagegen haben 


Schwarz- und Grünspecht kleinere und ebensogrofse Eier wie die. 


entsprechenden Tauben). Wenn wir durchaus nach einer Erklärung 
der geringen Eigröfse der Tauben suchen wollen, so liegt der 
Gedanke nahe, dals die ganze Fortpflanzung dieser meist frei- 
brütenden Vögel daraufhin gerichtet ist, bei den wohl sehr 
häufig vorkommenden Verlusten von Eiern und Jungen sofort 
eine neue Brut in die Welt setzen zu können. Dies ist natürlich 
einfacher, wenn nur kleine Eier hervorgebracht werden, als wenn 
sie grofs sind. Dabei braucht die Täubin aber den recht langen 
: Abstand von fast zwei Tagen, um das zweite Ei des Geleges zu 


erzeugen. Zwischen der Wegnahme einer Brut und dem neuen 


Legen der Eier verstreichen bei den grölseren Arten etwa 
10 Tage, jedoch dauert es auch bei sehr vielen andern Vögeln 
nicht länger, so z. B. selbst bei der grolseiigen Limosa limosa 
nur 9 Tage (s. später). Die geringe Eizahl im Einzelgelege 


® 
Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 26i 


wird bei den Tauben bekanntlich durch die Häufigkeit und die 
lange Wiederholungsmöglichkeit der Bruten ausgeglichen. 


Kuckucksvögel, Cuculiformes. 


|  Kuckucke, Cuculidae. No. 248—290. 


Die selbstbrütenden und die schmarotzenden Kuckucke 
verhalten sich in bezug auf ihre Eigröfsen grundverschieden, so- 
das wir sie getrennt betrachten müssen. Von den ersteren 
stehen mir nur Centropus ateralbus und Guira guira zur Ver- 
fügung. Dieser legt ein ganz erstaunlich grofses Ei von 17%/,, 
das in seiner Grölse genau dem vieler gleich grofser Schnepfen- 
vögel entspricht. Centropus dagegen bringt es nur auf 7 1/9), 
und, wenn wir beide verbinden, so liegt ihre Linie sehr hoch 
und zwar in der Gegend der Limicolen, Raubvögel und Rallen. 
Leider weils ich nur von Guira die Eizahl des Geleges aus der 


- Literatur. Sie beträgt für unsere Berechnung 5, wir kommen 


daher beim Gelegegewicht auf 100°/, des Körpergewichts. Guira 
stimmt somit genau mit Orex und auch mit ARallus, also hoch- 
entwickelten Nestflüchtern von hoher Gelegezahl überein. Die 
Entwicklungsstufe der neugeborenen Jungen und die Brutdauer 
kenne ich nicht. Beides wäre wichtig zu erfahren, um sich eine 
Vorstellung von der Notwendigkeit der ungeheuren Eigröfse 
machen zu können. 

Die Schmarotzerkuckucke richten sich in 
ihrer Eigröfse nachihren Wirtsvögeln, sodalßs die 
Eiverhältnislinie auf den Blättern 1, 1a und 1b einen so un- 
regelmälsigen Verlauf zeigt, wie wir ihn sonst bei keiner Vogel- 
gruppe antreffen. Ouculus canorus hat im Verhältnis zu seiner 


Gröfse die kleinsten Wirtsvögel, sein Ei von 3 g, d. h. von nur 


3% seines Körpergewichts, entspricht dem eines Singvogels von 
30 g, wie es z. B. Haussperling und Rotrückiger Würger sind. 
Ohalcoeoccyz ist gleichfalls an sehr kleine Vogelformen, nament- 
lich Nektarinien, angepafst und hat daher auch ein geradezu 
winziges Ei. Der etwa halb so grofse Cacomantıs, der anscheinend 


_ dieselben Nektarinien mit seinem Ei beglückt, legt ein absolut 


ebenso grolses Ei wie Ohulcococeyz, das dann nicht 3 13%), wie 
bei letzterem, sondern 61/4% seines Körpergewichts ausmacht. 
Im Gegensatz dazu verhält sich Öoceystes (135 g), der sein Ei 
bei Rabenvögeln (Elster 200 g, Nebelkrähe 500 g) unterbringt, 
die z. T. fast das Vierfache seiner selbst wiegen, gerade umge- 
kehrt: sein Eigewicht liegt daher auf 9%. 


Die Schmarotzerkuckucke lehren aufs Deutlichste, dafs eine 


mechanistische Erklärung, die darauf hinausgeht, dafs 
die Eigröfse ausinneren Gründen ineinem be- 


stimmten Verhältnis zur Vogelgröfse steben 


362 | Ö. Heinroth: 


müsse, nicht haltbar ist. Die Gröfse des Eies ist im 
Gegenteil oft ein Ergebnis äulserer Notwendigkeiten. 

Von einem Gelegegewicht kann bei dieser Gruppe natürlich 4 
nicht die Rede sein. Die Brutdauer kenne ich nur von der 
heimischen Form. Sie beträgt, wie ich selbst im Brutofen fest- . 
gestellt habe, 121/ Tage und stimmt also mit der der kleineren 
Singvögel ziemlich überein. 


Pisangfresser, Musophagidae. No. 291 und 292. 


Das Gewicht des Riesenturakos, Corythaeola, vermag ich 
nur schätzungsweise anzugeben, da ich nur einmal eine Wägung 
eines ganz abgezehrten Stückes vornehmen konnte. Es wog 
520 g, deshalb ist 1 kg als Mittelgewicht angenommen worden. 
Von den anderen Arten liegt mir nur Zuracus leucotis vor. Ich 
habe es aber trotzdem nicht unterlassen, die beiden Formen auf 
den Blättern 1 und 1a zu verbinden, um eine Zuracus-Linie 
herzustellen. Diese liegt für Nesthocker recht hoch und erhebt 
sich auch noch über einen Teil der Nestflüchter. Die Gröfse der 
Eier hat wohl z. T. ihren Grund in der geringen Eizahl, von der 
ich aber auch nichts Näheres weils. Die Brutdauer wird nirgends 
angegeben: für eine rein afrikanische Gruppe, die in Gefangen- 
schaft anscheinend nie mit Erfolg gezüchtet worden ist, .; 
fast selbstverständlich. 


Papageien, Psittaci. No. 293—310. 


Papageien legen verhältnismälsig kleine Eier, namentlich 
die grofsen Formen, sodals ihre Linie auf den Blättern für das 
Eiverhältnis z. T. noch unter der der Tauben läuft. Von rechts 
her angefangen spaltet sie sich bei den Arten! von 400 g und 
darunter in zwei Aeste, deren oberer über Amazona, Psittacus, 
Eclectus, Palaeornis, Poeocephalus geht, und deren unterer über 
Trichoglossus novae-hollandiae, Calopsittacus und Agopornis nach 
links führt. Die kleinsten Formen, Charmosyne, Agapornis cana, 
Psittacula und namentlich Nasiterna mit nur 13 g Körpergewicht 
(wie Sylvia curruca) liegen dann, wie zu erwarten, wesentlich 
höher und kommen bis auf 110/,. 

Auch in ihrem Gelegegewicht stehen die Papazcıen nicht = 
hoch. Hier habe ich gleichfalls von den mittelgrofsen Formen 
nach den kleineren hin zwei Aeste für nötig gehalten, von. denen 
der eine beträchtlich höher steigt als der andere. Namentlich 
Trichoglossus novae-hollandiae liegt, da er nur zwei Eier hat, 
auffallend tief. Melopsittacus, im Gewicht eines Haussperlings, 
erreicht mit seinem Gelege manche der entsprechend grofßsen 
Singvögel. Leider ist mir die Eizahl des kleinsten Papageis, 
Nasiterna, unbekannt. =] 

In einem mechanistisch schwer erklärbaren Verhältnis zu 
den sehr kleinen Eiern der Papageien und zu dem unvollkommenen 


Beziehungen zwischen Vogeigewicht ete. und Brutdauer. 268 


Zustande, - in dem die Jungen ausschlüpfen, steht die Länge der 
- Brutdauern. Die kürzeste mir bekannte ist die des Wellen- 
sittichs mit 18 Tagen, das ebenso schwere Grauköpfchen braucht 
21 zu seinem 21/, g-Ei, wobei man nicht versteht, warum dies 
in so langer Zeit nicht völlig eintrocknet. Graupapagei, Ama- 
zone und Edelpapagei haben einen vollen Monat zur Zeitigung 
ihrer Eier nötig, die nicht grölser als die der nur halb so lange 
brütenden Ringeltaube sind. Kakadus und Araras verhalten sich 
‘ annähernd ebenso. 


Bekanntlich haben namentlich die gröfseren Papageien nur 
wenig Eier, ihre Vermehrung ist also gering. Ferner geht nicht 
nur das Heranwachsen des Keimlings im Ei sehr langsam von 
statten, sondern auch das ausgeschlüpfte Junge braucht viel 
Zeit, um flügge zu werden, d. h. doppelt so lang als das einer 
ebenso großsen Taube Verstreicht doch selbst bei den nur 
sperlingsgrofsen Formen ein voller Monat, und bei den grolfsen 
_ vergehen zwei und drei, ehe sie die Nisthöhle verlassen. Alles 
das spricht für sehr ursprüngliche Zustände. Dals sich diese 
- erhalten konnten, wird verständlich, wenn wir uns überlegen, 
dafs die ganze Gruppe als geschützte Höhlenbrüter und durch 
"Winterzeit und Wanderflug nicht gefährdete Tropenbewohner 
ein ziemlich ungestörtes Dasein führt. Ein mehrfaches Brüten 
' im Jahre kommt, wenigstens bei den nicht ganz kleinen Formen, 
hier auch nicht als beschleunigende Ursache in Betracht. 


Rakenvögel, Coraciformes. 


Raken, Eisvögel, Bienerfresser. Coraciidae, Alcedinidae, 
Meropidae. No. 311—320. 


Aus diesen Familien stehen mir leider nur wenig Körper- 
-gewichte zur Verfügung. (Den Unkundigen befremdet das ge- 
ringe Gewicht der Blaurake von nur 140 g. Sieist eben nicht, 
wie Naumann angibt, so grofs wie die Dohle mit 225 g.) Es 
handelt sich hier meist um recht grofseiige Vögel, deren Ei- 
 verhältnislinie wir auf den Blättern 1a und 1b am besten ver- 
folgen können. Ihre Kurve liegt im allgemeinen in der Nähe 
der Eulen, also recht hoch. Einige kleinere Formen, die 
- relativ leichtere Eier legen, nähern sich den Spechten. Eine 
- Trennung in zwei Aeste war nötig, da Alcedo ispida und Merops, 
wohl wegen der höheren Eizahl, viel kleinere aufweisen, als _ 
Halcyon sanctus und Tanysiptera. Merkwürdigerweise liegen 
die beiden echten Raken, Coracias und namentlich Eurystomus, 
höher als der kleinere H. saurophagus, der sich in seiner rela- 
tiven Eigröfse gar nicht viel von der nur ein drittel so grolsen 
 Alcedo unterscheidet, 


264 108 Heinroth: 


Bei Betrachtung der Gelegelinie auf Blatt 2a finden wir 
‘gleichfalls verhältnismäfsig hohe Gewichte. Hier ist eine Um- 
kehrung in den beiden Kurvenschenkeln eingetreten wegen der 
grolsen Eizahl der Gelege des Eisvogels und des Bienenfressers 
im Gegensatz zu der eiarmen tropischen Zanysiptera und von 
Halcyon sanctus. Alle diese Rakenvögel legen gröfsere Eier und 
haben viel schwerere Gelege als sämtliche Singvögel und Spechte 
gleicher Gröfse. 


ee Me 


Die Brutdauer ist anscheinend nur von Dacelo mit 21 Tagen 


und von der Blaurake mit etwa 19 Tagen bekannt, beides Zahlen, 
die im Vergleich zu vielen andern Nesthockern recht hoch liegen, 
aber doch nicht entfernt an die der Eulen und der Raubvögel 
heranreichen. | 


Wenn man bedenkt, dafs die Raken, Bienenfresser und Eis- 
vögel nackt, blind und ziemlich hilflos zur Welt kommen, — 
Coracias und namentlich Alcedo erinnern an die Spechte — so 


ist man über die Gröfse der Eier erstaunt und mufs sich auch 


über die Länge der Brutdauern, wie sie für Dacelo und Coracias 
feststehen, wundern; hat doch der Schwarzspecht, No. 349, der 
im Körpergewicht der Blaurake um über das Doppelte überlegen 
ist und dem Rieseneisvogel fast gleichkommt, bei ähnlicher Ge- 
legezahl ein fast nur ein drittel so grolses Ei (11:30) und eine 
etwa nur zwei drittel so lange Brutdauer wie der Rieseneisvogel. 
Näheres läfst sich, da wir zu wenig Tatsachen aus dieser Gruppe 


kennen, nicht sagen. Junge Eulen und Raken haben wenig 
Aehnlichkeit, weder in ihrem Aeufseren noch in ihrem Be- 
nehmen. Ein Stützpunkt für die Verwandtschaft ergibt sich hier 


also nicht. 


Nashornvögel, Bucerotinae No. 321. 


Hier konnte ich nur das Körpergewicht von Bucorax mit 


seinem Eigewicht in Beziehung bringen, wobei sich ergibt, dafs 
er ein verhältnismäfsig sehr kleines Ei legt. Es entspricht genau 


dem des gleich schweren Pelecanus fuseus. Ueber die Eizahl 


des Geleges finde ich keine Angabe, wahrscheinlich beträgt sie 
aber nicht mehr als 1 oder 2, sodafs der Hornrabe also auch 


auf Blatt 2 nicht über die kleinen Pelikane rücken würde. | 


Sicherlich handelt es sich ja wohl hier auch um einen recht un- 


entwickelten, erst spät flügge werdenden Nesthocker. Leider ist 


die Brutdauer unbekannt. 


 Wiedehopf, Upupa. No. 322. a 
Der Wiedehopf legt bekanntlich verhältnismäßig sehr 


kleine Eier; für seine Gröfse nächst einigen nestschmarotzenden 


Kuckucken die kleinsten, die es gibt. In Anbetracht seines grofsen 
Geleges rückt er auf den Blättern 2 und 2a etwas höher und 


S 
an 
ah! 
a 
2 
3 
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N Y 


_ 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 265 


steht zwischen den beiden Papageilinien. Die Brutdauer ist an- 
scheinend unbekannt. (Auf der Tabelle ist sein Gewicht, aus 


dem Durchschnitt bestimmt, vielleicht etwas zu hoch einge- 
. zeichnet. Ein auf den Eiern gegriffenes Weibchen wog nur 63.) 


Eulen, Siriges. No. 323—337. 


Die Eulen bilden eine recht gleichartige Gruppe, die früher 
in die Nähe der Tagraubvögel gestellt wurde und jetzt unter die 
Coraciiformes einbegriffen wird. Sie schwanken im Gewichte 
zwischen dem Sperlingskauz mit etwa 75 g, also in der Gröfse 
der Singdrossel, und dem Uhu mit etwa 2®, kg. Auch hier 
haben natürlich die grofsen Formen verhältnismäfsig kleinere 
Eier als die kleinen, wir sehen daher, dafs die Linie, von rechts 
her gerechnet, auf den Blättern 1, 1a und 1b etwa von der 
Gröfse der Prärieeule, Speotyto, an in zwei Schenkeln nach links 
hin stark aufsteig. Für Nesthocker legen die meisten Eulen 
ziemlich grofse Eier. Die kleineren kommen mit denen der 
Eisvögel und der Raken überein, die mittelgrofsen erinnern an 
manche Steifsfülse, und viele entsprechen in ihrer Eigrölse völlig 
den Schwimmenten. Die gröfsten Arten bilden unter sich eine 
Linie, die sich der der Störche nähert. Ein auffallend kleines 
Ei legt die Schleiereule, diese erdweit verbreitete, allen übrigen 
Eulen als eigene Unterfamilie gegenüber gestellte Form. Sie 
hat bisweilen nur etwa halb so grofse Eier, wie die etwas kleinere 
Waldohreule bei derselben Eizahl im Gelege. (4 frische Strix- 
Eier eines zweiten Geleges 15, 5—16,3 g; 5 Asio-Eier des ersten 
Geleges je 28 g.) Auch das Sumpfeulenei ist klein, während 
der Waldkauz sich von diesen beiden sehr erheblich durch sein 
grolses Ei, wohl wegen der geringen Eizahl, unterscheidet. 

Betrachten wir die Gelege der Eulen, so finden wir, dafs 
die grofsen, eiarmen Formen recht tief stehen und genau den 
ebenso grofsen Raubvögeln entsprechen. Nyeten hat auffallend 
viele Eier und erhebt sich daher bis in die Hühnerlinie. Die 
mittelgrofsen Formen steigen dann von Scotiapiex lapponica 
über Syrnium uralense und $. aluco erst langsam und dann 
rascher über Surnia ulula, Asio otus, Speotyto und Athene an, 
um schliefslich steil bis Glaueidium mit 66°/, in die Höhe zu 
gehen. Die Gelegelinie der kleineren Eulen liegt zum Teil etwas 
höher als die der Räubvögel und fällt manchmal mit den Möwen 
und gewissen Limicolen zusammen. 

Bei den Brutdauern ist man überrascht, dafs diese Gruppe 


trotz ihrer wohl gröfsten Teils blind gebornen, recht hilflosen 


Jungen kaum unter 4 Wochen heruntergeht. Leider. fehlen dabei ° 
Angaben über Glaueidium. Der Uhu brütet 35 Tage, also so 


_ lange wie ein entsprechend grofser Tagraubvogel oder auch ein 


Schwan, vielleicht würde auch ein ebenso schwerer Steganopode 
dieselbe Zeit der Keimesentwicklung benötigen. Merkwürdig 
18 


Journ. f. Orn. LXX, Jahrg, April/Juli 1922. 


Ei = 


Er RG . Ö. Heinroth: 


lange, nämlich einen vollen Monat, braucht das Ei von Strin. 
trotz seiner absoluten und relativen Kleinheit (gegen 20 8 = 
etwa 5°%/,). (Die Angabe Wendlandts von 31 Tagen, s. Kurve, 
babe ich nach zwei genauen Beobachtungen durch Taubenbrut 
auf 30 Tage abgeändert.) Dabei sind die Jungen im Vergleich, 
zu dem Waldkauz, dem Steinkauz und der Waldohreule spärlich? 5 
bedaunt und sehr langsamwüchsig. ; Bi 


Im allgemeinen sind die Eulen für Nesthocker grolseiig, in 
den grofsen Formen wenig-, in den kleinen vieleiig. Ich glaube, 
dafs biologisch für sie dasselbe gilt,-wie von den Tagraubvögeln. 
Auf sie als Höhlenbrüter und zum Teil wehrhafte oder auch 
recht verborgen lebende Nachtvögel hat keine die Keimesent- 
wicklung beschleunigende Zuchtwahl eingewirkt. 

Ganz junge Eulen haben mit ebensolchen Raubvögeln durch 
ihre weifsliche Bedaunung eine gewilse Aehnlichkeit, "sind aber 
zunächst blind. Das sogenannte zweite Dunenkleid beider Gruppen 
ist morphologisch etwas ganz Verschiedenes. Junge Raken haben 
überhaupt keine Daunen und erinnern an die Spechte. 


Ziegenmelker, Uaprimulgidae No. 338 und 339. 


Leider weifs ich aus dieser Familie nicht viel zu berichten, 
da mir nur zwei zur selben Gattung gehörige Arten zur Ver- 
fügung stehen. Entsprechend seiner geringeren Gröfse legt Capr. 
macrurus ein verhältnismäfsig grölseres Ei (11°%,) als der etwas 
schwerere 0. europaeus (10°%,). Die relative Eigrölse erinnert 
an die mancher Eisvögel, d. h. sie liegt über sämtlichen eigent- 
lichen Singvögeln und über allen sonstigen Nesthockern mit 
Ausnahme der Eulen, der Raub- und der Sturmvögel. 

Da alle echten Ziegenmelker nur 2 Eier legen, so rücken 
sie auf den Gelegeblättern recht weit nach unten in die Nähe 
der Sturmvögel und mancher tropischer Singvögel, stehen aber 
immer noch beträchtlich über den entfernt verwandten Seglern. 

Die Brutdauer des Europäischen Ziegenmelkers ist 16 Tage, 
entspricht also anscheinend genau der eines Kolibris mit einem 
viel kleineren Ei und ist länger als die fast aller Singvögel 
aulser den Raben. Merkwürdigerweise scheint Oypselus Sicher 2, 
wenn nicht 3’ Tage länger zu brüten. A 

Wie ich mich bei der Zucht im Zimmer überzeugen konnte 
(s. Journ. f. Ornith. Jan. 1909), sind die jungen Ziegenmelker 
durchaus keine hilflosen Nesthocker. Sie kommen stark bedaunt 
mit offenen Augen zur Welt und erscheinen auf einen bestimmten 
Ton der hudernden Eltern aus deren Brutgefieder heraus, um 
sich zur Futterannahme an den Schnabel von Vater oder Mutter 
zu hängen. Sehr bald trippeln sie umher und verlassen die Nest- 
stelle auf gröfsere Strecken. Es handelt sich hier anscheinend 
um eine Sonderanpassung an das Bodenbrüten. Demnach ist 


| Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 267 


die Brutdauer namentlich im Vergleich zu den bei der Geburt 
völlig hilflosen, blinden und nackten Seglern sehr kurz, was 
vielleicht darin seinen Grund hat, dafs das Caprimulgus-Gelege 

auf dem Boden recht gefährdet ist und die Art zwei Bruten macht. 


> (Von den Schwalmen, Podargidae, und den Schwalken, 

Steatornithidae, fehlt mir jede Angabe über Körpergewicht und 
 Brutdauer. Die Eier ähneln denen der Caprimulgidae gar nicht, 
und die Jungen sind offenbar echte Nesthocker.) 


Segler, Oypselidae. No. 340—342. 


Der mehreiige Mauersegler hat ein Ei, das zu dem mancher 
gleich grolser Singvögel palst. Auch die meist zweieiige Salan- 
 gane entspricht in ihrer Eigröfse dem ebenso schweren, aber 
im Vergleich mit seinen nächsten Verwandten recht kleineiigen 
Müllerchen, Sylvia curruca, No. 399, das 5 Eier im Nest hat. 
Bei der geringen Eizahl liegt die Gelegelinie auf den 
Blättern 2 und 2a ganz ungemein tief, nur einige Täubchen, 
‘die ja gleichfalls nur zwei Eier legen, erinnern an diese Gruppe. 
Dafs sich die Kurve im Vergleich zu der für das Eigewicht bis 
zu einem gewissen Grade umkehrt, das heifst also, dafs hier 
Mocropteryx viel tiefer liegt als Oypselus, beweist, dafs das ver- 
hältnismäfsig gröfsere Ei dieser papuanischen Form doch noch 
lange nicht dasselbe relative Gewicht erreicht, wie 2 1/, Eier des 
Mauerseglers. 

Wie bereits bei den Ziegenmelkern erwähnt, brütet der 
Mauersegler sicher 18, wahrscheinlich aber 19 Tage, also ver- 
hältnismäfsig sehr lange, und seine Jungen verlassen erst nach 
6 Wochen das Nest; er macht ja auch nur eine Brut im Jahre. 
Ueber die Länge der Keimesentwicklung anderer Formen ist mir 
nichts bekannt, bei der geringen Vermehrungsnotwendigkeit der 
Arten und der grofsen Sicherheit der Brut zufolge der geschützten 
Nestanlage möchte ich aber glauben, dafs die Brutdauern der 
ganzen Gruppe ziemlich hoch liegen. 


Kolibris, Trochilidae No. 343— 345. 


Leider fehlt es in der mir zugänglichen Literatur an Koli- 
drigewichten. Ich selbst war nur einmal in der Lage, ein etwas 
abgekommenes Stück von Kic. ricordi zu wiegen, und möchte 
das mittlere Gewicht mit etwa 34/, g annehmen. Natürlich hat 
es auch seine Schwierigkeit, die winzigen Eier mit Wasser zu 
füllen, und zuverlässige Wägungen davon zu machen. Soviel 
steht für mich aber fest, dafs diese Gruppe nicht, wie man wegen 
‚der aufserordentlichen Kleinheit der. Vögel denken sollte, verhält- 
nismäfsig sehr grofse, sondern recht kleine Eier legt, die wegen 
ihrer gestreckten Walzenform viel mehr ‚Rauminhalt zu haben 

18* 


268 ©. Heinroth: 


scheinen, als es wirklich der Fall ist. Für Recordia beträgt das 
relative Eigewicht 121/,%,, das Gelegegewicht demnach 25%. 
Bedenkt man dagegen, dafs die dreimal so grolse Cinnyris, 
No. 414, schon ein Ei von 11°), in einem Gelege von 39°), her- 
vorbringt, oder dals das fast doppelt so grofse Goldhähnchen, 
No. 409, ein um 11/,°/, schwereres Ei und ein fünfmal so schweres 
Gelege hat, so wird uns die relative Kleineiigkeit der Gruppe 
erst recht klar. Auch die Brutdauer, die bei einer nicht näher 
bezeichneten Art mit 16 Tagen angegeben wird, erscheint im 
Verhältnis zur Grölse des Eies und des Vogels ungemein lang,” 
stimmt sie doch z. B. völlig mit den Ziegenmelkern überein und 
übertrifft sogar die der Ringeltaube Auf weitere Schlufsfol- 
gerungen möchte ich mich der Unsicherheit der einzelnen Daten 


wegen (z. B. bei Mellisuga) nicht einlassen. Ein Blick auf die 


Tabelle lehrt, dafs das kleinste Vogelei, das es überhaupt gibt, 
auch von dem kleinsten V.ogel, Mellisuga minima, gelegt wird 
und gegen 0,2 g wiegen dürfte. 


Mausvögel, Colii. No. 346. 


Die Eigröfse von Colius hat für einen Nesthocker, wie die 
Blätter 1, 1a und 1b zeigen, nichts Auffallendes. Sie entspricht 
der mancher Singvögel und Papageien. Im Gelege liegt diese 
Gruppe, mit den meist mehr Eier legenden ebenso grofsen 
Vögeln verglichen, etwas tiefer. | 


Eine Brutdauer ist mir nicht bekannt. 


Nageschnäbler, Zrogones. No. 347. 


Nur Prionotelus temnurus konnte ich wiegen. Sein Ei, ist 
wie die Blätter 1, 1a und 1b zeigen, für einen Nesthocker auf- 
fallend grols, entspricht etwa dem der tropischen Eisvögel und 
nähert sich dem der kleinsten Eulen. Im Gelegeverhältnis wird 
unsere Art mit ihren 3—4 Eiern von den erwähnten Formen 
wegen der grölseren Eizahl übertroffen und rückt, wie die 
Blätter 2 und 2a zeigen, in die Drosseln mit ihren Fünfer- 
gelegen hinein. 


i Auch aus dieser Unterordnung weils ich leider keine Brut- 
auer. 


Pfefferfresser oder Tukane, Rhamphastidae. No. 348. 


Auch hier konnte ich nur eine Art untersuchen. Ich ver- 
füge zwar über die Gewichte mehrerer Formen, jedoch sind in 
der Berliner Sammlung nur von Rhamphastos ariel Eier vorhanden. 
Sie sind im Verhältnis zum Vogel recht klein und erinnern in 
ihrer relativen Gröfse an die einiger Tauben und mancher viel- 


m 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 269 


. eiiger Hühner. Da diese Familie wohl nur 2 Eier legt, so rückt 


sie auf den Gelegeblättern 2 und 2a verhältnismäfßsig noch 
tiefer. Nur die eineiigen Fruchttauben haben noch leichtere 


Gelege als dieser Tukan. 


Spechte, Picidae. No. 349—354. 


Wie ein Blick auf die Blätter I, 1a und 1b zeigt, steigt 
die Linie der relativen Eigröfse vom Schwarzspecht, der mit seiner 


- Kleineiigkeit recht auffällt, über den Grünspecht zum Grofsen 


Buntspecht zunächst gleichmälsig an, macht hier einen scharfen 


Knick und geht dann ebenso gleichmäfsig über den Mittelspecht 


zum Kleinspecht hinauf. Bei der Gelegekurve auf den Blättern 
2 und 2a ergibt sich eine Unregelmäfsigkeit insofern, als D. 
major tiefer liegt als der gröfsere @. viridıs, was seinen Grund 


in dem eiärmeren Gelege des Grofsen Buntspechts hat. 


Eine merkwürdige Stellung nimmt der Wendehals ein. Sein 
Ei ist im Vergleich zu den echten Spechten ganz auffallend klein 


(Wendehals: etwa gleichgrofsem Mittelspecht = 7%, : 113/, Yo). | 


Dafür legt Jynz aber mehr Eier als die Spechte, so dafs er sich 
in der Gelegekurve ziemlich zwanglos zwischen den Grofsen und 
den Mittleren Buntspecht einfügt. Die Kleineiigkeit wird hier 
also durch die hohe Eizahl des Geleges völlig ausgeglichen. Die 
kleinen Spechte legen gröfsere, die grofsen im allgemeinen kleinere 
Eier als die entsprechend schweren Singvögel. 


Leider gibt es wirklich sichere Angaben über die Brutdauer 


‚unserer Spechte und des Wendehalses nicht, laut Burns beträgt 


sie für die nordamerikanischen Verwandten 2 Wochen. Nach 


mehrfach von mir an einer Schwarzspechthöhle angestellten Be- 
obachtungen, die aber noch der Vervollständigung bedürfen, 
scheint es, als ob die Brutdauer dieses Vogels auffallend kurz, 


_ wahrscheinlich nur 13 Tage währe. Die Jugendentwicklung junger 


Buntspechte und Grünspechte schreitet rasch vor sich und ent- 
spricht etwa der. der im Gegensatze zu den heimischen Piciden 
meist mehrmals im Jahre nistenden Singvögel. Schwarzspechte 
verlassen im Alter von 27—28 Tagen gut kletternd und leidlich 
flugfähig die Höhle. Das ist recht früh und entspricht der Zeit, 


die auch die etwa gleich schwere Hohltaube, aber auch die nur 


wenig über ?/, so grofse Dohle und die nur knapp halb so viel 
wiegende Blaurake zum Flüggewerden brauchen. | 
| So viel scheint mir sicher, dafs wir die ursprünglichen Ver- 
hältnisse langsamer Keimes- und Jugendentwicklung, wie wir sie 
bei manchen anderen, auch nur eine Brut machenden Höhlen- 


. brütern, wie Papageien und Eulen, antreffen, hier nicht vorfinden. 


Die Bruten der Spechte sind offenbar mehr gefährdet als die 


_ jener beiden Gruppen. 


= 


270 | | 0. Heinroth: 
Sperlingsvögel, Passeriformes. 
Singvögel, Oscines. No. 355 —437. 


Bei dieser gröfsten heute lebenden Ordnung, die ja fast die 
Hälfte aller lebenden Vogelarten umfafst, habe ich mich natürlich 
nur auf wenige beschränken müssen. Dabei ist die Auswahl so 
‚getroffen worden, dafs, wenn irgend möglich, recht verschiedene 
Familien Berücksichtigung gefunden haben. Ein Blick auf die 
Zeichenerklärung von Blatt 1b zeigt die in Betracht gezogenen 
Formen. = 

Die gröfsten Singvögel sind bekanntlich die Raben, 
No. 355—360. Sie legen verhältnismälsig winzige Eier, die bei 
den grölsten Arten kleiner sind, als die aller anderen Vögel. 
Aber auch die mittelgrofsen und kleineren, wie Krähe, Dohle, 
Elster, Häher liegen in ihrer Eigröfse tief, etwa so wie gleich- 
srofse Tauben, Spechte und viele Papageien. 

Schliefsen wir an die Corviden die Drosseln und 
Schmätzer, No. 370-379, an, so steigt die Kurve mit der 
Kleinheit der Vögel, um mit den kleinsten, wie Hausrotschwanz 
und Wiesenschmätzer, eine recht stattliche Höhe zu erreichen. 
Die Drossel- und Schmätzergruppe hat, wie namentlich Blatt 1b 
zeigt, unter den Singvögeln mit die gröfsten Eier. Die relativ 
kleinsten unter den vieleiigen kleinen Arten haben dagegen die 
kleinen Webefinken, wie Orangebäckchen und Goldbrüstchen, 
No. 435 u. 436. Zwischen diesen beiden Gruppen liegt im all- 
gemeinen das Heer der übrigen Insektenfresser und Körnerfresser, 
auf das ich hier im Text nicht im einzelnen eingehen will, weil 
ja alles Wissenswerte aus einer genauen Betrachtung der Tabellen 
und des Blattes 1b hervorgeht. w 

Da der gröfste Teil der Sperlingsvögel, namentlich der nicht 
tropischen, etwa 5 Eier im Gelege hat, so ergeben die Gelege- \ 
kurven auf Blatt 2a beim Vergleich der Ordnungsverwandten | 
unter sich Aehnliches wie die Eikurven. Ich möchte nur auf a 
folgende Punkte noch hinweisen. Tropische Singvögel legen im 
allgemeinen weniger Eier als die entsprechenden nicht tropischen, 
denn da für sie die Fährlichkeiten des Winters und des Zuges 
wegfallen, so braucht ihre Vermehrung nicht so grofs zu sein. 
Vergleichen wir nun z. B. unsere Rauchschwalbe mit der nur 
wenig kleineren tropischen H. tahitica, No. 391 u. 392, so ergibt 
sich, dafs beide Arten im Verhältnis ein gleich grolses Ei legen, 
trotzdem A. rustica 5, und tahrtica nur 3 Eier im Gelege hat. ni 
Dasselbe gilt auch von Rhipidura, Nr. 389 und 390, im see 2 
satz zu unseren gleich grofsen Insektenfressern. Auch hier ist 
also mit der Verkleinerung des Geleges keine Vergröfserung des 
einzelnen Eies eingetreten, wie wir dies ja bei anderen Vogel 
formen (vergl. Hühner und Baumhühner) manchmal ‚gefunden 
hatten. Auch Paradisea, Nr. 360, . trotz ihrer geringen Ei- | 


Sahne 


EL 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 271 


‘zahl auf Blatt 1a sehr tief und entspricht in ihrer relativen Ei- 


grölse durchaus der Familie der vieleiigen Rabenvögel. Auf den 


Blättern 2 und 2a habe ich die tropischen Insektenfressergruppen 
Oinnyris, Nr. 414; Dicaeum, Nr. 415; Rhipidura, Nr. 389 und 
390; Philemon, Nr. 413; Paradisea, Nr. 360, und Piilonorhynchus, 
Nr. 362, unter sich verbunden, um das durch die geringe Eizahl 


 hervorgerufene niedrige Gelegegewicht besonders kenntlich zu 


machen. _ 

Die Zusammenstellung einiger recht nahe verwandter, aber 
verschieden grolser Singvogelarten ergibt besonders schön ein 
Ansteigen des relativen Eigewichts mit der zunehmenden Klein- 
heit des Vogels; man vergleiche auf Blatt 1b die bis zu einem 
gewissen Grade gleich laufenden Verbindungslinien von Lanius 
collurio — L. excubitor, Nr. 387 und 388; Passerina nivalis — 
Emb. calandra Nr. 416 und 417; Prunella modularıs — Pr. 
collarıs, Nr. 380 und 381; Rhipidura selosa — Rh. tricolor, Nr. 389 
und 390, und anderer; hier ist immer je eine Vogelart mit einem 
doppelt so grossen Gattungsgenossen in Beziehung gesetzt. (8. 
auch S. 276 und 277.) | 

Die Brutdauern der Passeriformes schwanken im Verhältnis 
zu der so ungeheuer verschiedenen Gröfse der einzelnen Arten 
(Regulus 5 g, Corvus principalis etwa 1750 g) nicht übermäfßsig 


“stark. Die Rabenvögel brüten, ihrer Gröfse entsprechend, wohl 


am längsten, aber doch immerhin recht kurz, denn der Kolkrabe 
mit seinen nur 201/, Tagen wird von den meisten gleich 
grofsen Vögeln übertroffen. Die Brutdauer der Krähen gleicht 


_ etwa der der Felsentaube, die Masse der kleinen Vögel hält sich 


meist zwischen 12 und 14 Tagen. Sehr auffallend ist die über- 
aus lange Zeit, die Poephila gouldae, No. 433, zu ihrer Keimes- 
entwicklung braucht; der Zeitraum von 17 Tagen ist durch 
mehrfache, sehr sichere Beobachtungen von Hautbh festgestellt 
und steht im Einklang mit der überaus langsamen Jugend- 
entwicklung, die dieser Art eigentümlich ist: verlassen die Jungen 
doch erst im Alter von 4 Wochen das Nest. Auch die kleine 
Certhia, No. 408, brütet recht lange. Leider kenne ich die Brut- 
dauer des Kleibers nicht. Es wäre nämlich nicht unmöglich, 


dafs dieser Vogel, der im Verhältnis zu unseren anderen Klein- 


vögeln auffallend langsam heranwächst, sich auch zu seiner Ent- 
wicklung im Ei besonders viel Zeit nimmt. Er würde sich das, 
da er jährlich nur eine Brut macht, leisten können. Sehr kurz, 


nämlich nur 12 Tage, brütet ein so grofser Vogel wie der rote 


El 


"Kardinal, Nr. 423, und die Jungen von Volatinia jacarını, Nr. 428, 


- Otocompsa leucotis, ja selbst die des kreuzschnabelgrofsen Myia- . 
destes, Nr. 386, schlüpfen gar schon nach 11 Tagen aus den 


Biern. Sie brauchen also etwa nur halb so lange wie das ebenso 


‚schwere Rufsköpfchen, Agapornis nigrigenys, Nr. 306, ein Papa- 
gei, der mit 21 Tagen ebenso unentwickelt zur Welt kommt und 


‚dann noch die doppelte Zeit der anderen im Neste zubringt. 


272 ; 0. Heinroth: 


Die Singvogelgruppe ist anscheinend in ihrer Fortpflanzungs- 3 


weise besonders hoch entwickelt. Ein für Nesthocker meist 
verhältnismälsig grofses Gelege ist hier mit kürzester Brut- 
dauer und gröfster Schnelligkeit der Jugendentwicklung sehr oft 


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vereinigt und dann wohl meist mit Mehrbrütigkeit gepaart, \ 


alles Dinge, die diesen gewöhnlich recht kleinen Vögeln einen 
an Einzelwesen reichen Fortbestand der Arten sichern. Nur 


tropische und einige ganz bestimmte Formen machen eine Aus- 


nahme von dieser Regel. 


Dotter- und Kükengewicht. 


Beim Vergleich der Vogel- und der Eigewichte stellt sich 


die Frage ein, ob wir gleich schwere Eier ohne weiteres als 


unter sich gleichwertig betrachten können, und dasselbe gilt für 


die Gewichte der Vögel selbst auch. Die Verschiedenheit der 


Dicke, also auch der Schwere der Schale habe ich hier ab- 
sichtlich vernachlässigt, denn im Verhältnis zum ganzen Ei sind 
diese Unterschiede für unsere Betrachtungen zu geringfügig. 
Aufserdem sind die Schalengewichte, fälschlich Eigewichte ge- 


nannt, bei den Eibeschreibungen in den Büchern überall an- 


gegeben. 
DasVerhältnisvom DotterzumübrigenE#i, 


also namentlich zum Eiweifs, schwankt sehr stark, nach meinen 


Wägungen zwischen 15°, (Wendehals, Kormoran) und 50%, 
(Löffelente). Leider habe ich bisher nur wenige Eier auf ihr 
Dottergewicht hin prüfen können, so dafs mir gerade sehr 
wichtige Grüppen, wie die Sturmvögel, die grofsen Raubvögel, 
die Pelikane und der Straufs fehlen, vom Kiwi natürlich ganz zu 
schweigen. Ich habe zwar auf den Tabellen bei einer Anzahl von 
Arten das Dottergewicht und sein Verhältnis zum Ei vermerkt, 
möchte diese 67 Angaben, nach den Dottergröfsen geordnet, aber 
hier nochmals der besseren Uebersicht wegen zusammenfassen. 
Die eingeklammerten Zahlen hinter den Artnamen geben die 


Menge der untersuchten Eier an. Wo Auswahl war, sind mög- 


lichst mittelgrolse Stücke genommen worden. 


Nesthocker. Rut. phoenicurus (1) 19% 


Jynx torguilla (2) 15%, Circus cyaneus (1) 19% 
Phalacrocorax carbo (1) 154/, %%, CO. aeruginosus (2) 18 u.22%, 
Corvus corax (1) 16%), Columba livia dom. | 
©. cornix (mehrere) 17 °% (mehrere) 18— 22°), 


Colaeusmonedula(mehrere) 18%, Fringilla coelebs (1) 20% 


 Nyeticorax nyeticorax (1) 18%, Eratincola rubetra (1) 20% 
Fhylosc. collybita (1) 18°%/, Passer domesticus (einige) 20%, 
Acanthis camnabina (2) 18%, Sturnus vulgaris (1) 20% 


r 


Turdus musicus (1) 


- schon wulste. 


20% 
Merula merula (mehrere) 


20(—25)°%% 

Pica pica (mehrere) 20% 
Garrulus glandarius 

(mehrere) 20%, 

Melopsittacus und. (1) 20% 


Sirix flammea (2) gegen 22°, 
Oalopsittacus nov. holl. (1) 25°/, 
Geopelia humeralis (1) 25%, 


Nestflüchter. 


Larusargentatus (mehrere) 22°), 
Podiceps eristatus (1), 

nigricollis u. griser- 

gena (mehrere) 21—24°/, 
Fulica atra (viele) 25%, 
Larus ridibundus 

(viele) 25%, —28%, 
Sterna caspia (1) 25% 
Hydroch. nigra (mehrere) 28°), 
Sterna hirundo 

(mehrere) 
Porphyrio (1) 
Meleagris gallop. dom. 

(mehrere) | 28% 
Oedien. grallarius (2) 27 u.29°%/, 


25%, 


Limosa limosa (1) 29%, 
(Nachgelege (1) 37%,) 
Gallinula chloropus 
(mehrere) 29—30%, 
:Podiceps fluviatilis 
(mehrere) 29—31°%, 
Haemat. ostralegus 
(mehrere) 27 —33.%0 
Avoseita recurv. (2) 33/3 %/o 
Gallus domesticus 
(viele) 331/3 %/o 
Phasianus colchicus 
(mehrere) 33 9% 


Anas boscas (mehrere) 334/3 % 


Anas b. dom. (viele) 331/s %/o 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht ete. und Brutdauer. 


273 

Anser anser dom. 
(mehrere) 331/3 9% 
Cereopsis nov. holl. (1) 340 


Vanellus vanellus 
(mehrere) 331/,—37 0% 
Ortyg. porzana (mehrere) 33 %/o 


Crex crex (mehrere) 34 9/0 
Numida dom. (mehrere) 
30 —34 % 
Cairina mosch. dom. 
(mehrere) 32—35 % 
Chen hyperboreus (1) 342% 


Casuarius cas. (2) 34 u. 40 °/o 
Alca torda (1) 37% 
Branta cannadensıs 38—40 % 
Aex galericulata (viele) 
| 36—40 % 
Lyrurus tetrix (1) 38—400/o 
Gennaeus lineatus 
(mehrere) 37—42% 
Syrm. reevesi (mehrere) 
40—45 %o 
Pavo cristatus dom. 40 %o 
P. mutieus Kreuzung 


(mehrere) 40 %/o 
Gennaeus nyclhemerus 

(mehrere) 44 9/5 
Aythya nyroca (1) 40%, 
Clangula clangula (2) 40° 
Tadorna tadorna (1) 43% 
Spatula clypeata (1) 50 %0 


Zum Vergleiche einige 
Reptilien. 


Chelys fimbriata 33 9/0 
Testudo pardalıs 37 —40 % 
Hydraspis hilarıi geg. 40% 
Emys orbicularis 42% 
T. graeca 50 % 
Alligator mississ. 39-—42 9% 
COrocod. porosus und 
 americanus 50% 


Hieraus ergibt sich, dafs die Nestflüchter im allgemeinen 
gröfsere Dotter haben als die Nesthocker, was man ja auch 


Alca torda verhält sich dabei wie ein hoch- 


27a - | Rn E O. Heinroth: 


entwickelter Nestflüchter, leider sind mir die ebeirden‘ kleinen 
Jungen dieser Gruppe unbekannt. 


Grofse und kleine Eier derselben Vogelart scheinen nicht 
sehr verschiedene Dotter zu haben, wenigstens fand ich dies 
bei der Lachmöwe (Eier von 43 und von 30 g, Dotter je 9 g), 
und bei Limosa limosa. Herr L. Schuster, dem ich an dieser 
Stelle für seine so uneigennützigen Bemühungen um mich 
meinen ganz besonderen Dank ausspreche, fand im April ein 


frisches Gelege dieser Art, Ei je 44—45 g, Dotter 33 g = 


etwa 29%,. Zwölf Tage darauf waren im selben Neste drei 
Eier von nur je 36—37 g, Dotter jedoch wieder fast genau 
ebenso grofs, d. h. 13 g = nunmehr 37°,. Eine Anzahl 
Mandarinenten-Eier ergab folgende Zahlen: 43 g: 18,5 g=43%; 
sechs 50 g-Eier hatten Dotter von je 18, 19, 19, 19,5, 20, 21,5 g 
— 381/,—42%, ferner 53 g:20 g = 38%. Von Haushuhn- 
Eiern einundderselben Rasse gilt etwa das gleiche. (Ei von 
45 g, Dotter 18 g; Ei von 68 g, Dotter 21 g, „Gefl. Börse“, 
30. 1. 20. Pachtik). Dagegen haben die Eier der kleinen 
Hühner- und Entenrassen dieselbe relative Dottergröfse, wie die 
der grolsen, also nicht verhältnismäfsig gröfsere Dotter. Aus- 
nahmsweise kleine Eier, die an Spareier grenzen, beherbergen 


- anscheinend auch entsprechend kleine Dotter, z. B. Stockenten- 
ei: sonst etwa 52 g:17 g; zu klein 41 g: 12 g, d.h. 30%. 


gegen sonst 331/, Yo; Phas. colchicus (wild) regelrecht 33 g: 111g; 
zu klein, aus demselben Gelege 24,2 g:8g = je 1. 

Das Gewicht desneugeborenen, trockenen 
Jungen betrug bei allen von mir untersuchten Gruppen 
. meist etwa 27, des Gewichts des frischgelegten 
Eies (s. auch S. 178). Die Dottergröfse ist also anscheinend 
ohne Einflufs auf die Schwere des Jungen, einerlei ob es sich um 
ein dotterarmes Singvogel- oder ein dotterreiches Entenei handelt, 
ebenso ist die Brutdauer belanglos, z. B. frisches Ei der Ufer- 
schwalbe 1,5 g, neugeborener Vogel 1 g; Rohrweih 39 g : 268; 
Jagdfasan 30 g: 20 g; Brachvogel 75 g : 50 g. Gewichte neu- 
geborener Vögel finden sich in der letzten Spalte der Tabelle; ich 
habe sie sämtlich selbst festgestellt. Wenn das Eigewicht dabei 
vermerkt ist, so ist das frische (unbebrütete) Ei gemeint, aus 

dem der Vogel später geschlüpft ist. 

Dem neugeborenen Vogel wird je nach den verschiedenen 
Gruppen mehr oder weniger Dottervorrat in der Bauchhöhle 
mit auf die Welt gegeben. Ueber diesen „Kükendotter‘‘ gedenke 


ich in. Kürze einiges zu veröffentlichen. Zum Verständnis der 


Gewichtsverhältnisse während der Brut sei nur folgendes Beispiel 
angeführt: Stockente, frisches (grofses) Ei 56 g; Dotter darin 


etwa 18 g; nach 25 Tagen Brut, gepickt, 45 g; trockenes Küken = 


35 g; nasse Schale mit Geburtsresten 6 g; Kükendotter in der 
Bauchhöhle der Jungente 5 g. 


ee Art 


RR 
Fr 


pipe 


u 


| Beziehungen zwischen Vogelgewicht et. und Brutdauer. 275 


Die Gegenüberstellung der Gewichte der 
alten und der neugeborenen Vögel aus verschiedenen 
Gruppen führt zu den folgenden Erwägungen. Bekanntlich 
werden fast alle Vögel mit ganz wenig Brustmuskulatur und mit 
winzigen Flügeln geboren, einerlei ob sie sich später zu guten 
oder zu schlechten Fliegern entwickeln; eine Ausnahme machen 
ja nur gewisse Hühner, die flugfähig oder fast flugbegabt aus 
dem Ei kommen. Vergleichen wir also beispielsweise das Ge- 
wicht des alten Mauerseglers mit dem seines neugeborenen 
Spröfslings, so leuchtet es ein, dafs die beiden Tiere nicht gleich- 
wertig sind, denn das Junge hat zwar Kopf, Rücken, Beine und 
innere Teile ähnlich wie Vater und Mutter, ihm fehlt aber die 
Masse der mächtigen Brustmuskeln, die ja einen grolsen Teil 
des Gewichts von COypselus ausmachen. Anders bei den Ratiten. 
Der junge Emu ist wirklich eine verkleinerte Ausgabe des Alten: 
er kommt bereits mit sehr entwickelten Beinen aus dem Ei, und 
seine Brustknochen und die Muskulatur dazu sind ebenso wie 
beim Erwachsenen. Der Flugvogel entspricht also, am Straufse 


_ gemessen, im Verhältnis zu seinem neugeborenen Jungen einem 


viel leichteren Tier. Oder umgekehrt: wenn die Ratiten flugfähig 
wären, würden sie, dieselbe sonstige Gröfse vorausgesetzt, natür- 
lich viel schwerer sein, ohne dafs ihre Eier dann absolut grölser 
zu werden brauchten. So erklärt sich vielleicht die erhebliche 
relative Eigröfse dieser Riesenvögel (s. S. 230). Für die ja gleich- 
falls flugunfähigen Pinguine gelten diese Betrachtungen natürlich 
nicht, da sie eine gute Brustmuskulatur zum Schwimmen haben. 
Durch ein Beispiel wird das vielleicht noch klarer: nehmen 
wir ein Steilshuhn an, dessen Junge zwar ebenso wie die Alten 
gute Läufer sind, aber, zunächst noch flugunfähig, des Brustbein- 
kammes und der Flugmuskeln fast ganz ermangeln, während bei 
den Alten nach meiner Wägung die riesige Brustmuskulatur fast 
1/, des ganzen Körpergewichts ausmacht. Gäbe es eine fHugun- 
fähige Tinamide, so würde sie also nur 2, der entsprechend 
srolsen flugfähigen Form wiegen und doch wahrscheinlich ebenso 
grolse Eier, also auch ebenso schwere neugeborene Junge Ka 
wie die flugfähigen Verwandten. | 


Allgemeine Betrachtungen und Vergleiche, 


Mit der Zunahme der Kleinheit der Vögel 
einer Gruppe steigt dierelative Eigröfse bei 
den grofsenunddenmittelgrofsen Formen zu- 
nächst nur wenig, Schnellt aber dann beiden 
kleinsten sehr stark in die Höhe. Dieser Knick, den 
wir auf den Kurven der Blätter 1, 1a, 1b und zum Teil natür- 
lich auch auf 2 und 2a sehen, liegt je nach den einzelnen Vogel- 
formen an etwas verschiedener Stelle. Besteht nämlich die 
ganze Gruppe im wesentlichen aus Kleinvögeln, so finden wir ihn 


276 | O0. Heinroth: 


weiter nach links hin, als wenn sich eine Unterordnung oder eine 
Familie mehr aus grofsen Vertretern zusammensetzt, und die 
kleinen die Ausnahme bilden. Der Begriff des „kleinen“ 
Vogels gestaltetsichalsojenach den Gruppen 
verschieden und drückt sich in unserem Falle dadurch aus, 
dafs die betreffende Art links über diesen Knick zu stehen kommt. 
Um es einmal weniger wissenschaftlich auszudrücken: unter eine 
gewisse Gröfse lassen sich eine schlüpfreife Möwe, ein Raubvogel 
nicht verpacken, auch ihre kleinsten Arten nicht; die einzelnen 
Organe des Neugeborenen können eben eine gewisse Gröfse nicht 
unterschreiten. Dagegen sind die Eier der Kolibris im Vergleich 
mit denen der kleinen Singvögel verhältnismälsig gar nicht sehr 
grofs, auch die der kleinsten nicht, denn für Kolibris ist 
die Gröfse von Mellisuga minima anscheinend immer noch so be- 
trächtlich, dafs zur Beherbergung des Keimlings das Ei nicht 
besonders grofs zu sein braucht. 

Stellt man sich die Frage, in welchem Mafse das 
Eigewicht, also die absolute Eigröfse, bei etwa gleicher Ei- 
zahl im Gelege mit der Körpergröfse oder Schwere des Vogels 
innerhalb einundderselben Gruppe zunimmt, so ergibt sich in ab- 
gerundeten Zahlen etwa folgendes, aus den Tabellen Zusammen- 
gestellte: 


Oceunodroma (45 g) : Fulmarus (680 g): 


Diomedea (7500 g) ==] 252 170 
i und ihre Eier (10g:105g:470g) = 1:10:47 
oder 
Podiceps nigricollis (3008): P. griseigena 
(600 g) : P. ceristatus (1250 g) — 1:2:4 
und ihre eu. Sa 
. oder 
Neitium erecca (330 g): "Anas boscas 
(1000 g) — 1:3 
und Ihr Eier (26 g:53 g) — 1:2 
oder 


Tetrasies bonasia (400 g): Lyr. teirix 
(800 g) : Teirao urogallus (2500 g) 
ie und ihre Eier (20 g: 34 g: 50 g) 
oder 
Alle alle (160 g): Frat. arctica (650 9): 


el 


Uria lombvia (1000 g) a 
und ihre Eier (28g:608g:102g) =1:2:4 
oder 
Ereunetes pusillus (30 g) : Ancyl. subar- 
quatus (60 g) : Tot. calidris (130 g): 
L. limosa (230 8) : Num. arquatus 
(900 g) =1:2:2.4:8:% 
und ihre Eier (6°, g: 13g:22g: 
398:70g) . = 1:2:4:.6:12 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 277 
E oder 
Sterna minuta (40 g) : Larus minutus 


(125 8) : L. ridibundus (250 8) : 
L. argeniatus (1000 g) : L. marinus 


(1500 g) —= 1:3:6:24:36 

und ihre Eier (10g:38g8:90g: 

110 g ==2]):2:4:921] 
oder 


Columbula pieui (50 8): T. turtur (160g): 


O. oenas (300 g): ©. palumbus (5008) =1:3:6:10 

eh Oo 9 @:162.182) —=1:93:5:6 
oder 
Dendrocopus minor (21 g) : D. medius 

(40 g) : D. major (80 8) : P. martius 

(330 g) — 1:2:4:16 
i und ihre Eier (3 g: 458:52g:11g) = 1:11,: gegen 2:4 
oder 
‚Acroc. sireperus (13 g) : Corvus corax _ 

(1300 g) — 1:100 

und ihre Eier (1,6 g:: 30 g) == 1.20 


. Bei Vögeln, die für die betreffende Gruppe besonders klein 
sind, steigt also das Eigewicht häufig in derselben Weise wie 
das Körpergewicht (z. B. bei den kleinsten Tauben- und Schnepfen- 
vögeln), bei den gröfseren treffen wir häufig den Fall, dafs bei 
Verdopplung des Körpergewichts die Eier etwa 1!/, mal so grolfs 
werden, der dreifach so schwere Vogel hat nur doppelt so grofse 
Eier usw. — immer natürlich in ihrer Verwandtschaft, Lebens- 
weise und Eizahl sich sehr nahestehende Arten vorausgesetzt. 
(Vergl. auch die Zusammenstellung auf S. 271.) 


Als mitbestimmende Ursache der relativen Ei- 
 gröfse könnte man auch die Stärke der Wasserver- 
dunstung mit in Betracht ziehen. Je nach dem Standort des 
Nestes und vor allen Dingen auch je nach der Länge der Brut- 
dauer wird die Wasserabgabe eines Eies während des Zeitraums 
der Bebrütung recht verschieden sein müssen, wenn wir nicht an- 
nehmen wollen, dafs besondere Anpassungen ausgleichend wirken. 
Gäbe ein kleines,‘also mit verhältnismälsig grofser Oberfläche be- 
gabtes, dünnschaliges Ei eines Langbrüters bis zum Ausschlüpfen 
beträchtlich mehr Feuchtigkeit ab, als das grofse, dickschalige 
einer kurzbrütigen Form, so mülsten entweder die Gewichte der 
neugeborenen Jungen oder die der Geburtsrückstände verschieden 
ausfallen, besonders dann, wenn die erste Art im Trocknen, die 
zweite an einem feuchten Orte nistet. Ich habe nun nie finden ° 
können, dafs eine solche Verschiedenheit besteht. Aufserdem 
ergibt die Betrachtung der Tabelle, dafs die Eier solcher Formen, 
die an dürren Orten brüten, durchaus nicht immer grölser sind, 
als etwa die der Sumpfnister. So hat die Schleiereule auf ihrem 


Be 0. Heinroth: 


kahlen Nistplatz auf einem sonnendurchglühten, völlig trockenen, 
alten Kirchboden nicht nur die relativ kleinsten Eier von allen 
mittelgrofsen Eulen, sondern auch die längste Brutdauer; trotz- 
dem wiegt das ausschlüpfende Junge ebenso ?/, des frischen Eies 
wie das eines Waldkauzes, das in feuchter Baumhöhle bei nassem 
Frühlingswetter aus doppelt so grossem Ei in kürzerer Zeit er- 
brütet wird. Aufserdem lehrt die Erfahrung, dafs ein und der- 
selbe Vogel sein Gelege ebenso gut an ganz trockenen Orten bei 
Sonnenhitze wie an recht nassen Stellen bei Regenwetter zeitigen 
kann. Man denke an eine Stockente, die in dürrer Kiefernheide 
hoch oben auf einem ausgetrockneten alten Krähenneste während 
recht heilser Maiwochen brütet, und an ihre Schwester, die in 
nebelfeuchter,. regentriefender Wiese im kalten März ihr Nest er- 
richtete. In beiden Fällen kommen die Jungen gut aus. Mir 
scheinen, vielleicht wenige, besonders angepalste Formen, wie 
Podiceps und Kallus z. B., ausgenommen, die meisten Vogeleier 
so eingerichtet zu sein, dafs ihre Wasserverdunstung während 


der Brutdauer von äufseren Bedingungen nur wenig beeinflufst. 


und dies kleine Mehr oder Weniger von dem Keimling gut ver- 
tragen wird. 

| Wäre mir nicht gesprächsweise die Frage gestellt worden, 
oblange Brutdauern vielleicht mit grofser Schalen- 
dicke zusammenhängen könnten, da die Brutwärme dann 
schwerer zum Keimling dringe, so würde ich gar nicht erst da- 
rauf hinweisen, dafs alle Körper, also auch die Eischale, die 
Wärme ja gerade leichter annehmen und abgeben als Wasser, 
aus dem doch das Eiweifs grölstenteils besteht. Aufserdem lehrt 
ein Blick auf die Tabellen und die Kurven, dafs keinerlei der- 
artiger Zusammenhang vorhanden ist, und oft gerade dickschalige 
Eier eine kurze (Haushuhn, Kuckuck), dünnschalige eine längere 
(Kiebitz, Baumläufer) Bebrütung bei derselben Wärmezufuhr be- 
nötigen. 


Wir haben bisher auf unseren Kurvenblättern den Verlauf 
der Linien der einzelnen Vogelgruppen studiert, es ergibt aber 
auch recht interessante Einblicke, wenn man recht verschieden- 
artige gleichgrofse Vögel vergleicht: einige Beispiele sollen das 
beweisen. So finden wir bei Verfolgung einer Ordinate auf Blatt 
1b, dafs ein Vogel von 100 g folgende Eigröfsen haben kann: 


Kuckuck, Cueulus. . ar 0 oder e 
Nymphensittich, Oalopsittacus ee 0 Dil 
Wachtel, Ooturnix coturnixz . .... Th - - 
Wacholderdrossel, Zurdus pilaris ... 7% - - 
Götzeuliest, Haleyon smyrnensis . .. 1 h -.- 
Zwergohreule, Deops 2 ae ee 
Kleine Falken gegen. . edle eye 


Bekassine, Gallinugo gallinago hd I 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 279 


Sturmvogelartige, Procellariiformes, gegen 224% oder g 
Sterna anaestheta.. . 34 % - - 
letztere übertrifft also an Eigröfse den Kuckuck um das 11fache. 

Durch Blatt 2 werden wir belehrt, dafs auch die Gelege- 
gewichte gleich grolser Vögel ganz ungemein verschieden sein 
können. Legen wir auch wieder ein Vogelgewicht von 100 g zu 
Grunde, so ergeben: 


Flaumfulstauben, Pillopus . . . . 8 % oder g 
Sturmvogelartige, Procellariiformes, gegen 2% - - 
Nymphensittich, Calopsittaeus . . .. 383 h - - 
Wacholderdrossel, Zurdus pllaris . . . 34 % - - 
Sterna anaesthea . = = = 222.2. 34 ho - - 
Zwergohreule, Scps . . . te 
Götzenliest, Halcyon smyrnensis el ea 
Bekassine, ‚Gallinago gallinage.. . ..68 % - - 
Wachtel, Coturnix eoturnix . . .. 19 Ib => 
und die allerdings etwas kleinere 
Harlekinwachtel, Cot. delegorguei . . .1300 % - - 


Auch wenn wir Vögel zusammenfassen, die dieselbe relative 
Eigröfse haben, kommen wir zu recht unerwarteten Gleich- 
stellungen. Dann finden wir beim Entlanggehen auf einer Ab- 
szisse, dafs ein Ei von z. B. etwa 5%, des Körpergewichts erzeugt 
wird: von den kleineren Kuckucken, dem Wiedehopf, manchen 
Papageien und Tauben, den Spechten, manchen Singvögeln, 
einigen Hühnern, Scharben, Reihern, Enten, Raubvögeln, Trappen, 
Schwänen und dem Emu. 

Re Der Vergleich der Brutdauern verschiedener Gruppen bringt 
noch überraschendere Ergebnisse. Wir entdecken, wenn wir eine 
Ordinate betrachten, dafs ein Ei von etwa 3—7 g zu Seiner 
- Erbrütung erfordert: bei vielen Singvögeln I1—13 Tage, bei 
anderen Singvögeln, dem Laufhühnchen und den kleinen Tauben 
14, bei manchen Wachteln und dem Mauersegler 19, bei den 
kleinen Papageien 18—21, und endlich bei der Sturmschwalbe 
gar 36 Tage. Ebenso erstaunt ist man, wenn man merkt, dafs 
ein 60 g-Ei, das in seiner Gröfse dem eines mittelgrofsen Haus- 
huhns entspricht, wenn es von diesem stammt, nur 201/,—21 Tage 
braucht, um ein Küken zu ergeben; fast alle übrigen Eier der- 
selben Gröfse aber haben längere Brutdauern nötig, so der Fisch- 
reiher 251/,, Möwen 26, Enten 26—-28, manche Hühnervögel 28, 
- Plectropteriden gegen 39, die Schneeeule 33, der Kagu mindestens 
.36 Tage, ebenso der Lund, und die Sturmvogelkurve kreuzt die 
60 g-Linie gar erst bei einer Tagzahl von 47. Ziehen wir bei 
diesem Vergleich die verschiedenen Entwicklungszustände der 
neugeborenen Vögel in Betracht, so kommen wir zu dem merk- ' 
würdigen Ergebnis, dals z. B. das bewegliche Haushuhnküken 
zu seiner Schlüpfreife weit unter der Hälfte der Zeit braucht, 
die ein Sturmvogel benötigt, der noch Wochen ja Monate lang 
im Nest sitzen mufs. 


280 | 0. Kermoth: 


Auch wenn wir auf den Blätter 3 und 3a eine die Anzahl 
der Tage angebende Abszisse von links nach rechts verfolgen, 
mutet es uns sonderbar an, dafs zur Erbrütung ihrer Eier 
3 Wochen nötig haben: einige kleine Papageien, manche wachtel- 
artige Hühner, kleine Strandläufer, mittelgrofse Rallen, Zwerg- 
steilsfuls, Rieseneisvogel, Nachtreiher, Sichler, Pfaufasan, Inambu, 
Haushubn und heiliger Ibis. Oder wir erfahren, dafs ein Kolibri 
so lange brütet, wie ein Ziegenmelker und länger als die Ringel- 
taube. Die geradezu ungeheuerlich klingende Tatsache, dafs die 
etwa 40 g schwere Sturmschwalbe zu ihrem Ei von 7 g ebenso 
lange braucht wie der Papageitaucher (650 g, Ei 60), etwas länger 


als alle Schwäne und so lange wie der amerikanische Straufs, 


dessen Ei mit 600 g also fast 100mal gröfser ist und einen Nest- 
flüchter ergibt, wurde früher schon erwähnt. Man vergegen- 


wärtige sich ferner, dals 42 Tage brüten: Struihio (Ei 1500 g), 


Oatheturus (Ei 185 g), Sula (Ei 102 g), Daption (Ei 37 g); 
ähnlich verhalten sich auch der Steinadler (Ei 140 g) und der 
Rabengeier (Ei 115 g). Das Grölsenverhältnis der Eier von 
Kaptaube (Daption) : Talegalla : Strauls beträgt fast genau 
1:5:40, wobei auch wieder das kleinste Ei dem Nesthocker 
zugehört (s. auch Seite 231). 


Wir haben bisher oft mit den üblichen Begriffen „Nest- 
hocker“ und „Nestflüchter“ gerechnet, ohne uns immer 
zu fragen, ob nun z. B. alle Nesthocker unter sich gleichwertig 


sind, oder vielleicht nicht doch recht verschiedene Entwicklungs- 


stufen darstellen. Auch mir erscheint es zweckmälsig, in dieser 
Gruppe zwei Unterabteilungen zu unterscheiden, wie man es ja 
auch sonst schon getan hat. Einmal solche, die zwar ziemlich 
unentwickelt, aber meist sehend zur Welt kommen; sie sind ge- 
wöhnlich auch mit einem mehr oder weniger dichten Dunenkleide 
ausgestattet und werden nach verhältnismäfsig kurzer Zeit doch 
schon recht beweglich, wenn sie auch durch den oft hohen Stand- 
ort des Nestes wegen ihrer Flugunfähigkeit daran gebunden 
bleiben. Ich rechne hierzu besonders die meisten Reiher sowie 


die Störche, Cariama, bis zu einem gewissen Grade auch die 


Raubvögel, Falconiformes, und in geringerem Mafse die Eulen, 
Striges. Ganz junge Pinguine, Sphenisciformes, Sturmvögel, Pro- 
cellariiformes, und Alke, Alcidae, kenne ich zu wenig, um mir 
ein Urteil darüber erlauben zu können. 


' Die zweite Abteilung besteht aus denen, die an ihr Nest- 


hockertum noch besonders angepafst sind. Die Jungen sind häufig 


ganz nackt, wohl fast immer blind und zum Teil für die Ent- 
gegennahme der Nahrung noch besonders ausgestattet, wie z. B. 


die Singvögel mit ihren verbreiterten und meist sehr lebhaft ge- 


färbten Rachen. Umgekehrt dazu haben bei den Tauben die 


& 


Ba 
7 


LÜNEN: EIER 1 2 EBEN EN ER TER 
SE ee VE SS A EA 
N ER en Ä s 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 28i 


Eltern bekanntlich in ihrem Kropfe eine besondere Vorrichtung 


zur Erzeugung eines Nahrungsbreies für die kleinen Jungen. 


Ich rechne zu den Nesthockern im engsten Sinne: Scharben, 
Stegunopodes; Tauben, Columbae; Hopfe und Nashornvögel, Upu- 
pidae und BDucerotidae; Segler, Oypselidae; Kolibris, Trochilidae; 
Kuckucke, Ouculidae; Spechte, Picidae, und Sperlingsvögel, 
Passeriformes. Von den Jungen der Mausvögel, Colö; Trogone, 


 Trogones, Turakos, Musophagidae, und Tukane, Rhamphastidae, 


weifs ich nichts Näheres. 


Ueber die Entwicklungsstufen, in denen die Jungen Nest- 
flüchter aus dem Ei kommen, habe ich bei den einzelnen Gruppen 
schon gesprochen und insbesondere auch auf die Sonderstellung 
der Nachtschwalbe aufmerksam gemacht. 


Als Nestflüchter bezeichnet man: Flachbrustvögel, 
Ratites; Steilsfülse, Podieipidae; Seetaucher, (olymbidae; Gänse- 
vögel, Anseriformes; Steilshühner, Tinamiformes;  Hühnervögel, 
Galli; Laufhühnchen, Turnices; Rallen, Rallidae; Kraniche, 

 Gruidae; Trappen, Otididae; Sonnenrallen, Eurypygidae; Regen- 


wmsor 


pfeifer und Schnepfenvögel, Limicolae; Möwen Laridae; Flug- 
hühner, Pierocles; (Ziegenmelker, Caprimulgus). 


Mir scheint, als wenn es wir bei der erstenGruppeder 
Nesthocker, also bei den weniger spezialisierten, auch als 
Insessores spuriae bezeichneten, mitderursprünglichsten 
Vogelentwicklung zu tun haben, weil es sich hier am 
wenigsten um eine bestimmte Anpassung an äufsere Verhältnisse 
handelt; insbesondere möchte ich Cariama, No. 200, als ein solches 
Urbild auffassen. Frisch aus dem Ei geschlüpft, ähnelt sie den 
Reihern und ist einige Tage recht hilflos. Bald aber verläfst sie, 
noch völlig flugunfähig, das Nest und läuft mit den Eltern auf 
dem Boden herum, erst viel später kann sie fliegen (Cariama). 
Die tiefbrütenden Reiherformen gehen gleichfalls bald in die Um- 
gebung des Nestes. Opisthocomus verhält sich offenbar ähnlich, 
vielleicht auch Ixhinochetus. 


Alle derartigen Nesthocker haben meist auch lange Brut- 
dauern, was, wie wir im Laufe unserer Betrachtungen ge- 


- sehen haben, gleichfalls sehr für ein ursprüngliches Verhalten 


Spricht. | 

Beider Beobachtung der Keimesentwicklung 
durch Schieren der Eier ergibt sich, dafs bei den 
Langbrütern, z. B. bei Cairina, bereits im ersten 
Anfang eine deutliche Verzögerung gegen ver- 
wandte Formen, die kürzer brüten, wie z. B. Anas, fest- 


- zustellenist: so sieht man die ersten Blutgefäfse bei der 


Stockente ungefähr 2 Tage früher, d. h. etwa mit dem 4. Tage, 


während sie bei der Moschusente erst mit 6 Tagen deutlich 


werden. Dies Zurückbleiben ist auch bei Eulen im Vergleich 
mit Tauben oder besonders mit Singvögeln in allen Zeitabschnitten 
Journ, f, Orn. LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 19 


282 Ö. Heinroth: 


sehr auffallend. Ich habe mit der Zeit Uebung in der Beurteilung 
des Fortgeschrittenseins der Bebrütung eines mir vorgelegten 
Eies erlangt, kann aber, wie aus dem Vorhergesagten verständ- 
lich wird, den Zeitpunkt des Ausschlüpfens nur dann mit Sicher- 
heit vorhersagen, wenn ich die Brutdauer der Art kenne. 2 

Man kann wohl im allgemeinen die Behauptung aufstellen, 
dafs Vogeiformen, die sich im Eilangsam entwickeln, 
auchnach dem Schlüpfen kein schnelles Wachs- 
tum zeigen; vielleicht gehen die Zellteilungen bei ihnen über- 
haupt langsamer. Auf den Zeitraum bis zum Abschlufs der 
Jugendentwicklung näher einzugehen, verbietet der Raum, denn 
es ist nicht möglich, sich darüber kurz zu fassen. Es gibt 
nämlich keinen für alle Vogelgruppen gleichwertigen 
Lebensabschnitt, bis zu dem man etwa die Kindheit 
rechnen könnte. Der Zeitpunkt des Nestverlassens der Jungen 
(fälschlich des Ausfliegens oder des Flüggewerdens) ist z. B. 
selbst innerhalb der Sperlingsvögel viel mehr von der Lebens- 
weise der Art als vom Wachstum der Jungvögel abhängig. 
Man denke dabei einerseits an die Lerchen, die mit 9 Tagen 
noch völlig flugunfähig aus dem Neste gehen, und andrerseits 
an die Schwalben, die eine beträchtliche Flügellänge erreicht 
haben müssen, ehe sie den Flug ins Freie wagen können: trotz 
der Kleinheit der Berundinidae sind hier gegen drei Wochen 
nötig. Auch das Schwingenwachstum gibt keinen Anhaltspunkt, 
denn wie wir gesehen haben, wachsen die Flügelfedern bei den 
Limicolen sehr früh, bei den Rallen und den Tauchenten da- 
gegen beginnen sie erst zu sprossen, wenn die Tiere schon recht 
herangewachsen sind. Die Feststellung des Zeitpunktes, wo 
das Enndgewicht erreicht wird, ist schwierig, und man kommt 
damit schliefslich doch nicht-recht zum Ziele. So nimmt z. B. 
ein etwa 4 Wochen altes Habichtsweibchen im Gewicht kaum noch 
zu, verläfst aber erst 2 Wochen später, knapp flugfähig, den 
Horst, und das Grofsgefieder ist nicht ganz ausgewachsen und 
kaum völlig verhornt, ehe der Vogel nicht ein Alter von 8—9 
Wochen erreicht hat. 

Von vielen wird es für eine erwiesene Tatsache gehalten, 
dafs hochentwickelte Tierformen eine geringe 
Vermehrung haben, dafs ihre Jungen unentwickelt zur Welt 
kommen und langsam heranwachsen. Da dies für den Menschen 
gilt, und er sich häufig, weil er es in Bezug auf das Grofshirn 
ist, auch sonst für hochentwickelt hält, so stimmt die Annahme 
scheinbar gut. Näher dürften wir der Wirklichkeit wohl kommen, 
wenn wir sagen: die Höhe der Entwicklung liegt bei manchen 
Lebewesen in ihrer ausgezeichneten Fortpflanzung (also viel und 
rascher Nachwuchs), bei andern in andern Eigenschaften, und 
-dann brauchen sie weniger Junge und kommen mit langsamer 
Entwicklung aus. Niemand wird z. B. behaupten wollen, dafs 
die Sturmvögel die höchst entwickelten Vögel seien, aber sie 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauet. 288 


gerade haben die schwächste Vermehrung, die längsten Brutdauern 


und eine sehr lange Nestzeit. Aehnliches gilt auch für Sala, 


den Tölpel. Wie bei diesen Gruppen bereits erwähnt wurde, liegt 


ihre Stärke in dem Aufenthalt auf See und im Brüten auf ein- 
samen Inseln, deshalb war keine Zuchtwahl auf ausgiebige und 
schnelle Fortpflanzung nötig. Sonst finden wir Nesthockertum, 


also Hilflosigkeit der Jungen, überall da, wo das Flugvermögen 


zum Aufsuchen der Nahrung unbedingt nötig ist, und die Jungen 
also ihren Eitern anfangs doch nicht folgen könnten Dafs 


 Lerchen einerseits und Möwen andrerseits eine Ausnahme von 


dieser Regel machen, liegt natürlich an ihrer Abstammung. (S. 
auch Laridae S. 56.) 


Nun will ich noch den Versuch machen, einen Ueberblick 
über die Reihenfolge der verschiedenen Vogel- 
gruppen nach ihren relativen Eigröfsen, den 
relativen Gelegegewichten und nach ihren 
Brutdauern zugeben. Leider ist das im einzelnen nicht 
genau durchführbar, da sich, wie ein Blick auf die Kurvenblätter 
lehrt, die Linien häufig schneiden und sich auch die Vertreter 
einundderselben Vogelgruppe je nach ihrer absoluten Grölfse in 
ihren Ei- und ihren Gelegegewichten sehr verschieden verhalten 
können. 


Nach der relativen Gröfse der Eier ordnen sich 


mittelgrofse und grofse Vögel: 


Apteryz und Procellariiformes, dann folgen in absteigender 
Reihe: Megapodiidae, Erismatura, Cracidae, Laridae, Limicolae, 
Alcidae, Khea, Anseriformes, Chauna, Phoenicopteri, Tinamiformes, 
Musophagidae, Striges, Colymbidae, Gruidae-Otididae, Sphenisci- 
formes, Casuarius, Falconiformes, Cariama, Ardeae - Ciconiae, 


 Gallidae I, Podicipidae, Columbae, Steganopodes, Bucoraz, Struthio, 


Psitiaci, Gallidae ll, Passeriformes (Oorvus) 


kleinere, etwa 300—900 g schwere Vögel: 
 Megapodiidae, Procellariiformes, Laridae, Cracidae, Alcidae, 
Limicolae, Falconiformes I, Rallidae 1, Musophagidae, Tinams- 
formes, Siriges, Fuligulinae, Anatinae, Kallidae Il, Falconiformes 
II, Ardeae, Steganopodes, Podieipidae, Columbae,' Gallidae, Psit- 
tacı, Passeriformes | 
kleinste Vögel, bis 240 g: 


_ Limicolae, Laridae, Procellariiformes, Alcidae, Guira-Oen- 
iropus, Falconiformes, Rallidae, Trogon, Siriges, Coraciidae, 


‚Passeriformes, Ardeae, Podicipidae, Gallidae, Caprimulgus, Cyp- 


 selidae, Picidae, Oolius, Columbae, Jacana, Prochilidae, Psittact, 


 Upupa, Ouculus. 


19* 


X % 


584 | Ö. Heinroth: 


Die Gelegegewichte gröfserer Vögel verhalten sich in 
absteigender Linie, also mit denen angefangen, die die höchsten 
relativen Gelegegewichte haben: 

Anseriformes, Chauna, Apteryx, Tinamiformes, Gallidae, 
Limicolae, Laridae, Striges, Phoenicopteri, Gruidae - Otididae, 
Rallidae, Ardeae- Ciconiae, Columbinae, Procellariiformes, Sphe- 
nisciformes, Falconiformes, Passeriformes, Steganopodes, Alcidae, 
Cariama, Psittaci, Carpophaga-Ptilopus. 


Für die kleineren und kleinsten gestaltet sich die Reihen- 
folge etwa so: 


Anseriformes, Gallidae, else Guira, Larus, Limicolae, 


N 
“4 

vg 

4 

h" 

a 

r 

F 

i 


Passeriformes, Siriges, Rhinochetus, Falconiformes, Craeidae, 


Stieganopudes, Podicipidae, Coracidae, Sterna, Musophagidae, 
Picidae, Procellariiformes, Passeriformes, Upupa, Jacana, Psit- 
taci, Trochilidae, Caprimulgus, COypselidae, Columbae. 


Für die Länge der Brutdauern ergibt sich etwa 


folgende Reihenfolge: 


Grofse und mittelgrofse Vögel: 


 Procellarüformes, Dromaeus, Falconiformes, Struthio, Ste- 
ganopodes, Rhea, Alcidae, Bhinochoetus, Striges, Anseriformes, 


Gruidae, Phoenicopterus, Ciconiae, Gallidae I, Limicolae, Laridae, 


Cariama, Zinamiformes, Ibidae, Gallidae 11. 


Kleine Vögel: 
Procellarüiformes, Psittaci, Striges, Falconiformes, Syrrhaptes, 


Eurypyga, Limicolae, Laridae, Podicipidae, BRallidae, Ardeae, 
Oypselus, Caprimulgus, Trochilidae, Columbidae, Turnig, Passeri- 


formes, Ouculus. 


Ergebnisse und Zusammenfassung. 


Mit zunehmender Kleinheit der Vogelarten innerhalb einer N 


Gruppe steigt die relative Eigröfse gewöhnlich zunächst lankranı | 


dann aber bei den kleinsten Formen sehr rasch. 


Wenn man auch im allgemeinen sagen kann, dafs, wie zu 


erwarten, 


1. Kleinheit des Vogels, 2. Nestflüchtertum, d. h. weit vor- 
geschrittene Entwicklung des Neugeborenen, 3. geringe | 


. Eizahl im Gelege, 4. lange Brutdauer 


steigernd auf die relative Eigröfse wirken, so liegt doch durch- i 


aus keine zwingende Notwendigkeit für diese vier 


Punkte vor, Sie ge meist nur innerhalb der einzelnen Vogel- u 


N FRE A ERRA LEE RER 
x TR 2 7 % N 


Beziehungen zwischen Vogelgewicht etc. und Brutdauer. 285 


gruppen, und beim Vergleich der Ordnungen und der Familien 
untereinander finden wir, dafsauch manchmaldasGegen-. 
teil davon zutrifft. 


SehrlangeBrutdauern, besonders bei Nesthockern, 
sindalsetwas Ursprüngliches aufzufassen und 
haben sich da erhalten, wo die Brut wenig gefährdet ist. Sie 
sind meist mit langsamer Entwicklung der Nestjungen gepaart. 

Kurze Brutdauern werden hervorgerufen durch 

1. innere Ursachen: absolute Kleinheit des Eies, Nest- 
hockertum. | 

2. äufsere Ursachen: Gefährdung des Eies durch Ueber- 
schwemmungen, Feinde usw.; Mehrbrütigkeit. 


Bei den meisten Nestälüchtern, die ja grölstenteils Boden- 
brüter, also stark gefährdet sind, finden wir einen scharfen 
Wettstreit der inneren und der äufseren Ur- 
sachen insofern, als die für die sehr fortgeschrittene Entwick- 
lung des Neugeborenen mechanistisch nötige Grölse des Eies und 
die lange Brutdauer durch die Vieleiigkeit (Gefährdung der Art, 
es sind meist Beutetiere) und die Zuchtwahl auf Brutkürze (Ge- 
fährdung des Nestes) stark beeinflufst werden. 


Das Gewicht des neugeborenen Vogels beträgt 
bei allen daraufhin untersuchten Gruppen ziemlich genau ?/, des 
frisch gelegten Eies (s. S. 274). 

Durch Wägung der gut mit Wasser gefüllten aus- 
geblasenen Eischale läfst sich die Schwere des frischen 
Eies recht genau ermitteln (8. S. 177). 


Ich möchte meine Betrachtungen, die ja noch sehr der Er- 
gänzung bedürfen, nicht schliefsen, ohne an die sammelnden 
Ornithologen die Bitte zu richten, ihr besonderes Augenmerk den 
Vogelgewichten, den Dottergewichten und den Brutdauern zu- 
zuwenden, denn hier weist die Vogelkunde viel gröfsere Lücken 
auf, als es die Balg- und die Eiersammlungen unserer Museen tuen. 


286 


Die Vogelwelt Macedoniens. 


Forschungsreise auf dem macedonischen Kriegsschauplatz 
1917 und 1918. 


Von Professor Dr. Otto Fehringer. 


/ 


Spezieller Teil. 


* 1, Corvus corax corax L. — Kolkrabe.!) 


Der Kolkrabe ist im ganzen Gebiet ein häufiger Vogel. 
Mancherorts ist er sehr häufig; in grolser Zahl trieb er sich an 
der Abdeckerei bei Hudova herum. Dort stellten sie.sich von ihren 
oft weit entfernt liegenden Brutplätzen schon zu früher Morgen- 
stunde ein, um sich an den dort umherliegenden Abfällen gütlich 
zu tun. Bei starkem Wind machten sie dort ihre herrlichen Flug- 
spiele, besonders im Februar und März. Anfänglich führten sie 
diese Balzflüge in gröfserer Anzahl aus, später aber gegen Ende 
März und Anfang April sah man sie nur noch paarweise ihre 
herrlichen Flugspiele ausführen. Sie wirbeln dabei oft wie dürre 
Blätter durch die Luft, wobei sie sich um ihre Längsachse drehen. 
Nähert sich ein Adler ihrem Flugplatz, so bemerkt man oft ein 
ähnliches Schauspiel wie zwischen Krähen und Sperber. Einige 
Kolkraben tun sich zusammen und necken den Adler so lange, 
bis dieser sein ruhiges Kreisen aufgibt und in majestätischem 
Schwebeflug das Weite sucht. Im Sommer scheint den Kolk- 
raben die Hitze sehr unangenehm zu sein; man sieht sie dann 
fast nur noch mit geöffnetem Schnabel umherfliegen. Aber trotz- 
dem waren sie auch während der heifsesten Tageszeit immer zu 
sehen. Ihre Brutplätze hatten sie sehr weit weg an steilen un- 
zugänglichen Felswänden, oft keine hundert Meter über der 
Hudowa-Ebene. Bei Rabrovo nistete ein Paar in nächster Nähe 
von Felsentauben. Sie sind besonders am Horste äulserst scheu. 
Auch am Luderplatz sind sie äufserst scheu und vorsichtig und 
besitzen die den meisten Rabenvögeln eigentümliche Eigenschaft, 
den harmlosen Wanderer von ihrem Feind aus grofser Entfernung 
und sicher zu unterscheiden. 


* 2. Corvus corone pallescens (Mad.). — Kleine Nebelkrähe. 


Die Nebelkrähen sind nicht gerade häufig, aber doch über- 
all in der Ebene anzutreffen. Besonders am Wardar entlang 


!) In der systematischen Folge der Arten und der Nomenklatur 
habe ich mich aus Zweckmäfsigkeitsgründen der „Avifaun& Macedonica“ 
von E. Stresemann angeschlossen. Ein Stern vor dem Artnamen be- 
deutet, dafs Belegexemplar an das Berliner Zoologische Museum ein- 
gesandt worden ist. F. 


Die Vogelwelt Macedoniens. 287 


sieht man sie ihrer Nahrung nachgehen. Sie brüten mit Vor- 


liebe in den lichten „Waldbeständen‘‘ der Flufsufer zusammen 
mit anderen Krähen und Dohlen. Wardaraufwärts wird sie 
häufiger. Bei Gosdivar waren sie als Brutvögel häufig. 


* 3. Corvus frugilegus frugilegus L.— Saatkrähe. 


Saatkrähen sah man nur als Wintergäste, oft vermischt mit 
Nebelkrähen, in grofsen Flügen die Aecker nach Nahrung ab- 


‚suchen. 


* 4. Colaeus monedula soemmeringit (G. Fisch.). — 
Halsbanddoble. 
Die Dohlen gehören zu den häufigsten Vögeln Macedoniens. 
Sie sind das ganze Jahr hindurch in Gesellschaften anzutreffen. 


In den Städten brüten sie unter den Dächern der Häuser in 


grofser Zahl. Aber auch in einzelstehenden Weiden, in zer- 
klüfteten Felswänden brüten sie sehr häufig. Bei Valandova 
befand sich in einer durchlöcherten Kalkwand eine Brutkolonie, 
die einen ohrenbetäubenden Lärm verursachte. 


* 5. Pica pica pica L. — Elster. 

Die Ufervegetation des Wardar und seiner Nebenflüsse ist 
überall dichtbevölkert von Elstern. An den auwaldähnlichen 
Partien brüten sie zu Hunderten, oft nahe beisammen. Das Nest 
steht bisweilen in niederen Bäumen oder Büschen, oft unter 
Mannshöhe. In der niederen Vegetation der Bergabhänge fehlt 
sie gänzlich. 


*6. Garrulus glandarius glandarius (L.). — Eichelhäher. 

Der Eichelhäher bewohnt mit Vorliebe die Abhänge und 
Schluchten der Gebirge, soweit sie höheren Baumwuchs auf- 
weisen. Er ist deshalb nicht allzu häufig anzutreffen. In dem 


- Mischwald oberhalb Mawrowa, wo herrliche Bestände von uralten 


Tannen, Fichten, Eichen, Buchen abwechselten, brüten sie 
häufiger. Im Winter trifft man sie, oft zu kleinen Gesellschaften 
vereinigt, in den Wäldern umherziehend. 


7. Pyrrhocorax graculus (L.). — Alpendohle. 
Auf den hohen Felsgebirgen in der Umgegend von Prilep 
ist sie Brutvogel. Ausgenommene Jungvögel befanden sich in 
den Händen der Prileper Schuljugend. 


* 8. Sturnus vulgaris vulgaris L. — Star. 


Der Star ist ein häufiger Brutvogel, der auch z. T. in 
Macedonien überwintert. Er brütet mit Vorliebe in hohlen Pla- 
tanen und nahm auch gern selbst die primitivsten Nistkästen an, 
die ihm unsere Truppen aushängter. Mitte Mai 1917 flog die 


erste Brut aus. Von da an sah man ständig Familien von 6 bis 


288 Otto Fehringer: 


8 Köpfen herumstreichen, die sich dann später zu gröfseren 
Flügen vereinigten. Gegen Ende Juni 1917 flogen aus dem 
gleichen Kasten zum 2. Male Junge aus. Da aber die 2. Brut 
so unmittelbar auf die erste folgte, da gleich nach dem Aus- 
fliegen der 1. Brut alte Stare um den Besitz des Nistkastens 
kämpften, da aufserdem bei den herumstreichenden Familien Ä 
immmer Alte dabei waren, so liegt die Vermutung nahe, dafs 
die 2. Brut im gleichen Kasten von einem anderen Starenpaar 
ausgebracht wurde, ja es machte sogar den Eindruck, als ob das 
3. Paar auf das Leerwerden der Wohnung gewartet hätte An 
_ warmen Novembertagen 1917 sah man zahlreiche Stare nach 
Schwalbenart in der Luft Insekten fangen. Im Winter hielten 
sie sich gerne in der Nähe von Weidetieren und Viehdepots auf.: 
Die meisten schienen aber fortgezogen zu Sein. 


9. Pastor roseus (L.). — Rosenstar. 


Im Mai 1917 liefs sich ein Schwarm Rosenstare von ca. 
30 Stück im Wardartale bei Gradec und Kaluckova nur flüchtig 
sehen. Im Sommer 1918 waren zahlreiche Schwärme in der 
Umgegend von Prilep sichtbar. Die Flüge zählten 20—50 Stück 
und waren in ständiger Bewegung. Einzeln oder paarweise be- 
kam ich sie nie zu Gesicht. 


* 10. Oriolus oriolus oriolus (L.). — Pirol. 


Vom 2. Drittel des April ab erschallen die Auwälder der 
Ebene von den herrlichen Flötenrufen der Pirole. Nach einiger 
Zeit werden die Pirole seltener, denn es bleiben nicht allzuviele 
in den Niederungen zur Brut zurück. Der gröfsere Teil begibt 
sich in höhere Lagen oder in nördlichere Gebiete. In den Gärten 
der gröfseren Ortschaften sucht man ihn selten vergeblich. Bei 
Ueskueb und Radusche, ebenso am Oberlauf des Wardar, war er 
direkt häufig. Gegen Ende Juni nahm der Gesang merklich ab. 
Obwohl die Pirole in den ebenen Auwäldern nicht in der Anzahl 
als Brutvögel zurückblieben, in der sie Ende April sich herum- 
trieben, so jagten sie doch schon recht eifrig ihre Weibchen und 
balzten mit lautem Gesang. Dabei hatte man auch Gelegenheit, 
von einzelnen Männchen den selteneren, halblauten, langanhalten- 
den Vorgesang zu hören. | 


* 11. Coccothraustes coccothraustes coccothraustes (L.). _ 
Kirschkernbeilser. 


Der Kirschkernbeifser lebt im Winter zerstreut in Gebüschen 
der Ebene und nährt sich hier vorzüglich von den Früchten des 
Judendorns (Palinurus), der die Wegränder einschließt. Zur 
Brutzeit sucht er die Gärten der Ortschaften auf und dringt auch 
bis in höhere Lagen vor. Im Juli trifft man herumziehende 
Familien, die treu zusammenhalten. Zu dieser Zeit waren die 
Kröpfe angefüllt mit lauter kleinen grünen Raupen. 


Die Vogelwelt Macedoniens. 289 


e * 12. Carduelis chloris mühlei (Parrot). — Balkangrünling. 


| Nach Mitteilung von Geheimrat Reichenow unterscheiden 

sich die gesammelten Bälge in keiner Weise von der typischen Form 
chloris. Die Grünlinge treiben sich den ganzen Winter über 
einzeln und in kleinen Gesellschaften herum. 


 * Carduelis chloris macedonica (Rchw.). 


; Brutvogel im Arazlital und in den Gärten der ebenen Ort- 
- schaften. Anfang Juni sah man sie öfter familienweise umher- 
ziehen, wobei die Alten ihre Jungen vorwiegend mit Wolfsmilch- 
samen aus dem Kropfe fütterten. Gesang und Balzflug waren 
häufig zu beobachten. Selbst an schönen Wintertagen konnte 
man Teile ihres Gesanges vernehmen. 


* 13. Carduelis carduelis balcanica Sachtl. — 
Balkanstieglitz. 

Der Stieglitz ist das ganze Jahr hindurch zu beobachten. 
Während er im Herbst und Winter sich zu gröfseren Flügen 
zusammenschart, sondern sich die Paare gegen das Frühjahr zu 
ab, um ihre Brutbezirke zu beziehen. Sie brüten in der Ebene 
und im Gebirge und bauen ihre reizenden, kunstvollen Nester in 
Hecken und auf Obstbäumen. Eines dieser Nester machte in- 
folge der fast ausschliefslichen. Verwendung von Pflanzenwoile 
einen fast weilsen Eindruck. Es stand in der Nähe von Gradec 
in einem von Clematis überwucherten Busche neben einem Baum- 
wollacker. Ein weiteres Nest stand auf einem Pflaumenbaum vor 
der Moschee in Plaus. Es hatte ebenfalls eine fast weilse Farbe, 
die aber von der Benutzung von Schafwolle herrührte. Anfang 
Juni führten die Stieglitze in der Ebene ihre halbflüggen Jungen 
‚spazieren. Den Gesang der Stieglitze konnte man bei gutem 
Wetter das ganze Jahr hindurch vernehmen. Die Eingeborenen 
schätzten den Stieglitz als Käfigvogel, und die Vogelfänger 
Ueskuebs fangen sie mit dem Lockvogel, neben dem ein Fang- 
abteil, mit Hanf geködert, sich beim Betreten durch Federkraft 
automatisch schliefst. Selbst im Juni wurden auf diese Weise 
Stieglitze erbeutet. Die Käfige, die den Stieglitzen zum Auf- 
enthalt dienten, waren z. T. recht geschmackvolle, geräumige 
Turmkäfige, an denen nur die Schublade fehlte. 


14. Spinus spinus (L.). — Zeisig. 
Ein kleiner Flug Zeisige wurde am 10. und 16. April 1918 
bei Hudova durchstreichend beobachtet. 


* 15. Acanthis cannabina bella (Cab.). — 
Dickschnabelhänfling. 
Den ganzen Winter über ziehen die Hänflinge in kleineren 
Scharen umher. Gegen das Frühjahr zu Ar sich die Be- 


20 Otto Fehringer: 


stände, bis man im April nur noch Paare sieht, während kleine ä 
Trupps bis zu 30 Stück aus Männchen und Weibchen gemischt, 
bis Mitte Mai noch vereinzelt angetroffen wurden. Die dort 
verbleibenden Pärchen beginnen mit Anfang April in dem hüge- 
ligen Gelände mit Vorliebe in verwilderten Weinbergen mit dem 
Nestbau, und man sieht die Weibchen fleifsig Wolle im Schnabel 
herumtragen. Die Männchen machen zu dieser Zeit ihre pracht- 
vollen Balzflige nach Art der Baumpieper und machen sich 
aufserdem noch durch ihren herrlichen Gesang und ihre in der 
Sonne weitleuchtende Brust auffallend bemerkbar. Gegen Mitte 
Mai begann die Zeit, wo man ununterbrochen alte Hänflinge 
ihre Jungen umherführen sah. Dies dauerte bis nach Mitte 

‘ August. Von Ende August an bemerkte man wieder grölsere 
Scharen. en 


* 16. Serinus canaria serinus (L.).. — Girlitz. 


Während der Girlitz den ganzen Winter über in kleineren 
Schwärmen umherzieht und besonders die Weideplätze, Brach- 
äcker und verwilderte Weinberge, die von Vogelmiere über- 
wuchert sind, besucht, wird er gegen den April zu auffallend 
seltener und verschwindet langsam in die dichter bewachsenen 
Seitentäler des Wardar und in die höheren Regionen, um dort 
zu brüten. Da er den ganzen Winter über durch seinen klir- 
renden Gesang eine auffallende Erscheinung ist, macht sich sein 
Verschwinden im Frühjahr sofort bemerkbar. 


* 17. Pyrrhula pyrrhula germanica Brehm. — 
Mittlerer Gimpel. 


Während des Winters traf man vereinzelt einige Gimpel 
in den Tälern des Wardar und seiner Nebenflüsse. Zur Brutzeit 
zogen sie sich aber in die höher gelegenen Hochwälder zurück. 
In dem Mischwald von Mawrowa (1800 m) brüteten sie nicht 
allzu selten. 


* 18. Fringilla coelebs coelebs L. Bu chf ink. 


Die meisten überwinternden Buchfinken sind Männchen; 
jedoch befanden sich — wie bei uns — darunter auch einige 
Weibchen. Im März erschienen dann immer auffallend viele 
Weibchen in der Ebene, und die Männchen begannen, ihren 
Schlag einzustudieren und sich um die Weibchen zu balgen. 
Im April verschwanden sie aus den Ebenen und zogen sich in 
die Seitentäler und in die höheren Gebirge zurück. Im Nicola- 
Tal gegenüber von Gradec fand man Nester auf horizontalen 
Aesten der Platanen kunstvoll gebaut vielleicht 30 Meter über 
dem Wardar. In dem prächtigen Mischwald bei Koinzko 
brüteten sie sehr häufig (600 m), desgl. in dem Wald von Mawrowa 
(1800 m). Mau traf auffallend viele Exemplare, die statt des 


Die Vogelwelt Macedoniens. | 291 


| rue pink pink den nachtigallenähnlichen Lockruf wid wid 
atten. 


* 19. Fringilla montifringilla montifringilla L. — Bergfink. 

Im Februar 1918 erschienen bei starkem Schneefall grofse 
Scharen von Bergfinken, die sich in unmittelbarer Nähe der 
menschlichen Behausungen herumtrieben. Nach der Schneeschmelze 
verschwanden sie alle. 


* 20. Peironia petronia macrorhynchos Brehm. — 
Balkan-Steinsperling. 


; In der Umgegend Prileps trieben sich an den grünen Ab- 
hängen mit einzeln herausstehenden Felsblöcken viele Steinsperlinge 
herum, die im Juni 1918 ihre schreienden Jungen fütterten. Die 
Nester standen in Felsspalten und waren nicht zu erreichen. 
- Der Lockton der Alten war ein duäit dwäit und hatte Aehnlich- 
keit mit dem der Girlitze. Von ihrem Gesang vernahm man 
nur Bruchstücke. Er ist weit besser als der der anderen Sper- 
linge und hatte Anklänge an Stieglitzgesang und Schwalbenge- 
zwitscher. Zwischenhinein verraten sie aber doch immer wieder 
ihre Zugehörigkeit zu den Sperlingen. Ihr Flug ist auf gröfsere 
Entfernung hin bogig. Wenn sie von einem Fels zum anderen 
fliegen, also eine Art Balzflug machen, so steigen sie erst etwas 
in die Höhe, haben dann ein eigenartiges Schweben, wobei sie 
dann noch vor dem Anfliegen an die Sitzstelle grauammerartig 
_ ihre Beine herabhängen lassen. 


* 91. Passer domesticus domesticus (L.). — Haussperling. 


* 22. Passer montanus montanus (L.). — Feldsperling. 


Beide Sperlingsarten kommen gemeinsam mit einander vor, 
sowohl in Dörfern und Städten als auch im Freien. Man fand 
ebensogut Feldsperlinge in Dörfern, wie man weit weg von jeder 
menschlichen Behausung Haussperlinge kolonienweise in Hecken 
und Bäumen in freistehenden kugelförmigen Nestern brüten sah. 


* 23. Passer hispaniolensis hispaniolensis (Temm.). — 
Weidensperling. 

Der Weidensperling bewohnt die Hudova-Ebene. In zwei 
einzelstehenden Gebüschgruppen bei Kaluckowa befanden sich 
zwei kleinere Brutkolonien. Die Alten führten ihre Jungen im 
Grase herum, wobei sie in grofsen Sprüngen Insekten fingen, 
womit sie ihre Jungen aus dem Kropfe fütterten. 


* 94. Miliaria calandra calandra (L.). — Grauammer. 


Der Grauammer ist in den ebenen Gebieten ein häufiger 
Standvogel, der sich aber im Winter zu oft grofsen Scharen zu- 


292 Otte Fehringers 


sammentut. Stellenweise ist er so häufig, dafs er zu manchen 
Zeiten den Grundton des Vogelgesangs ausmacht. Zur Balzzeit 
singen die Männchen mit zitternden Flügelbewegungen ungemein 
häufig. Die Strophe ist durchschnittlich länger als bei uns in 
Deutschland didididididirrrr. oder auch ci trrr trrr trır. Im 
Mai führten die Alten mit rätschenden Tönen und grofser Auf- 
regung ihre Jungen herum. Zu den Standvögeln gesellen sich 
aber im Frühjahr zurückkehrende oder umbhergezogene, die dann 
"plötzlich die Gegend auffallend mit Gesang erfüllen. Diese 
kamen 1918 am 6. März. 


E 


* 25. Emberiza citrinella erytihrogenys Brehm. — 
Oestlicher Goldammer. 


Zwei am 2. und 3. VII. gesammelte Männchen gehören der 
Untersuchung von Geheimrat Reichenow zufolge zu der mittel- 
europäischen Form mit etwas ins Grünliche ziehendem Gelb der 
Unterseite und nicht zu der unterseits lebhaft gelb gefärbten 
östlichen Form eryihrogeny. Die Goldammern traf man nur 
winters in der Ebene an.. Zur Brutzeit waren sie ziemlich häufig 
am Oberlauf des Wardar (Ebene bei Gosdivar, bis 1600 m) 
und bei Mawrowa an den Rändern des dortigen grolsen Misch- 
waldes (1800 m). 


* 26. Emberiza melanocephala Scop. - Kappenammer. 


Die Kappenammern kommen ziemlich spät an (1918 am 
5. Mai) und sind bis Anfang August wieder alle verschwunden. 
Sie bewohnen die Hudova-Ebene und das Wardar-Tal bis Kal- 
kandelen. Sie bevorzugen etwas dichtere und höhere Hecken. 
Gleich nach der Ankunit machen sich die Männchen durch ihren 
auffallenden Gesang und ihr liebetolles Betragen weithin be- 
merkbar. Sie sitzen dabei auf der Spitze eines Büsches, halten 
den Körper horizontral und den einen Flügel senkrecht nach 
oben geklappt, wobei sie unaufhörlich ihren kräftigen und ange- 
nehmen Gesang erschallen lassen. Während des sanzen Mai 
hindurch sind die Männchen derart liebeblind, dafs man sie 
beinahe mit dem Stock totschlagen kann; man kann ein singendes 
Männchen einige Male fehlen, ohne dafs es abstreicht. Sie haben 
auch noch einen Balzflug: Das Männchen senkt sich von seinem 
Sitz herab, flattert langsam über den Boden hin und erhebt 
sich dann wieder zu einem anderen. erhabenen Sitz, wobei es 
ununterbrochen singt. Dieser Gesang ist dann öfter länger als 
die normalen Strophen und zeigt oft Anklang an Buchfinken- 
schlag, jedoch mit ammerartigem Anfang. Im Juni werden die 
Männchen auffallend scheuer; gegen Ende des Monats führen die 
Alten ihre Jungen herum und beginnen zu mausern.’ Von Mitte 
Juli ab verschwinden die meisten, wenigstens aus den Ebenen. 
In den Seitentälern hört man noch Alte mit ihren Jungen 
herumziehen bis Ende des Monats. Die Jungen haben einen 


Die Vogelwelt Macedoniens. 298 


 auffallenden Lockton, der wie djöll klingt und dem der Grünlinge 


ähnelt. Es scheint also immer nur eine Brut stattzufinden. 


| * 27. Emberiza eirlus L.— Zaunammer. 
Der Zaunammer ist der häufigste Ammer in den tieferen 


und mittleren Lagen Macedoniens. Sein Betragen ist goldammer- 


ähnlich. Vom Februar an hört man seinen ziemlich gleichförmigen 
Gesang, der aber bei genauerem Aufmerken selbst von den 


gleichen Individuen verschieden vorgetragen wird. Er klingt wie 


bi bi bi bi bi bi bi in gleicher Höhe und Stärke oder wie: 


dideeeee ähnlich dem Klappern der Zaungrasmücke. Später sang 


das gleiche Männchen: trirlrIrIrilr und: rrrrrrr. Ein anderer 


sang: dededededede und: jejejejejeje, zuerst die einzelnen Töne 
noch genau unterscheidbar, später aber in so schneller Reihen- 
folge, dafs sie sich wie ein Triller anhörten. Zum Gesang wählten 
sich die Männchen innerhalb ihres Brutbezirkes immer die 
gleichen Lieblingsplätze, entweder einen hervorragenden Felsen 


oder die Spitze eines Strauches. Von Mitte Mai ab bis Anfang 


August sah man die Alten ihre Jungen herumführen. Im Winter 
sah man ganze Scharen umherstreichen, unter denen sich an 


_ auch noch Zippammern und Goldammern befanden. 


* 28. Eimberiea hortulana L. — Gartenammer. 
Der Ortolan ist an den steinigen Abhängen, die mit Quercus 


 eoccifera bestanden sind, ziemlich häufig. Er kommt Mitte April 


an und verschwindet erst verhältnismäfsig spät; denn man sah 


ihn noch im November bei Kaluckowa. Er bewegt sich gerne 


auf dem Boden, während das Männchen sich zum Singen meist 
auf die Spitze eines niederen Busches setzt. Der Lockton ist ein 
kräftiges und typisch ammerartiges didi, das diphtongähnlich 


_ und geprefst klingt und wobei der 2. Ton etwas höher und 


} 


stärker als der erste ist. Aufserdem hat er noch als Lockton 
ein jäck, das an den Buchfink erinnert. Der Gesang ist in der 
Höhe und der Klangfarbe dem Goldammergesang sehr ähnlich. 
Er klingt wie: didididi,,, oder dididi,, oder dilidilidilgs, 


* 29. Emberiza eia cia L. Zippammer. 


Zippammern trieben sich den ganzen Winter über in den 
Ebenen herum, waren aber nie sehr häufig. Bisweilen sah man 
sie auch in Gesellschaft von anderen Ammern. Bei dem grolsen 
Schneetreiben im Februar 1918 kamen sie überall an die Häuser . 
und man erhielt viele Exemplare lebend. Im April verschwanden 
sie aus den Ebenen und zogen sich in die höheren Regionen 


zurück, wo sie brüteten. An den Abhängen nördlich von Prilep 


und auf den dortigen Höhen (1000— 1400 m) brüteten sie nicht 
allzu selten. Im Juni 1918 konnte man dort die Männchen auf 


294 . Ötto Fehringer: 


Felsklöcken sitzen sehen und sich an ihrem angenehmen Gesang 
erfreuen. ° Dieser Gesang ist äufserst schwer zu beschreiben, hat 
aber gar nichts ammerartiges. Am meisten Aehnlichkeit hat er 
mit dem Gesang der Braunelle. 


30. Emberiza pyrrhuloides reiseri Hart. — 
Balkan-Gimpelammer. 


In den Rohrbeständen des Katlanowo-Sumpfes waren sie 
zur Brutzeit nicht gerade selten; es war mir aber nicht möglich, 
ein Exemplar zu erbeuten® Der stammelnde Gesang war dem 
unserer Rohrammern sehr ähnlich. 


* 31. Melanocorypha calandra calandra (L.). — 
Kalanderlerche. 


Im Spätherbst und Winter trieben sich die Kalanderlerchen 
in ziemlich grofsen Scharen in der Hudova-Ebene herum. Bei 
dem grofsen Schneetreiben im Februar 1918 sah man Scharen 
bis zu 200 Stück, die einen sehr nahe herankommen liefsen. 


Besonders in der Nähe des Viehdepots hielten sie bis zur Schnee- 


schmelze aus und nährten‘ sich von den Abfällen. Wenn man 
aus einer Schar einige herausschofs, so flogen die übriggebliebenen 
dicht über dem Boden streifend, davon, kehrten aber in einem 
Bogen fast genau wieder zur gleichen Stelle zurück, von der sie 


ausgeflogen waren, so dals man von der gleichen Stelle aus, frei 


im Gelände stehend, mehrmals denselben Schwarm beschiefsen 
konnte. Auffallend war, dals trotz des anhaltenden schlechten 
Wetters die Tiere sehr gut genährt, ja z. T. sogar recht fett 
waren. Wenn wir nicht ständig Ueberflufs an Fleischnahrung 
gehabt hätten, so hätten wir bequem unsere Küche verbessern 
können. Recht anffällig war bei diesen Scharen der Gröfsen- 
unterschied zwischen Männchen und Weibchen. Anfang März 
verschwanden die Scharen aus der Hudova-Ebene. In der Um- 
gegend von Ueskueb und nördlich davon auf steppenähnlichen 
Gebieten bei Kumanowo brüteten sie ziemlich häufig, Das 
Männchen machte die komischsten Balztänze um sein Weibchen, 
ähnlich wie die Haubenlerchen, wobei es unaufhörlich seinen 
prächtigen Gesang hören liefs. Dieser war zunächst feldlerchen- 
artig, ging aber dann bald in ein wahres Potpourri von anderen 
Vogelgesängen über. Die Gesänge von Hänfling, Grauammer, 
Stieglitz u. a. wurden mit wahrer Meisterschaft in verschiedener 
Tonstärke als zusammenhängendes Ganze vorgetragen. Der Ge- 
sang erfolgte in der Luft und auf dem Boden. Ein besonders 
begabtes Männchen, das nur leicht geflügelt war, lebte im Käfig 
in Deutschland noch über ein Jahr und zeigte, dafs es noch über 
einen grofsen Vorrat von anderen Vogelstimmen verfügte, Leider 
ging es durch einen unglücklichen Zufall zugrunde. 


Die Vogeiwelt Macedoniens. 295 


* 32. Calandrella brachydaciyla moreatica (Mühle). “ 
e Balkan-Stummellerche. 


Anfang April kehrt diese Lerche aus dem Süden zurück 
und macht sich bald durch ihren Gesang und ihren feldlerchen- 
ähnlichen Lockton bemerkbar. Am Anfang sind sie noch zu 
kleinen Gruppen von 6—10 Stück zusammen, sondern sich aber 
bald paarweise ab. Sie brüten ziemlich zahlreich in der Hudova- 
Ebene und auf den Bergabhängen mit Steppenvegetation. Das 
Männchen läfst seinen einfachen, aber angenehmen Gesang er- 
schallen vom Boden aus, von der Spitze eines Pfahles herab und 
in lerchenartigem Fluge. Mit zierlichen Schritten trippeln sie im 
Grase umher, wobei sie zwischenhinein mit beiden Beinen ge- 
legentlich Sprünge machen. Das auf einem Pfahl oder Weinstock 
sitzende Männchen macht während des Gesanges mit den Flügeln 
bisweilen zitternde und schlagende Bewegungen. Während des 
Gesanges im Fluge legen sie die Flügel abwechselnd an und 
breiten sie wieder aus, so dafs der Flug ein hüpfender wird. 
Der Gesang kann als stammelnd bezeichnet werden. Dieeinzelnen 
Strophen folgen sich mit kurzen Pausen und haben einen Cha- 
rakter wie die Strophe des Hausrotschwanzes ohne die gequetschten 
Töne. Die Strophen sind sehr ungleich und deshalb schwer zu 
beschreiben. Bald erinnern sie an den Schlag des Buchfinken, 
aber ohne bestimmten Takt, bald an die Strophe des. Fitis, wo- 
bei aber jeder Ton starkt gekürzt ist. Sehr oft vernahm man 
die Strophe: bibibibibi, ähnlich der des Turmfalken, bald aber 
spottete sie wie eine Haubenlerche, deren typische Locktöne sie 
vorzüglich nachahmte. ’ 


* 38. Galerida cristata meridionalis Brehm. — 
| Balkan-Haubenlerche. 


Die Haubenlerchen sind überall in den Ebenen und auf 
den flachen Hügeln anzutreffen. Man hört ihren Gesang von 
Anfang Februar bis in den August und an schönen Herbsttagen. 
Zwar hört man auch dort Nachakmungen von Schwalbe, Hänf- 
ling, Heidelerche u. a., aber gegen unsere deutschen Exemplare 
sind es grofse Stümper. Von Mitte April ab fand man die 
Nester, die zierlich in den Boden hinein gebaut waren, mit 
4—5 Eiern bis zum Juli. Bemerkenswert ist noch, dafs man 
die Haubenlerchen häufig auf dünnen Zweigen der Quercus 
ee sitzen sah, wo sie sich sehr bequem und ungezwungen 

ielten. 


* 34. Lullula arborea flavescens Ehmcke. — 
Oestliche Heidelerche, 
Die Heidelerche zog im Winter in gröfseren Scharen in 


der Wardar-Ebene umher, machte aber dabei gröfsere Streif- 
züge, so:dals man sie oft tagelang nicht zu Gesicht bekam. Als 


296 Otto Fohringer: 5 


Brutvogel traf man sie nur in mittleren und höheren Euer so 4 


auf der Plaus-Planina, bei Prilep und auf den Wiesen.bei Gos- 


3 
k- 


: 


divar und Mawrowa (1800 m). Den herrlichen Gesang konnte 
man fast das ganze Jahr hindurch hören; denn sie sang auch 
auf ihren Ueberwinterungsplätzen in der Ebene so laut und so 


schön wie an ihren Brutplätzen. 


35. ? Chionophilos alpestris balcanicus (Rehw.). — 
Balkan-Ohrenlerche. 


Oberhalb Mawrowa sang über einer grasbewachsenen Kuppe, | 
etwa 2200 m hoch, eine Lerche, deren Gesang weniger kräftig 
als der einer Feldierche war, sich von diesem, den man daneben 


zu hören Gelegenheit hatte, aber dadurch unterschied, dafs er 


Strophen anderer Vögel wie z. B. Goldammer brachte und 
solche Motive sehr oft wiederholte. Das Herablassen und Auf- 
steigen war wie bei der Feldierche. Leider war der Vogel so 
scheu, dafs es nicht möglich war, ihn zu erbeuten. Es war 


Anfang Juli 1918. 


* 36. Alauda arvensis cantarella Bp. — 
Südeuropäische Feldlerche. 


Die Feldlerchen überwintern in der Hudova-Ebene in 


kleineren und gröfseren Scharen. Im Dezember 1917 und Januar 


1918 sah man sie häufig bei Miletkowo, Dedeli, Kaluckowa und 
Hudowa. Bei dem grofsen Schnee im Februar 1918 waren sie 
am Viehdepot bei Hudova sehr häufig. Mitte März verschwanden 


sie allmählich und zoger sich .in die höhergelegenen Wiesen 
zurück. In der Ebene bei Gosdivar und oberhalb Maw- 
rowa (1800—2000 m) traf mansie im Juni und Juli sehr häufig 
an. An der gleichen Stelle, wo der Gesang der Öhrenlerche er- 
a sangen viele Feldlerchen, sodafs der Unterschied sehr 
auffiel. 


* 37. Anthus mosellanus mosellanus (Gm.). — Brachpieper. | 


Mitte April kehren die Brachpieper zurück und treiben 


sich zunächst noch in kleineren Gruppen von 6—10 Stück her- 


um. Später verteilen sie sich paarweise auf kurzrasiges, meist 
trockenes Gelände, mit Vorliebe auf Abhänge gegen die Ebenen 


hin. In der Umgegend von Prilep traf man im Juni die Paare 
nicht allzu selten. An seinem Brutplatz macht sich das 
Männchen bald durch Balzflug und Gesang angenehm bemerkbar. 


Sein Lockton ist ein ditrü, didlü, ditschri oder didili. Der Ge- 


sang ist eine Zusammensetzung dieser Locktöne., Beim Balzflug 


steigt er erst schräg in die Höhe, beschreibt dann einige flache 
Bogen nach unten und gleitet dann schräg abwärts wieder zum 


Boden zurück. Jedesmal wenn er nach einem flachen Bogen 
wieder auf die Höhe gelangt ist, verweilt er etwas auf dieser 


Are 


Die Vogelwelt Macedoniens. 297 


ee und läfst dabei seinen kurzen wohlklingenden Gesang , 
‚hören. . 


* 38. Anthus iriialis (L.). — Baumpieper. 


Anfang April kamen die Baumpieper wieder zurück. An 
den Abhängen des Arazli-Tales machten sie fast den ganzen 
_ April hindurch ihre herrlichen Balzflüge. Aber noch Ende des- 
selben Monats sah man noch Gruppen von 8—10 Stück, die an- 
Scheinend noch auf dem Zug waren. Im Mai waren diese alle 
verschwunden, und man fand die Brutvögel in gröfseren Höhen, 
so z. B. am Oberlauf des Wardar im Juni und Juli. 


* 39. Anthus pratensis (L.). — Wiesenpieper. 


Die Wiesenpieper wurden nur im Winter am Wasser be- 
obachtet. Sie trieben sich am Wardar und seinen Zuflüssen 
herum. Mit Beginn der wärmeren Jahreszeit waren sie spurlos 
verschwunden. Anfang April 1917 wurde ein Männchen erbeutet, 
das stark in der Mauser des Kleingefieders war und dessen 
Kehle einen rötlichen Schimmer hatte. 


* 40. Anthus spinoletta spinoletia (L.). — Wasserpieper. 


Der Wasserpieper trieb sich den Winter über öfter an 
gleichen Plätzen herum wie der Wiesenpieper. Es waren meist 
nur kleine Gruppen von 4—5 Exemplaren. Zum Brutgeschäft 
zog er sich auf die Hochgebirge zurück. 


41. Budytes flavus flavus (L.). — Schafstelze. 


Anfang April bis Anfang Mai 1917 sah man Schafstelzen 
vereinzelt bei weidendem Vieh in der Hudova-Ebene Nach 
dieser Zeit waren sie verschwunden und nirgends mehr zu sehen. 
Sie scheinen also für dieses Gebiet nur Durchzügler zu sein. 


* 49, Budytes flavus feldegg (Michah.). — Maskenstelze. 


Die Maskenstelzen sind in sumpfigem Gelände ziemlich 
häufig, so bei Mravinka, Marzalick und im Katlanowo-Sumpf. 
An der grofsen Strafse bei Ueskueb nach dem Katlanowo-See 
sah man sie häufig auf den Telegraphendrähten sitzen. Wenn 
man in die Nähe ihrer Jungen kam, stiefsen sie ihren Lockton 
aus, der Aehnlichkeit mit dem Grauammergesang hat. In ihrem 
sonstigen Benehmen zeigt sie grofse Aehnlichkeit mit der Schaf- 
stelze. 

* 43. Motacilla cinerea cinerea Tunst. — 


Gebirgsbachstelze. 


Diese Bachstelze treibt sich den ganzen Winter über in 
den Ebenen herum und zieht sich zur Brutzeit in die schlucht- 
artigen Seitentälern zurück, die sie ziemlich zahlreich, bewohnt, 

Journ. f. Orn. LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 


398 nn i Otto Fehringer: 


. Im Arazli-Tal und Nicola-Tal brütet sie häufig. Kommt man 
mit dem Jagdhund in die Nähe ihres Brutplatzes, so werden die 
Alten sehr aufgeregt und umkreisen den Störenfried in fatterndem ° 
Fluge, wobei das Männchen seinen kräftigen Gesang hören läfst, 3 
der grofse Aehnlichkeit mit den Strophen von Zaunkönig und 5 
Baumpieper hat und der wie frohlockend klingt, wenn man sich 4 
etwas weiter entfernt hat. | . 

4 

3 


* 44, Motacilla alba alba L. — Weifse Bachstelze. 


Die weilse Bachstelze ist im ganzen Gebiet mit Ausnahme 
der höheren Gebirge Stand- und Brutvogel. Von Mitte Mai ab 
trifft man erwachsene Junge an. 


4 


45. Certhia familiaris familiariss L. — Waldbaumlä ufer. ; 
: 


* 46. Oerthia brachydactyla brachydactyla Brehm. — 
Gartenbaumläufer. 


Den Gartenbaumläufer traf man den ganzen Winter über i 
vereinzelt in den Baumbeständen der Ebenen an. Bei schönem 
Wetter konnte man ab und zu seine charakteristische Strophe 
hören. Den Waldbaumläufer im Winter zu beobachten oder zu 
erhalten, gelang mir nicht. Dagegen brüteten beide Arten 
‘neben einander in dem herrlichen Mischwald oberhalb Mawrowa 
(1800 m). So schwer es ist, die beiden Arten beim Beobachten 
mit dem Glas zu unterscheiden, so leicht ist es, die taktmälsige, 
kurze Strophe des Gartenbaumläufers von dem netten zarten 
 Liedchen des Waldbaumläufers auseinanderzuhalten. | 


* 47. Tichodroma muraria (L.).,. — Mauerläufer. 


Der Mauerläufer ist an den steilen Felsabhängen der 
malerischen Radica-Schlucht keine seltene Erscheinung. Br 
wurde dort zur Brutzeit angetroffen. Im Winter scheint er 
auch in tiefer gelegene Schluchten herabzusteigen. 


* 48. Sitta europaea caesia Wolf. — 
Gelbbäuchiger Kleiber. “ 
Dieser Kleiber bewohnt die Waldbestände der tieferen, 
mittleren und höheren Lagen, z. B. Nicola-Tal, Koinzko, Salan- 
schak, Bapuna-Pafs. Er war an diesen Plätzen Standvogel; denn ; 
am Salanschak war er zu jeder Jahreszeit anzutreffen, und zwar 
in auffallender Häufigkeit. In den Mischwäldern oberhalb Maw-- 
rowa (1800 m) war er eine recht häufige Erscheinung. Die 
Alten fütterten Anfang Juli ihre zahlreiche Nachkommenschaft. 


* 50. Sitta neumayer neumayer Michah. — Felsenkleiber. H 


In den Wintermonaten traf man den Felsenkleiber an den ; 
steilen Felsabhängen des Wardar Tale und der Seitenschluchten. 


Die Vogelwelt Macedoniens. 299 


Auch bei den wenig ausgedehnten Felspartien bei Valandova 
trieb sich ein Paar herum und machte sich durch seine auf- 
fallenden Rufe weithin bemerkbar. Zur Brutzeit traf man ihn 
an den schroffen Felwänden des eisernen Tores bei Demirkapu 
an den Felsabhängen um Prilep, an den steilen Felskuppen beim 
Kloster Treskovac und an ähnlichen Plätzen. An den genannten 
'3 Orten sah man prachtvolle Nester, die teilweise zu fertigen 
 Retortennestern ausgebaut waren. Die Lage der Nester war 
derart, dals es unmöglich. war, eines unversehrt zu erhalten. 
"Alte und Junge machten sich durch ihr lautes Wesen so auf- 
fallend, dafs es ganz unmöglich war, sie zu übersehen. Das 
düü düü düü des Waldlaubsängers machte einen grofsen Teil 
der Locktöne und des Gesanges aus. Die Locktöne duit duit 
duit waren kürzer als bei unserem Kleiber. Einige Strophen 
klangen wie: bibibibibibibibibi, zuletzt immer langsamer werdend, 
oder wie: gib gib gib gibgibgibgib, oder wie: tschib tschib 
tschib tschib tschib ;5;, Ihre Jungen schreien: wuit wuit wuit 


u. a. Bei diesen Kleibern ist es wie bei den unsrigen: man 
lernt ihren Stimmreichtum niemals aus. 


* 51. Parus major major L. — Kohlmeise. 
Die Kohlmeisen bewohnen alle Gebiete, wo etwas üppigere 
Vegetation vorherrscht. An den steinigen Abhängen, die nur 
mit Quercus coccifera bestanden sind, fehlt sie völlig. Auch in 
den hochgelegenen Wäldern oberhalb Mawrowa (1800 m) brütet 
sie häufig. 


* 52, Parus caeruleus caeruleus L. — Blaumeise. 

Die Blaumeise war. nirgends häufig anzutreffen. Im Winter 
trieb sie sich an den bewaldeten Ufern herum, im Sommer be- 
vorzugte sie die Obstgärten der Dörfer mittlerer Höhe. 


* 53. Parus ater ater L.— Tannenmeise. 

Die Tannenmeise brütet in den Mischwäldern oberhalb 
'Mawrowa ziemlich häufig, bevorzugt aber auffallend die Wald- 
partien mit reinem Nadelholz. Im Juni und Juli 1918 zogen sie 
 familienweise dort herum, wobei die fast erwachsenen Jungen 
noch gefüttert wurden. 


* 54. Parus lugubris lugubris Temm. — Trauermeise. 

Die Trauermeise bewohnt das Wardal-Tal und die Seiten- 
-täler bis zu mittlerer Höhe. Sie brütet mit Vorliebe in Pla- 
tanen und Maulbeerbäumen und macht sich durch ihren lauten 
Gesang so bemerkbar, dals sie häufiger zu sein scheint, als sie 
wirklich ist. Der Lockton ist ein kohlmeisenähnliches dawewe. 
Die Gesangstrophen klingen zwar sehr verschieden, haben aber 
alle eine charakteristische Klangfarbe. Sie klingen wie: 
| 20* 


ER 


800 Otto Fehringer: | 


ONIETZEINEIINIINDESUTEENN oder fülpfülpfülpfülpfülpfülpfülp ode I 
wädewädewädewädewädewädewäde oder tzitzitzitziegnsrär, Die i 


Klangfarbe ist hierbei eine andere als bei der Kohlmeise. 
Da man im Arazli-Tal schon am 12. April brütende Weibchen il 
fand und Anfang August ebendort Alte ihre frisch ausgeflogenen 
Jungen füttern sah, so darf man vermuten, dafs sie drei Bruten 
machen. 


j 
hi 
=] 


ei 


* 55. Parus communis fruticeti Wallengr. — 
Glanzköpfige Sumpfmeise. 

In den gemischten Waldungen am Salanschak brütete dich 
Sumpfmeise und hielt sich auch im Winter dort auf. Im Juni 
und Juli 1918 traf man sie mit ihren Jungen im Mischwald ober- 
halb Mawrowa nicht gerade selten. 


* 56. Aegithalos caudatus macedonicus X caudatus. — 
Schwanzmeise. | 
Im ganzen Gebiet des Salanschak (600—900 m) trieben sich 
im Winter Meisenschwärme herum. Oft sah man Gruppen von 
20—30 Stück Schwanzmeisen. Ab und zu sah man in deren 
Gefolge einen kleinen Buntspecht. Im Nicola-Tal konnte man 
zur Brutzeit ihren leise wispernden Gesang vernehmen. 


* 57. Anihoscopus pendulinus pendulinus (L.). — 
Beutelmeise. 


Die Beutelmeise macht sich bald durch ihren durchdringendeä j 
Lockton, der wie ein scharfes, langgezogenes S klingt, bemerkbar. 
Man traf sie fast stets in Weidenpflanzungen nahe beim Wasser. 
Ihr kunstvolles Nest hängt sie mit Vorliebe an schwankende 
Weidenzweige unmittelbar am Wasser. In den bewässerten 
Gärten um Ueskueb wurde ein Nest mit eben ausfliegenden 
Jungen Anfang Juni beobachtet. Das Nest war über 8 m hoch 
über den bewässerten Gartenbeeten; das Wasser wurde in 
schmalen Rinnen sehr weit hergeleitet; das ganze Gartengelände 
lag weit vom Wasser entfernt. | 


* 58. Regulus regulus regulus (L.).. — Wintergoldhähnchen 


* 59. Begulus ignicapillus ignicapillus (Temm.). — 
Sommergoldhähnchen. 

Wintergoldhähnchen trieben sich in kleinen Gruppen an 
den Abhängen um die Hudva-Ebene herum vom Herbst bis zum 
Frühjahr umher. Sie blieben nie lange in einer Gegend sondern 
hatten es immer eilig, ihren Aufenthalt zu wechseln. Zur Brut- 
zeit waren sie aus diesen Gegenden völlig verschwunden. Im 
Juni und Juli 1918 konnte man in den Mischwald oberhalb Maw- 
rowa beide Goldhähnchenarten mit ihren Jungen herumziehen 
sehen, Sie wohnten unmittelbar beieinander und waren durch” 


Die Vogelwelt Macedoniens. 301 


ihren leicht auseinanderzuhaltenden Gesang gut zu unterscheiden, 
so a es auch für das Auge ist, die beiden Arten auseinander- 
zuhalten. 


* 60. Lanius minor Gm. — Schwarzstirnwürger. 


1918 kamen die Schwarzstirnwürger am 25. April an und 
bevölkerten gleich in grofser Anzahl die ganze Hudova-Ebene. 
Dort blieben sie auch zur Brutzeit und waren durchaus keine 
seltene Erscheinung. Auch in der Umgegend von Prilep brüteten 
sie nicht selten. 


* 61. Lanius senator senator > niloticus — Rotkopfwürger. 


Der Rotkopfwürger brütete in vielen Paaren in der Wardar- 
Ebene bei Hudova und an den trockenen Abhängen, auch bei 
spärlicbem Pflanzenwuchs. Im Jahre 1918 kehrten die ersten 
‘am 16. April zurück und begannen gleich mit dem Gesang. Im 
Mai hörte man sie selbst an ihren Brutplätzen nur sehr selten 
singen. Am 21. April 1918 konnte man an einem singenden 
B ulehen bei Valandova ein ausgezeichnetes Spöttertalent fest- 
stellen. 


* 69, Lamius collurio collurio L.— Rotrücken-Wür ger. 


In der Nacht vom 20. auf 21. April 1918 kamen die rot- 
rückigen Würger an und belebten das ganze Gebiet in grolser 
Häufigkeit mit Ausnahme der höchsten Lagen. Sie waren in 
der Wahl ihrer Nistplätze sehr anspruchslos und bewohnten 
selbst trockene Hänge, die nur mit Quercus coccifera bestanden 
waren. Anfang Juni wurde auf einem Maulbeerbaum in der 
Hudova-Ebene ein Nest gefunden, das innen ganz mit weilser 
Verbandwatte ausgepolstert war, die anscheinend von dem in der 
Nähe befindlichen Lazarett stammte. Gegen Ende Juli sammelten 
sich diese Würger in sehr lockeren Verbänden. Von da ab traf 
man sie bis zum 10. August auf dem Rückzuge allenthalben sehr 
häufig. Am 10. November wurde bei Miletkovo ein Männchen 
beobachtet, dafs infolge einer schlechverheilten Flügelverletzung 
nicht wegziehen konnte. Bemerkenswert ist noch, dafs die 
meisten der alten Würger im Bindegewebe der Kopfhaut oft bis 
zu 10 Fadenwürmer (Nematoden) beherbergten. 


* Lanius excubitor excubitor (L.),. — Raubwürger. 

Der Raubwürger war den ganzen Winter über am Salan- 
schak, wo man ihn beim Mäusefangen beobachten konnte. Zur 
Brutzeit konnte man ihn bei Prilep im Juni 1918 in einigen 
Paaren beobachten, ob Lanius e. e. ist fraglich. 


* 64. Muscicapa striata striata (Pall.). — 
Grauer Fliegenschnäpper. 
Anfang April kehrten die grauen Fliegenschnäpper zurück 
und waren zuerst in den Ebenen recht häufig. Später verschwanden 


802 R Ä Otto Fehringer: | 


sie grofsenteils, und nur wenige Paare blieben im Arazli-Tal, 


Nicola-Tal und Hudova-Ebene zurück, wo sie mit Vorliebe in 


hohlen Platanen nisteten. In den höheren Lagen wie z. B. 
Koinzko brüteten sie zahlreich. Im Herbst waren sie auf dem 
Rückzug überall zu finden und verschwanden erst Mitte Oktober 


* 65. Ficedula hypoleuca hypoleuca (Pall.). — 
Trauerfliegenschnäpper. 


Von Mitte April bis Anfang Mai 1918 zogen viele Trauer- a 
fliegenschnäpper in der Wardar-Ebene bei Hudova durch und 
hielten sich einige Tage dort auf. Im Mai waren alle ver- 
schwunden und wurden nirgends mehr beobachtet. Auf dem 


Rückzug im Herbst wurden keine gesehen. 


* 66. Ficedula albicollis (Temm.). — Halsband- 
Fliegenschnäpper. 


In der ersten Hälfte des April 1918 kamen diese Fliegen- 
schnäpper zurück und waren besonders um die Mitte des Monats 
im Arazli-Tale ungemein häufig, wobei die Männchen ihre 
Weibchen herumtrieben und neckten. Gegen Ende des Monats 
waren sie aus dieser Gegend verschwunden und wurden nirgends 


mehr beobachtet. 


* 67. Phylloscopus collybita collybita (Vieill.). — 
Weidenlaubsänger. 


Während einige Exemplare in der Wardar-Ebene bei Hu- 
dova überwinterten und auch bei schönem Wetter ihren abge- 
hackten Gesang hören liefsen, kamen die ersten Zugvögel Anfang 
März 1918, und der Durchzug dauerte bis in die erste Hälfte des 


April hinein. In dieser Zeit hörte man überall ihren typischen 
Gesang. Im Juni und Juli 1918 hörte !man sie an ihren Brut- 
plätzen in dem Mischwald oberhalb Mawrowa sehr eifrig SUB 


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* 68. Fhylloscopus trochilus trochilus (L.). — Fitislaubsänger 


Nur auf dem Frübjahrs- und Herbstzug war dieser Laub- 


sänger zu beobachten. Am 18. April 1918 sangen einige Männchen 
m Nicolatal ihre anmutigen Lieder. Sie scheinen im ganzen 
Gebiet nirgends zu brüten. ; 


* 69. Phylloscopus sibilatrix sibilatriw (Bechst.). — 
Waldlaubsänger. 


Am 28. April 1918 konnte man im Auwald bei Miletkovo 
einige Männchen laut und deutlich singen hören: Nicht nur ihre 
Strophe sibsibsibsibsirrrr sondern auch ihre melancholischen 
djüü-Töne. Am 16. April 1918 war er aus dem Süden zurück- “ 


gekehrt. 


Die Vogelwelt Macedoniens. 803 


* 70. Celtia cetli müllere Stres, — Macedonischer 
Seidenrohrsänger. 


Dieser äufserst lebhafte Vogel ist das ganze Jahr hindurch 


bemerkbar und hält sich mit Vorliebe in der Nähe des Wassers 


in den niederen mittleren Lagen auf. Schon im Januar ünd 
Februar kann man an schönen Tagen seine weithin schallende 
Strophe vernehmen. Im März und April singt er sehr fleifsig, 


:ja in schönen April- und Mainächten kann man seinen Gesang 


mit wenigen Unterbrechungen weithin schaller hören. Zur Balz- 


‚zeit, im April, sieht man die Männchen oft auf einem freistehenden 


Strunk oder einem über das dichte Gebüsch hervorragenden 
Zweig taktmälsig Komplimente machen, als ob sie nach unten 
fortfliegen wollten. Zwischenhinein setzen sie sich dann wieder 


‚aufrecht, schmettern ihre Strophe heraus, wobei sie den Eindruck 


erwecken, als ob sie etwas schlucken mülsten. Ihr Gesang be- 


‚steht nur aus einer sehr charakteristischen Strophe: ti-tiwitiwi- 


tiwitiwi, nach dem ersten Ton immer ein typische Pause. Sonst 


leben sie im dichtesten Gestrüpp sehr versteckt, so dafs es 


- Gehäuseschnecken bestand. 


schwer ist, sie zu erhalten. In ihren Bewegungen erinnern sie 
an Nachtigall und Zaunkönig. Auf dem Boden hüpfen sie mit 
aufgestelltem Schwanz herum. Im Winter sah man sie am Rande 
der Gewässer nach Nahrung suchen, die hauptsächlich in kleinen 


* 71. Acrocephalus arundinaceus arundinaceus (L.). — 
Drosselrohrsänger. 
Der -Drosselrohrsänger brütete häufig am Katlanovo-See. 
Auch auf den feuchten Wiesen der Umgebung hörte man seinen 
charakteristischen Gesang oft aus Weidenbüschen, die weit vom 


Wasser entfernt waren. 


* 72. Acrocephalus palustris (Bechst.). — Sumpfrohrsänger. 
Der Sumpfrohrsänger brütete am Katlanovo-Sumpf. Es 


waren ganz hervorragende Spötter dort, die Strophen der 


Schwalbe, der Nachtigall, des Distelfinken und andere Sachen 


mit wahrer Meisterschaft vortrugen. 


73. Acrocephalus seirpaceus seirpaceus (Herm.). — 
Teichrohrsänger. 


Der Teichrohrsänger brütet direkt zahlreich im Sumpf- 


‚gebiet bei Mardzalik. 


#74. Acrocephalus schoenobaenus (L.).. — Schilfrohränger. ° 


Am 28. April 1918 kehrte der Schilfrohrsänger zurück, 


trieb sich aber nur einige Tage an einem Platz südlich von 
'Hudova herum. Im Mai traf man ihn häufig am Katlanovo-See 


und den benachbarten Sümpfen. Er ist leichter zu beobachten 


304 \ Otto Fehringer: 


als.die anderen Rohrsänger, da er gerne etwas freian einem Rohr- 


Brutort sehr häufig ist. 
* 75. Hippolais pallida elaeica (Linderm.). — Blafsspötter. 


Dieser Spötter (und nicht H. olivetorum, wie es versehent- 


stengel in die Höhe steigt und einen charakteristischen Balzflug El 
ausführt. Auch im Gesang ist er leicht vom Teichrohrsänger 
zu unterscheiden, da er in den typischen Rohrsängergesang öfter 
hell und angenehm klingende Töne einschaltet. Oft beginnt er 
seinen Gesang mit dem Lockton der Maskenstelze, die an seinem 


lich in „Orn. Mon. Ber.‘ 1920 p. 57 heilst) kam am 20. April 
1918 bei Hudova an und machte sich durch seinen angenehmen 
Gesang bemerkbar. Der Gesang hält keinen Vergleich aus mit 
dem des Gartenspötters hinsichtlich der Kraft und der Abwechslung 


im Vortrag; jedoch ist die nahe Verwandtschaft auffallend. Die i 
Töne bewegen sich mehr in gleicher Höhe, und die einzelnen Mo- 


tive werden sehr oft wiederholt. Er treibt sein Wesen haupt- 


sächlich in den dichten Kronen niedriger Bäume undsteigt höchstens 
einmal im Gesangeseifer auf eine frei hervorstehende Spitze. 


Gegen ihre Jungen bezeugen sie eine grolse Anhänglichkeit und 


ziehen lange mit ihnen herum. Bis Mitte August sah man sie 


familienweise herumstreichen. Dann waren sie aus der Hudova- 
Ebene verschwunden. ; 


76. Hippolais icterina (Vieill... — Gartenspötter. 


Am 28. April 1918 konnte man im Arazli-Tale den typischen 
Gesang eines Gartenspötters vernehmen und den Vogel sehen. 


Leider war es unmöglich, ihn zu erhalten. Er scheint auf dem 


Durchzug gewesen zu sein. Sonst gelang es nicht mehr, ihn 


festzustellen. 


77. Sylvia nisoria nisoria (Bechst.).. — Sperbergrasmücke. 


Am 6. Mai 1918 konnte eine Sperbergrasmücke im Auwald 
bei Miletkovo beobachtet werden. Sonst war sie weder als 
Durchzügler noch als Brutvogel irgendwie zu sehen. 


* 78. Sylvia horiensis crassirostris Cretzschm. — 
Oestliche Orpheusgrasmücke. 


Am 9. April 1918 waren die Orpheusgrasmücken zurück- 
gekehrt und belebten die trockenen Abhänge bei Hudova und 


des Arazli-Tales mit ihrem herrlichen Gesang. Zum Brüten 
blieben aber nur einige Paare an den genannten Stellen und 
weiter wardaraufwärts zurück. Im Juli waren sie dann wieder 
häufiger dort anzutreffen, und im August verschwanden sie wieder. 
Besonders unter den Mäunchen, die im April in gröfserer Zahl 
da waren, befanden sich ganz hervorragende Gesangeskünstler. 
Der Gesang ist eine Kombination von Sumpfrohrsänger und 


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Die Vogelwelt Macedoniens. 308 


grauer Grasmücke. Vom Sumpfrohrsänger stammt die Art des 
- Vortrags verschiedener Motive, wovon jedes einigemal wiederholt 

‚wird, von der grauen Grasmücke stammt das orgelhaft Getragene 
in Ton und Klangfarbe. Einige besonders Begabte brachten 
Strophen der Singdrossel, der Nachtigall und ganze Gelbspötter- 
motive, andere verflochten Teile des Hänflingsgesangs, aber alles 
mit dem kräftigen Orgelton der grauen Grasmücke. Es war der 
herrlichste Gesang der ganzen dortigen Vogelwelt. 


79. Sylvia hippolais hippolais (L... — Gartengrasmücke. 


Am 1. Mai 1917 sang eine graue Grasmücke bei Hudova, 
war aber am nächsten Tag verschwunden. | 


* 80. Sylvia atricapilla atricapilla (L.). — Mönchsgrasmücke. 


Am 8. April 1918 kamen die Schwarzköpfe zurück und 
breiteten sich im ganzen Gebiet aus. Sie bevorzugten die Ge- 
büsche der Uferränder und Seitentäler, die Gärten der Dörfer 
und waren auch in den lichteren Teilen des Mischwaldes oberhalb 
- Mawrowa (1800 m) anzutreffen. In diesen hochgelegenen Wäldern 
hörte man ganz hervorragende Sänger mit amselartigem Vor- 
gesang und langandauerndem, herrlichem Ueberschlag. Die 
dortigen Brutpaare hatten Anfang Juli 1918 flügge Junge. 


.* 81. Sylvia communis communis Lath. — Dorngrasmücke. 


* 82. Sylvia curruca curruca (L..,. — Zaungrasmücke. 
Die Dorngrasmücke kommt Anfang April und verschwindet 
im September, die Zaungrasmücke erscheint schon Ende März 
und ist bis in den Oktober hinein noch anzutreffen. Beide Arten 
bewohnen mit Vorliebe die Hügel, selbst wenn diese nur mit 
Quercus coccifera bestanden sind. In buschreichem Gelände 
stellenweise häufig. Den gröfseren Höhen fehlen sie beide. 


* 83. Sylvia cantillans albistriata (Brehm.). — 
Weifsbartgrasmücke. 


Am 4. April 1918 kamen die weifsbärtigen Sänger an und 
machten sich durch Gesang und Balzflug bald bemerkbar. Sie 
- bewohnten die trockenen Abhänge rings um die Hudova-Ebene 
herum, die von Quercus coccifera bestanden waren. Die ganzen 
Abhänge der Plaus Planina, besonders die Hügel bei Hudova, 
beherbergten sie zur Brutzeit. Von Mitte Mai ab beobachtete 
man die ersten ausgeflogenen Jungen, die sehr frühzeitig ihr - 
kleines Nestchen verliefsen, so dafs man meist zu spät kam, 
wenn man sie zum Zwecke der Aufzucht ausnehmen wollte. Ihr 
Lockton ist ein tek tek. Der Gesang ist ein dorngrasmücken- 
artiges Geschwätz, hat aber grofse Aehnlichkeit mit dem Gesang 
des Teichrohrsängers. Zwischenhinein hört man Anklänge an 


806 | Otto Fehringer : 


den Gesang des Bluthänflings und anderer Sänger. Die Tonstärke 4 


ist nicht immer die gleiche, jedoch ist der Unterschied zwischen 


einem leisen Vorgesang und einer lauten Strophe nicht so deut- 


lich wie bei der Dorngrasmücke. Ihr Balzflug ist noch höher 
und schöner als der der Dorngrasmücke, mit dem er die gröfste 
Aehnlichkeit hat. Während dieses singt sie besonders anmutig 
und beendigt dann die Strophe etwas lauter, nachdem sie im 
nächsten Busch gelandet ist. 


* 84. Agrobates galaclotes syriacus (Hempr. u. Ehrenb.). — 
Oestlicher Heckensänger. 


Dieser Vogel bewohnte in einigen wenigen Brutpaaren die 
Ebene bei Kaluckova und die Abhänge bei Davidovo. An beiden 


Plätzen brütete er und fütterte Anfang Juli seine ausgeflogenen, 
halb ausgewachsenen Jungen. Sein Lockton ist tek tek, aulser- 
dem noch sst. Ferner hört man Töne wie: Üderpr und ditrö 


und titroi nnd tereterrrr. Solche und ähnliche Töne verbanden 
die Männchen zu einem stammelnden Gesang, der aber nicht 
unangenehm klingt. Allerdings mag die Hauptgesangeszeit schon 
vorüber gewesen sein. Beim Gesang setzt sich das Männchen 
mit Vorliebe frei auf einen hervorragenden Zweig und macht 
mit seinem Schwanz alle möglichen Bewegungen, indem er ihn 
in die Höhe schnellt und fächerförmig ausbreitet. Auf dem 
Boden bewegen sie sich mit grofser Behendigkeit und erwecken 
den Vergleich mit einem Blaukehlchen. 


* 85. Turdus pilarıs L. — Wachholderdrossel. 


Diese Drossel bemerkte man nur auf dem Zuge. Sie trieb 


sich in grolsen Scharen in der Ebene bei Miletkowo im Februar 
und März 1918 herum. Sie hielt sich nahezu einen Monat an 


den gleichen Plätzen auf und benahm sich, wie wenn sie hier 
im Winterquartier wäre. Anfang April 1918 waren sie alle 


verschwunden, Auf dem Herbstzug wurde sie nicht bemerkt. 


* 86. Turdus philomelos philomelos Brehm und ZT. ph. brehmi 
Zedl. — Nordische und mielunon > 
Singdrossel. 


Einzelne Singdrosseln überwinterten bei Miletkowo im Winter A 


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1917/1918, wo sie auch schon Anfang Februar 1917 gesehen 
wurden. Im März 1917 und 1918 erfolgte dann der Hauptzug, 


der sich bis in den Anfang April hinein erstreckte In den 
ersten Apriltagen konnte man noch in der Hudova-Ebene stu- 
dierende und halblaute Singdrosseln hören; dannaber verschwanden 
sie aus der Ebene und zogen sich in die Hochwälder der mittleren 
und höheren Lagen zurück. Mitte Mai 1918 traf man sie an 
ihren Brutplätzen bei Koinzko, Juni und Juli bei Mawrowa 


Die Vogelwelt Macedoniens. 807 


. (1800 m), wo sie besonders abends ihre herrlichen Weisen bis 
in die beginnende Nacht hinein hören liefsen. Auffallend war 


dort die grofse Zahmheit der jungen, aber schon selbständigen 
Singdrosseln. — Nach der Bestimmung von Geheimrat Reichenow 
gehören zwei der gesammelten Bälge von Hudova vom 13. III. 
17 und 28..1ll. 18 zur typischen nordischen Form, 3 von Milet- 
kovo 13. I. und 30. Ill. 18 und von Valandowa 7. III. 18 da- 


gegen zur Form drehmi. 


* 87. Turdus viscivorus viscworus L. — Misteldrossel. 
Die Misteldrossel überwintert in gröfserer Anzahl als die 


-. Singdrossel. Auf den Höhen bei Demirkapu, am Salanschak, im 


Nicola-Tal und an anderen Plätzen traf man sie im Dezember 
und Januar in kleineren Scharen an. Mitte Februar 1918 hörte 
man sie schon im Nicola-Tal ihre schwermütigen Weisen laut 


vortragen. Mitte April 1918 sang sie an der gleichen Stelle 


noch mit gleicher Kraft bis fast zum Ende dieses Monats. 
Später war sie dort nicht :mehr zu hören. In den Mischwäldern 
bei Mawrowa (1800 m) sah man Ende Juni und Anfang Juli 
1918 die Alten ihre erwachsenen Jungen füttern. Am Abend 
erscholl der ganze Wald von Misteldrosselgesang. Es will bei- 


nahe scheinen, als ob diese Drosseln in tieferen Lagen ihre erste 


Brut erledigt und sich dann zur zweiten Brut in die höheren 


Regionen zurückzieht, wo sie ja erst spät mit der Brut beginnen 


kann. — Nach der Bestimmung von Geheimrat Reichenow ge- 


hören zwei der gesammelten Bälge, Hudova 16. XII. 17 und 
Demirkapu 6. XII. 17 zur typischen Form viscworus, 4, Hudova 


29. 11l. 18, Valandowa 24. II. 18, Miletkovo 30. III. 18 und Marv- 
rova 4. VII. 18, dagegen zur Form jubilaeus Luc. Zedl. 


88. Turdus musiceus L.— Rotdrossel. 


Anfang und Mitte März 1917 wurden einige Rotdrosseln 
bei nafskalter Witterung und leichtem Schneegestöber bei Hu- 


 dova beobachtet. Sie waren sehr aufgeplustert und suchten eifrig 


nach Nahrung. Im Frühjahr 1918 kamen einige zur Beobachtung 
zwischen Salanschack und Strumiza bei dem grofsen Schnee- 
treiben am 19. Februar. 


* 89. Turdus torguatus alpestris (Brehm). — Alpendrossel. 
Ende März 1918 trieben sich einige Ringdrosseln in der 


Hudova-Ebene herum und verschwanden wieder Anfang April. 


Später kamen sie nicht mehr zur Beobachtung. 


 * 90. Turdus merula alerrimus (Mad.). — Oestliche Amsel. 


Die Amseln waren den ganzen Winter über in den Ebenen, 
aber nirgends sehr häufig. Im März kamen dann grölsere 
Scharen aus dem Süden und blieben bis zum Anfang April hier. 


a 


808 Otto Fehringer: 


Dann zogen sie sich in die kühlen Seitentäler, die von Wasser 
durchströmt und von Buschwerk dicht bewachsen sind, zurück. 
Während einige Paare in diesen Tälern ziemlich weit unten 
schon brüteten, gingen die meisten zur Brutzeit höher hinauf 
und bevölkerten die höheren und mittleren Lagen. Im Juli sieht 
man dann wieder recht zahlreich alte und junge in der Ebene, 
wo sie sich besonders an Maulbeeren gütlich tun. Ihr Gesang 
ist etwas abweichend von dem unserer Stadtamseln. Die Strophen 
sind kurz, und die Motive werden des öfteren wiederholt, ähn- 
lich wie bei der Singdrossel. | 


* 91. Monticola saxatilis (L.).. — Steindrossel. 


Die Steindrosseln kamen am 5. April 1918 zurück und : 


hielten sich dann die ersten Tage in den trockenen Schluchten 
nicht weit über der Ebene auf. So konnte man zwischen Kaluk- 
kowa und dem Dorfe Plaus (150—300 m) den ganzen April 
über ihre herrlichen Flugspiele beobachten. Bei Koinzko konnte 
ein Weibchen beobachtet werden, das, in der ersten Hälfte des 
Mai in der Höhle einer steilen Felswand ca. 10 m über dem 
Boden der Schlucht sein Nest baute. Dieser Platz lag in etwa 
400 m Höhe. Sonst bevorzugten sie zum Nisten meist höher- 


gelegene Plätze. In ihrer Bewegung machen die Steinrötel den 


Eindruck eines grofsen Steinschmätzers. Ihre Balzflüge führen 
sie inder Weise aus, dals sie sehr steil in die Höhe steigen 
und dann mit ausgebreitetem Schwanz oft fast senkrecht herab- 
gleiten. Oefter sieht man, wie sie im Balzflug eine grofse Schlucht 
überfliegen, wobei sie dann ihren Gleitflug unterbrechen, wieder 
steil in die Höhe steigen, von neuem wieder herabgleiten und 
dieses Spiel einigemale fortsetzen. Während des ganzen Balz- 
flugs, sowie vor- und nachher hört man ihren herrlichen Gesang, 
der vielfach Anklänge an andere Vogelstimmen hat, ja bisweilen 
ganz aus fremden Vogelstimmen zusammengesetzt ist. Häufig 
kehrten Strophen der Misteldrossel und Singdrosselrufe wieder. 
Aber auch ein leiseres Geschwätz, das mit vielen unreinen Tönen 
untermischt ist und bisweilen starähnlich anmutet, hört man 
häufig, jedoch meist nur im Sitzen. 


92. Monticola solitarius L. — Blaudrossel. 


Diese schönen Vögel wurden nur an 2 Plätzen während 
ihrer Brütezeit beobachtet. Anfang Juni machte ein Blaudrossel- 
männchen herrliche Balzflüge am Eisernen Tor bei Demirkapu. 


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Es safs auf einem Felsvorsprung und flötete seine Strophe. Dann | 


erhob .es sich schräg in die Luft und stürzte sich darauf mit 
etwas angezogenen Flügeln und ausgebreitetem Schwanz über 
100 m fast senkrecht herab und bremste erst dicht über dem 
Flufs, um dann auf einem Felsen im Strom Fufs zu fassen. Dar- 
auf ertönten wieder einige Strophen, bis der Vogel in fast senk- 


Die Vogelwelt Macodoniens. 809 


rechtem Fluge zum Ausgangsplatz zurückkehrte. Nach einigen 
Strophen begann dann das Spiel auf neue. Der 2. Platz, wo 
Blaudrosseln zur Beobachtung gelangten, waren die Felsenkuppen 
oberhalb Prilep beim Kloster Treskovac. Es war Mitte Juni. 
Der Gesang war stets einförmiger als bei der Steindrossel und 
klang meist melancholisch. 


* 93. Oenanthe oenanthe oenanthe (L.). — 
Grauer Steinschmätzer. 


Ende März und Anfang April kehrten diese Steinschmätzer 
zurück und bewohnten das ihnen zusagende Gelände in grofser 
Anzahl. Besonders die Abhänge mit spärlicher Vegetation und 
die Kuppen mit kurzem Rasen und vielen Felsblöcken waren 
seine Lieblingsplätze.e Er ging sehr hoch ins Gebirge hinauf, 


. war aber in der unteren und mittleren Region am häufigsten. 


Zur Zugzeit und nach der Brut war er allenthalben auch in der 
Ebene anzutreffen. Am 29. April 1917 schlüpften die ersten 
jungen Steinschmätzer aus. Das Nest stand zwischen locker 
aufgeschichteten Steinen am Eingang eines Unterstandes bei 
Hudova am Fufs eines Hügels. Am 12. Mai flog diese Brut _ 
aus. Mitte Juni sah man an der gleichen Stelle wieder frisch 
ausgeflogene Junge und Ende Juli solche zum dritten Male in 
geringer Entfernung vom vorigen Platz. Man darf also wohl 
wenigstens für die ebenen Gebiete 3 .Bruten annehmen. Anfang 
Juli 1918 wurden oberhalb der Waldgrenze bei Mawrowa (ca. 
2000 m) Alte mit ausgeflogenen Jungen beobachtet. Anfang 
April 1918 gewährte ein Weibchen einige Tage hindurch den 
bei Hudova liegenden Soldaten grofse Unterhaltung, indem es 
vor der Fensterscheibe eines Unterstandes durch endlose Be- 


'kämpfung seines Spiegelbildes die komischsten Bewegungen aus- 


führte. Bei der grofsen Häufigkeit des Vogels hatte man bequem 
Gelegenheit, sich an seinen netten Balzflügen und seinem ein- 
sachen Gesang zu erfreuen, bei dem er durch Häufigkeit zu er- 
tetzen versuchte, was ihm an Güte abging. Zwischen hinein 
sraf man auch einige Male Männchen, die in ihren üblichen Ge- 
fang auch Strophen anderer Vögel ganz nett einflochten._ 


* 94. Oenanthe hispanica melanoleuca (Güld.). — 
Oestiicher Mittelmeersteinschmätzer. 


In der Umgegend Hudovas kam die schwarzkehlige Form 
dieses Steinschmätzers am 4. April 1918 an, während die weißs- . 
kehlige Form erst am 5. April in der gleichen Gegend zu sehen 
war. Beide Formen kamen in annähernd gleicher Anzahl an den 
gleichen Orten vor, waren aber nirgends sehr häufig. Sie be- 
wohnten die Abhänge der Plaus-Planina bis zur Spitze, waren 
aber in niederen Lagen häufiger. Auch an den Steilabhängen 


si Otto Fehringer: 


des Wardar-Tals und der Seitentälchen waren sie anzutreffen. 
In ihrem Benehmen ähneln sie sehr dem grauen Steinschmätzer. 
Ihr Balzflug ist aber meist höher wie bei diesen. Im Gesang 
übertreffen sie den grauen Steinschmätzer bei weitem; denn sie 
verstehen es meisterhaft, Schwalbengesang und Stieglitzmotive 
in ihren Gesang zu verflechten. Einige Männchen begannen ihr 
Lied immer mit dem Gezwitscher der Rauchschwalbe und ahmten 
noch verschiedene Vogelstimmen bruchstückweise nach. Man 
hatte bei den vielen Exemplaren, die man anzuhören Gelegenheit 
hatte, immer den Eindruck, als ob die schwarzkehlige Form in 
der Gesangsleistung besser sei als die weilskehlige. 


* 95. Sazxicola rubetra (L.).. — Braunkehliger 
Wiesenschmätzer. 


Am 16. April 1918 erschienen die Brannkehlchen bei Hudova. 
Bis Anfang Mai trieben sie sich in der Hudova-Ebene herum und 
liefsen allenthalben ihren Gesang hören. Dann waren sie aus der 
Ebene plötzlich verschwunden und wurden Ende Juni und Anfang 
Juli unterhalb des Mischwaldes bei Mawrowa (1800 m) mit flüggen 
Jungen angetroffen. . Sie bewohnten dort Wiesen und kurzgrasige 
Abhänge mit verstreuten Felsblöcken und wenig Buschwerk. Sie 
sind viel seltener als das Schwarzkehlchen. i 


* 96. Sazicola torquatus rubicola (L).— Schwarzkehliger 
Wiesenschmätzer.- 


Während einige Schwarzkehlchen in der Hudova-Ebene 
überwinterten, kamen die zurückkehrenden vom 1. März 1918 ab 
an ihren Brutorten an und bevölkerten in grofser Anzahl diemit 
Quercus coccifera bestandenen Abhänge. Sie brüteten von der 
Ebene an bis in mittlere Höhen, nach oben zu immer spärlicher 
werdend. Am 22. April waren am Fufs der Hügel bei Hudova 
die ersten Jungen ausgeflogen. Das Nest war auf dem Boden 
unter einem Busch der Quercus coccifera gut versteckt. Es war 
aus Würzelchen und Hälmchen gebaut und innen mit einer dicken 
Lage verfilzter Tierhaare schön rund und warm ausgepolstert. 
Das ganze Nest war ziemlich umfangreich und wimmelte von 
Ungeziefer. Bis in die erste Hälfte des August hinein sah man 
die Alten ihre rätschenden Jungen füttern, sodals man wohl für 
die ebenen Gebiete 3 Bruten als Regel annehmen darf. Die 
Schwarzkehlchen waren ziemlich häufig und allenthalben sah ınan 
die Männchen frei auf den Spitzen der Büsche sitzen und von 
da aus ihren Balzflug unternehmen. Dabei lockten und sangen 
sie sehr fleifsig. Die Strophen erinnern an den Hausrotschwanz 
und die Braunelle. Einige wenige hatten auch etwas Spötter- 
talent und brachten die Strophe des Wendehalses, die Locktöne 
des Grünlings und andere Sachen. 4 


Die Vogelweit Macedoniens. Bill 


* 97, Phoenicurus phoenicurus phoenicurus (L.). — 
Gartenrotschwanz. ee 


Am 5. April 1918 kamen die Gartenrötel bei Hudova an, 
während sie 1917 schon Ende März gesehen wurden. Im Nicola- 
Tal war ihr Gesang den ganzen April über zu hören, und noch 
Anfang Mai sangen sie dort häufig. Die Vögel machten den 
Eindruck, als ob sie dort an ihrem Brutplatz wären. Ein 
Männchen besonders war während der ganzen Zeit immer an der 
gleichen Stelle mit seinem Weibchen zu beobachten und war 
durch seinen auffallenden Gesang besonders kenntlich, den er 
fast immer mit der Ortolan-Strophe einleitete. 


* 98. Phoenicurus ochrurus alter (Brehm.). — 
Hausrotschwanz. 
Am 7. März 1918 kehrte der Hausrotschwanz zurück, während 
er 1917 schon im letzten Drittel des Februar gesehen wurde 


Im Herbst trieben sich einige alte Männchen noch sehr spät in 


der Hudova-Ebene herum und wurden bis in den Dezember 
hinein bei Miletkowo beobachtet. Mitte Juni wurde er an den 


Felsen auf den Höhen in der Umgegend von Prilep (1400 m) 


brütend angetroffen. 


* 99. Addon megarhynchos megarhynchos (Brehm). — 
- Nachtigall. 


Am 6. April 1918 kamen die Nachtigallen. bei Hudova an, 
während sie 1917 erst gegen Mitte dieses Monats gehört wurden. 
Sie sind sowohl in der Ebene als auch an den Abhängen und 
Seitentälern des Wardar-Tals sehr häufig und steigen bis ins 
mittlere Gebirge hinauf. Oberhalb des Dorfes Plaus und auf 
den Höhen um Prilep bis ca. 1000 m brüteteu sie selbst bei 
spärlichem Gestrüpp. In den ebenen Gebieten fand man Anfang 
Juni, Mitte Juli und noch im Anfang August Junge, die noch von 
den Alten gefüttert wurden. Es dürfen also für die Ebene 


- 3 Bruten angenommen werden. Dementsprechend war auch ihr 


Gesang viel andauernder wie bei uns, und man konnte bis zum 
8. August Nachtigallenstrophen vernehmen. Dabei war sehr 


auffallend das Nachlassen des Gesangns zur Zeit, wenn die Jungen 


grölser wurden, und das Wiedererstarken desselben zu Beginn 
der neuen Brut. Bei der grofsen Zahl der Nachtigallen war dies 
im Arazli-Tal und im Auwald bei Miletkowo in der Brutperiode 


1917 bequem festzustellen. Die einzelnen Brutpaare wohnten im 


Wardar-Tale an ihnen besonders zusagenden Plätzen ziemlich . 
nahe beisammen, oft noch keine 100 m voneinander entfernt. 
Der Gesang der dortigen Nachtigall war im allgemeinen für den 
Gesangsliebhaber nicht sehr befriedigend. Dagegen sangen sie 
äufserst fleifsig und viele auch während der Nacht. Einige 


_ brachten neben ihren typischen Strophen das Gekicher des Turm- 


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812 . Otto Fehringer: 


falken, Froschgequake und Grünspechtlachen. Aber sie ersetzten 
an Fleifs, was ihnen an Güte abging und meinten es jedenfalls gut. 


* 100. Erithacus rubecula rubecula (L.). — Rotkehl chen. 


Die Rotkehlchen überwintern in der Hudova-Ebene bei Ka- 
luckova, Dedeli, Miletkovo und an anderen Orten. Im November 
hörte man lauten Herbstgesang, und an schönen Februartagen 
begannen sie von neuem. Im April verschwanden sie aus den 
Ebenen, und man traf sie zur Brutzeit auf den Höhen um Prilep 
(1400 m) und in dem Mischwald bei Mawrowa (1800 m), wo sie 
Ende Juni ihre soeben ausgeflogenen Jungen fütterten. Diese 
Gegend beherbergte durchweg ganz hervorragende Gesanges- 
künstler mit auffallend langen und äulserst lauten Strophen. 


* 101. Prunella modularis modularis (L.). — 
Heckenbraunelle. 


Die Heckenbraunelle überwintert in den ebenen Gebieten in 
ziemlicher Anzahl. Zwar lebt sie sehr versteckt und läfst sich 
nur schwer beobachten, aber ihre charakteristische Lockstimme 
verrät sie allenthalben. Den ganzen März hindurch kann man 
bei schönem Wetter ihren einfachen, aber ansprechenden Gesang 
hören. Mit Anfang April verschwindet sie aus den Ebenen und 
zieht sich in die höheren Regionen zurück. Anfang Juli 1918 
konnte man sie im Mischwald bei Mawrowa häufig beobachten, 
wo sie besonders den Rand des Waldes bewohnte und während 
des Gesanges freisitzend sich beobachten liefs. 


* 102. Zroglodytes troglodytes troglodytes (L.).. — Zaunkönig. 


Der Zaunkönig überwintert in der Hudova-Ebene, vermutlich 
auch in den Gebirgen. Er ist nirgends häufig, doch an allen ihm 
zusagenden Plätzen das ganze Jahr über anzutreffen. Zur Brut- 
zeit findet man ihn im Nicola-Tal, Arazli-Tal und ähnlichen 
Plätzen, wo teilweise undurchdringliche Hecken stehen. An diesen 
Orten sah man ihn. Mitte Juni 1917 seine Jungen füttern, wobei 
er fleilsig zwischenhinein sein lustiges Lied erschallen liefs. Im 
Mischwald bei Mawrowa (1800 m) und auch an tiefergelegenen 
Stellen konnte man ibn im Juni und Juli 1918 allenthalben fleifsig 
singen hören. Auch an schönen Wintertagen vernahm man in 
der Ebene seinen Gesang. 


* 103. Oinclus cinclus orientalis Stres.. — Macedonischer 
Wasserschmätzer. 

An den Seitenbächen des Wardar ist die Wasseramsel keine 
seltene Erscheinung. Im Winter hält sie sich mehr am Unterlauf 
auf und steigt im Sommer etwas höher hinauf. In den höher- 
gelegenen Gebirgsbächen wie z. B. in der Radika-Schlucht trifft 
man sie häufiger. ‘ 


Die Vogelwelt Macedoniens. 818 


* 104. Hirundo rustica rustica L. und H.r. boissonneauti Temm. — 
Balkan-Rauchschwalbe. 

‚Die erste Schwalbe erschien am 1. April 1918, die grofse 
Menge am 6. April 1918, während sie 1917 schon Ende März 
in Hudova einrückten. Sie brütet innerhalb der Gebäude und 
zieht 2 Bruten grofs. Sie ist fast nur auf die Ebene beschränkt. — 
Die gesammelten Stücke gehören nach dem Urteil Dr. Strese- 
manns der Form boissonneauti an. 


105. Hirundo daurica rufula (Temm.). — 
Rostbürzelschwalbe. 


Diese Schwalbe wurde Mitte Juni bei Prilep in der Nähe 
der Ruinen von Kalimarco mit dem Glas beobachtet. Das rot- 
braune Band um die schwarzblau glänzende Kopfplatte konnte 
man beim sitzenden Tier deutlich sehen. Im Fluge glichen sie 


_ der Rauchschwalbe, die sich auch in der Nähe aufhielt. 


* 106. Delichon urbica meridionalis/urbica (L.). — 
Balkan-Mehlschwalbe. 


Die Mehlschwalbe trifft man in den Städten der Ebene, wo 
sie ihre Nester aulsen an die Häuser anklebt. Sie lebt auch an 
den Felswänden der Schluchten, weit weg von jeder menschlichen 
Behausung, und steigt ziemlich hoch im Gebirge empor. In der 
Radika-Schlucht konnte man im Juli 1918 einige Brutkolonien 
feststellen. Die Kolonien enthielten 2—6 Nester, die unter dach- 
förmigen Felsvorsprüngen prachtvoll gegen den Regen geschützt, 
“dicht aneinander hingeklebt waren. 


* 107. Riparia riparia riparia (L.). — Uferschwalbe. 


In der Nacht vom 20. auf den 21. April 1918 kehrten die 
Uferschwalben zurück. Gegen Ende des Monats sah man noch 
öfter Gruppen von ca. 50 Stück in der Hudova-Ebene herum- 
fliegen. Südlich von Miletkovo wurden am Wardar im Juni 1917 
zahlreiche Uferschwalben beobachtet, die ihre Brutkolonien in 
dieser Gegend gehabt haben müssen. Am 13. Juni 1917 wurde 
dort ein verunglücktes Exemplar lebend gefunden. 


* 108. Riparıa rupestris rupesiris (Scop.). — Felsenschwalbe, 


Die Felsenschwalben traf man nur an einzelnen Plätzen an, 
wo sie in Kolonien brüteten. Am Eisernen. Tor bei Demirkapu 
(100 m), an grofsen steilen Felsen oberhalb Prilep (1200—1300 m) 
und an den Felswänden der Radika-Schlucht (1600 m) traf man 
sie zu vielen Exemplaren. Die Nester einer Kolonie standen 
immer in ziemlichen Abständen voneinander, oft meterweit von- 
einander entfernt. Sie waren ziemlich dünnwandig und hatten 
die Gestalt einer flachen Schüssel, die kunstvoll an den Felsen 
unter dem Schutze eines Vorsprungs angeklebt war, so dafs sie 

Journ. f, Orn, LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 21 


2 
FAR Ei 


Bid Otto Fehringer: 


fast senkrecht von der Wand abstand.. Von weitem machten 
diese Nester einen papierdünnen Eindruck, erwiesen sich aber, 
in der Nähe betrachtet, als sehr fest. Mitte Juni 1918 waren 
die Nester bei Prilep mit Jungen besetzt. 


109. Mieropus apus apus (L.).. — Mauersegler. ie 

Ende Mai 1917 trieben sich einige Mauersegler am Wardar 
herum unterhalb Miletkowo. Die letzten sah man am 5. August 
1917. Im Juni 1918 konnte man in und bei Prilep Mauersegler 
sehen und hören, so dafs mit Sicherheit angenommen werden 
kann, dafs er hier Brutvogel ist. Leider gelang es nicht, eines 
Exemplars habhaft zu werden. Am 19. Juli 1918 wurden wiederum 
einige Exemplare bei Miletkowo beobachtet. 


110. Micropus melba melba (L:). — Alpensegler. 


Dieser stattliche Segler wurde am 2. Juli 1918 oberhalb 
der Waldgrenze bei Mawrowa in 2 Exemplaren längere Zeit be- 
obachtet. Sonst liefs sich keiner mehr sehen. 


* 111. Caprimulgus europaeus meridionalis Hart. — Süd zen er 
Ziegenmelker. 


Am 20. April 1918 kamen die Nachtschwalben in der Fludoyil 
Ebene zurück, während am 10. April 1917 schon ein halbver- 
hungertes Exemplar lebend gegriffen wurde. Im Auwald von 
Mitletkovo konnte man noch den ganzen Juli über die ganze 
Nacht hindurch ihr Knurren und Klatschen vernehmen: Auch 
an den Abhängen oberhalb Mitletkovo traf man sie zur Brutzeit, 
in Gegenden, die nur spärlich von Buschwerk bewachsen waren. 
Erst wenn man in solchem Gelände im Freien übernachtete, 
merkte man, wie zahlreich die Nachtschwalbe war. | 


* 112. Merops apiaster L.— Bienenfresser. | | 


Am 12. April 1918 kamen die Bienenfresser in Hudova an a 
und kreisten in Höhen von ungefähr 200 m, wobei sie ständig 
ihren eigentümlichen Lockruf hören liefsen. Sie nisteten in Löfs- 
wänden in selbstgegrabenen Erdlöchern, meist 5—6 Paare nahe 
beieinander. Am häufigsten traf man sie in den Ebenen, aber 
sie stiegen auch bis ins mittlere Gebirge hinauf. Bei Ueskueb 
lebte eine Brutkolonie von 6 Paaren in einer Lehmgrube. Zum 
Ausruhen benutzten sie meistens Telegraphendrähte oder den 
hervorragenden, dürren Zweig eines Baumes. Während sie sich 
grofsenteils nur von fliegenden Insekten zu ernähren schienen, 
konnte man sie gegen Ende Juni beim Verzehren von Insekten 
beobachten, die sie im Sitzen von Maulbeeren ablasen. “ 


* 113. Upupa epops epops L. — Wiedehopf. 4 
. Während die Wiedehopfe 1917 gegen Ende März zurück- 
kehrten, erschienen sie 1918 am 9. April im Arazli-Tal bei Hu- 


Die Vogelwelt Macedoniens. 315 


 dova. sie brüteten in der Ebene und im Gebirge, doch traf 
man sie nirgends sehr häufig. Oberhalb Prilep bewohnten sie 
kurzgrasige Abhänge, die mit grolsen Felsblöcken übersät waren. 
Die Vögel salsen mit Vorliebe auf den Felsen herum und liefsen 
- sich eifrig hören. 


* 114. Coracias garrulus garrulu L. — Blauracke. 
Am 20. April 1918 erschienen die Blauracken bei Hudova. 
Sie brüteten in Ebenen und im mittleren Gebirge. Sie nisten 
mit. Vorliebe in hohlen Platanen, begnügen sich aber auch mit 
Erdlöchern. In der Lehmgrube bei Ueskueb brüteten sie in 
einem Erdlioch neben dem Bienenfresser. Hinter dem Dorfe 
 Plaus belästigten 2 Blauracken einen Turmfalken, der ihrem 
Brutbaum zu nahe gekommen war, so lange, bis dieser das Weite 
suchte. Dabei hatte man Gelegenheit, ihre grolse Geschicklich- 
keit im Flug zu bewundern. 


* 115. Alcedo atthis atihis (L.). — Destlicher 
Eisvogel. 

Der Eisvogel war Jahresvogel an den Gewässern der nie- 
deren und mittleren Lagen. Bei Valandova war er verhältnis- 
mälsig häufig und an seinen EN immer zu beob- 
achten. 

* 116. Ouculus canorus canorus L. — Kuckuck. 

Bei Hudova hörte man den ersten Kuckucksruf am 5. April 
‚1918. Auch 1917 kamen die Kuckucke in der ersten Ilälfte des 
April zurück. Am Anfang waren sie gar nicht scheu und safsen 
‘ohne Deckung auf Pfählen und Aesten ganz frei. Mit fort- 
schreitender Jahreszeit wurden sie in den niederen Lagen immer 
‚seltener und verschwanden schliefslich ganz aus der Ebene. Im 
Juni und Juli 1818 traf man sie häufig in dem Mischwald bei 

 Mawrowa (1800 m). Sie waren dort äufserst aufgeregt und 
scheu. Man konnte deutlich Kuckucke vernehmen, die immer 
‚eine grofse Terz riefen, während man unmittelbar nebendran 
von anderen Exemplaren die kleine Terz hörte. 


117. Dryocopus martius martius (L.).,. — Schwarzspecht. 
Der Schwarzspecht wohnt im Hochwald bei Koinzko und 
im Mischwald bei Mawrowa (1800 m), wo er sich in 3 Paaren 
herumtrieb und oft beobachten liefs, besonders im Juni und 
‚Juli 1918. 


118. Picus viridis dofleini Stres. — Balkan-Grünspecht. 


119. Picus canus canus Gm, — Grauspecht. 
Diese beiden Spechte wurden in der Umgegend von Ues- 
kueb und im Salanschak beisammen das ganze Jahr hindurch 
beobachtet. 
21* 


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816 Ötto Fehringer: 


* 190. Dryobates major balcanicus Gengl. & Stres. — Balkan- 
Blutspecht. | in 

Dieser Specht bewohnt die Baumbestände der Ebene wie 

z. B. bei Miletkowo, bei Gradec und bei Ueskueb. = 


* 121. Drryobates leucotos lilfordi (Sharpe & Dresser). 
Lilford-Specht. 


122. Dryobates minor danfordi (Harg.).. — Da nf ords 
Kleinspecht. 


Diese beiden Spechte bewohnten den Salanschak (600 bis 
800 m). Der Kleinspecht wurde nur einigemal im Winter dort 
beobachtet, wo er mit einer Schar Schwanzmeisen umherzog. 


* 193. Dryobates medius medius (L.). — Mittelspecht. 


Der Mittelspecht kam nur an einigen Stellen in der Ebene, 
so bei Gradec, zur Beobachtung. 


* 124. Bubo bubo bubo (L.). — Uhu. 


Der Uhu scheint im ganzen Gebiet vorzukommen. Es ge- 
lang jedoch nur ein Exemplar aus Gradzko zu erhalten. 


* 125. Asio olus otus (L.). — Waldohreule. 


Die Waldohreulen waren in den Baumbeständen der Ebene 
verhältnismäfsig häufig. Ein Nest stand ungedeckt in einem 
Weidenkopf und enthielt gegen Ende April 1918 sechs ver- 
schieden grofse Junge, die ohne Mühe aufgezogen wurden und 
die vorgelegten Mäuse und Spatzen nach einiger Zeit auf zwei 
Bissen verschluckten. Sie gediehen prächtig. Zur Zeit der Auf- 
zucht der Jungen sah man die Alten oft schon am frühen Nach- 
mittag umherfliegen. 


* 126. Otus scops scops (L.). — Zuorsohrenle 


Ein Exemplar wurde am 19. Sept. 1917 bei Hudova lebend 
erbeutet. 


* 127. Carine noctua indigena (Brehm). — Balkan- 
Steinkauz. 


Das Steinkäuzchen ist in der ganzen Gegend weit ver- 
breitet. Es läfst sich das ganze Jahr hindurch, öfters auch am 
Tage, bequem beobachten. Es brütet in verfallenem Gemäuer 
und hohlen Bäumen. 

* 128. Strix aluco aluco L. — Waldkauz. 
Der Waldkauz ist in Salanschak häufig und brütet dort. 


* 129. Falco subbuteo subbuteo L..— Baumfalk. 


Der Baumfalk ist nirgends häufig anzutreffen. Er hielt sich | 
in einigen wenigen Paaren zur Brutzeit in der Hudova-Ebene auf. 


Die Vogelwelt Macedoniens. 817 


* 130. Falco naumannı naumanni Fleisch. — Rötelfalk. 


Hinter dem Dorfe Plaus trieben sie sich den ganzen Sommer 
herum. Einige Paare haben dort gebrütet. 


* 131. Falco columbarius aesalon Tunst. — Merlinfalk. 


Am 14. Febr. 1918 wurde ein Männchen unweit Hudova 
'erbeutet. Wurde sonst nicht beobachtet. 


* 132. Falco tinnunculus tinnunculus L. — Turmfalk. 


Die Turmfalken sind äufserst häufig. Man sieht sie von 
Mitte Februar an bis Mitte Oktober. In Arazli und andern 
Dörfern, in Ueskueb und Nisch, allüberall trifft man diese Vögel 
an. Sie nisten mit Vorliebe unter den Dächern der Häuser und 
fliegen hier nach Art der Schwalben aus und ein. Kropf- und 
 Mageninhalt, sowie die aufgefundenen Gewölle zeigen, dafs ihre 
Hauptnahrung in Käfern besteht. Auch konnte man sie beim 
Eidechsenfang beobachten. 


133. Aquila chrysaötos chrysaetios (L.).. — Steinadler. 
* 134. Aquila heliaca heliaca Savigny. — Kaiseradler. 


Beide Adler trifft man ziemlich häufig. Bei der Abdeckerei 
in Hudova liefsen sie sich öfter sehen. Bei frischgefallenen 
Tieren stellen sie sich bald ein. Sie wurden leider viel ge- 
schossen. 


ı...* 135. Buteo buteo buteo (L.). — Mäusebussard. 


In der Hudova-Ebene konnte man den Mäusebussard öfter 
beobachten. Ein Männchen, das am 24. Februar 1918 erbeutet 
wurde, hatte 2 Vögel (anscheinend Meisen) im Kropf und die 
- Reste einer Taube und zweier Amseln im Magen. Es mag ihm 
allerdings leicht gefallen sein, bei dem anhaltenden Schneewetter 
diese Vögel zu erbeuten; denn es wurden eine Menge u 
vögel ermattet und halbverhungert gefunden. 


136. Accipiter gentilis gallinarum (Brehm). — Hühner- 
habicht. 


Den Habicht konnte man Öfter in der Hudova-Ebene be- 
obachten. Häufig sals er in der charakteristischen Stellung auf 
Pfählen im Munitionsdepot Hudova. Er hielt sich den ganzen 
Sommer über dort auf. 


* 137. Accipiter nisus nisus (L.).. — Sperber. 


In den ebenen Teilen des Gebietes war er mit Ausnahme 
der Brutzeit überall anzutrefien, jedoch nirgends häufig. Zur 
Brutzeit fand man ihn bei Gosdivar (1800 m). 


sie Ä Otto Fehringer: 


* 138. Circus aeruginosus aeruginosus (L). — Rohrweihe. 


Die Rohrweihe wurde bei Miletkowo in der Hudova-Ebene 
und bei Ueskueb im April und Mai an ihren Brutplätzen beob- 


achtet. Ein Nest wurde in ein Getreidefeld unmittelbar am 


Wasser in der Nähe von Miletkowo gebaut. Die Alten schleppten | 


von weit her Reiser in ihren dünnen herabhängenden Fängen 
herbei. Später wurde das Nest verlassen und in der Nähe ein 
neues angelegt. Schon um die Mitte des März wurden verein- 


zelte beobachtet. 
* 139. Circus cyaneus cyaneus (L.. — Kornweihe. 


Im Winter 1918 wurde 1 Exemplar beobachtet und erbeutet. 


140. Milvus milvus miWwus (L.). — Roter Milan. 


Februar bis Anfang Mai 1917 bei der Abdeckerei bei Hu- ! 


dova beobachtet. 


* 141. Milvus migrans migrans (Bodd.). — Schwarzer 
Milan. 


Der schwarze Milan war im Nicolatal den ganzen Sommer 
über ständig zu beobachten. Am 2. Juni wurde dort ein Exem- 


plar erbeutet. Wenn ein Milan am Aase safs, traute sich die N 


schwarze und schwarzgraue Gesellschaft nicht heran. 


149. Neophron percnopterus percnopterus (L.). — Aasgeier. 
143. Gypaötus barbatus grandis Storr. — Lämmergeier. 
* 144. Gyps fulvus fulvus (Habl.). — Gänsegeier. 
145. Aegypius monachus (L.). — Mönchgeier. 


Mönchsgeier und Lämmergeier waren sehr selten. Sie 


wurden an einzelnen Stellen beobachtet; Aasgeier und Gänse- 
geier dagegen waren häufig zu beobachten. Trotz des ausdrück- 
lichen Verbots wurden die Geier von unseren Soldaten immer 
fleifsig beschossen, aber doch nur selten getroffen. Eine wesent- 


liche Abnahme war kaum zu verzeichnen. 


 * 146. Ciconia cicomia ciconia (L.). — Weifser Storch. 


Der Storch kann in Mazedonien noch als häufig bezeichnet 


werden. Nur selten sieht man seine Nester auf Gebäuden. Da- | 


gegen trifit man sie allenthalben auf Bäumen an. Ja man konnte 


grolse Platanen mit 3 und 4 Storchnestern sehen. Bei und in 


Valandova, bei Miletkowo und in der weiteren Umgegend von 


Ueskueb traf man zahlreiche Storchnester. Er wird von den 


Eingeborenen geschont. 


147. Ciconia nigra (L.). — Schwarzer Storch. 


Der schwarze Storch scheint in Nicola-Tal gebrütet zu 1 


haben, denn es wurden dort im Frühjahr und Sommer 1918 7 
2 Exemplare beobachtet, 


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Die Vogelwelt Macedoniens. 819 


© 148. Ardea cinerea ceinerea L. — Fischreiher. 

Am Wardar und seinen Nebenflüssen war der Fischreiher 
keineswegs selten. Am Katlanowo-See brütete er geradezu 
häufig. | 

* 149. Ardea purpurea purpurea L. — Purpurreiher. 


- Am Doiransee und Katlanowo-See brütete dieser Reiher in 
ziemlicher Anzahl. 


150. Egreita alba alba (L.). — Silberreiher. 
Die Silberreiher brüteten zahlreich im Sumpfgebiet bei 


Mardzalik. 


* 151. Egretta garzetta garsetta (L.). — Seidenreiher. 


Mitte Mai 1918 kreisten öfter 5—6 Seidenreiher über dem 
Auwald bei Miletkowo. Sie scheinen in der Nähe ihren Brut- 
platz zu haben. 


152. Nyeticorax nycticorax nyeticoraxz (L.). — Nachtreiher. 

Den Nachtreiher sah man am Wardar und seinen Seiten- 
armen, besonders unterhalb Miletkowo, den ganzen Winter über 
und noch zu Beginn des Frühlings. Er war aber immer nur 
vereinzelt anzutreffen. Zur Brutzeit konnte er nicht beobachtet 
werden. 


* 153. Ixobrychus minutus minutus (L.)., — Zwergrohr- 
dommel. 


Die Zwergrohrdommel konnte während der Brutzeit an 
einem Altwasser des Wardar längere Zeit beobachtet werden. 


154. Botaurus stellaris stellaris (L.). — Rohrdommel. 


An der gleichen Stelle, wo die Zwergrohrdommel brütete, 
wurde im März 1918 die Rohrdommel einigemal beobachtet. 
Später wurde sie nicht mehr gesehen. 


* 155. Anser albifrons (Scop.). — Blälsgans. 


Das charakteristische Flugbild der Wildgänse sah man den 
Winter über sehr häufig. Sie liefsen sich in der Wardar-Ebene 
häufig zum Aesen nieder. 


* 156. Anas platyrhynchos platyrhynchos L. — Stockente. 


Die Stockente ist den ganzen Winter über auf dem Wardar 
häufig und brütet auf dem Katlanowo-Sumpf, bei Mardzalik und 
an anderen geeigneten Plätzen. 


820 : Otto Fehringer: 
* 157, Anas crecca crecca L. — Krickente. 
Die Krickente konnte am Wardar und seinen Nebenflüssen 
häufig erlegt werden. Sie war aber nur im Winter dort anzu- 
treffen und war immer auffallend fett. 


158. Anas querquedula L. — Knäckente. 
159. Anas penelope L. — Pfeifenice. 
160. Dafila acuta acuta (L.). — Spiefsente. 


Diese drei Enten wurden nur im Winter beobachtet und 
von den zahlreichen Jägern öfter erbeutet. 


* 161. Nyroca ferina ferina (L.).. — Tafelente. 

Die Tafelente wurde bis zum Frühjahr 1913 am Wardar 
beobachtet. Sie war nicht gerade selten. Sie verschwand im 
April. 

- * 162. Nyroca nyroca nyroca (Güld.). — Moorente 

Die Moorenten trieben sich den ganzen Winter über aut 
dem Wardar und seinen Altwassern herum. Zur Brutzeit konnten 
sie am Katlanowo -See und bei Mardzalik häufig beobachtet 
werden. 

163. Merygus merganser L.— Gänsesäger. 


Um die Mitte des Januar 1918 konnten diese schönen Vögel 
auf dem Wardar bei Gradsko beobachtet werden. Es war eine 
Gruppe von 10 Stück. Sie waren gar nicht scheu und nahmen 
absolut keine Notiz vom Beobachter, hielten sich aber genau 
aufser Schufsweite Die Schar hielt sehr gut zusammen und 
tauchte wie auf Kommando zur gleichen Zeit unter. Nachdem 
sie dann an verschiedenen Stellen wieder aufgetaucht waren, 
sammelten sie sich erst wieder, ruhten eine Weile aus, und nun 
begann das Tauchen von neuem. 


* 164. Phalacrocorax carbo subcormoranus (Brehm). — 
Grofse Scharbe. 

Die grofse Scharbe wurde den ganzen Winter über am 
Wardar beobachtet. Sie flogen oft in der Anordnung wie die 
Gänse. Eine grofse Brutkolönie mulste sich in der Nähe des 
Katlanowo-Sees befunden haben. 


* 165. Phalacrocorax pygmaeus (Pall.). — Zwergscharbe. 


Die Zwergscharbe war den ganzen Winter über am Wardar 
und seinen Altwassern sehr häufig. Den ganzen Mai über konnten 
einige am Katlanowo-See beobachtet werden. Sie scheinen also 
dort Brutvögel gewesen zu Sein. 


* 166. Podiceps cristatus eristatus (L.). — Haubentaucher. 

Nur im Januar 1918 war ein Weibchen auf einem Altwasser 
des Wardar unterhalb Miletkowo zu sehen und war garnicht 
scheu. Es gelang, das Exemplar zu erbeuten. 


Die Vogelwelt Macedoniens. | 321 


* 167. Podiceps rufleollis rufieollis (Pall.. — Zwer staucher. 

Im Januar 1918 konnten einige Zwergtaucher an der unteren 
Cerna bei Gradsko beobachtet werden. Sie brüteten am Kat- 
 lanowo-See, wo man sie im Mai 1918 zwischen dem Schilf zahl- 
reich herumschwimmen sah. 


* 168. Charadrius dubius curonicus Gm. — 
Flufsregenpfeifer. 

Dieser Vogel konnte von Ende März an bis in den September 
hinein beobachtet werden. Er brütete im Ufersande des Wardar 
und seiner Nebenflüsse. Er trieb sich mit Vorliebe auf den 
flachen Kiesbänken herum. Mitte Mai 1917 fand man im Arazli- 
Tal Alte mit fast erwachsenen Jungen. Mitte Mai 1918 konnten 
auf einer Sandbank im Wardar bei Gradsko 2 Pärchen bei der 
Begattung beobachtet werden, die auffallend lange dauerte und 
oft wiederholt wurde. Die beiden Gatten liefen immer merk- 
würdig trippelnd äuf sich zu und einander nach. 


* 169. Erolia alpina alpina (L.). — Alpenstrandläufer. 
Der Alpenstrandläufer wurde nur im Winter in der Hudova- 
Ebene beobachtet. Ein Schwarm von ca. 10 Stück trieb sich 
dort längere Zeit herum. Sie hielten nirgends lange stand, waren 
sehr scheu, flohen sogleich in reifsendem Flug weg. Nur im 
Januar 1918 waren sie zu sehen. Es gelang nur einmal ein 
Exemplar zu erbeuten. | | 


* 170. Tringa ochropus ochropus L. — Waldwasserläufer. 

Der Waldwasserläufer war nur über Winter an den Ufern 
des Wardar und liefs sich bequem beobachten und erlegen. Oft 
waren Gruppen bis zu 6—8 Stück beisammen. 


* 171. Zringa totanus totanus (L.). — Rotschenkel. 


| Der Rotschenkel war den ganzen Winter über an den Ufern 
des Wardar bei Hudova häufig. 


172. Numenius arguata arquata ch). — Grofser Brachvogel. 


Auf den feuchten Wiesen bei Valandova und nördlich von 
Miletkowo war er öfter zu sehen. Er scheint bei Valandova 
_ Brutvogel zu sein. | 


* 173. Vanellus vanellus (L.). — Kiebitz. 

Die Kiebitze waren im Winter nur spärlich anzutreffen. Von 
Mitte Februar ab sah man gröfsere Trupps von 20—40 Stück 
in der Hudova-Ebene. Bei dem grofsen Schnee sah man am 
17. und 18. Februar 1918 Gruppen von ca. 40 Stück häufig in 
der Gegend zwischen Salanschack und Strumitza genau von 
Westen nach Osten fliegen. Im Frühjahr sah man dann grolse 


322 ‚Otto Fehringer; 


Flüge von 500-600 Stück in der Hudova-Ebene. Während der 
Brutzeit waren sie aus diesem Gebiet verschwunden. 


* 174. Gallinago gallinago gallinago (L.). — Bekassine. 
Die Bekassine trieb. sich vereinzelt im Winter am Rande 
der flachen Gewässer bei Miletkovo herum. 


* 175. Scolopax rusticola rusticola L. — Waldschnepfe. 


Diese Schnepfe wurden nur im Winter beobachtet und er- = 


beutet. In den Büschen unmittelbar am Wardar unterhalb 
om war die Waldschnepfe verhältnismälsig häufig anzu- i 
treffen “ 


* 176. Sterna hirundo hirundo L. — Flufs-Seesch walbe. 


Diese Seeschwalbe konnte man den ganzen Sommer über ii 
am Wardar südlich von Hudova beobachten. Sie muls dort 
Brutvogel gewesen sein. Y 


177. Hydrochelidon nigra nigra (L.). — Trauerseeschwalbe. 


Nur zweimal gelang es, diese Seeschwalbe am Wardar zu 4 
beobachten: Das erste Mal, am 6. Januar 1918, unterhalb Hudova. 


‘Es war ein einziges Exemplar, das niedrig über dem Wasser 
dahinflog und sich aus nächster Nähe längere Zeit bequem be- 


obachten liefs, Das 2. Mal wurde bei Gradsko ein Paar am s 
16. Mai 1918 beobachtet. 


* 178. Larus ridibundus L. — Lachmörve. 


Die Lachmöven wurden nur den Winter über am Wardar \ 
angetroffen. Sie waren dort sehr häufig. Zur Brutzeit waren 
sie alle verschwunden. ni 


* 179. Columba palumbus palumbus L. — Ringeltaube. 


Die Ringeltaube wurde gegen Ende Februar und März in 1 
der Hudova-Ebene beobachtet. In dem Mischwald oberhalb 
Mawrowa brütet sie häufig. | 


* 180. Columba oenas oenas L. — Hohltaube. 
Den ganzen Winter über traf man die Hohltauben in der # 


Hudova-Ebene, wo sie meist in gröfseren Scharen auf den Aeckern 
nach Futter suchten. Gegen Ende April sah man an den gleichen 
Plätzen nur immer noch kleine Gruppen von 4—5 Stück. 1917 
waren sie Anfang Mai noch im Nicolatal zu sehen und zu hören. 


Im Mischwald bei Mawrowa (1800 m) brütete diese Taube sehr 
häufig. ‘ 
| 181. Columba livia livia Gm. — Felsentaube. N 
Die Felsentaube brütet an den Felswänden bei Valandova 


in unmittelbarer Nähe des obenerwähnten Kolkrabenhorstes. Auch 


am Eisernen Tor bei Demirkapu und an den steilen Felsen beim 


Die Vogelwelt Macedoniens. 325 


Kloster Treskovac oberhalb Prilep waren gröfsere Brutkolonien. 
- Unter den Tauben bei Valandova befanden sich neben den Felsen- 
 tauben auch Haustauben, die den Felsentauben oft sehr unähnlich 


waren. Oft sah man beide Arten gepaart. 


. * 182. Sireptopelia turtur turtur (L.). — Turteltaube. 


Die Turteltauben kamen 1918 am 18. April bei Hudova an 
und verschwanden wieder Mitte August. Sie brüteten überall 


in ebenen und Gebirgswäldern. Recht häufig brüteten sie im 
 Auwald bei Miletkowo. Aber auch im Mischwald bei Mawrowa 
(1800 m) brüteten sie noch zahlreich. 


183. Söreptopelia decuocto decaocto (Friv.). — Türkentaube. 
In allen gröfseren Städten brütet diese nette Taube, be- 


_ sonders in Veles und Ueskueb und wird von der mohammeda- 


nischen Bevölkerung geduldet und geschützt. Sie brütet unter 


den Dächern und bleibt das ganze Jahr über da. 


* 184. Megalornis grus grus (L.). — Kranich. 
Am 30. März 1918 wurde ein Exemplar aus einer kleinen 
Schar auf einer Wiese bei Ueskueb erbeutet. 


185. Crex crex (L.). — Wachtelkönie. 

Der Wachtelkönig scheint in der Wardar-Ebene in der Nähe 
von Dedeli Brutvogel zu sein. Man konnte dort im Mai seinen 
Ruf hören. 

186. Fulica’atra atra L. — Bläfshuhn. 


Das Bläfshubn wurde nur im März 1918 einigemal bei 
Miletkowo gesehen. Es brütete am Katlanowo-See, wo es Ende 
Mai 1918 immer zu sehen war. 


187. Gallinula chloropus chloropus (L.).,. — Teichhuhn. 
Am Altwasser des Wardar bei Miletkowo brütete das Teich- 


 huhn im Sommer 1918. Desgleichen an einem Tümpel zwischen 
 Ueskueb und dem Katlanowo-See. 


* 188. Porzana parva (Scop.).. — Kleines Sumpfhuhn. 
Wurde Anfang Juli 1918 bei Kumanowo beobachtet. 


* 189. Perdix perdix perdix (L.).. — Rebhuhn. 
Von Anfang August an sah man die Völker in den Ebenen 


_ und auf den Hängen. im März traf man sie nur noch paarweise. 


Sie brüteten in der Hudova-Ebene ziemlich häufig. 


“180. nz coturnix coturnix (L.). — Wach tel. 
Eine Wachtel wurde am 24. Februar 1918 bei dem grofsen 


e Schnee verhungert aufgefunden. Sie brütete in der Ebene und 


324 - Otto Fehringer: Die Vogelwelt Macedoniens. 


auch hoch oben bei Gosdivar, wo man aus einer üppigen Wiese 


(1700 m) im Juni und Juli ihren Schlag vernahm. 


191. Alectoris graeca graeca (Meisn.). — Balkan-Steinhuhn. 

Auf den öden Abhängen mit nur ganz spärlichem Pflanzen- 
wuchs lebt das Steinhuhn das ganze Jahr hindurch ziemlich 
häufig. Oberhalb Demirkapu lebte es am gleichen Platz mit dem 
Rebhuhn zusammen. In Veles und Prilep konnte man bei den 


Eingeborenen gefangene Steinhühner sehen, die sich in sehr 


kleinen Behältern anscheinend wohl fühlten. Der eine Behälter 
machte den Eindruck einer Käseglocke; er bestand aus Weiden 
und war gerade so grofs, dafs er über das Huhn gestülpt werden 
konnte. 'Der Besitzer versicherte, es schon jahrelang zu besitzen. 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 


Von Hans Freiherrn von Berlepsch, Burg Seebach, 
| Kreis Langensalza. 1) 


Vielfachen Wünschen Folge gebend, werde ich versuchen 


zu schildern, wie ich zu meiner ornithologischen Tätigkeit und 
damit auf das Gebiet des Vogelschutzes gekommon bin, und mich 
dann fortschreitend darin betätigt habe, also meinen gewisser- 
malsen ornithologischen Lebenslauf zu geben. Im Allgemeinen 
werde ich mich kurz fassen, nur in grolsen Zügen andeuten, und 
nur Begebenheiten oder Beobachtungen von allgemeinem Interesse 
eingehender ausführen. Ihren Abchlufs soll diese zusammen- 
hängende Schilderung mit Erscheinen der ersten Auflage des 
„Der gesamte Vogelschutz‘‘' finden. Das meiste Spätere von Wert 


findet sich schon irgend anderswo aufgezeichnet. Ich gebe dieses 


deshalb nur noch datumweise. 

Geboren am 18. Oktober 1857 auf Burg Seebach, Kreis 
Langensalza. Die Freude an der Natur, an der Tier- speziell 
Vogelwelt ist ein Familienerbteil. Schon unser Wappen, 5 Sittiche, 
deutet darauf hin.2) Mein Onkel war der bekannte, für die 


1) Anm. der Redaktion. Abdruck mit Quellenangabe gestattet. Für 
mehr populäre Zeitschriften, deren Leser vielfach wohl nicht im Besitz 
der S. 352 bis Schlufs genannten Fachliteratur sind, hat sich Freiherr von 


Berlepsch bereit erklärt, die auf diesen Seiten nur datumweise gegebenen 


Notizen näher auszuführen. 
2) Laut Wappensage nächtigte Kaiser Friedrich Barbarossa bei 
seinen Reisen durch das Land nach damaligem Brauch auf der Burg eines 


Berlevessen (erst im fünfzehnten Jahrhundert lautete sich Berlevessen in 


Berlepsch um). Als er am nächsten Morgen seinen Gastgeber in Kurz- 
weil mit unbekannten grünen Vögeln beobachtete, tadelte er ihn ob dieser 
für einen Rittersmann unziemlichen Beschäftigung. Berlepsch sagte: „Du 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 325 


volkswirtschaftliche Bienenzucht bahnbrechende Imker. Mein 
Vater war grofser Stubenvogelliebhaber. Ihm waren aber nur 
die allergewöhnlichsten Vögel bekannt. Schon die Brunelle war 
eine unbekannte Grölse. Irgend welche ornithologische Bücher 
besafs mein Vater nicht. So wurde ich schon als kleiner Junge 
_ eifriger Naturbeobachter und vom sechsten Jahre an hielt ich 
mir, mit Zeisig und Rotkehlchen beginnend, Stubenvögel. Die 
_ Insektenfresser meines Vaters fütterte niemand gewissenhafter als 
ich. Aus meinem 8. Jahre findet sich ein kleines angefangenes 
Büchelchen vor „Vogelnaturgeschichte‘“ mit der Dohle beginnend. 
„Die Dohle ist nicht ganz schwarz etc.“ Weit über den Anfang 
bin ich auch nicht gekommen; jedenfalls aber doch ein Zeugnis, 
womit sich das Kindergehirn schon damals beschäftigt hat. 


Sehr früh mufs ich mich auch mit Aufzucht junger Vögel 
und Vogelfang befafst haben, jedenfalls war ich mit 10 Jahren 
schon recht weit in dieser Kunst. Brehms „Vogelfang‘“, den ich 
mir zu dieser Zeit von gesammelten Patengroschen als erstes 
ornithologisches Werk zulegte, vervollständigte diese meine Kennt- 
nis, und wurde von jetzt an mein liebstes Lesebuch. Ich hielt 
es für Ehrensache, jeden Vogel, den ich sah, auch fangen zu 
können. Meist wurden sie nur gründlich besehen, mit Hilfe meiner 

„Bibliothek“ festgestelit und dann wieder in Freiheit gesetzt. 


. Schon als kleiner Junge war ich dem Waidwerk zugetan, 
nnd meinen Vater auf Hühnerjagd und Krähenhütte begleiten zu 
dürfen, zählt noch heute zu meinen schönsten Kindererinnerungen. 
Später begann dann in den Herbst- und Weihnachtsferien fast 
jeder Tag auf der Krähenhütte. Mit unserm alten Uhu hatte ich 
mich so eingelebt, dals ich allein aus seinen Gebärden erkannte, 
welche Vogelart — auch kleine Singvögel — gerade vorüberflog. 
Dieser Jagd bin ich bis heute treu geblieben und verdanke ich 
ihr das untrüglichste Urteil über die Wandlungen des Bestandes 
unserer Raubvögel.e. Was kam einstmals und was kommt jetzt! 
Bussard und Turmfalke wurden schon zur Schulzeit geschont, dann 
erhielt auch der schöne Gabelweih Pardon, und seit Jahren schiefse 
ich überhaupt nur noch Hühnerhabicht und Sperber. Damit ist das 
Resultat natürlich auf ein Minimum gesunken. Die Naturbeob- 
_ achtung aus jenem Versteck ist aber die gleiche geblieben, und 

gewährt mir heute noch den gleichen Genufs wie einstmals. 


tust mir Unrecht. Du hättest mich vorerst fragen sollen, woher diese 
Vögel stammen. Ich weifs und tue sehr wohl, was einem Ritter geziemt, 
Wenn nötig und Gelegenheit führe ich mein Schwert, wenn aber Ruhe ist, 
halte ich auch solche Beschäftigung für erlaubt. So folgte ich Dir, als 
Du zum Kreuzzug riefst, und von dorten brachte ich mir diese Sittiche mit.“ 
_ Barbarossa sah sein Unrecht ein und sagte: „So sollst Du zum Andenken 
an Deine Kreuzfahrt und die heutige Begebenheit von jetzt an diese 
Vögel im Wappen führen.‘ 


325 Hans Freiherr von Berlepsch : 


Von meinem zwölften bis fünfzehnten Jahre war ich 


einem Privatinstitut zu Bad Sulza in Thüringen. Die leider i 


geringe Aufsicht ermöglichte es mir, mich anstatt mit den Schul- 
arbeiten fast nur mit ornithologischen Beobachtungen und Studien 


zu befassen. Besonders beschäftigte ich mich mit der Literatur. ° 


Unter dem Atlas, der grofsen lateinischen Grammatik etc. lagen 
während der Arbeitsstunden stets ornithologische Bücher. So 
war es nicht wunderbar, dafs ich es nach drei ein halb Jahren 


glücklich von Quarta bis Untertertia brachte. Ostern 73 kam 
ich mit Hängen und Fallen in die unterste Klasse der Kloster- 
schule Rofsleben. Dort noch weniger beaufsichtigt, fühlte ich 
mich nun völlig als Naturforscher. Zu Beobachtungen bot der 


grolse Ziegelrodaer Forst gute Gelegenheit, und auch in den 


Arbeitsstunden beschäftigte ich mich theoretisch wie praktisch 


ausschliefslich mit dem Tierreich. Alles Getier, dessen ich hab- 
haft werden konnte, wurde gefangen oder ausgenommen und mit 
nach Hause gebracht, sodafs unsere Zelle (Stube) bald mehr 
einer Menagerie als einer Schulstube glich. Das Schwierige 
war nur, dafs mich der inspizierende Lehrer nicht fassen durfte, 
denn Tiere auf der Zelle zu halten, war verboten. Alle Schwierig- 
keiten wurden aber überwunden, und den Tieren dabei das enge 
Gefängnis so traulich als möglich gestaltet. Waldkäuze wurden 
angefesselt, junge Vögel im hälbgeöffneten Bücherschrank auf- 
gezogen, junge Füchse hausten in einem Kommodenschub, wilde 
Kanickel, umgelegte Wasserstiefeln als Röhren benutzend, unter 
den Betten. Waldmäuse wurden zur Domestizierung einfach 


freigelassen, und dieser mein erster Einbürgerungsversuch gelang 


so gut, dafs diese Waldbewohner nach Verlauf von 2 Jahren im 
ganzen Kloster bereits als Plage auftraten. Auch Schlangen, 
Kröten, Frösche und anderes Tierzeug feblten natürlich nicht. 
Längere Zeit hatte ich einen jungen Rehbock als Stubengenossen. 
Dieser machte mir ganz besondere Schwierigkeiten. Das hungrige 
Tier verlangte auch nachts nach warmer Milch. Der strenge 
Zellenoberer hatte aber verboten, ihm durch Spiritusanzünden 


die Nachtruhe zu stören. Da war denn guter Rat teuer. Doch 


ich fand auch hier einen Ausweg: Ich erwärmte die Milch am 
Abend, gofs sie in die Saugflasche und band mir diese mit einem 


Handtuch beim Schlafengehen auf den Leib. So hielt dieser 


denn die Milch warm; die Milch aber auch den Leib, was 


bei heifser Sommerszeit gerade keine Annehmlichkeit war. Aber 


die Sache klappte Der Zorn des hohen Herren wurde nicht \ 


geweckt, und der Bock gedieh. 


Neben all diesem Kunterbunt beschäftigte ich mich aber doch ai 
auch schon direkt ernst wissenschaftlich, und manche Notizen 
in meinem Tagebuch — von Ostern 72 bis nach bestandenem 


Abiturientenexamen im Sommer 79, also von meinem 14. bis 


21. Lebensjahre habe ich genaues Togebuch geführt — legen “ 
Zeugnis hiervon ab. So stammt aus jener Zeit auch folgende, 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 827 


im Hinbliek auf meine spätere Tätigkeit gewifs nicht uninteres- 
‚sante Aufzeichnung. Auf eine abfällige Kritik Alfred Brehms 
über die Verwendung von Nistkästen, und seine Ansicht, dafs 
wir den Höhlenbrütern endgültig nur durch Wiederanzucht von 
alten hohlen Bäumen helfen könnten, schrieb ich: „Leider mufs 
ich Brehm zustimmen, die Nistkästen taugen nicht viel. Aber 
warten müssen, bis die Bäume alt und hohl werden, ist eine 
traurige Aussicht. Es kann doch mal anders werden, wenn es 
gelänge, die Kästen der Natur so täuschend nachzubilden, dafs 
sie von den Vögeln in gleicher Weise, wie die natürlichen Höhlen 
bezogen würden.“ Diese Notiz zeugt doch gewils von ernster 
- Erwägung. Dafs ich 20 Jahre später selbst den Schlüssel dazu 
finden würde, habe ich damals allerdings noch nicht geabnt. 
Doch, ob ernste Betätigung oder mehr Spielerei, für die Leistungen 
in der Schule war jedenfalls beides nicht förderlich. Denn wie- 
viel Zeit dem „Naturforscher“ bei all dieser Arbeit für die 
Schularbeiten übrig blieb, ist wohl einleuchtend. Den hohen 
Rang eines ultimus omnium erwarb ich mir immer von neuem, 
bis glücklicherweise Weihnachten 73 endlich der Verstandsknoten 
platzte. Meine’ mit vielen stattlichen 5 gezierte Zensur brachte 
“mich zur Einsicht, dafs es so nicht weiter gehen könne, und dafs 
- ich, um die Schule durchzumachen — und das hatte ich mir vor- 
genommen — vorerst mal mit aller Naturwissenschaftlerei Schlufs 
machen, der Schüler vorerst auch etwas anderes lernen müsse. 
So kam denn ein Moment, der mir tatsächlich wohl mit einer 
der schwersteh meines Lebens gewesen ist. Schon in den Ferien 
bestellte ich die ornithologischen Zeitschriften auf und nach 
Rofsleben zurückgekehrt, schaffte ich alles Getier ab. Dann 
packte ich alles, was ich an naturwissenschaftlicher Literatur 
und sonstigem Material besafs, in eine grofse Kiste, vernagelte 
sie gut, und gab mir das Wort, sie nicht eher wieder zu Öffnen, 
bis ich nach Obersekunda versetzt sei. 

Nachdem ich mich so von aller naturwissenschaftlichen Be- 
-tätigung losgesagt, legte ich mich mit gleicher Energie auf den 
mir im Grunde meines Herzens verhafsten toten Schulkram, 
füllte die vielen Lücken in Kürze aus und kam in der vorschrifts- 
mälsigen Zeit von 21/, Jahren denn auch glücklich nach Ober- 
sekunda. 

Ich kann mich noch sehr wohl darauf besinnen, mit welcher 
Sehnsucht ich während dieser Jahre die unter dem Tische stehende 
Kiste immer betrachtete, wie aber auch die Aussicht, auf die mir 
selbst gesetzte Belohnung mich immer erneut mit der langweiligen 
Schulwissenschaft beschäftigen lies. Wie mir der Schmerzens- 
moment der Einsargung der Bücher noch lebhaft im Gedächtnis 
steht, ebenso erinnerlich ist mir auch meine Glückseligkeit, als 
ich sie nun wieder zum Lichte erstehen lassen durfte. Von jetzt 
an, Ostern 1876, habe ich denn mein Lieblingsstudium bis zur 
Stunde nicht wieder unterbrechen brauchen, 


a Hans Freiherr von Berlepsch: 


Beobachtungen und Studium begannen nun mit doppeltem 
Eifer von neuem. Auch hatte ich wieder Vögel und andere Tiere, 


alles aber doch schon mehr in gesetzteren Grenzen. Besondere 
Freundschaft hielt ich mehrere Jahre hindurch mit einer Ratte 
und einem jung aufgezogenen Rotkehlchen. Letzteres bewohnte 
einen Teil meines Bücherschrankes. Die Ratte durfte sich in 
unserer Zelle frei bewegen. Sie war anhänglich wie ein Hund, 
machte nachts allerdings mitunter kleine Ausflüge, aber früh zum 
Kaffeetrinken war sie stets wieder zur Stelle. Dann safs sie 


neben mir auf meinem Pult und frühstückte mit. Auf dieses 
seltsame Tier werde ich von alten Schulgenossen noch oft an- 


geredet. 
Auf dem Spielhof hing ich Nistkästen auf, aber trotz der 
besten damaligen Ware, von Frühauf in Schleusingen b:zogen, 


wie zu Haus auch hier mit nur wenig Erfolg. Aufser Spatzen 


waren nur zweimal Kohlmeisen und einmal ein Wendehals darin. 


Dafür, dafs letzterer von 9 Eiern nur 4 erbrütete, hatte icn da- 
mals noch keine Erklärung. Ich nahm es einfach als Zufai: hin. 
‚ Zur Winterszeit wurden nach „bewährten Vorschriften“ Futter- 
bretter und -Plätze angelegt, aber schon zu jener Zeit erkannte 
ich die Unzulänglichkeit all dieser Einrichtungen. Das Futter 
verwehte, verregnete oder schneite zu, und so war es den Vögeln 
gerade dann, wenn sie es bedurften, nicht mehr zugänglich. Auf 
Abhilfe habe ich aber noch nicht gesonnen: jurabam in verba ma- 


gistri — ich schwor auf die Worte des Meisters. Bedenken 


stiegen mir aber schon als Schüler gegen die in allen Büchern 


zu lesende zweite Brut der Stare auf. Da Stare zu Haus, in 


der Seebacher Gegend noch nicht heimisch waren, zog ich in 


Rofsleben Junge auf und setzte sie das nächste Frühjahr zw Haus 


aus. Um die jungen Vögel nicht so lange füttern zu müssen, 
wollte ich sie aus der nach der Literatur kurz vor die grofsen 


Ferien fallenden zweiten Brut nehmen. Soviel ich aber im Walde 
Stare im April und anfangs Mai gefunden, im Juni und Juli war 


nichts mehr von ihnen zu sehen. Im kommenden Jahre nahm 
ich dann die erste Brut. Das Aussetzen blieb aber ergebnislos. 


Mit Erfolg habe ich in jener Zeit zu Haus Wellensittiche 


und den jetzt schon seit langen Jahren ausgestorbenen Karolina- 
sittich gezüchtet.!) Letztere herrliche grüne Vögel mit gelb und 


1) Der Karolinasittich bewohnte einst in enormen Flügen Nord- 
amerika. Nach Einzug der Kultur richtete er an den Feldern und Obst- 


pflanzungen grofsen Schaden an, sodafs er von den Europäern ständig s 
verfolgt wurde. In den siebziger Jahren vor. Jahrhunderts mufs er aber 
noch recht häufig gewesen sein, dafür spricht sein billiger Preis. Das 


Paar kostete damals 5 Taler. Auch entsinne ich mich, in Hamburg bei 


Fräulein Christiane Hagenbeck und Fockelmann in jener Zeit grofse Käfige 


voll dieser Vögel gesehen zu haben. In den neunziger Jahren kamen 


durch Hagenbeck die letzten 3 nach hier und wurden von zwei zoologischen 


See 
SE SON 


% 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 829 


- rotem Kopf von Gröfse und Gestalt, auch Flug des Turmfalken, 
bewohnten einen früheren Taubenschlag. Mit 2 Paar beginnend, 
hatten sie sich allmählich auf einige 20 Stück vermehrt. Des 
Taubenschlages entwöhnten sie sich mehr und mehr. Sie suchten 
ihn ntaı: noch als Futterstelle auf. Brüten taten sie in natürlichen 
Höhlen zweier alter Linden. Da sie in geschlossenen Flügen 
meilenweit das Land durchstreiften, bat- ich in den gelesenen 
Zeitungen von Zeit zu Zeit um Schonuug. Eines Tages — es 
war gerade in den letzten Weihnachtsferien — waren nur noch 
einige sichtbar und am nächsten Tag waren alle verschwunden. 
Nachforschungen blieben erfolglos. Erst einige Jahrzehnte später 
hat sich das traurige Rätsel gelöst. In einer über 50 km von 
Seebach entfernten Dorfschänke fand sich eine ganze Anzahl 
 verräscherter Ueberreste von Karolinasittichen, und der Wirt 
‚berichtete, dals Vater selig diese komischen Vögel einst innerhalb 
zweier Tage von der Hoflinde geschossen habe. Er entsinne sich 
- nock.:seiner Erzählung, dafs um die zuerst gefallenen die anderen 
- immer. erneut herumgeflattert seien und sich so bis zum letzten 
hätten vernichten lassen. Also auch hier das alte Lied vom Ende 
jedes seltenen Vogels. 
Aulser mit Papageien machte ich zu Haus in geräumigen 
Volieren auch noch mit anderen Vögeln Züchtungs- ud Ein- 
 bürgerungsversuche Diese Einrichtungen stellte ich immer 
während der Ferien soweit fertig, dals die Vögel in meiner Ab- 
_ wesenheit dann nur noch gefüttert zu werden brauchten. 
Zum Schutz des Wildes hatte mein seliger Vater nach 
altem Brauch Tobinamburremisen. Ihren Unwert, ja ihre direkte 
- Schädlichkeit für die Niederjagd erkennend, drängte ich den alten, 
gütigen Herrn schon seit länger, solche in Gehölze von Schwarz- 
und Weilsdorn umzuwandeln. Im Herbst 1876 gab er endlich 
- meinen Bitten nach. In den Osterferien 1877 durchsetzte ich 
solche dann noch heimlich mit ausgeackerten Wurzeln einer 
_ alten Eichenvaumschule, und so entstanden in Seebach die ersten, 
meine heutigen ältesten Vogelschutzgehölze. 

Ueber alle Beobachtungen und Erfahrungen während meiner 
Schuizeit habe ich genaues Tagebuch geführt und später manch 
wertvolle Aufzeichnungen darunter gefunden und verwerten können. 
80 vergingen von jener denkwürdignn Auferstehung meiner or- 
nithologischen Bücher und Schriften die nächsten 3 Jahre, bis 
ich im Sommer 1879 mein Abiturientenexamen machte und als 
Fahnenjunker in das 11. Husarenregiment eintrat, dessen Garnison 
damals Düsseldorf war. 


Gärten fast mit Gold aufgewogen. Jetzt gehört der Karolinasittich nur 
noch der Geschichte an. Ein Gegenstück zur Wandertaube, und beide 
gewils beredte Zeugnisse dafür, wie rasch, nachdem die Reihen erst ge- 
lichtet, die gänziiche Ausrottung einer Tiergattung vor sich geht. Das 
letzte Stadium besorgt dann die Inzucht. 


Journ, f. Or. LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 22 


‚830 Hans Freiherr von Berlepsch: 


Man wird sich über diese Berufswahl vielleicht wundern. 
In mir sind aber zwei Naturen: Das Interesse und die Liebe zur 
Natur und der Soldat. Der soviel geschmähte Militarismus ist 
und war von jeher mein Ideal. Er bedeutete mir schon damals 
nichts weiter als Pflichtgefühl und Gründlichkeit; auf jedem 
Gebiet die Grundbedingung zum Erreichen des Höchsten, der 
Wahrheit. Und einem Stand angehören zu dürfen, wo einer 
befiehit, die andern das Maul halten müssen (leider „mufsten‘“) 


und gehorchen, hat mich stets mit höchstem Stolz erfüllt. Diesen 


idealen Zustand fand ich nur beim Militär. Auch glaubte ich, 
als Soldat mit der Natur noch die engste Fühlung halten zu 
können. Dieser Glaube hat mich nicht getäuscht. = 

Wohl trat nun, wenigstens im Beobachten und Experimen- 
tieren, ein Stocken ein. Ich hielt mir zwar auch jetzt, wie stets 
während meiner Dienstzeit, Stubenvögel, aber zu mehr war vor- 
erst weder Zeit noch Lust vorhanden. Für meine lange Schul- 
zeit wollte ich mich entschädigen, mich nun erst mal gründlich 
austoben, und auch diesen Vorsatz habe ich gewissenhaft durch- 
geführt. Das lustige leichtlebige Düsseldorf war ja ganz der 
rechte Platz dazu. 

Meine Sehnsucht waren von jeher Reisen, und zwar grölsere 
Reisen ins Ausland. Der Erreichung dieses Wunsches hat sich 
während meines ganzen Lebens alles andere beugen müssen. 
Schon Ausgangs Winter 1883 bot sich die erste Gelegenheit da- 
zu, und die kaum erlangte schöne Stellung als Regimentsadjutant 
gab ich für diesen Preis freudigen Herzens wieder auf. Im Stillen 
ordnete ich alle Verhältnisse für längere Abwesenheit, und so 
währte denn diese Reise volle Fünfvierteljahre. Am 23. Februar 
1883 verliefs ich Düsseldorf und kehrte erst am 23. Mai 1884 
wieder nach dort zurück. 


Ich machte mir ein festes Programm, ohne mich aber an 


die Zeit zu binden. Die Dauer der einzelnen Programmabschnitte 
sollten die Umstände ergeben. Die Angel, worum sich alles 
drehte, war Kenntnis von Land, Leuten und Vogelwelt. Früh- 
jahr und Sommer waren für die französische und deutsche 
Schweiz bestimmt. Nach achtwöchentlichem Aufenthalt in Mon- 
treux zur Erlernung der französischen Sprache, wozu ich mir 


Pension in einer kleinen, nur französisch verstehenden Beamten- 
familie gesucht hatte, verbrachte ich die übrige Zeit auf einer 


fortlaufenden Fulswanderung. Eine selbstkonstruierte, nur mit 
dem Allernötigsten versehene Reisetasche auf dem Rücken (Ruck- 


sack kannte man damals in Deutschland noch nicht), gutes Glas 
um, den Hals und festen Bergstock in der Hand, so durch- 
wanderte ich, begleitet von meinem treuen Rattenfänger „Schnauz“ 
die ganze Schweiz. Das war eine herrliche Zeit und begeistert 


schrieb ich in mein Tagebuch: „Die Beobachtung der Natur ist 
der höchste Genufs und die Grundlage alles Wissens.“ Wieviel 
‘Neues bot sich mir, und speziell auf ornithologischem Gebiet: 


Mein ornithologischer Lebenslauf. | 831 


Die Alpenbrunelle, der herrliche Alpenmauerläufer, die Wasser- 
' amsel, der Steinadler — zwar nur 2 Exemplare in Graubünden 
gesehen — Alpendohle und -Krähe, Schneehuhn und ganz be- 
sonders der Schneefink. Letzteren fand ich zum ersten Mal am 
4. Juli brütend in einer Fensternische des noch in Schnee und 
Eis liegenden St. Bernhard-Hospizes. (Hier lernte ich auch die 
St. Bernbardiner an ihrer Wiege kennen. Ich war aber nicht 
wenig enttäuscht, nach unseren jetzigen Anforderungen an diese 
Hunderasse mehr oder weniger nur Fixköter zu finden. Auch der 
berühmte Barry, ausgestopft im Museum zu Bern, kann äulserlich 
* nicht anders bezeichnet werden. Interessant ist aber, dafs alle 
auf dem Hospiz einst und jetzt gezüchteten und verwendeten 
Hunde kurzbaarig sind. Nach Auskunft der Mönche sind lang- 
haärige Hunde überhaupt nicht brauchbar, da sich zu viel Schnee 
- ansetzen würde) Aber auch andere, nicht spezielle Alpenvögel 
_ traten mir auf dieser Wanderung zum ersten Mal in der Natur 
entgegen. So der damals in Deutschland noch recht seltene 
Schwarzspecht. Ich fand ihn samt Bruthöhle an der Simplon- 
_ stralse, und zwar letztere mit dem für den Westen Europas 
 charakteristischen kreisrunden Flugloch. 
Meine Wanderung endete am 22. September in Lugano. 
Hier wurde zur Erlernung der italienischen Sprache für die 
nächsten 6 Wochen Aufenthalt bezw. Standquartier genommen, 
_ und zwar wieder in einer nur italienisch sprechenden Pension. 
Täglich batte ich bei einem Schulmeister 3 Stunden Unterricht, 
im übrigen wurde die Zeit gröfsenteils auf den verschiedenen 
- Vogelfanganlagen verbracht. Roccolo, Passata, Brescianella, Vogel- 
 herd, Schlingen, Sprenkel, Leim, alles lernte ich durch Vermitt- 
lung meines Hauswirtes gründlich kennen, ja ich machte, um 
nicht Argwohn zu erregen, alle diese Scheufslichkeiten selber 
mit. Zu den entfernteren Anlagen mulste ich schon am Abend 
gehen. Das Nachtlager wurde dann mit dem Vogellänger ge- 
‘teilt, wonach meist reichliche Einquartierung gewisser kleiner 
Tierchen zu spüren war. Das war nun zwar nicht gerade er- 
- götzlich, wurde aber gern in Kauf genommen für alles Inter- 
_ essante, was ich hier hörte, sah und lernte. Die Stunder des 
 Vogelfanges waren auch die ergiebigsten zur Beobachtung des 
 Vogelzuges, und so zählen jene Stunden in den schmutzigen 
Vogelfängerhäuschen zu meinen schönsten ornithologischen Er- 
innerungen. Man soll übrigens ja nicht glauben, dafs diese 
 Vogelfänger xbeliebige Kerle sind. Sie waren z. T. direkt ge- 
bildete Ornithologen, wenigstens auf biologischem Gebiet. Ohne 
“solche aus der Praxis hervorgegangene Kenntnis würden sie ja 
auch gar nicht solch routinierte Fänger sein können. Für letztere 
Fähigkeit ist ersteres die unerläfsliche Vorbedingung. Die grofsen 
 zusammenhängenden Anlagen gehörten vielfach reichen Herren aus 
Florenz und Mailand, in deren Diensten die Fänger standen. Als 
besonders gute Fänger werden die Pergamesen geschätzt. 
Be. \ PP% 


ii, 
. [ , 
Ei 


Er Hans Freiherr von Berlepsch: 


Von Lugano wanderte ich langsam weiter durch die Po- 
ebene über Mailand nach Genua und dann an der herrlichen 
Riviera entlang bis Nizza. Auch diese Wanderung, immer in 
Begleitung meines treuen Freundes Schnauz, bot ornithologisch 
viel des Interessanten. Die enormen Massen der auf Märkten 
ausgelegten Vögel bestärkten mich in dem Urteil, dafs neben 
der Kultur docb auch dieser südliche Vogelfang unserer Ornis 
erheblichen Abbruch tue. Ueberall traf ich unsere heimischen 
Zugvögel, und hier ebenso gefährdet wie oben an den Seen. Hier 
wurden sie hauptsächlich durch den Vogelfang im Kleinen, be- 
sonders unter Anwendung des Käuzchens und die überall knal- 
lenden Schiefser vernichtet. - 

Von Nizza schiffte ich mich nach Corsica ein, und nachdem 
ich auch diese interessante Insel, wie auch einen Teil von Sar- 
dinien innerhalb 5 Wochen kreuz und quer. durchstreift hatte — 
leider ohne der Sitta canadensis whiteheadi (Sharpe) ansichtig zu 
werden —, fuhr ich Mitte Dezember nach Afrika über. 

Die ersten 5 Wochen verbrachte ich in Gesellschaft eines 
französischen Öffiziers in dem auf den Höhen des Atlas gelegenen 
herrlichen Hamam Mescoutine. Die den Erdboden auf weite 
Strecken unterminierenden siedend heilsen Quellen treten hier 
zutage, und geben der an uud für sich schon recht heifsen 
Gegend einen fast tropischen Charakter. Dementsprechend ist 
die Flora und Fauna, und unsere europäischen Zugvögel nehmen 
hier gern für länger Winteraufenthalt. Unsere täglichen Jagd- 
ausflüge, wie auch das Ansitzen während der Nacht — auf 
Wildschweine, Steinhühner, Schakale, Hyänen (Löwen und Panther ° 
waren schon damals nur seltene Irrgäste) — boten zu Beobach- 
tungen ausgiebig Gelegenheit. 

Unvergefslich ist mir aus dieser Zeit ein Wanderflug der 
Stare, wie ich ihn zusammen mit einem solchen unserer Feld- 
lerche aus dem Monat April desselben Jahres in Apulien in dem 
Berichte des II. Internationalen Ornithologen-Kongresses 1890 
zu Budapest näher beschrieben habe. Ersteren gewahrte ich 
nachmittags gegen 2 Uhr. Er beweste sich von NW nach SO. 
Er war etwa 1 km breit und über die Länge fehlt mir jede 
Schätzung. Dielse mufs aber viele 100 km betragen haben, 
denn bei einbrechender Dunkelheit war er noch in unveränderter 
Breite und Dichte. Der Lerchenzug hatte die entgegengesetzte 
Richtung. Auch er mochte gleiche Breite haben und währte 
auch über eine Stunde. Bei beiden Zügen handelte es sich 
zweifelsohne um Millionen, ja vielleicht Milliarden von Indivi- 
duen, und lernte ich die Laienauffassung verstehen, dafs an 
solchen Zügen die Vernichtung selbst vieler Tausende ohne Be- 
deutung sei. Der Fachmann kann sich dem aber nicht an- 
schliefsen. Er weils, dafs die auf solchem Zuge in grolser Zahl 
vereinigten Vögel der Zusammenschlufs all der kleinen Wander- 
züge ist, deren jeder einer ganz bestimmten Gegend angehört, 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 333 


und während der ganzen Wanderung wohl auch mehr oder 
weniger in sich geschlossen bleibt. Nach ihrer Rückkehr ver- 
teilen sich alle diese Vögel wieder auf ihre engere Heimat, und 
bleibt dann der an solchen grofsen Wanderzügen relativ unbe- 
deutende Verlust gewifs nicht ohne Bedeutung. Mit eine Er- 
klärung des plötzlichen, scheinbar unerklärlichen Verschwindens 
gewisser Vogelarten in dieser oder jener Gegend. 
| An diesen idyllischen Aufenthalt schlofs sich ein zwei- 
monatlicher Kamelsritt durch die Sahara. Hier traten mir nun 
zum ersten Mal die Wüstenformen entgegen und belehrten mich 
über die Mimikry und ihre Notwendigkeit, jedenfalls über ihren 
. praktischen Wert. Die fahle Farbe der dort beheimateten Tiere, 
seien es Säugetiere oder Vögel, bietet diesen in dem meist jeder 
Deckung baren Gelände den einzigen Schutz. Auch die Tier- 
liebe der Mohammedaner lernte ich kennen. In entlegenen 
Oasen, wo der christliche Europäer nur selten hinkommt, waren 
die Vögel ohne jede Scheu und lebten vielfach mit den Menschen 
unter einem Dache. Besonders zutraulich fand ich die Wüsten- 
lerche Alauda isabellina, den Wüstensperling Passer simplex 
saharae (Erl.) und die kleine Wüstenammer Emberiza sahari 
(Levaill),. In einer kleinen Oase südwestlich Wargla waren 
letztere vollständig zu Haustieren geworden, frafsen während 
des Essens mit vom Teller und schliefen mit den Menschen im 
gleichen Raume. 

Den Rückweg nahm ich nach Tunis und fuhr von.hier in 
den letzten Tagen des März nach Sizilien über. Nachdem ich 
auch diese Insel kreuz und quer durchwandert, einen Abstecher 
nach Malta gemacht und den Aetna bestiegen hatte, begann ich 
durch Italien allmählich die Rückreise. 

Auch in diesen Frühlingsmonaten sah ich noch manch 
ornithologisch Interessantes. So unsere Zugvögel auf ihrer Rück- 
wanderung; auch den im Frühjahr in Süditalien ebenso wie im 
Herbst im Norden des Landes blühenden Vogelfang. In Kala- 
brien erlebte ich den schon vorstehend geschilderten Lerchenzug, 
und am Fufse des Vesuvs und auf Capri sah und hörte ich 
enorme Mengen von Wachteln. Aus jeder Erdscholle strichen sie 
ab, und die ganze Gegend erschallte von ihren feinen Lockrufen. 
Den Schlag hörte ich aber nur selten. Die Wanderzüge im 
Frühjahr sind schwächer als im Herbst und dementsprechend 
natürlich auch das Fangresultat geringer. Die Märkte zu be- 
suchen, versäumte ich auch jetzt keine Gelegenheit. Ich fand 
‚ die Vögel durchweg im vermauserten Hochzeitskleid. 

Nach 5/, Jahren kam ich endlich Ende Mai 84 wieder zum 
ı Regiment zurück, und wurde der detachierten Schwadron in dem 
kleinen Orte Benrath zugeteilt. Dort verblieb ich, bis ich be- 
reits im Februar 1886 eine neue Reise nach Südamerika antrat. 

Diese Benrather Zeit war höchst idyllisch und ermöglichte 
, mir eine äulserst rege ornithologische Betätigung. Die Kaserne 


384 Hans Freiherr von Berlepsch: ; 


- und die Reitplätze lagen in dem an den Rhein anstofenden h. 
Schlofspark, der Exzerzierplatz inmitten des Königlichen Staats- 
forstes, und alle Anmarschwege führten gleichfalls durch Wald 
und Heide. Der Königliche Dienst, fern. des Hohen Regiments- 
‚stabes, erlaubte all diese Gelegenheiten reichlich auszunutzen. 
Mit dem Königlichen Oberförster stand ich natürlich auf bestem 
Fufse, und Büchse, Flinte, Netze, Fernglas sowie ein guter Hund 
gehörten zur ständigen Ausrüstung. Ä 
Auch im Vogelschutz war ich tätig und datiert aus dieser 
Zeit eine schon öfters angeführte Beobachtung. Ein Reserve- 
offizier meines Regiments hatte in Benrath eine Kunsttöpferei, 
und benutzte ich diese Gelegenheit, mir von dieser Nistkästen 
anfertigen zu lassen. Sie waren in der damals üblichen Form, 
also ein walzenförmiger Topf mit flachem geraden Boden und 
abnebmbarem Deckel. Der Winter 1884/85 war besonders streng. 
Nach Neujahr hatten wir viele Wochen hohen Schnee und wieder- 
holt fiel das Thermometer bis unter 20 Grad. Zur Winterszeit 
hatte ich auf die Kästen bezw. Nisttöpfe, jetzt Urnen genannt, 
nicht weiter geachtet, als ich sie aber im Frühjahr neu in 
Ordnung bringen wollte, fand ich in ihnen verschiedene tote 
Vögel, Meisen, Kleiber, Feldsperling und ein Rotkehlchen. Die 
nächstliegende Erklärung war und ist mir auch heute noch, dals 
solche erfroren sind. Ich bin später öfter hierauf zurückgekommen. 
Dieser Milserfolg liefs mich erneut des einstmaligen Aus- 
spruchs Alfred Brehms gedenken, dafs alle Nistkästen nutzlos 
seien. Gleichzeitig brachte er mich aber auch auf den Ge- 
danken, doch mal Beobachtungen anzustellen, welche Art 
natürlicher Nisthöhlen überhaupt von den Vögeln haupt- 
sächlich zu Niststellen gewählt werden, um danach eventuell 
Verbesserungen der Kästen vornehmen zu können. # 
In diese Benrather Zeit fällt nach dem leider im Sommeil | 
84 erfolgten frühen Tode meines guten Vaters die Anlage des 
Seebacher Parkes. Mein Plan hierzu stammt schon aus meiner 
Kinderzeit: ein deutscher Wald mit Wasser und Blicken. In 
der Voraussicht, vorerst selbst nicht nach dort zu kommen, 
nahm ich nur kleine, jährige Pflanzen. Auf einer Photographie 
aus jener Zeit erscheint der Park deshalb mehr wie ein Kar- 
toffelfeld. | 
Im Februar 1886 trat ich eine achtmonatliche Reise nach 
Südamerika an. Diese Reise war lange vorbereitet. Schon als 
Sekundaner legte ich mir den Weg zurecht, der mich durch eine 
noch völlige Terra incognita führen sollte. Die Bekanntschaft 
mit Dr. von den Steinen nach seiner bekannten Forschungsreise 
am oberen Xingu liefs mich dann meinen Weg nur mehr südlich 
legen, durch das noch völlig unbekannte östliche Paraguay und 
die hinteren Teile der dort anstofsenden südlichen Provinzen 
von Brasilien. Auch wurde der vor der Heimreise geplante Ab- 
stecher nach der Mündung des Amazonas vereitelt, indem ich | 


s ER 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 835 


3 zur Durchquerung des Urwaldgürtels anstatt der angenommenen 
4-5 Wochen über 3 Monate gebrauchte. | 
Als letzte Vorbereitung für diese Reise wurde Spanisch 


gelernt, das rasche Abbalgen erneut geübt und die zoologischen, 


speziell ornithologischen Burmeisterschen Werke studiert. Diese 
- kamen auch in mein bescheidenes Reisegepäck, und Professor 
' Burmeister gab mir in Buenos Ayres noch persönlich in liebens- 
würdigster Weise eingehende Belehrung. Glücklicherweise fand 
ich noch in zwölfter Stunde in Hauptmann Geilsel vom Infanterie- 
Regiment 39 einen Reisegefährten. Uns führte weniger Freund- 
schaft, als gemeinsame Interessen zusammen, und konnten wir 
unsere bescheidenen Kenntnisse in günstiger Weise gegenseitig 
ergänzen. Geifsel war leidlicher Botaniker und speziell recht 
guter Anthropologe. Alle oft wirklich nicht geringen Beschwerden 
und Fährlichkeiten hat er treulich mit mir geteilt. 

Diese Reise galt vornehmlich ornithologischen Studien und 
es trat mir in diesen tropischen und subtropischen Zonen natür- 
lich auf Tritt und Schritt Interessantes und Neues entgegen. 
Dieses alles aufzuzählen würde für vorliegenden Zweck zu weit 
führen. Ich werde deshalb in Folgendem nur dessen eingehen- 
der Erwähnung tun, was während jener Zeit auf meine ornitho- 
logische und speziell spätere vogelschützerische Tätigkeit be- 
fruchtend und klärend gewirkt hat. Dies waren vornehmlich 
3 Beobachtungen. 

Ehe ich das Urwaldgebiet verliefs, war es Spätherbst und 


_ Winter — Mai, Juni, Juli -—- geworden. Trotzdem zogen all- 


abendlich ungeheure Schwärme der Amazonenpapageien — Ama- 
zona festiva (L.) und Amasona Dufresnei (Sw.) — auch kleinere 
Fiüge der dortigen 3 Arasarten — Ara chloropterus (Gray), Ara 
 Ararauna (L.) und Anadorhynchus Leari (Bp.) ihren Brutplätzen 
wieder zu, und nächtigten in ihren alten Nisthöhlen. Eingehende 
Beobachtungen kurz vor der Nacht — allmähliges Dunkelwerden 
gibt es unter diesen Breitengraden bekanntlich nicht — und am 
_ frühen Morgen belehrten mich aufserdem, dafs nicht nur 1 oder 2, 
sondern oft 4—5 Vögel in einer Höhle übernachteten. Dies 
- brachte mich auf den Gedanken, ob es in unseren Breiten nicht 
- eventuell ebenso sei. Meine späteren Beobachtungen haben dieses 
bestätigt. Auch hierzulande, also wohl auf der ganzen Erde, 
kehren alle Höhlenbrüter, jedenfalls soweit sie Standvögel sind, 
auch aufserhalb der Brutzeit jeden Abend in die Nisthöhlen 
zurück. Teilweise Ausnahmen machen nur die, welche, wie z.B. 
die Stare in grofsen Schwärmen im Röhricht, Epheu oder ähn- 
lichen Deckungen Unterschlupf suchen. Hier in unseren Breiten 
finden sie so auch Schutz gegen Kälte. Auch schlafen, wie dort, 
so auch hier vielfach mehrere Vögel zusammen in einer Höhle. 
Ja, zu Anfang des Winters, ehe im Kampf ums Dasein ihre 
Reihen wieder gelichtet sind, findet man die Höhlen oft förmlich 
- von Vögeln vollgestopft. Allein in einer kleinen Meisenhöhle 


336 Hans Freiherr von Berlepsch: 


wurden schon bis 9 Meisen, 3 Kohl- und 6 Sumpfmeisen gefunden. 


Diese Feststellung hat auf dem Gebiet des Vogelschutzes eine. 


garnicht hoch genug einzuschätzende Wandlung gezeitist. Nahm 
man doch früher die Nistkästen, um sie länger zu konservierer, 
nach der Brutperiode vielfach ab und brachte sie erst im nächsten 
Jahre nach Eintritt guten Wetters wieder an ihre Plätze. Ich, 
und wohl auch andere werden sich gewils noch entsinnen, wie 


spekulative Nistkästenfabrikanten ihre Ware gerade dadurch be- 


Br 
ge 
=, 


sonders anzupreisen suchten, dafs sie an ihren Kästen Vor- 


kehrungen getroffen hätten, solches leicht bewerkstelligen zu 
können. Jetzt wissen wir, dafs die Höhlenbrüter die Nisthöhlen 
im Winter ebenso benötigen, wie zur Brutzeit, und dafs somit 


jener Vogelschutz geradezu eine systematische Vernichtung. 


der Vögel war. 

Die zweite Beobachtung jener Reise ist den Freibrütern zu 
gute gekommen. Die Mafsnahmen, wie wir sie jetzt so erfolg- 
reich zu deren Schutz in Anwendung bringen, sind gleichfalls 
das Ergebnis jener Reise. Sie gründen sich auf eingehende 
Beobachtungen der in der noch unberührten jungfräulichen Natur 
gewählten Nistplätze. Der tiefe dunkle Urwald ist tot wie das 
Waldinnere auch bei uns. Ja, es wird unglaublich klingen, dafs 
ich in meinem Tagebuch sieben aufeinanderfolgende Tage ver- 
zeichnet habe, während deren ich irgend ein lebendes Tier, 
Amphibien und Schlangen inbegriffen, überhaupt weder sah noch 
hörte. Die feuchte fieberschwangere Atmosphäre würde in kürzerer 
oder längerer Zeit jedes höhere Lebewesen töten. Nur gewisse 
Insektenarten gedeihen hier, und wurden uns gerade während 
jener Tage zur höllischen Pein. Nur an den Ausläufern der 
Wälder, an den Flufsläufen, oder sonstigen lichteren Stellen findet 
sich das in unserer Phantasie gebildete Urwaldleben. Besonders 
reich ist hier die Vogelwelt. Hier treffen wir die verschiedensten 
Sumpf-, Raub-, Sing-, Klettervögel, alles bunt durcheinander. 
Hier ziehen, mich lebhaft an unsere winterlichen Krähenschwärme 
erinnernd, nach Tausenden zählende Flüge der bereits erwähnten 
Papageienarten, sich schon auf mehrere Kilometer Entfernung 
durch ihr Geschrei verratend. Hier sitzen träge Geier, bier fliegen 
behende Falken. Dort hüpft ein merkwürdig gelber Gegenstand, 
“ scheinbar eine lange Gurke in dem Dunkel der Baumkrone her- 
um, bis wir gewahr werden, dafs dies ja nur der Schnabel des 
dazu gehörigen Pfefferfressers ist. Enorme Massen kleiner In- 


sektenfresser befliegen die hohlen Bäume oder andere besonders 


reiche Nahrungsquellen, und werden gleichzeitig wieder in Massen 
von den sich um sie sammelnden Raubvögeln genommen. Un- 
behindert und unverargt. Nützlich und schädlich hat die mensch- 
liche ‚Brille hier noch nicht gesichtet. 


Diese Gelände waren denn auch die Dorados der Beob- 
achtungen, und hier war es auch, wo ich in dem reichlichen 


Mein ornithologischer Lebenslauf. | 837 


i Unterholz, vornehmlich aus einer langnadligen Dornenart be- 


stehend, unzählige Nester fand. Es war mir aber auffallend, 
dafs der Nesterreichtum bei annähernd gleicher Art und Menge 
des Unterholzes, wie auch annähernd gleicher Beschattung sehr 
wechselnd war. An manchen Stellen. fehlten Nester fast gänzlich, 


während sie anderwärts so dicht standen, dafs die Gehölze von 


weitem wie mit dichtem Moos überzogen erschienen. Bei wieder- 
holter Beobachtung fand ich die Erklärung hierfür. Die Büsche 
werden zu den begehrten Nestträgern, abgesehen von dem Ueber- 
und Durchwuchern der Schlinggewächse, erst durch nachstehenden 
eigenartigen Vorgang. In dem feuchten Klima der Urwälder 
geht das Werden und Vergehen sehr rasch vor sich. Vielfach 
sind die Baumstämme unten schon zerfallen, während oben 
Zweige und Holzklötze noch in Massen in den Schlinggewächsen 
hängen bleiben.. Durch Wind, abstreichende Vögel und andere 
Ursachen fallen diese Stücke dann allmählich herab — das war 


für uns übrigens gar nicht ohne Gefahr. Mein Begleiter -Geifsel 


entging einmal nur mit genauer Not dem Tode — und schlagen 
das darunterstehende Gesträuch entzwei. Unterhalb der so ent- 
standenen Bruchstellen treiben die schlafenden Augen und bilden 
quirlförmige Verästelungen, und hauptsächlich hierauf 
standen die unzähligen Nester. Ich sah also, dafs 
es weniger auf den Stand und die Art der Büsche ankam, als 
vielmehr auf ihre Beschaffenheit. Je mehr sie durch vorstehend 
geschilderten Vorgang deformiert waren, desto mehr Nester standen 
darin. Jetzt entsann ich mich auch, dafs mir Aehnliches schon 
auf meiner früheren Reise in Afrika am Südabhang des Atlas- 


_ gebirges entgegengetreten war. Damals hatte ich mir aber weiter 


keine Rechenschaft darüber gegeben. Diesen Wahrneh- 
mungen verdanken die jetzigen Vogelschutz- 


 gehölzenunlediglichihre Entstehung. Ich ver- 
suche auf künstlichem Wege in relativ kurzer Zeit das Gleiche 


zu erzeugen, was ich hier im Laufe langer Zeitepochen von selbst 


- entstanden fand. Man versteht also jetzt unter Vogelschutzgehölz 


eine aus bestimmten Holzarten zusammengesetzte Pflanzung, in 
der durch entsprechende Pflege, besonders Schnitt, die gleichen 
guten Nistgelegenheiten geschaffen werden, wie sich solche einst- 
mals von selbst bildeten und in den Urwäldern auch jetzt noch 
zu finden sind. 

Eine dritte Beobachtung ti mich zu den Grundsätzen der 
Winterfütterung geführt. Dies waren jene schen erwähnten hohlen 
Bäume, oft von enormen Dimensionen, sowie auch andere mehr 


oder weniger geschützte Nahrungsquellen. Letztere wurden durch 


übereinandergefallene und allseitig von Schlinggewächsen, Moos, 
Farren etc. überwucherte Baumstumpfen und abgebrochene Baum- 


 kronen gebildet. In den faulen und morschen Wänden dieser 


Gebilde finden die Vögel einen ewig gedeckten Tisch, und was 
das Wesentlichste ist, mehr oder weniger wettersicheren Unter- 


388 | ‘Hans Freiherr von Berlepsch: 


schlupf. Dort in den Tropen ist solches ja zwar bedeutungslos, 
wie schwerschwiegend ist dies aber gewesen, als sich solche 
Gebilde dereinst auch bei uns gefunden haben. Und so hat die 
Erinnerung an jene Vorratskammern des Urwalds mich später 
anf den Gedanken gebracht, solche auch wieder bei uns zu 


schaffen, und mich so die oberste Bedingung für jede Winter- J 


fütterung gelehrt: Wettersicherheit. | 

Dies die drei wichtigen Beobachtungen jener Reise. Hin- 
sichtlich des Schutzes unserer Vögel wohl mit die wichtigsten 
Stellen, die ich überhaupt im Buche der Natur gelesen habe. 


Auf der Heimreise konnte ich mich in der brasilianischen 


Provinz St. Paulo von den Schäden einer sinnlos ausgeführten 
Kultur überzeugen. Dieses einst herrliche mit einem das ganze 


Jahr hindurch gleichmäfsig warmem Klima gesegnete Waldgebiet 


hatte die idealsten Kaffeeplantagen gezeitigt. Die blinde Habgier 
der Facenderos entwaldete aber immer mehr, bis allmählich das 
Klima derart verändert worden ist, dafs jetzt die Kaffeepflanzen 
alljährlich erfrieren, und so grofse Strecken schon verlassen, 
öde und wüst liegen. | 

In Bahia verliefs ich die amerikanische Erde wieder. Eine 5 
sich allmählich angesammelte kleine Menagerie. begleitete mich. 
Die gesammelten Vogelbälge war ich genötigt gewesen, im zwei 
grolsen Kisten zwei deutschen Ansiedlern anzuvertrauen. Eine 
kam nach einem Jahr, und zwar in noch ganz guter Verfassung, 
die andere leider nie an. Da mir solches aber von vornherein 
nicht ausgeschlossen schien, hatte ich jeden Vogel aufserdem 
genau beschrieben und konnte so 103 verschiedene Arten be- 
stimmen. Darunter haben sich nach Urteil meines verstorbenen 
Vetters, des bekannten und speziell für Südamerika malsgebenden 
ornithologischen Systematikers, Grafen Berlepsch anscheinend 
aber nur 2 neue Stücke gefunden. Alle übrigen waren, besonders 


durch die Werke a. Burmeisters, als schon bekannt an- 


zusehen. 

. Es wird mir schwer, von dieser Reise nicht noch anderes, 
und gewils für jedermann Interessantes zu sagen. So unsere 
Begegnung mit noch im völligen Urzustand lebenden Indianer- 
stämmen, unsere Fährlichkeiten in den Sumpfgebieten, das noch 
an homerische Zeiten erinnernde Leben der Facenderos u.a.m. 
Doch ich will den Rahmen dieser Arbeit nicht übersteigen. 

In die Zeit nach meiner Rückkehr bis zu meiner Versetzung 
im Frühjahr 1889 in das 15. Husarenregiment nach Wandsbeck 
fallen die weitere Ausgestaltung des in den Jahren 1884 und 85 
angelegten Seebacher Burgparkes, die ersten mehrfach milsglückten 
Versuche, nach den urwaldlichen Vorbildern Vogelschutzgehölze 
anzulegen, bezw. schon vorhandene darnach umzubilden, sowie im 
Frühjahr 1888 eine nochmalige achtwöchige Reise nach Italien. 

Diese galt hauptsächlich der Nachprüfung der Beobachtungen 
aus den Jahren 1883 und 84. Ich wählte wiederum die Zugzeit, 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 889 


besuchte wie früher das obere Seengebiet, die Gegenden um Rom 


und Neapel, und weilte abermals, und zwar diesmal 3 Wochen, 
auf dem mir liebgewonnenen Capri. Wesentlich neue Beob- 
achtungen habe ich von dieser Reise nicht zu verzeichnen; die 
Zugerscheinungen, die Stätten des Vogelfanges, ja meist auch 
die Vogelfänger, meine alten Bekannten, waren noch die gleichen 
wie früher. Nur lernte ich damals eine ganz eigentümliche Sitte 
kennen, durch welche jährlich auch viele Tausende. von Vögeln 
kläglich zu Grunde gehen. Ob ihrer Sonderbarkeit, und da sie 
wohl nur wenigen bekannt sein dürfte, halte ich sie wert, bier 
näher zu beschreiben. Ich schildere den für ganz Uhnteritalien 
üblichen Brauch, wie ich auf Capri selbst Zeuge davon war. 

Am Sonnabend vor Ostern wird bekanntlich in der katho- 
 Jischen Kirche der Freude über das bevorstehende Fest besonderer 
Ausdruck verliehen. Diese Freude wurde nun, und wird wohl 
auch jetzt noch auf folgende Weise versinnlicht. In dem Moment, 
in dem der Priester das Gloria anstimmte, wurde vor dem Altar 
Feuerwerk abgebrannt, eine Musikkapelle fiel in stürmische Weisen, 
und jeder fromme Kirchgänger liefs als Sinnbild des zu.Gott 
steigenden Gebetes einen bis dahin verborgenen Vogel fliegen. 
Welch Durcheinander dies gab, ist wohl denkbar. Die armen 
Geschöpfe flogen gegen die brennenden Altarkerzen, von denen 
sie mit versengten Gliedmafsen zu Boden fielen, viele stiefsen 
_ sich an den seitlichen Fenstern die Köpfe ein, und noch andere 
fanden ein rasches Ende unter den zahlreichen Fülsen. Das 
traurigste Los aber traf die, welche ihrer Bestimmung gemäfs 
gen Himmel stiegen, d. h. oben in die Glaskuppel flogen. Hier 
waren sie nun beständig der brennendsten Sonne ausgesetzt, 
mochten sie an den Scheiben flattern, oder zur Verlängerung 
ihrer Leiden auf irgend einem Vorsprung ruhen. Das Ende aller 
‘war Verhungern und Verdursten. Einige ertrugen die Qualen 
merkwürdig lange; noch am nächsten Tage sah ich in der Kuppel 
2 graue Steinschmätzer flattern. Es war mir ein trauriger An- 
blick, aber die armen Tiere zu erlösen, stand nicht in meiner 
Macht. 

Hier sehen wir die Vogelvernichtung und -Quälerei nicht 
nur als Symptome der niederen Volksklassen, sondern sanktioniert 
und direkt befohlen von gelehrten Leuten und christlichen Seel- 
sorgern. Mich hatte der ganze Vorgang so entrüstet, dals ich 
mir fest vornahm, in den nächsten Jahren unter Begleitung 
meines wütenden Uhus dieser „Feierlichkeit‘‘ nochmals beizu- 
. wohnen, und dann dem Geistlichen dieses „Vögelchen“ an den 


Kopf zu werfen. Leider ist nichts daraus geworden. Ich habe 


Capri seitdem noch nicht wieder besuchen können. 

Auch meine Beobachtungen über natürliche Nisthöhlen setzte 
ich weiter fort, und es fiel mir allmählich auf, wie viele der ver- 
Schiedensten Vogelarten sich alter Spechthöblen bedienen. Ohne 
auf den Gedanken zu kommen, solche künstlich nachbilden zu 


30 - Hans Freiherr von Berlepsch: 


wollen, oder auch nur näher zu untersuchen, liefs ich mir, ge- 
wissermafsen instinktiv, doch schon äufserlich an die jetzigen so- 
genannten Berlepsch’schen Nisthöhlen erinnernde Nistkästen her- 
stellen. Es waren vom Drechsler in der Weise ausgebohrte 
Rullen, dafs die Kästen aufser dem aufgenagelten Dache, schon 
aus nur einem Stück bestanden. Ihre Haltbarkeit und‘ die Er- 
folge damit waren auch schon günstiger als die der alten Bretter- 
kästen. Etliche waren bis vor wenigen Jahren intakt geblieben. 
Infolge des durch die Art ihrer Herstellung bedingten hohen 
Preises konnte es sich aber nur um relativ wenige Stücke handeln. 

Während des nun folgenden Aufenthaltes in Wandsbek habe 
ich dort an Ort und Stelle nennenswerte Beobachtungen wohl 
gar keine gemacht. Ornithologisch konnte ich mich dort nur 
durch öfteren Besuch der Hamburger zoologischen Handlungen 
des zoologischen Gartens und Hagenbeck’s betätigen. Auf Uebungs- 
reisen und während der Manöver kam ich östlich der Elbe zum 
ersten Mal in das Brutgebiet der Nebelkrähen und erkannte ihre 
nur geographische Verschiedenheit von der Rabenbrähe. Ich fand 
im Grenzgebiet viele Bastardierungen, und im Mai 1890 bei 
Güstrow eine Raben- und eine Nebelkrähe als richtiges Brutpaar. 
Zu meinem Bedauern war ich dienstlich verhindert, an dem im 
Mai 1890 stattfindenden II. Internationalen Ornithologen-Kongrefs 
zu Budapest persönlich teilzunehmen. Ich sandte aber einen 
Vortrag „Die Vernichtung unserer Zugvögel im Süden und der 
daraus resultierende Schaden“ (siehe „II. internationaler Ornitho- 
logen-Kongrefs. Budapest 1890), ein Ergebnis meiner Reisen 
der Jahre 1883, 84 und 88. 

Seit Juli desselben Jahres hatte ich die feste arnatuna 
den, Steinsperling wieder neu für, Deutschland aufgefunden zu 
haben. Während meines Hochzeitsaufenthaltes auf meinem See- 
bacher Forsthaus kamen wir auf unseren Wanderungen auch nach 
der einsamen im Hainichwalde am Abhang zum Werratal gelegenen 
Burg Haineck. Hier hörte ich mir völlig unbekannte Vogel- 
stimmen, hatte damals aber keine Zeit zu weiterer Beobachtung. 
Nach der Oertlichkeit wagte ich aber auf den Steinsperling zu 
schliefsen, wie es sich nach 2 Jahren, im Sommer 1892, auch als 
richtig ergeben sollte: 

Zu Haus machte ich in jener Zeit erfreuliche Fortschritte 
in Anlage und Ausgestaltung der Vogelschutzgehölze. Ich er- 
kannte den hohen Wert des Weifsdorns, und dafs nicht nur ein 
einmaliges, sondern jährliches Zurückschneiden zu der erstrebten 
richtigen Quirlbildung erforderlich ist. Dafs ich damals für 
vogelschützerische Zwecke auch noch den Schwarzdorn hoch ein- 
schätzte, ist nicht wunderbar; erst die Zeit konnte mich lehren, 
dafs ein endgültiges Urteil über den Wert der verschiedenen 
Holzarten nur nach mehr-, ja langjähriger Erprobung möglich 
ist. Was sich anfänglich gut bewährt, zeigt sich vielfach später 
als weniger brauchbar, bezw. auch ganz unbrauchbar. So kann 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 841 


der Schwarzdorn den fortlaufenden Schnitt, anderes die zu- 
nehmende Beschattung, den seitlichen Druck etc. nicht vertragen, 
oder gestaltet sich unter den veränderten Verhältnissen doch 
mehr oder weniger um. Es können deshalb das Studium und 
die langjährigen Erfahrungen des Einzelnen 
wohl bei keiner vogelschützerischen Betätigung freudiger begrülst 
und mit mehr Vorteil verwertet werden, als gerade beim Schutz der 
Freibrüter, besonders bei Anlage geschlossener Vogeischutzgehölze. 

Im Winter 90 auf 91 wandte ich zum ersten Male als 
Fütterung für freilebende Vögel die Futtermischung mit Fett an. 
Hierzu führte mich die Erfahrung, dafs Fett allen Vögeln eine 
willkommene und als Wärme erzeugende Substanz besonders 
zuträgliche Nahrung ist. Meine Bemühungen nach den urwald- 
lichen Vorbildern wettersichere Winterfütterungen herzustellen, 
blieben aber trotz allem Nachdenken und vielfacher Versuche 


‚vorerst noch erfolglos. 


In Erkenntnis der Notwendigkeit, nach nunmehr schon 
sechsjährigem Tode meines Vaters mich mal eingehender um Be- 
sitz. und Familie zu kümmern, liefs ich mich im Herbst 1891 


& la suite stellen, und wohnte bis Frühjahr 93 mit meiner Frau 


und unserer damaligen kleinen Tochter auf jenem schon vorer- 


wähnten Forsthaus. Galt jene Zeit auch weniger ornithologischen 


Studien, als vielmehr eingehenden Bekümmerns um Gut und 
heimatliche Verhältnisse, so erübrigte ich doch immerhin auch 
Zeit für ersteres. 

Die Talgfütterung führte mich zum Futterbaum, und haben 
wir diesem dort in der Einsamkeit manche unterhaltende Stunden 
und interessante Beobachtungen zu verdanken. Im Frühjahr 92 


 prüfte ich den Wert des alten. abgefallenen Laubes. Ein stets 


gut besetztes Vogelschutzgehölz säuberte ich zur Hälfte von 
solchem, in der anderen Hälfte liefs ich das Laub unberührt 
liegen. Der Versuch zeitigte ein überzeugendes Ergebnis. Die 
Nester standen danach fast ausschliefslich in letzterem Teil. Ich 
führe dies weniger darauf zurück, dafs sich in dem Laub manche 
Nahrung findet, als vielmehr darauf, dafs das trockene Laub bei 
jeder Berührung raschelt, und so den Vögeln der Dar ieh. 
Schutz gegen ihre Feinde ist. 

Im Sommer gleichen Jahres fand ich den schon seit zwei Jahren 


vermuteten Steinsperling endgültig auf. Auch dieser Begebenhei 


möchte ich eingehender Erwähnung tun, da sie sich mit auf meinen 
leider schon so früh verstorbenen Vetter, den bedeuteten Ornitho- 


 logen, Grafen Berlepsch bezieht. Mehrere Gänge nach Burg 


Haineck waren schon ergebnislos verlaufen, bis ich Anfang Juni jenen 
unbekannten Ton erneut hörte und gleich darauf mehrerer Paare 
des mir bis dahin noch völlig fremden Steinsperlings ansichtig 
wurde. Nach der eingehenden Beschreibung Naumanns war er 
unschwer zu erkennen. Ich kam in den Besitz einer ganzen 
lebenden Familie, der beiden Alten, fünf Jungen und auch eines 


842 Hans Freiherr von Berlepsch: 


Eies. Graf Berlepsch hielt die Tatsache für so unmöglich, dafs 
er persönlich zu mir kam, und sich erst durch Kenntnisnahme 
der Beweisstücke überzeugen liels. Vier der Jungen setzte ich 
wieder in Freiheit, eins, ein schönes S{ wurde mir aber ein 
langjähriger, selten zahmer und unterhaltender Stubengenosse, 
Das alte Pärchen gab ich später an den Berliner Zoologischen 
Garten, wo man Brutversuche damit vornehmen wollte, es aber 
leider bald durch Ratten umkam. 

So war nach fast 100 Jahren, seit Naumanns Zeiten der 


Steinsperling das erstemal wieder für Deutschland nachgewiesen. R 


Die Nester standen in Mauerspalten, circa 30 m hoch, aber stets 
so, dafs ein freier Abflug nach den Feldern möglich war. Je 
nach Höherwerden des die Burg umgebenden Waldes wählten 
sie auch höhere Niststellen. Als dann der Wald die Burg 
gänzlich überwachsen hatte, verliefsen sie diese. Seit 1905 habe 
ich die Steinsperlinge dort nicht mehr beobachtet. 

| Recht gute Fortschritte machte ich in der Nistkästenfrage. 
Ich kam zu der klaren Erkenntnis, dafs allen Höhlenbrütern die 
liebsten Wohnungen alte Spechthöhlen sind, fing an, mir solche 
zu verschaffen und näher zu untersuchen. Ich hofite daraus 
vielleicht Anhalt zu finden, die Nistkästen erfolgreich zu ver- 


bessern. Als unbedingtes Erfordernis erkannte ich die spitz- 


ovale Bodenform, und fand damit nun auch Erklärung für so 
viele Fehlbruten, speziell für jene Brut des Wendehalses aus 
meiner Schulzeit (siehe 5. 328), die aus 9 Eiern nur 4 Junge 
zeitigte Etliche Höhlen dieser Art fertigte ich mir an und 
fügte sie in Seebach und im Forsthausgarten zwischen die bereits 
hängenden. Um den teuren Drechsler zu umgehen, stellte ich 
sie jetzt auf folgende Art her: Ich spaltete die Rulle in 2 Teile, 
höhlte jede Hälfte mit Meifsel und Dengel für sich aus, und 


nagelte sie dann wieder zusammen. Schon nach Jahresfrist 


zeigte sich aber das Unzulängliche dieser Anfertigung. Durch 
ungleichmäfsiges Trocknen und Werfen der beiden Teile wurden 
die Höhlen, gleich den anderen alten, rissig und dadurch nicht 
mehr wettersicher. 


Meine nun schon seit 2 Jahrzehnten — seit meiner Kind- 


heit — fortgesetzten Versuche, den Star in Seebach anzusiedeln, 
blieben noch immer erfolglos. Natürliche Höhlen gab es damals 
dort noch nicht, und die vielen besonders für sie angebrachten 
Nistkästen — die bekannten alten Holzkübel — hatten sienochnie 
bezogen. Erst nach der Brutzeit fanden sich Stare dort ein 


und waren dann allerdings ebenso häufig als anderswo. Oben | 


im Walde, nur 10 km von Seebach entfernt, nisteten sie dagegen 
in Massen, sowobl in natürlichen Höhlen, als auch in den unten 
in Seebach verschmähten Kästen. Gewils ein Beweis, wiesschwierig 


der Staar dort, wo er noch nicht heimisch, überhaupt anzusiedeln | 
ist. Im Inneren des Mansfelder Seekreises ist's ganz unerklär- 


licherweise bis jetzt noch nicht gelungen. 


Mein ornithologischer Lebenslauf. | 848 


Zweite Bruten der Stare habe ich übrigens auch da- 
' mals nicht wahrnehmen können. Ende Mai, nach Ausfliegen 
der ersten Brut, waren alle Stare aus dem Walde ver- 
schwunden. Hierbei fiel mir zum erstenmal auf, dafs dies 
Verschwinden ganz plötzlich, innerhalb weniger Tage ge- 
schah, und zwar gleich nach dem Ausfliegen der Jungen. Ein- 
gehende Beobachtungen in den nachfolgenden Jahren ergaben 
dann die eigenartige Lebenserscheinung, dafs die Stare nach 
Ausfliegen der Jungen nur noch 1 bis 14/, Tage im Brutrevier 
verbleiben. Danach ziehen sie viele Meilen weit fort, um dort 
die gefürchteten großsen Flüge zu bilden. Die Stare, die dem 
Obstzüchter, Weinbergbesitzer etc. oft so lästig fallen, sind also 
nicht die in jener Gegend erbrüteten, sondern fremde Stare. 
Solche Feststellung wird manchem als eine vage Behauptung 
erscheinen und ist gewils auch nicht leicht festzustellen. Im 
allgemeinen werden die abziehenden Stare gleich wieder durch 
Zuzügler aus anderer Gegend ersetzt, und der Abzug der Brut- 
stare tritt dadurch gar nicht in Erscheinung. Somit wäre dieser 
Vorgang an anderer Oertlichkeit gewils auch mir entgangen. 
Die Cammerforster Gegend ermöglicht aber diese Beobachtung, 

_ indem es hier nur Brutstare gibt, nach deren Abzug aber keine 
anderen Zuzüge stattfinden. Man kann die Bewohner Cammer- 
forst’s hierzu beglückwünschen, denn so sind bis zur Reifezeit 
nicht nur die Wälder, sondern auch die anstofsenden grolsen 
Kirschplantagen frei von jeglichen Staren. Eine Schädigung 
dieser Anlagen durch Stare, soviel auch dort jährlich in den 
von mir aufgehangenen Höhlen erbrütet werden, hat noch nie 
stattgefunden. 

Im März 92 nahm ich zum ersten Mal den „nun sieben- 
jährigen Seebacher Burgpark in Angriff. Es war eine energische 
Durchforstung, zum Teil auch Umgestaltung erforderlich, und 
wie energisch ich vorging, mag sich daraus ergeben, dafs meine 
gute selige Mutter angesichts der „Verwüstung‘“ laut zu weinen 

begann. Gleichzeitig vervollständigte ich den Park auf alle mittel- 
europäischen Holzarten, durchsetzte ihn an passenden Stellen 
mit zahlreichem Weifsdorn und trug auch sonst überall dem 

 Vogelschutz Rechnung. Für die nächsten Jahre waren die sich 
schon gebildeten Nistgelegenheiten allerdings erst mal wieder 
zerstört worden. Doch was kann es helfen, bei jeder Garten- 
und Parkanlage darf stets nur das erstrebte Zukunftsbild als 
Richtschnur dienen, und da müssen Säge und Messer schonungs- 

los in ihre Rechte treten. 

Dafs in unserem Waldidyll bald eine kleine Menagerie ent- 
stand, bedarf wohl keiner weiteren Erwähnung. Auch meine 
Frau ist, bezw. war grofse Tierliebhaberin. 

| Im Frühjahr 1893 fand ich erneute Anstellung bei den 
14. Husaren in Cassel. Meine ornithologische Tätigkeit erfuhr 
ı dadurch durchaus keine Unterbrechung. Die herrliche Karlsaue, 


un ET 


344 Hans Freiherr von Berlepsch : 


Wilhelmshöhe, sowie das andere ausgedehnte Wald- und Wiesen- 


selände boten sogar ungeahnte Fundgruben auf diesem Gebiet. 


Dazu war ich der Heimat so nahe, dafs ich mit ihr in ständiger 


Fühlung bleiben und so das dort Begonnene und Geschaffene selbst 
weiter leiten konnte. Dankbar mulfs ich das Verständnis und die 
Unterstützung meiner Bestrebungen bei den Zivil- als auch den 
Militärbehörden anerkennen. Ueberall liefs man mir bereitwillig 
freie Hand. So legte ich im Jahre. 1895 in der Karlsaue die 


noch jetzt bestehenden Vogelschutzgehölze an, war in der Lage, 
mir zu meinen Spechthöhlenstudien selbst reichliches Material 
zu verschaffen; — nur mit der Winterfütterung kam ich nicht 


vorwärts. So verblieb ich denn noch ausschliefsliich bei dem 
Futterbaum. Dieser hat ja auch viel Gutes. Er entspricht un- 


seren besten natürlichen Futterquellen. Aber doch eben nur 


unseren Futterquellen, also den Futterquellen, wie sie uns 
in der durch die Kultur verdorbenen Natur noch übrig geblieben 
sind, und ist somit auch mit ihren Mängeln behaftet. Er ist 
nicht unbedingt wettersicher, wie die mir aus dem Urwald be- 
kannten idealen Futtersteillen. Auf eine solche Fütterung mulste 
ich, soviel ich darüber auch nachdachte und experimentierte, 


noch immer verzichten, uud zwar noch eine ganze Reihe von 


Jahren. 

Die ornithologisch befruchtendste Zeit waren aber die drei 
Jahre, die ich vom Jahre 95—98 bei den 8. Husaren in Pader- 
born verbrachte Ja, ich muls sagen, dafs ich durch diesen 


Aufenthalt überhaupt erst in die Lage kam, meine Hauptarbeit 
der letzten Jahrzehnte, das Nisthöhlenstudium zum Abschluls 


zu bringen. Ich kann jene Zeit immer nur wieder als ein gnä- 
diges Geschenk höherer Vorsehung betrachten. Wo ich ging 
und stand, war ich inmitten interessantester Natur, und so 


boten sich selbst während des Dienstes reichliche Beobachtungen. 


Das ergiebigste Feld war die grofse freie Senne, jene aus- 
gedehnte Heidelandschaft, durchsetzt — wenigstens damals 


noch — mit morastigen Sümpfen, vereinzelten Waldkomplexen, 


und abgeschlossenen, von kleinen, aber uralten Eichenhainen 


umgebenen Bauernhöfen. Der Westfale ist von Natur miß- 
trauisch und zurückhaltend, trotzdem stand ich bald mit all 
den biederen Sennebauern auf bestem Fuls. Manche Morgen- 


und Abendstunden habe ich auf ihrer Scholle verbracht. Nach- 
dem sie erst Vertrauen zu mir gefalst, lielsen sie dem „komischen 
Rittmeister“, wie sie mich zu bezeichnen pflegten, zu allem, für 
sie unverständlichen Beginnen, freie Hand. 

Als besonders günstig erkannte ich diese vereinzelt liegen- 


den Gehöfte, die Biologie der Spechte kennen zu lernen. Spechte 
sind dort auf jedem Gehöft vertreten, doch immer nur in einem 
Paar, bezw. in je einem Paar derselben Art. Jeder weitere Ein- 


dringling wird sogleich energisch befehdet und wieder vertrieben. 
Trotzdem fand ich aber viele Höhlen gleichen Fluglochs, also 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 845 


von der gleichen Art gezimmert. In der Literatur, auch im 
Naumann, suchte ich vergeblich um Aufschlufs. Diesen brachte 
mir erst das Frühjahr 1897. Auf einem Gehöft bestätigte ich je 
1 Paar grofser Bunt- und Grünspechte, auf einem anderen je 
1 Paar dieser beiden Arten und auch noch 1 Paar Kleinspechte. 
Ich suchte nun alle Nisthöhlen bezw. deren Fluglöcher sorg- 
fältig auf, besorgte mir dazu passende Fafspfropfen, und verkeilte 
sie damit. Das Ergebnis war höchst überraschend und belehrend: 
Alle 3 Spechtarten gingen sofort erneut an die Arbeit, machten 
aber viel mehr Höhlen, als sie zu einer Brut benötigten. Am 
meisten die Buntspechte — auf dem einen Gehöft gerade ein 
Dutzend —, weniger die Grünspechte — 3 und 4 — am wenigsten 
— nur2 — der Kleinspecht. Von den Höhlen des Buntspechtes 
waren 4 durch neue Löcher unterhalb der verkeilten nach den 
alten Höhlen entstanden, die der Grünspechte und des Klein- 
spechtes waren durchweg neu. Alle Höhlen waren aber nur an 
faulen Stellen begonnen, und je nach deren Ausdehnung ganz 
oder nur teilweise vollendet. Alle waren aber doch genügend, 
anderen kleinen Höhlenbrütern schon als Wohnung zu dienen. 
 Selbstbezogen hatten die Spechte nur je eine Höhle, die anderen 
waren, und zwar auch schon bei der ersten Brut, von Garten- 
 rotschwanz, Kleiber, Wendehals, Meisen, Feldsperling und eine 
des Grünspechtes vom Wiedehopf besetzt. Eine Anzahl der nur 
_ begonnenen, von anderen Höhlenbrütern aber bereits bezogen 
gewesenen Höhlen habe ich mir damals herausgeschnitten und 
befinden sich in meiner Seebacher Sammlung. . 
Dieser ganze Vorgang ist sowohl für die Biologie der Spechte, 
als auch der anderen Höhlenbrüter von grölstem Werte. Er zeigt 
den Nutzen der Spechte in einem noch ganz besonderen Lichte. 
- Er liefert eine demonstratio ante oculos ihrer ihnen von der 
- Natur gesetzten Aufgabe, Baumeister für die anderen Vögel zu 
sein. Meine schon früher gemachte Beobachtung, dafs alle 
Höhlenbrüter Spechthöhlen besonders bevorzugen, fand hierdurch 
ihre volle Bestätigung. Jetzt erst war ich mir endgültig klar, 
dafs eine allen Anforderungen entsprechende Nisthöhle lediglich 
die genaue Nachbildung der Spechthöhle sein mufs. Die suc- 
cessive Untersuchung von mehr als 100 .dieser Höhlen brachte 
das überraschende Ergebnis, dafs den Nisthöhlen aller Specht- 
arten genau dieselbe Bauart zu Grunde liegt, sie nur in der 
Gröfse verschieden sind. Nun formte ich die bis jetzt angefer- 
tigten Höhlen dementprechend noch weiter um — bis 1896 hatte 
ich sie noch mit zylindrischer Bohrung und auch kurzen Sitz- 
hölzern — bis endlich 1897 die genaue Kopie der natürlichen 
Spechthöhle, die jetzige sogenannte „Berlepsch’sche Nisthöhle“, 
fertig war. 
Besonders förderlich war die Paderborner Zeit auch der 
Ueberwindung der technischen Schwierigkeiten ihrer Anfertigung. 
Im Jahre 96 glaubte ich allerdings hierin schon zu einem 


Joum, f. Orn. LXX, Jahrg. AprilfJuli 1922. 23 


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346 Hans Freiherr von Berlepsch: 


Abschlufs gekommen zu sein, erfuhr aber nach mühsamen und 
recht kostspieligen Versuchen eine arge Enttäuschung. Ich dachte 
mir die Sache damals so, einen Bohrer zu konstruieren, der 
gleichzeitig die Röhre als auch die spitzovale Nestmulde forme, 
diesen an irgend eine rotierende Maschine zu spannen, und so 
nach einer genauen Anleitung die Herstellung der Höhlen jedem 
Interessenten selbst zu überlassen. Zu Versuchen liefs ich mir 
erst nur einen kleinen Bohrer von 4 cm Durchmesser machen, 
und hiermit glückte die Bohrung auch sehr gut. Anders, als ich 
nun zu den richtigen Dimensionen von 9 und 15 cm Durchmesser 
kam. Die an der Peripherie jetzt viel raschere Umdrehung setzte 
jedes Hirnholz noch vor Vollendung der Bohrung einfach in 
Flammen. Damit war dieser Versuch recht drastisch abgeschlossen, 
und mit dem in Remscheid für unverhältnismäfsig hohe Kosten 
hergestellten Bohrer hatte ich mir nur eine neue Enttäuschung 
erkauft. Zum Andenken daran liegt er noch in der Seebacher 
Sammlung. Später mulste ich allerdings einsehen, dafs ich bei 
diesem Verfahren, auch wenn der Bohrer endgültig funktioniert 
haben würde, doch nicht hätte verbleiben können, da ich damit 
nur zylindrische Bohrungen erzielte. 

Zur gleichen Zeit lernte ich hier in Westfalen das Holz- 
schuhmachergewerbe kennen, und hierauf baute ich nun erneut 
meine Hoffnungen. Ich liefs meinen Kammerforster Holz- 
arbeiter Fröbe nach dort kommen, und ihn auf dem Besitz meines 
alten Brigadekameraden Freiherrn von Brenken in dieser Kunst 
ausbilden. Dieser, sowie ein Holzschuhmacher Münstermann zu 
Brenken in Westfalen fertigten nun mit von mir etwas umgeformten 
und gleichfalls von einem westfälischen Schmied hergestellten 
Werkzeugen bis Winter 1897 die Höhlen. Die Sache ging ganz 
gut, aber sowohl Preis — eine Höhle konnte nicht unter 1 Mark 
hergestellt werden — als auch die Menge der jährlich fertigzu- 
stellenden Höhlen — ich kam nicht über 10,009 — liefsen im 
Hinblick auf einen Weltartikel, und dies mufsten diese Höhlen 
werden, wenn sie von allgemeinem Nutzen sein sollten, doch noch 
viel zu wünschen übrig. : 

Da machte ich im Herbst 1897 auf einer Kavallerie-Uebungs- 
reise die Bekanntschaft des Sägewerksbesitzers Hermann Scheid 
und wulste ihn für die maschinelle Herstellung der Höhlen zu 
interessieren. Scheid falste die Sache energisch an, liefs in 
England eine besondere Bohrmaschine konstruieren und legte 
mir am Neujahrstag 1898 die erste damit hergestellte tadellose 
Höhle vor. Jetzt erst war ich nach nunmehr fünfzehnjährigen 
Beobachtungen, Versuchen, und wie ich wohl sagen darf, recht 
mühsamer Arbeit zu dem erstrebten Ziele gekommen. Es war 
sowohl die richtige Höhle gefunden, — nicht erfunden, mit einer 
Erfindung hat die Nachbildung der natürlichen Spechthöhle, also 
der Natur, gewifs nichts zu tun — als auch die Möglichkeit, sie 
zum Gemeingut der ganzen zivilisierten Welt zu machen. Damit 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 847 


war der Schutz und die Erhaltung unserer Höhlenbrüter in ein 
neues und gesegneteres Stadium getreten. 

Ich übertrug nun Scheid Anfertigung und Vertrieb, und er 
hat dies zu meiner und gewils jedes einsichtigen Fachmanns 
grölster Zufriedenheit bis zur Stunde beibehalten. 

Hierbei mufs ich aber auch eines mir später sehr schmerz- 
lichen, leider aber nicht wieder gut zu machenden Fehlers ge- 
denken, indem ich Abstand nahm, diese Höhlen gesetzlich schützen 
zu lassen. Trotz vielfacher Vorstellungen einsichtiger und er- 
fahrener Leute glaubte ich hierdurch der guten Sache einen 
besonderen Dienst zu leisten und diese Höhlen bald überall 
nach meiner Vorschrift hergestellt und verwendet zu sehen. 
Scheid sollte sich sein Monopol allein durch seine tadellose Ar- 
beit erwerben. Hierin habe ich mich in damaliger Unkenntnis 
des so vielfach zutage tretenden unlauteren Geschäftsgebarens 
_ und der Indolenz und Gleichgültigkeit der Menschheit aber 
gründlich getäuscht. Zwar tauchten sehr bald allenthalben so- 
genannte v. Berlepsch’sche Nisthöhlen auf, die jedoch aufser des 
fälschlich beigelegten Namens nichts weiter mit solchen gemein 
haben, und durch deren Verwendung, als meist völlig wertloser 
Fabrikate, der guten Sache eine ernste Gefahr entstanden ist, 
Es ist dies direkt ein wunder Punkt in meinem Leben. Eine 
 Patentierung, wodurch ich die Anfertigung in der Hand behalten 
hätte, wäre sowohl für die Sache, als natürlich auch für mich 
und meine Familie von gröfstem Nutzen gewesen. Heute sage 
ich mir, dafs ein nur mit normalen Giücksgütern gesegneter 
Mensch überhaupt kein Recht hat, die materielle Frucht jahre- 
langer Arbeit und vornehmlich auch jahrelanger, durchaus nicht 
unbedeutender Ausgaben sich und den Seinigen zu entziehen. 
Und der Trost guter Freunde, dafs eine materielle Beteiligung 
meinerseits der so raschen Anerkennung und Verwendung der 
Höhlen hinderlich gewesen sein würde, ist auch nicht stich- 
haltigz. Wie so viele Beispiele beweisen, bricht sich das Gute 
stets Bahn, und jeder vernünftige Mensch findet es nur ganz 
‚selbstverständlich, dafs der, von dem es ausgeht, neben dem 
Danke auch noch einen materiellen Vorteil hat. Doch wie gesagt, 
es ist geschehen und läfst sich nun nichts mehr daran ändern. 
Später habe ich den Fehler dadurch einigermalsen wieder gut- 
zumachen versucht — allerdings nur für den Konsumenten — 
indem ich mir ein Warenzeichen gesetzlich schützen liefs und 
solches nur Scheid zu führen erlaubte. So kann sich wenigstens 
der Käufer, indem er nur Höhlen mit diesem Warenzeichen ver- 
wendet, vor Täuschung und damit vor Schaden bewahren. Eine 
- grolse Freude ist es mir.aber, wie rasch und allgemein sich diese 
Höhle eingebürgert hat. Sowohl in Deutschland, als auch im 
Auslande werden kaum noch Höhlen anders als in dieser Form 
angefertigt, und jüngere Leute wissen vielfach garnicht, dafs 
man einst andere gehabt hat. 

23* 


848 Hans Freiherr von Berlepsch: 


Doch auch noch zu anderen biologischen Beobachtungen“ 


bot das liebe Westfalenland Gelegenheit. Interessante Beob- 


achtungen machte ich in dieser Zeit über den Wiedehopf, und 
zwar sowohl über seine Ernährung, als über eine ganz eigen- 
tümliche Art seiner Verteidigung. Lange konnte ich nicht er- 
kunden, was für seltsam geformte Insekten die alten Wiedehöpfe 
ihren Jungen zutrugen. Weder ein gutes Glas, noch Unter- 
suchung des Nestes gaben Aufschlufs. Endlich pflöckte ich ein 
schon fast függes Junges vor einem Schlagnetz an, und fing so 
den Alten noch vor Abgabe der Atzung. Infolge des Schreckens 
liefs er solche fallen, und ergab sie sich als Teile der Maulwurfs- 
grille. Später konnte ich beobachten, dals dieses grofse schäd- 


liche und von den meisten anderen Vögeln gemiedene Insekt 


auch den Alten eine Lieblirgsnahrung ist, und sie in Erlangung 
dieses unterirdischen Schädlings eine ganz besondere Routine 
besitzen. Sie erkennen die dicht unter der Erdoberfläche be- 
findiiche Wohnung an der darüber abgestorbenen Grasnarbe, 
schlagen hier mittels ihres langen Schnabels ein und holen so 
Alte wie Brut heraus. | 

Die zweite Beobachtung machte ich infolge eines zu jener 
Zeit in „Natur und Offenbarung‘ erschienenen Aufsatzes eines 
katholischen Geistlichen. Danach sollte der Wiedehopf oberhalb 


des Schwanzes eine besondere Drüse haben, mittels deren er 


seine Feinde mit einer ätzenden Fiüssigkeit bespritze. Dieser 
seltsamen Sache mufste doch auf den Grund gegangen werden. 
An geschossenen Exemplaren war auch mit Zuhilfenahme einer 
Lupe nichts von einer Drüse oder dort mündenden Kanals zu 


entdecken. Da erhielt ich ganz zufällig Aufschlufs bei Auf- 


meilselung eines Nestes, indem ich diese sehnsüchtig gesuchte 
Flüssigkeit plötzlich recht unangenehm im Gesicht und Augen 
verspürte. Alle schon fast flüggen Jungen lagen, Front nach 
vorwärts, fest auf dem Bauche, die Schwänze fächerartig nach 
rückwärts flach auf den Rücken gedrückt, und darüber hinweg 


bespritzten sie ihren Angreifer mit einer übelriechenden, bei- 
zenden braunen Flüssigkeit. Auffallend war die Treffsicherheit, 
und: zwar einerlei, ob sie wie oben geschildert im Nest lagen, 


oder von mir nach beliebiger Richtung hin in der Hand gehalten 


wurden. Das Treffobjekt blieb stets mein Gesicht. Genau das- 
selbe erfuhr ich bei einem zweiten Neste. Nun machte ich auch 


Versuche mit. einem am Nest gefangenen Alten. Auch dieser | 
spritzte, doch nicht mit der Gewandtheit und Treffsicherheit der 
Jungen. Er vermochte den Schwanz nicht so dicht, wie die 
Jungen auf den Rücken zu legen. Die seltsame Drüse und die 
darin vermeintliche Flüssigkeit ist aber.Legende. Wie ich deut- 
lich sehen konnte, geschieht das Spritzen aus dem zugleich mit dem 
Schwanze rückwärts gebogenen After, und die Flüssigkeit ist der 
bekannte, übelriechende dünnflüssige Kot. Dieser ist allerdings 
in diesem Affekt noch weit dünner, als ihn der Wiedehopf sonst 


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Mein ornithologischer Lebenslauf. 349 


schon hat, und zwar auch bei den Alten: ein hellbraunes, mit 

. vielen verdauten Insektenteilen durchsetztes Wasser. Ein diese 

- Flüssigkeit untersuchender Chemiker analysierte sie als einen 

- braunen, beifsenden, mit vielen kleinen Algen durchsetzten Urin. 
Die Algen stimmen aber wohl nicht; als solche hat er zweifels- 
ohne die verdauten Insektenteile gehalten. 

Eingehend beschäftigte ich mich nochmals mit der Frage 
des mehrmaligen Brütens der Stare. Ich kam auch hier zu der 
Erkenntnis, dafs die Stare nur einmal brüten. In Westfalen gibt 
es allenthalben viele Stare, und auf einem benachbarten Gute 
hausten sie an einem Hausgiebel gleich den Tauben. Hier war 
es also gewils nicht schwer, ein abschliefsendes Urteil zu be- 
kommen. Alle vermeintlichen zweiten Bruten sind lediglich ver- 

_ unglückte erste Bruten, andernfalls müfste die zweite Brut doch 
annähernd so zahlreich sein, als die erste. Das ist aber nicht 
im entferntesten der Fall. Während z. B. an jenem Giebel im 

Mai wohl an 100 Paare brüteten, habe ich im Juni des Jahres 
1896 nur 4, im Jahre 97 sogar nur noch 1 Paar feststellen 
können. Eine Ausnahme machen uur die friesischen Inseln. 
Dort findet eine regelrechte zweite Brut statt, die aber auch 

ebenso zahlreich als die erste ist. 

Zum ersten Mal trat mir auch das Birkwild in Freiheit 

entgegen. Seltsamerweise war die auf der ganzen Senne be- 
lebteste Stelle, die Galoppierbahn von 5 Schwadronen, der be- 

 liebteste Balzplatz. Veranlassung war zweifelsohne die hier 
kurzgetretene Heide, wie sie die Hähne zu ihren Liebestänzen 
besonders bevorzugen. Manchen Abend und Morgen habe ich im 
Schirm gesessen. Die Nacht wurde in mit einer Plane abge- 
decktem Krümperwagen verbracht. Im ersten Jahre 1896 ward 
es Pfingsten, ehe ich den ersten Hahn streckte. Die Beob- 
achtungen, auch von Heidelerche, Bekkassine, sowie der ver- 
schiedenen Zugvögel war zu interessant, um sie mir durch einen 

- Schuls zu stören. 

Währenddessen vervollkommten sich in Seebach und Cassel 
‚die Vogelschutzgehölze, sodafs ich mir im Jahre 1898 mit dem 
erforderlichen Werdegang endlich im Klaren war. 

In diesem Jahre keschäftigte ich mich auch nochmals mit 
der Biologie der Spechte und zwar, auf experimentellem Wege 
festzustellen, durch welche Sinnesorgane die Spechte die in den 
Baumstämmen befindlichen Insekten, bezw. Insektengänge, die 
von aufsen nicht ersichtliche Astfäule und sonstigen inneren 
faulen Stellen ermitteln. Die Forscher sind sich hierüber nicht 
einig. Es wird angenommen, dafs sie es röchen, Altum glaubt, 
dals-sie es durch das Gehör herausfänden und E. v. Homeyer, 
dals sie sich durch den beim Hacken erzeugten Ton leiten liefsen. 
 Hierüber glaube ich durch folgendes Experiment Klarheit erlangt 
zu haben: Ich fing mir ein Paar grofse Buntspechte (Dendrocopus 
major) und setzte sie in eine geräumige Voliere, welche unter 


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3506 Hans Freiherr von Berlepsch: | 


anderem auch mit je 3 abgeschnittenen Weiden- und Erlen- 
stämmen von 30-40 cm Durchmesser ausgestattet war. Diese 
Stämme bohrte ich derart an, dafs sich 1—3 cm weite Kanäle 
ergaben, und an den den Bohrlöchern entgegengesetzten Seiten 
noch 3, 6 und 9 cm gesundes Holz stehen blieb. In einige 
dieser Kanäle tat ich lebende, in andere tote Mehlwürmer und 
einige liefs ich leer und verschlofs sie dann alle mit eisernen 
Pfropfen. (Die Pfropfen, hinter welchen sich lebende Würmer 
befanden, hatten einen feinen Luftschacht.) Nun beobachtete 
ich, ob und in welcher Weise diese Kanäle von den Spechten 
aufgefunden, und welche zuerst ‘angeschlagen werden würden. 
Das Ergebnis war die klare Erkenntnis, dafs die Spechte von 
den lebenden wie toten Würmern jedenfalls nichts verspürten, 
. die Stellen, hinter welchen sich die Kanäle, also hohle Räume 
befanden, aber mit absoluter Sicherheit erkannten, auch durch 
9 cm gesundes Holz hindurch. Die Bäume wurden von den 
Spechten in üblicher Weise berutscht und behackt. Ueber den 
Kanälen verweilten sie, hackten bald kräftiger und nach erstaun- 
lich kurzer Zeit hatten sie ein unregelmälsiges mehr oder weniger 
zylindrisches genau in den Kanal mündendes Loch gezimmert. 
Als der erste Einschlag über lebenden Würmern erfolgte, glaubte 
ich schon, dafs Altum recht habe. Danach endigten aber mehrere 
Löcher in leeren Kanälen, ehe solche wieder auf lebende und 
tote Würmer stiefsen. Daraus ist wohl der Schlufs berechtigt, 
dafs sich die Spechte bei dieser Arbeit lediglich durch die Per- 
kussion und den dadurch erzeugten Ton leiten lassen. Somit hat 
also E. v. Homeyer richtig vermutet. 


Ueber alle meine Beobachtungen und Versuche auf dem 
Gebiete des Vogelschutzes hatte ich die Absicht, erst später, 
nachdem ich mal meinen Abschied genommen, literarisch tätig 
zu werden, als gewissermafsen ganz zufällig der Stein schon 
früher ins Rollen kam. Im Dezember 1895 hielt ich in dem 
„Verein für Naturkunde“ zu Cassel einen Vortrag „Lösung der 
Vogelschutzfrage durch Schaffung geeigneter Nistgelegenheiten“. 
Ein Mitglied schrieb ihn. stenographisch nach und ersuchte mich 
nach einiger Zeit, ihn drucken lassen zu dürfen. Von Cassel 
verbreitete sich die Arbeit weiter, und so kam 1896 meine erste 
gröfsere Arbeit in die Oeffentlichkeit. Da mich diese nicht be- 
friedigte, brachte ich in der „Ornithologischen Monatsschrift‘“ 
bald eine Ergänzung, bis mir im Sommer 1898 ein Kuraufenthalt 
gegen einen Ischiasanfall Zeit verschaffte, die erste Auflage des 
„Der Gesamte Vogelschutz, seine Begründung und Ausführuug“ 
zu Schreiben. Er erschien Anfang 1899 im Verlag von Eugen 
Köhler in Gera, erlebte innerhalb 6 Jahren seine 9. Auflage und 
wurde während dieser Zeit in sechs fremde Sprachen übersetzt. | 
Die 9. und letzte Auflage erschien 1904 im Verlag von Hermann | 
Gesenius zu Halle a.S. 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 851 


Im „Gesamten Vogelschutz“ soll zum Ausdruck gebracht 
und bewiesen werden, dafs Vogelschutz — d. h. natürlich der 
ernste, wissenschaftliche, wohl zu unterscheiden von den vielen 
Laienspielereien — lediglich ein Korrektiv der von uns Menschen 
verdorbenen Natur ist; dafs wir die Natur aber nur durch die 
Natur selbst korrigieren können, bezw. ihre getreue Nachbildung. 
Alle anderen Mafsnahmen, alle Erfindungen auf dem Gebiete des 
Vogelschutzes sind Unsinn, und der Hauptgrund allen Mifßs- 
erfolgs, so besonders auch allen Milserfolgs früherer Zeit. Somit 
'verwahre ich mich auch gegen nichts energischer, als gegen die 
„Ehrende Anerkennung“, nutzbringende Erfindungen gemacht zu 
- haben. Alle meine zum Schutze unserer Vögel angewandten und 
empfohlenen Mafsnahmen sind lediglich die Kopie der Natur, 
die Nachbildung gewisser mir in der Natur entgegengetretener 
Momente. Die Beobachtung der Natur und der daraus ge- 
zogene Schlufs sind allein aber noch nicht mafsgebend. Der 
Beobachtung mufs das Experiment folgen. Erst aus Beobachtung 
und, Experiment ergibt sich die Wahrheit, ergeben sich die für 
den Vogelschutz :nutzbringend zu verwertenden Mafsnahmen. Nur 
- darin liegt deren Wert und nur daraus erklärt sich der mit ihnen 
erzielte Erfolg. 


„Unter Abtretung aller meiner Rechte“ übergab ich das 
Buch an den „Deutschen Verein zum Schutze der Vogelwelt“. 
Wiederum eine Tat, woraus mir kein Dank, aber auch weder 
der Sache noch dem Verein besonderer Nutzen erwachsen ist. 
Ueber das „warum“ bin ich mir jetzt ganz im Klaren, möchte mich 
aber nicht näher darüber aussprechen. Es weckt bei mir zu 
traurige Erinnerungen und Erfahrungen. 


Damit zusammenhängend ist auch seit 1904 keine weitere 

Auflage dieses Buches erschienen. Dankbar bin ich deshalb dem 
' Verband der Tierschutzvereine des Deutschen Reiches, dem Lehrer 
Hiesemann, Oberstleutnant Henrici und ganz besonders Sanitäts- 
rat Dr. Ramdohr, dafs sie seit 1907 die Lücke durch das Buch 
„Lösung der Vogelschutzfrage nach Freiherrn von Berlepsch“ 
ausfüllten. Alles was ich wert hielt, der Oeffentlichkeit wissen 
zu lassen, ist dort gewissenhaft fortlaufend mitgeteilt worden. 
Wenn ich nun trotzdem selbst nochmals die Feder ergreife, die 
zehnte Auflage des „Gesamten Vogelschutzes“ erscheinen zu 
lassen, so geschieht es mit dem aufrichtigen Wunsche und in 
der Hoffnung, dafs dadurch dem „Hiesemann“ keine Schädigung 
erwachsen möge. Ich habe nur das wohlbegreifliche Bedürfnis, 
das, was ich für wert halte, der Nachwelt zu hinterlassen, ihr 
selbst zu sagen. 
Wie eingangs gesagt, soll die zusammenhängende ornitho- 
logische Biographie hiermit ihren Abschlufs finden. Meine wei- 
tere Betätigung auf diesem Gebiet folgt nachstehend nur noch 
datumweise. 


EEE EER EN HE NE RE ERNST BEER 
x ESTER RE 


852 | Hans ‘Freiherr von Berlepsch: Bi 


Herbst 1898 Zurückversetzung nach Cassel. 
Ich bezog eine Wohnung in der Karlsaue, welch letztere mir 
von der Königlichen Regierung zu Beobachtungen und weiteren 


Versuchen offiziell zur Verfügung gestellt wurde. 
In den Jahren 1899 und 1900 erfolgreiche 
Akklimatisationsversuche mit der chinesischen Nachtigall (Leso- 


trix lutea) siehe „Ornithologische Monatsschrift‘‘ 1902 S. 193 | 


„Akklimatisationsversuche mit Leiotrix lutea (Scop.)“. 

1900 Anlage eines weiteren Vogelschutz- 
gehölzes unter Verwertung aller bis jetzt gesammelten Erfahrungen. 
Ein Schulbeispiel für alle dergleichen Anlagen. Der in „Lösung 
der: Vogelschutzfrage nach Freiherrn von Berlepsch von Martin 
Hiesemann“ ersichtliche Musterplan eines Vogelschutzgehölzes 
deckt sich genau mit diesem Gehölz in der Natur. | 

Im Sommer 1901 erster Besuch des Riesen- 
gebirges. Beobachtungen über Accentor alpinus, Anthus spipo- 
letia und Erithacus titis. Das schwarze Männchen von Erithacus 
tisis tritt gerade im Hochgebirge häufig in Erscheinung, während 
laut Literatur Er. Zitis dort fehlen und durch Er. cairii vertreten 
sein soll. Siehe nachstehend „Schlufsstein zur Zrithacus cairW 
Literatur“. Die Alpenbraunelle fand ich in 5 Brutpaaren. 


Im Herbst 1901 nochmals sechswöchentliche — 


Reise nach Oberitalien und Korsika. Besuch der von früher be- 
kannten Zugstationen, Fangplätze und Märkte. Der Fang bat 
wegen Abnahme der Zugvögel nachgelassen, sonst noch die alten 


Verhältnisse. In Korsika abermals vergebliches Bemühen Sitta | 


canadensis whiteheadi (Sharpe) aufzufinden. Im Frühjahr wird 
es durch den dann vernehmbaren Lockton leichter gelingen. 
Siehe „Vernichtung unserer Zugvögel in Italien im Lichte ge- 
rechter Beurteilung‘ Ornithologische Monatsschrift 1902 S. 301. 


Im Winter 1901/02 fand ich endlich die 


Lösung der Winterfütterung, und zwar ganz plötzlich und un- 


vermittelt während einer besonders langweiligen Predigt in der 
Kirche. Die von der Decke herabhängenden elektrischen Be- 


leuchtungskörper hatte ich schon oft angesehen, jetzt mit einem 
Mal zeigten sie mir den Weg zur Futterglocke und weiter zum 
Futterhaus. Beides bewährte sich in der Praxis, und so ergab 
sich das Prinzip zur wettersicheren Winterfütterung, also der 


Fütterungsart freilebender Vögel, die allein von Nutzen ist, ja \ 


den Vögeln nicht direkt zum Verderben gereichen kann. Denn 


bei jeder anderen Art der Winterfütterung ist das Futter den 
Vögeln doch nur bei normaler Witterung, also nur so lange zu- 


gänglich, als sie es eigentlich nicht bedürfen. Bei starkem 


Schneefall, Rauhreif, Glatteis, also in den Zeiten der Not, ist es 


aber verdeckt und die an diese Futterstellen gewöhnten Vögel 


sind nun erst recht dem Verderben preisgegeben. Jahrzehntelang 
hatte ich in Erinnerung der idealen Futterstellen des Urwaldes 
vergeblich nach solchen gegrübelt, jetzt fiel es mir unerwartet 


Mein ornithologischer Lebenslauf, 3583 


im halben Schlafe zu. Ja, es geht im Leben komisch her. Ein 
Moment stiller Beschauung gibt uns oft mehr, als jahrelange 
mühevolle Arbeit. 
| 1902 und 1903 ward mir durch Beobachtung 
im Freien und in der Gefangenschaft endgültige Klarheit über 
Erithacus cairii. Den so lang gespukten Erithacus cavrii gibt 
es gar nicht. Der vermeintliche Erithacus cairii ist das ein- 
jährige, noch im Jugendkleid befindliche und auch darin brütende 
- Männchen von Erithacus tbitis. Siehe „Schlufsstein zur Erithacus 
catrıi Literatur‘ in „Proceedings of the Fourth International 
Ornithological Congrels. London June 1905“. 

Im Sommer 1903 Reise nach der Schweiz. 
Interessante Beobachtungen über den Schneefink und sein Brut- 
geschäft. Photographische Aufnahme aus unmittelbarer Nähe. 
‚Wiederum viele Zitismännchen im Hochgebirge gesehen. Siehe 
- vorstehend. | 

Im April 1905 nahm ich in der Erkenntnis, 
dafs ich bei fernerem Dienen nicht mehr die nötige Zeit für die 
ornithologische Betätigung finden könnte, den Abschied. Danach 
achtwöchentlicher Aufenthalt in England. Teilnahme am V. inter- 
‚nationalen Ornithologen-Kongrels. Vortrag „Schlufsstein zur 
Brithacus cairiı Literatur‘ siehe vorstehend. Interessante Be- 
obachtungen über das dortige Rotkehlchen. Es ist völlig Ver- 
treter des in England fehlenden Hausrotschwänzchens, inmitten 
der Ortschaften und Gärten. 

Im Sommer 1905 in meinem Walde be- 
sonders überzeugender Beweis für den Nutzen, der uns aus sach- 
gemäfsem Vogelschutz erwächst.e Als der gesamte mehrere 
Quadratmeilen grofse nördlich von Eisenach gelegene Hainichwald 
gänzlich vom Eichenwickler (Tortrix viridana) kahl gefressen war, 
- blieb der mir davon gehörige Waldteil, in welchem damals bereits 
seit 20 Jahren über 2000 Nisthöhlen aufgehängt waren, völlig 
davon verschont. Auf meinen Antrag vom preufsischen Land- 
wirtschaftsministerium besichtigt und festgelegt. Näheres siehe 
„Lösung der Vogelschutzfrage nach Freiherrn von Berlepsch‘“‘ von 
Martin Hiesemann. VI. Aufl. S. 59 u. 60. 
| 1904, 06 und 07 abermaliger längerer Be- 
such des Riesengebirges, und zwar 1907 im Januar. Erfolglose 
Bemühungen, den Accentor alpinus zu dieser Zeit irgendwo in 
niedrig gelegenen Tälern, an Düngerstätten etc. aufzufinden. 
Daraus ziehe ich den Schlufs, dafs die Alpenbraunelle nicht, wie 
bisher angenommen, Strich- sondern Zugvogel ist. 

1906 folgte ich im April einer Einladung 
des vor einigen Jahren verstorbenen Herrn Bach auf seine da- 
malige Besitzung Schlofs Ottendorf Kreis Sprottau in Schlesien 
zur Birkhahnbalz. Er stellte mir in Aussicht, 300 Hähne auf 
einmal um den Schirm zu haben. Meine darnach gewils grofsen 
Erwartungen wurden aber noch übertroffen. Nicht 300 Hähne, 


117 Se Hans Freiherr von Berlepsch: 


ebensogut konnte man 5- oder 600 sagen. Die ganze Heide, ein 
Hochmoor war früh und abends buchstäblich von schleifenden, 
kollernden und kämpfenden Hähnen bedeckt. Gewils ein einzig 


dastehender Anblick. Gleichzeitig konnte ich von meinem Schirm 
aus Kraniche, den grofsen Brachvogel, Bekassinen, Heidelerchen 
u. andere Vögel auf dem Zuge beobachten. Auch Sprünge von 
30—50 Stück Rehwild kamen zu Gesicht. Ein Herr im Neben- 
schirm schofs am ersten Morgen in etwa 11/, Stunden 17 Hähne. 


Ich nutzte 3 Tage lediglich "zu Beobachtungen, schofs erst am H 


letzten Morgen und streckte 11 Hähne. Später ist das Moor 
kultiviert worden und sind damit auch diese idyllischen Jagd- 
gründe verschwunden. 

Im Frühjahr 1907 Reise nach Oesterreich 
und Ungarn. Von Wien aus Besuch der Lobau, der südlich von 
dort gelegenen Auwaldungen, des ehemaligen Beobachtungs- und 
Jagdgeländes Kronprinz Rudolfs.. Damals zur Verfügung des 


österreichischen Thronfolgers, Erzherzogs Franz Ferdinand. Hier \ 


waren und sind wohl auch jetzt noch die gröfsten Kormoran- 
horste Mitteleuropas. Bei keinem Vogel tritt ihre Anpassungs- 


fähigkeit mehr in Erscheinung als bei den Kormoranen. Dieselbe 


Kormoranart (Phalacrocorax carbo), welche hier ihre Nester auf 


die höchsten Spitzen der Pappeln bauen, fand ich im nördlichen 


Norwegen und auf den Lofoten in Ermangelung von Bäumen 
platt auf der Erde bezw. Felsen nistend. Hierbei zeigt sich 
allerdings der Hang, die Nester wenigstens so hoch als möglich 


zu stellen, indem sie die neuen auf die alten aufbauen. So ent- 


stehen je nach Zahl der übereinander stehenden Nester mit der 
Zeit ganz hohe Säulen. Die: höchste aus sieben Nestern be- 


stehende betrug 11/, m. Besuch der verschiedenen vogelreichen 


Seengebiete und der dortigen Vogelschutzanlagen. Der bekannte 
ungarische Ornithologe, Herr von Chernel, jetzt nach dem Tode 


von Otto Hermann, meines alten väterlichen Freundes, Präsident 
der Ungarischen Ornithologischen Centrale, mein steter liebens- 


würdiger Begleiter und Führer. 
Im Frühjahr 1907 Uebernahme der Insel 
Memmert als Vogelschutzkolonie. Nach wiederholten Eingaben 


an das Landwirtschaftsministerium, die zwischen Norderney und 
Borkum gelegene unbewohnte Insel Memmert zu einer staatlichen 
Vogelschutzkolonie zu machen, übergab im Frühjahr 1907 die 


Regierung mir solche. 1908 schlofs sich mir in der Fürsorge um 
den Memmert noch Graf Wilamowitz an, dieser für die Wissen- 


schaft und auch soziale Aufgaben leider zu früh verstorbene 


Prachtmann. Mit Unterstützung der Herren Otto Leege und 
Hafenmeister Niemeyer wurde alles Erforderliche hergerichtet. 
Die Insel ist seitdem ein geschütztes Reservat der Nordseeornis. 
Die erzielten Erfolge sind über alles Erwarten günstig, siehe die 
Aufsätze über die Brutkolonie Memmert von mir und hauptsächlich 
Otto Leege. „Ornithologische Monatsschrift“ 1908—1920. 


Mein ornithologischer Lebenslauf. 855 


1908. Zur Feststellung, welches Gewicht 
den Zuleitungen zu und zwischen den verschiedenen Vogelschutz- 
anlagen beizumessen ist, legte ich ein weiteres einen halben 
Morgen grofses Vogelschutzgehölz an. Dieses liegt ganz isoliert 
inmitten des Feldes, fern aller anderen Anlagen und mit diesen 
auch durch keine Pflanzung, Bäume oder Sträucher verbunden. 
Auch habe ich in diesem Vogelschutzgehölz die Hochbäume fort- 
gelassen, um so auch deren Wert als Anziehungsobjekt für die 
Vögel mal genau feststellen zu können. Im Laufe der Jahre hat 
sich nun klar gezeigt, dafs sowohl Zuleitung wie Hochbäume für 
die Auffindung und Annahme durch die Vögel höchst gewichtige 
Bedingungen sind. Das Gehölz wurde anfänglich gar nicht, und 
wird auch jetzt im älteren Zustand im Verhältnis zu anderen 
“ unter sich in Verbindung stehenden Gehölzen nur spärlich be- 
 nistet. Seine wenigen Bewohner sind nur ausgesprochene Feld- 
vögel, Goldammern, Sumpfrohrsänger und Hänflinge. 
Unbeabsichtigt hat dies Gehölz aber noch einen ganz anderen 
interessanten und gewichtigen Beweis erbracht. Während nämlich 
alle anderen Vogelschutzgehölze und sonstigen von Vögeln be- 
wohnten Anlagen hiesiger Flur völlig frei von Insektenschäden 
sind, wurde und wird dieses Gehölz alljährlich, je nach seiner 
Benistung, mehr oder weniger von Schädlingen, speziell Blatt- 
wespen heimgesucht. In den ersten Jahren waren die Blätter 
der Weilsdorn und Rosen völlig zerstört. Gewils ein untrüglicher 
Beweis dafür, dafs meine sonst überall von Vögeln bewohnten 
Anlagen nur durch diese von Insektenschäden bewahrt bleiben. 
Ohne unsere Vögel würde es hier und besonders an den nach 
Tausenden zäblenden Weilsdornpflanzen, aufserhalb von Vogel- 
schutzanlagen einem der gefährlichsten Schädlingsträger, zweifel- 
los ebenso aussehen, wie in anderen vogelarmen Geländen. 
1908 Teilnahme als Gast des Herrn Pro- 
fessors Dr. Alexander Koenig an dessen 3. wissenschaftlichen ornitho- 
logischen Reise nach Norwegen, Spitzbergen und der Bäreninsel. 
Zum ersten Mal trat mir die Arktis in ihrer überwältigenden 
 Großsartigkeit entgegen. Kennenlernen und eingehende Beob- 
achtungen der Eismeerfauna. Siehe „Avifauna Spitzbergensis. 
Forschungsreisen nach der Bäreninsel und dem Spitzbergen- 
archipel mit ihren faunistischen und floristischen Ergebnissen. 
Alexander König. Bonn 1911.“ Zeitlebens wird mein Dank un- 
auslöschlich sein. Allein schon, so lange Zeit nur mit solchen 
Gesinnungsgenossen zusammen zu wirken, ist ein Genufs, den 
nur der wohl richtig schätzen kann, dem er zuteil ward. Diese 
Reise ward auch die Veranlassung zu den 2 anderen nordischen 
Reisen 1909 und 1910. Hier leckte ich Blut. 

1908 Staatliche Autorisation meiner See- 
bacher Ornithologischen Versuchsstation für Vogelschutz. Ich 
stellte den Ornithologen Friedrich Schwabe als meinen Vertreter 
und Leiter des ganzen Betriebes an und seit 1909 Hermann 


356 Hans Freiherr von Berlepsch: 


Petzold und Hugo Pfers als Gehilfen. Ersterer für die äufsere 
Station, die rein praktischen Mafsnahmen, letzterer für das Büreau. 

Im Herbst desselben Jahres in Seebach die 
ersten ornithologischen Lehrgänge über Vogelschutz. Gewils ein 
Markstein in der Geschichte dieses Gebietes! 


Seit 1909 beschäftige ich mich eingehend 


mit den sogenannten Nisturnen. Ein schwieriges Problem, indem 


die Beobachtungen und Erfolge der einzelnen Jahre je nach den 


Witterungsverhältnissen sehr verschieden sind. Und so hat es 


are 
- rt VEREENDN N 


lange gedauert, bis ich mir ein abgeschlossenes Urteil über die 


Urnen zutrauen durfte. Was ihre Annahme durch die Vögel 


betrifft, so werden sie zwischen gute Holzhöhlen aufgehangen, “ 


meist gemieden, wo sie dagegen allein angebracht sind, infolge 


der an den meisten Orten herrschenden Wohnungsnot, recht gut 
angenommen. Bei einem Ersatz natürlicher Nistgelegenheiten 


kommt es aber in erster Linie nicht darauf an, wie er angenommen 


wird, sondern auf den dauernden Erfolg damit, besonders auf 1 
das Gedeihen der darin gezeitisten Bruten, und dieses mußs, die 


Resultate an den verschiedenen Orten und der verschiedenen 
Jahre zusammenfassend, unbedingt als negativ bezeichnet werden. 


So fanden sich z. B. in dem niederschlagsreichen Jahre 1913 von 
den auf meiner seebacher Station aufgehängten Urnen 47%, mit 
abgestorbenen Bruten. In allen mit junger Brut besetzten Nist- 
höhlen bildet sich warme feuchte Luft, welche sich an den Wänden 
niederschlägt. Von den Holzwänden wird die Feuchtigkeit ab- 
sorbiert, an den Tonwänden wird sie aber in Folge deren Ab- 
dunstung nach aulsen — namentlich bei Niederschlägen oder 
Temperaturwechsel von warm zu kalt — verdichtet und fällt als 
Tropfen in den Niststofl. Hierdurch geht der Niststoff allmählich 
in Fäulnis über, und die Bruten darin verloren. Aber nicht nur 


die abgestorbenen Bruten sind in Betracht zu ziehen, sondern 


es hat sich gezeigt, dals auch von den zum Ausflug gelangenden \ 
Jungen viele doch nicht lebensfähig sind und darnach noch ein- 


gehen. Somit mufs ich nach einer nun zwölfjährigen Beobachtung 


und Prüfung der Urnen solche als schädlich bezeichnen. Uebrigens I 


nur eine erneute Bestätigung des beim Vogelschutz allgemein 


geltenden Grundsatzes, dafs sich alles der Natur nicht Ent- 


sprechende als schädlich erweist. 


1909 und 1910 abermalige Reisen nach dem 
nördlichen Eismeer. Das erstrebte Ziel, Franz Josefsland, kann 
wegen zu vielen Eises beide Mal nicht ganz erreicht werden. 


Weitere ausgiebige Beobachtungen der arktischen Fauna, beson- 


ders der Elfenbeinmöwe (Pagophila eburnea) an der Nordwest- 
küste Nowajasemljas. Hier eine starke Brutkolonie. Aufserdem 
auch gutes Jagdergebnis auf Vierfülsler. Schofs unter anderm 
mehrere starke Blaurobben, eine Sattelrobbe, eine Klappmütze, 
eine bisher noch wenig bekannte Zwergspezies der Ringelrobbe 


(Phoca foetida pygmaea), ein Renntier und einen Eisbären, 


1 


Mein ornithologischer Lebenslauf. | 857 


1910 hatte ich auf dem Rückweg von dieser 
 arktischen Reise einen Vorstofs in das Brutgebiet der Seiden- 
_ schwänze geplant. Von Narvick fuhr ich mit der Lapplandbahn 
nach Kiruna, um von hier zu Fufs in Begleitung eines Lappen 
weiter nach Nordosten vorzudringen. Durch die Literatur, be- 
sonders die Sehriften Middendorfs, war ich über die im Sommer 
dort herrschende Muskitenplage unterrichtet und hatte mich 
dementsprechend — Mückenschleier, Butterbrodpapier, Salbe etc. 
— eingerichtet. Trotzdem wurde ich aber derart zerstochen, 
dafs ich schon am zweiten Tage nicht mehr weiter konnte und 
total vergiftet liegen bleiben mufste. Mein Lappe war völlig 
immun dagegen. Ein nochmaliger Versuch hatte das gleiche 
Ergebnis, und so sah ich mich traurigen Herzens gezwungen, 
diese hochinteressante Expedition aufzugeben. Aller Wahrschein- 
lichkeit nach ist es übrigens einst auch Linne so ergangen. 
Durch die von dem grolsen Forscher eigenhändig in das dortige 
Kirchenbuch eingetragenen Worte: „Hic stetimus, ubi est terrae 
finis.“ (Leider habe ich es selber nicht gelesen, hörte erst in 
Christiania davon) erfahren wir jedenfalls, dafs er hier von 
weiterem Vordringen Abstand nehmen mulste. Anders sind 
diese Worte doch wohl nicht zu deuten. 

1910 wurde es mir möglich, für die Vogel- 
schutzstation 3 zusammenhängende Säle und 2 Zimmer zur Ver- 
' fügung zu stellen. Dadurch konnten Geschäftszimmer, Vortrags- 
'saal, Sammlung und Arbeitszimmer nebeneinander gelegt und 
besonders das gesamte Lehrmaterial in viel übersichtlicherer 
Weise zur Anschauung gebracht werden. Bis dahin lagen die 
vorhandenen Räume getrennt, und der Unterricht hatte in Er- 
mangelung eines Vortragssaales in der Dorfschenke abgehalten 
werden müssen. 
| 1911/14 Um- und Ausbau der alten, aus 
dem 12. Jahrhundert stammenden Seebacher Burg. Dabei Ein- 
bau über 100 künstlicher Nistgelegenheiten, die, z. T. schon vom 
ersten Jahre an, alle gut bezogen werden. Jetzt sind die nach 
Süden zu gelegenen, auch die Niststeine von Form und Grölse 
der Nisthöhle B, gröfstenteils vom Turmsegler — Apus apus — 
bewohnt. Ich hoffe damit gezeigt zu haben, dafs bei Wieder- 
herstellung und Umbau alter Burgen die vorhandenen Nist- 
gelegenheiten nicht, wie es bisher stets geschah, vernichtet zu 
werden brauchen, sondern gerade viele neue geschaffen werden 
können. 

; Seit 1913 mache ich Versuche mit von 
Professor Dr. Schaffnit an der Landwirtschaftlichen Hochschule 
Poppelsdorf inprägnierten Nisthöhlen. Es handelt sich hierbei 
um zwei Feststellungen: 1. ob diese inprägnierten Höhlen in 
gleicher Weise, wie die nichtinprägnierten angenommen werden, 
und die Bruten keinen Schaden darin erleiden. 2. ob diese 
Höhlen bez. Haltbarkeit die darauf gesetzten Hoffnungen erfüllen. 


: 858 Hans Freiherr von Berlepsch: 


Bez. ersterer Beobachtung liegt ein abgeschlossenes Urteil vor. 


Die Höhlen werden sowohl von den verschiedenen Vogelarten 
angenommen, als auch gesunde Bruten darin gezeitigt. Die 


zweite Beobachtung kann naturgemäfs erst nach längerer Zeit 
als abgeschlossen betrachtet werden. Erst der Befund nach 
wenigstens 15 Jahren kann hierfür mafsgebend sein. Ich habe 
jetzt eine Anzahl dieser Höhlen auf und in feuchte Erde gelegt, 
in der Erwägung, dafs man nach deren Befund auch schon früher 
einen berechtigten Schlufs wird ziehen können. Sollte sich die 
Inprägnierung bewähren, So wäre dies gar nicht hoch genug an- 
zuschlagen. Vom Holz können wir nicht abgehen. Höhlen aus 
anderem Stoff sind unnatürlich und haben sich für die Vögel 
endgültig stets als schädlich erwiesen. An luftigen, trockenen 


Stellen bleiben Höhlen zwar 20 Jahre und länger gesund, in 


feuchtem Gelände tritt der Vergang aber schon viel früher ein. 
1913 Anlage eines 1 Morgen grolsen Brut- 

geheges für Rebhühner unter Verwertung der bei der Nistweise 
der Hühner beobachteten biologischen Momente. Schon in den 
ersten Jahren ergab sich, dals die Beobachtungen und die daraus 
gezogenen Schlüsse richtig sind. Die Anlage wird nicht nur 
während des Herbstes und Winters als Unterschlupf, sondern 
auch jährlich von 1 bis 2 Paaren als Nistgelände benutzt. Näheres 
siehe „Der gesamte Vogelschutz“ X. Aufl. 
Dies wird nun voraussichtlich die letzte gröfsere Anlage 
gewesen sein, die ich auf dem Gebiete des Vogelschutzes be- 
nötige. Mein ganzer Besitz ist jetzt dem Vogelschutz dienstbar 
gemacht, die Mafsnahmen dazu, Nisthöhlen, Nistgelegenheiten für 
Freibrüter, Winterfütterungsanlagen, Fallen für Vogelfeinde etc. 
sind über das gesamte Gelände verteilt. Mit in Summa 11 Morgen 
Fläche befinden sich an 9 verschiedenen Stellen direkte Vogel- 
schutzgehölze und weitere 5l Morgen sind im Interesse des 
Vogelschutzes angepflanzt und werden nach dem Prinzip der 
Vogelschutzgehölze behandelt. Dazu kommt der gesamte Wald 
mit auch etwa noch 2000 Nisthöhlen. So bin ich in der Lage, 
alles, was ich zum Schutze der Vögel tue und lehre, mit Bei- 
spielen in der Natur belegen zu können und durch überzeugende 
unmittelbare wie mittelbare Erfolge einwandsfrei zu erhärten. | 
Vom 1. August 1914 bis 12. Dezember 1918 

im Felde, in Belgien, Ostpreufsen, Polen, Rufsland, Frankreich 
und Baltenland. In letzterem seit Sommer 1918 als Leiter einer 
Forstinspektion auf den Inseln Oesel, Dagoe und Moon. | 
Während des Bewegungskrieges der ersten 1!/, Jahre im 
Osten bot sich zu ornithologischen Beobächtungen und Studien 
weder Zeit noch Gelegenheit. Dagegen habe ich während des 
darauf folgenden Stellungskrieges viel und eingehend beobachten 


können. In Frankreich traten mir als bis dahin in der Natur un- 


bekannt die Zaunammer (Emberisa cirlus) und der Zwergtrappe 
. (Otis ietrax) entgegen. Von ersterem ist das Männchen ein sehr 


h 


Mein ornithologischer Lebenslauf. _ 359 


schöner Vögel, aber mit sehr häfslichem Gesang. Ihre Lebens- 
weise ist die der Goldammer. 

Eine interessante Beobachtung machte ich am Nest der 
Misteldrossel. Es war völlig das Nest der Singdrossel, also mit 
glatt ausgetrichenem Nestnapf. In diesem steht ein weiteres, 
eng verwobenes weiches, nicht ganz 1 cm starkes Nest aus ganz 
dünnen Pflanzenrispen. Dieses gewissermalsen zweite Nest hat 
keine Verbindung mit ersterem, aus dem es unbeschädigt her- 
ausgenommen und wieder hineingedrückt werden kann. Ueber 
beides siehe Ornithologische Monatsberichte 1918, 26. Jahrgang, 
No. 3/4 S. 39—41. 

Sehr eingehende Beobachtungen konnte ich im Frühjahr 
1918 über den Zwergtrappe machen, worüber ich noch eingehend 
im Journal für Ornithologie berichten werde. Fern von jeder 
Literatur währte es lange Zeit bis ich über dies seltsame Tier, 
besonders über seine Balz zur Klarheit kam. Obgleich ich von 
Ende März an jeden freien Morgen und Abend ihm widmete, 
habe ich den Balzton doch erst am 22. Mai als solchen erkannt. 
Bis dahin glaubte ich, dafs das überall vernehmbare eigentüm- 
liche Zirpen von einem mir unbekannten Insekt herrühre. Erst 
als ich mir inmitten dreier Balzplätze ein tiefes, oben gut ab- 
gedecktes Beobachtungsloch grub, kam ich zur Klarheit. Dar- 
nach machte die Beobachtung rasche Fortschritte, sodafs ich 
jetzt über diesen Vogel, besonders seine Balz, wohl gänzlich 
unterrichtet bin. Am 25. Mai nahm ich zum ersten Mal ein 
“Gewehr mit, und trotzdem habe ich alsdann noch 14 Männchen 
zur Strecke gebracht. Das Wildbret gab einen vorzüglichen 
Braten und die Bälge sind alle gut präpariert zur Heimat gelangt. 

Seit dem entsetzlichen Kriegsende bin ich 
. wieder in Seebach. Meine Versuchs- und Musterstation für Vogel- 
schutz hat in den 44, Kriegsjahren, besonders in den äufseren An- 
lagen — Vogelschutzgehölze, Nisthöhlen, Winterfütterung — viele 
Einbufse erlitten. Als einziger Beamter war Friedrich Schwabe zu- 
rückgeblieben. Er konnte nicht allem gerecht werden. Seine Zeit 
ward schon reichlich durch die ihm allein obliegende literarische 
Tätigkeit in Anspruch genommen. Nach nunmehriger Rückkehr 
aller an der Station beteiligten Kräfte ist schon vieles wieder 
in Ordnung gebracht, und darf ich hoffen, durch energische Arbeit 
bald alles wieder auf den früheren Stand gebracht zu haben. 

Wie weit meine Station seit ihrer staatlichen Anerkennung 
bis jetzt von der Allgemeinheit in Anspruch genommen worden 
ist, mag sich aus folgendem ergeben. Sie wurde besucht von 
2505 Personen (darunter 53 Ausländer). Es wurden abgehalten 
82 fünf- bis sechstägige Lehrgänge mit 1662 Teilnehmern (da- 
runter 10 Ausländer). Auf Vortrags- oder Besichtigungsreisen 
durch mich oder Herrn Schwabe entfallen 527 Tage. Aufserdem 
habe ich jährlich einen Jahresbericht, dieses Jahr den 14ten, 
herausgegeben, worin nicht nur alle Beobachtungen und Ergeb- 


30 ‘Hans Freiherr von Berlepsch: 


nisse auf meiner Station, sondern auf dem ganzen Gebiet des. 


Vogelschutzes mitgeteilt und kritisch besprochen werden. 
Weniger oder gar nicht hat mein Vogelreservat der Nordsee, 


die Insel Memmert gelitten. Nur im Frühjahr 1919 ward ein 
Teil der Eier geraubt. In den Kriegsjahren genügten die staat- 
liche Autorität und die Bemühungen meines bisherigen Bevoll- 
mächtigten, Herrn Otto Leege zu Ostermarsch, die Insel vor 
räuberischen Einfällen zu bewahren. Nach wie vor sind vom 
1. Mai bis 15. Sept. 1 oder 2 Wärter angestellt. Nach Ablauf 
der ersten Pachtperiode und in Folge Todes meines bisherigen 
Mitpächters, des Grafen Wilamowitz, ist seit dem 1. Dez. 1920 
Herr Leege Mitpächter geworden. Hierdurch hat sich nichts ° 
geändert. Die Verwaltung des Memmert hat schon immer dem 


nur 2 Stunden entfernt wohnenden Heern Leege obgelegen. 


N 


1921 erneuter Beweis der Bedeutung des 
Vogelschutzes für den Pflanzenschutz. Abermals ist der nörd- 
lich von Eisenach gelegene Hainichwald einer Raupenkalamität, 
diesmal dem Buchenspinner (Dasychira pudibunda) zum Opfer 
gefallen. Nur mein mitten darin gelegener, nun schon über 
30 Jahre durch sachgemäfsen Vogelschutz geschützter Wald ist 
davon verschont geblieben. Wiederum erscheint er wie eine 


grüne Oase inmitten des völligen Kahlfrafsgebietes. Gleichzeitig 


liefert dieser Fall den Beweis für die Richtigkeit meiner Beob- 
achtung, dafs Singvögel durchschnittlich 50 m um ihr Nest 
herum als Jagdgebiet benötigen. Auf Grund dieser Feststellung 
bin ich mit den äufsersten Nisthöhlen im allgemeinen 50 m von 
der Grenze meines Waldes entfernt geblieben, nur an der Süd- 
ostecke habe ich sie auf einer kurzen Strecke direkt an der 


Grenze angebracht. Es zeigt sich nun, ‚dafs in ersterem Fall die 


Waldesgrenze auch zugleich, und zwar in schrofister Weise, die 
Grenze zwischen dem geschützten und verwüsteten Gebiet ist, 
dagegen auf jener Strecke, wo die Höhlen an der Grenze hängen, 
auch der benachbarte Cammerforster Wald in einer Tiefe von 


50 m gleichfalls vom Raupenfrafs verschont geblieben ist. 


Der Tatbestand wurde Ende September durch Geheimrat 


Professor Dr. Appel und Regierungsrat Dr. Schwarz, Direktor 


bezw. Mitglied der „Biologischen Reichsanstalt für Land- und 


Forstwirtschaft Berlin- Dahlem“ an Ort und Stelle geprüft und | 


durch einen Aufsatz „Die Bedeutung des Vogelschutzes für den 


Pflanzenschutz“ im „Nachrichtenblatt für den deutschen Pflanzen- | 


Schutzdienst“ festgelegt. 
Dies ist etwa der 70. verbürgte Fall dieser Art, und wird 
. man hoffentlich nun allgemein zur Einsicht kommen, daß wir in. 


einem naturgemälsen Vogeischutz überhaupt die einzig wirklich 
erfolgreiche Schädlingsbekämpfung besitzen. Ja nach 40 jähriger | 


intensivster Betätigung auf diesem Gebiete ist es mir ganz un- 


verständlich, wie man als Schädlingsbekämpfer Raubinsekten und 
Vögel miteinander vergleichen kann. Ich verkenne den Wert 


Shi 
“| 


Mein ornithologischer Lebenslauf. | 36i 


 ersterer durchaus nicht, aber sie sind deeh‘ von ihren Wirten 

abhängig, und somit erst eine Begleiterscheinung der schäd- 
‚lichen Insekten. Ihre Hülfe kann deshalb immer erst kommen, 
nachdem genügend schädliche Insekten vorhanden sind, die 
Kalamität also schon erheblich fortgeschritten, die von ihr 
befallene Fläche schon z. T. verwüstet ist. Wie ganz anders 
die Vögel! Diese, immer in genügender Menge vorhanden, ver- 
hindern überhaupt den Anfang jedes erhöhten Raupenfrafses, und 
doch wohl nur dieses kann das von uns Erstrebte sein, nur 
- dieses uns zum Segen gereichen. 


. Dies ein nüchternes, wahrheitsgetreues Bild meiner orni- 
thologischen Betätigung seit meiner frühesten Kindheit: Ueber- 
blicke ich diese ganze Zeit, so darf ich wohl auch an mir die 
Wahrheit jener Worte bestätigt finden: Können ist Wissen, aber 
Wissen ist Arbeit! 


Zur Theorie des Vogelzuges. 
Von H. Freiherr Geyr von Schweppenburg. 


Im Januarheft 1919 dieser Zeitschrift brachte Herr von 
Lucanus, dem wir schon manche schöne Arbeit über den Zug 
und Flug der Vögel verdanken, eine wertvolle Zusammenstellung 
der hauptsächlichen Ergebnisse der Vogelberingung und knüpfte 
daran mancherlei Eröterungen besonderer und allgemeiner Art. 
Ich kann einige Ansichten des Verfassers nicht ganz teilen, und 
sie gaben mir den Anlafs zu den folgenden Bemerkungen.!) 

Ueber den aufserordentlichen Wert des Beringungs- 
experiments für dieOrnithologie kann unter verständigen Menschen 
nur eine Meinung herrschen. An Stelle der auf Vermutung und 
Annahme aufgebauten Theorie steht jetzt die sichere Tatsache, 
sagt v. Lucanus, und „alle Hypothese hört auf* Thiene- 
mann.?2) Das ist richtg, aber nur dann, wenn man von den Er- 
gebnissen nur dem Beweiskraft zuerkennt, wie und soweit es 


1) Die vorstehende Arbeit wurde im Sommer 1919 in der Schweiz 
‚geschrieben. Ebenfalls im Sommer oder Herbst 1919 sandte ich sie 
an Herrn Prof. Schalow mit der Bitte, sie an Herrn Prof. Reichenow 
_ weiterzugeben, sie zuvor aber Herrn v. Lucanus zur 
Kenntnisnahme vorzulegen. Infolge der Druckschwierigkeiten 
konnte sie erst jetzt erscheinen. Form und Inhalt der Arbeit blieben im 
wesentlichen unverändert, undes ist daher erklärlich, dafs auf das Vogel- 
zug-Buch von Herrn v. Lucanus nicht eingegangen werden konnte, da es 

etwa 21/, Jahre später erschien als ich die Arbeit aus den Händen gab. 
| 2) Die Vogelwarte Rossitten, Monatshefie für den naturwiss. Unter- 
richt VII, S. 812. | 
Journ. f. Om. LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 24 


862 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg. : 


wirkliche Tatsache ist, — sonst sind solche Schlufsfolgerungen 
vielfach nicht besser aber gefährlicher als die alten, da sie be- 
gründeter scheinen ohne es zu sein. £ 

Ehe ich auf gewisse Einzelheiten eingehe, scheint es nötig, 
einige Grundbegriffe der Vogelzugforschung etwas näher zu be- 
trachten, Begriffe, über die Unklarheit herrscht, die aber unbe- 
dingt einigermafsen festgestellt werden müssen, ehe man sich in 
Auseinandersetzungen über ihre Anwendung auf bestimmte Fälle 
einlassen kann. Es sind dies die Bezeichnungen „Breite 
Front“ und „Zugstrafse“. Gleich hier sei gesagt, dafs eine 
vollkommene Klarstellung schwer ist, und dafs sie auch mir im 
Folgenden nicht gelungen ist; aber ich hoffe, die Unklarheiten 
ein wenig aufgehellt zu haben. 

In der Ornithologie werden die Bezeichnungen „Zugstrafse“ 
und „Breite Front‘ meist als Ausdruck für zwei verschiedenartige 
Zugtypen gebraucht und stehen, sich gewissermafsen ausschliefsend, 
einander gegenüber, was auch v. Lucanus, wie seine Aus- 
führungen auf S. 60 zeigen, annimmt. Unter den Vogelkennern 
gibt es welche, die mehr diesen, andere, die jenen Zugtyp als 
den herrschenden oder vorherrschenden annehmen. Das Richtige 
dürfte auch hier der goldene Mittelweg sein; beide Typen finden 
sich in der Natur mehr oder weniger scharf ausgeprägt, der 
zweite wohl als der häufigere. Ä 

Am bekanntesten dürften die „Zugstrafsen‘‘ durch das Buch 
Palm&ns!) geworden sein, und Palmen gilt seit dem Er- 
scheinen seiner trefflichen Arbeit als der Prototyp der Zug- 
strafsenanhänger. Es wird dabei aber manchmal übersehen, dals> 
der finnländische Forscher das Wort „Zugstralse“ gar nicht in 
dem ihm heute offenbar eigenen, engeren Sinne angewandt hat. 
Er versteht, wie aus zahlreichen Stellen seiner Arbeit?) klar 
hervorgeht, darunter neben dem engumschriebenen Weg, den eine 
grölsere Menge von Zugvögeln längs bestimmter Küsten und 
dergleichen einschlägt, offenbar auch jeden in bestimmter Himmels- 
richtung vom einzelnen Vogel zurückgelegten Zugweg und über- 
haupt den räumlichen Verlauf jeder Zugerscheinung, wenn sie 
nur regelmäfsig und jedes Jahr auf annähernd den gleichen 
Wegen sich vollzieht. Als Gegensatz dazu ergibt sich aus seiner 
Darstellung eigentlich nur das inbezug auf Himmelsrichtung 
(und Zeit) ganz regellose Ziehen. Der Ausdruck Breite Front, 
der nur nebenbei gebraucht wird, fällt bei Palmen unter, 
nicht neben den Begriff „Zugstrafse“, 

Im übrigen gibt der Verfasser keine genauen Definitionen 
und gebraucht innerhalb weniger Seiten (193—195) eine Menge 
Bezeichnungen, welche sämtlich unter seine Zugstrafsen, zum 
Teil aber entschieden unter den heutigen Begriff der Breiten 


I) Ueber die Zugstrafsen der Vögel, Leipzig 1876. N 
2) 5. 8. 42, 142, 252. i 


Zur Theorie des Vogelzuges. 368 


Front fallen :: Strafse, Zugstrafse, Strafsennetz, Wege, Zugwege, 
Linien, Zuglinien, Gürtel, Bahnen, Hauptbahnen, Bahnnetze, 
Flächen. 

Aus alle dem geht hervor, dafs Palmen eigentlich ganz zu 
Unrecht als so krasser und unbedingter Vertreter unserer heutigen 
„Zugstralsentheorie“ angesehen wird. Seine Ausführungen und 
die Einzeichnungen auf der Karte beziehen sich, soweit sie auf 
- Tatsachen beruhen (und soweit sie rot eingezeichnet sind), wie 
er ausdrücklich betont, nur auf die S. 49 seiner Schrift aufge- 
geführten hochnordischen Arten. Für diese sind seine Angaben 
vermutlich im wesentlichen zutreffend, und bei diesen Vögeln 
kann man mit der weiter unten zu gebenden Einschränkung 
vielfach von Zugstrafsen sprechen.!) | 

Alles aber, was Palmen über andere Arten sagt, also sehr 
viel von dem, was S. 177 folgt, hat stark hypothetischen Charakter, 
wie denn auch der Verfasser auf sich die Worte v. Midden- 
dorffs anwendet „dafs zahlreichere Erfahrungen, .. ., in manchen 
Zugwegen, die ich angegeben habe, mehr Spuren der Wanderlust 
meiner Phantasie als Flügelschläge aufdecken werden.“ Das 
trifft sicherlich auf viele seiner Flufsstrafsen zu, die ja auf der 
Karte nur schematisch und fein punktiert angegeben sind. Im 
übrigen hat Palmen die Landvögel, für welche die Breite Front 
wohl als die häufigere Zugform angesehen werden kann, fast gar 
nicht in den Bereich seiner Erörterungen gezogen, nimmt von 
ihnen aber offenbar nicht selten eine Zugform an, welche gut 
mit unserem heutigen Begriff und der weiter unten gegebenen 
Kennzeichnung der Breiten Front übereinstimmt. Es muls also 
ausdrücklich betont werden, dafs Palm&@n, welcher das Zug- 
problem schon vor fast einem halben Jahrhundert in so vor- 
trefflicher Weise beleuchtete, durchaus nicht als einseitiger An- 
hänger der Zugstrafsen bezeichnet werden kann, der Zugstralsen 
nämlich, wie wir sie heute im Gegensatz zur Breiten Front ver- 
stehen. 

Wenn v. Lucanus S. 20 seiner Arbeit sagt, ,„dals wir uns 
eine Vogelzugstrafse nicht als eine schmale Linie im Sinne einer 
Landstrafse vorstellen dürfen, sondern dafs sie in breiter Front 
verläuft“, so kann man dem ersten Teil dieses Satzes wohl zu- 
stimmen, dem ganzen aber durchaus nicht, denn darin wird, 
wenn auch vielleicht nicht ganz beabsichtigter Weise, einfach ge- 
sagt: Zugstralse = Breite Front, was dann allerdings alle 


1) Bei einigen der von Palmö6n gewählten 19 Arten — Soma- 
teria spectabilis, Histrionica stelleri, Larus glaucus, Pagophila 
eburnea und Mergulus alle — kann man allerdings m. A. n. weder 
- von Zugstrafsen noch von Breiter Front reden, da diese Arten meist nur 
allmählich durch die Eisverhältnisse süd- oder westwärts gedrückt werden, 
sich längs gewisser Küstenstrecken verteilen und kaum ansgesprochenen 
Zug weit südwärts zeigen. 

24* 


864 ° —_H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


Meinungsverschiedenheiten verschwinden lassen würde. Auch 
Zugstrafse = Zuggebiet (S. 60) besagt nicht viel, und als ver- 
fehlt dürfte die auf gleicher Seite gegebene Definition der 
Zugstrafse bezeichnet werden: „Man hat daher unter der Be- 
zeichnung „Zugstrafse“ ein breites, aber doch abgegrenztes Zug- 
gebiet zu verstehen.“ Breit ist ein ziemlich vager Begriff, wenn 
er nicht in Beziehung zu irgend einer anderen räumlichen Aus- 
dehnung gesetzt wird. Auch wenn man von einer schmalen Linie 
im Sinne unserer Verkehrswege absieht, kann z. B. 1000 m bald 
als breit, bald als schmal bezeichnet werden, je nachdem, auf 
welche andere Gröfse man es bezieht. „Zuggebiet“ ist ebenfalls 
ein Begriff, unter dem ich mir nichts sehr Bestimmtes vorstellen 
kann. Und irgendwie „abgegrenzt“ ist schliefslich jede Zuger- 
scheinung inbezug auf den Raum, innerhalb von Grenzen voll- 
zieht sich jeder Zug einer Vogelart. | 

Gewifls hat v. Lucanus, wie schon bemerkt, Recht, wenn 
er davor warnt, sich eine Zugstrafse etwa so schmal wie unsere 
Verkehrswege vorzustellen, aber ich bin doch der Meinung, dafs 
wir auf die Begriffe des menschlichen Lebens, die uns allen ge- 
läufig sind, zurückgreifen müssen, wenn wir einige Klarheit und 
Sicherheit in die Ausdrücke Zugstrafse und Breite Front bringen 
wollen, denn in Beziehung auf Verhältnisse des menschlichen A 
Lebens sind sie ja wohl gewählt worden. i 

Ich werde daher auch zur besseren anschaue meiner 
Ansichten ein Beispiel aus dem menschlichen Leben wählen, 
selbst auf die Gefahr hin, meinen Lesern etwas iangweilig zu 
werden. 

Ich bitte also, ein Blatt des Atlasses aufzuschlagen, auf dem 
Nord- und Mitteldeutschland sowie Holland dargestellt sind. 
Dann wollen wir annehmen, dafs die Einwohner der Provinz 
Brandenburg und jene von Mecklenburg im Winter nach Holland 
wandern, um dort den Winter in milderem Klima zu verbringen. 
Die Entfernung zwischen den beiden Ländern mögen wir uns 
bedeutender vorstellen, als sie in Wirklichkeit ist. Das Zwischen- 
gelände soll zunächst überall eben und gleich gut gangbar sein, 
etwa So wie es der Luftraum für den Vogel ist. 


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Figur 1. 


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Die Ortsveränderung dieser Menschen würde nun, voraus- 
gesetzt, dafs jeder den Wunsch hätte, möglichst schnell nach 
Holland zu kommen, so vor sich gehen, dafs alle von ihrem 


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Be. 
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Zur Theorie des Vogelzuges. 368 


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_ Wohnorte aus auf nahezu geraden und unter sich ziemlich pa- 
_ rallelen Wegen, welche das Zwischengelände in ziemlich gleich- 
mäfsiger Weise bedecken, nach Westen streben würden. Figur 1 
_ gibt ein schematisches Bild dieses Vorganges: Die Bewohner von 
Mecklenburg und der Uckermark würden also schliefslich etwa 
in Friesland und Drenthe, die aus der Gegend von Berlin und 
aus der Neumark im Geldernschen, die aus der Südmark und 
 Niederlausitz in Nordbrabant und Südholland ankommen. Bei 
- Betrachtung der Gesamtbewegung würden wir sagen können, 
dafs diese Menschenmengen sich in Breiter Front gegen 
Westen bewegt haben. | 
An diesem Urteil würde sich nichts ändern, wenn die Be- 
wegung zeitlich nicht einheitlich verlaufen wäre, sondern wenn 
sie sich z. B. nach und nach während des ganzen Oktobers voll- 
zogen hätte. Auch der Umstand, dafs etwa je die sämtlichen 
Bewohner gröfserer Städte z. B. von Schwerin, Neustrelitz und 
 Kottbus gleichzeitig und vereint den gleichen Weg ziehen, würde 
_ uns in unserer Ansicht, dafs wir es mit einer in Breiter Front 
vor sich gehenden Gesamtbewegung zu tun haben, nicht irre 
machen können. Ebensowenig der Umstand, dafs vermutlich in 
‘ der Mitte des Durchgangsgebietes die Bewegungslinien infolge 
_ dichterer Bevölkerung dichter liegen würden als im Norden und 
Süden. 
In Figur 2 wird folgendes veranschaulicht: die Wander- 
bewegung!) der Mecklenburger und Brandenburger soll im all- 
gemeinen unter den gleichen Bedingungen vor sich gehen wie 


Figur 2, 


im erstgenannten Fall, und ganz Holland vom Norden bis zum 
Süden soll besiedelt werden. Aber wir denken uns, das Meer 
'schiebe sich in der Gegend der Wesermündung und des Jade- 
busens weiter und mächtiger nach Norddeutschland hinein. 


1) Es soll natürlich in den folgenden Darstellungen durch die Be- 
| wegung von rechts nach links nicht stets ausgedrückt werden, dafs die 
) Zugbewegung von O. nach W. erfolgt, es sind eben nur schematische 
Darstellungen, die auf die verschiedensten von Vögeln eingeschlagenen 
- Zugrichtungen passen. 


BE 


366 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


Dann würden die Bewohner Nordmecklenburgs zunächst noch 
annnähernd denselben Weg einschlagen können, wie er in Fig. 1 


angegeben wurde. Im Verlaufe ihrer Reise werden sie aber ge- 


zwungen sein, etwas nach Süden auszubiegen, um die Meeres- 
bucht zu umgehen. Infolgedessen wird sich nun für einen Be- 
obachter am Südrande dieser Bucht ein stärkerer Durchmarsch 
wandernder Menschen bemerklich machen, besonders dann, wenn 


sich die Bewegung innerhalb weniger Tage vollzieht. 
Nach Umgehung des Wassers werden sich die Menschen- 


mengen wieder mehr auseinanderziehen, um teilweise den nörd- 


lichsten Teil von Holland zu erreichen. Wenn es sich nun 


darum handelt, die Art dieser in Fig. 4 gezeigten Gesamt- 


bewegung zu bezeichnen, so könnte uns, meine ich, die örtliche 


Zusammendrängung an der Meeresbucht nicht hindern, auch in 


diesem Falle von einer „Breiten Front“ zu sprechen. 


Wieder einen andern Sonderfall versuchte ich in Figur 3 
verständlich zu machen. Die allgemeinen Voraussetzungen sind 


| 7 


Uli ur en 


Figur 3, 


dieselben wie bisher, aber wir denken uns etwa in der Gegend 
von Hannover ein nicht sehr umfangreiches, aber steiles Berg- 
land, welches den nach Westen wandernden Menschen in dem 
im übrigen überall gleich gut zu begehenden Gelände ein schwer 


zu überwindendes Hindernis bietet. 


Die auf den Bergstock treffenden Wanderer werden nun 
vermutlich nicht versuchen, ihn unter mehr oder weniger grofsen 
Anstrengungen zu übersteigen, um auf dem kürzesten Wege nach 
Holland zu gelangen. Sie werden vielmehr, wenn sie in die 


Nähe des Berges kommen, also etwa, wenn sie ihn deutlich am 


Horizont erscheinen sehen, rechts und links ausweichen und 


ihn umgehen. Dann werden an beiden Seiten des Hindernisses 


ähnlich wie im vorigen Fall stärkere Ansammlungen von Wan- | 
derern stattfinden. Auch unter diesen Umständen wird uns 
keiner Unrecht geben, wenn wir sagen, dafs die Brandenburger 


und Mecklenburger in „Breiter Front‘ nach Holland ziehen. 


Bisher hatten wir angenommen, dafs das zu durchziehende 
Zwischengelände überall auf dem gröfsten Teil seiner Breiten- 
ausdehnung gleich gut gangbar sei. Der Figur 4 liegt nun 


Zur Theorie des Vogelzuges. 367 


die Annahme zu Grunde, dafs quer zur Wanderrichtung ein Flufs 
das Gelände durchschneidet, der nur eine gangbare Furt be- 
sitzt, — oder wir können uns denken, dafs es ein steilwandiger 


Figur 4, 


Gebirgszug sei, der nur an einer Stelle einen niederen Sattel, 
einen Pafs aufweist. Dann wären die Wanderer gezwungen, 
in der Richtung auf diese gangbare Stelle hin sich zusammen 
zuschliefsen und nach Ueberwindung des Hindernisses wieder 
auseinander zu gehen, um die in ganz Holland liegenden 
Winterquartiere zu erreichen. Unter der oben erwähnten An- 
nahme, dafs Heimat und Winteraufenthalt unserer Wanderer- 
genügend weit auseinander liegen, würden wir auch in diesem 
Falle trotz der örtlichen starken Zusammendrängung sagen 
können, dafs die Bewegung als Ganzes betrachtet in Form der 
Breiten Front verläuft. 

Eine besondere Art der Bewegung in Breiter Front stellt 
Fig. 6 dar. In diesem Fall soll zwar auch das ganze holländische 


Figur 6. 


Gebiet besiedelt werden, aber die Wünsche der Wanderer in 
Bezug auf die zu wählenden Quartiere gehen aus irgend welchen 
Gründen zum Teil auseinander. Die meisten werden nun vielleicht 

auch den kürzesten Weg einschlagen, aber andere werden 
_ aus diesem oder jenem Grunde Richtungen wählen, die zu der 
gröfseren Zahl der Parallelwege in irgend welchem spitzen Winkel 
verlaufen. Dieses Bild entspricht nun allerdings 'nicht mehr so 
ganz dem Begrifl, den wir uns von einer Bewegung in breiter 
Front machen, bei welchen wir uns meist einen einigermalsen 
gleichgerichteten und parallelen Verlauf der Einzelwege vor- 
stellen. Immerhin dürfen wir auch diese Form unter die Wander- 
bewegungen in Breiter Front einreihen. 


368 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


Dasselbe können wir in dem in Figur 5 dargestellten Fal 
tun, für welchen wir annehmen, dafs Holland den Sommersitzen 
der Einwanderer eine schmalere Front zukehrt. Besonderer 
Erläuterungen bedarf es wohl nicht. 


Figur 5. 


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Wir haben bisher stets von „Breiter Front“ gesprochen, 
ohne diesen Begriff selbst genauer zu definieren, — in der An- 
nahme, dafs meine Leser sich davon auch so ein ziemlich klares 
Bild machen konnten. Ehe wir jedoch zur näheren Betrachtung 
der Massenbewegung auf der Strafse, in „Stralsenform“, den 
Zugstrafsen übergehen, halte ich es für nötig, doch noch einige 
Augenblicke bei den Begriffen an sich zu verweilen. 

Der Ausdruck „Breite Front“ wird vielen namentlich von 
militärischen Verhältnissen her bekannt sein. Unter einer Be- 
wegung in Breiter Front verstehen wir eine solche, bei der sich 
eine gröfsere Anzahl von Menschen (oder Lebewesen überhaupt) 
in bestimmter, einigermafsen einheitlicher Richtung derart fort- 
bewegt, dafs die vorderste „Schicht“ der in Bewegung befindlichen 
Menge senkrecht oder annähernd senkrecht zur Bewegungs- 
richtung eine aus zahlreichen Personen gebildete Reihe von 
relativ weiter Ausdehnung bildet. Es ist nicht nötig, dafs die 
Breitenausdehnung stets gröfser ist als die Tiefenausdehnung, 
das ist abhängig von der Zahl der beteiligten Personen und den 
Tiefenabständen, die sie einhalten. Jedenfalls mufls aber die 
überwiegende Anzahl der durch die Tiefenausdehnung senkrecht 
oder annähend senkrecht zur Bewegungsrichtung gelegten Schnitte 
ein gleiches oder ähnliches Bild ergeben wie die vorderste Reihe, 
wie die „Front“. 

In der Literatur über den Vogelzug werden die Bezeich- 
nungen Breite Front und Zugstrafse als entgegengesetzte, 
‘ sich gewissermalsen ausschliefsende Begriffe angewandt. Demnach 
könnte man denken, der Gegensatz zur Breiten Front im eben 
näher bezeichneten Sinne sei Stralse. Dafs dies tatsächlich nicht 
der Fall ist, wissen wir. Der Gegensatz. zur Bewegung in Breiter 
Front ist die Bewegung in schmaler Front, in der Reihe, der 
Reihenmarsch. Bei diesem ist — vorausgesetzt dafs es sich um 
die gleiche Anzahl der Lebewesen handelt, wie im vorigen Fall — 
die vorderste Reihe schmal, besteht aus relativ wenigen Personen 
und ist von erheblich geringerer Ausdehnung als die Tiefe der 
sich bewegenden Menge. Jeder durch die Tiefenausdehnung 
senkrecht oder annähernd senkrecht zur Bewegungsrichtung ge- 
legte Schnitt mufs in der überwiegenden Anzahl der Fälle gleich 


ea 
he 


Zur Theorie des Vogelzugs. 369 


- der vorderen Querreihe schmal sein. Eine so angeordnete Menschen- 
menge kann sich nun unter gewissen Voraussetzungen besonders 
gut und leicht auf einer Strafse fortbewegen, der sie 
sich in ihren Raumverhältnissen gut anpafst — daher die eigent- 
Bent ganz korrekte Gegenüberstellung Breite Front — Zug- 
stralse. 

Was man sich unter einer Strafse hauptsächlich vorstellt, 


weils jeder: Es ist ein schmaler, aber relativ (im Verhältnis zum 


Weg) breiter Geländestreifer, der durch besondere Behandlung 
für starken menschlichen Verkehr hergerichtet ist und sich meist 
auf weitere Entfernungen hin in ziemlich einheitlicher Richtung 
erstreckt (Provinzialstrafsen, Chausseen, Heerstrafsen). Dem 
Wege fehlen einige dieser Eigenschaften, worauf hier nicht näher 
eingegangen werden soll. 

Der Sprachgebrauch unterscheidet aber noch in einer für 
uns wichtigen Weise zwischen den Worten „Strafse‘ und „Weg“ 
im Hinblick auf den Einzelmenschen. Man gebraucht das Wort 
Weg auch für die abseits jedes eigentlichen Weges von einem 
einzelnen Menschen zurückgelegte Entfernung. Man sagt z. B. 
„man konnte an den Spuren im Schnee sehen, welchen Weg er 
gemacht hatte“ auch dann, wenn ein Verirrier von jedem richtigen 
Weg abgekommen war. ,„Strafse‘“ braucht man in ähnlichem 
- Sinne nur in dichterischen Wendungen. Daraus folgt, dafs die 
vom ziehenden Vogel zurückgelegte Strecke zwar stets als Zug- 
weg, nicht aber als Zugstrafse bezeichnet werden kann. Er kann 
aber in gewissen Fällen einer Zugstralse folgen bezw. mit 
- andern Artgenossen in einer Zugstrafse ziehen, worauf weiter 
_ unten zurückzukommen sein wird, nachdem wir uns vorher mit 
der „Zugstrafse“, ähnlich wie weiter oben mit verschiedenen 


Formen der Breiten Front, etwas näher bekannt gemacht haben. 


Figur 7. 


In Figur 7 sehen wir eine schematische Darstellung, der 
folgende Annahme zu Grunde liegt: Die Bewohner von Mecklen- 
‘burg und der Mark sind durch die Ungangbarkeit des Zwischen- 
geländes verhindert, in Breiter Front nach ihren in Holland ge- 
legenen Wintersitzen zu wandern. Es gibt nur einen guten 
Weg in westlicher Richtung, welcher etwa wie die jetzige Bahn- 
linie Berlin—Hannover—Osnabrück—Salzbergen verlaufen mag. 
Diese Wanderer werden daher bestrebt sein, nach und nach An- 


370 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


schlufls an diese Stralse zu gewinnen. Sie werden auf ihr gegen | 


Westen ziehen, und wenn sie in der Nähe der holländischen 
Grenze ankommen, werden sie auseinanderstreben, um je ihren 
Sonderaufenthalt zu suchen. Von der ganzen Bewegung können 
wir sagen, dafs sie sich in Form des Stralsenmarsches vollzogen 
hat. Dals es keine Bewegung in Breiter Front ist, und wodurch 
sie sich von ihr unterscheidet, sieht jeder ein. 


Figur 9. 


Figur 8 und 9 stellt ähnlich wie Figur 2 und 3 die Fälle - 
dar, in welchen der gerade Verlauf der gangbaren Strafse _ 


durch ein gröfseres Wasser oder einen Gebirgszug unmöglich 
wird. Eine nähere Erklärung darf ich mir wohl ersparen. 

Wenn wir unsere bisherigen Ausführungen mutatis mutandis 
auf den Vogelzug anwenden, so können wir etwa folgende De- 
finitionen für den in Breiter Front und in Zugstrafsenform 
verlaufenden Zug geben: 

1. Der Zug einer Vogelart vollzieht sich auf Breiter Front, 
wenn die Vögel eines gröfseren, ausgedehnten Brutgebietes!) 
auf zahlreichen, getrennten Wegen den Zug ausführen, sodafs 
die Gesamtheit der Zugwege im Verhältnis zur Breitenaus- 
dehnung — im Grolsen und Ganzen senkrecht zur Zugrichtung — 
des Brutgebietes ebenfals breit ist und, etwa in eine Karte 
eingezeichnet, für den gröfsten Teil des Verlaufs im Verhältnis 
zum Brutgebiet kein schmales, strafsenförmiges Bild ergibt. 
Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dafs zeit- und strecken- 


1) Oder auch Winterquartiers! 


Zur Theorie des Vogelzuges. 371 


weise die ziehenden Vögel näher zusammentreten und Bilder 
ergeben, wie sie in Fig. 2 und 3 dargestellt sind. 

‚2. Der Zug einer Vogelart vollzieht sich in Form einer Zug- 
strafse, wenn der bei weitem gröfste Teil der Vögel eines 
ausgedehnten, grölseren Brutgebietes!) für den gröfsten oder 
wenigstens einen grofsen Teil der Zugstrecke annähernd 
die gleichen (und in verschiedenen Jahren gleichbleibenden) 
Wege benutzt, die so nahe beieinander liegen, dafs ihre Ge- 
samtheit — etwa in eine Karte eingezeichnet — im Verhältnis 
zur Breitenausdehnung des Brutgebfetes — im grofsen und 
ganzen senkrecht zur Zugrichtung— schmal, „strafsenförmig‘“ 
erscheint. 


Aus diesen Definitionen und aus der gesamten bisherigen 
Darstellung geht hervor, dafs man an und für sich nicht nach 
lokalen, in räumlicher und zeitlicher Hinsicht nicht genügend 
Beobachtungsmaterial umfassenden Beobachtungen beurteilen kann, 
ob eine Vogelart diesen oder jenen Zugstyp folgt, — auch 
dann nicht, wenn die beobachteten Vögel etwa einer Küste 
oder einem Fluls folgen. Auch auf die absolute Zahl der lokal 
beobachteten Vogelmengen kommt es an und für sich nicht 
an, sie genügt nicht, um zu beurteilen, ob Teile einer Breiten 
Front oder eine Zugstrafse vorliegen. Ein Brutgebiet von grolser 
Tiefenausdehnung und einer reichen Vogelbevölkerung kann z. B. 
Teile seiner breiten Zugfront reicher beschicken, als es 
einem anderen weniger tiefen, spärlicher bevölkerten Gebiet für 
seine „Zugstrafse“ möglich ist. 

Der Umstand, dafs dies nicht genügend berücksichtigt wird, 
gibt oft Anlafs zur Verwirrung der Begriffe, und auch Herr 
v. Lucanus dürfte sich in seiner Arbeit nicht ganz frei davon 
gehalten haben. Von einem Punkte oder einer Gegend, wo aus 
irgend welchen Gründen, z. B. aus den in Fig. 2 und 3 gezeigten, 
zur Zugzeit sich gröfsere Mengen von Vögeln zeigen, heilst es 
dann: „hier geht eine Zugstralse vorbei“ und „dieser oder jener 
Vogel zieht auf dieser Zugstrafse“. Es handelt sich dabei aber 
keineswegs immer um die eigentlichen, oben näher gekennzeich- 
neten Zugstrafsen, an deren enger umschriebenem Begriff? wir 
unbedingt festhalten müssen, wenn wir zu einiger Klarheit ge- 
langen wollen. 

Für diese „falschen“ Zugstrafsen, zu welchen ich z. B. für 
viele der dort vorkommenden Arten auch die Kurische Nehrung 
rechne, sollte man ein anderes Wort gebrauchen, um ständige 
Verwechslungen und Unklarheiten zu vermeiden. Ich schlage 
vor, se „Massenzugwege“ zu nennen. Palme&n, der 
zu diesem Punkt sehr gute Ausführungen bringt?), nennt sie 


1) Oder auch Winterquartiers! 
2) a. a. O0. 8. 284 fi. 


372 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


Heerstrafsen, eine Bezeichnung, die wegen ihrer Aehnlichkeit mit 


„Zugstrafse‘‘ besser zu vermeiden ist. 


Die eigentlichen Zugstrafsen sind, wie mir scheint, einiger- 
malsen selten, die Massenzugwege nicht, und viele der an einem 


Ort mit gutem Vogelzug beobachteten Vogelkenner sind geneigt, 
solche „Zugstralsen‘“ zu vermuten und zu konstruieren. Herr 
v. Lucanus meint (S. 60), dafs an der Küste die Zugstrafse 
als solche deutlich zu Tage trete, während im Binnenlande der 
Eindruck der eigentlichen Zugstrafse mehr oder weniger ver- 


loren gehe. Ich bin anderer Ansicht und würde lieber sagen, 


dafs an der Küste leicht der Eindruck der Breiten Front ver- 
loren geht und falsche Zugstralsen vorgetäuscht werden können. 

Der Leser, der meinen etwas langweiligen Ausführungen 
bis hierher gefolgt ist, wird vielleicht sagen, dafs auch in den 
von mir gebrachten Definitionen und Erklärungen die verschie- 
denen Formen, unter denen der Vogelzug; wirklich stattfindet, 
weder ganz klar umschrieben noch sämtlich erfalst sind. Ich 
mufs ihm zustimmen, glaube aber nicht, dals es möglich ist, 
diese Mängel ganz zu vermeiden. Die Zugerscheinungen sind 
manchmal verwickelt und gehen ineinander über, sodafs jeder 
‚ Einzelfall nicht immer unter einem der Haupttypen unterzu- 
bringen ist. 

Ein Fall z. B., auf den keine meiner beiden Definitionen 
palst, ist der folgende, in Fig. 5 dargestellte: Die Vögel eines 
langen, schmalen Brutgebietes, etwa die Seevögel einer langen 
Küste (Norwegen) ziehen in der Richtung der Längsaxe dieses 
‚Gebietes zu ihren Winterquartieren (etwa den Küsten Englands 
und Frankreichs). Es würde sich da ein Zugbild ergeben, für 
welches die Definition der Zugstrafse nicht ganz palst, weil die 
Summe der Zugwege im Verhältnis zur Breitenausdehnung des 
Brutgebietes nicht schmal ist. Die Definition der Breiten Front 
palst wohl besser, und tatsächlich steht die Zugerscheinung 
diesem Typ auch am nächsten, obschon es eigentlich 
nicht so aussieht. Immerhin wird mancher hier nicht ganz mit 
Unrecht von einer „Zugstrafse“ sprechen, wenn sie auch von 
einer Zugstrafse, wie wir sie bei Oiconia beobachten, nicht un- 


wesentlich abweicht. Auf derartige Erscheinungen beziehen sich 


die meisten der von Palme&n angegebenen, weiter oben er- 
wähnten Zugstralsen. So gibt es noch andere zweifelhafte 
Fälle — etwa der Zug einer Vogelart von einem ziemlich iso- 
lierten Inselgebiet (Anser brachyrhynchus von Spitzbergen nach 
England), aber ich kann hier nicht auf alle diese Spezialfälle 
näher eingehen. 


Bei einem Worte, das schon Palm&n, wenn auch 
nicht in irgend einem bestimmten Sinne anwendet, müssen 
wir noch einige Augenblicke verweilen — Zugbahnen. Das 
Wort Bahn hat im Sprachgebrauch mancherlei Bedeutung: Wenn 


wir von der Eisenbahn, der Bahn eines Planeten um die Sonne 


Zur Theorie des Vogelzuges. 843 


oder der Bahn eines Geschosses sprechen, so hat Bahn’ etwa die ' 
gleiche Bedeutung wie Weg, und in diesem Sinne kann es also 
- in der Terminologie der Zugerscheinungen nicht gebraucht werden. 
Wir sprechen aber auch von einer Reitbahn und Eisbahu, von 
einer Bahn Tuchstoffl, der Bahn einer Tapete, von einer Zelt- 
bahn, und namentlich im Sinne der drei letztgenannten Ausdrücke 
wollen wir das Wort benutzen. Die Fläche eines Teppichs kann 
‘aus Stofflbahnen zusammengesetzt sein, die Tapetenwandfläche 
eines Zimmers ist aus Tapetenbahnen zusammengeklebt, und die 
Gesamtfläche eines Militärzeltes besteht aus Zeltbahnen; in allen 
diesen Fällen ist die Bahn der verhältnismäfsig schmale aber meist 
lange Teil einer gröfseren Fläche. Die Gesa m tzugerscheiuung 
eines Zuges in Breiter Front kann in ihrem Verlauf auch als 
eine breite Fläche dargestellt werden, und mit Zugbahn 
bezeichnen wir daher einen Teil einer solchen Breiten-Front- 
Fläche. Wir können diesen Ausdruck benutzen, wenn wir einen 
- Teil einer in Breiter Front vor sich gehenden Zugerscheinung 
besonders besprechen wollen. Das Gesamtgebiet, auf welchem 
also z. B. der Zug der über Rossitten ziehenden Nebelkrähen 
in Erscheinung tritt, können wir als Zugbahn, als Teil des in 
Breiter Front stattfindenden Gesamtzuges östlicher Krähen be- 
- zeichnen. Auch eignet sich der Ausdruck für gewisse zeitlich 
und räumlich enger und schärfer begrenzte Teilzugserscheinungen, 
wie sie v. Lucanus unter dieser Bezeichnung von der Wald- 
schnepfe erwähnt, für den Verlauf gewisser „Schnepfenzugwellen“. 

Wir haben nun, um es nochmals kurz zu wiederholen, die 
folgenden Fachausdrücke für den Vogelzug näher gekennzeichnet 
_ und angenommen: Der Zug einer Vogelart kann sich in Form 
der Zugstrafse oder auf Breiter Front vollziehen. 
Gröfsere Teile einer Breiten Front nennen wir Zugbahnen. 
Zugstrafse, Breite Front und Zugbahn setzen sich aus Zug- 
wegen zusammen, womit jede vom einzelnen Zugvogel zurück- 
gelegte Zugstrecke zu bezeichnen ist. Massenzugwege 
nennen wir solche, geographisch meist enger begrenzte Oert- 
lichkeiten, an welcher sehr reger Zug stattfindet, von dem wir 
aber nicht sagen wollen oder können, dals, ob und inwieweit 
- er von Teilen einer Zugstralse oder einer Breiten Front her- 
rührt. i 
Ich kann nun zu den Punkten der Arbeit des Herrn 
v. Lucanus übergehen, mit denen ich nicht ganz einverstanden 
_ bin — ohne damit sagen zu wollen, dafs meine Ansicht die un- 
bedingt richtige ist. Ich folge im allgemeinen der Darstellung 
des Verfassers, erwähne jedoch einige Angaben seines II. Teils, 


‚  Schlufsfolgerungen, jeweils unter der betreffenden Art, auf die 


sich die Bemerkung bezieht.!) 


M 1) Ich setze voraus, dafs meine Leser die Arbeit von Herrn v. L. 
zum Vergleich zur Hand haben. Da mir hier in der Schweiz nur sehr 


374 MH. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


Die Tatsache, dafs ein auf den Scilly-Inseln beringter Puf- 


finus puffinus nach zwei Jahren bei Finistere in Frankreich 


erlegt wurde, beweist an sich nicht, dals dieser Vogel in den 


zwei Jahren in seiner Heimat „verblieben“ ist. In dieser Zeit 


konnte er sehr wohl, wie manchmal jüngere Vögel, sehr fern von 
seiner Heimat umhergestreift sein. 
Bei der Lachmöwe (Larus ridibundus) ist es sehr ver- 


lockend, von Zugstrafsen zu sprechen. Ich meine aber, dafs man 


nicht gut sagen kann, dafs der Zug nach dem eigentlichen Zug- 
stralsentyp vor sich "geht. Wenn dies der Fall sein soll, so 
mülsten mindestens die Mitglieder einer örtlich dicht bei 'ein- 
ander wohnenden Kolonie einigermafsen den gleichen Weg ziehen. 
Das ist nun keineswegs der Fall. Im Gegenteil; wir sehen z.B. 
die Möwen von Rossitten gleich nach verschiedenen Richtungen 
auseinanderstreben,.obschon es ihnen an sich leicht wäre, sämtlich 


der Meeresküste zu folgen, in deren Nähe sie brüteten oder er- 


brütet wurden, und ähnlich machen es die Lachmöwen aus den 
anderen Kolonien. Auch pafst es nicht zur eigentlichen Zug- 
stralse, dafs ein bedeutender Teil der Vögel schon so nahe der 
Heimat auf der „Zugstrafse“ überwintert, wie es die Rossittener 


tun, die nicht selten an der pommerschen Küste, an der Elb- 


und Wesermündung verbleiben. 

Der als sicher angenommene Zug Rossittener Möwen rhein- 
aufwärts, der nicht eben wahrscheinlich aussieht, bedarf noch 
sehr der Bestätigung. Die wenigen Rossittener Vögel, welche 
am Rhein unterhalb Basel erlegt wurden, können sehr wohl solche 
sein, welche der Donau folgend in das Gebiet der bayrischen 
Möwen gelangten und mit diesen rheinabwärts wanderten. 

Wenn man den Zug der Lachmöwen, insbesondere jener von 
Rossitten, charakterisieren wollte, so könnte man etwa sagen: Sie 
streben, um winterwärmere Quartiere zu erreichen, nach ver- 
schiedenen Richtungen auseinander, welche eigentlich nur das 


gemeinsam haben, dafs sie sämtlich in der westlichen Hälfte 


der Windrose verlaufen. Die Vögel halten sich im allgemeinen 
an die Nähe von Gewässern und scheinen auf je einer Herbst- 
reise nur in Ausnahmefällen wieder eine nördlichere Gegend auf- 
zusuchen, nachdem sie schon weiter südlich waren. 

Ob das Erscheinen Rossittener Möwen an der Küste von 
Mittelamerika wirklich auf regulären Zug zurückzuführen ist, er- 
scheint mir einigermafsen fraglich, wenn man die Tatsache be- 
rücksichtigt, dafs der Zugdrang bei dieser Möwe kein sehr starker 
ist, wa$ sich aus dem Ueberwintern in den oben erwähnten so 


heimatnahen Orten ergibt. Ehe ein regelrechter Zug in 


so weit entfernte Gegenden wirklich nachgewiesen ist, scheint es 


wenig Literatur zur Verfügung steht, muls ich die Angaben im wesent- 


lichen so nehmen, wie sie v. L. gibt, ohne die eigentlichen Quellen zu 
Rate ziehen zu können. 


Zur Theorie des Vogeizuges. 875 


mir richtiger, anzunehmen, worauf ja wohl schon von anderer 
Seite hingewiesen wurde, dafs solche Möwen, indem sie mit 
anderen Arten den ausfahrenden Schiffen folgten, weit vom Lande 
abgerieten, sich nicht mehr zur europäischen Küste zurückfanden 
und so in europaferne Länder gelangten — wobei dann immer- 
hin die allgemein westliche Tendenz des Lachmöwenzuges mit- 
wirkend gewesen sein mag. Wenn eine so weite Ausdehnung 
. der Wanderung in der Natur ihres Zuges läge, so wäre es einiger- 
mafsen auffallend, dafs die Vögel einerseits die gewaltige Ent- 
fernung bis Mittelamerika zurücklegen, anderseits an der afri- 
kanischen Küste wohl kaum in gröfserer Zahl irgendwie weit 
nach Süden vordringen, obschon diese Küste ganz.in der Zug- 
richtung eines bedeutenden Teiles dieser Möwen liegt, nämlich 
jener, die schon den französischen und iberischen Gestaden 
folgten. 

Herr von Lucanus meint (S. 54), dals der nördliche Zug 
eines Teiles der besprochenen Lachmöwen darauf hindeute „dafs 
die Lachmöwen in Süddeutschland, Böhmen und Ungarn ur- 
sprünglich aus nördlichen Gebieten hier eingewandert sind“. 
‚Ich habe an anderer Stelle dieses Journals) die Ansicht ausge- 
sprochen, dals die Weismann-Palmensche Hypothese: „Zugweg = 
Einwanderungsweg‘“ für manche Arten ziemliche Wahrscheinlich- 
keit habe. Ich meine aber, dafs die Lachmöwe mit ihren nach 
allen möglichen Richtungen fächerförmig austrahlenden Zugwegen 
ein sehr schlechtes und unwahrscheinliches Beweismaterial zu der 
genannten Hypothese abgibt — ganz abgesehen davon, dafs die 
Verhältnisse während und nach der Eiszeit eine solche Besiedelung 
von Westen und Norden her -- besonders für Ungarn — sehr 
. wenig glaubhaft erscheinen lassen. 

Dafs der nördliche Zug der Lachmöwe erst durch das 
Ringexperiment bekannt geworden sei, ist richtig, dafs man 
aber eine solch überraschende und wundersame Erscheinung des 
Vogelzuges vorher wohl niemals geahnt oder vermutet hätte 
(p. 54), das kann nicht zugegeben werden. Ich selbst habe z. B. 
in einer besonderen Arbeit?) auf den eigentümlichen Zug des 
Alpen-Wasserpiepers nach Norden bis zum Niederrhein und der 
holländischen Grenze hingewiesen — eine Tatsache, die für 
- Norddeutschland übrigens schon durch den alten Blasius 
bekannt war. 

Es ist möglich, dafs der, Merg. serrator vom Greifswalder 
Bodden der Elbe und Moldau auf seinem Zuge nach Steiermark 


1) J. f£ O. Januarheft 1917. 

2) Ornithol. Jahrb. 1910 unter dem irreführenden Titel „Anth. 
spinoletia im Rheinlande brütend“, wobei das „brütend“ ein eigen- 
mächtiger Zusatz des Setzers!! ist, dem meine Ueberschrift wohl nicht 
genügte. 


375 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


folgte, um dies aber als „wahrscheinlich“ zu bezeichnen, dazu 
genügen die Unterlagen nicht. 

Sehr interessant sind die Ergebnisse, welche der Ringver- 
such bei der Spiefsente gezeitigt hat, doch meine ich, die Schlüsse, 
die Herr v. Lucanus daraus zieht, gehen weiter als die fest- 
stehenden Tatsachen es zulassen. Obschon diese Ente ein 
zweifellos hervorragender Flieger ist, scheint mir die Reise ganz 
um Spanien herum und wieder nach Norden hin, um ins nörd- 
liche Italien zu gelangen, doch einigermalsen unwahrscheinlich, 
zumal A. acula einen Flug durchs Binnenland durchaus nicht 
scheut und z. B. in Westdeutschland und der Westschweiz auf 
dem Durchzuge nicht selten ist. Die Tatsachen, wie sie das 
Ringexperiment gibt, nötigen nicht zu dieser Annahme, sondern 
sie lassen sehr wohl die Möglichkeit zu, dafs ein Teil der in Fanö 
gezeichneten Enten sich durch das westliche Binnenland be- 
gibt — worauf die auf Maas und Seine erbeuteten hindeuten —, 
um das Mittelmeer in der Gegend des Löwengolfes zu erreichen. 
Auch mögen sie das südliche Frankreich von der Viscaya-See 
zum Mittelmeer Kreuzen: 


Inwiefern die beiden im Frühjahr im Ural bei Perm und 


bei Kiew erlegten Enten auf einen in nördlicher Richtung 
begonnenen Herbstzug hindeuten, sehe ich nicht ein. Soviel ich 
auf meiner Karte feststellen kann, liegt Perm und somit auch 
der 200 km östlich davon gelegene Erlegungsort der einen Ente 
nördlicher als Fanö. Der Vogel braucht also keineswegs 
erst nördlich gezogen sein. Ob die Ente von Kiew wirklich dort 
brütete!), geht aus den Angaben v. Lucanus’ nicht sicher 
hervor. Auch die sicher festgestellte Tatsache des Brütens 
würde an sich nicht beweisen, dafs diese Ente, wenn sie im 
Herbst vorber über Fanö zog, auch damals von Kiew kam, 
denn wie Verfasser vorher angegeben hat, zeigten sich andere 
Enten wenig heimattreu. Mir erscheint folgende Annahme 
nicht unwahrscheinlich: Der Vogel, der irgendwo am nördlichen 
Mittelmeer, etwa in den Lagunen Venedigs überwinterte, machte, 
um im Frühjahr nach Hause zu kommen, nicht den von v. Lu- 
canus angenommenen Umweg um Spanien herum, sondern zog 


quer durch Ungarn seiner nord-russischen Heimat zu und berührte 


dabei das an seinem Wege liegende Kiew, wo ‚er aus irgend 
welchem Grunde blieb. 

Der Küstenweg dieser Enten von ‚8000 km“ wäre mit 
einem oder zwei Fragezeichen zu versehen. Die Zahl an 
sich hat zwar nichts Unwahrscheinliches an sich, denn die Reste 


einer jungen A. acuta, welche ich mitten in der Zentralsahara 1 


iand, lassen es nicht unmöglich erscheinen, dafs einzelne Spiels- 
enten die Grofse Wüste durchqueren, um etwa am Tsad oder 
am Niger zu überwintern. Das wäre nicht auffallend, denn wenn , 


1) Das Datum an sich beweist es nicht. 


Zur Theorie des Vogelzugos. 999 


ich mich recht entsinne, habe ich diese Ente seinerzeit wieder- 
holt auf dem Weilsen Nil südlich Chartum gesehen 

Der Zug des Kiebitzes läfst sich, soviel von ihm bisher be- 
kannt ist, wohl noch ganz gut unter dem Begriff der „Breiten 
Front“ unterbringen, wenn wir deren verschiedene Variationen 
berücksichtigen. 

Dafs der Totanus totanus aus Pommern, um zur Rhone- 
mündung zu gelangen, der Küste gefolgt ist, erscheint mir zum 
 mindesten sehr zweifelhaft, da dieser Vogel, der so häufig 
im Binnenland brütet, einen Flug über Land gewils nicht scheut 
und dort während des Zuges auch nicht selten ist. 

Bei der Waldschnepfe sprechen die vorliegenden Tatsachen 
am allerwenigsten von allen bisher behandelten Vogelarten für 
einen eigentlichen Zugstrafsenzug. Dennoch’ spricht Herr v. 
Lucanus wiederholt von deren „Zugstralsen“ und stellt sie 
auf seiner Karte auch als strafsenförmi ge Einzeichnungen 
dar, die sich kreuzen, von einander entfernen, sich nähern und 
 zusammentreten und manchmal einen Verlauf zeigen, von dem 
man in Zweifel sein kann, ob er überhaupt nur der wirklichen Zug- 
richtung entspricht. Dafs der Zug der Waldschnepfe nicht 
so recht zu dem Bild palste, das wir uns von einer Zugstralse 
machen, hat wohl auch v. Lucanus empfunden. So spricht 
‚er z. B. von Zuggebieten, Zuglinien und bringt (S. 21) den in 
anbetracht all’ der diesbezüglichen Meinungsverschiedenheiten 
und Diskussionen einigermaflsen erstaunlichen Satz: „Da die 
Zugstrafsen auf Breiter Front verlaufen... .“!! 

Bei der Waldschnepfe findet sich wie auch bei anderen 

Arten die Erscheinung, dafs gewisse Gegenden beim Zuge nur 
einmal im Jahre häufig besucht werden. So ist z. B. die Insel 
Rügen wegen ihres vortrefilichen Schnepfenzuges im Frühjahr 
bekannt, während dort im Herbste nur wenige angetroffen werden. 
Diese Erscheinung läfst verschiedene Erklärungen zu: Es ist 
‚möglich, dafs die Schnepfen, welche der über Rügen gehenden 
Zugbahn angehören, stets in einigermalsen gleichen Etappen 
ziehen, welche so liegen, dals Rügen zwar im Frühjahr, nicht 
aber im Herbst in ein Rastgebiet fällt. Wahrscheinlicher ist 
aber vielleicht folgendes: Man kann die Zugwege der in Breiter 
Front ziehenden Vögel mit Lichtstrahlen vergleichen. Trefien 
_ die Strahlen auf ein Hindernis, so werden sie aufgefangen oder 
‚abgelenkt und hinter dem Hindernis entsteht ein strahlenloser 
Raum, ein Schatten. So ähnlich wird auch hinter einem Vogel- 
zughindernis (etwa wie Fig. 4 und 5) ein Gebiet vorhanden sein, 
in welchem keine oder nur wenige Zugvögel erscheinen. Wir 
können sagen, dieses Gebiet liege in Zugschatten.!) Ein 
solches Hindernis kann nun wie in Fig. 3 ein Gebirge sein, es 


1) Diese gute Bezeichnung wurde wohl zuerst von W. Kobelt 
1902 eingeführt. 
Journ, £, Om, LXX. Jahrg. April/Juli 1922, 25 


4 


378 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


kann aber auch eine grofse Wasserfläche sein, welche von Land 
vögeln manchmal ungern überflogen wird. Es ist nun möglich, 
dafs die Waldschnepfen bei ihrem SW. gerichteten Herbstzuge 
einen Längszug über die Ostsee vermeiden, wodurch dann Rügen 
in den Zugschatten der See zu liegen käme. 

Beim Storch (Oie. ciconia) bin ich einmal insoweit gleicher 
Meinung wie Herr von Lucanus, als es sich bei diesem 
Vogel wohl tatsächlich um einen Zugstrafsenzug handelt. Zu 
gewissen Punkten der Ausführungen des Verfassers möchte ich ; 
aber einige Bemerkungen machen. v. Lucanus glaubt, dals 
auch die westdeutschen und holländischen Störche, die nach a: 
Südwesten wandern, ursprünglich von Osten kamen und die Zug- 
richtung nach SW. neu erworben haben. Das ist sehr wohl 
möglich und, da es nicht irgendwie bewiesen werden kann, eine 
Sache von mehr oder weniger grofser Wahrscheinlichkeit. Ich H 
hatte an anderer Stelle die ebensowenig beweisbare ee 
ausgesprochen, dals die westlichen Störche ursprünglich von SW. 
einwanderten und demgemäfs ihren alten Einwanderungsweg als \ 
Zugweg benutzen. Als Stütze dieser Ansicht kann man anführen, 
dals Ciconia in Kleinafrika und Spanien häufig oder nicht selten 
brütet und früher auch in Frankreich anscheinend verbreitet 
war. (Dr. Hartert in litt.) 


Herr von Lucanus vermutet, dafs der Zug der west- | 
lichen Störche!) weiterhin der nordafrikanischen Küste folge, um 
Anschlufs an die östliche Zugstralse zu erhalten, oder dals er quer 
bzw. in südlicher Richtung durch die Sahara führe Er ni 
den vorliegenden Beobachtungen zufolge mehr letzterer Ansicht 
zu. Das wird wohl das Richtige sein, denn der Zug längs der ° 
nordafrikanischen Nordküste kommt mir in hohem Grade un- | 

wahrscheinlich vor.?2) Widersprechen muls ich aber dem ver- 
ehrten Verfasser, wenn er sagt „sodafs eine Durchquerung der 
Sahara keineswegs ungünstiger erscheint als der Zug längs der 
nordafrikanischen Küste.“ Tatsache ist, dafs der Storch auf 
letztgenanntem Wege kaum irgendwo die ausgesprochene, eigent- 
liche Wüste zu berühren braucht und stets entweder durch an- 
gebautes Gelände oder über nicht allzu schlechte Steppen ziehen F 
kann, die immerhin noch einen Jahresniederschlag von über” 
200 mm haben und also vermutlich einigermalsen reich an 
Orthopteren und Reptilien sein werden. Wie es mit den Fluls- \ \ 
läufen, der üppigen Vegetation und dem Weideland aussieht, 


ET 
B 


i) Handelte es sich bei dem Marburger Storch übrigens nicht | 
um Marburg a. d. Dr. in Oestreich? ES 


2) Merkwürdig ist die Beobachtung, die Pr. Ferrouillat aus Oued- ö | 
Marsa, Golfe de Bougie, Algerien in der Revue franc. d’Ornithologie, 
No. 110, 1918 mitteilt. Danach soll dort an der Küste im Fronjalus 
ein lebhafter Zug von Westen nach Osten stattfinden. ; 


Zur Theorie des Vogelzuges. 879 


welche den quer durch die Wüste längs des Ahaggarberglandes 
und Tibesti ziehenden Störchen „gute Lebensbedingungen“ bieten, 
das haben meine Leser aus der Reisebeschreibung entnehmen 
können, die ich in diesen Blättern über meinen Aufenthalt in 
den Tuaregbergen gegeben habe. Ich habe dort keine Gegend 
_ angetroffen, wo ein nur einigermalsen grolser Storchenzug eine 
im bescheidensten Mafse ausreichende Nahrung gefunden hätte. 
Ein Einzelstorch könnte sich an besonders günstiger Stelle ein- 
- mal vom unmittelbaren Hungertode retten, besonders wenn er 
so glücklich wäre, eine der schnellen, im Gestein lebenden 
Agamen (A. bibroni) oder gar einen kleinen Uromastix zu er- 
beuten, oder einige ermattete kleinere Zugvögel. Ä 


Der günstigste Weg für die aus Spanien und Kleinafrika 
nach Süden ziehenden Störche würde vermutlich der längs der 
Westküste Afrikas sein, wobei die eigentliche Wüstenreise — 
vom Cap Juby bis in die Gegend des Senegal — etwa 1300 km 
betragen würde. Wesentlich schlechter treiien es schon jene, 
die etwa über die Gegend von Laghouat nach dem Niger ziehen; 
sie dürften eine Wüstenreise von rund 1800 km vor sich haben. 
Ganz ungünstig ist schliefslich der Weg, den Herr v. Lucanus 
_ angibt — etwa in südöstlicher Richtung längs der innersaharischen 
- Gebirge —, denn da müfsten die Wanderer über 2000 km durch 
meist ganz öde Wüste zurücklegen, wozu sie bei einer Tages- 
_ leistung von 200 km zehn Tage gebrauchen würden, was wohl 
nur wenige überstehen könnten. Wie günstig der westlichste 
dieser drei Wege im Verhältnis zu dem etwa über In Salah 
führenden wäre, geht aus folgenden Niederschlagszahlen hervor): 
Das unter 27° 58° an der Westküste gelegene Cap Juby hat noch 
_ eine jährliche Regenmenge von durchschnittlich 225 mm, während 
das am zweiten Wege aber noch wesentlich nördlicher unter 
30° 33‘ gelegene EI Golea nur etwa 30 mm! aufweist, und das 
mit C. Juby etwa auf demselben Parallel aber ebenfalls an dem 
zweiten Weg gelegene In Salah (27° 17‘) gar in mancher Jahren 
überhaupt keine mefsbaren Niederschläge erhält. 
Es wird wohl meist und so auch von Herrn von Lucanus 
_ angenommen, dafs die westlichen Störche nach Südafrika ziehen. 
Ich möchte das auch vermuten, aber so ganz sicher ist es nicht. 
- Es ist nämlich auffallend, dafs diese Störche, die zum Teil schon 
Anfang August ihre Heimat verlassen und in der ersten Hälfte 
_ dieses Monats schon Mitten in der Sahara bei In Salah ange- 
 troffen wurden, nicht vor Mitte November — nach der Mitteilung 
des ornithologischen Comitees in Südafrika?) — in Südafrika ein- 
treffen sollten. Da diese Störche nicht selten schon Mitte und 


1) Nach H. Leiter in Abh. d. K. K. Geograph. Gesellsch. in Wien, 
VII, 1909. 
2) Siehe die Arbeit von v. Lucanus 8. 30, 
25* 


880 H. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


Ende Februar wieder in ihrer Heimat erscheinen!), so mülsten 
sie, wenn sie zur Rückreise ebenso lange Zeit gebrauchen, — 


etwa 31/, Monate — schon ziemlich bald nach ihrer Ankunft in n 


Südafrika erneut sich auf die Reise begeben. Sie könnten aller-- 
dings die Rückreise etwas schneller ausführen, aber ganz klar 
liegt die Sache nicht. Es müfsten vor allem, wenn dies einmal 
wieder möglich ist, zahlreiche Störche in Kleinafrika beringt 
werden, was nicht schwer ist, da sie dort strichweise massenhaft 
und soviel ich sah, ziemlich niedrig auf Bäumen brüten.2) 
Bei Sperber (Acc. nisus) und Bussard (BD. buteo) lälst 
unser verehrter Verfasser wieder die unglückliche Rheinzugstrafse 
in Erscheinung treten, obgleich ich gerade hinsichtlich dieser 
Fälle schon an anderem Orte?) darauf hingewiesen habe, dafs 
diese Raubvögel der Feldbeobachtung zufolge nicht dem Rhein 
folgen, sondern ihn etwa, wie so viele andere Tagzugvögel, in 
SW-Richtung kreuzen. Herr v. Lucanus scheint meiner Ver- 
sicherung nicht recht geglaubt zu baben, wenn er trotzdem an 
dieser „Zugstrafse‘‘ festhält. Das ist einmal ein offenkundiger 


Fall, in welchem das Ringexperiment zu falschen Schlüssen 


führt, wenn man mehr daraus herauslesen will, als wirklich mög- 
lich ist und ergänzende Feldbeobachtungen nicht genügend be- 
achtet. Y 
Unter seinen Bemerkungen über den Zug der Schwalben 
führt Herr v. Lucanus eine Mitteilung von Barrington aus der 
Zeitschrift British Birdsan. Durch einigeunglückliche Umstände ist 


das Zitat des Zettelinhalts, welchen der Vogel trug, falsch in 
Druck gekommen, auch handelt es sich nicht um eine 
Schwalbe, sondern um einen Segler.*t) Der Herausgeber 


von British Birds hielt übrigens die ganze Geschichte für einen 


schlechten Scherz. Aber wenn man dies auch nicht tun sollte, 


so kann man sich doch keineswegs der Schlufsfolgerung von 
Herrn von Lucanus anschliefsen, dafs nämlich „die Schwalben 
auf ihrem Zug durch Afrika dem Lauf des Nils folgen“. Denn 
erstens kann solch einEinzelfall kaum zu so weitgehendem 
Schlufs berechtigen, und zweitens liegt Suakin nieht am Nil. e 

Die Angabe, dals eine Bomb. garrula nach 52 Tagen 
650 km vom Beringungsort entfernt war, steht fest, nicht aber, 
dafs dieser Vogel „in 52 Tagen 650 km zurückgelegt“ hat und 


1) Mathey-Dupraz berichtet in „Der ornithol. Beobachter‘ XVI, 
S. 119, dafs in Montmirail, Westschweiz, sogar schon am 4. Januar 1919 
ein Flug Störche beobachtet wurde. a 
?2) Mitte Juni 1914 sah ich über Biskra einen grofsen Zug Störche 
hinfliegen; das werde wohl solche gewesen sein, die nicht brüteten und 
sich in der Steppe herumtrieben. | | 
8, J. f. O. Januarheft 1917, S. 58. | 
*) Die richtige Aufschrift des Zettels lautet: Mary Elsam, Suakin, 
Egypt 10. 8. 86, Ei 


Zur Theorie des Vogelzuges. 381 


dafs dies eine „tägliche Durchschnittsleistung von 121/, km er- 


gibt“. Das ist ebensowenig richtig, wie wenn ich etwa sagte, 
dafs ein Mensch, den ich heute in Berlin sehe und nach 50 Tagen 
in Köln antreffe, deswegen zum Zurücklegen der Strecke Köln— 
Berlin 50 Tage gebraucht bzw. eine Durchschnittsmarschleistung 
von 10 km pro Tag zu verzeichnen hat. 

Dies wären etwa die wesentlichsten Bemerkungen, 
die ich, lediglich der Sache wegen, zu den speziellen 
Ausführungen von Herrn v. Lucanus zu machen habe. Es 
mögen noch einige folgen, welche den allgemeinen Teil der Ar- 
beit betreffen. S. 57 erwähnt v. Lucanus die von Thiene- 
mann mitgeteilte Tatsache, dafs im strengen Winter 1917 zahl- 
reiche Lachmöwen an der zugefrorenen Nordseeküste verweilten 
und zu Grunde gingen, obschon sie sich doch leicht in südlichere 
Gegenden hätten in Sicherheit bringen können. Er knüpft daran 
die Bemerkung „dals der ganze Zug nur reflexmäfsig vor sich 
geht, und jegliche Ueberlegung dabei fehlt“. Ich stimme der 
Ansicht von Herrn v. L. im wesentlichen zu, aber nur „reflex- 
mälsig“ darf man die Tätigkeit des Ziehens doch wohl nicht 
nennen. Zwischen einer reflexmäfsigen Handlung und einer mit 
Ueberlegung ausgeführten gibt es doch wohl noch auf Grund 
anderer seelischer Vorgänge ausgeführte Handlungen. Nach 


- den Beobachtungen Gätkes ziehen über Helgoland auch spät im 


Winter nicht selten Vögel, deren Hauptzugzeit längst vorbei 
ist und die nur durch stärker einsetzende Kälte zum Ziehen be- 
wogen wurden. Auch kann man ausgesprochene und starke 
Rückzüge nach Süden, wie ich sie im Frühjahr wiederholt 
bei einem Wettersturz beobachtete, nicht wohl als krasse Reflex- 
bewegung deuten, wenn auch gewifs nicht viel Ueberlegung dabei 
waltet. 

Den von amerikanischen Ornithologen festgestellten Zug 
des Charadrius fulvus bezweifelt Herr vv Lucanus und hält 
es für möglich, dafs die auf den Hawaiischen Inseln beobachteten 
Regenpfeifer Brutvögel der polynesischen Inseln sind. Das 
möchte ich für höchst unwahrscheinlich halten, denn die poly- 


nesischen Inseln sind ornithologisch wohl so bekannt, dafs ein 


dort häufig brütender Regenpfeifer den Forschern kaum ent- 
gangen wäre. Auch wäre es sehr merkwürdig, dafs ein Regen- 


- pfeifer in Sibirien und Nordamerika und dann wieder in der 


gleichen Form in der Südsee brüten sollte, die Identität der 
hawaiischen Vögel mit den nordischen steht ja wohl fest. 
Nachdem v. Lucanus die zweifellos westliche Tendenz 
des Zuges europäischer Vögel erwähnt hat, bemerkt er (S. 55), 
dafs auch die in Europa nicht eben selten erscheinenden ameri- 
kanischen Vögel z. B. verschiedene Drosseln auf westlichem 
Fluge, also über den nördlichen Grofsen Ozean und durch ganz 


Eurasien zu uns gelangen dürften. Das mag hin und wieder 


einmal der Fall sein, ist aber schon darum ziemlich unwahr- 


982 


scheinlich, weil in Nordamerika die ganze Tendenz des Zuges 
nicht wie bei uns eine südwestliche, sondern eher eine südöst- 
liche ist, und sie daher versprengte Vögel leichter auf den At- 
lantischen Ozean und nach Europa als auf den Pacific und nach 


Asien führen dürfte. Immerhin verdient die Anregung von. 3 


Herrn v. Lucanus weitere Beachtung. 

‚In diesem Zusammenhang mag auf gewisse geophysikalische 
Verhältnisse hingewiesen werden, von denen ich nicht weils, ob 
sie schon einmal in Bezug auf den Vogelzug erörtert wurden!) 
Bekanntlich dreht sich beim Umschwung der Erdfeste nach 
Osten mit ihr die ganze Lufthülle und auch ein in derselben 
fliegender Vogel. Bei diesem Umschwung dreht sich ein Punkt 
desto schneller, je näher er dem Aequator liegt, weil in der 
gleichen Zeit immer grölsere Entfernungen zurückgelegt werden 
müssen. Bei Bewegungen, welche in der Richtung der Längen- 
grade stattfinden, machen sich diese Verhältnisse nun sehr wohl 


Fig. 10. 


bemerkbar, indem bei derartigen Bewegungen auf der nördlichen 
Halbkugel eine Ablenkung nach rechts, auf der südlichen eine 


Ablenkung nach links stattfindet. Bekannte Beispiele sind die 


Passatwinde, Meeresströmungen, Flufsläufe (Richthofen), ja sogar 3 
De Eisenbahnbewegungen will man diesen Einfufs festgestellt 

aben. nn 
Für den Vogelzug würde sich daraus nun folgendes ergeben, 
was die Zeichnung Fig. 10 erläutern mag: Ein Vogel, der in 


!) Herr von Jordans sagte mir nachträglich, er habe darüber ge- 
lesen, erinnerte sich aber nicht mehr wo. R 


BE NEN RE ER PL N ER) a TE a N PETE A BR TR Ba AR 6° 
SEE ED RE ARE RR NE la ar 
RR RR EEE SR 


Zur Theorie des Vogelzuges. 383 


der Richtung eines bestimmten Meridians —N A— genau nach 
 $Büden zieht, wird, wenn er keine unbewufste Korrektur vor- 
nimmt, nicht mit diesem Meridian in A auf den Aequator treffen. 
Er wird vielmehr, da er mit seiner Rotationsgeschwindigkeit 
stets etwas hinter jener der überflogenen südlichen Punkte 
zurückbleibt, rechts von A in A! auf den Aequator treffen. 
trefien. Fliegt er nun, wie etwa der Storch, über den Aequator 
hinaus, so wird er wiederum nicht südlich von A! in Si landen, 
- sondern mit einer Abweichung nach links in S, welches, wenn 
NA = ASist, wohl genau südlich von N liegt. Daraus folgt, 
dafs ein Vogel, welcher genügend weit über den Aequator zieht, 
trotz der Ablenkung den angestrebten Ort erreichen kann. Bei 
einem Vogel, welcher.nur bis zum Aequator zieht, ist das nicht 
der Fall; er wird statt in dem angestrebten A in A! landen. 
Beim Rückzug im Frühjahr findet das Umgekehrte statt: Er 
gelangt mit gröflserer Rotationsgeschwindigkeiten in Breiten, 
welche eine kleinere haben und eilt dadurch der rotierenden 
Endfeste nach rechts, nach Osten voraus. Er wird also trotz 
seines nach Norden gerichteten Fluges nicht in N!, sondern in 
N, in seiner alten Heimat landen. Es ist zu beachten, dafs die 
 Körperachse des ziehenden Vogels und somit die Richtung seines 
aktiven Fluges in unserem Beispiel stets genau Süd-Nord bzw. 
Nord-Süd gerichtet bleibt, wenn auch sein auf der Erde proji- 


 zierter Flugweg einen von der NS-Richtung abweichenden Ver- 


- lauf zeigt. Uebrigens wird sein Zugweg nicht wie in unserer 
 schematischen Zeichnung eine gerade Linie, sondern eine ge- 
krümmte, etwa einen Teil einer Ellipse bilden. Zur genauen und 
wissenschaftlich exakten Beantwortung wird man 
diese ganze Frage wohl am besten einem Geophysiker vorlegen, 
- mein mathematisches Verständnis ist dafür zu gering. Ich glaube 


kaum, dafs diese ganzen Verhältnisse eine wesentliche Rolle im 


Vogelzuge spielen, — oder sollte vielleicht das auffallende regel- 
mälsige Erscheinen mancher Sibirier in Europa damit etwa 
zusammenhängen?? Die Abweichung nach rechts ist für gleiche 
Entfernungen desto gröfser, je weiter im Norden der Vogel 
seinen Zug beginnt. Für einen Zugvogel, der sich auf seiner 
Wanderung an Landmarken hält, etwa an eine Küste, einen 
Flufslauf, würde die passive Ablenkung wegfallen. 

Herr v. Lucanus nimmt wohl mit einigem Recht an, dafs 
der Zuginstinkt und mit ihm der Sinn für den einzuschlagenden 
Zugweg von den alter Vögeln auf die Jungen vererbt wird. Der 
Zug gewisser junger Vögel ohne die Alten und manche andern 
Erscheinungen sprechen für diese Annahme, die damit aber nicht 
unbedingt bewiesen wird. Es fragt sich, ob dieses Problem nicht 
auch dem Experiment zugänglich sei. Theoretisch mufs das 
entschieden bejaht werden. Man brauchte nur möglichst viele 
 Storcheier aus Holland mit solchen aus Ostpreufsen zu ver- 
tauschen, und die daraus schlüpfenden Jungvögel zu markieren, 


AG 


934 =. Freiherr Geyr von Schweppenburg: 


dann würden die Resultate des Versuches nicht lange auf sich E 


warten lassen. Der ganze Versuch wäre beim Storch, der an 
sich sehr geeignet dazu wäre, mit vielerlei Unzuträglichkeiten, 
Mühen und Kosten verknüpft. Immerhin kann er vielleicht doch 
einmal in bescheidenem Malfse durchgeführt werden. Leichter 
würde er schon bei der Lachmöwe zu bewerkstelligen sein, aber 
leider gehen gerade bei diesem Vogel die Zugwege von ver- 
schiedenen Kolonien so ineinander über, dafs gute und einwand- 
freie Ergebnisse kaum zu erwarten sein dürften. 

Zum Schlusse wollen wir noch einen Blick auf die der 
Arbeit v. Lucanus’ beigegebene Hauptkarte werfen. Die Ueber- 
schrift dieser Karte „Darstellung der Hauptzugriehtungen“ 
ist vorsichtig, und in diesem Sinne könnte man die eingezeichneten 
Linien allenfalls gelten lassen, aber sie brächten uns nicht 


eben viel Neues. In den Erläuterungen lesen wir jedoch nichts 


mehr von Richtungen, sondern „A. Westliche Küstenstrafse, 
B. Binnenlandstrafse“ usw., und das fordert die Kritik her aus. 

Als „Zugstrafsen“ in unserem und in dem auch von 
Lucanus ursprünglich anerkannten, aber nicht konsequent du! ch- 
geführten Sinne kann man die eingezeichneten Linien nicht be- 


Ba Fe I ee 
RE 


zeichnen, da die ausreichenden Unterlagen zur Konstruktion 


solcher Zugstrafsen meines Erachtens in den meisten Fällen 
fehlen. Man könnte einwenden: es sind wissenschaftliche, aufs 
Papier projizierte Hypothesen. Aber die hypothetische 
Natur sieht man diesen Strafsen nicht an, und der Autor kenn- 
zeichnet sie nicht als solche. Wenn wir an dem Unterschied 
von „Zugstrafse“ und „Breite Front“ festhalten, so mufs ich leider 
sagen: Zugstrafsen wie die Linien B, C und D sind nicht 
sicher festgestellt. 

Die westliche Küstenstrafse hat ja zweifellos nicht nur für 
die Palm@n’schen Wasservögel, sondern auch für andere eine 
gewisse Bedeutung und Berechtigung. Für welche Land- 
vögel aber hat sie eine solche Berechtigung, welche Landvögel 
ziehen z. B. aus Deutschland der Linie A folgend über Gibraltar 
nach Kleinafrika hinein? Auf Grund welcher Angaben liefs sich 


der Verlauf dieser Linie durch die Normandie und Bretagne: 
konstruieren? Auf Grund welcher sicheren Unterlagen die. 


Krümmung der „Binnenlandstrafse“, um dem Rhein zu folgen ?? 
Woher wissen wir, dafs die von Schweden über Rügen nach Nord- 
deutschland kommenden Landvögel — denn die Linie kommt 
der Zeichnung nach aus dem Binnenland — in der von 
Lucanus angedeuteten Weise in die Küstenstrafse eintreten und 
Ihr folgen? Und so könnte ich noch verschiedene Fragen stellen, 
ohne eine befriedigende Antwort zu erhalten. Ich kann nur 
wiederholen, dafs die Unterlagen zur sicheren Konstruktion 
solcher „Strafsen“ heute noch fehlen, und dafs derart all- 


gemein gehaltene Angaben und Zeichnungen theoretischer 


Stralsen unsere Kenntnis der Zugerscheinungen heutigentages 


Zur Theorie des Vogelzuges. | 385. 


kaum fördern. Es kommt darauf an, möglichst viele Zugwege 
der einzelnen Arten durch Ringexperiment und Feldbeobachtung 
- festzustellen und in Karten einzutragen, eine Forschungsarbeit, 


der sich de Vogelwarten mit so grofsem Erfolg widmer. 
Und wenn dann aus möglichst verschiedenen Gegenden vielleicht 
hundert mal so viel genaue Angaben vorliegen als heute, dann. 
kann man vielleicht die Frage beantworten, ob alle die S. 58 
der Arbeit von Lucanus genannten Vögel in Form der Zugstrafse 
oder der Breiten Front ziehen und ob sich irgendwelche Haupt- 


 zugstrafsen feststellen lasseu. 


Nachschrift. Aus besonderen Gründen möchte ich hin- 


sichtlich der vorstehenden Arbeit noch folgendes bemerken: 


1. Da ich darin naturgemäfs nur solche Fragen behandelt habe, 
in denen ich mit Herrn von Lucanus nicht übereinstimme, so 
möchte bei einigen Lesern vielleicht der Eindruck erweckt werden, 
als urteile ich über die ganzen, der Vogelzugforschung so wert- 
vollen Veröffentlichungen des Herrn v. Lucanus abfällig, nament- 
lich auch über sein Vogelzug-Buch, welches aber bei Abfassung 
dieser Arbeit noch gar nicht erschienen war. Meine Kritik 
wendet sich nur gegen vereinzelte Punkte, die mir 
wissenschaftlich angreifbar schienen, über die man aber ver- 
schiedener Ansicht sein kann. Soweit diese Punkte in das Buch 
des Herrn von Lucanus Aufnahme fanden, ist meine Kritik auch 


dagegen gerichtet, was aber gewifs dem grofsen Wert jener Ver- 


öffentlichung für die Vogelzugforschung keinen Abbruch tun kann. 


- 2. Um jeden Verdacht zu vermeiden, als neige ich den Ansichten 


gewisser, wissenschaftlich nicht ernst zu nehmender Gegner des 
Ringversuches zu, erkläre ich ausdrücklich, dafs ich durchaus ein 
Freund der Beringung bin und die diesbezügliche Tätigkeit der 
Vogelwarten für wissenschaftlich sehr wertvoll halte. 


Hann. Münden, 20. II. 1922. 


Erwiderung auf die Arbeit des Freiherrn Geyr von 
Schweppenburg „Zur Theorie des Vogelzuges“. 


Von Friedrich von Lucanus. 


In vorstehender Arbeit unterzieht Freiherr v. Geyr meine Aus- 
führungen in „Zug und Wanderungen der Vögel Europas nach 
den Ergebnissen des Ringversuchs“ (Journal für Ornithologie 1919) 
einer eingehenden Kritik, die ich nicht unbeantwortet lassen 
kann, da durch die Zweifel, die Herr v. Geyr erhebt, manch’ 
wertvolle Errungenschaft der modernen Vogelzugforschung in 
einer mir nicht gerechtfertigt erscheinenden Weise angetastet wird. 
Mit Rücksicht auf den durch die Teuerung bedingten Raummangel 


..886 Friedrich von Lucanus: 


unserer Zeitschrift mufs ich mich freilich darauf beschränken, 
nur die wichtigsten Punkte, die für das Zugproblem besondere 
Bedeutung haben, hervorzuheben, ohne damit etwa den übrigen 
Bemerkungen Geyr’s zuzustimmen. — 5 

Die weitausholende Schilderung v. Geyr’s der Begriffe 
„Weg, Strafse, Bahn, Geländestreifen ete.“ ist für die Beurteilung 
des Wesens des Vogelzuges nur von untergeordnetem Wert, da 
es sich schliefslich nur um die Deutung einzelner Begriffe handelt, N 
deren Gebrauch mehr oder weniger auf persönlicher Auffassung 
beruht. Freiherr v. Geyr legt diesen Betrachtungen die auf der 
Erdoberfläche herrschenden Verhältnisse mit ihren vielseitigen 
Hindernissen, die überall störend auf den menschlichen Verkehr j 
einwirken, zu Grunde. Dieser Vergleich scheint mir wenig glück- 
lich gewählt zu sein, denn im freien Luftraum gibt es keine der- 
artigen Hindernisse, die den Flug der Vögel beschränken. Die 
Verhältnisse im Luftraum sind also gänzlich anders als auf der 
Erde, und können daher nicht ohne weiteres mit einander ver- 
elichen werden. 

Die Definitionen Geyr’s der Bezeichnungen „Zugstrafse, 
Breite Front, Massenzugwege“ bringen nichts grundlegend neues; 
denn diese Begriffe sind in gleicher oder doch ähnlicher Weise 
bereits von älteren Autoren angewendet worden. Die Erklärung, 
die v. Geyr für seinen Ausdruck „Massenzugweg“ gibt, den er 
anstelle der Palmön’schen Bezeichnung „Heerstrafse“ wählt, kann 
jedoch wenig befriedigen. Er sagt: „Massenzugwege nennen wir 
solche, geographisch meist enger begrenzte Oertlichkeiten, an 
welchen sehr reger Zug stattfindet, von dem wir aber nicht 
sagen wollen oder können, dafs, ob und inwieweit er von Teilen 
einer Zugstralse oder einer breiten Front herrührt“. Diese De- 
finition ist ein so unsicherer Begriff, dafs man in der Praxis 
damit rein garnichts anfangen kann. Findet an begrenzten Oertlich- 
keiten regelmälsig in den Zugperioden starker Zug 
statt, so ist es wohl das einfachste und natürlichste von einer 
Zugstrafse zu sprechen, anstatt noch einen neuen Begriff aufzu- 
stellen, der nur Unklarheit erzeugt und die ganze Sache kompli- 
ziert macht. Meist dürfte das, was v. Geyr „Massenzugweg“ 
nennt, nichts anderes sein, als der besonders frequentierte Teil 
einer Zugstrafse, wie z. B. die kurische Nehrung, auf der im 
Frühjahr und Herbst regelmäfsig ein starker Vogelzug stattfindet. 

Bei seinen theoretischen Erwägungen läfst sich unser Autor 5 
sogar dazu verleiten, in Verbindung mit seinem recht unsicheren 
Begriff des „Massenzugwegs‘“ von falschen Zugstralsen zu sprechen, 
und er trägt kein Bedenken, diese Bezeichnung sogar für die’ 
kurische Nehrung mit ihrem gewaltigen Vogelzuge anzuwenden. 
Mir will es geradezu absurd erscheinen, die kurische Nehrung 
mitihrem regelmäfsig, stark in Erscheinung tretenden Vogel- 
zuge ein „falsche“ Zugstrafse zu nennen, zumal sie im Bereich 
der durch den Ringversuch mit völliger Sicherheit nachgewiesenen 


; Erwiderung auf die Arbeit des Freiherrn Geyr von Schweppenburg. 887 


westlichen Küstenstrafse liegt, was ihren Charakter als Zugstralse 

_ deutlich kennzeichnet. 
"6 Wir müssen froh und dankbar sein, wenn wir in der Er- 
forschung des so überaus schwierigen Zugproblems endlich über- 
_ haupt soweit sind, bestimmte Zuggebiete oder Zugstralsen er- 
kennen und festlegen zu können; hier aber noch einen Unterschied 
zwischen „falschen“ und „richtigen“ Zugstrafsen machen zu 
wollen, ist nach dem heutigen Stande der Vogelzugforschung 
_ nicht möglich. Solche rein theoretischen Sophistereien mögen 
ja schön klingen, aber sie haben keinen praktischen Wert; sie 
erzeugen nur Schwierigkeiten und arten schliefslich in eine un- 
_ nütze Wortfechterei aus. Der Ausdruck ‚falsche Zugstrafse‘“ 
_ liefse sich höchstens dann anwenden, wenn an einer begrenzten 
Oertlichkeit, wo kein regelmäfsiger Vogelzug stattfindet, 
ausnahmsweise ein starker Vogelzug in Erscheinung tritt, 
wie es z. B. bei plötzlichem Wettersturz oder aus anderen 
Gründen geschehen kann. In diesem Fall tut man aber besser 
_ überhaupt nicht von Zugstrafsen zu sprechen. Aber eine Oert- 
lichkeit, die sich durch regelmäfsigen, starken Vogelzug 
auszeichnet, eine falsche Zugstrafse nennen zu wollen, muls 
- nach meiner Ansicht heillose Verwirrung der Begriffe erzeugen! — 
Freiherr v. Geyr bezeichnet es als verfehlt, die Zugstrafse 
als ein „breites, aber doch abgegrenztes Gebiet‘ aufzufassen, 
wie ich es in meiner Arbeit getan habe. Er meint die Be- 
- zeichnung „breit“ sei ein „ziemlich vager Begriff, wenn er nicht 
in Beziehung zu irgend einer anderen räumlichen Ausdehnung 
gesetzt werde‘, und „begrenzt sei schliefslich jede Zugbewegung 
in Bezug auf dem Raum“. Unter „begrenzt“ habe ich in meinen 
Darlegungen solche Zugbewegung gemeint, die sich innerhalb 
einer grölseren für den Zug zu Gebote stehenden Fläche, wie 
die Gesamtausdehnung des Kontinents, nur auf einem beschränkten 
Raume vollzieht, wie es z. B. beim Zuge des weilsen Storches 
_ der Fall ist. Dieser zieht nicht quer durch ganz Europa in 
_ direkt südlichem Fluge nach Afrika, sondern sein Zug verläuft 
auf einer ganz bestimmten, enger begrenzten Bahn, die gesetz- 
mäfsig vorgeschrieben ist. Der Zug der in Mittel- und Osteuropa 
heimischen Störche geht eben über den Balkan, Kleinasien und 
Palästina nach Afrika, der Zug der westlichen Brutvögel über 
Frankreich, Spanien und Gibraltar. Zur näheren Bestimmung 
‚der Bezeichnung „breit“ verlangt v. Geyr den Vergleich mit 
einer anderen räumlichen Ausdehnung. Er übersieht hierbei, 
dafs ich diesen Vergleich klar und deutlich gegeben habe; denn 
ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dals wir uns eine 
 Vogelzusstrafse nicht im Sinne unserer Verkehrswege als 
eine schmale Linie vorstellen dürfen. Im Vergleich zu diesen 
- Verkehrswegen, die ganz schmale, nur wenige Meter breite 
Strafsen sind, habe ich die Vogelzugstrafse, die, wie der Ring- 
versuch gezeigt hat, mehrere Hundert Kilometer breit sein kann, 


388 Friedrich v. Lucanus: 


"‚breit“ genannt. In meiner kürzlich erschienenen Schrift „Die 3 
Rätsel des Vogelzuges. Ihre Lösung auf ex- 
perimentellem Wege durch Aeronantik, Aviatik 
und Vogelberingung‘“ habe ich die Frage nach der 
Ausdehnung einer Zugstralse ganz ausführlich behandelt und 
nachgewiesen, dafs z. B. die südöstliche Storchzugstrafse in Klein- 
asien cr. 300 km, in Syrien 130 und über dem Suezkanal und 
rotem Meere cr. 400 km breit ist. — b 

Wie ich anfangs schon sagte, gibt es im Luftraum keine 
Hindernisse, die den Verkehr stören, woraus sich schon von 
selbst ergibt, dafs die Vogelzugstralsen keine schmale Linien zu 
sein brauchen. — 

Freiherr v. Geyr glaubt aus meinen Worten „dafs wir uns 
eine Vogelzugstrafse nicht als eine schmale Linie im Sinne einer 
Landstrafse vorstellen dürfen, sondern dafs sie in breiter Front 
verläuft“, schliefsen zu müssen, dafs ich hiermit den Zug auf 
„Strafsen“ und den Zug in „breiter Front“, mit dem unsere 
älteren Autoren den strahlenförmigen Zug quer über das Fest- 
land im Gegensatz zu der schmaleren Zugstrafse bezeichnen, 
identifizieren wollte Dies war beileibe nicht meine Absicht und 
kann auch gar nicht so aufgefalst werden, da ich ja auf S. 60 
meiner Arbeit im Journal 1919 ausdrücklich hervorgehoben habe, 
dafs keineswegs alle Vögel auf Zugstralsen wandern, sondern 
dafs viele Arten sich auf dem Zuge der Breite ihres Brutraumes 
entsprechend über den Continent verteilen. Wenn eine Armee, 
um als alter Soldat mich auf das militärische Gebiet zu begeben, 
in mehreren Kolonnen vormarschiert, so spricht man eben von 
einer „breiten Front“ des Vormarsches. Ganz in diesem Sinne 
habe ich von der breiten Front der Zugstrafse gesprochen, die, 
wie der Ringversuch unumstöfslich nachgewiesen hat, nun ein- 
mal breit ist, woran auch die Kritik des Freiberrn v. Geyr 
durchaus nichts ändern kann. — In meinen „Rätseln des 
Vogelzuges“ habe ich den Ausdruck „breite Front“ 
lediglich in dem Sinne der älteren Autoren angewendet, und bei 
der Zugstrafse von „breiter Basis und Ausdehnung‘ gesprochen. 
Jedes Mifsverständnis dürfte für den Ornithologen hiermit be- ‚N 
seitigt sein. “ 

Wenn aber Freiherr v. Geyr bei seiner Definition der Zug- a 
strafse wieder den Ausdruck „strafsenförmig“ gebraucht, 
so bringt er bedauerlicher Weise von neuem heillose Verwirrung 
in eine bereits geklärte Sache. Der Ringversuch hat nun einmal 
gezeigt und daran müssen wir unbedingt fest- 
halten, dafs dieZugstrafse keine stralsenförmige, 
dünne Linie ist, sondern dafs sie ein breites Gebiet 
umfalst. Wenn daher der Ausdruck „Zugstrafse“ heute nicht 
mehr ganz zutreffend erscheint, und man vielleicht besser von 
Zugbahnen oder Zuggebieten sprechen würde, so habe ich ihn 
dennoch beibehalten, weil er gewissermafsen durch Tradition 


| Erwiderung auf die Arbeit des Freiherrn Geyr von Schweppenburg. 889 


geheiligt ist, und weil er am besten den Unterschied vom 
- strahlenförmigen Zuge quer über den Kontinent, den wir mit 


den älteren Autoren „Zug in breiter Front‘‘ nennen, hervor- 


hebt. — 


Von dem öfters von mir gebrauchten Ausdruck „Zuggebiet‘“ 


sagt Herr v. Geyr: „Zuggebiet ist ebenfalls ein Begriff, unter 
dem ich mir nichts sehr Bestimmtes vorstellen kann.“ Nun der 
Ausdruck „Zuggebiet“- ist ja seit langen Zeiten in der Ornitho- 


logie gebräuchlich und bezeichnet bekanntlich dasjenige geo- 
graphische Gebiet, in dem sich die Zugbewegung einer Vogelart 
in irgend einer Form, gleichgültig ob „Zugstrafse“ oder „breite 
Front“, vollzieht. Dies ist eine so geläufige Bezeichnung, dafs 
der Einwand des Herrn v. Geyr durchaus unverständlich ist. — 

Freiherr v. Geyr ist ferner der Ansicht, dafs man bei der 
Lachmöwe nicht von eigentlichen Zugstrafsen sprechen kann, 


weil die Mitglieder einer örtlich dicht bei einander wohnenden 


Kolonie nicht ein und denselben Weg ziehen und weil ein Teil 
der Vögel schon unweit der Heimat im Zuggebiet selbst über- 
wintert. Nun dem Ringversuch verdanken wir eben die sehr 
beachtenswerte und hochinteressante Erkenntnis, dafs Vögel der- 
selben Art und aus ein und derselben enger begrenzten Heimat 
nicht alle denselben Weg auf dem Zuge einschlagen, sondern 
verschiedenen Richtungen folgen. Diese Richtungen sind aber 


bei der Lachmöwe ausgesprochene Zugstrafsen. Man be- 


trachte doch nur einmal die von Thienemann im Journal für 
ÖOrnithologie 1909 und 1912 veröffentlichten Karten vom Zuge 
der Lachmöwe. Besser als hier können ja die Zugstralsen einer 
Vogelart gar nicht, ausgeprägt sein. Da haben wir die längs der 
Küste der Ost- und Nordsee nach Westen führende Strafse, von 


der sich die Rhein-Rhonestrafse abzweigt und den über Breslau, 


Budapest nach der Adria führenden Weg! Das sind alles scharf 
abgegrenzte Zuggebiete, die auf der Karte Thienemann’s durch 
die eingetragenen Fundorte charakterisiert sind! Würden die 
Labhmöwen von Rossitten aus strahlenförmig auseinanderstreben, 
wie Herr von Geyr meint, ohne bestimmten Zugwegen zu folgen, 
so müfsten die Erlegungsorte der Ringmöwen regellos über das 
Festland zerstreut sein, und es mülste vor allem auch in den 
weiten Gebieten, die zwischen den Zugstrafsen liegen, eine 
gröfsere Anzahl von Ringmöwen erbeutet sein. Dies ist aber 
nicht der Fall. Die wenigen hierfür in Betracht kommenden 


Stücke treten im Vergleich zu der grofsen Anzahl der in den 


genannten Zuggebieten erlegten Möwen ganz in den Hinter- 
srund. Dafs einzeine Vögel mal von dem üblichen Zugwege 
abirren, ist ja eigentlich ganz natürlich und nur selbstverständ- 


lich. Die Hauptsache ist, dafs die grosse Masse der Vögel ganz 


2.8 
N 
er 


bestimmten, regelmäfsig sich wiederholenden und deutlich aus- 
geprägten Zugwegen folgt. Dann sind wir unbedingt berechtigt, 
von Zugstrafsen zu sprechen... 


390 Friedrich von Lucanus: ss 


Freiherr v. Geyr bezweicht besonders die Rheinstrafse a 
Lachmöwe, „weil die wenigen bei Basel erlegten Möwen auch 
über den Lauf der Donau nach dem Rhein gelangt sein können“. 
Er scheint nicht zu wissen, dafs aufßser bei Basel auch weiter 
nördlich Ringmöwen erlegt sind, z. B. in Griethausen bei Cleve 
am Niederrhein. Thienemann bemerkt hierzu im Journal für 
Ornithologie 1916 p. 515: „Durch dieses Stück wird einmal wieder 
der Rhein als Zugstrafse angezeigt“! Geyrs Beweisführung ist 
also nicht zutreffend. Sie läfst die für die Beurteilung des Lach- 
möwenzuges notwendige Kenntnis und Berücksichtigung der 
Literatur vermissen — ein Vorwurf, den man dem Herrn Kritiker = 
leider nicht ersparen kann. 

Durch den Ringversuch konnte ferner nachgewiesen werden, 
dafs nicht nur die "Rossittener Lachmöwen, sondern auch die 
Brutvögel anderer Gegenden, wie in Süddeutschland, Böhmen 
und Schlesien, auf dem Zuge regelmälsig bestimmten Strafsen 
folgen, die ebenso wie bei den Rossittener Vögeln nach ver- 
schiedenen Richtungen verlaufen. Kurt Loos, der Leiter der 
Ornithologischen Station des Lotos in Liboch in Böhmen, deren 
Hauptaufgabe in der Vogelberingung besteht, gibt in seiner Arbeit: 
„Der Wanderflug der Lachmöwen Böhmens‘“ (Vereinsschrift für 
Forst-, Jagd- und Naturkunde, Prag 1919/20) eine Karte von den 
Zugstrafsen der böhmischen Lachmöwen. Wir haben also für 
Rossitten und Böhmen dieselben Ergebnisse, nämlich den Zug 
der Lachmöwen auf bestimmten SLrafsen, die nach verschiedenen 
Richtungen führen. Eine so ausschlaggebende Uebereinstimmung 
im Verhalten einer Vogelart, die auch aus meiner Arbeit im 
Journal 1919 hervorgeht, darf aber bei der Beurteilung der Zug- 
'verhältnisse nicht einfach aufser Acht gelassen werden, wie es 
leider Freiher v. Geyr tut, wodurch bei den Lesern irrtümliche 
Vorstellungen erzeugt werden. 4 

Schliefslich kommt Herr v. Geyr mit seinen Bedenken gegen 
die Zugstrafsen der Rossittener Lachmöwen, wie sie seit über 
einem Jahrzehnt in der Literatur dargestellt werden, ohne dals 
sie DinsT von namhafter Seite angezweifelt wurden, etwas sehr 
spät! — a 

Geyr scheint sich ferner mit dem Gedanken, dafs die Zug- 
vögel bisweilen schon auf der Zugstralse selbst überwintern, nicht 


recht befreunden zu können, da dies in seine persönliche, rein | 
theoretische Auffassung des Begriffs „Zugstrafse‘“ nicht hineinpafst. 
Nun, nicht nur für die Lachmöwe, sondern auch für andere 
Vogelarten ist durch den Ringversuch sicher nachgewiesen, 
dafs die Vögel aus derselben, enger begrenzten 
Heimat nicht alle ihren Zug bis zu einem gleichen Endziel 
ausdehnen, sondern die Zugbewegung teilweis schon früher ein- 
stellen, sodals also die Winterquartiere schon im Zuggebiet selbst 
beginnen. So überwintern z. B. die ungarischen Nacht- und 
Schopfreiher z. T. schon in Italien, zum Teil setzen sie ihren 


nn firwiderung auf die Arbeit des Freiherr. Geyr von Schweppenburg. 891 


Zug bis in das Iunere Afrikas fort. Die Natur läfst sich eben 
- nicht in ein Schema zwängen; Zuggebiet und Winterquartier lassen 
sich nicht scharf von einander trennen, wie man es früher getan 
- hat, — eine wichtige Errungenschaft der beweiskräftigen, experi- 
 mentellen Forschungsmethode, die man aber nicht aufser Acht 
lassen darf, weil sie in das starre Dogma einer überholten Theorie 
nicht hineinpafst! Die Zeiten, wo wir das schwierige Zugproblem 
durch theoretische Erörterungen zu lösen suchten, sind glücklicher- 
weise vorüber! 

Herrn v. Geyr scheint bei seiner Arbeit überhaupt der 
Widerspruchsgeist allzu sehr die Feder geführt zu haben. 
Auf Seite 4 meiner Arbeit im Journal 1919 erwähne ich die 
Tatsache, dafs ein Puffinus puffinus nach 2 Jahren unweit des 
Beringsortes erlegt wurde, und knüpfe daran die Bemerkung, 
dafs „dieser Vogel in den 2 Jahren in seiner Heimat verblieben 
war“ — nach meiner Auffassung ein wohlbereehtizter Schlufs, 
der kaum angezweifelt werden kann. Freiherr v. Geyr erklärt 
meinen Ausdruck „in der Heimat verblieben‘ für unzutreffend, 
weil der betreffende Puffinus in den 2 Jahren auch mal weiter 
_ umhergestreift sein kann. Selbstverständlich habe ich nicht sagen 
wollen, dafs der Puffinus in den ganzen 2 Jahren auf derselben 
Stelle gehockt hat. Das ein so gewandter Flieger wie ein Sturm- 
 vogel zeitweise gröfsere Exkursionen unternimmt, ist für mich 
und wohl für jeden Leser, der nicht starr am Buchstaben klebt, 
sondern sinngemäls zu lesen versteht, etwas so Natürliches und 
- Selbstverständliches, dafs es überflüssig erscheint, darauf beson- 
ders hinzuweisen. Wollte man alle nebensächlichen Möglich- 
keiten, die für einen erlegten Ringvogel in Betracht kommen 
können, hervorheben, so würde man sich in unnütze Kleinigkeiten 
verlieren. Bei der grofsen Fülle des Materials kam es mir bei 
meiner Arbeit gerade darauf an, die Ergebnisse des Ringversuchs 
bei Besprechung der einzelnen Arten möglichst kurz und präzise 
darzulegen und nur das Wichtige hervorzuheben. Der Kardinal- 
- punkt bei diesem beringten Sturmvogel ist eben die interessante 
Tatsache, dafs er seiner Heimat treu geblieben war. Dies und 
nichts mehr sollen meine Worte bedeuten. 

Den Küstenzug von Anas acuta,. wie ich ihn auf Seite 13 
und 14 dargestellt habe, bezeichnet Freiherr v. Geyr mit mehreren 
Fragezeichen und meint, dafs die Spielsenten ebenso gut auch 
: von Fanö aus quer durch das Binnenland ihren Zug fortsetzen 
können, um auf diesem kürzeren Wege den Löwengolf zu erreichen. 
Auf eine solche Flugrichtung deuten nach seiner Ansicht die im 
Inneren Frankreichs auf der Maas und Seine erbeuteten Stücke 
hin. Der Ringversuch hat gezeigt, dafs die über Fanö ziehenden 
Spiefsenten zum Teil aus dem nördlichen Rufsland kommen. 
Diese Vögel sind also bis Fanö jedenfalls der Meeresküste ge- 
_ folgt, wie aus der geographischen Lage Fanös zum Brutgebiet 
- in Nordrufsland hervorgeht. Wenn nun die als Durchzügler auf 


398 ‘ Friedrich von Lucanus: 


Fanö beringten Vögel im weiteren Verlauf ihres Zuges auf 


Amrum und Föhr, in England, an der Westküste Frankreichs 


und den Küsten Spaniens erlegt worden sind, so ist es meiner 
Ansicht nach nur logisch, daraus den Schlufs zu ziehen, dafs 
der Zug diese Enten an der Küste Europas entlang führt, und 
dafs wohl die meisten der im Mittelmeergebiet aufgefundeneu 
Stücke, die ebenfalls in Fanö beringt wurden, auf diesem Wege 
hierher gelangt sind. 

Die sich an einander reihenden Fundorte längs der Fest- 
landsküste sprechen doch klar und deutlich für einen Zug an 
der Küste entlang. Besser kann eine Zugstrafse durch den Ring- 
versuch ja gar nicht dargestellt werden! Dafs einzelne Vögel 
von der Hauptzugstralse aus irgend welchen Gründen mal ab- 


weichen, ist, wie ich schon beim Zuge der Lachmöwe sagte, 
eigentlich ganz selbstverständlich, und hebt den Küstenweg der 
anderen Enten doch nicht auf. Dafs Anas acuta, wie Herr v. Geyr 


bemerkt, als Zugvogel im Binnenlande vorkommt, ist richtig, aber 


im Vergleich zu anderen Entenarten tritt sie im Binnenlande nur 


selten auf, was ebenfalls dafür spricht, dafs ihre Zugbewegung 
in der Hauptsache an der Meeresküste entlang geht. Die im 
Binnenlande vorkommenden Stücke sind wahrscheinlich an Fluls- 
mündungen abgebogen, was vermutlich auch für die auf der Maas 
und Seine erbeuteten Zugvögel zutrifft. 

Freiherr v. Geyr wendet sich weiter in seiner Arbeit gegen 
die von mir beim Sperber- und Bussardzuge erwähnte Rhein- 
stralse. Aus seinen persönlichen Beobachtungen, dafs Vögel 


auf dem Zuge den Rhein überqueren, schliefst er, dals es 


keine Zugstrafse im Rheintal gibt. Der Ringversuch hat 
uns gezeigt, dafs eine Zugstrafse eben keine schmale, 
stralsenförmige Linie ist, sondern dafs sie in breiter 
Ausdehnung verläuft! Unter Rheinstrafse ist also nicht zu 


verstehen, dafs die auf ihr ziehenden Vögel genau dem Lauf 


des Rheins folgen, indem sie über dem Wasserspiegel fliegen, 
sondern ich verstehe darunter das weitere Gebiet der Rhein- 
ebene, die die allgemeine Richtung angibt. In diesem Sinne 
sind in Westfalen beringte Vögel, die in Südfrankreich im 


Rhonegebiet erlegt werden, auf der Rhein-Rhonestrafse ge- | 


wandert. 
Meine auf Seite 55 ausgesprochene Vermutung, dafs ameri- 


kanische Vögel, wie z. B. die Wanderdrossel und die Zwerg- i 


drosseln, die zeitweise als Irrgäste bei uns erscheinen, über 
Alaska, die Beringsstrafse und das nördliche Asien nach Europa 
gelangen, hält Freiherr v. Geyr für ziemlich unwahrscheinlich, 
weil der Vogelzug in Amerika nicht wie bei uns eine südwest- 
liche, sondern eine südöstliche Richtung zeigt. Geyr übersieht 
hierbei die Tatsache, dafs bereits wiederholt amerikanische 


Drosseln im nördlichsten Asien erbeutet. worden sind. Auf 


diesen Fundort habe ich meine Behauptung gestützt, und er ist 4 


Be 


= . Erwiderung auf die Arbeit des Freiherrn Geyr von Schweppenburg. 393 


nach meiner Auffassung ein schlagender Beweis für einen Zug 
von Nordamerika auf dem Landwege über das nördliche Asien 
nach Europa, ganz abgesehen davon, dafs die Wanderung kleiner 
Singvögel über den atlantischen Ozean schon an und für sich 
gänzlich unnatürlich und unglaubwürdig erscheint. — 

Bezüglich der am Schlusse meiner Arbeit gegebenen Karte 
von den Zugstrafsen der europäischen Vögel bemerkt Freiherr v. 
Geyr, „dafs sie nicht viel neues bringt, dafs die ausreichenden 
Unterlagen für die Konstruktion solcher Strafsen in den meisten 
Fällen fehlen, und dafs Zugstrafsen wie die Linien B, C und D 
nicht sicher festgestellt sind.“ 

i Wenn meine Zugkarte Herrn v. Geyr nicht viel neues ge- 
bracht hat, so beneide ich ihn darum, dafs er das gewaltige 
- Material der Vogelberingung, das über einen Zeitraum von fast 
20 Jahren in den verschiedensten ornithologischen Zeitschriften 
des In- und Auslandes veröffentlicht worden ist, so beherrscht, 
dafs er imstande war, sich bereits ein klares Bild von den sich 
hieraus ergebenden Zugverhältnissen der europäischen Vögel 
‚schon vor meiner zusammenfassenden Arbeit zu machen. - Inwie- 
weit dies zutrifft, geht aus der weiteren Behauptung des Frei- 
herrn v. Geyr hervor, dals für die von mir aufgestellten Zug- 
stralsen in den meisten Fällen die Unterlagen fehlen. Ebenso 
wie bei der Kritik des Lachmöwenzuges zeigt sich auch hier 
wieder ein Mangel an Kenntnis der freilich sehr umfangreichen 
Literatur über die Vogelberingung und über die Vogelzugforschung 
überhaupt. Wenn jemand eine systematische Abhandlung ver- 
falst, z. B. eine neue geographische Form beschreibt, so muls 
er die einschlägige Literatur gründlich kennen und sie Seinen 
- Betrachtungen zu Grunde legen, sonst haben diese keinen wissen- 
schaftlichen Wert. Dasselbe mufs aber auch in der Biologie 
verlangt werden, und besonders auf dem so schwierigen und 
komplizierten Gebiet, wie es das Problem des Vogelzuges ist, 
über das heute eine überaus reichhaltige und sehr wertvolle 
Literatur besteht. Rein theoretische Erwägungen unter Nicht- 
beachtung der Literatur und der Ergebnisse der Vogelzugforschung 
sind wertlos. Ich möchte dies bei dieser Gelegenheit einmal 
besonders betonen, weil gerade bei Erörterung biologischer 
Fragen so häufig hiergegen gefehlt wird. Die Biologie ist heute 
eine Wissenschaft von derselben grofsen Bedeutung wie die 
Systematik, und sie mufs daher nach denselben Grundsätzen 
gehandhabt werden. 

Die Unterlagen für die Zugstrafsen bilden zahlreiche er- 
legte Ringvögel, deren Arten ich auf S. 58 genau angegeben habe. 
Es würde zu weit führen, hier noch einmal näher darauf einzu- 
sehen, zumal ich dies in meiner Schrift „die Rätsel des 
Vogelzuges“ getan habe, wo ich auf Seite 109 und 110 die 
Unterlagen für diese Zugstralsen ausführlich angegeben habe. 
Die westliche Küstenstrafse läfst Freiherr v. Geyr freilich gelten, 


Journ, f, Orn, LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 26 


€ 


394 0 Priedrich von Lucanıs: a 


er fragt jedoch an, ob auch Landvögel auf dieser Strafse ziehen, | 
und „welche Landvögel z. B. aus Deutschland dem En \ 
folgend über Gibraltar nach Afrika ziehen“. Nun auf S. 
und 45 meiner Arbeit im Journal 1919 habe ich ja bei a 
chung des Starzuges nachgewiesen, dafs die nordeuropäischen 
Stare diesen Küstenweg mit Vorliebe benutzen, und neuerdings | 
ist auch für ein Rotkehlchen, das auf dem Herbstzuge in Rossitten 
eingefangen und beringt wurde und dann bald darauf bei Lüttich 
in einer Dohnenschlinge hing, der Zug auf der westlichen Küsten- 
stralse nachgewiesen worden. 

Dafls alle Vögel, die die westliche Küstenstrafse benutzen, 
nun gleich bis zu ihrem Ende, also bis Gibraltar und Afrika 
wandern, wie Herr v. Geyr anscheinend verlangt, ist ja durch- 
aus nicht notwendig. Wenn in Nordrufsland und Norddeutschland‘ 
beringte Stare als Zugvögel an der Küste der Ost- und Nordsee, 
an den Küsten Hollands, Nordfrankreichs und in Südengland 
erbeutet sind, so sind eben diese Ringvögel auf der westlichen 
Küstenstrafse gewandert, deren erster Teil ja durch diese Gebiete 
verläuft. Für andere Vögel, z. B. Lachmöwe und Spiefsente, 
konnte durch den Ringversuch wieder der Zug auf der ganzen 
Strafse bis Gibraltar nachgewiesen werden. Auf Seite 63 meiner 
Arbeit im Journal 1919 und noch ausführlicher auf S. 106 meiner 
„Rätsel des Vogelzuges‘ habe ich an der Hand der Ergebnisse 
des Ringversuches nachgewiesen, dafs die Vögel aus derselben 
enger begrenzten Heimat bei gleicher Zugrichtung keineswegs 
immer ihres Zug bis zu demselben Endziel ausdehnen, und dalse 
man daher heute Zuggebiet und Winterherberge nicht mehr so 
scharf trennen darf, wie man es früher getan hat. Die Winter- 
quartiere beginnen zumTeil schon im Zuggebiet 
selbst. Als Beispiel habe ich bereits oben die ungarischen 
Nacht- und Schopfreiher angeführt, die teils schon in Italien 
überwintern, teils ihre Zugbewegung bis ins Innere Afrikas fort- 
setzen. Wenn Herr v. Geyr eine Zugstrafse als solche nur dann 
gelten lassen will, wenn sie von allen Vögeln inihrem ganzen | 
Verlauf durchflogen wird, so zeigt er damit, dafs er den Aus- 
führungen in meiner Arbeit nicht folgt, und dafs er wichtige, 
durch den Ringversuch absolut sicher erwiesene Tatsachen 
übersieht, wohl um veraltete und durch die moderne Vogelzug- 
forschung überholte Theorien zu retten. — a 

Die Bedenken, die Freiherr v. Geyr gegen meine Binnen- 
landstrafse erhebt, sind durchaus berechtigt. Sie bringen aber 
nichts neues, denn ich habe selbst gesagt, dafs sichere Unter- 
lagen für diese Strafse heute noch fehlen, und dals sie sich vor- 
läufig nur vermuten läfst. Ein Hinweis auf die Möglichkeit 
dieser Zugstrafse schien mir für die weitere Vogelzugforschung in . 
einer wissenschaftlichen Zeitschrift notwendig, da es mir darauf 
aukam, Anregung zu neuen Gesichtspunkten zu geben. In meinen 
„Rätseln des Vogelzuges“ habe ich jedoch diese mutmafsliche 


ee Erwiderung auf die Arbeit des Freiherrn Geyr von Schweppenburg. 895 


Binnenlandstrafse fortgelassen, um in einem weiteren Leserkreise 


keine falschen Vorstellungen zu erzeugen und nur positive Tat- 


sachen zur Kenntnis zu bringen. 
Bezüglich der adriatisch-tunesischen Zugstrafse möchte ich 


mit Nachdruck betonen, dafs sie nicht von mir zuerst aus- 
gesprochen ist, sondern dafs schon der bewährte ungarische 


Vogelzugforscher Jakob Schenk in der Aquila 1915 auf sie hin- 
gewiesen hat, was dem Herrn Kritiker anscheinend nicht bekannt 
ist. Sie tritt aus den Ergebnissen der ungarischen Vogelberingung, 
wie sie Jakob Schenk in zahlreichen Arbeiten in der Aquila ge- 
schildert hat, so klar und deutlich hervor, dafs .gar kein Zweifel 


daran bestehen kann. Diese wertvollen und grundlegenden 


Arbeiten des Ungarischen Ornithologischen Instituts, das seit 


einem Vierteljahrhundert an der Spitze der Vogelzugforschung 


 marschiert, darf ein sorgfältiger Kritiker bei Behandlung des 


Vogelzugproblems nicht unbeachtet lassen! — 
Ein Urteil, ob und inwieweit die von Schenk und mir auf- 


gestellten Zugstrafsen zutreffen oder nicht, kann man freilich nur 


dann gewinnen, wenn man das reichhaltige Material über er- 
beutete Ringvögel, wie es in den Zeitschriften: Journal für Orni- 


- thologie, Ornithologische Monatsschrift, Verhandlungen der Orni- 


‚thologischen Gesellschaft in Bayern, Berichte der Schweizerischen 


Centralstation für Ringversuche, Berichte der Ornithologischen 


Station des Lotos, Waldrapp, Aquila, Ardea, British Birds und 


sc, RER 


anderen in einem Zeitraum von 20 Jahren publiziert ist, ein- 
gehend durchgearbeitet hat — eine äufserst mühevolle und 


- zeitbeanspruchende Aufgabe. Erst dann gewinnt man einen 


richtigen Einblick in die Zugverhältnisse der europäischen 


Vögel, wie sie sich aus der Vogelberingung ergeben; und 
nur auf dieser Grundlage ist man in der Lage und erst 
berechtigt, ein Urteil darüber abzugeben; sonst haben derartige 
Erörterungen keinen wissenschaftlichen Wert und schaden nur, 


weil sie beim Leser falsche Vorstellungen hervorrufen. 


Herr v. Geyr fafst die Linien, die auf meiner Karte die 


 Hauptzugrichtungen in Europa angeben, irrtümlicher Weise wieder 
_ als schmale Zugstralsen auf. Ich habe aber auf S. 60 meiner 
_ Arbeit im Journal 19 klar und deutlich ausgesprochen, dafs eine 
 Zugstrase keine schmale strafsenförmige Linie ist, 
_ sondern dafs sie ein breites Gebiet umfafst. Für jeden 


Leser, der gewillt ist, dem Gedankengang meiner Arbeit zu 
folgen, was der Herr Kritiker leider vermissen läfst, dürfte es 


- also wohl klar sein, dafs diese als Zugstrafsen bezeichnete Linien 


nur die Richtungen der Zugwege angeben sollen, aber 
keine Abgrenzung der ganzen Zuggebiete, wie Geyr 


_ irrtümlich annimmt. Aus diesem Grunde lautet auch meine 
- Ueberschrift der Karte: „Darstellung der Hauptzugrichtungen.“ 
Wenn der Herr Kritiker meine Ausführungen besser beachtet 


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hätte, so hätte er das Urteil, dafs ich in der Karte den Gebrauch 


396 | - Friedrich von Lucanus: 


der Worte „Zugrichtung‘‘ und „Zugstrafse“ nicht konsequent 
durchgeführt habe, wohl kaum aussprechen können. | 

Das 4. Heft des Journals für Ornithologie 1921 enthält 
ein äufßserst interessantes Referat Eckardt’s, dessen Feder wir 
schon manchen wertvollen Beitrag zur Vogelzugfrage verdanken, 
über die Ergebnisse der Vogelzugforschung in Amerika auf Grund 
einer zusammenfassenden Arbeit von Cooke aus dem Jahre 1915, 
die uns infolge des Weltkrieges bisher unbekannt geblieben war. 
Eckardt weist besonders darauf hin, dafs Cooke’s Auffassung von 
der Vogelzugstrafse sich im wesentlichen mit der von mir ge- 
gebenen Definition deckt. Auch Cooke kommt auf Grund jahre- 
langer, intensiver Studien zu dem Schlufs, dafs die Zugstrafsen 
nicht als schmale Wege aufzufassen sind, sondern dafs sie mehr 
oder weniger breite Flächen darstellen. In diesem Sinne unter- 
scheidet Cooke eine Golfstrafse und Inselstrafsen. Cooke weist 
ferner darauf hin, dafs gewisse Vogelarten mitunter auf ihrem 
Zuge auffallend grofse Umwege machen, was ja auch für die 
paläarktischen Vögel, z. B. die Spieflsente, die Lachmöwe und 
den Storch, durch den Ringversuch nachgewiesen werden konnte, 


und entwickelt in seinen Aeulserungen über das Orientierungs- 


vermögen der Zugvögel, die Entstehung und die Ursachen des 


Zuges, sowie über den Einflufs der Witterung auf die Zug- 


bewegung ungefähr die gleichen oder ähnliche Ansichten, wie 
ich sie in meinem Werk „Die Rätsel des Vogelzuges“ 
ausgesprochen habe. Diese Uebereinstimmung der grundlegenden 
Ansichten über den Vogelzug zwischen Cooke und mir, die wir 
das Problem des Vogelzuges ganz unabhängig von einander be- 
arbeitet haben, erscheint mir für die Beurteilung unserer Ar- 
beiten von beachtenswerter Bedeutung zu sein, die noch dadurch 
an Wert gewinnt, weil Cooke sich bei seinen Studien lediglich auf 
Beobachtungen stützt, die aus einem von ihm in Amerika organi- 
sierten Beobachtungsnetz gewonnen sind, während ich die Er- 
gebnisse der experimentellen Forschungsweise meinen Studien 
zu Grunde gelegt habe. Inzwischen sind übrigens auch die 
Amerikaner dazu übergegangen, den Vogelzug experimentell zu 


erforschen und führen jetzt die Vogelberingung in der richtigen 


Einschätzung ihres hohen Wertes mit grofsem Eifer aus. 

In meinen vorstehenden Ausführungen kam es mir vor 
allem darauf an, zu zeigen, wie falsch es ist, für die Vorgänge 
in der Natur am grünen Tisch in rein theoretischer Weise ein 


Schema aufstellen zu wollen, in das nachher die Naturerschei- 


nungen, weil ihre Art und ihr Wesen nicht genügend berück- 


sichtigt wurden, nicht hineinpassen. Man.kann keine zweck- 
mäfsige Einteilung der Lebewesen der Natur und keine Syste- 
matik schaffen, bevor man nicht die Lebewesen selbst und ihre 


Physiologie so weit als möglich erforscht hat. Ebenso ist es 
aber auch mit der Biologie. Mit rein theoretischen Erörterungen 
ist hier gar nichts zu machen. Wir müssen uns ganz und gar 


» B 


Erwiderung auf die Arbeit des Freiherrn Geyr von Schweppenburg. 897 


an die Tatsachen halten, wie wir sie sehen und wie sie sich 
uns im Lichte der experimentellen Forschungsweise zeigen. 

Bei aller Forschung wird es natürlich nur immer möglich 
sein, bis zu einem gewissen Grade in die Vorgänge der Natur 
einzudringen. Wir werden uns der Wahrheit stets nur mehr 
oder weniger nähern können, :ohne sie in den meisten Fällen 
ganz zu erreichen. Dies hindert aber nicht, -die Dinge, so wie 
sie uns der gegenwärtige Stand der Wissenschaft zeigt, auch 
zur Darstellung zu bringen und als Tatsachen solange hinzu- 
nehmen, bis weitere Fortschritte der Naturwissenschaft eine neue 
Aufklärung geben. So müssen wir uns auch jetzt bei der Lö- 
sung des Vogelzugproblems ganz und gar auf den Boden der 
neuen experimentellen Forschungsweise stellen, ohne an dem 
Alten, das freilich als Baustein immer eine gewisse Bedeutung 
behält, zu kleben. 

Noch manche Frage in dem hochinteressanten Problem 
des Vogelzuges harrt der Lösung, die aber nicht durch „theo- 
retische Erwägungen“, sondern nur durch „positive Tatsachen 
des Experiments“ gefunden werden kann. 


Bemerkungen über einige neue afrikanische Formen. 


Von Hermann Grote. 


I. Reichenow führte 1903 in seinem Werke „Die Vögel 
Afrikas“ Bd. II, p. 29 Musophaga rossae J. Gd. auf Grund einer 
eigenen Beobachtung als in Kamerun vorkommend auf. Wenige 
Jahre später (Februar 1909) fand der verdienstvolle Afrika- 
_ reisende F. Riggenbach im Genderugebirge (Süd -Adamaua) 
Musophaga violacea violacea Isert auf und wies damit diese 
prachtvolle Art zum ersten Mal für Kamerun nach. Gelegentlich 
der systematischen Bearbeitung der Riggenbach’schen Sammel- 
_ ausbeute schrieb dann Reichenow!) unter Musophaga violaceu 
Isert (l. c., p. 214): „Die Form von Oberguinea. In meinen 
„Vögeln Afrikas‘ hatte ich M. rossae für das Küstengebiet von 
Kamerun aufgeführt. Da seinerzeit aber kein Vogel erlegt, 
sondern nur beobachtet worden, auch von keinem Sammler die 
Art bisher in Kamerun gefunden ist, so erscheint es sehr frag- 
lich, ob die Beobachtung auf M. rossae oder nicht vielmehr auf 
M. violacea zu beziehen ist. M. rossae wird vorläufig besser 
aus der Liste der Kamerunvögel zu streichen sein.“ 

Erst dem so überaus erfolgreichen Erforscher Kameruns 
Dr. J. Elbert, der leider der Schlafkrankheit erlegen ist, war es 


1) Mitteil. Zoolog. Mus. Berlin, V. Bd., 2. Heft, 1911. 


3938 | Hermann Grote 3 


beschieden, im Jahre 1914 Musophaga violacea rossae oder viel- 
mehr eine ihr äufserst ähnliche Form für Kamerun nachweise 
zu können: > 


Musophaga violacea savannicola nov. subsp. 


Ganz wie M. v. rossae J. Gld., aber die rote Haube heller. 

Typus im Berliner Zoolog. Museum: &', Coll. Elbert Nr. 263, 
Buala, Oberer Sanga — Uam (Grasland), 7. I. 1914. 3 

Musophaga violacea rossae ist bisher für das ausgedehnte 
Waldgebiet, das sich von Angola bis an die Ostküsten des 
Tanganyika und Victoria-Nyanza sowie über Uganda und Niam- 
Niam erstreckt, bekannt geworden. In hohem Grade auffällig ° 
erscheint es, dafs nun eine ihr fast zum Verwechseln ähnliche 
Rasse im ostkameruner Graslande aufgefunden wurde Sie 
wird vermutlich die Galeriewälder an den Flüssen bewohnen, 
denn das Grasland ist nicht lediglich von Savannen eingenommen, 
sondern weist an den Wasserläufen eine mehr oder weniger 
üppige Wald- und Buschvegetation auf. Zukünftigen Forschungen 
mufs es vorbehalten bleiben, festzustellen, wie sich das Ver- 
breitungsgebiet dieser hellköpfigen Rasse abgrenzt. 

Von Musophaga rossae liegt mir eine grofse Reihe vor. 
Ich kann zwischen Vögeln vom Viectoria-Nyanza, Tanganyika, 
von Angola und Niam-Niam keinen Unterschied finden: in allen 
aufgeführten Gegenden gibt es sowohl sehr dunkelhaubige, wie 
auch etwas heller gehäubte Stücke. Das Rot scheint nach der 
Mauser mit der Zeit etwas nachzudunkeln. Unter den mir vor- 
liegenden 25 Exemplaren befindet sich aber kein einziges, das so 
hell rot gehäubt ist, wie die 3 Elbert’schen Vögel aus dem ost- 
 kameruner Graslande Will man in der Systematik nicht grob 
„mit dem Kehrbesen arbeiten“, so wird man diesen Unterschied 
nicht einfach ignorieren dürfen. 

(Dafs in verschiedenen Fällen steppenbewohnende Rassen 
eines Formenkreises heller sind (oder heller gefärbte Abzeichen 
aufweisen) als ihre Verwandten aus ausgedehnten Waldgebieten, 
ist keine ornithologische Neuigkeit und es könnten unschwer 
einige diesbezügliche Beispiele aus der afrikanischen Ornis nam- 
haft gemacht werden.) 

Die neue Musophaga wurde von Dr. Elbert in drei Exem- 
plaren bei Buala im Januar (1. bzw. 7. 1.) gesammelt; alle drei 
haben die Mauser des Kleingefieders eben beendet, während 
Schwingen und Schwanz z. T. noch nicht ganz ausgewachsen sind. 
Die Färbung der Fülse wird vom Sammler als blauschwarz an- 
‚gegeben, die des Schnabels als hellgelb mit saturnrot, die Augen- 
farbe als karmin, dunkelrot (9) bzw. braunrot (9). | 


= 


N 


RR * ie KRTER, re = ah Re? EEE PR Ba BEN 


1. Hypochera chalybeata camerunensis nov. subsp. 
Steht der H. ch. neumanni Alex. vom Tschadgebiet nahe, ist aber 
dunkler, der Bauch schwarz mit blauem Metallschimmer; der 


Neue Erikaninehe Formen. 399 


. Gefiederglanz ist im allgemeinen nicht so lebhaft glänzend wie 


beim Vogel vom Tschad, dagegen rein stahlblau, weder mit 


 schwachem grünen, noch andrerseits mit schwachem purpurnen 
- (tintenvioletten) Schimmer. Flügellänge 64,5—66 mm. 


Bereits W. Sclater und C. Mackworth Praed erwähnten in 
ihrer Arbeit über die Vögel des anglo-ägyptischen Sudan den 
intermediären Charakter (zwischen neumanni und amauropteryx) 
der ihnen vorliegenden Exemplare vom Ubangi!). Die von 
G. Tefsmann in Ostkamerun gesammelten Vögel bestätigen die 
vermuteten Unterschiede. Von einer Mischrasse kann bei H. ch. 
camerumensis (die offenbar ein weites Verbreitungsgebiet hat) 
natürlich nicht die Rede sein, denn die typische HA. neumanni be- 
wohnt das Tschadgebiet, die typische H. amauropteryx Transvaal! 


Typus im Berliner Zoolog. Museum: 91, Weg Nola—Mbaiki 
(südöstliches Neukamerun), 28. X. 1913, Coll. Tefsmann Nr. 77. — 
[Ausführlicheres folgt später.] 


1Il. Plocepasser superciliosus brunnescens n0V. 


subsp. — Unterscheidet sich vom typischen P. superciliosus 
- Cretzschm. Nordostafrikas durch rotbrauneren, dunkleren Rücken, 


braunere Wangen sowie etwas dunklere Unterseite. Letztere ist 
bei der Nominatform auf dem Bauche weifßslich, bei brunnescens 
sraulich, kaum heller gefärbt als die Brust. [Bereits die in 


- Uganda lebenden Vögel scheinen nicht mehr ganz typische super- 
 ciliosus zu sein, denn Dr. van Someren schreibt in seiner neusten, 


umfangreichen Arbeit „Notes on the Birds of East Africa‘) (p. 
135) über solche: „My birds in fresh plumage are slightly darker“ 


(als Vögel von Abessinien). Dies Dunkler- bzw. Braunerwerden 


erreicht dann offenbar in Neukamerun — dem äußsersten süd- 
westlichen Verbreitungsgebiet (soweit bis. jetzt bekannt) des 
Formenkreises Plocepasser superciliosus — seinen Höhepunkt. 


. Dagegen sind Vögel von Nordkamernn (Adamaua), von denen 

_ mir eine gröfsere, durch F. Riggenbach gesammelte Serie vor- 
liegt, von Nordostafrikanern anscheinend nicht verschieden (wenn 

“nicht vielleicht die Nordostafrikaner im allgemeinen hellere 
(weifsere) Färbung des Bauches haben). 


Typus im Berliner Zoolog. Museum: „Q“, Bosum, östliches 


 Neukamerun (Uamgebiet), 1. VII. 1914, Coll. G. Tefsmann Nr. 726. 
- Flügellänge 92 mm. — Schnabel „bräunlich fleischrot‘“, Füfse 


„braun“. 


IV. Im Jahre 1910 veröffentlichte Graf v. Zedlitz in den 


_Ornith. Monatsber. (p. 171—174) eine Uebersicht über die Rassen 


1) Cfr. The Ibis 1918, p. 449. 
2) Novitates Zoolog., Vol. XXIX, 1922. 


400 Hermann Grote: 


der Lagonostieta‘) senegala, bei welcher Gelegenheit er auch 
° einige neue Formen beschrieb. Soweit mir von diesen Rassen 
genügendes Vergleichsmaterial zur Verfügung steht, kann ich die 
von ihm als neu beschriebenen Formen durchweg bestätigen. 
Den Kilimandjarovogel (von welchem im Berliner Museum einiges 


Material vorhanden ist) splitterte er nicht von der Form des F 
mittelafrikanischen Seengebiets (L. s. ruberrima Rchw.) ab; aber 


es sind doch einige — wenn auch nicht gerade deutliche — 
Unterschiede zwischen ihnen festzustellen. Dr. van Someren hat 
denn auch neuerdings die Rasse, die den Landstrich von Kikuyu 
bis zum Kilimandjaro bewohnt, als unterscheidbar von ruberrima 
abgetrennt und als L. s. kikuyuensis (terra typ.: Nairobi, Brit. 
Ostafrika) beschrieben 2) — eine Abspaltung, die ich für gerecht- 


fertigt halte®), wenngleich es sich natürlich nur um eine so- ; 


genannte Subtilform handelt. 


Seitdem Graf v. Zedlitz das Lagonostictamaterial des Ber- 
liner Museums einer Durchsicht unterzog, ist die Berliner Samm- 


lung um neues diesbezügliches Material bereichert worden. Unter 


diesem verdient eine Serie von fünfzehn Expl., von Hofmann am 
unteren Ruvu (nördliches Küstengebiet Deutsch-Ostafrikas) ge- 


sammelt, besondere Beachtung. Ueberraschenderweise haben diese 


Vögel die gelblich getönte Rückenfärbung der westafrikanischen 
Rassen senegala, flavodorsalis und der abessinischen Rasse carlo, 
sie sind also nicht — wie sonst die ostafrikanischen Rassen (J'Q') — 
oberseits auf dunkelbraunem Grunde rosenrot verwaschen. Bei 
einfallendem Licht zeigen die deutsch-ostafrikanischen Küsten- 


vögel auf der Oberseite einen leichten olivenfarbenen Schimmer, 


oder sie haben doch jedenfalls keinerlei rote Tönung in der 


Rückenfärbung. Am ähnlichsten sind sie dem Nordabessinier, 


Estrilda senegala carlo (Zedl.), diese Rasse ist aber schon durch 
ihre erheblich een Mafse unterschieden; in den Gröfsen- 


verhältnissen entsprechen sie der kleinwüchsigen (auf dem Rücken 
rosig überhauchten) Somaliform EZ. s. somaliensis (Salvad.). Die 
kenntliche Form des Küstengebiets von Deutsch-Ostafrika möge 


udn 


1) Ich schliefse mich aus vollster Ueberzeugung der Meinung Hartert’s 
an, der (ef. Novit. Zoolog., 4921, Vol. XXVII, p. 137) schreibt: „I pro- 


pose to suppress the genus Lagonosticta. Certainly Esirilda cinerea 


and senegala cannot be separated generically.‘“* 
2) Bull. Brit. Ornith. Club, Vol. xl, 1920, p. 55. 


8) Entgegen der Ansicht van Someren’s, der die Unterscheidbarkeit 
lediglich auf Verschiedenheit der QQ seiner neu beschriebenen Form und 
der Form ruberrima begründete und die G'g' als nicht verschieden be- 
zeichnete (l. c.), finde ich, dafs Kilimandjarovögel (0'C') nicht immer so 
schön rosigrot auf dem-Rücken sind wie typische ruberrima-g'g'. Ein- 
zelne Stücke sind allerdings in der Regel nicht zu unterscheiden. 


Neue afrikanische Formen. 401 


Eistrilda senegala zedlitsi nov. subsp. 


heilsen und damit beitragen, in Ornithologenkreisen die Erinne- 
rung festzuhalten, dafs Graf O. v. Zedlitz es gewesen ist, der 
durch seine mustergültige Revision Klarheit in die Kenntnis dieses 
systematisch so mannigfaltigen Formenkreises gebracht hat. 

Typus im Berliner Zoolog. Museum: 1, Magogoni am Ruvu, 
Hinterland von, Dar-es-salaam (Küstengebiet des nördlichen 
Deutsch-Ostafrika), Hofmann leg., Nr. 538, 13. XII. 1911. 

Flügellänge von acht g'g': 44—46 (meist 46) mm, von 
sieben QQ (bzw. vom Sammler als Q bezeichneten Expl.): 44—46,5 
(einmal nur 42) mm. Die QQ haben auf der Oberseite dieselbe 
Färbung wie die 90°; auf den Brustseiten sind sie zahlreicher 
mit feinen weifsen Punkten getüpfelt als die J'Q', die nur wenige 
Pünktchen aufweisen. 


V. In meiner Arbeit über die von Pater Conrads auf der 
Ükerewe-Insel (Victoria-Nyanza) gesammelten Vögel!) führte ich 
(p. 414) die Ukerewe bewohnende Rasse von Pytelia melba als 
P. m. belli O.-Grant auf. Mir stand s. Zt. als Vergleichsmaterial 
nur ein einziges Exemplar von der terra typica (Ruwenzori) zur 
Verfügung. Inzwischen verdanke ich der Liebenswürdigkeit von 
Herrn Dr. M. Sassi vom Wiener Museum die leihweise Ueber- 
lassung einer schönen Reihe echter bel, die von R. Grauer in 
Urundi bzw. am Nordende des Tanganyika-Sees gesammelt worden 
waren. An Hand dieser Serie läfst sich nun feststellen, dafs die 
 Ukerewevögel zwar der Rasse P. m. belli äulserst nahe stehen, 
_ aber doch von dieser etwas verschieden sind (wenngleich nur 
unwesentlich). Mag es sich auch lediglich um eine Subtilform, 
eine nicht auf den ersten Blick hin zu unterscheidende Rasse 
handeln, so erscheint es doch zweckmälsig, dem Ukerewevogel als 
einer besonderen geographischen Form einen Namen zu geben: 


Pytelia melba conradsi nov. subsp. 


Steht der P. m. bellö O.-Grant vom Ruwenzori sehr nahe 
und hat wie diese kräftig ausgeprägte Bänderung der Unter- 
schwanzdecken, unterscheidet sich von bellö aber (besonders in 
Serien) wie folgt: Beim 9‘ ist das Rot des Kopfes etwas tiefer 
und satter; auf der Brust ist weniger Gelb vorhanden, und 
_ während bei P. m. beili die gelbe Färbung der Brust zudem 
meist ziemlich scharf vom Rot der Kehle abgesetzt ist, flielsen 
bei P. m. conradsi beide Farben allmählich ineinander. Flügel- 
länge 57—58 mm. 

Typus im Berliner Zoolog. Museum: 0‘, Ukerewe-Insel 
(Südostecke des Victoria-Nyanza), Conrads leg. (ohne besondere 
Daten). Von Ukerewe liegen mir sechs g'O‘ und zwei YQ vor. 


1) Journ. f. Ornith., 69. Jg., 1921, p. 406 ft. 


402 | Hermann Grote: 


Hierher glaube ich auch ein mir vorliegendes von O0. Neumann 
in Kawirondo gesammeltes Exemplar. rechnen zu, müssen. 
Zu Ehren des Sammlers benannt. 
Einzelstücke dürften nur in den Extremen zu unterscheiden 
sein, dagegen ist der Unterschied zwischen beiden Rassen in 
Serien nicht undeutlich. | 


VI. Von der Paradieswitwe wurden bisher drei Rassen 
unterschieden: die Nominatform, Steganura paradisea paradisea 
(L.) von Südafrika, die Form von Abessinien und Ostafrika 
8. p. verreauxii (Cass.) und aus Westafrika die durch ihr ein- 
farbig tief kastanienbraunes Nackenband gut gekennzeichnete Form 
des Senegalgebiets 8. p. aucupum O. Neum. Aus dem übrigen 
Westafrika bis weit nach Mittelafrika hinein lag (und liegt) noch 
verbältnismälsig wenig diesbezügliches Balgmaterial vor, was 
darauf zurückzuführen ist, dafs die Paradieswitwe als Steppen- 


bewohnerin in dem grofsenteils von Waldgebieten bedeckten 


Westafrika eine sporadische Verbreitung hat, und gerade in den 
westafrikanischen Steppenländern in ornitbologischer Hinsicht 
vielfach erst recht wenig gesammelt worden ist. Aus Kamerun 
z. B. sind erst vereinzelte Funde bekannt. Noch in seinem grofsen 
Werke über die Vögel Afrikas konnte Reichenow keinen einzigen 
Fundort für Kamerun aufführen, und erst die Riggenbach’schen 
Sammlungen (1908/09) wiesen Steganura für Garua (Adamaua, 
Nordkamerun) nach. In neuester Zeit ist dieser prachtvolle 
Vogel nun auch an anderen Stellen in Kamerun aufgefunden 
worden: der unermüdliche Tefsmann sammelte kurz vor dem 
Kriege die Art im südöstlichen Neukamerun, Dr. Elbert im 
Uamgebiet (östliches Neukamerun) und Dr. Escherich traf sie im 
Graslande bei Gaza (Ostkamerun) an. Die von den letztgenannten 
Sammlern dem Berliner Zoologischen Museum überwiesenen 
Bälge, darunter Q'C" in frischem Prachtkleide, zeigen nun deut- 
‚lich, dafs die kameruner Paradieswitwe keiner der bis jetzt be- 
schriebenen Rassen zugezählt werden kann, sondern einer bisher 
unbekannt gebliebenen geographischen Form angehört: 


Steganura paradisea interjecta nov. subsp. 


oJ" im Prachtkleide: Mit dem kastaniengoldbraunen Nacken- 
band der Senegalform ($8. p. aucupum), das Nackenband aber 
am unteren Rande gelblich gesäumt (während der Senegalvogel 
einfarbig braunes Nackenband hat). Die Schwanzfedern bei den 
mir vorliegenden Ostkamerunern sind sehr lang und breit.!) 


| 1) Inwieweit hier individuelle Variation eine Rolle spielt, bedarf 
fernerer Untersuchungen an gröfserem Vergleichsmaterial. Mir scheint — 
eine gewisse individuelle Variationsbreite als selbstverständlich zugegeben — 
die Schwanzlänge und -Breite bei Sieganura paradise weniger indi- 
viduell, als vielmehr geographisch beträchtlichen Abänderungen unter- 


Neue afrikanische Formen. 408 


“ Typus: 9, Weg Nola—Mbaiki (südöstliches Neukamerun), 
ı 29. X. 1913, G. Tefsmann Coll. No. 79; Flügellänge 78 mm. 
Auge „dunkelbraun“, Schnabel „schwarz“, Füfse „hornfarben“. 

Wie weit östlich die echte $8. p. aueupum verbreitet ist, ist 
gegenwärtig noch unbekannt. Vögel von Togo sind nicht mehr 
ganz typisch. Ueber zwei von Capt. A. Buchanan im nördlichen 
Haussahgebiet (bei Zinder) gesammelte 9'9' im Prachtkleide, 
deren Gefieder allerdings stark abgenutzt ist, schrieb Hartert:!) 
„Steganura paradisea verreauxiü (Cass.)? I cannot be sure from 
this limited material (the fully plumaged males worn) to which 
race these birds belong. The nape-band is brown in the middle, 
faded yellow (in one merely cream-colour) on the edges. I do 
not think, however, that they ever had the deep brown band of 
the quite distinet S. p. aucupum from Senegambia“. Also auch 
diese Vögel haben ein braunes, gelbgerändertes Nacken- 
band, gehören demnach vermutlich derselben Form wie die 
Kameruner an. Wenn an einigen Bälgen das Gelb etwas aus-. 
gedehnter ist (wie bei den obengenannten zwei Buchanan’schen 
Vögeln) oder andrerseits überhaupt zu fehlen scheint (wie bei 
einem mir vorliegenden mangelhaft konservierten Balg vom Uam- 
gebiet), so dürfte das wohl an der Präparation liegen. Eine ge- 
wisse geringfügige individuelle Färbungsschwankung des Nacken- 
bandes mag jedoch auch hier vorkommen. Jedenfalls steht aber 
fest, dafs weite Gebiete Westafrikas von einer Paradieswitwe 
bewohnt werden, die weder das einfarbig braune Nackenband 
der Sieganura paradısea aucupum Senegambiens, noch das stroh- 
gelbe Band der abessinisch-ostafrikanischen Steganura paradısea 
verreauxii hat. Auf diese intermediäre (aber der Rasse aucupum 
näher stehende) Form hinzuweisen, ist der Zweck der vor- 
stehenden Zeilen. 

Die Anschauung älterer Ornithologen, Sieganura paradisea 
(L.) sehe überall in ihrem weiten Verbreitungsgebiet — den 
Steppenländern des gesamten südlich der Sahara gelegenen Afrika 


 — gleich aus, möge nun hoffentlich bald auch in den der 


Systematik ferner stehenden Ornithologenkreisen als rl 
und veraltet gelten! 


VII. Adamaua (und vermutlich das ganze weitere Tschad- 
gebiet, vielleicht mit: Ausnahme dessen nördlichen Teils) wird 
von einer Rasse des Zurdus libonyanus bewohnt, die bisher noch 
nicht beschrieben ist. Es beruht wohl auf einem besonderen 
Zufall und Versehen, dafs Reichenow in seiner Bearbeitung ?) der 


worfen zu sein und sie ist vermutlich ein (bisher in systematischer 
Beziehung übersehenes oder doch ungenügend gewürdigtes) Rassen- 
merkmal. 

1) Novit. Zoolog. XXVilI, 1921, p. 138. 

2) Mitteil. Zoolog. Mus. Berlin, V. Bd., 2. Heft, 1911 (p. 237). 


404 Hermann Grote: Neue afrikanische Formen. 


Riggenbach’schen Sammelausbeute sie zu dem bedeutend dunkleren 
T. I. saturatus (Cab.) des Waldgebiets von Unter-Guinea stellte, 
während sie doch dem hellen 7.1. Tugubris Bodd. Senegambiens 
viel näher steht. Ein Mifsgeschick hat es auch gewollt, dafs er 
die letztgenannte Form mit einem Synonym (guineensis) belegte!) 
während die kenntliche neue Form von Adamaua seinem syste- 
matischen Scharfblick entging. 

Turdus libonyanus adamauae nov. subsp. steht der 
Form Öber-Guineas 7.1. lugubris Bodd. am nächsten, ?) hat wie 
diese weilsen Bauch und hellgrauen Kropf, unterscheidet sich 
aber sofort durch die lebhaft rostgelben Körperseiten, die bei 
lugubris blals graubräunlich, nur auf den Brustseiten schwach 
rostfarben verwaschen sind. Auch die Unterflügeldecken zeigen 
ein lebhafteres Rostgelb als bei lugubris. T.1.saturatus ist ein 
(besonders auf der Unterseite) viel dunklerer Vogel, ebenso 
T. I. tessmanni Rehw. von Ostkamerun, welch letzterer weiterer 
Untersuchung und Bestätigung bedarf. 
| Typus von 7. l. adamauae, im Zoolog. Mus. in Berlin: 9, 
Badda (Adamaua, Nordkamerun), 29. Mai 1909, Coll. F. Riggen- 
bach No. 751, Flügellänge 114 mm. Auge „rotbraun“, Schnabel 
„gelb“, Fülse „graubraun“. — Riggenbach sammelte diese Form 
in Adamaua an folgenden Fundorten: Genderugebirge, Dodo, 
Badda (letzteres zwischen Sagdje und Rei-Buba). Die Exemplare 
vom Genderugebirge sind etwas dunkler als das Stück von Badda. 

Turdus libonyanus adamauae ist neben den bereits vor- 
handenen — nicht wenigen — Beweisen eine weitere Bestätigung 
der Tatsache, dafs Adamaua einerseits und das „Grasland‘“ Ost- 
kameruns anderseits in ornithologischer Beziehung zwei ganz 
verschiedene Rassengebiete sind. Doch darüber wird später an 
anderer Stelle noch ausführlich zu berichten sein. — 

Mit dem Ausdruck herzlichen Dankes an Herrn Dr. E. Strese- 


mann, der mir in liebenswürdigstem Entgegenkommen die Unter- 


suchung und Beschreibung obiger neuer Formen ermöglichte, 
beschliefse ich die gegenwärtigen Ausführungen. 


1) Später von Reichenow selbst richtiggestellt (cf. Journ. f. Ornith. 
1918, p. 110). Ein weiteres Synonym von T. L. lugubris ist Pelio- 
. cichla crypiopyrrha Cab. (1882). 

2) Die abessinische Form, T. I. pelios Bp., deren Verbreitungs- 
gebiet vermutlich irgendwo im Sudan an dasjenige der Adamauaform 
grenzt, ist auf der Oberseite und auf dem Kropf brauner und das Rost- 
gelb der Körperseiten ist ausgedehnter. 


© 


405 


Neue Formen aus dem papuanischen Gebiet. 
Von E. Stresemann. 


Cicinnurus regius eryptorhynchus subsp. n. 


Zwischen Mamberano- und Tamimündung lebt an 
der Nordküste Neuguineas eine Rasse des Königsparadiesvogels, 
die zur Untergruppe coceineifrons (mit strichförmigem statt rund- 
lichem Ueberaugenfleck) gehört. Sie steht der auf die Insel 
Jobi beschränkten Rasse coccineifrons Rothsch. sehr nahe, ist aber 
etwas kleiner (Flügel von 6 O'G' ad. 95—99 gegen 100 mm), 
die Stirn ist nicht ganz so dunkel rot und die Stirnbefiederung 
reicht nicht ganz so weit nach vorn (freie Schnabelfirste 5—61/, 
mm gegen 3—5 mm). Im Osten schliefst sich die vom Vorland 
des Toricelli-Gebirges bis zur Astrolabebai verbreitete Rasse 
similis Neumann an, bei der die Stirnfedern in der Regel orange- 

gelb (nicht zinnoberrot). sind und die freie Schnabelfirste 6.5— 
7. 5 mm milst. 

Typus im Zool. Museum Berlin: S' ad., Taua am Mamberano, 

6. VIII. 1910, Riggenbach leg. No. 260. 


Cicinnurus regius gymnorhynchus subsp. n. 


Die Untergruppe regius (mit rundlichem Ueberaugenfleck) 
besitzt auf der Kai-Halbinsel einen Vertreter, der kleiner 
ist als regius (L.) und claudis Og. Grant (Flügel von 7 1" ad. 
93—99 gegen 97—105 mm), die orangegelbe Stirnfärbung von 
regius (nicht die rötliche von claudi) zeigt und bei dem die 
Stirnbefiederung weiter zurücktritt als bei irgend einer anderen 
Rasse: freie Schnabelfrste 11—12 mm gegen 10—10%/, bei regen 
von den Aru-Inseln, 81/,—91/, bei claudüi. 

Typus in der Zool. Staatssammlung München (No. 11. 606): 
S' ad., Heldsbach-Küste, 12. III. 1910, L. v. Wiedenfeld leg. 


Mino dumontiü aruensis subsp. n. 


Das geschulte Auge des Grafen Berlepsch hatte die Ver- 
schiedenheit der auf den Aru-Inseln lebenden Mino-Form von 
der an der Astrolabebai (Konstantinhafen) gefundenen schon vor 
Jahren erkannt. Berlepsch benannte die letztere Mino dumonti 
violaceus (Abh. Senckenb. Naturf. Geselläch. 34, 1911, p. 62); er 
ging dabei von der Vermutung aus, dafs die Art an der typischen 
Lokalität (Dorei) wie auf den Aru-Inseln ausgebildet sei. Dies 
ist jedoch nicht der Fall; in NW.-Neuguinea lebt die gleiche 
Form wie in Deutsch-Neuguinea, und: es ist die Aru-Form, der 
ein neuer Name gebührt. Sie unterscheidet sich, den 4 (adulten) 
von Dr. Merton gesammelten Bälgen nach zu urteilen, von der 
Nominatform durch geringere Flügellänge (Altersflügel Q 145, 145, 


Ra 


406 | | | EB Stresemann: 


149, & 145 mm gezen Q 147—159, S 150-162 mm), kürzeren 
Schnabel (freie Schnabelfirste 24—25 mm gegen 25—28.5 mm) 


und kleineren weifsen Flügelspiegel (gröfste Ausdehnung des 


Weils an der Aufsenfahne der von aufsen gerechnet 6. Hand- 
schwinge 14, 17, 17.5, 18 mm gegen 24—30 mm am Altersflügel, 
18—19 mm am Jugendflügel der Nominatform). 
Typus im Senckenbergischen Museum zu Frankfurt a. M.: 
g', Ngaiguli auf Terangan, 15. Il. 1908, Dr. H. Merton leg. No. 58. 
Verbreitung: Aru-Inseln. 


Mino dumeontiüi giliau !) subsp. n. | 
Die auf Neupommern’ lebende Mino-Form gleicht da- 


durch, dafs die Befiederung auf die Kehlseiten ausgedehnt ist, 
der Rasse M. d. kreffti Sclater (terra typ. Salomons - Inseln): 
dagegen besitzt sie einen auffällig kürzeren Schwanz und nähert 
sich in dieser Hinsicht der Nominatform. Auch ist der weifse 


Flügelspiegel in der Regel etwas kleiner als bei M. d. kreffti. 
Flügellänge: Jugendflügel 145, 147, 148 mm; Altersflügel © 
158, 160; © 155, 155, 9! 161, 164, 165, 165 mm [bei Areffts: 


Bougainville © 165; Neu-Hannover © 162, Q' 169; Neu-Mecklen- 


burg Jugendflügel © 153, Altersfllügel @ 161, 91 166, 166 mm]. 


Länge desmittleren Steuerfederpaares: Jugendschwanz 
78, 80, 82 mm; Altersschwanz 86, 88, 88.5, 89, 91, 93, 94, 95, 


98 mm [bei kreffis: Bougainville 109; Neu-Hannover 99 4X, 103; 
Neu-Mecklenburg Jugendschwanz 94, Altersschwanz 102, 102, 


104 mm]. Gröfste Ausdehnung des Weils an der von 


aufsen gerechnet 6. Handschwinge: 16, 172, 208, 22, 242, 25, 26, 
27 mm [bei Äreffti: Bougainville 35; Neu Hannover 30.5, 39; 
Neu- Mecklenburg 26, 28, 292 mm]. 

Typus im Zool. Museum Berlin: J' ad., Ralum (Gazelle- 
Haibiusei) 4. VII. 1896, Dr. F. Dahl leg. No. 42. 


Verbreitung: Neu- Pommern, wahrscheinlich auch Rook- 


Insel. 
Pitohui nigrescens bürgersi subsp. n. 


Q' ad.: Dem C* der auf das Arfak-Gebirge beschränkten 
Nominatform gleichend, vielleicht sogar noch schwärzlicher; mit- 


hin düsterer gefärbt als das Q' von harierti (Rehw. 1911) (Gebirge & 
der Kai-Halbinsel und vielleicht auch Schneegebirge) und schi- 


staceus (Rehw. 1900) (Gebirge von SO.-Neuguinea): Unterseite 
nicht dunkel schieferfarden, sondern nahezu tiefschwarz. Flügel 
eines Stückes 125 mm. 


Q ad.: Im ganzen viel düsterer fuchsig rotbraun (weniger 


graulich rotbraun) als das Q von nigrescens (Schlegel) und 
schistaceus (Rchw.), aber auf der Unterseite noch immer grau- 


licher (weniger gesättigt rostfarben) als das Q von harterti (Rchw.) 


1) giliau: Name dieses Vogels in Ralum (nach Dahl). 


Neue Formen aus dem papuänischen Gebiet. 407 


und mecki (Rothsch. & Hartert 1913) [einer Form, deren Unter- 
 schiede von harterti noch nicht feststehen]. Kehlregion schmutziger 
(weniger rein rostfarben) als bei schistaceus (und meek:). 


Typus im Zool. Museum Berlin: 9, Schraderberg im 
Stromgebiet des Sepik, 2000 mm, 13. VI. 1913, Dr. Bürgers leg. 
_ No. 2093. 
| Fundorte: Schraderberg und vielleicht auch Kunupi-Berg 
im Weyland-Gebirge. 


Micropsitta pusio rothschildi subsp. n. 


| Die Nominatform dieser Gruppe dürfte auf die Bismarck- 
 inseln beschränkt sein. Im Hinterland der Nordküste Neu- 
 guineas lebt vom Mamberano bis zur Astrolabebai die Rasse 
 salvadori; (Rothsch. & Hartert), bei der das Blau des Ober- 
kopfes blasser und grünlicher ist und Stirn wie Oberkopfseiten 
- braunolive (statt röstliche) Färbung zeigen. Sie dürfte auch die 
- Dampier- und die Vulkan-Insel bewohnen. Im Osten schliefst 
sich eine Rasse an, die ich bisher nur von der Kai-Halb- 
insel (Bassabucht und Finschhafen) kenne. Sie unterscheidet 
. sich von salvadori: durch reiner gelbe (weniger: grünlich ver- 
waschene) Brust und Bauchmitte und etwas bedeutendere Grölse 
(Flügel 64, 66, 66 gegen 60—63, einmal 65 mm). Ich widme 
sie Lord Rothschild, dem ausgezeichneten Kenner papu- 
_ anischer Psittaciden. 


Typus im Zool. Museum Berlin (No. 30753): 9, Finsch- 
hafen, Gebr. Geisler legg. | 


Trichoglossus haematodus microptery& subsp. n. 


Der Name ZT. h. chlorogenys, den ich in Orn. Moer. 30, 
1922, p. 35 schuf, ist ein Synonym von Z. h. iniermedius Roth- 
Sch. & Hart., da diese Rasse (was ich leider übersehen hatte) 
nicht von der Kai-Halbinsel, sondern von der Astrolabebai 
‚(Stephansort) beschrieben worden war. Es ist die kleinere Rasse 
_ von der Kai-fHlalbinsel, die noch keinen Namen trug. Sie 
- unterscheidet sich von ZT. h. intermedius durch kleineren Schnabel 
und kürzeren Flügel (132—142 mm gegen 141—154 mm), von 
T. h. massena!), dessen Wohngebiet bereits Östlich vom Waria- 
‚Flufs zu beginnen scheint, durch etwas bedeutendere Durch- 
schnittsgröfse, besonders aber durch dunklere und weniger gelb- 
liche Tönung der grünen Scheitelfederschaftstriche und dunkleren 
- (schwärzlich braunen statt kastanienbraunen) Hinterkopf. 


Typus in der Zool. Staatssammlung München (No. 11.536): 
Q ad., Sattelberg 12. Il. 1910, L. v. Wiedenfeld leg. 


| 1) Synonym: Trichoglossus aberrans Reichenow, Journ. f. Orn, 
- 66, p. 439 (1918 — „Kaiser Wilhelms-Land“. Fundort’ unsicher!). 


z.: 
9:8 
ii ” 


408 E. Stresemann: Neue Formen aus dem papuanischen Gebiet. 


Megapodius reinwardt huonensis subsp. n. 


Von der westwärts benachbarten Rasse M. r. decollatus 
Oustalet (Verbreitung: D’Urvilles Insel und Hinterland der Nord- 
küsteN euguineas zwischen Mamberano und Astrolabebai; Synonym: _ 


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ä 


M. brunneiventris A. B. M.) unterschieden durch bedeutendere ' 
Größe: Flügel 226 (JO), 231 (9°), 235 (Q) gegen 208—224 mm 


bei 12 Exemplaren von decollatus. 

Typus in der Zool. Staatssammlung München (No. 11.783): 
Q, Heldsbachküste 21. III. 1910., L. v. Wiedenfeld leg. 

Fun d orte: Kelana, Heldsbachküste, Finschhafen. 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 
Bericht über die Dezember-Sitzung 1921. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 5. Dezmber 1921, abends a 


8 Uhr im Aquarium des Zoologischen Gartens. 

Anwesend die Herren: v. Boxberger, Schuster, 
Steinmetz, Schulz, Strahl, v. Stralendorff, 
Nyncke, Steinbacher, Stresemann, Heck, Neu- 


mann, Paulick, Preufs, Bogatsch, Schalow, 
Spatz, Frh. v. Berlepsch, Hauchecorne, Ham- 


burger,v. Lucanus, Arndt, Moser, Heinroth und 
Frl. Friedrich, sowie 19 Gäste. | 

Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: 
Herr Heinroth. 

Die eingegangenen Bücher und Zeitschriften werden von 
den Herren vv. Lucanus, Schalow und Stresemann be- 
sprochen, insbesondere wird auf das neu erschienene Werk des 
Vorsitzenden „Die Rätsel des Vogelzuges“ näher eingegangen. 


Zu dem jetzt zum Abschluls gelangten Werk Hartert’s „Die 


Vögel der palaearktischen Fauna“ bemerkt Herr Heinroth, 


dafs darin die für den Züchter und Liebhaber so wertvollen | 


feinsten Unterschiede der männlichen und weiblichen Jugend- 
kieider leider nicht vermerkt sind. Ferner fehlen darin gänzlich 


alle Gewichte sowie die Flügelbreiten. Letztere sind, da unsere 


Vogelbeschreibungen nur für Bestimmungszwecke gemacht zu 


werden pflegen, leider ganz aus der Mode gekommen, sie sind‘ 


aber für den Flugmechaniker ungemein wichtig. Man mülste am 
frisch erlegten Vogel alle Mafse und Gewichte nehmen, die dazu 


dienen können, das Verhältnis von Körpergewicht zur Flügel- 


fläche festzustellen. Zu der neu erschienenen Raubvogelarbeit 


des Herrn v. Riesenthal ist leider zu bemerken, dafs darin die 
Flugbilder unserer Raubvögel wieder ebenso unrichtig wieder- 
gegeben sind, wie bei den üblichen Hoffmannschen Abbildungen. | 


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@ 


Bericht über die Dezember-Sitzung 1921. 409 


 Bussard und Milan, die man doch meist im Schwebeflug sieht, 
haben dann weit gespreizte, erste Schwungfedern, die bei den 
erwähnten Abbildungen völlig zusammengelegt sind. 

Zu der November-Sitzung bemerkt Herr Schalow, dafs 
nach den Ausführungen von Pax die Beutelmeise zwar seltener, 
aber doch ständiger Brutvogel in Schlesien ist, und Herr Moser 
fügt hinzu, dafs er 1905 ein Nest dieses Vogels dicht bei Bres- 
lau gefunden habe. 

Herr Stresemann macht die erfreuliche Mitteilung, dafs 
die neu gegründete Bibliothek der Gesellschaft bereits 57 Bücher 
und Zeitschriften enthalte. Ferner legt er einen angeblich von 
Eversmann in Sibirien vor langer Zeit gesammelten und von 
Bonaparte als Ohrysomitris pistacina beschriebenen Vogel vor, 
der wohl ein Zeisig-Mischling sein dürfte. Leider läfst sich die 
‚andere elterliche Art nicht feststellen.!) 

Herr Heinroth zeigt darauf einen alten lebenden Hauben- 
taucher im reinen Winterkleide, den er vor 8 Tagen erhalten 
hat. Das Tier hat offenbar einen Kopfschufs und ist dadurch 
etwas benommen. Er macht auf die verschiedenen Stellungen 
aufmerksam und betont, dafs der Vogel beim Schlafen nicht den 

Schnabel unter die Schulterfedern steckt, sondern dafs er den 
Hinterkopf auf den Rücken legt und den Schnabel vorn unter 
. dem Hals versteckt. Das Halsgefieder wird dabei in eigentüm- 
licher Weise über den Schnabel gelegt. Eine Eigentümlichkeit der 
Steilsfülse ist es ferner, dafs sie, wenn sie sich die Füfse wärmen 
wollen, sie nicht nach Anatidenart unter das Bauchgefieder 
ziehen, sondern den Fufs nach kurzem Abschütteln und Trocknen 

_ unter Anheben des Flügels von oben her in die Tragfedern legen, _ 
so dafs die Zehen in die Achselhöhle zu liegen kommen. 

Herr Stresemann hält hierauf seinen angekündigten 

Vortrag „Ueber Sprungvariationen in der Gefieder- 
färbung einiger Vogelarten“ und führt, unter Vorweis 
- einer gröfseren Anzahl von Bälgen, etwa folgendes aus: Die 
Erblichkeitsforschung unserer Tage hat erwiesen, dafs es nicht, 
wie Darwin annahm, ohne Unterschied alle leichten Abweichungen 
vom Typus sind, welche in sich den Keim zur Entstehung 
„neuer Arten‘ bergen, sondern dafs wir unter ihnen streng zwischen 
nicht-erblichen und erblichen Variationen unterscheiden müssen. 
Die ersteren sind ausschliefslich durch das Milieu bedingt. Die 
Ursache für eine erbliche Variation hingegen ist letzten Endes 
eine innere, nämlich eine plötzliche Aenderung der Reaktions- 
norm. In Erscheinung tritt dieselbe bald als winziger Schritt, 
der nicht über den Rahmen der nicht-erblichen Abänderungen 
(Modifikationen) hinausführt, bald als bedeutenderes, sprunghaftes 


1) Der Vortragende hat den Vogel bald darauf als das Q von 
Astragalinus t. tristis‘ (L.) erkannt. Vgl. Orn. Monatsber. 30, 
-1922, p. 41. no 


Joum. f. Om. LXX, Jahrg. April/Juli 1922, 27 


a 


410 Bericht über die Dezember-Sitzung 1921. 


Abweichen vom Typus. Für die Erblichkeitsverhältnisse ist 
jedoch die Gröfse des vollzogenen Schrittes belanglos.. Man hat 
sich neuerdings daran gewöhnt, alle erblichen Variationen als 
Mutationen oder Sprungvariationen zu bezeichnen. Vortr. führt 


hierauf eine Anzahl von Vögeln vor, bei denen der Mutations- 
sprung ein grofser ist. Hierzu zählen in erster Linie die sog. 
dichromatischen oder dichroischen, d. h. in zwei Farbenschlägen 
auftretenden Arten. Wohl unter dem Einflufs der Halbdomesti- 


kation bildeten sich auffällige Mutationen bei einigen Hühner- 
vögeln: Chrysolophus obscurus aus Oh. pictus, Pavo nigripennis 
aus P. ceristatus, Hierophasis dissimilis aus H. swinhoei. Sehr 
verbreitet sind auffällige Mutationen auch unter den wildlebenden 


Vogelarten, besonders aus der Gruppe der Steinschmätzer (0e- 
nanthe, Myrmecocichla), Reiher (Dichromanassa, Demigretta), 
Raubmöwen (Stercorarius), Sturmvögel (Fulmarus, Pterodroma), 
Tagraubvögel. Unter den Papageien bildet ein interessantes 


Beispiel fur eine auffällige Mutation die atrata-Phase von Char- 


mosyna stellae. — Mag der Mutationssprung, welcher die Ge- 
fiederfärbung beeinflulst, auch noch so grofs sein, so beeinträchtigt 
er doch unseres Wissens die sexuelle Affinität zwischen Stamm- 


form und Mutante nicht im geringsten. Bei dichromatischen 


Arten wurde immer wieder festgestellt, dafs sich die Paare nicht 
nach der Färbung zusammenfinden. Dieser Umstand lehrt, dals 
man die Rolle der geschlechtlichen Auslese, soweit sie die 
Färbung betrifft, nicht überschätzen darf, und dafs ein sexueller 
Anreiz bei den Vögeln hauptsächlich von anderen Eigenschaften 


ausgehen muls, die wir weniger zu beachten pflegen, etwa 


Körperhaltung, Körperform, Bewegung, Stimme u. a. Es ergibt N 
sich aber auch hieraus, dafs selbst dann, wenn die gleiche Färbungs- 
mutation zu gleicher Zeit mehrfach im Artbestande auftritt, dies 


dennoch nicht eine Spaltung der Art in zwei zur Folge haben 


wird, denn die Wahrscheinlichkeit ist sehr grofs, dafs die Mutante 


mit einem normal gefärbten Individuum zur Fortpflanzung schreitet. 


Ueber das Aussehen der Nachkommen, welche aus solcher Ehe 


hervorgehen, entscheidet die Vererbungskraft der Mutation. 


Zuweilen ist alternative Vererbung mit vollkommener Dominanz 


festzustellen; Zwischenstufen fehlen dann (Uria troille und rhing- 
via; Oenanthe hispanica f. „aurita“ und f. „siapazina“ im 


männlichen Geschlecht; Pavo cristatus und nigripennis etc.). 


Häufiger ist die Dominanz des einen elterlichen Erbfaktors über 


(den anderen unvollkommen; die Extreme werden dann durch alle 


Uebergänge mit einander verbunden. Besonderer Beachtung 


‚wert ist es, dafs vielfach die Sprungvarianten nicht im ganzen 
Wohngebiet der Art gleich häufig auftreten. So überwiegt die 


helle Phase des Eissturmvogels (Fulmarus glacialis) .an den 
Faröern bedeutend, während auf der Bäreninsel und Spitzbergen, 
überhaupt im hohen Norden, die dunkle Phase vorherrscht. Umge- 
kehrt ist bei Stercorarius parasiticus die dunkle Phase unter 


2 


an 
Be: 


Bericht über die Dezember-Sitzung 1921. 411 


den nördlich vom 70. Breitengrad brütenden Exemplaren viel 
seltener als unter denen, die weiter im Süden beheimatet sind. 
Ja von Demigretta sacra kennt man auf Neuseeland nur die 
dunklePhase, die wahrscheinlich die Mutante vorstellt. Uebrigens 
ist es oft kaum möglich, bei dichromatischen Arten mit Sicher- 
heit anzugeben, welche Phase die ursprünglichere sei. Vortr. 
betrachtet Campophaga hartlaubi als die Ausgangsphase für 
O. nigra, hen caerulescens als die Ausgangsphase für Oh. hyper- 
boreus und hält es für wahrscheinlich, dafs sich der schneeweilse 
Aceipiter novaehollandiae von A. cinereus herleitet. In den auf- 
fälligsten Fällen weicht die Mutante von der Ausgangsform also 
ab entweder durch Anhäufung von Melanin in zuvor melaninfreien 
Federregionen oder umgegehrt durch Melaninmangel in zuvor 
pigmentierten Federregionen. Die mutative Schwärzung wie die 
Entfärbung kann auf gewisse Bezirke beschränkt bleiben (Oe- 
nanthe hispanica; Uria troille); sie kann aber auch das ganze 
- Gefieder gleichmäfsig befallen (Demigretta sacra; Chen hyper- 
boreus). Mutative Verschiebung der (melanotischen) Zeich- 
nung ist sehr auffällig bei der vom Goldfasan und Swinhoefasan 
- gezüchteten Mutante. — Zum Schlufs streift Vortr. die Frage, 
ob solche Arten, bei denen die geschilderten Sprungvariationen 
aufgetreten sind, für immer zum Dichromatismus verurteilt sind. 
Diese Frage ist nach seiner Ansicht zu verneinen, wenn folgende 
- Voraussetzungen eintreten: Einmal kann eine der beiden Phasen 
durch ihre Färbung im Kampf ums Dasein begünstigt, die andere 
erheblich benachteiligt sein; die natürliche Auslese wird dann 
zur Erreichung erneuter Einförmigkeit führen. Das gleiche Er- 
gebnis könnte aber auch erzielt werden, wenn nach und nach 
alle Individuen, auch die zunächst für die ursprüngliche Färbung 
homozygoten, in die Mutationsperiode eintreten. Dieser theoretisch 
 denkbare Fall ist anscheinend bei Demigreita sacra auf Neusee- 
land schon erreicht, wenn die Annahme zutrifft, dafs Weils die 
ursprünglichere Färbung dieses Reihers ist, und wenn nicht etwa 
_ die Nachkommen aller neuseeländischen Brutvögel von einem 
Paar abstammen, das von Australien herübergeflogen war und 
zufällig aus zwei homozygoten schwarzen Mutanten bestand. 
In der Diskussion macht Herr Heck darauf aufmerksam, 
dafs beim Schwarzschulterpfau (,„Pavo migripennis‘) die Ge- 
schlechter stets nach verschiedenen Richtungen mutieren, inso- 
fern als das Gefieder des 9' pigmentreicher, das des e viel 
pigmentärmer sei als bei der Ausgangsform FPavo erisiatus. 
Herr Stresemann bemerkt hierzu, dafs Ghigi die gleiche 
- Erscheinung von Hierophasis dissimilis hervorgehoben hat. Herr 
Nachtsheim hat den Hinweis darauf vermilst, dafs Mu- 
tationen häufig auch durch Kombination bereits vorhandener 
Merkmale entstehen, also nicht immer eine Neubildung in der 
Erbmasse zur Vorraussetzung haben. Herr Stresemann 
_ erwidert, dafs diese Bemerkung wohl nur für Arten gelte, bei 
270* 


412 Bericht Aber die Januar-Sitzung 1922. 


welchen infoge des züchterischen Eingriffs des Menschen die 
Gliederung in Rassen von verschiedener Erbkonstitution weit 
fortgeschritten sein, und betont, dafs in dieser Beziehung ein 
scharfer Gegensatz zwischen wildlebenden und domesticierten 


Arten bestehe. Herr Heinroth erinnert daran, dals bei Paarung 


des gewöhnlichen mit dem dunklen Goldfasan und von gewöhnlicher 
Stockente mit der häufig auftretenden, duclairfarbigen Form nie- 
mals Zwischenformen auftreten, sondern die Jungen je zur Hälfte 


nach der elterlichen Farbe schlagen. 


Zum Schlusse legt Herr, Schalow noch das Doctordiplom Y 
der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher für 


Johann Matthäus Bechstein vor, das allgemeines Interesse erregt. 
O. Heinroth. 


Bericht über die Januar-Sitzung 1922. 


Verhandelt: Berlin, Montag, d. 2. Januar 1922 abends 8 Uhr, 


im Aquarium des Zoologischen Gartens, Kurfürstendamm 9. 
Anwesend: dieHerrenv. Boxberger, Schulz, Helfer, 


Steinmetz, Nyncke, Steinbacher, Neumann, 
Jung, Paulick, Preufs, Bogatsch, Scopnik, Baron 


v. Loudon,Freyer,v.Schuckmann, Sachtleben, 


Schalow, v. Lucanus, Guenther, Ohnesorge, 


Heckjr, Buchheim und Heinroth, sowie Frl. v. Bruch- 
hausen und 12 Gäste. 


Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr Hein- i 


roth. 


Zu der Verlesung des letzten Sitzungsberichtes bemerkc 


Herr vv. Lucanus, dafs entgegen der Ansicht des Herrn 
Heinroth in der Raubvogelarbeit des Herrn v. Riesenthal bei 


den Darstellungen der fliegenden Raubvögel die bezeichnenden 


Merkmale doch recht gut zum Ausdruck kommen. Die ein- 


gegangenen Bücher und Zeitschriften werden von den Herren 


v. Lucanus und Heinroth vorgelegt. 


Herr Neumann legt einige von Grauer am oberen 


Kongo gesammelte Weber vor und bespricht sie. Es hat sich 
herausgestellt, dafs Phormoplectes im Gegensatz zu den sonstigen 
Webern paarweise den Urwald bewohnt und dort oft nach Specht- 


art in den Bäumen herumklettert.e. Auch besuchen sie Blüten. 


Im Magen sind bisher nur Insekten gefunden worden. Das Nest 
wird nicht freihängend, sondern an der Unterseite von Aesten 
angelegt. Ph. dorsimaculatus und preusst leben im Tiefland, 
Ph. insignis dagegen im Gebirge. Merkwürdigerweise hat l 
Ph. preussi in der Jugend nicht die Kopffärbung des Weibchens, 
sondern die des Männchens, während der junge Ph. insignis 
der Mutter ähnlich sieht. Vielleicht handelt es sich bei den 
Arten dieser Gruppe demnach nicht um eine so nahe Verwandt- 


schaft, wie man anzunehmen geneigt ist. 


Bericht über die April-Sitzung 1922. 418 


Herr Heinroth hält hierauf seinen angekündigten Vor- 
trag über „Paarungsweisen der Vögel“. Er bespricht die ein- 
zelnen Ordnungen und Familien und geht auf die verschiedenen 
Formen der Balz und ihren Zweck ein. Insbesondere weist er 
darauf hin, dafs man in den meisten Fällen die Balz ja nicht 
mit der Paarungseinleitung verwechseln dürfe. 

Im Anschlufs hieran entspinnt sich ein lebhafter Meinungs- 
austausch namentlich über die Balz von Birk- und Auerhähnen. 
Während einige meinen, dafs die Hennen sich um die balzenden 
Hähne überhaupt nicht kümmern, wird von anderen entgegnet, 
‚dafs sie sich wohl auf dem Balzplatz einfinden, dann aber mit 
den Hähnen abstreichen. Die Begattung wird dann an. anderer 
Stelle aysgeführt. Herr v. Loudon ist der Ansicht, dafs die 
Balz des Auerhahnes nur einen Kampfruf der Männchen unter- 
einander darstelle. Auch die Frage nach der Bedeutung der 
 eigentümlichen Kampfspiele der Kampfschnepfen wird ange- 
‚schnitten, leider stehen wir aber einer Lösung noch recht fern. 

Znm Schlusse bespricht und zeigt Herr Schalow den 
1772 erschienenen ersten Band von Buffons Naturgeschichte der 
Vögel, übersetzt von Fr. H. W. Martini, dann von Bernhard 

Christian Otto. O. Heinroth. 


Am 6. März 1922 fand eine Festsitzung zur Feier des 
70. Geburtstages des Herrn Professor Herman Schalow im 
Aquarium des zoologischen Gartens zu Berlin statt, an der gegen 
100 Personen teilnahmen. Ein ausführlicher Bericht über diesen 
bedeutsamen Abend wird im Oktoberheft des Journals f. Ornitho- 
logie erscheinen. 


‚Bericht über die April-Sitzung 1922. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 3. April abends 8 Uhr, im 
Aquarium des Berliner Zoologischen Gartens. 
ee Anwesend die Herren: Jung, Sachtleben, Schuster, 
Strahl, Steinbacher, Spatz, Nyncke, Schmidt, Neu- 
mann, Preufs, Skopnik, Bogatsch, Baron v. Loudon, 
v. Schuckmann, Wegner, Helfer, Rensch, Schalow, 
vw. Lucanus, Heinrothi, Paulick, Hauchecorne, Henne- 
mann, Ohnesorge, Staudinger, Arndt, Adam, Guen- 
ther, Stresemann, sowie die Damen: Fräulein v. Bruch- 
hausen, Frl. Friedrich und Frl. Chodziesner und 
15 Gäste. 
‘Vorsitzender Herr v. Lucanus, Schriftführer Herr Hein- 
roth. 
Der Vorsitzende gedenkt zunächst des Hinscheidens zweier 
alter Mitglieder der Gesellschaft: 
| „Am 29. August 1921 verstarb zu Neuyork Dr. Jo&lA. Allen, 
der unserer Gesellschaft seit 1908 als Ehrenmitglied angehörte. 


414 Bericht über die April-Sitzung 1922. 


Allen wurde 1838 als Sohn eines Farmers in Springfield 
in Massachusetts geboren. Seit frühester Jugend von einer glühen- 
den Liebe zur Natur und besonders zur Vogelwelt beseelt, wid- 


mete er sich dem Studium der Naturwissenschaften. Als 24 jäh- 
riger Jüngling nahm er an der Expedition seines Lehrers Louis 
Agassiz nach Brasilien teil, von der er eine reiche Ansbeute an 


Säugetierfellen, Vogelbälgen, Reptilien, Fischen und Mollusken. 


heimbrachte. 1867 wurde er zum Kurator der Säugetier- und 


Vogel-Abteilung des Museums in Cambridge ernannt. Aufseiner 


Forschungsreise in Florida in den Jahren 1868/69 entstand sein 


bedeutendes Werk über „die Säugetiere und Wintervögel in Ost- 


florida“, das seinen Namen als Zoologe weit über die Grenzen 
seines Vaterlandes hinaus berühmt machte. 1885 wurde er als 
Kustos an das Museum nach Neuyork berufen, dessen Säugetier- 


und Vogeisammlung er durch den Erwerb vieler, wertvoller 


Kollektionen bedeutend erweiterte, unter denen die Lawrence’sche 
Sammlung von 12000 Bälgen an erster Stelle steht. Unter seinen 
zahlreichen Arbeiten mit .cr. 1450 Titeln sind seine Schriften 


über Zoogeograpbie und über den Einfiufs klimatischer Faktoren 
auf die Entstehung und Umbildung der Arten von besonderer 


Bedeutung. Als Mitbegründer der „American Ornithologists 


Union“ und Herausgeber ihrer Zeitschrift „The Auk“, die er 


28 Jahre mustergültig geleitet hat, hat er sich um die Förderung 


der ornithologischen Wissenschaften in hohem Malse verdient 


gemacht. — 
Am 23. März 1921 verschied Dr. Theobald Krüper, Direktor 


des Universitätsmuseums in Athen. Die Gesellschaft verliert ihr 


ältestes Mitglied mit Krüper, der seit 60 Jahren zu ihren Ehren- 
- mitgliedern zählte. Im Jahre 1829 zu Uckermünde in Pommern 


geboren, widmete er sich zu Beginn seiner ornithologischen 


Tätigkeit zunächst der Erforschung der Vogelwelt seiner Heimat 


und erwarb mit einer unveröffentlicht gebliebenen Arbeit „Ueber 


die geographische Verbreitung der Falconiden in Europa‘ die 
Doctorwürde. lm Anschlufs hieran publicierte er 1852 in der 
Naumannia eine Abhandlung über „die Adler Pommerns“. Seine 
späteren Arbeiten, die zum Teil im Journal für Ornithologie er- 


schienen sind, beschäftigen sich fast ausschliefslich mit der 
Vogelwelt Griechenlands und Kleinasiens. Ihm zu Ehren be- 


nannte Pelzeln 1863 eine von Krüper in Kleinasien aufgefundene 


neue Kleiberform, die mit ihrer schwarzen Kopfplatte der cand- | E 


densis-Gruppe nahe steht, Sitta krüperi. — 


Die Deutsche Ornithologische Gesellschaft wird ihren ver- ” 
storbenen Ehrepmitgliedern, Dr. Allen und Dr. Krüper, in Wür- 
digung ihrer hohen Verdienste um die Förderung der Ornitho- 


logie stets in Dankbarkeit ein ehrendes Andenken bewahren.“ 


Aufserdem verstarb der Leiter des Kgl. Ungarischen Ornitho- Er 
logischen Instituts, der Nachfolger Otto Hermans, Stefan 


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Bericht über die April-Sitzung 1922. 415 


 Chernel v. Chernelhäza, der sich um die Erforschung der 
ungarischen Vogelwelt grofse Verdienste erworben hatte. 

Die Anwesenden ehren das Gedenken der Verstorbenen 
durch Erheben von ihren Plätzen. 

Der Vorsitzende teilt ferner mit, dafs der Herausgeber des 
- Ornithologischen Jahrbuchs, Herr Victor Ritter v. Tschusi zu 
 Schmidhoffen, welcher der D. O. G. seit 1868 als Mitglied 
angehört hat, in Anbetracht seiner grolsen Verdienste um die 
Vogelkunde vom Vorstand der Gesellschaft zum Ehrenmitglied 
ernannt worden ist. 

Die eingegangenen Bücher und Zeitschriften werden von 
den Herren Schalow, Stresemann,v. Lucanus und Hein- 
roth vorgelegt und besprochen. Der letztere hat aufserdem 
von Herrn v. Loebenstein in Potsdam die Nachricht erhalten, 
dals in der dortigen Gegend im März unter zwei Saatgänsen 
auch eine Kurzschnabelgans, A. brachyrhynchus erlegt worden 
sei, was immerhin eine Seltenheit bedeutet.!) Ferner erstattet 
er, Bericht über die Bemühungen, die von Seiten des Polizei- 
 präsidenten von Potsdam zur Wiedereinführung der Havelschwäne 
gemacht werden. Die Tiere sind bis auf etwa 20 Stück zu- 
 sammengeschmolzen, und man gibt sich alle erdenkliche Mühe, 
die Bruten dieser Tiere für dieses Jahr zu sichern, da die Eier 
durch Sportangler u. a. sehr gefährdet sind. Wenu angängig, 


sollen von auswärts Eier beschafft und vielleicht durch Gänse 


_ erbrütet werden. Es hat sich herausgestellt, dafs sich die der 
 Flugfähigkeit nicht beraubten Stücke besser gehalten haben, als 
die anderen, und man will daher künftig nur der Hälfte der 
- Jungen die Flugkraft nehmen. Da näch der neuen preufsischen 
Polizeiverordnung der Höckerschwan jahraus jahrein voll  ge- 
schützt ist, so sind ja wenigstens auf dem, Papier auch die herum- 
streichenden Stücke nicht“ gefährdet. Herr Stadtrat Albrecht 
in Potsdam, der sich dieser Wiedereinbürgerung des Höcker- 
schwans besonders annimmt, hat Herrn Heinroth ferner mit- 
geteilt, dafs nach dem Auslegen von Rattengift, wie es von der 
- Stadtverwaltung befohlen war, ein grofser Teil der Kohlmeisen 
und Amseln verschwunden sei, auch sollen derartige Vögel tot 
aufgefunden worden sein. Herr Schuster bemerkt dazu, dafs 
auf seinem Grundstück nach der Verwendung des Giftes eine 
Ratte und zwei Sperlinge gefunden wurden. Herr v. Loudon 
weist darauf hin, dals man zweckmälsig junge Schwäne von den 
 pommerschen Seen beziehen könne. 
Herr Schalow legt eine Anzahl von Photographien nach 
' Aquarellen heimischer Vögel vor, die von dem verstorbenen ost- 


1) Die Untersuchung des Belegstückes hat ergeben, dafs es sich 
| nicht um Anser brachyrhynchus, sondern um A. neglectus handelt. 
Eine ausführlichere Mitteilung darüber wird in den Ornith. Monats- 
R E berichten erscheinen. — Der Herausgeber. 


Van LE NER ELITE DE ER FRLN AR Se ER 
NEE EIER 
en: # 


416 Bericht über die April-Sitzung 1922. 


preufsischen Gutsbesitzer Ernst v. Sacken in Putschen ange- ; 


fertigt sind. Sie erregen durch die Feinheit ihrer Ausführung 
und die zum Teil sehr lebensfrische Darstellung Bewunderung. 
Herr v. Lucanus verlas einen von Graf Zedlitz aus 


Schweden übersandten „Beitrag zur Biologie der 
Corviden“, in dem der Verfasser folgendes ausführt: In Süd- 
schweden übernachtet die Nebelkrähe (Corvus cornix) mit Vor- 
liebe auf den dem Festland vorgelagerten Inseln, wo sie sich 
besonders im Spätsommer und im Herbst in gewaltigen Scharen, 
die nach Zehntausenden zählen, bei beginnender Abenddämmerung 
versammeln. Am Morgen kehren sie nach dem Festland 


zurück und zerstreuen sich hier. in grölseren oder kleineren 


Trupps. Die Ruhe und das Gefühl gröfserer Sicherheit auf diesen 
meist unbewohnten oder nur spärlich bevölkerten Inseln, deren 
Waldungen den Vögein günstige Schlafplätze bieten, sind offen- 
bar die Veranlassung zu dieser Gewohnheit. Die von einem 
schwedischen Forscher angeregte Frage, dafs vielleicht die Furcht 
vor dem Edelmarder die Krähen zur Nachtzeit von dem Fest- 
lande vertreibt, glaubt Graf Zedlitz verneinen zu müssen, da 
dieser Räuber schon seit Jahrzenten in Südschweden äufserst 
selten ist. Es kann daher nur das allgemeine, instinktive Ge- 
fühl der gröfseren Sicherheit in Betracht kommen. Auch im 
Frühjahr und Sommer nächtigen zahlreiche Krähen auf den 
Inseln, unter denen sich viel alte Vögel, die nicht brüten, be- 
finden. Auch für andere Corviden liegen Ähnliche Beobachtungen 
aus Schweden vor. Nach einer Angabe Lönnbergs befindet sich 
auf einer kleinen, bewaldeten Insel nördlich Gothland schon seit 
vielen Jahren eine gröfsere Saatkrähenschar, die niemals zur 
Fortpflanzung schreitet, und in einer Forst in Südschweden haust 
seit langen Zeiten eine gröfsere Gesellschaft Kolkraben, deren 
Anzahl immer die gleich bleibt, und die niemals horsten. In 
allen diesen Fällen handelt es sich offenbar um ganz alte, nicht 
mehr fortpfianzungsfähige Vögel, die sich in Gesellschaften ver- 
einigen und dann ein solches „Rabenkloster“ bilden. “il 
Im Meinungsaustausch wies Herr v. Lucanus daraufhin, 
dafs der Ringversuch ergab, dafs der Weilse Storch nicht in 
jedem Jahr sich fortpflanzt. Solche Stücke, die keineswegs ganz 
alte, überhaupt nicht mehr fortpflanzungsfähige Vögel sind, 
sondern anscheinend nur eine Brutperiode überschlagen, ver- 
einigen sich ebenfalls gern in Gesellschaften, die dann entweder 
in ihrer Heimat oder auch im Zuggebiet umherstreifen. Dasselbe 
trifft vielleicht auch für die Raben und Krähen zu, sodafs mehr- 
jährige nicht brütende Vogel nicht immer ganz alte, unfrucht- 
bare Tiere zu sein brauchen. Eine ausgiebige Beringung von 
 Rabenvögeln in solchen Gegenden, wo das Nichtbrüten häufig 
auftritt, wäre daher zur Klärung der Frage sehr wertvoll. 
- — Herr Heinroth bemerkt hierzu gleichfalls, dafs es doch 
wohl durchaus nicht feststeht, dafs Vögel, wie überhaupt wild 


Bericht über die April-Sitzung 1922. ; 417 


lebende Tiere, ein langes Greisenalter in dem Sinne haben, dafs 
zwischen dem Erlöschen der Fruchtbarkeit und dem Ableben 


durch Altersschwäche ein langer Zeitraum liegt. Manche tier- 
 gärtnerische Erfahrung spricht dagegen. Die Annahme, dals es 
sich also bei den während der Brutzeit ungepaart umher- 


streichenden Krähen um sehr alte Tiere handeln muls, erscheint 


durch nichts erwiesen. 


Herr Schalow berichtet, dafs der bekannte Afrikaforscher 
Schweinfurth in seinem Werke „Auf unbetretenen Wegen 
in Aegypten“ die Angabe macht, dafs an den Sandhügeln am 


 Gestade des Roten Meeres zahlreiche Weihen brüten. Die Tiere 
sollen, von Menschen aufgeschreckt, ihr angebrütetes Ei in den 


Klauen davontragen. Er richtete die Frage an die Versammlung, 
ob darüber näheres bekannt sei. Herr Neumann glaubt, dafs 
es sich wohl um den Schmarotzermilan handeln könne und dals 
hinsichtlich des Eies eine Verwechslung oder ein Irrtum vor- 


liegen müsse. O. Heinroth. 


it 


Druck von Otto Dornblüth Nachf. in Bernburg. 


N: 
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sen @icherei“ 
EP de Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 


3 Am 3. Oktober 1921 ist die Gründung einer. Vereins- 
 bücherei beschlossen worden, die im Zoologischen Museum Berlin, 
- Invalidenstr. 43, aufbewahrt wird. Sie steht den Mitgliedern 
der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung. Die Bücher können 
_ auch nach auswärts verliehen werden; die Kosten der Verpackung 
und der versicherten Hin- und Rücksendung trägt der Besteller. 

- Ueber weitere Bestimmungen der Büchereiordnung siehe J. f.O. 
1992 p: 135—136 (auch als Sonderdruck erhältlich). 

Da zur Anschaffung von Büchern keine gröfseren Geld- 
mittel zur Verfügung stehen, werden alle Mitglieder und Gönner 
- der Deutschen ÖOrnithologischen Gesellschaft gebeten, Sonder- 
_ drucke ihrer Arbeiten oder einen Abzug ihrer selbständig im 
Buchhandel erschienenen Bücher der Bücherei zu stiften. Die 
Sendungen sind an die Deutsche Ornithologische Gesellschaft, 
Berlin N 4, Invalidenstr. 43, ohne weitere Eh a zu 
ri.aten. 

| Der Eingang solcher Sendungen wird in regelmäfsigen Ab- 
'ständen durch die Anführung der Titel im J. f. O. zur Kenntnis 
- der Mitglieder BEBrach, 


a 


. erscheint die Zeitschrift = 


 Ornithologische Tonatsbrichte 


: herausgegeben von 
= .pE Stresemann, 


: Ein ergänzendes Beiblatt zum Journal für Ornithologie, 
" mit Aufsätzen biologischen, faunistischen und systematischen 
Inhalts und Referaten über wichtigere Arbeiten aus dem 
 Gesamtgebiet der Ornithologie. Preis des 30. Jahrganges, 1922, 
“(6 Hefte zu je 1'/, Druckbogen) im Buchhandel M. 50,—, für 
"Mitglieder der D. 0. G. bei direktem Bezug vom Herausgeber 
‚M. 40.—. Für das Ausland ale 


Ne 


inhalt 20 2 


a _Nachträge zur Omis a - Cchlula) Fon R.H rn 
2. Die Beziehungen zwischen Vogelgewicht, ‚Eigewicht, Gelegegewicht Se: 
und Brutdauer. Mit 7 Kurventafeln. Von O0. Hein roth 17 
i8. Die Vogelwelt Macedoniens. Spezieller Teil. Von 0.Feh ringer 2 


187 


\ = 4. "Mein ornithologischer Lebenslauf. a I Ss ‚Frhr. | 
Berlepsch ee en .. . = „325 

Gi Zur Theorie des Vogelzuges. Von m Frh r. Goyr von 
Schweppehbure 2... 2 „22... 2.0 . 861 

en E Erwideruug auf die Arbeit des Freiherrn Geyr von. Schweppen- 
ne nn burg „Zur Theorie des Vogelzuges“. VonF.vonLucanus ‚98 | 
oo : 7. Bemerkungen über einige neue afrikanische Formen. Von. 4 
sous Hermannürstle . 2... zz... an 
ee 8. Neue Formen aus dem papnanischen Gebiet. un B. Strese- a 
u MDalnı 2 20 an AUS 


"Deutsche Ornithologlsche Gesellschaft. . 5 


a, e ne Benoht ‚über die Dezembersitzung 1921 . . . . ns e 408 
Br 10. Bericht über die Januarsitzung 1922 . -. 2. .... 4 
ER : 11. Bericht über die Aprilsitzung 1922 . ie ee en 


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= i Druck von Otto Dornblüth Nachf. in Bernburg. _ 
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a u VON J. CABANIS. 
n = I sn > Im Auftrage der . a ED 

_ Deutschen Ornithologischen Gesellschaft a 
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von. ame 


ee _ Generalsekretär der: Deutschen Onioloeehen Gesellschaft. 


__ Dr. rwin Stresemann, ee | . 


70. Jahrgang. z = En Oktober 1922. ie 


ne Leipzig 1922. _ 
 Kommissions-Verlag von L. A. Kittler. 


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= | Im. Auftrage: ® en | er 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


‚herausgegeben von Dr. &. St treseman n —. De 


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ai Das Journal für Ornitkolozie i ist das eufsche Denbralarg 
_ für alle Zweige der Vogelkunde. Es erscheint vierteljährlich un 
wird den Mitgliedern der Deutschen Ornithologischen Gesellscha 
kostenlos zugestellt.‘ Der Mitgliedsbeitrag beträgt für 192 
:M. 50.—. Für das Ausland ist ein Valutazuschlag Be 
worden, dessen Höhe beim Generalsekretär zu erfragen ist. 
| Anträge um Aufnahme als Mitglied der Gesellschaft sowi 
a alle literarischen Beiträge, Anzeigen etc. zum J. f. ©. bittet man 
"zu richten an den Generalsekretär, Dr. E. Stresemann, Berlin 
N. 4, Zoologisches Museum, Invalidenstr. 43, alle Geldsendungeı 1 
an den Kassenführer, Herrn H. Steinmetz, Berlin-Charlott 

. burg, Tegeler ‚Weg 13. (Für das Inland wird Einzahlung au 

das Postscheckkonto der D. O. G., Berlin 36941, aa | 


e | Von den ee 1894— 1921 sind noch vorrätig ı un 
©... durch den Kommissionsverlag L. z Kittler, Loipe, Siem 
=. _wartenstr..46 zu beziehen: 
 —— Einzelnummern der Jahrgänge 18941921 je M. 99, 5 
Jahrgänge 1894, 1896, 1897, 19001903, 1906, 1915— 
99 —_ gg. ıh 300.- 
_ Inhaltsverzeichnis Be die ebene 18941913, 
_  sammengestellt von E. Hesse ds) ı& a Ä 


z ; - = Verhandlungen des V. Internationalen Ornithologen- ‚Kongress | 
Berlin 1990. Leinwandband. a _M. nn 
= "Für das Ausland Valntazuschlag. 


0... Mitglieder im In- und Ausland erhalten die oben gende 
a Veröffentlichungen, soweit sie vor ihrem Eintritt  ausgegebei 
wurden, ebenso wie den laufenden Jahrgang des Journals fü 
Ornithologie bei unmittelbarem Bezug durch die Gesellschal 


(Berlin se 4, Invalidenstr.- 43) zu a des Buchhandelpreise 


JOURNAL 
ORNITHOLOGIE 


Siebzigster Jahrgang. 


No. Oktober 1922, 


Ein Beitrag zur Biologie von Colymbus arcticus L. 
Von Otto Graf Zedlitz. 


Schon zweimal habe ich in kleinen Vorträgen auf der 
Jahresversammlung der D. O. G.!) es versucht, die bisher recht 
mangelhafte Kenntnis der biologischen Vorgänge im Leben des 

 Polartauchers etwas zu erweitern. Da der schöne Vogel zu 
_ meinen besonderen Lieblingen gehört und ich, solange die Seen 
-eisfrei sind, ihn sozusagen täglich vor Augen habe, konnte ich 
_ sein intimes Familienleben ziemlich eingehend belauschen und 
_ möchte hier einige Einzelheiten mitteilen, welche nicht so all- 
gemein bekannt sein dürften. Von dem schon früher Gesagten 
‚wiederholte ich nichts, möchte also empfehlen, im Zusammen- 
hange mit diesem Aufsatz auch meine Ausführungen im J. f. ©. 
1913, I, p. 179—188 nochmals zu durchblättern, sie werden 
durch meine neueren Beobachtungen durchweg bestätigt, nur 
_ will ich zur Vermeidung von Mifsverständnissen hinzufügen, dals 
der Nordseetaucher, (. stellaius Pont. (Urinator lumme auct.), 
zwar ausschliefslich hier auf kleineren, meist ziemlich 
flachen, Gewässern brütet, seine und seiner Jungen Nahrung 
| jedoch vielfach aus den gröfseren Seen holt, wo naturgemäls der 
Fischreichtum gröfser ist. 
| Der Winter dauerte heuer ziemlich lange: erst am 21. April 
| verschwand das Eis auf dem Kalfsjö — meinem speziellen Be- 
-obachtungsgebiet — indem es in die Tiefe sank, nachdem 
| während der vorhergehenden Tage es sich überall vom Ufer ge- 
| löst hatte, wo z. T. breite Streifen offenen Wassers sich gebildet 
hatten. Am 22. IV. hielten auch sofort die ©. arcticus ihren 
Einzug, also wiederum innerhalb 24 Stunden nachdem der See 
| eisfrei geworden war, wie ich es schon J. f. ©. 1913, p. 181 ge- 


| 1) Vgl. J. f. 0. 1918, I, p. 178, 179—188 und J. f. ©. 
'W 1921, I, p- 96, 97. 
Journ, f. Orn, LXX, Jahrg. Oktober 1922, 28 


BES: 


430 3 Otto Graf Zedlitz: 


ich einem verehrten Kollegen in rebus ornithologieis, Herrn i 


vorsichtig und stahlen sich frühzeitig unbemerkt ins Wasser, 
wenn man sich im Boot näherte. Je stärker die Eier bebrütet 


sagt habe. Es handelte sich in meiner nächsten Umgebung um 
2 Paare und einige nicht gepaarte — wohl jüngere — Vögel, 
die aber keinen festen Stand hielten. Ich betone ansdrücklich, ° 
dafs erstere, die Brutpaare, vom ersten Tage an stets zusammen- 
hielten, das deutet auf eine Dauerehe. Mit dem Eierlegen 
hatten sie es keineswegs eilig und trafen während der ganzen 
iersten Hälfte Mai noch keine Anstalten dazu, während ich An- 
ang Mai 1912 in derselben Gegend schon 1 Gelege feststellen ° 
konnte. Damals war das Frühjahr allerdings zeitig, heuer hatten 
wir bis Mitte Mai noch häufig des Morgens Reif. Der Wasser- 
stand war auch diesmal zunächst hoch und fiel erst ab Ende 
Mai, bei einem zeitigen Gelege würden also die Vögel später 
einen relativ weiten Weg zum Wasser gehabt haben, was bei 
ihrer Unbehilflichkeit auf dem Lande für sie ja sehr störend 
wäre. Was nun der entscheidende Grund war, haben sie mir i 
nicht verraten, Tatsache ist, dafs sie immer noch zögerten, ob- ‘ 
gleich ich aus dem Benehmen des einen Paares schon auf die | 
voraussichtliche Brutstelle auf .einer kleinen Insel schliefsen ” 
konnte, die ich nun dauernd kontrollierte. Am 19. V. konnte 


Prof. Schubotz, der mich durch seinen Besuch erfreute, noch ° 
beide alten Vögel vorführen, die vor dem präsumtiven Brutplatz. 3 
herumschwammen und an unser stilltreibendes Boot bis auf etwa 
80 m herankamen. Ob noch an diesem Tage oder erst am 
20. V. das erste Ei gelegt wurde, kann ich nicht bestimmt sagen, 
vom 21. V. an war stets nur noch ein Vogel zu sehen, der an- 
dere brütete auf dem üblichen Zweiergelege. In den nächsten ” 
2 Wochen waren beide Alten, die ja abwechselnd brüten, ziemlich 


waren, desto fester sals besonders das 9, vom 10. VI. an liefs 
es das Boot schon auf 15—20 m Abstand ruhig vorbeifahren, 
am 16. VI. kam ich schon auf ca. 8 m heran, am 17. VI. ging 
das © erst von den Eiern, als ich wenige m vor ihm halt machte, 
es tauchte dann auch nicht, sondern vollführte auf dem Wasser 
in 20—30 m Entfernung eine Art Tanz, indem es heftig mit 
den Flügeln schlagend sich von einer Seite auf die andere warf. as 
Durch dieses Manöver wollte es mich offenbar fortlocken, so 
wie es z. B. auch Hühnervögel am Nest oft versuchen, sich 
ügellahm zu stellen. Dazu „schimpfte“ die alte Dame laut, 
worauf der Herr Gemahl prompt angeflogen kam und nicht weit 
davon einfiel. Am 18. VI. ging wiederum das © erst auf dringend 
Bitten meinerseits vom Nest, ich sah sofort, dafs nur noch e 
Ei darin lag, dafs andere war ausgefallen. Der pullus selbst w 
vom Boot aus nicht zu sehen, er hatte sich offenbar gedrück 
und ich vermied es jetzt wie an den vorhergehenden Tagen, a 
Land zu gehen, um die Alten nicht unnötig zu ängstigen und 
etwa in ihrem Verhalten gegenüber dem 2. Ei ungünstig zu 


Ein Beitrag zur Biologie von Colymbus arctieus L. 421 


_ beeinflussen. Die Frau Mama war übrigens auf das Aeulserste 
- erbost, schreiend und fauchend plantschte sie dicht ums Boot 
herum ohne die mindeste Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit. 
Um sie nicht mehr aufzuregen, machte ich mich schnell davon, 
konnte aber noch sehen, wie sie bald zum Nest zurückschwamm. 
Auf die weitere Entwicklung war ich nun gespannt, denn, wie 
ich schon früher erwähnt habe, sah ich hier bei den Brut- 
' paaren stets nur ein Junges, während alle Gelege aus 2 Eiern 
bestanden, die ich im Lauf von 4 Sommern untersuchen konnte. 
- Ich betone nochmals, dafs ich in den letzten Tagen vor dem 
- Ausfallen nie mehr beim Nest an Land gegangen bin, sondern 
nur vom Boot aus beobachtet habe. An das Vorbeifahren von 
 Kähnen in geringer Entfernung sind die Taucher aber ganz ge- 
wöhnt, weil man bei der hier sehr beliebten Hechtfischerei mit 
der Schleppangel (Darre) zumeist im flachen Wasser dicht an 
den Inseln oder am Lande entlang fährt. Ich habe also jede 
- Störung vermieden, welche über das zur Beobachtung der Eier 
_ unumgängliche Mafs hinausging. Trotzdem war am 19. VI., als 
ich wieder -nachsah, das Nest verlassen, weder die Alten noch 
das Junge zeigten sich mehr in der Nähe, einsam und völlig 
_ erkaltet lag das andere Ei im Nest. Da nur 30 m entfernt eine 
Corvus cornıx auf einer kleinen Kiefer ihren Horst mit 3 juv. 
hatte (die ich übrigens beringt habel), so wagte ich nicht, das 
- Ei noch länger als 24 Stunden seinem Schicksal zu überlassen, 
und nahm es mit.: Es enthielt einen natürlich abgestorbenen 

- Embryo, die Blase mit Eigelb, welche zu seiner Ernährung und 

völligen Ausbildung bestimmt war, hatte nur noch die Grölse 

eines kleinen Taubeneis, ich glaube also, dafs der Embryo nach 
einem Tage, längstens zwei Tagen, unter normalen Umständen 
 ausgekrochen wäre. Die Dunen waren schon ziemlich dicht, der 
 Eizahn erwies sich als nadelspitz. Alle nackten Hautteile waren 
schwarzgrau, die Dunen zumeist ebenfalls schwärzlich, auf der 

Mitte der Unterseite schmutzig grau. Fülse und Schnabel 

dunkel bleifarbig, letztere fast schwarz. Ich fasse die tat- 
_ sächlichen Feststellungen nochmals zusammen: 

1. Brutdauer vom 20. (21.) V. bis 18. VI. einschliefslich, da am 
Nachmittage genannten Tages der pullus noch nicht bei 
dem © im Wasser war, mithin 28-—-30 Tage. Tiedemann!) 

ir gibt 28 Tage an. 

9. Beide Eier enthielten gut entwickelte Embryonen im Gegen- 
- satz zur Bemerkung im „Neuen Naumann“ :2) „Häufig wird nur 
| ein Ei ausgebrütet, während das andere unbefruchtet ist.‘ 

8. Das 2. Ei ist in der Entwicklung um ca. 2 Tage hinter dem 
1. zurück, also höchst wahrscheinlich auch 2 Tage später 
S- er worden. 


1) „Ibis“ 1891, p. 82. 
®) Bd. XU, p. 137. 


422 | | Otto ‚Graf Zedlitz: 


4. Die Alten haben das Ausfallen des 2. Eis nicht abgewartet, 
sondern dieses im Stich gelassen, obgleich keine ernstliche 


Störung stattgefunden hat. 


5. Wäre auch das 2. Ei ausgebrütet worden, so hätte die ganze E 


Brutzeit 31—32 Tage gedauert. 
Das Nest habe ich photographiert, als die Eier noch leicht 


bebrütet waren und die Alten keinen Anstols an meinem Besuch 


nahmen. Es lag im Schutz eines überhängenden Felsens und 
niedriger Sträucher, die Entfernung zum Wasser betrug etwa 
4 m, nachdem der Spiegel des Sees im Juni gefallen war. 
Zwischen Nest und Wasser lagen viele aber zumeist flache Steine, 


der alte Vogel brauchte jedesmal ziemlich lange Zeit, um diese 
Strecke rutschend zurückzulegen. Niststoffe von aufserhalb waren 
nicht zugetragen, die Eier lagen auf spärlichen trockenen Zweigen, 
welche von den umstehenden Büschen stammten und durch das 
Gewicht des brütenden Vogels zu einer Art dünnen Matte zu- 


sammengedrückt waren, darunter lag der flache Fels. 


Nun noch wenige Worte über die Stimmlaute. Im „Neuen 


Naumann“?!) werden die Angaben von Collett,2) welcher den 
Ruf durch „Krauo‘ übersetzt, und diejenigen von Kolthoff, ®) 


welcher sie mit „hyhyhy‘ wiedergibt, als sich widersprechend 
angeführt, das ist ein Irrtum, denn beide haben Recht, der Er- 
stere nennt den Lockton, der Letztere den Balzruf. Ich 
habe s. Z. (l. c.) den Lockton mit ,„kra-u“ wiederzugeben ver- 
sucht, das ist fast dasselbe wie Colletts ‚‚krauo‘“, denn jede 


Nachbildung einer Vogelstimme durch unsere Lautzeichen bleibt 


ja ein Versuch mit wenig tauglichen Mitteln. Dieser Lockruf 
wird mehrmals — oft 15—20 mal — hintereinander wiederholt 


und häufig beim Fliegen ausgestofsen. Bei Erregung und Wut 


tritt aan seine Stelle ein tiefes geradezu drohend klingendes | 


„krooh“. Den Balzruf hingegen hörte ich stets nur vom schwim- 


menden, nie vom fliegenden Vogel, nach meinem Ohr klingt er 
wie „tytyty“, die letzte Silbe stark betont und in die Länge ge- 
zogen, doch kann man ihn natürlich auch mit „hyhyhy“ wie 


Kolthoff wiedergeben. Am häufigsten hört man diese Laute vom 


Tage des Eintrefiens am heimischen See an bis die Eier hoch 
bebrütet sind, doch ausnahmsweise läfst auch noch später im 
Jahre mal ein 91, das besonders gut bei Laune ist, diesen „Ge- 


sang‘ hören. Die hohen und durchdringenden Töne sind bei 


gutem Wetter auf mehrere km Entfernung zu vernehmen, ganz | 


besonders in den stillen Morgen- oder Abendstunden. Also wir 
haben 3 gewöhnliche Stimmlaute: 1. ein oft wiederholtes „kra-u“, 
etwas gackernd, z. T. an Wildgänse, z. T. an Reiher erinnernd; 


Lockton; 2. einsilbiges Krächzen „krooh‘ etwas ähnlich dem 


1) Bd. XII, p. 186. 
%2) Nyt Magaz. f. Naturv., p. 220. 
9) Nordens fäglar, p. 308. 


Ein Beikıme zur Biologie von Colymbus arcticus L. 428 


Lockruf von Mergus merganser; Kampfruf; 3. dreisilbiges 
„ty-ty-tyyy“; Balzruf. 
Colymbus stellatus lockt ganz ähnlich, nur etwas höher 
und vielleicht noch anhaltender im Fluge. Einen ganz eigenen 
Laut hörte ich von ihm im Spätsommer und zwar bei einzeln 
schwimmenden alten Vögeln, es war ein langgezogenes Wimmern, 
das entfernt an das Weinen eines kleinen Kindes erinnerte, ich. 
glaube, dals es dem anderen Gatten oder den Jungen galt, die 
weiter entfernt waren. 


Die Reich’sche Gesangeskreuzung 
(Nachtigall/Kanarienvogel) eine „erworbene“ Eigenschaft. 


Vorläufige Mitteilung 
von Dr. H. Duncker, Bremen. 
Mit 2 Figuren im Text. 


In der deutschen Kanarienzüchterwelt hat kaum ein Er- 
.eignis der letzten Jahre solches Aufsehen erregt als die Ka- 
narienvögel des Herrn Reich-Bremen auf der Oasseler Preisrichter- 
- tagung im Januar 1922. Es ist dem eben genannten Bremer Züchter 
edler Kanarien nach jahrelangem Bemühen gelungen, seinen 
- Kanarienvögeln auf dem Wege der Gesangeskreuzung den Nach- 
tigallengesang so fest einzuimpfen, dafs für die Weiterzüchtung 
_ bei völliger Erhaltung des Nachtigallengesanges die Nachtigall 
selbst als Vorsänger nicht mehr nötig ist. So interessant auch 
die Wege sind, welche der Züchter bei diesem Experiment be- 
schritten hat, hier sollen sie nur in soweit gestreift werden, als 
sie zum Verständnis der vorliegenden Untersuchung nötig sind. 
Interessenten mögen meine diesbezüglichen Artikel im Kosmos 
1922, Heft 5, Kanaria 1922, Nr. 15, Gefiederte Welt 1922, 
Nr. 9, 10, 11 nachlesen. Hier möge eine Diskussion über die 
Frage gestattet sein, inwiefern das Reichsche Experiment bereits 
jetzt zur Förderung unserer Kenntnisse von den Vererbungs- 
. faktoren beitragen kann. 


I. Tatsächliches. 


Im Jahre 1911 entdeckte Herr Reich in seinen Auchten 
einen Kanarienhahn, der sich durch besonders kräftige, voll- 
‚tönende, aber elockenreine Stimmittel auszeichnete. Er gab ihm 
den Namen „Bär“. Sein Gesang war ein typischer Edelkanarien- 
gesang der in Kanarienzüchterkreisen allgemein bekannten 
„Seifertrichtung“ (Hohlrollen, Wasserrollen, Glucken und Flöten), 
zeigte keinerlei Aehnlichkeiten mit dem Nachtigallengesang. 
Nur seine kräftigen Stimmittel regten den Züchter dazu an, 
den bereits häufig gemachten aber niemals mit Erfolg gekrönten 


E2 


424 I | H. Duncker: 


Versuch erneut zu wagen, Kanarienvögeln auf dem Wege des 
Vorsingens durch gute Nachtigallenschläger den Nachtigallen- 
sesang beizubringen. „Bär“ selbst kam für diesen Versuch 
nicht in Betracht, da sein eigener Gesang bereits so fest war, 
dafs er nichts Neues mehr annahm. Seine Nachkommenschaft 
mulste von vornherein darauf neu eingestellt werden. So wurde 
„Bär“ 1913 mit einem starken grünbunten Kanarien-Weibchen, 
deren Abstammung von ebenfalls kräftigen Schlägern ohne Nachti- 
gallentöne oder gar -touren erwiesen ist, gepaart. Aus dieser 
Ehe ging „Bär-Sohn“ hervor, Diesem wurde ein gut singender 
Nachtigallenhahn als Vorsänger gegeben. ,„Bär-Sohn‘“ eignete 
sich einige Nachtigallentöne an. Soweit war das Experiment be- 
reits früheren Züchtern auch schon gelungen. Man war aber nie 
über dieses Stadium hinausgekommen, weil die Nachtigall zu 
kurze Zeit sang und der noch in seiner Gesangsentwicklung 
stehende Kanarienhahn im Laufe des Jahres in seinen ihm 
natürlichen Gesang zurückfiel. Wenn dann im nächsten Jahr 
wieder eine Nachtigall als Vorsänger zur Verfügung stand, war 
der eigene Gesang soweit gefestigt, dals der Kanarienhahn nichts 
Fremdes mehr annehmen wollte. Der Züchter, Herr Reich, 
mulste also, um weiter zu kommen, zunächst das Problem lösen, 
das ganze Jahr über singende Nachtigallen als Vorsänger zu 
haben. Zunächst versuchte er es mit Grammophon. Er liefs seine 
Nachtigall in den Grammophon singen und hatte nun stets 
Nachtigallengesang für seine Gelbröcke (die Grammopbonplatten 
sind übrigens im Handel zu haben). Diese Schulung genügte 
Reich jedoch nicht. Er suchte und fand eine Methode, durch 
bestimmte Fütterungsweise die Nachtigallen zu beliebiger Zeit N 
zur Mauser und in Abhängigkeit davon zum Singen zu bringen. 

Im Jahre 1916 wurde nun „Bär-Sohn“ mit seiner Mutter. 
gepaart. Deren Sohn, „R 118/16“, ging das ganze Jahr über Si 
zu verschiedenen Nachtigallen in die Schule. „118/16“ brachte 
nicht nur einzelne Nachtigallentöne sondern auch einige Touren. 
„BR 118/16 gepaart mit einem Weibchen der gleichen Zucht, 
die wegen ihres kräftigen Baues am 7. Tage keinen Ring be- 4 
kommen konnte und den Namen „Haubenpauline“ erhielt, er- 
zeugte 1918 „R 225/18“ Die Schulung blieb die Gleiche wie 
‚ bei „118/16“, die Nachtigallentouren hatten sich bei diesem Vogel 
bedeutend vermehrt. Im Jahre 1919 wurden als Söhne von 
„R 225/18“ und verschiedenen Weibchen 3 vortreffliche Sänger 
„R 61/19“, „R 161/19“, „R 165/19“ gezogen. Die Zabl der 
' Touren, welche gebracht wurden, hatte sich abermals vermehrt, 
wenn auch die Schönheit des Gesanges von „225/18, wenigstens 
in dessen bester Zeit, von seinen drei Söhnen nicht erreicht 
wurde. Das Jahr 1920 brachte eine grofse Zahl guter Sänger, 
von denen „R 1la/20“, „R lIa/20“, „R 3/20“, „R 9/20“ besonders 
genannt sein mögen. Bei der Fülle der mit Lehrmeistern zu 
versehenden Vögel reichte die eine zur jeweiligen Zeit singen { 


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Die Reich’sche Gesangeskreuzung eine „erworbene“ Eigenschaft. 425 


Nachtigall des Herrn Reich nicht aus. So wurden die besten 


- Kanarienhähne selbst als Vorsänger verwendet. Ein Zurückgehen 


des Gesanges wurde, weder was Schönheit noch Mannigfaltigkeit 


_ anbetrifft, nicht beobachtet. Das Jahr 1921 brachte weitere her- 


vorragende Hähne: „R.1/21", „R 3/21", „R 38/21", „R 85/21 


| Fe llı/2l, ..R 125/21“ u. & Der Nachtigallengesang hatte 


sich jetzt soweit im Reichschen Kanarienstamme gefestigt, dafs 


- die Entfernung der Zuchthähne aus dem Heckzimmer nicht mehr 


nötig war. Die Nachtigall hätte auch fehlen können. Die Stimm- 


mittel der vereinigten Nachtigall-Kanarienhäbne (fremde Kanarien- 


 hähne wurden natürlich nach wie vor gänzlich fern gehalten) 
 überwogen so stark den Gesang der einzelnen Nachtigall, dafs 


er für das Ohr der Jungvögel kaum in Betracht kam. Unter 
diesen Verhältnissen begann das Zuchtjahr 1922. (Hierzu vgl. 


nebenstehenden Stammbaum, Fig 1.) 


II. Grundsätzliches. 
Es erhebt sich jetzt die Frage, ob der-Nachtigallengesang 


in dem geschilderten Fall „angelernt“ oder „erworben“ ist. Ich 


fasse diese beiden Begriffe zunächst nur in vulgärem Sinne. Ich 


sehe in ihnen eine Alternative, als deren Kriterium die Erblich- 


keit gelten möge. Erweist sich der Nachtigallengesang der 
Reichschen Vögel als erblich, so ist der „Nachtigallengesang 
erworben“, erweist er sich als nicht erblich, so ist er nur „an- 


gelernt“. 


Herr Reich zweifelt nicht an der Erblichkeit des Nachtigallen- 
gesanges in seinem Kanarienstamm und begründete mir gegen- 


_ über diese Ueberzeugung mit den allmählich sich steigernden 


Leistungen seiner Hähne von Generation zu Generation. Da seit 


- 1911 bereits 7 Generationen vorliegen, so ist allerdings ein Bild von 


_ dernicht wegzuieugnendenAkkumulationdesN achtigallench arakters 


in dem Gesange dieser Kanarienvögel zu gewinnen (vgl. Fig. 1). 


Ferner wurde mir gegenüber darauf hingewiesen, dafs die 


in Deutschland in den verschiedensten Varianten gezüchteten 
Edelkanariensänger, deren Hohlrollen, Glucken, Knorren, Wasser- 
rollen und Kollern erwiesenermalsen zu ganz bestimmten Zeiten 


in ganz bestimmten Stämmen aufgetreten seien und sich als erb- 
- lich erwiesen hätten, eine gute Parallele zu den Reichschen 
_ Nachtigalikanarien böten. In der Tat verwenden erfahrene 
Züchter zur Erzielung reiner Hohlrollerstänime auch nur Weibchen, 
die von guten Hohlrollern gefallen sind, zur Nachzucht (vgl. Der 
_ Kanarienzüchter, 1922, Nr. 19). Ein Bremer Züchter, Herr 
- Herbst, teilte mir mit, dafs er in einem Zuchtjahre durch Un- 
- glücksfall seinen besten Vorsänger während der ersten Brutperiode 


_ verlor. Er liels daher diese Brut lieber ohne jeden Vorsänger 


_ heranwachsen, als dafs erihr einen anderen Vorsänger gab. Er 
erzielte trotzdem mit Spröfslingen dieser Brut auf einer Verbands- 
ausstellung 3 erste Preise. 


426 | H, Duncker; 


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Erläuterungen: . 
Die Hähne sind durch Unterstreichung hervorgehoben, ihre Abstammung 
durch stärkere Linien. 
*, Hähne ohne jede Spur von Nachtigallengesang. 
**) Hähne mit Nachtigallentönen und Touren aus dem Reichschen Stamm, 
aber mit nicht mehr genau festzustellender Abstammung. 

fr) Hennen aus dem Reichschen Stamm, deren Vorfahren bereits dan 
Bedingungen des Experiments ausgesetzt waren. Abstammung nicht 

genau feststellbar. ; 
7) Fremde Hennen.* 


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Fig. 2. Entwicklung des künstlich veredelten Naturgesangs der modernen 
deutschen Edelroller aus dem Urgesang des Kanarien-Wildlings unter Anlehnung 
an die Casseler Einheitsskala. Nach einem gemeinsamen Entwurf von Kluhs- 
Stettin, Reich-Bremen und Duncker-Bremen. 


Erläuterungen: 


Die Pfeile deuten die Entstehung der einzelnen Touren auseinander an. 
Die Abnahme der Astdicke deutet die Abnahme des Nachahmungstalentes an. 
Die angenofhmene Reinzüchtung und damit Zunahme des Nachahmungstalentes 
ist bei den für die Reichschen Vögel in erster Linie in Betracht kommenden 
Touren durch gestrichelte Schraffur angedeutet (*)). 
7) bedeutet die ausgemerzte Schwirrklingel, aus der sich die Klingel und 
Klingelrolle entwickelt haben. 
fr) bedeutet die Schnetter, die ebenfalls ausgemerzt ist, aus der aber die 
hochbewerteten Gluokturen entstanden sind. 
Weitere Entwertungstouren sind: Schlechte Klingel, Schwirre, Aufzug, 
schlechte Pfeife, Nasentouren, Schnarren, Locken, Schnatter. 


428 | Se Duncker: 


Ich sehe jedoch in beiden Argumenten nicht genügende @ 
Beweise für die Erblichkeit des Nachtigallengesanges im Reich- 
schen Stamm. Vorstehende Figur 2 möge die Gründe dafür ‘ 
erläutern. Figur 2 stellt die Entwicklung des künstlich veredelten 
Naturgesanges des modernen deutschen Edelrollers aus dem Ur- | 
gesange des Kanarien-Wildlings dar. Ich verdanke diese Skizze 
der gemeinsamen Arbeit von Herrn Kluhs-Stettin, dem heute i 
wohl anerkannt besten Kenner des Kanariengesanges, welcher i 
die Entwicklung des Gesanges zum Teil in seinem langen Leben f 
selbst noch miterlebt hat, und Herrn Reich. Auf meine An- \ 
regung hin haben beide Herren sich der Mühe unterzogen, die 
Gesangsentwicklung der Edelkanarien in dieser Weise zur Dar- ! 
stellung zu bringen. Dafs zugleich die Bewertung der einzelnen 
Touren nach der Casseler Einheitsskala in diese Darstellung mit “ 
hinein verwoben worden ist, wird Kanarienzüchtern besonders a 
lieb sein. Herr Kluhs schreibt mir zu obiger Darstellung: „Der 
Naturgesang des Kanarienwildlings besteht aus einer einförmigen 
Rolle auf „rrrrrrr“ oder „erererer“, daneben eine zwitschernde 
Tour, die etwa der Lispel- oder Wispelrolle des modernen 
Kanariengesanges entspricht, aus einer Schnetter und Pfeifen 
bezw. Flötentönen, was von mir nach einem Originalwildlings- 
gesang festgestellt wurde. Auch das Nachahmungsvermögen ist 
ihm sicher schon angeboren, wenn er in der einheimischen Vogel- 
welt auch keine Gelegenheit hatte, es zu betätigen. Als „Spötter‘‘ 
aber darf man ihn trotz der Erfolge Karl Reichs in der Ueber- 
tragung des Nachtigallengesanges auf Kanarien, welcher als 
natürlich veredelter Kunstgesang im Gegensatz zum bisherigen 
_ künstlich veredelten Naturgesang anzusehen ist, nicht bezeichnen, " 
denn ,„Spötter“ nennt man nach Rausch- Wien nur diejenigen A 
Sänger der Vogelwelt, die gar keinen ihrer Art eigentümlichen ° # 
Gesang haben, sondern ihr Lied lediglich aus einzelnen Ti 
des Gesanges anderer Vögel bilden.“ | 

„In der Gefangenschaft unter dem Einflufs der Züchterhand 
entwickelten sich dann nach und nach alle anderen Touren im i. 
Wege der Zuchtwahl und durch künstliche Hilfsmittel. In” 
höchster Vollendung befindet sich gegenwärtig besonders die " 
Hohlrolle; in Klangfarbe, Biegungen, chromatischen Auf- und 
Abwärtsbewegungen, fallend und steigend in grofser Mannigfaltig- 2 
keit reicht gegenwärtig nur selten eine andere Gesangestour im ! 
Wohlklang an sie heran, doch würden Spezialzüchter mit der” 
Befähigung und der Energie Karl Reichs auch andere Touren zu | 
‚gleicher oder ähnlicher Vollendung ausbilden können. Um das” 
zu ermöglichen, mülsten diese aber vorher in der Bewertung 
bis zur gleichen Höchstpunktzahl wie die Hohlrolle hinaufgeselzugg | 
werden“. 

Dafs Herr Kluhs in seinem Schreiben besonders auf das 
Spöttertalent des Kanarienwildlings eingeht, hat seine Ur- 
sache in einer Anfrage meinerseits, wie es mit dieser Eigenschaft | 


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Die Reich’sche eo nee Pr uauns eine „erworbene“ Eigenschaft. 429 


bestellt sei. Warum ich gerade diese Frage vorlegte, erhellt 
_ aus meinen weiteren Darlegungen. 
\ Man mag über den Begriff „Spötter“ streiten. Stellen wir 
uns ruhig auf den Boden der Rausch-Kluhsschen Definition und 
bezeichnen den Kanarienwildling als einen „Nichtspötter“, dafs 
er aber ein angeborenes „Nachahmungstalent‘‘ besitzt, bestätigt 
Herr Kluhs auch. Der Kanarienvogel hat dieses mit vielen 
 Finkenvögeln gemeinsam, man denke an den Gimpel. Versuche 
in dieser Richtung mit Kanarienwildlingen sind nicht gemacht. 
Bezüglich des Nachahmungstalentes des zahmen Kanarienvogels 
' verweise ich auf den Abschnitt über „Sprechende Kanarienvögel“ 
in Dr. Karl Rufs, „Der Kanarienvogel“. Es ist nicht ausge- 
‚schlossen, dafs das ursprünglich vorhandene Nachahmunsstalent 
des Kanarienvogels durch die Bestrebungen des deutschen Ge- 
_ sangskanarienzüchters, möglichst eindeutige, im Stamme fest auf- 
 tretende und hochdifferenzierte Varianten des ehemaligen Natur- 
gesanges zu erzielen, zurückgedrängt worden ist. Ich sage nicht, 
dafs dies so ist, es besteht aber die Möglichkeit, und darauf 
kommt es augenblicklich bei meiner Beweisfübrung an. Ist diese 
meine Annahme richtig, so ist es ferner mößlich, dafs die 
Reichsche Züchtungsarbeit darauf hinausgelaufen ist, dieses dem 
_ Wildling in hohem Mafse eigene Nachahmungstalent, das stark 
 geschwunden war, wieder neu belebt zu haben. Es ist dies kein 
Widerspruch zu dem Dolloschen Gesetz: „Dafs rudimentär ge- 
‚wordene Eigenschaften nicht wieder im gleichen Stamm zur Er- 
 scheinung kommen“. Das Nachahmunsgstalent kann geschlummert 
haben und nur in der Nachahmung des Vorsängers gleicher Ge- 
sangsrichtung zur Betätigung gekommen sein. Dadurch aber, 
dafs Herr Reich stets zur Nacbzucht diejenigen Kanarienhähne 
auswählte, welche den besten Nachtigallengesang reproduzierten, 
ist es möglich, dafs er aus der Population seiner Kanarien in- 
direkt die Individuen mit dem besten angeborenen Nachahmungs- 
talent auswählte und rein züchtete. 
Die notwendige Folgerung aus dieser Annahme wäre aber: 
£ 1. Im Reichschen Stamme mufste sich eine allmähliche 
_ Akkumulation des Nachtigallengesanges im Laufe der Generationen 
Zeigen. 
. 2. Der Nachtigallengesaug darf im Boch chen Stamm sich 
nicht als erblich erweisen, erblich darf in ihm wie bei den andern 
 Kanarienvögeln nur die Hohlrolle, Wasserrolle und Flöte, also 
die Touren, welche den Reichschen Vögeln vor Beginn des Ex- 
perimentes eigen waren, sein. 
Das experimentum crucis ist und bleibt also, die Erblich- 
‚keit des Nachtigallengesanges einwandfrei nachzuweisen. Dieses 
Experiment ist in diesem Jahr von Herrn Reich und mir ange- 
‚setzt und besteht darin, dafs eine Brut guter Abstammung völlig 
isoliert von jedem Nachtigallen- oder Kanariengesang aber auch 
‘von andern hervorstechenden Geräuschen und Tönen angesetzt 


480 H. Duncker: Die Reich’sche Gesangeskreuzung etc. 


worden ist. Zeigen diese Jungvögel echte Nachtigallentöne und 
-touren, so ist obige Annahme irrig, und die Akkumulation des 
Nachtigallengesanges im Laufe der Generationen ist nicht eine 
Folge der Heranzüchtung des Nachahmungstalents der Kanarien- 
vögel. Der Nachtigallengesang ist wirklich „erworben“ Im 


andern Fall ist obige Annahme eine für die Erklärung der Akku- 


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mulation ausreichende Hypothese N 
In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel. i 
Beschreibung der Nester und Eier der Brutvögel. { 

Von R. Päfsler. 

Vorwort. N 


Auf der Heimreise nach Hamburg begriffen, wurde am 
27. August 1914 Coronel erreicht. Die Kriegserklärung Englands 
verhinderte die Weiterreise und ich verblieb auf dem von mir 
geführten Dampfer „Nitokris“ dort bis Ende Oktober 1918, 
während welcher Zeit ich meiner Liebhaberei möglichst nachging. 
Doch mufste ich meine Ausflüge auf die nächste Umgebung be- 
schränken, da der ungeschützte Hafen nachts meine Anwesenheit 
an Bord erheischte. — Coronel, der bedeutendste Kohlenhafen 
Chile’s, liegt in 371/, 0 Süd. Breite in der grofsen Aranca-Bucht, 
der im Westen die cr. 33 Kilometer entfernte Insel Santo Maria 
vorgelagert ist. Die Umgebung hat z. T. hügeliges Gelände, 
dessen Höhen und Abhänge mit Laubbäumen: Laurel, Boldo, 
Myrte, Copigue, Ginster, Jelängerjelieber, Fuchsie, Quila, Brom- 
beer und anderem Strauchwerk und Gestrüpp bewachsen sind, 
z. T. Täler mit tiefen kleinen Seen. Durch die Tiefebene ziehen 
sich mit Rohr und Schilf bewachsene Sümpfe von grofser Aus- 
dehnung, die im Spätsommer (Februar und März) z. T. beinahe 
austrocknen, z. T. immer unzugänglich sind. Die Ebene ist zum 
grofsen Teil Viehweide (früher Waldungen), auf der gröflsere 
einzelne Bäume, hier und da Waldstückchen zum Schutz des 
Viehs stehn geblieben sind und gehörte Engländern, so dafs man 
dort zur Jagdzeit nur auf dem Durchgang nach dem Besitztum 
von bekannten Chilenen schiefsen — resp. wilddieben konnte. — 
Die Insel St. Maria, Brutplatz vieler Seevögel, Entenarten, Strand- 
läufer, auch Pelecanoides gar oti; wurde nicht besucht, da sie 
von einem Engländer für Viehzucht verpachtet war, die Fahrt 
dorthin in Gefangenschaft hätte führen können. — Die Sommer- 
zeit resp. trockene Zeit beginnt im September und endet April; 
die Winterzeit oder besser Regenzeit genannt von April bis Sep- 
tember hat ihren Regen-Höhepunkt von Juni bis Mitte Juli, 
während welcher Zeit die Sonne selten zum Vorschein kommt. 
Die Temperatur ist dann noch 6—12° C, doch im August sinkt 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel et. 48i 


- sie gegen morgen bis minus 2 oder 3% und steigt mittags bis 
‚16°, so dafs Eis schnell wieder auftaut. Die Brutzeit der Vögel 
beginnt Ende August und endet mit dem Februar. Die durch- 
 ziehenden Vögel, die im November oder Dezember eintreffen, 
sind nordischer Herkunft; die, welche im April, Mai, Juni ein- 
treffen resp. hier durchziehen, sind südlicher Herkunft oder auf den 
Höhen der Anden brütende, die dort keine Nahrung mehr finden. 


Fam. Tinamidae. 


1. Nothoprocta perdicaria (Kittl.). Volksbezeichnung: 
'„Perdiz comun“. 


Iris: braun (juv.) bis rötlich kastanienbraun. — Schnabel: 
Öberkiefer dunkelbraun, Unterkiefer gelblichbraun bis hellhorn- 
farben. 

g' und © gleichfarbig. 


Dieses Huhn lebt in den gelichteten Waldungen, in Sträuchern 
und im niedrigen Gestrüpp, sowie auf den mit Getreide, Erbsen 
und Bohnen bestellten Feldern und nährt sich von Sämereien, 
‚ Beeren, jungen Pflanzen, Gewürm und Insekten und verschmäht 
auch den Samen aus Kieferzapfen und Disteln nicht. Sein Flug 
ist schwer und geht selten über 800 Meter hinaus, doch läuft 
es äufserst schnell, sogar schon als wenige Tage altes Küken. 
Bei warmem Wetter verkriecht es sich lieber im Dickicht, statt 
aufzufliegen; so kommt es vor, dafs es von einem Hunde 
lebend ergriffen wird. — Sein Lockruf ist ein laut gepfiffenes 
„lo. Id“, aufgejagd lälst es hell pfeifende Töne „Isis, Isis, [sis, 


sis, fsis,“ ertönen, die sich schnell wiederholen, hoch beginnen und 
tiefer endigen. — Die Jungen, gelblich strohfarben, oben braun 
gesprenkelt, nehmen nach der ersten Mauserung die Färbung der 
Eltern an. Sie werden von der Mutter nur kurze Zeit geführt 
und trennen sich bald, so dafs man zur Jagdzeit (April bis Ende 
August) keine Völker, sondern sie vereinzelt oder paarweise an- 
trifft. — In der Gefangenschaft bleibt das Huhn scheu, erschrickt 
leicht und stöfst sich am Bauer den Kopf wund. Es macht zwei 
Bruten; die erste beginnt Anfang bis Ende November, die 
letzte Mitte Januar, zuweilen erst Mitte Februar. Die Brutzeit 
_ dauert 14 Tage. — Die Nester werden am Waldrande in dichtes 
Gestrüpp, sonst in Binsen, ins Getreide oder hohes Gras am 
Boden aus trockenen Halmen und Gräsern gebaut und mit Federn 
ausgelegt, sie messen: 
Aufsendurchmesser 180 bis 240 mm, Höhe 80 bis 100 mm. 
Innendm. 160 „, 200 „ Tiefe 40 „ 50 „ 
Die Gelege enthalten 9 bis 16 Eier. 
| Die Eier sind gewöhnlich elliptisch, glatt, stark glänzend, 
_ einfarbig-leberfarben, schokoladenfarben bis grauschwarz. 
| ' Malse von 56 Stück sind: 45—55 X 32—37.5 mm. 


433 | R. Päfsler: 


Fam. Columbidae. 


2. Columba araucana Less. — „Torcaza‘“ (Torkassa gesprochen). 


Iris: zwei konzentrische Ringe: der innere schmal gelb, 
der äufsere breit ziegelrot, der innere (juv.) graugrün bis gelb- 
grün, der äufsere lilabraun (bei einem an Bord aufgezogenen 
Stück fehlte der gelbe Innenring). Schnabel: dunkelbraun. 
Läufe und Zehen dunkel orangerot bis korallenrot. 


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in den bewaldeten Bergschluchten und hauptsächlich den höher 
gelegenen Kieferwäldern gefunden worden. Im Winter kommt 
sie jedoch in Scharen in die Ebene und wurde im Oktober, 
sogar im Novbr. noch zu 20 bis 40 Stück aus hohen, dichten 
Laubbäumen aufgejagt, also zur Brutzeit. Es scheinen demnach 
viele der Tauben nicht zur Brut zu schreiten, wahrscheinlich, 
weil Männchen in der Ueberzahl sind. In der Gefangenschaft 
aufgezogene Stücke lassen darauf schliefsen, dafs Junge im 
nächsten Jahre fortpflanzungsfähig sind. — Diese Taube nährt 
sich hauptsächlich von Beeren und Sämereien, doch auch von 
Würmern und zarten Pflanzen. Ihr Lockruf ist: chrukü, chrukü, Er 
chräi (letzteres krächzend), zuweilen beginnt der Balzruf mit‘ 
chräi — dabei läfst der Täuberich die Flügel hängen, spreizt 
den Schwanz, neigt den Kopf, die glänzenden Federn im Nacken 
sträuben sich zu einem Kragen und die Farben der Iris treten f 
glänzend hervor. — Der weifse Halbring im Nacken fehlt der” 
jungen Taube, doch bekommt sie ihn nach der ersten Mauserung. — 
Sie macht zwei, vielleicht auch drei Bruten, denn sie wurde Mitte 
Oktober, Mitte Dezember und auch anfangs Febr. brütend ge- 
funden. Sechs Nester enthielten nur je ein Ei resp. ein Junges, 
doch ist die Anzahl eine zu geringe um daraus zu schliefsen, 
dafs die Taube nur stets ein Ei lege. — Die Nester waren in 
Laub- und Nadelbäumen fünf bis zwölf Meter über der Erde aus” 
trockenen Reisern sehr unordentlich und beinahe flach gebaut. — 
Die Eier sind fast gleichpolig oder am unterm Pole kurz zuge- 
spitzt, dünnschalig, leicht rauh mit sehr dicht lenen Poren, 
hell bis dunkel rahmfarben. 

Malse von 5 Eiern sind: 36—44 X 25,5—31 mm. 


Bem. In der Gefangenschaft wurden diese sonst so scheuen 
Vögel sehr zahm. Zwei am Bord grofs gezogene Stücke wurden 
öfters aus ihrem Bauer herausgelassen, sie umkreisten das Schiff, 
kehrten zurück und lielsen sich wieder einfangen. — i 


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Fam. Peristeridae. 


3. Zenaida a. auriculata (Des Murs). = „Tortolita.“ 


Iris: dunkelbraun bis schwarz. Schnabel: dunkelgrau, 
Fülse und Zehen: gräulichkarminrot. Nägel schwarz. vl 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel et. 488 


Diese Taube wurde zur Brutzeit an den Peoldelen Berg- 


_ abhängen und auf den in einem Sumpfe liegenden Inseln, zur 
- Winterzeit auf bebauten Feldern und mit Disteln bestandenem 
Gelände beobachtet. Die Jungen ähneln den Eltern, doch fehlen 
die goldglänzenden Flecken, welche sie nach der ersten Mauserung 
im April — spätestens im Juli — erhalten. Die Tortolita nährt 
sich hauptsächlich von Sämereien, frischen Pflanzentrieben und 


Gräsern, jedoch auch Insekten und Würmern. Sie macht zwei 


 Bruten und legt je zwei Eier. Die Brutzeit dauert 14 Tage. 
‚Die erste Brutzeit ‚beginnt Mitte bis Ende November, die zweite 
Mitte bis Ende Februar. — Der Balzruf des Täuberich ist kü, 
_kü, kü, küu (vorletzte lang und stark betont), der häufig wieder- 
‚holt wird. — Die gefundenen Nester waren 2 bis 3 Meter über 


der Erde in dichte Büsche aus trockenen Reisern und trockenen 


Stengeln nachlässig gebaut. 


Die Eier sind gleichpolig oder am untern Pole wenig zu- 


_ gespitzt, glatt mit dichtstehenden Poren, glänzend, weils. 


Mafse von 12 Eier sind: 27,5—32,6 X 21—23,2. 
Bem. In einer am Waldesrand gelegenen Chilenen-Wohnung 


_ wurde eine Tortolita, die als Dunenjunges aus dem Neste ge- 


nommen war, im Bauer grofs gezogen. Später freigelassen, 


kehrte sie jeden Abend in ihr Bauer zurück, während sie tags- 
‚über ihr Futter suchte, bis sie einem Jäger zum Opfer fiel. — 


Fam. Rallidae. 


4. Limnopardalus rytirhynchus sanguinolentus (Sws.) = „Pid&&.“ 


Iris: rotbraun (jung), Karminrot (alt). Schnabel: glänzend 
grün, an der Wurzel oben blau, seitlich roter Flecken. — Läufe 


und Zehen blutrot, Nägel hornfarben, Sohle grau. — Beim 
Küken sind Auge, Schnabel und- Fülse schwarz, ebenso die 
Fiederung, die ausgefransten Wollenfäden gleicht und sammet- 


weich ist. 
Diese Ralle, bier häufig, lebt auf den Teichen und Seen 


und hauptsächlich auf den mit Schilf, Rohr und Binsen be- 


_ wachsenen Sümpfen und Wiesen, wo sie eine recht versteckte 
_ Lebensart führt. Nur selten sieht man von höheren Standpunkten 
aus sich ein Pärchen über eine freie Wasserstrecke jagen, oder 
ein Stück am Wiesenrande laufen, an jungen Pflanzen zupfen 
und sich Würmer suchen, die wohl die Hauptnahrung bilden. 
Denn bei Magenuntersuchung geschossener Stücke fand ich nur 
Pflanzen- und Larvenüberreste, Libellenlarven u. dergl. — Ihr 


Flug ist ein schwerer und kurzer, weshalb sie sich verkriechend 


oder durch Laufen, Schwimmen und Tauchen der Beobachtung 


entzieht. Nur, wenn ich von einem Hunde begleitet war, habe 
ich sie auffliegen und im nahen Gebüsche Schutz suchen sehen. 
"Schon die Jungen, kaum den Eiern entschlüpft, schwimmen ge- 
‚schickt ; ich sah sie mit der Alten im Wasser verschwinden 


434 -R. Päfsler: 


Paarungs- oder Lockruf ist ein laut klingendes, flötendes Wi;grö 


den sie im September und Oktober häufig hören lassen. Diese 
Ralle macht nur eine Brut. Die Nester wurden in dichten 
Schilfbüschen, Binsen und Schilfgrase gefunden. Sie waren dicht ° 


über Wasserhöhe aus trockenen Schilfgräsern gebaut und mit 
weichen trockenen Gräsern und einigen Federn ausgekleidet. 
Malse sind: Aufsendm.: 130—150 mm, Höhe 120 mm. 
Innendm.: 80—110 ,„ Tiefe 40-50 mm. 


Die Gelege enthalten vier oder fünf — selten sieben Eier. 
Diese sind elleptisch oder breit oval, am untern Pole wenig zu- 
gespitzt, gewöhnlich glatt, nur vereinzelt körniger Struktur, 
haben strohgelbgraue Grundfarbe, zuweilen mit rötlichem Schimmer, 
grauviolette oder matt lila Schalenflecken und wenige Oberflecken. 


Die Oberfleckung besteht aus hell fuchsroteu bis rostroten 


Punkten, Flecken und Flatschen, die um den oberen Pol ge- 
drängter stehn. Wenige Eier haben braunrote Haarlinien und 


Schnörkel. 
Malse von 28 Eiern sind: 41—46 X 31—33 mm. 


5. Porphyriops m. melanops (Vieill.) = „Tagua chico“. 


Iris: braun bis rötlichbraun. — Schnabel: hellgrasgrün, an 


en 


der Wurzel dunkler, an der Spitze heller, ins Gelbliche über- 
gehend. — Läufe und Zehen glänzend graubraun bis dunkelgrün, 


Nägel dunkel hornfarben. 
Das kurzschnäblige Wasserhuhn lebt ähnlich wie die Ralle 
und ist bei Coronel besonders häufig in einer zum Teil mit 


Laubbäumen und Strauchwerk eingefalsten, mit Schilf bewachsenen 
Wiese, die vom Juli bis Januar 4, bis ®/, Meter unter Wasser 
steht. Nur selten sieht man eines dieser Hühner durch das 
Gras der Wiesen hinhuschen oder ein Paar auf offenem Wasser 


sich jagen. Bei den geringsten Geräusch verbergen sie sich. — 
Auf einer Anhöhe ca. einhundert Meter von einem Bache ent- 
fernt unter einem Schatten spendenden Boldebaum gelagert, saı 


ich im nahen Bache solches Huhn mit vier ihrer ca. sperlings- 
grofsen Küken, die spielend sich jagten, bald die Mutter um- 
kreisten, bald hier und da an den grauen Wasserpflanzen 


zupften. — Ein Räuspern meines Begleiters liefs sie blitzartig 
unter einem Busche verschwinden! — Dieses Huhn macht nur 
eine Brut. Die Brutzeit beginnt Mitte oder Ende Oktober. 
Die Nester waren durchschnittlich ca. 20 cm über dem Wasser 
ins Schilf oder in dichtes Schilfgras aus breiten trockenen, z. T. 
auch aus grünen Schilfblättern gebaut und mit ersteren aus- 


gelegt. Sie malsen: 
Aufsendurchmesser 120—150 mm, Höhe 80 mm. 
Innendm. 90—110 „ Tiefe 50 „, 
Die Gelege enthielten 4 bis 7 Eier. 


rt; Rn BRPRRBRUR PIE DER LS AREIEON,, a 
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In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 485 


x Die Eier variieren sehr in Form und Färbung, doch nicht 

im selben Gelege; sie sind meistens von gewöhnlicher Eiform, 
_ doch kommen kurz, breit ovale, sowie langgestreckte vor, und sind 
glatt und glänzend. Die Grundfarbe ist isabellfarben bis dunkel 
lehmfarben (umbrabraun) mit oder ohne grünlichen Schimmer, 
seltener hellgrün — letzteres verblafst sehr schnell und geht in 
graugrün über. Die Unterflecken sind grauviolett oder braun- 
violett, bei einigen Eiern kaum sichtbar, bei andern grofs und 
auffällig. Die Oberfleckung ist hellrostbraun bis schwarzbraun 
und besteht in Stippen, Punkten, kleinen bis grolsen unregel- 
mälsigen Flecken, auch Wurm- und Haarlinien, sowie Schnörkeln 
und Brandflecken, die auf der oberen Eihälfte Sedrängter stehen. — 
Ir der Durchsicht sind die Eier grün. 


Malse von 60 Eiern sind 38—47 X 27-31 mm. Zwei 
abnorme messen 36 X 26 und 52 X 28,5. 


6. Fulica armillata (Vieill.).. = „Tagua.“ 


Iris: rot. — Stirnplatte und Schnabel gelb, nur der 
- Schnabelrücken bis über die Vorderseite des Nasenloches braun- 
rot. — Fülse und Schwimmlappen grünlichgelb, Tarse oben 


hinten rötlich. Nägel dunkelbraun. 

| Diese Vögel, wie die folgenden Arten „tagua“ genannt, leben 
wie unsere Wasserhühner auf den Seen und Teichen, deren Ränder 
mit Schilf und Röhricht bewachsen sind und den Sumpfwiesen, 
wo sie brütend gefunden wurden. — Die drei bis vier Monate 
alten Jungen gleichen in der Befiederung den Alten, doch fehlt 
_ die Stirnplatte, bei dreivierteljährigen Vögeln ist sie noch weich. 
“Die Brutzeit beginnt je nach Eintritt der wärmeren Tage anfangs 
oder Ende Oktober, auch noch anfangs November. Die Nester 
waren 20—30 cm über dem Wasser ins Schilf oder Schilfgras - 
aus trockenen Schilfstengeln nachlässig gebaut, auch mit solchen 
ausgelegt. Malse sind: 

| Aufsendm. 270—340 mm, Höhe 80—150 mm. 

-Innendm. 110-140 ,„ Tiefe der Nestmulde 40—50 mm. 
Die Gelege enthielten vier bis fünf Eier. — Die Eier sind 
breit oval, an der untern Hälfte wenig eingezogen, glatt, haben 
wenig oder keinen Glanz. Die Grundfarbe ist hell gelblich grau- 
braun (chamois) bis rötlich gelbbraun (dunkler als die der 
ı eristata). Die grau- oder braun-violetten Schalenflecken sind 
gewöhnlich gröfser und auffälliger als bei den folgenden Arten, 
bis 3 mm grofs. Die Oberfleckung ist hell rotbraun bis dunkel 
schokoladenbraun und besteht in Stippen, Punkten und unregel- 
mäfsigen Flecken und Flatschen bis zuw. 4mm grofs, Bnegelmaıe 
über die Eifläche verteilt. 


Mafse sind: 53—63 X 47—41 mm. 
Journ. f. Orn, L.XX. Jahrg. Oktober 1922, 29 


486 OR. Päfsler: 


7. Fulica rufifrons (Phil. & Landb.). = „Tagua“. 


Iris: braunrot. Die schmale Stirnplatte hinten etwas übe 
stehend braunrot, ebenso der Schnabelrücken 2 mm breit bis 
über 2/, des Nasenloches braunrot, von da ab bis 4 mm von 
der Schnabelspitze gelbrötlich, die Schnabelwurzel 5 mm breit 
braunrot, sonst der ganze Schnabel gelb — das Nasenloch von 7 
gelb umgeben. Se 

Läufe: gelblich olivengrün, Tach hinten zu dunkler, über dem 
obern nackten Gelenk gelblich. Sohle bleifarben. Nägel schwarz. —. 


Die Lebensweise dieses Wasserhuhns gleicht der der vorigen 
Art. Sie lebt von Gräsern, Wasserpflanzen und Gewürm. — 
Kleine, junge Vögel, die mir an Bord gebracht wurden, hatten 
schwarzes wolliges Gefüeder und sammtrote Stirn. Die Stirnplatte 
fehlte vollständig. Sie gingen wegen Mangei der richtigen 
Nahrung bald ein. — Die Brutzeit beginnt anfangs bis Ende” 
Oktober. Die Gelege enthalten 4—7 Eier. Das Nest gleicht dem 
der vorigen Art. Die Eier sind gestreckter, am unteren Pole” 
mehr zugespitzt, glatt, etwas glänzend. Die Grundfarbe ist hell” 
steinfarben bis hell graubraun mit grünlichem Anflug. In der 
Durchsicht sind die Eier grün. Die Schalenflecken sind grauvio- 
Jett, die Oberflecken schokoladenbraune, sehr feine, biszur Gröfse von 
Hanfsamen regelmälsige Flecken, gleichmäfsig über das Ei verteilt. 

Die Malse von 15 Eiern sind 56—61 X 37—39,8 mm. 


8. Fulica leucopiera Vieill. 


A 
s 


Iris: rotbraun. Stirnplatte und Schnabel gelb, nur Schnabel- 
rücken von Wurzel bis über Nasenloch rotbraun. Läufe: grün- 
lich grau, glänzend, Fülse grünlich gelb mit grauer Schild- 
zeichnung, nach hinten grünlichgrau, Schwimmlappen grünlich 
gelb, Sohle hellgrau, Nägel dunkelgrau. — 


| Die Lebensweise ist die der vorigen. Die Brutzeit begin 
anfangs bis Ende Oktober. Die Gelege enthalten 4—6 Eier. 
Die Nester hatten zur Unterlage trockene Schilfstengel oder. 
Binsen und waren mit trockenen Schilfgrasblättern und Gräsern rs 
ausgelegt, ins Schilf oder in dichtes Schilfgras gebaut. 4 


Malfse sind: Aufsendm. 250—320 mm, Höhe 200 mm. 
Innendm. 100-140 „ Tiefe 50 „, 


Die Eier sind gewöhnlich eiförmig, mäßig glänzend, zu 
glanzlos glatt. Die Grundfarbe ist hell steinfarben oder hell” 
gelblich graubraun bis rötlich graubraun, erstere sind in de 
Durchsicht grünlich, letztere braun. Die Schalenflecken sind seh 
fein, violettgrau oder tintegrau. Die Oberflecken sind schwarz- 
braun bis tiefschwarz, ebenfalls klein und über die ganze Eifläche 
verteilt. Von 24 Eiern zeigt ein einziges Haarlinien und Schnörkel. 

24 Stück messen; 48—54 x 32--36. 


bedeckt. — Hier muls ich bemerken, dafs in diesen Sumpfwiesen _ 
“nur bis über die Knie im Wasser watend gesucht werden konnte, 
was natürlich Geräusch verursachte. Es kostete also in den 
- meisten Fällen grofse Mühe, die Art des Tauchers festzustellen, 
da Nestbau, Farbe und Gröfse der Eier keinen Aufschlufs gaben. — 
- Um nachher nicht im nassen Zeuge gehen zu müssen, trug ich 
bei Ausflügen in die Sümpfe immer ein 2. Paar Stiefeln und alte 
 Beinkleider mit im Rucksacke neben Schachteln ete. — Die 


$ 
> 


Se In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel et. 437 


Fam. Podicipedidae. 
9. Podiceps americanus (Garnot) = „Tagua“. 


Iris: dunkelbraun. Schnabel: oben graubraun, seitlich und 


- Unterkiefer hell hornfarben. Läufe: grünlich-grau glänzend, 
aulsenseits dunkler als innen, Schwimmhäute oben grau, unten 


schwärzlich. — 
Diese, wie die folgenden Arten leben wie unsere Taucher 


_ aufden am Rande mit Schilf und Rohr bewachsenen Seen, Teichen 
_ und Lagunen und wurden auch in den Sumpfwiesen brütend ge- 
 funden. Pflanzen und kleine Wassertiere sind ihre Nahrung. 


Die Jungen verlassen bei Annäherung das Nest, wenn sie eben 


dem Ei entschlüpft sind, schwimmen und tauchen geschickt, oder 
_ werden von der Alten setaucht, wie ich es gelegentlich sah. — 


_ Die Taucher machen eine Brut, doch wurden Nester mit frischen 
‚Eiern Ende September, auch Ende Oktober gefunden. Die Ge- 
‚lege enthalten vier bis sieben Eier. — Die Nester waren dicht übers 
Wasser ins Schilf oder Schilfgras gebaut, hatten zur Unterlage 
trockene Schilfstengel und Binsen und waren mit grünen Gräsern 


und Algen ausgelegt, — so angelegt, dafs sie sich bei steigendem 


_ Wasser heben konnten. Sie wurden fast immer nals gefunden, 
- die Eier gewöhnlich mit Teichlinsen oder andern Wasserpflanzen 


“Nester mufsten gewöhnlich ein 2. Mal — behutsam leise — auf- 
gesucht werden — oder ich liefs die Eier liegen. 

Die Eier sind oval, am untern Ende Pole wenig zugespitzt, 
glatt — nur einzelne haben kleine kalkige Unebenheiten, sind 
hellgrünlichblau, doch durch Zudecken mit nassen Pflanzen werden 


‚sie gelblich bis dunkel gelbbraun und werden zuw. auch rauh; 


in der Durchsicht sind sie dunkelgrün. 
19 Eier messen 43—48 X 30—31,5 mm. 


10. Podiceps rollandi (Quoy et Gaim.) = „Tagua“. 
Iris: rubinrot. Schnabel dunkelgrau. Fülse: etc. glänzend 


5 'graubraun. — Diese Art hat eine grofse Verbreitung. — Als die 


 Kosmos-Dampfer noch die Falklands-Inseln auliefen, habe ich sie 
‚bei Port Stanley in Williams Bay gesehen, ferner in der Magellan 
 Strafse in Port Famine, im Smith’s-Channel (patagonische 
emule); in Porto Bueno und im Messier-Kanal in Port Grappler; — 
29* 


488- R. Päfsler: 


an der Chilenischen Küste bei Ancud und Corral. Hier scheint 
diese Art selten zu sein; Lebensweise, Brutzeit, Nestbau und 
Eier gleichen den vorigen. — Die Eier sind ein wenig ge- 
streckter. 3 

Malfse von 7 Eiern: 43—47 X 29-—30,5 mm. [3 


11. Podiceps calipareus (Less.). | 
Iris: 2 konzentrische Ringe, innerer geib schmal, äufserer 


karminrot, stark glänzend. — Schnabel: schiefergrau-bläulich 
schimmernd. — Läufe innenseits, Zehen, Schwimmlappen und 
Nägel oben silbergrau, Lappenborden dunkler. Läufe aulsenseits, 
Schwimmlappen unten schwärzlich glänzend. i 


Diese waren Ende Juni in Coronel-Bay in grofsen Scharen 
cr. 140—180 Stück auf dem Seewasser dicht bei einander. Ge- 
jagt suchten sie durch Tauchen zu entgehn, suchten selten ihr ” 
Heilim Fluge und fielen nach ein paar hundert Metern schon wieder 
ein. — Mageninhalt geschossener Exemplare bestand in vielen 
Algen mit wenigen Resten von kleinen Krebsen. Ob erstere, 
die für unsern Geschmack bitter jodhaltig sind, zur Nahrung 
dienen, oder nur der darin versteckten Tiere wegen mit ver- 
schluckt werden, ist wohl fraglich. — Im Jahre 1919 wurden 
kleine Scharen zu 20—40, auch bis 60 Stück in Talcahuano Bay 
im Juni und Juli gesehen und waren dort sehr wenig scheu, 
häufig dicht an den fahrenden Boten. Zur Brutzeit habe ich sie 
nicht angetroffen. — 


12. Podilymbus antarcticus (Less). = „Tagua“. 


oO" Iris: braun. Augenlid weifslichgrau. Schnabel hellgrau 
hornfarben, Oberkiefer bläulich schimmernd, Unterkiefer beinahe 
weils. In Nasalgegend ein schwarzes Querband, das auf Ober- 
kiefer 8 mm, am Unterkiefer seitlich 4 mm breit ist. — Fülse, 
Schwimmhäute, Nägel glänzend bläulichgrau, erstere mit dunklerer 
Schildrandung, Sohle dungelgraubleifarben. Von zwei 0'0', 30. 8. 
1918 vom Schiffe aus geschossen, ist bei ersterem Unterhals und 
Brust grau gestrichelt, Mitte des Bauches einfarbig grauweils, 
beim andern: Unterhals und Brust isabellfarben gestrichelt, 
Bauchmitte weilslich, grau gewellt. E: 

Es wurde nur ein Nest von ihm am 15. Oktober mit drei 
Eiern gefunden. Nester und Eier von denen der vorgenannten 
Arten nicht zu unterscheiden. | 


Die Eier messen: 47—48,8 X 31,3—31,8 mm. “| 

. Bem. Ich war erstaunt, als ich diesen Taucher vom Neste 
Springen sah, denn er war mir hier bisher nie zu Gesicht ge- 
kommen; die beiden erwähnten Stücke wurden im folgenden 
Winter ‚auf dem Meere schwimmend geschossen. Doch in den 
grolsen Sümpfen können sich Vögel leicht der Beobachtung ent- 
ziehen, wenn sie auch von den andern Tauchern durch den 


. - In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel et. 439 


\ schwarzen Strich über den hellen Schnabel leicht zu unter- 
scheiden sind. — 


Aechmophorus major (Bodd.) 


wurde nur auf einem tiefen, von Bergen halbeingeschlossenen 
See gesehen, wo die Brutstätten unzugänglich waren. 


Fam. Spheniscidae. 
13. Spheniscus humboldti (Meyen). 

Iris: (juv.) hellbraungrau bis graubraun bis kupferrot. 
Schnabel: schwarzgrau an Dille und Wurzel, oben etwas heller 
braungrau. Füflse hinten grau, vorn und Zehen oben hellrötlich- 
grau oder hellgrau mit unregelmäfsigen dunkelbraunen bis 
schwarzen Flecken, Sohle dunkelgrau. Nägel schwarz, Spitze 
dunkelhornfarben. — 

In Autofagasta waren im Juli 1914 ausnahmsweise grofse 
Scharen, 50—60 Stück bei einander. Auf ein Angebot brachten 
Fischer 21 oder 24 Stück im Fischnetz gefangene lebend an 
Bord, alte und junge, die im Federkleide recht verschieden, 


deren Schnäbel nur minimale Unterschiede aufwiesen. — Aus. 
Mangel an kleinen Fischen in Coronel gingen sie allmählich ein, 
2 Bälge erhielt das Berliner, 2 das Hambg. Museum. — Ein 


Junger, später eingefangen, den ich in den ersten Tagen gewalt- 
sam mit Fisch und rohem Fleisch füttern mufste, wobei ich ihn 
zwischen die Kniee klemmte, mit der linken Hand den Schnabel . 
hielt, mit der rechten fütterte, trommelte mir mit seinen Rudern, 
_ wenn er sie frei bekam, so auf die Beine, dafs sie mir lange 
‘ brannten. Bald frafs er selbst und wurde sehr zahm. Ohne 
den Versuch zu beifsen zu machen, liefs er sich eine Angelschnur 
um ein Bein schlingen, auf den Arm nehmen und die Fallreeps- 
treppe hinuntertragen, wo er angebunden im Meere seine Fische 
selbst fing, und trotz der mitgeschleppten 8 Meter langen Leine 
wieder dick und fett wurde. Nur über „stubenrein“ hatte er 
seine eigene Ansicht, weshalbVorsicht geboten war und beim Tragen 
das Hinterende abgewendet wurde. Doch wer möchte beweisen, dafs 
seine Ansicht nicht richtig sei, wo seine Kinderstube der Stille 
Ozean ist? — An Deck lief er mir nach, wie ein Hund resp. ein 
halber, und unterschied die Personen. — Vom Wasser nahm ich 
ihn gegen Abend auf, oft wartete er schon an der Treppe und 
rief kä kä. Die Leine war im Wasser zweimal losgekommen 
von seinem Fulse, trotzdem kam er an die Treppe und liefs sich 
aufnehmen. Eine gewisse Intelligenz ist den Tieren nicht abzu- 
sprechen! — In Coronel waren sie von Mai bis September häufig 
beim Schiff, zuweilen mit magellanicus vereint. So plump und 
ungelenk der Vogel am Lande, so schnell und behend ist er im 
' Wasser. Pfeilschnell jagten sie an der Bordwand unter dem 
Wasser hinter den Fischen her, wendeten, indem sie ein Ruder 
anlegten, mit dem andern schlugen, blitzschnell, wenn sich der 


en RR Päsler: ee 
verfolgte Fisch zwischen Gras und Mnseheln der es 
Schiffswand verstecken wollte, griffen und verschlangen ihn 
waren 50 bis 70 Sekunden unter, hielten nur einen Augenblick ° 
den Kopf über Wasser und von "Neuem begann die Jagd. Un- 
glaubliche Mengen von Fischen können sie verschlingen. Fisch- 
schwärme von jungen Heringen oder Sardinen, im ruhigen 
Wasser durch dunklere Färbung desselben weit "sichtlich, um- 
kreisen sie und drängen sie zusammen und greifen sie von allen 
Seiten und von unten an, und Möwen und Seeschwalben er- 
haschen die hochspringenden. Im Zuge zu 20 bis 30 Stück ver- 
eint, schnellen sie sich dicht bei einander !/, Meter hoch aus dem 
Wasser wie die Delphine und bewegen sich schwimmend und 
springend in einer Richtung äufsterst schnell. — Häufiger konnte 
dieses von magellanicus in der Magellanstrafse beobachtet werden, 
| 
$ 


N TRUE 


die in noch gröfsern Scharen reisen, und gelegentlich meinen 
11—12 Seemeilen laufenden Dampfer schnell überholten. An 
der steilen Nordküste Chile’s nistet humboldtı in vom Meere 
ausgewaschenen Felsgrotten (die Küste hebt sich) zu 6 bis 10 
und mehr Paaren und gleichzeitig werden frische wie bebrütete 
Eier und Junge gefunden. — Hier erbielt ich von der 18 See- 
meilen entfernten Insel Santa Maria ein Ei. Es ist sphaeroidisch, 
leicht rauh, bläulich weils und in der Durchsicht hellgrün. 2 
Es milst: 67 X 57 mm. 


Fam. Pelecanoidae. 


14. Pelecanoides garnoti (Less.). ee: 

S" juv. (26. 5. 18). Iris: kaffeebraun. Schnabel: schwärz- 

lich, nur Unterkiefer-Unterseite und Wurzel blaugrau. Läufe: 
vorn und Innenzehe ganz, die andere !/, graublau, Fülse hinten, 
Zehen und Schwimmbäute unten und Ir oben schwarz. Nägel 
schwarz. Ei 
Diese Tauchersturmvögel wurden während der frühern 
Reisen von Ancud 42° Süd bis Callao 12° Süd beobachtet, haben 
also eine grofse Verbreitung.!) Sie wurden zur Sommerszeit in =) 
Landnähe in Corral-Bucht, bei Santa Maria Isl., Taltal, Islay 
(Peru) und in Callao Bay gesehn, zur Winterzeit 5 bis 12 See- 
meilen vom Lande entfernt. Meistens durch den fahrenden ” 
Dampfer aufgeschreckt, schwirrten sie, die kurzen Flügel schnell ” 
Schlagend, eine kurze Strecke cr. 80 Meter dicht über dem 
Wasser hin, tauchten und waren verschwunden. In Taital-Bucht 
jagte sich nachmittags beisonnigem Wetter ein Pärchen schwimmend 
im Kreise umher, tauchte aber sofort, als ein Bootsriemen ins 
Wasser palschte, und war verschwunden. (Sie tauchen aus 
ihrem Sitz, ohne zu springen wie die Cormorane). In Callao 


1) Die bei Ancud beobachteten Stücke gehörten wahrscheinlich E! 


einer anderen Art, wohl P. miagellani Dun an. Vgl. Orn. Mber. 
1922 No. 6. — Red. 


Ei 
2 


om der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 441 


"Bucht schwammen sie morgens dicht unter St. Lorenzo umher 
- nach Nahrung suchend. — Im La vapie-pals (Fahrwasser zw. 


Festland und Santa Maria) wurde ein vom Schiff aufgejagter 


‘ Vogel von einer Raubmöwe verfolgt, sofort tauchte er unter, 
doch sobald er den Kopf aus dem Wasser streckte, stiefs die 
- Raubmöwe auf ihn herunter, was sich wiederholte. Leider konnte 

ich den Ausgang nicht verfolgen, da Dienst gerade meine volle 


Aufmerksamkeit erforderte. — Auf St. Maria Insel wird er Brut- 


vogel sein, da er zur Sommerzeitin der Nähe vielfach gesehen wurde, 


und wahrscheinlich in Höhlen brüten, weil er sonst seinen Feinden — 
- Raubmöwen und Dominikanermöwen — bald erliegen würde. Das 
- für Hambg. mitgebrachte Stück wurde er. 80 Meter vom Strande 


entfernt auf der Plaza Coronels gefunden, wo elektrisches Licht 


- brennt, durch das er angelockt sein wird. — Hierbei möchte ich 


Pelecanoides urinatrız (Gm.) 
erwähnen. — Auf den Falklands-Inseln ist dieser Pelecanoides 


Brutvogel und unter dem Namen „Fire bird“ bekannt. Er 


brütet in Erdhöhlen. Von zwei von dort erhaltenen Eiern ist 
eines in der Nehrkornscher Sammlung, eins besitze ich noch.!) — 
Auf den Reisen von Montevideo durch Masgellanstrafse nach 
Corral wurden FPelecanoides im Winter an der Ostküste von 


40°Süd bis zur Magellan-Strafse gesehn, dort und in den Pata- 
 gonischen Kanälen zu jeder Jahreszeit angetroffen. — Welche 


Art?2) Zwei von der Ostküste mitgebrachte Stücke sind im 


 Hambg. Museum als urinatrix, ein aus dem „Sarmiento“ Kanal im 
 Dezbr. gefangenes, das in ein Schweizer Museum kam, als uri- 
_ natrix, ein am 10. 10. (Sommer) nördlich von Tres Montes bei 
der Halbinsel Taytao in 4508° S und 76° W an Bord geflogenes, 
das unter dem elektrischen Toplichte in den 13 Meter über dem 
_ Wasser befindlichen Mastkorb gefallen war, wurde von Herrn 


Prof. Reichenow als uröinatrix bestimmt.?) — Danach zu schliefsen 


1) Die auf den Falklands-Inseln brütende Rasse wird neuerdings 


& als P’. u. berard (Quoy & Gaim.) unterschieden. Vgl. Murphy & Harper, 


Bull. Am. Mus. Nat. Hist. 44, 1921, p. 538. — Red. 
2) Nach der Oertlichkeit zu urteilen P.magellanı (Mathews). — Red. 
8) Das in Berlin befindliche Stück („Q 11. X. in 4708 760 W 


& ca. 80 km von Land unweit Tres Montes an Bord geflogen“ „‚Fülse 
- hellblau; Zehen oben hellblau; Schwimmhäute schwarzgrau; die ganze 


Sohle schwarzgrau ; Nägel glänzend schwarz“) ist eine typische P. «. 
copperinge Mathews, die bisher nur vom Messier-Kanal und Trinidad- 


_ Kanal bekannt war. Flügel 122 mm. — Auch von der Form P. ma- 
 gellani (Mathews) verdankt das Z. M. B. Herrn Kapt. Päfsler ein Stück. 


Es ist ein Q mit 125 mm Flügellänge, das am 17. VI. 1914 in 49° 5 


 6503° W an Bord geflogen war, ca. 110 km vom nächsten Land ent- 
_ fernt. „Läufe und Oberseite der Zehen atlasblau, ins Grünliche schillernd, 
 Hinterseite der Läufe und Schwimmhäute schwarzgrau.“ — Red. 


| 442 N OR. Päfsler: - re 


ist P. urinatrix auch Brutvogel in der Magellanstrafse und an 
der Chilenischen Küste bis 46° Süd, aller Wahrscheinlichkei 
aber auch an der Ostküste Amerikas, die im Süden so wenig 
besucht wird, da ganz Patogonien keine Häfen von Bedeutung 
hat. — Urinatrix wurde zur Winterzeit bis 100 Seemeilen (nach 
Kurslinie zwischen zwei Besteckpunkten 96 Seemeilen von der 
nächsten Landspitze entfernt) von Land gesichtet, nicht eins, 
sondern mehrere Exemplare, auf 40 bis 80 Seemeilen Abstand ° 
viele. — a 
Die eingesammelten Stücke sind nur wenige, doch mindestens 

die doppelte Anzahl habe ich ein oder zwei Tage an Bord ge- 
habt und wieder fliegen lassen. Dort hatten sie im Dunkeln 
hübsch ruhig gesessen, strebten aber dem Licht entgegen, sobald 
das Zimmer erleuchtet wurde, was die Angaben von Falklands- 
Robbenschlägern, dafs sie nachts ins Feuer fliegen, bestätigt. 
® 


Tagüber schwammen sie in der Badewanne und suchten zwischen 
zerstückeltem Fisch, Muscheln etc. nach Futter, das ihrem Ge- 
 schmack aber wenig zu entsprechen schien. — Danach sind 
sie nicht nur „Nachttiere‘“, aber sehr wahrscheinlich ist, dafs sich 
diese an Land so unbehilflichen und schwerfälligen Tiere. im 
Brutgeschäft des Nachts ablösen, um nicht ihren Feinden zum 
Opfer zu fallen. — Diese Vögel, die keinen Ton von sich geben, 
sehr geschickt tauchen, einmal erschreckt nur den Kopf über 
das Wasser erheben und sich zwischen Kelp und Seetang ihre 
Nahrung suchen, entziehen sich leicht der Beobachtung — 
Iris: schwarz. Schnabel schwarz, nur Unterkiefer-Unterseite 
blaugrau. Füfse: hinten schwarz, vorn und Zehen lebhaft hell- 
graublau, grünlich schillernd, Schwimmhäute schwarzgrau, an den 
Zehen blau gerandet. Sohle und Nägel schwarz. Bei einem alten 
Q Schnabel an Wurzel indigoblau, sonst schwarz. — 


Fam. Laridae. 
15. Larus dominicanus (Licht.). = „Gaviota“. 


Iris: juv. schwarzbraun. Schnabel schwarzbraun, grau und 
hellhornfarben. Fülse dunkelgrau bis grünlich grau. — alt: Iris 
grauweils. Schnabel gelb, vom Haken ab dunkelgelb, der Unter- 
kiefer hat an der Verdickung vor dem Haken seitlich einen blut- 
roten Flecken von 6 mm Breite — Fülse und Schwimmhäute 
hellbräunlichgrau mit gelblichem Schimmer bis hellgraugelb. 
Nägel schwarz. — Die alten Vögel differieren nur in etwas mehr 
brauner oder schwarz glänzender Oberseite. — Die Jungen, 
weilslich grau mit brauner oder graubrauner Fleckung, differieren 
wenig im Federkleide, doch aufserordentlich in der Färbung der 
Schnäbel. Dies fällt besonders ins Auge, wenn zur Winterzeit 
Juni bis September viele Möwen bei stürmischem Wetter so nahe 
beim Schiffe hin- und herschweben, dafs die Farbe der Iris zu 


PR 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) eeniscni: Vögel etc, 445 


_ erkennen ist. Man sieht dann gleichzeitig fast einfarbig grau- 
braune Schnäbel, sowie braun und hellgraue, braun und gelbe, 
grau und gelbe, ganz unregelmäfsig gefärbte, obgleich man an- 
nehmen muls, dafs die Vögel im Alter wenig von einander ab- 
weichen. — Die Jungen hatten ihre gesprenkelte Färbung noch, 
als die Alten wegzogen, ihre Brutstätten aufzusuchen, und blieben 
noch 1 bis 11/, Monate länger hier. -- Diese Möwen sind in 
 Süd-Amerika Brutvögel vom La Plata Strom bis Kap Horn, in 
der Magellan-Strafse, an der Westküste bis Lobos de tierre und 
L. de afuera in ca. 61/0 Süd und gehen zur Winterzeit bis 21/,° 
- Süd hinunter. Sie nisten auf manchen Inseln in grofsen Kolonien, 
auf andern und an der Küste zu wenigen Paaren, die Nester 
werden je nach der Umgebung aus Seetang, groben Strandgräsern 
_ oder dergl. gebaut, und in der regenlosen Gegend genügt eine 
Vertiefung im weichen Boden resp. Guano. — Hier erhielt ich 
nur wenige Eier von Santa Maria Insel und von Quiriquina Isl., 
doch früher viele von den Faliklands- und Elisabeth Isl. (Ma- 
gellan-Str.) 


Die Eier, ähnlich denen von Z. marinus, haben hell stein- 
farbene Grundfarbe oder diese mit gelbbraun, grün oder oliven- 
grün gemischt. Die Unterfiecken sind hellgrau, zuw. grolse 
Flatschen, die Oberflecken sind gelbbraun bis schwarzbraun und 
bestehen in kleinern und gröfsern unregelmälsigen Flecken und 
Schnörkeln, die, entweder gleichmälsig verteilt oder um den 
obern Pol gedrängter stehend, eine Kappe oder Zone bilden. 
Eier mit blauer Grundfarbe sind höchst selten — unter 100 
vielleicht 1. — 


65 Eier messen: 64—77 X 44,4—53 mm. 


16. Sterna hirundıinacea (Less.). 


Diese Seeschwalbe hat eine grofse Verbreitung, ist Brut- 
vogel an der Ostküste Süd-Amerikas vom Kap Frio bis Kap Horn, 
an der Westküste von dort bis 6° Süd, streicht im Winter an 
ersterer bis 12° S, an letzterer bis 5° S. — In Coronel Hafen 
nur zur Winterzeit, ist Brutvogel auf Santa Maria. Im Süden 
his Central-Chile nistet sie auf den mit Gras bewachsenen Inseln 
in grofsen Kolonien, im Norden auf den Guano-Inseln. — Eier 
von den Faiklands-Inseln, Feuerland, Elisabeth-Insel (magellanis) 
sind schmal bis breit oval unten zugespitzt, glatt. Die Grund- 
farbe ist steinfarbig mit gelb, gelbbraun oder grün gemischt bis 
helllehmfarben, die Schalenfiecken sind aschgrau oder braungrau, 
zuw. grols, die Oberflecken gelbbraun bis schwarzbraun und be- 
stehn in Punkten, kleineren und grölseren unregelmäfsigen Flecken, 
Strichen und Schörkeln, die meistens auf der oberen Eihälite 
gedrängter stehen. 


19 Eier messen 44,3— 50,6 x 33—35,8 mm. 


FrrE R. Pälsler: 


17. Megalestris chilensis Bp. 


in oO" hellgrau. Q graubraun. (Können Altersunterschn 
sein.) Schnabel: schwärzlichgrau, oben Mitte und Unterseite 
etwas heller: dunkelschieferfarben. Läufe, Zehen und Schwimm 
 häute schwarz. Nägel: oben schwarz, unten schieferfarben. — 
Vom Feuerland an der Ostküste bis 6° Süd, an der Westküst 
bis 18° Süd (Arica) streichend angetroffen; ist Brutvogel au 
Feuerland, in der Magalhaensstrafse, an der Chilenischen Küst 
bis 23° Süd; (Ende Dezember bei Angamos Pt. mit Jungen.) 
In Coronel-Bucht nur zur Winterzeit, ist diese Raubmöwe vo 
allen andern, selbst den wehrhaften Dominicaner-Möwen, ein g 
miedener und gefürchteter Räuber. — Treibt im Wasser ein vo 
einem Dampfer über Bord geworfenes totes Schaf oder dergl 
an dem sich die im Winter so hungrigen Möwen versammeln 
und herumzerren, um sich Fleischstücke abzureilsen, machen sie 
respektvoll Platz, sobald sich ein Paar Raubmöwen dabei nieder- 
lassen. Nur die grofsen Sturmvögel und Pelikane sind vor ihrem‘ 
Angriff sicher. Auf den Cormoran, der einen so grofsen Fisch 
gefalst, dafs er ihn nur allmählich hinunterwürgen kann, stölst 
sie herunter und reifst ihm den Fisch aus den Schnabel, wenn 
er nicht noch rechtzeitig untertauchen kann. Die flinke See- 
schwalbe, die so geschickt ausweicht und die Raubmöwe zu 
überfliegen sucht, jagt sie solange, bis sie ihr Fischlein fallen 
läfst, das meistens noch in der Luft ergriffen und N 
wird und jene sucht in der Flucht ihr Heil. — 3 


Ein Ei dieser Raubmöwe vom Feuerlande gleicht denen von. 
M. skua, zwei von Santa Maria Isl. sind von bedeutend dunk- 
lerer Grundfarbe und die Fleckung ist beinahe schwarz; | 


sie messen: 69 X 51,6; 67 X 48; 72 X 50,5 mm. 


Fam. Charadriidae. 


18. Belanopterus chilensis (Mol... = „Tregle.“ 


Iris vom jungen Vogel glänzend: hellbräunlich, Augenlid 
blutret. Iris vom alten Vogel: glänzend hellrubinrot mit violettem 
Schimmer, Augenlid wenig dunkler violettrot. — Schnabel j 
Firste bis incl. Nasenloch rötlichgrau, seitlich von Wurzel b 
incl. Nasenloch beide Kiefer karminrot, von da ca. 2/, de 
Schnabels schwarz. — a.: beide Kiefer von Wurzel bis ine 
Nasenloch, dasselbe umgebend, violettrot, im übrigen schwarz. 
Läufe oben bis Ferse (beim Q etwas tiefer) karminrot, seitwär 
in rotbraun übergehend, darunter und Zehen schwarzbrau 
Nägel schwarz. Sporn am Flügel korallenrot glänzend. 


Diese Kiebitze leben auf feuchten Wiesen und nähren sich 
nur von Insekten, Raupen, Würmern, Maden, Schnecken und” 


an der Umgebung Coronels (Chile) beobachtete Vögel etc. 445 


dergl. und sind hier als Brutvögel selten. Im Winter waren 
Scharen von 20 bis 30 Stück und mehr bei einander und suchten 


auf Wiesen und feuchten Aeckern nach Nahrung. Zwei ge- 


schossene Stücke hatten unter dem Mageninhalte Hülsen von 


Hafer, was ich als Beispiel erwähne, dafs man von diesem nicht 


immer auf die Nahrung schliefsen kann. Ein drittes Stück, nur 
am äulfsersten linken Flügel verletzt, was nach Abnahme der vier 
äufsersten Schwingen bald heilte, wurde an Bord im Bauer bald 


zahm und nahm Fleischstückchen und Regenwürmer aus der 


Hand, verlor aber seine Zutraulichkeit, als es später, in einen 


grolsen Garten gesetzt, seine Nahrung selbst suchte. Von Be- 


sitzern umschlossener Gärten sind sie sebr gesucht und werden 
grofse Preise gezahlt, da sie richt nur Gemüse, Salat und Blumen von 


Schnecken und dergl. säubern, sondern auch gute Wächter sind, 


die jeden Fremden durch ihren lauten Ruf anmelden. — Nester 
wurden hier nicht gefunden. — Zwei Eier, von den Falklands- 


Inseln stammend, sind unseren Vanellus-Eiern ähnlich, nur zarter 
gefleckt und messen: | 
46,5 X 36,4; 47,4 X 34,3 mm. 


19. Capella paraguaiae (Vieill.). = „Becasina.‘ 


Diese Schnepfe ist zur Brutzeit hier selten und nur auf 
einigen sumpfigen Wiesen anzutrefien; sie nährt sich hauptsächlich 


‚von Würmern. Zur Winterzeit, Mitte Mai bis August hält sie 


sich in Scharen von 12—20 und mehr Stücken auf den regen- 


durchtränkten und teils unter Wasser stehenden Aeckern und 


Wiesen auf. Mitte oder Ende Oktober schreitet sie zur Brut. — 


_ Drei Nester, die gefunden wurden, enthielten nur je zwei Eier. 


Jene waren in einer sumpfigen Wiese in hohe Grasbüschel aus 
feinen, trockenen Gräsern gebaut. 


 Aufsenendm. 70—80 mm; Höhe 65 mm. 
Innendm. 50-65 „ Tiefe 40 „, 
Die Eier sind birnenförmig oder oval, glatt, wenig glänzend 


oder glanzlos, haben graugrüne oder gelb graugrüne Grundfarbe, 


 unregelmäfsige, kleinere und violettgraue Schalenflecken und 
hell- bis dunkelbraune verwischte Oberflecken, ebensolche bis 


schwarze Schnörkel, die um den oberen Pol gedrängter stehen. 


4 Eier messen: 44,5— 47,3 X 31 —32,7 mm. 


| Fam. Ardeidae. 
20. Nyeticorax cyanocephalus (Mol.) = „Huaraco oder Huairaco“. 


' Iris: zwei konzentrische Ringe, der innere gelb, schmal, 


der äufsere zinnoberrot, breit. Untere Augenlider und nackte 


; Haut im Augenwinkel gelbgrün. Schnabel: Oberkiefer schwarz, 


ER 


446 R. Päfsler: ; 


Dentalgegend hellgrün, Unterkiefer selblicherih nur zwischen S 
6 bis 27 mm von der Spitze schwärzlich. — Läufe: Obergelenk I 
ringsum grünlich gelb, Fülse vorn, Zehen oben hell grau- 
braun mit hellgrüner Schildzeichnung, seitlich und hinten grün- 
gelb. Sohle dunkelgelb. Nägel hellgraubraun-hornfarben. — 
Eine kleine Kolonie dieser Nachtreiher nistete ziemlich weit ent- 
fernt in hohem Eukalyptus, dessen Zweige sehr leicht ausbrechen, 
weshalb sie ungestört blieben. — Ihr Ruf ‚köäu“ wurde abends 
zuweilen gehört. .% 


21. Ixobrychus involucris (Vieill.) = „Cuerpo sin alma“. 


Iris: gelb. — Schnabel: oben und seitlich bis Nasenhöhe 
olivengrün, nach der Spitze zu olivenbraun, Oberkiefer unterhalb 
Nase von Wurzel bis Spitze schwefelgelb, ebenso der Unterkiefer. 
Auf der Wachshaut zieht sich von der Nase nach dem Ober- 
rande und Unterrande des Auges je ein gelber Streifen, da- 
zwischen braun (fulvus), der untere etwas breitere gelbe Streifen, 
ist durch einen schmalen, braunen (fulvus) begrenzt. Läufe: vorn 
und seitlich und die Zehen oberhalb grasgrün, Läufe hinten, 
Zehen unten und Sohle schwefelgelb. Nägel: oberhalb dunkel- 
braun, unten und innere Hälfte hell hornfarben. : 

Dieser Reiher führt in den mit Schilf und Rohr bewachsenen 
Teichen und Sümpfen eine recht verborgene Lebensweise. Selten 
sieht man ein Stück oder ein Paar über den Sumpf oder eine 
Wiese hinfliegen. Sein Flug ist ein träger. Lange sitzt er auf 
einem Zweige oder Schilfstengel dicht über dem Wasser regungs- 
los den Hals in S-Form zusammengekrümmt, schnellt dann plötz- 
lich den Schnabel vor auf seine Beute, einen kleinen Fisch, Li- 
bellenlarve oder dergl. stofsend. — Die Jungen im Dunenkleide 
sind einfarbig strohgelb. Die Brutzeit beeinnt Mitte Oktober. 
Die Gelege enthalten gewöhnlich drei Eier. Die Nester waren 
aus kurzen, trockenen, dreieckigen Schilfstengeln von ca. 100 mm 
Länge gebaut, die strahlenförmig von der Mitte des Nestes 
nach der höheren Peripherie lagen. Das Nest war infolgedessen 
spitz - trichterförmig und hatte einen Durchmesser von ca.150 mm; 
wegen seines losen Aufbaues ist es nicht zu transportieren. 

Die Eier sind elliptisch, glanzlos, glatt, doch reich an 
kleinen Poren, die etwas heller gefärbt sind, einfarbig grasgrün, 
selblichgrün oder srünlichgelb. | 

8 Eier messen 31,5—33 X 25,7—26,5 mm. 


Fam. Anatidae. 
22. Dafila spinicauda (Vieill.). 


Iris: grünlichgelb. Schnabel: Rücken schwarz bis 12 mm | 
vom Ende, welches grünlich grau ist. Die Seiten unterhalb des 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 447 


s Nasenloches sowie Unterkiefer gelb, nur Dentalgegend schwarz. — 
_ Fülse: grünlichhellgrau, Schwimmhäute grau bis olivengrün, an 


den Zehen hellere Streifen. Sohle dunkelgrau. Nägel schwarz. — 
Die Jungen haben grüngrauen Schnabel; sie nehmen nach 
Wintermauserung die Farbe der Alten an. 
Diese Ente ist sehr häufig, zur Brutzeit paarweise, zur 
Winterzeit in Scharen von 10 bis 40 Stück und mehr mit andern 
Arten vereint in den Sümpfen und auf überschwemmten Wiesen. 


Sie nistet Mitte November, legt 7—11 Eier. Die Brutzeit dauert 


21 bis 22 Tage. Nester wurden unweit vom Wasser auf feuchten 
Wiesen in Schilfgrasbüscheln gefunden, aus trockenen Grasblättern 
gebaut und reichlich mit Federn ausgekleidet. — Die Eier sind 


_ oval, glatt, leicht glänzend, rahmfarben oder gräulich rahm- 


farben. | 
9 Eier messen: 53—56 X 36,5—-33 mm. 


23. Querquedula cyanoptera (Vieill.). 
go. Iris: goldrot bis hellrubinrot. Schnabel: schwarz. — 


- Läufe und Zehen chromgelb. Schwimmhäute schwärzlich (grau- 


schwarz), längs der Zehen gelb gestreift. Nägel dunkelhorn- 


farben. — Iris eines alten Q' hatte 2 konzentr. Ringe, innen 


gelb, aufsen rot. 4. 10. 17. 
Q. Iris: kastanienbraun. — Schnabel: Mitte rotbraun, seit- 


‚lich braungrau, grünlich schillernd. Läufe und Zehen grünlich 


graugelb, Schwimmhäute an den Zehen hellgelb, sonst schwärz- 
lich. — Nägel dunkelbraunhornfarben. 
Nester wurden nicht gefunden. — 


| Fam. Gathartidae. 


24. Coragyps atratus brasiliensis (Bp.). = „Galinazo.“ 


Iris: braun. Schnabel dunkelgraubraun, an der Spitze hell- 


grau. Nackte Haut an Kopf, Hals, Tarsen etc. dunkelgrau. 


Diese Aasgeier sind hier seltene und scheue Vögel, während 


‘sie im Norden, z. B. in Callao (Peru), zu Dutzenden bei den 
! Schlachthäusern umhersitzen, in den Strafsen umherlaufen und 


den Menschen sich auf wenige Schritte nähern lassen. Sie leben 
von allem Aas, hier z. T. von den durch die Brandung oder 


_ Flut angespülten Fischen, Seeigeln u. dergl.; auf einer Vieh- 


weide sah ich einen Aasgeier neben einer Kuh und dem eben 
geborenen Kälbchen die Ueberreste der Geburt verschlingen. 


Sie nisten an steilen Berghängen, in Schluchten, an Klippen, in 


Höhlen, machen ihr Nest aus Reisern und Feu oder dergl. oder 
benutzen eine Vertiefung in weicher Erde. Die Brutzeit beginnt 
hier anfangs November. — Ein mir befreundeter Chilene hatte 


ein Paar Aasgeier auf seiner Hacienda bei Arauca häuüg in eine 


Schlucht fliegen sehen. Er liefs an einem Lasso seinen Jungen 


R. Päfsler: 


448 


hinab, der den Horst aus Reisern und Heu mit 2 Eiern fa 
leider zerbrach eines der Eier beim Heraufziehen des Jungen. 
Das Ei, das ich erhielt, ist lang oval, etwas rauh, bläulich weils 
- mit violettgrauen Schalenflecken, rotbraunen Wolken, kleineren 
und gröfseren rotbraunen bis schokoladenbraunen, unregelmäfsigen K 
Flecken, die um den oberen Pol dichter stehen, es milst 
12,5 X 49 mm. 
Bem. Bei Corral (Chile) hatte ich in früheren Jahren 
©. atratus nie gesehen. Dort bildete sich eine Walfischfang-Ge- 
sellschaft. Die Wale wurden in der nahen Bucht bei San Carlos j 
abgespeckt. Bald danach fanden sich diese Vögel ein, die an 
Walüberresten reichlich Nahrung fanden, und sind jetzt häufig. — 


Aisskiiar SE ER 
a rn Sach ea 


25. Chathartes aura jota (Molina). = „Jote.“ 


Auch dieser Aasgeier ist hier nicht häufig und man sicht 
ihn meistens nur paarweise. Seine Lebensweise und Nistweise " 
. gleicht der der vorigen Art, doch nistet er auch in den Sümpfen, 
die hier unzugänglich waren. Einst erhielt ich in Callao zwei 
Eier, die mir ein Knabe aus einem Neste im Sumpf holte. 3 
Zwei Eier, von der „Santa Maria“ Insel erhalten, sind den 
vorigen ähnlich, doch fehlen die Wolken, die Fleckung ist spir a 
licher. 


Sie messen 70 X 50 mm und 71 X 50 mm. 


Fam. Falconidae. | 
26. Oerchneis sparveria einnamomina (SwS.). 


Iris: braun, Augenlider gelb. Schnabel: Wachshaut gelb, Y 
anschliefsend hellgrau hornfarben, Spitze schwärzlich. Läufe und 
Zeben gelb. Nägel schwarz, Sohle hellgelbbraun. 


Ein Nest, aus dem die Jungen bereits ausgeflogen waren, 
wurde cr. 3 Meter hoch in einer Kiefer gefunden. Es war aus 
dünnen Reisern gebaut und mit trockenen Grasrispen ausgeleghäl 
und enthielt einen Schädel einer Drachyspiza capensis. — Alte und 
Junge Vögel wurden im Dezember bei einander gesehen. — ; 


27. Milvago ch. chimango (Vieill.) = „Tiuque“. 


Iris: dunkelbraun bis braun. — Schnabel: bräunlich horn- 
farben bis gelblichbraun, selten hellgraublau. — Läufe, Fülse und ° 
Zehen hellgelbbraun bis dunkelbraun, zuw. hellerauer blau. u 

Dieser Raubvogel ist hier sehr häufig auf den mit hohen 
Laubbäumen bestandenen Viehweiden und an den mit Ackerland 

begrenzten Waldrändern. "% 


Während der Brutzeit: unduldsam gegen ihresgleichen ine | 
ihrem engen Revier, sieht man sie im Hochsommer, Januar und 
en 


2 
i 


I 


nn In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel et. 449 


ebruar zu 10 bis 20 Stück und mehr bei einander auf den 
iesen umherlaufen und dem Fange von Heuschrecken nachgehn. 
Sie nähren sich von diesen, Würmern, Larven, Insekten und jungen 
_ Nestvögeln, doch schlagen sie gelegentlich kleine Vögel, in der 
Nähe eines Hauses auch Küken. 

| Zu zwei Vögeln, welche wenige Tage alt aus dem Neste 
- genommen und mit rohem Fleisch aufgefüttert waren, wurde nach 
- drei Wochen, als sie schon selbst fralsen, ein anderes Junges zu- 
‚gesellt, dem das Futter noch in den Schnabel gesteckt werden 
_ mulste. Vom dritten Tage ab fütterten erstere beide den an- 
_ dern Vogel, als wenn er ihr eigenes Junges wäre; wenn sie ihr 
- Futter erhielten, frafsen sie nicht erst sich satt, sondern fralsen 
_ und fütterten abwechselnd. — Die Brutzeit beginnt Mitte Oktober. 
Die Nester wurden auf hohen Bäumen 4—10 m und höher ge- 
-funden, waren wie die unserer Nebelkrähe aus trockenen Reisern 
gebaut und innen mit Wurzelfasern, Heu, Lappen, Pferdedünger 
und dergl. ausgelest. Die Gelege enthielten 2—3 Eier. Die 
Eier sind kurzoval bis sphärisch, glatt, glanzlos. Die Grundfarbe 
ist rahmfarben, die Fieckung geibbraun, umbra, rostbraun, rot 
bis dunkelrotbraun in allen Abtönurgen und bei manchen Eiern 
_ über die ganze Fläche verwaschen, dals die Grundfarbe kaum 
kenntlich, bei andern bildet sie feine Masern oder unregelmäfsige 
Flecken un! Flatschen, die an einem Pole gedrängter stehn, eine 
Kappe oder Zone bilden, wenige Eier haben einige Schnörkel. 
Mafse von 44 Eiern sind 43—48,5 X 33—37,5 mm. 


Fam. Bubonidae. 


28. Asio f. flammeus (Pont.) = „Nuco“ (gespr. Njuco). 

Q@ 16. 7. 16. Iris: lebhaft gelb, breit. Schnabel schwarz- 
grau. Zehen hellgraugelb. Nägel aufsen schwarz, innenseits hell- 
_ hornfarben. 

ae Wurde auch zur Sommerzeit in einem Schilfsumpfe ge- 
sehn. — Nest nicht gefunden. 


239. Glaueidium nanum King. = „Chuncho“, 

n go‘ Iris gelb. — Schnabel gelblich hornfarben. — Fülse 
_ braungrau, Zehen und Sohle hellbraungelb, Nägel hornfarben, 
Spitzen schwarz (26. 8. 14). — 9 Fülse und Zehen grünlich gelb, 
sonst wie O. 

Einige Bälge, die ich besessen und dem Hambg. Museum 
überwiesen, differierten etwas in der Färbung des Körpers und 
der Schwanzbinden, hellbraun bis rotbraun. — Nester wurden 
nicht aufgefunden. — 


30. Speotyto c. cunicularia (Mol.). — „Pequen.* 
# Iris: gelb. Schnabel: Rücken und Unterkiefer hellgrau horn- 
- farben, seitlich braungrau. — Fülse hellbraungrau, Nägel dunkelgrau, 


Be 


450 SB. Pälsler: 


Diese Eule hat eine grofse Verbreitung. Sie wurde in 
Callao’s Umgebung und bei nördlicheren Häfen Peru’s, also 


30 Breitengrade nördlicher, gefunden. Bei Callao und Lima ist 
sie häufiger Brutvogel und auf den Erdmauern, mit denen Feldern 


und Weinberge umgeben sind, anzutreffen, hier bei Coronel un- 


weit der See in den Dünen, mehr im Innern auf Viehweiden mit 


welligem Gelände. — Unweit ihrer Bruthöhle pflegt sie sich auf 


erhöhte Stellen, auf einen Hügel, Stein,;Pfahl oder dergl. zu setzen, 


um Umschau nach Beute zn halten. Sie nährt sich von Mäusen, 


Fröschen, Eidechsen, Heuschrecken, Insekten und Sumpfkrebsen, 
deren Ueberreste bei den Höhlen herumlagen. Aufgejagt fiegt 
sie nur kurze Strecken und kehrt bald nach ihrem Standpunkte 
zurück. Ihr Flug ist ein schneller und gewandter, doch niedrig 
über die Erde hin, nie habe ich sie auf einem hohen Baume ge- 
sehen. Ihr Ruf ist ein schrilles „pekie, pekie, peki&“. Sie jagt 
hauptsächlich am frühem Morgen und gegen Abend, doch auch 
an hellen und sonnigen Tagen im September wurde sie paarweise 


angetroffen, nach der Brutzeit mit ihren Jungen zusammen. Ihre 


Bruthöhlen benutzen sie im Winter als Wohnung. Die Brutzeit 
beginnt Mitte Oktober. Zwei Nesthöhlen, die ausgegraben wurden, 
glichen einander. Die Nisthöhlen, die sie wohl z. T. selbst 


graben oder doch vergrößsern, haben einen Durchmeser von 
9 bis 12 cm, gehen 60 bis 80 cm tief in die Erde und führen 
dann kreisförmig zur Brutstätte, einer kleinen Mulde, von welcher 


noch ein Zweiggang zum Eingange führt. Eine Höhle war vom 


Eingang bis zum Nest 71/, Meter lang. Das Nest bestand aus 


wenigen trockenen Grashalmen und enhielt (27. 10.) 6 leicht be- 
brütete Eier. . Die Eule entwich in den Nebengang und hat die 
Höhle, wie später festgestellt werden konnte, zu einer Nachbrut 


benutzt. 


Die Eier sind sphäroidisch, glatt (eins gekörnt), stark 


glänzend, weils und haben ziemlich dicht stehende Poren. 
Mafse der 6 Eier sind: 34,5—-36 X 29 mm. 


Fam. Strigidae. 
31. Tyto alba tuidara (Grift.). = „Lechuza“. 


Iris: dunkelbraun. Schnabel: knochenfarben, Dentalgegend 
heilrosa. Füflse und Sohlen haselfarbig, Nägel dunkelgrau, 


Spitzen hornfarben. = 


Im Dezember 1916 erhielt ich ein auf dem Boden einer { 


Mühle ausgebrütetes Junges, das vollständig ausgewachsen war, 
und fütterte es mit rohem Fleisch, abgebalgten Vögeln u. dergl. 


Das Bauer stand im Freien unter einem Vordeck nahe meinem 


Zimmer auf der Kommandobrücke. Im September des nächsten 
Jahres kam fast allabendlich vom Lande her eine Eule, setzte 
sich in der Nähe des Bauer nieder und rief die Gefangene an, | 
und es entspann sich eine Unterhaltung, deren Aufzeichnungen 


4 ? In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 45i 


mir leider verloren gingen. — Eines Abends öffnete ich das 

Bauer und beide fanden sich und bald nachher waren sie ver- 
schwunden. Doch leider scheint die Gefangene, des Fliegens 
entwöhnt, das Land nicht erreicht zu haben. Während der 
nächsten "Abende kam die fremde Eule wieder und liefs ihren 
Ruf hören, dann blieb sie weg. — Lebensweise gleicht dem unserer 
Schleiereule. 


Fam. Caprimulgidae. 


39, Stenopsis longirostris (Bp.). = „Gallina ciaego“ oder „Bocon“, 


‘ Iris: schwarzbraun. Schnabel dunkelgrau. Läufe und 
Zehen grau. Nägel dunkelgrau. | 
Der Ziegenmelker ist hier ziemlich selten, verbirgt sich 
tags in niedrigem Gestrüpp, unter den Zweigen niedriger Kiefern, 
liegt aufgejagt lautlos 20—40 Meter weit und verbirgt sich von 
Neuem. Er lebt wie Caprimulgus europaeus hauptsächlich von 
Nachtschmetterlingen und Insekten. — Anfang Januar wurde ein 
Gelege (2 Eier) in einer Bodenvertiefung ohne Nestbau gefunden. 
Die Eier sind elliptisch, glatt, glanzlos, hellbräunlichstein- 
farben mit matt grauvioletten Schalenflecken und haselbraunen 
Oberflecken, welche feinen chinesischen Schriftzeichen ähneln, die 
gleichmälsig über die Eifläche verteilt sind. 
Mafs von 1 Ei 29,3 X 21,3 mm. 


Fam. Picidae. 


33. Oolaptes pitius (Mol.). = „Pitigue“. 


Iris: gelb, am Aufsenrande heller als innen. — Schnabel 
'schwarzgrau. — Läufe und Zehen haselfarben, Nägel etwas 
- dunkler: hornfarben. — (23. 7. 16, J u. 2). 

Diese Spechte mit krummem Schnabel suchen sich ihre 
Nahrung wie die unsern unter der Rinde alter Bäume — hier 
unter der Schale von Eucalyptus etc, doch im Winter wurden 
sie öfters paarweise auf den Wiesen nach Nahrung suchend be- 
obachtet. Als Mageninhalt wurden unter Käferresten die Scheren 
eines Skorpions gefunden. — 

Eine Nisthöhle wurde nicht aufgefunden. 


34. Dryobates lignarius (Mol.). 


Iris: kirschrot. — Schnabel: Oberkiefer dunkelgrau, Unter- 
kiefer hellgrau. Spitze dunkelgrau. — Läufe und Zehen grau. 
Sohle gelblichgrau (chamois), Nägel oben dunkelgrau, seitlich und 

unten hornfarben. (J' 18. 8. 16). 
Hier recht selten. Eine Nisthöhle in einem abgestorbenen 
Baume cr. 10 Meter über der Erde konnte nicht untersucht 
werden. 
Journ, f, Orn. LXX. Jahrg. Oktober 1922, 30 


452 R Pälsler:: 


Fam. Trochilidae. 


35. Patagona gigas (Vieillot). — „Pica flor (grande), 


Iris: schwarz. — Schnabel schwarz. — Läufe, Zehen braun. " 
Dieser Kolibri hat eine grofse Verbreitung. Mehrere Mal 4 
sah ich ihn zur Sommerzeit in der Magellan-Stralse, während 7 
einer Schneeböe kurze Zeit an Bord, ebenfalls im Smyths’-Kanal. 
Taczanowski führt ihn unter den Kolibris Perus auf. Hier be- 
bevorzugt er die gelichteten Waldungen an Berghängen, die Täler 
mit Wasserläufen, ist aber auch in den Gärten der Ortschaften ° 
zu finden. Er ist nicht selten und fällt durch sein lautes Zirpen 
und seinen Flug auf. Bei sonnigem, warmen Wetter pilest er 
häufig zu baden, taucht fiiegend in einen kleinen Wasserfall und 
läfst sich überfliefsen, sucht in schwerem Fluge einen nahen 
Zweig auf, wo er der Sonne ausgesetzt die Flügel strekt, sein 
Gefieder putzt und ordnet. Seine Nahrung besteht in kleinen a: 
Insekten, die er in den Blüten vom Fingerhut, Jelängerjelieber ! 
etc. findet, indem er von Blume zu Blume schwirrt und den 
Schnabel in die Kelche versenkt. Dabei bringt er durch schnellen 2, 
Flügelschlag ein Geräusch hervor, das dem Surren unserer 
grofsen Nachtschmetterlirge Sphin® cosnvolvuli gleicht. Man 
sieht ihn vereinzelt oder paarweise. In den Wintermonaten 
Juni bis Ende August wurde er hier nicht gesehen, er sucht ‘ 
dann wohl etwas nördlichere Gegend auf oder dichtere Waldungen, 
in denen er Nahrung findet. Aus einem Neste nahm ich die 
Eier, nach einer halben Stunde safs der Vogel auf leerem Neste, 
flog aber bald ab. Am nächsten Tage trugen beide Kolibris das 
Nest ab nach einem cr. 100 Meter entfernten Bäumchen, wo ein 
neues Nest angefangen war, und nach wenigen Tagen war dies 
fertig. — Da es dicht an einem Bergabhange stand, konnte ich 
von oben hineinsehen. Am 13. Tage, nachdem das' 2. Ei darin 
lag, waren die Jungen ausgeschlüpft, die von beiden Alten au’ 
gefüttert wurden. P. gigas macht zwei Bruten, die erste ber 
sinnt in der 2. Hälfte des Oktober, die letzte Ende Dezember 
oder anfangs Januar. Die Gelege enthalten zwei Eier, die Brut- 
zeit dauert 12 bis (oder) 13 Tage. — Die -Nester sind sehr 
künstlich zwei bis vier Meter über der Erde in eine Zweiggabel 
oder auf einem dünnen, schwankenden Zweig fest verwebt aus 
Moos und Baumiflechten gebaut, aulsen mit Spinngewebe überzogen, 1 
innen mit Schaf- oder Pflanzenwolle, zuweilen auch einigen 
kleinen Federn ausgelegt. — Ein abnormes Nest hatte die Blume = 
einer Distel als Unterlage, deren Kelch den Nestrand, deren 
Staubfäden die Auskleidung des Nestes bildeten. (Im Hambg. 
Museum). i 
Die Nester messen: Aufsendm. 68—75 mm, Höhe 60-66 mm 
| Innendm. 33—41 ,„ Tiefe 22-28 „ Ei 
Die Eier sind langoval, glatt, glanzlos, weils. Ei 
Mafse von 10 Eiern sind: 19-—- 21,7 x 12—13 mm. 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 4583 


en 36. Eustephanus galeritus (Molina). = „Pica flor.“ 
Ä Diese Kolibris sind hier nicht selten und ihre Lebensweise 
ist der der vorigen Art ähnlich. Sie wurden zur Sommerzeit 
im Nordteile des Smith’s Kanal angetroffen und in den nörd- 
 licheren Häfen Chiles mit wenig Vegetation bis Astofagasta, von 
cr. dem 48° Süd bis zum Wendekreise. — Hier lebt er in Gärten, 
am Waldrande und auch in dichten Wäldern, im Sommer paar- 
_ weise, im Winter zu kleinen Gesellschaften vereint. Zirpend wie 
unsere Goldhähnchen ziehen sie dann von Baum zu Baum und 
suchen zwischen den Blättern und Knospen, wobei sie die hohen 


 Eukalyptus zu bevorzugen schemen, nach Nahrung. Bei an- 


‚haltendem, strömenden Regen wurden sie nicht gesehen. — Sie 
 nisten recht versteckt auf dichten Sträuchern 1 bis 3 Meter über 
- der Erde im Schutze anderer Bäume, an Berghängen auf Büschen 
in schattigen Grotten, an Flüssen auf überhängenden Zweigen. 
Sie machen zwei Bruten, deren erste bei günstigem Wetter 
‘schon Ende August, sonst Anfang September, deren letzte An- 
fang oder Mitte November beginnt. — Die Nester werden sehr 
_ künstlich, über einen odere mehrere kleine Zweige verwebt, aus 
Moos und Baumflechten gebaut und innen mit Moos und einzelnen 
-Federchen ausgelegt. 
Malse von 3 Nestern sind Aulsendm. 62—70 mm; Höhe 44—46mm 
E- | Innendm. 20—28 „ Tiefe 15—18 „, 

Die Eier sind walzenförmig, glatt, glanzlos, wei!s. 

4 Eier ınessen 13,5—15 X 9—10 mm. 


Fam. Pteroptochidae. 


37. Triptorhinus paradoxus (Cab.). —= „Chercan‘. 


Iris: dunkelbraun. — Schnabel: Oberkiefer schwärzlichgrau, 
Unterkiefer bis Mitte heilgrau hornfarben, vordere Hälfte grau. — 
"Läufe und Zehen glänzend rostbraun. Nägel hellhornfarben. 
| Dieser Vogel hält sich mit Vorliebe in feuchtem Gelände 
mit Unterholz auf, in dichten Quilobüschen (Rohrart) an Wasser- 
läufen. Häufig hört man seinen einförmigen Ruf: kö, kö, kö, kö, 
'kö, schnell wiederholt und ziemlich laut. Geht man dem Rufe 
nach, verstummt das Vögelchen, doch verhält man sich still, hört 
"man bald ein Rascheln in den trockenen Blättern, das wieder- 
‚holte kö, kö, kö, und sieht im niedern Gebüsch den rundlichen 
Vogel nach Insekten suchen, an der Erde im Laube scharren, 
Käfer und Spinnen verzehren. -— Als ich gelegentlich zwei 
kaum flügge Junge aus einem Dickicht auf eine Wiese mit 
niedrigerem Gebüsch trieb, eines derselben fing und dies piepte, 
kamen beide Eltern in die nächsten Büsche und ängstlich tönte 
"ihr Lockruf tjöt, tjöt, tjöt, bis ich ihnen ihr Junges zuwarf. Die 
Jungen (ich fand die mit glatterem und gebogenem Schnabel im 
Neste), werden von beiden Alten grofs gefüttert, sie sind auf 
ER - 30* 


- 454 0 .R. Päfsler: 


Rücken und Unterseite schmutzig gelbbraun mit grau meliead # 
auf ersterem etwas dunkler; nach der Mauserung nehmen sie die | 
Färbung der Alten an. Ihr Flug ist ein schwerer und sie fliegen ° 
nur ganz kurze Strecken, von Strauch zu Strauch. — Sie machen 
zwei Bruten, die erstere beginnt gewöhnlich Ende Sept. die 
zweite in der zweiten Hälfte des November, doch wurden ine 
einem frühen Frühjahr Ende September schon Junge im Nest ge- 
funden. Sie legen zwei Eier. Das Nest bauen sie gewöhnlich 
in einen dichten Strauch oder Hecke in einen Wust von trockenen 
Zweigen und Blättern !/, bis 11/, Meter über der Erde. Es ist 
rundlich aus trockenen Halmen und Gräsern, oft noch mit trockenen 
Blättern umhüllt und hat auf 2/, seiner Höhe seitlich ein Schlupf- 
loch, innen ist es mit trockenen, weichen Halmen ausgekleidet. 
Der Aufsendm. ist 140-180 mm, Innendm. er. 80, die Tiefe unter 
dem Schlupfloche 50 bis 60 mm. gi 

Die Eier sind breit-oval bis beinahe elliptisch, glatt, mälsig 
glänzend, weils und haben feine Stichporen. 

12 Eier messen: 22,4-24 X 18—20 mm. 


38. Pieroptochos rubecula Kittl. = „Tricau“. 


Dieser Vogel ist hier in hügeligem Gelände, in bewaldeten 
Tälern und Schluchten mit Wasserläufen nicht selten. Häufig 
hört man seinen Ruf, bald hier — bald dort: wük, wuk, wük, 
wük, etc., der im hohen Tone beginnt und tiefer und leise endet, 
doch selten bekommt man den Vogel zu Gesicht. Nähert man 
sich ihm, seinem Ruf folgend, und späht in das dichte Gebüsch, 
hört man wohl ein Rascheln im Dickicht, sieht im schattigen 
Halbdunkel die Blätter fliegen, ein paar Sprünge eines Wesens, 
von dem man nicht erkennt, ob Nagetier oder Vogel und fern 


ruft es „TörX&u. — trl,gu. — Und dennoch scheint der Vogel” 


nicht menschenscheu zu sein. — Als ich mich zwecks Beobachtung 
unter einem Busch gelagert, wo ich ihn gehört hatte, näherte 
sich mir einer dieser Vögel auf zwei Meter, musterte mich mit 
seinen grofsen, braunen Augen, besah sich mifstrauisch meinen 
am Boden liegenden Tropenhelm, hüpfte mit steil aufgerichtetem 
Schwanze umher, suchte im Laube scharrend nach Spinnen und 
Käfern, rief sein wük, wük, machte bei jedem Rufe einen Knix und 
wippte mit dem Schwanze und scharrte von neuem, -— knacks brach 

ein Zweig auf den ich mich gestützt hatte — ein paar groteske 
Sprünge — und er war im Dickicht verschwunden. — Die Nester, 
die gefunden wurden, waren z. T. in einem steilen Flufsufer in ' 
Löcher von er. 10 cm Dm. und 60 bis 70 cm Länge, die in | 
einer Mulde endeten, z. T. an einem Bergabhang im Grase ver- 
steckte Löcher von nur 30 cm Länge, aus Wurzelfasern und | 
Grasrispen gebaut und mit trockenen Gräsern und wenigen | 
Pferdehaaren ausgekleidet. Sie malsen: Aufsendm. 100—120; ; 
Idm. 75—80, Tiefe 40-50 mm, sie wurden ee Oktober, ! 


Z 
Er Uenen 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 455 


Mitte und Ende November mit je zwei Eiern gefunden. — Kleine 
Junge, in einem Erdloch am Wasserlaufe unter überhängender 

Wurzel gefunden, wurden von beiden Eltern gefüttert, die ich 

mal gleichzeitig hin- und wegfliegen sah sonst wäre es bei den 
gleichfarbigen Vögeln, die nur einen Teil einer Sekunde sichtbar 

- waren, nicht festzustellen gewesen, da sie bis zum Uferrande im 
Diekicht liefen. — 

| Die Eier sind breit oval, glatt, zartschalig mit dicht stehenden 
feinen Poren, mäfsig glänzend weifs. 

| 6 Eier messen 28—29,8 X 23,4—24,1 mm. 


39. Hylactes tarniü (King). = „Huez, Huez“. 


Iris: braun. — Augenlid nackt grau. — Schnabel, Läufe, 
Zehen, Nägel schwärzlich. (Vogel war acht Stunden vordem ge- 
schossen). 


Hier selten, lebt in den bewaldeten Tälern an Flusläufen. 
Seine Lebensweise ist der der anderen Pteroptochidae ähnlich. — 
Am Flüfschen Manco, das zu beiden Seiten seines oberen Laufes 
300 bis 500 Meter hohe ziemlich steile Hügel hat, in dem ich 
mit einer mir befreundeten Familie öfters Krebse fing, die nach 
einem Spiefsbraten den Nachtisch bildeten, hörte ich nach Jahren 
einen dieser Vögel wieder, den ich bei Corral am Wasserfall 
kurz hörte und unter hohen Farnen hinschlüpfen sah. — Es 
war ein sonderbares Sägen und Grunzen, so dafs ich meinen 
alten 70 jährigen Freund, der Siesta hielt, erst in Verdacht hatte, 
er wäre auf einen Ast gestofsen, da folgte ein kofi, koff, kofl, — 
- chus, chus — ein sonderbarer Pfiff, dafs ich glaubte hinter dem 
nächsten Busche würde eine Chilene mit Hund und dem Ferkel 
_ hervorkommen, dann ein nahes Krächzen, ein fernes fä | ip 


_ Als ich mich aufrichtete ein Rascheln im Gebüsch und — alles 
still! Bald wiederholte sich das Konzert miteinigen Abänderungen, 
doch in schwer zu beschreibenden Tonarten. Und es ist schwer 
zu entscheiden, kamen die verschiedenen Töne wirklich alle aus 
einem Vogelschnabel? Später sah ich vom Flufsrand etwas hin- 
springen und fand am steilen 2 Meter hohen Flufsufer in lehmiger 
ı Erde ein Loch, darunter frisch ausgescharrte Erde, im Eingang 
die Abdrücke grofser Vogelfüfse. — Zwei Meter rechts und 
acht Meter links vom Loche war kahles Flufsufer. — Am 
nächsten Tage jagte ich den Vogel vom Neste, ein schneller Flug, 
dem ich dem schweren Vogel nicht zugetraut hätte, drei Sprünge 
auf den langen Stelzen, und er war im Dickicht verschwunden 
— tarnü! — Lange mulfste ich in meinem Verstecke warten, 
ehe der Vogel sein Nest wieder aufsuchte, währendesein Gatte 
in der Nähe krächste und kläffte Aus dem Gebüsch kam 
tarnii, mit aufgerichtetem Schwanz; drei oder vier Sprünge 
"über die freie Fläche und er war in der Nisthöhle verschwunden, 
die er bei meinem Aufstehen auch wieder verliefs. Die Höhle 


456 00R. Pafler: 


hatte einen Durchmesser von 12 bis 15 cm ging 30 cm t 
ins Flufsufer, dann seitlich 80 cm endigte sie in einer Mulde 
die mit wenigen trockenen Grashalmen ausgelegt war. — Ei 
weiterer Brutplatz wurde trotz vielen Suchens nicht gefunden 
obgleich der Vogel dort später und auch im nächsten Jahre da’ 
war. Nur einmal im Spätsommer sprangen drei hinter einander 
in einer Entfernung von 60—80 Metern über den Weg in grolsen 4 
Sätzen, doch so schnell, dafs ein Jäger, der das Gewehr nicht an 
der Backe hatte, keinen hätte erlegen können. Ich habe nur ein 
Stück in Händen gehabt. — Das Nest enthielt zwei leicht be- 
brütete Eier (Mitte November). Diese sind breitoval, etwas 
glänzend, weils und haben viele kleine Stichporen. a 
Sie messen: 38,5 X 29 und 36 X 29 mm. 


40. Hylactes megapodius (Kittlitz). = „Turco“ auch ‚„Tapacıloä | 


Iris: braun. Schnabel, Läufe und Zehen schwärzlich (juv.). 

Der Turco hält sich mit Vorliebe an steilen mit, Quila 
(Rohrart) bewachsenen Berghängen auf, läfst sich dort recht 
fleilsig hören, aber — nur selten sehen, obgleich er doch eine 
hübsche Vogelerscheinung ist, und durch seinen feuerroten Bürzel, 
den er im Fluge und ‚Sprunge sehen läfst, leicht ins Auge fäll 
Er kriecht fast immer im Dickicht umher, und wenn man ihn auch 
in nächster Nähe hört, weils er sich doch so geschickt zu ver-' 
bergen, dafs es ein Zufall ist, wenn man ihn auf einen Augen- 
blick sieht. Sein Ruf hat oft einen Anklang an die beiden An- 
fangstöne unsers Pirolrufes oder an tiefe Amseltöne, — flötend _ 


und besteht meistens in vier Tönen )& ga Kommt er“, 


Modulationen. Das einzige Nest, das ich fand, nahm ich nach 
Feststellung des Vogel gleich aus, da ich ein Pt. rubecula-Nesiäl 
das ich kurz vorher nahebei gefunden und au dem ich die’ 
Fütterung der Jungen beobachten wollte, zerstört fand. — Ein’ 
junges, leider sehr zerschossenes Stück hatte im Magen Pflanzen 
und Käferüberreste. — Ein Nest wurde im Flufsufer in eine 
8/, Meter langen Loche unter überhängenden Wurzeln verborgen 
-am 9. Oktober gefunden. Es war aus trockenen Gräsern und 
Wurzelfasern gebaut und enthielt zwei Eier. 
Die Eier gleichen den vorigen und messen 35,5 x 97 5 
und 37,3 X 27,5 mm. en 
Bem. Einige der Pieroptochidae-Eier zeigten geibbräuntiel 


Flecken, die von vom Vogel übertragener Erde der Bruthöhle 
berrührten. — 


in allen ji 


Fam. Dendrocolaptidae. 


. Geositta ce. cumicularia (Vieill.). = „Caminante“. 


va braun. — Schnabel: schwarz, nur Unterkiefer von der. 
Wurzel bis Mitte hellgrau hornfarben. — Läufe und Zehen dunkel 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete.e 457 
braun, Nägel schwarz, Sohle hellgelbbraun. Männchen und 
Weibchen gleichfarbig. — 
& Diese Dendrocolaptidae leben hier in welligem, trockenen Ge- 
 lände mit wenig Vegetation auf Wegen und Feldern mit sandigem 
_ Boden, Sie nähren sich von Würmern, Insekten, hauptsächlich 
 Käfern, die sie am Boden schnell hinlaufend erhaschen. Aufge- 
jagd fliegen sie nur kurze Strecken, lassen im Fluge ihr hell 
klingendes ti ti ti ti ti tirrrrrrrr hören und laufen dann auf der 
Erde weiter und setzen sich weder auf Baum noch Strauch. 
_ Man sieht sie Sommer und Winter, vereinzelt oder paarweise, 
- resp. mit ihren Jungen — vier bis sechs Stück. Für ihre Brut- 
 stätten suchen sie sich Erdlöcher auf, die sie auch während der 
Regenzeit als Wohnung benutzen, was die vielen Fufsspuren 
zeigen. 
| Beim Ausgraben einer Bruthöhle wurden drei Vögel ge- 
sriffien, die den Alten in der Färbung glichen, nur der weichere 
_ Schnabel, in der Dentalgegend noch gelblich, liefs die Jugend 
erkennen. Freigegeben flogen sie zu den nahen ängstlich 
_ lockenden Alten und liefen dann zusammen umher. Auffällig 
war, dafs die flugreifen Vögel noch so lange das Nest hüteten. — 
Sie machen zwei Bruten. Die erste beginnt Anfang oder Mitte 
- Oktober, letzte Mitte Dezember, sie legen ärei oder vier Eier. — 
- Die Brutlöcher führen 60—80 cm tief schräg in die Erde, biegen 
_ seitwärts ab und führen nach cr. 2 Meter Länge etwas aufwärts 
zu den Nestmulden, die immer nur mit wenigen trockenen Gras- 
 stückehen, Blüten u. dergl. ausgelegt waren. — 
S Die Eier sind :egelmälsig oval, glänzend weils, haben viele 
kleine Poren und eine netzähnliche Aderung in der Struktur. 
| Sechs Eier messen 23—24 X 18—18,5 mm. 


42. ? Geositta rufipennis (Burm.) —= „Caminante“. (?) 


5 Diese Geositta wurde unweit des Bio-Bio auf Feldern, mit 
- Thymian bebaut, im September gesehen, dort auch eine Bruthöhle, 
die viele Fulsspuren aufzeigte, gefunden, die jedoch der frühen 
“ Jahreszeit wegen nicht weiter untersucht wurde. Ein Stück, das 
en wurde, ging leider unterwegs verloren, so dals eine 

- Nachprüfung der Bestimmung nicht stattfinden konnte, weswegen 

ich die Species mit ? bezeichne. Sie ist hier selten und wurde 

nur bei La Raqueta mal wieder angetroffen. I) — 


k 43. Upucerihia dumetoria (Geofir. & d’Orb.). — „Molinero“. 
Iris: schwarz. Schnabel, Füfse und Zehen dunkelbraun 
 hornfarben. 


‘ 1) Möglicherweise handelt es sich um die Form Geositia ruft- 
Beennis faseiata (Phil. & Landb.). — Red. 


458 | R. Päfsler: 
Diese und die nächste Art sind vom Süden Chile’s bis 
Nord-Peru, von der Küste bis hoch in die Anden hinauf ver- 
breitet. Hier wurde dumeloria nur zwischen Ccronel und Lota 
beobachtet, wo er an steiler Felswand am Meeresstrand nach 
einem Loche zu- und anflog, um zu füttern. Weiter nach Norden, 
an der vegetationslosen Küste, ist er eine hänfige Erscheinung. 
Dort, wo der Grofse Ocean seine Wogen an die steile, zerklüftete 
und felsenreiche Küste rollt, bei Eintritt der Ebbe Lachen voller, 
kleiner Seetiere zurücklälst, findet er immer seinen Tisch gedeckt, 
denn kleine Krebse und Krabben, Asseln, Würmer, Insekten 
und Maden sind seine Nahrung. Im September jagt das 0‘ sein 
gleichfarbiges Q am Strande bergauf, bergab, über Steine und 
Felsen, laufend, springend und fliegend, bis es sich plötzlich duckt 
und die Flügel etwas breitet, er aufhüpft und den krummen 
Schnabel über seinen Kopf drückt. — Auf Felsen und Klippen, 
von der Brandung umwogt, sucht er laufend und hüpfend seine 
Nahrung, und wälzt sich plötzlich eine höhere Woge heran, die 
die Felsen bespült, entgeht er ihr durch Aufspringen und 
schnellen Flug, und seine hohen, klirrenden Rufe übertönen die 
tosende Brandung. — (Diese Rufe, eintönig und schnell wieder- 
holt, lassen sich ähnelnd durch schnell an einander geschlagene 
Stahlstangen wiedergeben). — In Moilendo (Peru) an der Landungs- 
brücke, wo Leichterfahrzeuge Ladung löschten, die Ketten der 
Dampfkrähne rasselten, Lokomotiven hin und her fuhren, flog 
solch Vogel unter dem Dache des Zollschuppens heraus, dicht 
über die Köpfe der Arbeiter weg unter die Brücke, lief dicht 
überm Wasser auf! den eisernen Trägern und Gestänge umher, 
suchte nach Nahrung und flog unter das Dach des Zollschuppens 
zurück. — Zu verzollen hatte er dort nichts, aber sicher sein 
Nest mit bungrigen Jungen. — Bei Antofagasta fand ich Mitte 
November auf einer kleinen Insel zwischen Felsen ein Nest aus 
wenigen trockenen Seepflanzen gebaut mit drei Jungen; bei 
Coloso in einer Felsenspalte am 5. 11. ein Nest an der Erde, 
das der Vogel erst verliefs, als ich ihn mit einem Draht mit 
Beutel berührte. Es war aus wenigen trockenen, zerwaschenen 
Gräsern gebaut und enthielt ein Ei. Dies ist langoval, am untern 
Pole zugespitzt, zartschalig, wenig glänzend, weils und milst 
30,2 X 21,8 mm. 


44. Oinclodes nigrifumosus!) (D’Orb. & Lafr.). = „Molinero“. 


Iris: dunkelbraun. — Schnabel schwarz. Läufe: Fülse, 
Zehen dunkelbraun. | | = 

Seine Lebensweise wie die der vorgenannten Art. Er nistete 
hier an Wasserläufen in Tälern und hügeligem Gelände. Inden 
Bächen hüpft er von Stein zu Stein wie unser Oinclus aquaticus 


1) Belegstück fehlt. 


I der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel et. 459 


_ und sucht an den Wasserpflanzen nach Futter. Sie leben ein- 
 zeln, paarweise resp. mit ihren Jungen, doch nie sah ich sie in 
grölseren Gesellschaften. — Nester von ihm wurden am über- 
hängenden Flulsufer unter Baumwurzeln oder an steilen Wänden 
‚in Erdlöchern von cr. 9 cm Durchmesser und 50-70 cm Länge 
gefunden. Sie waren aus Wurzelfasern und trockenen Grashalmen 
gebaut und mit letzteren, weicheren ausgekleidet, eines der 
Nester mit wenigen Federn ausgelegt; sie enthielten 2 und 3 Eier. 
 Ö. nigrifumosus macht wahrscheinlich zwei Bruten, denn Nester 
mit frischen Eiern wurden in erster Hälfte Oktober, Mitte De- 
. zember und anfangs Januar gefunden. — Die Eier sind regel- 
mälsig oval, zartschalig, doch durch eine netzähnliche Aderung 
in der Struktur leicht rauh, mälsig glänzend, weils. 
10 Eier messer: 26,8—28 X 20,3—21,5 mm. 


45. Oinclodes patagonicus (Gm.). = „Molinero“ oder „Churrete“. 


Iris: braun. — Schnabel schwarz, nur Unterkiefer Wurzel 
bis Mitte unterhalb graubraunhornfarben. — Läufe und Nägel 
graubraun. Nägel schwarz. — i 

Von Süd-Chile bis Central-Chile (Valparaiso) gefunden. — 

Die Lebensweise, Nester und Eier gleichen denen der vorigen Art. 

Neun Eier messen 25,8—27,5 X 20—21,5 mm. 


46. Cinclodes fuseus (Vieill.). = „Molinero“. 


Hier ziemlich häufiger Vogel. Seine Lebensweise gleicht 
der der vorigen, doch ist er zutraulicher, kommt in die Gehöfte, 
in Stallungen und Schuppen, wo er auch unter den Dächern zu 
- nisten pflegte. — Sie variieren in der Färbung des Unterkörpers. 
Ein Stück, das vor mir am Fenster einer Veranda Spinnen und 
Eulen (Nachtschmetterlinge) verzehrte, war von Kehle bis Schwanz 
fast gleichmälsig hellgrauweifs ohne Streifen. — Während des 

letzten Winters, den ich in Coronel verbrachte, kam allabendlich 
ein Stück vom nahem Lande an Bord geflogen und suchte sich 
auf einer Treppe, die horizontal unter dem Oberdeck aufgehangen 
war, seine Schlafstelle. Sein Ruf ist ein hohes, laut klingendes 
Zürrrırr. — Ein Nest mit Jungen wurde Ende Dezember in 
einer Vertiefung oben am Eingang eines verfallenen Kohlenschachtes, 
ein anderes am Flulsufer in einem Erdloche von 52 cm Länge 
gefunden. Letzteres, aus Grasrispen und trockenen Halmen gebaut 
und mit einigen Federn ausgelegt, enthielt am 18. Dezember 
drei Eier. / 

Diese messen: 26—26,8 X 20,2—20,7 mm. 


47. Aphrastura spinicauda (Gm.). 


Lebt in den Waldungen und mit Büschen bestandenem Ge- 
lände, bevorzugt die feuchten Niederungen, wo er im Sommer 


460 | OR. Päßsler: 


paarweise oder mit seinen Jungen anzutreffen Im Winte 
ziehen sie wie unsere Meisen zirpend von Baum zu Baum, vo 
Strauch zu Strauch und suchen nach kleinen Insekten, Fliege 
und Spinnen und deren Eiern, die ihre Nahrung bilden. Jun 
Q sind sehr ähnlich, ersteres ein wenig lebhafıer und heller ge- 
färbt; den Jungen fehlt die weilse Augenbraue. — Der Vogel 
macht zwei Bruten, die erste beginnt Mitte Oktober, die zweite 
cr. Mitte Dezember. Nester wurden in Baumlöchern, häufiger ” 
im Dickicht von Schlingpflanzen gefunden, wo sich Reisig und 
trockenes Laub angehäuft hatte. Sie waren sehr lose in rund- 
licher bis cylindrischer Form aus trockenen Grasrispen und 
Halmen gebaut und innen mit verwitterten, weichen Gräsern und 
Federn ausgekleidet. — Die Nester enthielten 2 oder 3 Eier ° 
(Gelege). — Die Eier sind regelmälsig bis breit-oval, glatt, glanz- 
los, weifs — nicht selten durch den Vogel, der durch das staubige = 
Diekicht kriecht, schmutzig-grau. E 

Zwölf Eier messen: 17—19 X 13—14 mm. 


48. Sylviorthorhynchus des-mursi (Gay). — „Oolilarga“ 1 
(Langschwanz). Fe 

Iris: dunkelbraun. Schnabel: Oberkiefer dunkelbraun, an 

der Wurzel fast schwarz, Spitze heller; Unterkiefer hellgrau 
hornfarben, Wurzel grauweils. — Läufe und Zehen BNNZENE a 
hellgrau (silberfarben), Nägel weifslich-hellgrau. — ER 
Dieser Vogel ist hier recht selten und bewohnt mehr den 
Süden Chile's. Er wurde im Sommer in feuchtem Gelände mit 
niedrigem Gebüsch, im Winter zu mehreren Stücken umher- 
ziehend gesehen. Er lebt hauptsächlich von kleinen Insekten. F 
Es wurden nur zwei Nester von ihm gefunden, eines mit 
3 Jungen, das zweite mit 3 Eiern. — Bei ersterem fütterten beide 
Eltern ihre Jungen mit Insekten oder kleinen Raupen, die siein 
den Büschen, von Zweig zu Zweig kletternd, fanden. Die Be- “ 
wegungen der langschwänzigen Tierchen waren äufserst anmutig 
und graziös. — Die Nester waren ®/, und 11/, Meter über dem 
Erdboden in Myrthenbüsche lose aus trockenen, breiten Schilf- 
gräsern gebaut, hatten rundliche Form, seitlich in zweidrittel 
ihrer Höhe ein Schlupfloch und waren innen mit weichen Gräsern = 
und Federn ausgekleidet. Mafse der Nester sind: Aufsendm. 
160 mm, Höhe 130, Innere Tiefe unter dem Schlupiloch 45 mm. — 
Die Eier sind birnenförmig, glatt, wenig glänzend und messen: 
20,5—21 X 14,7—15 mm. (gefunden 18. 10. 16.) e. 


49. Phloeocryptes m. melanops (V ieillot) = „Trabajador“ (Arbeiter). 


(Iris: «glänzend braun. Schnabel schwarz. Unterkiefer, 
Dentalgegend rötlichgrau. Fülse bläulichgrau — nach Tacza- 
. nowski). ® 
Diese Synallaxisart lebte ganz abweichend von den andern 
in den mit Rohr und Schilf bewachsenen Lagunen und Sumpf- 


Inder ‚Umgebung Ooronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 461 
_ wiesen, die vom Mai bis Januar'unter Wasser stehen und dann 
2. T. austrocknen. Sie nähren sich von kleinen Insekten, die sie 
durch das Schilf schlüpfend und von Stengel zu Stengel hüpfend 
 jangen. Sie halten sich sehr verborgen in dem untern Teile 
des Schilfes auf, verraten ihre Anwesenheit aber durch eigen- 
tümliche, knarrende Töne, die dem Froschgesange ähneln. Sie 
_ machen zwei Bruten, die erste beginnt je nach Eintritt der 
trockenen Jahreszeit, Ende September bis Mitte Oktober, die 
2. Mitte oder Ende Dezember. Die Gelege enthalten drei, sehr 
selten 4 Eier. Sie bauen ein sehr künstliches Nest von eylin- 
drischer oder konischer Form mit der Spitze nach unten, um 3 
oder 4 Schilistengel befestigt aus Wasserpflanzen, trockenen. 
Schilf-Stücken und -Blättern, Grasrispen, seitlich in 2/, der Nest- 
höhe das Schlupfloch, das gewöhnlich noch von einem Dache über- 
ragt wird, um Eindringen von Regen zu verhindern. Innen sind 
die Nester mit trockenen, weichen: Gräsern und zuweilen auch 
mit Federn ausgelegt. Die frischen Nester sehen grün, wie aus 
Moos erbauet aus, die trockenen haben die Farbe und Festigkeit 
von Torf und widerstehen auch einem Regengusse. Doch im Jahre 
1914, als es in der 2. Hälfte Oktober ausnahmsweise drei Tage 
lang gestürmt und geregnet hatte, wurden viele Nester zerstört 
und verlassen gefunden mit z. T. stark bebrüteten Eiern. Unter 
38 Eiern waren zwei mit rot-bräunlichen Flecken, die jedoch 
‚von Pflanzenteilen des Nestes her zu rühren schienen. — Als ich 
- wulste, dals diese wenig empfindlichen Vögel, wenn man den Nest- 
_ eingang etwas erweitert, ihre Eier nicht verlassen, habe ich jedes 
Nest, das ich fand, auf rotgefleckte Eier untersucht, doch keines 
gefunden, obgleich ich mehr als 70 besehen. — Nester, die ich 
zerbröckelte, enthielten aufser den Pflanzenteilen wenig Erde. 
Wie werden sie gebaut? 

_  Unweit eines angefangenen Nestes, das nur aus einem Napfe 
bestand, stellte ich mich vom Schilf gedeckt hin. Bald kam ein 
- Vogel mit handlanger Wasserflanze, schlang die Ranke um die 
dreieckigen Schilistengel und pafste sie dem Napfe an, der.andere 
‚flog mit äbnlichem Material herbei und einen Augenblick ar- 
 beiteten die ganz gleichfarbigen nebeneinander. Dann kletterte 
der eine an dem Schilfstengel runter zum Wasser, rifs von einer 

Wasserpflauze eive Ranke ab und brachte sie zum Neste, wo 
sie der andere verarbeitete, was sıch mehrmals wiederholte, da- 
rauf trugen sie kleine Schilfstücke und dergl. rauf und wieder 

grüne Ranken von Wasserpflanzen. — So im Anschauen der 

- kleinen Baukünstler versunken, war ich es unbemerkt auch in : 
dem weichen Boden, denn plötzlich fühlte ich an dem Körper- 
teile, den man beim Hering Mittelstück nennt, Nässe und Kälte 

_ und suchte schnell das nahe Ufer zu erreichen, rifs jedoch noch 
eine Hand voll Wasserpflanzen aus. Nach kleinem Dauerlauf 
fand ich in den Pflanzen sehr dünne Ranken mit feingefiederten 
dunkelgrünen Blättern, die la. und klebrig waren, — in 


462 = ER Päfsler: 


meinem Portomonnaie in der hinteren Tasche — TUeber- 
schwemmung, ein seltenes Ereignis während der Kriegszeit! — 
Doch ich wufste nun, dafs Phl. melanops ihr Nest gemeinschaft- 
lich bauen und sah sie später auch gemeinschaftlich füttern. 
Dabei fiel mir auf, dafs kleine Farbenunterschiede bestehen, 
doch sind diese wohl durch das Alter, nicht durch das Geschlecht 
bedingt. — Die Nester messen: 
Aufsendm. 90—100 mm Höhe 130—140 mm. 
Innendm. 65—70 , Tiefe unter dem Schlupfloch 65-68 mm. 
Die Eier sind regelmäfsig- bis breit-oval, zuweilen ellip- 


tisch, glatt oder leicht rauh gekörnt mit dichtstehenden Stich- 


poren, grünlichblau bis blau. — 
Zwischen vielen Eiern zwei mit einigen matt rotbräunlichen 


Punkten, welche wahrscheinlich von feuchten Pflanzenteilen des v 


Nestes herrühren. | 
40 Eier messen: 19—24 X 15—17 mm. 


50. Leptasthenura ae. aegithaloides (Kittl.). = „Tijeras“. 


Leben in feuchtem mit Busch bestandenen Gelände und nähren 
sich von kleinen Insekten und dergl. Sie machen zwei Bruten, 
die erste Mitte Oktober, die 2. Ende Dezember. Das Nest 
wird in dichtes Gewirr von Schlingpflanzen gebaut, wo sich 


Reiser und trockene Blätter angesammelt haben, und zwar aus 


trockenen Gräsern; es hat rundliche Form und den Eingang seitlich. 


Innen ist es mit weichen, trockenen Gräsern und Federn aus- 


gekleidet. — Ein. Nest wurde in einem offenen Schuppen unter 
dem mit Schilf gedeckten Dache, ein anderes in einem alten 


Siptornis-Neste gefunden. Die Gelege enthalten drei bis vier 


Eier. — Diese sind regelmälsig oval, glatt, glanzlos, reinweils. 
8 Eier messen: 18—18,5 X 13,5 —14 mm. 


51. Siptornis humicola (Kittl.) = „Canastero“ (Korbmacher). 


Iris: hellbraun. Schnabel: schwärzlichh nur Unterkiefer R| 


unten hellgrau. Läufe: graubraun wie äufserste Schwanzfedern 
en Zehen graubraun, grünlich schillernd. Nägel braunhorn- 
arben. — 

Diese Siptornis lebt in mit Laubbäumen und Strauchwerk 
bestandenem Gelände und nährt sich von kleinen Insekten, 
Larven, kleinen Raupen u. dergl., die sie im Gebüsch von Zweig 
zu Zweig hüpfend fängt oder findet. Sie ist hier häufig, doch 
sehr scheu und verkriecht sich beim geringsten Geräusch in 
dichtes Gebüsch. Obgleich sie auch Winters über hier bleibt, 
bekommt man höchst selten mehrere Stücke gleichzeitig zu Ge- 
sicht. — Ihre erste Brutzeit beginnt Ende September oder An- 
fang Oktober, die 2. anfangs Dezember. Die Gelege enthalten 
drei Eier, selten nur zwei. Auf kleine Bäume cr, 2-4 Meter 


ns 


in der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 468 


über der Erde bauen sie aus trockenen Reisern ein auffällig 
grolses Nest, das cylindrische Form oder die einer Korbflasche hat. 
Der Unterbau ist 20 bis 28 cm hoch mit cr. 18 cm Durchmesser 
und der Oberbau — der Hals der das Schlupfloch bildet — 

- 7 bis 12 cm hoch und besteht aus winklig übereinander ge- 
schichteten kurzen Reisern, sodals das ganze Nest die Höhe von 
30 bis 40 cm hat. Innen ist es mit Pflanzenwolle, gewöhnlich 
mit rotbraunen wolligen Knospen ausgelegt. Innendm. 80—110 cm, 
Tiefe 86—100 cm. — Ob die Jungen von beiden Eltern, die gleich- 
farbig sind, gefüttert werden, habe ich nicht feststellen können. 

Die Eier sind regelmäfsig oval, selten elliptisch, glatt mit 
sehr flachen Poren, glanzlos weils. 

21 Eier messen 21,8— 24 X 15,3—17,5 mm. 

Bem. Die Eier sind oft schmutziggrau vom Vogel, der 
viel durch staubiges Gebüsch kriecht. 


52. Siptornis anthoides (King). = „Canastero“. 


Diese Siptornis führt die Lebensart der vorigen, ist jedoch 
seltener. Ihr Nest baut sie ebenfalls aus Reisern, doch ist es rund- 
licher, da die lange Einflugröhre fehlt. Das Flugloch ist oben, 
und wie die obere Hälfte des Nestes häufig mit dornigen, kleinen 
Zweigen umgeben. Innen ist es mit grauweifser Pflanzenwolle, 
trockenen Flechten und Blüten (unsern Immortellen ähnlich) voll- 
ständig ausgekleidet. 

Die Eier) gleichen den vorigen, einige haben etwas gelb- 
lichen Ton. 

12 Eier messen 21,5—23,2 x 16—17,3 mm. 


| Fam. Tyrannidae. 
53. Zaenioptera pyrope (Kittl.). = ,„Urco“. 


Iris: glänzend gold bis hellrubinrot. Schnabel schwarz. 
‚Läufe und Zehen glänzend schwarz, Nägel schwarz, Sohle grau- 
braun. — SQ" und 9 gleichfarbig. — 

Dieser Tyrannide ist bier nicht häufig, lebt an den Wald- 
rändern mit Wasserläufen und in feuchten Niederungen mit hohen 
Sträuchern und nährt sich von Insekten und Würmern, Samen 
- und Beeren. Sein Flug ist schnell und gewandt, wie alle seine 
Bewegungen. Im Sommer sieht man ihn paarweise, im Winter 
vereinzelt auf feuchten Wiesen und in Büschen, auch im Schilfe 
seine Nahrung suchen. — Er macht zwei Bruten, deren erste 
Ende September oder Anfang Oktober, deren letzte Mitte 
Dezember beginnt. Die Gelege enthalten gewöhnlich drei Eier, 
seltener zwei. Sein Nest baut er mit Vorliebe zwischen die 
Zweiggabel eines Bäumchens oder Strauches 2—5 Meter über 
der Erde. Der Aufsenbau besteht aus dünnen Reisern, Pflanzen- 
stengeln und Grashalmen, die mit Moos und trockenen Fasern 


6 OR. Päfsler: 


umwirkt sind. Innen ist das Nest reich ausgekleidet mit Rinde 

und Pferdehaaren, Wolle und einzelnen Federn. 

Aufsendm. 110—150 mm, Höhe 110 mm. 

Innendm. 60— 75 ,„ Tiefe 40—45 mm. En 

Die Eier sind von regelmäfsig bis breit ovaler Form, zuw. 
unten kurz zugespitzt, glatt, stark glänzend, mit feinen flachen 
Poren, hell-rahmfarben mit wenigen rostroten, rotbraunen oder 
schokoladenbraunen bis tief-schwarzbraunen Stippen, Punkten 
oder rundlichen Flecken, die gewöhnlich nur um den obern Pol 
stehn. ee: 

12 Eier messen 24—25,7 X 18,3--19,5 mm. Ss 

Bem. Ein 9‘, das ich 14. April schofs und noch lebend er- ° 
griff und das in meiner Hand starb, hatte wunderbar glänzende 
goldrote Augen. — Sie sahen mich so vorwurfsvoll an: „war So 
lebensfroh, — mufste das sein?“ — Wie grausam ist doch die 
Wissenschaft! Gleich nachdem sie geschlossen, fand ich sie hell- 
gelb. — Bei Vögeln, die ich auf dem Neste sah, erschien die 
Iris etwas dunkler glänzend rubinrot. 


54. Lichenops perspicillata andina Ridgway. = „Runrun“, 4 


o' Iris, kronenförmiges cr. 2 mm hohes Augenlid und 
Schnabel zitronengelb. Läufe, Zehen, Nägel schwarz, Sohle 
dunkeigrau. S 
Q Iris und Augenlid (flach und schmal) zitronengelb. 
Schnabel: Rücken hellbraun, Spitze dunkelbraun, seitlich und 
Unterkiefer hellgelb. — Läufe und Zehen: schwärzlich, Nägel 
schwarz. — Q' und 2 sehr verschieden. % 

Hier ziemlich selten, leben paarweise an den Rändern der 
mit Schilf und Binsen bestandenen Sumpfwiesen und nähren sich 
von Käfern, Fliegen, Larven und Würmern. — Die Farben- 
kontraste von Q' und © fallen besonders zur Zeit der Minne ins 
Auge (hier im September) wenn am Sumpfrande auf grüner Wiese ° 
das 9' bald laufend, bald im niedrigen Fluge das Q verfolgt, 
springend es überholt, sich mit goldener Brille vor ihm ver- 
neigt, die schwarzweilsen Flügel spreizt und es umgeht und um- 
hüpft, bis schliefslich das @ sich fügt, die braunroten Flügel 
etwas breitend sich duckt und den Schwanz zur Seite legt. 
Beim Nestbau sah ich nur das 9. Zur Brutzeit sieht man das 
auffällige S' am Sumpfrande auf der Spitze eines Boldobusches 
oder Brombeerstrauches sitzen, aufschnellend Insekten fangen und 
zur selben Stelle. zurückkehren oder auf der Wiese laufend und 
springend jagen. — Bei Fütterung der Jungen in einem Neste, 
das nahe einem hohen Eisenbahndamme, beobachtete ich ein 9, 
das Q' war nicht zu sehen. — Die flüggen Jungen sind dem 
sehr ähnlich, wohl eine Kleinigkeit dunkler, und erhalten, wenn 
9‘, die schwarzweilse Färbung während der Wintermauserung. 
Während der Wintermonate Mai bis August wurden sie hier 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 465 


nicht gesehen, sie suchen wohl den wärmeren Norden auf. — 

_ L.p. macht zwei Bruten, die erste beginnt Ende Oktober oder 
Anfang November, .die zweite Mitte Januar. — Die Nester bauen 

_ sie mit Vorliebe in Binsenbüsche, der Wasserseite zugekehrt, 
4, bis ®/, Meter über dem Erdboden aus trockenem Schilfgrase, 
En und dergl., und legen sie innen mit weichen Halmen, 
. Pflanzenwolle, Rinder- und Pferdehaaren oder Federn aus. 

Sie messen: Aufsendm. 110—120, Höhe 100—110 mm, 

Innendm. 58— 63, Tiefe 48— 54 mm. 

Die Gelege enthalten zwei oder drei Eier. 

Die Eier sind regelmälsig bis breit oval, glatt, stark elänzen 
weils oder hell rahmfarben mit wenigen hellrostbraunen, rotbraunen 
bis schwarzbraunen Pünktchen und Flecken, zuw. auch violetten 
 Schalenflecken um den obern Pol. 

13 Eier messen 21—23 X 16—17,2 mm. 

Bem.: Häufiger scheint dieser Vogel bei Coquimbo zu sein, 
wo mir die Brutstätten nicht zugänglich waren, er wurde aufser- 
dem bei Talcahuano, Los Vilos und Serena gesehn. — Die Be- 
 obachtungen über Nestbau und Fütterung der Jungen sind zu 
wenige, um daraus schliefsen zu können, dafs sie stets nur vom 
Q ausgeführt werden. 


55. Lessonia r. rufa (Gmelin) (= Oentrites niger (Bodd.)). 


Iris: dunkelbraun. Schnabel, Läufe, Zehen schwarz. — 
9 und © verschiedenfarbig. — 
| Diese Tyranniden wurden hauptsächlich zur Brutzeit paar- 
weise unweit des Meeres am Strande, wo nur kurzes, hart- 
 blättriges Gras und niedrige Büschel von Strandkräutern wachsen, 
gesehen. Dort liefen sie fast beständig auf dem Boden umher, 
haschten Insekten, namentlich Käfer. Aufgejagt flogen sie 
- schnell und gewandt, kehrten jedoch in den meisten Fällen bald 
zurück. Im Februar und März sind sie in kleinen Gesellschaften 
zu 4—8 Stück. Vom Mai bis Anfang September leben sie weiter 
im Norden. Die jungen Vögel sind den Weibchen sehr ähnlich, 
im allgemeinen etwas rötlicher, die weilse Augenbraue fehlt. — 
Sie machen zwei Bruten, die erste beginnt Mitte oder Ende 
Oktober, die zweite in der zweiten Hälfte des Dezember. 
‚ Die Gelege enthalten 2—3 Eier. Die Nester waren, unter Gras- 
 büscheln, andern kleine Pflanzen oder trockenem Seetang ver- 
borgen, aus trockenen Grasrispen und Halmen in eine kleine 
- Bodenvertieiung gebaut, so dafs der Oberrand des Nestes dem 
Erdboden gleich war, innen waren sie mit Federn ausgekleidet. 
Sie messen: Aufsendm. 70-80 mm Tiefe 50 mm. 
Innendm. 40—50 , Tiefe 30-32 mm 
Die Eier sind regelmäfsig- bis breit oval, glatt, glänzend, 
dunkel rahmfarben, haben wenige violette Schalenflecke und 
 fuchsrote oder rotbraune Punkte bis 2 mm grolse Oberflecke, 


466 R. Päfsler: 


letztere zuw. von Brandflecken umgeben, die um den obern P 


stehn und meistens einen unregelmäfsigen Kranz bilden. — Ein 


Gelege hat nur wenige fuchsrote Punkte, keine Schalenflecken. — 
21 Eier messen 17,9—20,2 X 14—15,2 mm. 


Bem. Die Vögel wurden bei allen Häfen Chiles (aufser 


Corral) von Punta Arenas (Magelhaes Stralse) bis Antofagasta 


(Wendekreis) gesehn, besonders häufig am Strande zwischen Co- 
quimbo und Serena, ihre Nester doch nicht gefunden, weil mir 
ihre Nistweise unbekannt war. In Coronel am Strande wurde 
zuerst das Q' gesehn, plötzlich war auch das Q@ da. Aus einiger 
Entfernung, 50—80 Schritt, wurde dieses beobachtet, wo es 
laufend unter einem Grasbüschel verschwand, in dessen Nähe 
dann das Nest gefunden wurde. — Die Jungen werden von beiden 


Alten gefüttert. — 


Im Britischen Katalog ist irrtümlicher Weise statt L. r. 
ein Ei von Anthus correndera abgebildet, dessen ähnliche Brut- 


weise wohl die Verwechslung verursacht hat. 


56. Muscisaxicola macloviana mentalis (Lafr. & Orb.) =,Dormillon“. | 


Iris, Schnabel, Läufe, Zehen und Nägel schwarz. 


ne 


Hier äufserst selten, wurde in hügeligem Gelände auf Vieh- i 


weiden, mit Ginster, Boldo und einigen andern Büschen be- 
wachsen, gesehn. Er läuft am Boden sehr schnell dahin, Fliegen 
und Käfer fangend, beobachtet von einem Steine oder Erdhügel, 
beständig mit dem Schwanze wippend, die Umgebung nach Beute, 
fliegt sehr schnell, doch meistens nur kurze Strecken, frifst an- 


scheinend auch kleine Regenwürmer oder ähnliche Maden. — 


Ein Nest mit drei Eiern erhielt ich von einem Chilenen, der mir 
ein Stück, das ich am 25. Mai geschossen und ihm vorlegen 
konnte, als den Nestvogel bezeichnete und nannte ihn Dormillon 


(Dormiljon). 


Das Nest, an einem Feldrande an der Erde gefunden, a 
ähnelie dem der vorhergehenden Art und war nur etwas 


gröfser. 


Die Eier sind oval, glänzend, glatt, hellrahmfarben und 
haben auf der obern Hälfte wenige fuchsrote bis dunkelrotbraune, 
unregelmälsige Flecken, sie messen: 21,5 X17; 22xX 16,8; 


22,5 X 17 mm. 
57. Anaeretes p. parvulus (Kittl.). = „Torito“. 


Iris: grauweils. Schnabel schwarz. Läufe und Zehen i 


glänzend umbrabraun. Nägel schwarz. 


_ Dieser Tyrannide ist in der Umgebung Coronels häufig und . 
wenig menschenscheu. Ueberall, wo etwas Busch- und Strauch- 


werk wächst, ist er zu finden, im Sommer paarweise, während 4 
der Winterzeit zu vier bis sechs Stück, die gemeinschaftlich umher- 


streifen, wie unsere Meisen an den Zweigen hängend oder 


zwischen Blättern nach kleinen Raupen, Spinnen, Insekten, Larven 


N 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 467 


und Schmetterlingseiern suchen, häufig ihr eintöniges, hohes „ssiet, 
‚ssiet, ssiet trrr‘ rufen und von Baum zu Baum oder Busch zu Busch 
fliegen. Die Jungen ähneln den Alten, doch fehlt die Haube. — 
Sie machen zwei Bruten, deren erste Mitte Oktober, deren 
zweite Mitte oder Ende Dezember beginnt. — Doch wurden Ende 
_ Januar noch Nest mit Eiern gefunden, so dafs eine dritte Brut 
_ nicht ausgeschlossen ist. — Die Gelege enthielten stets nur zwei 
Eier. — Die Nester werden sehr sorgfältig gebaut ein bis zwei 
Meter über der Erde in einen Myrtenbusch oder einen dem 
Ginster ähnlichen Strauche, aus breiten, trockenen Grasblättern 
‘ mit Baumflechten, Fasern und Pflanzenwolle durchwirkt, — oben 
offen und innen mit vielen Farben ausgekleidet. Sie messen: 
Aufsendm, 70—80 mm, Höhe 54-62 mm. 

Innendm, 30-40 ,„ Tiefe 34-40 „ 
| Die Eier sind regelmäfsig oval, selten elliptisch, glatt, glanz- 
los, einfarbig gelblichweils. | 

12 Eier messen: 15,5—17 X 11,5—13 mm. 

Bem. I. Bei einem mit Garten umgebenen Landhause sah 
ich die harmlosen Vögelchen im Abstand von wenigen Metern ihr 
-Nestehen in einem Ginster- (?) Busch bauen, beide trugen das 
Nestmaterial herbei und bauten gemeinschaftlich; auch ihre 
‚Jungen füttern sie gemeinschaftlich mit kleinen Raupen, Insekten 
und dergl. In früheren Jahren habe ich sie bei Talcahuano, 
Concepcion — auch St. Kataringa b./Mollendo (Peru) gesehn, am 
letzten Orte mit P. albocristatus zusammen. 
| Bem. II. In irgend einer Fachschrift wurde das Nest dieses 
Vogels als cylindrisch mit seitlichem Flugloch beschrieben. — M. 
E. beruht diese Beschreibung auf einer Verwechslung der Nester 
resp. der ihnen 'beigelegten Etiketten. — Wohl Höhlenbrüter 
ändern ihren Nestbau zuweilen, wenn ihnen alte Bäume mit 
Löchern fehlen, und bauen in Anhäufungen von Laub im Pflanzen- 
- dickicht wie z. B. Aphrasiura spinicauda. Doch scheint mir sehr 
unwahrscheinlich, dafs Vögel, die ein offenes Nest errichten, in 
einer andern Gegend ein oben geschlossenes bauen. 


58. Tachuris r. rubrigaster (Vieill.). 
= „Siete color‘ (der Siebenfarbige). 


Iris schwarz zuw. durch bläulichen Schimmer von der Pu- 
pille abweichend. Schnabel schwarz. Läufe, Zehen oben und 
Nägel glänzend kastanienbraun. Zehen unterseits braungelb, 
nur der rückwärtsstehende rötlichgelb. — Q' und 9 gleichfarbig. 
= Diese Tyranniden sind die hübschesten und lieblichsten der 
'Kleinvögel Chile’s, immer in Bewegung, fröhlich und zutraulich, 
dafs man sich ihnen auf 20 bis 10 Meter nähern kann, wenn man 
sich nicht scheut, durch die Sümpfe zu waten. Sie sind nicht 
‚selten, leben aber nur in den mit Rohr und Schilf bewachsenen 
Lagunen, Sumpfwiesen und Teichen und kommen aus dem 


Joum. f. Or, LXX, Jahrg. Oktober 1922, al 


j 139 


468 | R. | Päfsler: 


Dickicht selten heraus. Im Somer sind sie paarweise, 
Winter ziehn sie zu kleinen Gesellschaften von sechs bis acht 
Stück umher, klimmen an Rohr und Schilfstengeln und suchen 
nach kleinen Insekten, deren Eier und Milben, wovon sie leben. 
Sie machen zwei Bruten, die erste beginnt Mitte Oktober, die. 
zweite Ende Dezember. Die Gelege enthalten zwei oder drei Eier. * 

Ihre Nester, die von konischer Gestalt sind, mit der Spitze 
nach unten, bauen sie äufserst künstlich dicht über dem Wasser, 
indem sie die Enden von Schiifbast um einen dreieckigen, grünen 
Schilfstengel weben und die entstandenen Schlingen mit schlam- 
migen Algen und Pflanzenfasern zuerst zu einem Napfe formen. 
Auf dieser Unterlage sitzend webt und mauert eins der Vögel- 
chen weiter, während das andere Material zuträgt. Die Nest- 
wand ist nur 1 bis 2 mm stark, doch widerstandsfähig, der” 
Schilfstengel ist bis ”/; der Nesthöhe mit eingewebt. — Innen 
sind die Nester mit zarten trockenen Gräsern und Pflanzenfasern 
ausgelegt. Das fertige Nest sieht wie ein aus Torf geschnitzi 
Pfeifenkopf aus. Vier Nester messen: : 

Aufsendm. 46—52 mm, Höhe 60—75 mm. 

Innendm. 36—42 ,„, Tiefe 37—43 „ : 

Die Eier sind regelmäfsig oval, glatt, glanzlos oder wenig 
glänzend, gelblich weils bis pergamentfarben, seltener lachsfarben 
und haben eine wenig dunklere Farbenkappe am obern Pole 
oder einen Kranz um denselben oder einen mattrötlichbraunen 
Fleckenkranz. Von vielen Eiern zeigen zwei mehrere verwischte 
isabellenfarbige Flecken auf der obern Hälfte und einzelne schwarz 
Punkte im Farbenkranze. 

25 Eier messen: 15,5—17,5 X 12—13 mm.° 


59. Elaenia a. albiceps (d’Orb. & Lafr.). = ‚Fio hoc, a 
Ist im bewaldeten Gelände (Laubwalduugen) und auch in 
den Gärten zu finden, bevorzugt jedoch die mit Myrten be- 
standenen Berghänge. "Seine Nahrung, die hauptsächlich in In- \ 
sekten besteht, sucht er sich auf Laubbäumen, von Zweig zu 
Zweig hüpfend. Sein Gesang wie Lockruf sind „fio „fio“, „fio hot, i 
bei ersterem heller und froher, bei letzterem klagend klingend. 
Durch diesen verrät er auch seine Brutstätte.e — Er macht 
zwei Bruten, die erste Mitte November, die zweite Mitte 
Januar. Die Gelege enthalten 2 bis 3 Eier. Das Nest bauen 
beide Vögel, die sich in ihrem Federkleide gleichen, mit Vorliebe 
in dichte Myrtenbüsche ein bis drei Meter über der Erde aus 
trockenen Pflanzenstengeln, Grasrispen und Gräsern, aufsen mit 
Moos und hellgrauen Baumflechten durchsetzt, innen legen sie 2 
es mit weichern, trockenen Gräsern, heller Pflanzenwolle, Staub- 
fäden, zuweilen "noch mit Haaren und Federn aus. — - Die Nester 
messen: 

Aufsendm. 80—90 mm, Höhe 58—60 mm. 

Innendm. 40—47 ,„ Tiefe 30-33 mm. 


a 


Be RER RER bat 
ee Ba 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 469 


Die Eier sind regelmäßig- bis breit oval, leicht glänzend, 
(zuw. glanzlos), glatt, weils oder hell- bis dunkel rahmfarben 
mit spärlichen rostroten bis dunkelrotbraunen Stippen, Punkten 
' oder grölsern unregelmälsigen Flecken hauptsächlich auf der 
 obern Eihälfte. — Eins von vielen Eiern hat nur drei rotbraune 
- Stippen. 
29 Eier messen : 17,5—21 X 13,8—15,5 mm. 

| Bem. El. ulbiceps habe ich auf früheren Reisen bei Punta 

Arenas (Magelhaesstrafse), Corral, Talcahuano,Coquimbo und Callao 
(Peru) gesehn und z. T. brütend gefunden. 
Brutzeit 14 Tage. 


? 60. Elaenia murina (Philippi). 


Diese Tyranniden habe ich nur zweimal brütend auf dem 
Neste gesehn und nur nach der Abbildung von Dr. R. A. Philippi 
in „Anales del Museo National de Chile“ bestimmen können, 
ohne ein Belegstück in der Hand zu haben. 

Das erste Nest wurde 1908 den 19. Januar bei Coronel in 
einem Boldobusch er. 2!/, Meter über der Erde gefunden. Es 
war aus trockenen Grashalmen und Pflanzenfasern gebaut, innen 
mit Pflanzenwolle und Blütenstaubfäden. ausgelegt und enthielt 
2 bebrütete Eier. 

Aufsendm. 70-78 mm, Höhe 68 mm. 

Innendm. 44—48 „ Tiefe 28 mm. 

Das zweite, ähnlich dem ersten war oben im Aufsenbau 
mit Moos durchsetzt und enthielt am 22. Dezember 1915 drei 
fast frische Eier. | 

Die Eier des ersten Geleges: regelmälsig oval, hellrahm- 
farben mit rostroten Pünktchen und unregelmäfsigen Flecken 
( auf der obern Hälfte in unregelm. Kranze. 

19,7 x/15; 20 X 14,8 mm. 

II: breitoval, weils mit denkelrolbraunen bis schwarzbraunen 
 Stippen und Punkten um den obern Pol. 

Malse: 18,5 x 15; 18,8 X 15,2; 19,2 X 15,6 mm. 


Fam. Phytotomidae. 


61. Phytotoma rara (Mol.). = „Rara“. 


Iris rot. 

Die Rara lebt in den Waldrändern in der Nähe bebauter 
Felder, auch in den Gärten, wo sie oft grolsen Schaden anrichtet, 
indem sie von den Gartenpflanzen die jungen Keime und Knospen 
abfrifst, ebenso Beeren, Wein und Kirschen verzehrt. Deshalb 
wird sie auch sehr verfolgt, und wenn sie ihre Jungen gemein- _ 
- schaftlich fast nur mit Raupen und Insekten auffüttern, so wiegt 
dieser Nutzen doch den Schaden nicht auf. — Ihr Lockruf ist 
“ein schnarrendes rarra-rarra.. — Sie machen zwei Bruten, die 


31* 


470 R. Päfsler: 


erste beginnt Anfang oder Mitte Oktober, die zweite Mitte 
oder Ende Dezember. Die Gelege enthalten zwei oder i 
selten vier Eier. Die Brutzeit dauert 14 Tage. — Die Nester 
bauen sie ein bis drei Meter über der Erde in dichte Laubbüsche 
aus dünnen, trockenen Reisern und kleiden sie mit rostbraunen 
Wurzelfasern aus. Mafse von mehreren Nestern sind: 

Aulsendm. 140—180 mm, Höhe 70—90 mm. 

Innendm. 72— 95 ,„ Tiefe 28—30 „ 

Die Eier sind regelmäfsig oval, seltener breit- oder lang- 
oval, gewöhnlich glatt, (selten gekörnt), glänzend, hellblaugrün 
bis hellblau, zuweilen hellolivgrün mit spärlichen, schwarzen 
Stippen, Kritzeln, Punkten und bis 1,5 mm grofsen Flecken, zuw. 
noch violetten Schalenflecken um den obern Pol. — Vereinzelt 
sind die gröfseren Punkte von gelblichen Brandflecken umgeben. 
Von vielen Eiern zeigen zwei einen Fleckenkranz um den 
untern Pol. | 

40 Eier messen 23—30 X 17—19,5 mm. - % 


Fam. Hirundinidae. 


62. Tachycineta meyeni (Cab.). = „Galondrina blanca“. 


Iris, Schnabel, Füfse Zehen etc. schwarz. — ' gleicht 9. 

Diese Schwalben sind hier zur Sommerzeit recht häufig und 
leben wie unsere Hausschwalben von Insekten, die sie im Fluge 
fangen. Im April scharen sie sich zusammen und ziehen weiter 
nach dem Norden, nur vereinzelte bleiben hier, oder Nachzügler 
aus dem Süden ziehen zur Regenzeit noch durch. Im September 
kehren sie zurück und machen zwei Bruten. Die erste beginnt 
Ende Oktober oder Anfang November, die zweite Anfang Januar. 
Sie baut in Mauerlöcher, unter die Dächer der Häuser, auch 
in Erdwälle. — Die Nester werden aus trockenen Halmen und 
Gräsern gebaut und innen mit Federn ausgelegt. 

Aufsendm. 100—120 mm, Höhe 75 mm. 

Innendm. 50 mm, Tiefe 40 mm. 

Die Eier sind lang-oval, glatt, Toinzeis 

3 Eier messen 19—19,7 X 13—13,5 mm. 


63. Atticora cyanoleuca (Vieill.). = „Galondrina negra“. 


S' und © gleichfarbig. 

Diese schwarzbürzelige Schwalbe sieht man hauptsächlich 
über Feldern und Viehweiden, die nicht allzu feucht sind. Sie 
macht zwei Bruten, deren erste Ende Oktober, deren letzte 
Ende Dezember oder anfangs Januar beginnt. Sie brütet in 
Erdlöchern, die sie sich z. T. selbst scharrt. Diese sind 60 bis 
80 cm lang, etwas schräg in die Erde gegraben und münden in 
einer Mulde mit trockenen, weichen Halmen und Federn aus- 
gelegt. Zwei Nester wurden Mitte Januar mit je drei Jungen 


E: 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 471 


ausgegraben. — Die Alten fütterten gemeinschaftlich weiter, 
obgleich die Brutlöcher sehr erweitert waren. — Eier sind lang- 
oval, glatt, weils. 
2 Eier messen: 17,5 X 13 und 18 X 13 mm. 


Fam. Troglodytidäe. 


64. Cistothorus platensis hornensis (Lesson). 
= „Chercan de las vegas“. 


Der Sumpfzaunkönig lebt hauptsächlich auf feuchten, mit 
Binsen und Schilfgras bestandenen Wiesen und in den Sümpfen, 
wo er durch dichtes Gras, Schilf und Rohr schlüpfend sich von 
kleinen Insekten, Milben und dergl. nährt. Auf einem hohen 
Rohrstengel sitzend, singt er sein fröhliches Liedchen, das dem 
von Zr. musculus ähnlich, doch leiser ist und einige metallische 
Töne enthält, die an den Gesang unseres Schilfrohrsängers er- 
innern. — Er ist ein recht scheuer Vogel, der sich bei Annäherung 
versteckt, auch, bei Fütterung der Jungen beobachtet, sich stets 
dem Neste von der entgegengesetzten Seite möglichst gedeckt 
nähert. Er macht zwei Bruten, deren erste Ende Oktober, 
deren zweite Ende Dezember oder anfangs Januar beginnt. — 
Die Gelege enthalten 4 bis 5 Eier. — Das Nest wird gewöhnlich 
recht versteckt, wie das unseres Fitislaubvogels, angelegt, direkt 
über der Erde ins Gras, dicht über dem Wasser in dichtes 

- Schilfgras oder in Binsenbüsche gebaut, aus langen, trockenen 
Halmen und Gräsern lose in elliptischer Form zusammengewickelt, 
hat in ®/, seiner Höhe seitlich das Schlupfloch und ist innen 
mit zarten, trockenen Gräsern, Pflanzenwolle und auch Federn 
- ausgekleidet. Malse von mehreren Nestern: 

Aufsendm. 80—110 mm, Höhe 130—150 mm. ; 

Innendm. 50—60 mm, Tiefe unterm Schlupfloch 40—50 mm. 

Die Eier sind regelmäfsig oval oder unten zugespitzt, glatt, 

glänzend, rein weil. 

23 Eier messen: 16—18,5 X 12—13,1 mm. 

Bem. Meine Beschreibung der C. platensis-Eier steht in 
Widerspruch mit den andern Angaben, auch denen unseres grofsen 

 Vologen Nehrkorn, nur der „Catalogue“ des britischen Museums 
führt neben rötlich gefleckten Eiern weilse aus Berkley James 
Sammlung an. — Grofse Aehnlichkeit der verwandten Vögel im 
- Freien, ihr Beieinanderleben auf feuchten Wiesen mit alten 
Bäumen und die versteckte Brutart von plaiensis haben wohl zu 
Verwechslungen beim Sammeln geführt. Selbstverständlich suchte 
ich ein Belegstück zu erbalten. Das erste Stück, das ich schofs, 
war so kaputt, dafs es nicht abzubalgen war, zwei oder drei ge- 
schossene konnte ich nicht finden — dann wurde mir mein Schifi 
von Coronel nach Talcahuano geschleppt, wo ich nicht mehr 
sammeln konnte — so unterblieb es. — Der Vogel ist hier 


EN, 
N 


472 | | R. Päfsler: ; 


häufie. Aufser den ausgenommenen Nestern fand ich drei mit 
Jungen, davon eins mit 4 Jungen, eins mit 3 Jungen und 2 frische 
Eiern, eins mit 3 Jungen und 2 faulen Eiern, ein 4. Nest mit 5 star 
bebrüteteten Eiern. — Dafs diese Art einmal weilse, einmal 
rötlich gemaserte Eier legen sollte, halte ich für ausgeschlossen. 


65. Troglodytes musculus chilensis Lesson. = „Chercan comun“, 


Dieser Zaunkönig ist sehr häufig und mitten in der Ort- 
schaft in den Gärten, wo er von einem Baumwipfel oder einer 
Dachfirste herab sein helles Liedchen schmettert, im Felde, wo 
etwas Buschwerk steht, in Waldlichtungen und an Flufsufern 
zu finden. Wo er nicht gestört wird, wird er sehr zutraulich und 
wohnt mit Chilenen, Schweinen und Hühnern unter einem Dache. 
Seine Nahrung besteht in kleinen Raupen, Insekten und dergl. 

Der Nestbau scheint dem © allein obzuliegen, während 
das 0° in der Nähe fleifsig singt. In Chiguayante hatte sich ein 
Pärchen das Rohr eines ungebrauchten Badeofens zur Brutstätte 
sewählt. —. Ein Vögelchen trug fleifsig Halme und Gräser in das 
Rohr, dicht daneben auf der Gartenlaube sang das d', flog plötz 
lich zur Erde, dann mit einer trockenen Queke zur Ofenröhre, 
wo eben vorher der andere Vogel mit Baumaterial verschwunden 
war. Der Sänger nahm auf der Laube wieder Platz, ihm ital 
aus dem Ofenrohr die Queke, die zu Boden fiel, fast gleichzeitig 
der andere Vogel, der von neuem Halme herantrug. — Er singt, 
sie baut — im Farbenkleid kein Unterschied. — Doch die Jungen 
füttern beide Alte gemeinschaftlich und lassen sich, wenn an 
Menschen gewöhnt, durch ihre Nähe nicht stören, das Futter in 
die sperrenden Schnäbel zu stecken. — In einem Schuppen blieb 
ein Vogel ruhig auf seinem Neste sitzen, während wir drei Per- 
sonen nahe unter ihm an einem Tische Platz nahmen und uns 
eine Viertelstunde unterhielten. Macht man sich am Neste, das 
bebrütete Eier oder Junge enthält, zu schaffen, fangen die Alten 
an zu zetern. — T. m. chilensis macht zwei Bruten, die erste be- 
sinnt Mitte Oktober, die zweite anfangs oder Mitte Dezember. 
Die Gelege enthalten 4—5 Eier, ausnahmsweise 6. Die Nist- 
weise ist sehr verschieden, den Oertlichkeiten angepafst. In 
Häusern und Schuppen baut er wie unser Hausrotschwanz unters‘ 
' Dach, auf einen Balken oder in ein Mauerloch, im Walde in 
hohle Bäume oder Gewirr von Schlingpfanzen, an Hohlwegen‘ 
unter überhängende Wurzeln, am Flufsufer in Erdlöcher und 
nicht allzu selten benutzt er auch alte Nester von Diuca oder 
Brachyspiza. Bei Baum- und Erdlöchern ist der Eingang gewöhn- 
lich, bis auf ein kleines Schlupfloch, mit Stücken trockener Reiser 
ausgefüllt, wodurch er sein Nest verrät. Das Nest ist aus trockenen 
. Halmen und Gräsern gebaut und innen mit weichen Gräsern, 
Haaren und Federn ausgelegt — oben offen. Mafse sind: 

Aufsendm. 90—120 mm, Höhe 80—100 mm. 

Innendm. 60— 70 ,„ Tiefe 45— 55 mm. 


In der Umsehuss Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 473 


Die Eier sind regelmälstg- bis breit oval, glatt, glänzend, rahm- 
farben, haben sehr kleine violette Schalenflecken und sehr dicht 
stehende, zarte fuchsrote, lila- bis braunrote Oberflecken und 
- Kritzeln, die die Grundfarbe zuw. gleichmälsig bedecken, häufig 
noch am obern Pole eine dunklere Kappe oder einen Kranz um 
denselben bilden und die Grundfarbe rosa erscheinen lassen; an- 
dere Eier zeigen einen dunkeln Farbenkranz, und die geringere 
Fleckung auf der unteren Eihälfte läfst den rahmfarbenen Unter- 
grund erkennen. 

Malse von 40 Eiern sind: 15,5—20,3 X 12,5—14,5 mm. 

Nachtr. Zroglodytes musculus bleibt während der Winter- 
zeit hier, ist in Chile von 53° Süd bis 28° Süd verbreitet. 


Fam. Mimidae. 


66. Mimus thenca (Mol.),. = „Tenca“. 


Iris: grünlichgelb. Schnabel schwarzgrau. Läufe und Zehen 
dunkelbraungrau glänzend, Nägel schwarz. Sohle isabellfarben. 
Die Tenca lebt in bewaldetem Gelände und nährt sich von 
Insekten, Würmern, Beeren und jungen Pflanzen etc. Ihr Ge- 
sang, den sie von der Spitze eines Baumes herab tönen läfst, 
steht zwischen dem unserer Singdrossel und Amsel, doch fehlen die 
tiefen Töne letzterer; er ist sehr melodisch und reich an Abwechs- 
lung und Nachahmung anderer Vogelstimmen. — Nur wenige 


Aufzeichnungen, die ich noch besitze, sind: „üt terrek terrek 
 — jök, jök jök jüt, tüit, tüit tüit terreck ji terrek jüit Ve 


Sie macht zwei Bruten, von denen die erste in der 2. Hälfte des 
- Oktober, die letzte Mitte oder Ende Dezember beginnt und 14 bis 
15 Tage dauert. Die Gelege enthalten drei bis vier — selten 
_ fünf Eier. Die Nester wurden meistens in dichten Boldo-Büschen 
_ ein bis zwei Meter über der Erde gefunden. Sie sind aus trockenen 
 Reisern und groben Pflanzenstengeln lose gebaut und innen 
mit hellgrauer Pflanzenwolle, trockenen Blüten und Staubfäden 
ausgelegt. Malse von mehreren Nestern sind: 

Aufsendm. 130-190 mm, Höhe 100-115 mm. 

Innendm. 82—110 ,„ Tiefe 35— 50 „ 

Die Eier sind schmal bis breit oval, glatt, mälsig lan, 

_ haben hellgrünlichblaue oder hellgrünlichgraue Grundfarbe mit 

_ entweder kleinen violetten oder lilagrauen Schalenflecken und 
-rostbraunen bis rötlichbraunen Oberflecken in Gestalt von Wolken, 
dichtstehenden Sprenkeln, kurzen Strichen und Kritzeln, die am 
_ obern Pole gedrängter stehn, oder Unterflecken und Oberflecken 
sind gröfser und schärfer begrenzt. — Beide Typen können in 
einem Gelege vorkommen. — Von zwei Gelegen, die ich mit 
fein gefleckten Eiern fand, ist je ein Ei von vieren grofs gefleckt 
und abweichend gefärbt. — 
Mafse von 25 Eiern sind: 96,731 x 20—22,5 mm. 


” ERRSER ni REES en“ 
FE u re ä 
PEST hr + EN, 
Ba . Sa 


474 R. Päfsler: 


Fam. Turdinidae. 
67. Turdus falcklandii magellanicus King. = „Zorzal“. 


Iris: kastanienbraun. Augenlid gelb. Schnabel braungelb 
bis gelb. Füfse und Zehen bräunlich hornfarben. Nägel dunkel- " 


braunhornfarben. 
Diese Drossel ist hier sehr häufig und führt die Lebensweise 


nach Insekten, Spinnen und Würmern, ernährt sich jedoch auch 


unserer Amsel, sucht unter trockenem Laube und auf den Wiesen 


von Beeren und Sämereien. Wegen ihres schmackhaften Fleisches 
wird sie viel gejagt. Die Verbreitung ist eine grofse: von der 
Magellanstrafse, dem 53° Süd bis ca. zum 30° S, soweit in Chile” 
die Vegetation reicht. — Ihr Gesang ist ein sehr wohlklingender, 
ähnlich dem unserer Singdrossel. — Ein an Bord aufgezogenes 
Stück, das nach cr. sechs Monaten leise zu singen begann, sang 
wie unser Rotkehlchen. — Der Lockruf oder Warnruf ist ein 


häfslich klingendes: „spät, spät‘ oder pöt, pöt. — 


Sie macht zwei Bruten, vielleicht auch drei. Die erste be- 
geinnt Ende September, die zweite Ende November oder anfangs 


Dezember und währt 14 Tage. — Das Nest wird aus groben 


Stengeln, Grasrispen und Blättern mit Erde verklebt au- 
gebaut, am Aufsenrande mit Moos durchwirkt, innen mit trockenen, 
weichen Gräsern ausgelegt, gewöhnlich 2 bis 4 Meter über der 
Erde in Sträucher oder Laubbäume, selten dicht über der Erde. — 


Mehrere Nester messen: 
Aufsendm. 150—180 mm, Höhe 110-130 mm. 
Innendm. 83— 92 „ Tiefe 61— 68 


Die Eier sind regelmäfsig bis breit oval, glatt, mälsig“ 


glänzend (selten glanzlos), haben hellgrüngraue bis hellgrünblaue 
Grundfarbe, matt lila Unterflecken und hellrötlichbraune Ober- 
flecken, die entweder fein und zart über die ganze Eifläche gleich- 


mälsig verteilt sind oder am obern Pole eine Kappe bilden, — oder 


srölser und begrenzter von unregelmälsiger Form sind, auf der 
obern Hälfte dichter stehn und dort noch ein paar dunkelbraune 
bis schwarze Kritzeln haben. 

Die Gelege bestehn aus zwei bis drei Eiern. 

Ca. 50 Eier messen: 27,5—:33,3 X 20,5—23,5 mm. 


68. Turdus fuscater d’Orb. & Lafr. = „Zorzal negro“. 


Diese Graudrossel ist in dieser Gegend recht selter und 
nur wenige Stücke wurden zur Winterzeit und Sommerzeit ge- 
sichtet, und da sie scheu waren, keines geschossen. Zwei Nester 


wurden in dichten Boldobüschen gefunden, cr. ein Meter über 
dem Erdboden, die denen der vorigen Art sehr ähnlich gebaut 
waren, doch war der Aufsenbau ohne Lehm oder Erde hergestellt; 
dem einen waren ein paar Reiher untergelegt. Beide Gelege 


enthielten je drei Eier. Diese sind regelmälsig oval, glatt, mälsig 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 475 


glänzend, von hell grünlichblauer Grundfarbe, haben mattlila 
Schalenflecken und kleinere und gröfsere fuchsrote scharf be- 
 grenzte Drosselflecken, die auf 5 Eiern ziemlich gleichmäfsig 
verteilt sind, auf dem sechsten am obern Pole gedrängter stehen. 
Malfse von 6 Eiern sind: 29,5—31,6 X 22,5—23,3 mm. 


Fam. Motacillidae. | 
69. Anthus correndera chilensis (Lesson). = „Caminante“. 


Iris dunkelbraun. Schnabel schwarzbraun, Unterkiefer 
etwas heller, Fülse gelblich braun, Nägel braunhornfarben. 

Dieser Pieper lebt hauptsächlich auf bebauten Feldern von 
Insekten und Sämereien, läuft wie unsere Bachstelzen auf den 
Wegen, fliegt kurze Strecken und setzt sich höchst selten auf 
einen niedrigen Busch. — Sein Gesang, den er hoch in der Luft 
schwebend hören läfst ist einfach, doch lieblich: ein oft wieder- 
holtes „tschii, tschii, troi, troi“. 

Es wurde von ihm nur ein Nest am 24. Oktober mit 3 Eiern 
gefunden. Das Nest war in ein Getreidefeld in einer Erdmulde 
aus feinen, trockenen Gräsern gebaut und mit weicheren aus- 
gelegt. Malse: 

Aufsendm. 70 mm, Höhe 50 mm. 

Innendm. 45 ,„ Tiefe 30 „, 

Die Eier sind regelmälsig oval, glatt, mälsig glänzend, 
hellgelblichgrau, haben violettgraue Unterflecken und hell bis - 
umbrabraune Oberflecken-, Masern, Kritzel und kurze Striche, 
die bei zwei Eiern gleichmäßig verteilt sind, beim dritten den 
unteren Pol frei lassen; am obern Pole sind noch feine, schwarze 
Haarlinien. 

Sie messen 20,5—21,5 X 15 mm. 


Fam. Fringillidae. 


70. Spinus barbatus (Mol.). = „Jilguero“. 


Iris schwarzbraun, Schnabel, Rücken dunkelgrau, untere 
Hälfte des Oberkiefers und Unterkiefer hellgrau. Läufe, Fülse, 
Nägel dunkelbraun glänzend. 

Diese Fringilliden, unserm gelben Zeisig ähnlich, leben zur 
Sommerzeit paarweise in den Gärten und Waldrändern, mit Vor- 
liebe in ca. fünf Meter hohen Nadelbäumen und nähren sich von 
Sämereien und zarten Pflanzen, z. B. Salat u. dergl., auch von 
kleinen Raupen und Insekten, mit denen sie ihre Jungen haupt- 
sächlich auffüttern- Im Winter sieht man sie in Scharen auf 
Wiesen und Feldern mit Sycalis, Diuca, Brachyspiza vereint. 
Ihres lieblichen Gesanges wegen, der dem Zwitschern unseres 
Zeisigs ähnelt, werden sie viel gefangen und im Bauer gehalten. — 
Die Jungen gleichen den Weibchen, doch während der ersten 


BÄREN ROSEN DI BED» RAR ES Sala OD re FERIEN 
NR R REN Cr 
TEN - 


aa. nr R. Päfsler: 


Wintermauserung nehmen sie, wenn Männchen, die Färbung de 
Alten an. — Sie machen zwei Bruten, die erste beginnt in der 
zweiten Hälfte des Oktober, die letzte Ende Dezember. Die 
Gelege enthalten drei bis fünf Eier. — Die Nester werden in die 
Kronen dichter Laubbüsche oder Kiefern 3 bis 5 Meter über der ° 
Erde gebaut, aufsen aus trockenen Grasrispen mit Moos durch- 
wirkt, innen mit weichen, trockenen Gräsern, Rinder- oder Pferde- 
baaren und zuweilen einzelnen Federn ausgelegt; sie messen: 
Aufsendm. 84—97 mm, Höhe 60 mm. 
Innendm. 44—50 ,„ Tiefe 388—42 mm. a 
Die Eier sind regelmäfsig oval bis beinahe elliptisch, sehr 
zartschalig, glatt, wenig glänzend, bläulichweifs mit spärlichen 
lila Pünktchen und rostbraunen bis schwarzbraunen Punkten und 
Kritzeln, zuweilen gröfsern verwaschenen Flecken, die unregel- 
mäfsig ‚verteilt sind oder einen Kranz um den obern Pol bilden; 
auch ungefleckte Eier kommen vor. a 
Neun Eier messen 16,5—18 X 12,5—13,5 mm. 


71. Sycalis I. Iuteiventris (Meyen). = „Chiri chiri“ 
oder „chiria“, (sprich tschiri). 


Iris dunkelbraun. Schnabel: Oberkiefer dunkelgraubraun 
(hornfarben), Unterkiefer hellhornfarben. Läufe, Zehen und Nägel 
glänzend haselfarben, Sohle isabellenfarben. S' und 2 haben ähn- 
liche Färbung, doch ist letzteres weniger lebhaft, im allgemeinen 
etwas grauer, die Kehle schmutzigweils, der Unterkörper nicht 
so gelb; die Jungen gleichen den Weibchen, sie werden von den 
‘ Eltern gemeinschaftlich aufgefüttert und erhalten, wenn Männchen, 
deren Färbung während der ersten Mauserung. — Die Sycalis 
lebt auf den bebauten Feldern, auf Wiesen und Viehweiden und 
an Waldrändern und nährt sich von Sämereien, Pflanzen, Insekten 
und Würmern, ist mehr schädlich als nützlich, da sie von Ge- 
treide und Gartenpflanzen die frischen Keime und Knospen frilst. 
Im Sommer lebt sie paarweise, im Winter, März bis September, 
zusammengeschart mit Diuca, BD. pileata und S. barbatus. — Ihr 
Gesang ist ziemlich eintönig, doch lieblich und sie läfst ihn häufig 
im Fluge hören, indem sie wie unser Anthus trivialis von einem 
Baum zum andern schwebt. Ihr Lockruf ist ein schrilles tschirie, *? 
tschirie. — Sie macht zwei Bruten, zuweilen wohl drei; die erste 
beginnt Mitte Oktober, die zweite Mitte Dezember; doch Ende 
Januar, anfangs Februar wurden noch Nester mit frischen Eiern 
gefunden. Die Gelege enthalten 3 oder 4 Eier, selten 5. — Das 
Nest baut die Sycalis auf Wiesen in Grasbüschel direkt am Boden, 
in Binsen und Quilabüschen dicht über der Erde, in jungen 
Kiefern 3—4 Meter über der Erde. Es wird aus breiten trockenen 
Grasblättern und Halmen gebaut und mit weichen verwitterten 
Gräsern, Rinder- und Pferdehaaren ausgekleidet. Mehrere Nester 
messen: Aufsendm. 80-120 mm, Höhe 60-65 mm. ‚Innendm. 


In der ‚Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc.. 477 


42-60 mm, Tiefe 39—42 mm. — Die Eier sind oval, glatt, 
- mälsig glänzend. Die Grundfarbe ist bläulichweifs bis hell- 


grünlichblau. Die Fleckung besteht in kleinen violetten Schalen- 
flecken, hellrostbraunen bis rotbraunen Stippen, Punkten und 
Kritzeln, die um den oberen Pol gedrängter stehen und häufig 
einen Kranz bilden, seltener gleichmälsig über die Eifläche ver- 
teilt sind. Einige Eier haben rotbraune bis schwarze Haarlinien 
und Schnörkel. In der Durchsicht sind sie hellgrün. | 
‚33 Eier: messen 17,5—19,5 X 13—14,2 mm. 

| Bem. In dem sehr nassen Frühjahr 1914 wurden die Sycalis- 
Bier fast alle mit regelmäfsig verteilten Flecken gefunden. 


72. Brachyspiza capensis chilensis (Meyen) 
(= Zonotrichia pileata auct.). = „Chincol“. 
Iris kastanienbraun bis schwarzbraun. Schnabel: Oberkiefer 


| dunkelhornfarben, Unterkiefer hellhornfarben. Läufe und Zehen 


graubraun, Nägel dunkelhornfarben, Sohle graubraun. Es kommen 
wie bei unsern Sperlingen fast weilse Exemplare vor, zuweilen 


- das Weifs in beiden Flügeln nicht gleich verteilt. 


Die Art lebt in den Gärten, auf Viehweiden, bebauten Feldern, 
in deren Nähe etwas Gebüsch steht, und an Waldrändern und wird 
in der Nähe der Wohnungen zutraulich und dummdreist, wie unser 
Spatz, ist im Sommer paarweise, im Winter zu Banden vereint 


mit andern Fringilliden. Sie nährt sich von Getreide, Sämereien, 
. Beeren und zarten Pflanzen, auch kleinen Raupen und Insekten, 


»mit welchen 9° und @ gemeinschaftlich ihre Jungen auffüttern, 
während das Nest hauptsächlich vom © hergestellt wird. Ihr 


Gesang ist so eintönig wie der unserer Goldammer: ,tüo, tüo, 


terr oder tüo, tüo, tüo“, der Lockruf dschüu, dschüu. — Sie 
macht zwei Bruten, zuweilen auch drei und brütet 14 Tage. Die 
erste Brutzeit beginnt Ende September oder Anfang Oktober, die 
zweite anfangs Dezember, doch wurden einzelne Nester noch Ende 
Januar mit Eiern gefunden. Die Gelege enthalten 2 bis 4, aus- 
nahmsweise 5 Eier. Das Nest wird am Boden ins Gras oder in 


. niedrige Büsche oder in junge Kiefern 2 bis 3 Meter über der Erde 


aus trockenen Stengeln und Gräsern fest gebaut und innen reich 
mit Rinder- oder Pferdehaaren, zuweilen auch Federn ausgelegt. 
Malse mehrerer Nester sind: 
Aufsdendm. 100—125 mm, Höhe 60—70 mm. 
Innendm. 45—55 , Tiefe 37—45 „ a 
Die Eier sind sehr verschieden, regelmäfsig oval, breit oval 
und zuweilen lang gestreckt, glatt, mäfsig glänzend. Die Grund- 


farbe ist bläulich- oder grünlichweifs, hellblaugrün, grünlichgrau 


oder hellblau. Die Schalenflecken sind violett, unauffällig, fehlen 
zuweilen ganz. Die Oberflecken sind hellziegelrot bis braunrot, 


die entweder als zarte Punkte, Strichel, Kritzel und Masern dicht- 


N 
Ser 


stehend die ganze Eifläche bedecken oder nur auf 1/, der Fläche 


. 5 Eier. 


me R. Päfsler: 


oben angehäuft, sonst spärlich verteilt sind — oder sie bestehen 
in gröfsern Flecken und Wolken, die mit einzelnen Haarlinien 
vereint am oberen Pole eine Kappe oder Zone bilden. Zwischen ' 
diesen Typen kommen alle Färbungen vor. Nicht selten findet 
man in einem Gelege ein in Form und Färbung abweichendes 
Ei. Mafse vieler Eier (über 200) sind: 17,5—23 X 13—16,3: N 
Mittel 21 x 15 mm. 1 

Bem. 1. Im Allgemeinen sind mir die Vögel Nord-Chile's 
(Arica) und Peru’s (Callao) etwas lebhafter gefärbt und’gröfser 
erschienen — doch ohne sie bei einander zu haben. Die Eier 
vom Norden sind heller und hübscher gefärbt, doch enthalten 
die Gelege nur 2 oder 3 Eier, bei Coronel 3—4, sehr selten 


Die kürzeren Tagen im Norden, die heilseren Mittagsstunden, 
während denen die Vögel zu ruhen pflegen, geben eine Erklärung 
für die geringe Eierzahl. — Ki 

Bem. 2. Die Annahme, dafs Stücke einer Art, zur gleichen 
Jahreszeit geschossen, in demselben Stadium ihres Federkleides 
sein müssen, ist m. E. eine recht gewagte, die auch wohl zu 
Irrtümern führen kann. Junge Stücke, erster oder zweiter Brut 
angehörig, weichen im Alter von einander ab, die Mauserung 
bei letzteren beginnt später. Und — wie liegt es in den Tropen- 
ländern, die an der Meeresküste eine andere Regenzeit haben, 
als im Innern? — Von Quevedeo (Ecuador) schrieb mir mein 
junger Freund von Buchwaldt gelegentlich: „Hier ist die Brut- 
zeit im Dezbr., während sie bei Guayaquil in den März fällt.“ — 
Beide Gegenden (cr. 120 Kilometer von einander entfernt) haben: 
 gemeinschaftliche Brutvögel, doch Brutzeiten einer Art sind ver- 
schieden, sind es da die Zeiten der Mauserung nicht auch? — 
Aehnlich liegen die Verhältnisse in West- und Inner-Peru, wo 
die lange Küste von Arica bis Payta regenlos ist. — — 

Ist es da berechtigt, Vögel, die im selben Land zu gleicher 
Zeit geschossen werden, wegen kleiner Farbenunterschiede, von 
denen man nicht weils, obsie konstantsind, anders zu benennen? — 
Wenn man neben einen älteren Balg den lebenden Vogel halten 
kann, sind da nicht auch Unterschiede im Gefieder zu ent- 
decken? — Farbenunterschiede durch das Klima hervorgerufen 
lassen sich ja leicht bei Schmetterlingen beobachten. Der 
Schwalbenschwanz (P. Machaon L.) hat bei Genua eine weit 
dunklere gelbe Färbung. Von dort hierher verpflanzt hat die 
zweite Generationen die Farbe der unsrigen. — Wie schade, dals ° 
zoologische Gärten zu wenig Geld Bun, solche Versuche mit 
Vögeln anzustellen! 


73. Diuca d. diuca (Mol.). = „Dinca“. 


Iris: braun. Schnabel: Oberkiefer und Unterkiefer Wurzel | 
bis Mitte schwarzbraun, Unterkiefer Mitte bis Spitze hellhorn- 


In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete. 479 


_ farben. — Läufe, Zehen und Nägel glänzend dunkelbraun. Sohle 
 haselfarben, 0" etwas lebhafter und heller gefärbt als 9. 

Die Diuca ist hier ein sehr häufiger Vogel in Gärten, auf 
Feldern mit einzelnen Büschen und Bäumen und in den Wäldern. 
Sie leben hauptsächlich von Sämereien, Beeren und jungen 
Spröfslingen von Pflanzen, doch auch von Raupen, Würmern und 
Insekten, mit denen sie ihre Jungen gemeinschaftlich auffüttern. 
Morgens und abends pflegen sie fleilsig zu singen, unter Mittag 
sitzen sie stillin den Zweigen d. h. zur warmen Sommerzeit. Zur 
Brutzeit sind sie paarweise, im Winter zusammengeschart mit 
Br. pileata, Sycalis und Sp. barbatus oft zu grofsen Flügen auf 
den Feldern. — Sie machen zwei Bruten, die erste beginnt 
Ende Oktober oder anfangs November, die zweite anfangs oder 
Mitte Januar. Die Gelege enthalten 3—4 Eier, höchst selten 5 oder 2. 
S' und 2 bauen gemeinschaftlich die Nester (wenigstens z. T.) 
1/, bis 21/, Meter über der Erde in Boldo-, Quila-, Jelängerjelieber-, 
Brombeerbüsche oder dergl., aus trockenen Pflanzenstengeln, 
zuw. dünnen Reisern, Grasrispen und Wurzelfasern und kleiden 
sie innen mit weichen, trockenen Gräsern, Pflanzenwolle, Tier- 
haaren und auch Federn aus. Mehrere Nester messen: 

Aufsendm. 100—150 mm, Höhe 90—100 mm. 

Innendm. 58— 68 „ Tiefe 38— 42 „ 

Die Eier variieren sehr, sind kurz- bis langoval, glatt 
glänzend, haben grünlichweife bis hellgrüne Grundfarbe, violett- 
graue oder hellschiefergraue Unterflecken und braune bis schwarz- 
braune, olivgrüne bis olivbraune Oberflecken in Form von Masern, 
Punkten, Strichen, Kritzeln und in die Länge gezogene Flecken, 
welche die Eifläche zuw. gleichmälsig bedecken und die Grund- 
farbe nicht erkennen lassen, oder um den oberen Pol gedrängter 
stehen und am unteren Drittel nur zart und spärlich sind. 

Mafse vieler Eier sind: 21—26 X 15,5—18,2; ein abnormes 

_ milst 27 X 17,5 mm. — 
Bem. Gelegentlich hörte ich, wie ein Diucapärchen so laute 
und ängstliche Klagetöne von sich gab, wie ich sie vordem 
nicht gehört hatte, und im Busche umbherflatterte, und fand bei 
dem Diuca-Nest eine cr. meterlange Schlange, welche die Junge 
abgewürgt und sie bis auf zwei verschlungen hatte. 


Fam. lcteridae. 


74. Molothrus bonariensis (Gm.)!) = „Tordo chico“. 

Dieser Icteride lebt in den Sümpfen und deren Umgebung 
_ und wurde fast immer in Gesellschaft von Agelaeus thilius ge- 
sehen. Oft hält er sich bei weidenden Rindern auf, resp. läuft 
- vor den Fülsen eines grasenden Tieres hin; kommt beim Ab- 
 reilsen des Grases ein Nachtschmetterling (Eule), ein Wurm oder 


a7 


1) Belegstück fehlt. 


| u | a R. Haller: 


Insekten und Würmern, die er nn schin morgens und gege 
Abend sucht; während der Mittagszeit pflegt er im Schilf ode 
Gebüsch versteckt zu ruhen. — Seine Eier legt er in fremde 
Nester, z. B. von Brachyspiea capensis, Agelaeus thilius und 
Lichenops perspicillata. — Es wurden nur 8 Eier von ihm ge-? 
gefunden. Diese sind breit oval bis sphärisch, hartschalig, glatt, 
stark glänzend und haben dicht stehende Stichporen. Zwei sind 
. einfarbig blauweifs, vier weils, mit violettgrauen Schalenflecken 
und kleinen haselfarbenen und dunkelbraunen Flecken und 
Kritzeln gleichmäfsig über die Eifläche verteilt, in der Durchsicht 
srünlich. Sie messen 22—25 X 17,5—18,3 mm. 3 

Bem. Ein Nest von Lichenops perspicillata, das nur ein 
weilses Ei von Molothrus bonariensis enthielt, war von dem em- 
pfindlichen Vogel verlassen. Ei 


75. Agelaeus th. thilius (Mol.). = ‚„Trile“. 


Iris dunkelbraun, Schnabel und Fülse schwarz. (C.) * 

Er lebt hauptsächlich in den Sumpfwiesen und nährt sich 
von Insekten, Würmern, Raupen und Sämereien, welch erstere 
er sich, in den Schilfstengel umherkletternd oder zu mehreren 
Stücken auf den Wiesen laufend, sucht. In Getreidefeldern und 
Maispflanzen richtet er durch Abfressen der halbreifen Körner 
Schaden an. Er ist ein häufiger Vogel, während der Brutzeit 
paarweise, im Winter zu 6—15 Stück und mehr bei einander 
umherziehend oder den Norden aufsuchend. 

Er macht zwei Bruten, die erste beginnt Mitte Oktober, die 
zweite Ende Dezember oder anfangs Januar. Die Gelege enthalten 
2—3 Eier. — Das Nest wird gewöhnlich in einen Schilfbusch 
aus breiten, trockenen Schilfgrasblättern gebaut, hat auch solche 
zur Unterlage und ist damit ausgelegt. Mafse von mehreren H 
Nestern sind: Aufsendm. 100-125 mm; Höhe 90—110 mm. 

Innendm. 50—65 mm; Tiefe 45—52 mm. 

Die Eier sind regelmälsig oval, "selten breitoval oder ge- 
streckt, glatt, stark glänzend und haben feine Stichporen. Die i 
Grundfarbe ist gewöhnlich hellgrau mit rosa-, seltener mit er “ 
lichem oder hellgelbbraunem Schimmer, die Unterflecken sind 
wenige violette Schalenflecken, die Oberflecken sind ee u 
bis tiefschwarze Punkte, Flecken, Kritzel und Schnörkel, die 
am obern Pole dichter stehen, zuw. einen unregelmäfsigen Kranz 
bilden und die untere Eihälfte frei lassen. 

54 Eier messen: 22,2—26,5 X 16—18,2 mm. 


76. Ouraeus curaeus (Mol.). = ,„Tordo“. 5 

Iris schwarz (juv. dunkelbraun), Schnabel schwarz. Läufe N 

und Zehen glänzend schwarz (wie lackiert). Nägel dunkel horn- 
farben, Sohlen braungrau. ı 


© in der Umgebung Goronel’s (Chile) beobachtete Vögel ete.e 48i 


In der Umgebung von Coronel selten; lebt in den Wald- 
 rändern nahe bebaueter Feldern und nährt sich von Getreide, 
anderen Sämereien, Beeren und Insekten und gilt für sehr schäd- 
lich. und Q sind gleichfarbig. — Der Gesang hat Aehnlichkeit 
mit dem unserer Staare. — Es wurde von ihm nur ein Nest 
mit drei stark bebrüteten Eiern am 13. Dezember 1914 und ein 
anderes am 18. Dezember mit 3 Jungen gefunden. Ersteres war 
in einem Laubbaume cr. 3 Meter über der Erde aus dünnen 
Reisern, Stengeln und Halmen gebaut und mit weichern Halmen 
und Gräsern ausgelegt. — 

Die Eier sind regelmäfsig oval, glatt, glänzend, hellblau 
und haben wenige, kleinere und grölsere schwarze Flecken auf 
der obern Hälfte, eines der Eier hat ein paar graue Schalen- 
flecken. 

Sie messen 28,2—28,6 X 21,2—21,5 mm. 


- 17. Trupialis m. militaris (L.). — „Loica“, 


Die Loica hat eine grolse Verbreitung, lebt auf den Falklands- 
Inseln und in ganz Chile von der Magellanstrafse bis Central- 
Peru (Mollendo). 
| Hier leben sie auf den Wiesen, Viehweiden, bebaueten 
Feldern und an den Waldrändern und nähren sich von Getreide, 
Sämereien, jungen Pflanzen, Beeren,kleinen Heuschrecken, Insekten 
und Würmern, suchen ihre Nahrung hauptächlich morgens und 
gegen Abend und sitzen zur heilsen Mittagszeit im Grase oder 
in den Zweigen von Büschen versteckt. Ihr Gesang ist kurz, 


wohlklingend, flötend. — Wenige Strophen sind tü, djüt djüt bä,, 


tiro üb djüt gerri, jo FÜ 0 djät djüt ö, 5 di u ajüt 2. Pan 


Sie machen zwei Bruten; die erste been Ende Sehkemäce oder 
_ Anfang Oktober, die zweite cr. Mitte Dezember. Die Gelege 
- enthalten zwei oder drei Eier, sehr selten 4, die Brut dauert 14 
oder 15 Tage. — Das Nest wird gewöhnlich auf Wiesen in Gras- 
büschel oder Binsen direkt auf den Boden, am Waldrande in 
einer Bodenvertiefung unter ein Büschchen aus feinen trockenen 
- Gräsern gebaut und mit solchen ausgelegt. 
Es mifst: Aufsendm. 110—125 mm; Höhe 60 mm. 
Innendm. 90—100 mm; Tiefe 20 mm. 

Die Eier sind regelmäfsig oval, zuw. elliptisch, glatt, glänzend 
(selten stumpf); die Grundfarbe ist hellgrau mit rötlichem oder 
grünlichem Schimmer, die Schalenflecken sind violett, die Ober- 
flecken entweder ziegelrote feine Flecken, Kritzeln, Wolken und 
 verwaschene Flatschen, über die Eifläche dicht verteilt, — oder 
begrenzte schwarzbraune Flecken und Schnörkel am obern Pole; 
zwischen diesen Typen kommen alle möglichen Variationen vor, 
erstere haben mit rötlichen Goldammer -Eiern, letztere mit 

gewissen Grauammer-Eiern Aehnlichkeit. In manchen Gelegen 


= 


482 R. Päfsler: In der Umgebung Coronel’s (Chile) beobachtete Vögel etc. 


kommen beide Typen vor; von 12 Gelegen gleicht keines dem 


andern. | 
33 Eier messen 25,2—31,8 x 19,2—21,8 mm. 


Bemerkungen über einige neue afrikanische Formen. II. | 


Von.Hermann Grote. 


1. Das Verbreitungsgebiet von Passer griseus griseus (Vieill.) 
ist auf’Ober-Guinea beschränkt und erstreckt sich nicht, wie W. 


Sclater und C. Mackworth-Pread angeben!) „from Senegal to 


northern Angola and trough Nigeria, Cameroon, and French and y 


Belgian Congo to N. Rhodesia.‘ Zu diesem Urteil konnten die 


Autoren nur kommen, weil sie offenbar nicht ein einziges Stück | 
aus dem Waldgebiet Unter-Guineas zu unsersuchen Gelegenheit 
hatten. Richtiger urteilte D. Bannerman 3, dem ein Exemplar 


von Kamerunküstengebiet (Manenguba-Berge) vorlag: „it is more 


than likely that P.d. occödentalis, the rather darker bird inhabi- 
ting the forest-region of West-Africa, will have to be recognised.“ 


In der Tat beweist eine schöne Serie aus Mittel- und Südkamerun 
des Berliner Museums), dafs Kamerun von einer erheblich dunk- 


leren, von der Nominatform auf den ersten Blick zu unter- 


scheidenden Rasse bewohnt wird. Aber der von Bannerman. 
gebrauchte Name Passer oceidentalis Shell. kann auf diese Form 
leider nicht angewandt werden, da er ein Synonym von P. g. 
griseus (Vieill.) ist. Die (übrigens nicht ganz Sicher festzustellende) 


terra typica von P. occidentalis Shell. ist Nigeria. Ein mir vor- 


liegendes, von E. Hartert am Niger (Loko) gesammeltes Exemplar 
ist von typischen Stücken des P. g. griseus (vom Senegal) nicht 
zu unterscheiden *), und, wie eine grolse, von F. Riggenbach zu- 
sammengebrachte Reihe (im Berliner Museum) beweist, reicht das 
Verbreitungsgebiet der Nominatform nach Osten auch noch über 


Nigeria hiraus: Vögel von Nord-Adamaua sind noch echte P. g. 


% 


1) The Ibis 1918, p. 471. 
2) The Ibis 1915, p. 655. 


3) Material aus Kamerun ist erst in den letzten Jahren in die | 
Berliner Museum gelangt; frühere Eearbeiter des Formenkreises Passer 


griseus (0. Neumann, Graf v. Zedlitz) konnten keine kameruner Stücke 
untersuchen. 
%) Prof. 0. Neumann kommt (efr. Journ. f. Ornith. 1905, p. 352) 


zu demselben Ergebnis: „Ich kann Senegalvögel nicht von Vögeln vom 
Küstengebiet von Togo und vom Niger unterscheiden. Jedenfalls ist 
also Passer gularis Sws. und Passer occidentalis Shell. synonym zu 


griseus.“ 


h 


° Nele afrikanische Formen. II. 483 


griseus!); dasselbe ist mit zwei von Prof. Haberer am Tschadsee 


gesammelten Exemplaren (Berl. Mus.) der Fall. Das südlich 
- von Mittel-Adamaua gelegene Kamerungebiet hingegen wird von 


einer merklich dunkleren Rasse bewohnt: 


Passer griseus kleinschmidti nov. subsp. 


Von den gegenwärtig bekannten Rassen des Passer griseus 


diejenige mit am dunkelsten rotbraun gefärbter Oberseite Am 


ähnlichsten der Form des östlichen Mittelafrika P. g. ugandae 


Rchw., aber dunkler. 
Typus im Zoolog. Museum Berlin: „Q, Ngaundere, 31. III. 
1909, Hauptm. Strümpell leg., Flügellänge 78 mm. | 


Habitat: Hochland von Mittelkamerun (Ngaundere, Tibati), 


_ wo diese Form von Strümpell, Riggenbach, Adametz gesammelt 


wurde. Hierher rechne ich vorläufig auch die von G. Tefsmann 
bzw. Dr. Escherich in Spanisch-Guinea gesammelten Stücke 


(5 Expl. im Berl. Mus.), doch sind die mir vorliegenden Vögel 
_ vom mittelkameruner Hochland augenscheinlich noch um ein Ge- 


ringes dunkler. 


In Verehrung und Freundschaft Herrn Pastor Otto Klein- 


schmidt gewidmet. 


ll. Estrilda melpoda tschadensis nov. subsp. — Das 
Braun des Rückens und das Grau des Oberkopfes blasser und 
heller als bei der Nominatform. ?) 

Typus im Zoolog. Museum Berlin: „og“, Andali (Nord- 


Adamaua), 13. VI. 1909, F. Riggenbach leg. No. 799. Flügel- 
länge 45 mm. 


Im Berliner Museum aus Nord-Adamaua von Andali, Mao 


-Godi und Sagdje (Riggenbach leg., 5 Expl.), im Brit. Museum 


von der Westküste des Tschadsees (Yo, Wunda) vorhanden. 
Zwei von Riggenbach in Süd-Adamaua (Dodo, Genderu- 
gebirge) gesammelte Exemplare gehören schon nicht mehr zu 


dieser blassen Form, ebenso Vögel von Togo, die etwas dunkler 
und auf dem Rücken etwas lebhafter braun gefärbt sind. Die 
- Nominatform scheint demnach das gesamte „Waldgebiet‘ Ober- 
und Unter-Guineas zu bewohnen. Sollten sich später auf Grund 


grolser Serien doch geringfügige Unterschiede zwischen Exem- 


- plaren von Ober- und Unter-Guinea feststellen lassen (Vögel 
von Unter-Guinea sind vielleicht eine Kleinigkeit dunkler), 


so mülste auf die Form von Ober-Guinea der Name KEsirilda 


1) Das mir vorliegende Material aus dem Senegal- und Togogebiet 


ist leider recht klein; es ist nicht ausgeschlossen, dafs Senegalvögel im 


allgemeinen kleiner sind als Adamauavögel. Doch scheint die indivi- 


 duelle Gröfsenvariationsweite bei Passer griseus erheblicher zu sein, 


als gemeinhin angenommen wird. | 
2) Terra typica der letzteren ist Angola, 


Journ, f. Orn. LXX, Jahrg. Oktober 1922, 22 


2 f N 
ü 


484 | a) Homann oe 


‘finden. — E. m. tschadensis dürfte vermutlich die gesam 


der Färbung von P. n. guineensis Shell. nicht verschieden, also 
decken, aber in den Malsen gröfser: Flügel 79—84 mm, während 


gibt für diese Rasse 69—-76 mm, E. Hartert®) 70—77 mm Varia 


sind (oder doch nur an der Basis der Innenfahnen blafs grau | 


melpoda lippa ([Leht.] Reichenbach) 1) (Hack jebönden, ann i 
„vom Senegal“ stammenden Vögeln beschrieben) Anwendu 


Westhälfte des Südrandes der Sahara bewohnen. 

Den Herren David Bannerman und Norman Kinnear, die 
auf meine Bitte hin das diesbezügliche Material des Britischen 
Museums untersuchten, bin ich zu Dank verpflichtet. 


:- III. Parus niger camerunensis nov. subsp. — In 
wie dieser mit zu überwiegendem Teil weifsen oberen Flügel- | 
guineensis meist weit unter 80 mm Flügellänge hat (0. Neumann N 


tionsweite an); ausnahmsweise jedoch kommen im Verbreitungs- 
gebiet von P. n. guineensis (Senegal- bis nördliches Adamaua- | 
gebiet*) vereinzelte Stücke mit über 80 mm Flügellänge vor. | 
P.n. camerunensis hat auch stärkeren Schnabel als P. n. guineensis. 

Typus im Zoolog. Museum Berlin: „og“, Tibati, 23. 1. 1909 
F. Riggenbach leg., Nr. 222. 
° Wurde von Riggenbach in Mittelkamerun (Tibati, Bakari) 
und von G. Tefsmann sowie Dr. J. Elbert im östlichen Neukamerun \ 
gesammelt. 


IV. Aus dem mittelafrikanischen Seengebiet liegt mir eine a 
kleine Serie von Elminia albicauda vor, die sich folgendermalsen | 
von typischen Exemplaren 5) unterscheidet: während bei der | 
Nominatform die beiden äufsersten Schwanzfedern ganz weils 


sind), ist beim mittelafrikanischen Vogel die zweitäulsere Steuer- 
feder in ihrer Basalhbälfte grau (auf der Aufsenfahne zu etwa 
drei Vierteln grau) und lediglich die Spitze zeigt weilse Färbung. | 


1) H. G. Ludwig Reichenbach, Die Singvögel / als / Fortsetzun 
der vollssändigsten Naturgeschichte / und zugleich als / Central-Atlas } 
für zoologische Gärten und für Thierfreunde (p. 26). — Fringilla lip 
([Lieht.] Bonaparte, Conspectus generum avium I, p. 460) ist nome 
nudum. — Der Typus von F. lippa „Leht.“ ist im Berliner Museum 
übrigens nicht mehr aufzufinden. 

2) Journ. f. Ornith,, LIV. Jg., 1906, p. 260. 

8) Novit. Zoolog., Vol. XXI, 1915, p. 265. 

*#) Aus dem nördlichen Adamanace iii liegt mir eine stattliche 
Reihe von Riggenbach gesammelter P. n. guineensis vor. al 

5) Von Angola steht mir kein Vergleichsmaterial zur Verfügu 
Zum Vergleich konnte ich nur Vögel vom Niassa-Gebiet heranziehen, 
sich — wie gegenwärtig angenommen wird — in keiner Weise von Stück 
von Angola unterscheiden sollen. 3 


BEER 


es 


Neue afrikanische Formen. IL 


oe mir vorliegenden Mittelafrikanern (unter denen allerdings 
kein einziges Exemplar in ganz frischem Kleide ist) nach zu 
urteilen, fehlen auch — im Gegensatz zur Nominatform — die 
weifslichen Säume der Innenfahnen der Schwingen. Een 
- 65—70 mm. Ich benenne diese Rasse 


Elminia albicauda kivuensis nov. subp. 


Bar} 


; Typus im Zoolog. Museum Berlin: „„S“, Insel Kwidschwi im 
 Kiwusee (Mittelafrika), v. Stegmann leg., No. 206, 28. V. 1908. — 


gesammelt (Mus. Berlin). 

Auf diese Rasse dürften jedenfalls alle Vertreter des Formen- 
kreises Eiminsa albicauda, soweit sie das mittelafrikanische Seen- 
gebiet und Uganda bewohnen, zu beziehen sein. 


a. Elminia a. albicauda; b. B. a. kivuensis. 


Die beigegebenen Figuren zeigen (von oben gesehen): 
a) die Zeichnung der rechtsseitigen Hälfte des Schwanzes von 
 _E. a. albicauda, b) von E. a. kivuensis, ; 
% Elminia albicauda und Elminia longicauda bilden m. E. 
zwei verschiedene Formenkreise,’da ofenbar beide Arten in 
einigen Gegenden nebeneinander vorkommen. 


V. Pycnonotus barbatus escherichi nov. subsp. — 
Nachdem bereits, Reichenow auf den intermediären Charakter 
des ostkameruner Vertreters dieses Formenkreises hingewiesen 
hatte!) (ihm lagen damals nur drei sehr mangelhaft konservierte, 
- von Strümpell gesammelte Bälge vor), bestätigt nunmehr neuer- 
dings dem Berliner Museum aus dem östlichen Neukamerun zu- 
gegangenes Material die Verschiedenheit der das ostkameruner 
Grasiand bewohnenden Vögel. Die zahlreichen bisher bekannt 
- gewordenen Subtilformen des Formenkreises Pycnonotus barbatus 
- sind demnach um eine weitere Rasse zu vermehren;. 
' Pyenonotus barbatius escherichi nov. subsp. — Dem P. b. 
> tricolor (Hartl.) von Angola sehr nahestehend, aber mit grau- 


1) Mitteil. Zoolog. Mus. Berlin, V. Bd., 2. Heft, au, p. 232. 


32* 


485 


Auch von Dr. R. Kandt und Dr. H. Schubotz "auf Kwidschwi 


ee, 


486 Hermann Grote: 


Rassen dieses Formenkreises) mehr braun ist. In der Größe i 


"ist. Im männlichen Kleide scheinen diese beiden Rassen in der ' 


ne hat dagegen nur 67—70 mm Flügellänge. 


braunen Unterflügeldecken (die bei tricolor fast immer weils ode 
grauweils sind), 2. b. minor Heugl. vom Weilsen Nil ist de 
Ostkameruner gleichfalls sehr ähnlich, hat aber schwärzeren 
Oberkopf, der bei eschericht (wie bei allen westafrikanischen 


ist (unter Berücksichtigung der sehr erheblichen individuellen 
Gröfsenvariationsweite und des bei den Pycnonotiden oft aufser- 
ordentlich grofsen Gröfsenunterschiedes derGeschlechter) zwischen 
den genannten Rassen kein Unterschied. Fiügellänge der mir 
vorliegenden Exemplare von £. b. escherichk 95—97 mm. n 
Typus im Zoolog. Museum Berlin: „gQ"*, Kumbe (östliches’ 
Neukamerun), Dr. Escherich leg., Nr. 153, 18. xl. 1913. — Zu 
Ehren des Sammlers benannt. = 
Kamerun wird von drei Rassen des Bormenleröiees Pyeno- 
notus barbatus bewohnt: in Nord-Adamaua lebt P. b. nigeriae 
Hart. (mit weilsen Unterschwanzdecken), in Mittelkamerun (Tibati) 
und Südkamerun P. b. gabonensis Sharpe (mit weilsen bzw. ; 
schwach gelblich getönten Unterschwanzdecken), im östlichsten 
Kamerun P. b. escherichi (mit hochgelben Unterschwanzdecken). 


VI. Während das Kamerungebirge und die Berge der gegen- 
überliegenden Insel Fernando Poo von der Riesenform Sazcola ı 
torquata pallidigula (Rchw.) bewohnt werden, lebt auf den Gebirgen 
Nordkameruns eine Zwergform, die bisher noch unbeschrieben . 


Färbung völlig übereinzustimmen, d.h. die hiermit beschriebene | 
Form hat lediglich wenige Millimeter breite weilse Basis der ' 
Steuerfedern, das Rostbraun auf dem Kropfe ist auf ein Minimum | 
beschränkt; die Flanken und die ganze Brust sowie der Bauch | 
sind rein weils; das Weifs der Oberschwanzdecken erstreckt sich 
bis auf den Unterrücken (bei einigen Exemplaren ist dieser 
schwarz gestreift). (Die Form von Darfur, Sazicola torquata | 
jebelmarrae Lynes, unterscheidet sich der Beschreibung nach u.a. 
durch braune Flanken und ganz schwarzen Schwanz, vielleicht 
auch durch etwas grölsere Malse),. Das © der Nordkamerunform 
weicht in der Färbung von 8. £. pallidigula dadurch ab, dals es 
auf dem Bauche stark rostfarben verwaschen ist, während das 
Q von pallidigula weifslichen Bauch hat. 
Erheblich ist der Gröfsenunterschied zwischen diesen beiden 
Kamerunformen: Hartert, der eine gröfsere Serie von pallidigula | 
messen konnte, gibt als Variationsweite der Flügel 73—82,5 mm 
ant), der mir vorliegende Typus (2!) hat 75 mm. Die Form 
von Nordkamerun, die ich | 


Sascicola torgquata adamaudae noV. subsp. 


1) Journ. f. Ornith., LVIIL, 1910, p. 176. e 


Neue afrikanische Formen. IL. | 487 


€ Typus im Zoolog. Museum Berlin: „Q“% Genderugebirge; 

Auge „braun“ Schnabel und Fülse „schwarz“, F. Riggenbach 
leg., Nr. 378, 24. II. 1909. 

5 Interessant ist, dafs es bereits diese Zwergform ist, die das 
nur etwa 200 km nördlich vom Kamerunberg gelegene Mbo- Gebirge 
bewohnt. Riggenbach sammelte hier einige Stücke. 


Einige Bemerkungen zur „Synopsis of the Aceipitres“ 
on H. Kirke Swann.!) Die indoaustralischen Tagranbrögel, 


Von E. Stresemann. 


Jeder auf systematischem Gebiet tätige Ornithologe wird 

es freudig begrüfst haben, dafs die von Swann verfafste Ueber- 
sicht der Aceipitres in zweiter und vermehrter Auflage erschienen 

ist. Die bei aller Kürze bezeichnenden Diagnosen der Gattungen 

Arten und Rassen in Verbindung mit dem Citat der Urbeschreibung 
_ machen diese ‚„Synopsis“* zu einem modernen Hilfsmittel für die 
erste Orientierung, das einem empfindlichen Bedürfnis entgegen- 
kommt. 329 „Formenkreise“ (deren oft sehr enge Begrenzung 
freilich nicht mit ungeteiltem Beifall aufgenommen werden dürfte) 
werden aufgezählt. Bei so grofßsem Umfang des behandelten 

Stoffes wird niemand dem Verf. einen Vorwurf daraus machen 

wollen, dafs nicht alle seine Angaben aufrecht erhalten werden 
können, .zumal die bessere Kenntnis vieler Tagraubvögel und 
ihrer Verbreitung bis vor kurzem sehr viel zu wünschen übrig 

-liefs und es teilweise noch läfst. Ich will mich hier damit be- 
gnügen, auf einige auffallendere Irrtümer und geringfügige Aus- 

lassungen aufmerksam zu machen, welche sich in der Be- 

handlung der indoaustralischen Aceipitres vorfanden, und hoffe, 


 Werkchens zu gute kommen. 


No. 74 und 75. Astur hiogasier und A. etorques sind ohne 

N Zweifel in den gleichen Formenkreis zu stellen, der Asiur 

Fe hiogaster genannt werden muls. 

No. 75. Unter dieser Nummer sind die beiden so verschiedenen 

| Rassen A. hiogaster etorgues (Salvad.) und dampieri (Gur- 

4 ney) vermengt worden. 

No. 83. Astur pallidiceps (Salvad.) ist eine Form der Gruppe 

 —_ hiogaster und steht hier am falschen Platz. 

No. 89. Astur haplochrous (Scl.) steht dem A. poliocephalus 

| (No. 84) überaus nahe und mufs diesem im System unmittel- 
bar folgen. 


| 1) H. Kirke Swann. A Synopsis of the Accipitres,. ‘Second Edition. 
Bonn 1921— 1922. 


i 


dafs meine Bemerkungen einer späteren Auflage des nützlichen 


488 E. Sean inige Bemerkungen. ee nn = 


No. 83, Anm. Ueber Astur planes Rehw. vgl. Orn. Mber. 19 
p. 109. 

No. 96 und 98. Eine Unterscheidung zweier Formenkrei 
Astur „torguatus“ und A. fasciatus, läfst sich nicht durc 

führen. Alle diese Formen gehören zusammen und sind 
unter den Speziesnamen A. fasciatus zu stellen. No. 96c, 
„Astur torguatus buruensis (Stres.)“, ist eine verkleinerte 

-  Copie von No.98, Astur fasciatus fasciatus (Vig. & Hors 

No. 98c. Astur fasciatus polyeryptus (nicht polyeriptus!) (Rothsch. 

& Hartert) kommt auf den Bismarckinseln nicht vor 
Swanns Angabe stützt sich auf Exemplare des Astur hio- 
gaster dampieri von Neu-Britannien und Neu-Irland, die, wie 
ich einer freundlichen Auskunft Herrn W. L. Selaters ent- 
nehme, im British Museum falsch bestimmt worden sind 

No. 108. „Aceipiter rubricollis Wall.“ ist identisch mit No. 110a 
Accipiter eryihrauchen ceramensis (Schleg.). 

No. 111 und 111a. Peling und Banggai werden nicht von Ac 

... piter rh. rhodogaster, sondern von A. rh. sulaensis bewohnt 

No. 127 und 179. Megatriorchis doriae und Harpyopst: novae- 
guineae sind nicht auf S. O. Neuguinea beschränkt, sondern 
bewohnen die ganze Insel. 

No, 199. Das Wohngebiet von Jeiinaetus m. malayensis reich 
über Celebes bis zu den Molukken. 

No. 220i. Spilornis cheela bido lebt auch auf Bali. ; 

Gen. LXXXV. Aviceda Swains.. Der Name wurde am 8. März. 
1837 (nicht im Okt. 1836) veröffentlicht. Wer Baza und 
Aviceda vereinigt, mufs daher für alle diese Arten den 
Namen Baza Hodgson (Jan. 1837) anwenden. | 

» No. 267. Baza lophotes ist nordwärts bis zur Provinz Kwang 
tung verbreitet. 

No. 277. Pernis orientalis (wohl richtiger: Pernis apworus 
orientalis) überwintert auch auf den grolsen Sundainseln. 

No. 281. Microhierax fringillarius lebt auch auf Bali. 

No. 292a Anm. Der Typus von Falco religiosus Sharpe h 
nichts mit F. severus papuanus zu tun, Sondern ist e 
melanistisches Stück von F\ 1. longipennss. | 

€ No: 302k. Falco Ban ernesti lebt auch auf den Bismare 
| inseln. 


Zum Gedächtnis von Oberpfarrer Dr. Lindner, Quedlinbu 
Von Pastor O. Lindner, Naumburg. 


Nach langem, schweren Leiden ging am 26. Mai 1922 der Ob 
pfarrer Dr. Friedrich Lindner heim, nachdem tückische Krankh 
seit Jahren an seiner Lebenskraft gezehrt hatte. Als Brud 
der seit den Kindheitsjahren bis zuletzt das Interesse an d 
Vogelwelt, bezw. Natur überhaupt mit ihm geteilt hat, bin i 


Zum Gedächtnis von -Oberpfarrer Dr. Lindner. 489 
f wohl der Nächstberechtigte, wenn vielleicht auch nicht der vor- 
 zugsweise Berufene, ihm in dieser Zeitschrift einen zufolge der 
Zeitumstände allerdings nur kurzen Nachruf zu widmen, wie er 
die Wirksamkeit des Heimgegangenen als Ornithologen beleuchtet. 
2 Dem Vater, einem ehemaligen Volksschullehrer vom alten 
Schlage, haben es die drei Söhne zu danken gehabt, wenn er 
ihnen die Augen des Interesses und zum Teil auch des Verständ- 
isses für Naturobjekte öffnete. Während der jüngste Bruder 
‚seine Freude fand, schon als Quartaner Tierschädel zu präparieren, 
haben der ältere Bruder und ich, nachdem anfangs Schmetter- 
linge gesammelt waren, schon frühzeitig, rein autodidaktisch, 
versucht, uns mit der Welt der Vögel bekannt zu machen, wobei 
ja naturgemäls der Verstorbene, als der 21/, Jahre ältere Bruder, 
zunächst die Führerrolle übernahm — was ohnehin seiner stark 
ausgeprägten Eigenart entsprach. Ein von uns gegriffener junger 
Goldammer, den wir aufzogen, war der erste eigentliche Anstofs, 
"mit glühendem Eifer an das Studium der Vögel heranzugehen. 
Das wissenschaftliche Bewulstsein schlug in uns werdenden Orni- 
thologen, soweit mir erinnerlich, zum erster Male die Augen auf, 
als wir einen bisher von uns nicht beobachteten Kleinvogei zu 
Gesicht bekamen, in dem wir eine unerhörte, ja wohl, wissen- 
schaftlich noch unbekannte Art vermuteten — bis wir schliefslich 
dahinter kamen, dafs es sich um den Trauerfliegenfänger handelte. 
Nun ging es, zumal wir als Schüler und Studenten (in besonderem 
Mafse gilt das vom Bruder) viele Vogelarten käfiıgten, rüstig 
vorwärts. Schon bald trat der Bruder auch in Fühlung mit 
-wissenschaftlichen Ornithologen (Thienemann, Liebe usw.), kaufte, 
noch als Primaner, eine Anzahl ausgestopfter Vögel, und wagte 
auch schon als junger Student der Theologie in Leipzig, wo er 
alsbald dem Ornithologischen Verein beitrat, seinen ersten Ritt 
ins gelobte Land wissenschaftlicher Mitteilungen mit einer kurzen 
Notiz über das erste Auftreten des Girlitz als Brutvogel in Zeitz 
1882 in der „Ornith. Monatsschrift“. Nun folgten eine Menge 
kleinerer, eigene Beobachtungen wiedergebender Notizen, aber 
bald auch gröfsere Aufsätze — in den ersten Jahren wohl aus- 
‚schliefslich in der genannten Zeitschrift, später auch in der 
„Schwalbe“, dem ,d. f. O.“ u. anderen, dazu eine grolse Zahl von 
‚Mitteilungen und Aufsätzen in verschiedenen Tageszeitungen —, 
die im Einzelnen aufzuzählen zu viel Raum beanspruchen würde, 
Dadurch wurde der junge Ornitholog schon als Student in weiteren 
Fachkreisen bekannt und dazu trug auch sein reichlich befriedigtes 
Bedürfnis bei, mit möglichst vielen ornithologischen Autoritäten 
in persönliche Fühlung zu kommen. In deren Reihen arbeitete 
er sich in fleifsiger Forscherarbeit allmählich im Laufe‘ von über 
vier Dezennien selbst empor, auch wenn es mir als übertrieben 
erscheint, «wenn er in den seine wissenschaftlichen Leistungen 
 würdigenden Zeitungen der beiden Harzstädte Osterwieck und 
E »edlinbur g, in denen er je 15 Jahre seinen Beruf als Pfarrer 


490 m) 210, Bindnen: 


ausübte, als „Ornitholog von Weltruf‘‘ gefeiert wurde. Wo 
wird man, wenn anders man die Kategorie des „Feldornithologen‘ 
gegenüber dem „Balgornithologen“ in Anwendung bringen will, 
den Bruder unbedenklich den ersteren zuzuzählen haben, aber 
er hat doch schon frühzeitig ein lebhaftes Interesse an und ganzes 
Verständnis auch für die Unentbehrlichkeit der Systematik, der 
Subtilforschung gehabt, wofür seine Arbeiten ein deutliches 
. Zeugnis ablegen. Ebenso hat er nach und nach eine Sammlung 
von etwa 1100 Bälgen zusammengebracht. Ihm kam es zu statten, 
dafs, während ich mein freiwilliges Dienstjahr ableisten mufste, 4 
er zwischen erstem und zweiten theologischen Examen mehrere 
Semester Naturwissenschaften studierte, auf Grund dessen er 
später im Amte noch promovierte. Von Königsberg aus bereiste 
er öfter monatelang die Kurische Nehrung, deren hohe Bedeutung 
als Vogelzugstralse er erstmalig in’s helle Licht rückte, sodals 
er der späteren Tätigkeit unseres gemeinsamen Schulkameraden 
J. Thienemann als Leiters der Vogelwarte Rossitten direkt vor- 
gearbeitet bezw. sie mitherbeigeführt hat. In ähnlicher Weischt 
hat er dann 20 Jahre später Hiddensö zur zweiten Zugstralsen- 
beobachtungsstation an der Ostsee gemacht und hier fast ein 
Jahrzehnt lang Jährlich avipbänologischen und faunistischen Studien 
obgelegen und, wie bekannt, viel darüber veröffentlicht. Von 
seinen sonstigen gröfseren Publikationen führe ich an: „Ornis’ 
des Fallsteingebietes“ (Dissertation) mit verschiedenen Nach- 
trägen; „Zur Ornis der Kurischen Nehrung‘“ (zusammen mit Dr. 
Flöricke), „Die preufsische Wüste einst und jetzt“. | 2 
Auf meine Veranlassung unternahm mein Bruder 1913, 
nachdem ich selbst vorher 1910 und 11 unter Führung R. Ussher’s 
die irische Vogelwelt kennen gelernt hatte, seine einzige grölsere 
Auslandsreise und zwar nach Irland; sie gab ihm Veranlassung, 
über Fulmarus glacialis in Irland — Ussher und ich hatten ihn 
zwei Jahre vorher zusammen erstmalig für Irland als Brutvogel” 
festgestellt — eine Zusammenstellung zu geben, eine Arbeit 
ähnlich der über Panurus biarmicus in Pommern, seinem ornitho- 
logischen Schwanengesang, falls man als den nicht lieber dene 
Nachruf für Prof. Voigt in der „Tägl. Rundschau“ ansehen will, 
den der Schwerkranke wenige Tage vor seinem eigenen Tode mit 
wunderbarer Geistesfrische niederschrieb. Unerwähnt darf ich 
nicht lassen, dafs der Bruder auch in Vorträgen und in ornitho- 
logischen Beobachtungslehrgängen bemüht gewesen ist, den Funken 
der Begeisterung für die Vogelwelt in möglichst vielen Herzen 
aufglühen zu lassen; unerwähnt auch nicht, dafs die amtliche 
Pflichtarbeit irgendwie unter der ornithologischen Liebhaberei 
zu leiden gehabt hätte. Besonders aber darf ich wohl im En 
blick auf einige sehr unsichere und unlautere Kantonisten unter 
den ornithologischen Publizisten der letzten 20 Jahre die per- 
sönliche Lauterkeit und unantastbare Wahrhaftigkeit des Ver- 
ewigten, der sich natürlich ja auch mal ‚sen hat, aber hinter 


Es 
=) 


& | 
3, 
A 


= Su 


Zum Gedächtnis von Oberpfarrer Dr. Lindner. 491 


dessen Angaben doch nie jemand ein Fragezeichen zu setzen 
' das Bedürfnis gehabt hat, unterstreichen. Dafs er in der Pole- 
_ mik auf einen groben Klotz auch mal einen groben Keil zu 
setzen kein Bedenken trug, wird ihm der genaue Kenner seines 
Charakters gewifs nicht verdacht haben. Dafür werden späterer 
; Bo sung seine Mitteilungen als eine wirklich zuverlässige Quelle 
dienen. 


Stephan von Chernel zu Chernelhäza r 


Am 21. Februar dieses Jahres verschied der Leiter des 
Köngl. Ungarischen Ornithologischen Instituts in Budapest 
Stephan von Chernel zu Chernelhäza. Von Kindheit an von einer 
glühenden Liebe zur Natur begeistert, widmete er seine ganze 
Kraft der Wissenschaft, besonders dem Studium der Vogelwelt. 
Nachdem er sich schon in jungen Jahren durch ausgedehnte 
Reisen in seinem ungarischen Vaterlande und durch ein eifriges 
Studium der Literatur umfangreiche Kenntnisse der Vögel Ungarns 
und ihrer Biologie erworben hatte, beteiligte er sich als 25 jähriger 
Jüngling an der von Otto Herman ins Leben gerufenen Muster- 
beobachtung des Vogelzuges in Ungarn und nabm als General- 
sekretär des Comites dieser Organisation den schwierigsten Teil. 
der Arbeit auf sich, den er hervorragend durchführte. Unter 
seinen zahlreichen ornithologischen Publikationen steht sein um- 
fangreiches Werk: „Die Vögel Ungarns mit besonderer Berück- 
sichtigung ihrer landwirtschaftlichen Bedeutung‘‘ aus dem Jahre 
1899 an erster Stelle. Eine andereeebenbürtige Schöpfung ist 
seine ungarische Uebersetzung der 3 Vogelbände von Brehms 
- Tierleben, deren Text er aus dem reichen Schatz seiner eigenen - 
Beobachtungen und Erfahrungen vielfach ergänzte. Neben seiner 
wissenschaftlichen Arbeit war er auch eifrig auf dem Gebiete des 
Vogelschutzes tätig und verfafste noch kurz vor seinem Tode 
einen Entwurf für ein neues Gesetz zum Schutze der Vögel 
Ungarns. 

Als langjähriger Mitarbeiter auf das innipste mit dem Köngl]. 
Ungarischen Ornithologischen Institut verwachsen, übernahm er 
1916 nach dem Tode Otto Hermans die Leitung dieser ältesten 
- Anstalt für Vogelzugforschung. Als Spezialist auf diesem Gebiete 
hat er es verstanden, die wissenschaftliche Bedeutung dieser 
Anstalt und den hohen Ruf, den sie weit über die Grenzen 
Ungarns hinaus geniefst, in voller Gröfse zu erhalten, wovon 
die trefflich von ihm redigierte Zeitschrift „Aquila‘ ein beredtes 
Zeugnis ablegt. 

Wir deutschen Ornithologen werden dem verechedenen 
mu allezeit ein treues und dankbares Andenken bewahren! 


- Friedrich von Lucanus. 


en) 


492 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 
Bericht über die Festsitzung zur Feier des 70. Geburtstages 
des Herrn Herman Schalow. ; 
- Die Feier fand am 6. März 1922 im Erfrischungsraum des 
Berliner Aquariums im Zoologischen Garten abends um 7!/, Uhr 


statt. Der Raum war von der Verwaltung des Zoologischen 
Gartens in geschmackvoller Weise mit Blattpflanzen geschmückt 


worden. Das Ehepaar Heinroth hatte durch Aufstellung zahl- 


reicher Vasen mit besonders ausgesuchten, prächtigen Vogelfedern, | 
die den Vogelkennern manche Nuls zu ‚knacken gaben, für 
stimmungsvollen Schmuck gesorgt. 8 


Es waren im ganzen gegen 100 Personen erschienen, die 


höchste Besucherzahl, die die Deutsche Ornithologische Gesell- 


schaft bisher gehabt hat. Von Mitgliedern waren anwesend die 
Herren: \ 
Freiherr von Berlepsch, Steinmetz, Schmidt, 
Helfer, Schuster, Sachtleben, Stresemann, 
Berger, Baron vv Loudon, Neumann, Arndt, Jung, 
Bogatsch, Strahl, Staudinger, Hilzheimer, 


Brüning, Skopnik, Deichler, Georgii, Stein- en 


bacher, Hamburger, v.Boxberger, Schulz, Spatz, 
Wegner, Beckel, Kutter, v.Stralendorff, Kothe, 
Hauchecorne, Nyncke, Freyer, v. Lucanus, 
Schalow und Heinroth, sowie die Damen: Fräulein 
Friedrich, von Bruchhausen und Chodziesner. 


Den Vorsitz führte Herr von Lucanus, als Schriftführer ; \ 


‚ war Herr Heinroth tätig. 


Der Vorsitzende richtete folgende Ansprache an den Ge- 
feierten ünd an die Versammlung: = 
Hochgeehrter Herr Professor! 


Teurer Freund! E 
Den Mitgliedern der Deutschen Ornithologischen Gesell- 7 


schaft ist es ein aufrichtiges Herzensbedürfnis, die Glückwünsche, 
die wir Ihnen am 17. Januar bei Vollendung Ihres 70. Lebens- 
jahres telegraphisch übermittelten, heute noch einmal persönlich 
zu wiederholen und Ihnen, sehr verehrter Herr Professor, in 
aufrichtiger Verehrung und treuer Anhänglichkeit die Hand zu 


drücken. — a 
Ein gütiges Geschick hat Ihnen die Liebe zur Natur als 
kostbarstes Geschenk in die Wiege gelegt, dafs bestimmend für 
Ihren ganzen Lebenslauf wurde und Ihnen so freudenreiche 
Arbeit und hohen Genuls, wie vielseitige Anerkennung und srolse 
Verehrung bescheert hat. — Auf den Spaziergängen und Aus- 
fügen, die ich so oft mit Ihnen zusammen unternehmen durfte, 
habe ich immer wieder Ihr feines Verständnis für alle Vorgänge 


Bericht über die Festsitzung. / 498. 


in der Natur bewundert. Die Pflanzenwelt, das Insektenleben, 
der Wurm oder die Lurche, die unseren Weg kreuzen, haben 
für Sie nicht weniger Interesse als die Vögel, deren Erforschung 
Sie sich zur Lebensaufgabe gemacht haben. Dies Eindringen 
- in die ganze Vielseitigkeit der Natur ist für Ihre ornithologischen 
Studien so überaus wertvoll geworden. Ebenso wie die Bedeutung 
der Systematik, wissen Sie auch den Wert der Biologie und der 
Faunistik zu würdigen, was die wissenschaftliche Arbeit unserer 
Gesellschaft, die Sie so lange Jahre geleitet haben, in hohem 
Malse gefördert hat. Ihre Ornithologische Tätigkeit reicht bis 
in Ihre früheste Jugend zurück. Schon als 19 jähriger Jüngling 
begannen Sie unser deutsches Vaterland zu bereisen, um ornitho- 
logisches Material zu sammeln und Ihre Kenntnisse durch eigene 


Anschauung zu bereichern. Später führte Sie Ihr Weg nach der 


Schweiz, Oesterreich, Ungarn, Italien, Frankreich und dem Balkan, 
um die reichhaltigen Vogelsammlungen der dortigen Museen 
kennen zu lernen und zu bearbeiten und zu den auswärtigen 
- Ornithologen in nahe Beziehungen zu treten. Bei aller Viel- 
seitigkeit haben Sie sich aber stets eine besondere Liebe zu Ihrer 
engeren Heimat, der Mark Brandenburg, bewahrt und das Studium 
der märkischen Ornis von Jugend an bis in Ihr jetziges Alter 
mit grofser Begeisterung gepflest, aus dem dann Ihr glänzendes 
Werk „Beiträge zur Vogelfauna der Mark Brandenburg‘ hervor- 

ging. Verzeihen Sie, teurer Freund, wenn ich es wage, an dem 
- bescheidenen Titel, den Sie Ihrem Werk gegeben haben, Kritik 
zu üben. Es sind keine „Beiträge“ zur Kenntnis der märkischen 
Vogelwelt, sondern es ist eine erschöpfende und musterhäfte 
Darstellung der gesamten Ornithologie der Mark Brandenburg, 

mit der Sie sich ein Denkmal aere perennius geschaffen haben. 
Dies Buch bildet für alle Zeiten einen Eckpfeiler in der Literatur 
deutscher Ornithologie. Eine zweite Arbeit von gröfster Be- 
deutung sind Ihre „Vögel der Arktis‘, die eine zusammenfassende 
Schilderung der nordischen Fauna geben. 

Ein so tiefgehendes Studium, wie es uns vorbildlich in 
allen Ihren Arbeiten entgegentritt, erfordert freilich eine sründ- 
liche Kenntnis der ornithologischen Literatur, die Sie, hochver- 
ehrter Herr Professor, in einer seltenen Weise besitzen. Dies 
zeigt sich immer wieder bei den Sitzungen unserer Gesellschaft. 
Es mag irgend ein Gegenstand, auch geringfügiger Natur, be- 
sprochen werden, der Professor Schalow weils stets zu sagen, 
wo die betreffende Frage in der Literatur schon einmal behandelt 
ist, mag die Zeit auch noch so weit zurückliegen. Ihr Interesse 
für die Literatur, besonders für die Werke der älteren Autoren, 
regte Sie zur Begründung einer eigenen Bibliothek an, die heute . 
die grölste in Privatbesitz befindliche ornithologische Bücherei 
ist und nicht weniger als 5000 Schriften umfalst. So haben Sie 
sich auch hiermit ein grofses Verdienst erworben, dem besondere 
Würdigung gebührt. — 


- 


494 Bericht über die Festsitzung. 


Bei Ihrer wissenschaftlichen Arbeit fanden Sie eine so _ 


schöne und liebevolle Unterstützung durch Ihre treue Lebens- 
sefährtin, die ein hartes Geschick nur allzu früh von Ihrer Seite 


rils. Gern weihte sie Ihnen die Stunden für Ihre Lieblingbe- 


schäftigung, die Ornithologie, und nahm stets aus vollem Herzen 


an Ihren Studien und mit freudiger Begeisterung an den Er- 


folgen, die Ihnen beschieden waren, teil. Der Verstorbenen in ı 
aufrichtiger Verehrung und Dankbarkeit zu Endonsen, empfinde 


ich als eine besondere Herzenspflicht. 


Aufser Ihren wissenschaftlichen Leistungen, mit denen Sie 
sich unvergänglichen Lorbeer erworben haben, liegen Ihre Ver- 


dienste noch auf einem anderen Gebiet, das für uns, die Deutsche 


Ornithologische Gesellschaft, besonders bedeutungsvoll ist. Sie 


haben stets Ihre ganze Kraft für die Interessen der Gesellschaft 


eingesetzt, der Sie jetzt 50 Jahre angehören. So vereinigt sich 
mit der Feier Ihres 70. Geburtstages das Jubiläum Ihrer 50 jährigen 
Mitgliedschaft derjenigen Gesellschaft, an der Sie mit so grofser 
Liebe hängen. Seitdem Jahre 1872 gehören Sie unserer Gesellschaft 
an, 1894 wurden Sie zuihrem 2. Vorsitzenden gewählt, und 1908 
übernahmen Sie als Nachfolger von Rudolf Blasius das Präsidium. 
13 Jahre haben Sie als Vorsitzender die Gesellschaft geleitet, 
und Sie haben es verstanden, ihr Ansehen nnd ihre wissenschaft- 
liche Bedeutung in hohem Mafse zu fördern. Wenn wir auch 
den Dank, den wir Ihnen hierfür schulden, durch, die Bitte, Sie 
. fortan als Ehrenmitglied führen zu dürfen, bereits zum Ausdruck 
gebracht haben, so möchte ich diesen Dank noch einmal wieder- 
holen. 


Um aber unser Dankesgefühl in eine äufsere Form zu 
kleiden, bitten wir Sie, eine von Neunzigs Künstlerhand ange- 
fertigte Widmung freundlichst entgegenzunehmen. Sie finden auf 
diesem Bilde alte gute Bekannte. Der Schwarzspecht an der 


märkischen Kiefer, der Sie bei Ihren Studien der „Vogelfauna 


der Mark Brandenburg‘ so oft mit seinem fröhlichen Ruf be- 


grülste, hat sich in einträchtiger Symbiose mit der Eiderente, E 


der Vertreterin der „Vögel der Arktis‘ vereint. Zu Ihnen ge- 
sellen sich tropische Vogelgestalten, die stolz darauf sind, den 
Namen „schalows“ zu führen, oder von Ihnen entdeckt und be- 
nannt zu sein. Auch Lanius excubitor will gehört sein, um Ihnen 
seinen Dank dafür zu sagen, dafs Sie gerade seine Familie bei 
Ihren systematischen Studien so bevorzugt haben. Möge diese 
Widmung Ihnen eine liebevolle Erinnerung sein an die Ihnen 
so ans Herz gewachsene Deutsche Ornithologische Gesellschaft, 
deren innigste Wünsche Sie, hochverehrter Herr Professor und 
teurer Freund, in das 8. Jahrzehnt Ihres arbeitsreichen und von 
so schönen Erfolgen gekrönten Lebens begleiten. 


Bericht über die Festsitzung. N 495 


Hierauf antwortete Herr Schalow wie folgt: 


Hochverehrte Anwesende, 
Lieber Herr von Lucanus! 


Aufrichtig danke ich unserer Gesellschaft für die Veran- 
staltung der heutigen Sitzung, welche sie zur Feier der Voll- 
endung meines siebenzigsten Lebensjahres berufen hat. Ich be- 
dauere es lebhaft, dals ihr durch meine Erkrankung eine doppelte 
Mühewaltung bereitet wurde. Ich danke unserem Herrn Vor- 
sitzenden für die liebenswürdigen Worte der Anerkennung, die 
er meiner wissenschaftlichen Tätigkeit wie meiner Arbeit für 
unsere Gesellschaft gezolit, und die er soeben an mich zu richten 
die Güte hatte. 

Ein freundlicher Zufall will es, wie dies Herr von Lucanus 
bereits betont hat, dafs es in diesem Januar-Monat gerade fünfzig 
Jahre sind, dafs ich dieser Gesellschaft angehöre. Am 8. Januar 
1872 nahm ich zum ersten Mal an einer Sitzung derselben teil. 
Nur wenige Jahresversammlungen, die in allen Teilen Deutsch- 
lands abgehalten wurden, nur wenige Monatssitzungen hier in 
. Berlin dürften es sein,:an denen ich mich im Laufe der ver- 
flossenen 50 Jahre nicht beteiligt hätte. Als ich in unsere Ge- 
sellschaft eintrat, stand sie noch in der Sturm- und Drangperiode 
ihrer Begründung. Sie wissen, dafs durch die begeisterte Ini- 
tiative von Eduard Baldamus im Jahre 1850 eine Deutsche 
Ornithologen - Gesellschaft in das Leben gerufen wurde Die 
Mitglieder scharten sich um die von Baldamus begründete Zeit- 
schrift „Naumannia“. Als dieselbe 1858 einging, trat ein Zerfall 
der jungen Vereinigung ein. Wesenlos schleppte sie noch einige 
Jahre ihr Dasein. hin, bis 1867, auf der Versammlung in Nienburg, 
der Beschlufs gefalst wurde, eine Auflösung der Gesellschaft 
herbeizuführen. Jean Cabanis, der Begründer des ‚Journals für 
Ornithologie‘, der an der vorgenannten Versammlung teilgenommen 
hatte, verstand die Forderung der Stunde zu werten. Nach Berlin 
zurückgekehrt begründete er mit seinen Freunden unsere Ge- 
sellschaft, die sich dann im Jahre 1875 mit der alten Vereinigung, 
die nicht leben und nicht sterben konnte, fusionierte Eine 
neue Epoche ornithologischer Arbeit wurde damit in Deutschland 
inauguriert. 5 
| Zwei gesonderte, sich scharf von einander abhebende Pe- 

rioden lassen sich in der Entwicklung der deutschen Vogelkunde 
von der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts an verfolgen. 
Naumann, Ludwig Brehm und Baldamus bezeichnen die erste, Ca- 
banis, Hartlaub, Finsch, Heuglin, deren Schüler und Nachfolger 
‚sind die Träger der zweiten Epoche,- welche die Aufgaben und 
die Richtung der ornithologischen Arbeit in Deutschland be- 
stimmten und wesentlich beeinflufsten. In diesen Männern ver- 
körperte sich die Ornithologie der letzten siebenzig Jahre. Oit 
ist man in unsern Tagen geneigt den ersten Abschnitt in der 


A 


Bericht über die Festsitumg. 


Entwicklung der deutschen Vogelkunde als minderwertig gegen- 
über dem zweiten zu bezeichnen. Ich glaube mit Unrecht. D 
erste Periode mu/fste der nachfolgenden vorangehen. Beide fanden 
ihre Aufgaben, die, von verschiedenen Faktoren beeinfluls 
wesentlich von einander abweichen. In dem ersten Abschnitt 
wurde der Grund zu unserer Art-Erkenntnis der westlich-palae- 
arktischen Vögel und zu unserem Wissen von deren Leben, von 
dem uns Bechstein, dessen Vorgänger und Zeitgenossen kaum 
Nennenswertes gegeben hatten, gelegt. Dann schlossen sich erst 
in der weiteren Epoche der Arbeit jene Forschungen an, die 
der Vogelfauna des ganzen Erdballes dienten. Auch in der” 
British Ornithologists’ Union hat sich der gleiche Prozefs voll- 
zogen. N 
Klein nur war der Kreis, der sich in jenen Jahren an den 
Sitzungsabenden in dem engen Zimmer des Schlofsrestaurants R 
‘ Unter den Linden um Cabanis scharte. Herman Golz, der ju- 
ristische Sachwalter des Fürsten Bismarck, ein eifriger Liebhaber 
gefangener Vögel — auf seine Veranlassung brachte Hagenbeck 
die ersten Kittacincla macrura nach Europa — Carl Bolle und 
Alfred Brehm, letzterer in dem jungen Ruhm des Erfolges seines, s 
„Lierlebens“, bestritten die Unterhaltung. Hier wurde uns Jüngern ‘ 
anerzogen, dals das Wesen des naturwissenschaftlichen Sehens 
Klarheit, Schärfe und Eindringlichkeit sein muls. 
Hin und wieder sahen wir in unserm engen Heim illustre 
Gäste: Blanford und Dresser, Sclater und Seebohm, Mexander 
von Homeyer und Modest Bogdanow. Wiederholt hatte die Ge- 
sellschaft den Vorzug, den genialen russischen Ornithologen 1 
Nicolai Sewerzow, der zur Bearbeitung seiner zentralasiatischen 
Sammlungen längere Zeit in Berlin weilte, bei sich zu sehen \ 
und den Schilderungen seiner Reisen im Tien-schan und Kuen- | 
lun und seiner ornithologischen Forschungen zu lauschen. Und | 
mit ihm sahen wir an einem Abend einen alten Freund unserer u 
Gesellschaft, der auch nachher noch oft bei uns Einkehr ge- 
halten, Exc. Radde aus Tiflis, den ausgezeichneten Kenner der ” 
Fauna und Flora seines Adoptivvaterlandes, des Kaukasus. 
Bei der Fünfzigjahrfeier unserer Gesellschaft in Leipzig im 
Jahre 1901 hatte ich den Vorzug, die Festrede halten zu dürfen. i 
Ich schlofs dieselbe mit den Worten: „Möge es bei dem Eintritt ü 
in das neue Halbjahrhundert gestattet sein, dem Gefühl freudiger I 
Zuversicht Ausdruck zu leihen auf eine fernere wirksame Be- 
teiligung unserer Gesellschaft an der Förderung der gesamten 
Vogelkunde und auf weitere Lustren ernster Arbeit, innerer 
Festigung und äulserer Blütel‘‘“ Seit jenem Oktobertage sind mehr " 
denn zwanzig Jahre verflossen. Meine damaligen Hoffnungen “ 
und Wünsche haben sich voll erfüllt. Neue Probleme sind auf- 7 
getaucht, an deren-Lösung wir uns beteiligen konnten. Wichtige 
biologische Fragen, denen frühere Dezennien keine Aufmerksam- 
keit zuwandten, wurden behandelt: die Terminologie der Ger j 


Bericht über die Festsitzung. Ä 497 


ederwandlungen konnte festgelegt und deren Bedeutung für die 
Kenntnis und Bewertung des Vogelkleides erörtert werden; zoo- 
geographische Betrachtungen im Hinblick auf die Bildung von 


Lösung der Rätsel des Vogelzuges ist auf Grund experimenteller 
Arbeiten energisch angebahnt worden, und wichtige Untersuchungen 
konnten auf dem Gebiet der neuzeitlichen Erbkunde auf Grund 
Biologische und physiologischer Tatsachenreihen veröffentlicht 
werden 
Mehr‘ und mehr ist die Erkenntnis rege geworden, dafs die 
‘ Ornithologie nicht mehr auf den engbegrenzten Wegen, die sie 
 Dezennien hindurch verfolgt, verharren darf, sondern mit den 
' übrigen Disziplinen zoologischer Arbeit Fühlung suchen mufs. 
Neue Funde werden dann Ueberraschungen liefern und neue Prob: 
leme aufstellen. 

 Dafs an der Lösung solcher Fragen auch die Mitglieder 
unserer Gesellschaft mitzuarbeiten berufen sein mögen, ist mein 
_ aufrichtiger Wunsch, den ich am heutigen Abend, mit nochmaligem 
Dank für die erwiesene Ehrung und das mir überreichte Er- 
innerungsblatt, zum Ausdruck bringen möchte. 


Gestatten Sie mir noch eine kurze Mitteilung. 
Ich habe so viele Anregungen und eine so lebhafte Freude 
von dem heutigen Abend gehabt, dals ich die Erinnerung” an 
‘ denselben auch bei unserer Gesellschaft festhalten möchte. 
Einer früheren Aufforderung unseres Mitgliedes, des Herrn 
Staatssekretärs Geib, und einer neueren des Herrn Dr. Strese- 
mann folgend, hat unsere Vereinigung in der letzten Jahresver- 


sammlung beschlossen, eine Bibliothek für unsere Mitglieder zu 


begründen. Ich halte diesen Gedanken für einen ungemein ge- 
sunden. Die Beschaflung von Büchern ist aber bei den heutigen 
‘ Zeitverhältnissen im allgemeinen und bei der finanziellen Lage 
unserer Gesellschaft im besonderen eine sehr schwierige. Um 
die gefafste Entschlielsung aber etwas zu fördern, will ich meine 
seit Jahren gesammelte ornithologische Bibliothek, welche rund 
3000 Bände und 3000 Separate umfassen dürfte, unserer Gesell- 
schaft als Geschenk überweisen. 
Möge sich die Benutzung meiner Büchersammlung den 
jungen Nachwuchs unserer Mitglieder ebenso fördernd bei seinen 
Studien erweisen, wie sie sich mir in einem langen Leben ornitho- 
logischer Arbeit anregend und nutzbringend erwiesen hat!“ 


Im Anschlufs daran dankte der Vorsitzende mit folgenden 
Worten: 
„Hochverehrter Herr Professor Schalow! 

Empfangen Sie für das kostbare Geschenk, das Sie mit 
Ihrer wertvollen und reichhaltigen Bibliothek in so überaus 


Formen durch den Einflufs der Eiszeit wurden angestellt; die 


= 


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EN N rn N 


nf 


498 Bericht über die Festsitzung. 


Bedeutung! Wie ich vorhin schon sagte, erfordert heute jede 
wissenschaftliche Arbeit vor allem eine gründliche Kenntnis der 
Literatur. So wird die von Ihnen gestiftete Bibliothek für alle 
Zeiten der kostbarste Besitz unserer Gesellschaft sein, der die 
Grundlagen und Eckpfeiler ihrer wissenschaftlichen Arbeit bildet. 
Es beginnt hiermit ein neuer Zeitabschnitt der Deutschen Orni- 
thologischen Gesellschaft, der ihre Bedeutung und ihren wissen- 
schaftlichen Wert in weittragendster Weise erhöht! Um aber 
für alle Zukunft den Namen des hochherzigen Stifters mit der 
wertvollen Gabe zu verknüpfen, schlage ich vor, dafs diese 
‚Bibliothek nicht in die Bücherei unserer Gesellschaft eingereiht 
wird, sondern für alle Zeiten als geschlossenes Ganze unter dem 
Namen „Schalowstiftung‘ aufbewahrt bleibt. — Für uns, 
die Mitglieder der Gesellschaft, heifst es aber, sich dieses Be- 
sitzes auch würdig zu zeigen. So wollen wir dem hochberzigen 
Spender geloben, getreu dem schönen Spruch „Was Du ererbt 
von Deinen Vätern hast, erwirb’ es, um es zu besitzen“ in unermüd- 
licher Arbeit die ernithologische Wissenschaft zu fördern und 
danach zu streben, dafs der Ruhm deutscher Ornithologie stets 
erhalten bleibt.“ i 


Dem Jubilar sind viele Glückwünsche zugegangen. 


Seine Maj. König Ferdinand depeschierte: ; 

Zu Ihrem 70. Geburtstage entbiete ich Ihnen wärmste 
Segenswünsche. Möge Ihr unserer Gesellschaft gewidmetes segens- 
reiches Wirken uns noch viele Jahre erhalten bleiben. 2 

Herzlichste Grüfse - ERerdinand, 


Die Ornithologischen Vereine und Gesellschaften in Dres- 
den, Leipzig, München, Budapest, Berlin, Breslau, Altenburg, ° 
deren Ehrenmitglied Herr Schalow ist, hatten Glückwunsch- 
schreiben gesandt, ebenso wie die Staatliche Stelle für Natur- 
 denkmalpfiege, die Vogelwarte Rossitten und eine grofse Zahl 
deutscher und ausländischer Ornithologen. 


Y 


Herr Stresemann hielt hierauf einen Vortrag über 
„Die Entwicklung der Vogelsammlung des Berliner 
Museums unter 1llliger und Lichtenstein“. Der Inhalt 
desselben war kurz folgender. 

Im Jahre 1810, zur Zeit der tiefsten politischen Erniedrigung 
Preulsens, wurde die Universität Berlin gegründet. Ein gleich- 
zeitig erlassenes königliches Dekret bestimmte, dafs die bis dahin 


Bericht über die Festsitzung. 499 


in verschiedenen Gebäuden verstreuten Sammlungen von anato- 
mischen Präparaten und Naturseltenheiten mit der Universität 
_ vereinigt und in deren Gebäude untergebracht würden. Zum Ver- 
_ walter des „Zoologischen Museums“, wie das Institut schon da- 
mals genannt wurde, wurde der Entomologe Dr. Karl Illiger 
‚aus Braunschweig berufen. Den Grundstock der Vogelsammlung 
bildeten einige Vögel vonauffälliger Färbung oder Form, die 
bisher in der königlichen Kunstkammer aufbewahrt worden waren. 
Es war ein bescheidener Anfang. Sehr rasch aber schritt die 
Vermehrung voran. Peter Simon Pallas, der seit 1810 
‚wieder in Berlin lebte, hinterliefs bei seinem Tode (8. Sept. 1811) 
‚seinem Freunde, dem Botaniker Prof. Willdenow, eine Anzahl von 
‚Vögeln, die letzterer noch im gleichen Jahre dem jungen Museum 
schenkte Ein Teil dieser Vögel stammt aus Transbaicalien und 
wurde zweifellos von dem grofsen Gelehrten selbst im Jahre 
1772 gesammelt. Er hat diese Exemplare offenbar, als er sein 
wertvolles Naturalienkabinett um 1793 an die Kaiserin Katharina 
verkaufte, für sich zum Behufe seiner „Zoographia Rosso-Asiatica“ 
zurückbehalten und diesen kleinen Bestand später noch vermehrt, 
teils auf seiner Reise zum Kaukasus (1793), teils aus den Sen- 
dungen des Dr. Merk, der den Kapitän Joseph Billings als Natur- 
forscher nach Kamtschatka und dem russischen Amerika be- 
gleitete (um 1790). Mehrere der Exemplare, die Pallas nach 
Berlin mitgenommen hatte, sind in seiner Zoographia Rosso- 
Asiatica beschrieben worden und zu Typen neuer Arten geworden. 
Eine weit ansehnlichere Vermehrung aber erfuhr die Vogel- 
sammlung noch im Gründungsjahr durch die Zuwendungen des 
Grafen Johann Genturius von Hoffmannsegg, 
eines kenntnisreichen Zoologen, der eine sehr bedeutende Privat- 
sammlung besals und mit vielen namhaften Reisenden und Ge- 
lehrten im Verkehr stand. Schon um 1802 war Antonio 
Gomes (mit dem der Prinz von Wied später in Bahia zusammen- 
traf) für ihn im brasilianischen Staate Bahia als Vogelsammler 
tätig; später gelang es dem Grafen, den jungen FranzWilhelm 
‚Sieber (geb. 1789 in Prag) für sein Cabinet zu verpflichten. 
Sieber legte im Staate Parä, vorwiegend wohl am Tocantins 
(Cametä) und Tapajoz, eine vorzügliche Vogelsammlung an und 
kehrte mit ihr 1810 (oder 1811?) nach Europa zurück. Sein 
Reiseweg führte ihn über London, wo er viele seiner Doubletten 
gegen Vögel aus Georgia und New South Wales eintauschte, um 
dadurch die Artenzahl der Hofimannseggschen Sammlung zu ver- 
mehren. Alle diese Schätze kamen nun dem Zoologischen Museum 
zugute, und Illiger sah sich zu eingehender Beschäftigung mit 
der Vogelwelt Südamerikas veranlafst. Er kam jedoch nicht 
dazu, die Ergebnisse zu veröffentlichen. Nach nur zweijähriger 
Dienstzeit erkrankte er an Tuberkulose, der er 1813 erlag. 
Zu seinem Nachfolger als Direktor des Museums wurde der 
erst 33jährige Dr. Hinrich Lichtenstein ernannt. Von 


Joum. f. Om. LXX, Jahrg. Oktober 1922, 33 


5 


500 iR Bericht: ober! die Postitaung. 


Haus aus Mediziner, hatte L. 1802 eine Stelle es Halsiche 
beim Gouverneur der damals noch holländischen Kapkolonie a 
genommen und war erst noch fünfeinhalbjähriger Abwesenheit 
die Heimat zurückgekehrt. 1810 war seine Habilitation an der 
Berliner Universität für das Lebrfach der Zoologie erfolgt; 18127 
übernahm er, nach Willdenows Tode, provisorisch die Leitun 
des botanischen Gartens. Von 1813 sehen wir seine grofsen 
organisatorischen Fähigkeiten ganz in den Dienst des Zoologischen 
Museums gestellt. Ungeachtet der bedeutenden Schwierigkeiten, | 
mit denen es in jenen bewegten Zeiten zu kämpfen galt, gela 
es ihm, die Aufstellung der Tiere rasch zu fördern. Im Somm 
1814 wurde das Museum dem Publikum geöffnet. Die Vög 
waren damals durch etwa 2000 Individuen vertreten, die si 
auf über 900 Arten verteilten. In der Folgezeit wirkte Lichte 
stein als unermüdlichen Mehrer der übernommenen Schät 
Nach allen Richtungen verstand er es, Beziehungen anzuknüpfen. 
Seine Korrespondenz war ungemein ausgebreitet, und das Ge 
schick, das er entwickelte, wo es sich darum handelte Ansiedlei 
und Reisende für das Sammeln zoologischer Objekte und beson- 
ders von Vögeln zu interessieren, verdient die höchste Bewun- 
derung. Er wetteiferte hierin mit Temminck, seinem Freunde 
und Kollegen in Leiden, der freilich, als Verwalter des Museums 
einer Kolonialmacht, ungleich leichteres Spiel hatie. A 

Bereits 1815 setzen die Zugänge aus fernen Weltteilen nn 
wieder ein. Es sind zunächst abermals Vogelsendungen aus 
Brasilien, und zwar aus Bahia, wo damals der Frankfurter Natur 
forscher G.W.Freyreifls und ein deutscher Major Feidn er 
tätig waren. Die Verbindung mit Freyreifs sollte dem Museum 
reichen Gewinn eintragen; denn seiner Vermittelung ist es wohl 
zu verdanken, dafs sich der aus Potsdam gebürtige Botaniker 
Friedr ich Sellow Ende 1816 entschlols, von Brasilien aus 
dem Berliner Museum seine Dienste anzubieten. Sellow hat m 
den Jahren 1817 bis 1831 Tausende von Vogelbälgen aus vielen | 
Gegenden Brasiliens nach Berlin eingesandt, von denen eine 
erhebliche Zahl neuen Arten angehörte. Die Kosten seiner 
Expeditionen, 24700 Thaler, konnten durch den Doublettenv 
kauf fast völlig gedeckt werden. Beim Baden in Rio Doce ver 
unglückte der unermüdliche Forscher im Sommer 1831. S 
Name verdient unter denen, die dem Berliner Museum zu hoh 
Ansehen verholfen haben, mit an erster Stelle genannt zu werden 

Schon 1818 mehrt sich die Zahl der fürs Museum tätigeı 
Sammler derart, dafs ich von chronologischer Berichterstattung 
absehen will. 

Aus dem neotropischen Gebiet liefen von 1825 
aulser den Sellowschen Sendungen noch andere Schätze ein. D 
Gärtnereigehilfe Ferdinand Deppe begleitete, mit Instr 
tionen des Museums versehen, den Baron und späteren Gra 
A. von Sack 1825 nach Mexico und erwies sich dabei als a 


Bericht ber die Festsitzung. 50 


gezeichneter Sammler. 1829 wurde er daher zum zweiten Mal 
nach Mittelamerika geschickt. Die Ausbeute dieser Reisen war 


' so wertvoll, dafs Lichtenstein die Herausgabe eines Werkes über 
die Tierwelt Mexicos beschlofs, doch ist der Plan wie so mancher 
_ andere nie zur Ausführung gelangt. Auf seiner ersten Reise hatte 


sich Deppe mit dem Grafen bald zerworfen; als Ersatz für ihn 


wurde auf Empfehlung Lichtensteins der Studiosus G ustav 


 Haeberlin entsandt, der dem Grafen nach Colombia folgte. 
Dort ist er im Laufe des Jahres 1826 zu Honda am Magdalenen- 
strom „an einem klimatischen Fieber‘ verstorben, nachdem er 


über 100 Vögel an das Berliner Museum eingesandt hatte. 1832 
sammelte Meyen in Chile; von 1840 an liefen Sendungen des 
 Steuermanns Eunom Bernhard Philippi (eines Bruders 
des bekannten Gelehrten, Rudolf Amandus Philippi) aus Peru und 


Chile ein, und von 1840—44 war Richard Schomburgk 
in British Guiana für das Museum tätig. Nur Schomburgks Aus- 


beute ist das Glück zuteil geworden, im Zusammenhang bear- 


beitet zu werden, aber nicht etwa von Lichtenstein, der zu ver- 


tiefter Forscherarbeit nur selten einmal die Zeit aufbrachte, 
sondern von seinem sehr fähigen Gehilfen Jean Cabanis, dem 


späteren Custos der Vogelsammlung. 


Neben Amerika war es vor allem Afrika, woher dem Ber- 
liner Museum unter Lichtenstein Sammlungen in reicher Fülle 


- zuströmten. Das durch seinen eigenen Aufenthalt im Kapland 
_ erweckte Interesse für Südafrika liefs L. mehrfach den Versuch 
“machen, dort ansässige Deutsche zum Sammeln von Tieren zu 
bewegen. Zunächst hatte er damit wenig Glück; denn weder 
der Botaniker Leopold Mundt und le Maire, noch der 
am 4. Januar 1818 am Kap verstorbene Pharmaceut Karl 


Heinrich Bergius erfüllten die auf ihre Tätigkeit gesetzten 
Hoffnungen. 1820 knüpft L. mit Ludwig Krebs, einem 


- deutsehen Ansiedler in Uitenhage bei Port Elizabeth und Freund 
_ der Vorgenannten, Beziehungen an, und schon dessen erste Sen- 
"dung liefert den Beweis, dafs er endiich den rechten Mann 


Sendungen aus dem Kapland ein, und mit den Krebsschen Dou- 


- bletten können alle namhaften Museen der Weit versorgt werden. 


Gleichfalls im Jahre 1820 rüsten sich die beiden jungen 


Zoologen Dr. Ehrenberg und Dr. Hemprich zu einer 
- grofsen vom preufsischen Staate finanzierten Expedition, um die 
Nilländer zu erforschen. Sie treffen im Frühjahr 1821 in Cairo 
"ein und ziehen sammelnd langsam den Nil bis Ambukol aufwärts. 
- Nach Cairo zurückgekehrt, wenden sie sich 1823 nach der Sinai- 
_ falbinsel und der Küste des nördlichen Roten Meeres und er- 
- Lorschen 1824 Palaestina, Syrien und die Flora und Fauna des 


hibanon. 1825 setzen sie ihre Untersuchungen an der Küste 

Abessiniens, im heutigen Erythraea, fort. Dort erliegt Hemprich, 

dem das Hauptverdienst an den ornithologischen Erfolgen der 
i 33% 


RER 


- gefunden hat. 20 Jahre hindurch, bis 1839, laufen uun große 


502 | Bericht über die Festsitzung. 


Expedition zukommt, am 30. Juni 1825 dem Wechselfieber. Wa 
die Reise der beiden Freunde für die Örnithologie bedeutet ha 
weils jeder zur Genüge, der sich mit der Vogelwelt Nordostafrikas 
und Vorderasiens beschäftigte. In die Tausende ging auch ihre \ 
Ausbeute an Vogelbälgen, von denen noch immer viele Hunderte, “ 
darunter zahlreiche Typen, im Berliner Museum aufbewahrt werden. i 
 Dafs Lichtenstein eine Anzahl auffälliger asiatischer 
Vögel beschreiben konnte, hatte er der Verbindung mit dem 
jungen Dr. Eduard Eversmann zu verdanken, der seinem \ 
ehemaligen akademischen Lehrer schon 1818 und 1819 schöne 
Vogelsendungen aus dem südlichen Ural übermachte und 1822 
das ganze zoologische Material nach Berlin gab, das von ih 
auf seiner denkwürdigen Reise von Orenburg nach Buchara in 
damals noch unbekannten Landstrichen gesammelt worden war. 
Noch ist besonders zu erwähnen die ornithologische Aus- 
beute, die der Naturforscher und Dichter Adelbert von 
Chamisso von seiner Weltumsegelung mit der „Rurik“ 1815 
bis 1818) heimbrachte. Sie ist nicht grofs, aber unter den See- 
vögeln von Unalaschka und der Bering-See befinden sich einige, 
die damals noch unbekannt waren; und jeder Deutsche wird die 
Vögel, die zu jenem seltenen Mann in so naher Beziehung ge- 
standen haben, mit besonderer Ehrfurcht betrachten. | a, a 
Die Schätze, die sich im Berliner Museum angehäuft hatten, 
wurden unter Lichtensteins Direktorium jedem Zoologen in libe- : 
ralster Weise zur Untersuchung überlassen. Unter denen, die in 
der Vogelsammlung emsig Studien getrieben haben, finden wir 
viele bekannte Ornithologen wie Joh. Friedrich Naumann, 
Chr. L. Brehm, Constautin Gloger, Alexander von 
Nordmann, Johann Jacob von Tschudi, Johann 
Wagler; und so manche Art, die in Berlin unter einem 
Lichtensteinschen Manuskriptnamen neu aufgestellt war, ist in den 
Schriften dieser Forscher zum ersten Mal beschrieben worden. i 
Ende der 30er Jahre beginnt Lichtensteins Interesse für 
die Vermehrung der Sammlung und seine Spannkraft merklich 
nachzulassen. Das Alter macht sich allmählich bei ihm bemerkil 
bar. Zudem noch überlastet durch die Geschäfte als Museums- 
direktor, akademischer Lehrer und seit 1843 auch als wissen- 
schaftlicher Direktor des von ihm ins Leben gerufenen Zoologischen 
Gartens, überliels er die Verwaltung auch der früher von ihm 
besonders gepflegten Sonderabteilungen jüngeren Kräften. In’ 
einem Brief an seinen Jugendfreund Temminck, datiert 27. Juli 
1846,*) spricht sich die Erkenntnis deutlich aus, dafs es nun 
für ihn Zeit seworden sei, sich von der Wissenschaft zurück- 
zuziehen. Er schreibt darin unter anderem: 
„Mein lieber alter Freund! ... Mit unserem Museum geht 
es langsam vorwärts; das meiste ist in der neueren Zeit für die 


2) Im Archiv des Zool, Museums Berlin. 


Bericht über die Pestsitzung. 503 


Aufstellung und die Etikettierung geschehen .... Der ornitho- 
logische Theil unserer Sammlung... nimmt sich in den 3 grolsen 
8älen, die zusammen 150 F. lang und 60 F. breit sind, ganz 


stattlich aus. Die Zahl der Exemplare beläuft sich in diesem 
Augenblick auf 10500 ... Obgleich ich persönlich nicht zu 


klagen habe, vielmehr mich körperlich noch ganz gesund und 


rüstig befinde, auch in meiner Familie viel Freude erfahre, so ist 
doch die rechte Lebensfreude und die Thatkraft mit der Jugend da- 


hin. Mit dem Arbeiten geht es nicht mehr so flink wie sonst 
- und doch mehren sich die Geschäfte. Die Ansprüche, die man 


an sich seibst macht, bleiben dieselben, aber man genügt sich 


B selbst nicht mehr wie sonst. Viele Entwürfe zu schriftstellerischen. 
ı Arbeiten liegen unvollendet da und werden ruhig schlafen gehen. 


Die neue Zeit wächst einem über den Kopf und wie viel man 
auch liest, so fühlt man doch, dafs man nicht mehr mit fort- 
kommen kann und kommt sich oft in der neuen kauderwälschen 
Systematik und Nomenklatur recht dumm und unwissend vor, 


wenigstens zu schwach um gegen den Strom zu schwimmen und 
‘durch eine Art von Ekel selbst von dem Versuch abgeschreckt, 
irgend einen Widerstand zu unternehmen. Es ist in allem, was 


die neue Zeit bewegt, etwas revolutionaires; wir werden es nicht 


erleben, dafs sich die Gährung abklärt, doch kann ich aber nicht 


sagen, dafs ich von dem endlichen Resultat grofse Erwartungen 
hegte und freue mich also eine Zeit erlebt zu haben, wo es 
in der Wissenschaft noch Autoritäten gab und wo es geordneter 


 herging. Solche, die jene Zeit mit mir erlebt haben, darin wirksam 


gewesen sind und die Erinnerungen daran mit mir theilen, möchte 
ich daher auch für die wenigen Jahre, die ich noch zu leben 
habe, mit mir verbunden wissen und bitte Sie also, dafs Sie mich 
mein langes Stillschweigen nicht entgelten lassen, sondern mir 


mal wieder ein Zeichen ihrer alten Freundschaft durch einige 


Zeilen von Ihrer Hand zukommen lassen. . ... 
Ihr von ganzem Herzen ergebener 
Lichtenstein.“ 

Als 77jähriger erlag Lichtenstein am 2. September 1857 
auf einer Reise nach Dänemark einem Schlaganfall. Tiefe Be- 
wunderung erfüllt uns, wenn wir die Früchte seiner langen 
Tätigkeit im Dienste des Berliner Zoologischen Museums über- 


blicken. Er hat den Beweis geliefert, dafs es auch in einem 


Staate, der keine reichen Geldmittel besitzt und keine Kolonien 
sein eigen nennen darf, möglich ist, ein zoologisches Museum zu 
höchster Blüte zu bringen. Die Aufgabe unserer Generation ist 
gleich schwer wie die seine. Möge es gelingen, es ihm gleichzutun. 


Herr Heinroth spricht mit zahlreichen Lichtbildern über 


 Raubwürger nach eigenen Aufnahmen und führt etwa fol- 
 gendes aus; 


504 Bericht, Aber die Festeitzung. 
„Ich habe diesen Stoff heute gewählt, veil ch eifs, aa 
sich unser verehrtes Ehrenmitglied, Herr Schalow, stets b 
sonders für die Würgerfrage interessiert hat. Er ist, wie ic 
weils, der Ansicht, dafs der zweispieglige Raubwürger, Lani 
excubitor excubitor L., und der einspieglige, Lanius excubit 
rapaxz Brehm = major Pallas zwei verschiedene Formen sind, 
von denen die erstere hier in der Mark und überhaupt in Deutsch- 
land als Brutvogel angetroffen wird, während rapax weiter nörd- 
lich bezw. östlich zuhause ist und Deutschland nur als Winte 
herberge beziehen soll. Er hebt diese seine Ansicht in seinem 
bekannten Werk „Beiträge zur Vogelfauna der Mark Branden- 
burg‘ besonders hervor und sagt ausdrücklich, dafs kein einziger 
Fall des Brütens des einspiegligen Raubwürgers in der deutschen 
Tiefebene und in Mitteldeutschland bekannt sei. Im Gegensatz 
dazu falst Hartert den ein- und den zweispiegligen Raubwürger 
als ein und dieselbe Art auf und glaubt, dafs die beiden geo-" 
graphisch nicht getrennt seien. Hierzu sei erwähnt, dals Collett 
1886 in Norwegen aus ein und demselben Nest je einen ein- 
und einen zweispiegligen Raubwürger erhielt. Br 

Ich selbst bekam im August 1912 einen noch im Jugend- 
kleid befindlichen einspiegligen Würger, der am 15. 5. desselben 
Jahres in Hamburg dem Nest entnommen war. Dieser Fall ist” 
durchaus einwandfrei, da ich auch eine Photographie des Nestes 
mit den Jungen dazu erhielt. Das Tier war, wie es bei der” 
Form rapax gewöhnlich ist, oberseits ziemlich dunkelgrau und 
unten stark mit dunklen Querbändern gezeichnet. Auch im 
zweiten Kleide, das es bald anlegte, verschwand diese Färbungs- 
weise nicht, sodafs der Vogel immer noch oberseits recht dunkel 
und unten deutlich gebändert aussah. . 

Im Juni 1921 wurde dem Berliner Zoologischen Garten auf 
eine Bestellung hin ein noch sperrender junger Vogel aus Ober- 
hessen zugesandt, der mit einem Nestgeschwister von einem 
Forstbeamten ausgehoben und aufgezogen worden war. Auch 
dieses Stück war unten stark gebändert und oben trübe dunkel- 
grau; es glich genau dem vorher erwähnten Hamburger Art- 
genossen. Durch diese beiden Fälle ist nunmehr der unumstöfslich 
Beweis geliefert, dafs auch der einspieglige Raubwürger in 
Deutschland aus dem Ei schlüpfen kann, und es wäre wünschen 
wert, viele Würgernester daraufhin zu beobachten, nicht aber 
immer wieder die Eier zu angeblich wissenschaftlichen Zwecken 
wegzunehmen. 

Am 7. Juni 1921 entdeckte ich auf dem Döberitzer Uebungs- 
gelände ein Raubwürgernest in einem Kiefern-Stangenholz etwa 
7 mhoch. Die 5 Jungen waren gerade am Ausfliegen und konnten” 
noch gegriffen werden. Das Nest wurde dem Zoologischen Mu- 
seum überwiesen und zeichnete sich dadurch aus, dafs der Innen-” 
ausbau fast ganz aus leicht verschmutzter Verbandgaze bestand. 
Die Oberansicht des Nestes entsprach also in der Behune genauf 


Sars 


_ 


50 


ngen. Diese glichen bis auf die Kürze der Flügel- und Schwanz- 
federn fast völlig den Eltern: Oberseits das schöne Hellgrau, 
_ unterseits fast weils mit nur eben angedeuteten dunklen Quer- 
| bändern, die aber nur bei genauester Betrachtung sichtbar waren. 


W Die Tiere wurden aufgezogen und erwiesen sich sämtlich als der 


zweispiegligen Form angehörig. Im Alter von zwei Monaten 
| mauserten sie das Kleingefieder, und bei den Männchen war zum 
| Oktober hin von irgendwelchen dunklen Querstrichen auf der 


| Unterseite auch nicht mehr eine Spur vorhanden: Ein Beweis. 


gegen die Ansicht, dafs nur sehr alte Vögel eine einheitlich ge- 
| färbte Unterseite haben. Bei den Weibchen war von der 
ı Bänderung bei guter Beleuchtung noch eine Spur zu sehen. 
Ich bebielt ein Paar bis zum nächsten Frühjahr, hielt sie in 
einem Raum von 10:5 m, der im Winter der Kälte völlig aus- 
gesetzt war und konnte feststellen, dafs von einer Winter-Klein- 
 gefiedermauser, die ab und zu behauptet wird, nicht die Rede 
war. Die Tiere waren, wenn man sich viel mit ihnen beschäftigte, 
recht dreist und wagten es häufig, wenn wir uns längere Zeit 
in dem Raum aufhielten, uns wütend nach dem Kopf zu stofsen, 
auch liebten sie es gröfsere andere Vögel, die vorübergehend zu 
ihnen gebracht wurden, nach Rabenart anzufallen; so zwickten 
sie z. B. eine Tafelente in die Beine. Unter sich ziemlich un- 
verträglich, befehdeten sie sich doch nie so ernstlich, dafs Ver- 
letzungen vorkamen, dagegen machten sie einer erwachsenen 
Trauerseeschwalbe in wenigen Minuten den Garaus und fralsen 
das Fleisch von Kopf und Hals. | | 

Ich nehme Gelegenheit, im Anschlufs an meine Erörterungen 
über den Raubwürger auch noch dem Neuntöter, L. collurio, 
einige Worte zu widmen, und die Entwicklung seiner Kleider 
in 8 Lichtbildern vorzuführen. Die Tiere werden, wie wohl 
- alle Würger, völlig nackt geboren, verlassen mit etwa 13—15 Tagen 
das Nest und mausern ihr erstes, stark geflecktes Jugendkleid 
bereits bevor Flügel und Schwanz erwachsen sind, d. h. schon 
in einem Lebensalter von 4 Wochen. Sie bekommen dann ein 


neues Kleingefieder, was dem ersten Kleide sehr ähnlich, aber 


in der Güte der Federn viel vollkommener ist. Mit 21/, Monaten 
etwa ist diese Mauser beendet. Es war mir nicht möglich, 
unter den 5 Jungen eines Nestes in diesen beiden Kleidern irgend 


welche Geschlechtsunterschiede feststellen zu können. Die nächste 


Mauser, die sich dann sowohl über Klein- wie über Grolsgefieder 
erstreckt, findet während des Winters statt, wobei dann das 
Männchen sein für sein Geschlecht bezeichnendes Gewand er- 
hält, während das Weibchen sich in der Farbe nicht viel verändert“. 


Nach Schlufs der eigentlichen Sitzung führte Herr Hein- 
roth die Teilnehmer der Sitzung zu einer zu diesem Zwecke 
veranstalteten Schlangen- und Krokodilfütterung. Während dieser 


08 | here über die Jahresversammlung. 1922. | 


Zeit te der Sitzungssaal so umgeräumt, daßs Gelekenhänt © 4 
boten wurde, bei kalter Küche und Bier ein gemütliches zul 
sammensein an kleinen Tischen zu veranstalten. In gehobener | 
Stimmung und unter unterhaltenden Gesprächen wurden noch 
einige Stunden zusammen verlebt und hiermit die Feier be- 
schlossen. Heinroth., | 


Bericht über die Jahresversammlung in Berlin 
vom 13. bis 15. Mai 1922. \ 
Anwesend die Herren Stresemann, Heck, Bo-. 


gatsch, Staudinger, Berger, Neumann, Baron 
v. Loudon, Strahl, Deichler, Grote, Spatz, 


8Skopnik, Helfer, v. Schuckmann, Steinbacher, 
Beckel,H.Schmidt,Mell,v. Boxberger,G.Schulz, 
Nynceke, Arndt, Schuster, Zech, v. Lucanus,, 
Schalow, Fenk, Ohnesorge, Hildebrandt-Altenburg, 
Sachtleben, Jung, Adam, Wegner, Jürss, Stein- 
metz, Steinmetz jun., Sterzel, Heinroth, sowie 
Frau Schmidt-Kunow, Frau Heinroth, Fräulein Friedrich ‚a 
Fräulein v. Bruchhausen und Fräulein Beele 
Ferner beteiligten sich insgesamt etwa 115 Gäste. Y 
Vorsitzender: Herr v. Lucanus, Schriftführer: Herr 
Heinroth. il 
Am Sonnabend, den 13. Mai, abends 1/,8 Uhr eröffnete 

der Vorsitzende die Jahresversammlung im grofsen Saale des 
Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht, Potsdamerstr. 120, 
mit folgenden Worten: 4 


„Hochverehrte Versammlung! ! 


Mit einem herzlichen Willkommensgrufs an alle anwesenden 
Mitglieder und Gäste unserer Gesellschaft eröffne ich die Jahres- 
versammlung. Empfangen Sie für Ihr so zahlreiches Erscheinen 

unseren aufrichtigsten und wärmsten Dank — liegt doch hierin ein 
neuer und herrlicher Beweis, wie regen Anteil Sie an unserer Ge- 

sellschaft und ihrer wissenschaftlichen Arbeit nehmen. Unsere ° 
letzte Jahresversammlung fand im Oktober 1920 in Berlin statt. ” 
Wir alle standen damals noch unter dem vollen Eindruck des 
unglücklichen und jähen Endes, das der Weltkrieg für uns ge- 
nommen, und das unser Volk in jene unseligen-Zustände gestürzt 
hat, unter denen wir noch heute so schwer leiden. Von Tag zu Tag 
wächst die wirtschaftliche Not unseres Vaterlandes, die vor allem 
auch die deutsche Wissenschaft so ernstlich bedroht. Der ge- 
waltigen Preissteigerung auf allen Gebieten mufsten wir durch 
eine erhebliche Erhöhung des Mitgliedsbeitrages Rechnung tragen, 
die willig und gern von allen Mitgliedern aufgenommen wurde, 
um unserer Gesellschaft über die Not der Zeit fortzuhelfen. ° 
Für diese Opferwilligkeit sei Ihnen allen herzlich gedankt. Die ° 


Bericht über die Jahresversammlung 1922. 507 


_ Zahl der Mitglieder hat sich seit dem Herbst 1920 um 67 er- 
_ höht, ein erfreuliches Zeichen, dafs in dieser materiellen Zeit 
. der Sinn für Natur und Wissenschaft nicht verloren geht. Dies 
zeigt sich äuch in der Unterstützung, die unserer Gesellschaft 
für die Herausgabe des Journals für Ornithologie von vielen Seiten 
zu Teil geworden ist. Seine Majestät König Ferdinand stifteten 
eine namhafte Summe für unsere Zeitschrift. Das Ministerium 
für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung gab im vergangenen 
Jahre eine Beihilfe von 1000 M. und hat diese Beihilfe für das 
Jahr 1922 auf 2000 M. erhöht. Durch gütige Vermittlung Seiner 
Excellenz des Herrn Staatsminister Dr. Schmidt-Ott ist von der 
Notgemeinschaft für die Deutsche Wissenschaft eine jährliche 
- Spende von 2000 M. für unser Journal bewilligt worden. Auch 
aus der Reihe unserer Mitglieder empfingen wir Geldmittel für 
den Druck unserer Zeitschrift. Allen hochherzigen Spendern sei 
für die wertvollen Unterstützungen, durch die sie die Arbeit 
unserer Gesellschaft und die ornithologische Wissenschaft in so 
hohem Malse gefördert haben, aufrichtigst gedankt! — 

Den Etat fürdie Vogelwarte Rossitten haben das Ministe- 
rium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und das Ministerium 
für Landwirtschaft, Domänen und Forsten für das Jahr 1922 auf 
24000 M. erhöht, sodafs die für die Vogelzugforschung so wert- 
volle. Tätigkeit der Vogelwarte Rossitten in vollem Umfange 
aufrecht erhalten werden kann. Der Preufsischen Regierung 
spreche ich hierfür im Namen unserer Gesellschaft den ehrer- 
bietigsten Dank aus. — 

Bei der Ausarbeitung einer Erweiterung des Vogelschutz- 
sesetzes wurde der Vorstand unserer Gesellschaft von der 
Preufsischen Regierung zu Rate gezogen. Zu unserer Freude 
ist es uns gelungen, für seltene, sehr im Abnehmen begriffene 
Vogelarten, wie Uhu, Adler, Wanderfalk, Baumfalk, Rot£ufsfalk, 
Wespenbussard, Milan, Raubwürger, Kormoran, Weilser und 
. Schwarzer Storch, eine ausgedehnte Schonzeit zu erwirken. Die 
Adler, der Baumfalk, erfreulicher Weise auch der Uhu, sowie. 
Kormoran und Storch geniefsen jetzt einen völligen Schutz 
während des ganzen Jahres. So dürfen wir hoffen, dafs unsere 
leider so verödete Natur sich wieder neu belebt, dafs wir die 
Freude haben, den Adler, den König der Lüfte, wieder seine 
Kreise über deutschen Wäldern ziehen zu sehen, und dafs mit 
ihm alle seltenen Vogelarten als Naturdenkmäler unserer Heimat 
erhalten bleiben. 
| Um die ornithologische Arbeit unserer Gesellschaft zu 
fördern, beschlofs der Vorstand, eine Vereinsbiliothek anzu- 
legen, die auf dem Museum für Naturkunde aufbewahrt wird. Durch 
zahlreiche Bücherspenden ist bereits der Grundstock für diese 
Bibliothek gelegt, deren wissenschaftlicher Wert durch die aus 
5000 Schriften bestehende ornithologische Büchersammlung, die 
Herr Professor Schalow in so gütiger Weise zum Geschenk ge- 


508. 


macht hat, in weittragendster Weise erhöht wird. Wir habez 
schlossen, diese wertvolle Bücherei nicht in die Bibliothek de 
Gesellschaft einzureihen, sondern sie dem Stifter zu Ehren unte 
dem Namen „Schalowstiftung‘“ als geschlossenes Ganze auf- " 
zubewahren. Herrn Professor Schalow sei auch heute noch einmalig 
für diese überaus kostbare Gabe aus vollem Herzen gedankt! — ‚| 
In Anerkennung ihrer grofsen Verdienste um die Förderung 
der Ornithologie haben wir Herrn Professor Schalow und Herrn 
Dr. Ritter Tschusi zu Schmidhoffen zu Ehrenmitgliedern” 
unserer Gesellschaft ernannt. 3 
Herr GeheimratReichenow hat mich gebeten, der Jahres- 
versammlung mitzuteilen, dafs er zu seinem Bedauern sich ge-° 
nötigt sieht, sein Amt als Generalsekretär unserer Gesellschaft 
niederzulegen, weil er beabsichtigt, seinen Wohnsitz aus Berhn 
zu verlegen. Das Ausscheiden des Herrn Geheimrat Reichenow 
aus seinem Amt, das er 28 Jahre bekleidet hat, erfüllt unsere 
Gesellschaft und alle deutsche Ornithologen mit aufrichtigem 
Schmerz! Als Generalsekretär unserer Gesellschaft und Kustos 
der ornithologischen Abteilung des Museums für Naturkunde hat” 
Herr Geheimrat Reichenow es verstanden, den Grund der wissen- 
schaftlichen Ornithologie, den sein Vorgänger Cabanis im Verein " 
mit Naumann, Christian Ludwig Brehm und anderen Männern \ 
gelegt hat, zu einem prächtigen Bau aufzuführen, wofür das von 
ihm so lange Jahre herausgegebene Journal für Ornithologie } 
und die von ihm begründeten Ornithologischen Monatsberichte, ° 
die für die Systematik so bedeutungsvoll geworden sind, beredtes 
Zeugnis ablegen. Unendlich viel hat unsere Gesellschaft ihm zu { 
danken, der er Jahrzehnte lang das Gepräge gab, unendlich viel 
die ornithologische Wissenschaft, die er durch. seine zahlreichen ° 
systematischen Arbeiten so wertvoll gefördert hat! Um den 
Dank, .den wir unserem langjährigen Generalsekretär in so hohem 
Malse schulden, gebührend zum Ausdruck zu bringen, hat der 
Vorstand beschlossen, Herrn Geheimrat Reichenow zum Ehren- 
mitglied unserer Gesellschaft zu ernennen, in der Hoffnung, dafs 
hierdurch die Beziehungen, die Herrn Professor Reichenow mit 
unserer Gesellschaft seit einem halben Jahrhundert verbinden, r 
trotz seines Ausscheidens aus dem Vorstande sich noch enger n 
und herzlicher gestalten! Se 
Um unserer Gesellschaft eine festere Grundlage zu geben, “ 
schlagen wir vor, sie zu einem „Eingetragenen Verein“ 
zu erheben, worüber auf unserer Versammlung Beschlufs gefalst” 
werden soll. | 


1 


8 


Dank dem grofsen Interesse und der tatkräftigen Unter- 
stützung, die uns von allen Seiten zu Teil wird, können wir trotz” 
‚aller Nöte der Zeit mit freudiger Hoffnung in die Zukunft blicken, 
in der wir ein glückliches Blühen und Gedeihen unserer Gesell-" 
a zum Heile der ornithologischen Wissenschaft erwarten ) 

üllens & 


e Bericht über die Jahresversammlung. 1922. 509 


‘Unter den zahlreich eingegangenen Grüfsen auswärtiger 


Mitglieder sei besonders ein Telegramm Seiner Majestät des- 
Königs Ferdinand aus Koburg namhaft gemacht, es lautet: 

„Infolge schweren Unwohlseins mir leider unmöglich Jahresver- 
sammlung vom 13.—15. Mai beizuwohnen, wie es mein lebhafter 
' Wunsch gewesen. Allen Anwesenden sende herzlichste Grülse 
- und wünsche der Tagung erfolgreichen Verlauf. Ferdinand R.“ 


Für die huldvollen Grüfse übersandte der Vorsitzende an 


Seine Majestät den König ein Dankschreiben mit einem Bericht 


über den Verlauf der Jahresversammlung. 
Hierauf hielt Herr Stresemann einen von etwa 


70 Lichtbildern begleiteten Vortrag: „Meine Molukkenreise“. 
Er berichtete über den Verlauf der II. Freiburger Molukken- 
- Expedition 1910—12, an der er als Zoologe teilgenommen hatte. 
‚Unter der Leitung des Freiburger Geologen Dr. Karl Deninger 


war die Expedition im Sommer 1910 von Europa aufgebrochen. 
Ihr Arbeitsgebiet sollten die Süd-Molukken bilden. Die Reisenden 
hatten in Holland ein seetüchtiges Motorsegelboot nach eigenen 


- Angaben bauen lassen und gehofft, mit dessen Hilfe zu jeder 


Jahreszeit gewisse Inseln zu erreichen, die weit von den Schifi- 


 fahrtsstralsen abgelegen sind. Nach einem dreimonatigen Auf- 


enthalt im Innern der Malayischen Halbinsel, wobei 


den am oberen Batang Padang nahe der Grenze von Perak und 


Pahang wohnenden Sakai ein längerer Besuch abgestattet wurde, 
trat die Expedition im November 1910 von Singapore aus unter 
eigener Flagge mit ihrem kleinen Schiff, der „Freiburg“, die 


Reise nach Osten an. In der Nähe des Lingga-Archipels erlitt 


der Motor einen schweren Defekt; während der daraui folgenden 


- Nacht rifs ein heftiger Sturm den Klüverbaum weg, und da an 


Bord kein Holz vorbanden war, ihn zu ersetzen, waren die 
Reisenden nunmehr auf der „Freiburg“ den starken Meeres- 


; strömungen preisgegeben. Zum Glück trieben sie eines Nachts 
- in die Nähe dreier bewaldeter Inseln, der Alang tiga, die sie 


REEL TER ENE Y s; Kr 


. mit dem Beiboot rudernd erreichten und wo bald ein Stamm 


gefunden war, der fortab als Klüverbaum dienen konnte. Nach 
mannigfachen weiteren Fährnissen lief die „Freiburg“ am Morgen 
des 10. Tages unter Segel in den Hafen von Muntok auf der 
Insel Bangka ein. Dort gelang es, den Motor wieder instand 
zu setzen. Nunmehr konnte die Fahrt nach Batavia und von da 
nach Soerabaja fortgesetzt werden. Nachdem auch die Madura- 
strafse glücklich durchschifft und das Gebirge von Bali in Sicht 
gekommen war, schmolz abermals das Achsenlager des grofsen 
Schwungrades. Eine gründliche Reparatur der „Freiburg“ in 
Soerabaja war nun unumgänglich nötig; die Wartezeit sollte auf 
Bali zugebracht werden. Während dreier Monate (11. Januar 
bis 16. April 1911) haben Dr. Tauern und der Vortragende 
diese interessante und landschaftlich entzückende Insel auf 
vielen Wegen durchzogen. Die ornithologischen Ergebnisse waren 


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RR 274: £ 


519 | Bericht über die Jahresversammlung. 1922. 


über Erwarten grols.. Es gelang, die Liste der Balivögel um” 
‚53 Arten zu vermehren; darunter befanden sich nicht nur 
mehrere neue Rassen, sondern sogar der Vertreter einer neuen | 
Gattung: der langhaubige weilse Star Leucopsar rothschildi 
Stres., dessen Typus bisher Unikum geblieben ist. Unter Zurück- | 
lassung der „Freiburg“, die auf der Rückfahrt von Soerabaja | 
nach Bali beinahe mit Dr. Deninger an Bord in der Madura- 
stralse gesunken wäre, wurde die Weiterreise zu den Molukken im | 
April 1911 fortgesetzt, und am 29. dieses Monats betrat die Ex- 
pedition endlich den Boden der Hauptinsel, Seran. Von den | 
vielen Märschen, welche er im Laufe eines reunmonatigen Auf- 
enthalts auf Seran ausgeführt hat, greift Vortr. einen heraus: 
den Weg von der Nordküste Mittelserans (Wahai) zum Fulse 
des Centralgebirges (Kanike) und die Besteigung des höchsten 
Gipfels dieser imposanten Kette, des 3010 m hohen Pinaia, den 
kein Europäer vor- oder nachher bezwungen hat. Sehr ergebnis- 
reich war die Durchforschung des dichten Bergwaldes, der dabei 
durchschritten werden mufs und erst in einer Höhe von etwa 
2500 m am Steilhang sein Ende nimmt. Hier wurden zahlreiche 
neue Schmetterlinge und Vögel entdeckt, so von letzteren Stig- 
matops monticola Stres. und der seltsame Oreosterops pinaiae 
Stres.; hier gelang es auch, -zwischen 1800 und 2000 m den 
hübschen Papagei Eos semilarvata Bp. aufzufinden, dessen Heimat 
bisher unbekannt war und der am Pinaiahang recht zahlreich | 
lebte. An seiner oberen Grenze geht der Bergwald allmählich ° 
in einen breiten Baumfarngürtel über, und oberhalb 2800 m 
überzieht die alpine Grasflur, hier und da von Rhododendronbüschen 
unterbrochen, den steil abfallenden Gebirgskamm. Der kleine 
grüne Weber Erythrura triehroa pinaiae Stres. und eine weils- 
köpfige Amsel, Zurdus deningeri Stres., waren überraschende 

Entdeckungen in dieser höchsten Zone, die für alle Anstrengungen 

und Entbehrungen reich entschädigten. Wassermangel und Kälte 
(das Thermometer sank morgens bis auf 5° C) nötigten nach 

vier Tagen zum Verlassen der Gipfelregion. In den ersten Tagen 

des Jahres 1912 verlegten Dr. Deninser und der Vortragende 
ihre Tätigkeit nach der Nachbarinsel Buru. Letzterer durch- 
querte zunächst die sehr gebirgige Insel an ihrer breitesten - 
Stelle und weilte 8 Tage lang an dem grofsen, im Centrum ge- 
legenen Wakolosee. Der Februar verging mit der Erforschung 
des sehr schwer zugänglichen Hochgebirges im Nordwesten der 

Insel. Nach langen Bemühungen gelang es beiden Reisenden 

am 28. Februar, den 2060 m hohen Felsgipfel des höchsten 
Berges (Fogha oder Kapala-Madang) zu erklimmen. Hier wurden 

3 neue Vögel gefunden: Stigmatops deningeri, Zosierops palpe- 

 brosa foghaensis und Dendrobiastes hyperythra alifurus Stres. 

Am 1. April 1912 trat die Expedition die Rückreise nach Europa 

an. Die Ausbeute an Vögeln, über 1200 Bälge, befindet sich mit 
allen Typen grölfstenteils im Tring-Museum; die ornithologischen 


Üben ne 


Bericht über die Jahresversammlung 1922. 5li 


| EL elnisse sind vom Vortr. in den „Novitates Zoologicae“ 
XIX—XXI, 1912— 1914, veröffentlicht worden. 
; Herr H einroth zeigt dann an insgesamt 54 Lichtbildern 
dieJugendentwicklung und verschiedene Stellungen des Zaun- 
königs, der Nebelkrähe, des Schwarzspechtes, des Storchs und 
einiger Lappentaucher und geht hauptsächlich auf die Verhältnisse 
der Jugendmauser, der Zunahme des Körpergewichts, des Feder- 
wachstums und auf die Entwicklung der Instinkte ein. Insbeson- 
dere weist er darauf hin, dafs beim Zaunkönig in der Jugend- 
mauser auch sämtliche Schwanzfedern mit erneut werden; die 
 Nebelkrähe wechselt im Gegensatz zum Kolkraben in dieser 
- Mauser das Flügel-Kleingefieder, und beim Schwarzspecht hat 
sich herausgestellt, dafs das 2. und 3. Schwanzfederpaar (von 
_ innen gerechnet) im ersten Gefieder kürzer als die benachbarten 
Federn sind; sie werden ja auch sehr bald. als erste Schwanz- 
federn verloren. Hinsichtlich des Storches macht er darauf auf- 
merksam, dafs das Klappern eine rein angeborene Triebhandlung 
ist und fast unmittelbar nach dem Verlassen des Eies beob- 
achtet wird, auch wenn die Tiere unter der Henne erbrütet 
sind. Sie sind bereits nach wenigen Stunden im stande, auf den 
; Fersen zu sitzen. 


Am Sonntag begann im Zoologischen Museum, Inva- 
_ lidenstr. 43, die Sitzung gegen !/, 10 Ubr “mit dem geschäftlichen 
; Teil. Es waren hierbei etwa 20 Mitglieder zugegen. Bei der 
Neuwahl des Vorstandes wurde für Herrn Reichenow, 
der auf seinen Wunsch ausgetreten ist, sein Amtsnachfolger, Herr 
Stresemann zum Generalsekretär gewählt; im übrigen wurde 
der alte Vorstand beibehalten: 1. Vorsitzender: Herr v. Luca- 
nus, 2. Vorsitzender: Graf Zedlitz, Gen.-Sekretär: Herr 
Dr. Stresemann, Schriftführer: Herr Dr. Heinroth, 
Kassenführer: Herr Steinmetz. Zu Kassenprüfern wurden 
- die Herren Arndt. und Beckel bestimmt. In den Ausschuls 
gewählt wurden die Herren Voigt- Leipzig und Jacobi - Dres- 
den. Der auf der Tagesordnung stehende Antrag: Eintragung 
des Vereins wird angenommen, und die Satzungsänderungen, 
die sich zu diesem Zweck ergaben, werden ausführlich durch- 
beraten. Der Kassenführer Herr Steinmetz legt Rechenschaft 
über sein Amt ab, und es wird ihm auf Antrag der Kassenprüfer 
Entlastung erteilt, 


a 


Herr Schalow spricht hierauf über dasVorkommen 

derZwergohreule, Otus scops scops (L.),in Deutschland. 

Die Anregung zu dieser Studie gab eine Beobachtung von 

Friedrich von Lucanus, nach welcher der Genannte das Vor- 

- kommen einer Zwergohreule im Herbst 1921 bei Isterbies, Reg.- 
Bez. Magdeburg, feststellen konnte (J. f. O. 1921, 575). 


Bericht ı über die a wi 


| Otus s. scops ist eine | mediterrane Ar, dar von den ve 
im Westen bis nach Kleinasien und Palästina im Osten das Mittel-” 
meergebiet als Brutvogel bewohnt. Von hier aus ist sie, teil ai 
als zufälliger Gast, teils auch — wenn auch nur in sehr wenigen 
Fällen sicher nachgewiesen —- als brütende Art nach Deutschland | 
vorgedrungen. Ihr Vorkommen im Osten ist selten; im Westen | 
ist es dagegen von zuverlässigen Beobachtern häufiger regi- 
striert worden. a 
Das Erscheinen der Zwergohreule im westlichen Deutsch- 

land wie auch das Vorkommen anderer mediterraner bzw. süd- 
licher Tierformen, wie z. B. Monticola saxatilis L., Emberiza 
cirlus L. und E. cia L., von Lacerts muralis Merr. und viridis ! 
Daud., von Fruticicola carthusiana Müll., Helicogena aspersa Müll. 
u. a. zwingt zu der Annahme, wie le Roi in seinen Eifel-Studien 
ausgeführt hat, dafs eine Zeit mit höherer Temperatur wie die 
heutige das Vordringen dieser Arten nach Norden ermöglichte. 
Bei diesem Vordringen nach Norden mufsten alie diese Arten ° 
versuchen, das Massiv der Alpenketten zu umgehen, und so 
wurden Rhone-, Rhein- und Moseital, die hohe Sommertemperatur 
besitzen, in ihrem geologischen Aufbau frei von vergletscherten | 
Geländen sind, mit ihren Muschel-, Kalk- und Buntsandstein- 
gebieten und deren sonnendurchglühten Hängen die Einwan- ) 
derungswege für mediterrane Arten nach dem westlichen Deutsch- ” 
land. Für den Osten dürfte die Frage der Einwanderung und | 
des Vorkommens von Otus s. scops schwieriger zu erklären sein. ” 
Ueber ihr Auftreten in diesem Gebiet Deutschlands sind wir 7 
nur sehr dürftig unterrichtet. Die Beobachtungen aus älterer 7 
Zeit, die nicht mehr zu prüfen sind, bedürfen neuerer Bestätigung. ” 
| Herr Schalow hat das Vorkommen der Zwergohreule in | 
_ Deutschland kartographisch dargestellt und nach drei Gesichts- ” 
punkten gegliedert. Auf der ausgehängten Karte werden mit 
blauer Farbe jene Orte bezeichnet, an denen ein Vorkommen ” 
von »Deops überhaupt festgestellt worden ist; mit grüner Farbe 
jene, an denen die Eule gebrütet haben soll, und mit Rot schliefs- ” 
lich diejenigen Gebiete bezw. Orte, von denen Angaben sicheren ° 
Brutvorkommens vorliegen. Der Vortragende geht auf diese drei ° 
Formen der Verbreitung der behandelten Art näher ein. R 
Das nördlichste Vorkommen im Westen Deutschlands ist ” 

von der Insel Helgoland (16. Mai 1862), das im Osten von 
Rominten, Ostpreufsen (Mai 1893) registriert worden. Eine An- 
gabe: Flöricke’s (J. f. O. 1894, 109), der von einem „Auffinden“ 
der Art auf der Kurischen Nehrung im Jahre 1893 spricht, wurde ° 
weder von Tbienemann noch von Tischler wiederholt. Ganz ° 
isoliert wird im mittleren Norddeutschland eine Anzahl von ° 
Funden, die durch erlegte Exemplare sicher gestellt sind, von 
dem unteren Lauf der Elbe, zwischen Hamburg und Magdeburg, ° 
verzeichnet. Relativ sehr eng gereiht sind die Fundorte der 
Zwergohreule im westlichen Deutschland. Sie erstrecken sich | i 


_ Bericht über die Jabresrersammlung 1922. 513 


om ne durch das-Rhein- und Moseltal nördlich bis 


Aachen und Gruiten im Bergischen. Hier liegen auch die Brut- 
vorkommen. Sehr wenige gesicherte Vorkommen von Otus s. 
 scops sind aus dem Osten Deutschlands bekannt. Sie sind durch 

eine Kette von vereinzelten Funden, die südlich des 51. Breiten- 


srades über die Lausitz, Sachsen, Thüringen und Hessen führen, 


- mit den rheinischen Gebieten im Westen verbunden. Eine andere 


Ausstrahlung des westlichen Vorkommens nach Osten hin hat 
im Süden des 49. Breitengrades stattgefunden, wo wir aus dem 


- engeren oder weiteren Gebiet des Donaulaufes, im Schwäbischen 


und Fränkischen Jura Funde besitzen, die im südlichen Böhmer- 


- wald (Passau) ihren Abschlufs nach Osten finden. Die nächsten 
- östlichen Vorkommen finden wir dann erst jenseits der Öster- 
- reiebischen Grenze in Ungarn, in dem Jacob Schenck, im Gegen- 
ı satz zu anderen Autoren, Otus s. scops als „species rarior‘ be- 


zeichnet. Auch über den pin. un Glaueidium, berichtet 
Herr Schalow einiges. 

Der Vortrag wird im Journal zum Abdruck gelangen. 

Im Ansehlufs hieran erwähnt Herr Heinroth, dafs im 
Karlsruher Naturalienkabinet 2 Nester des Sperlingskauzes Aus- 
gestellt sind, die aus Baden stammen, Eltern und Junge sind 
dabei. Ferner wurde im Dezember vorigen Jahres von ihm und 


seiner Frau mehrfach nach Mitternacht im Zoologischen Garten 


eine Vogelstimme gehört, die dem Locken des Gimpels sehr 
ähnlich war. Der Vogel, der in der Dunkelheit natürlich unsicht- 


bar blieb, wechselte in kurzen Abständen seinen Platz. Nach 


Literaturangaben liegt es nahe an Glaucidium zu denken, die» 
vielleicht im Winter häufiger herumstreicht. Herr Baron Lou- 


don wendet dagegen ein, dafs der Sperlingskauz einen schrilleren 


Ruf, der an den des Sperbers erinnere, habe. Herr v. Box- 
berger gibt seiner sicheren Ueberzeugung dahin Ausdruck, 
dafs bei Marburg wohl nie Otus scops gebrütet habe. Herr v. 
Lucanus führt seine Beobachtungen in Isterbies, Bez. Magde- 


burg, genauer aus. Er hat mit Auge und Ohr dort 1921 Otus 


an mehreren Abenden nacheinander festgestellt und will auch in 
diesem Sommer besonders auf den Vogel achten. 
Hierauf übernimmt Herr Schalow den Vorsitz, und Herr 


_ Neumann hält einen Vortrag „über seltene und aus- 


sestorbene Vogelarten unter Vorweis der im 
Berliner Zoologischen Museum befindlichen 
Stücke“. Der Vortrag wird in einem späteren Hefte dieses 
Journals veröffentlicht werden. 

Am Nachmittag fand in den Räumen der Preufsischen 
Staatsbibliothek eine Besichtigung vonHandschriften her- 
vorragender, besonders älterer Ornithologen aus der Sammlung 
des Herrn Schalow statt. Herr Oberbibliothekar Dr. Schuster 
begrülste im Namen der Generalverwaltung der Staatsbibliothek 


die anwesenden Mitglieder und wies auf den Wert der Hand- 


N 


für die Ueberlassung der Räume und Herrn Schalow für die | 


 Ostseeprovinzen Rufslands ein, vorausichtlich, vorübergehende 


- Teil des Gouvernements Witebsk und etwas von Pleskau di 


u 


- nach SW., während der östliche Arm seinen Weg über den Pei- 


 Düna eine schwächere Strafse nach Westen hinab, auf der einig 


Be 


bild Bericht über die Jahresvorsammlung 1922. nr 


schriften für die Geschichte der Ornithologie hin. Herr Scha 
sprach seinen Dank für die Ueberlassung des Ausstellungssas 
aus und gab einen Ueberblick über seine Sammlung, welche rı 
600 Namen mit annähernd 12000 Einzelnummern umfalst. 
ist letztwillig der Handschriften-Abteilung der Staatsbibliothek 
vermacht worden. In den Vitrinen des Saales wurde eine Aus- 
wahl von 200 wertvollen älteren Autographen ausgestellt und 
von Herrn Schalow erläutert. | 
Herr von Lucanus sprach nochmals der Staatsbibliothek | 


interessante Darbietung den Dank der Gesellschaft aus. 


Am Sonntag Abend um 8 Uhr versammelten sich die Teil- 
nehmer in einem Zimmer des Humbser-Bräus, Tauenzienstr. ° 
Vor Beginn des eigentlichen Bierabends sprach Herr Baron 
Loudon über „Geographische Besonderheiten 
der Ostbaltischen Ornis“ etwa folgendermalsen: „In 
Folge des Weltkrieges und der Revolution haben die deutsche 


Bild angenommen: die Provinz Estland mit der nördl. Hälft 
von Livland haben sich in die Republik „Eesti“ verwandelt, da- 
zu noch ein Streifen vom Gouvernement Pleskau. Weiter ist aus 
der Südhälfte von Livland mit Kurland, sowie einem bedeutenden 


Republik „Lettland“ entstanden. 

Bisher behandelten wir die Ornis dieses Gebietes in seine E 
ehemaligen Grenzen; die heutigen Grenzen passen aber zoogeo- 
graphisch noch viel besser, da das hinzugekommene Territorium v9 
Pleskau und Witebsk faunistisch eher "hierher als nach Osten g 
hört. — Unser Gebiet findet derart gewissermalsen eine neue A 
rondierung, und zwar aus folgendem Grunde: eine der belebteste 
Vogelzugstralsen, die von der Taymyrhalbinsel längs der E 
meerküste zum Weilsen Meer und weiter über Onega- und Lado 
see zur Ostspitze des Finnischen Meerbusens herabkommt, tei 
sich hier in 2 mächtige Arme: der westliche folgt der Ostseeküst 


pussee, Pleskauschen See, Lubahnschen See — Ewst — Düna und 
weiter direkt nach Süden nimmt und somit mit der heutige E 
Ostgrenze des Gebietes zusammenfällt, auch teilt sich an de 


Arten ziehen, die wir nur als seltene Erscheinungen im Baltikum 
kennen, da sie mehr dem Innern Rufslands zustreben (Cerchneis 
vespertinus). Solcherart ist unser Gebiet auch im Süden (Kur- 
land-Litauen) durch eine, wenn auch schwache, Zugstralse ab- 
gegrenzt. 

Die östliche Zugstrafse interessiert uns um so mehr, als sie 
nur sehr wenig erforscht, ja selbst wenig als solche bekannt 


st. Bloß Sarudny beobachtete bei Pleskau. Diese Zugstrafse 


Bericht über die Ss, abresversanmmlung 1922. 


bringt dem Balticum die Wintergäste, ine mehr oder weniger 
zahlreiches Auftreten immer nur: entweder durch Mifswachs 
; von Samen und Beeren im Norden und in Sibirien (Pinus, 
 Picea, Juniperus, Alnus, Betula, Sorbus etc.), oder aber 
; durch ungeheuer dicke Schneelage in ihrer nordischen Heimat 
‘ begründet ist, und nicht wie man gewöhnlich annahm, durch einen 
strengen Winter, — dessen Kältegrade die Vögel weder vertreiben 
noch umgekehrt zu uns anziehen. Es handelt sich immer 
‚blofs um das Vorhandensein von Samen und Beeren als Nahrung, 
was wiederum bei vielen unserer Sommervögel garnicht der Fall 
Pist, da z. B. zahlreiche unserer Standvögel schon dann mit dem 
Fortzuge beginnen, wenn der Tisch geradezu am reichsten 
‚gedeckt ist. Nordische Eulen kommen sehr viel mehr im 
: Winter zu uns herab, als man gemeinhin annimmt. Sehen wir 
ganz von einigen regelrecht ziehenden Eulen (Sperber- 
-eule) ab, so treffen wir zur Winterzeit Strix barbata, wralensis, 
 Glaueidium passerinum, Nyetala tengmalmi, ete. Von- diesen 
bleiben viele zur Brut da, sonst wäre z. B. die Barteule 
schon längst ausgerottet. - 


Die östliche Zugstralse wird auch vielfach von rein marinen. 
Arten benutzt, die auf diesem Wege das Schwarze Meer erreichen. 


ı Diese Zugstrafse bildet ferner eine scharfe Grenze für die 

[  Brutgebiete vieler Vögel; so ziehen die Stare des Balticums 

zum Winter nach Süd-England, während die Stare östlich 

‚jener Zugstralse offenbar direkt dem Süden zustreben. Die biol. 
"Erforschung vermittels der Beringungsmethode ist der einzige 
Weg zur Lösung dieser Fragen. Wer, in Wort oder Schrift, » » 
gegen diese erprobte Methode der Erforschung biologischer Vor- 
 gänge noch weiterhin agitiert, ist entweder unbelehrbar, oder tut 

das mit böser Absicht. Die Erfahrungen mit dieser Methode 

(man sollte schon lange nicht mehr von „Beringungsver- 
suchen“ reden) und ihre Erfolge sind eroolemacu nl für un- 

‚sere biologischen Kenntnisse. — 


S Eine ungemein interesssante Stelle auf dieser östlichen 
_ Zugstralse ist die Niederung des Lubahnschen Sees, die all- 
jährlich einer Hochwasserperiode ausgesetzt ist und das diesen See 
umgebende Waldmeer meilenweit unter Wasser setzt. Die zahl- 
reichen Auerhähne balzen weiter und verbringen die Zeit 
auf den Bäumen. Zur Sommerzeit ist diese Wildnis nicht ‘allein 
_ von zahlreichen Brutvögeln, darunter Adlern und den gröfsten 
Eulen, sowie massenhaft Sumpf- und Wasserwild be- 
_ vwölkert, sondern auch östlichen Arten bewohnt, die weiter nach 
_ Westen noch nicht nachgewiesen sind. Dieses Gebiet ist am 
_ wenigsten untersucht und läfst voraussetzen, dafs die Fauna 
 Baltica bei besserer Kenntnis dieser Gegend noch um einige 
_ Arten vermehrt werden wird. Zählte ich 1909 in meinem „vor- 

5 länfigen Verzeichnisder Vögel N Est- und 


Journ, f, Om, LXX, Jahrg, Oktober 1922, 34 


* 


eine Folge verwahrloster Jagdgesetze einerseits und ungla. “ 
licher Teuerung des Schiefsmaterials andererseits. 


‚vögel), und vor allem auf den Wiesenflächen der Ma tzal. , 


Döberitz unternommen; er erfreute sich sehr lebhafter Beteiligung, 


516 Bericht über die Jahrosvorsammlung 1922. 


Kurlands“ 300 Arten (incl. Formen) auf, So kennen wir r heute 
bereits 311. 
| An weiteren, interessanten Stellen wären die Steilufer (Clint), 
der Nord- Ostküste Estlands hervorzuheben, an denen die Brut-4 
stellen hochnordischer Arten (Lummen und Jagdfalk)] 
liegen. 

Eine geographische Besonderheit des Balticums bildet faa- 
nistisch wie floristisch die Insel Dago, die in dieser Beziehung“ 
auffallend vom Festiande und der srolsen benachbarten Insel’ 
Oesel abweicht. Dago erinnert an Skandinavien und Finnland. 
Auffallend ist das gemeine Auftreten des Raubfufskauzes, 
der hier den Waldkauz ersetzt, und vieler anderer Arten. 1n-; | 
teressant ist auch, dafs sich hier ein (isolierter) Bestand A u er ee 


-hühner erhalten hat. | # | 


Ueberaus reiches Vogelleben herrscht teilweise auf 
zahlreichen kleinen Inseln der Westküste Estlands (Stran 


wiek (Bucht). Im Uebrigen bemerken wir ein ständiges Vor- 
dringen südlicher Formen, während sich nordische Arten dadurch‘ 
der Fauna immer wieder erhalten, dafs sie gelegentlichen Nach- 
schub von der östlichen Zugstrafse bekommen. Diese 
sind gerade deshalb der Vernichtung immer wieder ausgesetzt, 
weil es sich um auffallende Tiere handelt: Barteule, Ste 
adler etc. 

Als unvermeidliche Folge des Krieges und der Revolut 
lassen sich bereits starke Veränderungen der Fauna erkennen, o 
dafs wir vorläufig in der Lage sind, diese genauer festzustellen. 
Im Allgemeinen konstatieren wir eine ungeheure Zunahme von 
allerhand Raubzeug, Abnahme des grölseren Nutzwildes (Reh; h, | 
Elch),teilweise Zunahme desKleinwildes (Enten, Schnepfen)— 


Die neuen, selbständig auftretenden Völker: Letten 
Esten haben bisher weder auf zoologischem noch selbst jagd- 
lichem Gebiete Männer hervorgebracht, die in dieser Beziehung 
irgend etwas Positives geleistet hätten. Wir erkennen bis 
blofs Vernichtung, Verarmung und Raub an fremdem Eigent 
der ‚sich selbst auf geistige Werte erstreckt. 

Ein noch traurigeres Bild sehen wir in Sovjet-Rufsland, | 
wir das Allerschlimmste, nicht allein für Leben und Eigent 
unser wissensch. Kollegen, sondern auch für alle unersetzlic' 
Reichtümer der Museen erwarten können.“ 


AmMontag Nachmittag wurde unter Führe des Ehepa 
Heinroth ein Ausflug nach dem Truppenübungsplat: 


5. 


In entgegenkommendster Weise hatten sich die Herren der dortigen 


Bericht über die Jahresversammlung 1922. 17 


’° Kommandantur der Teilnehmer angenommen, und nach einer 
Stärkung durch Kaffee und Kuchen in dem Döberitzer Lager 
'eing es hinaus auf das überaus abwechslungreiche Gelände des 
Truppenübungsplatzes, wo die verschiedenen befiederten Bewohner 
von Wasserfläche, Sumpf, Wiese, Oedland, Kiefern- und Laub- 
| wald zur Beobachtung kamen. Besonders eigenartig mutete eine 
» Uferschwalben-Siedlung an, die unter den Fülsen der Beschauer 


k in verlassenen Schützengräben angelegt war. Auch ein balzender 


Birkhahn konnte lange Zeit bewundert werden. Der Ausflug 
war von denkbar bestem Wetter begünstigt. 
| | O. Heinroth. 


Bericht des Bibliothekars. 


In der Zeit vom 23. XI. 1991 — 6. IX. 1992 sind 234 Ein- 
gänge zur Bibliothek der D. O. G. als Gaben von Freunden der 


' Gesellschaft zu verzeichnen gewesen. Der Raummangel verbietet 
es leider, die Schriften sämtlich mit ihrem Titel anzuführen. 


- \on den Spendern seien hier genannt die „Societas pro Fauna 

. et Flora fennica“, das Königl. Ungarische Ornithologische Institut 

sowie die Herren Baron Geyr von Schweppenburg, R. Fenk, 

- F. v. Lucanus, W. Sunkel und Dr. von Tschusi zu Schmidhoffen 

(welcher 121 eigene Arbeiten in Sonderdrucken stiftete). Be- 

sonders erwähnt seien unter den Geschenken: | 

’ Werner Hagen, Die Vögel des Freistaates und Fürsten- 

-tums Lübeck. (Vom Verfasser.) — HB. Hildebrandt, Beitrag 

zur Ornis Ostthüringens (S.-A.). 1909. (Vom Verfasser.) — 

0. Fehringer, Unsere Singvögel. 1922. (Vom Verlag.) — 

‚Otto Graf Zedlitz, Meine ornithologische Ausbeute in 

 Nordost-Afrika. (S.-A.) 1910—1911. (Vom Verfasser.) — A. 

‚ Nehrkorn, Katalog der Eiersammlung. 1899. (Von Herrn 

v.Lucanus.) — Zeitschrift für Vogelschutz Jahrgang 

I u. II, 1920— 1921, mit Ausnahme von II, Heft 2. (Vom Heraus- 

geber.) — Revista do Museu Paulista. Tomo X—XI, 

1918—1920. (Vom Museu Paulista.) _ 

Im Schriftentausch liefen ein: 

Aquila. Zeitschrift für Ornithologiee Budapest. Tom. XXV, 

| 1918, XXVII—-XXVII, 1920—1921. 

_ Ardea. Tijdschrift der Nederlandsche Ornith. Vereeniging. 
Leiden. Jaarg. I-X, 1912—1921, mit Ausnahme von VI, 
all 1; XI, 1922, ale}. 

British Birds. An Illustrated Magazin devoted chiefiy to 
the Birds on the British List. London. Vol. XV, No. 7—12 

| (1921—22); Vol. XVI, No. 1—4 (1922). 

Dansk ornithologisk Forenings Tidsskrift. Kjöben- 
havn. Vol. XV, 1921, No. 3—4; XVL, 1922, No. 1. 

El Hornero. Revista de la Sociedad Ornitolögica de! Plata. 

Buenos Aires. Vol. II, No. 4, April 1922. 


34% 


 Nederlandsche Ornithologische V 
Verslagen en Aedels ug 
I-VI 1901—1909. Jaarboekje. 

a Leiden. No. VII— VII, 1910—1912. wu 

a mare Coast Avifauna. Publ. by the Cooper Ornitho 
 logical No. 1 (1900), 3-5 (1902--1909), 7—14 (1912 

1921 

 Rivista Italiana di Ornitologia. Bologna. vol I-V, 

1919-192. x 

The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology, publ. by th 
American Ornithologists’ Union. Vol. AXXII— XXXVI 

 -.(1916—1921); XXXIX (1922), No. 1-3. 

The Condor. A Magazin of Western Örnithology, Eubl. b 
the Cooper Ornithological Club. Vol. VI (1904); VIII—XXII 
(1906—1921), aufser XIII, No. 2, XXIV (1922), No. 1—4. 

Ihe Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. Publ’ by the 

British Ornithologists’ Union. London. (10) VI (1918); (11) 

- I-II (1919—1921); IV (1922), No. 1—3. 


a  E. Stresemann. 


Titelblatt, Inhalts- und Namensverzeichnis zu Band 70 werden demnächs 
nachgeliefert werden. 


Druck von Otto Dornblüth Nachf, in Bernburg. 


itschen ‚Ornitboogischen 6 Gesellschaft. 


ö a 3 Oktober. 1991 ist. die Gründung: einer. on, 
cherei beschlossen worden, die im Zoologischen Museum Berlin, 
Invalidenstr. 43, aufbewahrt wird. Sie steht ‘den Mitgliedern 
ler Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung. Die Bücher können 
auch nach auswärts verliehen werden; die Kosten der Verpackung 
und der versicherten Hin-, und ‚Rücksendung trägt der Besteller. ı. 
Ueber weitere. Bestimmungen der ‚Büchereiordnung siehe J. 2 0. 
e 1922 p. 135—136 (auch als Sonderdruck erhältlich). a 
1 Da zur Anschaffung von Büchern keine grölseren. a 
IE Eantiel ‚zur Verfügung ‚stehen, werden alle Mi ıtglieder und Gönner 
4 de Deutschen Ornithologischen ‚Gesellschaft gebeten, en x 
3  drucke ihrer Arbeiten oder einen Abzug ihrer. selbständig. im 
% Buchhandel erschienenen Bücher der Bücherei zu stiften. Die 
: Sendungen sind an die Deutsche Ornithologische Gesellschaft" 
Berlin _ 4, Invalidenstr. 43, ohne weitere un zu | 
= richten. en | ae | 3.0 
2 De a re in regelmäfsigen ee m» 


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: FR: 
ständen durch die Anführung ‚der Titel im Ft. . zur rl = 
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Im Verlag w von: - Friedländer & Schn, Berlin 6, Karsr N, 
erscheint die Zeitschrift _ z 


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ee 3 Nonatsberichte an 


Dr. i E ea 


z Ein a Beiblatt: zum Journal für Ornithologie, 
- hit Aufsätzen ‚biologischen, faunistischen und systematischen 
_ Inhalts und Referaten ‚über wichtigere Arbeiten aus dem 
® ‚Gesamtgebiet der Ornithologie. Preis des 30. Jahrganges, 1922, e 
(6 Hefte zu je 1!/, Druckbogen) im Buchhandel M. 50,—, für 
Mitglieder der D. 0. G. beidirektem Bezug vom Her- 
ae M. 90.—. Für das Ausland ouuschue. 


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Bemerkungen über ‚einige neue afrikanische Formen. a 


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