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Full text of "Jusepe de Ribera(lo Spagnoletto)"

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Kunstgeschichtliche Monographien 



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gUNSTGESCHlCHTLlCHE MONOGRAPHIEN 

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AUGUST L. MAYER 

JUSEPE DE RIBERA 
(LO SPAGNOLETTO) 

MIT 59 ABBILDUNGEN IN LICHTDRUCK AUF 43 TAFELN 



LEIPZIG 1908 VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN 






JUSEPE DE RIBERA 
(nach dem Stich der „Esp^oles Ilustres") 



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JUSEPE DE RIBERA 

:: (LO SPAGNOLETTO) :: 



AUGUST L. MAYER 



MIT S9 ABBILDUNOEN IN LICHTDRUCK AUF O TAFQM 



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LEIPZIG 1908 VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN 






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„Quamdiu U t§ctorum umhrcu firemunt? 
Quamdiu fiimosarum urbium carcer includit? 
Cr^dt mihi, neseis quid plus lucis aspicio. 
Libßi sarcina corporis abiecta ad purum attheris 

evolare fiilgorem f^ 

Hieronymus ad Heliodorum de vita eremitica. 



Einleitung. Kap. I. m. B. 1—4. Exkurs i haben Juni 1907 der Berliner philo«. 
Fakultät als Inauguraldissertation vorgelegen. 



MEINEN ELTERN 



INHALTSÜBERSICHT. 

EINLEITUNO ii 

L ZUR EINFOHRUNO. RIBERAS LEBEN UND WIRKEN 14 

IL FRANCISCO DE RIBALTA 25 

in. RIBERAS WERKE 33 

A. JUGEND-JAHRE DES RINGENS 33 

B. DER FREIE MEISTER 86 

C DER REIFE STIL 140 

IV. RIBERAS KUNST. SCHULE UND EINFLUSS .... 160 

V. ANHANO 

EXKURS 1 172 

RIBERAS GEBURTSJAHR UND HEIMAT .... 172 

EXKURS II 17s 

DIE „EXTASE DER HL MARIA MAGDALENA« UND 

IHRE NACHAHMUNGEN 175 

EXKURS in 179 

ZUR ENTSTEHUNG DER ^POSTELCOMMUNION« 

IN S. MARTINO 179 

EXKURS IV. 180 

DER „ORLANDO MUERTO« IN DER LONDONER 

J^ATIONAL GALLERY« 180 

KATALOG 

ORIGINALGEMALDE 186 

KOPIEN 191 

SCHULWERKE UND NACHAHMUNGEN .... 193 

HANDZEICHNUNGEN 196 



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VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN. 

"f TitdbUd Jusepe de Ribera (Stich). 

y Tafel n Abb. i Ribalta: Die Vision des heU. Fianz. Madrid, Prado. 

m 11 2 Der hl. Hieronymus (Radierung B. 4). 

rv »t 3 Der hl. Hieronymus die Posaune des jüngsten Gerichts vernehmend. 

Neapel, Museo Nazionale. 

V II 4 Mundstudien (Radierung B. 16). 

5 Simson und Delila (2^chnung). Cordoba. 

VI II 6 Das Martyrium des hl. Bartholomäus (Radierung B. 6). 
Vn M 7 Der Silen (Radierung B. 13). 

Vm „ 8 Extase der hl. Magdalena. Madrid, Ac. S. Fernando. 

DC 11 9 Der hl. Sebastian von den Frauen gepflegt Petersburg, Eremitage. 

X )t 10 Die Marter des hl. Andreas. Budapest 

XI 11 II Die Marter des hl. Bartholom&us. Madrid, Prado. 

XII „ 12 Die Marter des hl. Lorenz. Dresden. 
„ 13 Prometheus. Madrid, Prado. 

Xni „ 14 Archimedes. Madrid, Prado. 

„ 15 Diogenes. Dresden. 

XIV „ 16 Christus und die Schriftgelehrten. Wien, K. K. Gemälde-Galerie. 
„ 17 Ciiristus als Salvator mundi. Madrid, Prado. 

XV n iS Der hl. Bartholomäus. Madrid, Prado. 
„ 19 Der hl. Bartholomäus (Detail). Madrid, Prado. 

XVI „ 20 Der hl. Petrus. Madrid, Prado. 
XVn „ 21 Der hl. Andreas. Dresden. 

„ 22 Der hl. Andreas. Madrid, Prado. 

XVin „ 23 Der Bildhauer Gambazo. Madrid, Prado. 

„ 24 Die Sibylle. Madrid, Prado. 

XIX „ 25 Vision des hl. Franz. Madrid, Prado. 
„ 26 Der Christusknabe erscheint dem hl. Antonius. Madrid, Ac. S. 

Fernando. 

XX „ 27 Der jugendliche Johannes d. T. Madrid, Prado. 
„ 28 Die büfiende Magdalena. Madrid, Prado. 

XXI „ 29 La Concepdon. Salamanca, Agusdnas recoletas. 
XXn „ 30 Isaak segnet Jakob. Madrid, Prado. 
XXni „ 31 Beweinung Christi. Neapel, Certosa di S. Martino. 

XXIV ' „ 32 Der Gnadenstuhl in den Wolken. Madrid, Prado. 

XXV „ 33 Die hl. Familie. Wiesbaden. 

XXVI „ 34 Die Verlobung der hl. Katharina. London, Karl of Northbrook. 

XXVII „ 35 Porträt eines ma^stro al Cembalo. Rom, Graf G. Stroganoff. 
XXVHI „ 36 Ein spanischer Edelknabe mit seinem Schutzheiligen. Schwerin, 

Groflherzogl. Galerie. 

XXIX „ 37 Der hl. Hieronymus. Madrid, Prado. 
„ 38 Der hl. Hieronymus in Medidation. Neapel, Museo Nazionale. 

XXX „ 39 Der hl. Onuphrius. Petersburg, Eremitage. 
„ 40 S. Paulus Eremita. Madrid, Prado. 



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V Tafel XXXI 


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41 Die Befreiung Petri. Escorial. 

42 Der hl. Franz auf den Domen. Dresden. 

43 S. Maria Egyptiaca. Montpellier. 

44 Der hl. Franz. Florenz, Pal. Pitti. 

45 Die hl. Agnes. Dresden. 

46 Die hl. Agnes (Detail). Dresden. 

47 Jakobs Traum von der Himmelsleiter. Madrid, Prado. 

48 Don Juan de Austria (Radierung B. 14. I). 

49 S. Paulus Eremita. Madrid, Prado. 

50 Der hl. Andreas. Madrid, Prado. 

51 Der hl. Hieronymus. Madrid, Prado. 

52 Die Anbetung der Hirten. Paris, Louvre. 

53 Die Kommunion der Apostel. Neapel, Certosa di S. Martine.*) 

54 Der hl. Sebastian. Madrid, Prado. 

55 Der hl. Sebastian. Neapel, Museo Nazionale. 

56 Der Klumpfufl. Paris, Louvre. 

57 Die Eztase der hl. Magdalena. Rom. Sign. Simonetti. 

58 Murillo? Die bdssende Magdalena. Madrid, Prado. 



*) Die Mangelhaftigkeit dieser Reproduktion ist durch die völlig ungenügende 
photographische Vorlage verschuldet; eine bessere Photographie war leider nicht zu be- 
schaffen. 



EINLEITUNG. 

Wohl das größte Stiefkind der Kunstgeschichte ist die spa- 
nische Malerei. Nur wenige sind es, die sich ernsthaft mit ihr 
befaßt haben, xind diese Wenigen richteten dabei ihr Hauptaugen- 
merk auf die Sevillaner Schule, geblendet von dem Glanz der 
beiden Sterne am bätischen Kunsthimmel: Velasquez und Murillo. 
Diese beiden Maler gelten auch heute noch als „die spanischen 
Maler" schlechtweg. Vielleicht nennt man noch den Namen Zur- 
baran. Aber Spanien ist doch etwas reicher, neben seinem Venedig 
hat es auch noch sein Florenz. Dais ist Valencia. Hier herrscht 
ein strenger, jemsterer Geist, ein Sinn für feste, sorgsame Zeich- 
nung. Andererseits darf man aber auch Valencia das Toledo der 
bildenden Kunst nennen. Denn was jene Hochburg des katholischen 
Glaubens in rein kirchlicher Hinsicht für die spanische Christen- 
heit geleistet hat, das wirkte Valencia in der Kunst. Nicht die 
Sevillaner mit ihrem heiteren Naturell waren zu solchen Gottes- 
streitem berufen, sondern die düstereren Valencianer nüt ihrem 
glühenden, neligiöson Pathos, und ihre Führer hießen Ribalta, 
Ribera. 

Wenn Ribera nicht in dem Maße wie seine anderen Landsleute 
der Vergessenheit anheimgefallen ist, so liegt es vor allem daran, 
daß er die größte Zeit seines Lebens in Italien verbracht hat und 
in der Geschichte der Neapolitaner Barockmalerei eine bedeutende 
RoUe spielt. 

So haben sich denn auch bald Biographen gefunden. Mit am 



12 

frühesten Martinez^), Pacheco*) und Sandrart'). Die größte 
italienische BSographie widmete ihm Domini ci^); ein von Feinden 
Riberas beeinflustes, höchst unkritisches Buch. Nicht viel besser 
ist die des Spaniers Palomino in seinem „Museo Pictorico*'^). 

Die neueren spanischen Arbeiten wollen kritisch sein, sind 
es aber nicht. Zu nennen sind die von D. Augusto Danvila Jal- 
dero*) und Baron de Alcahali'). 

Wenig neues brachte Stirling in seinen ^^Annals of the artist^ 
of Spain"^), ebenso Lefort*). 

Ein reicher Anekdotenkranz hatte sich sehr bald um das Haupt 
des yjkleinen Spaniers'* geflochten, imd die genannten Werke be- 
fassen sich viel mehr mit diesen Geschichten als mit des Meisters 
künstlerischem Schaffen. 

Das Verdienst, mit manchem Märchen aufgeräumt und falsche 
Angaben über Riberas Leben richtig gestellt zu haben, gebührt 
vornehmlich Neapolitaner Gelehrten, vor allem Salazar und Fa- 
raglia, die durch ihre Aufsätze in der „Napoli Nobilissima'' und 
dem Archivio storico per le province Napolitane Licht in die dunkle 
Lebensgeschichte Riberas gebracht haben. 

Die erste neuere kunsthistorische Würdigung Riberas stammt 
von Oskar Eisenmann ^*^. 

Es versteht sich am Ende von selbst, daß Carl Justi in seinem 
grundlegenden Werke „Yelasquez und sein Jahrhimdert" unserem 
Künstler eine „Episode** gewidmet hat^^). 

Auf dieser „Episode** fußt dann Woermanns Aufsatz^*) imd 
Kristellers Skizze^*). 

Bei allem Streben, dem Künstler Ribera gerecht zu werden, 

') Jusepe Martincz, Discursos practicables del nobilissimo arte de la pintun. Neu 
herausgeg. 1866. 33^. — *) EI Arte de la Pintara. Madrid 1648. 15, 16, 84. — 
*) Joachim Ton Sandrart, Teutsche Akademie. Nürnberg 1675. S. 191. — *) Dominld 
Vite dd pittori scultori ed architetti Napoletani. Napoli 1742. III. i — 24. Nene Aus- 
gabe 1844. m. III £f. — *) Palomino, Museo Pictorico. III. Madrid 1724. 310fr. 
*) Resena Critica de las Obras de Jos6 de Ribera, in der Revista de Espa&a. 
CXX. x68 — 2x0. — *) Dicdonario Biografico de Artistas Valendanos, 266—278. — 
•) I. 740 ff. — •) P. Lefort, La peinture cspagnole. Paris 1893. — *^ Dohme, Kunst 
und Künstler, m. 3. — ^^) Carl Justi, Vdasquez und sein Jahrhundert 2. Aufl. Bonn 
1903. I., 269 ff. II, I34ff. — *■) Zeitschrift fUr bildende Kunst. Neue Folge. I., 144 ff., 
177 ff. — *•) Das Museum. VIII. 53. 



13 

ist es doch keiniän dtr Gelehrten gelungen, die Entwicklung des 
Meisters klar darzulegen. Eine Bilderkritik beabsichtigte keiner 
der Verfasser. 

Das beste, was über den Maler Ribera gesagt worden ist, 
findet man aber in Carl Justis spanischer Kunstgeschichte in der 
Einleitung zu Baedekers „Spanien und Portugal". (2. Aufl. 1906. 
LXXXII). 

Eine gute Charakteristik des Radierers gab Kristeller in 
seinem Buch „Kupferstich und Holzschnitt in 4 Jahrhunderten'', 
S. 410. Unentbehriich für eine Betrachtung des Peintre-Graveur ist 
n^türUch der Abschnitt im XX. Band von Bartschs bekanntem 
Werk. 

Die vorliegende Arbeit will nun nicht nur den künstlerischen 
Entwicklungsgang Riberas näher bestimmen, sondern auch sein 
Oeuvre von den vielen Schulbildem, Nachahmungen und Kopien 
säubern, die zum großen Teil an der bisherigen falschen künstle- 
rischen Einschätzung des Meisters schuld sind. Das sehr zerstreute 
Material ist, soweit es mir nur möglich war, an Ort imd Stelle 
nachgeprüft worden, doch wäre es mir kaum gelungen, eine an- 
nähernd vollkommene Würdigung des großen Valencianers zu geben, 
hätte mich nicht Carl Justi bei meiner Arbeit in liebenswürdigster 
Weise durch Mitteilungen verschiedenster Art imterstützt. 

Auf Notizen Justis gehen vor allem die Beschreibungen der 
Gemälde zurück, die ich selbst nicht bezw. nicht mehr sehen konnte : 
derer in Petersburg und Murcia sowie einiger früher in Pau und in 
Neapolitaner Privatbesitz befindlichen Werke. 

Nächst ihm sei meinem verehrten Lehrer Heinrich Wölfflin 
herzlicher Dank gesagt, ebenso wie allen andern, die mir beim 
Abschluß dieser Monographie behilflich waren, nicht in letzter Linie 
den Herren Dr. Max J. Friedländer imd V. von Loga sowie der 
Direktion des kgl. Kupferstichkabinetts zu Berlin. 

Darmstadt im Herbst 1907. 

Aug^si L. Mayer. 



I. ZUR EINFUHRUNG. 

RIBERAS LEBEN UND WIRKEN. 

I. 

Wenn der Wanderer die blühende Valenzianer huerta, einen 
der üppigsten Gärten Europas, verläßt, und sich dem Gebirge zu 
nach Süden wendet, so erblickt er einen doppelgipfeligen, von 
zwei Burgen gekrönten Felshügel, an den sich die Häuser eines 
ansehnlichen Städtchens schnüegen: Jdtiba, das Felsennest, die 
Heimat der Borgias und Jusepe de Riberas. 

Ein alter Platz, berühmt durch die Tapferkeit seiner Bewohner; 
das Saetabis der Römer, von Philipp V. mit dem Ehrennamen San 
FeUpe belehnt. Hier wurde um die Mitte der achziger Jahre des 
XVI. Jahrhunderts Jusepe de Ribera geboren, als Sohn des Antonio 
Simon de Ribera. 

Ein großes vor allem in Valencia blühendes und angesehenes 
Geschlecht. 

Der Vater bekleidete einen höheren militärischen Posten, um 
die Wende des Jahrhunderts wurde er nach Neapel versetzt, als 
,,Adjudant" des Castel Nuo>vo soll er dort gestorben sein. 

(Zur Frage über die Geburt imd die Familie Riberas vgl. 
Exkurs I.) 

Die Nachrichten über Riberas Jugend sind höchst dürftig. 
Sicher ist, daß er den ersten künstlerischen Unterricht bei dem 
Begründer der neueren Valencianer Malerschule erhalten hat: 
bei Francisco Ribalta. 

Von diesem, der selbst in Italien gewesen war und Rafael, 
Sebastiano del Piombo und Correggio auf sich hatte wirken lassen, 
wurde er wohl nach nicht allzulanger Zeit angeregt, nach Italien 
zu wandern, um dort die großen Meister zu studieren. Er hielt 



15 

sich längere Zeit in Oberitalien auf^ vor allem in Parma^ der Stadt 
CorreggioS) wo er in S. Andrea einen hl. Martin malte» heute so gut 
wie zerstört. 

Daß er auch einen Ausflug ins Venezianische gemacht habe, 
nimmt schon der Cicerone an. Daß er in Padua war, geht aus 
der Kopie eines Bildes von Paolo Veronese hervor, das sich zu jener 
Zeit in Padua befand: Christus und diel Schriftgelehrten (Prado); 
<Ce Kopie bei der Principessa Fondi in Neapel. 

Wie sehr er Rafaels vatikanische Fresken bewundert und wie 
hoch er von ihrem Studium gedacht hat, erfahren wir aus dem 
Gespräch des Malers mit einem Landsmann: Jusepe Martinez, der 
ihn 1625 in Neapel besuchte^). 

Somit wäre auch ein längerer Aufenthalt in Rom für Ribera 
gesichert. 

Ein festes Datxmi tritt uns zum erstenmal mit dem Jahr 161 6 
entgegen. Im September 161 6 verheiratet er sich nämlich in 
Neapel mit Catarina Azzolino, der Tochter des Malers Gio. Bernar- 
dino Azzolino^). Riberas Schwiegervater war ein Maler von gutem 
Ruf, wie die Angabe „Gio. Bern,. Azzolino Siciliano e pittore fa- 
moso*' beweist^). Eine junge Gattin hatte der Künstler heimgeführt, 
noch nicht 16 Jahre war sie alt. Am 28. Dezember 1600 war, 
Stefana Catherina figlia legit. de Gio. Bellardino de Ragana Azzolino 
e de Antonia dlndia" getauft worden^). 

In diesem Jahre kam auch Riberas erster Gönner nach Neapel : 
der Herzog von Osuna, der als Vizekönig von Neapel 161 6 die 
Regierung übernahm. 

Ihm soll, der bekannten Anekdote zufolge, der Maler sein 
ganzes Glück verdanken. Durch die Ausstellung eines Bildes, die 
Bartholomäusmarter darstellend, auf dem sich Ribera als espanol 
bezeichnet hatte, sei die Aufmerksamkeit des Vizekönigs auf ihn 
gelenkt worden. Osuna habe das Bild erworben und den Künstler 
zum Hofmaler gemacht. Zu beachten ist jedoch, daß die Gattin 

^) Jusepe Martinez, Discursos practicables. S. 35. — ^ Tgl. Salazar, La famiglia 
dello Spagnoletto. Nap. Nob. ID., 970*. und Faraglia im Aich. Stör, per le prov. Nap. 
XVn.. 677. — •) Nap. Nob. H., 4. — *) Nap. Nob. Xm.. 20. 



i6 

des Herzogs^ Catherina^ dem Haus Ribera entstammte^) und der 
Admiral der Neapolitaner Flotte gleichfalls den Namen Ribera 
fährte. Es .mag wohl eher hohe Protektion, vielleicht auch Familien- 
rücksichten, dem jungen Künstler sein Amt verschafft haben. 

Sicher ist, daß sich seit jener Zeit Ribera ständig in Neapel 
befindet und mit Aufträgen reich bedacht eine hohe, vielbeneidete 
Stellung einnimmt. 

1623 wird er als Trauzeuge erwähnt.^) Am 18. Januar 1627, 
die Taufe seines ersten Sohnes Antonio Simone, am 6. Mai 1629 
und 28. Februar 1630 Taufpate, am 22. April 1630 Taufe seiner 
ältesten Tochter Margarita. Am 2. Mai 1631 wird ihm eine Tochter 
Anna, am 2. Mai 1634 ein Sohn Francesco Antonio Andrea und 
am 4. Oktober 1636 eine Tochter Maria Francesca geboren'). 

1626 ernennt ihn die Accademia von S. Lucca in Rom zu 
ihrem Mitglied. Ein Jahr vorher empfing er den Besuch seines 
Landsmannes Martinez, drei Jahre später den seines berühmtesten 
Kollegen, des Velasquez. 

Die Gunst, die ihm Osuna zugewandt, verlor er auch unter 
dessen Nachfolgern Alba, Alcald» Monterey, Medina de las Torres 
nicht. Dem Principe Philiberto widmete er 1624 eine Reihe seiner 
besten Radierungen. 

Vornehmlich war er aber für den Grafen Monterey (1631 — 1636) 
f tätig, dem wir vor allem die herrliche Concepcion von 1635 in dem 

Augustinerkloster in Salamanca, einer Stiftung des Grafen, zu ver- 
danken haben. 

Von 1637 an ist der Künstler andauernd mit der Ausführung 
großer Aufträge für die Kirche der Karthäuser von S. Martino über 
Neapel beschäftigt. 

Die letzten Lebensjahre des Meisters sind durch Krankheit 
getrübt. Wir hören davon in dem Bericht über die sich verzögernde 
Fertigstellung des großen Gemäldes der Apostelkommunion für S. 
Martino*). Namentlich in den Jahren 1647 — 1649 ist er künst- 
lerisch wenig tätig. Nicht ohne Einfluß mag dabei der Masa- 
niellosche Aufstand (ausgebrochen am 3. April 1647) geblieben 

*) Gregorio Leti, Vita di Don Pietro Giron Duca D'Osuna. Amsterdamo 1699. 
m., 223. — *) Nap. Nob. IV., 187. — •) Nap. Nob. m., 98. — *) siehe Exeu« IH. 



I 



17 

sein, der jedenfalls dem Hofmaler wenig Aufträge und noch weniger 
Ruhe brachte. 

Die materielle Not bleibt nicht aus. Am 20. Juni 1651 bittet 
der alte Mann den Prior von S. Martino um Geld „il peso della 
casa e grande consideri il bisogno**^). Die 50 Dukaten, die er 
daraufhin erhielt, genügten ihm nicht und am; 23. Juni fordert 
er einen weiteren Vorschuß. Ein Brief vom 6. September 1651 
sei hier wiedergegeben*). 

Molto Revdo Padre 
Haviso a V. P. R. come ayere al tardi me arrivö la nova della morte del Caro 
genero Gio leonardo sersale. Tanto vero servitore di V. P. R. la sapplico mi 
socorra con cento ducati perche ho da fare molti lutti e me mancano, et sono cose 
che non cercano dilazione e percio la prego a fanni qaesto favore con ogni brevita 
et mi Consideri del modo che posso estare, per tanto mi favorisca escusarmi del 
travaglio, et nostro Signore sia quello che li conceda molti anni de Vita de Casa 
hoggi a 6 de settembre 1651. Servo de Vra Ra que le basa le mane 

Jusepe de Ribera. 

In der letzten Zeit wohnte der Künstler nicht mehr beim 
Palazzo Ducale, sondern draußen am Posilipp. ^ Diese Einsamkeit, 
verbunden mit der geringen Produktivität des Meisters in den, 
letzten Jahren war daran schuld, daß einige ihn am Schluß seines 
Lebens für verschollen erklärten und von allen ein falsches Todes- 
jahr angegeben wurde. 

Nach der von Salazar aus dem Totenbuch der Kirche S. Maria 
della Neve (heute S. Giuseppe) mitgeteilten Urkunde starb Ribera 
am 2. September 1652.*) 

„An di 2 settembre mori il sr. 
Gioseppe Rivera e fu sepolto a Mergoglino." 

Auch im letzten Dezennium seines Lebens hatte es ihm nicht 
an Ehrungen gefehlt. 1644 verlieh ihm der Papst die hohe Aus- 
zeichnung des habito di Christo. Nach Palomino soll Velasquez ihn 
auch auf seiner zweiten italienischen Reise 1649 besucht haben.*) 

Ob Sandrart Ribera selbst gesprochen hat, wie Justi meint^), 
scheint mir nicht so sicher zu sein. 

*) Faraglia, Arch. Stor. XVII, 673. — •) ebenda. — •) Am 17. Dez. 165 1 fand 
eine Taufe in seinem Hans bei S. Maria degli angeli statt — *) Nap. Nob. V., 29 — 31. — 
^) Palomino, Museo Pictorico. m., 311. — *) Justi. Velasquez und sein Jahrhundert. 

1, 321. 

Mayer, Jus«pe de Ribera (Lo Spagnoletto). 2 



i8 

Sandrart berichtet in seiner ,^Akadeniie" von Bildern Riberas^ die 
er in Neapel bei Romer gesehen hatte^ und fährt dann fort:^) 

„Jetzt beschriebene höfliche da Ribera begleitet mich zugleich 
an den Cavalier de Massimi^ weil in seiner löblichen Hand bey vor- 
genannten de Römer wie auch anderwärts viel gesehen dieselbe 
wohlbedachtsame betrachtet und befunden^ daß alle seine Ge- 
danken und Werke des erkannten Ribera Studien ganz contrari 
gewesen, indem . . .**• 

Das „Begleiten" ist doch wohl nur bildlich gemeint. 

Ribera hatte keine Sehnsucht in seine Heimat zurückzukehren. 
Er meinte Martinez gegenüber : daß „Quien estä bien no se mueva". 
Er glaubte auch, daß der Prophet in seinem Vaterland nichts gilt 
„ — y asi juzgo que Espana es madre; piadosa de forasteros y cru- 
elisima madrastra de los proprios naturales.^)** 

Daß sich bei der angesehenen SteUung, die Ribera einnahm, 
Neider genug einstellten, kann uns nicht wundern. Alle Schlechtig- 
keiten wurden dem Spanier, diesem Eindringling, angedichtet : Hoch- 
mut, Habsucht, Strebertiun, das auch vor Gift nicht zurückscheut, 
um seine ehrgeizigen Pläne erfüllen zu können. So zeigt ihn uns 
vor allem Dominici, der die Verführung der ältesten Tocüter des 
Malers als gerechte Strafe für all seine Freveltaten hinzustellen 
sucht. 

Diese Verf ühnmgsgeschichte 1 Sie erschien den meisten Bio- 
graphen interessanter jals der ganze Künstler. 

Und dabei ist, so wie sie erzählt wird, kein Wort wahr davon. 
Hören wir: Zur Unterdrückung ' des Masanielloauf Standes war 1648 

^) Joachim von Sandrart, Teutsche Akademie. 1675. II. Teil, 11. Buch, XIX. Cap., 19X. — 
^ Jusepe Martinez, Discursos practicables. S. 34. Entre varios discursos pas^ ä preguntarle, 
de cömo vidndose tan aplaudido de todas las naciones, no trataba de venirse ä Espana, 
pues tenia por cierto eran vistas sus obras con toda veneracion. Respondiome: „Amigo 
caiisimo, de mi volundad es la instancia grande, pero de parte de la ezperiencia de mnchas 
personas bien entendidas y verdaderas hallo el impedimento, que es, ser el primer ano 
recibido por gran pintor; al segundo ano no hacerse caso de mi, porque viendo presente 
la persona se le pierde el respeto; y lo confirma esto, el constarme haber visto algunas 
obras de excelentes maestros de esos reinos de Espana ser muy poco estimadas; y asi 
juzgo etc. Yo me hallo en esta ciudad y reino muy admitido y estimado. y pagadas 
mis obras d toda satisfaccion mia y asi seguir^ el adagio comun como verdadero: Qui^n 
estä bien no se mueva.'* 



19 

der 19 jährige D. Juan de Austria IL nach Neapel gekommen. Er 
verkehrte in der Familie des Malers, der ihn auch in einer Ra- 
dierung verewigte. Dies ist der Historische Untergrund. 

Nun habe sich der Prinz in des Malers älteste Tochter Maria 
Rosa verliebt, sie verführt und später nach Sizilien gebracht, von 
wo sie nach Neapel zurückgekehrt sei und sich verheiratet habe. 

Die Frucht ihres Liebesbundes mit denx Prinzen sei eine Tochter 
gewesen, die im Alter von 6 Jahren in das vornehme Madrider 
Kloster S. Isabella gesteckt worden und dort 36jährig 1686 gestorben 
sei. Ihr Name wird als Sor Margarita de la Cruz y Austria an- 
gegeben.!) Früher zeigte man auch ihr Porträt 'im. Kloster, das 
ich jedoch nicht zu Gesicht bekommen konnte. 

Daß eine Sor Margarita 1656 in das Kloster aufgenommen 
wurde, die 1686 starb, steht fest, ebenso daß dieses Mädchen die 
Tochter Don Juans .und einer Tochter Riberas war, Hauptzeugnis 
dafür ist die Stelle in den Memioiren des Beichtvaters der Königin 
Marianne von Österreich, des Jesuitenpaters Nithard, wo er von 
dem lockeren Leben des jungen Prinzen in Neapel spricht und fort- 
fährt: „ein Jejbendiges Zeugnis dafür existiert heute im Kloster 
der Descalzas zu Madrid unter dem Titel ,Excellentissima Senora* 
und ihre Mutter ist die Tochter des berühmten Malers Joseph de 
Ribera". Der Pater hatte seinerzeit für die Aufnahme der Tochter 
ins Kloster gesorgt jund «den Dank Don J^ans dafür erhalten.^) 
Welche Tochter das Opfer des Prinzen war, ist uns nicht näher 
bekannt. Maria Rosa, wie die Verführte gewöhnlich genannt wird, 
hieß überhaupt keines der Kinder Riberas. Man darf aber mit 
ziemlicher Sicherheit sagen, daß es die zweite Tochter des Künst- 
lers war. Die älteste, Margarita (geb. 14. IV. 1630) war wahr- 
scheinlich mit Leonardo Sersale vermählt, der zwischen 23. Juni 
und 6. September 1651 starb, die jüngste, Maria Francesca war 
1648 erst 12 Jahre alt,*) bleibt also die 1631 geborene Anna. 

*) Vgl. Nap. Nob. n, 31; Nap. Nob. III. Gins. Ceci: La figlia dello Spagnoletto. 
S. 65 — 67; ferner Alcahali, Diccionario biografico. S. 272. — ■) zuent mitgeteilt von 
P. Lefort Gaz. d. Beaux-Arts 1882. I, 42, 43. — •) Nicht ganz verständlich ist die 
in Nap. Nob. II, 31 mitgeteilte Notiz ans den Giomali di Innocenzo Fuidoro. „28. Marzo 
1667. Questa mattina ha preso possesso della R. Camera di Presidcnct Idiota Don . . . 

2* 



20 

In direktem Gegensatz zu Dominicis Behauptung von Riberas 
Hochmut steht der Ausspruch eines Karthäusers von S. Martino, 
der von Ribera sagte^): „che era stato persona pia de religiosi et 
con chiese procedeva con molta amorevolezza e senza tiratura/* 

2. 

„Lo Spagnoletto'* nannte man ihn^ den kleinen Spanier. Seine 
Züge sind uns erhalten^ wenn auch nur in einer alten Kopie nach 
einem Selbstporträt. Dieses Bild, das in der Malergalerie der Uffi- 
zien hängt, gilt dort als Original, ist jedoch nur eine maßlos ge< 
dunkelte Kopie, nicht einmal in Riberascher Technik'*). 

So wie uns der Maler hier entgegentritt, mag er um 1626 
ausgeschaut haben. Lange dunkle Locken fallen ihm bis auf die 
Schultern herab, die Oberlippe bedeckt ein kurzer dichter schwarzer 
Schnurrbart, die Nase ist kräftig, der Mund voll, sinnlich. Der 
Blick der großen dunklen Augen ist ernst, nachdenklich, fast melan- 
cholisch'). Die Kleidung höchst einfach : dunkler Rock mit weißem 
Halskragen. 

3- 
Ribera war bei dem tenebroso Ribalta in die Lehre gegangen. 

Da kam er nach Italien und sah die hebten, schimmernden Werke 

eines Correggio, eines Veronese. Nichts düsteres fand er da in 

der Färbung, und von diesem Eindruck überwältigt beschloß er, 

diesen Meistern nicht nur wie sein Lehrer die Äußerlichkeiten, 

vor allem die Verkürzungen, abzusehen, sondern vollkommen in 

ihren Bahnen zu wandeln, ein Prophet des Lichts zu werden. Doch 

rang er noch lange. Bis in die Mitte der dreißiger Jahre dauert 

der Kampf; erst mit der Concepcion von Salamanca (1635) hat er 

den Tenebrosostil vollkonmien überwunden. 

Jener Cruzifixus, in der Coleg^ata von Osuna, zwischen 161 6 

Morgano giovanc di diciottanni circa per haverci pigliata per moglie la Ribera colla sorella 
dclla quäle D. Giovanni d* Astria (siel) fcce una figUnoIa." Als Braut des iSjäKrigeu 
könnte nur die jüngste Tochter Maria Francesca in Betracht kommen^ die aber bereits 
31 Jahre alt war. Es wird auch hier wieder eine Verwechslung sein, die bei der Häufig- 
keit des Namens Ribera leicht erklärlich ist ^) Faraglia, Archiv, stör, per le prov. Nap. 
XVII, 675. — ") Ein Selbstporträt in Alton Tower von Waagen gelobt (Kunstwerke II., 
463.) — ■) Gestochen von P. Anton Pazzi. Auf dem Stich Ribera als „Pittore e Intagli- 
atore in Rame" bezeichnet das Bild für den Porträtstich in den „Espanoles Ilustres" be- 
nutzt, der hier als Titelblatt wiedergegeben ist. 



21 

und 1620 für den Vizekönig gemalt, zeigt mannigfache venezianische 
Erinnerungen; die Ignaziusgeschichten in S. Gesü zu Neapel aus 
derselben Zeit und die Ekstase der hl. Magdalena von 1626 (Madrid 
Academia S. Fernando), vor allem aber der „Silen" aus dem 
gleichen Jahr (Museum Neapel) lassen deutlich das Streben nach 
Licht erkennen. 

Und wie in der Malerei, so auch bei der Radierung, die Ribera 
gerade in jener Epoche außerordentlich pflegte, ja, in der er, wie 
die Blätter „Der reuige Petrus" (B. 7), „Der Hl. Hieronymus die 
Posaime vernehmend** (B. 4, 5), „Der Hl. Hieronymus in der Wüste 
studierend** (B. 3), „Die Bartholomäusmarter** (B. 6) — alle aus 
der ersten Hälfte der zwanziger Jahre — zeigen, damals weit mehr 
noch Meister war als in der Malerei. Das Hauptblatt aber auch 
hier der „Silen** von 1628 (B. 13). 

Den Werken der Frühzeit gemeinsam ist das übermäßig starke 
Betonen des Charakteristischen. Der Künstler will nicht nur durch 
die Behandlung des Stoffes, sondern vor allem durch die Wahl 
der Modelle interessant erscheinen. (Studienköpfe, bald Apostel, 
bald Philosophen genannt, Porträt der bärtigen Maddalena Ven- 
tura, Madrid Duque de Lerma 1631, das des blinden Gambazo, 
Prado 1632.) 

Man hat mitunter das Gefühl, als ob Ribera nicht allein über- 
raschen, sondern verblüffen, ja selbst erschrecken möchte; es liegt 
ihm noch viel am ersten Eindruck (Hieronymus B. 4, 5., die Ge- 
mälde gleichen Inhalts in Petersburg 1626 und Rom bei Principe 
Doria 1629). 

Der gesteigerten Physis seiner Helden entspricht nicht immer 
eine erhöhte Psyche; nur muß alles in Aufregung sein: plötzliche, 
auffahrende Bewegungen, flackerndes, zerrissenes Licht. 

Eine Vereinigung von religiöser Begeisterung im,d Freude an 
Henkerszenen zeigt die radierte Bartholomäusmarter (B. 6) und 
die Andreasmarter (Budapest) von 1628. 

Aber auch das spanische Verständnis für das Transcendentale 
offenbart sich schon, vor allem in der Ekstase der Magdalena von 
1626 (Madrid, Ac. S. Fernando). 



22 

Nicht ein ^.Zugeständnis an den Modegeschmack** ist Riberas 
Jugendstil, sondern ihn bestimmt ernstestes, künstlerisches Ringen. 

Mit der Concepcion in Salamanca von 1635 erlangt er dann 
endlich die volle künstlerische Freiheit. Der Meister ist sich dessen, 
wohl bewußt, ein äußerst reger Schaffensdrang beseelt ihn nun. 
Die Jahre 1636 bis 1642 sind die fruchtbarsten seines Lebens. 
Der gereifte Mann wird ruhiger, er kommt vom Modell los und 
steuert auf -einen Monumentalstil zu: Petrus und Paulus (1637, 
Vitoria), Zyklus der Propheten, Moses und Elias (S. Martino Neapel 
1638 folg.), vor allem aber die Pietä (ebenda 1637), das tiefste 
.Werk aus dieser Glanzperiode. 

Das schwere, rötliche Inkarnat der ersten Periode schwindet 
nach und nach völlig, die Körper erhalten ein bernsteinfarbenes 
Leuchten, bei durchscheinendem Licht einen hellrötlichen Schim- 
mer. In der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre macht sich eine 
gewisse Freude am Silbergrau bemerkbar, so in der Concepcion 
(Salamanca), bei dejm Januarius (ebenda), dem Antonius mit Jesus- 
knaben (Madrid Accademie 1636 und Escorial 1640). Er steht 
damit nicht allein da, die dreißiger Jahre bedeuten überhaupt den 
höchsten Triumph des Silbergrau: Hals, van Dyck, von diesem! 
beeinflußt Rubens, Vekusquez, Reni haben ihm gehuldigt. 

Riberas Freude am Lichten, Hellen, Strahlenden offenbaren 
neben der Salamancaer Concepcion vor allem seine „Heilige Fami- 
lien** (Toledo 1639, Cordoba), ferner „Venus und Adonis** (Rom, 
Museio Nazionale, 1637), „Apoll und Marsyas** (Neapel, Musemn, 
1637). Den Gipfel aber erreicht er in seiner „HL Agnes" (Dresden, 1 64 1 ). 

Wie kühn der Meister werden kann, lehrt der „Gnadenstuhl 
in den Wolken** (Prado), (ein Bild, dessen Struktur keine Linien, 
sondern Licht- und Schattenmassen bilden. 

Hervorragende Werke der vertiefenden Charakteristik sind 
namentlich der „Segen Isaaks** (Prado, 1637) und die „Hirten- 
anbetung** der Valencianer Seo (1643), ^^ beste Hirtenstück des 
Meisters. 

Was Einzelköpfe anlangt, so zeigen in erster Linie die Hiero- 
-nymusbilder (Murcia, Mailand, Prado) von Jahr zu Jahr eine immer 
größere Durchgeistigung. 



Den vorzüglichen Erzähler, der über eine ungemein plastische 
Anschaulichkeit verfügt, lernen wir besonders schätzen bei den; 
Werken „Venus und Adonis", „Isaaksegen** und nicht zuletzt in 
den Wunderbildem, die eine immer überzeugendere Kraft erhalten : 
„Antonius, dem der Bambino erscheint" (Madrid, Academie, Esco- 
rial), „Befreiung Petri" (Escorial, Prado), die „Hl. Agnes*' (Dres- 
den). Und fragt man nach dem, Grund, warum dies alles so packend, 
so wirklich als Wunder wirkt, so ist es auch hier wieder die sieg- 
reiche Macht des Lichtes: das Wunder ist gar nichts weiter als 
der plötzliche Eintritt des Lichtes, dessen Träger, dessen Verkör- 
perung nur der Bambino, der Engel ist. 

Damit ist aber Riberas Entwicklung noch keineswegs abge- 
schlossen. Der alternde Meister wagt sich an, die Lösung kühnster, 
modernster Probleme. Hell in heU will er malen, Freilicht. 

Es ist dies ein Werdegang, der unwillkürlich an den leines 
Rubens erinnert. Auch dieser hatte als tenebroso angefangen (hatte 
er doch Carravaggio auf sich wirken lassen I), in den ersten Jahren 
schwer rötliche Töne gezeigt, dann aber ganz den gleichen Weg 
wie unser Maler beschritten. 

Auch diese letzte Epoche läutet eine „Concepcion" ein: die 
von S. Isabella in Madrid aus d&m, Jahre 1646. Eine nicht völlig 
geglückte Lösung des Problems. 

Wenn ich aber Rubens zum Vergleich heranzog, so dachte 
ich vor allem an die „Errettung des Hl. Januarius aus dem Feuer- 
ofen" (Neapel, Dom Cap. del Tesoro, 1646), wo die Flammen, die 
feurig aus dem Ofen herausschlagen, zu keinerlei Effekt benutzt, 
sondern — gleich den Flammen der brennenden Stadt auf Rubens 
Bethleh^nütischem Kindermord (München) — nur ein Licht im 
hellen, lachenden Tageshcht sind. Und ein gleiches finden wir 
bei „Jacobs Traimi von der Himmelsleiter** (Prado, 1648), wo dem 
Erzvater das schöne Traumgesicht am hellen Mittag erscheint. 

Wie vollkommen Ribera Herr des Plein air geworden ist, zeigt 
der im fUmmemden Sonnenlichte dahingalloppierende D. Juan de 
Austria IL (Radierung von 1648) und der „Klumpfuß" (Louvre, 
1652). 

Wie duftig der Maler in seiner Technik wird, lehrt der „Eremit 



24 

Paulus** (Prado, 1649) und der „Klumpfuß", wie pastos, der hl. 
Hieronymus (Prado Nr. 996, 1652). Der männliche Akt ist in 
dem Paulus von 1649 ^^^ ^^^^ Sebastian (Neapel, Museum, 1651) 
unübertrefflich wiedergegeben. Die Stofflichkeit am vorzüglichsten 
in dem großen Hirtenbild des Louvre von 1650. 

Wird man bei der Entwicklung des Malers Ribera an Rubens 
erinnert, so gemahnt der Gang des Charakteristikers Ribera stark 
an den Repibrandts. Auch er geht von den leidenschaftlichen, 
mitunter aufdringlich wirkenden Gestikulationen: seiner Aktoren 
aus, auch er findet im Anfang sein Gefallen am derb Charakteristi- 
schen bis zum fast pervers Häßlichen. Dann kommt der Aufschwung 
in den Jahren der nüttleren Reife, bis wir am Schluß einen Künst- 
ler vor uns sehen, der seine Helden ganz gestillt, ruhig, durch- 
geistigt wiedergibt. Die Augen seiner Heiligen leuchten nun im 
stillen Feuer, die Leidenschaft bricht nicht mehr roh hervor, sie 
ist verhalten. 

Welch ein Unterschied zwischen dem auffahrenden Hierony- 
mus von 1621, ja selbst noch dem von 1644 und dem meditierendem 
(Neapel, Museum, 1651), ganz zu geschweigen von dem heiligen, 
Greis im Prado Nr. 996 (1652). Wie anders der majestätische 
königliche Fischer- Apostel Andreas (Prado, 1641) gegenüber dem 
aufblickenden Modell aus dem Anfang der dreißiger Jahre Dres- 
den, Prado). 

Doch alles wird zusanunengefaßt in der Krone der Riberaschen 
Werke: der nach langer Arbeit 1651 vollendeten „Communion der 
Apostel" (S. Martino). Der Lichtmaler, der Kompositionskünstler, 
der Charakteristiker ist hier am besten zu studieren, seine Auf- 
fassung von Ideal-, von Monumentalkunst hier am reinsten zu 
erkennen. 

Lo Spagnoletto. Ja, er war Spanier geblieben. Hatte er auch 
Venedig und Parma auf sich wirken lassen, dankt er auch seine 
große Kompositionskunst den alten italienischen Meistern, der Geist, 
der durch alle seine Werke weht, das tiefe religiöse Pathos ist 
echt spanisch, valencianisch. Darin vor allem bleibt er Zeit seines 
Lebens Schüler des Ribalta, der auch den Sinn für klare^ sorgfältige 
Zeichnung in ihm erweckt hat. 



25 

Lo S{>agnoletto. Kein anderer seiner Landsleute aus der Luc- 
casgilde darf wie er den Anspruch erheben, als „der Spanier** 
zu gelten. Keiner besitzt wie er jene Verbindung von derbstem 
Naturalisnius und blühendster Mystik. 

Velasquez, der nüchternste aller Spanier, wurzelt ganz im Irdi- 
schen (es so hoch geadelt zu haben wie kein zweiter, ist sein un- 
sterbliches Verdienst). Ihm hat sich nicht der glänzende spanisch- 
katholische Wunderhimmel erschlossen wie Ribera, der sich darin 
ebenso vertraut fühlte wie unter den katilinarischen Existenzen 
des Neapolitaner Hafenviertels. 

Auf seinen Schultern steht Murillo, der gemütvolle Meister 
aus der sonnigen Baetica. Alles Strenge ist bei ihm geschwun- 
den. Er versüßte die herbe Kost eines Montan^z, eines Ribera 
und nahm damit den Werken nicht nur den hohen Ernst, sondern 
auch jegliche Größe. 

Ribera gleicht aber Rubens abgesehen von der malerischen 
Entwicklung auch in seinem Verdienst um das religiöse Leben 
seiner Zeit, indem er im Süden die nämliche Mission erfüllte wie 
der große Flame im Norden : die Förderung des katholischen Glau- 
bens, die Aneiferung lässig gewordener Gläubigen. Auch er war 
ein miles christianus, ein reisiger Kämpe im Feldzug der Gegen- 
reformation. 

II. FRANCISCO RIBALTA. 

Die großen Handels- und Hafenplätze des Mittelmeers, vor 
allem Genua, Neapel, Valencia entbehrten lange einer eigenartigen 
einheimischen Kunst. Die Niederlande versorgten die Häuser der 
reichen Kaufleute und die Kirchen mit Gemälden, die den Handels- 
herrn vor allem wegen ihrer Ausführlichkeit, wegen all des Klein- 
krams, den man so zierlich und sorgfältig gemalt auf jenen Bildern 
fand, nicht wenig behagten. 

Als dann im XVI. Jahrhundert endlich in diesen Plätzen eine 
wirklich bodenständige Kunst aufblüht, zeig^ sich allerorten die 
stärkste Reaktion. Gerade diese Städte sind die Heimat der brei- 
ten, pastosen Malerei, die nur das Große sieht. 



26 

Die Gefahr, bei dieser Breitmalerei die feste Zeichnung zu 
verlieren, liegt nahe, imd die Schulen von Genua und Neapel sind 
ihr auch nicht entgangen. In Valencia stand es damit besser. 
Nicht zum geringsten Teil mag es daher kommen, daß der erste 
Meister der neuen Richtung, Francisco Ribalta, die Werke eines 
Raffael und Sebastiano del Piombo gründlich studiert hatte. Aber 
dies war auch das einzige, was die Italiener mit Ausnahme von 
Correggio, dem Ribalta manche Typen und die Verkürzungen ab- 
sah, dem Valencianer Meister gegeben hatten. 

In ihre Eigenart wollte der auf Individualität abzielende Maler 
nicht weiter eindringen, ja es war ihm, dem Spanier, auch nicht möglich. 

Das, wonach er strebte, war die konsequente Helldunkelmalerei ; 
und diese Absicht, ein Maler von starker Eigenart sein zu wollen, 
macht ihn zum Begründer der neueren Valencianer Schule, ebenso 
wie die glatte, saubere, etwas süßliche und unselbständige, frei- 
lich stets wohlgemeinte Manier des Juanes uns das Recht gibt, 
diesen den letzten Meister der alten Valencianer Schule nennen 
zu dürfen. 

Geboren -wurde Francisco Ribalta 1551 oder 1555 in Castellon 
de la Plana, einem' kleinen Städtchen nördlich von Valencia.^) 
Er studierte zunächst in Valencia bei Juanes, wie die „Klage um 
den Leichnam Christi" in S. Andres zu Valencia (etwas geringere 
Wiederholung im Prado 946) beweist. Er ging dann nach Italien, 
studierte die Werke Raffaels, Sebastianos del Piombos und Cor- 
reggios. Castellon, Valencia, Algemesi, Carcagente und Madrid 
waren die Hauptstätten seiner Tätigkeit. 1628 starb er in Valencia, 
im gleichen Jahre auch sein talentierter frühreifer Sohn Juan, der 
1 599, also im Geburtsjahr des Velasquez, zur Welt gekommen war.*) 

Wie schon Justi bemerkte*) ist Francisco Ribalta der erste 
konsequente Chiaroscurist in Spanien. Dies kündet sich bereits in 
der Kopie von Raffaels Transfiguration an (Valencia Mus.), wo 
noch mehr als im Original alles Licht von Christus auszugehen 
scheint und ebenso die untere Gruppe noch dunkeler gehalten ist. 

^) 1651 wurde ein Francisco R., Sohn eines Francisco R., geboren, 1655 ein 
Francisco, Sohn eines Pedro R. — *) vergleiche den Abschnitt in Alcahalis Diccionario 
S. 2S5ff.^— •) Baedekers Spanien S. LXXXH. 



Dasselbe macht sich auch in den Kopien nach Sebastiano del 
Piombo geltend: „Kreuztragung", „Christi Höllenfahrt" (Valencia 
Museo provincial). 

Vor allem aber offenbart sich der Helldunkelmaler in dem 
großen Altarwerk im Dominikanerinnenkloster von Carcagente. 

Bei Corr^gio hatten mehr die Äußerlichkeiten, die starken 
Verkürzungen namentlich, Eindruck auf ihn gemacht. Doch wäh- 
rend Correggio nach dem. Heiteren, Lichten strebte, ist der Valen- 
cianer schwermütig, dunkel; seine Engel sind ohne Correggio nicht 
denkbar, aber viel derber; die Karnation, bei Correggio von ßo 
unerreichter Frische und Sinnlichkeit, hier schwer rötlich. 

Neben Corregio ^uch an die Venezianer gemahnt das Bild 
„Christus dem hl. Vincenz Ferrer erscheinend" (Valencia, Kirche 
des Colegio del Patriarca, miserabel beleuchtet in einer Kapelle 
links). Christus .vor alleim — in erdbeerrot und blau gekleidet — 
wirkt ganz venezianisch. 

Der Engel, der vom rechts knieend mit gefalteten Händen 
etwas aus dem Bild herausschielt, in, gelbem Rock mit blauem 
Band, ist einer seiner anmutigsten. Sehr schön auch die sanfte 
Bewegung Christi auf den Heiligen zu, der im Begriff ist, vor dem 
hohen unerwarteten Besuch auf die Kniee zu sinken. 

Noch mehr wird man bei „Christus in Gethsemane" (Valencia 
Colegio del Patriarca, Capilla de la Purissima Concepcion) an Cor- 
reggio erinnert. 

Der links oben erscheinende goldlockige Engel, in blau und 
gelb gekleidet, ist die vollkonunenste spanische Umbildimg des 
Correggioschen Typus. ,Wir werden ihn bei Ribera wiederfinden. 

Eigenartig Christus, leider nur in der Haltimg, ob wirklich 
knieend oder sitzend, nicht klar genug. Mit verschränkten Händen 
blickt er ergebungsvoll zu dem Engel, der mit den Leidenswerk- 
zeugen erscheint. Christi Oberrock hat einen tiefen, keilförmigen Ein- 
schnitt, der Hals und einen Teil der Brust freiläßt. Von eigenem Reiz 
die fließenden Falten, merkwürdig die Färbung des Rockes, ein 
helles Rot, von dem sich nur das Dunkelrot der Schärpe tief- 
leuchtend abhebt. Unverkennbar, daß Ribalta bei dem Christus- 



28 

köpf einen idealen Typus angestrebt hat. Ganz erreicht hat er 
sein Ziel hier ebensowenig wie in der noch zu erwähnenden Cena. 
Das Mittelbild dieses Altarwerkes stellt eine Grablegung dar. Ein 
Nachtstück. Für den Chiaroscuristen eigentlich selbstverständlich. 
Das Bild ist so schlecht wie nur möglich beleuchtet, seine Schön- 
heiten sind fast mehr zu erraten als zu sehen. Auch dieses Werk 
ist nicht ohne Einfluß auf die Beweinung^bilder Riberas geblieben. 

Den linken Flügel bildet ein Schmerzensmann mit sehr edlem 
Haupt (Kopie in der Kathedrale). Die Unterarme verschwinden; die 
Hände sind auf dem Rücken zusammengebunden. Ebenso sind die 
Füße gefesselt. Die von vorn gesehene, ganz leise nach der Seite 
geneigte Gestalt macht einen tiefen Eindruck. 

Ribaltas Streben nach „starker Plastik der Figuren mittels 
einseitiger Beleuchtung" wird von keinem seiner Werke besser be- 
wiesen als von diesem. 

Am meisten weckt aber der große Hochaltar der Pfarrkirche von 
Algemesi, auf dem Ribalta in zahlreichen Gemälden Szenen aus dem 
Leben Santiagos und aus der Passionsgeschichte darstellte, die Er- 
innerung an Correggio; in erster Linie das große Bild: „Die 
Erscheinung des Heiligen im Krieg mit den Mauren." Auf 
mächtigem Schimmel scheint der heilige Ritter schräg aus dem 
Bild herauszusprengen. Die kühnen Verkürzungen sind ganz 
Correggio abgesehen; mehr aber noch der Kopf des Glaubensstrei- 
ters mit seinen langen dunklen Locken, seinem dunkelblonden Bart, 
ein Kopf von höchster sinnlicher Schönheit. 

Ribalta war ein Günstling des damaligen Valencianer Erz- 
bischofs Juan de Ribera. Für diesen, der den Kultus des 
Sakraments besonders förderte, malte er auch das Bild des Hoch- 
altars in der Kirche des Colegio del Patriarca (einer Stiftung eben 
dieses Erzbischofs), die Cena. Sein Meisterwerk; ungefähr 1605 
entstanden; bedeutend nicht nur durch das konsequent durchge- 
führte Helldunkel, sondern vor allem durch die Zentralkomposition. 
Mittelpunkt ist der Calix, der auf dem runden, weißgedeckten Tische 
steht. Die Jünger knieen eng zusammengedrängt um die Tafel 
herum, in der Mitte hinten sitzt mit dem Haupt die anderen über- 
ragend Christus. Das Licht, von links einfallend und starke Schatten 



29 

werfend^ ist fast ganz auf ihn gesammelt, auf ihn fällt, trotzdem er 
am weitesten entfernt ist, unser erster Blick. Gen Himmel schauend 
hält er wagrecht in seiner Linken die Hostie, während die Rechte 
in Sprechgebärde erhoben ist. 

Der dritte von Christus rechts (v. Beschauer) auf den der 
hl. Andreas deutet, ein in gelb gekleideter Greis mit weißem Bart 
und gebogener Nase ist Ribaltas Schutzherr, der Erzbischof, in 
eigener Person. Er ist nächst Christus am hellsten beleuchtet. 

Die beiden Vordergrundsfiguren Petrus und Judas sind die 
einzigen vollkommen sichtbaren Gestalten. Rechts Judas knieend 
in braunem Rock und rotem eigenartig drapiertem Mantel, den Be- 
schauer mit seinen glühenden dunklen Augen anblickend, mit langem 
schwarzen krausen Haar und Bart: ein Künstlerkopf. Bei Petrus 
bricht des Malers Naturalismus durch: er läßt uns die mit großer 
Liebe gemalten Fußsohlen des Apostels sehen. 

Sind auch die übrigen Apostel im Ausdruck nicht übermäßig 
unterschieden, so macht das Bild doch einen sehr stairken, feier- 
lichen und erhabenen Eindruck.^) 

Eine äußerst auffallende Verwandtschaft mit diesem Gemälde 
besitzt das viel später (ca. 1630 — 32) entstandene Abendmahl von 
Rubens in der'Brera. Wenn man bedenkt, daß Rubens 1628 in 
Spanien war, so kann man sich nicht des Gedankens erwehren, 
daß Rubens das Bild damals gesehen hat. (Eine Kopie soll sich 
nach Bermudez in Madrid befunden haben.) Auf jeden Fall steht 
Rubens in der Cena Ribalta viel näher als Tizian, mit dessen Ge- 
mälde zu Urbino das Mailänder Bild früher in Zusammenhang ge- 
bracht wurde. 

Einen Vorläufer hat Ribaltas Abendmahl in dem viel kleineren 
Bild des Valencianer Museums, das uns vor allem den Maler 
Ribalta bewundern läßt. Namentlich das Rot des Rockes Christi 
ist von unerhörter Leuchtkraft. Vieles ist hier noch unausgeglichen : 
Aufdringlich, wie Christus mit der einen Hand die Hostie hoch- 
hält und mit der anderen auf den Calix weist, wie sich der in 
blau gekleidete Apostel vorn weit aus dem Bild herauswendet, 
die Rechte nach uns, die Linke nach hinten gegen Christus ausstreckt 

^) Leider hat das Bild durch mehrfache Restanratiooen gelitten. 



30 

. . Sehr fein malerisch abgestimmt ist die kleine Marienkrönung, 
ebenfalls im Valencianer Museum. Die Madonna in weißem mit 
goldnen Sternen gemusterten, rotgefüttertem Obergewand und 
grünem Unterkleid, auf einer Kugel emporschwebend, ist dem 
Künstler trefflich gelungen. W;e in der Cena auf Christus, so 
ist hier alles Licht auf die Himmelskönigin gesammelt. Die Engel 
scheinen zum Teil von Riberas Sohn Juan gemalt zu sein, da 
sie eine andere, weit past<»ere Manier zeigen. Eigenartig die röt- 
lich grünliche Glorie, die sich auch sonst (Christus in der großen 
Cena, Johannes der Täufer) wiederfindet. 

Das Bildchen ist eines der entzückendsten Werke der ganzen 
Valencianer Malerei. 

Höchst abgeklärt ist das verhältnismäßig kleine Gemälde der 
„Glorification des Hl. Bruno**, früher in der Kapelle des Heiligen in 
der Cartuja von Valdecristo, jetzt im Instituto Provincial in Castellon 
de la Plana. Es ist neben der Cena die beste Leistung Ribaltas. 

Der hl. Bruno — ungefähr in halber Lebensgröße — steht in 
der Mitte, in der gesenkten Rechten einen Palmzweig, ein Buch 
in der erhobenen Linken haltend. Zu seinen Seiten hinter ihm 
zwei Bischöfe. Links von dieser Gruppe ein Bischof und ein Mönch, 
rechts ein weiterer Bischof. Links im Vordergrund beugt sich 
vor dem Heiligen ein Karthäusermönch tief zur Erde, während 
rechts ein anderer knieend mit Kapuze über dem Kopf begeistert 
zu dem Ordensstifter aufblickt. Zu dessen Füßen ein Kardinalshut. 
Der Heilige blickt zum Himmel, wo Gott Vater erscheint, den Sohn 
in den Armen: frei nach Dürers „Gnadenstuhl in den Wolken**. 
Die Anlehnung ati Dürers berühmtes Blatt ist unverkennbar. Links 
und rechts Engelscharen. 

Die Gestalt des hl. Bruno in dem weißen Ordensgewand, ganz 
de face gesehen, fest und i:uhig stehend, wirkt höchst feierlich 
und imposant. Tiefster Ernst und innerlichste Religiosität spricht 
aus diesem Werk. Was die Komposition anlangt, ist es das beste 
Bild Ribaltas schlechtweg. 

Will man aber die religiöse Phantasie des Valencianers so recht 
kennen lernen, dann muß man sich an seine „Extase des Hl. Fran- 
ciscus** und an den ,^H1. Franz, den Cruzificus umarmend** halten. 



Abb. 1 FRANCISCO RIBALTA: VISION DES HL. FRANZISCUS 
Madrid Prado 



31 

Die Vision des HL Franciscus. (Prado 947, h. 2,04, br. 1,58, 
Abb. I.) Ein maßloses Erstaunen erfüllt den bleichen auf seinem 
Lager ruhenden Mönch, der da plötzlich in der Luft einen — auf 
Gott weiß was — balanzierenden himmlischen Geiger ihm ein geist- 
liches Violinkonzert vorspielen hört und sieht. Die Ueber- 
raschung, das Momentane wiederzugeben, ist dem Künstler in aus- 
gezeichneter Weise gelungen. Das Bild wirkt überzeugend. Dies 
ist aber auch fast alles; tiefe Gefühle werden nicht ausgelöst. 
Es ist der Realismus, der sich schrankenlos hier Bahn gebrochen 
hat. So packend ist ein derartiges Sujet nur noch einmal in der 
spanischen Kunst dargestellt worden: von Ribera in der „Be- 
freiung Petri". 

Ganz anders das Pendant zu diesem Bild, das sich n,och in. 
Valencia (Musejum) befindet. Beide stammen aus dem Kapuziner- 
konven't in Valencia. 

An keinem andern Werk als an diesem „Franciscus, der den 
Cruzifixus imfiarmt" kann man besser den Unterschied zwischen 
Valencianer und Sevillaner Schule studieren. Murillos Bild gleichen 
Inhalts im Sevillaner Museum bietet sich uns als willkommenes 
Vergleichsobjekt dar. Bei Ribalta ist es ein etwas feister, schwarz.- 
bärtiger, stumpfnasiger Mönch, der den Leib des Herrn umfaßt, 
was sage ich imtifaßt, nein, an sich preßt in der ganzen Glut seiner 
Liebe und Verehrung. Und so ruht er wonnetrunken mit ge- 
schlossenen Augen an des Herren Seite, mit innerlichen Beben die 
hohe Ehrung der Krönimg erwartend. Nicht auf der Erde steht 
er, sondern auf einem mächtigen, liegenden gekrönten Löwen, der 
laut in die Nacht hinaus brüllt. Christus ist in Begriff mit seinei; 
vom Kreuz gelösten Rechten, in der noch der Nagel steckt, seine 
Dornen-Krone auf das Haupt des hl. Franz zu drücken. Ein in 
Rot gekleideter Engel reidit ihm von links dafür eine frische 
Krone, aber aus Blumen geflochten. Die Himmlische Musik, der 
Kontrast zum brüllenden Löwen fehlt natürlich nicht: ein Engel 
rechts spielt auf leinem Cello. 

Welches Pathos, welch düster-grandiose Stimmung, von glü- 
hendster religiöser Inbrunst durchweht! In diesem Mönch ist die 
ganze spanische fanatische Glaubensglut verkörpert. 



32 

Daß das Werfe, rötlich in der Karnation, überhaupt schwer 
und düster in der Farbe ist, versteht sich am Ende van selbst. 

Und nun Murillo. Gewiß edler, aristokratischer, nicht so wild 
und leidenschaftlich, kurz gesagt, „schöner", aber nicht so hin- 
reißend. Man hat im Süden nicht so starke Nerven. Alles wird 
weicher, freundlicher, lieblicher. Fast zaghaft legt Franciscus seinen 
Arm um den Leib des Herrn, als getraue er sich nicht, den 
Heiligsten zu berühren. Dagegen ist hier alle Wirkung in den 
Blick gelegt. Sicherlich sehr fein, aber eine althergebrachte Auf- 
fassung. Kein Krönen mit der Dornenkrone, nur ein Umfassen. 
Kein brüllender Löwe: eine Weltkugel. Bei Ribalta Leidenschaft, 
hier süße Milde. Dort eine frische grandiose, dramatische Stim- 
mung, hier mehr lyrisch. Murillos Bild ist ein Kunstwerk. Ribaltas 
Schöpfung ist aber mehr als das: es ist eine Predigt, ein Credo. 

Wer bis jetzt noch nicht gewußt hat, woher ein Ribera die 
Leidenschaft seines Hieronymus, die Gottbegeisterung seiner Blut- 
zeugen empfangen hat, dem sind hier wohl die Augen aufgegangen. 

Es mag noch kurz von Ribaltas letztem Werk die Rede sein, 
seinen Arbeiten in den Jahren 1627, 1628, die der Ausschmückung 
der Cartuja von Porta Coeli bei Valencia galten. Die Hauptstücke 
des Hochaltars jetzt im Valencianer Museum: Marienkrönung, S. 
Bruno, S. Paul, S. Petrus, Johannes der Täufer und Johannes Evang. 

Petrus in rotem Untergewand und grünem, vielfach aufge- 
lichtetem Obergewand, etwas gebückt, von der Seite gesehen, er- 
innert auffällig an die Figur Dürers aus den „Vier Aposteln". 
Große Ähnüchkeit auch in der Durchbildimg der Füße. 

Die bedeutendste Gestalt ist jedoch der hl. Bruno, mit die beste 
Einzelfigur Ribaltas, im Ton sein kühlstes Werk; ein heller grauer 
Ton wiegt vor. Der Heilige steht frontal, mit dem linken Fuß auf 
der Weltkugel, die Linke mit einem Buch in rotem Einband auf 
den hnken Oberschenkel gestützt. Den Zeigefinger der Rechten 
hat er an den Mund gelegt, an das strenge Gebot seines Ordens er- 
innernd. Über den treffüch modellierten Kopf hat er die Kapuze 
gezogen, die ein helles ReflexHcht auf die Stime wirft. Seine 
gelblich-weiße Ordenskutte ist nüt einem goldnen Stern auf der 
Brust geziert. Am Boden die Mitra. Höchst interessant die Falten- 



33 

behandlung: Klar, großzügig und weich. Gerade darin unter- 
scheidet es sich von seinem Sohn, der anfänglich hart („Golgatha**, 
Mus» Valencia von 1615), später viel unbestimmter imd weniger 
großartig wird (Porträt des hl. Thonms von Villanueva „in ponti- 
fice" im Colegio mayor de la Presentacion de S. Thomas in Valerv 
cia, das den Bischof zwischen zwei knieenden Colegiales zeigt, 
femer Prado 951 : die „zwei Evangelisten S. Marcus und S. Lucas** 
und der „Sänger** Prado 951.) Es hängt dies mit seiner Technik 
überhaupt zusajntaen, die, wie gesagt, viel pastoser ist als die 
des Vaters, der darin oft noch altmeisterlich erscheint. 

Dies in großen Zügen das Bild von Riberas Lehrer. Alles 
in allem ein durchaus malerisch veranlagter Künstler, der ^ber 
darüber die Zeichnung keineswegs vergaß, fleißig, sorgfältig und 
konsequent in sednejn Schaffen, von tiefstem religiösen Pathos er- 
füllt, der diesem gern die äußere Schönheit opferte, ein entschiedener 
Naturalist, dem die derben Apostelgestalten weit besser gelangen 
als der ideale Christus, ein Mann, dessen Wollen vielleicht oft 
größer war als sein Können. Was er verheißen, hat Ribera erfüllt. 

HL RIBERAS WERKE. 

A. JUGEND. JAHRE DES RINGENS. 

Daß Ribalta Riberas erster Lehrer war, hat zuerst Palomino 
mit aller Entschiedenheit ausgesprochen. Die italienischen Bio- 
graphen, vor allem Dbminici, hatten ihn bei Carravaggio in die 
Schule gehen lassen. Abgesehen davon, daß sie dem nach ihren 
MitteUungen in ItaHen geborenen Künstler nur einen Italiener als 
Lehrmeister geben konnten, ist der Irrtum rein künstlerisch sehr 
begreiflich. Ribalta und Carravaggio sind äußerst verwandte Na- 
turen. Beide Bahnbrecher, Schulgründer: Tenebrosi und Na- 
turalisten. Beide haben, obwohl sie am Anfang einer neuen Be- 
wegung stehen, oder vielleicht grade deswegen in ihrer Technik noch 
etwas von der früheren Schule, etwas zumalendes, die eigentliche 
Mache verdeckendes. Es ist somit schwer zu sagen, ob Ribera 

Mayer, Jutepe de Ribera (Lo Spagnoletto). a 



34 

später noch viel von Canavaggio hat lernen können^ er war eben 
schon bei dem spanischen Carravaggio in die Lehre gegangen. 
Ein Jugendwerk Riberas aus der Valencianerzeit ist nicht mehr 
nachweisbar. 

2. 

Mit erhaltenen Werken aus der Parmaer Studienzeit ist es 
fast ebenso übel bestellt. Wie schon erwähnt, ist der „hl. Martin** 
in S. Andrea eine traurige Ruine. 

In Neapel hängt in einem Salon des Palazzo der Fürstin Fondi 

— die früher eine ganze Reihe von Werken Riberas besaß — 
ein kleines Bildchen : „Christxis im Tempel lehrend**. Dieses Opus- 
culum, mit dem von Ribera so geliebten feinhaarigen Pinsel ge- 
malt und in der Kamation das etwas schwere Rot seiner Früh- 
zeit aufweisend, ist eine höchst interessante freie Kopie nach Paolo 
Veroneses großem prachtvollen Gemälde im Prado (Nr. 527). Das 
Madrider Bild ist höchst wahrscheinlich identisch mit der Tempel- 
disputation^ die sich zu Ridolfis Zeiten im Haus Contarini in Padua 
befand.!) 

Die wesentlichsten Unterschiede in der Darstellung sind, daß 
der Mann rechts im Sessel mit dem roten Turban nicht wie bei 
Veronese nach Christus sieht, sondern starr zum Bild heraus, und 
statt des sich vomüberbeugenden Greises — ebenfalls mit Turban 

— der etwas nachzulesen scheint, ein junger Mann den Kopf nach 
vorn neigt, um besser hören zu können. Der Kopf dieses Jüng- 
lings nun ist vollkommen spanisch. 

Auf Grund dieser, besonders der letzten, Abweichungen und 
der oben angeführten technischen Eigentümlichkeiten die Kopie 
mit aller Bestimmtheit Ribera zuweisen zu wollen, erscheint mir 
etwas gewagt. Sehr groß ist allerdings die Wahrscheinlichkeit, 
daß er der Urheber ist. 

Ribera kann das Bild sehr wohl in Padua gesehen haben und 
es wäre durchaus erklärlich, daß dieses eigenartige Werk des Vene- 
zianers den jungen Maler zu einer kleinen Kopie begeistert hätte. 

1) cf. Catälogo dcscriptivo € histörico de los qaadros dd museo del Prado en Madrid 
por D. Pedro de Madrazo. I. Madrid 1872. Seite 297. 



35 

I 

Veroneses Einfluß auf Ribera ist nicht gering gewesen, der beste ; 
Beweis dafür ist seine Apostelkommunion in S. Martino aus seiner ( 
Reifezeit. Und daß sich das Bildchen in Neapel im Besitz dieser 
alten Adelsfamilie befindet, macht Riberas Urheberschaft nur noch 
wahrscheinlicher. 

3. 

Im Jahre 161 6 kam D. Pedro Giron, Duque de Osuna, als 
Vizekönig nach Neapel. Nach Dominici^) soll Ribera, noch ein 
armer Teufel damals, eine „Marter des hl. Bartholomäus" gemalt 
und auf der Straße ausgestellt haben. 

Zahllose Gaffer seien durch den unerhörten Realismus der 
Darstellung herbeigelockt worden. Den großen Auflauf habe auch 
der Vizekönig bemerkt, sich nach dem Grund erkundigt, das Bild 
holen lassen, und, da ihm das Werk seines Landsmannes — Ribera« 
hatte sich espanol auf dem Gemälde genannt — gefiel, es auch 
gekauft und Ribera zu ^nem Hof- und Lieblingsmaler erkoren. 
Dominici gibt eine genaue Beschreibung des Bildes, die fast völlig 
mit dem bereinstimmt, was uns die bekannte Radierung bietet. 
Das Gemälde ist nicht mehr erhalten, vielleicht existierte es nie. 
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Dominici für die Beschreibung 
des Bildes sich überhaupt auf die Radierung gestützt hat. 

Erhalten ist dagegen der herrüche „Cruzifixus**, den der Herzog 
für seine Grabkapelle in Osuna hatte malen lassen. Die Begräbnis- 
kirche des alten Geschlechtes ist die außerhalb des eigentlichen 
Städtchens auf einer Anhöhe gelegene Colegiata. Das Bild, das 
jetzt im nördlichen Querarm hängt, zierte wohl früher den Mittel- 
teil des mächtigen Hochaltars, ebenso wie die vier Gemälde auf 
den Seiten ebenfalls von Ribera waren. Man sieht nämlich noch 
jetzt vier Lienzos dort: „Hieronymus, die Posaime hörend**, „Seba- 
stian**, „Bartholomäusmarter** und ein „reuiger Petrus**, alle sehr 
verdorben, zum Teil stark restauriert, in sehr dunklem gelb-röt- 
lichen Tion gehalten, glatt und breit gemalt, mäßige Kopien, kaum 
Werkstattarbeiten. Schon Ponz schätzte sie so ein.*) 

*) Domin. 115, 116. *) Ponz; Viajc por Espana XVDI, 141. 



36 

Leider ist Riberas Werk sehr stark gedunkelt und dazu schlecht 
beleuchtet. 

Christus hängt hochragend am Kreuz, nur mit einem weißen 
Lend^ituch bekleidet. Den Körper leicht nach rechts gedreht 
blickt er schmerzlich nach links oben. £r trägt dunkles langes 
Haar und Bart; die Nase gebogen. Links vom Kreuz steht Maria 
in rotem Gewand, tiefblauem Mantel und braungrünem Kopftuch. 
Ihre Hände hat sie zur Brust erhoben und klagend gefaltet. In 
stummem Schmerz blickt sie zum Sohn empor. Anders der in 
einen roten Mantel gehüllte Johannes, der hinter ihr steht. Er 
kann sich nicht beherrschen und läßt den Tränen freien Lauf; er 
trocknet die verweinten Augen nüt einem Zipfel seines Mantels. 
Rechts vom Kreuz kniet Magdalena, den Stamm umfassend, im 
Begriff, die Füße (des Herrn zu küssen. Ihr goldblondes Haar 
fließt in mächtigen Wellen über ihre Schultern; kostbar ist sie ge- 
kleidet:, ein dunkelbraimes wie Seide glänzendes Gewand, grüner 
Umschlag, gelbbraun leuchtender, rotgefütterter Mantel. Hier spürt 
man Venedig. Die ganze Leuchtkraft des Kolorit, das Betonen des 
Stofflichen bei der Magdalena gemahnt an Tizian, an Veronese. 

Nur das Inkarnat weicht ab. Es ist stark rötlich, wie in den 
Werken Ribaltas. 

Hinter Magdalena steht noch eine Frau, ebenso erblickt man 
bei näherem Zusehen auch auf der anderen Seite im Hintergrund 
noch eine Gestalt, doch ist das Bild so gedunkelt, daß von diesen 
Figuren nichts mehr klar zu erkennen ist. 

Dieses Gemälde, zwischen 1616 und 1620 entstanden, hinterläßt 
einen Eindruck, der an Tiefe und Wirksamkeit keineswegs dem 
der Schöpfungen aus des Meisters reifster Zeit nachsteht. Es 
nimmt in der Reihe der Frühwerke durch seine außerordentliche 
Ruhe imd Feierlichkeit eine Ausnahmestellimg ein. Man spürt über- 
all die verhaltene Leidenschaft und bewundert das Maß, das der 
Künstler hier gehalten hat. 

Ungefähr aus derselben Zeit, um 1620, stammen die Gemälde 
über dem Altar im linken Querschiff von Gesü Nuovo (S. Trinitä 
Maggiore) zu Neapel: drei Historien aus dem Leben des hl. Igna- 
tius von Loyola. 



37 

Nach Dominici^) hatte der Beichtvater des Vizekönigs, lein 
Jesuitenpater^ dem Maler diesen Auftrag verschafft. 

Hier nun tritt uns zum erstenmal der Lichtmaler Ribera eAt- 
gtgea. Nicht den Preis des scharfen Kellerlichtes kündet er ia 
diesem Frühwerk, sondern den des HinunelsUchtes, des strahlenden 
Wunderhimmels, der seine Geliebten und Heiligen mit Wolken 
von Licht und Glanz umhüllt. 

Alles ist hell und freudig in dem Bild; da3 einzige ernste, 
dimkle ist des Ignaz schwarzes Ordenskleid, wie schon Justi tref- 
fend bemerkt hat.^) 

Im ersten Gemälde sehen wir den Heiligen vor Papst Paul IIL> 
offenbar nach Tizians bekanntem Neapler Bild — das sich zu 
Riberas Zeit in Parma befand — gemalt. Der Papst in derselben 
Haltung wiedergegeben. An die Stelle des Herzogs bei Tizian ist 
Ignatius getret^ mit zwei Begleitern: Salmeron und dem greisen 
Laynes mit den tiefliegenden glühenden Augen und dem eingefal- 
lenen Mund. Aus den Zügen des Ignatius lesen wir deutlich die 
Freude über die Anerkennung seiner Gesellschaft. Sein, Bild ist 
ziemlich getröu: ein alter, feiner Kahlkopf. Der Kardinal ist aus 
Tizians Bild beibehalten, steht aber mehr im Vordergrund. 

Das zweite Bild zeigt uns eine Vision: Ignatius in höchster 
Begeisterung, die Linke auf die Brust legend und den rechten 
Arm emporstreckenid, erblickt das Monogramm Christi, das in 
einem Lichtglanz über ihm erscheint, von einem Engel ihm gezeigt. 

Im dritten Bild endlich sehen wir den Gründer der Gesellschaft, 
die Konstitutionen schreibend, in der rechten Ecke des Gemäldes. 
Freudig blickt er sich nach der Madonna um, die dicht hinter 
üwn schwebend sich imd den Bambius vorbeugt und mit dem 
Finger deutend diktiert. Der Jesusknabe, der die Mutter umhalst, 
eine liebliche echt kindliche Gestalt, sieht sich nach dem Heili- 
gen um. I 

Schon Dominici fiel die morbidezza und pastositä in der Kar- 
nation auf und er sagte, man könnte eher meinen, das BUd sei 
von einem Schüler der Lombarden gemalt als von einem Carra- 
vaggios. Namentlich die kleinen Engel finden wegen der außer- 

*) Domin. 117. — ■) Justi, Velasqnez I. 274. 



38 

ordentlich duftigen, weichen Manier, in der sie wiedergegeben sind, 
die Anerkennung Dominicis. 

Diese Schöpfung Riberas beweist durch ihren zum Teil ja 
wortwörtlichen Anklang an Tizian aufs neue, welchen Eindruck 
die Venezianer auf den jungen Künstler gemacht haben. 



Sonst ist uns kein einziges Gemälde Riberas, das in jenen 
Jahren entstanden sein könnte, bekannt, dagegen eine ganze Reihe 
von Radierungen. Der Ätzkunst scheint der junge Meister in jener 
Zeit, vor allem in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre, ein weit 
höheres Interesse entgegengebracht zu haben als der Malerei. 

Gandellini berichtet, daß Ribera eine Art Zeichenbuch heraus- 
gegeben habe: 22 Blatt nach Guercino. Ribera selbst habe dies 
Werk sehr geschätzt und davon gesagt, daß er damit als jüngerer 
Mensch in der Lombardei sein Brot verdient habe. Dies ist jedoch 
käimx richtig. Vor allem hat Guercino eher von Ribera, als dieser 
von Guercino gelernt. Gandellinis Äußerung scheint durch eine 
Zeichenschule hervorgerufen zu sein, in der sich Stiche nach Ribera 
und eineim Meister der Bologneser Schule, wahrscheinlich Guer- 
cino, befinden, von der noch weiter unten die Rede sein wird. 

Die ersten mit Monogramm und Jahreszahl versehenen Blätter 
stammen aus dem Jahr 1621 : „Der reuige Petrus" (B. 7) und 
„Der hl. Hieronymus die Posaune vernehmend". (B. 5.) 

„Der reuige Petrus** bez. auf dem Boden rechts unten: 

I. auf späteren Drucken: F. V. Wyn. 
II. auf einer geg^enseitigen Kopie: Jusepe de Riuera spanol en Napoles. 

III. auf einer gegenseitigen Kopie: le spagnolet inuent napoli. 

IV. gegens. Kopie ohne Signatur und Jahr. 

V. ein Stich von Carupion benutzt die Figur. Hier kommen aus den Wolken rechts 
oben gröflere Strahlen. Auf dem Felsen der Hahn. Im Hintergrund die Schlüssel- 
übergabe an Petrus. 

Petrus, ein bärtiger Greis, nach rechts gewandt, mit dem linken 
Bein knieend, das rechte etwas gebeugt, die Hände betend ge- 



39 

faltet^ die Augen aufwärts gerichtet. Der linke Arm ruht auf einem 
Steintisch^ über den auch ein Stück des Mantels gebreitet ist, der 
über die linke Schulter und den Unterkörper geht: Rechts unten 
auf einem Stein der Schlüssel; felsiger Grund, links Ausblick in 
eine ziemlich öde Landschaft. 

Besonders tief kann man Petri Ausdruck nicht nennen. Das 
hinunlische Licht fällt keilförmig von rechts oben ein. Eine ein- 
heithche Lichtwirkung ist nicht erzielt; in dieser Hinsicht wirkt 
die Radierung zerrissen. 

Das Blatt fand ungemeinen Anklang. Unzählige Gemälde gehen 
auf diesen reuigen Petrus zurück, von denen jedoch keines ein 
Anrecht hat, als Original gelten zu können. Sehr kühl im Ton 
und flau in der Mache ist das Bild in der k. k. Gemäldegalerie 
in Wien. 503. Ein Kniestück. Der Heilige hält in den gefalteten 
Händen noch ein Schnupftuch. (Kleine Kopie dieses Bildes in 
den Uffizien 706 von dem jüngeren Teniers; früher befand sich das 
Bild in der Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm. Der junge 
Teniers, der diese Galerie in einigen Gemälden verewigte, ?eigt 
uns das Wiener Bild auch in dem im Prado befindlichen Gemälde 
(1747) links oben mit der Unterschrift „spagnolet**.) Nicht übel 
das Brustbild beim Principe Doria (Porto d'Anzio), ein ähnliches, 
nur ganze Figur, im Hintergrund ein wundervoller Hahn, sah Justi 
in den siebziger Jahren bei D. Juan de la Palma in Sevilla. 

Am beliebtesten die Stellung: der Heilige stützt, zum Himmel 
blickend, das Haupt auf einen Arm, den andern legt er auf die 
Briust oder hält den Schlüssel. So Valencia (Mus. 395, 561). Cadiz 
(Mus. 43). Cuenca (Findelhaus). Lyon. Marseille. Palma de Mal- 
lorca (D. Felipe Villalonga). München (Pinak. 1283). Wien Harrach 
(347). Leipzig. In England auch eine ganze Anzahl. Früher bei 
Earl Dudleyi), E. Molyneux^), Waagen erwähnt derartige Bilder 
bei Sir John Nelthorpe^) und bei Lord Yarborough*). 

Es seien hier noch die übrigen Ribera zugewiesenen . Petrus- 

*) No. 332. der Exhib. of thc Royal Accadcmy London. 1871. — •) No. 129. der 
Ezhib. of the Royal Accademy London. 1888. — ') in Scawby Lincolnshire. f^of elewated 
concepdon for him and of masterly and solid pointing in a warm tone** (Waagen, Galleries 
and Cabinets. S. 508.) — ^) Waagen, Kunstwerke II. 202. 



40 

bilder erwähnt. Die „Verleugnung Petri" im Museum von Toledo 
(aus S. Miguel stammend) ist das Weik eines spanischen Nach- 
ahmerS; ähnlich dem von Justi in Sevilla erwähnten (siehe oben)^ 
ebenso hat die große figurenreiche Genreszene^ auch „Verleugnung 
Petri" genannt, hinter dem Hochaltar der Sevillaner Kathedrale 
nichts mit Ribera zu tun. Es ist ein Werk der Sevillaner Schule. 
Das große Bild im Palazzo Corsini in Florenz „Petrus mit dem 
Zollgroschen** ist die Arbeit eines Bolognesen, der vor allem von 
Correggio viel gelernt hat (die Stellung und Untenansicht des 
Johannes !). 

Kehren wir aber zu den Radierungen zurück. Das Gegenstück 
zum reuigen Petrus ist „Der hl. Hieronymtis, die Posaune zum 
jüngsten Gericht vernehmend**. Bezeichnet 

Der heilige Einsiedler sitzt in einer wilden Felsengegend im Be- 
griff, sich eine Feder, die er in der linken Hand hält, zurechtzu- 
schneiden. Da ertönt eine Posaune und im gleichen Augenblick 
bricht durch die Wolke; eine Fülle flutenden Lichts. Von diesem 
plötzlichen Ereignis überrascht, hat sich der Heilige umgewandt 
und er erblickt nun in dem Lichtstrom die Arme eines Engels, 
die die Posaime halten. 

Hieronymus, eine bärtige, kräftige, sehnige Greisengestalt mit 
wilden weißen Jjocken. In den Bewegungen ist das Knochige, 
Eckige trefflich zimi Ausdruck gebracht : das Aufstützen des rechten 
und das kühne Übergreifen des linken Arms. Die Beine bedeckt 
ein großer Mantel, der sich auch noch nach rechts hin über denl 
Stein ausbreitet. Auch der Mantel in seinen Falten wild und auf- 
geregt. Den rechten Fuß hat der Heilige auf eine kleine Boden- 
erhöhung gestellt, der linke dagegen ist mehr nach auswärts ge- 
richtet, er ist der Schlußteil der Diagonale, in welcher der Körper 
ins Bild eingeordnet ist. 

Rechts wird der Kopf des treuen Begleiters Hieronymi, des 
Löwen, sichtbar. Auf dem Steintisch die Schriftrolle, mit der 
sich der Heilige beschäftigt hatte; am Boden aufgeschlagene 
Bücher, Pergamente, ein Totenkopf. Diese Art der Hieronymus- 



41 

darstellung findet sich bei Ribera zum erstenmal. Sie geht zurück 
auf d^i sich oft in den Schriften des Hieronymus wiederholenden 
Ausruf: ^Jch mag wachen oder schlafen, immer tönt in meinen 
Ohren die schreckliche Stimme: Auf ihr Toten, kommt zu |Ge- 
richter*^) 

Dieses Blatt nun tritt uns in jeder Hinsicht vertieft aufs neue 

in B. 4 entgegen (Abb. 2). Die Radierung JP >R bezeichnet ist wohl 

nicht allzuspät nach B. 5 entstanden. 

I. auf den späteren Abzügen unten: F. W, II. auf der gegen- 
seitigen Kopie „Mariette ex." in einer Höhle mit einem Holzkreuz 
in der erhobenen Linken. III. kleinere Kopie von C. Gall6. Im 
Beiwerk einige Varianten (so liegt z. B. der Löwe auf einer Er- 
höhung rechts). 

Das kleinliche Motiv des Federspitzens hat Ribera fallen lassen; 
er zeigt uns Hieronymus mitten im Schreiben von der himmlischen 
Erscheinung überrascht. Sein rechter Unterarm liegt auf dem 
Schriftstück, in der Hand hält er die Feder. Ganz hervorragend 
in seinem Leben beobachtet ist der linke Arm : in der Überraschung 
hat ihn der Heilige ausgestreckt; die Beweg^img, die ihn durch- 
läuft, spürt man bis in die Fingerspitzen hinein. Das rechte Bein 
steht auf einem noch höheren Stein und ist viel besser sichtbar, 
das linke wird gar nicht mehr vom Mantel verdeckt, es tritt frei 
heraus und erscheint auch nicht mehr so dick. Der Mantel selbst 
in seinen Falten noch weit aufgewühlter als im ersten Stich. 
Den Engel erblicken wir jetzt in ganzer Gestalt; mit seinen mäch- 
tigen Schwingen kommt er durch die Luft gesaust; die Unter- 
schenkel in kühnster Verkürzung gesehen (überhaupt nur piner, 
sichtbar). Darin wie in seiner ganzen Formenbildung erinnert er( 
stark an Correggio. Der hinunlische Bote, dessen Hüften ein flat-' 
temdes Tuch umschlingt, stößt in eine seltsam gewundene Posaune. 
Auf dem Boden liegen jetzt mehr Schriftrollen als Bücher. Auch 
diese sind im Verhältnis zu B. 5 noch aufgewühlter wiederge- 
geben. 

^) Der Hl. Hieronymus in der Sammlung von Sir Fred. Cook in Richmond ist 
eine Kopie von B. 5. 



42 

Der Schädel ruht auf ednem Steintisch, der Löwenkopf ist 
jetzt links sichtbar. 

Die Landschaft ist reicher. Aus dem Baumstumpf hnks ragt 
ein Holzkruzifix hervor. Während die Führung der Landschafts- 
silhouette in der ersten Fassung ganz willkürlich ist, bringt Ribera 
hier zum erstenmal ein Motiv, das er später sehr oft und gern 
verwertet hat. Der Hieronymuskopf sitzt unterhalb des Schnitt- 
punktes der beiden Felspartien und wird dadurch außerordentlich 
stark hervorgehoben. Die Silhouette, links ziemlich in der Mitte 
des Blatts beginnend, sinkt bis etwas über den Kopf des Heiligen, 
um dann zackig hoch hinaufzufahren. Während die erste Linie 
die Bewegung des Hieronymuskörpers aufnimmt und nach ' oben 
auskUngen läßt, ist die andere die wirksame Gegendiagonale zur 
Hauptdiagonale Hieronymus. 

Auch in der technischen Behandlung zeigen sich bedeutende 
Fortschritte. Die Wirkung der Parallelstriche ist hier sehr ge- 
steigert; man beachte nur wie die kurzen Striche in den Fels- 
partien der Hauptbewegimg folgen. Die Verteilung von Licht imd 
Schatten ist viel feiner und sorgfältiger (die Draperie I). 

Ein mächtiges Leben pulst in diesem ungebrochenen Greis 
Hieronymus. Wie jene Hügelsilhouette ebenso wie ein Blitz nieder- 
zufahren, einer gewaltigen Flamme gleich emporzuzüngeln scheint, 
so ist auch das Widerspiel der Kräfte: der im Sturmwind auf 
der Lichtwolke zu Tal brausende Engel und der hohe stämmige 
Heilige, der nicht niedergebrochen wird, sondern der übergewal- 
tigen Erscheinung frei ins Auge sieht. 

Der Naturalismus der Zeichnung und der ganze Realismus 
in der Wiedergabe der momjentansten Stinunungen und Empfin- 
dungen, der uns in diesen Blättern entgegentritt, hat natürlich 
großes Aufsehen erregt und noch mehr Nachahmer gefunden.^) 

Das Thema des durch die Posaune aufgeschreckten Hierony- 

^) Zu B. 5 eine ziemlich treue Kopie in der Auffassung von A. Baldi. Land- 
schaft etwas erweitert. Der Engel sichtbar, aber Trompetenform von B. 5 geblieben. 
Unten Inschrift: 

Quid semel interius furtim peccasse iuvabit? 
Cuncta palam facinus puniet illa dies 
Joseph de Ribera pinzit Ant Baldi del. et scul. 



DER HL. HIERONYMUS 

DIE POSAUNE DES JÜNGSTEN GERICHTS VERNEHMEND 

Neapel Museo Nazionate 



43 

mus haJt Ribera selbst auch in der Malkunst in den zwanziger 
Jahren mehrfach behandelt. Die Besprechung dieser Werke sei 
hier gestattet. 

Das früheste datierte Bild stammt aus dem Jahr 1626 und 
befindet sich in der Petersburger Eremitage (333). Bez. auf dem Fels : 

Joseph a ribera 

Valentinus et 

Academicus Roma . . . 

Faciebat 1626. 
(1,87x1,34.) In der Komposition herrscht große Verwandtschaft 
mit B. 4. Der Heilige hält die Feder in der ausgestreckten Rechten 
etwas flacher, mit der Linken faßt er ein Pergamen ; in dem Schreck 
hat er das eine Ende der Schriftrolle fallen lassen, so daß sich 
die Rolle ihrer ganzen Länge nach ausgebreitet hat. Vor allem 
erscheint aber der Engel nun mehr in der Mitte oben. Vollkommen 
mit diesem Petersburger Exemplar zusammen geht das — mir 
nur aus einer Photographie bekannte — Bild, das sich früher im 
Besitz des Herzogs von Osuna befand. Sollte dies eine alte Kopie 
sein? 

Der Hieronymus in der Galerie Doria in Rom (303) ist eine 
Halbfigur im Gegensatz zu Petersburg, sonst aber diesem sehr nahe- 
stehend. 

Bezeichn. auf dem Buchrücken 

Jusepe de Ribera 
espanol F. 

1629 (h. 1,10, br. 0,90) 

Der Heilige sitzt mehr frontal. Der Oberkörper ist nach rechts 
in die Bilddiagonale geneigt, entblößt; den unteren Teil des Kör- 
pers bedeckt eine rote Draperie, wobei oben der Saum des Hem- 
des sichtbar wird. Die Draperie geht dann noch über den linken 
Arm. Dies alles wie in Petersburg. In der Linken hält er die 
Schriftrolle, die 3ich hier zum großen Teil auf dem Steintisch 
ausgebreitet hat. Auf dem Tisch noch Buch und Schädel. Der 
rechte Arm ist stark gekrümmt : der Unterarm ist in der plötzlichen 
Bewegung aufgefahren, in der Hand die Feder. Am mächtigsten 
wirkt aber der Kopf. Der Heilige hat den Mund aufgerissen, offen- 



44 

bar stößt er in der Überraschung einen lauten Schrei aus. Er blickt 
nach der .Trampete, die links oben in ihrem unteren Teil sicht- 
bar wird. 

Das Petersburger wie das Doriabild sind außerordentlich sorg- 
fältig durchgeführt. Hervorragend die Behandlung der runzlichen 
'Haut (z. B. Partie ,um den Nabel), genau, ohne je kleinlich zu 
werden. Die Lichtführung ziemlich einfach, Gesicht und Körper 
dreiviertel in vollem Licht. Das Inkarnat stark rötlich; gerötete 
Augenlider; das Rot an Nasenfalte und Nase besonders auffällig. 
An geistigem Ausdruck hat Hieronymus hier gegen die Radierung 
nicht gewonnen. 

Nichts mit Ribera zu tun hat der Hieronymus in der Tribuna 
der Uffizien (1104, h. 1,25, br. 0,98). Dieses leidenschaftlose, flaue 
Bild ist das Werk eines oberitalienischen Nachahmers.^) Nicht 
einmal die Technik ist die Riberas. 

Etwas anders steht es mit dem großen Altargemälde in der 
kleinjen Kapelle links in der Capella Sixtus V. in S. Maria Maggiore 
in Rom (h. 4, — , br. 2,21). Dargestellt ist der Heilige in der Wüste, 
de face an einem Steintisch sitzend, den Kopf auf die Linke ge- 
stützt, die Rechte im Schoß. Der Oberkörper nackt, den Unter- 
körper bedeckt -ein roter Mantel. Der Heilige blickt nach links 
oben, wo die Trompete erscheint. Auch hier die Stellung des Ein- 
siedlers diagonal ; die Silhouette des Abhangs, vor dem Hieronymus 
sitzt, begleitet die Bewegung des Heiligen. Links unten der Löwe, 
rechts unten Bücher :und Schriftrollen. 

Eisenmann machte in seinem, in der Einleitung genannten Auf- 
satz die Bemerkung*): „in Rom wird behauptet, daß das Original 
weg und eine täuschende Kopie an seine Stelle gebracht sei**. Das 
Bild selbst beweist die Richtigkeit der Behauptung. Einmal ist 
die Malweise gar nicht die Riberas, dann aber ist bei genauerem 
Zusehen auf /einem der Pergamente zu lesen: 

Joannes Micocca 
Restauravit et pinxit 
An. 1817. 

^) Burckhardt im Cicerone 11, 2. 930. „Am meisten venezianisch erscheint mir die 
im übrigen geringe Figur des H. Hieronymus/* *) Eisenmann a. a. O. 



45 

eine sehr diplomatische Fassung. Gemeint war wohl: restaurando 
pinxit. Statt zu „restauriexen" wurde das Bild neu gemalt und 
das Original verkauft. Nicht das Gemälde, sondern der Geld- 
beutel der Kirche wurde also „restauriert". 

Riberas großartigstes Werk dieser Art ist aber das Bild aus 
S. Trinitä delle monache, jetzt im Museo Nazionale zu Neapel (Inv. 
Nr. 83979, h. 2,62, br. 1,64, Abb. 3). Das Gemälde befand sich bis 
181 3 in der Kirche S. Trinitä delle monache auf der Epistelseite^) 
und wurde von jeher aJs ein Meisterwerk Riberas bewundert.*) 
Am 14. Februar 1813 kam es ins Museum.^) 

Der Heilige, weißbärtig mit wildem Haar, hat Feder und Rolle 
hingeworfen und ist vor der hinmüischen Erscheinung aufs Knie 
gestuiken. Er kniet auf dem rechten Bein, das linke ist gebeugt. 
Den Kopf stark in Dreiviertelansicht gedreht, blickt er, den Mund 
geöffnet, mit {erhobenen Armen nach rechts zum Engel hinauf. 
Die Arme in den Ellbogen gebeugt. Unangenehhl das Ver- 
schwinden des Da,umens der rechten Hand. Auch den rechten 
Oberschenkel fühlt man nicht genug durch. Der Oberkörper ist 
entblößt. Den Unterkörper bedeckt ein weißes Hemd und ein 
roter Mantel. Der blondlockigje Engel mit mächtigen Fittichen 
tritt nur mit dem Oberkörper aus der Wolke heraus. Er stößt 
in eine große halbmondförmige Posaune. Auf dem Steintisch Foliant 
und Totenkopf; felsiger Abhang als Grund, dessen Silhouette der 
Hauptdiagonale der Hochkomposition folgt. Knapper Blick auf den 
bewölkten Himmel. Das vollste Licht fällt auf den Kopf des 
Heiligen, im großen und ganzen ist aber das Licht sehr zerrissen. 
Gewandung und Modellienmg mit größter Sorgfalt durchgeführt. 

Das Gegenstück zu dem vom Engel aufschreckten Hieronymus 
bildet der „Hieronymus in Medidation**, der studierende Einsiedler. 
Aber er sitzt nicht miehr in der Klause, „im Gehäuse**, sondern 
draußen in der Wüste im flimmernden Sonnenlicht. So erblicken 

1} P. Sarnelli, Guida dei forestieri Napoli 1791. L. Galanti, Guida di Napoli 
1871. *)- Dominid 127 giebt eine Beschreibung; er ist von dem Bild besonders be- 
geistert und nennt es f,maraviglio8amente dipinto ed ottimamente ideato. Celano „Delle 
Notizie del Bello etc. della Cittä di Napoli" 1792. VI, 12 nennt es eines der schönsten 
Werke Riberas. «) Nap. Nob. Vm. S. 48. 



46 

wir ihn in der Radierung (B. 3) von 1624, bez. oben links Monogr. 
Bartsch Register Nr. 4. Unten die — von Bartsch nicht berück- 
sichtigte — Dedikation 

Dedico mfs obras y esta estampa al Serenissimo Principe Philiberto mi senor 

en Napoles ano 1624 

lusepe de Riuera Spanol. 

Zwei gegenseitige Kopien ohne Namen. 

Der Heilige, ein Greis mit mildem, freundlichen Ausdruck, 
sitzt nach rechts gewandt auf der Erde, am Fuß einer zerfallenen 
Steinmauer. Er liest eifrig in einer Schriftrolle, die er in beiden 
Händen hält. Eine Art Mantel fällt von der linken Schulter herab 
über seinen Schoß. Auf der untersten Mauerquader Bücher. Eben- 
so auf einem Stein links vom Heiligen mehrere aufgeschlagene 
Bücher, dahinter erscheint der Löwenkopf. 

Die Radierung bildet den größten Gegensatz zu B. 4 und 5. 
Nichts von Ringen, von Aufregung, von Sturm und Wolken. Es 
ist ein Bild der Zufriedenheit, des Glückes, das im beschaulichen 
Studieren fernab von der Welt liegt. Man könnte meinen, er 
überlese gerade noch einmal seine Schrift über das Eremitenleben, 
und seine Zufriedenheit scheint zu bestätigen, daß er sich in der 
weiten Einöde nicht einsam fühlt, sondern wirklich im Geist das 
Paradies durchwandelt: 

„Super undam metuis humum exesa ieiuniis membra colli- 

dere? Sed dominus tecum iacet Squalidi capitis horret in- 

culta coesaries? sed caput tuum Cristus est Infinite eremi 

vastitas te terret? Sed tu paradisum deambulas. Quotiescunque 

illuc cogitatione conscenderis: toties in eremo non eris."^) 

Em warmer Sonnenschein überrieselt alles, imd das Breitformat 

des Blattes tut schließlich noch ein Übriges, um dem ganzen etwas 

ungemein behagliches, ruhiges zu geben. 

Und doch waltet hier ein hoher Ernst. Dies spürt man erst 
so recht, wenn man verwandte Schöpfungen aus dem XVII. Jahr- 
hundert zum Vergleich heranzieht. Francesco Amato (B. 5) läßt 
seinen Hieronymus in der Wüste sitzen mit übereinandergeschla- 
genen Beinen in die Lektüre eines Pergamens vertieft wie ein Mann, 

^) Hieronymus, De vita eremitica. 



47 

der bei der Pfeife seine Zeitung liest. Etwas besser Guercinos 
Bild (Stiche von Pasqualin). Sehr beliebt sind Putten, die dem 
Heiligen Gesellschaft leisten und mit dem Löwen und dem Kardinals- 
hut spielen; so P. Testa (B. 15.) und G. F. Mucci. Renis radierter 
Hieronymus (B. 10) ist eine schmale, lange, süßlich-kraftlose Gestalt. 

Im Zusammenhang mit Riberas Radierung seien einige hierher 
gehörige Handzeichnungen erwähnt. Sicher echt die Rötelzeichnung 
Uffizien 1386 h. 18,5 cm, br. 14 cm, weißes Papier. Der Heilige 
liegt auf der Erde in einem Pergament lesend, das er in beiden 
Händen hält. Sein linkes Bein ist etwas höher gestellt als das auf 
der Erde ausgestreckte rechte ; vor ihm drei Bücher und Totenkopf. 
Die Zeichnung sehr sorgfältig. 

Ebenso sauber die Rötelstudie im British Museum, weißes 
Papier, h. 25, br. 16,5 cm. Bez. auf dem Felsen rechts 

Jusepe de 
ribera fe' 
1626 
ebenda ein gleiches Exemplar, gegenseitig; durch Abklatschen her- 
gestellt? In den Uffizien (2192 F) ein sich mit dem erstgenannten 
deckendes Blatt, nur das fe' hinter ribera fehlt. (Am Ende das ur- 
sprüngliche ?) 

Der Einsiedler, ein alter bärtiger Kahlkopf, ist mit dem linken 
Oberarm an einem niederen und mit dem rechten Unterarm an 
einem höheren Stumpf gebunden. Er steht auf dem rechten Fuß, 
der linke ist auf einem Felsblock aufgestüzt. Nach rechts sich 
vorbeugend, blickt der Heilige auf ein Kreuz das auf dem Felsen 
liegt, auf den er seine linke Hand stützt. Ein Lendentuch ist 
sein einziges Kleidungsstück. 

Mit etwas weniger Sicherheit möchte ich für die Echtheit der 
Dresdener Skizze eintreten, bezeichnet J^ Ribera. Es ist eine braun 
getuschte Federzeichnung, h. 15 cm, br. 18 cm.^) Dargestellt 
ist Hieronymus nach links gewandt, auf seinem Mantel unter einem 
Baum sitzend bei der Lektüre. Links zu seinen Füßen der Löwe. 
Die Zeichnung hat etwas für Ribera zu nervöses, ein wenig fahriges. 
Sicherlich stammt sie aus seinem Kreis. 

^) Abgeb. in Woennanns Aufsatz. Zeitschrift f. bild. Kunst I. 183. 



48 

Nichts mit ihm zu schaffen, hat die flaue Studie in Weimar, 
eine schwach getuschte Federzeichnung braun auf gelbem Papier, 
h. 23,6, br. 18,4 cm: Hieronymus in der Wüste auf den Knieen 
lesend. 

Aus dem Jahr 1622 stanunt eine ganze Reihe von radierten 
Studienblättem, vor allem zwei Köpfe: „Männerkopf mit Binde im 
Haar (B. 8.) bez. tPlÄ 

1622 
Die späteren Abzüge zeigen außerdem unten den Vermerk 
F, V. Wyn. ex. 

Der Dargestellte ist eine wahre Spottgeburt axis Dreck und 
Feuer. Er präsentiert sich im Profil nach rechts, damit man ja 
seine große Nase imd die vorspringende Unterlippe recht deutlich 
hervortreten sieht. Stoppelbart auf OberUppe und am Kinn. Kurze 
Haare, zum Teil durch die Binde verdeckt. Auf beiden Seiten 
des Halses Drüsen. 

Den ersten Preis in der Schönheitskonkurrenz macht ihm 

jedoch sein Nachbar B. 9 bedenklich streitig bez. f^f- * hispanus. 

Es ist ganz entschieden das ekelhafteste Modell Riberas. Emp- 
findet man schon bei der Betrachtung des unbarmherzig genauen 
Konterfeis einen physischen Widerwillen, welch starke Nerven 
mußte dann erst der Peintre-graveur gehabt haben, lun den An- 
blick dieses Scheusals längere Zeit aushalten zu können. 

Was will eine Schindung des hl. Bartholomäus bedeuten neben 
diesem Kopf (fast Profil nach rechts) voller Warzen, auf denen 
Härchen sprießen, mit den beiden mächtigen, beutelgleichen Drüsen 
am Hals, die gleichfalls mit Warzen geziert sind. Die Zipfelmütze 
erscheint wie ein ganz organischer Auswuchs nach oben. Und zu 
all dem der unheimliche, diabolische Blick! Satanas in x>ersona. 

Auf den späteren Abzügen unten F. V. W. ex. Gandellini will 
12 solcher Köpfe gekannt haben. Uns genügen diese beiden. 

Technisch sind die Blätter ganz ungemein fein. Es ist jedoch 
keine eigentliche Radierkunst, was uns Ribera hier bietet, sondern 
es ist die Übersetzung seiner Malweise in die Radierung: wie er 



Abb. 4 MUNDSTUDIEN 



Abb. 5 SIMSON UND DELILA Oirdoba 



Abb. 6 MARTER DES HL. BAEtTHOLOMÄUS 



49 

dort die Formen durch die eigenartigie Führung seines feinhaarigen 
Pinsels modelliert, so auch hier. Die Führung der feinen dünnen 
Striche ahmt die Maltechnik so vollkommen nach, daß man fast 
versucht ist, hier von einem „Radierpinsel" zu reden. 

Neben diesen Köpfen sind uns aus diesem Jahr einige radierte 
Detailstudien erhalten, die zeigen, wie ernst es Ribera im CJegensatz 
zu den meisten seiner Zeitgenossen mit dem genauen Studium der 
Einzelform, mit der festen, sicheren Zeichnung nahm. Die Be- 
schreibung der Blätter bei Bartsch ist ungenau. 

B. 15. 7 Augen im Umriß und 6 in Durchführung bez. unten 

Josephf Ribera espafiol 

I. das Blatt in der Mitte geteilt 

a) auf der linken Hälfte bez. Joseph Ribera espanol; ganz 
unten F. V. Wyn. 

b) auf der rechten Hälfte bez. F. V. Wyn. 

B. 16. Mund und Profilstudien. (Abb. 4.) Ein Unter- 
gesicht mit einem weit aufgerissenem Mund, Warze am Kinn, in 
Umriß und Durchführung. Ein kleinerer Mund, weniger weit ge- 
öffnet. Links oben eine Nase im Profil, nur Zeichnimg. In der 
Mitte Nase von vom; ganz rechts Profil eines Mannes ohne Augen- 
angabe mit Warzen auf Nase und am Kinn, nur im Umriß. Schließ- 
lich noch eine Nase und ein Mund fast Profil, an der Nase eine 
Warze, in Durchführung. 

Bez. rechts unten Joseph Ribera espanol. 

I. in der Mitte getrennt 

a) linke Hälfte bez. weiter unten F. V. W. 

b) rechte Hälfte F. V. Wyn. 

B. 17. 9 Ohren. 3 in Umriß, 6 in Durchführung in ver- 
schiedenen Ansichten und Verkürzungen, bez. unten rechts 

I. in 2 Teile getrennt 

a) linke Hälfte bez. Joseph Ribera espanol (gefälscht) und 
F. V. Wyn. 

b) rechte Hälfte außer der genannten Bezeichnung noch 
unten F. V. W. 

Mayer, Jiuepe de Ribera (I.0 Spagnoletto). a 



so 

Dieselbe Widmung wie der „Hieronymus in Medidation" trägt 
eines der berühlmtesten Werke Riberas : Die Marter des hl. Bartho- 
lomäus (B. 6, bei Bartsch in der Dedikation fälschlich mi obras statt 
mis obraS) Abb. 6), die subtilste Radierung des peintre-graveur. 
„Cette pi^ce est la plus belle de Toeuvre de notre ^xtiste et les* 
bonnes 6preuves en sont trhs rares.^) 

Der graubärtige Heilige^ nur mit einem Lendentuch bekleidet, 
ist mit dem rechten Arm an einen Baumstumpf, mit dem linken 
an einen voln Stumpf ausgehenden Ast gebunden. Das rechte 
Bein ruht knieend auf einem Felsstück, das linke ist gebeugt. 

Geduldig erträgt !er das furchtbare Martyrium. In sicherem' 
Glauben schaut er zmn Himmel empor, aus dem zwei Hände ihm 
Krone imd Palme reichen. (Auf dem Gemälde hielten nach Domi- 
nici^) zwei Putten die Märtyrerkrone.) Von dieser Stelle oben 
geht alles Licht aus, das vomehnüich den ßeiligen überstrahlt. 

Rechts steht der Henker, der, das Messer im Mund, ein Stück 
Haut vom Oberarm reißt. Hinter diesem Gesellen ein Krieger in 
Rüstung, den Beschauer anblickend und der Kopf eines Alten, 
der nach dem Heiligen sieht. Über diesen beiden werden Lanzen- 
spitzen sichtbar: eine Andeutung der Wache, die auf dem Exe- 
kutionsplatz erschienen ist. Weiter im Hintergprund eine Gruppe 
von Alten imd Kriegern. Links kommt der Oberkörper eines jungen 
Burschen hervor: der Gehilfe des Henkers. Lachend den Be- 
schauer anblickend schärft er ein Messer. Zu seinen Füßen jein 
Baumstumpf und ein Kopf einer antiken ApoUonstatue. Eine Zen- 
tralkomposition; mehr angedeutet als ausgeführt. Ein großer Ring 
von Soldaten und Zuschauern umschließt die Richtstätte, in deren 
Mitte der Henker sein grausiges Werk verrichtet. 

Hauptlinie die Diagonale, die durch die Stellung des Heiligen 
bezeichnet wird. Ihr wirkt entgegen die große Schräge, die vom 
Kopf des Kriegers rechts über den des Henkers und des Märtyrers 
zu dem Jungen führt. Diese wird b^leitet von der parallel laufen- 
den Schrägen des großen Astes am Stamm. Das Spiel der beiden 
Hauptdiagonalen wiederholt ^sich in dem kleinen Stumpf mit dem 

*) Bartsch a. a. O. «) vcrgl. S. 26. 



51 

Zweig links. I>er steilen ersten Diagonalen wirkt schließlich uoch 
die ebenso steile des großen Speeres in der Hand des Kriegers 
rechts entgegen. 

Kein Werk Riberas ist so maßlos oft kopiert und nachgeahmt 
worden wie dieses. ^ 

1. Auf leiner Kopie: 

S. BARTHOLOMEVS 
Steffano Scolari Forma a Vene*- 

2. gegeinseitige kleinere Kopie bez. linksi unten: Jusepe ide 
Rivera spannol en Napoles. 

3. Eine freiere Kopie von 1678, getreu nur der Heilige und 
der Henker. Der Märtyrer hat hier einen Nimbus. Der Jungef 
nicht mehr lachend und weiter im Hintergrund. Im Vordergrund 
links ein Schild mit Aufschrift IHS., rechts icine Kriegergruppe. 
Aus den Lüften naht ein Engel mit einem Band^ worauf zu lesen ist : 
S. BARTHOL: PATRON: CONVI. 1678. ganz rechts oben Hand 
mit Krone. Unten eine Dedikation: 

Santo Bartholomeo 
Pontificy ac Caesarei Convictoniin CoUegy Pragensis Sodetatis JESU 

Patrono 
Honoris ergo 
D. D. 
Per illustris, Genexosus ac Emditns D. Mazimilianus 
Klozek, Eqves Bohemus de Zampach, Augnstissimae 
Imperatricis Annae Alumnus Liber ex eodem Con^ictu. 
Dan Carlo Kommex delin. Philipp Kilian sculp. 

4. Kopie. Stich in Folio. Auf die Mittelgruppe beschränkt. 
Die Hände mit Krone oben fehlen. Unten links zieht ein Henker 
den Strick an^ mit dem der linke Fuß des Heiligen festgebunden 
ist. Der Kopf des Märtyrers süßlich^ ausdruckslos. 

A paris Chez P. Landry nie St. Jaques ä St. Frangois de Sales 

S. BARTHOLOMAEVS. 

5. Gegenseit. nicht ganz getreue Kopie. Kniestück. Henker 
mit einem Teil des Heiligentorso. 

Aber auch von Malern wurde die Radierimg ausgenutzt. So 
Kopie des Blattes in dem Gemälde im Palazzo Rospigliosi Rom^ 
ebenso in Neapel bei Principe di Casapesenna. Das Gemälde Mus. 
in Cadiz Nr. 42 gibt die Mittelgruppe nach der Radierung wieder. 



S2 

Auch eine braune Federzeichnung und eine sehr flotte größere 
Rötelskizze (Kniestück) im Louvre gehen auf Riberas Komposition 
zurück; ebenso eine weiß gehöhte Kohlezeichnung im British 
Museum und ein Deckenentwurf (bologn. Schule) im Victoria and 
Albert Museimi London (Jonides Sammlung)^ eine braun getuschte 
Federzeichnung. 

Das wüste Opus in der Pittigalerie mit seinem Sammelsurium 
von allen möglichen Riberaschen Figuren hat natürUch gar nichts 
mit dem Meister zu schaffen. Vor allem der lachende Knabe aus 
der Radierung entlehnt. Höchst geschmacklos wie hier der Antiken- 
kopf in die Mitte gepflanzt ist und dazu noch auf der Nase liegt. 

In manchen Punkten mit diesem Werk verwandt ist das Bild 
bei M. Hemando in Madrid^), dem auch das Gemälde im Museum 
von Grenoble Nr. 55*) nahe steht. Das gemeine — sehr schlecht^ 
erhaltene — Bild im Museum von Barcelona (h. 2, — , br. 1,50) 
ist trotz der Bezeichnung Jusepe de Ribera espanol F. 1644 keine 
Arbeit des Meisters ; zumal keine Schöpfung aus seiner reifen Zeit 1^) 

Eine höchst interessante spanische Imitation ist das Gemälde 
in der großen Kapelle in S. Andres zu Valencia (rechts vom Ein- 
gang in die Kirche). 

Nachahmungen femer die Halbfigurenbilder im Prado 991, 
Venedig Accademia 61, München Pinak. 1288, Chemnitz (früher 
Dresden 690) und das Gemälde in Stockholm. 

Den Abschluß von Riberas Glanzzeit als Radierer bildet der' 
„Silen** von 1628 (B. 13), dem jedoch das große Gemälde von 
1626 im Museo Nazionale zu Neapel vorangeht. 

Dieses Bild ist auf einem Zettel^ den eine Schlange im Maule 
hält, bezeichnet: 

Josephus a Ribera. Hispanus Valentin 

et accademicus Romanus faciebat 

partenope 1626. 

Ein außerordentlich feister^ völlig unbekleideter bartloser Mann, 

^) Abbildung in Las joyas de la Exposicion historico — Europea de Madrid 1892. 
B. n. Tafel CXCI und CXCH. ») cf. Gaz. d. B.-A. I. per. VTI. 73. ») Ähnlich 
diesem Gemälde und dem im Pittipalast ein Bild früher beim Grafen Jacob Derby. 
Knowsley. (alt ped 6. pol. 10. lat ped. 5. pol. 3.) Stich von H. Winstanley. 



S3 

den man kaum Bacchus nennen darf^ jedoch eigentlich auch nicht 
Silen, da er keineswegs genau als solcher gekennzeichnet ist^ hat 
sich der Länge nach auf die Erde gelagert. Nur ein geflecktes 
Tuch mildert die etwas harte Position. Dieses Tuch ist mit dem 
einen Ende noch jiber das niedere Felsstück gebreitet^ auf das 
der Zechgenoß ßeinen linken Unterarm gelegt hat. Die Rechte 

^ hat er erhoben; in der Hand hält er eine Muschel, in diel ein; 
Satyr dunkelfarbenen Wein aus einem Schlauch einschenkt. Der 
feiste Schletmmier blickt hinauf^ die Muschel soll ja bis zum Rand 

i gefüllt werden — gemischt wird der schwere Kyprier natürlich 
nicht I — und im Vorgefühl von solchem Glück genießt er jetzt 
den für ihn höchsten Augenblick : sein Mund ist halb geöffnet, die 
Zähne werden sichtbar, man glaubt sein wohlgefälliges, das Wonne- 
gefühl kaum verhehlendes Schnaufen, oder vielleicht besser gesagt 
Grunzen zu hören. Der Satyr ziemlich de face gesehen, rechten Fuß 
hochgestellt, neigt sich stark vornüber, die Nase dicht über der 
Schale; als ob er den Duft des Göttersaftes so recht ordentlich 
einsaugen wollte. Seine Rechte umfaßt die Schlauchmündung, sein 
linker Arm greift über den Kopf; er drückt mit der linken Hand 
auf den Schlauch, dessen Inhalt eben erst angebrochen wird: Wir 
stehen am Beginn des Gelages. Das sehen wir auch aus der Be- 
schäftigimg des Faunes rechts, der im Begriff ist, dem Zechkumpan 
einen Kranz aus Weinlaub aufs dunkelhaarige Haupt zu drücken:. 
Wie sein Kollege Mundschenk ist er mit Eselsohren geziert, zeichnet 
sich aber durch größere Widderhörner aus; er trägt ein Fellchen 
auf dem Oberkörper imd läßt seine Bocksfüße sehen. Die beiden 
Gesellen sind mit Distelkränzen geschmückt. Einen merkwürdigen 
Kontrast bildet zu dieser Gruppe der blondlockige Profilkopf eines 
Jünghngs, ein junger Apoll, der nach der Szene im Vordergrund 
blickt. Ihm wendet sich lächelnd ein Faun zu, dessen Kopf ganz 
im Dunkeln liegt. 

Links sitzt ein junger Bursch mit Silensohren. Er ist mit 
ein^m Fell bekleidet und blickt, aus vollem Halse lachend, .den 
Beschauer fröhlich an. Es ist der Hüter des Esels, auf dem der 
feiste Zecher sich w«ohl zum Gelag begeben hat. Nun ist ihm eine 
weitere Aufgabe z,ugefallen: er sorgt für die Tafelmusik; das edle 



54 

Grautier, vom Hals ab links sichtbar, posaunt aus Leibeskräften 
drauf los, dabei sein ganzes famoses Gebiß zeigend. Ein Konzert, 
vollkommen der Gelegenheit angemessen. 

Aber auch für «eineQ würdigen Abschluß der Szene ist gesorgt: 
zwei mächtige Weinkufen und ein Stück Mauer, über dem: links 
ein Fetzen schönsten italienischen Himmels sichtbar wird. 

Selbst der Erdboden ,darf nicht stumm bleiben. Auch da 
muß etwas kribbeln und krabbeln: eine schwerfällige Schildkröte 
tmd ein flinkes Schlänglein, Muschel und Hirtenstab. 

Ein warmes Licht strahlt hernieder; vor allem leuchtet ßs 
über den ganzen Körper des dicken Gastes, der sich förmlich im! 
Licht zu baden scheint. Auch der Junge ist ziemlich hell beleuchtet. 
Über die andern aber huscht das Licht nur lustig hin. 

Kein Gelage im Keller, nein draußen in Gottes freier Luft. 
Das Inkarnat in diesem sehr gedunkelten Bild stark rötlich. 

Erscheint die Komposition im ersten Augenblick ebenso kraus 
wie die Eselsmusik, so merkt man doch bald die feine Berechnung; 
ganz der Stimmung entsprechend bildet eine sanfte, schlaffe Dia- 
gonale die Hauptliniei. 

Ribera zeigt hier sein ganzes Könnten; Mensch wie Tier ist 
gleich vortrefflich wiedergegeben : der Knabenkörper, das klassische 
Jünglingsgesicht, die fdste, schwanunige moles des Zechers, die 
knochigen, sehnigen Gestalten der Faune. Auch die starken Ver- 
kürzungen kommen zu ihrem Recht, vor allem im einschenkenden 
Faun. 

Der Hauptvorwurf, den m]an dem Bild machen kann, ist der; 
einer allzugroßen Reliefmäßigkeit. Trotz aller Verkürzungen stehen 
die Figuren noch zu sehr in einer Ebene, fehlt die eigentliche Tiefe. 

In jeder Hinsicht die Vollendung dieses Werkes ist die Radie- 
rung von 1628. (Abb. 7.) Hier ist die Tiefenwirkung erreicht, hier 
kommt das Licht erst zur vollen Herrschaft, alles scheint geradezu 
in einem Meer von Licht zu schwimmen. (B. 1 3.) 
t. Bez. auf dem Stern rechts: 

Joseph k Ribera Hisp"- Volenti" 

Setaben /, Partenope. 

1628. 



SS 

n. Auf den späteren Abzügen noch eine Dedikation: 

AI Molto Mr« S' Don Gioseppe Balsamo Barone di Cattafi Girato 

Senato della nobile Citta di Messina Giouanni Orlandi Romano 

P. D. 
IIL Gegens. vorzügliche Kopie, hinzugefügt ein ,,Romae D. D." 

(Die Firma Riberas hier natürlich links.) 
IV. Gegens. Kopie, unter deim Hirtenstab: alla Face Gio Jacomo 

Roßi formis Roma 1649. 
y. G^^ens. Kopie ohne Namen. 
VI. Karrikaturhafte schwächliche Nachah!mung von Franc. Burani. 

(Bartsch XX, 89, i.) 

Die Radierung natürlich gegenseitig zum Gemälde. Der Mund- 
schenk beugt sich nicht so sehr über die Schale, er macht ein sehi; 
vergnügliches Gesicht. Auf 'der Seite des bekränz;enden Fauns 
die Radierung breiter als das Bild; man sieht fast die ganze Ge- 
stalt dieses Fauns, vor allem auch sein Bocksschwänzchen. Hinter 
ihm sitzt auf einer Art Brüstimg oder hohem Felsblock ein anderer 
mit dem Rücken nach uns. Er hat sich in einer Vierteldrehung 
nach rechts zu deim Beschauer im:]gewandt und läßt, sich mit der 
Rechten auf den Stein stützend in der Linken eine Flöte, isein 
grinsendes AntUtz sehen; er trägt wie der kränzende Faun einen 
dünnen Rebenkranz im Haar. Noch weiter im Hintergrund |er- 
blicken wir leinen nur ^lit dem Oberkörper sichtbar werdenden; 
schönen weinlaubbekränzten Jüngling, der in der erhobenen graziös 
nach dem Gesicht zu gebogenen Hand ein Tambourin hält. Dies0 
Figur ist die einzige; völlig im Schatten liegende Gestalt. 

Der lachende Junge ist verschwunden. Dafür liegen, zu Füßen, 
des >,Silens" zwei Kinder. Das eine liegt von dem Weingenuß' 
überwältigt schlafend am Boden, Kopf nach vomen, fast die Sohlen; 
des Dicken berührend (und beriechend!). Das andere liegt an; 
den Rücken seines Gespielen gelehnt imd leert gerade sich zurück- 
beugend eine Schale Weins. Wie die Alten sungen,... Eingefügt 
sind die Kinder aber auch schon auß rein tektonischen Gründen. 
In ihnen khngt die Diagonalei aus, die oben beim lachenden Faim 
anhebt. 

Der Esel stiieckt den Hals steiler in die Höhe, seine Bewegung 



58 

Ein ^^R" aus dem Monogramm herauslesen zu wollen, ist 
schlechterdings unmöglich. Es lautet Jjij^ oder aufgelöst S. V. 
(?) N. J. (oder L?). 

Die „Pietä" (B. i) soll bei den Beweinungsbildem ihre Be- 
sprechung finden. 

Höchst zweifelhaft die in der Technik sehr derbe Radienmg 
9, Kampf von Kentaur und Triton" (B. ii). Die beiden gehen mit 
Keulen aufeinander los. Im Hintergrund links ein Triton in das 
Meer hinausschwimmend mit einer Nymphe. 

Hinter den Bergen rechts sieht man die untergehende Sonne, 
doch ist das Beleuchtungsproble^m nicht viel durchgearbeitet.^) 

Zweifelhaft auch die Wappenradierung (B. 1 8, das Exemplar der 
Wiener Hofbibliothek, «das mir einzig bekannte). Auffallend die 
Nüchternheit und Glätte der Technik; vielleicht brachte das jedoch 
der Gegenstand mit sich. Aber auch die Überschneidung des 
Gesichts bei dem mittleren die Krone tragenden Engel ist wenig 
künstlerisch und wirkt etwas peinlich. Die beiden seitlichen Engel 
oder Putten finden sich als Nr. 19 in der noch zu besprechenden 
Zeichenschule wieder. 

Kristeller^) hat von dem Silen jausgehend eine Analyse der 
Riberaschen Radierkunst zu geben versucht. Er sagt von ihr: 

„Die zeichnerisch geführte, breit angelegte Ätzlinie, die fast 
nie der Nachhilfe! mit Stichel oder Nadel bedarf, ist ihre Grund- 
lage. 

Die tiefen Schatten, die aus gekreuzten Lagen mehr oder weniger 
regelmäßig und gerundeter Linien bestehen, läßt er schnell und 
weich in die großen Flächen hellen Lichtes übergehen und i&r- 
zielt dabei mit wenigen feinen Linien oder Punkten die größtem 
plastischen un,d malerisch^i Wirkimgen. Ein paar weich ge- 
geschwungene Linien auf dem beleuchteten Körper, eine Über- 
schneidung der zarten Umrißlinie, ein scharf absetzender Schatten 
geben unmittelbar den Charakter des Fetten, Weichen oder des 
hart mlißkulösen Fleisches od^eir die Falten der Haut wieder. Die 

^) Das Monogramm Riberas auf dem Stich „Ruhe auf der Flucht" Carolus Sarazenus 
Inuent. F. v. Wyn. ezc ist eine eigenmächtige Hinzufllgung Wyngaerdes. (vergl. 
Bartsch XX. 87). <) ^ergl. Einleitung. 



59 

Umrißlinie ist mit der größten Lebendigkeit und Elastizität ge- 
führt, im Licht ganz zart, oft kaum merkbar^ dann vom Schatten, 
des dunkeln Hintergrunds verschlungen^ häufig aussetzend oder 
in die Form einbiegend. Die breiten Halbtöne sind durch lange^ 
gleichlaufende Linien gebildet." 

Dem gegenüber ist jedoch das zu beachten, was bei den 
Studienköpfen (B. 8 und 9) über Riberas Radiermalerei gesagt 
wurde. Beimerkt sei noch, daß> Ribera mit gekreuzten Linien äußerst 
sparsam verfährt und den Schatten lieber durch bald enge, bald 
weiter geführte Parallestriche nuanciert. 

Die zeichnerische Vortrefflichkeit der Radierungen Riberas blieb 
nicht unausgenutzt. Einzelne! Teile wurden in einer „Zeichen- 
schule" verwertet, vor allem Details aus B. 4 und 13, B. 15 — 17. 

Der Titel dieser Zeichenschule lautet (S. i.). 

Livre 

de 

Portraiture 

receuilly des oeuvres de Joseph de Riuera 

dit l'Espagnolet 

Et Grav6 k l'eau forte par Louis Ferdinand 

A Paris 1650 chez Nicolas Langlois Rue Sainct Jacques a la Victoire 

[Neu herausgegeben wurde das Buch in Madrid 1774.] 

Der Inhalt: 

Bl. I. Das zitierte Titelblatt. BL 14. Dasselbe in Durchführung. 

2. 4 Kopfmafie. Hinzugekommen noch der Fufi 

3. 6 Augen. des Henkers B. 6. 

4. 7 Augen. ,j Hieronymustorso B. 3. 

5. 12 Mund und Nasen. Hand mit Griff der Trompete 

6. B. 16. Gegendruck r. Hälfte. 3, c, 

7. B. 16. Gegendruck L HSUte. « , .^ . „, ., 
1 _ , * Hand mit einem Blatt. 

8. B. 17. I, a. 

Q B 17 I b Silensarm mit Schale. B. 13. 

10. 4 Köpfe von Jünglingen und ^^- Hieronymi linker Arm mit Stein 
ein Greisenkopf. ^° Umriß und Durchf&hrung. 

11. 8 Fttfie. A'™ ^^ Faun, der den Schlauch 

12. 6 Hftnde. 3 im Umrifi, 3 in ?^^^ ^^ andere Arm dieses 
Durchführung. Faun. Die Kinderhand mit 

13. Unterkörper des „Süen", die Schale (aus B. 13). 

Beine des Hieronymus B. 4, 17. Fttfie des Hieronymus in Umriß 

alle in Umrifi. und Durchführung B. $. 



6o 

Bl. l8. Der Engel mit der gewundenen Bl. 20. BartholomänsBchinder B. 6. 

Posaune B. 4. 21. B. 8. 

19. Ein Putto in 2 Ansichten. 22. B. 9. 

II. Diese ^^Schule" stach G. Valk nach. Der Titel in den 
ersten 5 Zeilen wie bei I. dann heißt es: G. Valk Elxcudit. 
Hinzugefügt sind noch 2 Blätter: 

23. Reuiger Petrus. Halbfigur aus B. 7. 24. Der Dichter. 

in. Valk stach noch eine andere Schule nach, deren Haupt- 
bestandteil aber Zeichnungen nach einem anderen Meister aus« 
machen. Genannt wird dieser hier Palma giovane. Mir scheint 
es scheint aber viel eher ein Bologneser Maler zu sein^ und wenn man 
einen Namen nennen soll: Guercino. Vielleicht bezieht sich auf 
diese Folge die bereits erwähnte Äußerung Gandellinis. 

Auf dem ersten Blatt Halbfigur eines Mannes in Profil, der 
auf eine Tafel, die links auf einer Staffelei steht, folgenden Titel 
geschrieben hat: 

Tabulae 

De Institutionibus praecipuis 
ad 

Picturam 

Necessariis ac Inyentae 
Per 

Josephum River Spaniolette 
et Jacomo Palma 

Grerardus Valck Ezcudit 

op den Dam 

— tot Amsterdam 

Mir sind 23 Blatt dieser Schule bekannt. Für ims kommen nun 
die ersten Blätter in Betracht, die vor allem aus dem Livre de 
Portraiture Blatt 2, 3 .und 8 bringen. 

IV. Schließlich ist noch eine Zeichenschule, aus 12 Blatt be- 
stehend, zu erwähnen, die gewissermaßen eine Auswahl aus dem 
Livre de Portraiture mit einigen Varianten bietet. 

I. Der Dichter B. lo nach links. 

Auf dem Felsblock liest man 

Joseph Riber 
espanol 
invenit 



2. Augen. 

3. Ohren. 

4. Mund, Nase, Profil. 

5. Köpfe yon Silen B. 13; B. 8; 

Antikenkopf. 

6. Kopf des Hieronymus in der 

Wftste B. 5, eines Greises, des 
Schinders. 



61 



7. B. 9 nach links. 

8. Hände. 

9. Füfie. 

10. Beine des Hieronymus B. 4 und 

des Silen B. 13. 

11. B. 5 mit Varianten, vor allem 

fehlt die Trompete. 

12. B. 6 Mittelteil nach links. 



5. 

In die Zeit des Silenbildes, oder besser gesagt wohl etwas vor- 
her, fällt die Entstehung des leider verschollenen Gemäldes ^^Sim- 
son und Delila".^) Glücklicherweise ist uns aber noch eine köst- 
liche Studie zu deim Werk in einer Zeichnung des Museums von 
Cordoba erhalten, die vöUigien Aufschluß über die Komposition des 
Gemäldes gibt. 

Die Handzeichnung des Meisters ist sehr sorgfältig mit Blei- 
stift und Rötel ausgeführt (br. 39,7 cm, h. 28,0, Abb. 5). 

Simson, ein Mann von wirklich herkulischem Körperbau, hegt 
schlafend am Boden; ider Köper so gedreht, daß seine Ebenei 
parallel der des Beschauers ist. Er ruht mit seiner linken Seitei 
an den linken Oberschenkel Delilas angelehnt. Delila selbst sitzt 
auf drei mit Quasten verzierten Polstern. Sim^ons Oberarm liegt 
auf dem linken Oberschenkel der Gattin, während sein Unterarm; 
schlaff herabhängt. Seinen unschönen — im Gesicht etwas auf- 
gedunsenen — Kopf hat er auf die linke Seite geneigt, die Beine 
etwas nach hinten weit ausgestreckt. Er trägt einen leichten Leder- 
panzer, die die Modellierung der Brust vollkommen durchblicken 
läßt. 

Ganz vorzüglich ist die Gelöstheit des gewaltigen Körpers im 
Schlaf ausgedrückt. Durch das halbtote Aussehen wird man an 
einen Christus einer Pietä, erinnert; jedoch hat die ganze Lage 
mit der seitUchen Drehung und dem aufliegenden Arm — wo- 
durch sehr geschickt der Eindruck der latenten Kraft erregt imd 
der des völlig Leblosen vermieden wird — noch viel mehr mit 
der des Silens gemein. Fast möchte man ihn als Pendant auf- 



^) Zusammen mtt einem ebenfalls verschollenen Gemälde „Jael und Sisera" früher 
im „Spiegelsaal*' des Madrider Palastes vergl. auch Justi, Vdasqnez I. 274. 



62 

fassen. In t>eideii Fällen interessierte den Künstler die IWieder- 
gabe eines schweren, ungefügen männlichen Körpers, namentlich 
aber die Darstellung eines verschobenen, hängenden Bauches. 
Diesem Problem opferte der Meister gern jede äußere Schönheit. 

Über Simson beugt sich von hinten her dn in starker Ver- 
kürzung gesehener Philister weit vor, der im" Begriff ist, nüt dem 
Messer in seiner Rechten Simsons Vorderschädel glatt zu rasigen. 

Dalila, das Weibchen. Eine völlig correggeske, sinnliche Ge- 
stalt. Namentlich ihr Köpfchen erinnert an den großen Italiener. 
Sie sitzt auf Polstern, bekleidet mit Rock und Leibchen; das dünne 
Hemd läßt ihren Busen durchfühlen. 

In ihrer nach unten ausgestreckten Linken hält sie einen Geld- 
beutel und weist, sich etwas nach links biegend, mit einer Viertel- 
drehimg nach dem Beschauer, mit der erhobenen Rechten ^oach 
links. Ihren Kopf wendet sie nach rechts in Dreiviertelansicht zu 
einem Krieger, dem sie einen Befehl zu geben scheint. Der Körper 
des Weibes ist sorgfältig modelliert, eine wirklich correggeske 
Sinnlichkeit ausströmend, nur der rechte Arm wirkt etwas pliunp. 

Der bärtige Krieger, zu dem sich die Treulose wendet, kommt 
von rechts herbeigeeilt, blickt nach dem Schlafenden und ist im' 
Begriff, mit der Rechten sein Schwert zu ziehen, das er in der 
Linken hält. Er trägt einen Lederpanzer, der an den Schultern durch 
metallene Achselstücke zusammengehalten wird; auf dem Kopf einen 
Helm mit herabgesenkten Backenklappen. Die Arme sind nackt, 
nur werden oben die Enden des kurzämeligen Hemdes sichtbar. 

Zu seinen Füßen eine kauernde männliche Gestalt, in der Tätig- 
keit nicht recht klar; übergreifende Rechte, nach Simson den 
Kopf wendend. 

Links im Hintergrund wird ein Soldat — wie der erste Krieger 
gewappnet — mit dem Oberkörper sichtbar. Mit seiner über- 
greifenden Rechten schiebt der Bursch einen Vorhang zurück und 
hält in der Linken horizontal ausgestreckt den Degen. Der Vor- 
hang gehört wohl zum Bett, das ünks erscheint. Rechts rageix 
Speere in das Bild hinein, auf weitere Krieger schließen lassend. 



63 

Das Ganze wirkt recht lebeudig. Die Hauptlinie wie beim! 
„Silen** eine sanfte Diagonale. Das Breitfonnat selbstverständlich. 
Jedoch finden sich hier noch mehr Ungeschicklichkeiten als bei 
dem Silen von 1626. Hier wie da das in eine Ebene gedrängte, 
ReUef mäßige. 

Der Endpunkt der Diagonale ^uch hier nicht glücklich .be- 
zeichnet : die ganz verzettelt wirkende Figur des Kriegers im Hinter- 
gnmd links. Übel auch^ wie der scherende Philister zwischen 
Delilas Arm und Simsons Kopf und Schulter eingepreßt erscheint. 

Freilich muß man bedenken, daß es nur eine Zeichnung und kein 
ausgeführtes Gelmälde ist. 

Höchst interessant der Vergleich mit dem Rembrandtschen 
Werk gleichen Inhalts aus dem Jahre der Riberaschen Silens- 
rädienmg: 1628. (Berlin, Kaiser Friedrich Museiun) Auffallend 
— um mit dem Kleinen zu beginnen — die Verwandtschaft im; 
Motiv des beim Vorhang lauernden Soldaten. Auch hier clas 
Hauptlicht auf dem Antlitz Delilas. Aber welche Genialität bei 
dem 22 jährigen Rembrandtl Da ist nichts von Relief mäßigem, püt 
jeder Figur geht es mehr in der Tiefe. Und zu dem einej ein- 
fächere, straffere Komposition. Keine Person unentbehrlich. Alles 
viel dramatischer, aufgeregter, spannender. Nicht zum geringsten 
ist dies «alles durch das Hochformat jerreicht, durch die äußere 
steile Diagonale, die als Hauptlinie vom oberen Vorhangende über 
den KuUssenkrieger, /den Saiun des Vorhangs, Delilas Kopf pi 
ihrem Fuß ßich senkt. Ein ganz ungemein berechnetes Bild, auf 
dessen weitere Feinheiten hier nicht eingegangen werden kann. 
Trotz alledem wirkt Rembrandt aber hier im Grunde ebenso leer 
wie Ribera; .es ist halt auch beim; ihm alles gestellt: ein „Lebendes 
BUd". 

Noch Ivor der Simsonzeichnung entstanden ist die kleine 
feine Rötelstudie zu einem hl. Michael, ebenfalls im Museum von 
Cordoba. Der Erzengel, geflügelt, in der erhobenen ausholenden 
Rechten das Flammenschwert schwingend, in der Linken den Schild 
tragend mit der Aufschrift QVIS VT DEVS, steht mit dem rechten 
Fuß auf dem Rücken eines Verdammten. Sein linker Fuß schwebt 
in der Luft. Der Himmelsbote scheint mit dem Verdammten durch 



64 

die Lüfte zu sausen, ihn in die Hölle hinabzupeitschen. Des Engels 
Haupt ist gesenkt, beschattet von der Eisenhaube. Er trägt einen 
Lederpanzer, der in Form, und Behandlung ganz dem Simsons 
gleicht. Unter dem Panzer flattert ein helles Untergewand im 
Wind. Der Gefallene ist eine nicht in allen Teilen gelungene 
Aktstudie in stärkster Verkürzung; trefflich modelliert ist der 
Rücken. Die Rechte greift nach dem Kopf, jedoch ist gerade 
hier die Verkürzung mißglückt. Peinlich auch, daß das linke Bein 
fast völlig verschwindet. 

6. 

Das derbe Trinklied, das uns aus dem „Silen" von 1626 ent- 
gegentönt, ist jedoch nicht die einzige Melodie, die der Künstler 
in diesem Jahre angestimmt hat. Fremd allem irdischen Genuß 
und ganz in der Gottheit aufgehend, zeigte er uns bereits den Peters- 
burger Hieronymus; vor allem aber von mächtigstem Pathos ge- 
tragen ist seine „Magdalena in Extase'* in der Academia de S. 
Fernando in Madrid. (Abb. 8.) 

Bez. Jusepe de Ribera 

espaiiol F. 1626. 

Dieses in seiner Auffassung so tiefe, alle andern Darstellungen 
des Themas weit hinter sich lassende Werk ist leider nicht mehr 
zum besten erhalten. Restaurationen machen sich an vielen Stellen 
recht störend ibemerkbar. 

Wiedergegeben ist eine Verzückung der büßenden schönen 
Sünderin, die d^r Legende zufolge siebenmal des Tags von Engeln 
in die Lüfte erhoben worden sein soll. 

Wir erblicken die Heilige im freien Äther auf einer Wolke, die 
von Engeln getragen v4rd, knieend, nach rechts gewendet, mit 
großen voll aufgeschlagenen Augen nach links oben blickend, die 
Hände auf der Brust gekreuzt. Ihr prächtiges braunes Haar fließt 
in großen Wellen über ihren Nacken herab. Störend der harte 
Kontur des etwas langen Halses. 

Die ganz jugendliche Heilige, eine kaum erblühte Jungfrau, 
träg^ ein zerrissenes, härenes Gewand, darüber einen roten Mantel, 
der in den Lüften flattert. 



. Abb. 8 EXTASE DER HL MARIA MAGDALENA 

*>■ Madrid Ac. de S, Fernando a ' s 



65 

Wundervoll die Putti, die in keiner Weise hinter denen eines 
Tizian oder Rubens zurückbleiben. Vom rechts trägt einer auf- 
blickend in der lerhobenen Linken die Geißel^ neben ihm einer 
das Salbgefäß und weiter hinten ein anderer einen Totenkopf; 
wieder andere halten Magdalenas Mantel. 

Tief unten erblicken wir Marseille, als Modell hat der Nea- 
politaner Golf gedient. Am Himmel Wolken, pie Färbung etwas 
schwer. Bei den Engeln fällt bereits das durchscheinende iRot 
und die roten Konturen auf. 

Justi rühmt das Bild außerordentlich.^) ^^Das ierste Beispiel 
jenes schwermütigen Frauentypus^ der bei ihm viele Jahre lang 
wiederkehrt^ mit seinen großen dunklen träumerischen Augen und 
den langen Händen mit den dünnen Fingern; in ruhigem Zauber 
kaum von italienischen Malern dieses Jahrhunderts erreicht." 

7- 
Aus dem Jahre der Silensradierung stammt das tiefernste Ge- 
mälde ^^Sebastian von den Frauen gepflegt". Nr. 331 der Peters- 
burger Eremitage. (1,56x1,89, Abb. 9.), bez. 

lOSEPH A' RIBERA HISP- 

VALETESr. SET— BE ACC. 
ROM«. PATENOPE F. 
1628. 
Nicht in allen Teilen tadellos erhalten. (Mantel Irenens, Lenden- 
tuch rechts.) Der von den Pfeilschüssen zu Tod verwundete gold- 
lockige, in den Zügen noch knabenhafte Glaubensheld liegt fast 
horizontal auf dem Rücken, die Beine nach links ausgestreckt; 
seine Linke hängt hoch am Baumstumpf festgebunden, die Rechte 
ruht am Boden. Nur ein Lendentuch bedeckt die Blöße des Hei- 
ligen. Links neigt sich Irene, eine Frau mit edlem, an griechische 
Vorbilder gemahnenden Kopf, knieend über Sebastian, im Begriff 
einen Pfeil aus seiner Brust zu entfernen. Ihre ältUche Begleiterin, 
die neben ihr steht, trägt eine Balsamflasche. Das Licht kommt 

') Justi, Velasquez I, 293. 
Mayer, Jusepe de Ribera (Lo Spagnoletto). r 



66 

von links, geht über Irenens Antlitz und fällt ziemlich voll aof den 
Heiligen. Das starke Streben nach Plastik ist unverkennbar. 

Das fast völlig Geruhte in dem Märtyrer erschien aber dem 
Künstler doch als zu wenig heldenhaft. Für die Folge gibt er den 
Oberkörper in aufrechter Haltung wieder, was das Zusammien- 
brechen viel wirksamer und deutlicher macht: er ist erst im Be- 
griff, seine Kraft zu verlieren. In dieser Fassung bekommt die 
Gestalt mit den hochgereckten Armen etwas von einem Aufschrei. 
In dieser Form wurde Riberas Sebastian sehr beliebt imd vidfach 
nachgeahmt. Ein Original Riberas, das uns den Heiligen mit den 
beiden Frauen in der neuen Fassung zeig^, ist uns nicht mehr er« 
halten. 

Das Petersburger Bild (Eremitage 330. 1,18X1,06) scheint der 
bläulichen Kamation im Sebastiankörper und der rötlichen Schatten- 
töne wegen mehr auf Giordano hinzudeuten. (Ganz sicher von 
diesem ist ja das Dresdener Bild Nr. 479.) 

Aber auch das Gemälde im Valencianer Museum macht den 
Eindruck einer Kopie (vor allem flüchtigere, breitere Behandlung, 
andere Färbung).^) 

Diese Sebastiansdarstellungen zeigen uns die andere Seite im 
Gefühlsleben jener Zeit, die Neigung zum Empfindsamen. Neben 
der Wiedergabe entsetzlichster Martyrien versenkte man sich gern 
in Stoffe, die lein stark lyrisches Moment in sich tragen, ja man 
legte es sogar wie bei dem hl. Sebastian erst nachträglich hinein. 
Dieses Ermatten war ein neuer Reiz. Und so genoß man neben 
einem brillanten Allegro furioso auch einmal gerne ein solches 
gedämpftes adagio in Moll. 

Welch ein Wunder noch, daß Ribera diese Stimmung auch in 
der umgebenden Natur auszudrücken versuchte, daß er seinen todes- 
matten Helden in eine Nachtlandschaft setzte, am Hinunel des Mon- 
des magre Sichel erscheinen ließ, über die dünne Wölkchen ziehen : 
Die Einzelfigur des Heiligen aus des Meisters reiferer Zeit, 1636. 

^) Die Haltung des Riberaschen Sebastian hat ein Nachahmer fttr einen Bartholomäns 
benutzt: ^Vorbereitung zur Bartholomäusmarter** in der Gallerie Harrach- Wien. Das aus 
S und R bestehende Monogramm des Künstlers ist weder das Salv. Rosas noch das 
Riberas. 



67 

(Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum 405 B. h. 2, — , br. 1,49.) Bez. 

Jusepe de Ribera .... paiiol 
F 1636. 
Das Gemälde hat nicht unwesentlich gelitten. Das Lendentuch 
ist fast vöUig neugemalt. 

Neben dem ganz gestillten Petersburger Sebastiansbild malte 
Ribera im gleichen Jahre die grandiose, von gewaltigstem Pathos 
erfüllte Andreasmarter (im Museum von Budapest, Abb. 10). Bez. 

Josep. a Ribera hispanus 

Valentinus Setaben. Acc® Rom. 

Partenope F. 

1628. 

Dargestellt ist der letzte Augenblick vor dem Martyrium. Der 
greise Heilige, in fast verlorenem Profil, ist im Begriff auf das 
Kreuz gebunden zu werden; schon ist sein rechter Arm festgemacht, 
sein linker wird eben vom Henker festgeschnürt; sön linker Fuß 
steht noch auf der Erde. Da hält ihm noch, zum letzten Male, 
der heidnische Priester eine vergoldete Statuette des thronenden, 
bUtzeschleudemden Zeus entgegen und ruft: Bekenne! Aber er 
weist das zurück; die noch freie Linke in Sprechgebärde ausge- 
streckt hat er den Blick hinaufgelenkt zu seinem Gott, für den 
er in den Tod gehen will. 

Der Heilige nur mit einem Lendentuch bekleidet, das mit 
einem Strick zusammengehalten wird. Der Oberkörper weit zurück- 
gelehnt. 

Rechts beugt sich ein Heide neugierig vor. Links die mächtige, 
vollkommen ruhige Profilfigur eines bärtigen römischen Fahnen- 
trägers, der verachtungsvoll auf den Apostel niederbückt. In seiner 
Rechten hält er die Purpurfahne. 

Die Lanzen eines Kriegertrupps werden noch sichtbar, ein Soldat 
im Hinterg^nd scheint einen Freimd des Märtyrers zurückzuweisen, 
der ganz in seinen Mantel gehüllt mit klagendem Ausdruck ge- 
naht ist. 

Bleibt auch der Himmel mit dunklen Wolkeü verschlossen, so 
ist doch der Körper des Heiligen, vornehmlich sein Antlitz, von 



4 



68 

hellstem Licht übergössen^ während alle andern in Dunkel ge- 
taucht sind, und nur hie und da ein Lichtblitz aufsprüht. 

Die ^^ndreasmarter*' im Palazzo Corsini in Florenz, 107, wohl 
ein mäßiges Schulbild. Kniestück. Ein gewappneter Krieger rechts 
entblößt mit der Linken die Brust des weißbärtigen Apostels, der. 
die Hände ergebungsvoll ausstreckt. Links ein schwarzlockiger 
Jüngling, der auf den verklärt in die Feme blickenden Heiligen ein- 
spricht. Fleischtöne stark .braun. 

8. 

Einen sehr bedeutenden Fortschritt in der Gesinnung gegen 
die Bartholomäusmarter -Radienmg von 1624 bedeutet das Gemälde 
im Prado (989, h. 2,31, br. 2,34) von 1630: (Abb. 11.) Bez. 

Jusepe de Ribera espaiiol ' 
1630. 
Das Bild hat sehr stark gelitten und ist übel restauriert. 

Zwei Henker sind im Beg^f, den HeUigen, der in den Hand- 
gelenken an die Enden eines Holzbalkens, der durch Stricke in 
Verbindung mit einem großen Holzstamm steht, zum Schindenl 
emporzuziehen, gerade wie wenn man ein Segel hißt. Wir haben 
es also nicht mehr nüt der Marter selbst, sondern nur mit der 
weniger gräßlichen, dafür um so spannenderen Vorbereitung zur 
Exekution zu tun. 

Das Gesicht des Heiligen gleicht dem eines Galeerensträflings : 
abgezehrt, hervorstehende Backenknochen, kurzes schwarzes Haar, 
Schnurrbart, rötUche Nase. So jung wie hier erscheint der Märtyrer 
sonst nirgends. Den Kopf wendet er — leicht auf seine rechte 
Schulter neigend — empor, und blickt schmerzlich mit geöffnetem 
Mund zum Himmel. Sein rechtes Bein ist stark gebeugt, nur noch 
mit den Fußspitzen die Erde berührend, der linke Unterschenkel 
wird von einem Henker gepackt. Der Heilige ist nur mit einem 
dunkelgrünen Lendentuch bekleidet, das ein Strick zusammenhält. 
Der Körper ist schwer: die beiden Henkersknechte ziehen mit der 
größten Anstrengung. Der vordere, eine Rückenfigur, mit etwas 
gebeugten Knieen. Der den beiden behilfliche Dritte, in starker 
Verkürzung gesehen, sich vorbeugend nach dem Heiligen, mit ge- 



* 



Abb. 10 MARTER DES HL. ANDREAS Budapest 



Abb. 11 MARTER DES HL BARTHOLOMÄUS Madrid Ptado 



\ ' 



69 

geöffnetem Mund den Kopf wendend^ in Rot gekleidet, ist der eigent- 
liche Schinder, worauf das Messer am Gürtel hindeutet. 

Nach rechts steigt das Ganze. Ein gepanzerter schwarzbärtiger 
Krieger betrachtet mit offenem Mund auf den Ellbogen gestützt 
die Szene, ebenso noch ein Alter und mehrere junge Leute. Ganz 
rechts erblickt man, die Gruppe überragend, Stümpfe von kanjie- 
lierten Säulen imd Lanzen. 

Links, mehr im Mittel- und Hintergrund, sieht man auf )iiedri- 
gerem Terrain — die Szene spielt sich also offenbar auf einem 
Hügel vor einem im Bau befindlichen Tempel ab — eine änderet 
Gruppe, in der eine den Beschauer anblickende Frau, die ihr Kind 
an der Brust hält, und ein bärtiger Mamn, in Profil gesehen, vor 
den andern auffallen. Der Himmel wolkig. 

Der Wert des Bildes li^^ vornehmlich in der außerordentlich 
sorgsam durchdachten Komposition. Der Heilige im Treffpunkt 
zweier Diagonalen; die Hauptschräge, die von den Säulen über den 
Krieger herunterführt, wird begleitet von dem Rand des lichten: 
Wolkenstreifens, der gerade über dem Haupt des Märtyrers in die 
dunkle Wolke übergeht, so daß nur der Kopf des Bartholomäus 
völlig gegen das Licht gestellt ist. Die entgegengesetzte Diago- 
nale im Heiligen selbst wird vom Henker links aufgenommen und 
klingt in dem Seil rechts und in den Lanzen am rechten Randi 
aus. Die erstgenannte Diagonale findet ihre Fortsetzimg im rechten 
gebeugten Fuß des Märtyrers und endet ihrerseits in der Grenzlinie 
des Schattens auf dem Boden links. 

An Donatello oder an den „Heliodor** wird man erinnert durch 
die Verteilung der Zuschauermassen : der tiefliegenden Gruppe links 
entspricht die hoch hinaufgetriebene rechts. 

Der Eindruck des weiten Raiunes wird dadurch verstärkt, daß 
der Holzstamm wie die Stricke im Bild nur bis zu einer mäßigen 
Höhe sichtbar sind. Das verfolgende Auge geht unwillkürlich noch 
weiter hinauf. Ebenso tragen die Lanzen und die vielen die Luft 
durchschneidenden Stricke dazu bei, die Vorstellung eines wirk- 
lich luftigen, von Leben erfüllten Raumes recht eindringlich zu 
machen. 

In BerUn, Kaiser-Friedrich-Museum 416. eine alte Kopie, nach 



70 ^ 

dem Katalog dn Werk der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts 
aus Murillosche^ Kreis. Hier alles weicher^ zerflossener. Dais 
Bild nach rechts weiter fortgeführt. Die Lanzen fehlen ganz, statt 
der Säulen jeine obskure Kulisse. links schneidet das Gemälde 
früher ab. 

Aus derselben Zeit ungefähr stammt auch die ,,Marter des Hl. 
Laurentius", wiederum: keine eigentliche Marter^ sondern nur die 
Vorbereitung dazu. Das Originalgiemälde ist wohl verschollen ; denn 
wenn auch das Exemplar in der Vatikanischen Pinakothek am 
ehesten von allen Repliken den Anspruch erheben darf als eigen* 
händiges Werk zu gelten, so ist es doch nicht über jeden Zweifel 
erhaben. 

Der bis auf ein Lendentuch völlig entkleidete jugendliche, bart- 
lose Heilige ist nach rechts in die Knie gesunken. Die Rechte 
hoch erhoben, die Linke in Redegebärde ausgestreckt blickt er 
offenen Mimde^ mit seinen großen Augen gläubig, vertrauensvoll 
zvan Himmel: Sieh, dir weih' ich mich gami Am rechten Hand- 
geknk packt ihn ein Scherge^ links unten kniet ein anderer, mit 
entblößter Brust wie der erste, die Kleider des Märtyrers aufraffend. 
Über ihm ein bärtiger Mann, der Holz herbeischleppt für das Feuer 
des Rostes, mit dem! sich ein anderer im Hintergrund beschäftigt. 
Ganz rechts jeine alte, bärtige Profilfigur neben einem Mann mit 
einer Kapuze jüber dem Kopf. 

Deutlich ist dter edle JüngUng von den gemeinen Henkern ge- 
schieden, außenordentlich bereits die Leuchtkraft des bernstein- 
farbenen Fleisches. 

Das Bild der Dresdener Galerie 686 (2,06X1,54. Abb. 12) steht 
beträchtlich unter dem römischen. Die Angabe des Dresdener 
,yAbr6g6 von 1782", das Bild sei für den Herzog von Osuna gemalt 
gewesen, der :es bei seinem Sturz an einen Hamburger Privatmann 
verkauft habe, kann nicht ernst genommien werden. 

Das Bild, nicht unerhebUch restauriert, nicht so stark gedunkelt 
wie das Römische, zeigt ganz das schwere Kolorit der Frühbilder 
Giordanos, für den ich diese Replik in Anspruch nehmen möchte. 
Der Lorenzkörper ist hier bei weitem nicht so gut durchmo<ielliert 
als in dem Vatikanischen Bild. 



S A 



71 

Fast ganz verdorben ist die an mehreren Stellen eingerissene 
Kopie in der Kathedrale von Granada (oben am Altar Jesus Naza- 
reno). Eine Kopie in der Kathedrale von Saragossa.( ?) ^) 

9. 

Im gleichen Jahr wie die Madrider Bartholomäusmarter ent- 
standen ist ßuch der „Archiraetfes" im Prado. Dieses Gemälde 
eröffnet für juns dem Reigen der PhiloGophenbilder, die Ribera 
vor allem im Lanf der dreißiger Jahre gemalt hat. Der Bettel- 
philosoph. Ein Typus, von Ribera geschaffen wie der auffahrende 
Hieronymus, der geschundene Bartholomäus; wie diese sofort viel 
bewundert und nachgeahmt. Die Philosophen des Velasquez, vor 
allem seine herrlichen Spätwerke, gehen auf Schöpfungen Riberas 
zurück. 

Und mit .den ^^Philosophen" zusammen zu nennen sind die 
„Apostel", die nur jeine Abart der ersten Gattung sind. Alle diese 
Bilder silid aus einieln Gefühl entstanden, aus der Freude am 
Robusten, Charakteristischen. Die Gemälde sind nicht als einzelne 
für sich bestehende Kunstwerke gedacht, sondern stets als Zyklus, 
als eine Reihe von dekorativ zu verwendenden Studien. Wie 
man in alten Zeiten die Gärten mit Hermen und Büsten von Cäsaren 
und Philosophen geschmückt hatte, so hing man nun in den Sälen, 
den „Galerien" ,der Palazzi diese Philosophenbilder auf. Es sind 
eine Unmasse ^derartiger Gemälde erhalten, sehr interessant lein 
großer Saal hei Sr. Ramon-Marotö in Palma, der geradezu mit 
solchen Bildern tapeziert ist. 

Es ist ja klar, daß auch diese Dmge unter Riberas Hand zu 
wirklichen Kunstwerken ^wurden. Die besten seiner Philosophen- 
bilder befinden ßich im Prado, in Genua und in Wien. 

Da bei diesen Studien es dem Künstler fast ausschließlich auf 
den Kopf ,ankam, so ist alles andere nur summarisch behandelt. 

Der Maler wirft dem Modell irgend ein Tuch um, häufig aus 
vielen Lappen zusammengesetzt, stellt sich seinen Mann zurecht, 
bald de face^ bald eitwas mehr theatralisch: Körper seitlich, Kopf 

^) In der Giülerie Aguado war auch ein Exemplar, cf. Charles Gtteulette: Les 
peintres espagnols. Paris 1863. (Bibl. d. B.— A.) S. 99. 



72 

de face nach dem Beschauer, befiehlt dem Gesell' bald zu grinsen, 
bald ein Rnsteres Gesicht zu machen, was beides gleich unheim- 
Uch wirkt, drückt ihm ein Buch, ein Pergament oder einen Zirkel 
in die Hand und — alles ist fertig zur „Aufnahme". 

Gleich das erste uns bekannte derartige Werk, der lachende 
„Archimedes" des Prado (loio, h. 1,25, br. 0,81, Abb. 14) ist ein 
Meisterstück. Bez. 

Jusepe de Ribera espa^®^ 
F. 1630. 
Ein unheimlicher ;schwarzbärtiger, großohriger Kerl, breit grin- 
sind, in jd^r erhobenen Rechten den Zirkel, in der auf dem Tisch 
ruhenden Linken ein Papier mit Zeichnungen haltend. 

Die beiden andern Philosophenbilder des Prado, 1009 und loii, 
gehören zeitUch zu dem Archimedes. Alle weisen die bekannte 
schwer rötliche Kamatiou auf. Besonders häufig ist 1009, ein 
stehender zeichnender Philosoph mit entblößter Brust, kopiert wor- 
den (zwei Kopien bei Sr. Maroto in Palma, eine bei Sr. Conde de 
Sallent in Madrid).^) 

Der Bettelphilosoph in der Galerie Corsini (Nazionale) in Rom, 
dort „Bildnis pines alten Arbeiters" genannt, früher Strozzi, jetzt 
Ribera zugewiesen, ist eine tüchtige Imitation von Giordanos Hand. 
Auch die vier Philosophenbilder der Sammlung La Gaze im Louvre 
(1726 — 1729) gehen auf Giordano zurück, wahrscheinUch auch der 
größte Teil der Gemälde dieser Art bei Sr. Marotö in Palma, vor 
allem „Sokrates, sich im Spiegel betrachtend" (in zwei Repliken 
vorhanden). 

Gute Schulbilder die zwei Philosophen im Kapitelsaal des Esco- 
rial (bei dem einen liest man auf (dem Buchrücken HISSOPO); 
eine große Anzahl Schulbilder in England in Privatbesitz wie in 
großen Galerien (Glasgow, Edinburgh). Den „Archimedes" in 
„Alton Tower" rühmte Waagen^ von kräftiger Wirkung und vieler 
Bravour. Schulbild auch der „Philosoph" im Hampton Court Palace 

^) Bei Simonetti ia Rom sah ich Frühjahr 1906 zwei echte Philosophenbilder, beide 
signiert: ein „Geograph** und ein „Archimedes", letzterer stark gedunkelt *) Waagen, 
Kunstwerke. H. 462. 463. 



73 

(im Katalog von 1907^ unter Nr. 478 als „a Scholar with a Map" 
bezeichnet). 

Nicht von Ribera der „Schmied" Dulwich Gallerie 233 (299) 
früher Caravaggio^ jetzt Ribeia zugewiesen. Ein ausgezeichnetes 
Gemälde, jedoch mit dem wannen goldgelben bis bräunlichen Fleisch- 
ton und den braunroten Schatten mehr auf einen andern tüchtigen 
Neapolitaner oder Sizilianer Meister des Seicento (Morrealese ?\ 
weisend. 

Die Apostelbilder jmterscheiden sich wie gesagt so gut wie 
gar nicht von diesen „Philosophen". Der „hl. Rochus" imd der 
„ältere Jacobus" in der Pradogalerie, beide aus dem Jahr 1631 
stammend, können als Musterbeispiele dienen. 

Der hl. Rochus (1000, h. 2,12, br. 1,44), 
bez. rechts Jusepe de Ribera 

espanol F. 163 1. 
ganze, lebensgroße Gestalt; schwarzbärtig, die Linke auf ein Posta- 
ment legend, ^ der Rechten den Stab haltend, mit dem er das 
Gewand zurückgeschoben hat, yxtn die Pestbeule zu zeigen; be- 
gleitet von leinem weiß- und schwarzgefleckten Hund mit einem 
Brot im Maul.^) 

Die Halbfigur des hl. Rochus (ebenda looi, h. 1,26 br. 0,93) 
ist stark gedunkelt. Der Kopf, ernst im Blick, ist etwas edler 
als der von 1000. 

Jacobus der Ältere, ein einfältiger, klägUcher Bettler. (Prado 
974, h. 2,02, br. 1,46.) Bez. an der zweituntersten Treppenstufe 

Jusepe de Ribera espanol F. 

1631. 
Der Apostel steht am unteren Ende einer Treppe, auf deren letzte 
Stufe er den rechten Fuß gestellt hat. Er blickt mit dem" Pilger- 
stab in der Rechten, in der herabhängenden Linken — der linke 
Unterarm; ruht auf dem, Treppenpfosten — eine Schriftrolle haltend, 
nach links oben. Sein dunkles Gewand läßt rechte Schulter und 
Brust frei. Er macht mit seinem: hilflosen Blick imd dem schlecht 



^) Josti, Velasquez I. 273 meint, RochoB besitze einen tückischen Ausdruck, was 
ich nicht finden kann. 



74 

gepflegten Bart leinen jämmerlichen, mitleiderweckenden Eindruck. 
Die Kamation wie beim Hl. Rochus schwer rötlich. 

In diesen Jahren wird wohl auch der Cyklus von Halbfigurenl 
entstanden sein „Jesus als Salvator Mundi" mit den Aposteln Petrus, 
Paulus, Andreas, Feüx, Jacobus d. Ä., Bartholomäus, Thomas, 
Matthäus, Simon, Jacobus d. J. (Prado 955—958, 961—964, 967, 
968, 971, 972.) Diese Serie hing früher ebenso wie die noch weiter 
unten zu erwähnenden Apostelbilder im Casino del Principe beim 
Escorial. Die GeimäldQ sind durchschnittlich 75 cm hoch ,iuid 
65 cm })reit. 

Die ganze Art der Auffassung, der Zusammenhang mit den 
„Philosophen" wie der schwer rötliche Fleischton weisen ims auf 
die ersten dreißiger Jahre als wahrscheinlichste Entstehung^zeit. 

Der „Erlöser" (Abb. 17) fällt durch den stark jüdischen Typus 
auf; dieses jugendlich schwermütige Gesicht mit den mandelför- 
migen Augen, dem Schnurrbart, schüchternen Bartansatz unter der 
Unterlippe und kurzem dimklen, das Gesicht einrahmenden Bart 
werden wir später bei dem „Franziscus auf den Domen" in Dresden 
wiederfinden. 

Die Haltimg sehr ruhig und feierlich; Gesicht vollkommen de 
face. Die Linke auf die Weltkugel legend, segnet Christus mit 
der erhobenen Rechten die Schar seiner Gläubigen, die Welt. 

Er trägt einen einfachen roten Rock, über den auf der linken 
Seite der dunkle Mantel geworfen ist. Die Grenze von Licht und 
Schatten bei Augenbrauen ;tm,d Nase ist so scharf, daß ich an« 
fang^ glaubte, diese Studien in die erste Zeit von Riberas Nea- 
politaner Tätigkeit setzen zu müssen. 

Petrus mit bauemschlauem Gesichtsausdruck; Paulus, dem 
man das Zurechtgestellte besonders anmerkt, scheint geradezu uns' zu 
fragen: Steh ich so recht? 958, als S. Andreas imd 961 als S. 
Felix bezeichnet geben dasselbe Modell in gleicher Haltung wieder. 
964, Ap. Thomas, das gleiche Modell wie 970, Judas Thaddäus 
genannt. Die Echtheit von 970 scheint mir sehr zweifelhaft. Das 
Bild hat stark gelitten; schwer im Ton, flüchtig in der Behandlung 
des Mantels. 966 Schulwiederholung von 964. 

Eine der gelungensten Gestalten ist der Apostel Bartholomäus 



Abb. 17 CHRISTUS ALS SALVATOR MUNDI Madrid Prado 



Abb. 16 CHRISTUS UND DIE SCHRIFTOELEHRTEN 
Wien Hofmuseum 



3 



I 



75 

(963^ Abb. 18. 19.), ganz besonders interessant als Draperiestudie. 
Der Greis hat mit den edelsten Ausdruck von allen Aposteln^ schon 
in der Neigung des Kopfes liegt etwas mildes, gottergebenes. In der 
erhobenen Rechten hält er das Messer. Der weißgraue, leicht ins 
grünliche spielende Mantel ist in der Faltengebung mit seltener 
Liebe durchstudiert, ohne je kleinlich z\i wirken. 

Von diesem Bild eine mäßige Wiederholung aus Riberas Atelier 
in der Münchener Pinakothek^) (1284) mit einer Anzahl kleiner, 
aber nicht unwesentlicher Varianten. Die Drapierimg ist wesent- 
lich einfacher. Die Partie rechts wirkt zu leer. Der Kopf länglicher, 
weniger geneigt. Vor allem' aber die linke, aus dem Mantel her- 
vorlugende Hand übel verzeichnet, besonders der Ansatz des Zeige« 
fingers. 

Prado 960, S. Juan Evangelista genannt, ist die breit hingepin- 
selte Studie eines Schülers, vielleicht Giordanos. Die auf dem Buch 
mit auffällig großen Buchstaben hingesetzte Firma 

Jusepe de Ribera /^ 1637 
ist gefälscht. 

Conca erwähnt in seiner Descrizione odeporica I. 181 bei der 
Beschreibimg der Kirche der Recoletos zu Madrid einen Cyklus 
von 12 Aposteln. Eine Serie in der Galerie von Parma ist Schul- 
gut. (Gall. 515, br. 0,92, h. 1,05, Petr., Paul., Andr., Jac. d. Ä., 
Joh. Ev., Thomas, Jac. d. J., Phil., Barthol., Tadd., Sim., Matth. ; die 
Köpfe nüt Heiligenschein); eine weitere Reihe früher bei Duca 
di Marianella in Neapel. 10 Apostel. Nach Justi „gute Atelier- 
arbeiten. Jacobus — der als Selbstporträt des Meisters bezeichnet 
wird — ,am besten^ neben dem etwas jugendlichen Johannes". 

Auf Ribera als Vorbild geht schUeßlich noch der — stark über- 
malte — Apostelcyklus im Kapitelsaal der Valladolider Catedral 
zurück. 

Schulbild der schöne Kopf, Genua Pal. Durazzo. Der braun- 
bärtige Apostelkopf, Museum von Montpellier 625, scheint eher der 

^) Das Kniestück 282 in der Sammlung Hairach-Wien mit gefälschter Signatur ist 
eine der tüchtigsten Nachahmungen. Für Ribera zu breit und zu stumpf in den Tönen. 
*) Ahnlich der Jacobus in der Sakristei von S. Filippo Neri in Neapel. Gleichfalls aU 
Porträt bezeichnet (h. 0,75 br. 0,65). 



76 

Bologneser Schule anzugehören. Schulbilder die Apostel in det 
Galeirie Harrach-Wien (164, 167, 230, 256, 262). 

Waagen erwähnt *) bei Mr. Matthew Anderson^ Jesmond Cottage 
bei Newcastle^ einen Apostel Simon und einen Jacob, d. J. „ot 
unusually grand and eamest conoepcion of broad drapery con- 
foitmable to 3ty]e and biasterly handling". 

In der Chatsworthgaleri^ ein Apostel Paulus in rotem Mantel; 
Kopf gesenkt^ vertieft in die Lektüre der Schriftrolle, die er in 
der Linken hält, die Rechte mit dem Schwert erhoben. Das Haar 
rötlich. 

In die Entstehungszeit des Pradocyklus fallen auch die größeren 
Studien, gleichfalls im Prado: Petrus 975, Simon 978, Andreas. 

Petrus (1,28X1, — , Abb. 20) grandios in der Silhouette und in 
der Faltengebung, trotzdem gerade er derjenige Apostel ist, den Ri- 
bera am meisten in Positur gesetzt hat : Der alte weißbärtige Fischer 
ist frisch gewaschen und frisiert worden, das Haar gewellt, der 
Bart geschnitten. Ein großes gelbes Laken wurde ihm als Mantel 
übiergeworfen, in seine Linke ein Buch, in die Rechte zwei Schlüssel 
gedrückt, die er nun recht hochhält. Dabei blickt er bei seit- 
licher Körperhaltung mit fast völlig nach vom gedrehten Kopf den 
Beschauer an: „Jaja, seht nur, ich bin jetzt der Petrus". 

Der Apostel Simon (i. 07X0^91) scheint ungefähr 1630/31 ge- 
gemalt zu sein. Er zeigt in der technischen Behandlung die größte 
Verwandtschaft tnit dem; „Archimedes" und dem noch zu jer- 
wähnenden „Gatmbazo"; nur daß er mit am breitesten gemalt ist. 
Sehr auffällig auch der dünne Nimbus, der einzige mir bei Ribera 
bekannte. Die etwas summarische Angabe eines lichten Streifens 
um das Haupt der Heiligen), z. B. Petrus, Hieronymus von 1644, 
kann nicht gut als Heiligenschein ausgelegt werden, da sich dieser 
Streifen auch bei dem Archimedes findet. (Es ist dies aus rein 
künstlerischen Absichten hervorgegangen; Der Kopf soll sich 
wirkungsvoll vom Hintergrund abheben.) 

Am meisten Beifall aber fand der hl. Andreas (h. 1,27, 
br. I, — ), Kniefigur wie die anderen. Die Rechte auf die Brust 

^) Waagen, Galleries and Cabinetts, 481. 



Abb. 20 DER HL. PETRUS Madrid Prado 



i 

> K 



n 

legend^ die Linke leicht in Redegebärde ausgestreckt^ blickt 
der graubärtige lockenhaarige Heilige — in ein dunkles Ge- 
wand gekleidet — zum, Himjnel empor: Der sich hingebende 
Märtyrer. Vom jauf dem Tisch ein Fisch, im Hintergrund idas 
Andreaskreuz. 

Eine gleich vortreffliche Originalreplik in Dresden Nr. 688. 
(Abb. 22, gleiche Größe.) 

Das Madrider Bild ist etivas weicher als das Dresdener; wärmer 
im Ton, aber weniger sorgfältig durchgeführt (Modellierung der 
linken Hand I), Haarbehandlung einfacher. Das Dresdener Exemplar 
zeigt uns besser als manches anderes Werk Riberas, wie es der 
Meister verstanden hat, durch die eigenartige Fühnmg des fein- 
haarigen Pinsels allein schon vollkommen zu modellieren. 

Schulwiederholung in Neapel, Sakrist^ von S. Filippo Neri, 
bei Fehpe Villalonga in Palma de Mallorca, in Narbonne, sowie bei 
Konsul Weber in Hamburg. 

Weit wuchtiger jedoch wirkt die Kniefigur Prado 973. (1,23 
X 0,95, Abb. 21 .) Der alte Graubart steht hier, den Oberkörper völlig 
entblößt, vor uns. Im linken Arm hält er das Kreuz. Er blickt nach 
links nieder zu dem Fisch, den er an einer Schnur in seinex; 
Rechten hält. 

Eine mäßige Nachahmung eines Riberaischen Andreas, das 
Brustbild in einem BibUothekszimmer bei der Kirche S. Andr6s 
zu Valencia. 

Ein Evangelist Matthäus aus dem Jahr 1630, den Palomino 
erwähnt,^) ist verschollen. Das Bild war — auf einem Zettel — 
bezeichnet : 

Jusepe de Ribera espanol de la Ciudad de Xativa Reyno 
de Valencia Academico Romano. Ano de 1630. 
Mit dem Modell des „jüngeren Jacobus" (Prado 971) sehr ver- 
wandt ist der Kopf im Museum von Solothurn. Bez. 

Jusepe de Ribera /* 
1634. 

^) Palomino, Mus. Pict III. 312. 



78 

Die Signatur ist letwas verdächtige das Bild selbst' kann sehr 
wohl ein Werk Riberas sein. 

Eine ganze Sajtnnüung von Charakterköpfen bietet uns das 
Halbfigurenbild „Christus und die Schriftgelehrten". Wien K. K. 
Gemäldegalerie 162 (h. 1,29, br. 1,75^ Abb. 16). Links die Gruppe 
von vier Gelehrten, höchst eigenartig zusammengehalten durch die 
Silhouette des Manteb, den der durch die Lupe blickende Ge- 
lehrte über den Kopf zieht. Christus sitzt rechts in einem Sessel, 
reines Profil. Leider macht der mit der erhobenen Rechten die 
Alten belehrende Knabe einen etwas dummlichen Eindruck. Man 
glaubt ihm nicht recht. Rechts im Hintergrund die ernsten, fast 
besorgt erscheinenden Köpfe des alten Joseph (Profil) und Marias 
(de face). Am wirkungsvollsten der Unterschied zwischen dem 
rotbraunen Inkarnat der Gelehrten und der helleuchtenden Fleisch- 
färbe des jungen Jesus. 

Eine kleinere, gute Kopie in der Bridgewatergalerie (279, 47 
X67 cm), die aus der Galerie Orleans stammt. Gegen Wien die 
Tönung stärker rötlich, das Ganze ]e4och ohne das rechte Feuer. 

Wie die „Disputation" stammt auch die „Kreuztragung" der 
Wiener Galerie aus der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wil* 
heim. (501, h. 1,44, br. 1,98) Halbfigurenbild. Es ist jedoch 
kein eigenhändiges Werk Riberas ; dafür ist es in den Formen viel 
zu wenig bestimmt, zu weich, verflossen, in den Bewegungen zu 
lahm (wie Christus das Kreuz trägt 1 vor allem der rechte Arm 
ungenügend). Das Bild ist ganz offenbar eine Arbeit Giordanos, 
was auch die Typen (z. B. der Soldat ganz links) und die Färbung 
beweisen. 

Offenkundige Frühwerke Giordanos, die Riberas Stil nach- 
ahmen, sind auch die Bilder Nr. 108 und 109 des Museums von 
Bordeaux: „Eine Versanunlung antiker Gelehrten*' und die „Dis- 
putation des hl. Hieronymus mit den Schriftgelehrten" ; beide Knie- 
figurenbilder. 

Von der Hand eines mäßigen Nachahmers ist die krause 
„Hieronymusdisputation" Nr. 81 der Galerie der Academia di S. 
Lucca in Rom. 



79 

lO. 

Die Freude Riberas am Chakteristischen, Eigenartigen kommt 
aber vielleicht am stärksten in zwei Porträts aus jenen Jahren zum 
Ausdruck: Das Bildnis der bärtigen Maddalena Ventura und das des 
blinden Bildhauers Gambazo. 

Das Porträt der Ventura befand sich früher in S. Xldelfonso^ 
kam dann in die Academia de S. Fernando^ aus der es eines schö- 
nen Tags verschwunden war. Auf einmal tauchte es in den acht- 
ziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wieder auf: bei der 
verwitweten Herzogin von Medinaceli. Gegenwärtig befindet les 
sich im Besitz des Duque de Lerma in Madrid. 

Das Bildy von jeher gerühnxt, wird von den Kennern kurzweg 
als y^La barbosa'^ die Bärtige, bezeichnet.^) 

Eine ninzlichfi ältere Frau mit langem schwarzen Bart. Die 
harten Züge eher männlich als wieiblich. An ihrer Brust hält sie 
stillend ein Kind. Ihr Gatte, ein Gtieis, steht hinter ihr. 

In der einen Ecke liest man: 

Retratto de Maddalena Ventura nadda en los Abruzzes edad 
de 52 aiios. Tenia 37 aiios quando le empiezo a crecer una barba 
larga. a tenido tres hijos de su marido Felix de Amids. Pintado 
del natural para la admiradon de los vivientes per Jusepe de 
Ribera 163 1. 

Eine weit bedeutendere Leistimg aber ist das Porträt Gambazos. 
Prado 1003 (h. 1,25, br. 0,98, aus dem Escorial^ Abb. 23) bez. rechts 

Jusepe de Ribera 
F. 1632. 

Der bärtige, greise Bildhauer steht de face mit fast vSUig 
geschlossenen Augen an einem Tisch, auf dem ein spä^jxiechischer 
marmorner Apollokopf hegt, den er mit beiden Händen betastet. Ge- 
kleidet ist er in einem einfachen schwarzen, etwas zerschlissenen 
Rock; an den Ärmeln unten wie am Hals kommt das Hemd zum 
Vorschein. 

Ganz vorzüghch ist der Gesichtsausdrude gdungen; man spürt 
die geistige Arbeit, die gesammelte, angestrengte Tätigkeit des 

^) cf. Viardot: Les mus^es d'Espagne. Paris 1843. S. 175. AusfOhrlich be- 
schrieben von Paul Lcfort: G. d. B-A. U per. XXV (1882, T) S. 40 ff. 



8o 

Blinden, sich aus dxtai Abtasten der Formen ein leibliches Bild voU 
dem edlen Antikenkopf zu schaffen. Meisterlich die Modellierung 
der Hände. 

Nicht Ribera angehört der ^^Mann mit der Vase" bei Graf 
Harrach in Wien, der eine ganz andere Technik zeigt,^) ebenso 
der y^Duns Scotus" Hampton Court 871 (779) ein sehr minder- 
wertiges Werk. — Das Bildnis in der Braunschweiger Galerie 498 
(h. 0,72, br. O960), das eine Zeitlang als Porträt Zurbarans galt, ist 
wahrscheinlich ein Wierk der Sevillaner Schide. 

Das Bild ,,Simone Paganucci" genannt, Floren;z, Palazzo Pitti 
117, ist sehr gedunkelt und hängt so hoch, daß eine genaue Be- 
urteilung unmögUch ist. 

II. 

Demselben Jahr wie der Gambazo gehören die Kolossalgemälde; 
„Prometheus" (Abb. 13) und „Ixion" im Prado (1004, 1005) an. Zu 
diesen gesellten sich noch ein „Sisyphus" und ein „Tantalus" früher 
in Buonretiro, jetzt verschollen.^) 

Die Darstellung dieser vier großen Männer, die sich' in frevel- 
haftem Übermut zu den Göttern erhoben hatten tmd so schwer dafür 
büßen mußten, war in jener Zeit anscheinend sehr beliebt. Eben- 
falls im Prado befindet sich ein „Sisyphus" und ein „Prometheus" 
von Tizian gemalt. Die beiden Gemälde hingen früher im kgl. 
Schloß zusammen mit einem „Tantalus" imd einem „Ixion", Kopien 
nach Tizian von der Hand des Hofmalers Alonso Sanchez Coello. 
Auch Giordano ist im Prado (223 — 225) mit einem „Prometheus",*) 
einem „Ixion" und „Tantalus" vertreten, Gemälde, in denen er 
Ribera nachahmen, wollte. 

Die vier Bilder Riberas sollen sich nach Sandrart^) früher in 
Amsterdam im Besitz eines Herrn van Uffel befunden haben. Da 
sich aber dessen schwangere Ehefrau Jacoba an einem der scheuß- 
lichen Bilder versehen habe und eine Mißgeburt erfolgt sei, so 

') Wohl Madrider Schule um 1660. *) Verloren auch ein ,,Laokoon" frfiher in 
S. Ildelfonso, verschollen ein ,,Kampf des Herkules mit einem Kentaur" früher in der 
Sammlung Louis-Philippes zu Paris „ein Bild von widerwärtigem Eindruck" (Nagler, Xm 
99). *) Kopie nach einem Prometheus von Ribera oder Giordano in Cassel. ^) Sandrart, 
Tentsche Akademie 191. 



8i 

hätte der Gatte die Bilder schleunigst nach Italien verkauft; von 
da sind sie später nach Spanien gekommen. 

Diese Kolossalgemälde sind natürUch Arbeiten mehr deko- 
rativer Art, ebenso wie die Philosophenbilder oder die „zwölf Taten 
des Hercules**, die Zurbaran um dieselbe Zeit für Buonretiro malte, 
(h. 2,27, br, 3,01) „Ixion** bez. rechts. 

Jusepe de Ribera 
F. 1632. 

Die Aktfig^en mit ihrem schwerrötlichen Kolorit sind bei 
aller glänzenden Beherrschung des männlichen Körpers doch un- 
erfreuliche Werke; sie machen mit den rohesten Eindruck im 
ganzen Oeuvre Riberas. 

Ebenfalls in diese Zeit gehört der ganzen Anlage und Färbung 
wegen das kolossale Brustbild des hl. Christophorus, Prado 1002. 
(h. 1,27, br. I, — ; aus der Kapelle des Pal. nuevo.) 

Mit den oben genannten Bildern zusammen verkaufte Herr 
van Uffel nach Sandrart auch einen „Cato vor Utica sich den Ver- 
band abreißend**. Das Kniestiick dieses sterbenden, in Verzweiflung, 
Wut und Schmerz laut aufbrüllenden Republikaners befand sich 
früher in der Samlnlimg der Herzogin von Montpensier im Palazzo 
Santelmo in Sevilla, (jetzt in Sanlucar de Barrameda?) 

Auch hier alles Gewicht auf das rein Physische gelegt, der 
Eindruck daher gleichfalls wenig befriedigend. 

In die erste Hälfte der dreißiger Jahre wird wohl ein Gemälde 
zu setzen sein, das nur in zwei Fragmenten auf uns gekommen ist: 
„Der Triumph des Bacchus**. Wie so manches Meisterwerk wurde 
auch dieses Bild bei einem Palastbrand derartig mitgenommen, 
daß man sich entschloß, das ganze Gemälde aufzugeben mit Aus- 
nahme von vier Köpfen oder Brustbildern, die herausgeschnitten 
und im Pal. Buonretiro in der" Sammlung Carls III. aufgehängt 
wurden: Der Kopf des Bachus imd drei weitere Köpfe. Auf uns 
sind nur zwei gekommen, die „Sibylle** (Abb. 24) und der „Bacchus- 
priester**, loii und 1012 des Prado. 

Es war ein Gemälde mit lebensgroßen Figuren von leuchtendem 
Kolorit. Wie das Bild im ganzen ausgesehen hat, läßt sich nicht 
mehr sagen. Die Figuren heben sich von einem tiefroten Grund 

Mayer, Jutepe de Ribera (Lo Spagnoletto). 5 



82 

I 

! ab. Die „Sibylle", geivannte Frau, macht den Eindruck läner 

Zuschauerin. 

I 12. 

I Wieder auf das religiöse Gebiet führt uns das Gemälde im 

Kapitelsaal des Escorial „Jacob mit der Herde Labans". Bez. 

Jusepe de Ribera espanol 
F. 1634. 
Man ist versucht ,die letzte Ziffer zuerst als 2 zu lesen, es ist 
jedoch eine 4 (h. 1,75, br. 2,20). 

Jacob in braunem Kittel, schwarzbärtig und dunkelhaarig, blickt 
kniend, die Linke .auf der ßrust, die Rechte auf den Rücken 
eines Lantmes legend, z^um jHimmel empor. Die prachtvoll ge- 
malte Herde läßt uns Ribera als ausgezeichneten Tiermaler schätzen. 
Herrlich vor allem der Widderkopf rechts. Links eine Felskulisse, 
rechts Aussicht in eine weite Landschaft, in der man ganz entfernt 
den schlafenden Jacob (erblickt. Dies hat offenbar Müller (Dres- 
den) übersehen, der die Szene als die „Berufung des Moses am 
Berge Horeb" deuten wollte.^) 

Das Bild war sehr beliebt, wie uns die Kopien bei Earl of Derby 
(1857 in Manchester ausgestellt und als Original ausgegeben), in 
der Dresdener Galerie 689 und bei Marques de Palmer (Palma de 
Mallorca) beweisen. Eher als bei diesem Werk nüöchte man bei 
Nr. 244 der National Gallery in London an die. „Berufung Mosis** 
denken. Das Bild (h. 4ft. ^1^ in., br. ßft. 6V4 in.) ist sehr schlecht 
erhalten, so daß man Riberas Autorschaft mit gleich geringer 
Sicherheit behaupten wie bestreiten kann. Jedenfalls ist das Ge- 
mälde aus seinem Atelier hervorgegangen und die immer noch 
ziemlich rötliche Camation macht es wahrscheinlich, daß es anfangs 
der dreißiger Jahre entstanden ist. Für den Schäfer diente das 
gleiche Modell wie für das Esoorialbild. Unter einem Baum sitzend 
hält er nach rechts oben bUckend in der lässig gesenkten Linken 
den Hirtenstab, die Rechte greift nach dem Lamm, das, auf ein 
Tuch gebettet, auf seinem Schöße ruht. Links AusbUck in die 
gebirgige Feme. Abendstimmung. 

^) cf. Bemerkung im Dresdener Galleriekatalog zu Nr. 689. 



83 

Der Baum schmiegt sich in der Bewegung an die des 
Mannes an. 

Waagen, der das Bild noch bei Lord Colbome sah, (aus dessen 
Besitz das Gemälde 1854 in, die Galerie kam), spendet ihm hohes 
Lob^) „of. unusual elevation of character, golden in colour and 
masterly and marrowy in touch." 

Das Jacobsmodell hat dann Ribera — ganz getreu in der: 
Haltung von Kopf und linker Hand — in dem „hl. Joseph mit 
dem Jesusknaben" benutzt. (Prado 979, h. 1,26, br. i, — ) Kniestück. 
Zu dem Heiligen, der in der Rechten den Blütenstab hält, bUckt 
der kleine Jesus auf, der in seinen Ärmchen ein Körbchen mit den 
Marterwerkzeugen herbeiträgt. 

Schulgut die Halbfigur des hl. Joseph, der das Kind auf den 
Armen trägt. (Granada, Kathedrale. Gap. de la Trinidad). 

Das Gesicht des blondhaarigen Jesusknaben auf dem Madrider 
Bild hat etwas von innen durchleuchtetes, ebenso wie der Engel 
auf dem — als Pendant gedachten? — Gemälde „Die Extase des 
hl. Franziscus". (Prado 998, h. 1,28, br. 1,20 Abb. 25.) Kniestück. 
Beide Bilder stehen auf der Grenze der ersten und zweiten Epoche des 
Künstlers, sind also um 1635 entstanden. 

Der hl. Franz fast im Profil nach rechts, schwarzbärtig, mit tief- 
liegenden Augen, erstaunt zu dem goldblonjdgelockten Englein em;^ 
porblickend, das mit dem Oberkörper aus einem Wölkchen hervor- 
leuchtend, in den Händen eine Phiole mit kristallklarem Wasser 
hält: Das Wasser natürlich hier als Symbol der Reinheit. Eben^ 
so wie der Putto zeichnet sich auch das Gesicht des Heiligen durch 
ein intensiv weißlichgelb leuchtendes Kolorit aus. 

Nicht vor diese Zeit, vielleicht sogar erst gegen 1640 sind die 
Gemälde Prado 997, S. Maria Ägyptiaca 999, der jugendliche Jo- 
hannes d. T. in der ^Wüste, 980 die reuige Magdalena und 977, 
Apostel Bartholomäus zu setzen. Sämtlich lebensgroße Figuren 
(h. 1,83, br. 1,97), eine Signatur konnte ich nicht finden. 

Die vier Bilder gehörten dem Marques de los Llanos und kamei^ 
später in den Pal. Nuevo (Sammlimg Carls III.) Sie befanden sich! 
da in der pieza de conversacion de la infanta. 

^) Waagen, Art treasures II 241. 

6* 



84 

Leider haben ^ie durch Restauration sehr stark gelitten, was 
die genaue zeitliche Festlegung natürlich noch mehr erschwert. 

Es entsprechen sich je zwei Heilige : Der alte Bartholomäus und 
die greise Maria Ägyptiaca; der junge Johannes und die jugend- 
liche Magdalena. Die Alten in ihrer scheinbar unverwüstliche^ 
physischen Konstitution, ebenso vorzüglich gekennzeichnet wie die 
Jungfen in ihrer zauberhaften frischen Schönheit. Alle aber sind 
von tiefster Religiosität durchdrungen, die Alten leidenschaf tUcher, 
die Jungen inniger. 

Der greise Apostel sitzt auf einem Stein am Fuß eines ge- 
waltigen Baumstammes vor einem mächtigen Felsen, nur mit einem 
grauen Mantel bekleidet, der Brust und Arme freiläßt. Mit der 
Linken hält er das Gewand auf der Brust fest, in der erhobenen: 
Rechten zeigt er uns das berühmte Marterinstrument: Das Messer. 
Den Kopf de face schaut er uns mit kraftvollem Blick an. Der 
rechte Fuß etwa3 vor, der linke etwas erhöht zurückgesetzt. Das 
Ganze von ungemeiner Dringlichkeit. Ein überwältigendes Pathos, 
ein faszinierender Schwung geht von diesem graubärtigen jünglings- 
frischen Blutzeugen aus. 

Und im Johannes (Abb. 27) eine Milde und Süßigkeit, wie sie 
bei männlichen Gestalten Riberas nie wieder vorkommt. Wer ver- 
zichtete da nicht bei diesem Lächeln des heiligen Knaben auf all die 
lächelnden, übermäßig liebenswürdigen Heiligen der Sevillaner I 
Das Bild war stets ein Entzücken der Beschauer, schon Palomino 
äußert sich in diesem Sinn „con tal propriedad que mueva a risa 
a quantos lo miran."i) 

Daß hier eine Erinnenmg an oberitalienische Eindrücke, an 
Lionardo vor allem, vorliegt, ist auf den ersten Blick klar. Ganz 
vollendet, wahrhaft klassisch wirkend ist die Komposition, der Fluß 
der Linien bei diesem dunkeläugigen Jüngling, dessen Brust völlig 
frei, dessen Leib und Oberschenkel nur mit einem Fellchen — mit 
einem Strick zusammengehalten und mit der Haarseite nach innen 
gekehrt — bedeckt wird und über dessen rechtes Bein ein roter 

*) Palomino Mus. pict. lU. 311, hier jedoch als im Escorial befindlich erwähnt 
Wie eine gemeine Karikatur wirkt der schmunzelnde Johannes im Hampton Court Palace 
174 (x66), eine „freie" Kopie des Madrider Bildes. 



5* 



85 

Mantel fällt. Wie der Sitzende mit der' hocherhobenen Linken den 
Kreuzstab umfaßt hältl Welch ein Fluß im rechten Arm und in 
der Hand^ die dem Lamm^ das sich von links her naht^ etwas reicht I 
Der mächtige Baumstamm^ vor dem Johannes sitzt^ folgt der Be- 
wegung des Heiligen; sehr fein, wie dieser Diagonalen eine andere 
in Gestalt des kleinen Stumpfes entgegenwirkt. Eine duftige Fem- 
sidit auf ein Schneegebirge vollendet den zauberhaften Eindruck^ 
den dieses Meisterwerk trotz aller Zerstörung noch auf den Be- 
schauer macht. 

Das weibliche Gegenbild zu diesem Johannes^ die reuige Magda- 
lena, ist in jeder Hinsicht jeine Vorläuferin der hl. Agnes in 
Dresden von 1641 und soll darum auch dort erst ihre eigentliche 
Würdigung finden. 

Die alte Büßerin tritt uns in der Maria Ägyptiaca entgegen, 
dem weiblichen Hieronynms Riberas. Es liegt etwas durchaus 
vergeistigtes in dem Blick der Matrone, die in ihrer Höhle auf 
einem Stein sitzend die Hände betend gefaltet hat und die Augen 
zum Himmel erhebt; das Haupt mit kurzem grauen Haar bedeckt; 
bekleidet ist sie nur mit einem: dunklen Mantel, der Arme, rechtq 
Brust und die Füße freiläßt. 

ff 

Ein Brustbild, in Haltung diesem Madrider sehr verwandt, itni 
Museum von Montpellier 776. (1,31x1,04). Bez. 

Jusepe de Ribera espanol F. 1641. 

Das Gemälde (Abb. 43) hat durch Restauration stark gelitten, 
vor allem sind die Hände übel zugerichtet worden. Die Gesamtauf- 
fassung ist naturalischer. Merkwürdig die wie im Fieber glänzen- 
den Augen. 

Ein ähnliches Bild, jedoch Schulgut im! Museum von Cadiz 
(Nr. 45). 

In dem mehrfach zitierten Aufsatz in der Zeitschrift für chrisd. 
Kunst V. erwähnt Justi eine ähnliche naturalistische Maria im Be- 
sitz des Duca di Miranda in Neapel. Bez. 

Jusepe de Ribera espanol 
F. 1651. 

In einer Notiz beschreibt sie der Gelehrte wie folgt: >,Ein 
gealtertes einst schönes Weib; magerer Hals; oberer Brustknoch^ 



86 

sich^har; ihre großen staik hervortretenden Augen, der einzige 
Rest ihrer früheren Schönheit, nach oben gerichtet. Die Haaret 
nicht aufgelöst, herabgestrichen und mit einem weißen Tuch zu- 
sammengebunden; kurze Stirn; ärmliche Kleider.*' Später zweifelte 
Justi das Bild stark an „seiner Gemeinheit wegen". 

Etwas nüchtern wirkt diei „hl. Teresa", Halbfigur im Museum! 
von Valencia; schwerlich Original. Die ziemlich porträtgetreu 
wiedergegebene Heilige schreibt gerade, von der hl. Taube in- 
spiriert, ihre himmlischen Eingebungen nieder. Mit erhobener Feder 
blickt sie die Taubei an, man merkt, sie paßt scharf atifl Diese 
Art der Auffassung g^^iahnt melhr an einen Velasquez als an; 
Ribera. 

R DER FREIE MEISTER. 

I. 

Mit der Concepcion des Monterey-Klosters in Salamanca von 
1635 (Abb. 29) hat sich endlich der Meister gefimden. Ein heller 
Jubel klingt aus dem Bild, die Freude über den Sieg des Lichtes, der 
Farbe. Und diese glühende, glänzende Farbengebung ist es, die 
sich zuerst unserer Bewunderung aufdrängt imd alles andere bei 
dieser Concepcion aller Concepcionen im Anfang vollkommen in 
^en Hintergrund schiebt. 

Ein mächtiges Rauschen geht durch das Werk, der g^ze 
Himmel ist in Bewegung. Nur die Jungfrau selbst ist ruhig. Wie 
sie fromm die schmalfingrigen Hände über der Brust kreuzt und 
ganz leise, kindlich gläubig lächelnd vertrauensvoll die großen 
Augen erhebt, das alles läßt den Beschauer in die Worte aus- 
brechen: Ja, dies ist die I^nmlaculata, die reine, selige, tiefbeglückte 
Himmelsbraut I Fern, ist jeder Gedanke, daß diese Jungfrau der 
Erde entstamme; sie erscheint ganz mit ihrem königlichen An- 
stand als eine Märchenprinzessin, pder richtiger gesagt, als die 
wahre Himmelskönigin. 

Zu dem Eindruck des Majestätischen trägt nicht wenig der 
wie ein Segel vom Wind geblähte Mantel bei, der eine Silhouette 
von seltener Größe abgibt. Ja, davon lebt eigentlich die ganze 
Gestalt 1 Hier kommt der Barocco vollkommen zum Durchbruch: 



Abb. 29 LA CONCEPQON SaUmanca Agostinas recoletas 



87 

Man denke sich einmal den Mantel weg und man wi^d eine über- 
mäßig lange Gestalt ä la Greco erhalten^ wird bemerken, daß wie 
bei Greco die unteren Extremitäten im Vergleich zum Oberkörper, 
zu lang sind. So aber wäre es geradezu verfehlt, die Proportionen 
anders zu nehmen; der weit nach rechts ausgebauschte Mantel 
stellt jede künstlerische Harmonie wieder her. 

Nicht zu vergessen auch die feindurchdachte Anordnung des 
Lockenhaares, das in zwei Strömen nach rechts und links her- 
niederfließend, die Mantelsilhouette überaus glücklich ergänzt. 

Wenn auch das eigentlich Körperliche bei Maria etwas ge- 
dämpft ist, so konnte sich Ribera doch nicht dazu entschließen, 
dem alten Brauch der Concepciondarstellung gemäß auf das Kör- 
perliche so gut wie ganz zu verzichten; so ist es denn eine Neue- 
rung des Meisters, daß er uns die Füße der Jungfrau sehen läßt, 
die über der nach oben geöffneten Mondsichel schweben. 

Die blondhaarige Königin ist in ein silberschimmemdes Atlas- 
gewand gehüllt, darüber trägt sie einen blauen Mantel, der oben, 
zugeknöpft ist. Um ihr Haupt ein schmaler, in ganz feine Strahlen, 
auslaufender Glorienschein. Über ihr ein schwebendes Diadejm: 
ein Reif von zwölf goldenen Sternen, 

Darüber erscheint in einer großen, goldbraun schimmernden 
Engelswolke die hl. Taube und über dieser wiedertun aus der 
Tiefe heranbrausend in fast horizontaler Lage Gott Vater, ein. 
milder Greis mit leuchtenden Augen imd langem weißen Bart, 
hoch über sein Haupt die Rechte reckend, Maria zur Gottesmutter 
und Herrscherin des Himmels weihend. Auch er in lichte Farben 
gekleidet: sein Rock hellgrau, der Mantel hellrot. 

Vorzüglich die Engelswolke, die sich weit, weit ins Bild hinein 
mit den vielen Engelsköpfchen zu verlieren scheint: die Unend- 
lichkeit des Himmels. 

Und wie die obere, so ^uch die untere Wolke; ein großer 
Ring von Engeln, über d^sen Mitte Maria schwebt. Hier herrscht 
nun bunteste Mannigfaltigkeit. Große und kleine Engel, beklei- 
dete und nackte, anbetende in stiller Verehrung wie der vom 
rechts — in blau mit rotem Miantel — , oder in Begeistenmg wie 
der große in dunkelgelb gekleidete, goldlockige links. Ganz in 



88 

dessen Nähe^ein wunderschönes kleines Engelchen, die Hände fal- 
tend und mit frommem echtem Kinderblick zur Madonna empor- 
schauend; iein eftwas größerer ganz im Vorderg^nmd, gedankenlos 
die Bewegung des Händefaltens nachmachend, dann wieder zwei 
Putti, die sich kosend umarmjen; kurz, ein unerschöpflicher Reich- 
tum von Gestalten und Motiven. Dazu die Engel mit den Symbolen 
der Concepcio immaculata. Wie meisterhaft ist das dem Ganzen 
eingefügt, ohne jede aufdringliche Weisheit. Wie die Kleine^ 
stolz den Spiegel halten, ein größerer links den Zweig mit RoseH 
und Lilien hochhebt, dies alles ist von der größten Ungezwungenheit. 

Höchst interessant der Engel rechts, der mit seiner Linken, 
einen Rosenzweig hochhebt und dabei sich umwendend zu einem 
Gespielen niederblickt: eine huldigende Erinnerung ßn Corregio. 

Mit feinster künstlerischer Diskretion der Tempel in den Lüften 
rechts angedeutet. 

Über die Erde ist ein Dämmerlicht gebreitet. Sonst ist alles 
hell, leuchtend. Wie die Englein jubilieren, so jauchzt auch das 
Licht, die Farbe. 

In der Kamation ist der schwer rötliche Ton ganz verschwun- 
den. Die Engel zeigen, vor ^em in den Konturen, ein helles, 
durchscheinendes Rot. 

Mag man Murillo inmler den Maler der Concepcionen nennen, 
Ribera ist der Maler der Concepcion schlechtweg. Es ist keines- 
wegs übertrieben, wenn man sagt: Keine Murillosche Concepcion 
reicht an diese heran, die in wahrhaft klassischer Weise das Thema 
erschöpft und die gewünschte Stimmung auslöst, ohne auch nur 
einen Augenblick weichlich zu werden. Auch der Engelmaler 
Murillo hat keine herrlicheren Kinder auf die Leinwand gezaubert 
als hier Ribera. 

Bezeichnet ist das Werk, eine Stiftung des Vizekönigs .Graf 
von Monterey, 

Jusepe de Ribera 
espanol Valenciano 

F. 1635. 
Die Figuren überlebensgroß. Das Bild ziert noch heute lals 
Mittelstück den Hochaltar der Kirche des Klosters der Agustinas 



89 

recoletas (errichtet 1598 — 1636), nach seinem Erbauer auch Mon- 
tereykloster genannt. 

Unbegreiflich erscheint es nach diesem Gemälde^ wie man 
Ribera die Concepcion im Prado (984, h. 2,20 br. 1,60) zuweisen 
konnte; ein krudes Bild, das schon mit der furchtbar harten, hoch- 
gezogenen Halskontur, der halbweinerhchen Miene der Madonna 
und der rötlichen Färbung einen erkältenden Eindruck macht. 
Dazu ist noch der untere Teil der Gewandung mit den Füßen auf 
der Mondsichel wie die Arme buchstäblich von der Concepcion 
in Salamanca abgeschrieben, ebenso die Anordnung des Mantels 
links oben, während die grandiose Entfaltung nach rechts hier 
stark eingeschränkt ist. Schließlich noch die platte Engelskulisse 
rechts und links, die harten Konturen der Engelsköpfe. Kurzum, 
es ist das Werk eines mittelmäßigen spanischen Ribera -Verehrers. 

Wohl Kopie nach einem Riberaschen Bild, vielleicht auch eine 
Nachahmung, die Concepcion in der Galerie Harrach in Wien (350), 
bezeichnet 

Jusepe dei Ribera espanol 
1637^ 
für Ribera viel zu hart und flüchtig, ohne inneres Leben, auch 
von Verzeichnungen nicht frei. 

Im* Auftrag des Grafen Monterey hat Ribera noch eine Anzahl 
ariderer Gemälde für die Kirche des Montereyklosters in Sala- 
manca geschaffen, die alle um das Jahr 1635 entstanden, sind. 
(Der Graf war von 1631 — 1636 Vizekönig von Neapel.) Eine ge- 
nauere Datierung ist ausgeschlossen, da diese Bilder wie keine; 
anderen durch jibelste „Restauration** fast gänzhch imgenießbar 
'^geworden sind. Oft kann man Riberas Hand überhaupt nur noch 
ahnen. Verschwunden ^st das Bildnis des Grafen, Monterey ^nd 
das seiner Schwester, Dona Margarita Fonseca. 

Das früheste .Gemälde scheint die ^,Geburt Christi" zu sein 
(linkes Querschiff), künstlerisch heute so gut wi^ verloren. Etwas 
besser erhalten die „Madonna mit dem hl. Antonius und Augustin'* 
(rechtes Querschiff). Die Madonna (mit dem Rosenkranz) selbst 
ist von großer Schönheit; das Kind segnend, die LUie dem, jungen 



90 

Antonius reichend. Auch die Engel zeichnen, sich durch hohe 
Anmut aus. 

Mit am spätesten von diesen Bildern^) ist wohl „I>er hl. Janua- 
rius" gemalt (auf der Epistelseite des Langhauses). Seine Ent- 
stehung verdankt dieses Bild vielleicht dem großen Vesuvausbruch 
von 1631. (Die ersten Eruptionen begannen am 16. Dezember.) 
Der Vizekönig .war damals überall zur Stelle, vornehmlich aber 
beteiligte er sich stets bei den Bittprozessionen mit dem Blut des 
hl. Januarius^ wie aus Briefen des Jesuitenpaters Ascanio Capell 
und von £}iov. Batt. Manzo, marchese di Villa, hervorgeht.^) 

Der Heilige ist dargestellt, wie er auf einer Engelswolke über. 
Neapel zum Himmel emporschwebt. 

Den Körper nach rechts gerichtet, wendet er uns sein jugend- 
liches, mit der jMitra gekröntes Haupt zu, die Augen gen Himmel, 
die Linke auf der 3nist, die Rechte nach oben weisend. Seini 
braunroter Mantel, der eine machtvolle Silhouette abgibt, ist sehr 
breit behandelt. Ein Englein links trägt auf einem Buch die beiden 
Fläschchen mit dem wundertätigen Blut. Oben eine Engelsgloriole^ 
unten der Blick auf den Neapolitaner Golf, vom Posilipp aus ge- 
sehen, sehr klar wiedergegeben. 

Trotz aller Restaurationen spürt man doch noch die feine Ab- 
tönung der Farben durch. Ein matter Silberton liegt über dem: 
Ganzen. 

(Der gleiche Vorwurf auch von Vacarro behandelt, Prado 515, 
jedoch in der Farbe und namlentlich im Ausdruck hinter Ribera 
zurückbleibend.) 

Ob der „Hl. Augustin" (linkes Querschiff) ein eigenhändiges 
[Werk des Meisters ist, läßt sich bei dem heutigen Zustand des 
Bildes nicht mehr genau feststellen. Es macht sich ein Streben 
nach Monumentalität bei diesem Heiligen bemerkbar. 

In diese Zeit gehört auch der hl. Augustin Prado 992 (h. 2,03, 
br. 1,50). Der schwarzbärtige Heilige kniet im Gebet nach rechts 
gewandt in seiner schlichten Zelle. Er trägt die schwarze Kutte 

^) „Die PieÜi" am Gipfel des Retablo ist bei den anderen Pietibildern dieser 
Periode behandelt *) Mitgeteilt von L. Ricdo, Naovi documenti soll' incendio Vesuviano 
dell' anno 1631, (Arch. Stör, per le prov. Nap. XIV. 489fr.). 



91 

seines Ordens. Überrascht von dem himmlischen Lichtschein, der 
die Zelle hell aufleuchten läßt, hat Augustin den Kopf umgedreht 
und blickt empor. 

Vielleicht ist dies Madrider Gemälde nur eine gute alte Schid- 
wiederholung.^) 

In der „Messe des hl. Gregor", die das Musemri von Amiens 
besitzt, hat für den hl. Gregor das gleiche Modell wie für den 
Augustin gedient. Bezeichnet ist das Bild an der Altarstufe 

Joseph de Ribera 
Napoles 1634. 

Gonse sagt von dem Gemälde^): „Les tons fauves jaunes et 
bruns d'une ampleur de styl et d'ime v^rit6 de dessin d'expression 
vraiment extraordinaires". 

Eine andere Wunderszene in der Mönchisbehausung zeigt uns 
das Bild „Das Christusknäblein erscheint dem hl. Antonius" in 
der Ac. S. Fernando zu Madrid (h. 2,14, br. 1,79 Abb. 26), bez. 
auf dem Tisch 

Jusepe de Ribera 
F. 1636«). 

Zusamimen mit diesem Bild sei hier die Variante von 1640 
im Escorial behandelt. 

Nicht den glückstrahlenden Antonius, der das rosige Kind 
in seinen Armen hält, wie Murillo ihn verewigt hat, will uns der 
Meister zeigen. Er gestaltet das Ganze erhabener, dramatischer. 
Der himmlische Knabe hat sich nur für einen Augenblick herab- 
gesenkt und ist schon wieder im Begriff, dem jungen Anbeter, der 
in Verlangen und Entzücken die Arme ausgebreitet hat, wieder zu 
entschweben. 

Zu einer körperlichen Berührung wie bei Murillo komtait es 
gar nicht. Es ist eine Vision des verzückten Heiligen. 

Auf dem Escorialbild bUckt Antonius [überhaupt nicht pach 
dem jungen Christus, sondern nach aufwärts, er sieht nach dem, 

^) In der zerstörten Kirche S. Felipe el Real in Madrid soll sich nach Jaldero ein 
Angustin von Riberas Hand befanden haben. ') L. Gonse, Les mus6es de France, 1617, 
daselbst auch Abbildung (1654 bei Gonse natürlich ein Druckfehler). ") Die letzte Zahl 
nicht ganz deutlich. 



92 

was ihm der BambiiK) zeigt. Das Ganze hier nach links. Die 
Diagonalbewegnng in den Figuren wird glücklich unterstützt durch 
die gleichfalls schräg, paralld ziu: Hauptbewegung verlaufende 
Schatteng^enze an der Wand. Das Bild ist sonst im ganzen schlich- 
ter als das Madrider. Bei dem Kind erblickt man nur drei Engels- 
köpfe. Antonius erscheint hier noch leidenschaftlicher. Das Christ- 
kind hat sich in einem Strom von Licht herabgesenkt, das pun 
mächtig durch die schlichte Zelle flutet. Die Mauer der Zelle 
zeigt einen feingrauen Ton. 

Das Ganze besitzt einen großzügigen, monumentalen Charakter. 
Von dem Akademiebild gute Kopie in Neapel (Chiesa S. Ferdi- 
nando, früher Francesco Xaverio, für die das Bild bestimmt war)^), 
eine weniger gute im Prado 1013 und in der Kathedrale von Gra- 
nada (Altar Jesus Nazareno). 



2. 

Am stärksten kommt Riberas Streben nach' Monumentalität 
zum Ausdruck in den Bildern „Paulus" imd „Petrus'' in Vitoria und 
in den alttestamentarischen Gestalten in den Zwickeln der Kirche 
von S. Martino. 

Petrus imd Paulus, früher in der Kirche S. Domingo in Vito- 
ria^, jetzt in der Disputacion provincial. Beide bezeichnet *) 

Jusepe de Ribera espanol 
Valenciano F. 1637. 

Paulus mit prachtvollem schwarzbärtigem,, schwarzgelocktem 
Kopf hält in der Rechten einen mächtigen Zweihänder mit der 
Spitze nach unten, in seiner herabhängenden Linken ein Buch. 
Nach links gewandt hat er den Kopf nach dem Beschauer gedreht. 
Beide Arme vollkommen von dem roten Mantel verdeckt. Leider 
versagt hier ausnahmsweise der Formenkenner Ribera, es gelang 

^) Unmöglich erscheint der Entstehungszeit wegen, dafl, wie Dominid 117 behauptet, 
der Beichtvater Osunas, dem Ribera den Auftrag fUr Gesü verdankte, auch diesen Auf- 
trag veranlagt habe. *) Dort sah sie in der Capeila del Noviziato D. Antonio Conca. 
Descrizione Odeporica della Spagna I. 12. ") Bermudez kennt nur die Signierung bei 
Petras. 



93 

ihm nicht, die Anne unter dem Mantel deutlich fühlbar zu machen. 
Der Mantel selbst, der auf dem Boden leicht nachschleift, ist meister- 
haft drapiert. 

Petrus tritt im ganzen hinter Paulus zurück, ist jedoch sorg- 
fältiger modelliert. Graubärtig, nach rechts gewendet, Kopf in 
Dreiviertelansicht, scharfblickende Augen. Er trägt ein blaugraues 
CJewand. Seine Rechte greift in die Falten des braungelben Man- 
tels, der auch hier äußerst wirkungsvoll drapiert ist, rechten Arm 
und Brust ganz frei läßt. In der Rechten hält er die beiden Schlüssel. 

Wie Paulus ist auch er neben einen einfachen, grauen Sockel 
gestellt. In der Ferne ein Gebirge angedeutet. 

Die bedeutendste Leistung Riberas auf diesem Gebiet sind 
jedoch die 12 „Propheten**, Moses und Elias in der Kirche von 
S. Martino über Neapel. Alle früheren Apostel- und Philosophen- 
bilder scheinen fast nur Vorstudien zu diesem Werk. 

Die Karthäuserkirche ist von Fansanga gebaut; ein Schiff mit 
je 3 Kapellen; zwischen den Arkaden eine Pilasterordnung. Die 
Propheten füllen die Zwickel der Arkaden über den Kapellen- 
eingängen. Der Najne „Propheten" paßt eigentlich nicht recht 
für die Gestalten, denn wir erblicken auch den alten Noah in 
ihrer Mitte, die Arche in fier Hand, die Taube mit Ölzweig zu 
seinen Füßen. Wichtig ist diese Figur vor allem deswegen, weil 
sich bei ihm die Signierung findet: 

Jusepe de 

Ribera es 

panol F 

1638. 

Über die Entstehung dieser Signatur bei Dominici^) folgende 
Anekdote: Der rechte Arm des Noah sei zu lang geraten — was 
in der Tat richtig ist — „ma per sostenere che il braccio stava 
bene dipinse a piedi di quel "Protetai la sua impresa quasi per 
gloriarsi quella essere opera di sua mano**. 

Es sind jedoch nicht alle Propheten im Jahre 1638 entstanden, 
wie die von Faraglia mitgeteilten Dokumente beweisen.^) Die VoU- 

^) Dom. 125. *) Faraglia, Notizie di alcnni artisti che himno lavorato nella chiesa 
di S. Martino sopra Napoli. (Arcb. stör, per le prov. Nap. XVU. S. 670). i. A primo 



94 

endung zog sich bis 1643 ^^^' Einzuschließen sind dabei die Halb- 
figuren von Moses und Elias über den Nischen an der Eingangs- 
wand der Kirche. 

Vollkommen haltlos ist durch das Bekanntwerden der Doku- 
mente die an und für sich schon unglaubliche Behauptung Raffaelq 
Liberatores^) geworden, Moses und Elias seien Arbeiten Lucca 
Giordanos. Unmöglich idies schon deshalb, weil Giordano ja erst 
1632 geboren ist. 

Es ist selbstverständlich, daß bei den beiden Figuren in jedem 
Bogen mit starken Kontrasten gearbeitet ist. Die eine ruhig: Ein 
Alter, der auf ein geschlossenes Buch deutet, das er auf den Knien 
hält; ein janderjcr, ganz in die Ldctüre vertieft, liest mit dem 
Finger nach, um ja kein Wort zu verlieren; ein Kahlkopf, mehr 
sinnend bei de^m Studium der heiligen Schriften: il Penseroso. 
Er stützt das Kinn auf seine Rechte. 

Auf der anderen Seite wieder die lebhafteste, momentanste 
Bewegung. Der sogenannte Arnos, der eben von einem hohen 
Gedanken erleuchtet sich rasch vorbeugt, um die Feder ins Tinten- 
faß einzutauchen, .während er in der Linken das weiße Perga- 
ment ztmti Schreiben bereit hält. Oder der leidenschaftlich be- 
wegte Haggai, der, wie von einer plötzlichen Erscheinimg, einem 
himmlischen Ruf getroffen sich ,u;mwendet, mit kühn übergreifender 
Rechten, die nach einem Buche langt. 

Alles ernste Männer, Leute aus dem Volk, keine „schönen*' 
Köpfe, aber durchgeistigt. Mächtige Gestalten in einfachster Klei- 

di Febbraio 1638 al suddetto inconto delli profeti che sta facendo per la nostra 
chiesa duc. loo. 2. suddetto signor Ribera ha condgnato li ducedi Profeti posti sopra 
l'Archi delle capelle quäle se li pagano ducati 80 conforme haveva stabilito il V. P. 
Pisante all^hora Priore duc. 960. Per li due Profeti Mo^e et Elia posti sopra li nicchi 
alli lati della Porta duc. 50. l'uno per essemo mezze figure duc. 100. 3. Dal primo 
de Febbraio 1638 per tutto li 3 di settembre 1643 ha ricevuto detto Ribera dal 
P. Isidoro-d'AUegria alPhora Priore ducati 1365 et haveva consignato al monästerio 
li 12 Profeti che staimo sopra le capelle e li due Moise et Elia etc. 4. Ha consignato 
detto Ribera 12 Profeti posta sopra le Capelle della nostra Chiesa, quali si pagano con- 
forme Taccordo fatto col V. P. Pisante a ragione di ducati 80 l'uno per non essemo 
figure intere et alquanto piti grande dell' ordinario che Importano ducati 960. le due 
mezze figure di Moise et Elia duc. 100. ^) R. Liberatore: Le migliore Pitture della 
Certosa di Napoli 1840. S. 20 und 2$. 



95 

düng, die häufig die sehnigen Arme oder einen Teil des Ober- 
körpeis frei läßt. Die Stellung bei jedem neu, niemals ermüdet 

das Auge. 

Mit größter Liebe sind Hände und Füße behandelt ; namentlich 
die Füße, die in jeder Ansicht wiedergegeben sind: von vom, 
von hinten, von der Seite, von oben, imd von der Sohle gesehen; 
überall gleich vollendet. 

Das Kolorit sehr tief. Der Grund ganz dunkel. Die Figuren 
sollen nicht übermäßig stark ins Auge fallen, nur den Platz, der 
ihnen angewiesen ist, würdig ausfüllen. Dies verstanden natür- 
lich die meisten Neapolitaner nicht, denen diese schlichten Leute 
inmitten des blendenden Glanzes der reichen Kirche zu düster 
erschienen. Daher auch das von Dominici den Gegnern Riberas, 
vor allem Stanzioni in den Mund gelegte Urteil „che apparivano 
»piü tosto dipinti nelle grotte, che ne' luoghi sacri o nella cittä, e 
che insomme erano troppo oscuri**. 

Das Problem der Einordnung in den Raum' ist hier in ebenso 
vollkommener wie vornehmer Weise gelöst. Es sind diese „Profeti" 
die bedeutendsten Zwickelfüllungen des Barock. Zu welchen Aus- 
artungen es gerade in dieser Gattung im Barocco gekommen ist, 
weiß man ja nur zu gut. Hier aber ist alles nich!t nur maßvoll^ 
sondern auch würdig. Die Gestalten sprengen nicht wie sonst 
den Raum, sie drängen nicht nach außen, scHidem sitzen hinter 
den Bogen. Dort drinnen spielt sich ihr Leben ab. Und trotzdem 
oder vielleicht gerade deshalb ist es dem Künstler gelungen, den 
Raum, den die Gestalten ausfüllen, doch größer erscheinen zu lassen. 

Dieser Würdigkeit wegen spricht sich auch Burckhardt^) an- 
erkennend über das Werk aus. 

Schon vor Spinnazolas begeisterter Beschreibung^) hat der Abb^ 
de St. Non diesen Gemälden höchstes Lob gespendet, zu einer 
Zeit, wo man sich blutwenig um den Spanier kümmerte'). 

„Malgr6 la difficult6 extreme, qu*il y avoit de renfermer des 
figures entieres dans des formes aussi resserr6es et aussi ingrates, 

*) Cicerone. II. 3, 346. «) Nap. Nob. XI- 162 und „L*arte ed il Seicento in Napoli" 
S. 19, 20. *) Vojrage pittoresqae ou description des royaomes de Naples et Sicile. Paris 
17S1. I. 112. 



96 

l'artiste semble avoir sgu tirer 4e cette necessit^ m6i)ie et de la 
contrainte oü il ^toit, une vari^t^ de caract^res et d'attitudes ab- 
solument diff^rentes dans chacun de se sujets . . . L*expressioQ 
surtout et les coloris en sont admirables/* 

Zu diesen 12 Propheten^) gehören noch die beiden bereits 
erwähnten Halbfiguren des Moses und Elias« Gewaltige Gestalten 
von großem Wurf, in denen ein leises Streben nach Idealisierung 
durchschimniert, namentlich bei Moses. Dieser, weißbärtig, auf 
die Gesetzestafeln deutend, bildet in der Ruhte und Abgeklärtheit 
des Greises einen starken Gegensatz zu dem etwas finster blickenden 
schwarzbärtijgen Elias, dem fanatischen Gottesstreiter, «dem Ver- 
nichter der Baalspfaffen. Man glaubt, daß auch in seinem Inne- 
ren ein ähnliches Feuer lodere wie das, welches auf seiner aus- 
gestreckten Rechten brennt. 

Schon Justi bemerkte, daß der Elias im Ausdruck etwas mit 
dem Rochus von 1631 verwandt sei; jedoch ist die Neapolitaner 
Gestalt viel monumentaler. 

3- 

Auf ein ganz anderes Gebiet führt uns die „Segmmg Jacobs 
durch den blinden Isaak*' aus dem Jahre der Apo$telbilder in 
Vitoria. Das Gemälde befindet sich im Prado*) (938, h. 1,29, 
br. 2,89 Abb. 30), bez. rechts unten 

Jusepe de Ribera espafiol 
F. Ano 1637. 

Eine alte Kopie bei Graf Czemin in Wien. 

Der Künstler zeig^ hier ebensosehr seine Meisterschaft der 
Zeichnung, des Kolorits und der Stillebenmalerei, wie eine überaus 
anziehende Erzählungskunst und feinstes psychologisches Ver- 
ständnis. 

Der erblindete, weißbärtige würdige Greis hat sich im Bett 
aufgerichtet und streicht mit den Fingern über das Fell, das Jacobs 
rechten Arm bedeckt. Ein Lächeln, unendlich rührend, entsteht 

*) Abbildungen in dem zitierten Werk Liberatores und bei Abb^ de Saint-Non 
„Recueil de griffonis** Paris. *) Aus der Sammlung Carls m. Pal. Nuevo; cf. Conca, 
Descrizione odeporica I, 137. 



*l 



97 

in des Patriarchen Gesicht : Die Freude des Erkennens. Ungemein 
lebendige wie die Hände des Vaters fühlen und tasten, wie die 
Finger in detn weichen Fell geradezu einsinken; wie Isaak mit 
der Rechten das Fell faßt und mit der Linken den Arm hinauf- 
streicht, diese Wiedergabe der Bewegung ist in der Kunst nur 
noch einmal erreicht : in der Anna Boleyn Holbeins, die sich wohlig 
die Hände zu streichen scheint. 

Der junge Jacob, im Profil, etwas schüchtern ziemlich weitab 
voim Vater stehend, blickt gespannt zu diesem hin. Er wartet 
augenscheinlich mit dem Nähertreten, bis er sich ganz sicher fühlen 
darf. Nun, da ihn der Vater zu erkennen glaubt, wird er nicht 
zögern, vor ihm niederzuknien, :um den heißerwünschten Segen 
auf sein Haupt kommen zu lassen. Lange dunkle Locken fließen 
über seine Schultern. In seiner Linken hält er eine grüne Mütze. 

Er trägt einen einfachen blauen, heUbraim gefütterten Kittel, 
während der Vater mit einem dimkelgrünen, ganz kurzärmeligen 
Rock bekleidet ist. 

Die Mutter steht hinter ihrem Lieblingssohn und sucht ihn 
zu ermutigen. Sie streicht mit der Rechten seinen Rücken, halb 
vorwärtsdrängend, halb liebkosend. Auch sie ist aufs höchste > 
spannt. Sie lauscht, was der Gatte nun sprechen wird; dabf xat 
sie, um ja keinen Laut zu verlieren, den Kopf gewendet, ein höchst 
natürlicher Zug, und in der Erwartung macht sie mit der Linken; 
— der gehobene Zeigefinger — eine Geste der Spannung und Auf- 
merksamkeit, die ganz der Handbewegung des musiklauschenden 
Jünglings aus Pompei, des sogen. Narciß, gleicht. Auch in der 
Miene der alten Rebecka ist das Gespannte sehr deutlich zum 
Ausdruck gebracht. Die Mutter erscheint als Matrone mit großen, 
glänzenden, klugen Augen, feinem, recht energischen Mimd. Etwas 
wie Gram läßt sich aber doch aus den Zügen des welkenden Ge- 
sichtes herauslesen. Sie trägt ein schlichtes schwarzes Kleid, weißen 
Kragen und weiße Haube. 

Links erblicken wir durch eine Tür, die ins Freie hinausführt, 
den jungen Esau, der, in einen braunen Kittel gekleidet, das Wild- 
bret an einem Spieß über der Schulter herbeibringt. 

Das Mahl, das Jacob dem Vater bereitet hat, ist auf einem 

May«r« JoMp« de Riben (La Spagooletto). y 



98 

Tisch rechts aufgetragen. Ein prachtvolles Stilleben: Braten mit 
einer halben Zitrone, Brot und eine Flasche Chianti. 

Die glühendsten Töne im Bild geben die purpurne Draperie 
des Himtoelbettes und die in etwas hellerem Rot funkelndey 
braun gefütterte seidene Bettdecke. Sehr fein durchgeführt ist 
das Helldunkel in Jacobs Gesicht. 

Daß das Bild zum Hochhängen bestimmt war, ist deutlich aus 
der ganzen Anlage zu erkennen, vor allem liegt der Augenpimkt 
unterhalb der unteren Bildgrenze. 

Das Gemälde gleichen Inhalts bei Harrach-Wien 271 ein Weik 
Giordanos. 

Im Besitz von Graf Brühl befand sich ein ähnliches Werk, 
gleichfalls auf Riberas Naimen gehend ; wiederum eine Nachahmung 
Giordanos (h. 2 f. 8 p., br. 3 f. 8 p.. Stich Steph. Torelli Pict. 
R. delin. Laur. Zucchi Sculptor R. sculp. Die Mutter hat hier die 
Linke in eindringlicher Redegebärde erhoben imd faßt Jacob mit 
der Rechten etc.). 

Es sei hier noch eines Bildes Erwähnung getan, das gleich- 
falls ein alttestamentarisches Thema behandelt, jedoch keine 
Schöpfung Riberas ist: 

„Hagar und Ismad" im Palazzo Doria Pamphili in Rom (Privat- 
rimmer) h. 3 m, br. 1,45. Dieses keineswegs wirktmgslose, sehr 
breit auf ganz grobe Leinwand ziemlich dünn gemalte Bild ist 
vielleicht ein Werk Pietro Novellis (gen. Morealese). Sicher eine 
höchst respektaUe Leistung eines Schülers Carravaggios. 

4. 
Neben dem blinden Gambazo und dem erblindeten: Isaak malte 
Ribera noch einen hochberühmten Blinden: Homer. Das Original- 
gemälde scheint verloren zu sein. Das Exemplar in Turin ist eine 
— für Ribera zu breit gemalte — gute Kopie (Halbfiguren h. 1,40, 
br. 1,35). Homer erscheint als der Rhapsode: Ein lorbeergekrönter, 
blinder Greis, der Violine spielt. Zu seiner rechten ein Mann in 
mittlerem Alter, der an einem Tisch sitzt, bereit, die Gesänge des 
Dichters niederzuschreiben. Eine Variante dieses Bildes bietet uns 
das Gemälde Le Valentins in Dresden (715). 



■j 



99 

Mit diesem ^,Honier*' sind wir zu den antiken Stoffen gelangt, 
die den Künstler gerade in jenen Jahren sehr stark beschäftigen. 

Von den Philosophenbildem im allgemeinen war schon im 
vorigen Abschnitt die Rede. Von den späteren Köpfen sei nur 
der Diogenes der Dresdener Galerie hier herausgegriffen (Nr. 682, 
h. 0,76, br. 0,61), bez. 

Jusepe de Ribera 

espanol F, 1637, 
ein höchst bezeichnendes Bild für den Lichtmaler Ribera. Das 
Ganze auf einen hellen, kühlen; ziemlich grauen Ton gestimmt. 
Äußerst charakteristisch, daß die brennende Laterne in der Hand 
des Zynikers zu keinerlei Lichteffekten ä la Honthorst benutzt ist. 
Darin ist der „Diogenes" ein Vorläufer des „Januarius*' von 1646. 
Leider steht in dem Dresdner Gemälde der geistige Inhalt nicht 
auf der Höhe des malerischen. Auf dieses Bild geht eine verlorene 
Nachahmung Giordanos zurück, von der eine Kopie in Kassel4(533) 
erhalten ist. 

Im Besitz des Fürsten Liechtenstein- Wien gleichfalls Diogenes 
aus dem Jahre 1637, h^t. 

Joseph ß. Ribera ^pan, 

F. 1637, 

Über dieses Bild wie über das Exemplar, in der Grosvenorgalerie^) 

vermag ich kein Urteil abzugeben, da ich keines von beiden zu 

Gesicht bekam. 

Nicht von Ribera ist das allegorische! Bild des Amsterdamlei; 
Rijksmuseums „Die Eitelkeit", das Werk eines Nachahmers. Ein 
ähnhches Gemälde soll sich im Besitz des Fürsten Liechtenstein 
befinden. 

Aus dem Jahre 1636 stammt der merkwürdige „Kampf zweier 
weibhchen Gladiatoren", Prado 988. (h. 2,12, br. 2,35), bez. 
rechts unten 

Jusepe de Ribera Valendanoi 
F. 1636. 

^) „Streng und fleißig in einem klaren, wann gelblichen Ton durchgeführt*' Waagen, 
Kunstwerke 11, 125. 

7* 



lOO 

Das Thema war, wie es scheint, in jener Zeit beliebt. Der 
Prado birgt in Nr. 518 ein Bild ganz gleichen Inhalts von der Hand 
Andrea Vacarros. 

Das Erfreiüichs'te an dem Riberaschen Gemälde ist das leuch- 
tende Kolorit. 

Die unterliegende ^^Amazone" blutet am Hals; sie ist blond, 
trägt dimklen Rock, darüber ein hellgrünes Obergewand und blauen 
Mantel, der am Hals durch einen goldenen Knopf zusammengehalten 
wird. Das Blau und das Hellgrün von besonderer Leuchtkraft. 
Die Siegerin brünett in dunkelgrünem Gewand, orangefarbenen 
Shawl und flatterndem Mantel, dessen violette Färbung in allen 
Abstufungen wiedergegeben ist. Die Bänder ihrer Sandalen blau 
und goldbraun. 

Einen starken Kontrast zu den beiden wütenden Weibern bietet 
der ganz ruhig dastehende Krieger — offenbar der Schiedsrichter. 
Im Hintergrund eine Anzahl Zuschauer. 

Ebenso glühend im Kolorit ist die Marsyasschindimg im Museo 
Nazionale zu Neapel (h. 1,80, br. 2,32) 1862 aus dem Besitz von 
D. Alfonso marchese del Vasto ins Museum gekommen.^) Bez. 
unten rechts auf einem Stein 

Jusepe de Ribera espafiol Valenciano 

F. 1637 

Justi berichtet in seinem „Velasquez"^) von einem derartigen 
Gemälde^ das im XVII. Jahrhundert im Schlaf- und Sterbezimmer 
Philipps IV. gehangen hat. Später kam es in Besitz des Infanten 
D. Luis de Borbon y Salamanca und wurde 1874 ^^ Paris auf der 
Auktion Salamanca für 2000 Fr. verkauft. Der damalige Katalog 
gab die Signatur als 

Jusepe da (I) Ribera espaf^ol (I) 

F. 1630 
an. Auch Justi, der der Auktion beiwohnte, las 1630 und be- 
schreibt das lichte Gemälde als Parallele zu der „finsteren Bartholo- 
mäusmarter" von 1630. 

Dieses Gemälde ist nun nichts anderes als das Bild Nr. 372 
des Brüsseler Museums, das 1899 aus dem Besitz der Brüder 

^) Le Gallerie Italiftne V. 236. *) Justi, Velasquez I. 272. 



lOI 

Le Roy, die es auf der Auktion 1874 erworben hatten, ins Museum 
gelangte. Wie die Signatur auf dem Fdsblock rechts unten zeigt, 
ist das Werk aber nicht 1630, sondern 1637 entstanden: Jusepe de 
Ribera espaiiol F. 1637. 

Es ist nicht ohne Interesse, daß sich Justi bei diesem angeblich 
aus dem Jahr 1 630 stammenden Gemälde an die „Klage der Venus 
um Adonis" in der Corsinigalerie zu Rom erinnert fühlte. Kein; 
Wunder; denn dieses Werk ist gleichfalls 1637 datiert. 

Beide Gemälde sind Arbeiten Riberas. Das Brüsseler Bild 
ist nicht zum besten erhalten, jetzt nicht ungeschickt restauriert, 
aber zu stark gefirnißt. Vielleicht sind bei der Fertigstellimg des? 
Brüsseler Exemplars Gehilfenhände beteiligt gewesen. In der Dar- 
stellung zeigen sich zahlreiche Varianten, im Ganzen steht das; 
Neapolitaner Bild höher als das Brüsseler. 

Marsyas mit den Füßen nach oben an einem Baumstamm ge- 
bunden, mit dem Rücken auf der Erde liegend, die Linke jan ein^n 
Pflock befestigt, schreit aus Leibeskräften mit hochrotem Gesicht, die 
Stirn vor Schmerz stark gerunzelt. Über ihm steht, in den Knieen 
etwas gebeugt, der unerbittliche Sieger, der lorbeergekrönte jimge 
Apoll. Ein echt griechischer Gott mit seinem edlen goldgelockten! 
Kopf imd dem klassischen Jünglingskörper. Er ist im Begriff, 
die Haut an dem einen Bein des Marsyas herimterzureißen. In 
N. blickt er, den Kopf ziemlich stark nach vom drehend zu Marsyas 
nieder; in Br. ist seine Aufnuerksamkeit mehr auf die augenblick- 
liche Arbeit gerichtet, der Kopf im Profil, jedoch ein wenig leer 
im Ausdruck. Mächtig wird die Gestalt des Gottes gehoben durch 
den weit nach links (in Br. in /die Höhe) flatternden ßtwas ins 
violett schimmernden Purpurmantel, der niu: Scham imd Hüften; 
des Gottes, einem Lendentuch ähnlich, bedeckt. Ein blaues Bänd- 
chen hält ihn in N. am Hals zusammen, in Br. ein grünes über 
der Brust; in Br. flattert das Tuch viel aufgeregter im Wind als 
in N. Das Neapolitaner Exemplar wirkt überhaupt ruhiger, ge- 
schlossener, vor allem durch die Führung der Gesamtsilhouettei 
erreicht : Der Kopf des Marsyas bildet den tiefsten Puiikt, die Arme 
gehen in leichten Kurven in die Höhe, links schließt sich die, die 
obere. Partie abrundende Mantelsilhouette an. In Br. liegt der Kopf 



I02 

des Opfers lange nicht so tief ^ die Nachbarschaft mit Apollos rechtem 
Bein wirkt nicht besonders g^t. Der prachtvolle, angespannte 
Thorax^ der in N. vorzüglich durchmodelliert ist, kommt durch die 
veränderte Lage viel weniger zur Geltung. ApoUos rechter Arm) 
in N. viel besser bew^, die Hand greift nicht so plump in die Haut. 

An dem Baiunstamm, der in N. viel schlichter wiedergegeben 
ist als in Br., hängt eine Syrinx. Links am Boden in N. ein 
Cellino, in Br. eine Art Viola d'amjour, jedoch nur teilweise sicht- 
bar. Das Brüsseler Exemplar schneidet links früher ab. In Br. 
vom am Boden eine Flöte. Rechts etwas in der Feme sehen drei 
Gefährte des Marsyas dem furchtbaren Schauspiel zu, in N. mit 
mehr imxnittelbarer Teilnahme als in Br., wo sie sich über das Er- 
eignis unterhaltoi. Die Rückenfigur weniger im Geschmack Riberas 
als Giordanos. 

Am blauen Himmel gelbe Wölkchen. Die Gestalt des jugend- 
lichen Gottes ist voni so hoheim( Adel imd so si^hafter Schönheit, 
daß man darüber fast ganz das Gräßliche des Vorwurfs ver* 
gißt, zumal ja sehr geschickt das Gesicht des Opfers in den 
Schatten gelegt ist. Marsyas erscheint im Grund nur als Folie 
für Apoll. Über die hohen malerischen Quahtäten des Werkes, „den 
Silberglanz der Haut, die grünlichen Halbtöne, die goldenen Haare 
zu einer Harmonie gestimmt auf dem Grund des schimmernden Pur- 
purmantels'* hat sich schon Justi bewundernd geäußert. 

Im Zusammenhang mit diesem Bild sd die Rötelzeichnimg im 
» Louvre erwähnt „ein Silen, an einem Baumstumpf festgebunden". 
Die Figur läßt sich am ehesten als eine Studie zu einem Marsyas 
deuten. Jedoch scheint mir das Blatt nicht von Riberas Hand 
herzurühren ; die Arme und der Kopf, vor allem der Blick nach imten 
nicht schlecht, sehr öde und verlegen aber die Kontur am Rumpf 
rechts; auch das Verschwinden des linken Beins erweckt Bedenken. 

Von Riberas Gemälde vielleicht beeinflußt ist das Bild Giulio 
Carpionis (Stich von Giac. Leonardi) und der Maler der 
kleinen Tafel im Museum von Parma (406, hier Vlämische Schule 
genannt). Übeneinstimmend vor allem die Anordnung von Apoll 
und Marsyas. 

Den schärfsten Kontrast zu der Marsyasschindung bildet die 



103 

„lÜRge der Venus um Adonis" aus demselben Jahr in der Galleria 
Nazionale (früher Corsini) in Rom 248. (h. 1,79, br. 2,62)^) Bez. 
unten etw. links von der Mitte 

Jusepe de Ribera espanol Valenciano 

./% 1637 

Ein Werk ebenso hervorragend durch seine Form- und Farben- 
schönheit, als durch den poetischen Hauch, der es durchweht. 
Die Elegie wird dank der Valencianer Herbigkeit nicht zu einer 
süßUchen Rührszene^ sondern sie erhält in der Venus einen Zug 
zu hohem, ergreifendem Pathos. Man vergesse nicht, daß der Stoff 
der damaligen Zeit vor allem Neapel sehr nahe lag, hatte ja doch 
erst vor kurzem Cavaliere Marinp seinen weltberühmten farben- 
reichen imd leidenschaftlichen „Adone" geschrieben. 

Adonis mit einem roten Mantel bekleidet, der jedoch nur 
Hüften und einen Teil der Oberschenkel bedeckt, liegt entseelt 
am Boden. Der Oberkörper hat eine Biegung nach vom gemacht, 
so daß das lockige Haupt beinahe der vorderste Punkt des Bildes 
ist. Durch diese Wendung erscheint der Körper wirklich wie zer- 
schmettert. Ata Fuß einer Eiche ist er vom Felsen niedergestürzt. 

Venus kommt von links auf einier Wolke herbeigeeilt. Ihren; 
Unken Fuß hat sie bereits j^uf die Erde gesetzt; klagend breitet 
sie die Arme aus, den Körper vorbeugend nach dem Geliebten. 
Sie trägt ein dunkelviolettes Untergewand, blaues, etwas ins grün- 
liche schimmerndes Oberkleid, das an der Brust von einem roten 
Band zusamxnengehalten wird, und braimen Mantel. 

Das Hemd an der Brust, vor allem am rechten Oberarm sicht- 
bar. Der linke Arm fast ganz von dem; Mantel verdeckt. Im 
blonden offenen Haar, das ein leichter braimer Schleier ziert, trägt 
sie zwei rote Rosen und ein grünes Zweiglein. 

Rechts beschnuppert der treue Jagdhimd seinen toten Herrn. 
Am Boden vom der Jagdspeer. 

Die Landschaft großzügig und diskret mit dem Vorgang in 
Verbindung gebracht: Berge und drei zerspUtterte Eichen. 

Wie beim Jacobsegen und beim Marsyas bewundem wir auch 

^) Nach Jaldero soll dch im Besitz von JoU Madrazo ein Bild Riberas ,,Diaaa 
nnd Endymion" befunden haben. 



104 

hier die Anschaulichkeit der Erzählung. Und dann die Würde. 
Kein Schreien, aber auch kein sentimentaler Himmelblick. Es 
ist das rechte Maß gehalten^ Gern kehrt mian stets s^u diesem: 
Bild zurück, denn ies ist ein ganzes Gedicht. 

Die Größe Riberas hat P. F. Mola gleich vernichtet, der in 
seinem Gemälde ,,HerQ und Leander" (Dresden 380) starke An- 
leihen bei dem römischen Bild gemacht hat; namentlich Herol 
deckt sich fast völlig mit der Ven,us. 

5. 

Die gerühmte Würde und Erhabenheit beweist aber Ribera 
vielleicht in noch höherem Grade in der größten religiösen Elegie: 
der „Pietä**. Die „Klage um den Leichnam Christi" in der CapeUa 
del Tesoro der Kirche von S. Martino ist das erhabenste Werk aus 
der Reifezeit des Künstlers. (Abb. 31.) Wie „Venus und Adonis" 
ist auch diese Pietä 1637 gemalt. Bez. 

Jusepe de Ribera espaiiol 
F. 1637. 

Am 3. Oktober 1637 erhielt Ribera 400 Dukaten für die Pietä 
„che sta nella sacrestia".^) Erst später kam das Bild in den Tesoro.^) 

Wie jener Adonis ist auch Christus ein zerschmetterter Baunx. 
Ergreifend zeigt uns der Maler das Gebrochene, Zerbrochene. Der 
Torso seitlich gelagert, von Johannes gestützt, das Haupt müde 
auf die Seite gesimken, die Gliedmaßen nach hinten gestreckt. 
Eckig steht die rechte Schulter hoch, zerrissen wirkt der nach einer 
Überschneidung an der rechten Hüfte wieder hervortauchende rechte 
Arm mit der geknickten Hand. Schwer lastet, wie der ganze 
Körper auch, der Unke Unterarm auf dem weißen Bahrtuch, das 
ebenso wie das weißgrünUche Lendentuch nur um ein geringes 
den leuchtenden, mächtigen Körper überstrahlt. 

Von höchstem Adel und wie der ganze Körper von wunder- 
voller Plastik das schwarzbärtige Haupt. Christus hat die Augen 
geschlossen. Man sieht, er hat ausgelitten nach schwersten Leiden. 
Der Mund noch halbgeöffnet, auf der Stime Spuren des Blutes, 
das die Domenkrone verschuldet. 

^} FaragUa in dem citieiten Au£Nitz S. 670. *) Celano VI, 25. 



\ • 

Abb. 31 BEWEINUNG CHRISTI Neapel S. Mattlno 



los 

Sich aus der Tiefe weit vorbeugend ist die in stärkster Ver- 
Icürzung gesehene hl. Magdalena im Begriff^ den rechten Fui3l 
des Herrn zu küssen, den sie mit ihrer Linken ein wenig gehaben 
hat. Ihr herrliches goldblondes Haar fließt über ihre Schultern und 
den Rücken; ihr gelbes Gewand bedeckt ein roter etwas ins violett 
schimmernder Mantel. Johannes knieend den Herrn stützend^ ganz 
jung^ bartlos; seine langetn kastanienbraunen Haare gehen bis zu 
seinen Schultern. Er trägt grünen Rock und roten Mantel. Das 
Gesicht hat er von Christus abgewendet; er blickt in verlorenem' 
Profil hinauf zu den. beiden Engelein, die sich mit Domenkrone 
und Nagel weinend herabsenken. 

Über Johannes vollkommen ruhig dastehend, den Hammer in 
der Hand, Joseph von Arimathia, ein würdiger graubärtiger Greis 
mit langem Haar; den Kopf leicht geneigt in die Feme blickend, 
gramerfüllt, in verhaltenem Schmerz. 

In der Mitte aber kniet Maria in dimkelrotem Kleid, blauem 
Mantel und braungrünem Kopftuch, die jMutter, mit zusammen- 
gepreßten Händen, den Mund leicht geöffnet, die großen Augen 
klagend 2?um Himmel erhebend. Doppelt erschütternd wirkt sie 
in dieser stummen Trauer, mit den tränenschweren Augen, denen 
doch keine .Träne entrinnen .will; wahrhaft königlich in ihrem 
Schmerz. 

Wenn nicht sie, so macht keine das Dichterwort zur Wahrheit : 

Quis est homo qai non fleret 
Christi matrem si videret 
In tanto supplicio? 

Quis non possit contristari 
Piam matrem contemplari 
Dolentem cum fiUo? 

Das Bild ist stark gedunkelt, kaum ist mdbr der untere Teil des 
Kreuzstammes links ;mit der Fußstütze erkenntlich. 

Wie bei Jesu Geburt der göttliche Knabe alle mit seinem 
himmlischen Licht überstrahlte, so erscheint auch der tote Held 
mit dem wunderbaren Schein seines bernsteinfarbenen Körpers den 
ganzen Schauplatz zu erhellen. Daß im allgemeinen hier tief- 
leuchtende Farben |ge;wählt sind, ist ßelbstverständhch. 



io6 

Eigenartig, kein einziger der Beteiligten sieht auf Christus, und 
doch sind alle nur mit ihm beschäftigt. Daß der Künstler nicht nur 
diese tiefe Idee aufgenommen, sondern sie auch vollkommen glaub- 
haft durchgeführt hat, gereicht ihm zu hohem Lobe. 

Wundervoll auch, wie es der Meister verstanden hat, das 
schwere Sichniedersenken des Christuskörpers uns eindringlich zu 
machen. Es ruht nämlich nur der mittlere Teil des Körpers — 
Gesäß und Oberschenkel — a,uf dem; Boden; Oberkörper tmd 
Kopf sind leicM erhöht, ebenso der rechte von Magdalena erfaßte 
Fuß. Durch diese Kurve; im Körper kommt so der Eindruck des 
langsamen Niedersenkens zustande, zumal diese ^Bewegung noch 
durch die herabschwebenden Engelchen verstärkt wird. Das Ganze 
eii^ tieftrauriges Andante, dessen Thema eine absteigende Moll- 
skala zu bilden scheint. 

„Ogni cosa h dolore niella rappresentazione di questa sacra 
e funesta tragedia"^). 

Das Bild ist mit unheimlicher Virtuosität aufgebaut. Ein fast 
rechtwinkliges Dreieck. Die untere Kathete Christus. Die Hypo- 
thenuse vom Kopf Josephs über Maria zur Magdalena. Diese Haupt- 
linie wird begleitet von der Diagonalen, in welche die Putti 
hineinkomponiert sind; ^entgegen wirkt ihr die Diagonale, die 
von deim Engel, der nach Johannes blickt, über Maria zu Jo- 
hannes geht. Marias Haupt also im Schnittpunkt der beiden großen! 
Diagonalen; ihr ist somit an der wirksamsten Bildstelle der Haupt- 
ßlatz neben deim Sohn gesichert. 

Nach Dominici^) hat das Gemälde einer Konkiurenz zwischen 
Ribera und Cav. Massimo sein Dasein zu verdanken. Ribera hätte 
nicht hinter Renis vielbewundertem Hirtenbild (im Chor der Kirche 
von S. Martino) zurückstehen wollen ,und die Mönche ima einen 
Auftrag gebeten. Diese aber wären bereits Cav. Massimo 
verpflichtet gewesen. Nun hätten beide Künstler um die Wette ge- 
malt, Riberas Werk habe den Vorrang erhalten, und Riberas 
Überlegenheit sei von Massimo selbst anerkannt worden. 

Eine Ausnahme in dieser allgemeinen Anerkennung macht nur 

^) Dom. 130. *) Dom. 129. *) Cicerone II, 940 a. 



I07 

Burckhardt. Er sagt von deiH Bild^) ^,in den Linien unangenehm^ 
was man allerdings über der Farbe und dem ergreifenden, obwohl 
auf keine Weise verklärten Schmerz übersehen kann/' 

So mußte ja der Apologist der reinen Renaissance sprechen, 
der dann natürlich Massimo Stanzionis Pietä über dem Portal von 
S. Martino überschwänglich preist^) ; „den seelenvollsten Bildern des 
Van Dyck gleich zu achten ; auch in der edlen Haltung und Verkürzung 
des Leichnams alle Neapolitaner, zumal Spagnoletto übertreffend". 
DdLgegen muß doch Einsprache erhoben werden. Es wurde ge- 
zeigt, wk die Verkürzungen und die Haltung Christi bei Ribera 
ihre innerliche Berechtigung besitzen, wie alles von höchstem künst- 
lerischen Geist getragen ist. Bei Stanzioni ist die Verkürzung nur 
um der Verkürzung willen vorhanden. Auch edel kann man diese 
Haltung nicht gut nennen, wo die Füße uns am nächsten sind, 
der Leib höchst unangenehm auffällt und das Haupt ganz hinten 
hegend in der starken .Verkürzung ,uns gar ;nichts mehr sagen 
kann. Dazu die Komposition akademisch, nach althergebrachten 
Schema: Gleichschenklige Pyramide mit Maria als Spitze. Die 
Komposition war Stanzioni Hauptsache, über der er den Inhalt, 
den Ausdruck vernachlässigte. 

Christus und Magdalena aus Riberas Gemälde sind von dem' 
Maler der „Beweinung" (Giordano?) im Oldenburger Museum für 
sein Gemälde benutzt. 

Die „Mater dolorosa" in der Galerie zu Kassel von 1638 steht, 
was Auffassung anbelangt, etwas hinter der Maria der Pietä von 
S. Martino zurück, jedoch wirkt auch sie noch höchst er- 
greifend. In ;ein rotes Gewand, blauen Mantel und hellbraunes 
Kopftuch gekleidet, blickt sie, den Kopf stark in Dreiviertelansicht, 
tränenden Auges mit schmerzlich geöffnetem Mund gen Himmel, 
in den zusammengepreßten Händen ein Tüchlein haltend. Ihre 
Lider stark gerötet, eine Träne fUeßt die Wange herab. Die 
Lippen fast blutleer, auf den Wangen nur ein schwaches Rot. 
Die Nase, ganz gerade, wirkt fast etwas zu scharf. Schwärzliche 

i) Cicerone ü. 3, 943. b. 



io8 

Schatten. Bezeichnet ist das Brustbild (h. 0^76^ br. 0^62): 

Jusepe de Ribera espafiol 
F 1638. 
Das Gemälde war früher in München^ der einzige wirklich echte 
Ribera^ den der Kurfürst besaß. Aber da dieser gern einen Paulus 
Potter haben wollte, tauschte er das Bild 1803 gegen den kleinea 
Potter aus der Kasseler Sammlung (jetzt Pinakothek 472) um^). 

Das Thema der Pietä hat der Künstler verschiedentlich be- 
handelt. Nicht von Ribera ist^ um es gleich vorwegzunehmen das 
Gemälde im Louvre 1722 (h. 1,25^ br. 1,81)^ eine frühe Nachahmung 
Giordanos. Von einer ^^Komposition" kann ieigentlich gar nicht 
gesprochen werden. Es ist ein wüster Haufen von Menschen. Der 
junge Johannes rechts wirkt ganz verzettelt. Besonders auf Giordano 
weist das rotbraune Jnkarnat und der Profilkopf rechts. 

Um die Mitte der dreißiger Jahre entstanden ist die Pietä im 
Augustinerkloster zu Salamanca^, das Gemälde bildet die Spitze 
des Hochaltars. Es hat sehr stark gelitten. Maria hält sitzend ihren 
toten Sohn gegen den Schoß gelehnt. Christus in den Knieen ge- 
beugt^ so daß die Unterschenkel seitwärts am Boden ruhen. Die 
Mutter faßt ihn in den Achselhöhlen, wodurch die ganze Leblosig- 
keit und Gebrochenheit des schlaff die Arme herabhängenlassen- 
den Christus äußerst stark hervortritt. Den Blick hat Maria klagend 
nach oben gerichtet. 

Ein ähnliches Wer^ erwähnt Celano *) in der Chiesa della 
Solitaria zu Neapel in der ersten Kapelle zur Rechten beim Ein- 
tritt „La vergine col suo morto figlio in seno.*' 

Von der größten Bedeutung ist aber ein Beweinungsbild im 
Besitz des Cav. d'Angelo in Neapel*). Bez.: 

Jusepe de Ribera espaüol F, 1644. 
(h. 1,80, br. 2,50). Dieses Werk hat, wie Justi einmal sehr richtig 
bemerkte, für den spanischen Hof des XVII. Jahrhunderts die- 

^) Einer freundl. Mitteilung Oscar Eisenmanns zufolge befand sich laut den ersten 
Inventaren der Gallerie im XVm. Jahrhundert in der Sammlung unter Nr. 707 ein „Brust- 
bild eines Jünglings, der seinen Kopf auf die rechte Hand stützt, worin er eine Flöte 
hSIt und mit der Linken, Musikalien", damals Ribera zugewiesen. Mit Jerome verschwand 
das Bild aus Cassel. ^ vergl. S. 90. *) Celano V. 9. ^) vergl. auch Les Arts. 1903. 
No. 17 (Mai) S. 34. 



I09 

selbe Bedeutung gewonnen, wie das des Roger van der Weyden 
im XV, Kopien — mit Varianten — in nicht geringer Anzahl 
zeugen für die Beliebtheit des Bildes^ z. B. im Prado, Escorial, 
sowie das Exemplar früher bei Duca di Miranda in Neapel, i) 

Das Exemplar des Cav. d'Angelo stammt aus dem Besitz des 
Principe di Piedimonte, kam; dann zui Marchesa Campolattaro, 
von der es ein Herr Scilizzi erwarb, dessen Erbe Cav. d'Angelo ist. 

Wir befinden uns in dem Grabgewölbe. Christus nach rechts 
auf einem Brett ausgestreckt, sein Oberkörper wird von dem alten 
Joseph von Arimathia, einem langbärtigen Greis, gestützt. Gerade 
über Josephs Kopf erblickt man den Pfeiler des großen Eingangs- 
bogens der Gruft, er scheint dem gebeugten Körper des Alten 
einen festen Halt geben zu sollen. 

Johannes im Profil nach rechts hat Christi linken Arm er- 
griffen, um der klagenden Maria die Wunde in der Hand zu zeigen. 
Die Mutter hat mit gefalteten Händen ergebungsvoll das Haupt 
geneigt. Magdalena, in stärkster Verkürzung gesehen, zu Füßen 
des Heilands mit der Rechten seine Füße ergreifend; die Linke 
auf der Brust blickt sie trostlos zu Christus hin. Hinter Joseph 
steht als einzige ganz ruhige Gestalt Nicodemus. 

Das Ganze ist gegenüber S. Martino wohl figurenreicher, sonst 
aber viel kleinlicher, freilich das große Publikum fesselnder. 

Der Madrider Kopist (Prado 986, h. 2,02, br. 2,59) hat diei 
Feinheit der Vertikale in der Gewölbeöffnung nicht verstanden 
und eine ganz vage Felsengruft hingemalt. 

Die Kopie im Escorial (Sakristei) ist sehr hell im Ton. Gering 
die Kopie im Museum von Cadiz Nr. 41. 

Im Anschluß an diese Pietä ist das Bild in der Ac. S. Fer- 
nando entstanden, bez.: 

Jusepe de Ribera espanol 
Academico Romano Ft 1645 
Das Gemälde macht einen zweifelhaften Eindruck (dazu kommt 

^) Verkauft in Rom April 1895, vergl. Nr. 404 des Auctionskatalogs „Grande Collection 
de tableanz du Prince de Fondi k Naples". SangiorgL Roma. Aprile 1895. (Katal. 
Nr. 60. V. Jahrgang). 



HO 

noch das Ft in der Signatur, das sich sonst nie in dieser Form 
bei Ribera findet). 

Christus ähnlich wie in dem vorherbesprochenen Beweinungs- 
bild, Joseph faßt ihn ^ber nicht an der Brust, sondern an den 
Armen. Er steht höher; sein rechtes Bein steht auf dem Brett auf, 
das Christus als Lager dient. Sein Kopf überragt den des Toten, 
nach dem Joseph bdcünunert den Blick gerichtet hat. Johannes 
ist im Begriff Christi Linke zu küssen, Maria weit nach links vor- 
geneigt, schaut mit gerungenen Händen auf den Sohn. Zu dessen 
Füßen Magdalena, die Rechte auf der Brust, schmerzlich nach 
oben blickend. Sie ist von großer, aber nicht eigentlich Riberesker 
Schönheit. Links Nicode^mus stehend. 

Im Louvre eine mittelmäßige Kopie ohne den Nicodemus. 

Mit am tiefsten geht ein Gemälde, das uns leider nur noch 
in einer — sehr breit gemalten — Kopie in der Academie S. Fer- 
nando (602/134) erhalten ist. 

Christus hier nach links ruhend, von Joseph gehalten an der 
linken Seite und an der rechten Schulter. Christi Haupt ist an; 
Josqphs Brust gesunken. Dieser blickt nach Maria, die — in der 
Kopie etwas sentimental geraten — mit verschlungenen Händen 
zum Himmel aufsieht. Johannes hat weinend Christi Rechte er- 
griffen, um sie zu küssen. Magdalena, sonst die leidenschaftlichste, 
hier am ruhigsten von allen; eine herbe echt Ribereske jungfräu- 
liche Gestalt. 

Sie steht zu Füßen Christi, die Linke in Redegebärde vorge- 
streckt. Die Augen tränenlos, tmd doch unendliche Wehmut in 
den Zügen, blickt sie in die tmbestimmte Feme hinaus, nein, nicht 
ins Unbestimmte: nicht an den einzelnen Beschauer wendet sie 
sich, sie spricht zur ganzen Welt: Seht, er hat für Euch gelitten! 

Es weht durch das Werk etwas vom Hauch der Pietä von S. 
Martino, mit der es ja auch den Zug gemein hat, daß niemand zu 
Christus blickt und doch alle sich mit ihm beschäftigen. 

Schließlich sei noch die Pietä der Londoner National-Galerie 
(235, 50x70 inch.) genannt. 

Christus, der hier nur einen dünnen Schnurrbart trägt, liegt 
nach links auf dem in 4en Falten sehr sorgsam durchstudiertem 



III 

Bahrtuch. Der Oberkörper wird von Johannes aufrecht gehalten; 
der Jünger beugt sich von rechts her über den Herrn. Zu Christi 
Füßen Magdalena, in kühnster Verkürzung gesehen, die sich über 
die Füße des Heilands beugt. Ihr Gesicht etwas derb. Maria in 
der Mitte wendet sich klagend mit gerungenen Händen dem Sohne 
zu. Ihr weiter Mantel verleiht ihr eine außerordentlich macht- 
volle Silhouette. Überhaupt ist in diesem Bild das größte Gewicht 
auf die Gesamtsilhouette gelegt. Von Magdalena steigt die Kurve 
über Maria zu Johannes, um sich wieder bis zur Mitte der Bildhöhe 
zu senken. 

Waagen, der das Bild noch in Wardour Castle bei Lord Arun- 
del sah, sagt von ihm^) „unusually elevated in character for him; 
but much injured with cleaning". Wie das andere Ribera zuge- 
wiesene Werk der National Gallery hat auch dieses Bild sehr 
gelitten. Es ist stark gedunkelt, die Feinheiten der Modellierung, 
vor allem im Christuskörper, sind verschwunden. Rührt das Ge- 
mälde wirklich von Ribera her, so ist es mit das früheste der Be- 
weinungsbilder, vielleicht schon um 1630 entstanden. Wie bei 
dem Petersburger Sebastian macht sich auch hier noch das starke 
Streben nach Plastik bei dem tenebroso Ribera bemerkbar. 

Große Verwandtschaft mit diesem Bild besitzt die Ribera zu- 
gewiesene Radierung B. i. Christi Kopf ruht hier auf einem Stein. 
Johannes stützt knieend Maria, auch er schaut wie die Mutter weh- 
mutsvoll nach Christus. Hinter den beiden sieht man den unteren 
Teil des Kreuzstamms, an dem die Fußstüze sichtbar ist, und die 
an den Stamm gelehnte Leiter. Magdalena wie immer in kühnster 
Verkürzung gesehen, beugt sich geradeaus über die Füße des 
Herrn; den linken hat sie ergriffen, um ihn zu küssen. 

In einer Kopie ergreift Magdalena den rechten Fuß. 

Das Blatt ist imten links mit Monogr. B. Nr. 2. bezeichnet, i) Es 
geht ganz sicher auf Ribera zurück; schwerlich aber hat Ribera die 
Radierung so ausgeführt, wie sie uns vorliegt. Kristeller dachte an 
eine frühe Arbeit des Meisters; es scheint aber wenig wahrschein- 

^) Waagen, GaUeries and Cabinetts. S. 393. *) Früher von einigen als Guido 
Reni gelesen. Auf Mattiolis Kopie liest man „Guido Reni Inv." 



112 

lich^ daß Ribera dieses radierte Blatt, das wir dann ca. 1620 an- 
setzen müßten, erst 10 Jahre später in Malerei umgesetzt hat. 
Für 1630 ist aber die Radierung zu derb in der technischen Be- 
handlung. Es hat den Anschein, als ob eine sehr subtile Radie- 
rung Riberas vorgelegen hat, die von einem Schüler aufgearbeitet 
wurde. (Man sehe nur die cruden, den Himmel andeuten sollen- 
den Striche^ die über die fein,maserige Holzleiter geführt sind!) 

6. 

Die Pietäbilder mögen uns zur Betrachtung der entsprechen- 
den Szene im Himmel leiten, zu Riberas „Gnadenstuhl in den 
Wolken**. ^Prado 990 (h. 2,26, br. 1,81 Abb. 32) ohne Signatur. 
Eine Originalreplik im Escorial. Sicher in der zweiten Hälfte der 
dreißiger Jahre entstanden. 

Gott Vater thront auf einer Engelswolke, ein Greis in voll- 
kommener Ruhe: die durch nichts zu erschütternde Majestas. Die 
leuchtenden Augen von gedankenvollem, sinnendem Ausdruck. Be- 
kleidet ist er mit einem blauen Rock, darüber ein mächtiger pur- 
purner, im Winde flatternder Mantel, der mit violetter Seide ge- 
füttert ist. 

Über Gott Vaters unbedecktem Haupt das Triangulum. Vor 
seiner Brust schwebt die heilige Taube. Seine Hände ergreifeni 
ganz leicht die Domenkrone des Sohnes. 

Dieser ruht, das Haupt müde ziuückgebeugt, mit geschlossenen 
Augen und halboffenem Mund im Schoß des Vaters. Die Ober- 
arme über dessen Oberschenkeln ausgebreitet, die Unterarme hängen 
schlaff herab. Die Beine in den Knien gebeugt, so daß die Unter- 
schenkel seitwärts gerichtet sind. Mit seinem Unterkörper ruht 
Christus halb auf dem weißen Bahrtuch, dessen Zipfel von Engeln 
gehalten werden. Dadurch, daß der Unterkörper nicht fest auf- 
liegt, bekommt die ganze Gestalt etwas Schwebendes. 

Die große Wolke im unteren Teil ganz düster, fast schwarz. 
In der Ecke rechts unten erblickt man den blauen Himmel; oben 
aber ist alles licht, ein Meer von Tausenden kleiner Engelsköpfe 
— wie es aus Raffaels Sistina so bekannt ist — gegen das sich 
einzig Gott Vater mit seiner erhabenen Silhouette abhebt. Dieses 



^ • 



Abb. 32 DER GNADENSTUHL IN DEN WOLKEN Madrid Prado 



113 

wogende Lichtmeer ist sein Schmuck, seine Krone, er braucht 
keine Tiara. 

Völlige Stille herrscht ringsum; nur der Mantel rauscht im; 
Wind. Keine Leidenschaft. Alles atmet Ruhe, Milde, Frieden. 

Die Ruhe des Vaters ist aber schon aus Kontrastrücksichten 
gefordert: der ungebrochene, lauf recht sitzende Greis und der ge- 
brochene junge Held. Auch fällt Gott Vater bei der diagonalen 
Hauptrichtung der Komposition die Aufgabe zu, die ausgleichende, 
feste Vertikale zu bilden. 

Die Komposition ist nun das eigentlich Neue vnd Über- 
raschende. Denn nicht Linien sind es, die die Struktur des Bildes 
ausmachen, sondern Lichtstreifen, Lichtflächen. Zimächst die 
Hauptdiagonale, die von Gott Vater über die Taube zu Christi 
Knien führt. Diesem Lichtstreifen wirken zwei breite Lichtflächen, 
im rechten Winkel zur Hauptachse, oben und unten und ein schma- 
ler Streifen in der Mitte entgegen: Die Engelsglorie (durch die 
schräglaufende Kotitur des Mantels Gott Vaters begrenzt), das 
Bahrtuch, die Arme Christi. Ein Kompositionsversuch ebenso 
kühn wie gelungen. So gewinnen erst die abwechselnd hellen und 
dunklen Flächen ein wahres Leben. 

Daß die Zeichnung neben dem glühenden Kolorit von höchster 
Vollendung, daß die Putti von größtem Liebreiz sind, sei noch 
zum Schluß hinzugefügt. 

Alonso Cano gefiel diese Auffassung der Trinität, vor allem; 
die Gott Vaters dermaßen, daß er diese Gestalt vollkommen in 
sein Trinitätsbild herübemahm (Granada Kathedrale Cap. de la 
Trinidad). 

7- 
Ein Kruzif ixus aus Riberas reifer Zeit ist uns nur in dem Ge- 
mälde in Vitoria erhalten. Früher in der Kirche S. Domingo, 
jetzt im großen Sitzungssaal der Disputacion provincial, bez. 

Jusepe de Rivera espanol 
F. 1643. 
Ein höchst eigenartiges Werk. Christus allein. Tiefe Nacht 
ringsum. Das Haupt hat er auf die Unke Seite geneigt, den Mund 

Mayer, Jusepe de Ribera (Lo Spagnoietto). g 



114 

leicht geöffnet^ die Lippen fast blutleer blickt er zum Himmel: 
Warum hast du mich verlassen?! 

Das rechte Bein ist über das linke gesetzt, eine eigenartige, 
aber keineswegs schöne Stellung. Die Behandlung des Körpers 
zeichnet sich wie die Führung der Silhouette durch Großzügig- 
keit aus. Die Struktur des Körpers ist nur leise angedeutet. Chri- 
stus strahlt in einem gleichmäßigen, wie ein Wunder wirkenden 
Licht, die Dunkelheit ringsimi erhellend. Vom Körper ist fast 
jeglicher Schatten gebannt, nur am Rand die Dimkelheiten, treff- 
lich zur plastischen Wirkung betragend. Eine Anhöhe ist in der 
Dunkelheit als einzige Andeutung der Landschaft zu erkennen; 
sie erstreckt sich über die ganze Bildbreite, nach rechts sich lang- 
sam zur Ebene senkend. Rechts am Himmel die augenscheinlich 
nach der Natur beobachtete verfinsterte Sonne. 

Ein Kruzifixus früher in S. Thom6 in Madrid^) ist verschwunden; 
ebenso der von Palomino erwähnte^) in der Sala de profundis del 
Colegio de Atocha zu Madrid. 

Eine „Kreuzabnahme" befand sich in der Galerie Aguado; 
jetziger Aufenthalt mir nicht bekannt. Wie der Stich von Gel^ 
(„La galerie Aguado publ. ä Paris par Pavard") zeigt, war es ein 
Nachtstück: Der Leib Christi allein erleuchtet die Finsternis. Drei 
Männer sind im Begriff, ihn niederzulassen; die Hauptlinie fsine 
schlaffe Kurve. 

Ein „Schmerzensmann", sehr schlecht erhalten, wahrschein- 
lich aus Riberas erster Periode in der Academia S. Fernando zu 
Madrid. 

Von der Seite gesehen, blickt Christus leicht vorgeneigt den 
Beschauer an, in rotem Mantel, der rechte Schulter und Arm' 
freiläßt ; in der Rechten hält er den Rohrstab, mit der Linken greift 
er nach dem Mantel. Das einzige, was man noch würdigen kann, 
sind die wundervoll gemalten Hände. 

Schulgut ist der Schmerzensmann zwischen zwei Soldaten in 
der Sakristei von S. Filippo Neri in Neapel.*) 

^) Cean Bermudez Diccionario S. 192. *) Palomino 312. *) Ein „Christus an der 
Säule** (75X50 inches) aus dem Besitz von Miss Maguire war ausgestellt London 1901 
in der Exhibition of the works of spanish painters. Katalog Nr. 73 a). 



"5 



8. 



Die ^^Heilige Familie" hat Ribera in diesen Jahren ziemlich 
oft gemalt. Das erste Bild, ungefähr 1636 entstanden, ist uns 
leider nicht mehr im Original erhalten. Die beste Wiederholung, 
die ich nicht als eigenhändige Arbeit ansehen kann, befindet sich 
im Museum von Cördoba. Eine fast ebensogute bei D. Felipe 
yillalonga in Palma de Mallorca und schließlich noch eine Kopiej 
rechts an der Eingangswand der Grenadiner Kathedrale — ein 
Bild, das dort große Verehrung genießt. 

Maria, eine spanische Schönheit mit goldbraunem Haar und 
süßem kleinem Mund, hält auf ihrem Schoß das beim Trinken; 
an ihrer Brust eingeschlafene Knäblein, das sie mit ihrer Linken 
umfaßt. 

Ihre Rechte nimmt in äußerst graziöser Bewegung ein weißes 
Tüchlein vom Sattel auf. Die Mutter ist sehr behutsam, als fürchte 
sie den Knaben zu wecken. 

Sie trägt ein rosa Kleid mit gelben Ämüeln und blauen Mantel. 
In ihrer Haltung liegt höchste Vornehmheit. Den edlen Fluß der 
Linien kann man nicht genug bewundem. Die Szene spielt int 
Freien. Maria sitzt im Schatten vor einem braunen Tuch, das als 
Schutz vor den hellen und heißen Strahlen der Sonne zwischen 
zwei Eichbäume gespannt ist. An einen andern belaubten Eich- 
stamm lehnt sich rechts Joseph, im besten Mannesalter uns hier; 
entgegentretend. 

Er blickt lächelnd auf Mutter und Kind, die Hände verschränkt, 
mit dem linken Unterarm sich an den Stamm lehnend. Er ist 
mit einem schhchten braimen Rock bekleidet. 

Ganz rechts erscheint ein Eselskopf. 

Aus den Lüften schwingen sich zwei Englein hernieder mit 
einem Rosenzweig. Der Himmel strahlt in heiterstem Blau. 

Was diese „Ruhe auf der Flucht" so unvergeßbar macht, ist 
aber nicht der Adel der Formen, nicht die Vornehmheit der Auf- 
fassung, nicht das blühende lichte Kolorit, sondern die zauberhafte; 

8» 



ii6 

Stimmung. Man fühlt die Stille, den Frieden bei dieser Mittags- 
rast an einem heißen Sommertag. Es ist eine wirkliche „Ruhe".^) 

Neben dieser großzügigen Idylle kommt uns dann die Zimmer- 
mannsfamilie von 1639 im Museum von Toledo etwas kleinbürger- 
lich vor. Leider ist das Werk durch eine geradezu abscheuliche: 
Restauration jedem wahren künstlerischen Genuß entzogen wor- 
den, furchtbar vor allem das viele Rosa und Rot in der Kamation 
(das Gesicht der Madonna I). Die Signierung dürfte in der vor- 
liegenden Form schwerlich die ursprüngliche sein: 

Jusepe deri bera f 
a 1639 

Ich kann nicht ganz meinen Verdacht unterdrücken, daß das 
Toledaner Bild nur eine Kopie ist. Eine Kopie im Museum zu 
Wiesbaden (früher in der Berliner Galerie 405 B Abb. 33). Das 
Toledaner Exemplar stammt aus Ocana.^) 

Die Familie in der Werkstatt, eine ^^Holzhackerfamilie'*. Maria 
nach rechts gewandt auf dem rechten Bein knieend deckt den 
in ihrem Schoß ruhenden Jesusknaben auf, der für ein Schoß- 
kind reichUch groß ist. Sie hält den Sohn mit der Linken um- 
faßt; die Rechte faßt sehr graziös — der aufgehobene kleine 
Finger 1 — den einen Zipfel des gelupften weißen Tuches. Maria 
eine fast üppig zu nennende Erscheinung in rotem Kleid und 
blauem, am Hals zusammengeschlossenem Mantel. Den Kopf leise 
auf die Seite geneigt, blickt sie schwermütig, versonnen an Joseph 
vorbei nach rechts oben. 

Lächelnd schaut im Gegensatz zu Maria der rechts an der 
Werkstattbank stehende Joseph, hier kaum als ein Vierzigjähriger 
erscheinend, auf den Knaben. In der Linken hält er ein großes 
Scheit Holz, in der Rechten eine Axt. Zwischen ihm und Maria 
steht der kleine Johannes, neben der Gestalt des Giovannino im 
Prado die entzückendste Kinderfigur Riberas. Den Kreuzstab 

^) Ein derartiges Descanao befand sich nach Cean Bermudez 194 in der Cappuziner- 
kirche von Cordoba. Conca sah das Bild dort (Descrizione Odeporica DI, 184) und be- 
merkt „belissima pittura che ha restituita a vita Don Antonio Torrado .*....** *) In der 
Sammlung Soult zu Paris befand sich ein Bild mit den gleichen Personen, ^ne solche 
pHolzhackerfamilie*' Riberas erwähnt auch Conca, Descrizione Odeporica U iio/iii im 
Capitolo del Vicario des Escorial. 



Abb. 33 DIE HU FAMIUE Wiesbaden 



DIE VERLOBUNG DER HL. KATHARINA 
London Earl of Northbrook . ' ,, ,, 



haltend» mit einem Fellchen bekleidet, blickt er uns halb von der 
Seite an. Links neben Maria ein Korb mit Kissen, rechts vom ein 
Mantel und eine Säge. Der Boden mit Fliesen bedeckt. 

Die Komposition sehr sorgfältig. Zwei Diagonalen, in deren 
tiefgelegenen Schnittpunkt das Köpfchen des Knaben gesetzt ist. 
Die eine Diagonale wird bezeichnet durch die Schattengrenze aa 
der Wand links, die dann über Maria zum Jesusknäblein führt. 
Die andere geht vom Kopf Josephs über den des Johannes gleich- 
falls zu Jesus. Als Ausgleich für diese beiden starken Schrägen 
dient neben der Vertikalen im Joseph die große Gerade in der 
Mitte des Bildes, die vordere Ecke des dämmrigen Raumes rechts. 
Marias Kopf allein hebt sich vom lichten Grund der bdeuchteten 
Wand ab. 

Die Krone aller dieser Schöpfungen aber ist doch die „Ver- 
mählung der hl. Katharina*' wie man das Bild bei Earl of Northbrook 
wohl nennen darf. Das beste Gemälde Riberas in England. Es 
stammt aus Genua; früher war es im Besitz von Sir Thomas 
Baring. Nr. 237 der Sammlung^) (79^/2X60 inch. Abb. 34) bez. 
dem Stuhl 

Jusepe de Ribera espanol 
Accademico Ro°® 
F, 1643. 
Rechts sitzt die Madonna, ein spanisches Mädchen von großer, 
ernster Schönheit, den Beschauer anblickend. Ihr reiches schwarzes 
Haar fällt über ihren Nacken herab. Sie trägt ein rotes Kleid; 
ein blauer Mantel fällt über ihren Unterkörper. Das Kind, mit 
hellem Seidenhaar, hält sie über ihrem Schoß auf beiden Armen 
auf einem weißen Tuch. Links kniet nach rechts sich wendend 
die hl. Katharina, ebenfalls eine spanische Schönheit. Sie drückt 
des Kindes rechtes Händchen an ihre Lippen, das sie nüt ihrer 
Rechten ergriffen hat; ihre Linke ruht auf der Brust. Auch ihr 
fließt das reic^ie Haar über den Nacken. Sie trägt ein weißes 
Obergewand mit blauen Ärmeln und einen schweren, bronzegelben 
Mantel. Der Christusknabe, der nach rechts sitzt, hat mit der 

^) Vergl. den Catalog (S. 182). 



ii8 

Linken den einen Mantelzipfel Marias gefaßt und das Köpfchen 
zu Elatfaarina g'ewendet Sein Blick aber schweift sinnend in die Feme. 

Hinter Katharina steht die alte Anna, in der Linken ein Körb- 
chen mit Pfirsichen, in der Rechten eine Rose haltend, die sie 
lächelnd dekn Kinde anbietet. Hinter Maria erblicken wir in einen 
Mantel gehüllt Joseph, in der Stellung des Joseph von Arimathia 
in der Pietä von S. Martino, hier besonders stark an Velasquea 
Menipp erinnernd: Körper von der Seite gesehen, völlig in den 
^(antel eingehüllt, Kopf de face, ganz leicht nach links, den Be- 
schauer anblickend; dunkelbraune Haare, schwarzer Bart. Mit der 
Rechten stützt er sich auf seinen Stab. 

Ganz vom rechts ein Körbchen mit rotem und weißem Kissen. 
Auch hier Fliesenboden. 

Wie alle Werke dieser Epoche ist auch dieses Bild hell- 
leuchtend in warmem Ton gemalt. Zart tmd licht vor allem Maria 
und der Knabe, dessen Körper mit seinen hellrötlichen Konturen 
ohne große Schattenflächoi mit leichten graubraunen Linien mo- 
delliert ist. Die anderen Gestalten, namentlich Anna und Joseph^ 
sind durch kräftige Schatten sehr plastisch herausgeholt. 

Die Komposition sehr ähnlich der der „Holzhackerfamilie". 
Aller Nachdruck ist auf die Begegnung der Katharina mit der Hand 
des Kindes gelegt, die in dem Schnittpunkt der beiden von den 
Seiten (den Köpfen Josephs und Annas) ausgehenden, sich nach 
der Mitte hin senkenden Diagonalen angebracht ist. 

Waagen, der für den schlichten Adel und die Tiefe der Emp- 
findung dieses Wierkes kein Verständnis besaß, charakterisiert das 
BUd wie folgt i): 

„Man glaubt hier nicht einei heilige, sondern eine ganz ge- 
wöhnliche, ja ziemlich gemeine Familie zu sehen." Dann aber 
sagt er: „in der fleißigen Ausführung, in Klarheit und Wärme 
der Färbung der berühmtoi Anbetimg der Hirten im Louvre ver- 
gleichbar."') 

*) Kunstwerke TL, 249, 250. >) Eine „hl. Katharina" Riberas erwähnt Waagen (Gallerics 
and Cabinets S. 64) bei Lord Yarborough „Although somewall secular in general character, 
yet the forma are more elevated for the master than nsoal for the master and the drawing 
paxticnlary refined. 



"9 

Es dürfte nicht uninteressant sein^ dem Ausspruch Waagens 
die vor dem Bild in Begeisterung niedergeschriebenen Sätze Justis 
gegenüberzustellen: „. . . Wie rein, wie edel ist das alles empfunden,; 
wie ohne alle Phrasei, ohne konventionelles Pathos der Leerheit. 
Es ist die im Innern verborgene Tiefe des Gefühls. Wie lautlos> 
wie lange könnte das alles so verharren — ein Adagio I" 

In diese Gruppe gehört auch das in jenen Jahren entstandene 
Gemälde: ^,Der Besuch der hl. Familie beim hl. Bnmo.*' (Palazzo 
Ducale zu Neapel.) Ein in lichten Farben strahlendes, überaus 
liebenswürdiges und vornehmes Bild. 

An einem schönen Frühlingstag hat sich die Jungfrau mit dem 
Jesusknaben aufgemacht, den frommen Asketen Bnmo zu besuchen. 
Joseph gibt den Führer ab. Nun sind sie angelangt ; Joseph wendet 
sich wie fragend Marien zu: Sind wir hier recht? 

Ergriffen kniet der alte, etwas jämmerlich aussehende Asket 
vor der hohen Frau, die das Kind an der Hand führt; sie blickt 
er an, die ganze Welt sonst ist für ihn versunken. Und wenn auch 
Maria nicht mit großem Gepränge erschienen ist, wenn sie auch 
srtatt hoch auf Wolken zu thronen sich zu Fuß dem; Andächtigen 
genaht hat, die Himmelskönigin ist doch sofort zu erkennen. Eine 
Idealgestalt. Vielleicht die idealisierteste Frau, die Ribera überhaupt 
geschaffen. Dominici ist nicht mit dieser Maria zufrieden; „un 
naturale non troppo hello, n^ gentile" nennt er sie,^) das Strenge, 
Hoheitsvolle befremdete ihn. Idealisiert auch das Kind, das der 
Mutter auffallend ähnelt. 

Gleichsam als unsichtbares, himmlisches Diadem wiegen sich 
über Maria drei Engel in den Lüften, darüber noch eine weitere 
Gruppe, in deren Mitte Gott Vater erscheint. 

Über dem Heiligen steht noch ein Bischof : S. Benediktus. Da- 
hinter wird ein ehrwürdiger, bärtiger Kopf sichtbar. 

Alle sind ergriffen, es herrscht eine feierliche Stille. 

Dominici erzählt,^ Ribera Jiabe das Bild für die Chorwand der 
Karthäuserkirche S. Martino gemalt. Es sei jedoch zu Streitig- 
keiten gekommen — Dominici glaubt natürlich wegen eines zu 
hohen Preises oder durch Eifersüchteleien, des Meisters. Die Mönche 

1) Dominici 126. ') Dominici ebenda. 



I30 

hätten schließlich an Stelle dieses Gemäldes die ^»Geburt Christi" 
Renis dort aufgehängt. Ribera habe dann sein Bild an die Mönche 
von S. Trinitä verkauft und die zwei andern Heiligen hinzugemalt. 
Das Werk habe in der capellone del canto gehangen. 

An dieser Stelle ßei noch des kleinen auf Kupfer gemalten 
Bildchens im Museo Nazionale in Neapel gedacht ^^Der hl. Bruno 
empfängt die Ordensregeln." (Inventar Nr. 84396; h. 0^38^ br. 0^27) 

Jusepe de ... . 
... Derä . • • • ^ 
Nicht sonderlich g^t erhalten. Das weiße Gewand des Heilige^ 
in der unteren Partie ziemlich roh übermalt. 

Der Heilige im Profil nach links knieend am Rand seiner Höhle, 
wo ein Totenkopf und ein Bischofsstab sichtbar werden; die Arme 
auf der Brust blickt er nach oben zu den beiden Englein, die sich 
mit einem Buch, den Ordensregeln, nahen. Die Putti kommen aus 
einer lichten Engelsglorie. Der vordere wendet sich zum Heiligen, 
auf eine Stelle des aufgeschlagenen Buches deutend, der andere 
hält es. 

Das Gewand des Heiligen ist in der Faltengebung sehr sorg- 
sam behandelt. Die Silhouette der Höhlenkulisse rechts macht leise 
die Bewegung S. Bnmos mit. 

Ausblick in eine Gebirgslandschaft. Blauer Himmel mit gelben 
Wolken. 

Das Halbfigurenbild „Christus in Emmaus*' beim Herzog von 
Sutherland (Staf fordhouse) scheint mit eine tüchtige Werkstattarbeit 
zu sein. Für den Meister in der Auffassung nicht vornehm genug 
imd in der Ausführung etwas zu breit, jedoch sehr kräftig und in 
den Typen ihm verwandt. *) 



Den Beschluß in dieser Reihe mögen die Navidadbilder machen. 
Schon 1630 hatte Ribera eine Geburt Christi gemalt. Galerie 

^) i,very vividlj concdved, though differing both in chaiakter and execution from 
the ttsual manner of the master . . . ." Waagen, Art Treasuret U. 66,67). 



121 

.Weber in Hamburg. Bez. auf dem Sattel. (Die Signienmg in dieser 
Form wohl nicht mehr die ursprüngliche) 

Josephus a Ribera yspanus Setaben 
p. Roma Academie fadebat 
Parteno 1630. 
Das Bild ist sehr gedtmkelt^ restauriert und stark gefimist^ so daß 
die technische Eigenart des Meisters kaum mehr erkenntlich ist. 
In dem heutigen Zustand erinnert das Gemälde am meisten von 
allen Werken Riberas an Honthorst. Es ist ein Nachtstück. Alles 
Licht geht vom Kind aus, das Maria über der Krippe hält. Die 
Mutter, ein junges blondes Mädchen in rotem Kleid und blauem, über 
den Kopf gezogesnem Mantel, blickt schmerzlich lächelnd auf das 
Knäblein. Joseph und die Hirten schauen mit vergnügten Mienen 
auf das Christkind. 

Dem bereits kurz erwähnten Bild in Salamanca ähnlich ist die 
Ribera zugewiesene Anbetung im Museum zu Cördoba, die jedoch 
wohl nur eine Nachahmung bt. 

Wichtig vor allem der Signierung wegen ist das Hirtenstück 
im Kapitelsaal des Escorial 329. Bez. auf dem Schnitt eines Baum- 
stumpfes in ziemlich kleiner Schrift. 

Jusepe de Ribera espaüol Valenciano 
de la ciudad de Xativa academi^ 
Romano F. 1640 
sehr verdorben, stark restauriert und schlecht beleuchtet. 

Gleichfalls ein Nachtstück. Die Szene sehr figurenreich. Maria 
sitzt^ das Kin,d im Schoß haltend, den Kopf über es gebeugt. Vor 
ihr die Krippe. Die Hirten mit einem jugendlichen Begleiter links, 
der ein totes Lämmlein herbeiträgt. Rechts die Alte mit den Eiern 
und dem Huhn, eine Lieblingsfigur der spanischen Maler. 

Über ihr steht Joseph, der, auf den linken Ellbogen gestützt, 
den ganzen Vorgang beobachtet. In den Lüften kleine Engel. 

Auch hier wieder in der Komposition die zwei Diagonalen, 
in deren Schnittpunkt das Köpfchen des Kindes gesetzt ist. (Die 
eine Schräge vom Putto links über den stehenden Hirten und Maria, 
die andere -vom Kopf Josephs über die knieende Alte.) 

Die Anbetung Nr. 441 ebenda ist noch mehr verdorben als 339. 



122 

Das Bild macht nicht den Eindruck eines Originals. Die Kompo^ 
sition hier auch weniger sorgfältig. Jedoch ist das Gemälde kolo- 
ristisch interessant, weil eine Dämmerstimmung wiedergegeben 
ist. Für Ribera auffällig ist der überaus heitere Ton der Gesell- 
Schaft. Die Hirten wie die Alte lachen fröhlich. Maria hier dar- 
gestellt, wie sie das Kindlein (das offenbar überhaupt neu gemalt 
ist) aufdeckt. 

Eine Kopie, anschaulicher als das Original selbst, in Sevilla! 
bei Herrn Lopez Cepero. 

Diesen beiden Darstellungen verwandt ein Gemälde, das nur 
in zwei mäßigen Kopien auf uns gekommen ist. Es befand sich! 
vielleicht früher im Kloster S. Isabella zu Madrid, wo noch jetzt 
(rechts vom Hochaltar) ein^ Kopie zu sehen ist. Die andere im! 
Valencianer Museum, aus der Sammlung D. E. Pons-For6s. 

Maria sitzt hier rechts, das Kind an der Brust, nach oben! 
blickend, wo sich aus den Lüften kleine Engel niedersenken. Rechts 
von ihr Joseph, vom ein Sattel. Soweit könnte das Bild aus einem 
„Descanso" Riberas entlehnt sein. Nach links folgen inun die 
Hirten, der ganz links ein Mohr; femer die Alte, die knieend diel 
Hände gefaltet hat, aber gar nicht bei der Sache ist, sondern sich 
nach uns umblickt; oder soll ihre Bewegung so zu deuten sein,( 
daß sie den Beschauer zur Verehrung des Kindes auffordert? 

Alle diese Darstellungen überragt aber weit die Anbetung der 
Hirten in der Seo von Valencia (Sakristei). Ein Halbf igurenbild. Bez. 
auf einem Brett der Krippe 

Jusepe de Ribera 
F. 1643. 
An Tiefe der Empfindung und Größe der Auffassung das mehr 
virtuosenmäßig anmutende Spätbild des Louvre von 1650 gleich- 
falls um ein Bedeutendes hinter sich zurücklassend. 

Der Künstler hat sich hier wieder auf seine Schlichtheit be^ 
sonnen. Maria, das Kind, die drei Hirten, der Ochsenkopf; auf 
jeden weiteren Personenapparat hat er verzichtet. Nur links in der 
Feme sieht man ganz leicht die Erscheinung an die Hirten skizziert. 

Schon die Gestalt der Maria genügt, um das Bild zu einer der 
bedeutendsten Leistimgen des Meisters zu machen. Sie allein ist 



123 

ganz de face gesehen, das Kopftuch und der weite Mantel geben 
ihr eine großartige Silhouette, die den Eindruck erhabenster 
Ruhe hervorruft. Maria noch vollkommen Kind. Um so er- 
greifender wirken die großen braunen, voll zum Himmel aufge- 
schlagenen Augen: die bange Ahnung der Mater dolorosa. (Ihre 
Wimpern und Brauen im Gegensatz zu den Augen selbst schwarz.) 
Mit ihrer Rechten hat sie ein Tüchlein vom Körper des Kindes 
weggenommen und hält es sehr graziös mit dem einen Zipfel 
zwischen Daumen und Zeigefinger, während die anderen Finger 
leicht gekrümmt und gespreizt sind. Mit der Linken umfaßt sie den 
Bambino. Dem Maler ist es nun vorzüglich gelungen zu zeigen, wie 
Maria diese irdische Beschäftigung ganz vergessen hat und sich 
vollständig ihren schwermütigen Gedanken hingibt. 

Das Kindlein in der hoch mit Stroh gefüllten Krippe auf 
einer weißen Windel liegend, blickt in rührender Unschuld lächelnd 
gleichfalls zum Himmel. In seiner strahlenden Heiterkeit der stärkste 
Kontrast zu Maria. Der Bambino natürlich der Lichtspender: er 
leuchtet ganz weiß, in, dem düonen Halbschatten leicht bläulich, 
die Konturen hellrot. 

Rechts vom kniet mit gefalteten Händen der älteste Hirt im: 
Profil, ein Greis mit struppigem Haar und Bart imd abgearbeitetem 
Händen; in warmem bräunUchem Ton modeliert. Weiter zurück 
zwischen ihm und Maria erblickt man den Kopf des jungen Hirten. 
Rechts steht, eine sehr würdige Erscheinung, der dritte Hirt, die 
Rechte auf die Brust legend. 

In dieser Schlichtheit ist das Werk mit seinem hellen leuchten- 
den Kolorit eines der allersympathischsten des Meisters.^) 

Im Zusammenhang mit den Navidadbildem steht auch die so- 
genannte „Höckerfrau" mit dem Huhn in der Hand und dem Eier- 
korb in Arm. (München, Alte Pinakothek 1285. h. 0,77, br. 0,63.) 

Diese Halbfigur ist nichts vreiter als eine Studie zu der be- 
kannten Alten in den Anbetungsbildem. Nur darl sie nicht den 
Anspruch erheben, für ein Originalwerk Riberas gelten zu wollen. 
Allerdings ist die Studie mit feinhaarigem Pinsel nach Art Riberas 
gemalt, jedoch viel roher, ohne in die Eigenart Riberas, mit der 

^) Eine moderne Kopie in der Colegiata von S. Felipe de Jätiba. 



124 

Pinselführung schon zu moddlieren^ eingedrungen zu sein; auch 
ist aUes viel breiter, flüchtiger hingesetzt. Hart, wie die Federn des 
Huhns über die das Tier packende Hand gehen. Man fühlt picht 
das Flaumige der Federn, nicht das wirkliche Hineingreifen der 
Hand wie beim Isaaksegen des Meisters. 

Das Bild gehört der Sevillaner Schule an. (Murillo liebte 
diese Figur sehr; er brachte sie nicht nur in den Navidad- 
bildem (Prado 859. Berlin) an, sondern auch in der Caselverleihung 
des hl. Ildelfons (Prado 869), in der alten Händlerin mit dem Gassen- 
jungen (BerUn, Sammlung Carstanjen etc.). 

Zum Schluß seien noch zwei Brustbilder der Madonna mit 
dem Bambino erwähnt. Das eine, 1639 gemalt, befand sich früher 
im Besitz des Duca di Bovino in Neapel. Justi sah es noch und 
gibt folgende Beschreibung: „Ganz Ucht auf hellem Grund. Die 
Madonna della Sedia Vorbild, jedoch hier Maria ernster, nachdenk- 
licher. Der Kopf des Kindes schmiegt sich in die Bucht zwischen 
Kinn und Hals; es sieht gleichfalls nach außen. Madonna hat 
hellen Teint und helles Jtlaar. Kind nicht schön, obwohl der Maler 
sein Bestes geben wollte. ' Rechte Hand der Maria von unten ge- 
krümmt ist unschön gezeichnet .und verkürzt. Linke Hand in 
einer Linie mit der Biegung des Handgelenks." 

Das andere Bild im Louvre (Sammlung La Gaze 1724. h. i, — , 
br. 0,85), eine Madonna, die das an ihrer Brust eingeschlafene 
Kind in die Krippe legen will, macht nicht den völlig überzeugen- 
den Eindruck eines Originals. Das Gemälde könnte 1642 ungefähr 
entstanden sein. In dem Aufschlag der großen Augen erinnert 
Maria an die der Valencianer Seo. Befremdend wirkt die starke 
Neigung des Kopfes auf die linke Seite. 



10. 



Wie uns schon die Philosophen-, die Apostelbilder und der 
Prophetenzyklus in S. Martino zeigten, hat auch die Einzelfigur 
in dieser Periode bei Ribera ihre Pflege gefunden. 

Vor allem genannt sei das Porträt eines Maestro al cembalo 



125 

im Besitz des Grafen Gregor Stroganoff in Rom. (h. 0,76, br. 0,61 
Abb. 35) bezeichnet 

Jusepe de Ribera 
F. 1638. 
Das Brustbild stammt aus dem Besitz der Gräflichen Familie 
Potocki, die es wiederum mit anderen Gemälden als Geschenk 
Augusts III. von Polen-Sachsen erhalten haben soU.^) 

Das Gemälde war ursprünglich sicher ein Kniestück, gab viel- 
leicht sogar die ganze Gestalt wieder : der linke Arm und die linke 
Hand, die den großen Stab hält, sind nicht mehr sichtbar. 

Den Körper etwas nach rechts gedreht, Kopf fast de face, 
sieht uns der im besten Mannesalter stehende Maestro an. Er 
trägt einen dunklen Vollbart, das dichte dunkle Haupthaar ist 
wirr. Seine Kleidung äußerst schlicht. In der bis zur Brust er- 
hobenen Rechten hält er .eine Notenrolle^), seine Linke umfaßt 
einen langen Stock mit eigenartigem Metallende; für einen Violin- 
bogen ist er zu lang, für einen Cellobogen erst recht, ein Takt- 
stock kann es nicht sein, denn dieser ist erst eine Errungenschaft 
des 19. Jahrhunderts, von Karl Maria v. Weber eingeführt; zudem 
würde er ihn, ebenso wie einen Bogen, in der rechten Hand halten. 
Wenn er taktiert, so bedient er sich der Rolle in seiner Rechten. 

Schade, daß wir so gar nichts wissen, wer dieser Künstler mit 
den dunklen Augen, dem ernsten, leicht schwermütigen Ausdruck 
ist, dessen Wesen eine natürliche Vornehmheit atmet. Ein Spanier ? 

Auf jeden Fall dürfen wir in ihm Riberas bestes uns erhaltenes 
männliches Porträt erblicken. 

In das vorangehende Jahr 1637 fällt ein Porträtwerk, über 
dessen Persönlichkeiten gleichfalls leider keine letzte Klarheit 
herrscht; es ist dies das vor zwei Jahren aus einer Sammlung 
französischen Ursprungs ins Schweriner Museum gelangte Ge- 

^) Dem Grafen G. Stroganoff sei auch an dieser Stelle für seine liebenswürdigen 
Mitteilungen wie ftir die Reproduktionserlaubnis des Gemäldes bester Dank gesagt. 
') Dafl sich auf der Rolle das 5| 6 und 9 zeilige Notensystem befindet, darf nicht be- 
fremden. Die Einigung auf das fttnfzeilige erfolgte erst Ausgangs des siebzehnten Jahr- 
hunderts. 



126 

mälde ^^in spanbcher Edelknabe mit seinem Schutzheiligen^) 
(h. 1,26^ br. I9O2 Abb. 36) bez. 

Jusepe de Ribera 
espaiiol ,F, 

1637 
Das Bild hat durch Ubermalungen die sich bis auf Änderung 

der Signierung (espanoletto !) erstreckten und von denen es erst 

in jüngster Zeit befreit worden ist, stark gelitten; namentlich der 

Knabenkopf, bei dem eine gewisse Lberheit unangenehm auffällt. 

Das Gemälde war wohl ursprünglich größer. 

Ein graubärtiger heiliger Bischof, dessen Haltung sich nicht 
genau bestimmen läßt, blickt, seine Linke auf den Rücken des 
Knaben legend, mit erhobener Rechten nach links oben, den jimgeU 
Edelmann dem Schutz des Himmels empfehlend. Über weißem^ 
spitzenbesetztem Unterkleid trägt er eine weiße dunkelgelbgef ütterte 
Brokatkasel. Links hinter ihm ein Bischofsstab ; die Statuette darin 
erinnert an den Zeus der Andreasmarter. Vom Stab hängt ein 
Fischnetz herab, was den Heiligen wohl als den hl. Petrus Gon- 
zalez (der allerdings kein Bischof war) charakterisieren soll. Der 
Edelknabe, sicher ein junger Spanier, vielleicht ein Mitglied des 
Hauses der Medina de las Torres, ist als Halbfigur sichtbar; Kopf 
de face, ruhig geradeausblickend hat er die — vorzügUch gemalten 
— Hände auf einen mächtigen Zweihänder gelegt. Er trägt einen 
hellbraunen Rock mit kirschrotleuchtenden geschützten Ärmeln und 
einen Eisenkragen. Die Kamation ziemlich hell, bläuliche Schatten. 

Die fortschreitende Verinnerlichung der Kunst des Meisters 
läßt sich aber nirgends besser verfolgen, als in seinen Hieronymus- 
bildem. 

Zuerst sei das maßlos gedimkelte Gemälde in der Ac. S. 
Fernando erwähnt, das vielleicht schon im Laufe der zwanziger 
Jahre entstanden ist. Der Greis de face gesehen, eine große, 
hagere Gestalt; er sitzt, hält in der Linken ein großes Perga- 

^) Herrn Moseumsdirektor Prof. Dr. Steinmann für seine liebenswürdigen Mit- 
teilungen wie die gütige Überlassung seiner Gemäldeaufnabme fttr die beigegebene Ab- 
bildung auch an dieser Stelle herzlichsten Dank. 



latei AAVii 



PORTRÄT EINES MAESTRO AL CEMBALO 
Graf Straganoff 



Abb. 36 

EIN SPANISCHER EDELKNABE MIT SEINEM SCHUTZHEILIGEN 

Schwerin Museum 



127 

menty in der Rechten eine Feder, mit der er auf ein Blatt eine 
Bemerkung schreibt. Dieser rechte Arm mit der federhaltendeö 
Hand ist ein Meisterstück der Modellierung. 

Aus dem Jahre 1637 stammt der wenig edle Hieronymus des 
Museo provincial in Murcia. Der Heilige, eine hohe kräftige Gestalt, 
nackt bis auf das Lendentuch. Weiße, kurze Haare. Der Körper 
in Seitenansicht; der linke Arm ausgestreckt, nach einem ge- 
schlossenen Buch greifend. In der erhobenen Rechten hält er die 
Feder zum Schreiben bereit. Er blickt aus dem Bild, seine Augen 
jedoch sind beschattet. 

Beträchtlich höher schon steht der Hieronymus bei Herrn Luis 
de Navas in Madrid (h. 2,10, br. 1,50), bez. 

Jusepe de Ribera 
espanol F. 1638. 

Der sehnige Greis sitzt auf einem Stein an einer Berglehne; 
Körper in Dreiviertelansicht, das linke Bein vor-, das rechte zurück- 
gesetzt. Die Rechte auf der Brust, in der Linken ein Holzkreuz 
haltend, wendet er den Blick zum Himmel: der reuige Büßer. 
Bekleidet ist er mit einem roten Mantel, der jedoch den größten 
Teil des Körpers freiläßt. 

Links Ausblick in eine hügelige Landschaft. Vom rechts der. 
Löwenkopf, am Boden rechts ein Pergament und ein Schädel. 

Mehr durchgeistigt die Halbfigur in der Galerie Crespi in 
Mailand (h. 1,21, br. i, — ); bez. 

Jusepe de Ribera espanol 
F. 1640. 

Hieronymus steht hier hinter einem Tisch, auf dem zwei Bücher 
und eine Feder liegen. Von vom gesehen, richtet er die Augen 
zmn Himmel. Mit der linken hält er einen Schädel gegen die Brust 
und faßt mit der Rechten einen Stein auf dem Tisch, um sich da- 
nut zu schlagen. Bekleidet mit einem roten Mantel, der die rechte 
Schulter freiläßt.^) 

Eine kleine Variante das Gemälde der Galerie Corsini (Nazio- 
nale) in Rom. Nr. 182, gleiche Größe, vielleicht gleichfalls Original. 

^) Vergl. Venturi, La Galleria Crespi a MGlano. 1900. S. 297 fr. 



128 

Der Blick ist hier gesenkt, auf den Schädel gerichtet, den der 
Heilige in beiden Händen halt ; auf dem Tisch mehr Bücher. 

Echt wohl auch der Hieronymus der Brera, der vor allem 
im Gewand (Hemd und Mantel) stark durch Restauration gelitten 
hat. Der Heilige hier in Dreiviertelansicht nach rechts, den Schädel 
betrachtend, den er in der Linken hält. 

Die Halbfigur eines büßenden Hieronymus, de face, hinter 
einem Tisch ruhig auf ein Holzkreuz blickend, das er in der 
erhobenen Rechten hält, ist uns in einem Nachstich erhalten. Auf 
dem einen auf dem Tisch liegenden Pergament liest mau 

Jusepe de Ribera es 
paüol F. 1642 

Die Unterschrift des Stiches lautet 

Gius. Ma^ dis. Carlo Fauci sc. 
Alto Palmi 6 once 2 Largo PaL 4 once 10. 

Das Original ist verschollen. 

Ein anderes Kniestück aus Besitz von Baron L6on de Bussi^res 
war in der Exposition pour L^Alcass-Lorraine im Palais Bourbon 
ausgestellt. Das Bild stammte aus der Galerie des Grafen Pour- 
tales imd ist von Roman Bayeu radiert worden.^) (Eine alte Kopie 
in der Gap. S. ]os6 der Sevillaner Kathedrale.) 

Dem Bild bei Herrn Navas verwandt Nr. 297 der Galerie 
Doria Pamphili in Rom; ein Schulbild; ähnlich auch Cadiz, Mus. 
prov. Nr. 44, gleichfalls Schulgut. 

(Von anderen Schulbildem seien vor allem Berlin, Kaiser-Fried- 
rich'Museum 403 und das Gemälde im Palazzo Durazzo in Genua 
genannt.) 

Am höchsten aber von den Hieronymusdarstellungen aus die- 
ser Periode steht die nüt großer Verve gemalte Studie im Prado 
994, (Halbfigur, h. 1,09, br. 0,90 Abb. 37), bez. 

Jusepe de Ribera espaiiol 
1644. . 

Der Heilige mit dem Körper in Dreiviertelansicht, Kopf im 
Profil nach links, die Hände vor der Brust gekreuzt, vor einem 
Tisch mit Schädel xmd Pergamen. Ein großer — in der Skizze 

^) Vergl. auch Paul Mantz, La gallerie Pourtales. Gaz. d. Beaux-Aits 1865. S. 100. 



CA E 



129 

stecken gebliebener — roter Mantel um ihn drapiert^ der linkel 
Schulter und Brust freiläßt. 

Wie veredelt, wie durchgeistigt dieses Antlitz gegenüber dem 
der Radierung von 1622 1 Wie leicht, wie frei und kühn in der 
Technik, vor allem in der Behandlung der Hände im Vergleich 
zu den Bildern von 1628 und 1629. Nicht nur Plastik ist hier 
^erreicht, sondern man fühlt auch Luft, wirklichen Raum; wie sich 
z. B. die Hände gegen Brust und Mantel abheben. 

Auf fast gleicher Höhe, was den Ausdruck anlangt, die durch- 
geführtere Halbfigur jin Turin (h. 0,96, br. 0,74), die aus Sara- 
gossa stammen soll. Der Heilige, de face, in rotem Mantel, der 
rechte Schulter und Arm freiläßt, in der Linken den Schädel 
haltend, mit der Rechten einen Stein gegen die Brust schlagend. 
Den Mund leicht geöffnet, richtet der graubärtige Büßer seine 
großen glänzenden Augen gen Himmel, das Haupt leicht auf 
seine linke Seite neigend. Kopie im Escorial (Sakristei). 

Der gleichfalls jin der Sakristei des Escorial sich befindende, 
kläglich am Boden li^;ende Hieronymus, der die Arme empor- 
streckt, kann wohl mit seiner schmutziggrauen Färbung nicht 
als Originalwerk betrachtet werden. 

Eine richtige „pintura de borrones" ist die Halbfigur des 
Hieronymus in Lille. (644, h. 0,78, br. 0,65.) Vielleicht in Riberas 
Werkstatt entstanden. Eine plumpe Fälschung die Signatur auf 
dem Schädel: 

1643 
Jusepp. (I) De (I) Ribera 

Gar nichts mit Ribera zu schaffen hat der gemütlich stu- 
dierende, mit einem Nimbus gekrönte Heilige Nr. 56 der Galerie 
Borghese in Rom. Dieser gute Alte ist eine Schöpfung eines 
Caravaggioschülers. 

Als das Werk eines deutschen Nachahmers ist schon seit län- 
gerer Zeit Nr. 1290 der Münchener Pinakothek erkannt worden. 

Den Hieronymusbildem sehr nahe verwandt sind die Gemälde, 

die Paulus als den ersten Eremiten verherrlichen. 

Dieser fromme Einsiedler hatte vom hl. Hieronymus eine be- 
Mayer, Juepe de Riben (Lo Spagnoletto). g 



IJO 

geisterte „Vita** erhalten, in der der Lieblingsheilige unseres Malers 
u. a. gesagt hatte : „Vos gemma bibitiß, ille naturae concavis liiani- 
bus satisfecit. Vos in tunicis aurum texitis, ille ne vilissimum 
quidem indumentum habuit .... Paulus vilissimo pulvere coopa*- 
tus iacet resurrecturus in gloriam: vos operosa saxi sepulcra pre- 
munt cum vestris opibus arsuros." 

Vielleicht gaben diese Sätze den Anlaß zu Riberas Paulus- 
darstellungen. 

Das Hauptbild kommt in mehreren Repliken vor: Louvre^ 
Turin (326), Valencia, Prado (1012a). Sicher echt nur das Pariser 
Bild, (Louvre 1723, h. 1,54, br. 0,99), das jedoch recht gelitten hat. 

Bezeichnet: Jusepe de Ribera espanol .... 

Vielleicht auch das recht tüchtige Turiner Exemplar eigen- 
händige Arbeit (2,04x1,47); die anderen mittelmäßige Kopien. 

Der Heilige sitzt am Eingang seiner Höhle auf einem Fels- 
block in Dreiviertelansicht nach rechts. Aufblickend hält er in 
den gefalteten Händen den Rosenkranz; seine einzige Kleidung 
das Strohgeflecht, welches seine Lenden umschließt. Rechts Aus- 
blick in eine hügelige Landschaft. In den Lüften der Rabe, der 
dem Einsiedler die Nahrung bringt. 

Entstanden wohl Anfang der dreißiger Jahre. Aus derselben 
Zeit die Halbfigur im Prado 1006, ein hl. Anachoret genannt 
(h. 1,18, br. 0,98, Abb. 40). Davon eine Kopie im Escorial 
(Sakristei). Der Heilige im Profil, betend mit gefalteten Händen 
auf ein Buch bückend, das vor ihm auf dem Steintisch liegt 
(darauf auch Brot und Schädel); bekleidet nur mit einem Stroh- 
geflecht um die Hüften. Was man vielleicht am meisten bewundert, 
ist die prachtvoll durchmodellierte Rückenpartie; jedoch auch die 
sonstige Modellierung, vor allem die des Armes ist hervorragend. 
Die Hände ziemlich derb hingehauen. Das Kolorit noch schwer, 
namentlich Wange, Nase und Ohr stark rotbraun, ein Versuch, 
das Fleisch bei durchscheinenden! Licht wiederzugeben. 

Den dreißiger Jahren gehört auch der Paulus der Dresdener 
Galerie an (87), (h. 2,04, br. 1,50). 

Bez. links unten 

Jusepe de Ribera F. 



131 

Das Bild hat sehr gelitten, von einer argen Übermalung ist 
es vor einigen Jahren befreit worden. 

Der Heilige hier knieend in ganzer Figur nach links, Rosen- 
kranz in den Händen. Rechts oben erscheint der Rabe mit dem' 
Brot. 

Eine Nachahmung die Halbfigur der Sammlung Carstanjen, 
Berlin (mit plump gefälschter Signierung auf dem Buchrücken 
Jusepe de Ribera F 1647). 

Das Bild hat etwas weiches, süßliches, im Ausdruck Ribera 
ganz fremdes. Auch in der technischen Behandlung nicht ener- 
gisch genug. 

Der Anachoret, Prado 1007 (h. 1,28, br. 0,93), ein sicheres 
frühes Werk. Stark gedunkelt. Der bärtige Greis, von vom ge- 
sehen, heftet den Blick auf das Kreuz in seiner Rechten und er- 
greift mit der Linken einen Stein, um sich zu peinigen. Das In- 
karnat stark bräunlich, vor allem im Gesicht. 

Mit dem Eremiten Paulus vielfach verwechselt, bald auch Pro- 
cop oder Hieronymus genannt wird der hl. Onuphrius, jener fromme 
Einsiedler, dessen Körper dicht behaart ist und der als einzige 
Kleidung einen Gürtel von Eichenblättem trägt. 

Riberas Darstellung aus dem Jahre 1637 erfreute sich großer 
Beliebtheit. Das Original in der Petersburger Eremitage 334 
(h. 1,04, br. I,—, Abb. 39), bez. 

Jusepe de Ribera espanol K 

1637 
eigenhändige Wiederholung vielleicht auch das Dubliner Exem- 
plar (32 X 26^/2 inches). ^ Ein Halbfigurenbild. Der Heilige in Drei- 
viertelansicht nach rechts blickt mit erhobenen gefalteten Händen, 
die einen Rosenkrranz halten, zum Himmel. Vor ihm auf dem 
Tisch Totenkopf, Zepter imd Krone.^) 

Das Dubliner Bild^) zeigt einige Varianten; vor allem leichte 
Änderung in der Haltung der Hände; Mittelglatze; die Augen nicht 
wie in Petersburg beschattet. Nach dieser Fassung Kopien in der 

^) „Von ungemein in das Einzelne gehender Individualisirung, doch etwas blasser. 
Farbe." Waagen, Die Gemäldesammlung i. d. Eremitage zu St Petersburg. S. 104 
*} Vergl. den Aufsatz L. Salazars in Nap. Nob. XIX. 153 — 156, wo auch Abbildung. 

9* 



132 

Mündiener Pinakothek (1285) und in Kopenhag^i (mit ganz grobi 
gefälschter Signierung Jusepe de Ribera F. 1630). 

Höher als das Petersburger Bild steht das Gemälde, das sich 
früher bei Lord Dudley befand. Bez. 

Jusepe de Ribera es 
panol F. 1642 

,,Der Greis mehr als bloßes ModeU ; edel in Haltung und Blick. 
Dieser ist sanft, ruhig, gesammelt, wie einer sicheren Seligkeit 
entgegensehend. Haar und Bart weiß. Die Rechte auf einen Stah' 
gestützt, in der Linken fest erhoben ein Kreuz. Rechts Toten- 
kopf und Rosenkranz.'* Qusti.) 

Aus dem Jahre 1640 stanunt das Bild des hl. Franziskus von 
Paula. Früher in Pau. Bez. 

Jusepe de Ri 

bera espanol 

1640. F 

„Stirn, Augen und das halbe Gesicht von der Kapuze be- 
schattet, aber in bräunlichem Helldunkel, das an ähnliche Halb- 
schatten Rembrandts erinnert. Auf einem Blatt, das er in der 
Hand hält, liest man ,Charitas'. Eine Kopie mit gefälschter Firma 
(1645) in rötlichem Ton bei D. Nunez." Qusti.) 

Eine Variante dieses leider nicht mehr auffindbaren Bildes 
in Petersburg. Erem. 336 (h. 0,72, br. 0,58). Nach rechts ge- 
wandt, die Kapuze über dem Kopf wie in Pau stützt sich der 
Heilige mit der Linken auf einen Stock, während er mit der Rechten. 

ein Buch g^en die Brust hält, auf dem man ^^g ~ hest. Das 

Bild stammt aus der Toledaner Kathedrale und scheint eigenhän- 
dige Arbeit zu sein.^) 

Ein ähnliches Bild war früher im Wiener Belvedere ausgestellt 
(gestochen von Preuner). Kopie in Granada, Cap. de la Trinidad 

der Kathedrale. 

* 

Das Thema der Befreiung Petri ließ auch unser Maler nicht 

^} Möglicherweise jedoch nur gute Kopie ; Waagen glaubte nicht an die Eigenhändig- 
keit „Der bräunliche Ton ist fUr Ribera etwas schwer, das Gefühl der Andacht auf- 
fidlend milde." (Die Gemäldesammlung i. d. Erem. S. 104.) Für die Echtheit hat sich 
zuletzt Bode im Petersburger Galeriewerk ausgesprochen. 



133 

unbehandelt. Es war ihm dabei aber nicht nur um das rein Male- 
rische, den Lichtglanz in der dunklen Kerkerzelle zu tun^ ihn 
interessierte vielmehr in erster Linie das psychische Moment: das 
Momentane des Vorgangs^ das plötzliche Auffahren des Ahnungs- 
losen^ das Wimder. Es wurde auf dieses Werk ja schon bei der. 
Besprechung von Ribaltas ^,Extase des hl. Franz'* hingewiesen. 

Das Bild im Escorial (Sakristei, Abb. 41) zeigt ims den Heiligen 
durch die himmlische Erscheinung vom Schlaf aufgeschreckt. Als 
Lager diente ihm der Fliesenboden, der Kopf ruhte auf hartem 
Pfühl. Der Überraschte stützt sich mit der Rechten auf den Bodeny 
die Linke liegt auf der Erhöhung; den Kopf hat er jäh umgewendet 
und lauscht nun mit leicht geöffnetem Mund dei^ Worten de^ 
Engels. Dieser ist in einer Lichtwolke herangebraust; nur sein 
Oberkörper ist sichtbar, weit sind seine mächtigen Schwingen aus- 
gebreitet. Seine Linke ruht auf der Wolke, mit der ausgestreckten 
Rechten weist er hinaus, in die Freiheit. 

Das Ganze von einer überaus packenden Anschaulichkeit. 

Sehr dem Escorialbild verwandt das Gemälde Prado 987^ 
(h. 1,77, br. 2,32), bez. links 

Jusepe de Ribera espaiiol 
/. 1639 
Sehr stark übermalt, vor allem Petrus selbst. Dieser in blau-grünemi 
Rock und gelbem Mantel, der Engel in, Gelb und Dunkelviolett ge- 
kleidet. 

Viel trockener, derber ist der gleiche Gegenstand in dem Dres- 
dener Bild behandelt. 684 (h. 1,76, br. 2,26), bez. rechts untex]( 

Jusepe de Ribera espanol F. 1642.^) 

Der Heilige hat hier die Rechte erhoben zum Zeichen des 
Erstaunens, die Linke ruht auf der Brust (also höchst typische 
Bewegungen). Die Füße hier noch in eisernen Banden, während 
die Ketten von den Händen bereits abgesprungen sind. Der Engel 
hier greifbarer, eine viel weniger hohe, himmlische Erscheinung; 
er berührt mit der Linken leise den Greis, während er mit der. 
Rechten ins Freie weist. Die Erscheinung wirkt nüchtern. Man 
sieht den ganzen Körper des Engels, der mit dem Leib ^uf der 

^) Im letzten Galeriekatalog durch einen Druckfehler 1641 angegeben. 



I 

s 



135 

Er kommt uns nicht grob, auch nicht süßlich sentimental. Die 
stille Größe ist es, die uns hier ergreift. 

Gemalt mit höchster Sorgfalt, ohne ins Kleinliche zu geraten^ 

Angesichts dieses Werkes ist es rätselhaft, wie man den ver- 
blasenen, sentimentalen Franziskuskopf im Palazzo Reale zu Genua 
Ribera zuweisen kpnnte. 

Sehr würdig der hl. Joseph mit dem Blütenstab, leider Aur 
in einer Kopie erhalten (Galerie Harrach in Wien), bez. 

Jusepe de Ribera es 

spanoletto (0 

F. 1644. 

Der dxmkelbärtige, langhaarige Heilige, im besten Mannesalter 
uns gegenübertretend, blickt uns, das Gesicht de face, an, während 
der Körper leicht nach rechts gedreht ist. In der Linken hält er 
den Blütenstab, dessen unteres Ende er auf die rechte Hand ge- 
setzt hat. Gekleidet ist er in einen einfachen dunklen, oben am 
Hals ausgeschnittenen Rock, über die linke Schulter fällt ein Mantel. 
Das Bild wirkt außerordentlich feierlich.^) 

Das Brustbild eines greisen Joseph mit Blütenstab in dex; 
Dubliner National - Galerie hat bereits Salazar als Werk einesi 
Schülers, vielleicht des Giordano, erkannt.^) 

Gleichfalls aus dem Jahre 1644 stammt der „Johanneskopf 
auf einer Schüssel" in der Ac. S. Fernando zu Madrid. 126/493. 
Bez. rechts^ unten 

Jusepe de Ribera espafiol 
1644 
Der Kopf des Täufers, schwarzhaarig und bärtig, ruht auf einer 
Schüssel, die auf einem Felsentisch steht; dabei ein weißes Tuch 
mit Blutflecken ufid das Richtschwert. Rechts, fast ganz ver- 
schwindend, ein Holzkreuz. Das bleiche Antlitz von großer Leucht- 
kraft, sieghaft noch im Tode Licht verbreitend.^ 

^) Der Kopf copiert im Museum Ton Marseille (frflher Chdteau Borely) dort Jacobus 
genannt. Falsch bezeichnet Jusepe de Ribera espanolet(l) ') In dem bereits zitierten 
AuÜBatz. *) Ein ähnliches Bild soll sich im Besitz des Principe Gaetano Filangieri in 
Neapel befunden haben. Etwas anders das Thema von einem Nachahmer behandelt: 
„Der Scharfrichter zeigt das Haupt des Johannes." München Pinakothek 1289. 



136 

II. 

Alles aber, was der Künstler ia jenen Jahren errungen: Licht- 
malerei, nx>numentale Größe, verbunden mit ischlichter Innigkeit und 
spanischer Herbheit, /das zeigt vereint die „hl. Agnes" aus demi 
Jahr 1641 in der Dresdener Galerie. (683, h. 2,02, br. 1,52, Abb. 
45, 46.) Bez. 

Jusepe de Ribera espafiol 
F. 1641. 
Nach rechts gewandt kniet die junge Heilige, die Beine im Profil, 
Oberkörper jedoch jiach vom gedreht, Kopf de face, leicht auf 
die rechte Seite geneigt ; sie kniet mit gefalteten Händen, die Augen 
nach oben gerichtet, von ihrem langen Haare bis zu den Knieen 
umflossen auf dem Fliesenboden ihrer Zelle, die ganz von goldenem: 
Wolkennebel erfüllt ist. Links oben der Engel, der die Heilige 
mit einem .weißen Tuch bekleidet; der Engel hält den oberen 
Zipfel des Lakens, während der untere von der Heiligen zwischen 
Brust und rechtem Arm, (im Winkel von Ober- imd Unterarm) 
festgehalten wird. 

Die richtige Deutung des Bildes, das früher als eine Maria 
Egyptiaca ausgelegt wurde, ist Justi gelungen.^) 

Eine feierliche Stinunung. Körperlich dadurch erreicht, daß 
die Heilige in der denkbar breitesten Ansicht wiedergegeben worden 
ist, femer durch die ruhige Fläche des Lakens und die große, 
geschlossene Silhouette; malerisch durch das Lichte, Strahlende 
des Ganzen, psychisch durch Gebärde und Ausdruck der stille^ 
Anbetung und Dankbarkeit. 

Wunderbar wirkt die echt spanische Vereinigung von Himm* 
lischem imd Irdischem. Wäre nicht der Fliesenboden, so glaubte 
man in goldenen Himmelsregionen zu weilen, aus einer lichten 
Wolke die Heilige hervorstrahlen zu sehen. 

^) Carl Justi „Die Heiligen Magdalena und Agnes von Ribera und Giordano". 
Zeitschrift fttr christl. Kunst V. S. 9 (auch Woermann Katalog S. 223). Acta Sanctonim 
21 Januarii. Die Heilige, die die Liebe des Sohnes des römischen Prfifekten yerschmäht 
hat, ist in ein Lupanar geschleppt worden. Da schickt ihr der Himmel einen Engel, der 
sie bekleidet, und als weiteres Wunder läflt er ihre Haare lang wachsen, die sie wie ein 
natürlicher Mantel umschlieflen. Endlich umhüllt sie ein himmlischer Lichtglanz, der 
Keinen an die Jungfrau treten läfit. 



Abb. 45 DIE HL. AGNES Dresden 



1 



i 

J 




^f 



137 

Sehr zu der feierlichen Stimmung trägt auch die ruhige Verti- 
kale in der Haltung der Heiligen bei; jedoch als Künstler des 
Barocco konnte Ribera nicht auf die Diagonale verzichten. So 
finden wir sie denn in dem großen Laken als die sprechendste; 
Linie im Bild. Ihr wird entgegengewirkt durch die kurzen Schrägen 
beim Engel (Flügel und Arm), durch den Rand des Fliesenbodens 
links, durch den rechten Unterarm der Agnes. 

Für den Zauber, den das reine, keusche, kindliche Köpfchen 
dieser heiligen Jungfrau mit den großen dunklen Augen und dem! 
kleinen, aber doch kräftigen Mündchen ausübt, lassen sich keine 
Worte finden. Nur eines muß doch gesagt werden: Kein anderer 
Künstler, nur ein Spanier, ein so herber, tiefernster Meister wie 
Ribera konnte ein solches Werk schaffen. 

Alles strahlt in dem Bild: die glänzenden Augen der Heiligen, 
ihr Haar, das Goldbächen gleich niederrlaselt, ihr Leib, ihre Finger, 
rosig im durchscheinenden Licht. Wie Agnes, so auch der Engel. 
(Vor allem auch bei ihm das helle Rot der Kamation bei durch- 
scheinendem Licht.) Das goldene Lichtmeer, das die Heilige um- 
flutet, wird in ihrer unmittelbaren Nähe besonders hell, so daß 
man ihr Haupt noch einmal von einer besonderen Glorie umstrahlt 
zu sehen glaubt. 

Das dunkle, etwas rätselhafte Loch rechts vom ist wohl vor 
allem aus künstlerisch-tektonischen Gründen hinzugefügt: Der 
großen HeUigkeit des Hauptraumes hat der Maler links oben eine» 
Dunkelheit entgegengesetzt, die notwendigerweise in der Ecke rechts 
unten ihre Entsprechimg, ihr Gegengewicht finden muß. 

Ein künstlerischer Vorläufer des Bildes ist, wie schon erwähnt, 
die büßende Magdalena. Prado 980. (h. 1,81, br. 1,95, Abb. 28.) 

Die Stellung fast die gleiche wie bei der Agnes, der Ausdruck 
jedoch strenger, ein leiser Zug von Schwermut macht sich be- 
merklich. Das Haar fließt nicht auch nach vom über die Schulter^ 
sondern nur über den Nacken. Die Heilige trägt ein graues 
Kleid, darüber einen rotseidenen, verschlissenen Mantel und auf der 
Brust noch ein Stück Geflecht aus Esparterogias. Hals imd oberer 
Teil der Brust sind unbedeckt. Magdalena kniet in ihrer Höhle an. 
lein^em Felsblock, bei dem man unten Salbgefäß und Geisel erblickt. 



138 

Die Silhouette der Höhle wird unten durch die Schräglinie eines 
mächtigen Baumstumpfs überschnitten^ welcher der Bewegung der 
Heiligen leise in der Linie folgt. Links Ausblick in die Fem)e 
auf blaue Berge. 

Sicher vor dieser Magdalena noch entstanden die Halbfigur der 
Büßerin. Prado 981. (h. 0,97, br. 0^66.) Eine rotlocldge Jüdin mit 
mandelförmigen Augen und etwas weinerlichem Ausdruck. Sie 
hat ihr Haupt mit der linken Wange auf ihre über einem 
Schädel verschränkten Hände gelegt. Ihr rotlockiges Haar fließt 
auch mit einer Welle nach vom über die rechte Schulter. Neben: 
dem Totenkopf die Geisel, weiter unten das Salbgefäß. Das Streben 
nach Plastik ist unvericennbar, weshalb man das Werk wohl stark! 
in den Anfang der dreißiger Jahre setzen muß. 

Ein Jahr nach der Dresdener Agnes entstanden ist die Magda- 
lena in der Galerie Estor zu Murcia. Auch sie in jugendlicher 
Schönheit glänzend ,,Der Kopf gemahnt an Guido".^) Sie stützt 
ihr nach rechts gewandtes Haupt auf ihre Rechte, deren Zeige- 
finger nach oben ausgestreckt ist. Die Linke hält einen gelben 
Mantel gegen die Brust. Vor der Heiligen liegen drei Brote.^) 

Die Magdalena in der Kathedrale von Granada (Altar Jesus 
Nazareno) rührt nicht von Ribera her. Sie ist ganz offenbar eine 
Schöpfung Alonso Canos in deutlicher Anlehnung an Ribera. Im 
Ausdruck etwas sentimental, in der Ausführung ziemlich glatt, 
in der Faltengebung sehr weich und breit. 

Echt ist dagegen nach Mitteilung Justb die im Katalog als 
Original angezweifelte S. Lucia 337 der Petersburger Eremitage. 
(Halbfig. h. 0,75, br. 0,64.) Eine jugendliche volle Erscheinimg 
in rotem Rock und Brokatmantel; die Augen gen Himmel hält sie 
die Palme und eine Silberplatte mit zwei Augen in den Händen.^) 

Nichts mit Ribera zu tun hat das Gemälde „Susanna und die 

^) Justi a. a. O. *) Zweifelhaft scheint mir eine Ribera zugewiesene Handzeichnung. 
Uffizien 2 191. F darstellend eine bttssende Magdalena, in der Wfiste vor einem Kreuz 
das auf einem Felstisch steht knieend, mit einem Stein sich die Brust schlagend. Die 
Silhouette des Bergrückens im Hintergrund folgt leise ihrer Bewegung (h. 0,205, br. 0,135.) 
Feder und Wasser&rbe, weifies Papier. Copiert von Stefano Mulinari „Spagnol. inv. et 
del.**) ") Waagen (Die Gemäldesammlung i. d. Eremitage S. 104) erschien das Bild 
zweifelhaft: „abweichend im Geftihl und zu wenig bestimmt in den Formen/' 



139 

beiden Alten" im Städelschen Institut zu Frankfurt a. Main. Ob 
aber dieses rohe^ in der Behandlung für Ribera viel zu flaue, schlecht 
modellierte Bild Massimo Stanzioni angehört, wie Justi annimmt,^) 
möchte ich nicht so sicher behaupten. Auffallend, daß die beiden 
Alten sich ganz genau in Renis Susannenbild im Palazzo Pitti 
wiederfinden I 

12. 

Vorzügliche Arbeiten im Stil Riberas sind die beiden großen 
Gemälde der Münchener Pinakothek „Kreuzabnahme des hl. 
Andreas" (1280) und „Senecas Tod" (1281): unzweifelhaft aus- 
gezeichnete Imitaionen von der Hand Lucca Giordanos, was bereits 
Bayersdorfer lerkannt hatte. 

Die Signierungen der beiden Bilder sind graphologisch ,wie 
philologisch höchst durchsichtige Fälschungen. 

Andreas: Josepe De ribera Espanol F. 1644. 
Seneca: Josepe de Ribera Espanol F. 1645. 

Im Kolorit sind die Gemälde für Ribera — namentlich für den 
der vierziger Jahre I — viel zu dumpf, in der Technik zu pastos. Von 
der zeichnerischen Schärfe des Meisters haben sie wenig, vor allem 
das Andreasbild mit seinen etwas verschwommenen Köpfen. 

In erster Linie aber ist die Auffassung viel zu niedrig. Sd 
hätte Ribera allenfalls 1625 die Dinge angeschaut, nicht aber 1645. 

Eine „Kreuzabnahme des Andreas in Riberas Manier" .wird 
im Inventar der Bilder des Hauses Colonna erwähnt.^ 

Von dem sterbenden Seneca eine Variante aus Giordanos 
späterer Zeit in der Dresdener Galerie; davon eine schlechte Kopie 
im Museo Nazionale Neapel. (Magazin.) Auf das Dresdener Bild 
geht das Gemälde Giordanos im Louvre (Sammlung La Gaze 131 1) 
zurück, das in einigen Punkten von Dresden abweicht. Das Thema 
war damals sehr beliebt. Auch Sandrart z. B. schuf einen sterbenden 
Seneca.^ Am bekanntesten ist wohl Rubens' Darstellung. 

^) Justi, Zdtschr. f. chrisU. K. V. S. 6. «) Veröffentlicht in Nap. Nob. IV. 30. 
Nr. II des Inventars „un altro di palmi 8e I2 . . . . S. Andrea quande scese della croce 
alla maniera de! Spagnoletto. 200 L(ire).*' ") Lebenslauf und Kunstwerke Joachim von 
Sandrart Nfimberg 1675. S. 9. 



I40 

Die Münchener Gemälde Giordanos stammen aus derselben 
Zeit wie der Dresdener Sebastian, die ^^Disputationen" in Bordeaux 
und die beiden Braunschweiger Bilder y,Kirke und König Picus" und 
,,Römische Gesandte beim Äsculap". 



C. DER REIFE STIL 



I. 



Wie in der vorangegangenen Periode steht auch in dieser 
letzten eine Concepcio immaculata an der Spitze, in der ims der 
Künstler seine neuen, seine höchsten Ziele offenbart. Alles Dunkle 
will er bannen, Licht in Licht will er malen, Lichtes will er mit 
Lichtem modellieren. 

Das Kolossalgemälde^ bez. 

Joseph de Ribera hispanus 
F. 1646. 
schmückt den Hochaltar der Kirche des Klosters S. Isabella zu 
Madrid. 

Maria auf der nach unten sich öffnenden Mondsichel stehend 
in langem, weißem Gewand tmd blauem, weit nach rechts flattern- 
dem Mantel. Der Körper, einem Segel gleich, etwas nach rechts 
gebläht, der Kopf nach links gewendet; der Blick hier nicht auf- 
wärts, sondern nach hnks unten gerichtet. Wie in Salamanca 
auch hier die Füße sichtbar. Die Arme auf der Brust gekreuzt; 
die Finger lang und schmal mit gebogenen Spitzen. Marias Haupt 
ist von zwölf Sternen umgeben, die aber nicht als Reif, sondern 
in Kreisform wie ein perspektivisch nicht verkürzter, alter Nimbus 
angeordnet sind. 

Die Jungfrau schwebt in dem von gelblichem Licht durch- 
strahlten Äther. Der Himmel unter ihr erscheint hellblau, weiße 
Wölkchen schwimmen in ihm. 

Links unten ein großer Engel in Blau gekleidet, mit gefalteten 
Händen, den Kopf nach dem Beschauer wendend. Der Engel 
rechts in Orange mit Lilie in der Hand, staunend zur Madonna auf- 
blickend. Weiter oben lein Engel mit Spiegel, ein anderer mit 
einem Rosenzweig usw. Über der Jungfrau eine dritte Sphäre, 



141 

eine lichte Wolke von Cherubinköpf chen ; ganz oben lösen sich 
vier Engel los; von denen die beiden mittleren sich umfassen. Das 
Inkarnat ganz hell, die Konturen .blaßrot. 

Dieses hell in hell Gemalte befriedigt auf die Dauer jedoch 
nicht ganz, man mißt imgem einen Kontrast. 

Der Kopf der Madonna rührt in seiner jetzigen Gestalt nicht von 
Ribera her, sondern von Claudio Coello; es heißt, Ribera habe für 
der Kopf der Gottesmutter den seiner Tochter als Modell benutzt; 
dies habe dann bei den Nonnen, als sie davon erfuhren, Ärgernis 
erregt, und Claudio Coello sei von ihnen beauftragt worden, einen! 
anderen Kopf zu malen.^) Coello hat sich nüt ziemlichem Geschick 
der mißlichen Aufgabe entledigt. Der Kopf ist nicht schlecht, 
aber etwas charakterlos. 

Dieser Concepcion scheint eine andere sehr verwandt zu sein, 
die gleichfalls um diese Zeit entstanden ist und sich in der Kapelle 
des Palazzo Reale in Neapel befand. Das Bild ist heute verschollen. 

Seite 53 des „Diario del successo nelle Revolutioni popolari de 
Napoli dalli 7 di luglio 1647 in avanti"*) lesen wir 

. „. . • * Tenendo Giuseppe Ribera famoso pittore una bellissima 
figliuola, il cui ritratto il medesimo padre V effigiö nella Figura 
della Concepcionei novamente fatta nella capella del Regio 
Palazzo . . J* 

Celano erwähnt gleichfalls eine Concepcion in der Kapelle des 
kgl. Palastes^ „La Vergine Concetta opera forse la piü bella che fosse 
uscita dal penello di Gius. de Rivera: e perch^ il volto della ver- 
gine era stato preso da un volto naturale d'una donna molto 
bella, cagionö piü d'un in un signore che il vide." 

Conca*) spricht von einer Concepcion, die er am Altar S. Elisa- 
betha der Kirche der Recoletos in Madrid gesehen habe. 

2. 

Gleichfalls ein Lichtproblem ist der „Traum Jakobs von der 
Himmelsleiter". Ein höchst schwieriges Thema für einen Maler, 
das, um wirklich vollendet gelöst zu werden, ein hohes Dar- 

^) Palomino 312. *) Nap. Nob. HL 65—67. Gius. Ceci .,La Figlia dello Spag- 
noletto'*. ") Celano V. 108. ^ Conca, Descrisione Odeporica I. 181. 



142 

Stellungsvermögen, plastische Anschaulichkeit und psychologbche 
Vertiefung erfordert. Man darf wohl sagen, daß Ribera der Auf- 
gabe in jeder Hinsicht gerecht geworden ist in seinem Bilde Prado 
982, (1,79, br. 2,33, Abb, 47); bez. rechts 

Jusepe de ribera espafiol F. 1646. 

Man gab dai Jahr der Entstehung des Gemäldes bisher stets 
als 1626 an (so auch Justi, Woermann usw.), obwohl schon Ma- 
drazo in seinem Pradokatalog ein Fragezeichen hinter die Zahl ge- 
setzt hat. Der Irrtum kommt daher, daß Ribera den Anfangsstrich 
bei einer vier einer zwei sehr ähnlich bildet. Die ersten beiden 
Zahlen sind hier fast überhaupt nicht mehr sichtbar. Nicht recht 
erklärlich sind die beiden Schnörkel hinter der Jahreszahl^ die 
33 sehr ähnlich sehen. 

Jakob gehört offenbar zu Riberas Lieblingsgestalten. Er malte 
ihn den väterlichen Segen empfangend, dann inmitten der Herde; 
nun sehen wir das verbindende Glied: 

Jakob der Flüchtling. Ein Mann von etwa 25 bis 30 Jahren. 
Schwarzes Haar, Schnurrbart, dünner Vollbart. Kein schöner Kopf, 
aber man spürt die Energie. Schlicht gekleidet. Dunkelgrüner 
Rock, am Hals tief ausgeschnitten, darunter sieht man 'das weiße 
Hemd. Der Mantel graubraun; er bedeckt seine Füße und dient 
auch gewissermaßen als Überzug für sein hartes Kopfkissen, den 
Stein, auf den der Wanderer sein müdes Haupt gelegt hat. 

Er schläft; den Kopf mit der linken Wange auf die Linke 
gestützt, die mit dem Ellbogen auf der Erde aufsteht. Dabei hat 
sich der Rockärmel etwas verschoben, ein großes Stüdc des Hemd- 
ärmels wird sichtbar. Die Rechte ruht übergreifend auf dem Boden. 

Er schläft. Doch kein leichter Schlummer hat ihn umfangen, 
kein wohliges Gelöstsein der Glieder ist zu verspüren, kein frohes, 
friedliches Gesicht. Sorgenvoll, ernst. Und in dieser Sorge ist 
ihm der verheißungsvolle, den Lebensmut wachhaltende Traum 
ein Wunsch, ein Bedürfnis. 

Er träumt in tiefer Einsamkeit. Ringsum eine weite, etwas 
wellige Ebene, hier und da ein Baumstumpf, ganz in der Ferne 
blaue Berge. 

Er träumt; aber nicht in tiefer Nacht. Das wäre doch etwas 



143 

für den „Tenebroso" Ribera gewesen, so ein Nachtstück mit einer 
blendenden himmlischen Erscheinung I Aber nichts von alledem 
ist zu sehen; wenn etwas geeignet ist, diese irrige Meinung zu 
widerlegen, so unser Bild: Ein J^ichtmaler ist hier am Werk. 
Frisches Tageslicht sehen wir über die weite Fläche gebreitet; der 
Himmel links dunkelbewölkt. Rechts aber ist er hell; er hat sich 
geöffnet und läßt in breitem Strom sein Licht, einen glühenden 
gelblichen Schein, hemiederfluten. Und in diesem Meer erblicken 
wir bei genauem Zusehen ganz feine Elfen — leicht rötlich im 
Ton — die da auf- und niedersteigc^n. Lichtgestalten im Licht. 
Es ist als ob sich der hinunlische Nebel hier und dort zu kleinen 
Engeln verdichtet hätte. Luftige Gebilde sind diese Himmelsbe- 
wohner, die sich nicht auf einer prosaischen, irdischen Leiter be- 
wegen, sondern sich im Licht herabsenken imd wieder himmel- 
wärts heben. 

Das ist das Werk des Malers der Bartholomäusmarter, des Ver- 
herrlichers des greisen HieronymusI Musterhaft wie stets der Auf- 
bau des Bildes. Ein Schlafender sollte dargestellt werden. Da- 
mit war eine sanfte Diagonale als Hauptlinie gegeben. Ihr wirkt 
entgegen die Diagonale des Baumstumpfes. Die Hauptbewegung 
wird von dem Ast begleitet, der von dem Stamm ausgeht, mit dem 
großen Zwieg. Die einzige Vertikale, der linke Unterarm Jakobs; 
leise unterstützt ihn der in der Feme rechts aufragende Stumpf. 

Eine alte, kleine Kopie bei Herrn Lopez Cepero in Sevilla. 

Das Bild ist von jeher als eines der besten Gemälde Riberas 
berühmt und gilt vielen als sein Meisterwerk. 

Passavant fühlte sich jedoch von ihm abgestoßen. „Selbst in 
Spanien dürfte es Mühe kosten, eine solch gemeine Natur (wie Jakob) 
unter den Männern zu finden.*'^) 



Eine Schöpfung ganz anderer Art ist das Gemälde in der Gap. 
del Tesoro des Neapolitaner Doms „Der hl. Januarius unversehrt aus 

^) Passavant, Die christliche Kunst in Spanien S. loi. Von dem Schläfer Jakob 
sagt Stirling, Annales III, 904. „You pause instinctively in approaching the sleeper and 
tread softly; you think you see his bosom heave and hear his measured respiration.*' 



144 

dem Feuerofen hervorgehend". Wohl das bewegteste Werk Riberas, 
doppelt packend inmitten der so vollkommen ruhigen Bilder seiner 
Spätzeit. Auf Schiefer. Bez. auf einem Stein rechts unten 

Joseph de Ribera hispa- 
nus, F. 1646. 
Die Ausschmückimg der Kapelle des hl. Januarius, geweiht für 
eine 1526 vom Heiligen erlangte Befreiung von der Pest, hat be- 
kanntlich lange Zeit in Anspruch genommen. Zu kxurz gekommene 
Künstler haben über Riberas Tätigkeit dabei boshafte Anekdoten: 
verbreitet und vor allem gegen den Meister schwere Beschuldigungen, 
erhoben, die aber nur für einige untergeordnete Neapolitaner Maler 
und Haudegen — in der Art Caravaggios — Geltung besitzen. 

Auch hier gebührt FaragUa das Verdienst, der Wahrheit zum 
Recht verholfen zu haben.^) 

Dominichino, der vor allen andern an der Ausschmückimg 
beteiligt war, hatte bei seinem Tod ein Altargemälde noch nicht 
ausgeführt: „Die Errettimg des Heiligen aus dem Feuerofen**. 
Ribera übernahm es dann, dieses Bild zu malen. 

Zur Erklärung der dargestellten Szene diene folgendes: 

Der Bischof Januarius von Benavent hatte den in Pozzuoh bereits 
gefangenen Sosius besucht. Das erfuhr der Statthalter Timotheus 
bei einer Reise in Nola. Januarius wurde in Haft genommen und 
aufgefordert, den Göttern zu opfern. Dies verweigerte der Bischof. 
Da ließ ihn der Statthalter in einen drei Tage lang geheizten feurigen 
Ofen bringen. Doch der Heilige ging tmversehrt daraus hervor, 
während die aus dem Ofen schlagenden Flammen mehrere der 
Umstehenden schwer verletzten. Im Jahre 305 an einem tmbekannten 
Tag wurde Januarius dann eine Meile östlich von Pozzuoli, „ad 
Sulphuratoriam** lautet die nähere Ortsbestimmung, enthauptet. 
(Acta Sanctonun, 19. September.) 

^) FaragUa, Notisie di alcuni aitUti che lavorarono nella chiesa di S. Martino e nel 
Tetoro di S. Gennaro. Arch. stör, per le prov. Napol. X S. 449 ein Bericht über Riberas 
Bild: „1647. 16 settembre. A Giuseppe Ribera ducati 1000 a compimento di ducati 
1400 per r intero preszo del quadro ad olio continente il miracolo fe nella fomace U 
glorioso S. Gennaro con patto che de pi& che valese detto quadro lo dona al detto 
glorioso Santo . .** Die in dem Aufsatz folgende Rechnung über das „Quadro dd martirio 
di S. Gennaro" hat mit Riberas Bild gar nichts sn tun. 



145 

Rechts schreitet der jugendliche heilige Bischof vorwärts, der 
eben den Ofen verlassen hat, noch ringsum von Flammen imigeben. 
Die Hände auf die Brust gelegt, blickt er erhobenen Hauptes dankbai' 
zum Himmel. Vor ihm eine wilde Flucht. Das Entsetzen über- 
wiegt das Erstaunen : die Flammen drohen die Umstehenden zu er- 
greifen. Soldaten und Henker in Verzweiflung; der Hauptmann 
blickt voll Angst und Überraschung zugleich nach Januarius, ent- 
setzt schreit er auf. Aus all den Fliehenden, die zum Teil zu Boden 
gestürzt sind, ragt rühmlich der Soldat in der Nähe des Hauptmanns 
hervor, der seine Genossen zum Standhalten auffordert, nicht gewillt, 
den Heiligen so ohne weiteres nun davonkommen zu lassen. 

Links ragen Lanzen in das Bild hinein, die auf weitere Soldaten 
schließen lassen. Über dem Ganzen wölbt sich aber ein herrlicher 
blauer Himmel, und in den Lüften wiegen sich Englein in freu- 
digem Reigen. 

Der Heilige die große Vertikale, die dem Ganzen den nötigen 
Halt gibt. Sehr bezeichnend die Gesamtsilhouette der Komposition : 
ein Zickzack — ein Schrei. 

Die Durchführimg äußerst sorgfältig. Beim Heiligen selbst 
der wegrasierte Schnurrbart in der Farbangabe zu erkennen. Die 
Modellierung vorzüglich, namentlich der ausgestreckte Arm des einen 
Fliehenden. 

Das Bild ist ganz hell in den Farben gehalten, das Feuer des 
Ofens spielt malerisch keine beherrschende Rolle, es ist nur Licht 
im Licht. 

Dominici, der das Gemälde sehr ausführlich beschreibt, lobt 
es außerordentlich „. . . . le fisonomie proprie, e gli affetti e passi- 
oni deir animo spiegate a maraviglia. In fine per ultima laude di 
cos! degna pittura basterä dire che non riceve pregiudizio dalle opere 
excellentissime dall' egregie DQmenichini che le stanno al con- 
fronto**.!) 

Die letzte Bemerkung ist sehr richtig. Ja, man bedauert es fast, 
daß Ribera der künstlerische Sieg über Domenichino hier so leicht 

^) Dominici 121 — 123. Unsiim natürlich seine Behauptung, erst durch dieses Bild 

sei die Aufmerksamkeit der Karthäuser von S. Martino auf Ribera gelenkt worden, die 

ihm als ersten Auftrag die Malereien der Bogenzwickeln hätten zukommen lassen. 
Mayer, Jusepe de Ribera (Lo Spagnoletto). lO 



146 

gemacht ist. Die Werke des Bolognesen in der Kapelle zählen fast 
zu seinen schwächsten Leistungen^ dazu sind sie stark gedunkelt und 
restauriert. Dominici erscheint hier im großen und ganzen als 
der Dimkelmalerl 

Radiert ist Riberas Gemälde von Seb. Marcotti, Caspar de Romer 
gewidmet. 13. Februar 1665. (Außerdem auch von Keyl gestochen.) 

Aus dem Jahre 1647 stammt das Gemälde »Der Hohepriester 
Simeon mit dem Jesuskind auf dem Arm'* im Besitz des Marquis 
of Bristol in Ickworth bei Bury St. Edmunds (Suffolk).^) 

Bez. unten auf einem Stein : 

Jusepe de Ribera espanol F 
1647 

Halbfigurenbild. (48V2X40 inch.) 

Der Hohepriester, ein ehrwürdiger Greis mit grauem Vollbart, 
trägt, ziemlich frontal ges^en, auf dem Haupt die goldene Mitra, 
über dem dunkelgrünen Unterkleid in einen braungelben, brokat- 
artigen Mantel gehüllt, nach links aufblickend das nackte Knäblein 
auf einem weißen Tuch. Grauer Hintergrimd. Kopf und Hände 
des Priesters sind besonders sorgfältig durchgeführt. Der auf- 
blickende Christusknabe dem der Valencianer Hirtenanbettmg sehr 
ähnlich; sehr hell, nur an den Konturen hellrot. Der Mantel pastos 
behandelt. 

Das Gemälde ist nicht unerheblich restauriert, namentlich die 
Gewandpartien, und stark gefirnißt. 

4. 
Dem gleichen Jahre 1647 gehört der herrliche Andreaskopf, 
Prado 959, an (h. 0,76, br. 0,63, Abb. 50); bez.: 

Jusepe de Ribera 

1647. 

Ein Greis mit weißem Bart und weißen Locken, dunklen, 

leuchtenden Augen, in einen einfachen schwarzen Rock gekleidet. 

De face gesehen, hält er in der erhobenen Rechten den Fisch an 

der Angelschnur. 

^) Ausgestellt in den Ezhib. of the Rojral Academie 1875, 1891, 1901. Die 
Signatur wurde stets übersehen. 



147 

Gütig und mild^ leise lächelnd, blickt uns der Greis an; ein könig- 
licher Fischer. Man kann es wohl verstehen, wenn Justi vor diesem 
faszinierenden Alten den Namen „Masaniello** ausrief. In der Tat, 
das ist ein Mann, der ein Volk fähren kann, mag man ihn nun 
Apostel Andreas oder Masaniello nennen. Eine bezaubernde, höchst 
vornehme, fast einem jeden Südländer angeborene Liebenswürdig- 
keit besitzt dieser schlichte Mann ebenso wie eine ganz natürliche 
Hoheit. Daß er uns de face gegenübertritt, erhöht natürlich noch 
die Würde und Feierlichkeit des Bildes. Gemalt ist es äußerst 
pastos; alles groß gesehen. 

5. 
Und wie Ribera es hier erreicht hat, über das Modell hinaus* 

zukommen, dieser Gestalt aus dem Volk ein höheres geistiges Leben, 
einzuflößen, so gelang ihm im folgenden Jahre sein bestes vor- 
nehmes Porträt: Die Radierung B. 14, darstellend den jungen 
D. Juan de Austria IL (Abb. 48.) 

Der junge Prinz zu Roß ; nach rechts galoppierend ; in der aus- 
gestreckten Rechten hält er den Kommandostab; das Gesicht in 
Dreiviertelansicht ; die Locken fallen dem bartlosen Jüngling bis auf 
die Schultern herab. Im Hintergrund Neapel mit seinem schiffe- 
reichen Port. 

Das Blatt ist sorgfältig in der Durchführung, aber doch sehr 
leicht behandelt. Auch in dieser Radierung verleugnet sich Riberas 
künstlerischer Grundsatz, dem er in den Bildern seiner Spätzeit 
folgt, nicht: Alles ganz hell wiederzugeben. So ist auch dieses 
Blatt duftig, silbrig schimmernd. Roß und Reiter schwimmen im 
Licht. Man ist versucht, hier von einer pointillistischen Radierung 
zu sprechen, so ist alles in kleine Strichlein und Punkte aufgelöst 

Bez. oben: 

El S*^ S' Don Juan de Austria 
unten links 

Jtisepe de Riuera F. 
1648. 

Später in allen Teilen retuschiert. Der Kopf wurde ' in den 
Karls II. verwandelt und oben drei Engel zugefügt, von denen zwei 
über des Herrschers Haupt die Königskrone halten. Der dritte 



148 

rechts trägt das spanische Wappen,. Das Koller des Herrschers 
ist reicher geziert, ebenso Satteldecke, Zügel und Gurt. Statt Kom- 
mandostab das Zepter. Die Schiffe nun bewimpelt. Aus 1648 ist 
1670 gemacht worden. Femer ist hinzugefügt : 
CAROLUS n DEI GRATIA HISPANIARUM E INDIARUM REX- 

Caspar de Hollander excud. Antuerpia op de meer. 

Ein Nachstich nach der ersten Fassung zeigt D. Juan mit leich- 
tem Schnurrbart und „Fliege**. Am Himmel Wolken. Der betr. 
Graveur arbeitete stark mit Kreuzlagen, sodaß alles dunkler ge- 
tönt erscheint (mir nur das Exemplar des brit. Museums bekannt). 

Von der Beliebtheit der Radierung zeigt auch das Gemälde im 
Kgl. Schloß zu Madrid, das Riberas Blatt getreulich wiedergibt 
(h. 3,08, br. 2,41, ausgestellt Madrid 1902, Exposiciön Nacional de 
Retratos. Nr. 586). 

6. 

Vielleicht die vollendetste Aktfigur Riberas ist der „Eremit 
Paulus** vom Jahr 1649. (Prado 985, h. 1,43, br. 1,43, Abb. 49.) 



Jusepe de Ribera espanol Valenciano 

/^ 1649. 

Der Heilige nach rechts gewandt am Boden liegend in seiner 
Höhle. Mit dem linken Unterarm sich auf einen Stein stützend, 
bUckt er, leicht vorgebeugt, die Hände auf der Brust in stiller an- 
dächtiger Betrachtung auf den Totenkopf, der vor ihm am Boden 
liegt. Um den linken Unterarm der Rosenkranz geschlungen. 

Das Gesicht, durch den Eifer der Gebetsübung leicht gerötet, 
ist ganz beschattet. Auf den vorderen Teil der Schädeldecke fällt 
das höchste Licht. 

Alles von der größten Plastik. (Wie beispielsweise die Nase 
heraustritt I) Die Modellierung vollendet; die Angabe der Adern 
kann vorzüglicher nicht gedacht werden. Dabei alles leicht hin- 
gesetzt, fast duftig in der Technik, hell im Kolorit. 

Der Heilige hegt vor einem mächtigen, ganz schräg stehenden 
Baumstamm, dessen Anbringung in der Höhle sich mehr aus künst- 
lerischen Gründen rechtfertigen, als aus natürlichen erklären läßt. 



Abb. 48 D, JUAN DE AUSTRIA II 



Abb. 49 S. PAULUS EREMITA Mjdrid Prado 



149 

Er soll die Hauptrichtimg der Komposition deutlich hervortreten 
lassen/ den Heiligen in seiner Bewegung begleiten. Ganz leise klingt 
diese Schräge dann noch in jenem belaubten Baumstumpf in der 
Feme rechts nach. Der nach rechts ansteigenden Diagonalen^ die 
so kräftig betont ist, wirkt einzig jener dunkle Streifen an der 
Höhlenöffnung links oben entgegen. Nur hier erscheint die Höhle 
dunkel, sonst hat sie der Künstler ganz aufgehellt. 

Eine alte, saubere Kopie — für ein wertvolles Original ge- 
halten, 1840 gestohlen, später wieder zurückgebracht — das Bild 
unten am Altar Jesus Nazareno der Grenadiner Kathedrale. Eine 
weniger gute Kopie im Valendaner Museum aus def Sammlimg 
D. E. Pons. For6s. 



7.. 

Aus dem Jahr 1650 stammt ein Johannes der Täufer, Lon,don 
Apsleyhouse, bez.: 

Jusepe de Ribera espaiiol 
F. 1650. 
In der Rechten hält er einen Rohrstab ausgestreckt, vom rechten 
Arm hängt ein großer roter Mantel herab. Die Linke weist auf 
das Lamm. Johannes herb, ein jugendlicher Held. Verborgene 
Glut. Schmaler kleiner Mund, spitzes kleines Kinn. Ein Schafpelz 
schmiegt sich an den Leib. Grund der ungeheure Baum. 

Neben diesem „Hirten** ist eines der bekanntesten Werke Ri- 
beras entstanden: die „Anbetung der Hirten" im Louvre. (1721, 
h. 2,38, br. 1,79, Abb. 52), bez. rechts auf dem Stein: 

Jusepe de Ribera espaiiol 
Accademico romano 
F. 1650. 
Das Kindlein liegt auf einem weißen Tuch iA der strohgefüllten 
Krippe; sein Blick wendet sich nach rechts zu den Hirten. Der 
vorderste im Profil, ein kräftiger dunkelhaariger Mann mit Vollbart ; 
er kniet mit dem rechten Bein auf einem Felsblock. Seine Gewan- 
dung ist mit der größten Sorgfalt behandelt; über dem dimklen 
Unterkleid trägt er einen ärmellosen Rock aus Schafpelz. Eine 



ISO 

Büchse und einen Brotbeutel hat er umhängen. Mit gefalteten 
Händen blickt er in ruhiger Andacht zu dem Kind nieder. 

Sein Genosse^ mehr nach Unks etwas weiter hinten^ de face, 
beugt sich leicht mit auf der Brust gekreuzten Armen nach vom, 
gleichfalls zum Knaben blickend. Er trägt einen einfachen Rock 
und Mantel. Er scheint einige Jahre älter zu sein als der erste Hirt. 
Seine Stime ist tiefgefurcht. 

Hinter den beiden die Alte, uns anblickend. Zurückschauend 
hält sie über ihren Kopf einen Korb, wohl mit Eiern gefüllt. Der 
dritte Hirt, ein junger Mensch mit hellbraimen Augen, langem die 
Ohren bedeckenden Haar und noch ganz flaumigem Vollbart, tritt 
schüchtern von Unks heran, die Linke auf die Brust legend, mit 
der Rechten die Mütze lüftend, das einzige Mal, daß Ribera dieses 
alte bei den hl. drei Königen so oft angewandte Motiv benutzt. 
Auch er schaut zu dem Kinde. 

Über dem Knäblein aber sehen wir die Mutter, die ihre Hände 
betend gefaltet hat und aus ihren großen ernsten dimklen Augen 
einen leicht schmerzlichen Blick zum Himmel richtet. Maria ist 
hier weniger groß geschaut als die herbe, ahnungsvolle noch halb 
als Kind erscheinende Valencianer Madonna. Sie ist um einen ganz 
geringen Grad sinnlicher, irdischer, einen hohen Zauber ausübend 
mit den großen Augen, der etwas langen, geraden Nase und dem 
kleinen, feingezeichneten Mund, dem schwarzen schlichten, in der 
Mitte gescheitelten Haar. Ihr blauer Mantel umhüllt ihren Kopf; 
er verleiht der ganzen Figur eine überaus würdige, ruhige Sil- 
houette. Links ragt ein Eselskopf in das Bild hinein, zu Füßen 
des Kindes liegt ein totes Lämmchen. Die Szene spielt in einer 
Art Schelme, deren Dachansatz über dem jungen Hirten sicht- 
bar wird. 

Über die niedrige Mauerbrüstung aber sehen wir in die hüge- 
lige Feme, wo der Künstler uns die Verkündigung an die Hirten 
schauen läßt: Hoch aus den Wolken kommt ein Engel herab, 
der zwei Hirten die Botschaft mitteilt; es vernimmt sie auch der 
dritte, der von rechts her vom Gebirge mit seiner Herde zu den 
beiden andern zieht. 

Die Komposition ist gut durchdacht. Die Linienführung hebt 



Abb. 52 DIE ANBETUNO DER HIRTEN Paris Uuvre 



Marias Kopf stark hervor. Hauptlinie die Diagonale^ welche vom 
Kopf des Alten zu dem Marias niederführt; ihr wirkt eine andere 
entgegen, die von der Kappe des jungen Hirten über dessen 
Kopf gleichfalls zur Madonna geht. Die erste Schräge wird reich 
sekundiert: nach oben von der Silhouette der hügeligen Heide 
und der Holzstütze des Daches; unten ist in, der Lage des Kindes 
auf die Diagonale Rücksicht genommen. 

Die Alte hilft vortrefflich den Eindruck der Raumtiefe heben. 
Durch ihren Blick zieht sie das Auge des Beschauers nach dem 
Hintergrund, um es dann langsam wieder nach vom zurückkehren; 
zu lassen. 

Nirgends sonst hat Ribera so viel Wert auf die täuschende 
Wiedergabe des Stofflichen gelegt wie hier. Der Schafpelzrock 
und das Lämmchen sind zum Greifen. 

Doch die Hauptsache auch in diesem Bild die Behandlung des 
Lichtes. Seinem Grundsatz getreu vermied es der Künstler ein' 
Nachtstück zu geben. Er läßt den Vorgang sich in einer lichten, 
Scheune abspielen, deren Mauer nur bis zur halben Höhe des Ge- 
bäudes reicht. So kommt viel Licht tmd Luft in den Ratim. Das 
Kind strahlt natürlich hellstes Licht aus, doch es ist nicht die 
einzige Lichtquelle. Vor allem wird Marias Antlitz von einem über- 
irdisch leuchtenden Schein erhellt. Seine ganze Freude am warmen 
Licht zeig^ der Maler aber doch erst in der Verkündigung an die 
Hirten. Die Hüter mit ihren Herden erscheinen uns in einem flim- 
mernden Glanz, von einem leichten Lichtnebel umwogt. 

Das Bild hat stets größte Anerkennung gefunden. Waagen 
bemerkte: „Der Meister hat sich in diesem trefflichen Bild selbst 
übertroffen. Im vollsten Licht genommen, ist die selbst im Aus- 
druck edlere Maria als meist, sowie das Kind von einer seltenen 
Klarheit, Zartheit und Sättigung des gelblichen Tones. Die Hirten, 
von gutartig- porträtmäßigem Charakter, sowie ein Zicklein und 
^n Lamm sind in allen Teilen mit genreartiger Ausführlichkeit 
meisterhaft gemalt, die Haltung des Ganzen endlich bewunderimgs- 
würdig"^). 

^) Kunstwerke IE. 511. Dominici erwähnt drei Hirtenanbetungen in Neapel: in 
der Sacristei des Gesü, von S. Maria de' P. P. Predicatori und der Pieti de' Turchini. 



152 

8. 

Ein anderes großes Werk wurde im folgenden Jahre, 1651, 
nach langer Arbeit vollendet, die Apostelkommunion im Chor von 
S. Martino. (4,00X4,00, Abb. 53.) Riberas Meisterwerk. 

Bezeichnet auf einem Zettel links unten: 

Joseph de Ribera hispanus Valentinus 
Academicus R<Hnanus F. 1651. 

Es ist wohl nicht ohne Bedeutung, daß Ribera sich auf den drei 
großen Spätwerken: Concepcion in Madrid, Januariuswunder und 
Apostelkommimion, nicht Jusepe de Ribera espanol, sondern Joseph 
de Ribera hispanus nennt. Man denkt unwillkürlich an den Alber- 
tus Dürer alemanus. 

Seit Mai 1638 arbeitete Ribera an dem Gemälde, dessen Vol- 
lendung infolge der Ausführung anderer großer Aufträge und krank- 
heitshalber sich bis 1651 hinzog. (Siehe Exkurs III.) 

Der Vorgang spielt sich im Freien ab, vor einer Unks sichtbar 
werdenden Halle. (Ein großer Architekt scheint Ribera nicht ge- 
wesen zu sein: die Kreuzgewölbe sind von einer sehr bedenk- 
lichen Güte.) Christus teilt das Abendmahl aus. Stehend nach 
links gewandt in Dreiviertelansicht, reicht er mit der Rechten einem 
vor ihm knieenden Jünger, der die erhobenen Hände anbetend 
gefaltet hat, die Hostie; in der Linken hält er eine kleine Platte 
mit Hostien. Das Haupt Christi, von langen, dunklen Locken um- 
wallt, ist von großer vornehmer Schönheit. Der Blick ganz Güte 
und Milde. Gekleidet ist er in ein langes rotes Gewand und in einen 
blauen Mantel. 

Die Apostel sind frei über den Raum hin verteilt; Leute aus 
jedem Lebensalter. Man sieht sie geschildert in allen denkbaren 
Momenten der Gemütsverfassung : tief ergriffen Johannes, der rechts 
hinten, den Kopf in die Rechte geschmiegt — den rechten Arm 
mit dem Ellbogen auf den Tisch stützend — die Linke auf der 
Brust an der weißgedeckten Tafel sitzt. Er hat bereits den Leib 
des Herrn genossen. 

Im Gegensatz zu ihm, dem ruhigen Jüngling, der leidenschaft- 
liche Greis: Petrus, der sich in überströmendem Dankesgefühl 
Christus zu Füßen geworfen hat. (In der Stellung an die Magdalena 



Abb. 53 DIE COMMUNION DER APOSTEL Neapel S. MaiUiio 



153 

der berühmten Pietä eriimemd; gekleidet in einen dunkelgrünen 
Rock und gelben Mantel.) 

Und wieder ein neuer Kontrast. Diesem sich in den Staub 
werfenden Apostel entspricht auf der anderen Seite der Alte, der 
kniend im Vorgefühl der Gnade zum Himmel blickend die Arme 
ausbreitet. 

Hinter ihm ein sinnender Mann, der die Rechte am Kinn hält, 
und schließlich jener halbträumerische Jünger, der, de face gesehen, 
in der Öffnung der Halle steht und ims anzublicken scheint. Aber 
noch ist die Fülle der Motive nicht erschöpft: Der ehrwürdige 
Greis hinter dem vor Christus knienden Bruder stehend, blickt er- 
wartungsvoll zu dem Herrn. Im nächsten Augenblick wird er auf 
die Knie sinken, um gleichfalls die Hostie zu empfangen. Ein an- 
derer Greis neben ihm hat nachdenklich den Blick zu Boden gesenkt. 

Eine der schönsten Gestalten aber ist der kniende dunkelbärtige 
Mann neben Christus, der imseren BUck nach oben zu den Engeln 
lenkt. Das Gedämpfte in seinen Bewegungen, das fromme Erstaimen 
des Jüngers über die himmlische Erscheinung fesselt den Beschauer 
nächst Christus wohl am meisten. In leiser Überraschung hat er 
die Linke erhoben und schaut zu den Englein, die in langem Zug 
aus den himmlischen Regionen niedergeflogen kommen, der vor- 
derste anbetend, die beiden folgenden sich lunschlungen haltend. 

Der blaue Himmel, den ein warmer goldner Schein überzogen 
hat, strahlt es über dem blau in der Ferne schimmernden Gebirge. 

Der Beschauer soll vor dem Bild seine Andacht verrichten, 
eine heiligste Szene enthüllt sich vor den Augen des Gläubigen: 
Darauf weist der aufgezogene rote Vorhang, der oben und an der 
linken Seite sichtbar wird. 

Die Komposition erscheint zuerst ganz frei, die Gestalten wie 
zufällig hier und dort aufgestellt. Und doch ist alles bis aufs 
kleinste abgezirkelt; es ist Riberas raffinierteste Komposition, einen 
anderen Ausdruck kann man dafür nicht finden. 

Am leichtesten erkennbar die zentrale Anlage der größeren 
rechten Hälfte mit Christus als Mittelpunkt. Hauptlinie ist natür- 
lich eine Diagonale: Sie führt von Christi Haupt über den Kopf 
des vor ihm Knienden zu dem zurückgesetzten Fuß dieses Apostels. 



1S4 

Aßchtig wird diese Diagonale, einem musikalischen Thema gleich, 
von der großen Schräglinie aufgenommen, die von den Engeln 
über den Alten im Profil zu dem in Begeisterung Knienden führt. 
Sie klingt nach in dem Vorhang. 

Dem Herabneigen der die Hostie reichenden Hand Christi wie 
überhaupt seiner ganzen sich leise vorbeugenden Bewegung ent- 
spricht das Sichherabsenken der Engel. So sind die beiden Dia- 
gonalen nicht willkürliche Kompositionslinien, sondern vom künst- 
lerischen Standpunkt aus direkt gefordert. Die Gegendiagonale 
geht vom Kopf des Sinnenden über den des- Begnadeten zu dem 
Petri. Will man noch weiter gehen, so darf man sagen,, daß die 
Hauptgruppe in einer P3rramide aufgebaut ist, deren Spitze Christus 
und deren Fußpunkte der Klniende und Petrus bilden. (Eingeschaltet 
der aufblickende Jünger.) 

Diese Gruppe hat nur eine niedrige Mauer als Hintergrund. 
Die andern werden durch die Halle mehr als Masse zusammen- 
genommen. 

Von dem leuchtenden Hintergrund sich abzuheben versuchen 
die Köpfe des nachdenklichen Greises, des Aufwärtsblic^enden und 
der des Johannes. Doch es gelingt nur Christus allein. Die ihn um- 
gebende Helle wirkt wie ein großer Glorienscheirt 

Reiflich ist abgewogen zwischen der Zahl der Knienden und 
Stehenden, zwischen Leidenschaftlichem und Gestilltem, so daß man 
als Gesamteindruck den einer hoheu Würde, stillen Ergriffenheit 
und gefestigten Andacht erhält. 

Keine Modellfiguren, wo jeder nur für sich lebt; nein, alle) 
tiefdurchgeistig^, alle in Beziehung gebracht zu Christus, alle durch- 
drungen von der hohen Bedeutung des Augenblicks. Das schließt 
sie zusammen, das läßt das Ganze wie aus einem Guß erscheinen. 

Man hat das Kolorit venezianisch gefunden, vielleicht fühlte 
man auch unbewußt, daß das Bild den Zauber venezianischer ganz 
geruhter Heiligenszenen ausübt, ja jener ims anblickende Apostel 
links wie auch der Kopf Christi scheinen fast einer „Santa Conver- 
sazione'' zu entstanmienl 

Daß Ribera hier so licht und farbenfreudig ist, darf uns 



155 

nicht wundernehmen. Der Lichtmaler durfte mit gar keirnem an- 
deren Kolorit aufwarten. 

Welch ein Weg von Ribaltas bedeutender Cena bis zu diesem 
Werkl Die Wirkimg in beiden Fällen ähnlich^ die Mittel aber 
ganz verschieden. Dort die geschlossene Zentralkomposition, eine 
dichtgedrängte Schar in geschlossenem Raum mit einseitiger Be- 
leuchtung. Hier eine kunstvoll lose Verteilung über die Fläche 
draußen im Freien^ wo überall frisches Tageslicht hindringt. 

Dem Cicerone scheint hier Ribera ^nicht auf der rechten Höhe 
zu stehen'*. (IL 3. 942. i.) Dominici, der das Bild sehr lobt, kann 
es doch dem Januarius gleichstellen. Die Farbe behagt ihm nicht. 
Vielleicht ist dies aber nur Schein, er benutzt die Gelegenheit zu 
einem Ausfall gegen den Künstler. ^^Perocchfe egU mutö maniera 
credendo con la vaghezza del colorito far gran colpo contro gli 
emoli etc.'' Doch meint auch er schließlich, obwohl unvollendet 
sei es trotzdem sein bestes und vollkommenstes Werk. 

9. 
Aus dem Jahr 1651 stammen auch der hl. Hieronymus imd der 
hl. Sebastian im Museo Nazionale von Neapel. Beide ebenfalls 
für die Karthäuser gemalt und mit 100 Dukaten bezahlt. 1806 
kamen die Bilder aus der Certosa ins Museum.^) 

Sebastian (Liv. No. 83978, h. 1,21, br. 1,00, Abb. 54), bez.: 

Jusepe de Ribera espanol 

F irfsi 
bildet in gewissem Sinn das Gegenstück zu dem Paulus von 1649, 

indem er nämüch der vollendetste Jünglingsakt aus Riberas Spät- 
zeit ist. 

Der Abend naht; von: zwei Pfeilen getroffen lehnt sich der 
Heilige an den schrägen Baumstamm, an den er gefesselt ist. Der 
letzte Augenbhck, bevor er bewußtlos zusammenbricht. Doch er 
benutzt diesen letzten Moment der Klarheit noch, um Gott seine 
Festigkeit im Glauben und seine Zuversicht auf ihn zu beteuern. 
Den Kopf nach oben gerichtet, blickt er mit seinen großen Augen 
gen Himmel, während er die Rechte ergebungsvoll leicht in Rede- 

^) Le Gallerie Italiane. V. 239. 



IS6 

weise ausgestreckt hat. Er scheint zu sagen: ,,Stets werde ich 
Dein seinl" Der hnke Arm ist über seinem Haupt am Stamm be- 
festig^y er häng^ sozusagen im linken Handgelenk. Die physische 
Anstrengung des Heiligen spürt man sehr g^t in den geblähten 
Nasenflügeln und dem leicht geöffneten Mund. 

Sebastian ein kräftiger Jüngling; er trägt ein kleines Schnurr- 
bärtchen^ Fliege und schwachen Vollbart. Er ist bis auf das weiße 
Lendentuch, das noch rechts über einen morschen Stumpf gebreitet 
ist, nackt. Der Körper außerordentlich sorgsam modelliert. Bei 
der Arbeit mit dem feinhaarigen Pinsel wirkt auch die genaue 
Wiedergabe der Härchen in der Achselhöhle und auf der Brust 
keineswegs kleinlich. 

Links sieht man in die dunkele Landschaft. Das Stämmchen, 
das links aufragt, wiederholt gl^ch einem Echo din Beweg^ung des 
Heiligen. In die steile Hauptdiagonale ist auch der Stumpf rechts 
eingestellt. Die Gegenlinien: der hoch gehobene rechte Unterarm' 
und der Wolkenrand. Die einzigen Horizontalen sind die beiden 
Pfeüe. 

Die Leuchtkraft des Fleisches ist hier auf das denkbar höchste 
Maß gesteigert. Bernsteinfarben, in wärmstem Goldtpn strahlt der 
herrliche Jünglingskörper aus der Dänunerung hervor. 

„Spätestes mit Liebe gemaltes Bild" nennt es Burckhardt^). 

Dieses Gemälde hat jenem süßlichen Werk eines Nachahmers 
zum Vorbild gedient, das jetzt in der Augsburger Galerie (407) 
häng^. Den Augen des Heiligen entperlen zwei große Tränen; die 
Farbe des — sehr mäßig gemalten — Lendentuches bleu mourant. 
Diesem ähnlich die flaue Nachahmung des Budapester Museiuns 
6622). 

Von Riberas Hand jedoch rührt das Kniestück, Prado 933, 
(h. 1,27, br. 1,00, Abb. 55) her, das wie eine Vorstudie zu dem Neapo- 
litaner Bild anmutet. Der Hauptunterschied zwischen den beiden 
Gemälden liegt aber im Kolorit, indem nämlich das Madrider Bild 
ganz licht gehalten ist. 

^) Cicerone II. 3. 930. g. *) Eine Sebastiansmarter Riberas befand sich noch in der 
ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts bei den Nonnen des hl. Pasqual zu Madrid. 



157 

Dieses wie die breite, duftige Behandlung (z. B. auch des 
Laubes) weist schon allein auf Riberas letzte Lebensjahre als Ent- 
stehungszeit hin. 

Der Heilige steht fest auf der Erde, von einem drohenden) 
Zusammenbrechen ist nichts zu merken. Er ist mehr frontal ge- 
sehen als der Neapolitaner Sebastian. Seine Linke gesenkt, die 
Hand selbst nicht sichtbar. Die Rechte über dem Kopf wie in, 
Neapel am Baum befestigt. Der völlig bartlose Heilige hat das 
Haupt erhoben und blickt — mit leicht geöffnetem Mund, die 
Zähne hier nicht wie in Neapel sichtbar — zum Himmel. Etwas 
Klagendes liegt in seinem Ausdruck. Ein Pfeil ist durch den rechten 
Oberarm gedrungen, der nun gleichsam an den Stamm angeheftet 
erscheint. Ein zweiter Pfeil traf ihn in die linke Hüfte. In dem 
links sichtbar werdenden, großen Stumpf stecken zwei weitere Ge- 
schosse. 

Ganz unten ist eine hügelige Landschaft angedeutet. Sonst 
bildet ein blauer mit dünnen gelben Wölckchen, überzogener Him- 
mel den Hintergrund. 

Der Neapolitaner Sebastian besitzt, wie schon gesagt, einen 
Gefährten in dem „Hieronymus in Medidation*' (Kniestück. Invent. 
No. 83980, h. 1,25, br. 1,00, Abb. 38), bez.: 

Jusepe de Ribera espanol 
F. 165 1 

Nicht ein kraftstrotzender, aufgeregter, derber Greis blickt aus 
diesem Bild, nein, ein feiner, alter Gelehrter mit höchst durch- 
geistigen Zügen, mit einer Künstlermähne und langem weißem 
Bart schaut sinnend in die Feme. Der hohe Mann sitzt an einem 
Holztisch, auf dem Bücher und ein Schädel liegen, in der Linken 
ein Pergament haltend, in der Rechten die Feder. Er hat die Ar- 
beit unterbrochen und denkt über etwas nach. 

Bekleidet ist er nur mit einem roten Mantel, der linke Schulter 
und Brust freiläßt. Der lange Bart wirft einen kräftigen Schatten auf 
die Brust. Der Heilige sitzt ein wenig vorgeneigt. Seiner Bewegung 
wirkt der Baumstamm entgegen, der links in das Bild hineinragt. 

Das Gemälde ist schlecht erhalten, viele malerische Feinheiten 
sind verloren gegangen. Jedoch besteht der Hauptwert dieses Werkes 



IS« 

ja nicht so sehr im Kolorit als in der geistigen Vertiefung dieser 
Lieblingsgestalt des Künstlers. 

In der Petersburger Eremitage (332) ebenfalls ein Hieronymus 
aus dem Jahre 1651. Die Jahreszahl steht auf dem Deckel des 
Buches, das der Heilige in der Hand hält (h. 2,00, br. 1,49). 

Der Heilige, unter einem Baum auf einem Stein sitzend, liest 
in einem Folianten. Bekleidet mit einem roten Mantel. Hier auch 
der schlafende Löwe sichtbar. Totenkopf, Bücher. Ein Holzkreuz 
ragt gegen den blauen Himmel. 

Am Ende dieser langen Reihe steht der Hieronymus von 1652 
im Prado; ein Abschluß, wie er glänzender nicht gedacht werden 
kann. 

Prado 996 (h. 0,77, br. 0,71, Brustbild, Abb. 51), bez. : 

Jusepe de 

Ribera 

espaiiol 

F. 1652, 

Das Gemälde macht den Eindruck, als habe es der Meister bei 
seinem Tod unvollendet auf der Staffelei zurückgelassen, so pastos, 
so kühn, so frisch, so „naß*' wirkt es. Keine wilde Leidenschaft 
mehr, kein Aufwerfen des Kopfes, kein Recken von Armen, kein 
Spreizen von Beinen — alles ganz gestillt — ganz ruhig. Nur die 
Augen reden; aber welche Augen I Wie sie leuchten, wie voll und 
offen, wie gläubig sie zum Himmel emporschauen I Die Model- 
lierung vollendet. Man betrachte nur die rechte Hand, die den 
Stein hält, oder die linke, die mit festem Griff das Holzkreuz lun- 
spannt. 

Der letzten Zeit des Künstlers gehört endlich noch der „Klump- 
fuß" im Louvre an. (Sammlung La Caze 1725, h. 1,61, br. 0,92, 
Abb. 56), bez. 

Jusepe de Ribera espanol 
F. 1652. 
Lefort las die Zahl 1642.^) In der Tat ist man zunächst ver- 

^} Gftz. des Beaux-Arts 1882. 40 ff. ,,Ribera et son tobleau du Pied-Bot au Louvre." 
Raimondo Diosdado erwähnt in seinen ,Os$ervazioni sulla Patria del pitore Gius. de Ribera.* 
Antologia Romana 1796 (XXII) p. 321 bd Cav. Azaro, bevollmächtigtem spanischen 



Abb. 56 DER KLUMPFUSS Paris Louvre 



IS9 

sucht, die 5 als 4 ^u lesen, jedoch ist bei näherem Zusehen die große 
untere Schleife der 5 deutlich zu erkennen. Aber selbst wenn dem 
nicht so wäre, weist das Bild rein künstlerisch auf Riberas reifste 
Periode. Soll vielleicht der Text des Zettels, den uns der grinsende 
Betteljunge zeigt, auf die damalige wirtschaftliche Verlegenheit des 
Meisters hinweisen? 

DA MIHI ELIMOSINAM PROPTER AMOREM DEL 
Es wäre ein grimmiger Witz. 

Ein lachendes Elend, wie es der Reisende im Süden täglich 
dutzendmal findet. Dreiviertel nach rechts gewandt in seinem nicht 
einmal übermäßig zerlumpten Rock und in der kurzen Hose — 
auch den sonst hier so seltenen Luxus eines Hemdes leistet er 
sich I — , barfüßig natürlich, blickt uns der Betteljunge, seine schad- 
haften Zähne bleckend, mit vergnügtem Grinsen an. Die Krücke 
hat er links geschultert, in der linken Hand hält er außerdem noch 
den erwähnten Zettel. Die Rechte faßt den Mantel, den er zusammen- 
gerollt um die Hüften trägt. 

In der Feme duftige Bäume und Gebirge. Der Knabe ist voll* 
kommen gegen das Licht gestellt. Vollstes Plein-air. Das ist der 
Abschiedsgruß des „in Marterszenen schwelgenden, finsteren" 
Ribera. 

Vor ihm wollen wir nicht nur »propter amorem dei* uns 
verneigen, wir kommen aus eigenem Antrieb, um diesem ernsten 
Künstler unsere Achtung zu beweisen, der stets ein denkender 
Mensch gewesen ist, erfüllt von tiefster Religiosität gegen Gott 
und die heilige Kunst 

Minister beim heiligen Stuhl ein Gemälde Riberas, das einen Bettler darstellt In der 
Rechten h&lt er ein Stück Papier, auf dem zu lesen ist 

V. Sefior mio compatisca la ve 

cdaya C- le cative estrade 

Jusepe de Rebera (siel) Espa 

Sol Valenciano 

1640 F, 

Ein Such „Winstanley fecit 1729" gibt diesen Betüer wieder, jedoch als im Besite von 

Lord Derby befindlich (h. ped 2. pol. 6. br. ped 2. pol. i.) Der Name „Ribera" hier 

richtig geschrieben. 



IV. RIBERAS KUNST. 

SCHULE UND EINFLUSS. 

Ribera ist wohl der universalste aller spanischen Meister. Kein. 
Gebiet, das er nicht gepflegt hätte. Er malte Bilder religiösen In- 
halts : Szenen aus dem Alten Testament, vor allem aus der Geschichte 
Jakobs, Szenen aus dem Neuen Testament, in erster Linie natürlich 
aus dem Leben und Leiden Christi ; den Gemälden dieser Art folgen 
die der Concepcionen, Wunderszenen, Martyrien, Apostel und Ere- 
miten. Daneben behandelt er Stoffe der Antike : Marsyas und Apoll, 
Venus und Adonis, Laokoon, Cato, griechische Philosophen. Er 
pflegt das Porträt: Sein Selbstbildnis, das Porträt Gambazos, Mon- 
tereys, D. Juans de Austria, eines Neapolitaner Musikers. Die Bettel- 
jungenbilder zeigen seinen Sinn für die Genremalerei. Den Tier- 
maler lassen uns Bilder wie der „Silen", „Jakob bei seiner Herde*', 
die Pariser „Hirtenanbetimg** schätzen; den Stillebenmeister zeigt 
uns vor allem der „Jakobssegen". 

Reine Landschaftsbilder von Riberas Hand sind uns nicht be- 
kannt. Wie er aber die Landschaft tektonisch wie inhaltlich mit 
dem dargestellten Gegenstand zu verknüpfen, zu verschmelzen wiißte, 
können wir aus einer großen Reihe seiner Werke erkennen. An- 
zufangen mit den Hieronymusradierungen ; dann die „Klage um 
Adonis", „Jakobs Traum" usw. 

(Darstellungen von Neapel gibt er mehrfach; so auf der yExtase 
der hl. Magdalena", dem „hl. Januarius" in Salamanca, dem „D. Juan 
de Austria".) 

Daß Martyrienbilder und Darstellimgen des hl. Hieronymus uns 
so oft bei Ribera begegnen, darf uns nicht wimdemehmen. In 
jener Zeit raffte sich die Kirche wieder auf und suchte die schlaff 
gewordenen Gläubigen zu neuem frommem Eifer anzuspornen. Was 
konnte da besser dazu beitragen, die Wankenden im Glauben zu 
stützen und neue Opferfreudigkeit zu erwecken, als dieser Hinweis 
auf die alten Märtyrer und Asketen, die heiligen Säulen der Kirche ? 

Solches auf dem Gebiet der Malerei zu schaffen, war niemand 
geeigneter als ein Spanier. Wohl hatte im Norden der genialere 



i6i 

Rubens die gleiche Aufgabe in die Hand genommen. Doch geht 
ihm, dem heiteren Vlämen, ganz das Finstere, Fanatische ab, das 
dem Valencianer angeboren erscheint, und die leidenschaftliche Er- 
regung findet oft nur in grandiosen Bewegungen, geschickt arangier- 
ten Massen, in herkulisch gebauten Körpern ihren Ausdruck, wo 
weniger psychische Kraft zum Vorschein kommt als physische, die 
jedoch zum größten Teil nutzlos verpufft. 

Im Anfang glaubte auch Ribera seine Heiligen durch großen 
physischen Aufwand allein schon bedeutend machen zu können. 
Bald jedoch erkannte er seinen Irrtum imd suchte zu einer immer 
größeren Verinnerlichung zu gelangen. 

Die Vorliebe für derbe, ja oft häßliche Formen zeigt sich in der 
ganzen ersten Periode des Künstlers : der sehnige, feste, abgehärtete 
Greis Hieronymus oder Andreas ; der schwammige Silen, jene scheuß- 
lichen Kerle mit den Warzen und Drüsen. Daneben aber von An- 
fang an ein feines Verständnis für die schönen Formen eines Jüng- 
lingskörpers : der Ephebe auf dem Silensbild, Sebastian, Laurentius, 
Apoll. Am vollendetsten aber der Christus der Pietä von S. Martino. 
Auch die Kindergestalten von den ersten Werken an den Beschauer 
durch ihre Formschönheit anziehend. (Ignaziusgeschichten, Ekstase 
der Magdalena, Concepcion Salamanca usw.) 

Mit der Zeit kam er auch zu einer immer größeren Veredelunjg 
der greisen Gestalt. Es mag dies zum guten Teil zusammenhängen 
nüt dem Fortschritt seiner Technik, die mit der steigenden Monu- 
mentalität Hand in Hand geht. Er sieht in seinen späteren Jahren, 
alles größer, schUchter, ohne dabei die Gründlichkeit der Model- 
lierung und die Genauigkeit, die Sauberkeit der Zeichnung zu ver- 
lieren, die von Anfang an allgemeine Bewundenmg erregten. Der 
reife Meister modelliert viel mehr mit Licht imd Schatten als nur 
mit dem feinhaarigen Pinsel, durch dessen Führung er höchst vir- 
tuos die Formen zu bilden verstand. 

Greise, Männer, Jünglinge und Knaben besitzen alle etwas Herbes 
in ihren Formen. Riberas Gestalten sind die denkbar männhchsten. 
Die Putten, in der Bildung von Correggio angeregt, sind wie bei Ri- 
balta feste Bürschlein. Dem Sebastian fehlt jede Bologneser Weich- 

Mayer, Jiu«pe de Ribera (Lo Spagnoletto). II 



! 



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162 

heit und Hieronymus^ Petrus, Bartholoniäus zeigen nicht wie die 
alten Heiligen Domenichinos einen dem Verfall zuneigenden Körper. 

Daß Ribera bei alledem den Zauber der Kinderwelt ebenso gut 
kennt, wie der große Meister von Parma, beweist ja vor allem die 
Concepdon von Salamanca. 

Was vom männlichen Akt gesagt wurde, gilt auch vom wei1> 
liehen. Wie beim hl. Hieronymus reizte den Künstler bei der Maria 
Eg^tiaca die Darstellung eines alt gewordenen, aber noch nervigen, 
durch Entbehrungen gestählten Körpers. Gerade bei den weib- 
lichen Gestalten zeigt sich Riberas große Herbheit. Man betrachte 
nur seine Magdalena, seine Agnes, seine Maria. Durch diese eigen- 
artige Strenge erreichte er aber etwas, was kein anderer in gleich 
überzeugender Weise auszudrücken verstand: die Wiedergabe der 
keuschen Jungfrau. Nicht das Kind, wie bei Murillo, ist sein Modell, 
sondern — an Praxiteles gemahnend — das heranreifende Mädchen. 
Dadurch wirkt er schlagender als jeder andere. Ein weiblicher Voll- 
akt fehlt im Oeuvre des Künstlers. Bereits Justi bt die Scheu der 
Spanier vor der Darstellung des weiblichen Aktes aufgefallen, und 
mit Recht bemerkt er, daß Velasquez der einzige unter den früheren, 
Spaniern ist, der sich an die Teufelin Venus gewagt hat^). Riberas 
Venus ist völlig bekleidet und seine hl. Agnes hat sich in ihren Gold- 
haarmantel gehüllt. 

Riberas Frauen sind echte Spanierinnen mit großen dunklen 
Augen, goldblondem oder tiefschwarzem reichlockigem Haar, feiner 
schmaler Nase, kleinem Mund, etwas langem dünnem Hals, zarten, 
fast zerbrechlichen, langen Fingern. Diese Hände! Die Behand- 
lung der Hände ist ja stets bei Ribera meisterhaft. Aber hier ist 
es mehr als reines Virtuosentum. Die ganze Sensibilität des Barocco, 
alles Vornehme, Graziöse, Elegante jener Zeit kann man aus diesen 
Händen entnehmen; aus ihnen kann man sich die ganze übrige 
Gestalt aufbauen, so sind sie bis in die Spitzen der Finger hinein 
von dem Leben durchglüht, von der Erregung durchbebt, die die 
Heilige erfüllt. 

Daß bei all der Strenge eine hohe lautere Schönheit erreicht 
wird, beweist mehr als ein Beispiel Der junge Johannes (Prado), 

1) Justi, Vda»qucz H, 238. 



i63 

Apoll, Christus (Pieta S. Martino), Paulus (Vitoria), Andreas von 1647, 
Magdalena (Prado 980), Maria (Anbetung Valencia), Agnes, Katharina 
und Maria (Verlobung der hl. Katharina). 

Aber ob auch seine Gestalten schön oder weniger schon er- 
scheinen, niemals wirken sie leer. Sein Petrus und Hieronymus 
von 1622 ist ebenso von Leidenschaft geschüttelt wie jener Andreas, 
der den Zeus verschmäht, wie Bartholomäus, der den Opfertod er- 
leidet Wie wirkt der Paulus von 1637 in seiner latenten Klraft, 
der Elias von S. Martino mit seinem verhaltenen Feuer. Und nicht 
weniger eindringlich die späten Gestalten: in dem stillen Leuchten 
der Augen seines Andreas von 1647 liegt ebenso die Siegesgewifi- 
heit des Apostels wie in denen des Hieronymus von 1652 das Ver- 
trauen des gläubigen Büssers auf die Grnade des Himmels. Seine 
Magdalena, die sich über des Herren Füße wirft, ist nicht weniger 
erschüttert als Petrus, der sich (in der Apostelcommunion) von dem 
Gefühl der Gmade und des eignen Unwerts überwältigt Christus zu 
Füßen gestürzt hat Wie verschieden der Aufblick zum HimmeL 
Maria in banger Ahnung, Magdalena in sichrer Hoffnung auf Ver- 
gebung, Agnes in fester Zuversicht und Dank far des Himmels 
Güte zugleich. Wie rührend die Freude des Erkennens bei dem 
erblindeten Isaak, wie ergreifend der trostlose Schmerz Mariens 
(S. Martino); wie bescheiden und respektvoll die anbetenden Hirten, 
wie jubelnd und ausgelassen die Kinderschar der Concepdon. 

Hier offenbart sich etwas mehr als ein Talent Eigenartig dazu 
noch der grimme Humor; der lachende Henkergehilfe, Archimedes, 
der Bettelknabe des Louvre seien als Hauptvertreter genannt Man 
denkt manchmal an Filippo Neri den Jesuitenheiligen aus Neapel 
mit dem krausen Humor. 

Ribera der nüchterne Realist und Poet zugleich. Nur ihm 
konnte jene Mischung von Obersinnlichem und Irdischem gelingen, 
nur ihm sich der spanische Wunderhimmel erschließen und daneben 
das Auge für das derbe, volkstümliche offenbleiben, ihm, dem 
Landsmann des Ignatius von Loyola, bei dem sich in gleicher Weise 
der Hang zum Obersinnlichen mit dem sicheren Blick für das 
praktische Leben wunderbar vereinigt hatte. 

Vergleicht man die ^idealen' Bolognesen mit dem »Natura- 



164 

listen' Ribera, so ist man oft versucht, die Beiworte zu tauschen. 
In der Grablegung Annibale Carraccis in Palermo ist keine Gestalt 
ideal; Marias Schmerz wirkt als Grrimasse. Mit au£Falliger Liebe 
das Körbchen mit Seilen im Vordergrund behandelt Der Bethle- 
hemitische Kindermord Annibales in München ist höchst roh und 
wild. Wichtig war dem Künstler die Verkürzung des einen Kindes 
vom am Boden. Lodovicos Carraccis Grablegung in München 
weder in der Anlage noch im Ausdruck tief. Die Verkürzung der 
Leiche war die Hauptsache. Wie sich der Mann hinten mit der 
Laterne zu schaffen macht ! Um Christus kümmert sich im Grunde 
niemand. In Domenichinos Hirtenstück (Dulwich) fesselt den Be- 
schauer die große Gestalt des Dudelsackspielers weit mehr als alles 
andere. Dies eine ganz kleine Auslese von Beispielen. 

Riberas monumentaler Stil« der in. der zweiten Hälfte der 
dreißiger Jahre einsetzt, zeitigte natürlich auch einen idealen Typus. 
Er begegnet uns zuerst im Paulus von 1637 ^^^ ^^^ ^^^^ zuletzt, 
diesem ganz ähnlich aber noch edler im Christus der Apostelcommu- 
nion entgegen« 

Daneben gehört Ribera zu den ersten Meistern der , Ausdrucks- 
halbfigur'. Sein büßender Hieronymus und sein ergebungsvoll 
leidender Sebastian, beide frei von jeglicher Sentimentalität, ge- 
hören zum allerbesten, was der Barock in dieser Gattung hervor- 
gebracht hat 

Ebenso sorgfaltig wie die Modellierung des menschlichen Körpers 
ist auch die Behandlung des Gewandes. Gerade hier zeigt sich 
der strenge Zeichner Ribera, der nichts von dem leichtsinnigen 
Geschmier vieler, oder besser gesagt, der meisten Genossen"" wissen 
wilL Scharf, klar und sicher ist er in der Faltengebung, die zu- 
weilen fast ans harte, brüchige streift. 

Auf die fein abgewogene Komposition Riberas wurde schon 
oft hingewiesen. Sie ist des Meisters größte italienische Errungen- 
schaft. Der kunstvolle, rhythmisch gegliederte Bau nicht nur der 
Architektur sondern auch der Gemälde verursachte den Spaniern 
ähnliche Mühe wie den Deutschen. Nur Italien konnte dem Künstier 
die Geheimnisse der Tektonik enthüllen, nur Italien ihm offenbaren, 
worin in letzter Linie die Harmonie eines Kunstwerks bestehe. Und 



165 

Italien hat es ihn auch wirklich gelehrt Mein kann wohl ohne 
Übertreibung' sagen, daß Riberas Kompositionen die italienischsten 
jener Zeit sind. Nicht nur daß alles sorgsam berechnet ist, 
sie zeigen auch echt italienische Einfachheit und Große. Den 
Bolognesen mangelt diese Ökonomie oft in bedenklicher Weise. 
Ihre Bilder Sind nicht selten unheimlich vollgepfropft mit Menschen 
und Tieren; man denke z. B. an Domenichinos Madonna del Rosario 
(Bologna) oder an seine Sebastiansmarter (Rom S. M. d. Angeli). 

Der Ausgangspunkt für ihn ist, wie für so viele andere, 
Correggios Kotnpositonsweise (Scodellamadonna in Parma): Die 
Diagonale im Hochbild die Hauptlinie. Jedoch ist natürlich das 
Hochbild nicht das ausschließliche Format "Mit feinem Gefühl 
wendet der Künstler bei Scenen wie dem ^Silen*, dem ruhenden 
Einsiedler Paulus das Breitformat an mit einer sanften Diagonalen 
als Hauptachse. Die Hauptfigur holt er oft dadurch heraus, daß 
er sie in den Schnittpunkt zweier Diagonalen setzt, die sich nach 
der Mitte zu senken (Hieronymus Rad. v. 1622, Pieta S. Martine, 
Verlobung der hl. Katharina u. s. w.) oder er setzt sie in eigen- 
tümliche Beziehung zu dem sie umgebenden licht (Maria in der 
Concepcion von 1641 allein im Lichtkreis schwebend, Christuskopf 
in der Kommunion, der sich allein gegen den Himmel voll abhebt) 

In der Wahrung der Massenkontinuität, wo keine Gestalt aus 
dem Ganzen herausgenommen werden kann, jede nur im Zusammen- 
hang mit den anderen seine Bedeutung besitzt, zeigt sich der echte 
Barockkünstler. In der Kunst macht sich da derselbe Geist be- 
merkbar, der im religiösen Leben jener Zeit, vor allem in der Ge- 
sellschaft Jesu herrscht: Der einzelne ist nichts, er ist nur Glied 
eines Ganzen, und erst dieses Ganze besitzt Bedeutung. 

Die Landschaft dient Ribera in ihren Elementen dazu» die 
Hauptbewegung kräftig zu unterstützen: die Hügel- oder Höhlen- 
silhouette, der Baumstumpf. Ebenso wie Dürer hat auch Ribera 
den Wert der Lanzen in der Komposition erkannt und alles, 'was 
Waldmann ^) für Dürer nachgewiesen hat, kann man auch bei 
Ribera finden (Bartholomäusmarter, Radierung wie Gemälde, 
Samson, Januarius u. a.). 

^) WaldmaniXi |,Laiizen, Fahnen und Stangen bei Dürer/* 1906. 



i66 

Ober das kühne Wagnis mit licht- und Schattenfiächen das 
Bildgerüst au&ubauen, wurde an der betreffenden Stelle (»Der 
Grnadenstuhl in den Wolken') schon eingehend gehandelt 

Bei einem tenebroso war Ribera in die Lehre gegangen. Von 
ihm hatte er das rötliche Kolorit Daß er es so schwer überwand, 
kam zum Teil wie bei Poussin und anderen von der noch nicht 
erlangten Sicherheit mit dem neu aufgekommenen Bolusgrund zu 
arbeiten. Mit der Zeit wird Ribera immer lichter; die Schatten 
hellen sich mehr und mehr auf, das durchscheinende Rot (Finger, 
Engelskopfe) bekommt eine lichtere Frische, die Körper erhalten 
eine von Jahr zu Jahr wachsende Leuchtkraft: bernsteinfarben 
funkeln sie dann in warmem, goldenem Licht 

Von einer Lieblingsfarbe kann man nicht gut reden. Der 
Maler freute sich des tiefen klaren Blau des neapolitaner Himmels, 
der goldenen Wölkchen, die Schiffchen gleich den Himmelsozean 
durchqueren; sehr gerne verwendet er den Purpur: Mantel Apollos, 
Gott Vaters, Bett Isaaks (Draperie und seidene Decke), Vorhang 
beim Kommunionsbild. 

Ribera galt zu seiner Zeit als einer der bedeutendsten Kolo- 
risten, vor allem in Spanien ^Y ahora tiene el primado en pi6 en 
la practica de los colores Jusepe de Rivera llamado en Italia el 
Espaiioleto* sagtPacheco, der Schwiegervater des Velasquez, von ihm ^). 

Riberas Entwicklimg steht nicht außerhalb jeden Zusammen- 
hangs, sie geht vielmehr parallel mit der eines Rembrandt Hals, 
Velasquez. Zeitlich wie innerlich. 

Wie die beiden ersten Jahrzehnte des Cinquecento, so werden 
die vierziger und fünfziger Jahre des Seicento zu einem Höhepunkt 
der Malerei aller Zelten, ja man kann sagen zum Gipfel der Mal- 
kunst überhaupt Es sind die Jahre der großzügigsten Malerei, des 
Triumphes der malerischen Anschauungsweise. Alle die genannten 
Meister erlangen im Lauf der dreißiger Jahre ihre innere Befreiung; 
sie werden von da an in ihrer Malkunst nicht nur pastoser, monu- 
mentaler, sondern auch in ihrer Auffassung ernster, schlichter, vor- 
nehmer. Hals lärmt nicht mehr so ausgelassen, der Humor des 

^) Arte de la Pintura. Heraus^, von ViUaamil. Madrid 1866. S. 84. 



i67 

alternden Mannes ist nicht bloße Lustigkeit, es liegt etwas Bitteres 
darin, das ihm erst die Größe gibt; aus dem lauten, gar oft posieren- 
den, derben Rembrandt wird ein ruhiger, denkender Künstler, der 
nichts nach Gunst und Beifall des großen Haufens fragt, sondern 
stiU nur sich und seiner Kunst lebt. Und aus Velasquez wird in 
jenen Jahren der große Menschenkenner und Beherrscher des 
Tageslichts. Es gelingt ihm das Porträt aller Porträts, sein Innocenz X 
von 1649, zu der Zeit wo sein Landsmann Ribera das Reiterporträt 
des jungen Don Juan, den hl. Andreas von 1647 ^^d die Apostel- 
kommunion schuf Ribera starb als erster aus der Reihe hinweg. 
Ob er noch höher hätte steigen können? 

2. 

Ein solch ernster, in sich gekehrter Mann, ein so tief schürfen- 
der, mit größter Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt arbeitender Künstler 
konnte in jenem rasch und leicht schaffenden Zeitalter keine eigent- 
lichen Schüler hinterlassen. Nur Nachahmer. Von ihnen allen gilt 
das fa presto eines Giordano, für sie wie die ganze Neapolitsmer 
Kunstwelt, in der sich Ribera wie ein Mensch aus der guten alten 
Renaissance ausninmit. 

Der genialste Nachahmer, Lucca Giordano, der auch auf Riberas 
Namen Bilder falschen durfte, mag als Beispiel für all die kleineren 
dienen. Er zeigt uns, was die damalige Welt an Ribera bewunderte, 
was sie als seine schöpferische Tat ansah. Man kann es sich wohl 
denken. Es ist mehr das äußerliche: Hieronymus oder Petrus, der 
Grreis, der noch von mächtigem Leben durchpulst ist; der Charakter- 
kopf: die , Philosophen*; die Marterbilder: der geschundene Bartho- 
lomäus. Nur daß in der Nachahmung die Tiefe der Charakteristik, die 
Gediegenheit der Zeichnung, die Sorgfalt der Ausführung fehlt. 

Jedoch kam auch für Giordano die Stunde der Einsicht, daß 
er doch mehr vermöge als berühmte Meister nachzuahmen. Er 
wurde ein Eigener, der koloristisch denselben Weg ging wie Poussin, 
der aus einer schwer rot-blaugrauen Färbung zu lichten Tönen ge- 
langte, für den gleich Poussin und Tiepolo Blau und Gelb Lieblings- 
farben wurden. Wer den reifen Giordano kennen lernen wüL muß 
sich an das greindiose, stark an Tiepolo gemahnende Fresco in der 



168 

großen Sakristei der Toledaner Kathedrale halten: Das Wunder 
des HL ndelfonso. Belehrend ist auch das Berliner ,ParisurteiL' 

Über den Werkstattbetrieb bei Ribera teilt uns Dominici einiges 
mit Der Vater Giordanos, Antonio, copierte die Antoniusbilder 
des Meisters, die dann von diesem nochmals übergangen wurden 
O^toccati par il maestro'*). Für die Verbreitung der Halbfiguren- 
bilder von Philosophen und hL Hieron3rmi habe D. Gio. Do gesorgt 
,nel maneggio del colore e nel girar dell'impasto eran tutt' uno/ 
Ein weiterer Gehilfe war Bartolomeo Passante .che il maestro 
molto l'adoperava nelle molte richieste de sue pitture*; vor allem 
für die Gemälde, die in fremde Lander geschickt wurden. Auch 
der Schlachtenmaler Aniello Falcone wird unter Riberas Schülern 
genannt 

Unrichtig wohl Dominicis Mitteilung, daß Andrea Vacarro direkt 
bei Ribera gelernt habe. Der Künstler schlug mehr die Wege 
Stanzionis ein; Riberas Einfluß konnte er sich natürlich nicht ent- 
ziehen. (Am meisten bemerkbar in der jüngst in das Wiener 
Hofmuseum gelangten «Hirtenanbetung.') Riberas bedeutendster 
Schüler war vielleicht Salvatore Rosa, der am meisten etwas von 
des Meisters Kraft und Leidenschaft zeigt Namentlich der Rstdierer 
Rosa ist von Ribera angeregt worden. 

Daß die Bolognesen nicht nur von Carravaggio, sondern auch 
von Ribera beeinflußt worden sind, unterliegt keinem ZweifeL Guido 
Reni ebensogut wie Domenichino. Zum erstenmal hat dies Unger^) 
klar ausgesprochen. Namentlich Domenichinos Münchner Hiero- 
nymus ist ohne Riberas Radierung undenkbar. Auch auf deutsche 
Meister wirkte der Künstler. So schuf abgesehen von dem Autor 
des Münchner Hieronymus (Pinakothek 1290) Sandrart in Riberas 
Geist einen Seneca und einen Cato Uticensis.^ Über Ribera selbst 
urteilt der Maler in seiner Teutschen Accademie wie folgt:*) «wolte 
sein Genio keine gefällige, angenehme, sondern lieber andere schreck- 
bare crudele Historien, alte abgelebte Körper, mit zerrümpfter Haut, 
bejahrte wilde angesichter, die er aUe warhaft lebendig mit großen 
Kräften und Wirkungen ausgebildt* 

^) Kritische Forschungen S. 165. *) Sandrart, Lebenslauf und Kunstwerke. NOm- 
berg 1675. S. 10 u. 11. *) Sandrart, Teutsche Accademie S. 191. 



i69 

Nicht viel anders urteilte übrigens Goethes Freund, der Kunst- 
historiker H. Meyer über unseren Künstler. ^Michel Angelo, Merigi 
von Carravaggio aber und sein Schüler Joseph Ribera genannt 
Spagnoletto, stellten sich dem edleren Geschmack ganz entgegen 
und traten als entschiedene Naturalisten auf, das ist, sie ahmten 
die Natur, mit sinnlicher Anschauung, treu nach, doch ganz ohne 
Wahl der Formen noch mit bestimmter Rücksicht auf den erforder- 
lichen Charakter ihrer Figuren zum beygelegten historischen Zweck. 
Die Madonnen sind gewöhnliche bloße Dirnen, das Christkind ein 
gemeiner Knabe, St Joseph ein Zimmermann, der HL Hieronymus 
ein elender, runzliger Alter u. s. w.; ja, oft laden diese Künstler 
sogar den Verdacht auf sich, das fehlerhafte, das niedrige, dürftige 
und gemeine absichtlich gesucht zu haben*.*) 

Weit günstiger fährt Ribera bei R^ Mengs, der in einem Brief 
an Ponz schreibt*) »E ammirabile il Ribera nell' imitazione del 
naturale, nella forza del chiaroscuro, nel maneggio del penello, e 
nel dimostrare gli acddenti del corpo, le rughe, i peli etc. II suo 
Stile e sempre forte; ma non giunse al Velasquez nell' intelligenza 
de' lumi, e dell' ombre, mancandogli la degradazione, e Tambiente 
dell* aria; benche nel colorito e di maggior forza, e brio*. Ein für 
jene Zeit außerordentUch feinfühliges künstlerisches Urteil. 

Stirlings Ansicht^ ^the jealous implacable Spaniard was indeed 
cursed with the evil eye, seeing frighftil visions in the midst of 
sunshine and beauty'^ deckt sich ziemlich mit den von ihm zitierten 
Worten Byrons aus dessen Don Juan.*) 

i)Spagnoletto tainted 
His brush with all the blood of all the sainted". 

Weit einsichtsvoller hatte geraume Zeit vorher ein anderer 
Engländer geurteilt, Richard Cumberland:*) 

ySome of the characters of his Baptist from Magdalena and 
Madonas wich I have met, are equal in grace and tendemess of 
expression to the best heads of Guido and Ghiercino. 

^) „Winckelmann und sein Jahrhundert" herausgeg. von Goethe 1805 in dem von 
Meyer bearbeiteten „Entwurf zu einer Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts' ^ S. 173. 
*) R. Mengs. ,,Opere**. Roma 1787. S. 308. ') Stirling, Annais 903. *) Byron, Don 
Juan Xni, 71. ^) R. Cumberland, Anecdotes of eminent painters in Spain during the 
sizteenth and seventeenth Centuries. London 1782. I, 205. 



I/o 

I confess my surprize was great in discovering him in a character, 
wich was new and unknown to me before I went to Spain". 

Viel richtig-es liegt in den Worten Ung-ers,^) daß Ribera Vor- 
würfe behandele, „wo eine gesteigerte Anspannung des mensch- 
lichen Organismus unter den Bedingungen des moralischen und 
physischen Schmerzes noch mehr ans Licht stelle". Nicht gefiel 
ihm bei dem Künstler das angeblich übermäßig starke Betonen des 
Anatomischen. , Sowohl Caravaggio als auch Ribera verfallen nicht 
selten aus anatomischen Zwecken in den Fehler, daß sie die Haut 
zu gespannt und straff darstellen, weil sie es weniger mit dieser 
als mit der darunter befindlichen zu tun haben. Bei Guido ge- 
langt aber alles zu seinem natürlichen Recht" ^ 

Carl Justis Urteil^ mache als jüngstes in dieser Reihe den Be- 
schluß: yEr der in Kenntnis und Kunst der Zeichnimg kaum von 
einem seiner Landsleute erreicht worden ist, ist doch am größten 
in der tragischen Tiefe der Stimmung; freilich geht der leiden- 
schaftliche Zug der nationalen Devotion oft bis zum Düstem und 
Grausamen. Aber auch der Zauber hoher Anmut fehlt nicht, wie 
eine farbenglühende Blume aus Felsgestein emporblüht Er gab 
zuerst ein Beispiel der Verbindung des Naturalismus mit dem 
katholischen Geist, und darin lag eine befreiende Kraft: er hat den 
Malern des XVTI. Jahrhunderts den nationalen Weg zu Originalität 
und Größe gezeigt* 

3- 
Einen mächtigen Einfluß hat Ribera natürlich auf die spanische 
Kunst ausgeübt 

Wie weit der junge Juan de Ribalta in seiner Kreuzaufrichtung 
(Valencia Mus. prov.) von Ribera beeinflußt ist, läßt sich nicht mit 
Sicherheit sagen. Eines aber sieht man auf den ersten Blick: dem 
Bild fehlt jede Tektonik im Aufbau, die Ribera den Italienern so 
vollkommen abgelauscht hatte. 

Die Studienköpfe und Heiligenbilder des Esteban March gehen 
auf Ribera zurück; die flüchtigsten Arbeiten Griordanos aber er- 

^) Unger, Kritische Forschungen S. 169. *) Krit. Forsch. 176. *) Baedekers 
Spanien und Portugal. LXXXIII. 



scheinen sorgfaltige Gremälde neben den wüsten Pinseleien des 
Valencianers. 

Auf Pereda hat Riberas von der Trompete aufgeschreckter 
Hieronymus großen Eindruck gemacht, wie sein Gemälde Prado 939 
beweist, auf Cerezo der Crucifixus in Vitoria; man betrachte nur 
seinen »Cristo de la agonia* in der sala capitular der Kathedrale 
von Burgos; sein .Hieronymus' im Leipziger Museum geht in allen 
Teilen auf Riberas Radierung B. 4. zurück. 

Alonso Cano hat an allen Ecken und Enden Werke Riberas 
für eigne Arbeiten benutzt; so den »Reuigen Petrus* von 162 1 für 
seinen »Johannes auf »Patmos' (Prado 667), den »ICeronymus in 
der Wüste* in dem Bild gleichen Inhalts (Prado 669), die »Trinitat* 
für sein Gemälde in der Grenadiner Kathedrale usw. 

Riberas »Descanso* hat Romero Juan de Sevilla fiir seine 
»Ruhe auf der Flucht* (Budapest 305) verwertet. 

Vor allem aber stehen die drei bekanntesten Spanier Velas- 
{ quez, Murillo, Zurbaran unter Riberas Einfluß. Zurbaran zeigt dies 
\ namentiich in dem (früher Velasquez zugewiesenen) Hirtenbfld der 
Londoner National Gallery. 

Die starke Wirkung auf Murillo ersehen wir namentlich aus 
. den Werken der Übergangszeit zum sogenannten estilo caliente; 
:z. B. .Familia del Pajarito* (Prado 854) beeinflußt von Riberas 
' jpHolzhackerfamiUe*, die Navidadbilder besonders, London, Wallace 
CoUection 34, Prado 859, und das unlängst vom Kaiser Friedrich- 
museum in Berlin erworbene Gemälde. Als Vorbild diente augen- 
scheinlich Riberas , Hirtenanbetung* von 1640 im EscoriaL 

Den Einfluß auf Velasquez, der ja in personliche Berührung 
mit dem Meister gekommen ist, bezeugt uns auch der alte Pacheco, 
des Velasquez Schwiegervater; in seiner »Arte de la Pintura**) 
spricht er vom reinen Naturstudium, wie er es selbst verfolgt, wie 
es Caravaggio geübt hat, und fährt dann fort: 

«Asi lo hace Jusepe de Rivera; pues sus figuras y cabezas 
entre todas las grandes pinturas que tiene el duque de Alcala, 
parecen vivos, y los demas pintado aunque sea junto ä Guido Boloftes; 

^) Arte de la Pintura S. 15, 16. 



172 

y mi yemo que signe este Camino, tambien se, ve la diferencia 
que hace a los demas, por tener siempre delante et natoraL' 

So darf man denn wohl Ribera einen Mitbegründer der großen 

spanischen Kunst im XVIL Jahrhundert, ja einen Künder modemer 

Malerei überhaupt nennen. Sein Werk ist von demselben Geist 

erfüllt wie die Schriften seines Lieblingsheiligen Hieronymus, der 

in seinem Brief an Heliodor über das Eremitenleben ausgerufen hat: 

3P Wie lange sollen die Häuser noch ihren Schatten auf dich 

werfen? Wie lange sollst du noch eingeschlossen sein in die 

Kerkerluft rauchiger Städte? Glaube mir, ich genieße ein 

Licht, das ich nicht zu schildern vermag. Wirf die Wucht 

des Leibes von dir und fliege aus zum reinen Glanz des 

AethersI* 

Exkurs L 
RIBERAS GEBURTSJAHR UND HEIMAT. 

Daß Ribera in Jatiba geboren ist, kann keinem Zweifel unter- 
liegen. Er selbst nennt sich auf dem Navidadbild von 1640 (Es- 
corial) ^espanol valenciano de la ciudad de Xativa*, bezeichnet sich 
öfters ab Setabensis (Petersburger Sebastian, Silen, Andreasmarter, 
Hirtenanbetung bei Weber-Hamburg), fast stets als valenciano und 
hispanus oder espanoL 

Femer wird im Taufregister der Parr. di S. Marco dei tessitori 
lib. V^) gleichfalls Jdtiba als seine Geburtsstadt angegeben. 
Adi 9 maggio 1634 Fran~ Anto® And* Figlio di Gioseppe di Rivera 
della Citta di Sativa nel regno di Valentia . . . .* 

Damit verlieren die Angaben Dominicis"), der Gallipoli in 
Unteritalien, und Celanos") der Lecce zum Geburtsort Riberas machen 
will, jede Bedeutung. 

'} L. Salazar, La patria e la fiunilia dello Spagnolctto. Nuovi documenti. Nap. 
Nob. m., 97 ff. *) Dom. m., III. *) Cdano. 11., 99. Während Giacmto Ginna in der 
„Idea della storia dell* Italia letteraria" Napoli 1723 in cap. 32 gleich Celano und D. Pietro 
Signo rellis „Vicende della letteratura ddle due Sicilie" Tom. V gleich Dominici berichtet, be- 
zeichnet Pompeo Sarnelli im „Guida dei Forestieri" Napoli, 1685, II. Ribera als 
Spognaolo, F. Bdlori in der Vita des Carravaggio (1672) als Spagnuolo di Valenza, de 



173 

Wann aber Ribera geboren wurde, läßt sich nicht mit Be- 
stimmtheit sagen. Diosdado hat freilich in seinen yOsservazioni 
sulla patria del pittore Giuseppe de Ribera* ^) ein Taufzeugnis mit- 
geteilt, dem zufolge Ribera am 12. Januar 1588 geboren worden sei 

3pA 12 de Giner any 1588 fon batizot Josef Benet fill de Llois 
de Ribera y de Margarita Gril foren copares berthomesi crionys 
notary y comare mangalida riba albero donsella filla nofre albero/ 

Dieses Zeugnis nützt uns jedoch gar nichts, denn es steht fest, 
daß Riberas Vater mit Vornamen nicht Luis, sondern Antonio 
Simone oder Simone Antonio hieß. 

Hauptbeweis dafür ist eine Eintragung im Register der Parr. 
di S. Marco zu Neapel üb. IV FoL 107.^ Wir lesen da, daß am 
28. Februar 1630 als Taufpate fungierte »Gioseppe de Rivera, Figlio 
de Simone de Rivera de Valentia.* 

Riberas ältester Sohn heißt Antonio Simone Grioseppe, sein 
zweiter Francesco Antonio Andrea.") 

Dominici und seine Nachfolger geben Antonio als Vornamen 
des Vaters an. 

Aber ganz abgesehen von diesem Vornamen trifft schon des- 
halb das Zeugnis nicht auf unseren Ribera zu, weil dieser sich nie- 
mals Joseph Benet nennt und auch nirgends von einem Giuseppe 
Benito die Rede ist 

Dieser Joseph Benito mag wohl ein Verwandter Riberas ge- 
wesen sein. Der Name Ribera war ja sehr verbreitet Wir kennen 
bereits jenen Kunstfreund Juan de Ribera, Erzbischof von Valencia. 
Am 6. Mai 1621 vermählte sich der Admiral D. Francesco de 
Ribera in NeapeL^) D. Giulio Cesare Infantino erwähnt in seinem 
Buch ,Lecce Sacra**) einen Antonio Ribera, castellano di Trezzo 

Piles im „Abr^g^ de la vie des peintres'' 1699 als Spanier, der Anonymus E. D. R. in 
der „Noaveaa voyage en Italie" 1699 als Joseph de Ribera de Valence, ebenso Sandrart, 
„Tcutsche Accademie" 1683, S. l8i. ^) Antologia Romana. XXII, 334 wieder abge- 
druckt von Lefort Gaz. d. B.-A. U. per. XXV, 43 und von AlcahaU Dicdon. Biogr., 266. 
Nach der Handschrift getreu wiedergegeben auf der Rückseite des Postamentes des Ribera- 
denkmals in Jätiba. *) Salazar a. a. O. *) Am 3. Juli 1602 wurde Anna, die Tochter 
des Simone Rivera und der Vittoria bricchi de Rivera getauft. Am 18. Juni 1605 
heiratet Simone de Ribera Spagnolo Vittoria Azevedo spagnola. Sollte dies ebenfalls der 
Vater Jusepes sein? *) Salazar a. a. O. *) Erschienen Lecce 1633, S. 154. 



174 

e supremo comandante dell' esercito di Spagna nella Savoja e Pie- 
monte nel 1592'; man denkt dabei unwillkürlich an Riberas Vater 
zumal Dominici berichtet, Riberas Vater sei spanischer Ofißzier ge- 
wesen^) (yuffiziale in quel Castello* — nämlich Gallipoli; als >Ad- 
judant* vom Castello Nuovo in Neapel sei er g-estorben). 

Immerhin dürfen wir wohl annehmen, daß Riberas Geburtsjahr 
in die zweite Hälfte der achtziger Jahre des XVL Jahrhunderts fällt 
1616 erscheint er bereits als verheirateter Mann und fertiger Künstler. 

Palomino, der zuerst von dem Riberabiographen Jatiba als 
Geburtsort des Meisters angibt, nennt 1589 als Geburtsjahr.^ 

Daß Dominici Ribera zu einem Italiener machen will, hat ja 
seinen Grund; er bekommt dadurch Gelegenheit, dem verhaßt^i 
Maler den Vorwurf zu machen, die Bezeichnung espaiiol sei — kurz 
gesagt — nur ein übler Geschäftstrick gewesen. Jedoch liegt die 
B^p-ündung aber noch tiefer. Als Ribera in die Höhe kam, be- 
neidete man zuerst den Forestiere, den ^kleinen Spanier', der den 
Italienern so viele Aufh'äge wegnahm; dann aber war man in 
Neapel doch stolz darauf, einen so berühmten Mann zu besitzen. 
Er sollte einer der ihrigen sein, eine Zierde der Neapolitaner 
MalerzunfL 

Mit der Angabe über Riberas Geburt hängen 'auch die Mit- 
teilungen Dominids über Riberas Lehrer zusammen.^ Der Vater, der 
ihm eine gute Erziehung habe zuteil werden lassen, hätte ihn an- 
fangs zum Kriegsdienst bestimmt, doch sei Joseph durch einen 
Malersohn mit der Malkunst vertraut gemacht worden und hätte 
sich so in sie versenkt, daß der Vater seinen ursprünglichen Plan 
aufgegeben und den Sohn zu Carrav£iggio in die Lehre getan habe. 
In dessen Stil hätte er einige Studienköpfe und Halbfiguren von 
Greisen gemalt, die von kunstverständigen Leuten gelobt worden 
wären. Nach Carravaggios Tod sei er mit seinem Bruder nach 
Rom gegangen, um Raffaels Werke zu studieren. Dominici nennt 
vor allem S. M. della Pace und die galleria Famesina als die Stätten, 

^)^om. III, 112. *) Palomino, Miueo Pictorico HI, 310. Nach ihm R. Cumber- 
land, Anecdotes of eminent painters in Spain during the sixteenth and seventeenth centuriea. 
London 1782. I, 197. Ebenso Orlandi im Abeccdario Pittorico. Venezia 1753. S. 236. 
*) Dom. 112 ff. 



175 

wo Ribera nach eigener Aussag-e viel gelernt habe. Als er dann 
den Correggio loben hörte, sei er nach Parma und Modena ge- 
gangen und habe dort in großer Begeisterung viel kopiert. 
yStupendo esempio dell' esattissimo sotto in giü/ Seine ersten 
Malereien in Neapel nach seiner Rückkehr seien ganz in diesem 
Stil gehalten gewesen. Da sei der Vater gestorben, die Familie 
in Not geraten, die künstlerischen Nebenbuhler dazu sehr zahlreich 
gewesen: Santafede, Imparato, Carracciolo u. a. Von einem dieser 
Maler habe er den Rat bekommen, zur Manier Carravaggios zurück- 
zukehren, »per far colpo ed avere il suo luogo fra' valenti uomini*. 
Diesem Rat sei Ribera dann auch getreulich nachgekommen und 
mit größtem Erfolg. 

Exkurs IL 

(zu s. 64.) 

DIE „EXTASE DER HL MARIA MAGDALENA" IN DER ACA- 
DEMIA DE S. FERNANDO UND IHRE NACHAHMUNGEN. 

Das Gremälde muß sofort einen tiefen Eindruck gemacht haben, 
denn es sind mehrere höchst interessante freie Kopien nach diesem 
Werk erhalten. Die beste sah ich Frühjahr 1906 bei Simonetti in 
Rom^) (h. 2,50 br. 1,81 Abb. 57). 

Es fallt mir außerordentlich schwer, diese hervorragende Arbeit 
einem andern als Ribera selbst zuzuweisen, so genial, so durchdacht 
ist sie in den Varianten, so vollkommen stimmt sie in der tech- 
nischen Behandlung mit Riberas Werken überein. Und doch beweisen 
einige Änderungen, wie zu zeigen ist, daß wir es mit einer Arbeit 
eines Kopisten zu tun haben. Es kann dann niemand anders ab 
Luca Giordano sein, der hier wie kein zweites Mal in Riberas Art 
aufgegangen wäre. 

Die Frage nach dem Autor wird freilich noch etwas verwickelt 
durch eine andere freie Kopie im Besitz von Dr. G. Martins in 
Bonn, von Justi ausfuhrlich in einem größeren Aufsatz behandelt^ 
Diese Kopie ist jedoch von geringerer Güte. 

^) Als Murillo verkauft 1895. Auktion der Sammlung des Principe Fondi in Rom 
bei Sangiorgi (im Katalog Nr. 324). 'j Zeitschrift (Ur Christliche Kunst, V. iff. 



176 

Das römische Bild nun teilt eine Anzahl Characteristica mit 
dem Bonner und andere wieder mit dem Madrider Gemälde. 

Wie B. so hat auch R. die große Strenge verloren. Grund in \ 

erster Linie der weichere, etwas süße Blondkopf. Jedoch wirkt R- 
lange nicht so sentimental wie R: Durch den geradeaus nach oben 
gerichteten Blick fallt das schmachtende von B. weg. Die ganze 
Gestalt in R. hat eine größere Sinnlichkeit gewonnen. Das härene 
Gewand fehlt in B. wie in R. Nur in einen großen Mantel ist 
die Heilige gehüllt, der rechte Schulter und Arm freiläßt Der 
harte Halskontur ist verschwunden: goldblonde Locken rieseln nun 
auch über die Schultern nach vom. Die Hände, überaus zart und 
feingliedrig, sind betend gefaltet Wie durchgefühlt sie sind, kann 
man in dem Leben der ^kleinen Finger* besonders merken. 

Der Mantel ist knittriger als in M. und hat namentlich in der 
rechten Hälfte große Verwandschaft mit dem fliegenden Mantel 
Gottvaters in der »Trinität* (Prado). 

In erster Linie jedoch haben wir es bei dem Maler von R. mit einem 
Mann zu tun, dem das Lichtproblem die Hauptsache ist Auf 
den breiten glatten Teil des Mantels fällt hellstes Licht (auch in B). 
Vor allem aber hat sich in B. und R. der Himmel geöffnet Ein 
blendendes Licht ist ausgegossen und verbreitet sich um Magdalena 
wie eine Gloriole. Aus dem Lichtmeer, das seitlich von dunklen 
Wolken begrenzt ist, tauchen rosige Engelsköpfchen auf; im höchsten 
Licht nur schwach in ihren Formen mit roten Konturen angedeutet; 
je mehr sie aus dem Lichtkreis heraustreten, desto kräftiger sind 
sie modelliert. 

Gegen B. sitzt in R. der Profilkopf rechts nicht mehr so 
häßlich über dem Mantelzipfel Magdalenens, sondern ist näher an 
seine Gefährten herangerückt Auch sind die Wolken viel feiner 
behandelt und besser abgetönt Von schroffen Absätzen gegen 
das Licht ist hier keine Spur mehr. Die Englein der unteren 
Region sind viel gründlicher durchmodelliert als in M. Der 
Engel in der Ecke ganz links unten, nach dem sein Gespiele 
über ihm sein rechtes Ärmchen ausstreckt — in B. noch vor- 
handen — fehlt in R. Es war eine etwas unglückliche Figur, 
nur begründet als der eine Endpunkt der Hauptdiagonale, geeignet 



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177 

die JDlusion des sich von der Erde lösenden, hinaufschwingenden 
zu verstarken. Das Weglassen ist vom ästhetischen Standpunkt aus 
sehr wohl verständlich. Aber nun wird die Armbewegung des Ge- 
fährten ganz unbegreiflich. Dies ist der Hauptpunkt, der den Ver- 
dacht einer Kopistenarbeit aufkommen läßt 

Vorzüglich ist aber, daß der Mund dieses sich nach unten beugenden 
Putto, der in M. und B. häßlich von einem Engelsflügel verdeckt 
wurde, in R. nun sichtbar ist, ebenso wie ein großer Teil der Kinn- 
partie. Der nach rechts folgende Engel hat das rechte Füßchen 
etwas mehr gehoben. Der Engel« der in M. das Salbgefäß hält, 
trägt in B. und R. den Totenkopf. Die Ärmchen dieses Putto in 
R. besonders gut durchmodelliert Der Engel mit der Geißel — 
diese in B. und R. etwas anders behandelt als in M. — wird in 
den unteren Extremitäten mehr von der Wolke umspült; auch ist 
er etwas weiter hinaufgerückt, so daß seine Rechte etwas den 
Mantel Magdalenens überschneidet (In B. dieser Engel höchst 
liederlich behandelt!) Der Putto darüber — in M. mit dem Toten- 
kopf — hält in B. und R. das Salbgefäß. Der Putto daneben in 
R. nicht mehr betend wie in M. und B., sondern sein eines Händ- 
chen ruht auf der einen Wolke. Der Abstand der beiden letzt- 
genannten Engel vom Mantel der Magdalena ist kleiner, da der 
Mantel verbreitert worden ist Auch bei all diesen Englein ist die 
Verteilung von Licht und Schatten viel feiner nuanciert als in M. 

Die Landschaft, in B. ganz verschwommen, in R. mit großer 
Liebe behandelt; das Gebirg in der Form gegen M. bestimmter; 
auch erstreckt sich der Küstensaum hier über die ganze Breite des 
Bildes, während in M. links das offene Meer zu sehen ist Echt 
Riberesk wirkt auch der Baumstumpf mit seinen beiden Zweigen. 

Das Incamat leicht rötlich, das ganze mitfeinhaarigemPinselgemalt. 

Daß R. m jeder Hinsicht die reifste Fassung ist, kann kemem 
Zweifel unterliegen. Eine Mittelstellung nimmt das Bonner Bild 
ein. Vielleicht sind beide Arbeiten im Atelier Riberas entstanden. 
R. ist ohne B. nicht gut zu denken. Nicht ausgeschlossen ist, daß 
wir in R. eine Kopie vor uns haben nach einem Original Riberas, 
das dann um 1642 entstanden wäre, in der Blütezeit des Licht- 
malers, des Schöpfers der Dresdener HL Agnes. 

Mayer, Juaepe de Ribera (Lo Spagnolctto). 12 



178 

Gregen Ribera als Autor von R. spricht, wie gesagt, abgesehen 
von dem weggelassenen Engel vor allem der weichliche Kopf. 

Höchst seltsam nun, daß dieser Kopf wie auch die Arme der 
Heiligen in der »büßenden Magdalena* Prado 857 Abb. 58 genau 
wiederkehren. Man teilte früher dieses Bild Murillo zu und setzte 
das pastos, nicht mit feinhaarigem Pinsel gemalte Werk in die Ober- 
gangszeit zum letzten Stil, dem estilo vaporoso.^) 

Nun wurden Bedenken geäußert und vor allem hat Justi die 
Ansicht vertreten, daß Ribera der Maler des Bildes sei; Farb- 
gebung und Technik beweise das. Dies ist aber nie und nimmer 
der FalL Vor allem ist, wie gesagt, das Bild gar nicht mit dem 
feinhaarigen Pinsel Riberas gemalt, man sehe nur einmal die Ge- 
wandung daraufhin an. Die Malweise ist echteste MuriUoajt. 
Ebenso auch die Farbgebung; das Gemälde ist ganz in Murillos 
Weise auf ein feines Grau und ein von Rosa bis in tiefe Tinten 
gehendes Rot abgestimmt Auch diesen Heiligenschein wird man 
bei Riberaschen Werken vergeblich suchen. Jedoch auch für 
Murillo einigermaßen befremdlich ist das etwas schwammige, 
schwappige Fleisch der schonen Sünderin. Der Maler dieses 
MagdalenenbUdes ist imstreitig von dem romischen Gemälde ab- 
hängig. Er ist jedoch durchweg weniger edel, in der Korperbildung, 
wie im Gesichtsausdruck (der Mund!) Sollte am Ende Alonso Cano 
der Autor des Madrider Gemäldes sein? 

Schließlich sei noch das Bildchen Prado 2187 (h. 1.90, br. 1.20) 
erwähnt, das gleichfalls eine Variante des Madrider Accademie- 
bildes ist Mit Recht wird es als ^Sevillaner Schule' bezeichnet; 
alles ist weicher, lieblicher, freudiger. Auch hier Wechsel von 
Totenkopf und Salbgefäß, der kleine Engel links unten vor- 
handen, auf Magdalenens Mantel der große Lichtstreifen; wieder 
ein Beweis für die Richtigkeit der oben ausgesprochenen Vermutung, 
daß eine nun verloren gegangene Originalreplik des Academie- 
bildes mit einigen wesentlichen Varianten vorhanden gewesen sein 
muß. Magdalena kniet hier auf einer Wolkenkugel, die aus kleinen 
Engelsköpfchen gebildet wird. Große Engel tragen den BalL Von 

^) Der „Hiob'* in der Gallerie zu Parma gehört wie dieses Bild in Murillos Kreis and 
hat mit Ribera nichts zu tun. 



179 

oben dringt ein großer Lichtstrahl herab und Scharen von Engehi 
stürzen der Heiligen mit Blumen und Kränzen entgegen. Unten 
dimkle Berglandschaft mit Blick aufs Meer. Rechts ein Wartturm. 
Hier erst wird Justis Wort, von dem Bonner Bild mit einig-er 
Übertreibung gesagt, zur vollen Wahrheit JDas Bild der Extase 
der Einsiedlerin hat sich in das der Verklärung gewandelt, eine 
Apotheose der Magdalena.* 



Exkurs HL 

ZUR ENTSTEHUNO DER „APOSTELCOMMUNION« IN 
S MARTINO. 

In den von Faraglia mitgeteilten Documenten lesen wir folgendes: 

„n quadro grsuide del Choro fu datto a fare a Gioseppe de Ribera 
Tanno 1638, del V. P. D. Gio« Battista Pisante, Priore in quel 
tempo, insieme con li quadri delli profeti posti sopre le Capelle 
della chiesa, quali haveva cominciati e ricevuto in conto in tre 
partite ducati 200 — e poi la seguente videlicet A 4 de maggio 
1638 al detto Ribera in cunto ut supra et in particulare per Caparra 
del quadro grande che fk per il nostro Choro duc. 100. 

TAnno 1651 rihavutosi alquanto delle sue infermiti fe instanza 
voler finire il quadro, al quäle ne anco se d pensava ne indinava 
ma per le relzizione del signor Domenico Gargiulo pittore, e G^nnaro 
Monte quali asserivano che erano piü di ducati 300 in mano del 
detto Ribera in cunto di detto quadro, si diede orecchia i, farlo 
finire piü per non perdere li detti denari, che per haver il quadro 
da lui gik caduto assai dalla sua virtü e forza per le sue 
lunghe infermitä, per rispetto delle quali lui si sforzö assai, come 
soleva dire per far vedere al Mondo ch'era vivo e non morte; e 
ciö faceva con gusto grande per ricuperare la sua estinta 
f a m a. 

Ha ricevuto in cunto di detto quadro dalli 15 de febbraro 
1651 per tutto li 6 de settembre seguente 4ucati 780 — che uniti 
con li sopradetti ducati 1365* — fanno la summa de ducati 214S et 
ha consignato il quadro del quäle pretende fuor d'ogni ragione 



i8o 

prezzo esorbitante, ne vuol star a raggione, mentre il Monasterio 
intende pagarlo Conforme ha pagato Taltre opere sue di meglior 
Conditione, e valore, e come si ha fatto pagare da estranei, che 
Sana Cento ducati la figura intiera e cinquanta la mezza figura 
,dal che non deve usdre senza nota di biasmo, e di Tiranno con 
un Monasterio dalquale ha ricevuto molte cortesie, e sempre l'ha 
ritrovato pronto neue sue occurrenze, e si puö dire che Ta fatto 
reviviscere con farli fare detto quadro dopo le sue infermitä .... 
lo quadro grande se stima per otto figure da esperti senza 
passione che sariano ducati 800 — ad ogni modo se li donano altri 
ducati ICD — di piü.che sono ducati 900. Ducati 2060. 

Ne ha ricevuto come appare dalli conti de Procuratori 2145 
ha ricevuto in piü ducati 85.* 

Der ganze den Meister als Mensch und Künsüer herabsetzende 
Ton dieses Schreibens erklärt sich sehr einfach daraus, daß die 
Mönche nicht den hohen Preis bezahlen wollten. Ribera selbst 
starb über der Sache. Seine Söhne jedoch ließen nicht von den 
Mönchen ab. Sie beschweren sich am 12. Dezember 1652 beim 
Nuntius, weil für das große Gemälde nicht der volle Preis bezahlt 
worden wäre. In der Erwiderung der Mönche, in der auch der 
Profeten Moses und Elias mit 100 Ducaten Erwähnung getan wird, 
heißt es, Ribera habe fär das große Gemälde 985 Ducaten erhalten. 
Es seien nur 8, nicht 13 vollständige Figuren. Jedoch behalten 
die Erben, unter denen auch ,D. Caterina Azzolini loro madre' 
genannt wird. Recht, wie aus einem Schriftstück vom 9. Juli 1655 
hervorgeht Die Cena wird mit 1 300 Ducaten angesetzt und ihnen 
eine Restsumme von 210 Ducaten ausgezahlt 

Exkurs IV. 

DER „ORLANDO MUERTO" IN DER LONDONER NATIONAL 
OALLERY. 

In der Londoner Nationalgallerie hängt unter den spanischen 
(jemälden ein eigenartiges Bild, »El Orlando muerto', der tote 
Roland genannt (Nr. 741. Leinw. h. 3 ft. 5 in., br. 5 ft. 5 in.) 

Ein junger Krieger in grauer Kleidung, mit Brustpanzer und 



i8i 

Armschienen gewappnet, liegt am Boden ganz ausgestreckt auf 
seinem Rücken« Die Augen des bartlosen, rotbraungelockten 
Mannes sind geschlossen, seine rechte Hand ruht auf der Brust, 
seine Linke greift nach dem Degen, von dem man jedoch nur den 
Korb sieht Ist die Klinge abgebrochen oder liegt der Krieger 
auf ihr? Dies ist nicht zu entscheiden. Die Gestalt ist ziemlich 
stark verkürzt, Kopf und linker Arm sind uns am nächsten, der 
rechte Arm wie der rechte Fuß verschwinden fast ganz. Ober 
den Füßen des Toten hängt an einem Ast ein Ollämpchen mit 
schwälendem Docht: es ist am Erlöschen« Der Ast geht von einem 
Grestrüpp auf dem Felsen rechts aus. Ganz rechts sind zwei Fels- 
platten erkenntlich. Versperren sie den Eingang zu einer Hohle? 
Zu* Häupten des Toten ein Schädel, links im Vordei^grund gleich- 
falls ein Totenkopf und Klnochen. Wir befinden ims scheinbar im 
Gebirg auf einer Anhöhe. Schwarze Wolken jagen über den 
EQmmel, dessen Blau an einigen Stellen durchbricht G^en dea 
Horizont zu wird es heller: der Tag beginnt. 

Das Bild, das aus der Sammlung Pourtales stammt, ist schon 
mehrfach beschrieben worden.^) Zuletzt von Carl Justi in der ersten 
Auflage seines Velasquez.*) 

Der tote Roland. Justi fiel es axd, daß keine Wunde zu sehen 
ist. Grade dieser Umstand aber beweist, daß das BUd von einem 
Maler herrührt, der die spanische Fassung der Rolandsage ge- 
nau kannte. Nach der spanischen Version war nämlich Roland 
nur mit der Spitze einer Stecknadel an der Sohle des linken Fußes 
verwundbar, weshalb ihn Bemardo del Carpio in seinen Armen 
vom Boden erhob und ihn so, wie Herkules den Antäus, erwürgte.*) 

Mit Recht meint Justi, daß es mit Velasquez gar nichts zu 
tun hat Wer aber ist sein Autor? Mit feinem Verständnis kommt 
er auf die Neapolitaner Schule des Seicento. Jedoch welchem 
Meister das Werk zuzuschreiben ist, vermag er nicht mit Bestimmt- 
heit zu sagen. An Mattia Preti erinnert ihn der grünliche Ton 
der Lichter im Fleisch, doch sei die 2^ichnung far ihn zu stra£F 

^) Paul Mantc, La Gallerie Pouital^. Gaz. d. Beaaz-ArU 1865. Curtis, Velasques 
and Murülo Nr. 26. *) Carl Justi, „Velasquez und sein Jahrhundert". Bonn 1888. II. 85. 
*) vergi. u. a. Cervantes, Don Quijote H, i. Gap, 32. 



l82 

und fein; an Salvator Rosa und seinen .HL Wilhelm* die düstere 
Idee des einsamen Ritters, doch sei das Gemälde in vieler Be- 
ziehung zu gut für diesen Meister; an Ribera endlich die diagonale 
Lage mit dem Haupt nach vom (Justi dachte wohl vor allem an 
den .Adonis'X der alte schiefe Baum, die Landschaft, jedoch sei 
die Malerei für Spagnoletto zu dünn. 

Die letzte Bemerkung ist nicht ganz richtig, wohl aber ist die 
Technik der Hauptpunkt und Grrund, weshalb es auch mir unmög- 
lich ist, das Gemälde, wie es uns jetzt vor Augen steht, für ein 
völlig eigenhändiges Werk des Meisters zu halten. 

Dank dem liebenswürdigen Entg^enkommen der Direktion 
der Nationalgallerie konnte ich das Bild aufs eingehendste unter- 
suchen und fand als größte Schwierigkeit für die Autorbestimmung, 
daß das Bild zwei verschiedene Techniken aufweist Kopf, Strümpfe, 
Schuhe sowie der Grund sind mit dem Riberesken, modellierend 
geführten feinhaarigen Pinsel gemalt, das andere dagegen, in erster 
Linie die Hände und Rüstung in ganz anderer breiterer Manier. 
Daß diese zweite Hand die eines späteren Restaurators ist, scheint 
mir ausgeschlossen zu sein. Der Kopf mit den wirren in größere 
Partien zusammengenommenen Locken erinnert in der Wiedergabe 
stark an den ApoUonkopf auf dem Gambazoporträt In der Kom- 
position zeigt sich eine gewisse Verwandtschaft mit dem ,Traum 
Jakobs*: zur schwachen Hauptdiagonale die entgegenwirkende 
Schräge des Astes. Eine stärkende Vertikale mangelt fast ganz, 
nur die jetzt fast unsichtbar gewordene Silhouette der Höhle oder Berg- 
lehne wirkt etwas stützend. Der grünliche Lichtton im Fleisch, den Justi 
für Preti in Anspruch nimmt, findet sich auch bei Riberaschen Werken: 
ApoU (Apoll und Marsyas), Christus der Pieti von S. Martino z. B. 

Auch mir erscheint das Gemälde als ganzes für Rosa zu gut, 
doch halte ich es keineswegs für ausgeschlossen, daß er das Bild 
vollendete, welches der Meister vielleicht in seinen letzten Lebens- 
jahren begonnen hatte, dessen Fertigstellung jedoch die lange 
Krankheit und schließlich der Tod verhinderte. Rosa war ja 
Schüler des Spsmiers und wie nahe er ihm anfangs gestanden hat, 
zeigt vor allem seine »Ruhe auf der Flucht* bei Earl of EUesmere 
(Bridgewaterhouse). 



i83 

Doch mag er oder ein anderer an der Arbeit beteiligt sein» 
das Werk geht sicher in seiner Anlage und mit der spanischen 
Fassung der Rolandsage auf Ribera zurück» ist vielleicht unter 
seinen Augen vollendet worden, wofür namentlich die Sorgfalt der 
Ausführung spricht Ein junger Schüler kann diesen verkürzten 
Körper» ein Meisterstück der Zeichenkunst» nicht auf die Leinwand 
gebracht haben. 

Vielleicht sah das Bild in der ersten Anlage anders aus; ich 
glaube ganz rechts in der Felspartie Leitersprossen erkennen zu 
können» doch ist dieser Teil zu sehr gedunkelt» als daß sich ge* 
naueres feststellen liefie. 



\<^^ 



DATIERTE WERKE RIBERAS. 



l6ai. Hieronymus (Radierung). 

Reuiger Petrus (Radierung). 

1622. Männerkopf milBindeimHaar. 
(Radierung). 
Ohrstudien (Radierung). 

i6a4. Barth olomftusmarter (Radie- 
rung). 
Hl. Hieronymus (Radierung). 

1626. Silen. Neapel, Museo Nazionale. 

Hieronymus. Petersburg, Eremi- 
tage. 

Eztase der hl. Magdalena. 
Madrid, Ac S. Fernando. 

Hieronymus (Zeichnung). Florenz, 
Uffizien. 

1628. HL Sebastian. Petersburg, Eremi- 

tage. 

Silen (Radierung). 

Andreasmarter. Budapest, Na- 
tionalmuaeum. 

Bflflender Eremit (Zeichn.) Flo- 
renz, Ufifizien (London, Brit. Mu- 
seum). 

1629. Hl. Hieronymus. Rom, Pal. 

Doria. 

1630. Bartholomänsmarter. Madrid, 

Prado. 
Archimedes. Madrid, Prado. 
Apostel Matthäus. Verschollen. 

1631. Maddalena Ventura. Madrid, 

Duque de Lerma. 

HL Rochus. Madrid, Prado. 

Jacobus der Ältere. Madrid, 
Prado. 

Philosoph. Wien, Fürst Liechten- 
stein (privat). 

1632. Izion. Madrid, Prado. 
Derblinde BildhauerGambazo. 

Madrid, Prado. 

1634. Jacob, Labans Herde hütend. 
Escorial. 
Evangelist Matthäus. Solothum. 
Messe Gregors. Amiens. 



1635. Concepcion. Salamanca, Agustinas 

Recoletas. 
Heraklit und Dtmokrit Genua, 
PaL Durazzo. 

1636. HL Sebastian. Berlin, Kaiser- 

Friedrich-Museum. 

Anazagoras. Wien, Fürst Liechten- 
stein (privat). 

Vision des hL Antonius. Madrid, 
Ac. S. Fernando. 

Kamp fweib lieber Gladiatoren. 
Madrid, Prado. 

1637. Isaak segnet Jacob. Madrid, 

Prado. 

HL Petrus. Vitoria, Disputacion 
provincial. 

HL Paulus. Vitoria, Disputacion 
provincial. 

Hl. Hieronymus. Murcia, Mus. 
prov. 

HL Onuphrius. Petersburg, Eremi- 
tage. 

Diogenes. Dresden. 

Diogenes. Wien, Fürst Liechten- 
stein (privat). 
.> Philosoph. Wien, Fürst Liechten- 
stein (privat). 
. Philosoph. Wien, Fürst Liechten- 
stein (privat). 

Philosoph. Wien, Fürst Liechten- 
stein (privat). 

Venus und Adonis. Rom, Gal. 
Nazionale. 

Apoll und Marsyas. Neapel, 
Museo Nazionale Brüssel, Mu- 
seum. 

Piet^ Neapel, S. Martino. 

1638. Mater dolorosa. Cassel. 

HL Hieronymus. Madrid, D. 

Luis de Navas. 
Ein spanischer Edelknabe mit 

seinem Schutzheiligen. 

Schwerin, Mus. 



I8S 



Porträt eines maestro al Cem- 
balo. Rom, Comte Gregoire 
Stroganoff. 
imdff. Die 12 Propheten. Neapel, S. 
Bflartino. 

Moses. Neapel, S. Martino. 

Elias. Neapel, S. Martino. 

1639. Zimmermannsfamilie. Toledo, 

Mus. 
Befreiung Fetri. Madrid, Prado. 
Madonna mit Kind. Früher 

Neapel, Ducca di Bovino. 

1640. Vision des Hl. Antonius. Es- 

corial. 
Hirtenanbetung. Escorial. 
S. Franciscus von Paula. Frtther 

Pau. 
Hl. Hieronymus. Mailand, Gal. 

Crespi. ^ 

Bettler. Früher Nicolas de Azara. 

1641. Hl. Agnes. Dresden. 

Hl. Maria Eyptiaca. Montpellier. 

1 64a. Hl. Magdalena. Murcia, Gal. Estor. 
Befreiung Petri. Dresden. 
Franciscus auf den Dornen. 

Dresden. 
Hl. Procop. Früher Lord Dudley. 

1643. Verlobung der HL Katharina. 
London, Earl of Northbrook. 

Hl. Franziscus. Florenz, Pal. Pitti. 

Cruzifixus. Vitoria, Disput, prov. 

Hirtenanbetung. Valencia Kathe- 
drale. 



1644. Grablegung Christi. Neapel, 

Cav. d*Angelo. 
Kopf Johannes d. T. Madrid, 

Acc. S. Fernando. 
Hl. Hieronymus. Madrid, Prado. 
St Diego. Toledo Catedral. 

1646. Januariuswunder. Neapel, Dom 
Cap. dd. Tesoro. 

Concepcion. Madrid, Kloster S. 

Isabella. 
Jacobs Taum. Madrid, Prado. 

1647. Hl. Andreas. Madrid, Prado. 
Der Hohepriester Simeon 

mit dem Jesusknäblein. 
Marquis of Bristol. Ickworth bei 
Bury St Edmunds. 

1648. D. Juan de Austria (Radierung). 
^ 1649. Paulus Eremit. Madrid, Prado. 

1650. Hirtenanbetung. Paris, Louvre. 
Johannes der Täufer. London, 

Apsleyhouse. 

1651. Hl. Sebastian. Neapel, Museo 
Nazionale. 

Hl. Hieronymus in Medidation. 

Neapel, Museo Nazionale. 
HL Hieronymus. Petersburg, 

Eremitage. 
Apostelcommunion(voll endet). 

Neapel, S. Martino. 

1652. Klumpfufi. Paris, Louvre. 
HL Hieronymus. Madrid, Prado. 



ORIGINALGEMALDE 
JUSEPE DE RIBERAS/) 



SPANIEN. 

MADRID. 
Museo del Prado. 

955 Christus 

956 Petrus 

957 Paulus 

958 Andreas 

961 Philippus 

962 Jacobus d. Ä. 

963 Bartholomäus 

964 Thomas (= Judas Thaddftus?) 

965 Thomas 

967 Matthäus 

968 Simon 

971 Jacobus d. J. 

969 Simon 
97 a Matthäus 
973 Andreas 

*974 Jacobus d. A. 
*959 Andreas 

976 Andreas 
975 Petrus 

978 Simon 

979 Joseph mit dem Jesusknaben 
981 Reuige Magdalena - 

^982 Jacobsleiter 

^983 Jacob von Isaak gesegnet 

985 Paulus Erem. 
«987 Petri Befreiung 
*988 Frauenkampf ^ 
•989 Bartholomäusmarter 

990 Hl. Dreieinigkeit 

992 Augustin 

993 Sebastian 

^994 Hieronymus von 1644 
•996 Hieronymus von 1652 
997 Maria Egyptiaca 

977 Bartholomäus 

980 Reuige Magdalena 
999 Johannes der Täufer 



998 
•1000 

lOOI 

1002 
•1005 
1004 
•1003 
1006 
1007 
1008 
1009 

•lOIO 
lOII 
IOI2 



Extase des Hl. Franciscus 

Hl. Rochus 

HL Rochus 

Hl. Christophoms 

Izion 

Prometheus ' 

Gambazo 

Hl. Eremit 

Ein Anacoret 

Ein Philosoph 

Ein Philosoph 

Archimedes 

Eine Frau I g«g,ngeaen G^ 

Bacchuspriester J mäWe „Tnamph 

des Bacchiu". 



>) Die mit einem * veneheaen Geiaälde 
ftBgegcbea, auf Leinwand. 



ACADEMIA DE S. FERNANDO. 

* Extase der Hl. Magdalena. 

* Vision des Hl. Antonius von Padua. 
Ecce homo. ^ 

^ Kopf Johannis d.T. auf einer SchttsseL 
Hl. Hieronymus. 

DUQUE DE LERMA. 

* Porträt der Maddalena Ventura. 

D. LUIS DE NAVAS. 

*H1. Hieronymus. 

KLOSTER S. ISABELLA. 
^Concepcion. 

(Früher DUQUE DE OSUNA. 
Hl. Hieronjrmus.) 

ESCORIAL. 

•339 Anbetung der Hirten. 
^Vision des Hl. Antonius von Padua. 

* Jacob, Labans Herde hütend. 
•Befreiung Petri. 

Der Gnadenstuhl in den Wolken. 

MURQA. 
Museo prov. 

•Hl. Hieronymus. 

•ind tipiieit. Alle Gemälde, towdlt nichta anderes 



187 



Galerie Estor. 

*H1. Magdalena. 

OSUNA. 
Colegiata. 

Krenzigungsgnippe. 

SALAMANCA. 

Kirche der Agustinas Recoletas. 
* Concepcton. 
Maria mit Antonius u. Avgnstin. 
Hl. Januariua. 
Piet^. 
Geburt Christi. 

SANLUCAR. 

Palast des Herzogs von Montpensier (frtther 
Palazxo Santelmo in Sevilla). 
Cato Uticensis. 

TOLEDO. 
Museo. 

•Hl. FamiUe. 
Catedral. 

•St. Diego. 

VALENCIA. 
Seo. Sacristd. 

•Anbetung der Hirten. 

VITORIA. 

Disputacion provincial. 
•Petrus. 

• Paulus. 

• Cmzifixus. 

ITALIEN. 

FLORENZ. 

Pal. PittL 

•Hl. Franciscus. 

GENUA. 

Pal. Durazzo. 

•Heraclit und Democrit. 

MAILAND. 

Gal. Crespi. 

•Hl. Hieronymus. 
Brera. 

Hl. Hieronymus. 



NEAPEL. 

Dom. Cap. del Tesoro. 

•Der hl. Januarius geht unversdirt aus 
dem Feucrofen hervor. (Schiefer). 
Gesn. 

3 Bilder aus dem Leben des Hl. 
Ignatius. 
S. Martino. 
Kirche. 

•l2 Propheten (•Noah). 
Moses. / 
Elias. 

•Communion der Apostel. 
Cap. del Tesoro. 

•Pieti. 

Museo Nazionale 

•Silen. 

•Apoll und Marsyas. 
•S. Bruno empfangt die Ordensregdn. 

(Kupfer). 
•Hieronymus in Medidation. 
•Hieronymus die Posaune ver- 
nehmend. ' 
•Hl. Sebastian. 
Pal. Reale. 

Vision des Hl. Bruno. 
Cav. d'Angelo. 

•Grablegung Christi. 
Früher Ducca di Bovino. 
•Maria mit Kind. 

PARMA. 
S. Andrea. 

Hl. Martin. 

ROM. 

Gal. Nazionale. 

•Venus und Adonis. 
Gal. Doria. 

•Hl. Hieronymus. 
Früher bei Sign. Simonetti. 

• Geograph. 

• Archimedes. 
Graf Stroganoff. 

•PortHlt eines maSstro al cembalo. 



TURIN. 



•Hl. Hieronymus. 



i88 



DEUTSCHLAND. 

BERUN. 

Kaiier-Friedrich-Miuettin. 
•Hl. Sebftsüan. 

CASSEL. 

•Bfater dolorosa. 

DRESDEN. 

* Diogenes. 

* Paulus Eremit. 

* Befreiung Petri. 
•Fnmciscus auf den Domen. 
•Hl. Agnes. 

Hl. Andreas. 

HAMBURG. 

Sammlung Weber. 

•Anbetung der Hirten. 

SCHWERIN. 

* Ein spaniseher Edelknabe mit seinem 

Schutzheiligen. 

RUSSLAND. 

PETERSBURG. 
Eremitage. 

*^334. Hl. Onuphrius. 
•331. Hl. Sebastian. 
•333. Hl. Hieronymus. 
332. HL Hieronymus. 

FRANKREICH. 

AMIENS. 

•Die Messe des hl. Gregor. 

MONTPELUER. 

•Maria Egyptiaca. 

PARIS. 
Louvre. 

•Paulus Eremit. 
•Anbetung der Hirten. 
•Klumpfiifi. 



Baron L^n de Bussiires. 
•Hl. Hieronymus. 
Früher in PAU. 

•HL Franctscus von Paula. 

ÖSTERREICH. 

WIEN. 
K. K. Gemäldegalerie. 

Christus und die Schriftgelehrten. 
Fürst Liechtenstein^). 
•Anaxagoras. 
•Archimedes. 
•Diogenes. 
•Philosoph. 

• Philosoph. 
•Philosoph. 

UNGARN. 

BUDAPEST. 

•Marter des hl. Andreas. 

BELGIEN. 

BRÜSSEL. 

• Marsyasschindung. 

SCHWEIZ. 

SOLOTHURN. 

• Evang. Matthias. 

ENGLAND. 

Marquis of Bristol. 

Ickworth bei Bury St Edmunds. 

•Der Hohepriester Simeon mit dem 
Jesusknäblein. 
Ea^l of Northbrook, London. 

•Verlobung der hl. Katharina. 
Duke of Wellington, Apsleyhouse. 

•Johannes d. T. 
Froher Lord Dudley. 

•Hl. Procop. 



i) Dies« Geaulld« bcfiadca fleh teit g ervumcr Zelt nicht mehr in der Galerie. Eine Nach- 
prüfung war mir nicht mögUdi, Bfit diesen Gemilden entfernt wurden noch eine «^Allegorie anf die 
Zeit", die gleichfalla Ribera sogewieaen war. Die GemUde «ollen Jetzt a«f Tenchiedene SchiÖeaer dea 
Fttfslen TerteUt sein. 



VERSCHOLLEN. 



COKDOBA. 

Kapudnerkloster. 

Ruhe auf der Flucht 

MADRID. 

Nonnen des hl. Pascual. 

Concepcion. 

Taufe Christi. 

Sebastiansmarter. 

m. Eremit 
S. Thomas. 

Cruzifixus. 
Academia de S. Fernando. 

Hirtenanbetung. 
Ddelfonso. 

Laokoon. 
Buonretiro. 

Sisyphus. 

Tantalus. 
Nicola de Azarra. 
•Bettler. 

SALAMANCA. 

Kirche der Agustinas. 

Porträt des Grafen Monterey und 
das seiner Schwester Donna 
Marg. Fonseca. 



PARIS. 

1875 in Paris versteigert: 
Paulas Eremit. 
(Albarran). 
Concepcion. 

(Angebl. aus MontereyUosier a. d. 
Bes. des Bflarqu^ de Salamanca). 
Sammlung Louis-Philippe. 

Kampf des Herkules mit dem Ken- 
taur. 
PAU. 

Franz von Paula. 

Portrftt eines span. Vicekönigs. 

NEAPEL*). 

Cap. del PaL Reale. 

Concepcion. 
Madonna mit Kind, früher bei Ducca di 
Bovino. 

ROM. 

Hl. Hieronymus aus S. Maria Maggiore. 
Gal. Borghese. 

St Stanislaus Kostka mit dem Jesus- 
knaben auf dem Arm.*) 

Hieronymus früher bei Duque de Osnna. 
Paulus. Onuphrius, früher bei Lord 
Dudley. 



I) A. Nap. Nob. Vn. 73. 

Sammlung des priacipe dl Scilla. R^ftar Tom 7. Februar 18531 

Dne qnadri oHginali dl Giiiacppe Rhrara, detio lo Spagaolatto, obo rappreaeatante S. Fraacaace 
d'Attiati coa la ooniice nera a Ire ordini d'oro di palmi 3 e a e Taldno di S. Maria Egitiaca con 
la coniice nera a Ire ordini d'oro di palmi 4 e 3. 

Nap. Nob. vn. 95. 

Vicente della Qoadreria dl Capodimonte nel 17$^: 

Li qaadri acelti per la Repubblica fraaceta tono U seguoDti: 

a8. Mesxa Fignra di nna Veochia, che peta Toro, dello Spagnoletto. 

«9. Biessa Figura di an Vecchio dello tteaao Nap. Nob. VII, 183. 

Sammlang det Haatea BfaruUi Neapel i8as : Daca Don Sebaadano erhielt bei der Teiiang nach 
dea Vatera Tod . . . . z«. doe filotofi del Ribera duc. zao. 

B. Von dea Im Qaenmannachen Katalog Teraeicfaneten Neapolitaner Gemilden waren fenur 
nicht mehr auffindbar: PHnc. di Fondi Franz ▼. Aatiti; Madonna Hbfg. — Princ. Gaet. Fliaagieri Kopf 
Johann, d. Täufert. ~- Princ. di Caateldcala Hieronymus Hbfg. — Com. Carafa di Mola Apoatel. 
PhQoaoph. — Franc. Sidliani Aaachoret Hbfg. — Onorato de'Medici Apostel Hbfg. 

9) Anfangt der 90 er Jahre des Torigen Jahrfaanderts verkanft. Qcerone 11. 3, 951 h. 



n- 



A 



ZWEIFELHAFT. 

SPANIEN. 

MADRID. 
Ac. S. Fem. 

Grablegung bez. 1645. 
Prado. 

970. Jadas Thaddäus. 

ESCORIAL. 

Onvphrius. 

Franciscus. 

Hieronymns. 

441. Anbetung der Hirten. 

PALMA DE MALLORCA« 

Blarques de Vivot Conde de Perelada. 
Versuchung des hl. Antonius bez. 1 642. 

VALENOA. 
Mus. ProT. 
S. Teresa. 
271. Studienkopf 

ITALIEN. 

NEAPEL. 

Ducca di Miranda. 

Magdalena. 
Principessa dei Fondi. 

Christus unter den Schriftgelehrten. 

ROM. 

Vatican. Pinakothek. 
Lorenzmarter. 

TÜRIN. 
Homer. 



FLORENZ. 

Pitü. 

Portr&t des Simone Paganucd. 

FRANKREICH.. 

GRENOBLE. 

Bartholomausmarter. 

NANCY. 

Taufe Christi. 

PARIS. 

LouTre. 

Maria mit Kind. 

ROÜEN. 

Der bannherzige Samariter. 

ENGLAND (und Irland). 

DUBUN. 

Onuphrius. 

LONDON»), 

Nat Gallerie. 
PietJi. 
Die Berufung Mosis. (?) 

RUSSLAND. 

PETERSBURG*). 

Eremitage. 

336. Der hL Francesco de Paula. 

337. Hl. Lucia. 



i) Nicht luichprfifea koaat« ick toa eagliachea Bild 
Alton Tower. 

Chritttit. 
Selbstportrftt. 

Borletghhouse. 

Ruhe auf dor Flacht. 

Wfolham Park Lord Eafiold. 
Ungläab. Thomaa. 

Ifiaa Maguire. 

Chrittua an d. Säule. 

Chattworth. 

Paulus. 



Groerenorgallcrie. 

Diogoncs. 
Dr. £. Pick. 

Italienerin. 
Lord Yarboroogh. 

Petnti. (Waagen Kw. II. aoe). 
Earl Spencer. 

Carl Borromäuf im Gebet. 

(Manchester Exhib. of Art Treaanret 
1857. No. 369). 
Mr. Anderson, Newcastle. Jeanoad Cottage. 

Simeon und Jacobus d. J. 



•) Waagen erwähnt S. 434 seines Buches über die Petenburgcr Gemäldesamialungen im Bcsits 
der Herren J. N. von TcbelistcheflT Ton Riberas Hand „Archimed und ein alter Philosoph. Gegen* 
stücke. Sehr energisch aufgeiafit und ebenso meisterlich als fleißig durchgeführt.*' 






C! 



KOPIEN. 

SPANIEN. 

CADIZ Mus. 

Beweinung. 

CORDOBA Mus. 

Ruhe auf der Flucht 

GRAN ADA. 

Catedral Altar Jesus Nazareno. 

Vision des hl. Antonius von Padua. 

Paulus Erem. in der Höhle. 

Lorenzmarter. 

Ruhe auf der Flucht 

MADRID. 
Prado. 

966. Ap. Thomas. 

986. Beweinung. 

Onuphrius. 
S. Isabella. 

Hirtenanbetung. 
Kgl. Palast 

D. Juan de^Austria II. 
Conde de Salleni 

Philosoph. 

£SCORIAL. 

Beweinung. 
Hieronymus. 

PALMA DE MALLORCA. 

D. Felipe Villalonga. 

Andreas. 

Ruhe auf der Flucht. 
Marques de Palmer. 

Jacob mit Labans Heerde. 
D. Ramön Marotö. 

Philosoph. 

PUERTO S. MARIA. 

.Holzhackerfamilie**. 



»♦■• 



SEVILLA. 

D. Lopez Cepero. 
Jacobs Traum. 
Hirtenanbetung. 



VALENCIA. 
Mus. 

Sebastian. 
Onuphrius. 
Reuiger Petrus. 
Paulus Erem. 
Hirtenanbetung. 

VALLADOUD. 
Mus. 

Reuiger Petrus. 
Cathedr. 

Apostdcyclus. 

ITALIEN. 

FLORENZ. 
Uffizien. 

SelbstportrSt. 

NEAPEL. 

Principe di Casapesenna. 

Bartholomäusmarter. 
S. Filippo Neri. 

Hl. Andreas. 
S. Francesco Xaverio. 

Vision des Hl. Antonius von Padua. 
Früher Ducca di Bovino. 

Franzisctts von Paula. 

ROM. 

S. M. Maggiore. 

Hl. Hieronymus. 
Pal. Rospigliosi. 

Bartholomäusmarter. 

TURIN. 

Paulus Eremit 

DEUTSCHLAND. 

BERLIN. 

K.' Friedrichmuseum. 
Bartholomäusmarter. 

DRESDEN. 

Lorenzmarter. 

Jacob mit Labans Heerde. 



192 



HAMBURG. 

Galerie Weber. 
HL Andreas. 

MÜNCHEN. 
Alte Pinakothek. 

Hl. Bartholomäiu. 

WIESBADEN. 

„Holzhackerfamilie**. 

ÖSTERREICH. 

WIEN. 

Graf Csenün. 

Iiaaksegen. 
Graf Harrach. 

Hl. Joseph. 

UNGARN. 

BUDAPEST. 

Hl. Sebastian. 



FRANKREICH. 



DIJON. 



Bartholomänsmarter. 
Hieronymus. 



MARSEILLE. 

HL Joseph. 

NARBONNE. 

HL Andreas. 

PARIS. Lonvre. 

1722. Grablegung. 

DÄNEMARK. 

KOPENHAGEN. 

Hl. Onaphrius. 

SCHWEDEN. 

STOCKHOLM. 

Bartholomänsmarter. 

ENGLAND. 

LONDON. 

Bridgewater Galerie. 

Christus und die Schriflgelehrten. 
Earl of Derby. 

Jacob mit Labans Heerde. 

HAMPTON COURT. 

Bartholomftnsmarter. 



SCHULBILDER, NACHAHMUNGEN. 



SPANIEN. 

BARCELONA, 
Mu§. 

Baitholomäusmarter. 

CADIZ. 

Mus. 

Hieronymus. 
Maria Egyptiaca. 
Reuiger Petrus. 
Bartholoiiiäusmarter. 

CUENCA. 
Findelhaus. 

Reuiger Petrus. 

GRANADA. 
Catedral. 

Joseph mit Jesusknäbleio. 
Hl. Franz. von Paula. 
Magdalena (AI. Cano). 

MADRID. 
Prado. 

960. Johannes Evang. 

984. Concepcio Immaculata. 

991. Bartholomäusmarter. 
M. Hernando. 

Bartholomäusmarter. 
Conde de Sallent. 

Apostel. 

ESCORIAL. 

441. Hirtenanbetung. 

Onuphrius. 

Philosoph. 

OSUNA. 
Colegiata. 

Hieronymus. 
Sebastian. 
Petrus. 
Bartholomäusmarter. 

PALMA DE MALLORCA. 
Marqu^ de la C^nia. 

2 Philosophen. 

2 Apostel. 

D. Felipe Villalonga. 

Reuig. Petrus. 
Mayer, Jusepe de Ribera (Lo Spagnoletto). 



D. Ramön Marotö. 

13 Philosophen. 

TOLEDO. 
Mus. 

Reuiger Petrus. 

VALENCIA. 
S. Andres. 

Hl. Andreas. 
Bartholomäusmarter. 

ENGLAND (Irland). 

DUBLIN. 

Hl. Joseph. 

EDINBURGH. 
, Philosoph. 

Sir John Nelthorpe Scawby Lincolnshire. 
Reuiger Petrus. 

E. Molyneux 

Petrus. 
Früher Lord Dudley. 

Petrus. 
John Grant of Kilgraston. 

Petrus. 
LONDON. 

National Gallerie. 

„Orlando muerto". 
Alton Tower. 

Archimedes. 
Hampton Court. 

Der jugendl. Johannes d. T. i. d. Wüste. 

Philosoph. 
Cobhamhall Lord Damley. 

Heraklit. 

Demokrit. 
Früher Mr. Nesbit. 

Demokrit. 
Herzog v. Sutherland (Staiford House). 

HerakUt. 

Christus in Emmaus. 
RICHMOND. 

Sir Fred. Cook. Bart. (Daugthyhouse). 

Hieronymus, die Posaune vernehmend. 

Hl. Petrus. 

Ein Apostel. 

13 



194 



FRANKREICH. 

AVIGNON. 

Petrus auf den Wellen. 

BORDEAUX. 

Philosophenversammlung. 
Hieronymusdisputacion. 

CHERBOURG. 

Reuiger Petrus. 

LILLE. 

Hieronymus. 

LYON. 

Reuiger Petrus. 

MONTPELLIER. 
Apostclkopf. 

PARIS. 
Louvre. 

4 Philosophen. 
Beweinung. 

DEUTSCHLAND. 

AUGSBURG. 

Hl. Sebastian. 
Frauenporträt. 

BERLIN. 

K. Friedrichmuseum. 

Hieronymus. 
Sammlung Carstanjen. 

Paulus Erem. 
Frau Direktor Kocherthaler. 

Apostelkopf. 
Prof. Ludwig Knaus. 

Der barmherzige Samariter. 

BONN. 

Dr. Martins. 

Extase der hl. MagdAena. 

CHEMNITZ. 

Bartholomäusmarter. 

CÖLN. 

Sebastian. 

DRESDEN. 
Mus. 

691. Männliches Porträt. 
Kunstakademie. 

Schüler und Lehrer. 



FULDA. 
A. Gies. 

Apostel. 

LEIPZIG. 

Reuiger Petrus. 

MÜNCHEN. 

Kreuzabnahme des Andreas. 

Tod Senecas. 

Hieronymus. 

Onuphrius. 

„Höckerfrau". 

Mönch. 

Archimedes. 

Reuiger Petrus. 

Bartholomäusmarter. 

Henker mit Kopf, Joh. d. Tauf. 

OLDENBURG. 

Grablegung. 

STUTTGART. 

Hieronymus. 

ITALIEN. 

FLORENZ. 
Uffizien. 

Hieronymus. 
Pal. Pitti. 

Bartholomäusmarter. 
Pal. Corsini. 

Andreasmarter. 

Zwei Gelehrte am Stadiertisch. 

NEAPEL. 

Ducca di Mariandla. 

10 Apostel. 
Früher Ducca di Bovino. 

Franziscus. 
S. Filippo Neri. 

Jacobus. 

Ecce Homo. 
Museum. 

Studienkopf. 
PARMA. 

12 Apostel. 

PORTO D'ANZIO. 

Princ. Borghese (Villa Doria). 
Reuiger Petrus. 



195 



ROM. 

Gal. Nazionale. 

Philosoph. 
Gal« Doria Pamphili. 

297. Hieronymus. 
Principe Doria. 

Hagar und Ismael. 
Sign. Simonetti. 

Eztase der hl. Magdalena. 
Accad. S. Liicca. 

Hicronymusdisputacion. 

VENEDIG. 
Academia. 

Bartholomäosmarter. 

ÖSTERREICH. 

WIEN. 
K. K. Museum. 

Kreuztragung. 

Philosoph. 

Archimedes. 

Reuiger Petrus. 
Fürst Liechtenstein. 

Kreuzigung Petri. 

Hieronymus. 
Graf Czemin. 

Philosoph. 



Graf Harrach. 
Hieronymus. 
Bartholomäus. 
Apostelkopf. 
Concepdon. 
Bartholomäusmartcr. 

UNGARN. 

BUDAPEST. 

Philosoph. 

HOLLAND. 

AMSTERDAM. 

Die Eitelkeit. 

SCHWEDEN. 

STOCKHOLM. 

Paulus Eremit. 

RUSSLAND. 

PETERSBURG. 

Eremitage. 

338 Philosoph. 
330 Sebastian. 



HANDZEICHNUNGEN. 



CORDOBA. 

Simson und Delila. Rötel. 
Der Erzengel Michael einen Ver- 
danuntcn in die Hölle jagend. Rötel. 

FLORENZ. 

Uffizien. 

Hieronymus (1386) Rötel. 
* Bildender Heiliger (Hieronymus? 
2192^. Rötel. 
Büfiende Magdalena. Rötel. 

LONDON. 

Brit. Mus. 

•Büßender Heiliger. Rötel, 
[cf. Uffizien 2192/']. 



OXFORD. 

Christ Church. Collect Guise.^) 
Alte Frau. Rötel. 



ZWEIFELHAFT. 

DRESDEN. 

Hieronymus. Fed. und Röt. 

PARIS LOUVRE. 

Studie zu einem Marsyas? Rötel. 



Alle andern Ribera zugewiesenen Zeichnungen in Florenz, Frankfurt, Leipzig, London, 
Mailand, München, Neapel, Paris, Wien — in der überwiegenden Mehrzahl Feder- 
zeichnungen — gehören nicht dem Meister an. 



Nachtrag. 



Zu S. 49 aus B. 17 zwei Ohren kopiert. Unterschrift Gioseppe de riuera spanuolo 
fece a bolino. 

B. 15—17 sind fUr das B. XVL p. 288. 2) erwähnte Blatt der 1636 in Venedig 
erschienenen Zeichenschule des Palma giovane benutzt. 



^) Diese sehr breit behandelte Studie, wohl aus der späteren Zeit des Meisters, ist mir nur aus 
der Abbildung im IV. Bd. von Sidney Colvins ,,Selected Drawings from old mastors". Oxford 1905 
bekannt, bos. rechts oben Joseph d Ribera bisp. 



VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN IN LEIPZIG 

Kunstgeschichtliche Monographien 

BANDI. 

A. HAUPT, PETER FLETTNER, DER ERSTE MEISTER DES 
OTTO-HEINRICHSBAUS ZU HEIDELBERG. 

Mit Unterstützung des Grofiherzoglich Badischen Ministeriums der Justiz, des Kultus 
und des Unterrichts herausgegeben. Mit 15 Tafeln und 33 Illustrationen im Text. Kart. 
Leipzig 1904. Preis 8 Mark. 

Die neue Studie des Verfassers, der sich schon seit l&ngerer Zeit mit den Bauwerken 
Heidelbergs und ihrer Geschichte beschfifUgt und bereits vor einigen Jahren mit einem 
der wichtigsten Werke über den Otto-Heinrichsbau hervortrat, hat die Aufgabe, die Mög- 
lichkeit der Beteiligung Flettners am ersten Entwürfe der Fassade dieses vielumstrittenen 
herrlichen Denkmals deutscher Profanarchitektur nachzuweisen. Das aktuelle Werk ver- 
dankt seine Entstehung dem warmen Interesse S. K. H. des Grofiherzogs von Baden und 
gewinnt hauptsächlich an Bedeutung durch seine zwingende Beweisführung in Gestalt einer 
Kette von Vergleichen nachgewiesenermafien Flettnerscher Originalarbeiten an Baudenk- 
mälern verschiedener Länder mit der Ornamentik und dem skulpturellen Schmucke des 
Heidelberger Schlosses. Das Buch ist ein weiterer schätzenswerter Beitrag zur Lichtung 
des bisher undurchdringlichen Dunkels, das über der Geschichte der künstlerischen Ent- 
stehung des Otto-Heinrichsbaus lagerte und wird als solcher von Kunsthistorikern und 
Architekten, Architektursammlungen und Bibliotheken, technischen Hochschulen und Kunst- 
akademien und nicht zuletzt auch von einem kunstliebenden Publikum lebhaft begrüßt werden. 

BAND n. 

R. BURCKHARDT, CIMA DA CONEGLIANO. 

Ein venezianischer Maler des Obergangs vom Quattrocento zum Cinquecento. Ein 
Beitrag zur Geschichte Venedigs. Mit 31 Abbildungen in Autotypie. Eleg. kart. Preis 12 Mk. 

Wer Venedigs Kunst liebt, wen der Übergang von der herb archaischen Kunst zur 
hoch klassischen feiselt, der findet in diesem dem schlichten Maler Cima da Conegliano 
gewidmeten Versuch reiche Anregung und edlen Genufi, denn auch dieser bis jetzt noch 
wenig bekannte Künstler hat viel zum Werden der grofien Kunst beigetragen. 

Die Bedeutung des Künstlers konnte erst gewürdigt werden, nachdem süle wich- 
tigen Bilder persönlich studiert waren, nachdem versucht worden war, durch archivarische 
Forschungen und Stilkritik sie chronologisch einzureihen. 

Es ist ein ganz neues Bild des venezianischen Malers, dieser liebenswürdigen heiteren 
Künstlernatur, entstanden, das dem Forscher und dem Kunstfreunde dadurch, dafi dem 
Buche von allen wichtigen Bildern des Künstlers gute Abbildungen beigegeben sind, be- 
sonders willkommen sein wird. 

Im Stil ist erstrebt, einfach und schlicht, aber wahr und warm das wiederzugeben 
was dem Verfasser bd seinen Studien über Cima zum Erlebnis geworden; dieses immer 
Höherstreben eines grofien Künstlers in einer wunderbar fruchtbaren Zeit 

BAND IIL 

ERNST HEIDRICH, GESCHICHTE DES DÜRERSCHEN 
MARIENBILDES. 

Gr.-8., XIV, und 209 Seiten mit a6 Abbildgn. in Autotypie. Eleg. kart Preis 1 1 Mk. 

Das Buch gibt zunächst einen wertvollen Beitrag zur genaueren Kenntnis der Kunst 
Albrecht Düren, indem es die eine inhaltlich und formal bestimmte Linie des Dürerschen 
Schaffens im Zusammenhange ihrer Entwicklung verfolgt: eine Geschichte des Dürerschen 
Marienbildes nicht im Sinne einer blofien Aufrdhung der einzelnen Mariendarstellungen, 
sondern im Sinne einer in sich geschlossenen und mit der Gesamtentwicklung Dürers 
zusammenhängenden notwendigen Folge. An zweiter Stelle erscheint das Buch als dn Aus- 
schnitt aus einer Geschichte der religiösen Themata in der deutschen Kunst der Refor- 
mationszdt. Die Abbildungen geben 25 der schönsten und für die Entwicklung wich- 
tigsten Zeichnungen und auflerdem die Reproduktion eines bisher nicht beachteten 
Gemäldes, das als treue Kopie eines verlorenen Dürerschen Sippenbüdes von 1508 bis 1509 
erwiesen wird. 

FortseiauHg siehe nächste Seite. 



VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN IN LEIPZIG 

BAND IV. 

ERNST STEINMANN, DAS GEHEIMNIS DER MEDIQGRÄBER 
MICHEL ANGELOS. 

Grofl-OktaT, 128 Seiten mit 33 in Doppeltonfarbe gedruckten Abbildungen im Text 
und 15 Tafeln, davon 10 in Duplex- Autotypie. In eleg. Leinwandband. Preis la Mark. 

Die Medici-Denkmäler von San Lorenzo boten von jeher Anlafl zu besonderen 
Betrachtungen. Sie schienen von allen Ritsein in der Kunst Buonarrotis das unbegreif- 
lichste zu sein. Die endgültige Lösung des Problems darf daher das allgemeinste 
Interesse beanspruchen. Die Erfahrungen einer etwa zehnjährigen Tätigkeit und Beschäf- 
tigung mit Michelangelo legte der als Herausgeber des Sixtina- Werkes bekannte Verfasser 
in dem Buche in einer Form nieder, die als Verbindung höchster dichterischer Kunst mit 
vollkommenstem Wissen alles dessen, was alte und neue Forschung über den Künstler 
ergeben hat, bezeichnet werden kann. 

Auf die Ausstattung des Bandes, der auch in den Abbildungen mancherlei Un- 
ediertes und auflerdem einige neue Beiträge zum Problem der Fluflgötter Michelangelos 
bringt, wurde die gröflte Sorgfalt verwendet. 

BAND V. 

HANS BORGER, GRABDENKMÄLER IM MAINGEBIET vom 
Anfang des XTV. Jahrhunderts bis zum Eintritt der Renaissance. 

Grofi- Oktav, 78 Seiten mit 33 Abbildungen auf 28 Tafeln. Im elegantem Lein- 
wandband. Preis 12 Mark. 

Eine der wichtigsten Aufgaben der mittelalterlichen Kunst stellte das Grabdenkmal. 
Die Forschung hat dieses Spezialgebiet bisher verhSltnismäflig wenig gepflegt, und doch 
sollte man, ganz abgteehen von den hohen künstlerischen Leistungen dieser Grabplastik, 
sich längst allgemeiner auf ihre grundlegende Bedeutung fUr die Datierung anderer Skulp- 
turen besonnen haben. Das vorliegende Werk behandelt ein besonders bemerkenswertes 
Gebiet, das Maintal mit den Domen zu Bamberg, Würzburg und Mainz und ihren grofien 
Reihen von bischöflichen Grabdenkm&Iem. Auch die Hauptorte des Mainlaufes sind in 
die Untersuchung mit hineingezogen. 

Die besten und interessantesten Grabdenkmiler des Maintales sind in der Publika- 
tion auf 28 Tafeln vorzüglich wiedergegeben. 

BAND VI. 

ANDREAS AUBERT, DIE MALERISCHE DEKORATION DER 
SAN FRANCESCO KIRCHE IN ASSISL EIN BEITRAG 
ZUR LÖSUNG DER CIMABUE-FRAGE. 

Grrofi- Oktav, 149 Seiten mit 80 Abbildungen in Lichtdruck auf 69 Tafeln; da- 
von eine farbig. In elegantem Leinwandband. Preis 36 Mark. 

CIMABUE gilt heute für eine gewisse Richtung der modernen Kunstkritik, die 
immer mehr Anhänger findet, als ein Name ohne kunsthistorische Bedeutung. Hand in Hand 
mit dieser Unterschfttzung des Meisters geht eine Vernachlässigung seiner von der Zeit schon 
stark mitgenommenen Werke, die langsam dem Verfall entgegengehen. Die Reste jener 
vorgiottesken Kunstepoche zeigen auch in ihrem traurig verwüsteten Zustande eine monu- 
mentale Gröfie und dekorative Werte, die sich mit Giottos Kunst wohl messen können, 
ja die Voraussetzung Giottos bilden. Von einer tiefen Bewunderung für die Kunst Cima- 
bues getrieben, liielt es der Verfasser an der Zeit, nach jahrelangen ernsten Studien, das 
Cimabue-Problem von neuem aufzunehmen und dem Meister den ihm gebührenden Platz 
als Grundstein der italienischen Malerei zurückzugeben. 

Der Wert der Publikation wird dadurch ganz besonders erhöht, dafi darin auf nicht 
weniger als 69 Lichtdnicktafeln, wovon i farbig, ein überaus reiches, bis jetzt meist un- 
publiziertes Bildermatcrial aus der 2jdi Cimabues und Giottos der Forschung zugänglich 
gemacht wird. 

Prospekte stehen Interessenten zur Verfiigung. 



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VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN IN LEIPZIG 



BAND Vn. 

HERMANN VOSS, DER URSPRUNG DES DONAUSTILES. 
EIN STÜCK ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DEUTSCHER 
MALEREI 

Grofi-Oktay, 223 Seiten Text mit 30 Abbildungen auf 14 Tafeln und im Text 
In elegantem Leinwandband. Preis 18 Mark. 

Wie der Untertitel verrat, ist es die Absicht des Verfassers, einen Beitrag ent- 
wickelungsgeschichtlicher Art zur deutschen Malerei zu liefern. Gegenstand war ihm dabei 
die Kunstübung der oberdeutschen, besonders der bayerischen Lande seit etwa 1450; 
Zweck der Arbeit ist, zu zeigen, wie aus einheimischen und fremden Vorbedingungen 
zusammen die Kunst des „Donaustiles", also Altdorfers und seines Kreises in weiterem 
Sinne, sich entfaltet hat Von besonderem Interesse war die höchst eigenartige und über- 
raschend bedeutende Persönlichkeit des Wolf Huber von Passau, dessen malerische Tätig- 
keit im ersten Teil der Arbeit erstmals zusammengestellt und gewürdigt wird. Während 
dann der zweite Teil den Kern der Untersuchung aufnimmt, wird im dritten der Aufbau 
der Elemente versucht, die den künstlerischen und geistigen Charakter des Donaustiles im 
Ganzen bedingen. Neben den so angedeuteten Hauptlinien des Buches, findet sich eine 
gröflere Zahl von Nebenlinien eingezeichnet, die zur Erhellung einzelner kritischer Fragen 
bestimmt sind, zwei von ihnen bilden kleine Abhandlungen Uli sich und sind als Exkurse 
ans Ende gestellt 

BAND VUL 

OTTO HOERTH, DAS ABENDMAHL DES LEONARDO DA 
VINCX EIN BEITRAG ZUR FRAGE SEINER KÜNSTLE- 
RISCHEN REKONSTRUKTION. 

Grofi-OkUv, 250 Seiten Text mit 25 Abbildungen in Lichtdruck auf 23 Tafeln. 
In elegantem Leinwandband. Preis 20 Mark. 

In dem Abendmahl des Leonardo da Vinci verkörpert sich schlechtweg unsere 
Vorstellung von dem letzten Passahmahl Christi. Zu dieser Bedeutung des Werkes aber 
steht in innerem Widerspruch der ruinöse Znstand des Originals in S. Maria delle Grazie 
sowie auch der Umstand, dafi mittelmäfiigen Nachbildungen bisher die Vermittlerrolle 
überlassen bleiben mufite. Da das Original aus Pietätsgründen nur konserviert, niemals 
restauriert oder gar ergänzt werden darf, so läfit sich jener Widerspruch nur durch Er- 
stellung einer den ursprünglichen Zustand des Originals wiedergebenden Kopie beheben, 
die jedoch eine vollständige und genaue Kenntnis der Komposition voraussetzt. Die 
Hauptaufgabe, die die vorliegende Publikation sich stellte, war demgemäß, das Werk 
Leonardos zu erkennen. Die Untersuchungen des zweiten und dritten und eines Teils 
des vierten Kapitels sind diesem Zweck gewidmet: dann erst konnte das zur Schaffung 
einer Musterkopie brauchbare Material, soweit es der heutigen Forschung zugänglich ist, 
nachgewiesen werden. 

BAND IX. 

JOHANNES SIEVERS, PIETER AERTSEN. EIN BEITRAG 
ZUR GESCHICHTE DER NIEDERLÄNDISCHEN KUNST 
IM XVL JAHRHUNDERT. 

Grofi-Oktav, ca. 176 Seiten Text mit 35 Abbildungen in Lichtdruck auf 34 Tafeln. 
In elegantem Leinwandband. Preis noch unbestimmt. 

BAND X. 

AUGUST L. MAYER, JUSEPE DE RIBERA (LO SPAGNOLETTO). 

Grofi-Oktav, ca. 192 Seiten Text mit 59 Abbildungen in Lichtdruck auf 43 Tafeln. 
In elegantem Leinwandband. Preis noch unbestimmt 

Prospekte stehen Interessenten zur Verfügung^ 



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VERLAG VON KARL W. HIERSEMANN IN LEIPZIG 

Erstes Beiheft der Kunstgeschichtlichen Monographien: 

KUNSTWISSENSCHAFTLICHE BEITRÄGE AUGUST 
SCHMARSOW GEWIDMET ZUM FÜNFZIGSTEN 
SEMESTER SEINER AKADEMISCHEN LEHRTÄTIGKEIT 
von H. Weizsäcker, M. Semrau, A. Warburg, R. Kautzsch, 
O. Wulff, P. Schubring, J. von Schmidt, K. Simon, G. Graf 
Vitzthum, W. Niemeyer, W. Pinder. 

Grofl-Qvart, 178 Seiten Text, la Tafeln, davon 9 in Lichtdruck, und 43 Abbil- 
dungen im Text Präs 32 Matk. 

Inhalt: 

OSKAR WULFF-Berlln, Die umgekehrte Perspektive und die Niedersicht. Eine Raum- 
anschauungsfonn der altbysantinachen Kunst und ihre Fortbildung in der Renaissance, 
(i — 40) Mit 16 Abbildungen. 

WILHELM NIEMEYER-Düsseldoif, Das Triforium. (41—60) Mit 2 Buchdrucktafeln. 

GEORG GRAF VITZTHUM-Leipzig, Eine Miniaturhandschriit aus Weigelschem BesiU. 
(61 — 72) Mit 2 Abbildungen und i Lichtdruckufel. 

RUDOLF KAUTZSCH-Dannstadt, Ein Beitrag cur Geschichte der deutschen Malerei in 
der ersten H&lfte des 14, Jahrhunderts. (73 — 94) Mit 4 Textabbildungen und 
X Lichtdrucktafel. 

MAX SEMRAU-Breslau, Donatello und der sogenannte Fomri- Altar. (95—102) Mit 
2 Textabbildungen. 

PAUL SCHUBRING-Berlin, Matteo de Pasti. (103— 114) Mit 7 TexUbbildungen und 
I Lichtdrucktafel. 

JAMES VON SCHMIDT-St. Petersburg, Pasquale da Caiavaggio. (115— 128) Mit 4 Text- 
abbildungen und I Lichtdrucktafel. 

ABY WARBURG-Hamburg, Francesco Sassetis letztwillige VerfQgung. (129—152) Mit 
6 Textabbildungen, 2 Lichtdruck- und i Autotypietafel. 

HEINRICH WEIZSÄCKER-Stuttgart, Der sogenannte Jabachsche Altar und die Dichtung 
des Buches Hiob. Ein Beitrag zur Geschichte von Albrecht Dtlrers Kunst. (153—162) 
Mit I Lichtdrucktafel. 

KARL SIMON-Posen, Zwei Vischersche Grabplatten in der Provinz Posen. (162—169) 
Mit I Lichtdrucktafel. 

WILHELM PINDER -Wfinbuig, Ein Gruppenbildnis Friedrich Tischbeins in Leipzig. 
(170—178) Mit I Lichtdrucktafel. 



August SchmaiBow, Professor der Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und 
Direktor des kunsthistorisdien Instituts, kann auf mehr als 50 Semester hingebender Lehr- 
tätigkeit an deutschen Hochschulen zurückblicken. Aus diesem Anlafi hat sich aus der 
Geauntheit seiner Schüler ein engerer Kreis vereinigt, um ihm in dankbarer Verehrung 
die in diesem Bande gesammelten Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit zu widmen. Bei 
dem Ansehen, das Professor Schmanow in der kunstwissenschalUichen Welt geniefit, dürfte 
diese Festschrift allseitiger Beachtung sicher sein. Sie bietet in kunstgeschichtlicher An- 
ordnung eine Reihe wichtiger Beiträge, die sich über das Gesamtgebiet der neueren Kunst- 
entwickelung verteilen. Die Blannigialtlgkeit und Bedeutsamkeit der bdiandelten Themata 
stellt zugleich der anregenden Kraft des Lehrers ein lebendiges S^eugnis aus. 

Prospekt stihtH Intertssmten am Virßgunff, 

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