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Full text of "Gesammelte Schriften"

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1 


( 


Hanf» 


herausgegeben 

»Ott  bec 


Batüi  n 


(Er]iB  ÄbfFrBÜujtg:  Wnkt 


lioeüer  Banti 


Bstlin 

I^tuA  unb  l^erlag  oon  (Seocg  Zehner 

1905 


1&ant*$  IDtrbt 


Banb  n 


J^oxktxüXdft  :§tl^riften  n 


1757—1777 


BsrUn 

1905 


^■  r 


v^ 


ijrap^ie 


feud^t  feien, 


It. 


i-j 


I 


V.   <^ 


1757. 

@nttturf  unb  9nffinbigung  eineiS  SoUegit  ber  pl^^flfc^en  (Seograp^ie 
nebft  bem  Snl^ange  einer  turnen  Setrad^tung  über  bie  grage: 
Db  bie  SßeßiDinbe  in  unfern  (Segenben  barutn  feud^t  feien,  »eil 
fte  über  ein  grofee«  SWeer  fireid&en i 

1758. 

9leuer  gel^rbegriff  ber  Semegung  unb  SRu^e  unb  ber  batnit  öerfnüpf* 
ten  Folgerungen  in  ben  erften  ®rünben  ber  9latur»iffenf(^aft     13 

1759. 

SSerfud^  einiger  SBetradbtungen  über  ben  DptttnidmuiS 27 

1760. 

®ebanfen  bei  bem  frfl^jeitigen  Ableben  beiS  $errn  3ol^ann  f^riebrtd^ 
t)ou  Sfunf 37 

1762. 

S)te  falfdbc  @pi^ftnbigfeit  ber  t){er  f^Dogifiifdb^n  Figuren  ermtefen     45 

1763. 

2>er  einjtg  möglid^e  Seueidgrunb  ju  einer  S)entonf}ratton  bed  3)a« 
fein«  ®otte8 63 

9)orrebe 65 

Ihrfte  Hbü^eilitng^  »orin  ber  iBeioeidgrimb  ^ur  S)emonßrotion  bed  ta- 
feln« ©otte«  geliefert  wirb 70 


VI 

1.  Setra^tung.    Som  ^ofein  überhaupt 70 

2.  Setrod^tung.    8on  bet  innern  Sl^Oglic^feit,  in  fo  fem  fie  ein 

S)afein  Dorau^fe^t 77 

3.  IBetra^tung.    ^on  bem  f^le^terbtngd  notl^wenbigen  2)afein      81 

4.  Betrachtung.    SBeweidgrunb  au  einer  S)emonftration  beiS  2)a- 

fein«  ©otte« 87 

Sweite  Wt^etlmig  Don  bem  roeitlAufttgen  9luten,  ber  biefer  8eweiiS- 
ort  befonberd  eigen  tfl 93 

1.  IBetra(^tung,  ^orin  aud  ber  wahrgenommenen  (^in^eit  in 

ben  SBefen  ber  ^inge  auf  baiS  S)afein  (S^otieiS  a  posteriori  gc« 
f^loffen  wirb 93 

2.  ^Betrachtung.   Unterf^eibung  ber  Xbl^Angigleit  aller  2)inge  oon 

&oti  in  bie  moralifd^e  unb  unmoralif^e 100 

3.  iBetra^tung.    ^on  ber  ftbl^dngigfeit  ber  S)inge  ber  S^It  Don 

&ott  oermittelfl  ber  Drbnung  ber  !Ratur,  ober  ol^ne  biefelbe .    103 

4.  8etracl(|tung.    Gebrauch  unfered  Seweidgrunbed  in  S3eurt^ei« 

lung  ber  ^oHfommen^eit  einer  ^elt  nac^  bem  Saufe  ber  9latur    108 

5.  SBetrad^tung,  Sßorin  bie  Unauldnglic^feit  ber  gemd^nli^en 

SRetl^obe  ber  $ß^9flfot(eo(ogie  gewiefen  »irb 116 

6.  Betrachtung.    Berbefferte  !Dtet^obe  ber  $^^fiIot^eologie    .  .  123 

7.  Betraci^tung.    ftodmogonie 137 

8.  Betrachtung.    Bon  ber  göttlichen  Stflgenugfamfeit 151 

dritte  tlbtl^eilnitg,  fBorin  barget^an  mirb:  bai  auger  bem  audge* 
fährten  Bemeidgrunbe  fein  onberer  au  einer  2)emonftration  oom 
S)afetn  @otteiS  mögli^  fei .    155 

SSerfud^  ben  Segriff  ber  negatiüen  ©rögen  in  bie  Selttoeidl^ett  ein* 
jufü^ren 165 

Borrebe 167 

(Srfier  Slbfc^nitt.  (Sriöuterung  be«  Begriffe«  oon  ben  negatioeu 
@rd6en  überhaupt 171 

Sweiter  ^Cbfd^nitt,  3n  welkem  Beifpiele  au«  ber  SBeltmeid^eit  an- 
geführt merben,  barin  ber  Begriff  ber  negatioen  (JBrdgen  oorfommt    179 

S)ritter  Hbfc^nttt,  @nt^lt  einige  Betradtitungen,  welche  au  berttn- 
wenbung  be«  gebatikten  Begriff«  auf  bie  (JBegenflAnbe  ber  Seit« 
n>ei«^eit  oorbereiten  fdnnen 189 

1764. 

Seobad^tungen  Aber  baS  ©efül^I  bed  @d)önen  unb  @r^abenen  ...   205 

(Srfler  tlbf^nitt.  Bon  ben  unterfd^iebenen  (S^genftAnben  be«  &t» 
fü^l«  Dom  (Sr^abenen  unb  ©^dnen 207 


vu 

Sroeiter  tlbf^nitt.  9)on  ben  (Si()enf(^aften  be«  (Sr^obenen  unb 
@(^dnen  am  ^enf^en  fiberl^oupt 211 

S)rttter  Slbfc^nitt.  ®on  bem  Unterf(^tebe  beiS  (Srl^obenen  unb  @d^d- 
nen  in  htm  (BegenDerl^dltniB  beiber  ®ef<3^le(^ter 228 

Vierter  Slbfc^nttt.  S3on  ben  9{ationQl4araftem,  in  fo  fern  fie  ouf 
bem  unterfd^ieblid^en  (Beffll^l  be«  Chrl^obenen  unb  Sd^dnen  benil^en    243 

Scrfüd^  über  bie  Ärant^cttcn  beiS  Äoi)feg 267 

ltnterfud)ung  &ber  bie  S^eutltd^fett  ber  ®runbfd^e  ber  natflrlid^en 
äl^eoloßie  unb  ber  SRoral 273 

(Jinlettung 275 

(Srfte  Setra^tung.  allgemeine  $erg(ei(!^ung  ber  ^rt  §ur  ®eu)ig^eit 
im  mat^emattfc^en  (Srfenntniffe  ju  gelangen  mit  ber  im  p]^i(ofo> 

p^iWen 276 

3weiteS3etra4tung.    S)ie  einzige  SRetl^obe,  ^\\x  l^ötl^ftmögU^en  &f 

roibl&eit  in  ber  SRetap^t^fif  ^u  gelungen 288 

S)rttte  ^etra^tung.    $on  ber!Ratur  ber  metap^^fifd^en  ^ewigl^eit    290 
Vierte  ^Betrachtung.    8)on  ber  ®eut(i(^!eit  unb  Oewig^eit,  beren 
bie  erfie  ®rfinbe  ber  natürlichen  (Bottedgela^rt^eit  unb  SRoral  fd^ig 
finb 296 

1765- 

Slad^rid^t  t)on  ber  Sinric^tung  feiner  SBorlefungen  in  bem  SBinter« 
l^albenja^re  t)on  1765—1766 308 

1766. 

Srdume  eine«  Oeifterfel^er«,  erldutert  burdfe  Srfiume  ber  aReta|)]^qjtf  8i5 

(Sin  Sorberi(!^t,  ber  fe^r  wenig  für  bie  Sludffll^rung  Derfpric^t  ....    317 
S)er  erfle  Sfieil,  weld^er  bogmatifc^  ifl 319 

1.  ^auptftüc!.  (5in  oeroidelter  metapd^flfd^er  ^oten,  ben  man  nad^ 

Belieben  auflbfen  ober  ob^auen  fann .    319 

2.  ^uptftfic!.    (Sin  Fragment  ber  geheimen  $l^ilofop(ie,  bie  (Be- 

meinfc^aft  mit  ber  (BeifteriDelt  au  eröffnen 829 

8.  ^auptflfid.    tlntifabbala.    (S\n  {|(ragment  ber  gemeinen  $^ilo- 

foppte,  bie  <S(emeinf4aft  mit  ber  ^eiftermelt  aufau^eben ...  842 
4.  ^auptftfic!.    Stieoretif4er  (Schlug  aud  ben  gefammten  SBetrad^« 

tungen  bed  erflen  2:^eild 848 

2)er  aweite  S^ieil,  welcher  ^iftorifc^  ift 853 

1.  ^auptftftcf.    (Sine  (trafi^lung,  beren  SBal^rl^eit  ber  beliebigen  (tr- 

funbigung  M  Seferd  empfohlen  wirb 858 


VHI 

2.  ^uptflütf.  (5fftatif(^e  Steife  eine«  ©d^wörmer«  bur^  bie  d^eifler- 

weit a57 

8.  ^auptflfl(!.    ^raltif^er  @d^Iufe  aud  ber  gaitaen  ttb^onblimg    .    368 

1768* 

93on  betn  erften  ©runbe  beiS  Unterfc^tebed  ber  ©egenben  im  Sfiaume   375 

1770, 

De  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principüs  ....  385 

Sectio  I.    De  notione  mundi  geiferatim 387 

Sectio  II.    De  sensibilium  atque  intelligibilium  discrimine  generatim  392 

Sectio  III.    De  principüs  formae  mundi  sensibilis 398 

Sectio  IV.    De  principio  formae  mundi  intelligibilis 406 

Sectio  V.    De  methodo  circa  sensitiva  et  intellectualia  in  metaphysicis  410 

1771. 

Sfiecenfton  t)on  SRoöcattd  Sd^rtft:  93on  bem  förperltd^en  loefentltdten 
Unterfc^tebe  smifd^en  ber  Structur  ber  Spiere  unb  3Reiif(!^€n  .   42i 

1775- 

S3on  ben  t)erf(!^iebenen  Sfiacen  ber  ÜRenfd^en 427 

1776— 1777. 

auffd^e,  baö  ^l^ilantl^ropin  betreffenb 445 

(Sxftex  «uffaft 447 

gmeiter  Sluffai    «n  boiS  gemeine  Bt\m 449 

AnmerkungeD 453 


M*  Mmarmi  HantB 


cSnf iDUxf  un6  '^KnRünbtgung 


eines 


goffegü  ber  p^pfifc^en  §eopap^ie 

nebfi  bem  Slnl^ange  einer  furzen  Betrachtung 

aber  bie  t^rage: 

D6  bic  äBeftwinbc  in  unfern  ©egenben  barum  feud^t  feien, 
weit  fie  über  ein  groleS  9Keer  ftreid^en. 


1 


4 


\ 


i 


i 


S)er  t)ernünftige  ©efd^mad  unferer  aufgellärten  Qtikn  ift  t)ermutl^» 
lid^  fo  allgemein  geworben,  bag  man  DorauiS  fe^en  lann,  t^  toerben  nur 
loenige  gefunben  werben,  benen  eS  gleichgültig  »dre  biejenigen  9Rerf» 
iDurbigfetten  ber  Slatur  ju  fennen,  bie  bie  @rbfugel  aud^  in  anbern  ®e« 

&  genben  in  ftd^  fagt,  »eld^e  ftd^  auger  il^rem  ®eft(!^tölrei[e  befinben.  @6 
ifl  aud^  für  leinen  gringern  SSorjug  anjufel^en,  ba^  bie  leid^tgläubige  Se« 
lounberung,  bie  Pflegerin  unenbli(!^er  ^irngefpinfte ,  ber  bel^utfamen 
Prüfung  $la^  gema(!^t  l^at,  »oburd^  »ir  in  ben  @tanb  gefegt  »erben, 
aud  beglaubigten  S^^gniffen  ft(!^ere  ifenntniffe  einjujiel^en,  o^ne  in  ®e« 

10  fal^r  JU  fein,  ftatt  ber  Erlangung  einer  rid^tigen  SBiffenfdöaft  ber  natür^^ 
Ud^en  3Rerfn)nrbigfeiten  und  in  einer  SBelt  Don  i^abeln  gu  verirren. 

S)ie  93etra(!^tung  ber  @rbe  ift  Dornel^mlid^  breifad^.  S)ie  matl^ema» 
tifd^e  fielet  bie  @rbe  als  einen  beinal^e  tugelformigen  unb  Don  ®efd^5pfen 
leeren  SBeltforper  an,  beffen  ©röfee,  gigur  unb  ©irfel,  bie  auf  il^m  muffen 

15  gebadet  werben,  {te  eno&gt.  S)ie  politifd^e  le^rt  bie  SBolIerfd^aften,  bie 
©emeinfd^aft,  bie  bie  SRenfd^en  unter  einanber  burc^  bie  SRegierungSform, 
^anblung  unb  gegenfeitigeS  Sntereffe  ^aben,  bie  äieligion,  ©ebr&ud^e 
n.  f.  xo.  fennen;  bie  pl&^fifd&e  ©eograp^ie  erwägt  blofe  bie  SRaturbcfd^affen» 
l^eit  berßrbfugel  unb.  »aS  auf  i^r  bepnblid^  ift:  bieSReere,  ba«  fefte 

»0  8anb,  bie  ©ebirge,  glüffe,  ben  SuftfreiS;  ben  aßenfd^en,  bie  Spiere, 
^flanjen  unb  5Klneralien.  Mt^  biefe«  aber  nicftt  mit  berjenigen  3Soll« 
fi&nbigfeit  unb  pl^ilofopl^ifc^en  ©enau^eit  in  ben  2:^eilen,  meldte  ein  ®e« 
fd^dftc  ber  ?^qpf  unb  SRaturgefd&id&te  ift,  fonbern  mit  ber  öernünftigen 
SReubegierbe  eine«  SHeifenben,  ber  attentl^alben  baS  SRertoürbige,  baö 

n  Sonberbare  unb  ©d^öne  auffud&t,  feine  gefammelte  Seobad^tungen  öer« 
gleid^t  nnb  feinen  $lan  überbenit. 


4  (Sntwurf  eineiS  SoIIegti  btx  pl^^fifd^en  (S^eogrop^te. 

3d^  glaube  bemerlt  )u  l^aben,  bag  bie  erfte  gtoei  Gattungen  ber  @rb« 
betrad^tung  ^filfiSmittel  genug  für  ftc^  finbett,  tooburd^  ein  fiel^rbegieriger 
auf  eine  fo  bequeme  al^  ^tnret(!^enbe  kxt  fortjufommen  im  Staube  ift; 
allein  eine  Dollftdnbige  unb  ri(!^tige  @infid§t  in  ber  brüten  fül^rt  me^r 
Semul^ung  unb  ^inberniffe  mit  ^^.  S)ie  9la(!^ri(l^ten,  bie  l^iegu  bienen,    & 
finb  in  Dielen  unb  großen  SBerfen  gerftreuet,  unb  ed  fep  nod^  an  einem 
fiel^rbud^e,  Dermittelfi  beffen  biefe  SSiffenfd^aft  gum  afabemifd^en  ®e« 
braud^e  gefd^idt  gemad^t  toerben  lönnte.   S)a]^er  fagte  idi  gleid^  gu  9(n« 
fange  meiner  afabemif(!^en  Sel^rjtunben  ben  @ntfd^iufe,  biefe  SBiffenfd^aft 
in  befonbern  SSorlefungen  nad^  Einleitung  eines  fummarifd^en  @ntmurfed  lo 
Dorgutragen.  S)iefeS  Igabe  id^  in  einem  l^albjAl^rigen  (SoQegio  gur  ©enug« 
t^uung  meiner  ^enen  ßul^&rer  geleiftet.  Seitbem  l^abe  id^  meinen  $Ian 
anfe^nlid^  ertoeitert.  3<%  l^^be  au8  aUen  OueUen  gefd^öpft,  allen  SSorratl^ 
aufgefud^t  unb  auger  bemienigen,  \x>a^  bie  SBerfe  bed  Varenius,  BufTon 
unb  Lulofs  Don  ben  allgemeinen  ©ränben  ber  p]^qfif(!^en  ©eograpl^ie  ent-  15 
l^alten,  bie  grünblic^ften  Sefd^reibungen  befonberer  Sauber  Don  gefc^idCten 
äieifenben,  bie  allgemeine  ^iftorie  aller  Steifen,  bie  ®5ttingifd^e  @amm« 
lung  neuer  Steifen,  baiS  ^amburgifc^e  unb  Seipgiger  SRagagin,  bie 
Sd^riften  ber  Slfabemie  ber  SBiffcnfd^aften  gu  5ßariö  unb  ©todl^olm 
u.  a.  m.  bur(!^gegangen  unb  auS  allem,  tuaS  gu  biefem  ßtDed  gel^örte,  ein  30 
Softem  gemat^t.   Sd^  liefere  ^ier  l^ieDon  einen  furgen  ©ntmurf.   ÜHan 
mirb  urtl^eilen  tonnen,  ob  ed,  ol^ne  bem  Flamen  eines  ©elel^rten  SIbbrudb 
gu  tl^un,  erlaubt  fei,  in  biefen  S)ingen  untDiffenb  gu  fein. 


9SotBeteitung.  25 

S)te  @rbe  tDirb  furglid^  nac^  il^rer  t^igur,  ©röge,  Semegung  unb  ben 
(Sirfeln,  bie  tDegen  biefer  auf  il^r  mfiffen  gebadet  toerben,  betrachtet,  bod^ 
ol^ne  {t(^  in  biefenige  Sßeitläuftigfeit  eingulaffen,  bie  für  bie  matl^ematijd^e 
©eograpl^ie  gehört.  9llle8  biefeS  »irb  auf  bem  Globo  unb  guglei(!^  bie 
(äint^eilung  in  SKeere,  fefle«  Sanb  unb  3«frtn,  bie  Proportion  i^rer  ©röfee,  30 
bie  j^limata,  bie  Segriffe  ber  S&nge,  ber  S reite,  ber  SageiSl&nge  unb  ber 
Sal^reSgeiten  ffirgUd^  gemiefen. 


(Entwurf  etneö  SoIIegtt  bet  p^i)ftf^en  ©eogropl^te.  g 

I.  Sittgemeiner  2^eil  ber  t)]^9[ifd^en  ©eograjjl^te. 

SSom  5Keere. 

&  S)effen  ßintl^eilung  in  ben  Dcean,  bie  mittelldnbifd^en  9Reere  unb 
bic  @ccn.  SSon  Archipelagis.  SSon  ben  33u{en,  5Kccrcngen,  ^dfcn,  Slnfer» 
planen.  SSom  93oben  beS  9ReereiS  unb  beffen  9e[(!^Qffenl^eit.  äSon  ber 
Siefe  beffelben,  in  Derfd^iebenen  SReeren  gegen  einanber  Derglid^en.  93om 
Senfblei  unb  ber  3:&u(!^ergIo(Ie.   SRetl^oben,  Derfunfene  Sad^en  in  bie 

10  $5^e  gu  bringen.  S3om  S)ru(I  beS  SReermafferd.  93on  feiner  @aliigteit. 
SerfcJ^iebene  SWelnungen  ber  Urfadjc  berfelben.  ßubereitung  beö  SKccr* 
faljeS.  Sßetl^oben,  ©eemaffer  [flg  ju  madgen.  SSon  ber  S)urd^ftd^tigfeit, 
bem  Sendeten,  ber  f^arbe  beffelben  unb  ben  Urfad^en  il^rer  93er[(^ieben]^eit. 
SSon  ber  j^&lte  unb  SBärme  beffelben  in  unterf(!^iebUd^en  liefen.  Db  bad 

15  SBeltmeer  in  allen  feinen  Sl^eilen  gleid^  l^od^  ftel^e.  SBarum  baS  SReer  Don 
ben  f^Iuffen  nid^t  DoKer  toerbe.  Db  ^eere  unb  @een  eine  untertrbifd^e 
©enieinfd^aft  l^aben.  Smegung  beS  SReereS  burc^  bie  ©tarnte.  SBie  »eit 
bie{elbe  ftd^  in  ber  5S:iefe  erftredte.  S)ie  SReere  unb  @een,  bie  am  unrul^ig« 
ften  {tnb.  93on  ber  @bbe  unb  $Iut]^.  ©efe^e  berjelben  unb  Urfad^e.  ab» 

20  meid^ung  oon  biefen  ©efe^en.  SlDgemeine  Settegung  beS  SReereö.  SSie 
biefe  burd^  bit  j(fiften  unb  i^elf en  anberiS  beftimmt  toerbe.  SSon  ben  SReer« 
ftrömen.  S3on  SReerftrubeln.  Urfad^en  berfelben.  äSon  bem  3nge  ber 
SBaffer  in  ben  9Reerengen.  93om  @ii$meer.  @d^n)immenbe  6iSfeIber. 
SRorbifd^e«  Sreibl^olj.   einige  anbere  SKerftoutbigfeiten.   SSon  flippen 

SS  unb  @Qnbbänfen.  ^on  inl&nbifd^en  @een  unb  3Roräften.  9Rerfn}urbige 
@een  toie  ber  ßirfni^er  unb  anbere. 

3tt>eited  ^anpfftadf. 
©efd^ic^te  bed  feften  SanbeS  unb  ber  ^nfeln. 

93on  ben  unbelannten  Säubern,  bie  eS  entoeber  gdnglid^  ober  gum 

so  SE^eil  pnb.  3)tc  Serge,  ©ebirge,  baS  fefte  Sanb  unb  bie  Snfeln  in  einem 

fqftematifd&en  Segriffe  betrad^tet.  SSon  Vorgebirgen,  ^albinfeln,  Sanb» 

engen.  SSerglid^enc  ^ö^e  ber  naml^aftefien  Serge  über  ben  ganjen  @rb» 

frei».  Slllerlel  Seobad^tungen  auf  i^ren  ©pifeen  in  öerfd^lebenen  SBelt» 


6  (Snttoutf  etneö  SoIIegit  ber  p]^^flf(!^en  ©eogrop^te. 

tl^cllen.  SSom  ©letfd^cr  ober  bem  fcJ^iöcijcrlfd^en  ©iSmccrc.  ÜHctl^oben,  il^rc 
^öl^e  ju  meffen.  93on  ben  nQtürIi(!^en  unb  f&nftli(!^en  ^ö^Ien  unb  j^luften. 
^on  bcr  ©tructur  bc8  grbdumpenS.  2)en  stratis  il^rcr  SKatcric.  £)rb» 
nung  unb  Sage.  SSon  ben  Srjgdngen.  SSon  ber  SB&rme,  ^älte  unb  ber 
Suft  in  Derfd^iebenen  liefen,  ^iflorie  ber  ©rbbeben  unb  feuerfpeienben  5 
Serge  auf  ber  gangen  erbfugel.  Setrat^tung  ber  Snfeln,  Jorool)!  berer, 
bie  gemig  als  [old^e  erfannt  merben,  als  oon  benen  eS  {meifel^aft  ift. 

©efdgid^te  ber  Quellen  unb  SBrunnen. 

SSerfd^iebene  ^^potl^efen  oon  tl^rem  Urfprung.  Seobad^tungen,  bax^  10 
aus  berfelbe  fann  erfannt  n}erben.  ÖueKen,  n)eIdE)e  ))eriobif(!^  fliegen.  SSer- 
fteinernbe,  mineralifdöe,  l^eifee  unb  überaus  falte  Quellen.  SSom  ßement» 
»affer.  6ntjunbbare  Srunnen.  SSom  Petroleo  unb  Naphta.  SSon  S8er* 
dnberung,  bem  @ntftel^en  unb  SSergel^en  ber  Quellen,  ^om  ©raben  ber 
Srunnen.  15 

Viertes  ^auptpdf« 
®e[d^id^te  ber  %\vi\\t  unb  iBäd^e. 

Urfprung  ber  %\\i\\e.  SSergleid^ung  ber  merftofirbigften  auf  bcr  @rbe 
in  2lnfel(ung  ber  £dnge  il^reS  SaufS,  i^rer  ©d^nelligfeit,  ber  SKenge  il^reS 
SSafferS;  üon  il^rer  ätid^tung,  ber  ®r5ge  i^reS  Slbl^angeS,  Sluffd^wellung,  20 
Überfd^memmung,  S)amtnen  unb  Sul^nen,  ben  berül^mteften  banalen. 
SSon  SBafferfdUen.  3Son  Slüffen,  bie  im  Sanbc  uerjtegen.  3Son  fold^en, 
bie  pd^  unter  bie  6rbe  Derbergen  unb  toieber  l^erDorfommcn.  SSon  Slüjfen, 
bie  ©olbfanb  ful^ren.  SDlctl^obc  eS  abjufonbern.  SSon  ber  unterfc^iebenen 
Sd^mere  beS  SBafferS  ber  Slüffe.  25 

gfünfteS  ^npiftud. 

©efd^ic^te  beS  £uftfreifeS. 

^o^e  ber  Sltmofpl^dre.   3)ie  brei  SRegionen  berfelben.  S3crgleid)ung 
ber  @igenjd^aften  ber  £uft  in  t)erfcf)iebenen  SSSeltgegenben,  in  Slnfel^ung 
ber  Sd^mere,  2:roden](|eit ,  t^eucf)ligfeit,  ©efunb^eit.  Setrad^tung  il^rer  30 
@igenfd^aft  in  großen  ^5^en  unb  liefen.  SBirfung  ber  Suft  auf  baS  Sid^t 
ber  Sterne  in  oerfd^iebenen  Sdnbern, 


(Sntmurf  elned  (SoHegtt  ber  pl^^pf^^n  @eo0ra))l^te.  ^ 

(Sefd^id^te  ber  SSinbe. 

2)ie  Dornel^mfien  unb  geringern  Urfad^en  berfelben.  ^I^re  6in^ 
tl^eilung  nad^  ben  SBeltgegenben.  SBinbe  Don  Derfd^iebenen  (Sigenfd^aften, 
ber  Srodenl^eit,  ^eu^te,  SSdrme,  Adlte  unb  ©efunbl^eit.   SBom  ^affat« 

5  iDinbe,  beffen  aSgemeinen  unb  befonbern  ©efe^en  nad^  93efd^affen]^eit  ber 
Srbftrid^e.  SSon  ben  SRouffoniS.  93on  ben  abtoed^felnben  @ee«  unb  Sanb« 
»inben.  SSon  benen,  bie  in  einer  ©egenb  bie  me^refte  3^it  l^errfd^en.  SSon 
ber  ©d^neüigfeit  ber  SBinbe.  SSon  ben  SBlnbftitten,  ben  ©türmen,  Dr= 
lanen,  Sqpl^onS,  ber  SSafferl^ofe  unb  SSoIIenbrüd^en ,  nac^  ben  SSelt» 

10  gegenben,  ttorin  fte  l^errfd^en,  il^ren  ®e[e^en  unb  Urfac^en  ertoogen.  S)ie 
SBinbe  in  Derfd^iebenen  @r^öl^ungen  Don  ber  6rbe  mit  einanber  Derglid^en. 
Sinxit  ^Betrachtung  einiger  befonbern  Suftbegebenl^eiten. 

eedlöte»  $a]t))tfiüdt 

SSon  bem  B^fammenlgange  ber  SSitterung  mit  bem  ßrbftridge 
15  ober  ben  S^^teSjeiten  in  Derfc^iebenen  Sänbern. 

SSorin  ber  SSinter  in  ber  l^eigen  ßone  befleiße.  SBarum  nid^t  in  allen 
ßrbftrid^en,  bie  eben  baffelbe  j(lima  l^aben,  ber  SBinter  ober  @ommer  gu 
gleid^er  3^it  unb  auf  gIeidE)e  Slrt  gefd^iel^t.  SSol^er  ber  l^ei^e  @rbftrid^  be« 
mol^nbar  fei.  SfufjA^Iung  ber  fiänber,  bie  unter  einem  ^immelsftrid^e 
so  liegen  unb  ioäi  in  Sufel^ung  ber  SBärme  unb  Si&ltc  fel^r  unterfd^ieben 
finb.  SBon  ber  j^&lte  in  bem  ffiblid^en  Dcean  unb  Urfad^e  berfelben.  93on 
ben  ©egenben  ber  größten  ^i^e  unb  j(älte  auf  bem  Srbboben,  ben 
©raben  unb  äBirfungen  berfelben.  S3on  S&nbern,  barin  ed  niemals,  unb 
anbern,  barin  eö  faft  beß&nbig  regnet. 

s5  eiebenteö  ^aapt^M. 

©efc^id^te  ber  großen  SSeränberungen,  bie  bie  @rbe  el^ebem 

erlitten  l^at. 

a)  93on  ben  SSeränberungen,  bie  auf  berfelben  nod^  fortbauren. 

SBirfung  ber  Slfiffe  in  SSer&nberung  ber  ©efialt  ber  (Srbe  aud  ben 

so  @;rem)>eln  beS  9lild,  UmajonenftromS,  3Rifftpppi  unb  anberer.  Sßirfungen 

bed  Siegend  unb  ber  ©ie^dd^e.  Ob  bad  fefte  Sanb  immer  erniebrigt  unb 

bas  3Reer  nad^  unb  nad^  er^o^t  »erbe.  93on  ber  äßirfung  ber  äSinbe  ouf 


S  ttntioitrf  dne0  (SoHegit  ber  p^^fif«!^  fSeogrop^e. 

bte  Sfränbcrung  ber  ßrbgefiQlt  Soit  ber  Seranbening  berfelben  burd^ 
(Srbbebfit.  Sttrd^  ben  SRenfd^en.  SBeftdttgung  burd^  Setfpiele.  Son  ber 
fortbattrenben  Serdtiberung  bed  fejien  Sanbed  in  SReer  unb  beö  Steered 
in  fefle$  Sanb.  Seobad^tungen  l^ieoon  nnb  9teinungen  Don  ben  folgen 
berfelben.  ^qpot^efe  beiS  SinnduiS.  Db  bte  SBemegnngen  ber  Srbe,  bte  & 
tdgUd^e  foiDo^l  atö  bie  id^rlic^e,  einer  SSeränberung  nntenoorfen  feien. 

b)  3)enfmQle  ber  Serdnberung  ber  @rbe  in  ben  ältejlen  QdUn. 

aOeS  fefte  Sanb  ifl  el^ebem  ber  Soben  beö  3Rmt^  getoefen.  SetoetS' 
tl^fimer  an^  ben  in  ber  6rbe  unb  auf  ^ol^en  Sergen  befinblid^en  9Ru{(!^el» 
fd^ic^ten,  üerfteinerten  ober  in  Stein  abgeformten  @eetl§ieren  unb  @ee»  lo 
)>Panjen.  SetoeiSt^ümer  beS  SuffonS  auiS  ber  ©eftalt  ber  ©ebirge.  S)ag 
bie  SSerfinberung  beS  feflen  Sanbe«  in  SWcer  unb  be«  3Reere«  in  fefteS 
Sanb  in  langett  ^erioben  oftennalS  auf  einanber  gefolgt  fei;  a\x&  ben 
stratifl,  toeld^e  Überbleibfei  bed  @eegrunbed  entl^alten  unb  mit  benen,  fo 
^robucte  beS  feften  Äanbe«  in  jtc^  fd^liefecn,  abtoed^feln,  bemiefen.  5Bon  15 
unterirbifc^en  SBdlbern.  SJoge  i^rer  üerfd^ütteten  aSdume.  SSol^cr  in  bjcfen 
@rbf(^i(!^ten  me^rent^eilS  oon  inbianifd^en  Silieren  unb  ®etDd(!^fen  Über« 
blcibfel  anjutreffen  feien.  Seurtl^eilung  ber  fogenanutcn  ©piele  ber 
9latur.  S3on  ben  Steinen,  toelc^e  eigentlid^  üerfteinerte  Sieile  au8  bem 
Sl^terreid^  finb.  20 

c)  S^eorie  ber  ©rbe,  ober  ®rünbe  ber  alten  ©efc^id^te  berfelben. 

Db  eine  eingige  allgemeine  Überfc^ioemmung  lote  bie  9loa(!^ifd^e  alle 
blefe  SSerdnberungen  l^abe  l^eroorbringen  fönnen.  allgemeine  Setrad^tung 
ber  ®eftalt  beö  feften  2anbeS,  ber  3fii(:^tung  unb  beö  abl^öngeS  ber  ®e» 
blrge,  ber  Sanbcöfpifeen  unb  Snfeln,  auö  bereu  Analogie  auf  bie  Urfad)e  25 
il^reS  Urfprung«  unb  il^rer  SSerdnberungen  gef(:^loffen  loirb.  Folgerung 
au8  ber  a3ef(:^affen]^eit  ber  erbfd^idöten  unb  bem,  toaS  jte  in  pcft  enthalten. 
Di  bie  Steife  ber  ©rbc  ftd^  el^ebem  oerdnbert  l^abe.  Seurt^eilung  ber 
^qpot^efen  beS  SBoobtoarb,  turnet,  SB^ifton,  geibnij,  Suffon 
u.  a.  m.   9fte|ultat  aui$  ben  Oerglid^enen  93eurt]^eilungen.  so 

9((^ted  «au))tp«. 
SBon  ber  S^ifffa^rt. 

aSon  ben  SR^ombiS,  ber  Soyobromie,  ber  ©d^ifförofe,  ber  ©dödfeung 
beS  äBegeS  unb  Sorrection  berfelben.   ä3on  (Srfinbung  ber  Sdnge  unb 


Srcite.  ^rflfunß  bc8  ®runbe8.  Slnberc  SKcrftDürbiflfeitcn  bei  ber  See« 
fal^rt.  SSon  ben  merftoürbiaftcn  Seereifen  alter  unb  neuer  3«ten.  SSon 
ber  93ermutl§ung  neuer  Sänber  unb  ben  93emül§ungen  fte  gu  entbetfen. 


IL  3)er  t)]^9Jtfci^en  &toQxap^t  befonberer  2^eit 

5  1)  3)q8  SCl^ierreicl^,  barin  ber  5Kenf(:^  na^  bcm  Unter[(!^icbc feiner 
natürlidgen  Silbung  unb  f^arbe  in  Derfc^iebenen  ©egenben  ber  @rbe  auf 
eine  oergleidgenbe  SIrt  betrQ(!^tet  »irb;  jiDeitend  bie  merfmfirbigfien 
Spiere,  [omol^I  bie  auf  bem  Sanbe  als  in  ber  Suft  als  anäi  im  9Baf[er  ftc^ 
aufhalten,  bie  3lm)>]^ibien  unb  merfmurbigfte  ^njecten,  nad^  ber  ©eld^id^te 

10  il^rer  5Ratur  erttogen  werben. 

2)  3)a8  ^flanjenreid^,  baDon  alle  blejenige  ©ctodc^fe  ber  (ärbe, 
bie  bie  aufmerffamleft  enttoeber  burt^  il^re  ©eltfamfeit  ober  befonbern 
92u^en  oorne^mlic^  auf  fid^  giel^en,  erfldrt  toerben. 

3)  3)a8  5Kineralreid),  beffen  angenel^mfte  unb  in  ben  menf(!ölid^cn 
15  Stufen  ober  SSergnfigen  am  meiften  einflie^enbe  3Rer!n)urbigTeiten  auf 

eine  ^iftorifd^e  unb  p^ilofopl^ifd^e  9lrt  burd^gegangen  »erben. 

3d^  trage  biefeS  juerft  in  ber  naturlidöen  Drbnung  ber  ßlaffen  Dor 
unb  gel^e  gule^t  in  geograpl^ifd^er  Sel^rart  ade  Sauber  ber  @rbe  burd^,  um 
bie  Steigungen  ber  SRenfd^en,  bie  auS  bem  ^immelSftrid^e,  barin  fte  leben, 

20  l^erfiiegen,  bie  SRannigfaltigfeit  i^rer  äJorurtl^eile  unb  S)en!ungdart,  in 
fo  fern  biefeS  alled  baju  bienen  fann,  ben  SRenfd^en  na^er  mit  ftd^  felbft 
befannt  gu  mad^en,  einen  furjen  Segriff  il^rer  fünfte,  ^anblung  unb 
SBiffenfd^aft,  eine  Srj&l^lung  ber  oben  f(!^on  erflärten  Sanbedprobucte  an 
i^ren  gel^örigen  Drten,  bie  Suftbefd^affenl^eit  u.  f.  ».,  mit  einem  SBorte, 

25  aUeS,  \x>a&  gur  pl^Qftfd^en  @rbbetrad^tung  gel^ört,  barjulegen. 

SlUeS  koirb  in  fd^riftlid^en  fummarifd^en  Sufffi^en ,  toeld^e  gur  leid^^ 
teren  SBieberl^olung  biefer  ol^nebem  burd^  il^re  Slnnel^mli(!^feit  bie  Stuf» 
merffamfeit  genug  unter^altenben  Sßiffenfd^aft  bienen  follen,  gufammen 
gefaxt  loerben. 


30  S)ie  äStffenfd^aft,  loooon  gegento&rtiger  Slbrig  einen  @ntiourf  bar« 
legt,  toirb  in  biefem  Sommer^albenjal^re  vorgetragen  toerben.  3c^  toerbe 
aud^  bie  Slaturkoiffenfd^aft  nad^  Einleitung  beS  ^anbbud^eS  beS  $errn 


10  (Sfnttourf  eined  (SoIIegU  ber  pl^^fif<!§en  (S^eograpl^ie. 

©.  ßbcrl^arb  in  befonbern  Soricfunflen  crflfircn.  3)ic  Sogif  toirb  natb 
ber  SReierifd^en  turjen  (Einleitung  unb  bie  9RetQ))]^9ftf  nad^  ber  Sin» 
tteifung  beö  93Qumei[ter8  gelefen.  3c^  l^abe  im  Dermid^enen  l^alben 
2[Q]^re  auf  SSerfangen  einiger  Ferren  biefen  S3e(i^[el  mit  bem  gmar  grfinb« 
lid^ern,  aber  [d^toereren  Sanmgartenju  il^rer  S3efriebigung  angefteUt.  5 
3Ran  mirb  inbeffen  bie  f^rei^eit  ber  SS^affl  l^aben,  t)on  toeld^em  Don  beiben 
man  fic^  größere  SSortl^eile  Derfpred^en  ttirb.  3n  ber  SRatl^ematil  merben 
bie  alten  S3orle[ungen  fortgefe^t  unb  neue  angefangen.  3Reine  Semfil^un^ 
gen  »erben  gludtlid^  genug  fein,  menn  fie  ben  SeifaU  berjenigen,  bie 
gmar  nid^t  ben  größten,  bod^  fc^d^barften  Sl^eil  auSmad^en,  nämli(!^  ber  10 
SSermmftigen,  ertoerben  fönnen. 


Slnl^ang  einet  lutgen  99etrad^tttng 

über  bie  Sröge: 

Db  bie  äBefitoinbe  in  unferen  ©egenben  barum  feud^t  feien, 

toeil  fie  über  ein  gro^eiS  9Reer  ftreid^en.  15 

SBenn  man  bie  Urfad^e  ber  9laturbegeben]^eiten,  bie  t?on  ber  ^immelS« 
gegenb  unb  Sefd^affenl^eit  ber  @rbftrid^e  ab^&ngen,  einfel^en  xo'iVi,  fo  l&uft 
man  oft  ©efal^r  fein  Softem  burt^  eine  nic^t  Dorl^ergefel^ene  Suftanj  über 
ben  Raufen  faden  ju  fe^en,  ttenn  man  nid^t  Dörfer  Derglid^ene  Srfdjei« 
nungen  unb  Seoba(!^tungen  anberer  Sauber  gu  Sfiatl^e  gebogen  l^at.  @d  20 
f&nt  iebermann  leidet  ein,  bie  naffe  SSSitterung,  bie  und  bie  äSeftminbe 
jujiel^en,  ber  Sage  unfered  SanbeS  jujufd^reiben,  n)eldE)em  ein  großes  9J2eer 
gegen  Slbenb  liegt.  9Qein  biefe  fo  leidet,  fo  natürlich  fd^einenbe  @r!ldrung 
rnirb  burd^  93erglei(!^ung  mit  ber  SSSitterung  anberer  Sänber  fel^r  jtoeifel* 
l^aft  gema(!^t,  koo  nic^t  gänjüd^  aufgel^oben.  9Rudfd^enbroeT,  ber  fonft  35 
eben  berfelben  SReinung  gugetban  ift,  mirb  bennod^  barin  ein  loenig  un« 
geioig,  menn  er  ermagt,  ba^  ber  9lorbminb  in  ben  Slieberlanben  ein 
trodfener  SSinb  fei,  ob  er  gleid^  über  baS  groge  beutfd^e  SReer  unb  felbft 
über  ben  norbifdöen  Dcean  ftreid^t.  6r  fc^reibt  feine  SErodtenl^eit  ber  i^ölte 
beffelben  ju.  Mein  menn  im  @ommer  bie  @onne  biefen  Dcean  l^inldng:«  30 
lidb  ermdrmt,  fo  fdQt  biefer  SSormanb  meg,  unb  ber  SBinb  bleibt  bem  un« 
gead^tet  trodten.  9Ran  finbet  aber  in  ber  pl^9fif(!ben  ©eograpl^ie  nod^ 
ftdrfere  ©rünbe  miber  bie  gemeine  3Reinung. 


Cnttourf  eineiS  Soüegit  ber  pl^^Pf^en  @eograp^te.  11 

3n  bem  ganjen  inbi[(]^en  Dcean  Dom  Slrcl^ipelagud  ber  $]^il{p)>inen 
an  bis  in  iai  Sirabifd^e  2lteer  l^errfcl^en  baS  ^a\)x  l|inburdb  gtoei  9Be(!bfeI« 
minbe:  ber  Slorbofttoinb  Dom  Dctober  bid  in  ben  Wiai  unb  ber  Sübkoefi« 
loinb  Dom  3Rai  biiS  in  ben  £)ctober.  S)er  erfte  ful^rt  eine  l^eitere  Suft  mit 

s  fidb,  unb  ber  le^te  ift  bie  Urfad^e  ber  SRegenmonate  in  biefen  Sänbern, 
obgleich  einer  foiool^l  als  ber  anbere  über  gro^e  9Reere  fireic^t.  SBei  ben 
pl^ilippinifd^en  unfein,  in  3ßinbanao  unb  ben  ftbrigen,  loirb  biefed  nod^ 
jtd^tbarer.  S)er  oftlidge  äRouffon  fommt  über  baS  fafi  gr&njenlofe  ftiUe 
9teer  l^er  unb  bringt  bennod^  l^eiter  SBetter  gutoege;  bagegen  ber  meftüd^e 

10  SBed^felminb,  ber  über  ©egenben  flrei(!öt,  bie  mit  Suf^ln  unb  SanbeS* 
fpi^en  be[det  finb,  bie  SHegengeit  mit  ^äi  fül^rt.  J(olbe  fü^rt<in,  bag  auf 
bem  SSorgebirge  ber  guten  ^opung,  fokool^I  auf  ber  tDeftU(!^en  als  oft« 
li(^en  bap  gel^örigen  ©egenb,  bie  Dftminbe  baS  trotfene  SBetter,  bie 
SBeftioinbe  aber  bie  naffe  ^cil^redieit  gumege  bringen,  obgleid^  ni(!^t  abgu» 

15  feigen  ift,  toarum  ber  SBefttoinb  lebiglid^  feu(!^t  fein  foUte,  ba  gegen  Dften 
ein  ebenfo  »eiteö  9Reer  als  gegen  SBeften  liegt,  ^n  bem  mejrifanifd^en 
SReerbufen  an  ber  Sanbenge  Don  Manama,  in  ßartl^agena  unb  anber« 
iDdrtS  »ec^feln  fo  toie  im  inbifd^en  3ßeere  bie  9l.£).«  unb  3B.@.3B.«9Binbe 
bie  gtoei  S^i^reS^älften  ]^inbur(!b.  S)ie  erften,  toeld^e  man  S3rifen  nennt, 

20  jinb  trotfen  unb  mad^en  eine  l^eitere  Suft.  S)ie  le^te,  mel(!be  man  S3en* 
baoalen  nennt,  {tnb  feud^t,  unb  mit  il^nen  tommt  bie  Siegenjeit.  9lun 
fommen  aber  bie  9l.O.«3Binbe  über  ben  großen  Sltlantifdgen  Dcean  unb 
finb  nidE)tSbeftotDeniger  trodlen.  3)ie  9B.@.äS.«3Binbe  aber  tonnen  Don 
feinem  großen  @tridE)e  beS  ftiUen  9ReereS  l^erfommen,  meil  in  einer  mittel« 

25  mäßigen  6ntfernung  Dom  feften  Sanbe  beft&nbige  Oftioinbe  biefe  @ee  be« 
^errf^en.  Sluf  ber  Salfrt,  bie  bie  maniQifdE)e  ®allion  Don  Slcapulco  nad^ 
9RaniQa  aufteilt,  unb  ba  {ie,  um  ben  £)ftminb  gu  genießen,  {td^  nid^t  meit 
Dom  Äquator  entfernt,  finbet  fie  faft  beftdnbig  l^eitereS  SBetter.  Slllein 
bei  ber  Steife  Don  SRanilla  nad^  SIcapulco,  ba  {te  auf  eine  gemiffe  ^öl^e 

30  über  ben  norblidben  SBenbegirtel  fteuret,  fdl^rt  fte  mit  ^ulfe  ber  bafelbft 
l^errfdbenben  SSeftminbe  nad^  Slmerifa  unb  ift  fo  gen)i^  bafelbft  öftere 
Siegen  angutreffen,  bag  fte  fid^  auf  biefe  lange  i^al^rt  nidbt  einmal  mit 
SBaffer  Derforgt,  unb  aUe  Derloren  fein  toürben,  menn  fte  ausbleiben  foQ» 
ten.  9lun  fage  man  mir,  »enn  man  bie  gemeine  3Reinung  bel^auptet,  eine 

tb  begreifliche  Urfac^e,  marum  ber  Dftminb,  ber  auf  bem  ftiUen  9Reere  unb 
gmar  in  ber  »drmften  ©egenb  ftrei(^t,  aUein  troden,  ber  9Beftn}inb  aber, 
ber  über  benfelben  Dcean  toel^t,  feucht  unb  regen^aft  fein  muffe. 


12  (Entwurf  etneS  (SoUegü  ber  p^^fif(!^en  QkoqtapJ^xe. 

3ßi(^  bunit,  biefeS  fei  mel^r  als  guretd^enb,  ben  ©ebanlen  gum 
toenigften  gtoetfel^aft  gu  machen:  bag  bei  und  bie  SSefltoinbe  il^re  9eu(!^< 
tigfeit  Don  bem  gegen  Sßeften  gelegenen  3Reere  entlel^nen.  68  f (^eint  oieü 
ntel^r,  bog  bie  äBeftttinbe  in  allen  ©egenben  ber  (Srbe  eine  Urfad^e  ber 
feud^ten  SSitterung  abgeben,  ob  x6i  gleid^  nici^t  in  SIbrebe  fein  toiQ:  bag  & 
bie  Sefd^affenl^eit  ber  ©egenben,  barüber  fie  ftreici^en,  bfterd  biefe  Sigen« 
fd^aft  t^erringern  !onne;  fo  koie  in  bem  fublid^en  Steile  Don  Werften  ge« 
fd^iel^t,  ba  bie  ©übioeftioinbe,  toeld^e  über  bie  oerbrannte  ©egenben  oon 
Sirabien  giel^en,  bürre  unb  l^ei^e  8uft  mit  ftd^  führen.  S)ie  @nge  bed 
Sfiaumed  l^inbert  mid^  bie  Urfad^e  Don  biefer  @igenf(!^aft  ber  SSeftioinbe  lo 
gu  erfl&ren.  @oDten  nid^t  biefelbe,  ba  fte  bem  aQgemeinen  unb  natürlid^en 
3uge  ber  Suft  oon  SRorgen  gegen  Slbenb,  ber  in  bem  oierten  Sap.  ber 
p^9|.  ©eogropl^ie  erfldrt  toirb,  entgegen  ftreid^en,  eben  um  bedtoiden 
bie  JDünfte  jufammen  treiben  unb  oerbicfen,  bamit  bie  guft  iebergeit  er* 
füQt  ift?  3um  menigfien,  loenn  man  bie  Suft  als  ein  SiuftöfungSmittel  15 
(menstruum)  ber  geud^tigfeit  auf  ber  @rbe  anpeilt,  fo  ift  e§  nit^t  genug 
fte  mit  biefer  h\&  jur  Sättigung  angefüllt  anjunel^men,  toenn  man  er» 
fldren  »in,  »arum  pe  biefelbe  fallen  laffe,  b.  i.  »arum  eS  regne,  fonbern 
man  mufe  eine  Urfad)e  anjeigen,  bie  fie  nieberfd^ldgt  (präcipitirt),  baS  ift; 
bie  bie  Suft  notl^igt,  fie  auS  il^ren  3^if(^(nrdumen  fahren  ju  laffen,  ba»  20 
mit  bie  fünfte  fic^  oereinigen  unb  l^erabfaDen  fönnen. 


ült.  3mmatmel  üants 

Steuer  Sel^rbegriff 
bcr 

unb 
ber  bamit  öerfuüt)ften  Folgerungen 

in  ben  erften 
©rflnben  ber  SlatunDiffenfd^aft, 

looburd^  ^ug^ltl^  feine 
Sotlefungen  in  biefem  l^alben  Saläre  angefflnbigt  tt)eTben. 


3)en  Iften  $(pril  1758. 


Sienn  in  einer  )>]^{Iofo|)]^t[d^en  %xaQt  baS  einftimmtge  Urtl^ett  ber 
SBelttoeifen  ein  SSqH  todre,  über  meieren  ju  fcj^reiten,  eS  ffir  ein  gleid^ 
fträflidb^ö  SSerbrec^en  mit  bemj|enigen,  toel^ed  StemuiS  beging,  mägte  ge» 
Italien  »erben,  fo  mürbe  idb  mir  ben  SSonoi^  tool^I  Dergel^en  laffen,  meinen 

&  ßinf&Qen  loiber  baS  entfd^eibenbe  ©utacl^ten  beS  el^rmürbigen  großen 
Raufend  biejenige  grreil^eit  }u  erlauben,  bie  burc^  ni(!btd  toeiter  als  burd^ 
bie  gcfunbe  SSernunft  geret^tfertlgt  ift.  3(ft  würbe,  »enn  e«  mir  einfiele, 
ein  ®efe^  gu  beftreiten,  »e^eiS  nad^  bem  Sted^te  beS  ^erfommend  einen 
unangefod^tenen  93e{i^  in  ben  Sel^rbüd^ern  ber  SBeltoeifen  [d^on  [eit  3a^r* 

10  l^unberten  l^er  bel^auptet  l^at,  mid^  felbft  balb  befd^eiben,  ba^  id^  entmeber 
ptte  el^er  fommen  ober  bamit  jurüdl  bleiben  foQen.  9lun  id^  aber  eine 
groge  ^enge  fold^er  unternel^menben  j^öpfe  um  mid^  erblidte,  bie  mit  bem 
©efe^e  beS  Slnfel^enS  nichts  wollen  gu  fd^affen  Igaben,  unb  gegen  bie  man 
bodb  fo  ^iel  9lad^fid^t  l^at  i^re  9Reinungen  lool^l  gar  gu  prüfen  unb  il^nen 

15  nadbi^benfen,  fo  koage  idb  eS  auf  ein  gleid^  günftigeS  @(^idEfal  midb  unter 
fte  gu  mengen  unb  bie  Segriffe  ber  Bewegung  unb  ber  SRul^e,  imgleic^en 
ber  mit  ber  le^tem  Derbunbenen  Srägl^eitSlraft  gu  unterfud^en  unb  gu 
Denoerfen;  ob  id^  gletd^  toeig,  bag  bieienige  Ferren,  meiere  gemol^nt  finb, 
aQe  ©ebanlen  als  @preu  »eggumerfen,  bie  nidbt  auf  bie  So'Cingmül^le  bed 

ao  äSolffifcf)en  ober  eines  anbern  berül^mten  Sel^rgebäubeS  aufgefc^üttet  mor« 
ben,  bei  bem  erften  Slnblidl  bie  3ßübe  ber  Prüfung  für  unnötbig  unb  bie 
gange  Betrachtung  für  unridbtig  erfldren  merben. 


16  Steuer  Se^rbegnff  ber  Semegung  unb  9tu(e. 


9leue  begriffe  ber  Setoegung  unb  Süul^e. 

3(^  münfc^e,  bag  ftc^  meine  £efer  auf  einen  Sugenblid  in  biejenige 
äSerfaffung  beS  ©emütl^d  Derfe^en  lönnten,  koeld^e  QaxM  für  fo  unum« 
gdnglid^  nöt^ig  gur  @rlangung  rid^tiger  Sinftc^ten  l^ält,  unb  loorin  i4 
mid^  ie^t  beflnbe,  n&mlid^  {id^  [o  lange,  ald  biefe  Setrad^tung  lodert,  aller  ^ 
erlernten  Segriffe  oergeffen  gu  machen  unb  ben  äSeg  gur  SSal^rl^eit  ol^ne 
einen  anbern  Sül^rer  al«  bie  blofee  gefunbe  SBemunft  Don  felber  angutreten. 

3n  biefer  Stellung  erfenne  id^,  bag  bie  Setoegung  bie  SSerdnberung 
bt&  Orts  fei.   3d&  begreife  aber  aud^  balb:  bag  ber  £)rt  eined  S)inge5 
burd^  bie  Sage,  burd^  bie  Stellung,  ober  burd^  bie  dunere  Segie^ung  bef«  i» 
felben  gegen  anbere,  bie  um  i^n  ftnb,  erfannt  toerbe.  9lun  fann  idb  ^inen 
j(5r)>er  in  Segie^ung  auf  getoiffe  dunere  ©egenftdnbe,  bie  il^n  gundd^fl 
umgeben,  betradbten,  unb  bann  koerbe  id^,  menn  er  biefe  Segielgung  nid^t 
dnbert,  fagen,  er  rul^e.   @o  balb  id^  il^n  aber  in  SSerl^dltnig  auf  eine 
@|)]^dre  Don  meiterem  Umfange  anfeile,  fo  ift  eS  möglid^,  ba^  eben  ber  i& 
j^örper  gufammt  feinen  naiven  ©egenftdnben  feine  SteUung  in  Slnfel^ung 
iener  dnbert,  unb  id^  loerbe  il^m  aud  biefem  ©eftd^tdpunfte  eine  SBetoegung 
mittl^eilen.  9lun  {lel^td  mir  frei,  meinen  ©eßd^tSlreiiS  fo  fel^r  gu  ertoeitern, 
als  id^  koiU,  unb  meinen  Xivptx  in  Segie^ung  auf  immer  entferntere  Um- 
freife  gu  betrad^ten,  unb  id^  begreife,  bag  mein  Urtl^eil  oon  ber  Seioegung  ao 
unb  ber  Siul^e  biefed  j(5rperd  niemals  beftdnbig  fei,  fonbern  fid)  bei  neuen 
Sludftdgten  immer  oerdnbern  fönne.  @e^et  g.  @.,  idi  befinbe  mi(!^  in  einem 
@dgiffe,  »eld^ed  auf  bem  $regel  an  ber  SRel^be  liegt.  3d&  l^abe  eine  Augel 
oor  mir  auf  bem  3:ifd^e  liegen;  i^  betrad^te  fte  in  9lnfe{|ung  beS  Sifd^ed, 
ber  SBdnbe  unb  anberer  Steile  beö  @d^iffeS  unb  fage,  fte  rul^e.   Salb  s» 
barauf  febe  id^  aud  bem  @d^iffe  nad^  bem  Ufer  ^in  unb  merfe,  ba^  baS 


1 


9leuer  Sel^rbegttff  bet  IBetoegund  unb  SRul^.  17 

Sau,  iDomit  eS  befejtigt  mar,  aufg6htü))ft  fei,  unb  bad  @dMtf  langfam 
ben  Strom  l^erabtreibe;  id^  fage  alsbalb:  bie  ^ugel  beilegt  ftd^  unb  gtoar 
Don  ÜRorgen  gegen  Slbenb  nad^  ber  Sftid^tung  bed  ^luffed.  S^manb  fagt 
mir  aber,  bie  @rbe  breite  ftd^  in  ber  täglid^en  Semegung  mit  t)iel  grSgerer 

5  ®ef(l^tt)inbigfeit  t)on  Slbenb  gegen  3Rorgen;  alSbalb  uoerbe  id^  anbereS 
Sinnes  unb  lege  ber  j(ugel  eine  ganj  entgegen  gefegte  Seteegung  bei,  mit 
einer  ©efd^minbigfeit,  bie  auS  ber  Stemenmiffenfd^aft  leidet  befiimmt 
koirb.  %ber  man  erinnert  mid^,  bag  bie  ganje  j^ugel  ber  @rbe  in  Sin» 
fel^ung  beS  ^lanetengebdubeS  t)on  9(benb  gegen  SRorgen  in  einer  nod^ 

10  jd^neOem  Semegung  fei.  3d^  bin  genötl^igt  biefelbe  meiner  j(ugel  beiju» 
legen  unb  dnbere  bie  (Sefd^minbigfeit,  bie  id^  il^r  üorl^er  gab.  S^Ie^t  lel^rt 
mid^  SrableQ,  bag  baS  gange  $lanetengeb&ube  jufammt  ber  Sonne 
ma]^rf(^einlid^er  SBeife  eine  S3errüd(ung  in  Slnfel^ung  beS  ^ijrftemen« 
l^immeld  erleibe.   3d^  frage:  nad^  meld^er  Seite  unb  mit  toeld^er  ®t^ 

»  fd^toinbigfeit?  9Ran  antwortet  mir  nid^t.  Unb  nun  koerbe  id^  fd^tt)inbli(^t, 
id^  mei^  nid^t  me]§r,  ob  meine  j^ugel  rul^e  ober  fid^  betoege,  tool^in  unb 
mit  meldier  ©efd^toinbigleit.  3e^t  fange  id^  an  eingufel^en,  bag  mir  in 
bem  Sludbrud(e  ber  Semegung  unb  Stulpe  etmad  fe^lt.  3$  foQ  i^n  niemals 
in  abfolutem  SSerftanbe  braud^en,  fonbern  immer  ref))ectioe.  2»d^  foU  nie« 

so  malS  fagen:  (Sin  Xbxpzx  ru^t,  ol^ne  bagu  gu  fe^en,  in  Snfel^ung  toeld^er 
S)inge  er  rul^e,  unb  niemals  f))red^en,  er  betoege  ftd^,  ol^ne  gugleid^  bie 
©egenfiänbe  gu  nennen,  in  Stnfe^ung  bereu  er  feine  Segiel^ung  dnbert. 
SSenn  id^  mir  aud^  gleid^  einen  matl^ematifd^en  Sfiaum  leer  t)on  aQen  ®e« 
fd^5))fen  als  ein  Se^dltnig  ber  j(örper  einbilbeu  tooQte,  fo  toärbe  mir 

33  biefeS  bod^  ni(^ts  Reifen.  SDenn  looburd^  foQ  id^  bie  Sl^eile  beffelben  unb 
bie  üerfd^iebnen  $ld^e  unterfd^eiben,  bie  t)on  nid^ts  J(5r))erUd^em  einge« 
nommen  ftnb? 

fStun  ne^me  id^  gioei  Xbrptx  an,  bereu  ber  eine  B  in  Snfel^ung  aller 
mir  gun&d^fi  befannten  ©egenftdnbe  rul^t,  ber  anbere  A  aber  gegen  il^n 

30  mit  einer  beftimmten  ©efd^minbigleit  anrfidCt.  S)ie  Jhtgel  B  mag  nun  in 
einer  nod^  fo  unt)erdnberten  Segiel^ung  gegen  anbere  dunere  ©egenftdnbe 
beharren,  fo  ift  fte  barin  bod^  nid^t,  toenn  man  fte  in  Snfel^ung  ber  be« 
megten  Jhigel  A  betrad^tet.  S)enn  i^re  Segie^ung  ift  gegenseitig,  bie  SSer» 
dnberung  berfelben  alfo  aud^.  S)ie  j^ugel  B,  meldte  in  Stnfel^ung  getoiffer 

35  Dbjiecte  ru^enb  genannt  mirb,  nimmt  an  ber  SSerdnberung  ber  gegenfeiti« 
gen  Stelationen  mit  ber  Jhtgel  A  gleid^en  Slnt^eil,  fie  fommen  beibe  ein« 
anber  ndl^er.  Sßarum  foQ  id^  benn  tro^  allem  Sigenfinn  ber  S))rad^e 

ItaBt'l  Cd^riftcn.   ttcrfc  IL  2 


18  wiener  Se^tbegriff  ber  Oemegitno  unb  9lu^. 

ni4t  fagen:  3)ie  JCugel  B,  bie  giDar  in  Snfel^ung  anberer  dugerlid^en 
Oegenftdnbe  in  fftvXit  ift,  beftnbet  pd^  bo<^  in  Snfel^ung  ber  betoegten 
Jtugel  A  in  gleid^md^iger  Semegung? 

3^r  merbet  mir  jugeftel^en:  bag,  menn  Don  ber  Sirfnng,  bie  bie 
beibe  j(irper  im  Sufammenftoge  gegen  einanber  auSfiben,  bie  9tebe  x%  & 
bie  Segiel^ung  auf  anbere  dunere  S)inge  Riebet  ni(^tö  )u  fc!baf[en  ^abe. 
Senn  man  alfo  bie  Serdnberung,  bie  ^ier  Dorgel^t,  blog  in  Snfe^ung  ber 
beiben  Xbrptx  A  unb  B  betrad^ten  mug,  unb  man  gie^t  feine  ®ebanfen 
Don  allen  dugeren  ®egenftdnben  ab,  jo  fage  man  mir:  ob  man  auiS  bem, 
toad  gioifclben  beiben  Dorgel^t,  abnel^men  I5nne,  bag  einer  Don  beiben  rul^e  iü 
unb  blo6  ber  anbere  {{(^  beioege,  unb  meld^er  Don  il^nen  rul^e  ober  {id^  be- 
mege?  Sirb  man  bie  Seioegung  nid^t  beiben  unb  gmar  beiben  in  gleichem 
SRage  beilegen  mfiffen?  S)te  Snnd^erung  berfelben  gegen  einanber  lommt 
einem  jo  gut  als  bem  anbern  gu.  @e^et,  bag  eine  jhtgel  A  Don  3  ^ 
9Raf[e  fid^  gegen  eine  anbere  B  Don  2  «l,  Doeld^e  in  Snfel^ung  beS  nm^  15 
gebenben  9fiaum8  ru^t,  bemege;  ber  9iaum  Don  5  ^^u^,  ber  gD)if(^en  beiben 
Doar,  mirb  in  einer  @ecunbe  gurüdgelegt.  Unb  menn  ic^  alfo  blog  auf 
bie  Sßerdnberung,  bie  gkoifc^en  beiben  j(5rpem  Dorgel^t,  fel^e,  fo  lann  id^ 
nichts  Doeiter  fagen,  alS:  3  «n  9Raffe  unb  2  ^  SRaffe  fommen  einanber 
in  einer  @ecunbe  um  5  f^ug  ndl^er.  S)a  iäf  nun  nid^t  bie  gringfte  Ur«  90 
fad^e  l^abe  bem  einen  Don  biefen  Körpern  Dor  bem  anbern  einen  größeren 
Sint^eil  an  biefer  Serdnberung  beizulegen,  fo  merbe  id^,  um  auf  beiben 
Seiten  eine  DoQtommene  ®leid^^eit  ju  erl^alten,  bie  ©efd^Doinbigleit  Don 
5  f^ug  in  einer  @ecunbe  in  umgefel^rtem  SSerl^dltnig  ber  9Raffen  Der- 
t^eilen  muffen,  b.  i.  ber  Xbrptx  Don  3  <a.  mirb  2  ®rabe  ®ef(btt)tnbig«  n 
feit,  ber  Don  2  ^  aber  3  ®rabe  gu  feinem  Snt^eile  belommen,  unb 
mit  biefen  Ardften  toerben  fie  u^irllid^  bei  bem  @toge  in  einanber 
D)lr{en.  Uneradbtet  aQer  SRu^e  alfo,  barin  ber  Mrptx  B  in  Snfel^ung 
ber  anbern  ndd^ften  ®egenfidnbe  bed  9taume8  fein  mag,  ^at  er  bennod^ 
eine  »al^rl^afte  93eD)egung  in  Snfel^ung  eined  leben  J(örperS,  ber  gegen  so 
i]§n  anrfidt,  unb  gtoar  eine  Seioegung,  bie  ieneS  feiner  gleid^  ift;  fo  bag 
beiber  Semegungen  @umme  berienigen  gleid^  ift,  bie  in  bem  Xbxptx  A 
allein  gebadet  Doerben  mug,  menn  man  fid^  B  ald  in  abfoluter  SRu^e 
DorfteOt. 

äBoQte  man  fi(^  biefem  ungeachtet  ben  Sigenftnn  ber  @))rad^e  an«  35 
fed^ten  laffen,  fo  gebe  id^  auf  gu  bebenten,  ob  man  audb  tool^l  bei  einerlei 
9iebe  bleiben  merbe.  SBenn  eine  12pfanbige  j^anonenfugel  in  ber  ©egenb 


Steuer  Sel^rbegnff  bet  SSemegung  unb  SRu^e.  19 

Don  $ariiS  Dom  SRorgen  gegen  Slbenb  uotber  eine  9Rauer  gefd^offen  totrb, 
fo  fagt  jelbft  ber  $^Uofo))]^,  fte  betoege  ftd^  mit  600  f^ug  in  einer  @ecunbe 
©ejc^ioinbigleit,  ob  er  glei(]^  ^ngefiel^t:  bag,  meil  bie  @rbe  in  biefer  Sreite 
beinal^e  eben  bie  Seioegung  Don  Slbenb  gegen  9Rorgen  ^at,  bie  j(raft  bed 

5  ^ulDerd  eigentUd^  nid^tiS  anberS  getl^an  ^at  als  nur  biefe  Seteegung  ber 
j(ugel  auf  ju^eben ;  gleid^teol^I,  unb  o^ne  fid^  burd^  bie  t&glid^e  ober  i&^r^ 
lic^e  Setoegung  ber  6rbe  irren  gu  laffen,  gefte^t  man  ^eimlic^ :  ba^  bie 
SSer^ältniffe,  bie  bie  j^ugel  unb  bie  9Rauer  in  Slnfe^ung  beS  na^e  ober 
»eit  uml^er  umgebenben  Sftaumed  l^aben,  l^ier  nid^tö  gur  @ad^e  t^un,  fon« 

10  bern  eiS  blo^  auf  bie  SSegie^ung  anfomme,  bie  biefe  gtoei  Xbxp^x  gegen 
einanber  ^aben.  Sei  folc^em  ®eftänbnif[e  aber,  toeld^em  Don  beiben  moUte 
man  refpectioe  auf  ben  anbern  bie  Stulpe  beilegen?  ba  bad  $^&nomenon 
ber  Sßerdnberung  ni(^tö  anberS  gu  erfennen  giebt,  als  bag  beibe  einanber 
gen&l^ert  merben,  menn  man  nid^t  Dielmel^r  gugiebt,  bag  beibe  fid^  gegen 

15  einanber  bemegen,  bie  Jhtgel  gegen  bie  3Rauer  unb  bie  9Rauer  gegen  bie 
j^ugel,  unb  gaar  eine  mit  fo  Diel  j(raft  a\&  bie  anbere. 

^an  fe^e  n&mlid^  ben  Sftaum,  ber  gtoifd^en  beiben  j^örpern  gurfldt« 
gelegt  mirb,  biDibirt  burc^  bie  3^it,  ald  bie  Summe  ber  beiberfettigen  ®e« 
fc^minbigfeiten  an;  man  fpred^e:  Doie  fid^  Derl^&lt  bie  @umme  ber  3Raffen 

90  A  unb  B  gu  ber  9Raffe  beö  J^brperS  A,  fo  Derl^ält  ftd^  bie  gegebene  ®e« 
fd^minbigfeit  gu  ber  ©efc^minbigteit  beS  ^brperis  B,  toeld^e,  menn  man  fte 
Don  ber  geba(^ten  Sotalgefc^minbigfeit  abgießt,  bie  ©efd^minbigfeit  Don 
A  übrig  l&gt.  Slldbann  mirb  man  bie  gange  Dorgegangene  SSeränberung 
unter  beibe  j^örper  gleich  Dertl^eilt  ]§aben,  unb  mit  biefen  gleid^en  j^rdften 

25  »erben  fte  einanber  auc^  im  @toge  treffen.  S4  gi^^^  l^terauS  gu  meinem 
Bmed(e  nur  folgenbe  2  SoroKarien. 

1)  (Sin  feber  Xbxptr,  in  Slnfel^ung  beffen  fid^  ein  anberer  bett)egt,  ift 
aud^  felber  in  Snfe^ung  feneis  in  Semegung,  unb  ti  ift  alfo  unm5glid^, 
bag  ein  JlSrper  gegen  einen  anlaufen  foKte,  ber  in  abfoluter  äiu^e  ift. 

so  2)  SSirtung  unb  ©egenmirfung  ift  in  bem  @toge  ber  j^örper  immer 
gleic^. 

SSon  ber  2:rdg]^eitsfraft 

@8  Dsärbe  Dielleid^t  niemals  einem  9Renfd^en  eingefallen  fein  Dorgu» 

geben:  ba^  ein  JSbrper,  ber,  fo  lange  ein  gegen  il^n  anlanfenber  j(5rper 

35  t^n  nod^  nid^t  berfil^rt,  Döllig  rul^ig,  ober  menn  man  ed  fo  DoiD,  im  ©leid^» 

geioid^te  ber  j^raft  ift,  bennod^  im  Slugenblid(e  beS  @to|ed  pl5^li(^  eine 


20  9Uan  S^tbegtiff  ber  Sömeqvmq  imb  9h4e. 

Setoegttns  0^fl^  ^^^  ftogenben  üon  jelber  annehmen,  ober  jid^  in  ein 
Ubergemi^t  i>erfe^en  foQte,  um  in  tl^m  eine  entgegen  gefegte  i(raft  anf« 
gnl^ben,  toenn  ni^t  and  ber  Crfa^rung  erbeute,  bag  in  einem  Sufianbe, 
ben  ein  Seber  für  ben  Sufianb  ber  äün^e  ^ait,  ber  Jtirper  in  einen  ieg^ 
li^en  ^anbelnben  mit  gleid^em  Grabe  entgegen  loirtte.  9htn  id^  aber  be»  s 
toiefen  ^abe,  bag,  oaS  man  fdlfdiUc^  für  eine  ffttä)t  in  anje^ung  beS 
ftogenben  JtörperiS  gehalten  l^at,  in  ber  si^at  begiel^nngdtoeife  auf  il^n  eine 
Semegung  fei:  fo  leuchtet  Don  f eiber  ein,  bag  biefe  Sräg^eitSfraft  o^ne 
9lot^  erbaut  fei  unb  bei  jebem  @toge  eine  Semegnng  eines  JCörperd  gegen 
einen  anbem,  mit  glei^em  ®rabe  i^m  entgegen  bemegten  angetroffen  lo 
toerbe,  melc^eS  bie  @(ei<l^]^eit  ber  SBirlung  nnb  ®egenu>irlung,  o^ne  eine 
befonbere  9rt  ber  Slaturlraft  erbenfen  gn  bürfen,  ganj  leidet  unb  begreif« 
11(6  erfldrt.  ©leid^mol^l  bient  biefe  angenommene  j^aft  ungemein  ge» 
fcl^itft  bagu  aQe  93eu>egungiSgefe^e  fe^r  richtig  unb  leidet  barauis  l^ergu« 
leiten.  Über  ^iegu  bient  fte  nur  eben  fo,  oie  bie  SHeutonifc^e  angie^ungS«  n 
traft  aOer  Waterie  gn  (Srüdrung  ber  großen  Semegungen  beS  SeltbaueS, 
ndmlid^  nur  ali  baS  ®efe^  einer  burd)  bie  (Srfa^rung  erlannten  äuge« 
meinen  ßrfd^einung,  mooon  man  bie  Urfac^e  ni(^t  meig,  unb  meldte  folg« 
lid^  man  ftc!^  nic^t  übereilen  mug  fogleii^  auf  eine  bal^in  gielenbe  innere 
Slaturfraft  gn  fd^ieben.  20 

^di  fann,  ol^ne  etuaS  oon  bem  SHed^te  meines  Se^rgebdubeS  gu  Der- 
geben,  in  biefem  SSerftanbe  gang  loo^l  gugefte^en:  bag  alle  j^örper  in 
anfel^ung  ber  gegen  fie  bemegten  eine  Srdgl^eitSfraft  ^aben,  b.  i.  eine 
J(raft,  ber  ^anblung  im  gleichen  ®rabe  entgegen  gu  toirten,  benn  biefeS 
ift  nid^td  als  ein  ßrfa^rungSgefe^;  allein  fie  fd^einen  nur  ße  in  DöUiger  35 
fRvif)t  als  eine  innere  i(raft  an  ftc^  gu  l^aben,  benn  fte  l^aben  fte  in  ber 
%\iat  blog  barum,  loeil  fte  gegen  ben  anlaufenben  in  »irllid^er  unb  gleicher 
Seioegung  ftnb,  unb  fte  l^aben  fold^e  nimmer,  in  fo  fern  fte  fic^  ref))ectioe 
auf  i^n  in  SHul^e  befinben. 

@S  fann  aud^  gar  nic^t  fd^toer  fallen  bie  angenommene  begriffe  ber  30 
Srdg^eitStraft  auS  anbern  ©rünben  gu  ttiberlegen. 

3)enn  1)  eS  mag  ein  Äörper  nod^  fo  oicl  Ärdftc  l^abcn,  toenn  er  in 
Siu^e  ift,  fo  muffen  fte  boc^  alsbann  gemig  in  i^m  im  ©leid^gemid^te  fein. 
SBle  fott  es  benn  guge^en,  baft,  fo  balb  ber  ftofeenbc  Äörper  biefen  rul^eu» 
ben  berül^rt,  ber  legiere  ftd^  plö^lic^  felber  in  eine  gegen  bie  Seite  beS  an«  35 
laufenben  übenoiegenbe  Semegung  ober  Seftrebung  oerfe^en  foll,  um  in 
l^m  einen  Sl^eil  feiner  Äraft  gu  Dertilgen?  ©enn  toürbe  feine  innere  ^aft 


9{euer  Sel^rbegriff  bet  SBemegung  unb  fRul^e.  21 

felbfl  im  SugenMidCe  beS  @toged  nod^  immer  im  ©letd^geloid^te  fein,  fo 
mürbe  fte  biefer  mit  nid^tö  SSiberftanb  leiften.  Unb  gefegt  aud^  bag 

2)  biefe  :t)I5^lid^  entftanbene  Sejlrebung  mSglid^  uodre,  fo  iioflrbe  ber 
leibenbe  JSorper  felbjl  Don  bem  @toge  feine  Semegung  befommen;  benn 

5  ber  @to^  unb  bie  ©egenmirhing  uoärben  fic^  einanber  aufl^eben,  unb  ed 
tt)ürbe  barauS  nid^tö  mel^r  folgen,  a\&  bag  beibe  j(5r))er  aufl^örten  in  ein« 
anber  )u  loirlen,  nid^t  aber,  bag  ber  gezogene  ftd^  nad^  biefem  betoegen 
foQte.  Unb  auger  biefem,  toeil  bie  Sr&gl^eitdfraft  eine  natürlid^e  Jhaft 
ift,  fo  mägte  fte,  loenn  glei(]^  bais  ©leid^gemic^t  burd^  hen  @tog  aufgel^oben 

10  toorben,  p(^  bod^  ben  9(ugenblid(  brauf  t)on  felber  mieber  l^erfieüen,  b.  t. 

ber  geflogene  j(5rper  mägte  aldbalb  nad^  bem  @toge  mieber  rul^ig  fein. 

Sd^  entl^alte  mi^  noc^  loeit  mel^rerer  ®rünbe,  bie  id^  loiber  ben  SBe» 

griff  ber  Sräg^eitöfraft  in  Sereitfc^aft  l^abe  angufü^ren.  3$  toßrbe  eben 

fo  tool^l  bie  metapl^^fifd^e  Seioeife  beteud^ien  f5nnen,  bie  man  bat)on  oor 

15  fi4  finbet.  HOein  i(^  ^abe  l^ier  nid^t  ein  Sud^,  fonbern  einen  Sogen  gu 
fdtireiben,  in  beffen  fleinen  Inbegriff  {t(^  biefe  frud^tbare  SRaterie  mug  be« 
fd^rdnlen  laffen. 

äSon  bem  ®efe^e  ber  SontinuitAt,  in  fo  fern  ti  oon  bem 
93egriffe  ber  2:räg]^eitSlraft  ungertrennlid^  ift. 

20  9Ba8  bie  äSertl^eibiger  bes  gemeinen  SSegriffeS  Don  ber  Semegung  am 
meiften  in  SSerlegenl^eit  fe^en  mug,  ift  biefed,  bag  fie  nid^t  um^in  fönnen, 
ftd^  ein  anbereiS,  miHfürlic^ed  ®efe^  lotber  il^ren  äßiQen  aufbringen  au 
ta^en,  loenn  fte  bie  SemegungiSgefe^e  nad^  i^rem  Sel^rbegriffe  ertldren 
tDoUen.  3)iefe  ^ulfleiftenbe  ^qpot^efe  ift  haS  ®efe^  ber  Kontinuität,  too« 

25  Don  Dielleid^t  bie  toenigften  SRed^anifer  bemerlt  baben  mögen,  bag,  fo  fe^r 
fte  au(^  f eibigem  entgegen  fein  kooDen,  fte  eiS  bod^  l^eimlid^  annel^men 
muffen,  loenn  fte  ben  @tog  ber  Xbtptx  aM  htn  angenommenen  Segriffen 
ber  Seioegung  erll&ren  tooUen.  3d^  oerfte^e  aber  l^ierunter  nur  baS  pi)t)^ 
fifd^e  ®efe^  ber  Kontinuität,  toeld^eiS  ftd^  niemals  bemeifen,  aber  mol^l 

30  loiberlegen  Idgt;  benn  maS  bad  im  logifd^en  Sinne*)  anlangt,  fo  ift  eS 

*)  3(^  wiU,  ol^ne  bie  Formel  biefer  Siegel  l^ier  l^in^ufe^en,  nut  einige  ^Bei* 

fpiele  baoon  anfül^ren.  93ad  ba  fiberl^aupt  gilt,  wenn  ein  ^iJrper  auf  einen  anbent 

beioegten  anfld^t,  bad  gilt  au^,  toenn  er  einen  ru^enben  trifft,  benn  bie  SRul^e  ift 

M  eint  unenblid^  fleine  iBetoegung  an^ufe^en.    SSenn  ein  ^dftenntag  Don  ber 

35  toirflii^  IBeioegung  überl^ut^t  gilt,  fo  mu6  t^  an(^  oom  blogen  S)rudFe  gelten; 


lUt« »ff"', rtortH« V'rt«*"  4  toi «>*;  TiMt, <• 


^  Ib^tt«^  ^^"^  ^Irbegriff  bet  SBemegung  itnb  9tu|e.  23 

;:nzr2te^:^  9Benn  id^  üorgebe,  bag  ein  Xbxptx  in  einen  anbern  niemals  mit 
if^f/j^l^  einem  ®rabe  j(raft  auf  einmal  loirlen  linne,  o^ne  aQe  mSglid^e  Heine 
g^jfjljLp^Stoif^^cngrabe  Dornet  burc^jußel^cn,  fo,  fage  id^,  »erbe  er  in  l^n  gar  nlcftt 
in  a  t^'  ^^^^^  fönnen.  S)enn  eS  mag  no(]^  f o  ein  unenblid^  fleined  SRoment  fein, 
'ar  Wb? ^  ^^'^^^^t  ^^  *^  ^'wem  augenbUde  wirft,  unb  toeld^eä  pd^  in  einem  benimm« 
w  ATA?  *^^  S^ittl^cild^en  ju  einer  gegebenen  ®ef d^winbigfeit  l^duft,  fo  ift  bief e« 
m  aU'*  ^^°^^"*  immer  eine  plö^Ud^e  SBirfung,  bie  nad^  bem  ®ef e^e  ber  Eon* 
ni  >^^  ***^wiWt  erfilid^  l^fttte  burd^  aUe  unenblic^e  ®rabe  ber  gringeren  3Womente 

.  '  ';  burd^gel^en  foOen  unb  au^  lönnen;  benn  ed  lägt  |t<^  immer  t)on  einem 
f-^J)  gegebenen SKoment  ein  anbere«,  fleinereö  beulen,  au8  beffen Summirung 
f ^  j^    jene«  ertoad^fen  ift.   3-  6-  ba8  SRoment  ber  ©c^mere  ift  gemife  unenblid^ 

m?p  Heiner,  al8  ba8  2Roment  ber  ^anblung  bei  bem  Stofte  ber  Äfirper,  »eil 
^%f^^  biefe  in  einer  gang  unmerflid^en  Seit  grofee  ®rabe  ©efd^winbigleit  juwege 
^,mst,  tiYingen  fann,  toeld^e  bie  ©c^mere  in  »eit  längerer  nur  erjeugen  fönnte. 
^P->  »fo  ifl  felbfl  ba«  Woment  ber  SBirfung  beim  ©tofee  plö^Iic^  unb  bem 
fe  im.::  gjgfe^e  ber  ©ontinuität  guttiber.  SRan  barf  aud^  nid^t öortoenben,  e«  gebe 
'^•^;^'  gar  feine  öottfommen  l&arte  Äörper  in  ber  Slatur.  3!)enn  e8  ift  l^ier  genug 
öfÄ^  jte  nur  gu  gebenfen  unb  bie  aSemegungSgefe^e  berfelbcn  gu  befiimmen, 
?#'•  toeil  nur  öermitteip  berfelben  biefenige,  nad^  tocld^en  biegfame  Äörper 
^^"^  20  einanber  ftofeen,  gefunben  »erben  Bnnen.  Unbfiberbem  ^atbod^  ein  feg«» 
n,^'  lid^er  Weiche  j(5rper  einen  gewiffen  ®rab  beS  ßulammenl^angeS ,  mit 
^^"^  weld^em  er  in  Snfe^ung  beS  i^m  gleichen  ober  Reinem  SRomentd  in  ber 
j^raft  bes  fto^enben  ald  ein  harter  Mxptx  lann  angefel^en  »erben,  unb 
»enn  nur  in  Snfel^ung  biefeS  eine  |)Ii^lid^e  SBirfung  möglich  ift,  fo  »irb 
fl^-    35  jie  aud^  in  Snfe^ung  grigerer  ®rabe  ^att  flnben  f5nnen. 


;»••• 

U"-^ 


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».•I- 


©d^Iäffel  gur  (Erläuterung  ber  ®efe^e  bes  @to|eiS  nad^ 
bem  neuen  IBegriffe  ber  Seioegung  unb  Stulpe. 

9Ba8  in  bem  @to^e  gmifd^en  ben  beiben  gegenfeitig  »irfenben  Rhx^ 
pem  üorgel^t,  i{l  nad^  unferm  Se^rbegriffe  aud  bem  üorigen  f c^on  flar.  @d 

30  befielet  nämlid^  blog  barin:  bag  äßirfung  unb  ®egen»irfung  beiberfeitig 
gleid^  ftnb,  unb  bag  beibe  j(5rper  nad^  bem  @toge  begiel^ungsweife  auf« 
einanber  ru^en,  »enn  fte  einanber  nämlid^  gerabe  gu  getroffen  ^aben,  unb 
man  Don  aOer  ^^eberfraft  abftral^irt.  SQein  unter  ber  ^Benennung  üon 
Seioegungdgefe^en  Derftel^t  man  nic^t  bIo|  bie  Siegeln  ber  Segie^ung,  bie 

35  bie  ftogenbe  khx)ftx  einer  in  Slnfel^ung  bed  anbern  betommin,  fonbem 


24  9leuer  Sel^tbegriff  bet  SBemegung  unb  SRul^e. 

Dornel^mlid^  aud^  bte  äSeränberung  i^red  fiugeren  ßufianbed  in  Slbftd^i 
auf  ben  SHaurn,  barin  {ie  fid^  befinben.  SDiefed  tft  eigentlich  ju  reben  nur 
baS  dugere  $]§änomenon  beffen,  voa^  unmittelbar  gti)if(]^en  il^nen  t)orge« 
gangen  ijü;  unb  biefeS  ))erlangt  man  gu  toiffen. 

Su  bem  @nbe  ne^me  man  erftlid^  gteei  j^örper  A  unb  B,  ben  erftem  » 
t)on  3  «t  3Raffe,  ben  gleiten  ))on  2  ^  unb  biefen  le^tern  in  Slnfe^ung 
beiS  SlaumS,  barin  er  fid^  beftnbet,  aliS  rul^enb,  ben  erjlern  aber  in  9lb» 
ftc^t  auf  biefen  SRaum  als  belegt  mit  einer  ©efd^minbigteit  t)on  5  ®ra« 
ben  an  in  einem  geraben  einlaufe  auf  ben  ^bxptx  B.  Sßeil  man  nun 
bem  j(5r))er  B  nad^  unfern  @&^en  begie^ungdiioeife  auf  A  eine  ©efc^toin«  lo 
bigfeit  Don  3  ®raben,  bem  A  aber  gegen  B  Don  2  ©raben  beilegen  mug, 
fo  toerben  burd^  ben  @tog  biefe  jmei  gleid^e  ^r&fte  einanber  aufl^eben, 
unb  beibe  Doerben  gegen  einanber  re[pectiDe  rul^en.  Sßeil  aber  B,  uoeld^eiS 
bejiel^ungiSiDeife  auf  bie  anbere  ©egenftdnbe  rul^te,  biefem  {ufolge  eine 
refpectioe  Seioegung  Don  2  ©raben  auf  A  ^at,  fo  D)irb  eben  biefe  aud^  15 
bem  umgebenben  9taume  parallel  unb  in  gleid^er  ©efd^toinbigfeit  mit  bem 
^5rper  B  muffen  guerlannt  toerben.  9lun  ^ebt  ber  @to6  Don  A  biefe  IBe» 
Doegung  Don  2  ©raben  in  B  auf,  nid^t  aber  in  bem  umgebenben  äiaume, 
als  in  »eld^em  nid^t  geioirlt  Doirb;  alfo  »irb  biefer  fortfahren  ftd^  nad^  ber 
Dorigen  äiid^tung  bed  J^brperS  B  gu  betoegen,  ober,  loeld^ed  einerlei  ift,  so 
ber  j(5rper  B  toirb  in  entgegengefe^ter  9iid^tung,  nAmlid^  in  ber  Sftid^tung 
beS  fto^enben  A,  mit  2  ©raben  ©efc^toinbigteit  in  Slnfel^ung  beS  um« 
gebenben  SItaumed  nad^  bem  @to|e  fortrüd(en,  mithin  aud^  ber  j(5rper  A 
in  berfelben  Sltid^tung  unb  mit  berfelben  ©efd^toinbigteit,  toeil  er  in  Sin« 
fe^ung  B  rul^t.  Sllfo  »erben  beibe  ^5rper  nad^  bem  @to^e  mit  2  ©raben  as 
©efd^toinbigteit  fortlaufen.  3Ran  fielet  ^ierauS :  bag  eine  in  einem  Mxptx 
aufgel^obene  ©efd^toinbigfeit,  »eld^e  nur  refpectioe  auf  ben  anlaufenben 
j^örper  in  bem  geflogenen  gefegt  »orben,  unb  bie  er  nid^t  in  Stnfe^ung 
beS  SftaumS  ^atte,  in  il^m  eigentlid^  einen  gleid^en  ©rab  ber  SSeioegung 
in  Stbftd^t  auf  ben  fRanvx  in  ber  9iid^tung  beS  @toged  l^erDor  bringt.        so 

Sßenn  gtt)ei  j^orper  A  unb  B  Don  ben  ^Raffen  toie  Dörfer,  A  aber  mit 
3  ©raben  unb  B  mit  2  in  entgegengefe^ter  Sltid^tung  gegen  einanber  an« 
laufen,  fo  muffen,  Dsenn  man  nur  bad  gegenfeitige  SBerl^&ltnig  ber  93e« 
toegung  biefer  ^5rper  gegen  einanber  betrachtet,  bie  ©efc^Minbigleiten  3 
unb  2  fummirt  koerben  unb  nad^  bem  obigen  biefe  @umme  unter  fte  in  35 
umgelel^rtem  SSerl^dltnig  ber  äßaffen  Dertl^eilt  werben,  fo  ba^  A  2  ©rabe 
©efc^koinbigteit,  B  aber  3  belommt,  iDomit  fte  fi(^  folglid^  burd^  bie  ©leid^« 


9leuer  8el^rbegriff  ber  SBetoegung  unb  SRul^e.  25 

l^eit  ber  entgegengefe^ten  j(rAfte  in  ref))ecti))e  Sltul^e  gegen  einanber  \>tx» 
fe^en.  SBeil  nun  burd^  bie  x^]pecti\>t  SSetoegung  ber  beiben  Xbrptx  gegen 
einanber  in  B  eine  ®ef(!^n)inbtgfeit  3  gefegt  uourbe,  bie  B  begiel^ungiS« 
iioeife  auf  ben  dugern  ätaum  nid^t  gdnjlic^,  fonbern  nur  baoon  2  ®rabe 

5  l^at,  fo  tt)irb  nad^  bem  turj  ju))or  9ngemer!ten,  bie  Sluf^ebung  einer  ®e« 
fd^tt)inbigfeit,  bie  in  bem  Mxptt  nid^t  in  Sinfe^ung  beS  9taumed  anju« 
treffen  uoar,  eine  SSeteegung  in  entgegengefe^ter  SRid^tung  in  Sinfel^ung 
eben  beffelben  ^Raumes  fefife^en,  b.  i.  B  toirb  mit  einem  ®rabe  ©efc^toin» 
bigfeit  unb  A  gleicJ^faUiS  mit  biefem  ®rabe,  loeil  eiS  refpectiüe  auf  B  ru^t, 

10  in  ber  9ii(^tung,  barin  A  ben  @tog  t^at,  fortbetoegt  koerben. 

es  iD&re  leidet,  bie  ©efe^e  ber  Semegung  bei  bem  Stoge  ber  XbxptXf 
bie  mit  ungleid^er  ©efd^toinbigfeit  nad^  einerlei  SHid^tung  fortlaufen,  im« 
gleid^en  bie  Siegeln  beiS  Stoßes  elaftifd^er  Xixpex  aud  ben  gum  ©runbe 
gelegten  Gegriffen  l^erguleiten.   Sd  uodre  aud^  no(!^  nöt^ig,  ba&  Sorge» 

15  tragene  burc^  mehrere  @rIAuterungen  in  ein  grSger  Sid^t  gu  fe^en.  S)iefeS 
aUed  tinnte  gefc^el^en,  »enn  in  einer  fo  reid^en  äßaterie  unb  bei  fo  engen 
©rAnaen  bed  StaumeS  eS  möglid^  U)Are  tJoUftAnbig  in  bem  Sn^alte  unb 
bod^  aud^  koortreid^  im  SluSbrudte  gu  fein. 


S)er  SntiDurf  r>t>n  meinen  SSorlefungen  in  bem  gegenmArtigen  l^alben 

so  Sa^re  x\t  folgenber:  3d^  toerbe  bie  äSernunftlel^re  über  ben  SuSgug  bed 

äßeierd  t)ortragen.  S)ie  3Retap]§Qftf  gebenfe  id^  ie^tnad^  bem^anbbud^e 

bed  SaumeiflerS  gu  erllAren.   Sn  einer  9Rittn)od^^  unb  @onnabenb8« 

ftunbe  merbe  tc^  bie  in  ben  üorigen  Sagen  abge^anbelte  @A^e  polemifc^ 

betrad^ten,  »eld^ed  meiner  SReinung  nad^  eins  ber  üorjfiglic^ften  SRittel 

25  ift  }u  grfinblid^en  (Sinftd^ten  gu  gelangen.   S)ie  SRatl^ematit  U)irb  aber 

SBoIffenS  SluSgug  angefangen  loerben.  Senn  einige  Ferren  gu  einem 

SoUegio  ber  Slaturtoiffenfd^aft  über  (Sber^arbs  ^anbbud^  ^Belieben  ^a« 

ben,  fo  merbe  i(^  i^rem  Verlangen  ein  ©nüge  gu  leiften  fu^en.  3d^  l^abe 

in  bem  DerlDid^enen  falben  ^a^re  bie  pl^Qftfd^e  ©eogropl^ie  nad^  meinen 

30  eigenen  Suffd^en  Dorgelefen  unb  gebenfe  biefe  nfl^lic^e  unb  angenehme 

9Siffenf(^aft  aufS  neue  mit  üerfd^iebenen  ßnioeiterungen  üorgutragen. 


einiger  SSctrad^tungen 
über  ben 

Don 

M.  IMMANUEL  KANT, 

wobur^  er  luqUiä)  feine  Sorlefungen 
auf  bad  beDorfte^enbe  ^albe  3a^t  anlünbigt. 


3)en  7.  Dctobet  1759. 


@eitbem  man  ftc^  Don  ®ott  einen  gejiemenben  Segriff  gemad^t  ^at, 
ift  DieDeid^t  lein  ®ebanfe  natürli(l()er  gemefen,  als  biefer,  bag,  loenn  er 
to&^It,  er  nur  baS  Sefie  iD&^le.  SBenn  man  Dom  SIejranber  fagte,  bag  er 
glaubte  ni(^tj}  getrau  gu  ^aben,  fo  lange  ffir  i^n  no(^  etmad  2U  t^un  fibrig 

5  mar,  fo  mirb  fic^  biefeiS  mit  einer  unenblid^  größeren  Siid^tigleit  Don  bem 
gütigfien  unb  mdc^tigften  unter  allen  SSefen  fagen  laffen.  Seibnia  l^at 
auc^  bamit  nid^td  9leueiS  Dorgutragen  geglaubt,  menn  er  fagte:  biefe  äSelt 
fei  unter  allen  m5gli(^en  bie  befte,  ober  meld^eS  eben  fo  Diel  ift:  ber  3n« 
begriff  alles  beffen,  mad  ®ott  auger  ftd^  l^eroor  gebrad^t  l^at,  ift  bas  93e{te, 

10  was  nur  ^erDor  gu  bringen  mbglid^  mar;  fonbern  baS  9leue  beftanb  nur 
in  ber  SKnmenbung,  um  bei  ben  @(^mierigteiten,  bie  man  Don  bem  Vix^ 
fprunge  beS  935fen  mad^t,  ben  Sinotm  abgul^auen,  ber  fo  fd^koer  aufgu« 
löfen  ift.  6in  ®eban{e,  ber  fo  leidet,  fo  natürlid^  ift,  ben  man  enblid^  fo 
oft  fagt,  bag  er  gemein  mirb  unb  Seute  Don  g&rtlid^em  @efd^mad(e  Der« 

13  efelt,  lann  fid^  nic^t  lange  im  Slnfe^en  erl^alten.  9Ba8  l^at  man  benn  ffir 
S^re  buDon,  mit  bem  großen  Raufen  mit  gu  benfen  unb  einen  @a^  gu 
behaupten,  ber  fo  leidet  gu  bemeifen  ift?  Subtile  ^[rrt^ümer  ftnb  ein  Steig 
fflr  bie  Eigenliebe,  mel(^e  bie  eigene  St&rle  gerne  fü^lt;  offenbare  SBal^r« 
Reiten  l^ingegen  merben  fo  leicht  unb  burc^  einen  fo  gemeinen  93er{lanb 

90  eingefel^en,  bag  ^  il^nen  enbli^  fo  ge^t  loie  j[enen  ®ef&ngen,  meldte  man 
nid^t  me^r  ertragen  lann,  fo  balb  fie  aud  bem  Sßunbe  beis  $öbels  er« 
f<|aOen.  9Iit  einem  SSorte:  man  fc^ä^t  gemiffe  Srtenntniffe  fifterS  nid^t 
barum  ^oc^,  loeil  fte  richtig  ftnb,  fonbern  meil  fie  unS  maS  loften,  unb 
man  l^at  nid^t  gerne  bie  äBal^r^eit  gutes  j^aufs.  S)iefemnad^  l^at  man  eS 

35  erftlic^  augerorbentlid^,  bann  fd^5n  unb  enblid^  rid^tig  gefunben,  gu  be» 
l^aupten,  bag  eS  ®ott  beliebt  l^abe  unter  aUen  miglid^en  SBelten  biefe  gu 


30  ^erfu^  einiget  SBetra^tungen  fiber  ben  Dptimidmud. 

to&^Un,  nid^t  »eil  fte  beffer  toat  a\i  bie  übrige,  bie  in  feiner  ®emalt 
iDaren,  fonbern  uoeil  ti  lurjum  il^m  fo  beliebte.  Unb  marum  beliebte  ed 
benn  bir,  bu  6n)iger,  frage  id^  mit  S)emut]^,  baS  Sd^Iec^tere  bem  Seffem 
üorgujiel^en?  Unb  ^enfc^en  legen  bem  SHter^öi^ften  bie  Slntmort  in  ben 
9Runb:  &&  gefiel  mir  dfo,  unb  baiS  ift  genug.  5 

3(^  entmerfe  je^t  mit  einiger  ßilfertigfeit  Slnmertungen,  bie  baiS  Ur* 
tl^eil  aber  bie  @treit!gleit  erleichtern  tonnen,  meiere  ftd^  l^ierüber  erhoben 
^at.  Sßeine  Ferren  QvXiixn  merben  fte  oielleid^t  bienlid^  finben,  ben  93or« 
trag,  ben  id^  über  biefen  Slrtifel  in  ben  Sorlefungen  t^ue,  in  feinem  Qvl^ 
fammenl^ange  beffer  eingufel^en.  ^c^  fange  bemnadb  alfo  an  gu  fd^liegen.  10 

SBenn  feine  SSelt  gebadet  merben  lann,  über  bie  fid^  nid^t  no<|  eine 
beffere  benfen  liege,  fo  l^at  ber  ^öc^fte  Serftanb  unmöglid^  bie  ßrlenntnig 
aller  möglichen  3Belten  l^aben  fonnen;  nun  ift  bad  le^tere  falfd^,  alfo  a\x^ 
bai  erftere.  3)ie  Stid^tigfeit  beS  Dberfa^eS  erl^eOt  alfo:  toenn  id^  ed  Don 
einer  {eben  eingelnen  3bee,  bie  man  fid^  nur  t)on  einer  SBelt  mad^en  mag,  15 
fagen  lann,  bag  bie  SßorfteQung  einer  nod^  beffern  mbglidb  fei,  fo  fann 
biefeS  au(^  Don  allen  ^been  ber  Sielten  im  gbttlid^en  SBerfianbe  gefagt 
»erben;  alfo  ftnb  beffere  SSelten  mbglid^  ald  alle,  bie  fo  Don  ®ott  ertannt 
»erben,  unb  ®ott  l^at  nid^t  Don  allen  mSglid^en  äSelten  j^enntnig  gel^abt. 
3d^  bilbe  mir  ein,  bag  ber  Unterfa^  Don  j[ebem  SHed^tgl&ubigen  merbe  ein«  ao 
ger&umt  »erben,  unb  fc^liege,  ba^  ed  falfd^  fei,  gu  bel^aupten,  e8  lönne 
feine  SBelt  gebac^t  »erben,  über  bie  ftc^  nid^t  nod^  eine  beffere  beuten 
liege,  ober,  »eld^eS  einerlei  ift,  eS  ift  eine  SSelt  möglid^,  über  bie  {i(^  feine 
be^ere  benfen  l&gt.  hieraus  folgt  nun  g»ar  freilid^  nid^t,  bag  eine  unter 
allen  möglichen  SSelten  muffe  bie  DoHfommenfte  fein,  benn  »enn  2»ei  25 
ober  mehrere  berfelben  an  Sßollfommen^eit  gleid^  »ären,  fo  »ürbe,  »enn 
gleid^  feine  beffere  al8  eine  Don  beiben  fönnte  gebadet  »erben,  bod^  feine 
bie  befte  fein,  »eil  beibe  einerlei  ®rab  ber  ®üte  l^aben. 

Um  biefen  ^»eiten  @d^lug  machen  gu  fönnen,  fteUe  idb  folgenbe  93e« 
trad^tung  an,  bie  mir  neu  gu  fein  fc^eint.   3Ran  erlaube  mir  guDbrberft,  so 
bag  id^  bie  abfolute  SSoIlfommen^eit*)  eines  3)inge8,  »enn  man  fie  ol^ne 


*)  S)ie  SSoUfommenl^eit  im  refpectioen  lOerflanbe  ifl  bie  Bufammenflimmung 
bed  9){annigfaltigen  ^u  einet  gemifyen  Süegel,  biefe  mag  fein,  toel^e  fie  tooUe.  @o 
ifi  manc^et  betrug,  man^e  SR&ubertotte  ooUfommen  in  il^rer  fltt.  ^lUein  im  ab- 
foluten  ^erftanbe  ift  ehoad  nur  DoUfontmen,  in  fo  fem  bod  9)^annigfaltige  in  bem-  35 
felben  ben  ©runb  einet  ^Realität  in  fld^  entl^AIt.  2)ie  ©tiJge  biefet  dlealitdt  beflimmt 
ben  ®tab  bet  ^oUfornmenl^eit.    Unb  weil  @ott  bie  ^öc^fle  ateaUtat  ift,  fo  nifitbe 


^tx\uäi  einiger  iBeirad^tungen  über  ben  Optitni^mud.  31 

irgenb  eine  abfielt  ffir  ftc^  felbil  betrad^tet,  in  bem  ®rabe  ber  9tealität 
fe^e.  3$  "ffob^  in  biefer  SSorauSfe^ung  bie  SSeiflimmung  ber  meifien 
Sßelttoeifen  auf  meiner  @eite  unb  tonnte  fel^r  Iei(^t  btefen  SSegriff  x^ifU 
fertigen.  !Run  be]§Qu))te  ic^,  bag  SÜealität  unb  SHeaUt&t  niemal«  al8  foI(^e 

ft  tinnen  unterfd^ieben  fein.  2)enn  menn  ^äi  ^inge  Don  einanber  unter« 
fd^eiben,  fo  gefd^ie^^t  eS  burd^  baSfenige,  toaS  in  bem  einen  ift  unb  in  bem 
anbern  nic^t  ifi.  SSenn  aber  ^Realitäten  al8  fold^e  betrad^tet  toerben,  fo  ift 
ein  iebed  SRerlmal  in  il^nen  ))öfttir);  foUten  ßd^  nun  biefelbe  t)on  einanber 
als  Stealitäten  unterf(^eiben,  fo  mfi^te  in  ber  einen  etmaS  ^ofitioeS  fein, 

10  toai  in  ber  anbern  ni^t  m&re,  alfo  toflrbe  in  ber  einen  etmaiS  ^legatioeiS 
gebadet  loerben,  looburd^  fte  ftd^  Don  ber  anbern  unterfd^eiben  liege,  baiS 
l^eigt,  {te  merben  nic^t  ald  9lealit&ten  mit  einanber  Derglic^en,  melc^ed 
bod^  geforbert  tourbe.  S)emnad^  unterfd^eiben  fic^  SflealitAt  unb  9lealit&t 
Don  einanber  burd^  nid^tiS  ald  burd^  bie  einer  Don  beiben  anl^&ngenbe 

»  Slegationen,  Slbmefen^eiten,  Sd^ranfen,  bad  ift  nid^t  in  Slnfe^ung  il^rer 
93efd^a{fen^eit  (qualitate),  fonbern  ®r5^e  (gradu). 

S)emnad^  menn  2)inge  Don  einanber  unterfd^ieben  fiub,  fo  unter» 
fd^eiben  fie  fid^  ieberjeit  nur  burc^  ben  ®rab  i^rer  Sftealit&t,  unb  unter» 
fc^ieblid^e  3)inge  I5nnen  nie  einerlei  ®rab  ber  SHealität  ^aben.    aifo 

so  tbnnen  il^n  aud^  niemals  gtoei  unterfd^iebene  SBelten  l^aben ;  baS  ^eigt,  eS 
finb  nic^t  gtoei  SBelten  mbglic^,  tDel(^e  gleid^  gut,  glei(^  DoDtommen  lo&ren. 
i^err  Sieinl^arb  fagt  in  feiner  ^reisfc^rift  Dom  DptimiSmuS:  eine  Sßelt 
Tonne  Dool^l  eben  bie  Summe  Don  SHealit&ten,  aber  anberer  SIrt  l^aben  atö 
bie  anbere,  unb  alSbann  toAren  es  Derfd^iebene  äSelten  unb  bo(^  Don 

SS  gleicher  SSoUtommenl^eit.  STOein  er  irrt  in  bem  ©ebanfen,  ald  loenn  9teali» 
tdten  Don  gleid^em  ®rab  bod^  {bunten  in  il^rer  Sefdbaffenl^eit  (qualitate) 
Don  einanber  unterfdbieben  fein.  2)enn  um  ed  nod^malS  ju  fügen,  man 
fe^e,  bag  fte  ti  lo&ren,  fo  loürbe  in  einer  etmais  fein,  »ad  in  ber  anbern 
ni(^t  ift,  alfo  mfirben  fte  ftc^  burd^  bie  93eflimmungen  A  unb  non  A  unter» 

30  fd^eiben,  DooDon  bie  eine  allemal  eine  loal^rl^afte  äSerneinung  ift,  mitl^in 
burd^  bie  @(^ranten  berfelben  unb  ben  ®rab,  nic^t  aber  burd^  i^re  SBe» 
f^affen^eit;  benn  bie  SSemeinungen  f innen  niemals  gu  ben  Dualitäten 
einer  Stealitdt  gejAl^lt  toerben,  fonbern  fie  fd^rAnfen  fie  ein  unb  beftimmen 
il^ren  ®rab.  S>iefe  Setrad^tung  ift  abftract  unb  mürbe  loo^l  einiger  ßr» 

35  Iduterungen  bebürfen,  meiere  i(^  aber  anberer  ®elegen]§eit  Dorbe^alte. 

biefer  lOegriff  mit  bemfenigen  fibereintreffen,  ha  man  fagte,  ed  ift  etniaiS  DoQfommen, 
in  fo  fern  ed  mit  ben  göttlichen  C^igenf^aften  aufammenftimmt. 


32  Serfudg  elntger  Setradgtungen  über  ben  DptimtdmuS. 

äBir  fnb  fo  totxt  gelommen  grfinbUd^  einjufel^en,  bag  unter  aUen 
mSglid^en  SBelten  eine  bie  Dolllommenjte  fei,  fo  ba|  i^r  koeber  eine  an 
Srefflid^Ieit  Dorgel^t  nod^  eine  anbete  i^r  gleich  fommt.  Db  biefeS  nun  bie 
toirllid^e  Sßelt  fei  ober  nid^t,  kooQen  loir  balb  erkodgen;  je^t  kooQen  loir 
bas  Slbgel^anbelte  in  ein  grdgereiS  Sid^t  gu  fe^en  fud^en.  5 

&&  giebt  ®r5gen,  oon  benen  ft(!^  leine  beuten  Idgt,  bag  nid^t  eine 
nod^  gr5gere  finnte  gebadet  koerben.  S)ie  grigte  unter  aQen  S^I^Ien,  bie 
gef(^U)inbe{te  unter  aEen  Sekoegungen  finb  oon  biefer  Slrt.  @elbft  ber 
g5ttUd^e  äSerftanb  benft  fie  nid^t,  benn  fie  {tnb,  loie  £eibnig  anmerlt,  be« 
trflgli^e  Segriffe  (notlones  deceptrices),  oon  benen  eS  fd^eint,  bag  man  10 
etkoag  burd^  {te  beult,  bie  aber  in  ber  5Si§at  nid^ts  oorfteEen.  9lun  fagen 
bie  ©egner  beiS  Optimismus:  eine  ooUfommenfte  unter  allen  äBelten  fei 
fo  koie  bie  größte  unter  allen  QafiUn  ein  koiberfpred&cnbcr  Segriff;  benn 
man  tonne  eben  fo  lool^I  gu  einer  Summe  ber  Sflealität  in  einer  Sßelt 
einige  mel^rere  l^ingutl^un,  koie  gu  ber  @umme  ber  @inl^eiten  in  einer  Qa\jil  15 
anbere  Sinl^eiten  tonnen  l^ingugetl^an  loerben,  ol^ne  ba^  iemals  koaS 
®r5gteS  l^erauStommt. 

Dl^ne  l^ier  gu  erkoäl^nen,  bag  man  nid^t  fuglid^  ben  ®rab  ber  Siealität 
eines  S)ingeS  in  93ergleid^ung  ber  lleinem  als  eine  3^^!  in  äSergleid^ung 
mit  il^ren  @in]^eiten  anfeilen  tann,  fo  ful^re  id^  nur  foIgenbeS  an,  um  gu  ao 
geigen,  bag  bie  angefül^rte  Snftang  nid^t  kool^l  paffe.   @S  ift  gar  teine 
größte  Bal^I  miglid^,  eS  ift  aber  ein  grbgter  ®rab  ber  SRealität  m5glid^, 
unb  biefer  beftnbet  ftd^  in  ®ott.  Seilet  ba  ben  erften  ©runb,  koarum  man 
l^ier  fid&  fälfd^Hd^  ber  S^^lbegriffe  bebient.   2)er  Segriff  einer  grbfeten 
enblid^en  QaJfi  ift  ein  abftracter  Segriff  ber  Siell^eit  fd^Ied^tl^in,  loeld^e  95 
enblid^  ift,  gu  »eld^er  aber  gleid^U)ol()l  mel^r  l^ingugebad^t  koerben  tann, 
ol^ne  bag  fie  aufl^ört  enblid^  gu  fein;  in  koeld^er  alfo  bie  @nblid^teit  ber 
®r5ge  teine  beftimmte,  fonbern  nur  allgemeine  @d^ranten  fe^t,  to)eSkoegen 
teiner  k)on  fold^en  Qafiltn  baS  $räbtcat  ber  größten  gutommen  tann;  benn 
man  mag  eine  beftimmte  !iRenge  gebenten,  toie  man  loiQ,  fo  tann  biefe  so 
eine  febe  enblid^e  ßai^I  ol^ne  Slad^tl^eil  ber  @nblid^teit  burd^  bie  {)ingu« 
tl^uung  Dermel^ren.  S)er  ®rab  ber  Siealitdt  einer  SBelt  ift  l^ingegen  etwas 
burd^gdngig  SeftimmteS;  bie  @d^ranten ,  bie  ber  m5glid^  grigtenSoD« 
tommenl^eit  einer  SBelt  gefegt  ftnb,  ftnb  nid^t  blog  allgemein,  fonbern 
burc^  einen  ®rab,  ber  notl()koenbig  in  i^r  fel^len  mu^,  feftgefe^t.  S)ie  Un«  35 
abl^dngigteit,  bie  @elbftgenugfamteit,  bie  ©egenkoart  an  aQen  Drten,  bie 
SRad^t  gu  erfd^affen  u.  f.  ko.  finb  Solltommenl^eiten,  bie  teine  äBelt  l^aben 


$evfu(i^  einiger  SetTa(!^iungen  ober  beti  Dptimidmud.  33 

lann.  <&ier  ift  tS  ntd^t  fo  tote  bei  ber  matl^emattfd^en  Unenblt(i^Ieit,  bag 
bad  (Snblid^e  burd^  eine  beftänbig  fortgefe^te  unb  immer  möglid^e  Steige« 
rung  mit  bem  Unenblid^en  na(]^  bem  ®e{e^e  ber  Kontinuität  gufammen* 
^ängt.  $ier  ift  ber  Slbf^anb  ber  unenblt(i^en  Sfiealität  unb  ber  enblid^en 

5  burc^  eine  beftimmte  ®röge,  bie  i^ren  Unterfd^ieb  audma(i^t,  fefigefe^t. 
Unb  bie  SBelt,  bie  ftcj^  auf  berjenigen  Sproffe  Don  ber  2eiter  ber  SBefen 
befinbet,  loo  bie  j^luft  anl^ebt,  bie  bie  unermegUd^en  ©rabe  ber  äSoD« 
lommenl^eit  ent^&lt,  loeld^e  ben  (Sioigen  über  jebeiS  ©efd^opf  erl^eben,  biefe 
SSelt,  fage  ic^,  ift  bad  äSoUtommenfte  unter  allem,  koaS  enblid^  ift. 

10  SRid^  beud^t,  man  f5nne  anie^t  mit  einer  (Setoigl^eit,  koeld^er  bie 
®egner  loenigftend  nid^ts  ®r5gereS  entgegen  gu  fe^en  ^aben,  einfel^en: 
ti  fei  unter  aUem  Snblid^en,  toaS  miglid^  koar,  eine  SSelt  oon  ber  gr5^ten 
äSortrefflid^Ieit  baS  ]^5(^fte  enblid^e  ®ut,  allein  lofirbig  oon  bem  oberften 
unter  aüen  SSefen  geioäl^It  ju  toerben,  um  mit  bem  Unenblid^en  gufammen» 

15  genommen  bie  größte  @umme,  bie  fein  lann,  audgumac^en. 

3Benn  man  mir  ba$  oben  Sewiefene  gugiebt,  koenn  man  mit  mir  ein« 
fiimmig  ift,  ba^  unter  aDen  mSgltd^en  Sßelten  eine  notl^koenbig  bie  ooU« 
fommenfie  fei,  fo  )>erlange  id^  nic^t  ferner  gu  ftreiten.  Slid^t  alle  S(ud« 
fc^ioeifung  in  SReinungen  fann  unS  gu  ber  Semfil^ung  oerbinblid^  mad^en 

20  jte  mit  Sorgfalt  gu  beanttoorten.  SBenn  fid^  i^manb  aufmirft  gu  behaupten, 
bie  l^öd^fte  äBeiSl^eit  l^abe  bad  @d^led^tere  beffer  finben  fonnen  atö  ba& 
Sefte,  ober  bie  l^dd^fte  ©fite  l^abe  {td^  ein  Heiner  ®ut  mel^r  belieben  laffen 
als  ein  grdgereg,  loeld^eS  eben  f o  kool^I  in  il^rer  ©emalt  loar,  fo  l^alte  id^ 
mid^  nid^t  länger  auf.   3Ran  bebient  fid^  ber  SSeltioeiS^eit  fel^r  fd^Ied^t, 

25  to)enn  man  {te  bagu  gebraucht  bie  ©runbfä^e  ber  gefunben  SSernunft  um« 

gule^ren,  unb  man  t^ut  i^r  loenig  ßl^re  an,  loenn  man,  um  fold^e  93e* 

mäl^ungen  gu  koiberlegen,  eS  nod^  n5tbig  finbet  il^re  äBaffen  aufgubieten. 

S)erienige,  meld^em  ed  gu  meitläuftig  loäre,  fid^  in  aQe  bie  feinen 

fragen,  bie  mir  bid  bal^er  aufgeworfen  unb  beantmortet  l^aben,  ftudmeife 

30  eingulaffen,  loflrbe  gkoar  mit  etmad  lo^niger  Sd^ulgelel^rfamleit,  aber 
oieUeic^t  mit  eben  fo  bftnbigem  Urtl^eil  eined  rid^tigen  SSerftanbeS  oon  ber* 
felben  SSal^r^eit  koeit  leidster  fönnen  ubergeugt  koerben.  (Sr  toürbe  fo 
f daliegen:  @ine  oollfommenfle  SBelt  ifi  möglid^,  loeil  fte  koirllid^  ift,  unb 
fte  ift  koirflid^,  koeil  {te  burd^  ben  koeifeften  unb  gfitigften  Siatl^fd^Iug  ift 

35  l^eroorgebrad^t  koorben.  Sntkoeber  id^  lann  mir  gar  leinen  Segriff  k>on 
einer  Bal^I  madben,  ober  man  mä^It  nad^  ^Belieben;  mad  aber  beliebt,  baS 
gef&nt;  gefallen  aber  unb  für  gut  l^alten,  k)orgfiglid^  belieben,  ft(^  k)orgfig« 

itaat*!  etftrlftcn.    IBcrfc.  II.  3 


34  9)erfu(^  einiger  Betrachtungen  über  ben  DptimiSmud. 

Itd^  getanen  laffen  unb  für  )}orjägUd^  gut  Italien,  {tnb  meiner  3Retnung 
mäi  nur  llnterfd^iebe  ber  SBorte.  ^orum  koetl  ®ott  bte(e  SSelt  unter 
allen  mßglid^en,  bie  er  lannte,  allein  ipäl^lte,  mug  er  fte  für  bie  befte  ge« 
galten  ]§aben,  unb  loeil  fein  tlrtl^eil  niematö  fel^It,  fo  ift  fte  eS  a\x6)  in  ber 
3:i^at.  SBenn  eS  aud^  miglid^  loäre,  bad  l^öd^fte  äSefen  f5nnte  nat^  ber  er«  5 
bid^teten  S(rt  Don  f^rei^eit,  bie  einige  auf  bie  Sal^n  gebrad^t  ^aben,  ko&I^Ien 
unb  unter  x>iA  Sefferem  ba8  Sd^led^tere  Dorjie^en  burd^  id^  meig  nic^t 
\oai  ffir  ein  unbebingtes  ^Belieben,  fo  lo&rbe  ed  bod^  biefed  nimmer  getl^an 
l^aben.  !iRan  mag  ftd^  fo  etwas  Don  irgenb  einer  Untergottl^eit  ber  Isabel 
tr&umen  laffen,  aber  bem  ®ott  ber  ®5tter  gejiemt  lein  SSeif ,  atö  meld^eS  10 
feiner  ȟrbig  ift,  b.  i.  loelc^eig  unter  attem  3R5gIid^en  bad  Sefte  ift. 
93ieEeid^t  ifl  bie  größere  Übereinftimmung  mit  ben  gittlid^en  @igen« 
fd^aften  ber  ©runb  bed  9fiat^fd^Iu{fed,  ber  biefer  SSelt,  ol^ne  il^ren  befon« 
bem  inneren  SSorjug  in  Betrachtung  }u  jiel^en,  bad  S)afein  gab.  SBo^Ian, 
aud^  bann  ifl  nod^  gekoigf  bag  fte  DoDfommener  fei  aU  aDe  anbere  m5g«  15 
lic^e.  S)enn  meil  aud  ber  SSirfung  ju  fe^en  ift,  bag  aQe  anbere  in  ge« 
ringerer  Übereinftimmung  mit  ben  @igenfd^aften  beS  äBiüend  ©otttS  ge- 
loefen,  in  ®ott  aber  aUeS  Stealitdt  ift,  mit  biefer  aber  nichts  in  größerer 
Harmonie  ift,  atö  koorin  felbft  eine  gr&gere  9iealit&t  anjutreffen,  fo  mug 
bie  grigte  SRealitdt,  bie  einer  SSelt  gufommen  lann,  in  leiner  a\i  in  ber  20 
gegenioartigen  befinblid^  fein.  @ä  ift  ferner  biefeS  oielleid^t  ein  Skoang 
bed  SßiQend  unb  eine  Slotl^koenbigleit,  koeld^e  bie  ^rei^eit  aufl^ebt,  nic^t 
uml^in  JU  fonnen,  baSienige  gu  ko&^Ien,  koad  man  beutlic^  unb  rid^tig  furg 
Sefte  erfennt.  ®m\ii  menn  baiS  ©egent^eil  l^ieoon  $reil()eit  ift,  menn 
l^ier  itoei  Sd^eibeioege  in  einem  Sab^rintl^  oon  @d^U)ierig!eiten  jtnb,  koo  25 
xäi  auf  bie  @>efa]^r  gu  irren  mid^  gu  einem  entfd^lie^en  foll,  fo  beftnne  id^ 
mid^  nid^t  lange.  S)anl  fär  eine  fold^e  f^rei^eit,  bie  baS  Sefte  unter  bem, 
koad  gu  fd^affen  mbglid^  koar,  inS  emige  3l\ijti  Derbannt,  um  tro^  allem 
SluSfprud^e  ber  SBeidl^eit  bem  Übel  gu  gebieten,  bag  eS  (Stkoaä  fei.  SSenn 
id^  burc^auS  unter  ^rrtl^&mern  koä^Ien  foU,  fo  lobe  id^  mir  lieber  fene  so 
gütige  9lot^koenbigleit,  mobei  man  fi(^  fo  kool^l  befinbet,  unb  looraud  nid^td 
anberd  ald  ia&  Sefte  entfpringen  lann.  3<^  bin  bemnad^  unb  Dielleid^t 
ein  2:]^eil  meiner  fiefer  mit  mir  fibergeugt,  id^  bin  gugleid^  erfreut,  mid^ 
als  einen  Bürger  in  einer  SSelt  gu  feigen,  bie  nid^t  beffer  m5glid^  koar. 
93on  bem  beften  unter  allem  SSefen  gu  bem  Dollfommenften  unter  aDen  35 
m5glid^en  (Sntmürfen  als  ein  geringes  ©lieb,  an  mir  felbft  unwfirbig  unb 
um  beS  ©angen  koillen  auSerlefen,  ft^&^e  id^  mein  S)afein  befto  ^5^er, 


9erfu(^  einiger  Setrac^tungen  über  ben  DpttmidmuS.  35 

iDeil  it^  erforen  warb,  in  beut  beften  $Iane  eine  ©teile  eingune^men.  3<^ 
rufe  oQem  ©efd^ipfe  ju,  U)el(^ed  ftd^  nt(]^t  felbft  unmürbig  mad^t  fo  ju 
feigen:  $eil  und,  mir  ftnb!  unb  ber  St^öpfer  ^at  an  und  äBoJ^IgefaDen. 
Unermegli(]^e  Stäume  unb  (Smigleiten  »erben  lool^I  nur  üor  bem  9uge  beS 
SQwiffenben  bie  Steid^t^ümer  ber  @(]^5pfung  in  il^rem  gangen  Umfange 
eröffnen,  i(^  aber  a\x&  bem  ©eftc^töpunfte,  morin  id^  mid^  beftnbe,  beioaff« 
net  bur(^  bie  Sinfidb^r  ^^^  meiaiem  fd^ioad^en  SSerftanbe  Derliel^en  ift,  merbe 
um  mid^  fd^auen,  fo  meit  idb  !ann,  unb  immer  me^r  einfel^en  lernen:  ba^ 
bas  ©attje  bas  99efte  fei,  unb  alles  um  bed  (Bangen  millen  gut  fei* 


10  3<6  koerbe  in  bem  beüorftel^enben  l^alben  Sa^re  bie  Sogif,  tote  id^  ge« 
mol^nt  bin,  fiber  ^iReiern,  bie  SRetapl^^ftt  über  Saumgarten,  über 
eben  benfelben  aud^  bie  @tl^if,  bie  pl^^fifc^e  ®eograpbie  über  meine  eigene 
^anbfd^rift,  bie  reine  SRat^ematif,  bie  i(^  anfange,  in  einer  befonbern, 
bie  medbanijd^e  SSiffenfd^aften  aber  in  einer  anbern  @tunbe,  beibe  nac^ 

13  Solffen  Dortragen.  S)ie  Sintl^eilung  ber  @tunben  mirb  befonberiS  be* 
fannt  gemad^t.  SRan  meig  fc^on,  bag  idb  iebe  biefer  äBiffenfdbaften  in 
einem  falben  S^l^re  gu  6nbe  bringe  unb,  wenn  biefeg  gu  lurg  ift,  ben 
Steft  in  einigen  @tunben  beS  folgenben  nadb^ole. 


®et>an!ett 

bei  bem  frfil^jeittgen  Sbleben 

btö 


^offam  '^xkbndf  von  §?«nR, 

in  einem  @enbfd^retben 
an  bie 

^od^tDOl^Igeborne  f^rau^ 

vetroxii.  ^xau  ^ittmetjerin  Don  SfunR, 

ertfrau.ber  Äa^menfc^en  unb  Äal^tenfd^en  ®üter  in  Äurlanb, 

be8  feiig  SJerftorbenen 
C)oci^betrübte  gfrau  aKutter, 


oon 


M.  3mmanuel  ftant^ 

^el^rer  ber  SBeltmeidl^eit  auf  ber  Kfobemie  au  J^Ä^nigdbero. 


^od^mol^Igebortte  fjrau  Siittmeifteritt, 

GJndbigc  ^rau! 

Senn  bie  üRenft^en  unter  baS  ©etümmel  il^rer  ®ef4dfte  unb  Ser« 
ftreuungen  geioo^nt  lo&ren  biSioeilen  ernftl^afte  SugenbUd e  ber  le^r« 

ft  retd^en  Betrachtungen  gu  mengen,  \>a\a  fie  ba8  täglici^e  Säeifpiel  ber  Sitel« 
feit  unferer  Sbftc^ten  in  bem  @d^i(ffale  i^rer  SRitbflrger  aufforbert:  fo 
»firben  il^re  ^reuben  )}tenet(^t  meniger  raufdjenb  fein,  aber  bie  SteQe  ber* 
felben  m&rbe  eine  ruhige  {^eiterteit  ber  @eele  einnehmen,  ber  feine  guf&De 
me^r  unerwartet  ftnb,  unb  felbft  bie  fanfte  @(]^n)ermut^,  biefed  g&rtlic^e 

10  ®effi^I,  baüon  ein  ebled  ^erg  auffci^toiat,  menn  eS  in  einfamer  @tiae  bie 

9{id)tdn)firbigreit  be^i^nigen  enoAgt,  maiS  bei  und  gemeinigli(]^  für  grog 

unb  wichtig  gilt,  mürbe  me^r  ma^re  ©lucffeligfeit  enthalten  ald  bie  un* 

geftfime  Selufligung  bed  Sei(]^tfinnigen  unb  bad  laute  Sadjen  bed  Sporen. 

@o  aber  mengt  fid^  ber  grbgte  {)aufe  ber  SRenfc^en  febr  begierig  in 

15  bad  ®ebrAnge  berfenigen,  bie  auf  ber  äJrfidte,  meldje  bie  SSorfebung  Aber 
einen 3^^eil  bed  Sbgrunbed  ber  (Smigteit  gefc^Iagen  l^at,  unb  bie  mir  Seben 
feigen,  gemiffen  SBafferblafen  nadjiaufen  unb  fic^  feine  9Rü^e  nel^men 
auf  bie  Sadbretter  fl^t  ju  baben,  bie  einen  nad)  bem  anbern  neben  ibnen 
in  bie  Siefe  l^erabftnfen  laffen,  bereu  Wag  Unenblidjteit  ift,  unb  moDon 

10  fie  felbft  enblid)  mitten  in  ibrem  ungeftfimen  Saufe  oerfdjlungen  merben. 
6in  gemiffer  alter  S)id)ter  bringt  in  bad  ®emälbe  bed  menfc^licben  SebenS 
einen  rübrenben  ßugr  inbem  er  ben  taum  gebornen  9Renf(]^en  abfdjilbert. 
S)a8  JHnb,  fpricbt  er,  erfflQt  aldbalb  bie  guft  mit  traurigem  Sinfeln,  mie 
es  einer  ^erfon  guftebt,  bie  in  eine  SSelt  treten  foQ,  mo  fo  Diel  S)rangfale 

n  auf  fte  märten.  SQein  in  ber  ^olg^  t)er  3<ib^^  Derbinbet  biefer  SRenfd^ 
mit  ber  j^unft  fid)  elenb  gu  mad)en  nocb  biejenige,  ed  Dor  ficb  felbft  gu 
verbergen  burd)  bie  3)e(fe,  bie  er  auf  bie  traurigen  ©egenft&nbe  bed  2e« 
benS  mirfti  unb  befleißigt  {t^  einer  lei^tfiunigen  Kcbtlojigreit  bei  ber 


40     ®eban7en  bei  htm  frfi^ieitigen  Kbleben  b.  ^erm  3oi^.  f^rtebc.  r>.  ^unT. 

SRenge  ber  Übel,  bie  il^n  umgeben,  unb  bie  il^n  gleic^iDol^I  unipiberfe^lid^ 
iu  einem  ipeit  fc^mergl^aftern  ®eful^I  enbU(i^  gurüd  fäl^ren.  Ob  il^n  gleid^ 
unter  aDen  Übeln  Dor  bem  Sobe  am  meiften  grauet,  fo  [(i^etnt  er  bod)  auf 
bad  Seifpiel  beffelben  bei  feinen  3Ritbfirgern  fel^r  toenig  S((i^t  gu  ^aben, 
auger  U)enn  nähere  SSerbinbungen  feine  Sufmerffamfett  DorgügU(]^  er»  6 
meden.  Qn  einer  Qtxt,  ba  ein  kofitl^enber  Jtrieg  bie  Siiegel  beiS  fdjmarjen 
^bgrunbed  eröffnet,  um  aDe  Sirübfale  über  baS  menfd^Uc^e  @ef(lbl^<^t  l^er* 
Dorbrec^en  ju  laffen,  ba  fielet  man  mol^I,  mie  ber  gemol^nte  SUnbUcf  ber 
9lot^  unb  bed  Sobed  benen,  bie  felbft  mit  beiben  bebro^t  werben,  eine 
faltjtnnige  ©leid^gültigfeit  einpögt,  bag  fie  auf  ba$  Sd^idfal  i^rer  93rä«  lo 
ber  U)enig  a(]^t  ^aben.  SDein  iDenn  in  ber  ruhigen  Stille  bed  bürgerlichen 
Sebend  auS  bem  (Sirfel  berer,  bie  und  entmeber  nal^e  angelten  ober  bie 
mir  lieben,  bie  fo  Diel  ober  me^r  Derfpred^enbe  Hoffnungen  l^atten  atö  koir, 
bie  mit  eben  bem  @ifer  i^ren  Slbftc^ten  unb  Sntmürfen  nadj^ingen,  ald 
U)ir  t^un,  menn  biefe,  fage  id^,  nad)  bem  Süat^fc^luffe  beffen«  ber  aDmäd^»  ^ 
tig  über  alled  gebietet,  mitten  in  bem  £aufe  i^rer  Seftrebungen  ergriffen 
merben,  loenn  ber  Sob  in  feierlid^er  @tille  fidi  bem  @ied)bette  beS  j^ram 
len  n&^ert,  toenn  biefer  9iiefe,  oor  bem  bie  9latur  fd^aubert,  mit  lang* 
famem  Sritt  l^eranfommt,  um  ii^n  in  eifernen  Slrmen  ein}uf(]^liegen,  ali* 
bann  ermad^t  mo^l  bad  ®efäl|l  berer,  bie  eS  fonft  in  S^^ftreuungen  er«  ao 
fticfen.  @in  fd^ioermät^iged  ®efä^l  fprid^t  aud  bem  ^nmenbigen  beö  ^qx» 
jend  badienige,  mad  in  einer  SSerfammlung  ber  9l5mer  eindmald  mit  fo 
Diel  ^Beifall  gehört  lourbe,  meil  ed  unferer  allgemeinen  Smpfinbung  fo  ge» 
m&g  ift:  ^6i  bin  ein  SReufd),  unb  »ad  SJtenfd^en  koiberfal^rt, 
tann  audb  tni(]^  treffen.  S)er  $reunb  ober  aud^  ber  SSermanbte  fpric^t  n 
ftu  ftc^  felbft:  ^ii  befinbe  mid^  im  ©etfimmel  oon  ®ef(^äften  unb  im  ®e^ 
br&nge  oon  £ebendpflic^ten,  unb  mein  ^reunb  befanb  fid^  Dor  turjem  aud^ 
in  benfelben,  ic^  genieße  meined  gebend  rul^ig  unb  unbefummert,  aber  mer 
meig,  mie  lange?  S<^  oergnuge  mid^  mit  meinen  f^reunben  unb  fud^e 
il^n  unter  benfelben,  30 

Sbn  aber  l^ält  am  ernfien  Ovtt, 
2)er  nii^iß  jurricfe  lägt, 
2)te  d^toigfeit  mit  fiarfen  Srmen  feft. 

J&  oller. 

3u  biefen  ernftl^aften  ©ebanfen  erl^ebt  mid^,  ©n&bigef^rau,  bad  ss 
frfil^ieitige  ^bfterben  ^ero  U)firbigen^errn@o^ned,  melc^ed  @iean« 
te^t  fp  biQig  bemetnen.  ^6i  empfinbe  ald  einer  feiner  e^maligen  Seigrer 


^ebanfeit  bei  bem  frü^aetiigen  Ableben  b.  ^erm  Sol^.  gtiebv.  D.  gun?.     41 

bie[en  Serluft  mit  ft^merjlid^em  Seileib,  ob  id^  gtei(]^  freUi(]^  bie  ®rige 
ber  Setrfibnig  fcj^toerlid)  auSbrfiden  faun,  bie  biefenige  betreffen  mug, 
koelc^e  mit  biefem  ^offnungdoollen  {ungen  $)errn  bur^  naivere 
Sanbe  oerfnfipft  loaren.  6».  ®naben  werben  mir  erlauben,  bog  {(i^  gu 

»  biefen  menigen  Seilen,  baburd^  i^i  bie  S((]^tung  audgubrflden  tracj^te,  bie 
id^  ffir  biefen  meinen  el^emaligen  Su^^rer  gel^egt  ^abe,  nod^  einige  ®t^ 
banlen  beifüge,  koeld^e  bei  bem  gegeniodrtigen  Suftanbe  meines  ©emfitl^iS 
in  mir  auffteigen. 

6in  jjeber  SRenfdb  mad^t  ftd^  einen  eigenen  $Ian  feiner  Seftimmung 

10  anf  biefer  SSelt.  ©efd^icfUd^feiten,  bie  er  ermerben  xoWi,  @]^re  unb  ®e« 
mä^Iid^feit,  bie  er  ftd^  baoon  aufd  t&nftige  Derfpric^t,  bauerl^iafte  ®lnd^ 
feligteiten  im  e^elid^en  Seben  unb  eine  lange  Sflei^e  Don  SSergnAgen  ober 
Don  Unternehmungen  mad^en  bie  S3ilber  ber  Sauberlaterne  aud,  bie  er  ftc^ 
ftnnreid^  geic^net  unb  lebhaft  nad^einanber  in  feinen  Sinbilbungen  fpielen 

15  Idgt;  ber  2:ob,  ber  biefeS  Sc^attenfpiel  f erliegt,  geigt  fic^  nur  in  bunfeler 
Serne  unb  loirb  burd^  baS  Sic^t,  baS  aber  bie  angenehmere  @teDen  oer:: 
breitet  ift,  Derbunfelt  unb  untenntlid^  gemacht.  äSdl^renb  biefen  Sr&ume« 
reien  fäl^rt  unS  unfer  ma^reiS  @(^id(fal  gang  anbere  3Bege.  3)ad  Sood, 
bad  uniS  mirtlid^  gu  tl()eil  loirb,  fie^t  bemjenigen  feiten  ftl^nlid^,  load  »ir 

30  und  oerfpradb^ti,  »ir  finben  unS  bei  jebem  @d^ritte/ben  mir  t^un,  in  un« 
feren  (Srmartungen  getdufd^t;  inbeffen  oerfolgt  gleid^mol^l  bie  Sinbilbung 
il^r  ®efc^dfte  unb  ermfibet  nid^t  neue  Sntmfirfe  gu  geid^nen,  bid  ber  Sob, 
ber  nodb  immer  fern  gu  fein  fc^eint,  plb^lid^  bem  gangen  Spiele  ein  @nbe 
mad^t.  SSenn  ber  SJtenfd)  auS  biefer  Belt  ber  f^abeln,  baoon  er  burd^ 

3>  6inbilbungen  felbft  @d^5pfer  ifi  unb  barin  er  fid^  fo  gerne  auf^dlt,  in 
bieienige  burd^  ben  SSerftanb  gurucfgefü^rt  mirb,  barin  i^n  bie  SBorfe^ung 
iDirflid^  gefegt  ^at,  fo  mirb  er  burd^  .einen  lounberfamen  SSiberfpruc^  in 
SBermirrung  gefegt,  ben  er  bafelbft  antrifft  unb  ber  feine  $lane  gdnglid^ 
gu  nid^te  mad)t,  inbem  er  feiner  (Siurtd^t  unauftöSlid^e  9tdt^fel  oorlegt. 

90  Sufteimenbe  SSerbienfte  einer  l^offnungdooUen  Sugenb  oenoelfen  oft  frü^* 
geitig  unter  ber  Saft  fd^merer  Brautzeiten,  unb  ein  unmidtommener  Sob 
burd^ftreid^t  ben  gangen  @ntmurf  ber  Hoffnung,  barauf  man  gered^net 
^atte.  £er  9Rann  oon  ©efd^idlid^feit,  oon  SSerbienften,  oon  Steidjt^um 
ift  ni(^t  immer  berienige,  meldjem  bie  SSorfe^ung  bad  meitefte  giel  bed 

3$  Bebend  geftedt  ^at,  um  bie  f^räc^te  von  allen  biefen  rec^t  gu  geniegen. 
S>ie  fShreunbfc^aften,  bie  bie  gdrtltc^ften  finb,  bie  S^en,  bie  bie  meifte 
®lfidtfelig(eit  oerfpred^en,  merben  oft  burd^  ben  frfi^eften  3:ob  unerbittlich 


42     ^ebanfen  bei  beut  frfi^eitigen  Hbleben  b.  ^erm  Sol^.  ^rtebr.  t>,  ffunf. 

gerriffen;  inbeffen  bag  Krmutl^  unb  @Ienb  gemetniglid^  an  bem  SRoden 
ber  ^arjen  einen  langen  f^aben  gießen  unb  Diele  nur  fd^einen  {t(]^  ober 
anbern  jur  ^ßlage  fo  lange  ju  leben.  3n  biefem  f(6einbaren  SBiberfprucfte 
tl^eilt  gleid^mo^l  ber  oberfte  Sel^errfc^er  einem  |eben  baS  SooS  feinet 
@d)i(Ifal8  mit  meifer  ^anb  auS.  @r  verbirgt  baiS  ßnbe  unferer  Seftim-  5 
mung  auf  biefer  äBelt  in  unerforfc^Uc^e  S)unfel^eit,  macibt  und  burd^ 
triebe  gefc^&ftig,  burcib  Hoffnung  getroft  unb  b\xx6i  bie  glfidCfelige  Un» 
kDtffenl^eit  beS  jSunftigen  eben  fo  befliffen  auf  8lbft(]^ten  unb  (Sntwttrfe  gu 
finnen,  »enn  fte  balb  aQe  foDen  ein  @nbe  l^aben,  als  »enn  koir  uniS  im 
anfange  berfelben  bef&nben:  k^ 

S)o6  ieber  feinen  ^etd  t>oUtnht,  ben  i^m  ber  ^immel  audetfe^n. 

^ope. 

Unter  biefen  Setrad^tungen  rid^tet  ber  Seife  (aber  koie  feiten  ftnbet 
{td^  ein  folc^er!)  bie  Sufmerffamfeit  oornebmlic^  auf  feine  groge  Seftim« 
mung  ienfeit  bem  ©rabe.  @r  verliert  bie  äSerbinblic^teit  nid^t  auS  ben  u 
Singen,  bie  i^m  ber  Soften  auferlegt,  auf  meldten  i^n  l^ier  bie  SSorfe^ung 
gefegt  l^at.  93ernfinftig  in  feinen  Sntmflrfen,  aber  o^ne  (Sigenftnn,  juoer« 
fid^tlid^  auf  bie  Srf&Qung  feiner  $)offnung,  aber  o^ne  Ungebulb,  befc^ei« 
ben  in  äSünfc^en,  o^ne  Dorjufd^reiben,  oertrauenb,  o^ne  gu  pochen,  ift  er 
eifrig  in  Seiftung  feiner  $flic^ten,  aber  bereit  mit  einer  d^riftlid^en  9te<  29 
ftgnation  ftc^  in  ben  93efe^l  bed  |)ö(^ften  gu  ergeben,  menn  ed  i^m  gefällt, 
mitten  unter  aDen  biefen  SBeftrebungen  il^n  oon  ber  Sü^ne  abgurufen, 
»orauf  er  gefteüt  mar.  3Bir  finben  bie  SBege  ber  SSorfe^ung  allemal  melfc 
unb  anbetungdmfirbig  in  ben  @tüden,  mo  mir  fie  einigermaßen  einfe^en 
(5nnen ;  foQten  {ie  ed  ba  nic^t  noc^  meit  mel^r  fein,  mo  mir  ed  nic^t  fönnen?  s» 
(Sin  frül^iieitiger  2:ob  berer,  Don  benen  mir  und  Diel  fc^meic^lenbe  |)off» 
nung  mad^ten,  fej^t  und  in  @d)reden;  aber  mie  oft  mag  nidl)t  biefed  eben 
bie  grbgte  (Sunft  bed  ^immeld  fein!  Seftanb  nid^t  manc^ed  SRenfc^en 
Unglüd  oorne^mlic^  in  ber  SSergögerung  bed  Sobed,  ber  gar  gu  f&umig 
mar,  nad)  ben  rül()mlidbften  Auftritten  bed  Sebend  gu  red^ter  Seit  einen  so 
!lbfd)nitt  gu  machen? 

@d  ftirbt  ber  l^offnungdoolle  Jüngling,  unb  mie  Diel  glauben 
mir  nic^t  abgebrod^ener  ©lüdfeligleit  bei  fo  frühem  äSerluftegu  oermiffen? 
SQein  im  Säuere  ber  @c^idfale  lautet  ed  oielleid^t  anberd.  SSerfu^rungen, 
bie  fid^  fc^on  oon  fern  erhoben,  um  eine  nodb  nid)t  fe^r  bem&^rte  Sugenb  ss 
gu  ftürgen,  Srübfale  unb  SSibermdrtigfeiten,  momit  bie  Sufunft  bro^te, 
allem  biefem  entfloli  biefer  ®lud)elige,  ben  ein  früher  2:oD  in  einer  gefeg« 


Oebanfen  bei  bem  frül^aeltigen  9bUben  b.  ^emt  3ol^.  ^riebr.  D.  9iinf .    43 

neten  @tunbe  l^inmeg  führte;  tnbeffen  bog  f^reunbe  unb  SSemanbte,  un« 
ttiffenb  beö  j^ünftigeti,  ben  Serluft  berienigen  ^af^xt  betoeinen,  Don  benen 
fte  ftd)  einbilbeni  bag  {{e  baS  Seben  il^reö  Angehörigen  bereinft  ru^mlit^ 
mfirben  gefrönt  l^aben.    3<^  n)ill,  el^e  id^  biefe  ipenige  Seilen  fd^Hege, 

s  eine  Iletne  Seid^nung  oon  bem  Seben  unb  bem  S^araftere  bed  f eltg  Ser* 
ftorbenen  entmerfen.  S)a9,  mad  idb  anful^re,  ifi  mir  aud  ber  Stadb^it^t 
feines  getreuen  $errn  ^ofmeifterS,  ber  il^n  jArtlic^  bemeint,  unb  au8 
meiner  eigenen  JCenntni|  betannt.  9Ste  Diel  gute  6igenf(^aften  giebt  ti 
nid^t  no^,  bie  nur  berfenige  lennt,  ber  ind  Snnerfte  ber  bergen  fie^t,  unb 

10  bie  um  befto  ebler  |inb,  je  meniger  fte  beftrebt  ftnb,  öffentlich  in  bie  Augen 
2U  fallen ! 

^rr  Sodann  Sriebri(6  Don  f^unt  mar  ben  4.  Octobr.  1738  au8 
einem  Dornel^men  abliefen  $aufe  in  JCurlanb  geboren,  ßr  l^at  Don  jtinb« 
l^eit  an  niemals  einer  DoDtommenen  @efunb^eit  genoffen.  Sr  mürbe  mit 

15  großer  Sorgfalt  erjogen,  bejeigte  Diel  Steig  im  @tubiren  unb  ^tte  ein 
^erji  meldbeS  Don  %atur  bagu  gemacht  mar,  um  gu  eUen  (Sigenfdb^ften 
gebilbet  gu  merben.  6r  tum  ben  15.  ^unii  1759  nebft  feinem  (ungern 
{^errn  Sruber  unter  ber  Anffi^rung  ibreS  $)errn  f)ofmeifterd  auf  ^ieftge 
äfabemie.  Sr  untermarf  fit^  mit  aOer  Sereitmidigteit  bem  6;ramen  beS 

»  bamaligen  $errn  S)e€anu8  unb  machte  feinem  gleige  unb  ber  Untermei» 
fung  feines  $errn  ^ofmeifterS  @^re.  6r  mol^nte  ben  SBorlefungen  bed 
^txxtn  @onftftoriaIrat^  unb  ^rofeff  orS  SeSle,  iej^f  ger  Seit  äiectorid  9Rag' 
nifid  ber  Unioerfit&t,  imglei^en  benen  beS  Ferren  S)oct.  ber  9ied)tSgeIebr* 
famleit  Sund  unb  ben  meinigen  mit  einer  Unoerbroffenbeit  bei,  bie  gum 

»  9Rufter  biente.  Sr  lebte  eingebogen  unb  ftiQ,  moburd)  ßr  audb  bie  menige 
itr&fte  feines  jur  Abgel^rung  geneigten  JSörperS  nod^  erhielt,  bis  Sr  gegen 
baS  (Snbe  beS  SebruarS  biefeS  Sa^reS  baoon  nadb  unb  nad^  fo  angegriffen 
mürbe,  bag  Sl^n  meber  bie  ^ßege  unb  Sorgfalt,  bie  an  3^n  gemanbt 
mar,  nod^  ber  Steig  eines  gefd)idften  ArgteS  länger  erhalten  tonnte;  fo  bag 

so  Sr  ben  4.  9Rai  biefeS  3<^^reS,  nad^bem  (Sr  fidb  ^it  ber  €tanb^aftigfeit 
unb  feurigen  Snbadbt  eines  Sl^rtften  }u  einem  erbauHt^en  Snbe  Dorbe« 
rettet  l^atte,  unter  bem  93eiftanbe  feines  getreuen  @eelforgerS  fanft  unb 
felig  Derfd^ieb  unb  in  ber  l^ieftgen  i^atl^ebralKrd^e  ftanbeSmägig  beerbigt 
marb. 

u  Sr  mar  Don  fünfter  unb  getaffener  ®emfit^Sart,  leutfelig  unb  be* 
ft^eiben  gegen  febermann,  gfitig  unb  gum  aQgemeinen  SBo^lmoDen  geneigt, 
eifrig  befliffen,  um  fi(^  gur  Sietbe  feines  ^aufeS  unb  gum  9tu^en  feines 


44     (^ebanfen  Bei  bent  frül^aettigen  $(b(eben  b.  ^erm  So^.  Sriebr.  b.  f^unf. 

äSaterlanbeS  gel^örig  auSgubilben.  @r  l^at  niemals  iemanb  iPobur(!^  an« 
berd  betrübt  alS  burd^  [einen  S:ob.  @r  befliß  ft(^  einer  ungel^euc^elten 
grömmigfeit.  (5r  toSre  ein  recfttfd^affcner  Sürger  für  bie  SBelt  geworben, 
aDein  ber  Statl^fd^Iug  beiS  |)ö(l^ften  »oDte,  bag  er  einer  im  {)tmmel  werben 
foQte.  @ein  Seben  ift  ein  Fragment,  weld^eS  uniS  bad  fibrige  l^at  wfinfd^en  s 
iaffen,  beffen  und  ein  frul^er  Sob  beraubt  l^at. 

(Sr  mürbe  )}erbienen  benjentgen  jum  SRufter  t)orgefteIIt  gu  werben, 
bie  bie  3!a^re  il^rer  (Srjie^ung  unb  ^ugenb  rül^mlid^  jurädjulegen  benfen, 
Wenn  ein  ftiHed  SSerbienft  auf  ßatterl^afte  ©emfitl^er  eben  ben  ßinbrud 
ber  Slad^eiferung  wirfte,  aliS  bie  falfd^  fcj^immernbe  (Sigenfd^aften  berieni«  lo 
gen  tl^un,  beren  @itelfeit  nur  auf  ben  @d^ein  ber  5£ugenb  gel^t,  o^ne  ftd^ 
um  ia&  SBefen  berfelben  ju  befümmern.  @r  ift  Don  benen,  welchen  er  am 
gehörte,  oon  feinen  f$reunben  unb  aDen  benen,  bie  S'^in  fannten,  fe^r  be« 
bauert  worben. 

S)iefeiS  ftnb,  ®n&bige$rau,  bie  S^g^  ^on  bem  @]^arafter  S)ero  15 
DormalS  im  geben  mit  Siecht  fo  geliebten  Ferren  @o]^nd,  weld^e,  fo 
fd^wac]^  fie  aud^  entworfen  worben,  gletc^wol)!  Diel  ju  fel^r  bie  äBel^mutl^ 
erneuern  werben,  bie  @ie  über  feinen  äSerluft  empftnben.  Slber  eben  biefe 
bebauerte  @igenfd^aften  {tnb  ed,  bie  in  fold^em  SSerlufte  ju  nid^t  geringem 
2:rofte  gereichen;  benn  nur  benen,  weld^e  bie  wid^tigfte  unter  aQen  S(b«  90 
ftd^ten  leic^tftnnig  auS  ben  Slugen  fe^en,  fann  ed  gleich  Diel  fein,  in  wet 
d^em  Suftonbc  pe  bie  Sl^rigen  ber  ©wigfeit  überliefern.  Sd^  überl^ebe  mic^ 
ber  Semü^ung,  @w.  ®naben  weitlduftige  STroftgrünbe  in  biefer  Setrüb« 
ntg  barjulegen.  S)ie  bemüt^ige  @ntfagung  unferer  eigenen  SSünfd^e,  wenn 
ed  ber  weifeften  SSorfe^ung  gef&Üt  ein  anbereS  gu  befd^liegen,  unb  bie  25 
d^rlftlid^e  @ebnfud^t  nad^  einerlei  feiigem  ^kU,  gu  weld^em  anbere  Dor 
und  gelangt  finb,  DermSgen  mel^r  jur  Seru^igung  bed  bergend,  ald  alle 
®rfinbe  einer  trocfenen  unb  traftlofen  Serebfamfeit.  3!d^  l^abe  bie  @l^re 
mit  größtem  Sfiefpect  gu  fein, 

§0(i^njo^töcbornc  ^rau,  »o 

©näbige  JJ^au  JRittmeifterin, 

(Sw.  ©naben 
ifonigSberg, 
ben  6.  Sun.  1760.  ge^orfamjter  JDiener 

3.  ^awt.  35 


Pte  faffc^e  ^piiftnbiflReit 


ber 


Dtcr  ftjlTogtlitfc^en  ^^iguren 


crh)ic[cn 


Don 


M.  3mmanttel  ftant* 


§1. 

aUflcmcincr  Scflriff  üon  bcr  SRatur  bcr  aScrnunftfd^lüffc. 

@tn)Qd  als  einSRertmal  mit  einem 3)inge  üergleid^enl^eigt  urt^eilen. 
3)ad  S)ing  felber  i[t  bod  @ubiect,  bad  aRerlmal  bad  $räbicat.  3)ie  SSer» 

5  gleid^ung  mtrb  burd^  bad  SSerbinbungdjeidien  ift  ober  finb  auSgebrüdt, 
meld^ed,  wenn  ed  fd)Ie(!^t^in  gebraut^t  mirb,  baS  $räbicat  als  ein  SRerl» 
mal  bed  @ubiectd  begeit^net,  ift  ed  aber  mit  bem  Qtxiitn  ber  SSerneinung 
bel^aftet,  bad  $räbicat  aliS  ein  bem  @ubiect  entgegen  gefe^teiS  SRerlmal  ju 
ertennen  giebt.  3n  bem  erftern  f^aU  ift  bad  Urt^eil  beia^enb,  im  anbern 

10  üerneinenb.  3Ran  üerftel^t  leidet,  bag,  menn  man  bad  $räbicat  ein  SRerl» 
mal  nennt,  baburd^  nid^t  gejagt  merbe,  bag  ed  ein  3)?erlmal  bed  @ubiectd 
fei;  benn  biefed  ift  nur  in  bejal^enben  Urtl^eilen  alfo;  fonbern  bag  ed  ald 
ein  3)?erfmal  üon  irgenb  einem  3)inge  angefel^en  merbe,  ob  ed  gleid^  in 
einem  oerneinenben  Urtl^eile  bem  @ubiecte  beffelben  miberfprid^t.  @o  ift 

15  ein  ®eift  bad  S)ing,  bad  id^  gebenfe;  gufammengefe^t  ein  SRerlmal 
oon  irgenb  etmad;  bad  Urtl^eil:  ein  ®eift  ift  nid^t  gufammengefe^t, 
fteUt  biefed  3Rerfmal  a\&  miberflreitenb  bem  S)inge  felber  oor. 

SBad  ein  äRerfmal  oon  bem  SRertmale  eined  S)inged  ift,  bad  nennt 
man  ein  mittelbares  SRerlmal  beffelben.   @o  ift  notl^menbig  ein 

20  unmittelbares  3)?erlmal  ©olteS,  unoeränberlid^  aber  ein  SRerfmal  beS 
Stotl^menbigen  unb  ein  mittelbares  SRerfmal  ®otteS.  3)?an  ftel^t  leidet: 
bag  baS  unmittelbare  3)?erfmal  gmifd^en  bem  entfernten  unb  ber  @ad^e 
felbft  bie  Stelle  eines  3tt)ifd^enmerImalS  (nota  intermedia)  oertrete, 
meil  nur  burc^  baffelbe  baS  entfernte  SRerfmal  mit  ber  @ad^e  felbft  oer» 

25  glid^en  mirb.  3!lian  tann  aber  aud^  ein  SRerfmal  mit  einer  @ad^e  burc^ 
ein  Swifd^enmerlmal  oerneinenb  oergleid^en,  baburd^  bag  man  erlennt, 


48  ^te  falfd^e  ©pt^ftnbigfett  ber  Dter  f^Hogifttfcl^en  Figuren. 

bafe  etwaö  bcm  unmittelbaren  SRerlmal  einer  ©ad^e  miberftreite.  3u» 
fällig  miberftreitet  aliS  ein  SRerlmal  bem  Slotl^menbigen;  notl^menbig 
aber  ift  ein  SRerlmal  üon  ®ott,  unb  man  ertennt  al{o  üermittelft  eined 
ßuoifcl^enmerlmaliS,  ba^  gufäQig  fein  ®ott  U)iberf))re(l^e. 

SRunmel^r  errid^te  id^  meine  SRealerllärung  üon  einem  SSernunft«  5 
fd^luffe.  @in  iebed  Urtl^eil  burd^  ein  mittelbare^  SRerfmal  ift 
ein  SSernunftfd^lug,  ober  mit  anbern  SBorten:  er  ift  bie  SSergleid^ung 
eine«  ÜRerfmalö  mit  einer  ©ad^e  »ermittelft  eines  Swifd^enmerlmalö. 
2)iefe§  ßöJifd&cnmerlmal  fnota  intermedia)  in  einem  SSernunftfd^lufe  l^eifet 
aud^  fonft  ber  mittlere  ^au^^tbegriff  (terminas  medius);  melc^eS  bie  10 
anbere  ^auptbegriffe  pnb,  ift  genugfam  belannt. 

Um  bie  93ejie]^ung  bed  SRerlmalS  gu  ber  @ad^e  in  bem  Urt^eile:  bie 
menfd^lic^e  @eele  ift  ein  ©eift,  beutlid^  ju  erfennen,  bebieneid^  mid^ 
beS  Stt^U^^K^^^f^ölö  vernünftig,  fo  bafe  Id^  üermittelft  beffelben  ein 
® eift  gu  fein  alö  ein  mittelbares  SRerlmal  ber  meufd^lid^en  Seele  anfeile.  15 
@S  muffen  notl^tDenbig  l^ier  brei  Urtl^eile  Dorfommen,  nämlid^: 

1.  ein  ®eift  fein  ift  ein  5Werfmal  beö  SSernünftigen; 

2.  aSernünftig  ift  ein  SRerlmal  ber  menfd^lid^en  Seele; 

3.  6in  (Seift  fein  ift  ein  ÜRerlmal  ber  menfd^lid^en  Seele; 

benn  bie  SSergleid^ung  eines  entfernten  SKerlmalS  mit  ber  Sad^e  felbft  ift  20 
nid^t  anberS  mie  burd^  biefe  brei  ^anblungen  mbglid^. 

3n  ber  gorm  ber  Urtl^eile  toürben  jte  fo  lauten:  SlHeS  SSernünftige 
ift  ein  ®eift,  bie  Seele  beS  SKenfd^en  ift  üernünftig,  folglid^  ift  bie  Seele 
beS  SKenfd^en  ein  ®eift.   3)iefeS  ift  nun  ein  bejal^enber  SBernunftfd^lufe. 
SSBaS  bie  oerneinenben  anlangt,  fo  f&Qt  eS  eben  fo  leidet  in  bie  Slugen,  25 
bag,  koeil  id^  ben  SBiberftreit  eines  $räbicats  unb  SubjectS  nid^t  iebergeit 
flar  genug  erlenne,  id^  mid^,  menn  id^  lann,  beS  ^ülfSmittelS  bebienen 
muffe,  meine  einjtd^t  burd^  ein  Sö)ifc^enmerlmal  ju  erleid^tern.   Se^et, 
man  lege  mir  baS  üerneinenbe  Urtl^eil  Dor:  S)ie  S)auer  ©otteS  ift  burd^ 
leine  S^it  ju  meffen,  unb  id^  flnbe  nid^t,  bafe  mir  biefeS  ^räbicat,  fo  un*  30 
mittelbar  mit  bem  Subjecte  oerglid^en,  eine  genugfam  flare  3bee  beS 
SBiberftreitS  gebe,  fo  bebiene  id^  mid^  eines  SRerlmalS,  baS  id^  mir  um 
mittelbar  in  biefem  Subfecte  DorfteUen  lann,  unb  üergleid^e  baS  $räbicat 
bamit  unb  öermittelft  beffelben  mit  ber  Sad^e  felbft.   S)urd^  bie  S^it 
meParfeinkoiberftreitet allem Unt)eränberlid^en,unt)eränberlid^  35 
aber  ift  ein  SDterlmal  ©otteS,  alfo  u.  f.  xo.  S)iefeS  fbrmlid^  auSgebrüdCt 


3>ic  folfd^c  Öptipnbtgfdt  her  ötcr  f^ttogifttf^lcn  Sigurcit.  49 

tt)ürbe  fo  lauten:  5Rid^t«  Unocranbcriidöc*  ift  meßbar  burd^  bic  Seit,  bic 
JDaucr  ®ottc8  ijl  unücrfinbcrUd^,  tolgli^^  u.  f.  ». 


§2. 

5ßon  bcn  obcrjicn  Sdcgcln  aller  SSernunftfcl^lülfe. 

&  9luS  bem  ^(ngefül^rten  erlennt  man,  bag  bie  erfte  unb  allgemeine 
Siegel  aller  bejal^enben  aSernunftfcftlüffe  fei:  6in  SRerlmal  öom  Wtexh 
mal  ift  ein  3^erlmal  ber  ©ad^e  felbft  (nota  notae  est  etiam nota  rei 
ipsias);  Don  allen  Derneinenben:  3Bad  bem  äRerlmal  eineiSS)inged 
n)iberf))rid^t,  miberfprid^t  bem  S)inge  felbfl  (repugnans  notae 

10  repugnat  rei  ipsi).  JSeine  biefer  Sfiegeln  ifl  ferner  eined  Semeifed  fällig. 
S)enn  ein  Semeid  ift  nur  burd^  einen  ober  mel^r  SSernunftfd^lüffe  m5gli(!^, 
bie  oberfte  f^ormel  aller  SSemunftfd^luffe  bemnad^  bemeifen  moQen,  mürbe 
feigen  im  Sirlel  fc^liegen.  SlUein  bag  biefe  Sfiegeln  ben  allgemeinen  unb 
legten  ®runb  aller  Dernfinftigen  ©d^lu^art  entl^alten,  erl^eUt  baraud,  meil 

15  biefenige,  bie  f onft  bid  bal^er  Don  allen  Sogif ern  für  bie  erfte  Siegeln  aller 
SSernunftf  d^lüffe  gel^alten  morben,  ben  einjtgen  ®runb  il^rer  SSBal^rl^ett  auS 
ben  unfrigen  entlel^nen  muffen.  2)a8  Dictum  de  omni,  ber  oberfte  ®runb 
aller  beial^enben  SSemunftfd^lüffe,  lautet  alfo:  SBad  Don  einem  Segriff  aU« 
gemein  befallt  mtrb,  mirb  aud^  Don  einem  {eben  beial^t,  ber  unter  il^m  ent« 

so  galten  ift.  S)er  Semeiögrunb  l^ieüon  ift  flar.  derjenige  Segriff,  unter 
melc^em  anbere  entl^alten  ftnb,  ift  allemal  atö  ein  3)?erfmal  oon  biefen  ab« 
gefonbert  morben;  mad  nun  biefem  Segriff  gufommt,  bad  ift  ein  SRerlmal 
eined  äRertmald,  mitl^in  aud^  ein  äRerlmal  ber  @ad^en  felbft,  Don  benen 
er  ift  abgefonbert  morben,  b.  i.  er  lommt  ben  niebrigen  gu,  bie  unter  il^m 

25  entl^alten  ftnb.  Sin  feber,  ber  nur  einigermaßen  in  logifd^en  JSenntniffen 
untermiefen  ift,  fielet  leidet  ein:  baß  biefed  3)ictum  lebiglid^  um  biefed 
©runbeö  miHen  mal^r  fei  unb  baß  es  alfo  unter  unferer  erften  Siegel  ftel^e. 
S)aS  Dictum  de  nollo  ftel^t  in  eben  fold^em  Serl^ältniß  gegen  unfere  gmeite 
Siegel  äßaS  Don  einem  Segriffe  allgemein  oerneint  mirb,  bad  mirb  aud^ 

30  Don  allen  bemjenigen  oemetnt,  mad  unter  bemfelben  entl^alten  ift.  S)enn 
berjenige  Segriff,  unter  meld^em  biefe  anbere  entl^alten  ftnb,  ift  nur  ein 
Don  il^nen  abgefonberted  SRerfmal.  äßad  aber  biefem  iSütxtmal  miber« 
fprid^t,  mieberfpric^t  aud^  ben  @ad^en  felbft;  folglid^  mad  ben  ]^5l^ern  Se» 
griffen  miberfprid^t,  muß  aud^  ben  niebrigen  miberftreiten,  bie  unter  tl^m 

35  ftel^en. 

itant*!  Cd^riftcn.   «Serie.  IT.  4 


44     @ebanfen  M  bent  frül^a^t^d^n  ^bteben  b.  ^emt  So^.  Sriebv.  b.  ffunf. 

93aterlanb€d  ge]^5rig  audiubilben.  @r  l^at  niemals  |etnanb  tt)obuT(!^  an« 
betd  betrübt  als  burd^  feinen  2:ob.  (St  beßig  ftc^  einer  ungel^eud^elten 
$römmigfeit.  @r  tt)Sre  ein  rec^tfd^affener  Bürger  fär  bie  SSelt  geworben, 
aUein  ber  Sfiatl^fd^Iug  beS  ^öd^ften  moUte,  ba^  er  einer  im  ^immel  merben 
foQte.  @ein  Seben  ift  ein  Fragment,  mH^t^  und  bad  fibrige  l^at  tofinfd^en  s 
loffen,  beffen  und  ein  frfil^er  2:ob  beraubt  ^at. 

@r  märbe  Derbienen  benjenigen  gum  SRufter  DorgejteQt  ju  toerben, 
bie  bie  ^af^xt  il^rer  (Srgie^ung  unb  Sugenb  rü^mli(^  jurädjulegen  benfen, 
tt)enn  ein  ftiUed  SSerbienft  auf  ^atterl^afte  ©emfitl^er  eben  ben  (Sinbrud 
ber  9la(!^eiferung  mirlte,  atö  bie  falfc!^  fc^immernbe  (Sigenfd^aften  berjeni«  lo 
gen  tl^un,  beren  @itelleit  nur  auf  ben  Sd^ein  ber  Stugenb  gel^t,  ol^ne  jtd^ 
um  baS  äSefen  berfelben  ju  beffimmern.  @r  ift  Don  benen,  toeld^en  er  an^ 
ge]^5rte,  üon  feinen  $reunben  unb  aUen  benen,  bie  ^l^n  fannten,  fel^r  be» 
banert  morben. 

S)iefe8  ftnb,  ©n&bige^rau,  bie  ßuge  üon  bem  Sl^aralter  S)ero  is 
Dormatö  im  Seben  mit  Sfied^t  fo  geliebten  Ferren  @o]^nl$,  toeld^e,  fo 
fd^mad^  fte  aud^  entworfen  toorben,  gleid^mol^I  t)iel  gu  fel^r  bie  SSBel^mut^ 
erneuern  werben,  bie  @ie  über  feinen  SSerluft  empfinben.  Slber  eben  biefe 
bebauerte  @igenfd^aften  ftnb  ed,  bie  in  fold^em  SSerlufte  gu  nid^t  geringem 
Srofte  gereid^en;  benn  nur  benen,  weld^e  bie  wid^tigfte  unter  aUen  8b«  so 
ftd^ten  leid^tjtnnig  a\x^  ben  S(ugen  fe^en,  lann  ed  gleid^  üiel  fein,  in  mel« 
d^em  Suftanbe  fte  bie  Sl^rigen  ber  ©wigleit  überliefern.  Sd&  überl^ebe  mid^ 
ber  Semül^ung,  Sw.  ©naben  weitläuf tige 2:roftgrünbe  in  biefer  93etrüb» 
nig  bargulegen.  3)ie  bemütl^ige  @ntfagung  unferer  eigenen  SSünfd^e,  wenn 
ed  ber  weifeften  SSorfel^ung  gefftUt  ein  anbered  gu  befd^liegen,  unb  bie  ss 
d^riftlid^e  ©el^nfud^t  uad^  einerlei  feiigem  ßi^I^r  gu  weld^em  anbere  t)or 
und  gelangt  ftnb,  vermögen  mel^r  gur  Serul^igung  bed  bergend,  old  alle 
©rünbe  einer  trodenen  unb  Iraftlofen  Serebfamfeit.  3^  l^abe  bie  (Sljxt 
mit  größtem  Sdefpect  gu  fein, 

©oiä^tooi^tgcborttc  grau,  »o 

©näbige  ^xan  Sdittmeifterin, 

@w.  ©naben 
J(onigSberg, 
ben  6.  Sun.  1760.  ge^orfarafier  S)iener 

3.   J^Qltt.  35 


Pie  faffcje  §pi|f^n5tflRcit 


bec 


Dter  ftjffogiliifc^en  grtguren 


crwicfen 


üon 


M.  3mmauuel  lant 


52  2)te  fatfdge  Spi^finbigfett  ber  \)\tx  f^Hogifüfc^en  Figuren. 

Sn  bcr  gtöeiten  Siflur  finb  feine  anbre  al8  Dermifd^te 

aSernunftfd^Iuffe  möglid^. 

3)ie  Siegel  ber  gtteiten  gigur  ijt  btefe:  SBem  ein  3Rerfmal  eine« 
3)tnged  tt)iberf))ri(!^t,  bad  toiberfprit^t  bem  S)inge  felbet.  S)iefer  @a^  Ifl 
nur  barum  tt)a]^r,  toeil  baiSientge,  bem  ein  3RertmaI  n)iberf))ri(!^t,  bad  & 
tt)iber{pri(l^i  aud^  biefem  SRerfmal,  mad  aber  einem  3)?erlmal  toiberfprid^t, 
ttiberftreitet  ber  @a(!^e  felbft,  alfo  ba^ienige,  bem  ein  SRertmal  einer  @a(^e 
toiberfprid^t,  bad  ttiberftreitet  ber  @a(!^e  felber.  $ier  ift  nun  offenbar,  bag 
Uo&  befimegen,  totW  i6)  ben  Dberfa^  aU  einen  üerneinenben  @a^  f(!^le(!^i« 
^in  umlel^ren  lann,  eine  Sd^Iugfolge  Dermittelfl  bed  Unterfa^ed  auf  bie  lo 
ßonclujton  möglid^  ifi  S)emna(!^  mug  biefe  Umfel^rung  babei  gel^eim  ge« 
bad^i  toerben,  fonft  fd^liegen  meine  @ft^e  nid^t.  3)er  burd^  bie  Umlel^rung 
l^eraud  gebrad^te  @a^  aber  ift  eine  eingefd^obene  unmittelbare  $oIge  aud 
bem  erfteren,  unb  ber  SSeruunftfd^lug  l^at  Dier  Urtl^eile  unb  ift  ein  ratio- 
cinlam  hybridum,  g.  @.  toenn  id^  fage:  15 

Äein  ®eiji  ift  tl^eilbar; 
aae  Materie  ift  t^eilbar; 
S'olgHd^  ift  leine  SRaterie  ein  ©eift, 

fo  f daliege  iii  red^t,  nur  bie  @d^Iug!raft  ftedCt  barin,  tteil  aud  bem  erften 
@a^:  fein  ® eift  ift  tl^eilbar,  burd^  eine  unmittelbare  f^olgerung  fliegt:  20 
folglid^  nid^td  Sl^eilbareS  ift  ein  ®eift,  unb  nad^  biefem  aUed  nad^ 
ber  allgemeinen  Siegel  aller  SSernunftfd^l&ffe  rid^tig  folgt.  Slber  ba  nur 
traft  biefer  baraufi  gu  giel^enben  unmittelbaren  f^olgerung  eine  @d^lug« 
f&l^igleit  in  bem  Argumente  ift,  fo  gel^ört  biefelbe  mit  bogu,  unb  er  l^at 
Dier  Urtl^eile:  35 

Äein  ®eift  ift  tl^eilbar; 

Unb  bal^er  nid^tiS  ST^eilbareiS  ift  ein  ®eift; 
alle  SRaterie  ift  tl^eilbar; 

SWit^in  feine  SHaterie  ift  ein  ®eift. 

3n  ber  britten  S^igur  finb  leine  anbere  als  Dermifd^te       30 

Sßernunftfc^lüffe  möglid^- 

S)ie  Siegel  ber  britten  ^igur  ift  folgenbe:  äßad  einer  @ad^e  gulommt 
ober  U)iberfpri(!^t,  bad  lommt  aud^  gu  ober  koiberfprid^t  einigen,  bie  unter 
einem  onbern  SRcrImale  biefer  Sad^e  entl^alten  finb.  S){efer  @a^  felber 


S)te  falfc^e  ©pt^finbififett  ber  Dter  f^Uogiftifc^en  giguren.  53 

tft  nur  barum  \Daf)x,  meil  id^  baiS  Urt^eil,  in  »eld^em  gefagt  mirb,  bog  ein 
anberefi  3Si^xfmal  biefer  Sad^e  gufotnmt,  (per  conversionem  logicam) 
umlel^ren  fattn,  ttoburd^  ed  ber  SRegel  aller  Sernunftfd^läffe  gem&g  mirb. 
(SS  \id^t  i.  (S.: 

5  Sine  9Renf(!^ett  ftnb  @ünber; 

SlUe  3Renf(l^eti  ftnb  üernfinftig; 
9lIfo  einige  SBernfinftige  ftnb  @unber. 

S)tefejS  fd^Iiegt  nur,  tt)e{I  id^  burd^  eine  Umlel^rung  per  acoidens  aud 

bem  Unterfa^  alfo  fd^Ite^en  lann:  folgltd^  ftnb  einige  Dernänfttge  äßefen 

10  9Renf(!^en,  unb  olUbann  merben  bie  93egrtffe  nad^  ber  SÜegel  aller  SSer« 

nunftfd^Iftffe  Derglit^en,  aber  nur  Dermittelfi  eines  eingef d^obnen  unmittel» 

baren  @d^luf[ed,  unb  man  f)at  ein  ratiocinitim  hybridum : 

9Ue  SRenfd^en  ftnb  @ünber; 
Sine  SRenfd^en  ftnb  Dernfinftig; 
15  3)?it]^in  einige  äSernünftige  ftnb  SRenfd^en; 

Sllfo  einige  SSernAnftige  ftnb  @finber. 

@ben  baffelbe  lann  man  fel^r  leidet  in  ber  üerneinenben  9rt  biefer  f^igur 
geigen,  toeld^ed  id^  um  ber  j^ürge  miüen  toeglaffe. 

3n  ber  vierten  Sigur  finb  feine  anbere  toie  öermifd^te 
20  SBernunftfd^lüffe  mbglid^. 

3)ie  @d^lugart  in  biefer  f^orm  ift  fo  unnatürlid^  unb  grünbet  ft(!^  auf 
fo  Diel  mögliche  3ioif(^^nf(^lAf[^f  i'i^  cA^  eingefd^oben  gebadet  merben 
mfiffen,  ha^  bie  Siegel,  bie  id^  bat)on  allgemein  Dortragen  Ibnnte,  fel^r 
bunlel  unb  unüerfiänblid^  fein  mürbe.  Um  bedmillen  toill  id^  nur  fagen, 

35  um  meld^er  Sebingungen  millen  eine  Sd^luglraft  barin  liegt,  ^n  ben  Der« 
neinenben  Srten  biefer  93ernunftfd^lüf[e  ift  barum,  »eil  id^  entmeber  burc!^ 
logifd^e  Umtebrung  ober  6ontra))o{ttion  bie  ©teilen  ber  ^auptbegriffe  oer^ 
finbem  unb  alfo  nad^  {ebem  SSorberja^e  feine  unmittelbare  @d)lu^folge 
gebenlen  lann,  fo  bag  biefe  @d^lugfolgen  bie  Sejiel^ung  befommen,  bie  fte 

30  in  einem  SSernunftfd^luffe  nad^  ber  allgemeinen  Siegel  Aber^aupt  l^aben 
mäffen,  eine  rid^tige  f^olgerung  mbglic^.  SSon  ben  bejlal^enben  aber  toerbe 
id^  jeigen,  bag  ^e  in  ber  oierten  f^igur  gar  nid^t  mbglid^  feien.  3)er  Der« 
neinenbe  äJernunftfd^lug  nad^  biefer  Sigur  mirb,  koie  er  eigentlid^  gebac^t 
werben  mug,  fid^  auf  folgenbe  Srt  barfteQen : 


54  S)te  falfd^e  6pt^ftnbtgfett  bet  uter  f^aogtfttf(^en  f^tguren. 

Äcin  ©ummcr  ift  geleiert; 
gfolgl.  lein  ©elel^rter  ift  bumm. 
@inige  ©elel^rte  ftnb  fromm; 
golgl-  einige  Sfromme  finb  geleiert; 
9lfo  einige  f^romme  {tnb  nid^t  bumm.  .•> 

@d  fei  ein  S^nogidmuiS  Don  ber  gtoeiten  S(rt: 

6in  jeber  ®eift  ip  etnfat^; 
SQed  @tnfa(^e  ift  unoenoedUd^; 
Sllfo  einiges  Unoeroedlid^e  ift  ein  ®eift. 

$ier  leud^tet  beutlid^  in  bte  S(ugen,  bag  baS  ©d^Iugurl^eil,  fo  toie  eiS  lo 
ba  ftel^t,  Qud  ben  S^orberf&^en  gar  nid^t  fliegen  tonne.   9Ran  oernimmt 
biefeiS  gleid^,  fo  balb  man  ben  mittlem  ^auptbegriff  bamit  Dergleid^t.  ^äi 
lann  namlid^  nid^t  fagen:  einiget  Unoerttedlit^e  ift  ein  ®eift,  meil  ed  eim 
fad^  ift;  benn  barum,  koeil  etmad  einfad^  ift,  ift  ed  nid^t  fofort  ein  ®eift. 
f^erner  fo  fönnen  burd^  aQe  möglid^e  logifd^e  S^eränberungen  bie  SSorber«  15 
fä^e  nic^t  fo  eingerid^tet  »erben,  bag  ber  ©d^lu^a^  ober  aud^  nur  ein 
anberer  @a^,  aud  koeld^em  berfelbe  atö  eine  unmittelbare  f^olge  ßiegt, 
fönnte  l^ergeleitet  »erben,  menn  nämlid^  nad^  ber  in  allen  Figuren  einmal 
feftgefe^ten  Sfiegel  bie  ^auptbegriffe  il^re  ©teilen  fo  l^aben  foUen,  bag  ber 
größere  ^auptbegriff  im  Dbcrfa^,  ber  Heinere  im  ttnterfa^e  üorfomme.*)  20 
Unb  obgletd^,  toenn  id^  bie  ©teilen  ber  ^auptbegriffe  gänjlid^  oer&nbere, 
fo  bafe  berjenige  ber  fleinere  wirb,  ber  Dorl^er  ber  größere  toar,  unb  um«» 
gefeiert,  ein  @d^lugfa^,  aud  bem  bie  gegebene  (Sonclufton  fliegt,  lann  ge« 
folgert  toerben,  fo  ift  bod^  alsbann  aud^  eine  ganglid^e  SSerfe^ung  ber 
93orberf&^e  notl^ig,  unb  ber  nad^  ber  vierten  f^igur  erl^altene  fo  genannte  35 
SSernunftfd^lug  entl^ält  tool^l  bie  SRaterialien,  aber  nid^t  bie  f^orm,  tt)or» 

*)  S)tefe  Siegel  grfmbet  fld^  auf  bte  f^ntl^etif^e  Drbnung,  nad^  totläjex  guerfl 
bad  entfernte  unb  bann  ba^  ndl^ere  3J^er!ntal  mit  bem  ©ubjecte  t)erQlt(^en  mirb.  Sn- 
beffen  wenn  biefelbe  gTetc^  ald  blöd  roillfürlid^  angefel^en  mürbe,  fo  mirb  fte  bod^ 
unumgdngltd^  ndt^tg,  fo  balb  man  Dter  Stguren  ^aben  mtll.  2)enn  fo  balb  ed  30 
einerlei  ifl,  ob  \6)  bad  ^r&bicat  ber  (Sonclufton  in  ben  Dberfa^  ober  Unterfa^ 
bringe,  fo  ifl  bie  erfte  gigur  Don  ber  Dterten  gar  ni^t  unterfc^ieben.  (^inen  ber- 
gteid^en  ^el^ler  finbet  man  in  (Srufii  Sogif  (Seite  600  bie  ^nmert 


2)tc  folfc^e  ©pt^finbtflfeit  ber  öicr  ftjUogiftifd^cn  giguren.  55 

nad^  flcfi^Ioffen  tocrbcn  foll,  unb  ift  gar  lein  gScrnunftfdöIufe  nad^  bcr 
logifd^en  Drbnung,  in  ber  aUein  bie  @int]^eilung  ber  üier  f^iguren  möglich 
\%  tt)el(l^eS  bei  ber  Derneinenben  @d^lu^art  in  berfelben  f^igur  ftd^  gang 
anberiS  beftnbet.  @d  koirb  nämlid^  fo  l^eigen  muffen: 

5  ein  ieber  ®eift  ift  einfad^; 

9llled  Sinfad^e  ift  unDertDedlid^; 
aif 0  ein  jeber  ®eift  ift  unüertöcSltc^ ; 
aRitl^in  einigeis  UnDertoedlid^e  ift  ein  ©eift. 

S)iefeiS  fd^liegt  ganj  rid^ttg,  aUein  ein  bergleid^en  93ernunftfd^Iug  ift  üon 
10  bem  in  ber  erften  i^igur  nid^t  burd^  eine  anbere  ©teUe  h^^  mittlem  ^anpU 
begriff«  unterjd^iebcn,  fonbern  nnr  barin,  bafe  bie  ©teilen  ber  aSorberfä^e 
Derdnbert  toorben*)  unb  in  bem  @d^Iugfa^e  bie  ©teilen  ber  ^auptbegriffe. 
3)arin  beftel^t  aber  gar  nid^t  bie  S3eränbcrung  ber  ffigur.  6inen  gel^ler 
Don  biefer  Slrt  finbet  man  an  bem  angeffil^rten  Drte  ber  (Sruftfd^en  Sogil, 
15  too  man  burd^  biefe  f^reil^eit,  bie  ©teile  ber  SSorberf&^e  gu  Deränbern, 
geglaubt  l^at  in  ber  vierten  Sigur  unb  gttar  natfirlid^er  gu  fc^liegen.  @d 
ift  f(!^abe  um  bie  SRul^e,  bie  {td^  ein  groger  ©eift  giebt,  an  einer  unnu^en 
©ad^e  beffern  gu  tooUen.  9Ran  lann  nur  toad  9lü^lid^ed  tl^un,  menn  man 
fie  t)erni(^tigt. 

20  §  5. 

S)ie  logifd^e  Sintl^eilung  ber  Dier  f^llogiftifd^en  f^iguren 

ift  eine  falfd^e  ©pi^finbigfeit. 

5!Wan  fann  nid^t  in  3lbrebe  fein,  bafe  in  allen  biefen  öier  giguren 
rid^tig  gefd^loffen  »erben  f5nne.  9lun  ift  aber  unftreitig,  bag  fte  alle,  bie 
35  erfte  aufgenommen,  nur  burd^  einen  Umfd^meif  unb  eingemengte  Stt)ifd^en« 
fd^läffe  bie  f^olge  beftimmen,  unb  bag  eben  berfelbe  ©d^lugfa^  auiS  bem 
nämlid^en  3Rittelbegriffe  in  ber  erften  $tgur  rein  unb  untermengt  ab- 
folgen  toürbe.  $ier  fSnnte  man  nun  benlen,  bag  barum  bie  brei  anbere 
f^iguren  ]^5(^ftend  unnä^e,  ni(^t  aber  falfd^  to&ren.  allein  toenn  man  bie 

so  *}  S)enn  toenn  berje ntge  @a^  bet  Dberfa^  t{l,  in  btm  bad  $r&bicat  ber  @on* 

clufion  oorfommt,  fo  ifl  t)on  ber  eigentlichen  ^onclufion,  bie  ^ier  ani  ben  S^orber- 
fö^en  unmittelbar  ßiegt,  ber  ^meite  @a^  ber  Dberfa^  unb  ber  erfte  ber  Unterfa^. 
Hldbann  iß  aber  aUti  m^  ber  erften  Sigur  gefc^Ioffen,  nur  fo,  bag  ber  aufge* 
gebene  ©d^lugfa^  anS  btm,  melier  aundc^ft  an^  gebadeten  Urt^eilen  folgt,  burc^ 

35  eine  logifd^e  Umfe^rung  gegogen  n)irb. 


56  ^te  falfd^e  ©pi^finbiafeit  bet  t)ter  fQlIogifltfd^en  Figuren. 

^l^äjt  emägt,  in  bet  {!e  erfunben  koorben  unb  no(!^  immer  Dorgetragen 
iDerben,  fo  toirb  man  anberiS  urt^eilen.  SBenn  eiS  barauf  anläme,  eine 
9)tenge  Don  Sd^Iäffen,  bie  unter  bie  ^aupturtl^eile  gemengt  m&ren,  mit 
biefen  fo  ju  t)ern)t(leln,  bag,  inbem  einige  audgebrüdt,  onbere  Derfd^toiegen 
tt)firben,  ed  Diele  JSunft  loftete,  il^re  Übereinftimmung  mit  ben  SRegeln  ju  5 
fd^Iiegen  ju  beurtl^eilen,  fo  mürbe  man  tool^l  eben  nid^t  mel^r  f^iguren, 
aber  bod^  mel^r  r&tl^fell^Qfte  Sd^läffe,  bie  iSopfbred^eniS  genug  mod^en 
lönnten,  nod^  baju  erpnnen  f5nnen.  @d  ifi  aber  ber  Qmd  ber  Sogif,  nid^t 
gu  t)ertt)id(eln,  fonbern  aufgulöfen,  nid^t  DerbedCt,  fonbern  augenfd^einlid^ 
etmaS  üorjutragen.  ©al^er  foflen  biefe  üier  ©d^Iufearten  einfad^,  unüer«  10 
mengt  unb  ol^ne  »erbedtte  Sttebenfdölüffe  fein,  fonft  ift  il^nen  bie  grei^eit 
nic^i  gugeftanben,  in  einem  logifd^en  SSortrage  ald  i^ormeln  ber  beutlid^« 
ften  aSorftcIlung  eine«  aSernunftfd^luffc«  gu  erfd^einen.  6«  ift  aud^  getoife, 
bag  bid  bal^er  ade  Sogiler  fte  für  einfädle  9Sernunftfd^Iüf[e  ol^ne  not]^:> 
menbige  S)ajU)ifd^en{e^ung  Don  anbern  Urtl^eilen  angefel^en  l^aben,  fonft  15 
mürbe  il^nen  niemals  biefeö  Sürgerred^t  fein  ertl^eilt  morben.  68  ftnb  alfo 
bie  übrige  brei  ©d^lufearten  al«  Siegeln  ber  aSernunftfd^lüffe  überhaupt 
rtd^tig,  ald  fold^e  aber,  bie  einen  einfad^en  unb  reinen  @d^lug  entl^ielten, 
falfd^.  S)iefe  Unric^tigfeit,  meldte  eiS  gu  einem  SHed^te  mad^t,  @inftd^ten 
DermidEeln  ju  bürfen,  anftatt  bag  bie  Sogil  gu  il^rem  eigentl^ümlid^en  20 
Stt)e(te  l^at,  aUed  auf  bie  einfad^fte  @rfenntnigart  gu  bringen,  ift  um  befto 
größer,  Je  mel)r  befonbere  [Regeln  (bereu  eine  jebe  §igur  etlid^e  eigene  l^at) 
nötl^ig  ftnb,  um  bei  biefen  ©eitenfprüngen  ftc^  nid^t  felbft  ein  Sein  unter» 
gufd^lagen.  3n  ber  Sl^at,  mo  {emald  auf  eine  gänglid^  unnü^e  ©ad^e  Diel 
@d^arf{tnnigleit  Dermanbt  unb  Diel  fd^einbare  ©elel^rfamleit  Derfd^menbet  25 
ttorben  ift,  fo  ift  eö  biefe.  3)ie  fo  genannte  2Robi,  bie  in  ieber  Sigur 
moglid^  finb,  burd^  feltfame  SSörter  ängebeutet,  bie  gugleid^  mit  Diel  ge» 
l^eimer  JSunft  Sud^ftaben  entl^alten,  tt)elc^e  bie  SSermanblung  in  bie  erfte 
erleid^ tern,  werben  lünftigl^in  eine  fd^ä^bare  @elten^eit  Don  ber  S)enlung8« 
art  bed  menfd^lid^en  SSerftanbed  enthalten,  menn  bereinft  ber  el^rmürbige  so 
Sfioft  beiS  Slltertl^umd  einer  beffer  untermiefnen  9lad^Iommenfd^aft  bie  emjtge 
unb  Dergeblid^e  Semül^ungen  il^ren  SSorfal^ren  an  biefen  Überbleibfeln 
mirb  bett)unbern  unb  bebauren  leieren. 

@d  ift  aud^  leidet,  bie  erfte  SSeronlaffung  gu  biefer  Spi^finbigleit  gu 
entbeden.  S)erienige  fo  guerft  einen  S^QogidmuiS  in  brei  9ieil^en  überein»  33 
anber  fd^rieb,  il^n  mie  ein  @d^ad^brett  anfal),  unb  Derfud^te,  maS  aud  ber 
SJerfe^ung  ber  Stellen  beS  SRittelbegriffd  l^erauSlommen  möd^te,  ber  tt)ar 


3)ic  \al\6)e  ©pi^finblgfeit  bcr  t>\tx  f^nogiftlfd&cn  {Jtgurcn.  57 

eben  fo  betroffen,  ha  er  getoal^r  »arb,  bafe  ein  üernünftiger  Sinn  l^erauS* 
lam,  ald  einer,  ber  ein  Slnogramm  im  Flamen  ftnbei  @U  \oax  eben  fo 
finbifd^  fic^  über  bad  eine  mie  über  baS  anbre  gu  erfreuen,  oornebmlid^  ba 
man  barüber  Dergag,  bag  man  nid^ts  9leued  in  Slnfebung  ber  S)eutlid^teit, 

5  fonbern  nur  eine  SSermel^rung  ber  Unbeutlid^Ieit  aufbräd^te.  StUein  c9  ift 
einmal  baS  £ood  beiS  menfd^lic^en  SSerftonbed  fo  beioanbt;  entmeber  er  ift 
grüblerifc^  unb  gerätl^  auf  f^ra^en,  ober  er  l^afd^t  oerkoegen  nad^  ju  großen 
©egenft&nben  unb  bauet  Suftfd^Iölfer.  SSon  bem  großen  Raufen  berS)enIer 
mäl^It  ber  eine  bie  Qa^il  666,  ber  anbere  ben  Urfprung  ber  Siliere  unb 

10  Spangen,  ober  bie  ©c^elmniffe  ber  S3orfe]^ung.  S)er  Srrtbum,  barin  bcibe 
geratl^en,  ift  oon  fel^r  oerf^iebenem  ©efc^madt,  fo  toie  bie  Xbp\t  oer« 
fc^ieben  ftnb. 

S)ie  koiffenSmürbige  S)inge  Raufen  ftd^  gu  unfern  Seiten.  Salb  koirb 
unfere  i^äl^igteit  gu  fc^toad^  unb  unfere  Sebendgeit  gu  lurg  fein,  nur  ben 

15  nü^lid^ften  S^eil  baraud  gu  faffen.  &&  bieten  fid^  SÜeid^tl^ümer  im  Über* 

flu^e  bar,  toeld^e  eingunel^men  mir  mand^en  unnü^en  $lunber  toieber  meg« 

werfen  muffen.  6d  to&re  beffer  gemefen,  fid^  niemals  bamit  gu  beläftigen. 

3d^  mürbe  mir  gu  fel^r  fd^meid^eln,  menn  id^  glaubte,  bag  bie  SIrbeit 

Don  einigen  @tunben  oermögenb  fein  merbe,  ben  j^oloffen  umguftürgen,  ber 

20  fein  ^aupt  in  bie  äBoIfen  bed  Sltertl^umd  oerbirgt,  unb  beffen  $üge  oon 
Sl^on  ftnb.  3Reine  Slbfid^t  ift  nur,  Sfied^enfd^aft  gu  geben,  medmegen  ic^  in 
bem  logifdben  SSortrage,  in  meld^em  i(^  nid^t  alles  meiner  @inftd^t  gemdg 
einrid^ten  fann,  fonbern  mand^ed  bem  l^errfd^enben  ©efc^madt  gu  ©efallen 
tl^un  mug,  in  biefen  SRaterien  nur  lurg  fein  merbe,  um  bie  S^it,  bie  idb 

S5  babei  geminne,  gur  mirllid^en  ßrmeiterung  nü^Ii(^er  6inft(^ten  gu  oer* 
menben. 

@jS  giebt  nod^  eine  gemiffe  anbere  Sraud^barleit  ber  S^IIogiftil,  n&m« 
lid^  Dermittelft  il^rer  in  einem  geleierten  SBortmed^fel  bem  Unbel^utfamen 
ben  Sftang  abgulaufen.  S)a  biefed  aber  gur  SUl^letil  ber  ©elel^rten  gehört, 

30  einer  JSunft,  bie  fonft  mo^l  fe^r  nü^d^  fein  mag,  nur  bag  fte  ni(^t  oiel 
gum  SSortl^eil  ber  äSal^rl^eit  beiträgt,  fo  übergel^e  id^  fte  l^ier  mit  @tia« 
fd^meigen. 

§  6. 
Sd^lu^etrad^tung. 

35  Sßir  ftnb  bemnac^  belel^rt,  bag  bie  oberfte  Siegeln  aller  äSernunft:* 
fd^lüffe  unmittelbar  auf  bieienige  Drbnung  ber  ^Begriffe  fül^ren,  bie  man 


58  ®ie  falfd^e  @pt^ftnbtg!eit  bet  t>\n  f^nogtfttfd^en  Stguren. 

bic  crftc  fjigur  nennt,  bafe  alle  anbre  Sßerfetiunflen  be8  SKittelbeßriffS  nur 
eine  rid^tige  ©d^lugfolge  geben,  inbent  fe  burc^  leidste  unmittelbare 
^Folgerungen  auf  foI(^e  @ä^e  fül^ren,  bie  in  ber  einf&ltigen  Orbnung  ber 
erften  Sfigur  üerfnüpft  jtnb,  bafe  e8  unmöglidfe  fei,  in  mel^r  tole  in  einer 
f^igur  einfach  unb  unDermengt  ju  fd^liegen,  meil  bod^  immer  nur  bie  erfte  5 
Sigur,  bie  burc^  öerftedtte  Sf olgerungen  in  einem  SSemunftfd^Iuffe  »erborgen 
liegt,  bie  ©d^lugfraft  entl^dlt  unb  bie  oer&nberte  Stellung  ber  Segriffe  nur 
einen  Ileinen  ober  grögern  Umfd^toeif  Derurfad^t,  ben  man  gu  burd^laufen 
l^at,  um  bie  $olge  eingufel^eni  unb  ba^  bie  Sintl^eilung  ber  f^iguren  über» 
ijavLptf  in  fo  fern  pe  reine  unb  mit  feinen  ßtoifc^enurtl^eilen  üermifd^te  10 
Sd^läffe  entl^alten  foQen,  falfd^  unb  unmSglid^  fei.  3Bie  unfere  allgemeine 
©runbregeln  aller  93ernunft{d^Iuf[e  gugleic!^  bie  befonbern  SRegeln  ber  fo 
genannten  erften  $igur  entl^alten,  imgleid^en  mie  man  aus  bem  gegebenen 
©(l^lu^a^e  unb  bem  mittlem  ^auptbegriffe  fogleid^  einen  ieben  SSernunft« 
f d^Iug  aud  einer  ber  übrigen  f^iguren  o^ne  bie  unnü^e  äBeitl&uftigleit  ber  15 
Sfiebuctiondformeln  in  bie  erfte  unb  einfädle  ©d^lugart  Deränbern  I5nne, 
fo  bag  enttoeber  bie  (Sonclufton  felber  ober  ein  @a^,  barauS  biefe  burd^ 
unmittelbare  Folgerung  fliegt,  gefd^loffen  toirb,  ift  aud  unferer  @rl&uterung 
fo  leidet  abjune^men,  bag  id^  mid^  babei  nic^t  aufl^alte. 

3d^  miQ  biefe  Setrad^tung  nic^t  enbigen,  ol^ne  einige  Snmerlungen  20 
beigefügt  gu  l^aben,  bie  aud^  anbermeitig  Don  erl^eblid^em  9lu^en  fein 
linnten. 

3d^  fage  bemnad^  erftli^,  bag  ein  beutlid^erSegriff  nurburc^ein 
Urtl^eil,  ein  oollftänbiger  aber  ni(^t  anberd  ald  burc^  einen  äS er <> 
nunftf  d^lug  miglid^  fei.  @d  toirb  nämlid^  gu  einem  beutlid^en  Segriff  er«  95 
forbcrt,  bag  id^  ettoaö  alö  ein  SKerfmal  eine«  3)inge8  flar  erlenne,  biefeS 
aber  ift  ein  ttrtl^eil.  Um  einen  beutlid^en  Segriff  üom  ^bxptx  gu  ^aben, 
ftelle  id&  mir  bie  Unburd^bringlid^feit  alö  ein  ÜRerlmal  beffelben  flar  oor. 
3)iefe  ajorfteUung  aber  ift  nid^tö  anber«  aW  ber  Oebanfe:  ein  Äörper 
ift  unburd^bringlid^.   ^lebci  ift  nur  gu  merfen,  bag  biefeS  Urtl^eil  30 
nid&t  ber  beutlld^e  Segriff  felber,  fonbern  bie  4)anblung  fei,  tooburd^  er 
ttirflidö  toirb;  benn  bie  Sorftellung,  bie  nad^  biefer  ^anblung  oon  ber 
©adöe  felbft  entfpringt,  ifl  beutlid^.   6«  ifl  leidet  gu  geigen,  bafe  ein  Dott- 
ftänbiger  Segriff  nur  burd^  einen  Sernunftfdölufe  möglid^  fei,  man  barf 
nur  ben  erften  Parag.  biefer  abl^anblung  nad^fel^en.  Um  beämiHen  fönnte  35 
man  einen  beutlid^en  Segriff  aud^  einen  folc^en  nennen,  ber  burd^  ein  Ur« 
tl^eil  flar  ift,  einen  »ottftfinbigen  aber,  ber  burd^  einen  Sernunftfc^lu^ 


S)ie  falfd^e  ©pt^ftnbigfeit  ber  t)ter  ft^Hogiflifd^en  Figuren.  59 

bcutlic^  ift.  Sft  bic  SßoUftanbtBfcit  Dom  crften  ®rabe,  jo  Iji  bcr  SScrnunft- 
fd^lu^  ein  einfad^er,  i[i  jte  Dom  gleiten  ober  brüten,  fo  ift  jie  nnr  burd^ 
eine  Süeil^e  Don  JSettenfd^Ififfen,  bie  ber  SBerftanb  nad^  ber  9(rt  eines  @orited 
Dertürjt,  mogUd^.  ^ieraud  erl^eüt  aud^  ein  »efentlid^er  Sfel^Ier  ber  £ogif, 

5  fo  koie  fte  gemeiniglic!^  abgel^anbelt  uirb,  bog  Don  ben  beutlid^en  unb  DoQ« 
ft&nbigen  Segriffen  el^er  gel^anbelt  D^irb,  tijie  oon  ttrt^ellen  unb  SSernunft* 
fd^Iäffen,  obgletd^  |ene  nur  burd^  btefe  m5glid^  finb. 

Streitend  eben  fo  augenfd^einlic^  mie  ed  ift,  bog  }um  DoIIftdnbigen 
Segrlffc  feine  anbere  ©runbfraft  ber  Seele  erforbert  »erbe,  wie  jum  beut* 

10  lid^en  (Inbem  eben  biefelbe  Sfä^igfeit,  bie  etmaö  unmittelbar  al8  ein  ÜRerf« 
mal  in  einem  ©ingc  erfennt,  aud&  in  biefem  2Rerf male  mleber  ein  anbereS 
äRerlmal  DorgufteQen  unb  alfo  bie  @ad^e  burd^  ein  entferntes  ^ertmal  gu 
beuten  gebraud^jt  tt)irb):  eben  fo  leidet  fäQt  eS  aud^  in  bie  Sugen,  bag 
Serfianb  unb  SSernunft,  b.  t.  ba&  SScrmögen,  beutlid^  ju  erfcnnen  unb 

13  baöienige,  SSernunftfd^lüffe  ju  mad^en,  feine  Derfd^iebene  ©runbffil^ig* 
feiten  feien.  Seibe  beftel^en  im  SSermögen  ju  urtl^eilen;  toenn  man  aber 
mittelbar  urt^eilt,  fo  f^liegt  man. 

drittens  ift  l^ierauS  aud^  abgunel^men,  bag  bie  obere  ßrfenntnigfraft 
fd^led^terbingS  nur  auf  bem  SSermögen  gu  urtl^eilen  berul^e.   S)emnad^ 

20  toenn  ein  SBefcn  urtl^eilen  fann,  fo  l^at  e8  bie  obere  ßrfenntnifefäl^igfelt, 
fSrinbet  man  Urfad^e,  il^m  biefe  le^tere  ab2uf))red^en,  fo  Dermag  efi  aud^ 
nid^t  ju  urtl^eilen.  2)ie  SSerabfäumung  fold^er  Betrachtungen  l^at  einen 
berül^mten  ©elel^rten  Deranlafet,  ben  Silieren  beutlid^e  Segriffe  guauftel^n. 
ein  Dd^ö,  l^eifet  e«,  l^at  in  feiner  SSorftellung  Dom  Stalle  bod^  aud&  eine 

25  flare  aSorfteUung  Don  feinem  ÜRerfmale  ber  ST^üre,  alfo  einen  beutlid^en 
Segriff  Dom  Stalle.  68  ift  leidet,  l^ier  bie  SSeriDirrung  ju  Derl&üten.  Sflid^t 
barin  beftel^t  bie  ©eutlid^feit  eine«  ScgriffS,  bafe  baöfenige,  toa«  ein  3Kert» 
mal  Dom  S)inge  ift,  flar  DorgefteHt  werbe,  fonbcrn  bafe  eö  al8  ein  SRerf mal 
be8  3)inge8  erfannt  »erbe.  ©ieStl^ürc  ift  gmar  etwa«  jum  Stalle  ©ebörigeS 

30  unb  fann  jum  ÜRerfmal  beffclben  bienen,  aber  nur  berjenige,  ber  ba«  Ur* 
t^eil  abfaßt:  biefe  Spre  gel^ört  gu  biefem  Stalle,  bot  einen  beut» 
lid^en  Segriff  Don  bem  (Sebfiube,  unb  biefeö  ift  p(^erli(^  über  ba8  Ser» 
mbgen  beS  Siel^eS. 

Sdö  gel^e  nod^  weiter  unb  fage:  eö  ift  ganj  wa8  anber«  S)inge  Don 

35  einanber  unterfd^eibenunbbenUnterfc^iebber3)ingeerfennen.  35a8 
le^tere  ift  nur  burd^  Urtl^eilen  möglich  unb  fann  Don  feinem  unDernfinftigen 
2:^iere  gefd^e^en.    f^olgenbe  Sintl^eilung  fann  Don  großem  Sinken  fein. 


60  ^ie  falfi^e  @pi^ftnbig!fit  ber  Diec  f^Hogtflifi^en  giguren. 

Sogtf d^  unterf (Reiben,  l^eigt  erlennen,  bag  ein  S)ing  A  nid^t  B  fei,  unb 
ifl  iebergeit  ein  Derneinenbed  Urt^eil,  pl^^fifd^  unterfd^eiben,  l^eigt, 
burd^  Derfc^iebene  SorfteQungen  gu  oerfc^iebenen  ^anblungen  getrieben 
toerben.  S)er  ^unb  unterfd^elbet  ben  Sraten  Dom  Srote,  »eil  er  anberd 
Dom  Sraten,  aliS  oom  Srote  geräl^rt  koirb  (benn  oerfd^iebene  S)inge  Der»  5 
urJQd^en  oerfd^iebne  Smpfinbungen),  unb  bie  (Smpftnbungen  Dom  erftern 
ift  ein  ®runb  einer  anbem  Segierbe  in  il^m  ald  bie  00m  le^tern,*)  nad^ 
ber  natürlichen  SSerfnüpfung  feiner  5£riebe  mit  feinen  SSorfteUungen.  3!lian 
fann  l^ieraud  bie  äSeranlaffung  giel^en,  bem  mefentlid^en  Unterfd^iebe  ber 
Dernänftigen  unb  Dernunftlofen  Spiere  beffer  nad^gubenlen.  Sßenn  man  lo 
eingufe^en  oermag,  toad  benn  badienige  ffir  eine  gel^eime  JSraft  fei,  \do^ 
burd^  baS  Urt^eilen  möglich  mirb,  fo  koirb  man  ben  JSnoten  aufI5fen. 
ÜReine  je^ige  Meinung  gel^t  bal^in,  bog  biefe  JSraft  ober  f^&l^igleit  nid^tfi 
anberd  fei  ald  bod  SSermbgen  bed  innern  @inned,  b.  i.  feine  eigene  f8ox^ 
fteQungen  gum  D&iecte  feiner  ©ebanlen  gu  mad^en.  3)iefed  SSermögen  ifi  15 
nid^t  aud  einem  anbem  abguleiten,  efi  ift  ein  ®runboerm5gen  im  eigent> 
lid^en  SSerftanbe  unb  lann,  toie  id^  bafär  ^alte,  blod  Dernünftigen  SBefen 
eigen  fein.  Suf  bemfelben  aber  berul^t  bie  gange  obere  @rfenntni&Iraft. 
3d^  f(6Iiege  mit  einer  SSorfteUung,  bie  benjenigen  angenehm  fein  mug, 
toeld^e  bad  SSergnflgen  aber  bie  (Sinl^eit  in  bem  menfd^Iid^en  (Srienntniffe  so 
em))ftnben  fönnen.  S(IIe  beja^enbe  Urtl^eile  [teilen  unter  einer  gemeinfd^aft« 
liefen  i^ormel,  bem  @a^e  ber  Sinftimmung:  Cuilibet  subjecto  competit 
praedicatam  ipsi  identicam;  alle  Derneinenbe  unter  bem  @a^e  bed  äBiber« 
fpru(!^8:  NuUi  subjecto  competit  praedicatum  ipsi  oppositum.  SlUe  be« 
ial^enbe  93ernunftf(^Iüffe  ftnb  unter  ber  SÜegel  entl^olten:  Nota  notae  est  35 
nota  rei  ipsius;  aUe  Derneinenbe  unter  biefer:  Oppositum  notae  opponitur 
rei  ipsi.  ^Ile  Urtl^eile,  bie  unmittelbar  unter  ben  @ä^en  ber  Sinftimmung 
ober  bed  äBiberfprud^fi  fiel^cn,  bad  ifi,  bei  benen  toeber  bie  Sbentität  nod^ 
ber  SSBiberftreit  burd^  ein  3^if<^^nmerlmal  (mithin  nid)t  oermittelft  ber 
Serglieberung  ber  ä^egriffe),  fonbern  unmittelbar  eingefe^en  toirb,  ftnb  30 


*)  (SS  ifl  in  ber  ^ai  Don  ber  Augerfien  (Sr]^eblid|feit,.bei  ber Unterfu^ung 
ber  tl^ierifd^en  SQatur  hierauf  od^t  gu  ^aben.  SBir  merben  an  il^nen  lebtgUd^  Augere 
^anblungen  geioal^r,  beren  Berfd^ieben^eit  unterfd^iebli^e  Sefltmnuingen  i^rer  9e< 
gierbe  angetgt.  Ob  in  t^rem  Sitnem  biejenige  ^onblung  ber  C^rfenntnigfraft  t)ot' 
gel^t,  ba  f!e  fid^  ber  ftbereinftimmung  ober  bed  Sßiberftrettd  beiSienigen,  toad  in  35 
einer  C^mpftnbung  ifl,  mit  bem,  mad  in  einer  anbem  beftnbltdl  ifi,  bemüht  finb  unb 
alfo  urtl^etlen,  bad  folgt  gar  niäjt  barouö. 


S)ie  fatf^e  @pt^finbta!ett  bet  Dter  f^Hogiftifc^en  Figuren.  61 

unenoetölid^e  Urtl^etle,  bieiemge,  mo  {te  mittelbar  ertannt  werben  lann, 
jtnb  ertteidlic^.  3)ie  tnetif^Iid^e  @rlenntni^  ift  DoQ  fold^er  unertteiiSlic^et 
Urtl^eile.  93or  ieglic^er  S)eftnUion  fommen  beren  etU(!^e  \)ox,  fo  bolb  man, 
um  ju  il^r  ju  gelangen,  badienige,  mai^  man  gunäd^ft  unb  unmittelbar  an 
einem  S)inge  erlennt,  jtd^  als  ein  SRerfmal  beffelben  üorfteUt.  S)ie|en{ge 
äBeltmeije  irren,  bie  fo  Derfal^ren,  aliS  toenn  ti  gar  leine  unenueidUil^e 
©runbmal^rl^eiten  auger  einer  gebe.  S)ieienigen  irren  eben  fo  fel^r,  bie 
o^ne  genugfame  ©em&^rleiftung  ju  freigebig  jtnb,  Derfc^iebene  i^rer  @&^e 
biefejS  SSorjugd  ju  mürbigen. 


3)cr 


etn$t0  mog(t($e  S^eiDebgrunb 


ju  einer 


Pemonfiratton 


beg 


pafcitiö  6oHe0 


oon 


Jt.  3mtnanuel  üant. 


Ne  mea  dona  tibi  studio  disposta  fideli, 
Intellecta  prias  quam  sint,  contempta  relinquas. 

LÜCRETIÜS. 

&  S^  ^abe  leine  fo  l^ol^e  3Reinung  Don  bem  9}u^en  einer  Semubung, 
tt)ie  bie  gegentt)&rtige  ift,  aU  tt)enn  bie  micl^tigfte  aQer  unferer  @rfenntntf[e: 
@d  iftetn  ©Ott,  o^neSetl^filfe  tiefermetap^^jtfc^erUnterfu^ungen  toanle 
unb  in  ®efa]^r  fei.  3)ie  SSorfel^ung  l^at  nid^t  getoollt,  bag  unfre  gur  ©lud» 
felifllcit  l^ödöPnfttl^ifle  ßinftc^ten  auf  bcr  Spifeflnbigfeit  feiner  @cl)lüffe  be« 

10  rul^en  folltcn,  fonbcrn  pc  bem  natürlid^en  gemeinen  SScrftanbe  unmittelbar 
überliefert,  ber,  »enn  man  il^n  nid^t  burc^  falfd^e  Äunji  Derwint,  nW^t 
ermangelt  und  gerabe  gum  SSal^ren  unb  Slfi^Ud^en  gu  fül^ren,  in  fo  fern 
koir  beffelben  äugerft  bebürftig  ftnb.  S)al^er  berienige  ©ebraud^  ber  ge* 
funben  SSernunft,  ber  felbft  nod^  innerl^alb  ben  Sd^ranlen  gemeiner  @in« 

15  ft^ten  ift,  genugfam  uberffil^renbe  Seioeidtümer  oon  bem  S)afe{n  unb  ben 
eigenf^aften  btefeS  Sßefend  an  bie  $anb  giebt,  obgleid^  ber  fubtile  f^or« 
f(!^er  aÜertoärtiS  bie  3)emonftration  unb  bie  Slbgemeffenl^eit  genau  be« 
jlimmter  Segriffe  ober  regelm&feig  oerlnüpfter  SSernunftfi^lüffe  oermifet. 
®Ieid^ix)O^I  lann  man  fi^  n^t  entbred^en  biefe  S)emonftration  ju  fud^en, 

so  ob  fie  ftd^  ni(!^t  irgenbioo  barböte.  S>enn  ol^ne  ber  biDigen  Segierbe  ju 
erioäl^nen,  beren  ein  ber  SHad^forfd^ung  geiool^nter  SSerftanb  fit^  nid^t  ent» 
fd^Iagen  (ann,  in  einer  fo  koid^tigen  @rTenntni^  ettoad  SSoUftänbiged  unb 
beutlid^  Segriffened  gu  erreid^en,  fo  i[t  nod^  gu  l^offen,  bag  eine  bergleid^en 
@in|td^t,  loenn  man  il^rer  m&d^tig  getoorben,  oiel  mel^rered  in  biefem 

9s  ©egenftanbe  aufn&ren  Ibnnte.   Qm  biefem  Qxotdt  aber  gu  gelangen  mu^ 

fta«t'l6(^tiftett.   Octfc  IL  5 


66  SBeweiSgnmb  su  einer  S)emon{hation  bei  ^afeind  (Botted. 

man  fld^  auf  ben  bobenlofen  Slbgrunb  ber  ÜRetapl^^jt!  koagen.  (Sin  ftnfterer 
Dcean  ol^ne  Ufer  unb  ol^ne  Seud^ttl^ürme,  ido  man  eS  n)ie  ber  Seefahrer 
auf  einem  unbefd^ifften  SReere  anfangen  mug,  loeld^er,  fo  balb  er  irgenb» 
IDO  Sanb  betritt,  feine  ^al^rt  ))rfift  unb  unterfu^t,  ob  nid^t  etma  unbe«* 
merfte  ©ecftröme  feinen  Äauf  Dertoirrt  l^aben,  aller  fflel^utfamfeit  unge«  5 
ad^tet,  bie  bie  jhtnft  gu  fd^iffen  nur  immer  gebieten  mag. 

3)iefe  ©emonpration  tft  tnbeffen  nod^  niemal«  erfunben  ttorben, 
iDeld^e«  fd^on  Don  anbern  angemerft  ift.  SBad  i(^  l^ier  liefere,  tft  aud^  nur 
ber  Sekoeidgrunb  gu  einer  S>emon{lration,  ein  mflbfam  gefammelted  ^a\x^ 
geratbr  loeld^eS  ber  Prüfung  beiS  J^ennerS  \>ox  Slugen  gelegt  ift,  um  auS  10 
beffen  brauchbaren  @tüden  nad^  ben  Siegeln  ber  S)auerbafttgleit  unb  ber 
SSol^lgereimtl^eit  bad  ®ebäube  gu  Dollfä^ren.  @ben  fo  toenig  koie  id^  baS« 
ienige,  loa«  id^  liefere,  für  bie  S)emonftration  f eiber  miD  gel^alten  koiffen, 
fo  koenig  finb  bie  9(ufl5fungen  ber  Segriffe,  beren  id^  mic^  bebiene,  fd^on 
S)efinitionen.  @ie  finb,  koie  mic^  bfinit,  rid^tige  SRerlmale  ber  @ad^en,  15 
koooon  id^  l^anbele,  tüd^tig,  um  barauiS  gu  abgemeffenen  (Srllärungen  gu 
gelangen,  an  {id^  felbft  um  ber  Sßabrbeit  unb  S>eutlid^!e{t  koillen  braud^» 
bar,  aber  fie  enoarten  nod^  bie  le^te  $anb  bed  J^finftlerS,  um  ben  S)e^s 
nitionen  beigegfip  gu  koerben.  6«  giebt  eine  ßcit,  koo  man  in  einer  fold^en 
SBiffenfc^aft,  koie  bie  SKetap^^pf  ift,  ftd^  getraut  atte«  gu  erflfiren  unb  aUeS  20 
gu  bemonftriren,  unb  koieberum  eine  anbere,  wo  man  {td^  nur  mit  ^rd^t 
unb  äßi^trauen  an  bergleid^en  ttnternel^mungen  loagt. 

S)ie  aSetrad^tungen,  bie  td^  barlege,  finb  bie  golge  eine«  langen  5Rad&« 
benlen«,  aber  bie  8(rt  bed  SSortrageiS  l^at  baS  SRerlmal  einer  unt)onenbeten 
Slu«arbeitung  an  jid^,  in  fo  fern  ocrfd^iebcne  »efd^fiftigungen  bie  bagu  er*  25 
forberlidfte  ßcit  nid^t  übrig  gelaffen  i^aben.   6«  ift  tnbeffen  eine  febr  ocr* 
geblid^e  (Sinfc^meidblung,  ben  Sefer  um  SSergei^ung  gu  bitten,  bag  man 
ibm,  um  koeld^er  Urfad^e  koillen  e«  aud^  fei,  nur  mit  ettoa«  @(^led^tem  babe 
aufmarten  (önnen.   @r  koirb  ed  niematö  oergeben,  man  mag  fic^  ent« 
fd^ulbigen,  toie  man  loill.  3n  meinem  tiraOe  ift  bie  nid^t  oöllig  audgebilbete  so 
(äeftalt  bc«  3BerIö  nid^t  foioobl  einer  SSernad^läf  jtgung  als  einer  ttntcr^^ 
laffung  aus  «bflc^ten  beigumeffen.   3^  kooHte  nur  bie  erfte  3ügc  eines 
^auptriffeS  enttoerfen,  nadb  meldten,  koie  id^  glaube,  ein  ©eb&ube  oon  nid^t 
geringer  S3ortreffli^Icit  fönnte  aufgeführt  koerben,  koenn  unter  geübtem 
^finben  bie  Scid^nuug  in  ben  SEb^ilen  me^r  SRid^tigfeit  unb  im  ®angen  zl 
eine  oottenbete  SRegelmfifeiglcit  erbielte.   3n  biefer  abftd^t  koäre  eS  un= 
nötbig  geioefcn,  gar  gu  oiel  ängjilid^e  Sorgfalt  gu  oerioenben,  um  in  ein- 


öorrcbe.  67 

gelnen  Stüden  afle  ßfige  genau  auSgumalen,  ba  ber  Sntkourf  im  ©attjen 
allererji  bad  ftrenge  Urtl^eil  ber  3Reijler  in  ber  j^unft  abguioarten  ^at. 
^  l^abe  bal^er  5fterd  nur  Semeidtpmer  angefäl^rt,  o^ne  mid^  anjumagen, 
ba^  id^  i]^reSerInü{)fung  mit  ber  f^olgerung  für  ie^t  beutUd^  geigen  f5nnte. 

B  34  l^abe  bidmeilen  gemeine  SSerftanbeSurtl^eile  angeful^rt,  ol^ne  i^nen  burd^ 
logifd^e  JSunjl  bie  ©eftolt  ber  ^irefiigTeit  gu  geben,  bie  einä3Qu[tü(I  in  einem 
@9{iem  l^aben  mug,  entmeber  xotil  id^  t&  fetter  fanb,  ober  xotil  bie  Sßeit» 
I&uftigleit  ber  ndtl^igen  SSorbereitung  ber  ®rige,  bie  badSSerl  l^aben  foDte, 
nid^t  gem&g  mar,  ober  aud^  toeil  id^  mid^  bered^tigt  gu  fein  glaubte,  ba  id^ 

10  leine  3>emon{tration  anfünbige,  ber  flrorberung,  bie  man  mit  Stecht  an 
f^ftematifc^e  SSerfaffer  tl^ut,  entfd^Iagen  gu  fein.  (Sin  Heiner  Sl^eil  berer, 
bie  fi(^  baö  Urt^eil  aber  äBerfe  bed  ®eifteS  anmaßen,  tt)irft  läl^ne  IBIidte 
auf  bad  ®ange  eines  SBerfud^d  unb  betrad^tet  Dornel^mlid^  bie  Segiel^ung, 
bie  bie  $au))tftfidte  beffelben  gu  einem  täd^tigen  Sau  l^aben  fönnten,  toenn 

16  man  gemiffe  Sttängel  ergängte  ober  S^el^ler  Derbefferte.  S)icfc  art  Scfer  ift 
eiS,  bereu  Urt^eil  bem  menfd^Iid^en  (Srlenntni^  ))orne]^mIi(^  nuj^bar  ift. 
äBaS  bie  übrige  anlangt,  meldte,  unt)ermigenb  eine  SSerlnupfung  im 
®rogen  gu  überfeinen,  an  einem  ober  anbern  tleinen  S^^eile  grüblerifd^  ge» 
l^eftet  ftnb,  unbefümmert  ob  ber  Sabel,  ben  er  etma  Derbiente,  aud^  ben 

90  SSertl^  beS  (Sangen  anfed^te,  unb  ob  nic^t  S^erbefferungen  in  eingelnen 
@tüd(en  ben  $au{)tplan,  ber  nur  in  SJ^eilen  fel^Ierl^aft  ift,  erl^alten  lönnen, 
biefe,  bie  nur  immer  bejirebt  ftnb,  einen  {eben  angefangenen  ä3au  in 
Srümmer  gu  Dermanbeln,  fönnen  gmar  um  il^rer  3Renge  koiQen  gu  f ürcl^ten 
fein,  aUein  i^r  Urtl^eil  ift,  load  bie  Sntfd^eibung  beS  maleren  äBertl^eS  an« 

15  langt,  bei  Vernünftigen  t)on  loenig  Sebeutung. 

Sd^  l^abe  mid^  an  einigen  Orten  Dielleid^t  nid^t  umft&nblid^  genug 
erflärt,  um  benen,  bie  nur  eine  fd^einbare  SSeranlaffung  mfinfc^en,  auf 
eine  ©tftrift  ben  bitteren  SSoriourf  be«  Snglauben«  gu  »crfen,  atte  (8e* 
legenl^eit  bagu  gu  benehmen,  aUein  toeld^e  Sel^utfamleit  ^Atte  biefeS  aud^ 

so  iDO^I  Derl^inbern  linnen;  id^  glaube  inbeffen  für  biejenige  beutlid^  genug 
gerebet  gu  l^aben,  bie  nid^tö  anberd  in  einer  Sd^rift  finben  tooDen,  als  mag 
bed  SerfafferiS  Slbftd^t  gemefen  ift  l^inein  gu  legen.  S4  ^be  mid^  fo  menig 
mie  mdglidin  mit  SSiberlegungen  eingelaffen,  fo  fel^r  aud^  meine  @d^e  Don 
anberer  i^ren  abmeid^en.  3){efe  @ntgegenfteaung  ift  ettoaiS,  bad  i^  bem 

35  Slac^benlen  bed  Seferd,  ber  beibe  eingefe^en  ^at,  überlaffe.  äBenn  man 
bie  Urtl^eile  ber  unoerpetlten  SSemunft  in  Derfd^iebenen  benlenben^erfonen 
mit  ber  Slufrid^tigleit  eines  unbeftod^enen  Sad^toalterS  ))rüfte,  ber  oon 


6d  Senieidgrunb  au  einer  S)emonfhation  bed  lS)afeind  (Botted. 

gloet  flrittigen  S^txUn  bie  ©rfinbe  fo  abloiegt,  bo^  er  ftd^  in  ®ebanTen  in 
blc  ©tcUc  bercr,  bic  pc  Dorbringen,  fclbft  ücrfe^t,  um  jtc  fo  ftarl  gu  pnbcn, 
ald  fie  nur  immer  werben  fonnen,  unb  bann  aUererft  audjumad^en,  toeld^em 
SEl^eile  er  \iä)  tDtbmen  n)oUe,  fo  kofirbe  Diel  loeniger  Uneiniglcit  in  ben 
SReinungen  ber  ^^ilofop^en  fein,  unb  eine  unge^eucl^elte  SiQigleit,  fid^  5 
felbft  ber  @ad^e  beiS  ©egentl^eild  in  bem  ®rabe  anjunel^men,  als  eS  mbi^ 
tid^  ift,  tDürbe  bolb  bie  forfcl^enbe  JSöpfe  auf  einem  SBege  Dereinigen. 

3n  einer  fd^toeren  IBetrad^iung,  mie  bie  gegenm&rtige  ifl,  lann  idb 
mi(^  lool^I  ium  Doraud  barauf  gefaxt  machen,  bag  mand^er  @a^  unrichtig, 
mand^e  @rlduterung  unsulänglic^  unb  mand^e  fludfül^rung  gebred^Iid^  10 
unb  mangell^aft  fein  toerbe.   3(^  mad^e  feine  fold^e  grorberung  auf  eine 
unbefd^r&nfte  Untergeid^nung  beS  Seferd,  bie  id^  felbft  fd^toerlid^  einem 
SBerfaffer  bekoilligen  toürbe.  @diDirb  mir  bal^er  nid^t  fremb  fein  Don  anbern 
in  mand^en  @tflden  eined  beffern  belel^rt  ju  merben,  aud^  ttirb  man  mi(^ 
gelehrig  finben,  fold^en  Unterrid^t  angunel^men.   @d  ift  fd^tter  bem  9n*  16 
fprud^e  auf  Slid^tigTeit  gu  entfagen,  ben  man  im  anfange  guDerftd^tlid^ 
Augerte,  atö  man  ©rflnbe  Dortrug,  aOein  eS  ift  nid^t  eben  fo  fd^iDer,  menn 
biefer  Sinfprudb  gelinbe,  unftd^er  unb  befd^eiben  xoax.   @elbfi  bie  feinfte 
@itelfeit,  ttenn  fie  ftd^  kool^I  Derftel^t,  mirb  bemerlen,  bag  nid^t  toeniger 
SSerbienft  bagu  gel^ört  fid^  flbergeugen  gu  laffen  als  felbft  gu  übergeugen,  20 
unb  bag  iene  ^anblung  oieQeid^t  mel^r  tta^re  @^re  mad^t,  in  fo  fern  me^r 
(Sntfagung  unb  Selbftprüfung  bagu  aU  gu  ber  anbern  erforbert  koirb.  @iS 
(önnte  fd^einen  eine  äJerle^ung  ber  (Sinl^eit,  bie  man  bei  ber  Setrad^tung 
feined  ©egenftanbeS  Dor  Sugen  ^aben  mu^,  gu  fein,  bag  l^in  unb  mieber 
giemlid^  audfü^rlic^e  p^^pfd^e  (Srlduterungen  Dorlommen;  allein  ba  meine  25 
Slbfid^t  in  biefen  f^&Den  oorne^mlid^  auf  bie  SRet^obe,  Dermittelft  ber 
Slaturmiffenfd^aft  gur  Srienntnig  ©otteS  l^inaufgufteigen,  geridbtet  ift,  fo 
l^abe  i(^  biefeußtoedt  ol^ne  bergleid^enSeifpiele  nid^t  mol^I  erreid^enfönnen. 
S)ie  fiebente  IBetrad^tung  ber  gioeiten  Slbtl^eilung  bebarf  beSfaDS  etmaS 
me^r  9lad^ftd^t,  oornel^mlid^  ba  i^r  ^n^alt  aud  einem  Sud^e,  koeld^eS  id^  so 
el^ebem  ol^ne  9lennung  meined  9lamenS  l^erauägab  *)  gegogen  koorben,  koo 


^  2)er  2:itel  beffelben  ift:  ^dlgetneine  9laturgefd()td()te  unb  2:§eorie 
bed  ^tmmeld.  ^önigdberg  unb  Setpgtg  1755.  2)tefe  ^c^rift,  bie  roenig  befannt 
geroorben,  niu6  unter  anbern  an^  ni(!^t  gur  j^enntnig  bed  berühmten  ^erm  3.  ^. 
Lambert  gelangt  fein,  ber  fed^d  Sa^re  ^ernac^  in  feinen  j^odmologifd^en  35 
Briefen  1761  eben  biefetbe  Zf^toxle  ))on  ber  f^ftematifc^en  Serfaffung  bed  SBelt« 
baued  im  &xoitn,  ber  SJ^ild^flrage,  ben  SRebelftemen  u.  f.  f.  ^vorgetragen  §ot,  bie 


^ombe.  69 

l^ieDon  auSfül^rlid^er,  o&gtoar  in  SSerfnüpfung  mit  Derfd^iebeneu  ettoas 
gesagten  ^Qpotl^efen  gel^anbelt  toatb.  S)ie  SSertoanbtfd^aft  inbeffen,  bie 
gum  minbeflen  bie  erlaubte  Steilheit  fic^  an  fol^e  @rflarungen  gu  toagen 
mit  meiner  ^auptab{t(!^t  ^at,  imgleid^en  ber  Sßunfc^,  einiges  an  biefer 
5  i^Qpot^efe  t)on  j^ennern  beurtl^eilt  ju  fe^en,  l^aben  ))eranlagt  biefe  Se« 
trad^tung  eingumifc^en,  bie  tiielleid^t  gu  furg  ift,  um  afle  ©rfinbe  berfelben 
gu  Derftel^en,  ober  aud^  gu  loeitl&uftig  für  bieienige,  bie  ^ier  ni^tS  xoit 
SRetopl^^fif  angutreffen  Dermutl^en,  unb  Don  benen  fie  fäglid^  fann  aber« 
fd^Iagen  merben.  @d  mirb  oielleic^t  notl^ig  fein  einige  S)ru(Ife^Ier,  bie  ben 

10  @inu  bed  SSortrageiS  oerdnbern  fönnten,  unb  bie  man  am  (Snbe  bed  äBerfS 
jte^t,  Dorl^er  gu  öerbeffern,  el^«  man  biefe  Si^rift  lieft. 

S)ad  SBerf  felber  befielet  auS  brei  Slbtl^eilungen,  baoon  bie  er[te  ben 
SetoeiiSgrunb  felber,  bie  gmeite  ben  meitl&uftigen  9lu^en  beffelben,  bie 
britte  aber  ®runbe  ))orIegt,  um  bargut^un,  ba^  (ein  anberer  gu  einer 

15  S>emonflration  Dom  3)afein  ®otted  mSglid^  fei. 

man  in  meiner  gebauten  2:^eorie  bed  ^imnteld  im  erflen  Sl^eile,  img(ei(!^en  in  ber 
Sorrebe  bafelbfl  antrifft,  unb  moDon  tttoa^  in  einem  furzen  Sbriffe  (Bette  154  bid 
158^)  btl^  gegenniärtigen  äBerfd  angezeigt  niirb.  S)ie  Übereinflimmung  ber  ®e- 
banfen  biefed  finnreit^en  SRanned  mit  benen,  bie  ic^  bamald  Dortrug,  roelcl^e  fafl 
20  Md  auf  bie  fleineren  SüQt  untereinonber  fibereinfommen,  üergrögert  meine  SBer* 
mutl^ung:  bog  birfer  (Sntrourf  in  ber  ffolge  meistere  SBeftfitigung  erhalten  werbe. 


0  Der  Originalausgabe  (1763).    Vgl.  unten  S.  139—141. 


griic  5lbtMI«n9, 

norin  ber 

©cioeiggrunb  jur  2)cmonfh:atton  bcg  ©afcin«  ©ottc« 

geliefert  wirb. 

erftc  1&ttxtt<^ttm^. 

Som  ^afein  ttbec{|au))t. 

£iie  Siegel  ber  ®ränblic^leit  erforbert  e8  nic^t  anemal,  bog  felbft  im 
tieHtnnißflen  fflortrage  ein  leber  »orfommenbe  fflegrlft  enttoittelt  ober  er> 
TIAtt  »etbe:  wenn  man  tiAmlt^  tier{id)ert  ift,  bag  ber  blos  Hare  gemeine 
Sßegtiff  in  bem  %aVit,  ba  er  gebraucht  uirb,  leinen  Wigver^anb  seran>  i 
laffen  Wnne;  \o  wie  bet  aBcfetfinftler  bie  ge^etm[tcn  etgenfi^aften  unb 
Sßer^&ltniffe  bes  3tu§gebe^nten  mit  ber  gTö^ten  @emig^eit  aufbedt,  ob  er 
P^  gleii^  ijiebei  lebigli^  beS  gemeinen  Segriffä  »om  JRaum  bebient,  unb 
ttie  felbft  in  ber  aDertieffinnigften  ^i{yen[^aft  bad  SSoit  ä^orftellung 
genau  genug  tteiftanben  unb  mit  ßut)eT^(f)t  gebraucht  mirb,  mietno^I  feine  i 
Sebeutung  niemals  burc^  eine  @rt(&rung  tann  aufgelöfet  Werben. 

3(^  würbe  mic^  baijn  in  biefen  Selrac^tungen  nic^t  bld  gur  Sluflgfung 
bee  fe^r  einfa^en  unb  no^lDerftanbnen  SBegiiffS  bes  £iafeinä  oerfteigen, 
wenn  nid^t  ^ler  gerobe  bi-T  ,>a[l  mm,  rvo  Biejc  SUcrnbiäiimitiiij  i'Eriiiiivung 
unb  Wichtige  Srrt^fimfr  oeranlafjcn  tann.  (SS  ijt  fic^cr,  Dafe  er  in  ber  ; 
übrigen  gangen  Sßelhueiäijeit  fo  uncniwirfelt,  wie  er  im  gemeinen  ©cbrautft 
Botlommt,  oI)ne  Sebcnlcu  tonne  angebrad)!  werben,  bie  cinjige  ^rage 
bom  ofifolut  not^wenbigen  nnb  zufälligen  3)öfein  ausgenommen,  benn 


I.  %m-    1-  Vttxtt^tMQ.    SSom  3)afrin  OK^aiVpt.  71 

^ier  ^dt  eine  fuBtUere  tRa^forfdgung  aus  einem  unglfidlii^  seffinßelten, 
fonft  fe^c  reinen  Beßtiff  irrige  S^lüffe  gejogen,  bie  pt^  ober  einen  ber 
irl^aEieRften  Si^eile  ivc  Seltiuetdl^eit  Vertieftet  falben. 

ÜRiin  cnnaite  nit^t,  bafi  ic^  mit  einer  fönnlid^en  ^iFIfirung  beS  S)a- 

s  feinS  ben  Anfang  mai^en  nerbe.  @S  uiüre  )u  toünf^en,  bog  man  biefeä 
niemals  t^dte,  na  es  fo  unfid^er  \%  rl^tig  ei^iürt  ju  ^aben,  unb  biefeS  ift 
e«  öfter,  als  man  too^I  benft.  3(^  awrbe  (o  uerfo^ren  als  einer,  her  bie 
Definition  fu(^t  unb  fli^  juoor  Bon  bemjenlgen  »erfi^ert,  uaS  man  mit 
Scmifi^eit  beja^enb  ober  vemetnenb  tion  bem  ©egenftanbe  ber  erdirung 

iB  fagen  lann,  ob  et  Q[ei<^  no(^  nic^t  ausmalt,  uorin  ber  ausfä^rli<%  be< 
^immte  fflegriff  beffelben  bepetie.  Sänge  Borger,  t%t  mon  eine  (ärfldrung 
tton  feinem  ©egenftanbe  wagt,  unb  felbft  bann,  wenn  man  fid|  gar  nidit 
getraut  fic  ju  geben,  fann  man  Diel  Don  berfelben  Sai^e  mit  grSgter  &(• 
migtiett  fagen.  ^  gmeifle,  bafi  einer  Jemals  richtig  erfl&rt  ^abe,  uaS  ber 

u  Sftaum  fet.  SQetn  o^ne  midi  bamit  eingulaffen,  bin  ic^  geui|,  ba^,  too  er 
ift,  Äußere  Begleitungen  fein  mfiffen,  ba{i  er  nic^t  melir  als  brci  Hb* 
melfungen  ^aben  f&nne,  u.  f.  u.  Sine  Begierbe  mag  fein,  maS  fte  uiQ, 
fo  grünbet  fie  fl(&  auf  irgenb  eine  SBorfleQung,  fie  (ejt  eine  gujt  an  bem 
Begehrten  DornuS  u.  f.  f.    Oft  tann  aus  biefem,  maS  man  Dor  aUer 

»>  Sefinttion  Don  bet  @a^e  geiutl  ffieig,  baS,  maS  jur  3[bfid|t  unferer  Unter= 
fui^ung  gehört,  gang  fi^er  hergeleitet  merben,  unb  man  toagt  fid^  alSbann 
in  unnöt^ige  Sc^mierigfeiten,  uenn  man  fii!^  bis  ba^in  Derftetgt.  S}ie 
3)Iett|obenfu(^t,  bie  Sladbalimung  beS  ^atl^ematiferS,  ber  auf  einer  too^I' 
geb&Iinten  €trafie  fielet  fortfc^reitet,  auf  bem  f(4lü|ifrigen  Boben  ber 

u  Weta^^qfif  ^at  eine  IDtenge  foli^er  i^e^Itritte  Deronlafit,  bie  man  beftänbig 
vor  Singen  fle^t,  unb  bo(^  i^  loenig  Hoffnung,  bog  man  baburt^  gewarnt 
unb  be^ntfamer  ju  fein  lernen  »erbe.  SJiefe  3Rctl^obe  ift  eS  atteln,  traft 
melditr  idl  einige  SufFIärungen  E)offe,  bie  ic^  Dergeblic^  bei  anbern  gefudit 
^abe;  benn  maS  bie  fi^meidielliafte  äiorfteQung  anlangt,  bie  man  fii^ 

»  mac^t,  bafi  man  burd^  größere  @d^arf finntgteit  eS  be|fer  als  anbre  treffen 
xoz^t,  lo  vzT\itl]l  man  cuo^I,  bag  feberjeit  aUe  fo  gerebtt  E)aben,  bie  unS 
i  einem  fremben  3"'f)um  in  ben  iljiigen  ^aben  jle'^en  monen. 


72  Senieidgrunb  au  einer  IDemonflrotion  be^  ^afeinö  ®otte^. 

1. 

3)ad  S)afein  ift  gor  lein  ^röbtcat  ober  3)eterminQtion  ))on 

irgenb  einem  S)inge. 

S)iefer  @a|;  f^eint  fellfam  unb  miberjinntg,  allein  er  ift  ungegioeifeU 
geioig.   Sfle^met  ein  Subiect,  toelc^ed  il^r  tDoDt,  g.  @.  ben  SuIiuiS  Sdfar.    6 
Söffet  aOe  feine  erbenflid^e  $r&bicate,  felbft  bie  ber  Seit  unb  beS  Drtd 
ni(!^t  auiSgenommen,  in  i^m  iufammen,  fo  toerbet  il^r  balb  begreifen,  bog 
er  mit  aQen  biefen  äSeftimmungen  ejriftiren,  ober  aud^  nid^t  ejriftiren  lann. 
S)aS  Sefen,  toelc^eS  biefer  SBelt  unb  biefem  gelben  in  berfelben  bod  S)q« 
fein  gab,  lonute  aQe  biefe  ^rdbicate,  nic^t  ein  einiges  aufgenommen,  er«  lo 
ifennen  unb  il^n  bod^  atö  ein  bloS  möglid^  3)ing  anfeilen,  baS,  feinen  fRat^ 
fd^lug  ausgenommen,  nic^t  e;riftirt.   Sßer  lann  in  Sbrebe  giel^en,  bag 
aRiKionen  oon  3)ingen,  bie  toirflid^  nid^t  bafinb,  nad^  allen  $räbicaten, 
bie  fte  entl^alten  toürben,  toenn  fie  e;riftirten,  blod  miglid^  feien;  bag  in 
ber  SSorfteDung,  bie  baS  ^öd^fte  SSefen  Don  il^nen  l^at,  nid^t  eine  eingige  is 
äSeftimmung  ermangele,  obgleich  bad  S)afein  nid^t  mit  barunter  ift,  benn 
ti  erfennt  fie  nur  ald  m5glid^e  S)inge.   @S  fann  alfo  nid^t  ftatt  ftnben, 
bag,  menn  fie  ejriftiren,  fie  ein  ^rdbtcat  mel^r  entl^ielten,  benn  bei  ber 
3DtögIid^Ieit  eines  S>ingeS  nad^  feiner  burd^gdngigen  Seftimmung  fann 
gar  lein  $rdbicat  fe]()Ien.  Unb  toenn  eS  ®ott  gefaDen  l^dtte,  eine  anbere  20 
SReil^e  ber  S)inge,  eine  anbere  SBelt  gu  f(|affen,  fo  ȟrbe  fte  mit  aQen 
ben  Seftimmungen  unb  leinen  me^r  e;ciftirt  l^aben,  bie  er  an  il^r  bod^ 
erfennt,  ob  fie  gleich  6I0S  möglid^  ift. 

©leic^mol^l  bebient  man  fid^  beS  SluSbrudS  ))om  S)afeln  als  eines 
^rdbicatS,  unb  man  fann  biefeS  aud^  fidler  unb  ol^ne  beforglid^e  ^rx^  as 
t^fimer  tl^un,  fo  lange  man  eS  nid^t  barauf  ausfegt,  baS  S)afein  aus  bloS 
m5glid^en  äSegriffen  l^erleiten  gu  toollen,  loie  man  gu  tl^un  {)flegt,  toenn 
man  bie  abfolut  notl^menbige  ^ifteng  bemeifen  toiQ.  S)enn  aisbann  fud^t 
man  umfonft  unter  ben  ^rdbicaten  eines  fold^en  moglid^en  SßefenS,  baS 
S)afein  finbet  fid^  getoi^  nid^t  barunter.   6S  ift  aber  baS  S)afein  in  ben  so 
i^dDen,  ba  eS  im  gemeinen  Stebegebraud^  als  ein  ^rdbicat  Dorfommt,  nid^t 
fotool^l  ein  $rdbicat  Don  bem  S)inge  felbft,  als  Dielmel^r  oon  bem  ®^ 
banfen,  ben  man  baoon  ^at.  g.  @.  bem  @eeein]^orn  fommt  bie  @;rifteng 
gu,  bem  Sanbeinl^orn  nid^t.   6S  toill  biefeS  nid^ts  anberS  fagen,  alS:  bie 
SSorftellung  beS  @eeeinl^ornS  ift  ein  @rfal^rungSbegriff,  baS  ift,  bie  SSor«  35 
ftellung  eines  e;riftirenben  S)ingeS.  S)a]^er  man  aud^,  um  bie  Stid^tigfeit 


1.  W>ii.    1.  ^tttaä^tnnq.    fßom  S)afein  üUx^anpt  73 

biefeS  @a^e8  Don  bem  3)afein  einer  fold^en  Sad^e  bargutl^un,  nid^t  in  bem 
Segrijfe  bti  @ubiects  fud^t,  benn  ba  flnbet  man  nur  $räbtcate  ber  SRög« 
lid^Ieit,  jonbem  in  bem  Urfprunge  ber  @rfenntnig,  bie  id^  baDon  l^abe.  S$ 
l^abe,  fagt  man,  eS  gefeiten,  oberDon  benenDernommen,  bieeSgefe^enl^aben. 

5  6S  ift  bal^er lein  Dölltg  rid^tiger  8(uiSbrud( ju  jagen:  @in @eeein§orn  ift  ein 
eyipirenb  Silier,  fonbern  umgefel^rt:  einem  gewiffen  eyipirenben  Seetl^icre 
fommen  bie  ^r&bicategu,  bie  i(|  an  einem  (Sinl^orngufammengebenfe.  Sticht: 
regelmäßige  @ed^dede  ejrifiiren  in  ber  9latur,  fonbern:  getoiffen  SHngen  in 
ber!Ratur,  toiebenSienengeQenoberbemSerglr^ftallfTommenbie^r&bicate 

10  iVL,  bie  in  einem  Sed^SedCe  beifammen  gebadet  werben.  @ine  {ebe  menfd^Ud^e 
@prad^e  l^atDon  benßufäDlgf  eilen  il^reiS  Urfprungd  einige  nid^t  judnbernbe 
Unrid^tigleiten,  unb  eS  toArbe  grüblerifd^  unb  unnü^  fein,  too  in  bem  ge« 
toöl^nlid^en  ®ebraud^e  gar  feine  3Rigbeutungen  baraud  erfolgen  lönnen, 
an  il^r  gu  Fünfteln  unb  eingufd^rönleni  genug  baß  in  ben  feltnern  f$dQen 

15  einer  l^öl^er  gesteigerten  äSetrac^tung ,  too  t&  nStl^ig  ift,  biefe  Unter« 
fc^eibungen  beigefügt  werben.  3Ran  mirb  Don  bem  l^ier  9ingefül^rten  nur 
aKererft  jureid^enb  urtl^eilen  fönnen,  toenn  man  \>a8  folgenbe  toirb  gelefen 
l^aben. 

2. 

80  S)aS  S)afein  ift  bie  abfolute  $ofition  eined  S)ingeS  unb  unter» 
fd^eibet  fid^  baburd^  aud^  oon  jeglid^em  ^räbicate,  meld^eS  aU 
ein  fold^ed  iebergeit  bloiS  bejiel^ungdtoeife  auf  ein  anber  3)ing 

gefegt  tolrb. 

^er  93egriff  ber  ^ofition  ober  @e^ung  ift  DöDig  einfad^  unb  mit  bem 

25  Dom  @ein  überl^aupt  einerlei.  9lun  (ann  ettoaS  alä  blod  begiel^ungdmeife 

gefegt,  ober  beffer  bloS  bie  Segiel^ung  (respectus  logicus)  Don  etmaS  alö 

einem  SRertmat  gu  einem  S)inge  gebadet  toerben,  unb  bann  ift  baS  @ein, 

baS  ift  bie  $o{ttion  biefer  93egiel^ung,  nid^td  aU  ber  äSerbinbungdbegriff 

in  einem  Urt^eile.  Siirb  nid^t  blod  biefe  äSegiel^ung,  fonbern  bie  @ad^e  an 

30  unb  für  {td^  felbft  gefej^t  betrad^tet,  fo  ift  biefeS  @ein  fo  Diel  ald  S)afein. 

@o  einfach  ift  biefer  äSegriff,  baß  man  nid^ts  gu  feiner  Sludioidelung 

fagen  lann,  als  nur  bie  Se^utfamleit  angumerfen,  baß  er  nid^t  mit  ben 

SSer^dltniffen,  bie  bie  S)inge  gu  i^ren  3Rerf malen  l^aben,  Dermed^f elt  toerbe. 

9Benn  man  einfielet,  baß  unfere  gefammte  @rlenntniß  ftd^  bod^  gule^t 

s5  in  unauflöslidöen  Gegriffen  enbige,  fo  begreift  man  aud^,  baß  eö  einige 

geben  toerbe,  bie  beinal^e  unaufldslid^  {tnb,  baS  ift,  too  bie  ÜRerlmale  nur 


74  Seroei^grunb  ^  einer  S)emon{hotif)n  bed  S)Qfeittd  @otted. 

fcl^r  »cnig  flftrcr  unb  einfädlet  jtnb,  afe  bic  Sad&c  fclbji.  3)tcfe8  ift  ber 
%aU  bei  unjerer  Srn&rung  ))on  ber  ßicifteng.  3<^  gefiel^e  gerne,  bag  burc^ 
btefelbe  ber  ^Begriff  beß  ©rllfirten  nur  in  einem  fel^r  Reinen  ®rabc  beut» 
lid^  iDerbe.  StKein  bie  Slatur  beS  ©egenflanbeS  in  äSegie^ung  auf  bie  ?ßtx^ 
mögen  unfereS  SSerftanbeS  t)er[tattet  aud^  leinen  l^ö^ern  ®rab.  5 

SBenn  id^  fage:  ®ott  ijl  allmä^tig,  fo  toirb  nur  biefe  logifd^e  Se« 
gie^ung  jtDi jd^en  ®ott  unb  ber  S(Ilma^t  gebac^t,  ba  bie  le^tere  ein  SRerN 
mal  bed  erftern  ift.  Sßeiter  toirb  l^ier  ni^tS  gefegt.  Dh  ®ott  fei,  baS  ift, 
abfolute  gefegt  fei  ober  e;riftire,  baS  ift  barin  gar  nic^t  entl^alten.  3)al^er 
aud^  biefeS  @ein  gang  rid^tig  felbft  bei  ben  Sejiel^ungen  gebrandet  »irb,  10 
bie  Unbinge  gegen  einanber  l^aben.  S-  6-  2)^^  ®ott  beä  ©pinoja  ifi  un* 
auf]^5rlid^en  SSer&nberungen  unterworfen. 

äBenn  id^  mir  oorfteQe,  ®ott  fpred^e  aber  eine  möglid^e  Sßelt  fein  all« 
mdd^tiged  SBerbe,  fo  ertl^eilt  er  bem  in  feinem  SSerftanbe  oorgefteSten 
©anjen  feine  neue  äSeftimmungen,  er  fe^t  nid^t  ein  neueä  $räbicat  l^inju,  15 
fonbern  er  fefet  biefe  Steige  berS)inge,  inioeld^er  alles  fonfl  nur  Begie^ungö» 
toeife  auf  biefed  ®anje  gefegt  toar,  mit  aDen  $räbicaten  abfolute  ober 
fd^lecl^tl^in.  S)ie  äSejiel^ungen  aller  $räbicate  gu  il^ren  @ubiecten  begeid^nen 
niemals  ettoaS  @;riftirenbeS,  baS  @ubiect  muffe  benn  fc^on  als  e;riftirenb 
))orauS  gefegt  toerben.  ®ott  ift  allmaci^tig,  mug  ein  toa^rer  @a^  aud^  in  ao 
bem  Urt^cil  beSjenigen  bleiben,  ber  beffen  SJafein  nid^t  erlennt,  toenn  er 
mi(^  nur  uo^l  tierftel^t,  toie  id^  ben  Segriff  ©otteS  ne^me.  allein  fein 
SJafcin  mufe  unmittelbar  gu  ber  art  gel^ören,  loie  fein  SSegriff  gefefet  wirb, 
benn  in  ben  $r&btcaten  felber  toirb  es  ni(^t  gefunben.  Unb  toenn  nic^t 
fd^on  baS  @ubiect  als  e;riftirenb  DorauSgefe^t  ift,  fo  bleibt  eS  bei  jeglid^em  25 
5ßräbicate  unbeftimmt,  ob  eS  gu  einem  eyiftirenben  ober  bloS  m5gli(^en 
©ubiecte  gehöre.  S)aS  3)afein  fann  bal&er  felber  fein  5ßrdbicat  fein.  Sage 
xif :  ©Ott  ift  ein  e7:ifttrenb  3)ing,  fo  f d^eint  eS,  als  toenn  id^  bie  Segiel^ung 
eines  $t&btcats  gum  ©ubjecte  auSbrudtte.  allein  es  liegt  aud^  eine  Un» 
rid^tigleit  in  biefem  SluSbrudt.  ©enau  gefagt,  follte  eS  l^ei^en:  StmaS  30 
ßyiitirenbeS  ift  ©ott,  baS  ift,  einem  eyi jiirenben  2)inge  fommen  biefenigen 
^räbicate  gu,  bie  toir  gufammen  genommen  burc^  ben  SluSbrud:  ©ott,  be» 
geid^nen.  SJiefe  5ßrdbicate  jinb  begiel^ungSioeife  auf  biefeS  ©ubiect  gefegt, 
allein  baS  2)ing  felber  fammt  allen  ^räbicaten  ift  fd^led^tl^ln  flefefet. 

3(^  beforge  burd^  gu  loeitlfiuftige  Erläuterung  einer  fo  einfachen  Sbee  35 
unDernel^mltd^  gu  merben.  3<^  lönnte  auc^  nod^  befürchten  bie  ßärtlid^Ieit 
berer,  bie  oornel^mlid^  über  Sirodten^eit  fingen,  gu  beleibigen.  allein  ol^ne 


1.  ^btl^.    1.  Sßeixaä^tmq.    ^om  S)afetn  üBerl^aupt.  75 

biefen  Sabel  fflr  ettoaS  ©eringeS  gu  Italien,  mu^  id^  mir  biedmal  l^iegu 
ßrlaubnig  auiSbitten.  S)enn  ob  id^  jd^on  an  ber  überfeinen  Sßeidl^eit  ber^* 
ienigen,  toelc^e  fidlere  unb  braud^bare  IBegriffe  in  il^rer  logifd^en  @d^melg« 
lüd^e  fo  lange  flbertreiben,  abjiel^en  unb  verfeinern,  bis  fte  in  S)&m))fen 
5  unb  fläd^ttgen  @aljen  Derraud^en,  fo  koenig  ©efd^madt  als  j[emanb  anberS 
finbe,  fo  ift  ber  ©egenftanb  ber  Setrad^tung,  ben  id^  oor  mir  l^abe,  bod^ 
t)on  ber  9(rt,  bag  man  eniioeber  g&nglid^  es  aufgeben  mug,  eine  bemon« 
ftratioif(!^e  ©etoigl^eit  baoon  jemals  gu  erlangen,  ober  eS  {td^  mug  gefaQen 
laf[en,  feine  äSegriffe  bis  in  biefe  Atomen  aufgulöfen. 

10  3. 

JSann  id^  lool^l  fagen,  bag  im  3)afein  mel^r  als  in  ber  bloßen 

SWogUc^feitfei? 

3)iefe  Srage  gu  beantworten,  merle  id^  nur  guoor  an,  bag  man  unter« 
fd^eiben  mäffe,  toas  ba  gefegt  fei,  unb  »ie  eS  gefegt  fei.  äBaS  baS  erftere 

15  anlangt,  fo  ift  in  einem  toirllid^en  S)inge  nid^t  mel^r  gefegt  als  in  einem 

•  bloS  möglid^en,  benn  aDe  SSejlimmungen  unb  ^räbicate  beS  loirRid^en 
Tonnen  auc^  bei  ber  blogen  3R5glid^feit  beffelben  angetroffen  loerben,  aber 
baS  le^tere  betreffenb,  fo  ift  aOerbingS  burd^  bie  SßirfHd^feit  mel^r  gefegt. 
S>enn  frage  id^:  mic  ift  alles  biefeS  bei  ber  blogen  SRöglic^Ieit  gefegt?,  fo 

20  merbe  id^  inne,  eS  gefd^el^e  nur  begiel^ungSmeife  auf  baS  S)ing  felber,  b.  i. 
toenn  ein  Triangel  ift,  fo  ftnb  brei  Seiten,  ein  befd^loffener  9iaum,  brei 
SBinfel  u.  f.  ko.,  ober  beffer:  bie  äSegie^ungen  biefer  ^eftimmungen  gu 
einem  fold^en  @tmaS,  nie  ein  Triangel  ift,  ftnb  blo^  gefegt,  aber  e;riftirt 
er,  fo  ift  alles  biefeS  abfolute,  b.  i.  bie  @ad^e  felbft  gufammt  biefen  99e« 

25  giel^ungen,  mitl^in  mel^r  gefegt.  Um  bal^er  in  einer  fo  fubtilen  SBorfteÜung 
alles  gufammen  gu  fa^en,  koaS  bie  SSerioirrung  Derivaten  lann,  fo  fage  id^: 
in  einem  6;riftirenben  mirb  nid^ts  me^r  gefegt  als  in  einem  bloS  3Rög» 
lid^en  (benn  aisbann  ift  bie  Siebe  Dou  ben  ^räbicaten  beffelben),  aDein 
burd^  etmaS  @;riftirenbeS  toirb  me^r  gefegt  als  burd^  ein  bloS  SRoglic^eS, 

30  benn  biefeS  gel^t  aud^  auf  abfolute  $o{ttion  ber  Sad^e  felbft.  Sogar  ift  in 
ber  bloßen  aR5glid^feit  nid^t  bie  Sac^e  felbft,  fonbern  eS  ftnb  bloge  Se« 
giel^ungen  oon  @ttt)aS  gu  6ttt)aS  nad^  bem  @a^e  beS  Sßiberfprud^S  gefegt, 
unb  es  bleibt  feft,  bag  baS  S)afeln  eigentlid^  gar  lein  ^rdbicat  Don  irgenb 
einem  S>inge  fei.   Dbgleid^  meine  Slbfid^t  ^ier  gar  nid^t  ift  mit  Sßiber« 

9»  legungen  mic^  eingulaffen,  unb  meiner  3Reinung  nad^,  aenn  ein  SSerfaffer 


76  Setoeti^dninb  51t  einer  S)emonflrdHon  bed  S)afetnd  ^oiM. 

mit  Dorurtl^eUfreier  S>enlungdart  anbetet  ®ebanlen  gelefen  unb  butd^  ba« 
mit  DerInfi))fteS  Slad^benlen  fie  fid^  eigen  gemalt  l^at,  et  baS  Uttl^eil  fibet 
feine  neue  unb  abtoeid^enbe  Sel^tfo^e  jiemlid^  ^d^et  bem  2efet  flbetloffen 
Faun,  fo  miD  iäi  ioä)  nut  mit  menig  äBotten  botauf  fügten. 

S)ie  SSoIff if d^  e  (Stil&tung  bed  S)afeinS,  bag  eö  eine  Stgängung  bet   5 
9RögIid^Teit  fei,  ift  offenbat  fel^t  unbeftimmt.  SBenn  man  nid^t  f(!^on  Dot« 
^et  tDeig,  \oai  ühtr  bie  3RigIi(!^fett  in  einem  S>in8e  (ann  gebac^t  metben, 
fo  toirb  man  eS  but^  biefe  @rfl&tung  nid^t  letnen.  Saumgatten  fü^rt 
bie  butd^gdngige  innete  Seftimmung,  in  fo  fetn  fie  badfenige  etg&ngt,  mag 
butd^  bie  im  SSefen  liegenbe  obet  bataud  ßtegenbe  ^tdbicate  unbeftimmt  10 
gelaffen  ift,  ald  ba^ienige  an,  mad  im  3)afein  me^t  als  in  bet  bloßen  SRög» 
Ud^Ieit  ift;  aDein  mit  l^aben  fd^on  gefeiten,  bag  in  bzx  SSetbinbung  eines 
S)ingeS  mit  aOen  etbenfltd^en  $tAbicaten  niemals  einttnterfd^ieb  beffelben 
Don  einem  bloS  3R5gIid^en  liege.  Übetbem  lann  bet  @a^,  bag  ein  möglid^ 
S)ing,  als  ein  foIc^eS  bettac^tet,  in  Slnfel^ung  Dielet  ^tdbicate  unbeftimmt  15 
fei,  menn  et  fo  nad^  bem  äSud^ftaben  genommen  mitb,  eine  gtoge  Untic^tig« 
feit  Detanlaffen.  £)enn  bie  Siegel  bet  SluSfd^liegung  eines  SRtttletn  {mifd^en 
gmei  mibetfpted^enb  entgegen  ©efe^ten  Detbietet  biefeS,  unb  eS  ift  ba^et  • 
g.  e.  ein  5Wenfd^,  bet  nid^t  eine  gewiffe  Statut,  ßcit,  Ältet,  Ott  u.  b.  g. 
l^&tte,  unmöglid^.  3Ran  mug  il^n  oielmel^t  in  biefem  @inne  nel^men:  butc^  so 
bie  an  einem  S)inge  gufammengebac^te  ^tdbicate  finb  oiele  anbete  gang 
unb  gat  nid^t  bejtimmt,  fo  mie  butd^  baSienige,  maS  in  bem  Segtiff  eines 
SRenfd^en  als  eines  fold^en  gufammengenommen  ift,  in  flnfel^ung  bet  be« 
fonbetn  SRerlmale  beS  flltetS,  Otts  u.  f.  m.  nid^ts  auSgemad^t  mirb.  9bet 
biefe  Stt  betUnbeftimmtl^eit  ift  alsbann  eben  fo  tool^l  bei  einem  e;ciftitenben  25 
als  bei  einem  bloS  möglichen  S)inge  angutteffen,  meSmegen  biefelbe  gu  tei» 
nem  Untetfd^iebe  beibet  lann  gebtaud^t  metben.   S)et  betfilgmte  Stuft uS 
ted^net  baS^tgenbioo  unb  S^^genbmenn  gu  bett  unttüglid^en  Seftimmungen 
beS  3)afeinS.  Slllein  o^ne  uns  in  bie  $tüfung  beS  @a^eS  felbet,  bag  alles, 
aas  ba  ift,  itgenbao  obet  itgenbmenn  fein  muffe,  eingulaffen,  fo  gel^öten  30 
biefe  ^tdbicate  nod^  immet  aud^  gu  bloS  mbglid^en  fingen.   S)enn  fo 
lönnte  an  mand^en  beftimmten  Dtten  mand^et  3Renfd^  gu  einet  gemif[en 
Seit  e;riftiten,  beffen  aQe  äSeftimmungen  bet  Slllmiffenbe,  fo  mie  fte  il^m 
beitool^nen  mätben,  menn  et  ejriftitte,  mol^l  (ennt,  unb  bet  gleid^mol^l  mit!« 
lid^  nid^t  ba  ift;  unb  bet  eioige  3ube  Sll^aSoetuS  nad^  aßen  Sdnbetn,  bie  35 
et  butd^manbetn,  obet  aSen  Seiten,  bie  et  butd^leben  foH,  ift  ol^ne  ßtoeifel 
ein  möglid^et  SRenfd^.  3Ran  mitb  bod^  l^offentlid^  nid^t  fotbetn,  ba|  baS 


1.  %bi|.    2.  Setrad^tuttg.    Sott  ber  innem  !IR5glid^!ett  xc.       .77 

Srgenbloo  unb  Srgenbwettn  nur  bann  ein  gurei<]^enb  ÜRerlmat  bti  S)afein8 
fei,  »enn  bad  S)tng  loirllid^  ba  ober  alsbann  i[t,  benn  ba  tofirbe  man 
forbem,  bag  badfenige  fd^on  eingeräumt  merbe,  toai  man  ftd^  an^eifd^ig 
mad^t,  burd^  ein  tauglid^eiS  SRerfmal  Don  fetber  fenntUd^  gu  mad^en. 


5  Qtütitt  SBetvad^tttttg. 

SSon  ber  innem  aWöglid^feit,  in  fo  fern  fie  ein  S)afein 

ooraugfe^t. 

1. 

SdSt^ifle  Unterfc^eibung  bei  bcm  »egriffe  ber  5Kögli(^Ieit. 

10  SlDed,  toai  in  jtd^  felbft  loiberfpred^enb  ift,  ift  innerlich  unm5glid^. 
S)iefeS  ift  ein  magrer  @a^,  menn  man  eS  gleid^  ba^in  gefteDt  fein  Idgt, 
bag  ed  eine  loa^re  Srtldrung  fei.  Sei  biefem  SBiberfpruc^e  aber  ift  flar, 
bag  etmad  mit  (SttoaS  im  logifd^en  äSiberftreit  ftel^en  muffe,  baS  ifi,  ba8« 
ienige  Derneinen  muffe,  voaS  in  eben  bemfelben  gugleid^  bejal^t  ift.  @etbft 

16  nac^  bem  Ferren  6ruf  iuiS,  ber  biefen  Streit  ni^t  blod  in  einem  innem 
äßiberfprud^e  fe^t,  fonbern  bel^auptet,  bag  er  überhaupt  burd^  ben  SSer« 
ftanb  nad^  einem  il^m  natürlid^en  ©efe^e  mal^rgenpmmen  loerbe,  ift  im 
Unmöglid^en  aUemal  eine  SSerhtfipf  ung  mit  @tu)ad,  loaS  gefegt,  unb  StmaS, 
looburd^  ed  gugleic^  aufgehoben  mirb.   S)iefe  Siepugnani  nenne  id^  baS 

20  l^ormale  ber  Unbenflid^Ieit  ober  Unmoglid^feit;  ba&  SRateriale,  load  ^iebei 
gegeben  ift,  unb  toelc^eS  in  fold^em  Streite  ftel^t,  ift  an  ftc^  felber  ettoaS 
unb  lann  gebac^t  loerben.  (Sin  Sriangef,  ber  DieredEic^t  lodre,  ift  fd^Ied^ter« 
bingg  unmöglich.  Snbeffen  ift  gleid^tool^l  ein  Triangel,  imgleic^en  etioad 
SSieredttd^ted  an  fid^  felber  SttoaS.   3)iefe  Unmöglid^feit  berul^t  lebiglid^ 

25  auf  logif^en  Regierungen  Don  einem  3)enn{d^en  gum  anbern,  ba  eind  nur 
nic^t  ein  3Rerf mal  bed  anbern  fein  fann.  @ben  fo  mug  in  j[eber  3ß5glid^« 
feit  baiS  (StmaS,  toai  gebadet  toirb,  unb  bann  bie  Übereinftimmung  bed* 
ienigen,  toai  in  il^m  gugleid^  gebadet  toirb,  mit  bem@a^e  beiSSBiberfpruc^d 
unterfd^ieben  »erben.  @in  Triangel,  ber  einen  redeten  SBinfel  l^at,  ift  an 

30  fid^  felber  möglid^.  S)er  Siriangel  fotoo^I,  als  ber  redete  SSinlel  pnb  bie 
Data  ober  baS  3RateriaIe  in  biefem  3ßöglid^en,  bie  Übereinftimmung  aber 
beS  einen  mit  bem  anbern  nac^  bem  @a^e  bed  SBiberfprud^g  finb  bai 
formale  ber  SRogUd^feit.  3d^  loerbe  biefeS  legiere  aud^  bai  Sogifd^e  in 


78  SetoetiSgrunb  ju  einer  jDemonfhation  bed  ^afeind  ©otted. 

ber  SRöglid^Ieit  nennen,  tteti  bie  Sergleic^ung  ber  ^rdbicate  mit  il^ren 
@ubiecten  naij  ber  Sfiegel  ber  SBal^rl^eit  nt(]^tS  anberd  ald  eine  logifc^e 
Segie^ung  i[t,  iaS  SttoaS  ober  voa&  in  biefer  Übereinftimmung  [tel^t,  mirb 
bidmeilen  baS  Sieale  ber  3R5gI{(!^Ieit  feigen.  Übrigend  bemerfe  i(^,  bag 
l^ier  jebergeit  Don  feiner  anbern  SRögli^feit  ober  Unntöglid^feit,  ali  ber 
innern  ober  fd^ted^terbingS  unb  abfolute  fo  genannten  bie  Siebe  fein  mirb. 


2. 

S)ie  innere  SRoglid^feit  aller  3)inge  fe^t  irgenb  ein 

S)afein  DorauS. 

@S  ift  aud  bem  anlegt  Sngeffil^rten  beutlid^  gu  erfel^en,  bag  bie  3R5g«  lo 
lid^feitmegfalle,  nic^t  aUein  menn  ein  innerer  SStberfprud^  ald  bai  Sogifd^e 
ber  Unmoglid^feit  angntreffen,  fonbern  aud^  loenn  fein  3RateriaIe,  fein 
Datum  gu  benfen  ba  ift.  S)enn  alSbann  ift  nid^td  S)enfli(^ed  gegeben 
aUeS  3ß5gli(6e  aber  ift  ettoad,  toa^  gebadet  merben  fann,  unb  bem  bie 
logifd^e  Sejiel^ung  gemfig  bem  @a^e  bed  Sßiberfprud^d  gufommt.  15 

SBenn  nun  aDeiS  S)afein  aufgehoben  loirb,  fo  ift  nid^tiS  fd^led^tl^in  ge« 
fe^t,  ed  ift  überhaupt  gar  nid^td  gegeben,  fein  Sßateriale  gu  irgenb  ettoaS 
S)enflid^em,  unb  aDe  9RögIi^feit  fdllt  g&nglid^  meg.  @S  ift  jwar  fein 
innerer  SBiberfprud^  in  ber  SSerneinung  aDer  Spfteng.  3)enn  ba  ^iegu 
erforbert  tourbe,  bag  etioaS  gefegt  unb  gugleic^  aufgehoben  »erben  mfigte,  so 
l^ier  aber  überall  nid^ts  gefegt  ift,  fo  fann  man  freiließ  nid^t  fagen,  bag 
biefe  Sluf^ebung  einen  innern  SBiberfprud^  enthalte.  SDein  bag  irgenb 
eine  SRöglid^feit  fei  unb  bod^  gar  nid^tS  äßirflid^eS,  baS  loiberfprid^t  pd^, 
»eil,  »enn  nid^ts  ejciftirt,  aud^  nid^ts  gegeben  ift,  bad  ba  benflid^  »äre, 
unb  man  ftd^  felbft  »iberftreitet,  menn  man  gleid^wol^l  »iK,  bag  etmaS  as 
mbglid^  fei.  SBir  I)aben  in  ber  ßerglieberung  beS  Segriffd  Dom  S^afein 
Derftanben,  bag  bad  @etn  ober  fd^led^tl^in  ©efe^t  fein,  »enn  man  biefe 
Borte  bagu  m6ji  braud^t,  logifd^e  Sejiel^ungen  ber  ^rdbicate  gu  Subjiecten 
auögubrficfen,  gang  genau  einerlei  mit  bem  S)afein  bebeute.  S)emnad^  gu 
fagen:  ed  e;rtftirt  nid^tiS,  l^eigt  eben  fo  Diel,  alS:  ed  ift  gang  unb  gar  nichts;  30 
unb  es  »iberfprid^t  ftd^  offenbar,  beffen  ungead^tet  l^ingugufügen,  ed  fei 
etwas  möglid^. 


1.  mif),    2.  JBetrod^tunö.    ©on  her  innern  sWögtid^feit  k.  79 

3. 

6S  ift  fc^Ied^terbingd  unm5gU(l^,  bag  gar  nid^td  e;:iftire. 

äßoburd^  ade  3R5gU(l^feit  überl^aupt  aufgel^oben  lotrb,  bad  i[t 
fd^Ied^teibingd  unmöglich.   3)enn  biefeS  jtnb  gleid^bebeutenbe  audbrüde. 

5  giun  »irb  crftlid^  burd^  ba«,  toaS  fldö  felbft  wiberfpricl^t,  ba8  gormalc  aller 
aRSgltd^feit,  ndmltd^  bie  Übereinftimmung  mit  bem  @a^e  ht^  SSiber^ 
fprud^S,  aufgehoben,  bal^er  ift,  loas  in  ji(6  felbft  ttiberfpred^enb  ift, 
fd^led^terbingS  unmöglid^.  S)tefe«  i{l  aber  ni^t  ber  t^all,  in  bem  loir  bie 
gdnglid^e  Beraubung  alled  3)afeinS  ju  betrachten  ^aben.   S)enn  barin 

10  liegt,  tt)ic  erwiefen  ift,  fein  innerer  SBiberfprudö-  ^Mn  tooburd^  baS 
9Rateriale  unb  bie  Data  ju  allem  ^5gli(^en  aufgel^oben  werben,  baburd^ 
ttirb  aud^  aUe  aRoglid^feit  öerneint.  5Run  gefd^iel^t  biefe«  burd^  bie  auf* 
Hebung  alles  S)afein§,  alfo  wenn  aUeS  S)afein  Derneint  wirb,  fo  wirb  aud^ 
alle  SRöglid^Ieit  aufgehoben.    Sßitl^in  ift  fd^led^terbingS  unmöglid^,  ba^ 

15  gar  nid^tS  e;ciftire. 

4. 

alle  3ß5glid^feit  ift  in  irgenb  etwas  äSirllid^em  gegeben, 
entweber  in  bemfelben  aU  eine  SBeftlmmung,  ober  burd^ 

baffelbeaU  eine  i^olge. 

90  (Ss  ifi  oon  aller  3R5glid^feit  indgefammt  unb  oon  ieber  infonberl^eit 
barjut^un,  bag  fte  etwas  äßirflid^eS,  eS  fei  nun  ein  S)ing  ober  mehrere, 
oorauSfe^e.  S)iefe  Sejiel^ung  aDer  2Roglid^feit  auf  irgenb  ein  S)afein 
lann  nun  gwiefad^  fein.  @ntweber  baS  3R5glid^e  ift  nur  benflid^,  in  fo 
fern  eS  felber  wirflic^  ift,  unb  bann  ift  bie  SRöglic^Ieit  in  bem  äSirflid^en 

n  als  eine  Seftimmung  gegeben;  ober  eS  ift  möglid^  barum,  weil  etwas 
anberS  wirllid^  ift,  b.  i.  feine  innere  3R5glid^Ieit  ift  als  eine  $olge  burd^ 
ein  anber  S)afein  gegeben.  3)ie  erlduternbe  Seifpiele  fönnen  nod^  nid^t 
füglic^  l^ier  ^erbei  gefc^afft  werben.  35ic  Slatur  beSjenigen  ©ubiects, 
weld^eS  baS  einjige  ift,  baS  gu  einem  Seifpiele  in  biefer  Setrad^tung 

30  bienen  lann,  foR  allererft  erwogen  werben,  ^nbeffen  bemerle  id^  nur  nod^, 
bog  id^  baSienige  SBirtlid^e,  burd^  weld^eS  als  einen  ©runb  bie  innere 
5K5glld^fclt  anbercr  gegeben  ift,  bm  erften  3lealgrunb  biefer  abfolutcn 
ÜR5glt(^feit  nennen  werbe,  fo  wie  ber  @a^  beSlBiberfprud^S  ber  erfte 
logifc^e  ©runb  berfelben  ift,  weil  in  ber  Übereinftimmung  mit  il^m  baS 


80  93e»ei^runb  au  einer  S)emonfiratii)n  beiS  2)afeind  ®otie^. 

f^ormale  ber  3R5gIt(^Iett  liegt,  f o  lote  \tnti  bie  Data  unb  bad  SRateriale 
im  3)enni(!^en  liefert. 

^6i  begreife  ttol^I,  ba^  @&^e  Don  berjenigen  Srt,  al8  in  biefer  99e« 
tra(!^tung  Dorgetragen  loerben,  nod^  mand^er  (Sridutentng  bebürftig  {inb, 
um  baSjenige  Sic^t  gu  befommen,  baS  gur  9[ugenf(^einli<]^leit  erforbert  » 
tt)irb.  3nbeffen  legt  bie  f o  fe^r  abgezogene  9latur  btS  ©egenftanbed  felbfi 
aOer  Sentfi^ung  ber  größeren  aufllarung  ^inberniffe,  fo  loie  bie  mifro* 
ffopifc^en  i^unftgriffe  bed  ©e^endgmar  baS  Silb  beS  ©egenftanbeS  bid  }ur 
Unterfd^eibung  fel^r  Heiner  ^^iU  enoeitem,  aber  aud^  in  bemfelben  SRage 
bie  ^eüigfeit  unb  Sebl^aftigleit  beS  SinbrudtS  oerminbern.  ©leid^kool^l  lo 
koiQ  id^  fo  oiel,  als  i(^  oermag,  ben  ©ebanfen  oon  bem  felbft  bei  ber  innren 
SRöglid^feit  iebergeit  gum  ©runbe  Uegenben  3)afein  in  eine  etmaS  grbgere 
Sla^eit  gu  ben  gemeinern  Segriffen  eines  gefunben  SerftanbeS  gu  bringen 
fud^en. 

3^r  erfennet,  bafe  ein  feuriger  Äirper,  ein  Ufliger  SReufd^  ober  ber»  is 
gleidben  etmaS  mbgli^  feien,  unb  loenn  id^  nichts  mel^r  als  bie  innere 
gjlöglidöleit  »erlange,  fo  werbet  il^r  gar  nid^t  nöt^ig  flnben,  bafe  ein  Äörpcr 
ober  gcucr  u.  f.  \o.  als  bie  Data  l^iegu  epftiren  mfiff en,  benn  fte  pnb  einmal 
benflid^,  unb  baS  ift  genug.  S)ie  Bufammenftimmung  aber  beS  ^räbicats 
feurig  mit  bem  Subtecte  J^orper  nad^  bem  ©runbe  beS  Sßiberfprud^S  liegt  so 
in  blefcn  Segriffen  felber,  pe  mJgcn  toirflid^e  ober  bloS  möglid^e  35ingc 
fein.  3d^  rdume  au(^  ein,  bag  meber  Sibxptx  nod^  ^euer  mirflic^e  S)inge 
fein  bürfen,  unb  gleic^mo^l  ein  feuriger  j^örper  innerlid^  m5glid^  fei. 
allein  {(^  fa^re  fort  gu  fragen:  ift  benn  ein  i^örper  felber  an  pd^  mbglic^? 
Sl^r  »erbet  mir,  mell  i^r  ^ier  eud^  nid^t  auf  ©rfa^rung  berufen  muffet,  25 
bie  Data  gu  feiner  3ßögli(^feit,  nfimlid^  SluSbe^nung,  Unburd^bringlid^feit, 
^raft  unb  toer  meig  maS  mel^r,  l^ergd^len  unb  bagu  fe^en,  bag  barin  fein 
innerer  3Biberpreit  fei.   Sd^  räume  nod^  alles  ein,  aDein  i^r  mflgt  mir 
dtec^enfd^aft  geben,  meStoegen  il^r  ben  Segriff  ber  SuSbel^nung  als  ein 
Datum  fo  gerabe  angune^men  Siecht  l^abt,  benn  gefegt,  er  bebeute  nid^ts,  so 
f 0  ift  eure  bafär  ausgegebene  SRögUd^feit  beS  i^örperS  ein  Slenbmerf .  SS 
tt)dre  aud&  fel^r  unrichtig,  pd^  auf  bie  erfal^rung  megen  biefeS  Dati  gu  be» 
rufen,  benn  eS  iji  fe^t  eben  bie  ffrage,  ob  eine  innere  aWöglid^felt  beS 
feurigen  ÄörperS  Patt  pnbet,  wenn  gleid^  gar  nid^ts  ejcipirt.  ®efefet  baft 
i^r  anlegt  nid^t  me^r  ben  Segriff  ber  »uSbe^nung  in  einfad^ere  Data  ger«  »s 
fdllen  lönnt,  um  angugeigen,  bai  in  i^m  nichts  SBiberpreitenbeS  fei,  wie 
ll^r  benn  notl^wenbig  gulefet  auf  ettoaS,  beffen  5K5gli(^feit  nid^t  gergliebert 


1.  $(Bt^.  3.  93etra4tung.  Son  htm  fd^Ied^terbingd  notl^menbigen  S)afein.    81 

loerben  lann,  lommen  utftgt,  fo  tft  aldbann  l^ier  bie  f^rage,  ob  fRaum  ober 
S(uSbe^nung  leere  SB5rter  jinb,  ober  ob  fie  tttoaS  begelc^nen.  3)er  SRangel 
beiS  äBiberfprud^d  mad^t  eiS  l^ier  nid^t  auS;  ein  leereS  Sßort  begeic^net  nie« 
malg  ettoaS  SBiberfpred^enbeS.  Sßenn  nid^t  ber  fRanm,  e;ci[tirt,  ober  koenig« 

&  ftenS  burd^  etioad  @;:iftirenbeS  gegeben  ijl  als  eine  $oIge,  fo  bebeutet  baS 
Sßort  fRanm  gar  ntd^td.  @o  lange  il^r  no(^  bie  SRögUd^feiten  burc^  ben 
@a^  beö  9Biberfpru(^S  beio&l^ret,  fo  fu^et  i^r  eud^  auf  badjenige,  toai  eud^ 
in  bem  S)inge  S)enflid^ed  gegeben  ifi,  unb  betrachtet  nur  bie  SSertnilpfung 
nad^  biefer  logifd^en  9^egel;  aber  am  @nbe,  menn  i^r  bebenlet,  koie  euc^ 

10  benn  btefeS  gegeben  fei,  Ibnnt  il^r  eud^  nimmer  koorauf  anberS,  als  auf  ein 
S)afein  berufen. 

SlDein  »ir  ttoDen  ben  Sortgang  biefer  Setrad^tungen  abmarten.  S)ie 
Snmenbung  felber  loirb  einen  ^Begriff  fagtid^er  mad^en,  ben,  ol^ne  ftd^  felbfi 
gu  übersteigen,  man  laum  fär  ftd^  aüein  beutlic^  mad^en  fann,  loeil  er  oon 

13  bem  erften,  n)aS  beim  S)enHid^en  gum  ©runbe  Hegt,  felber  l^anbelt. 


dritte  SBetrad^tuttg* 
93on  bem  fd^Ied^terbingS  notl^raenbigen  SDafein. 

1. 

Segriff  ber  abfolut  notl^ioenbigen  ßjriftenj  fiberl^aupt.. 

30  @d^led^terbingS  not^ioenbig  ift,  beffen  ®egent^eil  an  fid^  felbft  un« 
mbglid^  ift.  S)iefeS  ift  eine  ungegkoeifelt  rid^tige  Slominal-erfldrung. 
SBenn  id^  aber  frage:  morauf  lommt  eS  benn  an,  bamit  baS  9li(^tfein 
eines  S)ingeS  fc^lec^terbingS  unmiglic^  fei?,  fo  ift  baS,  loaS  id^  fuc^e,  bie 
Stealerlldrung,  bie  unS  allein  gu  unferm  Qxotdz  etmaS  nu^en  lann.  S(De 

3d  unfere  Segriffe  Don  ber  inneren  9lot^menbigfeit  in  ben  (Sigenfc^aften 
möglicher  3)inge,  oon  melc^er  Slrt  fte  aud^  fein  mögen,  laufen  barauf  ^in« 
aus,  bag  baS  ©egentl^eil  ftd^  felber  miberfprid^t.  allein  »enn  eS  auf  eine 
fd^led^terbingS  notl^menbigeßjrifteng  anfommt,  fo  koürbe  man  mit  fd^led^tem 
@rfolg  burd^  baS  nAmlid^e  SRerlmal  bei  il^r  ettoaS  gu  oerftel^en  fud^en. 

30  5DaS  S)afein  ift  gar  fein  ^rdbicat  unb  bie  Suf^ebung  beS  S)afeinS  leine 
SSerneinung  eines  $rdbicatS,  tooburd^  etmaS  in  einem  3)inge  follte  auf« 
gehoben  merben  unb  ein  innerer  äBiberfprud^  entftel^en  fbnnen.  3)ie  Stuf« 
l^ebung  eines  ejciftirenben  S)ingeS  ift  eine  Dötlige  SSerneinung  alle  beS« 

Stant'9  e^xiUtn,    aSerfr.  U.  Q 


82  fßttDti&^xmb  au  einer  2)emi)nflration  bed  S)afetnd  (SotteiS. 

ienigen,  tvaS  fc^Iec^t^tn  ober  abfolute  burd^  fein  S)afein  gefegt  mürbe.  3)ie 
logifc^e  Regierungen  gmifd^en  bem  Sün^t  als  einem  äRöglic^en  unb  feinen 
^r&btcaten  bleiben  gleid^mol^I.  SQein  biefe  finb  gang  toai  anberd,  ald  bie 
^ofttion  beS  S^inged  gufammt  feinen  ^rdbicaten  fd^Iec^t^in,  aU  »orin  bad 
S)afein  befielet.  S)emna(l^  »irb  nid^t  eben  baffelbe,  »ad  in  bem  5Dtnge  5 
gefegt  U)irb,  fonbern  roai  anberS  burd^  baiS  Slid^tfein  aufgehoben,  unb  ifi 
bemnac^  l^ierin  niemals  ein  Siberfprud^.  ^n  ber  ledern  Betrachtung 
btefeS  9Berl8  mirb  aOeS  biefeS  in  bem  gaUe,  ba  man  bie  abfoIutnotJ^« 
menbige  ß^rifleng  toirflicl^  Dermeint  ^at  burc^  ben  @a^  beS  SSBiberfprud^S 
gu  begreifen,  burc^  eine  flare  (Sntmidelung  btefer  Untaugli(j^leit  über*  10 
geugenber  gemad^t  toerben.  9Ran  lann  inbeffen  bie  Slotl^menbigfeit  in  ben 
^rdbtcaten  bloS  mögli^er  Segriffe  bie  logifd^e  SRotl^menbigfeit  nennen. 
SDetn  bieienige,  beren  ^auptgrunb  id^  auffu(i^e,  nfimlid^  bie  bed  S)afetndr 
ift  bie  abfolute  SHealnotl^menbigfeit.  ^c^  ftnbe  guerfl:  bag,  maS  iij  fd^Iec^teri: 
bingS  als  nid^tS  unb  unmöglid^  anfeilen  foD,  baS  muffe  aOeS  S)enlli(be  15 
Dertilgen.  S)enn  bliebe  babei  no(j^  ettoaS  gu  benfen  übrig,  fo  toäxt  eS  nid^t 
gdnglid^  unbenHid^  unb  fd^Ied^tl^in  unmöglid^. 

Sßenn  id^  nun  einen  Slugenblid  nad^benfe,  koeSmegen  baSienige,  loaS 
fid^  loiberfprid^t,  fd^led^terbingS  nid^ts  unb  unmöglich  fei,  fo  bemerfe  ic^: 
bag,  meil  babur^  ber  @a^  beS  äSiberfpruc^S,  ber  le^te  logifc^e  ©runb  20 
aUeS  S)enllid^en,  aufgel^oben  loirb,  ade  3R5gIid^feit  Derfd^ioinbe,  unb  nichts 
babei  mel^r  gu  benfen  fei.  3d^  nel^me  barauS  alsbalb  ab,  ba^,  koenn  xi) 
aUeS  S)afein  fiberl^aupt  aufgebe,  unb  I)ieburd^  ber  le^te  Sfiealgrunb  alles 
S)enflic^en  megffillt,  gleic^fatts  aKe  aRöglid^feit  Derfd^ioinbet,  unb  nichts 
me^r  gu  benfen  bleibt.  3)emnad^  fann  etioaS  fd^Ie<!^terbingS  notl^menbig  25 
fem,  entteeber  »enn  burd^  fein  ©egent^eil  baS  gormale  aUeS  3)enfli(^en 
aufgel^oben  U}irb,  baS  ift,  menn  eS  fic^  felbft  loiberfprid^t,  ober  aud^  »enn 
fein  9lid^tfein  baS  SRateriale  gu  aDem  si)enfli$en  unb  alle  Data  bagu  auf« 
^ebt.  S)as  erfte  finbet,  vok  gefagt,  niemals  beim  3)afein  ftatt,  unb  meil 
fein  britteS  möglieb  ift,  fo  ift  entteeber  ber  Segriff  öon  ber  f(^led^terbingS  30 
not^menbigen  6? ifteng  gar  ein  tdufc^enber  unb  falfd^er  Segriff,  ober  er 
mu^  barin  berul^en,  bag  baS  9lid^tfein  eines  S)ingeS  gugleid^  bie  S3er» 
neinung  Don  ben  Datis  gu  allem  S)enfli(^en  fei.  3)ag  aber  biefer  Segriff 
nid^t  erbid^tet,  fonbern  etmaS  Sßal^r^afteS  fei,  erl^etlt  auf  folgenbe  9lrt. 


1.  $(M1^.  3.  Säetrad^tung.  iSon  bem  fci^ted^terbingd  not^menbtgen  S)afetn.    83 

2. 

@d  e^riftirtein  fd^Iec^terbingS  notl^ioenbigeS  Sßefen. 

aOe  äRöglid^feit  fe^t  etoaS  SBirflid^eS  DorauS,  »orin  unb  kooburd^ 
aDed  S)ennt(!^e  gegeben  ift.   S)emna(^  ift  eine  getoiffe  SBirHic^feit,  beren 

6  aufl^ebung  felbfl  aOe  innere  SRögUd^feit  überhaupt  aufgeben  ttfirbe.  3)ad» 
ienige  aber,  beffen  Sufl^ebung  ober  SSerneinung  aUe  9R5gU(^feit  Dertilgt, 
ift  fii^Iec^terbtngd  not^iDenbig.  S)emna(l^  ejcifitirt  etwas  abfolut  notb- 
n)enbiger  SSeife.  93iS  bal^in  erl^ellt,  bag  ein  3)afein  eineiS  ober  mebrerer 
S)inge  felbft  aller  SRögUd^feit  gum  ®runbe  liege,  unb  bag  biefeS  S)afe{n 

10  an  fid^  felbji  notl^wenbig  fei.  9Ran  fann  bierauS  au(b  Iei(btU(b  ben  Segriff 
ber  ßuf&Qigteit  abnebmen.  Suf&Hig  ift  nacb  ber  SBorterTI&rung,  bef[en 
Oegentl^eU  miglicb  t{t.  Um  aber  bie  Sacberfldrung  baoon  gu  finben,  fo 
mug  man  auf  folgenbe  Srt  unterf(beiben.  3m  logifcben  93erftanbe  ift  haS^ 
jenige  ald  ein  $räbicat  an  einem  @ubiecte  gufaQig,  bef[en  ©egentl^eil  bem« 

15  felben  nicbt  miberfpricbt.  3-  @-  @inem  Sriangel  uberbaupt  ift  ed  gufdRig, 
bag  er  recbtioinflicbt  fei.  3>iefe  SufaOigfeit  finbet  lebigtid^  bei  ber  Se< 
gie^ung  ber  ^rAbicate  gu  ibren  ©ubjecten  {latt  unb  leibet,  loeil  baS  3)a< 
fein  lein  ^rdbicat  ift,  au(b  gar  leine  Slnwenbung  auf  bie  6;tiftenj.  S)a« 
gegen  ift  im  9iealoerftanbe  iufäQig  baiSientge,  beffen  ÜHi^tfein  gu  benfen 

30  ift,  ba&  ift,  beffen  Slufbebung  ni(bt  aOeiS  S)enllicbe  aufl^ebt.  SSenn  bem« 
nacb  bie  innere  9RogIi(bfeit  ber  S)inge  ein  gemiffes  3)afein  ni(bt  ooraud^ 
fe^t,  fo  ift  biefed  sufdOig,  »eil  fein  ©egentl^eil  bie  aRöglid^feit  nicbt  auf« 
bebt.  Dber:  3)adj|enige  S)afein,  kooburcb  ni(bt  baiS  3RateriaIe  gu  allem 
S)enni(ben  gegeben  ift,  o^ne  melcbed  alfo  no(b  etwas  gu  benfen,  baS  ift, 

25  m5gli(b  ift,  beffen  ©egentbeil  ift  im  9leatoerftanbe  m5gUd^,  unb  baS  ift 
in  eben  bemfelben  SSerftanbe  aud^  guf&tlig. 

3. 

S)aS  notbtoenbige  Sßefen  ift  einig. 

Sßeil  baS  notbioenbige  SSefen  ben  legten  9iealgrunb  aQer  anbern 
30  aRdgU(b(eit  entb&lt,  fo  wirb  ein  iebeS  anbere  S)ing  nur  mögli(b  fein,  in  fo 
fern  eS  bur(b  i^n  als  einen  ®runb  gegeben  ift.  S)emna(l^  lann  ein  iebeS 
onbere  S)ing  nur  al8  eine  l^olge  oon  ibm  ftatt  finben  unb  ift  alfo  aQer 
onbem  S)inge  3RigU(^Ieit  unb  S)afein  oon  i^m  abl^dngenb.  (Stwad  aber, 
was  felbft  abbdngenb  ift,  enthält  ni<bt  ben  legten  SHealgrunb  aller  aR5g' 

6^ 


84  8ett>etögrunb  au  einer  S)emonftTatton  beiS  S)afetnd  ®otied. 

lid^feit  unb  i{l  bemnacl^  ntd^t  fcJ^Ied^terbtngS  notl^menbig.  SRitl^in  I5nnen 
ni^t  mel^rere  3)inge  abfolut  notl^menbig  fein. 

Se^et,  A  fei  ein  notl^toenbigeS  Sßefen  unb  B  ein  anbetet.  @o  ift  Der« 
möge  ber  (SrHärung  B  nur  in  fo  fern  möglich,  atö  ed  burc^  einen  anbern 
®runb  A  al$  bie  Solge  beffelben  gegeben  ift.  SBeil  aber  Dermige  ber  & 
aSoraudfe^ung  B  felber  not^menbig  ift,  fo  i{i  feine  ^RSglid^feit  in  i§m  als 
ein  ^rdbicat  unb  nic^t  atö  eine  Srolge  auS  einem  anbern  unb  bod^  nur  als 
eine  grolge  laut  bem  vorigen  gegeben,  loeld^ed  fi(^  koiberfprid^t. 

4. 

S)a8  notl^ioenbige  SSefen  ift  einfad^.  lo 

3)ag  fein  Sufammengefe^teiS  aud  Diel  Subftangen  ein  fc^ted^terbingS 
notl^ttenbiged  SSefen  fein  fönne,  er^eOt  auf  folgenbe  Srt.  @e^et,  ed  fei 
nur  eins  feiner  Steile  fd^Ied^terbingd  notl^ttenbig,  fo  ftnb  bie  anbern  nur 
inSgefamntt  als  t^olgen  burd^  il^n  möglid^  unb  ge]^5ren  nid^t  gu  il^m  als 
9lebent^eile.  ©ebenfet  eud^,  es  lo&ren  ntel^rere  ober  aDe  not^menbig,  fo  15 
toiberfprid^t  biefes  ber  Dorigen  Stummer.  6S  bleibt  bemnac^  nid^ts  fibrig, 
als  fte  muffen  ein  iebeS  befonberS  gufdUig,  alle  aber  gufammen  fd^led^ter« 
bingS  notl^ti}enbig  ejriftiren.  3t\xn  ift  biefeS  aber  unmbglid^,  meil  ein 
^iQxtQüt  Don  Subftangen  nid^t  mel^r  ÜHotl^menbigleit  im  3)afetn  ^aben 
lann,  als  ben  Steilen  gulommt,  unb  ba  biefen  gar  feine  gufommt,  fonbern  so 
i^re  @]ciftenj  gufdllig  ifl,  fo  D)ärbe  aud^  bie  beS  ©anjen  guf&Ilig  fein. 
Sßenn  man  gebdd^te,  ftd^  auf  bie  ßrfldrung  beS  notl^koenbigen  SSefenS  be« 
rufen  gu  f5nnen,  fo  bag  man  fagte,  in  jeglid^em  ber  Sl^eile  mdren  bie 
legten  Data  einiger  innern  2R5gli(l^feit,  in  aUen  gufammen  aUeS  3ß5glid^e 
gegeben,  fo  tofirbe  man  ettoaS  gang  Ungereimtes  nur  auf  eine  oerborgene  25 
Slrt  DorgefteUt  ^aben.  3)enn  menn  man  ftd^  alSbann  bie  innere  SRöglid^« 
feit  fo  gebenft,  ba^  einige  fönnen  aufgel^obenkoerben,  bod^  fo,  ba^brigenS, 
»aS  burd^  bie  anbere  5£]^eile  nod^  S)enf(id^eS  gegeben  worben,  bliebe,  fo 
mflgte  man  ftd^  Dorftellen,  eS  fei  an  |td^  möglich,  bag  bie  innere  3R5gltd^« 
feit  Derneint  ober  aufgel^oben  merbe.  @S  ift  aber  gdnglid^  unbenflid^  unb  so 
koiberfpred^enb,  bag  etmaS  nid^tS  fei,  unb  biefeS  miQ  fo  Diel  fagen:  eine 
innere  3ß5glid^feit  aufl^eben,  ift  aUeS  S)entlid^e  Dertilgen,  D)orauS  erl^eQt, 
ba^  bie  Data  gu  jebem  3)enfli(^en  in  bemienigen  S)inge  muffen  gegeben 
fein,  beffen  Slufl^ebung  aud^  baS  ®egent^eil  aOer  9R5glid^feit  ift,  bag  alfo, 
tt)aS  ben  legten  ®runb  Don  einer  innern  3ß5glid^feit  entl^dlt,  il^n  aud^  Don  35 


1.  f[bl!|.   3.  S3etrad^tung.  Sßon  bem  fd^Ied^ierbingd  not^ioenbigen  S)afein.    85 

aUer  überhaupt  enthalte,  mitl^tn  biefer  ®runb  nid^t  in  Derfd^iebenen  @ub« 
{tätigen  Dert^eitt  fein  fbnne. 

5. 
S)a&  notl^ioenbige  SSBefen  ift  unDerdnberlid^  unb  etoig. 

5  SSeil  felbft  feine  eigene  äJIöglid^Ieit  unb  {ebe  anbere  biefeiS  S)afein 
Doraudfe^t,  fo  ift  feine  anbere  Slrt  ber  Sjttfteng  beffelben  möglid^,  ba^ 
l^eigt,  ed  lann  baS  notl^toenbige  Sßefen  nidbt  auf  Dielerlei  Srt  ejrtftiren. 
St&mlid^  aDeg,  \oa&  ba  ift,  ift  burd^g&ngig  beftimmt;  ba  biefeS  SBefen  nun 
lebigUc^  barum  mbglic^  ift,  tteil  ed  ejriftirt,  fo  finbet  leine  3RögIi(^Ieit 

lü  beffelben  ftatt,  auger  in  fo  fern  eS  in  ber  2;i^at  ba  ift;  e§  ift  alfo  auf  feine 
anbere  Srt  möglid^,  als  tote  ed  mirflid^  ift.  3)emna(!^  fann  eiS  nid^t  auf 
anbere  9[rt  beftimmt  ober  Deranbert  merben.  @ein  Slid^tfein  ift  fc^Ie^ter» 
bingd  unmdglid^,  mitl^in  aud^  fein  Urfprung  unb  Untergang,  bemnac^  ift 
es  emig. 

15  6. 

S)a&  notl^ioenbige  3Befen  entl^&lt  bie  l^öd^fte  äUealität. 

3)a  bie  Data  gu  aUer  9R5glid^feit  in  i^m  angutreffen  fein  muffen,  ent« 
toeber  als  93eftimmungen  beffelben,  ober  alS  t^olgen,  bie  burd^  il^n  als  ben 
erften  SHealgrunb  gegeben  finb,  fo  fielet  man,  bag  ade  9iealit&t  auf  eine 

20  ober  anbere  Srt  burd^  il^n  begriffen  fei.  9Dein  eben  biefelbeSeftimmungen, 
burc^  bie  biefeS  3Befen  ber  l^b^fle  ©runb  ift  Don  aller  möglid^en  Sftealitdt, 
fcfeen  in  i^m  felber  ben  größten  ®rab  realer  eigenfd^aften,  ber  nur  immer 
einem  3)inge  beitool^nen  fann.  SBeil  ein  foIc^eS  äSefen  alfo  baS  realfte 
unter  allen  m5glid^en  ift,  inbem  fogar  alle  anbere  nur  burc^  baffelbe  mog« 

25  lid^  finb,  fo  ift  btefeS  nid^t  fo  gu  Derftel^en,  bag  ade  mbgltd^e  Sftealitdt  gu 
feinen  Seftimmungen  gel^öre.  S)iefeS  ift  eine  SSermengung  ber  Segriffe, 
bie  bis  bal^in  ungemein  ge^errfd^t  l^at.  9Ran  ertl^etlt  aQe  Stealitdten  ®ott 
ober  bem  notl^toenbigen  SBefen  o^ne  Unterfd^ieb  als  ^rdbicate,  ol^ne  koal^r«* 
gunel^men,  ba^  fie  nimmermel^r  in  einem  eingigen  @ubj[ect  als  Seftimmungen 

30  neben  einanber  fönnen  ftatt  finben.  S)ie  Unburd^bringlid^feit  ber  Äörper, 
bie  SuSbel^nung  u.  b.  g.  f5nnen  ni^t  @igenfd^aften  Don  bemlenigen  fein, 
ber  ba  SSerftanb  unb  äSiUen  ^at.  ßs  ift  aud^  umfonft  eine  SluS^ud^t 
barin  gu  fud^en,  bag  man  bie  gebadete  aSefd^a^en^eiten  nid^t  für  loal^re 
SRealitdt  ^alte.   es  ifl  o^ne  allen  ßweifel  ber  ©tofe  eines  ÄörperS  ober 

33  bie  Äraft  beS  Sufammenl^angeS  ettoaS  toal^rl^aftig  ^ßoptioeS.  eben  fo  ift 


86  SSemeiiBgrunb  au  einer  ^emonftration  bed  S)afetnd  ®otteiS. 

ber  Sd^merg  in  ben  Smpftnbungen  eines  ©eifted  nimmermel^r  eine  bloge 
Seraubung.  @in  irriger  ®ebanle  ^at  eine  fold^e  SSorfteDung  bem  ©d^eine 
mij  fiere(fttfertiflt.  68  l^cifet:  Sftealltat  unb  »calitdt  »ibcrfpred^cn  elm 
anber  niemals,  loeil  betbeS  roa^xt  Sejal^ungen  finb;  bemnad^  iDiberftreiten 
{ie  au(^  einanber  nid^t  in  einem  Subjecte.  £>b  i(^  nnn  gleid^  einräume,  5 
bag  l^ier  fein  logifd^er  Sßiberftreit  fei,  fo  ift  babnrd^  bod^  nid^t  bie  gHeal* 
repugnang  gel^oben.  3)ie{e  finbet  ieberjeit  ftatt,  loenn  etmaS  als  ein  ®runb 
bie  golge  Don  etmad  anberm  burd^  eine  reale  @ntgegenfe^ung  Dernid^tigt. 
3)ie  Sen)egungSfraft  eines  J^drperS  nad^  einer  3)irection  unb  bie  Senbenj 
mit  gleid^em  ©rabe  in  entgegengefe^ter  [tefjen  nid^t  im  SSiberfprud^e.  @ie  10 
{inb  aud^  mirflid^  gugleic^  in  einem  Rbx^tx  möglid^.  9lber  eine  Demid^tigt 
bie  9iealfoIge  aus  ber  anbern,  unb  ba  fonft  ))on  jeber  inSbefonbere  bie 
f^olge  eine  loirllid^e  Semegung  fein  »urbe,  fo  ift  pe  je^t  Don  beiben  gu» 
fammen  in  einem  ©ubjecte  0,  baS  ift,  bie  Solge  öon  biefen  entgegen  ge» 
festen  93eU}egungSlräften  ift  bie  SHul^e.  3)te  SHul^e  aber  ift  ol^ne  S^^if^l  i& 
möglid^,  n)orauS  man  benn  a\x6)  fielet,  bag  bie  Sftealrepugnang  ganj  loaS 
anberS  fei  als  bie  logifd^e  ober  ber  3Biberfprud^;  benn  baS,  n)aS  barauS 
folgt,  ift  fd^led^terbingS  unmöglid^.  9lun  lann  aber  in  bem  aDerrealften 
äSefen  feine  äfiealrepugnang  ober  pofitioer  SBiberftreit  feiner  eigenen  93e« 
ftimmungen  fein,  koeil  bie  i^olge  baoon  eine  Beraubung  ober  SRangel  fein  20 
mürbe,  meld^eS  feiner  ]^54ften  ^tealitdt  miberfprid^t,  unb  ba,  menn  alle 
Sfiealit&ten  in  bemfelben  als  93eftimmungen  lägen,  ein  folc^er  3Biberftreit 
entftel^en  mägte,  fo  f5nnen  fie  nid^t  inSgefammt  als  ^räbicate  in  il^m 
fein,  mithin  meil  fie  bod^  alle  burd^  i^n  gegeben  finb,  fo  merben  fte  ent* 
meber  gu  feinen  Seftimmungen  ober  i^olgen  gel^ören.  25 

@S  f5nnte  aud^  beim  erften  SnblidE  fd^einen  ju  folgen:  bag,  koeil  baS 
not^toenbige  Sßefen  ben  legten  Sflealgrunb  aller  anbern  SRöglid^feit  ent^ 
l^ält,  in  il^m  aud^  ber  ©runb  ber  9R&ngel  unb  SSerneinungen  ber  SSefen 
ber  S)inge  liegen  mäffe,  toelc^eS,  menn  eS  gugelaffen  mürbe,  aud^  ben 
@d^lug  oeranlaffen  bürfte,  bag  eS  felbft  9legationen  unter  feinen  ^rdbi^^  30 
caten  ^aben  muffe  unb  nimmermehr  nid^ts  als  Stealität.  Mtxn  man  rid^te 
nur  feine  Äugen  auf  ben  einmal  feftgefe^ten  SSegriff  beff elben.  3n  feinem 
S)afein  ift  feine  eigene  2R5glid^teit  urfprüngUd^  gegeben.  3)abur(^,  bag 
es  nun  anbere  3){ögli$feiten  ftnb,  mooon  eS  ben  ätealgrunb  ent^&lt,  folgt 
nad^  bem  @a^e  beS  SBiberfprud^S,  bag  eS  nid^t  bie  SRöglic^feit  beS  realften  35 
SSefenS  felber  unb  bal^er  fold^e  Sßögli^feiten,  meiere  SSerneinungen  unb 
5Kängel  entl^alten,  fein  muffen. 


1. 9bi]^.  4.  Sßtfx.  SBemeidgntnb  au  einer  S)emonflratton  bed  S)afeind  @otted.  87 

S)emna(^  beruht  bie  3ß5gUcl^feit  aUer  anbern  S)inge  in  ^(nfel^ung 
beffen,  voa&  in  il^nen  real  ift,  auf  bem  notJ^toenbigen  SBefen  als  einem 
9%ealgrunbe,  bie  39t&ngel  aber  barauf,  tteil  eS  anbete  3)inge  unb  nid^t  baiS 
Urmefen  felber  ftnb,  al^  einem  logifd^en  ®runbe.   S)ie  SRöglic^Ieit  beiS 

5  Äörpcrö,  in  fo  fern  er  auäbel^nung,  Äräfte  u.  b.  g.  fjat,  ift  in  bem  oberpen 
aller  SBefen  gegrünbet;  in  fo  fern  il^m  bie  Äraft  ju  benfen  gebrici^t,  fo  liegt 
biefe  äSerneinung  in  i^m  felbft  nad^  bem  @a^  bed  SBiberf{)rud^S. 

3n  ber  Zf^at  itnb  SSerneinungen  an  fiä)  felbft  nid^t  Stwad,  ober  benf« 
lid^,  meld^ed  man  ft(^  leid^tlid^  auf  folgenbe  8rt  faglid^  mad^en  tann.  @e^et 

10  nid^td  als  ÜUegationen,  fo  ift  gar  ni(i)ts  gegeben  unb  fein  (StmaS,  baS  gu 
benlen  »Are.  SSerneinungen  ftnb  alfo  nur  burd^  bie  entgegengefe^te 
$ofttionen  benllic^,  ober  Dielme^r,  eS  ftnb  ^ofttionen  mogUd^,  bie  ni^t 
bie  größte  finb.  Unb  l^ierin  liegen  fc^on  nad^  bem  @a^e  ber  ^bentitdt  bie 
SSerneinungen  felber.    @S  fdllt  aud^  leidet  in  bie  Singen,  bag  aUe  ben 

15  3ßöglid^Ieiten  anberer  3)inge  beimol^nenbe  93erneinungen  leinen  fR^aU 
grunb  (meil  fie  nid^ts  ^ofttioeS  jtnb),  mitl^in  lebiglid^  einen  logifd^en 
®runb  DorauSfe^en. 

äSievte  SBetrad^tung« 

Setüeiggrunb  ju  einer  S)emonftration  be2  S)afein2  @otte8. 


20 


1. 

£)as  notl^menbige  SBefen  ift  ein  ®eift. 

@S  ift  oben  bemiefen,  ba^  bad  not^ioenbige  äBefen  eine  einfädle  @ub« 
fiang  fei,  imgleid^en  ba^  ni^  aDein  alle  anbere  9%ealitat  bur$  baffelbe 
als  einen  ®runb  gegeben  fei,  fonbem  aud^  bie  gr5gt  mögliche,  bie  in  einem 

35  SBefen  als  Seftimmung  lann  entl^alten  fein,  il^m  beimol^ne.  3t\xn  fönnen 
Derfd^iebene  Sekoeife  geführt  toerben,  bag  l^ieju  aud^  bie  @igenfd^aften  beS 
SerftanbeS  unb  SBillenS  gel^ören.  3)enn  erftli^,  beibeS  ift  »al^re  Siealitdt, 
unb  beibeS  lann  mit  ber  grSgt  mögli^en  in  einem  S)inge  beifammen  be« 
ftel^n,  loeld^eS  le^tere  man  burd^  ein  unmittelbares  Urt^eil  beS  93erftanbeS 

30  einjuraumen  fid^  gebrungen  fielet,  ob  eS  gtoar  nid^t  ffiglic^  ju  berienigen 
S)eutlid^teit  gebracht  toerben  fann,  »eld^e  logifc^  DoDfommene  Setoeife 
erforbern. 

Sn)eitenS  jtnb  bie  @igenfd^aften  eines  ©eifteS,  SSerftanb  unb  SBiOen, 
Don  ber  9rt,  ba^  mir  uns  feine  9tealitAt  benfen  fonnen,  bie  in  6rmangelung 


88  SeueiiSgrunb  a»  einet  2)etnonfiration  bed  ^afetnd  @otte«. 

berfelben  einem  SSefen  eine  @rfe^ung  tl^un  lönnte,  meldte  bem  Slbgang 
berjelben  gletd^  loäre.  Unb  ba  biefe  Stgenfd^aften  alfo  bieienige  pnb, 
»eld^e  ber  l^öd^ften  ®rabe  ber  SHeditdt  fd^ig  jtnb,  gleid^iool^I  aber  unter 
•bie  mögUd^en  gel^iren,  fo  mugte  burd^  baiS  notl^menbtge  SSefen,  a\^  einen 
®runb,  SSerftanb  unb  SSiUe  unb  ade  9iealität  ber  geifttgen  9latur  an  5 
anbern  möglid^  fein,  bie  glei$)ool|l  inil^m  felbft  nic^t  al^  eine  Seftimmung 
angetroffen  lourbe.  6S  U)firbe  bemnad^  bie  Solge  größer  fein  als  felbft  ber 
®runb.  S)enn  eiS  ift  gettig,  bag,  koenn  bad  ^öd^fte  SSefen  nid^t  felbft  S3e^ 
ftanb  unb  äSiDen  l^at,  ein  iebeS  anbere,  toeld^eS  burd^  eS  mit  biefen  (Sigen^ 
fd^aften  gefegt  toerbe,  unerac^tet  ed  abl^dngenb  mdre  unb  mand^erlei  anbere  10 
aRdngel  ber  SKacftt  u.  f.  ».  l^dtte,  gleid^tool^l  in  8lnfe^ung  biefer  eigen»* 
fd&aften  öon  ber  J^öd^ften  Slrt  jenem  in  aUealitdt  öorgel&en  mflfete.  SBeil 
nun  bie  $olge  ben  ®runb  nid^t  übertreffen  lann,  fo  muffen  SSerftanb  unb 
3Bine  ber  notj^toenbigen  einfad^en  Subftanj  ald  @tgenfd^aften  beimol^nen, 
baö  Ift,  fte  ift  ein  ®eift.  15 

S)r{ttenS,  Drbnung,  @d^5n]^eit,  SBoIlfommen^eit  in  allem,  load  m5g« 
li(^  i{l,  fe^en  ein  äBefen  DorauS,  in  beffen  @igenfd^aften  entmeber  biefe 
Segiel^ungen  gegrünbet  finb,  ober  bod^  loenigftenS  burd^  toeld^eS  Sßefen 
bie  S)inge  biefen  SBejiel^ungen  gemdg  ald  aud  einem  ^auptgrunbe  möglich 
finb.  !Run  ift  baS  notl^menbige  äSefen  ber  l^inldnglid^e  ^tealgrunb  aQed  so 
anbern,  voa&  auger  il^m  m5glid^  ift,  folglich  loirb  in  i^m  aud^  bieienige 
(Sigenfd^aft,  burd^  toeld^e  biefen  Segiel^ungen  gemdg  alled  auger  il^m  loirf- 
lid^  loerben  fann,  anzutreffen  fein.  @d  fd^eint  aber,  bag  ber  ®runb  ber 
dugern  3R5glid^Ieit,  ber  Drbnung,  @d^5n]^eit  unb  SSoDfommenl^eit  nid^t 
gureid^enb  ift,  »ofern  nid^t  ein  bem  SSerftanbe  gemdger  SBille  ))oraud  ge»  25 
fe^t  ift.  aifo  »erben  biefe  ©igenfd^aften  bem  oberften  SBefen  muffen  bei- 
gemeffen  »erben. 

3ebermann  erfennt,  bafe  ungead^tet  aller  ®rünbe  ber^eröorbringung 
Don  ^flanjen  unb  Sdumen  bennod^  regelmäßige  SlumenftüdCe,  SUReeu 
u.  b.  g.  nur  burd^  einen  S^erftanb,  ber  fte  entwirft,  unb  burd^  einen  äBillen,  30 
ber  fte  auSful^rt,  möglid^  ftnb.  SlHe  2Äa(i)t  ober  ^eroorbringungölraft, 
imgleid^en  alle  anbere  Data  jur  3R5glid^(eit  ol^ne  einen  93erftanb  ftnb  un» 
guldnglid^  bie  SRoglic^Ieit  fold^er  Drbnung  ooQftdnbig  gu  mod^en. 

SluS  einem  biefer  l^ier  angefül^rten  ®rünbe,  ober  au8  il^nen  inö» 
gefammt  koirb  ber  99en)eiS,  baß  bad  notl^ioenbige  SBefen  äBiUen  unb  93er^  35 
ftanb  ^aben,  mitl^in  ein  ®eift  fein  mßffe,  l^ergeleitet  »erben  fönnen.  Sd^ 


1.9M^.  4.9etr.  Säemeidgrunb  au  einer  ^etnonftratton  be«  2)afaniS  ®otteiB.  89 

begnüge  mid^  bloiS,  ben  Semeidgrunb  DoUftAnbig  gu  mad^en.  SReine  8lb« 
Pd^t  ift  nid^t  eine  formlid^e  S^emonfiration  bargulegen. 

2. 

6S  ift  ein  ®ott. 

&  @S  e;:iftirt  etoaS  fd^Ied^terbingd  notl^ttenbig.  3)iefe8  ift  einig  in 
feinem  3Befen,  einfad^  in  feiner  @ubftang,  ein  ®eift  nad^  feiner  Statur, 
ettig  in  feiner  3)auer,  unoeränberlid^  in  feiner  Sefd^affenl^eit,  aUgenug« 
fam  in  Slnfe^ung  aUeS  aR5gIid^en  unb  äBirtlid^en.  @S  ift  ein  ®ott.  3d^ 
gebe  l^ier  leine  beftimmte  (SrHärung  Don  bem  ^Begriffe  Don  ®ott.   3d^ 

10  mfigte  biefed  tl^un,  n)enn  i(^  meinen  ©egenftanb  f^ftematifd^  betrad^ten 
kDoDte.  9BaS  i(^  l^ier  barlege,  foll  bie  Slnal^fe  fein,  baburd^  man  ft(^  gur 
förmlid^en  Sel^rDerfaffung  tflc^tig  mad^en  fann.  S)ie  (Srflärung  bed  S3e* 
grip  ber  ©ott^eit  mag  inbeffen  angeorbnet  koerben,  koie  man  ti  ffir  gut 
finbet,  fo  bin  id^  böd^  getti^,  bag  baSfenige  3Befen,  beffen  3)afein  xoxt  nur 

15  eben  beriefen  l^aben,  eben  ba^ienige  gbttlid^e  Sßefen  fei,  beffen  Unter« 
fd^eibungSgeid^en  man  auf  eine  ober  bie  anbere  Slrt  in  bie  tilrgefte  93e« 
nennung  bringen  loirb. 

3. 

9(nmerlung. 

20  Seil  aus  ber  brüten  ä3etrad^tung  nichts  me^r  erhellt,  ald  ba^  aQe 
Siealitdt  entioeber  in  bem  not^ioenbigen  SBefen  als  eine  Seftimmung  ober 
burd^  baffelbe  als  einen  ®runb  mflffe  gegeben  fein,  fo  kofirbe  bis  ba^in 
unentfd^ieben  bleiben,  ob  bie  ßigenfd^aften  bes  SSerftanbeS  unb  äBiUenS 
in  bem  oberften  SBefen  als  il^m  beiU)ol^nenbe  Seftimmungen  angutreffen 

25  feien,  ober  bloS  burd^  baffelbe  an  anberen  S)ingen  als  f^olgen  angufe^en 
todren.  SBdre  baS  le^tere,  fo  mürbe  unerac^tet  aller  SSorgfige,  bie  Don 
biefem  Urmefen  aus  ber  ßuldnglid^feit,  ßinl^eit  unb  Unabl^dngigfeit  feines 
5DafeinS  als  eines  großen  @runbeS  in  bie  Sugen  leud^ten,  bod^  feine  9latur 
berfenigen  tteit  nac^ftel^en,  bie  man  fi$  benfen  mug,  »enn  man  einen 

so  ©Ott  benft.  S)enn  felber  ol^ne  (Srfenntni^  unb  (Sntfd^lieiung,  »ürbe  eS  ein 
blinblingS  notl^ioenbiger  ®runb  anberer  3)inge  unb  fogar  anberer  ©eifter 
fein  unb  fi(^  Don  bem  emigen  @d^id(fale  einiger  Sllten  in  nid^ts  unter* 
fd^eiben,  als  bag  eS  begreiflid^er  bef^rieben  lodre.  S)ieS  ift  bie  Urfad^e, 
toeSkoegen  in  ieglid^er  Se^rDerfaffung  auf  biefen  Umftanb  befonberS  ge* 


90  iSemei^grunb  au  einet  ^emonftration  beiS  S)afe{nd  @otted. 

fe^en  werben  mu^,  unb  toarum  mir  il^n  nid^t  l^aben  auS  ben  Slugen  fe^en 
Knncn. 

3(^  ^Qbe  in  bem  ganzen  Sufammenl^ange  aller  bxSijtx  vorgetragenen 
ju  meinem  Semeife  gel^origen  ©rünbe  nirgenb  bed  andbrudiS  Don  SSoU^» 
fommenl^eit  gebac^t.  9li(^t  ald  menn  id^  bafür  hielte,  aDe  Sfiealitdt  fei  s 
f^on  fo  Diel  mie  aUe  SSoIlfommen^eit,  ober  aud^  bie  größte  Sufammen« 
ftimmung  gu  (Sinem  maijz  fte  and.  3<^  l^abe  mid^tige  Urfad^en  Don  biefem 
Urtl^eile  Dieler  anbern  fel^r  abjugelien.  ^ad^bem  i^  lange  3^it  über  ben 
Segrijf  ber  SSoUfommen^eit  inSgemein  ober  inöbefonberc  forgfditige 
Unterfud^ungen  angefteUt  l^abe,  fo  bin  x6)  belel^rt  n)orben;  bag  in  einer  lo 
genauem  ^enntnig  berfelben  überaus  Diel  Derborgen  liege,  xoa^  bie  9latur 
eines  ®eifteö,  unfer  eigen  ©efül^l  unb  felbft  bie  erften  Segriffe  ber  pxaU 
tifd^en  äSeltmeiSl^eit  auffldren  fann. 

3d&  bin  inne  geworben,  ba^  ber  Sluöbrudt  ber  SSoÜfommenl^eit  gmar 
in  einigen  i^dUen,  nad^  ber  Unpd^erl^eit  ieber  Sprad^e  Ausartungen  Don  15 
bem  eigentl^umli(I)en  Sinne  leibe,  bie  giemli^  meit  abmeieren,  ba^  er  aber 
in  ber  Sebeutung,  barauf  l^auptffid^Uc^  jebermann  felbft  bei  jenen  ^b^ 
irrungen  ad^t  l|at,  aDemal  eine  Segiel^ung  auf  ein  äBefen,  mlijtS  Srfennt« 
nig  unb  ä3egierbe  l^at,  DorauSfe^e.  S)a  eS  nun  Diel  gu  D}eitl&uftig  geiDorben 
fein  D}firbe,  ben  99eD}eiSgrunb  Don  ®ott,  unb  ber  i^m  beimol^nenben  dleali«  20 
tat  bis  ju  biefer  Segiel^ung  l|inburd^  gu  ful^ren,  ob  eS  gmar  Dermöge  beffen, 
toaS  gum  ©runbe  liegt,  gar  tDol^I  tl^unlid^  gemefen  märe,  fo  l^abe  ic^  eS 
ber  Slbftd^t  biefer  Slätter  nid^t  gemd^  befunben,  burd^  bie  ^erbeigiel^ung 
biefeS  93egrip  Slnlag  gu  einer  aDgugrogen  SBeitIduftigleit  gu  geben. 

4.  25 

»efd^Iufe. 

(Sin  ieber  tDirb  fel^r  Ulijt  nad^  bem  tDie  gebadet  geffil^rten  Seweife  fo 
offenbare  fjolgerungen  ^inguffigen  fönnen,  als  ba  finb:  3d^,  ber  xä)  benfe, 
bin  fein  fo  fd^led^terbingS  not^menbigeS  äBefen,  benn  ic^  bin  nid^t  ber 
®runb  aller  3tealitdt,  ic^  bin  Derdnberlid^;  fein  anber  SBefen,  beffen  3lid^t»  30 
fein  möglid^  ift,  baS  ift,  beffen  Slufl^ebung  nid^t  guglei(^  aDe  9R5glid^feit 
aufl^ebt,  fein  Derdnberlid^eS  S)ing  ober  in  meld^em  @$ranfen  ftnb,  mitl^in 
aud^  nid^t  bie  3Belt  ift  Don  einer  fold^en  Statur;  bie  äSelt  ift  nid^t  ein 
accibenS  ber  ©ott^eit,  toeil  in  i^r  äßiberftreit,  aRdngel,  äSerdnberlic^Ieit, 
alles  ©egentl^eile  ber  Seftimmungen  einer  ©ottl^eit  angetroffen  toerben;  35 


1.9(bil^.  4.93etr.  S3emetdgrunb  au  einer  2)enionflratton  beS  2)ofeind  ©otted.  91 

®ott  ifi  ni(^t  bie  einige  @ubftang,  bie  ba  e;ctfiirt,  unb  alle  anbre  ftnb  nur 
ab^ängenb  Don  tl[)m  ba  u.  f.  U). 

Sd^  bemerle  ^ter  nur  nod^  folgenbes.  3)er  93en)eiSgrunb  ))on  bem 
S)afein  @otted,  ben  toir  geben,  ift  lebiglid^  barauf  erbauet,  toeil  etmad 

6  ntoglid^  iß.  S)emnad^  ift  er  ein  Semeid,  ber  Doülommen  a  priori  geffil^rt 
werben  lann.  @§  mirb  meber  meine  @;rifteng  noc^  bie  t)on  anbern  @eiftern 
nod^  bie  Don  ber  lörperlid^en  SBelt  DorauiSgefe^t.  @r  ift  in  ber  ^l^at 
Don  bem  innern  j^ennjeid^en  ber  abfoluten  Siotl^menbigteit  l^ergenommen. 
9Ran  erlennt  auf  biefe  äBeife  ba§  S)afein  biefed  SßefenS  auS  bemienigen, 

10  ttaS  KDirlüd^  bie  abfolute  ^otl^menbigfeit  beffelben  audmad^t,  alfo  red^t 
genetifd^. 

8lDe  ädemeife,  bie  fonft  Don  ben  SSBirfungen  biefed  äSefend  auf  fein, 
ald  einer  Urfad^e,  3)afein  gefäl^rt  »erben  mod^ten,  gefegt  bag  fie  aud^  fo 
ftrenge  betteifen  möd^ten,  als  fie  ed  nid^t  tl^un,  lönnen  bod^  niemals  bie 

15  9latur  biefer  9lot^menbigfeit  begreiflid^  mad^en.  S3IoS  barauS,  bag  ettoaS 
fd^Ied^terbingS  notl^menbig  e;riftirt,  ift  eS  m5gU(^,  bag  etmaS  eine  erfte 
Urfac^e  oon  anberem  fei,  aber  barauS  bag  etmaS  eine  erfie,  baS  ift,  unab- 
l^ängige  Urfad^e  ift,  folgt  nur,  bag,  toenn  bie  Birfungen  ba  finb,  fte  aud^ 
e;riftiren  muffe,  nid^t  aber  bag  fie  fd^lec^terbingS  notl^toenbiger  3Beife 

20  ba  fei. 

äßeil  nun  ferner  aus  bem  angepriefnen  SemetSgrunbe  erbeut,  ba^ 
aUe  SSefen  anberer  S)inge  unb  baS  Steale  aUer  9R5gUd^Ieit  in  biefem 
einigen  Sßefen  gegrünbet  feien,  in  meld^em  bie  größte  ©rabe  beS  SSerftan« 
beS  unb  eines  SßiQenS,  ber  ber  grogt  moglid^e  ©runb  ift,  angutreffen,  unb 

35  Doeil  in  einem  folc^en  aDeS  in  ber  dugerft  möglichen  Übereinftimmung  fein 
mu^,  fo  koirb  barauS  fd^on  gum  DorauS  abgunel^men  fein,  bag,  ba  ein 
SBiile  iebergeit  bie  innere  SRbglid^feit  ber  @a$e  felbft  oorauSfe^t,  ber 
©runb  ber  3RögIid^feit,  baS  ift,  baS  äSefen  ©otteS,  mit  feinem  SBiOen  in 
ber  größten  Sufammenftimmung  fein  toerbe,  nic^t  als  menn  ®ott  burd^ 

30  feinen  SSiDen  ber  ©runb  ber  inneren  SRoglic^Ieit  m&re,  fonbern  »eil  eben 
biefelbe  unenblid^e  ^atur,  bie  bie  Segiel^ung  eines  ©runbeS  auf  alleSBefen 
ber  S)inge  l^at,  gugleid^  bie  93egiel)ung  ber  ^öc^ften  Segierbe  auf  bie  ba« 
bur(^  gegebene  größte  folgen  ^at,  unb  bie  Untere  nur  burd^  bie  SiorauS« 
fe^ung  ber  erftern  frud^tbar  fein  tann.  3)emnad^  toerben  bie  3ßögUd^Ieiten 

SS  ber  S)inge  felbft,  bie  burd^  bie  göttltd^e  3latux  gegeben  finb,  mit  feiner 
großen  Segierbe  gufammenftimmen.  ^n  biefer  ßufammenftimmung  aber 
befielet  baS  ®ute  unb  bie  SSollfommen^eit.  Unb  meil  fie  mit  einem  Aber« 


92  Sßtmi^qimh  au  einet  2)etnonfitQtton  bed  S)afetnd  &oiM. 

einftimmen,  fo  ttirb  felbft  in  ben  9R5gIi(J^Ie{ten  ber  S)inge  @inl^ett,  ^ar^ 
monie  unb  Drbnung  angutreffen  fein. 

äSenn  kDtr  aber  aud^  burd^  eine  reife  SBeurtl^eilung  ber  »efentlid^en 
Sigenfd^aften  ber  S)inge,  bie  unS  burd^  @rfal^rung  belannt  werben,  felbfi 
in  ben  notl^toenbigen  Seftimmungen  i^rer  innem  äRöglid^Ieit  eine  @in«  5 
l^cit  im  äRannigfaltigen  unb  äSol^Igereimt^eit  in  bem  (getrennten  mal^r« 
nel^men,  fo  loerben  n)ir  burd^  ben  Srfenntni^toeg  a  posteriori  auf  ein 
einiget  $rincipium  aller  SRöglid^Ieit  iurüdfd^Iiegen  f5nnen  unb  unS  gu« 
le^t  bei  bemfelben  ©runbbegrtffe  beS  f(j^le(!^terbingd  not]^n)enbigenS)afeinS 
befinben,  üon  bem  mir  burd^  ben  Sßeg  a  priori  anf&nglid^  ausgegangen  10 
n)aren.  Stunme^r  foU  unfere  Sbfic^t  barauf  gerid^tet  fein,  gu  feigen,  ob 
felbft  in  ber  innern  SRöglid^Ieit  ber  S)inge  eine  notl^menbige  Segiel^ung 
auf  Drbnung  unb  Harmonie  unb  in  biefem  unerme^Ii^en  SRannigfaltigen 
Sinl^eit  anzutreffen  fei,  bamit  voix  baraud  urt^eilen  lönnen,  ob  bie  äßefen 
ber  S)inge  felbft  einen  oberften  gemeinfd^aftlic^en  ®runb  erlennen.  15 


3n)eite  »t^eitaö 

t)on  bem 

»cttlduftiöen  ^Ru^cn,  bcr  btcfcr  Sdttotx^axt 

befonbcr«  eigen  ifl* 

SBorin  au8  ber  wal^rgenommenen  ©inl^eit  in  ben  SBefen  ber 
S)in9e  auf  ba8  S)afein  ©otteg  a  posteriori  gcfd^Ioffen  wirb* 

1. 

S)te  etnl^eit  in  bem  aRannigfaltigen  ber  SBefen  ber  S)tnge 
10  gettiefen  an  ben  Sigenfd^aften  beS  Slaumd. 

S)ie  not^toenbige  Seflimmungen  bed  fftanms  Derfd^affen  bem  9Reg« 
fünfiler  ein  nid^t  gemeines  SSergnflgen  burd^  bie  Sugenfd^einlid^teit  in  ber 
äbergeugung  unb  burd^  bie  (9enauigTeit  in  ber  SuSfül^rung,  imgleid^en 
burd^  ben  n)eiten  Umfang  ber  8Inn)enbung,  n)ogegen  ba8  gefammte  menfd^« 

IS  lid^e  Srtenntnig  nid^ts  aufjugeigen  l^at,  baö  il^m  beil&me,  Dietoeniger  ed 
äbertr&fe.  ^^  betrad^te  aber  anje^t  ben  n&mlid^en  ®egenftanb  in  einem 
gang  anbern  ®e|i(!^töpuntte.  3d^  fel^e  il^n  mit  einem  ))]^ilDfo))]^if(!^en  üuge 
an  unb  merbe  geioal^r:  bag  bei  fo  notl^ioenbigen  Seftimmungen  Orbnung 
unb  Harmonie  unb  in  einem  ungel^euren  3RannigfaItigen  Sufammen« 

ao  ))a{fung  unb  (Sinl^eit  l^errfd^e.  2^4  toiVi  g.  S.«  bag  ein  ätaum  burd^  bie 
S3ett)egung  einer  geraben  Sinie  um  einen  feften  $untt  umgrengt  merbe. 
3d^  begreife  gar  leitet,  bag  id^  baburd^  einen  Jhreiö  l^abe,  ber  in  aOen 
feinen  fünften  Don  bem  gebadeten  fefien  $unft  gleiii^e  Entfernungen  l^at. 


94  SBemeiiSgrunb  au  einer  2)emonflration  beiS  2)afetnd  (S^otted. 

Mtxn  x^  finbe  gar  feine  Seranlaffung  unter  einer  fo  einfältigen  Son« 
ftruction  fe^r  Diel  SRannigfaltigeS  juüermut^en,  baS  eben  baburd^  großen 
Siegeln  ber  Drbnung  unterworfen  fei.  ^nbeffen  entbede  id^,  bag  aUe 
gerobe  Sinien,  bie  einanber  quo  einem  beliebigen  $unft  innerl^alb  bem 
(Sirfel  burd^freugen,  inbem  fte  an  ben  UmIreiS  flogen,  febergeit  in  geo«  & 
metrif(]^er  Proportion  gef (Quitten  ftnb;  imgleic^en  bag  aUe  biefenige,  bie 
üon  einem  $un!t  augerl^alb  bem  Greife  biefen  burt^fd^neiben,  jebergeit  in 
fold^e  Stüde  gerlegt  »erben,  bie  {t(^  umgefel^rt  üerl^olten  ß>ie  il^re  ©angen. 
SSenn  man  bebenft,  xok  unenblid^  oiel  oerfd^iebene  Sagen  biefe  Sinien  an» 
nel^men  lönnen,  inbem  fte  btn  (Sirtel  mie  gebadet  burc^fd^neiben,  unb  voa^x^  lo 
nimmt,  vok  fte  gleit^iool^l  beftänbig  unter  htm  n&mltd^en  ®efe^e  flehen, 
üon  bem  fte  nic^t  abmeid^en  löunen,  fo  ift  ed  unerac^tet  beffen,  bag  bie 
SBal^rl^eit  baoon  leidet  begriffen  mirb,  benno(^  etmaS  Uitermarteled,  bag 
fo  menig  Slnftalt  in  ber  Sejd^reibung  biefer  f^igur  unb  gleic^mol^I  fo  Diel 
Drbnung  unb  in  bem  SRannigfaltigen  eine  fo  üolllommne  Sinl^eit  barauS  15 
erfolgt. 

SBenn  aufgegeben  toare,  bag  fd^iefe  ^I&d^en  in  oerfc^iebenen  9tet' 
gungen  gegen  ben  ^origont,  bod^  oon  fold^er  S&nge  angeorbnet  würben, 
bamit  frei  ^erabroOenbe  j(5rper  barauf  gerabe  in  gleid^er  Qdt  l^erab 
lämen,  fo  wirb  ein  ieber,  ber  bie  med^anifc^e  ©efe^e  uerftel^t,  einfe^en,  ao 
bag  l^iegu  mand^erlei  SSeranftaltung  gel^öre.  9tun  finbet  ftd^  aber  biefe 
@inrid^tung  im  Sirfel  Don  felber  mit  unenblic^  oiel  Slbtoed^felung  ber 
Stellungen  unb  bod^  in  jebem  Stalle  mit  ber  größten  Siid^tigfeit.  S)enn 
alle  Seltnen,  bie  an  ben  S^ertilalburd^meffer  ftogen,  fie  mögen  oon  beffen 
oberften  ober  unterften  $unfte  ausgeben,  nad^  welchen  Steigungen  man  35 
aud^  miH,  l^aben  inögefammt  baS  gemein:  bag  ber  freie  i^aU  burc^  biefelbe 
in  gleid^en  Seiten  gef(^ie^t.  ^ii  erinnere  mic^,  ba^  ein  Derft&nbiger  Sel^r» 
ling,  als  il^m  biefer  @a^  mit  feinem  99ett)eife  Don  mir  vorgetragen  kourbe, 
nac^bem  er  aUeS  lool^l  Derftanb,  babur(^  nid^t  koeniger,  tote  burd^  ein 
Slaturmunber  geröl^rt  würbe.  Unb  in  ber  Sl^at  wirb  man  burd^  eine  fo  30 
fonberbare  SSeretnigung  00m  äRannigfaltigen  nad^  fo  frud^tbaren  Siegeln 
in  einer  fo  fd^led^t  unb  einfältig  f(^einenben  @ad^e,  als  ein  SirlelfreiS  ift, 
überrafd^t  unb  mit  Siedet  in  SBewunberung  gefegt.  @d  ift  au(^  lein 
SBunber  ber  Statur,  welches  burd^  bie  ©c^önl^eit  ober  Drbnung,  bie  barin 
l^errfd^t,  mel^r  Urfad^e  gum  ßrftaunen  g&be,  eS  mägte  benn  fein,  bag  ed  35 
beSWegen  gefd^&l^e,  weil  bie  Urfad^e  berfelben  ba  nid^t  fo  beutlic^  eingu« 
feigen  ift,  unb  bie  Sewunberung  eine  Sod^ter  ber  Unwiffenl^eit  ift. 


2.  Hbt]^.  1.  SBetr.  ^ortn  auf  ba»  2)afetn  ©otted  a  posteriori  gef d^Ioffen  loirb.    95 

S)ai  $elb,  barauf  id^  S)enTn)firbi8leiten  fammle,  ift  bat)on  fo  t)oa, 
bag,  ol^ne  einen  %u^  toeiter  fe^en  gu  burfen,  fid^  auf  berfelben  Stelle,  ba 
mix  und  befinben,  no(^  ungäl^Iige  @(^on^eiten  borbieten.  @d  giebt  Stuf« 
löfnngen  ber  ©eometrie,  too  baöientge,  roai  nur  burd^  loeitläuftige  Ser» 

&  anjlattung  f(^eint  m5glid^  gu  fein,  ftd^  glei(^fam  ol^ne  ade  ^unft  in  ber 
@ac^e  felbft  borlegt.  3)iefe  merben  üon  tebermann  als  artig  empfunben 
unb  bie[ed  um  befto  me^r,  je  weniger  man  felbft  babei  ju  tl^un  l^at,  unb 
ie  üermidelter  gleid^mol^I  bie  Sluflöfung  ju  fein  fd^eint.  S)er  (Sirtelring 
giDifc^en  jtt)ei  jheijen,  bie  einen  gemeinfc^aftlid^en  ^ittelpunlt  ^aben,  l^at 

10  eine  üon  einer  @irfel{läd^e  fel^r  t)erfd^iebene  ®eflalt,  unb  eS  lommt  |eber<> 
man  anfAnglid^  ald  mnl^jam  unb  fünftli(^  t)or,  il^n  in  biefe  $igur  gu  t)er« 
toanbeln.  SlHein  fo  balb  id^  einfel^e,  ba^  bie  ben  inwenbigen  Sirfel  be^ 
rül^renbe  Sinie,  fo  toeit  gejogen,  bis  {te  gu  beiben  @eiten  ben  Umlreiö  beS 
großem  fc^neibet,  ber  S)urd^meffer  biefeS  6irfelS  fei,  beffen  $Iäd^e  bem 

i&  Snl^alt  bed  @irfelringe8  gerabe  gleid^  ift,  fo  fann  id^  nic^t  um^in  einige 
Sefrembung  aber  bie  einfältige  9rt  gu  äugern,  toie  ba&  ®efud^te  in  ber 
9{atur  ber  @ad^e  feljbft  {td^  fo  leicht  offenbart,  unb  meiner  S3emfil^ung  l^ie« 
bei  fajl  nid^ts  beijumeffen  ift. 

SSBir  ^aben,  um  in  ben  not^menbigen  @igenfd^aften  beS  Siaumd  6in« 

90  l^eit  bei  ber  größten  3RannigfaItigfeit  unb  ßufammenl^ang  in  bem,  mad 
eine  oon  bem  anbern  gang  abgefonberte  Stotl^tDenbigfeit  gu  ^aben  fd^eint, 
gu  bemerfen,  nur  bloö  unfere  Sugen  auf  bie  (Sirlelfigur  gerichtet,  »eld^e 
beren  nod^  unenblid^e  l^at,  baoon  ein  Keiner  S^eil  befannt  ift.  hieraus 
I&gt  ftd^  abnel^men,  toe^e  Unermeglid^Ieit  folc^er  ^armonifd^en  S3e' 

25  gie^ungen  fonft  in  ben  Sigenfd^aften  bed  StaumS  liege,  beren  üiele  bie 
^ol^ere  ©eometrie  in  ben  SSertoanbtjd^aften  ber  Derfd^iebenen  ®ef(^led^ler 
ber  frummen  Sinien  barlegt,  unb  alle  auger  ber  Übung  be8  SerßanbeS 
burd^  bie  benllid^e  (Sinftc^t  berfelben  bad  ©efül^l  auf  eine  äl^nlid^e  ober 
erl^abnere  8lrt  toie  bie  gufällige  @(^ön]^eiten  ber  Statur  rühren. 

so  Sßenn  man  bei  bergleid^en  Slnorbnungen  ber  SRatur  berechtigt  ift  nad^ 
einem  Orunbe  einer  fo  »eit  erftredCten  Übereinftlmmung  beS  5Wannig- 
faltigen  gu  fragen,  foll  man  ed  benn  meniger  fein  bei  SBal^rnel^mung  bed 
ebenmaged  unb  ber  (Sinl^eit  in  ben  unenblid^  oielf&ltigen  Seflimmungen 
bed  Sflaumö?    3ft  biefe  Harmonie  barum  meniger  befremblic^,  toeil  fie 

36  notl^toenbig  ift?  3c^  ^alte  baför,  fle  fei  e8  barum  nur  befto  mel&r.  Unb 
toeil  badienige  SSiele,  baoon  iebeS  feine  befonbere  unb  unabl^ängige  9{ot^« 
menbigfeit  l^ätte,  nimmermel^r  Drbnung,  äBol^lgereimt^eit  unb  Sinl^eit  in 


96  fßttotx&gpmh  au  einer  S)etnonfhaiiott  bed  <3)afein^  (S^otted. 

ben  gegenfeitigen  Regierungen  l^aBen  fönnte,  mirB  man  habxxxi)  nid^t  eben 
fokDol^I,  kDie  burd^  bie  Harmonie  in  ben  gufdlligen  S(nftQlten  ber  Statur 
auf  bie  SSermut^ung  eines  oberften  ®runbed  felbft  ber  3Befen  ber  S)inge 
gefül^rt,  ba  bie  Sinl^eit  beö  ®runbeS  aud^  @inl^eit  in  bem  Umfange  aOer 
folgen  Deranlagt?  & 

2. 

S)u  @in]^eit  im  SRannigfaltigen  ber  äSefen  ber  S)inge, 
getoiefen  an  bemjenigen,  ma8  in  ben  SemegungSgefe^en 

notl^kDenbig  ifi. 

SBenn  man  in  ber  SRatur  eine  Snorbnung  entbedft,  bie  um  eined  be«  lo 
fonbern  QtotdS  n)inen  fd^eint  getroffen  gu  fein,  inbem  fte  {td^  nid^t  bloS 
nad^  ben  allgemeinen  Sigenft^aften  ber  äRaterie  toflrbe  bargeboten  l^aben, 
fo  feigen  mir  biefe  Snftalt  atö  gufdOig  unb  al8  bie  f^olge  einer  SBa^I  an. 
Seigen  fid^  nun  neue  Ubereinftimmung,  Drbnung  unb  Sinken  unb  befon« 
berS  bagu  abgerid^tete  SRittelurfad^en,  fo  beurtl^eilen  mir  biefelbe  auf  bie  i:^ 
d^nlid^e  S(rt;  biefer  Sufammen^ang  ifl  ber  Statur  ber.@ad^en  gang  fremb, 
unb  blod  meil  es  femanb  beliebt  l^at  fte  fo  ju  t)er!nü))fen,  {leiten  fte  in 
biefer  Harmonie.  3Ran  Tann  leint  aOgemeine  Urfad^e  angeben,  meSmegen 
bie  flauen  ber  JCa^e,  beS  £5men  u.  a.  m.  fo  gebauet  {tnb,  bag  {te  fporen, 
baS  ifl,  fid^  gurfidlegen  t5nnen,  als  meil  irgenb  ein  Url^eber  f  e  gu  bem  20 
Stoedte,  um  t)or  bem  abfd^Ieifen  geftd^ert  gu  fein,  fo  angeorbnet  l^at,  inbem 
biefe  Siliere  gefd^idte  SBertgeuge  l^aben  muffen,  il^ren  Sflaub  ju  ergreifen 
unb  gu  l^alten.   8Dein  menn  gemiffe  allgemeinere  Sefc^affenl^eiten,  bie 
ber  3Raterie  beimol^nen,  auger  einem  äSortl^eile,  ben  fte  fd^affen,  unb  um 
beffen  millen  man  ftt^  üorftellen  fann,  bag  fte  fo  georbnet  morben,  ol^ne  25 
bie  minbejle  neue  Sorlel^rung  gleic^mol^I  eine  befonbere  Sauglic^Ieit  gu 
^od^  mel^r  Ubereinflimmung  geigen,  menn  ein  einf&ItigeS  ®efe^,  baS  j[eber« 
/  mann  um  eines  gemiffen  ®uten  millen  aOein  fd^on  n5t]^ig  finben  mftrbe^ 
\  gleid^mol^I  eine  ausgebreitete  f^ud^tbarteit  an  nod^  t)iel  mel^rerem  geigt, 
'toenn  bie  äbrigen  Stufen  unb  Sßo^Igereimtl^eiten  barauS  ol^ne  JCunft,  30 
fonbern  üielmel^r  notl^ioenbiger  SBeife  fliegen,  menn  enblit^  biefeS  ftc^ 
burd^  bie  gange  materiale  Statur  fo  befinbet:  fo  liegen  offenbar  felbft  in 
ben  Sßefen  ber  S)inge  burd^g&ngige  Segiel^ungen  gur  Sinl^eit  unb  gum  Qn^ 
fammenl^ange,  unb  eine  aügemeine  Harmonie  breitet  fid^  über  baS  Steid^ 
ber  SRöglid^Ieit  felber  auS.   S)iefeS  veranlagt  eine  93ekDunberung  über  fo  35 
loiel  Sd^idlid^teit  unb  natfirlid^e  Buf^iiiQicnpaffung,  bie,  inbem  fte  bie 


2.  «bt^.  1 .  ^etr.  SSBotin  auf  baS  S)af ein  @oried  a  posteriori  gef Stoffen  loirb.    97 

))einl{(j^e  unb  erjmungene  Jhtnft  entbel^rlid^  mad^t,  gletd^mo^I  felber 
ntmmermel^r  bem  Ungef&l^r  beigemeffen  werben  lonn,  fonbern  eine  in  ben 
SR&glid^feiten  felbfl  liegenbe  Sin^ett  unb  bie  gemeinft^aftlid^e  übl^dngig« 
leit  felbfl  ber  SBefen  aller  S)tnge  t)on  einem  einigen  großen  ©runbe  an« 

K  i^igt-  3<^  toerbe  biefe  fel^r  groge  SRerfmürbigleit  burd^  einige  leidste  Sei» 
fpiele  beutli(^  gu  machen  fuc^en,  inbem  id^  bie  SRetl^obe  forgf&ltig  befolge, 
aud  bem,  \Da&  burd^  Seobad^tung  unmittelbar  gemig  ifü,  gu  bem  allge« 
meinem  Urtl^eile  langfam  hinauf  gu  fteigen. 

9Ran  lann  einen  Sinken  unter  tauf enb  tt&l^len ,  tteömegen  man  ed 

10  als  n5t]^ig  anfeilen  fann,  bag  ein  SuftfreiS  fei,  menn  man  burd^auS  einen 
QtDtä  gum  ®runbe  gu  l^aben  t)erlangt,  looburd^  eine  Slnftalt  in  ber  9latur 
guerfl  t)eranla6t  morben.  ^i)  r&nme  alfo  biefeS  ein  unb  nenne  ettoa  iai 
8t^men  ber  9Renf(^en  unb  Siliere  als  bie  Snbabftd^t  biejer  SSeranftaltung. 
SRun  giebt  biefe  Suft  burd^  bie  n&mlid^e  @igenfd^aften  unb  feine  mel^r,  bie 

15  fie  gum  Stl^em^olen  allein  bebfirfte,  gugleic^  Slnlag  gu  einer  Unenblid^Ieit 
Don  fd^5nen  folgen,  bie  bamit  notl^teenbiger  Sßeife  begleitet  ftnb  unb 
nid^t  bflrfen  burd^  befonbere  Anlagen  beförbert  »erben.  @ben  biefelbe 
elaflifd^e  JCraft  unb  ®ett)i(6t  ber  £uft  mad^t  bas  Saugen  möglid^,  ol^ne 
teeld^eS  iunge  2;^iere  ber  Stal^rung  entbel^ren  mußten,  unb  bie  SRöglid^feit 

90  ber  ^um))n)erte  ift  bat)on  eine  not^toenbige  S^olge.  S)ur(^  fie  gef^ie^t  es, 
bag  S^ud^tigteit  in  S)ünften  l^inaufgegogen  ttirb,  meldte  fid^  oben  in 
Solfen  Derbidten,  bie  ben  Sag  oerf(^5nern,  öfters  bie  übermäßige  ^i^e 
ber  @onne  milbern,  t)orne]^mlic^  aber  bagu  bleuen,  bie  trodfene  ©egenben 
ber  Srbfl&d^e  bur(^  ben  9laub  Don  ben  SSafferbetten  ber  niebrigeu  milbe 

95  gu  befeud^ten.  S)ie  S)dmmerung,  bie  ben  Sag  t)erl&ngert  unb  bem  Sluge 
burd^  allm&^lige  Sn)lf(>^^ngrabe  ben  Überfd^ritt  Don  ber  ^aijt  gum  Sage 
unfc^&blid^  mac^t,  unb  Dornel^mlid^  bie  äßinbe  ftnb  gang  natürlid^e  unb 
ungegmungene  folgen  berfelben. 

SteOet  eud^  Dor,  ein  3Sttn\ä)  mad^e  ftd^  einen  @ntkDurf,  mie  bie  JCüflen 

30  ber  B&nber  beS  feigen  SBeltflric^S,  bie  fonft  l^eiger  fein  müßten  als  bie 
tiefer  im  Banbe  liegenbe  ©egenben,  eine  etaaS  erträglichere  SBdrme 
foKten  genießen  lönnen,  fo  airb  er  am  natürlid^flen  auf  einen  @eeß>inb 
verfallen,  ber  gu  biefer  Slbfid^t  in  ben  l^eißeften  SageSftunben  neigen 
müßte,  äßeil  aber,  ba  eS  gur  Stad^tgeit  über  ber  @ee  Diel  gefd^ainber  lalt 

35  »irb  als  über  bem  Sanbe,  nic^t  guträgUd^  fein  bürfte,  baß  berfelbe  äßinb 
immer  iDel^te,  fo  loürbe  er  iDünfd^en,  baß  es  ber  SSorfel^ung  gefallen  l^ätte 
es  fo  gu  Deranftalten,  bamit  in  ben  mittlem  @tunben  ber  9lad^t  ber  äSinb 

«ftnfl  Ci^iiftcB.   Snfc  U.  7 


98  Setoefdgrunb  ^u  einer  2)emonflraiton  bed  S)afetnd  ®otted. 

t)om  Sonbe  mieber  jurfidf  feierte,  toeld^ed  aud^  Dtel  anbern  9lu^€n  mit 
beförbern  lönnte.  9tun  kDürbe  nur  bte  %xaQt  fein,  burd^  meldte  SRed^antl 
unb  fünftli(]^e  Slnorbnung  btefer  SBinbedmed^fel  gu  erl^alten  m&re,  unb 
l^iebei  mürbe  man  nod^  groge  Urfad^e  l^oben  ju  beforgen:  bag,  ba  ber 
äRenfd^  nic^t  verlangen  fann,  bog  aQe  Slaturgefe^e  ftd^  ju  feiner  Sequem»  5 
lid^feit  anfd^idfen  follen,  biefed  3RitteI  gmar  möglid^,  aber  mit  ben  fibrigen 
nötl^igen  Slnftalten  fo  übel  3ufammen))affenb  fein  burfte,  bag  bie  oberfte 
Sßeidl^eit  e§  barum  nid^t  gu  üerorbnen  gut  f&nbe.  aUe^  bicfed  SBebenlen 
ift  inbeffen  unnötl^ig.  3Bad  eine  nac^  fiberlegter  Sßal^I  getroffene  8norb« 
nung  t^un  n)firbe,  t)erri(I)tet  l^ier  bieSuft  nad^  ben  allgemeinen 93emegungd«  10 
gefe^en,  unb  eben  baffelbe  einfädle  $rinciptum  il^rer  anbernieitigen  9tu^« 
barfeit  bringt  aud^  biefe  ol^ne  neue  unb  befonbere  anftalten  l^erDor.  S)ie 
Don  ber  Siagedl^i^e  t)erbännte  Suft  über  bem  brennenben  Soben  eines 
fold^en  SanbeS  meidet  notl^ttenbiger  SBeife  ber  bi(^tern  unb  fd^merern  über 
bem  lül^Ien  SReere  unb  t)erurfad^t  ben  @een)inb,  ber  um  besniinen  t)on  ben  15 
l^eigeften  Xagedftunben  an  bis  fp&t  in  ben  Slbenb  mel^t,  unb  bie  @eeluft, 
bie  aus  ben  nämlid^en  Urfad)en  am  2;age  fo  ftarf  nid^t  erl^i^t  Sorben 
aar,  als  bie  über  bem  Sanbe,  üerlfil^It  beS  9tad^tS  gef^ioinber,  giel^t  fi(!^ 
gufammen  unb  t)eranlagt  ben  Siüdgug  ber  Sanbluft  gur  Slad^tjeit.  ^tbtx^ 
mann  toeig :  bag  aOe  lüften  beS  l^eigen  SBelttl^eilS  biefen  äied^f elminb  ao 
genießen. 

2Sd^  l^abe,  um  bie  äSegiel^ungen,  koeld^e  einfädle  unb  fel^r  aOgemeine 
SSeioegungSgefe^e  burd^  bie  Slotl^menbigleit  i^reS  SSefenS  auf  £)rbnung 
unb  SSol^Igereimtl^eit  l^aben,  gu  geigen,  nur  meinen  Slid  auf  einen  tleinen 
S^eil  ber  9latur,  n&mlid^  auf  bie  SBirtungen  ber  Suft,  gemorfen.  9ßan  25 
loirb  leidet  getoal^r  loerben,  ba%  bie  gange  unermeglid^e  ©trede  ber  großen 
SHaturorbnung  in  eben  bemfelben  Setrad^t  üor  mir  offen  liege.  34  be» 
l^alte  mir  t)or,  nod^  etmad  in  bem^olgenben  gu6rn)eiterung  biefer  fd^önen 
SluSftc^t  beigufügen.  Slnie^t  ttürbe  td^  etmaS  SBefentlid^eS  auS  ber  ad^t 
laffen,  toenn  i(^  nid^t  ber  loid^tigen  (Sntbedung  beS^errn  t>.  SRaupertuiS  so 
gebAd^te,  bie  er  in  Snfel^ung  ber  Sßol^lgereimtl^eit  ber  notJ^toenbigen  unb 
adgemeinften  SemegungSgefe^e  gemad^t  l^at. 

S)ad,  toaS  mir  gum  Semeife  angefül^rt  l^aben,  betrifft  gioar  koeit  auS« 
gebreitete  unb  notl^menbige  ©efe^e,  allein  nur  t)on  einer  befonbem  9lrt  ber 
äRaterien  ber  äBelt  S)er  $err  r>.  aRaupertuiS  bemieS  bagegen:  bag  felbfi  35 
bie  aUgemeinften  ®efe^e,  koornad^  bie  SRaterie  fiberl^aupt  airtt,  \oxooijH 
im  ®letd^gen)ic^te  als  beim  @toge,  foiool^l  ber  elafttfd^en  als  unelaftifd^en 


2.9(bt^.  1.93etr.  Sorin  auf  baS® afein  eotteda  posteriori  gefd^loffentoirb.   99 

Rht^tx,  bei  bem  Snjtel^en  bed  Sid^tS  in  ber  SBred^ung  eben  fo  gut,  atö 
beim  SurädCftogen  beffelben  in  ber  9lb))ranung,  einer  l^errfd^enben  Siegel 
unterworfen  ftnb,  nad^  loeld^er  bie  größte  @parfamfeit  in  ber  ^anblung 
iebergeit  beobachtet  ift.   S)ur(l^  biefe  @ntbedung  fnb  bie  SBirlungen  ber 

&  SRoterie  ungea^tet  ber  großen  Serfd^iebenl^eiten,  bie  fte  an  ft(!^  l^aben 
nibgen,  unter  eine  oHgemeine  i^ormel  gebrad^t,  bie  eine  Segiel^ung  auf 
an^&nbigfeit,  Sd^bnbeit  unb  SBol^Igereimtl^eit  audbrödft.  ©leid^iool^I 
finb  bie  ©efe^e  ber  Setoegung  felber  fo  bemanbt,  bag  {t(^  nimmermebr 
eine  SRaterie  obne  {te  benfen  Idgt,  unb  fie  finb  fo  notbmenbig,  bag  ^e 

10  aud^  ol^ne  bie  minbefte  SSerfud^e  auS  ber  aOgemeinen  unb  koefentlid^en 
Sefd^affenbeit  aUer  SRaterie  mit  größter  S)eutli(6teit  lönnen  hergeleitet 
werben.  S)er  gebadete  fc^arf finnige  ©ele^rte  empfanb  atebalb,  bag,  in« 
bem  baburd^  in  bem  unenblid^en  3Rannigfaltigen  bed  Unioerfum  @inbeit 
unb  in  bem  blinblingd  SRotl^toenbigen  Orbnung  Derurfad^t  wirb,  irgenb 

IS  ein  oberfteS  $rincipium  fein  muffe,  loooon  aUed  biefed  feine  Harmonie 
unb  anft&nbigleit  l^er  b^^^n  fann.  @r  glaubte  mit  SHed^t,  bag  ein  fo 
allgemeiner  Sufammenl^ang  in  ben  einfad^ften  Staturen  ber  S)inge  einen 
weit  tauglichem  ®runb  an  bie  $anb  gebe,  irgenb  in  einem  oolllommenen 
Urwefen  bie  le^te  Urfacbe  oon  aUem  in  ber  SBelt  mit  ©ewigb^it  angu« 

so  treffen,  als  alle  SBabmel^mung  oerfd^iebener  jufäUigen  unb  oerdnberlic^en 
Sinorbnung  nacb  befonbern  ©efe^en.  Slunmel^r  fam  eS  barauf  an,  weld^en 
©ebraud^  bie  bollere  Sßelttoeidl^eit  oon  biefer  wid^tigen  neuen  @inftd^t 
mitrbe  mad^en  tonnen,  unb  id^  glaube  in  ber  SRutb'magung  nid^t  }u  fel^len, 
wenn  id^  bafür  l^alte,  ba§  bie  tönigli(!^e  Slabemie  ber  Sßiffenfd^aften  in 

25  Serlin  biefeS  jur  Slbfid^t  ber  ^reidfrage  gel^abt  l^abe:  ob  bie  Sewegungö« 
gefe^e  notbwenbig  ober  guf AQig  feien,  unb  weld^e  niemanb  ber  Erwartung 
gem&g  beantwortet  l^at. 

Sßenn  bie  SufAKigfeit  im  Slealoerfianbe  genommen  wirb,  bag  fie  in 
ber  Slbl^&ngigTeit  beS  SRaterialen  ber  9R5gIid^feit  oon  einem  anbern  befielet, 

30  fo  ift  augenfcbeinlid^,  bag  bie  Sewegungdgefe^e  unb  bie  aDgemeine  (Sigen« 
f(!^aften  ber  SRaterie,  bie  il^nen  gel^ord^en,  irgenb  oon  einem  großen  gemein« 
fd^aftlidben  Urwefen,  bem  ©runbe  ber  Drbnung  unb  SBoblgereimtl^eit, 
abl^dngen  muffen.  S)enn  wer  wollte  baf&r  galten :  bag  in  einem  weitl&uf« 
tigen  SRannigfaltigen ,  worin  iebed  eingelne  feine  eigene  oötlig  unab« 

35  l^Angige  9{atur  bdtte,  gleid^wo^I  burd^  ein  befremblid^  Ungefdbr  fi(b  aUeS 
foQte  gerabe  fo  fd^idfen,  ba^  eö  wol^l  mit  einanber  reimte  unb  im  ©angen 
Sinl^eit  ftd^  l^eroorfdnbe.  aOein  bag  biefed  gemeinfcbaftlid^e  ^rincipium 

7* 


100  S3e»etdgninb  au  einet  2)emonflratton  bed  2)atetniS  ©otted. 

ni(i)t  bloS  auf  baö  S)afein  bfefcr  SRatcrie  unb  bcr  l^r  ertl^eiltcn  Sigen* 
fd^aftcn  gelten  müffc,  fonbcrn  fclbft  auf  bic  SWöglid^fclt  einer  SWaterie  über« 
l^aupt  unb  auf  haS  SSefen  felbft,  leud^tet  baburij^  beutlid^  in  bie  Sugen, 
uoeil  baS,  wa^  einen  SRaum  erfüHen  foO,  toai  ber  Semegung  bed  @toge8 
unb  S)ru(IeS  foQ  f&l^ig  fein,  gar  m(^t  unter  anbern  Sebingungen  lann  s 
gebadet  werben,  ald  biejenige  ftnb,  tt)orau$  bie  genannten  ®efe^e  notl^« 
»enbiger  SSeife  Verfliegen.  Stuf  biefen  $ug  fielet  man  ein:  bag  biefe  SBette« 
gungSgefe^e  ber  3Raterie  fd^Ied^terbingS  not^menbig  feien,  baS  i[t,  toenn 
bie  3)7ögli^feit  ber  SRaterie  t>oxaM  gefegt  mirb,  eS  il^r  toiberfpred^e,  nad^ 
anbern  ©efe^en  gu  mirfen,  melc^ed  eine  logifd^e  SHot^menbigfeit  wn  ber  lo 
oberften  Slrt  ift,  bag  gleid^ttobl  bie  innere  ^öglid^feit  ber  SRaterie  felbft, 
nämlid^  bie  Data  unb  ba^  fRtak,  xoaS  biefem  S)enni(l^en  jum  ©runbe 
liegt,  nic^t  unabhängig  ober  für  fic^  felbft  gegeben  fei,  fonbern  burd^ 
irgenb  ein  $rincipium,  in  toelc^em  bad  9)7annigfaltige  @in]^eit  unb  bad 
SSerfcl^iebene  SSertnfipfung  befommt,  gefegt  fei,  toelc^eS  bie  ßuf&Kigleit  15 
ber  SBemegungSgefe^e  im  Sieatoerftanbe  betoeifet. 


StotÜt  aSetra^tang. 

Unterfd^eibung  ber  Slbl^ängigfeit  atter  S)in9e  öon  (Sott  in  bie 

moraltfd^e  unb  unmoralifd^e* 

Sc^  nenne  biefenige  Slbl^dngigfeit  eines  S)ingeS  t)on  ©ott,  ba  er  ein  20 
®runb  beffelben  burd^  feinen  SSiQen  ift,  moralifc^,  aOe  äbrige  aber  ift 
unmoralifd^.  SSenn  id^  bemnad^  bel^aupte,  ®ott  entl^alte  ben  legten 
®runb  felbfl  ber  innem  ^öglid^Ieit  ber  S)inge,  fo  mirb  ein  jeber  leidet 
üerfte^en,  bag  biefe  Slbl^dngigleit  nur  unmoralifd^  fein  Tann;  benn  ber 
SBiOe  mad[)t  nid^ts  m5glid^,  fonbern  befd^Iiegt  nur,  toaS  ald  möglich  fc^on  25 
t)orau8gefett  ift.  3n  fo  fern  ®ott  ben  ®runb  üon  bem  35afein  ber  35inge 
entl^AIt,  fo  geftel^e  id^,  ba^  biefe  Slbbdngigleit  ieberjeit  moralifd^  fei,  bag 
ift,  bag  fie  barum  e;ciftiren,  meil  er  gesollt  ^at,  ba^  fte  fein  follten. 

@d  bietet  n&mlid^  bie  innere  SRöglic^Ieit  ber  S)inge  bemjenigen,  ber 
ij^r  S)afein  befd^Iog,  äRaterialien  bar,  bie  eine  ungemeine  Sauglid^Ieit  jur  so 
Übereinftimmung  unb  eine  in  i^rem  3Sefen  liegenbe  Sufammenpaffung 
gu  einem  auf  vielfältige  Srt  orbentlid^en  unb  fc^bnen  ©anjen  entl^alten. 
3)a6  ein  2uftfrei8  ejciflirt,  fann  um  bcr  barauö  ju  erreid^enben  Qxotdt 
»iQen  ®ott  atö  einem  moralif(^en  ©runbe  beigemeffen  koerben.  allein 


2.  ^t^.  2.  »etr.  nni€t\ä)t\bnnQ  ber  ^bl^ängtgfeit  atter  S)inge  Don  @ott.  101 

bafe  eine  fo  grofee  ^ruifitbartelt  in  bem  SBefen  eine«  eingigcn,  fo  einfacftcn  > 
©runbeiS  liegt,  fo  Diel  fd^on  in  feiner  aßöglid^teit  liegenbe  ©djidlid^feit 
unb  Harmonie,  ml6it  nic^t  neuer  äSorlel^rungen  bebarf,  um  mit  anbern 
möglichen  S)ingen  einer  äBelt  mannigfaltigen  Sftegeln  ber  Drbnung  ge<> 
5  m&g  fid^  gufammen  gu  fd^iden,  baS  fann  gen)ig  nic^t  mieberum  einer  freien 
äSal^I  beigemeffen  »erben;  »eil  aller  (Sntfd^lug  eines  SSiOenS  bie  @r« 
lenntnig  ber  SRöglid^teit  beS  gu  Sefd^liegenben  Dorauö  fe^t. 

Sllleg  baSjienige,  beffen  ©runb  in  einer  freien  3Bal^l  gefuc^t  »erben 
foK,  mug  in  fo  fern  auc^  gufdQig  fein.  9tun  ift  bie  Sereinigung  t)ieler  unb 

10  mannigfaltiger  ^^olgen  unter  einanber,  bie  not^toenbig  aud  einem  einzigen 
®runbe  fliegen,  nid^t  eine  gufällige  Sereinigung ;  mitl^in  lann  biefe  nid^t 
einer  freittiOiigen  Seflimmung  jugefc^rieben  »erben.  @o  l^aben  »ir  oben 
gefe^n,  bag  bie  SRöglid^Ieit  ber  $ump»erte,  beS  Stimmend,  bie  @r]^ebung 
ber  pfftgen  3Raterien,  »enn  »el(!^e  ba  {tnb,  in  S)ünjte,  bie  äSinbe  ^c.  Don 

15  einanber  unjertrennlid^  ftnb,  »eil  fte  aUe  aud  einem  einzigen  ®runbe 
ndmlic^  ber  Glafticität  unb  @d^»ere  ber  Suft,  abl^&ngen,  unb  biefe  Über« 
einftimmung  beS  3Rannigfaltigen  in  ßinem  ift  ba^er  Ieined»egeS  guf&Uig 
unb  alfo  nid^t  einem  moralifc^en  ®runbe  beigumeffen. 

3d^  gel^e  l^ier  nur  immer  auf  bie  Segiel^ung,  bie  ba8  Sßefen  ber  Suft, 
so  ober  eines  {eben  anbern  S)inged  gu  ber  möglid^en  ^erDorbringung  fo 
Dieler  fd^bnen  i^olgen  ^at,  baS  ift,  id^  betrachte  nur  bie  Sauglic^Teit 
il^rer  9iatur  gu  fo  Diel  Sttieden,  unb  ba  ift  bie  ISin^eit  »egen  ber  Über« 
einftimmung  eines  einigen  ©runbeS  gu  fo  Diel  mbglid^en  i^olgen  ge»ig 
notl^»enbig,  unb  biefe  möglid^e  i^olgen  ftnb  in  fo  fern  Don  einanber  unb 
35  Don  bem  S)inge  felbft  ungertrennli(^.  äBaS  bie  »irllid^e  ^erDorbringung 
biefer  9lu^en  anlangt,  fo  ift  fte  in  fo  fern  gufätlig,  als  eins  Don  ben 
S)ingen,  barauf  fid^  baS  S)ing  begiel^t,  fehlen,  ober  eine  frembe^raft  bie 
SBirlung  ^inbem  lann. 

3n  ben  @igenfd^aften  beS  SHaumS  liegen  fd^öne  SSerl^ältniffe  unb  in 
30  bem  unermeMi(^  SRannigfaltigen  feiner  Seftimmungen  eine  be»unbernS« 
ȟrbige  ISinl^eit.  S)aS  3)afein  aller  biefer  SBol^lgereimt^eit,  in  fo  fern 
SRaterie  ben  Sflaum  erfüDen  foQte,  ift  mit  allen  i^ren  ^^olgen  ber  SSintür 
ber  erfien  Urfac^e  beigumeffen;  allein  »aS  bie  Vereinbarung  fo  Dieler 
folgen,  bie  alle  mit  ben  S)ingen  in  ber  äßelt  in  fo  groger  Harmonie 
35  ftel^en,  unter  einanber  anlangt,  fo  »ürbe  eS  ungereimt  fein,  fte  »ieberum 
in  einem  SBillen  gu  fud^en.  Unter  anbern  not]^»enbigen  f^olgen  aus  ber 


102  SBetoetiSdninb  au  einer  ^emonfiration  bed  S)afetnd  (BotteiS. 

Statur  ber  Suft  ift  ax\^  biefentge  gu  gal^Ien,  ba  burd^  {te  ben  barin  be» 
iDegten  äRaterien  SBiberftanb  geleiftet  mirb.  S)i€  Sftegentropfen,  inbem  fie 
t)Dn  ungemeiner  ^ol^e  l^erabfaüen,  &)erben  burd^  {te  aufgel^alten  unb 
lommen  mit  mdgiger  @(^nelliglett  l^erab,  ba  fte  ol^ne  biefe  SSergögerung 
eine  fel^r  t)erberbli(!^e  ©emalt  im  ^erabftfirgen  Don  foI(^er  $5]^e  toflrben  s 
erworben  l^aben.  S)iefed  iil  ein  ä$ort^eiI,  ber,  iDeil  ol^ne  il^n  bie  Suft 
nic^t  möglid^  ift,  nid^t  burd^  einen  befonbern  Sftatl^fd^Iug  mit  ben  äbrigen 
ßigenfc^aften  berjelben  Derbunben  morben.  S)er  ßufammenl^ang  ber 
Sl^eile  ber  SRaterie  mag  nun  3.  @.  bei  bem  äßaffer  eine  not^menbige  f^olge 
t)on  ber  9R5gIi(!^feit  ber  äRaterie  überl^au))t,  ober  eine  bejonberä  oeran«  10 
[taltete  Slnorbnung  fein,  fo  i[t  bie  unmittelbare  äBirlung  bar>on  bie  runbe 
f^igur  Keiner  Steile  berfelben,  aU  ber  Siegentropfen.  S)abur(I)  aber  loirb 
ber  fc^one  farbid^te  Sogen  nad^  fel^r  aUgemeinen  ääemegungdgefe^en  mög» 
I{(^,  ber  mit  einer  räl^renben  ^rad^t  unb  SRegelmägigteit  aber  bem  ©e:' 
{tc^tdfreife  fte^t,  menn  bie  unüerbedtte  @onne  in  bie  gegenüber  l^erab«  u 
faUenbe  ^Regentropfen  ftral^It.  S)ag  pfftge  SRaterien  unb  fc^mere  Körper 
ba  ftnb,  lann  nur  bem  Segel^ren  biefeS  mäd^tigen  Urhebers  beigemeffen 
merben,  bag  aber  ein  Sßeltlörper  in  feinem  fläfftgen  ßuftanbe  ganj  notl^« 
toenbiger  äBeife  fo  aUgemeinen  ®efe^en  gu  ^olge  eine  j^ugelgeftalt  angu» 
nel^men  beftrebt  ift,  toeld^e  na(^^er  beffer,  mie  irgenb  eine  anbere  mögliche  20 
mit  ben  fibrigen  ßmeden  beö  Unioerfum  gufammenftimmt,  inbem  g.  @. 
eine  fold^e  Oberfl&d^e  ber  gleid^förmigjien  äSert^eilung  beS  £id^td  f&l^ig 
ift,  bas  liegt  in  bem  3Befen  ber  @ad^e  felbft. 

S)er  ßufammenl^ang  ber  SRaterie  unb  ber  SBiberftanb,  ben  bie  Sl^eile 
mit  il^rer  Srennbarfeit  oerbinben,  mad^t  bie  Sfleibung  notl^menbig,  meldte  2s 
oon  fo  großem  9lu^en  ift  unb  fo  loo^l  mit  ber  £)rbnung  in  aUen  mannig» 
faltigen  SlaturDeränberungen  gufammenftimmt,  ald  irgenb  etioad,  loaS 
nid^t  ans  fo  aOgemeinen  ©rfinben  gefloffen  to&re,  fonbern  burd^  eine  be«> 
fonbere  9(nftalt  märe  l^ingu  getommen.  SBenn  Süeibung  bie  Semegungen 
nid^t  Dergögerte,  fo  mürbe  bie  3(ufbet|altung  ber  einmal  l^erDorgebrac^ten  so 
Gräfte  burc^  bie  SRittl^eilung  an  anbere,  bie  Burüdfd^Iagung  unb  immer 
fortgefe^te  Snftöge  unb  @rf(4ütterungen  aUed  gule^t  in  SSermirrung 
bringen.  3)ie  ^la^en,  morauf  Körper  liegen,  mähten  febergeit  t)onfommen 
magere(!^t  fein  (melc^eS  fie  nur  feiten  fein  fönnen),  fonft  märben  biefe 
iebergeit  gUtfd^en.  SlUe  gebrel^te  @trid(e  Italien  nur  burd^  S^eibung.  S)enn  35 
bie  Sdben,  mel^e  nic^t  bie  gange  Sdnge  bed  @trid(d  ^aben,  mürben  mit 
ber  minbeften  ^raft  audeinanbergegogen  merben,  menn  nid^t  bie  ber  Araft, 


2.  ^bi^.  3.  JBeir.  $on  ber  ^b^&ngigfett  hex  ^tnge  t)on  ®ott.        103 

tt)omit  fte  burd^  bad  Sßinben  an  einanber  gepreßt  ftnb,  gem&ge  SfteiVung 

^6i  ffi^re  l^ier  barum  fo  loenig  gead^tete  unb  gemeine  f^olgen  au8 
ben  einf&Uigften  unb  allgemeinften  ^laturgefe^en  an,  bamit  man  barauS 
5  fomo^I  bie  gro^e  unb  unenblid^  n)eit  ausgebreitete  Bufammenftimmung, 
bie  bie  äBefen  ber  3)inge  äberl^aupt  untereinanber  l^aben,  unb  bie  groge 
folgen,  bie  berfelben  beigumeffen  fnb,  aud^  in  ben  fällen  abnehme,  voo 
man  ni(^t  gefc^idt  genug  x%  mand^e  Slaturorbnung  big  auf  fold^e  ein»^ 
faltige  unb  aQgemeine  ©runbe  gurfid  gu  fül^ren,  als  au<]^  bamit  man  ia& 

10  äßibeTJtnnige  empfinbe,  n)ad  barin  liegt,  aenn  man  bei  bergleid^en  Über« 
einftimmungen  bie  Sßeidl^eit  ©otted  als  ben  befonbern  ®runb  berfelben 
nennt.  S)ag  S)inge  ba  finb,  bie  fo  t)iel  fdjdne  äSegiel^ung  l^aben,  ift  ber 
toeifen  SSal^I  beSienigen,  ber  fte  um  biefer  Harmonie  ttiQen  l^ertorbrad^te, 
beigumeffen,  ba^  aber  ein  jebeS  berfelben  eine  fo  ausgebreitete  @d^i(Ili(!^s 

15  feit  gu  t)ielfältiger  Übereinftimmung  burd^  einfädle  ®runbe  enthielte,  unb 
baburc!^  eine  bemunberSmurbige  (Sinl^eit  im  (Sangen  fonnte  erl^alten 
n)erben,  liegt  felbft  in  ber  SRdglid^feit  ber  3)inge,  unb  ba  l^ier  baS  3u» 
fäKige,  aas  bei  ieber  Sßal^I  DorauS  gefegt  loerben  mug,  Derfd^ioinbet,  fo 
lann  ber  ®runb  biefer  @inl^eit  gioar  in  einem  n)eifen  Sßefen,  aber  ni(^t 

30  Dermittelft  feiner  SBeiS^eit  gefud^t  loerben. 


®tttie  aSetrad^titttg« 

5Bon  ber  Slbl^ängiglcit  ber  S)in9e  ber  SBelt  öon  (Sott  öermittelft 
ber  Drbnung  ber  Slatur,  ober  ol^ne  biefelbe. 

1. 

25  Sintl^eilung  ber  Sßeltbegebenl^eiten,  in  fo  fern  fie  unter  ber 

£)rbnung  ber  9latur  ftel^en  ober  nic^t 

@S  fielet  etmaS  unter  ber  Drbnung  ber  9latur,  in  fo  fem  fein  S)afein 
ober  feine  SSer&nberung  in  ben  JCr&ften  ber  Statur  gureit^enb  gegränbet 
ift-  $iegu  tt)irb  erforbert  erftlid^,  bag  bie  ^raft  ber  9latur  bat)on  bie 
30  ttirfenbe  Urfad^e  fei;  gioeitenS,  ba^  bie  Slrt,  »ie  fte  auf  bie  $er))orbringung 
biefer  »irfung  gerichtet  ift,  felbft  in  einer  Siegel  ber  natürlid^n  SQ8irfungS» 
gefe^e  l^inreic^enb  gegrünbet  fei.  S)ergleid^en  Segebenl^eiten  l^eigen  aud^ 
fc^lec^tl^in  na  türlid^e  SBeltbegebenl^eiten.  S)agegen  too  biefeS  nid^t  ift,  fo 


104  Seroeidgrunb  ^u  einer  S)emonftratton  bed  S)afetnd  ®otted. 

i{i  ber  t^all,  ber  unter  fold^em  ©runbe  nit^t  ftel^t,  etload  Ubernatürlid^ed, 
unb  biefed  finbet  {tott,  entmeber  in  fo  fern  bie  ndd^fle  toirtenbe  Urfad^e 
aufeer  ber  SRatur  ift,  ba«  ift,  in  fo  fern  bie  göttliifte  Äraft  pe  unmittelbar 
l^ert)orbringt,  ober  jmeitend  menn  auc^  nur  bie  Srt,  n)ie  bie  Jhr&fte  ber 
Statur  auf  biefen  i^ad  gerid^tet  »orben,  nid^t  unter  einer  Siegel  ber  Statur  5 
enthalten  ifi  3m  erftern  %aU  nenne  id^  bie  fflegebenl&eit  materialiter, 
im  anbern  formaliter  fibernatürlid^.  3)a  blod  ber le^tere $aQ einige 
(Erläuterung  ju  bebürfen  fd^eint,  inbem  baS  übrige  für  fid^  Aar  ift,  fo  n)iK 
id^  bat)on  Seifpiele  anfül^ren.  @d  finb  t)iele  jhdfte  in  ber  Statur,  bie  baS 
SSermögen  l^aben,  eingelne  SRenfc^en,  ober  Staaten,  ober  baS  ganje  10 
menfd^lidöe  Oefd&led^t  gu  öerberben:  ßrbbeben,  ©turmioinbe,  ÜReerS« 
betoegungen,  JCometen  k.  @S  ift  aud^  nad^  einem  aKgemeinen  ®efe^e 
genugfam  in  ber  ä$erfaf[ung  ber  Statur  gegrünbet,  ba§  einiges  t)on  biefen 
bidmeilen  gefd^iel^t.  allein  unter  ben  ©efe^en,  koornat^  eS  gefd^ie^t,  |tnb 
bie  Safter  unb  baS  moralif^e  SSerberben  ber  SRenfdbengefd^led^ter  gar  » 
leine  natürlid^e  ©rünbe,  bie  bamit  in  äSerbinbung  ftänben.  S)ie  SRiffe« 
tl^aten  einer  @tabt  ^aben  leinen  @influg  auf  baS  verborgene  $euer  ber 
@rbe,  unb  bie  fi))pigfeiten  ber  erften  3Selt  gehörten  nid^t  }U  ben  toirtenben 
Urfad^en,  toeld^e  bie  Kometen  in  il^ren^al^nen  gu  fid^  l^erab  gleiten  fonnten. 
Unb  n)enn  ftd^  ein  fold^er  $atl  ereignet,  man  mi^t  il^n  aber  einem  natür«  so 
liefen  ©efe^e  bei,  fo  mill  man  bamit  fagen,  bag  tS  ein  Unglüd,  nid^t 
aber  ia^  eS  eine  Strafe  fei,  inbem  bad  moralifd^e  SSerl^alten  ber  SRenfd^en 
fein  ©runb  ber  @rbbeben  nad^  einem  natfirlid^en  ©efe^e  fein  fann,  meil 
l^ier  leine  SSerfnüpfung  Don  ttrfad^en  unb  SSirfungen  ftatt  finbet.  Q.  6. 
9Benn  baS  @rbbeben  bie  @tabt  ^ort  Sto^al  in  S^maica  umtel^rt,*)  fo  95 
n)irb  berjenige,  ber  biefed  eine  natürliche  Segebenl^eit  nennt,  barunter 
Derftel^en:  bag,  ob  gmar  bie  Saftert^aten  ber  Stnaol^ner  nad^  bem  d^^gnig 
il^reS  $rebigerg  eine  fold^e  SSermüftung  aol^l  ald  ein  Strafgerid^t  Derbient 
l^ätten,  bennoc^  biefer  i^all  als  einer  Don  Dielen  angufel^en  fei,  ber  ftd^  bis« 
loeilen  nac^  einem  allgemeinern  ©efe^e  ber  Statur  gutrdgt,  ba  ©egenben  so 
ber  6rbe  unb  unter  biefen  biSmeilen  @täbte  unb  unter  biefen  bann  unb 
mann  aud^  fel^r  lafterl^afte  @t&bte  erfc^üttert  loerben.  @oll  eS  bagegen 
als  eine  Strafe  betrad^tet  merben,  fo  muffen  biefe  Ar&fte  ber  Statur,  ba 
fte  nad^  einem  natürlid^en  ©efe^e  ben  ßufammenl^ang  mit  ber  $ü]^rung 
ber  SRenfc^en  nic^t  l^aben  Idnnen,  auf  |eben  fold^en  eingelnen  f^aU  burd^  S5 


*)  Stelle  fRai  oon  ber  SBett  Einfang,  SBeränb.  unb  Untergang. 


2.  ^btJ^.  3.  fßtit,  Ißon  ber  »B^ängigfeit  her  2)inge  t)on  ®ott.        105 

bae  l^od^fte  SBefen  befonberd  gerid^tet  fein;  oldbann  aber  ift  bieSegeben- 
l^eit  im  formalen  Serftanbe  übernatürlich,  obgleich  bie  9RitteIurfa(6e  eine 
^aft  ber  9latur  toar.  Unb  menn  auc^  burd^  eine  lange  Stetige  t)on  SSor« 
bereitungen,  bie  baju  befonberS  in  bie  mirffamen  ^rdfte  ber  SBelt  ange« 

6  legt  maren,  biefe  Segebenl^eit  enblid^  als  ein  @trafgerid^t  gu  @tanbe  Tarn, 
menn  man  gleid^  annel^men  kootlte,  bag  fd^on  bei  ber  @d^öpfung  ®ott  aUe 
Slnftalten  baju  gemacht  l^&tte,  bag  fte  nad^l^er  bur(6  bie  barauf  in  ber 
9latur  gerid^teten  Jbr&fte  gur  redeten  ß^it  geft^el^en  foQte  (mie  man  biefed 
in  SBl^iftonS  ^toxie  üon  ber  @ünbflut]^,  in  fo  fern  fte  oom  j^ometen  l^er» 

10  rfll^ren  foll,  fid^  fo  gebenlen  lann),  fo  ift  bai  äbernatürlid^e  baburd^  gar 
ni^t  loeningert,  fonbern  nur  tteit  bis  in  bie  @d^öpfung  l^inauS  t)erf(!^oben 
unb  baburd^  unbefd^reiblid^  t)ermel^rt  »orben.  S)enn  biefe  ganje  Stetigen« 
folge,  in  fo  fern  bie  9lrt  il^rer  Snorbnung  fid^  auf  ben  SuSgang  be}og, 
inbem  fte  in  Stnfel^ung  beffelben  gar  nid^t  ald  eine  ^olge  auö  aOgemeinem 

u  SRaturgefe^en  angufel^en  n)ar,  begeic^net  eine  unmittelbare,  nod^  größere 
göttliche  Sorgfalt,  bie  auf  eine  fo  lange  ^ette  oon  Solg^n  gerid^tet  mar, 
um  aud^  ben  ^inberniffen  audjuioeid^en,  bie  bie  genaue  Srreid^ung  ber 
gefud)ten  SBirfungen  lonnten  t)erfel^Ien  mad^en. 

hingegen  giebt  ti  Strafen  unb  Selol^nungen  nad^  ber  Drbnung  ber 

20  9latur,  barum  meil  bad  moralifd^e  äSer^alten  ber  SRenfd^en  mit  il^nen 
nac^  ben  ®efe^en  ber  Urfac^en  unb  Sßirlungen  in  SSerlnüpfung  ftebt. 
SSilbe  SBoIluft  unb  Unmä^igfeit  enbigen  fid^  in  einem  fied^en  unb  marter« 
üoUen  Seben.  fRinU  unb  SlrgUft  fd^eitern  jule^t,  unb  @]^rlic^feit  ift  bod^ 
am  @nbe  bie  befte  $olitiI.  ^n  allen  biefem  gefc^iel^t  bie  SBerfnüpfung  ber 

S6  folgen  nad^  ben  ©efe^en  ber  9{atur.  @o  t)iel  aber  aud^  immer  berienigen 
Strafen  ober  Selol^nungen  ober  jeber  anberen  Segebenl^eiten  in  ber  SSelt 
fein  mögen,  baoon  bie  Sftid^tung  ber  9laturfr&fte  {ebergeit  au^erorbentlid^ 
auf  ieben  einzelnen  $all  ^at  gefd^e^en  muffen,  toenn  gleid^  eine  getoiffe 
6inf5rmigfeit  unter  oielen  berfelben  l^errfd^t,  fo  ftnb  fie  {mar  einem 

30  unmittelbaren'göttli(^en  ®efe^e,  nämlid^  bemjeuigen  feiner  SBeiiSl^eit,  aber 
feinem  9llaturgefe^e  untergeorbnet. 


106  SBemet^grunb  au  einet  S)emonftrattoti  bed  S)QfeiniS  ®otted. 

(Sitit^eilung  ber  natürlid^en  SegeBenl^eiten,  in  fo  fern 
fie  unter  ber  notl^menbigen  ober  gufdIUgen  Drbnung 

ber  9latur  fte^en. 

aUe  ©Inge  ber  5Ratur  pnb  gufdllig  In  il^rem  35afeln.    ©le  SSer«    5 
tnilpfung  oerfd^iebener  Slrten  üon  S)ingen,  g.  @.  ber  Suft,  ber  @rbe,  beS 
äBafferd,  ift  gleid^faUS  ol^ne  S^eifel  guf&aig  unb  in  fo  fern  blöd  ber  3Bia« 
für  bed  oberften  Url^eberd  beigumeffen.   aUetn  obgleid^  bie  9laturgefe^e 
in  fo  fern  leine  Slot^toenbigteit  gu  l^aben  fc^einen,  als  bie  S)tnge  felbft, 
baoon  fie  eö  ftnb,  imgleid^en  bie  äSerlnäpf  ungen,  barin  fte  audgefibt  nierben  10 
tonnen,  guf&Dig  ftnb,  fo  bleibt  gleid^mo^l  eine  9lrt  ber  Slotl^menbigteit 
übrig,  bie  fel^r  merfmürbig  ift.  (SS  giebt  n&mlid^  oiele  9Raturgefe|[e,  beren 
ßin^eit  notl^menbig  ift,  ha^  ift,  n)0  eben  berfelbe  ®runb  ber  Überein» 
ftimmung  gu  einem  ©efe^e  aud^  anbere  ®efe^e  notl^wenbig  ma(^t. 
3-  @.  eben  biefelbe  elaftifd^e  j^raft  unb  Sd^mere  ber  Suft,  bie  ein  ®runb  15 
ift  ber  ®efe^e  bed  Sltl^eml^olend,  ift  notl^ioenbiger  SBeife  gugleid^  ein  ®runb 
oon  ber  9R5gIic^feit  ber  ^umpmerle,  oon  ber  SRiglid^Ieit  ber  gu  ergeugen« 
ben  äBoIfen,  ber  Unterl^altung  beS  f^euerd,  ber  SBinbe  k.   @d  ift  not^« 
n)enbig,  ba^  gu  ben  übrigen  ber  ©runb  angutreffen  fei,  fo  balb  aud^  nur 
gu  einem  eingigen  berfelben  ®runb  ba  ift.    S)agegen  »enn  ber  ®runb  20 
einer  gemiffen  9(rt  äl^nlid^er  SBirtungen  nad^  einem  ®efe^e  nid^t  gugleid^ 
ber  ®runb  einer  anbern  9lrt  Sßirlungen  nad^  einem  anbern  ®efe^e  in 
bemfelben  SBefen  ift,  fo  ift  bie  Vereinbarung  biefer  ®efe^e  gufdOig,  ober 
ed  l^errfd^t  in  biefen  ®efe^en  gufdQige  Sinl^eit,  unb  »ad  fid^  barnad^  in 
bem  3)inge  guträgt,  gefd^iel^t  nad^  einer  gufdüigen  ^laturorbnung.   S)er  2& 
SRenfd^  fielet,  l^ort,  ried^t,  fd^medtt  u.  f.  tt).,  aber  nid^t  eben  biefelbe  6igen« 
fd^aften,  bie  bie  ®ränbe  bed  ©eisend  ftnb,  ftnb  aud^  bie  bed  @d^med(en8. 
6r  mug  anbere  Drganen  gum  ^5ren  loie  gum  S^meden  l^aben.   S)ie 
SSereinbarung  fo  oerfd^iebener  Vermögen  ift  gufdQig  unb,  ba  fte  gur  93oII< 
lommenl^eit  abgielt,  fünftlid^.  Sei  {ebem  Drgane  ift  mieberum  Ifinftlid^e  so 
@in]^eit.  ^n  bem  siuge  ift  ber  %]it\\,  ber  Sid^t  einfaUen  Idgt,  ein  anberer 
ald  ber,  fo  ed  bricht,  nod^  ein  anberer,  fo  bai  SBilb  auffdngt.    3)agegen 
finb  eS  nid^t  anbere  Urfad^en,  bie  ber  @rbe  bie  j^ugelrunbung  oerfd^affen, 
nod^  anbere,  bie  mtber  ben  S)re]^ungdfd^tDung  bie  j^örper  ber  @rbe  gurüd 
galten,  nod^  eine  anbere,  bie  ben  äRonb  im  Greife  erl^dlt,  fonbern  bie  ein^  35 
gige  @c^mere  ift  eine  Urfac^e,  bie  not^ioenbiger  SBeife  gu  allem  biefem 


( 


2.  m>rfi.  3.  SBetr.  Sott  ber  ^b^ängtgfett  her  2)lnde  Don  @ott.        107 

gureid^t.  Stuit  ifl  ed  ol^ne  S^^if^l  eine  äSoütommenl^eit,  bag  gu  aKen 
biefen  äSirlungen  ®rflitbe  in  ber  Statur  angetroffen  loerben,  unb  ttenn 
ber  n&mli(]^e  ®runb,  ber  bie  eine  beftimmt,  aut^  ju  ben  anbern  l^tnreid^enb 
ift,  um  be^o  mei^r  Sinl^eit  tt&d^ft  baburd^  bem  ©angen  gu.  S)iefe  Sin^» 

5  l^eit  aber  unb  mit  il§r  bie  SSoIIIommenl^eit  ift  in  bem  ^ier  angeful^rten 

/%aVit  notl^toenbig  unb  Hebt  bem  äSefen  ber  @a(]^e  an,  unb  aUe  SBol^t 

v^ereimtl^eit,  t$rud)tbarleit  unb  Sd^dnl^eit,  bie  il^r  in  fo  fern  gu  Derbanlen 

ift,  l^ängt  oon  ®ott  oermitteiß  ber  toefentlici^en  Orbnung  ber  9latur  ab, 

ober  Dermiltelft  bei^ienigen,  mad  in  ber  Orbnung  ber  9latur  notl^toenbig 

10  ifi.  9Ran  mirb  mid^  l^offentlic!^  fd^on  oerftel^en,  bag  xdi  biefe  Slot^menbig:» 
teit  nid)t  auf  ba<S  2)afein  biefer  2)inge  felber,  fonbern  lebiglic^  auf  bie  in 
i^rer  SRöglid^feit  liegenbe  Übereinftimmung  unb  ßinl^eit  atö  einen  noti^« 
toenbigen  ©runb  einer  fo  fiberaud  großen  Siauglid^Ieit  unb  Srud^tbarleit 
erjlredtt  toiffen  tolü.   3)ie  ©efdjöpfe  be«  ^flanjem  unb  S^Ierreid^«  bieten 

15  burd^gängig  bie  betounbernSmärbigfte  93eifptele  einer  gufäDigen,  aber  mit 
groger  SSeiSl^eit  ubereinftimmenben  @in^eit  bar.  ®ef&|e,  bie  @aft  fangen, 
©efäge,  bie  2uft  fangen,  bieienige,  fo  ben  @aft  ausarbeiten,  unb  bie,  fo 
il^n  audbünften  k.,  ein  großes  Mannigfaltige,  baoon  iebed  eingeln  leine 
Saugltdileit  gu  ben  Sßirtungen  beS  anbern  l^at,  unb  mo  bie  SSereinbarnng 

io  berfelben  gur  gefammten  SSoQIommenl^eit  lunftlid^  ift,  fo  ba^  bie  ^flange 
felbft  mit  i^ren  33egiel^ungen  auf  fo  oerfd^iebene  S^^dCe  ein  guf&Qigeg  unb 
tointfirlid^eS  (Sine  auSmad^t. 

S)agegen  liefert  oomel^mlid^  bie  unorganifd^e  9latur  unauSfpred^Iid^ 
oiel  S3emeidt]^&mer  einer  notl^ttenbigen  @in^eit  in  ber  93egie]^ung  eine<S 

35  einfad^en  ©runbeg  auf  txtU  anftänbige  fSroIgen,  bermagen  bag  man  aud^ 
betoogen  toirb,  gu  oermutl^en,  ba|  oieOeit^t  ba,  m  felbft  in  ber  organi« 
fd^en  Slatur  mand)e  SSoQtommen^eit  fd^einen  lann  i^re  befonbere  Slnftalt 
gu  ®runbe  gu  l^aben,  fte  mo^I  eine  not^toenbige  t^olge  au8  eben  bemfelben 
@runbe  fein  mag,  meld^er  fte  mit  Dielen  anbern  fd)önen  äBirlungen  fd^on 

30  in  feitter  loefentlicl^en  grud^tbarleit  oerlnüpft,  fo  bag  aud^  fogar  in  biefen 

9{aturreid^en  mel^r  notl^menbige  @in^eit  fein  mag  ald  man  tool^l  benft. 

SBeil  nun  bie  Gräfte  ber  SRatur  unb  i^re  äSirfungdgefe^e  ben  ®runb 

einer  Orbnung  ber  9tatur  entl^alten,  meldte,  in  fo  fern  fte  mannigfaltige 

Harmonie  in  einer  not^ioenbigen  @in^eit  gufammenfagt,  oeranla^t,  ba| 

35  bie  SSerInflpfung  oieler  SSoDtommenl^eit  in  einem  ©runbe  gum  ®efe^e 
Oirb,  fo  ^at  man  t)erf(^iebene  Staturtoirfungen  in  Slnfel^ung  i^rer  @d)on< 
^eit  unb  SlA^lid^feit  unter  ber  mefentlic^en  9laturorbnung  unb  oermittelft 


110  SeiDetdgrunb  au  einer  2)etnon^ation  M  S)afetnd  &oiM. 

betnjienigen  äSefen  an  ftd^,  in  toeld^em  aHt&  mit  ben  Sigenfd^afien  ber 

SßeiSl^eit  unb  ®üte  jufammenjiimmt.    3Ran  lann  oon  il^nen  Übereins» 

ftimmung  unb  fd^öne  SSerlnüpfung  enoorten  unb  eine  notl^menbige  @in» 

l^eit  in  ben  mand^erlei  oortl^eill^aften  Sejiel^ungen,  bie  ein  einziger  ©runb 

gu  t)iel  anftdnbigen  ©efe^en  l^at.  @<S  mirb  nid^t  nitl^tg  fein,  bog  bafelbft,   ^ 

mo  bie  9latur  nac!^  notl^menbigen  ©efe^en  mtrit,  unmittelbare  göttlit^e 

audbefferungen  bagtDifd^en  fommen,  meil,  in  fo  fern  bie  ^^olgen  nac^  ber 

Drbnung  ber  9latur  notl^menbig  {tnb,  nimmermel^r  felbft  nad)  ben  aUge- 

meinften  ©efe^en  ftd^  maS  ®ott  SRigfdQiged  eräugnen  fann.  3)enn  mie 

fönten  boc^  bie  f^olgen  ber  S)inge,  beren  gufddige  SSerfnäpfung  Don  bem  lo 

SBillen  ©otteS  ab^&ngt,  il^re  toefentltcj^e  Sejiel^ungen  aber  atö  bie  ©ränbe 

beS9lotl^n)enbigen  in  berülaturorbnung  Don  bemjenigen  in  ©Ott  l^erräl^ren, 

mad  mit  feinen  Sigenfc^aften  fiberl^aupt  in  ber  größten  Harmonie  ftel^t, 

mie  I5nnen  biefe,  fage  id^,  feinem  SBiUen  entgegen  fein?  Unb  fo  mftffen 

aUe  bie  SSerdnberungen  ber  äSelt,  bie  mecl^anifd^,  mitl^in  aud  ben  33e»  15 

n)egung<Sgefe^en  not^menbig  finb,  iebergeit  barum  gut  fein,  meil  {te  natür« 

lid^er  Sßeife  not^menbig  finb,  unb  tS  ift  gu  ermarten,  bag  bie  tjfolge  un« 

Derbefferlic^  fein  merbe,  fo  balb  pe  nad^  ber  Drbnung  ber  9latur  unauö« 

bleiblid^  ip.*)    3d^  bcmerfe  aber,   bamit  aller  5Wi6üerftanb  öerl^ütet 

merbe:  bag  bie  SSerdnberungen  in  ber  SBelt  enttoeber  ani  ber  erflen  Sin«  »o 

orbnung  bed  Unioerfum  unb  ben  aUgemeinen  unb  befonbern  ©efe^en  ber 

SRatur  not^menbig  {tnb,  bergleit^en  aM  baSjenige  ift,  mag  in  ber  fbrper« 

lid^en  äSelt  med^anifd^  Dorgel^t,  ober  bag  fte  gleid^tool^I  bei  allem  biefem 

eine  nid^t  genugfam  begriffene  BufdQigfeit  l^aben,  mie  bie  ^anblungen 

aud  ber  f^reil^eit,  beren  3Ratur  nid^t  gehörig  eingefe^en  ttirb.  S)ie  le^tere  25 

art  ber  äBeltoerdnberungen,  in  fo  fern  fte  fd^einen  eine  Ungebunben^eit 

in  anfe^ung  beftimmenber  ©rünbe  unb  notl^toenbiger  ©efe^e  an  ftd^  gu 

l^aben,  enthalten  in  fo  weit  eine  SRoglid^feit  in  ftd^  oon  ber  allgemeinen 
I 

*)  äBenn  esS  ein  notl^wenbtger  SluiSgang  ber  fflaiut  ift,  wie  9lewton  Demteint, 
ba^  ein  äBeltf^ftem,  tote  bafSjenige  Don  unferer  @onne,  enbltd^  ^unt  DöQigen  @till-  so 
ftanb  unb  aUgenteiner  fRiü^t  gelange,  fo  würbe  i(^  nid^t  mit  il^nt  l^in^ufe^en:  bag 
ed  nötl^ig  fei,  bai  ®ott  ei3  burd^  ein  SSunber  mieber  l^erfteQe.  S)enn  weil  t&  ein 
(Erfolg  iß,  baranf  bie  !Ratur  nod^  il^ren  wefentli^ften  ©efe^en  notl^wenbiger  SBeife 
beflimmt  ift,  fo  t)emtut^e  id^  ^ierauiS,  bag  er  auä^  gut  fei.  (5d  barf  unS  biefeiS 
nidbt  aU  ein  bebauem^würbiger  $$erlufl  t)orfomnten,  benn  wir  wiffen  ni(!^t,  welche  3& 
Unerme^Iid^leit  bie  fid^  immerfort  in  anbem  i^immeldgegenbcn  bilbenbe  9iQtut 
l^abe,  um  burd^  groge  Srud^tbarfeit  biefen  Slbgong  be^  Unioerfum  anberwörtd 
reii^Iid^  ju  erfe^en. 


2.W)il^.  4.S9etr.  ©ebr.unf.SeioeiSgr.inSBeurtl^.b.^oafommenl^.em.SßeU.  Hl 

Sbgtelung  ber  9laturbiiige  gur  SSoIIfommenl^eit  abgutoeic^en.  Unb  um 
bedmillen  lann  man  ermatten,  bag  Abematürlid^e  Srgdnjungen  nbtl^ig 
fein  bürften,  toeil  eö  m5gUd^  ift,  bag  in  biefem  Setrad^t  ber  Sauf  ber 
SRatur  mit  bem  SSiDen  ®oiM  biömeilen  wiberftreitenb  fein  fönne.  ^xf 
&  beffen  ba  felbjt  bie  j^räfte  frei  ^anblenber  SBefen  in  ber  SSerlnüpfung  mit 
bem  Übrigen  be<S  Unioerfum  ni(]^t  ganj  aDen  ®efe^en  entgegen  jtnb, 
fonbern  immer,  menn  gleid)  ni(!bt  notl^igenben  ©rünben,  bennod^  fold^en, 
bie  nac^  ben  Sftegeln  ber  SSiDfür  bie  Sudübung  auf  eine  anbere  8(rt  gemig 
mad)en,  untertDorfen  ftnb,  fo  ift  bie  aUgemeine  ab^ängigfeit  ber  Sßefen 

10  ber  2)inge  Don  ©ott  aud^  l^ier  nod^  feberjeit  ein  groger  @runb,  bie  t^ol« 
gen,  bie  felbft  unter  biefer  ärt  Don  S)ingen  naii  bem  Saufe  ber  SRatur  {td^ 
gutragen,  (ol^ne  bag  bie  fdbeinbare  Sbrneic^ung  in  einzelnen  Säuen  und 
irre  mad^en  barf)  im  ©angen  für  anfidnbig  unb  ber  Siegel  bed  Seften 
gemäg  eingufel^en:  fo  bag  nur  feiten  bie  Drbnung  ber  SRalur  einer  un» 

15  mittelbarn  übernatärlic^en  SBerbefferung  ober  @rgängung  benöt^igt  ijt, 
iDie  benn  au(^  bie  Offenbarung  berfelben  nur  in  Snfel^ung  gemiffer  Seiten 
unb  getoiffer  SSöIfer  Srmä^nung  tl^ut.  S)ie  @rfal^rung  ftimmt  audb  mit 
biefer  Slb^dngigfeit  fogar  ber  freieften  ^anblungen  oon  einer  großen 
natürlid^en  Siegel  uberein.    S)enn  fo  gufädig  mie  audb  immer  bie  @nt« 

90  fdbliegung  gum  ^eiratl^en  fein  mag,  fo  ^nbet  man  bodb  in  eben  bemfelben 
Sanbe,  bag  bad  SSerl^dltnig  ber  @^en  gu  ber  Qdfil  ber  Sebenben  giemlid^ 
beftdnbig  fei,  menn  man  groge  SoX^Un  nimmt,  unb  bag  g.  6.  unter  HO 
SRenfc^en  beiberlei  ©efd^Ied^tö  {t(^  ein  S^epaar  finbet.  ^^bermann  meig, 
mie  Diel  bie  f^rreil^eit  ber  SRenfdben  gu  SSerldngerung  ober  SSertfirgung  bed 

25  SebenS  beitrage.  ©leid^mol^l  muffen  felbft  biefe  freie  ^anblungen  einer 
großen  Drbnung  untermorfen  fein,  meil  im  S>urd^fd^nitte,  menn  man 
groge  SRengen  nimmt,  bie  Saffl  ber  Sterbenben  gegen  bie  Sebenben  fel^r 
genau  immer  in  eben  bemfelben  SSerl^dltnig  fte^t.  34  begnüge  mid^  mit 
biefen  menigen  SBetteiötl^ümern,  um  ti  einigermaßen  Derftdnblic^  gu 

30  mad^en,  bag  felbft  bie  ©efe^e  ber  greil^eit  leine  fold^e  Ungebunbenl^eit  in 
Slnfe^ung  ber  Siegeln  einer  allgemeinen  9laturorbnung  mit  fic^  fül^ren, 
bag  nic^t  eben  berfelbe  ®runb,  ber  in  ber  übrigen  9latur  fd^on  in  ben 
SBefen  ber  3)inge  felbft  eine  unaudbleiblid^e  Segie^ung  auf  3$ollfommen> 
^eit  unb  äBo^Igereimtl^eit  befeftigt,  aud^  in  bem  natürlid^en  Saufe  bed 

35  freien  SSerl^altenS  n)enigftenS  eine  größere  Senlung  auf  ein  SSSo^lgefaUen 
bed  l^öd^ften  äSefend  ol^ne  oielfdltige  äBunber  oerurfad^en  foUte.  SRein 
älugenmert  ift  aber  mel^r  auf  ben  SSerlauf  ber  ^laturDerdnberungen  ge^ 


112  Setoeidgrunb  au  einer  S)etnonfiration  bed  S)afein(8  (Botted. 

xxäiM,  in  fo  fem  fte  burd^  eingepflanzte  ®efe|e  notl^tüenbig  ftnb.  Sßunber 
toerben  in  einer  fold^en  Drbnung  entoeber  gar  nicl^t  ober  nur  feiten  nötl^ig 
fein,  meil  ed  nic^t  füglic!^  fein  lann,  bag  {tc^  fold^e  UnDoQfommenl^eiten 
natfirlid^er  äBeife  ]^ert)orfänben,  bie  i^rer  bebfirftig  mdren. 

3Benn  id^  mir  ben  33egriff  Don  ben  S>ingen  ber  Statur  mad^te,  ben   k 
man  gemeinigli(]^  Don  il^nen  l^at,  bag  i^re  innere  9R5gIi(]^Ieit  fär  ftd^  um 
abhängig  unb  o^ne  einen  fremben  ©runb  fei,  fo  oärbe  id^  ed  gar  nid^t 
unermartet  finben,  koenn  man  fagte,  eine  993elt  Don  einiger  SSoDIommen» 
l^eit  fei  o^ne  Diele  übernatürliche  Sßirlungen  unmöglid^.   34  ^^^^^  e<S 
Dielmel^r  feltfam  unb  unbegreiflic!^  finben,  mie  ol^ne  eine  beftdnbige  Steige  lo 
DonSBunbern  etmaSSauglid^eS  burd^  einen  natfirlid^en  großen  Sufammen« 
l^ang  in  i^r  follte  geleiftet  merben  (önnen.  2)enn  e<S  mügte  ein  befremb« 
lid^eS  Ungef&^r  fein:  ba^  bie  SBefen  ber  S)inge,  bie  ieglid^ed  für  fttb  feine 
abgefonberte  ^lotl^toenbigleit  l^&tten,  jtc^  fo  foQten  jufammenfc^iclen,  bag 
{elbfl  bie  l^öt^fte  SBeidl^eit  aui  i^nen  ein  großes  ©anje  Dereinbaren  lönnte,  u 
in  tDeId)em  bei  fo  Dtelfdltiger  Slb^dngigfeit  bennod^  nad^  allgemeinen  ®t^ 
fe^en  unDerbefferIi(^e  Harmonie  unb  @d^5n]^eit  l^erDorleud^tete.  S>agegen 
ba  id^  belel^rt  bin,  bag  barum  nur,  meil  ein  ®ott  iji,  ettoaS  anberö  m5g» 
lid^  fei,  fo  ermarte  ic^  felbft  Don  ben  9RögIid^feiten  ber  3)inge  eine  3u^ 
fammenftimmung,  bie  i^rem  großen  ^rincipium  gemdg  ift,  unb  eine  ao 
Sd^iddid^Ieit  burc^  allgemeine  Snorbnungen  ju  einem  ©angen  gufammen 
gu  paffen,  baö  mit  ber  SBeid^eit  eben  beffelben  SBefend  rid^tig  l^armonirt, 
Don  bem  fte  il^ren  ©runb  entlel^nen^  unb  id^  finbe  eS  fogar  tounberbar: 
bag,  fo  fern  etmaö  nac^  bem  Saufe  ber  9latur  gemdg  allgemeinen  ®efe^en 
gefd^iel^t,  ober  gefcl^el^en  mürbe,  ed  ®ott  migfdDig  unb  eined  äSunberd  jur  25 
SluSbe^erung  bebürftig  [ein  foUte;  unb  menn  ed  gefd^ie^t,  fo  gel^ort  felbft 
bie  SBeranlaffung  bagu  gu  ben  2)ingen,  bie  ftd^  biiSmeilen  gutragen,  Don 
ung  aber  nimmermel^r  f5nnen  begriffen  merben. 

9Ran  mirb  eS  aut^  o^ne  @d^mierigleit  Derftel^en,  bag,  menn  man  ben 
mefentlid^en  ®runb  einfielt,  tteömegen  äBunber  gur  SSoQIommen^eit  ber  30 
993elt  feiten  nötl^ig  fein  lönnen,  biefeS  aud§  Don  benienigen  gelte,  bie  mir 
in  ber  Dorigen  93etrad^tung  übematürlid^e  Segebenl^eiten  im  formalen 
SSerftanbe  genannt  l^aben,  unb  bie  man  in  gemeinen  Urt^eilen  barum 
fe^r  puftg  einräumt,  meil  man  burd^  einen  Derfe^rten  33egriff  barin 
etmas  9latürli(^eö  gu  flnben  glaubt.  35 


2.^M^.  4.l8eir.  Oebr.unf.9ett>etiSgr.inSeurt]^.b.Soafommen]^.fbt.9BeIt  113 

2. 

9Ba8  aud  unferm  SemetSgrunbe  gum  SSorjuge  einer  ober 
anberer  9laturorbnung  gefc^Ioffen  merben  fann. 

3n  bem  äSerfal^ren  ber  gereinigten  SBelhoeidl^eit  l^errf(!^t  eine  9tegel, 

5  bie,  menn  {te  gleid^  nid^t  fdrmlid^  gefagt,  bennod^  in  ber  Slu^äbung  jeber« 
xett  beoba(^tet  mirb :  bog  in  aller  9{a(]bforf cl)ung  ber  Urf ad^en  gu  gemiffen 
SBirfungen  man  eine  groge  Slufmertfamleit  bezeigen  mflffe,  bie  @tn^eit 
ber  Statur  fo  fel^r  mie  möglid)  gu  erl^alten,  baS  ift,  vielerlei  Sßirhtngen 
aud  einem  eingigen,  jd)on  befannten  ®runbe  l^erguleiten  unb  nid)t  gu  Der^^ 

10  fij^iebenen  äBirfungen  megen  einiger  fd^einbaren  größeren  UnäJ^nlid^teit 
jogleic^  neue  unb  Derfd^iebene  mirfenbe  Urfad^en  angunel^men.  ^an  px&» 
fnmirt  bemnad^,  bag  in  ber  9latur  groge  (Sinl^eit  fei  in  Snfe^ung  ber  Q\x» 
Idnglid^feit  eineö  einigen  ®runbe<S  gu  mancherlei  8rt  f^olgen,  unb  glaubt 
Urfad^e  gu  ^aben,  bie  ^Bereinigung  einer  8rt  @rfd^einungen  mit  benen 

15  t)on  anberer  $lrt  me^rent^eilS  als  etmaS  9lotl§tDenbigeiS  unb  nid^t  ald  eine 
SBirlung  einer  (änftlid^en  unb  guf&Qigen  Orbnung  angufel^en.  SBie  oieler^» 
lei  SBirtungen  merben  nid^t  ani  ber  einigen  j^raft  ber  ©d^mere  l^ergeleitet, 
bagu  man  e^ebem  Derfd)iebene  Urfac^en  glaubte  nöt^ig  gu  pnben:  baS 
Steigen  einiger  Sibxp^x  unb  ba<S  t^aQen  anberer.   S)ie  SBirbel,  um  bie 

90  ^immetöförper  in  Greifen  gu  erl^alten,  ftnb  abgefteUt,  fo  balb  man  bie 
ttrfad^e  berfelben  in  jener  einfad)en  Slaturfraft  gefunben  ^at.  2Ran  prd» 
fumirt  mit  großem  ®runbe:  bag  bie  SluSbel^nung  ber  j^örper  burc^  bie 
SS&rme,  bad  £i(4t,  bie  eleftrifd^e  Araft,  bie  ®en)itter,  oielleic^t  aud)  bie 
magnetifd^e  Araft  oielerlei  @rfd^einungen  einer  unb  eben  berfelben  toir^ 

9s  famen  Materie,  bie  in  allen  SUdumen  ausgebreitet  ijl,  ndmlid^  beS  ttl^erS, 
feil  unb  man  ift  fiberl^aupt  ungufrieben,  loenn  man  ftd^  genitl^igt  jte^t 
ein  neues  $rinci))ium  gu  einer  3lrt  Sßirfungen  angune^men.  @elbft  ba, 
0)0  ein  fel^r  genaues  (Sbenmag  eine  befonbere  lünftlid^e  Slnorbnung  gu 
erl^eifd^en  fd^eint,  ift  man  geneigt  fte  bem  not^menbigeu  @rfoIg  aus  au« 

30  gemeinem  ®efe^en  beigumeffen  unb  nod^  immer  bie  9tegel  ber  @inl^eit  gu 
beobad^ten,  el^e  man  eine  lünftlic^e  SSerffigung  gum  ®runbe  fe^e.  S)ie 
@(^neeflguren  ftnb  fo  regelmdgig  unb  fo  toeit  aber  aDeS  plumpe,  baS  ber 
blinbe  Befall  gumege  bringen  lann,  gierlid^,  bag  man  fajt  ein  SRi^trauen 
in  bie  9(ufrid^tigfeit  berer  fe^en  follte,  bie  unS  Slbgeid^nungen  baoon  ge« 

35  geben  l^aben,  menn  nid^t  ein  jeber  Sßinter  ungdl^lige  ©elegen^eit  gdbe 
einen  |eben  burd^  eigene  @rfa^rung  bat>on  gu  t)erfid^ern.  3Ran  mirb  menig 

ItaBt'»  6(|t{ftrs.   Octfe.  IL  g 


114  Setoetögrunb  au  einer  S)emon{hation  M  2)afeiniS  ®otteiS. 

SBlumen  antreffen,  oeld^e,  fo  oiel  man  du^erltd^  toal^me^men  lann,  mel^r 
!Rettigfeit  unb  fJroportion  geigten,  unb  man  ftel^t  gar  ni^tiS,  toai  bie 
Jhinfl  l^ertoorbrtngen  lann,  baS  ba  mel^r  9tt(]^tigleit  enthielte,  ali  biefe 
Srgeugungen,  bie  bie  Slatur  mit  fo  oiel  Serfcl^oenbung  über  bie  (Srbfldc^e 
auSftreuet.  Unb  gUtläiWoffi.  l^at  fid^  niemanb  in  ben  @inn  fommen  laffen  5 
fie  oon  einem  befonberen  Sd^neejamen  herzuleiten  unb  eine  tünfUid^e 
Drbnung  ber  Statut  gu  erfinnen,  fonbern  man  migt  fte  als  eine  Sieben« 
folge  aOgemeineren  ®efe^en  bei,  odt^e  bie  93ilbung  biefed  ^robuctS  mit 
not^ttenbiger  ßinl^ett  juglei«^  unter  fid^  bef äffen.*) 

®lei(^n)o^l  ift  bie  SRatur  rei(^  an  einer  gemiffen  anbem  Sirt  t>on  ^er«  10 
t>orbringungen,  00  aQe  SSelttteid^eit,  bie  über  i^re  ßntfte^ungdart  nad^« 
ftnnt,  fi<^  genitl^igt  fte^t,  biefen  Seg  )u  t>erlaffen.   Oroge  Jhtnft  unb 
eine  auf&Qige  Vereinbarung  bur^  freie  Sal^l  geioiffen  Sbftd^ten  gemdg 
ift  bafelbjl  augenfd^einlid^  unb  »irb  gugleid^  ber  ®mnb  eined  befonbem 
9laturgefe^e«,  n)eld^ee  gur  Iflnfilid^en  9laturorbnung  gehört.   S)er  93au  u 
ber  ^flangen  unb  2;]^iere  geigt  eine  foI<!^e  Snftalt,  mogu  bie  allgemeine  unb 
notl^menbige  9laturgefe^e  ungul&nglid^  finb.   3>a  ed  nun  ungereimt  fein 
mürbe  bie  erfte  Srgeugttng  einer  ^flange  ober  S^ierS  aM  eine  med^anift^e 
SRebenfoIge  au8  aQgemeinen  9laturgefe^en  gu  betrad^ten,  fo  bleibt  glei<!ii« 
kool^l  no(^  eine  boppelte  $rage  übrig,  bie  aue  bem  angeffll^rten  (Srunbe  »o 
unentfc^ieben  ift :  ob  n&mli<^  ein  iebed  Snbioibuum  berfelben  unmittet 
bar  oon  ®ott  gebauet  unb  alfo  übernatürlid^en  Urfprungd  fei,  unb  nur 
bie  Sortpflangung,  bad  ift,  ber  Übergang  oon  S^it  gu  3eit  gur  SuSmidte« 
lung  einem  natürlid^en  ®efe^e  anoertrauet  fei,  ober  ob  einige  Jubioibuen 
beg  ^flangen«  unb  S;^ierreidt|<S  gmar  unmittelbar  göttlid^en  UrfprungS  n 
feien,  jebod^  mit  einem  une  nid^t  begreiflichen  Sermbgen,  nad^  einem 
orbentUc^en  9laturgefe^e  i^red  glei<^en  gu  ergeugen  unb  nid^t  blo«  auSgu« 
loidCeln.   SBon  beiben  @eiten  geigen  ftd§  ©d^toierigleiten.  68  ift  oieUeic^t 
unmbgUc^  auSgumad^en,  loeld^e  bie  grbgte  fei;  aUein  mas  uns  l^ier  an« 
gel^t,  ift  nur  baS  Ubergemid^t  ber  ®rünbe,  in  fo  fern  fie  metapl^^ftfd^  finb  30 
gu  bemerten.   3Bie  g.  &  ein  93aum  burd^  eine  innere  med^anifc^e  Ser« 
faffung  foQ  oermdgenb  fein  ben  Slal^rungSfaft  fo  gu  formen  unb  gu  mobein, 


*)  2)te  ben  (Beroftd^fen  ft^nli^e  gigur  bed  ^ä^immtl»  ^atte  Diele  betoogen 
benfelben  unter  bie  $robucte  beiS  ^flonaenreid^d  au  gftl^Ien.    Snbeffen  iß  t»  na^ 
anbem  IBeoba^tungen  oiel  wa^rfc^einli^er,  bag  bie  anfc^einenbe  S^egelmAgigfeit  ss 
beffelben  ni^t  ^inbem  fönne,  i^  fo  wie  ben  8aum  ber  Siane  ald  eine  golge 
aud  ben  gemeinen  ®efe^en  ber  @ublimining  angufe^en. 


S.HDbtl^.  4.®eto.  iBebr.unf.)8eti)df8gr.in®eurt^.b.9oQfommen]^.ein.aBelt.  115 

bog  in  bem  Suge  ber  93Iätter  ober  feinem  ©amen  etmad  entft&nbe,  baS 
einen  dl^nlic^en  93aum  im  fleinen,  ober  .moraud  boc^  ein  fol^er  werben 
f5nnte,  enthielte,  ift  nad^  allen  unfern  JCenntniffen  auf  leine  3Beife  eingu« 
fe^en.  3>ie  innerliche  f^ornien  beS  |)erm  Don  S3uff  on  unb  bie  Elemente 

s  organifc^er  9Raterie,  bie  ft(]^  gu  ^olge  i^rer  (Srinnerungen  ben  ®efe|en  ber 
Segierben  unb  beS  Slbfd)eue8  gemäg  nac^  ber  SReinung  beö  $enn 
t)on  äßaupertui^S  gufammenffigen ,  ftnb  entueber  eben  fo  unDerftänblic^ 
als  bie  @a(^e  felbft,  ober  ganj  »iafürlic!^  erbad^t.  allein  ol^ne  ft(^  an  ber«> 
gleid^en  S^orien  gu  feieren,  mug  man  benn  barum  felbft  eine  anbere  ba« 

10  für  aufoerfen,  bie  eben  fo  n)infärli(]^  ift,  ndmlic^  bag  alle  biefe  3nbioi«> 
buen  übernatfirlid^en  Urf))rungd  feien,  meil  man  i^re  natürliche  6nt- 
fiel^ungdart  gar  nid^t  begreift?  $at  mo^I  temalS  einer  bad  SSermögen  bt& 
|)efen8  feine<S  gleichen  gu  erzeugen  mec^anifd^  begreiflid^  gemad^t?  unb 
gleid^mol^l  begiel^t  man  ftc^  beSfatld  nid^t  auf  einen  übernatürlichen 

16  ®runb. 

2)a  in  biefem  f^ralle  ber  Urf))rung  aDer  folcI)er  organifcI)en  ^robucte 
als  oöüig  übernatürlid^  angefallen  mirb,  fo  glaubt  man  bennot^  etmaS  für 
ben  9taturaIp]^iIofop]^en  übrig  gu  laffen,  menn  man  il^n  mit  ber  Srt  ber 
aümd^Iigen  $ortpf[angung  fpielen  lägt,   allein  man  bebente  n)O^I:  bag 

so  man  baburd^  bad  Übernatürlidie  nid^t  Derminbert,  benn  eS  mag  biefe 
übernatürliche  @rgeugung  gur  S^it  ber  @d^öpfung  ober  nad^  unb  nad^  in 
Derfc^iebenen  ß^itpunlten  gefc^el^en,  fo  ift  in  bem  le^teren  S^lle  nid^t  me^r 
Übernatürlid^eg  aU  im  erften,  benn  ber  gange  Unterfc^ieb  l&uft  nic^t  auf 
ben  ®rab  ber  unmittelbaren  g5ttlid^en  ^anblung,  fonbern  lebigUci^  auf 

26  bad  SSenn  l^inauS.  SSaS  aber  iene  natürlid^e  Drbnung  ber  SluSmidelung 
anlangt,  fo  ift  fte  nid^t  eine  Siegel  ber  ^rud^tbarteit  ber  Statur,  fonbern 
eine  ^et^obe  eines  unnü^en  Umfc^meifS.  2)enn  eS  toirb  baburd^  nid^t 
ber  minbefte  ®rab  einer  unmittelbaren  göttlichen  ^anblung  befpart.  S)em> 
nad^  fd^eint  es  uuDermeiblic^:  entmeber  bei  ieber  Segattung  bie  Silbung 

90  ber  ^uc^t  unmittelbar  einer  gittlid^en  ^anblung  beigumeffen,  ober  ber 
erften  göttlichen  Snorbnung  ber  ^flangen  unb  Siliere  eine  Slauglid^Ieit 
gugulaffen,  il^reS  ®letd^en  in  ber  f^olge  nad^  einem  natürlid^en  ®efe^e 
nic^t  bloS  gu  entmidCeln,  fonbern  ma^rl^aftig  gu  ergeugen. 

Steine  gegenm&rtige  Sbftd^t  ift  nur  ^ieburd^  gu  geigen,  bag  man  ben 

36  Slaturbingen  eine  größere  9Röglic^teit  nac^  aDgemeinen  ®efe^en  il^re 

Srolgen  ^erDorgubringen  einräumen  muffe,  als  man  eS  gemeiniglid^  t^ut 

8» 


116  SetoeiiSgrunb  au  einer  2)emonfitatlon  M  2)afeiiiiS  Gotte«. 


äBorin  bie  Ungutänglid^!ett  ber  geMd^nlid^en  SRetl^obe  ber 

^l^^jtfotl^eologie  getuiefen  Mtrb. 

1. 

fßon  ber  ^l^^filotl^eologie  überl^aupt.  5 

$llle  Sitten,  bad  3)Qfein  (SotteS  au<S  ben  SBirtungen  be{fel6en  gu  er» 
fennen,  laffen  {td^  auf  bie  brei  folgenbe  bringen.  (Sntmeber  man  gelangt 
gu  biefer  Stfenntni^  burd^  bie  äSa^rne^mung  beöfenigen,  maS  bie  Drb« 
nung  ber  9latur  unterbri^t  unb  biejenige  SRac^t  unmittelbar  begeid^net, 
toelc^er  bie  Statur  untertDorfen  ift,  biefe  Überzeugung  toirb  burc^  SSun«  10 
ber  t)eranlagt;  ober  bie  gufdOige  Drbnung  ber  Statur ,  Don  ber  man  beut« 
lid^  einjte^t,  bag  fte  auf  oielerlei  anbere  9lrt  möglich  mar,  in  ber  gleich« 
mol^I  groge  j(unft,  SRad^t  unb  ®fite  l^erüorleuc^tet,  ffi^rt  auf  ben  gött* 
lid^en  Url^eber,  ober  brütend  bie  notl^menbige  (Sinl^eit,  bie  in  ber  9t a« 
tur  mal^rgenommen  mirb,  unb  bie  mef entließe  Orbnung  ber  3)inge,  meldte  15 
grogen  Siegeln  ber  SBoüIommen^eit  gemäg  ift,  lurg  baS,  toa&  in  ber  Sieget 
m&gigfeit  ber  Statur  Stotl^menbigeS  ift,  leitet  auf  ein  oberfleS  $rincipium 
nic^t  aOein  biefed  S)afeind,  fonbern  felbft  aUer  SRoglic^feit. 

3Benn  9Renf(^en  DöQig  Dermilbert  ftnb,  ober  eine  l^al^ftarrige  Sod« 
^eit  i^re  Sugen  t)erf(^Iiegt,  atöbann  fd^eint  baS  erftere  SRittel  eingig  unb  90 
aUein  einige  ©ernalt  an  fic^  gu  ^aben,  fie  00m  S>afein  bed  ^od^ften  äBefenS 
gu  überfül^ren.   S)agegen  flnbet  bie  rid^tige  Betrachtung  einer  mol^lgear» 
teten  @eele  an  fo  Diel  guf&Öiger  @d^5n^eit  unb  gmedCmägiger  SSerbinbung, 
mie  bie  Orbnung  ber  Statur  barbietet,  Semeidtl^ümer  genug,  einen  mit 
groger  äSeiSl^eit  unb  ^aiit  begleiteten  Sßillen  barauS  abgunel^men,  unb  35 
eö  ftnb  gu  biefer  Ubergeugung,  fo  fern  fie  gum  tugenbl^aften  SSer^alten 
l^inldnglid^,  baS  ift,  moralifd^  gemig  fein  foll,  bie  gemeine  Segri^e  bed 
SSerfianbed  l^inreid^enb.   3^  ber  britten  8(rt  gu  fd)Iiegen  mirb  notl^men« 
biger  Sßeife  äBeltmeiö^eit  erforbert,  unb  ed  ift  aud^  eingig  unb  aUein  ein 
l^i^erer  ®rab  berfelben  f&l^ig,  mit  einer  Alar^eit  unb  Ubergeugung,  bie  so 
ber  ®ri|e  ber  Sßa^r^eit  gem&g  ift,  gu  bem  n&mli(^en  ®egenftanbe  gn  ge« 
langen. 


2.  flkhtf^:  5. 8ftv.  Unaulänglt^feit  b.  gewd^nl.  SRetl^obe  b.  ^^^fifot^eolodie.  117 

^ie  beibe  leitete  Srten  lann  man  pl^^ftlotl^eologifd^e  SRetl^oben 
nennen;  benn  fte  geigen  beibe  ben  SSeg,  aM  ben  S3etra(]^tungen  über  bie 
9latur  }ur  ßrlenntnig  ®otte8  hinauf  gu  {ietgen. 


2. 

5         3)ie  SSortl^eile  unb  aud^  bie  i^el^Ier  ber  gemil^nlid^en 

$]^9filot]^eolo0ie. 

S)ad  ^auptmerfmal  ber  bis  bal^in  gebr&ud^Iid)en  pl^9ftfd)t]^eoIo^ 
gif(]^en  ÜRetl^obe  bejiel^t  barin:  bag  bie  SSoDIommenl^eit  unb  aftegelmägig« 
feit  erfllid)  i^rer  BufäUigfeit  nac^  ge^drig  begriffen ,  unb  atöbann  bie 

10  {QnfUid)e  Drbnung  nac^  aDen  gmedFmä^igen  SBejiel^ungen  barin  gemiefen 
iDirb,  um  baraud  auf  einen  meifen  unb  gätigen  SBiOen  gu  fc^Iiegen,  nad^^ 
l^er  aber  gugleic^  burc^  bie  l^ingugeffigte  93etra(!btung  ber  ©roge  beS 
9Berfö  ber  93egriff  ber  unermeglid^en  3Ra(|t  beS  Ur^eberiS  bamit  oer^ 
einigt  mirb. 

15  3)iefe  ÜRetl^obe  ift  t)ortreffIi(]^:  erjllid^  meil  bie  Überzeugung  über« 
aus  finnlid)  unb  ba^er  fel^r  lebhaft  unb  einne^menb  unb  bemnat^  au(^ 
bem  gemeinften  SSerf^anbe  leicl^t  unb  faglic^  ift;  gmeitenS  toeil  fte  natfir:» 
Ii(!ber  ift  als  irgenb  eine  anbere,  inbem  o^ne  So'^ifcl  ^in  jeber  Don  il^r  gu«> 
erfl  anfängt;  brittenS  loeil  fte  einen  fel^r  anfd^auenben  Segriff  Don  ber 

90  ^ol^en  SBeiSl^eit,  SBorforge  ober  auc^  ber  SRad^t  beS  anbetungSmürbigen 
SiefenS  Derf^afft,  melc^er  bie  Seele  fuQt  unb  bie  größte  ©etsalt  l^at  auf 
(Srftaunen,  S)emutl^  unb  @^rfur(^t  gu  mirlen.*)  S)iefe  SemeiSart  ift  Diel 
prattifc^er  als  irgenb  eine  anbere  felbft  in  Slnfe^ung  beS  ^l^ilofopl^en. 
£enn  ob  er  gleid^  für  feinen  forfc^enben  ober  grflblenben  SSerftanb  l^ier 

S5  nid^t  bie  beftimmte  abgegogene  2!t^ee  ber  ©ott^eit  antrifft  unb  bie  ®m'\^^ 


*)  Sßenn  i^  unter  anbern  bie  mifroffopifd^e  Seobac^tungen  bed  lS)octor  ^iH, 
bie  man  im  ^amb.  3)^agQ5.  antrifft,  ertoäge  unb  fe^e  ao^Iretc^e  X^tergefc^led^ter  in 
einem  einzigen  Sßaffertropfen,  rdubenfdje  Wirten,  mit  SBerl^eugen  bed  ^erberbenS 
auSgerüfiet,  bie  Don  no^  mdti^ttgem  S^rannen  biefer  SQBaffermelt  aerftört  merben, 

30  inbem  fle  gefliegen  finb  anbre  au  oerfolgen;  »enn  td^  bie  fftänU,  bie  ©emalt  unb 
bie  @cene  bed  Sufruljrd  in  einem  S^ropfen  3Raterie  anfe^e  unb  erljebe  t^on  ba  meine 
lugen  in  bie  {)d^e,  um  ben  unermeglici^en  SRaum  Don  SBelten  roie  Don  ©tauberen 
»immeln  au  fe^en,  fo  !ann  feine  menfd^tidje  ^}pxa6)t  ba&  @efü^l  auiSbrfidfen,  mad 
ein  fol^er  @eban!e  erregt,  unb  aQe  fubtile  metaplj^ftfc^e  S^güeberung  mei^t  fel^r 

35  »ett  ber  Srl^aben^eit  unb  SSSürbe,  bie  einer  folgen  infc^ouung  eigen  ift. 


118  9eioei9grimb  au  einet  S)emon{iratton  bei8  S)afehii$  &oüti^. 

I^ett  felbjl  m(|t  matj^emotifd^,  fonbern  moralifd^  ifl,  fo  bemd(|tigen  ftd^ 
bod^  fo  Diel  SBemeiötl^fimer,  leber  Don  fo  großem  Sinbrudf,  feiner  @eele, 
unb  bie  @pecuIation  folgt  rul^tg  mit  einem  gemiffen  Sutrauen  einer  Über^ 
geugung,  bie  fd^on  $Ia^  genommen  ^at.  Sd^toerlit^  mürbe  mol^I  jemanb 
feine  ganje  ©lädfeligleit  auf  bie  angemaßte  SHic^tigfeit  eineg  metapl^^ft«  5 
ftben  SemeifeS  magen,  oornel^mlic^  menn  il^m  lebl^afte  ftnnlid^e  Über* 
rebungen  entgegen  ftänben.  SlDein  bie  ©emalt  ber  Überzeugung,  bie  l^ier« 
auö  ermdc^jt,  barum  eben  tteil  fte  fo  finnlid^  iji,  ift  aud^  fo  gefegt  unb 
unerfc^fitterlid^,  bag  pe  feine  ©efa^r  oon  Sc^Iugreben  unb  Unterfd^eibun«* 
gen  beforgt  unb  {t(^  meit  über  bie  3Ra(!bt  fpi|fänbiger  (Sinmürfe  koegfe^t.  10 
®Ieid^mo^I  l^at  biefe  SRet^obe  il^re  Sel^Ier,  bie  beträd^tlid^  genug  ftnb,  ob 
fte  gmar  eigentlid^  nur  bem  Serfa^ren  berfenigen  gugured^nen  finb,  bie 
ft(^  i^rer  bebient  ^aben. 

1.  @ie  betrad^tet  alle  SSoUtommenl^eit,  |)armonie  unb  @d)5n]^eit  ber 
9latur  als  guf&nig  unb  alg  eine  SInorbnung  burd^  äBeidl^eit,  ba  bod^  oiele  15 
berfelben  mit  notl^menbiger  Sinl^eit  au8  ben  mefentli(|jien  Siegeln  ber 
Slatur  abfliegen.  S>ad,  maS  ber  9lbft(^t  ber  ^^^fifot^eologie  Riebet  am 
fd^äblid^ften  ift,  befielt  barin,  bag  ^e  biefe  Buf&aigteit  ber  ^laturooa* 
lommenl^eit  aliS  l^öd^ftnbtl^ig  gum  Semeife  eined  meifen  Ur^eberd  anfielet, 
bal^er  aUe  notl^menbige  SBol^Igereimt^eiten  ber  S)inge  ber  3Belt  bei  biefer  so 
93orau8fe^ung  gef&l^rlitbe  @inmürfe  merben. 

Um  ficb  Don  biefem  f^el^Ier  gu  übergeugen,  merte  man  auf  nad^ftel^en« 
bes.  9Ran  |tet)t,  mie  bie  SSerfaffer  na(^  biefer  Sßetl^obe  geflie^en  ftnb,  bie 
an  ungd^ligen  (Snbabftd^ten  reid^e  ^robucte  beS  ^flangen»  unb  Si^terreid^S 
nid^t  aUein  ber  SRad^t  bed  Ungefä^rg,  fonbern  aud^  ber  mec^anifd^en  !Rot^«  as 
menbigteit  nac^  allgemeinen  ©efe^en  ber  materialen  !Ratur  gu  entreißen. 
Unb  hierin  tann  eS  il^nen  aud)  nid^t  im  minbeften  fc^mer  merben.  5)a& 
Übergemid^t  ber  ®rünbe  auf  il^rer  @eite  ift  gar  gu  fel^r  entfd^ieben.  ^Mn 
menn  fie  ft(^  oon  ber  organifc^en  SRatur  gur  unorganifd^en  menben,  fo  be^ 
l^arren  fte  nod)  immer  auf  eben  berfelben  SRetl^obe,  a&ein  fie  ftnben  fid^  so 
bafelbft  faft  |ebergeit  burd^  bie  Deränberte  9latur  ber  Satten  in  @d^mie* 
rigfeiten  befangen,  benen  fte  nid^t  auiStoeidben  tonnen.  @ie  reben  nod^ 
immer  oon  ber  burc^  groge  SßeiiS^eit  getroffenen  SSereinbarung  fo  Dieler 
nü^Iic^en  @igenfc^aften  beS  £uftIreifeS,  ben  äBolfen,  bem  Siegen,  ben 
äSinben,  ber  S)dmmerung  2C.  ic,  atö  menn  bie  @igenfd^aft,  ttoburc^  bie  35 
Suft  gu  @rgeugung  ber  äßinbe  auferlegt  ift,  mit  berfenigen,  moburd^  fte 
S^""*"*^  nitfiie^t,  ober  »oburc^  fie  in  großen  ^ö^en  bünner  ©irb,  eben  fo 


2.  ntfi.  5,  IBetr.  Unaulftnglid^fett  b.  qmö^nl  SRet^obe  b.$]^9fifot(eologte.  1 19 

üemittelfi.einer  »eifen  SBal^l  tt&re  t)ereinigt  morben,  ttie  etoa  bei  einer 
Spinne  bie  t>eTf(l^iebene  8ugen,  toomit  fte  tl^rem  Staube  auflauert,  mit 
ben  SSarjen,  mxa\x^  bie  @))innenfeibe  als  burd^  S^tlßäitx  gegogen  mirb, 
mit  ben  feinen  jtlauen  ober  aud^  ben  33aIIen  il^rer  $fi|e,  babur(|  fte  fte 
5  gufammenSebt  ober  ftd^  baran  erl^ält,  in  einem  Siliere  Derhtilpft  ftnb.  3n 
biefem  le^teren  $aQ  ifi  bie  Sinl^eit  bei  allen  t)erbunbenen  Sllu^barteiten 
(atö  in  meld^er  bie  SSoUIommenl^eit  befielet)  offenbar  gufäOig  unb  einer 
meifen  SBiOfür  beijumeffen,  ba  fte  im  ®egentl^eil  im  erfteren  %aU  notl^« 
menbig  ift  unb,  menn  nur  eine  Sauglid^Ieit  Don  ben  erttdl^nten  ber  Suft 

10  beigemeffen  mirb,  bie  anbere  unmigli<!^  baoon  gu  trennen  ift.  6ben  ba« 
burd^  bag  man  feine  anbere  Srt  bie  ä^oDIommenl^eit  ber  9latur  gu  be« 
urtl^eilen  einräumt,  atö  burd^  bie  Slnftalt  ber  SSeiS^eit  fo  mirb  eine  iebe 
ausgebreitete  ßinl^eit,  in  fo  fem  fie  offenbar  als  not^menbig  erfannt  n)irb, 
einen  gef&J^rlidjen  (Sintourf  auSmad^en.  3Bir  loerben  balb  fe^en,  ba^ 

15  nad^  unferer  SRetl^obe  aue  einer  fold^en  @in]^eit  gleid^iool^l  aud^  auf  bie 
g5ttli(^e  SBeidl^eit  gefd^Ioffen  mirb,  aber  nid^t  fo,  bag  fie  oon  ber  tteifen 
SSal^l  als  il^rer  Urfad^e,  fonbem  oon  einem  fold^en  @runbe  in  einem 
oberften  SBefen  hergeleitet  koirb,  meld^er  gugleid^  ein  ®runb  einer  großen 
Seidl^t  in  il^m  fein  mug,  mitl^in  »o^l  oon  einem  loeifen  SBefen,  aber 

sa  ni(^t  burd^  feine  3Sei«]^eit. 

2.  5Diefe  äRetbobe  ifl  nid^t  genugfam  pl^ilofopl^ifd^  unb  l^at  auc^ 
öfters  bie  Ausbreitung  ber  pl^ilofopl^tfd^en  (Srtenntni^  fel^r  gel^inbert. 
@o  balb  eine  9laturanftalt  |nü|lid^  ift,  fo  mirb  fte  gemeiniglid^  unmittel» 
bar  aus  ber  Sbftd^t  bes  g5ttlid^en  SBillenS,  ober  bod^  burd^  eine  befonberS 

35  burc^  j(unfi  oeranfialtete  Drbnung  ber  9latur  erfldrt;  entn)eber  meil  man 
einmal  ftc^  in  ben  Aopf  gefegt  l^at,  bie  SSirtungen  ber  !Ratur  gemäg  tl^ren 
aQgemein^en  ©efe^en  linnten  auf  fold^e  SSol^lgereimtl^eit  nid^t  auslaufen, 
ober  menn  man  einr&umte,  fte  l^dtten  au(^  fold^e  f^olgen,  fo  n)ürbe  biefes 
feigen  bie  SBotllommenl^eit  ber  Sßelt  einem  blinben  Ungefd^r  gutrauen, 

30  »oburd^  ber  gottlid^e  Url^eber  fel^r  mürbe  oerfannt  toerben.  S>a^tx  koerben 
in  ein^m  fold^en  f^alle  ber  SRaturforfd^ung  ©rengen  gefegt.  3)ie  emiebrigte 
Semunft  fielet  gerne  oon  einer  vetteren  Unterfud^ung  ab,  tteil  fie  fold)e 
l^ier  als  Sormi^  anfielet,  unb  baS  SSorurt^eil  ift  befto  gefd]^rlid)er,  »eil 
eS  ben  f^aulen  einen  SSorgug  oor  bem  unermübeten  f^orfd^er  giebt  burd^ 

35  bttt  Sormanb  ber  Slnbad^t  unb  ber  biUigen  Untenoerfung  unter  ben 
großen  Url^ber,  in  beffen  @rfenntni^  ft(^  alle  SBeiSl^eit  oereinbaren  mug. 
SRan  ergdl^lt  g.  @.  bie  Sinken  ber  ®ebirge,  beren  eS  ungd^lige  giebt,  unb 


120  Setoeidgrunb  au  einer  S)emonftTation  bed  Safeind  Gotted. 

fo  balb  man  beren  rec^t  t)iel  unb  unter  biefen  fold^e,  bie  bag  menfc^Iid^e 
®ef(]ble(^t  nid^t  entbehren  fann,  gufammen  gebracht  l^at,  fo  glaubt  man 
Urfa(]^e  gu  l^aben  fie  als  eine  unmittelbare  göttlid^e  Sln^alt  angufel^en. 
3)enn  fte  atö  eine  ^^olge  aud  aDgemeinen  SemegungSgefe^en  j^u  betraditen 
(meil  man  k)on  biefen  gar  nid^t  oermutl^et,  bag  fte  auf  f<^5ne  unb  nüj^Iid^e  & 
folgen  follten  eine  Segiel^ung  l^aben,  eS  mägte  henn  etma  Mn  ungefp^r 
fein),  baiS  mürbe  i^rer  SReinung  nai^  l^eigen,  einen  mefentlid^en  äSortl^il 
be<S  9Renfd)engef(!^Ied)td  auf  ben  blinben  SufaQ  anlommen  laffen.  ;.@ben 
fo  ift  es  mit  ber  Setrad^tung  ber  f^Ififfe  ber  @rbe  bemanbt.  ägen^  man 
bie  pb9itf(^t]^eoIogif(]^en  SBerf affer  ^ört,  fo  mirb  man  bal^in  gebjvad^t  {t(^  u) 
oorgufteDen,  il^re  Saufrinnen  rndren  aUe  oon  @ott  audge^i^It.  @&  J^i^t 
au(^  nic^t  pl^ilofopl^iren:  menn  man,  inbem  man  einen  jeben  einzelnen 
ä9erg  ober  jeben  eingelnen  Strom  atö  eine  befonbere  Slb^d)t  ®otted  bf» 
trat^tet,  bie  nac^  aUgemeinen  ©efe^en  nic^t  märbe  erreicht  toorben  fein, 
menn  man,  fage  i(!^,  aldbann  {td^  bie|enige  9RitteI  erftnnt,  beren  befonbe^  » 
ren  SSorle^rung  ftd)  ettoa  ©Ott  möchte  bebient  l^aben,  um  biefe  SnbiDibual» 
SBirtungen  l^eraug  ju  bringen.  S)enn  nad^  bemienigen,  koaS  in  ber  britten 
SBetrad^tung  biefer  Slbt^eilung  gegeigt  morben,  ift  bergleid^en  $robuct 
bennot^  in  fo  fern  immer  ubernatärlid^;  ja,  meil  ed  nid)t  nad^  einer  Dtb^ 
nung  ber  Slatur  (inbem  eS  nur  als  eine  einzelne  33egeben^eit  burc^  eigene  so 
Slnftalten  eiitftanb)  erllärt  toerben  lann,  fo  grünbet  ft(!^  ein  folc^eS  SSer« 
fahren  gu  urtl^eilen  auf  eine  Derfel^rte  SSorfteUung  oom  SSorguge  ber  3ta^ 
tur  an  jtd^  felber,  menn  fie  aud^  burd^  S^oang  auf  einen  eingelnen  f^all 
foQte  gelenft  toerben  mäffen,  »eld^ed  nat^  aUer  unferer  Sinjtd^t  als  ein 
SRittel  beS  Umfc^toeifS  unb  nid^t  als  ein  SSerfa^ren  ber  SBetSl^eit  fann  as 
angefe^en merben.*)  SSllS 9leQ) ton  burd^  untrfiglid^e  SBemeife  ft(^  ubergeugt 
l^atte,  bog  ber  @rbforper  bieienige  i^igur  l^abe,  auf  ber  aUe  burc^  ben 
3>re]^ungSfd^mung  oerdnberte  SRic^tungen  ber  Sd^koere  fenfred^t  ft&nben, 
fo  fc^lo^  er:  bie  @rbe  fei  im  Slnfange  flüfftg  gemefen  unb  l^abe  nac^  ben 


*)  (S(8  roöre  gu  wfinfc^eu,  bog  in  bergletc^en  SoQen,  roo  bie  Offenbarung  9laä^  3o 
ric^t  giebt/  bo%  eine  äBeltbegebenl^eit  ein  auBerorbentlic^ed,  göttlid^ei^  i^er^dngnig  fei, 
ber  S^orwi^  ber  $l^i(ofop^en  möchte  gemäßigt  roerben  i^re  pl^^fifc^e  (Sinfic^ten  ouS* 
auframen ;  benn  fie  t^un  ber  SReügion  gar  feinen  2)ienft  unb  ma^en  ed  nur  an)eifel- 
^aft,  ob  bie  ^egebenl^eit  nic^t  gar  ein  natürlicher  BufaH  fei;  roie  in  bemjenigen 
t^all,  ba  man  bie  Vertilgung  beS  ^eereS  unter  ©an^erib  bem  ^itibe  ©am^el  bei«  35 
mißt,  ^ie  ^l^ilofopl^ie  lommt  Riebet  gememiglic^  ind  4)ebrönge,  wie  in  ber  ^l^iflon^ 
fc^en  S^^eorie,  bie  aftronomifc^e  ^ometenfenntnig  5ur  3ibeler!iärung  ju  gebraut^. 


2.«btl^.  5.i8etr.  Uitanldngl^feitb.fieiodl^nl.üRetl^obeb.^l^^fßot^eoIogie.  121 

(S>efe|en  ber  @tatil  Dermitielft  ber  Umbreldung  gerabe  biefe  ©eftalt  ange« 
nommen.  (Sr  lannte  fo  gut  lote  fonft  jemonb  bie  SSortl^eile,  bie  in  ber 
j(ugdrunbung  eines  SSeltförperd  liegen,  unb  aud^  bie  ^5(^ft  nöt^ige  Slb* 
plattnng,  um  ben  nac^i^eiligen  folgen  ber  Sld^fenbre^ung  Dorjubeugen. 
5  S>it\t^  ftnb  indgefammt  Slnorbnungen,  bie  eines  meifen  Url^eberS  lourbig 
ftnb.  ©leid^ttol^l  trug  er  fein  Sebenlen  fte  ben  not^ioenbigfien  med^a- 
nifd^en  ®efe|)en  al&  eine  äBirfung  beijumeffen,  unb  beforgte  ni(]^t,  babei 
ben  großen  ^egierer  aDer  S)inge  aud  ben  äiugen  ju  oerlieren. 

6d  ift  alfo  anii  ficl^er  gu  oermut^en,  ba^  er  nimmermel^r  in  Sn« 

10  fel^ung  beS  Saued  ber  Planeten,  il^rer  Uml&ufe  unb  ber  SteDung  il^rer 
Greife  unmittelbor  ju  einer  göttli(t)en  Sinjialt  feine  3uPu(!^t  toürbe  ge» 
nommen  ^aben,  menn  er  nid)t  geurt^eilt  l^dtte:  bag  l^ier  ein  med^onifd^er 
Urf{)rung  unmöglich  fei,  nid^t  megen  ber  Ungul&nglitl^reit  berfelben  jur 
Stegelm&gigleit  unb  Drbnung  äberl^aupt  (benn  marum  beforgte  er  nic^t 

u  biefe  Untauglit^feit  in  bem  oorl^er  eno&l^nten  i^aDe?),  fonbern  koeil  bie 
$immeldrdume  leer  ftnb,  unb  feine  ®emeinfd^aft  ber  S^irfungen  ber  Pla- 
neten ineinanber,  il^re  Greife  gu  ftellen,  in  biefem  Suftanbe  mbglid^  ift. 
Senn  ed  il^m  tnbeffen  beigefaQen  märe  gu  fragen,  ob  {te  benn  aud^  ieber- 
geit  leer  gemefen,  unb  ob  nid^t  menigftenS  im  adererften  ßuftanbe,  ba 

so  biefe  äidume  oielleid^t  im  Sufammenbange  erfüllt  maren,  biejenige  9Bir« 
fung  möglid^  geioefen,  beren  folgen  ftd^  feitbem  erl^alten  l^aben,  menn  er 
oon  biefer  a&eralteften  93efd^affenl^eit  eine  gegrünbete  SSermui^ung  ge- 
l^abt  l^ätte,  fo  tann  man  oerftd^ert  fein,  bag  er  auf  eine  ber  ^^ilofop^ie 
gegiemenbe  8rt  in  ben  aQgemeinen  medljanifd^en  ©efe^en  bie  ®rünbe  oon 

S5  ber  93efd^affen^eit  bed  SSeltbaueS  gefuc^t  l^aben  kofirbe,  o^ne  beSfaHd  in 
Sorgen  gu  fein,  bag  biefe  Srflärung  ben  Urfprung  ber  äBelt  aus  ben 
Rauben  beS  Schöpfers  ber  SRad^t  bes  Ungefd^rS  überlieferte.  3)aS  be- 
rühmte Seifpiel  beS  9{emton  barf  bemnac^  nid^t  bem  faulen  SSeilrauen 
gum  SSonoanbe  bienen,  eine  übereilte  Berufung  auf  eine  unmittelbare 

so  g5ttlt(!^e  Slnftalt  für  eine  ßrtldrung  in  pl^ilofop^if(!^em  ©efc^made  au9» 
gugeben. 

äberl^aupt  l^aben  freilid^  ungdl^lbare  Snorbnungen  ber  9lätur,  ba  fte 
na<!^  ben  aQgemeinjten  ©efe^en  immer  nod^  gufdUig  ftnb,  feinen  anbern 
®runb  als  bie  meife  Slbfid^t  beSjenigen,  ber  gemollt  l^at,  bog  |te  fo  unb 

35  nid^t  anberS  oerfnüpft  loerben  foUten.  9ber  man  fann  nid^t  umgefel^rt 
fd^liegen:  oo  eine  natürliche  Serfnüpfung  mit  bemienigen  übereinftimmt, 
loaS  einer  meifen  äSSa^l  gemdg  ift,  ba  ift  fie  au(^  na(^  ben  ungemeinen 


122  SBewetdgrunb  au  ehter  ^etnonflvatiott  bed  S)afeind  ®otte«. 

SBirtungSgefe^en  ber  9{atur  gufAQig  unb  burd^  lünftlid^e  fSrfigung  auger« 
orbentlid^  fejl  gefegt  loorben.  @<S  fann  bei  biefer  Srt  gu  benfen  jid^  öfters 
gutragen,  bag  bie  ßn^edCe  ber  ®efe^e,  bie  man  {t(|  einbilbet,  unrichtig  ftnb, 
unb  bann  l^at  man  auger  biefem  Srrtl^ume  noc^  ben  Sd^aben,  bag  man 
bie  toirtenbe  Urfacl^en  vorbeigegangen  iß  unb  jtd^  unmittelbar  an  eine  Sb^  s 
ftd^t,  bie  nur  erbid^tet  ifi,  gel^alten  l^at.  ©ägmild^  l^atte  el^ebem  t)ermeint, 
ben  ®runb,  marum  me^r  Andbc^en  aie  9Rägbd)en  geboren  »erben,  in 
biefer  Sbfid^t  ber  äSorfe^nng  gu  ftnben,  bamit  burd^  bie  größere  S^^I 
berer  oom  9Ranndgefd)Ied^te  ber  SSerluft  ergdngt  merbe,  ben  biefeS  ®e- 
fd^Ied^t  burdb  j(rieg  unb  gef&l^rlidbere  llrten  bed  ®emerbee  Dor  bem  anbem  lo 
erleibet.  SlUein  burd^  fpdtere  9eobad)tttngen  mürbe  eben  biefer  forgfdltige 
unb  vernünftige  5Wann  belel^rt:  bafe  biefer  ftberfd^ug  ber  Ändbc^en  in  ben 
Salären  ber  JSinbl^eit  burd^  ben  Sob  fo  meggenommen  merbe,  bag  nod^ 
eine  geringere  ßa^I  mdnnlid)en  atö  bie  bed  meiblic^en  ®efd^le<^t8  in  bie 
^üf)xt  gelangen,  mo  bie  voriger  ermdftnte  Urfad^en  aUererfi  ®ränbe  bed  is 
aSerluft^S  entl^alten  lönnen.  3Ran  l^atUrfad^e  gu  glauben,  bag  biefe3Sert^ 
»ürbigleit  ein  2fatt  fei,  ber  unter  einer  Diel  aügemeinern  SRegcl  ftel^en 
mag,  ndmlid^  bag  ber  ftdrtere  ^t\l  ber  SRenfd^enarten  aud^  einen  grige« 
ren  Sutl^eil  an  ber  S^ugungetl^dtigleit  ^abe,  um  in  btn  beiberfeitigen 
^robttcten  feine  eigene  8rt  fibermiegenb  gu  mad^en,  bag  aber  bagegen,  so 
meil  me^r  bagu  gel^ört,  bag  etmaS,  meldte«  bie  ®runblage  gu  grigerer 
SSoüIommenl^eit  l^at,  aud)  in  ber  SuSbilbung  aQe  gu  @rrei(^ung  berfelben 
gel^örige  Umftdnbe  antreffe,  eine  gröfeete  Qalil  berer  Don  minber  üolt 
lommener  Srt  ben  ®rab  ber  SSoUftdubigfeit  erreichen  merbe,  als  ber« 
jenigen,  gu  beren  SSoQftdnbigteit  mel^r  ßufammentreffung  Don  ®rfinben  a& 
erforbert  mirb.  @S  mag  aber  mit  biefer  Siegel  eine  Sefc^affenl^eit  l^aben, 
meldte  eS  moUe,  fo  lann  man  l^iebei  menigfienS  bie  ünmerlung  mad^en: 
bag  es  bie  @rmeiterung  ber  p^ilofopl^ifd^en  ßinftd^t  l^inbere,  ft(^  an  bie 
moralifd^e  ®rünbe,  baS  iji,  an  bie  Srlduterung  auS  Stt)ed(en,  gu  menben, 
ba  mo  es  not^  gu  oermutl^en  ifl,  bag  pl^9|tfd^e  ®rünbe  burd^  eine  Ser«  so 
tnäpfung  mit  notl^menbigen  aDgemeineren  ®efe^en  bie  iSrolge  beftimmen. 
3.  2)iefe  Sßet^obe  fann  nur  bagu  bienen,  einen  Url^eber  ber  93er> 
Inüpfungen  unb  f&nftlid)en  Sufammenfügungen  ber  SBelt,  aber  nid^t  ber 
9Raterie  felbft  unb  ben  Urfprung  ber  33eftanbt^eile  beS  Univerfum  gu  be* 
metfen.  S)iejer  betrdc^tUd^e  ^el^ler  mug  alle  biefenige,  bie  ftc^  i^rer  aDein  ss 
bebienen,  in  ®efa^r  beS^enigen  S^rtl^umS  laffen,  ben  man  ben  feineren 
^tt^eiSmuS  nennt,  unb  nac^  meld^em  ®ott  im  eigentlichen  SBerftanbe  als 


2.  WAf^.    6.  Setr.    ^etbefTerte  SRei^obe  bet  $^9fi!oi^eolo9ie.         ]  23 

ein  Serhnetfter  unb  nicj^t  ald  ein  Sd^öpfer  ber  SSelt,  ber  gtoar  bie  SRa:» 
terie  georbnet  unb  geformt,  nid^t  aber  l^erDorgebrod^t  unb  erfd^affen  Ijat, 
angefel^en  merbe.  3)a  id^  biefe  Ungulänglid^leit  in  ber  näd^flen  Setroc!^* 
tung  erm&gen  toerbe,  fo  begnüge  id^  mid^  fte  l^ier  nur  angemerlt  gu  l^aben. 

5  Übrigens  bleibt  bie  gebQd)te  SRetl^obe  iebergeit  eine  berfenigen,  bie 
fomol^I  ber  SSfirbe  als  aud^  ber  Sd^mdd^e  bes  menfd^Iid^en  SSerjianbed  am 
meiften  gem&g  ftnb.  @d  ftnb  in  ber  Sll^at  ungäl^lbare  Unorbnungen  in  ber 
9tatur,  beren  näd^fier  ®runb  eine  (Snbabftd^t  il^reS  Url^eberd  fein  mu|, 
unb  es  ift  ber  leid^tefle  SBeg,  ber  auf  il^n  fül^rt,  menn  man  bieienige  Sn» 

10  ftalten  ermdgt,  bie  feiner  SBeiSl^eit  unmittelbar  untergeorbnet  ^nb.  2)a« 
l^er  ift  eS  biQig  feine  Semä^ungen  oielmel^r  barauf  gu  menben  jte  gu  er« 
gdngen  als  angufed^ten,  il^re  f^el^Ier  gu  Derbeffern  als  fte  um  beSmiÜen  ge« 
ringfd^ä|ig  gu  l^alten.  2)ie  folgenbe  93etrad^tung  foQ  ftd^  mit  biefer  Hb» 
{td)t  befc^&ftigen. 

15  @e^fte  99etTa^tttng« 

^erbefferte  3J2et^obe  ber  ^^^füotl^eologie. 

1. 

Drbnung  unb  Snftdnbigleit,  menn  fie  glet<^  notl^ttenbig  i{l, 
begeid^net  einen  k)erftdnbigen  Urheber. 

30  6S  lann  nid^ts  bem  ®ebanfen  Don  einem  gittUd)en  Url^eber  beS 
UniDerfum  nadbtl^eiliger  unb  gugleid^  unvernünftiger  fein,  als  toenn  man 
bereit  ift  eine  groge  unb  frudtitbare  Sftegel  ber  Slnftänbigfeit,  9lu^bar!eit 
unb  Ubereinftimmung  bem  ungefdl^ren  ^n^aVi  beigumeffen;  bergleid^en 
baS  @linamen  ber  Sltomen  in  bem  Sel^rgebdube  beS  3)emofrituS  unb 

2s  epifurS  mar.  D^ne  bog  id^  mid^  bei  ber  Ungereimtheit  unb  oorfe^Iidben 
äSerblenbung  biefer  Srt  gu  urt^eilen  Dertoeile,  ba  fte  genugfam  oon  an« 
bem  ift  augenfd^einlid^  gemacht  toorben,  fo  bemerle  id^  bagegen:  bag  bie 
mal^rgenommene  Slot^menbigleit  in  Segiel^ung  ber  S)inge  auf  regelmdgige 
Serfnfipfungen  unb  ber  Sufammen^ang  nu^Iic^er  ©efej^e  mit  einer  not^« 

30  iDenbigen  @in]^eit  eben  fomol^I  als  bie  gufdOigfie  unb  miOfürlic^fte  anftalt 
einen  SemeiStl^um  t)on  einem  meifen  Url^eber  abgebe;  obgleidb  bie  Slb- 
l^dngigleit  Don  i^m  in  biefem  ©efid^tspunfte  auf  anbere  9lrt  mug  oorge« 
^ellt  merben.  Um  biefeS  gel^orig  eingufe^en,  fo  merte  ic^  an:  bag  bie 
brbnung  unb  t>{elfdltige  oortl^eil^afte  ßufammenftimmung  überhaupt 


124  SetoeÜSgrunb  ju  einer  2)emonfhation  be«  S)afetttiS  Q^oiM. 

einen  Derfiänbigen  Url^ber  begeid^net,  nod^  el^e  man  boron  benit,  ob  biefe 
Sejte^ung  ben  2)ingen  notl^menbig  ober  gufdSig  fei.  Slod^  ben  Urtl^eilen 
ber  gemeinen  gefunben  SSernunft  \)at  bie  Sbfolge  ber  äSeltoeronberungen, 
ober  biejenige  SBer{nä)}fung,  an  beren  @telle  eine  anbere  m5gU(%  toor,  ob 
{te  glei(!^  einen  Karen  SSemeiSgrunb  ber  Suf&Higleit  an  bie  ^anb  giebt,  5 
menig  SSirtung,  bem  93erftanbe  bie  Sermutl^ung  eined  Url^eberd  gu  oer« 
anlaffen.  68  mirb  bagu  ^l^ilofop^ie  erforbert,  unb  felbft  beren  ©ebraud^ 
tft  in  biefem  f^aDe  Dermidelt  unb  fd^Ifl^ferig.  S)agegen  mad^t  gro^e  Siegel» 
magigleit  unb  SBo^Igereimt^eit  in  einem  oielftimmid^ten  iparmonifd^en 
ftu^ig,  unb  bie  gemeine  Vernunft  felbft  fann  fte  ol^ue  einen  oer^dnbigen  10 
Url^eber  nimmer  möglid^  ftnben.  S)ie  eine  Siegel  ber  Snft&nbtgfeit  mag 
in  ber  anbem  fd^on  mefentli(!^  Hegen,  ober  miOfürlid^  bamit  oerbunben 
fein,  fo  finbet  man  ed  gerabe  gu  unmSglid^,  bag  Orbnung  unb  Siegel« 
mägigfeit  entmeber  oon  Ungefdl^r,  ober  aud^  unter  oiel  3)ingen,  bie  i^r 
oerfd^iebened  S)afein  ^aben,  fo  oon  felbft  foQte  ftatt  finben,  benn  uimmer«  is 
meliir  ift  ausgebreitete  {)armonie  o^ne  einen  oerftänbigen  ©runb  i^rer 
SRöglid^feit  nad^  gureid^enb  gegeben.  Unb  l^ier  äugert  ftd^  alSbalb  ein 
groger  Unterfd^ieb  gmifd^en  ber  Slrt,  mie  man  bie  SSoQfommenl^eit  il^rem 
Urf))runge  nad^  gu  beurt^eilen  l^abe. 

2.  90 

Slotl^toenbige  Drbnung  ber  üRatur  begeid^net  felbft  einen 
Url^eber  ber  SRaterie,  bie  fo  georbnet  ift. 

3)ie  Drbnung  in  ber  9latur,  in  fo  fern  fte  ald  gufdUig  unb  au8  ber 
SßiDIür  eines  oerftdnbigen  Sßefend  entfpringenb  angefe^en  mirb,  ift  gar 
lein  Semeis  baoon,  bag  aud^  bie  S)inge  ber  Slatur,  bie  in  fold^er  Orb«  25 
nung  nad^  SBetS^eit  oertnüpft  ftnb,  felbft  Don  biefem  Url^eber  i^r  S)afein 
l^aben.  3)enn  lebiglid^  biefe  äSerbinbung  ift  fo  bemanbt,  bag  fie  einen  oer« 
ftdnbigen  $lan  oorauSfe^t,  ba^er  aud^  SlriftoteleS  unb  Diele  anbere  $^Uo« 
fo))^en  beS  Sltertl^umS  nid^t  bie  SRaterie  ober  ben  @tof[  ber  Slatur,  fon« 
bern  nur  bie  gorm  oon  ber  ©ottl^eit  l^erleiteten.  SSielleid^t  nur  feit  ber  so 
Seit,  als  uns  bie  Offenbarung  eine  ooUfommene  8lb^dngigleit  ber  SSelt 
oou  ©Ott  geleiert  l^at,  l^at  auc^  aUererft  bie  SSeltmeiS^eit  bie  gehörige  föt» 
mä^ung  baran  gemanbt,  ben  Urf))rung  ber  S)inge  felbft,  bie  ben  ro^en 
3eug  ber  9latur  auSmad^en,  als  fo  etmaS  gu  betrad^ten,  maS  o^ne  einen 
Urheber  nid^t  mögUd^  fei.  Sd^  gmeifle,  baB  eS  iemanben  l^iemit  gelungen  95 


2.  mt^.    6.  Setr.    Oerbefferte  ^tif^obt  ber  ^^^fifot^eolo^ie.         125 

jei,  unb  id^  loerbe  in  ber  legten  Sbtl^eilung  (Srfinbe  meinet  Urtl^eitö  an^ 
fül^ren.  ßum  minbeften  tann  bie  gufänige  Orbnung  ber  Steile  ber  äßelt, 
in  fo  fern  fte  einen  Urfprung  ouS  SBiOffir  angeigt,  gar  nid)t8  gum  SBe» 
loeife  baDon  beitragen.  Q,  (S.  Sn  bem  93au  eined  S^ierS  pnb  ©liebmagen 

5  ber  {tnnlid^en  gmpfinbung  mit  benen  ber  miDfürlid^en  SBeioegung  unb 
ber  £ebenät^eile  fo  fünftlid^  oerbunben,  bag  man  bod^aft  fein  mug  (benn 
fo  unüemünftig  fann  ein  ^enfd^  nid^t  fein),  fo  balb  man  barauf  gefül^rt 
mirb  einen  meifen  Url^eber  gu  oerfennen,  ber  bie  SRaterie,  baraud  ein 
tl^ierifd^er  Stbxpzx  gufammen  gefegt  ift,  in  fo  Dortrefflid^e  Drbnung  ge» 

10  brad^t  l^at.  9Rel^r  folgt  ^ierauS  gar  nic^t.  Ob  biefe  SRaterie  für  fic^  emig 
unb  unabhängig,  ober  aud^  oon  eben  bemfelben  Urheber  ^ert)orgebrad)t 
fei,  bad  ift  barin  gar  nid^t  entf^ieben.  ®ang  anberS  aber  fällt  bad  Ur» 
tl^eil  aus,  menn  man  mal^rnimmt,  bag  nid^t  aQe  SlaturooSfommen^eit 
ffinftlid^,  fonbern  Siegeln  t)on  groger  9lu^barfeit  aud^  mit  notl^ioenbiger 

15  ein^eit  Derbunben  pnb,  unb  biefe  93ereinbarung  in  ben  3R5glid^feiten  ber 
S>inge  felbft  liegt.  SBaS  foU  man  bei  biefer  SSa^rnel^mung  urtl^eilen?  3ft 
biefe  Sin^eit,  biefe  frud^tbare  SBo^Igereimt^eit  ol^ne  Slb^ängigfeit  t)on 
einem  loeifen  Url^eber  m5glid)?  S)ad  formale  fo  groger  unb  oielfältiger 
äiegelmägigfeit  oerbietet  biefed.   3Beil  inbeffen  biefe  Sinl^eit  gteic^mo^l 

90  felbft  in  ben  3RögIid^feiten  ber  S)inge  gegrfinbet  ift,  fo  mug  ein  meifed 
Sßefen  fein,  o^ne  meld^ed  aOe  biefe  Staturbinge  felbft  nid^t  möglid^  finb, 
unb  in  toeldbem  ald  einem  großen  ©runbe  fid^  bie  Sßefen  fo  mand^er  Sla^» 
turbinge  gu  fo  regelmäßigen  93egie][)ungen  oereinbaren.  9ll8bann  aber  ift 
tlar,  bag  nidbt  allein  bie  Slrt  ber  SSerbinbung,  fonbern  bie  S)inge  felbft 

^  nur  burd^  biefed  SBefen  möglid^  finb,  baS  ift,  nur  als  Sßirtungen  oon  i^m 
ejriftiren  fönnen,  meld^ed  bie  oöllige  8lbbängigfeit  ber  Slatur  oon  ®ott 
allererft  l^inreid^enb  gu  erfennen  giebt.  f^rägtman  nun:  loie  bangen  biefe 
Staturen  oon  fold^em  SBefen  ab,  bamit  ic^  barauS  bie  Übereinftimmung 
mit  ben  Siegeln  ber  SBei^b^it  oerfte^en  fönne?   34  anmorte:  fie  l^ängen 

so  oon  bemienigen  in  biefem  SBefen  ab,  mad,  inbem  ed  ben  ®runb  ber  3R5g« 
lidbteit  ber  3)inge  entl^ält,  aud^  ber  @runb  feiner  eigenen  Sßeidbeit  ift; 
benn  biefe  fe^t  überhaupt  jjene  oorauiS.*)   Sei  biefer  ßin^eit  aber  bed 

*)  fDie  SBeid^eit  fe^t  ooroud:  ba%  äbereinfttmmung  unb  (^tn^eit  in  ben  Se- 

jie^ungen  mögli^  fei.  2)QSjeniQe  SBefen.  roeld^ed  Don  DöQig  unabhängiger  9{atur  ift, 

35  fann  nur  roetfe  fein,  in  fo  fern  in  i^m  ®rftnbe,  felbft  fol^er  ntöglicben  Harmonie 

unb  8onfommen^eiten,  bie  feiner  Sludfft^rung  fid)  barbieten,  entboUen  finb.   fB&re 

in  ben  9}5gU4(eiten  ber  2)inge  (eine  folc^e  Seaie^ung  auf  Drbnung  unb  9)oII(ommen- 


126  Semddorunb  au  einer  S)emonfhotton  bed  S)afeittd  Ootted. 

(SrunbeS  fott)0^l  beS  SßefenS  aller  S)inge,  ald  ber  SSeiS^ett,  ®äte  unb 
aRod^t  ift  ed  not^roenbig:  ba^  aOe  aRögl^feit  mit  biefen  ßigenfc^aften 
j^armonire. 

3. 
SftcQeln  ber  oerbefferten  Wetl^obe  ber  $^9fi(otl^eologie.       5 

3(^  faffe  {te  in  folgenbem  lurj  {ufammen:  S)ur(j^  bad  3utratten  auf 
bie  $ru(!^tbarfeit  ber  aQgemeinen  9laturgeje^e  megen  i^rer  8[b^ängigfeit 
Dom  göttlid^en  Sßefen  geleitet,  fu(!^e  man 

1.  S)te  Urfad^e  felbft  ber  Dort^eil^afteften  SBerfaffungen  in  fold^en 
aKgemeinen  ®efe^en,  bie  mit  einer  not^menbigen  (Sinl^eit  auger  anbern  10 
anft&nbigen  folgen  aud^  auf  bie  {)erDorbringung  biejer  3Birtungen  in 
Segiel^ung  jle^en. 

2.  SRan  bemerte  bas  Sßotl^rDenbige  in  biefer  Serfnüpfung  oerfd^ie« 
bener  Sauglid^Ieiten  in  einem  ®runbe,  tt)eil  fomol^I  bie  Srt,  um  baraud 
auf  bie  ab^&ngigteit  t)on  ®ott  gu  fd^Iiegen,  t)on  berfenigen  üerfd^ieben  ift,  15 
tt)eld)e  eigentU4  bie  fünftltd^e  unb  gemäl^Ite  (Sinl^eit  gum  Slugenmerf  l^at, 
ald  auc^  um  ben  @rfoIg  nad^  beftänbigen  unb  notl^menbigen  ®efe^en  t)om 
ungefähren  Qvi\aVi  ju  unterfc^eiben. 

3.  SRan  Dermutl^e  nid^t  aDein  in  ber  unorganifd^en,  fonbem  auc^  ber 
organijirten  9latur  eine  größere  not^menbige  @in^eit,  atö  fo  gerabe  gu  in  ao 
bie  Slugen  fdUt  S)enn  felbft  im  Saue  eines  Stieres  ift  gu  uermut^en: 
bag  eine  einjige  Sntage  eine  frud)tbare  Sauglid^Ieit  gu  üiel  t)ortl^eil^aften 
Solgen  ^aben  merbe,  mogu  mir  anfänglich  oielerlei  befonbere  Slnftalten 
nStl^ig  finben  möchten.  S)iefe  Slufmerlfamfeit  ift  fomol^l  ber  $^ilofop^ie 
fe^r  gemäg,  als  aud^  ber  ))^9ftf(!^«tl^eologifd^en  f^olgerung  üortl^eill^aft.      as 

4.  SRan  bebiene  ftc^  ber  o^enbar  tünftlid^en  Drbnung,  um  barauS 
auf  bie  SBeii^l^eit  eines  Url^eberS  als  einen  ©runb,  ber  mefentlid^en  unb 
notl^menbigen  @in][)eit  aber  in  benSlaturgefe^en,  um  baraud  auf  ein  meifeS 
Sßefen  als  einen  ©runb,  aber  nid^t  Dermittelft  feiner  SßeiS^eit,  fonbern 
Dermöge  beSienigen  in  il^m,  maS  mit  biefer  ^armoniren  mug,  gu  fc^liegen.  » 

5.  SRan  fd^liege  auS  ben  gufdlligen  SSerbinbungen  ber  SSelt  auf 
ben  Url^eber  ber  Slrt,  mie  baS  Unioerfum  gnfammengefügt  ift,  oon  ber 


(ett  befinbU^r  fo  toäxt  Betd^eit  eine  (S^imöre.  S&re  ober  btefe  SRögUd^feit  in  htm 
roeifen  SBefen  nic^t  felbft  gegrünbet,  fo  fdnnte  biefe  äBeiS^eit  nimmermehr  in  oOer 
Hbfi^t  unabl^Angtg  fein.  35 


AJ 


^Ik 


2.  nif^    6.  Setr.    9erbeiferie  äJlet^obe  ber  ^^ftfotl^eologie.         127 

not^ttenbigen  (Sinl^eit  aber  auf  eben  baffelbe  SBefen  als  einen  Urheber 
{ogar  ber  SRaterie  unb  beiS  ®ninbftoffeiS  aQer  9{aturbinge. 

6.  3Ran  enoeitere  biefe  SRet^obe  burd^  allgemeine  Siegeln,  meldte 
bie  ®ränbe  ber  Sßol^Igereimt^eit  besientgen,  mad  med^anifc^  ober  aud^ 
5  geometrifd^  not^roenbig  ift,  mit  bem  Sejten  bed  (Sanjen  fönnen  oerftänb^ 
lid^  mad^en,  unb  oerabfdume  nid^t,  felbjt  bie  ßigenfd^aften  bed  StaumeS 
in  biefem  (Sefid^töpunfte  ju  ertodgen  unb  aud  ber  ßinl^ett  in  bem  großen 
ÜRannigfaltigen  beffelben  ben  ndmlic^en  ^auptbegriff  gu  erldutern. 

4. 
10  (Srlduterung  biefer  Siegeln. 

3d^  toiU  einige  Seifpiele  anfuhren,  um  bie  gebadete  SRetl^obe  Der« 
fldnblid^er  ju  mad^en.  S)ie  ®ebirge  ber  @rbe  {tnb  eine  ber  nü^Iid^ften 
Serfaffungen  auf  berfelben,  unb  Surnet,  ber  pe  ffir  nid^tS  SefferS,  als 
eine  milbe  S^encüjlnng  gur  ©träfe  unf  erer  @ünbe  anfielet,  ^at  ol^ne  3n>eifel 

y^  Unrecht.  9lad^  ber  gett)5^nUd^en  SRetl^obe  ber  ^^^fitotl^eologie  merben  bie 
ausgebreitete  SBortl^eile  biefer  Sergfiredten  erjd^lt,  unb  barauf  merben 
fie  als  eine  göttliche  Slnftalt  burd^  gro^e  SBeiSl^eit  um  fo  t)ielfdltig  abge« 
gielter  Sinken  mitten  angefe^en.  9la(^  einer  folc^en  Srt  gu  urtl^eilen  mirb 
man  auf  bie  (Sebanlen  gebrad^t :  ba^  aDgemeine  ®efe^e  ol^ne  eine  eigene 

20  Iflnftltd^e  Snorbnung  auf  biefen  t!all  eine  folc^e  ®eftalt  ber  Srbfldd^e 
nid^t  gumege  gebrad^t  l^dtten,  unb  bie  ^Berufung  auf  ben  aQmdd^tigen 
SSillen  gebietet  ber  forfd^enbenSemunft  ein  ehrerbietiges  Sd^meigen.  S)a« 
gegen  ifi  nad^  einer  beffer  untermiefenen  S)enIungSart  ber  9lu^e  unb  bie 
6(65nl^eit  biefer  9laturanftalt  gar  fein  ®runb,  bie  allgemeine  unb  ein« 

25  fdttige  SBirfungSgef e^e  ber  ÜRaterie  Dorbei  gu  gelten,  um  biefe  93erfaffung 
nid^t  als  eine  Siebenfolge  berfelben  angufel^en.  6S  m5d^te  oielleid^t  fd^mer 
anSgumac^en  fein:  ob  bie  j^ugelfigur  ber  6rbe  äberl^aupt  nid^t  oon  noc^ 
betrdd^tlid^erem  SSortl^eile  unb  mic^tigem  f^olgen  fei,  als  biefenigen  Un« 
eben^eiten,  bie  i^re  Dberfldd^e  oon  biefer  abgemeffenen  Slunbung  etmaS 

30  abmeieren  mad^en.  ®leid^mo^l  finbet  fein  $^ilofo))][)  einiges  Sebenfen  fie 
als  eine  Sirtung  ber  aDgemeinften  ftatifd^en  ®efe^e  in  ber  allerdlteften 
(Spod^e  ber  Seit  angufel^en.  SSarum  foKten  bie  Ungleid^^eiten  unb  iper« 
i^orragungen  nid^t  aud^  gu  fold^en  natürlid^en  unb  ungefünftelten  Sßir* 
lungen  gehören?  (SS  f(^eint:  bag  bei  einem  leben  großen  äßeltförper  ber 

a&  Sttfianb,  ba  er  aus  ber  Slftffigleit  in  bie  f^eftigteit  allmd^lig  äberge^t, 


128  Semd^grunb  au  einet  S)emonflratioit  bed  2)afein)S  d^otte^. 

fel^r  not^menbig  mit  ber  Srgettgung  loettlduftiger  ^bJfien  Derbunben  fei, 
bie  ftd^  unter  feiner  fd^on  gel^ärteten  SRinbe  finben  mfiffen,  menn  bie  leicft^ 
teften  ÜRaterien  feines  inttenbigen,  nod^  ftüffigen  j^lumpend/  barunter 
Quc^  bie  Suft  ift,  mit  aOmä^Uger  Slbfonberung  unter  biefen  empor  jteigen, 
unb  bog,  ba  bie  SSeitläuftigfeit  biefer  $5^Ien  ein  äSer^dltntg  gu  ber  ©röge  s 
bed  äSeltförperS  l^aben  mug,  bie  (Sinpnlungen  ber  fefien  ©emölbe  eben 
fo  tt)eit  ausgebreitet  fein  merben.  @elbjt  eine  Srt  Don  Stegelmä^igteit, 
menigftenS  bie  j^ettenreil^e  biefer  Unebenheiten,  barf  bei  einer  fold^en  @r« 
geugungSart  nid^t  fremb  unb  unerwartet  f feinen.  S)enn  man  meig,  bag 
baS  Sluffteigen  ber  leidsten  8rten  in  einem  großen  ©emifd^e  an  einem  lo 
Drte  einen  @inf[ug  auf  bie  nämlid^e  Semegung  in  bem  bena(!^barten 
3:i^eile  beS  ®emengfels  l^abe.  34  '^^itte  mi(^  bei  biefer  SrflärungSart 
nic^t  lange  auf,  mie  ic^  benn  alliier  feine  Sbftd^t  l^abe,  einige  (Srgebenl^eit 
in  Snfe^ung  berfelben  gu  begeigen,  fonbern  nur  eine  {(eine  @rläuterung 
ber  SRetl^obe  gu  urt^eilen  burd^  biefelbe  bargulegen.  15 

S)aS  gange  fejle  Sanb  ber  @rbe  ifi  mit  ben  Saufrinnen  ber  @tröme 
als  mit  $urd^en  auf  eine  fel^r  üortl^eill^afte  8rt  burd^gogen.  6s  {tnb  aber 
aud^  fo  Diel  Unebenheiten,  S^&Ux  unb  flache  ®egenben  auf  allem  fefien 
Sanbe :  bag  eS  beim  erften  Snblidt  fd^eint  notl^menbig  gu  fein,  bag  bie  5ta« 
näle,  barin  bie  Sßaffer  berfelben  rinnen,  befonberS  gebauet  unb  georbnet  so 
fein  muffen,  mibrigenfalld  nad^  ber  Unregelmägigteit  alles  übrigen  SobenS 
bie  Don  ben  ^b^en  laufenbe  äSaffer  n)eit  unb  breit  auSfc^meifen,  Diele 
^l&d^en  äberfc^emmen,  in  2;^älern  @een  mad^en  unb  baS  Sanb  e^er  tt)ilb 
unb  unbraud^bar  als  fd^bn  unb  mol^lgeorbnet  mad^en  müßten.  SBer  mirb 
nid^t  ^ier  einen  großen  Unfd^ein  gu  einer  nötl^igen  augerorbentlic^en  Ser«  35 
anfialtung  gemal^r?  Snbeffen  mürbe  aUer  9laturforfd)ung  über  bie  Ur« 
fad^e  ber  Qttbm  burd^  eine  angenommene  übernatürliche  Slnorbnung  ein 
Snbe  gemod^timetben.  SBeil  id^  mid^  hingegen  biefe  8lrt  ber  Sfiegelmdgig^ 
leit  nid^t  irre  md(j^eii.laffe  unb  nidbt  fogleid^  i^re  Urfad^e  au^er  bem  93e« 
girl  allgemeiner  med^anifd^er  ©efe^e  ermarte,  fo  folge  id^  ber  93eobad)tung,  30 
um  barauS  etmas  auf  bie  SrgeugungSart  biefer  Ströme  abgunel^men.  ^c^ 
merbe  gemal^r:  bag  oiele  f^lut^betten  ber  Ströme  ft(^  noc^  bis  j[e^t  auS« 
bilben,  unb  bag  fie  il^re  eigene  Ufer  erl^öl^en,  bis  fte  baS  umliegenbe 
Sanb  nid^t  me^r  fo  fel^r  mie  el^ebem  überfd^memmen.  S^^  n)erbe  gemig, 
bag  ade  Ströme  Dor  SlterS  mirflid^  fo  auSgef(!^meift  ^aben,  als  mir  be»  S5 
forgten,  bag  fie  eS  ol^ne  eine  augerorbentlid^e  Slnftalt  tl^un  müßten,  unb 
ijCl^  nel^me  barauS  ab,  bag  leine  fold^e  augerorbentlid^e  (Sinrid^tung  j[emals 


2.  ^Xbi%.    6.  Seit.    Serbeiferte  ^ttS^obt  ber  ^l^füotl^eotodie.         129 

vorgegangen  fei.  2)er  Smogonenftrom  geigt  in  einer  @tred(e  Don  einigen 
l^unbert  SReilen  beutUd^e  Spuren,  bag  er  e^ebem  lein  eingefd^rdntteS 
^lut^bette  gehabt,  fonbern  meit  unb  breit  baS  Sanb  äberfd^memmt  l^aben 
muffe;  benn  bad  Srbreid^  gu  beiben  Seiten  ifi  bid  in  groge  äßeiten  flad^ 

5  mie  ein  @ee  unb  befte^t  aud  ^lugfd^Iamm,  mo  ein  Jhefel  eben  fo  feiten 
ift  mie  ein  3)emant.  @ben  boffelbe  finbet  man  beim  SRifftfftppi.  Unb  über« 
^aupt  geigen  ber  31x1  unb  anbere  Ströme,  bag  bief  e  JCandle  mit  ber  S^it 
Diel  meiter  verlängert  Sorben,  unb  ba  tt)o  ber  Strom  feinen  Sudflu^  gu 
l^aben  fd^ien,  tteil  er  ^6i  nal^e  gur  See  fiber  ben  flad^en  Soben  ausbreitete, 

10  bauet  er  aUm&l^Ud^  feine  Saufrinne  aud  unb  fliegt  weiter  in  einem  Der« 
Idngerten  ^lutl^bette.  Sldbann  aber,  nad^bem  id^  burd^  (Srfabrungen  auf 
bie  Spur  gebrad^t  loorben,  glaube  id^  bie  gange  3)ted^anil  oon  ber  Silbung 
ber  f^Iutl^rinnen  aller  Ströme  auf  folgenbe  einfältige  ®ränbe  bringen  gu 
tonnen.  S)aS  oon  ben  {)ö^en  laufenbe  DueQ«  ober  9ftegeniDaf[er  ergog  {td^ 

15  anfdnglid^  nad^  bem  Sb^ang  bed  SobeniS  unregelmäßig,  füQte  mand^e 
Sedier  an  unb  breitete  fid^  Aber  mand^e  flad^e  ®egenben  aud.  aUein  in 
bemienigen  Striche,  tt)o  irgenb  ber  Quq  htS  äSafferS  am  fd^nelljlen  mar, 
fonnte  ed  ber  ©efd^minbigfeit  megen  feinen  Sdglamm  nid^t  fo  loo^l  ab« 
fe^en,  ben  eg  ^ergegen  gu  beiben  Seiten  oiel  l^dufiger  faden  lieg.  S)abur(^ 

so  mürben  bie  Ufer  erl^ö^t,  inbeffen  bag  ber  ftdrtfte  3ug  bed  SSafferd  feine 
SRinne  erl^ielt.  SKit  ber  S^it,  al«  ber  Suflug  be«  SBafferö  felber  geringer 
mürbe  (meld^ed  in  ber  f$[olge  ber  3^it  enblid^  gefd^e^en  mugte  au8  Ur« 
fad^en,  bie  ben  j^ennern  ber  ©efd^id^te  ber  @rbe  belannt  jtnb),  fo  über« 
fdbritt  ber  Strom  bieienige  Ufer  nid^t  mel^r,  bie  er  fid^  felbft  aufgefül^rt 

SS  ^atte,  unb  aud  ber  milben  Unorbnung  entfprang  Slegelmdgigleit  unb 
Dfbnung.  9Ran  fte^t  offenbar,  bag  biefed  nod^  bis  auf  biefe  S^itf  Dor« 
nel^mlid^  bei  ben  SRünbungen  ber  Ströme,  bie  ibre  iüngften  5£beile  jinb, 
Dorgebt,  unb  gleidbmie  nad^  biefem  $lane  bad  llbfe^en  btS  Sdblammed 
nal^e  bei  ben  Stetten,  mo  ber  Strom  anfangs  feine  neue  Ufer  überfd^ritt, 

30  häufiger  als  meiter  baoon  gefd^el^en  mugte,  fo  mirb  man  auc^  nod^  gemal^r, 
bag  mirflid^  an  oiel  Drten,  mo  ein  Strom  burdb  flad^e  (Segenben  läuft, 
fein  äiinnfal  l^öl^er  liegt  als  bie  umliegenbe  ßbenen. 

@S  giebt  gemiffe  attgemeine  Stegein,  nad^  benen  bie  SBirtungen  ber 
Statur  gefc^el^en,  unb  bie  einiges  Sid^t  in  ber  Segiebung  ber  med^anifd^en 

35  ®efe^e  auf  Drbnung  unb  äBoblgereimtl^eit  geben  lönnen,  beren  eine  ift: 
bie  j(rdfte  ber  Semegung  unb  beS  SßiberjlanbeS  mirfen  fo  lange  auf  ein« 
anber,  bis  fie  flc^  bie  minbefte  {)inberni6  leiften.  S)ie  ®ränbe  biefeS  ®e« 

Itaxt'l  ec^ciften.   SBnfe.  IL  Q 


130  Semeidaninb  3u  efntt  <&«nDii^tlon  htS  XafrtnS  9oütS. 

ft^eS  laffen  fi4  fe^r  leidit  efnfe^en;  aKcln  bie  Segie^ung,  bie  btffen  golge 
auf  Stfgelm&gigleit  unb  Sortl^ell  E|at,  i^  bifl  jur  Setounberung  iseit' 
Idnftig  unb  giog.  3)ie  Splc^flotbe,  eine  algebraift^e  JErümmung,  ift  von 
biefer  Statur:  bag  3<^^>tc  unb  ®etrlefie,  nac^  i^r  abgcninbet,  bie  minbe^ 
möfllitöe  SRetbung  an  elnanber  erleiben.  3>er  berühmte  $en  ¥rof.  ÄÄ[t>  b 
ner  ertDdI)ttt  an  einem  Drte:  bag  i^m  Don  einem  erfal^rnen  99ergit)erl8> 
Det^Anbigen  an  ben  SRafc^inen,  bie  lange  im  Sebrauc^e  gemefen,  gezeigt 
worben,  bog  fii^  mirflii^  btefe  gigur  enblt^  bun^  lange  Betoegung  ab=> 
ft^Ieife ;  eine  ^gur,  bie  eine  siemli^  Veroidelte  €on|lruction  jum  ®runbe 
i|at,  unb  bie  mit  allet  i^rer  StegelmAfifgteit  eine  i^olge  non  einem  gemeinen  lo 
@efe|^e  ber  9tatur  ift. 

Um  etmas  auS  ben  fc^lec^ten  ütatunDlrtungen  anjuffi^ren,  was,  in« 
bem  t&  unter  bem  e^n  ermA^nten  @efe^e  ^e^t,  um  befiatQen  einen  3[us< 
{^log  auf  9tegelmäfeigfeit  an  ffc^  jeigt,  ffi^re  i^  eine  Don  ben  äütrfungen 
ber  ^Ififfe  an.   @d  ift  uegen  ber  grogen  SSerf ^teben^eiten  befi  Sbf^uffeS  » 
aDer  ®egenben  iz&  feften  SanbeS  fe^r  ju  enoarten,  bafi  bie  @tr3me,  bie 
auf  biefem  abfange  laufen,  ^in  unb  mieber  ftetle  Stürze  unb  SafferfAUe 
^ben  mürben,  beren  nu(^  mirnii^  einige,  objmar  feiten,  vorfommen  unb 
eine  groge  UnregelmAgigteit  unb  Unbequemlit^teit  enthalten.  aSein  tS 
fADt  leicbt  in  bie  Augen:  bag,  toenn  glei^  (nie  ju  oermut^en)  in  bem  20 
erpen  »erailbcrten  ßuftanbe  bergleit^en  SBofferfälle  I|5uflg  tnaren,  bennot^ 
bie  ®emalt  itS  SbfturjeS  baS  lodere  ISrbrei^,  ifa  felbft  einige  noc^  nicbt 
genugfam  ge{)drtete  t^elsarten  werbe  eingegraben  unb  meggewafi^en  ^aben, 
bis  ber  @trom  feinen  Slinnfal  ju  einem  siemli^  glei(^f6rmid)ten  Slbl^ang 
gefentt  l^atte,  bal^er,  mo  aut^  noc^  ^fferfäKe  finb,  ber  Soben  felfti^t  jft  k 
unb  in  fe^r  viel  @egenben  ber  @trom  jUiif^en  iVei  f^eil  abgef^nittenen 
Ufern  Wuft,  fflojn)if(^en  er  fein  tiefliegenbe«  Seite  »ermut^liilö  felbp  ein- 
get(&nttten  ^at.  ÜRan  finbet  e«  fe^r  nfifelic^,  bafe  fap  oUe  Ströme  in  bem 
grSfeten  ^tiU  i^re«  igaufe»  einen  getDiffen  ®rab  ®ef^ttinbigreit  nitftt 
äberfd)ieiten,  bei  giemliä)  mAgig  ip  unb  uoburc^  f!e  fc^ipar  ftnb.  Ob*  m 
j  gleiii  nun  biefe«  im  anfange  uon  ber  fo  fe^r  nerf^iebenen  abft^iefelgfeit 

;  bei  SobenS,  worüber  fle  laufen,  laum  alletn  ofine  befonbere  jhinf)  gu  er* 

I  uarten  pAnbe,  fo  lA^t  fic^  bot^  leii^tltd)  erachten,  bag  mit  ber  Seit  ein 

!  gemiffer  ®rab  ber  €c^nelligleft  fii%  von  felbft  l^abe  finben  mäffen,  ben  fie 

j  ni<4t  Itiäfüiäi  übertreten  tonnen,  ber  a3obcn  befi  Sanbeg  mag  abf^iegig  n 

:  fein,  wie  er  raiH,  wenn  er  nur  loder  iß.   S>enn  fie  werben  iE|n  fo  lange 

I  abfpü^Ien,  ft4  hineinarbeiten  unb  i^r  Seite  an  einigen  JDrten  fenten,  an 


2.  Wf^.    6.  Btto.    8etbefTerte  äJlet^obe  ber  fß1fi)^foff^ioloq\t.        131 

anbern  er]^51^en,  bis  ba^ienige,  loaS  fie  oom  ®runbe  fortreiten,  toenn  {ie 
angefd^moOen  finb,  bemienigen,  tt)a8  fte  in  ben  Szlttti  ber  trägeren  Se»» 
ttegung  faUen  laffen,  giemlid^  gleid^  ift.  S)ie  ©eroalt  tt)irtt  l^ier  fo  lange, 
bis  jte  fd^  felbß  jum  gemdgigtem  ®rabe  gebracl^t  l^at,  unb  bis  bie 

5  Sed^fetoirfung  bed  anjtoges  unb  be«  SSiberflanbed  gur  ©leid^^eit  aug> 
gefi^logen  Ijl. 

3)ie  9latur  bietet  unjäl^Iige  SBeifpiele  Don  einer  ausgebreiteten  9lu|« 
barleit  einer  unb  eben  berfelben  Sad^e  gu  einem  Dielf&Itigen  ®ebrau4e 
bar.   iSS  ift  fel^r  oerlel^rt  biefe  SSort^eile  fogleid^  ate  ßtoedte  unb  als  bie« 

10  ienigen  @rfoIge  angufe^en,  ttelc^e  bie  SSettegungSgränbe  entl^ielten,  meS« 
»egen  bie  Urfad^en  berfelben  burc^  göttlid^e  äSifltür  in  ber  Seit  ange« 
orbnet  mürben.  S)er  ÜRonb  f<lbafft  unter  anbern  SBort^eilen  aud^  biefen, 
ba^  6bbe  unb  ^lut^  @d^iffe  aud^  »iber  ober  ol^ne  äSinbe  Dermittelft  ber 
@tr5me  in  ben  ©tragen  unb  nal^e  beim  feflen  Sanbe  in  SBemegung  fe^en. 

15  SBermittelft  feiner  unb  ber  SupiterS-Sirabanten  flnbet  man  bie  Sänge  beS 
SReerS.  S)ie  ^robucte  auS  atten  9laturreid^en  l^aben  ein  {ebeS  eine  groge 
9lu^barfeit,  toooon  man  einige  auc^  gum  ®ebraud^e  mad^t.  6S  ift  eine 
miberfinnige  8rt  gu  urt^eilen,  menn  man,  ttie  eS  gemeiniglid^  gefc^iel^t, 
biefe  aQe  gu  btn  SemegungSgränben  ber  gbttlid^en  SSal^l  gdl^It  unb  jtd^ 

30  megen  beS  äSortl^eilS  ber  3u))iterSmonbe  auf  bie  toeife  Snftalt  beS  Ur« 
^eberS  beruft,  bie  ben  ÜRenfd^en  baburd^  ein  SRittel  bie  Sänge  ber  £)rter 
gu  beftimmen  l^at  an  bie  {)anb  geben  ttoUen.  3Ran  ^üte  {td^,  bag  man  bie 
&pbtttxt\  eines  SBoItaire  nid^t  mit  Siecht  auf  ftd^  giel^e,  ber  in  einem  äl^n» 
H(^en  Sone  fagt:  fe^et  ba,  marum  mir  Stufen  l^aben;  ol^ne  ßmeifel  bamit 

SS  mir  SriSen  barauf  Redten  fönnten.  S)urdb  bie  gbttlid^e  SSiOtür  mirb  nodb 
nidbt  genugfamer  ®runb  angegeben,  meSmegen  eben  biefelbe  SRittel,  bie 
einen  3medt  gu  erreid^en  allein  nbtl^ig  mären,  no4  in  fo  oiel  anberer  SBe^ 
giel^ung  oortl^eill^aft  feien.  S)ie)enige  bemunbemsmürbige  ®emeinfd^aft, 
bie  unter  ben  SBefen  aUeS  (Srfd^affenen  l^enfd^t,  bag  il^re  9laturen  ein« 

30  anber  nid^t  fremb  finb,  fonbem,  in  oielfa^er  {)armonie  üerfnüpft,  {td^  gu 
einanber  oon  felb^  fc^idten  unb  eine  ausgebreitete  not^menbige  Serein« 
barung  gur  gef ammten  Soülommenl^eit  in  il^ren  äBefen  entl^alten,  baS  ift 
ber  @runb  fo  mannigfaltiger  Slu^barteiten,  bie  man  nad^  unferer  9Re« 
t^obe  als  SemeiStl^ümer  eines  l^bd^ft  meifen  Url^eberS,  aber  nidgt  in  aDen 

u  SdDen  als  8[nftalten,  bie  burd^  befonbere  Sßeis^eit  mit  ben  übrigen  um 
ber  befonbern  ülebenoort^eile  mitten  oerbunben  morben,  anfeilen  fann. 
O^ne  gmeifel  finb  bie  SemegungSgrfinbe,  meSmegen  Su^iter  3Ronbe 

9* 


182  Setoeidgrunb  lu  einer  2)emonfhotion  M  S)afeind  d^otted. 

I^aben  foUte,  Dodjldnbig,  teenn  gleid^  niemald  burd^  bie  Sifinbung  ber 
@el^ro^re  biefelbe  gu  SReffung  ber  S&nge  genügt  tofirben.  2)iefe  %u^en, 
bie  als  9{ebenfoIgen  angufel^en  {tnb,  lommen  gleid^rool^l  mit  in  Snfd^Iag, 
um  bie  unermeglicl^e  ®rö^e  beS  Url^eberS  aOer  5Dinge  barauS  abgu« 
nel^men.  S)enn  fie  finb  nebft  SRillionen  anbeten  dl^nlid^er  Srt  SetteiS«  5 
tl^ümer  oon  ber  großen  jCette,  bie  felbfi  in  ben  SRöglid^Ieiten  ber  S)inge 
bie  Sl^eile  ber  Sd^öpfung  vereinbart,  bie  einanber  nid^tö  angnge^en  fc^ei* 
nen ;  benn  f onji  f ann  man  au(^  nid^t  aUemal  bie  Sinken,  bie  ber  (Srf olg 
einer  freitt)illigen  Snftalt  nad^  jtd^  gie^t  unb  bie  ber  Url^eber  lennt  unb 
in  feinem  SRat^fd^luffe  mit  befaßt,  um  beömiüen  gu  ben  SSetDegungSgrän«  10 
ben  folc^er  SBal^l  gdl^Ien,  tt)enn  biefe  ndmlid^  au(^  unangefel^en  fold^er 
9lebenfolgen  fd^on  oodftdnbig  maren.  Dl^ne  ßn^eifel  l^at  baS  SBaffer  barum 
nid^t  bie  9latur  jid^  loagred^t  gu  {teilen,  bamit  man  {ic^  barin  fpiegeln 
t5nne.  S)ergleid^en  beobad^tete  9lu^barleiten  lönnen,  menn  man  mit  äSer* 
nunft  urtl^eilen  tt)in,  nad^  ber  eingefd^rdntten  ))]^9ftfd^t]^eoIogifd^en  9Re»  15 
t^obe,  bie  im  ®ebraud^e  ift,  gar  nid^t  gu  ber  Sbftd^t,  bie  man  l^ier  oor 
Sugen  ]^at,  genügt  werben.  9lur  eingig  unb  allein  ber  Snfa|,  ben  n)ir  il^r 
gu  geben  gefud^t  l^aben,  lann  fold^e  gefammelte  Seobad^tungen  gu  (Srfin« 
ben  ber  tt)i(^tigen  f^olgerung  auf  bie  allgemeine  Unterorbnung  aOer 
5Dinge  unter  ein  l^öd^ft  meifeS  Sßefen  tüd^tig  mad^en.  Srmeitert  eure  ab«  90 
{id^ten,  fo  oiel  i^r  lönnt,  über  bie  unermegUd^e  %u|en,  bie  ein  (Sefd^öpf 
in  taufenbfad^er  Segiel^ung  menigftend  ber  9R5glid^Ieit  nad^  barbietet  (ber 
eingige  Aofodbaum  fd^afft  bem  Snbianer  ungdl^lige),  oerlnilpfet  in  ber» 
gleid^en  Segiel^ungen  bie  entlegenften  ©lieber  ber  Sd^öpfung  mit  einanber. 
Sßenn  il^r  bie  ^robucte  ber  unmittelbar  Ifinftlid^en  Snftalten  gegiemenb  25 
bemunbert  l^abt,  fo  unterlaffet  nid^t,  aud^  in  bem  ergi^enben  SublidE  ber 
frud^tbaren  Segiel^ung,  bie  bie  9R5glid^Ieiten  ber  erfd^affenen  2)inge  auf 
burd^gdngige  Harmonie  l^aben,  unb  ber  ungelünfielten  Slbfolge  fo  mannig« 
faltiger  Sd^önl^eit,  bie  ^d^  \>on  felbft  barbietet,  biefenige  SRac^t  gu  be« 
munbern  unb  angubeten,  in  beren  eioigen  ©runbqueUe  bie  3Befen  ber  30 
5Dinge  gu  einem  ))ortrefflid^en  $lane  gleid^fam  bereit  barliegen. 

^ä)  merfe  im  SSorübergel^en  an,  bag  baS  groge  ©egenoerl^dltnig, 
baS  unter  ben  3)ingen  ber  SBelt  in  Slnfel^ung  beS  l^dufigen  SlnlaffeS,  ben 
{ie  gu  ^l^nlid^feiten,  Slnalogien,  $araOelen  unb,  mie  man  {te  fonft  nennen 
min,  geben,  nid^t  fo  gang  fläd^tig  oerbient  überfeinen  gu  werben.  Ol^ne  35 
mid^  bei  bem  (Sebraud^,  ben  biefed  auf  Spiele  beS  SBi^eS  l^at  unb  ber 
mel^rent^eilS  nur  eingebilbet  ift,  aufgu^alten,  liegt  l^ierin  nod^  für  ben 


2.  HM^.    6.  Setr.    Serbefferte  ^ti^obt  hex  ^l^^fifotl^ologie.         133 

^Pojo^l^n  ein,  tt)ie  mir  bfintt,  loid^tiger  ^egenftonb  beS  Slad^bentend 
»erborgen,  teie  foI(!^e  Ubereinlunft  fel^r  Derfd^iebener  S)inge  in  einem  ge« 
toiffen  gemeinfil^aftlid^en  (Srunbe  ber  ®lei(!^f5nnigleit  fo  grog  nnb  loeit» 
Iduftig  unb  bo4  gugleid^  fo  genau  fein  lönne.  S)iefe  Analogien  ftnb  anii 

&  fel^r  nötl^ige  ^ftlfSmittel  unferer  Srlenntni^,  bie  SRat^ematil  felber  liefert 
bereu  einige,  gd^  entl^alte  mid^  Seifpiele  angufäl^ren,  benn  eS  ift  gu  be^ 
forgen,  bog  nad^  ber  oerfd^iebenen  Slrl,  mie  bergleid^en  ä^nlid^Ieiten 
euq)funben  loerben,  fte  nid^t  biefelbe  SBirtung  über  ieben  anbern  93erflanb 
l^aben  möd^ten,  unb  ber  ®ebanle,  ben  id^  l^ier  einjtreue,  ift  ol^nebem  un« 

10  üoDenbet  unb  no<l^  ni(!^t  genugfam  üerftdnblid^. 

Senn  man  fragen  foQte,  meld^eS  benn  ber  ®ebraud^  fei,  ben  man 
üon  ber  großen  (Sinl^eit  in  ben  mand^erlei  SBerl^dltniffen  beS  ätaumed, 
»eld^e  ber  9RegfünjtIer  erforfd^t,  mad^en  fonnte,  fo  Dermutl^e  id^,  bag  aVi^ 
gemeine  Segriffe  ))on  ber  Sinl^eit  ber  mat^ematifd^en  Dbiecte  au(^  bie 

u  ®ränbe  ber  Sinl^eit  unb  SSoIlIommenl^eit  in  ber  Slatur  lönnten  ju  er« 
lennen  geben,  ß-  @-  @d  ift  itnter  aDen  f$[iguren  bie  @irlelfigur  biejenige, 
barin  eben  ber  ttmfreiS  ben  gr5^t  möglichen  SRaum  befd^Iie^t,  ben  ein 
folc^er  Umfang  nur  bef äffen  fann,  barum  nämlid^,  meil  eine  genaue 
®Ieid^l^eit  in  bem  Slbftanbe  biefer  ttmgr&ngung  oon  einem  SRittelpunfte 

90  barin  burd^gdngig  l^errfd^t  Senn  eine  f^igur  burd^  gerabe  Sinien  foU 
eingefc^Ioffen  merben,  fo  fann  bie  gr5gt  mSglid^e  ®letd^]^eit  in  ünfe^ung 
bee  SbjlanbeS  berfelben  oom  ÜRittelpunfte  nur  ftatt  finben,  loenn  nid^t 
aUein  bie  (Sntf emungen  ber  Sßintelpunfte  oon  biefem  SRittelpuntte  unter* 
einanber,  fonbem  aud^  bie  ^erpenbifel  aud  biefem  auf  bie  Seiten  ein« 

»  anber  oöDig  gleidg  finb.  2)arau8  loirb  nun  ein  regelmdgigeS  ^ol^gon, 
nnb  ed  geigt  ft(^  burd^  bie  Geometrie,  bag  mit  eben  bemfelben  Umtreife 
ein  anbered  ^ol^gon  üon  eben  ber  3^^^  Seiten  iebergeit  einen  Ileinern 
ätaum  einfd^Iiegen  tt)ürbe  ali  bas  reguläre.  9lo(^  ift  eine  unb  gloar  bie 
einfac^jte  Srt  ber  ©leif^l^eit  in  bem  Sbftanbe  oon  einem  SRittelpunfte 

90  mögli<^,  ndmlid^  loenn  bloS  bie  Entfernung  ber  SSinlelpunfte  beS  SieledS 
t)on  bemfelben  ^ittelpunlte  burd^gdngig  gleich  ijt,  unb  ba  geigt  fid^,  bag 
ein  iebeS  irregulire  ^ol^gon,  loeld^eS  im  6irtel  ftel^en  lann,  ben  größten 
aHaum  einfd^lie^t  unter  allen,  ber  oon  eben  benfelben  Seiten  nur  immer 
lann  befd^Ioffen  merben.   Singer  biefem  ift  gule^t  baSienige  $ol9gon,  in 

35  toeld^em  nod^  fiberbem  bie  ®xb%t  ber  Seite  bem  Sb^anbe  beS  äSinfel« 
pmätS  oom  SRittetpunIte  gleich  ift,  bae  ift,  baS  regelmäßige  Sed^SedT, 
unter  allen  S^iguren  fiber^au{)t  biefenige,  bie  mit  bem  Ileinften  Umfange 


134  SetoetiSgrunb  au  einer  2)enu)ttflration  bed  S)afeini8  (BotteiS. 

ben  gr5|ten  fRavm  fo  einf (fliegt,  ba^  {{e  }uglei(^r  fiugerlid^  mit  onberen 
gleid^en  ^guren  gufammengefe^t,  leine  S^if^^iirdume  übrig  Idgt.  68 
bietet  fid^  ^ier  fe^r  bolb  biefe  Semertuug  bar,  bag  bad  ©egenDerl^&ltnig 
bes  (Sri^ten  unb  j^leinften  im  SHaume  auf  bie  ®Ietd^l^eit  antomme.  Unb 
ba  bie  Statur  fonjt  Diel  %&Ut  einer  notl^menbigen  Oleid^l^eit  an  bie  ipanb  5 
giebt,  fo  fönnen  bie  SRegeln,  bie  man  a\x6  ben  gebadeten  fällen  ber  ®eo« 
metrie  in  Snfel^ung  beS  allgemeinen  ®runbee  foId^eS  (SkegenDerl^dltniffed 
beS  ©rösten  unb  jCleinften  jiel^t,  au(]^  auf  bie  not^toenbige  Beobachtung 
bei^  ©efe^eS  ber  @parfamleit  in  ber  9tatur  angetoanbt  werben,  ^n  ben 
©efe^en  beS  Sto^eS  ift  in  fo  fern  lebergeit  eine  gemiffe  ©leic^l^eit  not^^»  10 
n)enbig:  bag  na^  bem  @toge,  menn  fte  unelaftifd^  finb,  beiber  j^örper 
©efd^ioinbtgfeit  iebergeit  gletc^  fei,  ba^,  menn  fte  elaftifc^  finb,  beibe  bur<ib 
bie  f^eberfraft  immer  gleich  geflogen  merben  unb  gmar  mit  einer  JCraft, 
momit  ber  @tog  gefd^al^,  bag  ber  SRittetpunft  ber  Sd^mere  beiber  j^irper 
burd^  ben  @tog  in  feiner  Stu^e  ober  Semegung  gar  nic^t  oerdnbert  mirb  u 
:c.  :c.  S)ie  93er^dltniffe  bed  Slaumd  {tnb  fo  unenblid^  mannigfaltig  unb 
oerftatten  gleid^mo^l  eine  fo  gemiffe  Srienntnig  unb  ttare  Snfd^auung, 
bag,  gleid^mie  fte  fd^on  öftere  gu  Symbolen  ber  Srienntntffe  oon  gang 
anberer  9[rt  oortrefflid^  gebient  ^aben  (3.  @.  bie  (Srmartungen  in  ben 
©lüdöfdUen  audgubrüden),  alfo  aud^  SRittel  an  bie  {)anb  geben  fönnen,  20 
bie  SRegeln  ber  SBollIommenl^ett  in  natürlid^  not^menbigen  SBirtungd« 
gefe^en,  in  fo  fem  fte  auf  äSerl^dltniffe  anlommen,  aud  ben  einfad^fien 
unb  aOgemeinften  ©rftnben  gu  erfennen. 

&it  iä)  biefe  Setrad^tung  befc^liege,  miU  id^  alle  oerfd^iebene  ®rabe 
ber  pl^ilofopl^ifd^en  SrAdrungSart  ber  in  ber  äßelt  oorfommenben  @rfdgei«  25 
nungen  ber  SSoOfommenl^eit,  in  fo  fern  man  fie  inägefammt  unter  ®ott 
betrad^tet,  anffibren,  inbem  id^  oon  berientgen  8rt  gu  urtl^eilen  anfange, 
mo  bie  ^bilofopbie  fid^  nod^  oerbirgt,  unb  bei  berfenigen  enbige,  mo  fie 
il^re  größte  SBeftrebung  geigt,  ^ii  rebe  oon  ber  Drbnung,  @db5n^eit  unb 
anßdnbigleit,  in  fo  fern  fie  ber  ®runb  ift,  bie  S)inge  ber  SSelt  auf  eine  ao 
ber  SSeltmeidbett  anftdnbige^rt  einem  gbttlid^enUrl^eber  unter  gu  orbnen. 

ßrftlic^,  man  fann  eine  eingelne  Segebenl^eit  in  bem  93erlaufe  ber 
9{atur  als  etmad  unmittelbar  oon  einer- gSttlid^en  {)anblung  {)errubrens 
bed  anfeben,  unb  bie  ^b^ofop^ie  bat  l^ier  lein  anber  ®efdbdfle  atö  nur 
einen  Semeidgrunb  biefer  augerorbentlidben  Sbbdngigleit  angugeigen.       a» 

StoeitenS,  man  betrachtet  eine  Segebenbeit  ber  SSelt  ald  eine, 
iporauf  atö  auf  einen  eingelnen  %QSi  bie  äRed^anil  ber  äßelt  üon  ber 


2.  Wt^.    6.  Betr.    Serbefferte  an^et^obe  ber  ^^^flfot^eologte.        135 

Schöpfung  l^er  befonberS  abgerid^tet  toax,  tt)ie  3.  (S.  bie  Süitbftutl^  nac^ 
bem  Sel^rgeb&ube  Derfc^iebener  9leuern.  aidbaitit  tft  aber  bie  Segebenl^eit 
nidgt  weniger  übernatärlic^.  2)te  Slaturoiffenfc^aft,  moDon  bie  gebadete 
äSeltioeife  l^iebei  (Sebraud^  machen,  bient  nur  baju  il^re  eigene  ®efd^idt> 
i  lid^feit  }u  geigen  unb  etoad  gu  erfinnen,  toaS  ft(^  etoa  nad^  allgemeinen 
ülatnrgefe^en  erdugnen  Ibnnte,  unb  beffen  6rfolg  auf  bie  vorgegebene 
au^erorbentlid^e  Segebenl^eit  l^inaudliefe.  2)enn  fonft  iß  ein  fold^ed  Sßer« 
fahren  ber  göttUd^en  SBeiiSl^eit  nic^t  gemfig,  bie  niemale  barauf  abgielt 
mit  unnü|er  JCunft  gu  prallten,  loeld^e  man  felbft  an  einem  SRenfd^en 
10  tabeln  koürbe,  ber,  »enn  il^n  g.  6.  ni(|te  abl^ielte  eine  j^anone  unmittel^ 
bar  abgufeuren,  ein  f^euerfd^Iog  mit  einem  Ul^nDert  anbringen  moUte, 
moburd^  fie  in  bem  gefetzten  Slugenblid  bur(|  med^anifd^e  {{nnrei(|e  SRittel 
loSbrennen  foKte. 

S)rittend|  toenn  geioiffe  @tfldte  ber  9latur  als  eine  ))on  ber  Sd^op« 

15  fung  l^er  baurenbe  Slnftalt,  bie  unmittelbar  von  ber  ^anb  bed  großen 

SßertmeijlerS  ^enfil^rt,  angefel^en  »erben;  unbgttar  teie  eine  Slnftalt,  bie 

a\S  ein  eingelneS  S)ing  unb  nid^t  tt)ie  eine  Snorbnung  mä)  einem  beftdn« 

bigen  ®efe|e  eingefül^rt  »orben;  g.  6.  teenn  man  bel^auptet,  ®ott  l^abe 

bie  ®ebirge,  bie  Slüffe,  bie  Planeten  unb  il^re  Semegung  mit  bem  Sin« 

30  fange  aDer  S)inge  gugleic^  unmittelbar  georbnet.  5Da  ol^ne  ßtoeifel  ein 

ßufianb  ber  %atur  ber  erfte  fein  mu|i  in  tteld^em  bie  f^orm  ber  S)inge 

eben  fo  mol^I  toie  bie  SRaterie  unmittelbar  üon  ®ott  abl^ängt,  fo  b^t  biefe 

Slrt  gu  urtl^eilen  in  fo  fem  einen  pl^ilofopbii^^n  (Srunb.   3nbe^en  meil 

ed  äbereilt  ift,  el^e  unb  bevor  man  bie  2;auglid^Ieit,  bie  ben  9laturbtngen 

»  na(^  allgemeinen  (Sefe^en  eigen  ift,  geprüft  l^at,  eine  Snfialt  unmittelbar 

ber  Sc^öpfungS^anblung  beigumeffen,  barum  koeil  fte  vortl^eill^aft  unb 

orbentlid^  ift,  fo  ift  fte  in  fo  meit  nur  in  fel^r  tleinem  @rabe  pb^ofopl^ifd^. 

Viertens,  menn  man  einer  Iflnftlid^en  Drbnung  ber  9latur  ettt)ad 

beimißt,  bevor  bie  ttnguldnglid^Ieit,  bie  fte  l^iegu  nac^  gemeinen  ®efe^en 

90  ]^at,  gel^orig  erlannt  morben,  g.  (S.  ivenn  man  zt\oa&  aud  ber  Drbnung 

beS  $flangen«>  unb  S^ierreid^S  erlldrt,  load  vieSeid^t  in  gemeinen  med^a^» 

nifc^en  j(rdften  liegt,  bloS  beSmegen  meil  Orbnung  unb  @d^5n]^eit  barin 

grog  {tnb.   Siai  ^l^ilofopl^ifc^e  biefer  8[rt  gu  urtl^eilen  ift  alsbann  nod^ 

geringer,  tt)enn  ein  iebeS  eingelne  Ziim  ober  ^flange  unmittelbar  ber 

35  Schöpfung  untergeorbnet  koirb,  als  koenn  au^er  einigem  unmittelbar  @r« 

fc^affenen  bie  anbere  $robucte  bemfelben  nac^  einem  ®efe^e  ber  Qtrx^ 

gungsfdl^igleit  (nid^t  blos  bed  Suemidtelungdvermögend)  untergeorbnet 


136  IBetoetdgninb  au  ehtet  S)emonfiraiion  M  ^ofetnd  d^otted. 

werben,  meil  im  Ie|tern  %oSi  me^r  na(%  ber  Drbnung  ber  9latur  ertlfirt 
tt)irb ;  es  mügte  benn  fein,  bag  biefer  i^re  Ungul&nglic^feit  in  Snf el^ung 
beffen  Hat  eraiefen  iDerben  f5nnte.  6d  gel^ört  aber  aiic^  gu  biefem  ®rabe 
ber  ))]^tIofo|)]^if(l^en  @rndrungdart  eine  jjebe  Ableitung  einer  Slnftalt  in 
ber  SBelt  auS  fünftlid^en  unb  um  einer  Sbpd^t  iDiKen  erricj^teten  ®efe|en  5 
uberl^aupt  unb  nid^t  bloS  im  Silier«  unb  ftßangenreidge;*)  g.  @.  menn 
man  Dom  Sd^nee  unb  ben  Slorbfd^einen  fo  rebet,  als  ob  bie  Drbnung  ber 
9latur,  bie  beibe  l^erDorbringt,  um  bed  Slu^enS  beS  ©ronidnberd  ober 
Sappen  teiOen  (bamit  er  in  ben  langen  Sldc^ten  nid^t  gang  im  fjfinßern 
fei)  eingeffil^rt  lo&re,  obgleid^  ed  nod^  immer  gu  Dermut^en  ift,  ba|  biefed  10 
eine  lool^lpaffenbe  ülebenfolge  mit  not^ioenbiger  Sin^eit  au8  anbern  ®e» 
fe^en  fei.  SRan  ift  faft  febergeit  in  (Sefal^r  btefeS  ^e^IerS,  menn  man 
einige  Stufen  ber  SRenfd^en  gum  ©runbe  einer  befonbern  göttlid^en  93er« 
anftaltung  angiebt,  g.  6.  bag  SBalb  unb  Selb  mel^rentl^eild  mit  grüner 
i^arbe  bebedt  ift,  meil  btefe  unter  allen  färben  bie  mittlere  Stärfe  ^at,  15 
um  bad  Suge  in  mäßiger  Übung  gu  erl^alten.  ^tegegen  lann  man  ein« 
menben,  bag  ber  Seiool^ner  ber  S)at)i8ftrage  Dom  Sd^nee  faft  blinb  mxb 
unb  feine  S^flud^t  gu  ben  @(^neebriSen  nel^men  mug.  (Si  ift  nid^t  tabeU 
l^aft,  bag  man  bie  nü^Uc^e  Solgen  auffud^t  unb  fte  einem  gutigen  Ur» 
lieber  beimißt,  fonbem  bag  bie  Drbnung  ber  Statur,  barnad^  jte  gefd^el^en,  20 
als  funftlid^  unb  miKfärlid^  mit  anbern  Derbunben  oorgefteEt  ttirb,  ba  {te 
boC^  Dielleid^t  mit  anbern  in  not^menbiger  Sinl^eit  fielet. 

fünftens.  8lm  mel^rften  entl^dlt  bie  SRet^obe  aber  bie  DoQIommene 
Slnftalten  ber  9latur  gu  urtl^eilen  ben  ®eift  loal^rer  Sßeltmeidl^eit,  koenn 
fte,  lebergeit  bereit,  aud^  äbernatfirlid^e  SSegebenl^eiten  gugulaffen,  im«  25 
gleid^en  bie  mal^rl^aftig  lünftlid^e  Slnorbnungen  ber  9latur  nid^t  gu  Der* 
lennen,  l^auptf&d^Iic^  bie  Slbgielung  auf  SSort^eile  unb  aOe  SBo^Igereimt* 
l^eit  {id^  nid^t  l^inbern  Idgt,  bie  ©rünbe  baDon  in  notl^menbigen  allgemeinen 
©efe^en  aufgufud^en,  mit  großer  Sd^tfamfeit  auf  bie  Srl^altung  ber  @in« 
l^eit  unb  mit  einer  Demfinftigen  Abneigung,  bie  3^^!  ber  9latururfad^en  30 
um  berentmiUen  gu  DerDielfdltigen.  Sßenn  l^iegu  nod^  bie  Sufmerifamleit 


*)  3^  l^abe  in  ber  awetten  !Rutnmer  ber  britten  Betrachtung  btefed  Slbfd^nitted 
unter  ben  Sdetfptelen  ber  Iftnftlt^en  Sflaturorbnung  blod  bie  auS  bem  Sßflan^en"  unb 
S^ierreid^e  angeführt.  @(S  ift  aber  au  merfen,  bag  eine  j[ebe  Slnorbnung  etneiS  @e« 
fe^ed  um  eined  befonbern  Ü^hi^enS  roillen,  barum  roeil  fie  l^ieburd^  Don  ber  not^*  35 
roenbigen  (^nl^eit  mit  anbern  9laturgefe^en  aufgenommen  toirb,  fünftlid^  fei,  mie 
aud  einigen  ^ter  erwähnten  Seifpielen  au  erfe^en. 


iS 


2.  )(bt^.    7.  Seit,    jeodmogonte.  137 

auf  bie  allgemeine  Siegeln  gefügt  mirb,  mliit  ben  ®runb  ber  notj^roenbi« 
gen  Serbtnbung  bedienigen,  road  natürlid^er  SSetfe  ol^ne  befonbere  Snftalt 
Dorgel^t,  mit  ben  Siegeln  bei^  äSort^eitö  ober  ber  Slnnel^mlic^feit  Dernäuf« 
tiger  SBefen  f5nnen  begreiflid^  matten,  unb  man  alSbann  gu  bem  gött* 
lid^en  Url^eber  l^inauf  [teigt,  fo  erfüOt  biefe  p^^ftfd^tl^eologifd^eart  gu  ur« 
teilen  il^re  $flt(!^ten  gel^örig.*) 


Siebente  Setrad^tnttg. 
^oSmogonie. 

@ine  {)9pot]^efe  med^anifd^er  SrtlärungSart  beS  Urf))rung8 
10  ber  SBeltforper  unb  ber  Urfac^en  t^rer  SSemegungen  gemfi^ 

ben  oorl^er  ermiefenen  Siegeln. 

3)ie  Srigur  ber  {)immeteI5rper,  bie  SRed^anil,  nad^  ber  {te  {td^  belegen 
unb  ein  SBeltf^ftem  audmad^en,  imgleid^en  bie  mand^erlei  93eranberun« 
geui  benen  bie  Stellung  i^rer  Areife  in  ber  f^olge  ber  Seit  unterworfen  ift, 

15  alles  biefeS  ift  ein  S^eil  ber  Slaturmiffenfd^aft  geioorben,  ber  mit  fo  gro» 
ger  3)eutlid^Ieit  unb  Gemigl^eit  begriffen  roirb,  ba^  man  aud^  nic^t  eine 
eingige  anbere  Sinftc^t  follte  aufgeigen  f5nnen,  loeld^e  einen  naturlid^en 
(Segenßanb  (ber  nur  einigermaßen  biefed  feiner  SRannigfaltigfeit  bei« 
fdme)  auf  eine  fo  ungegkoeifelt  rid^tige  Sirt  unb  mit  fold^er  Sugenfd^ein« 

20  lic^teit  erlldrte.  äSenn  man  biefed  in  @rtDdgung  giel^t,  foüte  man  ba  nid^t 
aud^  auf  bie  SSermutl^ung  geratl^en,  baß  ber  Sujlanb  ber  9iatur,  in  mel* 
(^em  biefer  Sau  feinen  Anfang  na^m,  unb  i^m  bie  93emegungen,  bie  tej^t 
nad^  fo  einfältigen  unb  begreiflid^en  ®efe^en  fortbauren,  guerft  einge^» 
brfidEt  koorben,  ebenfalls  leidster  eingufel^en  unb  faßlid^er  fein  loerbe,  atö 

36  Dielieid^t  baS  mel^rjle,  tt)o))on  loir  fonft  in  ber  Siatur  ben  Urfprung  fuc^en. 
2)ie  ®runbe,  bie  biefer  SSermutl^ung  gfinftig  finb,  liegen  am  Sage.  Slle 
biefe  ^immeldförper  {tnb  runbe  SRaffen,  fo  oiel  man  meiß,  ol^ne  Organi' 
fation  unb  gel^eime  ^nftgubereitung.   S)ie  Jbraft,  baburd^  fie  gegogen 

*)  3<^  n)in  ^temit  nur  fagen,  bag  btefed  ber  ^eg  für  bie  menf4Ii(^e  Vernunft 
ao  fein  mftffe.  2)enn  »er  toirb  ed  glet(^n)0^1  jemofö  oer^üten  fdnnen  Riebet  Dielföltig 
gu  inen,  nad^  bem  $ope: 

(&t^,  fc^reibe  d^otted  roeifer  Drbnung  bed  SRegimented  Siegeln  Dor, 
2)ann  fe^re  »ieber  in  bt^  felber  ^ule^t  ^utüd  unb  fei  ein  S(|or. 


138  Sßmei&qtwxb  au  einer  S)emonflratiott  beiS  tafelnd  d^otteö. 

iDerben,  ifi  allem  Snfel^en  nad^  eine  ber  ÜRaterie  eigene  (Srunbtraft,  barf 
alfo  nnb  lann  nid^t  erllärt  roerben.  2)te  äBurfSbeioegung,  mit  tteld^er  fte 
ij^ren  f^Iug  Derricj^ten,  unb  bie  9ii<i^tung,  na(^  ber  biefer  S^mung  il^nen 
ertl^eitt  morben,  ift  gufammt  ber  Silbnng  i^rer  SRaffen  baS  ^aupti&^^ 
lid^fte,  \a  faft  baS  einzige,  moDon  man  bie  erjle  nat&rlid^e  ttrfad^en  ju  5 
fnc^en  l^at:  einfditige  unb  bei  roeitem  nid^t  {0  Dermidelte  SBirfungen,  tt)ie 
bie  meiften  anbete  ber  9latnr  ftnb,  bei  meldten  gemeinigli(^  bie  ®efet^e 
gar  ntd^t  mit  matl^ematifd^er  SHid^ttgfeit  befannt  finb,  nad^  benen  fte  ge« 
fd^e^en,  ba  pe  im  ©egent^eil  l^ier  in  bem  begreiflid^ften  $Iane  oor  Singen 
liegen.  @8  ijt  aud^  bei  einem  fo  großen  Slnfd^ein  eines  glüddid^en  SrfolgS  10 
fonft  nid^td  im  SSege,  ald  ber  @inbrudt  Don  ber  räl^renben  ©roge  eines 
folc^en  9laturfifi(l9,  als  ein  Sonnenf^jtem  ift,  tt)o  bie  natfirlid^en  Urfad^en 
alle  uerbdd^tig  ftnb,  n)eil  il^re  Sul&ngli(|Ieit  Diel  gu  nid^tig  unb  bem 
@(^ö))fung8red^te  beS  oberjten  Url^eberS  entgegen  gu  fein  fd^eint.  Slllein 
fönnte  man  eben  biefeS  nid^t  anöi  Don  ber  aRed^anit  fagen,  tt)obur(^  ein  15 
großer  SßeltbaUi  nad^bem  er  einmal  ba  ift,  feine  Semegungen  fortl^in  er« 
l^Alt?  S)ie  gange  (Sr^altung  berfelben  fommt  auf  eben  baffelbe  (Sefej^  an, 
mornac^  ein  Stein,  ber  in  ber  Suft  getoorfen  x\t,  feine  Sal^n  befd^reibt; 
ein  einf&ltigeS  ®efe^,  frud^tbar  an  ben  regelmdgigflen  fS^olgen  unb  märbig, 
bag  il^m  bie  Sufred^t^altnng  eines  gangen  SßeltbaueS  anDertraut  merbe.  30 

SBon  ber  anbern  Seite,  ttirb  man  fagen,  ift  man  nid^t  DermSgenb 
bie  9latnrurfad^en  beutlic^  gu  mad^en,  kpoburc^  baS  Der&(|tlid^fie  j^raut 
nad^  D5llig  begreiflid^en  med^anifd^en  (Sefe^en  ergeugt  »erbe,  unb  man 
tt)agt  ftd^  an  bie  Srll&rung  Don  bem  Urf))runge  eineS  Sßeltf^fiemS  im 
®rogen.  Slllein  ift  iemals  ein  $l^ilofo))l^  aud^  im  Staube  gemefen,  nur  25 
bie  ®efe|e,  mornad^  ber  SSad^St^um  ober  bie  innere  Sekoegung  in  einer 
fd^on  Dorl^anbenen  ^flange  gefd^iel^t,  bermagen  beutlid^  unb  matl^ematifd^ 
fid^r  gu  mad^en,  tt)ie  biefenige  gemad^t  pnb,  loeld^en  aUe  Seioegungen  ber 
S3eltf5rper  gemd|  ftnb.  S)ie  Statur  ber  ®egenjtdnbe  ift  ^ier  gang  Der» 
dnbert.  5DaS  ®roge,  baS  @rftaunlid^e  ift  l^ier  unenblid^  begreiflicher  als  so 
baS  j^leine  unb  SemunbernSkoärbige,  unb  bie  (Srgeugung  eines  Planeten 
gufammt  ber  Urfad^e  ber  SSurfSbetoegung,  moburd^  er  gefd^leubert  mirb, 
um  im  j(reife  gu  laufen,  n^irb  allem  Snfd^eine  nad^  leidster  unb  beutlid^er 
eingufel^en  fein,  als  bie  @rgeugung  einer  eingigen  Sc^nee^de,  in  ber  bie 
abgemeffene  Stid^tigleit  eines  fed^SedEid^ten  Sternes  bem  Slnfel^en  nad^  ge»  S5 
nauer  ift  als  bie  Stunbung  ber  j(reife,  loorin  Planeten  laufen,  unb  an 
loeld^er  bie  Strahlen  Diel  rid^tiger  fid^  auf  eine  ^Idd^e  begießen,  als  bie 


2.  9(bt]^.    7.  S9etr.    ^odmogottie.  139 

Salinen  biefer  $immeldt5rper  tä  gegen  ben  gemeinf4)aftli(!^en  $Ian  il^rec 
JtreidbetDegungen  tl^un. 

3(!^  toerbe  ben  SBerfud^  einer  @rfldrung  Don  bem  Urfprunge  bti 
SeltbaueS  nad^  allgemeinen  me(!^anif4)en  ®efe^en  barlegen,  nid^t  oon 

5  ber  gefammten  Slaturorbnung,  fonbern  nur  oon  ben  großen  äßaffen  unb 
i^ren  iSreifen,  mliit  bie  ro^efte  ©runblage  ber  Statur  au8ma4)en.  3<% 
l^offe  einiges  gu  fagen,  maS  anbern  gu  toiil^tigen  Setrad^tungen  8nla^ 
geben  lann,  obgleii!^  mein  Snttourf  grob  unb  unaudgearbeitet  ifi.  ßinigeS 
baoon  l^at  in  meiner  9Reinung  einen  ®rab  ber  SBal^rfc^einliil^teit,  ber  bei 

10  einem  fleinern  ®egenfianbe  ttenig  3n)eifel  äbrig  laffen  mürbe,  unb  ber 
nur  baS  SBorurtl^eil  einer  grS^em  erforberlid^en  ^unft,  ald  man  ben  aD« 
gemeinen  9}aturgefe^en  gutraut,  entgegen  fielen  fann.  (Sd  gefd^ie^t  oft: 
ba^  man  ba^ienige  gmar  nid^t  finbet,  mad  man  eigentlid^  fudbtr  aber  bo4 
auf  biefem  SBege  anbere  SBort^eile,  bie  man  nic^t  oermutl^et,  antrifft 

15  8[u(^  ein  fold^er  9hi^e  mürbe  ein  genugfamer  ®eminn  fein,  menn  er  p(^ 
bem  9{a4)benlen  anberer  barb5te,  gefegt  au(!^  ba^  bie  $)au^tgmedte  ber 
^^potl^efe  babei  üerf(!^minben  foOten.  3<^  merbe  bie  aDgemeine  ®raoi« 
tation  ber  9Raterie  nad^  bem  Slemton  ober  feinen  9la(^foIgern  l^iebei  wx^ 
audfe^en.   3)ieienige,  mel(!^e  etma  burd^  eine  3>efinition  ber  9Reta)>I^Q{t{ 

30  nac^  i^rem  ®ef(^madte  glauben  bie  Folgerung  fd^arffinniger  SRdnner  aus 
Seobad^tung  unb  matl^ematifd^er  @(^Iugart  gu  oerniil^ten ,  merben  bie 
folgenbe  @d^e  als  etmoS,  bad  überbem  mit  ber  $)au))tab{id^t  biefer  @(!^rift 
nur  eine  entfernte  SBermanbtfd^aft  l^at,  überfd^lagen  Unnen. 

1. 
95        Srmeiterte  Slufifid^t  in  ben  Inbegriff  beS  Unioerfum. 

2)ie  fec^S  Planeten  mit  i^ren  Segleitern  bemegen  pd^  in  J(reifen,  bie 
nid^t  meit  üon  einem  gemeinfc^aftlic^en  $Iane,  ndmlid^  ber  üerldngerten 
äquatorSfldd^e  ber  @onne,  abvotH^tn.  SDie  jtometen  bagegen  laufen  in 
Sahnen,  bie  fel^r  meit  baoon  abftel^en,  unb  fd^meifen  na^  aDen  Seiten 

so  meit  oon  biefer  Segie^ungSfldcbe  aus.  SSenn  nun  anftatt  fo  meniger  $la<» 
neten  ober  Äometen  einige  taufenb  berfelben  gu  unferer  @onnenmelt  ge« 
(orten,  fo  mürbe  ber  S^iertreiS  als  eine  oon  ungd^ligen  @temen  erleud^« 
tete  3one,  ober  mie  ein  Streif,  ber  fid^  in  einem  blaffen  @d^immer  oer« 
liert,  erf^etnen,  in  mel(!(em  einige  ndl^ere  Planeten  in  giemlid^em  ©lange, 

36  bie  entfernten  aber  burc^  i^re  SRenge  unb  SRattigteit  beS  Sic^ts  nur  eine 


i 


140  Setoei^gcunb  ^u  einet  S)emonfiTatton  M  S)afetnd  (Botted. 

neblic^te  Srfd^einung  barfteQen  koürben.  3)enn  ed  toürben  bei  ber  Areid« 
bemegunfir  barin  aQe  biefe  indgefammt  um  bie  Sonne  fi&nben,  feberieit 
in  allen  Sl^etlen  btefeS  2:i^terlreife8  einige  fein,  menn  gleid^  anbre  il^ren 
$la^  oer&nbert  l^dtten.  3)agegen  mürben  bie  j^ometen  bie  ®egenben  ju 
beiben  Seiten  biefer  listen  ßone  in  aller  ni5gli(!^en  ßerftrenung  bebeden.  5 
Sßenn  mir,  burd^  biefe  (Srbid^tung  vorbereitet  (in  melc^er  mir  ni(!^t8  metter 
als  bie  SRenge  ber  Abrper  unferer  ^lanetenmelt  in  ®ebanten  Dermel^rt 
l^aben),  unfere  Kugen  auf  ben  meiteren  Umfang  beS  Uniüerfum  rieten, 
fo  feigen  mir  mirllid^  eine  liäitt  3one,  in  meld^er  @teme,  ob  fte  gmar  aUem 
Slnfel^en  nad^  fel^r  ungleid^e  äSeiten  Don  und  l^aben,  bennod^  gu  einer  unb  10 
eben  berfelben  f$I&d^e  bid^ter  mie  anbermdrts  ge^uft  ftnb,  bageegn  bie 
^immeldgegenben  gu  beiben  Seiten  mit  Sternen  nad^  aDer  Krt  ber  3^^ 
ftrenung  bebedCt  finb.  S)\t  SRiIil^ftra^e,  bie  id^  meine,  l^at  fel^r  genau  bie 
Siid^tung  eineS  grbgten  Si^I^»  eine  Seftimmung,  bie  aOer  Sufmerifam» 
!eit  mertl^  ift,  unb  baraud  ftd^  Derftel^en  I&^t,  bag  unfere  Sonne  unb  mir  n 
mit  il^r  unS  in  bemfenigen  ^eere  ber  Sterne  mit  beflnben,  melil^eS  fi(^  gu 
einer  gemiffen  gemeinfc^aftlid^en  Segiel^ungSfl&d^e  am  meiften  brdngt, 
unb  bie  9inaIogie  ift  l^ier  ein  fel^r  groger  ®runb  gu  oermut^en:  bag  biefe 
Sonnen,  gu  bereu  Saffl,  auii  bie  unfrige  gehört,  ein  SBeltf^ftem  auSmad^en, 
baS  im  ®rogen  nad^  äl^nlid^en  ®efe^en  georbnet  ift,  ald  unfre  Planeten-  30 
melt  im  j^leinen;  bag  alle  biefe  Sonnen  fammt  il^ren  Segleitern  irgenb 
einen  ÜRittetpunIt  i^rer  gemeinfd^aftlid^en  j^reife  l^aben  mögen,  unb  bag 
fte  nur  um  ber  unermeglid^en  @ntfernung  miOen  unb  megen  ber  langen 
Seit  il^rer  j(rei8l&ufe,  il^re  Drter  gar  ni4)t  gu  t)er&nbern  fd^einen,  ob  gmar 
bennod^  bei  etlid^en  mirtlid^  einige  SSerrädung  il^rer  Stetten  ifi  beobad^tet  25 
morben;  bag  bie  93al^nen  biefer  großen  äBelt!5r:per  ft(!^  eben  fo  auf  eine 
gemeinfdbaftlid^e  i^lfi^e  begiel^en,  oon  ber  fte  ni4)t  meit  abmei(!^en,  unb 
bag  biefenige,  meldte  mit  meit  geringerer  Häufung  bie  übrige  ®egenben 
bes  Fimmels  einnel^men,  ben  Kometen  unferer  ^lanetenmelt  barin  dl^n« 
lid^  ^nb.  30 

Sind  biefem  Segriffe,  ber,  mie  mid^  bünit,  bie  gr5gte  äBal^rfd^einlid^^ 
!eit  l^at,  Idgt  ftd^  oermut^en,  bag,  menn  t8  mel^r  fol(!^e  l^ö^ere  äßeltorb« 
nungen  giebt,  ate  biefenige,  bagu  unfre  Sonne  gel^ört,  unb  bie  bem,  ber 
in  ibr  feinen  Staub  ^at,  bie  erfc^einung  ber  SRild^ftrage  Derf^afft,  in 
ber  Stiefe  beS  SSeltraumS  einige  berfelben  mie  blaffe,  fd^immernbe  ^Id^e  35 
merben  gu  feben  fein  unb,  menn  ber  93egiel^ung8:plan  einer  fold^en  anbern 
3ufammenorbnung  ber$i;rfterne  fd^ief  gegen  unS  geftellt  ift,  mie  elliptifc^e 


2.  $(bt]^.    7.  SSetr.    l^oSmogonte.  141 

^guren  erfd^einen  merben,  bie  in  einem  Keinen  fRanm  aud  großer  3Belte 
ein  @onnenf9ftem,  mie  baS  t)on  unfrer  SRild^ftra^e  ift,  barfteUen.  Unb 
bergleid^en  ^Id^d^en  l^at  mirflii!^  bie  Slftronomie  f(!^on  t)orl&ngft  entbedt, 
obgleid^  bie  3Reinung,  bie  man  ft^  baDon  gemacl^t  l^at,  fel^r  t)erj4ieben 

5  ifi,  tt)ie  man  in  beS  ^erm  t)on  aRaupertuiS  93u(!^e  Don  ber  f^igur  ber 
&Uxnt  fe^en  lann. 

3d^  münfd^e,  bag  biefe  ääetrad^tung  mit  einiger  Slufmerlfamleit 
mbifitt  enoogen  merben;  niäit  aDein  meil  ber  Segriff,  ber  baburd^  t)on  ber 
@45pfung  ermdd^fi,  erfiaunlidg  t)iel  rül^renber  ift,  als  er  fonfi  fein  lann 

10  (inbem  ein  ung&I^Ibared  $eer  Sonnen  mie  bie  unfrige  ein  @9flem  anS^ 
mad^t,  beffen  (SHieber  burd^  ^(reiiSbemegungen  t)erbunben  pnb,  biefe 
@9fteme  felbft  aber,  beren  oermutl^Iicb  mieber  unjdl^lige  {tnb,  mot)on  mir 
einige  mal^mel^men  fönnen,  felbft  ©lieber  einer  nod^  ^öl^ern  Drbnung 
fein  mögen),  fonbern  aud^  meil  felbft  bie  Beobachtung  ber  und  naiven  %x]:* 

15  fteme  ober  üielmel^r  langfam  manbeinben  Sonnen,  burd^  einen  fold^en 
Segriff  geleitet,  t)ieneid^t  mand^eö  entbeden  lann,  maS  ber  Slufmerlfam« 
leit  entmifd^t,  in  fo  fern  ni4)t  ein  gemiffer  $lan  gu  unterfuc^en  ifi. 

2. 

©rünbe  für  einen  med^anifd^en  Urfprung  unferer 
20  $Ianetenmelt  äberl^au:pt. 

3)ie  Planeten  bemegen  fid^  um  unfere  @onne  inSgefammt  nac!^  einer» 
lei  Stid^tung  nnb  nur  mit  geringer  Slbmeid^ung  t)on  einem  gemeinfd^aft« 
liefen  Segie^ungSpIane,  meld^er  bie  (Sfliptit  ift,  gerabe  fo,  als  j(5rper, 
bie  bnri!^  eine  ÜRaterie  fortgeriffen  merben,  bie,  inbem  fie  ben  ganjen 

35  9tanm  anffiDt,  il^re  Semegung  mirbelnb  um  eine  Kd^fe  oerric^tet.  S)ie 
Planeten  ^nb  indgefammt  fd^mer  jur  @onne  l^in,  unb  bie  ®r5^e  beS  Sei» 
tenfil^mungS  mfigte  eine  genau  abgemeffene  Siid^tigfeit  l^aben,  menn  {te 
baburd^  in  Sirlellreifen  gu  laufen  foDen  gebrad^t  merben;  unb  mie  bei 
bergleiil^en  mec^anift^er  SSirfung  eine  geometrifd^e  ©enauigfeit  nid^t  gu 

30  ermarten  fte^t,  fo  meid^en  au(!^  aDe  j(reife,  obgmar  nid^t  t)iel,  t)on  ber  @ir- 
lelrunbung  ab.  Sie  befleißen  aud  SRaterien,  bie  nad^  SflemtonS  Sered^» 
nungen,  |e  entfernter  fte  Don  ber  Sonne  ftnb,  Don  befto  minberer  S)id^tig« 
leit  finb,  fo  mie  aud^  ein  jeber  ed  naturlid^  finben  mfirbe,  menn  {te  fi^  in 
bem  Staume,  barin  fie  fc^meben,  oon  einem  bafelbft  gerftreuten  SBeltftoff 

35  gebilbet  l^ötten.   S)enn  bei  ber  Seftrebung,  momit  aDeö  gur  Sonne  ftnft, 


142  Setoeidgnmb  au  einer  SDemonflratton  bed  S)afeind  (Botted. 

tnfiffen  bie  aRaterien  btd^terer  ^rt  {1(^  mel^r  gut  Sonne  brdngen  unb  {{($ 
in  ber  !Ra]^eit  gu  il^r  mel^r  l^dufen,  aI8  bie  Don  leid^terer  9irt,  beren  f^aQ 
megen  i^rer  minbern  3)i(l^tigte{t  me^r  oergfigert  wirb.  S>it  SRaterie  ber 
@onne  aber  ift  na(!^  bt9  ü.  Suffon  Semerfung  an  2)i(^tiglett  berfenigen, 
bie  bie  fummirte  SRaffe  aller  Planeten  gufammen  l^aben  mürbe,  giemlid^  5 
gleii!^,  toeld^efi  au(!^  mit  einer  med^anifd^en  93Ubung  tool^l  gufammen 
fiimmt,  nad^  meld^er  in  t)erf(l^iebenen  ^5^en  an&  t)erfd^{ebenen  (Sattungen 
ber  Elemente  bie  Planeten  fid^  gebilbet  l^aben  mögen,  fonfi  aDe  übrige 
aber,  bie  biefen  9taum  erfüllten,  oermengt  auf  il^ren  gemeinfd^aftlid^en 
SRittelpuntt,  bie  @onne,  mögen  niebergeftürgt  fein.  10 

S>erienige,  meld^er  biefem  ungead^tet  bergleid^en  Sau  unmittelbar  in 
bie  $anb  ©ottefi  miU  übergeben  miffen,  o^ne  beSfaDiS  ben  mec^anifd^en 
(Sefe^en  etmad  gugutrauen,  ijt  genötl^igt  etmad  angufül^ren,  medmegen  er 
l^ier  baiSjenige  notl^menbig  finbet,  maS  er  fonft  in  ber  9laturle^re  nid^t 
leid^tlid^  gul&gt.  (Sr  fann  gar  feine  Qxotdt  nennen,  toarum  eS  beffer  m&re,  u 
ba^  bie  Planeten  Dielmebr  nad)  einer  Stid^tung  als  nad^  t)erfd^iebenen, 
nal^e  gu  einem  Segiel^ungdplane  al8  na(^  aOerlei  ®egenben  in  Greifen 
liefen.  3)er  ^immeldraum  ift  anfe^t  leer,  unb  bei  aDer  biefer  Säemegung 
mürben  fte  einanber  feine  ^inberniffe  leiften.  3(^  befd^eibe  mid^  gerne, 
ba^  ti  verborgene  StoedEe  geben  I5nne,  bie  nai^  ber  gemeinen  SRed^anit  so 
nld^t  mdren  erreid^t  morben  unb  bie  lein  ÜRenfi!^  einfielet;  aDein  t&  ifi 
feinem  erlaubt  fie  \>oxani  gu  fe^en,  menn  er  eine  Sßeinung  barauf  grün« 
ben  miß,  ol^ne  ba^  er  fie  angugeigen  oermag.  äBenn  benn  enblid^  ®ott 
unmittelbar  ben  Planeten  bie  äßurfdfraft  ert^eilt  unb  i^re  Areife  gefteUt 
l^dtte,  fo  ifi  gu  oermutl^en,  bag  fie  niäit  bad  SRerfmal  ber  Unt)oafommen^  25 
l^eit  unb  9lbmei(!^ung,  meld^eS  bei  iebem  $robuct  ber  Statur  angutreffen, 
an  ftd^  geigen  mürben.  SSar  ti  gut,  bag  fie  ftd^  auf  eine  $Idd^e  begießen 
fönten,  fo  ift  gu  t)ermut^en,  er  mürbe  i^re  Äreife  genau  barauf  geftedt 
l^aben,  mar  ed  gut,  ba^  ^e  ber  @irfelbemegung  na^e  fdmen,  fo  fann  man 
glauben,  i^re  Sal^n  mürbe  genau  ein  @trfelfreis  gemorben  fein,  unb  eS  so 
ift  nid^t  abgufel^en,  megmegen  üuSnal^men  oon  ber  genauefien  Slid^tigfeit 
felbft  bei  bemjenigen,  maS  eine  unmittelbare  göttliche  Aunft^anblung  fein 
foUte,  übrig  bleiben  mußten. 

3)ie  (§>Iieber  ber  @onnenmeIt  au8  ben  entferntefien  (S^egenben,  bie 
J^ometen,  laufen  fel^r  eccentrifc^.  @ie  fönnten,  menn  ed  auf  eine  unmittel«  35 
bare  göttlid^e  ^anblung  antdme ,  eben  f 0  mol^l  in  6irtelf reifen  bemegt 
fein,  menn  gleid^  il^re  SSal^nen  Don  ber  Sfliptif  nod^  fo  fel^r  abmeid^en. 


2.  Sl^t^.    7.  iBetr.    ^odmogonie.  143 

S)ie  9lu^en  ber  fo  großen  Sccentricitdt  loerben  in  biefem  f^aQ  mit  gtoger 
Attl^n^eit  erfonnen,  benn  ti  i{t  e^er  begreiflich,  bag  ein  Sßeltlörper,  in 
einer  ^immeteregion,  meldte  es  and^  fei,  in  gleichem  Slbflanbe  immer  bt» 
»egt,  bie  biefer  äBeite  gemdge  (Sinrid^tung  l^abe,  als  bag  er  auf  bie  groge 

5  äSerfd^iebenl^eit  ber  Seiten  gleid^  üortl^eill^aft  eingerid^tet  fei;  unb  toai 
bie  SBortl^eile,  bie  9Remton  anfftl^rt,  anlangt,  fo  ift  {id)tbar,  bag  fie  fonfi 
nid^t  bie  minbefie  äSal^rfd^einlid^Ieit  l^aben,  auger  bag  bei  ber  einmal  Dor«» 
aus  gefeilten  unmittelbaren  g5ttlid^en  Knorbnung  jte  bo4  gum  minbeften 
in  einigem  SSormanbe  eines  QmdtS  bienen  I5nnen. 

10  am  beutlid^ßen  f&nt  biefer  %t^Ux,  ben  Sau  ber  ^(anetenmelt  gitt« 
lid^en  Slbfid^ten  unmittelbar  unter  gu  orbnen,  in  bie  Singen,  ba  mo  man 
t)on  ber  mit  ber  ßunal^me  ber  Entfernungen  umgefel^rt  abne^menben 
S)l(l^tigfeit  ber  Planeten  9ett)egungSgrünbe  erbid^ten  miß.  3)er  Sonnen 
SSirfung,  l^eigt  eS,  nimmt  in  biefem  3ßage  ab,  unb  eS  mar  anfidnbig,  bag 

n  bie  3)id^tig!eit  ber  j(brper,  bie  burc^  fie  foDten  ermdrmt  merben,  au(^ 
biefer  pro:portionirIid)  eingerid^tet  mürbe.  Sinn  ift  belannt,  bag  bie  @onne 
nur  eine  geringe  5!;iefe  unter  bie  £>berfldd^e  eines  SSeltIbrperS  mirlt,  unb 
aus  il^rem  (Sinfluffe  benfelben  gu  ermdrmen  lann  alfo  nid^t  auf  bie  S)idb« 
ügleit  beS  gangen  Alum))enS  gefd^Ioffen  merben.   $ier  ift  bie  f^olgerung 

90  aus  bem  Qtozdt  Diel  gn  grog.  3)aS  9RitteI,  ndmlid^  bie  üerminberte  3)id^» 
tigfeit  beS  gangen  J^luntpenS,  begreift  eine  äSeitIduftigfeit  ber  Suftalt, 
meiere  für  bie  ®rö6e  beS  SmedS  überftüffig  unb  unnötl^ig  ift. 

2lu  aUen  natürlid^en  ^eroorbringungen,  in  fo  fem  fte  auf  SBo^lge« 
reimt^eit,  £>rbnung  unb  9}u^en  l^inauSlaufen,  geigen  fid^  gmar  Überein« 

SS  ftimmnngen  mit  göttlichen  Sbftd^ten,  aber  au(^  ^Rerfmale  beS  UrfprungS 
aus  allgemeinen  ®efe^en,  bereu  f^olgen  fid^  nod^  oiel  meiter  als  auf  foU 
i^vx  eingelnen  %aVi  erftreden  unb  bemnad^  in  jeber  eingelnen  äBirlung 
Spuren  üon  einer  SBermengung  fold^er  ©efe^e  an  ftd^  geigen,  bie  nid^t 
lebigli(^  auf  biefeS  eingige  ^robuct  gerid)tet  maren.  Um  beSmiDen  finben 

30  auäi  Sbmeidjungen  oon  ber  grögt  möglid^en  ©enauigfeit  in  Slnfe^ung 
eines  befonbern  Stozd^  ftatt.  3)agegen  mirb  eine  unmittelbar  übematür« 
lid^e  Slnftalt,  barum  meil  il^re  SuSfül^rung  gar  nid^t  bie  f^olgen  auS  aD» 
gemeinem  SSirlungSgefe^en  ber  SRaterie  üorauS  fe^t,  aud^  nic^t  burc!^ 
befonbere  fi(^  einmengenbe  9lebenfolgen  berfelben  entßeOt  merben,  fonbern 

3s  ben  ¥lctn  ber  dugerft  möglid^en  9ii(!^tigfeit  genau  gu  @tanbe  bringen. 
3n  ben  ndl^erm  Sl^eilen  ber  $lanetenmelt  gum  gemeinfd^aftlid^en  9Rittel« 
)>untte  ift  eine  größere  Slnndl^emng  gur  üiDigen  Orbnung  unb  abgemeffe« 


144  S3emetö0runb  au  einer  ^emonßratton  bed  S)afeind  (Botted. 

nen  ®enautg!ett,  bie  na(^  ben  ©renken  beS  @Qjlem8  l^inauS,  ober  tt)ett 
t)on  bem  Segiel^ungfiplane  gu  ben  Seiten  in  ätegelloftgteit  unb  Slbmeid^un«« 
gen  ausartet,  getabe  fo  tt)ie  eS  t)on  einer  SBerfaffung  gu  enoarten  ifi,  bie 
med^anifil^en  Urfpmngd  i{t.  Sei  einer  unmittelbar  göttlichen  Slnorbnung 
tonnen  niemals  unDoUftdnbig  eneid^te  SiXotäz  angetroffen  toerben,  fonbem  5 
allentl^alben  geigt  ft(!^  bie  größte  9ii^tig!eit  unb  Sibgemeffenl^eit,  toit  man 
unter  anbem  am  Sau  ber  Siliere  gen^al^r  mirb. 

3. 

jturjer  Sbrlg  ber  loal^rfd^einlid^ften  Krt,  toie  ein  Planeten«» 

f^ftem  mec^anifd^  l^at  gebilbet  n^erben  !önnen.  10 

S)ie  eben  ie^t  angefäl^rte  Semeidgr&nbe  für  einen  medjanifd^en  VLx* 
fprung  ftnb  fo  mic^tig,  bag  felbft  nur  einige  berfelben  Dorl&ngft  aDe  Slatur» 
forfd^er  bemogen  l^aben,  bie  Urfad^e  ber  ^lanetenf reife  in  natürlid^en 
Semegh&ften  gu  fu4)en,  oornel^mlic^  votil  bie  Planeten  in  eben  berfelben 
9tid^tung,  toorin  bie  Sonne  ft^)  um  il^re  Kil^fe  fd^toingt,  um  fie  in  j^eifen  15 
laufen,  unb  il^re  Salinen  fo  fel^r  nal^e  mit  biefer  il^rer  ^quatoriSfl&d^e  gu«* 
fammen  treffen.  Sleioton  toar  ber  groge  S^rftörer  aQer  biefer  SBirbel,  an 
benen  man  gleid^mol^I  nod^  lange  nac!^  feinen  3)emonftrationen  l^ing,  toie 
an  bem  Seifpiel  bed  berül^mten  ^enn  oon  äßairan  gu  feigen  ift.  S)ie 
ftd^ere  unb  fibergeugenbe  Seioeist^ümer  ber  9lett)tonifd^en  SBeltmeiS^eit  »> 
geigten  augenf(^einlid^,  bag  fo  etmaS,  toie  bie  SBirbel  fein  foOten,  meldte 
bie  Planeten  ^erum  fül^rten,  gar  nid^t  am  ^immel  angetroffen  toerbe  unb 
ba^  fo  gang  unb  gar  !ein  Strom  fold^er  glflf figteit  in  biefen  9tftumen  fei, 
ba^  felbft  bie  Aometeufd^toeife  quer  burc!^  aDe  biefe  j^reife  i^re  unoer<» 
rftdKe  Semegung  fortfe^en.  @S  mar  fidler  l^ieraud  gu  f daliegen:  bag,  fo  25 
mie  ber  ^immelfiraum  ie^t  leer  ober  unenblid^  banne  ift,  {eine  med^anif d^e 
Urfad^e  ftatt  finben  f5nne,  bie  ben  Planeten  i^re  jfreidbemegung  ein» 
brfidte.  ^Oein  fofort  atte  med^anifd^e  ©efe^e  oorbei  ge^en  unb  burd^  eine 
fü^ne  ^Qpotl^efe  ®ott  unmittelbar  bie  Planeten  merfen  gu  laffen,  bamit 
fte  in  Serbinbung  mit  il^rer  Sd^mere  fid^  in  j(reifen  bemegen  foDten,  mar  30 
ein  gu  meiter  Sd^ritt,  als  bag  er  innerhalb  bem  93egir(e  ber  äBeltmeid^eit 
l^fitte  bleiben  fdnnen.  @d  fäDt  alSbalb  in  bie  Singen,  bag  nod^  ein  f^all 
äbrig  bleibe,  mo  med^anifd^e  Urfad^en  biefer  SSerfaffung  möglid^  feien: 
menn  ndmlid^  ber  fRavim  beS  Panetenbaued,  ber  anje^t  leer  ift,  Dörfer 
erfüDt  mar,  um  eine  ®emeinf(^aft  ber  Semegfräfte  burc^  ade  ©egenben  35 


2.  SlBtlft.    7.  S3etr.    Jbdmogotiie.  145 

MefeS  Seiirld,  morin  bte  Slnjiel^ung  unferer  6onne  ]^errf4)t,  gu  t)eran«: 
laffen. 

Unb  l^ier  lann  i(^  bieienige  Sefd^affenl^eit  angeigen,  loeld^e  bie  eingige 
m5gl{(^e  ift,  unter  ber  eine  me(!^antf(^e  Urfac^e  ber  ^immetöbeiDegungen 

5  ftott  finbet,  meld^ed  gur  SRed^tfertigung  einer  ^^potl^efe  ein  betrdd^tlic^er 
Itmfianb  ifi,  beffen  man  ftd^nur  feiten  loirb  rfil^men  !5nnen.  S)a  bie  dt&nxat 
anlieft  leer  ßnb,  fo  muffen  fie  e^ebem  erfüllt  getoefen  fein,  fonft  l^at  niemals 
eine  ausgebreitete  Birlung  ber  in  i^reifen  treibenben  93ett)eglrdfte  ftatt 
finben  fönnen.  Unb  eS  mu^  bemnad^  biefe  t)erbreitete  9Raterie  ftd^  l^ernad^ 

10  auf  bie  $immeMför:per  oerfammelt  l^aben,  bad  ift,  toenn  t(^  ed  nä^er  be« 
trad^te,  biefe  $immetöt5rper  felbft  merben  ft(!^  au8  bem  t)erbreiteten  ©runb^^ 
ftoffe  in  benäldumen  bed  @onnenbaued  gebilbet  l^aben,  unb  bie  Seioegung, 
bie  bie  Sl^eild^en  il^reS  Bnfammenfa^eS  im  Suftanbe  ber  S^^reuung 
litten,  ift  bei  il^nen  na(^  ber  SSereinbarung  in  abgefonberte  3Raffen  fibrig 

15  geblieben.  @eitbem  finb  biefe  Sfläume  leer.  Sie  entl^alten  leine  SRaterie, 
bie  unter  biefen  j(5rpem  gur  SRittl^eilung  beS  Jheidfd^toungeS  bienen 
fbnnte.  Kber  fie  Pub  tS  nid^t  immer  getoefen,  unb  toix  merben  Semegun« 
gen  getoal^r,  tooüon  ie^t  feine  natürlid^e  Urfa(^en  ftatt  finben  f5nnen,  bie 
aber  Überbleibfei  beS  anerdlteften  ro^en  ßuftanbeS  ber  9latur  ftnb. 

»  Son  biefer  Semerfung  miO  id^  nur  nod^  einen  Sd^ritt  tl^un,  um 
mi(^  einem  mal^rfil^einlid^en  SSegrijf  t)on  ber  Sntftel^ungSart  biefer  grogen 
Stoffen  unb  ber  Urfacl^e  i^rer  S3emegungen  gu  ndl^ern,  inbem  idft  bie 
grfinblic^ere  S^oQffi^rung  eines  geringen  @d^attenrif[eS  bem  forfd^enben 
Sefer  felbft  überlaffe.   9Senn  bemnad^  ber  Stoff  gu  Silbung  ber  Sonne 

»  unb  aQer  ^immetötbtper,  bie  il^rer  mdd^tigen  Slngie^ung  gu  ®ebote  ftel^en, 
burd^  ben  gangen  Staum  ber  Panetentoelt  gerftreuet  toar,  unb  es  toar  ir< 
genb  in  bem  Drte,  ben  |e|t  ber  j(lumpe  ber  Sonne  einnimmt,  9Raterie 
t>on  ftdrieren  Sngiel^ungSlrdften,  fo  entfianb  eine  aDgemeine  Senfung 
l^iegu,  unb  bie  Sngiel^ung  beS.SonnenlörperS  koud^S  mit  il^rer  SRaffe.  (SS 

90  ift  leidet  gu  Dermut^en,  bag  in  bem  aDgemeinen  f^aD  ber  ^artifeln  felbft 
oon  ben  entlegenften  ©egenben  beS  SSeltbaued  bie  SRaterien  bid^terer  9rt 
in  ben  tiefem  ®egenben,  too  fid^  aDeS  gum  gemeinfd^aftlld^en  äßittetpunfte 
^inbrdngte,  fid^  nad^  bem  SRage  loerben  gehäuft  l^aben,  als  fte  bem  Sßittel» 
punfte  ndl^er  toaren,  obgtoar  in  aOen  Sftegionen  äßaterien  oon  aOerlei  S(rt 

»  ber  3)id^tigfeit  toaren.  S)enn  nur  bie  Sl^etld^en  oon  ber  f4)merften  ©attung 
fonnten  baS  größte  SBermögen  l^aben  in  bief em  @§aoS  hnxii  baS  ©emenge 
ber  leid^teren  gu  bringen,  um  in  grbgere  Stal^eit  gum  ©raDitationSpuntte 

tast'l  C^ciftei.   Seile,  n.  10 


146  IBetoeidgrunb  au  einer  S)emon{lTatton  M  S)afeind  (BotteiS. 

gu  gelangen.  3n  ben  Sekoegungen,  bie  t)on  t)erf(l^tebentli(l^  l^ol^em  %aü 
in  ber  @:pl^äre  uml^er  entsprangen,  tonnte  niematö  ber  SBlberftanb  ber 
einanber  l^inbemben  $arti!eln  fo  t)oniommen  gleid^  fein,  ba^  ni(!^t  nad^ 
irgenb  einer  Seite  bie  enoorbene  ©efd^minbigteiten  in  eine  Slbbeugung 
auSfd^Iagen  foQten.  Unb  in  biefem  Umftanbe  geigt  {t(!^  eine  fel^r  gemeine  s 
Sftegel  ber  ®egenn)irlung  ber  SRaterien,  bag  fte  einanber  fo  lange  treiben 
ober  lenten  unb  einfd^rdnfen,  bis  fte  fid^  bie  minbefte  ^inbemi^  leiften; 
toeld^em  gemäg  bie  Seitenbeioegungen  fii^  enblid^  in  eine  gemeinfd^aft« 
Ud^e  Umbrel^ung  nad^  einer  unb  eben  berfelben  Sftid^tung  üereinigen 
mußten.  S)ie  ^artifeln  bemnad^,  looraud  bie  6onne  gebilbet  lourbe,  lamen  lo 
auf  i^r  fd^on  mit  biefer  Seitenbetoegung  an,  unb  bie  @onne,  au8  biefem 
@toffe  gebilbet,  mugte  eine  Umbrel^ung  in  eben  berfelben  Sftid^tung  l^aben. 
@8  ift  aber  aus  ben  ©efe^en  ber  ®rat)itation  Aar:  bag  in  biefem 
^erumgefd^ioungenen  SBeltftoffe  alle  £]^eile  mäffen  beftrebt  geioefen  fein, 
ben  $Ian,  ber  in  ber  9li(^tung  il^reS  gemeinfd^aftlic^en  Umf(!^mungeS  u 
burd^  ben  HRittetpunft  ber  @onne  gel^t,  unb  ber  nad^  unferen  @(!^Iuf[en 
mit  ber  tquatorSflftd^e  biefeS  ^immelStörperS  gufammentrifft,  gu  burd^« 
f(!^neiben,  loofem  fie  nid^t  fd^on  ft(^  in  bemfelben  befanben.  2)emnad() 
toerben  aDe  biefe  2:^eile  oomel^mlii!^  nal^e  gur  @onne  il^re  grb^te  ^fiufung 
in  bem  Siaume  l^aben,  ber  ber  t)erlängerten  3i[quatorSfIä4)e  berfelben  nal^e  20 
i{t.  Snblid^  ift  tS  aud^  fel^r  natfirlid^,  ba^,  ha  bie  ^artileln  einanber  fo 
lange  l^inbem  ober  befd^Ieunigen,  mit  einem  SBorte,  einanber  flogen  ober 
treiben  muffen,  bis  eines  beS  anbem  Setoegung  gar  nid^t  mel^r  ftSren 
lann,  gule^t  aÜeS  auf  ben  ßuftanb  auSfd^lage,  bag  nur  biefenige  S^tiU 
d^en  fd^tt)eben  bleiben,  bie  gerabe  ben  ®rab  beS  6eitenfd^ttungeS  ^aben,  2s 
ber  erforbert  toirb  in  bent  Sbflanbe,  barin  {te  t)on  ber  Sonne  finb,  ber 
®rat)itation  baS  ®Ieid^gemi(^t  gu  leiften,  bamit  ein  ieglid^eS  fi(!^  in  freier 
Setoegung  in  concentrif(!^en  ßiirteln  ]^erumfd^tt)inge.  S)iefe  @d^neDig!eit 
ift  eine  Sßirlung  beS  gaDeS  unb  bie  Semegung  gur  Seiten  eine  f^olge  beS 
fo  lange  baurenben  ®egenftogeS,  bis  alles  in  bie  SSerfaffung  ber  minbeften  so 
^inberniffe  ftd^  t)on  felbft  gefd^idtt  l^at.  3)ie  übrigen  Sl^eilil^en,  bie  eine 
fold^e  abgemeffene  ®enauig!eit  nid^t  erreid^en  lonnten,  mflffen  bei  all« 
mftl^lig  abne^menber  SSeioegung  gum  SRittelpunIte  ber  aQgemeinen  ®ra« 
Ditation  gefunfen  fein,  um  ben  i^luntpen  ber  Sonne  gu  Dermel^ren,  ber 
bemnad^  eine  3)id^tigfeit  l^aben  loirb,  loeld^e  ber  t)on  ben  fibrigen  SRate«  ss 
rien  in  bem  um  fie  befinblic^en  Sflaume  im  3)ur(!^f(^nitte  genommen  giem* 
lid^  gleid^  ifi;  fo  bod^,  bag  na(^  ben  angeffil^rten  Umftdnben  i^re  SKaffe 


3.  «Btl^.    7.  Setr.    jeofSmogonie.  147 

not^menbig  bie  äßenge  ber  Materie,  bie  in  bem  Sesirle  um  fte  fd^meben 
geblieben,  meii  äbertretfen  toirb. 

3n  biejem  Suftanbe,  ber  mir  natürlid^  gu  fein  fd^eint,  ba  ein  t)er« 
breiteter  6totf  gu  Silbung  t)erf4)iebener  ^immel8f5r:per  in  einem  engen 

5  Sftanm  gundd^jl  ber  t)erldngerten  f^Iäd^e  bed  @onnenfiquator8  Don  befio 
mel^rer  2)i(l^tigfeit  ie  ndl^er  bem  SRittelpunfte,  unb  aDentl^alben  mit  einem 
Sd^munge,  ber  in  biefem  Slbftanbe  gur  freien  Sirlelbetoegung  l^inl&nglid^ 
toar,  nad^  ben  Sentralgefe^en  bis  in  gro^e  Seiten  um  bie  @onne  fic^ 
]^erumfd^tt)ang,  toenn  man  ba  fe^t,  bag  fid^  anS  biefen  S^eild^en  Planeten 

10  bilbeten,  fo  tann  ed  nid^t  feilten,  bag  {te  nid^t  @d^tt)ungdfrdfte  l^aben  fott* 
ten,  baburd^  fie  in  Jheifen,  bie  ben  Sirleln  fel^r  na^e  (ommen,  {td^  be^ 
megen  foQten,  ob  fte  gleid^  etioaS  baoon  abmeid^en,  meil  fie  fid^  au8  S^eil» 
d^en  oon  unterfd^iebli4)er  $5]^e  fammleten.  @d  ift  eben  fo  lool^I  fel^r  natür« 
lid^,  bag  biejenige  Planeten,  bie  fid^  in  grogen  $ö^en  bilben,  (mo  ber 

15  Siaum  um  fte  oiel  großer  ift,  ber  ba  t)eranlagt,  bag  ber  Unterfd^ieb  ber 
©efd^toinbigfeit  ber  ^artiteln  bie  j^raft,  toomit  ^t  gum  ÜRittelpuntte  be« ' 
Planeten  gegogen  merben,  übertreffe}  bafelbft  aud^  größere  Alumpen  al8 
nal^e  gur  Sonne  geioinnen.    S)ie  Übereinstimmung  mit  t)ielen  anbem 
9terhoärbig!eiten  ber  ^lanetentoelt  übergebe  id^,  loeil  fte  ftd^  t)on  felbft 

20  barbietet.*)  ^n  ben  entlegenften  Sl^eilen  bed  @9ftemd  unb  oornel^mlid^ 
in  großen  SBeiten  t)om  Segiel^ungSpIane  merben  bie  ftd^  bilbenbe  Sbipex, 
bie  J(ometen,  biefe  9iegelmä|igfeit  nid^t  l^aben  !5nnen.  Unb  fo  toirb  ber 
9iaum  ber  ^lanetentoelt  leer  toerben,  nad^bem  ftd^  aDeiS  in  abgefonberte 
SRaffen  vereinbart  l^at.   S)od^  fönnen  nod^  in  fpdterer  @po(^e  ^artifeln 

35  a\x&  ben  dugerften  ©rengen  biefer  Singiel^ungdfpl^dre  l^erabgefunlen  fein, 
bie  fortl^in  iebergeit  frei  im  ^immelsraume  in  Greifen  ft(^  um  bie  @onne 
bemegen  mögen :  SRaterien  oon  ber  dugerften  S)ännigteit  unb  oielleid^t 
ber  Stoff,  toorauS  bad  Sobia!aHid^t  befielet. 

4. 
so  Slnmertung. 

S)ie  9ibftd^t  biefer  Setrad^tung  ift  t)orne]^mIid^,  um  ein  93eifpiel  oon 
bem  Serfal^en  gu  geben,  gu  toeld^em  und  unfere  oorige  Setoeife  bered^tigt 

*)  2)te  ^ilbung  eined  fleineren  ©^fiemd,  ba^  alS  ein  X^eil  au  ber  Planeten- 
weit  gehört,  mie  bed  Suptterd  unb  @atum6,  imgteic^en  bie  ^(d^fenbre^ungen  biefer 
35  ^immeldför^iier  merben  megen  ber  Sütalogie  unter  biefer  (Sxfl&mnq  mit  begriffen. 

10* 


148  OmeiiSgnsnb  ju  dncc  3)emotiflTtttton  bed  2)<ifeind  <Botte<. 

^aben,  ba  man  nämliii^  bte  ungegrfinbete  Seforgnig  loegf^afft,  als  totnn 
eine  iebe  Stll&ntng  einer  großen  ünfialt  ber  SSelt  ani  allgemeinen  Xatur« 
gefe^en  ben  boSl^aften  ^einben  ber  Sleligion  eine  Sude  öffne,  in  il^re  SoU« 
merfe  gn  bringen.  ^Reiner  SReinung  na(^  ^at  bie  angefäl^rte  $9pot^fe 
jnm  minbefien  ®rfinbe  genug  für  fid^,  um  SRdnner  oon  ausgebreiteter  & 
@in{i(^t  gu  einer  ndl^ern  $rfifung  beS  barin  üorgeftellten  $Iand|  ber  nur 
ein  grober  Umrig  ift,  eingulaben.  SRein  &mtd,  in  fo  fern  er  biefe  @(^rift 
betrifft,  ift  erffiDt,  menn  man,  burd^  baS  Sutrauen  gu  ber  9iegelmd^igteit 
unb  Drbnung,  bie  au8  allgemeinen  9laturgefe^en  fliegen  tann,  üorbe» 
reitet,  nur  ber  natfirli<|en  SBeltioeid^eit  ein  freiered  Selb  öffnet  unb  eine  lo 
SrfldmngSart,  mie  biefe  ober  eine  anbere  als  möglid^  unb  mit  ber  (Sr» 
lenntni^  eines  loeifen  ®otteS  lool^l  gufammenflimmenb  angufe^n  fann 
bettogen  merben. 

@8  kodre  übrigens  ber  pl^ilofopbtfd^^n  SSefirebung  mo^l  mfirbig,  na(^> 
bem  bie  SBirbel,  baS  beliebte  BeiÄgeug  fo  t)ieler  6Qfteme,  auger^alb  ber  is 
@p]^dre  ber  9latur  auf  beS  HRiltonS  2imbuS  ber  Sitelleit  oenoiefen  loor« 
ben,  bag  man  gleid^mol^l  gehörig  forf(!^te,  ob  nid^t  bie  Statur  ol^ne  Srbid^«^ 
tung  befonberer  i^rdfte  felber  etmaS  barböte,  maS  bie  burc^gel^enbs  nadb 
einerlei  ®egenb  gerid^tete  Sd^toungSbetoegung  ber  Planeten  erlldren 
lönnte,  ba  bie  anbere  oon  ben  Sentrallrdften  in  ber  ©raoitation  als  einem  so 
bauerl^aften  SSerbanbe  ber  Statur  gegeben  ift.   3um  toenigften  entfernt 
fid^  ber  Don  uns  entmorfene  $lan  ni(!^t  oon  ber  Siegel  ber  Sinl^eit,  benn 
felbft  biefe  @d^tt)ungs!raft  mirb  als  eine  f^olge  auS  ber  ©raoitation  ah 
geleitet,  toie  eS  gufdlltgen  Semegungen  anftdnbig  ift,  benn  biefe  foDen  als 
Erfolge  aus  ben  ber  SRaterie  aud^  in  9tul^e  beimol^nenben  Ardften  l^erge«»  26 
leitet  koerben. 

äberbieS  merle  id^  an,  ba^  baS  atomiftifd^e  Softem  beS  S)emotrituS 
unb  (SpifurS  uneracl^tet  beS  erften  Snfil^einS  oon  ^bnlid^feit  bod^  eine 
gang  oerfd^iebene  Segiel^ung  gu  ber  f^olgerung  auf  einen  Urheber  ber  äßelt 
l^abe,  als  ber  ßnttourf  beS  unfrigen.  3n  ienem  toar  bie  SSetoegung  emig  so 
unb  ol^ne  Url^eber  unb  ber  Sufammenftog,  ber  reid^e  JDueQ  fo  Dieler  Drb« 
nung,  ein  Ungefdl^r  unb  ein  S^faD,  toogu  ft(^  nirgenb  ein  ®runb  fanb. 
$ier  fül^rt  ein  erlannteS  unb  mal^reS  ®efe^  ber  Statur  nac!^  einer  fel^r  be<> 
greiflid^en  SSorauSfe^ung  mit  9tot^menbig!eit  auf  Drbnung,  unb  ba  l^ier 
ein  beftimmenber  ©runb  eines  SluSfd^lagS  auf  Stegelmdgigfeit  angetroffen  35 
koirb  unb  etmaS,  loaS  bie  Statur  im  ©leif  e  ber  SBol^lgereimtl^eit  unb  @d^öu« 
l^elt  er^dlt,  fo  tt)irb  man  auf  bie  SBermutl^ung  eines  ®runbeS  geful^rt,  aus 


2.  SKBtl^.    7.  8etr.    Aotoogonie.  149 

betn  bie  Stotl^iDenbigteit  ber  SBeiie^ung  int  S^olllommeiil^eit  !ann  tter« 
ßanben  koerbem 

Um  tnbeffen  nod^  burd^  ein  anber  Seif^iel  begreiflii!^  gu  mad^en,  koie 
bie  äBirfung  ber  ®rat)itatton  in  ber  SBerbinbung  jerfhreuter  Elemente 
6  Siegelmä^igleit  unb  @(!^ön]^eit  l^erüor  ju  bringen  notl^koenbiger  äBeife  6e* 
{timmt  fei,  fo  tt)iD  id^  eine  Srflfirung  t)on  ber  met^anifd^en  (SrjeugnngSart 
bed  @atumu8ringe8  beiffigen,  bie,  tt)ie  mir  bünit,  fo  Diel  SBal^rfd^elnlid^^ 
feit  l^at,  a\9  man  es  t)on  einer  ^^potl^ef e  nnr  ertoarten  lann.  3Ran  rdume 
mir  nnr  ein:  bag  6atnrn  in  bem  er^en  SBeltalter  mit  einer  Stmofpl^ftre 

10  umgeben  getoefen,  bergleid^en  man  an  t)erf4)iebnen  J(ometen  gefeiten,  bie 
fid^  ber  Sonne  nid^t  fel^r  ndl^ern  unb  ol^ne  Sd^ipeife  erf(!^einen,  ba^  bie 
Stl^eild^en  bed  3)un{tfreife8  Don  biefem  Planeten  (bem  mir  eine  9[4)fen« 
brel^nng  gugeftel^en  tooDen)  aufgeftiegen  ftnb,  unb  ba^  in  ber  f^olge  biefe 
fünfte,  es  fei  barum,  meil  ber  planet  t)erlfl^lte,  ober  aud  anbern  Ur» 

15  fad^en,  anfingen  fi(!^  mieber  gu  i^m  nieber  gu  fenten,  fo  erfolgt  baS  übrige 
mit  med^anifc^er  Sftid^tigleit.  3)enn  ba  aUe  2^eil(!^en  oon  bem  fünfte  ber 
Dberfffid^e,  ba  jte  aufgeftiegen,  eine  biefem  Drte  gleid^e  ©efd^minbigfeit 
l^aben  mfiffen,  um  bie  S(d^fe  beS  Planeten  fid^  gu  bemegen,  fo  mäffen  alle 
Dermittelft  biefeS  ©eitenfd^toungS  beftrebt  getoefen  fein,  nad^  ben  Siegeln 

20  ber  Sentralfr&fte  freie  j(reife  um  ben  @aturn  gu  befd^reiben.*)  68  m&ffen 
aber  aDe  biefenige  Sl^eild^en,  beren  ®ef(^n)inbigfeit  nid^t  gerabe  ben  ®rab 
l^at,  bie  ber  attraction  ber  ^ö^e,  mo  fie  f^itoeben,  burd^  Sentrifugallraft 
genau  baS  ®lei(4gemid^t  leiftet,  einanber  notl^menbig  fto^en  unb  t)er« 
gbgem,  bis  nur  bieienige,  bie  in  freier  Sirlelbemegung  nad^  Sentralgefe^en 

SS  umlaufen  tbnnen,  um  btn  Saturn  in  j(reifen  bemegt,  übrig  bleiben,  bie 
übrige  aber  nad^  unb  nad^  auf  beffen  &ber{ld4)e  gurfid  faden.  SRnn  muffen 
not^menbig  aDe  biefe  @irlelbemegungen  bie  oerldngerte  i^Idc^e  beS  @a> 
turnuSdquatorS  bur^fd^neiben,  meld^eS  einem  {eben,  ber  bie  Sentralgefe^e 
mei^,  betannt  ift;  alfo  toerben  fid^  enblic^  um  ben  Saturn  bie  übrige 

30  S:^ild^en  feiner  t)ormaI{gen  Sltmofpl^dre  gu  einer  girlelrunben  (Sbene 
brdngen,  bie  ben  t)erldngerten  Äquator  biefeS  Planeten  einnimmt,  unb 
beren  du^erfter  9tanb  burd^  eben  biefelbe  Urfac^e,  bie  bei  ben  J(ometen 
bie  ®renge  ber  Stmofp^dre  beftimmt,  aud^  l^ier  abgefd^nitten  ift.  S)iefer 


*)  Saturn  betoegt  f!d^  um  feine  94fe,  nad^  ber  S^oraudfe^ung.    (Sin  jebeS 
36  S^etl^en,  bad  oon  i^m  auffleigt,  mug  ba^er  eben  biefelbe  ©eitenbemegung  l^oben 
unb  fie,  gu  xotlä^tt  ^5^e  eS  au^  gelangt,  bafelbfl  fortfe^en. 


150  Semeidgnmb  au  einer  S)emonfiroHon  bed  S)Qfelnd  (BotteiB. 

Simbud  t)on  frei  bekoegtem  SSeltßoffe  mug  notl^iDenbig  ein  Sting  koerben, 
ober  t)ielme^r  eS  Ibnnen  gebadete  Seioegungen  auf  leine  anbre  Srigur  als 
bie  eines  9Unge8  audf(!^lagen.  S)enn  ba  fte  aOe  il^re  ®efd^tt)inb{gleit  jur 
Sirtelbetoegung  nur  Don  ben  fünften  ber  Dberfldd^e  bei  @aiurnS  l^aben 
tSnnen,  oon  ba  fte  aufgejliegen  finb,  fo  muffen  biefenige,  bie  oon  beffen  5 
Äquator  ftd^  erl^oben  l^aben,  bie  größte  Sd^neUigleit  befi|$en.  3)a  nnn 
unter  aDen  Seiten  oon  beffen  SRittetpunlte  nur  eine  ift,  too  biefe  ®e« 
f(!^n)inbig!eit  gerabe  gur  @ixf elbetoegung  taugt,  unb  in  ieber  fleinern  Snt» 
fernung  ju  fd^toad^  ift,  fo  tolrb  ein  €irfel(rei8  in  biefem  SimbuS  ani  bem 
9RitteIpunIt  beS  SaturnS  gegogen  toerben  Ibnnen,  innerl^alb  toeld^em  alle  10 
$artiMn  gur  £>berflä4)e  biefeS  Paneten  nieberfaUeu  muffen,  aQe  übrige 
aber  gioifd^en  biefem  gebadeten  Sirlel  nnb  bem  feines  äu^erften  SRanbeS 
(folglich  bie  in  einem  ringförmid^ten  dtanm  entl^altene)  loerben  fortl^in 
frei  fd)tt)ebenb  in  @ir!el!reifen  um  i^n  in  Settegung  bleiben. 

9Rad^  einer  f oI4)en  Kufibfung  gelangt  man  auf  f^olgen,  burd^  bie  bie  15 
Seit  ber  ä(^fenbrel^ung  beS  @aturnS  gegeben  ift,  unb  gmar  mit  fo  oiel 
äSal^rfd^einlid^Ieit,  als  man  biefen  ©rfinben  einräumt,  tt)oburd^  fie  gu« 
gleid^  beftimmt  voxxb.  S)enn  toeil  bie  ^artifeln  beS  inneren  SftanbeS  eben 
biefelbe  ©efd^toinbigleit  l^aben  loie  biejenige,  bie  ein  ^nft  beS  @aturnuS* 
fiquatorS  l^at,  unb  überbem  biefe  ©efd^ninbigleit  nad^  ben  ©efe^en  ber  ao 
©raoitation  ben  gur  ßirfelbemegung  gel^brigen  ®rab  l^at,  fo  fann  man 
aus  bem  SBerl^dltniffe  beS  KbftanbeS  eines  ber  @aturnuS«2;rabanten  gu 
bem  Slbftanbe  beS  innern  SRanbeS  beS  SRingeS  oom  SRittelpunfte  beS  $la« 
neten,  imgleid^en  auS  ber  gegebenen  3^it  beS  Umlaufs  beS  S^rabanten  bie 
Seit  beS  Umfc^ttungS  ber  S^eild^en  in  bem  intt)enbigen  SRanbe  finben,  25 
aus  biefer  aber  unb  bem  SSerl^&Itnig  beS  tieinften  S)urd^mefferS  00m  Sflinge 
gu  bem  beS  Planeten  biefeS  feine  ^d^fenbrel^ung.  Unb  fo  finbet  ft(^  burd^ 
Sied^nung:  ba|  @aturn  ftd^  in  5  Stunben  unb  ungef&l^r  40  SRinuten  um 
feine  9(d^fe  breiten  muffe,  toeld^eS,  votnn  man  bie  Analogie  mit  ben  übrigen 
Planeten  l^iebei  gu  äiatbe  giel^t,  mit  ber  3^it  ber  Umttenbung  berfelben  30 
tool^l  gu  l^armoniren  fc^eint. 

Unb  fo  mag  benn  bie  SSorauSfe^ung  ber  !ometifd^en  Stmofppre,  bie 
ber  @aturn  im  anfange  möd^te  gehabt  l^aben,  gugeftanben  merben  ober 
nid^t,  fo  bleibt  biefenige  i^olgerung,  bie  id^  gur  @rl&uterung  meines  ^aupt» 
faj^eS  barauS  gie^e,  tt)ie  mid^  bünft,  giemlid^  fidler:  ba^,  totnn  ein  folc^er  S5 
S)unft(retS  um  i^n  gemcfen,  bie  med^anifd^e  6rgeugung  eines  fd^nebenben 
SRiugeS  eine  notl^menbige  f^olge  barauS  l^at  fein  muffen,  unb  bag  bal^er 


2.  «(BQ.    8.  Setr.    I^oit  btt  götiUd^en  m^mne^aadtlt  151 

ber  audfd^lag  bet  attgemeinen  ©efe^en  überlaff enen  Statur  felbft  aus  bem 
^cM  auf  Stegelmdgigidt  abgiele. 


SSon  ber  göttüd^en  Stttgcnugfamfeit 

5  S)te  Summe  aller  biefer  93etra(l^tungen  filiert  uns  auf  einen  ^Begriff 
t)on  bem  ]^54)ften  äßefen,  ber  oJLti  in  {td^  fa^t,  »ad  man  nur  ju  gebenlen 
Dermag,  menn  ÜRenfd^en,  auiS  Staube  gemacht,  e8  toagen  auSfpdl^enbe 
Slide  l^inter  ben  SSor^ang  ju  werfen,  ber  bie  ®e]^eimntffe  beS  Unerforjd^« 
lid^en  ffir  erfd^affene  Sugen  i^erbtrgt.  ;;®ott  t{t  allgenugjam.  äßaS  ba  ijt, 

10  ti  fei  möglid^  ober  ttirlUd^,  baS  ift  nur  etmaü,  in  fo  fern  ed  bur(^  il^n  ge« 
geben  ifi.  @ine  menJ4)U(l^e  @:pra(l^e  fann  ben  Unenblid^en  fo  gu  {td^  felbft 
reben  laffen:  ^i)  bin  oon  Smigleit  gu  @tt)igteit,  auger  mir  ift 
ni(!^ts,  ol^ne  in  fo  fern  e8  burd^  mid^  etmaiS  ift.  S)iefer  ©ebanle, 
ber  erl^abenfte  unter  aDen,  ift  no4)  fel^r  oemad^l&ffigt,  ober  mel^rentl^eilS 

15  gar  nic^t  berührt  morben.  S)a8,  voai  fi(!^  in  ben  SRöglic^Ieiten  ber  S)inge 
gu  SSoMommenl^eit  unb  @d^5nl^eit  in  oortreffli(!^en  planen  barbietet,  ift 
als  ein  für  fid^  notl^toenbiger  ©egenftanb  ber  g5ttUd^en  äSeiSl^eiti  aber 
nid^t  felbft  als  eine  f^olge  oon  biefem  unbegreiflichen  äSefen  angefel^en 
»orben.   3Ran  l^at  bie  Slbpngigleit  anberer  S)inge  bloS  auf  il^r  Safein 

30  eingefd^r&ntt,  »oburd^  ein  groger  Sntl^eil  an  bem  ©runbe  oon  fo  oiel 
äSoQIommenl^eit  {euer  oberften  Statur  entgogen  unb  id^  toeig  nid^t  toeld^em 
eioigen  Unbinge  beigemeffen  mirb. 

t^u(!^tbarfeit  eines  eingigen  ©runbeS  an  otel  folgen,  Sufammen» 
ftimmung  unb  Sd^idKid^feit  ber  Staturen,  nad^  aDgemeinen  ©efe^en  ol^ne 

35  bftem  äSiberftreit  in  einem  regelm&gigen  $Iane  gufammen  gu  :paffen, 
müf[en  guoSrberft  in  ben  SRoglid^Ieiten  ber  3)inge  angetroffen  toerben, 
unb  nur  alsbann  lann  äBeiSl^eit  t^&tig  fein  fte  gu  tofil^Ien.  9ßel(!^e  @d^ran« 
fen,  bie  bem  Unabl^&ngigen  auS  einem  fremben  ®runbe  gefej^t  fein  toür«' 
ben,  menn  felbft  biefe  .3R5gIid^!eiten  nid^t  in  il^m  gegränbet  tofiren?  Unb 

30  »aS  für  ein  unüerftdnblid^eS  Ungefähr,  bag  ft(!^  in  biefem  Selbe  ber  3RbQ^ 
lid^Ieit  ol^ne  SSorauSfe^ung  irgenb  eines  (^ijtirenben  @in^eit  unb  frud^t« 
bare  Sufammenpaffung  ftnbet,  baburc^  baS  SSefen  Don  ben  ]^5d(|ften  ©ra^^ 
ben  ber  ÜRad^t  unb  SSeiSl^eit,  toenn  jene  fingere  SSerl^&Itniffe  mit  feinem 
innem  SBermbgen  oerglic^en  mxbtn,  fi^  im  @tanbe  fielet  groge  SBoQ< 


152  SeiPfiStnmb  a»  ^er  S>eiiumßsation  be6  S)afeiitd  Sottet. 

tommenl^eit  juloege  gu  bringen?  ®eioig,  eine  foI<|e  SorfteDung  äberliefert 
nimmermel^r  ben  Urfprung  bed  ®uten  ol^ne  aOen  Kbbrnd^  in  bie  $anb 
eines  einzigen  SBefenS.  Kid  $ugen  bie  ^enbelu^r  erfanb,  fo  lonnte  er, 
toenn  er  baran  badete,  fid^  biefe  ®lei4f5nnig{eit,  meldte  i^re  SSoUIommen« 
l^eit  auSmad^t,  nimmer  gdnslid^  beimeffen;  bie  !Ratur  ber  @9lloibe,  bie  eS  6 
möglii!^  ma^t,  ba^  fleine  unb  gro|e  Sogen  burdg  freien  %oB,  in  berfelben 
in  gleid^er  Qtxt  befd^rieben  toerben,  fonnte  biefe  Kudffil^mng  lebiglid^  in 
feine  ®ett)alt  fe^en.  3)ag  au8  bm  einfacl^en  ®mnbe  ber  @(!^mere  fo  ein 
großer  Umfang  t)on  fd^önen  Solgen  aud^  nur  möglich  ift,  mfirbe,  »enn 
es  nii^t  oon  bem,  ber  bwcii  toirfliil^e  Ausübung  aOen  biefen  ßufammen«  lo 
l^ang  l^erDor  gebracl^t  l^at,  felbft  abginge,  feinen  Sntl^eil  an  ber  reigenben 
6in]^eit  unb  bem  großen  Umfange  fo  oieler,  auf  einem  einzigen  ©runbe 
berul^enber  £)rbnung  offenbar  fd(|m&Iem  unb  tl^eilen. 

S)ie  Seiounberung  fiber  bie  Slbfolge  einer  äBirtung  aud  einer  Ur» 
fa4)e  l^ört  auf,  fo  balb  id^  bie  3uI&ngli4)Ieit  ber  Urfad^e  gu  il^r  beutli(^  u 
unb  leidet  einjel^e.  S(uf  biefen  %vi^  lann  leine  SBenunberung  mel^r  ftatt 
ftnben,  menn  id^  ben  med^anif(!^en  SSau  beS  menf4)Iid^en  StbxptxS,  ober 
»eld^er  !unftUd^en  Snorbnung  id^  aud^  loill,  als  ein  3BerI  beS  SOmfid^» 
tigen  betrad^te  unb  bloS  auf  bie  9SirIli4)feit  fe^e,  benn  eS  ift  leidet  unb 
beutlii!^  gu  oerfiel^en:  ba^  ber,  fo  aQeS  lann,  aud(|  eine  jold^e  SRafd^ine,  so 
menn  pe  mbglid^  ift,  l^eroorbringen  lönne.  9iDein  eS  bleibt  gleid^too^l  Se^ 
munberung  öbrig,  man  mag  gleid^  biefeS  gur  leid^teren  93egreifung  ange* 
ffil^rt  l^aben,  toie  man  min.  S)enn  eS  ift  erftaunlid^,  bag  aud^  nur  fo  etmaS 
mie  ein  tl^ierifc^er  Xbxptt  m5gli(!^  mar.  Unb  menn  id^  gleid^  aDe  fiebern 
unb  Stbl^ren,  alle  9len}engefd^e,  $ebel  unb  med^anifc^e  (Sinrid(|tung  bef«  n 
felben  oMig  einfe^en  tbnnte,  fo  bliebe  bod^  immer  Semunberung  äbrig, 
mie  es  mbglid^  fei,  bag  fo  vielfältige  SBerri(^tungen  in  einem  Sau  Der« 
einigt  morben,  mie  ftc^  bie  ©efd^&fte  gu  einem  ßtoede  mit  benen,  moburd^ 
ein  anberer  erreid^t  mirb,  fo  mol^l  paaren  laffen,  mie  eben  biefelbe  ßu^ 
fammenffigung  augerbem  nod^  bagu  bient  bie  9Raf(^ine  gu  erl^alten  unb  so 
bie  l^olgen  aus  guf&Kigen  Verlegungen  mieber  gu  oerbeffern,  unb  mie  es 
moglid^  mar,  ba^  ein  ÜRenfd^  !onnte  ein  fo  feines  ©emebe  fein  unb  uner» 
ad^tet  fo  oieler  ©rünbe  beS  SBerberbenS  no(^  fo  lange  bauren.   9la(^bem 
id^  and)  enblic^  mic^  belel^rt  l^abe,  bag  fo  oiel  Sinl^ett  unb  Harmonie 
barum  mbglid^  fei,  meil  ein  äBefen  ba  ift,  meld^eS  nebft  ben  ©rünben  ber  35 
äBirtlid^Ieit  au^  bie  oon  aOer  SRöglid^Ieit  enthält,  fo  ^ebt  biefeS  nod^ 
ntd^t  ben  ®runb  ber  Semunberung  auf.  S)enn  man  fann  ftd^  gmar  burd^ 


2.  tat^.    8.  IBetr.    8on  ber  göttlid^en  91Igenugfatn!eit.  153 

bit  Snalogie  beff  en,  maS  ÜRenf  (!^en  ausüben,  einigen  SSegriff  baDon  ma4)en, 
ta)ie  ein  Sefen  bie  Itrfad^e  Don  etoaS  SBirflid^em  fein  fönne,  nimmetmel^r 
aber,  toie  eS  ben  ®runb  ber  innern  ÜRbglid^Ieit  i)on  anbern  S)ingen  ent« 
balte,  unb  es  fd^eint,  als  menn  biefer  ®ebanle  t)iel  gu  l^od^  fteigt,  ald  bag 

5  il^n  ein  erfd^affeneS  SBefen  erreid^en  I5nnte. 

3)tefer  l^ol^e  Segriff  ber  göttlid^en  Statur,  koenn  toir  fie  nad^  il^rer 
SUgenugfamteit  gebenlen,  tann  felbft  in  bem  Urtl^eil  fiber  bie  99efd()affen« 
l^eit  mSgltd^er  S)tnge,  mo  und  unmittelbar  ©rünbe  ber  <£ntf (Reibung 
fel^Ien,  gu  einem  ^filfsmittel  bienen,  aud  il^r  als  einem  ©runbe  auf  frembe 

10  9R5gIid^Ieit  als  eine  golge  gu  f daliegen.  @S  ift  bie  f^rage:  ob  nid^t  unter 
aDen  mSglid^en  äBelten  eine  Steigerung  ol^ne  (Snbe  in  ben  ©raben  ber 
93oU!ommen]^eit  angutreffen  fei,  ba  gar  leine  natfirlid^e  Orbnung  m5glid^ 
1%  über  bie  nid^t  nod^  eine  t)ortreffUd^ere  fSnne  gebadet  merben;  ferner, 
toenn  id^  aud^  l^ierin  eine  l^bd^fte  @tufe  gugfibe,  ob  ni4)t  toenigftenS  felbft 

15  t)erfd^iebene  SBelten,  bie  t)on  feiner  übertroffen  toerben,  einanber  an  93oU« 
lommenbeit  gdnglid^  gleid^  mdren.  93ei  bergleid^en  i^ragen  ift  eS  fd^mer 
unb  t)ienei(^t  unm5glid^  auS  ber  Setrad^tung  möglid^er  S){nge  aQein  et* 
maS  gu  enlfd^eiben.  SlQein  »enn  id^  beibe  Slufgaben  in  SSertnüpfung  mit 
bem  g5ttlid^en  Sßefen  erto&ge  unb  er!enne,  bag  ber  SSorgug  ber  äSal^l,  ber 

so  einer  SSelt  t)or  ber  anbern  gu  Sl^eil  toirb,  ol^ne  ben  SSorgug  in  bem  Ur* 
tbeile  eben  beffelben  äßejenS,  meld^ieS  m&^It,  ober  gar  miber  biefeS  Urtbeil 
einen  äßangel  in  ber  Übereinftimmung  feiner  üerfd^iebenen  tl^&tigen  Ar&fte 
unb  eine  oerfd^iebene  Segiel^ung  feiner  äßirffamteit  ol^ne  eine  :proportio« 
nirte  SSerfd^iebenl^eit  in  ben  ©rünben,  mitl^in  einen  äbelftanb  in  bem 

25  t)oDIommenften  SSefen  abnel^men  laffe,  fo  fd^Iie^e  id^  mit  groger  Über« 
geugung:  bag  bie  vorgelegten  S&Qe  erbid^tet  unb  unm5glid^  fein  muffen. 
S)enn  id^  begreife  na(^  ben  gefammten  SSorbereitungen,  bie  man  gefeben 
]^at:  ba^  man  t)lel  toeniger  ©runb  ^abe,  auS  DorauSgefe^ten  9R5gIid^» 
feiten,  bie  man  gleid^tool^l  nid^t  genug  bemäl^ren  lann,  auf  ein  notbkoen» 

30  bigeS  93etragen  beS  t)oIltommenften  SBefenS  gu  fd^liegen  (melcbeS  fo  be« 
fd^affen  ift,  bag  eS  ben  93egriff  ber  größten  Harmonie  in  il^m  gu  fcbm&Iern 
fd^eint),  als  auS  ber  erlannten  Harmonie,  bie  bie  SRöglicbleiten  ber  S)inge 
mit  ber  göttlicben  Slatur  ^aben  muffen,  i)on  bemienigen,  maS  biefem  9Se» 
fen  am  anft&nbigften  gu  fein  erlannt  mirb,  auf  bie  3J{5gIid^feit  gu  fd^Uegen. 

35  3d^  merbe  alfo  i^ermutl^en,  bag  in  ben  9R5gIi(bteiten  aDer  äBelten  feine 
fold^e  äSerl^&ltniffe  fein  fSnnen,  bie  einen  ©runb  ber  SSerlegen^eit  in  ber 
t)ernünftigen  Sßal^I  beS  ^5d(|ften  SSefenS  entl^alten  müßten;  benn  eben 


154  SBetDeuSgrunb  au  einet  2)emonfiratbn  bed  S)afeiTtiS  @ottei$. 

biefed  ol&erfte  SBefen  entl^ält  ben  legten  ®runb  aller  biefer  3ß5gli(l^feit, 
in  koeld^er  alfo  niemals  etmoS  anberS,  atö  toaS  mit  intern  Urfyrunge  l^ar« 
monirt,  lann  angutreffen  fein. 

&8  ift  aud^  biefer  Aber  aM  aRSglid^e  unb  äßirflid^e  enoeiterte  Se^ 
griff  ber  göttlid^en  StUgenugfamleit  ein  Diel  richtigerer  SluSbrud,  bie    5 
größte  SSoUIommenl^eit  biefeS  äSefenS  gu  begeid^nen,  ald  ber  beS  Unenb» 
liefen,  beffen  man  ftd^  gemeiniglid^  bebient.  3)enn  ob  man  biefen  le^tern 
gmar  auslegen  lann,  mie  man  mill,  fo  ifi  er  feiner  eigentlid^en  93ebeutung 
nad^  bod^  offenbar  matl^ematifd^.   @r  begei<^net  bad  SSerl^ältni^  einer 
©röge  gu  einer  anbem  als  bem  3Rage,  meld^eS  SSerl^ältnig  größer  i{l  ald  10 
alle  3al^l.  Siatitx  in  bem  etgentlid^en  SBortDerftanbe  bie  göttliche  @rfennt« 
nig  unenblid^  l^eigen  toürbe,  in  fo  fern  fte  Dergleid^ungSmeife  gegen  irgenb 
eine  angeblid^e  anbete  @rfenntnig  ein  SSerl^ältni^  l^at,  melc^eS  alle  mög» 
lid^e  3a^l  überfteigt.   S)a  nun  eine  fold^e  SSergleid^ung  g5ttUd^e  äSeftim« 
mungen  mit  benen  ber  erfd^affenen  3)inge  in  eine  ©leid^artigfeit,  bie  man  15 
nid^t  mol^l  bel^aupten  fann,  Derfe^t  unb  überbem  baS,  toaS  man  baburd^ 
loill,  nämlid^  ben  unDerringerten  ä3e{i^  Don  aller  SSoKIommenl^eit,  nid^t 
gerabe  gu  Derftel^en  giebt,  fo  finbet  jtd^  bagegen  aKeS,  koaS  man  l^iebei  gu 
beulen  Dermag,  in  bem  SluSbtudte  ber  Slllgenugfamfeit  beifammen.   3)ie 
Benennung  ber  Unenblid^Ieit  ift  gleid^mol^l  fd^5n  unb  eigentlid^  äftl^etifd^.  ao 
3)ie  Srmeiterung  über  alle  S^l^lb^g^ffe  rül^tt  unb  fe^t  bie  @eele  butd^ 
eine  gemiffe  SSetlegenl^eit  in  Stftaunen.   3)agegen  ift  ber  SluSbrudF,  ben 
mir  empfehlen,  ber  logif<^en  SRid^tigteit  mel^r  angemeffen. 


Dritte  Slbt^citoö, 

aaSorin  bärgetl^an  toirb:  ha%  au^er  bcm  auggefül^rten  ^tmii- 
grunbe  fein  anbercr  ju  einer  S)emonftration  oom  S)afein 

@otteS  möglid^  fei« 

5  1. 

@int]^eilung  aller  m5gli(!^en  SetoeiSgränbe  Dom  3)afein 

©otted. 

S)ie  Uberjeugung  Don  ber  großen  äßal^rl^eit:  tS  ift  ein  ®ott,  menn 
{ie  ben  l^öc^ften  ®rab  mat]^emati[<^er  ©emi^l^eit  l^aben  foK,  l^at  biefeS 

10  Signe:  ba^  {ie  nur  burd^  einen  eingigen  SBeg  lann  erlangt  toerben,  unb 
giebt  biefer  Setrat^tung  ben  SSorjug,  bag  bte  pl^ilofopl^ifd^e  Semfil^ungen 
{ic^  bei  einem  einzigen  Semeidgrunbe  Dereinigen  muffen,  um  bie  f^e^Ier, 
bie  in  ber  SluiSfül^rung  beffelben  m5d^ten  eingelaufen  fein,  Dielmel^r  gu 
Derbeffern  ald  il^n  gu  Denoerfen,  fo  balb  man  äbergeugt  ift,  bag  feine  SSal^l 

15  unter  mel^r  bergleid^en  mSgltd^  fei. 

Um  biefeS  bargutl^un,  fo  erinnere  {(!^,  ba^  man  bie  f^orberung  nid^t 
aus  ben  Slugen  Derlieren  muffe,  meldte  eigentlid^  gu  erfuKen  ift:  nämlid^ 
nid^t  bad  S)afein  einer  fel^r  großen  unb  fel^r  DoUIommenen  erften  Urfad^e, 
fonbern  beiS  aller^5d^ften  äSefenS,  nid^t  bie  Sjrifteng  Don  einem  ober  mel^« 

so  reren  berfelben,  fonbern  Don  einem  eingigen  unb  biefeS  ntd^t  burd^  bloge 
©rünbe  ber  Sßa^rfd^einlid^Ieit,  fonbern  mit  matl^emattfd^er  (Soibeng  gu 
bemeifen. 

JlKe  Semeidgrunbe  für  bad  3)afein  ©otteS  tonnen  nur  entmeber  auiS 
ben  SSerftanbdbegriffen  btS  bloiS  SRdglid^en,  ober  au8  bem  Srfal^rungd^ 


156  ^Bekoetögnmb  au  einer  Semonfhotion  M  ^afeind  (BotieiB. 

begriffe  bes  (Bj^fHxtnim,  l^ergenommen  »erben,  ^n  bem  erfleren  f^alle 
loirb  entoeber  t)on  bem  SRögUd^en  als  einem  ®runbe  auf  baS  S)afein 
®otteS  als  eine  f^olge,  ober  aus  bem  SRöglid^en  als  einer  f^olge  auf  bie 
göttlid^e  @;riftens  als  einen  ©runb  gefd^loffen.  ^m  gtoeiten  f^alle  koirb 
mieberum  entkoeber  aus  bemjenigen,  beffen  S)a[ein  toir  erfal^ren,  bloS  auf  • 
bie  ßjtifieng  einer  erfien  unb  unabl^ängigen  Urfa(!^e,  Dermitteljl  ber 
Serglieberung  biefeS  SegriffS  aber  auf  bie  g5ttlid^e  (Sigenfd^aften  berfel* 
ben  geft^loffen,  ober  eS  toerben  auS  bem,  maS  bie  Srfal^rung  leiert,  fomol^l 
baS  3)afein  als  aud^  bieSigenfd^aften  beffelben  unmittelbar  gefolgert. 

2.  10 

Prüfung  ber  SetoeiSgränbe  ber  erfien  Slrt. 

äßenn  auS  bem  Segriffe  beS  bloS  SRöglid^en  als  einem  ©runbe 
baS  3)afein  als  eine  Srolgerung  foll  gefd^loffen  merben,  fo  mu^  burd^  bie 
Serglieberung  biefeS  SegriffeS  bie  gebadete  (Sjrifteng  barin  tonnen  ange« 
troffen  merben;  benn  eS  giebt  feine  anbere  Ableitung  einer  f^olge  auS  is 
einem  Segriffe  beS  3R5glid^en  als  burd^  bie  logifd^e  Sluflöfung.  SlSbann 
mügte  aber  baS  S)afein  mie  ein  $r&bicat  in  bem  3R5glid^en  entl^alten  fein. 
3)a  biefeS  nun  nad^  ber  erften  93etra(^tung  ber  erften  abtl^eilung  nimmer^» 
mel^r  ftatt  finbet,  fo  erl^ellt:  bag  ein  äSemeiS  ber  äßal^rl^eit,  Don  ber  toir 
reben,  auf  bie  ertodl^nte  Slrt  unmoglid^  fei.  20 

3nbef[en  ^aben  mir  einen  berül^mten  93etoeiS,  ber  auf  biefen  ®runb 
erbauet  ift,  n&mlid^  ben  fo  genannten  Sartefianif d^en.  3Ran  erbenit  {td^ 
iuoörberft  einen  93egriff  oon  einem  möglid^en  3)inge,  in  toeld^em  man  aOe 
toal^re  SSoUfommen^eit  fid^  vereinbart  oorftellt.  9lun  nimmt  man  an,  baS 
5Dafein  fei  aud^  eine  SSoUIommenl^eit  ber  S)inge;  alfo  fd^liegt  man  auS  as 
ber  SRöglid^feit  eines  oollfommenften  SBefenS  auf  feine  @;riftenj.  @ben  fo 
lönnte  man  auS  bem  Segrtffe  einer  (eben  @a(^e,  toeld^e  aud^  nur  als  bie 
ooHtommenfte  il^rer  Slrt  oorgejleUt  mirb,  j.  @.  barauS  allein  fd^on,  ba^ 
eine  ooUIommenfte  SBelt  gu  gebenfen  ift,  auf  il^r  3)afein  fd^lie^en.  hinein 
ol^ne  mid^  in  eine  umftänblic^e  SS^iberlegung  biefeS  SemeifeS  eingulaffen,  so 
meldte  man  fd^on  bei  anbern  antrifft,  fo  begiel^e  id^  mic^  nur  auf  baS« 
jenige,  loaS  im  Slnfange  biefeS  äßerlS  ift  erll&rt  koorben,  bag  ndmlid^ 
baS  S)afein  gar  {ein  $r&bicat,  mitl^in  aud^  fein  $r&bicat  ber  SSoIIIommen« 
^eit  fei,  unb  bal^er  aus  einer  @rlldrung,  meldte  eine  miUfitrlid^e  SSereim 
barung  oerfd^iebener  ^r&bicate  entl^dlt,  um  ben  93egriff  oon  irgenb  einem  35 


8.  Kbt^.    2)og  fein  onberer  Setoeidgrunb  m5glid^  fei.  157 

m5glt(!^en  S)inge  au8  }u  ma^en,  ntmmermel^r  auf  bai  3)afein  biefeS 
S)inged  unb  folglii!^  au(!^  ni^t  auf  baS  S)afein  ©otteS  I5nne  gefd^Ioffen 
»erben. 

S)a8egen  ifi  ber  Sd^Iug  Don  ben  3Rögltd^I^iten  ber  S^inge  als  folgen 

5  auf  baS  S)afein  ®otte8  ald  einen  ®runb  Don  gang  anbrer  S(rt.  $ter  mirb 
unterfu^t,  ob  ni^t  bagu,  bag  ehoaS  möglt(!^  fei,  irgenb  eitoaS  6]ci{liren« 
befi  Doraudgefe^t  fein  mflffe,  unb  ob  badienige  S)afein,  ol^ne  loel^eS  felbjl 
leine  innere  3R5glt$feit  j)att  finbet,  nic^t  fold^e  Sigenfd^aften  entl^alte, 
ate  tt)ir  gufammen  in  bem  Segrlffe  ber  ©ottl^eit  Derbinben.   3n  biefem 

10  f^alle  ift  guDorberft  Kar,  bag  id^  nid^t  auS  ber  bebtngten  ^RögU^feit  auf 
ein  3)afein  fd^Iiegen  ISnne,  koenn  iij  nid^t  bie  (Sjrifteng  beffen,  xoaS  nur 
unter  geioiffen  93ebingungen  rniQüä^  ift,  DorauSfeie,  benn  bie  bebingte 
3R5gU(^fett  giebt  lebigUd^  gu  Derftel^en,  bag  etmaS  nur  in  getoiffen  93er« 
Infl))fungen  e;tißiren  fönne,  unb  baS  S)afein  ber  Urfad^e  koirb  nur  in  fo 

15  fem  bargetl^an,  aU  bie  $oIge  ejaftirt,  l^ier  aber  foK  fte  nid^t  anS  bem  Sia* 
fein  berfelben  gefd^loffen  koerben,  bal^er  ein  fold^er  Seioeid  nur  auS  ber 
innem  9RögIit^feit  gefül^rt  koerben  fann,  koofern  er  gar  ftatt  finbet.  $er« 
ner  koirb  man  gekoal^r,  bag  er  auS  ber  abfoluten  9R5gIit^Ieit  aller  S>inge 
äber]^au))t  entfpringen  mäffe.   S)enn  ei  ifi  nur  bie  innere  3R5gIid^Ieit 

30  felbfi,  Don  ber  erlannt  koerben  foK,  bag  fie  irgenb  ein  S)afein  oorauS  fe^e, 
unb  nid^t  bie  befonbere  $r&bicate,  baburd^  {id^  ein  SRögli^eS  Don  bem 
anbem  unterfd^eibet;  benn  ber  Unterfd^ieb  ber  $r&bicote  finbet  aud^  beim 
blo«  9}5glid^en  ftatt  unb  begei(!^net  niemals  etkoaS  (SjriftirenbeS.  S>em« 
nad^  kofirbe  auf  bie  enodl^nte  9lrt  aud  ber  innern  9Rdglid^Ieit  alles  S)enf« 

25  litten  ein  göttli(^ed  S)af ein  mfiffen  gefolgert  koerben.  S)ag  biefeS  geft^el^en 
fönne,  ift  in  ber  gangen  erften  flbtl^eilung  biefed  3Ser!S  gekoiefen  koorben. 

3. 

Prüfung  ber  SekoeiSgrfinbe  ber  gkoeiten  Slrt. 

S)er  93ekoeid,  ba  man  aus  ben  (Srfal^rungdbegriffen  Don  bem,  koaS 
so  ba  ift,  auf  bie  @]ri{leng  einer  erften  unb  unabl^ängigen  Urfad^e  nad^  ben 
9fiegeln  ber  Saufalfc^Iflffe,  aud  biefer  aber  burd^  logifd^e  Serglieberung 
beS  Segriffes  auf  bie  ßigenfd^aften  berfelben,  koeld^e  eine  ©ottl^eit  be« 
gei^nen,  fommen  koill,  ift  berfil^mt  unb  Domel^mlid^  bur(^  bie  Sd^ule  ber 
Solffif d^en  ^l^ilofopl^en  fel^r  in  Slnfel^en  gebrad^t  koorben,  allein  er  ift 
u  gleid^iDol^l  gang  unmbglid^.  S(^  r&ume  eiUi  bag  bis  gu  bem  6a)^e:  loenn 


158  8e»ei^ntnb  au  einer  2)emonflTaiion  be<  5S)afehiiS  Ootted. 

etmad  ba  ift,  fo  ejrifiirt  aud^  etkoaS,  toad  üon  feinem  anbern 
S>tnQe  ab^&ngt,  afleS  regelm&^ig  gefolgert  fei,  id^  gebe  alfo  gu,  bog 
bad  S)afein  irgenb  eined  ober  mel^rer  S)inge,  bie  toeiter  leine  SBirtungen 
Don  einem  anbern  {inb,  tool^I  enotefen  barliege.  9lun  ifi  ber  gleite  Sd^ritt 
gu  bem  6a^e,  bag  biefed  nnabl^&ngige  S)ing  fd^Ied^terbingd  notl^*  5 
loenbig  fei,  fd^on  Diel  toeniger  guDerldffig,  ba  er  Dermittelfl  befi  @a^ed 
Dom  gureid^enben  ®runbe,  ber  nod^  immer  angefod^ten  koirb,  gefül^rt  mx^ 
ben  mug;  allein  i(^  trage  fein  Sebenfen  aud^  bis  fo  meit  aUed  gu  unter« 
f(^reiben.  @d  e;tiftirt  bemnad^  etmaS  f^Ied^terbingd  notl^ioenbiger  SBeife. 
8ud  biefem  Segriffe  bed  abfolut  not^menbigen  9Befen8  foUen  nun  feine  10 
ßigenfd^aften  ber  l^dc^flen  SoUfommen^eit  unb  ßinl^eit  l^rgeleitet  »erben. 
S>er  Segriff  ber  abfoluten  Slotl^koenbigfeit  aber,  ber  l^ier  gum  ®runbe 
liegt,  fann  auf  gtoiefa^e  Slrt  genommen  merben,  tote  in  ber  erften  8b» 
tl^eilung  gegeigt  V(t.  3n  ber  erften  Slrt,  ba'fte  bie  logifd^e  Stotl^toenbigfeit 
oon  uns  genannt  morben,  mägte  gegeigt  n)erben:  bag  bad  (Segent^il  be$«  15 
fentgen  S)inged  fid^  felbft  miberfpre^e,  in  toeld^em  aDe  SoUfommenl^eit 
ober  Stealität  angutreffen,  unb  alfo  baSienige  SBefen  eingig  unb  alletn 
fd^lec^terbingd  notl^koenbig  im  S)afein  fei,  beffen  $räbicate  aDe  mal^r« 
l^aftig  befallen  b  ftnb.  Unb  ba  aud  eben  berfelben  burd^gdngigen  SSerein« 
barung  aUer  Stealitdt  in  einem  SBefen  foll  gefc^loffen  loerben,  bag  ed  ein  30 
eingiged  fei,  fo  ift  flar,  bag  bie  ß^tglieberung  ber  Segriffe  beiS  9lot]^« 
menbigen  auf  folc^en  Orünben  berufen  toerbe,  na(^  benen  id^  anä)  umge« 
feiert  mfiffe  f erliegen  fönnen:  koorin  afle  Süealitdit  ift,  baS  e;tiftirt  not^«^ 
n)enbiger  äßeife.  9tun  ift  ni(^t  aSein  biefe  @(^lugart  nad^  ber  Dorigen 
Stummer  unm5glid^,  fonbern  ed  ift  infonberl^eit  merfmürbig,  bag  auf  biefe  25 
9rt  ber  SemeiiS  gar  ni(^t  auf  ben  ßrfal^rungSbegriff,  ber  gang,  ol^ne  il^n 
gu  braud^en,  DorauS  gefegt  ift,  erbauet  loirb,  fonbern  eben  fo  mie  ber  &ir« 
tefianifd^e  lebiglic^  auf  Segriffe,  in  loeld^en  man  in  ber  Sbentitdt  ober 
bem  äßiberftreit  ber  ^rdbicate  iaS  3)afein  eines  äBefenS  gu  finben  oer« 
meint.*)  so 


*)  S)iefe«  ifl  ba9  Sornel^mfle,  »orauf  id^  l^ier  oudgel^e.  SBenn  id^  bie  9li>tb« 
»enbigfeit  eined  93egrtffeiS  barin  fe^e,  bai  fid^  ha9  (i^egentl^eil  wiberforid^t,  unb  alö« 
bann  bel^aupte,  ba$  Unenblid^e  fei  f 0  befd^affen,  fo  mar  eiS  gang  unn5t^ig  bie  (i^^ifleng 
bed  notl^menbigen  äßefend  ooraud  au  fe^en,  inbem  fie  fd^on  au9  bem  ^Begriffe  bei 
UnenbUd^en  folgt.  3a  iene  Dorangefd^icfte  C^iifieng  ifi  in  bem  fdttot\\e  felbft  DöUig  S5 
mftgig.  ^enn  ba  in  bem  Fortgang  beffelben  ber  S3egrtff  ber  ^Rotl^menbigfeit  unb 
UnenbUd^feit  aU  fDe^felbegriffe  angefe^en  merben«  fo  »irb  »irflid^  barum  ou«  ber 


3.  m^.    2)d|  fein  cmberer  SBe»etiSgtunb  mdgli^  fet.  159 

@d  ift  meine  S(b{i$t  ntd^t,  bie  Semeife  felber  ju  gergliebern,  bie  man 
biefer  3Retl^obe  gemd^  bei  Derfd^tebenen  antrifft.  (SS  ifl  leidet  il^re  %e\)U 
fd^Ififfe  aufgubeden,  unb  biefeS  i{l  au(!^  fd^on  gum  Sil^eil  Don  anbern  ge^ 
f^el^en.  3nbef[en  ba  man  glei^iool^l  no(!^  immer  l^offen  fönnte,  bag  il^rem 
5  ^el^Ier  burc^  einige  SSerbefferungen  abgul^elfen  fet,  fo  erjtel^t  man  aud 
unferer  Setrad^tung,  bag,  eS  mag  aud^  au8  il^nen  loerben,  toaS  ba  moUe, 
fie  bo(^  niemals  etmaS  anberS  als  @d^lüffe  aud  Gegriffen  möglid^er 
S)inge,  nid^t  aber  aud  @rfa]^rung  merben  tonnen  unb  alfo  allenfalls  ben 
Seioeifen  ber  erften  Slrt  beigugdl^len  jtnb. 

10  9BaS  nun  ben  gmeiten  SemeiS  Don  berfenigen  Slrt  anlangt,  ba  auS 
ßrfal^rungSbegriffen  t)on  e;ciftirenben  S)ingen  auf  baS  S>afein  ©otteS  unb 
gttgleid^  feine  Sigenfd^aften  gefd^loffen  toirb,  fo  Derl^&lt  eS  fid^  l^iemit  gang 
anberS.  3)tefer  SemeiS  i{l  nid^t  allein  möglid^,  fonbern  aud^  auf  alle  Sßeife 
mfirbig  burd^  Dereinigte  Semfil^ungen  gur  gel^Srigen  SBoKIommenl^eit  ge« 

»  brad^t  gu  merben.  3)ie  3)inge  ber  äSelt,  meldte  fid^  unfern  ©innen  offen« 
baren,  geigen  fomol^l  beutlic^e  SRerhnale  il^rer  Sufdlltgfeit,  als  aui^  bur(^ 
bie  (Sröge,  bie  Drbnung  unb  gmedmfi^ige  Slnftalten,  bie  man  aOentl^alben 
gekoal^r  mirb,  SemeiStpmer  eines  Dernänftigen  Url^eberS  Don  groger 
SBeiSl^eit,  SRac^t  unb  ®fite.  S)ie  groge  (Sinl^eit  in  einem  fo  meitläuftigen 

so  Gängen  l&gt  abnel^men,  bag  nur  ein  eingiger  Url^eber  aller  biefer  S>inge 
fei,  unb  »enn  gleid^  in  allen  biefen  Sc^lüffen  feine  geometrifd^e  Strenge 
^erDorblicft,  fo  entl^alten  fie  boc^  unftrittig  fo  oiel  Sdad^brud,  bag  jte  einen 
feben  SSemünftigen  nad^  Siegeln,  bie  ber  natürlid^e  gefunbe  Serftanb  be« 
folgt,  feinen  Slugenblid  l^ierüber  im  S^oeifel  laffen. 


35 


4. 

6S  finb  fiberl^aupt  nur  gkoet  äSemeife  Dom  S)afein  ©otteS 

möglic^. 

SluS  allen  biefen  Seurtl^eilungen  ift  gu  erfel^en:  bag,  loenn  man  auS 

^Begriffen  möglid^er  3)inge  fc^liegen  koill,  fein  anber  Slrgument  ffir  baS 

30  S)afein  ©otteS  möglid^  fei,  als  baSfenige,  too  felbft  bie  innere  SRöglid^feit 

aller  S>inge  als  etmaS  angefel^n  loirb,  toaS  irgenb  ein  S)afein  DorauS« 

fe^t,  mie  eS  oon  uns  in  ber  erften  ^btl^eilung  biefeS  äßerfs  gefd^el^en  ifi. 


C^rfiena  bed  9lot]^ioenbigen  auf  bie  llnenbli(^feit  gefd^loffen,  meil  ba&  UnenbU^e 
(unb  a»ar  allein)  not^menbig  e^iftirt. 


160  9etodd0nntb  au  einer  S>emon{hation  bed  S)Qfeind  9otM. 

Smglei^en  erl^ellt,  bag,  loenn  Don  bem,  koaS  unS  (Srfal^rung  Don  ejrifiU 
renben  S>tngen  lel^rt,  ber  Sd^Iug  gu  eben  berfelben  SBal^rl^eit  foB  l^tnauf 
ftetgen,  berlBekoeid  nur  burd^  bte  in  ben  S)lngen  ber  SBelt  »al^rgenommene 
Stgenfd^aften  unb  bie  guf&IIige  Snorbnung  beS  Seltgangen  auf  haS  Sia^ 
fein  fomol^l  ald  aud^  bie  Sefc^affenl^eit  ber  oberflen  Urfac^e  lann  geffil^rt  6 
loerben.  SRan  erlaube  mir,  bog  i$  ben  erften  Seioeid  ben  ontoIogif(6en, 
ben  gkoeiten  aber  ben  loSmoIogifc^en  nenne. 

S)tefer  loemologifc^e  Seioeid  ift,  loie  mid^  bünft,  fo  alt  mie  bie 
menfd^Iid^e  Sernunft.   @r  ift  fo  natfirlid^,  fo  einnel^menb  unb  erweitert 
fein  Kad^benfen  au$  fo  fel^r  mit  bem  Sortgang  unferer  (Sinjid^ten,  bag  lo 
er  fo  lange  bauren  mug,  atö  eS  irgenb  ein  vernünftig  ©ef^opf  geben  mirb, 
toelc^ed  an  ber  eblen  Setra^tung  S^etl  gu  nel^men  tt)ünf<^t,  (Sott  au8 
feinen  äBerfen  gu  erlennen.  S)er]^amd,  Slteuioent^td  unb  Dieler  anbe« 
rer  Semül^ungen  l^aben  ber  menf^Ud^en  Semunft  in  biefer  Sbfic^t  @l^re 
gemacht,  obgleich  bidmeilen  Diel  (SiteUeit  mit  untergelaufen  ift,  allerlei  is 
pl^^ftf^en  Sinftd^ten  ober  aud^  ^irngefpinften  burd^  bie  Sofung  bed  9te» 
ligiondeiferS  ein  el^noürbtg  Slnfe^en  gu  geben.   Sei  aller  biefer  SSortreff» 
Uc^Ieit  ifi  biefe  SemeiiSart  boc^  immer  ber  matl^ematif^en  @etoig]^eit  unb 
©enauigfeit  unffil^ig.  9Ran  loirb  iebergeit  nur  auf  irgenb  einen  unbegreif* 
lid^  großen  Url^eber  beSj[enigen  ©angen,  koad  fid^  unfern  Sinnen  barbietet,  so 
fd^liegen  I5nnen,  nid^t  aber  auf  bad  S>afein  beS  DoDfommenfien  unter 
allen  möglid^en  Sßefen.   @iS  loirb  bie  grbgte  Sßal^rfd^einlid^feit  Don  ber 
äSelt  fein,  ba^  nur  ein  einiger  erfter  Url^eber  fei,  aUein  biefer  Ubergeu« 
gung  mirb  Diel  an  ber  Sludfül^rlid^Ieit,  bie  ber  fredifften  ßtoeifelfud^t  tro^t, 
ermangeln.   Siai  mad^t:  loir  tonnen  nid^t  auf  mel^r  ober  größere  (Sigen^  n 
fd^aften  in  ber  Urfac^e  fd^liegen,  als  kotr  gerabe  nötl^ig  finben,  um  ben 
®rab  unb  Sefc^affen^eit  ber  äßirlungen  barauiS  gu  Derftel^en;  loenn  mir 
nämlid^  Don  bem  3)afein  biefer  Urfac^e  feinen  anbem  8lnla^  gu  urtl^eilen 
l^aben,  als  ben,  fo  uns  bie  9ßir!ungen  geben.   9lun  erfennen  loir  Diel 
äSoIlfommenl^eit,  ®r5ge  unb  Drbnung  in  ber  Sßelt  unb  I5nnen  barauS  so 
nichts  mel^r  mit  logifd^er  @d^ärfe  fd^liegen,  als  bag  bie  Urfad^e  berfelben 
Diel  SSerftanb,  3Rad^t  unb  ®üte  be^^en  muffe,  feineStoegeS  aber  bag  fie 
alles  miffe,  oermoge  k.  :c.   @S  ift  ein  unermeßliches  ®ange,  in  meld^em 
n)ir  Sinl^eit  unb  burc^gdngige  SSerbtfipfung  ma^rnel^men,  unb  mir  fönnen 
mit  großem  ©runbe  barauS  ermeffen,  baß  ein  einiger  Url^eber  beffelben  » 
fei.   SUein  mir  mfiffen  unS  bef (Reiben,  baß  mir  nid^t  alles  Srfd^affene 
lennen,  unb  bal^er  urtl^eilen,  baß,  maS  uns  belannt  ift,  nur  einen  Ur« 


3.  Kbt^.    Sag  fein  onberet  IBetoeiiSgrunb  mJ^qli^  fei.  161 

^eber  bilden  laffe,  morauS  mir  Dennutl^en,  kooS  unS  aud^  nid^t  betannt 
ifl,  »erbe  eben  fo  beu)anbt  [ein;  toel^eS  su)ar  fel^r  Dernfinftig  gebadet  ift, 
aber  n{(!^t  ftrenge  fd^Iiegt. 

Wogegen  koofern  »ir  unS  nic^t  gu  fel^r  fc^meid^eln,  fo  fd^eint  unfer 
5  entiDorfener  ontologifd^e  SetteiS  berfenigen  @(^&rfe  fällig  }u  fein,  bie 
man  in  einer  3)emonftrat{on  forbert.  ^nbeffen  menn  bie  i^rage  märe, 
melc^er  benn  überl^aupt  unter  beiben  ber  bejle  fei,  fo  lofirbe  man  ant« 
iDorten:  fo  balb  ed  auf  logifc^e  @enauigfeit  unb  SSoUft&nbigfeit  anlommt, 
fo  ijl  tS  ber  ontologifc^e,  oerlangt  man  aber  f^a^Ii(^leit  ffir  ben  ge« 
10  meinen  ri^tigen  93egriff,  Sebl^aftigleit  beS  (Sinbrudtd,  @(^önbeit  unb  93e< 
toegfraft  auf  bie  moralifd^e  Sriebfebern  ber  menfc^Iid^en  9latur,  fo  ift 
bem  todmologifd^en  Semeife  ber  SBorgug  gugugeftel^en.  Unb  ba  ed  ol^ne 
3n)eifel  oon  mel^r  Sr^eblic^feit  ift,  ben  Sßenfc^en  mit  l^ol^en  Smpfinbun« 
gen,  bie  frud^tbar  an  ebler  Sl^ätigleit  finb,  gu  beleben,  inbem  man  gu« 
15  gleid^  ben  gefunben  SBerftanb  ftbergeugt,  als  mit  forgf&Itig  abgezogenen 
Sernunftfd^Iüffen  }u  untermeifen,  baburc^  ba^  ber  feinern  @pecuIation 
ein  ®nfige  getl^an  toirb,  fo  ift,  »enn  man  aufrichtig  oerfal^ren  toill,  bem 
befannten  loSmoIogifd^en  Setoeife  ber  SSorgug  ber  allgemeinem  9lu|^bar« 
teit  nic^t  abjufpred^en. 

20  (Sd  ift  bemnac^  tein  f c^meid^Ierifd^er  ftunftgriff ,  ber  um  fremben  Sei« 
fall  bul^lt,  fonbem  Sufrid^tigfeit,  koenn  id^  einer  fold^en  üuiSfftl^rung  ber 
koi^tigen  Srtenninig  Don®ott  unb  feinen  Sigenfcl^aften,  aldäteimarud 
in  feinem  Suc^e  Don  ber  natfirlid^en  Steligion  liefert,  ben  SSorgug  ber 
ülu^barfeit  gerne  einräume  aber  einen  ieben  anbern  Sekoeid,  in  meltbem 

25  mel^r  auf  logifd^e  @(^drfe  gefeiten  loorben,  unb  Aber  ben  meinigen.  S)enn 
ol^ne  ben  SBertl^  biefer  unb  anberer  @d^riften  biefeS  3Ranned  in  &xxoä» 
gung  }u  giel^en,  ber  l^auptfdd^Ud^  in  einem  ungefunftelten  (äebraud^e  einer 
gefunben  unb  fc^bnen  Sernunft  befleißt,  fo  l^aben  berglei<^en  ®rfinbe  mir!« 
lid^  eine  gro^e  SBemeiSiraft  unb  erregen  mel^r  Slnfc^auung  atö  bie  logifc^ 

so  abgezogene  Segriffe,  obgleich  bie  le^tere  ben  ®egenftanb  genauer  gu  \>tx^ 
ftel^en  geben. 

Oletc^mol^I  ba  ein  forfd^enber  SSerflanb,  loenn  er  einmal  auf  bie 

@pur  ber  Unterfuc^ung  geratl^en  ift,  nid^t  el^er  befriebigt  mirb,  ald  bis 

alled  um  il^n  lid^t  i{l  unb  bis  fic^,  »enn  id^  mic^  fo  audbrüdten  barf,  ber 

35  Str'slf  ber  feine  f^age  umgrengt,  völlig  fd^liegt,  fo  U)irb  niemanb  eine 

Semü^ung,  bie  mie  bie  gegenm&rtige  auf  bie  logifd^e  ©enauigleit  in 

itant'l  et^riftcn.    IBerrc  IL  H 


162  8eiDetdgrunb  au  einer  ^emotifirotion  beö  S^afeind  &oite9. 

einem  fo  fel^r  »idötigen  6rlenntntffe  Deraanbt  ifl,  für  unnü^  unb  über» 
flüfftg  l^alten,  Dorne^mlid^  meil  eiS  Diele  ^dDe  giebt,  ba  o^ne  foli^e  @org» 
falt  bie  SlntDenbung  feiner  SSegriffe  unftd^er  unb  jmeifel^aft  bleiben 
©ürbe. 


5.  6 

6fS  ifl  nid^t  mel^r  aU  eine  etngige  S)emonftration 
t)om  S)afein  ®otted  möglidbr  toooon  ber  Semeidgrunb  oben 

gegeben  morben. 

Sind  bem  biSl^erigen  erl^eUt:  bag  unter  ben  t)ier  erbentlic^en  SemeiS» 
grünben,  bie  koir  auf  jmei  ^auptarten  gebrad^t  ^aben,  ber  ßarteftantfd^e  lo 
fomo^l,  aU  ber,  fo  auiS  bem  @rfa]^rungdbegriffe  Dom  S)afein  oermittelft 
ber  Suflöfung  beiS  S3egriffed  oon  einem  unab^ngigen  3)inge  gefül^rt 
loorben,  folfd^  unb  g&ngli(^  unmöglid^  feien,  baiS  t[t,  ba^  fte  ni(^t  etroa 
mit  feiner  gel^origen  ©d^firfe,  fonbern  gar  nic^t  bettcifen.  6ö  ift  ferner 
gejeigt  n)orben,  bag  ber  Semeis  aud  ben  @igenf(^aften  ber  S)inge  ber  is 
SBelt  auf  baö  3)afein  unb  bie  6igenfd)aften  ber  ©ottl^eit  ju  fd^liefeen 
einen  tüd^tigen  unb  fe(|r  fd^5nen  SemetiSgrunb  entl^alte,  nur  bag  er 
nimmermel^r  ber  ©d^ärfe  einer  ©emonftration  fdl^ig  tft.  SRun  bleibt 
nid^ts  übrig,  a(d  ba^  entmeber  gar  fein  [trenger  SemeiS  l^ieoon  moglid^ 
fei,  ober  bag  er  auf  bemienigen  Semeidgrunbe  berul^en  muffe,  ben  mir  20 
oben  angegeigt  ^aben.  S)a  oon  ber  SRögUd^feit  eineiS  Semeifed  fd^Ied^tl^in 
bie  Siebe  ift,  fo  mirb  niemanb  baS  erftere  behaupten,  unb  bie  i^olge  fdllt 
bemienigen  gem&g  a\x^,  xoa^  mir  angezeigt  l^aben.  6d  ift  nur  ein  ®ott 
unb  nur  ein  SemeiSgrunb,  burd^  meldten  eiS  möglid^  ift,  fein  3)afein  mit 
ber  Sßal^rnel^mung  berj[entgen  9lott|menbigfeit  einjufel^en,  bie  f<^Ied^ter<  25 
bingd  aUeS  ©egentl^eil  oernid^tigt:  ein  Urt^eil,  barauf  felbft  bie  Se- 
fd^affenl^eit  bt^  @egenftanbeS  unmittelbar  fül^ren  fönnte.  Sllle  anbere 
S)inge,  meldte  irgenb  ba  ftnb,  tonnten  aud^  nid^t  fein.  3)ie  @rfal^rung 
oon  gufaDigen  Saugen  fann  bemnad^  feinen  tüchtigen  SemeiSgrunb  ab« 
geben,  bai  S)afein  beiSjenigen  baraud  gu  erfennen,  oon  bem  t^  unmöglich  30 
ift,  bafe  er  nid^t  fei.  9lur  lebigUc^  barin,  bafe  bie  Verneinung  ber  gött« 
U^en  @;rifteng  oollig  3l\6itö  ift,  liegt  ber  Unterfc^ieb  feine«  3)afeind  oon 
anberer  ©inge  il^rem.  ©ie  innere  SRoglid^feit,  bie  SBefen  ber  3)inge  jtnb 
nun  ba^ienige,  beffen  Suf^ebung  alled  ^enflic^e  oertilgt.   Sterin  mirb 


3.  m^.    lS)ag  fein  anbetet  IBekoeidgtunb  mdgll^  fei.  163 

alfo  baS  eigene  3RerImaI  Don  bem  3)afetn  beS  Sßefend  aller  SSefen  be« 
fielen,  hierin  fud^t  ben  Seioetötl^um,  unb  mnn  il^r  il^n  nid^t  bafelbft 
angutreffen  Dermeint,  fo  fd^Iaget  euc^  Don  biefem  ungebahnten  ^ugfteige 
auf  bie  gro^e  ^eeredflra^e  ber  menfd^Iic^en  äSernunft.  @8  1{1  burd^aud 
nötl^ig,  ba|  man  {id^  Dom  S)afein  ®otted  fibergeuge;  e«  ifi  aber  nid^t  eben 
fo  nötl^ig,  bag  man  ed  bemonflrire. 


(Snbe. 


!!• 


"§  tX  (Vi  ^ 

6er  neflatit)en  ^ro^en 

in  bie  2Bett)pet«liett  (injnfiUireit 


wm 


M*  Srnmaimd  Hant. 


^oxxtbt 


S)er  (Sthxauä),  ben  man  in  ber  SBeltmeiSl^eit  t)on  ber  äßatl^emotil 
machen  lann,  beftel^t  entmeber  in  ber  ^lad^ol^mung  il^rer  äJtet^obe,  ober 
in  ber  loirflid^en  Snmenbung  t^rer  @d^e  <iuf  bie  ©egenft&nbe  ber  $^iIo« 
5  fopl^ie.  SRon  fel^t  nict)t,  bag  ber  erftere  bis  bal^er  t)on  einigem  9lu^en 
gemefen  fei,  fo  großen  SBortl^eil  man  ftd)  aud^  anf&nglid^  baoon  t)erfprad^; 
unb  es  ftnb  auc^  anm&{)lic^  bie  Dlelbebeutenbe  (S^rennamen  meggefallen, 
mit  benen  man  bie  p]^iIo[o|)l^ifc^e  @ä^e  aud  @iferfu(^t  gegen  bie  ®eo« 
metrie  auiSfd^mfidte,  iDeil  man  befd^eibentlid^  einfal^:  bag  eS  nid^t  mol^I 

10  ftel^e  in  mittelmfigigen  Umft&nben  tro^ig  gn  tl^nn  unb  baS  befc^merlid^e 
non  liquet  allem  biefem  ©epr&nge  leineSmeged  meid^en  mollte. 

S)er  jmeite  ©ebraud^  ift  bagegen  für  bie  Stl^eile  ber  SßelttoeiSl^eit, 
bie  er  betroffen  l^at,  befto  oortl^eiH^after  gemorben,  meldte  baburd),  ba^  pe 
bie  Seigren  ber  SRatl^ematil  in  il^ren  9lu^en  t)ermanbteni  ftd^  ju  einer 

15  $5l^e  gefd^ioungen  l^aben,  barauf  fie  fonft  feinen  9[nf|)ntd^  l^ätten  mad^en 
tonnen.  @iS  ftnb  biefed  aber  aut^  nur  bie  gur  ^taturlel^re  gel^örige  @in« 
ftd^ten,  man  mügte  benn  etma  bie  Sogt!  ber  Srmartungen  in  ©lüddf&llen 
auc^  gur  SBelttoeiSl^eit  gäl^len  mollen.  SSad  bie  3Reta))]^t)ftt  anlangt,  fo 
l^ot  biefe  SBiffenfd^aft,  anftatt  fidö  einige  oon  ben  Gegriffen  ober  Seigren 

20  ber  SRatl^ematil  gu  9lu^e  gu  mad^en,  oielmel^r  ftc^  öfters  miber  fte  be« 
maffnet,  unb  mo  fie  DieKeid^t  fidlere  ®runblagen  ^&tte  entlel^nen  lönnen, 
um  i^re  Setrad^tungen  barauf  gu  grünben,  fielet  man  fie  bemül^t,  auS  ben 
Gegriffen  bed  äßatl^ematiterS  nichts  aU  feine  @rbid^tungen  gu  mad^en, 
bie  au^er  feinem  f^elbe  toenig  SBal^reS  an  fid^  l^aben.   SRan  fann  leidet 

25  erratl^en,  auf  »eld^er  ©eite  ber  SSortl^eil  fein  toerbe  in  bem  Streite  gtoeier 


168  Serfu4,  ben  SBedtiff  bn  negaHoen  ®rö^en  In  bie  9SeIt»ei«^it  einaufü^ren. 

SBiffenfd^aften,  beten  bie  eine  alle  iniSgefammt  an  ®etDi|]^eit  unb  S>eut« 
Ud^jfeit  übertrifft,  bie  anbere  aber  fid^  aDererft  beftrebt  baju  ju  gelangen. 

S)ie  SRetapl^^ftl  fuc^t  3.  @.  bie  9latur  beS  Slaumed  unb  ben  oberften 
®runb  gu  finben,  baraud  ftd^  beffen  StögU^Ieit  Derfiel^en  Ifigt.  9lun  lann 
mol^l  l^iegu  nid^tS  bel^ülflii^er  fein,  als  koenn  man  guDerl&ffig  enoiefene  5 
S)ata  irgenb  »ol^er  entlel^nen  lann.  um  fie  in  [einer  Setra^tung  gum 
®runbe  gu  legen.  S>ie  ©eometrie  liefert  bereu  einige,  tteld^e  bie  äuge« 
meinften  (Sigenfd^aften  bed  StaumeS  betreffen,  g.  6.  bag  ber  Staum  gar 
nid^t  aud  einfad^en  Steilen  beftel^e;  aUein  man  gel^t  fie  Dorbei  unb  fe^t 
fein  Sutrauen  lebiglidi)  auf  bad  gtoeibeutige  SetDugtfein  biefeiS  SegriffS,  10 
inbem  man  il^n  auf  eine  gang  abflracte  9[rt  benft.  Senn  bann  bie 
@peculation  nad^  biefem  SSerfal^ren  mit  ben  @fi^en  ber  SRatl^ematit  nid^t 
flbereinftimmen  xoiVi,  fo  fud^t  man  feinen  erffinftelten  99egriff  burd^  ben 
Sonourf  gu  retten,  ben  man  biefer  SBiffenfd^aft  mac^t,  ald  loenn  bie  Se« 
griffe,  bie  fie  gum  ©runbe  legt,  nid^t  Don  ber  maleren  9latur  beS  9laume8  15 
abgegogen,  fonbern  midliirlid^  erfonnen  morben.  S)ie  matl^ematifc^e  9e« 
trad^tung  ber  Semegung,  Derbunben  mit  ber  (Srienntnig  bed  9taumed, 
geben  gleid^er  ®eftalt  \>xü  S>ata  an  bie  $anb,  um  bie  metapl^^fifd^e  9e« 
trad^tung  Don  ber  S^xt  in  bem  ©leife  ber  äSal^rl^eit  gu  erl^alten.  S)er  be« 
rfil^mte^err  6uler  l^at  l^iegu  unteranbern  einige Seranlaffung  gegeben,*)  so 
aUein  eiS  fd^eint  bequemer,  ftd^  in  finftern  unb  ferner  gu  prfifenben  9b« 
ftractionen  aufgul^alten,  als  mit  einer  SBiffenfd^aft  in  SSerbinbung  gu 
treten,  toeld^e  nur  an  Derftdnblid^en  unb  augenfd^einlid^en  Sinfid^ten 
3:]^eil  nimmt. 

S)er  Segriff  beS  unenblid^  i(Ieinen,  barauf  bie  SRatl^ematil  fo  öftern  25 
l^inauS  lommt,  mirb  mit  einer  angemaßten  S)reifligfeit  fo  gerabe  gu  ald 
erbid^tet  oerttorfen,  anftatt  ba|  man  el^er  Dermutl^en  foOte,  bag  man  nod^ 
nid^t  genug  buDon  Derft&nbe,  um  ein  Urtl^eil  barfiber  gu  fdllen.  S)ie 
9latur  felbft  fd^eint  gleic^mo^l  ni(^t  unbeutU^e  Seu)eidtpmer  an  bie 
$anb  gu  geben,  ba|  biefer  Segriff  fel^r  loal^r  fei.  S>enn  loenn  ed  j(r&fte  30 
giebt,  meldte  eine  3^it  l^inburd^  continuirlid^  tt)irlen,  um  Setoegungen 
l^eroorgubringen,  U)ie  allem  Slnfel^en  nad^  bie  @d^tt)ere  ift,  fo  muß  bie 
Jhaft,  bie  fie  im  Slnfangeaugenbltde  ober  in  Sftul^e  ausübt,  gegen  bie, 
meldte  fie  in  einer  3^tt  mittl^eilt,  unenbli^  Hein  fein.  @d  ift  fetter,  id^ 
geftel^e  eS,  in  bie  9latur  biefer  Segriffe  l^ineingubringen;  aber  biefe  s» 


*)  Histoire  de  l'Acad.  Royale  des  sc.  et  belies  lettr.  l'ann.  1748. 


»orrebc.  169 

Sd^mierigfeit  fann  aUenfaUS  nur  bte  Sel^utfamfeit  unfid^erer  Ser« 
mutl^ungen,  aber  ntd^t  entjd^eibenbe  SuSfprftd^e  ber  Unm5glid^feit  red^t« 
fertigen. 

3d^  l^abe  fAr  {e^t  bte  abfld^t,  einen  Segriff,  ber  in  ber  ÜRatl^ematit 

5  befannt  genug,  allein  ber  SSelttoeidl^eit  nod^  fel^r  frembe  ifi,  in  SBejiel^ung 
auf  biefe  gu  betrachten.  @d  finb  biefe  Setrad^tungen  nur  Heine  Snf&nge, 
n)ie  tS  gu  gefc^e^en  pf(egt,  loenn  man  neue  Sudftc^ten  eröffnen  loiD,  allein 
fie  tbnnen  ))ieDei(^t  gu  loid^tigen  f^olgen  9nla^  geben.  Sud  ber  SSerab» 
j&umung  bed  Segriffd  ber  negati))en  ®ri6en  finb  eine  9Renge  wn  gfel^Iern 

10  ober  aud^  SRigbeutungen  ber  SReinungen  anberer  in  ber  SSeltweidl^eit 
entfprungen.  SSenn  e8  g.  @.  bem  berftl^mten  Ferren  S).  6rufiu8  beliebt 
l^&tte,  fid^  ben  @inn  ber  SRat^ematiter  bei  biefem  ^Begriffe  befannt  gu 
mad^en,  fo  »firbe  er  bte  Sergleic^ung  htS  3tmton  nid^t  bid  gur  9e« 
»unberung  falfd^  gefunben  l^aben*),  ber  bie  angiel^enbe  ^raft,  loeld^e  in 

15  ))erme^rter  SBeite,  bod^  na^e  bei  ben  Jtirpern,  nad^  unb  naC^n  (ine  gu« 
rfldftogenbe  ausartet,  mit  ben  Sieil^en  ))ergleid^t,  in  benen  ba,  »o  bie 
po^tlüt  (Srbgen  aufl^&ren,  bie  negative  anfangen.  S)enn  ti  finb  bie  nega« 
ti))e  ®r5gen  nid^t  9{egationen  ))on  ®rbgen,  »ie  bie  ä§nlid^teit  beS  SuS« 
brudS  i§n  l^at  Dermutl^en  laffen,  fonbem  ttxoaS  an  fic^  felbft  »al^r^aftig 

20  fJofitiDed,  nur  maS  bem  anbem  entgegengefe^t  ift.  Unb  fo  ift  bie  nega« 
tit>e  9ngie§ung  nid^t  bie  älul^e,  »ie  er  bafflr  ^dlt,  fonbem  bie  »a^re  ßu« 
rfidtftogung. 

S)od^  id^  fd^reite  gur  Übl^anblung  felbfi,  um  gu  geigen,  loeld^e  Km 
loenbung  biefer  Segriff  äber]^au))t  in  ber  SBelttoeiiSl^eit  §aben  tonne. 


95  ^  (Enifiu«  fflataxl  2.  Z:^.  §  295. 


S)er  Segriff  ber  negattoen  ®r5gen  ift  in  ber  SRat^ematit  lange  im 
(Bebraud^  geioefen  unb  bafelbft  aud^  Don  ber  dugerften  (Srl^eblid^teit.  3n« 
beffen  ift  bie  SorfteHung,  bie  fid^  bie  me§rfte  baDon  mad^ten,  unb  bie  (Sx^ 
Idutemng,  bie  fie  gaben,  lounberlid^  nnb  »iberfpred^enb;  obgleid^  barau« 
auf  bie  Ünioenbung  {eine  Unrid^tigteit  abflog,  benn  bie  befonbere  Siegeln  5 
vertraten  bie  @teDe  ber  S)eftniKon  unb  Derfid^erten  ben  ©ebraud^;  loaiS 
aber  in  bem  Urtl^eil  über  bie  9latur  biefeS  abftracten  Segriffd  geirrt  fein 
mod^te,  blieb  mägig  unb  l^atte  leine  f^olgen.  9{iemanb  §at  DieQeid^t  beut» 
lid^er  unb  beßimmter  geioiefen,  loaS  man  fi(^  unter  ben  negatioen®r5gen 
DorjupeUen  l^abe,  ali  ber  berftl^mte  ^err  $rofeffor  Ääftner,*)  unter  10 
beffen  ^dnben  alled  genau,  faglic^  unb  angenehm  mirb.  S)er  2!abel,  ben 
er  bei  biefer  ©elegenl^eit  auf  bie  @tnt^eilungSfud^t  eines  grunbabftracten 
^l^ilofopl^en  »irft,  ift  oiel  aügenieiner,  atö  er  bafelbft  auSgebrfidt  »irb, 
unb  lann  als  eine  Slufforberung  angefel^en  »erben,  bie  ^rAfte  ber  ange» 
matten  @(^arf{innig(eit  mancher  S)en(er  an  einem  loal^ren  unb  braud^»  i& 
baren  begriffe  gu  prüfen,  um  feine 93efd^affenl^eitp^iIofopl^ifd^  feftgufe^en, 
beffen  Stic^tigteit  burd(|  bie  SRat^ematil  fd^on  geftd^ert  ift,  loeld^eS  ein  ^aQ 
ift,  bem  bie  falfd^e  ÜRetap^^ftl  gerne  audmeic^t:  »eil  l^ier  geleierter  ttn« 
ftnn  nid^t  fo  leidet  loie  fonft  baS  93(enb»erl  oon  ©rflnblid^Ieit  gu  machen 
oermag.  Snbem  ic^  eS  unternel^me  ber  Sßeltmeidl^eit  ben  ©etotnn  oon  20 
einem  annoc^  ungebraud^ten,  objtoar  ^öd[)ft  notl^igen,  93egriffe  gu  Der» 
fc^affen,  fo  ȟnfd^e  ic^  aud^  leine  anbere  Sftid^ter  gu  l^aben,  als  Don  ber 
Slrt  toie  berienige  9Rann  Don  allgemeiner  Stuftest  ift,  beffen  Sd^riften 
mir  l^iegu  bie  SSeranlaffung  geben.  S)enn  load  bie  metapl^^fifd^e  ^nteUi« 
gengen  Don  DoHenbeter  Sinftd^t  anlangt,  fo  mflgte  man  fel(|r  unerfahren  35 
fein,  wznn  man  ^i^  einbilbete,  ba^  gu  il^rer  SBeiSl^eit  nod^  etmad  tonnte 
^ingugetl^an,  ober  Don  i^rem  äSal^ne  etnad  I5nnte  J^inmeg  genommen 
»erben. 


•)  «nfangdgr.  b.  Urltl&m.  ®.  59—62. 


ffirficr  mmitl 

(Srlöuterung  hti  Begriffes  t)on  ben  ttegatioen  ®rö§en  äberl^oupt. 

(Sinanber  entgegengefe^t  ift:  mr^on  eineö  basjenige  aufl^ebt,  »ad 
bntäi  baS  anbre  gefegt  ift.  S)iefe  (Sntgegenfe^ung  i^  gmiefad^:  enttoeber 

5  logifd^  bnxij  ben  S9Biberft)ntd^,  ober  real,  b.  i.  o§ne  S9Biberft)rud^. 

2)ie  erfte  Oppofition,  n&mlid^  bie  logifd^e,  ift  biefenige,  toorauf  man 
bis  bal^er  einjig  unb  aUein  fein  Sugenmerf  gerichtet  ^at.  @ie  befielet 
barin:  bag  Don  eben  bemfelben  S)inge  ettoaS  gugleid^  befallt  unb  verneint 
tt)irb.    IDie  f^olge  biefer  logifd^en  Serinflpfung  i^  gar  nid^tS  (nihil 

10  negativnin  irrepräsentabile),  loie  ber  @a^  be8  SSiberfprud^S  ci  auSfagt. 
Sin  Sibxptx  in  93e»egung  ift  (StoaS,  ein  kbxptx,  ber  nid^t  in  Seuegung 
ift,  ift  aud^  (iiroai  (cogitabile);  aUein  ein  Xbxptx,  ber  in  Semegung  unb 
in  eben  bemfelben  SBerftanbe  gugleid^  nid^t  in  SBeioegung  m&re,  ift  gar 
nid^tS. 

15  S)ie  gleite  Dppofition,  nämlid^  bie  reale,  ift  biefenige:  ba  gmei 
^rdbicate  eines  S)inge8  entgegengefe^t  finb,  aber  nid^t  burd^  ben  @a^ 
bt&  SSiberfpmd^S.  @8  l^ebt  l^ier  and^  einiS  baSienige  auf,  maS  burd^  baS 
anbere  gefegt  iß;  aUein  bie  ^olge  ift  @ttt)ae  (cogitabile).  Semegfraft 
eines  ^bxptxi  nad^  einer  ®egenb  unb  eine  gleiche  Seftrebung  eben  bt\^ 

90  felben  in  entgegengefe^ter  ätid^tung  loiberfpred^en  einanber  nic^t  unb 
ftnb  als  fJrdbicate  in  einem  Jtdrper  jugleid^  möglld^.  S)ie  Solge  ba))on 
ift  bie  Stulpe,  meldte  mms  (repräsentabile)  ift.  @S  ift  biefe«  gleid^mol^l 
eine  loal^re  (Sntgegenfe^ung.  S>enn  roaS  burd^  bie  eine  Senbeng,  loenn  fie 
aUeimoAre,  gefegt  loirb,  »irb  burd^  bie  anbere  aufgel^oben,  unb  beibe  £en« 

n  beugen  finb  »ol^rl^afte  ^rdbicate  eines  unb  eben  beffelben  S>ingeS,  bie 


172  93erfu(!^,  ben  Segriff  ber  neoattoen  trögen  in  bie  SBelhoeiiS^eit  etnauffll^ren. 

tl^m  gU0lei(^  gufommen.  S>ie  gfolge  \>ax>on  ift  aud^  9li(^t8,  aBer  in  einem 
anbern  SSerfianbe  tote  beim  SSiberfpruc^  (nihil  privativum,  reprasenta- 
bUe).  SSir  moUen  biefe«  ^Wi  ffinftigl^in  Sero  =  0  nennen,  itnb  tS  ift 
beffen  Sebeutung  mit  ber  wn  einer  SSerneinung  (negatio),  Mangel,  Hb« 
loefenl^eit,  bie  fonjl  bei  SSelttoeifen  im  0ebrau(^  finb,  einerlei,  nur  mit  5 
einer  nd§eren  93e{iimmung,  bie  »eiter  unten  Dorlommen  »irb. 

Set  ber  logijc^en  9te))ugnang  mirb  nur  auf  biejenige  Segie^ung  ge* 
feigen,  baburd^  bie  ^r&bicate  eined  S)inge8  einanber  unb  i^re  Solgen  burd^ 
ben  S9Biberf))rud^  aufgeben.  SSel^eS  ))on  beiben  loa^r^aftig  befal^enb  (re- 
alitas)  unb  »eld^eS  toal^rl^aftig  Derneinenb  (negatio)  fei,  barauf  ^at  man  10 
l^iebei  gar  nid^t  ad^t.  3*  ^-  9in[ter  unb  nid^t  finfier  in  einerlei  93er{)anbe 
gugleidd  fein  ift  in  eben  bemfelben  @ub)ecte  ein  SBiberfprud^.  S)aS  erftere 
f^r&bicat  ift  logif4  beia§enb,  baS  anbere  logifd^  Derneinenb,  obgleid^  {ened 
im  metapl^^fifd^en  SSerftanbe  eine  !Regatton  ift.  S)ie  Slealrepugnan}  be« 
rul^t  aud^  auf  einer  Sejiel^ung  jioeier  ^rdbicate  eben  beffelben  S)inge8  u 
gegen  einanber;  aber  biefe  i^  oon  gang  anberer  9rt.  S)urd^  eines  berfelben 
ift  badienige  nic^t  ))emeint,  loas  burd^  bas  anbre  befallt  ift,  benn  biefeö 
ift  unmbgUd^,  fonbem  beibe  $rdbicate  A  unb  B  finb  bejal^enb;  nur  ba 
Don  iebem  befonbers  bie  f^olgen  a  unb  b  fein  mfirben,  fo  ift  burd^  beibe 
gufammen  in  einem  @ubiect  nid^t  eins,  aud^  nid^t  bad  anbre,  alfo  ift  bie  so 
l^olge  3ero.  @e^et,  jemanb  l^abe  bie  l[cti))fd^ulb  A=100  aUl^lr.  gegen 
einen  anbern,  fo  ift  biefeS  ein  ®runb  einer  eben  fo  grogen  6inna§me. 
@8  §abe  aber  eben  berfelbe  aud^  eine  $aff{))fd^ulb  B=100  Slt^lr.,  fo  ift 
bief eS  ein  ®runb,  fo  Diel  meggugeben.  Seibe  @c^ulben  gufammen  finb  ein 
®runb  00m  3ero,  b.  i.  loeber  ®elb  gu  geben  nod^  gu  betommen.  9Ran  25 
fie§t  leidet  ein:  ba^  biefeS  3ero  ein  ))er]^ältnigmäiiged  9{id^t8  fei^  inbem 
n&mlid^  nur  eine  geioiffe  f^olge  nic^t  ift,  mie  in  biefem  pralle  ein  getoiffeS 
Kapital  unb  in  bem  oben  angefftl^rten  eine  geioiffe  93emegung  nid^t  ift; 
bagegen  ift  bei  ber  Sluf^ebung  burd^  ben  äSiberfprud^  fd^led^tl^in  SHid^tS. 
S)emnad^  fann  bai  nihil  negativum  nid^t  burd^  3^^^  =  0  auSgebrüdt  so 
loerben,  benn  biefeS  enthält  {einen  äßiberfprud^.  @d  l&gt  fid^  benfen,  bag 
eine  geioiffe  Seioegung  nid^t  fei,  bag  fie  aber  gugleid^  fei  unb  nid^t  fei, 
l&gt  fid^  garnid^t  beuten. 

S)ie  SRatl^ematiter  bebienen  ftd^  nun  ber  93egriffe  biefer  realen  (SnU 
gegenfe^ung  bei  il^ren  0rbgen,  unb  um  fold^e  angugeigen,  begeid^nen  fie  ss 
biefelbe  mit  +  unb  — .   S>a  eine  lebe  fold^e  (Sntgegenfe^ung  gegenfeitig 
ift,  fo  fielet  man  leidet,  bag  eine  bie  anbere  enttoeber  gang  ober  gum  S^eil 


1.  HBfe^nHt  173 

aufl^ebe,  ol^ne  bag  beSfaÜS  biqenigen,  \>ox  benen  +  fielet,  Don  benen,  wx 
benen  —  [tel^t,  unterfd^ieben  {tnb.  @in  Sd^iff  reife  Don  Portugal  ani 
na4  Sraftlien.  3Ran  bejeid^ne  alle  bie  @treden,  bie  eS  mit  bem  SRorgen^^ 
minbe  tl^ut,  mit  +  unb  bie,  fo  es  burd^  ben  Sbenbminb  gurüdlegt,  mit  — . 

6  S)ie  Säulen  felbft  foDen  aReilen  bebeuten.  @o  ift  bie  f^a^rt  in  fieben 
Siiflen  +12  +  7-3—5  +  8=19  SKeilcn,  bie  eö  nad^  »cftcn  gefommen 
if).  S)ieienige  ®r5gen,  Dor  benen  —  fte^t,  §aben  biefed  nur  als  ein 
Seichen  ber  (Sntgegenfe^ung,  in  fo  fern  fie  mit  benen,  bie  +  x>ox  fid^  §aben, 
guf ammen  genommen  merben  foQen ;  ftel^en  fie  aber  mit  benen,  Dor 

10  meldten  audd  —  ift,  in  Serbinbung,  fo  finbet  l^ier  teine  (Sntgegenfe^ung 
mel^r  ftatt,  loeil  biefe  ein  ®egen))er^&Itni§  ift,  loelc^eS  nur  gmifc^en  + 
unb  —  angetroffen  mirb.  Unb  ba  bie  @ubtraction  ein  Sufl^eben  ift, 
loelc^eS  gefd^iel^t,  loenn  entgegengefe^te  (Srögen  gufammen  genommen 
merben,  fo  ift  flar:  bag  baS— eigentlid^  ni(!^t  ein  S^i^^n  ber  @ubtraction 

15  fein  linne,  loie  eS  gemeiniglid^  DorgefteUt  »irb,  fonbern  bag  +  unb  — 
gttfammen  nur  aUererfl  eine  abjiel^ung  bejetd^nen.  ©al^er  —  4  —  6  = 
—9  gar  feine  ©ubtraction  war,  fonbern  eine  »irflld^e  SSermel^rung  unb 
Sufammentl^uung  Don  0r5§en  einerlei  9rt.  9ber  +  9  —  5=4  bebeutet 
eine  Sbjiel^ung,  inbem  bie  3ctd^cn  ber  Sntgegenfe^ung  anbeuten,  bag  bie 

90  eine  in  ber  anbern,  fo  oiel  il^r  gleid^  ift,  aufgebe.  (Sben  fo  bebeutet  baS 
Seid^en  +  ffir  fi(^  allein  eigentlid^  feine  Sbbition,  fonbern  nur  in  fo  fern 
bie  0rbge,  baoor  eS  fielet,  mit  einer  anbem,  baoor  aud^  +  fte§t,  ober  ge« 
bad^t  loirb,  foK  ))erbunben  loerben.  @oII  fte  aber  mit  einer,  baoor  —  fielet, 
jufammen  genommen  loerben,  fo  fann  biefeS  nid^t  anberS  als  oermittelft 

SS  ber  ßntgegenfe^ung  gefd^e^en,  unb  ba  bebeutet  bas  Stliftn  +  fomo^l 
als  baS  —  eine  @ubtraction,  n&mlid^  ba&  eine  ®r5ge  in  ber  anbem,  fo 
Diel  il^r  gleid^  ift,  ouf^ebe,  toie  .—9  +  4=— 5.  Um  beSmillen  bebeutet 
baS  Brikett  —  in  bem  fJaHe  —9— 4  =—13  feine  ©ubtraction,  fonbern 
eben  fotool^I  eine  abbition,  »ie  baS  SAäitn  +  im  ejrempel  +9  +  4= 

30  +13.  S)enn  über]^aut)t,  fo  fern  bie3eid^en  einerlei  finb,  fo  mfiffen  bie 
begeid^nete  @ad^en  fd^led^tl^in  fummirt  loerben,  in  fo  fern  fie  aber  t>tx* 
fd^ieben  finb,  fönnen  fte  nur  burd^  eine  Sntgegenfe^ung,  b.  i.  Dermittelft 
ber  ©ubtraction,  gufammen  genommen  merben.  S)emnad^  bienen  biefe 
gtoei  Seichen  in  ber  ®r56en»iffenf(^aft  nur,  um  biefenige  gu  unterfd^eiben, 

M  bie  einanber  entgegengef e^t  finb,  baS  ift,  bie  einanber  in  ber  Sufammen« 
nel^mung  gang  ober  gum  Sl^eil  aufgeben:  bamit  man  erfHid^  biefeS  ®egen« 
Derl^dltni^  barauS  erfenne,  unb  gioeitenS,  nad^bem  man  eine  Don  ber  an« 


176  Serfu^,  ben  Begriff  ber  negatiMn  (Brdfien  in  bie  Bettmeid^it  etnauffi^ren. 

gegenfeitig  bie  Solge  aufgeben,  ßum  aKgemetnen  Semeife  bient  folgenbeS. 
S)te  etnanber  miberfireitenbe  SBeftimmungen  muffen  erßlid^  in  eben  bem« 
felben  Subjecte  angetroffen  merben.  3)enn  gefegt  eS  fei  eine  93eftimmnng 
in  einem  S>inge  nnb  eine  anbre,  meldte  man  miU,  in  einem  anbern,  fo 
entfpringt  barauS  feine  mirllid^e  ßntgegenfe^ung.*)  3toeiten8|  ed  (ann  % 
eine  ber  ot)|)onirten  SBeftimmungen  bei  einer  Slealentgegenfe^ung  nid^t 
bai  contrabictorifd^e  ®egent^eil  ber  anbern  fein;  benn  aldbann  m&re  ber 
SSibetfireit  logifd^  unb,  loie  obengeioiefen  morben,  unm5gUd^.  S)ritten8, 
ed  tann  eine  Seßimmung  nid^t  ehoad  anberd  ))erneinen,  als  \x>a&  burd^ 
bie  anbre  gefegt  ifl;  benn  barin  liegt  gar  leine  (Sntgegenfe^ung.  lo 
Sierten«,  fie  fbnnen,  in  fo  fem  fie  einanber  miberßreiten,  nic^t  alle 
beibe  Demeinenb  fein,  benn  aUbann  loirb  burc^  feine  etmaS  gefegt,  \»a& 
bur(6  bie^anbre  anfgel^oben  lofirbe.  S)emnad^  muffen  in  ieber  ä^ealent« 
gegenfe^ung  bie  $rdbicate  aUe  beibe  pofitio  fein,  bodj^  fo,  bag  in  ber  9Ser« 
fnfipfung  fid^  bie  grolgen  in  bemfelben  Subfecte  gegenfeitig  aufl^eben.  u 
Huf  fold^e  SSeife  finb  S)mge,  beren  eins  alft  bie  Slegatioe  beS  anbern  be« 
trachtet  loirb,  beibe,  für  fid^  betrad^tet,  ))ofitio,  allein  in  einem  €ubiecte 
oerbunben,  i^  bie  f^olge  baoon  bad  3^o.  S)ie  %afiTt  gegen  Sbenb  ifi  eben 
foiDO^l  eine  pofttioe  Semegung,  atö  bie  gegen  Worgen,  nur  in  eben  bem« 
felben  Skiffe  lieben  fid^  bie  baburd^  {urädgelegte  SSege  einanber  gang  »o 
ober  gum  S^eil  auf. 

^ieburd^  toiU  id^  nun  nid^t  gemeint  l^aben,  als  ob  biefe  einanber 
realentgegengefe^te  3>inge  ni(^t  übrigens  oiel  Verneinungen  in  fid^ 
fd^Uffen.  (Sin  @(6iff,  hat  na<6  SSeflen  bemegt  mirb,  betoegt  fid^  aUbann 
nid^t  nad^  Often  ober  @fiben  )c  ic,  ti  ifi  aud^  nid^t  in  allen  Orten  )u«  25 
gleich:  oiele  SHegationen,  bie  feiner  Semegung  aufleben.  SQein  badfenige 
toaS  in  ber  ofilid^en  fomo^l  ali  mefUid^en  Semegung  bei  aDen  biefen  93er« 
neinungen  nod^  f^ofitioed  ift,  biefed  ift  baS  eingige,  toai  einanber  real 
loiberfireiten  fann  unb  loooon  bie  Srolge  Qtxo  ift. 

9Ran  fann  eben  biefeS  burd^  aUgemeine  S^id^^n  auf  folgenbe  Srt  er«*  so 
Idutern.  ITOe  ma^r§afte  SSemeinungen,  bie  mithin  mbglid^  finb  (benn 
bie  aSemeinung  eben  beffelben,  maS  in  bem  Subject  gugleid^  gefegt  ifi,  ifi 
unmbglid^),  fbnnen  burd^  baiS  Qtxo  =  0  audgebrüdt  »erben  unb  bie  Se» 
ia^ung  burd^  ein  jeglid^ed  t)ofitioe  S^id^en;  bie  Serfnüpfung  aber  in  bem« 


^  9Bir  »erben  in  ber  Solge  no^  ^on  einer  Potentialen  (Snigegenfef^ung  u 
^anbeln.  , 


1.  «bf^niit.  177 

fclbcn  ©ubjcctc  burd^  +  ober  — .  ^icr  ertcnnt  man,  bafe  A  +  0  =  A, 
A— 0=A,  0  +  0=0,  0— 0=0*)  inSflcfammt  feine  ßntgegcnfetunflen 
finb  unb  bag  in  feinem  ehoaS,  xoa^  gefegt  loar,  aufgel^oben  lotrb.  ^m* 
gleid^en  ift  A + A  feine  Suf^ebung,  unb  eS  bleibt  fein  %aU  äbrig  ald 

5  biefer:  A  — A  =  0,  b.  i.  t>a^  t)on  S>ingen,  beren  eines  bie  ^{egatiDe  bed 
anbern  ifi,  beibe  A  itnb  alfo  mal^r^aftig  pofttiD  finb,  bo(^  fo,  ba§  eines 
basfenige  aufgebt,  toai  burd^S  anbre  gefegt  ift,  meld^eS  l^ier  burd^  bad 
Seid^en  —  angebeutet  mirb. 

S)ie  jioeite  Stegel,  loeld^e  eigentlid^  bie  umgefel^rte  ber  erften  ift, 

10  lautet  alfo:  SDentl^alben,  mo  ein  pofitiDer  ®runb  ift  unb  bie  f^olge  ift 
gleid^mol^l  Qtxo,  ba  ifi  eine  Stealentgegenfe^ung,  b.  i.  biefer  ®runb  ift 
mit  einem  anbern  pofitiDen  ©runbe  in  SSerfnfipfung,  loelc^er  bie  9{egatiDe 
beS  erfteren  ift.  SBenn  ein  @d^iff  im  freien  SReer-mirflic^  burd^  SRorgen* 
ttinb  getrieben  loirb,  unb  eS  fommt  nid^t  Don  ber  Stelle,  wenigftenS  nid^t 

15  fo  Diel,  als  ber  SBinb  bagu  (Srunb  entl^ält,  fo  mug  ein  @eeftrom  i^m  ent« 
gegenftreic^en.  S)iefeStDiD  im  allgemeinen  SSerftanbe  fo  Diel  fagen:  bag 
bie  Suf^ebung  ber  $oIge  eines  pofttinen  ©runbeS  ieberjeit  auc^  einen 
t)ofitiDen  ®runb  er^eifd^e.  @S  fei  ein  beliebiger  (Srunb  gu  einer  f^olge  b, 
fo  fann  niemals  bie  fjolge  0  fein,  als  in  fo  fern  ein  (Srunb  ju  —  b,  b.  i. 

30  gu  ettt)aS  »a^rl^aftig  $o|ttiDem,  ba  ift,  n)eld^eS  bem  erften  entgegengefe^t 
ifl:  b-b=0.  SSBenn  iemanbS  SJerlaffenfd^aft  10000  SRt^lr.  (Sapital  ent- 
l^dlt,  fo  fann  bie  gange  (Srbfd^aft  nidbt  BloS  60009lt^lr.  auSmad^en,  auger 
in  fo  fem  10000 — 4000  =  6000  ift,  baS  ift,  in  fo  fern  Dier  taufenb 
2:^aler  @d^ulben  ober  anberer  Sufmanb  bamtt  oerbunben  ift.    S)aS 

35  folgenbe  »irb  gur  Srl&uterung  biefer  ®efe^e  Diel  beitragen. 

3c^  mad^e  gu  biefer  Slbt^eilung  nod^  folgenbe  Snmerfung  als  gum 
Sefd^luffe.  S)ie  Verneinung,  in  fo  fern  pe  bie  $olge  einer  realen  @nt* 
gegenfe^ung  ift  loill  ic^  Seraubung  (privatio)  nennen;  eine  jebe  ^tx^ 
neinung  aber,  in  fo  fern  fie  nid^t  auS  biefer  Slrt  DonSftepugnang  entfpringt, 


30  *  Tlan  fdnnte  l^ier  auf  bie  ©ebanfen  !ominen:  bai  0— A  nod^  ein  ^aU  fei, 

ber  l^ier  oudgeloffen  worben.  SQein  biefer  ift  im  p^ilofop^ifd^en  S^erftanbe  unmöglid^; 
benn  Don  9lid^tS  fann  toai  $ofltit)ed  nimmermehr  meggenommen  merben.  äBenn  in 
ber  Watl^emati!  biefer  SuSbnnf  in  ber  Snwenbung  richtig  ifi,  fo  fommt  eS  ba^er, 
meil  bad  Stto  weber  bie  IBermel^rung  nod^  93erminberung  burc^  anbre  (Brdgen  im 

35  geringflen  etwaS  Anbert.  A  +  0  —  A  ift  noc^  immer  A  —  A,  unb  bal^er  baS  Stxo  gang 
mügig  ift  S)er  Gebanfe,  melc^er  baoon  entlehnt  worben,  alS  wenn  negatioe  trögen 
weniger  wie  Sli^t^  »dren,  ifi  bal^er  nichtig  unb  ungereimt. 

«AMt'ie^tiftC«.    Octtc  IL  12 


178  Serfu4,  ben  Segriff  ber  negattoen  (Br5gen  in  bie  SBeltmeidl^eii  einauffl^rnt. 

foD  ^ier  ein  SRangel  (defectos,  absentia)  l^eigen.  S)ie  festere  erforbert 
feinen  ))ofUi))en  ®runb|  fonbern  nur  ben  Mangel  beffelben;  bie  erftere 
aber  ^at  einen  loal^ren  ®runb  ber  $o|ition  unb  einen  eben  fo  großen  ent« 
gcgengefe^ten.  Stulpe  ifi  in  einem  kbxptt  entoeber  blog  ein  9?angel,  b.  i. 
eine  SSerneinung  ber  SBemeguug,  in  fo  fern  teine  Semegtraft  ba  ift:  ober 
eine  ^Beraubung,  in  fo  fern  loo^l  93eioegIraft  angutreffen,  aber  bie  ^olge, 
ndmlid^  bie  Semegung,  burd^  eine  entgegengefe^te  Jhraft  aufgel^oben 
loirb. 


3n  »eld^em  Seifpiele  ani  bet  äBeltmetöl^eit  angefül^rt  metben^ 
borin  bet  ä3egrtff  bet  negativen  Qit&%tn  botlommt 

1.  Sin  ieber  Jtorper  »Iberftel^t  burd^  Unburd^bringlid^teit  ber  Se^» 

s  toegtraf t  eined  anbern  in  ben  älaum  eingubringen,  ben  er  einnimmt.  S>a 
er  bei  ber  straft  beS  anbern  gur  Seioegung  gleid^ioo^l  ein  ©runb  feiner 
Sftul^e  ift,  fo  folgt  aus  bem  Dorigen:  bag  bie  Unburd^bringlid^teit  eben  fo 
»ol^l  eine  »a^re  Jtraft  in  ben  Steilen  beS  JtdrperS  ))oraudfe^,  ))ermittelft 
beren  fie  gufammen  einen  SItaum  einnel^men,  ate  bieienige  immer  fein 

10  mag,  momit  ein  anberer  in  biefen  Slaum  ftd^  ju  belegen  beftrebt  ift. 

Stellet  eud^  gur  (Srlduterung  gmei  ^^bem  \>ox,  bie  gegen  einanber 
ftreben.  D^ne  ßn^eifel  galten  fte  fid^  burc^  gleid^e  j(r&fte  in  Stu^e.  @e^et 
gioifdden  beibe  eine  lieber  Don  glet(!^er  @pannfraft:  fo  loirb  biefe  burc!^ 
i^re  Seftrebung  bie  nämltd^e  SSirtung  leiften  unb  beibe  fiebern  nad^  ber 

IS  9tegel  ber  (Sleid^l^eit  ber  SBirfung  unb  ©egentoirtung  in  Stulpe  erl^alten. 
Sin  bie  ©teUe  biefer  f^eber  bringet  bagegen  einen  {eben  feften  JKbrper  ba« 
gmifc^en,  fo  mirb  burd^  ii^n  eben  baffelbe  gefd^el^en,  unb  bie  Dorl^er  ge« 
badete  fiebern  merben  burd^  feine  Unburd^bringlid^teit  in  älu^e  erl^alten 
toerben.   S)ie  Urfad^e  ber  Unburd^bringlid^teit  ift  bemnad^  eine  malere 

so  straft,  benn  fie  t^ut  baffelbe,  »aS  eine  malere  straft  t^ut.  äßenn  il^r  nun 
Sngiel^nng  eine  Urfad^e,  meldte  eS  aui^  fein  mag,  nennet,  ))erm5ge  beren 
ein  Übrptx  anbere  nöt^igt,  gegen  ben  älaum,  ben  er  einnimmt,  gu  brfidten 
ober  ftd^  gu  belegen  (eS  ift  aber  l^ier  genug  fid^  biefe  Slngie^ung  nur  gu 
gebenfen),  fo  ifl  bie  Unburd^bringlid^Ieit  eine  negative  Sngie^ung. 

12* 


180  93erfu^,  ben  Segriff  ber  negaitt)en  ®r56en  in  bie  SBeltmetdl^eli  etnaufül^ren. 

3)abur(^  mtrb  alSbann  angegetgt,  bag  fte  ein  eben  fo  po{ttit>er  ®runb  fei 
als  eine  jebe  anbere  Seioegfraft  in  ber  9latur,  unb  ba  bie  negative  9m 
giel^ung  eigentlid^  eine  malere  Surfldftogung  ift,  fo  loirb  in  ben  jfrdften 
ber@lemente,  Dermöge  beten  fte  einen  fftanm  einnehmen,  bod^  aber  fo,  bag 
fie  biefem  felbß  @d^ran(en  fe^en,  burd^  ben  @onf(ictu8  gmeier  Jtrdfte,  bie  5 
einanber  entgegengefe^t  ftnb,  Slnla^  gu  Dielen  Srldnterungen  gegeben, 
»orin  id^  glaube  gu  einer  bentlid^en  unb  iu))erl&f{igen  ßrlenntnig  ge* 
lommen  gu  fein,  bie  id^  in  einer  anbern  Slbl^anbtung  betannt  mad^en 
loerbe. 

2.  äßir  looKen  ein  93eifpiel  aud  ber  @eelenlebre  nel^men.  (Si  ift  bie  10 
tJrrage:  ob  Unluft  lebtgUd^  ein  ÜRangel  ber  Suft,  ober  ein  ®mnb  ber  93e« 
raubung  berfelben,  ber  an  fid^  felbfl  gioar  toaS  ^ofitiDeS,  unb  nid^t  lebig« 
U(^  ba$  contrabictorifd^e  ©egentl^eil  oon  Suft,  i^r  aber  im  9fteaberflanbe 
entgegengefe^t  fei,  unb  alfo  ob  bie  Unluft  eine  negatioe  Suft  tonne  ge* 
nannt  werben.  9lun  le^rt  gleich  anfangt  bie  innere  Smpfinbung:  bag  bie  » 
Unluft  mel^r  als  eine  bloge  SSerneinung  fei.  S)enn  toad  man  aud^  nur  fflr 
2uft  bciben  mag,  fo  fel^lt  ^iebei  bod^  immer  einige  moglid^e  Suft,  fo  lange 
loir  eingefc^r&nfte  SSefen  ftnb.  S)erienige,  loeld^er  ein  9Rebicament,  baS 
toxt  bad  reine  SSaffer  fd^medt,  einnimmt,  l^at  DieQeid^t  eine  Suft  Aber  bie 
erwartete  ®efunb](ieit;  in  bem  @ef(!^mad(e  hingegen  fül^lt  er  tbtn  (eine  30 
Suft:  biefer  SRangel  ift  aber  nod^  nid^t  Unluft.   ®ebet  il^m  ein  Slrgnei» 
mittel  Don  äBermutb-  S)iefe  Smpfinbung  ift  fel^r  pofttiD.  ^ier  ift  nid^t  ein 
bloßer  ÜRangel  Don  Suft,  fonbern  etwas,  was  ein  wal^rer  ®ruub  beS  ®e« 
fft^lS  ift,  weld^eS  man  Unluft  nennt. 

Sllein  man  (ann  aus  ber  angeführten  Erläuterung  allenfalls  nur  e^  35 
Tennen:  bag  bie  Unluft  nid^t  lebiglid^  einSRangel,  fonbern  eine  pofitiDeßm« 
pfinbung  fei;  bag  fie  aber  fowobl  etwas  ^ofttiDeS,  alSaud^  ber  Suft  real  ent« 
gegen  gefegt  fei,  erbeut  am  beutlid^ften  auf  folgenbe  Slrt.  9Kan  bringt 
einer  fpartanifd^en  SRutter  bie  9{ad^ri(^t,  bag  il^r  @o^n  im  2;reffen  für 
bas  SBaterlanb  ^elbenmütl^ig  gefod^ten  l^abe.  S>a&  angenehme  ©efül^l  ber  so 
Suft  bemdd^tigt.ftd^  il^rer  @eele.   (SS  wirb  b^njugefügt,  er  l^abe  biebei 
einen  rül^mlid^en  Zob  erlitten.  3)iefeS  t)erminbert  gar  fe^r  jene  Suft  unb 
fe^t  fie  auf  einen  geringem  (Srab.  !Rennet  bie  ®rabe  ber  Suft  auS  bem 
erften  ®runbe  aDein  4a,  unb  bie  Unluft  fei  blog  eine  Verneinung  =  0, 
fo  ift,  nacbbem  beibeS  gufammen  genommen  worben,  ber  SBertb  bes  9Ser«  35 
gnügenS  4a  +  0  =  4a,  unb  alfo  wdte  bie  Suft  burd^  bie  SRad^rid^t  beS 


«.VM 


2.  W>\^nÜt  181 

SobeSnid^t  ))ermtnbert  morben,  meld^ed  falfd^  ijt.  @iS  fei  bemnad^  bie  Suft 
aus  feiner  beuiefenen  Sopf erteit  =  4  a  unb,  toa&  ba  fibrig  bleibt,  na$« 
bem  mi  ber  anbern  Urfac^e  bie  ttnluft  mitgemirlt  l^at,  =  Sa,  fo  ifi  bie 
Unluß  =a,  unb  fte  ift  bie  9{egatiDe  ber  2ufi,  ndmlid^  — a  unb  bal^er 
5  4a— a=3a. 

S)ie  @d^d^ung  beS  ganjen  äßertl^S  ber  gefammten  Suft  in  einem  \>tx^ 
mifd^ten  Suftanbe  loürbe  aud^  fel^r  ungereimt  fein,  loenn  ttnluft  eine 
bloge  SBerneinung  unb  bem  Qtxo  gleich  lo&re.  Semanb  l^at  ein  2anbgut 
gelauft,  beffen  ©rtrag  id^rH(:^  2000  «t^lr.  ip.  SKan  brflde  ben  ®rab  ber 

10  Suft  über  biefe  ßinnal^me,  in  fo  fern  fte  rein  ift,  mit  2000  auS.  Slled,  xoai 
er  aber  r>i>n  biefer  (Sinnal^me  abgeben  mug,  ol^ne  eS  gu  genießen,  ifi  ein 
®runb  ber  ttnluft:  ©runbgin«  200  rnfflx.,  ®efinbeIo^n  100  äütl^Ir.,  fRt^ 
paxatnx  150  dtO^lx.  jdl^rU^.  SP  bie  ttnluß  eine  bloge  äSemeinung  =0, 
fo  ift,  alled  in  einanber  gered^net,  bie  Suft,  bie  er  an  feinem  j(auf  l^at, 

16  2000  +  0  +  0  +  0  =  2000,  b.  t.  eben  fo  grofe,  al8  toenn  er  ben  ertrag 
ol^ne  Slbgaben  genießen  f5nnte.  9lun  ift  aber  offenbar,  iaf^  er  fid^  nid^t 
mel^r  Aber  biefe  @infünfte  gu  erfreuen  l^at,  ald  in  fo  fem  i^m  nad^  Slbgug 
ber  Kbgaben  loaS  äbrig  bleibt,  unb  es  ift  ber  ®rab  beS  äBol^lgefallend 
2000—200—100— 150=  1550.   (Sd  ift  bemnac^  bie  ttnluft  nid^t  blofe 

90  ein  SRangel  ber  Suft,  fonbern  ein  pofitiDer  0runb,  bieienige  Suft,  bie  aus 
einem  anbern  ®runbe  ftatt  finbet,  gang  ober  gum  S^eil  aufgul^eben,  unb 
i(^  nenne  fie  ba^er  eine  negative  Suft.  S)er  SRangel  ber  Suft  foiool^t 
als  ber  ttnluft,  in  fo  fern  er  a\xi  bem  SRangel  ber  ®rünbe  l^iegu  l^ergu- 
leiten  ift,  W  ©leic^gültigteit  (indiflferentia).  S)tx  SRangel  ber  Suft 

85  foiool^l  als  ttnluft,  in  fo  fern  er  eine  f^olge  auS  ber  9flealoppofttion  glei« 
c^er  ©runbe  ift,  l^eigt  baS  (Sleid^gemic^t  (aequilibrium):  beibeS  ift 
Sero,  baS  erftere  aber  eine  93erneinung  fd^lec^tl^in,  baS  gmeite  eine  93e« 
raubung.  S)er  S^ftanb  bti  ®emüt]^S,  in  loeld^em  bei  ungleid^er  entgegen« 
gefegter  Suft  unb  ttnluft  oon  einer  biefer  beiben  Smpftnbungen  etmaS 

so  übrig  bleibt,  ift  baS  Übergeioid^t  ber  Suft  ober  ttnluft  (suprapondium 
voluptatis  vel  taedii).  !Ra4  bergleid^en  Segriffen  fud^te  ber  ^err  0. 
SRaupertuiS  in  feinem  SSerfud^e  ber  moralifd^en  SSelttoeiSl^eit  bie 
Summe  ber  ©lüdCfeligleit  beS  menfd^lid^en  SebenS  gu  fc^d^en,  unb  fie 
tann  aud^  nid^t  anberd  gefd^d^t  werben,  nur  bag  biefe  Slufgabe  für 

3»  SRenfd^en  unaufibSlid^  ift,  meil  nur  gleid^artige  (Smpfinbungen  tonnen  in 
Summen  gegogen  merben,  baS  ©efül^l  aber  in  bem  fel^r  oern)id(elten  Q\x^ 
ftanbe  bed  SebenS  nad^  ber  ÜRannigfaltigteit  ber  älfil^rungen  fel^r  Der» 


182  Serfu^,  bcn  Segriff  ber  negaitoen  i&xbitn  ht  hie  SBelhüeidl^eit  einauffi^im. 

fd^ieben  fd^eint.  S)er  Salcul  gab  biefeui  geleierten  SRonne  ein  negatiüeS 
%ac\t,  morin  td^  ibm  gletd^o^o^l  nid^t  beißimme. 

Sud  biefen  (SrAnben  (annman  bieSSerabfd^euung  eine  negative 
SBegierbe,  ben^ag  eine  negatiDe  Siebe,  bie^&^Iid^teit  eine  ne« 
gatiDe  Sd^bnl^eit,  ben  Sabel  einen  negativen  Sftul^m  ic.  nennen.  5 
SRon  tbnnte  l^iebei  DieUeid^t  benfen:  bag  biefeS  alleS  nur  eine  j(rdmerei 
mit  SBorten  fei.  SlQein  nur  bieienige  merben  fo  urtl^eilen,  bie  nid^t  »iffen, 
loel^er  SSort^eil  barin  {tedt,  »enn  bie  SluSbrflde  gugleid^  bad  Sßerl^&ltnig 
gu  fc^on  befannten  Segriffen  angetgen,  mt>on  bie  minbefte  ^rfal^renl^eit 
in  ber  SRatl^ematit  lebermann  leidet  belel^ren  tann.  S)er  f^etjler,  barin  um  10 
biefer  SSernad^läffigung  miDen  Diele  ^l^ilofop^en  DerfaDen  finb,  liegt  am 
2;age.  3Ran  finbet,  bag  fie  mel^rentl^eild  bie  Übel  mie  Möge  SSerneinungen 
bel^anbeln,  ob  e8  gleid^  nad^  unfern  Erläuterungen  offenbar  ift:  bag  ti 
Übel  bed  SRangelS  (mala  defectus)  unb  Übel  ber  Beraubung  (mala  priva- 
tionis)  giebt.  S)ie  erftern  {inb  SBerneinungen,  gu  beren  entgegengefe^ter  » 
^ofition  fein  ©runb  ift,  bie  le^tern  fe^en  poftttüe  ©rünbe  Doraud,  bad^ 
jenige  ®ute  aufgul^eben,  mogu  mirllide  ein  anberer  (Srunb  ijt,  unb  ftnb 
ein  negatit)ed  ®ute.  S)iefe8  le^tere  ift  ein  t)iel  größeres  Übel  atö  bad 
erftere.  SRid^t  geben  ift  in  SSerl^ciltnife  auf  ben,  ber  bebürftig  ift,  ein 
Übel,  aber  SRel^men,  ßrpreffen,  ©tel^len  ift  in  Sbjtd^t  auf  i^n  ein  t)iel  20 
grbgered,  unb  Slel^men  ift  ein  negatiDeS  ©eben.  3Ran  tonnte  ein 
i^nlid^eiS  bei  logifd^en  SSer^&ltniffen  geigen.  3^^ tl^umer  ftnb  negatioe 
äSal^rl^eiten  (man  oermenge  biefeS  ni^t  mit  ber  äSaJ^rl^eit  negatioer 
@a^e),  eine  SSiberlegung  ift  ein  negatioer  Semeid;  allein  id^  be« 
forge  mid^  l^iebei  gu  lange  aufgul^alten.  @d  ift  meine  abfid^t  nur  biefe  a 
^Begriffe  in  ben  ®ang  gu  bringen,  ber  9lu^e  mirb  {td(|  burc^  ben  ®e» 
braud^  finben,  unb  id^  merbe  ba))on  im  brüten  Slbfd^nitt  einige  ^ujSftd^ten 
geben. 

3.  S)ie  Segriffe  ber  realen  @ntgegenfe^ung  l^aben  aud^  il^re  nu^lic^e 
Slnmenbung  in  ber  praßifd^en  äSeltmeiSl^eit.  Untugenb(demeritnm)ift  so 
nic^t  lebiglid^  eine  Verneinung,  fonbern  eine  negatioe  Sugenb  (me- 
ritum  negativum).  £Denn  Untugcnb  fann  nur  Statt  finben,  in  fo  fern  als 
in  einem  3Sefen  ein  innere^  ®efe^  ift  (entioeber  blog  bad  ®emif[en  ober 
auc^  bad  Setougtfein  eines  pofttioen  ®efe^eä),  meld^em  entgegengel^anbelt 
tttrb.  ©lefe«  innere  ®efefe  ift  ein  pojitiocr  ®runb  einer  guten  ^anblung,  35 
unb  bie  $olge  tann  blo^  barum  ßero  fein,  meil  bieienige,  meldte  aus  bem 
Semugtfein  beS  ®efe^eS  allein  fliegen  märbe,  aufgel^oben  mirb.  @S  ift 


r 


2.  »f^nitt.  183 

alfo  l^ter  eine  Beraubung,  eine  reale  Sntgegenfe^ung  unb  nid^t  bIo|  ein 
SRangel.  3Ran  bilbe  fic^  nic^t  ein,  bag  biefeS  lebislic^  auf  bie  9e* 
gel^ungSfel^Ier  (demerita  commissionis)  unb  nid^t  gugleid^  auf  bie 
Unterlaffungdfel^ler  (demerita  omissionis)  gel^e.  @in  unvernünftig 
6  Silier  verübt  feine  2;ugenb.  (Sd  i[t  biefe  Unterlaffung  aber  nid^t  Un< 
tugenb  (demeritum).  S)enn  ti  ift  feinem  inneren  ©efe^e  entgegen  ge« 
^anbelt  »orben.  68  marb  nid^t  burc^  inneres  moralifd^eS  ©efül^l  gu  einer 
guten  ^anblung  getrieben,  unb  baburd^,  bag  t&  il^m  miberftanben,  ober 
Dermittelft  eines  (Segengemid^tS  mürbe  baS  Qtxo  ober  bie  Unterlaffung 

10  als  eine  f^olge  nid^t  beßimmt.  @ie  ift  l^ier  eine  SSerneinung  fd^led^t^in 
aus  SRangel  eines  pofitioen  ©runbeS  unb  feine  Beraubung.  @e^et  ba« 
gegen  einen  SRenfd^en,  ber  bemienigen,  beffen  9lot^  er  Pe^t  unb  beut  er 
leicht  l^elfen  fann,  ni(!^t  l^ilft.  ^ier  ift,  loie  in  bem  bergen  eines  {eben 
SRenfc^en,  fo  auc^  bei  il^m  ein  pofttioeS^®efe^  ber  9l&^{tenltebe.  2)iefeS 

15  mug  übermogen  loerben.  6S  gel^ört  ^tegu  eine  mirflid^e  innere  ^anblung 
aus  SetoegungSurfad^en,  bamit  bie  Unterlaffung  möglid^  fei.  2)ie{eS 
Sero  ift  bie  f^olge  einer  realen  Sntgegenfe^ung.  (SS  foftet  aud^  loirflid^ 
einigen  SRenfc^en  im  Slnfange  mertltd^e  ^ül^e  einiges  ®ute  gu  unter« 
laffeu,  toogu  fie  bie  pofttioe  antriebe  in  ftdb  bemerten;  bie  ©emol^n^eit  er^» 

au  leid^tert  aUeS,unb  biefe^anblung  mirb  gule^tmenig  me^r  mal^rgenommen. 
6S  ftnb  bemnad^  bie  93ege^ungSfünben  oon  ben  Unterla^ungSfünben 
moralifd^  nid^t  ber  9lrt,  fonbern  ber  ®roge  nad^  nur  unterf (Rieben, 
^l^^fifd^,  n&mlid^  btn  äußern  i^olgen  nad^,  finb  {te  aud^  mo^  ber  9lrt 
nac^  verfd^ieben.    S)er{enige,  ber  nid^ts  betommt,  leibet  ein  Übel  beS 

SS  Mangels  unb,  bem  genommen  loirb,  ein  Übel  ber  SSeraubung.  Slllein 
maS  ben  moraltfc^en  Suf^^^nb  beSienigen,  bem  bie  UnterlaffungSfünbe  gu« 
fommt,  anlangt,  fo  loirb  gur  SBegel^ungSfünbe  nur  ein  grbgerer  ®rab  ber 
^anblung  erfordert:  fo  loie  baS  ©egengeuid^t  am  ^ebel  eine  loal^rl^afte 
^raft  anmenbet,  um  bie  Saft  blog  in  Sfiu^e  gu  erl^alten,  unb  nur  einiger 

30  SJermel^rung  bebarf,  um  {ie  auf  bie  anbere  @eite  mtrtlidb  iu  belegen. 
@ben  alfo,  loer  nic^t  begal^lt,  toaS  er  fd^ulbig  ift,  ber  mirb  in  getotffen  VLm^ 
ftänben  betrügen,  um  gu  gewinnen,  unb  mer  nid^t  l^ilft,  toenn  er  fann,  ber 
mirb,  fo  balb  fidb  bie  93emegurfad^en  oergrbgern,  ben  anbern  verberben. 
Siebe  unb  9li(^t'Siebe  pnb  einS  baS  contra bictorifd^e  ©egent^eil  vom  an> 

35  bern.  9lid^t«Siebe  ift  eine  mal^rl^afte  93erneinung,  aber  inSlnfel^ung 
beffen,  ivogu  man  ftd^  einer  93erbinblid^feit  gu  lieben  bemüht  ift,  ift  biefe 
93erneinung  nur  burd^  reale  (Sntgegenfe^ung  unb  mitl^in  nur  als  eine 


184  Serfud^,  ben  Segriff  ber  negaitt)en  (»xb^tn  in  bie  äBeltweidl^eit  einauffll^ren. 

Beraubung  möglid^.  ttnb  in  einem  fold^en  f^aDe  ifi  nid^t  gu  lieben  unb 
gu  Raffen  nur  eine  93erf(^ieben§eit  in  ®raben.  8De  Unterlaffungen,  bie 
jmar  SR&ngel  einer  grigeren  ntoralifc^en  SBoQtommenl^eit  ftnb,  ober  nid^t 
UnterlaffungSfänben,  finb  bagegen  nid^tö  als  SSemeinungen  fd^led^t^in 
einer  geioiffen  Sugenb  unb  nid^t  SBeraubungen  ober  Untugenb.  SSon  biefer  5 
9lrt  jtnb  bie  SR&ngel  ber  ^eiligen  unb  bie  t^el^ler  ebler  @eelen.  Qi  fel^It 
ein  gemiffer  größerer  (Srunb  ber  äSoHfommenl^eit,  unb  ber  SRangel  äußert 
fid^  nid^t  um  ber  (Sntgegenmirlung  ttiQen. 

fSRan  lönnte  bie  Slnmenbung  ber  angeffll^rten  93egri{fe  auf  bie  ®egen» 
[t&nbe  ber  prattifd^en  SBeltmeidl^eit  nod^  je^r  ermeitem.  93 erböte  ftnb  10 
negative  ©ebote,  Strafen  negatiDe  Belohnungen  u.  f.U).  SUein 
meine  9lbftd^t  ift  für  ie^t  erreid^t,  loenn  nur  ber  ©ebraud^  biefeS  ®e> 
bantenS  überhaupt  oerjlanben  loirb.  ^ii  bemerfe  lool^l:  bag  Sefern  Don 
aufgell&rter  @in{id^t  bie  bisl^erige  (SrI&uterung  loeitl&uftiger  oorlommen 
merbe,  als  notl^ig  ift.  SlDein  man  xoxxb  mid^  entfc^ulbigen,  fo  balb  man  15 
bebenft,  ba^  es  fonft  nod^  ein  fel^r  ungelehriges  (Sefd^led^t  oon  Seur« 
tl^eilern  gebe,  meldte,  inbem  fie  il^r  geben  nur  mit  einem  einzigen  SBud^e 
gubringen,  nid^ts  Der  [teilen,  als  maS  barin  entl^alten  ift,  unb  in  9nfe§ung 
beren  bie  Augerfte  SSeitläuftigfeit  nic^t  uberpfftg  ift 

4.  9Bir  moQen  nod^  ein  Seifpiel  auS  ber  9}aturn)iffenfd^aft  enttel^nen.  20 
3n  ber  3tat\xi  giebt  eS  Diel  Seraubungen  aus  bem  (SonflictuS  gioeier 
mirlenben  Urfad^en,  beren  eine  bie  ^olge  ber  anbern  burd^  reale  (Sntgegen» 
fe^ung  aufgebt.  @S  ift  aber  oftmals  ungemig,  ob  eS  nid^t  oieOeid^t  blog 
bie  SSerneinung  beS  SRangelS  fei,  meil  eine  pofttioe  Urfad^e  fe^lt,  ober  ob 
es  bie  golge  ber  Dppofttion  mal^rl^after  Ar&fte  fei,  fo  mie  bie  Sltu^e  ent«  25 
U)eber  ber  fel^lenben  93emegurfad^e,  ober  bem  Streit  gmeier  einanber  auf« 
l^altenben  93emegträfte  beigumeffen  ift.  @S  ift  g.  @.  eine  berühmte  ^rage, 
ob  bie  j^älte  eine  pofttioe  Urfad^e  erl^eifd^e,  ober  ob  fie  als  ein  Sßangel 
fd^le^t^in  ber  ^bmefen^eit  ber  Urfad^e  ber  SS&rme  beigumeffen  fei.  3<^ 
^alte  midd,  fo  meit  es  gu  meinem  ßtoedte  bient,  l^iebei  ein  menig  auf.  Ol^ne  so 
3n)eifel  ift  bie  j^&lte  f eiber  nur  eine  SSerneinung  ber  Sßdrme,  unb  eS  ift 
leidet  eingufe^en,  bag  fte  an  fid^  felbft  aud^  ol^ne  pofttioen  ®runb  möglid^ 
fei.  @ben  fo  leidet  ift  eS  aber  gu  oerftel^en:  bag  fte  aud^  oon  einer  pofttioen 
Urfac^e  ^err&^ren  fbnne  unb  mirflidb  biSioeilen  barauS  entfpringe,  maS 
man  aud^  ffir  eine  9Reinung  00m  Urfprunge  ber  9B&rme  annel^men  mag.  S5 
9Ran  fennt  feine  abfolute  St&ltt  in  ber  !Ratur,  unb  menn  man  oon  il^r  re^ 
bet,  fo  oerftel^t  man  fte  nur  oergleid^ungSmeife.  3lun  flimmen  ©rfal^rung 


2.  «Bfc^nitt.  185 

itnb  SSernunftgrfinbe  gufammen,  ben  ®ebanfen  beS  berfil^mten )).  SRud«* 
fd^enbroel  gu  beft&tigen:  bag  bie  (Sradmuns  nid^t  in  ber  innern  @r^ 
jc^fittenmg,  fonbern  in  bem  »irflid^en  Übergänge  bed  (SlementarfeuerS 
aus  einer  Materie  in  bie  anbere  bejlel^e,  obgleich  biefer  Übergang  Der« 

5  mut^Iid^  mit  einer  innern  (Srfd^ätterung  begleitet  fein  mag,  imgleid^en 
biefe  erregte  (Srfc^fitterung  ben  Sitdtritt  bed  (SlementarfeuerS  au8  ben 
jtbrpern  beförbert.  9uf  biefen  Srng,  menn  baS  Seuerelement  unter  ben 
jtbrpem  in  einem  gemiffen  9flaum  im  ®(etd^gett)i(^te  ift,  fo  {inb  fte  Der« 
l^dltni^meife  gegen  etnanber  »eber  falt  nod^  loarm.  Sjt  biefeS  ®Ieid^» 

10  gemid^t  gel^oben,  fo  ift  bteienige  SRaterie,  in  bie  baS  @Iementarfeuer  über« 
gel^t,  Derl^&Itnigmeife  gegen  ben  ^brper,  ber  baburc^  beffelben  beraubt 
tt)irb,  talt,  biefer  bagegen  l^eigt/in  fo  fern  er  in  jene  9Raterie  biefe  3B&rme 
fiberWfet,  in  «nfel^ung  berfelben  warm,  ©erßuftanb  in  biefer  Jßerdnbe» 
rung  §eigt  bei  ienem  ßrm&rmung,  bei  biefem  (Srldltung,  bis  aOed  mie« 

15  berum  im  0lei^gett)id^te  ift. 

9{un  ift  loo^I  nid^td  natarlid^er  gu  gebenfen,  a\i  bag  bie  Sngiel^ungS^ 
frdfte  ber  SKaterie  biefe«  fubtile  unb  elaflifd^e  SWfftge  fo  lange  in  »e« 
Regung  fe^en  unb  bie  SKaffe  ber  j^örper  bamit  anfüDen,  bis  eS  aUermdrtd 
im  ®Iei(i^gemid^te  ift,  wenn  nämli(!^  bie  Sfidume  in  bem  SSerl^dltnig  ber 

20  Sngiel^ungen,  bie  bafelbft  mirlen,  bamit  angefüDt  ftnb.  Unb  l^ier  fdUt  eS 
beutlit^  in  bie  Slugen:  bag  eine  SRaterie,  bie  eine  anbere  in  ber  93erä^rung 
erldltet,  burd^  mal^rl^afte  Äraft  (ber  «njiel^ung)  ba«  glementarfeuer 
raube,  loomit  bie  3Raffe  ber  anbem  erffillt  mar,  unb  bag  bie  ^dlte  ieneS 
Körpers  eine  negative  SBdrme  genannt  merben  fönne,  meil  bie  äSer« 

25  neinung,  bie  in  ben  mdrmeren  Rbxptx  baraud  folgt,  eine  Beraubung  ift. 
aUein  ^ier  mfirbe  bie  Sinfiil^rung  biefer  Benennung  o^ne  9lu^en  unb 
nid^t  oiel  beffer  al«  ein  SBortfpiel  fein.  3Reine  Slbftd^t  ift  l^iebei  nur  auf 
badfenige,  mad  folgt,  gert(!^tet. 

(Si  ift  lange  betannt,  bag  bie  magnetifd^e  Körper  gmei  einanber  ent« 

30  gegenftel^enbe  @nben  l^aben,  bie  man  $ole  nennt  unb  beren  ber  eine  ben 
gleid^namigen  f^unlt  an  bem  anbem  jurudftbgt  unb  ben  anbem  anjie^t. 
aOein  ber  berfil^mte  $rof.  SpinuS  jeigte  in  einer  Sbl^anblung  Don  ber 
fil^nlic^teit  ber  eleftrifd^en  JSraft  mit  ber  magnetif d^en :  bag  elettriftrte 
Stbxptx  bei  einer  gemiffen  Sel^anblung  eben  fo  mol^l  gmei  $oIe  an  ftd^ 

35  geigen,  beren  einen  er  ben  pofitiDen,  ben  anbem  ben  negatioen  $ol 
nennt,  unb  moDon  ber  eine  ba^ienige  angießt,  maS  ber  anbre  jurüdEftögt. 
S)iefe  Srfd^einung  mirb  am  beutUd^ften  mal^rgenommen,  menn  eine  älbl^re 


186  $erfu^,  ben  begriff  ber  neoatioen  @röfien  in  bie  3BeltWftd(eit  einaufül^ren. 

einem  elettrifc^en  j(örper  nol^e  genug  gebrad^t  tt)trb,  bod^  fo,  bag  {te  leinen 
f^unlen  au8  il^m  {iel^t.  34  bel^aut)te  nun:  bag  bei  ben  @m&rmungen 
ober  6rlältungen,  b.  i.  bei  aQen  SSeränberungen  ber  SBdrme  ober  X&\k, 
oornel^mlid^i  ben  fd^ineQen,  bie  in  einem  ^ufammenl^dngenben  3RitteIraum 
ober  in  bie  Sänge  ausgebreiteten  j^örper  an  einem  (Snbe  gefd^e^en,  ieber»  5 
}eit  gleic^fam  jmei  $oIe  ber  äBärme  anjutreffen  ftnb,  tt)OOon  ber  eine 
pofttio,  b.  i.  Aber  ben  oorigen  ®rab  beiS  gebadeten  J^örperS,  ber  anbere 
negatio,  nämlic^  unter  biefen  ®rab  loarm,  b.  1.  lalt,  U)irb.  9Ran  U)eig, 
bag  oerfd(|iebene  @rbgrfifte  intoenbig  befto  [tarieren  t^roft  ieigen,  ie  mel^r 
brausen  bie  @onneSuft  unb  @rbe  eriodrmt,  unb  3Rat]^ia8  93el,  ber  bie  10 
im  farpatif(6en  ©ebfirge  befd^reibt,  ffigt  l^ingu,  bag  e9  eine  ©etoo^nl^eit 
ber  Sauren  in  Siebenbürgen  fei  il^r  ®etr&nl  lalt  ju  mad^en,  loenn  fte 
ed  in  bie  6rbe  oerfc^arren  unb  ein  fd^neU  brennenbeS  f^euer  brfiber 
ma(!^en.  6d  fc^eint,  bag  bie  (Srbfd^id^te  in  biefer  Qtit  auf  ber  oberen 
i^lad^e  nic^t  poptio  toarm  merben  fbnne,  ol^ne  in  etmad  größerer  2:iefe  bie  15 
9legatit)e  bat)on  ju  fein.  Soerl^aoe  ffil^rt  fonft  an,  bag  baS  treuer  ber 
Sd^miebel^erbe  in  einem  gemiffen  Sbftanbe  5(älte  oerurfad^t  ^abe.  3n  ber 
freien  Suft  über  ber  6rbp&d(|e  fc^eint  eben  fo  toofjil  biefe  (Sntgegenfe^ung, 
Dornel^mlid^  bei  ben  fc^neUen  SSeränberungeUi  gu  l^errfd^en.  $err  S^cobi 
ffil^rt  irgenbmo  in  bem  ^amb.  SRagagin  an:  bag  bei  ber  ftrengen  j^älte,  so 
bie  oftermatö  meit  geflredte  Sänber  angreift,  bod^  gemeiniglid^  in  einem 
langen  @trid^e  anfel^nlic^e  $I&^e  jiDtfc^en  tnne  liegen,  mo  eS  temperirt 
unb  gelinbe  ift.  @ben  fo  fanb  $err  tpinuS  bei  ber  Siö^re,  beren  i<!^  ge- 
bad(|te:  bag  oon  bem  pofttioen  $ol  beS  einen  @nbeS  bis  gum  negatioen 
beS  anbern  in  gemiffen  SBeiten  bie  pofttio»  unb  uegatio^eleltrifd^e  ©teilen  2s 
abioeci^felten.  6s  ft^eint,  cö  fönnc  in  irgcnb  einer  SRegion  ber  2uft  bie 
Srmärmung  nid^t  anheben,  ol^ne  in  einer  anbern  gleid^fam  bie  SSirlung 
eines  negatioen  ^olS,  b.  i.  J¥älte,  eben  baburd^  ju  oeranlaffen,  unb  auf 
biefen  %\x^  loirb  umgefel^rt  bie  an  einem  Drte  bebenbe  gunel^menbe  j^&lte 
bie  3B&rme  in  einer  anbern  ©egenb  gu  oermebren  bieuen,  gleid^ioie,  mnn  30 
ein  an  einem  (Snbe  erl^i^ter  metaUner  @tab  plo^lid^  im  äBaffer  abgeIül)U 
mirb,  bie  Sßdrme  beS  anbern  @nbeS  gunimmt.*)    S)emnad^  ^ört  ber 

*)  2)ie  ^ex\u(i)t,  um  fi(^  ber  entgegengefe^ten  $oIe  ber  3\)ärme  geiuig  ju 
machen,  mfirben,  lote  mi^  bftnft,  leicht  an^ufteUen  fein.    3n  einer  btec^ernen  ^ori- 
aontaleu  dibf^xi  Don  ber  Sänge  eineS  %nie^,  welche  an  beiben  Q^nben  ein  paar  ^oü  35 
feiifrec^t  in  bie  ^d^e  gebogen  wöre,  n)enn  fie  mit  SBeingeift  angefüQt  unb  auf  ber 
einen  @eite  berfelbe  angeftedt  würbe,  inbem  in  bem  anbern  Snbe  baii  Sl^ennomeler 


2.abf4mtt.  187 

Unterfd^ieb  ber  9ß&rmpole  aliSbalb  auf,  »enn  bte  SRittl^eilung  ober  93e« 
raubung  3^it  genug  gel^abt  l^at  ftd^  burd^  bte  gange  SRaterie  gleid^f5rmig 
gu  verbreiten,  glei(l^tt)ie  bte  9t5^re  beS  Ferren  ^rofeffor  SptnuS  nur  einer» 
lei  @leftricität  geigt,  fo  balb  fte  ben  Junten  gegogen  l^at.  SSieDeic^t  bag 

s  aud^  bie  groge  j(älte  ber  obern  Suftgegenb  nid^t  lebiglid^  bem  Mangel  ber 
ermärmungdmittel,  fonbern  einer  pofttiüen  Urfac^e  beigumeffen  ift,  n&m« 
H(4  bag  {te  in  9[n[e^ung  ber  SBärme  nad^  bem  9ßage  negativ  toirb,  aU 
bie  untere  Suft  unb  Soben  eS  poftttD  ftnb.  Uberl^aupt  fd^einen  bie  magne« 
tifd^e  j(raft,  bie  @Iettricität  unb  bie  SB&rme  burd^  einerlei  Sßittelmaterie 

10  gu  gefd^el^en.  SlOe  indgefammt  lönnen  burd^  Stetben  erregt  toerben,  unb 
id^  Dermutl^e ,  bag  bie  SSerfd^iebenl^eit  ber  $ole  unb  bie  (Sntgegenfe^ung 


DAnbe,  »firbe  jlc^  meinem  Sermut^en  nac^  biefe  negatbe  (Snlgegenfe^iing  balb 
aeigen;  wie  man  benn,  um  burc^  eiiifeitige  (SrtAttung  bie  SBirfung  auf  ber  anbern 
@ette  »a^r^une^men,  flc^  bed  ©algtoafferd  bebienen  tonnte,  in  roet^ed  auf  ber 

15  einen  @eite  geflogen  (Si#  geworfen  »erben  fdnnte.  SBei  biefer  @elegen^eit  roiU  i^ 
nur  noc^  bemerfeui  Don  melier  SBeoboc^tung,  bie  ic^  roftnfti^e  angefteUt  3U  feigen, 
aQer  SBal^rfc^einti^feit  nac^  bie  (Srndrung  ber  !finfili(^en  5^älte  unb  SBörme  bei 
ben  9uf(dfungen  geroiffer  uennengten  ÜJlaterien  oiel  Sic^t  befommen  würbe.  5^ 
Überrebe  mic^  nämlid^:  ba§  ber  Unterfti^ieb  biefer  ^rfc^einungen  Dorne^mIid()  barauf 

20  berufen  werbe,  ob  bie  oermengte  glfiffigfeiten  nac^  ber  oöUigen  Vereinbarung 
me^r  ober  weniger  9)olutnen  einnehmen,  aU  i^r  9loumedinba(t  ^ufammen  genommen 
toor  ber  Vermifc^ung  auftrug.  3ut  erfteren  ^aUe,  bel^aupte  id^,  werben  fie  SBArme, 
im  ^weiten  ^älte  am  S^emtometer  geigen.  S)enn  in  bem  S^He,  ba  fie  na(!^  ber 
Sermengung  ein  bic^tered  SJ^ebium  geben,  ift  niti^t  aüein  me^r  attractioifd^e  9)}aterie, 

35  welche  bad  (Clement  bed  benati^barten  J^euerd  in  fi(!^  jie^t,  aU  t)or^er  in  einem 
gleic^ien  SRaum,  fonbern  ed  ifl  auc^  ju  nermut^en:  ba\  haß  ^ngie^ung^oermögeu 
größer  werbe,  ald  md^  Proportion  ber  ^une^menben  2)iti^tigfeit,  inbeffen  bag  viel« 
Ut^i  bie  Kudfpannungefraft  heß  t)erbic^teten  tCt^erS  nur  fo  wie  bei  ber  8uft  in 
Ver^dltnig  ber  ^t(!^tigfeit  annimmt,  weil  nac^  bexn  9lewton  bie  Stnaiel^ungen  in 

30  großer  9la]^eit  in  oiel  größerer  Proportion  ftel^en  aU  ber  umgefe^rten  ber  (Snt* 
femungen.  $Cuf  folc^e  Seife  wirb  bie  SRifd^ung,  wenn  fie  me^r  S)id)tlgfeit  f^ai, 
aU  beiber  mengbarer  ©aci^en  2)ic^tigfeit  oor  ber  Vermengung  ^ufammeu  genommen, 
in  Snfebung  ber  benati^barten  ^drper  baß  Übergewicht  ber  ^ngiel^ung  gegen  ba^ 
(SIementarfeuer  geigen,  unb,  inbem  fie  baß  S^ermometer  beffelben  beraubt,  6^d(te 

35  blicfen  laffen.  ^Hed  aber  wirb  umgefel^rt  oor  fic^  geben,  wenn  bie  SRifcbung  ein 
bfmnered  9Rebium  giebt.  S)enn  inbem  fie  eine  9)?enge  Slementarfeuerd  fahren 
lägt,  fo  giel^en  eiä  benadjbarte  SRaterien  an  unb  geigen  baß  ^b^nomenon  ber  äBdrme. 
lS)er  ^udgang  ber  Verfu(^e  entfpric^t  ni(^t  immer  ben  Vermut^ungen.  äBenn  aber 
bie  Verfu(^e  ni(^t  lebigli^  eine  ©ad^e  bed  Ungefäbrd  fein  foUen,  fo  muffen  fie  burc^ 

40  8ermut()ung  oerantagt  werben. 


188  Serfud^,  ben  Segriff  her  negativen  (Btft|en  in  bie  SBeltmeiiS^eit  einauffil^ten. 

ber  pofttioen  unb  negatiDen  SBitffamfeit  burd^  eine  gefd^idte  Sel^anblung 
eben  fo  tt)0l^I  bei  ben  (Srfd^einungen  ber  SSdrme  bürften  bemerft  »erben. 
S)ie  fdbiefe  Sldd^e  beS  ©alilei,  ber  ^erpenbtlel  beS  ^u^genS,  bie  JDued^ 
{tlberrdl^re  beS  Sorriceat,  bie  £uftt)umpe  be«  Dtto  Oueride  unb  baS 
gidferne  $ridma  beS  9lett)ton  l^aben  m8  ben  Sd^Iüffel  gu  großen  Slatur-  s 
gel^eimniffen  gegeben.  S>ie  negative  unb  pofttiüe  SBirffamleit  ber  3Ra« 
terien,  Dornel^mlic^  bei  ber  @Iettricität,  verbergen  aQem  anfeilen  nadb 
tt)i(6tige  @inft^ten,  unb  eine  glüdlid^ere  SHad^Iommenfd^aft,  in  beren  fc^5ne 
3:age  tt)ir  l^iuauiSfel^en,  tt)irb  ^offentlid^  baoon  aDgemeine  ©efe^e  erlennen, 
tt)aä  uns  fAr  je^t  in  einer  nodb  itoeibeutigen  3ttfammen{limmung  er[d^eint.  lo 


(Sntpit  einige  S3etrad^tungen  ^  tüetd^e  ju  ber  ^nwenbung  beS 
gebadeten  SegriffS  auf  bie  ©egenftänbe  ber  aßettweiSl^eit  üor* 

bereiten  lönnen* 

5  9Sa8  iäi  i\9  ballet  vorgetragen  l^abe,  |lnb  nur  bie  erfte  Slide,  bie 
id^  auf  einen  ®egenftanb  Don  SBid^tigleit,  aber  nid^t  minberer  @d^tt)ierig» 
feit  n)erfe.  SSenn  man  Don  ben  angefäl^rten  Seifpielen,  bie  begreiflid^  ge«* 
nug  ftnb,  }u  allgemeinen  @ä^en  l^inauffteigt,  fo  ^at  man  Urfad^e  Anwerft 
beforgt  gu  fein,  bag  ftd^  auf  einer  unbetretenen  Sal^n  ^el^ltritte  jutragen 

10  fönnen,  bie  oiellei^t  nur  im  f^ortgange  belannt  n)erben.  ^d^  gebe  bem« 
nac^  baSfenige,  tt)ad  ic^  nod^  hierüber  gu  fagen  l^abe,  nur  fflr  einen  S3er> 
fttd^  aud,  ber  fel^r  unDoIlIommen  ifi,  ob  td^  mir  gleid^  Don  ber  Sufmerl« 
famleit,  bie  man  barauf  etma  Derioenben  möd^te,  mannigfaltigen  9lu^en 
oerfpred^e.  ^[d^  loeig  ttol^I:  ba^  ein  bergleid^en  ©efidnbnig  eine  fe^r 

15  f(^Ied§te  gmpfel^Iung  gum  SeifaUe  ifi  fflr  bieienige,  bie  einen  breifien 
bogmatifd^en  Son  Derlangen,  um  ftd^  in  eine  iebe  SRidbtung  bringen  gu 
laffen,  barin  man  fte  l^aben  tt)ill.  Slber  o^ne  baS  minbefte  Sebauren  Aber 
ben  Serluft  beS  SeifaQs  Don  biefer  Slrt  gu  empflnbeUi  febe  id^  eS  einer  fo 
fd^Iflpfrigen  ßrlenntnigi  ttie  bie  metapb^ftfc^e  ift,  ffir  Diel  gemdger  an, 

90  feine  ®ebanlen  guDbrberft  ber  bffentlid^en  ^rflfung  bargulegen  in  ber  ®e' 
ftalt  unfid^erer  SBerfud^e,  ali  fte  fogleid^  mit  aQem  SuSpu^  Don  angemaßter 
®rflnbl{(^teit  unb  DoDft&nbiger  Übergeugung  angulflnbigen,  loeil  atöbann 
gemeiniglid§  aQe  Sefferung  Don  ber  $anb  getoiefen  unb  ein  iebed  Übel, 
ha»  barin  angutreffen  ifl,  unbeilbar  toirb. 


190  9)erfu^,  ben  Seoriff  ber  negatioen  @rögen  in  bie  SEBelttoeiiS^ett  elnauffil^ren. 

1.  S^bermann  Derftel^t  leidet,  toarum  etmaS  ntd^t  ijt,  in  fo  fern  n&m« 
lid^  ber  pofttiDe  ®runb  bap  mangelt ,  aber  toit  ba^ienige,  n)a8  ba  tft, 
aufhöre  gu  fein,  biefeS  iß  fo  leicht  nid^t  Derftanben.  (SS  e;riftirt  g.  @.  an» 
ie^t  in  meiner  Seele  bie  SSorfteOung  ber  @onne  burc^  bie  j^raft  meiner 
Sinbilbung.  2)en  folgenben  Sugenblid  l^bre  iäi  anf  biefen  (Segenftanb  5 
}u  gebenlen.  2)iefe  93orfteIlung,  toeld^e  ttar,  ^ört  in  mir  auf  ju  fein,  unb 
ber  n&d^fte  ßuflanb  ift  ba8  3^^^  ^om  Dorigen.  SSoQte  \di  gum  ®mnbe 
l^ieüon  angeben,  bag  barum  ber  (Sebante  aufgel^ört  n)&re,  n)eil  id^  im  foI> 
genben  SugenblidCe  unterlaffen  ]^&tte  il^n  gu  bett)irfen,  fo  tt&re  bie  Snt» 
n)ort  Don  ber  f^rage  gar  nid^t  unterf (Rieben;  benn  e8  ift  eben  l^ieDon  bie  10 
SHebe,  tt)ie  eine  ^anblung,  bie  loirllid^  gefc^iel^t,  I5nne  unterlaffen  toerben, 
b.  i.  aufl^ören  lönne  gu  fein. 

3d^  fage  bemnad^:  ein  jiebeS  SSergel^en  ift  ein  negatives 
@ntfte^en,  b.  i.  ed  toxri,  um  ettoaS  $oftttt)e8,  toaS  ba  ift,  aufgul^eben, 
eben  f 0  n)o]^I  ein  mal^rer  Sftealgrunb  erforbert,  als  um  es  l^erDorgubringen,  i& 
toenn  ti  nid^t  ift.  2)er  ®runb  l^ieDon  ift  in  bem  vorigen  entl^alten.  6d  fei 
a  gefegt:  fo  ift  nur  a— a=0,  b.  i.  nur  in  fo  fern  ein  gleid^er,  aber  ent« 
gegengefe^ter  Slealgrunb  mit  bem  ®runbe  oon  a  Derbunben  ift,  lann  a 
aufgel^oben  toerben.  S)ie  lorperlid^ie  9latur  bietet  allerm&rtS  Setfpiele  ba« 
Don  bar.  Sine  Setoegung  l^ört  niemals  gänglid^  ober  gum  2:§eU  auf,  ol^ne  20 
bag  eine  Setoegiraft,  loelc^e  berfenigen  gleid^  ift,  bie  bie  oerlorene  93e« 
toegung  l^&tte  l^erDorbringen  tonnen,  bamit  in  ber  @ntgegenfe^ung  Der* 
bunben  mirb.  Mein  anöi  bie  innere  (Srfal^rung  fiber  bie  Sluf^ebung  ber 
burd^  bie  2:^ätigleit  ber  Seele  toirllid^  geworbenen  SSorftellungen  unb 
93egierben  ftimmt  bamit  fe^r  tt)ol^I  gufammen.  SRan  empflnbet  eS  in  ftd^  2& 
felbft  fel^r  beutlid^:  bag,  um  einen  ®ebanlen  doQ  ®ram  bei  fid^  Dergel^en 
gu  laffen  unb  aufgul^eben,  toal^rl^afte  unb  gemeiniglich  gro^e  Si^ättgteit 
erforbert  toirb.  68  loftet  mirflid^e  anftrengung  eine  gum  Sad^en  reigenbe 
luftige  SSorfteUung  gu  Dertilgen,  loenn  man  fein  (Semfitl^  gur  @rnft]|aftig* 
leit  bringen  min.  (Sine  |ebe  Slbftraction  ift  nid^ts  anberS,  als  eine  auf-  so 
l^ebung  gemiffer  Karen  ^orfteUungen,  toeld^e  man  gemeiniglich  barum  an« 
fteUt,  bamit  baSfenige,  toaS  übrig  ift,  befto  Kärer  DorgefteUt  merbe.  Seber« 
mann  n)eig  aber,  mie  Diel  2:]^ätigleit  l^iegu  erforbert  mirb,  unb  fo  fann 
man  bie  Sbftraction  eine  negatiDe  Slufmertfamleit  nennen,  baS 
ift,  ein  mal^rl^afteS  £^un  unb  ^anblen,  toeld^eS  berjienigen  ^anblung,  S5 
moburc^  bie  SSorfteUung  Aar  mirb,  entgegengefe^t  ift  unb  burd^  bie  S3er« 
fnfipfung  mit  i^r  baS  QtxOf  ober  ben  9Rangel  ber  Haren  äJorfteÜung  gw 


3.  «ftf^nitt.  191 

toege  bringt.  2)enn  f onft,  »enn  {te  eine  Verneinung  unb  ÜRangel  fd^Ied^t« 
^tn  iD&re,  f o  tt)firbe  bagu  eben  fo  toenig  Slnftrengung  einer  Sixa\t  erforbert 
loerben,  ali  baju,  bag  ic^  etoaS  nid^t  loeig,  meil  niemals  ein  ©runb  baju 
loar,  J^raft  nbtl^ig  i{t. 
5  6ben  biefelbe  9}otl^n)enbigIeit  eines  pofttiDen  ©runbeS  gu  ^uf^ebung 
etned  inneren  8cciben8  ber  @eele  geigt  fd^  in  ber  Öberminbung  ber  Se« 
flierben,  iDobei  man  {tc^  ber  oben  angeffil^rien  Seifpiele  bebienen  lann. 
Uberl^aupt  aber,  aud^  auger  ben  $&Qen,  ba  man  {td^  biefer  entgegenge« 
festen  S^&tigleit  fogar  bettugt  ifi  unb  bie  \d\x  angefül^rt  l^aben,  l^at  man 

10  leinen  genugfamen  ®runb  fte  aUbann  in  8brebe  gu  giel^en,  loenn  mir  {te 
ni(^t  in  un8  Aar  bemerlen.  3d(l  gebenle  g.  6.  anfe^t  an  ben  Siger.  2)iefer 
®ebanle  Derliert  {i(^,  unb  t&  f&nt  mir  bagegen  berSd^alal  ein.  9ßan  tann 
freilid^  bei  bem  3Bed§feI  ber  äSorfteUungen  eben  leine  befonbere  Sefirebung 
ber  @eele  in  fic^  toal^rnel^men,  bie  ba  mirfte,  um  eine  Don  ben  gebadeten 

IS  äSorjlenungen  aufgul^eben.  SlQein  tteld^e  bettunberungStofirbige  ®e« 
f(^&ftigleit  ift  nid^t  in  ben  liefen  unfreS  ©eijleS  verborgen,  bie  n)ir 
mitten  in  ber  Sudübung  nid^t  bemerlen,  barum  meil  ber  ^anblungen  fel^r 
Diel  ftnb,  iebe  eingelne  aber  nur  fel^r  bunlel  Dorgefteüt  mirb.  2)ie  ^t^ 
loeidtl^ümer  baDon  {inb  j|ebermann  betannt;  man  mag  unter  biefen  nur 

so  bie  ^anblungen  in  SrtD&gung  giel^en,  bie  unbemerft  in  und  Dorgel^en, 
ttenn  tt)ir  lefen,  fo  mug  man  barüber  erftaunen.  3Ran  lann  unter  anbern 
l^ierfiber  bie  Sogit  bed  ^eimarud  nad^fel^en,  n)eld^er  l^ierüber  S3etrad^tung 
anfteQt.  Unb  fo  ijt  gu  urtl^eilen,  bag  baS  Spiel  ber  SSorjtellungen  unb 
fiberl^aupt  aQer  S^&tigfeiten  unferer  @eele,  in  fo  fern  il^re  f^olgen,  nad^« 

»  bem  f  e  mirüid^  n)aren,  n)ieber  aufl^ören,  entgegengefe^te  ^anblungen  Dor* 
audfe^en,  buDon  eine  bie  9legatioe  ber  anbern  ift,  gu  $oIge  ben  getoiffen 
(Srfinben,  bie  tt)ir  angeffll^rt  l^aben,  ob  und  gleid^  nid^t  immer  bie  innere 
(Srfal^rung  buDon  belel^ren  lann. 

SBenn  man  bie  ©rfinbe  in  Srto&gung  giel^t,  auf  meldten  bie  l^ier  an« 

30  gefül^rie  Siegel  berul^t,  fo  n)irb  man  aldbalbinne:  bag,  n)ad  bie  8uf« 
Hebung  eines  ejdfiirenben  ßtioaS  anlangt,  unter  ben  Sccibengien  ber 
geiftigen  9laturen  beSfaHS  lein  Unterfd^ieb  fein  lonne  oon  ben  f^olgen 
iDirtfamer  j^r&fte  in  ber  lötperlid^en  Seit,  n&mlic^  bag  {te  niemals  anberS 
aufgel^oben  »erben  aU  burc^  eine  loal^re  entgegengefe^te  Setoegtraft 

35  eines  anbern,  unb  ein  inneres  SccibenS,  ein  ©ebanle  ber  Seele,  lann 
nid^t  aufhören  gu  fein,  ol^ne  eine  ttal^rl^aftig  tl^&tige  Stxa\t  eben  bef« 
felben  benlenben  Subiects.   ^er  Unterfd^ieb  betrifft  l^ier  nur  bie  Der« 


192  ^erfu^,  ben  S3egriff  ber  negatiDen  ®rögen  in  bie  SBetttoeidl^eit  einaufül^ren. 

fd^iebene  ©efe^e,  toeld^en  biefe  gmeierlei  Slrten  Don  SBefen  untergeorbnet 
ftnb,  tnbem  ber  3uftanb  ber  2)2aterie  niemals  anberS  ald  burd^  ftugere 
Urfad^e,  ber  eineiS  ©eifteS  aber  aud^  burd^  eine  innere  Urfad^e  oeränbert 
»erben  fann;  bie  Slotl^ttenbigfeit  ber  SRedentgeflenfe^unfl  bleibt  inbeffen 
bei  biefem  Unterfd^iebe  immer  biefelbe.  5 

Sdö  bemerfe  nod^mate,  bafe  e«  ein  betrügerifcfter  Segriff  fei,  »enn 
man  bie  Sluf^ebung  ber  pofitiDen  folgen  ber  2:^ätigfeit  unferer  @eele 
glaubt  Derftanben  gu  l^aben,  toenn  man  fteUnterlaffungen  nennt.  (ES 
ift  überaus  merfmürbig:  bag,  je  mel^r  man  feine  gemeinfie  unb  juDerftd^t» 
lic^fte  Urtl^eile  burd^forfd^i,  befto  mel^r  man  fold^e  93lenbn)erle  entbedK,  10 
ba  \d\x  mit  äBorten  gufrieben  ftnb,  ol^ne  ettoag  Don  ben  @ad(|en  ju  Der« 
ftel^en.  S)a|  id^  fe^t  einen  gemiffen  ©ebanlen  nic^t  l^abe,  ift,  »enn  er 
Dorl^er  anif  nid(|t  getoefen  ift,  barauS  freilid^  Derftänblid^  genug,  »enn  id^ 
fage,  id^  unterlaffe  biefed  gu  beuten;  benn  biefeS  Sßort  bebeutet  aldbann 
ben  Sßangel  bed  ©runbeS,  »oraud  ber  3Rangel  ber  $oIge  begriffen  toirb-  15 
$eigt  ed  aber:  »ol^er  ift  ein  ©ebanle  in  mir  nic^t  me^r,  ber  furg  uorl^er 
ttar?,  fo  ift  bie  Dorige  Sntttort  gang  nid^itig.  S)enn  biefed  9lid^tfein  ift 
nunmel^r  eine  ^Beraubung,  unb  baS  Unterlaffen  l^at  anlegt  einen  gang 
anbern  @inn,*)  n&mlid^  bie  Sluf^ebung  einer  Stl^&tigteit,  bie  lurg  Dorl^er 
toar.  2)iefeS  ifi  aber  bie  f^rage,  bie  id^  t^ue  unb  bei  ber  id^  mic^  burd^  20 
ein  SSort  nid^t  fo  leidet  abfpetfen  laffe.  Sei  ber  Snioenbung  ber  geba(!^ten 
Sflegel  auf  aQerlei  ^älle  ber  9latur  l^at  man  Diel  Se^utfamleit  nötl^ig,  ba« 
mit  man  nic^t  fälfd^Iid^  etmaS  SerneinenbeS  für  pofttio  l^alte,  toeld^ed 
Ieid(|t  gefd(|iel[|t.  S)enn  ber  @inn  beS  @a^ed,  ben  idb  l^ier  angefül^rt  l^abe, 
gel^t  auf  baS  Sntftel^en  unb  SSergel^en  oon  etmad,  bad  ba  pofttiD  ift.  £.  @.  35 
2)ad  S3ergel)en  einer  f^Iamme,  mei(  bie  Slal^rung  erfd(|5pft  ift,  ift  fein 
negatiDeiS  @ntftel)en,  b.  i.  eS  grünbet  ftc^  nic^t  auf  eine  mal^rl^afte  Seueg« 
fraft,  bie  berienigen,  tooburc^  fte  entftel^t,  entgegengefe^t  ift.  S)enn  bie 
f^ortbauer  einer  t^lamme  ift  nid^t  bie  S)auer  einer  Setoegung,  bie  fd^on 
ba  ift,  fonbern  bie  beftdnbige  @rgeugung  neuer  Setoegungen  anberer  so 
brennbarer  ©unfttl^eild^ien.**)  ©emnad^  ifi  ba«  Slufl^oren  ber  flamme 
nid^t  baS  Sluf^eben  einer  »irflid^en  Semegung,  fonbern  ber  9ßangel  neuer 


*)  S)iefer  Sinn  felbfi  tommt  bem  SBorte  ntd^t  einmal  etgentliti^  gu. 

•*)  Gin  ieber  Äörper,  bcffcn  S:^cilc  fid^  plö^Hc^  in  S)unfl  öcrwanbcln  unb 
Qlfo  bie  SurüdPftogung  auiSfiben,  bie  bem  S^fantmenl^onge  entgegengefe^t  ift,  \pxü^i  35 
Seuer  oon  fi6)  unb  brennt,  meil  bcii  Glementorfeuer,  bad  oor^er  im  ©tanbe  ber 
Sufammenbrfidfung  toar,  be^enbe  frei  wirb  unb  fid^  ausbreitet. 


3. 9(bf4nitt.  193 

Setoegungen  unb  tnel^rerer  2:rennungen,  barum  tt)etl  bie  Urfac^e  bogu 
fel^It,  nämlid^  bie  fernere  9lal^rung  bed  t^euerS,  tt)eld^ed  aldbann  nid^t  atö 
ein  Sluf^eben  einer  ejrifiirenben  Sad^e,  fonbern  als  ber  SRangel  bei$ 
©runbed  gu  einer  möglid^en  ^ofttion  (ber  tteiteren  flbfonberung)  mug 

5  angefel^n  n)erben.  S)o(l^  genug  ^ieDon.  ^ij  fd^reibe  biefeS,  um  ben  93er« 
f ud^ten  in  bergleic^en  8rt  Don  (Srfenntnig  Knlag  gu  heiterer  93etrad^tung 
}u  geben;  bie  ttnerfal^renen  mürben  freilid^  mel^r  (Sriduterung  gu  f orbern 
bered^tigt  fein. 

2.  S)ie  @ä^e,  bie  ic^  in  biefer  Plummer  Dorgutragen  gebente,  fc^einen 

10  mir  Don  ber  &u|erften  äBic^tigleit  gu  fein.  äSorl^er  aber  mu|  i(^  nod^  gu 
bem  aUgemeinen  Segriffe  ber  negatioen  ®r5gen  eine  Seftimmung  l^ingu« 
tl^un,  tt)eld§e  id^  mit  Sebad^t  oben  bei  Seite  gefegt  l^abe,  um  bie  ®egen* 
ftdnbe  einer  angefirengten  Kufmertfamteit  nid^t  gu  fel^r  gu  l^dufen.  3c^ 
^abe  bidl^er  bie  ®rünbe  ber  realen  Sntgegenfe^ung  nur  ermogeui  in  fo 

15  fern  fte  Sefiimmungen,  beren  eine  bie  9legatioe  ber  anbern  ifi,  ttirflid^ 
in  einem  unb  eben  bemfelben  2)inge  fe^en,  g.  6.  Settegirdfte  eben  beS« 
f elben  j(ör))er8  nac^  einanber  gerabe  entgegengef e^ten  Siid^tungen ,  unb 
ba  lieben  bie  ©rünbe  il^re  beiberfeitige  f^olgen,  ndmlid^  bie  Seioegungen, 
tt)irllid§  auf.  S)a]^er  tt)ill  id(|  fflr  je^t  biefe  Sntgegenfe^ung  bie  wirf« 

30  lid^e  nennen  (oppositio  actualis).  S)agegen  nennt  man  mit  äted^t  folc^e 
^rdbicate,  bie  gioar  oerfd^iebenen  S)ingen  gulommen  unb  eins  bie  ^olge 
bed  anbern  unmittelbar  nid^t  aufgeben,  bennod^  eind  bie  SHegatioe  beS 
anbern,  in  fo  fem  ein  febed  fo  befd^affen  ift,  ba|  t&  boc^  entmeber  bie 
$olge  bed  anbern,  ober  menigftenS  ettoaS ,  toai  eben  fo  befiimmt  ift  toie 

35  biefe  f^olge  unb  il^r  gleid^  ifi,  aufl^eben  fbnnte.  S)iefe  Sntgegenfe^ung 
tann  bie  mögliche  ^i|en  (oppositio  potentialis).  Seibe  finb  real,  b.  i. 
oon  ber  logifd^en  Oppofttion  unterfd^ieben,  beibe  finb  in  ber  Watl^ematit 
befidnbig  im  ®ebraud^e,  unb  beibe  oerbienen  eiS  aud§  in  ber  ^l^ilofopl^ie 
gu  fein.  9n  gioei  j(örpern,  bie  gegen  einanber  in  eben  berfelben  geraben 

so  Sinie  mit  gleid^en  j^rdften  ben)egt  ftnb,  tonnen  biefe  jh'dfte,  ba  fte  fid^  im 
@to|e  beiben  j^örpern  mitt^eilen,  eine  ber  anbern  9}egatiDe  genannt 
merben  unb  gttar  im  erftern  SSerftanbe  burd^  bie  ttirtlid^e  (Sntgegenfe^ung. 
Sei  gioei  J^örpern,  bie  auf  berfelben  geraben  Sinie  in  entgegenfiel^enber 
Stid^tung  fid^  mit  gleid^en  j^rdften  oon  einanber  entfernen,  ift  eine  ber 

35  anbern  Slegatioe;  allein  ba  fte  i^re  ^dfte  ftc^  in  biefem  SaDe  nid^t  mit« 
tl^eilen,  fo  fielen  fie  nur  in  potentialer  Sntgegenfe^ung,  loeil  ein  {eber 
eben  fo  Diel  Jtraft,  aU  in  bem  anbern  Xbxptx  ift,  loenn  er  auf  einen 

ttanVi  m^tiUtn,   Serie.  IL  13 

«  A  R  y" 

3^  ^KVJvt^ 


194  Serfu^  ben  Segriff  ber  negatben  (Srftftm  in  bie  aßelttoeiiS^t  einauf fi^ren. 

fold^en,  ber  in  berfelben  Stiftung  tt)ie  \tntx  bmtgt  mdre,  ftiege,  in  il^m 
aufleben  mfirbe.  @o  tuerbe  id^  ed  aud^  in  bem  ndd^jtfolgenben  wn  allen 
@rünben  ber  realen  ßntgegenfe^ung  in  ber  SSett  unb  nid^t  bloS  oon  benen^ 
bie  ben  Setoegirdften  gulommen,  oerftel^en.  Um  aber  aud^  mn.  ben 
übrigen  ein  Seifpid  gu  geben,  fo  ttfirbe  man  fagen  fönnen,  ba^  bie  Suft,  5 
bie  ein  äRenfc^  l^t,  nnb  eine  Unltt|i,  bie  ein  anberer  l^at,  in  potentialer 
Sntgegenfe^nng  ftel^en,  ttie  fte  benn  aud^  ttirUid^  gelegentlid^  eine  bie 
Srolge  ber  anbem  aufl^eben,  inbem  bei  biejem  realen  Sßiberftreit  oftmals 
einer  baiSfenige  Dernic^tigt,  »ad  ber  anbere  feiner  Snfl  gemä|  fc^afft.  ^n^ 
bem  id^  nun  bie  ®rfinbe,  tteld^e  einanber  in  beiberlei  Serftanbe  real  ent«  10 
gegen  gefegt  {inb,  gang  aUgemein  nel^me,  fo  »erlange  man  oon  mir  nid^, 
bag  id^  burd^  Seifpiele  in  (Concreto  biefe  Segriffe  {ebergeit  angenfc^ein« 
Ud^  mad^e.  S)enn  eben  fo  Kar  nnb  faglic^  mie  aKeS,  loaS  gn  ben  9e« 
megungen  ge^brt,  ber  Slnfc^anung  tann  gemad^t  merben,  fo  fc^ioer  unb 
nnbeutlic^  ftnb  bei  uniS  bie  9tealgr&nbe,  bie  ntd^t  med^anifd^  finb,  um  u 
bie  SSerl^&ltniffe  berfelben  gu  il^ren  f^olgen  in  ber  Sntgegenfe^ung  ober 
Snfammenftimmung  begreiflid^  gu  madben.  3<^  begnüge  mid^  bemnad^ 
folgenbe  @d^e  in  ibrem  allgemeinen  Sinne  bargntl^un. 

®er  erfte  6a|  ift  biefer.    ^n  allen  natürlichen  Serdnbe« 
rungen  ber  Seit  mirb  bie  Summe  beS  ^ofitioen,  in  fo  fern  fie  30 
baburdb  gefd^d^t  mirb«  bag  einftimmige(nid^tentgegengefe|te) 
$ofitionen  abbirt  unb  real  entgegengefe^te  oon  einanber  ab« 
gegogen  toerben,  meber  oermebrt  nod^  oerminbert 

8nie  SBerdnberung  befielet  barin:  bag  entmeber  etmaS  $ofttioedr  xoad 
nid^t  toar,  gefegt,  ober  baSienige,  toa^  ba  n)ar,  aufgel^oben  toirb.  SRatür«  »s 
lid^  aber  ijt  bie  SSerdnberung,  in  fo  fern  ber  (Brunb  berfelben,  eben  fo  mol^l 
toie  bie  f^olge  gur  3Belt  gel^drt.  ^n  bem  erflen  ^aUe  bemnadb,  ba  eine 
$ofttion,  bie  nid^t  mar,  gefegt  loirb,  ift  bie  SSerdnberung  ein  (£ntfte||en, 
S)er  Suftanb  ber  äßelt  oor  biefer  SSerdnberung  ijt  in  dnfel^ung  biefer 
$ofttion  bem  Qexo  =  0  gleich,  unb  burd^  bieg  ßntftel^en  i{l  bie  reale  ao 
^olge  =  A.  S<^  fftfic  ober:  ba^i  tomn  A  entfpringt,  in  einer  natfltlid^en 
Seltt)erdnberung  auc^  -^  A  entfpringen  muffe,  b.  i.  ba|  fein  natürli^ber 
®runb  einer  realen  Srolge  fein  t5nne,  ol^ne  gugleid^  ein  ®runb  einer 
anbern  Solge  gu  fein,  bie  bie  9legatioe  wn  i\)x  ift.*)  S)enn  biemeil  bie 


*)  @o  tült  3.  <S.  im  @to6e  eined  J^rperd  auf  einen  anbem  bie  ^etDorbringung  ss 
einer  neuen  SBe»egung  mit  btt  Vufl^ebung  einer  gleid^n,  bie  üorber  nior,  jugUic^ 


3.OTf^ttUt.  195 

l^olge  !R{d^tö  =  0  ift,  auger  in  f o  fern  ber  ®runb  gefegt  ijt,  f o  entl^&lt 
bie  @umme  ber  ^ofttion  in  ber  f^olge  ntd^t  mel^r,  als  in  bem  Suftanbe 
ber  SBelt  entl^Iten  n)ar,  in  fo  fern  {te  ben  ®mnb  bagu  entl^ielte.  (Si  ent* 
l^ielt  aber  biefer  guftanb  Don  berjenigen  $ofttion,  bie  in  ber  $oIge  ift, 

5  bad  3^T0,  bai  l^eigt,  in  bem  vorigen  Suftanbe  ttar  bie  $ofitton  nid^t,  bie 
in  ber  f^olge  anzutreffen  ifi,  folglich  lann  bie  SSerdnberung,  bie  barauiS 
fliegt,  im  (Sangen  ber  SBelt  nad^  il^ren  tt)irllid^en  ober  Potentialen  l^olgen 
and^  nic^t  anberS  als  bem  Stxo  gleich  fein,  ^a  nun  einerfeits  bie  golge 
pofitit)  unb  =  A  ift,  gleic^tool^l  aber  ber  gange  Sufianb  beS  Unioerfum 

10  ttie  Dorl^er  in  8nf el^ung  ber  äier&nbemng  A  f oQ  3^^^  =  0  fein ,  bief eS 
aber  unmöglich  ift^  auger  in  fo  fern  A — A  gufammengune^men  i{t,  fo 
fliegt:  bag  niemals  eine  pofttiDe  SBerdnberung  natürlicher  SBeife  in  ber 
SBelt  gefc^el^e,  beren  ^olge  nic^t  im  fangen  in  einer  toirflid^en  ober 
Potentialen  ßntgegenfe^ung,  bie  fic^  aufgebt,  befleiße.  S)iefe  @umme  giebt 

15  aber  3^to  =  0,  unb  oor  ber  SBer&nberung  loar  jte  ebenfalls  =  0,  fo  bag 
fte  baburc^  ueber  Dermel^rt  nod^  Derminbert  toorben. 

^n  bem  gioeiten  l^all,  ba  bie  SSerdnberung  in  bem  Sufl^eben  oon 
ettoas  $ofttioem  befielt,  i^  bie  ^olge  =  0.  (Ss  mar  aber  ber  3uftanb 
beS  gefammten  ©runbeS  nad^  ber  oorigen  !Rummer  nic^t  blog  =  A,  fon^ 

90  bern  A  —  A  =  0.  8lfo  ift  nad§  ber  Sirt  gu  fc^d^eui  bie  ic^  l^ier  oorauS 
fe^e,  bie  ^ofttion  in  ber  3Belt  meber  Dermel^rt  nod^  Derminbert  morben. 

3d^  min  biefen  @a^,  ber  mir  mic^tig  gu  fein  fc^eint,  gu  erläutern 
fud^en.  3n  ben  SSer&nberungen  ber  Jtörpermelt  fielet  er  als  eine  fd^on 
Idngft  bemiefene  mec^anifd^e  Siegel  feft.  @ie  mirb  fo  auSgebrfidK:  Quan- 

25  titas  motus,  summando  vires  corporum  in  easdem  partes  et  subtrahendo 
eas  quae  vergunt  in  contrarias,  per  mutuam  illorum  actionem  (con- 
flictam,  pressionem,  attraotionem)  non  mutatur.  Slber  ob  man  biefe 
Siegel  gleid^  nid^t  in  ber  reinen  SRec^anit  unmittelbar  auS  bem  meta« 
pl^Qftfc^en  ©runbe  l^erleitet,  morauS  mir  ben  allgemeinen  ®a^  abgeleitet 

30  ^aben,  fo  berul^t  feine  äiid^tigfeit  bod^  in  ber  S^at  auf  biefem  ©runbe. 
^enn  baS  ©efe^  ber  Srdgl^eit,  meld^eS  in  bem  gembl^nlid^en  Semeife  bie 
©runblage  auSmad^t,  entlelint  feine  SBal^rl^eit  bloS  Don  bem  angefül^rten 
SemeiSgrunbe,  mie  id^  leidet  geigen  tbnnte,  menn  idb  meitlduftig  fein  bürfte« 


gef^iel^t,  unb  toit  niemanb  auS  einem  j^a^ne  einen  anbem  f^toimmenben  Aörpec 
35  na^  einer  (S^egenb  flogen  !ann,  ol^ne  felbfl  nad^  ber  entgegengefe^ten  9li(!^tung  ge« 
trieben  5U  merben. 

18* 


196  ^erfuti^,  ben  »egriff  ber  negattoeh  (Strogen  in  bie  SBeltmeidl^eit  einaufül^. 

S){e  SrI&utenttig  ber  Siegel,  mit  ber  toir  und  befd^dftigen,  in  ben 
%&Bitn  ber  SBer&nberungen,  bie  ni^t  med^anifd^  {inb,  g.  @.  berer  in  unferer 
@eele,  ober  bie  wn  il^r  fiberl^aupt  abl^ängen,  ift  il^rer  %atur  nad^  fc^toer, 
toie  äberl^aupt  biefe  SBirfungen  fottol^l  al8  il^re  ®rfinbe  bei  tteitem  fo 
fa|lic^  unb  anfd^anenb  bentlid^  nid^t  I5nnen  bargefteüt  »erben,  als  bie  in  5 
ber  RbxptmAt  ©leid^ttol^l  tt)ill  id^,  fo  Diel  ed  mir  möglid^  gu  fein  fd^eint, 
l^ierin  £id^t  ju  Derfd^a^en  fud^en. 

SMe  SSerabfd^euung  ifi  eben  fo  n)o]^I  »aS  ^ofttioed  ali  bie  Segierbe. 
2)ie  erfte  ifi  eine  ^olge  einer  ))oftti))en  ttnlufi,  toie  biefe  bie  ))ofttii)e  f^olge 
einer  Suft  ift.  9lur  in  fo  fern  mir  an  eben  bemfelben  (Segenftonbe  £uft  10 
unb  Unluft  gugleid^  emp^nben,  fo  ftnb  bie  Segierben  unb  Serabfd^euungen 
beffelben  in  einer  ttirllic^en  (Sntgegenfe^ung.  Siaein  in  fo  fem  eben  ber* 
felbe  ®runb,  ber  an  einem  £)b|ecte  Sufi  oeranla^t,  jugletdb  ber  ©runb 
einer  roafixtn  Unluft  an  an  ber  n  ttirb,  fo  finb  bie  ©runbe  ber  Segierben 
gugleic^  ®rünbe  ber  SSerabfd^euungen,  unb  ed  ifi  ber  ®runb  einer  Se«  » 
gierbe  gugleic^  ber  ®mnb  Don  (Sttoa^,  baS  in  einer  realen  Oppofttion  ba« 
mit  fielet,  ob  biefe  gleid^  nur  potential  ift.  @o  toie  bie  Seloegungen  ber 
j^5rt)er,  bie  in  berfelben  geraben  Sinie  in  entgegengefe^ter  Stid^tung  ftc^ 
Don  einanber  entfernen ,  ob  fte  gleich  einer  beS  anbem  Settegung  felber 
aufiul^eben  nid^t  beftrebt  finb,  bennod^  eine  als  bie  ülegatioe  ber  anbem  90 
angefel^en  tt)irb,  loeil  fte  t)otentiaI  einanber  entgegen^gefe^t  ftnb.  S)iefem» 
nad^,  ein  fo  groger  ®rab  ber  Segierbe  in  iemanb  }um  Stul^me  entfpringt, 
ein  eben  fo  großer  ®rab  beS  Sbfc^eueiS  entfielet  }ugleidb  in  93eiie^ung  auf 
baS  ®egentl^U,  unb  biefer  8bf(^eu  ift  gmar  nur  t)otentiaI,  fo  lange  nod^ 
bie  Umft&nbe  nid^t  in  ber  toirllic^en  (Sntgegenfe^ung  in  linfel^ung  ber  95 
Stul^mbegierbe  ftel^en,  gleic^iool^l  ift  burd^  eben  biefelbe  Urfad^e  ber  SHul^m« 
begierbe  ein  t>ofitiDer  ®mnb  eines  gleichen  ®rabeS  ber  Unluft  in  ber 
@eele  feftgefe^t,  in  fo  fern  ft(^  bie  Umftänbe  ber  Seit  benen  entgegen« 
gefegt  jutragen  mbc^ten,  bie  bie  erftere  begänftigen.*)  S93ir  tterben  balb 
feigen,  ba|  ed  in  bem  DoQIommenften  äBefen  nid^t  f 0  beioanbt  fei,  unb  ba|  30 
ber  ®runb  feiner  l^öc^ftenSuft  fogaraUeaRbglid^Ieit  ber  Unluft  auSf daliege. 

Sei  ben  ^anblungen  beS  SBerftanbeS  finben  mir  fogar,  bag,  in  ie 
l^bl^erem  ®rabe  eine  gen)iffe  3bee  Aar  ober  beutUd§  gemad^t  loirb,  befto 

*)  Um  beS  »iUen  xm^tt  ber  fiotfc^e  Seife  oUe  bergleid^en  Stiebe,  bie  ein 
©effil^l  groger  finnli^er  8ufl  entl^olten,  ausrotten,  tt)eil  man  mit  il^nen  augleii!^  35 
&rfinbe  groger  Unjufriebenl^eit  unb  ^igDergnttgend  pflanai,  bie  na4  bem  ab« 
toei^felnben  @piel  bed  SßeltlaufS  ben  ganzen  Sßertl^  ber  erflem  aufl^eben  fömten. 


3.  «bWnltt  197 

mel^r  werben  bte  fibrige  üerbunfelt  unb  il^re  JCIarl^eU  verringert,  fo  bag 
bas  $ofttiDe,  loaS  bei  einer  fold^en  SSer&nberung  tDirKid^  tt)irb,  mit  einer 
realen  unb  toirflid^en  Sntgegenfe^ung  Derbunben  ift,  bie,  loenn  man  aDeiS 
nad^  ber  ertt)&]^nfen  9rt  gu  fc^d^en  iufammen  nimmt,  ben  ®rab  beS  ^of* 
&  tiDen  burd^  bie  SSerdnbemng  toeber  vermel^rt  nod^  üerminbert. 

(Cer  gleite  ®a|  ifi  folgenber:  Stile  Stealgrfinbe  beS  Uni« 
üerfum,  toenn  man  biejenige  fummirt,  toeldbe  einftimmig  finb 
unb  bie  Don  einanber  abjiel^ti  bie  einanber  entgegengefe^t 
finb,  geben  ein  $actt,  baiS  bem  Stxo  gleich  ift.  S)aS  ©anje  ber 

10  äßelt  ift  an  fi(^  felbft  9lic^t«,  au^er  in  fo  fern  e«  bnrc^  ben  Sillen  eines 
anbern  (StmaS  ift.  @8  ift  bemnad^  bie  @umme  aQer  ejriftirenben  Stealität, 
in  fo  fern  fte  in  ber  Sßelt  gegrfinbet  ift,  für  {id^  felbft  betrachtet  bem 
3ero  =  0  gleic^.  Db  nun  gleid^  aQe  möglid^e  Slealitdt  in  SSer^tnig 
auf  ben  göttlid^en  SiOen  ein  gracit  giebt,  baS  pofttiD  ift,  fo  n)irb  gleich* 

15  tt)o]^I  baburd^  bad  äBefen  einer  äSelt  nid^t  aufgel^oben.  8u8  biefem  äBefen 
aber  fliegt  notl^toenbiger  äBeife,  ba^  bie  6;rlfteni  beejenigen,  toaS  in  il^r 
gegrfinbet  ift,  an  unb  ffir  fid^  aQein  bem  S^ro  gleich  fei.  Sllfo  ift  bie 
Summe  beS  @j:iftirenben  in  ber  SBelt  in  SSerl^dltnig  auf  benfenigen 
®runb,  ber  auger  il^r  ift,  pofitiD,  aber  in  SSerJ^dltnig  ber  inneren  ffitaU 

20  grfinbe  gegen  einanber  bem  Qtxo  gleic^.  3)a  nun  in  bem  erften  SSerl^dlt« 
niffe  niemals  eine  (Sntgegenfe^ung  ber  Sftealgrunbe  ber  Sßelt  gegen  ben 
göttlid^en  äBiUen  ftatt  flnben  tann,  fo  ift  in  biefer  abftd^t  leine  Slufl^ebung, 
unb  bie  Summe  ift  t)ofUiD.  Seil  aber  in  bem  gioeiten  SSerl^dltniffe  baS 
$acit  3^0  ift,  fo  folgt,  bag  bie  pofttioen  ®r&nbe  in  einer  (Sntgegenfe^ung 

r>  ftel^en  muffen,  in  tteld^er  fie  betrad^tet  unb  fummirt  S^to  geben. 

Slnmerlung  )ur  gtoeiten  Plummer. 

3c^  l^abe  biefe  sioei  @&|e  in  ber  Slbfid^t  oorgetragen,  um  ben  Sefer 
ium  9}ad^benlen  Aber  biefen  ®egenflanb  eingulaben.  34  geftel^e  aud^, 
bag  fte  für  mid^  felbft  nid^t  lid^t  genug,  noc^  mit  genugfamer  Slugenfd^ein« 

30  lid^Ieit  au8  il^ren  ®rfinben  einiufel^eu  ftnb.  Snbeffen  bin  id§  gar  fel^r 
itberfäl^rt,  ba^  unDoUenbete  SSerfud^e,  im  abftracten  @rlenntniffe  probte» 
matifd^  vorgetragen,  bem  SSad^St^um  ber  l^öl^ern  Seltmeisl^eit  fel^r  gu» 
trdglic^  fein  I5nnen:  meil  ein  anberer  fel^r  oft  ben  9uffd§lu|  in  einer  tief 
verborgenen  f^rage  leidster  antrifft,  als  berjenige,  ber  il^m  bagu  Slnlag 

3»  giebt  unb  beffen  Seftrebungen  oieüeid^t  nur  bie  ^dlfte  ber  Sd^toierigleiten 


198  Serfud^,  bett  begriff  ber  negativen  i&xbitn  in  bie  Seltmei^l^eit  dnaufü^en. 

liaben  flberoinben  tonnen.  2)er  Snl^dt  biefer  @&|e  fd^eint  mir  eine  ge« 
iDiffe  SSürbe  an  fid^  ju  l^aben,  n)eld^e  ttol^I  5U  einer  genouen  Prüfung  ber« 
felben  aufmuntern  tann,  ttofem  man  nur  il^ren  @inn  toofjH  begreift, 
toeld^ieS  in  bergleid)en  8rt  Don  ßrlenntnig  nid^t  fo  leidet  ift. 

3d^  toiU  inbeffen  nod^  einigen  3Rigbeutungen  borgurommen  fud^en.    5 
9Ran  würbe  mid^  ganj  unb  gar  nid^t  berftel^en,  koenn  man  ftc^  einbilbete, 
id^  l^dtte  burd^  ben  er^en  @a^  fagen  kooQen:  bag  fiberl^aupt  bie  @umme 
ber  Sftealitdt  burd^  bie  äBeltDer&nberungen  gar  nid^t  Dermel^rt  nod^  Der«» 
minbert  totxht.  S)iefe8  ift  fo  gang  unb  gar  nid^t  mein  @inn ,  bag  aud^ 
bie  gum  93eif))iel  angefül^rte  med^anifd^e  ätegel  gerabe  bad  ®egent^eil  10 
öerftattet.  JDenn  burd^  ben  ©tofe  ber  Äörper  toirb  bie  Summe  ber  Se* 
toegungen  balb  Dermel^rt,  balb  Derminbert,  menn  man  fte  für  ftd^  be« 
trad^tet,  allein  bad  f^acit,  nad^  ber  gugleid^  beigefügten  Slrt  ge« 
f  d^5|t,  i{t  ba^ienige,  xoai  einerlei  bleibt.   S)enn  bie  ßntgegenfe^ungen 
jtnb  in  Dielen  $&Den  nur  Potential,  too  bie  Semegträfte  einanber  tt)irnid()  15 
nic^t  aufl^eben  unb  too  alfo  eine  SSerme^rung  ftatt  finbet.  SKein  nad^  ber 
einmal  gur  ätid^tfd^nur  angenommenen  Sd^&^ung  muffen  boc^  aud^  biefe 
Don  einanber  abgegogen  n)erben. 

(Sben  f 0  mug  man  bei  ber  3(ntt)enbung  biefeS  @a^ed  auf  unmed^anifd^e 
äSerdnberungen  urt^eilen.  Sin  gleicher  äRigoerftanb  n)ürbe  ed  fein,  loenn  20 
man  ftd^  einfallen  liege,  bag  nad^  eben  bemfelben  @a^e  bie  SSoQfommen» 
l^eit  ber  SSelt  gar  nid^t  koad^fen  lönnte.  S)enn  e8  tt)irb  |a  burd^  biefen 
@a^  gar  nid^t  geleugnet,  bag  bie  @umme  ber  Stealit&t  überl^aupt  nid^t 
natürlicher  Sßeife  follte  oermel^rt  »erben  lönnen.  Überbem  beftel^t  in 
biefem  ßonflictud  ber  entgegengefe^ten  Sfiealgrünbe  gar  fel^r  bie  SSoK-  25 
lommenlieit  ber  3Belt  überl^aupt,  gleichwie  ber  materiale  2;^eil  berfelben 
gang  offenbar  blöd  burd^  ben  @treit  ber  j^rafte  in  einem  regelmäßigen 
Saufe  erl^alten  wirb.  Unb  e$  ift  immer  ein  großer  SRißoerftanb,  menn 
man  bie  @umme  ber  ^Realität  mit  ber  ©rbße  ber  SSollfommenl^eit  ald 
einerlei  anfielet.  Sßir  l^aben  oben  gefeiten,  baß  Unluft  eben  fo  mol^l  pofitio  30 
fei  toie  Suft,  toer  tt)urbe  fte  aber  eine  äSoUtommenl^eit  nennen? 

3.  3Bir  l^aben  fd^on  angemerlt,  baß  ti  oftmals  fc^mer  fei  auSgu« 
mad^en,  ob  gettiffe  93erneinungen  ber  9latur  bloße  SRdngel  um  eineö 
fel^lenben  ©runbeS  n)illen,  ober  Seraubungen  feien  au^  ber  äiealentgegen* 
fe^ung  gtt)eier  pofttiDen  ©rünbe.  3n  ber  materialen  SBelt  ftnb  bie  93ei«  35 
fpiele  l^ieoon  l^dufig.  S){e  gufammenl^dngenbe  Steile  eines  j[eben  Xbrptxi 
brüdten  gegen  einanber  mit  »al^ren  Ärdften  (ber  angicl^ung),  unb  bie 


^olge  biefer  Seftrebungen  toixbt  bie  Serringerung  beS  StaumeSinl^altö 
fein,  toenn  ntd^t  eben  fo  n)a]^r]^afte  Sl^ätigTeiten  il^nen  im  gleid^en  ©rabe 
entgegentt)trtten  burc!^  bie  Sutädjlogung  ber  Elemente,  beren  Sirfung 
ber  ®runb  ber  Unburd^bringlid^teit  ift.  ^ter  ift  Sftul^e,  ni(i^t  tt)eil  Sen)eg« 
i  Irafte  ffl^Ieni  fonbern  totW  fte  einanber  entgegen  ivirlen.  @ben  fo  rul^en 
bie  (Setttd^te  an  beiben  äBagearmen,  toenn  fie  nad^  ben  ©efe^en  bed  ®Ieid^« 
geioid^tS  am  i^ebel  ang^rac^t  ftnb.  ^an  lann  biefen  Segriff  meit  über 
bie  ©renken  ber  materialen  SBelt  auSbel^nen.  &6  ift  eben  nid^t  ndtl^ig, 
ba|,  n)enn  U)ir  glauben  in  einer  g&ngli^en  Untl^dtigfeit  beiS  ©eifieS  gu 

10  fein,  bie  @nmme  ber  Sftealgrfinbe  bed  S)enlen8  unb  Segel^rend  Keiner  fei 
als  in  bem  Sufianbe,  ba  fid^  einige  ®rabe  biefer  SBirffamleit  bem  Se« 
wu|tfein  offenbaren.  €aget  bem  gele{)rteften  SJfanne  in  ben  Sugenblidten, 
ba  er  mu^ig  unb  rul^ig  ift,  bag  er  etoad  erjdi^Ien  unb  oon  feiner  @inftd§t 
foK  pren  laffen!   6r  meig  nic^tö,  nnb  il^r  finbet  il^n  in  biefem  Suflanbe 

15  leer,  o^ne  beftimmte  Srmägungen  ober  SBeurt^eilungen.  ®tht  i^m  nur 
SXnlag  burd^  eine  $rage,  ober  burd^  eure  eigene  UrtJ^eile!  Seine  SBiffen« 
fc^aft  offenbart  ftd^  in  einer  Sfleil^e  Don  Sil^atigfeiten,  bie  eine  fold^e  SRic^« 
tung  l^aben,  ba^  fie  il^m  unb  eud^  ba9  Semugtfein  biefer  feiner  @inftd^t 
möglid^  mad^en.  Dl^ne  ä\oe\\ü  n)aren  bie  älealgrünbe  bagu  lange  in  i^m 

90  anzutreffen,  aber  ba  bie  $oIge  in  Slnfel^ung  beS  Semugtfeind  B^^o  ^^^r 
fo  mußten  fie  einanber  in  fo  fern  entgegen  gefegt  gemefen  fein.  @o  liegt 
berjjenige  ©onner,  ben  bie  Äunft  gum  SBerberben  erfanb,  in  bem  S^wg** 
l^aufe  eines  durften  aufbel^alten  gu  einem  Ifinftigen  j^riege,  in  brol^enber 
@tine,  bi£,  menn  ein  Derrätl^erifd^er  Sunber  il^n  berül^rt,  er  im  Sli^e  auf« 

25  f&]|rt  unb  um  ftc^  l^er  alles  oermüftet.  3)ie  @pannfebern,  bie  unauf^ör« 
lic^  bereit  maren  aufgufpringen,  lagen  in  il^m  burd^  m&c^tige  Sngie^ung 
gebunben  unb  etn)arteten  ben  Steig  eines  ^euerfuntenS,  um  ftd^  gu  be» 
freien.  @S  ftedEt  etmaS  ®roM  unb,  »ie  mxöi  bfinlt,  fe^r  SRid^tigeS  in  bem 
©ebanlen  bcS  ^errn  Don  Seibnig:  3)ie  Seele  befaßt  baS  gange  Unioer^^ 

ao  fum  mit  il^rer  SBorfteÜungStraft,  obgleid^  nur  ein  unenblid^  Heiner  S^eil 
biefer  SJorftettungcn  flar  ifi.  3n  ber  Jl^at  muffen  aHe  Slrten  oon  Segriffen 
nur  auf  ber  innern  Sl^ätigleit  unferS  ©eifteS,  als  auf  i^rem  ®runbe,  be:' 
rul^en.  Stufeere  3)inge  Wnnen  tool^l  bie  Sebingung  entl^alten,  unter  toel« 
c^er  fte  ftd^  auf  eine  ober  anbere  9(rt  ^er^ortl^un,  aber  nid^t  bie  j^raft  fie 

35  loirflic^  l^eroorgubringen.  SDie  S)enIungSfraft  ber  @eele  mug  SRealgrunbe 
gu  il^nen  aUen  enthalten,  fo  Diel  il^rer  natürlicher  äBeife  in  ibr  entfpringen 
follen,  unb  bie  @rfd^einungen  ber  entftel^enben  unb  Dergel^enben  Ji^ennt^^ 


200  ^erfud^,  ben  SBegriff  ber  negativen  &xb^tn  in  bie  SßeUtoeidl^eit  einaufül^mt. 

ntffe  ftnb  aUem  Slnfe^en  nad^  nur  ber  (Sinftimmung  ober  @ntgegenfe^ung 
aller  biefer  Sl^fitigteit  beijumeffen.  SRan  tattn  biefe  Urtl^eile  aliS  Srl&ute» 
rungen  bed  erften  @a^e8  ber  vorigen  !fhimmer  anfeilen. 

3n  tnoralifd^en  fingen  ijt  hai  Qtxo  gleic^faDs  nid(|t  immer  oIiS  eine 
SSerneinung  bed  SßangelS  gu  betrachten  unb  eine  |)o{ttiDe  ^olge  Don  mel^r    & 
®roge  nic^t  ieberjeit  ein  SetoeiS  oon  einer  größeren  ST^&tigfeit,  bie  in  ber 
SHid^tung  auf  biefe  $oIge  angettanbt  »orben.  ®ebet  einem  ÜRenfd^en  jel^n 
®rabe  üieibenf d^aft,  bie  in'  einem  geioiffen  ^aQe  ben  Siegeln  ber  $fli(!^t 
tt)iberfireitet,  g.  @.  ©elbgeig!   Saffet  il^n  gttölf  ®rabe  Seftrebung  nac^ 
®rttnbf&|en  ber  9l&c6fienliebe  ann)enben;  bie  f^olge  ifi  Don  gmei  ®raben,  lo 
fo  Diel  als  er  tDol)Itl^ätig  unb  l^ülfreid^  fein  n)irb.  ©ebentet  eud^  einen  an« 
bern  Don  brei  ®raben  ®elbbegierbe  unb  Don  fteben  ®raben  SSermbgen 
nad&  ®runbffi^en  ber  SSerbinblic^teit  gu  l^anbeln !   ^ie  ^anblung  mirb 
Dier  ©rabe  grog  fein,  ald  fo  Diel  nad^  bem  @treite  feiner  Segierbe  er  einem 
anbern  3Renfd^eu  nfl^lid^  fein  mirb.  @d  ift  aber  unftreitig:  bag,  in  fo  fern  » 
bie  gebac^te  Seibenf(!^aft  aliS  natfirlid^  unb  unmtlltärlid^  lann  angefel^en 
merben,  ber  moralifd^e  äBertl^  ber  ^anblung  bed  erfteren  größer  fei  atö 
be^  gleiten,  obgmar,  menn  man  fte  burd^  bie  lebenbige  j^raft  fd(|ä^en 
monte,  bie  f$olge  in  bem  le^teren  f^aU  iene  äbertrifft.  Um  be8  koiDen  ift 
ed  SRenfd^en  unmöglich  ben  ®rab  ber  tugenb^aften  ©efinnung  anberer  90 
aus  il^ren  ^anblungen  fidler  gu  fd^liegen,  unb  eS  l^at  aud^  berienige  bad 
Sudeten  ftc^  allein  Dorbel^alten,  ber  in  bad  ^nnerfte  ber  bergen  fielet. 

4.  SBenn  man  eS  koagen  miK  biefe  Segriffe  auf  baS  fo  gebrechliche 
Srienntnig  angumenben,  koeld^eS  ÜRenfd^en  Don  ber  unenblid^en  ©ottl^eit 
l^aben  f5nnen,  koeld^e  Sd^mierigteiten  umgeben  alsbann  nid^t  unfere  2» 
äufeerfte  Seftrebungen?   3)a  mir  bie  ©runblage  gu  biefen  Segriffen  nur 
Don  uniS  felbfi  l^ernel^men  tonnen,  fo  ift  e8  in  ben  me^rften  f^äUen  bunlel, 
ob  mir  biefe  3>bee  eigentlid^  ober  nur  Dermittelft  einiger  Analogie  auf  bie» 
fen  unbegreiflichen  ©egenftanb  übertragen  foDen.    @imonibe8  ift  noc^ 
immer  ein  Sßeifer,  ber  nac^  Dielfältiger  S^S^^^ng  unb  Sluffd^ub  feinem  so 
$flrften  bie  Sntmort  gab:  ^e  me^r  id^  aber  ®ott  nad^ftnne,  befto  meniger 
Dermag  ic^  il^n  eingufel^en.    @o  lautet  nic^t  bie  @prad^e  bed  geleierten 
^öbeld.   @r  mei^  nid^td,  er  Derftel^t  nid^td,  aber  er  rebet  Don  allem,  unb 
maö  er  rebet,  barauf  pod^t  er.  3n  bem  ^öd^ften  SBefen  fönnen  feine  ®rünbe 
ber  ^Beraubung  ober  einer  Stealentgegenfe^ung  ftatt  finben.   S)enn  meil  S5 
in  il)m  unb  burd^  il^n  alles  gegeben  ift,  fo  ift  burd^  ben  SlUbeft^  ber  93e« 
ftimmungen  in  feinem  eigenen  JDafein  leine  innere  Sluf^ebung  möglid^. 


3.  «bfi^nitt.  201 

Um  beSttrtOen  ifi  baS  ®efa^I  ber  Unluft  fein  ^räbicat,  »elc^eiS  ber  ©ott^^ 
l^eit  ge)temenb  ifl  S)tx  9Renf(^  ^at  niemaüS  eine  Segierbe  gu  einem  ®e« 
genfianbe,  ol^ne  bai  ©egent^eil  |)ofttit)  gu  oeTQbfd^euen,  b.  i.  nic^t  attein 
fo,  bag  bie  Segiel^ung  feines  SSiUend  bad  contrabictorifc^e  ©egentl^eil  ber 

ö  Segierbe,  fonbern  i^r  Stealentgegengefe^ted  (Xbfc^eu),  ndmli(^  eine  $oIge 
Qud  t)o{ttit)er  Unlufi,  ifi.  Sei  {eber  Segierbe,  bie  ein  treuer  t^ru^rer  l^at 
feinen  ©c^filer  »o^l  gu  gießen,  ifi  ein  jeber  Srfolg,  ber  feinem  SBege^ren 
nic^t  gemdg  ift,  il^m  pojitio  entgegen  unb  ein  ®runb  ber  Unluft.  S)ie 
Serl^&itniffe  ber  ®egenflänbe  auf  ben  göttlichen  SSiQen  finb  Don  gang 

10  anberer  Srt.  Sigentlid^  ifi  fein  fiugered  S)ing  ein  ©runb  tteber  ber  Sufi 
no^  Unlufi  in  bemfelben;  benn  er  l^dngt  ni^t  im  minbeften  oon  tixoai 
anberm  ab,  unb  eS  tto^nt  bem  burc!^  ftc^  felbfi  Seligen  nid)t  biefe  reine 
Sufi  bei,  meil  iai  ®ute  auger  il^m  e^rifiirt,  fonbern  eS  e^rifiirt  biefeiS  ®ute 
barum,  tteil  bie  ettige  SBorfteQung  feiner  99{ögUd)feit  unb  bie  bamit  t)er< 

15  bunbene  Suft  ein  .©runb  ber  oollgogenen  Segierbe  ifi.  SBenn  man  bie 
concrete  Sorftettung  Don  ber  Statur  beS  Sege^renS  aUeS  Srfd^affenen  ^ie« 
mit  Dergleid^t,  fo  koirb  man  geval^r,  bag  ber  SSiQe  beiS  Unerfd^affenen 
koenig  ^^nli^eS  bamit  ^aben  (bnne;  koelc^ed  benn  aud^  in  Snfe^ung  ber 
übrigen  SBefiimmungen  bemienigen  nid^t  unermartet  fein  mirb,  nelc^er 

30  biefeS  mol^l  fagt,  bag  ber  Unterfd^ieb  in  ber  Qualitdt  unermeßlich  fein 
mfiffe,  ttenn  man  S)inge  oergleic^t,  beren  bie  einen  fftr  ftd^  felbft  Slit^td 
finb,  hai  anbre  aber  bai^jenige,  burd^  melc^eS  aQein  Mt8  ift. 


allgemeine  Slnmerfung. 

S)a  bifr  grünblic^en  $l^iIofot)]^en,  koie  fie  ftc^  felbfi  nennen,  tdglic^ 
35  me^r  koerben,  inbem  fte  fo  tief  in  aUe  @a^en  einfd^auen,  bag  it)nen 
auc^  nid^td  verborgen  bleibt,  maS  fie  nid^t  ertidren  unb  begreifen  tonnten, 
fo  fel^e  id^  fc^on  t)oraud,  baß  ber  Segriff  ber  Sftealentgegenfe^ung,  neld^er 
im  Slnfange  biefer  Slb^anblung  t>on  mir  gum  ®runbe  gelegt  loorben,  i^nen 
fe^r  feiert  unb  ber  Segriff  ber  negatioen  ®rbgen,  ber  barauf  gebauet 
30  koorben,  nic^t  grfinblic^  genug  t)orfommen  merbe.  3c^,  ber  id^  auS  ber 
@(^koäd^e  meiner  Sinfic^t  fein  ®e^eimniß  mad^e,  nad^  nelc^er  id)  ge^ 
meiniglidb  ba^^tenige  am  koenigftcn  begreife,  mad  atte  9Renf<^en  leidet  gu 
k)erfte^en  glauben,  fc^meidble  mir  burc^  mein  Unoermögen  ein  Stecht  gu 
bem  Seiftanbe  biefer  großen  ®eifler  gu  ^aben,  baß  il^re  l^ol^e  äßeid^eit 


202  8erfud^,  ben  9egrf ff  ta  nr gattoen  ®rd|ai  in  bte  Seitioet^tt  etn^ffi^ien. 

bie  Sfidc  auffüllen  möge,  bie  meine  mangelhafte  einfielt  l^at  übrig  laffen 
muffen. 

3c^  t)erfte]^e  fel^r  too^I,  toie  eine  f^olge  burd^  einen  ©runb  na^  ber 
Siegel  ber  S^^ntität  gefegt  »erbe,  barum  meil  fte  burd^  bie  Berglteberung 
ber  Segriffe  in  i^m  enthalten  befunben  n)irb.  @o  ift  bie  ülotl^menbigleit  s 
ein  ®runb  ber  Unoerdnberli^teit,  bie  Bufammenfe^ung  ein  ®runb  ber 
S^eilbarf eit ,  bie  Unenblic^feit  ein  ®runb  ber  Sinmiffen^eit  k.  ic,  unb 
biefe  SSerfnfipfung  bed  ©runbeS  mit  ber  Solgc  t^nn  id^  beutlid^  einfe^en, 
meil  bie  Solge  »irflic^  einerlei  ifi  mit  einem  2:^eilbegriffe  bed  ©runbeS 
unb,  inbem  fte  fc^on  in  i^m  befaßt  »irb,  bur(^  benfelben  nac^  ber  Siegel  lo 
ber  @infiimmung  gefegt  »irb.  äSie  aber  etvad  aud  etmaS  anberm,  aber 
nic^t  nad^  ber  Siegel  ber  Sbentität  fliege,  ba^  ift  etmaS,  meld^eS  id^  mir 
gerne  möd^te  beutlid(|  machen  laffen.  ^d)  nenne  bie  erftere  Slrt  eined 
®runbeS  ben  logifc^en  ®runb,  toeil  feine  Sej^iel^ung  auf  bie  Solge  logifd^, 
nämlic^  beutlid^  nac^  ber  Siegel  ber  3bentit&t,  Tann  eingefe^en  merben,  15 
ben  ©runb  aber  ber  jmeiteu  Slrt  nenne  id^  ben  Stealgrunb,  tteil  biefe  Se- 
gie^ung  U)0^l  gu  meinen  magren  Segriffen  gehört,  aber  bie  Xrt  berfelben 
auf  feinerlei  Sßeife  lann  beurt^eilt  merben. 

9Bad  nun  biefen  Slealgrunb  unb  beffen  Segie^ung  auf  bie  f^olge  am 
langt,  fo  fteDt  ftc^  meine  ^rage  in  biefer  einfad^en  ©eftalt  bar:  mic  foll  so 
idb  es  Derftel^en,  ba^,  toetl  (Stma^  ift,  ettoad  anberd  fei?  (Sine  logifd^e 
f^olge  mirb  eigentli^  nur  barum  gefegt,  n)eil  fte  einerlei  ift  mit  bem 
©runbe.  3)er  SRenfi!^  Tann  fel^Ien;  ber  ®runb  biefer  t^c^lbarleit  liegt  in 
ber  ßnblic^Teit  feiner  9latur,  benn  menn  i(^  ben  Segriff  eines  enblid^en 
©eifleS  auflöfe,  fo  fc^e  id^,  bafe  bie  gel^lbarleit  in  bemfelben  liege,  baS  25 
ift,  einerlei  fei  mit  bemieuigcn,  toaS  in  bem  Segriffe  eine»  ®eifteg  ent* 
Italien  ift.   ^Qein  ber  SSiQe  ®otteS  ent^&lt  ben  Slealgrunb  Dom  3)afein 
ber  38elt.  2)er  göttliche  SßiOe  ift  etroaS.  S)ie  e^iftirenbe  Sßelt  ift  etmaS 
gang  anberes.   2»nbeffen  burd(|  baS  einen)irb  baS  anbre  gefegt.   3)er 
Buftanb,  in  n)eld(|em  id^  ben  Flamen  @  tag  tri  t  t)ore,  ift  ettoaS,  baburd^  so 
iDirb  etn)aS  anberS,  ndmlid)  mein  ©ebauTe  Don  einem  ^^Uofopl^,  gefegt 
6in  Äörper  A  ift  in  Setoegung,  ein  anbcrer  B  in  ber  geraben  Sinie  ber«» 
felben  in  Slul^e.  S)ie  Semegung  Don  A  ift  etmaS,  bie  Don  B  ift  etmaS  an^ 
berS,  unb  bo(^  mirb  burd^  bie  eine  bie  anbre  gefegt.   2i^r  möget  nun  ben 
Segriff  Dom  göttlid^en  äBoIlen  gergliebern,  fo  Diel  eud^  beliebt,  fo  iDerbet  95 
it)r  niemals  eine  e;ciftirenbe  SBelt  barin  antreffen,  a(S  aenn  fte  barin  ent« 
galten  unb  um  ber  ^i^^ntität  D}illen  baburc^  gefegt  fei,  unb  fo  in  ben 


8.  «bfd^nitt.  203 

fibrigen  ^AD^n.  3(^  Iaf[e  mid^  aud^  bur^  bie  9B5rtev  Urfad^e  unb  äSir« 
Tung,  J^aft  unb  ^anblung  niii^t  abjpetfen.  S>enn  tuenn  id^  ettoaS  fc^on 
ald  eine  Urfad^e  toooon  anfeile,  ober  i^r  ben  Segriff  einer  kraft  beilege, 
fo  I^Qbe  i(^  in  il^r  fd^on  bie  93ejie]^ung  beS  SiealgrunbeS  in  ber  So(ge  ge« 

5  bac^t,  unb  bann  i[t  e£  leidet  bie  ^Option  ber  f^olge  na<^  ber  Siegel  ber 
3bentitdt  ein^ufel^en.  ß.  3.  S)ur(^  ben  aOrndd^tigen  SBiOen  ®otted  fann 
:mQn  ganj  beutlic^i  baS  S>afein  ber  Sßelt  t)er[te^en.  Slllein  l^ier  bebeutet 
bie  SRadbt  ba^ienige  &roa&  in  ®ott,  moburd^  anbre  S)inge  gefegt  merben. 
S>iefe«  Sort  aber  begeic^net  f(^on  bie  Segie^ung  eined  SiealgrunbeS  auf 

10  bie  9olge,  bie  i(^  mir  gerne  möchte  erll&ren  laffen.  ©elegentUc^  merfe  iii 
nur  an,  ba^  bie  ßintl^eilung  beS  $errn  6ruf  iud  in  ben  3>beal«  unb  fRtaU 
grunb  Don  ber  meinigen  gdnglic^  unterfc^ieben  fei.  S)enn  fein  3bealgrunb 
ift  einerlei  mit  bem  (Srfenntniggrunbe,  unb  ba  ift  leicht  einjufel^en,  bag, 
menn  i(^  ttxoai  fc^on  ald  einen  ®runb  anfe^e,  id^  barauS  bie  f^olge 

15  fd(|Iiegen  fann.  S)a^er  nac^  feinen  @ä^en  ber  Xbenbioinb  ein  Siealgrunb 
oon  SftegenkoolTen  ift  unb  gugleid^  ein  Sbealgrunb,  meil  id^  fte  barauS  er« 
lennen  unb  ooraud  oermutl^en  Tann.  Siac^  unfern  ^Begriffen  aber  ift  ber 
Siealgrunb  niemals  ein  logifd^er  ®runb,  unb  burdi)  ben  äBinb  mirb  ber 
Siegen  nic^t  gu  folge  ber  Siegel  ber  ^bentitdt  gefegt.   3)ie  oon  und  oben 

30  oorgetragene  Unterfc^eibung  ber  logifdb^n  unb  realen  @ntgegenfe^ung  ift 
ber  |e^t  gebac^ten  oom  logifc^en  unb  SRealgrunbe  parattel. 

^ie  erftere  fe^e  id^  beutlid^  ein  oermittelft  bed  Sa^eS  oom  SBiber« 
ft)ru^e,  unb  ic^  begreife,  mie,  aenn  id)  bie  Unenblii^Teit  ©otteS  fe^e,  ba« 
buriJb  baS  $r&bicat  ber  ©terblic^Teit  aufgehoben  mirb,  meil  es  ndmlid^ 

95  iener  miberfpric^t.  Sinein  mie  burdb  bie  Semegung  eined  Xbxptxi  bie  Se« 
megung  eines  anbern  aufgehoben  merbe,  ba  biefe  mit  j[ener  bo<^  nic^t  im 
Sßiberft)rud^e  fielet,  baS  ift  eine  anbere  i^rage.  Sßenn  id^  bie  Unburc^« 
bringlid^feit  oorauSfe^e,  mel(!^e  mit  einer  {eben  j^raft,  bie  in  ben  Siaum, 
ben  ein  kbxptx  einnimmt,  eingubringen  trachtet,  in  realer  (Sntgegeufe^ung 

30  ftel^t,  fo  lann  i(^  bie  9(uft)ebung  ber  Semegungen  fc^on  oerfte^en;  als« 
bann  ^abe  ic^  aber  eine  Siealentgegenfe^ung  auf  eine  anbere  gebracht. 
SRan  oerfud^e  nun,  ob  man  bie  Siealentgegenfe^ung  überl^aupt  erfldren 
unb  beutlic^  lonne  gu  erfennen  geben,  miebarum,  meiletmaSift,  et« 
maS  anberS  aufgehoben  merbe,  unb  ob  man  etmaS  mel^r  fagen  Tonne, 

»  als  maS  id^  baoon  fagte,  ndmlic^  lebiglid^  Da^  eS  nic^t  burc^  ben  €a^ 
beS  SSiberfpruc^S  gefd^el^e.  ^c^  ^abe  über  bie  9latur  unfere^S  SrTenntniffeS 
in  Slnfe^ung  unferer  ttrtl^eile  oon  ©rünben  unb  folgen  nac^gebad^t,  unb 


204  Serfuc^,  ben  begriff  ber  negativen  Ordnen  in  bie  SSelttoetöleit  einaufü^n. 

id^  merbe  bad  Slefultat  biefer  Setrad^tungen  bereinfl  audfäl^rlid^  borlegen. 
Sud  bemfelben  ftnbet  ftd^,  bo^  bie  Sejie^ung  eines  StealgrunbeS  auf  et« 
toaS,  baS  baburd^  gefegt  ober  aufgel^oben  \»xxb,  gar  nid^t  burd^  ein  Urt^eil, 
fonbern  blöd  burd^  einen  Segriff  f5nne  audgebrüdt  merben,  ben  man  lool^l 
bwxti  8lufl5fung  ju  einfad^eren  93egnffen  Don  Stealgrünben  bringen  tann,  5 
fo  bod^,  bag  gule^t  aQe  unfre  @rfenntniffe  t)on  biefer  Segte^ung  fi^  in 
einfad^en  unb  unauflöSlid^en  93egriffen  ber  Slealgrünbe  enbigen,  beren 
SSerl^dltnig  }ur  f^olge  gar  ntdbt  Tann  beutlid^  gemadbt  toerben.  93i8  bal^in 
koerben  bieienige,  beren  angemaßte  @in{td^t  feine  6(^ranfen  lennt,  bie 
9Ret]^oben  i^rer  ^^ilofopl^ie  Derfu(^en,  bis  loie  koeit  fte  in  bergleid^en  10 
grage  gelangen  lönnen. 


eofac^tungen 


über 


baö  ^efu^f 


be« 


Motten  uttb  ^i^aßcttctt. 


9on 


M,  3vmamti  f  aitf. 


(Srfter  SW^fftnitt 

SSon  ben  utiterfci^iebenen  (Segenftänben  beS  ©efü^tS  Dom 

(Srl^abenen  unb  @d^önen* 

S)ie  Derfd^iebene  @m))finbungen  beS  SSergnfigend  ober  beS  SSerbruffcS 

&  berul^en  nid^t  fo  fel^r  auf  ber  Sefd)a{fen^eit  ber  äugeren  S)inge,  bie  fie  er« 
regen,  ali  auf  bem  iebem  SRenfd^en  eigenen  ©efü^Ie  babur^  mit  Suft  ober 
Unlu^  gerührt  )u  »erben.  S)a]^er  fommen  bie  f^reuben  einiger  SRenfd^en, 
iDoran  anbre  einen  (SM  ^aben,  bie  oerliebte  Seibenfd^aft,  bie  ifterS  jeber* 
mann  ein  ätätl^fel  i{t,  ober  auc^  ber  lebl^afte  SSibertoine,  ben  ber  eine 

10  iDoran  emt)finbet,  mad  bem  anbern  DoIIig  glei(!^gfiltig  ifi.  S)a^  %Ai  ber 
Seobad^tungen  biefer  SBefonberl^eiten  ber  menfd^Iid^en  Statur  erfiredt  ft^ 
fel^r  toeit  unb  verbirgt  annoc^  einen  reid^en  SSorrat!^  ju  Sntbedungen,  bie 
eben  fo  anmut^ig  als  lel^neid^  {tnb.  ^  loerfe  fär  ie^t  meinen  Slid  nur 
auf  einige  Stellen,  bie  {t(^  in  biefem  Segirle  befonberä  auSgunel^men 

15  f (feinen,  unb  aud^  auf  biefe  mel^r  baä  Sluge  eines  93eoba(^terS  aI8  bed 
^^ilofopl^en. 

Seil  ein  SRenfd^  ftdg  nur  in  fo  fern  glücflid^  finbet,  ald  er  eine  9lei» 
gung  befriebigt,  fo  ifl  baS  ©effi^l,  toeld^eS  i^n  ffi^ig  mad^t  groge  93er« 
gnägen  gu  genießen,  o^ne  bagu  auSne^menbe  2;alente  )u  bebürfen,  gemi^ 

so  nic^t  eine  itleinigfeit.  SSo^lbeleibte  ^erfonen,  beren  geiftreid^fter  Slutor 
ibr  J(od^  ifl  unb  beren  SBerfe  Don  feinem  ®ef(bmad(  fi(b  in  i^rem  J^eUer 
befinben,  »erben  bei  gemeinen  Boten  unb  einem  plumpen  @d^erg  in  eben 
fo  lebhafte  f^eube  geratben,  als  biej[enige  ifl,  toorauf  ^erfonen  oon  ebeler 
C^mpfinbung  fo  flolg  tbun.   (Sin  bequemer  SRann,  ber  bie  SSorlefung  ber 


208        ^eoba^Umqtn  über  bad  (Beffi^I  bed  Gd^dnen  uttb  (Sr^abenen. 

93fi(l^er  liebt,  tteil  ed  f{^  fe^r  too^I  babei  einfd^Iafen  Idgt,  ber  j^aufmann, 
bem  aUe  Sergnflgen  I&ppif^  fc^einen,  baSfenige  auiSgenommen,  \»ai  ein 
Huger  SRann  geniest,  »enn  er  feinen  ^anblungSDortl^eil  überfc^I&gt,  ber* 
jenige,  ber  bad  anbre  ©efd^Ied^t  nur  in  fo  fern  liebt,  als  er  eS  gn  ben  ge« 
niegbaren  @Q^en  gd^It,  ber  Siebl^aber  ber  Sagb,  er  mag  nun  t^Iiegen  o 
tagen  »ie  S>omittan  ober  »übe  £l^iere  tt)ie  9  . .,  aUe  biefe  ^aben  ein  ®e» 
fäl^I,  meld^ed  fte  f&^ig  ma^t  Vergnügen  nad^  il^rer  Srt  )u  genießen,  ol^ne 
ba^  fte  anbere  beneiben  bfirfen  ober  aud^  t)on  anbern  ftd^  einen  Segriff 
ma^en  f5nnen;  attein  id^  menbe  für  ie^t  barauf  (eine  Sufmertfamfeit. 
(Sa  giebt  nod^  ein  ©efäl^I  Don  feinerer  ^rt,  ttel^eS  enttoeber  barum  fo  la 
genannt  toirb,  »eil  man  tS  Idnger  ol^ne  ©dttigung  unb  (Srfd^öpfung  ge» 
niesen  (ann,  ober  meil  e8  fo  gu  fagen  eine  Sleijbarleit  ber  @eele  oorauS« 
fe^t,  bie  biefe  iugleic^  gu  tugenbl^aften  ^Regungen  gefd^idt  mad^t,  ober  meil 
ed  Talente  unb  äSerftanbeSoorguge  angeigt,  ba  im  (Segentl^eil  jene  bei 
))öDiger  ®ebanfenIoftgfeit  ftatt  finben  fönnen.  S)iefe«  ©efäl^I  iß  e«,  mo«  15 
üon  id^  eine  @eite  betrad^ten  toill.  S)od^  fd^Iie^e  id^  l^ieoon  bie  Steigung 
aud,  meiere  auf  l^ol^e  S3erflanbe8«6infid^ten  geheftet  iß,  unb  ben  Sfteig, 
beffen  ein  Jtepler  fdl^ig  mar,  menn  er,  mie  Sa^le  berid^tet,  eine  feiner 
(Smpfinbungen  nid^t  um  ein  Sflrftentl^um  märbe  oerTauft  l^aben.  S)iefe 
@mpftnbung  ift  gar  gu  fein,  atö  bag  fte  in  gegentodrtigen  ßntmurf  ge«  90 
Igoren  follte,  toeld^er  nur  baS  ftnnlic^e  ®efü^I  berühren  mirb,  beffen  aud^ 
gemeinere  @eelen  fdl^ig  finb. 

S)ai  feinere  ®efu]^I,  toaS  toir  nun  eriodgen  moDen,  iß  Domel^m« 
lid^  gmiefad^er  Srt:  baS  ©effil^I  be8  ^l^oBenen  unb  beS  @^dneit*  3)ie 
9üü^rung  üon  beiben  ift  angenel^m,  aber  auf  fel^r  oerfd^iebene  SSeife.  S)er  2s 
9(nblid  eines  ©ebirged,  beffen  befd^neite  ©ipfel  ftd^  über  SSoIfen  er^ben, 
bie  äSefd^reibung  eined  rafenben  @turmd,  ober  bie  Sd^ilberung  beS  })bUU 
fd^en  Sleid^S  ))on  SRilton  erregen  SSo^Igefatten,  aber  mit  ® raufen;  ba« 
gegen  bie  SuSftc^t  auf  blumenreidbe  SBiefen,  Sudler  mit  f^Idngelnben 
93dd^en,  bebedt  t)on  toeibenben  beerben,  bie  Sefd^reibung  bed  ßl^ftum,  30 
ober  Römers  Sd^ilberung  oon  bem  Gürtel  ber  äSenuS  Deranlaffen  auc^ 
eine  angenel^me  (Smpfinbung,  bie  aber  frö^lic^  unb  Idc^lenb  ift   3)amit 
iener  (Sinbrud  auf  unS  in  gel^öriger  @tdrfe  gefdiel^en  (5nne,  fo  muffen 
toir  ein  ©eful^I  beS  (Srl^abenen  unb,  um  bie  le^tere  re(^t  gu  genießen, 
ein  ©efü^l  für  baS  @(^bne  l^aben.  ^ol^e  Si^en  unb  einfame  Schatten  ss 
im  l^eiligen  $aine  |tnb  erl^aben,  93lumenbetten,  niebrige  ^eden  unb  in 
Figuren  gefd^nittene  Sdume  ftnb  fc^ön.  S)ie  9lad^t  ift  ergaben,  ber  Sag 


1.  «bfc^nltt.  209 

ifl  fd^on.  ©emüt^Sarten,  bie  ein  ©efül^I  für  bai  Srl^abene  befi^en,  toer« 
ben  burd^  bie  rul^ige  @tiDe  eines  @ommerabenbe8,  toenn  baS  gitternbe 
£i(^t  ber  Sterne  burd^  bie  braune  ©d^atten  ber  Stad^t  l^inburd^  brid^t  unb 
ber  einfame  SRonb  im  ©eftc^tslreife  fielet,  aQmä^Iig  in  l^o^e  @mt)ftnbun< 

5  gen  gejogen,  Don  ^reunbfd^aft,  Don  SSerad^tung  ber  SSelt,  oon  (Smigleit. 
3)er  gl&njenbe  Za^  pgt  gefc^&ftigen  6ifer  unb  ein  ©eful^I  üon  Suftigleit 
ein.  3)qS  Srl^abene  rul^rt,  baS  Schone  reist.  S>ie  SRiene  beS  SRenfd^en, 
ber  im  üoUen  ©eful^I  beS  erhabnen  ftc^  befinbet,  ifi  ernjt^aft,  bi«meilen 
ftarr  unb  erftaunt.   3)agegen  fünbigt  fid^  bie  lebl^afte  6m|)finbung  beS 

10  @(^önen  burd^  gldngenbe  ^eiterfeit  in  ben  Slugen,  burc^  Süfi^  beS  gä^IenS 
unb  oft  burc^  laute  SuftigTeit  an.  S)a8  (Srl^abene  ift  mieberum  üerfd^iebe« 
ner  Srt.  S)ai  ®effi^l  bejfelben  ift  biätoeilen  mit  einigem  ®raufen  ober 
au(^  Sc^mermutl^,  in  einigen  f^&Den  bloS  mit  rul^iger  Semunberung  unb 
in  nod)  anbem  mit  einer  über  einen  erl^abenen  $Ian  verbreiteten  @(^&n^ 

15  l^eit  begleitet.  3)aS  erftere  ttiU  id^  baS  @c!^retf^aft«(gt]^aiene,  bad 
gmeite  ba^S  (Sble  unb  baä  britte  baS  ^rdd^tige  nennen.  2;iefe  @infam« 
feit  ift  erl^aben,  aber  auf  eine  fc^redP^afte  Ülrt.*)   JDal^er  grofee,  locitge» 


*)  5^  mtH  nur  ein  Seifptel  Don  bem  eblen  ©raufen  geben,  tt)el(|ed  bie  Se- 
fd^reibung  einer  g&nalid^eu  d^injamfett  einfldgen  !ann,  unb  aiel^e  um  bedioiden  einige 

20  ©tellfn  aud(Saraaand  Siraunt  im  Srem.  üRogoatn,  93Qnb  IV,  @eite  539  aud.  2)ie- 
fer  !arge  9ieic^e  l^atte  m^  bem  Wla^e,  aU  feine  SReic^tPmer  junal^men,  fein  .^era 
bem  SRitleiben  unb  ber  Siebe  gegen  ieben  anbem  üerfc^loffen.  Snbeffeti,  fo  mie  bie 
SRenfc^enliebe  in  i^m  erfattete,  nal^m  bie  (2hnf!gleit  feiner  @ebeter  unb  ber  Sfieligiond' 
It^anblungen  3u.    9la4  biefem  (S^efi&nbniffe  fäl^rt  er  alfo  fort  3u  reben:  l(n  einem 

25  ^enbe,  ba  ic^  bei  meiner  Sampe  meine  SRec^nungen  gog  unb  ben  «i^nblungdoortl^eil 
fiberfi^Iug,  übeno&Itigte  mic^  ber  @(!^Iaf.  3n  biefem  Buftonbe  fa^  ic^  ben  (^ngel 
bed  Sobed  »ie  einen  SBirbelminb  über  mic^  lommen,  er  fd^Iug  m\^,  el^e  ic^  ben 
fc!^re(f(ic^en  @treic^  abbitten  lonnte.  34  erharrte,  aU  ic^  gema^r  »arb,  ba|  mein 
8ood  für  bie  (Sroigfeit  geworfen  fei,  unb  bog  gu  allem  (Stuten,  baiS  ic^  oerübt,  ni(|td 

30  fonnte  ^injuget^an  unb  t)on  allem  SBöfen,  ba^  i^  getrau,  nic^td  fonnte  ^inmegge« 
nommen  »erben.  3<^  voaxb  t)or  ben  2:^ron  beffen,  ber  in  bem  britten  ^immel  loo^nt, 
geführt.  S)er  ^ian^,  ber  oor  mir  flammte,  rebete  mic^  alfo  an:  ^ara^an,  bein 
(Bottedbienfi  ift  oerioorfen.  S)u  ^afl  bein  {)era  ber  9)>{enfc^enliebe  oerfc^Ioffen  unb 
beine  @(i^&^e  mit  einer  eifernen  ^anb  gel^alten.  2)u  l^afl  nur  für  bic^  felbjl  gelebt, 

35  unb  barum  follfl  bu  auc^  !ünftig  in  (Smigleit  allein  unb  oon  aller  ©emeinfc^aft 
mit  ber  ganzen  @d^5pfung  audgeftogen  leben.  3n  biefem  9ugenbli(fe  marb  ic^  burd^ 
eine  unfi(!^tbare  @etoalt  fortgeriffen  unb  burc^  ba^  gldn^enbe  ©ebfiube  ber@(|5pfung 
getrieben.  3<^  lie6  balb  unafi^tige  äßelten  hinter  mir.  Kid  ic^  mic^  bem  dugerfien 
Chtbe  ber  Statur  näherte,  merfte  \6),  bai  bie  ©dgatten  bed  gren^enlofen  Seeren  fic^ 


210        9eoBd<!^ttmden  Aber  ba«  (BeJßbC  M  ^5nen  itnb  W^aUntn, 

flredte  (Sxnibta,  ttie  bie  ungel^eure  SBüfie  6(!^amo  in  ber  Sartarei,  ieber« 
jeit  anlag  gegeben  l^aben  fflrd^terlic^e  Sd^atten,  J(oboIbe  unb  (Sefpenfter* 
lart^en  bal^in  gu  »erfe^en. 

S)ai  @T]^abene  mug  {ebeTgeit  grog,  bad  @(^5ne  lann  auc^  Hein  fein. 
S)a8  ßrl^abene  mug  einfdlttg,  baS  @(|bne  fann  gepult  unb  gegiert  fein.    5 
6ine  groge  ^ö^e  ifi  eben  fo  loo^I  erl^aben  a\i  eine  groge  Siefe;  aUein 
biefe  ifi  mit  ber  (Smp ftnbung  beS  @(^Qubem8  begleitet,  iene  mit  ber  Se« 
ttunberung;  bal^er  biefe  ßmpfinbung  fd^red^aft  erlauben  unb  fene  ebel 
fein  fann.  S>er  anblid  einer  dgijptifc^en  $qramiben  rü^rt,  mie  Raffel« 
quifl  berid^tet,  tteit  mel^r,  qU  man  f  (^  qu8  aQer  Sefc^reibung  eS  t)or»  10 
fieOen  fann,  aber  il^r  Sau  ifi  einfditig  unb  ebel.  S)ie  $eter«Iir(^e  in  fftom 
ifi  prdd^tig.  SSeil  auf  biefen  6ntn)urf,  ber  grog  unb  einfditig  ifi,  6(^ön» 
l^eit, ).  e.  ®oIb,  mofaifd^e  ürbeit  :c.  :c.  fo  Derbreitet  ifi,  bag  bie  (Smpfin^ 
bung  beS  ßr^abenen  bod^  am  meiften  l^inburd^  ttirft,  fo  l^eigt  ber  (Segen* 
ftanb  t)rdd&tig.   6in  Xrfenal  mug  ebel  unb  einfditig,  ein  9tefibengf(^Iog  u 
prdd^tig  unb  ein  Sufipalafi  f(^5n  unb  gegiert  fein. 

6ine  lange  S>auer  ifi  erl^aben.  3ft  fi^  ^on  »ergangener  S^üi  fo  ifi 
fie  ebel;  mirb  fie  in  einer  unabfel^Iid^en  Sufunft  üorauS  gefeiten,  fo  l^at 
fie  etmaS  Dom  ©d^redl^aften  an  ftd^.  (Sin  ®ebdube  au8  bem  entfemtefien 
Slltertl^um  ifi  el^rtofirbig.  ^allerS  Sefc^reibung  Don  ber  Ifinftigen  (StDig>  ao 
(eit  fibgt  ein  fanfteS  (Sraufen  unb  Don  ber  »ergangenen  fiarre  Setoun« 
berung  ein. 


in  bie  Siefe  Dor  mi^  betabfenften.  (Sin  fürd^terlid^e«  ffttiä^  t>on  ettiger  ©tiUe,  (Sin- 
famfeit  unb  ginflernigl  Unaudfpred^Uc^eiS  (Braufen  fiberfiel  mi4  bei  biefem  $(nbU(f. 
34  verlor  allgema^  bie  legten  @teme  and  bem  Gefixte,  unb  enbli^  erlofd^  ber  95 
letzte  glimmembe  @(^ein  bed  Siebte  in  ber  öu^erften  Sin^emift.  S)ie  Sobedängfte 
ber  Sergweiflung  nabmen  mit  jebem  lugenblide  au,  fo  »ie  feber  SCugenbüd  meine 
(Entfernung  Don  ber  legten  bewobnten  Belt  Dennebrt&  34  bebaute  mit  unleibli^er 
^eraendangfl,  ha%  »enn  gel^ntaufenbntal  taufenb  S^bte  mi^  ienfeit  ben  (Brennen 
olleiS  drf^offenen  »flrben  »eiter  gebraut  l^aben,  i^  bo^  nocb  immerbin  in  ben  uner«  30 
meinten  9(bgrunb  ber  {f infiemig  DonoArtd  fcbauen  toflrbe  obne  ^filfe  ober  «Hoffnung 

einiger  9tfidffebr. 3n  biefer  Betäubung  firedEte  i^  meine  ^önbe  mit  fol^er 

.^eftigleit  na^  ®egenft&nben  ber  SBDirfli^feit  aud,  baft  i^  barflber  enoa^te.  Unb 
nun  bin  i^  belebrt  morben,  fDlenf^en  b^^dufc^dben;  benn  au(b  ber  (Beringfle  Don 
benienigen,  bie  i(b  im  @toIae  meinet  (BIfidCd  Don  meiner  ^üu  geu)iefen  b^tte,  »firbe  ss 
in  iener  erfd^rettlid^n  Ginbbe  Don  mir  allen  S^^ben  Don  ®oIconba  »eit  fein  Do^ 
gegogen  »orben. 


2.  Vb\^n\U.  211 


3tt)citer  mmitt 

ä^on  ben  ^tgenfci^Qften  beS  (Srl^abenen  unb  ©d^dnen  am 

9Renf(!^en  überl^aupt. 

S^erftanb  ifi  erl^aben,  9Bi^  ift  fc^on.  jeäl^nl^eit  tfi  erl^aben  unb  grog, 

5  £tfi  ifi  Hein,  aber  fd^ön.  2)ie  Sel^utfamreit,  fagte  Sromttell,  ift  eine 
Sfirgenneiftertugenb.  SSabr^aftigreit  unb  9leblt(bleit  ift  einfältig  unb. 
ebel,  @(beri  unb  gefäUige  @(bmei^elei  ift  fein  unb  fd^ön.  3lrtigteit  ift  bie 
ed^önbeit  ber  Sugenb.  Uneigennü^iger  S)ienftcifer  ift  ebel,  ©efcbliffen» 
beit  (^oliteffe)  unb  ^öfli^Ieit  finb  f(bön.  Srbabene  @tgenf(baften  flögen 

10  ^ocbacbtung,  fcböne  aber  Siebe  ein.  Seute,  beren  ©efäbl  ))ornebmlid^  auf 
bad  @(b5ne  gebt,  fuc^en  ibre  reblid^e,  beftfinbige  unb  ernflbafte  f^reunbe 
nur  in  ber  9totb  auf;  ben  fcber^baften,  artigen  unb  boflid)en  ©efettfcbafter 
aber  enodbl^n  fte  ft(b  gum  Umgange.  9Ran  fcbfi^t  mand^en  Diel  gu  bo(bf 
als  bag  man  ibn  lieben  fSnne.  @r  flögt  SSetounberung  ein,  aber  er  ift  )u 

15  xotit  fiber  und,  als  bag  mir  mit  ber  93ertraulid^feit  ber  Siebe  uns  ibm  gu 
nfib^tn  getrauen. 

S)ieienige,  »elcbe  beiberlei  ®efübl  in  ficb  vereinbaren,  »erben  finben: 
ba^  bie  9^fibrung  Don  bem  6rbabenen  mä(btiger  ift  »ie  bie  t)om  ©d^önen, 
nur  bag  fie  obne  Sbroecbfelung  ober  ^Begleitung  ber  le^teren  ermübet  unb 

30  nid^t  fo  lange  genoffen  »erben  fann.*)  3)ie  b^b^^  @mt)finbungen,  gu 
benen  bie  Unterrebung  in  einer  ©efeOfd^aft  oon  guter  3BabI  ficb  bismeilen 
erbebt,  muffen  ficb  bagmifd^en  in  beiteren  @d^erg  auflöfen,  unb  bie  la^enbe 
i^reuben  foüen  mit  ber  gerfibrten,  ernftbaften  ^iene  ben  fd^önen  Sontraft 
ma^en,  tt)el<ber  beibe  ürten  oon  Smpfinbung  ungegtoungen  abtted^ifeln 

35  I&gt.  Sreunbfd^aft  b^t  bau))tfdd^li(b  ben  ßug  beS  (Srbabenen,  ©e* 
fd^Ied^terliebe  aber  beS  @cb5nen  an  ficb-   S>ocb  geben  S&ttlid^feit  unb 

^  ^ie  Smpfhtbungen  bed  (ätfyahtntn  fpannen  bie  Jtr&fte  ber  ®eele  flöiJer  an 
unb  ermflben  ba^er  el^er.  9Ran  toirb  ein  ©d^&fergebic^t  länger  in  einer  $oIge  lefett 
lönnen  aU  SRiltond  DerloreneS  ^arabieS  unb  ben  be  la  amtiere  tönger  loie  ben 
30  i(oung.  SS  f(|eint  mir  fogar  ein  ^el^Ier  bed  Unteren  a{&  eineS  moratif^eu  2)ic^terd 
Sil  fein,  ba%  er  gar  gu  einförmig  im  erl^abenen  247ne  anl^&lt;  benn  bie  ©tfirfe  beS 
(iHnbrudPd  !ann  nur  burd^  Sbfte^ungen  mit  fanfteren  ©teilen  erneuert  merben.  S3et 
bem  @(|dnen  ermfibet  nic^td  me|r  aU  mül^fame  j^unfl,  bie  fi(|  babei  k)errdt]^.  S)ie 
Bemühung  gu  reigen  wirb  peinlid^  unb  mit  Qef(!^tt)erli(!^feit  empfunben. 

14* 


212        9eoBa(!^unoen  übet  bad  Sefül^I  bed  @(!^dnen  unb  Srl^abenen. 

tiefe  ^oc^ac^tung  ber  festeren  eine  gemiffe  SBfirbe  unb  ßr^abenl^eit,  ba» 
gegen  gaulel^after  @d^er)  unb  SBertrauIid^feit  baS  Kolorit  bcd  Sd^onen 
in  biefer  (Smpfinbung  erl^ö^en.  3)Qd2;rauerfpiel  mitetfd^eibet  fid^  mei» 
ner  SReinung  nad^  Dom  Suftfptele  t)orne]^mIi(i^  barin:  bai  in  bem  erfte« 
ren  baS  ©efäl^l  fürs  (Srl^abene,  im  gmeiten  für  bad  @(l^5ne  gerührt  & 
»irb.  3n  bem  erfteren  jeigen  |t(^  grofemüt^ige  Aufopferung  für  frembe« 
SBol^l,  fü^ne  (gntfd^loffen^eit  in  (Sefal^ren  unb  geprüfte  Sreue.  ©ic  Siebe 
ifl  bajelbfl  fd^toermüt^ig,  gärtlic^  unb  DoQ  ^od^ad^tung ;  bad  Unglüd  an« 
berer  beuegt  in  bem  93ufen  beS  ßufc^auerd  tl^eilnel^menbe  (Sutpfinbungen 
unb  Idfef  fein  grofemütl^ig  ^erj  für  frembe  5ftot^  Mopfen.  (Sr  toirb  fanft  lo 
gerül^rt  unb  ffi^lt  bie  SBürbe  feiner  eigenen  Statur,  ©agegen  jtellt  baS 
Suftfpiel  feine  fR&nU,  tounberlid^e  äSermirrungen  unb  SBi^ige,  bie  {tc^ 
l^erauiSjujiel^en  ttiffen,  9larren,  bie  ft(^  betrügen  laffen,  @pa|e  unb  lädier« 
lid^e  g^araftere  t)or.  S)ie  Siebe  ift  l^ier  nic^t  fo  grdmifd^,  jte  ift  luftig  unb 
üertraulid^.  S>od^  t5nnen  fo  xoxt  in  anbern  tSr&IIen,  alfo  aud^  in  biefen  baiS  15 
@ble  mit  bem  @d^5nen  in  gemiffem  ®rabe  vereinbart  »erben. 

@elbft  bie  Safter  unb  moralifd^e  ®ebred^en  fül^ren  öfters  gleic^mol^I 
einige  ßüge  beS  ßrl^abenen  ober  @d^önen  bei  ftd^;  menigfienS  fo  toie  fie 
unferem  ftnnlid^en  ®efü]^I  erfc^einen,  ol^ne  bur(b  SSernunft  geprüft  gu 
fein,  3)er  3orn  eine«  fjurd&tbaren  ift  erl^aben,  »ie  Sld^illeS'  ßorn  in  ber  20 
Sliabe.  Überl^aupt  ift  ber  ^elb  beS  Römers  fd^redlic^  erl^aben,  bed 
SBirgtU  feiner  bagegen  ebel.  Offenbare  breifte  Städte  nac^  großer  S3e« 
leibigung  l^at  ettoaS  ©rogeS  an  ftc^,  Unb  fo  unerlaubt  fte  aud^  fein  mag, 
fo  rül^rt  fte  in  ber  Srgdl^Iung  gleid^iool^l  mit  ©raufen  unb  SSol^lgefaDen. 
Uli  @d^ad^  9labir  )ur  9ta(^tgeit  Don  einigen  SSerfc^mornen  in  feinem  ßelte  25 
überfatten  marb,  fo  rief  er,  »ie  ^anma^  ergdp,  nad^bem  er  fd^on  einige 
Sßunben  betommen  unbftd^  DoQ  SSersmeifelung  loel^rte:  ßrbarmung! 
id^  toill  eud^  allen  vergeben.  Siner  unter  il^nen  anttoortete,  inbem  er 
ben  @&bel  in  bie  ^öl^e  l^ob:  S)u  l^aft  feine  ßrbarmung  beioiefen 
unb  oerbienftaud^  feine.  @ntfd^Ioffene  SSenvegenl^eit  an  einem  @d^el«  so 
men  ift  1^5d^ft  gef&l^rlid^,  aber  jte  rül^rt  bod^  in  ber  (Srg&^Iung,  unb  felbft 
menn  er  gu  einem  fd^dnblid^en  Sobe  gefc^leppt  toirb,  fo  verebelt  er  i^n 
nod^  getoiffermagen  baburc^,  bag  er  il^m  tro^ig  unb  mit  SBerad^tung  ent« 
gegen  gel^t.  SSon  ber  anbern  @eite  l^at  ein  liftig  auSgebad^ter  (Sntwurf, 
ttenn  er  gleid^  auf  ein  93ubenftüd(  ausgebt,  etuaS  an  jtd^,  mad  fein  ift  ss 
unb  beladet  mirb.  Sul^Ierif^e  9leigung  (Soquetterie)  im  feinen  SBerftanbe, 
ndmlid^  eine  ®efliffen^eit  eingunel^men  unb  gu  reijen,  an  einer  fonft  arti« 


2.  9l6f4nitt.  213 

gen  $erfon  ift  »telleid^t  tabel^aft,  aber  bod^  f(^5n  unb  mirb  gemeiniglid^ 
bem  el^rbaren,  ernftl^aften  Stnjlanbe  Dorgegogen. 

S>ie  ©eftalt  ber  $erfonen,  bie  burd^  il^r  äugered  Snfel^en  gefallen, 
fd^Idgt  balb  in  eine,  balb  in  bie  anbere  Slrt  be8  ©efü^tö  ein.  (Sine  groge 

5  Statur  emirbt  {tc^  älnfel^en  unb  Sl(^tung,  eine  fleine  mel^r  SBertrauIid^^ 
feit.  ®elb|l  bie  bräunlid^e  $arbe  unb  fd^marge  Sugen  f{nb  bem  iSxffobt^ 
nen,  blaue  Singen  unb  blonbe  f^arbe  bem  @(^5nen  ndl^er  DerlDanbt.  @in 
etn^aS  grögered  alter  vereinbart  fi(^  mel^r  mit  ben  Sigenfc^aften  beS  (Sr^ 
l^abenen,  ^ugenb  aber  mit  benen  bc8  Schönen.   @o  ift  ed  au(^  mit  bem 

10  Ünterfdbi^be  ber  @t&nbe  bemanbt,  unb  in  aßen  biefen  nur  ertedl^nten  Se^ 
jie^ungen  mäffen  fogar  bie  J^leibungen  auf  biefen  ttnterfc^ieb  bed  ®e< 
fu^ld  eintreffen,  ©roge,  anfe()nli(l^e  $erfonen  muffen  Sinfalt,  ^öd^fteniS 
$ra(^t  in  il^rer  j(leibung  beobad^ten,  Meine  fönnen  gepult  unb  gefd)mudCt 
fein.   S)em  9[(ter  geaiemen  bunflere  färben  unb  @inf5rmigfeit  im  Sin« 

15  juge,  bie  Sugenb  fc^immert  burc^  federe  unb  lebhaft  abflec^enbe  SiUU 
bungSftude.  Unter  ben  @tänben  mu^  bei  gteidb^in  93ermögen  unb  Stange 
ber  ®eiftli(!^e  bie  grögte  (Sinfalt,  ber  Staatsmann  bie  meifte  ^rac^t  gei^ 
gen.  3)er  Sicidbeo  fann  ftc^  au$t)u^en,  mie  ti  H)m  beliebt. 

Sluc^  in  dugerlid^en  ©IfidSumftdnben  ift  etmaS,  baS  »enigftend  nac^ 

20  bem  Sßaline  ber  SRenfc^en  in  biefe  ßmpfinbungen  einfc^ldgt  ®eburt  unb 

Sitel  finben  bie  9Renfd^en  gemeiniglid(|  gur  Sichtung  geneigt.   Siei^t^um 

au(^  ol^ne  SSerbienfte  mirb  felbft  Don  Uneigennu^igen  geehrt,  tiermutl^lid^ 

»eil  ftd^  mit  feiner  SSorfteUung  (Sntmärfe  oon  großen  ^anblungen  oer^ 

einbaren,  bie  baburd)  tonnten  ausgeführt  toerben.   S)iefe  Sld^tung  trifft 

25  gelegentlid^  audb  maudb^n  reichen  Schürten,  ber  folc^e  ^anblungen  nie» 

mals  auSfiben  mirb  unb  Don  bem  eblen  (äeful^I  teinen  93egriff  ^at,  mel(^ed 

Sieidbt^&tner  eingig  unb  allein  fd^d^bar  machen  fann.  SBaS  bad  Übel  ber 

Slrmut^  Dergr56ert,  ift  bie  ©eringfc^d^ung,  meiere  au(^  nic^t  burc^  93er» 

bienfte  gdnglic^  fann  übermogen  merben,  koenigftenS  nic^t  Dor  gemeinen 

so  Slugen,  »0  nic^t  SRang  unb  Sitel  biefeS  :plumpe  ©efül^I  tdufc^en  unb  eini» 

germagen  gu  beffen  SSort^eil  hintergehen. 

3n  ber  menfd^lid^en  5Ratur  finben  ftc^  niemal«  rül^mlid^e  ßigen« 

fdt)aften,  ol^ne  bag  gugleic^  Slbartungen  berfelben  burd^  unenblid^e  @d^atti» 

rungen  bis  gur  dufeerften  Unöollfommen^eit  übergel^en  follten.    ©ie 

35  ßigenfd^aft  beS  @d&re(Ili(^»@rl^abenen,  ttenn  fte  gang  unnatürli^ 


214        Srobo^^tmigen  übet  ba£  ^cffi^l  M  &^na  ttnb  (Ki^^encn. 

tDirb,  iß  abenteuernd^.^)  ttnnatfirlid^e 3>iitge,  in  fofern  ba8 erhabene 
barin  gemeint  ift,  ob  eS  gleiii^  oenig  ober  gar  nid^t  angetroffen  mirb,  ftnb 
9ra|en.  SBer  baS  abentenerlid^e  liebt  unb  glaubt,  ifi  ein  $b<tntaft, 
bie  Steigung  gu  S^a^en  madbt  ben  ® rille nfdnger.  Xnbererfeitd  artet 
baS  (Seffil^I  bed  Sdbbuen  auiS,  menn  baS  Sble  babei  gdnjlic^  mangelt,  5 
unb  man  nennt  eS  Idpt)if  ^.  @ine  SRanniSperfon  »on  biefer  Sigenfd^aft, 
»enn  {ie  fung  ift,  l^eigt  ein  Saff e;  ifi  fie  im  mittleren  Sllter,  fo  ift  eS  ein 
0e(I:  SSeil  bem  labberen  Xlter  bad  Srl^abene  am  notl^menbigfien  ifi,  fo 
ifi  ein  alter  (Sed  baS  oer&dbtUc^fie  ©efdbbpf  in  ber  Statur,  fo  »ie  ein 
junger  OriQenfdnger  ba8  »ibrigfie  unb  unletblic^fte  ifi  Sd^erge  unb  10 
SRunterleit  fd^Iagen  in  hau  ®efä]^I  beS  €d§önen  ein.  (Sleid^ttol^I  fann 
noc^  jiemlic^  Diel  Serftanb  binburc^fc^einen,  unb  in  fo  fern  tonnen  fie 
me^r  ober  weniger  bem  Srl^abenen  oermanbt  fein.  S)er,  in  beffen  9Run» 
terfeit  biefe  S)a}umif(^ung  unmerfli^  ifi,  f afelt.  3>er  befidnbig  fafelt, 
ifi  albern.  ÜRan  merft  leicht,  ba^  aud^  finge Seute  bidmeilen  fafeln,  unb  u 
bag  nid^t  »enig  ©eifi  bagu  gel^öre  ben  Serftanb  eine  Turje  3^it  Don  fei« 
nem  Soften  abjurufen,  ol^ne  ba^  babei  ttxoaS  oerfel^en  ttirb.  S^erjenige, 
beffen  Sieben  ober  ^anblungen  meber  beluftigen  nocb  rubren,  ift  lang« 
»eilig.  S>er  Sangweilige,  in  fo  fern  er  gleic^mo^l  beibeiS  }u  t^un  ge« 
f(^äftigifi,  ift  abgefd^madt.  S)er  Slbgefc^madte,  »enn  er  aufgeblafen  20 
ift,  ift  ein  SRarr.**) 

3d^  »iU  biefen  »unberlic^en  8(bri|  ber  menfd^lidben  @db»a(^^eiten 
burd^  93eifpiele  et»ad  oerftdnbli(^er  machen;  benn  ber,  melc^em  ^ogartb^ 
®rabfii(^el  fel^It,  mag,  »aS  ber  S^id^nung  am  XuSbrude  mangelt,  burdb 
93e[<^reibung  erfe^en.  Jtubne  Übernebmung  ber  ©efa^ren  für  unfere,  beg  25 
SSaterlanbe«,  ober  unfcrcr  greunbe  SRec^te  ift  erbaben.  SDie  Äreujjüge, 
bie  alte  9titterf(^aft  »aren  abenteuerltd^;  bie  3)uene,  ein  elenber  Sieft 


*)  3n  fo  F^n  bie  (Srl^abenl^ett  ober  ©c^önl^eit  hai  be!annte  3RitteIntag  über- 
fd^reitet,  fo  pflegt  man  fie  romaiiifc^  3U  nennen. 

**)  Tlan  benterft  bolb,  bai  biefe  el^noürbige  ^feUfci^aft  fi^  in  aroei  Sogen  30 
tl^eile,  in  bie  ber  ©riUenf&nger  unb  bie  ber  @ecfen.  (^in  gelehrter  ®nQenf&nger  mirb 
befc^eibentlic^  ein  $ebant  genannt.  SBenn  er  bie  tro^ige  Sßei^l^eitdmtene  annimmt, 
»ie  bie  S)unfe  alter  unb  neuer  iJ^iten,  fo  fle^t  i^m  bie  ^Q\>pe  mit  ©(^eUen  gut 
aum  ®efic^te.  2)ie  klaffe  ber  Seelen  wirb  mel^r  in  ber  großen  SBelt  angetroffen. 
®ie  ift  t)iellei(|t  no(|  beffer  aU  bie  erftere.  SRan  (at  an  i^nen  t)iel  au  oerbienen  35 
unb  Diel  3u  lachen.  3n  biefer  ^aricatur  maij^t  g(ei(|)oo$l  einer  bem  anbern  ein 
fc^ief  Tlaul  unb  ftdgt  mit  feinem  leeren  ^opf  an  ben  ^opf  feinet  iOruberi^. 


2.  «bf^nitt.  .  215 

ber  le^tem  aus  einem  k^erlel^rten  Segriff  hti  &ixtntvi\S,  finb  f^ra^en. 
Sd^mermfitl^ige  Gntfernung  »on  bem  ©erdufc^e  ber  SSelt  aud  einem  red^t:> 
m&gigen  Überbruffe  ifl  ebet  S)er  alten  (Sremiten  einfieblerifd^e  ünba^t 
mar  abenteuernd^.  j(15fter  unb  bergleid^en  ®rdber,  um  lebenbige  ^tU 
5  lige  einjufperreni  finb  Sra^en.  Segkoingung  feiner  Seibenfd^aften  burd^ 
0runbf&^e  tft  erl^aben.  j^afieiungen,  Oelübbe  nnb  anbere  SRönd^Stugen« 
ben  mel^r  finb  ^ta^en.  ^eilige  j^nod^en,  l^eiligeä  ^olj  unb  aQer  ber« 
gleid^en  $Iunber,  ben  l^eiltgen  Stuhlgang  beS  großen  Sama  Don  Eibet 
nic^t  audgefc^Ioffen,  finb  f^ra^en.  9$on  ben  SSerlen  bed  Sßi^eS  unb  beS 

10  feinen  ®efü^te  faQen  bie  epifc^e  ®ebi^te  bed  SSirgilS  unb  jeiot)ftocId  xn& 
(SbU,  Römers  unb  SßUtond  inS  Sbenteuerlid^e.  S)it  SBertoanbelun» 
gen  beS  OoibS  finb  $ra^en,  bie  t^eenm&rdben  beS  fran}dftf(^en  8ber« 
mi^ed  finb  bie  elenbeften  ^ra^en,  bie  fematö  auSge^edt  morben.  8na» 
freontifc^e  Gebleute  finb  gemeiniglid^  fel^r  nal^e  beim  S&ppif d^en. 

15  S)ie  SSerfe  beg  SBerftanbeS  unb  @d^arffinnigfeit,  in  fo  fern  il^re 
®egenftdnbe  aud§  etuaS  fär  bad  ©effi^I  ent^alteUi  nel^men  gleid^faUS 
einigen  Slnt^eil  an  ben  gebac^ten  SSerfd^ieben^eiten.  S)ie  mat^ematifdb^ 
SSorfteQung  Don  ber  unermellidb^n  ®r5^e  beS  SSeltbaueS,  bie  Setrad^« 
tungen  ber  SRetaipl^^fif  oon  ber  ßmigfeit,  ber  äSorfe^ung,  ber  Unfterblid^» 

30  feit  unferer  6eele  enthalten  eine  geioiffe  Srl^abenl^eit  unb  SBürbe.  $in» 

gegen  »irb  bie  SSeltmeiSl^eit  auc^  burd^  Diel  leere  Spi^finbigleiten  ent» 

fteat,  unb  ber  Slnfd^ein  ber  ®rfinbli(^teit  l^inbert  nic^t,  bag  bie  Dier  f^Qo^ 

gifiifd^en  Sriguren  nid^t  gu  @d^ulfra^en  gegdl^It  )u  merben  Derbienten. 

3n  moralif^en  @igenfd§aften  i^  malere  2;ugenb  allein  erl^aben.  @d 

35  giebt  gleid^mol^t  gute  fittliclbe  Qualitdten,  bie  liebendttärbig  unb  fd^ön 
finb  unb,  in  fo  fern  fie  mit  ber  Sugenb  l^armoniren,  auc^  als  ebel  ange« 
feigen  »erben,  ob  fie  gleid^  eigentlid^  nid^t  jur  tugenbl^aften  ®eftnnung 
gegd^It  merben  fbnnen.  S)a&  VLxt^til  l^ieräber  ift  fein  unb  DeriDideU. 
Wan  fann  gemig  bie  ©emfit^SDerfaffung  nid^t  tugenbl^aft  nennen,  bie  ein 

30  Quell  fold^er  ^anblungen  ift,  auf  toelc^e  gaar  au^  bie  Sugenb  ^inauS» 
laufen  märbe.  aOein  aus  einem  ©runbe,  ber  nur  gufdQiger  äBeife  bamit 
fibereinftimmt,  feiner  9latur  nac^  aber  ben  aQgemeinen  Siegeln  berSlugenb 
aud^  öfters  »iberftreiten  fann.  Sine  gettiffe  äBeid^mfit^igteit,  bie  leidet» 
Ii(^  in  ein  marmeS  ©effil^I  beS  SRitleibenS  gefegt  mirb,  ift  fc^ön  unb 

35  liebendtofirbig;  benn  eS  geigt  eine  gütige  S^eilne^mung  an  bem  Sd^idffale 
anberer  SRenfc^en  an,  morauf  ®runbfä^e  ber  2;ugenb  gleid^faüS  l^inauS« 
ffil^ren.    Sinein  biefe  gutartige  Seibenfd^aft  ift  gleid^iDOl^I  fd^toad^  unb 


216        IBeoBd^tuitfien  über  bad  .Oeffll^t  M  ^H^bnttt  imb  Sti^obenen. 

febergeit  blinb.  3>enn  fe^et,  biefe  (Srnpflnbung  belege  eu(i^,  mit  eurem 
aufiDanbe  einem  Slotl^Ieibenben  aufgul^elfen,  aUein  il^r  felb  einem  anbern 
fd^ulbig  unb  fe^t  eud^  baburd^  au^er  @tanb,  bie  {Irenge  ^flid^t  ber  ®e« 
re(i^tigleit  gu  erfüQen,  fo  lann  offenbar  bie  ^anblung  au8  teinem  tugenb« 
l^aften  Sßorfa^e  entfpringen,  benn  ein  fold^er  fönnte  eud^  unm5gli(j^  an«  5 
reigen  eine  l^öl^ere  SSerbinblid^Ieit  btefer  blinben  Sejauberung  aufzuopfern. 
SSenn  bagegen  bie  allgemeine  SSol^Igemogenl^eit  gegen  baS  menfd^Ud^e 
©efd^Ied^t  in  eud^  jum  ©runbfa^e  gemorben  ift,  meld^em  i^r  ieberjeit  eure 
^anblungen  unterorbnet,  atöbaun  bleibt  bie  Siebe  gegen  ben  9{ot]^leiben» 
ben  noiii  allein  fie  ift  ie^t  au8  einem  l^öl^ern  @tanb{)unlte  in  baS  koal^re  10 
93er^dltni^  gegen  eure  gefammte  ^flid^t  oerfe^t  morben.  S>ie  allgemeine 
äSol^Igekoogenl^eit  ift  ein  ®runb  ber  2:^eilne]^mung  an  feinem  Übel,  aber 
aud^  gugleid^  ber  ®ere(j^tigfeit,  nad^  beren  93orf(^rift  il^r  ie^t  biefe  ^anb* 
lung  unterlaffen  mflffet.  @o  balb  nun  biefeS  ©effi^l  gu  feiner  gel^origen 
SIQgemeinl^eit  geftiegen  ift,  fo  ift  ed  erl^aben,  aber  au(^  fditer.  S)enn  eS  15 
t[t  nid^t  m5gli(j^,  bag  unfer  Sufen  für  febeö  !ERenf(^en  Slnt^eil  oon  QaxU 
lid^feit  auffd^meQe  unb  bei  {eber  fremben  ülotl^  in  SSel^mutl^  fd^toimme,  f on[t 
koärbe  ber  Sugenbl^afte,  unauf^örlid^  in  mitleibigen  Sil^rdnen  toie  ^eraflit 
fcj^melgenb,  bei  aKer  biefer  ©ut^ergigleit  gleid^mol^l  nid^td  meiter  alä  ein 
meid^mfit^iger  9Rügiggfinger  merben.*)  20 

S>ie  gmeite  8(rt  bed  gütigen  ©efül^Id,  toeld^ed  gmar  fd^5n  unb  liebend^* 
koürbig,  aber  nod^  nid^t  bie  ©runbtage  einer  koal^ren  Stugenb  ift,  ift  bie 
©efdlligfeit,  eine  Steigung,  anbern  burd^  ^^reunbliddleit,  burd^  @in« 
miQigung  in  i^r  SSerlangen  unb  burd^  ©leid^förmigleit  unfereS  ^Betragend 
mit  il^ren  ©eftnnungen  angenel^m  gu  n)erben.  S>iefer  ®runb  einer  reigen«  25 
ben  ©efelligfeit  ift  fd^ön  unb  bie  Siegfamleit  eined  fold^en  bergend  gut« 
artig,  hinein  fte  ift  fo  gar  feine  Sugenb,  bag,  too  nid^t  l^öl^ere  ®runb{d^e 

*)  Set  nöl^erer  (Srioögung  ftnbet  man,  bai,  fo  ttebeniSiDürbtg  oud^  bie  mit* 
leibige  Q^igenfc^oft  fein  mag,  fie  bo(^  bie  SBürbe  ber  Sugenb  nid^t  an  fi<i^  fiobe. 
($in  (eibenbeiS  5^inb,  ein  unglüdflid^ed  unb  artige^  ^frauen^immer  roicb  unfer  ^erg  so 
mit  biefer  äBe^mut^  anfüKen,  inbem  wir  3U  glei^er  3^it  bie  ^la^ric^t  Don  einer 
grogen  @(!^Iac^t  mit  ^artftnn  Deme^men,  in  welker,  mie  Iei(^t  gu  erad^ten,  ein 
onfefinlid^er  ^eil  bed  menfd^lid^en  (^efd^Iei^t^S  unter  graufamen  Übeln  unDerfd^ulbet 
erliegen  mug.  SRoncl^er  ^rin^,  ber  fein  @efid^t  Don  äßel^mutl^  für  eine  einaige  um 
glücflid^e  $erfon  njegwanbte,  gab  gleii^wol^l  ouS  einem  ofterS  eitlen  Semegungd«  ss 
grunbe  gu  gleicher  S^it  ben  SBefe^l  gum  ^iege.  (Sd  ift  ^ier  gar  feine  Proportion 
in  ber  Sirlung,  mie  fonn  man  benn  fagen,  ba^  bie  allgemeine  SRenfcgenliebe  bie 
Urfoij&e  fei? 


2.  STbWnitt.  217 

%  €d^ranlen  fe^en  unb  ße  fd^mad^en,  aOe  Sajler  barauiS  entf{)ringen 
tonnen.  3)enn  nid^t  ju  gebenlen,  bog  biefe  ©ef&Qigfeit  gegen  bie,  mit 
ttelddcn  \o\x  umgel^en,  fel^r  oft  eine  Ungered^tigfeit  gegen  anbre  t[t,  bie 
fi(!^  auger  biefem  Ileinen  Strtel  befinben,  fo  loirb  ein  folc^er  Wann,  menn 

5  man  biefen  antrieb  aUein  nimmt,  aQe  Safter  l^aben  f5nnen,  nid^t  au8  un» 
mittelbarer  9leigung,  fonberu  meil  er  gerne  gu  gefaUen  lebt  @r  lotrb  au8 
Uebreid^er  ©efeUigfeit  ein  Sügner,  ein  SKüfeiggdnger,  ein  ©äufer  k.  h\  fein, 
benn  er  l^anbelt  nid^t  nad^  ben  Sliegeln,  bie  auf  bad  äBol^lDerl^alten  Aber» 
l^au^t  gelten,  fonbern  nac^  einer  9leigung,  bie  an  ftd^  f(^5n,  aber,  inbem 

10  pe  ol^ne  Haltung  unb  ol^ne  ©runbfd^e  i[t,  lappifd^  mirb. 

S)emnad^  fann  malere  Sugenb  nur  auf  ®runb(ä^e  gepfropft  »erben, 
toeld^e,  je  allgemeiner  pe  pnb,  befto  erl^abener  unb  ebler  »irb  pe.  S)iefe 
©runbfä^e  pnb  nid^t  fpeculatioifd^e  Siegeln,  fonbern  baS  Semugtfein  eined 
©effil^Id,  bad  in  iebem  menfd^Iid^en  SBufen  lebt  unb  pc^  Diel  meiter  als 

15  auf  bie  befonbere  ©rflnbe  beS  SRitleibend  unb  ber  ©ef&QigTeit  erftredtt. 
3d^  glaube,  id^  fa^e  aUeS  jufammen,  menn  idd  fage,  eS  fei  baS  ©eful^I 
tion  bet  ScJ^dnl^eit  unb  bet  SBurbe  ber  menfcJ^Iid^eit  Statur.  S)ad 
erftere  i[t  ein  ®runb  ber  allgemeinen  äSo^Igemogenl^eit,  baS  j^toeite  ber 
aUgemetnen  SSd^tung,  unb  toenn  biefeS  ©efii^I  bie  größte  SSoQfommenl^eit 

20  in  irgenb  einem  menfd^Ud^en  bergen  l^fitte,  fo  toflrbe  biefer  SRenfd^  pd^ 
}mar  aud^  felb[t  lieben  unb  fd^fi^en,  aber  nur  in  fo  fem  er  einer  oon  aitn 
i[t,  auf  bie  fein  ausgebreitetes  unb  ebleS  ®efül)I  pd^  auSbe^nt.  9lur  inbem 
man  einer  fo  eru)eiterten  Steigung  feine  befonbere  unterorbnet,  fönnen 
unfere  gütige  2;riebe  proportionirt  angemanbt  merben  unb  ben  eblen  Sn» 

25  ftanb  gutoege  bringen,  ber  bie  @d^5n]^eit  ber  Siugenb  ip. 

3n  Slnfel^ung  ber  Sd^iodd^e  ber  menf(^lid^en  9latur  unb  ber  geringen 
SRad^t,  loeld^e  baS  allgemeine  moralifd^e  ©eful^I  aber  bie  mel^rfte  bergen 
ausfiben  koürbe,  l^at  bie  SSorfel^ung  bergleid^en  ^ulfleipenbe  abriebe  als 
Supplemente  ber  Sugenb  in  unS  gelegt,  bie,  inbem  pe  einige  auc^  ol^ne 

so  ©runbf&^e  }u  fd^önen  ^anblungen  bemegen,  gugleid^  anbern,  bie  burd^ 
biefe  le^tere  regiert  »erben,  einen  größeren  @to&  unb  einen  [tdrfern  Sin* 
trieb  bagu  geben  fönnen.  Sßitleiben  unb  ©efdUigleit  pnb  ©rünbe  oon 
fc^önen  ^anblungen,  bie  oieQeic^t  burd^  baS  Übergemid^t  eines  gröberen 
Sigennu^eS  inSgefammt  mürben  erftidEt  toerben,  allein  nid^t  unmittelbare 

35  ©rfinbe  ber  2;ugenb,  toie  mir  gefeiten  ^aben,  obgleich,  ba  pe  burd^  bie  93er« 
manbtfd^aft  mit  il^r  geabelt  merben,  pe  aud^  i^ren  Flamen  ermerben.  ^i) 
tarn  pe  ba^er  aboptirte  2;ugenben  nennen,  bietenige  aber,  bie  auf 


218        Sßtobaü^timqtn  flBer  bdö  (Befül^I  M  64dnen  unb  (Ev^abfnen. 

®runbf%n  beruht,  bie  dd^te  Sugenb.  S^ne  pnb  f(^n  unb  reigenb, 
biefe  aOein  i{t  erl^aben  unb  e^mürbig.  SRan  nennt  ein  ®emät]^,  in  meU 
d^em  bie  erflere  (Snt)>finbungen  regieren,  ein  gutes  $erg  unb  ben  SRen« 
fd^en  t)on  folil^er  SIrt  gütiger  jig;  bagegen  man  mit  SRed^t  bem  Sugenb« 
haften  auS  QKrunbfd^en  ein  ebleS  $erj  beilegt,  il^n  felber  aber  einen  5 
r ed^ tf (!^af f en en  nennt.  S)iefe  aboptirte  2;ugenben  l^aben  gleid^mol^I  mit 
ben  maleren  Sugenben  groge  ^nlid^feit,  inbem  {ie  bad  ©efubl  einer  un« 
mittelbaren  Su[t  an  gütigen  unb  mo^ImoQenben  ^anblungen  entl^alten. 
3>er  ©ut^erjige  iDirb  obne  meitere  9b{id^t  aud  unmittelbarer  (SefdOigleit 
friebfam  unb  ]^5flid^  mit  eudd  umgeben  unb  aufrid^tiged  Seileib  bei  ber  10 
9lot]^  eined  anbern  empfinben. 

aUein  ba  biefe  moralifd^e  ©^mpatl^ie  gleid^iDol^l  nod^  nid^t  genug  \% 
bie  trdge  menfd^Iic^e  9latur  gu  gemeinnft^igen  ^anblungen  anzutreiben, 
fo  b^t  bie  93orfel^ung  in  unS  noät  ein  gemiffed  ©efübl  gelegt,  meld^ed  fein 
ift  unb  und  in  SBeioegung  fe^en,  ober  au(b  bem  gröberen  (Sigennu^e  unb  15 
ber  gemeinen  äBoUuft  baS  ©leid^gemid^t  leiften  lann.  S)iefed  ift  bad  ©e» 
\ixt)\  für  &\ixt  unb  beffen  i^olge  bie  @d^am.  S>ie  SReinung,  bie  anberc 
t)on  unferm  äSert^e  l^aben  mögen,  unb  ibr  Urtl^eil  Don  unfern  ^anblungen 
ift  ein  SemegungSgrunb  Don  großem  ®ett)id^te,  ber  und  mant^e  Kufopfe« 
rungen  ablodft,  unb  mad  ein  guter  Sl^eil  ber  9Renfd(|en  meber  auS  einer  20 
unmittelbar  auffteigenben  Stegung  ber  QKut^ergigleit,  nod^  aud  ®runb« 
fd^en  tofirbe  getban  l^aben,  gefd^ie^t  oft  genug  blo^  um  bed  duneren 
@t^eineS  toillen  aud  einem  äßal^ne,  ber  fe^r  nü^li(b,  obgtoar  an  ftd^  felbft 
febr  feid^t  ift,  als  loenn  baS  Urtl^eil  anberer  ben  SBertl^  Don  uns  unb  unfern 
^anblungen  beftimmte.  SSaS  auS  biefem  eintriebe  gefc^ie^t,  ift  nid^t  im  25 
minbeften  tugenbbaft,  U)eStt)egen  au(b  ein  feber,  ber  für  einen  fold^en  ge- 
balten  merben  min,  ben  SSetoeguugSgrunb  ber  @^rbegierbe  U)o]^lbebd(btig 
oerl^ep.  @S  ift  aud^  biefe  Steigung  ni(bt  einmal  fo  nabe  koie  bie  ®ut« 
^erjigfeit  ber  dd^ten  2;ugenb  oertoanbt,  loeil  fie  nid^t  unmittelbar  burdd 
bie  @(bön]^eit  ber  ^anblungen,  fonbern  burd^  ben  in  frembe  Slugen  fallen«  so 
ben  Slnftanb  berfelben  bemegt  toerben  tann.  3(b  tann  bemnad^,  ba  gleid^« 
mobl  baS  ©efül^l  für  @^rc  fein  ift,  baS  Sugenbdbnlicbe,  »aS  babur(b  oer» 
anlagt  mirb,  ben  2;ugenbf(bimmer  nennen. 

SSergleid^en  mir  bie  ©emütl^Sarten  ber  SRenfcben,  in  fo  fern  eine  Don 
biefen  brei  ©attungen  beS  ©effi^lS  in  ibneu  ]^errf(bt  unb  t)en  moralifd^en  35 
ßbörafter  beftimmt,  fo  finben  toir,  bafe  eine  jebe  berfelben  mit  einem  ber 
gemöl^nlid^ermagen  eingetbeilten  Slemperamente  in  ndl^erer  äSermanbt« 


2.  Kbfe^nitt.  219 

fil^aft  ftel^e,  bad^  fo,  bag  aber  biefed  ein  größerer  Sßangel  beS  moralif^en 
®effl]^l8  bem  {)]^Iegtnatif4en  jum  Sntl^eil  tterben  mürbe.  Stielet  al8  tt)enn 
bad  ^auptmerltnal  in  bem  ©^aralter  biefer  Derfd^iebenen  ©emütl^igarten 
auf  bie  gebaute  QüQt  anifime;  benn  bad  gröbere  ©effil^I,  g.  @.  beS  (Sigen« 

5  nu^ed,  ber  genteinen  SBoOuf)  k.  :c.,  erto&gen  mir  in  biefer  Kbl^anblung 
gar  nid^t,  unb  auf  bergleid^en  Steigungen  mirb  bei  ber  gemöl^nlid^en  @in« 
t^eilung  gleid^mol^l  t>orgflgUd^  gefeiten;  fonbern  meil  bie  erm&l^nte  feinere 
moralifd^e  (Smpfinbutigen  ftd^  leidster  mit  einem  ober  bem  anbern  biefer 
Temperamente  Dereinbaren  laffen  unb  mirUid^  meiftentl^eilS  bamit  Der^^ 

10  einigt  finb. 

(Sin  inniglid^ed  ©effil^I  für  bie  @d^5n]^eit  unb  SBürbe  ber  menfd^lid^en 
9latur  unb  eine  §af[ung  unb  @tftrfe  beS  ©emfitl^d,  l^ierauf  atö  auf  einen 
aOgemeinen  ©runb  feine  gefammte  ^anblungen  }u  bejiel^en,  ift  ernftl^aft 
unb  gefeQt  ftd^  nid^t  mo^l  mit  einer  flatterl^aften  Suftigleit,  nod^  mit  bem 

15  Unbeftanb  eined  Seid^tfinnigen.  6$  ndl^ert  ftd(|  fogar  ber  Qijtotxm)xt% 
einer  fanften  unb  eblen  @mpfinbung,  in  fo  fern  fie  {i(^  auf  badienige 
©raufen  grünbet,  bad  eine  eingefd^rdnlte  @eele  fü^It,  menn  fte,  t>on  einem 
großen  33orfa^e  üoll,  bie  ©efal^ren  fielet,  bie  pe  gu  überftel^en  l^at,  unb  ben 
fd^meren,  aber  großen  @ieg  ber  @elbftäberminbung  t)or  Slugeu  l^at.  S)ie 

20  äd^te  Sugenb  alfo  aui  ©runbfd^en  l^at  etmaS  an  ftd^,  mad  am  meiften 
mit  ber  meland(|olifd^en  ©emütl^Süerfaffung  im  gemilberten SSerftanbe 
gufammenguftimmen  fd^eint. 

S)ie  ©utl^ergigfeit  eine  @(^ön]^eit  unb  feine  Steigbarfeit  beS  ^erjenS, 
mii  bem  SInlag,  ber  ftd^  üorfinbet,  in  einzelnen  f^dden  mit  äßitleiben 

25  ober  SBol^ItvoQen  gerül^rt  gu  koerben,  ift  bem  äBed^fel  ber  Umftdnbe  fel^r 
untermorfen,  unb  inbem  bie  Semegung  ber  Seele  nid^t  auf  einem  aUge» 
meinen  ®runbf a^e  berul^t,  fo  nimmt  {te  leid^tlic^  t)eränberte  ®eftalten  an, 
nad^bem  bie  ©egenftdnbe  eine  ober  bie  anbere  Seite  barbieten.  Unb  ba 
biefe  Steigung  auf  bad  @d^öne  ^inaudlduft,  fo  fc^eint  fie  pd^  mit  berjcnigen 

30  @emütl^öart,  bie  man  fanguinif  d^  nennt,  toelc^e  flatterl^aft  unb  ben  fß^^ 
luftigungen  ergeben  ift,  am  natürlic^ften  gu  vereinbaren,  ^n  biefem  2;empe« 
ramente  merben  mir  bie  beliebte  Sigenfd^aften,  bie  mir  aboptirte  2;ugenben 
nannten,  gu  fuc^en  l^aben. 

S)ad  ®efü^I  für  bie  g^re  ift  fonft  fdion  gemöl^nlid^  aU  ein  SRerfmal 

35  ber  d^olerifd^en  Somplejciou  angenommen  morben,  unb  mir  tonnen  ba- 

burd^  Stnlag  nel^men  bie  moralifd^e  folgen  biefed  feinen  ©efül^U,  mel(i)e 


220        ^oba^tungen  über  bad  ®effi]^I  bed  @45nen  unb  Stl^abenen. 

mel^rentetlö  nur  aufS  ©d^immern  abgezielt  ftnb,  gu  Sd^ilberung  eines  ]oh 
i^en  S^aralterd  aufgufuc^en. 

!Rieinald  ift  ein  äßenfd^  ol^ne  aOe  ©puren  ber  feineren  @mpftnbung, 
oDetn  ein  größerer  SRangel  berfelben,  ber  t)erglei(l^ungdmeife  au^  %vi\iU 
lofigfeit  l^eigt,  fommt  in  ben  @l^arafter  beS  p^legmatifd^en,  ben  man  5 
fonft  aud^  fogor  ber  grobem  Srlebfebern,  alö  ber  ®elbbegierbe  k.  ic,  be» 
raubt,  bie  mir  aber  jufamntt  anbern,  t)er{(i)tDifterten  Steigungen  il^m  aUen» 
faQS  laffen  fonnen,  m\\  fie  gar  nic^t  in  biefen  $lan  gel^ören. 

Sagt  und  ante^t  bie  @mpftnbungen  beS  ßrl^abenen  unb  @d^5nen, 
t)orne]^mItd^  fo  fern  fie  moralifd^  {inb,  unter  ber  angenommenen  ßintl^ei«  10 
hing  ber  Stemperamente  naiver  betrad^ten. 

S)er,  beffen®efu^l  inSSReland^oUfd^e  ein|(!^Iägt,  wirb  nicl^t  barum 
fo  genannt,  »eil  er,  ber  greuben  beö  Seben«  beraubt,  jtd&  in  finfterer 
@(!^n)ermutb  l^drmt,  fonbern  tteil  feine  @mpfinbungen,  toenn  fie  fiber  einen 
gewiffen  ®rab  üergrofeert  toürben,  ober  burd^  einige  Urfad^en  eine  falfci^e  15 
9lid^tung  befämen,  auf  biefelbe  leidster  atö  einen  anbern  ßuftanb  auö= 
laufen  loflrben.  (Sr  bat  t)oriüglid^  ein  ®ef&^l  fär  bad  (Sr^abene. 
@elbft  bie  ©c^önl^eit,  für  toeldje  er  eben  fo  IDO^I  @mpftnbung  l^at,  mug 
il^n  nid^t  allein  reiben,  fonbern,  inbem  fte  il^m  gugleid^  SBemunberung  ein« 
flöfet,  rühren.  3)er  ©enufe  ber  Vergnügen  ift  bei  i^m  ernft^after,  aber  20 
um  besmiden  nid^t  geringer.  SllleSlül^rungen  beS  ßrl^abenen  ](|aben  mel^r 
93egaubernbed  an  ftd^  als  bie  gaufelnbe  Steige  beS  @d^5nen.  @ein  SBol^U 
bcfinben  wirb  e^er  ßufrieben^eit  als  Suftigfeit  fein.  @r  ift  ftanbl^aft. 
Um  beStoillen  orbnet  er  feine  ©mpfinbungen  unter  ®runbf&fee.  Sie  finb 
befto  weniger  bem  Unbeftanbe  unb  ber  SSerfinberung  unterworfen,  Je  all»  25 
gemeiner  biefer  ®runbfa^  ift,  welchem  fte  untergeorbnet  »erben,  unb  [t 
ertüeiterter  alfo  baS  l)obe  ©efül^l  ift,  weld^eS  bie  niebere  unter  ftd^  befafet. 
SlUe  befonbcre  ©rünbe  ber  Steigungen  ftnb  Dielen  8luSual)men  unb  Slnbc- 
rungen  untermorfen,  wofern  fte  nid^t  auS  einem  fold^en  oberen  ®runbe 
abgeleitet  ftnb.  S)er  muntere  unb  freunblid^e  Sllceft  fagt:  3d^  liebe  unb  30 
fd)afee  meine  grau,  benn  fte  ift  fd^on,  fd^meid^el^aft  unb  Ilug.  SBie  aber, 
wenn  fte  nun  burd^  Äranff)eit  entfteUt,  burd^  Filter  mürrifd^  unb,  nad^bem 
bie  erfte  Segaubcrung  Derfd^wunben,  eu(^  nid^t  flflger  fd^einen  würbe  Wie 
icbe  anbere?  2Benn  ber  ®runb  nic^t  mel^r  ba  ift,  wa§  fann  auS  ber  Steigung 
werben?  Siebmet  bagegen  ben  wol^lwoUenben  unb  gefegten  Slbraft,  weld^er  30 
bei  ftdö  benft:  gd^  werbe  biefer  ^erfon  liebreid^  unb  mit  Sld^tung  begegnen, 
benn  fte  ift  meine  grau.  2)iefe  ®epnnung  ift  ebel  unb  grofemütl^ig.  Stun*» 


2.  abfd^nitt.  221 

tnel^r  in5gen  bit  sufäUtge  Sleije  {t(!^  änbern,  fte  i[t  gleic^moT)!  nod^  immer 
feine  ^tau.  S)er  eble  ®runb  bleibt  unb  ift  nitftt  bem  Unbeftanbe  äufecrcr 
SJinge  fo  fcl&r  untcmorfen.  2Son  folc^er  Sefdiaffenl^eit  ftnb  (ärunbfdfec  in 
aSergleic^ung  ber  Siegungen,  bic^bloS  bei  eingelnen  aSeranlaffungen  auf= 

6  maQen,  unb  [o  ifi  ber  SRann  t)on  ®runb[d^en  in  ®cgen^alt  mit  bem« 
ienigen,  toeld^em  gelegentlich  eine  gutl^crgigc  unb  liebreid^e  Se»egung  an» 
toanbelt.  SSie  aber  toenn  fogar  bie  geheime  ©prad^e  feines  ^erjenS  alfo 
lautete:  3^  mufe  jenem  3Kenfd)en  ba  gu  $ülfe  fommen,  benn  er  leibet; 
ni(!^t  ha^  er  etioa  mein  i^reunb  ober  ©efeUfd^after  mfire,  ober  bag  id^  il^n 

10  fdl^ig  l^icltc  bereinft  SBol^Hl&at  mit  3)anfbarfeit  gu  cnoibern.  (gö  ift  je^t 
leine  8«it  gu  öernünfteln  unb  ftd^  bei  Sragen  aufgul^alten :  er  ift  ein 
3Renfd^,  unb  »aS  SRenfd^en  miberffil^rt,  baiS  trifft  auc^  mid^.  SlUbann 
ftüfet  p^  fein  aScrfal^ren  ouf  ben  l^ötftften  ®runb  beS  SBol^lttollenö  in  ber 
menfd^lid^en  SRatur  unb  ift  fiufeerft  erljaben,  fott)ol)l  feiner  Unt)erdnbcrlid)= 

15  leit  nad^,  als  um  ber  Slllgemeinl^eit  feiner  Slnmenbung  miUen. 

3d^  fal^re  in  meinen  Slnmerfungen  fort.  2)er  5Kenfdö  öon  meland&o« 
lifd^er  ©emfitl^öDerfaffung  befümmert  {ic^  loenig  barum,  mad  anbere  ur« 
tl^eilen,  koad  pe  fär  gut  ober  für  toa^r  l^alten,  er  ftit^t  ftd^  bedfaUS  bloS 
auf  feine  eigene  Sinftd^t.  SSSeil  bie  SemegungSgrünbe  in  i^m  bie  Statur 

20  ber  Orunbfd^e  annel^men,  fo  ift  er  nid^t  leidet  auf  anbere  ®ebanfen  gu 
bringen;  feine  Stanbl^aftigfeit  artet  aud^  biStoeilen  in  (Sigenftnn  aud.  @r 
{iel^t  ben  SBed^fel  ber  SRoben  mit  ©leid^gultigteit  unb  il^ren  @d^immer 
mit  aSerad^tung  an.  greunbfd^aft  ift  erl^iaben  unb  bal^er  für  fein  ©efül^l. 
6r  !ann  Dielleic^t  einen  öerduberlid^en  fjreunb  öerlieren,  allein  biefer  Der* 

95  liert  il^n  nid^t  eben  fo  balb.  @elb[t  bad  Slnbenfen  ber  erlofd^en^en  Sreunb« 
fd^aft  ift  i^m  nod^  el^rtoürbig.  ©efprdd^igfeit  ift  fd^bn,  gebanfenoolle  93er= 
fd^miegenl^eit  erl^aben.  6r  ift  ein  guter  SSermal^rer  feiner  unb  anberer 
Oel^eimniffe.  SBal^rl^aftigfeit  ift  erl^aben,  unb  er  l^afet  Sügen  ober  SSer» 
fteUung.  6r  l^at  ein  ^ol^eö  ©efül^l  Don  ber  SBürbe  ber  menfd&lid^en  Statur. 

so  (Sr  f^d^t  {id^  felbft  unb  l^dlt  einen  SRenfc^en  für  ein  ®efdt)o))f,  bad  ba 
ad(|tung  üerbient.  (5r  erbulbct  feine  oermorfene  Untertl^dnigfelt  unb  at^mct 
^eil^eit  in  einem  eblen  SBufen.  Sine  j^etten  oon  ben  Dergolbeten  an,  bie 
man  am  ^ofe  trdgt,  bis  gu  bem  fd^meren  @ifen  bed  ©aleerenftlaDen  ftnb 
i^m  abfc^euUd^.  gr  Ift  ein  ftrenger  SHic^ter  feiner  felbft  unb  anberer  unb 

35  nid^t  feiten  feiner  fokoo^l  ald  ber  SBelt  überbrüfftg. 

3n  ber  Ausartung  biefeS  6^ara!ter«  neigt  ftd^  bie  grnfil^aftigfeit  gur 
@d^i9ermut]^,  bie  Snbad^t  gur  Sd^mdrmeret,  ber  f^reil^eitSeifer  gum  Sn» 


224        SSeoha^tmqen  fiber  bad  ®efä((  beS  ©^dnen  unb  fol^abenen. 

felbfi  ift,  fo  emirbt  er  Dor  gemeinen  Stugen  eben  bie  $o(!^f(!^ä^ung  als 
ber  Sugenbbafte,  aber  t)or  feineren  Stugen  t)erbirgt  er  ftd^  forgf&Itig,  loeil 
er  mobl  U)ei^,  bog  bie  Sntbedung  ber  gel^eimen  Sriebfeber  ber  @]^rbegierbe 
i^n  um  bie  Sichtung  bringen  würbe.  (5r  i[t  bal^er  ber  SBerfteUung  fel)r  er« 
geben,  in  ber  Sleligion  l^euil^Ierifd^,  im  Umgange  ein  ©^meid^Ier,  in  5 
Siaatsparteien  »ettertDenbit^  nac^  ben  Umflänben.  (Sr  ift  gerne  ein 
@I(at)e  ber  ©rogen,  um  baburd^  ein  S^rann  über  ©eringere  ju  merben. 
S)ie  9lait)et&t,  biefe  eble  ober  fd^öne  Einfalt,  meldte  baS  Siegel  ber  !Ratur 
unb  nid^t  ber  Jhtnft  auf  ßd^  tr&gt,  ift  il^m  g&njlid^  frembe.  S>a]^er  menn 
fein  ©efd^mad  ausartet,  fo  »irb  fein  @d^immer  fd^reienb,  b.  i.  auf  eine  10 
tDibrige  9rt  pral^Ienb.  6r  ger&tl^  alsbann  foiool^l  feinem  @til  als  bem 
SuSpu^e  nad)  in  ben  ©aUimatbiaS  (baS  Übertriebene),  eine  9lrt  ^ra^en, 
bie  in  Snfel^ung  beS  $räd(|tigen  baSienige  ift,  waS  baS  Slbenteuerlid^e 
ober  ©riDenl^afte  in  Slnfel^ung  beS  @rnft]^aft«(Sr]^abenen.  3n  Seleibi» 
gungen  faUt  er  alsbann  auf  S^cilAmpfe  ober  $rocef[e  unb  in  bem  bür-  x5 
gerlid^en  93er^AItniffe  auf  Sühnen,  SSortritt  unb  Sitel.  @o  lange  er  nur 
nod^  eitel  ift,  b.  i.  Qü^xt  fud^t  unb  bemalet  ifi  in  bie  Stugen  gu  fatten,  fo 
lann  er  nod^  tool^I  gebulbet  merben,  allein  koenn  bei  g&njlid^em  SRangel 
toirflid^er  SSorjüge  unb  a;alente  er  aufgeblafcn  toirb,  fo  ift  er  baS,  njoffir 
er  am  minbeften  gerne  möd^te  gel^alten  merben,  nämlid^  ein  !Rarr.  20 

S)a  in  ber  pl^legmatifdbenSRifd^ung  feine ^ngrebiengien  t)om  (Sr« 
liabenen  ober  Sd^onen  in  fonberlid^  merflid^em  ©rabe  l^ineingulommen 
pflegen,  fo  gel^ört  biefe  ©emütl^Seigenfd^aft  nid^t  in  ben  Bufammenl^ang 
unferer  ©rioägungen. 

SSon  toeld^er  Slrt  aud(|  biefe  feinere  (Smpfinbungen  fein  mbgen,  t)on  25 
benen  U)ir  bis  ba^er  gel^anbelt  l^aben,  eS  mögen  erl^abene  ober  fd^öne  fein, 
fo  l^aben  {te  bod^  baS  @d^id(fal  gemein,  ba^  fte  in  bem  Urt^eil  beSjenigen, 
ber  fein  barauf  geftimmteS  ©effil^l  ^at,  jebergeit  Derfel^rt  unb  ungereimt 
fd^einen.   (Sin  äßenfd^  Don  einer  ruhigen  unb  eigennfi^igen  @m|igfeit  l)at 
fo  ju  reben  gar  nid^t  bie  Organen,  um  ben  eblen  3ug  in  einem  ©ebid^te  30 
ober  in  einer  ^elbentugenb  gu  empfinben,  er  lieft  lieber  einen  älobinfon 
als  einen  ©ranbifon  unb  l^ält  ben  6ato  für  einen  eigenpnnigen  SHarren. 
eben  fo  fd&eint  ^erfonen  üon  etwas  ernft^after  ©emfitl^Sart  basfenige 
Idppifd^,  toaS  anbern  reigenb  ift,  unb  bie  gaufelnbe  Slaioet&t  einer  @d^df er« 
l)anblung  ift  il)nen  abgefd^madEt  unb  tinbi[d(|.  Slud^  felbft  menn  baS  ©e»  35 
mutl^  nid^t  gftnglic^  oI)ne  ein  einftimmigeS  feineres  ©efü^l  ift,  ftnb  bod^ 
bie  ©rabe  ber  Steigbarfeit  beffelben  fel^r  oerfd^ieben,  unb  man  fielet,  ba^ 


2.  «Bf^nitt.  225 

ber  eine  etmae  ebel  unb  anfl&nbig  ftnbet,  mag  bem  anbem  gtoar  gro^, 
aber  abenteuerlid^  t>orIommt.  S){e  ©elegenl^eitetti  bie  {t(!^  barbieten,  bei 
unmoralifd^en  S)ingen  ettoaS  Don  bem  ©efül^I  beS  anbem  audgnfpdl^en, 
lönnen  und  Sniag  geben  mit  giemlid^er  äSBa^rfd^einlid^Ieit  aud^  auf  feine 

5  Smpflnbung  in  Snfel^ung  ber  l^o^eren  ®emftt^8eigenfd^aften  unb  felbfi 

berer  bed  bergen«  gu  fd^Iiegen.  äSer  bei  einer  fd^önen  ÜRujil  lange  Seile 

]^at,  giebt  flarfe  SSermutl^ung,  ba^  bie  Sd^önl^eiten  ber  Sd^reibart  unb 

bie  feine  Segauberungen  ber  Siebe  menig  ®ett)alt  über  il^n  l^aben  merben. 

ee  ift  ein  gen)if[er  ®eifl  ber  JCleinigleiten  (esprit  des  bagatelles), 

10  meld^er  eine  Srt  Don  feinem  ®efül^I  anjeigt,  meld^ee  aber  gerabe  auf  bad 
®egent]^eil  Don  bem  Sr^abenen  abgielt.  @in  ®e{cl^mad(  für  etmad,  »eil 
ed  fel^r  f ünfilid^  unb  mül^fam  ift,  Serfe,  bie  fi(^  Dor«  unb  räctoftrtS  lefen 
laffen,  fRiti\t\,  U^ren  in  Stingen,  ^lol^Ietten  k.  k.  Sin  ®e[(^madC  für 
aOed,  load  abgegirfelt  unb  auf  peinliil^e  SBeife  orbentlid^,  obgkoar  o^ne 

16  %u^en  ift,  g.  e.  Sudler,  bie  fein  gierlid^  in  langen  Steigen  im  Sudler« 
fd^ranle  ftel^en,  unb  ein  leerer  Rofl  ber  {te  anfielet  unb  jid^  erfreuet,  Bim« 
mer,  bie  mie  o{)tifd^e  Aaften  gegiert  unb  überaus  fauber  geuafil^en  ftnb, 
gufammt  einem  ungaftfreien  unb  mürrif(!^en  Sßirte,  ber  fie  bemo^nt.  @in 
Gefd^mad  an  aQem  bemtenigen,  koad  feiten  ift,  fo  menig  tote  ed  aud^  fonft 

90  inneni  äSert  l^aben  mag.  (Spittetd  2am{)e,  ein  ^anbfd^u^  Don  j(5nig  j^arl 
bem  3tt)5lften;  in  gemiffer  Slrt  fd^ldgt  bie  SRüngenfud^t  mit  l^ierauf  ein. 
@old^e  $erfonen  (teilen  fel^r  im  Serbad^t,  bag  {te  in  ben  9Sif[enfd^aften 
®rübler  unb  ®rillenf&nger,  in  ben  Sitten  aber  für  aOe  bai,  mad  auf  freie 
Srt  f(^5n  ober  ebel  ift,  ol^ne  ®efü^l  fein  merben. 

2i  3Ran  tl^ut  einanber  gmar  Unred^t,  toenn  man  benienigen,  ber  ben 
äSBertl^,  ober  bie  €(^önl^eit  beffen,  toai  und  rül^rt,  ober  reigt,  nic^t  einfielet, 
bamtt  abfertigt,  ba^  er  ed  nic^t  Derfiel^e.  @d  lommt  l^iebei  nic^t  fo  fel^r 
baranf  an,  koad  ber  93er ftanb  einfeH  fonbern  mad  bad  ®efü]^l  empfinbe. 
Gleic^mol^l  l^aben  bie  ^dl^igleiten  ber  @eele  einen  f o  großen  Sufammen« 

10  l^ang:  ba^  man  mel^rentl^eild  Don  ber  (Srf(!^einung  ber  (Sm^finbung  auf 
bie  Talente  ber  ßinftd^t  f(!^liegen  lann.  S)enn  eS  mürben  bemienigen,  ber 
Diele  SerfianbeSDorgüge  l^at,  biefe  Salente  Dergeblid^  ertl^eilt  fein,  menn 
er  nid^t  gugleid^  ftarle  @m{)finbung  für  bad  »al^rl^aftig  @ble  ober  @45ne 
l^tte,  meldte  bie  Sriebfeber  fein  mu^,  {ene  ®emüt]^dgaben  mol^l  unb  regel« 

u  md^ig  angumenben.*) 

*)  aßan  fielet  aud^,  bog  eine  getoiffe  geinigfeit  bed  ®efül^Id  einem  anienf^ett 
^uat  Qerbienfie  angerei^net  toirb.    2)a6  lemanb  in  9(eif(j^  ohit  jhi^en  eine  oute 

ItanVi  «(Triften.   «Bftfe.  II.  15 


/ 


\ 


226        IBeoBad^tungeit  über  bod  ®ef&l^(  btS  ®<!^önen  unb  (Srl^abenen. 

@g  if)  einmal  gebrfiuci^Hd^,  nur  baSienige  nü^Ud^  gu  nennen,  toa^ 
unferer  ^56e.r£iLSatSfinbung  ein  ©nfige  leiften  lann,  voai  und  Überfluß 
im  effen  unb  SErlnlen,  aufmonb  fn  Äteibung  unb  in  ^^anSflerdtl^e,  im* 
gleichen  SSerfcJ^menbung  in  ©afiereien  t)erfd^affen  lann,  ob  ic^  glei^  ni(f|t 
fel^e,  »atum  nid^t  atte«,  ma«  nur  immer  meinet  lebl^aftejten  ®c!ü||l_er^  5 
münfd^t  \%  eben  fo  m%\  ben  nfi^li(j^en  S){ngen  foUte  beigeg&p  merben. 
SQein  alles  gleid^mol^l  auf  biefen  %n^  genommen,  fo  ifi  berjenige,  melden 
ber  S4aennu^^e]^errf(]^t,  ein  ÜRenfd^,  mit  meld^em  man  Aber  ben  feineren 
©ef^mad  tiiemalS  oernünfteln  mu^.  @in  ^ul^n  ifl  frellid^  in  fold^em  S3e» 
trac^t  beffer  ald  ein  Papagei,  ein  JCod^topf  nü^lid^er  als  ein  ^orceQdn*  10 
gefd^irr,  alle  koi^ige  j^öpfe  in  ber  3Selt  gelten  nid^t  ben  Sßertl^  eines 
Sauren,  unb  bie  Semül^ung  bie  SBeite  ber  f^;rfteme  gu  entbetfen  lann  fo 
lange  ausgefegt  bleiben,  bis  man  fibereingejfommen  fein  mirb,  tok  ber 
^ug  auf  bas  oort^eill^aftefte  lönne  geffll^rt  merben.  siiQein  koeld^e  2:i^or« 
l^eit  ifi  eS,  ftd^  in  einen  fold^en  @treit  einjulaffen,  koo  eS  unmögli^  ift  fid^  15 
einanber  auf  einftimmige  Smpfinbungen  gu  führen,  toeil  baS  ©effll^l  gar 
nid^t  einftimmig  ifl!  ®lei(^mo^l  toirb  bod^  ein  SRenfd^  Don  ber  grSbften 
unb  gemeinften  @nq)finbung  loal^mel^men  lönnen:  ba^  bie  Steige  unb  9ln« 
nel^mlid^ten  beS  SebenS,  meldte  bie  entbel^rlid^fie  gu  fein  fil^einen,  unfere 
meijle  Sorgfalt  auf  ftd^  jie^en,  unb  bag  mir  menig  2;riebfebem  gu  fo  Diel«  30 
fdltigen  Semfll^ungen  übrig  l^aben  mfirben,  koenn  mir  jene  auSfd^liegen 
kDonten.  Smgleid^en  ifi  kool^l  niemanb  fo  grob,  bag  er  ni^t  em^finbe,  bag 
eine  ftttlid^e  ^anblung  menigjtenS  an  einem  anbern  um  befto  mel^r  r&l^re, 
ie  meiter  fie  oom  @igennu^e  ifi,  unb  ie  mel^r  {ene  eblere  antriebe  in  i^r 
^erDorjled^H.  95 

äSenn  id^  bie  ebele  unb  fd^mad^e  Seite  ber  9Renfd^en  loed^felsmeife 
bemerle,  fo  Dertoeife  id^  eS  mir  felbfi,  ba^  id^  ni(^t  benjenigen  @tanb^unft 
gu  nel^men  Dermag,  oon  mo  biefe  Sbfted^ungen  baS  groge  ®em&lbe  ber 
gangen  menfd^lid^en  9latur  gleid^mol^l  in  einer  rAl^renben  ®eftalt  bar« 
fteKen.  S>enn  id^  befd^eibe  mid^  gerne:  ba^,  fo  fern  es  gu  bem  (Sntmurfe  so 


TtaJjii^tlt  tl^un  lann,  imfileid^en  bai  er  unDergleic^nd^  mol^I  fd^I&ft,  bau  to\xb  man 
i^m  tüofjH  <kld  ein  Seid^en  etneS  guten  ÜRagenS,  aber  ni(|t  al&  ein  iSSerbienfl  auS« 
legen.  S)agegen  mer  einen  ^til  feiner  ^af^l^tii  bem  Inl^ören  einer  !DhtfiI  auf- 
opfert ober  bei  einer  ©d^ilberei  fi4  in  eine  angenel^me  gerftreuung  oertiefen  lann, 
ober  einige  mi^ige  @ac^en,  menn  eiS  au6^  nur  poetif^e  5^1einigleiten  mdren,  gerne  w 
lieft,  ^at  bod^  faft  in  |ebermannd  Kugen  ben  Knftanb  eined  feineren  ÜJi^enfi^en,  \>on 
bem  man  eine  Dort^eiQaftere  unb  für  i^n  rül^mlid^ere  Weinung  l^at. 


2.  «bWnitt.  227 

bcr  großen  Sttatur  g^^ört,  blefe  grotcSic  Stellungen  nid&t  anberä  a\S  einen 
ebelcn  Sluöbrud  geben  Wunen,  ob  man  fd^on  üiel  gu  furjftd^tig  Ip,  jlc  in 
biefem  SSerl^dltnlRe  ju  überfeinen.  Um  inbejfen  boc^  einen  \äitoaiitn  ^\id 
l^ierauf  gu  »erfen:  fo  glaube  id^  folgenbe«  anmerfen  ju  f5nnen.  ©erienigen 

6  unter  ben  SWenfd^en,  ble  nod^  ©runbfdfeen  üerfal^ren,  pnb  nur  fel^r 
wenige,  mKfjt^  aud^  überaus  gut  i[t,  ba  ed  [o  leicht  gefc^el^en  lann,  bag 
man  in  biefeit  ©runbfä^en  ine  unb  alsbann  ber  Slad^tl^eil,  ber  baraud 
enoäd^ll,  fid^  um  befto  xotittt  erftredt,  j[e  aUgemeiner  ber  ©runbfa^  unb 
je  flanb^after  bie  $erfon  ift,  bic  i^n  pd&  Dorgefefet  l^at.  2)erer,  fo  auö 

10  gutl^ergigen  2;r{eben  l^anbeln,  ^nb  toett  mel^rere,  toelddeS  dugerft 
Dortrefflid^  ift,  ob  eS  gleich  einzeln  nid^t  a\&  ein  fonberlid^eS  SSerbienfl  ber 
$erf on  lann  angered^net  toerben ;  benn  biefe  iugenbl^afte  Snftincte  feilten 
mol^l  bidtoeilen,  aQein  im  3)urdnfdnnitte  leiften  fie  eben  fo  tool^l  bie  groge 
Slbfid^t  ber  ytatnx,  xoit  bie  übrige  ^nftincte,  bie  fo  regelmäßig  bie  tl^ierifd^e 

15  9BeU  betoegen.  3)erer,  bie  il^r  aüerliebfieS  @elb[t  a\i  ben  einjigen  Se^^ 
giel^ungdpunlt  il^er  Semü^ungen  ftarr  Dor  9ugen  l^aben,  unb  bie  um 
ben  @igennu^  als  um  bie  große  Sd^fe  alleig  gu  bre^en  fud^en,  giebt  eS 
bie  m et  fie,  morüber  aud^  ni(i)td  SSort^eill^aftered  fein  lann,  benn  biefe 
finb  bie  emfigften,  orbentUd^ften  unb  bel^utfamfien;  fie  geben  bem  ®angen 

30  {Haltung  unb  i^eftigleit,  inbem  fie  aud^  ol^ne  il^re  Sbftd^t  gemeinnü^ig 
toerben,  bie  not^loenbigen  IBebürfntffe  l^erbeifd^affen  unb  bie  ©runblage 
Hefern,  über  toeld^e  feinere  Seelen  Sdijönl^eit  unb  SSBo^Igereimtl^eit  oer« 
breiten  lonnen.  Snblid^  ift  bie  Sl^rliebe  in  aller  Sßenfc^en  bergen,  ob« 
gmar  in  ungleid^em  3Raße,  oerbreitet  morben,  toeld^eS  bem  ®angen  eine 

96  bis  gur  SBemunberung  reigenbe  Sd^dnl^eit  geben  muß.  S>enn  koiemo^I  bie 
e^rbegierbe  ein  tl^örid^ter  SBal^n  ift,  fo  fern  er  gur  SRegel  toirb,  ber  man  bie 
übrigen  Steigungen  unterorbnet,  fo  ift  fie  bod^  als  ein  begleitenber  Srieb 
&ußerft  Dortrefflid^.  S)enn  inbem  ein  feber  auf  ber  großen  Sül^ne  feinen 
l^errfd^enben  Steigungen  gemdß  bie  ^anblungen  oerfolgt,  fo  mirb  er  gu« 

30  gleid^  burd^  einen  gel^eimen  antrieb  beioogen,  in  ©ebanfen  außer  ^d^ 
felbft  einen  Stanbpunft  gu  nel^men,  um  ben  Snftanb  gu  beurtl)eilen,  ben 
fein  Setragen  l^at,  loie  eS  ausfeile  unb  bem  ßufd^auer  in  bie  Slugen  falle. 
S)aburdn  vereinbaren  fid(|  bie  oerfd^iebene  ©ruppen  in  ein  ©emdibe  oon 
prdddtigem  9[uSbrud(,  m  mitten  unter  großer  ^annigfaltig!eit  Sin^eit 

36  ^eroorleu^tet,  unb  bad  ©ange  ber  moralifd^en  Statur  Sd^ön^eit  unb  SSürbe 
an  fid^  geigt. 

16* 


228        SSeoBad^tungen  über  bad  (Skfftl^I  M  @d§önen  unb  (Sil^benen. 

2)rittcr  «bf^ttttt. 

9$on  bem  Unterfd^iebe  beS  ^rl^aBenen  unb  (Sd^dnen  in  bem 

©egenoerl^ältnig  beiber  ©efd^Ied^ter. 

S)erj[enige,  fo  juerfi  ba8  gfrauenjimmer  unter  bem  Flamen  bed  f(i^5« 
nen  ©efd^led^ts  begriffen  ^at,  lann  t^ieUeid^t  etwas  Sil^meiddell^afteS  s 
l^aben  jagen  ttoOen,  aber  er  l^at  es  beffer  getrotfen,  atö  er  mol^I  felbft  ge« 
glaubt  l^aben  mag.  S>enn  ol^ne  in  (SrtDdgung  gu  gießen,  bag  il^re  ®ejtaU 
Aberl^aupt  feiner,  il^re  QüQt  g&rter  unb  fanfter,  il^re  ÜRiene  im  SmSbrude 
ber  ^eunblid^Ieit,  beö  Sd^er jed  nnb  ber  Seutfeligteit  bebentenber  unb  ein« 
nel^menber  i[t,  ald  bei  bem  mfinnlid^en  ®efd^Ie(^t,  o^ne  aud^  baSienige  gu  lo 
Dergeffen,  tt)ad  man  fAr  bie  geheime  Sauberlraft  abred^nen  mug,  moburt^ 
fit  unfere  Seibenfd^aft  jum  Dortl^eill^aften  Urtl^eile  für  fie  geneigt  mad^en, 
fo  liegen  Domel^mlid^  in  bem  ®emfit^dd^aralter  biefeS  ®efd(|le(!^tö  eigen« 
tl^ümlid^e  3&g^  bie  eS  Don  bem  unferen  beutlid^  unterfd^eiben  unb  bie  bar« 
auf l^auptf ft(!^Iid^ l^inauSlaufen, {ie burd^  bad9RertmaIbed@(^5nenIennt<i  u 
tt(^  jtt  mad^en.  StnbererfeitS  I5nnten  mir  auf  bie  Benennung  bed  eblen 
®ef(^Ied^tö  Snfprudd  mad^en,  menn  eS  ntd^t  aud^  Don  einer  eblen  ®e« 
müt^Sart  erforbert  koftrbe,  6^rennamen  absulel^nen  unb  fie  lieber  gu  er« 
tl^eilen  al&  ju  empfangen,  ^ieburd^  mirb  nun  nid^t  t^erfianben:  bag  bad 
t^rauenjimmer  ebeler  (Sigenfd^aften  ermangelte,  ober  ba§  mdnnlid^e  ®e«  «o 
f(^le(!^t  ber  Sd^önl^eiten  g&nglit^  entbel^ren  mfigte,  t>ielme]^r  ermartet  man, 
bag  ein  iebed  ®efd^Ied^t  beibe  vereinbare,  boc^  fo,  bag  bon  einem  fSrrauen« 
{immer  aUe  anbere  SBorgfige  fid^  nur  bagu  Dereinigen  foHen,  um  btn  (S^a« 
ratter  beiS  @d(|5nen  gu  erl^öl^en,  meld^er  ber  eigentlid^e  Segiel^ungdpunlt 
ift,  unb  bagegen  unter  ben  mdnnlid^en  @igenfd(iaften  bad  ßrl^abene  aK  n 
ba8  Aenngeid^en  feiner  Slrt  beutlid^  l^erDorfted^e.  hierauf  mfiffen  alle  Ur« 
tl^eile  Don  biefen  gmei  Gattungen,  fotool^I  bie  r&l^mlid^e  als  bie  bts  ZahAi, 
fid^  begiel^en,  aQe  (Srgiel^ung  unb  Untermeifung  mug  biefeS  t^or  Sugen 
l^aben  unb  aQe  Semftl^ung,  bie  fittlit^e  SoHIommenl^eit  bed  einen  ober  bed 
anbern  gu  bef5rbern,  too  man  nid^t  ben  reigenben  Unterf(^ieb  unlenntlidd  ao 
machen  loia,  ben  bie  Statur  gtoifil^en  gmei  SRenfd^engattungen  l^at  treffen 
moQen.  S)enn  tS  ift  l^ier  nid^t  genug  fid^  t^orgufteOen,  bag  man  äRenfc^en 
oor  ftd^  l^abe,  man  mug  gugleid^  nid^t  aud  ber  ad^t  laffen,  ba^  biefe  3Ren« 
fd^en  nid^t  oon  einerlei  8rt  finb. 


3.  ICbf^nitt.  229 

Sias  tSrrauenjimmer  l^t  ein  angebomeS  ftMtni  ®efül^l  fflr  aUee, 
toai  fd^in,  iterlidd  unb  geft^müdtt  ift.  @d^on  in  ber  Jtinbl^eit  {inb  fie  gerne 
gepn^t  itnb  gefaUen  fid^,  loenn  fie  gejiert  finb.  @{e  {inb  reinlid^  unb  fel^r 
airtHd^  in  anje^ung  aQeS  beffen,  »ad  6Iel  oerurfac^t.  @ie  lieben  ben 
»  Sd^erj  unb  I5nnen  burd^  Jtlelnigteiten,  toenn  {ie  nur  munter  unb  lad^enb 
finb,  unterl^Iten  »erben.  Sie  l^aben  fel^  frfil^  ein  {tttfameS  Sefen  an 
fid^,  loiffen  {id^  einen  feinen  Snftanb  ju  geben  unb  befi^en  fid^  {elb|i;  unb 
biefeS  in  einem  Klter,  »enn  unfere  »ol^lerjogene  m&nnlid^e  Sugenb  nodd 
unb&nbig,  t5I))i{d^  unb  verlegen  ifl.  @ie  l^aben  r>it\  tl^eilnel^menbe  (Sm* 

10  pflnbungeni  ©utl^erjigleit  unb  ÜRitleiben,  gießen  bad  @(^dne  bem  fft&l^ 
U(^en  wx  unb  »erben  ben  Überflu|  bee  Unterhalte  gerne  in  @parf amieit 
t)ermanbeln,  um  ben  8(uftt)anb  auf  baS  @d^immembe  unb  ben  ^u^  ju 
unterflü^en.  @ie  {tnb  oon  fe^r  j&rtli(^er  ßm^finbung  in  Snfel^ung  ber 
minbeflen  Seleibigung  unb  flberaue  fein,  ben  geringjten  SRangel  ber  Suf« 

u  merifamleit  unb  Sd^tung  gegen  fie  ju  bemerten.  Stür^,  fie  entl^alten  in 
ber  menfd^Iid^en  9latur  ben  ^auptgrunb  ber  Slbfted^ung  ber  fd^önen  Sigen- 
f(!^aften  mit  ben  ebelen  unb  Derfeinem  felbft  baS  mdnnli(!^e  ®efd^Ied^t. 

9Ran  »irb  mir  ^offentli(!^  bie  ^erj&^lung  ber  m&nnli(!^en  ßigen« 
fd^aften,  in  fo  fem  {te  lenen  paraQel  finb,  f(^enlen  unb  {td^  befriebigen 

30  beibe  nur  in  ber  ®egeneinanberl^altung  au  betrad^ten.  S)ad  fd^5ne  ®e« 
fd^Ied(|t  l^at  eben  [o  »ol^l  93erftanb  ate  bae  minnlic^e,  nur  eö  ifl  ein 
fdb^ner  Serflanb,  ber  unfrige  foU  ein  tiefer  Serftanb  fein,  »eld^eö 
ein  au8brud(  ift,  ber  einerlei  mit  bem  Srl^abenen  bebeutet. 

Sur  @d^5n]^eit  aDer^anblungen  gel^5rt  t)orne^mlid^,  ba^  fie  Seid^tig« 

96  teit  an  fic^  geigen  unb  ol^ne  pelnlid^e  Semü^ung  fd^einen  Dolljogen  gu 
»erben;  bagegen  Sefirebungen  unb  fiber»unbene  €l(!^»ierigteiten  Se« 
»unberung  enegen  unb  gum  @r]^abenen  gel^ören.  SiefeS  Slac^ftnnen  unb 
eine  lange  fortgefe^te  SSetra^tung  {tnb  ebel,  aber  fd^»er  unb  fd^idfen  fi(^ 
nid^t  »0^1  für  eine  $erfon,  bei  ber  bie  ungeg»ungene  Steige  nid^td  anberS 

30  als  eine  fdböne  9latur  geigen  follen.  SRfll^fameS  Sernen  ober  peinlidies 
®rAbeln,  »enn  ee  gleid^  ein  ^auengimmer  barin  ^od^  bringen  foDte,  oer« 
tilgen  bie  Sorguge,  bie  il^rem  ®ef(!bled^te  eigentl^ümlii!^  finb,  unb  lonnen 
biefelbe  »ol^l  um  ber  Settenl^eit  »illen  gum  ®egen{lanbe  einer  lalten  fßt» 
»unberung  mailben,  aber  fie  »erben  gugleid^  bie  Steige  f(!^»&d^en,  »oburdd 

36  fie  il^re  gro|e  ®e»alt  über  bad  anbere  ®ef(!ble(!^t  ausüben.  Sin  trauen« 
gimmer,  baiS  ben  Xop\  t)oa  ®rie(!^if(!^  ^at,  »ie  bie  g^rau  S>acier,  ober 
über  bie  SReddanil  grünblid^e  €treitigteiten  fül^rt,  »ie  bie  SRarquifin  t^on 


230        9ei>&a4timgen  fiber  bQ&  (Sef&^l  M  B^^nitn  imb  (h^abcncii. 

e^aflelet,  mag  nur  immerhin  noil^  einen  Sart  bagn  ^ben;  benn  biefer 
würbe  t^teOeid^t  bie  SKene  bed  Sieffinnd  noc^  lenntliil^er  auSbruden,  um 
loeldien  fte  ft^  beioerben.  S>er  ft^bne  Serflanb  »i^It  gn  feinen  ®egen- 
ftinben  alle«,  \oa&  mit  bem  feineren  ®effil^I  na^  üenoanbt  ifi,  unb  aber« 
ligt  abfhracte  Speculattonen  ober  Jlenntniffe,  bie  nü^Iic^,  aber  troden  5 
finb,  bem  emftgen,  grfinblid^en  unb  tiefen  Serfianbe.  3>a8  grauengimmer 
mirb  bemnad^  leine  Geometrie  lernen;  e«  mirb  Dom  @a^e  be«  gureid^en» 
ben  ®runbed,  ober  ben  SRonaben  nur  fo  oiel  loiffen,  a\&  ha  not^ig  ift,  um 
bad  6ali  in  ben  @))ottgebi(^ten  gu  oerne^men,  meldte  bie  feid^te  ®rübler 
unf  ered  Oefd^Ied^td  burd^gegogen  l^aben.  3>ie  €d^ftnen  Ibnnen  ben  (SarteftuS  10 
feine  äSirbel  immer  breiten  laffen,  o^ne  fid^  barum  gu  befummern,  n)enn 
aud^  ber  artige  ^ontenelle  i^nen  unter  ben  Sanbelflernen  ©efeDfd^aft 
letflen  ttoQte,  unb  bie  Sngiel^ung  i^rer  Steige  oerliert  nid^tä  oon  i^rer  ®t^ 
malt,  menn  fte  gleid^  nt(^td  Don  aOem  bem  miffen,  mad  Slgarotti  gu 
i^rem  93eften  oon  ben  Slngiel^ungdlr&ften  ber  groben  aRaterien  nad^  bem  u 
ülemton  aufgugeid^nen  bemül^t  geioefen.  @ie  »erben  in  ber  ®efd^id^te  fid^ 
nid^t  ben  ^opf  mit  Sd^Iad^ten  unb  in  ber  @rbbefd^reibung  nid^t  mit 
t^eftungen  anfuQen;  benn  eS  fd^idt  {id^  für  fte  eben  fo  menig,  bag  fte  mii 
Sd^ie^pulüer,  als  für  bie  SRanndperfonen,  ia^  fie  nad^  Sifam  ried^en 
foUen.  90 

e«  fc^eint  eine  boSl^afte  Sift  ber  SRanndperfonen  gu  fein,  bag  fie  baS 
fd^one  ©efd^Ied^t  gu  biefem  oerfel^rten  ©ef^made  l^aben  oerleiten  moQen. 
S)enn  mol^l  bemüht  i^rer  Sc^ioäd^e  in  Slnfe^ung  ber  natürlid^en  Steige 
beffelben,  unb  bag  ein  eingiger  fd^alf^after  93lid  fte  mel^r  in  SSermirrung 
fe^e  aU  bie  ft^koerfte  @d^ulfrage,  fe^en  ^e  {td^,  fo  balb  bad  f^auengimmer  25 
in  biefen  ©efd^mod  einfc^ldgt,  in  einer  entfd^iebenen  Überlegenheit  unb 
{tnb  in  bem  SSortl^eile,  ben  {te  fonft  fcl^toerlid^  l^aben  mürben,  mit  einer 
grogmütl^igen  9lad[){td^t  ben  Cd^mäd^en  i^rer  @itelteit  aufgul^elfen.  3)er 
Snl^alt  ber  großen  SBiff enfd^aft  beS  f^rouengimmerd  ift  Dielmel^r  ber  SRenfd^ 
unb  unter  ben  3ßenfc^en  ber  3Rann.  S^i'e  äBeltmeidl^eit  ift  nt(!^t  SSemünf^^  so 
teln,  f onbern  (Smpfinben.  Sei  ber  ©elegenl^eit,  bie  man  il^nen  geben  toill 
it|re  fd^öne  9latur  audgubilben,  mug  man  biefeS  SSerl^ältnig  jebergeit  t)or 
äugen  liaben.  SRan  tttrb  i^r  gefammted  moralifcl^eg  ©efül^I  unb  ni(^t 
il^r  ©ebad^tnig  gu  enoeiiern  fud^en  unb  gmar  nic^t  burd^  aUgemeine  ätegeln, 
fonbern  burd^  einiges  Urtl^etl  über  baS  Setragen,  toeld^eS  fte  um  ftd^  feigen.  33 
2)ie  Seifpiele,  bie  man  au«  anbern  Seiten  entlcl^nt,  um  ben  ©influfe  ein* 
gufel^en,  ben  bad  f(^5ne  ®e{(^le(^t  in  bie  Sßeltgef d^äfte  gel^abt  l^at,  bie  man« 


8.  IKfd^niti  231 

d^erlei  Serl^ftltniffe,  barin  ti  in  anbnn  S^Ualtem  ober  in  fremben  Sanben 
gegen  bai  mftnnlid^e  geftanben,  ber  (SSfaxafttx  Beiber,  fo  fem  er  {id^  l^ie« 
burd^  erldutern  I&|t,  unb  ber  Derfinberlid^e  ©efd^ntad  ber  SSergnügungen 
mad^en  il^re  gange  ©efd^iil^te  unb  ©eogropl^ie  auS.  @8  ift  fd^5n,  ba^  einem 
5  f^rauengimmer  ber  anblid  einer  j^arte,  bie  entoeber  ben  gangen  (Srbireid 
ober  bie  Dornel^mfte  Steile  ber  äSelt  oorflellt,  angenel^m  gemad^t  loerbe. 
S)iefed  gefd^iel^t  baburd^,  ba|  man  fie  nur  in  ber  8[bftd[|t  Dorlegt,  um  bie 
unterfd^ieblid^e  Sl^araltere  ber  äSfilter,  bie  {te  beioo^nen,  bie  SSerfd^ieben« 
l^eiten  il^red  ©efd^madld  unb  ftttlid^en  ®efül^tö,  Dornel^mlid^  in  Slnfel^ung 

10  ber  SBirfung,  bie  biefe  auf  bie  ©efd^Ied^teroerl^&Itniffe  ^aben,  babei  gu 
fd^ilbern,  mit  einigen  leidsten  @rlftuterungen  au8  ber  SBerfd^iebenl^eit  ber 
^immelsjlrid^e,  il^rer  i^reil^eit  ober  ©tlaoerei.  6S  ift  loenig  baran  gelegen, 
ob  {ie  bie  befonbere  Slbtl^eilungen  biefer  Sdnber,  il^r  ©eioerbe,  SRad^t  unb 
Sel^errfd^er  to)if[en  ober  nic^t.  @ben  fo  »erben  fie  oon  bem  Sßeltgebdube 

15  nid^tö  mel^r  gu  lennen  nötl^ig  l^aben,  a\i  nbtl^ig  ift,  ben  ^nhlid  beS  $im« 
meld  an  einem  fd^önen  ^Ibenbe  i^nen  rül^renb  gu  mad^en,  menn  {te  einiger» 
magen  begriffen  l^aben,  bag  nod^  mel^r  äSelten  unb  bafelbft  nod^  mel^r 
fd^one  (Sefd^opfe  angutreffen  finb.  ©efü^I  für  @(i^ilbereien  oon  SluöbrudC 
unb  für  bie  Sonlunft,  nid^t  in  fo  fern  fie  Jhtnft,  fonbern  (Smpfinbung 

30  dugert,  aQed  biefed  oerfeinert  ober  erl^ebt  ben  ®efd^mad(  biefeö  ©efd^Ied^tö 
unb  \)at  iebergeit  einige  SSerhiä^fung  mit  ftttlid^en  Stegungen.  9liemald 
ein  falter  unb  fpeculatber  Unterrid^t,  iebergeit  @mpflnbungen,  unb  gtoar 
bie  fo  nal^e  tote  moglid^  bei  il^rem  ©efd^led^toerl^&Itniffe  bleiben.  S)iefe 
Unterioeifung  ift  barum  fo  feiten,  meil  fie  Salente,  (Srfal^renl^eit  unb  ein 

as  ^erg  ooQ  ©eful^l  erforbert,  unb  jeber  anbern  lann  bas  ^rauengimmer  fel^r 
loo^l  entbel^ren,  mte  eS  benn  aud^  ol^ne  biefe  ftd^  oon  felbft  gemeiniglid^ 
fel^r  kool^l  audbilbet. 

S>ie  Slugenb  bed  i^rauengimmerd  ift  eine  fd^one  Sugenb.*)  S)ie 
beS  mftnnlid^en ®efd^Ied(|tS  foll  eine  ebele  Sugenb  fein.  @ie  merben  bad 

30  Söfe  oermeiben,  nid^t  toeil  ed  unred^t,  fonbern  loeil  eS  l^Aglid)  ift,  unb 
tugenbl^afte  ^anblungen  bebeuten  bei  il^nen  foldbe,  bie  fittlid^  fd^bn  finb. 
Stic^tS  oon  €onen,  nid^ts  oon  SRüffen,  nid^ts  oon  @(^ulbigleit.  S)ad 
^auengimmer  ift  aQer  93ef el^Ie  unb  aQeS  mürrif d^en  ätx>an%tS  unleiblid^. 


*)  2)tefe  lourbe  oben,  @.  24  [217],  in  einem  fitengen  Urtl^eil  aboptirte  Slugenb 
zb  genannt;  l^ter,  ba  fie  um  beS  ©efcl^Ie^tiS^arofterd  miUen  eine  gönßige  SRei^tfertigung 
Derbient,  ^eigt  fie  überhaupt  eine  f(|5ne  Sugenb. 


€ie  i^n  etiiHtf  nur  banmi,  odl  cS  i^nen  fo  belidtt,  mib  Me  Jhinfl  befielt 
barin  gn  maätta,  bag  il^en  intr  boSiemge  bdiebe,  WA  gut  ifi.  3d^ 
glaube  f (!^iDerti4,  bag  baS  fd^ne  (Bef^Ied^t  bcr  0niiibffi|e  fibig  fri,  nnb 
t(^  ^offe  babnr^  nid^t  gn  beleibigen,  beim  biefe  finb  ait4  iufterfi  fetten 
beim  m£nnlt(^en«  S>af&r  aber  1^  bie  Sotfe^nng  in  ibren  Snfen  gütige  » 
nnb  »ol^InwOenbe  Srnpfinbungen,  ein  feines  0efü$[  ffir  anfi&nbigfeit 
nnb  eine  gef&Dige  6eeie  gegeben.  9Ran  forbere  \a  niibt  Snfopfernngen 
nnb  gro^fit^igen  @eIbp2tDang.  Sin  Slonn  ning  eS  feiner  ^uen  nie* 
ntaU  fagen,  isenn  er  einen  2^1  feines  SermbgenS  nm  einen  S^ennb  in 
@efa]^r  fe|t.  Sarunt  »iO  er  ibre  ntnntere  (Befpr&ibiglett  feffdn,  babnnb  lo 
ba^  er  il^r  9emfit|  mit  einem  mistigen  (Be^eimniffe  beUfUgt,  beffen  auf* 
bema^mng  il^m  allein  obliegt?  @elbfl  r>\tlt  t)on  i^ren  Sd^koadbl^etten  finb 
fo  ju  reben  f (!^ dne  greller.  Seleibigung  ober  Itnglüd bemegen  i^re  jarte 
6eele  jur  SSe^mutb-  Skr  SRann  mn|  niematt  anbre  als  gro^mfttbige 
Sl^rdnen  »einen,  ^te,  fo  er  in  Schmer  gen  ober  aber  OlfidSumß&nbe  oer*  u 
gie^t,  mad^en  il^n  ueräd^tlicb-  S>ie  (Sitelleit,  bie  man  bem  \ifintn  @e» 
fd^led^te  fo  Oielf&ltig  oorrfldt,  koofem  fie  [a  an  bemfelben  ein  ^e^Ier  ifi, 
fo  ift  ße  nur  ein  fibbner  ^el^ler.  3>enn  ju  gefd^meigen,  bag  bie  StannS* 
perfonen,  bie  bem  ^rauenjimmer  fo  gerne  f(bmei(beln,  Abel  baran  fein 
toürben,  toenn  biefeS  nid^t  geneigt  mdre  eS  mo^l  aufgunel^men,  fo  beleben  ao 
fie  baburdd  »irttiib  ibre  Steige.  S>iefe  Steigung  ifi  ein  antrieb,  Snne^m* 
Ud^Ieiten  unb  ben  guten  8(nflanb  gu  geigen,  tl^ren  munteren  äBib  fpielen 
gu  laffen,  imglei(ben  burcb  bie  t>er&nberlid^e  Srfinbungen  beS  $u^eS  gu 
fd^immern  unb  il^re  €(b5nl^t  gu  er^d^en.  hierin  ift  nun  fo  gar  nicbtS 
SBeletblgenbeS  für  anbere,  fonbem  oielmel^r,  menn  eS  mit  gutem  ®e*  25 
f(bmad(e  gemad^t  toirb,  fo  t^iel  artiges,  ba|  eS  fel^r  ungegogen  ift  bagegen 
mit  mürrifd^em  Sabel  loSgugiel^en.  (Sin  i^auengimmer,  baS  hierin  gar 
gu  flatterl^aft  unb  gautelnb  ifi,  l^ei|t  eine  %drrin;  toeld^er  auSbrudC 
gletd^tool^l  leine  fo  l^arte  99ebeutung  l^at,  als  mit  oeränberter  Snbfilbe 
beim  SRanne,  fo  gar  bag,  koenn  man  ftd^  unteretnanber  oerftel^t,  eS  mo^l  ao 
blSmetlen  eine  Dertrauli^be  @d(|meid^elei  angeigen  tann.  Sßenn  bie  @itel* 
feit  ein  ^el^ler  ift,  ber  an  einem  f^auengimmer  fel^r  mol^I  ßntfd^ulbignng 
))erbient,  fo  ift  baS  aufgeblafene  9Bef en  an  il^nen  nid^t  aOlein,  fo  mie 
an  SRenf d^en  überl^aupt  tabel^aft,  fonbem  oerunftaltet  gdnglid^  il^ren  ®e* 
f(ble(btS(^araIter.  S)enn  biefe  Stgenfcbaft  ift  überaus  bumm  unb  ^d^licb  S5 
unb  bem  elnne^menbeu  befcbeibenen  Steige  gdnglicb  entgegen  gefegt.  SUS* 
bann  ifi  eine  fold^e  $erfon  in  einer  fd^lüpfrigen  Stellung.   @ie  XDXxb  ftcb 


3.  «bfd^niit.  233 

gefallen  laffen  ol^ne  aQe  Slad^fid^t  unb  f(!^arf  beurtl^eilt  gu  »erben;  benn 
»er  anf  ^od^ad^tung  (od^t,  forbett  afleS  nnt  ftd^  }um  Sabel  auf.  (Sine 
Hebe  6ntbedCung  aud^  beS  minbejien  f^el^IetS  mad^t  {ebermann  eine  malere 
Srreube,  nnb  baS  SBort  9ldrtin  üerliert  l^ier  feine  gemilberte  Sebeutung. 

5  9Ran  ntug  (Eitelfeit  unb  Slufgeblafenl^eit  {eberjeit  unterfd^eiben.  3)ie 
erftere  fuc^t  ^OeifaQ  unb  e^rt  gemiffennaBen  biefenige,  um  beten  »iOen  fte 
f{(^  biefe  Semü^ung  giebt,  bie  joeite  glaubt  fid^  fd^on  in  bent  tt5Qigen 
Sefi^e  beffelben,  unb  inbent  {ie  leinen  gu  enoerben  bejirebt,  fo  getoinnt 
fte  aud^  feinen. 

10  SBenn  einige  Sngrebiengien  tton  (Eitelfeit  ein  f^auengimmer  in  ben 
8ttgen  beS  ntdnnlid^en  (Sefd^Ied^tS  gar  nid^t  »erungieren,  fo  bienen  fte  bod^, 
ie  ftd^tbarer  fte  finb,  um  befto  mel^r  bod  f(f)öne  ®efd^led^t  unter  einanber 
gu  veruneinigen.  @ie  beurtl^eilen  einanber  alsbann  fel^r  fd^arf,  »eil  eine 
ber  anberen  Steige  gu  verbunfein  fd^eint,  unb  eS  finb  aud^  »irflii!^  biefenige, 

15  bie  nod^  ftarfe  Snntagungen  auf  (Eroberung  ma(!^en,  fetten  greunbinnen 
von  einanber  im  maleren  SSerflanbe. 

3)em  ©deinen  ift  nichts  fo  fe§r  entgegengefe^t  als  ber  (Sfel,  fo  »ie 
nid^td  tiefer  unter  bad  (Erhabene  fintt  ald  baS  2d(!^erlid^e.  3)a]^er  fann 
einem  3Ranne  fein  @d^impf  empfinblid^er  fein,  als  bag  er  ein  9larr,  unb 

so  einem  f^rauengimmer,  ba^  fte  etel^aft  genannt  »erbe.  2)er  engUfd^e  Su« 
f (Iraner  ^tt  bafür:  bag  einem  3Ranne  fein  äSonourf  t5nne  gemad^t  »er« 
ben,  ber  fr&nfenber  fei,  ale  »enn  er  für  einen  Sugner,  unb  einem  grauen» 
gimmer  fein  bittrerer,  als  »enn  {ie  für  unteufc^  ge^atten  »irb.  ^if  »iE 
biefeS,  in  fo  fern  eS  nad^  ber  Strenge  ber  ÜRoral  beurtl^eiU  »irb,  in  feinem 

n  äBertl^e  laffen.  SOein  ^ier  ift  bie  fjrrage  nid^t,  »aS  an  {i(^  felbft  ben 
größten  2;abel  verbiene,  {onbern  »ad  »irflic^  am  aflerl^ärteften  empfun» 
ben  »erbe.  Unb  ba  frage  ic^  einen  {eben  Sefer,  ob,  »enn  er  fid^  in  @e« 
banten  auf  biefen  %aVi  fe^t,  er  nid^t  meiner  SReinung  beiftimmen  muffe. 
3)ie  Sungfer  Slinon  SencIoS  mad^te  nid^t  bie  minbeflen  Slnfprud^e  auf  bie 

80  (E^re  ber  Äeufc^^eit,  unb  gleic^mo^I  »ärbe  {ie  unerbittlich  beleibigt  »or^» 
ben  fein,  »enn  einer  il^rer  Siebl^aber  fic^  in  feinem  Urtl^eile  fo  »eit  follte 
vergangen  §aben:  unb  man  »eig  baS  graufame  Sd^idffal  beS  9RonaI> 
beSc^i  um  eines  beleibigenben  SluSbrudfS  »iOen  von  fold^er  Slrt  bei  einer 
Sürflin,  bie  eben  feine  Sucretia  ^at  vorfteflen  »oHen.   @S  ift  unauSfte^:» 

35  lid^,  bag  man  nic^t  einmal  follte  S3ofeS  tl^un  fönnen,  »enn  man  gleid^ 
»ollte,  »eil  auc^  bie  Unterlaffung  beffelben  alsbann  iebergeit  nur  eine  fe^r 
g»eibeutige  Sugenb  ift. 


234        iOeobad^tungen  über  bad  @efftl§l  beiS  @$önen  unb  Stl^benen. 

Um  tton  biefem  ISIell^aften  fid^  fo  ixieit  afö  möglid^  gu  entfernen,  ge< 
l^ört  bie  Steinlid^teit,  bie  gtoar  einem  jjeben  ÜRenfd^en  niol^I  anfielet,  bei 
bem  fd^önen  ©efd^Ied^te  unter  bie  Sugenben  oom  er{len  Stange  unb  fann 
fdimerlid^  üon  bemfelben  gu  l^od^  getrieben  merben,  ba  fie  gleid^mol^I  an 
einem  9Ranne  bidmeilen  gum  Übermaße  fteigt  unb  aldbann  Ifippifd^  mirb.    5 

S)ie  @d^aml^aftigfeit  ift  ein  ©el^eimnig  ber  Statur  foixio^I  einer 
Steigung  ©d^ranten  gu  fe^en,  bie  fel^r  unbfinbig  ift  unb,  inbem  fte  ben 
Stuf  ber  Statur  für  {td^  l^at,  {td^  immer  mit  guten,  fittlid^en  @igenfd^aften 
gu  Dertragen  fd^eint,  menn  fte  gleid^  auSfd^meift.  @ie  ift  bemnad^  atö  ein 
Supplement  ber  ©runbf&^e  ^5d^fi  nötl^ig;  benn  eä  giebt  leinen  %aVi,  ba  10 
bie  Steigung  fo  leidet  gum  @opl^iften  »irb,  gefäQige  ©runbfd^e  gu  erRü- 
geln,  a\S  l^ier.  @ie  bient  aber  aud^  augleid^,  um  einen  gel^eimni^DoDen 
äSorl^ang  felbft  üor  bie  gegiemenbften  unb  notl^igften  Qmdt  ber  Statur 
gu  gielien,  bamit  bie  gar  gu  gemeine  Setanntfd^aft  mit  benfelben  nid^t 
@fel  ober  gum  minbeften  ©leid^gültigleit  üeranlaffe  in  Slnfe^ung  ber  Snb:'  i& 
abftc^ten  eineä  S^riebe^,  toorauf  bie  feinften  unb  lebl^afteften  Steigungen 
ber  menfd^Iid^en  Statur  gepfropft  ftnb.  S)iefe  Sigenfd^aft  ift  bem  fd^önen 
©efc^led^t  ))orgägIid^  eigen  unb  i^m  fel^r  anftfinbig.  (S&  ift  aud^  eine 
plumpe  unb  ))erdd^tlic^e  Ungegogen{)eit,  burd^  bie  Slrt  pöbell^after  @(!^erge, 
koeld^e  man  3oten  nennt,  bie  gartlid(|e  @ittfamfeit  beffelben  in  äSerlegen-  ao 
l^eit  ober  UniDillen  gu  fe^en.  Beil  inbeffen,  man  mag  nun  um  baS  ®e« 
l^eimuig  fo  weit  l^erumgel^en,  a\S  man  immer  koiQ,  bie  ®efd^led^terneigung 
bod^  allen  ben  übrigen  Steigen  enblid^  gum  @runbe  liegt,  unb  ein  grauen» 
gimmer  immer  atö  ein  ^rauengimmer  ber  angenel^me  ©egenftanb  einer 
lool^lgejitteten  Unterl^altung  ift,  fo  möd^te  barauiS  oielleid^t  gu  erfl&ren  25 
fein,  loarum  fonft  artige  SßannSperfonen  fic^  biSkoeilen  bie  t^reil^eit  nel^ 
men,  burd^  ben  Heinen  SRutl^ioillen  il^rer  Sd^erge  einige  feine  Slnfpielun» 
gen  burc^fd^einen  gu  laffen,  meiere  mad^en,  bag  man  fte  lof e  ober  fd^alf:» 
l^af  t  nennt,  unb  too,  inbem  fie  nieber  burd^  auSfpdl^enbe  Slide  beleibigen, 
nod^  bie  Sichtung  gu  oerle^en  gebenten,  fte  glauben  bered^tigt  gu  fein,  bie  so 
^crfon,  bie  c8  mit  unwilliger  ober  fpröber  SRiene  aufnimmt,  eine  ©^r» 
barfeitspebantin  gu  nennen,  ^ä)  f flirre  biefeS  nur  an,  meil  ed  ge» 
meiniglidd  afö  ein  etmaS  lül^ner  Sug  t)om  fd^5nen  Umgange  angefel^en 
n3irb,  aud^  in  ber  Sl^at  oon  ie  l^er  oiel  SBi^  barauf  ift  oerfc^menbet  mor« 
ben ;  toa^  aber  ba^  Urtl^eil  nac^  moralif d^er  Strenge  anlangt,  fo  gel^ört  35 
baS  nid^t  l^iel^er,  ba  id^  in  ber  ßmpfinbung  beS  @d^onen  nur  bie  @rfd^ei- 
nungen  gu  beobadi)ten  unb  gu  erläutern  l^abe. 


3.  «bf^nttt.  285 

3)ie  eMe  Stgenfd^aften  biefed  (Sefd^lec^tö,  meldte  {ebod^,  mie  toir  fd^on 
angemerlt  l^aben,  niemals  baS  ©effil^I  beö  6(!^önen  unfenntU(l^.ma(^en 
muffen,  {ünbigen  {id^  burd^  nid^tö  beutUd^er  unb  {td^erer  an  aU  burd(|  bie 
)93efd^eibenl^eit  einer  Srt  ))on  ebler  Einfalt  unb  9lait)et&t  bei  grogen 

&  Sorgägen.  Sud  berfelben  leud^tet  eine  rul^ige  SBol^Igemogenl^eit  unb  9[d^« 
tung  gegen  anbere  l^erttor,  gugleic^  mit  einem  getoiffen  eblen3utrauen 
auf  ftd^  {elb|l  unb  einer  bifligen  @elbftfd^d^ung  Derbunben,  meldte  bei 
einer  erl^abenen  (Semätl^Sart  iebcrjeit  anzutreffen  ift.  Snbem  biefe  feine 
SRifd^ung  gugleid^  burd^  Sfieije  einnimmt  unb  burc^  Sd^tung  riil^rt,  fo 

10  fleUt  fie  aUe  übrige  fd^immernbe  (Sigenfd^aften  tt>iber  ben  äRutJ^miDen  bzi 
S^abelö  unb  ber  Spottfud^t  in  Sid^erl^eit.  ^erfonen  üon  biefer  ©emAtl^ö« 
art  l^aben  aud^  ein  $erj  gur  S^reunbfd^aft,  melddeS  an  einem  f^rauengimmer 
niemals  tann  l^od^  genug  gefd^ä^t  iDerben,  »eil  eS  fo  gar  feiten  ift  unb 
gugleid^  fo  überaus  reigenb  fein  mug. 

u  2)a  unfere  Slbftd^t  i{l  über  Smpfinbungen  gu  urtl^eilen,  fo  fann  eS 
nid^t  unangenel^m  fein  bie  SBerfd^iebenl^eit  beS  (SinbrudFS,  ben  bie  ©eftalt 
unb  ©eftddtSgüge  beS  fc^önen  ®efd^led^ts  auf  baS  mfinnlid^e  machen,  mo 
möglid^  unter  Segriffe  ju  bringen.  3)iefe  ganje  SSegaubernng  ift  im 
®runbe  über  ben  (Sefd&led^tertrieb  öerbreitet.   S)ie  SRatur  öerfolgt  xijxt 

30  groge  Sbftd^t,  unb  aOe  i^einigfeiten,  bie  fid^  J^ingugefeUen,  fte  mögen  nun 
fo  koeit  baoon  abguftel^en  fd^einen,  mie  fte  kooKen,  ftnb  nur  SBerbrämungen 
unb  entlel^nen  il^ren  S^eig  boc^  am  @nbe  auS  eben  berfelben  Duelle.  @in 
gefunber  unb  berber  ®ef d^madC,  ber  ftd^  iebergeit  fel^r  nal^e  bei  biefem 
triebe  l^dlt,  koirb  burd^  bie  SReige  beS  SluftanbeS,  ber  ©eftd^tSgüge,  ber 

35  Singen  k.  k.  an  einem  f^rrauengimmer  menig  angefod^ten,  unb  inbem  er 
eigentlid^  nur  aufS  @ef(^led^t  ge^t,  fo  fielet  er  mel)rentl^eiU  bie  2)elicatef[e 
anberer  als  leere  S&nbelei  an. 

Sßenn  biefer  @efd^mad(  gleid^  niddt  fein  ift,  fo  ift  er  beSmegen  bod^ 

nid^t  gu  Derad^ten.   S)enn  ber  größte  2;^eil  ber  9ßenfd^en  befolgt  r>txm\U 

so  telft  beffelben  bie  grofee  Drbnung  ber  9iatur  auf  eine  fel^r  einfaltige  unb 

fiebere  ärt.*)   3)aburc^  »erben  bie  meiften  ßl^cn  bewirft  unb  gmar  Don 

bem  emftgften  Sl^eile  beS  menfd^lic^en  ®efc^led^ts,  unb  inbem  ber  ÜJtann 

*)  9Bie  aUe  2)titge  in  ber  SBelt  auc^  il^re  f^ltmme  (Seite  ^aben,  fo  iß  bei  bie* 

fem  Gefc^made  nur  au  bebauren,  bog  er  leichter  wie  ein  anberer  in  ^nberlid^feit 

35   ausartet.    S)enn  roeil  bad  %mex,  bad  eine  $erfon  entjünbet  fy\{,  eine  jebe  oubre 

ipieber  Idfc^en  fann,  fo  finb  ntc^t  genug  (Bc^toierigfeiten  ba,  bie  eine  unbonbige 

9leigung  einfc^rönfen  fdnnten. 


236        Seobo^tttngen  über  bod  Seffil§I  M  S^bnen  unb  Qr^enen. 

bcn  Aopf  nid^t  »on  6ejaubernben  Wenen,  fd^mad^tenben  Slugen,  eblem 
anjianbe  k.  k.  »oS  l^at,  aud^  nid^tö  wn  aOem  biefem  tterflel^t,  fo  »irb 
er  befto  aufmerlfamer  auf  l^ausl^dlterifd^e  Sugenben,  €parfamfeit  ic.  k. 
unb  auf  baS  (Stngebrad^te.  SaS  ben  etmaS  feineren  ®efd^madt  anlangt, 
um  beffentotnen  eS  nöt^ig  fein  mö(!^te  einen  Unterf d^ieb  unter  ben  duger«  & 
lid^en  Steigen  beS  f^auensimmerd  gu  ntad^en,  fo  ijl  berfelbe  entmeber  auf 
baiS;  »ad  in  ber  ®eftalt  unb  beut  auSbrudCe  beS  ©eftd^ts  ntoralif  d^  ifl, 
ober  auf  baS  Unmoralifc^e  geheftet.  (Sin  Srrauenjimmer  n)irb  in  9n« 
fel^ung  ber  8nne]^mli(!^feiten  wn  ber  Unteren  ürt  l^übfd^  genannt.  (Sin 
pro|)ortionirIid^er  )93au,  regelmd^ige  S&ge,  f^arben  tton  äuge  unb  ®e{td^t,  lo 
bie  gierlic^  abfte(!^en,  lauter  ©d^önl^eiten,  bie  aud^  an  einem  Slumen« 
ftrauge  gefaUen  unb  einen  lalten  SeifaQ  erloerben.  S)a8  (Sefid^t  fdber 
fagt  nid^ts,  ob  tS  gleich  l^übfd^  ijl,  unb  rebet  nic^t  gum  bergen.  Sias  ben 
Sudbrud  ber  3&ge,  ber  äugen  unb  ber  SRienen  anlangt,  ber  moralifd^  ijl, 
fo  gel^t  er  entmeber  auf  bad  (Sefft^l  beS  (Srl^abenen,  ober  beS  @d^önen.  u 
6in  ^rauengimmer,  an  meld^em  bie  Snnel^mlid^feiten,  bie  i^rem  (Se* 
fd^Ied^t  gegiemen,  oomel^mlid^  ben  moralifd^en  SuSbrud  beS  (Srlgabenen 
^erDorfted^en  laffen,  l^eigt  fd^bn  im  eigentlid^en  93erjlanbe,  bieienige,  be» 
ren  moraIif(!^e  3^d^nung,  fo  fern  fie  in  ben  ÜRienen  ober  (Sefid^tSgügen 
pd^  fennbar  mad^t,  bie  (Sigenfd^aften  beS Sd^bnen  anf&nbigt,  ift  annel^m«  lo 
lid^  unb,  loenn  fie  eS  in  einem  l^b^em  (Srabe  ift,  reigenb.  3)ie  erftere 
I&gt  unter  einer  SRiene  oon  (Selaffenl^eit  unb  einem  eblen  Slnjlanbe  ben 
Schimmer  eines  fd^5nen  äSerftanbeS  au8  befd^eibenen  Slidten  l^orfpie« 
len,  unb  inbem  fid^  in  i^rem  (Sefid^t  ein  gdrtUd^  (Sefül^I  unb  tDol^Ittoäen« 
beS  $erg  abmalt,  fo  bemdd^tigt  ^e  {td^  fomo^l  ber  9leigung  als  ber  $od^<  35 
ad^tung  eines  mdnnlid^en  ^ergenS.  3)ie  gtoeite  geigt  aRunterleit  unb  SBi^ 
in  lad^enben  8ugen,  ettt>aS  feinen  aßutl^millen ,  baS  Sd^dferl^afte  ber 
@c^erge  unb  fd^all^afte  @pr5bigfeit.  Sie  reigt,  nienn  bie  erftere  rül^rt, 
unb  baS  ©efäl^l  ber  Siebe,  beffen  fie  fdl^ig  ift  unb  toeld^e  fte  anberen  ein« 
flögt,  ift  flatterl^aft,  aber  fc^ön,  bagegen  bie  (Smpftnbung  ber  erfteren  90 
gdrtlid^,  mit  Sld^tung  oerbunben  unb  beftdnbig  ift.  3c^  mag  mic^  nid^t 
in  gar  gu  auSfül^rlic^e  ß^rgUeberungen  tton  biefer  Slrt  einlaffen;  benn  in 
fold^en  f^dKen  fd^eint  ber  93erfaf[er  |ebergeit  feine  eigene  92eigung  gu  ma« 
len.  Snbeffen  berül^re  id^  noc^ :  ba^  ber  (Sefc^madC,  ben  üiele  3)amen  an 
einer  gefunben,  aber  blaffen  Sarbe  ftnben,  ftc^  l^ier  tterftel^en  laffe.  S)enn  a& 
biefe  begleitet  gemeiniglid^  eine  (Semütl^Sart  oon  mel^r  innerem  ©efül^l 
unb  gdrtlid^er  Smpftnbung,  koelc^eS  gur  (Sigenf(^aft  beS  Srl^abenen  ge» 


8.  febfd^nitt.  237 

l^5rt,  bagegen  bte  rotl^e  unb  blfil^enbe  %axht  weniger  üon  ber  erfteren, 
aDetn  mel^r  tton  ber  frbl^Itd^en  unb  muntern  (Semätl^dart  anfftnbigt;  e8 
ift  aber  ber  SiteUeit  gemdger  gu  räl^ren  unb  gu  feffeln  als  ju  reigen  unb 
angulodten.  6S  tonnen  bagegen  ^erfonen  ol^ne  afleS  moralifd^e  ©effil^I 
ft  unb  o^ne  einigen  SuSbrudt,  ber  auf  @m|)ftnbungen  beutete,  fel^r  l^&bfd^ 
fein,  allein  fie  »erben  meber  rfil^ren  nod^  reigen,  ed  fei  benn  benienigen 
berben  ®ef  d^madt,  tton  bent  »ir  Sno&^nung  getl^an  l^aben,  meld^er  ft4 
bitoeilen  etmaS  verfeinert  unb  bann  nad^  feiner  art  au4  todl^It.  @d  ift 
fd^Iimm,  bag  berglei(^en  fd^5ne  ©efd^dpfe  leid^tlic^  in  ben  ^el^Ier  ber  Sluf « 

10  geblafenl^eit  verfaQen  bur4  baS  Seiougtfein  ber  fd^Snen  f^igur,  bte 
il^nen  il^r  €|)iegel  geigt,  unb  aud  einem  ÜRangel  feinerer  (Sm|)ftnbungen; 
ba  fie  bann  afleS  gegen  fid^  taltfinnig  mad^en,  ben  €d^meid^Ier  audge* 
nommen,  ber  auf  Slbfid^ten  auSgel^t  unb  Sldnfe  fd^miebet. 

3Ran  fann  nad^  biefen  Segriffen  vielleid^t  etnaS  von  ber  fo  oer* 

u  fd^iebenen  äBirlung  verftel^en,  bie  bie  (Seftalt  eben  beffelben  flauen» 
gimmerS  auf  ben  ®efd^madt  ber  ^dnner  tl^ut.  3)adienige,  »ad  in  biefem 
6inbrud(e  ftd^  gu  nal^e  auf  ben  (Sefd^Ied^tertrieb  begiel^t  unb  mit  bem  be» 
fonbem  »ollfiftigen  SBa^ne,  barin  fi^  eines  {eben  Sntppnbung  einflei» 
bet,  einftimmig  fein  mag,  berfil^re  id^  nid^t,  meil  ed  auger  bem  Segirte 

30  beS  feinern  (Sefd^maded  ift;  unb  tS  tann  vielleid^t  rid^tig  fein,  toai  ber 
^err  r>.  Suffon  vermutl^et,  bag  biefenige  ®eftalt,  bie  ben  erften  @inbrud( 
mad^t,  gu  ber  Seit,  loenn  biefer  S^rieb  nod^  neu  ift  unb  ftd^  gu  entmideln 
anfdngt,  baS  Urbilb  bleibe,  »orauf  in  ber  lünftigen  S^it  alle  meiblid^e 
Silbungen  mel^r  ober  weniger  einfd^Iagen  mfiffen,  meldte  bie  pl^antaftifd^e 

95  @el^nfud^t  rege  mad^en  fönnen,  baburd^  eine  giemlid^  grobe  Steigung  unter 
ben  verfd^iebenen  ®egenftdnben  eines  ®efd^Ied^ts  gu  »dielen  genöt^tgt 
»irb.  äBaS  ben  etmaS  feineren  ®efd^madt  anlangt,  fo  behaupte  id^,  bag 
bieienige  9ixt  von  €d^ön]geit,  meldte  toix  bie  pbfd^e  ®ejtalt  genannt 
l^aben,  von  allen  ![Rdnnern  giemlid^  gleid^firmig  beurtl^eilt  »erbe,  unb 

so  bag  barüber  bie  ÜReinungen  nid^t  fo  verfd^ieben  feien,  »ie  man  »ol^l  g^ 
meinfglid^  bafür  l^dlt.  S)ie  circaffifd^e  unb  georgifd^e  9Rdbd^en  ftnb 
von  allen  6uro|)dem,  bie  burd^  il^re  Sdnber  reifen,  {ebergeit  fär  überaus 
l^übfd^  gel^alten  »orben.  S)ie  Surfen,  bie  Slraber,  bie  Werfer  muffen 
»ol^I  mit  biefem  ®efd^madte  fel^r  einftimmig  fein,  »eil  fie  fe^r  begierig 

S5  ftnb  il^re  Sblterfc^aft  burd^  fo  feines  Slut  gu  verfc^bnem,  unb  man  merlt 
aud^  an,  bag  ber  perfifd^en  9fiace  biefeS  »irllid^  gelungen  ift.  3)ie  ftauf« 
leute  von  Sni^^i^ttn  ermangeln  gleid^faOS  nid^t,  von  einem  boSl^aften 


238        iOeoba^tungen  über  bad  (&efmi  bed  @(^5nen  unb  Chrl^abenen. 

I^anbel  mit  fo  fd^önen  ©efd^öpfen  großen  SortJ^eil  gu  gleiten,  inbem  fte 
fold^e  ben  lederl^aften  fRziiien  il^reä  SanbeS  gufü^ren,  unb  man  {iel^t, 
bag,  fo  fel^r  aud^  ber  (Sigenftnn  bt&  ®efd^madS  in  bie[en  tterfd^iebenen 
SBeltgegenben  abiDcid^enb  fein  mag,  bennod^  baiSfenige,  n)a8  einmal  in 
einer  berfelben  ald  t)oriilgIi(l^  l^fibf  (!^  erlannt  mirb,  in  aQen  übrigen  aud^  s 
baffir  gel^alten  merbe.  Sßo  aber  ftd^  in  bad  Urt^eil  über  bie  feine  ®efialt 
badjenige  einmengt,  mad  in  ben  Sfiß^n  moralifd^  ifl,  fo  ifl  ber  ©efd^madt 
bei  oerfd^iebenen  äRannSperfonen  iebergeit  fel^r  oerfd^ieben,  foiool^I  nad^« 
bem  il^r  ftttlid^eS  ©eful^l  felbft  unterfd^ieben  ift,  atö  aud^  nad^  ber  »er« 
fd^iebenen  Sebeutung,  bie  ber  SuSbrudf  bed  @efid^td  in  eineiS  jeben  Sßal^ne  lo 
l^aben  mag.  9ßan  finbet,  bag  biejenige  Silbungen,  bie  beim  erften  Sin« 
blidte  nid(|t  fonberlic^e  Sßirlung  tl^un,  meil  fte  nid^t  auf  eine  entfd^iebene 
Slrt  l^übf^  finb,  gemeiniglid^,  fo  balb  fie  bei  naiverer  S3elanntfd^aft  ju  ge* 
faKen  anfangen,  aud^  meit  mel^r  einnel^men  unb  ftd^  beftdnbig  }u  Der* 
fc^önem  fd^einen;  bagegen  bad  ^flbfd^e  Snfel^en,  koaiS  fid^  auf  einmal  an«  u» 
tfinbigt,  in  ber  t^olge  mit  größerem  iSaltftnn  ma^rgenommen  wirb,  meU 
d^ed  oermutl^Iid^  bal^er  lommt,  bag  moralifc^e  SReige,  mo  fte  ftc^tbar  »er« 
ben,  mel^r  feffeln,  imgleid^en  meil  fte  ftd(|  nur  bei  ®elegenl)eit  ftttlid^er 
@mpfinbungen  in  Sßirffamleit  fe^en  unb  ftc^  gleid^fam  entbedten  laffen, 
iebe  @ntbedCung  eineiS  neuen  Sfieiged  aber  immer  nod^  mel^r  berfelben  Der«  ao 
mutigen  lägt;  anftatt  bag  aQe  Slnnel^mlic^teiten,  bie  ft^  gar  nic^t  oer« 
l^el^len,  nad^bem  fte  gleid^  anfangt  il^re  gange  Sßirlung  ausgeübt  l^aben, 
in  ber  f^olge  nichts  loeiter  t^un  lönnen,  atö  ben  verliebten  SBormi^  abgu« 
tul^len  unb  il^n  allmdl^Ug  jur  ©leic^gültigfeit  gu  bringen. 

Unter  biefen  93eobad^tungen  bietet  ftc^  gang  natürlid^  folgenbe  Sin«  95 
mertung  bar.  S)aS  gang  einfältige  unb  grobe  ©efu^I  in  ben  ®ef(^led^ter« 
neigungen  ful^rt  gmar  fel^r  grabe  gum  großen  StoedCe  ber  9latur,  unb  in« 
bem  eS  il^re  f^orberungen  erfüllt,  ift  eS  gefd^idCt  bie  $erfon  felbft  ol^ne  Um« 
fd^toeife  glüddid^  gu  mad^en,  allein  um  ber  großen  SlDgemeinlieit  millen 
artet  eS  lei(^tli(^  in  SluiSfdimetfung  unb  Süberlid^teit  aud.  8[n  ber  anberen  ao 
@eite  bient  ein  fel^r  oerfeinigter  ©efc^madC  gtoar  bagu,  einer  ungeftümen 
Steigung  bie  SBtlbl^eit  gu  benel^men  unb,  inbem  er  fold^e  nur  auf  fel^r 
toenig  ©egenfidnbe  einfd^ränlt,  ^e  ftttfam  unb  anft&nbig  gu  mad^en,  allein 
fte  üerfel^lt  gemeiniglid^  bie  groge  Snbabftc^t  ber  Statur,  unb  ba  fie  mel^r 
forbert  ober  ermartet,  als  biefe  gemeiniglid^  leiftet,  fo  pflegt  fie  bie  $erfon  n 
Don  fo  belicater  Smpfinbung  fel^r  feiten  glfidlid^  gu  mad^en.  S)ie  erftere 
Oemütl^öart  mirb  ungefd^lad^t,  »eil  fie  auf  alle  von  einem  ®efd^led^te 


3.  fXb^^xAH.  239 

gel^t,  bie  gtteite  grfiblerifd^,  inbeui  [xt  eigentlid^  auf  leinen  gel^t,  fonbem 
nur  mit  einem  ©egenftanbe  befd^fiftigt  ift,  ben  bie  üerliebte  Steigung  ftd^ 
in  (Sebanten  fd^afft  unb  mit  aßen  eblen  unb  fd^bnen  (Sigenfd^aften  au8« 
giert,  loeld^e  bie  9latur  feiten  in  einem  SRenfd^en  üereinigt  unb  nod^  feltner 

5  bemienigen  pful^rt,  ber  fte  fd^d^en  lann  unb  ber  üieDeic^t  eines  fold^en 
Seft^eS  »ürbig  fein  mürbe.  3)a]^er  entfpringt  ber  Sluffc^ub  unb  enbltd^ 
bie  Könige  (Sntfagung  auf  bie  el^elid^e  SBerbinbung,  ober,  meld^eS  t)teDeid[)t 
eben  fo  fd^Iimm  ift,  eine  grämifd^e  Sieue  nad^  einer  getroffenen  äBal^I, 
meldte  bie  großen  Srmartungen  nid^t  erfuUt,  bie  man  fid^  gemacht  l^atte; 

10  benn  nid^t  feiten  finbet  ber  dfopifd^e  ^al^n  eine  $erle,  melc^em  ein  ge« 
meinet  ®erftenforn  beffer  mürbe  gegiemt  l^aben. 

Sir  Ibnnen  l^iebei  äberl^aupt  bemerlen,  bag,  fo  reigenb  aud^  bie  6in^ 
brädCe  beS  }drtlid^en  ©eful^Id  fein  mögen,  man  bod^  Urfad^e  l^abe  in  ber 
Serfeinigung  beffelben  bel^utfam  gu  fein,  mofern  mir  und  nid^t  burd^  über« 

15  gro^e  ateijbarteit  nur  oiel  Unmuts  unb  eine  QueUe  oon  Übel  erflfigeln 
moUen.  3d^  möchte  ebleren  Seelen  mo^I  üorfc^Iagen,  bad  ®efül^l  in  Sin* 
fel^ung  ber  (Sigenfd^aften,  bie  il^nen  felbft  gufommen,  ober  ber^anblungen, 
bie  fte  felber  tl^un,  fo  fel^r  gu  verfeineren,  als  fie  tonnen,  bagegen  in  9(n« 
fel^ung  beffen,  toaS  fte  genießen,  ober  Don  anbern  ermarten,  ben  ©efd^madC 

10  in  feiner  Einfalt  gu  erhalten:  menn  id^  nur  einfalle,  mie  biefeS  gu  leiften 
mbglid^  fei.  ^n  bem  fSfaUe  aber,  bag  eS  anginge,  mürben  {ie  anbere  glfidC« 
lid^  mad^en  unb  aud^  felbft  glüdHid^  fein.  @d  ift  niemals  aud  ben  Singen 
gu  laffen:  bag,  in  meld^er  Slrt  ed  auc^  fei,  man  leine  fel^r  l^o^e  Slnfprüd^e 
auf  bie  ©lüdfeligleiten  bed  SebeniS  unb  bie  SBoQtommenl^eit  ber  SRenfd^en 

95  mad^en  muffe;  benn  berienige,  meld^er  iebergeit  nur  etmaiS  Mittelmäßiges 
ermartet,  l^at  ben  JBortl^eil,  bafe  ber  ©rfolg  feiten  feine  Hoffnung  miber» 
legt,  bagegen  bismeilen  il^n  aud^  mol^I  unüermutl^ete  SSodtommenl^eiten 
übenafd^en. 

allen  biefen  Steigen  brol^t  enblic^  baS  alter,  ber  groge  93ermfi{ter  ber 

so  ©d^önl^eit,  unb  eS  muffen,  menn  ed  nad^  ber  natürlid^en  Drbnung  gelten 
fön,  allmdl^lig  bie  erl^abenen  unb  eblen  (Sigenfd^aften  bie  Stelle  ber  fd^önen 
einnel^men,  um  eine  $erfon,  fo  toie  fte  nad^ldgt  liebenSmürbig  gu  fein, 
immer  einer  größeren  Sd^tung  mertl^  gu  mad^en.  SReiner  SReinung  nad) 
fönte  in  ber  fd^önen  (Sinfalt,  bie  burd^  ein  verfeinertes  ©efül^l  an  aUem, 

S5  mad  reigenb  unb  ebel  ift,  erl^oben  morben,  bie  gange  SoQIommenl^eit  beS 
fd^önen  ®efd^ledgtS  in  ber  SBlütl^e  ber  3al^re  befleißen,  aamd^lig,  fo  toie 
bie  anf))r&d^e  auf  Steigungen  nad^laffen,  tonnte  baS  Sefen  ber  Sudler  unb 


240        Seobad^tungen  üha  bai  Oefft^I  bed  ®<!^5nen  imb  (Erhabenen. 

bte  Sroeiterung  ber  (Sinftd^t  unüermerlt  bie  erlebigte  SteDe  ber  ®ra}ien 
burd^  bie  SRufen  erfe^en,  unb  ber  (Seemann  foQte  ber  erjle  Se^rmeifter 
fein.  (Slei^kDol^I  tt>enn  felbfi  bie  aOem  f$rrauen}immer  fo  fd^redlid^e  ®fO(itt 
beiS  SltiDerbenS  l^eranlommt,  fo  gel^ört  eis  bod^  aud^  alsbann  nod^  immer 
jum  fd^önen  ®efd^led^t,  unb  ti  tterunjiert  ft(^  felbfi,  menn  eS  in  einer  art  s 
üon  SSergmeiflung  biefen  @^aralter  Idnger  gu  erl^alten  fi(^  einer  mürrifd^en 
unb  gr&mifd^en  Saune  äberlägt. 

(Sine  bejal^rte  $erfon,  »eld^e  mit  einem  ftttfamen  unb  freunblid^en 
äSefen  ber  ®efenfd)aft  beitt>o§nt,  auf  eine  muntere  unb  Dernfinftige  8rt 
gefprdd^ig  ift,  bie  Sernügen  ber  Sugenb,  barin  fte  felbft  nid^t  Slntl^il  lo 
nimmt,  mit  9[n{tanb  begünftigt  unb,  inbem  fte  ffir  aDeS  forgt,  Sufrieben» 
l^eit  unb  äBol^IgefaÜen  an  ber  greube,  bie  um  fie  ttorgel^t,  ttendt^,  ift  nod^ 
immer  eine  feinere  $erfon,  als  ein  SRann  in  gleid^em  aiter  unb  DieDeid^t 
nod^  liebensmfirbiger  als  ein  9Rfib(!^en,  miemol^I  in  einem  anberen  Ser^ 
ftanbe.  3^<i^  m5d^te  bie  |)Iatonifd^e  Siebe  mol^l  etmaS  gu  m^ftifd^  fein,  is 
toeld^e  ein  alter  ^^ilofopl^  ))orgab,  menn  er  t)on  bem  ®egenftanbe  feiner 
Steigung  fagte:  S)ie  (Sragien  refibiren  in  il^ren  9flungeln,  unb 
meine  Seele  fd^eint  auf  meinen  Sippen  gu  fd^toeben,  »enn  id^ 
il^ren  »eilen  ^unb  lüffe;  allein  bergleid^en  änfpr&d^e  mäffen  als* 
bann  aud^  aufgegeben  merben.  Sin  alter  3ßann,  ber  verliebt  tl^ut,  ift  ein  so 
®td,  unb  bie  d]^nli(!^e  Snmagungen  bed  anbem  ®efd^led^td  {tnb  alSbann 
etell^aft.  Sn  ber  Statur  liegt  eS  niemals,  menn  tt>ir  nid^t  mit  einem  guten 
8n[tanbe  erfd^einen,  fonbem  baran,  bag  man  fte  üerlel^ren  min. 

3)amit  id^  meinen  £e;rt  nid^t  auS  ben  8ugen  verliere,  fo  toiU  id^  nod^ 
einige  93etrad^tungen  aber  ben  Sinflu^  aufteilen,  ben  ein  Öefd^led^t  aufs  n 
anbere  ^aben  lann,  beffen  ©efül^l  gu  oerfd^öneren  ober  gu  Dereblen.  2)aS 
f^rauengimmer  l^at  ein  ttorgfiglid^eS  (Sefäl^l  für  baS  @d^ine,  fo  fem  eS 
il^nen  felbfi  gufommt,  aber  für  baS  @ble,  in  fo  meit  eS  am  mdnn« 
lid^en  ©efc^led^te  angetroffen  loirb.  3)er  9Rann  bagegen  l^at  ein  ent* 
fd^iebeneS  ©efül^l  für  baS  @ble,  maS  gu  feinen  6igenfd^aften  gel^ört,  so 
für  baS  6db5ne  aber,  in  fo  fem  eS  an  bem  fSfrauengimmer  angutreffen 
ift.  3)arauS  mug  folgen,  ba^  bie  Qmtdt  ber  Statur  barauf  gelten,  ben 
^ann  burd^  bie  ®efd^le(^temeigung  nod^  mel^r  gu  oereblen  unb  baS 
t^rauengimmer  burd^  eben  biefelbe  nod^  mel^r  gu  oerfd^önern.    (Sin 
tSrrauengimmer  ifl  barüber  menig  oerlegen,  ba^  fte  gemiffe  ^o^e  (Sinjid^ten  » 
nid^t  beft^t,  ba^  fte  furd^tfam  unb  gu  toid^tigen  (Sefc^dften  nid^t  auferlegt 
ift  K.  K.,  fte  ift  fd^in  unb  nimmt  ein,  unb  baS  ift  genug.  S>agegen  forbert 


r 


3.  «bf<!^ntti.  241 

fte  aDe  bieje  6igenf(!^aften  am  3Ranne,  unb  bie  ßrl^abenl^eit  il^rer  @eele 
geigt  {td^  nur  barin,  bag  fie  biefe  eble  Sigenfd^aften  gu  fc^a^en  toeig,  fo 
fem  fte  bei  tl^m  anzutreffen  {inb.  SBie  iDärbe  ed  fonjl  tool^I  möglid^  fein, 
bag  fo  Diel  männlid^ie  ^ra^engeftd^ter,  ob  fte  gleid^  SSerbienfte  be^^en 

5  mögen,  fo  artige  unb  feine  grauen  betommen  Unnten!  3)agegen  ifi  ber 
SRann  Diel  belicater  in  Sinfel^ung  ber  fd^inen  Steige  be8  gtauengtmmerd. 
6r  ifi  bur(^  bie  feine  ®e|talt  beffelben,  bie  muntere  SlaiDetdt  unb  bie 
reigenbe  f^eunblid^teit  genugfam  fd^abloö  gel^alten  »egen  bed  9ßangeI8 
Don  Sfid^ergelel^rfamteit  unb  toegen  anberer  SRdngel,  bie  er  burd^  feine 

10  eigene  Salente  erfe^en  mug.  (Sitelfeit  unb  SRoben  t5nnen  n)o]^I  biefen 
natürlid^en  trieben  eine  falfd^e  Slid^tung  geben  unb  aud  mand^er  SRannS« 
ptx\on  einen  fügen  Ferren,  au8  bem  Srauengimmer  aber  eine  $eban» 
tin  ober  Slmagone  mad^en,  aOein  bie  9latur  fud^t  bod^  febergeit  gu  il^rer 
Orbnung  gurfldgufül^ren.  9Ran  tann  barauS  urtl^eilen,  meiere  mdd^tige 

15  Sinftfiff e  bie  ©efc^led^terneigung  Dornel^mlid^  auf  baiS  mdnnlid)e  ®efd)Ie(l^t 
^aben  linnte,  um  ed  gu  Dereblen,  menn  anftatt  Dieler  trodenen  Untermei* 
fungen  bad  moralifd^e  ®effi^I  hti  ^auengimmerd  geitig  entmidelt  toflrbe, 
um  badfenige  ge]^5rig  gu  empftnben,  xoai  gu  ber  Sßurbe  unb  ben  erl^abe« 
neu  6igenf(!^aften  bed  anberen  ®efd^Ied^t8  gel^ört,  unb  baburd^  Dorbereitet 

30  mürbe,  ben  Idi)))if c^en  ßieraffen  mit  äSerad^tung  angufel^en  unb  ftd^  feinen 
anbem  (Sigenfd^aften  atö  ben  SBerbienften  gu  ergeben.  6d  ift  aud^  gemig, 
bag  bie  ®emalt  i^rer  Steige  baburd^  überl^au))t  geminnen  mürbe;  benn  ed 
geigt  ft(^,  bag  bie  Segauberung  berfelben  mel^rentl^eilS  nur  auf  eblere 
Seelen  mirle,  bie  anbere  ftnb  ntc^t  fein  genug,  {ie  gu  empftnben.  Sben  fo 

n  fagte  ber S)id^ter  @tmonibed,  als  man  il^m  rietl^  Dor  ben £l^effaliern 
feine  fd^5ne  ®efdnge  l^ören  gu  laffen:  3)ief e  Aerle  finb  gu  bumm  ba« 
gu,  aU  ba^  fie  Don  einem  fold^en  SRanne,  mie  id^  bin,  fönnten 
betrogen  merben.  ^an  ^at  ed  fonft  fc^on  ald  eine  SBirlung  bed  Um« 
gangeS  mit  bem  f deinen  ®efd^Ied^t  angefe^en,  bag  bie  mdnnlid^e  @itten 

so  fanfter,  i§r  Setragen  artiger  unb  gefd^Iiffener  unb  i^r  Snftanb  gierlid^er 
geworben;  aüein  biefeä  ift  nur  ein  Sort^eil  in  ber  Slebenfad^e.*)  (SS  liegt 


*)  S)iefft  fßüttf^  felbfl  toirb  gor  fel§r  gemhtbert  bun!^  bie  iBeobad^tung,  »eilige 

man  gematl^t  l^aben  miU,  ba§  bteienige  SRanndperfonen,  toeld^e  au  fTfll^  unb  au  l^dufig 

in  fold^en  Öefellfd^aften  etngefiocl^ten  finb,  benen  ba9  ffrauengimmer  ben  Son  giebt, 

35  gemeiniglid^  etwad  I&ppif4  n>eTben  unb  im  männlid^en  Umgänge  langneiüg  ober 

an^  Der&d^tUd^  finb,  meil  fie  ben  (Bt\^mad  an  einer  Unterl^aUung  oerloren  l§aben, 

«aif«  €(l(riften.    SBerfc  IL  16 


242         ISeoba^tungen  fiber  bad  (&t\^l  beiS  &^bntn  unb  Crl^abenen. 

am  meijlen  baran,  bag  ber  ÜRann  ate  3ßann  ttoQIommner  merbe  unb  bie 
%xavi  al&  ein  SBeib,  b.  i.  ba^  bie  Sriebfebem  ber  ©eftbled^terneigung  bem 
SBinfe  ber  9latur  gemd^  tt>i^en,  ben  einen  nod^  mel^r  ju  üereblen  unb  bie 
Sigenfd^aften  ber  anbren  gu  üerf d^önem.  SBenn  aU^&  aufiS  ^ugerfte  lommt, 
fo  ttiirb  ber  ÜRonn,  breijt  auf  feine  JBerbienjie,  fagen  Tonnen:  SBenn  il^r  5 
mid^  gleid^  nid^t  liebt,  fo  toill  id^  eud^  jmingen  mid^  i^od^gu« 
ad^ten,  unb  baS  ^tauenjimmer,  ftd^er  ber  SRad^t  i^rer  SReige,  toirb  ant« 
morten:  Sßenn  il^r  unS  gleid^  ni(^t  innerlid^  l^od^fd^&^et,  fo 
gloingen  mir  eud^  bod^  und  gu  lieben,  ^n  (Ermangelung  fold^er 
®runbfd^e  fielet  man  SRdnner  Sßeiblid^teiten  annel^men,  um  gu  gefaUen,  10 
unb  ^rauengimmer  biSoeilen  (n)ieixiol^I  Diel  feltner)  einen  mdnnlid^en  dn» 
ftanb  Ifinftlen,  um  ^od^ad^tung  eingufidgen;  load  man  aber  miber  ben 
S)ant  ber  9latur  mad^t,  baS  mad^t  man  {ebergeit  fel^r  fd^Ied^t. 

3n  bem  e]^eH(benSeben  foll  bad  Dereinigte  $aar  gleid^fam  eine  eingige 
moralifd^e  $erfon  audmad^en,  n)eld^e  burd^  ben  SBerftanb  bed  SRanneiS  » 
unb  ben  ®efd^mad(  ber  ^auen  belebt  unb  regiert  mirb.  S)enn  nid^t  aKein 
bag  man  fenem  mel^r  auf  @rfa^rung  gegrfinbete  (Sinjtd^t,  biefem  aber 
me^r  ^rei^eit  unb  S^id^tigteit  in  ber  Smpftnbung  gutrauen  tann,  fo  ift 
eine  ®emütl^Sart,  [t  erl^abener  fte  ift,  aud^  um  be{to  geneigter  bie  größte 
9bftd(|t  ber  93emä]^ungen  in  ber  3ufrieben^eit  eineiS  geliebten  ©egenftan«  20 
beS  gu  fe^en,  unb  anbererfeitd  je  fd^5ner  fte  ift,  befto  me^r  fud^t  fie  burc^ 
®efdlligteit  biefe  93emü^ung  gu  ermiebem.  &  ift  alfo  in  einem  fold^em 
äSerl^dltniffe  ein  SSorgugöjlreit  Idppifd^  unb,  mo  er  fid^  erdugnet,  bad 
ftd^erfte  SRerlmal  «ined  plumpen  ober  ungleid^  gepaarten  ®ef(^mad(eiS. 
SBenn  ed  bal^in  fommt,  ba^  bie  9fiebe  Dom  Siedete  beS  Sefel^le^aberS  ift,  9& 
fo  ift  bie  @ad^e  fd^on  dugerft  oerberbt;  benn  mo  bie  gange  SSerbinbung 
eigentlid^  nur  auf  Steigung  errid^tet  i{t,  ba  ijt  fie  fd^on  l^alb  gerriffen,  fo 
balb  fid^  bad  Sollen  anfängt  ^5ren  gu  laffen.  2)ie  Slnmagung  beS  trauen« 
gimmerS  in  biefem  l^arten  Sone  ift  du^erft  l^dglid^  unb  beiS  SRanneiS  im 
Pd^jlen  ®rabe  unebel  unb  oerdc^tlid^.  ^nbeff en  bringt  ed  bie  toeife  Drb«  30 
nung  ber  2)inge  fo  mit  fid^ :  bag  alle  biefe  geinigfeiten  unb  S&rtlid^Ieiten 
ber  @mpftnbung  nur  im  Slnfange  il^re  gange  @tdrle  l^aben,  in  ber  f^olge 
aber  burd^  ®emeinf(^aft  unb  l^duiSlid^e  angelegenl^eit  aKmdl^lig  [tumpfer 
loerben  unb  bann  in  oertraulid^e  Siebe  ausarten,  too  enblid^  bie  gro^e 


bie  gtoar  munter,  obec  bod^  an^  ton  toMi^em  (Bel^alt,  amar  fc^era^aft,  aber  an^  35 
bur^  entfl^afte  (Bef|»:ad^e  nüj^ltd^  fein  mu|. 


4.  «bfc^nttt.  243 

Jhinft  bariti  bejlel^t,  nod^  genugfame  Slefte  tton  ienen  }u  erlitten,  bamit 
®letd^gultigfeit  unb  Überbrug  nid^t  ben  gangen  SSert^  bed  Sergnfigend 
aufgeben,  um  beffenhoinen  eS  emgig  unb  allein  oerlo^nt  l^at  eine  fold^e 
aSerbinbung  eingngel^en. 


Vierter  Slbf^nitt 

SSon  ben  Slationald^araftern,*)  in  fo  fern  jte  auf  bem  unter- 
fd^ieblid^en  ®efü^(  beS  ©r^abenen  unb  ©d^önen  berufen. 

Unter  ben  Sölferfci^aften  unfereS  SSelttl^eitö  ftnb  meiner  Meinung 
nad^  bie  ^talidner  unb  Srrangofen  bieienige,  meldte  im  ®effi^I  be8 

10  Sd^inen,  bie3>eutfd^e  aber,  (Sngidnber  unb  Spanier,  bie  burd^ 
baS  ®efü^I  bed  Srl^abenen  fid^  unter  allen  übrigen  am  meiften  auS» 
nel^men.  $)olIanb  fann  fftr  ba^ienige  Sanb  gel^alten  merben,  »o  biefer 
feinere  ®efd^mad  giemlid^  unmerdic^  wirb.  3)ad  @d^5ne  felbft  ift  entme» 
ber  begaubernb  unb  r&^renb,  ober  lad^enb  unb  reigenb.   2)a8  erftere  l^at 

u  etmad  tton  bem  (Srl^abenen  an  fid^,  unb  baS  ®emät§  in  biefem  ©efül^l  ift 
tiefpnnig  unb  entgfidt,  in  bem  @effi]^I  ber  guieiten  9rt  aber  Idd^Ienb  unb 
fröl^Iid^.  S)en  Stalidnem  fd^eint  bie  erftere,  ben  fjfrangofen  bie  gmeite  8lrt 
bed  fd^onen  ®eful^tö  oorgäglid^  angemeffen  ju  fein,  ^n  bem  Stationär 
(l^araftere,  ber  ben  SluSbrud  bed  (Erhabenen  an  ftd^  l^at,  ift  biefeS  entme« 

90  ber  bad  üon  ber  fd^redt^aftem  9rt,  baS  fid^  ein  menig  gum  Übenteuer« 
lid^en  neigt,  ober  ed  ift  ein  ®effi^I  ffir  baS  @ble,  ober  für  baS  $r&(^tige. 
3d^  glaube  ®ränbe  gu  l^aben  baö  ®t\&%l  ber  erfteren  Slrt  bem  Spanier, 


^  SReine  $Cbfi(^t  ifl  gar  nic^t,  bie  (S^oraftere  ber  SSößerf^aften  audffi^rli^  au 
f4)i(bem,  fonbem  tc^  entwerfe  nur  einige  Qüqt,  bie  bad  (Befühl  Ded  C^r^obenen  unb 

S5  ©c^önen  on  il^nen  audbrüdten.  ÜJ^an  !onn  Ulä^t  erachten,  bag  an  bergleic^en  B^i^' 
nung  nur  eine  leibli^e  diid^tigfeit  fönne  oerlongt  werben,  hai  bie  Urbilber  baoon 
nur  in  bem  großen  {>aufen  berienigen,  bie  auf  ein  feinereiS  @effi^(  $(nfpru(!^  mad^en, 
^eroorfted^en,  unb'bafted  feiner  !Ration  an  (Bemfit^^arten  fe^te,  ioeI<!^e  bie  Dortreff« 
(id^fie  (5igenf(^aften  t>on  biefer  $(rt  vereinbaren.  Um  betSroitten  lann  ber  Zahtl,  ber 

30  gelegentlich  auf  ein  ^oit  fallen  möchte,  feinen  beleibigen,  mit  er  benn  Don  fold^er 
9^atur  ifi,  bag  ein  iegli<!^er  i^n  roie  einen  San  auf  feinen  Slac^bar  fd^Iagen  fann. 
Db  biefe  9lationaIunterfd^iebe  aufädig  feien  unb  oon  ben  B^itlfiuften  unb  ber  ffte* 
gierungdart  ab^ngen,  ober  mit  einer  geioiffen  9lot^tt)enbigfeit  an  bad  ftlima  ge« 
bunbcn  feien,  ba^  unterfu^e  id^  (ier  ni^t 

16* 


244        Seobad^hingen  ftbet  bad  ®efül^I  bed  @d^5nen  unb  St^abenen. 

ber  jmeiten  bem  @nglänber  unb  ber  britten  bem  3)eutfd^en  beilegen  gu 
tonnen.  2)a8  ©efäl^l  fürd  $räd^ttge  ift  feiner  %atur  nad^  ntd^t  original, 
fo  tote  bie  übrigen  Slrten  beS  (Sejd^madd,  unb  obgleid^  ein  !Ra(!^Q]^mungS« 
geifi  mit  jebem  anbern  ©efül^l  fann  oerbunben  fein,  fo  ift  er  bod^  bem 
f&r  baS  @4tmmemb«(Sr]^Qbene  mel^r  eigen,  benn  eö  ift  biefeö  eigentlid^i  & 
ein  gemifc^ted  ©efül^I  aud  bem  bed  @4önen  unb  beS  (Sblen,  loo  [ebeS,  für 
ftd^  betrad^tet,  tdlter  ift,  unb  bal^er  bai  @emüt]g  frei  genug  ift,  bei  ber 
Serfnäpfung  beffelben  auf  93eifpiele  gu  merlen,  unb  aud^  beren  eintrieb 
t)onnot^en  Igat.  3)er  3)eutfd^e  toirb  bemnac^  toeniger  ©efäl^l  in  Slnfel^ung 
bed  @d^onen  l^aben  a\i  ber  fS^tangofe  unb  meniger  oon  bemiemgen,  mafi  lo 
auf  baö  (Erl^abene  gel^t,  ald  ber  Sngldnber,  aber  in  ben  Odilen,  mo  bei« 
bed  oerbunben  erfd^einen  foH,  mirb  eö  feinem  ©efül^l  me^r  gemd^  fein, 
koie  er  benn  aud^  bie  f^el^ler  glAdUd^  oermeiben  koirb,  in  bie  eine  aud» 
fd)kDeifenbe  @tdr(e  einer  feben  biefer  Strien  beS  ®effll^ld  allein  geratl^en 
fbnnte.  u 

3d&  berühre  nur  flfid(|tig  bie  ^flnfte  unb  bie  SBiffenfd^aften,  beren 
SSal^l  ben  ®efd^mad(  ber  Stationen  beftdtigen  lann,  meldten  mir  il^nen  bei» 
gemeffen  l^aben.  3)aS  italidnifd^e  (Senie  l^at  fid^  oomel^mlid^  in  ber  2:on» 
lunft,  ber  9Ralerei,  SBilbl^auerlunft  unb  ber  Slrd^itettur  l^eroorgetl^an. 
ane  biefe  fc^ine  StM^t  finben  einen  glei(b  feinen  ®efd^mad(  in  ^ant»  so 
reid^  ffir  fid^,  obgleic!^  bie  @d^bn^eit  berfelben  l^ier  toeniger  rül^renb  ift. 
3)er  ©efd^mad  in  Snfe^ung  ber  bid^terifd^en  ober  rebnerifd^en  SSoKIom« 
menbeit  fdQt  in  ^ranfreid^  mel^r  in  ba^S  Schöne,  in  @nglanb  mel^r  in  bad 
(Srl^abene.  3)ie  feine  Sd^erge,  baä  Suftfpiel,  bie  lad^enbe  @atire,  bad  oer^ 
Hebte  Sdnbeln  unb  bie  leicht  unb  natärlid^  flie^enbe  @d^reibart  pnb  bort  35 
original.  3n  @nglanb  bagegen  ©ebanten  oon  tieffinnigem  ^nl^alt,  bad 
2;rauerf|)iel,  baS  epifd^e  ©ebid^t  unb  überhaupt  fd^mered  ®oIb  oon  äii^e, 
meld^ed  unter  frang5fifd^em  $)ammer  gu  bünnen  Sldttd^en  oon  großer 
£)berf[dd^e  lann  gebebnt  merben.  3ln  2)eutfd(|Ianb  fd^immert  ber  SSi^ 
nod^  fe^r  burd^  bie  Solie.  @bebem  mar  er  fd^reienb^  burc^  SBeifpiele  aber  so 
unb  ben  SSerjlanb  ber  9lation  ift  er  gmar  reigenber  unb  ebler  gemorben, 
aber  iened  mit  meniger  Sllaioetdt,  biefeS  mit  einem  minber  lül^nen 
@d^munge,  als  in  ben  ermdl^nten  SBblterfd^aften.  2)er  ©efd^mad  ber  l^ot 
Idnbifd^en  9lation  an  einer  peiulid^en  Drbnung  unb  einer  ßi^tUd^feit,  bie 
in  Sefümmernig  unb  SBerlegenl^eit  fe^t,  Id^t  aud^  menig  ©efäl^l  in  8n«  35 
febung  ber  ungelfinftelten  unb  freien  Semegungen  beS  ©enied  oermutl^en, 
beffen  @(^inbeit  burd^  bie  dngfUid^e  SBerbütung  ber  f^l^Ier  nur  märbe 


4.  «bfe^nitt.  245 

entttellt  werben.  Slid^tö  fann  aDen  Afinften  unb  SBiffenfd^aften  mel^r  tnU 
gegen  fein  als  ein  abenteuerlid^er  (Siefd^mad,  »eil  biefer  bie  Statur  t>tx^ 
brel^t,  iDeI(!^e  baS  Urbilb  aOeS  @(!^5nen  unb  Sblen  ift.  3)af)tx  l^at  bie 
fpanifc^e  Station  aud^  menig  ®efü^I  f ftr  bie  fd^önen  Stün^t  unb  SBiffen«' 
s  fd^aften  an  fid^  gegeigt 

S)ie  ®em&t^8d^araltere  ber  ä35Iferfd^aften  finb  am  lenntlid^ften  bei 
bemienigen,  maiS  an  i^nen  moralifd^  ift;  um  beSttiOen  moQen  toir  nod^ 
bad  Derf(^iebene  ®efft]^I  berfelben  in  Stnfel^ung  bes  (Srl^abenen  unb  @c^o« 
neu  aud  biefem  ®eftd^te|)unlte  in  Sro&gung  giel^en.*) 

10  2)er  ©panier  ift  ernft^aft,  Derfd^miegen  unb  malgrl^aft.  @S  giebt 
menig  rebUd^ere  ^aufleute  in  ber  SBelt  als  bie  fpanifc^en.  @r  l^at  eine 
ftolge  Seele  unb  mel^r  ©ef&l^I  für  groge  als  für  f(^5ne  ^anblungen.  S)a 
in  feiner  9Rif(^ung  menig  üon  bem  gütigen  unb  fanften  Sio^lxooVim  an» 
gutreffen  ift,  fo  ift  er  öfters  l^art  unb  aud^  tool^I  graufam.   3)aS  Sluto 

16  ba  f^e  erl^ält  ftc^  nid^t  fotool^I  burd^  ben  Siberglauben,  als  burd^  bie  aben« 
teuerli(be  Steigung  ber  Station,  meiere  burd^  einen  el^rmürbig'fc^redNid^en 
^ufgug  gerül^rt  mirb,  loorin  eS  ben  mit  3^eufelSgeftalten  bemalten  @an 
Senito  ben  fSrlammen,  bie  eine  toütl^enbe  Slnbad^t  entgünbet  l^at,  über« 
liefern  fielet.   SJtan  lann  nid^t  fagen,  ber  Spanier  fei  l^od^mütl^iger,  ober 

20  oerliebter  als  {emanb  aus  einem  anbern  93olIe,  allein  er  ift  beibeS  auf 
eine  abenteuerlid^e  8rt,  bie  feltfam  unb  ungemol^nUd^  ift.  2)en  $flug 
ftel^en  laffen  unb  mit  einem  langen  3)egen  unb  SRantel  fo  lange  auf  bem 
aiderfelbe  fpagieren,  bis  ber  oorüber  reifenbe  ^rembe  oorbei  ift,  ober  in 
einem  Stiergefec^te,  too  bie  @(!^5nen  beS  fianbeS  einmal  unoerfd^leiert  ge« 

as  feigen  merben,  feine  99e^errfd^erin  burd^  einen  befonberen  ®rug  anfünbigen 
unb  bann  il^r  gu  (Sl^ren  ft^  in  einen  gefä^rlid^en  JSampf  mit  einem  tt)il« 
ben  Stl^iere  koagen,  finb  ungemöl^nlid^e  unb  feltfame  ^anblungeui  bie  tton 
bem  Staturlic^en  meit  abmeid^en. 

S)er  Stalidner  fd(|eint  ein  gemif(^teS  ©efül^l  gu  l^aben  üon  bem  eines 

30  Spaniers  unb  bem  eines  f^rangofen;  mel^r  ©efül^l  für  baS  Schöne  als  ber 
er^ere  unb  mel^r  für  baS  ßrl^abene  als  ber  le^tere.  Sluf  biefe  Slrt  fönnen, 
toie  i(^  meine,  bie  übrige  Büge  feines  moralifd^en@l^arafterS  erlldrtioerben. 

*)  ($S  ift  !aum  n5t^i(|,  bag  i^  l^ier  meine  oortge  d^ntfd^uIbigunQ  toieberigole. 

3n  iebetn  9)oI!e  entl^Alt  ber  feinfte  S^eU  rü^mlid^e  (Sl^araÜere  Don  oUer  9lrt,  unb 

35  men  ein  ober  onberer  Säbel  treffen  foUte,  ber  wirb,  wenn  er  fein  genug  ift,  feinen 

^ort^eil  Derftel^en,  ber  barauf  anfommt,  bog  er  jeben  anbern  feinem  @4icffole  über« 

lägt,  pd^  felbft  aber  aufnimmt. 


246        9eobQ<!^titngeit  über  bad  Seffll^I  hU  @$5nen  unb  Stl^abenen. 

S)er  f^rangofe  l^at  ein  l^errfdgcnbeS  ©efül^I  fär  bai  moralifd^ 
Qäibnt.  6r  ift  artig,  l^öflid^  unb  gefällig.  @r  mtrb  fe§r  gefd^minbe  Der» 
traulid^,  i{l  fd^ergl^aft  unb  frei  im  Umgange,  unb  ber  SuSbrud  ein  SRann 
ober  eine S^ameüongutemSonel^atnur eine Derft&nblic^e SSebeutung 
für  ben,  ber  baiS  artige  ©efäl^I  eined  fjrranjofen  enoorben  l^at.  €elbft  5 
feine  erl^abene  @mpfinbnngen,  beren  er  nid^t  menige  l^at,  finb  bem  ®^ 
fü^Ie  bed  ©deinen  untergeorbnet  unb  befommen  nur  i^re  @tArfe  bur^ 
bie  Bufammenjlimmung  mit  bem  (enteren.  @r  i{i  fel^r  gerne  mi^ig  unb 
mirb  einem  (SinfaQe  ol^ne  Sebenfen  etmad  tton  ber  SSal^rl^eit  aufopfern. 
3)agegen,  mo  man  nid^t  mi^ig  fein  lann  *)  jeigt  er  eben  fo  lool^l  grünb«»  10 
lid^e  Sinjtd^t,  a\S  femanb  au8  irgenb  einem  anbem  93oIfe  j.  @.  in  ber 
SRatl^ematit  unb  in  ben  übrigen  trodenen  ober  tiefftnnigen  Sänften  unb 
SSiffenfd^aften.  6in  Son  3Rot  l^at  bei  i^m  nid^t  ben  P(btigen  äßertl^ 
als  anbermdrtS,  eS  mirb  begierig  oerbreitet  unb  in  Sudlern  aufbel^alten, 
mte  bie  toid^tigfte  Segebenl^eit.  (Sr  ift  ein  rul^iger  Sürger  unb  rdd^t  {t(^  u 
megen  ber  Sebrfidungen  ber  ©eneralpdd^ter  burd^  Satiren,  ober  burd^ 
$arlament8»9iemon{trationen,  meiere,  nac^bem  fte  il^rer  8lb{t(bt  gemd^ 
ben  äSdtern  be^  SBoIte  ein  fc^bneS  patriotifd^eS  anfeilen  gegeben  l^aben, 
nid^tS  toeiter  tl^un,  ald  bag  ^e  burd^  eine  rfi^mlic^e  SBenoeifung  gefront 
unb  in  ftnnreid^en  Sobgebid^ten  befungen  merben.  3)er  ©egenftanb,  auf  20 
meldten  ftd^  bie  93erbienfte  unb  Slationalfdl^igtciten  biefed  SoIfS  am  mtU 
jten  bejiel^en,  ift  baS  ^rauengimmer.**)  Slid^t  aliS  menn  eS  l^ier  mel^r  als 


*)  3n  ber  SRetapb^fi!,  bei  SRoralunb  ben  ^el^ren  ber  9{elioton  !ann  man  bei 
ben  ®(!^rtften  biefer  ^Ration  nici^t  bebutfam  genug  fein.  (&&  b^4t  barin  gemeinig* 
Udb  otel  \^bnt^  IBIenbioerf,  meld^ed  in  einer  falten  Unterfud^nng  bie  $robe  ni^t  35 
l^ött.  ^er  {(ranaofe  liebt  bad  j^fibne  in  feinen  ^udfprfidb^n;  allein  um  aurSa^r« 
l^ett  au  gelangen,  mug  man  nic^t  fübn,  fonbem  bebutfam  fein.  3n  ber  (S^efd^id^te 
bat  er  gerne  $(ne!boten,  benen  nidbtd  weiter  feblt,  a(iS  ba6  au  wünfc^en  ift,  ba6  fie 
nur  wabr  »Aren. 

**)  2)a(S  Qrauenaimmer  giebt  in  f^anfreidb  <^Il^n  (Befeüf^aften  unb  aUem  Um*  so 
gange  ben  S:on.  9htn  ift  wobt  nidbt  au  (dugnen,  bag  bie  (BefeUfd^aften  obne  ba% 
f(^dne  ®ef<!ble(bt  h^tmlid^  fcbmatfloiS  unb  (angweUig  finb;  allein  wenn  bie  ®ame  borin 
ben  fcbbnen  Zon  angiebt,  fo  f oUte  ber  !lRann  feinerfeitiS  ben  ebten  angeben.  Sßibrigen« 
faUd  wirb  ber  Umgang  eben  fo  wobt  langweilig,  aber  aud  einem  entgegengefe^ten 
@runbe:  weit  nicbtd  fo  febr  t>erefelt  ald  lauter  @figig!eit.  9laä)  bem  franabfifc^en  sö 
@ef(bmade  beiftt  ed  nidb^:  3ft  ber  4)en  au  .^aufe?,  fonbem:  3ft  SRobome  au  {)aufe1 
antabame  ift  t>or  ber  2:oitette,  3Rabame  bat  fßaptnx^  (eine  Strt  fc^bner  @riUen);  fura, 
mit  SRabame  unb  Don  !IRabame  befcbdftigen  fi(b  alle  Unterrebungen  unb  alle  8uft< 


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4.  «bfd^nftt.  247 

anbertodrts  geliebt  ober  gefd^&^t  toürbe,  fonbern  »eil  eiS  bie  bejie  93eran^ 
Iciffung  giebt  bie  beliebtefie  Salente  be«  äßi^eS,  ber  artigfeit  unb  ber 
guten  SRanieren  in  ilgrem  Sid^te  gu  geigen;  übrigens  Hebt  eine  eitele  $er« 
fon  eined  {eben  ®t\6il^ti  febergeit  nur  ftd^  felbft;  bie  anbete  iji  bloS  il^r 
5  @pielixiert.  2)a  e£  ben  ^rangofen  an  eblen  @igenfd^aften  gar  nici^t  ge« 
brid^t,  nur  bag  biefe  burd^  bie  ßmpfinbung  beS  @(^5nen  aDein  ISnnen 
belebt  merben,  fo  »ürbe  bad  fd^5ne  ©efd^Ied^t  l^ier  einen  mäd^tigern  Sin» 
fing  l^aben  fönnen,  bie  ebelfte  $)anblungen  bed  mdnnlid^en  gu  ertoeden 
unb  rege  gu  mad^en,  als  irgenb  fon|l  in  ber  Sßelt,  koenn  man  bebad^t 

10  tDäre,  biefe  SHid^tung  befi  !RationaIgeifteS  ein  toenig  gu  begfinjligen.  @S 
i[t  @d^abe,  bag  bie  Silien  nid^t  fpinnen. 

^er  Srel^Ier,  moran  biefer  9lationaId^aratter  am  n&d^ften  gr&ngt,  ift 
baS  S&ppifd^e,  ober  mit  einem  l^öflid^eren  SluSbrude  baS  Seid^tjinnige. 
SBid^tige  3)inge  koerben  als  ®pa^t  bebanbelt,  unb  JSleinigfeiten  bienen 

15  gur  ernft^afteften  Sefc^dftigung.  ^m  9(Iter  fingt  ber  f^angofe  alsbann 
nod^  luftige  Sieber  unb  ift,  fo  Diel  er  lann,  aud^  galant  gegen  baS  grauen» 
gimmer.  99ei  biefen  SInmerlungen  l^abe  id^  gro^e  ©eiodl^rSmdnner  auS 
eben  berfelben  SBoIferfd^aft  auf  meiner  @eite  unb  giel^e  mid^  hinter  einen 
ÜRontcSquieu  unb  S)'^embert,  um  toiber  jeben  beforglic^en  Unkoinen 

»0  ftd^er  gu  fein. 

^er  (Sngidnberiftim  Slnfange  einer  feben  Selanntfd^aft  faltfinnig 
unb  gegen  einen  f^remben  gleid^gültig.  @r  l^at  menig  Steigung  gu  fleinen 
®efdlligfeiten;  bagegen  mirb  er,  fo  balb  er  ein  f^reunb  ift,  gu  großen 
2)ienftleiftungen  auferlegt.  6r  bemül^t  ftd^  koenig  im  Umgange  mt^ig  gu 

35  fein,  ober  einen  artigen  Slnfianb  gu  geigen,  bagegen  ift  er  Derftdnbig  unb 
gefegt.  @r  ift  ein  fd(|Iec^ter  Stad^al^mer,  frdgt  nid^t  Diel  barnad^,  toaS  an» 
bere  urtl^eilen,  unb  folgt  lebiglid^  feinem  eigenen  ©efc^madCe.  @r  ift  in 
Serl^dltnig  auf  baS  i^rauengimmer  nid^t  Don  frangöjifd^er  Slrtigfeit,  aber 
begeigt  gegen  baffelbe  meit  mel^r  9[d(|tung  unb  treibt  biefe  Dielleid^t  gu  koeit, 


30  barletteit.  Subeffen  tfi  ha^  Srauengimmer  baburc^  gar  nid^tmel^r  geeiert.  C^tn  ^tn\d^, 
welcher  t&nbelt,  ift  ieberadt  o^ne  (Befühl  foiool^l  bet  wahren  Hd^tung  aU  au^  ber 
adrtlii^en  Siebe.  34  mdd^te  wo^I,  um  wer  mei^  wie  t>ie(,  baSjenige  nic^t  gefagt  l^oben, 
was  SRouffeau  fo  t)erwegen  behauptet:  bag  ein  Srauen^immer  niemals  et- 
was ntel^r  a(S  ein  grogeS  ^tnb  werbe,    allein  ber  f(^arffi(!^tige  ©c^wei^er 

35  fd^rieb  btefeS  in  %xa\\tuxd),  unb  t^ermut^Iic^  empfanb  er  eS  alS  ein  fo  groger  Ser- 
t^etbiger  beS  fronen  (S^efc^Ied^tS  mit  C^ntrüpung,  bag  man  bemfelben  nic^t  mit  me^r 
wirllic^er  St^tung  bafelb^  begegnet. 


248        Seoba^tungen  über  bad  ®emi  M  ®^bntn  unb  (^l^abenen. 

inbem  er  im  (Sl^eßanbe  feiner  f^rauen  gemeinigttd^  ein  unumfd^r&ntteS 
anfeilen  einrdumt.  @r  ift  fianbl^aft,  bii^aeilen  Ui  jur  {)artnfidtg!eit, 
lül^n  unb  entf(i^Ioffen,  oft  bis  gur  Sßermeffenl^eit  unb  ^anbelt  nad^  ®runb^ 
fd^en  gemeinigli^  bis  gum  (Sigenfinne.  6r  »irb  Iet^tK(i^  ein  @onber« 
ling,  ni(i^t  aus  (Sitelleit,  fonbern  »eil  er  ^S)  koenig  um  anbre  betfimmert  5 
unb  feinem  ©efd^made  auS  ©efdiligleit  ober  Slad^al^mung  nid^t  leid^tlid^ 
®emalt  tl^ut;  um  beSmiüen  toirb  er  feiten  fo  f el^r  geliebt  als  ber  ^rangofe, 
aber,  menn  er  gelaunt  ijt,  gemeintgli(]^  mel^r  l^oii^gead^tet* 

3)er  S)eutf(]^e  ^at  ein  gemifd^teS  ©efü^I  aus  bem  eines  @ngldnberS 
unb  bem  eines  f^angofen,  fc^eint  aber  bem  erfteren  am  ndd^ften  gu  tom»  10 
men,  unb  bie  größere  ^^nlid^feit  mit  bem  le^teren  ift  nur  getfinftelt  unb 
na(i^gea]^mt.  @r  l^at  eine  glüdlid^e  SRifd^ung  in  bem  ©efu^Ie  fokoo^l  beS 
@r]^abenen  unb  beS  @(i^önen;  unb  toenn  er  in  bem  erfteren  eS  nid^t  einem 
@ngldnber,  im  gmeiten  aber  bem  ^rangofen  nid^t  gleid^  tl^ut,  fo  flbertrifft 
er  fte  beibe,  in  fo  fern  er  fie  oerbinbet.  @r  geigt  me^r  ®efälligteit  im  Um«  n 
gange  als  ber  erftere,  unb  toenn  er  gletd^  nid^t  fo  oiel  angenel^me  fiebl^aftig«* 
feit  unb  Sßi^  in  bie  ©efellfd^aft  bringt,  als  ber  i^rangofe,  fo  du^ert  er  bod^ 
barin  mel^r  Sefd^eibenl^eit  unb  SSerftanb.  @r  ift,  fo  mie  in  aller  9lrt  beS 
©efd^madtS,  alfo  aud^  in  ber  Siebe  giemltd^  met^obifd^,  unb  inbem  er  baS 
@d^5ne  mit  bem  @blen  oerbinbet,  fo  ift  er  in  ber  @m:pfinbung  beiber  falt  20 
genug,  um  feinen  ^opf  mit  ben  Überlegungen  beS  SnftanbeS,  ber  $rad^t 
unb  beS  Sluffe^enS  gu  befd^dftigen.  S)a^er  ftnb  Familie,  Sitel  unb  9iang 
bei  il^m  fomol^l  im  bfirgerlid^en  SSerl^dltniffe  als  in  ber  Siebe  ©ad^en  Don 
groger  Sebeutung.  @r  frdgt  meit  me^r  als  bie  oorige  bamad^,  koaS  bie 
Seute  oon  il^m  urtl^eilen  möd^ten,  unb  koo  etmaS  in  feinem  6^a>  25 
rattere  ift,  baS  ben  SBunfd^  einer  ^auptoerbefferung  rege  mad^en  fbnnte, 
fo  ift  es  biefe  Sd^mad^^eit,  nad^  meld^er  er  fid^  nid^t  erfü^nt  original  gu 
fein,  ob  er  gleich  bagu  alle  Salente  ^at,  unb  bag  er  ftd^  gu  Diel  mit  ber 
SReinung  anberer  einldgt,  meld^eS  ben  ftttlid^en  (Sigenfd^aften  aDe  ^aU 
tung  nimmt,  inbem  eS  fte  koettermenbifd^  unb  falfd^  gefünftelt  mad^t.        30 

S)er  ^olldnber  ift  Don  einer  orbentlid^en  unb  empgen  ®emüt^art, 
unb  inbem  er  lebiglid^  auf  baS  9lü^Iid^e  fte^t,  fo  l^at  er  »enig  ©effi^l  fflr 
baSienige,  tt)aS  im  feineren  SSerftanbe  fc^ön  ober  erl^aben  ift.  Sin  großer 
SRann  bebeutet  bei  il^m  eben  fo  Diel  als  ein  reid^er  äRann,  unter  htm 
f^reunbe  oerfte^t  er  feinen  Sorrefponbenten,  unb  ein  Sefuc^  ift  il^m  fel^r  35 
langmeilig,  ber  il^m  nid^tS  einbringt.  @r  mod^t  ben  ßontraft  fotoo^l 


4.  «bfc^nitt.  249 

gegen  ben  grangofen  a\i  ben  (Sngidnber  unb  ifi  gewiffeniiagen  ein  fel^r 
p^Iegmati|irter  3)eutf(l^e. 

Sßenn  »ir  ben  93erfu(]^  biefer  ®ebanfen  in  irgenb  einem  f^aOe  an«> 
»enben,  um  g.  @.  bad  ©efül^l  ber  (S^re  gu  emdgen,  fo  geigen  {t(i^  folgenbe 

&  9lattonaIunterf(]^iebe.  S)ie  @m:t)ftnbung  ffir  bie  S^re  ift  am  $rango{en 
(Sitelfeit,  an  bem  Spanier  ^oSimntl),  an  bem  ßngidnber  @toIg,  an 
bem  3)eutf(l^en  (^offart  unb  an  bem  ^oDdnber  Sufgeblafenl^eit. 
S)iefe  Sudbrütfe  fd^einen  beim  erjlen  Snblitfe  einerlei  gu  bebeuten,  aDein 
fie  bemerfen  na(]^  bem  SReid^tl^um  unferer  beutfd^en  Sprad^e  fel^r  fennt« 

10  Ii(^e  Unterfd^iebe.  3)ie  (Sitelfeit  bul^lt  um  Seifaa,  ift  flatterhaft  unb 
üerdnberlid^,  il^r  dugereS  Setragen  aber  ift  l^dflid^.  3)er  ^od^mfltl^ige 
iß  DoD  t>on  fdlf(]^li(^  eingebilbeten  großen  Sorgägen  unb  bemirbt  ßd^  nid^t 
t>iel  um  ben  SeifaO  anberer,  feine  Suffü^rung  ift  fteif  unb  l^od^ traben b* 
S>er  €toIg  ifi  eigentlid^  nur  ein  größeres  Semu^tfein  feined  eigenen 

IS  9Bert^e8,  ber  dfterS  fel^r  rid^tig  fein  tann  (um  beSaiHen  er  aud^  biSmeilen 
ein  ebler  @toIg  ^ei^t;  niemals  aber  fann  i(^  iemanben  einen  eblen  $od^« 
mutl^  beilegen,  »eil  biefer  j[ebergeit  eine  unrid^tige  unb  &bertriebene@elbft« 
fd^d^ung  angeigt),  bad  Setragen  bed  @toIgen  gegen  anbere  ift  gleid^* 
gältig  unb  laltpnnig.  3)er  ^offdrtige  ift  ein  @toIger,  ber  gugleid^ 

SD  eitel  ift.^)  S)er  SeifaD  aber,  ben  er  bei  anbern  fud^t,  befielt  in  S^ren« 
begeugungen.  3)a]^er  fd^immert  er  gerne  burd^  Sitel,  Sl^nenregißer  unb 
®eprdnge.  S)er  S>eutf(l^e  ift  Domel^mlid^  Don  biefer  @d^mad§]^eit  angeftetft. 
3)ie  äB5rter:  (Sndbig,  $o(^geneigt,  $od^«  unb  Sßo^Igeb.  unb  bergleid^en 
Sombaft  me^r,  mad^en  feine  @)>rad^e  fteif  unb  ungemanbt  unb  Derl^inbern 

25  gar  fe^r  bie  fd^dne  (Sinfalt,  »eld^e  anbere  Sölter  il^rer  @d^reibart  geben 
tbnnen.  S)ai  Setragen  eined  ^offdrtigen  in  bem  Umgange  ifi  Sere» 
monie.  3)er  Sufgeblafene  ift  ein  $o(^müt]^iger,  »eld^er  beutlid^e 
SRerlmale  ber  Sera^tung  anberer  in  feinem  Setragen  du^ert.  3n  ber 
Suffäl^rung  ift  er  grob.  3)iefe  elenbe  @igenfd^aft  entfernt  pd^  am  meite^ 

30  ften  t>om  feineren  (Sefd^matfe,  meil  pe  offenbar  bumm  ift;  benn  bad  ift 
gemi^  ni^t  ba8  SRittel,  bem  (Sefä^l  für  (Sl^re  ein  ®n&ge  gu  leiften,  ba| 
man  bur(^  offenbare  Serac^tung  aOed  um  fi(^  gum  ^affe  unb  gur  bei^en- 
ben  Spötterei  aufforbert. 

*)  W  tfi  nt<^t  nötbidi  bag  ein  ^offärtiget  aufiletd^  bo^mflt^ig  fei,  b.  i.  fi<^ 
35  eine  flbcrtnebene,  falf(!^e  CHnbtIbung  t>on  feinen  Qotjfigen  mac^e,  fonbern  er  fann 
otellei^t  \i^  nic^t  ^d^er  fc^&^en,  a(d  er  mert^  ifl,  er  ^at  aber  nur  einen' falf^en 
d^efc^matf,  biefen  feinen  f&txi^  dugerüc^  gettenb  gu  ma^^n. 


250        floM^gen  fiber  bad  (Befülftl  M  @4dnen  uitb  (Stl^abenen. 

3n  ber  Siebe  l^aben  ber  3)eutf(l^e  unb  ber  @nglfinber  einen  giemlid^ 
guten  SRagen,  etoaS  fein  Don  Smpfinbung,  mel^r  aber  oon  gefunbem  unb 
berbem  ©efd^made.  S)er  Staliäner  i[t  in  biefem  fünfte  gräblerifd^, 
ber  Spanier  pl^antaftifd^,  ber  f^rangofe  Dernaf(i^t. 

S)ie  äieltgion  unfereS  SBelttl^eitö  ifi  ni(i^t  bie  ©ad^e  eines  eigen«  s 
einigen  ®ef(i^matf8,  fonbem  Don  e^noürbigerem  Urfprunge.  S)a]^er  I5n« 
nen  aud^  nur  bie  Sudfd^koetfungen  in  berfelben  unb  bad,  xoai  barin  ben 
SRenfd^en  eigentl^fimlid^  angel^ört,  Qtiäim  Don  ben  Derf  d^iebenen  9lationaI« 
eigenfd^aften  abgeben,  ^di  bringe  biefe  SuSfc^aeifungen  unter  folgenbe 
^auptbegriffe:  Seid^tgldubigfeit  (Srebulität),  Aberglaube (Super^  10 
ftition),  @d^tt)ärmerei  (ganaticiam)  unb  ®leid^gültig!eit(3nbijfe« 
rentiSm).  Seid^tgl&ubig  i{l  mebrentl^eite  ber  unmiffenbe  2:^eil  einer 
ieben  Station,  ob  er  gleidb  fein  merflid^ed  feineres  ®efü](|I  l^at.  S)ie  Über« 
rebung  fommt  lebiglid^  auf  baS  ^brenfagen  unb  baS  fd^einbare  Anfeilen 
an,  ol^ne  ba^  einige  9rt  beS  feinern  ®e[u^Id  ba^u  bie  Sriebfeber  ent«  15 
l^ielte.  S)ie  Seifpiele  ganger  93ölfer  oon  biefer  Slrt  mug  man  in  9lorben 
fud^en.  S)er  Seid^tgldubige,  koenn  er  oon  abenteuerlichem  ®efd^madt  ift, 
mirb  abergläubifd^.  S)ie{er  ©efd^madt ift  fogar  an  ftd^  felbjl  ein  ®runb 
etkoaS  leichter  gu  glauben^),  unb  oon  gmei  SRenfd^en,  bereu  ber  eine  oon 
biefem  ©eful^I  angefteA,  ber  anbere  aber  oon  falter  unb  gemdgigter  ©e«  20 
mütbSart  ift,  toirb  ber  erftere,  menn  er  gleid^  koirUid^  mel^r  SSerftanb  l^at, 
bennod^  burd^  feine  ^errfd^enbe  Steigung  el^er  oerleitet  tt)erben  etmad  Un« 
naturlid^eS  gu  glauben,  als  ber  anbere,  meieren  nic^t  feine  Sinftd^t,  fon« 
bern  fein  gemeines  unb  p^legmatifd^eS  ©efül^l  oor  biefer  SuSfd^meifung 
bekoal^rt.  S)er  Sbergldubifd^e  in  ber  SReligion  fteUt  gtoifd^en  fid^  unb  bem  n 
l(|öd^ften  ©egenftanbe  ber  äSerel^rung  gerne  gekoiffe  mdd^tige  unb  erftaun« 
lid^e  SRenfd^en,  SRiefen  fo  ju  reben  ber  {)eiligfeit,  benen  bie  Statur  ge]^ord)t 
unb  bereu  befd^mörenbe  Stimme  bie  eiferne  Si^ore  beS  SartaruS  auf<  ober 
gufc^Ue^t,  bie,  inbem  fie  mit  il^rem  Raupte  ben  ^immel  berül^ren,  il^ren 


*)  Tlan  f^at  fonft  bemerft,  bai  bie  (Snglänber  ai^  ein  fo  HugeiS  S^olf  gleich*  so 
roobi  leic^tlii^  burc^  eine  breiftc  Slnfünbigung  einer  ipunberli^en  unb  ungereimten 
©ad^e  fönnen  beruht  werben  fie  anfänglich  gu  glauben;  motHm-man  oiele  ^etfpirle 
^at.  SlÜetn  eine  ffi^ne  @emüt^dart,  Dorberettet  burci^  Derfc^iebene  Erfahrungen,  in 
welchen  ntancbe  feltfame  S)inge  gletd^tool^l  maf^x  befunben  worben,  hti^i  gef(^n)inbe 
burcb  bie  fleine  äBebenfltc^feiten.  oon  benen  ein  fd^wad^er  unb  miglrauifc^er  ^opf  35 
balb  aufgefallen  wirb  unb  fo  o^ne  fein  ^erbtenft  bi^roeilen  oor  bem  3trt^um  Der« 
roa^rt  ratrb. 


i.  IttMaUi.  251 

Sru^  nod^  auf  ber  nieberen  Srbe  ftel^en  l^aben.  3)ie  Untemeifung  ber  ge« 
funben  SSemunft  koirb  bemnad^  in  Spanien  groge  ^inberniffe  ju  fiber» 
minben  l^aben,  nid^t  banim  »eil  {te  bie  Unkuiffenl^eit  bafelbft  ju  Dertreiben 
l^atp  fonbern  »eil  ein  feltfamer  (Sefd^mad  il^r  entgegenftel^t,  »eld^em  ba8 

5  9tatärlid§e  gemein  ift,  unb  ber  niemals  glaubt  in  einer  erl^abenen  6m> 
pfinbung  gu  fein,  aenn  fein  ®egenflanb  ni(^t  abenteuerlid^  ifi.  3)ie 
Sd^mdrmerei  ift  fo  gu  fagen  eine  anbäd^tige  Sermeffenl^eit  unb  mirb 
buri!^  einen  gemiffen  Stolg  unb  ein  gar  gu  gro^ed  Sutrauen  gu  {td^  felbft 
veranlagt,  um  ben  ^immlif(i^en  Slaturen  nd^er  gu  treten  unb  fi(i^  burd^ 

10  einen  erfiaunlid^en  ^lug  fiber  bie  gemöl^nlid^e  unb  üorgefd^riebene  Drb> 
nung  gu  ergeben.  3)er  Sd^mdrmer  rebet  nur  Don  unmittelbarer  (Singebung 
unb  Dom  befc^aulid^en  Seben,  inbeffen  ba^  ber  Sbergldubifc^e  Dor  ben  Sil« 
bern  groger  »unbertl^dtiger  ^eiligen  (Selfibbe  tl^ut  unb  fein  Sutrauen  auf 
bie  eingebilbete  unb  unnad^a^mlid^e  93orgfige  anberer  ^erfonen  Don  feiner 

15  eigenen  9latur  fe^t.  @elbft  bie  SluSfd^meif ungen  f fil^ren,  ttie  koir  oben  be« 
mertt  §aben,  S^id^^n  bed  Slationalgefül^tö  bei  fid^,  unb  fo  ifi  ber  i^anati« 
ciSmud^)  koenigßend  in  ben  Dorigen  Seiten  am  meiften  in  S)eut|d^lanb 
unb  @nglanb  angutreffen  gemefen  unb  ift  gleid^fam  ein  unnatürlid^er  8Iud« 
mud^d  bed  eblen  ®effi^tö,  »elc^eS  gu  bem  ß^arafter  biefer  ä35lfer  gel^brt, 

20  unb  flber^aupt  bei  koeitem  nid^t  fo  fd^dblid^,  ald  bie  abergldubifd^e  9lei* 
gung,  »enn  er  gleid^  im  anfange  ungeflfim  ift,  meil  bie  (Srl^i^ung  eineö 
fd^kodrmerifd^en  ®eifted  aUmdblig  Derffi^lt  unb  feiner  9latur  nad^  enblit^ 
gur  orbentlid^en  SRdgigung  gelangen  mug,  anftatt  bag  ber  Aberglaube 
fid^  in  einer  ruhigen  unb  leibenben  ©emfitl^Sbefd^affen^eit  uuDermerft 

25  tiefer  einmurgelt  unb  bem  gefeffelten  SRenfd^en  baS  Sutrauen  gdnglid^  be» 
nimmt,  {td^  Don  einem  fc^dblid^en  SBal^ne  j[emal8  gu  befreien.  @nblid^  ift 
ein  (Siteler  unb  Seid^tpnniger  (ebergeit  o^ne  ftdrfered  ©effll^l  fftr  baS 
ßrl^abene,  unb  feine  äieligion  ifi  o^ne  SRä^rung,  melirentlieitö  nur  eine 
@ad^e  ber  SRobe,  »eld^e  er  mit  aller  artigteit  begebt  unb  (alt  bleibt. 

90  3)iefe8  ifi  ber  prattifd^e  ^nbifferentidmud,  gu  »eld^em  ber  frangö^ 
fifdde  9lationalgeift  am  meiften  geneigt  gu  fein  fc^eint,  moDon  bis  gur 


*)  S)eT  SanatictiSm  mug  Dom  (irnt^uftadmud  jeberaeit  unterf(!^teben  »erben. 
Sener  glaubt  eine  unmittelbare  unb  ongerorbentlti^e  (Bemeinfc^aft  mit  einer  ^df^eren 
9^otur  au  ffll^len,  biefer  bebeutet  ben  Suftanb  M  (S^emüt^d,  ha  baffelbe  buri^  irgenb 
35  einen  (Brunbfa^  Aber  ben  ge^iemenben  &xah  er^if^t  worben,  ed  fei  nun  bun!^  bie 
!D?o;ime  ber  patrtotifc^en  Sugenb,  ober  ber  greunbfc^ft,  ober  ber  SHeltgion,  o^ne 
bai  l^iebei  bie  (Sinbilbung  einer  übematflrlt^en  (Bemeinf^aft  etwaS  gu  f(!^affen  l^at. 


252        Seoba^tungen  über  bad  @efü^I  M  ®45nen  unb  (Srl^abenen. 

frevelhaften  @p5tterei  nur  ein  @(]^ritt  ift  unb  ber  im  (Srunbe,  koenn  auf 
ben  inneren  äBert^  gefeiten  kolrb,  Don  einer  gdnjHd^en  abfagung  »enig 
Doraud  l^at. 

(Se^en  mir  mit  einem  ^äd^tigen  SKde  nod^  bie  anbere  SSeltt^eile 
burd^,  fo  treffen  mir  ben  Araber  al&  ben  ebelften  9Renf(i^en  im  Oriente   5 
an,  bod^  Don  einem  ©efül^l,  meld^ed  fe^r  in  bad  8(benteuerli(j^e  ausartet. 
@r  ift  gaftfrei,  gro^mfit^ig  unb  ma^rl^aft;  allein  feine  Srgd^lung  unb  ®^ 
fd^id^te  unb  fiberl^au^t  feine  (Smpfinbung  ift  febergeit  mit  etmaS  SBunber» 
barem  burd^flod^ten.  @eine  erl^i^te  @inbilbungdfraft  ftellt  il^m  bie  Sad^en 
in  unnatürlichen  unb  Dergogenen  Silbern  bar,  unb  felbft  bie  Sudbreitung  10 
feiner  Steligion  mar  ein  groged  Abenteuer.  SBenn  bie  Araber  gleid^fam 
bie  ©panier  bed  Orients  ftnb,  fo  ftnb  bie  $erf er  bie  i^rangofen  oon  Sfen. 
@ie  ftnb  gute  3)i(l^ter,  l^öflid^  unb  oon  giemlid^  feinem  ©efd^madte.   @ie 
ftnb  nic^t  fo  ftrenge  Sefolger  bed  Sdlam  unb  erlauben  il^rer  gur  Suftigfeit 
aufgelegten  ©emütdart  eine  giemlid^  milbe  Sudlegung  bed  J^oran.   S)ie  15 
Saponefer  tonnten  gleid^fam  als  bie  @ngl&nber  biefeS  SBeltt^eild  angefe- 
l^en  merben,  aber  laum  in  einer  anbern  @igenfd^aft,  ald  il^rer  ©tanb^aftig« 
feit,  bie  bis  gur  äugerften  ^alsftarrigfeit  ausartet,  i^rer  Sapferfeit  unb 
äSerad^tung  beS  2:obeS.  Übrigens  geigen  fte  menig  äßerfmale  eines  feineren 
©efül^lS  an  ftd^.  3)ie  ^nbianer  ^aben  einen  l^errfc^enben  ©efd^mad  oon  so 
Sfra^en  oon  berjenigen  Slrt,  bie  ins  Sbenteuerlid^e  einfd^ldgt.   ^l^re  SRe* 
ligion  befte^t  auS  graben,  ©ö^enbilber  oon  ungeheurer  ©eftalt,  ber  un« 
f(i)d^bare3a^n  beS  mdc^tigen  ^ffen  ^anuman,  bie  unnatürlid^e  Sitgun« 
gen  ber  f$atirS(]^eibnif(J^er  SSettelmönd^e)  u.  f.  m.  ftnb  in  biefem  ©efd^made. 
S3k  millfürlid^e  ^Aufopferung  ber  SBeiber  in  eben  bemfelben  Scheiterhaufen,  ss 
ber  bie  Seid^e  ibreS  SRanneS  oergel^rt,  ift  ein  f(JbeuSli(!^eS  Abenteuer.  SBeld^e 
Idpptfc^e  t^ra^en  eutbalten  nic^t  bie  meitfd^ic^tige  unb  auSftubirte  60m* 
plimente  ber  @^ ine f er;  felbft  tl^re  (Semdlbe  ftnb  fra^enliaft  unb  fteOen 
munberlid^e  unb  unnatürlid^e  ©eftalten  oor,  bergleidb^n  nirgenb  in  ber 
SBelt  angutrcffen  ftnb.   @ie  Ibüben  aud^  ebrmfirbige  f^ra^en,  barum  metl  30 
fte  oon  uraltem  ©ebraud^  ftnb,^)  unb  feine  äSolferfd^aft  in  ber  S3$elt  ^at 
bereu  me^r  als  biefe. 


*)  ^lan  begel^t  nocb  in  $eftng  bie  Zeremonie,  bei  einer  <Sonneu*  ober  SRonb- 
ftnfterntg  burd)  grogeci  ^eröufd)  ben  2)rQ(4en  au  oerjagen,  ber  biefe  ^immelSförper 
Derfc^lingen  loiU,  unb  be^ölt  einen  elenben  @ebraud^  oud  ben  alteften  Briten  ber  35 
Unmiffen^eit  bei,  ob  man  gleich  jel^t  beffer  belehrt  ift. 


4.  «bf^nitt.  253 

S>ie  %egcrd  Don  Sfrifa  ^aben  Don  ber  9latur  fein  ©effil^I,  meld^eS 
über  baS  fi&ppifd^e  ftiege.  ^err  $ume  forbert  (ebermann  auf,  ein  eingigeS 
aSeifpiel  anjuffll^ren,  ba  ein  Sieger  Salente  gettiefen  l^abe,  unb  bel^auptet: 
bag  unter  ben  ^unberttaufenben  Don  Sd^narjen,  bie  a\x&  il^ren  S&nbern 
6  anbenodrtö  Derf ül^rt  »erben,  obgleich  bereu  fel^r  oiele  aud§  in  f^reil^eit  ge« 
fe^t  toerben,  btnnoöi  ni(]^t  ein  eiujiger  j[emate  gefunben  koorben,  ber  ent 
»eber  in  J^unft  ober  9Si{fenf(]^aft,  ober  irgenb  einer  anbern  rfil^mliil^en 
@igen{(]^aft  ehoaS  ®roged  DorgefteHt  l^abe,  obgleid^  unter  ben  Seiten  |i(^ 
beft&nbig  XDtliSjt  auS  bemniebrigften  $öbel  empor  fd^mingen  unb  bur(^  t>or^ 

10  jäglid^e  ©aben  in  ber  SBelt  ein  9lnfe()en  ertoerben.  @o  toefentUiJ^  ift  ber 
Unterfd^ieb  gaifd^en  biefen  gmei  3Renf4enge[(]^le(]^tern,  unb  er  fd^eint  eben 
fo  gro^  in  Snfel^ung  ber  ©emfttl^i^fäl^igfeiten,  als  ber  f^arbe  nad^  gu  fein. 
S)ie  unter  i^nen  weit  ausgebreitete  SReligion  ber  Sfetifc^e  ift  oieDeid^t  eine 
9rt  oon  ©o^enbienft,  ttelc^er  fo  tief  inS  Sdppifd^e  ftnit,  ald  tS  nur  immer 

15  Don  ber  menf(]^lid^en  9latur  möglit^  gu  fein  fd^eint.  6ine  SBogelfeber, 
ein  ftul^l^orn,  eine  3Ruf(]^el,  ober  iebe  anbere  gemeine  @ad^e,  fo  balb  fte 
burd^  einige  SBorte  eingemeil^t  Sorben,  ifi  ein  ®egen{tanb  ber  SBerel^rung 
unb  ber  Anrufung  in  Sibfd^toüren.  S)ie  @(]^margen  ftnb  fel^r  eitel,  aber 
auf  9legerart  unb  fo  plauber^aft,  bag  fte  mit  $rugeln  muffen  auS  ein» 

90  anber  gefagt  tterben. 

Unter  allen  Sßil ben  ift  {eine  SSöUerfd^aft,  koelil^e  einen  fo  erhabenen 
©emutl^Sd^arafter  an  ftd^  geigte,  als  bie  oon  9lorbameriIa.  @ie  l^aben 
ein  ftarfeS  (Sefä^I  für  @]^re,  unb  inbem  fte,  um  fte  gu  erjagen,  ttilbe 
Sbenteuer  l^unberte  oon  Steilen  meit  auffüllten,  fo  ftnb  fte  nod§  du^erft 

95  aufmerffam  ben  minbeften  Slbbrud^  berfelben  gu  üerpten,  ttenn  il^r  eben 
fo  liiarter  $einb,  nad^bem  er  fte  ergriffen  l^at,  burd^  grauf ame  Qualen  feige 
@eufger  t>on  i^nen  gu  ergmingen  fud^t.  S>er  canabifc^e  Sßilbe  ifi  übrigens 
ttal^rbaft  unb  reblid^  S)ie  ^reunbfd^aft,  bie  er  errid^tet,  ifi  eben  fo  aben* 
teuerli(]^  unb  entl^upaftifd^,  als  ttaS  iemalS  aus  ben  dlteften  unb  fabel« 

30  l^aften  Seiten  baoon  gemelbet  »orben.  (Sr  ifi  dugerft  fiolg,  empfinbet  ben 
gangen  SSert^  ber  ^rei^eit  unb  erbulbet  felbft  in  ber  (Srgiel^ung  feine  Se« 
gegnung,  meldte  il^m  eine niebrige  Unterwerfung  empfinben  lie^e.  E^fur« 
guS  l^at  koa^rfd^einlic^er  SBeife  eben  bergleid^en  SBilben  ®efe^e  gegeben, 
unb  koenn  ein  ®efe^geber  unter  ben  feil^S  Stationen  auffidnbe,  fo  ttürbe 

36  man  eine  fpartanifd^e  Slepublif  ftd^  in  ber  neuen  SSelt  ergeben  feigen;  mie 
benn  bie  Untemel^mung  ber  Argonauten  Don  ben  J(riegeSgfigen  biefer 
Jnbianer  toenig  unterfd^ieben  ift,  unb  ^a\t>n  oor  bem  SttafafuHa« 


254        SBeobad^tungen  über  bad  Gefügt  bed  (Schönen  unb  (irrl^abenen. 

fulla  nid^tö  alS  bie  Sl^re  cined  grie(i^if(i^en  9lamcnS  Doraud  ^at.  SDe 
biefe  SBHbe  l^aben  »enig  ©efäl^I  für  ba&  @(l^5ne  im  moraUf(^en  Ser« 
ftanbe,  unb  bie  gro^müt^ige  SSergebung  einer  Seleibigung,  bie  jugleid^ 
ebel  unb  {d^5n  ifi,  i[t  ali  Sugenb  unter  ben  SBilben  DöIIig  unbelannt,  fon< 
bern  »irb  »ie  eine  elenbe  f^eigl^eit  Derad^tet.  Sctpferleit  ifi  baS  größte  & 
SSerbienft  bed  Sßilben  unb  SHad^e  feine  fü^efte  SBoIIuft.  ^ie  fibrigen  Sin* 
geborne  biefeS  äBelttl^eilS  jeigen  »enig  @)>uren  eines  (Skmät^Sd^arafterd, 
toAiSjtr  gu  feineren  (Smpfinbungen  aufgelegt  kodre,  unb  eine  au^erorbent« 
lid^e  f^ü^IIoftgfeit  mad^t  ia^  SRerlmal  Diefer  SRenfd^engattungen  auS. 

Setrad^ten  »ir  bad  ©efd^Iec^ter^äSerl^ältnig  in  biefen  SBelttl^eilen,  fo  lo 
finben  »ir,  ba|  ber  Europäer  einzig  unb  aOein  bad  ®e^eimnig  gefun» 
ben  l^at,  ben  finnlid^en  äteij  einer  mdd^tigen  9leigung  mit  fo  Diel  Slumen 
gu  fc^müdten  unb  mit  fo  oiel  SRoralifd^em  gu  burd^fled^ten,  ba|  er  bie  Sn» 
nel^mlid^feiten  beffelben  nid^t  aOein  überaus  erl^ö^t,  fonbern  aud^  fel^r  an» 
ftänbig  gemad^t  l^at.  S)er  Semofiner  beS  Orients  iß  in  biefem  fünfte  15 
oon  fe^r  falfd^em  ©efd^made.  Snbem  er  leinen  Segriff  l^at  oon  bem  fttt» 
lid^  @d^5nen,  baS  mit  biefem  abriebe  fann  oerbunben  koerben,  fo  bügt  er 
aud^  fogar  ben  SBert^  bed  {innlid^en  SBergnügenS  ein,  unb  fein  ^aram  ift 
il^m  eine  beftdnbige  Quelle  üon  Unrul^e.  @r  gerdtl^  auf  aOerlei  oerliebte 
Srra^en,  worunter  bad  eingebilbete^leinob  einS  ber  oornel^mften  ift,  beffen  so 
er  ftd^  oor  allem  ju  oerftd^ern  fud^t,  beffen  ganger  SSertl^  nur  barin  befielet, 
ba^  man  es  gerbrid^t,  unb  Don  loelc^em  man  äber^aupt  in  unferem  S&AU 
tl^eil  Diel  l^dmifd^en  3n)eifel  l^egt,  unb  gu  beffen  (Srl^altung  er  {td^  fel^r  un> 
billiger  unb  öfters  elell^after  SRittel  bebient.  S)a]^er  ift  bie  f^rauenSperfon 
bafelbft  febergeit  im  ®efdngniffe,  {te  mag  nun  ein  äRdbd^en  fein,  ober  a» 
einen  barbarifd^en,  untüd^tigen  unb  febergeit  argkoöl^nifd^en  SRann  ^aben. 
2ln  ben  £dnbern  ber@d^ioargen  koaS  lann  man  ba  99effereS  erkoarten, 
als  koaS  burd^gdngig  bafelbft  angetroffen  mirb,  ndmlid^  baS  koeiblic^e 
®efd^led^t  in  ber  tiefften  Stlaoerei?  6in  Sergagter  ift  aDemal  ein  ftren« 
ger  ^err  über  ben  Sd^kodd^eren,  fo  koie  aud^  bei  unS  berfenige  SRann  30 
iebergeit  ein  2:9rann  in  ber  j^üc^e  ift,  koeld^er  auger  feinem  ^aufe  ftc^ 
faum  erfül^nt  j[emanben  unter  bie  8[ugen  gu  treten.  S>er  $ater  Sabat 
melbet  gkoar,  bag  ein  9tegergimmermann,  bem  er  baS  l^od^müt^ige  SSer» 
fal^ren  gegen  feine  SBeiber  k>orgeix)orfen,  geantkoortet  l^abe :  3^r  SBeige 
feib  rechte  9larren,  benn  guerft  rdumet  il^r  euren  Sßeibern  fo  ss 
k)iel  ein,  unb  l^ernad^  flagt  il^r,  menn  fie  eud^  ben  JSopf  toll 
mad^en;  eS  ift  aud^,  als  »enn  l^ierin  fo  etkoaS  kodre,  koaS  k>ielleid^t  Der« 


.4.  «bf^niH.  255 

« 

btente  in  Überlegung  glsgogen  gu  werben,  aUein  turgum,  biefer  Sttxl  koac 
Dom  JCopf  bis  auf  bie  f^A^e  gan j  fd^marg,  ein  beutlid^er  ^mtxi,  bag  baS, 
U)ad  er  jagte,  bumm  mar.  Unter  aOen  Silben  ftnb  {eine,  bei  benen  baS 
tteiblid^e  (Sefd^Ied^t  in  gri^erem  airtliil^en  Snfel^en  jl&nbe,  a\S  bie  oon 

6  (Sanabo.  Sienei(!^t  übertreffen  {ie  barin  fogar  unferen  gefttteten  SBelttl^eil. 
Slid^t  a\i  koenn  man  benf^rauen  bafelbfi  bemfitl^ige  Slufmartungen  ma^te; 
ba8  ftnb  nur  Somplimente.  !Rein  fte  l^aben  mirtltd^  gu  befehlen.  @ie  Der« 
fammlen  fid§  unb  beratl^fd^Iagen  über  bie  mid^tigfie  Snorbnungen  ber 
Station,  Aber  j(rieg  unb  ^rieben;  @ie  fil^iden  barauf  il^re  übgeorbnete 

10  an  ben  männli(]^en  äiatl^,  unb  gemeiniglid^  ift  i^re  Stimme  bieienige, 
melij^e  entf(^eibet.  S[ber  pe  erfaufen  biefen  SSorgug  treuer  genug.  @te 
l^aben  aOe  ^uglid^e  Sngelegenl^eiten  auf  bem  ^alfe  unb  nel^men  an  aOen 
Sefd^merlic^Ieiten  ber  SRdnner  mit  Sutl^eil. 

Sßenn  mir  gule^t  nod^  einige  Slide  auf  bie  ®ef(]^i(^te  merfen,  fo 

15  fel^n  mir  ben  ©efij^mad  ber  SRenfd^en  mie  einen  $roteud  ftets  manbel« 
bare  ®efialten  annehmen.  S)ie  alten  Seiten  ber  (Sried^en  unb  ätömer 
geigten  beutlid^e  äRerlmale  einei»  fid^ten  ®efft^lS  ffir  baS  Sd^öne  fomol^I 
ali  ba«  (Srl^abene  in  ber  S)id^tfunfi,  ber  Silb^auerfunft,  ber  »rd^iteftur, 
ber  ©efe^gebung  unb  felbfi  in  ben  @itten.  S)ie  ^Regierung  ber  rbmifd^en 

90  J^aifer  Derdnberte  bie  eble  fomo^I  als  bie  fd^öne  (Sinfalt  in  ba&  $rd(^tige 
unb  banu  in  ben  falfd^en  Sd^immer,  mooon  unS  nod^  bie  Überbleibfel 
il^rer  Serebfamleit,  S>i(4tfunft  unb  felbß  bie  ©efd^id^te  i^rer  Sitten  b^ 
leieren  lönnen.  aUmd^Iig  erlofd^  aud^  biefer  fRt\t  bed  feinern  ©efd^madö 
mit  bem  gdnglid^en  Serfall  \>ti  Staats.    S)ie  Sarbaren,  uad^bem  fie 

25  il^rerfeitS  if)re  3Rad^t  befeftigten,  ful^rten  einen  gemiffen  üerlel^rten  ©e« 
fdl^madt  ein,  ben  man  ben  gotl^ifd^en  nennt,  unb  ber  auf  fjfra^en  auslief. 
9Ran  fal^  nid^t  aUein  f^ra^en  in  ber  Sautunft,  fonbern  aud^  in  ben  SBiffen* 
fd^aften  unb  ben  übrigen  ©ebrdut^en.  S)ai  oerunartete  ®efü^l,  ba  eS 
einmal  burd^  falfd^e  j(unft  geführt  marb,  na^m  el^er  eine  lebe  anbere  na- 

30  tftrlid^e  ®eftalt,  als  bie  alte  ßinfalt  ber  9latur  an  unb  mar  entmeber  beim 
Übertriebeneu,  ober  beim  Sdppifd^en.  S)er  ^bd^fte  Sd^mung,  ben  baS 
menfd^lid^e  ®enie  nal^m,  um  gu  bem  @rl§abenen  aufgufteigen,  beftanb  in 
abenteuern.  9Ran  fal^  geiftlid^e  unb  meltlic^e  Abenteurer  unb  oftmals  eine 
mibrige  unb  ungel^eure  Saftarbart  oon  beiben.   SRbnc^e  mit  bem  SReg» 

35  bud^  in  einer  unb  ber  ^riegeSfal^ne  in  ber  anbern  ^anb,  benen  gange 
$eere  betrogener  Sd^lad^topfer  folgten,  um  in  anbern  ^immelSgegenben 
unb  in  einem  l^eiligeren  Soben  il^re  ®ebeine  Derfd^arren  gu  laffen,  einge« 


256        S9eo6a(^tunden  über  bad  ®efil^t  bt9  @45nen  unb  Cri^abenen. 

meiste  ftrieger,  burd^  feierliii^e  ®elflbbe  gur  ^etoalttl^&tigleit  unb  aRifff 
tl^aten  geheiligt,  in  ber  $oIge  eine  feltfame  Srt  oon  ]^eroif(^en  $^anta{ien, 
tt)el(^e  fi^  9titter  nannten  unb  Abenteuer  auffud^ten,  Surniere,  Sn)ei« 
fdm:pfe  unb  romanifc^e  ^anblungen.  Sß&l^renb  biefer  S^it  tvarb  bie  9te« 
ligion  jufammt  ben  9Bi^enf(]^atten  unb  @itten  burd^  elenbe  f^ra^en  ent«  & 
fteDt,  unb  man  bewerft,  ba^  ber  ©efd^matf  nid^t  Iei(^tlid^  auf  einer  @eite 
ausartet,  ol^ne  au(^  in  aDem  übrigen,  ttad  gum  feineren  ®efä^l  ge]^5rt, 
beutlid^e  S^id^^n  feiner  SSerberbniß  barjulegen.  S>ie  JSIofiergelübbe  mad^« 
ten  aus  einem  großen  Sl^eil  uuparer  9Ren{d^en  gal^Ireid^e  (BefeUfd^aften 
emfiger  3Rflgigg&nger,  bereu  grublerifc^e  Sebendart  pe  gefd^itft  madl^te,  lo 
taufenb  @d^ulfra^en  audgul^edEen,  »eld^e  t>on  ba  in  größere  äBelt  audgin« 
gen  unb  i^re  Slrt  verbreiteten.  (Snblid^  nac^bem  bad  menfd^lid^e  (Senie 
Don  einer  faft  gfinglid^en  S^^ßörung  fid^  bur(!|  eine  8rt  von  $alingenefte 
glfidtlid^  mieberum  erhoben  l^at,  fo  feigen  »ir  in  unfern  Sagen  ben  rid^tigen 
(Sefc^madt  bed  @d^5nen  unb  ßblen  fomol^l  in  ben  duften  unb  SSiffen«  ts 
fd^aften  ald  in  Snfel^ung  beS  €ittlid^en  aufblähen,  unb  e8  ift  nid^td  mel^r 
gu  toünfd^en,  qlS  bag  ber  falfd^e  @d^immer,  ber  fo  leid^tlid^  tdufd^t,  un8 
nid^t  uni)ermer(t  üon  ber  eblen  (Sinfalt  entferne,  Dornel^mlid^  aber,  ba| 
bad  nod^  unentbedtte  ®e]^eimni|  ber  Srgiel^ung  bem  alten  SBa^ne  ent» 
riffen  koerbe,  um  bad  fittlid^e  ®effi]^I  frü^geitig  in  bem  Sufen  eines  {eben  so 
fungen  SBeltbärgerS  gu  einer  t^&tigen  Smpfinbung  gu  txf)bf)tn,  bamit 
nid^t  aOe  $einig{eit  bloS  auf  baS  pd^tige  unb  mäßige  SSergnfigen  l^in« 
auslaufe,  baStenige,  »aS  auger  unS  Dorgel^t,  mit  me^r  ober  meniger  ®e« 
fd^madte  gu  beurtl^eilen. 


i 


ü6«  5ie  Äiav&^eitm  bes  ^lopfcs. 


itant*«  GArlften.    Scrfe.  II.  17 


i 


über  bic  Äranf^citcn  bcg  Äo^)fc«* 

S)ie  (Sinfalt  unb  ©nfigfamfeit  ber  Statur  forbert  unb  bilbet  an  bem 
SRenfd^en  nur  gemeine  Segriffe  unb  eine  plumpe  Sfleblid^teit,  ber  fünft:» 

6  U(i^e  3®<^ng  unb  bie  Üppigfeit  ber  bürgerlichen  Sßerfaffung  l^edt  Sßi^Iinge 
unb  SSernunftler,  gelegentlid^  aber  aud^  Starren  unb  Setrfiger  aud  unb 
gebiert  ben  n)eifen  ober  ftttfamen  @(j^ein,  bei  bem  man  fomo^I  bed  93er« 
ftanbed  als  ber  äied^tfd^affenlieit  entbel)ren  fann,  menn  nur  ber  fc^öne 
Schleier  bid^te  genug  getoebt  ift,  ben  bie  Slnftänbigteit  über  bie  gel^eime 

10  ©ebred^en  beiS  j(opfed  ober  bed  ^ergeniS  ausbreitet.  9lad§  bem  3Rage,  als 
bie  ^unft  l^od^  [teigt,  merben  SSernunft  unb  Sugenb  enblid^  baS  aUgemeine 
Sofungdkoort,  boc^  fo,  bag  ber  Sifer  Don  beiben  gu  fpred^en  lool^l  unter« 
miefene  unb  artige  ^erfonen  überleben  fann  fi^  mit  i^rem  Seft^e  gu 
bel&ftigen.  S)ie  allgemeine  Sc^tung,  barin  beibe  gepriefene  (Sigenfc^aften 

15  fte^en,  mad^t  gleid^mol^l  biefen  merttid^en  llnterfd^ieb,  bag  (ebermann  koeit 
eiferfüd^tiger  auf  bie  SerftanbeiSDorgüge  ald  auf  bie  guten  @igenfd^aften 
bed  SBiOenS  ift,  unb  ba^  in  ber  SSergleid^ung  gkoifc^en  S)umm]^ett  unb 
@d^elmerei  niemanb  einen  Slugenblid  aufteilt,  fic^  gum  SSortl^eil  ber  le^* 
teren  gu  erllären;  toeld^ed  auc^  getoig  fel^r  mol)!  auiSgebac^t  ift,  loeil,  »enn 

20  alled  überfiaupt  auf  J^unft  antommt,  bie  feine  Sd^Iauigleit  nid^t  fann  ent« 
beirrt  toerben,  lool^I  aber  bie  äteblid^teit,  bie  in  fold^em  SSerl^&Uniffe  nur 
^inberlid^  ift.  ^6^  lebe  unter  toeifen  unb  mol^Igefttteten  bürgern,  n&mlid^ 
unter  benen,  bie  ftc^  barauf  oerftel^en  fo  gu  fd^einen,  unb  id^  fd^meid^le  mir, 
man  noerbe  fo  biUig  fein,  mir  oon  biefer  Seinigteit  aud§  fo  oiel  gugutrauen, 

25  ba|,  tt)enn  id^  gletd^  in  bem  Seft^e  ber  betod^rteften  ^ilungSmittel  »dre, 

17* 


260  ^^erfud^  über  bie  ftranf^etien  bed  ftopfed. 

bte  J^ranH^eiten  beS  ^opfed  unb  beS  ^erjend  aud  bem  ®runbe  gu  lieben, 
ic^  bod^  Sebenfen  tragen  märbe  biefen  altDäterifd^en  $Iunber  bem  öffent« 
lid^en  ©emerbe  in  ben  Sßeg  gu  legen,  ao^lbemugt,  bag  bie  beliebte  SRobe« 
cur  beS  SSerjtanbed  unb  bed  ^erjend  fd^on  in  ertDunfd^tem  f^ortgange  fei 
unb  bag  Dornel^mlid^  bie  Srgte  bed  erfteren,  bie  fid^  Sogiler  nennen,  fel^r    s 
gut  bem  allgemeinen  SSerlangen  ©nfige  leiflen,  feitbem  fie  bie  iDid^tige 
Sntbedung  gemad^t  l^aben:  bag  ber  menfd^Iid^e  Xop\  eigentUd^  eine 
Srommel  fei,  bie  nur  barum  Hingt,  meil  fie  leer  ift.   Sd^  fel^e  bemnad^ 
nid^tS  SeffereS  ffir  mid^,  aU  bie  3Ret^obe  ber  trgte  nac^gua^men,  meldte 
glauben,  il^rem  Patienten  fel^r  üiel  genügt  gu  l^aben,  ttenn  fie  feiner  lo 
j(ranll^eit  einen  9tamen  geben,  unb  entmerfe  eine  Heine  Onomaftif  ber 
®ebre^en  be«  Äo^)fe«  Don  ber  Säl^mung  beffelben  an  in  ber  Slöbf  innig» 
feit  bid  gu  beffen  ä^ergudungen  in  ber  SoII^eit;  aber  um  biefe  elell^afte 
Brautzeiten  in  il^rer  aHmäl^Ud^en  Sbftammung  gu  erfennen,  finbe  id^ 
notl^ig,  gum  DorauS  bie  milbere  ®rabe  berfelben  Don  ber  S)umm{öpfig«  15 
feit  an  bid  gur  Starrheit  gu  erl&utern,  toeil  biefe  ßigenfd^aften  im  bfir» 
gerlid^en  SSerl^ältniffe  gangbarer  ftnb  unb  bennod^  gu  ben  erfteren  ffil^ren. 
S>er  ftumpfe  Xop\  ermangelt  beiS  Sßi|ed,  ber  S>ummfopf  beiS 
Serjtanbeö.  3)ie  Sel^enbigfeit  etwa«  gu  faffen  unb  jtd^  gu  erinnern,  im« 
gleid^en  bie  Seic^tigfeit,  ed  gegiemenb  auiSgubrädten,  lommen  gar  fe^r  auf  20 
ben  äßi^  an;  bal^er  berjenige,  loeld^er  nid^t  bumm  ift,  gleid^uool^I  fe^r 
ftumpf  fein  lann,  in  fofern  il^m  fd^merlid^  etmaS  in  ben  J(opf  loiU,  ob  er 
ed  gleid^  nad^^er  mit  größerer  Steife  beS  Urtf)eild  einfel^en  mag,  unb  bie 
Sd^mierigleit  {td^  audbrudCen  gu  lönnen  bemeifet  nid^td  minber  als  bie 
äSerftanbedfd^igfeit,  fonbern  nur,  bag  ber  3Bi^  nid^t  gnugfame  SSeiplfe  25 
leifte,  ben  ©ebanfen  in  bie  mand^erlei  Scid^en  eingufleiben,  bereu  einige 
il^m  am  gefd^icfteften  anpaffen.    S>er  berühmte  Sefuit  @Iat)iu8  kourbe 
ald  unfäl^ig  auS  ben  @d^ulen  getagt  (benn  nad^  ber  SSerftanbedprobe  ber 
Drbile  ift  ein  Bnabe  gu  gar  nid^td  nü^e,  menn  er  meber  SBerfe  nod^  @d^ul« 
d^rien  mad^en  fann),  er  geriet]^  nad^l^er  gufdUiger  SBeife  auf  bie  SKatl&e*'  30 
matif,  bad  @piel  änberte  ftc^,  unb  feine  üormaligen  Seigrer  loaren  gegen 
i^n  nur  ©ummfjpfe.   2)a8  praftifd^e  Urt^eil  über  Sad^cn,  fo  »ie  e8  ber 
Sanbmann,  ber  Äünftler  ober  ©eefal^rer  2c.  bebarf ,  ift  üon  bemienigen 
felör  unterfd&ieben,  »eld^eS  man  über  bie  ^anbgriffc  fällt,  loonad^  jid^ 
SRenfc^en  unter  einanber  bel^anbeln.  S>ad  le^tere  ift  nid^t  fomol^I  S3er>  ss 
ftanb,  atö  oielme^r  äSerfc^mi^tl^eit,  unb  ber  liebenSmürbige  SRangel  biefer 
fo  fel^r  gepriefenen  gS^igleit  Reifet  ©infalt.  Sft  bleUrfad^e  berfelben  in 


$^etfud^  fiber  bie  Aranf|etten  bed  Stop\t§.  261 

ber  @(l^tt)&d§e  ber  Urt^eilStraft  äberl^aupt  gu  fuc^en,  fo  l^eigt  ein  fold^er 
aRenf(]^  ein  Zxopl  StnfaltSpinjel  ;c.  S)a  bie  fH&nU  unb  falfc^e 
jSun^griffe  in  ber  bflrgerlid^en  ©efeUfc^aft  aUmä^Ud^  gu  gemol^nUd^en 
SRajcimen  »erben  unb  bad  @piel  ber  menfd^Ud^en  ^anblungen  fel^r  oer^ 
5  mideln,  fo  \\i  tS  fein  SEBunber,  koenn  ein  fonft  Derftdnbiger  unb  rebU(]^er 
äRann,  bem  entoeber  aEe  biefe  Sd^lauigteit  ju  ntx&äitlxöi  ift,  atö  bag  er 
fid^  bamit  befd^dfttge,  ober  ber  fein  el^rlid^ed  unb  tt)0^l»ollenbed  ^erg  nid^t 
bagu  belegen  fann,  ftd^  t)on  ber  menfd^Iid^en  Statur  einen  fo  Derl^agten 
^^fl^iff  i^  mad^en ,  unter  Setrflgern  allermdrtS  in  @d^lingen  gerat^en 

10  unb  il^nen  oiel  gu  lachen  geben  muffe,  fo  bag  iule|t  ber  SluSbrud:  ein 
guter  SRann,  nid^t  ntel^r  auf  eine  t>erblftnite  Slrt,  fonbem  fo  gerabe  gu 

einen  6infalt8^)infel,  gelegentltd^  aud^  einen  ^ bebeute;  benn  in 

ber  @d^elmenfprad^e  ift  niemanb  ein  t)erftfinbiger  SRann,  als  ber  aOe 
anbere  für  ni(^t8  SefferS  l^dlt,  als  »aS  er  felbft  ift,  ndmlid^  für  ^Betrüger. 

15  S)ie  2;riebe  ber  menfd^lid^en  !Ratur,  koeld^e,  menn  fie  Don  Diel  ®raben 
ftnb,  Seibenfd^aften  l^eigen,  ftnb  bie  Semegfrdfte  beiS  äSiUend;  ber  93er« 
ftanb  fommt  nur  bagu,  fowol^I  baS  gange  $acit  ber  Sefriebigung  aller 
Steigungen  indgefammt  auS  bem  oorgefteQten  Qxotdt  gu  fd^d^en,  als  aud^ 
bie  SRittel  gu  biefem  audgufinben.   3ft  etma  eine  Seibenfc^aft  befonberS 

ao  mdc^tig,  fo  l^ilft  bie  SSerftanbedfd^igleit  bagegen  nur  toenig;  benn  ber  be» 
gauberte  9Renfd^  fte{)t  gkoar  bie  ©runbe  toiber  feine  Sieblingdneigung  fel^r 
gut,  aEein  er  ffil^lt  ftd^  ol^nmdd^tig  il^nen  ben  tl^dtigen  Stad^brudt  gu  geben. 
SBenn  biefe  Steigung  an  fid^  gut  ift,  ttenn  bie  $erfon  übrigens  Dernänftig 
ift,  nur  ba^  ber  übemiegenbe  ^ang  bie  Sludftd^t  in  Slnfel^ung  ber 

25  fci^limmen  fSfolgen  öerfd^lie^t ,  fo  ift  biefer  Suftanb  ber  gef e|f elten  S8er* 
nunft  Sl^orl^eit.  Sin  S^or  lann  Diel  SSerftanb  l^aben  felbft  in  bem  Ur« 
t^eil  fiber  biejenige  ^anblungen,  barin  er  t^öric^t  ift,  er  mu^  fogar  giem« 
lid^  Diel  SBerftanb  unb  ein  gut  $erg  befi^en,  bamit  er  gu  biefer  gemilberten 
Benennung  feiner  SluSfd^toeifungen  berechtigt  fei.  S)er  Sl^or  {ann  allen» 

30  fall«  einen  Dortrefflid^en  Sftat^geber  ffir  anbere  abgeben,  toenn  gleid^  fein 
9iat^  bei  il^m  felbft  o^ne  SEBirlung  ift.  @r  toirb  nur  burc^  @d^aben  ober 
burd^  Sllter  gefd^eut,  iseld^eS  aber  5fterd  nur  eine  3:^or]^eit  üerbrdnget,  um 
einer  anbern  ^la^  gu  mad^en.  S)ie  oerliebte  Seibenfc^aft,  ober  ein  groger 
®rab  ber  @]^rbegierbe  l^aben  Don  je  l^er  Diele  Dernfinftige  Seute  gu  Sporen 

35  gemacht.  Sin  SJtdbd^en  notl^igt  ben  furd^tbaren  aicibed  ben  §aben  am 
Sftodten  gu  gleiten,  unb  Sltl^end  mutige  93firger  fd^idten  burd^  i^r  Idppifd^eS 
Sob  ben  Sllejranber  an  bai  @nbe  ber  SBelt.   &8  giebt  aud^  Steigungen 


262  Serfud^  fiber  bie  Jhranfl^eiten  bed  ^opfed. 

t>on  minberer  ^eftigleit  unb  Sllgemetnl^eit,  loeld^e  gleiiJ^tDol^l  nxiSjt  tx^ 
mangeln  il^re  St^orl^eit  gu  ergeugen:  ber  Saugeifi,  bie  Silberneigung,  bie 
93fid^erfu(l^t.  3)er  ausgeartete  SRenfd^  ift  au§  feiner  natürlid^en  ©teUe 
geiDtd^en  unb  mirb  Don  aUem  gegogen  unb  r>on  allem  gef)alten.  S)em 
Sl^oren  ift  ber  gef diente  Sßann  entgegengefe^t;  mer  aber  ol^ne  Sl^orl^eit  s 
ift,  ift  ein  SB  ei  f  er.  3)iefer  SBeife  fann  et»a  im  5Konbe  gefud^t  »erben; 
üielleid^t  ba^  man  bafelbft  o^neSeibenfc^aft  ift  unb  unenbltd^  DielSSeruunft 
l^at.  3)er  Unempflnblid^e  ift  burd^  feine  S)umm^eit  miber  2;i^orI)eit  ge^^ 
pd^ert;  öor  gemeinen  Slugen  aber  l^at  er  bie  3Riene  eines  SBeifen.  ^qrrl^o 
fa^  auf  einem  @d^tffe  im  @turm,  ba  iebermann  ängftlic^  befd^äftigt  mar,  lo 
ein  @(^mein  ru6ig  aud  feinem  Sroge  freffen  unb  fagte,  inbem  er  auf  baf> 
felbe  »ie«:  „So  fott  bie  aiu^e  eines  SBeifen  fein.''  ©er  Unempflnblic^e 
ift  ber  SBeife  beS  ^^rrl^o. 

Sßenn  bie  f)err{d^enbe  Beibenfc^aft  an  {td^  felbft  l^affenSHourbig  unb 
gugleid^  abgefd^madCt  genug  ift,  um  baSjenige,  maS  ber  natürlid^en  Slbfid^t  15 
berfelben  gerabe  entgegen  gefegt  ift,  für  bie  SSefricbigung  berfclben  gu 
Italien,  fo  ift  biefer  ßwftanb  ber  t)erle^rten  Vernunft  Slarrl^eit.    3)er 
kiiox  üerftel^t  bie  malere  Sbftd^t  feiner  Seibenfd^aft  fe^r  mo^l,  menn  er 
gleidö  il^r  eine  ©tärfe  einräumt,  toeld^e  bie  SSernunft  gu  feffeln  üermag. 
3)er  9iarr  aber  ift  baburd^  gugleid^  fo  bumm  gemad)t,  ba^  er  alsbann  20 
nur  glaubt  im  SSefl^e  gu  fein,  menn  er  ftd^  beS  93ege]^rten  mirflic^  beraubt. 
^qrr^uS  mugte  fel^r  mol^I,  bag  Sapferteit  unb  SRac^t  ungemeine  93e« 
munberung  ermerben;  er  befolgte  ben  Srieb  ber  @^rfu(^t  gang  rid^tig  unb 
mar  nichts  toeiter,  als  mofür  i^n  @ineaS  f)ielt,  nämlic^  ein  S^l^or.  SBenn 
aber  9lero  jtcft  bem  öffentlichen  (Sefpotte  ausfegt,  inbem  er  t)on  einer  25 
äSül^ne  elenbe  SSerfe  ablieft,  um  ben  S)i(^terpreiS  gu  erlangen,  unb  nod) 
am  6nbe  feines  SebenS  fugt:  quantus  artifex  morior!,  fo  fef)e  ic^  an 
biefem  gef ürd^teten  unb  ausgelachten  SSel^errf d^er  üon  Sftom  nid^ts  SBeff eres, 
als  einen  Starren,   ^i)  l^alte  bajür,  bafe  aüe  Sflarrljeit  eigentlid^  auf  gmei 
Seibenfc^aften  gepfropft  fei,  ben  4)oc^mut^  unb  ben  ®eig.  a3eibe  9lcigun=  30 
gen  ftnb  ungered^t  unb  »erben  bo^er  gel^afet,  beibe  pnb  iljrer  Sftatur  nacft 
abgefd)maclt,  unb  i^r  Qmd  gerport  pd^  felbft.   S)er|)od^mfit^ige  öufeert 
eine  uuDerbedte  Slnma^ung  beS  SSorgugeS  Dor  anberen  burd^  eine  beut- 
lid^e  ©eringfc^a^ung  berfelben.    @r  glaubt  geeiert  gu  fein,  inbem  er  auS» 
geppffen  mirb,  benn  eS  ift  nid^ts  Kärer,  als  ba^  bie  SSerad^tung  anberer  35 
biefer  il^rc  eigene  ©itelfeit  gegen  ben  8lnmafeer  empöre.  35er  ®eigigc  l^at 
feiner  SReinung  nad^  fel^r  t)iel  nöt^ig  unb  fann  unmoglid^  baS  minbepe 


Setfu^  über  bie  ^anü^eiten  M  J^opfeiS.  263 

feiner  ®üter  entbel^ren;  er  entbel^rt  inbeffen  mirllid^  i^rer  aDer,  inbem  er 
burd^  JSargl^eit  einen  93efd^Iag  auf  biefelbe  legt.  SDie  SSerblenbung  beS 
^oc^mutl^eS  tnac^ttl^eUd  alberne,  %il8  aufgeblafene  Starren,  nad^« 
bem  enttoeber  Idppifd^e  i^Iatterl^aftigleit  ober  fteife  S)umm]^ett  in  bem 
6  leeren  JCopfe  93eft^  genommen  l^at.  S)ie  filgige  ^abfud^t  l^at  Don  ie  l^er 
ju  Diel  Idc^erlid^en  ©efc^id^ten  Slnlag  gegeben,  bie  fd^koerlid^  munbe^ 
lid^er  Idnnen  audgejonnen  koerben,  atö  fte  mirflid^  gefd^el^en.  S)er  £^or 
ift  nic^t  meife,  ber  Sßarr  ift  nid^t  flug.  S)er  @pott,  ben  ber  Sl^or  auf  ^d^ 
gie^t,  ift  luftig  unb  fc^onenb,  ber  9tarr  oerbient  bie  fc^&rffte  ®eigel  bes 

10  ©at^rd,  allein  er  fü^It  fte  gleid^too^I  nid^t.  ÜRan  barf  nid^t  gdnglid^  oer» 
jioeifeln,  bag  ein  Sl^or  nod^  einmal  gefd^eut  merben  lönne,  »er  aber  einen 
Starren  flug  gu  mad^en  gebeult,  koäfd^t  einen  SRol^ren.  S)ie  Urfac^e  ift, 
bag  bei  fenem  bo(^  eine  loal^re  unb  natürli^e  Steigung  l^errfd^t,  loeld^e 
bie  SSernunft  allenfaQd  nur  feffelt,  bei  biefem  aber  ein  albernes  ^irnge« 

15  fpenft,  bas  il^re  ©runbfd^e  umle^rt.  3c^  überlaffe  ed  anbem  audgumad^en, 
ob  man  mirflic^  Urfac^e  ^abe  aber  bie  kounberlic^e  äSa^rfagung  bti^oU 
bergd  belümmert  ju  fein:  bag  ndmlic^  ber  tdglid^e  Sukoac^S  ber  Starren 
bebenflic^  fei  unb  fürd^ten  laffe,  fte  lönnten  e8  ftd^  too^l  nod^  in  ben  Siop\ 
fe^en,  bie  fünfte  Sßonard^ie  ju  ftiften.   ©efe^t  aber,  bag  fte  biefeS  auc^ 

30  im  @d^ilbe  fäl^rten,  fo  bürften  fte  ftd^  gleid^iool^I  nic^t  fo  fel^r  beeifern; 
benn  einer  linnte  bem  anbern  fäglid^  inS  Dl^r  fagen,  loas  ber  belannte 
$of[enreiger  eines  benad^barten  |)ofed,  ald  er  in  StarrenHeibern  burc^ 
eine  polnifd^e  @tabt  ritt,  ben  @tubenten  gurief,  bie  il^m  nad^liefen:  „^l^r 
|)erren,  feib  fleißig,  lernet  etmad,  benn  menn  unfer  ju  oiel  ftnb,  fo  fonnen 

35  tt)ir  nimmermehr  aQe  93rob  l^aben." 

Sc^.lomme  oon  ben  ©ebrec^en  bed  JSopfed,  koelc^e  Derad^tet  unb  ge« 
^ö^nt  merben,  gu  benen,  bie  man  gemeiniglich  niit  SJtitleiben  anfielet,  oon 
benen,  meiere  bie  freie  bürgerliche  ©emeinfc^aft  nid^t  aufl^eben,  gu  ben^« 
ienigen,  bereu  ftd^  bie  obrigleitlid^e  SBorforge  annimmt  unb  um  koel^er 

30  koillen  fte  äSerfügungen  mad^t.  3c^  t^eile  biefe  Aranl^eiten  aioiefac^  ein, 
in  bie  ber  Ol^nmad^t  unb  in  bie  ber  SBerlel^rt^eit.  S)ie  erftere  ftel^en  unter 
ber  ungemeinen  ^Benennung  ber  S 15 bf innigfeit,  bie  jmeite  unter  bem 
Stamen  beS  geft5rten  ©emütl^S.  S)er  Slobftnnige  befinbet  ftc^  in  einer 
großen  D^nmad^t  bed  ©ebdd^tniffeS,  ber  SBernunft  unb  gemeiniglich  aud^ 

35  fogar  ber  ftnnlic^en  ßmpfinbungen.  S)iefeS  Übel  ift  me^rentl^eils  unl^eit 
bar,  benn  loenn  eS  fd^ioer  ift  bie  koilbe  Unorbnungen  beS  gehörten  ©el^imS 
ju  lieben,  fo  mug  eS  beinal^e  unmbglid^  fein  in  feine  erftorbene  Organen 


264  i^erfud^  über  bie  jhpanfl^elten  bed  ^opfe«. 

ein  neues  £eben  gu  gießen.  3)ie  @rf(^einungen  biefer  Sd^koad^l^eit,  koeld^e 
ben  UnglftdElid^en  niemals  au8  bem  @tanbe  ber  ^(inbl^eit  l^erauiSgel^en 
I&gt,  pnb  ju  belannt,  ald  bag  cd  nötl^tg  lo&re  ftd^  babei  lange  aufju» 
l^alten. 

S)ie  ©ebred^en  bed  geftbrten  Kopfes  laffen  {!d^  auf  fo  Diel  Derfd^ie«    5 
bene  ^auptgattungen  bringen,  ald  ©emütl^Sfäl^igleiten  ftnb,  bie  baburd^ 
angegriffen  moxben.  ^äi  üermeine  fte  indgefammt  unter  folgenbe  brei  Sin- 
tl^eilungen  orbnen  ju  f innen:  erftlid^  bie  SSerlel^rt^eit  ber  @rfa^rungdbe» 
griffe  in  ber  äSerrüdungi  gmeitend  bie  in  Unorbnung  gebraute  Urtl^eiliS^ 
traft  j)und(i)ft  bei  btefer  Srfal^rung  in  bem  SBal^nfinn,  brittenS  bie  in  10 
Snjel^ung  allgemeinerer  Urtl^eile  Derfe^rt  geworbene  SSernunft  in  bem 
SSal^nioi^e.    3lQe  äbrige  6rf (Meinungen  bed  trauten  ©el^irniS  tonnen, 
toxt  mi(^  büntt,  entmeber  aU  oerf^iebene  ©rabe  ber  ermähnten  BufäQe, 
ober  atö  eine  unglädEIic^e  SSereinbarung  biefer  Übel  unter  einanber,  ober 
enblid^  als  bie  @in))fro{)fung  berfelben  auf  mächtige  Seibenfc^aften  ange«  15 
feigen  unb  ben  angeführten  klaffen  untergeorbnet  »erben. 

SSad  bad  erfte  Übel,  ndmli(!b  bie  SSerrfidung,  anlangt,  fo  erlautere 
id^  bie  @rfd^einungen  berfelben  auf  folgenbe  Slrt.  S)ie  @eele  eines  jeben 
SRenfd^en  ift  felbft  in  bem  gefunbeften  ßuftanbe  gefd^dftig,  aQerlei  Silber 
oon  S)ingen,  bie  nic^t  gegenwärtig  ftnb,  ju  malen,  ober  awij  an  ber  93or:^  20 
fteQung  gegenwärtiger  S)inge  einige  unooUfommene  ^^nlic^teit  gu  t)olI» 
enben  burd^  einen  ober  anbern  d^imdrif^en  ßug,  ben  bie  fdbdpfc^if^e  S)id^« 
tungdfd^igteit  mit  in  bie  6mpfinbung  eingeic^net.  3Ran  l^at  gar  nic^t  Ur« 
fadie  JU  glauben:  bag  in  bem  ßuftanbe  beS  äSadb^nS  unfer  ©eift  l^iebei 
anbere  ©efe^e  befolge  als  im  @d^Iafe,  eS  ift  oielmel^r  ju  t)ermut^en,  bag  25 
nur  bie  lebhaften  ftnnlid^en  @inbrfi(Ie  in  bem  erften  ^^aUe  bie  gdrtere  93i^ 
ber  ber  S^imdren  k)erbunteln  unb  untenntlid^  mad^en,  anftatt  ba^  biefe  im 
@(^Iafe  il^re  gange  @tdrte  l^aben,  in  meld^em  allen  dugerlid^en  Sinbr&dCen 
ber  Sufl^ng  gu  ber  Seele  ocrfd^loffen  ift.  68  ift  ba^er  tein  SBunber,  bafe 
S£rdume,  fo  lange  fte  bauren,  für  wal^rl^afte  Srfal^rungen  wirtlid^erS)inge  so 
gel^alten  werben.  S)enn  ba  fie  alsbann  in  ber  @eele  bie  ftdrtfte  SorfteU  - 
lungen  finb,  fo  finb  fie  in  biefem  Suftanbe  eben  baS,  was  im  SSadb^n  bie 
@mpfiubungen  ftnb.  ^an  fe^e  nun,  bag  gewiffe  ßl^imdren,  bur(^  weld^c 
Urfad^e  es  aud^  fei,  glei^fam  eine  ober  anbereDrgane  beS  ©e^irneS  t)erle^t 
bdtten,  bermagen  bag  ber  @inbrud(  auf  biefelbe  eben  fo  tief  unb  gugleid^  ss 
eben  fo  richtig  geworben  wdre,  als  i^n  eine  ftnnlid^e  Smpfinbung  nur 
mad^en  tann,  fo  wirb  biefeS  ^irngefpenft  felbft  im  SBad^en  bei  guter,  ge^ 


Serfu^  Aber  bie  ^ronf^eiten  beiS  Stop\t9.  265 

funber  Vernunft  bennod^  fär  eine  kDirflid^e  Srfal^rung  gel^alten  toerben 
muffen.  3)enn  eS  tt&re  umfonft,  einer  @mpfinbung,  ober  berjenigen  93or« 
fteüung,  bie  il^r  an  @tärfe  gleid^  lommt,  Sernunftgrünbe  entgegen  ju 
fe^en,  koeil  k)on  kDirllidgen  S)ingen  bie  @inne  koeit  größere  Überjeugung 

5  geben  atö  ein  SSernunftfd^lug;  jum  menigften  lann  berjenige,  ben  biefe 
S^im&re  be;taubert,  niemoU  bur(^  äSernflnfteln  bal^in  gebrad^t  »erben, 
an  ber  SBirflid^feit  feiner  üermeinten  @mpfinbung  ju  {toeifeln.  9ßan  fin« 
bet  auc^:  bag  $erfonen,  bie  in  anbern  f^dDen  gnug  reife  SSernunft  geigen, 
gleid^mo^l  feft  barauf  bel^arren,  mit  aller  Sld^tfamfeit  toer  meig  maS  für 

10  ©efpenfiergeftalten  unb  ^ra^engeftd^ter  gefe^en  gu  l^aben,  unb  bag  fte 
lool^l  gar  fein  genug  finb,  il^re  etngebilbete  @rfa^rung  mit  manchem  fub« 
tilen  SBernunfturtl)eU  in  ßufammen^ang  gu  bringen.  S)ie{e  Sigenfd^aft 
beS  ©eftörten,  ua6i  toAäi^x  er  ol^ne  einen  bejonberd  mertlid^en  ®rab  einer 
][|eftigen  jtranll^eit  im  ttad^enben  ßuftanbe  gettol^nt  ift,  geuiffe  S)inge  atö 

15  flar  empfunben  {id^  DorgufteHen,  t)on  benen  gleid^tto^l  nid^ts  gegenm&rtig 
ifl,  Reifet  bie  SSerrüdfung.  ©er  SSerrüdtte  ift  alfo  ein  Srfiumer  im 
äßad^en.  3ft  bad  gemöl^nlid^eädlenbmerf  feiner @inne  nur  gumSl^eil  eine 
Sl^imdre,  größten  SldeilS  aber  eine  mirtlid^e  @mpfinbung,  fo  ift  ber,  fo  im 
^bl^eren  ®rabe  gu  fold^er  S^erfel^rtl^eit  aufgelegt  ift,  ein  ^^antaft.  SSBenn 

so  mir  nac^  bem  (Srmadien  in  einer  Idffigen  unb  fanften  ßerftreuung  liegen, 
fo  geid^net  unfere  @inbilbung  bie  unregelmdgigen  t^iguren  etma  ber  S3ett' 
üorl^dnge,  ober  gemiffer  i^ledCe  einer  naiven  Sßanb  gu  3Renf(^engeftaIten 
aus  mit  einer  fd^einbaren  SHid^tigteit,  meiere  und  auf  eine  nid)t  unange» 
genel^me  9(rt  unterl^dlt,  'mooon  mir  aber  bad  SIenbmerl  ben  SlugenblidC, 

25  menn  mir  moDen,  gerftreuen.  SSBir  trdumen  alSbann  nur  g um  S^j^eil  unb 
l^aben  bie  Sl^imdre  in  unferer  ®emalt.  ©efd^iel^t  etmaiS  bem  ^l^nlid^ed 
in  einem  ^o^eren  ®rabe,  ol^ne  bag  bie  Slufmerffamfeit  beS  SBad^enben 
bad  Slenbmert  in  ber  tdufd^enben  ßinbilbung  abgufonbern  vermag,  fo  Idgt 
biefe  SBerfe^rt^eit  einen  ^^antaften  t^ermut^en.    S)iefer  @elbftbetrug  in 

30  ben  Smpfinbungen  ift  übrigens  fel^r  gemein,  unb  fo  lange  er  nur  mittel« 
mdgig  ift,  mirb  er  mit  einer  fol(^en  Benennung  oerfd^ont,  obgn)ar,  menn 
eine  £eibenfd^aft  I)ingufommt,  biefelbe  ©emütl^Sfc^mdc^e  in  mirllic^e 
$l^antafterei  ausarten  fann.  @onft  feigen  burd^  eine  gemö]^nlid)e  3$er« 
blenbung  bie  SRenfd^en  nid^t,  mas  ba  ift,  f onbern  maS  il^nen  i^re  Steigung 

35  Dormalt,  ber  9taturalienfammler  im  S^lorentinerftein  @tdbte,  ber  Slnbdd^« 
tige  im  gefledEten  SRarmor  bie  ^afftonSgefd^ic^te,  jene  S)ame  burc^  ein 
@e^ro^r  im  3Ronbe  bie  Statten  gmeier  93erliebten,  tl^r  Pfarrer  aber  gmei 


266  Serfu(^  über  bie  ^anf^etten  bed  ^opfeiS. 

JSird^t^ürme.  S)er  ©d^reden  mad^t  au8  ben  Stral^Ien  bee  SRorbUd^tö 
Spiele  unb  Sd^toerter  unb  bei  ber  SDdmmerung  au8  einem  äBegmeifer  ein 
SRiefenßefpenft. 

S)te  p^antafttfd^e  ©emätl^iSbefd^aftenl^eit  ift  nirgenb  gemeiner  als 
in  ber  $t|{)odbonbrie.  3)ie  @^imären,  loelc^e  biefe  Aranl^eit  auSl^edt,  tau«    5 
fd^en  eigentlich  nid^t  bie  fingeren  Sinne,  fonbern  mad^en  nur  bem  ^Qpo« 
d^onbriften  ein  SBIenbmert  Don  einer  Smpfinbung  feines  eigenen  ßuftan« 
ftanbed,  entmeber  bed  ^orperd  ober  ber  Seele,  bie  grögtentl^eitö  eine  leere 
©riUe  ift.    S)er  ^qpod^onbrift  l^at  ein  Übel,  baS,  an  meld^em  Drte  ed 
aud^  feinen  ^aupt^^  ^aben  mag,  bennoc^  ma^rfd^einli^er  SBeife  ba8  9ler«  10 
Dengemebe  in  allerlei  Stl^eilen  bed  JSorperS  unftätig  burd^uanbert.  6iS  jie^t 
aber  t)orne^mlid^  einen  meland^olifd^en  3)unft  um  ben  @i^  ber  Seele,  ber« 
magen  bag  ber  Patient  ba^  Slenbmert  faft  aDer  JSrant^eiten,  Don  benen 
er  nur  l^ort,  an  ftd^  felbft  fulilt.  @r  rebet  ba^er  oon  nid^tS  lieber  als  Don 
feiner  UupägU^feit,  liefet  gerne  mebicinifd^e  Säc^er,  finbet  aflent^alben  u 
feine  eigenen  B^f&Ke,  in  ©efellfd^aft  manbelt  i^n  aud^  mol^l  unDermerft 
feine  gute  Saune  an,  unb  alSbann  lacl)t  er  Diel,  fpeifet  gut  unb  l^at  gemei» 
niglidö  baS  anfeilen  eineö  gefunben  3Renfc^en.  3)ie  innere  ^l^antafterei 
beffclben  anlangenb,  fo  befommen  bie  Silber  in  feinem  ®el&irne  öfter«  eine 
Starte  unb  3)auer,  bie  il^m  befd^ioerlic^  ift.  SSBenu  i^m  eine  Ifid^erlid^c  20 
%\iux  im  Äopfe  ift  (ob  er  ftc  gleicft  fclber  nur  für  ein  Silb  ber  $^anta« 
tafte  erfennt),  wenn  biefe  ®rillc  il^m  ein  ungejiemenbeS  Sad^cn  in  anberer 
©egenuart  ablodt,  ol^ne  bag  er  bie  Urfad)e  baDon  anzeigt,  ober  menn 
aüerl^anb  pnftere  S?orfteHungen  in  il^m  einen  gemaltfamen  Srieb  rege 
mad^en,  irgenb  etmag  Söfeg  gu  ftiften,  Dor  beffen  SluSbruc^  er  felbft  fingft»  25 
lidö  beforgt  ift,  unb  ber  gleidöroo^l  niemals  jurSl^at  fommt:  alSbannl^at 
fein  ßuftanb  oiel  t^nlid^eS  mit  bem  eines  SBerrüdten,  allein  eS  l&at  feine 
5Rot^.    3)aS  Übel  ift  nid^t  tief  gemurielt  unb  l^ebt  ftd^,  in  fo  weit  eS  bas 
©emütl^  angebt,  gemeiniglid^  entroeber  Don  felbft,  ober  burd^  einige  arge» 
neimittel.   einerlei  SSorftedung  loirlt  nac^  bem  Derfd^icbenen  ©emüt^S*  30 
guftanbe  ber  2Wenf(i^en  in  gang  unterfdöieblid^cn  ©raben  auf  bie  ©rnpfin' 
bung.   es  giebt  bal^er  eine  Slrt  Don  ?ß]^antafterei,  bie  jemanbcn  bloS  beS« 
megen  bcigemeffen  mirb,  weil  ber  ®rab  beS  ©cfö^ls,  baburcft  er  Don  ge» 
loiffen  ®egenftdnben  gerührt  mirb,  für  bie  aWäfeigung  eines  gefunben 
ÄopfeS  auSfd&ioeifenb  ju  fein  geuft^eilt  loirb.    auf  biefen  gufe  ift  ber  ss 
aJtelan^olicuS  ein  ^^antaft  in  anfel^ung  ber  Übel  beS  SebenS.  3)ie 
Siebe  l^at  überaus  Diel  pl^antaftifc^e  entjüdungen,  unb  baS  feine  Äunft« 


Serfuc^  aber  bte  ^anfl^eiten  bed  ^opfed.  267 

ftüd  ber  alten  Staaten  beftanb  bartn,  bie  Surger  für  bte  @mpfinbung  ber 
offentU^en  SBol^lfal^rt  gu  $]^antaften  ju  mad^en.  Sßer  burd)  eine  mora« 
lifd^e  @mpfinbung  aliS  burc!^  einen  ©runbfa^  me^r  erl^i^t  tioirb,  als 
es  anbere  nac!^  il^rem  matten  unb  5fterS  uneblen  ©efü^l  ftt^  üor« 

5  fteQen  fönnen,  ift  in  il^rer  SSorfteDung  ein  $]^antaft.  34  J^^D^  i^^^t 
ärifiibeS  unter  SSu(!^erer,  ben  @pif tet  unter  ^ofleute  unb  ben  Sol^ann 
3acob  SHoujfeau  unter  bie  S)octoren  ber  Sorbonne.  2Rid^  beud^t,  ic^ 
Idöre  ein  lauteS  ^ol^ngeldd^ter,  unb  l^unbert  Stimmen  rufen:  SBelc^e 
^^antailen!  fDiefer  gmeibeutige  Slnfd^ein  oon  ^^antafterei  in  an  {tc^ 

10  guten, moralifc^en  @mpfinbungen  ift  ber  Sntl^ufiaSmuS,  unb  eS  ift 
niemals  o^ne  benfelben  in  ber  SSelt  etmaS  ©rogeS  auSgerit^tet  morben. 
©ang  anberS  ift  eS  mit  bem  ^anatiler  (äSifiondr,  Sd^mdrmer)  be» 
toanbt.  3)iefer  ift  eigentlidö  ein  SSerrüdter  öon  einer  vermeinten  unmit« 
telbaren  (Singebung  unb  einer  großen  SSertrauli^feit  mit  ben  3)t&(^ten 

15  beS  Fimmels.  S)ie  menfd^lid^e  9tatur  fennt  fein  gefdl^rlid^ereS  93lenbmerf. 
SSenn  ber  SluSbrud^  baoon  neu  ift,  menn  ber  betrogene  SRenfd^  Sialente 
l^at  unb  ber  groge  ^aufe  vorbereitet  ift  biefeS  ®dt)rungSmittel  innigft 
auf juneldmen,  alsbann  erbulbet  bismeilen  fogar  ber  Staat  SSergudungen. 
3)ie  Scj^mdrmerei  fü^rt  benS3egeifterten  auf  baS  ^[ufeerfte,  ben  SKal^omet 

20  auf  ben  gftrftentl^ron  unb  ben  3ol)ann  von  Serben  aufs  Slutgerüft. 
3c^  fann  noi^  in  gemiffcr  SRafee  ju  ber  SSerfel^rtl^eit  beS  itopfeS,  jo  fern 
biefelbe  bie  ©rfal^rungSbegriffe  betrifft,  baS  geftorte  erinnerungSöer^ 
mögen  jät)len.  S)enn  biejeS  tdufd^t  ben  @lenben,  ber  bamit  angefochten 
ift,  burt^  eine  d^imdrif^e  SSorfteUung,  mer  meig  maS  für  eines  vormaligen 

23  SwftflubeS,  ber  »ir!licl^  niemals  gemefen  ift.  ©erjenige,  toeld^er  oon  ben 
©fitern  rebet,  bie  er  e^ebem  befeffen  l^aben  min,  ober  von  bem  ^önig= 
reid)e,  baS  er  gel^abt  ^at,  unb  jtd^  übrigens  in  Slnfel^ung  feines  ie^igen 
SuftanbeS  nic^t  merflidö  betrügt,  ift  ein  SSerrüdter  in  anfe^ung  ber  ßr«» 
innerung.    2)er  bejal^rte  3KurrIo|)f,  melc^er  feft  glaubt,  bafe  in  feiner  3u» 

30  genb  bie  SBelt  viel  orbentlid^er  unb  bie  ÜWenfc^en  beffer  gemefen  mdren,  ift 
ein  ^l^antaft  in  Slnfel^ung  ber  Erinnerung. 

S3iS  ba^in  nun  ift  in  bem  geftörten  Äopfe  bieSerftanbeSlraft  eigent» 
lid^  nid^t  angegriffen,  jum  menigften  ifts  nit^t  notl^menbig,  bag  fie  eS 
fei;  benn  ber  gel^ler  ftedt  eigentlid^  nur  in  ben  Segrijfen,  bie  Urtl^eile 

35  felber,  menn  man  bie  verfel^rte  @m))finbung  als  mal^r  annel^men  moQte, 
fönnen  ganj  rid^tig,  fo  fogar  ungemein  vernünftig  fein.  @ine  Störung  beS 
SBerftanbeS  bagegen  befte^t  barin :  ba^  man  auS  allenfalls  richtigen  Sr- 


268  SerfiK^  über  bte  Jhranf^etten  bed  ^opfed. 

fal^rungen  gan}  üerfel^rt  urtl^eilt:  unb  Don  biefer  jfranf^eit  ift  ber  erfte 
©rab  ber  äSal^njtnn,  melc^er  in  ben  n&d^ften  Urtl^eilen  aud  ber  Srfa^ 
rung  ber  gemeinen  SSerftanbeSregel  entgegen  l^anbelt.  SDerSSal^nf innige 
fie^t  ober  erinnert  jid^  ber  ©egenftänbe  fo  rid^tig  mie  jeber  ®efunbe,  nur 
er  beutet  gemeiniglidb  bad  Setragen  anberer  SRenfd^eu  burc^  einen  unge«  5 
reimten  SBal^n  auf.  ftc^  auS,  unb  glaubt  barauS  toer  meig  »ad  für  bebenl« 
lid^e  Slbfic^ten  lefen  ju  f5nnen,  bie  jenen  niemals  in  ben  @inn  fommen. 
Sßenn  man  i^n  ^ört,  fo  foQte  man  glauben,  bie  gange  @tabt  bef^äftige 
{td^  mit  il^m.  S)ie  SRarftleute,  ttelt^e  mit  einanber  l^anbeln  unb  il^n  etma 
anfeilen,  fc^mieben  3lnfc^I&ge  loiber  il^n,  ber  Stad^tm&c^ter  ruft  i^m  gum  10 
hoffen,  unb  furg,  er  fielet  nid^td  als  eine  aQgemeine  SSerfc^ioörung  miber 
iid^.  S)er  SReland^olifc^e,  meldjer  in  Snfel^ung  feiner  traurigen  ober 
fränfenben  SSermut^ungen  toal^nftnnig  ift,  ift  ein  Srübjtnniger.  @$  giebt 
aber  auc^  aflertei  ergö^enben  SBal^niiun,  unb  bie  verliebte  Seibenfd^aft 
fc^meic^elt  ober  quält  ftc^  mit  mand^en  munberlid^en  S)eutungen,  bie  bem  15 
SBal^nfinn  d^nlic^  {tnb.  @in  ^od^mütl^iger  ift  in  geioiffer  3Rage  ein 
SBal^njinniger,  uelc^er  aus  bem  betragen  anberer,  bie  i^n  fpöttifc!^  angaf« 
fen,  fd^Iiegt,  bag  fte  i^n  beuunbern.  S)er  gtoeite  ©rab  beS  in  Slnfel^ung 
ber  oberen  @r(enntni0raft  geftörten  JfopfeS  ifi  eigentlid^  bie  in  Unorb« 
nung  gebrad^lc  SBernunft,  in  |o  fern  jie  jic^  in  eingebilbeten  feineren  Ur»  20 
ll^eilen  über  allgemeine  93egrifje  auf  eine  ungereimte  9lrt  t)erirrt,  unb  lann 
ber  äBal^nmi^  genannt  merben.  3n  bem  l^öl^eren  ©rabe  biefer  Störung 
fd^mdrmen  burd^  baS  oerbrannte  ©el^irn  allerlei  angemaßte  überfeine  @in« 
fixten:  bie  erfunbene  Sänge  beS  SDteereS,  bie  Auslegung  Don  $ro))^^ 
geiungen,  ober  mer  toeig  mad  für  ein  äRifd^mafd^  Don  unfluger  JSopf«  2s 
brec^erei.  SBenn  ber  Unglüdflic^e  ^iebei  jugleit^  bie  (Srfafirunggurt^eile 
Dorbei  gel^t,  fo  Reifet  er  abermifeig.  ^n  bem  Salle  aber,  bafe  er  oiele  ri(%» 
tige  ©rfal^rungSurt^eile  jum  ©runbe  liegen  l^abe,  nur  bafe  feine  gmpfin» 
bung  burd^  bie  9leuigleit  unb  SRenge  ber  Solgen,  bie  fein  SBi^  i^m  bar» 
bietet,  bergeftalt  beraufc^t  ift,  bafe  er  nicftt  mcl^r  auf  bie  Slid^tigfeit  ber  au 
aSerbinbung  ac^t  l^at,  fo  entfpringt  barauS  öfters  ein  |e^r  fcftimmcmber 
Slnfd]ein  oon  äBal^ntoi^,  mlijtx  mit  einem  großen  ©enie  jujammen  be« 
ftel^en  fann,  in  fo  fern  bie  langfame  ä^ernunft  ben  empörten  SBi^  nic^t 
mel^r  gu  begleiten  Dermag.  3)er  Suftanb  beS  geftörten  ÄopfeS,  ber  il^n 
gegen  bie  äußeren  Smpfinbungen  fül^lloS  mad^t,  ift  Unfinnigfeit;  biefe,  sö 
fofern  ber  3orn  barin  ^errfc^t,  l^eifet  bieSlaferei.  3)ieS8erjmeifelungift 
ein  Dorübergel^enber  Unpnn  eines  .S)o|fnungSlofen.  3)ie  braufenbe  heftig« 


aSerfuä^  fiber  bie  ^anfl^etten  bed  ^opfed.  269 

leit  eines  ®efi5rten  l^eigt  fiberl^aupt  bie  Sobfudgt.    S)et  Sobfud^tige,  in 
fo  fern  er  unjtnnig  ift,  \\t  toll. 

S)er  STCenft^  im  Suftönbe  ber  SRatur  lann  nur  ttenig  S^orl&citcn  unb 
fd^toerlit^  einiger  SRarrldcit  unterworfen  fein,  ©eine  Sebürfniffe  fjalttn 
5  il^n  ieberjeit  na^e  an  ber  (Srfal^rung  unb  geben  feinem  gefunben  SSerftanbe 
eine  fo  leidste  SSefd^dftigung ,  bag  er  laum  bemerft,  er  l^abegu  feinen 
^anblungen  SSerftanb  nöt^ig.  ©einen  groben  unb  gemeinen  S3egierben 
giebt  bie  Sr&gl^eit  eine  3Rdgigung,  tDelc^e  ber  tDenigen  Urtl^eitölraft,  bie 
er  bebarf,  SRad^t  genug  lägt,  über  {te  feinem  größten  Sortl^eile  gemdg  gu 

10  ]^errf(^en.  9Bo  foHte  er  too^I  gur  9larr][|eit  Stoff  ^ernel^men,  ba  er,  um 
anberer  Urtl^eil  unbef&mmert,  meber  eitel  nod^  aufgeblafen  fein  fann? 
3nbem  er  öon  bem  SBertl^c  ungenoffener  ®üter  gar  leine  SSorfteHung  l^at, 
fo  ift  er  t)or  ber  Ungereimtheit  ber  filjigen  ^abfud^t  ge{tc^ert,  unb  weil 
in  feinen  Xop^  niemals  einiger  äBi^  Eingang  flnbet,  fo  ift  er  eben  fo  mol^I 

13  gegen  aflen  Slbermi^  gut  oermal^rt.  ©leid^ergeftalt  lann  bie  ©tbrung  beS 
©emätl^d  in  biefem  ©tanbe  ber  Einfalt  nur  feiten  ftatt  flnben.  äBenn 
bad  ©e^irn  beS  SSilben  einigen  9nftog  erlitten  l^dtte,  fo  toeig  i(^  nid^t, 
m  bie  ^^antafterei  t)er(ommen  follte,  um  bie  gettöl^nUd^e  Smpfinbungen, 
bie  il^n  aOein  unabidfftg  befc^dftigen,  }u  t)erbrdngen.  ^elc^er  äBa^nftnn 

80  lann  il^m  n)oI)I  anmanbeln,  ba  er  niemals  Urfa(!^e  l^at,  ftc^  in  feinem  Ur« 
tl^eile  meit  gu  t)erfteigen?  S)er  äBal^nmi^  aber  ift  gemig  gang  unb  gar 
Aber  feine  Sd^igfeit.  6r  loirb,  wenn  er  im  Äopfe  franf  ift,  entmcbcr  bl5b* 
.finnig  ober  toÜ  fein,  unb  aud^  biefeS  mug  l^5^{t  feiten  gefd^el^en,  bettn  er 
iji  mel^rentl^eilS  gefunb,  toeil  er  frei  ift  unb  SSemegung  l^at.  ^n  ber  bür« 

25  gerlic^en  SSerfaffung  finben  ft^  eigentlich  bie  ©d^rungSmittel  gu  allem 
biefem  SSerberben,  bie,  menn  fie  eS  gleid^  ni(i|t  l^eroorbringen,  gleid^mol^l 
eS  gu  unterl^alten  unb  gu  t)ergrigeren  bienen.  S>er  SSerftanb,  in  fo  fern 
er  gu  ben  Slot^menbigfeiten  unb  ben  einfdltigen  äSergnflgungen  beS  SebenS 
gureid^t,  ift  ein  gefunber  SSerftanb,  in  ttie  fern  er  aber  gu  ber  gefünftel» 

30  ten  Uppigleit,  eS  fei  im  ©enuffe  ober  in  ben  äBiffenfd^aften,  erforbert  mirb, 
ift  ber  feine  SSerftanb.  S)er  gefunbe  SSerftanb  beS  SürgerS  ttdre  alfo 
fd^on  ein  fel^r  feiner  SSerftanb  für  ben  natflrlid^en  SRenfd^en,  unb  bie  Se« 
griffe,  bie  in  geioiffen  ©tdnben  einen  feinen  SSerftanb  DorauSfe^en,  fd^idten 
ftc^  nid^t  mel^r  für  biej[enigen,  toelc^e  ber  @infalt  ber  9latur  gum  toenigften 

S5  in  Sinfid^ten  nd^er  ftnb,  unb  mad|en,  toenn  fie  gu  biefen  übergel^en,  auS 
i^nen  gemeiniglid^  SRarren.  S)er  8lbt  Xerraf fon  unterfd^eibet  irgenbioo 
bie  üon  geftörtem  ©emütl^e  in  fold^e,  toelc^e  aus  falfc^en  äSorftedungen 


270  SSetfud^  über  bte  ftranl^etten  be&  Stop^ti, 

rid&tifl  fcftlicfeen,  unb  in  bieienige,  blc  au8  rid^tigcn  aSorficHungcn  auf  eine 
tocrlel^rtc  ^xt  fc^Uefeen.  JDiefe  ©intl^cilung  ftimmt  mit  ben  toorgetragenen 
©fi^en  mol^l  überein.  Sei  benen  toon  ber  erfleren  »rt,  ben  ^^antaftcn, 
ober  SSerrüdten,  letbet  ber  SSerftanb  eigentlich  nid|t,  fonbcrn  nur  ba« 
aSermögen,  tteld[)e8  in  ber  Seele  bie  Segrijfe  erttedft,  bcren  bie  Urtl^eite«  6 
Iraft  nad^l^er  ftd^  bebient,  um  fte  gu  tiergleic^en.  S)ie[en  JSranfen  fann 
man  fe^r  rooffl  SSernunfturtl^eile  entgegenfe^en,  menn  glei(]^  nid^t  i^r  Übel 
}u  lieben,  bennoc!^  menigftend  eS  ju  milbern.  S)a  aber  bei  benen  t)on  ber 
gmeiten  9[rt,  ben  äBal^nfinnigen  unb  Sßal^ntti^igen,  ber  SSerftanb  felbft 
angegriffen  ift,  fo  ift  ed  nid^t  allein  t^rid^t  mit  il^nen  gu  Dernünfteln  lo 
(meil  fte  nid^t  kDal^nftnnig  fein  mürben,  nenn  fte  btefe  3$ernunftgrünbe 
faffen  f5nnten),  fonbern  ed  ift  auc^  ][|ö(^ftfd^äblid|.  3)enn  man  giebt  i^rem 
t)erf eierten  j^opfe  nur  baburd^  neuen  @toff  Ungereimtl^eiten  au^gul^eden; 
ber  SBiberfprud^  beffert  {te  nid^t,  fonbern  erl^i^t  fte,  unb  eö  ift  burc^auS 
nöt^ig,  in  bem  Umgange  gegen  fte  ein  faltfinntged  unb  gütigeiS  SSefen  u 
angune^men,  gleid^  aliS  menn  man  gar  nic^t  bemertte,  bag  il^rem  fütx^ 
ftanbe  etmaS  fcljle. 

3dö  l^abe  bie  ©ebrec^en  ber  6r!enntni6fraft  Äranl^eiten  be§ 
Äopfeö  genannt,  fo  »ie  man  baö  SSerberben  beö  SBiÜenS  eine  Ar  auf« 
l^eit  bed  bergend  nennt,  ^äj  I)abe  aud^  nur  auf  bie  @rf(!^einungen  ber»  20 
felben  im  ©emutl^e  ad^t  gehabt,  ol^ne  bie  SBurgel  berfelben  audfpi^en  gu 
motten,  bie  eigentlt^  mol^l  im  j(5rper  liegt  unb  gttar  i^ren  ^auptft^  me^r 
in  ben  SSerbauungStl^eilen,  aU  im  ©el^irne  ^aben  mag,  toie  bie  beliebte 
SBo^enfd^rift,  bie  unter  bem  Flamen  beiS  Slrgted  allgemein  befannt  ift,  eS 
im  150, 151, 152ten  @tücfe  loal^rfd^einlic^  bartl^ut.  3d^  fann  mi(^  fogar  23 
auf  teinerlei  äBeife  überreben:  ba^  bie  @t5rung  beiS  ©emütl^d,  toie  man 
gemeiniglid^  glaubt,  au8  ^od^mut^,  Siebe,  aud  gar  gu  ftarfem  9lad^ftnnen 
unb  koer  toeig,  toad  für  einem  äJiigbraud^  ber  @eelenlrdfte  entfpringen 
folle.    S)iefe8  Urtl^eit,  toeld^eS  bem  j^ranfen  aud  feinem  Unglüdfe  einen 
©runb  gu  fpöttifc^en  SSortourfen  mac^t,  ift  fel^r  lieblos  unb  toirb  burd^  so 
einen  gemeinen  Snt^um  oeranlagt,  nad^  toeld^em  man  Urfad^e  unb  3Bir« 
fung  gu  oenoed^feln  pflegt.   äBenn  man  nur  ein  toenig  auf  bie  Seifpiele 
ad^t  ^at,  fo  toirb  man  getoal^r:  bag  guerft  ber  Rbxpex  leibe,  bag  im  9ln» 
fange,  ba  ber  Äelm  ber  Äranfl^eit  ftd)  unoermerft  entioidtett,  eine  gtoei«» 
beutige  SSerlel^rtl^eit  gefpürt  toirb,  bie  nod^  feine  93ermut^ung  einer  @t5«  ss 
rung  beS  ©emütl^S  giebt,  unb  bie  ftd^  in  tounberlic^en  SiebedgriUen,  ober 
einem  aufgeblafenen  äSefen ,  ober  in  t)ergeblid^em  tief |tnnigem  ©rüblen 


r 


SBerfu(^  fiber  bte  ^anfl^etten  bed  $opfe«.  271 

dugert.  9ßit  ber  3^it  bricht  bie  ^(ranlldeit  auiS  unb  giebt  9(nla^  il^ren 
©runb  in  bem  n&d^ftDorl^ergel^enben  ßuft^nbe  bed  ©etnätl^d  ju  [e^en. 
SRan  foQte  aber  t)telme]^r  fagen,  ber  SRenfd^  fei  l^oc^mütl^ig  getoorben, 
weil  er  fd|on  in  einigem  ®rabe  geftört  »ar,  als,  er  fei  geflört  töorben, 

&  meil  er  fo  l^odgmütl^ig  gemefen  ift.  S)iefe  traurigen  Übel,  menn  fte  nur 
nid^t  erblid^  ftnb,  laffen  nod^  eine  glüdlid^e  ©enefung  l^offen,  unb  ber« 
Jenige,  beffen  Seifianb  man  l^iebei  öorne^mlid^  ju  fud^en  l^at,  ift  ber  argt. 
S)0(!^  mö^te  id^  el^renl^alber  ben  $]^ilofo{)l^en  ni^t  gerne  au^fd^Uegen, 
tteld^er  bie  SDiät  beS  ©emütl^S  t)erorbnen  fönnte;  nur  unter  bem  Sebing, 

10  bag  er  l^iefär,  tDie  für  feine  mel^rfte  anbere  Sefd^&ftigung  feine  Sejal^Iung 
forbere.  Qux  6rfenntiid&Ieit  mürbe  ber  Slrgt  feinen  Seiftanb  bem  Sß]^Uo= 
foppen  aud^  nid^t  t)erfagen,  menn  biefer  bidmeilen  bie  groge,  aber  immer 
Dergeblid^e  6ur  ber  Slarrl^eit  Derfud^te.  @r  tDürbe  g.  @.  in  ber  Sobfud^t 
eined  geleierten  Sd^reierS  in  SBetrad|tung  giel^en:  obnid^t  fatl^arftifd^e 

15  5IHittel,  in  toerftfirtter  3)ofe  genommen,  bagegen  et»a§  verfangen  foHten. 
S)enn  ba  nad^  ben  Seobad^tungen  beS  @mift8  ein  fd^led^t  ®ebid^t  blod 
eine  SHeinigung  be^  ©e^irnS  ift,  burc^  tDeld^eS  Diele  f^äblid^e  fSreud^tig« 
feiten  gur  6rlei(^terung  bed  franfen  Poeten  abgezogen  merben ,  marum 
foHte  eine  elenbe  grüblerifd^e  ©d^rift  nid^t  aut^  bergleid^en  fein?  3n  bie» 

30  fem  SaQe  aber  m&re  t^  ratl^fam  ^  ber  ülatur  einen  anbern  SBeg  ber  Sfiei« 
nigung  angumeifen,  bamit  ha&  Übel  grünblit^  unb  in  aQer  ©title  abge» 
fü^rt  tDerbe,  ol^ne  baS  gemeine  Sßefen  baburd^  gu  beunrul^igen. 


Aber  bie 
^eutlid^feit  ber  ®runbfä|e 

ber 

nafitrfic^eu  ^^eofogie  un6  6er  gSoraf. 

33eanth)ortuufl  ber  fjragc, 

j^önigl.  afabemie  ber  äSiffenfd^aften  gu  Serlin 

auf  ba«  Sal^r  1763 

aufgegeben  ^at. 


Yeram  animo  satis  haec  yestigia  parva  sagaci 
Sunt,  per  quae  possis  cognoscere  caetera  tute. 


StanVi  Cd^riftfn.    ttcrfc.  H.  Xg 


Sittleituttö. 


S)te  t)orgeIegte  f^rage  ift  t)on  ber  9(rt,  bag,  koenn  {te  gel^Srig  aufgeUfet 
mirb,  bie  l^5^ere  $]^tIofo{)l^ie  baburc^  eine  beftimtnte  ©eftalt  belommen 
inug.  Sßenn  bie  SRetl^obe  feft  fte^t,  na(^  ber  bte  ^5c4ftm5gU(l^e  ©etoig^elt 

5  in  biefer  Srt  ber  @rlenntnig  tann  erlangt  tterben,  unb  bie  ülatur  biefer 
Überjeugung  tooifl  eingefe^en  mirb,  fo  mug  an  ftatt  beS  eioigenUnbefianbS 
ber  Meinungen  unb  @(^ulfecten  eine  unmanbelbare  äSorfd^rift  ber  Sel^r« 
art  bie  benfenbe  j(5pfe  gu  einerlei  SSemül^ungen  vereinbaren;  fo  tt)ie  3ltxo^ 
tond  ^IRetl^obe  in  ber  Slaturniiffenf^aft  bie  Ungebunben^eit  ber  pl^^ftfc^en 

10  ^Qpot^efen  in  ein  ftd^ered  SSerfa^ren  nac^  Srfa^rung  unb  ©eometrie  Der* 
dnberte.  SBeld^e  Se^rart  mirb  aber  biefe  äib^anblung  felber  l^aben  foQen, 
in  ttelc^er  ber  3Reta{)]^9{tI  il^r  magrer  ®rab  ber  ©emigl^eit  fammt  beut 
Sßege,  auf  n)el(!^em  man  bagu  gelangt,  foU  gemiefen  merben?  3ft  biefer 
SSortrag  tioieberum  3Reta))]^9ftf ,  fo  ift  bad  Urtl^eil  beSfelben  eben  fo  un« 

15  ftd^er,  ate  bie  äBiffenfc^aft  bis  bal^in  getoefen  ift«  melcl^e  baburd^  l^offt 
einigen  S3eftanb  unb  ^efügteit  gu  befommen,  unb  eS  ifi  aQeiS  Oerloren. 
3(1^  »erbe  bal^er  fixere  @rfal^rungiSfd^e  unb  barauS  gegogene  unmittel« 
bare  Folgerungen  ben  gangen  ^n^alt  meiner  Slb^anblung  fein  laffen.  3<^ 
merbe  mid^  meber  auf  bie  Beeren  ber  ^l^ilofopl^en,  beren  Unfid^erl^eit  eben 

20  bie  ©elegenl^eit  gu  gegenu&rtiger  Slufgabe  ift,  noc^  auf  S)efinitionen,  bie 
fo  oft  trügen,  oerlaffen.  3)ie  SKetl^obe,  beren  id|  mid^  bebiene,  »irb  ein«« 
faltig  unb  bel^utfam  fein.  Siniged,  toelc^eS  man  nodd  unfid^er  finben 
möd^te,  tt)irb  oon  ber  Slrt  fein,  bag  eS  nur  gur  @rl&uterung,  ntc^t  aber  gum 
SBemeife  gebrandet  mirb. 


18' 


Stffgcmeinc  SSerglcid^ung  bcr  Art  gut  ©ctDi^l^eit  im  matl^e^ 
matij^cn  ©rienntnifje  ju  gctangen  mit  ber  im  p]^i(o[o:|)]^i[d^cn. 

§1. 
Sixt  SRatl^ematif  gelangt  ju  allen  il^ren  Definitionen         s 
ftintl^etifd^,  bie  ^l^ilofopl^ie  aber  anal^tifd^. 

SRon  tann  gu  einem  {eben  aQgemeinen  Segriffe  auf  jtoeierlei  SBege 
lommen,  enttoeber  burc^  bie  milltürltc^e  äSerbinbung  ber  Segriffe, 
ober  burd^  3[bfonber ung  Don  bemienigen @rfenntnif[e,  toeld^ed  burc^ß^r:» 
glieberung  ift  beutlid^  gemacht  toorben.  S)ie  SRatl^emati!  fagt  niemals  lo 
anberd  S)efinitionen  ab  als  auf  bie  erftere  Srt.  3ßan  gebenft  ftd^  j.  @. 
toiUfurlic!^  t)ier  gerabe  Sinien,  bie  eine  @bene  einf(!^Iie^en,  fo  bag  bie  ent« 
gegenfte^enbe  Seiten  ni(%t  parallel  jtnb,  unb  nennt  biefe  Sißut  ein  Sra» 
pegium.  2)er  Segriff,  ben  tci^  erfldre,  ift  nicj^t  oor  ber  Definition  gegeben, 
fonbern  er  entfpringt  aQererft  burd^  biefelbe.  @in  j(egel  mag  fonft  be«  15 
beuten,  maS  er  tooDe ;  in  ber  SRatl^ematif  entftel^t  er  auS  ber  koillfärlid^en 
SSorfteUung  eines  red^tminflidjten  5£riangelS,  ber  ftd^  um  eine  Seite  brel^t. 
Die  Srilärung  eutfpringt  l^ier  unb  in  allen  anbern  fSrdllen  offenbar  burd^ 
bie  S^ntl^efin. 

9Rit  ben  Definitionen  ber  SBelttoeiSl^eit  ift  eS  gang  anberS  betoanbt.  so 
@&  ift  l^ier  ber  Segriff  t)ou  einem  Dinge  fc^on  gegeben,  aber  t)ermorren 
ober  ni(!^t  genugfam  befttmmt.  ^ä)  mug  it)n  gergliebern,  bie  abgefon« 
berte  ÜRerfmale  gufammen  mit  bem  gegebenen  Segriffe  in  allerlei  SÄtten 
Dergleichen  unb  biefen  abftracten  ©ebanlen  auSfü^rlid^  unb  beftimmt 
machen.  S^bermann  l^at  g.  @.  einen  Segriff  t)on  ber  Qüt;  biefer  foQ  er«  25 


Unterfuii^ung  fiber  bte  2)eutlid^!ett  btt  ®runbfä^e  tc    1.  SBetvad^tung.    277 

flfirt  »erben.  3d|  mufe  biefe  gbee  in  allerlei  Sejiel^ungen  betrad^ten,  um 
3)ter!male  berfelben  burd^  S^^ß^i^^^^ung  ju  entbeden,  Derfd^iebene  abftra« 
l&irte  SRerfmale  öerfnüpfen,  ob  jte  einen  gureic^enben  fflegrijf  geben,  unb 
unter  einanber  jufammenldalten,  ob  nid^t  gum  S^eil  etnd  bie  anbre  in  {t(^ 
5  fd^Iiege.  SBoQte  id)  ^ier  fqntldetild^  auf  eine  S)eftnttion  ber  ßeit  gu  fommen 
fuc^en.  tteldö  ein  glüddid^er  Swfall  müfete  fid^  ereignen,  wenn  bicfer  Se» 
grijf  gerabe  berjenige  todre,  ber  bie  uns  gegebene  Sbee  oöQig  auSbrudte! 
Snbeffen,  mirb  man  fagen,  erll&ren  bie  ^l^ilofopl^en  bismeilen  and^ 
f^ntl^etifd^  unb  bie  SRatl^ematifer  analqtifd^:  g.  @.  uenn  ber  $]^iIofopl^ 

10  eine  @ubftang  mit  bem  9ierm5gen  ber  äSernunft  {t(^  miHfürlic^er  SBeije 
gebenft  unb  pe  einen  ®elft  nennt.  3d&  antworte  aber:  bergleidöen  Se* 
ftimmungen  einer  SBortbebeutung  jtnb  niemals  {)^iIofop]^if(I)eS)efinitionen, 
fonbern  menu  fte  ia  @rflärungen  feigen  foQen,  fo  ftnb  eS  nur  gramma« 
tifd^e.   S)enn  bagu  gel^ort  gar  nid^t  ^l^ilofop^ie,  um  gu  fagen,  maS  für 

15  einen  Flamen  id^  einem  miQtürlid^en  93egrif[e  miQ  beigelegt  miffen.  £eib« 
nig  badete  fic^  eine  einfädle  @ubftang,  bie  nichts  als  bunlle  SSorftellungen 
I)ätte,  unb  nannte  fte  eine  fd^lummernbeültonabe.  ^ier  l^atte  er  nid^t 
biefe  2RonaS  erlldrt,  fonbern  erbad^t;  benn  ber  Segriff  berfelben  loar  il^m 
nic^t  gegeben,  fonbern  oon  il)m  erfd^affen  toorben.  ^ie  ^Ratl^ematifer 

20  Idaben  bagegen  bistoeilen  analtitifd^  erllärt,  id^  geftel^e  eS,  aber  eS  ift  aud^ 
iebergeit  ein  gcl^ler  getoefen.  6o  l^at  SBolff  bie  Sl^nlid^feit  in  ber  ®eo» 
metrie  mit  pl^ilofop^ifd^em  9(uge  enoogen,  um  unter  bem  allgemeinen  Se« 
griffe  berfelben  aud^  bie  in  ber  Geometrie  Dorfommenbe  gu  befaffen.  6r 
l^dtte  es  immer  lönnen  untermegenS  laffen;  benn  toenn  id^  mir  Figuren 

25  benfe,  in  »eichen  bie  SBinfel,  bie  bie  £inien  beS  Umf reifes  einf daliegen, 
gegenfeitig  gleid^  finb,  unb  bie  Seiten,  bie  fte  einf^liefeen,  einerlei  5ßer* 
l^dltnig  l^aben,  fo  !ann  biefeS  aUemal  als  bie  S)efinition  ber  3(f)nlidl)feit 
ber  l^iguren  angefel^en  »erben,  unb  fo  mit  ben  übrigen  ^^nlid^feiten  ber 
9idume.  S)em  Geometra  ift  an  ber  allgemeinen  3)efinition  ber  t^nlid^Ieit 

30  überhaupt  gar  nid^ts  gelegen.  @S  ift  ein  ©lud  für  bie  ÜRat^ematif,  bag, 
»enn  bisweilen  burd^  eine  übcberftanbene  Dbliegenl^eit  ber  aRefelünftler 
fid^  mit  fold^en  anal^tifdien  @rfldrungen  einldgt,  bod^  in  ber  2:^at  bei  il^m 
nid^tS  barauS  gefolgert  »irb,  ober  aud^  feine  ndd^fte  ^Folgerungen  im  ®  runbe 
bie  mat^ematifd^e  S)eftmtion  auSmad^en;  fonft  mürbe  biefe  SBiffenf^aft 

35  eben  bemfelben  unglüdlic^en  S»ift^  ausgefegt  fein  als  bie  SBeltmeiS^eit. 

S)er  SRat^ematifer  l^at  mit  ^Begriffen  gu  tl^un ,  bie  öfters  no(^  einer 

pl^ilofot^l^ifd^en  @rtlärung  fdl^ig  ftnb  »ie  g.  @.  mit  bem  S3egriffe  Dom 


278  Unterfud^ung  aber  bie  S)eutnd^!eit  ber  (Btunbf&^e  k. 

SHaume  äberl^aupt.  Slllein  er  nimmt  einen  fold^en  Segriff  ald  gegeben 
nad^  feiner  Haren  unb  gemeinen  IBorfteQung  an.  SiSmeilen  toerben  il^m 
pl^ilofopl^ifc^e  (Srll&rungen  auS  anbern  SBiffenfd^aften  gegeben,  t^ornel^m- 
lid^  in  ber  angeioanbten  äJ^atl^ematil,  g.  @.  bie  (Srfldrung  ber  glüfftgleit. 
SlUein  aldbann  entfpringt  bergleid^en  ^Definition  nid^t  in  ber  ÜRatl^ematiti  5 
fonbern  mirb  bafelbft  nur  gebrandet.  68  tft  baS  ©efd^dfte  ber  SBeltkoeiiS' 
^eit,  93egriffe,  bie  ald  i^ertoorren  gegeben  ftnb,  ju  gergtiebern,  audful^rlic^ 
unb  beftimmt  gu  mad^en,  ber  ÜRatl^ematit  aber,  gegebene  93egriffe  Don 
®rbgen,  bie  f(ar  unb  pd^er  ftnb,  gu  Derlnupfen  unb  gu  i^ergleid^en,  um  gu 
feigen,  toaS  ^ieraud  gefolgert  toerben  Idnne.  10 

§2. 

9){e  3Rat]^ematit  betrad^tet  in  il^ren  S(ufl5fungen,  Sekoeifen 
unb  ^Folgerungen  bad  Sdigemeine  unter  btn  ßeid^en  in  con- 
creto, bie  SSeltkoeidl^eit  baä  SLlIgemeine  burd^  bie  Qtxiien 

in  abstracto.  15 

9)a  toir  l^ier  unfere  @ä^e  nur  als  unmittelbare  S^olgerungen  aud  @r« 
fal^rungen  abl^anbeln,  fo  berufe  id^  mid^  toegen  beS  gegeniodrtigen  guerft 
auf  bie  Slrit^metif,  fomol^l  bie  allgemeine  oon  ben  unbeftimmten  ®rogen, 
ald  bieienige  ))on  ben  S^^len,  n)o  baiS  Serl^&ltnig  ber  ®r5ge  gur  (Sinl^eit 
beftimmt  Ift.  3n  beibcn  merben  guerft  anftatt  ber  Sachen  fclbft  il^reßeid^en  20 
mit  ben  bcfonbcrn  fflegcic^nungen  il^rcr  SBcrmel^rung  ober  SSerminberung, 
il^rer  SBerl^dltniffe  u.  f.  to.  gefegt  unb  l^ernad^  mit  biefen  S^id^^n  nad^ 
leichten  unb  ftd^ern  Siegeln  oerfabren  burd^  SBerfe^ung,  SBerfnäpfung  ober 
Slbgiel^en  unb  mand^erlei  SSerdnberung,  fo  bag  bie  begeic^nete  @ad^en  felbft 
l^iebei  gdnglid^  auiS  ben  ©ebanlen  gelaffen  toerben,  biiS  enblid^  beim  Se«  25 
f(^luffc  bie  Sebeutung  ber  f^mbolifc^en  Folgerung  entgiffert  »irb.  Qtotu 
ten8,  in  ber  ®eometrie,  um  3.  (5.  bie  eigenfd^aften  aller  QxxM  gu  er* 
lennen,  geid^net  man  einen,  in  melcl^em  man  ftatt  aller  möglid^en  ftd^  inner» 
l^alb  bemfelben  fd^neibenben  fiinien  gmei  gie^t.  93on  biefen  bemetfet  man 
bie  93er]^dltnif[e  unb  betrad^tet  in  benfelben  bie  allgemeine  Siegel  ber  SSer«  so 
l^dltniffe  ber  fid^  in  aQen  3i^Ieln  burc^Ireugenben  fiinien  in  concreto. 

SSergleid^t  man  ^iemit  bad  äSerfa^ren  ber  SBeltmeidl^eit,  fo  ift  eS  ba» 
oon  gdnglid^  unterfc^ieben.  S>ie  S^tc^^n  ber  pl^tlofop^ifc^en  ^Betrachtung 
ftnb  niemals  etmaS  anberd  ald  SSBorte,  bie  toeber  in  il^rer  ßufammen« 
fe^ung  bie2;^eilbegriffe,  toorauS  bie  gange Sbee,  koelc^e  baS  SBort  anbeutet,  35 


1.  Setrad^tuttg.  279 

beftel^t,  anjetgen,  noc^  in  ilgren  SSerlnfipfungen  bte  SSetl^dltniffe  ber  pl^ilo» 
[opl^ifd^en  ©ebanfen  gu  beselci^nen  i^ermdgen.  S>a]^er  man  bei  jebem  9la(^« 
benlen  in  biefer  Slrt  ber  @rlenntnig  bie  Sad^e  felbjl  Dor  Sagen  l^aben  ntug 
unb  gen5t]^igt  ifi,  fi<l^  bas  SlOgemeine  in  abstracto  DorjujleQen,  ol^ne  biefer 
5  nichtigen  Srleid^terung  ftd^  bebienen  gu  fönnen,  bag  man  einzelne  Qtiäitn 
ftatt  ber  aOgemeinen  Segriffe  ber  Sachen  felbfi  bel^anble.  SSenn  g.  @.  ber 
3RegIünftIer  bart^un  toiU,  bag  ber  ätaum  ind  unenblic^e  tl^eilbar  fei,  fo 
nimmt  er  eÜDa  eine  gerabe  Sinie,  bie  stoifd^en  gtnet  parallelen  fenlrec^t 
ftel^t,  unb  sielet  auä  einem  $unlt  einer  biefer  gleid^IaufenbenSinien  anbere, 

10  bie  folci^e  fd^neiben.  6r  erlennt  an  biefem  Symbole  mit  größter  ©etoig^ 
l^eit,  bag  bie  ßertl^eilung  ol^ne  (Snbe  fortgel^en  mfiffe.  S>agegen  koenn  ber 
$]^iIofo)}]^  etoa  bartl^un  miQ ,  bag  ein  feber  Stbxptt  auä  einfaci^en  @ubs 
ftanjen  beftel^e,  fo  tt)irb  er  ftc^  erftlid^  üerftd^em,  bag  er  Aber]^au))t  ein 
©anjed  aud  @ubftanjen  fei ,  bag  bei  biefen  bie  ßuf <^ininenfe^ung  ein  gu^ 

15  f&niger  Suftanb  fei,  ol^ne  ben  fte  gleici^kDol^I  e]riftiren  tdnnen,  ba^  mitl^in 
aQe  ßufammenfe^ung  in  einem  Rbtptx  in  ©ebanlen  lönne  aufgel^oben 
toerben,  fo  bod^,  bag  bie  Subftanjen,  barauS  er  befielet,  ejciftiren;  unb  ba 
bad jenige,  tt)ad  r>oti  einem  ßufammengefe^ten  bleibt,  menn  ade  3ufam« 
menfe^ung  äber]^au))t  aufgel^oben  koorben,  einfad^  ift,  bag  ber  j^orper  aus 

00  einfad^en  Subftanjen  befleißen  mfiffe.  ^ier  lönnen  meber  f^iguren  nod^ 
ftd^tbare  ßcic^en  bie  ®ebanlen  nod^  beren  SBer^dltniffe  andbrfid(en,  aud^ 
Idgt  ftd^  feine  SSerfe^ung  ber  Qtxäitn  nad^  Stegein  an  bie  SteUe  ber  ab« 
ftracten  Setrad^tung  fe^en,  fo  bag  man  bie  SBorfteOung  ber  @ad^en  felbft 
in  biefemSSerfa^ren  mit  ber  fldreren  unb  leid^teren  ber  Btü^tn  i^ertaufd^te, 

25  fonbern  baS  SLDgemeine  mug  in  abstracto  ertoogen  merben. 

§  3. 
3n  ber  ÜRatl^ematil  finb  nur  toenig  unaufI5dlid^e  93egriffe 
unb  unermeiSlid^e  @d^e,  in  ber  ^^ilofopl^ie  aber  ungdl^Iige. 

3)er  Segriff  ber  ©röfee  überl^aupt,  ber  ßinl^cit,  ber  SRcnge,  beS 
30  ätaumS  u.  f.  m.  finb  jum  minbeften  in  ber  äRat^ematil  unauf toSlid^,  ndm« 
Hd^  il^re  Scrglieberung  unb  @rfldrung  gel^ort  gar  nic^t  ffir  biefe  äBtffen« 
f^aft.  3d^  toeig  mo^I,  bog  mandbe  3Regfunftler  bie  ©renjen  ber  SSiffen« 
fd^aften  vermengen  unb  in  ber  ®r5genlel^re  bidmeilen  )}^iIofo))]^iren  aoüen, 
toeämegen  fte  bergleic^en  Segriffe  nod^  ju  erfldren  fud^en,  obgleid^  bie 
35  3)efinition  in  fold^em  ^aüe  gar  feine  mat^ematifd^e  f^olge  l^at.  SlUein  eS 


280  ttnterfud^ung  über  bie  5Ceutnd^!eit  ber  ©runbf&^e  ic. 

ijt  gett)ij3,  bag  ein  teber  SSegriff  in  Snfel^ung  einer  S)tfci^Hn  unauflödlic)^ 
x%  ber,  er  mag  fonft  Idnnen  erHärt  merben  ober  nid^ti  eS  in  biefer  SBiffen« 
fd^aft  toenigftenS  nid^t  bebarf.  Unb  i(^  l^abe  gefagt,  bag  beren  in  ber 
SRat^ematil  nur  toenige  todren.  ^i^  gel^e  aber  no(]^  toeiter  unb  bel^aupte, 
ba^  eigentlic)^  gar  leine  in  il^r  k)orfommen  I5nnen,  ndmltd^  in  bem  93er>  s 
ftanbe:  bag  il^re  Srlldrung  burd^  ß^tglieberung  ber  93egrtffe  jur  mat^e« 
matifd^en  @rfenntnig  gel^5rte;  gefegt,  bag  jte  aud^  fonft  m5glid^  todre. 
S)enn  bie  9Rat]^ematiI  erHdrt  niemals  burd^  Qzx^lx^txvLXiQ  einen  gegebe« 
nenSegriff,  fonbem  burd^  milllärlid^e  SSerbinbung  ein  &bj[ect,  beffen 
©ebanle  eben  baburd^  guerft  möglich  mirb.  lo 

SSergleid^t  man  l^iemit  bie  SBeltmeidl^eit,  meld^er  Unterfc^ieb  leud^tet 
ba  in  bie  Kugen?  3n  aUen  il^ren  S>ifciplinen,  oornel^mlic^  in  ber  3Reta« 
))]^Qftt  ifi  eine  |ebe  S^tglieberung ,  bie  gefd^el^en  tann,  au(^  nit^ig,  benn 
fomol^I  bie  9)eutHd^Ieit  ber  (Srtenntnig  ald  bie  9RögIi(^Ieit  fidlerer  f^olge« 
rungen  ^dngt  baoon  ah.  Slllein  man  fielet  gleid^  gum  ooraud,  bag  eS  un«  u 
oermeiblidb  fei,  in  ber  S^^gl^i^berung  auf  unauflddlid^e  Segriffe  gu  fom« 
men,  bie  ed  entoeber  an  unb  ffir  fid^  felbft  ober  für  und  fein  toerben,  unb 
bag  ti  beren  ungemein  oiel  geben  toerbe,  nad^bem  e8  unmöglid^  ift,  bag 
allgemeine  @rlenntniffe  Don  fo  groger  SRannigfaltigleit  nur  aud  menigen 
©runbbegriffen  jufammengefe^t  fein  foUten.  S)af)tx  oiele  beinahe  gar  so 
nid^t  aufgelbfet  merben  Ibnnen,  g.@.  ber  93egriff  einer  SBorftellung,  bad 
Sieben  einanber  ober  9tad^  einanber  fein,  anbere nur  gum Sl^eil,  koie 
ber  93egriff  Dom  Slaume,  Don  ber  3cit,  t)on  bem  mand^erlei®effil^Ie  ber 
menfc^Iic^en  Seele,  bem  ©efül^I  beS  Srl^abenen,  beä  @d^5nen,  beS 
@tell^aften  u.f.  U).,  ol^ne  beren  genaue  j^enntnig  unb  SlufI5fung  bie  95 
Srtebfebem  unferer  9latur  ntc^t  genug  belannt  finb,  unb  too  gleid^mol^I 
ein  forgfdltiger  Slufmerler  gewal^r  mirb,  bag  bie  ß^fglieberung  bei  weitem 
nid^t  juldnglid^  fei.  S4  geftel^e,  bag  bie  Srlldrungen  Don  ber  Suft  unb 
Unluft,  ber  IBegierbe  unb  bem  Slbfd^eu  unb  bergleic^en  ungd^Iige  nie« 
matö  bur(^  ^inreid^enbe  9lufl5fungen  finb  geliefert  morben,  unb  id^  tounbere  ao 
mid^  über  biefe  Unauflödlid^feit  nic^t.  S)enn  bei  Gegriffen  Don  fo  Derfdbi^be« 
ner  9lrt  m&ffen  tool^l  unterf  c^ieblidb^  Elementarbegriffe  gum  ®runbe  liegen. 
S>er  i^e^Ier,  ben  einige  begangen  l^aben,  alle  bergleid^en  @rfenntniffe  als 
fold^e  gu  bel^anbeln,  bie  in  einige  toenige  einfache  Segriffe  indgefammt  ftd^ 
gerlegen  liegen,  ift  bemfenigen  dl^nlic^,  barin  bie  alten  Slaturle^rer  fielen:  35 
bag  alle  9Raterie  ber  9latur  auS  ben  fogenannten  Dier  Elementen  befleiße, 
D}eld^er  ©ebanle  burd^  beffere  Seobad^tung  ift  aufgel^oben  morben. 


1.  iSetra^tung.  281 

ferner  liegen  in  ber  SRatl^ematif  nur  koenig  une riD eisliefe  @fi^e 
}um  ©runbe,  meiere,  toenn  {ie  gleich  anbenoärtö  nod^  eined  SekoeifeS  fdl^ig 
tt)dren,  bennod^  in  biefer  SBiffenfd^aft  als  unmittelbar  getoig  angefel^en 
iDerben:    3)ad  ©ange  ift  allen  Sl^eilen  gufammen  genommen 

^  0l^i^;  itDifd^en  gioei  fünften  lann  nur  eine  gerabe  Sinie 
fein  u.  f.  tt).  dergleichen  ©runbf&^e  ftnb  bie  9Ratl^ematiIer  gemol^nt  im 
anfange  il^rer  S>i[cipltnen  auf juftellen ,  bamit  man  gemal^r  koerbe,  bag 
feine  anbere  als  fo  augenfd^einlid^e  @&^e  gerabe  gu  alä  loal^r  DorauSge« 
fe^t  »erben,  aUeS  Abrige  aber  [trenge  beriefen  loerbe. 

10  SSergletd^t  man  hiermit  bie  äBeltmeiSl^eit  unb  namentli(i^  bie  SReta* 
P^'^^^f  \o  möchte  id^  nur  gerne  eine  2;afel  Don  ben  unermeislid^en  @&^en, 
bie  in  biefen  SBiffenfc^aften  burd^  il^re  ganje  @trede  gum  ©runbe  liegen, 
aufgejeidinet  feigen.  @ie  mürbe  gemig  einen  $lan  ausmachen ,  ber  uner* 
meglid^  m&re;  allein  in  ber  Sluffud^ung  biefer  unermeidlid^en  ©runbma^r« 

15  l^eiten  befielet  bad  mic^tigfte  ©efd^dfte  ber  l^öl^ern  $l^ilofo))]^ie,  unb  biefe 
(Sntbedungen  merben  niemals  ein  @nbe  nehmen,  fo  lange  {id^  eine  folc^e 
Srt  ber  @rlenntnig  ermeitern  mirb.  3)enn  melc^eS  Obiect  eS  aud^  fei,  fo 
finb  biejenige  äRerfmale,  meldte  ber  SSerftanb  an  il^m  guerft  unb  unmittel« 
bar  mal^rnimmt,  bie  Data  gu  eben  fo  Diel  unermeislidben  @d^en,  meiere 

20  benn  aud^  bie  ©runblage  auSmad^en,  morauS  bie  S>efinitionen  I5nnen 
erfunben  merben.  @l^e  id^  nod^  mid^  anfc^id(e  gu  erlldren,  maS  ber  Sfiaum 
fei,  fo  fe^e  iij  beutlid^  ein,  bag,  ba  mir  biefer  Segriff  gegeben  ift ,  ic^  gu» 
Dörberft  burd^  S^rglieberung  biejenige  3Rerfmale,  meiere  guerft  unb  un«' 
mittelbar  l^ierin  gebadet  merben,  auffud^en  muffe.  3d^  bemerfe  bemnad^, 

25  bag  barin  DieleS  auger^dlb  einanber  fei,  baf^  biefeS  SSiele  nic^t  @ubjlangen 
feien,  benn  id^  miU  nic^t  bie  S>inge  im  Staume,  fonbern  ben  ätaum  felber 
erlennen,  bag  ber  Staum  nur  brei  Slbmeffungen  l^aben  lönne  u.  f.  m.  S)er« 
gleid^en  @d^e  laffen  ftd^  mo^l  erläutern,  inbem  man  fte  in  concreto  be« 
trachtet,  um  fte  anfd^auenb  gu  erlennen;  aUein  ße  laffen  fid^  niemals  be» 

so  weifen,  ©enn  woraus  foDte  biefeS  auc^  gefd^e^en  fönnen,  ba  jte  bie  erfte 
unb  einfad^fte  @)ebanten  auSmad^en,  bie  ic^  oon  meinem  Obfecte  nur  l^aben 
fann,  wenn  id&  i^n  anfange  gu  gebenlen?  3n  ber  SWat^ematil  pnb  bie 
S)efinitionen  ber  erfte  ©ebanle,  ben  id^  Don  bem  erllärten  3)inge  l^aben 
fann,  barum  weil  mein  Segriff  beS  DbiectS  burc^  bie  erfldrung  attererft 

85  entfpringt,  unb  ba  ift  eS  fc^le^terbingS  ungereimt,  pe  als  erweislich  an« 
gttfe^en.  3n  ber  SBeltweiSl^eit,  wo  mir  ber  SSegriff  ber  ©ad^e,  bie  id^  er« 
fldren  foU,  gegeben  ift,  mug  baSfenige,  waS  unmittelbar  unb  guerft  in  il^m 


282  Unterfu^ung  aber  bie  S)eutnd^rett  ber  ^nmbfA^e  xc. 

koal^rgenommen  toirb,  gu  einem  unemeidlic^en  ©runburt^eile  blenen. 
S>enn  ba  ^  ben  ganjen  beutUiJ^en  93egriff  ber  Sad^e  nod^  nid^t  l^abe, 
fonbern  aUererft  fud^e,  fo  tann  er  aud  biefem  Segriffe  fo  gar  nid^t  be* 
miefen  »erben,  bag  er  oielmel^r  ba3u  bient,  biefe  beutlid^e  (Srlenntni^  unb 
S)efinition  baburc^  ju  erjeugen.  Sllfo  toerbe  td^  erfte  ©tunburt^eile  t>ot  5 
aUer  ))]^iIo{o)}^if4en  (Srfldrung  ber  @ad^en  l^aben  mflffen ,  unb  t&  f ann 
l^iebei  nur  ber  f^e^ler  k)orge]^en ,  bag  id^  badjenige  ffir  ein  uranfdnglid^eS 
SRertntal  anfeile,  toaS  nod^  ein  abgeleitete^  ift.  3n  ber  folgenben  Setrad^« 
tung  »erben  S>inge  Dorfommen,  bie  biefeS  auger  S^^if^I  f^^^n  »erben. 

§  4.  10 

S)a8  Obfect  ber  SRatl^ematil  ift  leidet  unb  einf&Itig,  ber 
$]^iIofop]^ie  aber  fc^ioer  unb  DerkoidCelt. 

S)a  bie  ®röge  ben  ©egenftanb  ber  äRatl^ematil  ausmacht,  unb  in 
Betrachtung  berfelben  nur  barauf  gefe^en  »irb,  »ie  ))ielmal  et»ad  gefegt 
fei ,  f 0  leud^tet  beutlid^  in  bie  Sugen ,  bag  biefe  (Srfenntnig  auf  »enigen  15 
unb  fel^r  Haren  ©runblel^ren  ber  aUgemeinen  ©rigenlel^re  (»eld^eiS  eigent» 
lid^  bie  allgemeine  Slritl^metil  ift)  berul^en  muffe.  2Ran  fielet  aud^  bafelbft 
bie  SSermel^rung  unb  SSerminberung  ber  ®rigen,  i^re  ßerfäUung  in  gleid^e 
f^actoren  bei  ber  Seigre  Don  benSBurjeln  aud  einfältigen  unb  »enigSrunb« 
begriffen  entfpringen.  Sinige  »enige  f^unbamentalbegriffe  Dom  Siaume  20 
Dermitteln  bie  Slnmenbung  biefer  allgemeinen  ®r5gen{enntnig  auf  bie 
©eometrie.  9Ran  barf  jum  IBeifpiel  nur  bie  leidste  f^aglic^feit  eined  aritl^» 
metifd^en  ©egenftanbed ,  ber  eine  ungel^eure  SBiel^eit  in  ftd^  begreift,  mit 
ber  Diel  fd^mereren  93egreiflid^Ieit  einer  pl^ilofopl^ifc^en  3bee,  barin  man 
nur  »enig  gu  erlennen  fud^t,  gufammenl^alten ,  um  ftd^  baoon  gu  über«  2s 
geugen.  S)ad  S3er^&Uni^  einer  Srillion  gur  @in]^eit  »irb  gang  beutlic^ 
Derftanben,  inbeffen  bafe  bie  ffieltmeifen  ben  fflegriff  ber  fjrei^eit  auä 
il^ren  ßinl^eiten,  b.  i.  i^ren  einfadien  unb  befannten  Segriffen,  nod^  bi8 
j[e^t  nid^t  ^aben  oerft&nblid^  machen  lönnen.  S)a&  ift:  ber  Oualit&ten,  bie 
bad  eigentlid^e  Object  ber  ^^ilofopl^ie  auSmad^en,  ftnb  unenblid^  Dielerlei,  30 
bercnUntcrfd^eibung  überaus  Diel  erforbert;  imgleid^en  ift  efi  »eit  fd^merer, 
burd^  ßci^gli^berung  Dermidtelte  (Srienntniffe  aufgulbfen,  ald  burd^  bie 
S^ntl^efin  gegebene  einfädle  @rtenntniffe  gu  Derlnüpfen  unb  fo  auf  f^olge« 
rungen  gu  fommen.  ^c^  »eig,  bag  ed  Diele  giebt,  »eld^e  bie  SBeltmeiSl^eit 
in  SSergleic^ung  mit  ber  ^5^ern  SRatl^eftd  {el^r  leidet  finben.  SUlein  biefe  35 


2.  SSetro^tung.  283 

nennen  aUeS  Sßeltoeidl^eit,  toaS  in  ben  ^üä)txn  {tel^t,  koelc^e  biefen  Sitel 
fül^ren.  3)er  Unter[(^ieb  geigt  {tci^  burd^  ben  @rfoIg.  9)ie  pl^ilofopl^ifdben 
Srtenntntffe  l^aben  mel^rentl^etliS  ba&  Sd^idfal  ber  SReinungen  unb  ftnb 
tote  bie  SReteoren,  beten  ©lang  nid^te  für  il^re  S)auer  oerfprid^t.  @ie  t)er^ 
f(i^n)tnben,  aber  bie  SRatl^ematit  bleibt.  S)ie  aßetopl^Qftl  ift  ol^ne  Saeifel 
bie  fd^toerfte  unter  aUen  menfd^Ud^en  @tn{id^ten;  aQein  ed  ift  nod^  niemald 
eine  gefd^rieben  morben.  3)ie  Aufgabe  ber  Sltabemie  geigt,  bag  man  VLx^ 
fad^e  l^abe,  {t(^  nad^  bem  SBege  gu  ertunbigen,  auf  iDeld^em  man  fte  aUer« 
erft  gu  fud^en  gebenft. 


10  QtüMt  aSetrad^tung^ 

3)ic  einjige  ÜRetl^obc,  jur  l^öd^ftmögttd^en  (Setot^l^eit  in  ber 

9)2etap]^9fif  ju  gelangen. 

3)ie  aRetapl^^fil  ift  nid^td  anberiS  als  eine  ^^ilofop^ie  über  bie 
erften  ©rünbe  unfered  @rlenntnif[ed;  koaS  bemnac^  in  ber  vorigen  Se^^ 

13  trad^tung  Don  ber  mat^ematifd^en  Srfenntnig  in  SSergleid^ung  mit  ber 
$l^ilofop]^ie  bargetl^an  toorben,  bad  toirb  aud^  in  Segiel^ung  auf  bie  3Re« 
tapl^^ftl  gelten.  SBir  l^aben  namhafte  unb  toefentli(^e  Unterfc^iebe  gefe^en, 
bie  gioifc^en  ber  @rlenntnig  in  beiben  SBiffenjd^aften  angutreffen  ftnb,  unb 
in  S3etrad^t  beffen  fann  man  mit  bem  Sifd^of  äBarburton  fagen:  bag 

20  nid^td  ber  ^l^tlofopl^ie  f d^&blid^er  getoefen  fei  a\&  bie  3Ratl^ematiI,  n&mlid^ 
bie  9lad^a]^mung  berfelben  in  ber  SRetl^obe  gu  beulen,  too  fte  unm5glid^ 
lann  gebraudbt  toerben;  benn  maä  bie  Slnwenbung  berfelben  in  ben 
Sl^eilen  berSBelttoeiS^eit  anlangt,  m  bie  j^enntnig  ber  ®rd^en  oorlommt, 
fo  ift  biefeö  etioad  gang  anberS,  unb  bie  9lu^barleit  baoon  ift  unermeglid^. 

SS  2»n  ber  SRat^ematit  fange  id^  mit  ber  @rfl&rung  meined  DbiectiS, 
g.  @.  eines  Triangels,  SixUl^  u.  f.  U).,  an,  in  ber  9Retap^9ftt  mug  id^  nie« 
malS  bamit  anfangen,  unb  eS  ift  fo  meit  gefel^U,  bag  bie  3)efinition  l^ier 
baS  erfte  fei,  toad  id^  oon  bem  S)tnge  erfenne,  bag  fie  oielmel^r  faft  jeber» 
geit  baS  le^te  ift.    ^dmlid^  in  ber  SRal^ematit  l^abe  id^  el^e  gar  tetnen 

30  93egrtff  oon  meinem  ®egenftanbe,  bis  bie  3)eftnition  i^n  giebt;  in  ber 
9Retapl^Qft{  l^abe  id^  einen  begriff,  ber  mir  fd^on  gegeben  toorben,  obgtoar 
oermorren,  id)  foll  ben  beutlic^en,  auSfäl^rli^en  unb  beftimmten  baoon 
auffuc^en.  SBie  tann  id^  benn  baoon  anfangen?  SluguftinuS  fagte:  Sd& 
toeig  loo^l,  koaS  bie  QM  fei,  aber  toenn  mid^  jemanb  frigt,  »ei^  ic^S  nid^t. 


284  Unterfut^ung  über  bte  2)eutliö^feit  ber  ©runbf&^e  ic. 

^icr  muffen  öiel  ^anblungcn  bcr  entoidtlung  bunllcr  Sbccn,  bcr  SScr* 
gIet(^ung,Unterorbnung  unb  @in{(i^ränfung  ))or  flc^  gelten,  unb  t<]^  getraue 
mir  gu  fagen:  bag,  ob  man  gleid^  Diel  SBa^red  unb  Sc^arfjtnntged  Don  ber 
3eit  gejagt  l^at,  bennod^  bte  Stealerlldrung  berfelben  niemals  gegeben 
morben;  benn  »ad  bie  ^amenerll&rung  anlangt,  fo  l^ilft  fte  und  wenig  5 
ober  nid^td,  benn  aud^  o^ne  ^e  Derftel^t  man  biefed  Bort  genug,  um  ed 
nid^t  gu  DeriDed^feln.  ^&tte  man  fo  Diele  rid^tige  ^Definitionen,  ald  in 
93öd^ern  unter  biefem  9tamen  Dorlommen,  mit  meld^er  @i(^erl^eit  mürbe 
man  nid^t  f erliegen  unb  ^Folgerungen  barauiS  ableiten  tonnen !  SlQein  bie 
@rfa^rung  leiert  bad  ©egentl^eil.  10 

3u  ber  ^^ilofopl^te  unb  namentlich  in  ber  SRetapl^^ftf  lann  man  oft 
fel^r  Diel  Don  einem  ©egenftanbe  beutlid^  unb  mit  ©emigl^eit  erlennen, 
aud^  fiebere  Folgerungen  baraud  ableiten,  el^e  man  bie  S)eftnition  beffel» 
ben  befi^t,  aud^  felbft  bann,  rnenn  man  t^  gar  nid^t  unternimmt,  fte  gu 
geben.  93on  einem  jeben  2)inge  I5nnen  mir  n&mlid^  Derfd^iebene  $r&bi«  15 
cate  unmittelbar  gemig  fein,  ob  id^  gleich  beren  nod^  nid^t  genug  fenne, 
um  ben  audful^rlid^  beftimmten  93egriff  ber  @ad^e,  b.  i.  bie  S)efinition, 
gu  geben.  SSenn  ic^  gleich  niemals  erfldrte,  mad  eine  Segierbe  fei,  fo 
mürbe  id^  bod^  mit  ©emig^eit  fagen  lonnen,  bag  eine  jebe  93egierbe  eine 
äSorfteüung  beiS  SBege^rten  DorauiSfe^e,  bag  biefe  SSorfteQung  eine  SSor^er«  20 
fel^ung  bed  Jiänftigen  fei,  bag  mit  i^r  ba^  ©efül^l  ber  Suft  Derbunben  fei 
u.  f.  m.  SltleS  biefeiS  nimmt  ein  ieber  in  bem  unmittelbaren  Semugtfein 
ber  Segierbe  beftänbig  mal^r.  ^M  bergleid^en  Derglid^enen  Semertungen 
lönnte  man  Dielleic^t  enblid^  auf  bie  S)efinition  ber  Segierbe  lommen. 
Sllein  fo  lange  aud^  o^ne  fte  baiSjenige,  mad  man  fuc^t,  auiS  einigen  un«  35 
mittelbar  gemiffen  SRerlmalen  beffelben  S>ingeiS  lann  gefolgert  merben, 
fo  ift  ed  unnöt^ig,  eine  Unternehmung,  bie  fo  fc^lüpfrig  ift,  gu  magen. 
3n  ber  ÜKat^ematil  ift  biefeö,  wie  man  loeife,  gang  anberS. 

Sn  ber  SWatl^ematif  ift  bie  Sebeutung  ber  S^id^^n  fidler,  »eil  man 
ftd^  leid^tlid^  bemüht  werben  tann,  meldte  man  il^nen  l^at  ertl^eilen  moUen.  30 
3n  ber  ^l^ilofopl^ie  fiberl^aupt  unb  ber  SRetapl^Qftt  infonberl^eit  l^aben  bie 
SSorte  il^re  S3ebeutung  burd^  ben  Siebegebraud^,  auger  in  fo  fern  fte  il^nen 
burd^  logifc^e  Sinfc^ranfung  genauer  ift  beftimmt  morben.  SBeil  aber 
bei  fel^r  dl^nlic^en  Segriffen,  bie  bennod^  eine  giemlic^e  SSerfd^ieben^eit 
Derftedt  enthalten,  öfters  einerlei  äBorte  gebrandet  werben,  fo  mug  man  ss 
l^ier  bei  febeSmaliger  Snwenbung  beS  SegriffiS,  wenn  gleid^  bie  ä3enen^ 
nung  beffelben  nad^  bem  Slebegebrauc^  ftd^  genau  gu  fd^idCen  fd^eint,  mit 


2.  S&titaä^bmQ,  285 

groger  Sel^utfamfeit  ^äit  l^aben,  ob  ed  anij  toirflid^  einerlei  Segriff  [et, 
ber  l^ier  mit  eben  bemfelben  3rt<^^n  oerbunben  morben.  äBir  jagen:  ein 
3Renf(^  unterfij^eibet  baS  ®oIb  oom  äRefftng,  toenn  er  erlennt,  bag  in 
einem  äRetalle  }.  @.  ni<l^t  biejenige  S)id^tigleit  fei,  bie  in  bem  anbem  i[t. 

5  3Ran  fagt  aufserbem:  ba^  SSiel^  unterfij^eibet  ein  S^utter  oom  anbem, 
wenn  eS  baS  eine  oerjel^rt  unb  baS  anbre  liegen  tdgt.  ^ier  koirb  in  betben 
f$&Qen  baS  SSSort:  unterfd^eiben,  gebraucht,  ob  eS  gleich  im  erftern  f^aUe 
fo  t)iel  l^eigt,  ald:  ben  Unterf d^ieb  er!ennen,  welches  niemals  gefd^el^en 
lann,  o^ne  ju  urtl^eilen;  im  gmeiten  aber  nur  angeigt,  bag  bei  unter» 

10  fij^ieblid^en  SBorfteQungen  unterfd^ieblid^  gel^anbelt  mirb,  mo  eben 
nic^t  nbtl^ig  ift,  bag  ein  Urtl^eil  ))orge]^e.  3Bie  toir  benn  am  SSiel^e  nur  ge« 
loal^r  toerben,  bag  eS  burd^  oerfd^iebene  @mpfinbungen  gu  ))er[(^iebenen 
^anblungen  getrieben  toerbe,  loetd^ed  gang  kool^l  möglid^  ift,  ol^ne  bag  ed  im 
minbeften  über  bie  Übereinftimmung  ober  SBerfd^iebenl^eit  urtl^eilen  baif. 

15  3[u8  aQem  btefem  fliegen  bie  Stegein  berfenigen  SJtetl^obe,  nac^  mU 
d^er  bie  l^öd^ftmbglic^e  metapl^^ftfd^e  ©eioigl^ett  eingig  unb  allein  lann  er* 
langt  merben,  gang  natürlid^.  @ie  finb  t)on  benen  fel^r  oerfc^ieben,  bie 
man  bis  bal^er  befolgt  l^at,  unb  oerl^eigen  einen  bermagen  glüdCUd^en 
9(uSgang,  toenn  man  fte  gur  Sntoenbung  bringen  toirb,  bergleid^en  man 

20  auf  einem  anbern  SBege  niemals  l^at  erkoarten  Ibnnen.  S>ie  er  fte  unb 
oornel^mfte  Siegel  ift  btefe:  bag  man  ja  nid^t  ))on  @rfldrungen  anfange, 
ed  mägte  benn  etwa  blöd  bie  äBorterlldrung  gefud^t  »erben,  g.@.:  notl^« 
loenbig  ift,  beffen  ©egent^eil  unmbglid^  ift.  Slber  aud^  ba  finb  nur  »e» 
nig  i^&Qe,  too  man  fo  guoerftd^tlid^  ben  beutlic^  beftimmten  93egriff  gleid^ 

25  gu  Slnfange  feftfe^en  lann.  SSielme^r  fud^e  man  in  feinem  ©egenftanbe  gu« 
erfi  badjenige  mit  Sorgfalt  auf,  beffen  man  oon  i^m  unmittelbar  geioig 
ift,  aud^  el^e  man  bie  S)efinition  ba))on  l^at.  9Ran  giel^e  barauS  f^olge» 
Hingen  unb  fud^e  l^auptfäc^lid^  nur  toal^re  unb  gang  gemiffe  Urtl^eile  oon 
bem  Dbjlecte  gu  enoerben,  auc^  ol^ne  ft(^  nod^  auf  eine  t)er]^offte  Srfl&rung 

80  @taat  gu  mad^en,  toelc^e  man  niemals  toagen,  fonbern  bann,  toenn  fte  ftd^ 
aus  ben  augenfc^einlic^ften  Urtl^eilen  beutlid^  barbietet,  aQererft  etnr&u» 
men  mug.  S)ie  gmeite  Siegel  ift:  bag  man  bie  unmittelbare  Urtl^eile 
))on  bem  ®egenftanbe  in  Slnfel^ung  beSjenigen,  maS  man  guerft  in  il^m 
mit  ©etoigl^eit  antrifft,  befonberS  auSgeid^net  unb,  nad^bem  man  gemtg 

35  ifl,  bag  baS  eine  in  bem  anbem  nid^t  entl^alten  fei,  fte  fo  loie  bie  S(]riomen 
ber  ®eometrie  als  bie  ®runblage  gu  allen  f^olgemngen  ))oranfd^idtt. 
hieraus  folgt,  bag  man  in  ben  Setrad^tungen  ber  3Reta|)^9ftI  febergeit 


286  Unterfu^ung  über  bie  S)euilid^!eit  ber  ©runbf&^e  ic. 

baSiemge  befonbetS  audjeici^ne,  toad  man  gekoig  toeig,  »enn  eä  aud^  toe« 
nig  to&re,  obgleid^  man  au^  SSerfud^e  Don  ungemtffen  @rfenntnif[en  ma« 
c^en  lann,  um  ju  fe^en,  ob  ^e  nic^t  auf  bie  Spur  ber  geioiffen  @rfenntnig 
fül^ren  bürftcn,  fo  bod^,  bafe  man  jte  nlc^t  mit  ben  erperen  vermengt.  3<lö 
ful^re  bie  anbre  93erbaltung8regeln  nid^t  an,  bie  bie[e  3Ret^obe  mit  {eber  s 
anbcrn  öernünftigen  gemein  l^at,  unb  fd^reite  nur  baju,  pe  burd^  Seifpiele 
beutlid^  ju  mad^en. 

S)ie  dd^te  ÜRetl^obe  ber  aReta))b9pI  iP  mit  berienigen  im  ©runbe 
einerlei,  bie^letoton  in  bie  ^aturu)if[enfd^aft  einführte,  unb  bie  bafelbp 
Don  fo  nu^baren  f^olgen  mar.  9Ran  foQ,  l^eigt  tS  bafelbp,  burd^  pd^ere  lo 
Erfahrungen,  allenfaQd  mit  ^ülfe  ber  ©eometrie  bie  Stegein  auffuc^en, 
nad^  meieren  gemipe  (Srfd^einungen  ber  9latur  t)orgeben.  3Benn  man  gteid^ 
ben  erften  ©mnb  baoon  in  ben  Jtörpern  nic^t  einpel^t,  fo  ip  gIei(^mo^I 
gemig,  bag  pe  nad^  biefem  ®efe^e  mirifen,  unb  man  erlldrt  bie  t)ermidCelte 
Slaturbegebenbeiten,  menn  man  beutlid^  geigt,  mie  pe  unter  biefen  mobl-  » 
ermiefenen  Siegeln  entl^alten  feien.    @ben  fo  in  ber  3Retap^9pI:  fud^et 
burc^  pc^ere  innere  (Srfal^rung,  b.  i.  ein  unmittelbares  augenfc^einlid^eiS 
Semufetfein,  biejenige  SWcrfmale  auf,  bie  gewi^  im  Segriffe  üon  irgenb 
einer  ungemeinen  Sefd^affen^eit  liegen,  unb  ob  il^r  gleid^  bad  gange  äSe- 
fen  ber  Sac^e  nid^t  lennet,  fo  Knut  i^r  euc^  bod^  berfelben  pd^er  bebienen,  20 
um  Dieied  in  bem  S)inge  barauS  ^erguleiten. 

©eifpiel 

ber  eingig  fidlem  SRet^obe  ber  SRetapl^^fil  an  ber@rfenntnig 

ber  Sdatur  ber  Äörper. 

3c^  begiel^e  mid^  um  ber  Mxit  miUen  auf  einen  93emeiS,  ber  in  ber  25 
erPen  93etra(^tung  am  @nbe  bed  gmeiten  §p]^d  mit  toenigem  angegeigt 
koirb,  um  ben  @a^  guerp  l^ier  gum  @)runbe  gu  legen:  bag  ein  feber  kbx* 
))er  aus  einfad^en  Subftangen  bepeben  muffe.  Dl^ne  ba^  id^  audmad^e, 
maS  ein  Übxptt  fei,  meig  id^  bod^  gemig,  ba^  er  auS  Steilen  bepe^t,  bie 
e;ripiren  mürben,  menn  pe  gleid^  nid^t  oerbunben  mdren;  unb  menn  ber  so 
begriff  einer  ©ubftang  ein  abpral^irter  Segriff  ip,  fo  ip  er  e«  ol^ne  ßmei» 
fei  k)on  ben  I5rperlid^en  S>ingen  ber  9BeIt.  SlUein  eS  ift  aud^  ni^t  einmal 
n5t]^ig,  pe  @ubpangen  gu  nennen,  genug,  bag  l^ieraud  mit  größter  ®e« 
U)igb^it  gefolgert  merben  lann,  ein  j(5rper  bepebe  auS  einfad^en  Steilen, 
kooDon  bie  augenfd^einlid^e  B^tglieberung  lei^t,  aber  l^ier  gu  meitlduftig  S5 


2.  »etrat^tung.  287 

ift.  9lun  lann  id^  Dermittelft  untrfiglid^er  SSetoeife  ber  ®eometrie  bartl^un, 
ba^  ber  Slaum  nic^t  au^  einfaci^en  Steilen  befleiße,  KDODon  bie  Slrgumente 
genugfam  befannt  ftnb.  S)emnad^  ift  eine  beftimmte  3Renge  ber  Sl^eile 
eineiS  j[eben  JtbrperS,  bie  aüe  einfad^  ftnb,  unb  eine  gleid^e  3ßenge  Sl^eile 

5  be§  Siaumö,  ben  er  einnimmt,  bie  aQe  gufammengefe^t  finb.  hieraus 
folgt,  bag  ein  j[eber  einfaci^e  Sl^eil  (@Iement)  im  j^örper  einen  Staum  ein« 
nel^me.  ^rage  id^  nun:  mad  l^eigt  einen  fftanm  einnel^men?,  fo  merbe  id^, 
ol^ne  mid^  um  baS  äBefen  beS  Siaumä  gu  beffimmern,  inne,  ba^,  menn 
ein  Siaum  Don  {ebem  3)inge  burd^brungen  merben  lann,  ol^ne  baB  etmaS 

10  ba  ift,  bad  ba  miberftel^t,  man  aQenfaUg,  U)enn  ed  beliebte,  fagen  möd^te, 
eä  m&xt  ettoaiS  in  biefem  Slaume,  niemals  aber,  biefer  Staum  koerbe  mo» 
))on  eingenommen.  äBorauS  id^  erlenne:  bag  ein  Staum  n)0))on  eingenom« 
men  ift,  aenn  etmaiS  ba  ift,  toaiS  einem  betoegten  Jtörper  miberfiel^t  bei  ber 
Seftrebung  in  benfelben  einjubringen.  S>iefer  SBiberftanb  aber  ift  bie 

15  Unburd^bringlid^feit.  S)emnad^  nel^men  bie  Stbxptx  ben  Staum  ein  burd^ 
Unburc^bringlid^Ieit.  @8  ift  aber  bie  ^mpenetrabilit&t  eine  Jtraft.  3)enn 
fie  iugert  einen  SSiberftanb,  b.  i.  eine  einer  äugern  jtraft  entgegengefe^te 
^anblung.  Unb  bie  ^raft,  bie  einem  jtörper  ju!ommt,  mug  feinen  ein« 
fachen  Sl^eilen  gufommen.  3)emnad^  erfüllen  bie  (Elemente  eineiS  feben 

so  jtbrperd  il^ren  Siaum  burd^  bie  Jtraft  ber  Unburd^bringlid^feit.  Sc^  frage 
aber  ferner,  ob  benn  bie  erften  @lemente  barum  nic^t  auSgebel^nt  finb, 
»eil  ein  j[eglid^e8  im  jtbrper  einen  Slaum  erfüllt?  $ier  fann  id^  einmal 
eine  @rfi&rung  anbringen,  bie  unmittelbar  getoig  ift,  n&mlid^ :  baSienige 
iftauSgebe^nt,  maä  für  ftd^  (absolute)  gefegt  einen  SHaum  erfüllt,  fo 

35  toie  ein  j[eber  einzelne  j(5rper,  toenn  id^  gleid^  mir  t^orfteQe,  ba%  fonft 
auger  il^m  nid^tiS  toAre,  einen  Slaum  erfüllen  toürbe.  SlQein  betrad^te  id^ 
ein  fd^led^terbingS  einfad^eS  (Slement,  fo  ift,  toenn  ed  allein  (ol^ne  93er« 
Inüpfung  mit  anbern)  gefegt  toirb,  unmoglid^,  bag  in  il^m  i^ieleS  ftd^ 
augerl^alb  einanber  bef  Anbe,  unb  eS  absolute  einen  Slaum  einnel^me.  3)a« 

30  \jtx  lann  eS  nic^t  audgebel^nt  fein.  S)a  aber  eine  gegen  t>xd  iugerlid^e 
S)inge  angetoanbte  j^raft  ber  Unburd^bringUc^Ieit  bie  Urfac^e  ift,  bag  baS 
(Slement  einen  Slaum  einnimmt,  fo  fel^e  id^,  bag  barauS  »o^l  eine  äSiel« 
l^eit  in  feiner  dugem  ^anblung,  aber  !eine  äSiell^eit  in  Slnfel^ung  innerer 
S:i^eile  fliege,  mitl^in  eS  barum  nid^t  auSgebel^nt  fei,  loeil  eS  in  bem  ^bx* 

35  per  (in  nexu  cum  aliis)  einen  fRauxa  einnimmt. 

Sd^  tt)ill  nod^  einige  SSorte  barauf  k)ermenben,  um  eS  augenfd^einlid^ 
2u  mad^en,  loie  feid^t  bie  ä3ett)eife  ber  ÜRetopl^^ftler  feien,  toenn  fie  au8 


288  ttnterfu(!^ung  über  bie  S)eutnö^!ett  ber  ®runbf&^e  tc. 

tl^rer  einmal  jum  ®runbe  gelegten  (SrIIdrung  ber  ©elool^nl^eit  gemd^  ge« 
troft  @(^Iflf[e  machen,  toeld^e  i^erloren  |tnb,  fo  6alb  bie  3)efinition  trägt 
@8  i[t  belannt:  bag  bie  meifien  9lett)tontaner  nod^  weiter  al8  9lett)ton 
gelten  unb  bel^aupten,  ba^  bie  Sibxptt  einanber  aud^  in  ber  Entfernung 
unmittelbar  (ober,  toie  fte  ed  nennen,  burd^  ben  leeren  Staum)  angießen.    5 
3d^  laffe  bie  Siic^tigteit  biefeS  @a^e8,  ber  getoig  r>\tl  ©runb  fär  fi<l^  ^at, 
bal^in  gefteQt  fein.  Slllein  id^  bel^aupte,  bag  bie  3Reta))l^9ftf  gum  minbeften 
il^n  nic^t  »iberlegt  l^abe.  ßuerft  pnb  Äörper  öon  einanber  entfernt, 
U)enn  fte  einanber  nid^tberul^ren.  3)iefe8  i{t  ganj  genau  bie  Sebeu» 
tung  beS  SSortä.  f^rageic^  nun:  toaS  i^erjtel^e  id^  unter  bem  SBerfll^ren?,  10 
fo  merbe  id^  inne,  bag,  ol^ne  mid^  um  bie  9)efinition  gu  belfimmern,  id^ 
bod^  iebergeit  auS  bem  äßiberftanbe  ber  Unburd^bringlid^feit  eined  anbern 
Jt5rperd  urt^eile,  bag  \6)  Hfn  berül^re.  S)enn  id^  flnbe,  bag  biefer  Segriff 
urfprünglid^  aud  bem  ©efü^I  entfpringt,  mie  id^  aud^  burd^  ba§  Urtl^eil  ber 
Slugen  nur  Dermutl^e,  bag  eine  äRaterie  bie  anbre  beräl^ren  merbe,  aQcin  u 
bei  bem  oermerftcn  SSBiberftanbe  ber  3mi)enetrabilitfit  efi  allererft  getoife 
meife.    auf  biefc  SBeife,  »enn  ic^  fage:  ein  Äörper  wirft  in  einen  ent« 
fernten  unmittelbar,  fo  ^eigt  biefed  fooiel:  er  mirft  in  il^n  unmittelbar, 
aber  nic^t  i^ermittelft  ber  Unburd^bringlic^Ieit.    @8  i{t  aber  l^iebei  gar« 
nid^t  abgufel^en,  marum  biefeS  unm5glid^  fein  foll,  ed  mügte  benn  jemanb  20 
bartl^un,  bie  Unburd^brtnglid^feit  fei  entmeber  bie  einzige  i^raft  eines  j(ör» 
perd,  ober  er  lönne  loenigftenS  mit  feiner  anbern  unmittelbar  toirfen,  ol^ne 
ed  gugleid^  oermittelft  ber  ^mpenetrabilitfit  gu  tl^un.  3)a  biefed  aber  nie« 
mald  bemiefen  ift  unb  bem  Snfe^en  na6)  aud^  fdbmerlic^  uirb  beriefen 
toerben,  fo  l^at  gum  toenigften  bie  SRetapl^^fif  gar  feinen  tüd^tigen  ®runb,  ss 
ftd^  loiber  bie  unmittelbare  Sngiel^ung  in  bie  f^erne  ju  empören.    3n« 
beffcn  laffet  bie  SetoeiSgrflnbe  ber  SWetapl^^pfer  auftreten,   ßuoörberjl 
erfd^eint  bie  S>efinition:  S>ie  unmittelbare  gegenfeitige  ©egenmart  jtoeier 
Körper  ift  bie  93eru]^rung.    ^ierauS  folgt:  toenn  gmei  Stbxptx  in  ein« 
anber  unmittelbar  mirfen,  fo  berül^ren  fte  einanber.   9)inge,  bie  {id^  be«  30 
rül^ren,  ftnb  nid^t  entfernt    SRitl^in  toirfen  jtoei  Äörper  niemals  in 
ber  ©ntfcmung  unmittelbar  in  einanber  u.  f.  to.  S)le  3)cflnitiott  ift  er» 
fd^lid^en.  9tid^t  j[ebe  unmittelbare  ^Jegentoart  ift  eine  Serftl^rung,  fon» 
bem  nur  bie  üermittelft  ber  Stnpenetrabilitdt,  unb  alles  flbrige  ift  in  ben 
9Binb  gebauet  35 

3d&  fal^re  in  meiner  Sbl^anblung  koeiter  fort  @S  erl^eUt  auS  bem  an« 
gefül^rten  Seifpiele:  ba^  man  ))iel  )oon  einem  ©egenftanbe  mit  ®en)t|^eit 


2.  SBeira^iung.  289 

fottol^l  in  ber  Sßetapl^^ftl,  toie  in  anbern  Sßiffenfd^aften  fagen  fonne,  ol^ne 
tl^n  erfldrt  gu  l^aben.  S>tnn  l^ier  ift  toeber,  koad  ein  Körper,  nod^  toad  ber 
SRaum  fei,  erllärt  Sorben,  nnb  Don  beiben  l^at  man  bennod^  {UDerläfjige 
@ä^e.  S)ad  äSomel^mfte,  morauf  i<j^  ge^e,  ift  biefeS:  bag  man  in  ber  9Re« 

5  tap^^ftt  burd^auS  analijtifc]^  ))erf a^ren  mfiffe,  benn  il^r  ©efd^äfte  ift  in  ber 
S^at,  üerkDorrene  @rlenntnif[e  aufjulöfen.  93erglei(i^t  man  l^iemit  baä 
äSerfal^ren  ber  $^iIofop]^en,  fo  xok  eS  in  aUen  ©dualen  im  ©d^mange  ift, 
tt)ie  t)erle]^rt  toirb  man  eS  nid^t  ftnben !  S>ie  aüerabgejogenfte  Segriffe, 
barauf  ber  SSerftanb  natürltd^er  äBeife  jule^t  l^inauiSgel^t,  mad^en  bei 

10  il^nen  ben  Slnfang,  toeil  il^nen  einmal  ber  $Ian  bed  äJ^atl^ematileriS  im 
Xop\t  ift,  ben  fte  burc^auS  nad^al^men  moUen.  S)a]^er  finbet  ft(^  ein  fon» 
berbarer  Unterfd^ieb  gtoifd^en  ber  SRetapl^^ftf  unb  ieber  anbern  SSiffen« 
f d^aft.  3n  ber  ©eometrie  unb  anbern  6rfenntnif[en  ber  ©rögenlel^re  f fingt 
man  k)on  bem  Seid^teren  an  unb  fteigt  langfam  ju  fc^mereren  SiuSübun^ 

15  gen.  3n  ber  SRetapl^^ftt  mirb  ber  Einfang  t)om  Sd^merften  gemad^t:  ))on 
ber  ÜRöglid^feit  unb  bem  S>afein  uberl^aupt,  ber  9lot^tt)enbigIeit  unb  Qn^ 
fäQigfeit  u.  f.  to.,  lauter  S3egriffe,  gu  benen  eine  groge  Kbftraction  unb 
\Xufuierffamfeit  gel^ört,  k)orne]^mIid^  ba  il^re  Qtläitn  in  ber  Knioenbung 
Diele  unmerllid^e  Slbartungen  erleiben,  beren  Unterfd^ieb  nic^t  mug  aus 

90  ber  Sd^t  gelaffen  werben.  @d  foll  burd^auS  f^ntl^etifd^  i^erfal^ren  merben. 
9Ran  etllArt  bal^er  gleid^  anfangs  unb  folgert  barauS  mit  Su))erfid^t.  S>ie 
^l^ilofop^en  in  biefem  ®ef(^mad(e  loünfd^en  einanber  ®\M,  bag  fte  baS 
©el^eimnig  grünblid^  }u  beulen  bem  ^eglünftler  abgelernt  Ritten,  unb 
bemerlen  gar  nid^t,  ba^  biefe  burd^S  Sufammenfe^en  93egriffe  ertoer«* 

25  ben,  ba  fene  ed  burd^  Kuflöf en  allein  t^un  fönnen,  koeld^eä  bie  SRetl^obe 
gu  beulen  gang  i^er&nbert. 

@o  balb  bagegen  bie  ^^ilofopl^en  ben  naturlid^en  Sßeg  ber  gefunben 
äSemunft  einfd^lagen  toerben,  guerft  badfenige,  koad  fte  getoig  Don  bem 
abgegogenen  »egriffe  eine«  ©egenftanbe«  (g.  6.  bem  ?Raume  ober  ßelt) 

so  toiffen,  aufgufud^en,  ol&ne  nod^  einigen  Stnfprud^  auf  bie  (grfldrungen  gu 
mad^en;  toenn  pe  nur  au«  biefen  fiebern  Datis  fd^liefeen,  toenn  fle  bei 
Ieber  öerdnberten  Slntoenbung  eine»  begriff«  Sd^t  l^aben,  ob  ber  SSegriff 
felber,  unerad^tet  fein  ßeid^en  einerlei  ift,  nid^t  l^ier  Deränbert  fei;  fo  »er* 
ben  fle  Diettetd^t  nid^t  fo  oiel  ©infid^ten  feil  gu  bieten  l^aben,  aber  biete» 

35  nige,  bie  fle  barlegen,  »erben  oon  einem  ftc^em  SBertl^e  fein.  SSon  bem 
Unteren  »itt  i(^  no(%  ein  »eifpiel  anführen.  JDie  me^rfte  ^^llofop^en 
fuhren  al8  ein  (gyempel  bunfler  g3egriffe  biejenige  an,  bie  »ir  im  tiefen 

»anVi  e^tiUtn.    SBetfe.  H.  19 


290  Unterfui^ung  über  bte  2)eutlt(!^fett  ber  (Brunbfd^e  ic. 

Schlafe  l^aben  mögen.  3)unlle  SßorfieQungen  ftnb  bieienigen,  beren 
man  fid^  nt(^t  betougt  tfi  9lun  geigen  einige  Srfal^rungen,  bag  mir  aud^ 
im  tiefen  Sd^Iafe  SSorftellungen  ^aben,  unb  ba  mir  und  beren  nid^t  bemugt 
{inb,  fo  ftnb  fte  buntel  gemefen.  $ier  ift  bad  Semugtfein  ))on  gmie« 
fac^er  93ebeutung.  9Ran  ifi  ftc^  entmeber  einer  SSorftettung  nic^t  bemugt,  5 
bag  man  fte  l^abe,  ober,  ba^  man  fte  gel^abt  l^abe.  3)ad  erfiere  bejeid^net 
bie  S)unlel^eit  ber  SSorfteUung,  fo  mie  fie  in  ber  @eele  ift;  bad  gmeite 
jeigt  meiter  nichts  an,  als  bag  man  ftc^  i^rer  nid^t  erinnere.  9tun  giebt 
bie  angeführte  3nßans  lebiglid^  }u  erlennen,  bag  ed  SSorftettungen  geben 
lonne,  beren  man  ftc^  im  SBadben  nid^t  erinnert,  moraud  aber  gar  nid^t  10 
folgt,  bag  fte  im  @(^Iafe  nid^t  foUten  mit  Semugtfein  Kar  gemefen  fein; 
mie  in  bem  (Sftmpä  bed  ^errn  @au))age  ))on  ber  flarrffid^tigen  $erfon, 
ober  bei  ben  gemeinen  ^anblungen  ber  Sd^Iafmanberer.  Snbeffen  mirb 
baburd^,  ba^  man  gar  ju  leidet  and  ©(fliegen  gel^t,  ol^ne  l^orl^er  burd^ 
9(ufmertfamfeit  auf  oerf c^iebene  f^dUe  iebedmal  bem  93egriffe  feine  Sebeu«  15 
'  tung  gegeben  gu  l^aben,  in  biefem  f^alle  ein  ))ermut]^Iid^  grogeS  ©el^eim«' 
nig  ber  9latur  mit  Slc^tloftgfeit  übergangen:  n&mlid^  bag  t)ieneid^t  im 
tiefften  Sd&Iafe  bie  gröfete  fjcrtigfeit  ber  Seele  im  vernünftigen  ©cnlen 
möge  ausgeübt  merben;  benn  man  l^at  feinen  anbern  ®runb  gum  ®egen« 
tl^eil,  als  bag  man  beffen  ftd^  im  SBac^en  nidi)t  erinnert,  melc^er  ®runb  30 
aber  nid^ts  bemeift. 

6S  ifi  nod^  lange  bie  Seit  nid^t,  in  ber  SRetapl^tiftt  ft)nt^etifd^  gu 
üerfal^ren;  nur  menn  bie  Slnal^ftä  und  mirb  gu  beutlid^  unb  audful^rlid^ 
oerftanbenen  Segriffen  t)er]^olfen  l^aben,  mirb  bie  S^nt^eft«  btn  cinfad^« 
ften  @rlenntnif[en  bie  gufammengefe^te,  ttie  in  ber  SRatl^ematit,  unter«  s& 
orbnen  Unnen. 

Statte  99ettad^ittttg. 
»Ott  ber  SRatur  ber  meto^jl^^fifc^ett  ®e»i|]^eit. 

§1- 

a)le  i)]&llofoi)]^ifdöc  ©etoifel^eit  ifl  fiberl^aupt  von  anberer     so 

9latur  als  bie  matl^ematifd^e. 

5Kan  ifl  geioi^,  in  fo  fern  man  erfennt,  ba^  e8  unm5glid&  fei,  bafe 
eine  (grfennlnife  falfd^  fei.  3)er  Orab  biefer  ©emife^elt,  menn  er  objective 
genommen  mirb,  fommt  auf  ba«  Sureii^enbe  in  ben  SRerfmalen  wn  ber 


3.  Setra^tung.  291 

Sflotl^KDenbigfeit  einer  Sßal^rl^eit  an,  in  fo  fern  er  aber  sobjective  betrachtet 
U)irb,  [o  ift  er  in  fo  fern  größer,  als  bie  Srfenntni^  biefer  Slotl^menbigleit 
mel^r  änfc^auung  l^at.  3n  beiber  93etrad^tung  ift  bie  matl^ematifc^e  ©e» 
iDtg^ett  Don  anberer  9lrt  alä  bie  ))^tIofo))l^if(^e.    ^ä^  merbe  biefeä  auf 

5  baä  augenfc^einli^fie  bart^un. 

3)er  menfd^Hd^e  SSerftanb  ift  fo  mie  {ebe  anbre  j^raft  ber  9latur  an 
gett)if[e  Siegeln  gebunben.  9Ran  irrt  nid^t  bedkoegen,  toeil  ber  Sßerftanb 
bie  begriffe  regellos  ))erTnü^ft,  fonbern  tteil  man  baSfenige  9RerImaI, 
toaS  man  in  einem  S)inge  nid^t  toa^rnimmt,  auc^  Don  il^m  Demeint  unb 

10  urtl^eilt,  bag  baSienige  nici^t  fei,  tt)ef[en  man  ftd^  in  einem  S)inge  nid^t 
beiougt  ift.  9lun  gelangt  erftU<l^  bie  Sßatl^ematit  ju  il^ren  93egriffen 
ftfntl^etifc^  unb  fann  fidler  fagen:  »ad  fte  fi(!^  in  il^rem  Dbfecte  burd^  bie 
S)efinition  nic^t  l^at  DorfteQen  tDoUen,  baS  ift  barin  aud^  nid^t  enthalten. 
3)enn  ber  93egrif[  bed  @rll&rten  entfpringt  attererft  burd^  bie  Srddrung 

16  unb  l^at  tDeiter  gar  feine  Sebeutung  als  bie,  [o  il^m  bie  S)efinition  giebt. 
ä^ergleic^t  man  l^iemit  bie  SSSeltmeiS^eit  unb  namentlid^  bie  9Reta))]^9{tf, 
fo  ift  fte  in  il^ren  @rllarungen  toeit  unftc^erer,  toenn  fte  »eld^e  »agen  kotU. 
©enn  ber  fflegriff  beS  gu  ©rflfirenben  ift  gegeben.  Semerft  man  nun  ein 
ober  baS  anbre  ^erlmal  nid^t,  U)aS  gleid^tDol^l  gu  feiner  l^inreid^enben 

30  Unterfd^eibung  gel^ört,  unb  urtl^eilt,  bag  ju  bem  auSfül^rlid^en  SSegriffe 
lein  folc^eS  SRerfmal  fel^le,  fo  koirb  bie  3)efinition  falfc^  unb  trüglid^. 
Sir  I5nnten  bergleid^en  f^el^ler  burd^  ung&pge  Seifpiele  Dor  Singen  legen, 
i(^  begiel^e  mid^  aber  beSfallS  nur  auf  baS  oben  Slngefäl^rte  Don  ber  93e- 
rfil^rung.    Stt)eitenS  betrachtet  bie  SRatl^ematit  in  tl^ren  Brolgerungen 

25  unb  99emetfen  il^re  allgemeine  (Srienntnig  unter  ben  3^^$^^  ^^  concreto, 
bie  SßelttoeiSl^eit  aber  neben  ben  Qtii^tn  noc^  immer  in  abstracto.  3)iefe8 
mad^t  einen  naml^aften  Unterfd^ieb  aus  in  ber  Slrt  beiber  gur  ©emigl^eit 
3U  gelangen.  3)enn  ba  bie  ß^id^^n  ber  9Rat^emati{  finnlid^e  Srfenntnig« 
mittel  ftnb,  fo  fann  man  mit  berfelben  ßuDerfid^t,  toie  man  beffen,  toaS 

30  man  mit  äugen  fielet,  Derftc^ert  ift,  aud^  miffen,  bag  man  feinen  SSegriff 
aus  ber  Sld^t  gelaffen,  ba^  eine  {ebe  eingelne  Sergleid^ung  nad^  leidsten 
Siegeln  gefc^el^en  fei  u.  f.  to.  äBobet  bie  Slufmerffamfeit  baburc^  fel^r  er« 
leichtert  toirb,  ba^  fte  nid^t  bie  @ad^en  in  i^rer  allgemeinen  SBorfteOung, 
fonbern  bie  S^td^^n  in  il^rer  eingelnen  Srfenntnig,  bie  ba  ftnnlid^  ift,  su 

85  gebenfen  l^at.  S)agegen  Reifen  bie  SSorte,  als  bie  Qt\üim  ber  ))l^ilofo))^i^ 
fd^en  (Srtenntnig,  gu  nid^ts  als  ber  Erinnerung  ber  begeid^neten  aöge« 
meinen  Segriffe.  Statt  mug  i^re  Sebeutung  iebergeit  unmittelbar  Dor 

19* 


292  Unterfud^ung  über  bte  S)eutlt(!^!ett  ber  ®runbfa^e  ic. 

Slugcn  l^übcn.  35cr  reine  SSerftanb  tnu^  in  ber  anfirtnflunfl  erl^alten  »er» 
ben,  unb  mie  unmerfUc^  entmifd^t  ni(^t  ein  SRerfmal  eineS  abgefonberten 
93egriff8,  ba  nid^ts  Sinnliches  und  beffen  IBerabfdumung  offenbaren 
lann;  aldbann  aber  merben  üerfd^iebene  S>inge  für  einerlei  gel^alten,  unb 
man  gebiert  irrige  (Srfenntnif[e.  5 

^ier  ift  nun  bargct^an  morben:  bag  bie  ©rünbe,  barauS  man  ab«* 
nel^men  tann,  bag  ed  unmoglid^  fei,  in  einem  gemiffen  pl^ilofop^ifd^en  (Sr* 
fenntniffe  geirrt  ju  ^aben,  an  ftd^  felber  niemals  benen  gleid^  lommen,  bie 
man  im  matl^ematifd^en  Dor  ^c^  ^at.  atUein  auger  biefem  ifl  aud^  bie 
Slnfdbauung  biefer  Srfenntnig,  \ot>xA  bie  Siid^tigleit  anlangt,  grbger  in  10 
ber  ^at^ematit  als  in  ber  SSeltmeiSl^eit:  ba  in  ber  erftem  bad  Dbj[ect  in 
ftnnlid^en  3ei(^en  in  concreto,  in  ber  le^tern  aber  immer  nur  in  aQge» 
meinen  abgezogenen  93egriffen  betrachtet  toirb,  bereu  Rarer  Sinbrud  bei 
toeitem  nid^t  fo  grog  fein  fann  ali  ber  erfteren.  3n  ^^^  ®eometrie,  mo 
bie  Seiten  mit  ben  be^eid^neteu  @ad^en  flberbem  eine  ^l^nlid^feit  l^aben,  15 
ift  bal^er  biefe  Soibeng  nod^  groger,  obgleid^  in  ber  Sud^ftabenred^nung 
bie  ©etoifel^elt  eben  fo  jumldfftg  ift. 

§2. 

S){e  3Reta))]^9fi{  ift  einer  ©ekoig^eit,  bie  jur  äberjeugung 

l^iureid^t,  f&^ig.  to 

S)ie  ©ekoigl^eit  in  ber  SRetapl^Qftf  ijl  oon  eben  berfelben  Krt,  loie  in 
ieber  anbern  p^ilofopl^ifc^en  @rfenntnig,  loie  biefe  benn  aud^  nur  getoig 
fein  fann,  in  fo  fern  pe  ben  allgemeinen  ©rünben,  bie  bie  erfiere  liefert, 
gemAg  ift.  68  ift  aud  (Srfal^rung  befannt:  bag  mir  burd^  SBemunftgrünbe 
aud^  auger  ber  SRatl^ematil  in  oielen  S^&Ueu  bis  gur  Überjeugung  x^bQig  2s 
geioig  »erben  fönneu.  3)ie  SRetapl^^ftt  ift  nur  eine  auf  allgemeinere 
SBernunfteinfid^ten  angekoanbte  ^^ilofopl^ie,  unb  eS  tann  mit  il^r  unmdg« 
lid^  anberS  beioanbt  fein. 

Srrtl^ümer  entfpringen  nic^t  allein  bal^er,  »eil  man  gemiffe  ©Inge 
nid^t  »eig,  fonbern  »eil  man  pc^  ju  urtl^eilen  unternimmt,  ob  man  gleid^  30 
nod^  nid^t  allcS  »eig,  »aS  bagu  erforbert  »irb.  ©ine  groge  SKenge  gfalfd^- 
l&eiten,  {a  faft  atte  inSgcfammt  l^aben  biefem  lefetern  SJortti^  i^ren  ttr* 
fprung  ju  banlen.  Sl&r  »igt  einige  ^rdbicate  oon  einem  3)tnge  ge»ig. 
SBol^lan,  legt  biefe  jum  Orunbe  eurer  Sd^lüff e,  unb  il^r  »erbet  nid^t  irren. 
SWein  i^r  »ollt  burc^auS  eine  Definition  l^aben;  gleid^wo^l  feib  ifyc  nic^t  35 


X 


3.  Setrad^tung.  293 

ftd&er,  bafe  il^r  alleö  toifet,  »aö  baju  erforbert  »irb,  unb  ba  il^r  flc  beffcn 
ungeachtet  »agt,  fo  gerottet  il^r  in  Strt^üwer.  ©al^er  ift  eö  möglidö,  ben 
3rrtöümern  ju  entgegen,  »enn  man  getoiffe  unb  beutli(I)e  ©rfenntniffe 
autfu(I)t,  o^ne  gleicfttoo^l  fld^  ber  Definitionen  fo  leid)t  an3uma6en.  %tx^ 
5  ner,  i^r  fönnt  mit  Sicherheit  auf  einen  betrdc^tlidben  S^eil  einer  geroiffen 
golge  fc!^lie^en.  Srlaubt  eud^  {a  nid^t,  ben  @cl^lu^  auf  bie  gange  Solge 
gu  giel^en,  fo  gering  atö  aud^  ber  Unterfc^ieb  gu  fein  fd^eint.  3c^  gebe  gu, 
bag  ber  SBemeid  gut  fei,  in  beffen  SSeft^e  man  ift,  bargutl^un,  bag  bie  @eele 
nic!^t  SRaterie  fei.  Rittet  euc!^  aber,  baraud  gu  fd^Iie^en,  bag  bie  @eele  nidgt 

10  öon  materialer  Slatur  fei.  35enn  hierunter  oerftet(t  jebermann  nici^t  allein, 
ba^  bie  @eele  feine  SRaterie  fei,  fonbern  auc^  nid^t  eine  folc^e  einfache 
Subftang,  bie  ein  @lement  ber  SRaterie  fein  fönne.  3)iefeS  erforbert  einen 
befonbern  SBemeid,  n&mlic^,  bag  biefeS  bentenbe  Sßefen  nic^t  fo,  toie  ein 
förperlic^ed  @Iement  im  9laume  fei,  burc!^  Unburd^bringlic^teit,  nod^  mit 

15  anbern  gufammen  ein  8udgebet)nted  unb  einen  j?Ium))en  ausmachen 
fönne;  mooon  toirflid^  noc^  fein  Semeid  gegeben  loorben,  ber,  toenn  man 
il^n  audfinbig  machte,  bie  unbegreiflid^e  Slrt  angeigen  toflrbe,  toie  ein  ©eift 
im  9laume  gegenm&rtig  fei. 

§3. 

90  S>U  ©ekoig^eit  ber  erften  ®runbu)al|rl|eiten  in  ber  SRetapIi^fit 
ift  üon  feiner  anbern  Slrt,  aU  in  jeber  anbern  vernünftigen 

@rfenntnig  au^er  ber  9Rat^ematif. 

3n  unfern  Sagen  l)at  bie  ^l^ilofopliie  beö  $errn  6ruf  iu8*)  öermeint, 
ber  metap^qftfc^en  @rtenntnig  eine  gang  anbre  ©eftalt  gu  geben,  ba» 
S5  burc^  ba^  er  bem  @a^e  bed  äSiberfpruc^iS  nid^t  bad  S3orred)t  einräumte, 
ber  aDgemeine  unb  oberfte  ©runbfa^  aller  Srfenntnig  gu  fein,  bag  er 
öiel  anbre  unmittelbar  gemiffe  unb  unermeiölid^e  ©runbf ä^e  einful^rte  unb 
bel^auptete,  ed  toürbe  il^re  S^ic^tigfeit  aud  ber  SRatur  unfereS  äSerftanbeS 

*)  34  ^oh^  ndtl^tg  gefunben,  ber  SJ^et^obe  biefer  neuen  äBeltmetd^ett  l^ier 
30  (^w&l^nung  au  tl^un.  ®ie  ift  in  furgem  fo  berfi^ntt  geworben,  fie  l^at  anä^  in  ^n- 
fel^ung  ber  befferen  lluffldrung  mancher  C^infic^ten  ein  fo  augeftonbened  S^erbienfi, 
bog  ed  ein  U)efentlic^er  SJ^ongel  fein  ȟrbe,  luo  bon  ber  ^Itiap^r^^t  fiberl^oupt  bie 
fftebt  ift,  fie  mit  ©ttüfc^weigen  übergangen  gu  l^aben.  äBaS  i^  ^ter  berühre,  ift 
lebiglic!^  bie  tl^r  eigene  SJ^etl^obe,  benn  ber  Unterf^ieb  in  eingelnen  ©d^en  i^  no(( 
35  ni^t  genug,  einen  toefentlic^n  Unteifc^teb  einer  ^^ilofopl^ie  oon  ber  anbern  au  be- 
aei^nen. 


294  Unterfu^ung  fiber  bie  S)eutlid^!ett  ber  ^niubfä^e  :c. 

begriffen  nad^  ber  Siegel:  koad  xii  ntd^t  anberS  ate  toaltx  benlen  fann,  baS 
ifi  mal^r.  3u  folc^en  ®ntnbf&|en  mirb  unter  anbem  geg&^It:  toa&  tc^  nic^t 
ejrifHrenb  benfen  fann,  baS  i[t  einmal  nid^t  getoefen;  ein  jebed  2)ing  mug 
irgenbmo  unb  irgenbmenn  fein  u.  b.  g.  Sd^  merbe  in  menig  Sorten  bie 
koal^re  Sefd^affen^eit  ber  erften  ©ntnbtoal^rl^eiten  ber  SRetopl^^fil,  im«  s 
gleid^en  ben  »al^ren  ©el^alt  biefer  SRetl^obe  bed  ^errn  Srufiud  anjeigen, 
bie  nid^t  fo  meit  ))on  ber  2)entungdart  ber  ^^ilofopl^ie  in  biefem  @tfide 
abveid^t,  ald  man  kool^I  benft.  3Ran  tvirb  aud^  äber^au))t  ben  ®rab  ber 
mbglid^en  ©emigl^eit  ber  ^Retap^^ftt  l^ierauS  abnel^men  fonnen. 

8lDe  toal^re  Urt^eile  muffen  entioeber  beia^enb  ober  oerneinenb  fein,  lo 
Seil  bie  ^orm  einer  feben  93ej[a^ung  barin  beftel|t,  ba|  etmaiS  ald  ein 
3RerImal  üon  einem  S)inge,  b.  i.  a\&  einerlei  mit  bem  SRertmale  eines 
2)inge8,  t)orgefteat  merbe,  fo  ift  ein  febed  bejal^enbe  Urtl^eil  toa^r,  toenn 
baS  ^räbicat  mit  bem  ©ubfecte  ibentifd^  ift.   Unb  ba  bie  g^orm  einer 
feben  S^erneinung  barin  beftel|t,  bag  etmad  einem  3)inge  aU  mtber«  u 
ftreitenb  oorgefteDt  merbe,  fo  ift  ein  üerneinenbed  Urtl^eil  ma^r,  menn  baS 
$rdbicat  bem  @ubj[ecte  miberfpric^t.   2)er@a|  alfo,  ber  baSSßefen 
einer  feben  Sefal^ung  audbrfidt  unb  mithin  bie  oberfte  f^ormel  aQer  be« 
fal^enben  Urtl^eile  entl^dlt,  l^eigt:  @inem  feben  Subfecte  fommt  ein  ^räbi- 
cat  gu,  koeld^ed  i^m  ibentifd^  ift.   3)iefed  ift  ber  @a^  ber  Sbentität.  20 
Unb  ba  ber  @a^,  meld^er  baiS  Sßefen  aQer  SSerneinung  auiSbrücIt:  feinem 
@ubfecte  lommt  ein  ^räDicat  gu,  melc^ed  i^m  tDiberfpric^t,  ber  @a1^  beiS 
äBiberfpruc^d  ift,  fo  ift  btefer  bie  erfte  g^ormel  aüer  t)erneinenben  Ur» 
tl^eile.   Seibe  gufammen  mad^en  bie  oberfte  unb  aDgemeine  ®runbf&^e 
im  formalen  SBerftanbe  öon  ber  gangen  menfc^lid^en  SBernunft  au«.  Unb  25 
I|ierin  l^aben  bie  meiften  geirrt,  bag  fte  bem  @a^  bed  äBiberfpruc^«  ben 
9iang  in  Snfe^ung  aller  Sßa^r^etten  eingeräumt  I|aben,  ben  er  boc^  nur 
in  äSetrac^t  ber  üerneinenben  I|at.   @«  ift  aber  ein  feber  @a^  unermeid* 
li(^,  ber  unmittelbar  unter  einem  biefer  oberften  ©runbfä^e  gebac^t  mirb, 
aber  nid^t  anber«  gebadet  toerben  fann:  nämlid^  menn  entmeber  bie  2[ben«  30 
tität  ober  ber  SBiberfprud^  unmittelbar  in  ben  Segriffen  liegt  unb  nic^t 
burcft  Serglieberung  fann  ober  barf  üermittelft  eine«  S»ifdÖcnwerfmatö 
eingefe^en  »erben.  Mt  anbere  ftnb  ermcifilid^.  gin  Äorper  ift  t^eilbar, 
ift  ein  ermeiSlid^er  Safe,  benn  man  fann  burd^  Serglieberung  unb  alfo 
mittelbar  bie  Sbentitdt  be«  ^rabicats  unb  Subfect«  geigen:  ber  Äörper  35 
ifl  gufammengef efet,  »a«  aber  gufammengefefet  ift,  ift  tl)cilbar,  folg* 
lic^  ift  ein  Äörper  tl^eilbar.  S)aS  wrmittelnbe  SKerfmal  ift  ^ier  guf am* 


3.  Setrod^tunö.  295 

mengefe^t  fein.  9lun  giebt  t&  in  ber  SßeltoeiSl^eit  \>kl  unermeiSlid^e 
@d^e,  xok  auc^  oben  angefül^rt  morben.  ^iefe  ftelien  guar  aDe  unter  ben 
formalen  erften  ©runbfd^en,  aber  unmittelbar;  in  fo  fern  {te  inbef[en  gu« 
gleid^  ®rünbe  üon  anbern  6rfenntniffen  entl&alten,  fo  jtnb  jte  bte  erften 

5  materiale  ©runbfd^e  ber  menf(^li(ften  aSernunft.  3- ®- 6^"  Körper  ift 
gufammengefe^t,  ifl  ein  unermeidUci^er  @a^,  in  fo  fern  baiS  $räbicat 
al&  ein  unmittelbareiS  unb  erfted  3RerfmaI  in  bem  ^Begriffe  bed  j^brperd 
nur  fann  gebadet  loerben.  Solche  materiale  ®runb{d^e  machen,  mie 
SrufiuS  mit  SRed^t  fagt,  bie  ©runblage  unb  Mtigl^it  ber  men{(i)U(^en 

10  S3ernunft  auiS.  ^enn  mie  mir  oben  ermdl^nt  l^aben,  {tnb  {te  ber  @toff  ju 
Srfldrungen  unb  bie  Data,  moraud  ftd^er  fann  gefd^Ioffen  merben,  menn 
man  aud^  feine  @rf(drung  ^at. 

Unb  I|ierin  I|at  SrufiuiS  Sted^t,  menn  er  anbere  Sd^ulen  ber  äBelt^^ 
meifen  tabelt,  ba%  {te  biefe  materiale  ©runbfd^e  ))orbei  gegangen  feien 

15  unb  {t(^  blöd  an  bie  formale  gehalten  l^aben.  3)enn  aud  bie(en  aOein  fann 
mirtlic^  gar  nid^tiS  bemiefen  merben,  meil  @d^e  erforbert  merben,  bie  ben 
9Rittelbegrtff  enthalten,  moburc^  bad  logifdge  äSerl^dltntg  anberer  Segriffe 
foQ  jn  einem  S3ernunftfd)Iuffe  erfannt  merben  fönnen,  unb  unter  biefen 
@dien  mäffen  einige  bie  erften  fein.    SLUein  man  fann  nimmermehr 

20  einigen  @d^en  ben  SSertIb  materialer  oberfter  ©runbfd^e  einrdumen, 
menn  {te  nid^t  für  ieben  menfd^lic^en  93erftanb  augen((^einli(^  {tnb.  ^d^ 
l^alte  aber  baffir,  bag  oerfc^iebene  üon  benen,  bie  6ruf iud  anful^rt,  {ogar 
anfe^nlid^e  3n)eifel  oerftatten. 

Sßad  aber  bie  oberfte  Siegel  aller  ©emigl^eit,  bie  biefer  berul^mte 

25  SRann  aller  @rfenntnig  unb  alfo  auc^  ber  metap^Q(tf(^en  ))or}ufe^en  ge« 
benft,  anlangt:  mad  i(^  nid^t  anberd  als  ma^r  benfen  fann,  ba6 
ift  mal|r  u.  f.  m.,  fo  ift  leidet  eingufe^en,  bag  biefer  @a^  niemals  ein 
©runb  ber  3Sal^rI|eit  oon  irgenb  einem  @rfenntnif[e  fein  fönne.  S)enn 
menn  man  gefte^t,  ha%  fein  anberer  ©runb  ber  SBalirl^eit  fönne  ange^ 

80  geben  merben,  ald  meil  man  eS  unmöglich  anberd  aU  für  ma^r  balten 
fbnne,  fo  giebt  man  ju  üerfte^en,  bag  gar  fein  ®runb  ber  Sßal^r^eit  meiter 
angeblid^  fei,  unb  bag  bie  6rfenntnig  unermeidlid^  fei.  9lun  giebt  ed 
freilid^  moi|l  oiele  unermeiiSlid^e  @rfenntniffe,  allein  ba^  ©efu^l  ber  Über« 
geugung  in  Stnfe^ung  berfelben  ift  ein  ©eftdnbnig,  aber  nid^t  ein  Semeid« 

35  grunb  baoon,  ba%  {te  ma^r  {tnb. 

S)ie  3)Ieta:|)^9fif  l^at  bemnad^  feine  formale  ober  materiale  ©runbe 
ber  ©emigl^eit,  bie  oon  anberer  3lrt  mdren  ald  bie  ber  ÜRegf unft.  3n  bei«: 


296  Unterfu^ung  über  bie  3)eutli(!^feit  ber  @runbfd^e  ic. 

ben  gefd^iel^t  ba^  %OTmaU  ber  Urtl^eile  nadi  ben  @d^en  ber  ßinjltmmung 
unb  bed  Sßiberfprud^d.  ^n  beiben  ^nb  unertoeiiSlid^e  @ä^e,  bie  bie®runb« 
läge  ju  Sd^Iuffen  machen.  9lur  ba  bie  ^Definitionen  in  ber  SRatliematit 
bie  erften  unermeiMic^en  ^Begriffe  ber  erfldrten  ©ad^en  ftnb,  fo  muffen  an 
beren  Statt  ))erfd)tebene  uneroeidlid^e  @ä^e  in  ber  SRetapl^^ftf  bie  erften  s 
Data  angeben,  bie  aber  eben  fo  {t(!^er  fein  fönnen,  unb  toeld^e  entioeber 
ben  Stoff  ju  @r((drungen  ober  ben  ©runb  {t(!^erer  ^Folgerungen  barbieten. 
@d  ift  eben  fon)oI|I  eine  gur  Übergeugung  nötl^ige  ©emig^eit,  beren  bie 
3RetapI|q{tf,  als  koeld^er  bie  SRatl^ematif  fä^ig  ift,  nur  bie  (entere  ift  leidster 
unb  einer  großem  Slnfd^auung  t^eill^aftig.  lo 


SSierte  ^^etrad^tung. 

S5on  ber  3)eutlid^leit  unb  ®eh)i6^eit,  beren  bie  erfte  ®rünbe 
ber  natürlid^cn  ©otteSgcIal^rtl^cit  unb  9KoraI  fä^ig  finb, 

§1. 
£)ie  erfte  ®ränbe  ber  natürlid^en  ©otteSgelal^rtlieit  ftnb  ber  u 
größten  p^ilofopl^ifc^en  @t)ibeng  fällig. 

68  ift  erftlid^  bie  Ieici}tefte  unb  beutlid^fte  Unterfd^eibung  eines 
S)ingeiS  Don  aDen  anbern  möglid^,  koenn  biefed  2)ing  ein  eingigeS  mögliche 
feiner  Slrt  ift.  ^ad  Dbiect  ber  natfirUci}en  ^Religion  ift  bie  alleinige  erfte 
Urfac^e;  feine  SSeftimmungen  koerben  fo  bemanbt  fein,  ba^  fte  nic^t  leidet»  20 
lic^  mit  anberer  2)inge  il^ren  lönnen  t>enDe(i)felt  werben.  £)te  größte  Über« 
geugung  aber  ift  möglid^,  too  eS  fd^led^terbingd  notl^menbig  ift,  bag  biefe 
unb  (eine  anbere  $räbicate  einem  3)inge  gutommen.  3)enn  bei  gufäUigen 
Seftimmungen  ift  ed  me^rent^eiliS  fd^mer,  bie  manbelbaren  SBebingungen 
feiner  $r&biCate  aufguftnben.  ^al^er  bad  fd^Ied^terbingd  notl^menbige  20 
Sßefen  ein  Object  ))on  ber  Slrt  ift,  bag,  fobalb  man  einmal  auf  bie  äc^te 
Spur  feines  Segrifjeö  getommen  ift,  eS  nod^  mel|r  Sid^er^eit  als  bie 
mel^rfte  anbere  pl^ilofopl^ifd^e  Äenntuiffe  gu  üerfpre^en  fc^eint.  3d&  lann 
bei  biefem  Stl^eil  ber  Aufgabe  nichts  anberS  t^un,  alS  bie  mögliche  p^ilo« 
fop^if c^e  @r(enntnig  üon  ®ott  überhaupt  in  ßrmägung  gießen ;  benn  eS  so 
loürbe  üiel  gu  toeitlduftig  fein,  bie  toirflic^  üorl^anbenen  2el)ren  ber  SBelt» 
loeifen  fiber  biefen  ©egenftanb  gu  prüfen.  S)er  ^auptbegriff,  ber  ftcb  ^ier 
bem  SRetopl^^ftfer  barbtetet,  ift  bie  fc^led^terbingS  not^ioenbige  @jctfteng 


4.  ©etro^tuitg.  297 

eines  Sßefend.  Um  barauf  gu  fommen,  lönnte  er  juerft  fragen:  ob  ed 
möglid^  fei,  bag  gang  unb  gar  ntd^td  e;ciftire.  Sßenn  er  nun  inne 
toirb,  bag  aliSbann  gar  fein  3)afetn  gegeben  ift,  aud^  nid^td  }u  benlen, 
unb  leine  ÜRöglicftfeit  flatt  finbe,  fo  barf  er  nur  ben  ^Begriff  t)on  bem 

.  5  3)afein  bedienigen,  mad  aOer  2R5gIid^Ieit  gum  ©runbe  liegen  niu^,  unter« 
fuc^en.  ©iefer  ®ebanfe  wirb  pc^  ertoeitern  unb  ben  beftimmten  33egriff 
bed  fd^Iec^terbingS  notl^toenbigen  Sßefend  feftfe^en.  SQein  o^ne  mid)  in 
biefen  $lan  befonber«  eingulaffen ,  f o  balb  ba«  35afeln  be8  einigen  üoD» 
fommenften  unb  notJ^toenbigen  Sßejend  erfannt  ifl,  fo  merben  bie  begriffe 

10  öon  bcffen  übrigen  Seftimmungen  üiel  abgemcffener,  »eil  fie  immer  bie 
größten  unb  öoMommenften  ftnb,  unb  öiel  gewiffer,  »eil  nur  biej[cnigc 
eingeräumt  »erben  fönnen,  bie  ba  notlitoenbig  ftnb.  3(^  foQ  g.  6.  ben  93e« 
griff  ber  göttlichen  aUgegentoart  beftimmen.  3(4  erfenne  leidet,  bag 
badienige  äBefen,  Don  »elci^em  alles  anbre  ab^&ngt,  inbem  eS  felbft  unab« 

15  l^&ngig  ift,  burc!^  feine  ®egen»art  gmar  allen  anbern  ber  3Belt  ben  Drt 
beftimmen  »erbe,  fic^felberaber  feinen  Drt  unter  i^nen,  inbem  eS  als« 
bann  mit  gur  Belt  gel^ören  »firbe.  ®ott  ift  alfo  eigentlid)  an  feinem 
Drte,  aber  er  ift  allen  2)ingen  gegenm&rtig  in  allen  Drten,  »o  bie 
2)inge  ftnb.  @ben  fo  fe^e  id)  ein,  bag,  inbem  bie  auf  einanber  folgenbe 

20  2)inge  ber  3Belt  unter  feiner  ®e»alt  ftnb,  er  baburd^  ft4  nid^t  felbft  einen 
ßeitpunft  in  biefer  SReil^e  beflimme,  mitl)in  bafe  in  Slnfe^ung  feiner  nichts 
vergangen  ober  fünftig  ift.  Sßenn  id^  alfo  fage:  ®ott  fte^t  baS  j^ünftige 
üorfter,  fo  Reifet  biefeS  nic%t  fo  oiel:  ®ott  ftel&t  baSfenige,  »aS  in  anfe^« 
ung  feiner  fünftig  ift,  fonbern:  »aS  ge»iffen  3)ingen  ber  SSBelt  fünftig 

25  ift,  b.  i.  auf  einen  Suftanb  berfelben  folgt.  i)ierauS  ift  ju  erfennen,  bafe 
bie  ßrfcnntnife  beS  künftigen,  SSergangenen  unb  ®egcn»drtigen  in  8ln« 
fe^ung  ber  |)anblung  beS  göttlichen  SSerftanbeS  gar  nid^t  üerfc^ieben  fei, 
fonbern  bag  er  fie  alle  als  »irflid^eS^inge  beS  Unioerfum  erfenne;  unb  man 
fann  üiel  beftimmter  unb  beutlid^er  biefeS  SSor^erfe^en  fid^  an  ®ott  üor« 

30  fteDen,  als  an  einem  S)inge,  »eld^eS  gu  bem  ®angen  ber  SSelt  mit  gehörte. 

Sn  allen  Stäben  bemnad^ ,  »o  nid^t  ein  Analogen  ber  Bufaüigteit 

angutreffen,  fann  bie  metap^qfifd^e  Srfenntnig  oon  ®ott  fel^r  gemig  fein. 

aUein  baS  Urt^eil  über  feine  freie  |)anblungen,  über  bie  SBorfel^ung,  über 

baS  S^erfal^ren  feiner  ®erec4tigfeit  unb  ®üte,  ba  felbft  in  ben  ^Begriffen, 

35  bie  mir  t>on  biefen  Seftimmungen  an  unS  ^aben,  nod^  \>\tl  UnentmicfelteS 
ift,  fbnnen  in  biefer  äBifienfd^aft  nur  eine  ®e»i^l^eit  burc^  Snndl^erung 
l^aben,  ober  eine,  bie  moralifc^  ift. 


% 


298  Unterfud^ung  Aber  bie  S)eutlte^feit  ber  @runbf54e  tc 

§2. 

S)te  erjlen®rfinbe  ber  SRoral  finb  nad^  il^rer  gegenmärtigen 
Sefd^affenlieit  nod^  nid^t  aller  erforberlid^en  @))ibeni  fd^ig. 

Um  biefed  beutUd^  gu  mad^en,  toxVi  iäi  nur  geigen,  tote  toenig  felbft 
ber  erfte  Segriff  ber  93 erbinb lichte it  nodg  befannt  ift,  unb  toie  entfernt    & 
man  alfo  ba))on  fein  mfiffe,  in  ber  praltifd^en  SBeltmeiiSl^eit  bie  gur  Qr>u 
beng  nbt^ige  3)eutli(l^leit  unb  ©id^erl^eit  ber  ©runbbegriffe  unb  ©runb^ 
fd^e  gu  liefern.   3Ran  f  oll  biefed  ober  |ened  ll^un  unb  bad  anbre  laffen; 
bieS  ift  bie  Formel,  unter  toelc^er  eine  iebe  äSerbinbUd^feit  au^gefprod^en 
toirb.  9lun  brftctt  iebeS  @ ollen  eine  Slotl^menbigteit  ber  ^anblung  aM  lo 
unb  ift  einer  gtoiefad^en  Sebeutung  f&^ig.   Sd^  foll  n&mlid^  entmeber 
ettoaS  tl|un  (als  ein  SRittel),  menn  id^  etmad  anberd  (als  tintnQmtd) 
toin,  ober  idg  foll  unmittelbar  ettoaS  anberd  (als  einen  3^^^)  t^un 
unb  mirflit^  madjen.   S)aS  erftere  lonnte  man  bie  9lot^menbigfeit  ber 
^Rittet  (necessitatem  problematicam),  bad  gtteite  bie  Slot^toenbigfeit  ber  is 
Qwtdt  (necessitatem  legalem)  nennen.  S)ie  erjlere  SIrt  ber  ülotl^menbig« 
feit  geigt  gar  leine  SSerbinblid^feit  an ,  f onbern  nur  bie  SSorfc^rift  als  bie 
Sluflöfung  in  einem  Problem,  meldte  3Riltel  bieienige  ftnb,  bereu  idg  mid^ 
bebienen  muffe,  mie  id^  einen  getoiffen  ßtoedC  erreichen  tDiD.   SSer  einem 
anbern  üorfd^reibt,  koelc^e  .^anblungen  er  ausüben  ober  unterlaffen  muffe,  20 
loenn  er  feine  ©lüdfeligteit  beförbern  moHte,  ber  I5nnte  mol^l  gmar  oiel« 
leicht  alle  Se^ren  ber  9Roral  barunter  bringen,  aber  fie  ftnb  alSbann  nid^t 
mel^r  SBerbinblid^Ieiten,  fonbern  etma  fo,  toie  eS  eine  SBerbinblic^Ieit  märe, 
gmei  j^reugbogen  gu  mad)en,  menn  ic^  eine  gerabe  Sinie  in  gmei  gleid^e 
2:^eile  gerf&llen  mill,  b.  i.  eS  ftnb  gar  ntd^t  93erbinblid^Ieiten,  fonbern  nur  25 
Snmeifungen  eines  gefd^idten  SSerl^altenS,  menn  man  einen  S^^^  ^^^ 
retd^en  miQ.  S>a  nun  ber  ©ebrauc^  ber  SRittel  feine  anbere  9lotl^menbigs 
feit  I|at,  als  biejenige,  fo  bem  Qmd^  gufommt,  fo  ftnb  ftf  lange  aDe  ^anb« 
lungen,  bie  bie  3Roral  unter  ber  93ebingung  gemiffer  Qxotd^  oorfc^reibt, 
gufäDig  unb  fönnen  feine  SSerbinblid^teiten  feigen,  fo  lange  fie  nid^t  einem  so 
an  ftd^  not^menbigen  Qmd^  untergeorbnet  merben.  ^d^  foU  g.  @.  bie  ge« 
fammte  größte  SBoQfommenlieit  beförbern,  ober  ic^  foD  bem  SBiUen  ©otteS 
gemä^  tianblen;  toeld^em  auc^  oon  biefen  beiben  @&^en  bie  gange  praf« 
tifc^e  SBeltmeiSl^eit  untergeorbnet  mürbe,  fo  mu^  biefer  @a^,  menn  er  eine 
Siegel  unb  ®runb  ber  SSerbinblid^feit  fein  foU,  bie  |)anblung  als  unmittel«  35 
bar  not^menbig  unb  ntc^t  unter  ber  Sebingung  eines  gemiffen  ßmedCS  ge» 


4.  iSetrad^iung.  299 

Ifieten.  Unb  l^ier  ftnben  toix,  bag  eine  fold^e  unmittelbare  oberfte  SRegel 
aller  SSerbinblidö^it  fc^led^terbing«  unertoeiSlic^  fein  müjfe.  ©enn  eS  i[t 
aus  feiner  93etra(!^tung  eines  3)inged  ober  Segriff ed,  raeldde  t^  aud^  fei, 
ntoglid^  ju  erlennen  unb  ju  f(!^Iiegen,  toaS  man  tl^un  foHe,  menn  badj|enige, 

6  maS  ))oraudgefe^t  ift,  nic^t  einß^ed  unb  bie^anblung  ein  9RitteI  ift. 
2)iefei5  aber  mufe  eö  nic^t  fein,  »eil  eö  alöbann  feine  gormel  ber  SSerbinb^ 
lid^feit,  fonbern  ber  problematifc^en  ®efc^idlid)feit  fein  tourbe. 

Unb  nun  fann  id^  mit  menigem  anzeigen,  bag,  nad^bem  iii  über 
biefen  ©egenftanb  lange  naci}gebad^t  l^abe,  i(^  bin  uberi^eugt  toorben,  ba^ 

10  bie  Siegel:  5!;^ue  \>a^  SSoHfornmenfte,  mad  burt^  bic^  möglich  ift,  ber  erfte 
formale  ®runb  aller  SSerbinblid^feit  ju  ^anbeln  fei,  fo  U)ie  ber  @a^: 
tlnterlaffe  baS,  moburc^  bie  burc^  bic^  grögtmöglid^e  SBoUtommenl^eit  oer^ 
l^inbert  mirb,  t^  in  Slnfe^ung  ber  ^fiic^t  gu  unterlaff en  ift.  Unb  gleid)» 
toie  auiS  ben  er[ten  formalen  ©runbfd^en  unferer  Urt^eile  oom  S93al^ren 

15  niddtd  fliegt,  too  nid^t  materiale  erfte  ©rünbe  gegeben  finb,  fo  fliegt  aOein 
auö  biefen  jioei  Siegeln  be«  ®uten  feine  befonberö  beftimmte  SSerbinbUcft- 
feit,  mo  nic^t  unermeiiSlic^e  materiale  ©runbfd^e  ber  prattifd^en  @rfennt< 
nig  bamit  oerbunben  ftnb. 

3Ran  l^at  eiS  nämlich  in  unfern  Sagen  aUererft  eingufel^en  angefangen: 

20  bag  bad  SSermogen,  bad  SBal^re  DorjufteUen,  bie  Srfenntnig,  ba^ienige 
aber,  baS  ®ute  ju  empfinben,  ba^  ©efü^l  fei,  unb  bag  beibe  ja  nic^t 
mit  einanber  mä^en  oertoed^felt  merben.  ©leid^mie  ed  nun  ungerglieber« 
lid^e  ^Begriffe  bed  3BaI|ren,  b.  t.  beiSj|enigen,  toaS  in  ben  ©egenft&nben  ber 
Srfenntnig,  für  ftd^,  betrad^tet  angetroffen  mirb,  giebt,  alfo  giebt  e$  auc^ 

25  ein  unauflöSlid)ed  ©efu^l  beiS  ©uten  (biefed  mirb  niemals  in  einem  S)inge 
f(^led^tt)in,  fonbern  immer  bejiel^ungSmeife  auf  ein  empfinbenbeS  SBefen 
angetroffen).  &8  ift  ein  ©efc^äfte  beS  SSerftanbeS,  ben  gufammengefe^ten 
unb  oermorrenen  Segriff  bed  ©uten  aufjulofen  unb  beutlid^  ju  mad^en, 
tnbem  er  jeigt,  mie  er  aus  einfa(!^ern  (Smpfinbungen  beS  ©uten  entfpringe. 

30  SUDein  ift  biefeS  einmal  einfad^,  fo  ift  baS  Urt^eil:  bteieS  ifl  gut,  oollig 
unermeiSlid^  unb  eine  unmittelbare  3Birfung  oon  bem  Semugtfein  beS 
©efül^lS  ber  Suft  mit  ber  Sorftellung  beS  ©egenftanbeS.  Unb  ba  in  unS 
ganj  ftd^er  oiele  einfache  @mpftnbungen  beS  ©uten  aujutreffen  finb,  fo 
giebt  es  Diele  berglei(!^en  unauflöi^ic^e  SorfteUungen.   2)emnad^  menn 

35  eine  |)anblung  unmittelbar  als  gut  oorgefteUt  mirb,  ol^ne  bag  fte  auf  eine 
üerftecfte  Slrt  ein  gemijfcS  anbre  ©ut,  meld^es  burd^  S^^öli^^^rung  barin 
fann  erfannt  merben,  unb  marum  fte  ooQfommen  ^eigt,  entl^alt,  fo  ift  bie 


300  Untetfud^ung  üBer  bie  2)eutn^feit  ber  @runbfäj)e  ic. 

9tot^tDenbigIeit  biefer  ^anblung  ein  unemeislid^er  materialer  ©runbfa^ 
ber  aSerblnblicftfett.  Q.  6.  Siebe  ben,  ber  bidi  liebt,  i[t  ein  ^)raftif d&er  Sa|, 
ber  i^tDar  unter  ber  oberjlen  formalen  unb  beial^enben  9tegel  ber  SSerbinb« 
UijUxt  {te^t,  aber  unmittelbar.  S>enn  ba  ed  ni^t  meiter  burd^  Qtxglixtbt' 
rung  lann  gezeigt  merben,  toarum  eine  befonbere  SBoDfommenl^eit  in  ber  s 
©egenliebe  ftetfe,  fo  »irb  biefe  SRegel  nicftt  praftifd^,  b.  i.  öermittelft  ber 
Surüdful^rung  auf  bie  Slotl^menbigteit  einer  anbern  Dollfommenen  ^anb^ 
lung,  beu)iefen,  fonbern  unter  ber  allgemeinen  9tegel  guter  ^anblungen 
unmittelbar  fubfumirt.  SSielleid^t  bag  mein  angejeigted  SSeifpiel  nid^t 
beutlid^  unb  überjeugenb  genug  bie  @a(^e  bartl^ut;  aQein  bie  ©darauf en  lo 
einer  Slblianblung ,  mie  bie  gegenwärtige  ift,  bie  ic^  Dielleid^t  fd^on  über« 
fc^ritten  l^abe,  erlauben  mir  ni(!^t  bieienige  ä^oDjl&nbigleit,  bie  id^  tDO^I 
kofinfd^te.  @S  ift  eine  unmittelbare  ^äglic^teit  in  ber  ^anblung,  bie  bem 
SßiDen  bei^ienigen,  Don  bem  unfer  S>aiein  unb  aDeiS  ®ute  ^erlommt,  miber« 
ftreitet.  ©iefe  ^dfelic^feit  ift  Rar,  »enn  gleich  nic^t  auf  bie  SRad&t^eile  15 
gefeben  mirb,  bie  ald  folgen  ein  fold^ed  SSerfa^ren  begleiten  Ibnnen.  £)a« 
I|er  ber  @a^ :  t^ue  bad,  XDa&  bem  äBiQen  ©otted  gemdg  ift,  ein  materialer 
©runbfa^  ber  9Roral  wirb,  ber  gleid^mol^l  formaliter  unter  ber  fd^on  er< 
mahnten  obersten  unb  allgemeinen  f^ormel,  aber  unmittelbar  ftel^t.  3Ran 
mu^  eben  fomo^l  in  ber  praftifd^en  Sßeltmeidl^eit,  mie  in  ber  t^eoretifc^en  20 
nidbt  fo  leidbt  etn)ad  für  unermeiSlidb  l^alten,  toaS  ed  nid^t  ift.  ©leic^tDol^l 
fonnen  biefe  ©runbfä^e  nid^t  entbehrt  toerben,  welche  atö  $o[tulata  bie 
©runblagen  gu  ben  übrigen  prattifd^en  @ä^en  entl^alten.  ^utdbef  on  unb 
anbere  I|aben  unter  bem  ^iamen  be$  moralifd^en  ®efü]^ld  l^ieDon  einen 
Anfang  gu  fc^önen  Semertungen  geliefert.  26 

|)ieraud  ift  gu  erfe^en,  bag,  ob  ed  gmar  moglidg  fein  mug,  in  ben 
erften  ®rünben  ber  @ittli(^Ieit  ben  größten  ®rab  pbilofopl^ifct)er  Soibeng 
gu  errei(I)en,  gleicftmo^l  bie  oberften  ©rnnbbegrtffe  ber  SBerbinblid^felt 
allerer jt  pdjerer  beftimmt  »erben  müf[en,  in  Slnf el)ung  beffen  ber  3Dlangel 
ber  praftifc^en  S93eltmei$]^ett  nod^  größer  aU  ber  fpeculatit>en  ift,  inbem  so 
noc^  allererft  audgemad^t  koerben  mug,  ob  lebiglic^  ia&  Srfenntni^Der« 
mögen  ober  baS  ®ef ül^l  (ber  erfte,  innere  ®runb  bed  SBege^rungdDermögenS) 
bie  erfte  ®runbf&^e  bagu  entfc^eibe. 


!«a^fd^rift.  301 

Sftad^fd^rift. 

S>iefed  jtnb  bie  ©ebanfen,  bie  iii  bem  Urtl^eile  ber  itönigl.  äfabemie 
bcr  SBijfcnfd^aftcn  flbcrlicfcre.  3^  getraue  midö  gu  l^offen,  bafe  bie  (ärünbe, 
ttelc^e  vorgetragen  toorben ,  gur  perlangten  Sluftldrung  bed  Dbiectd  r>on 
einiger  SSebeutung  feien.  SBad  bie  Sorgfalt,  Slbgemeffenl^eit  unb  3ierlic^> 
feit  ber  9ludful|rung  anlangt,  fo  l^abe  ic^  lieber  etmad  in  9n{el|ung  ber« 
felben  oerabfdumen  moUen;  ald  mid^  babur(!^  l^inbern  gu  laffen,  j^e  gur  ge« 
porigen  S^it  ber  $räfung  gu  übergeben,  oorneI|mIic^  ba  biefer  3!Rangel 
auf  ben  ^aQ  ber  gün[tigen  Sufnal^me  leid^tlic^  (ann  ergdngt  loerben. 


Jt.  Jmmanttel  ^autd 


'ilac^ric^t 


oon  ber 


c;9inri(§fung  feiner  'gJorfefutigen 


in  bem  Sßinterl^albenial^re 
öon  1766—1766. 


8lDe  Untcmcifung  ber  3uflenb  l)at  tiefe«  Sefc^merlit^e  an  ft(ft,  bag 
man  genot^igt  ift,  mit  ber  @in{t(!^t  ben  Salären  Dorjuetlen,  unb,  o^ne  bie 
SReife  be«  SScrftanbe«  ab/iu»arten,  folcftc  ©rfenntniffe  crt^cilcn  foll,  bte 
nad^  ber  natürlichen  Orbnung  nur  ))on  einer  geübteren  unb  t^erfud^ten 

5  SSernunft  fönntcn  begriffen  »erben.  5)a^er  entfpringen  bie  etoige  S8or« 
urt^eile  ber  @d^ulen,  mel(!^e  ^artn&did^ter  unb  öfter«  abgefd^macfter  ftnb 
als  bie  gemeinen,  unb  bie  frü^fluge  ©efc^mä^igleit  iünger  S)enler,  bie 
blinber  ift  aU  irgenb  ein  anberer  @igenbunfel  unb  unl^eilbarer  ald  bie 
UniDiffen^eit.    ©leid^mol^I  ift  biefe  SSefd^tDerlic^Ieit  nit^t  gänjlid^  ju  üer« 

10  metben,  meil  in  bem  ßeitalter  einer  fe^r  au«gefcl()müdten  b&rgerli(!^en 
SSerfaffung  bie  feinere  @injt(^ten  ju  ben  SRitteln  bed  i^ortlommen«  ge« 
Igoren  unb  SBebürf niff e  tterben ,  bie  i^rer  3latur  nac^  eigentlich  nur  jur 
ßierbe  bed  Sebend  unb  glei(!^fam  jum  @ntbel^rU(l^s@(!^5nen  beweiben  ge« 
jäl^lt  merben  foHten.   3nbeffen  ift  e«  moglid^  ben  öffentlichen  ttnterrid^t 

15  aud^  in  biefem  Städte  nad^  ber  ^iatur  me^r  gu  bequemen,  voo  nid^t  mit 
i^r  g&nglid^  einftimmig  ju  mad^en.  ^enn  ba  ber  natürlid^e  f^ortfc^ritt 
ber  mcnfd^lid^en  ßrfenntnife  biefer  ift,  bafe  ftc^  juerft  ber  SSerftanb  au3» 
bilbet,  inbem  er  burd^  @rfa]^rung  ju  anfd^auenben  Urtl^eilen  unb  burd^ 
biefe  gu  Segriffen  gelangt,  bafe  barauf  blcfe  Segriffe  in  SSerl^dltnife  mit 

20  il|ren  ©runben  unb  g^olgen  burc^  Vernunft  unb  enblic^  in  einem  tooffh 
georbneten  ©anjen  ))ermittelft  ber  SBiffenfd^aft  erlannt  toerben,  fo  toirb 
bie  UnterkDeifung  eben  benfelben  SBeg  ju  nel^men  I|aben.  93on  einem 
Sel&rer  wirb  alfo  erwartet,  bafe  er  an  feinem  Sul^örer  erftlid^  ben  Der« 
ftanbigen,  bann  ben  Dernänftigen  SRann  unb  enblic^  ben  ©elel^r^ 

26  ten  bilbe.  Sin  fold^e«  SSerfal^ren  l^at  ben  SSortl^eil,  ba^,  toenn  ber  Sel^r« 
ling  gleid^  niemals  ju  ber  legten  @tufe  gelangen  foQte,  »ie  ed  gemeinig« 

ttanVi  e^l^riften.   9S«rfe.  H.  20 


306  9laä)xi^i  Don  bei  (Sinri^tung  feiner  S^orlefungen 

Ud^  gefd^iel^t,  er  bennod^  burd^  bte  UntertDeifung  geteonnen  ^at  unb,  too 
nid^t  für  bte  @d^ule,  bod)  ffir  ba$  Seben  gefibter  unb  flflger  gemorben. 

Sßenn  man  bief e  3Ret^obe  umfe^rt ,  f o  erf d^nappt  ber  @d^uler  eine 
Srt  ))on  SBernunft,  el^e  no(^  ber  SSerftanb  an  i^m  auSgebilbet  mürbe,  unb 
trägt  erborgte  SBiff enf c^aft ,  bte  an  il|m  gletc^fam  nur  geflebt  unb  nt(^t  s 
gemad^fen  ift,  mobei  feine  ©emfitl^dfälitgteit  nod^  fo  unfruchtbar  tote  fe« 
matöi  aber  jugleid^  burd^  ben  SBal^n  üon  SSeidl^eit  Diel  üerberbter  ge> 
tDorben  ift.  3)iefe$  ift  bie  Urfadge,  tvedmegen  man  nic^t  feiten  ©ele^rte 
(etgentlid^  Stubirte)  antrifft,  bie  loenig  Ser{tanb  geigen,  unb  marum  bie 
Sfabemien  mel|r  abgefdjmadte  j^opfe  in  bie  SSelt  fd^tden  a\&  trgenb  ein  lo 
anberer  @tanb  be$  gemeinen  SßefenS. 

S)ie  Siegel  bed  SSer^altend  alfo  ift  biefe:  guDörberjt  ben  SSerftanb  ju 
geitigen  unb  feinen  SSad^dt^um  gu  bef d^Ieunigen ,  inbem  man  tl^n  in  6r« 
fa^rungdurt^eilen  übt  unb  auf  badienige  aci}tfam  maci}t,  maiS  ilim  bte  Der« 
gli(i)ene  @mpfinbungen  feiner  Sinne  lehren  fönnen.  SSon  biefen  Urt^eilen  15 
ober  93egriffen  foD  er  gu  ben  pl^eren  unb  entlegnem  feinen  fül^nen 
@(^toung  unternel^men,  fonbern  bal^in  burd)  ben  natürlid^en  unb  geb&^n« 
ten  SuMteig  ber  niebrigern  93egriffe  gelangen,  bie  il^n  aQgemad^  meiter 
führen;  aDe^  aber  berjenigen  SSerftanbedf&l^igteit  gem&g,  toeld^e  bie  oor« 
Iierge^enbe  Übung  in  il|m  not^menbig  l^at  l^eroorbringen  muffen,  unb  20 
ni(^t  nad^  berienigen,  bie  ber  Seigrer  an  ftc^  felb{t  toa^rnimmt,  ober  toal^r' 
gune^men  glaubt,  unb  bie  er  au(^  bei  feinem  ßuliorer  f&lfc^Iid^  DorauS« 
fe^t.  ilurg,  er  foQ  m(!^t  gebauten,  fonbern  beulen  lernen;  man  foQ  il^n 
TiiSjt  tragen,  fonbern  leiten,  loenn  man  min,  bag  er  in  Sulunft  oon 
ftd^  felbft  gu  gelten  gefd^idCt  fein  foE.  S5 

Sine  fold&c  ge^rart  erforbcrt  bie  ber  SBeltioeiöl^eit  eigene  SHatur.  35a 
biefe  aber  eigentlid^  nur  eine  Sefd^äftigung  für  bad  3RannedaIter  iß,  fo 
ift  fein  SBunber ,  bafe  jtc^  ©c^ioierigf eiten  l^eroortl^un ,  loenn  man  fte  ber 
ungeübteren  Sugenbfd^igfeit  bequemen  mitt.  SDer  ben  Sd^uluntertoeifun* 
gen  entlaffene  Jüngling  mar  gemo^nt  gu  lernen.  9tunme^r  benft  er,  er  so 
merbe$]^iIofopI|ie  lernen,  melc^ed  aber  unmöglid^  ift,  benn  er  foQ 
jefet  pl^ilofopl&iren  lernen.  Sd^  mitt  mld^  beutlid^er  erflfiren.  alle 
SBiffenfd&aften ,  bie  man  im  eigentlichen  SBerftanbe  lernen  fann,  laffen 
ftc^  auf  gmei  ©attungen  bringen:  bie  ^iftorifd^e  unb  matl^ematifd^e. 
Bn  ben  erftern  gel|5ren  auger  ber  eigentlid^en  ®efd^ic!^te  auc^  bie  Statur«  u 
befd^reibung,  @prad^funbe,  bad  pofttioe  Stecht  k.  k.  S>a  nun  in  allem, 
mad  ^iftorifd^  ift,  eigene  (grfalirung  ober  frembe«  S^ugnife,  in  bem  aber. 


in  bem  ffimter^olbeniol^re  bon  1765—1766.  307 

kOQd  mat^ematifd^  if),  bie  8lugenf(!^einli(l^lett  ber  Segriffe  unb  bie  Unfel^l« 
barfeit  ber  S)emonftration  etmaS  audma(!^eR,  tvad  in  ber  S^l^at  gegeben 
unb  mithin  Dorrat^ig  unb  gleid^fam  nur  aufjunelimen  ift:  fo  ift  eS  in 
beiben  ntdglid^  gu  lernen,  b.  i.  entmeber  in  bad  ©ebdd^tni^,  ober  ben  93er« 

5  ftanb  badjenige  einjubrfideU;  \oa&  alij  eine  fd^on  fertige  S)ifciplin  und 
vorgelegt  toerben  lann.  Um  alfo  aud^  $]^iIofop]^ie  3u  lernen,  mägte  aller« 
erjl  eine  mirllic^  üorl^anben  fein.  3ßan  mü^te  ein  93u(^  ))orieigen  unb 
fagen  lonnen:  feilet,  I|ier  ift  äBeidl^eit  unb  juDerl&fj^ge  Sinj^d^t;  lernet  eS 
öerfle^en  unb  f äffen,  bauet  fünftigl^in  barauf,  fo  feib  i^r  ^^Uofopl)en. 

10  33id  man  mir  nun  ein  fol(!^ed  93ud^  ber  SSeltmeidiieit  jeigen  mirb,  loorauf 
x6i  mx6i  berufen  lann,  toie  etioa  auf  ben  ^ol^b,  um  einen  Umflanb  ber 
©eft^id^te,  ober  auf  ben  @ullibed,  um  einen  @a^  ber  ©rögenlel^re  ju 
erläutern:  fo  erlaube  man  mir  gu  fagen:  bag  man  bedßutrauenS  beS  ge« 
meinen  Sßefend  migbraud^e,  wenn  man,  anflatt  bie  SSerftanbedfdl^igteit 

15  ber  anocrtrauten  Sugenb  ju  erweitern  unb  fte  gur  fftnftig  reifern  eigenen 
ßinpc^t  audgubilben,  fie  mit  einer  bem  SSorgeben  nad^  f(^on  fertigen  Sßelt« 
koeid^eit  ]^intergel|t,  bie  i^nen  gu  gute  oon  anbern  audgebad^t  to&re,  toor« 
auig  ein  SBIenbmerf  oou  SBtffenfd^aft  entfprtngt,  bad  nur  an  einem  gemif[en 
Drte  unb  unter  gemiffen  geuten  für  dd^teSRunge  gilt,  adermdrtd  fonft 

90  aber  t)enufen  ift.  S>ie  eigent^ämlic^e  SRet^obe  bed  Unterrichts  in  ber 
SBeltroet«l)eit  ift  getctifc^,  mie  pc  einige  aite  nannten  (oon  C^xsiv),  b.  i. 
forf(^enb,  unb  mirb  nur  bei  f(!^on  geübterer  SBernunft  in  oerfd^iebenen 
@täcten  bogmatifd^,  b.i.  entfdgieben.  Slud^  foK  ber  p^ofopl^ifd^e 
SSerfaffer,  ben  man  etwa  bei  ber  Untermeifung  gum  ®runbe  legt,  nic^t 

95  tt)ie  bad  Urbilb  beS  Urtl^eitö,  fonbern  nur  ald  eine  SSeranlaffung  felbft 
über  i^n,  ja  fogar  toiber  il^n  gu  urtl^eilen  angefe^en  toerben,  unb  bie  3Re» 
tl^obe  felbft  nad^gubenfen  unb  gu  f (fliegen  ift  ed,  beren  $ertigleit  ber 
Se^rling  eigentlich  fuc^t,  bie  i^m  aud^  nur  allein  nfi^lid^  fein  fann,  unb 
toooon  bie  etma  gugleid^  erkoorbene  entfc^tebene  6in|id^ten  als  gufdDige 

so  Solgen  angefelien  toerben  muffen,  gu  beren  reichem  Überfluffe  er  nur  bie 
frud^tbare  93urgel  in  ftd^  gu  pflangen  l^at. 

SSergleic^t  man  l^temit  baS  buDon  fo  fe^r  abmeid^enbe  gemeine  ä^er« 
fal^ren,  fo  Id^t  ftd^  ))erfd^iebened  begreifen,  toaS  fonft  befremblid^  in  bie 
äugen  fdnt.  9i\&  g.  6.  toarum  ed  leine  Srt  ©elel^rfamteit  oom  ^anbmerfe 

35  giebt,  barin  fo  t)iele  SReifter  angetroffen  »erben  ald  in  ber  ^^ilofopl^ie, 
unb,  ba  Diele  oon  benen,  toeld^e  ©efd^ic^te,  Sted^tdgelal^rt^eit,  SRatl^ematil 
u.  b.  m.  gelernt  ^aben,  ftd^  felbft  befd^eiben,  bag  fte  glei^iool^l  nod^  nid^t 

20» 


308  ^a^xxö^i  Don  ber  (Sinrti^tung  feiner  Qotlefungen 

gnug  gelernt  l^atten,  um  fold^e  toieberum  ju  leieren:  loarum  anbererfeitä 
feiten  einer  ift,  ber  ftd^  nid^t  in  aQem  Srnfte  einbilben  foUte,  bag  auger 
feiner  übrigen  Sefd^dftigung  eis  i^m  gong  mögUd^  iD&re  etma  Sogt!,  SRoral 
u.  b.  g.  üorjutragen ,  loenn  er  pd^  mit  fold^en  j^leinigteiten  bemengen 
»oDte.  S)ie  Urfad^e  tft,  toeil  in  fenen  38tffenf(^aften  ein  gemeinfc^aftlid^er  & 
Wagftab  ba  ift,  in  btefer  aber  ein  feber  feinen  eigenen  ^at.  Stitgleic^en 
mirb  man  beutlic^  einfel^en,  bag  eis  ber  ^l^ilofop^ie  fel^r  unnatürlich  fei 
eine  Srobfunft  gu  fein,  inbem  eiS  il^rer  »efentli^en  Sefc^affenl^eit  miber« 
ftreitet,  ftd^  bem  SSal^ne  ber  Stad^frage  unb  bem  ®efe^e  ber  9Robe  ju  be^ 
quemen,  unb  ba%  nur  bie  9lot^burft,  beren  ©emalt  nod^  über  bie  $^i[o«  lo 
fopl^ie  ift,  fie  nöt^igen  tann,  ftd^  in  bie  grorm  beS  gemeinen  SeifallS  gu 
fd^miegen. 

S)ieientge  SSiffenfd^aften,  meiere  id^  in  bem  {e^t  angefangenen  l^alben 
Sfci^re  burd^  ^riüatüorlefungen  üorgutragen  unb  töQig  abgul^anbeln  ge» 
benfe,  flnb  folgenbe:  15 

1.  Wlttap^tf^t.  Sd^  l^abe  in  einer  turjen  unb  eilfertig  abgefaßten 
Sd^rift*)  gu  geigen  gefud^t:  bafe  biefe  SBiffenfd^aft  unerad^tet  ber  grofeen 
Semü^ungen  ber  ©elel^rten  um  beSmiQen  noc^  fo  unooDIommen  unb  un« 
ftd^er  fei,  toeil  man  bad  eigent^ümlid^e  SSerfal^ren  berfelben  Dertannt  l^at, 
inbem  es  nid^t  f^nt^etifd^,  mie  bad  Don  ber  SRatl^ematil,  fonbern  ana«  so 
l^tifdö  ift.  SJiefem  gufolge  ift  ba«  ginfad^e  unb  aUgemeinfte  in  ber 
©röfeenle^re  aud^  baö  2cid)tcfte,  in  ber  ^auptttiffenfd&aft  aber  ba§ 
©d^mcrfte,  in  Jener  muß  eö  feiner  Slatur  nacft  guerft,  in  bicfer  gule^t  üor* 
fommcn.  3"  l^ner  fängt  man  bie  2)octrin  mit  ben  Definitionen  an,  in 
biefer  enbigt  man  jtc  mit  benfelbcn  unb  fo  in  anbern  ©lüden  mel^r.  Sc§  25 
l^abe  feit  geraumer  3^it  nad^  biefem  @ntmurfe  gearbeitet,  unb  inbem  mir 
ein  jeglicher  Sd^ritt  auf  biefem  SBege  bie  Quellen  ber  Srrtl^ümer  unb  ba« 
9itd^tmag  be«  Urtl^eil«  entbcdCt  l^at,  »obur^  feeingig  unb  allein  üer- 
mieben  »erben  Wnnen,  menn  e«  iemalS  möglid^  ift  Pc  gu  üermeiben,  fo 
l^offe  idö  in  furgem  baöjenige  üoUftäubig  barlegen  gu  lönnen,  ma«  mir  gur  so 
®runblcgung  meine«  SSortrage«  in  ber  genannten  SBiffcnfdf)aft  bienen 
fann.  SBi«  bal^in  aber  fann  i(^  fe^r  mol^l  burc^  eine  Heine  Siegung  ben 
SBerfaffer,  beffen  gefebuc^  ic^  üorne^mlid^  um  be«  SReid^t^um«  unb  ber 
^rdclfton  feiner  gc^rart  »iUen  gcioa^lt  ^abe,  ben  21.  ®.  Saumgarten,  in 


•)  5)ic  3wcite  öon  ben  ?lb^anbtunöen,  welche  bie  ^. «.  b.  So.  in  öerlin  35 
bei  (Gelegenheit  be«  g^reife«  auf  ba«  3a^r  1763  ^eraudgegeben  ^at. 


in  bm  Sinterl^albeniQl^re  Don  1765—1766.  309 

benfelfien  SBeg  lenfen.  Sd^  fange  bemnad^  nad^  einer  Ileinen  (Stnieitung 
üon  ber  empirifd^en  ^f^d^ologie  an,  tteldie  eigentlid^  bie  meta^^^ftfd^e 
@rfa]^rung8n){ffenf(l^aft  Dom  9Renfd^en  ift;  benn  loaS  ben  9(uiSbrud  ber 
@ee[e  betrifft,  fo  ift  ed  in  biefer  Slbtl^eilung  nod^  nid^t  erlaubt  gu  bel^aup« 
5  ten,  bag  er  eine  l^abe.  S)ie  gleite  Slbil^eilung,  bie  üon  ber  lörperlid^en 
9latur  überl^aupt  l^anbeln  foD,  entlel^ne  id^  auis  ben  $au:ptftü(Ien  ber 
J^oSmoIogie,  baüon  ber  Materie  gel^anbelt  »irb,  bieid^  fiIeid^tt)o]^I 
burd^  einige  fd^riftlid^e  Svi\&iit  üoflftdnbig  mad^en  toerbe.  3)a  nun  in  ber 
erfteren  3Bif[enfd^aft  (gu  toeld^er  um  ber  Analogie  toillen  aud^  bie  empi« 

10  rifd^c  Soologic,  b.  i.  bie  Betrachtung  ber  ai^lere,  l^ingugeffigt  toirb)  alle« 
Seben,  iDaiS  in  unfere  @tnne  fäQt,  in  ber  gtoeiten  aber  alleis  Seblofe 
überl^aupt  ermogen  toorben,  unb  ba  aQe  2)inge  ber  äSelt  unter  biefe  gmei 
@laf[en  gebraut  toerben  tdnnen:  fo  f errette  ic^  gu  ber  Dntologie,  n&mltd^ 
gur  äBiffenfc^aft  Don  ben  aUgemeinem  @igenfc^aften  aller  S)tnge,  beren 

15  @d^Iug  ben  Untcrfd^ieb  ber  geiftigen  unb  materiellen  Sßefen,  im« 
gleid^en  beiber  SSerfnüpfung  ober  Trennung  unb  alfo  bie  rationale 
$fqd^ologie  entl^dlt.  <&ier  l^abe  id^  nunmel^r  ben  großen  SSortl^eil,  nid^t 
aUetn  ben  ft^on  geübten  ßul^örer  in  bie  fd^merfte  unter  allen  pl^ilofopl^i« 
fd^en  ttnterfud^ungen  gu  ful^ren,  fonbern  aud^,  inbem  id^  ba^  Slbftracte  bei 

20  ieglic^er  Setrad^tung  in  bemjenigen  Concreto  eriodge,  toeld^eiS  mir  bie 
oor^ergegangene  S)ifct^linen  an  bie  $anb  geben,  alles  in  bie  größte  S)eut« 
lid^Ieit  gu  fteEen,  ol^ne  mir  felbft  Dorgugreifen,  b.  i.  etkoais  gur  @rlduterung 
anful^ren  gu  bfirfen,  toaS  allererft  ffinftig  oorlommen  foD,  toeld^eS  ber  ge« 
meine  unb  unDermeiblid^e  ^el^ler  be8  f^ntl^etifd^en  93ortrageiS  ift.  Bule^t 

95  lommt  bie  Setrad^tung  ber  Urfac^e  aller  3)inge,  baS  ift  bie  S93if[en{c^aft 
oon  (Sott  unb  ber  SSelt.  ^6)  lann  nid^t  uml^in  nod^  eines  SSortl^eilS  gu 
gebenfen,  ber  gioar  nur  auf  guf&Kigen  Urfad^en  berul^t,  aber  gleid^tt)o][|l 
nid^t  gring  gu  fd^d^en  ift,  unb  ben  id^  auS  biefer  äßet^obe  gu  giel^en  ge« 
benle.   Sebermann  toei^,  loie  eifrig  ber  Slnfang  ber  SoEegien  Don  ber 

30  muntern  unb  unbeftdnbigen  Sugenb  gemad^t  loirb ,  unb  tote  barauf  bie 
«^irfdle  allmd^lig  ettoaS  gerdumiger  toerben.  @e^e  id^  nun,  bag  baS« 
ienige,  mai  nid^t  gefd^el^en  foll,  gleid^tool^l  alles  (SrinnernS  ungead^tet 
tünftig  nod^  immer  ge{d^e][|en  rnirb:  fo  bel^dlt  bie  gebuchte  Sel^rart  eine  xf)x 
eigene  Slu^barleit.  S)enn  ber  Qn^x^x,  beff en  Sifer  aud^  felbft  f d^on  gegen 

35  ba&  6nbe  ber  empirifd^en  ^f^d^ologie  auSgebunftet  »dre  (meld^eS  bod^ 
bei  einer  folgen  8lrt  bes  SSerfal^renS  laum  gu  Dermutl^en  ift),  loärbe  gleid^» 
iDol^l  etioas  ge]§5rt  ^aben,  tooS  iffvx  bnx^  feine  Seid^tigleit  fa|lid^,  burd^ 


310  Sta^nd^i  Don  ber  Ciitri<!^tung  feiner  S^otlefungen 

baä  Sntereffante  annel^mlic^  unb  burc^  bie  l^duftge  %6Sit  ber  anioetibung 
im  £eben  braud^bar  lofire;  ba  im  (Segentl^eil,  toenn  bie  Dntologie,  eine 
fc^tter  ju  faffenbe  SBif[enf(!^aft,  il^n  Don  ber  t^ortfe^ung  abgef^redt  l^&tte, 
baä,  toad  er  etoa  m5d^ie  begriffen  l^aben,  il^m  gu  gar  nid^tö  meiter^in 
nu^en  fann.  9 

2.  Softtt.  fßon  btefer  aSiffenfc^aft  finb  eigentlid^  gioei  ©attungen. 
©ic  Don  ber  erjien  ift  eine  Äritil  unb  5Bqrfcl^ri[t  beö  gefunbcn  Ser« 
ftanbed,  fo  loie  berfelbe  einerfeitö  an  bie  grobe  Segriffe  unb  bie  Un« 
miffen^eit,  anbererfeitö  aber  an  bie  SBiffenfdbaft  unb  ©elel^rfamfett  an^ 
grenjt.  S)ie  £ogi{  Don  biefer  SIrt  ift  eis,  »eld^e  man  im  anfange  ber  afa«  10 
bemifd^en  Untertseifung  aller  ^^ilofop^ie  Doranfd)iden  foll,  gleid^fam  bie 
Ouarantaine  (mofem  eS  mir  erlaubt  ift  mid^  alfo  auSjubrfiden),  meldte 
ber  Sel^rling  Italien  mug,  ber  auis  bem  £anbe  beS  SSorurt^eitö  unb  beS 
3rrt^um8  in  bais  ©ebiet  ber  aufgefl&rteren  Sernunft  unb  ber  SSiffen* 
fd^aften  übergel^en  xoxü.  £)ie  jmeite  ®attung  üon  Sogt!  ift  bie  JCritit  unb  u 
äSorfd^rift  ber  eigentlichen  ©elel^rfamleit  unb  lann  niemdid  anberä 
ald  nad^  ben  SBiffenf haften,  beren  Organon  fte  fein  foK,  abgel^anbelt 
toerben,  bamit  bad  SSerfal^ren  regelmäßiger  toerbe,  meld^eiS  man  bei  ber 
Ausübung  gebrandet  l^at,  unb  bie  9latur  ber  3)ifciplin  gufammt  ben  9Rit» 
teln  xf)xtx  SSerbefferung  eingefel^en  »erbe,  auf  fold^e  Seife  füge  i(^  ju  so 
@nbe  ber  3Retapl^9ft{  eine  Setrad^tung  über  bie  eigentl^ümlid^e  SRet^obe 
berfelben  bei,  als  ein  Drganon  biefer  SBiffenfd^aft,  loeld^eS  im  anfange 
berfelben  nid^t  an  feiner  regten  Stelle  fein  ȟrbe,  inbem  tS  unmoglid^ 
ift  bie  Siegeln  beutlid^  gu  mad^en,  menn  noc^  {eine  Seifpiele  bei  ber  ^anb 
finb ,  an  loeld^en  man  fie  in  concreto  jeigen  {ann.  S>tx  Seigrer  muß  frei«  ao 
lidb  bad  Drganon  Dörfer  inne  l^aben,  el^e  er  bie  äBiffenfd^aft  oortr&gt,  ba* 
mit  er  ftd^  felbft  barnad^  rid^te,  aber  bem  ßul^irer  muß  er  eS  niemals  an« 
beris  ald  gule^t  Dortragen.  S)ie  j(riti{  unb  äSorfd^rift  ber  gefammten  SSelt« 
loeiSl^eit  ald  eined  ©angen,  biefe  Dollftdnbige  £ogi{,  lann  alfo  il^ren  $la^ 
bei  ber  Unterkoeifung  nur  am  @nbe  ber  gefammten  ^l^ilofop^ie  l^aben,  so 
ba  bie  fc^on  ermorbene  JCenntniffe  berfelben  unb  bie  ®efd^id^te  ber  menfd^« 
Ud^en  3Reinungen  eS  eingig  unb  allein  möglid^  mad^en,  Setrad^tungen 
über  ben  Urfprung  il^rer  ßinftd^ten  foiool^l,  als  i^rer  ^^rtl^ümer  angu« 
fteQen  unb  ben  genauen  ©runbriß  gu  entwerfen,  nad^  »eld^em  ein  fold^eS 
©ebdube  ber  S3ernunft  bauerl^aft  unb  regelmäßig  foü  aufgefül^rt  loerben.  35 

3d^  totxbt  bie  Sogil  Don  ber  erften  Srt  Dortragen  unb  gtoar  nad^  bem 
^anbbud^e  be«  ^rn.  $rof.  SReier ,  toeil  biefer  bie  ®rengen  ber  icfct  ge* 


in  bm  Shtter^albeniol^re  Don  1765—1766.  311 

badeten  abftd^ten  »ol^I  üor  Slugen  l^at  unb  gugleidg  Slnlag  gtebt,  neben 
ber  ßultur  ber  feineren  unb  gelcl&rten  SBernunft  bte  Silbung  be»  gmar  ge«» 
meinen,  ober  tJ^fitigcn  unb  gefunben  SSerftanbeS  ju  begreifen,  jene  für 
bad  betrad^tenbe,  biefe  für  bad  tl^&tige  unb  bürgerltd^e  Seben.  SSobei  gu« 

5  glei^  bte  fel^r  nol^e  Serttanbtfc^aft  ber  SRaterien  9(nlag  giebt,  bei  ber 
j(rittt  berSernunfi  einige  Slide  auf  bte  jeritil  beiS  ©efc^madiS, 
b.  i.  bie  äji]^eti{,  gu  toerfen,  baüon  bie  Siegeln  ber  einen  ieberjeit  bogu 
btenen,  bte  ber  anbem  gu  erläutern ,  unb  il^re  Slbfted^ung  ein  9Rtttel  ift, 
beibe  beffer  gu  begreifen. 

10  3.  mifit  S)ie  utoralifc^e  Siütxotig^üt  .^at  biefed  befonbere  Sd^id« 
fal,  bag  fte  nod^  el^er  mie  bie  SRetapl^Qjtl  ben  @d^ein  ber  SBiffenfd^aft  unb 
einigciS  Snfel^en  Don  ©r&nblic^feit  annimmt,  loenn  gleid^  leine  Don  beiben 
bei  i^r  angutreffen  ift;  moDon  bie  Urfad^e  barin  liegt:  ba^  bie  Unterfd^ei« 
bung  bed  ®uten  unb  93öfen  in  ben  ^anblungen  unb  baS  Urtl^eil  über  bie 

u  ftttlic^e  9te(^tmfi^igleit  gerabe  gu  unb  ol^ne  ben  Umfd^ioeif  ber  ä3emeife 
oon  bem  menfd^lid^en  bergen  burc^  badjenige,  toaS  man  @entiment  nennt, 
leidet  unb  rid^tig  erlannt  merben  lann;  bal^er,  toeil  bie  Srage  meieren« 
tl^eilis  fd^on  Dor  ben  SSernunftgrftnben  entfd^ieben  ift,  toeld^ed  in  ber  SReta« 
pl^Qftl  ftd^  nid^t  fo  üerl^ält,  fein  SSunber  \%  bag  man  fid^  ni4)t  fonberlid^ 

so  fd^ttierig  begeigt,  ©rfinbe,  bie  nur  einigen  @d^ein  ber  3:äd^tigleit  l^aben, 
als  iauglid^  burd^ge^en  gu  laffen.  Um  bedkoiUen  ift  nid^td  gemeiner,  atö 
ber  Sitel  eines  SRoralp^ilofopl^en  unb  nid^td  feltener,  atö  einen  fold^en 
Flamen  gu  Derbienen. 

3d&  loerbe  fär  )e^t  bie  allgemeine  praltif d^e  3Beltn)eiiS][|eit  unb 

26  bie  SEugenblel^re,  beibe  nad^Saumgarten,  Dortragen.  S)ie  S3erfud^e 
bed  ©l^afteSburQ,  ^utd^efon  unb  <^ume,  toeld^e,  obgioar  unDoUenbet 
unb  mangell^aft,  gleid^tool^l  nod^  am  iveiteften  in  ber  Sluffud^ung  ber  erften 
®rünbe  aller  @ittlid^Ieit  gelangt  ftnb,  loerben  bieienige  ^rdcifton  unb 
Srgdngung  erl^alten,  bie  il^nen  mangelt;  unb  inbem  id^  in  ber  Sugenb« 

so  leiere  febergeit  badjenige  l^iftorifd^  unb  p^ilofopl^ifd^  ermdge,  »ad  ge« 
fd^iel^t,  el^e  id^  angeige,  loaS  gefd^el^en  foll,  fo  toerbe  id^  bte  SRetl^obe 
beutltd^  mad^en,  nad^  toeld^er  man  ben  SRenfd^en  ftubiren  mu^,  nid^t 
aUein  benienigen,  ber  burd^  bie  Der&nberlid^e  ©eftalt,  meldte  il^m  fein  gu<i 
f&niger  Suftanb  einbrfictt,  entfteOt  unb  als  ein  fold^er  felbjt  Don  ^J^ilo^» 

85  fop][|en  faft  iebergeit  Derlannt  »orben;  fonbern  bie  Statur  bed  SRenf^en, 
bie  immer  bleibt,  unb  bereu  eigentl^fimlid^e  @teEe  in  ber  @d^bpfung,  ba« 
mit  man  koiffe,  loeld^e  SSoQIommenl^eit  il^m  im  @tanbe  ber  rollen  unb 


312  fta^ti^i  Don  ber  ffinn<!^tttng  fetner  S^otlefungen 

loelc^e  im  @tanbe  ber  toeifen  Sinfolt  angemeffen  fei,  toaS  bagegen  bie 
äSorfd^rift  feineiS  fßtxlialknS  fei,  loenn  er,  inbem  er  aM  beiberlei  (Strengen 
l^erauSgel^t,  bie  l^öd^fte  @tufe  ber  pl^^ftfc^en  ober  tnoralifc^en  SSortrefflid^' 
feit  gu  berül^ren  trad)tet,  aber  Don  beiben  mel^r  ober  loeniger  abtoeid^t. 
S)tefe  SRetl^obe  ber  fittlid^en  Unterfud^ung  ift  eine  fd^ine  Sntbedtung  um  & 
ferer  ßeiten  unb  ift,  loenn  man  fte  in  il^rem  Dilligen  $Iane  enodgt,  ben 
Sitten  gdn;(lid[)  unbelannt  geioefen. 

4.  ^lf\f^ifyt  (Stügtapffit^   ate  id^  gleid^  ju  SInfange  meiner  afa« 
bemifd^en  Untertoeifung  erfannte,  bag  eine  gro^e  SBernad^Idffigung  ber 
fhibirenben  Sugenb  üomel^mlidö  barin  bejiel&e,  bafe  fte  frül&e  Dernünf««  ^o 
teln  lernt,  ol^ne  gnugfame  l^iftorifd^e  JCenntniffe,  »eld^e  bie  Stette  ber 
(Srfal^renl^eit  vertreten  I5nnen,  p  befi^en:  fo  jagte  i4  ben  Snfc^Iag, 
bie  ^iftorie  üon  bem  ie^igen  3uftanbe  ber  (Srbe  ober  bie  ®eograp]^ie  im 
»eiteften  Serftanbe  gu  einem  angenel^men  unb  leisten  Inbegriff  bed> 
ienigen  gu  ma^en,  load  fie  gu  einer  praftifd^en  SSernunft  vorbereiten  unb  is 
bienen  tinnte,  bie  £uft  rege  gu  mad^en,  bie  barin  angefangene  j(enntnif[e 
immer  mel^r  audgubretten.   3d^  nannte  eine  fold^e  S)ifciplin  oon  bem« 
jenigen  31^eile,  morauf  bamaliS  mein  Dornel^mfteiS  Sugenmerl  gerid^tet 
mar:  pl^Qfifd^e  ©eograpl^ie.   @ettbem  l^abe  t(^  biefen  @ntn)urf  aQmdl^lig 
erweitert,  unb  j[e^t  gebenle  iät,  inbem  id^  biefenige  Sbtl^eilung  me^r  gu«  20 
fammengiel^e,  loeld^e  auf  bie  pl^^ftfd^e  SRerhoürbigleiten  ber  (Srbe  gel^t, 
ßeit  gu  geioinnen,  um  ben  SBortrag  fiber  bie  anbern  Sl^eile  berfelben,  bie 
nod^  gemeinnü^iger  finb,  loeiter  auiSgubreiten.  S)iefe  £)ifci))Iin  loirb  alfo 
eine  pl^Qfif d^e,  moralifd^e  unb  politif ^e  ©eograpl^ie  fein,  loorin  gu« 
erft  bie  SRerltoürbigleiten  ber  9latur  burd^  il^re  brei  äieid^e  angegeigt  25 
werben,  aber  mit  ber  SuiSioal^l  ber|enigen  unter  ungdl^Iig  anbern,  loeld^e 
fid^  burd^  ben  Steig  il^rer  ©eUenl^eit,  ober  aud^  burd^  ben  @tnflug,  toeld^en 
fte  Dermtttelft  beS  ^anbeld  unb  ber  ©eioerbe  auf  bie  Staaten  ^aben,  oor« 
nel^mltd^  ber  aDgemeinen  BiPegierbe  barbieten.  3)iefer  Sl^eil,  loeld^er 
gugletd^  bais  natürttd^e  SSerl^dltnig  aller  Sauber  unb  3ßeere  unb  ben  so 
®runb  il^rer  SSerlnilpfung  entl^dtt,  ift  bad  eigentlid^e  fSfunbament  aUer 
©efd^id^te,  ol^ne  loeld^eS  fte  oon  SRdrddenergdl^lungen  toenig  unterfd^ieben 
ift.  S)ie  gioette  Sbtl^eilung  betrad^tet  ben  3ßenfd^en  nad^  ber  SRannig« 
faltigteit  feiner  naturlid^en  (Stgenfd^aften  unb  bem  Unterfd^iebe  bedienigen, 
loaS  an  il^m  moralifd^  ift,  auf  ber  gangen  6rbe;  eine  fel^r  loid^tige  unb  35 
eben  fo  reigenbe  SBetrad^tung,  ol^ne  loeld^e  man  fi^merlid^  allgemeine  Ur« 
tl^eile  Dom  ÜRenfd^en  fdtten  {ann,  unb  n)o  bie  unter  einanber  unb  mit  bem 


in  bem  SBmterl^albenial^re  t)on  1765—1766.  313 

moralifd^en  ßuftanbe  dlterer  ßeiten  gefd^el^ene  SSergleid^ung  und  eine 
groge  kaxit  bed  menfd^Iic^en  ©efd^Ied^tö  oor  Sagen  legt.  Sule^t  »irb 
ba^ienige,  toaiS  allS  eine  $oIge  aulS  ber  äSed^felmirfung  beiber  üorl^er  er« 
gdl^Uen  jträfte  angefe^en  »erben  fann,  namlic!^  ber  ßuftanb  ber  Staaten 

5  unb  SSölferfd^aften  auf  ber  6rbe,  ertoogen,  ntd^t  fotto^l  U)ie  er  auf  ben  ju» 
fälligen  ttrfad^en  ber  Unternehmung  unb  beiS  Sd^idfaled  einzelner  9Ren« 
fd^en  atö  ettoa  ber  SRegierungdfoIge,  ben  Eroberungen  unb  StaatiSrdnfen 
berul^t,  fonbern  in  SSer^dltnig  auf  bad«  toad  beftdnbiger  ift  unb  ben  ent« 
fernten  ©runb  Don  fenen  entl^dlt,  ndmli^  bie  Sage  i^rer  Sdnber,  bie  $ro« 

10  bucte,  @itten,  ©ettetbe,  ^anblung  unb  SeDöIferung.  @elbft  bieSSer» 
jüngung,  toenn  id^  eS  fo  nennen  foll,  einer  SBiffenfd^aft  Don  fo  tteitldufti^ 
gen  S(udftd)ten  nad^  einem  Heineren  SRagftabe  l^at  i^ren  großen  9lu^en, 
inbem  baburc!^  allein  bie  Sinl^eit  ber  (Srtenntnig,  ol^ne  meiere  aUed  Sßiffen 
nur  Studmert  ijt,  erlangt  mirb.   3)arf  id^  nid^t  aud^  in  einem  gefeUigen 

15  Sal^rl^unberte,  allS  bad  je^ige  ift,  ben  SSorrat^,  ben  eine  groge  äßannig» 
faltigfeit  angenel^mer  unb  belel^renber  j^enntniffe  Don  leidster  ^aglid^Ieit 
jum  Unterl^alt  bed  UmgangeiS  barbietet,  unter  ben  9lu^en  ted^nen,  meldten 
öor  Slugen  3U  l^aben,  eö  für  bie  SBiffenfd^aft  feine  grniebrigung  ift?  ßum 
toenigften  fann  ed  einem  ©elel^rten  nid^t  angenehm  fein,  ftd^  öfters  in  ber 

i>ü  SScrlegenl^cit  gu  feigen,  loorln  pd^  berSlebner  Sfoftateö  befanb,  toeld^er, 
als  man  i^n  in  einer  ©efeUfd^aft  aufmunterte,  bod^  aud^  ettoad  gu  fpred^en, 
fagen  mugte:  2BaS  id^  »ei^,  fd^idt  fic^  nid^t,  unb  loaS  fid^  fd^idt, 
U)ei^  id^  nid^t. 

S)iefe8  ift  bie  lurge  Slngeige  ber  S3efd^dftigungen,  meldte  id^  für  baS 

25  angefangene  l^albe  3ol^r  ber  Slfabemie  loibme,  unb  bie  id^  nur  batum 
notl^ig  gu  fein  erad^tet,  bamit  man  ftd^  einigen  Segriff  Don  ber  Se^rart 
mad^en  lönne ,  loorin  ic^  ie^t  einige  SSerdnberung  gu  treffen  n&^lid^  ge^» 
funbenl^abe.  Mihi  sie  est  usus:  Tibi  ut  opus  facto  est,  face.  TererOitia. 


%duOTC  cine$  6eijcrfc^cr0, 


erläutert 
burc^ 


^ditme  5er  gSefap^pftß. 


Telat  aegri  somnia,  vanae 

Finguntor  species. 

Hob. 


(gilt  S5orl>ert*t 

t)cr  fel^r  tocnig  für  bxt  Slu^fül^rung  öcrfj)n(i^t 

S>a&  @d^attenrei(]^  ifi  hai  ^arabieS  ber  $^antaften.  $ier  ftnben  fte 
ein  unbegrdnjteS  Sanb«  tto  {te  ftt^  nac^  SSeUeben  anbauen  fonnen.  $9« 

5  ^oc^onbrif^e  S)finfte,  9(mmenmdrd^en  unb  j^loftenounber  Iaf[en  eis  il^nen 
an  Saugeug  nid^t  ermangeln.  S)ie  $l^iIofop^en  gelegnen  ben  ©runbrig 
unb  dnbern  il^n  mieberum  ober  Derioerfen  i^n,  mie  i^re  ©eiool^nl^eit  t[t. 
9lur  baS  l^eilige  SRom  ^at  bafelbft  eintrdgUd^e  ^rooinjen;  bie  jmei  jhonen 
beiS  unftd^tbaren  fRt\6)^  [tn^en  bie  britte,  ald  bad  l^infdllige  S)iabem  feiner 

10  irbi{d)en  ^ol^eit,  unb  bie  @ci)lfif[el,  mld^t  bie  beibe  Pforten  ber  anbern 
Sßelt  auft^un,  öffnen  gugleid^  fqmpat^etifc^  bie  j^aßen  ber  gegeniodrtigen. 
3)erglei(i^en  SRedjtfame  bed  ©eifterreid^S,  in  fo  fern  ed  burd^  bie  ®rünbe 
ber  @taatöflugbeit  bemiefen  ifi,  ergeben  ftd^  meit  über  aQe  ol^nmdcl^tige 
ßinmärfe  ber  ©d^ulmeifen ,  unb  il^r  ®ebraud^  ober  SRi^rau^  ift  f4on 

15  }u  el^riDurbig,  als  bag  er  ftd^  einer  fo  oerttorfenen  ^rftfung  auiSjufe^en 
nöt^ig  bdtte.  Slllein  bie  gemeine  @r gd^Iungen,  bie  fo  üiel  ©lauben  ftnben 
unb  meuigftenS  fo  fd^led^t  beftritten  ftnb,  meiSmegen  laufen  bie  fo  unge^ 
nü^t  ober  ungeal^nbet  umber  unb  fd^leid^en  ficb  felbft  in  bie  Sel^roerfaffun^ 
gen  ein,  ob  fte  gleich  ben  äSemeiS  00m  SSort^eil  l^ergenommen  (argumen- 

90  tum  ab  utili)  ni(bt  für  ftd^  l^aben,  melc^er  ber  ubergeugenbfte  unter  allen 
ift?  Sßeld^er  ^^ilofopb  b^t  nicbt  einmal  iioifd^en  ben  Setbeurungen  eines 
oernitnftigen  unb  feft  überrebeten  äugenjeugen  unb  ber  inneren  ©egen«' 
loel^r  eines  unfiberioinblicben  Stoetfeld  bie  einfdltigfte  $tgur  gemacht,  bie 
man  jtd^  oorfteHen  lann?  SoU  er  bie  3fii(btigfett  aller  folcfter  ©eifter^» 

S5  erfcbeinungen  gdnjlid^  abldugnen?  äSaS  lann  er  für  ©rünbe  anfül^ren, 
fte  ju  loiberlegen? 


318    St&ume  eineiS  (Beifierfel^eriS,  erläutert  bur4  £r&ume  ber  Slletapl^^fi!. 

@oIl  er  aud^  nur  eine  einzige  biefer  Srg&I^Iungen  atö  mal^d^einlid^ 
einräumen?  SBie  ttid^tig  m&re  ein  foId^eS  ©eftänbnig,  unb  in  xotldit  er« 
ftaunlic^e  Steigen  ftel^t  man l^inauS,  loenn  aud^  nur  eine  fold^e  Segeben« 
^eit  a\&  beriefen  Doraudgefe^t  »erben  Tonnte!  (SiS  ift  »ol^I  nod^  ein  britter 
SqQ  übrig,  ndmlid^  fid^  mit  bergleid^en  DoriDi^igen  ober  mäßigen  grra«  5 
gen  gar  nid^t  gu  bemengen  unb  fid^  an  baS  Slü^Iid^e  gu  l^alten.  SBeil 
biefer  Snfd^Iag  aber  Dernfinftig  ift,  fo  iji  er  iebergeit  ton  grünblid^en  ®e« 
leierten  bur^  bie  SRel^rl^eit  ber  Stimmen  üenoorfen  iDorben. 

S)a  ed  eben  fo  »ol^I  ein  bummeS  SSorurtl^eil  ift,  üon  üielem,  baiS  mit 
einigem  @d^ein  ber  SSa^rl^eit  erjdp  mirb,  ol^ne  ®runb  fRi^td  )u  glau«  10 
ben,  atö  ton  bem,  »ad  bad  gemeine  ©erfid^t  fagt,  ol^ne  ^räfung  9lUe8 
jtt  glauben,  fo  liefe  ftcft  ber  SBerfaffer  biefer  Sd^rift,  um  bem  erften  SSor« 
urtl^eile  auäjuioeid^en,  gum  Sl^eil  oon  bem  le^teren  fortfd^Ieppen.  (Sr  be« 
fennt  mit  einer  getoiffen  S)emät^igung;  bafe  er  fo  treul^ergig  aar,  ber 
Ba^rl^eit  einiger  Srgdl^lungen  Don  ber  ertodl^nten  9lrt  nad^gufpuren.  (Sr  u 

fanb ttie  gemeiniglid^,  too  man  nid^lö  gu  fud^en  |at 

er  fanb  nid^ts.  !Run  ift  biefeS  mol^l  an  ftc^  felbft  fc^on  eine  l^inldngli(^e 
Urfadje,  ein  Suc^  gu  f (^reiben;  aUein  ed  tam  nod^  ba^ienige  ^ingu,  mad 
befd^eibenen  SSerfaffern  fd^on  mel^rmaU  Sudler  abgebrungen  l^at,  baö 
ungeftüme  9nl^alten  befannter  unb  unbefannter  f^reunbe.  Überbem  mar  so 
ein  grofeed  SBerf  getauft  unb,  meld^eis  nod^  fd^limmer  ift,  gelefen  morben, 
unb  biefe  3Rü^e  follte  nid^t  verloren  fein.  S)arauä  entftanb  nun  bie  gegen* 
todrtige  9b]^anbtung,  meld)e,  loie  man  fid^  fd^meid^elt,  ben  Sefer  nad^  ber 
Sefd^affen^eit  ber  @ad^e  o5IIig  bef riebigen  foÜ,  inbem  er  bad  SSornel^mfte 
nid^t  oerfte^en,  bad  anbere  nid^t  glauben,  bog  übrige  aber  belachen  loirb.  25 


Der  er(ie  X^tii, 

toetd^cr  bogmatifd^  ijl* 
erftcg  ^auptftücl, 

(Sin  Dermidelter  metapl^^fifd^er  j^noten,  ben  man  nad^ 
5  SSelieben  aufidfen  ober  abbauen  tann. 

SBenn  aUeiS  baiSjenige,  voa^  Don  ©eiftem  ber  Sd^uUnabe  l^erbetet, 
ber  groge  ^aufe  eri^dl^lt  unb  ber  ^l^ilofop^  bemonftrirt,  gufammen  ge« 
nommen  mirb,  fo  f(!^etnt  eis  leinen  Keinen  Sl^eil  oon  unferm  SStffen  auS« 
gumad^en.  9tici)tö  beftomeniger  getraue  id^  mid^  ju  behaupten,  bag,  menn 

10  ^  iemanb  einfiele,  jid^  bei  ber  f^rage  etmaiS  ju  üertoeilen,  maiS  benn  bad 
eigentlid^  für  ein  S)ing  fei,  »ooon  man  unter  bem  9tamen  eineg  ®eifted 
fo  üiel  ju  üerftc^en  glaubt,  er  aUc  biefe  SSielmiffer  in  bie  bcfcfttoerlid^Pe 
SSerlegenl^eit  oerfe^en  mürbe.  S)a^  met^obifd)e  (Sef^md^  ber  l^ol^en  @(^u« 
len  ift  oftmals  nur  ein  (Sinoerftdubnig,  burd^  terdnberlid^e  äSortbebeutun» 

16  gen  einer  fd^mer  gu  löfenben  ^rage  auSgumei^en,  meil  baiS  bequeme  unb 
mel^rentl^eild  vernünftige:  ^ij  mei^  nid^t,  auf  9[{abemien  nid^t  leidet« 
lid^  ge^Jrt  »irb.  ®emiffe  neuere  25elt»cifcn,  mie  pc  jtd^  gerne  nennen 
laffen,  lommen  fel^r  leidet  über  biefe  JJrage  l^inmeg.  (gln  ®cift,  l^eifet  e8, 
ift  ein  SBefen,  meines  SSernunft  l^at.  @o  ift  ed  benn  alfo  leine  äBunbergabe 

20  ©eiftcr  ju  fel&en;  benn  »er  aRenf(^cn  jtel^t,  ber  fielet  SBefen,  bie  äJernunft 
l^aben.  allein,  fd^rt  man  fort,  biefeS  SSefen,  maS  im  3Ren{d^en  SBernunft 
l^at,  ift  nur  ein  S^eil  oom  aßenfd^en,  unb  biefer  Stl^eil,  ber  il^n  belebt,  iß 
ein  ®eift.  SSfol^lan  benn:  el^e  il^r  alfo  bemeifet,  bag  nur  ein  geiftigeS  äße» 
fcn  SSernunft  l^aben  lönne,  fo  forget  bod^,  bafe  id^  juü5rber|t  oerftel^c,  ma« 

95  id^  mir  unter  einem  geiftigen  äßefen  für  einen  Segriff  gu  mad^en  l^abe. 
S)iefe  @elb{ttdufd^ung,  ob  fie  gleid^  grob  genug  ift,  um  mit  l^alb  offe* 
nen  äugen  bemerlt  gu  merben,  ift  bod^  Don  fel^r  begreiflid^em  Urf))runge« 


320    Zx&nmt  etned  (Beifterfel^erd,  erl&utert  burd^  Sr&utne  ber  Wlttap^r^j^l 

S)enn  mt>on  man  fräl^jeitig  aU  ein  jtinb  fel^r  üiel  koeig,  baDon  i{l  man 
jtd^er,  f^&ter  l^in  unb  im  ällter  nid^tis  gu  aiffen,  unb  ber  SRann  ber  ®ränb« 
Itd^feit  mirb  gule^t  ^ö^ftenS  ber  @op]^i{l  feines  Sugenbtoa^neS. 

Sd^  meig  alfo  nid^t,  ob  eS  ©eifier  gebe,  ia  toaiS  nod^  mel^r  i{l,  i(| 
meig  nid^t  einmal,  koaiS  bais  3Bort  ®ei{l  bebeute.  £)a  ic^  ed  inbeffen  oft  5 
felbft  gebrandet  ober  anbere  ^abe  braud^en  ]^5ren,  fo  mug  bod^  etmad  bar« 
unter  üerftonben  toerben,  eS  mag  nun  biefed  ßttoad  ein  ^irngefpinft 
ober  loaiS  Sßirflid^ed  fein.  Um  biefe  üerftedte  Sebeutung  auiSguioidFeln,  fo 
l^alte  x6i  meinen  fd^Ied^t  üerftanbenen  Segriff  an  allerlei  t^äQe  ber  8[n^ 
toenbung,  unb  baburd^,  bag  id^  bemerte,  auf  loeld^en  er  trifft  unb  tteld^em  10 
er  guttiber  ift,  üerl^offe  id^  bcffen  üerborgenen  Sinn  ju  entfalten.*) 

SRe^met  etma  einen  Siaum  oon  einem  ^ubiffug  unb  fe^et,  eS  fei  et» 
toa^i  baS  biefen  9iaum  erfuQt,  b.  i.  bem  Einbringen  iebelS  anbern  S)inge$ 
»iberftel^t,  fo  mirb  niemanb  baS  SBefen,  voa&  auf  fol^e  SBeife  im  SRaum 
ift,  geiftig  nennen.  @iS  n)urbe  offenbar  materiell  feigen,  toeil  ed  auS-  15 
gebel^nt,  unbur(^bringli(i^  unb  mie  aQed  J(or{)erli(!^e  ber  Sl^eilbarfeit  unb 
btn  ®efe^en  beiS  @togeS  untermorfen  ift.  Sid  bal^in  ftnb  mir  nod^  auf 
bem  gebäl^nten  ©leife  anberer  ^l^ilofopl^en.  Sllletn  beutet  eud^  ein  ein^ 
fad^eS  SSefen  unb  gebet  il^m  gugleid^  ä$ernunft;  mirb  bieS  alSbann  bie 
äSebeutung  be^S  3Borted  ®eift  gerabe  auffüllen?  S>am\t  xi)  biefeis  ent«  20 

*)  SBenn  ber  ©cflriff  eincö  ©elfte«  öon  unfern  eignen  ©rfal^runö^begriffen  ab« 
gefonbert  m&re,  fo  roürbe  bad  ^erfa^ren  i^n  beuttid^  ^u  machen  leitet  fein,  inbem 
man  nnr  biejenigen  SD^ierfmale  ananjeiflen  ^ätte,  roel^e  un«  bie  Sinne  an  blefer  Slrt 
SSefen  offenbarten,  unb  rooburc^  wir  fie  öon  materiellen  Singen  unterft^eiben.  9Run 
aber  n^trb  oon  @eiftern  gerebet,  felbft  atdbann,  menn  man  aroetfelt,  ob  ed  gar  ber«  25 
gteid^en  Sefen  gebe.  ^Ifo  fann  ber  begriff  t)on  ber  getfttgen  ^atux  nid^t  ald  ein 
t)on  ber  ^rfa'^rung  abftra^irter  bel)anbeU  merben.  S^^agt  t^r  aber:  SS^ie  ift  man  benn 
gu  biefem  begriff  Aber^aupt  gefommen,  n:)enn  ed  ni(^t  burc^  Slbftraction  gef^e^en 
ijl?  3d)  antworte:  93iele  23egriffe  entfpringen  burd)  geheime  unb  bunfele  ©(^lüffe  bei 
®e(egenf)elt  ber  (Srfal^rungen  unb  pflan^en^  f!(^  nac^l^er  auf  anbere  fort  ol^ne  SBe«  30 
rougtfein  ber  @rfa^rung  felbft  ober  beS  ©c^luffe«,  welcher  ben  begriff  über  biefelbe 
errichtet  f)at  ©olt^e  93egriffe  !ann  man  erfd^Uci^ene  nennen.  S)erglei(^en  finb  t)ie(e, 
bie  5um  S^^eit  nt(^td  aU  ein  äBa^n  ber  ^inbilbung,  jum  S^^eil  and)  wa^r  ftnb,  inbem 
and)  bun!ele  (Sd^lüffe  ni(^t  immer  irren.  2)er  Sf2ebegebrau(^  unb  bie  ^erbtnbung  eineS 
^uSbrud«  mit  t)erfc^iebenen  @rjöl)lungen,  in  benen  jeber^eit  einerlei  ^au^tmerfmal  35 
anzutreffen  ift,  geben  il)m  eine  beftimmte  8ebeutung,  meldte  folglit^  nur  baburc^ 
fann  entfaltet  merben ,  ba%  man  biefen  t)erftedten  8inn  buri^  eine  ^erglei(!^ung  mit 
allerlei  g&llen  ber  Slnmenbung;  bie  mit  i^m  einftimmig  ftnb,  ober  i^m  roiberftreiten, 
auiS  fetner  S)un!el^ett  Ijeroor^ie^t. 


(£rfter  Sl^eil.    1.  ^auptflüd.  321 

bede,  fo  toiK  id^  bie  Vernunft  bem  befagten  einfad^en  Sßefen  aliS  eine 
Innere  (Siflenfcftaft  laffen,  für  ie^t  e8  aber  nur  in  dufeeren  SerJ^ältniffen 
betrachten.  Unb  nunmel^r  froge  i(^:  ttenn  i6i  biefe  einfädle  Subftanj  in 
ienen  fRanm  üom  j^ubilfug,  ber  üoll  SKaterie  ijl,  fe^en  mitt,  koirb  atöbann 

5  ein  einfa(^eiS  Clement  berfelben  ben  $la^  räumen  mfiffen,  bamit  il^n  biefer 
®eift  erfülle?  3Weinct  i^r,  ja?  SBol&lan,  fo  »irb  ber  gebadete  SRaum,  um 
einen  gtoeiten  ®eift  einzunehmen,  ein  gmeited  6lementartl^eild^en  üerlieren 
muffen,  unb  fo  loirb  enbli(!^,  menn  man  fortfährt,  ein  j^ubiffug  Staum  Don 
©eiftern  erfüllt  fein,  bereu  j^lumpe  eben  fo  mo^l  burd^  Unburc^bringlid^« 

10  feit  loiberfte^t,  als  ttenn  er  ooll  SRaterie  lofire,  unb  eben  fo  toie  biefe  ber 
®efe^e  bed  StogeiS  fällig  fein  mug.  9lun  mürben  aber  bergleid^en  @ub« 
ftanjen,  ob  fie  gleid^  in  ftd^  SSernunftTraft  l^aben  mögen,  bod^  dugerlid^ 
oon  ben  @lementen  ber  ÜRaterie  gar  nid^t  unterfd^ieben  fein,  bei  benen 
man  aud^  nur  bie  j^räfte  ii)rer  äußeren  ©egenmart  fennt  unb,  maiS  ju 

15  il^ren  inneren  Sigenfd^aften  gel^ören  mag,  gar  nid^t  meig.  6d  ift  alfo 
auger  ßmeifel,  bag  eine  fold^e  Slrt  einfad^er  Subftangen  nid^t  geiftige 
SBefen  l^eigen  kofirben,  baüon  jtlumpen  gufammengeballt  merben  f&nnten. 
3^r  »erbet  alfo  ben  SBegriff  eined  ®eifte«  nur  beibel^alten  fJnnen,  menn 
il^r  eud^  SBefen  gebenft,  bie  fogar  in  einem  ton  äßaterie  erfüllten  9iaume 

30  gegenmdrtig  fein  I5nnen;^)  äSefen  alfo,  meldte  bie  @igenf(^aft  berUn* 
burd^bringlic^feit  nid^t  an  ftd^  l^aben,  unb  bereu  fo  oiele,  als  man  auc^ 
min,  vereinigt  niemaliS  ein  foUbed  ©ange  auSmad^en.  Sinfad^e  SBefen  oon 
biefer  9rt  merben  immaterielle  SSefen  unb ,  menn  fte  S3ernunft  l^aben, 
©eifter  genannt  merben.    @infad^e  @ubftangen  aber,  bereu  Bufammen« 

25  fe^ung  ein  unburd^bringlid^eiS  unb  au<Sgebe][|nte8  ©anje  giebt,  merben 
materielle  6in][|eiten,  i^rSanjeiS  aber  SRaterie  l^eigen.  @ntmeber  ber9lame 
eines  ©eifleS  ift  ein  3Bort  ol^ne  allen  @inn,  ober  feine  Sebeutung  ift  bie 
angejeigte. 

*)  Wlan  wirb  l^ter  (etd^tlic^  gema^r:  ha%  id^  nur  Don  (S^eiflem,  bie  dd  ^iit 
30  5Utn  SBeltgan^en  gel^dren,  unb  ni(!^t  Don  bent  unenblic^en  @eifie  rebe,  ber  ber  Ur- 
heber unb  (Srl^alter  beffelben  ift  S)enn  ber  S3egriff  Don  ber  geiftigen  9lQtur  bed 
legieren  ifi  leicht,  meil  er  lebtglid^  negattD  ift  unb  barin  befielet,  bog  man  bie  Gigen« 
fi^aften  ber  SRaterie  an  il^m  Demetnt,  bie  einer  unenblii^en  unb  fc^ted^terbingS  notl^* 
roenbigen  ©ubflang  wiberftreiten.  S)agegen  bei  einer  geifHgen  ©ubfiang,  bie  mit 
35  ber  SRaterie  in  Sereinigung  fein  foQ,  n>ie  5.  (S.  ber  menf(^lt(^en  ©eete,  Äußert  fiä) 
bie  ©(^miertgreit:  bag  id^  eine  roec^felfeittge  Serfnfipfung  berfelben  mit  lörperlic^en 
SBefen  gu  einem  ©anjen  benfen  unb  benno^  bie  einzige  belannte  Xrt  ber  Serbin« 
bung,  roel^e  unter  materiellen  SBefen  fiatt  flnbet,  ouf^ben  foü. 

Stann  ec^iiftcB.   Serie  n.  21 


822    Sr&ume  etned  (Belfierfe^erd,  ertdutert  bur(^^2:räume  bei  SRetap^^fi!. 

93on  ber  (Srndrung,  xoai  ber  Segriff  eined  ©eifted  entl^alte,  ifl  ber 
Schritt  nod^  ungemein  meit  gu  bem  @a^e,  bag  fold^e  tRaturen  tDirflit!^, 
ia  aud^  nur  möglich  feien.  3Ran  finbet  in  beu  @d^riften  ber  ^^ilofop^en 
red^t  gute  Semeife,  barauf  man  fic^  ücrlaffen  fann:  ba^  alled,  load  ba 
benft,  einfach  fein  mäffe,  bag  eine  {ebe  Dernunftigbenfenbe  @ubftanj  eine  :> 
(Sinl^eit  ber  9latur  fei,  unb  bad  unt^eilbare  3<^  nicbt  Tonne  in  einem  ®a\u 
gen  Don  oiel  oerbunbenen  S)ingen  oert^eilt  fein.  SReine  @eele  mirb  alfo 
eine  einfache  @ubftanj  fein,  aber  eis  bleibt  burc^  biefen  SSemeid  not^ 
immer  unauSgemad^t,  ob  fie  oon  ber  Slrt  berjenigen  fei,  bie  in  tem  9taume 
Dereinigt  ein  audgebel^nted  unb  uubur(i^bringli(^ed  ©anje  geben,  unb  alfo  i<> 
materieQ,  ober  ob  fte  immateriell  unb  folglid^  ein  ®eift  fei,  j|a  fogar,  ob 
eine  fold^e  §[rt  Sßefen  atö  bieienige,  fo  man  geiftige  nennt,  nur  m5g» 
lid)  fei. 

Unb  l^iebei  fann  x6i  nid^t  uml^in  üor  äbereilten  @ntfd^eibungen  gu 
marnen,  meiere  in  ben  tiefften  unb  bunfelften  (fragen  fid^  am  Ieid)teften  u 
einbringen.  SBad  nämli^  iiu  ben  gemeinen  (Srfa^rungdbegriffen  gel^ört, 
baiS  pflegt  man  gemeiniglid^  fo  angufel^en,  ald  ob  man  au^  feine  9Rög« 
lidblcit  einfel^e.  3)agegen  ma^  wn  il^nen  abtoeic^t  unb  burdb  I^ine  @rfal^« 
rung  att4  nidbt  einmal  ber  Slnalogie  nad^  üerftänblid^  gemacht  merbcn 
fann,  baoon  fann  man  ftd^  freilid^  feinen  Segriff  mad^en,  unb  barum  20 
{)Pegt  man  ed  gerne  als  unmöglich  fofort  gu  oermerfen.    3[Ue  SRaterie 
miberfte^t  in  bem  SRaume  il^rer  ©egenmart  unb  ^eigt  barum  unburd^- 
bringUc^.  3)a^  biefelS  gefd^el^e,  leiert  bie  (Srfal^rung,  unb  bie  Sibftraction 
Don  biefer  Srfa^rung  bringt  in  und  audi)  ben  allgemeinen  Segriff  ber 
äRaterie  l^eroor.   £)iefer  SBiberftanb  aber,  ben  @tmad  in  bem  SRaume  fei«  25 
ner  ©egentoari  leiftet,  ift  auf  fold^e  Sßeife  mol^l  erfannt,  allein  barum 
nid^t  begriffen.  S)enn  ed  ift  berfelbe,  fo  mie  aDeS,  toais  einer  2;^ätig^ 
feit  entgegenmirft,  eine  loa^re  Äraft,  unb  ba  i^re  SRid^tung  berjenigen 
entgegen  ftel^t,  toornad^  bie  fortge^ogne  ginien  ber  Ännd^erung .fielen,  fo 
ift  fie  eineÄraft  berSuröäftofeung,  meiere  ber  SRaterie  unö  folglich  30 
aud^  i^ren  Elementen  mug  beigelegt  n)erben.    9lun  tt)irb  ftd^  ein  ieber 
Vernünftige  balb  befd^eiben,  bag  ^ier  bie  meufd}li(^e  ßinftd^t  gu  @nbe  fei. 
3)enn  nur  burd^  bie  @rfa^rung  fann  man  inne  n)erben,  bag  S)inge  ber 
SBelt,  toeld^e  mir  materiell  nennen,  eine  fold^e  j(raft  l^aben,  niemals 
aber  bie  3Röglid^feit  berfelben  begreifen.   SBenn  it^  nun  @ubftangen  an»  35 
berer  Art  fe^e,  bie  mit  anbern  Äräften  im  Slaume  gegenwärtig  finb,  al8 
mit  Jener  treibenben  j^raft,  bereu  golge  bie  Unburc^bringlid^feit  ifi,  fo 


^ter  S^eit.    1.  ^auptftßif.  323 

fann  i^  freilid^  eine  S^dttgfeit  berfelbeu,  meldte  feine  Analogie  mit 
meinen  @rfa^rungdoorfteDungen  ^at,  gar  nic^t  in  concreto  benfen,  unb 
inbem  ic^  i^nen  bie  @igenf(^aft  nel)me,  ben  Sftaum,  in  bem  jte  mirfen,  ju 
erfüllen,  jo  fte^t  mir  ein  SBegriff  ab,  »oburd)  mir  fonft  bieS)inge  bent^ 

ß  lid^  flnb,  meldte  in  meine  @inne  fallen,  unb  ed  mug  baraud  notl^menbig 
eine  9(rt  Don  Unbenflic^feit  entfpringen.  SDein  biefe  fann  barum  nidbt 
a\&  eine  erfannte  UnmögUdjfeit  angefe^en  toerben,  eben  barum  meil  bai 
@egentl^etl  feiner  9Rögltci)feit  nad)  gleidbfalld  uneingefel^en  bleiben  »irb, 
objttar  beffen  SSirtlit^feit  in  bie  @inne  fdUt. 

10  3Ran  fann  bemnad^  bie  WögUd^feit  immaterieller  3Befen  annel^men 
ol^ne  93eforgntg  koiberlegt  i(u  »erben,  »iemo^l  au^  o^ne  Hoffnung,  biefe 
3Roglic^feit  bur(^  SSernunftgrünbe  bemeifen  ju  f5nnen.  @ol(^e  geiftige 
Staturen  tourben  im  SRaume  gegenwärtig  fein,  fo  bag  berfelbe  bem  unge» 
achtet  für  f5rperlid^e  SSefen  immer  bur(!^bringlidb  bliebe,  »eil  il^re  ®egen» 

15  iDart  mo^l  eine  SBirf famfeit  im  Sftaume,  aber  nid^t  beffen  Erfüllung, 
b.  i.  einen  SSiberftanb,  als  ben  ©runb  ber  @olibit&t  enthielte.  9{immt 
man  nun  eine  fol(!^e  einfädle  geiftige  ©ubftang  an,  fo  mürbe  man  unbe» 
f(!^abet  ibrer  Untl^eilbarfeit  fagen  fönnen:  bag  ber  £)rt  i^rer  unmittel« 
baren  ©egenmart  ni(!^t  ein  $unft,  fonbern  felbft  ein  SRaum  fei.   3)enn 

20  um  bie  Sinologie  ju  $ülfe  gu  rufen,  fo  muffen  not^menbig  felbft  bie  ein« 
fa(^en  Slemente  ber  Siixptx  ein  jeglicl^ed  ein  Sidumc^en  in  bem  Sibxpex 
erfüllen,  ber  ein  proportionirter  3;^eil  feiner  ganjen  Sludbel^nung  ift,  meil 
fünfte  gar  nid^t  Steile,  fonbern  ©renken  bed  älaumed  ftnb.  S)a  biefe 
Erfüllung  bed  [Raumes  oermittelft  einer  toirtfamen  ^raft  (ber  SurücE« 

Sa  fto^ung)  gefd^iel^t  unb  alfo  nur  einen  Umfang  ber  größeren  Sl^dtigfeit, 
ni(^t  aber  eine  SSiell^eit  ber  Seftanbtbeile  beS  mirffamen  @ubiects  anjeigt, 
fo  koiberftreitet  fte  gar  nic^t  ber  einfachen  9latur  beffelben,  obgleid^  freilidb 
bie  9R5glic^feit  l^iet)on  nic^t  meiter  fann  beutli(^  gemad)t  »erben,  melt^eS 
niemals  bei  ben  erften  SBerbdltniffen  ber  Urfad^en  unb  SSirfungen  angelet. 

30  @ben  fo  mirb  mir  gum  menigften  feine  enoeiSlii^e  Unm5gli(^feit  entgegen 
fte^en,  obfd^on  bie  @adbe  felbft  unbegreiflicb  bleibt,  koenn  i(^  bel^aupte: 
ba^  eine  geiftige  @ubftanj,  ob  fte  gleich  einfach  ift,  bennod^  einen  ätaum 
etnnel^me  (b.  i.  in  il^m  unmittelbar  t^dtig  fein  fönne),  o^ne  i^n  ju  er^ 
füllen  (b.  i.  materiellen  ©ubftangen  barin  äßiberftanb  }u  leifien).  Sluc^ 

35  »ürbe  eine  folc^e  immaterielle  Subftang  ni(^t  auSgebe^nt  genannt  »erben 
muffen,  fo  »enig  mie  eS  bie  Sin^eiten  ber  3Raterie  ftnb;  benn  nur  baS« 
ienige,  mas  abgefonbert  t)on  allem  unb  für  fi(^  allein  ejrifttrenb  einen 

21* 


326    %tävattt  etned  Get^eTfe^erd,  erl&ittert  biir^  Xx&nmt  ber  9)l^ctQp^#f. 

Sttttelpunfte  il^re«  &ttoAt^.  3)ie  9len)en  bed  ©el^irne«  flogen  ober  er» 
fi^üttem  fie,  baburi^  oenirfai^en  fte  aber«  bag  nid)t  biefer  unmittelbare 
Sinbnicf ,  fonbem  ber,  fo  auf  gang  entlegene  Steile  bei»  jforperd  gefdjie^t, 
iebo(^  atö  ein  augerl^alb  beut  ®e]^irne  gegenofirtiged  Object  oorgefledt 
U)irb.  8ud  biefem  6i^e  bewegt  fte  auc!^  bie  @eile  unb  $ebel  ber  gangen  ^ 
SRafc^ine  unb  oerurfad^t  »iOfurlidbe  S3eu)egungen  na^  t^rem  belieben. 
S>erglei(J^en  @&^e  laffen  ftd^  nur  fel^r  feid^te,  ober  gar  nid)t  bereifen  unb, 
»eil  bie  9latur  ber  6eele  im  ®runbe  nid^t  betannt  gnug  ift,  aut^  nur 
eben  fo  fcl^ioac^  loiberlegen.  34  mfirbe  alfo  mid^  in  leine  @d)ulgegänfe 
einlaffen,  loo  gemeiniglid^  beibe  Steile  aldbann  am  meiften  gu  jagen  l^a-  lo 
ben,  menn  fte  üon  il^rem  ©egenflanbe  gar  nid^td  üerfle^en;  fonbem  xi^ 
tDürbe  lebiglid^  ben  Folgerungen  na(!^gel^en,  auf  bie  mid^  eine  Seigre  Don 
biefer  9lrt  leiten  fann.  äSeil  alfo  nad^  ben  mir  angepriefenen  @ä^en 
meine  6eele,  in  ber  9lrt  loie  fte  im  Staume  gegenmärtig  ifi,  uon  {ebem 
(SIement  ber  SRaterie  ni(!^t  unterfd^ieben  lo&re,  unb  bie  SSerfianbe^traft  13 
eine  innere  @igenf (!^aft  ift,  loelc^e  i(^  in  biefen  Elementen  bod^  ni(!^t  mal^r» 
nehmen  lönnte,  toenn  gleid^  felbige  in  il)nen  aOen  angetroffen  lourbe,  fo 
lönnte  tein  taugU(!^er  ©runb  angefül^rt  loerben,  me^megen  ni(!^t  meine 
@eele  eine  oon  ben  @ubftangen  fei,  loeld^e  bie  3Raterie  ausmachen,  unb 
toarum  nid^t  il^re  befonbere  @rf(!^einungen  lebiglit^  Don  bem  Drte  ^erräl^-  2> 
ren  foQten,  ben  fte  in  einer  tunftUc^en  SRafd^ine,  tote  ber  tl^iertfcl^e  Sibx* 
per  ift,  einnimmt,  koo  bie  9teroenuereinigung  ber  inneren  ^d^igfeit  beS 
S)enfen8  unb  ber  SSiUffir  gu  ftatten  fommt.  Slldbann  aber  mürbe  man 
lein  elgent^ämlic^ed  äRerlmal  ber  @eele  me^r  mit  @i(!^er]^eit  erfennen, 
mel(^ed  fie  Don  bem  rollen  ®runb[toffe  ber  lörperlic^en  Naturen  unterfd^iebe,  25 


ber  Setzen  für  bie  gu  ermedPenbe  Sbeen,  um  in  bereu  SSeglettung  unb  Unter« 
ftfi^ung  biefen  ben  erforberlici^en  &tab  ^(arl^eit  ju  geben.  S)ie  S^ä^en  unferer  ^ox' 
fteöungen  aber  finb  Domel^mlic^  fotc^e,  bie  entmeber  burc^d  @e^dr  ober  ha&  @efi(^t 
empfangen  finb,  totlö^t  beibe  @inne  txnxä)  bie  ^inbrüdPe  im  @e^ime  bewegt  merben, 
inbem  i^re  Drganen  au^  biefem  Sl^eile  am  nöc^ften  liegen.  äBenit  nun  bie  dx'  30 
n)e(fung  biefer  Qtx^^n,  totl6^e  ^artefiuS  ideas  materiales  nennt,  eigentlich  eine 
£Reigung  ber  fflexttn  gu  einer  öl^ntic^en  Semegung  mit  berjenigen  ift,  meldte  bie 
(Smpfinbung  e^ebem  l^eroorbrac^te,  fo  mirb  bad  <^en)ebe  beS  ©el^irnS  im  !Rac^ben!en 
Dome^mlic^  genöt^igt  merben  mit  K)ormaIigen  (Sinbrüden  ^armonif^  5u  beben  unb 
baburc^  ermübet  merben.  S)enn  menn  baiS  2)enlen  aug(ei(j^  affectooU  ift,  fo  empfiubet  35 
man  nic^t  allein  ^nftrengungen  beiS  (S^e^irned,  fonbern  juglei^  Angriffe  ber  reig« 
baren  S:^eile,  meiere  fonft  mit  ben  SorfteHungen  ber  in  8eibenf^aft  perfekten  @eele 
in  ©^mpatl^ie  fte^en. 


(Srfler  ^l^etl.    L  $aiU)tflfidF.  327 

unb  Seibntjenö  fd^erjl^Qfter  (Sinfall,  na(!^  toeld^em  toir  DieQeid^t  im  JSaffee 
Sltomen  üerf (i^Iudten ,  moraud  SRenfdjenfeelen  loerben  foden,  iD&re  nid^t 
mel^r  ein  ©ebante  jum  Sachen.  SSürbe  aber  auf  fold^en  %ai[  biefe«  ben« 
fenbe  3(^  nt(!^t  bem  gemeinen  @(!^i(ffale  materieUer  Staturen  untertvorfen 
3  fein,  unb,  toie  ed  burt^  ben  Befall  au$  bem  (S^aoö  aller  Slemente  gejogen 
morben,  um  eine  l]^ierif(^e  SRafc^ine  ju  beleben,  marum  foQte  ed,  nad^bem 
biefe  gufäDige  SSereinigung  aufgel^ört  l^at,  nid^t  aud^  tfinftig  ba^in  toie« 
berum  jurüdfe^ren?  @d  ift  biötoeilen  notl^ig  ben  3)enfer,  ber  auf  un» 
xeöiUm  Sßege  ift,  burd^  bie  i^olgen  gu  erfc^redten,  bamit  er  aufmerffamer 

10  auf  bie  ©runbf&^e  »erbe,  burd^  loeld^e  er  fid^  glei(^fam  tr&umenb  l^at 
fortführen  laffen. 

2[d^  geftel)e,  bag  id^  fel^r  geneigt  fei  bad  3)afein  immaterieller  9ta« 
turen  in  ber  SBelt  ju  bel)au))ten  unb  meine  Seele  felbft  in  bie  j(laffe  bie« 
fer  Sßefen  gu  Derfe^en.*)  Slldbann  aber,  U)ie  ge]^eimnigt)on  toirb  nidbt  bie 

15  ©emeinfd^aft  gmif^en  einem  ©elfte  unb  einem  Körper?  9lber  koie  natflr« 
Uii  ift  nid^t  gugleic^  biefe  Unbegreiflic^feit,  ba  unfere  93egriffe  Äußerer 
$anblungen  Don  benen  ber  9Raterte  abgejogen  morben  unb  jebergeit  mit 
ben  93ebingungen  beä  3)ruded  ober  @togeS  oerbunben  ftnb,  bie  l^ier  nid^t 
[tatt  finben?  S)enn  koie  follte  mo^I  eine  immaterieUe  @ub[tanj  ber  9Ra« 

20  terie  im  SSege  liegen,  bamit  biefe  in  il^rer  Sekoegung  auf  einen  ®eift 
ftoge,  unb  mie  fönnen  ISrperlid^e  S)inge  Sßirfungen  auf  ein  frembeg 
äBefen  audäben,  bad  i^nen  nic^t  Unburd^bringlid^Ieit  entgegen  [teUt,  ober 


*)  S)er  @ninb  l^ieoon,  ber  mir  felbft  fel^r  bunM  tfi  unb  roo^rf^einli^er  SBeife 
au6^  tuo^I  fo  bleiben  mirb,  trifft  augleic^  auf  bad  empftnbenbe  3Befen  in  ben  2;^ieren. 

25  S^Qd  in  ber  SSelt  ein  ^rindpium  beiS  Bebend  ent^ölt,  fc^eint  immaterieller  SRatur 
au  fein.  lS)enn  aUed  Beben  beruht  auf  bem  inneren  Vermögen,  fi(!^  felbft  na^ 
äBillfür  5u  beftimmen.  lS)a  hingegen  bad  »efentlid^e  ÜJ^erhnal  ber  SJ^aterte  in 
ber  ^rfüQung  beiS  9iaumed  burd^  eine  notl^roenbige  ^oft  befte^t,  bie  burc^  Augere 
©egenmirfung  befc^rönlt  ift;  bal^er  ber  Buftanb  alled  beffen,  wad  materieH  ift, 

3ü  äu^erlic^  ab^ängenb  unb  geamungen  ift,  biejenige  Staturen  aber,  bie  felbft 
t^ätig  unb  aud  i^rer  innem  ^aft  n^irffam  ben  @runb  bed  Bebend  entl^alten  foHen, 
Iura  biejienige,  beren  eigene  äBiUIfir  fid^  Don  felber  au  beftimmen  unb  au  üeränbem 
Dermögenb  ift,  fd^werlid^  materieller  92atur  fein  fönnen.  SD^on  lann  üemfinftiger 
äBeife  nic^t  Derlangen,  bag  eine  fo  unbefannte  Urt  Sßefen,  bie  man  mel^rent^eild 

35  nur  ^Q^ot^etifc^  erfennt,  in  ben  Slbt^eilungen  i^rer  Derfc^iebenen  Gattungen  follte 
begriffen  »erben;  aum  »enigften  fmb  biejenige  immateriellen  SBefen,  bie  ben  ®runb 
bed  t^ierif(^en  Bebend  entl^alten,  oon  benjenigen  unterfc^ieben,  bie  in  il^rer  ©elbfl- 
tl^ötigteit  üßemunft  begreifen  unb  @etßer  genannt  »erben. 


328    Stftutne  etned  ®et|lerfe^erd,  erläutert  burd^  Sirdume  ber  SRetopl^Qfif. 

loeldgeS  fie  auf  feine  9ßeife  l^inbert,  ftd^  in  bemfelben  ätaume,  barin  e§ 
gegeniD&rtig  ift,  juglei^  gu  befinben?  @d  f^eint,  ein  geifiiged  SBefen  fei 
ber  3Raterie  innigft  gegenbärtig,  mit  ber  eä  Derbunben  tft,  unb  toirle  nid^t 
auf  bieienige  Xri^tt  ber  Slemente,  iDomit  biefe  untereinanber  in  ä^erl^alt* 
niffen  finb,  fonbern  auf  bai  innere  ^rinctpium  il^reS  SuftanbeS.  S)enn  & 
eine  iebe  Subftan},  felbft  ein  einfache«  (SIement  ber  SRaterie  mug  bod^ 
irgenb  eine  innere  Si^dtigleit  a\&  ben  ®runb  ber  du^erlid^en  Sßirffamleit 
l^aben,  »enn  ic!^  glei(!^  nid^t  angugeben  toeig,  iDorin  fol(!^e  befleiße.*)  9ln« 
bererfeitö  märbe  bei  folc^en  ®runbf&^en  bie  @eele  au(^  in  biefen  inneren 
Seflimmungen  ald  Sßirlungen  ben  3u[tanb  bed  Uni))erfum  anf(^auenb  lo 
erlennen,  ber  bie  Urfaci)e  berfelben  i[t.  SBeld^e  ülot^menbigfeit  aber  Der* 
urfacbe,  bag  ein  ®eift  unb  ein  Körper  gufammen  @ined  ausmache,  unb 
U)el(!^e  ©ränbe  bei  gen)tf[en  S^^f^^^^ngen  biefe  6inl^eit  n)ieberum  auf« 
lieben,  biefe  i^ragen  überfteigen  nebft  Derfc^iebenen  anbern  fe^r  mit  meine 
ginftc^t,  unb  mie  »enig  \6i  aud)  fonft  breifte  bin,  meine  SSerftanbeStäl^ig»  15 
leit  an  ben  ©e^eimniffen  ber  Statur  gu  meffen,  fo  bin  i(^  gleidimo^l  gu« 
üerftc^tlic^  gnug,  feinen  nod)  fo  furdjterltd)  auSgerüfteten  ®egner  ju 
fd)euen  (menn  ict)  fonft  einige  9leigung  gum  ©treiten  ^tte),  um  in  biefem 
Satte  mit  i^m  ben  SSerfuc^  ber  ©egengränbe  im  S93iberlegen  gu  madjen, 
ber  bei  ben  ©ele^rten  eigentlich  bie  ®ef(!^ictli(!^feit  ift,  einanber  bag  3t\iiU  ao 
loiffen  gu  bemonftriren. 


*)  8eibnia  fogte,  blefer  innere  @runb  aUer  feiner  Süßeren  SJerWltniffe  unb 
i^rer  SSer&nberungen  fei  eine  ^orftellungdfraft,  unb  fpdtere  ^^tlofop^en  em« 
pfingen  biefen  unaudgefü^rten  @ebanfen  mit  @elä^ter.  @ie  Ratten  aber  nidjt  übet 
get^an,  roenn  fie  i^or^er  bei  ft^  überlegt  Rotten,  ob  benn  eine  ©ubflon^,  mie  ein  25 
einfacher  Zf^til  ber  Materie  ift,  o^ne  allen  inneren  3uftanb  mdglic^  fei,  unb  menn 
fie  bann  biefen  etma  ni(^t  au^fc^Iiegen  wollten,  fo  rofirbe  i^nen  obgelegen  ^aben, 
irgenb  einen  anbern  möglici^en  innern  3uftanb  5U  erfinnen,  alS  ben  ber  ^orfteüungen 
unb  ber  Sl^dttg!eiten,  bie  t)on  i^nen  ab^ängenb  finb.  Sebermonn  fte^t  oon  felber, 
ba^,  menn  man  au(^  ben  einfachen  C^lementartl^etlen  ber  Materie  ein  Vermögen  30 
bunfler  ^^orfteUungen  jugefte^t,  baraud  no^  feine  ^orfteUungSfraft  ber  3)^aterie 
felbft  erfolge,  loeil  Diel  (Subfianjen  t)on  folc^er  ttrt,  in  einem  (Sonden  üerbunDen, 
bod^  niemaliS  eine  benlenbe  (Stn^eit  auiSmac^en  Idnnen. 


(Srfler  S^etl.    2.  ^auptftflif.  329 

SfteitcS  $mi|)tftü(f* 

@in  ^^ragment  ber  gel^eimen  $l^tlo[opl^ie,  bie  ©emeinfd^aft 

mit  bcr  OciftcriDcIt  ju  eröffnen. 

S)er  Snitiat  l^at  fc^on  ben  groben  unb  an  ben  fiu^erlid^en  Sinnen 
5  flebenben  93erftanb  gu  ^ö^ern  unb  abgezogenen  Segriffen  gemo^nt,  unb 
nun  lann  er  geiftige  unb  ))on  förperlid^em  3^uge  entl)ünte  ©eftalten  in 
berjenigen  S)&mmerung  feigen,  »omit  bad  f(!^n)ac^e  Std)t  ber  9Retap^t|fiI 
ba^  SReid^  ber  Sd^atten  {td^tbar  ma(^t.  3Bir  tootten  bal^er  nac!^  ber  be^ 
fc^merlic^en  SSorbereitung ,  »elc^e  überftanben  ift,  und  auf  ben  gef&f)r^ 
10  lid^en  Sßeg  toagen. 

Ibant  obscuri  sola  sub  nocte  per  umbras, 
Perque  domos  Ditis  vacuas  et  inania  regua. 

VIRGILIÜS. 

3)ie  tobte  SRaterie,  müöit  ben  SSeltraum  erfüllt  tft  ibrer  eigentl^üm« 

13  lid^en  Statur  nac^  im  Staube  ber  Srägl^eit  unb  ber  93e^arrU(!bIeit  in  einer* 
lei  Buftanbe,  fte  ^at  @oIibität,  SuSbebnung  unb  f^tgur,  unb  il^re  Srfd^ei« 
nungen,  bie  auf  aDen  biefen  ©rünben  berufen,  Iaf[en  eine  pb^f  if  d)e  @r» 
Ilärung  ju,  bie  jugleid)  matbematifd)  tft,  unb  ^ufammen  meci)anifct)  ge« 
nannt  mirb.   SBenn  man  anbererfeitiS  feine  9l(i)tfamfeit  auf  biejenigc  Slrt 

20  SSefen  rici)tet,  meldje  ben  ©runb  beS  Sebend  in  bem  9BeItgan;ten  entbal« 
ten,  bie  um  bedviUen  nicbt  Don  ber  Kxt  ftnb,  bag  fte  ald  93eftanbtbetle 
ben  klumpen  unb  bie  Sudbebnung  ber  leblofen  3Raterie  Dermebren,  no(^ 
Don  ibr  na(^  Den  ©efe^en  ber  Serübrung  unb  bed  @toBed  letben,  fonbern 
Dielmebr  burd^  innere  2;t)dtigteit  ftd)  felbft  unb  uberbem  ben  tobten  Stoff 

25  ber  9latur  rege  macben,  fo  mirD  man,  koo  ni(!bt  mit  ber  S)eutlict)feit  einer 
S)emonftration,  bocb  koentgftenS  mit  ber  Sorempfinbung  eineiS  nici)t  un« 
geübten  äierftanbed  {td)  oon  bem  S)a[ein  immaterieQer  SBefen  überrebet 
finDen,  bereu  befonbere  SStrfungdgefe^e  pneumatifd^  unb,  fo  fern  bie 
förperlitbe  SQ8efen  SKittelurfacben  ibrer  SBirfungen  in  ber  materiellen 

30  Sßelt  ftnb,  organif(!b  genannt  merben.  S)a  biefe  immaterielle  SBefen 
felbfttl^&tige  ^rtnctpien  ftnb,  mitbin  @ubftanjen  unb  für  pcb  beftebenbe 
Staturen,  fo  ift  bteienige  i^olge,  auf  bie  man  iun&(!bft  gerätb,  biefe:  bag 
fte  untereinanber,  unmittelbar  vereinigt,  DieQeicbt  ein  groged  ©anje  au^^ 
machen  mögen,  koelcbeä  man  bie  immaterielle  SBelt  (mundus  intelligibilis) 

as  nennen  tann.   S)enn  mit  melc^em  ©runbe  ber  äßal^rf(^einlicbteit  moHte 


330    ^rÄume  eine«  ©etfterfe^er«,  erläutert  burd^  3:raiimc  ber  ÜRetop^ijfif. 

man  idoI^I  bel^aupten,  bag  bergleid^en  Sßefeti  Don  einanber  dl^nlid^er  !Ratur 
nur  Dcrmtttclft  anbcrer  (förpcriicftcn  ©Inge)  ton  frcmbcr  Seld^affcnl^cit 
in  ®cmcinf(ftaft  [teilen  fönnten,  inbcm  bicfcS  le^tcrc  noäi  DlcI  rdt^fcl^after 
al8  ba«  erftc  ift? 

a)iefc  immaterielle  SBelt  fann  alfo  al8  ein  für  pcft  beftel^enbe«  5 
Oanje  angefc^en  werben,  berenSI&eile  untercinanber  in  tt)ed)|elfeitiger  35er« 
fnüpfung  unb  ©emeinfdjaft  [tel)en,  anät  ol^ne  Sermittelung  förderlicher 
©inge,  fo  bafe  biefeS  lefetereSSer^dltnife  jufäHig  ift  unb  nur  einigen  jufom* 
meu  barf,  ja,  mo  e^  au4  angetroffen  mirb,  ni(]^t  ^inbert,  bag  ni(^t  eben 
bte  immaterielle  3Sefen,  meldte  Durd^  bie  SSermittelung  ber  SRaterie  iuein-  i'^ 
anber  loirfen,  auger  biefem  nod)  in  einer  befonbern  unb  burd^g&ngigen 
äSerbinbung  ftel^en  unb  ieber^eit  untereinanber  alä  immaterielle  SBefen 
loec^felfeitige  6inflüffe  ausüben,  fo  t>a%  bad  SSer^oltnig  berfelben  üermittelfi 
ber  SRaterie  nur  jufällig  unb  auf  einer  befonberen  gottUd^en  Snftalt  be» 
rul^t,  iene  hingegen  natfirlid^  unb  unauflöSlt(!^  ift.  15 

Snbem  man  benn  auf  fold^e  SBeife  ade  ^rincipien  beS  Seben^  in  ber 
ganzen  SRatur  als  fo  Diel  unförperlit^e  @ubftanjen  untereinanber  in  ®e« 
meinfd)aft,  aber  aud^  jum  £^eil  mit  ber 9){aterie  oereintgt  jufammennimmt, 
fo  gebenft  man  ftc!^  ein  großes  ©anje  ber  immateriellen  3Belt,  eine  uner« 
meglid^e,  aber  unbelannte  Stufenfolge  Don  Sßefen  unb  tl^ätigen  Staturen,  20 
burd^  ioeld)e  ber  tobte  @toff  ber  j(örpermelt  allein  belebt  mirb.  93iä  auf 
meldije  ©lieber  aber  ber  Statur  Seben  ausgebreitet  fei,  unb  meiere  biejenigen 
®rabe  beffelben  feien,  bie  äundd)ft  an  bie  Dollige  SebloPgfeit  grenjen,  ift 
DieDeid^t  unmöglid^  jemals  mit  @ic^er^eit  auSgumad^en.  2)er$9logoiS» 
muS  belebt  aDeS,  berSRaterialiSmuS  bagegen,  menn  er  genau  ermogen  25 
mirb,  tobtet  alles.  SRaupertuiS  mag  ben  organif(^en  9ia]^rungSt^eil(^en 
aller  Sintere  ben  ntebrigften  @rab  Seben  bei;  anbere  ^^ilofop^en  feigen  an 
i^nen  nichts  als  tobte  klumpen,  meiere  nur  bienen,  ben  ^ebegeug  ber 
t]&lerif(^en  ÜWofc^inen  ju  oergröfeern.  3)aS  ungegmeifelte  3RerImal  beS 
SebenS  an  bem,  »aS  in  unfere  dufeere  Sinne  fdHt,  ift  wol^I  bie  freie  Se»  30 
toegung,  bie  ba  bliden  lagt,  bag  fte  auS  SßiDfär  entfprungen  fei;  allein  ber 
Schlug  ift  nid^t  jtd^er,  bag,  mo  biefeS  Sßerfmal  nt^t  angetroffen  toirb,  aud^ 
fein  ®rab  beS  SebenS  befinblid^  fei.  93oer^aaDe  fagt  an  einem  Drte:  S)aS 
Stl^ier  ift  eine  spflange,  bie  i^re  SBurjel  im  3Ragen(inmenbig)  ^at. 
aSielleid^t  fönnte  ein  anberer  eben  fo  ungetabelt  mit  biefen  SBegriffen  fpie«  35 
len  unb  fagen:  Sie^flanje  ift  einS^ier,  baS  feinen  SRagen  in 
beräBurjel  (dugerlic^)  l^at.  S)a]^er  auc^  ben  le^teren  bie  Organen  ber 


(Srflet  ^eil.    2.  ^auptftficf.  331 

minfürlid^en  Seioegung  unb  mit  il^nen  bte  augerlid^e  SRerfmoIe  beö 
Scbcn«  fel^lcn  f önncn,  bic  bod^  bcn  crftcrcn  notJ^wcnbig  pnb,  »eil  ein  SBefcn, 
weldjeö  bie  ©erfgeuge  feiner  (Srnd^rung  in  pd^  l^at,  pd^  felbft  feinem  SBe« 
bArfnig  gemäg  mug  bemegen  f5nnen,  ba^ienige  aber,  an  koeld^em  biefelbe 

5  auger^alb  unb  in  bem  Elemente  fetner  Unterl^altung  eingefenft  ftnb,  fc^on 
gnugfam  burd^  äußere  j(r&fte  erl^alten  mirb  unb,  menn  ed  gleid^  ein 
^rinciptum  beiS  inneren  gebend  in  ber  SSegetation  entI)dU,  bod)  leine 
organif d[)e  @inrid^tung  gur  äugerlid^en  miQfärlid^en  St^&tigtett  bebarf .  34 
verlange  nid^tö  Don  aOem  biefem  auf  SSemeiiSgrunben,  benn  augerbem  bag 

10  id^  fel^r  mentg  gum  Sortl^eil  Don  bergleid^en  SRutl^ma^ungen  kofirbe  gu 
fagen  l^aben,  fo  ^aben  fte  nod^  aU  beft&ubte  oeraltete  (ariden  ben  @pott 
ber  SRobe  miber  jtd^.  S)ie  Sllten  glaubten  n&mlic^  breierlei  art  Dom  Seben 
annel^men  gu  fönnen,  baS  pflangenartige,  ba<S  t^ierifd^e  unb  bai 
Dernünftige.    SBenn  fte  bie  brei  immaterielle  ^rincipien  berfelben  in 

15  bem  SRenfd^en  Dereinigten,  fo  möd^ten  fte  kool^l  Unred^t  ^aben,  menn  fte 
aber  fold^e  unter  bie  breierlei  ©attungen  ber  n)adbfenben  unb  il^red  ®lei(^en 
ergeugenben  ®efd^öt)fe  Dertl^eilten,  fo  fagten  fie  freilid^  koo^l  etmaS  Uner« 
meiiSlid^eS,  aber  barum  nod^  nid^tUngereimted,  Dorne^mlic^  in  bem  Urtl^eile 
beSjenigen,  ber  baö  befonbere  Seben  ber  Don  einigen  Silieren  abgetrennten 

20  a:i^eile,  bie  Irritabilität,  biefe  fo  tool)l  ertoiefene,  aber  aud^  gugleid^  fo 
unerflärlid^e  ßigenfd^aft  ber  %a\zxn  eines  tl^ierifc^en  JCörperö  unb  einiger 
®en)&d[)fe,  unb  enblidi)  bie  nal^e  SSerioanbtfc^aft  ber  ^olQpen  unb  anberer 
3oopl^9ten  mit  ben  ©em&c^fen  in  Setrad^t  gießen  koollte.  Übrigen^  ifl 
bie  sberufung  auf  immaterieUe  ^rincipien  eine  Suflud^t  ber  faulen  $^ilo« 

1)5  foppte  unb  barum  aud^  bie  ^rHärungSart  in  biefem  ©efd^made  nad^  aller 
9Roglid^!eit  gu  Dermeiben,  bamit  biejenigen  ©raube  ber  3Belterfd^einungen, 
meldte  auf  ben  SekoegungSgefe^en  ber  bloßen  SRaterie  berufen,  unb  meldte 
au(^  eingig  unb  allein  ber  Segreiflid^Ieit  fälbig  ftnb,  in  i^rem  gangen  Um:: 
fange  erlannt  merben.   ®leic^n)0l)l  bin  id^  übergeugt,  bag  @ta^l,  melc^er 

30  bie  l^ierifdl}e  SSeränberungen  gerne  organifc^  erflärt,  oftmals  ber  9Bal^r^eit 
näl^er  fei,  als  ^ofmann,  Soerl^aaoe  u.  a.  m.,  meldte  bie  immaterielle 
j^räfte  aus  bem  3ufammenl^ange  laffen,  ftd^  an  bie  med^anifc^e  ©rünbe 
l^alten  unb  l^ierin  einer  mel^r  pbilofopl(|ifd^en  9J{et^obe  folgen,  bie  D)ol)l  biS^ 
meilen  fel^lt,  aber  mel^rmalS  gutrifft,  unb  bie  aud)  aQein  inberSBiffenfd^aft 

zö  Don  nü^lid^er  Slnmenbung  ift,  menn  anberfeitS  Don  bem  @influffe  ber  SBefen 
Don  unforperli(^er  Statur  ^od^ftenS  nur  erfannt  merben  lann,  bag  er  ba 
fei,  niemals  aber,  mie  er  gugel^e  unb  mie  meit  ftd^  feine  SBirtfamfeit  erftredfe. 


332    S^r&ume  etned  @^eifterfe]^erd,  erläutert  bnxö)  SIr&ume  ber  9Reta))]^^fif. 

So  »urbc  bcnn  alfo  bie  immaterielle  SBelt  guerft  alle  erf(6affene  S»' 
telligengen,  beren  einige  mit  ber  SRaterie  gu  einer  $erfon  Derbunben  finb, 
anbere  aber  nid^t,  in  ftd^  befaffen,  äberbem  bie  empfinbenbe  @ub)ecte  in 
allen  2:^{erarten  unb  enblid^  alle  $rincipien  beiS  SebenS,  tDeld)e  fonft  no(!^ 
in  ber  9latur  mo  fein  mögen,  ob  biefed  ft(!^  gleic!^  burd^  feine  äugerli(!^e    5 
j?enngei(!^en  ber  koidfürlid^en  Seioegung  offenbarte.    Sllle  biefe  imma- 
terielle $Raturen,  fage  id^,  fte  mögen  nun  il^re  ©inflüffe  in  ber  Äörpertoelt 
ausüben  ober  nid^t,  aDe  oernünftige  SSefen,  beren  gufäDiger  3uftanb  t^ie» 
rif^  ift,  es  fei  l)ier  auf  ber  ßrbe  ober  in  anbern  ^immelölörpern,  fte  mo* 
gen  ben  ro^en  3cwg  ber  SWaterie  je^t  ober  fünftig  beleben,  ober  el^ebem  1» 
belebt  I)aben,  kourben  nad^  biefen  Segriffen  in  einer  il^rer  9tatur  gemdgen 
©emeinfd^aft  [teilen,  bie  nid^t  auf  ben  ^ebingungen  berul)t,  moburd)  baö 
SSerl^dltnife  ber  Jtörper  eingefd^ränft  ift,  unb  wo  bie  ßntfernung  ber  Drter 
ober  ber  S^italter,  toeld^e  in  ber  fi(!^tbaren  SSelt  bie  groge  j(luft  auSmai^t, 
bie  alle  ®emeinfd)aft  aufl^ebt,  oerfdöminbet.   3)ie  menfd)lid)e  Seele  mürbe  u 
ba^er  fd)on  in  bem  gegenmärtigen  Seben  als  oerfnüpft  mit  gmei  SBelten 
gugleid^  muffen  angefel^en  merben,  oon  meldten  fte,  fo  fern  fte  gu  perfön» 
li(^er  ©Inl^cit  mit  einem  Äörper  oerbunben  ift,  bie  materiefle  aüein  Aar 
empfinbet,  bagegen  als  ein  ®lieb  ber  ®eiftermelt  bie  reine  ßinflüffe  im» 
materiefler  9laturen  empfängt  unb  ert^eilt,  fo  ba§,  fo  balb  jene  Serbin»  20 
bung  aufgel)ört  ^at,  bie  ©emeinfd^aft,  barin  fte  {ebergeit  mit  geiftigen 
Staturen  fte^t,  aUein  übrig  bleibt  unb  fid^  i^rem  Semugtfein  gum  Haren 
Stnfd^auen  eröffnen  müfete.*) 


*)  SSßenn  man  tiott  bem  ^tmmel  alS  bem  8t^e  ber  ©eltgen  rebet,  fo  fe^t 
bie  gemeine  5)orfteUunfl  i!|n  gerne  über  fid),  ^od^  in  bem  unerme6Ii(!6en  SSeltrournc  25 
Tlan  bebenft  aber  nic^t,  bag  unfre  (Srbe,  auS  biefen  @egenben  gelegen,  auc^  olS 
einer  Don  bm  (Sternen  bed  .i^immel^  erfc^eine,  unb  bag  bie  Sewol^ner  anberer 
Gelten  mit  eben  fo  gutem  @runDe  nac^  und  l^in  geigen  fönnten  unb  fagen:  ©e^et 
ha  ben  SOo^npIa^  emiger  Si^^uben  unb  einen  t)immlifc^en  Slufentl^alt,  meld^er  ju« 
bereitet  ift,  unS  bereinft  au  empfangen.    @in  rounberlic^er  Sal^n  namli4  mact)t,  so 
ha^  ber  ^ol^e  ging,  ben  bie  Hoffnung  nimmt,  immer  mit  bem  ^Begriffe  beS  ©tetgenS 
Derbunben  ift,  o^ne  5U  bebenfen,  bag,  fo  ^o(^  man  auc^  geftiegen  ifi,  man  bo(^ 
mieber  finfen  muffe,  um  allenfalls  in  einer  anbern  Söelt  feften  8u6  ju  faffen. 
dlaö^  btn  ongefü^rten  S3egrlffen  aber  mürbe  ber  Jpimmel  eigentliii^  bie  ©eiftermelt 
fein,  ober,  menn  man  miK,  ber  feiige  ^^eU  berfelben,  unb  biefe  mürbe  mon  meber  35 
über  ftc^  no^  unter  fic^  ju  fuc^en  ^aben,  meil  ein  fol^eS  immoterieUe  ^an^e  nic^t 
nac^  ben  Entfernungen  ober  ^la^tten  gegen  lörperlic^e  S)inge,  fonbem  in  geiftigen 


(Srfler  ^^eil.    2.  ^aupiftflcf.  333 

@d  mirb  nad^gerabe  befd)merltd^,  immer  bie  be^utfame  @prad^e  ber 
SScrnunft  au  führen.  3Barum  foHte  eS  mir  nic^t  aucft  erlaubt  fein  im 
afabemifc^en  Jone  gu  rcben,  ber  entfd^cibenber  i[t  unb  fotoo^l  ben  aSer» 
faffer  als  ben  2efer  bed  Stad^benfend  äber^ebt,  koeld^eiS  über  lang  ober  furg 

5  beibe  nur  gu  einer  oerbrieglicben  Unentfd^Ioffeul^eit  fül^ren  mug.  @d  ift 
bemnac!^  fo  gut  dS  bemonftrirt,  ober  ed  fonnte  leid^tlic^  beriefen  merben, 
menn  man  koeitläuftig  fein  loollte,  ober  nod^  beffer,  ed  mirb  funftig,  id^ 
meig  nidjt  mo  ober  loenn,  no4  beriefen  merben:  bag  bie  menfd^Ud)e  @eele 
auc^  in  biefem  £eben  in  einer  unauflodlid^  Derfnäpften  ®emeinfct)aft  mit 

10  aUen  immateriellen  SRaturen  ber  ©eifterroelt  fte^e,  ha^  fte  »et^felweifc 
in  biefe  »irle  unb  t)on  il^nen  Sinbrudfe  empfange,  beren  fte  ^ij  aber  aI8 
9Renf(^  nic^t  bekougt  ift,  fo  lange  alleiS  mol)!  ftel)t.  ^nbererfeitiS  ift  ed 
anöi  toa^rfd^einlid^,  bag  bie  geiftige  9laturen  unmittelbar  feine  ftnnlid^e 
ISmpfinDung  Don  ber  jf örpermelt  mit  Semugtfein  l^aben  lönnen,  koeil  f  e 

15  mit  feinem  Stl^eil  ber  3Raterie  gu  einer  $erfon  üerbunben  ftnb,  um  ftc^ 
Dermittelft  bef[elben  i()reä  Drtd  in  bem  materiellen  9Beltgan3en  unb  burd^ 
ffinftlid^e  Organen  beS  93er^dltniffe<S  ber  audgebe^nten  SBefen  gegen  ftc^ 
unb  gegen  einanber  betonet  gu  toerben,  bag  fie  aber  KooI)l  in  bie  @eelen 
ber  SRenfd^en  als  SBefen  t)on  einerlei  9latur  einfließen  fonnen  unb  aud^ 

20  loirflid^  iebergeit  mit  i^nen  in  medifelfeitiger  ©emeinfd^aft  ftel^en,  bod^  fo, 
baß  in  ber  SRittl^eilung  ber  SSorftettungen  bieienige,  koeld^e  bie  @eele  aU 
ein  oon  ber  J(örpenoelt  abl^dngenbed  SBefen  in  fic^  ent^&lt,  ni^t  in  an* 
bere  geiftige  SBefen  unb  bie  93egriffe  ber  le^teren,  a\&  anfc^auenbe  fßox^ 
ftedungen  t)on  immateriellen  S)ingen,  nic^t  in  baS  flare  93emußtfein  beiS 

S5  3Renf(^en  fibergel^en  f5nnen,  koenigftend  nic^t  in  il^rer  etgentlid^en  Se« 
fd^affenl^eit,  »eil  bie  SRaterialien  gu  beiberlei  ^bttn  Don  oerf^iebener 
art  ftnb. 

@d  to&rbe  fd^ön  fein,  menn  eine  bergleid^en  f^ftematifc^e  Serfaffung 
ber  (Seiftermelt,  al«  toir  pe  Dorfteflen,  nid^t  lebigUc^  au«  bem  begriffe 

30  Don  ber  geiftigen  5Ratur  überhaupt,  ber  gar  gu  fe^r  ^^pot^etifd^  ift,  fon» 
bern  au«  irgenb  einer  mirtlid^en  unb  allgemein  gugeftanbenenSeobad^tung 
fönnte  gefd^loffen,  ober  aud^  nur  U)a^rf(^einlid^  Dermut^et  merben.  S)a^er 
loage  id^  e«  auf  bie  9la(^{id^t  be«  Sefer«,  einen  93erfudE)  Don  biefer  Slrt  l^ier 
eingufd^alten,  ber  gD}ar  ettta«  außer  meinem  äßege  liegt  unb  auc^  Don  ber 


35  Serfnüpfungen  feinet  Steile  unteretnonber  DorgefteHt  »erben  mug,  iDemgftend  bie 
dliebec  berfelben  fic^  nur  nad^  folgen  Ser^dltntffen  tl^rer  felbft  berougt  finb. 


334    Sröume  eineS  ^eifterfel^eriS,  erläutert  burc^  Sröume  ber  ^tiapf^t^^xt 

Soibeng  meit  gnug  entfernt  ift,  gletci^mo^l  aber  ju  nid^t  unangenehmen 
äSermutl^ungen  Slnlag  ju  geben  f(f)eint. 


Unter  ben  Ärdften,  bie  ba*3  menf^lid^e  ^erj  bewegen,  fd^einen  einige 
ber  mäcfttigften  aufeerbalb  bemfelben  ju  liegen,  bie  aUo  nid^t  etwa  al§ 
bloge  SRittei  jid^  auf  bie  @igennit^igfeit  unb  ^rioatbebürfnig  al^  auf  ein  r> 
3iel,  baS  innerhalb  bem  9Ren|(^en  felbft  Hegt,  be^iel^en,  fonbern  welcj^e 
machen,  ba&  bie  Senbenjen  unferer  [Regungen  ben  Sörennpunft  il^rer  9Ser» 
cinigung  außer  un§  in  anbere  vernünftige  SBefen  Derfe^en;  »orauö  ein 
Streit  jweier  ilrdfte  cntfpringt,  ndmlidö  ber  ßigenl^eit,  bie  alleä  auf  ftd^ 
bejiel^t,  unb  ber  ©emeinnftfeigfeit,  baburci^  ba§  ©emutl^  gegen  anbere  aufeer  lo 
ftc^  getrieben  ober  gebogen  wirb.  34  ^alte  mic^  bei  bem  Sriebe  nid^t 
auf,  öermöge  beffen  wir  \o  ftarf  unb  fo  allgemein  am  Urt^eile  anberer 
Pngen  unb  frembe  ^Billigung  ober  Seifall  jur  SSoüenbung  beö  unfrlgen 
oon  un^  felbft  fo  nöt^ig  ju  fein  erad)ten,  woraus,  wenn  glei(^  biiSweileu 
ein  iibeloerftanbener  S^renwalin  entfpringt,  bennod^  felbft  in  ber  uncigen*  is 
nufeigften  unb  wal^rl^afteften  ®emiitt)öart  ein  geheimer  3"9  üerfpürt 
wirb,  baSjenige,  waö  man  für  jid^  felbft  al§  gut  ober  wa^r  erfennt,  mit 
bem  Urt^eil  anberer  gu  vergleichen,  um  beibe  einftimmig  }u  mad^en,  im« 
gleid)en  eine  jebe  menfdilidie  ©eele  auf  bem  ©rfenntni^wege  gleidjfam 
angul^alten,  wenn  pe  einen  anbern  Sufefteig  ju  gelten  fd^eint,  afö  ben  wir  20 
eingeschlagen  ^aben,  weld^eS  aOeiS  vielleicht  eine  empfunbene  Slbl^ängigfeit 
unferer  eigenen  Urt^eile  vom  allgemeinen  menfc!)lidöen  SSerftanbe 
ift  unb  ein  3Rittel  wirb,  bem  ©angen  benfenber  SBefen  eine  ?lrt  von  SSer* 
nunftein^eit  ju  oerfcl)affen. 

3c^  übergebe  aber  biefe  fonft  uid^t  unerfieblic^e  Setrad^tung  unb  25 
^alte  mic^  für  je^t  an  eine  anbere,  weld^e  einleuc^tcnber  unb  betrdc!)tlidöcr 
ift,  fo  viel  eö  unferc  8lb|ldbt  betrifft.  SBenu  wir  dufeere  S)inge  auf  unfer 
Sebürfni^  beglel&en,  fo  fönnen  wir  biefcö  nid^t  tbun,  ot)ne  un«  i^ugleic^ 
burd^  eine  gewiffe  gmpfinbung  gebunben  unb  eingefc^rdnft  gu  füllten,  bie 
uns  merfen  Idfet,  bafe  in  uns  gleid^fam  ein  frember  3Bille  wirffam  fei,  unb  30 
unfer  eigen  ^Belieben  bie  33ebingung  oon  dufeerer  33eiftimmung  nöt^ig 
l^abe.  @ine  geheime  aKad)t  nötl^igt  unS  unfere  Slbpc^t  gugleid^  auf  anberer 
S33o^l  ober  na^  frember  3Billfür  ju  richten,  ob  biefeS  gleich  öfters  ungern 
gefc!)ie^t  unb  ber  eigennüfeigen  Steigung  ftarf  wiberftreitet,  unb  ber  $unft, 


(Srfter  2:^eil.    2.  ^auptpfidf.  335 

iQol^in  bie  ätid^tung^Iinien  unferer  Sriebe  jufammenlaufen,  ift  aI[o  nid^t 
blo^  in  und,  fonbern  eä  jinb  no(^  Six&\k,  bie  unS  bemegen,  in  bem  SBoDen 
anberer  auger  und.  S)a^er  entfpringen  bie  fittlid^en  Slntriebe,  bie  und  oft 
wiber  ben  ©anl  bed  ßigennu^eS  fottreiöen,  baS  ftarfe  ®efe^  ber  ©d^ul» 
5  bigfeit  unb  ba^  f(!^md(!^ere  ber  (äiitigfeit,  beren  iebed  und  manche  Slufopfe« 
rung  abbringt,  unb  obgleid^  beibe  bann  unb  mann  burd^  eigennü^ige 
$Reigungen  überwogen  »erben,  boc^  nirgenb  in  ber  menf(f)lid)en  5Ratur 
ermangeln,  i^rc  SBirfli(i^feit  ju  dufeern.  S)aburd^  fe^en  wir  und  in 
ben  getieimften  Semeggrünben  abl^&ngig  Don  ber  SRegel  bed  allge« 

10  meinen  SBillend,  unb  ed  entfpringt  baraud  in  ber  9BeIt  aller  benfenben 
3laturen  eine  moralifd^c  ßinl^eit  unb  f^ftematifd^c  SSerfaffung  nac^ 
blog  geiftigen  ©efe^en.  SBill  man  biefe  in  und  empfunbene  9lott)igung 
unfered  äßillend  jur  (Sinftimmung  mit  bem  allgemeinen  SBiDen  bad  fitt» 
lid|e  ®ef  ü()l  nennen,  fo  rebet  man  baoou  nur  ald  oon  einer  Srfd^einung 

15  beffen,  mad  in  und  mirflii!^  oorge^t,  ol^ne  bie  Urfa(!^en  bedfelben  audju» 
machen.  @o  nannte  9lemton  bad  fidjere  ®efe^  ber  Seftrebungen  aUer 
SRaterie  fid)  einanber  ju  naivem  bie  ©raoitation  berfelben,  inbem  er 
[eine  mat^ematifc^e  3)emon[trationen  nid()t  in  eine  Derbrieglid^e  Sljeil« 
ne^mung  an  pl^ilofopl^ifd^en  ©treitigfeiten  verflechten  wollte,  bie  ftc^  über 

20  bie  Urfac^e  berfelben  er&ugnen  tonnten,  ©leid^mol^l  trug  er  fein  Seben« 
fen  biefe  ©raDitation  ald  eine  wal^re  Sßirfung  einer  allgemeinen  Sl^dtig« 
feit  ber  SJtaterie  ineinanber  gu  be^anbeln  unb  gab  il)r  ba()er  aud^  ben 
Flamen  ber  Sln^ie^ung.  Sollte  ed  nic^t  möglid^  fein  bie  ßrfdjeinung 
ber  fittUc^en  antriebe  in  ben  benfenben  Staturen,  wie  fol^e  fic^  auf  ein« 

25  anber  wed^feldweife  bejiel^en,  glei(!^falld  ald  bie  f^olge  einer  wal^rl^aftig 
tl^&tigen  j?raft,  babur^  geiftige  Staturen  ineinanber  einfließen,  Dorju« 
fteDen,  fo  baß  bad  ftttlic^e  ©efü^l  biefe  empfunbene  Slbl^&ngigfeit 
bed  ^rioatwillend  Dom  allgemeinen  SBiDen  wdre  unb  eine  $olge  ber  na* 
türlic^en  unb  allgemeinen  äBed^felwirfung,  baburd^  bie  immaterielle  äBelt 

30  il^re  pttlid^e  @in^eit  erlangt,  inbem  fte  fid^  nad^  ben  ©efe^en  biefed  il^r 
eigenen  ßufcimmenl^anged  ju  einem  Softem  oon  geiftiger  äJoQfommenl^eit 
bilbet?  Sßenn  man  biefen  ©ebanfen  fo  oiel  @d)einbarfeit  iugefte()t,  ald 
erforberlid^  ift,  um  bie  ^ül^e  ju  Derbienen  fte  an  il^ren  ^^olgen  ju  meffen, 
fo  wirb  man  oieUeid^t  bur(^  ben  Sfieij  berfelben  unoermerft  in  einige  ^ar« 

35  teilic^feit  gegen  fie  oerßoc^ten  werben.  S)enn  ed  fd^einen  in  biefem  f^aUe 
bie  Unregelmdßigteiten  mel^rent^eild  }u  oerfd^winben,  bie  fonft  bei  bem 
SBiberfpruc^  ber  moralifc^en  unb  p^^itfc^en  SSerl^dltniffe  ber  3Renf(^en 


836    Srdume  eined  @e'tfterfe^erd,  erlöuteri  bur^  Traume  ber  ^letop^^ftf. 

I^ter  auf  ber  @rbe  fo  befremblid^  in  bte  Sugen  fallen,   alle  ^Roralität  ber 
^anblungen  fann  nad^  ber  Drbnung  ber  Statur  niemals  i^re  üoDfiänbige 
SBirlung  in  bem  leiblid^en  Seben  bed  9Renf(!^en  ^aben,  mol^I  aber  in  ber 
(Seiftermelt  nac^  pueumatifc^en  ©efe^en.   3)ie  toa^re  Slbjtdbten,  bie  ge^ 
l^eimc  IBewegßrünbe  üielcr  au§  D^nmadbt  frudjtlofen  Seftrebungen,  ber   -^ 
<Steg  über  {tc^  felbft,  ober  aut^  bidmeilen  bte  verborgene  Sude  bei  fc^ein^ 
barlid^  guten  ^anblungen  |lnb  mel^rentJ^eUiS  für  ben  pl^^ftfd^en  Srfolg 
in  bem  törperlt(!^en  Suftanbe  oerloren,  {te  mürben  aber  auf  folc^e  SSeife 
in  ber  immaterietten  SBelt  als  frud^tbare  ©rfinbe  angefel^en  loerben  mäffen 
unb  in  Slufe^ung  tl^rer  nac!^  pneumatif(]^en  ©efe^en  gu  $oIge  ber  SSer«  i** 
tnüpfung  beS  ^rioatmiOeniS  unb  beS  allgemeinen  äBiOend,  b.  i.  ber  @in« 
l^eit  unb  beö  ®anjen  ber  ©eiftermelt,  eine  ber  pttlid&en  Sefc^affen^eit  ber 
freien  SSidtiir  angemeffene  SBirfung  ausüben  ober  auöi  gegenfeitig  em« 
pfangen.    3)enn  meil  bad  ©ittUd^e  ber  S^at  ben  inneren  Suftanb  bed 
®eifteö  betrifft,  fo  fann  eö  aud^  natürlicher  SBeife  nur  in  ber  unmittel*  15 
baren  ©emeinfc^aft  ber  ©elfter  bie  ber  ganjen  9Roralitat  abäquate  SBir- 
tung  nac^  ftd^  gießen.   S)abur(l^  mürbe  ed  nun  gefc^el^en,  bag  bie  Seele 
beS  ÜRenf(^en  \6ion  in  biefem  Seben  bem  pttlic^en  Suftanbe  gufolge  i^re 
Stelle  unter  ben  getftigen  ©ubftangen  bed  UniDerfum  einnel^men  mü|te, 
fo  mie  nat^  ben  ©efe^en  ber  Semegung  bie  3Raterien  beö  SBeltraumö  jtcft  i-. 
in  foldö^  Drbnung  gegeneinanber  fe^en,  bie  il^ren  Äorperfr&ften  gemafe 
ift.*)  aSenn  benn  enblid^  burd^  ben  Sob  bie  ©emeinfdöcift  ber  Seele  mit  . 
ber  Äörpermelt  aufgehoben  morben,  fo  mürbe  baö  Seben  in  ber  anbern 
3Belt  nur  eine  natürlidie  gortfe^ung  berjenigen  SJerfnüpfung  fein,  barin 
fte  mit  i^r  fc^on  in  biefem  geben  geftanben  mar,  unb  bie  gefammte  golgen  -:> 
ber  l^ier  ausgeübten  Sittlici^feit  mürben  ftc^  bort  in  ben  SBirfungen  mieber 
finben,  bie  ein  mit  ber  gangen  ©eiftermelt  in  unaufloölid^er  ®emeinf(^aft 
ftel^enbeS  SBefen  [d^on  Dörfer  bafelbft  nad^  pneumatifd^en  ©efe^en  auS^ 
geübt  l^at.  3)ie  ©egenmart  unb  bie  ßufunft  mürben  alfo  gleid^fam  au« 
einem  Stüdte  fein  unb  ein  ftetigeS  ©ange  auSmad^en,  felbft  na(ft  ber  Drb«  so 


*)  5)te  au&  bem  ©runbc  ber  SWoralitÄt  entfprinßcnbe  SBed^fclroirfungen  bc3 
ÜJIenfd^en  unb  ber  @eiftermelt  no(^  ben  ©efe^en  bed  pneumottfc^en  ^tnf[uffeiS 
fönnte  mon  barin  fe^en,  bafe  barauö  natürlld^er  SBeife  eine  nähere  (Semetnfci^aft 
einer  guten  ober  böfen  (Seele  mit  guten  unb  böfen  ©eiftem  entfpringe,  unb  {ene 
baburc^  f«^  felbft  bem  Steile  ber  geiftigen  SRepublif  angefeilten,  ber  i^rer  pttlit^cn  33 
S3efc^affen^eit  gemäg  ift,  mit  ber  S^eilne^mung  an  allen  folgen,  bie  boraud  nad^ 
ber  Drbnung  ber  Sl^atur  entfielen  mögen. 


(Srfler  ^eil.    2.  ^ouptflüd.  337 

nung  bcr  5Ratur.  S)icfcr  Ic^terc  Umftanb  ifl  t)on  bcfonbcrcr  ßrlö^Blid^feit 
3)cnn  in  einer  aSermutl^unfl  nad^  blofeen  ®rünben  ber  SSernunft  Ift  e« 
eine  grofee  ©d^mlerigfelt,  ttenn  man,  um  ben  Übelftanb  gu  ^eben,  ber 
QUO  ber  unDoUenbeten  Harmonie  jkotfd^en  ber  9){oraIltdt  unb  tl^ren  ^^olgen 

5  In  blefer  SBelt  entfprlngt,  gu  einem  augerorbentIi(!^en  gottU^en  Sßllten 
feine  S^Pud^t  nel^mcn  mufe:  »eil,  fo  mal^rfclö^inUd)  au(6  ba«  ttrt^eil  über 
benfelben  nad^  nnferen  Segriffen  Don  ber  göttlid^en  SSetöl^eit  fein  mag, 
immer  ein  ftarfer  SSerbacftt  übrig  bleibt,  bafe  ble  fc^toad^e  Segriffe  unfere« 
aSerftanbeö  Dlellcidbt  auf  ben  ^öc^ften  fel)r  t)erfe^rt  übertragen  toorben, 

10  ba  beS  3Renf(^en  Dblicgenl^eit  nur  ift,  t)on  bem  g5ttUd&en  SBlUen  gu  ur* 
tl^eUen  aud  ber  äßo^Igereimt^eit,  ble  er  mlrflic^  in  ber  SSelt  koa^rnimmt, 
ober  loeld^e  er  nad^  ber  SRegel  ber  Analogie  gemä|  ber  9laturorbnung 
barin  t)ermut]^en  fann,  nid^t  aber  nac!^  bem  ISntmurfe  feiner  eigenen  SBeid« 
l^eit,  ben  er  gugleid)  bem  göttlid^en  SBlQen  gur  Sorfd^rlft  mad^t,  befugt  ift, 

15  neue  unb  milltürlic^e  9(norbnungen  in  ber  gegenio&rtigen  ober  ffinftigen 
äBelt  gu  erftnnen. 


Sßir  lenfen  nunmel^r  unfere  Setrad^tung  koieberum  in  ben  oorigen 
SBeg  ein  unb  näl^ern  un8  bem  QMt,  »eld^cö  »Ir  un«  t)orgefe^t  l^atten. 
SBenn  eiS  jtc^  mit  ber  ©elftermelt  unb  bem  Slnt^elle,  ben  unfere  Seele  an 

20  i^r  l|at,  fo  t)er^dlt,  »ie  ber  abrife,  ben  »ir  ert^ellten,  i^n  öorfteHt:  fo 
fdbeint  faft  nid^t«  befremblid^er  gu  fein,  al«  bafe  bie  ©eiftergcmeinfc^aft 
n{(^t  eine  gang  allgemeine  unb  geko5^nlic^e  Sac^e  ift,  unb  baS  Sluier» 
orbentli^e  betrifft  faft  mel^r  bie  Seltenl^eit  ber  @rfd^elnungen ,  ali  bie 
ÜWoglid^feit  berfelben.  S)lefe  Sd^mlerlgfelt  Idfet  ft*  inbeffen  giemlic^  gut 

25  lieben  unb  ift  gum  Sl^eil  au(^  [d^on  gel^oben  loorben.  S)enn  bie  SSor^ 
^eUung,  bie  ble  @eele  bed  SRenfc^en  Don  ^c^  felbft  atö  einem  ©elfte  burc^ 
ein  immaterielle^  Snld^auen  ^at,  inbem  fte  jid^  in  SSerl^dltnife  gegen  SBcfen 
Don  d^nlld^er  9latur  betrachtet,  ift  oon  berienigen  gang  Derf(^ieben,  ba  ll^r 
Semu^tfeln  ft(^  felbft  atö  einen  SRenfd^en  Dorfteat  burdb  ein  Silb,  baS 

30  feinen  Urfprung  aud  bem  ISlnbrude  Ibrperllc^er  Organen  ^at,  unb  »elc^ed 
in  Serl^dltnig  gegen  feine  anbere  ald  materielle  S)inge  Dorgefteüt  n)irb. 
6d  Ift  bemnad^  gmar  einerlei  @ubiect,  maS  ber  ftc^tbaren  unb  unfic^tbaren 
SSelt  gugleic^  ald  ein  @lleb  angel^ort,  aber  nlc^t  eben  biejelbe  ^erfon, 
»eil  ble  SorfteQungen  ber  einen  l^rer  Derfd^lebenen  Sefc^affenl^elt  megen 

35  feine  begleltenbe  ^b^tn  Don  benen  ber  anbern  Sßelt  ftnb,  unb  bal^er,  \oai 

itanV$  Ci^rfftCB.   Scrfc.  U.  22 


338    Stdume  eine«  (Beiflerfel^erdi  erläutert  burd^  3:räume  ber  ^etap^i)fif. 

id^  als  ®eifi  benfe,  Don  mir  als  SRenfc^  nid^t  erinnert  toirb,  unb  unige« 
gefeiert  mein  ßuftanb  ald  eineiS  SRenfcben  in  bie  SorileUung  meiner  felbfi 
qM  eines  ©eifted  gar  ni(!^t  l^inein  fommt  Übrigens  mögen  bie  fßot^ 
{tenungen  Don  ber  ®eiftermelt  fo  flar  unb  anf(!^auenb  fein,  toie  man 
miO,*)  fo  i[t  biefeS  boc^  ni(^t  J^inl&nglii^,  um  mi^  beren  als  SRenfd^  be«  5 
teufet  ju  »erben ;  »ie  benn  fogar  bie  98or jtellung  feiner  felbfi  (b.  i.  ber 
Seele)  als  eines  ®eifteS  lool^l  burc^  ©djiuffe  erworben  mirb,  bei  feinem 
SRenfd^en  aber  ein  anfd^auenber  unb  @rfal^rungSbegriff  ifi. 

©iefe  Unglcid^artigfeit  ber  geifligen  SSorfieUungen  unb  berer,  bie 
}um  leibli^en  Seben  beS  9Renf(!^en  gehören,  barf  inbeffen  nid^t  als  eine  10 
fo  grofee  ^inbernife  angefel^en  »erben,  bafe  fte  ade  9Rögli(^feit  aufl^ebe, 
fid^  biSioeilen  ber  (Sinpffe  Don  Seiten  ber  ©eifienoelt  fogar  in  biefem 
Seben  bemugt  gu  koerben.  3)enn  fte  (önnen  in  baS  perf5nli(!^e  SSemufetfein 
beS  9Renf(^en  gtoar  nid^t  unmittelbar,  aber  bo(!^  fo  übergel^en,  bafe  fte 
nad^  bem  ®efe^  ber  oergefeUfd^afteten  Segrtffe  biefenige  Silber  rege  15 


♦)  Solan  famt  blefe«  burcift  eine  geroiffc  «rt  oon  awlefoc^er  ^erfönll^fett,  bie 
ber  ©eele  felbfi  in  $(nfe^ung  biefeiS  8ebenS  aufommt,  erldutem.  ®en)tffe  $^iIo- 
fopl^en  glauben,  fic^  ol^ne  ben  mtnbeflen  beforglid^en  CHnfpruc^  auf  ben  ßuftanb 
bed  feften  ©^lafeS  berufen  au  fdnnen,  wenn  fie  bie  äBirfltc^^feit  bunfeler  SorfleHun- 
gen  bemetfen  wollen,  ba  fi^  bo($  nichts  weiter  l^ieDon  mit  @i(^erbeit  fagen  lögt,  20 
atö  bag  wir  und  im  Sßa^en  feiner  Don  benjenigen  erinnern,  bie  wir  im  feften 
©((lafe  etwa  mochten  gel^abt  l^aben,  unb  baraud  nur  fo  Diel  folgt,  bag  fie  beim 
C^wa^en  nid^t  flar  DorgefieHt  worben,  nic^t  aber,  bag  fie  aud^  bamald,  otS  wir 
fd^Iiefen,  bunfel  waren.  S^  oermut^e  Dtelmel^r,  bag  biefelbe  ftörer  unb  au^ge* 
breiteter  fein  mögen,  a(d  felbft  bie  fl&rften  im  SBa^en:  weil  biefeS  bei  ber  DdUigen  20 
SRu^e  äugerer  @inne  Don  einem  fo  t^&tigen  SBBefen,  a\&  bie  ©eele  ift,  au  erworten 
ift,  wiewol^I,  ba  ber  Körper  bed  SJlenfc^en  au  ^er  gett  ni<!^t  mit  empfunben  ift, 
beim  Chrwac^en  bie  beglcitenbe  ^htt  beffelben  ermangelt,  wetd^e  ben  Dorigen  3u' 
ftanb  ber  ®ebanfen  ald  au  eben  berfelben  $erfon  gel^örig  aum  ^ewugtfein  Der« 
l^elfen  fönnte.  S)te  ^anblungen  einiger  ©d^lafwonberer,  welche  biiSweilen  in  \olä)em  30 
Suftanbe  mel^r  QlJerftanb  ald  fonft  a^^d^u,  ob  fie  glei<!^  ni(!^tS  baDon  beim  C^wad^en 
erinnern,  beft&tigen  bie  SRöglid^feit  beffen,  wa^  \^  Dom  fefien  @d^lafe  Dermut^e. 
lS)te  2:r&ume  bagegen,  bod  ift,  bie  tBorfieUungen  bed  ©c^Iafenben,  beren  er  fid^ 
beim  ^noac^en  erinnert,  gel^dren  nid^t  l^iel^er.  2)enn  aldbann  f^IAft  ber  SRenfdl^ 
ni(^t  DöHig;  er  empfinbet  in  einem  gewiffen  @rabe  flar  unb  webt  feine  ®eifteS«  35 
l^anblungen  in  bie  (SinbrüdPe  ber  öugeren  @inne.  S)a]^er  er  flc^  i^rer  aum  2:^etl 
nac^^er  erinnert,  aber  aud^  an  il^nen  lauter  wilbe  unb  abgefd^madCte  Q^l^imdren  an- 
trifft, wie  fie  eS  benn  not^wenbig  fein  muffen,  ba  in  i^nen  3been  ber  ^^antafie 
unb  bie  ber  äußeren  (Smpfinbung  untereinanber  geworfen  werben. 


(Srßer  2:^etl.    2.  |^auptflü(f.  339 

mad^cn,  bie  mit  il^ncn  t)cmattbt  pnb  unb  analoflifd^c  SSorftellungcn  unfcrcr 
Sinne  crmccicn,  bic  »o^l  ntc^t  bcr  flctftigc  Scflriff  fdbcr,  aber  bo(^  bcren 
Symbolen  ftnb.  3)enn  ed  tft  bo(!^  immer  eben  biefelbe  @ubftanj,  bie  ju 
btefer  SBelt  fomol^I  aliS  ju  ber  anbern  tote  ein  ©lieb  gel^ört,  unb  beiberlei 

5  Slrt  oon  SSorfteUungen  gel^ören  gu  bemfelben  @ub)ecte  unb  jtnb  mit  ein« 
anber  Derfnfipft.  3)ie  9Roglic^feit  ^itoon  lönnen  mir  einigermaßen  ba« 
burd)  faßlic!^  ma(!^en,  menn  mir  betrad^ten,  mie  unfere  l^ö^ere  SSernunft« 
begriffe,  meldte  {td^  ben  geiftigen  giemlic^  näl^em,  gemö^nlid^ermaßen 
gleid^fam  ein  forperlii^  ^leib  annel^men,  um  ^d^  in  j^lar^eit  gu  fe^en. 

10  2)a^er  bie  moralifd^e  6igenf(^Qften  ber  ©ott^eit  unter  ben  ä^orfteQun« 
gen  bed  Qoxn^f  ber  Siferfuc^t,  ber  Sorml^ergigleit,  ber  Stäche,  u.  b.  g. 
öorgefteüt  merben;  bal^er  perfoniflciren  S)id)ter  bie  Sugenben,  ßajier  ober 
anbere  @igen[d^aften  ber  Statur,  bod^  \o,  baß  bie  malere  ^bee  bed  SSerftan:: 
bed  ^inburd^fd^eint;  fo  fteQt  ber  ©eometra  bie  Qtit  bnxdi  eine  Sinie  ))or, 

ij  obgleid^  SHaum  unb  B^tt  nur  eine  Übereinlunft  in  93erl^&Itniffen  l^aben 
unb  aljo  mo^I  ber  Slnalogie  nad^,  niemals  aber  ber  Dualitdt  nadb  mit 
einanber  übereintreffen;  ba^er  nimmt  bie  SSorfleUung  ber  gottlid^en  Smig« 
leit  felbft  bei  ^^ilolop^en  ben  Sd^ein  einer  unenblid^en  S^xt  an,  fo  fel)r 
mie  man  {tc^  aud^  ptet  betbe  ju  oermengen,  unb  eine  große  Urfad^e,  toti^ 

20  megen  bie  SRat^ematifer  gemeinigli(^  abgeneigt  ftnb,  bie  Seibntjifd^e  9Ro« 
naben  einpräumen,  ift  mo^I  biefe,  baß  fte  nid^t  uml^in  lönnen  ftc^  an 
il^nen  fleine  Jdämp^en  oorgufteHen.  S)a]^er  ift  ed  nid^t  unmal^rfd^einlid^, 
baß  geiftige  Smpfinbungen  in  ba&  93emußtfein  übergel^en  Ibnnten,  menn 
fte  $l^antaften  erregen,  bie  mit  i^nen  Dermanbt  ftnb.  auf  biefe  Srt  mür< 

25  ben  3been,  bie  burd^  einen  geiftigen  Sinfluß  mitgetl^eilt  ftnb,  ftd^  in  bie 
Seid()en  berjentgen  Sprache  einfleiben,  bie  ber  SKenfd^  fonft  im  ®ebraud^ 
^at,  bie  empfunbene  ®egenmart  eineiS  ©eifteiS  in  bad  Silb  einer  menf d^» 
lidben  $igur,  Drbnung  unb  @d^5n^eit  ber  immaterieDen  äBelt  in  $^an« 
taften,  bie  unfere  Sinne  fonft  im  Seben  vergnügen,  u.  f.  m. 

30  S>iefe  art  ber  ISrf(^einungen  fann  gIeid)mol^I  ni(^t  etmad  Gemeine« 
unb  ®em5^nli(^ejS  fein,  fonbern  ftdi)  nur  bei  $erfonen  er&ugnen,  beren 
Organen*)  eine  ungemö^nlid^  große  9ieljbar(eit  ^aben,  bie  Silber  ber 


*)  34  Derfte^e  l^terunter  ni^t  bie  Organen  ber  dugeren  (ihnpfinbmig,  fonbern 
bod  ©enforium  ber  Seele,  roie  man  eS  nennt,  b.  l  benjenigen  ^l^eil  bed  (Sk^ime^, 
36  beffen  Bewegung  bie  mand^erlei  Silber  mib  ^orfteümtgen  ber  benlenben  @eele  ju 
begleiten  pflegt,  mie  bte  ^^Uofopl^en  bafür  l^alten. 

22* 


340    Zr&vmt  eine«  (Mflffffl^,  erläutert  bur4  SrAume  ber  SRetop^pftt 

$]^ontaf{e  bem  tnnern  3nfianbe  ber  @eele  gemfig  burd^  l^armonifcbe  9^ 
koegung  mel^r  gu  üerftärfen,  ald  getoo^nltd^er  Seife  bei  gefunbeit  SRen^ 
fc^en  gefd^ie^t  unb  aud^  0efd)e^en  foO.  Sold^e  feltfame  $erfonen  tourben 
in  geiDiffen  Sugenbliden  mit  ber  8pparen}  mand^er  ®egen{l&nbe  al^ 
auger  i^nen  angefod^ten  fein,  »eld^e  jte  für  eine  ®egenn>art  oon  geijligen  : 
Staturen  galten  »firben,  bie  auf  i^re  förperlic^e  Sinne  fiele,  obgleid^  ^ie« 
bei  nur  ein  Slenbuerf  ber  ßinbilbung  Dorgel^t,  bod^  fo,  bag  bie  1Irfad;e 
baüon  ein  »a^rl^after  geifiiger  Sinflug  ift,  ber  nid^t  unmittelbar  empfun- 
ben  »erben  fann,  fonbem  ftd^  nur  burd^  t)enDanbte  Silber  ber  ^^antape, 
»eld^e  ben  €d^ein  ber  Smpfinbungen  annehmen,  3um  93emugtfein  10 
offenbart. 

3)ie  (Srgiel^ungdbegriffe,  ober  aud^  mand^erlei  fonfi  eingefd^üd^ene 
SBal^n  Ȋrben  l^iebei  i^re  SioDe  fpielen,  mo  SSerblenbung  mit  Sa^r^eit 
untermengt  mirb,  unb  eine  »irflic^e  geiftige  Smpftnbung  gmar  gum 
®runbe  liegt,  bie  bod^  in  @(^attenbilber  ber  ftnnlid^en  S)inge  umgefd)affen  1:. 
morben.  3Ran  wirb  aber  aud^  iugeben,  bag  bie  @tgenfd)aft  auf  fold^e 
SBeife  bie  (Sinbrude  ber  ©eiftermelt  in  biefem  üieben  jum  Karen  8nfd^auen 
audgumitfeln  fdjmerlid^  mogu  nfi^en  fönne;  meil  babei  bie  geifitge  @m> 
pfinbung  notl^menbig  fo  genau  in  ba^  ^irngefpenfi  ber  ßinbilbung  üer» 
rotht  Q)irb,  bag  e$  unmoglid^  fein  mug  in  berfelben  bad  SBa^re  Don  ben  so 
groben  SIenbmerfen,  bie  e&  umgeben,  guunterfd^eiben.  S^gleid^en  mürbe 
ein  foldber  Buftanb,  ba  er  ein  Deränberted  ©leic^gemid^t  in  ben  Heroen 
Doraudfe^t,  meiere  fogar  burd^  bie  Sßirffamfeit  ber  blog  geiftig  empfin« 
benben  @eele  in  unnatürliche  ä3emegung  Derfe^t  merben,  eine  mirfltd^e 
JCranf^eit  angeigen.  (Snbltc^  mürbe  eiS  gar  nidjt  befremblid^  fein,  an  einem  ss 
©eifterfel^er  gugleic^  einen  ^l^antaften  angutreffen,  gum  menigfien  in  Sn« 
fel^ung  ber  begleitenben  Silber  oon  biefen  feinen  @rf(^einungen,  meil  93or« 
fteüungen,  bie  il^rer  9latur  nad^  fremb  unb  mit  benen  im  leiblid^en  Qn^ 
ftanbe  bed  SRenfc^en  unoereinbar  ftnb,  fid^  beroorbrdngen,  unb  übelge« 
paarte  Silber  in  bie  dugere  ISmpflnbung  ^ereingiel^en,  moburd^  milbe  30 
@]^tm&ren  unb  munberlic^e  f^ra^en  audge^edtt  merben,  bie  in  langem  ®t^ 
fc^Ieppe  ben  betrogenen  Sinnen  oorgauleln,  ob  fie  glei^  einen  maleren 
geiftigen  @influ|3  gum  ®runbe  ^aben  mögen. 

9lunme]^r  Tann  man  nid^t  t)erlegen  fein,  oon  ben  ©efpenjlterergä^Iun» 
gen,  bie  ben  ^^ilofopl^en  fo  oft  in  ben  SBeg  lommen,  imgleid^en  allerlei  35 
®eiftereinPüffen,  oon  benen  l^ie  ober  ba  bte  Sfiebe  gel^t,  fd^einbare  Ser* 
nunftgrünbe  angugeben.   Slbgefd^iebene  @eelen  unb  reine  ©eifter  finnen 


(Sr^tt  V^l    2.  .^auptflüd.  341 

gloar  niemals  unfern  fingeren  Sinnen  gegenlDfirtig  fein,  mit  fonft  mit 
ber  SRaterie  in  ©emetnfd^aft  ftel^en,  aber  tooijil  auf  ben  ©eift  beiS  9Ren« 
fd^en,  ber  mit  il^nen  ju  einer  großen  SRepublit  gel^ört,  mirfen,  fo  bag  bie 
SBorfteDungen,  loeld^e  fte  in  il^m  erioeden,  ftd^  na(]^  bem  ®efe^e  feiner 
5  ^l^antafte  in  Dermanbte  Silber  einfleiben  unb  bie  ^ppareng  ber  il^nen 
gemftgen  ®egenftfinbe  ald  auger  il^m  erregen.  2)tefe  2:&uf(^ung  lann  einen 
ieben  @inn  betreffen,  unb  fo  fe^r  biefelbe  aud^  mit  ungereimten  ^irnge« 
fpinften  untermengt  mfire,  fo  bürfte  man  fid^  biefed  ni(^t  abl^alten  laffen, 
l^ierunter  geiftige  6tnflüffe  gu  oermutl^en.  Sd^  m&rbe  ber  @(^arf{td^tigfeit 

lo  beiS  Seferd  gu  na^e  treten,  menn  id^  mic^  bei  ber  flnioenbung  biefer  @r» 
fl&rungdart  nod^  aufhalten  moDte.  S)enn  metapl^qftfd^e  ^qpot^efen  ^aben 
eine  fo  ungemeine  99iegfamTeit  an  ftd^,  bag  man  fel^r  ungefd^idCt  fein 
m&gte,  loenn  man  bie  gegenU)drtige  nic^t  einer  ieben  Srgfil^Iung  bequemen 
tonnte,  fogar  el^e  man  i^re  SBal^rl^aftigteit  unterfud^t  l^at,  meld^eS  in  t)te« 

15  len  S^&Uen  unmöglich  unb  in  noc^  mehreren  fel^r  unl^öflid^  ifi 

SBenn  inbeffen  bie  SSort^eile  unb  9lad^t^eile  in  etnanber  gered^net 
merben,  bie  bemjenigen  ermad^fen  fönnen,  ber  nid^t  aOein  für  bie  fic^tbare 
SSelt,  fonbern  aud^  ffir  bie  unftc^tbare  in  gemiffem  ®rabe  organi^rt  ift 
(mofern  eS  jjemald  einen  fold^en  gegeben  ^at),  fo  fd^eint  ein  ©efd^ent  oon 

20  biefer  Slrt  bemjenigen  gleid^  gu  fein,  momit  3uno  ben  Sirefiad  beel^rte, 
bie  il^n  guoor  blinb  mad^te,  bamit  fte  il^m  bie  ®abe  gu  U)eiffagen  ertl^eilen 
fSnnte.  2)enn  nac^  ben  obigen  @fi^en  gu  urt^eilen,  lann  bie  anfd^auenbe 
JSenntnig  ber  an  bem  Sßelt  aOl^ier  nur  erlangt  U)erben,  inbem  man  etU)ad 
Don  bemjenigen  SSerftanbe  einbaut,  meldten  man  fftr  bie  gegen mdrt ige 

35  nötl^ig  l^at.  ^di  U)eig  aud^  nid^t,  ob  felbft  geioiffe  $^iIofop]^en  g&nglid^ 
Don  biefer  l^arten  Sebingung  frei  fein  foQten,  totl6)t  fo  fleißig  unb  Der« 
tieft  il^re  metapl^qfifc^e  ©lafer  nad^  jenen  entlegenen  ©egenben  ^inrid^ten 
unb  SBunberbinge  Don  bal^er  gu  ergfil^Ien  miffen,  gum  menigfien  mißgönne 
i6i  il^nen  leine  t)on  i^ren  gntbedungen ;  nur  beforge  id^:  bai  il^nen  irgenb 

so  ein  !D}ann  t)on  gutem  SBerftanbe  unb  U)enig  $einigteit  eben  baffelbe  bürfte 
gu  Derfte^n  geben,  U)ad  bem  £^(^0  be  99ra^e  fein  j(utfd^er  antwortete, 
ald  jener  meinte  gur  Slac^tgeit  nad^  ben  Sternen  ben  lürgeften  äSeg  fallen 
gu  Ibnnen:  ®uter  ^err,  auf  ben  ^immel  mögt  il^r  eud^  koo^I  oer« 
ftel^en,  ^ier  aber  auf  ber  ISrbe  feib  il^rein  9larr. 


342    S^t&unte  etned  (Bdfterfel^etd,  ett&utert  butd^  Srdume  ber  ^D^etap^^^ft^. 

3)rtttc8  ^auptftücf^ 

Slntlfobbala.   @ln  gtagmcnt  ber  gemeinen  ^l&ilofopl^ie, 
bie  ®emetnf(]^aft  mit  ber  ©eifiermelt  aufjul^eben. 

SrifloteleiS  fagt  irgenbiDo:  Sßenn  loir  toad^en,  fo  l^aben  iDir 
eine  gemeinfcftaftlidö^  SBelt,  trdumen  »ir  aber,  fo  l^at  ein  fc*    » 
ber  feine  eigne.   3Rid^  bänit,  man  foDte  n^ol^l  ben  lej^teren  @a^  um» 
lel&ren  unb  fagen  fönnen:  »enn  öon  ücrfdöi^benen  SRenfc^en  ein  jeglicher 
feine  eigene  SBelt  bat,  fo  ift  gu  »ermut^en,  bafe  fte  träumen,    Sluf  biefen 
gufe,  menn  »ir  bie  Suftbaumeifter  ber  mand^erlei  ©ebanfenmelten  be* 
trachten,  bereu  ieglidö^^  bie  feinige  mit  Sluöfd^liefeung  anberer  ru^ig  be«  lo 
»o^nt,  benjenigen  etwa,  tteld^er  bie  Drbnung  ber  5)inge,  fo  ttie  fte  üon 
SBolffen  aud  menig  Saujeug  ber  @rfa^ruug,  aber  me^r  erfc^Itd^enen 
Segriffen  gejimmert,  ober  bie,  fo  üou  GrufiuS  burdö  i>i^  magif(!^e  J^raft 
einiger  ©prfid^e  Dom  S)entli(^eu  unb  Unbenflid^en  aud  Slic^td  l^er« 
vorgebracht  tcorben,  bemol^nt,  fo  merben  ü3ir  und  bei  bem  SBiberfpruc^e  15 
il^rer  SJiftonen  gebulben,  bis  biefe  Ferren  ausgeträumt  l^aben.   3)enn 
menn  fte  einmal,  fo  ®ott  min,  DöDig  mad^en,  b.  i.  gu  einem  Slide,  ber  bie 
@inftimmung  mit  anberem  SReufd^euDerftanbe  nid)t  auSfd^liegt,  bie  Slugen 
auft^un  iDerben,  fo  mirb  niemanb  Don  il^nen  etmad  fe^en,  maS  nid)t  ieöem 
anbern  gleitbfadd  bei  bem  Sid^te  il^rer  SemeiStl^ümer  augenftbeinlid^  unb  90 
gewife  erfcbeinen  follte,  unb  bie  ^J^üofop^en  werben  gu  berfelbigen  S^it 
eine  gemeinfdjaftlitbe  SBelt  bemo^nen,  bergleic^en  bie  ©röfeenlel^rer  fcfton 
längft  inne  get)abt  t)aben,  melcbe  miditige  S3egebenl^eit  nict)t  lange  me^r 
onftel^en  fann,  »ofern  geroiffen  S^idl^n  unb  SSorbebeutungen  gu  trauen 
ift,  bie  feit  einiger  S^it  ober  bem  4)orijonte  ber  SBiffenfc^aften  erfc^ie«  25 
nen  ftnb. 

3n  gemiffer  a3ern)anbtfd)aft  mit  ben  Srfiumern  ber  SSernunft 
ftefien  bie  Srfiumer  ber  ©mpfinbung,  unb  unter  biefelbe  werben  ge« 
meiniglic^  biejentge,  fo  biiSmeilen  mit  ©eiftern  gu  tbun  l^oben,  gegä^lt 
unb  gmar  aud  bem  n&mlid)en  ©runbe  mie  bie  Dorigen,  weil  fte  etmaiS  so 
feigen,  maö  fein  anberer  gefunber  SMenjc^  jtelöt,  unb  tbre  eigene  ®emein« 
fc^aft  mit  SBefen  ^aben,  Die  ftd)  niemanben  fonft  offenbaren,  fo  gute 
@inne  er  auc^  ^aben  mag.  6d  ift  aud^  bie  Benennung  ber  Sr&umereien, 
wenn  man  Doraudfe^t,  bag  bie  gebad)te  6rfc^einungen  auf  bloge  .|)irn« 
gefpenfter  auslaufen,  in  fo  fern  |)affenb,  ald  bie  eine  fo  gut  wie  bie  anbere  35 


(ihrfter  ^t\l    8.  ^auptflüdT. 

felbft  auiSgel^ecIte  Silber  ftnb,  bie  glei^mol^I  dd  malere  ®egenfldnbe  bie 
@inne  betrugen;  aDein  loenn  man  {tc^  einbilbet,  bag  beibe  Soufd^ungen 
fibrigend  in  i^rer  ISntftebungdart  {t^  dl^nlidb  gnug  lodren,  um  bie  Quelle 
ber  einen  aud^  gur  6rndrung  ber  anbern  jureic^enb  gu  flnben,  fo  betrugt 

5  man  ftc^  fe^r.  S)erienige,  ber  im  Sßad^en  ftc^  in  6rbidi)tungen  unb  6^tm&* 
ren,  meldte  feine  ftetd  frud^tbare  6inbilbung  aud^ectt,  bermagen  vertieft, 
bag  er  auf  bie  6mpfinbung  ber  Sinne  loenig  Sld^t  l^at,  bie  il^m  j[e^t  am  mei« 
ften  angelegen  ftnb,  mirb  mit  Sfied^t  ein  mad^enberStr&umer  genannt. 
S)enn  ed  bürfen  nur  bie  @mpfinbungen  ber  @inne  no(^  etmaiS  mel^r  in 

10  i^rer  @t&rfe  nac^laffen,  fo  mirb  er  fd^Iafen,  unb  bie  Dorige  Sl^imdren 
merben  ma^re  Srdume  fein.  S)ie  Urfad^e,  medmegen  {te  eS  nid^t  fc^on  im 
Sßad^en  ftnb,  ift  biefe,  loeil  er  fte  gu  ber  Qtit  ald  in  fid^,  anbere  ©egen« 
ftdnbe  aber,  bie  er  empflnbet,  atö  auger  {tc^  DorfteDt,  folglid^  {ene  gu 
SSirfungen  feiner  eignen  Sl^dtigfeit,  biefe  aber  gu  bemj[enigen  gdl^It,  mad 

15  er  Don  äugen  empfdngt  unb  erleibet.  S)enn  l^iebei  fommt  ed  aOed  auf 
bad  SSer^dltnig  an,  barin  bie  ©egenitdnbe  auf  i^n  felbft  atö  einen  ÜRen« 
fd^en,  folglid^  aud^  auf  feinen  Stixptx  gebadet  merben.  S)a^tx  lönnen  bie 
ndmlic^e  Silber  il^n  im  SSad^en  mo^l  fe^r  bef d)dftigen ,  aber  ni(t)t  be^ 
trügen,  fo  flar  fte  auc^  fein  mbgen.  S)enn  ob  er  gleidb  alSbann  eine  Sor« 

20  ftellung  t)on  ftdb  felbft  unb  feinem  Körper  aud^  im  ©e^irne  ^at,  gegen  bie 
er  feine  p^antaftifd^e  Silber  in  Serbdltnig  fe^t,  fo  mad)t  bod^  bie  U)ir^ 
lid^e  (Smpfinbung  feined  JCörperd  burd)  dugere  @inne  gegen  j[ene  (Si^U 
mdren  einen  Sontraft  ober  Slbftec^ung,  um  fene  atö  Don  ftc^  audge^edt, 
biefe  aber  [ald  empfunben  angufel^en.   Schlummert  er  l^iebei  ein,  fo  er« 

2t  lifd^t  bie  empfunbene  SorfteDung  feined  JCörperd,  unb  t&  bleibt  blog  bie 
felbftgeb leitete  übrig,  gegen  meldte  bie  anbre  @^imären  ald  in  dugerem 
Serbdltnig  gebadet  merben  unb  aud^,  fo  lange  man  fdjldft,  ben  Srdumen» 
ben  betragen  muffen,  meil  feine  (Smpfinbung  ba  ift,  bie  in  Sergleic^ung 
mit  {euer  bad  Urbilb  t)om  S^attenbilbe,  ndmlidb  bad  ^ugere  Dom  Innern, 

so  unterfd^eiben  liege. 

Son  ma^enben  Srdumem  ftnb  bemnadb  bie  ©eifterfel^er  nid^t  blog 
bem  ®rabe,  fonbem  ber  Slrt  na^  gdnglic^  unterfc^ieben.  2)enn  biefe  refe« 
riren  im  äBadjen  unb  oft  bei  ber  grbgten  Sebl^aftigfeit  anberer  ßmpfin« 
bungen  gemiffe  ©egenftdnbe  unter  bie  dugerlic^e  Stellen  ber  anbern 

3»  S)inge,  bie  fte  mirflid)  um  ftc^  loa^rnel^men,  unb  bie  f^rage  ift  l^ier  nur, 
mie  t^  gugel^e,  bag  fte  bad  Slenbioert  i^rer  (Sinbilbung  auger  fic^  Der« 
fe^en  unb  gmar  in  Ser^dltnig  auf  i^ren  j(5rper,  ben  fte  aud^  burd^  dugere 


344    Zx&mnt  dned  edflftfe^ev0,  etfäntett  hnr^  Sräinne  ber  aRetop^^ft!. 

6inne  cmpfinben.  S)ie  gro§e  Klarst  t^reS  ^imgefpinfied  fann  ^tcDon 
ntd)t  bte  Urfad)e  fein,  benn  cS  fomnit  ^ter  auf  ben  Ort  an,  iDol^in  t&  ald 
ein  (Segenfianb  oerfe^t  ifl,  nnb  ba^  verlange  id^,  bag  man  jteige,  »ie 
bie  Seele  ein  fold^eö  Silb,  nmd  fie  bo4  ali^  in  ft^  enthalten  DorjieDen 
foUte,  in  ein  Qan^  anber  9Ser^altni§,  nämlid^  in  einen  Drt  ftugerlid^  & 
unb  unter  bie  ®egenßänbe,  oerfe^e,  bie  fid^  il^rer  »trllidien  Gmpfinbung 
barbieten.  8u(l^  »erbe  id^  mid)  buxii  bie  Snfä^rung  anberer  %&üt,  bie 
einige  %^nlid)feit  mit  folc^er  Säufd^ung  ^aben  unb  etma  im  fieberhaften 
Suflanbe  oorfaDen,  nid^t  abfertigen  laffen;  benn  gefunb  ober  Iranf,  »ie 
ber  3ufi<(nb  it&  betrogenen  aud)  fein  mag,  fo  »iU  man  nic^t  miffen,  ob  lo 
bergleid^en  aud^  fon{i  gefdjel^er  fonbern  mie  biefer  Setrug  moglid^  fei. 

SSir  flnben  ober  bei  bem  ®ebraud^  ber  äußeren  @inne,  bag  über  bie 
ftlarl^eit,  barin  bie  ®egenfldnbe  oorgejtellt  merben,  man  in  ber  @mpfin* 
bnng  au4  i^ten  Drt  mit  begreife,  oielleid^t  bisweilen  nid^t  aOemal  mit 
gleid^er  9ii(^tigfeit,  benno(^  ald  eine  not^menbtge  Sebingung  ber  (Smpftn«  is 
bitng,  o^ne  ueld^e  t&  unmöglich  m&re  bte  3)inge  als  au^er  uns  Dorju^ 
flellen.  Riebet  »irb  ed  fel^r  ma^rfd^einlid^:  bag  unfere  Seele  baS  empfun« 
bene  Dbject  ba^in  in  il^rer  SorfteQung  oerfe^e,  n)0  bie  oerfd^iebene  9t\6i^ 
tungSlinien  bed  (SinbrutfS,  bie  baffelbe  gemad^t  ^at,  uenn  fie  fortgegogen 
»erben,  jufammenftogen.  2)a]^er  jte^t  man  einen  ftral^lenben  $unlt  an  so 
bemjenigen  Orte,  mo  bie  Don  bem  Suge  in  ber  äiid^tung  bed  SinfallS  ber 
Sid^tfiral^len  jurudgejogene  Sinien  ftd^  fc^neiben.  2)iefer  $untt,  meldten 
man  ben  €e^epuntt  nennt,  ift  gmar  in  ber  SBirlung  ber3ctflreuungS« 
puntt,  aber  in  ber  Sorfiellung  berSammlungdpunIt  ber  3)irectionS« 
linien,  nadb  meldten  bie  6m|)flnbung  eingebructt  mtrb  (focos  imaginarius).  25 
@o  befiimmt  man  felbfi  burd^  ein  eingiged  Suge  einem  fid^tbaren  Dbjecte 
ben  Ort,  mie  unter  anbem  gefd^iel^t,  »enn  baS  Spectrum  eines  J(5r|)erS 
bermittelft  eines  ^ol^l{|}iegelS  in  ber  Suft  gefeiten  mirb,  gerabe  ba,  too 
bie  Strahlen,  meiere  aus  einem  fünfte  beS  Dbjects  ausfliegen,  fid^  feinet» 
ben,  tfft  fte  ins  äuge  fatten.*)  so 


*)  @o  loirb  baS  Urtl^eil,  loeld^eS  lott  oon  bem  fti^einbaren  Drte  na^er  Gegen* 
ft&nbe  f&Uen,  in  ber  ©e^efunft  gemeiniglich  üorgefteüt,  unb  eö  ftimmt  auti^  fe^r  gut 
mit  bet  (Jrfal^rung.  Snbeffen  treffen  eben  biefelbe  Cidötftra^len,  bte  auü  einem 
$un!te  auslaufen,  t)enndge  ber  Srec^ung  in  ben  9(ugenfeu(^ttg!eiten  nid^t  bioergirenb 
auf  ben  @e^enert)en,  fonbern  bereinigen  fic^  bafelbft  in  einem  gSunfte.  ^a^tx^  u>enn  35 
bie  C^mpfinbung  lebiglic^  in  btefem  ffltmn  t)orge^t,  ber  focus  imaginarius  ni^t 
au6er  bem  j^örper,  fonbern  im  S3oben  beS  ^uged  gefegt  merben  mügte,  melc^eS  eine 


(Sr^tx  S^eil.    3.  ^auptflüdC  345 

S3teIIei(^t  tonn  man  eben  fo  bei  ben  ßinbrfiden  beö  ©d^aHed,  tot\\ 
beffen  @t56e  anii  nad^  geraben  Sinien  gefd^e^en,  onnel^men:  bog  bte  @m« 
pftnbung  beffelben  ^ugleid^  mit  ber  Sßorftellung  eined  foci  imaginarii  be« 
gleitet  fei,  ber  bal^in  gefegt  iDirb,  mo  bie  gerabe  Sinien  beiS  in  99ebung 

5  gefegten  9lerDengeb&ubed,  im  ©e^irne  dugerlid^  fortgegogen,  gufammen« 
flogen.  2)enn  man  bemerft  bie  ©egenb  unb  SBeite  eined  {db^iDenben  Ob« 
iectd  einigermaßen,  »enn  ber  Sd^aU  gleid^  leife  i[t  unb  l^inter  und  ge« 
jd^ie^t,  obfc^on  bie  gerabe  Sinien,  bie  Don  ba  gegogen  merben  fönnen, 
eben  nidbt  bie  @rbffnung  beS  Dffx^  treffen,  fonbern  auf  anbere  Stellen  bed 

10  ^auptiS  fallen,  fo  bag  man  glauben  muß,  bie  Sfiid^tungdUnien  ber  ßr« 
fc^ütterung  »erben  in  ber  SBorfteUung  ber  @eele  dugerlid^  fortgegogen  unb 
bad  fd^allenbe  Dbiect  in  ben  ^unft  i^red  Bufammenftoged  oerfe^t.  @ben 
baffelbe  fann,  mie  mid^  bünit,  aud^  bon  ben  fibrigen  brei  Sinnen  gefagt 
U)erben,  loeld^e  ftd^  barin  bon  bem  ©eiterte  unb  bem  ©el^or  unterfd^eiben, 

15  bag  ber  ©egenfianb  ber  gmpfinbung  mit  ben  Organen  in  unmittelbarer 
93erü]^rung  fielet,  unb  bie  SfÜc^tungdUnien  beS  {tnnlic^en  SReiged  ba^er  in 
biefen  Organen  felbft  il^ren  $unlt  ber  Sßereinigung  l^aben. 

Um  bief  eiS  auf  bie  Silber  ber  ßinbilbung  angumenben,  fo  erlaube  man 
mir  baiSjenige,  »aiS  ßartefiud  annahm  unb  bie  me^rften  ^^ilofopl^en 

2ü  nac^  il^m  billigten,  gum  ®runbe  gu  legen:  n&mlid^  bag  aQe  SSorftellungen 
ber  einbilbungdtraft  gugleid^  mit  gemiffen  Seioegungen  in  bem  Sleroen« 
gemebe  ober  9ten)engeifte  bed  ©el^irneiS  begleitet  itnb,  meldte  man  ideas 
materiales  nennt,  b.  i.  Dielleid^t  mit  ber  (Srfd^ütterung  ober  99ebung  bed 
feinen  ßlementiS,  meld^ed  t)on  i^nen  abgefonbert  mirb,  unb  bie  berjjenigen 

25  IBemegung  ä^nlid^  ift,  meiere  ber  finnlid^e  @inbrutf  machen  f  bnnte,  loobon 
er  bie  ßopie  ift.  9lun  berlange  ic^  aber  mir  eingur&umen:  bag  ber  oor« 
nel^mfte  Unterf(^ieb  ber  SRerDenbemegung  in  ben  $^antaften  Don  ber  in 
ber  Smpflnbung  barin  beftel^e,  bag  bie  Sfiid^tungdlinien  ber  Seioegung 
bei  iener  fid^  innerhalb  bem  ©e^irne,  bei  biefer  aber  augerl^alb  fd^neiben; 

30  bal^er,  n)eil  ber  focus  imaglnarius,  barin  bad  Ob^ect  oorgefteQt  mirb,  bei 
ben  flaren  ßmpfinbungen  beS  Sßad^end  auger  mir,  ber  bon  ben  $^anta« 
fien  aber,  bie  id^  gu  ber  S^it  etma  l^abe,  in  mir  gefegt  mirb,  id^,  fo  lange 
id^  mad^e,  nid^t  fehlen  tann  bie  (Sinbilbungen  atö  meine  eigene  ^imge« 
fpinfte  oon  bem  @inbrud(  ber  Sinne  gu  unterfd^eiben. 


36  ©d^ioiengfeit  moc^t,  bie  id)  ie(^t  nid^t  aufldfen  lonn,  unb  bie  mit  ben  obigen  Sö^en 
fo»ol^(  ald  mit  ber  C^al^vung  unoereinbar  fc^eint. 


346    3:rftume  eined  ©eiflerfel^ni^,  erl&uieri  burd^  ^rftume  ber  aReta))^4f!f. 

Sßenn  man  biefed  etnrdumt,  fo  bänft  mxii,  \>a%  i6i  über  biqenige 
8rt  Don  Störung  bed  ®emät^iS,  bie  man  ben  äSal^njinn  unb  im  ^il^em 
©rabe  bie  Serrädung  nennt,  etmad  Segreiflid^ed  gur  Urfatj^e  anfuhren 
fönne.  S)ad  @igentt)fimU(^e  biefer  JCranf^eit  befielet  barin:  bag  ber  oer« 
iDorrene  SRenfd^  bloge  ®egenft&nbe  feiner  Sinbilöung  auger  ftc^  Derfe^t  5 
unb  ald  »irflid^  Dor  il^m  gegeniDdrtige  S)inge  anfielet.  9tun  ^abe  i^  ü^^ 
fagt:  bag  nad^  ber  gemöl^nlic^en  Drbnung  bie  S)irectiondIinien  ber  93e« 
toegung,  bie  in  bem  ©el^irne  ald  materielle  ^ülfdmittel  bie  ^^antafte  be« 
gleiten,  fic^  innerhalb  bemfelben  burc^fd^neiben  muffen,  unb  mitl^in  ber 
Drt,  barin  er  fid^  feined  Silbed  bemugt  ift,  gur  Seit  bed  SBac^end  in  i^m  10 
felbft  gebadet  merbe.  Sßenn  id^  alfo  fe^e,  bag  burc^  irgenb  einen  SufaQ 
ober  JCrantl^eit  gemiffe  Organen  bed  ©e^irned  fo  oergogen  unb  aud  il^rem 
gel^örigen  @Ieid^gemid^t  gebrad^t  [eien,  bag  bie  Semegung  ber  !Reroen, 
bie  mit  einigen  $^antaften  l^armonifd^  beben,  nac^  fold^en  9fit(l)tungd« 
Knien  gefd^ie^t,  ttelc^e  fortgegogen  fid^  augerl^alb  bem  ®e^ime  burd^«  u 
Ireugen  mfirben,  fo  ift  ber  focus  imaglnarius  auger^alb  bem  benlenben 
Subject  gefegt,*)  unb  bad  Silb,  melc^ed  ein  Sßerl  ber  blogen  @inbilbung 
ift,  mirb  aU  ein  ©egenftanb  oorgefteDt,  ber  ben  dugeren  @innen  gegen« 
lodrtig  m&re.  S)ie  Seftfirjung  über  bie  t)ermeinte  ßrfdbeinung  einer  @ad^e, 
bie  nad^  ber  natärlict)en  Orbnung  nic^t  gugegen  fein  fodte,  mirb,  obfc^on  fo 
aud^  anfangt  ein  fold^ed  Sd^attenbilb  ber  ^l^antafte  nur  fd^mad^  m&re, 
balb  bie  Slufmerffamfeit  rege  mad^en  unb  ber  Sc^einempfinbung  eine  fo 
groge  Seb^aftigfeit  geben,  bie  ben  betrogenen  SRenfd^en  an  ber  Sßal^rl^af« 


*)  ÜJlan  fönnte  ald  eine  entfernte  £l§nltd^feit  mit  bem  angeführten  BufaSe  bie 
Sefc^affen^eit  ber  Snmfenen  anführen,  bie  in  biefem  Buflanbe  mit  beiben  Kugen  25 
boppelt  fe^en:  borum  »eil  burd^  bie  $(nfd^n)ellung  ber  iBIutgef&ge  eine  ^inbemi§ 
entfpringt,  bie  $(ugena(bfen  fo  au  riti^ten,  bog  i^re  iiertängerte  Linien  fid^  im  $un!te, 
»orin  bod  Dbject  ift,  fd^neiben.  (Sben  fo  mag  bie  ^ergie^ung  ber  ^imgeföge,  bie 
Diellei^t  nur  üorübergel^enb  ift  unb,  fo  (ange  fie  bouert,  nur  einige  9len>en  betrifft, 
bagu  bienen,  bag  gemiffe  Silber  ber  $]^antafie  felbft  im  S^o^en  ald  au^er  und  er«   30 
f(!^einen.  (Sine  fel^r  gemeine  (Srfa^rung  lann  mit  biefer  S&ufc^ung  Derglic^  merben. 
S^enn  man  nad^  üoUbrac^tem  ^c^lafe  mit  einer  (Bem&c^Iic^Ieit,  bie  einem  ©Plummer 
nal^e  fommt,  unb  gleic^fam  mit  gebroc^nen  Kugen  bie  mand^erlei  {^&ben  ber  8ett- 
Dorl^önge  ober  be«  ©eguge«  ober  bie  fleinen  gledfen  einer  na^en  SBanb  anfleht,  fo 
mac^t  man  fid^  barauiS  Iei(!^tlic^  Siguren  Don  Sffenfd^engefid^tem  unb  bergleid^en.   35 
S)aiS  93Ienbmerf  ^ört  auf,  fo  balb  man  roill  unb  bie  Sufmerffamlett  anfhengt.  ^ier 
ifl  bie  ^erfe^ung  beiS  foci  imaginarii  ber  gS^antafien  ber  SEBiafftr  einigermaßen 
unterworfen,  ba  fie  bei  ber  Serrüdfung  burd^  feine  aBiUfür  fann  ge^inbert  werben. 


(Erflev  ^dl    3.  ^auptptf.  347 

tigleit  nid^t  gioeifeln  Idgt.  3){efer  SSetrug  lann  einen  jeben  dugeren  @inn 
betreffen,  benn  üon  ieglid^em  l^aben  mir  coptrte  Silber  in  ber  @inbilbung, 
unb  bie  SSerrütfung  beiS  9}ert)engen)ebed  Tann  bie  ttrfadie  merben,  ben 
focum  imaginarium  bal^in  gu  üerfe^en,  t)on  mo  ber  ftnnltc^e  @inbrucf 

5  eined  mirtlid^  Dor^anbenen  f5rperlic^en  ©egenftanbeiS  tommen  mürbe.  6d 
ifi  Qldbann  fein  SBunber,  menn  ber  ^^antaft  mand^ed  fel^r  beutlid^  gu 
fe^en  ober  gu  l^ören  glaubt,  mad  niemanb  auger  il^m  mal^rnimmt,  im« 
gleichen  menn  biefe  ^irngefpenfter  il^m  erfc^einen  unb  plö^lic^  t)erf<!^n)tn« 
ben,  ober  inbem  fte  etma  einem  Sinne,  g.  @.  bem  ©eftd^te,  oorgauteln, 

10  burd^  leinen  anbern,  mie  g.  6.  bad  ©efül^I,  lonnen  empfunben  merben  unb 
bal^er  burd^bringlid^  fd^einen.  S)ie  gemeine  ©eiftererg&^Iungen  laufen  fo 
fe^r  auf  bergleid^en  Sefltimmungen  l^inaud,  bafi  fte  ben  SSerbac^t  unge« 
mein  rechtfertigen,  fte  fönnten  mol^I  aud  einer  fold^en  QueQe  entfprungen 
fein.   Unb  fo  ift  auc^  ber  gangbare  Segriff  oon  geiftigen  SBefen,  ben 

15  mir  oben  aud  bem  gemeinen  9iebegebrau(!be  l^eraudmidCelten,  biefer  Sdu« 
fd^ung  fel^r  gem&g  unb  oerl&ugnet  feinen  Urfprung  nid^t:  meil  bie  6igen« 
f(^aft  einer  burdjbringlic^en  ©egenmart  im  9iaume  \>a^  mefentlid^e  SRerN 
mal  biefed  Segriffed  au^mad^en  foD. 

6d  ifi  aud^  fe^r  ma^rf d^einlid^ ,  bag  bie  Srgiel^ungdbegriffe  t)on 

20  ©eifiergeftalten  bem  franfen  Stoppe  bie  9Raterialien  gu  ben  t&ufd^enben 
@inbtlbungen  geben,  unb  bag  ein  t)on  allen  fold^en  Sorurtl^eilen  leered 
©e^irn,  menn  i^m  gleite  eine  Serfe^rt^eit  anmanbelte,  mol^l  nic^t  fo  (eic^t 
Silber  Don  fold^er  9lrt  aud^edCen  mürbe,  f^erner  fielet  man  baraud  auc^, 
bag,  ba  bie  A'rantl^eit  beiS  ^^antaften  nic^t  eigentlid^  ben  Serftanb,  fon« 

25  bern  bie  Sfiufc^ung  ber  @inne  betrifft,  ber  Unglüdlid^e  feine  SIenbmerfe 
burd)  fein  Sernünfteln  ^eben  tonne:  meil  bie  ma^re  ober  fdieinbare  @m« 
pfinbung  ber  @inne  felbft  Dor  allem  ttrtl^eil  bed  SSerftanbed  oor^erge^t 
unb  eine  unmittelbare  6oibeng  ^at,  bie  aUe  anbre  Überrebung  meit  über« 
trifft. 

30  S)ie  f^olge,  bie  ftd^  aud  biefen  Setrad^tungen  ergiebt,  l^at  biefed  Un^ 
gelegene  an  ftd),  bag  fte  bte  tiefe  Sermut^ungen  beiS  oorigen  ^auptftüctiS 
gang  entbel^rli^  mad^t,  unb  bag  ber  Sefer,  fo  bereitmiUig  er  aud)  fein 
mochte,  ben  ibealifd)en  ßntmürfen  beffelben  einigen  Seifall  eingurdumen, 
bennoc^  ben  Segriff  oorgie^en  mirb,  mel(l)er  mel^r  ©emdc^Uc^teit  unb 

35  J(ürge  im  Sntfc^eiben  bei  ftd)  fül^rt  unb  ftc^  einen  aUgemeineren  Seifall 
oerfpredben  fann.  S)enn  auger  bem,  bag  ed  einer  oernünftigen  3)entungd« 
art  gemdger  gu  fein  fc^eint,  bte  ©rfinbe  ber  ßrlldrung  aud  bem  Stoffe 


348    S^rdunte  eined  (Betflerfel^erd,  erldutett  bur^  Zxänmt  ber  9Reta))]^9{!f. 

l^ergunel^men,  ben  bie  Srfal^rung  und  barbtetet,  a\8  {t<!^  in  fd^loinbUc^ten 
Segriffen  einer  ^alb  bid^tenben,  l^alb  fd^Iiegenben  SBemunft  ju  t)erlieren, 
fo  äußert  ftc^  no(]^  bagu  auf  biefer  @ette  einiger  Snlag  }um  ©efpötte, 
iDeld^ed,  ed  mag  nun  gegrünbet  fein  ober  nid^t,  ein  träftigered  SRittel  ifi 
als  irgenb  ein  anbereiS,  eitele  Slad^forfd^ungen  gurädi^ul^aUen.  3)enn  auf  » 
eine  ernfil^afte  9lrt  aber  bie  ^irngefpenfier  ber  $^antaften  Sudlegungen 
machen  ju  molleni  giebt  f(]^on  eine  fd^Umme  SSermutl^ung,  unb  bie  $^Uo« 
fopl^ie  fe^t  ft(^  in  Serbac^t,  neld^e  fid^  in  fo  ^öfit^ttr  ®efeDf(]^aft  betreffen 
Idgt  Stoar  l^abe  id^  oben  ben  SBal^n^nn  in  bergleic^en  Srfd^einung  ni(^t 
beftritten,  Dielme^r  i^n,  jttar  nid^t  atö  bie  UrfatJ^e  einer  eingebilbeten  lo 
®etftergenieinf(^aft,  bod^  atö  eine  natfirltd^e  i^olge  berfelben  bamit  oer« 
fnäpft;  aDein  »ad  für  eine  S^orl^eit  giebt  ed  bod^,  bie  nic^t  mit  einer 
bobenlofen  SSeltmeiSl^eit  fbnnte  in  @tnftimmung  gebrad^t  »erben?  S)a« 
l^er  t)erbenle  idb  ^^  bem  2efer  feinedmeged,  »enn  er,  anftatt  bie  ©eifler« 
feiger  für  ^albbfirger  ber  anbern  äSelt  anjufel^en,  fte  lurj  unb  gut  ald  is 
6anbibaten  bed  ^ofpttald  abfertigt  unb  fid^  baburd^  aDed  meiteren  !Racb« 
forfd^end  uberl^ebt.  äSenn  nun  aber  aDed  auf  folc^en  ^n%  genommen 
xoixbt  fo  mug  aud^  bie  Slrt  bergleid^en  Sbepten  beS  ©eifterreic^d  gu  be» 
l^anbeln  üon  berienigen  nadb  ben  obigen  Gegriffen  fel^r  oerfd^ieben  fein, 
unb  ba  man  ed  fonft  nötl^ig  fanb,  bidioeilen  einige  berfelben  ju  brennen,  20 
fo  U)irb  ed  je^t  gnng  fein,  fte  nur  gu  purgiren.  Sluc^  mdre  ed  bei  biefer 
Sage  ber  @ad^en  eben  nid^t  nötl^ig  gemefen,  fo  »eit  audgul^olen  unb  in 
bem  fieberhaften  ©el^irne  betrogener  @(^n)drmer  burd^  ^filfe  ber  9Reta« 
|)]^qft I  ©e^eimniff e  auf guf ud^en.  2)er  f c^arf ftd^tige  ^  u  b  i  b  r  a  d  ^dtte  und 
aÖein  baS  Sfidt^fel  aufibfen  lonnen,  benn  nad^  feiner  SReinung:  loenn  2s 
ein  l^qpodjonbrifc^er  SBinb  in  ben  Singeioeiben  tobt,  fo  fommt 
ed  barauf  an,  meldje  Stic^tung  er  nimmt,  gel^t  er  abiodrtd,  fo 
ttirb  barauS  ein  S^— ,  fleigt  er  aber  aufiodrtö,  fo  ift  e«  eine 
(Srfd^einung  ober  eine  l^eilige  (Singebung. 


SJicrteg  $au|)tftüA  so 

S:i^eoretif(^er  @d^Iug  aud  ben  gefammten  IBetrad^tungen 

bed  erften  Sl^eilS. 

2)ie  SrügUd^feit  einer  Sßage,  bie  nad^  bürgerlid^en  ®efe^en  ein  3fta^ 
ber  ^anblung  fein  foQ,  mirb  entbedtt,  menn  man  Baare  unb  ®em{(^te 


(ihrfier  Sl^eil.    4.  ^auptflöd.  349 

il^re  @(^alen  Dertaufd^en  Idgt,  unb  bie  ^arteiUd^fett  ber  SSerftanbediDage 
offenbart  ft<!^  burd^  eben  benfelben  jfunftgriff,  ol^ne  loeld^en  man  auc^  in 
p]^iIofop]^if<^en  Urt^eilen  nimmermehr  ein  einftimmiged  f^acit  aud  ben 
Dergltdjenen  SIbmiegungen  l^erauSbefommen  fann.  3>^  l^abe  meine  @eele 

5  t)on  SSorurt^eilen  gereinigt,  id^  l^abe  eine  jebe  blinbe  (Srgebenl^eit  Dertilgt, 
mel(i)e  fiöi  \tmaU  einfd^Iid^,  um  mand^em  eingebilbeten  9Bif[en  in  mir 
ISingang  gu  Derfd^affen.  3e^t  ift  mir  nichts  angelegen,  nid^td  el^rmurbig, 
a(d  nad  burd^  ben  äSeg  ber  Slufrid^tigfeit  in  einem  rul^igen  unb  für  aUe 
©rünbe  gugdnglid^en  ®emütl^e  $Ia^  nimmt;  ed  mag  mein  Doriged  Ur« 

10  tl)eil  beftatigen  ober  aufgeben,  mid^  beftimmen  ober  unentfc^ieben  laffen. 
SBo  id^  etmad  antreffe,  bad  mid^  belehrt,  ba  eigne  id^  ed  mir  ju.  S)ad 
Urtl^eil  bedjientgen,  ber  meine  ©ritnbe  loiberlegt,  ift  mein  ttrt^eil,  nad^« 
bem  \6i  ed  oorerft  gegen  bie  @d^ale  ber  @elbfiliebe  unb  nad^^er  in  ber» 
felben  gegen  meine  oermeintlid^e  ©rfinbe  abgezogen  unb  in  il^m  einen 

15  größeren  ©el^alt  gefunben  l^abe.  €onft  betrad^tete  ic^  ben  aDgemeinen 
menfd^Iid^en  SSerftanb  blod  aud  bem  @tanbpun(te  bed  meinigen:  j[e^tfe|^e 
xti  mid^  in  bie  SteDe  einer  fremben  unb  äußeren  Vernunft  unb  beobad^te 
meine  Urtl^eile  fammt  i^ren  ge^eimften  S(nl&ffen  aud  bem  ©eftd^tspunlte 
anberer.   3)ie  9SergIei(^ung  beiber  93eobad^tungen  giebt  gmar  fiarfe  $a« 

20  raDa;ren,  aber  fte  ift  aud^  bad  einjige  SRittel,  ben  optifd^en  IBetrug  juDer» 
](|äten  unb  bie  Segriffe  an  bie  ma^re  ©teUen  gu  fe^en,  barin  fte  in  S(n> 
fe^ung  ber  Srfenntni^Dermögen  ber  menfc^Iid^en  9latur  fte^en.  9Ran 
toirb  fagen,  bag  biefed  eine  fe^r  ernftl^afte  @prad[)e  fei  für  eine  fo  gleid^» 
gfiltige  Aufgabe,  ald  mir  ab^anbeln,  bie  mel^r  ein  Spielmerf  atö  eine 

25  ernftlid^e  Sefd^äftigung  genannt  gu  U)erben  Derbient,  unb  man  l^at  nid^t 
Unred^t  fo  ju  urt^eilen.  STOein  ob  man  gmar  über  eine  JSIeinigteit  leine 
groge  Surüfiung  mad^en  barf,  fo  lann  man  fte  bod^  gar  iDol^l  bei  ©elegen« 
l^eit  berfelben  mad^en,  unb  bie  entbel^rlid^e  Sel^utfamleit  beim  @ntfd^eiben 
in  Jtleinigteiten  lann  gum  Seifpiele  in  U)id^tigen  i^äQen  bienen.  ^<tj  flnbe 

30  nid^t,  bag  irgenb  eine  Slnl^änglid^feit,  ober  fonft  eine  oor  ber  Prüfung 
eingefd^Iic^ene  Steigung  meinem  ©emütl^e  bie  Senffamleit  nad^  aDerlei 
©rünben  für  ober  bamiber  benehme,  eine  eingige  aufgenommen.  S)ie 
SSerftanbedmage  ift  boc^  nid^t  gang  unparteiifc^,  unb  ein  Slrm  berfelben, 
ber  bie  Sluffd^rift  fu^rt:  Hoffnung  ber  Bulunf t,  ^at  einen  med^anifc^en 

35  SSortl^eil,  »elc^er  mad^t,  ba^  auc^  leichte  ©rünbe,  meldte  in  bie  i^m  an« 
geJ^örige  @d^a(e  faden,  bie  ©peculationen  Don  an  fid^  größerem  ©emid^te 
auf  ber  anbern  Seite  in  bie  ^öl^e  giel^en.  3)iefes  ift  bie  eingige  Unrichtig« 


350    Sr&ume  eined  ^eiflerfel^erd,  erl&utert  bnt^  Sr&utne  ber  SReto^l^^ftl. 

leit,  bie  id^  nid^t  iDol^l  lieben  lann,  unb  bie  id^  in  ber  Sl^at  aud^  niemals 
^eben  totD.  9tun  ge^f^e  id),  bag  aUe  ßrgdl^Iungen  Dom  (Srfdb^inen  abge« 
fc^iebener  6eelfn  ober  Don  ®eiftereinflüffen  unb  aOe  Sl^eorien  oon  ber 
mutl^maglid^en  9latur  geiftiger  äBefen  unb  i^rer  SSerfnfipfung  mit  und 
nur  in  ber  Sd^ale  ber  Hoffnung  merltic^  mtegen;  bagegen  in  ber  ber  Spe«  & 
culation  aud  lauter  Suft  ju  beftel^en  fc^einen.  Sßenn  bie  Sludmittelung 
ber  aufgegebenen  i^rage  nid^t  mit  einer  Dörfer  fd^on  entfd^iebenen  SRei« 
gung  in  Sqmpatl^ie  ft&nbe,  meld^er  IBernünftige  mürbe  mol^l  unfd^Ififftg 
fein,  ob  er  me^r  SRöglid^Ieit  bartn  finben  foDte,  eine  Srt  SBefen  anju» 
nehmen,  bie  mit  aUem,  mad  i^m  bie  @tnne  lehren,  gar  nid^td  ^^nlid^ed  lo 
l^aben,  aU  einige  angeblid^e  Erfahrungen  bem  @elbftbetruge  unb  ber  @r« 
bic^tung  beigumeffen,  bie  in  mel^reren  ^^dDen  nid^t  ungemol^nlic^  ftnb. 

3a  biefeiS  fd^eint  aud^  überl^aupt  oon  ber  Beglaubigung  ber  ©eifter« 
erjdl^Iungen,  meiere  f  o  allgemeinen  (Singang  finben,  bie  oornel^mfte  ttrfad^e 
gu  fein,  unb  felbfi  bie  erfte  2:&ufd^ungen  oon  oermeinten  (Srf^einungen  n 
abgefc^iebener  SRenfc^en  {tnb  oermutl^lid^  aud  ber  fc^meic^el^aften  ^off« 
nung  entft^rungen,  bag  man  noc^  auf  irgenb  eine  8rt  nad^  bem  Sobe  übrig 
fei,  ba  benn  bei  näd^tlic^en  @d^atten  oftmals  ber  SBa^n  bie  @inne  betrog 
unb  aus  gmeibeutigen  ©eftalten  Slenbioerle  fc^uf,  bie  ber  oorl^erge^enben 
ÜReinung  gemdg  maren,  moraud  benn  enblid^  bie  ^l^ilofopl^en  flnlag  so 
nahmen  bie  SSernunftibee  oon  ©eiftern  audjubenten  unb  fie  in  Se^roer« 
f^ffung  gu  bringen.  SRan  fielet  ed  aud^  lool^l  meinem  anmaglic^en  Sel^r« 
begriff  oon  ber  ®eiftergemeinfd^aft  an,  ba^  er  eben  biefelbe  äiid^tung 
netime,  in  ben  bie  gemeine  Steigung  einfd)ldgt.  S)enn  bie  @d^e  oerein« 
baren  ftd^  fel^r  mertlid^  nur  babin,  um  einen  Segriff  gu  geben,  loie  ber  ss 
®et[t  beiS  SRenfd^en  aud  biefer  SSelt  l^eraudge^e,*)  b.  i.  oom  ßuftanbe 
nad^  bem  Sobe;  mie  er  aber  l^ineintomme,  b.  i.  oon  ber  Beugung  unb 
Srortpflangung,  baoon  ermd^ne  id^  nic^td;  |a  fogar  nic^t  einmal,  mie  er 
in  biefer  SSelt  gegenwärtig  fei,  b.  i.  loie  eine  immaterielle  Statur  in 


*)  S)a(S  @innbllb  ber  alten  ftg^pter  für  bie  @eele  war  ein  ^apiüon,  unb  so 
bie  ariec^ifd^e  ^Benennung  bebeutete  eben  bofelbe.  3Ran  fle^t  lei^t,  hai  bie  Hoff- 
nung, todä^t  aud  bem  S^obe  nur  eine  iSerroanblung  ma^t,  eine  folt^e  3bee  fammt 
i^ren  Sci^^en  oeranlafet  f^aU.  Snbeffen  f)M  biefe«  feineSroege«  ba«  Sutrouen  au  ber 
[Ric^tiglett  ber  ^ierau«  entfprungenen  begriffe.  Unfere  innere  (Sntpfinbung  unb  bie 
borauf  gegrfinbete  Urt^eile  bed  ^ernunft&iinli^en  führen,  fo  lange  fie unoerberbt  S5 
finb,  eben  ba^in,  too  bie  SBemunft  ^in  leiten  mfirbe,  menn  fie  erleuchteter  unb  aus- 
gebreiteter w&re. 


(Srfier  SEl^eil.    4  ^au^tftüdT.  351 

einem  Jt5rper  unb  burc^  benfelben  tDirtforn  fein  fönne;  aUeiS  um  einer  fel^r 
gültigen  Urfa(^e  miSen,  meldte  Diefe  ift,  bag  ic^  ^ieDon  indgefammt  nid^tö 
Derfie^e  unb  folglich  mic^  »o^I  ^dtte  befd^eiben  fbnnen,  eben  fo  unmiffenb 
in  Slnje^ung  beiS  fänftigen  SuftanbeiS  ju  fein,  ttofern  nid^t  bie  ^arteilid^^ 
5  feit  einer  2ieblingdmeinung  ben  ©rünben,  bie  fid^  barboten,  fo  fd^mad^ 
fte  Qud^  fein  mod^ten,  gur  Smpfel^Iung  gebient  l^ätte. 

6ben  biefelbe  Unmiffen^eit  mad^t  aud^,  ba^  i(^  midi)  nic^t  unterftel^e 
fo  gdnglid^  aOe  SBo^r^eit  an  ben  mand^erlei  ©eifterergdl^lungen  abguleug^ 
nen,  boc^  mit  bem  gem5^nlid^en,  obgleich  munberli^en  SSorbel^alt,  eine 

10  iebe  eingelne  berfelben  in  3tt^if^I  iu  gießen,  aUen  jufammen  genommen 
aber  einigen  ©lauben  beijumeffen.  S)em  Sefer  bleibt  ba8  Urt^eil  frei; 
maS  mid^  aber  anlangt,  fo  ift  jum  menigften  ber  Sludfc^Iag  auf  bie  Seite 
ber  ®rünbe  bed  gmeiten  ^auptftüdCd  bei  mir  gro^  gnug,  mid^  bei  Sin« 
l^brung  ber  mand^erlei  befremblld^en  @rjä^lungen  biefer  Slrt  ernftl^aft 

15  unb  unentfd^ieben  gu  erl^alten.  ^nbeffen  ba  eS  niemals  an  ®runben  ber 
SRed^tfertigung  fel^lt,  »enn  baS  ®emät^  t)orl^er  eingenommen  ift,  fo  toiO 
id^  bem  Sefer  mit  leiner  »eiteren  SSertl^eibigung  biefer  3)enlungdart  be« 
fc^merlic^  faUen. 

S)a  id^  mid^  je^t  beim  @d^Iuffe  ber  S^eorie  t)on  ©eiftern  befinbe,  fo 

20  unterftel^e  id^  mir  nod^  ju  fagen:  bag  biefe  ä3etrad^tung,  menn  jteoon 
bem  Sefer  gel^örig  genügt  mirb,  ade  p^ilofop^ifd^e  @inftd^t  oon  bergleid^en 
SBefen  ooQenbe,  unb  bag  man  baoon  oielleic^t  Ifinftigl^in  nod^  aDerlei 
meinen,  niemals  aber  me^r  mif  f  en  fönne.  S)tefeS  93orgeben  Hingt  jiem« 
lid^  ru^mrät^ig.   2)enn  tS  ift  geioig  fein  ben  @innen  befannter  ©egen* 

25  ftanb  ber  92atur,  oon  bem  man  fagen  fbnnte,  man  ^abe  il^n  burd^  Seob» 
ad^tung  ober  SSernunft  {emalS  erfd^öpft,  menn  eS  auc^  ein  SBaffertropfen, 
ein  @anbforn  ober  etmaS  nod^  (Einfacheres  lodre;  fo  unermeßlich  ift  bie 
ÜRannigfaltigfeit  beSjenigen,  maS  bie  9latur  in  i^ren  geringften  S:t)eilen 
einem  fo  eingefd^rdnften  SSerfianbe,  loie  ber  menfd)lid^e  ift,  jur  Sluflbfung 

30  barbietet.  StUein  mit  bem  pl^ilofopl^ifd^en  Se^rbegriff  oon  geiftigen  Sßefen 
ift  es  ganj  anberS  bemanbt.  (Sr  fann  oottenbet  fein,  aber  im  negatioen 
SSerftanbe,  inbem  er  ndmlic^  bie  ©renken  unferer  ßinfid^t  mit  @id^er^eit 
feflfe^t  unb  uns  überzeugt:  bag  bie  oerfd^iebene  @rfd^einungen  beS  2e* 
benS  in  ber  9latur  unb  bereu  ©efe^e  alles  feien,  loaS  uns  ju  erlennen 

S5  oergönnt  ift,  baS  ^rincipium  biefeS  SebenS  aber,  b.  i.  bie  geiftige  9latur, 
loeldje  man  nid^t  fennt,  fonbern  oermutl^et,  niemals  pofttio  fonne  gebaut 
merben,  »eil  feine  data  l^ieju  in  unferen  gefammten  (Smpfinbungen  an» 


352    S^rdume  eined  (Seiflerfe^eriS,  erlduiert  bmä)  Srdume  ber  SRetop^^fif. 

juttcffcn  feien,  unb  bafe  man  pd^  mit  SSerneinungen  beizeiten  müffc,  um 
etmaiS  Don  aDem  Sinnlid^en  fo  fel^r  Unterfc^iebened  gu  benfen,  bag  aber 
felbft  bie  3R5gIi(i)fett  fold^er  ^Verneinungen  meber  auf  Srfal^rung,  nod^ 
auf  @(I^Iitffen,  fonbern  auf  einer  (Srbid^tung  berul^e,  gu  ber  eine  t)on 
allen  4)ülfömitteln  entblöfete  SSernunft  ibre  S^f^w^t  nimmt.  Sluf  biefen  5 
gufe  fann  bie  ^neumatologie  ber  9Renf(^en  ein  ßel^rbegriff  i^rer  notl^- 
»enbigen  Unwiffenbeit  in  2lbjt(bt  auf  eine  üermutl^ete  Art  SBefen  genannt 
merben  unb  a\&  ein  fold^er  ber  Slufgabe  Iei(]^tli(^  ab&quat  fein. 

Stunmebr  lege  id^  bie  gange  3Raterie  Don  ©elftem,  ein  iDeitl&uftig 
@tfi(I  ber  3Retap^9ftt  ald  abgemacht  unb  DoHenbet  bei  Seite.  @ie  gel^t  10 
micb  lünftig  ni^ts  me^r  an.  ^nbem  i(^  ben  $Ian  meiner  9la(bforf(bung 
auf  biefe  ^rt  beffer  gufammengiel^e  unb  micb  einiger  gfinglidb  Dergeblid^en 
Unterfucbungen  entfcblage,  fo  boffe  i^  meine  geringe  93erftanbeiSfäbigTeit 
auf  bie  iibrige  ©egenftdnbe  üortl^eill^after  anlegen  gu  tonnen.  @d  ift 
mel^rent^eitö  umfonft  bai  tteine  9Rag  feiner  JCraft  auf  aDe  minbi(bte  QnU  15 
iDfirfe  audbebnen  gu  moDen.  S)a]^er  gebeut  bie  JSIugl^eit  fomol^I  in  biefem 
al3  in  anbern  gäüen,  ben  Sufd&nitt  ber  ©ntmfirfe  ben  Ärdften  angeme[fen 
gu  macben  unb,  U)enn  man  ba^  ©roge  nic^t  füglid^  erreicben  fann,  fi4 
auf  bad  9RitteImdgige  eingufd^ranfen. 


erftcg  ^aitptftücf. 

@ine  Srjfil^Iung,  beren  Sßal^rl^eit  ber  beliebigen  Srlunbigung 
5  bed  Seferd  empfol^len  loirb. 

Sit  mihi  fas  audita  loqui. 

VIRG. 

S)ie  ^l^ilofopl^ie,  beren  (Sigenbünlel  ma^t,  bag  fte  fid^  felbft  allen 
eiteln  f^ragen  blog  fieDt,  fielet  fiä)  oft  bei  bem  Slnloffe  geioiff er  Srg&l^Iun* 

10  gen  in  fd^Iimmer  Serlegenl^eit,  iDenn  fte  entmeber  an  einigem  in  benfelben 
ungefiraft  nic^t  giDeifeln  ober  mand^eö  baoon  unauSgelad^t  nid^t  glau« 
ben  barf.  Seibe  SeftJ^merlid^Ieiten  finben  ftc^  in  gen)if|er  SRage  bei  ben 
l^erumgel^enben  ©eifiergef^id^ten  jufammen,  bie  erfie  bei  Slnl^örung  bed« 
jenigen,  ber  fte  betl^euret,  unb  bie  gioeite  in  Setrad^t  berer,  auf  bie  man 

15  fte  loeiter  bringt.  3n  ber  Sl^at  iß  aud^  fein  SSoriourf  bem  ^l^tlofopl^en 
bitterer,  atö  ber  ber  Seid^tgl&ubigfeit  unb  ber  Srgebenl^eit  in  ben  gemei« 
nen  äSal^n,  unb  ba  bietenigen,  aelc^e  ftc^  barauf  oerftel^en,  guted  jSaufS 
fing  gu  fd^einen,  i^r  fpöttifc^ed  ®eläd^ter  auf  aUed  loerfen,  loaiS  bie  Un« 
aiffenben  unb  bie  Sßeifen  geioifferma^en  gleid^  mad^t,  tnbem  ed  beiben 

30  unbegreiflich  ift:  fo  ift  fein  SBunber,  ba^  bie  fo  l^fiuftg  vorgegebene  @r« 
fd^einungen  großen  (Singang  finben,  öffentlid^  aber  entmeber  abgeleugnet 
ober  bod^  tierl^el^It  merben.  3Ran  fann  fic^  bal^er  barduf  tierlaffen:  bag 
niemals  eine  Sfabemie  ber  Sßiffenfd^aften  biefe  SRaterie  gur  Preisfrage 
mad^en  merbe;  nid^t  als  loenn  bie  ®lieber  berfelben  g&n^Iic^  t)on  aOer  @r« 

35  gebenl^eit  in  bie  gebadete  SReinung  frei  n)&ren,  fonbern  loeil  bie  Siegel  ber 
j(lug]^eit  ben  fragen,  toeld^e  ber  SBormi^  unb  bie  eitle  äSigbegierbe  ol^ne 
Unterfd^ieb  aufmirft,  mit  Siedet  6(^ranfen  fe^t.   Unb  fo  »erben  bie  (Sr« 

$tanV$  «d^dficn.   Seife.  IL  23 


354    it&nmt  eined  Oeiftevfel^erd,  evtäutert  burd^  tx&umt  ber  SRetop^fif. 

g&I^Iungen  Don  biefer  SIrt  »ol^l  lebergdt  nur  ^eimli(]^e  ®I&ubige  ^aben, 
dffentüd^  aber  burc^  bie  ^errfd^enbe  ÜRobe  bed  Unglaubens  oertsorfen 
loerben. 

3)a  mir  inbeffen  biefe  ganje  %xaQt  »eber  mid^ttg  no$  oorbereitet 
gnug  fd^eint,  um  über  biefelbe  etmad  gu  entf^eiben,  fo  trage  id^  fein  Se^  s 
benfen  l^ier  eine  Slac^rid^t  ber  erU)&^nten  Srt  angufül^ren  unb  fie  mit 
DbQiger  ©leid^gültigleit  bem  geneigten  ober  ungeneigten  llrt^eile  ber 
2efer  pxtx^  gu  geben. 

6iS  lebt  gu  Stod^olm  ein  gemiffer  ^err  Sd^toebenberg  ol^ne  9mt 
ober  99ebienung  t)on  feinem  giemlid^  anfe^nltd^en  ä3erm5gen.  Seine  gange  lo 
93efdb&ftigung  befielet  barin,  bag  er,  U)ie  er  felbft  fagt,  fd^on  feit  me^r  atö 
gioangig  S^tl^ren  mit  ©eiftern  unb  abgefd^iebenen  Seelen  im  genauefien 
Umgange  ftel^t,  t)on  tl^nen  9lad^rid^ten  aM  ber  anbem  Sßelt  einl^olt  unb 
il^nen  bagegen  meldte  aud  ber  gegenio&rtigen  ertl^eitt,  groge  99&nbe  fiber 
feine  @ntbedtungen  abfagt  unb  bidmeilen  nad^  Sonbon  reifet,  um  bie  Sud«  u 
gäbe  berfelben  gu  beforgen.  @r  ift  eben  nidbt  gurüd^altenb  mit  feinen  ®e« 
l^eimniffen,  fprid^t  mit  iebermann  frei  baüon,  fd^eint  Dodtommen  Don  bem, 
mad  er  Dorgiebt,  Aberrebet  gu  fein  ol^ne  einigen  Slnfc^ein  eineiS  angelegten 
93etruged  ober  Sl^arlatanerei.  @o  mte  er,  menn  man  il^m  felbft  glauben 
barf ,  ber  ©rggeifterfel^er  unter  allen  Oeifterfe^ern  ift,  fo  ift  er  audb  ftdber*  so 
1x6)  ber  @rgp](|antaft  unter  aUen  $bantaften,  man  mag  il^n  nun  aud  ber 
93efd^reibung  berer,  meldte  il^n  fennen,  ober  aM  feinen  @d^riften  beur^ 
t^eilen.  S)oc^  fann  biefer  Umftanb  biej[enige,  meldte  ben  ©eiftereinfluffen 
fonft  gunftig  ftnb,  nic^t  abgalten,  hinter  fold^er  $l^antafierei  noc^  etmad 
SBabreS  gu  üermutl^en.  SBeil  inbeffen  ba$  Srebitio  aDer  SeDoIlm&d^tigten  25 
auiS  ber  anbem  äBelt  in  ben  SemeiSt^ämern  befte^t,  bie  fie  bur^  gemiffe 
groben  in  ber  gegenm&rtigen  oon  il^rem  augerorbentlid^en  93eruf  ablegen, 
fo  mu^  ic^  oon  bemjenigen,  U)ad  gur  äSeglaubigung  ber  augerorbentlidben 
@igenf(^aft  beiS  gebac^teu  9Ranned  l^erumgetragen  mirb,  U)enigftenS  baS« 
jenige  anführen,  maiS  nod^  bei  ben  meiften  einigen  ©lauben  ftnbet.  so 

©egen  ba^  6nbe  bed  Sal^red  1761  mürbe  $err  ©c^mebenberg  gu 
einer  f^urftin  gerufen,  beren  groger  SSerftanb  unb  Sinftd^t  ed  beinahe  um 
möglich  mad^en  foDte  in  bergleid^en  f^dHin  l^intergangen  gu  merben.  S)ie 
SSeranlaffung  bagu  gab  bad  allgemeine  ©erud^t  Don  ben  Dorgegebenen 
SSijtonen  biefeiS  äßanneS.  9lad^  einigen  f^ragen,  bie  mel^r  barauf  abgiel«  30 
ten  fid^  mit  feinen  @inbilbungen  gu  beluftigen,  als  mirtlic^e  SHad^ri^ten 
aui$  ber  anbem  äBelt  gu  Demel^men,  oerabfd^iebete  i^n  bie  fS^rftin,  inbem 


3n)eiter  Sl^eil.    1.  ^auptftüd.  355 

pc  il^m  Dorl&cr  einen  gel&eimen  aiuftrag  tl&at,  ber  in  feine  ®eiftcrgemcin* 
fd^aft  einfd^Iug.  SHad^  einigen  Sagen  erfd^ien  $err  Sd^ioebenberg  mit  ber 
Slntoort,  meldte  t)on  ber  9(rt  loar,  bag  fold^e  bie  f^ürfttn  i^rem  eigenen 
©eftdnbniffe  nad^  in  bad  grogte  Srfiaunen  üerfe^te,  inbem  fte  fold^e  ma^r 

5  befanb,  unb  il^m  gleid^mo^I  folc^e  Don  feinem  lebenbigen  SRenfd^en  tonnte 
ertl^eilt  fein.  S)iefe  6r}a^Iung  ifi  au8  bem  ääerid^te  eineä  ©efanbten  an 
bem  bortigen  $ofe,  ber  bamatö  gugegen  loar,  an  einen  anbern  fremben 
©efanbten  in  ^openl^agen  gebogen  morben,  flimmt  auc^  genau  mit  bem, 
n)aS  bie  befonbere  Slad^frage  barüber  l^at  erfunbigen  f5nnen,  gufammen. 

10  Solgenbe  Srgdl^Iungen  l^aben  feine  anbere  ®en)&]^rleiftung  als  bie 
gemeine  @age,  beren  SeioeiS  fel^r  miglic^  ifi.  9Rabame  SRarteüille,  bie 
SßittiDe  eines  l^oKdnbifd^en  (SnDo^e  an  bem  fd^mebifc^en  ipofe,  iDurbe  üon 
ben  9(nge^5rigen  eines  ®oIbfc^miebeS  um  bie  Segal^Iung  bed  SiädftanbeS 
für  ein  verfertigte«  Silberferöice  gemal^nt.   3)ie  2)ame,  welche  bie  regel« 

15  mdgige  äßirtfc^aft  i^re«  Der{)orbenen  ©emal^Id  fannte,  loar  fibergeugt, 
bag  biefe  @d^ulb  fd^on  bei  feinem  Sebeu  abgemad^t  fein  mügte;  aOein  fte 
fanb  in  feinen  l^interlaffenen  papieren  gar  leinen  S3en)eiS.  S)a«  grauen« 
gimmer  ift  Dorgüglid^  geneigt  ben  (Srgdl^Iungen  ber  SSal^rf agerei ,  ber 
Sraumbeutung  unb  aUerlei  anberer  kounberbarer  3)inge  ©lauben  beigu» 

20  meffen.  @ie  entbedte  ba^er  il^r  anliegen  bem  ^errn  Sd^ioebenberg  mit 
bem  @rfud^en,  toenn  eS  loa^r  mdre,  maS  man  t)on  il^m  fagte,  bag  er  mit 
abgefc^iebenen  Seelen  im  Umgange  ftel^e,  il^r  auS  ber  anbern  SSelt  Don 
i^rem  üerfiorbenen  ©emal^l  SHac^ric^t  gu  Derfc^affen,  luie  eS  mit  ber  gebac^* 
ten  anforberung  betoanbt  fei.  iperr  Sd^iuebenberg  Derfprad^  f old^eS  gu  tl^un 

23  unb  fteUte  ber  S)ame  nac^  toenlg  Sagen  in  i^rem  ipaufe  ben  Serid^t  ab, 
bag  er  bie  verlangte  j(unbfd^aft  eingegogen  l^abe,  bag  in  einem  @(^ranf, 
ben  er  angeigte  unb  ber  i^rer  9Reinung  nac^  übdig  aufgeräumt  mar,  [xii 
nod^  ein  Derborgeneä  $a(^  befinbe,  meld^ed  bie  erforberlic^e  Quittungen 
entl^ielte.  9Ran  fuc^te  fofort  feiner  S3ef(^reibung  gufolge  unb  fanb  nebft 

30  ber  gel^eimen  ^oüdnbifd^en  6orreft)onbence  bie  S^uittungen,  iDoburd^  ade 
gemachte  8lnft)rü(^e  üoUig  getilgt  iDurben. 

3)ie  britte  ©efd^ic^te  ift  Don  ber  Slrt,  bag  ftd^  fel^r  leicht  ein  DoUfidm 
biger  SeioeiS  il^rer  aHid^tigfeit  ober  Unrid^tigleit  mug  geben  laffen.  @8 
koar,  U)0  ic^  reii^t  berid^tet  bin,  gegen  ba«  6nbe  bed  1759ten3aireiS,  al8 

35  |)err  Sd^koebenberg,  auS  Snglanb  lommenb,  an  einem  Slad^mittage  gu 
®ot^enburg  anS  Sanb  trat.  6r  iDurbe  benfelben  Slbenb  gu  einer  ®e« 
feUfc^aft  bei  einem  bortigen  j(aufmann  gegogen  unb  gab  i^r  nac^  einigem 

23* 


356    3:rfiume  elned  (BetfteTfe)^,  erläutert  bur^  Srftume  her  Vttictp^fit 

Kufentl^alt  mit  allen  S^id^en  ber  SefUriung  bie  ^lod^rid^t,  bag  eben  ie|t 
in  Stod^olm  im  @fibermalm  eine  erfd^redlid^e  f^euerdbrunfi  koütl^f. 
9la(!^  Verlauf  einiger  Stunben,  binnen  »eichen  er  fid^  bann  unb  toann 
entfernte,  berid^tete  er  ber  ©efeUfd^aft,  bag  bad  Breuer  gel^emmt  fei,  im« 
gleid^en  toie  loeit  eS  um  ftd^  gegriffen  l^abe.  6ben  benfelben  Kbenb  Der«  s 
breitete  ftd^  fd^on  biefe  kounberlid^e  Stad^rid^t  unb  mar  ben  anbern  9Ror<^ 
gen  in  ber  gangen  @tabt  herumgetragen;  allein  nad^  gmei  Sagen  aUererft 
fam  ber  Serid^t  baDon  au8  @todE§oIm  in  ®ot^enburg  an,  DbDig  ein- 
ftimmig,  mie  man  fagt,  mit  @d^mebenberg8  SSifionen. 

9Ran  mirb  Dermutl^Iid^  fragen,  toai  mid^  bo(^  immer  l^abe  bemegen  lo 
Ibnnen  ein  fo  Derad^teteö  ©efd^&fte  gu  übernel^men,  al8  biefed  ift,  SR&rd^en 
meiter  gu  bringen,  bie  ein  äSernfinftiger  Sebenten  trdgt  mit  (Bebulb  an« 
gul^ören,  ia  fold^e  gar  gum  Sejrt  pl^ilofopl^ifd^er  Unterfud^ungen  gu  mad^en. 
Siaein  ba  bie  $^Uofot)]^ie,  meiere  »ir  Doranfd^idCten,  eben  fo  mol^I  ein  SRdr« 
d^en  mar  aud  bem  @(^laraffenlanbe  ber  SRetap^^fif,  fo  fel^e  idb  nid^td  n 
Unfd^idnid^ed  barin,  beibe  in  93erbinbung  auftreten  gu  laffen;  unb  marum 
foDte  eiS  aud^  eben  rfibinüc^er  fein,  ftd^  burd^  bad  blinbe  Vertrauen  in  bie 
@d^eingrünbe  ber  Vernunft,  als  burd^  unbe^utfamen  ©tauben  an  betrag« 
lic^e  (Srga^Iungen  l^intergel^en  gu  laffen? 

S^orl^eit  unb  93erftanb  l^aben  fo  unlenntlid^  begeid^nete  ®rengen,  20 
ba^  man  fd^merlid^  in  bem  einen  ©ebiete  lange  fortgel^t,  o§ne  bidtoeilen 
einen  fleinen  Streif  in  bad  anbre  gu  t§un ;  aber  maS  bie  Sreul^ergigfeit 
anlangt,  bie  fid^  bereben  l&gt,  Dielen  feften  Setl^eurungen  felbft  miber  bie 
©egenmel^r  bed  äSerftanbeS  bismeilen  etmas  eingurdumen,  fo  fd^eint  fie 
ein  9teft  ber  alten  @tamme]^rlid^feit  gu  fein,  bie  freilid^  auf  ben  fe^igen  25 
Suftanb  nid^t  re(^t  t)a^t  unb  bal^er  oft  gur  S^orl^eit  mirb,  aber  barum 
bodi^  eben  ni(^t  ald  ein  natürliches  SrbflfidC  ber  S)umm]^eit  angefel^en 
merben  mu^.   3)a]^er  fiberlaffe  id^  eS  bem  Selieben  be8  £eferS  bei  ber 
munberlid^en  Srgdl^lung,  mit  meld^er  id^  mic^  bemenge,  j[ene  gtoeibeutige 
SRifd^ung  oon  äSernunft  unb  Setc^tgldubigleit  in  il^re  Elemente  aufgul&fen  30 
unb  bie  Proportion  beiber  Sngrebientien  fflr  meine  S)en!ung8art  auSgu« 
red^nen.  3)enn  ba  t&  bei  einer  fold^en  Sixxtif  bod^  nur  um  bie  Slnfidnbig« 
leit  gu  tl^un  ift,  fo  l^alte  id^  mid^  gnugfam  Dor  bem  @pott  geftd^ert,  ba« 
burd^  bag  id^  mit  biefer  S^or^eit,  menn  man  fie  fo  nennen  miU,  midb 
gleid^mol^l  in  red^t  guter  unb  gal^lreid^er  ®efellfd)aft  befinbe,  meld^eS  fd^on  ss 
gnug  ift,  mie  $ontenelle  glaubt,  um  menig^enS  nid^t  für  unflug  ge« 
Italien  gu  merben.  S)enn  eS  ift  gu  aUen  Seiten  fo  gemefen  unb  mirb  aud^ 


Stotliet  3:i^eU.    2.  ^ouptftflc!.  357 

mfjH  fünftis^in  fo  bleiben,  bag  getoiffe  toiberftnnige  S)inge  felbft  bei  Sßer« 
nänftigen  (Singang  finben,  blo^  barum  toeil  aUgemetn  baDon  geft)ro(]^en 
toirb.  SiaXfxn  ge^&ren  bte  S^mpatl^ie,  bte  äßänfci^elrutl^e,  bie  Sl^nbun« 
gen,  bie  Sßirfung  ber  Sinbilbungölraft  fd^toangerer  flauen,  bie  Sinflüffe 

&  ber  ÜRonbiDed^fel  auf  Siliere  unb  ^ßangen  u.  b.  g.  ^a  l^at  nic^t  Dor  lur» 
gern  iai  gemeine  Sanbüolt  ben  ©ele^rten  bte  @p5tterei  gut  vergolten, 
toeld^e  fie  gemeinigltd^  auf  baffelbe  ber  Seid^tgl&ubigfeit  koegen  gu  loerfen 
))flegen?  ^enn  bur^  DieleS  |)orenfagen  brad^ten  Sixnbtx  unb  äßeiber 
enblid^  einen  großen  S^eil  Huger  ÜRdnner  ba^in,  bag  {te  einen  gemeinen 

10  9SoIf  fär  eine  ip^dne  l^ielten,  obgleich  fe^t  ein  feber  SSernfinftige  leidet 
einfielet,  bag  in  ben  SSdlbern  Don  Sranfrei(i^  kool^l  lein  afrüanifc^ed  Sftaub« 
tl^ier  herumlaufen  »erbe.  S)ie  Qi^to&ijt  bed  menfd^lic^en  SSerftanbeS  in 
äSerbinbung  mit  feiner  äSi^begierbe  ma^t,  bag  man  anfdnglid^  äSal^r^eit 
unb  Setrug  ol^ne  Unterfd^ieb  aufrafft.    Slber  nad^  unb  nad^  Idutern  ftd^ 

15  bie  Segriffe,  ein  Heiner  Sfftil  bleibt,  bai  übrige  toirb  als  SluSlel^ric^t  U)eg« 
getoorfen. 

SSem  alfo  iene  ©eifterergdl^Iungen  eine  @ad^e  Don  äBid^tigleit  gu 
fein  fd^einen,  ber  lann  immerhin,  im  %aU  er  ®elb  gnug  unb  nichts  99ef« 
fereS  gu  tl^un  l^at,  eine  Steife  auf  eine  nd^ere  @rlunbigung  berfelben  loa« 

20  gen,  fo  toie  Slrtemibor  gum  heften  ber  Sraumbeutung  inÄleinafien 
l^erumgog.  68  mirb  il^m  aud^  bie  Slad^fommenfd^aft  oon  d^nlid^er  S)en« 
fung^art  bafür  l^öd^lic^  uerbunben  fein,  bag  er  oerptete,  bamit  nid^t  ber« 
einfi  ein  anberer  ^^ilofirat  aufftdnbe,  ber  nad^  SSerlauf  oieler  ^a^xt 
aus  unferm  @d^toebenberg  einen  neuen  SlpoIIoniuS  oon  S^ane  mad^te, 

25  menn  bad  |)örenfagen  gu  einem  förmlid^en  Semeife  koirb  gereift  fein,  unb 
ba8  ungelegene,  obgkoar  §5d^ftn5tl^ige  SSerl^ör  ber  üugengeugen  bereinft 
unmbglid^  gemorben  fein  toirb. 

BtoeiteS  ^au))tftä(I. 
(Sfftatif(^e  Steife  eines  Sc^mdrmerS  bur(^  bie  ®ei{tertoeIt. 

30  Somnia,  terrores  magicos,  miracula,  sagas, 

Noctomos  lemures,  portentaque  Thessala  — . 

HORATIÜS. 

Sd^  lann  eö  bem  be^utfamen  Sefer  auf  leinerlei  Sßeife  fibel  nel^men, 

toenn  ftd^  im  f^ortgange  biefer  @d^rift  einiges  Sebenfen  bei  il^m  geregt 

35  l^dtte  über  bai  SSerfal^ren,  baS  ber  Serfaffer  für  gut  gefunben  l^at  barin 


360    2:räume  eined  ©eifterfel^rd,  erl&utert  butä^  Sröunie  bei  ^eiaplfißt 

einjigen  unter  betten,  bie  Slriojlo  bort  mit  ber  l^ier  Derlomen  SBernunft 
angefüllt  gefeiten  l^at,  unb  bie  il^re  39e{t^er  bereinft  »erben  tsieberfud^en 
muffen,  fo  DdUig  entleert  ift  baS  gro^e  SBerl  Don  einem  jeben  Kröpfen 
berfelben.  Slid^tS  beftokoeniger  ^errfd^t  barin  eine  fo  lounberfame  Über» 
eintunft  mit  bemienigen,  load  bie  feinde  @rgrübelung  ber  Sßemunft  fiber  s 
ben  fil^nlid^en  ©egenftanb  l^erauSbringen  !ann,  bag  ber  Sefer  mir  ed  ntr* 
geilten  loirb,  loenn  id^  l^ier  biejenige  Seltenl^eit  in  ben  @t)ielen  ber  @in« 
bilbung  finbe,  bie  fo  oiel  anbere  Sammler  in  ben  Spielen  ber  Slatur  an» 
getroffen  l^aben,  ald  koenn  fte  etkoa  im  fledid^ten  SRarmor  bie  l^eilige  ^a- 
milie,  ober  in  Silbungen  Don  Sropfftein  SRöndge,  S^iufftein  unb  Drgeln,  lo 
ober  fogar  toie  ber  Spötter  SiScoio  auf  einer  gefrorenen  t^enfterfd^eibe 
bie  So^i  bed  Stieres  unb  bie  breifad^e  Stxont  entbeden;  lauter  S)ingef 
bie  niemanb  fonft  fte^t,  als  beffen  Äopf  fd^on  oorl^er  bamit  angefuDt  ift. 
S)aS  groge  S3erl  biefeS  Sd^riftftellerd  entl^dlt  ad^t  Quartbanbe  ooQ 
Unftnn,  toeld^e  er  unter  bem  5£itel:  Arcana  caelestia,  ber  SSelt  ate  eine  15 
neue  Offenbarung  oorlegt,  unb  too  feine  Srfd^einungen  mel^rentl^eitö  auf 
bie  Sntbedung  be8  gel^eimen  Sinnes  in  ben  gioei  erften  93fi(]^ern  SRoftS 
unb  eine  dl^nlid^e  (Srfl&rungSart  ber  ganjen  ip.  Sd^rift  angeioenbet  »er« 
ben.  SlUe  biefe  fd^ioärmenbe  Sudlegungen  gelten  mid^  l^ier  nid^ts  an; 
man  fann  aber,  loenn  man  koiQ,  einige  Slac^rid^ten  oon  benfelben  in  bed  20 
iperrn  3)octor  (Srnefti  5£]^eoI.  Sibliotl^ef  im  erften  SBanbe  auffud^en.  9lur 
bie  audita  et  visa,  b.  i.  toa&  feine  eigne  Singen  follen  gefeiten  unb  eigene 
Dl^ren  gel^ort  l^aben,  ftnb  alles,  toai  koir  oornel^mlid^  aud  ben  Seilagen 
gu  feinen  (Sapiteln  jiel^en  koollen,  »eil  fie  allen  übrigen  Sr&umereien  gum 
©runbe  liegen  unb  aud^  jiemlid^  in  baS  Abenteuer  einfd^lagen,  baö  »ir  25 
oben  auf  bem  Suftf(^iffe  ber  SRetapl^^ftf  gekoagt  l^aben.  3)er  Stil  bed 
SßerfafferS  ift  platt.  Seine  (Srgdl^lungen  unb  il^re  Bufammenorbnung 
fc^einen  in  ber  5£^at  au8  fanatifd^em  9[nf(!^atten  entfprungen  gu  fein 
unb  geben  gar  koenig  SSerbad^t,  bag  fpeculatioe  |)irngefpinfte  einer  oer* 
fe^rt  grüblenben  äSernunft  il^n  bekoogen  l^aben  foQten,  biefelbe  gu  erbid^ten  30 
unb  gum  Setruge  anzulegen,  ^n  fo  fern  l^aben  fte  alfo  einige  SSid^tigfeit 
unb  oerbienen  koirflic^  in  einem  Keinen  SluSguge  k)orgeflellt  gu  koerben, 
oielleid^t  mel^r,  als  fo  manche  Spielkoerle  l^irnlofer  ä^ernfinftler,  koeld^e 
unfere  Journale  anfc^koeüen,  koeil  eine  gufammenl^&ngenbe  5£dufd^ung  ber 
Sinne  überhaupt  ein  nid  merfkoürbiger  ^l^dnomenon  ift,  als  ber  Setrug  35 
ber  aSemunft,  beffen  ®rünbe  belannt  genug  pnb,  unb  ber  auc^  großen 
£]^eils  burd^  koillfürlid^e  Sfiic^tung  ber  ©emfltl^Slräfte  unb  et»aS  mel^r 


Bttxttev  S^eil.    2.  ^auptflüd.  361 

93&nbiQttng  eines  leeren  SSomi^eS  Knnte  Der^tet  toerben,  ba  l^ingegen 
iene  bad  erfie  f^unbament  aller  Urtl^eile  betrifft,  batoiber,  menn  eS  unrid^« 
tig  ift,  bie  SRegeln  ber  Sogif  toenig  vermögen!  3<^  fonbere  alfo  bei  unferm 
Serfaffer  ben  äSal^nfinn  Dom  äBal^nmi^e  ab  unb  übergel^e  baSfenige, 

s  toa&  er  auf  eine  Derlel^rte  Seife  flfigelt,  inbem  er  nid^t  bei  feinen  ^ifio« 
nen  ftel^en  bleibt,  eben  fo  roxt  man  fonjt  Dielfditig  bei  einem  ^l^ilofopl^en 
baSfenige,  toaS  er  beobad^tet,  üon  bem  abfonbern  mug,  toai  er  Der« 
nfinftelt,  unb  fogar  Sd^einerfal^rungen  mel^rentl^eitö  lel^rreid^er 
ftnb,  als  bie  @(^eingrünbe  au8  ber  SSemunft.    ^f^bem  i(^  alfo  bem 

10  Sefer  einige  Don  ben  Slugenbliden  raube,  bie  er  fonß  oieüeid^t  mit  nid^t 
Diel  gr5gerem  Stufen  auf  bie  Sefung  grfinblid^er  @d^riften  Don  eben 
ber  SRaterie  toürbe  Dertoanbt  l^aben,  fo  forge  idb  i^gleid^  f&r  bie  S&rtlic^« 
leit  feines  ©efd^mads,  ba  ic^  mit  äSeglaffung  Dieler  koilben  6^im&ren  bie 
Quinteffen}  beS  Sud^S  auf  »enig  tropfen  bringe,  loofur  id^  mir  Don  il^m 

15  eben  fo  Diel  S)anl  Derfpred^e,  als  ein  gekoiffer  Patient  glaubte  ben  ^rgten 
fc^ulbig  gu  fein,  bag  fte  il^n  nur  bie  9linbe  Don  ber  Ouinquina  Dergel^ren 
liegen,  ba  {te  il^n  leid^tlid^  l^&tten  nbtl^igen  !5nnen  ben  gangen  Saum  auf« 
gueffen. 

$err  @d^tt)ebenberg  tl^eilt  feine  (Srfd^einungen  in  brei  Slrten  ein,  ba« 

20  Don  bie  erfie  ift,  Dom  Stbxpcx  befreiet  gu  toerben:  ein  mittlerer  3uftanb 
gioifd^en  Schlafen  unb  SSad^en,  morin  er  ©eifter  gefe^en,  gcl^irt,  j[a  ge« 
ffil^It  l^at.  S)ergleidben  ift  i^m  nur  brei«  ober  Diermal  begegnet.  3)ie 
gkoeite  ift,  Dom  ®ei^e  toeggeffil^rt  gu  »erben,  ba  er  ettoa  auf  ber@trage 
ge^t,  o^ne  {id^  gu  Derkoirren,  inbeffen  bag  er  im  ®ei{te  in  gang  anberen 

25  ©egenben  ift  unb  anbermdrts  ipäujer,  9Renfd^en,  äß&Iber  u.  b.  g.  beutlic^ 
fie^t,  unb  biefeS  kool^I  einige  @tunben  lang,  bis  er  {tdg  pl5^lid^  toieberum 
an  feinem  rechten  Drte  gemal^r  toirb.  3)iefeS  ifl  i^m  gioei«  bis  breimal 
gugeftogen.  3)ie  b  ritte  9(rt  ber  (Srfd^einungen  ift  bie  getoil^nlid^e,  toelc^e 
er  tdglic^  im  Dölligen  Sßad^en  l^at,  unb  baDon  aud^  ]^au))tf&d^Iid^  biefe 

30  feine  (Srgd^Iungen  hergenommen  ftnb. 

SLIIe  ^enfd^en  ftel^en  feiner  SuSfage  nad^  in  gleich  inniglid^er  93er« 
binbung  mit  ber  ©eiflermelt;  nur  fte  empfinben  eS  nic^t,  unb  ber  Unter« 
fd^ieb  gtDifd^en  i§m  unb  ben  anbem  befielt  nur  barin,  bag  fein  Snner« 
fteSaufget^anift,Don  loeld^em  ©efc^enfe  er  febergeit  mit  S^rerbietig« 

35  feit  rebet  (datnm  mihi  est  ex  divina  Domioi  misericordia).  9Ran  fte^t 
aus  bem  Sufammen^ange,  bag,  biefe  @abe  barin  befleißen  foU,  ftd^  ber 
bunlelen  ä^orfteüungen  betonet  gu  toerben,  tveld^e  bie  @eele  burd^  il^re 


362    S^rdume  eined  (Sleifletfel^erd,  erläutert  burd^  SrAume  her  ^ttaplftjifüt. 

beftdnbige  Sßerfttfipfung  mit  ber  (Seiftertoelt  empfängt.  (St  unterfd^etbet 
ballet  an  betn  SRenfd^en  baS  dunere  unb  innere  Öebdd^tnig.  Sened  l^at 
er  Ol»  eine  $erfon,  bie  gu  ber  fic^tbaren  SSelt  ge^5rt,  biefed  aber  Iraft  fei« 
neö  Sufammenl^anged  mit  ber  ©eiftenoelt.  3)arauf  grünbet  {id^  aud^  ber 
Unterf(!^ieb  beS  dugeren  unb  inneren  SRenfd^en,  unb  fein  eigener  93orjug  5 
befielet  barin,  ba^  er  fd^on  in  biefem  Seben  ate  eine  $erfon  fiij  in  ber 
©efeUfc^aft  ber  ©eifler  fielet  unb  Don  il^nen  aud^  als  eine  fold^e  erfannt 
iDirb.  3n  biefem  innem  ©ebdd^tnig  loirb  au(!b  aDefi  aufbel^alten,  toaS 
aud  bem  duneren  üerfc^tounben  toar,  unb  ed  gel^t  nid^td  t)on  aOen  93or> 
fteOungen  eines  3Renf(^en  jemals  verloren.  !Rad^  bem  Sobe  ijt  bie  @r^  10 
innerung  alleS  beSienigen,  »aS  jemals  in  feine  @eele  fam  unb  toaS  il^m 
felbft  el^ebem  verborgen  blieb,  baS  DoUltdnbige  Sud^  feines  SebenS. 

S)ie  ©egentoart  ber  ®eifter  trifft  gtoar  nur  feinen  innern  @inn. 
3)iefeS  erregt  il^m  aber  bie  ap))arenj  berfelben  als  auger  i§m  unb  gmar 
unter  einer  menfd^Iid^en  f^igur.   S)ie  ©eifterfprad^e  ift  eine  unmittelbare  is 
ÜRittl^cilung  ber  3been,  fie  ijt  aber  jebergeit  mit  ber  ai)parenj  berjenigen 
Sprache  Derbunben,  bie  er  fonjt  \pxiiit,  unb  koirb  uorgefteUt  als  auger 
il^m.    Sin  ®eift  lieft  in  eines  anbem  ®eifteS  ©ebddbtnig  bie  ä^orftellun« 
gen,  bie  biefer  barin  mit  JSIarl^eit  entl^dlt.    @o  fe^en  bie  ®eifter  in 
@(^U)ebenbergen  feine  Sßorftellungen,  bie  er  üon  biefer  äSelt  l^at,  mit  fo  so 
Harem  SInfdgauen,  bag  fte  ftd^  babei  felbft  l^intergel^en  unb  fid^  öfters  ein« 
bilben,  fie  feigen  unmittelbar  bie  @ad^en,  koeld^eS  bo(^  unm5glid^  ift,  benn 
fein  reiner  ®eift  l^at  bie  minbefte  Smpfinbung  Don  ber  törperlid^en  SBelt; 
allein  burd^  bie  ©emeinfdb^ift  mit  anbern  @eelen  lebenber  SRenfd^en  !5n* 
neu  fte  aud^  feine  SBorfteDung  baoon  ^aben,  »eil  il^r  ^nnerfteS  nidbt  auf«  95 
getrau  ift,  b.  i.  il^r  innerer  @inn  gdnjlid^  bunfele  SSorftellungen  ent^dlt. 
3)a]^er  i^  Sd^ioebenberg  baS  redete  Drafel  ber  ©eifter,  koeld^e  eben  fo  neu« 
gierig  finb  in  ibm  ben  gegenmdrtigen  ßuftanb  ber  SSelt  gu  befc^auen,  als 
er  es  ift  in  il^rem  ®ebdd)tnig  toie  in  einem  Spiegel  bie  ffiunber  ber 
©eifterkoelt  gu  betrad^ten.  Dbgleid^  biefe  ®eifter  mit  allen  anbern  Seelen  so 
lebenber  SRenfd^en  gleichfalls  in  ber  genaueften  äSerbtnbung  ftel^en  unb 
in  biefelbe  loirfen  ober  Don  il^nen  leiben,  fo  miffen  fte  bod^  biefeS  eben  fo 
toenig,  als  eS  bie  SRenfd^en  loiffen,  loeil  biefer  i^r  innerer  @inn,  loeld^er 
gu  i^rer  geifttgen  ^erfönlid^feit  gehört,  gang  buntel  ift.    @S  meinen  alfo 
bie  ©elfter:  bag  baSjenige,  loaS  auS  bem  (Stnfluffe  ber  3Renfd^enfeelen  in  35 
il^nen  gekoirft  koorben,  oon  il^nen  alletn  gebat^t  fei,  fo  loie  aud^  bie  3Ren* 
fd^en  in  biefem  Seben  nid^t  anberS  glauben,  als  bag  alle  il^re  ®ebanfen 


'  Stteltet  ^eU.    2.  ^Qupiftfldf.  363 

ünb  SStllenSregungen  qu8  il^nen  felbfi  entfpringen,  ob  fte  gleid)  in  ber 
S^at  oftmals  aus  ber  unjic^tbaren  SSelt  in  fte  übergel^en.  Snbeffen  l^at 
eine  jebe  menfd^Uc^e  Seele  fcJ^on  In  biefem  geben  il^re  Stelle  in  ber  ©elfter» 
loelt  unb  gel^ört  ju  einer  gemiffen  Societät,  bie  ieberjeit  il^rem  Innern 

5  ßuftanbe  bed  SSal^ren  unb  ®uten,  b.  i.  beS  äSerftanbeS  unb  SSiUenS,  ge« 
mi^  ifl.  @8  l^aben  aber  bie  SteUen  ber  ©eifler  untereinanber  niil^ts  mit 
bem  Sftaume  ber  firperlic^en  Sßelt  gemein;  bal^er  bie  Seele  eined  9Renf(^en 
in  Snbien  mit  ber  eines  anbern  in  @urot)a,  loaS  bie  geiftige  Sagen  betrifft, 
oft  bie  n&c^fle  9{a(]^baren  finb,  unb  bagegen  bie,  fo  bem  j(5rper  nad^  in 

10  einem  $aufe  kool^nen,  na(!^  {enen  SSer^&Itniffen  koeit  gnug  Don  einanber 
entfernt  fein  fönnen.  Stirbt  ber  SKenfc^,  fo  öerdnbert  bie  Seele  nid^t 
il^re  Stelle,  fonbern  em))finbet  fic^  nur  in  berfelben,  barin  fie  in  Slnfel^ung 
anberer  ®ei|ter  fc^on  in  biefem  Seben  loar.  Übrigens,  obgleid^  baS  Sßer> 
l^dltnig  ber  ®eifter  untereinanber  lein  »al^rer  Sftaum  i{l,  fo  l^at  baffelbe 

15  bod^  bei  i^nen  bie  Slpparenj  beffelben,  unb  il^re  ä3er!nüt)fungen  »erben 
unter  ber  begleitenben  Sebingung  ber  Slal^eiten,  il^re  äSerfii^iebenl^eiten 
aber  als  SSBeiten  DorgefieOt,  fo  mie  bie  ®ei{ter  felber  toirftid^  nic^t  auSge:» 
bel^nt  finb,  einanber  aber  bod^  bie  ^paxtni  einer  menfd^Iic^en  f^igur 
geben,    ^n  biefem  eingebilbeten  Staume  i{l  eine  burc^gängige  ®emein« 

20  fd^aft  ber  geiftigen  9laturen.  Sdbtoebenberg  fprid^t  mit  abgefdbiebenen 
Seelen,  menn  eS  i^m  beliebt,  unb  lieft  in  il^rem  ©eb&d^tnig  (äSorjleDungS» 
traft)  ben|enigen  Suftanb,  barin  fte  fid^  felbft  bef(!^auen,  unb  fielet  biefen 
eben  fo  flar  als  mit  leiblid^en  Sugen.  Slud^  tft  bie  ungeheure  Entfernung 
ber  oernfinftigen  ääekool^ner  ber  9Be(t  in  Slbfidbt  auf  baS  geiftige  Sßeltgange 

25  ffir  nid^tS  gu  l^alten,  unb  mit  einem  Semol^ner  beS  SaturnS  gu  reben,  ift 
i^m  eben  fo  leicht,  als  eine  abgefc^iebene  3Renfd^enfeele  gu  fpre(!^en.  SDeS 
fommt  auf  baS  SSerl^ältnig  beS  innern  S^ftonbeS  unb  auf  bie  SBertnüp» 
fung  an,  bie  fte  untereinanber  nad^  il^rer  Übereinftimmung  im  Sßal^ren 
unb  im  ® Uten  l^aben;  bie  entferntere  ®eifter  aber  lönnen  leid^tlid^  burd^ 

30  äSermittelung  anberer  in  ®emeinfd^aft  tommen.  3)a]^er  brandet  ber 
9Renfd^  auc^  nic^t  in  ben  übrigen  Sßeltförpern  loirflidg  gemol^ntgul^aben, 
um  biefelbe  bereinft  mit  allen  i^ren  SBunbern  gu  fennen.  Seine  Seele 
liefet  in  bem  ®eb&d^tniffe  anberer  abgefc^iebenen  Sßeltbürger  il^re  ä^or» 
fteOungen,  bie  biefe  Don  il^rem  Seben  unb  SSo^npla^e  l^aben,  unb  jiel^t 

35  barin  bie  @egenft&nbe  fo  gut  loie  hnx^  ein  unmittelbares  9nfd^auen. 

(Sin  ^auptbegriff  in  Sd^mebenbergS  ^l^antafterei  tft  biefer:  S)ie  fir« 
))erlid^e  Sßefen  l^aben  feine  eigene  Subji^eng,  fonbern  befte§en  lebiglid^ 


364    S^tAume  eine«  ecifierfe^erd,  erläutert  bur^  SrAume  ber  SRetopl^^fi!. 

burd^  bie  (Beiflertoelt,  toietool^I  ein  jeber  Xbrptx  ni(^t  burd^  einen  ®eifi 
oQein,  fonbern  burd^  aQe  ittfammengenommen.  Sia^tx  ^at  bie  (Sriennt« 
nt^  ber  materienen  S)inge  gkoeierlei  Sebeutung,  einen  äu^erlid^en  Sinn 
in  SBerl^iltni^  ber  ÜRaterie  aufeinanber  unb  einen  innern,  in  fo  fem  fie 
als  SSirtungen  bie  j^r&fte  ber  (Seifienoelt  begeid^nen,  bie  il^re  Urfac^en  » 
ftnb.  @o  l^at  ber  Xbtptx  beS  3Renf(^en  ein  SBerl^&Itnig  ber  Sl^eile  unter« 
einanber  nac^  materiellen  ®efej^en;  aber  in  fo  fem  er  burd^  ben  ®eift,  ber 
in  il^m  lebt,  erhalten  toirb,  ^aben  feine  Derfd^iebene  ®Iiebmagen  unb  i^re 
SrunÜionen  einen  bejeid^nenben  SSertl^  fär  bieienige  @eelenfrdfte,  burd^ 
beren  äßirhtng  fie  il^re  ®efialt,  2:^itigfeit  unb  Sel^arrlid^feit  ^aben.  lo 
S>{efer  innere  @inn  ift  ben  SRenfd^en  unbefannt,  unb  ben  l^at  Sdgtoeben« 
berg,  beffen  ^nnerfted  aufgetl^an  ifl,  ben  SRenfc^en  belannt  mad^en  ttoOen. 
SRit  aOen  anbern  fingen  ber  fidgtbaren  SSelt  ift  t&  eben  fo  bemanbt,  fie 
^aben,  »ie  gefagt,  eine  99ebeutung  ald  Sadgen,  tteld^ed  toenig  ift,  unb 
eine  anbere  al8  Stii^^n,  toelc^eS  mel^r  ifi.  2)iefed  ift  aud^  ber  Urfprung  » 
ber  neuen  Kudlegungeni  bie  er  Don  ber  Sd^rift  l^at  machen  tooOen.  S>enn 
ber  innere  6inn,  n&mlid^  bie  f^mboUfd^e  Segiel^ung  afler  barin  ergdl^Iten 
3)inge  auf  bie  ®eifienoelt,  ift,  ttie  er  fd^ttdnnt,  ber  j^ern  il^re«  SSertl^i 
bafi  übrige  ift  nur  bie  Sd^ale.  SBa8  aber  toieberum  in  biefer  f^mboUfd^en 
SSerInflpfung  förperlidger  S)inge  als  Silber  mit  bem  innern  geiftigen  Su*  'o 
ftanbe  toid^tig  ift,  befielt  barin:  «De  ®eifier  fteUen  ftd^  einanber  ieber» 
jeit  unter  bem  änfd^ein  auSgebel^nter  ®eftalten  Dor,  unb  bie  ßinpffe 
aUer  biefer  geiftigen  SSefen  untereinanber  erregen  i^nen  gugleic^  bie 
9ippaxtni  wn  nod^  anbem  auSgebe^nten  SSefen  unb  gleid^fam  Don  einer 
materialen  9Belt,  beren  Silber  bo(^  nur  Symbolen  il^reS  inneren  Suftan«  25 
bed  finb,  aber  gleidgteol^l  eine  fo  Hare  unb  bauerl^afte  5£duf(^ung  bes  @in* 
nes  oerurfad^en,  ba^  \o\^t  ber  mirllid^en  (Smpfinbung  folc^er  ®egenfidnbe 
gleid^  iß.  ((Sin  I&nftiger  KuSleger  toirb  barauS  f(!^Iie|en:  ba^  Sd^tee» 
benberg  ein  Sbealift  fei,  toeil  er  ber  ÜRaterie  biefer  SSelt  aud^  bie  eigne 
@ub{ifteng  abfprid^t  unb  fie  bal^er  DieÜeidbt  nur  fär  eine  gufammenl^dn«  so 
genbe  6rf(!^einung  l^alten  mag,  meldte  aus  ber  93erlnü))fung  ber  ®eißer« 
U)elt  entft)ringt.)  (Sr  rebet  alfo  Don  ®drten,  meitlduftigen  ®egenben, 
äßol^npld^en,  ®allerien  unb  SIrcaben  ber  ®eifter,  bie  er  mit  eigenen  8u« 
gen  in  bem  fldrften  Sichte  fdl^e,  unb  Derftd^ert:  bag,  ba  er  mit  aUen  feinen 
$reunben  naC^  il^rem  Sobe  oielfdltig  geft)ro(l^en,  er  an  benen,  bie  nur  ss 
lurjlid^  geftorben,  faft  iebergeit  gefunben  ^dtte,  ba|  fie  {id^  !aum  l^dtten 
Überreben  t5nnen  gejtorben  gu  fein,  toeil  pe  eine  dl^nlid^e  äßelt  um  fid^ 


3n>eiter  3:^eil.    2.  ^aii)>tflü(f.  365 

fdl^en;  imgleid^en,  bog  ®ei{iergefenf(i^aften  Don  einerlei  innerem  Sui^anbe 
einerlei  Sppareng  ber  ®egenb  unb  anberer  bafelbft  befinblic^en  3)inge 
l^iiten,  bie  Serinberung  il^red  Suftanbed  aber  fei  mit  bem  Schein  ber 
Serdnberung  bed  Orts  oerbunben.  SSeil  nun  ieberjeit,  »enn  bie  (Beifter 

5  ben  SRenfi^enfeelen  i^re  ®eban!en  mittl^eilen,  biefe  mit  ber  Kppareng  ma« 
terieOer  S)inge  Derbunben  finb,  meldte  im  ®runbe  nur  !raft  einer  9e}ie« 
l^ung  auf  ben  geißigen  @inn,  bo(^  mit  aDem  Sd^ein  ber  SBirltic^Ieit  fid) 
bemienigen  Dermalen,  ber  fold^e  entpfdngt,  fo  ift  barauS  ber  SSorratl^  ber 
ttilben  unb  unauSfpred^Ii^  albernen  ®ejtalten  l^erguleiten,  »eldge  unfer 

10  @d^n)irmer  bei  feinem  t&glid^en  ®eiflerumgange  in  aOer  JHarl^eit  }u 
feigen  glaubt. 

S<^  ^abe  fd^on  angeffll^rt,  bag  nad^  unferm  SSerfaffer  bie  mand^erlei 
j(rdfte  unb  Sigenfd^aften  ber  Seele  mit  ben  il^rer  Slegierung  untergeorb* 
neten  Organen  be8  ^bxpexi  in  S^mpat^ie  flel^en.   S)er  gan^e  dunere 

15  SRenfd^  correfponbirt  alfo  bem  gangen  Innern  SRenfd^en,  unb  luenn  bal^er 
ein  merflid^er  geiftiger  Sinflug  aud  ber  unfid^tbaren  äBelt  eine  ober  an^ 
bere  biefer  feiner  Seelenfrdfte  oorgüglid^  trifft,  fo  empflnbet  er  aud^  l^ar* 
monifd^  bie  apparente  ®egen»art  beffelben  an  ben  ®Iiebmagen  feines 
duneren  SRenfd^en,  bie  biefen  correfponbiren.   S)a]^in  bejiel^t  er  nun  eine 

20  groge  SRannigfaltigleit  t)on  (Smpfinbungen  an  feinem  j^irper,  bie  feber« 
seit  mit  ber  geiftigen  9ef(!^auung  Derbunben  finb,  beren  Ungereimtheit 
aber  gu  grog  ift,  als  bag  id^  ed  »agen  bürfte  nur  eine  eingige  berfelben 
anguffl^ren. 

hieraus  !ann  man  fid^  nun,  toofern  man  tS  ber  SRül^e  toertl^  l^dlt, 

25  einen  93egriff  Don  ber  abenteuerlid^ften  unb  feltfamjten  Sinbilbung 
mad^en,  in  meldte  fid^  alle  feine  Srdumereien  vereinbaren.  @o  koie  ndm> 
lid^  Derfd^iebene  j(rdfte  unb  fjfd^igleiten  bietenige  Sin^eit  ausmachen, 
toeld^e  bie  @eele  ober  ber  innere  SRenfd^  ift,  fo  mad^en  aud^  Derfc^iebene 
®eifter  (beren  ^auptd^araftere  fid^  eben  fo  auf  einanber  begiel^en,  mie  bie 

30  mand^erlei  ^d^igfeiten  eines  ®eifteS  untereinanber)  eine  @ocietdt  auS, 
toeld^e  bie  llppareng  eines  großen  SRenfd^en  an  ft(^  geigt,  unb  in  »eld^em 
Sc^attenbilbe  ein  ieber  ®eifi  fid^  an  bemienigen  Orte  unb  in  ben  fd^ein* 
baren  ®liebmagen  fte^t,  bie  feiner  eigentpmlid^en  SSerrid^tung  in  einem 
folc^en  geißigen  Xbxptx  gemdg  ßnb.   KDe  ®eißerfocietdten  aber  gufam« 

35  men  unb  bie  gange  Sßelt  aDer  biefer  unß(4tbaren  SBefen  erfd^eint  gule^t 
felbft  »leberum  in  ber  llppareng  beS  größten  SRenfd^en.  (Sine  ung^ 
^eure  unb  riefenmdgige  ^l^antape,  gu  toeld^er  ßd^  Dielleid^t  eine  alte  lin« 


366    ^rdume  elneiS  ®etfhrfe^eriS,  erldutert  bitr^  2:r&inne  ber  Slletap^^f!!. 

blfd^e  SSorßellung  auSgebel^nt  l^at,  \otnn  ehoa  in  Sd^uletii  um  bem  ®e* 
bdd^tnig  gu  $ülfe  }u  fommen,  ein  ganger  SBelttl^eil  unter  bem  93ilbe  einer 
ft^enben  Si^ngfrau  u.  b.  g.  ben  Sel^rltngen  üorgemalt  loirb.  3n  biefem 
unermeglid^en  SRenfd^en  ift  eine  burd^gdngige  innigfte  ©emeinfd^aft  eines 
®ei{te8  mit  allen  unb  aOer  mit  einem,  unb  loie  aud^  immer  bie  Sage  ber  5 
lebenben  äßefen  gegeneinanber  in  biefer  SBelt,  ober  beren  SSerdnberung 
befc^af en  fein  mag,  fo  ^aben  fie  boc^  eine  gang  anbere  Stelle  im  größten 
9Renfd^(n,  meldte  {ie  niemals  Derdnbern  unb  koelc^e  nur  bem  Sd^eine  nad^ 
ein  Ort  in  einem  unermeglid^en  Sftaume,  in  ber  2:i^at  aber  eine  beftimmte 
«rt  i^rer  Ser^dltniffe  unb  @inpffe  ift.  10 

SC^  bin  es  mube  bie  kDilben  i^irngefpinße  beS  drgften  Sd^iodrmerS 
unter  aUen  gu  copiren,  ober  folc^e  bis  gu  feinen  Sefd^reibungen  üom  3u» 
ftanbe  nad^  bem  Sobe  fortgufe^en.  ^i^  l^abe  auc^  nod^  anbere  Sebent 
lid^feiten.  3)enn  obgleid^  ein  9laturfammler  unter  ben  prd|)arirten  €tädEen 
tl^ierlfc^er  3^u0ungen  nid^t  nur  folc^e,  bie  in  natürlid^er  $orm  gebilbet  15 
finb,  fonbern  au(^  SRiggeburten  in  feinem  @(^ranfe  aufflellt,  fo  mug  er 
bo(^  bel^utfam  fein,  jie  ni^t  jebermann  unb  nid^t  gar  gu  beuttid^  feigen  gu 
laffen.  3)enn  eS  fönnten  unter  ben  SSonoi^igen  lei(!^tlid^  f(!^n)angere  $er* 
fönen  fein,  bei  benen  eS  einen  fd^limmen  @inbrud(  mad^en  bürfte.  Unb 
ba  unter  meinen  Sefern  einige  in  Slnfel^ung  ber  ibealen  Smpfdngnig  eben  so 
fomol^I  in  anbem  Umftdnben  fein  mögen,  fo  iDürbe  mir  eS  leib  tl^un,  toenn 
fte  ftd^  l^ier  ettoa  tooran  foOten  Derfel^en  ^aben.  ^nbeffen  meil  idg  ^e  bod^ 
gleich  anfangs  gemarnt  l^abe,  fo  ftel^e  id^  fftr  ni(!^ts  unb  l^offe,  man  toerbe 
mir  bie  SRonbfdlber  ni^t  aufbärben,  bie  bei  biefer  äSeranlaffung  oon 
il^rer  fruchtbaren  @inbilbung  möchten  geboren  loerben.  23 

Übrigens  ^abe  id^  ben  2:rdumereien  unfereS  SSerfafferS  feine  eigene 
unterfd^oben,  fonbern  folc^e  burd^  einen  getreuen  SluSgug  bem  bequemen 
unb  loirtlifd^aftlid^en  Sefer  (ber  einem  Ileinen  SSonoi^e  ni(^t  fo  leicht 
7  gjfunb  ©terlinge  aufopfern  mödfete)  bargeboten.  QtDax  pnb  bie  un« 
mittelbare  ^nfc^auungen  mel^rent^eils  oon  mir  loeggelaffen  loorben,  toeil  so 
bergleid^en  toilbe  ^irngefpinße  nur  ben  9lad^tf(^Iaf  beS  SeferS  fibreti 
tourben;  auc^  ift  ber  oermorrene  @inn  feiner  @röffnungen  ^in  unb  loieber 
in  eine  etioaS  gangbare  Sprache  eingefleibet  morben ;  allein  bie|)aupt« 
g&ge  beS  ^briffeS  l^aben  baburc^  in  il^rer  Sftid^tigfeit  nid^t  gelitten,  ©leic^* 
lool^l  ift  es  nur  umfonft  eS  oerl^el^len  gu  koollen,  loeil  eS  S^bermann  bod^  35 
fo  in  bie  Sugen  fdOt,  bag  alle  biefe  Slrbeit  am  6nbe  auf  nichts  l^erauS« 
laufe.  S)enn  ba  bie  vorgegebene  ^rioaterfc^einungen  beS  Sud^S  ftd^  felbft 


JL 


S»etter  ^^il.    2.  ^auptftfidT.  367 

nid^t  bekoeifen  I5nnen,  fo  tonnte  ber  SeioegungSgrunb,  jid^  mit  il^nen  ah 
}ugeben,  nur  in  ber  ä^ermut^ung  liegen,  bag  ber  SSerfaffer  gur  Seglau» 
bigung  berfelben  {tc^  Dielletdgt  auf  äSorf&De  oon  ber  oben  ertoil^nten  8lrt, 
bie  burdb  lebenbe  3^ugen  bejl&tigt  »erben  tonnten,  berufen  toftrbe.  3)ers 
gleid^en  aber  finbet  man  nirgenb.  Unb  fo  gießen  mir  unS  mit  einiger  99e» 
fc^dmung  üon  einem  t^öric^ten  äSerfud^e  gurüdE  mit  ber  oernünftigen,  ob« 
gleid^  etmaS  fpäten  Slnmerlung:  bag  baS  jdugbenten  me^rent^eilö  eine 
leichte  Sad^e  fei,  aber  leiber  nur,  nac^bem  man  fid^  eine  Seit  lang  l^at 
]^interge§en  laffen. 


10  3d^  ^abe  einen  unbantbaren  @toff  bearbeitet,  ben  mir  bie  Slodgfrage 
unb  3ubringU(!^teit  Dormi^iger  unb  mäßiger  ^reunbe  unterlegte.  Snbem 
i4  biefem  Seic^tftnn  meine  Semfil^ung  unterwarf,  fo  l^abe  ic^  guglei(!^ 
beffen  (Srmartung  betrogen  unb  meber  bem  9leugierigen  burc^  Slac^rid^ten, 
nod^  bem  fjrorfd^enben  burd^  Sernunftgr&nbe  etmad  gur  Sefriebigung 

15  audgerid^tet.  äienn  teine  anbre  9bfid^t  biefe  Slrbeit  befeelte,  fo  l^abe  id^ 
meine  Seit  verloren;  id^  ^abe  bad  Sutrauen  beö  SeferiS  verloren,  beffen 
(Sriunbigung  unb  SBBigbegierbe  i(^  burdg  einen  langmeiligen  Ummeg  gu 
bemfelben  $untte  ber  Unmiffenl^eit  gefül^rt  l^abe,  aud  meldgem  er  l^eraud^ 
gegangen  mar.   SUein  i^  i^atte  in  ber  SC^at  einen  SioedC  ^^^  Sugen,  ber 

so  mir  mid^tiger  fd^eint  als  ber,  meieren  id^  oorgab,  unb  biefen  meine  idg  er» 
reid^t  gu  l^aben.  S)ie  ÜRetap^^fit,  in  meldte  i(^  baö  @(^id(fal  ^abe  verliebt 
gu  fein,  ob  idg  mid^  gleid^  oon  xffx  nur  feiten  einiger  ®unfibegeugungen 
rfil^men  lann,  leiftet  gmeierlei  SSortl^eile.  3)er  erfie  ift,  ben  Aufgaben  ein 
®nfige  gu  t§un,  bie  bad  forfd^enbe  @emfit^  aufmirft,  menn  eö  oerborge« 

25  nern  (Sigenfd^aften  ber  S)inge  burd^  SBernunft  nac^fpdl^t.  Sber  l^ier  täufd^t 
ber  Kudgang  nur  gar  gu  oft  bie  |)offnung  unb  ift  biedmal  au(^  unfern 
begierigen  $dnben  entgangen. 

Ter  frastra  comprensa  manus  effugit  imago 
Par  levibus  yentis  yolacriqae  simillima  somno. 
30  VIRG. 

Sitx  anbre  SSort^eil  ift  ber  Statur  bed  menfd^Iidgen  SSerflanbed  mel^r 
angemeffen  unb  befte^t  barin:  eingufe^en,  ob  bie  Slufgabe  au8  bemjenigen, 
maS  man  miffen  lann,  aud^  beftimmt  fei  unb  melc^ed  Ser^dltnig  bie 
$rage  gu  ben  Srfal^rungäbegriffen  l^abe,  barauf  ftd^  aUe  unfre  llrt^eile 


368    S:TAume  dneiB  (Beifierfel^etd,  ertftutert  bitr^  2:r&tmte  ber  SRetapl^^ftf. 

feberjeit  flfl^n  mäffen.  3n  fo  fern  ift  bie  Vlttap\ft)^t  eine  Sßiffenfd^aft 
Don  ben  Orengen  ber  menfd^Uc^en  SSernunft,  unb  ba  ein  Ileined 
Sanb  iebergeit  üiel  Orenge  l^at,  flberl^aupt  att(^  mel^r  baran  liegt  feine 
S3eft^ungen  »ol^I  iu  lennen  unb  gu  be]^au))ten,  als  blinblingS  auf  @r> 
oberungen  auSjuge^en,  fo  ift  biefer  9lu^e  ber  enodl^nten  SSiffenfi^aft  ber  s 
unbefonntefte  unb  gugleid)  ber  tDid^tigfte,  vie  er  benn  aud^  nur  giemlii^ 
fpdt  unb  nad^  langer  Srfal^rung  erreid^t  »irb.  ^(^  ^abe  biefe  (Srenge  l^ier 
gtoar  ni(^t  genau  beftimmt,  aber  bod^  in  fo  tteit  angegeigt,  bag  ber  Sefer 
bei  loeiterem  SHad^benlen  finben  »irb,  er  fSnne  jid^  aller  uergeblid^en  9la(l|« 
forfd^ung  fiberl^eben  in  Snfel^ung  einer  Srage,  tooju  bie  data  in  einer  lo 
anbem  Seit,  ald  in  toeldger  er  entpfinbet,  anzutreffen  ftnb.  3<%  ^abe  alfo 
meine  S^t  oerloren,  bamit  ic^  fie  gewinne.  34  ^<^be  meinen  8ef er  l^inter» 
gangen,  bamit  id^  il^m  nü^te,  unb  venu  id^  i^m  gleid^  leine  neue  Sinfid^t 
barbot,  f o  vertilgte  id^  bod^  ben  äßal^n  unb  baä  eitele  äBiffen,  meld^ed  ben 
Serfianb  aufbldl^t  unb  in  feinem  engen  9laume  ben  $Ia^  audffiOt,  ben  15 
bie  Seigren  ber  SßeiSl^it  unb  ber  nfi^lid^en  Unterioeifung  einnehmen 
Hunten. 

äßen  bie  bisi^erigen  99etradgtungen  ermfibet  l^aben,  ol^ne  i§n  ju  be« 
leieren,  beffen  Ungebulb  fann  fid^  nunmel^r  bamit  aufridgten,  loaS  3>io« 
genes,  koie  man  fagt,  feinen  gd^nenben  Su^^tern  gufpradg,  als  er  baS  20 
le^te  S^latt  eines  langmeiligen  S3ud^S  fal^:  Sourage,  meine  Ferren,  id^ 
fel^e  Sanb.  SBorl^er  loanbelten  ttir  ttie  S)emofrit  im  leeren  Slaume, 
tDol^in  uns  bie  Sd^metterlingSflfigel  ber  aRetap^^jif  gel^oben  l^atten, 
unb  unterl^ielten  unS  bafelbft  mit  geiftigen  ®eftalten.  3e^t,  ba  bie  ftip« 
tifd^ei^raft  ber  Selbfterfenntnig  bie  feibene  @d^mingen  }ufammenge)o^  35 
gen  l^at,  feigen  »ir  unS  toieber  auf  bem  niebrigen  Soben  ber  Srfal^rung 
unb  beS  gemeinen  SBerftanbeS;  glfldtlic^!  menn  toir  benfelben  als  uuferen 
angemiefenen  $la^  betrad^ten,  auS  loeld^em  U)ir  niemals  ungefhraft  ^in> 
ausgeben,  unb  ber  aud)  alles  ent^dlt,  loaS  unS  befriebigen  lann,  fo  lange 
mir  uns  am  9lfl^lid^en  Italien.  90 


3)ritte8  ^au^tftücf. 
^raltifd^er  @d^lu^  auS  ber  gangen  Sbl^anblung. 

(Sinem  {eben  Sormi^e  nad^gul^dngen  unb  ber  (Srfenntnigfud^t  leine 
anbre  ©rengen  gu  Derftatten  als  baS  Unoerm5gen,  ift  ein  @ifer,  meld^er 


3»eiter  S^eil.    8.  ^auptftftdf.  369 

btx  ®ele]^rfamlett  nid^t  fibel  anjiel^t.  Sinein  unter  ungdl^Iigen  Stuf« 
gaben,  bie  ftd^  felbft  barbieten,  bieienige  auStodl^Ien,  beren  Sluflifung  bem 
ÜRenfd^en  angelegen  ift,  ifi  ba8  SSerbtenft  ber  SSeidl^ett.  äBenn  bie 
9Siffenf(^aft  il^ren  Rxtx&  burc^Iaufen  l^at,  fo  gelangt  fie  natärlid^er  SBelfe 

5  3u  bem  $untte  eined  befc^eibenen  9Rigtrauen8  unb  fagt,  unkoillig  Aber 
fiii  felbfl:  SBie  üiel  S)inge  giebt  eS  bod^,  bie  id^  nid^t  einfe^e! 
Slber  bie  burd^  Srfal^rung  gereifte  93ernunft,  koeld^e  jur  SßeiSl^eit  iDirb, 
fprtd^t  in  bem  3Runbe  beS  @of rated  mitten  unter  ben  SSBaaren  eined 
Sa^rmarftiS  mit  l^eiterer  @eele:  SSie  t)iel3)tnge  giebt  eS  bod^,  bie 

10  id^allenid^tbraudge!  Auf  fold^e  Slrt  fliegen  enblid^  gioei  ääeflrebun« 
gen  üon  fo  und^nlid^er  Statur  in  eine  gufammen,  ob  fie  gleid^  anfangs 
nac^  fel^r  oerfc^iebenen  Sfiid^tungen  ausgingen,  inbem  bie  erfle  eitel  unb 
ungufrieben,  bie  jtoeite  aber  gefegt  unb  gnügfam  ift.  S)enn  um  oernfinf« 
tig  au  »d^Ien,  mug  man  oor^er  felbfl  baö  (Sntbel^rUd^e,  ia  baS  Unmig« 

15  lic^e  fennen ;  aber  enblid^  gelangt  bie  äBiffenf d^aft  gu  ber  Seftimmung  ber 
i^r  burc^  bie  9latur  ber  menfd^Iic^en  SSernunft  gefegten  ©rengen;  aUe 
bobenlofe  Suttofirfe  aber,  bie  oielleid^t  an  ftd^  felbft  nic^t  untoürbig  fein 
mögen,  nur  bag  fie  auger  ber  Spl^dre  beS  äRenfd^en  liegen,  fliel^en  auf 
ben  SimbuS  ber  (Sitelleit.  aidbann  toirb  felbft  bie  SRetapl^^fil  baSjenige, 

so  loooon  fie  ie^t  nod^  giemlid^  loeit  entfernt  ifi,  unb  toad  man  oon  il^r  am 
»enigften  »ermutigen  follte,  bie  Segleiterin  ber  SßeiSl^eit.  S)enn  fo 
lange  bie  9Reinung  einer  Sßöglic^feit,  gu  fo  entfernten  (Siuftd^ten  gu  ge« 
langen,  übrig  bleibt,  fo  ruft  bie  loeife  (Sinfalt  oergeblic^,  bag  fold^e 
groge  S3eftrebungen  entbel^rlid^  feien.  3)ie  annel^mlic^Ieit,  totl^t  bie  &t* 

25  Weiterung  beS  SSiffenS  begleitet,  koirb  fel^r  leicht  ben  @(]^ein  ber  ^ßid^t* 
mdgigleit  annehmen  unb  au8  fener  oorfe^Iid^en  unb  überlegten  ®nfig« 
fomfeit  eine  bumme  @infalt  ma(!^en,  bie  fid^  ber  SSerebelung  unferer 
SHatur  eutgegenfe^en  toill.  S)ie  t^ragen  Don  ber  geiftigen  9latur,  oon  ber 
fyreil^eit  unb  SSorl^erbefKmmung,  bem  tünftigen  Suftanbe  u.  b.  g.  bringen 

30  anfdnglic^  aUe  j(rdfte  beS  SSerftanbeö  in  SBemegung  unb  giel^en  ben  3Ren« 
fd^en  bur(^  il^re  SBortrefflidgfeit  in  ben  äßetteifer  ber  @peculation,  koeld^e 
ol^ne  Itnterfc^ieb  Hfigelt  unb  entfdb^ii^^t,  le^rt  ober  koiberlegt,  loie  ed  bie 
@d^eineinft(^t  febedmal  mit  fic^  bringt.  Sßenn  biefe  9lad^forfd^ung  aber 
in  ^l^ilofop^ie  auSfd^ldgt,  bie  Aber  i§r  eigen  SSerfal^ren  urt^eilt,  unb  bie 

zi  nidgt  bie  ©egenftdnbe  allein,  fonbem  beren  SSerl^dltnig  gu  bem  äSerfianbe 
beS  SRenfd^en  lennt,  fo  giel^en  fic^  bie  ®rengen  enger  gufammen,  unb  bie 
2Rarffieine  toerben  gelegt,  meldte  bie  SHad^forfd^ung  aud  i^rem  eigent^m* 

Itant'l  ec^rtften.    Ocrfc  IL  24 


370    3:r&ume  eined  (Beiflecfel^rd,  erl&utert  bur^  Srftume  ber  ^ttapi^^^t 

lid^en  Sejlrle  niemals  mel^r  audfd^metfen  laffen.  Sir  l^aben  einige  $^iIo« 
f opl^ie  nöt^ig  gel^abt,  um  bie  @(lbtt)ierig!elten  gu  lennen,  »eld^e  einen  Se» 
griff  umgeben,  ben  man  gemeinigliii^  als  fe^r  bequem  unb  alltdgig  be« 
^anbelt.  (Stioad  mebr  $§i(ofop^ie  entfernt  biefeS  ©(^attenbilb  ber  Sin* 
ßdbt  nod^  mel^r  unb  ftberjeugt  un8,  ba|  ed  gdnjilid^  auger  bem  ®e{t(!^tS«  5 
treife  ber  Sßenfc^en  liege.  3)enn  in  ben  äSerl^&Itniffen  ber  Urfad^e  unb 
äBirlung,  ber  @ubftang  unb  ber  |)anblung  bient  anfänglid^  bie  $^ilofo« 
}fif)k  bagu,  bie  oertDidelte  (Srfd^einungen  auf  julöfen  unb  foldb^  ^uf  ein* 
fadb^te  äSorfteQungen  gu  bringen.  3ft  ^<^^  ober  enbli(^  gu  ben  ®runb* 
Der^dltniffen  gelangt,  fo  l^at  bai  ©efdbdfte  ber  ^^ilofopl^ie  ein  (Snbe,  unb  10 
toie  ettoaS  f6nne  eine  Urfad^e  fein  ober  eine  j^raft  ^aben,  ift  unmöglich 
femals  bur^  SSernunft  eingufe]()en,  fonbern  biefe  Ser^&ltniffe  muffen  le* 
biglic^  aus  ber  (Srfal^rung  genommen  toerben.  S)enn  unfere  SSemunft« 
regel  gel^t  nur  auf  bie  äSergleidbung  nac^  ber  Jbentität  unb  bem  SBi« 
berfprud^e.  @o  fern  aber  etmaS  eine  Urfad^e  ifi,  fo  »irb  burc^  (St loa 8  i& 
ettoaS  SlnberS  gefegt,  unb  eS  ifl  alfo  lein  3ufammen]^ang  oermige  ber 
@inftimmung  anzutreffen;  »ie  benn  aud^,  loenn  i(^  eben  baffelbe  nidbt  oi& 
eine  Urfadbc  anfeilen  loill,  niemals  ein  äSiberfprud^  entfpringt,  meil  eS 
ftd^  nid^t  contrabicirt,  loenn  etioaS  gefegt  ift,  etmaS  anbered  aufgul^eben. 
S)a]^er  bie  ©runbbegriffe  ber  S)inge  als  Urfad^en,  bie  ber  )(r&fte  unb  90 
^anblungen,  toenn  jie  nid^t  auS  ber  Srfal^rung  l^ergenommen  ftnb,  gdnj* 
li4  toiQt&rlic^  finb  unb  meber  bemiefen  nod^  miberlegt  toerben  finnen. 
^6i  loeig  mol^I,  bag  baS  3)enfen  unb  SBoUen  meinen  j(5rper  bekoege,  aber 
idb  t<inn  biefe  Srfc^elnung  als  eine  einfache  @rfal^rung  niemals  burd^ 
Serglteberung  auf  eine  anbere  bringen  unb  fte  ba§er  toobl  erfennen,  aber  2» 
nic^t  einteilen.  3)a^  mein  SBille  meinen  9lrm  bemegt,  ift  mir  nid^t  Der« 
ftdnblid^er,  als  toenn  femanb  fügte,  bag  berfelbe  au(^  ben  SRonb  in  fei« 
nem  Jheife  gurfid^alten  tonnte;  ber  Unterfd^ieb  ift  nur  biefer:  bag  idb 
jleneS  erfal^re,  biefeS  aber  niemals  in  meine  @inne  gefommen  ifl.  3(^  er« 
fenne  in  mir  SSerdnberungen  als  in  einem  @ubiecte,  koad  lebt,  ndmlidb  30 
©ebanfen,  äßillfur  k.  ic,  unb  koeil  biefe  Sefiimmungen  oon  anberer  Srt 
finb  als  alles,  toaS  gufammengenommen  meinen  93egriff  oom  i^irper 
mad^t,  fo  beute  id^  mir  biDigerma^en  ein  untirperlidbeS  unb  bel^arrli^eS 
SSefen.  Db  biefeS  audb  ol^ne  Serbinbung  mit  bem  Rbxptx  beuten  toerbe, 
tann  oermittelfl  biefer  aus  (Srfal^rung  erfannten  9latur  niemals  ge^  S5 
fd^loffen  koerben.  34  bin  mit  meiner  Srt  SSefen  burd^  SBermittelung  f5r^ 
iperlid^er  ®efe^e  in  S3ertnfl))fung,  ob  i^  aber  au(|f  fonft  na(|f  anbem  9t^ 


Bwetter  S^etl.    3.  ^auptfiüd.  371 

fe^en,  toeld^e  id^  pneumatifd^  nennen  »in,  ol^ne  bie  SSermittelung  ber  9Ra« 
terie  in  SSerbinbung  jlel^e,  ober  iemald  ftel^en  toerbe,  lann  i^  auf  feiner« 
lei  äßeife  auS  bemienigen  fdgliegen,  toa9  mir  gegeben  ift.  SlUe  folc^e  Ur« 
t^eile,  tDie  biej[enige  Don  ber  SIrt,  tote  meine  @eele  ben  j^örper  beilegt, 

3  ober  mit  anbern  SSefen  i^rer  Slrt  j[e^t  ober  fünftig  in  SSer^dltnig  fte^t, 
lönnen  niemals  ehoaö  mel^r  a\i  (Srbic^tungen  fein  unb  gtoar  bei  loeitem 
nic^t  einmal  oon  bemfenigen  Sßert^e,  atö  bie  in  ber  Slaturtoiffenfd^aft, 
toeldje  man  ^^pot^efen  nennt,  bei  meldten  man  feine  ©runbfrdfte  erftnnt, 
fonbern  biefenige,  melii^e  man  burc^  (Srfal^rung  fd^on  fennt,  nur  auf  eine 

10  ben  (Srfc^einungen  angemeffene  ^rt  oerbinbet,  unb  beren  ÜRöglid^feit  ftd^ 
alfo  ieberjeit  mu^  fönnen  betoeifen  laffen;  bagegen  im  erften  f^aUe  felbfi 
neue  f^unbamentatoerl^&ttniffe  oon  Urfad^e  unb  äßirfung  angenommen 
loerben,  in  toeld^en  man  niemals  ben  minbefien  Segriff  il^rer  9R5gIid^feit 
l^aben  tann  unb  alfo  nur  f4öpferif(!^  ober  d^imärifd^,  toie  man  ed  nennen 

15  toiU,  bid^tet.  S)ie  99egreiflidgfeit  Derfc^iebener  maleren,  ober  angeblichen 
@rfd^einungen  au8  bergleid^en  angenommenen  ©runbibeen  bient  biefen 
gu  gar  feinem  SSortl^eile.  S)enn  man  fann  leidet  oon  aOem  ®runb  an« 
geben,  toenn  man  bered^tigt  ifi,  3:i^&tigf eiten  unb  äßirf ungSgef e^e*  gu  er> 
{innen,  loie  man  toill.   Sßir  muffen  alfo  märten,  biö  loir  i}ielleid^t  in  ber 

20  funftigen  äßelt  burd^  neue  @rfa]^rungen  unb  neue  Sdegriffe  oon  ben  und 
nod^  verborgenen  j(räften  in  unferm  bentenben  @elb{t  merben  belehrt  mer» 
ben.  @o  l^aben  unS  bie  SBeobad^tungen  ft)dterer  S^it^it,  nad)bem  fie  burd^ 
SRatl^ematit  aufgelbfet  loorben,  bie  Rxa\t  ber  Slngiel^ung  an  ber  9Raterie 
offenbart,  Don  beren  9Rögli(!^teit  (meil  fie  eine  ©runbfraft  gu  fein  fd^eint) 

25  man  ftd^  niemals  einigen  ferneren  93egriff  mirb  mad^en  fönnen.  3)ie» 
ienige,  meldte,  ol^ne  ben  SeioeiS  aus  ber  (Srfal^rung  in  |)&nben  gu  §aben, 
Dörfer  fic^  eine  fol(^e  ßigenfc^aft  l^&tten  erftnnen  moOen,  m&rben  als  £^o« 
ren  mit  Sfled^t  Derbient  l^aben  auSgela(!^t  gu  toerben.  S)a  nun  bie  93er« 
nunftgrfinbe  in  bergleid^en  f^&Uen  meber  gur  @rfinbung  nodg  gur  Seft&ti« 

30  gung  ber  9R5glid^feit  ober  Unm5gli(!^teit  oon  ber  minbeften  6r§ebli(!^feit 
finb:  fo  tann  man  nur  ben  Srfal^rungen  baS  SRed^t  ber  @ntf(!^eibung  ein« 
räumen,  fo  toie  ic^  es  aud^  ber  Qtit,  meiere  Srfal^rung  bringt,  überlaffe, 
etmaS  fiber  bie  gepriefene  ipeiltrdfte  beS  SRagnetS  in  S^^^nfranf^eiten 
auSgumac^en,  menn  fie  eben  fo  Diel  Seobadgtungen  toirb  Dorgeigen  finnen, 

»  bag  magnetifd^e  Stdbe  auf  Sleifd^  unb  JSnod^en  mirten,  als  toir  fdbon  oor 
uns  l^aben,  ba^  eS  auf  Stfen  unb  @ta^l  gefd^el^e.  Sßenn  aber  getoiffe  an« 
gebli^e  (Srfal^rungen  ^d^  in  fein  unter  ben  meiften  ÜRenf d^en  einftimmigeS 

24* 


372    träume  etned  ©etflerfel^erd,  erläutert  burd^  Sr&ume  ber  SRetap^^ft^ 

®e[e^  ber  (Smpfinbung  bringen  laffen  unb  dfo  nur  eine  Stegellofigteit 
in  ben  S^^S^^fl^n  ^^^  Sinne  beioeifen  loürben  (loie  ed  in  ber  S^at  mit 
ben  l^erumgel^enben  ©eifterer^fil^Iungen  bemanbt  i{l),  fo  ifl  rat^jam  fte 
nur  abjubre(^en:  toeil  ber  3RangeI  ber  (Sinftimmung  unb  ©leic^förmig« 
leit  aisbann  ber  ]^iftori[c^en  @rfenntnig  aQe  SBeioeiSlraft  nimmt  unb  fte  :> 
untauglid^  mad^t,  al8  ein  f^unbament  ju  irgenb  einem  ©efe^e  ber  Srfal^« 
rung  gu  bienen,  toorüber  ber  SSerftanb  urt^eilen  tonnte. 

@o  mie  man  einerfeits  burd^  etmad  tiefere  SRad^forfc^ung  einfel^en 
lernt,  bag  bie  ubergeugenbe  unb  p^ilofopl^ifc^e  @inft(^t  in  bem  $aDe,  mo« 
))on  tt)ir  reben,  unm5gli(^  fei,  fo  iDirb  man  aud^  anbererfeitd  bei  einem  lo 
rul^igen  unb  ))orurt^eiIfreien  ©emütl^e  gefte^en  muffen,  bag  fte  entbel^r« 
lid^  unb  unnötl^ig  fei.   S)ie  Sitelteit  ber  SBiffenfd^aft  entf(^ulbigt  gerne 
i^re  Sef(^&ftigung  mit  bem  SSormanbe  ber  3Bi(^tigteit,  unb  fo  giebt  man 
auc^  l^ier  gemeiniglid^  ))or,  bag  bie  Sßernunfteinftc^t  ))on  ber  geiftigen 
9latur  ber  @eele  gu  ber  Überzeugung  ))on  bem  S)afein  nac^  bem  Sobe,  u 
biefe  aber  gum  SSetoegungSgrunbe  eined  tugenb^aften  SebenS  fel^r  nöt^ig 
fei;  bie  mäßige  9teubegierbe  aber  fe^t  l^ingu,  bag  bie  SSal^rl^aftigteit  ber 
Srfd^einungen  abgefd^iebener  @eelen  ))on  aDem  biefem  fogar  einen  Se« 
loeiS  aud  ber  iSrfa^rung  abgeben  I5nne.   SHIein  bie  Xüa\)xt  3Beid^eit  ift 
bie  Segleiterin  ber  Sinfalt,  unb  ba  bei  i^r  bad  ^erg  bem  Sßerftanbe  bie  20 
SSorfd^rift  giebt,  fo  mad^t  fte  gemeiniglich  bie  gro^e  Surüflungen  ber  ®e« 
lel^rfamteit  entbe^rlid^,  unb  il^re  Qrotdt  beburfen  nid^t  fold^er  SRittel,  bie 
nimmermel^r  in  aDer  9Renfd^en  ©emalt  fein  lönnen.  9Bie?  ift  ti  benn  nur 
barum  gut  tugenbl^aft  gu  fein,  meil  ed  eine  anbre  SBelt  giebt,  ober  merben 
bie  ^anblungen  nid^t  Dielme^r  bereinft  belol^nt  merben,  weil  fte  an  ftd^  25 
felbft  gut  unb  tugenb^aft  loaren?   6nt]§&lt  baS  $erg  beS  SRenfd^en  ntd^t 
unmittelbare  ftttlid^e  SSorfd^riften,  unb  mug  man,  um  il^n  alliier  feiner 
IBeftimmung  gemäg  gu  beioegen,  burd^aud  bie  SRafd^inen  an  eine  anbere 
äSelt  anfe^en?   Aann  berjenige  mol^l  reblid^,  fann  er  lool^l  tugenbl^aft 
l^eigen,  melc^er  ftd^  gern  feinen  SiebltngSlaftern  ergeben  mürbe,  menn  il^n  so 
nur  teine  lünftige  Strafe  fc^redCte,  unb  mirb  man  nic^t  Dielmel^r  fagen 
muffen,  ba^  er  gioar  bie  Sludfibung  ber  Sod^eit  fd^eue,  bie  lafterl^afte 
©efinnung  aber  in  feiner  Seele  n&l^re,  bag  er  ben  SSort^eil  ber  tugenb« 
ä^nltd^en  ^anblungen  liebe,  bie  Sugenb  felbft  aber  l^affe?   Unb  in  ber 
S:^at  leiert  bie  @rfa^rung  aud^ :  bag  fo  Diele,  loelc^e  Don  ber  ffinftigen  ss 
äSelt  belel^rt  unb  äbergeugt  ftnb,  gleid^mol^l  bem  Safter  unb  ber  ^lieber« 
träd^tigteit  ergeben,  nur  auf  SRittel  ^nnen,  ben  brol^enben  f^olgen  ber 


Stoeiter  2:^eU.    3.  ^auptflflc!.  373 

Sulunft  argliflig  amSgutoeic^en;  aber  ed  l^at  idoI^I  niemald  eine  red^t« 
fd^affene  @eele  gelebt,  koeld^e  ben  ©ebanfen  l^ätte  ertragen  finnen,  bag 
mit  bem  £obe  aDed  gu  @nbe  fei,  unb  beren  eble  ©eftnnung  ft(^  ni(^t  gur 
Hoffnung  ber  Sufunft  erl^oben  l^&tte.   S)a]^er  fd^eint  ed  ber  menfd^Iic^en 

5  9latur  unb  ber  Sieinigteit  ber  Sitten  gemäßer  gu  fein:  bie  Srioartung  ber 
Ifinftigen  äßelt  auf  bie  Smpfinbungen  einer  kool^Igearteten  @eele,  als  um« 
geleiert  il^r  äBol^berl^aUen  auf  bie  Hoffnung  ber  anbern  äßelt  gu  grünben. 
@o  ifi  aud^  ber  moralifd^e  ©laube  bemanbt,  beffen  @infalt  mand^er 
@pi^ftnbigfeit  bed  SSernünftelnS  überhoben  fein  lann,  unb  toeld^er  eingig 

10  unb  aDein  bem  3Renfd^en  in  jeglichem  ßuftanbe  angemeffen  ift,  inbem  er 
i^n  o^ne  Umfd^iDeif  gu  feinen  toa^ren  S^tdtn  ffil^rt.  Sagt  und  bemnac^ 
aDe  lärmenbe  Sel^roerfaffungen  Don  fo  entfernten  ®egenft&nben  ber  @pe« 
culation  unb  ber  @orge  müßiger  Aipfe  uberlaffen.  @ie  ftnb  und  in  ber 
S^at  gleid^gültig,  unb  ber  augenblicflic^e  Schein  ber  ®rünbe  für  ober 

15  baioiber  mag  Dielleid^t  über  ben  SeifaD  ber  Schulen,  fd^merlid^  aber  et« 
load  über  ba&  fünftige  @d^idCfaI  ber  Sieblid^en  entfd^eiben.  @d  mar  aud^ 
bie  menfd^Iid^e  SSernunft  nic^t  gnugfam  bagu  beflügelt,  bag  fie  fo  l^ol^e 
äßolten  treuen  follte,  bie  und  bie  ©el^eimniffe  ber  anbern  SSelt  au8  ben 
S(ugen  gießen,  unb  ben  SBiPegierigen,  bie  {t(^  nad^  berfelben  fo  angele« 

20  gentlic^  erfunbigen,  lann  man  ben  einfältigen,  aber  fel^r  natürlichen  93e« 
fd^eib  geben:  bag  eS  mol^l  am  ratl^famften  fei,  menn  fie  fid^  gu  gebul« 
ben  beliebten,  bis  fie  merben  bal^in  lommen.  S)a  aber  unfer 
Sd^idfal  in  ber  fünftigen  äSelt  oermutl^lid^  fel^r  barauf  anlommen  mag, 
tt)ie  mir  unfern  $o{ten  in  ber  gegenm&rtigen  oermaltet  l^aben,  fo  fc^liege 

25  id^  mit  bemfenigen,  mas  Sßo Itaire  feinen  el^rlid^en  6anbibe  na(^  fo 
))iel  unnü^en  @d^ulftreitigfeiten  gum  93ef(^luffe  fagen  l&gt:  Sagt  und 
unfer  ©lud  beforgen,  in  ben  ©arten  gelten  unb  arbeiten! 


Ik 


5e5  %nia(dfuk$  6er  ^egenben  im  'Slaume. 


S)er  Beräl^mte  Seibni}  6efa^  t>xA  toirflid^e  Sinfid^ten,  tooburd^  er 
bie  SBiffenfd^aften  bereid^erte,  aber  noc^  t>\tl  größere  Sntmürfe  ju  fold^eu, 
bereit  ÜuSfül^rung  bie  SSelt  Don  il^m  ))ergeben8  ertoartet  l^at.  Db  bie 
Urfad^e  barin  gu  fe^en:  bag  il^m  feine  Sßerfud^e  no(^  gu  un))oIlenbet  fd^ie* 

5  nen,  eine  SebenfHd^feit,  loeld^e  ))erbien{t))onen  ÜR&nnem  eigen  ift  unb  bie 
ber  ®ele]^rfamleit  {ebergeit  Diel  fd^ä^bare  f^rtagmente  entgegen  l^at,  ober 
ob  t&  iffxa  gegangen  ift,  koie  Soerl^aaoeoon  großen  ßl^emiflen  oermut^et, 
bag  fie  öftere  JCunftftfidCe  oorgaben,  ali  U)enn  fie  im  Seft^e  berfelben 
todren,  ba  fte  eigentlid^  nur  in  ber  Uberrebung  unb  bem  Sutrauen  gu 

10  i^rer  ®efd^i(flid^Ieit  fianben,  bag  i^nen  bie  9(udfül^rung  berfelben  nid^t 
mißlingen  lönnte,  menn  fie  einmal  biefelbe  fibernel^men  looDten,  baö  toill 
i(^  l^ter  nid^t  entfd^eiben.  S^nt  menigften  l^at  ed  ben  Snfd^ein,  bag  eine 
geQ)iffe  matbematifdbe  3)ifciplin,  Q)eld^e  er  gum  ooraud  Analysin  situs 
betitelte  unb  beren  SSerluft  unter  anbern  Süff  on  bei  Snoägung  ber  3u» 

15  fammenfaltungen  ber  Statur  in  ben  j(eimen  bebauert  l^at,  lool^I  niemals 
etoaö  mel^r  aU  ein  ®ebanfenbing  gemefen  fei.  3d^  oei^  nic^t  genau,  in 
toie  fern  ber  ®egenftanb,  ben  ic^  mir  l^ier  gur  Setrad^tung  oorfe^e,  bem« 
ienigen  oenoanbt  fei,  ben  ber  gebadete  gro^e  3Rann  im  @inne  ^atte;  aQetn 
na(^  ber  SBortbebeutung  gu  urtl^eilen,  fud^e  ic^  l^ier  pl^ilofopl^ifd^  ben 

20  erflen  ®runb  ber  9RögIid^feit  bedienigen,  tt)0))on  er  bie  ®rb|en  matl^ema* 
tifd^  gu  beftimmen  oorl^abenö  oar.  S)enn  bie  Sagen  ber  Steile  beS 
Staumö  in  Segie^ung  auf  einanber  fe^en  bie  ©egenb  oorauS,  nadb  oel« 
d^er  fie  in  foId()em  SBerl^&Itni^  georbnet  finb,  unb  im  abgegogenften  Sßer« 
ftanbe  befielet  bie  ©egenb  nic^t  in  ber  Segiel^ung  eined  S)inged  im  Siaume 

25  auf  baö  anbere,  meld^eö  eigentUd^  ber  SBegriff  ber  Sage  ift,  fonbem  in  bem 
SSerl^&Itniffe  beS  S^fiemd  biefer  Sagen  gu  bem  abfoluten  SSeltraume.  Sei 
aOem  Sudgebel^nten  ift  bie  Sage  feiner  Xl^eile  gegen  einanber  aud  il^m 
felbfi  l^inreid^enb  gu  erlennen,  bie  ®egenb  aber,  mol^in  biefe  £)rbnung  ber 
Sü^eile  gerichtet  i%  begiel^t  fid^  auf  ben  9laum  au^er  bemfelben  unb  gmar 


378    Son  bem  erfien  (Bninbe  bed  Unterf^icbe^  ber  (Begenben  hn  Staunte. 

n{(!^t  auf  beffen  £)rter,  koeil  biefeS  nid^tS  anberS  fein  toürbe,  als  bie  Sage 
eben  berfelben  Steile  in  einem  &u|eren  Serl^ältni^,  fonbem  auf  ben  aO« 
gemeinen  fRanvx  a\i  eine  ßinl^eit,  mo))Dn  jebe  SnSbel^nung  koie  ein  Sil^eil 
angefel^en  »erben  mu^.  (Si  ifl  fein  SBnnber,  toenn  ber  Sefer  biefe  9e« 
griffe  nod^  fel^r  unDerftänblid^  finbet,  bie  fid^  and^  aQererfi  im  grortgange  s 
aujfl&ren  foQen,  i(6  fe^e  bal^er  nid^ts  meiter  l^ingn,  als  bag  mein  Qxotd 
in  biefer  Sbl^anblung  fei,  gn  t)erfn(l^en,  ob  nid^t  in  ben  anfc^auenben  Ur« 
t^eilen  ber  Kudbel^nung,  bergleid^en  bie  9Re^funfl  entl^ält,  ein  et)ibenter 
Setoeie  gn  finben  fei:  ba^  ber  abfolute  Siaum  nnabl^ängig  Don 
bem  3)afein  aller  SRaterie  nnb  felbft  aU  ber  erfie®rnnb  ber  lo 
9RögIid^feit  il^rer  Suf ammenf e^ung  eine  eigene  9tealit&t  l^abe. 
3ebermann  toei^,  mit  t)ergeblid^  bie  Semfil^nngen  ber  ^l^ilofopl^en  ge« 
»efen  finb,  biefen  $unft  ))ermittelfl  ber  abgegogenften  Urtl^eile  ber  9Reta« 
p^qft!  einmal  au^er  aQen  Streit  }u  fej^en,  unb  ic^  fenne  leinen  äSerfnc^ 
biefed  gleid^fam  a  posteriori  andiufftl^ren  (n&mlid^  t)ermittelfi  anberer  is 
unleugbaren  @ä^e,  bie  felbft  gioar  au^er  bem  Segirle  ber  ^Retapl^^fit 
liegen,  aber  bo(^  burc^  beren  Xnkoenbung  in  concreto  einen  ^robirftein 
\>ün  i^rer  Sti^tigleit  abgeben  tinnen),  ate  bie  Xbl^anblung  beS  berfil^mten 
(SulerS  beö  Altern  in  ber  ^iftorie  ber  Si.  afab.  b.  SS.  gu  Serl.  t)om  ^afft 
1748,  bie  bennod^  i^ren  3^etf  nid^t  t>bUiQ  erreid^t,  »eil  fie  nur  bie  » 
@d^mierigleiten  geigt,  ben  aOgemeinftenSeteegungögefe^en  eine  beftimmte 
Sebeutung  gu  geben,  »enn  man  leinen  anbern  Segriff  btS  Siaumeö  an« 
nimmt  als  benfenigen,  ber  au8  ber  Kbftraction  t)on  bem  Sßerl^&ltnig  loirl« 
lid^er  3)inge  entfpringt,  allein  bie  nic^t  minbere  @(^tt)ierigfeiten  unbe« 
rfil^rt  l&^t,  meldte  bei  ber  Slntoenbung  gebadeter  ®efej^e  fibrig  bleiben  25 
loenn  man  fie  nac^  bem  Segriffe  beS  abfoluten  SiaumeS  in  concreto  Dor* 
ftellen  totQ.  S)er  Seioeid,  ben  ic^  l^ier  fu(]^e,  foK  nid^t  ben  aRe(!banifem, 
»ie  ^ttt  @uler  gnr  Slbpd^t  l^atte,  fonbem  felbft  ben  Slte^tünftlem  einen 
äbergeugenben  ®mnb  an  bie  $anb  geben,  mit  ber  il^nen  getoöl^nlic^en 
(Soibeng  bie  äBirflid^feit  il^red  abfoluten  äfiaumeö  be]^au)}ten  gu  Ibnnen.  » 
Sd^  mad^e  bagn  folgenbe  Sorbereitung. 

3n  bem  fir))erli(!ben  Staume  laffen  fic^  »egen  feiner  brei  Hbmeffun« 
gen  brei  Sld(^en  beulen,  bie  einanber  indgefammt  red^tmiuHidbt  fdbnei* 
ben.  S)a  toir  aDed,  toad  au^er  und  ift,  burd^  bie  Sinnen  nur  in  fo  fem 
lennen,  ald  eS  in  Segiel^ung  auf  un8  felbft  ftebt,  fo  ift  fein  SBunber,  bag  u 
»ir  oon  bem  aSerl^dltnig  biefer  9)urd^fd^nittdfl&dben  gu  unferem  Stbtptx 
ben  erften  ®mnb  l^emel^men,  ben  Segriff  ber  ®egenben  im  Siaume  gu 


Son  htm  erflett  ®runbe  beiS  Unterf^tebeiS  ber  (Begenben  hn  Staunte.    379 

erieugen.  3)ie  t^I&d^e,  toorauf  bie  Sänge  unfereö  StbxptxS  fenfre(!^t  fielet, 
l^eigt  in  Slnfel^ung  unfer  l^orijontal;  unb  biefe^origontalfläcl^e  giebt  S(nla^ 
}u  bem  Unterfd^iebe  ber  ©egenben,  bie  koir  burd^  Oben  unb  Unten  be^ 
gei(^nen.    9(uf  biefer  f^I&d^e  lonnen  gtoei  anbere  fenlred^t  {teilen  unb  fid^ 

5  gttgleid^  red^tiDinnid^t  bur^Ireugen,  fo  ba^  bie  Sdnge  beS  menf(^Ii(^en 
Stixptxi  in  ber  Sinie  bed  3)ur(l^f(^nittd  gebac^t  toirb.  3)ie  eine  biefer 
SerticQlfläd^en  tl^eilt  ben  j^örper  in  gkoei  &ugerU(6  dl^nlid^e  ^dlften  unb 
giebt  ben  (Srunb  beS  Unterfd^iebed  ber  redeten  unb  linfen  @eite  ab,  bie 
anbere,  loeld^e  auf  il^r  ))er))enbicular  fielet,  mad^t,  bag  loir  ben  Segri^  ber 

10  t)orberen  unb  l^interen  @eite  l^aben  tonnen.  Sei  einem  befd^riebenen 
93Iatte  g.  d.  unterfd^eiben  toir  juerft  bie  obere  oon  ber  unteren  Seite  ber 
@d^rift,  tt)ir  bemerfen  ben  Unterfc^ieb  ber  oorberen  unb  l^intern  @eite, 
unb  bann  feigen  toir  auf  bie  Sage  ber  Sdbriftgüge  Don  ber  Sinlen  gegen  bie 
[Rechte  ober  umgefel^rt.  $ier  ifl  immer  eben  biefelbe  Sage  ber  Steile,  bie 

15  auf  ber  f^Iäd^e  georbnet  finb,  gegen  einanber  unb  in  aDen  @t&dCen  einerlei 
^igur,  man  mag  bad  Slatt  breiten,  loie  man  toiD,  aber  ber  Unterf(^ieb 
ber  @)egenben  lommt  bei  biefer  äSorftellung  fo  fel^r  in  Snfd^Iag  unb  ifl 
mit  bem  SinbrudCe,  ben  ber  ftc^tbare  ©egenftanb  mad^t,  fo  genau  oerbun» 
ben:  bag  eben  biefelbe  Schrift,  auf  fold^e  äßeife  gefe^en,  bag  aOed  t)on 

20  ber  Siedeten  gegen  bie  Sinle  gefeiert  loirb,  roaS  oorl^er  bie  entgegengefe^te 
®egenb  l^ielt,  unlenntlid^  U)irb. 

@ogar  ftnb  unfere  Urtl^eile  oon  ben  äSeltgegenben  bem  Segriffe  un» 
tergeorbnet,  ben  toir  wn  ©egenben  überl^aupt  l^aben,  infofem  fie  in  S3er> 
l^&Itnig  auf  bie  Seiten  unfered  XbxptxS  beftimmt  finb.    SBaS  toir  fonft 

25  am  ^immel  unb  auf  ber  (Srbe  unabhängig  oon  biefem  ®runbbegriffe  an 
Sßerl^&ltniffen  erlennen,  baS  finb  nur  Sagen  ber  ®egen{t&nbe  unter  einan« 
ber.  äBenn  id^  aud^  nod^  fo  gut  bie  Drbnung  ber  S(btl^eilungen  be8  ^ori» 
gont8  XDtx^t  fo  tann  id^  bod^  bie  ©egenben  barnad^  nur  beftimmen,  inbem 
id^  mir  beu)u^t  bin,  nadb  toeld^er  $anb  biefe  Drbnung  fortlaufe,  unb  bie 

30  aQergenauefte  ^immetölarte,  toenn  au^er  ber  Sage  ber  Sterne  unter  ein« 
anber  nid^t  no(^  burd^  bie  Stellung  btS  SlbriffeS  gegen  meine  $dnbe  bie 
®egenb  beterminirt  koürbe,  fo  genau  koie  id^  fie  aud^  in  ®ebanlen  l^&tte, 
iDürbe  mic^  boc^  hic^t  in  ben  Staub  fe^en,  aud  einer  befannten  ®egenb, 
g.  @.  !Rorben,  gu  toiffen,  auf  meld^er  Seite  bed  ^origontd  id^  ben  Sonnen« 

35  aufgang  gu  fud^en  l^&tte.  (Sben  fo  ift  eö  mit  ber  geogra))l^if c^en,  ia  mit  un« 
ferer  gemeinften  JCenntnig  ber  Sage  ber  £)rter  betoanbt,  bie  und  gu  nid^td 
l^ilft,  toenn  loir  bie  fo  georbnete  S)inge  unb  ba8  gange  Softem  ber  toec^» 


380    9on  bem  erften  ®runbe  beiS  Unterf^tebed  ber  (Begenben  im  Flaume. 

felfeitigen  Sagen  nid^t  burc^  bie  SSegiel^ung  auf  bie  @etten  unfered  ^ör« 
perd  nad^  ben  ©egenben  fieQen  fönnen.  Sogar  befielet  ein  fel^r  naml^af« 
ted  JCenngetd^en  ber  !Raturerjeugungen,  loeld^ed  gelegentlid^  felbfi  gum 
Unterfd^iebe  ber  Slrten  Sniag  geben  lann,  in  ber  beftimmten  ©egenb,  loor« 
nad^  bie  Drbnung  il^rer  Sl^eile  geteert  ifi  unb  looburc^  gioei  ©efd^bpfe  s 
tonnen  unterfd^ieben  loerben,  obglet^  {te  fomol^I  in  Snfel^ung  ber  ©rö^e 
ald  aud^  ber  Proportion  unb  felbfl  ber  Sage  ber  Steile  unter  einanber 
oöQig  fiberein  tommen  möd^ten.  S)ie  $aare  auf  bem  äSirbel  aller  9Ren« 
fd^en  {tnb  ))on  ber  Sinlen  gegen  bie  SRed^te  geioanbt.  Silier  ^opfen  loinbet 
fid^  oon  ber  Sinfen  gegen  bie  SHed^te  um  feine  @tange;  bie  Sol^nen  aber  lo 
nel^men  eine  entgegengefe^te  äBenbung.  $aft  aQe  @(^ned(en,  nur  etQ)a 
brei  Gattungen  aufgenommen,  l^aben  il^re  3>re]^ung,  loenn  man  Don  oben 
l^erab,  b.  i.  ))on  ber  @pi^e  jur  SRünbung,  gel^t,  Don  ber  Sinfen  gegen  bie 
Siedete.  £iefe  beftimmte  @igenf(^aft  lool^nt  eben  berfelben  ®attung  Don 
©ef^bpfen  unoeränberlid^  bei  ol^ne  einiged  S3er]^dltni|  auf  bie  ^albfugel,  » 
iDofelbft  fte  ftd^  beftnben,  unb  auf  bie  9fii(])tung  ber  t&glid^en  @onnen< 
unb  9Ronbdbett)egung,  bie  uniS  Don  ber  Sinlen  gegen  bie  [Rechte,  unfern 
^ntipoben  aber  biefem  entgegen  I&uft,  loeil  bei  ben  angeffll^rten  9latur» 
probucten  bie.Urfad^e  ber  Sßinbung  in  ben  @amen  felbft  liegt;  bal^inge« 
gen,  0)0  eine  gemiffe  ^rel^ung  bem  Saufe  biefer  ^immeldförper  gugejd^rte«  20 
ben  iserben  fann,  loie  3Rariotte  ein  fold^ed  ®efe^  an  ben  Sßinben  miU 
beobad^tet  ^aben,  bie  Dom  neuen  gum  DoDen  Sichte  gerne  Don  ber  Sinfen 
gur  Siedeten  ben  gangen  ßompag  burd^Iaufen,  ba  mu^  biefe  J^reiSbeu^e« 
gung  auf  ber  anberen  ^albfugel  nad^  ber  anbern  ^anb  l^erumgel^en,  mie 
eS  aud^  toirtlic^  S)on  UUoa  burc^  feine  Beobachtungen  auf  bemfäb«  2s 
lid^en  3Reere  beft&tigt  gu  finben  meint. 

3)a  baS  Derfd^iebene  ©effll^l  ber  redeten  unb  linlen  @eite  gum  Ur« 
t^eil  ber  ©egenben  Don  fo  großer  9lot^menbigteit  ift,  fo  l^at  bie  %atur  eS 
gugleic^  an  bie  mec^anifd^e  @inrid^tung  beS  menfd^Iid^en  JCirperd  ge« 
fnfipft,  Dermittelft  beren  bie  eine,  ndmlic^  bie  redete  Seite,  einen  unge«  30 
gmeifelten  SSorgug  ber  ©ekoanbtl^eit  unb  DieOeid^t  aud^  ber  @tärle  Dor  ber 
Hufen  l^at.  3)a]^er  aDe  SSölfer  ber  @rbe  rec^tfd^  ftnb  (menn  man  eingelne 
SluSnal^men  bei  Seite  fe^t,  meldte,  fo  toie  bie  beS  @d$ieleniS,  bie  SlQge« 
meinl^eit  ber  Sfiegel  nac^  ber  naturlid^en  Drbnung  nid^t  urnfto^en  tonnen). 
3Ran  beioegt  feinen  j^örper  leidster  Don  ber  Siedeten  gegen  bie  Sinte  atö  35 
biefem  entgegen,  koenn  man  aufd  $ferb  fteigt  ober  fiber  einen  ®raben 
fc^reitet.    9Ran  fd^reibt  aIlertD&rt8  mit  ber  rechten  $anb,  unb  mit  il^r 


^on  bem  crften  (S^rimbe  bed  Unterfd^iebed  ber  ^egenben  im  9iaume.    381 

tl^ut  man  aUtS,  mogu  ©ejd^id  unb  @tarle  erforbert  mirb.  @o  iDte  aber 
bie  rechte  Seite  Dor  ber  linfen  ben  SSort^eil  ber  IBetoegtraft  }u  l^aben 
f(!^etnt,  fo  ^at  bie  Unfe  il^n  \>ox  ber  redeten  in  Snfel^ung  ber  Smpfinb« 
[am feit,  loenn  man  einigen  9taturforf(i^ern  glauben  barf,  j.  @.  bem 

5  Sorelli  unb  Sonnet,  beren  bererftere  Don  bem  Unten  Sluge,  ber  an« 
bere  aud^  Dom  linfen  Dl^re  behauptet:  bag  ber  @inn  in  i^nen  ftärfer  fei, 
als  ber  an  ben  gleid^namigen  SBertjeugen  ber  redeten  Seite.  Unb  fo  ftnb 
bie  beiben  Seiten  bed  menfd)Iid^en  j^örperd  ungead^tet  il^rer  großen  fiuge« 
ren  äil^nUc^feit  bur(^  eine  flare  ßmpfinbung  gnugfam  unterf (Rieben,  toenn 

10  man  gleid^  bie  oerfd^iebene  Sage  ber  inmenbigen  Steile  unb  baS  mertUd^e 
JClopfen  bed  bergend  bei  Seite  fe^t,  tnbem  biefer  SRudfel  bei  feinem  jje* 
beiSmaligen  Sufammengiel^en  mit  feiner  Spi^e  in  fc^iefer  ädemegung  an 
bie  Unfe  Seite  ber  Sruft  anft5gt. 

äSir  mollen  alfo  bart^un:  bag  ber  oollft&nbige  93eftimmung8grunb 

13  einer  forperUc^en  ©eftaU  nic^t  lebigUd^  auf  bem  SSerl^&Unig  unb  Sage 
feiner  Steile  gegen  einanber  beruhe,  fonbern  noc^  überbem  auf  einer  Se« 
giel^ung  gegen  btn  allgemeinen  abfoluten  fRanm,  fo  loie  i^n  ftd^  bie  9Re6« 
funftler  benfen,  bod^  fo,  bag  biefed  SSer^äUnig  nic^t  unmittelbar  tann 
loal^rgenommen  merben,  aber  mol^I  biejenige  Unterfc^iebe  ber  j^örper,  bie 

20  einjig  unb  allein  auf  btefem  ®runbe  berul[)en.  äBenn  gmei  Figuren,  auf 
einer  @bene  gegeid^net,  einanber  gleid^  unb  d^nUc^  ftnb,  fo  beden  fte  ein« 
anber.  Slllein  mit  ber  forperUd^en  Sudbe^nung,  ober  auc^  ben  Sinien 
unb  $Id(^en,  bie  nid^t  in  einer  6bene  Uegen,  ift  ed  oft  gang  anberd  be« 
manbt.   Sie  fbnnen  DöQig  gleid^  unb  ä^nUd^,  iebo(^  an  fid^  felbft  fo  Der« 

25  fd^ieben  fein,  bag  bie  ©rengen  ber  einen  nid^t  gugleic^  bie  ©rengen  ber 
anbem  fein  tonnen.  (Sin  Sd^raubengeminbe,  meld^eS  um  feine  Spille 
Don  ber  Sinien  gegen  bie  Siedete  gefül^rt  ift,  mirb  in  eine  fold^e  SRutter 
niemals  paffen,  beren  ©finge  Don  ber  S^ed^ten  gegen  bie  Sinte  laufen,  ob« 
gleid^  bie  ^ide  ber  Spinbel  unb  bie  Qa^\  ber  Sd^raubeng&nge  in  gleicher 

80  ^ö^e  einftimmig  m&ren.  @in  fpl^drifc^er  3;riangel  lann  einem  anbern 
DoUig  gleich  unb  äl^nUd^  fein,  ol^ne  il^n  bod^  gu  beden.  3)odb  ha^  gemeinfte 
unb  n&rfte  Seifpiel  l^aben  mir  an  ben  ©Uebmagen  beö  menfc^Uc^en  j^ör« 
perS,  meldte  gegen  bie  SSerticalfl&d^e  beffelben  f^mmetrifd^  georbnet  ftnb. 
S)ie  redete  ^anb  ift  ber  Unten  &^nUd^  unb  gleich,  unb  menn  man  bIo|  auf 

3r>  eine  berfelben  allein  fte^t,  auf  bie  Proportion  unb  Sage  ber  Sl^eile  unter 
einanber  unb  auf  bie  ®rö|e  bed  ©angen,  fo  mug  eine  DoQft&nbige  9^^ 
fd^reibung  ber  einen  in  allen  Studen  aud^  Don  ber  anbern  gelten. 


382    93on  bem  erften  ®nmbe  bed  Untetfd^tebed  ber  (Begenbcn  im  SRaunte. 

3d^  nenne  einen  Körper,  ber  einem  anbern  DoQig  gleid^  unb  ä^nlid^ 
ift,  ob  er  fllet(i^  ni(]^t  In  eben  benfelben  ®renjen  fann  bef(^Ioffen  werben, 
fein  incongruenteö  ©egenftfid.  Um  nun  beffen  ?WÖ8lii^felt  ju  jei= 
gen:  fo  nel^me  man  einen  Äorper  an,  ber  nid^t  au«  jwei  ^ftlften  befielt, 
bie  fqmmetrifd^  gegen  eine  eingige  JDurc^fd^nittöjIfic^e  georbnet  finb,  fon»  6 
bern  etwa  eine  3Renf(^en]^anb.  9Ran  f&IIe  aud  aQen  fünften  il^rer 
Dberfldd^e  auf  eine  il^r  gegenüber  gepellte  Safel  ^erpenbifelllnien  unb 
verlängere  fte  eben  fo  weit  \)\nttx  berfelben,  al8  biefe  5ßunfte  oor  il^r  Ue« 
gen,  fo  matten  bie  (Snbpunfte  ber  fo  oerWngerten  Sinien,  »enn  fte  oer* 
bunben  werben,  bie  gläd^e  einer  förderlichen  ©eftalt  au8,  bie  baö  incon«^  lo 
gruente  Oegenftürf  ber  oorigen  ift,  b.  i.  wenn  bie  gegebene  ^anb  eine 
rechte  ift,  fo  ift  beren  ©egenftüd  eine  Hnfe.  ©ie  »bbilbung  eine«  Dbiect« 
im  ©piegel  beruht  auf  eben  benfelben  ©rünben.  S)enn  e8  erf(]^eint  feber» 
geit  eben  fo  meit  hinter  bemfelben,  ald  e«  vor  feiner  Sldd^e  fielet,  unb  ba« 
^er  ift  baö  Silb  einer  rechten  ^anb  in  bemfelben  iebergeit  eine  Itnfe.  Se«  15 
ftebt  bad  Dbfect  felber  aud  gmei  incongruenten  ©egenftüden,  mie  ber 
menfd^lid^e  Abrper,  menn  man  ibn  Dermittelft  eined  S3erticalburct)fd^nittd 
von  Dorne  nac^  b^t^t^n  tbeilt,  fo  ift  fein  93ilb  il^m  congruent,  toelcbed  man 
leicbt  erfennt,  wenn  man  ed  in  ©ebanten  eine  l^albe  S)rebung  machen 
Idgt;  benn  baS  ©egenftäd  00m  ©egenftüde  eines  Dbiectd  ift  biefem  not^«  fo 
menbig  congruent. 

@o  oiel  mag  gnug  fein,  um  bie  SRiglid^Ieit  ooQig  dl^nlid^er  unb  glei« 
d^er  unb  bocb  tncongruenter  Sfidume  gu  oerftel^en.  SSir  gelten  je^t  gut 
pbilofopbif^^n  Slnwenbuug  biefer  Segriffe.  @8  ift  fcbon  au«  bem  gemei« 
nen  Seifpiele  beiber  ^dnbe  offenbar :  bag  bie  ^^igur  eines  Airperd  ber  n 
f^igur  eines  anbern  oöQig  d^nlic^  unb  bie  ©roge  ber  SluSbebnung  gang 
gleich  fein  fönne,  fo  ba|  bennod^  ein  innerer  Unterf^b^^^  i^'^^^fl  bleibt, 
ndmlid^  ber:  bag  bie  Dberfldd^e,  bie  ben  einen  bef daliegt,  ben  anbern  un« 
möglid^  einfc^lie^en  lönne.  äSeil  biefe  Dberfldc^e  ben  forperlid^en  Sftaum 
beS  einen  begrengt,  bie  bem  anbern  nic^t  gur  ©renge  bienen  fann,  man  so 
mag  i^n  breben  unb  menben,  wie  man  wiQ,  fo  mug  biefe  SSerfdbi^benl^eit 
eine  fold^e  fein,  bie  auf  einem  inneren  ©runbe  berubt.  35iefer  Innere 
©runb  ber  SSerfcbiebenbeit  aber  !ann  nic^t  auf  bie  unterfdbiebene  9rt 
ber  SSerbinbung  ber  Sb^tle  beS  AorperS  unter  einanber  anlommen;  benn 
wie  man  auS  bem  angefübrten  Seifpiele  ftebt,  fo  lann  in  Snfel^ung  beffen  35 
alles  ))illig  einerlei  fein,  ©leid^wol^l  wenn  man  ftd^  oorftedt:  baS  erfte 
®d^ipfungSft&d  folle  eine  SReufd^en^anb  fein,  fo  ift  eS  notl^wenbig  ent^ 


Son  hem  etflen  (Brunbe  bed  Unterf^iebeiS  ber  (Segenben  im  9laume.    383 

meber  eine  Sted^te  ober  eine  Sinfe,  unb  um  bie  eine  l^erDorjubrtngen,  mar 
eine  anbere  ^anblung  ber  fc^affenben  Urfac^e  not^ig,  qI8  bie,  moburd^ 
il^r  ©egenftfidC  gemad^t  »erben  lonnte. 

!Rimmt  man  nun  ben  Segriff  Dieler  neueren  ^l^ilofopl^en,  t)ome]^m:s 

5  lid^  ber  3)eutfd^en  an,  ba|  ber  SRaum  nur  in  bem  äußeren  Sßer^&Itniffe  ber 
neben  einanber  beftnblid^en  Sl^eile  ber  3Raterie  befte^e,  fo  ȟrbe  aller 
toirllid^e  äiaum  in  bem  angeführten  %aUt  nur  berfenige  fein,  ben  bief e 
$anb  einnimmt.  äBeil  aber  gar  lein  Unterfd^ieb  in  bem  SSer^ältniffe 
ber  Steile  berfelben  unter  ftd^  ftatt  finbet,  fie  mag  eine  Siedete  ober  Sinfe 

10  fein,  fo  mürbe  biefe  ^anb  in  Snfel^ung  einer  foldjen  Sigenfd^aft  g&njKc^ 
unbeftimmt  fein,  b.  i.  {te  mürbe  auf  jebe  @eite  bed  menfd^Iic^en  J(ir))er8 
))affen,  meld^ed  unmöglid^  ifl. 

(Sg  ift  hieraus  flar:  bag  nic^t  bie  Seftimmungen  bed  SRaumeS  %oU 
gen  oon  ben  Sagen  ber  2:^eile  ber  SRaterie  gegen  einanber,  fonbern  biefe 

13  f^olgen  oon  jenen  finb,  unb  bag  alfo  in  ber  Sefc^affen^eit  ber  JCörper 
Unterfc^iebe  angetroffen  merben  lönnen  unb  gmar  malere  Unterfc^iebe,  bie 
fid^  lebiglid^  auf  ben  abfoluten  unb  urfprfinglid^en  SRaum  bejiel^en, 
meil  nur  burd^  i^n  baS  SSer^&ltnig  lörperlic^er  S)inge  möglich  ift,  unb 
bag,  meil  ber  abfolute  ätaum  fein  ©egen^anb  einer  fingeren  @m:pfinbung, 

30  fonbern  ein  ©runbbegriff  ift,  ber  alle  biefelbe  guerft  mögli(^  mad^t,  mir 
badjienige,  maS  in  ber  ©eftalt  eined  JCdrperd  lebiglic^  bie  Sejie^ung  auf 
ben  reinen  äiaum  angelet,  nur  burd^  bie  ©egenl^altung  mit  anbern  JCir» 
))ern  ))erne]§men  lönnen. 

6in  nac^finnenber  Sefer  mirb  bal^er  ben  Segriff  beS  SRaumed,  fo  mie 

25  il^n  ber  3Re|IflnftIer  benft  unb  aud^  fd^arffinnige  ^^ilofop^en  i^n  in  ben 
Se^rbegriff  ber  Slaturmiffenfc^aft  aufgenommen  l^aben,  ni^t  für  ein  blo« 
geS  ®ebanlenbing  anfeilen,  obgleich  ed  nic^t  an  @d^mierigfeiten  fe^lt,  bie 
biefen  Segriff  umgeben,  menn  man  feine  äiealitat,  meiere  bem  innern 
@inne  anfc^auenb  gnug  ift,  burc^  Sernunftibeen  faffen  miD.    Slber  biefe 

30  Sefd^merlid^Ieit  jeigt  fid^  aDerm&rtd,  menn  man  über  bie  erften  data  un« 
ferer  Srienntnig  nod^  p^tlofop^iren  mill,  aber  fte  ift  niemals  fo  entfc^ei^ 
benb  ald  biej[enige,  meldte  ftd^  ^eroort^ut,  menn  bie  folgen  eined  ange* 
nommenen  Segriffö  ber  augenfd^einlid^ften  Srfa^rung  miberfpred^en. 


DE 

MUNDI  SENSIBILIS 

ATQUE 

INTELLIGIBILIS 

FORMA  ET  PRINCIPIIS. 

DISSERTATIO  PRO  LOGO 

PROFE88IONI8  LOO.  BT  METAPH.  ORDINARIAE  RITE  8IBI  TINDICANDO, 

QUAM 

EXI0BNTIBn8  STATUTIS  ACADBHICI8 

PUBUCB  TUBBITÜR 

IMMANUEL  KANT. 

RB8P0NDBNTIS  MÜNERE  FUNQETUR 

MARCUS   HERTZ, 

BBROLINEM8I8,  GENTB  IÜDAEÜ8,  VBDICINAE  BT  PHIL080PHIAB  CULTOR, 

CONTRA  OPPONENTES 

GEORGIUM  WILHELMUM  SCHREIBER, 

REO.  BOR.  ART.  8TUD. 

lOHANNEM  AÜGUSTÜM  STEIN, 

REG.  BOR.  I.  U.  C. 
ET 

GEORGroM  DANIELEM  SGHROETER, 

ELBINO.  &  8.  THEOL.  C. 

IN  AÜDITORIO  MAXIMO 

HORIS  MATÜTINIS  ET  POMERIDIANIS  CONSUETIS 

D.  XXI.  AUG.  A.  MDCCLXX. 


ttanVi  «(^riftca.    mtttt,  IL  25 


AÜGUSTISSIMO 

SERENISSIMO  ATQUE   POTENTISSIMO 

PRINCIPI  AC  DOMINO, 

DOMINO 

FKIDE  KIC  O, 

RBGI  PRÜ880RÜM, 

MARCHIOMI  BRANDENBURGICO, 

8.  R.  I.  ARCHICAMBRARIO  BT  ELBCTORI, 

8UPRBM0  6ILB8IAE  DUCI, 

ETC.  ETC.  ETC. 

PATRI  PATRIAE  GLEMENTISSIMO, 

REG!  AC  DOMINO  SüO  INDÜLGENTISSIMO, 


hu  demandati  sibi  maoeris  primltias  devote  mente  offert 

subiectiBsimiu 

IMMANUEL   KANT. 


SECTIO  I. 

De  notione  mundi  generatim. 

§1. 

In  Gomposito  substaDtiali,  quemadmodum  analysis  non  terminatur 

5  nisi  parte  quae  uon  est  totum,  h.  e.  Simplici,  ita  synthesis  nonnisi  toto 
quod  non  est  pars,  i.  e.  Mundo. 

In  hac  conceptus  substrati  expositione  praeter  notas,  quae  perti- 
nent  ad  distinctam  cognitionem  obiecti,  etiam  ad  duplicem  iliius  e 
mentis  natura  genesin  aliquantulum  respexi,  quae  quoniam,  exempli 

10  instar,  methodo  in  metaphysicis  penitius  perspiciendae  inservire  pot- 
est,  mihi  haud  parum  commendabilis  esse  videtur.  Aliud  enim  est, 
datis  partibus  compositionem  totius  sibi  concipere,  per  notionem  ab- 
stractam  intellectus,  aliud,  hanc  notionem  generalem,  tanquam  ratio- 
nis  quoddam  problema,  exsequi  per  facultatem  cognoscendi  sensitivam, 

15  h.  e.  in  concreto  eandem  sibi  repraesentare  intuitu  distincto.  Prius  fit 
per  Gonceptum  compositionis  in  genere,  quatenus  plura  sub  eo  (re- 
spective  erga  se  invicem)  continentur,  adeoque  per  ideas  intellectus  et 
universales;  posterius  nititur  condicionihtis  temporis,  quatenus,  partem 
parti  successive  adiungendo,  conceptus  compositi  est  genetice  i.  e.  per 

20  Synthesin  possibilis,  et  pertinet  ad  leges  intuitus.  Pari  modo,  dato 
composito  substantiali  facile  pervenitur  ad  ideam  simplicium,  notionem 
intellectualem  compositionis  generaliter  tollende;  quae  enim,  remota 
omni  coniunctione,  remanent,  sunt  simplicia.  Secundum  leges  vero 
cognitionis  intuitivae  id  non  fit,  i.  e.  compositio  omnis  non  toUitur, 

25  nisi  a  toto  dato  ad  partes  quascunque  possibiles  regrediendo,  h.  e.  per 

25* 


388  De  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principiis. 

analysin*),  quae  iterum  nititur  condicione  temporis.  Cum  autem  ad 
compositum  requiratar  partium  multitudo^  ad  totum  omnüudo,  nee  ana- 
lysis,  nee  synthesis  erunt  completae,  adeoque  nee  per  priorem  conceptus 
simplicis^  nee  per  posteriorem  conceptus  tottua  emerget,  nisi  utraque 
tempore  finito  et  assignabili  absolvi  possit.  3 

Quoniam  vero  in  qiuinto  continuo  regreasus  a  toto  ad  partes  dabiles, 
in  infinito  autem  progressus  a  partibus  ad  totum  datum  carerU  termino, 
ideoque  ab  una  parte  analysis,  ab  altera  synthesis  completae  sint  im- 
possibiles,  nee  totum  in  priori  casu  secundum  leges  intuitus  quoad  com- 
posäionem,  nee  in  posteriori  compositum  quoad  totalüatem  complete  10 
cogitari  possunt.  Hine  patet,  qui  fiat,  ut,  cum  irrepraesentabüe  et  m- 
possibile  vulgo  eiusdem  significatus  habeantur,  conceptus  tam  coniinui 
quam  infiniti  a  plurimis  reiieiantur,  quippe  quorum,  secundum  leges 
cognitionü  intuitivae^  repraesentatio  plane  est  impossibilis.  Quanquam 
autem  barum  e  non  paucis  scbolis  explosarnm  notionum,  praesertim  15 
prioris,  causam  hie  non  gero**),  maximi  tarnen  momenti  erit  monu- 

*)  Vocibus  analysis  et  synthesis  duplex  significatus  commnniter  tribuitur. 
Nempe  synthesis  est  Tel  qualitcuiva,  progressus  in  serie  MuboreUnatorum  a  ratione 
ad  rationatum,  yel  quanUtcuiva^  progressus  in  serie  coordinatomm  a  parte  data  per 
illius  complementa  ad  totum.  Pari  modo  analysis,  priori  sensu  sumpta,  est  regressos  so 
a  rationalo  ad  rationem^  posteriori  autem  significatu  regressns  a  toto  ad  parte*  ipsias 
possibiles  s.  mediatas,  h.  e.  partium  partes,  adeoque  non  est  divisio,  sed  »ubdivisio  com- 
positi  dati.  Tam  synthesin  quam  analysin  posteriori  tantum  significatu  hie  sumimus. 

**)  Qui  infinitum  mathematicum  actuale  reiiciunt,  non  admodum  grayi  labore 
funguntur.  Gonfingunt  nempe  talem  infiniti  definitionem,  ex  qua  contradictionem  S5 
aliquam  exsculpere  possint.  Infinitum  ipsis  dicitur:  quantum,  quo  maius  est  impossibiU^ 
et  mathematicum:  est  multitudo  (unitatis  dabilis),  qua  maior  est  impossibilis. 
Quia  autem  hie  pro  infinito  ponunt  maximum,  maxima  autem  multitudo  est  im- 
possibilis, fffcile  concludunt  contra  infinitum  a  semet  ipsis  confictum.  Aut  multi- 
tudinem  infinitam  vocant  numerum  inßnitum,  et  hunc  absonum  esse  docent,  quod  so 
utique  est  in  propatulo,  sed  quo  non  pugnatur  nisi  cum  umbris  ingenii.  Si  yero 
infinitum  mathematicum  conceperint  ceu  quantum,  quod  relatum  ad  mensuram 
tanquam  unitatem  est  multitudo  omni  numero  maior,  si  porro  notassent,  mensurabiU- 
iatem  hic  tantum  denotare  relationem  ad  modulum  intellectus  huroani,  per  quem, 
nonnisi  successive  addendo  unum  uni,  ad  eonceptum  mukitudinit  definitum  et,  absol-  95 
vendo  hunc  progressum  tempore  finito,  ad  completum,  qui  Yocatur  numerus,  pertingere 
licet :  luculenter  perspexissent,  quae  non  congruunt  cum  certa  lege  cuiusdam  sub- 
iecti,  non  ideo  omnem  intellectionem  excedere,  cum,  qui  absque  successiya  appli- 
catione  mensurae  multitudinem  uno  obtutu  distinete  cernat,  dari  possit  intellectus, 
quanquam  utique  non  humanus.  40 


Sectio  I.    De  notione  roundi  generatim.  389 

ifise:  gravissimo  illos  errore  labi,  qui  tarn  perversa  argumentandi  ratione 
utaotur.  Quicquid  enim  repugnat  legibus  intellectus  et  rationis,  utique 
est  impossibile;  quod  autem,  cum  rationis  purae  sit  obiectum,  legibus 
cognitionis  intuitivae  tantummodo  non  mbest^  non  item.    Mam  hie 

5  dissensus  inter  facultatem  sensitivam  et  intellectualem  (quarum  indolem 
mox  ezponam)  nihil  indigitat,  nisi,  ^[uas  mens  ab  intelleciu  acceptas  fert 
ideas  dbstractas^  illas  in  concreto  exsequi  et  in  intuüua  commutare  sae- 
penumero  non  posse,  Haec  autem  relnctantia  auMectiva  mentitur,  ut 
plurimum,  repugnaotiam  aliquam  obiectivam,  et  incautos  facile  fallit, 

10  limitibus,  quibus  mens  humaua  circumscribitnr,  pro  iis  habitis,  quibus 
ipsa  rerum  essentia  continetur. 

Ceterum  compositis  substantialibus  sensuum  testimonio  aut  ut- 
cunque  aliter  datis,  dari  tarn  simplicia  quam  mundum,  cum  facile  pates- 
cat,  argumento  ab  intellectus  rationibus  deprompto:  in  definitione 

Iß  nostra  causas  etiam  in  subiecti  indole  contentas  digito  monstravi,  ne 
notio  mundi  videatur  mere  arbitraria  et,  ut  fit  in  mathematicis,  ad  de- 
ducenda  tantum  inde  consectaria  conficta.  Nam  mens,  in  conceptum 
compositi,  tarn  resolvendo  quam  componendo,  intenta,  in  quibus  tam 
a  priori  quam  a  posteriori  parte  acquiescat,  terminos  sibi  exposcit  et 

20  praesumit. 

§•2. 

Momenta,  in  mundi  definitione  attendenda,  haec  sunt: 
I.  Matbbia  (in  sensu  transscendentali)  h.e.  partes,  quae  hie  sumun- 
tur  esse  subetantiae.  Poteramus  consensus  nostrae  definitioois  cum  signi- 

25  ficatu  vocis  communi  plane  esse  incurii,  cum  non  sit  nisi  veluti  quaestio 
quaedam  problematis,  secundum  leges  rationis  oborti:  quipote  plures 
substantiae  possint  coalescere  in  unum,  et  quibus  condicionibus  nitatur, 
ut  hoc  unum  non  sit  pars  alterius.  Verum  vis  vocis  mundi,-  quatenus 
usu  Yulgari  celebratur,  nitro  nobis  occurrit.    Nemo  enim  accidentia, 

30  tanquam  partes,  accenset  mundo,  sed,  tanquam  determinationes,  statui. 
Hinc  mundus  sie  dictus  egoistums,  qui  absolvitur  unica  substantia  sim- 
plici  cum  suis  accidentibus,  parum  apposite  vocatur  mundus,  nisi  forte 
imaginarius.  Eandem  ob  causam  ad  totum  mundanum  non  licet  seriem 
succes8ivi)rum  (nempestatuum)  tanquam  partem  referre;  modificationes 

35  enim  non  sunt  partes  subiecti,  sed  rationata,  Tandem  naturam  sub- 
stantiarum^  quae  mundum  constituunt,  utrum  sint  contingentes  an  ne- 


390  ^^  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principiis. 

cessariae»  in  censum  hie  non  vocavi,  nee  talem  determinationem  gratis 
in  definitione  recondo,  postmodum,  ut  fit,  eandem  speciosa  quadam 
argutandi  ratione  indidem  deprompturos,  sed  contingentiam  e  condicio- 
nibus  hie  positis  abunde  concludi  posse  postea  docebo. 

II.  Forma.,  qnae  consistit  in  substantiarum  coordinatiane,  non  sub-    ^ 
ordinatione.  Coordinata  enim  se  invicem  respiciant  ut  complementa  ad 
totum,  mbordinata  ut  causatum  et  causa,  s.  generatim  ut  principium 
et  principiatum.  Prior  relatio  est  reciproca  et  homonymay  ita,  ut  quod- 
libet  correlatum  alterum  respiciat  ut  determinans,  simulque  ut  deter- 
minatum,  posterior  est  heteix>nyma^  nempe  ab  una  parte  nonnisi  depen-  m 
dentiae,  ab  altera  causalitatis.  Coordinatio  haec  concipitur  ut  realis  et 
obiectiva,  non  ut  idealis  et  subiecti  mero  arbitrio  fulta,  per  quod,  multi- 
tudinem  quamlibet  pro  lubitu  summando,  ef&ngas  totum.    Plura  enim 
complectendo  nullo  negotio  efiicis  totum  repraesentationia^  non  ideo 
autem  repraesentationem  totius.    Ideo,  si  forte  sint  quaedam  substan-   15 
tiarum  tota,  nullo  sibi  nexu  devincta,  complezus  illorum,  per  quem 
mens  multitudinem  cogit  in  unum  ideale,  nihil  amplius  loqueretur,  nisi 
pluralitatem  mundorum  una  cogitatione  comprehensorum.  Nexus  autem, 
formam  mundi  essentialem  constituens,  spectatur  ut  principium  in- 
ßuauum  poasibilium  substantiarum  mundum  constituentium.   Actuales  20 
enim  influxus  non  pertinent  ad  essentiam,  sed  ad  statum,  et  vires  ipsae 
transeuntes,  influxuum  causae,  supponunt  principium  aliquod,  per  quod 
possibile  sit,  ut  Status  plurium,  quorum  subsistentia  ceteroquin  est  a 
se  invicem  independens,  se  mutuo  respiciant  ut  rationata;  a  quo  prin- 
cipio  si  discesseris,  vim  transeuntem  in  mundo  ut.possibilem  sumere  25 
non  licet.  Et  haec  quidem  forma  mundo  essentialis  propterea  est  immti- 
tabüis  neque  uUi  vicissitudini  obnoxia;  idque  primo  ob  rationem  hgicam^ 
quia  mutatio  quaelibet  supponit  identitatem  subiecti,  succedentibus 
sibi  invicem  determinationibus.     Hinc  mundus,  per  omnes  Status  sibi 
successivos  idem  manens  mundus,  eandem  tuetur  formam  fundamen-  30 
talem.    Nam  ad  identitatem  totius  non  sufficit  identitas  partium^  sed 
requiritur  compositionis  characteristicae  identitas.    Potissimum  autem 
idem  e  rattone  reali  sequitur.  Nam  natura  mundi,  quae  est  principium 
primum  internum  determinationum  variabilium  quorumlibet  ad  statum 
ipsius  pertinentium,  quoniam  ipsa  sibi  non  potest  esse  opposita,  natura-  S5 
liter,  h.  e.  a  se  ipsa,  est  immutabilis;  adeoque  datur  in  mundo  quolibet 
forma  quaedam  naturae  ipsius  accensenda,  constans,  invariabiiis,  ceu 


Sectio  I.    De  notione  mundi  generatim.  391 

prinoipium  perenne  formae  cuiaslibet  coDtingentis  et  transitoriae,  quae 
pertinet  ad  rnuDdi  statum.  Qai  hanc  disquisitiooem  insuper  habent, 
frostrantar  conceptibus  spaiii  ac  temporü^  quasi  condicionibus  per  se 
iam  datis  atque  primitivis,  quarum  ope,  scilicet,  absqae  ullo  alio  prin- 
5  cipio,  non  solum  possibile  sit,  sed  et  Decessarium,  ut  plura  actualia  se 
mutuo  respiciant  uti  compartes  et  constituant  totam.  Verum  mox 
docebo,  has  notiones  plane  non  esse  rationales  atque  uUius  nezus  ideas 
obiectivas,  sed  phaenomena^  et  testari  quidem  principium  aliquod  nexus 
universalis  commune,  non  autem  exponere. 

10  III.  Univebsitas,  quae  est  omnitudo  compartium  absoluta.    Nam 

respectu  ad  compositum  aliquod  datam  habito,  quanquam  illud  adbuc 
sit  pars  alterius,  tamen  semper  obtinet  omnitudo  quaedam  camparattva^ 
nempe  partium  ad  illud  quantum  pertinentium.  Hie  autem,  quaecun- 
que  se  invicem  ut  compartes  ad  totum  quodcunque  respiciunt,  coniunc- 

15  tim  posita  intelliguntur.  Totalitas  haec  absoluta,  quanquam  conceptus 
quotidiani  et  facile  obvii  speciem  prae  se  ferat,  praesertim  cum  nega- 
tive enuntiatur,  sicuti  fit  in  definitione,  tamen  penitius  perpensa  crucem 
figere  philosopho  videtur.  Nam  statuum  universi  in  aetemum  sibi  succe- 
dentium  nunquam  absolvenda  series  quomodo  redigi  possit  in  totum, 

20  omnes  omnino  vicissitudines  comprehendens,  aegre  concipi  potest. 
Quippe  per  infinitudinem  ipsam  necesse  est,  ut  careat  termino,  ideoque 
non  datur  succedentium  series,  nisi  quae  est  pars  alterius,  ita,  ut  ean- 
dem  ob  causam  completudo  omnimoda  s.  totalitas  absoltUa  hinc  plane 
exsulare  videatar.    Quanquam  enim  notio  partis  universaliter  sumi 

23  possit,  et,  quaecunque  sub  hac  notione  continentur,  si  posita  spectentur 
in  eadem  serie,  constituant  unum:  tamen  omniailla  svmtUsumenda  esse 
per  conceptum  totiua  exigi  videtur;  quod  in  casu  dato  est  impossibile. 
Nam  quoniam  toti  seriei  nihil  succedit,  posita  autem  successivorum 
Serie  non  datur,  cui  nihil  succedat,  nisi  ultimum:  erit  in  aeternitate 

■M)  ultimum;  quod  est  absonum.  Quae  infiniti  successivi  totalitatem  premit 
düficnltas,  ab  infinito  simultaneo  abesse  forsitan  quisquam  putaverit, 
propterea,  quod  8imuUaneita,8  complexum  omniam  eodem  tempore  di- 
serte  profiteri  videatur.  Verum  si  infinitum  simultaneum  admittatur, 
concedenda  etiam  est  totalitas  infiniti  successivi,  posteriori  autem  ne- 

3d  gata,  tollitur  et  prius.  Nam  infinitum  simultaneum  inexhaustam  aeter- 
nitati  materiam  praebet,  ad  successive  progrediendum  per  innumeras 
eins  partes  in  infinitum,  quae  tamen  series  omnibus  numeris  absoluta 


392  ^^  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principiis. 

actu  daretur  in  infiDito  simultaneo,  ideöque,  quae  successive  addendo 
nunqaam  est  absolvenda  series,  tarnen  tota  esset  dabilis.  Ex  hac  spinosa 
quaestione  semet  extricatarus  notet:  tarn  successivam  quam  simulta- 
neam  plurium  coordinationem  (quia  nituntur  conceptibus  temporis)  non 
pertinere  äd  conceptum  intellectualem  totius,  sed  tantum  ad  condiciones 
intuitus  sensitivi]  ideoque,  etiamsi  non  sint  sensitive  conceptibiles,  ta- 
rnen ideo  non  cessare  esse  intellectuales.  Ad  bunc  autem  conceptum 
sufißcit:  dari  quomodocunque  coordinata  et  omnia  cogitari  tanquam 
pertinentia  ad  unum. 


10 


SECTIO  IL 

De  sensibilium  atque  intelligibilium  discrimine  generatim. 

§.3. 

Senmalttas  est  receptivitas  subiecti,  per  quam  possibile  est,  ut  status 
ipsius  repraesentativus  obiecti  alicuius  praesentia  certo  modo  afficiatur. 
Intelligentia  (rationalitas)  ^^i  facultas  subiecti,  per  quam,  quae  in  sensus  15 
ipsius  per  qualitatem  suam  incurrere  non  possunt,  repraesentare  valet. 
Obiectum  sensualitatis  est  sensibile;  quod  autem  nihil  continet,  nisi 
per  intelligentiam  cognoscendum,  est  intelligibile.  Prius  scholis  veterum 
phaenomenon^  posterius  noumenon  audiebat.  Cognitio,  quatenus  sub- 
iecta  est  legibus  sensualitatis,  est  sensitiva^  intelligentiae,  est  intellec-  20 
ttuilü  s.  rationalis. 

§.4. 

Cum  itaque,  quodcunque  in  cognitione  est  sensitivi,  pendeat  a 
speciali  indole  subiecti,  quatenus  a  praesentia  obiectorum  huius  vel 
alius  modificationis  capax  est,  quae,  pro  varietate  subiectorum,  in  di-  25 
versis  potest  esse  diversa;  quaecunque  autem  cognitio  a  tali  condicione 
subiectiva  exempta  est,  nonnisi  obiectum  respiciat:  patet,  sensitive  co- 
gitata  esse  rerum  repraesentationes,  ^Ui  apparent^  intellectualia  autem, 
i^icuti  sunt.  Repraesentationi  autem  sensus  primo  inest  quiddam,  quod 
diceres  mateinam^  uempe  sensatio^  praeterea  autem  aliquid,  quod  vocari  sc 
potest /orma,  nempe  sensibilium  species,  quae  prodit,  quatenus  varia, 
quae  sensus  aiüciunt,  naturali  quadam  animi  lege  coordinantur.  Porro, 


Sectio  II.   De  sensibilium  atque  intelligibilium  discrimine  generatim.  393 

quemadmodum  sensatio,  quae  sensualis  repraesentationis  materiam 
coDstituit,  praeseDtiam  quidem  sensibilis  alicuius  arguit,  sed  quoad 
qualitatem  pendet  a  natura  subiecti,  quatenus  ab  isto  obiecto  est  modi- 
ficabilis;  ita  etiam  eiusdem  repraesentationis  forma  testatur  utique 

5  quendam  sensorom  respectum  aut  relationem,  verum  proprie  non  est 
adumbratio  aut  schema  quoddam  obiecti,  sed  nonnisi  lex  quaedam 
menti  insita,  sensa  ab  obiecti  praesentia  orta  sibimet  coordinandi.  Nam 
per  formam  seu  speciem  obiecta  sensus  non  feriunt;  ideoque,  ut  varia 
obiecti  sensum  afficientia  in  totum  aliquod  repraesentationis  coalescant, 

10  opus  est  interne  mentis  principio,  per  quod  varia  illa  secundum  stabiles 
et  innatas  leges  speciem  quandam  induant. 


§.5. 

Ad  sensualem  itaque  Cognitionen!  pertinet  tarn  materia,  quae  est 
sensatio,  et  per  quam  cognitiones  dicuntur  aensuales^  quam  forma,  per 

1-^  quam,  etiamsi  reperiatur  absque  omni  sensatione,  repraesentationes 
vocantur  sensitivae,  Quod  ab  altera  parte  attinet  intellectualia^  ante 
omnia  probe  notandum  est,  usum  intellectus  s.  superiods  animae  facul- 
tatis  esse  duplicem :  quorum  priori  dantur  conceptus  ipsi  vel  rerum  vel 
respectuum,  qui  est  usus  realis;  posteriori  autem  undecuuque  dati 

20  sibi  tantum  subordinantur^  inferiores  nempe  superioribus  (notis  com- 
munibus)  et  conferuntur  inter  se  secundum  princ.  contrad.,  qui  usus 
dicitur  logicus.  Est  autem  usus  intellectus  logicus  omnibus  scientiis 
communis,  realis  non  item.  Data  euim  quomodocunque  cognitio  spec- 
tatur  vel  contenta  sub  nota  pluribus  communi,  vel  illi  opposita,  idque 

25  vel  immediate  et  proxime,  ut  fit  in  iudiciis  ad  distinctam,  vel  mediate, 
ut  in  ratiociniis  ad  adaequatam  cognitionem.  Datis  igitur  cognitionibus 
sensitivis,  per  usum  intellectus  logicum  sensitivae  isubordinantur  aliis 
sensitivis,  ut  conceptibus  communibus,  et  phaenomena  legibus  phaeno- 
menorum  generalioribus.    Maximi  autem  momenti  hie  est,  notasse, 

30  cognitiones  semper  habendas  esse  pro  sensitivis,  quantuscunque  circa 
illas  intellectui  fuerit  usus  logicus.  Nam  vocantur  sensitivae  propter 
genesin^  non  ob  collationem  quoad  identitatem  vel  oppositionem.  Hinc 
generalissimae  leges  empiricae  sunt  nihilo  secius  sensuales  et,  quae  in 
geometria  reperiuntur,  formae  sensitivae  principia  (respectus  in  spatio 

35  determinati),  quantumcunque  intellectus  circa  illa  versetur,  argumen- 


394  1^0  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principiis. 

tando  e  sensitive  datis  (per  intoitam  purum)  secundam  regulas  logicas, 
tarnen  non  excedunt  sensitivorum  classem.  In  sensualibus  autem  et 
phaenomenis  id,  quod  antecedit  usum  intellectus  logicnm,  dicitur  appa- 
rerUia,  quae  autem  apparentiis  plaribus  per  intellectum  comparatis 
oritur  cognitio  reflexa,  vocatur  eaperientia.  Ab  apparentia  itaque  ad  5 
experientiam  via  non  est,  nisi  per  reflexionem  secundum  usum  in- 
tellectus logicum.  Experientiae  conceptus  communes  dicuntar  empirici^ 
et  obiecta  phaenomena,  leges  autem  tam  experientiae  quam  generatim 
omnis  cognitionis  sensitivae  vocantur  leges  pbaenomenorum.  Conceptus 
itaque  empirici  per  reductionem  ad  maiorem  universalitatem  non  fiunt  10 
intellectuales  in  sensu  real%  et  non  excedunt  speciem  cognitionis  sensi- 
tivae, sed,  quousque  abstrahendo  adscendant,  sensitivi  manent  in  in- 
definitum. 

§.6. 

Quod  autem  intellectaalia  stricte  talia  attinet,  in  quibus  usus  in-  15 
tellectua  est  realis,  conceptus  tales  tam  obiectorum  quam  respectunm 
dantur  per  ipsam  naturam  intellectus,  neque  ab  uUo  sensuum  usu  sunt 
abstracti,  nee  formam  ullam  continent  cognitionis  sensitivae,  qua  talis. 
Necesse  autem  hie  est,  maximam  ambignitatem  vocis  abstracti  notare, 
quam,  ne  nostram  de  intellectualibus  disquisitionem  maculet,  antea  20 
abstergendam  esse  satius  duco.  Nempe  proprio  dicendum  esset:  ab  oZt- 
quibus  abstrahere^  non  aliquid  abstraJiei'e,    Prius  denotat,  quod  in  con- 
ceptu  quodam  ad  alia  quomodocunque  ipsi  nexa  non  attendamus; 
posterius  autem,  quod  non  detur,  nisi  in  concreto  et  ita,  ut  a  coniunctis 
separetur.    Hinc  conceptus  intellectualis  abstrahit  ab  omni  sensitivo,  25 
non  abstrahitur  a  sensitivis,  et  forsitan  rectius  diceretur  abstrahens  quam 
abstractus,    Quare  intellectuales  consultius  est  ideas  purasy  qui  autem 
empirice  tantum  dantur  conceptus,  abstractos  nominare. 

§•7. 

Ex  hisce  videre  est,  sensitivum  male  exponi  per  confusius  cogni-  so 
tum,  intellectuale  per  id,  cuius  est  cognitio  distincta,    Nam  haec  sunt 
tantum  discrimina  logica  et  quae  daia^  quae  omni  logicae  comparationi 
substernuntur,  plane  non  tangunt,    Possunt  autem  sensitiva  admodum 
esse  distincta  et  intellectualia  maxime  confusa.   Prius  animadvertimus 


^ 


Sectio  II.   De  sensibilium  atque  intelligibilium  discrimine  generatim.  395 

in  sensitivae  cognitionis  prototypo,  geometria^  posterius  in  intellectua- 
lium  omnium  organo,  metaphydca^  quae,  quantum  operae  navet  ad 
dispellendas,  quae  intellectum  communem  obfuscant,  confusionis  nebu- 
las,  quanquam  non  semper  tarn  felici  quam  in  priori  fit  successu,  in 

3  propatulo  est.  Nihilo  tarnen  secius  harum  cognitionum  qaaelibet  stem- 
matis  sai  signum  tuetar,  ita,  ut  priores,  quantumcunque  distinctae,  ob 
originem  vocentar  sensitivae,  posteriores,  utat  confasae,  maneant  in- 
tellectuales,  quales  v.  g.  sunt  conceptus  morales,  non  experiundo,  sed 
per  ipsnm  intellectum  purum  cogniti.   Vereor  autor,  ne  111.  Wolffius 

10  per  hoc  inter  sensitiva  et  intellectualia  discrimen,  quod  ipsi  non  est 
nisi  logicum,  nobilissimum  illud  antiquitatis  de  phaenomenarum  et 
noumenorum  indole  disserendi  institutum,  magno  philosophiae  detri- 
mento,  totum  forsitan  aboleverit,  animosque  ab  ipsorum  indagatione 
ad  logicas  saepenumero  minutias  averterit. 


15  §.  8. 

Philosopbia  autem  prima  continens  principia  usus  intellectus  puri 
est  Metaphysiga.  Scientia  vero  illi  propaedeutica  est,  quae  discrimen 
docet  sensitivae  cognitionis  ab  intellectuali;  cuius  in  hac  nostra  disser- 
tatione  specimen  exhibemus.  Cum  itaque  in  metaphysica  non  reperian- 

2u  tur  principia  empirica,  conceptus  in  ipsa  obvii  non  quaerendi  sunt  in 
sensibus,  sed  in  ipsa  natura  intellectus  puri,  non  tanquam  conceptus 
connatij  sed  e  legibus  menti  insitis  (attendendo  ad  eins  actiones  occa- 
sione  experientiae)  abstracti,  adeoque  acquisiti,  Uuius  generis  sunt 
possibilitas,  exsistentia,  necessitas,  substantia,  causa  etc.  cum  suis  oppo- 

25  sitis  aut  correlatis;  quae  cum  nunquam  ceu  partes  repraesentationem 
ullam  sensualem  ingrediantur,  inde  abstrahi  nullo  modo  potuerunt 


§.9. 

Intellectualium  duplex  potissimum  finis  est:  prior  elencticua,  per 
quem  negative  prosunt,  quando  nempe  sensitive  concepta  arcent  a  nou- 
30  menis,  et,  quanquam  scientiam  non  provehant  latum  unguem,  tamen 
eandem  ab  errorum  contagio  immunem  praestant.  Posterior  est  dogma- 
ticus^  secundum  quem  principia  generalia  intellectus  puri,  qualia  ex- 
hibet  ontologia,  aut  psychologia  rationalis,  exeunt  in  exemplar  aliquod. 


396  I)o  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principiis. 

nonnisi  intellectu  puro  conoipiendum  et  omnium  aliorom  qaoad  reali- 
tates  mensuram  commuDemv  quod  est  Pebfbctio  Noumenon.  Haec 
autem  est  vel  in  sensu  theoretico*),  vel  practico  talis.  In  priori  est  ens 
summum,  Deus,  in  posteriori  sensu  Pebfbctio  mo&alis.  Phäosophia 
igitur  moralüy  quatenus  principia  diiudicandi  prima  suppeditat,  non  s 
cognoscitur  nisi  per  intellectum  purum  et  pertinet  ipsa  ad  philosophiam 
puram,  quique  ipsius  criteria  ad  sensum  voluptatis  aut  taedii  protraxit, 
summo  iure  reprehenditur  Epicurus,  una  cum  neotericis  quibusdam, 
ipsum  e  longinquo  quadamtenus  secutis,  uti  Shaftesbury  et  asseclae. 
In  quolibet  autem  genere  eorum,  quorum  quantitas  est  variabilis,  mcuBt-  lo 
mum  est  mensura  communis  et  principium  cognoscendi.  Maaimum  per- 
fecttonü  Yocatur  nunc  temporis  ideale,  Piatoni  idea  (quemadmodnm 
ipsius  idea  reipublicae),  et  omnium,  sub  generali  perfectionis  alicnius 
notione  contentorum,  est  principium,  quatenus  minores  gradus  nonnisi 
limitando  mazimum  determinari  posse  censentur;  Dens  autem,  cum  ut  15 
ideale  perfectionis  sit  principium  cognoscendi,  ut  realiter  exsistens  simal 
est  omnis  omnino  perfectionis  principium  fiendi. 


§.10. 

Intellectualium  non  datur  (homini)  intuüua^  sed  nonnisi  cognüio 
aymbolicay  et  intellectio  nobis  tantnm  licet  per  conceptus  universales  20 
in  abstracto,  non  per  singularem  in  concreto.    Omnis  enim  intuitus 
noster  adstringitur  principio  cuidam  formae,  sub  qua  sola  aliquid  im- 
mediate,  s.  ut  singulare^  a  mente  cemi  et  non  tantnm  discursive  per 
conceptus  generales  concipi  potest.    Principium  autem  hoc  formale 
nostri  intuitus  (spatium  et  tempus)  est  condicio,  sub  qua  aliqnid  sen-  S5 
suum  nostrorum  obiectum  esse  potest,  adeoque,  ut  condicio  cognitionis 
sensitivae,  non  est  medium  ad  intuitum  intellectualem.  Praeterea  omnis 
nostrae  cognitionis  materia  non  datur  nisi  a  sensibus,  sed  noumenon, 
qua  tale,  non  conoipiendum  est  per  repraesentationes  a  sensationibus 
depromptas;  ideo  conceptus  intelligibilis,  qua  talis,  est  destitutns  ab  so 
Omnibus  datü  intuitus  humani.  Intuitus  nempe  mentis  nostrae  semper 


*)  Theoretice  aliquid  spectamus,  quatenus  non  attendlmus  nisi  ad  ea,  quae 
enti  competunt,  practice  autem,  si  ea,  quae  ipsi  per  libertatem  inesse  debebant, 
dispicimus. 


Sectio  IL   De  sensibilium  atque  intelligibilium  discrimine  generatim.  397 

est  pamvfis]  adeoque  eatenus  tantam,  quatenus  aliquid  sensus  Dostros 
afficere  potest,  possibilis.  Divinus  autem  intuitus,  qui  obiectorum  est 
priocipium^  non  principiatam,  cum  sit  independens,  est  archetypas  et 
propterea  perfecte  intellectualis. 


5  §.  11. 

Qaanqaam  autem  phaenomena  proprie  sint  rerum  species,  non 
ideae,  neque  internam  et  absolutam  obiectorum  qualitatem  exprimant: 
nibilo  tarnen  minus  illorum  cognitio  est  verissima.  Primo  enim,  qua- 
tenus sensnales  sunt  conceptus  s.  apprehensiones,  ceu  causata  testan- 

10  tur  de  praesentia  obiecti,  quod  contra  idealismum;  quatenus  autem 
iudicia  spectas  circa  sensitive  cognita,  cum  veritas  in  iudicando  con- 
sistat  in  consensu  praedicati  cum  subiecto  dato,  conceptus  autem  sub- 
iecti,  quatenus  est  pbaenomenon,  non  detur  nisi  per  relationem  ad  facul- 
tatem  cognoscendi  sensitivam,  et  secundum  eandem  etiam  praedicata 

IS  dentur  sensitive  observabilia,  patet,  repraesentationes  subiecti  atque 
praedicati  fieri  secundum  leges  communes,  adeoque  ansam  praebere 
Cognition!  verissimae. 

§.12. 

Quaecunque  ad  sensus  nostros  referuntur  ut  obiecta,  sunt  pbaeno- 
90  mena;  quae  autem,  cum  sensus  non  tangant,  formam  tantum  singu- 
larem  sensualitatis  continent,  pertinent  ad  intuitum  purum  (i.  e.  a  sen- 
sationibus  vacuum,  ideo  autem  non  intellectualem).  Phaenomena  re- 
censentur  et  exponuntur,  primo  sensus  externi  in  Physiga,  deinde  sensxia 
intemi  in  Psychologia  empirica.  Intuitus  autem  purus  (humanus)  non 
^S5  est  conceptus  universalis  s.  logicus,  sub  quo^  sed  singularis,  in  quo  sen- 
sibilia  qnaelibet  cogitantur,  ideoque  continet  conceptus  spatii  et  tem- 
poris;  qui,  cum  quoad  qualitatem  nihil  de  sensibilibus  determinent,  non 
sunt  obiecta  scientiae,  nisi  quoad  quantitatem.  Hinc  Mathesis  puea 
spatium  considerat  in  Geohbtbia,  tempus  in  Meghanica  pura.  Accedit 
80  hisce  conceptus  quidam,  in  se  quidem  intellectualis,  sed  cuius  tamen 
actuatio  in  concreto  exigit  opitulantes  notiones  temporis  et  spatii 
(successive  addendo  pinra  et  iuxta  se  simul  ponendo),  qui  est  conceptus 
ntimm,  quem  tractat  Abithmbuoa.  Mathesis  itaqne  pura,  omnis 
nostrae  sensitivae  cognitionis  formam  exponens,  est  cnioslibet  intoi- 


398  1^0  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  priiicipiis. 

tivae  et  distinctae  cognitionis  organon;  et,  quoDiam  eius  obiecta  ipsa 
sunt  omnis  intuitus  non  solum  principia  formalia,  sed  ipsa  intuitus 
originarüy  largitur  Cognitionen!  verissimam  simulque  summae  eviden- 
tiae  in  aliis  exemplar.  Sensualium  itaque  dahir  scientiay  quanquam, 
cum  sint  phaenomena,  non  datur  intellectio  realis,  sed  tan  tum  logica;  .% 
hinc  patet,  quo  sensu^  qui  e  schola  Eleatica  hauserunt,  scientiam  phae- 
nomenis  denegasse  censendi  sint 


SECTIO  m. 

De  principiis  formae  mundi  sensibilis. 

§.  13.  10 

Principium  formae  universi  est,  quod  continet  rationem  nexus 
universalis,  quo  pmnes  substantiae  atque  earum  status  pertinent  ad 
idem  totum,  quod  dicitur  mundus.  Principium  formae  mundi  aensibüia 
est,  quod  continet  rationem  nexus  universalis  omnium,  quatenus  sunt 
phaenomena.  Forma  mundi  intelligibilis  agnoscit  principium  obiectivum,  is 
h.  e.  causam  aliquam,  per  quam  exsistentium  in  se  est  colligatio.  Mun- 
dus  autem,  quatenus  spectatur  ut  phaenomenon,  h.  e.  respective  ad 
sensualitatem  mentis  humanae,  non  agnoscit  aliud  principium  formae 
nisi  subiectivum,  b.  e.  certam  animi  legem,  per  quam  necesse  est,  ut 
omnia,  quae  sensuum  obiecta  (per  istorum  qualitatem)  esse  possunt  so 
necessario  pertinere  videantur  ad  idem  totum.  Quodcunque  igitur  tan- 
dem  sit  principium  formae  mundi  sensibilis,  tamen  non  complectitur 
nisi  actualia^  quatenus  in  sensus  cadere  posse  putantur,  ideoque  nee 
immateriales  substantias,  quae,  qua  tales,  iam  per  detinitionem  a  sen- 
sibus  externis  omnino  excluduntur,  nee  mundi  causam,  quae,  cum  per  25 
illam  mens  ipsa  exsistat  et  sensu  aliquo  poUeat,  sensuum  obiectum  esse 
non  potest.  Haec  principia  formalia  universi phaenomeni  absolute  prima, 
catholica  et  cuiuslibet  praeterea  in  cognitione  humana  sensitivi  quasi 
Schemata  et  condiciones,  bina  esse,  tempus  et  spatium,  iam  demonstrabo. 

§.  14.  30 

De  tempore. 

1.  Idea  temporis  non  oritur,  sed  suppanitur  a  sensibus,  Quae  enim 
in  sensus  incurrunt,  utrum  simul  sint,  an  post  se  invicem,  nonnisi  per 


Sectio  III.    De  principiis  formae  mundi  sensibilis.  399 

ideam  temporis  repraesentari  potest;  neqae  successio  gignit  conceptam 
temporis  sed  ad  illum  provocat.  Ideoqae  temporis  notio,  veluti  per 
experientiam  acquiBita,  pessime  definitur  per  seriem  actualium  post  se 
invicem  exsistentiain.  Nam,  quid  significet  vocula  paaty  non  intelligo, 
5  nisi  praevio  iam  temporis  conceptu.  Sunt  enim  post  se  invicem,  quae 
exsistunt  temporibtis  diveraisy  quemadmodum  simtd  sunt,  quae  exsistunt 
tempore  eodem. 

2.  Idea  temporis  est  singtdaris,  non  generalis.  Tempos  enim 
qnodlibet  non  cogitatur,  nisi  tanquam  pars  unius  eiusdem  temporis 

10  immensi.  Duos  annos  si  cogitas,  non  potes  tibi  repraesentare,  nisi  de- 
terminato  erga  se  invicem  positu,  et,  si  immediate  se  non  sequantur, 
nonnisi  tempore  quodam  intermedio  sibimet  iunctos.  Quodnam  autem 
tempomm  diversorum  sit  priusy  quodnam  posterius^  nuUa  ratione  per 
notas  aliquas  intellectui  conceptibiles  definiri  potest,  nisi  in  circulum 

15  vitiosom  incurrere  velis,  et  mens  illud  non  discernit,  nisi  per  intuitum 
singnlarem.  Praeterea  omnia  concipis  actualia  in  tempore  posita,  non 
mb  ipsius  notione  generali,  tanquam  nota  communi,  contenta. 

3.  Idea  itaque  temporis  est  intuittLs^  et  quoniam  ante  omnem  sen- 
sationem  concipitur,  tanquam  condicio  respectuum  in  sensibilibus  ob- 

so  viorum,  est  inhiitus  non  sensualis,  sed  purus, 

4.  Tempus  est  quantum  continuum  et  legum  continui  in  mutationi- 
bus  universi  principium.  Continuum  enim  est  quantum,  quod  non  con- 
stat  simplicibus.  Quia  autem  per  tempus  non  cogitantur  nisi  relationes 
absque  datis  uUis  entibus  ergase  invicem  relatis,  in  tempore,  ceu  quanto, 

26  est  compositio,  quae,  si  tota  sublata  concipiatur,  nihil  plane  reliqui 
facit.  Cuius  autem  compositi,  sublata  omni  compositione,  nihil  omnino 
remanet,  illud  non  constat  partibus  simplicibus.  Ergo  etc.  Pars  itaque 
temporis  quaelibet  est  tempus,  et,  quae  sunt  in  tempore,  simplicia, 
nempe  momenta,  non  sunt  partes  illius^  sed  termini^  quos  interiacet 

30  tempus.  Nam  datis  duobus  momentis  non  datur  tempus,  nisi  quatenus 

in  illis  actualia  sibi  succedunt;  igitur  praeter  momentum  datum  ne- 

cesse  est,  ut  detur  tempus,  in  cuius  parte  posteriori  sit  momentum  aliud. 

Lex  autem  continuitatis  metaphysica  haec  est:  mtUationes  omnes 

sunt  continuae  s.  fluunt,  h.  e.  non  succedunt  sibi  Status  oppositi,  nisi 

36  per  seriem  statuum  diversorum  intermediam.  Quia  enim  Status  duo 
oppositi  sunt  in  diversis  temporis  momentis,  inter  duo  autem  momenta 
semper  sit  tempus  aliquod  interceptum,  in  cuius  infinita  momentorum 


400  1^0  mundi  sensibilis  atqae  intelligibilis  forma  et  principiis. 

Serie  substantia  neo  est  in  uno  stataum  datoram,  nee  in  altero,  nee 
tarnen  in  nulle:  erit  in  diversis,  et  sie  porro  in  infinitum. 

Celeb.  Eaestnerus,  hanc  Leibnizii  legem  examini  sabiecturos,  pro- 
Yoeat  eins  defensores^),  ut  demonstrent:  motumpuncti  continuum  per 
omnia  latera  trianguli  esse  impassibilem,  quod  utique,  concessa  lege  con-  5 
tinuitatis,  probari  necesse  esset.  En  igitar  demonstrationem  qaaesitam. 
Denotent  literae  a^  c  ^^^^  puncta  angularia  trianguli  rectilinei.  Si 
mobile  incedat  motu  continuo  per  lineas  ab,  bc,  ea^  h.  e.  totum  peri- 
metrum  figurae,  necesse  est,  ut  per  punctum  b  in  directione  a  i,  per 
idem  autem  punctum  h  etiam  in  directione  b  c  moveatur.  Cum  autem  10 
hi  motus  sint  diversi,  non  possnnt  esse  simuL  Ergo  momentum  prae- 
sentiae  puncti  mobilis  in  vertice  b,  qnatenus  movetur  in  directione  a  6, 
est  diversum  a  momento  praesentiae  puncti  mobilis  in  eodem  vertice  6, 
quatenus  movetur  secundnm  directionem  b  e,  Sed  inter  duo  momenta 
est  tempus,  ergo  mobile  in  eodem  puncto  per  tempus  aliquod  praesens  u 
est,  i.  e.  quiescit^  ideoque  non  incedit  motu  continuo,  quod  contra  hypo- 
thesin. Eadem  demonstratio  valet  de  motu  per  quaslibet  rectas,  angulnm 
includentes  dabilem.  Ergo  corpus  non  mutat  directionem  in  motu  con- 
tinuo, nisi  secundum  lineam,  cuius  nuUa  pars  est  recta,  h.  e.  curvam, 
secundum  placita  Leibnizii.  90 

5.  Tempus  non  est  obiectivum  aliquid  et  recde,  nee  substantia^  nee 
accidens,  nee  relatio,  sed  subiectiva  condicio  per  naturam  mentis  hu- 
manae  necessaria,  quaelibet  sensibilia  certa  lege  sibi  coordinandi,  et 
intuitus  purus.  Substantias  enim  pariter  ac  accidentia  coordinamus, 
tam  secundum  simultaneitatem,  quam  successionem,  nonnisi  per  con-  25 
ceptum  temporis;  ideoque  huius  notio,  tanquam  principium  formae, 
istorum  conceptibus  est  antiquior.  Quod  autem  relationes  attinet  s.  re- 
spectus  quoscunque,  quatenus  sensibus  sunt  obvii,  utrum  nempe  simul 
sint,  an  post  se  invicem,  nihil  aliud  involvunt,  nisi  positus  in  tempore 
determinandos,  vel  in  eodem  ipsius  puncto,  vel  diversis.  30 

Qui  realitatem  temporis  obiectivam  asserunt,  aut  illud  tanquam 
fluxum  aliquem  in  exsistendo  continuum,  absque  ulla  tarnen  re  exsi- 
stente  (common tum  absurdissimum!),  concipiunt,  uti  potissimum 
Anglorum  philosophi,  aut  tanquam  abstractum  reale  a  sucoessione 
statuum  intemorum,  uti  Leibnizius  et  asseclae  statuunt.    Posterioria  ss 


*)  Höhere  Hechanick,  S.  354. 


Sectio  m.    De  principiis  formae  mundi  sensibilis.  401 

autem  sententiae  falsitas,  cum  circulo  vitioso  in  temporis  definitioDe 
obvia  luculenter  semet  ipsam  prodat,  et  praeterea  simultaneitatem*), 
maximnm  temporis  consectariam,  plane  negligat,  ita  omoem  sanae 
ratioDis  usum  intertarbat,  qaod  non  motus  leges  secundum  temporis 

5  mensuram,  sed  tempus  ipsum,  quoad  ipsius  Dataram,  per  observata  in 
motu  aut  qoalibet  mutationum  internarum  serie  determinari  postulet, 
quo  omnis  regularum  certitudo  plane  aboletur.  Quod  autem  temporis 
quantüatem  non  aestimare  possimus,  nisi  in  concreto,  nempe  vei  motu 
vel  cogitationum  serie^  id  inde  est,  quoniam  conceptus  temporis  tan- 

10  tummodo  lege  mentis  interna  nititur,  neque  est  intuitus  quidam  conna- 
tus,  adeoque  nonnisi  sensuum  ope  actus  ille  animi,  sua  sensa  coordi- 
nantis,  eliciatur.  Tantum  vero  abest,  ut  quis  unquam  temporis  con- 
ceptum  adhuG  rationis  ope  aliunde  deducat  et  explicet,  ut  potius  ipsum 
principium  contradictionis  eundem  praemittat  ac  sibi  condicionis  loco 

15  substernat.   A  enim  et  non  A  non  repugnant^  nisi  simul  (h.  e.  tempore 

eodem)  cogitata  de  eodem,  post  ae  autem  (diversis  temporibus)  eidem 

competere  possunt.    Inde  possibilitas  mutationum  nonnisi  in  tempore 

cogitabilis,  neque  tempus  cogitabile  per  mutationes,  sed  vice  versa. 

6.  Quanquam  autem  temptts  in  se  et  absolute  positum  sit  ens  ima- 

ao  ginarium,  tamen,  quatenus  ad  immutabilem  legem  sensibilium,  qua 
talium,  pertinet,  est  conceptus  verissimus  et  per  omnia  possibilia  sen- 
suum obiecta  in  infmitum  patens  intuitivae  repraesentationis  condicio. 
Cum  enim  simultanea,  qua  talia,  sensibus  obvia  fieri  non  possint  nisi 
ope  temporis,  mutationes  autem  non  sint  nisi  per  tempus  cogitabiles: 

25  patet,  bunc  conceptum  universalem  phaenomenorum  formam  continere, 
adeoque  omnes  in  mundo  eventus  observabiles,  omnes  motus  omnesque 
internas  vicissitudines  necessario  cum  axiomatibus  de  tempore  cogno- 

*)  Simultanea  non  sunt  ideo  talia,  quia  sibi  non  succedunt.    Nam  remota 
successione  tollitur  quidem  coniunctio  aliqua,  quae  erat  per  seriem  temporis,  sed 

30  inde  non  statim  oritur  alia  yera  relatio,  qualis  est  coniunctio  omnium  in  momento 
eodem.  Simultanea  enim  perinde  iunguntur  eodem  temporis  momento,  quam 
successiva  diversis.  Ideo,  quanquam  tempus  sit  unius  tantum  dimensionis,  tamen 
ubiquÜQM  temporis  (ut  cum  Newtono  loquar),  per  quam  omnia  sensitive  cogitabilia 
sunt  aliquando^  addit  quanto  actualium  alteram  dimensionem,  quatenus  veluti  pen- 

35  dent  ab  eodem  temporis  puncto.  Nam  si  tempus  designes  linea  recta  in  infinitum 
producta,  et  simultanea  in  quolibet  temporis  puncto  per  lineas  ordinatim  appii- 
catas:  superficies,  quae  ita  generatur,  repraesentabit  mundum  phaenomenon^  tarn 
quoad  substantiam,  quam  quoad  accidentia. 

jrant'ied^riften.    SScTfe.  H.  26 


402  ^^  mundi  sensibilis  atque  intelli^bilis  forma  et  priacipiis. 

scendis  partimque  a  nobis  expositis  coDsentire,  quoDiam  nonniai  sub 
hisce  condicionibtis  sensuum  ohiecta  esse  et  caordinari  posaunt,  Absonom 
igitur  est,  coDtra  prima  temporis  pari  postulata,  e.  g.  coDtinuitatem  etc., 
rationem  armare  velle,  cum  legibus  consequaDtur,  quibus  nihil  prius, 
nihil  antiquius  reperitur,  ipsaque  ratio  in  osu  principii  contradictionis  5 
huius  conceptus  adminiculo  carere  non  possit;  osque  adeo  est  primi- 
tivus  et  originarius. 

7.  Tempus  itaque  est  principium  formale  mundi  sensänlis  absolute 
primum.  Omnia  enim  quomodocunque  sensibilia  non  possunt  cogitari, 
nisi  vel  simul,  vel  post  se  invicem  posita,  adeoque  unici  temporis  tractu  10 
quasi  involuta  ac  semet  determinato  positu  respicientia,  ita,  ut  per  hunc 
coDceptum,  omnis  sensitivi  primarium,  necessario  oriatur  totum  formale, 
quod  non  est  pars  alterius,  h.  e.  mundus  phaenomenon. 

§15. 
De  spatio.  15 

A.  Conceptus  spatii  non  absirahitur  a  sensationünis  eatemis.  Non 
enim  aliquid  ut  extra  me  positum  concipere  licet,  nisi  illud  repraesen- 
tando  tanquam  in  loco,  ab  eo,  in  quo  ipse  sum,  diverse,  neque  res  extra 
se  invicem,  nisi  iilas  collocando  in  spatii  diversis  locis.  Possibilitas 
igitur  perceptionum  externarum,  qua  talium,  supponit  conceptum  spatii,  30 
non  creat]  sicuti  etiam,  quae  sunt  in  spatio,  sensus  afficiunt,  spatium 
ipsum  sensibus  hauriri  non  potest. 

B.  Conceptus  spatii  est  singularis  repraesentatio  omnia  in  se  com- 
prehendens,  non  sub  se  continens  notio  abstracta  et  communis.    Quae 
enim  dicis  spatia  plura^  non  sunt  nisi  eiusdem  immensi  spatii  partes,  35 
certo  positu  se  invicem  respicientes,  neque  pedem  cubicum  concipere 
tibi  potes,  nisi  ambienti  spatio  quaquaversum  conterminum. 

C.  Conceptus  spatii  itaque  est  intuitus  purus,  cum  sit  conceptus 
singularis,  sensationibus  non  conflatus,  sed  omnis  sensationis  externae 
forma  fundamentalis.  Hunc  vero  intuitum  purum  in  axiomatibus  geo-  30 
metriae  et  qualibet  constructione  postulatorum  s.  etiam  problematum 
mentali  animadvertere  proclive  est.  Non  dari  enim  in  spatio  plures 
quam  tres  dimensiones,  inter  duo  puncta  non  esse  nisi  rectam  unicam, 

e  dato  in  superficie  plana  puncto  cum  data  recta  circulum  describere, 
etc.,  non  ex  universali  aliqua  spatii  notione  concludi,  sed  in  ipso  tantum  35 


!^ 


Sectio  III.    De  principiis  formae  mundi  sensibilis.  403 

velat  in  concreto  cei*nt  potest.  Quae  iaceant  in  spatio  dato  unani  pla- 
gam  versus,  quae  in  oppositam  vergant^  discursive  describi  s.  ad  notas 
intellectuales  revocari  nulia  mentis  acie  possunt,  ideoque,  cum  in  soli- 
dis  perfecte  similibus  atque  aequalibus,  sed  discongruentibus,  cuius 

5  generis  sunt  manus  sinistra  et  dextra  (quatenus  solum  secundum  ex- 
tensionem  concipiuntur)  aut  triangula  sphaerica  e  duobus  hemisphaeriis 
oppositis,  Sit  diversitas,  per  quam  impossibile  est,  ut  termini  exten- 
sionis  coincidant,  quanquam  per  omnia,  quae  notis  menti  per  sermonem 
intelligibilibus  efferre  licet,  sibi  substitui  possint,  patet  hie  nonnisi  qua- 

10  dam  intuitione  pura  diversitatem,  nempe  discongruentiam,  notari  posse. 
Hinc  geometria  principiis  utitur  non  indubitatis  solum  ac  discursivis, 
sed  sub  obtutum  mentis  cadentibus,  et  evidentia  in  demonstrationibus 
(quae  est  claritas  certae  cognitionis,  quatenus  assimilatur  sensuali)  non 
solum  in  ipsa  est  maxima,  sed  et  unica,  quae  datur  in  scientiis  puris, 

n  omnisque  evidentiae  in  aliis  exemplar  et  medium,  quia,  cum  geometria 
spatii  relationes  contempletur,  cuius  conceptus  ipsam  omnis  intuitus 
sensualis  formam  in  se  continet,  nihil  potest  in  perceptis  sensu  externo 
darum  esse  et  perspicuum,  nisi  mediante  eodem  intuitu,  in  quo  con- 
templando  scientia  illa  versatur.  Ceterum  geometria  propositiones  suas 

20  universales  non  demonstrat  obiectum  cogitando  per  conceptum  univer- 
salem, quod  fit  in  rationalibus,  sed  illud  oculis  subiiciendo  per  intuitum 
singularem,  quod  fit  in  sensitivis*). 

D.  Spatium  non  est  aliquid  obiectivi  et  realis,  nee  substantia,  nee 
accidens,  nee  relatio;  sed  suJbiectivum  et  ideale  et  e  natura  mentis  stabili 

25  lege  proficiscens  veluti  Schema  omnia  omnino  externe  sensa  sibi  coor- 
dinandi.  Qui  spatii  realitatem  defendunt,  vel  illud  ut  absolutum  et  im- 
mensum  rerum  possibilium  receptaculum  sibi  concipiunt,  quae  senten- 
tia,  post  Anglos,  geometrarum  plurimis  arridet,  vel  contendunt  esse 
ipsam  rerum  exsistentium  relationem,  rebus  sublatis  plane  evanescen- 


30  *)  Quod  spatiam  necessario  concipiendum  sit  tanquam  qaantum  continuum, 

cum  facile  8it  demonstratu,  hie  praetereo.  Inde  autem  fit,  ut  simpIex  in  spatio 
non  Sit  pars,  sed  terminus.  Terminus  autem  generaliter  est  id  in  quanto  continuo, 
quod  rationem  continet  limitum.  Spatium,  quod  non  est  terminus  alterius,  est 
completum  (toUdum),  Terminus  solidi  est  tuperßeies,  superficiei  linea^  lineae  punctum, 

35  Ergo  tria  sunt  terminorum  genera  in  spatio,  quemadmodum  tres  dimensiones. 
Herum  terminorum  duo  (superficies  et  linea)  ipsi  sunt  spatia.  Conceptus  termini 
non  ingreditur  aliud  quantum  nisi  spatium  aut  tempus. 

26» 


404  1^6  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principiis. 

tem  et  nonnisi  in  actaalibus  cogitabilem,  uti,  post  Leibnizium,  nostra- 
tum  plurimi  statuuDt.  Qaod  attinet  primum  illad  inane  rationis  com- 
inentam,  cum  veras  relationes  infinitas  absqae  uUis  erga  se  relatis 
entibus  fingat,  pertinet  ad  mundum  fabulosum.  Verum  qai  in  senten- 
tiam  posteriorem  abeunt,  longo  deteriori  errore  labuntur.  Quippe  cum  6 
illi  nonnisi  conceptibus  quibusdam  rationaiibus  s.  ad  noumena  perti- 
nentibus  offendiculum  ponant,  ceteroquin  intellectui  maxime  abscon- 
ditis,  e.  g.  quaestionibus  de  mundo  spirituali,  de  omnipraesentia  etc., 
hi  ipsis  phaenomenis  et  omnium  phaenomenorum  fidissimo  interpreti, 
geometriae,  adversa  fronte  repugnant.  Nam  ne  apertum  in  definiendo  lo 
spatio  circulum,  quo  necessario  intricantur,  in  medium  proferam,  geo- 
metriam,  ab  apice  certitudinis  deturbatam,  in  earum  scientiarum  cen- 
sum  reiiciunt,  quarum  principia  sunt  empirica.  Nam  si  omnes  spatii 
affectiones  nonnisi  per  experientiam  a  relationibus  externis  mutuatae 
sunt,  axiomatibus  geometricis  non  inest  universalitas  nisi  comparativa,  is 
qualis  acquiritur  per  inductionem,  h.  e.  aeque  late  patens  ac  observatur, 
neque  necessitas  nisi  secundum  stabilitas  naturae  leges,  neque  praecisio 
nisi  arbitrario  confi'cta,  et  spes  est,  ut  fit  in  empiricis,  spatium  ali- 
quando  detegendi  aliis  affectionibus  primitivis  praeditum,  et  forte  etiam 
bilineum  rectilineum.  20 

E.  Quanquam  conceptus  spatii^  ut  obiectivi  alicuius  et  realis  entis 
vel  affectionis,  sit  imaginarius,  nihilo  tamen  secius  respecHve  ad  sensit 
bilia  quaecunque  non  solum  est  verissimvs^  sed  et  omnis  veritatis  in 
sensualitate  externa  fundamentum.  Nam  res  non  possunt  sub  uUa  spe- 
cie  sensibus  apparere,  nisi  mediante  vi  animi,  omnes  sensationes  secun-  25 
dum  stabilem  et  naturae  suae  insitam  legem  coordinante.  Cum  itaque 
nihil  omnino  sensibus  sit  dabile  nisi  primitivis  spatii  axiomatibus  eius- 
que  consectariis  (geometria  praecipiente)  conformiter,  quanquam  herum 
principium  non  sit  nisi  subiectivum,  tamen  necessario  hisce  consentiet, 
quia  eatenus  sibimet  ipsi  consentit,  et  leges  sensualitatis  erunt  leges  so 
naturae,  quatenus  in  sensua  cadere  potest.  Natura  itaque  geometriae 
praeceptis  ad  amussim  subiecta  est,  quoad  omnes  affectiones  spatii  ibi 
demonstratas,  non  ex  hypothesi  ficta,  sed  intuitive  data,  tanquam  con- 
diciooe  subiectiva  omnium  phaenomenorum,  quibus  unquam  natura 
sensibus  patefieri  potest.  Corte,  nisi  conceptus  spatii  per  mentis  naturam  35 
originarie  datus  esset  (ita,  ut,  qui  relationes  quascunque  alias,  quam 
per  ipsum  praecipiuntur,  mente  effingere  allaboraret,  operam  luderet, 


s\ 


Seetio  III.    De  principiis  formae  mundi  sensibilis.  405 

qaia  hoc  ipso  conceptu  in  figmenti  sui  subsidiam  uti  coactus  esset), 
geometriae  m  philosophia  naturali  usus  parum  tutas  foret;  dubitari 
enim  posset,  an  ipsa  notio  haec  ab  experientia  deprompta  satis  cum 
natura  consentiat,  negatis  forsitaD,  a  quibus  abstracta  erat,  determina- 
5  tionibus,  cuius  aliquibus  etiam  suspicio  in  mentem  incidit.  Spatium 
itaque  est  principium  formale  mundi  sensibilis  absolute  primum  non 
solum  propterea,  quod  nonnisi  per  illius  conceptum  obiecta  universi 
possint  esse  phaenomena,  sed  potissimum  hanc  ob  rationem,  quod  per 
essentiam  non  est  nisi  unicum,  omnia  omnino  externe  sensibilia  com- 
10  plectens,  adeoque  principium  constituit  universitatis^  h.  e.  totius,  quod 
non  potest  esse  pars  alterias. 

Corollarium. 

En  itaque  bina  cognitionis  sensitivae  principia,  non,  quemadmo- 
dum  est  in  intellectualibus,  conceptus  generales,  sed  intuitus  singulares, 

15  attamen  puri;  in  quibus,  non  sicut  leges  rationis  praecipiunt,  partes  et 
potissimum  simplices  cootinent  rationem  possibilitatis  compositi,  sed, 
secundum  exemplar  intuitus  sensitivi,  infinitum  continet  rationem  partis 
cuiusqne  cogitabilis  ac  tandem  simplicis  s.  potius  termini,  Nam,  non- 
nisi dato  infinite  tarn  spatio  quam  tempore,  spatium  et  tempus  quod- 

20  übet  definitum  limitando  est  assignabile,  et  tam  punctum  quam  mo- 
mentum  per  se  cogitari  non  possunt,  sed  non  concipiuntur  nisi  in  dato 
iam  spatio  et  tempore,  tanquam  horum  termini.  Ergo  omnes  affectiones 
primitivae  horum  conceptuum  sunt  extra  cancellos  rationis,  ideoque 
nullo  modo  intellectualiter  explicari  possunt.  Nihilo  tamen  minus  sunt 

25  substrata  intellectus^  e  datis  intuitive  primis  secundum  leges  logicas 
consectaria  concludentis,  maxima  qua  fieri  potest  certitudine.  Horum 
quidem  conceptuum  alter  proprio  intuitum  obiecti^  alter  statum  concer- 
nit,  inprimis  repraesentativum.  Ideo  etiam  spatium  temporis  ipsius  con- 
ceptui  ceu  typus  adhibetur,  repraesentando  hoc  per  lineam  eiusque  ter- 

30  minos  (momenta)  per  puncta.  Tempus  autem  universali  atque  rationali 
conceptvi  magis  appropinquat,  complectendo  omnia  omnino  suis  re- 
spectibus,  nempe  spatium  ipsum  et  praeterea  accidentia,  quae  in  rela- 
tionibus  spatii  comprehensa  non  sunt,  uti  cogitationes  animi.  Prae- 
terea autem  tempus  leges  quidem  rationi  non  dictitat,  sed  tamen  prae- 

35  cipuas  constituit  condiciones,  quibus  faventäms  secundum  rationis  leges 


406  ^^  mundi  sensibilis  aique  intelligibilis  forma  et  principiis. 

mens  notianes  suas  can/erre  posait;  sie,  quid  sit  impossibile,  iudicare 
noD  possam,  Disi  de  eodem  subiecto  eodem  tempore  praedicans  A  et  nan 
A,  Et  praesertim,  si  intellectum  advertimus  ad  experientiam,  respectos 
causae  et  causati  in  externis  quidem  obiectis  indiget  relationibas  spatii, 
in  Omnibus  autem  tam  externis  quam  internis,  nonnisi  temporis  re-  3 
spectu  opitulante,  quid  sit  prius,  quidnam  posterius,  s.  causa  et  causa- 
tum,  edoceri  mens  potest  Et  vel  ipsius  spatii  quantitatem  intelligibilem 
reddere  non  licet,  nisi  illud,  relatum  ad  mensuram  tanquam  unitatem, 
exponamus  numero,  qui  ipse  non  est  nisi  multitudo  numerando^  h.  e. 
in  tempore  dato  successive  unum  uni  addendo,  distincte  cognita.  i> 

Tandem  quasi  sponte  cuilibet  oboritur  quaestio,  utrum  conceptus 
uterque  sit  connatus^  an  acquisitus.  Posterius  quidem  per  demonstrata 
iam  videtur  refutatum,  prius  autem,  quia  viam  sternit  philosopbiae  pi- 
grorum,  nlteriorem  quamlibet  indagationem  per  citationem  causae  pri- 
mae irritam  declaranti,  non  ita  temere  admittendum  est.  Verum  con-  is 
ceptus  uterque  procul  dubio  acquisitum  est^  non  a  sensu  quidem  obiec- 
torum  (sensatio  enim  materiam  dat,  non  formam  cognitionis  humanae) 
abstractus,  sed  ab  ipsa  mentis  actione,  secundum  perpetuas  leges  sensa 
sua  coordinante,  quasi  typus  immutabilis,  ideoque  intuitive  cognoscen- 
dos.  Sensationes  enim  excitant  hunc  mentis  actum,  non  influunt  in-  20 
tuitum,  neque  aliud  hie  connatum  est  nisi  lex  animi,  secundum  quam 
certa  ratione  sensa  sua  e  praesentia  obiecti  coniungit. 


SECTIO  IV. 

De  principio  formae  mundi  intelligibilis. 

§.  16.  25 

Qui  spatium  et  tempus  pro  reali  aliquo  et  absolute  necessario 
omnium  possibilium  substantiarum  et  statuum  quasi  vinculo  habent, 
haud  quidquam  aliud  requiri  putant  ad  concipiendum,  quipote  exsisten- 
tibus  pluribus  quidam  respectus  originarius  competat,  ceu  influxuum 
possibilium  condicio  primitiva  et  formae  essentialis  universi  principium.  so 
Nam  quia,  quaecunque  exsistunt,  ex  ipsorum  sententia  necessario  sunt 
alicubi,  cur  sibi  certa  ratione  praesto  sint,  inquirere  supervacaneum 
ipsis  videtur,  quoniam  id  ex  spatii,  omnia  comprehendentis,  universi- 


Sectio  lY.    De  principio  formae  mundi  intelligibilis.  407 

täte  per  se  determinetar.  Verum  praeterqaam,'quod  hie  conceptus,  uti 
iam  demonstratum  est,  subiecti  potius  leges  sensitivas  quam  ipsorum 
obiectorum  condiciones  attineat,  si  vel  maxime  Uli  realitatem  largiaris, 
tarnen  non  denotat,   nisi  intuitive  datam  coordinationis  universalis 

5  possibilitatem,  adeoque  nihilo  minus  intacta  manet  quaestio,  nonnisi 
intellectui  solubilis:  quonam  principio  ipsa  haec  relatio  omnium  sub- 
stantiarum  nitatur^  quae  intuitive  spectata  vocatur  spatiam.  In  hoc 
itaque  cardo  vertitur  quaestionis  de  principio  formae  mundi  intelli- 
gibilis,  ut  pateat,  quonam  pacto  possibile  sit,  tU  plures  substantiae  in 

10  rnuttu)  sint  commercio  et  hac  ratione  pertineant  ad  idem  totum,  quod 
dicitur  mundus.  Mundum  autem  hie  non  contemplamur  quoad  mate- 
riam,  i.  e.  substantiarum,  quibus  constat,  naturas,  utrum  sint  materiales 
an  immateriales,  sed  quoad  formam,  b.  e.  quipote  generatim  inter  plu- 
res locum  habeat  nexns  et  inter  omnes  totalitas. 


15  §.  17. 

Datis  pluribus  substantiis,  principium  commercii  inter  illas  possi- 
bilis  non  sola  ipsarum  eamtentia  constat^  sed  aliud  quid  praeterea  re- 
quiritur,  ex  quo  relationes  mutuae  intelligantur.  Nam  propter  ipsam 
subsistentiam  non  respiciunt  aliud  quicquam  necessario,  nisi  forte  sui 

20  causam,  at  causati  respectus  ad  causam  non  est  commercium,  sed  de- 
pendentia.  Igitur,  si  quoddam  illis  cum  aliis  commercium  intercedat, 
ratione  peculiari,  hoc  praecise  determinante,  opus  est. 

Et  in  hoc  quidem  consistit  influxus  physici  irpcuiov  ^euSoc,  secun- 
dum  vulgarem  ipsius  sensum:  quod  commercium  substantiarum  et 

25  vires  transeuntes  per  solam  ipsarum  exsistentiam  affatim  cognoscibiles 
temere  sumat,  adeoque  non  tam  sit  systema  aliquod  quam  potius  omnis 
systematis  philosophici,  tanquam  in  hoc  argumento  superflui,  neglectus. 
A  qua  macula  si  hunc  conceptum  liberamus,  habemus  commercii  genus, 
quod  unicum  reale  dici  et  a  quo  mundi  totum  reale,  non  ideale  aut 

30  imaginarium  dici  meretur. 

§.18. 

Totum  e  stibstantiis  necessarüs  est  impombile.  Quoniam  enim  sua 
cuique  exsistentia  abunde  constat,  citra  omnem  ab  alia  quavis  depen- 
dentiam,  quae  plane  in  necessaria  non  cadit:  patet,  non  solum  cpmmer- 


408  ^^  mandi  sensibilis  atque  intelligibüis  forma  et  principiis. 

cium  substantiarum  (h.  e.  dependeDtiam  statuum  reciprocam)  ex  ipsa- 
rum  exsisteDtia  non  conseqai,  sed  ipsis  tanquam  necessariis  competere 
omnino  non  posse. 

§.19. 

Totam  itaqae  substantiarum  est  totum  contingentium,  et  mundus^  5 
per  suam  essenttam^  meris  constat  contingentibus,  Praeterea  nulla  sub- 
stantia  necessaria  est  in  nexu  cum  mundo,  nisi  ut  causa  cum  causato, 
ideoque  non  ut  pars  cum  complementis  suis  ad  totum  (quia  nexus  com- 
partium  est  mutaae  dependentiae,  quae  in  ens  necessarium  non  cadit). 
Causa  itaque  mundi  est  ens  extramundanum,  adeoque  non  est  anima  10 
mundi,  nee  praesentia  ipsius  in  mundo  est  localis,  sed  virtualis. 

§.20. 

Substantiae  mundanae  sunt  entia  ah  alio^  sed  non  a  diversis,  sed 
omnia  ab  uno.  Fac  enim  illas  esse  causata  plurium  entium  necessario- 
rum:  in  commercio  non  essent  effectus,  quorum  causae  ab  omni  rela-  iri 
tione  mutua  sunt  alienae.  Ergo  Unitas  in  coniunctione  substantiarum 
universi  est  consectarium  dependentiae  omnium  ab  uno.  Hinc  forma  uni- 
versi  testatur  de  causa  materiae  et  nonnisi  causa  universorum  unica  est 
causa  universitatisy  neque  est  mundi  architectus^  qui  non  sit  simul  creator. 


20 


"i 


§.21. 

Si  plures  forent  causae  primae  ac  necessariae  cum  suis  causatis, 
eorum  opificia  essent  mundi,  non  mundus,  quia  nullo  modo  connecte- 
rentur  ad  idem  totum;  et  vice  versa  si  sint  plures  mundi  extra  se 
actuales,  dantur  plures  causae  primae  ac  necessariae,  ita  tamen,  ut  nee 
mundus  unus  cum  altere^  nee  causa  unius  cum  mundo  causato  alterius  i' 
in  ullo  sint  commercio. 

Plures  itaque  mundi  extra  se  actuales  non  per  ipsum  sui  conceptum 
sunt  impossibiles  (uti  Wolfifius  per  notionem  complexus  s.  multitudinis, 
quam  ad  totum,  qua  tale,  sufficere  putavit,  perperam  conclusit),  sed  sub 
sola  hac  condicione,  si  unica  tantum  exsistat  causa  omnium  necessaria.  30 
Si  vero  admittantur  plures,  erunt  plures  mündig  in  sensu  strictissimo 
metaphysico,  eatra  se  possibHes. 


Sectio  IV.    De  principio  formae  mundi  intelligibilis.  409 

§22. 

Si,  quemadmodum  a  dato  mundo  ad  causam  omnium  ipsius  par- 
tium unicam  valet  consequentia,  ita  etiam  vice  versa  a  data  causa 
communi  omnibus  ad  nexum  horum  inter  se,  adeoque  ad  formam 

5  mundi,  similiter  procederet  argumentatio  (quanquam  fateor  hanc  con 
clusionem  mihi  non  aeque  perspicuam  videri),  nexus  substantiarum 
primitivus  non  foret  contingens,  sed  per  sustentationem  omnium  aprtn- 
cipio  communi  necessarius,  adeoque  harmonia  proficiscens  ab  ipsa  earum 
subsistentia,  fundata  in  causa  communi,  procederet  secundum  regulas 

10  communes.  Harmoniam  autem  talem  voco  generaliter  stabilitam,  cum 
illa,  quae  locum  non  habet,  nisi  quatenus  status  quilibet  substantiae 
individuales  adaptantur  statui  alterius,  sit  harmonia  singtdariter  stabi- 
Uta  et  commercium  e  priori  harmonia  sit  reale  et  physicum^  e  posteriori 
autem  ideale  et  sympatheticum.    Commercium  itaque  omne  substan- 

15  tiarum  universi  est  externe  stabilitum  (per  causam  omnium  communem), 
et  vel  generaliter  stabilitum  per  influxum  physicum  (emendatiorem), 
vel  individualiter  ipsarnm  statibus  conciliatum,  posterius  autem  vel  per 
primam  cuiusvis  substantiae  constitutionem  originarie  fundatum,  vel 
occasione  cuiuslibet  mutationis  impressum,  quorum  illud  harmonia 

so  praestahilita^  hoc  occasionaliamtLS  audit.  Si  itaque  per  sustentationem 
omnium  substantiarum  ab  uno  neceasatna  esset  coniunctio  omnium,  qua 
constituunt  unum,  commercium  substantiarum  universale  erit  per  m- 
ßuaum  physicum^  et  mundustotum  reale;  sin  minus,  commercium  erit 
sympatheticum  (h.  e.  harmonia  absque  vero  commercio)  et  mundus 

2.1  nonnisi  totum  ideale.  Mihi  quidem,  quanquam  non  demonstratum, 
tamen  abunde  etiam  aliis  ex  rationibus  probatum  est  prius. 

Scholion. 

Si  pedem  aliquantulum  ultra  terminos  certitudinis  apodicticae, 
quae  metaphysicam  decet,  promovere  fas  esset,  operae  pretium  videtur 
^i)  quaedam,  quae  pertinent  ad  intuitus  sensitivi  non  solum  leges,  sed 
etiam  causas,  per  intellectum  tantum  cognoscendas,  indagare.  Nempe 
mens  humana  non  afficitur  ab  externis,  mundusque  ipsius  adspectui 
non  patet  in  infinitum,  nisi  quatenus  ipsa  cum  omnibus  aliis  sustentatur 
ab  eadem  m  vnAnita  unius.    Hinc  non  sentit  externa^  nisi  per  praesen- 


410  D«  mondi  sensibilis  atqae  intelligibilis  forma  et  prineipüs. 

tiam  eiosdem  causae  sustentatricis  commanis,  ideoqoe  spatiam,  qaod 
est  condicio  universalis  et  necessaria  compraesentiae  omDium  sensitive 
cognita,  dici  potest  Omnipbaesentia  Phabmombnon.  (Causa  enim  uni- 
versi  non  est  omnibas  atqae  singulis  propterea  praesens,  qaia  est  in 
ipsomm  locis,  sed  sunt  loca  h.  e.  relationes  sabstantiarum  possibiles,  3 
quia  omnibas  intime  praesens  est.)  Porro,  qaoniam  possibilitas  muta- 
tionam  et  saccessionom  omnium,  caias  principium,  qaatenas  sensitive 
cognoscitur,  residet  in  concepta  temporis,  supponit  perdarabilitatem 
subiecti,  cuius  statas  opposifi  succedant,  id  autem^  caias  statas  flaant, 
aon  darat,  nisi  sustentetar  ab  alio:  conceptas  temporis  tanqaam  anici  10 
infiniti  et  immutabilis*),  in  qao  sunt  et  durant  omnia,  estcauaae  gene- 
ralis (letemitas  phaenomenon.  Verum  consultius  videtur  littus  legere 
cognitionum  per  intellectus  nostri  mediocritatem  nobis  concessanun, 
quam  in  altum  indagationum  eiusmodi  mysticarum  provehi,  quemad- 
modum  fecit  Malebranchius,  cuius  sententia  ab  ea,  quae  hie  exponitur,  15 
proxime  abest:  nempe  no8  omnia  intueri  in  Deo. 


SECTIO  V. 

De  methodo  circa  sensitiva  et  intellectualia  in  metaphysicis. 

§.23. 

In  Omnibus  scientiis,  quarum  principia  intuitive  dantur,  vel  per  20 
intuitum  sensualem  (experientiam),  vel  per  intuitum  sensitivum  qni- 
dem^  at  purum  (conceptus  spatii,  temporis  et  numeri),  h.  e.  in  scientia 
naturali  et  mathesi,  usus  dat  meihodum^  et  tentando  atque  inveniendo, 
postquam  scientia  ad  amplitudinem  aliquam  et  concinnitatem  provecta 
est,  elucescit,  qua  via  atque  ratione  incedendum  sit,  ut  fiat  consummata  25 
et,  abstersis  maculis  tam  errorum  quam  confusarum  cogitationum, 
purior  nitescat;  perinde  ac  grammatica  post  usum  uberiorem  sermonis, 
stilus  post  poematum  aut  orationum  elegantia  exempla  regulis  et  disci- 
plinae  ansam  praebuerunt.    TJ^us  autem  inteUectua  in  talibus  scientiis, 


*)  Temporis  momenta  non  sibi  yidentur  succedere,  quia  hoc  pacto  aliud  ad-   30 
huc  tempus  ad  momentonim  successionem  praemittendum  esset;  sed  per  intuitum 
sensitiyum  actualia  quasi  per  seriem  continuam  momentorum  descendere  Tidentur. 


Sectio  V.   De  methodo  circa  sensitiva  et  intellectualia  in  metaphysicis.    411 

quarum  tarn  conceptas  primitivi  quam  axiomata  sensitivo  intuita  dan- 
tar,  non  est  nisi  logicua^  h.  e.  per  quem  tantam  cognitiones  sibi  invicem 
subordiDamas  quoad  universalitatem  conformiter  principio  contra- 
dictionis,  phaeDomena  phaenomenis  generalioribas,  consectaria  intuitus 

5  puri  axiomatibus  intaitivis.  Verum  in  philosopbia  pura,  qualis  est  meta- 
physica,  in  qaa  iisus  inteüectus  circa  principia  est  realü^  h.  e.  conceptus 
rerum  et  relationum  primitivi  atque  ipsa  axiomata  per  ipsum  intellec- 
tum  parum  primitive  dantur,  et,  qucniam  non  sant  intaitus,  ab  errori- 
bus  Don  sunt  immunia,  methodus  antevertit  omnem  sdenttam,  et,  qaid- 

10  quid  tentatar  ante  haius  praecepta  probe  excussa  et  firmiter  stabilita, 
temere  conceptum  et  inter  vana  mentis  ladibria  reiiciendum  videtar. 
Nam,  cum  rectus  rationis  usus  bic  ipsa  principia  constituat,  et  tam 
obiecta  quam,  quae  de  ipsis  cogitanda  sunt,  axiomata  per  ipsius  in- 
dolem  solam  primo  innotescant,  expositio  legum  rationis  purae  est  ipsa 

15  scientiae  genesis,  et  earum  a  legibus  suppositiciis  distinctio  criterium 
veritatis.  Hinc,  qucniam  methodus  huius  scientiae  hoc  tempore  cele- 
brata  non  sit,  nisi  qualem  logicaomnibus  scientiis  generaliter  praecipit, 
illa  autem,  quae  singulari  metaphysicae  ingenio  sit  accommodata,  plane 
ignoretur,  mirum  non  est,  quod  huius  indaginis  studiosi  saxum  suum 

20  Sisypheum  volvendo  in  aevum  vix  aliquid  adhucdum  profecisse  videan- 
tur.  Quanquam  autem  mihi  hie  nee  animus  est  nee  copia  fusius  de  tam 
insigni  et  latissime  patehti  argumento  disserendi,  tamen,  quae  partem 
huius  methodi  haud  contemnendam  constituunt,  nempe  sensüivae  cogni" 
tionis  cum  inUllectuali  contagium^  non  quatenus  solum  incautis  obrepit 

25  in  applicatione  principiorum,  sed  ipsa  principia  spuria  sub  specie  axio- 
matum  effingit,  brevibus  iam  adumbrabo. 


§.24. 

Omnis  metaphysicae  circa  sensitiva  atque  intellectualia  methodus 
ad  hoc  potissimum  praeceptum  redit:  sollicite  cavendum  esse,  ne  prin- 

30  cipia  sensüivae  cognitumia  domesttca  terminoa  suos  migrent  ac  inteüectur- 
alia  afficiant  Nam  ({m^kpraedicatum  in  quolibet  iudicio,  intellectualiter 
enuntiato,  est  condicio^  absque  qua  subiectum  cogitabile  non  esse  asse- 
ritur,  adeoque  praedicatum  sit  cognoscendi  principium:  si  est  conceptus 
sensitivus,  non  erit  nisi  condicio  sensitivae  cognitionis  possibilis,  adeo- 

35  que  apprime  quadrabit  in  subiectum  iudicii,  cuius  conceptus  itidem  est 


412  I>o  mundi  sensibilis  atque  intellig^bilis  forma  et  principiis. 

sensitivus.  At  si  admoveatur  conceptui  intellectaali,  iudicium  tale 
Donnisi  secundum  leges  sabiectivas  erit  validum,  hinc  de  notione  in- 
tellectaali ipsa  noD  praedicandum  et  obiective  efferendum,  sed  tantum 
ut  condiciOy  absque  qua  aensitivae  cognüumi  canceptua  dati  locus  nan 
est*).  Qaoniam  autem  praestigiae  intellectus,  per  sabornationem  con-  5 
ceptus  sensitivi,  tanquam  notae  intellectualis,  dici  potest  (secundam 
analogiam  significatus  recepti)  Vitium  mbreptionisy  erit  permutatio  in- 
tellectualimn  et  sensitivorum  mtium  subreptionia  metaphystcum  (phae- 
nomenon  inteUectuatum^  si  barbarae  voci  venia  est),  adeoque  axioma 
tale  hybridum^  quod  sensitiva  pro  necessario  adhaerentibus  conceptui  10 
intellectuali  venditat,  mihi  vocatur  aaiama  mbrepticium.  Et  ex  hisce 
quidem  axiomatibus  spuriis  prodienint  principia  fallendi  intellectus  per 
omnem  metaphysicam  pessime  grassata.  Ut  antem  habeamns,  quod  in 
promptu  sit  et  luculenter  cognoscibile,  honun  iudiciomm  criterium  et 
veluti  Lydium  lapidem,  quo  illa  dinoscamos  a  genuinis,  simolque,  si  15 
forsan  firmiter  adbaerere  intellectui  videantur,  artem  quandam  doci- 
masticam,  cuius  ope,  quantum  pertineat  ad  sensitiva,  qnantum  ad  in- 
tellectualia,  aeqna  fieri  possit  aestimatio,  altius  in  hanc  quaestionem 
descendendom  esse  puto. 


§.25. 

En  igitur  Pbingipixjm  Rbductionis  axiomatis  cuiuslibet  subrepticii : 
8%  de  conceptu  quocunque  intellectuali  generaliter  quicquam  praedicatury 
quod  pertinet  ad  respectus  Späth  atque  Temporis:  obiective  non  est 
enuntiandum  et  non  denotat  nisi  condidonem,  sine  qua  conceptus  daius 


so 


*)  Fecundus  et  facilis  est  huius  criterii  usus  in  dinoscendis  principiis,  quae  25 
tantum  leges  cognitionis  sensitivae  enuntiaut,  ab  iis,  quae  praeterea  aliquid  circa 
obiecta  ipsa  praecipiunt.  Nam  si  praedicatum  sit  conceptus  intellectualis,  respectus 
ad  subiectum  iudicii,  quantumyis  sensitive  cogitatum,  denotat  semper  notam  obiecto 
ipsi  competentem.    At  «1  pratdicatwn  sit  conceptus  sensitivusy  quoniam  leges  cogni- 
tionis sensitivae  non  sunt  condiciones  possibilitatis  reram  ipsarum,  de  subiecto   30 
iudicii  inteüectualüer  cogitato  non  valebit,  adeoque  obiective  enuntiari  non  potent. 
Sic  in  Yulgari  illo  axiomate :  quicquid  exsüiü,  est  (üicubi,  cum  praedicatum  contineat 
condiciones  cognitionis  sensitivae,  non  potent  de  subiecto  iudicii,  nempe  exsistenti 
quolibet,  generaliter  enuntiari;  adeoque  formula  haec  obiective  praecipiens  fetlsa 
est.  Verum  si  convertatufi    jDOsitio,  ita  ut  praedicatum  fiat  conceptus  intellectualis,  35 
emerget  verissima,  uti:  K^^|mI  aticMf  exsistit. 


Sectio  y.  De  methodo  circa  sensitiYa  et  intellectualia  in  metaphysicis.    413 

senaüive  cognoscibilis  non  est  Quod  eiasmodi  axioma  sit  spurium  et, 
si  DOD  falsum,  saltim  temere  et  precario  assertum,  lüde  liquet:  quia, 
cum  subiectum  iudicii  intellectualiter  concipiatur,  pertinet  ad  obiectum, 
praedicatum  autem,  cum  determluationes  spatii  ac  temporis  contineat, 

5  pertinet  taotum  ad  condiciones  sensitivae  cognitioDis  humanae,  quae, 
quia  non  cuilibet  coguitioni  eiusdem  obiecti  uecessario  adhaeret,  de 
dato  coDceptu  intellectuali  uulversaliter  enuDtiari  nou  potest.  Quod 
autem  intellectus  huic  subreptionis  vitio  tarn  facile  subiiciatur,  inde  est, 
quia  sub  patrocinio  alius  cuiusdam  regulae  verissimae  deluditur.  Recte 

10  enim  supponimus :  quicquid  uUo  plane  intuitu  cognosci  non  potest^  pror^ 
ma  na9i  esse  cogitabile,  adeoque  impossibile.  Quoniam  autem  alium  in- 
tuitum,  praeter  eum,  qui  fit  secuodum  formam  spatii  ac  temporis,  uullo 
meutis  conatu  ne  flugendo  quidem  assequi  possumus,  accidit,  ut  omoem 
omnino  intuitum,  qui  hisce  legibus  adstrictus  non  est,  pro  impossibili 

15  habeamus  (intuitum  purum  intellectualem  et  legibus  sensuum  exem- 
ptum,  qualis  est  divinus,  quem  Plato  vocat  ideam,  praetereuntes),ideoqu6 
omnia  possibilia'axiomatibus  sensitivis  spatii  ac  temporis  subiiciamus. 

§26. 

Omnes  autem  sensitivarum  cognitionum  sub  specie  intellectualium 
30  praestigiae,  e  quibus  oriuntur  axiomata  subrepticia,  ad  tres  species 
revocari  possunt,  quarum  formulas  generales  has  habeto: 

1.  Eadem  condicio  sensitiva,  sub  qua  sola  intuitus  obiecti  est  possi- 
bilis,  est  condicio  ipsius  possibüitatis  obiecti, 

2.  Eadem  condicio  sensitiva,  sub  qua  sola  data  sibi  conferri  possunt 
25  ad/ormandum  conceptum  obiecti  intellectualem,  est  etiam  condicio 

ipsius  possibilitatis  obiecti. 

3.  Eadem  condicio  sensitiva,  sub  qua  subsumptio  obiecti  alicuius  obvii 
sub  dato  conceptu  intellectuali  solum  possi  bilis  est,  est  etiam  con- 
dicio possibilitatis  ipsius  obiecti. 


30 


§.27. 

Axioma  subrepticium  Primae  classis  est:  quicquid  esty  est  alicubi 
et  aliquando*).    Hoc  vero  principio  spurio  omnia  entia,  etiamsi  in- 

*)  Spatium  et  tempus  concipiuntur,  quasi  omnia  sensibus  ulla  ratione  obvia 
in  se  comprebendant.  Ideo  non  datnr  secondam  leges  mentis  bumanae  ullins  entis 


414  ^^  mundi  sensibilis  atque  iDtelligibilis  forma  et  principüs. 

tellectualiter  cognoscantur,  condicioDibos  spatii  atque  temporis  in  exsi- 
stendo  adstrioguntur.  Hinc  de  substantiarum  immaterialium  (quarum 
tameD  eandem  ob  causam  nuUus  datur  intuitus  sensitivus,  nee  sub  tali 
forma  repraesentatio)  locis  in  universo  corporeo,  de  sede  animae,  et  id 
genus  aliis  quaestiones  iactant  inanes,  et  cum  sensitiva  intellectualibus,  s 
ceu  quadrata  rotundis,  improbe  misceantur,  plerumque  accidit,  ut  dis- 
ceptantium  alter  hircum  mulgere,  alter  cribnim  supponere  videatur. 
Est  autem  immaterialium  in  mundo  corporeo  praesentia  virtualis,  non 
localis  (quanquam  ita  improprie  vocitetur);  spatium  autem  non  con- 
tinet  condiciones  possibilium  actionum  mutuarum,  nisi  materiae;  quid-  lo 
nam  vero  immaterialibus  substantiis  relationes  externas  virium  tarn 
inter  se  quam  erga  corpora  constituat,  intellectum  bumanum  plane 
fugit,  uti  vel  perspicacissimus  Eulerus,  cetera  phaenomenorum  magnus 
indagator  et  arbiter  (in  literis  ad  principem  quandam  Germaniae  missis) 
argute  notavit.  Cum  autem  ad  entis  summi  et  extramundani  conceptum  u 
pervenerint,  dici  non  potest,  quantum  hisce  obvolitantibus  intellectui 
umbris  ludificentur.  Pi^aesentiam  Dei  sibi  fingunt  localem^  Deumque 
mundo  involvunt,  tanquam  infinite  spatio  simul  comprehensum,  hanc 
ipsi  limitationem  compensaturi,  videlicet,  localitate  quasi  per  eminent 
tiam  concepta,  h.  e.  infinita.  At  in  pluribus  locis  simul  esse  absolute  so 
impossibile  est,  quia  loca  diversa  sunt  extra  se  invicem,  ideoque,  quod 
est  in  pluribus  locis,  est  extra  semet  ipsum  sibique  ipsi  externe  prae- 
sens, quod  implicat.  Quod  autem  tempus  attinet,  postquam  iilud  non 
solum  legibus  cognitionis  sensitivae  exemerunt,  sed  ultra  mundi  ter- 
minos  ad  ipsum  ens  extramundanum,  tanquam  condicionem  exsistentiae  25 
ipsius,  transtulerunt,  inextricabili  labyrintho  sese  involvunt.  Hinc  ab- 
sonis  quaestionibus  ingenia  excruciant^  v.  g.  cur  Dens  mundum  non 
multis  retro  saeculis  condiderit  Facile  quidem  concipi  posse  sibi  per- 
suadent,  quipote  Dens  praesentia,  h.  e.  actualia  temporis  in  quo  esty 
cernat;  at  quomodo  fatura,  h.  e.  actualia  temporis  in  quo  nondum  eaty  so 


intuitus,  nisi  ut  in  spatio  ac  tempore  content!.  Gomparari  huic  praeiudicio  potest 
aliud,  quod  proprio  non  est  axioma  subrepticium,  sed  ludibrium  phantasiae,  quod 
ita  exponi  posset  generali  formula:  quicquid  exsistit,  in  iÜo  est  spatium  et  tempus^ 
h.  e.  omnis  substantia  est  extenso  et  continuo  mutata,  Quanquam  enim,  quorum 
conceptus  sunt  crassiores,  hac  imaginandi  lege  firmiter  adstringuntur,  tarnen  facile  ss 
ipsi  perspiciunt,  hoc  pertinere  tantum  ad  conatus  phantasiae,  rerum  sibi  species 
adumbrandi,  non  ad  condiciones  ezsistendi. 


Sectio  y.  De  methodo  circa  sensitiva  et  intellectualia  in  metaphydicis.    415 

prospiciat,  difficile  intellectu  putant.  (Quasi  exsistentia  entis  necessarii 
per  omnia  temporis  imaginarii  momenta  successive  descendat  et,  parte 
durationis  suae  iam  exhausta,  quam  adhuc  victurus  sit  aeternitatem 
una  cum  simultaneis  muodi  eventibus  prospiciat.)  Quae  omnia  ootione 
5  temporis  probe  perspecta  fumi  instar  evanescunt. 


§.28. 

Segundae  speciei  praeiudicia,  cum  intellectui  imponaot  per  con- 
diciones  sensitivas,  quibus  mens  adstringitur,  si  in  quibusdam  casibus 
ad  conceptum  intellectualem  pertingere  vult,  adhuc  magis  se  abscon- 

10  dunt.  Herum  unum  est  quod  quantitatis,  alterum  quod  qualitatum 
generaliter  afficit  cognitionem.  Prius  est:  omnis  mtUtitudo  actualis  est 
dabäü  numero  ideoque  omne  quantum  finitum,  posterius:  quicquid  est 
impossibile^  sibi  contradicit.  In  utroque  conceptus  temporis  quidem  non 
ingreditur  notionem  ipsam  praedicati,  neque  censetur  nota  esse  subiecti, 

15  attamen  ut  medium  inseryit  conceptui  praedicati  informando,  adeoque 
ceu  condicio  afficit  conceptum  intellectualem  subiecti,  quätenus  nonnisi 
ipsius  subsidio  ad  hunc  pertingimus. 

Quod  itaque  attinet  prtusy  cum  omne  quantum  atque  series  quae- 
libet  non  cognoscatur  distincte,  nisi  per  coordinationem  successivam, 

20  conceptus  intellectualis  quanti  et  multitudinis  opitulante  tantum  hoc 
conceptu  temporis  oritur  et  nunquam  pertingit  ad  completudinem,  nisi 
synthesis  absolvi  possit  tempore  finito.  Inde  est,  quod  infinita  series 
coordinatorum  secundum  intellectus  nostri  limites  distincte  comprehendi 
non  possit,    adeoque  per  Vitium  subreptionis  videatur  impossibilis. 

2s  Nempe  secundum  leges  intellectus  puri  quaelibet  series  causatorum 
habet  sui  principium,  h.  e.  non  datur  regressus  in  serie  causatorum 
absque  termino,  secundum  leges  autem  sensitivas  quaelibet  series  coor- 
dinatorum habet  sui  initium  assignabile,  quae  propositiones,  quarum 
posterior  mensurabüitatem  seriei,  prior  dependentiam  totius  involvit, 

30  perperam  habentur  pro  identicis.  Pari  modo  argumento  intellectus^  quo 
probatur^  quod  dato  composito  substantiali  dentur  compositionis  prin- 
cipia,  h.  e.  simplicia,  se  adiungit  suppositicium  aliquod,  a  sensitiva 
cognitione  subomatum,  quod  nempe  in  tali  composito  regressus  in  par- 
tium compositione  non  detur  in  infinitum,  h.  e.  quod  definitus  detur  in 

35  quolibet  composito  partium  numerus,  cuius  certe  sensus  priori  non  est 


416  ^e  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principiis. 

geminus,  adeoqae  temere  illi  substituitur.  Quod  itaque  quantum  mun- 
danam  sit  limitatum  (non  maximum),  quod  agnoscat  sui  principium, 
quod  Corpora  coosteot  simplicibus,  sub  rationis  signo  utique  certo  co- 
gDOsci  potest.  Quod  autem  Universum,  quoad  molem,  sit  mathematice 
finitum,  quod  aetas  ipsius  transacta  sit  ad  meDsuram  dabilis,  quod  sim-  s 
plicium,  quodlibet  corpus  constituentium,  sit  definitus  numerus,  sunt 
propositiones,  quae  aperte  ortum  suum  e  natura  cognitionis  sensitivae 
loquuntur,  et  utcunque  ceteroquin  haberi  possint  pro  veris,  tarnen  ma- 
cula  haud  dubia  originis  suae  laborant. 

Quod  autem  postet'itis  concernit  aaioma  stArepticium,  oritur  temere   lo 
convertendo  contradictionis  principium.  Adhaeret  autem  huic  primitivo 
iudicio  conceptus  temporis  eatenus,  quod,  datis  eodem  tempore  contra- 
dictorie  oppositis  in  eodem,  liqueat  impossibilitas,  quoditaenuntiatur: 
quicquid  aimtd  est  ac  non  est^  est  impossibüe.  Hie,  cum  per  intellectum  ali- 
quid praedicetur  in  casu,  qui  secundum  leges  sensitivas  datus  est,  iudi-   is 
cium  apprime  verum  est  et  evidentissimum.    Contra  ea,  si  convertas 
idem  axioma  ita  ut  dicas:  omne  impossibüe  simul  est  ac  non  est  s.  in- 
volvit  contradictionem,  per  sensitivam  cognitionem  generaliter  aliquid 
praedicas  de  obiecto  rationis,  ideoque  conceptum  intellectualem  de 
possibili  aut  impossibili  subiicis  condicionibus  cognitionis  sensitivae,  ao 
nempe  respectibus  temporis,  quod  quidem  de  legibus,  quibus  adstrin- 
gitur  et  limitatur  intellectus  humanus,  verissimum  est,  obiective  autem 
et  generaliter  nulio  modo  concedi  potest.    Nempe  noster  quidem  intel- 
lectus impossibilitatem  non  animadvertüy  nisi  ubi  notare  potest  simul - 
taneam  oppositorum  de  eodem  enuntiationem,  h.  e.  tantummodo  ubi  25 
occurrit  contradictio.    Ubicunque  igitur  talis  condicio  non  obvenit,  ibi 
nullum  intellectui  humano  de  impossibilitate  iudicium  vacat.    Quod 
autem  ideo  nulii  plane  intellectui  liceat,  adeoque,  quicquid  non  involvit 
contradictionem^  ideo  sit possiiüe,  temere  concluditur,  subiectivas  iudi- 
candi  condiciones  pro  obiectivis  habende.    Hinc  tot  vana  commenta  30 
virium^  nescio  quarum,  pro  lubitu  confictarum,  quae  absque  obstaculo 
repugnantiae  e  quolibet  ingenio  architectonico,  seu  si  mavis,  ad  chimae- 
ras  proclivi  turbatim  prorumpunt.  Nam,  cum  vis  non  aliud  sit,  quam 
respectua  substantiae  A  ad  aliud  quiddam  B  (accidens)  tanquam  ratio- 
nis ad  rationatum:   vis  cuiusque  possibilitas  non  nititur  identitate  35 
causae  et  causati,  s.  substantiae  et  accidentis,  ideoque  etiam  impossi- 
bilitas virium  falso  confictarum  nonpendet  a  sola  contradictione,  Nullam 


Sectio  V.  De  methodo  circa  sensitiya  et  intellectualia  in  metaphysicis.    417 

igitor  vtifi  oriffinariam  ut  possibilem  saniere  licet,  nisi  dcttam  ab  expef^ 
eniia,  neque  ulla  intellectus  perspicacia  eins  posaibilitas  a  priori  con- 
dpi  polest 

§.  29. 

5  Tbbtiae  speciei  axiomata  subrepticia  e  condicionibus  stibiecto  pro- 

priiB,  a  quibus  in  obiecta  temere  transferuntur,  non  ita  pullulant,  ut 
(quemadmodum  fit  in  iis,  quae  sunt  classis  secundae)  ad  conceptum 
intellectualem  per  sensitive  data  sola  pateat  via,  sed  quia  bis  tantum 
auxiliantibus  ad  datum  per  experientiam  casum  applicari^  h.  e.  co- 

10  gnosci  potest,  utrum  aliquid  sub  certo  conceptu  intellectuali  contineatur, 
necne.  Eiusmodi  esttritumilludin  quibusdamscholis:  quicquid  exnstit 
contingenter ^  aliquando  non  exBtititr  Oritur  hoc  principium  supposi- 
ticium  e  penuria  intellectus,  contingentiae  aut  necessitatis  notas  nomi- 
nales  plerumque,  reales  raro  perspicientis.   Hinc  utrum  oppositum  ali- 

15  cuius  substantiae  possibile  sit,  cum  per  notas  a  priori  depromptas  vix 
perspiciatur,  aliunde  non  cognoscetur,  quam  si  eam  aliqtuzndo  norißi- 
isse  camtet;  et  mutationes  verius  testantur  contingentiam,  quam  contin- 
gentia  mutabilitatem,  ita  ut,  si  nihil  in  mundo  obveniret  fluxum  et 
transitorium,  vix  aliqua  nobis  notio  contingentiae  oboriretur.  Ideoque 

20  propositio  directa  cum  sit  verissima:  quicquid  aliquando  nonfuit^  est 
contingens,  inversa  ipsius  non  indigitat  nisi  condiciones,  sub  quibus 
solis,  utrum  aliquid  exsistat  necessario  an  contingenter,  dinoscere  licet; 
ideoque  si  ceu  lex  subiectiva  (qualis  revera  est)  enuntietur,  ita  efferri 
debet:  de  quo  non  constat,  quod  aliquando  non  fuerit^  iUius  contingen^ 

35  tiae  notae  sufficierUez  per  communem  intelligentiam  non  dantur;  quod 
tandem  tacite  abit  in  condicionem  obiectivam,  quasi  absque  hoc  an- 
nexo  contingentiae  plane  locus  non  sit.  Quo  facto  exsurgit  axioma 
adulterinum  et  erroneum.  Nam  mundus  hie,  quanquam  contingenter 
exsistens,  est  sempitemus  h.  e.  omni  tempori  simultaneus,  ut  ideo 

30  tempus  aliquod  fuisse,  quo  non  exstiterit.,  perperam  asseratur. 

§.  30. 

Accedunt  principiis  subrepticiis  magna  affinitate  alia  quaedam, 
quae  quidem  conceptui  dato  intellectuali  nullam  sensitivae  cognitionis 
maculam  affricant;  sed  quibus  tarnen  intellectus  ita  luditur,  ut  ipsa 

ftant*«  e^xiUtn.   Seife,  n.  27 


418  ^^  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis  forma  et  principüs. 

habeat  pro  argumentis  ab  obiecto  depromptis,  cum  tantammodo  p^ 
convenientiam  cum  libero  et  amplo  intellectus  usu,  pro  ipsius  singulari 
natura,  nobis  commendentur.  Ideoque,  aeque  ac  ea  quae  superius  a  no- 
bis  enumerata  sunt,  nituntur  rationibus  ntbiectivisy  verum  non  legibus 
sensitivae  cognitionis,  sed  ipsius  intellectualis,  nempe  condicionibus,  qui-  5 
bus  ipsi  facile  videtur  et  promptum  perspicacia  sua  utendi.  Liceat  mihi 
herum  principiorum,  quantum  equidem  scio,  nondum  alibi  distincte 
expositorum,  hie  coronidis  loco  mentionem  aliquam  loücere.  Voco 
autem  principia  convenientiae  regulas  illas  iudicandi,  quibus  libenter 
DOS  submittimus  et  quasi  axiomatibus  inhaeremus,  haue  solum  ob  ratio-  10 
nem,  quia,  si  ab  iis  discessefimus,  intellectui  nostro  ntdluinfere  de  ob- 
iecto dato  iudicium  liceret.  In  horum  censum  veniunt  sequentia.  Primum, 
quo  sumimus,  omnia  in  universoßeri  secundum  ordinem  naturae]  quod 
quidem  principium  Epicurus  absque  uUa  restrictione,  omnes  autem 
philosophi  cum  rarissima  et  non  sine  summa  necessitate  admittenda  15 
exceptione  uno  ore  profitentur.  Ita  autem  statuimus,  non  propterea, 
quod  eventuum  mundanorum  secundum  leges  naturae  communes  tam 
amplam  possideamus  cognitionem,  aut  supernaturalium  nobis  pateret 
vel  impossibilitas,  vel  minima  possibiiitas  hypothetica,  sed  quia,  si  ab 
ordine  naturae  discesseris,  intellectui  nuUus  plane  usus  esset,  et  teme-  20 
raria  citatio  supernaturalium  est  pulvinar  intellectus  pigri.  Eandem  ob 
rationem  miracula  comparativa,  influxus  nempe  spirituum,  soUicite 
arcemus  ab  expositione  phaenomenorum,  quia,  cum  eorum  natura  nobis 
incognita  sit,  intellectus  magno  suo  detrimento  a  luce  experientiae,  per 
quam  solam  legum  iudicandi  sibi  comparandarum  ipsi  copia  est,  ad  25 
umbras  incognitarum  nobis  specierum  et  causarum  averteretur.  Sb- 
CUNDUM  estfavor  ille  unitatis,  philosophico  ingenio  proprius,  a  quo  per- 
vulgatus  iste  canon  profluxit:  principia  non  esse  muUiplicanda  praeter 
summam  necessitatem;  cui  su£fragamur,  non  ideo,  quia  causalem  in 
mundo  unitatem  vel  ratione  vel  experientia  perspiciamus,  sed  illam  3u 
ipsam  indagamiis  impulsu  intellectus,  qui  tantundem  sibi  in  expli- 
catione  phaenomenorum  profecisse  videtur,  quantum  ab  eodem  prin- 
cipio  ad  plurima  rationata  descendere  ipsi  concessum  est.  Tebtium  eins 
generis  principiorum  est:  nihil  omnino  materiae  oriri,  autinterire^  om- 
nesque  mundi  vicissitudines  solam  concernere  formam;  quod  postu-  35 
latum,  suadente  intellectu  communi,  omnes  philosophorum  scholas  per- 
vagatum  est,  non  quod  iUud  pro  comperto  aut  per  argumenta  a  priori 


^ 


Sectio  V.  De  methodo  circa  sensitiva  et  intellectualia  in  metaphysicis.   419 

demonstrato  habitum  'sit,  sed  quia,  si  materiam  ipsam  fluxam  et  trans- 
itoriam  admiseris,  nihil  plaoe  stabile  et  perdurabile  reliqui  fieret,  quod 
explicationi  pbaenomenorum  secundum  leges  universales  et  perpetuas 
adeoqne  usui  intellectus  amplius  inserviret. 

5  Et  haec  quidem  de  methodo,  potissimum  circa  discrimen  sensitivae 

atque  intellectualis  cognitionis,  quae  si  aliquando  curatiori  indagatione 
ad  amussim  redacta  fuerit,  scientiae  propaedeuticae  loco  erit,  omnib.us 
in  ipsos  metaphysicae  recessos  penetraturis  immensum  quantam  pro- 
fdturae. 

10  Nota.    Quoniain  in  postrema  bac  sectione  indagatio  metbodi  omnem  facit 

paginam,  et  regulae  praecipientes  yeram  circa  sensitiva  argumentandi  formam  pro- 
pria  luce  splendeant,  nee  eam  ab  exemplis  illustrationis  causa  allatis  mutaentur, 
boram  tantummodo  quasi  in  transcunu  mentionem  inieci.  Quare  miram  non  est, 
nonnulla  ibi  audacius  quam  yerius  plerisque  asserta  Tisum  iii,  quae  utique,  cum  ali- 

15  quando  licebit  esse  prolixiori,  maius  argumentorum  rebus  sibi  ezposcent.  Sic,  quae 
§.  27  de  immaterialinm  localitate  attuli,  explicatione  indigent,  quam,  si  placet,  quae- 
ras  apud  Eulerum  1.  c.  Tom.  2.  p.  49 — 53.  Anima  enim  non  propterea  cum  corpore 
est  in  commercio,  quia  in  certo  ipsius  loco  detinetur,  sed  tribuitur  ipsi  locus  in  uni- 
yerso  determinatus  ideo,  quia  cum  corpore  quodam  est  in  mutuo  commercio,'quo  so- 

20  luto  omnis  ipsius  in  spatio  positus  tollitur.  Loeaiüat  itaque  illius  est  derivadva  et 
contingenter  ipsi  concillata,  non  primitiva  atque  exsistentiae  ipsius  adbaerens  con- 
dicio  necessaria,  propterea  quod  quaecunque  per  se  sensuum  extemorum  (quales 
sunt  homini)  obiecta  esse  non  possunt,  i.  e.  immaterialia,  a  condicione  uniyersali  ex- 
terne seneibüiumy  nempe  spatio,  plane  eximuntur.  Hinc  animae  localitas  absoluta  et 

S5  immediata  denegari  et  tarnen  bypotbetica  et  mediata  tribui  potest. 


27 


'glecenlton 


wn 


'^on  5em  ß5ipeiß($en  mfmtli^m  '^nferfc^iebe 


Son  bem  fSrperlid^en  loefentli^en  Unterfd^iebe  gtDtfd^en  ber  @tructur 
ber  agiere  unb  ÜRenfd^en.  Sine  afabemtfd^e  9ftebe,  gel^alten  auf  bem  ana^ 
tomifd^en  Sweater  gu  $aDia  Don  Dr.  $eter  3RoScati,  $rof.  ber  Unat. 
HuS  bem  Stalienifd^en  fiberf ej^t  Don  Sol^ann  S3edmann,  $rof.  in  ©dt* 

5  ttngen. 

S>a  l^aben  loir  kuieberum  ben  natürlichen  SRenfd^en  auf  aUen  Sieren, 
loorauf  il^n  ein  fd^arf finniger  B^i'gli^berer  gurüdbringt,  ba  eS  bem  ein^ 
fel^enben  Siouffeau  ^iemit  als  ^^ilofopl^en  nid^t  ^at  gelingen  kDoIIen. 
2>er  Dr.  SRodcati  bemeifet,  ha^  ber  aufredete  ®ang  beS  ÜRenfdben  ge« 

10  gkDungen  unb  tDibernatürlid^  fei,  bag  er  gmar  fo  gebauet  fei,  um  in  biefer 
SteUung  ftdb  erl^alten  unb  bemegen  gu  Ibnnen;  bag  aber,  kuenn  er  ftd^ 
fold^ed  gur  9lot^tt)enbigteit  unb  beftdnbigen  ©emol^n^eit  madbt,  i^m  Un« 
gemdd^Iid^teiten  unb  Jhant^eiten  barauS  entfpringen ,  bie  gnugfam  be» 
loeifen,  er  fei  burd^  SSemunft  unb  Slac^a^mung  herleitet  morben  Don  ber 

u  erjlen,  tl^ierifd^en  (Sinrid^tung  abguD)ei(l^en.  S)er  SRenfd^  ifl  in  feinem  3n« 
loenbigen  nid^t  anberS  gebauet  atö  alle  Spiere,  bie  auf  Dier  trügen  {le^en. 
äSenn  er  ftd^  nun  aufrid^tet:  fo  betommen  feine  @ingeD)eibe,  Dorne^mlid^ 
bie  Seibedfrud^t  ber  f(!^U)angem  $erfonen  eine  l^erab^&ngenbe  Sage  unb 
eine  l^albumgetel^rte  SteUung,  bie,  D)enn  fie  mit  ber  liegenben  ober  auf 

20  äSieren  gefleOten  oft  abD)ed^fett,  nid^t  eben  fonberlic!^  ubie  folgen  ergeugen 
fann,  aber  baburd^,  ba^  fte  bejldnbig  fortgefej^t  U)irb,  3Ri|geftaItungen 
unb  eine  Stenge  jtranfl^eiten  Derurfad^t.  @o  Derldngert  g.  @.  bad  ^erg, 
ba  ed  genbtl^igt  mirb  gu  l^dngen,  bie  IBlutgefdge,  an  bie  eS  gelnüpft  ift, 
nimmt  eine  fd^iefe  Sage  an,  inbem  eS  ftd^  auf  bad  3&)^^gf^Q  f^A^t  unb 

35  mit  feiner  @pi^e  gegen  bie  linfe  @eite  glitfd^t,  eine  Sage,  barin  ber  3Renfd^ 
unb  gmar  ber  emad^fene  ftd^  Don  aQen  Sieren  unterfd^eibet,  unb  baburd^ 
er  gu  SIneuriSmen,  ^ergHopfen,  (Sngbrfiftigteit,  Srufüoafferfud^t  ;c.  einen 


424  Sllecenfion  Don  ^oika^  Sd^rift:  ^.  b.  Uipttl  mefentl.  Untertriebe  tc 

unDermeiblid^en^ang  befommt.  93ei  biefer  gerabenSteDung  bedWenfdgen 
fintt  baS  ®e(rdfe  (Mesenterinm),  t)on  ber  Safl  bet  Singemeibe  gegogen, 
fenfred^t  l^entnter ,  mirb  oerldngert  unb  ge[d^tt)dd^t  unb  gu  einer  SRenge 
IBrüd^e  Dorbereftet.  3n  ber  $fortaber,  bie  leine  klappen  l^at,  mirb  ftd^ 
iai  Slut  baburd^ ,  bag  ed  in  il^r  miber  bie  SHid^tung  ber  Sd^^ere  fteigen  5 
mug,  langfam  unb  fd^toerer  betDegen«  als  bei  ber  loagred^ten  Sage  bed 
äfiumpfS  gefd^el^en  tDürbe«  kDoraud  ^^pod^onbrie,  ^dmorrl^oiben  k.  k.  ent« 
fpringen;  gu  gefd^meigen:  bag  bie  @d^ioierigfeit,  meldte  ber  Umlauf  beS 
iblutö ,  iaS  burd^  bie  S3Iutabem  ber  Seine  US  gum  bergen  gerabe  in  bie 
^öl^e  {ieigen  mug,  erleibet,  ®efd&&)ül{ie,  Hberfröpfe  ;c.  k.  nid^t  fetten  nad^  10 
ftd^  gie^t.  äSornel^mlid^  i{i  ber  SHad^t^eil  aud  biefer  fenfred^ten  SteQung 
bei  @d^U)angern  fomol^l  in  Slnfel^ung  ber  f^rud^t,  al8  aud^  ber  üRutter  fel^r 
ftd^tbar.  S)aS  j^inb ,  baiS  l^ieburd^  auf  ben  J(opf  gejtellt  toirb ,  empfdngt 
iai  Slut  in  fel^r  ungleid^em  SSerl^dltniffe:  inbem  fold^eS  in  meit  größerer 
Stenge  nad^  ben  obem  Sl^eilen,  in  ben  äop\  unb  bie  Urme,  getrieben  mirb,  u 
U)oburd^  beibe  in  gang  anbereSSerl^dltniffe  auSgebel^ntmerben  unb  tt>ad^fen, 
al8  bei  allen  übrigen  Silieren.  Sud  bem  erftern  Suff^ff^  entfpringen  tth» 
lid^e  aUeigungen  gum  Sd^minbel,  gum  @d^lage,  gu  JSopffd^mergen  unb 
äSal^nmi^;  aui  bem  ßubrange  beS  Sintis  gu  ben  Sirmen  unb  Ableitung 
t)on  ben  Seinen  bie  merftofirbige  unb  fon{)  bei  teinem  S^l^ier  mal^r«»  20 
genommene  S)i(Spro))ortion:  ba|  bie  Sirme  berf^rud^t  Aber  il^r  gegiemenbeS 
Serl^dltnil  Idnger  unb  bie  Seine  Iftrger  n)erben ,  meld^eS  fid^  gmar  nad^ 
ber  ®eburt  burd^  bie  befidnbig  fenlrec^te  Stellung  n)ieberum  t)erbeffert, 
aber  bod^  bereifet,  ba|  ber  $rud^t  t>ox\)tt  ®mQlt  gefd^el^en  fein  muffe. 
S)it  @d^dben  ber  gipeifügigen  9Rutter  flnb  ^eroorfd^ie^ung  ber  ®ebdr«  2& 
mutter,  ungeitige  ©eburten  ;c.  2c.,  meldte  mit  einer  Sliabe  t)on  anbem 
Übeln  au8  il^rer  aufredeten  Stellung  entfpringen  unb  mot^on  bie  t)ierfü|ige 
(Sefd^öpfe  frei  finb.  SRan  Ibnnte  biefe  SemeiSgr&nbe,  bag  unfere  t^ierifd^e 
Statur  eigentlid^  t)ierfü^ig  fei,  nod^  burd^  anbre  Dermel^ren.  Unter  allen 
t^ierfügigen  2:]eieren  ift  nid^t  ein  eingtgeS,  meld^eS  nid^t  fd^toimmen  Ibnntei  30 
tt)enn  ti  burd^  Sufdlle  inS  SBaffer  gerdt^  Sitt  SRenfd^  attein  erfduft,  tt)o 
er  baS  Sd^mimmen  nid^t  befonberiS  gelernt  ^at.  S)xt  Urfad^e  ift,  meil  er 
bie  ©emol^n^eit  abgelegt  ^at,  auf  Sieren  gu  gelten;  benn  biefe  Semegung 
ift  es ,  burd^  bie  er  ftd^  auf  bem  SBaffer  ol^ne  aOe  Jbtnft  erl^atten  tt>ürbe, 
unb  moburd^  alle  k)ierfä^ige  ®ef d^öpfe  f d^mimmen ,  bie  fon^  bad  Sßaffer  35 
t^erabfd^euen.  @o  parabo^r  aud^  biefer  @a^  unfered  italienifd^en  SoctorS 
[ijtintn  mag,  fo  erl^dtt  er  bod^  in  ben  ^dnben  eines  fo  fd^arffinnigen  unb 


Stecenfion  Don  ^diccM  ©d^rift:  ^.  b.  f^rperl.  »efentl.  Unterf^iebe  tc  425 

pl^ilofopl^ift^en  S^ßUebererS  beinal^e  eine  t^öüige  ©etoi^l^eit.  9Ran  fielet 
barauS:  bie  erfie  SJorfotge  ber  SHatur  fei  getoefen,  bag  ber  SRenfd^  aU 
ein  2:^ier  fär  fid^  unb  feine  8rt  erl^alten  loerbe;  unb  l^iegu  mar  bie« 
jenige  Stellung,  meldte  feinem  inmenbigen  Sau,  ber  Sage  ber  f^rud^t  unb 

5  ber  Srl^altung  in  ®efa]^ren  am  gemA^efien  ifl,  bie  üierf&gige;  bag  in 
i^m  aber  aud^  ein  Aeim  üon  Sernunft  gelegt  fei,  looburd^  er,  tt>enn  flid^ 
fold^er  entu)idelt,  ffir  bie  ©efellfd^aft  beftimmt  i^,  unb  t)ermittel{i 
beren  er  für  beftdnbig  bie  l^iegu  gefd^idtefte  SteUung,  ndmlid^  bie  gioei« 
fähige,  annimmt,  moburd^  er  auf  einer  Seite  unenblid^  t)M  aber  bie 

10  Sil^iere  gewinnt,  aber  aud^  mit  ben11ngemdd^Iid^Ieitent)orlieb  nel^men  mug, 
bie  il^m  baraud  entfpringen,  ba^  er  fein  $au))t  über  feine  alte  Sameraben 
fo  {iol}  erl^oben  l^at.    J(oftet  24  gr. 


93on  ben 


pcif(6ic5cncn  'glaccn 


ber 


"^tnfdien. 


1.  Son  bet  äSerfd^iebenl^eit  ber  ffiaccn  äberl^aupt. 

S)ie  SSorlefung,  toüäft  iäf  anlunbige,  loirb  mel^r  eine  nü^Ud^e  Unterl^altung, 
ald  eine  miil^fame  Sef^dftigung  fein;  bälget  bie  Unterfu^ung,.  toontit  id^  biefe 
Sntfinbigung  begleite,  gmar  etoad  für  ben  SSerflanb,  aber  ntel^r  loie  ein  ®piel 
5  beffelben,  ald  eine  tiefe  Ütad^forfd^ung  entl^alten  toirb.O 

3m  Sl^ierreid^e  gränbet  ftd^  bie  9{atureint^eilung  in  Gattungen  unb 
arten  auf  hai  gemeinfd^aftltd^e  ®efe|^  ber  f^ortpflangung ,  unb  bie  Sin« 
l^eit  ber  ©attungen  ifi  nid^td  anberS,  ald  bie  @in^eit  ber  geugenben  Araft, 
kDeldje  för  eine  gemiffe  SRannigfaltigteit  üon  Silieren  burd^gängig  geltenb 

10  ifi.  3)a^er  mu|  bie  Säffonfc^e  9ftegel,  bag  Spiere,  bie  mit  einanber 
frud^tbare  jungen  ergeugen,  (Don  kueld^er  Serfd^iebenl^eit  ber  ®eftalt  fte 
a\x6i  fein  mögen)  boc^  gu  einer  unb  berfelben  p^^rtf^en  ®attung  gehören, 
eigentlid^  nur  al8  bie  S)eftnition  einer  9laturgattung  ber  Siliere  überhaupt 
gum  Unterfd^iebe  üon  aOen  @d^ulgattungen  berfelben  angefe^en  werben. 

15  S)ie @(^uleintl^eilung  gel^t aufklaffen,  xoeliit  nad)  ^^nlid^feiten,  bie 
9latureint^eilung  aber  auf  St&mme,  tt)el(^e  bie  Siliere  nad^  SBenoanbt» 
f (baften  in  Slnfel^ung  ber  (Srgeugung  eint^eilt.  ^zne  Derfd^afft  ein  @d^ul« 
f^fiem  für  t>a&  ©ebäd^tnig;  biefe  ein  Slaturf Aftern  für  ben  SSerftanb:  bie 
erftere  ^at  nur  gur  abftd^t,  bie  ©efd^ipfe  unter  Sitel,  bie  gmeite,  fte  unter 

20  ®efe^e  gu  bringen. 

9lad^  biefem  ^Begriffe  gel()5ren  alle  ÜRenfd^en  auf  ber  weiten  @rbe  gu 
einer  unb  berfelben  9laturgattung ,  loeil  fie  burd^gdngig  mit  einanber 
frud^tbare  Ainber  geugen,  fo  groge  SJerfd^iebenl^eiten  aud^  fonft  in  i^rer 
®eftalt  mbgen  angetroffen  koerben.  SBon  biefer  ßinl^eit  ber  SHaturgattung, 


95  ^)  Die  Worte:  Sie  —  tohh,  welche  in  A*  ?or  der  Abhandlung  stehen,  fehlen 

in  A». 


430  ^on  ben  Derfc^iebenen  fRactn  ber  SRenfd^en. 

kDeldge  eben  fo  üiel  ifi,  ald  bie  Sin^ett  ber  ffir  fie  gemeinfd^aftUd^  gültigen 
Seugungdfraft,  lann  man  nur  eine  eingige  natürU(J^e  Urfad^e  anffll^ren: 
ndmli(j^,  bag  fie  aDe  gu  einem  eingigen  ©tamme  gel^oren,  kDorauS  fie  un« 
erad^tet  i^rer  SSerfd^iebenl^eiten  entfprungen  ftnb,  ober  bo6i  kDenigfieniS 
l^aben  entfpringen  fönnen.  ^m  erftern  f^alle  gel^ören  bie  SRenfc^en  nid^t  5 
blo^  gu  einer  unb  berfelben  ©attung,  fonbern  anii  gu  einer  Familie; 
im  gleiten  finb  fte  einanber  ä^nlid^,  aber  nid^t  üermanbt,  unb  eiS  mußten 
Diel  SocQlfd^öpfungen  angenommen  loerben;  eine  SReinung,  koeld^e  bie 
3al()I  ber  tlrfa(!^en  o^ne  3lot\)  oeroielfclltigt.  @ine  S^iergattung ,  bie  gu« 
gleic!^  einen  gemeinfd^aftlic^en  Stamm,  ^at,  ent^dlt  unter  ftd^  nid^tDer«  10 
fc^iebene  Srten  (benn  biefe  bebeuten  eben  bie  SSerfd^ieben^eiten  ber  üb« 
ftammung);  fonbern  il)re  ^bmeic^ungen  üon  einanber  l^eigen  Sbar« 
tungen,  koenn  fte  erblich  ftnb.  3)ie  erblichen  SRerfmale  ber  Sbftammung, 
toenn  fte  mit  i^rer  Sbfunft  einftimmig  ftnb,  l^eigen  Slad^artungen; 
lönnte  aber  bie  Slbartung  nic^t  mel^r  bie  urfprünglid^e  @tammbilbung  u 
l^erfteHen,  fo  mürbe  fie  SluSartung  l^eigen. 

Unter  ben  abartungen,  b.i.  ben  erblicI^enSSerfdgiebenl^eiten  ber  Siliere, 
bie  gu  einem  eingigen  Stamme  gel^ören,  l^eigen  bieienigen,  koeld^e  ftd^  fo« 
mol^I  bei  aUen  ISerpflangungen  (93erfe|^ungen  in  anbre  Sanbftrid^e)  in 
langen  Beugungen  unter  fid^  beftänbig  erl^alten,  als  auc^  in  ber  ISer«  so 
mif(!^ung  mit  anbern  Sbartungen  beffelbigen  Stamms  t^bergeit  l^alb« 
f(%lä(!^tige  Sunge  geugen,  SHacen.  5)te,  fo  bei  atten  SBerpflangungen  baö 
Unterfc^eibenbe  il^rer  Sbartung  gmar  beft&nbig  erl^alten  unb  alfo  nac^« 
arten,  aber  in  ber  SSermifd^ung  mit  anbern  nid^t  not^menbig  l()albf(i^ld(!^tig 
geugen,  l^eigen  Spielarten;  bie  aber,  fo  gkoar  oft,  aber  n{(!^t  beftdnbig  25 
nad^arten,  SSartetdten.  Umgefel^rtl^eigt  bieSbartung,  koeld^e  mit  anbern 
gmar  l^albfc^Idc^tig  ergeugt,  aber  burc^  bie  SSerpflangung  nad^  unb  nad^ 
erlifd^t,  ein  befonberer  Sd^Iag. 

S(uf  biefe  äSeife  ftnb  Sieger  unb  SB  ei  ge  gtoar  nid^t  üerfd^iebene  9rten 
oon  3Renfd^en  (benn  fie  gel^ören  oermutl^Iic!^  gu  einem  Stamme),  aber  bod^  so 
gmet  Derfd^iebene  Sftacen:  toeil  iebe  berfelben  ftd^  in  aOen  Sanbftrid^en 
perpetuirt,  unb  beibe  mit  einanber  notl^menbig  ^albfc^Idd^tige  j^inber  ober 
ißlenblinge  (SRulatten)  ergeugen.  ©agegen  ftnb  Slonbe  unb  Sru« 
nette  nid^t  Derfc^iebene  ^acen  ber  Sßeigen,  meil  ein  blonber  3ßann  oon 
einer  brünetten  ^^rau  aud^  lauter  blonbe  j^inber  ^aben  tann,  obgleid^  jebe  35 
biefer  abartungen  ftc^  bei  allen  SSerpflangungen  lange  Beugungen  l^in« 
burd^  er^dlt.  ©al^er  ftnb  fte  Spielarten  ber  SBeifeen.  ©nblid^  bringt  bie 


iOon  ben  Derfd^tebenen  fRacen  ber  SJ^enfd^en.  431 

Sefd^affcn^cit  be«  IBobcn«  (gcud&tiBfeit  ober  Srodcnl^elt),  imglcidöen  ber 
9lal^rung  nQ(^  unb  nad^  einen  erbitten  Unterfc^ieb  ober  @d)Iag  unter 
5£^tere  einerlei  Stammet  unb  Sftace  oornel^mlid^  in  Snfel^ung  ber  ®röge, 
ber  Proportion  ber  ©liebmagen  (plump  ober  gefd^Ianl),  inglei(!^en  bed 

5  9lQtureIld,  ber  jkDar  in  ber  SSermifdiung  mit  fremben  l^albfd^lad^tig  an« 
artet,  aber  auf  einem  anbern  Soben  unb  bei  anberer  9la^rung  (felbft  o^ne 
SSerdnberung  beiS  Alima)  in  menig  Beugungen  Derfc^minbet.  @d  ift  an^ 
genel^m,  ben  oerfc^iebenen  @d^lag  ber  3Renf(!^en  na(j^  SSerfd^ieben^eit 
biefer  Urfad^en  ju  bemerlen,  mo  er  in  eben  bemfelben  Sanbe  bloS  nac^  ben 

10  ^rooinjen  fenntlid^  ift  (mie  ftd^  bie  Söotier,  bie  einen  feud^ten,  Don  ben 
Slt^enienfern  unterf(!^ieben,  bie  einen  trodnen  Soben  bemol^nten),  meldte 
SSerfc^iebenl^eit  oft  freilid^  nur  einem  aufmerifamen  9uge  fenntlid^  ift, 
Don  anbern  aber  belacht  loirb.  3Ba(S  blo^  ju  ben  SSariet&ten  gel^ört 
unb  alfo  an  ^6)  felbjl  (objkoar  eben  nid^t  be^dnbig)  erblich  ift,  fann  bod^ 

15  burd^  (S^en,  bie  immer  in  benfelben  f^amilien  Derbleiben,  baS}enige  mit 
ber  S^it  l^erDorbringen,  load  ic^  ben  Familien fd^ lag  nenne,  D)0  ftd^  et» 
rnad  @l^aralteriftif(^eg  enblic^  f o  tief  in  bie  ßeugungdtraft  einmurgelt,  bag 
ed  einer  Spielart  nal^e  lommt  unb  {id^  mie  biefe  perpetuirt.  3ßan  toxU 
biefeS  an  bem  alten  Slbel  Don  93enebig,  Dorne^mlid^  ben  3)amen  bef[elben 

20  bemerft  ^aben.  3um  menigiten  ftnb  in  ber  neu  entbedtten  ^njel  Ota^eite 
bie  ablidben  grauen  inögefammt  gröfeern  SBud^fe«  alö  bie  gemeinen.  — 
8uf  ber  SRögUd^feit,  burd^  forgfältige  9(uSfonberung  ber  auSartenben  ®e« 
burten  Don  ben  einfc^Iagenben  enblid^  einen  bauerl^aften  f^amilienfd^Iag 
gu  errid^ten,  berul^te  bieSReinung  bed^errn  Don  SRaupertuiS:  einen 

25  Don  9latur  eblen  Sd^Iag  Sßenfc^en  in  irgenb  einer  $roDing  gu  giel^en, 
morin  SJerftanb,  Sfid^tigleit  unb  äted^tfd^affenl^eit  erblid^  mären.  @in  Sin« 
fc^Iag,  ber  meiner  ÜReinung  nad^  an  fid^  felbji  gmar  t^unlid^ ,  aber  burd^ 
bie  meifere  Slatur  gang  idoI()I  Derl^inbert  ift,  meil  eben  in  ber  SSermengung 
beiS  Söfen  mit  bem  ®uten  bie  großen  Sriebfebern  liegen,  meldte  bie 

30  fd^lafenben  JCr&fte  ber  9Renfd^l()eit  in  @piel  fe^en  unb  fte  nbt^igen,  aUe 
il^re  Salente  gu  entmidCeln  unb  {id^  ber  SSoQIommen^eit  il^rer  IBeftimmung 
gu  ndl^ern.  äßenn  bie  Statur  ungeftört  (ol^ne  SSerpflangung  ober  frembe 
Sermifd^ung)  Diele  Beugungen  ^inburd^  mirlen  fann ,  f o  bringt  jte  \eitx» 
geit  enblid^  einen  bauerl^aften  @d^lag  l^erDor,  ber  935ller{d^aften  auf 

S5  immer  tenntlid^  mad^t  unb  eine  9ftace  mürbe  genannt  merben,  kuenn  baS 
6]^aralteri{)ifd^e  nid^t  gu  unbebeutenb  fd^iene  unb  gu  fd^mer  gu  befd^reiben 
m&re,  um  barauf  eine  befonbere  flbtl^eilung  gu  grftnben. 


432  Soit  ben  üerfc^iebenett  ftaceit  ber  SRenfc^ett 

2.  (Sintl^eilung  ber  SRenfc^engattung  in  il^re 

Derf(^iebene  a^acen. 

3$  glaube,  man  ^abe  nur  nitl^ig,  Di  er  SHacen  berfelben  angune^ 
men,  um  aDe  bem  erften  Slid  tenntUt^e  unb  {id^  perpetuirenbellnterf  triebe 
bat)on  ableiten  gu  tonnen.   Sie  finb  1)  bie  Stace  ber  SSeigen,  2)  bie    s 
SHegerracei  3)bie]^unnifd^e  (mungalifd^e  ober  talmudifd^e)  älace,  4) 
bie  ^inbuifd^e  ober  t|inbi{lanifd^e  älace.  Qn  ber  erftem,  bie  i^ren  Dor« 
nebmften  6i^  in  Suropa  b<it,  rechne  id^  noij  bie  SRol^ren  (ÜRauren  üon 
afrita),  bie  Araber  (nad^  bem  9ltebu^r),  ben  tfirtif (^  ^atarif c^en  Sblter» 
{lamm  unb  bie  $erfer,  imgleic^en  aDe  übrige  Sblter  t)on  üßen,  bie  nid^t  lo 
burt^  bie  fibrigen  übtbeilungen  namentlich  baüon  ausgenommen  finb.  S)ie 
Slegerrace  ber  norblic^en  ^albfugel  i{l  blog  in  Üfrita,  bie  ber  ffiblid^en 
(augerl^alb  Üfrita)  oermutblid^  nur  in .  Sleuguinea  eingeboren  (Aato- 
chthones),  in  einigen  benachbarten  ^nfeln  aber  bloge  SSerpflangungen.  S)ie 
talmuclt|c!^e  SRace  fc^eint  unter  ben  j^oic^ottifc^en  am  reinften,  unter  ben  u 
Sorgötd  etttad,  unter  ben  S){ingorifd^en  me^r  mit  tatarifd^em  Slute  Der« 
mif ct)t  }u  fein  unb  ift  eben  biefelbe,  toelc^e  in  ben  diteften  QtxUn  ben  Flamen 
ber  ^unnen ,  fpdter  ben  Flamen  ber  SRungalen  (in  toeiter  93ebeutung) 
unb  ie^t  ber  £)lötd  fü^rt.  3)ie  l^inbiftanifc^e  9tace  ift  in  bem  Sanbe  biefed 
^Ramend  fe^r  rein  unb  uralt,  aber  oon  bem  Solte  auf  ber  jenfeitigen  $alb<  20 
infel  Snbien)^  unterfcl)ieben.  SSon  biefen  Dier  Stacen  glaube  id^  ade  übrige 
erblit^e  SSölterc^araftere  ableiten  ju  tonnen:  entmeber  aU  oermifdite 
ober  angel^enbe  SRacen,  ttooon  bie  erfte  aud  ber  SSermifd^ung  Derfc^ie^ 
bener  entfprungen  ift,  bie  gmeite  in  bem  j^lima  noc^  nid^t  lange  genug  ge» 
tool^nt  ^at,  um  ben  €^aratter  ber  Stace  beffelben  DöQig  anjune^men.  60  n 
t|at  bie  äSermif cbung  beS  tatarift^en  mit  bem  ^unnif c!^en  93Iute  an  ben  j^ara« 
talpaten,  ben  Slagaien  unb  anbem ^albracen  l^eroorgebrad^t.  S)ai ^in« 
biftani  jc^e  Slut,  üermifcl)t  mit  bem  ber  alten  Scqt^en  (in  unb  um  Slibet) 
unb  me^r  ober  toeniger  Don  bem  l^unnifd^en,  f^at  DieOeid^t  bie  Semol^ner 
ber  jenfeitigen  ^albinfel  ^nbiend,  bie  Stontinefen  unb  Sdbinefen,  aU  eine  so 
Dermifc^te  Stace  ergeugt.  S)ie  Setoo^ner  ber  nörblid^en  @idtufte  üfiend 
finb  ein  93eifpiel  einer  ange^enben  ^unnifc^en  älace,  too  fi(^  fd^on  bad 
burc^gdngig  fc^ttarge  ^aar,  bad  bartlofe  Jtinn,  bad  flache  ®e{t(^t  unb 
langgefc^li^te,  »enig  geöffnete  8(ugen  geigen:  bie  Sßirlung  ber  (SiSgone 
an  einem  ^olle,  ttelC^eS  in  fpdtern  Seiten  aud  milberem  ^immetöftrtd^e  35 
in  biefe  6t^e  getrieben  »orben,  fo  tt)ie  bie  @eela{)pen,  ein  Kbftamm  bt& 


Son  beit  Derf<^tebeneit  Ractn  ber  SRenff^eit.  433 

ungrifd^en  UioXfi,  in  nid^t  gar  niel  Sal^rl^unberten  fd^on  aiemltd^  in  bad 
ßigentl^fimlid^e  beS  falten  ^immelfirid^d  eingeartet  finb,  ob  |ie  gtoar  Don 
einem  tool^Igetoad^fenen  Solle  au8  ber  temperirtenSone  entfproffen  toartn. 
Snblid^  f(^einen  bie  Smeritaner  eine  nod^  nid^t  D5Dig  eingeartete 

ft  ]^unnif(^e  ätace  gu  fein.  3)enn  im  äugerßen  Storbioefien  oon  Simerita 
(»ofelb^  aud^  aOer  SSermutl^ung  nad^  bie  Seo5IIerung  bie|e8  SBeltt^eitö 
aus  bem  Sßorboften  oon  Sfien  toegen  ber  fibereinfiimmenben  SE^ierarten 
in  beiben  gefc^el^en  fein  mag),  an  ben  norbUd^en  Mfttn  Don  ber  ^ub< 
fonSbai,  finb  bie  Settol^ner  ben  JCalmuden  ganj  d^nlid^.  äSeiter  l^in  in 

10  Sfiben  loirb  baS  (Seßd^t  juar  offener  unb  erl^obener,  aber  baS  bartlofe 
j^lnn,  baS  burd^g&ngig  fd^marge  $aar,  bie  rotl^braune  (Seßd^tdfarbe,  im« 
gleid^en  bie  j^älte  unb  UnempftnbUt^feit  beS  SlatureOd,  lauter  Überbleibfel 
oon  ber  SBirtung  eines  langen  aufentl^alts  in  lalten  äSeltftrid^en,  »ie  mir 
balb  fe^en  merben,  gelten  oon  bem  dugerften  !Rorben  biefeS  SSeltt^eilS  bis 

15  gum  Staaten« @ilanbe  fort.  3)er  längere  Sufentl^att  ber  Stammo&ter  ber 
Slmeritaner  in  31.  D.  oon  Sften  unb  bem  benad^barten  SR.  9S.  oon  Smerifa 
^at  bie  lalmudKfd^e  Silbung  gurSSontommenl^eit  gebrad^t,  bie  gefd^toinbere 
Ausbreitung  il^rer  flbtömmlinge  aber  nad^  bem  @üben  biefeS  9Selttt|eilS 
bie  ameritanifd^e.  93on  flmerila  auS  ift  gar  ni(^tS  meiter  beoMfert.  S)enn 

20  auf  ben  Snf^In  beS  ftiOen  SReerS  finb  aDe  Sinmo^ner,  einige  Sieger  auS« 
genommen  b&rtig;  oielme^r  geben  fie  einige  3ci(^€n  ber  Sbtunft  oon  ben 
SRalaqen,  eben  fo  toie  bie  auf  ben  funbaifc^en  Snfeln;  unb  bie  8rt  oon 
2e]^nSregierung,  tt)eld^e  man  auf  ber  Snfel  Otal^eite  antraf,  unb  meldte 
aud^  bie  getoil^nlid^e  @taatsoerfaffung  ber  SRala^en  ift,  befl&tigt  biefe 

95  93ermutl^ung. 

S)ie  Urfad^e,  Sieger  unb  äSeige  fflr  ©runbracen  angunel^men,  ift  für 
fid^  felbfl  nar.  9BaS  bie  j^inbiftanift^e  unb  talmudfifd^e  betrifft,  fo  ift  baS 
Dlioengelb,  loelc^eS  bem  mel^r  ober  toenigen  braunen  ber  l^eigen  Sänber 
gum  ®runbe  liegt,  bei  ben  erpern  eben  fo  toenig,  als  baS  originale  (Sepd^t 

so  ber  jmeiten  Don  irgenb  einem  anbern  betannten  Slationd^arafter  abgu« 
leiten,  unb  beibe  brfiden  fid^  in  oermifd^ten  Begattungen  unausbleiblich 

.  ab.  6ben  biefeS  gilt  oon  ber  in  bie  falmud(if(^e  Silbung  einfd^lagen« 
ben  unb  bamit  burd^  einerlei  Urfat^e  nertnflpften  amerifanifd^en  älace. 
S)er  Dflinbianer  giebi  burd^  Sermifd^ung  mit  bem  Beigen  ben  gelben 

35  SR e fügen,  mie  ber  Smerifaner  mit  bemfelben  ben  r Otiten  unb  ber 
SBeige  mit  bem  Sieger  ben  SRulatten,  ber  Smeritaner  mit  eben  bemfel« 
ben  ben  j^abugl  ober  ben  fd^margen  Äaraiben:  toeld^eS  febergeit  tennt* 

«aaCf  ed^rificn.   93rrre.  II.  28 


434  Son  ben  t)erf(^iebfnen  9(actn  ber  SRenf^en. 

H(^  bejeid^nete  SIenblinge  finb  unb  il^re  SIbfunft  non  dd^ten  Slacen  be« 
loeifen. 


3.    Son  ben  unmittelbaren  Urfad^en  bed  Ursprungs  biefer 

Derfd^iebenen  ätacen. 

S)ie  in  ber  Statur  eines  organifd^en  J(5rper8  (®en)&d^f e8  ober  Sl^iereS)    s 
liegenben  (Srflnbe  einer  beftimmten  üuStoidelung  l^ei^en,  toenn  biefe  8ud« 
tt)id(elung  befonbere  Steile  betrifft,  j^eime;  betrifft  |ie  aber  nur  bie  ®xb%t 
ober  baS  Serl^dltni^  ber  Sl^eile  untereinanber,  fo  nenne  id^  {ie  natürlicl^e 
Anlagen.  3n  ben  SBögeln  oon  berfelben  9(rt,  bie  bod^  in  oerfd^iebenen 
J^Iimaten  leben  f  oUen,  liegen  j^eime  jur  Sudtoidelung  einer  neuen  Sd^id^t  lo 
$ebem,  »enn  fie  im  falten  j^lima  leben,  bie  aber  gurfldtgel^alten  »erben, 
toenn  fie  fic^  im  gemäßigten  aufhalten  foUen.  Seil  in  einem  lalten  £anbe 
baS  äBeiientorn  me^r  gegen  feud^te  j^dlte  gefd^fi^t  toerben  muß,  als  in 
einem  trodtnen  ober  marmen,  fo  liegt  in  i^m  eine  Dörfer  beftimmte  f^&l^ig« 
feit  ober  natflrlid^e  Ünlage,  nad^  unb  nad^  eine  bidtere^aut  l^erüorgu«  13 
bringen.  2)iefe  f^urforge  ber  Slatur,  i^r  (Seft^öpf  burc^  Derftedfte  innere 
SSorfel^rungen  auf  allerlei  tfinftige  Ümft&nbe  auSjurüfteUi  bamit  eS 
fid^  erl^alte  unb  ber  Serfd^iebenl^eit  beS  J^Iima  ober  beS  SobenS  an» 
gemeffen  fei,  ift  beiounberndtt)ärbig  unb  bringt  bei  ber  äBanberung  unb 
SSerpflanjung  ber  £t|iere  unb  ©eiofid^fe  bem  @d^eine  nad^  neue  S(rten  l^er«  20 
oor,  meiere  nid^td  anberS  als  S[bartungen  unb  Stacen  oon  berfelben  ®aU 
tung  finb,  beren  j^eime  unb  natürlid^e  Einlagen  ftc^  nur  gelegentlid^  in 
langen  S^itlduften  auf  Derfd^iebene  äBeife  entmidtelt  l^aben.*) 


*)  S3iT  nel^men  bie  ^Benennungen  9laturbef  ^retbung  unb  9laturgef(!^td^te 
gemetntglt^  in  einerlei  @tnne.  SlQetn  ed  ifl  flor,  bai  bie  j^enntnig  ber  Sloturbinge,  ss 
n>ie  fie  je^t  finb,  immer  noc!^  bie  (irfenntnig  Don  bemjenigen  rofmfd^en  loffe, 
mod  fie  el^ebem  geroefen  finb,  unb  bur^  toeld^e  BitU^t  Don  iQerfinberungen  fte 
bur^gegangen,  um  an  jebem  Drte  in  il^ren  gegenmftrtigen  guftanb  au  gelangen. 
S)te  fRaturgef^i^te,  woran  ed  und  fafl  nod^  gAnalt^  fe^,  rofirbe  und  bie 
9)eränberung  ber  (Srbgeflalt,  inglet^en  bie  ber  (Srbgef^5pfe  ($flanaen  unb  Siliere),  30 
bie  fie  burd^  natflrli^e  äSanbrungen  erlitten  liaben,  unb  il^re  baraud  entfprungene 
Sbartungen  Don  bem  Urbilbe  ber  @tammgattung  lehren.  @ie  mfirbe  oermutl^ticl^ 
eine  groge  91>^enge  f^einbar  oerfd^iebene  Srten  gu  SRacen  eben  berfelben  (Battung 
aurficfffi^ren  unb  baS  ie^t  fo  n>eitlftufttge  ^ulf^ftem  ber  SMturbefd^reibung  in 
ein  p^t^flfd^ed  @^ftem  ffir  ben  Serflanb  oerroanbetn.  S5 


8on  ben  üerfc^tebenen  fRacm  ber  !D2enfd^en.  435 

3)er  Sttfall,  ober  allgemeine  tned^anifd^e  (Sefe^e  fönnen  fo^e  Su« 
fammen))a{fungen  nid^t  l^erDorbringen.  S)a]^er  muffen  toir  bergleid^en  ge^ 
legenilid^e  8[n8tDid(eInngen  a\i  Dorgebilbet  anfel^n.  aOein  felbft  ba,  too 
{td^  nid^tö  gmedm&gigeS  jeigt,  iß  baS  bloge  SSermögen,  feinen  befonbern 

6  angenommenen  6^arafterfoTt3upf[anjen,f(^on9en)eife8genn0:  bagbagu 
ein  befonberer  JCeim  ober  natärlid^e  Sniage  in  bem  organifc^en  (Sefd^ipf 
ansutreffen  gen)efen.  S)enn  dunere  S)inge  fönnen  lool^l  ®eIegen]|eiiS^ 
aber  nid^i  beiDorbringenbe  Urfad^en  Don  bemjenigen  fein,  toai  notl^toenbig 
anerbt  unb  nad^artet.  60  toenig  atö  ber  3ufaE  ober  pb^Pf^^^^ed^anifd^e 

10  Urfadb^n  einen  organifd^en  Jtörper  berDorbringen  Ibnnen,  fo  toenig  »erben 
fte  itt  feiner  S^gungStraft  ettoas  l^intufelen,  b.  i.  ettoad  bemirten,  toaS 
fi(^  felbfi  fortpflanzt,  toenn  ti  eine  befonbere  ©eftalt  ober  SSerb&Itnig  ber 
Stbeile  ift.*)  Suft,  @onne  unb  !Rabrung  lönnen  einen  i^ierifd^en  ^bxptx 
in  feinem  Sßad^dtbume  mobificiren,  aber  biefe  SSeränberung  nid^t  gugleid^ 

15  mit  einer  geugenben  j^raft  nerfeben,  bie  Dermbgenb  to&re,  f{(^  felbft  aud^ 
obne  biefe  Urfad^e  lieber  beroorgubringen;  fonbern  toai  fid^  fortt^flanjen 
foU,  mug  in  ber  geugungdlraft  fcbon  Dorl^er  gelegen  baben,  al8  norber 
beftimmt  gu  einer  gelegentUd^en  ändtotdelung  ben  Umft&nben  gem&g, 
barein  bad  ©efd^öpf  geratben  tann,  unb  in  toeld^en  ed  fid^  befl&nbig  er« 

80  balten  foQ.  3)enn  in  bie  S^ugungdtraft  mug  nid^ts  bem  Spiere  f^rembeS 

binein  tommen  fönnen,  toa^  oermögenb  tD&xt,  bad  ®efd^bpf  nad^  unb 

natb  t)on  feiner  urfprfinglid^en  unb  n)efentlid^en  Seftimmung  gu  ent* 

fernen  unb  toabre  Sudartungen  berDorgubringen,  bie  ftd^  perpetuirten. 

S)er  ÜRenftb  koar  für  aOe  JClimaten  unb  für  iebe  SBefd^affenl^eit  beS 

25  Sobend  beftimmt;  folglid^  mußten  in  ibm  mand^erlei  j(eime  unb  natürlid^e 
Anlagen  bereit  liegen,  um  gelegentlid^  enttoeber  au8gemid(elt  ober  gurüdC« 
gebalten  gu  »erben,  bamit  er  feinem  $la^e  in  ber  SSelt  angemeffen  mürbe 
unb  in  bem  gfortgange  ber  Beugungen  bemfelben  gleicbfam  angeboren  unb 
bafür  gemad^t  gu  fein  fd^iene.  äBir  moUen  nad^  biefen  ^Begriffen  bie  gange 

so  3Renf(bengattung  auf  ber  meiten  ßrbe  burd^gebn  unb  bafelbft  gmedmd^ige 
Urfad^en  feiner  8(bartungen  anfübren,  mo  bie  natürlitben  nid^t  mobl  ein« 
gufeben  {inb,  bingcgen  natürlid^e,  mo  mir  bie  Stt^edCe  nid^t  gemabr  merben. 
$ier  merfe  id^  nur  an:  ba^  Suft  unb  Sonne  biejlenigen  Urfad^en  gu  fein 


*)  Ihranf^eiien  flnb  bidmeilen  erbti^.  W>tt  biefe  bebfitfen  Teiner  Drgontfation, 
35  fonbern  nur  eineiS  ffemientö  f^&bltd^er  @Afte,  bie  fi^  burd^  SCnfle^ung  fortpflongen. 
&e  arten  auä^  ni^t  not^menbtg  an. 

28* 


436  Sott  ben  üerf(^lebenen  9tacm  ber  Wtm^d^. 

fd^clnen,  wellige  auf  bic  SeußunaSfroft  innlgfl  einfliefeen  unb  eine  bauet* 
^afie  (SninidCelung  ber  j(eime  unb  Anlagen  ^eroorbringen,  b.  i.  eine 
aiace  grünben  f5unen;  ba  hingegen  bie  befonbere  SRa^rung  jtoar  einen 
ed^Iag  9Renf<J^en  l^erDorbringen  tann,  beffen  Unterfd^eibenbed  aber  bei 
a3er))flaniungen  balb  erlifd^t  fRai  auf  bie  Seugungdtraft  l^aften  fofl,  :^ 
mu^  nid^t  bie  @r]^altung  be«  SebenS,  fonbern  bie  Duelle  beffelben, 
b.  i.  bie  erften  $rinci|>ien  feiner  ll^ierifdgen  6inri(]^tung  unb  Seioegung, 
afflciren. 

3)er  Slenfd^,  in  bie  SiSgone  nerfe^t,  mugte  nad^  unb  na4  in  eine 
Heinere  Statur  ausarten,  loeil  bei  biefer,  »enn  bie  Stxa\t  beS  bergend  lo 
biefelbe  bleibt,  ber  Slutumlauf  in  fargerer  Seit  gefd^ie^  ber  fhtlSfdblag 
alfo  fd^neOer  unb  bie  SIuttD&rme  griger  mirb.  Sn  ber  Sl^at  fanb  auc^ 
Srang  bie  (Srinlänber  nid^t  aUein  meit  unter  ber  Statur  ber  (Suropder, 
fonbern  aud^  t)on  mertlid^  größerer  natürlid^en  ^i^e  il^reS  Sibtptti.  @elbfi 
baS  ÜRi^Derl^&ltni^  guifc^en  ber  gangen  Seibed^5l^e  unb  ben  (urgen  Seinen  15 
an  ben  nirblit^ften  S5Item  ift  i^rem  ^lima  angemeffen ,  ba  biefe  Steile 
bed  j(5rperd  uegen  i^rer  @ntlegen^eit  Dom^ergen  in  ber  M\U  mel^rOefa^r 
leiben.  ®lei(^tt)ol^l  fd^einen  bodb  bie  meiften  ber  ie^t  betannten  eintDO^ner 
ber  @idgone  nur  fpätere  SnUmmlinge  bafelbfl  gu  fein,  tele  bie  Sappen, 
meldte  mit  ben  ^nnen  aus  einerlei  Stamme,  nämlid^  bem  ungrif(^en,  ent^  » 
fprungen,  nur  feit  ber  SuStoanberung  ber  festem  (auS  bem  Dften  Don 
äfien)  bie  ie^igen@i^e  eingenommen  ^aben  unb  bodb  fd^on  in  biefeS  JHima 
auf  einen  giemlic^en  ®rab  eingeartet  finb. 

Senn  aber  ein  norblid^eS  Soll  lange  ßeitldufte  l^inburdb  genitl^igt 
ift,  ben  einflug  Don  ber  j(&lte  ber  SiSgone  audgufle]|en,  fo  mäffen  fld^  ss 
mit  il^m  nod^  größere  93er&nberungen  gutragen.  9[De  audmidelung,  loo* 
burd^  ber  ^brper  feine  @&fte  nur  ;Derf(^menbet,  mug  in  biefem  audtroct« 
nenben  |)immeldftridbe  nad^  unb  nadb  gel^emmt  merben.  S)a^er  merben 
bie  Sttxmt  beS  ^aarmud^feS  mit  ber  S^it  unterbrfldtt,  fo  ba|  nur  bieienigen 
fibrig  bleiben,  loeld^e  gur  notl^menbigen  SebedTung  bes  ^aupteS  erforber«  a« 
lid^  finb.  ä^ermöge  einer  natflrlt(^en  Anlage  merben  au(^  bie  l^eiDorragem 
ben  3:^eile  beS  ®ejtd^t8,  meldbes  am  loenigfien  einer  Sebedtung  fd^ig  ifi, 
ba  fte  bnrd^  bie  Adite  unauf^&rlid(|  leiben,  oermittelfi  einer  ^flrforge  ber 
Statur  aümdl^Itg  flat^er  merben,  um  ftd(|  beffer  gu  erlitten.  3)ie  mulfiige 
Srl^ö^ung  unter  bjcn  8ugen,  bie  l^albgefd^Ioffenen  unb  blingenben  8ugen  ss 
fd(|ienen  gur  SSermMing  berfelben  tl^eild  gegen  bie  auStrodCnenbe  Adite 
ber  £uft,  t^eilS  gr    '^^^  ^ ^neelld^t  (mogegen  bie  SSflmoS  aud^  Sd^nee* 


\ 


Qon  ben  Derf^iebenen  diacm  ber  ÜRenfd^en.  437 

briOen  braud^en)  »ie  neranßaltet  ju  fein,  ob  fte  gleid^  aud^  ds  natötlld^e 
SSirfungen  bei  Sttima  angefel^en  »erben  lönnen,  bie  felbfi  in  milbern 
|)immel«ftri(l^en,  nur  in  toeit  geringerm  9Rage,  p  bemerlen  finb.  @o 
entfpringt  nad^  unb  nad^  bad  bartlofe  j^inn,  bie  gepletfd^te  9lafe,  bfinne 
6  2i|)pen,  blinjenbe  Sugen,  bad  flad^e  ©efid^t,  bie  rbüfM^  braune  ^arbe 
mit  bem  fc^tDargen  $aare,  mit  einem  SBorte,  bie  talmudifd^e  (Sefid^tS* 
bilbung,  »eld^e  in  einer  langen  Steige  Don  S^ufiung^n  in  bemfelben 
J^Iima  fid^  bis  gu  einer  bauerl^aften  9tace  eintturjelt,  bie  fid^  erl^&It,  loenn 
ein  fold^etf  SSoII  gleid^  nad^l^er  in  milbern  ^immetefirid^en  neue  @i|e  ge« 

10  tt)innt. 

9tan  tt)irb  ol^ne  Stoeifel  fragen,  mit  »eld^em  Siedete  id^bie  talmudCifd^e 
Silbung,  toeld^e  ie^t  in  einem  milbern  |)immel8ftri(6e  in  il^rer  größten 
SSoDft&nbigteit  angetroffen  toirb,  tief  auS  9lorben  ober  !Rorboften  herleiten 
Ibnne.  Steine Urfad^e  i{t  biefe.  «^erobot  berichtet  fd^on  aus  feinenSeiten: 

15  bag  bie  argipp&er,  Setool^ner  eines  SanbeS  am  %u%t  ^ol^er  ®ebirge, 
in  einer  ®egenb,  loeld^e  man  ffir  bie  bed  UralgebirgeS  galten  fann ,  lafjH 
unb  flad^naftd^t  »Aren  unb  i^re  93&ume  mit  »eigen  S)ed(en  (üermutl^Iid^ 
Derftel^t  er  grilgaelte)  bebedCten.  S)tefe  ©eftalt  finbet  man  {e^t  in  grbgerm 
ober  Heinerm  SRage  im  fRorboften  oon  Elften,  Dornel^mlid^  aber  in  bem 

so  norbmeplid^en  Sl^eil  oon  Smerifa,  ben  man  oon  ber  |)ubfonSbai  aus  l^t 
entbeden  tbnnen,  tt)o  nad^  einigen  neuen  9lad^ri(^ten  bie  Seioo^ner  toie 
malere  JSalmucten  auSfel^n.  Sebenit  man  nun ,  bag  in  ber  Alteften  3t\t 
^itxt  unb  SRenfd^en  in  biefer  ®egenb  gtoift^en  8l{ien  unb  Kmerifa  muffen 
geioed^felt  l^aben,  inbem  man  einerlei  Siliere  in  bem  lalten  ^immelsftrid^e 

36  beiber  SBelttl^eile  antrifft,  ha%  biefe  menfd^lid^e  ätace  f{(^  aDererfi  ettoa 
1000  Saläre  nor  unferer  geitred^nung  (nadb  bem  S)eSguigneS)  fiber  ben 
Smurftrom  l^inauS  ben  @^inefen  geigte  unb  nad^  unb  nadb  rubere  935Ifer 
Don  tatarif(^en,  ungrifd^en  unb  anbern  Stimmen  aus  il^ren  Si^en  oer< 
trieb,  fo  toirb  biefe  übftammung  aus  bem  falten  SSeltftrid^e  nid^t  gang 

90  erjtDungen  fd^einen. 

SaS  aber  baS  93ome]^m{te ifi,  nämlid^  bie  Ableitung  ber  Smeri* 
lauer  als  einer  nid^t  oöllig  eingearteten  älace,  eines  SSollS,  baS  lange 
ben  norblid^jten  SSeltprid^  bemol^nt  l^at,  mirb  gar  fe^r  burd^  ben  erftidKen 
l^aareStoud^S  an  allen  2:^eilen  beS  J^örperS  auger  bem  Raupte,  burdb  i^ic 

35  r5t^li(^e  (Sifenroftfarbe  ber  Idlteren  unb  bie  bunflere  j^upferfarbe  l^eigeire^ 
Sanbfirid^e  biefeS  SBeltt^eilS  beftdtigt.  S)enn  baS  9totl^braune  fd^eint 
(als  eine  SBirtung  ber  Suftf&ure)  eben  fo  bem  lalten  XXivxar  toie  baS 


438  Son  bnt  Deifc^iebenen  fKoctn  ber  9)?enfil^i. 

Dltoenbraun  (aU  rine  Sirlung  be«  Sattgen^aft^eaDic^ten  ber  6äfte) 
beut  l^ei^en  ^ImmeMflrid^e  angemeffen  gu  fein,  o^ne  einmal  baS  fRatureO 
ber  Kmerilaner  in  Snfc^Iag  gu  bringen,  loeld^ed  eine  ^alb  erlofd^ene 
£ebenAlraft  Den&t^,*)  bie  om  natärlic^flen  ffir  bie  Sirfung  einer  falten 
Sßeltgegenb  angefe^en  merben  fann.  » 

S)ie  grblte  feu^te  ^i^e  bed  tDarmenJ^Iimamu^l^ingegen  an  einem 
SSoIfe,  baS  barin  alt  genug  geioorben,  um  feinem  Soben  DöDig  anguarien, 
Sßirfungen  geigen,  bie  ben  Dorigen  gar  fel^r  entgegengefe^t  finb.  (Sd  »irb 
gerabe  baS  SBiberfpiel  ber  talmucfif(^en  Silbung  erzeugt  loerben.  3>er 
SBu^d  ber  fd^mammid^ten  Steile  beS  jCörper«  mugte  in  einem  l^eigen  unb  lo 
feud^ten  JHima  {unel^men;  bal^er  eine  biete  @tfilpnafe  unb  SSurftltppen. 
3)ie  l^aut  mugte  geblt  fein,  ni(^t  blo^  um  bie  gu  ftarle  auSbAnpung  gu 
mäßigen,  fonbem  bie  fd^dblid^e  (Sinfaugung  ber  f&ulic^ten  Seud^tigfeiten 
ber  Suft  gtt  nerl^üten.  S)er  Überflug  ber  Sifent^eild^en,  bie  f onft  in  iebem 
2Renf(^enbIute  angetroffen  n)erben  unb  ^ier  bvLx6)  bie  fluSbfinfiung  beS  15 
p]^oSp]^orif(^en  Sauren  (tt)ornad^  alle  Sßeger  jtinten)  in  ber  ne^fbrmigen 
@nbftang  gefällt  ttorben,  Derurfad^t  bie  burd^  bai  Dber^&utd^en  burd^« 
fd^einenbe  Sd^m&rge,  unb  ber  fiarte  Sifengel^alt  im  Slute  fd^eint  aud^ 
nfttl^ig  gu  fein,  um  ber  @r|d^laffung  aller  Sl^eile  t)orgubeugen.  S>a&  Öl 
ber  ^aut,  wlt^tS  ben  gum  ^aareStoud^S  erforberlic^en  3la^rungdfd^leim  so 
fftio&d^t,  Derftattete  laum  bie  ßrgeugung  einer  ben  J(opf  bebedenben  SBoDe. 
Übrigens  ift  feuchte  äSdrme  bem  ftarfen  9BBu(^8  ber  Spiere  überhaupt 
befftrberlid^,  unb  furg,  eS  entfpringt  ber  Sieger,  ber  feinem  j^lima  n)o^l 
angemeffen,  uAmlid^  flart,  fleift^ig,  gelent,  aber  unter  ber  reit^lid^en  93er« 
forgung  feines  SRutterlanbeS  faul,  neid^lic^  unb  tänbelnb  ift.  95 

S)er@ingebome  t)on$inbiftan  lann  atö  auS  einer  ber  dlteflen  menfd^> 
Ud^en  ätacen  entfproffen  angefel^en  merben.  @ein  Sanb,  toeld^eS  norbm&rtS 
an  ein  ^o^ed  (Bebflrge  geftä^t  unb  Don  Slorben  nad^  @fiben  bis  gur  @pi^e 
feiner  ^albinfel  üon  einer  langen  Sergreil^e  burd^gogen  ift  (mogu  id^  norb« 
toäris  nod^  Stibet,  Dielleid^t  ben  allgemeinen  3uflu(^tSort  beS  menfd^li(^en  zo 
0ef(4led^tS  tt)&^renb  unb  beffen  ^flangfd^ule  nad^  ber  legten  großen  Sie» 
Solution  unfrer  6rbe,  mitred^ne),  l^at  in  einem  gludlid^en  ^immelSfirid^e 

"")  Um  nur  ein  ^etfpiel  anguf flirren,  fo  bebient  man  [xd^  in  Surinam  ber 
rotten  SKaüen  (Smerifaner)  nur  QQetn  gu  ^dudlid^en  arbeiten,  weil  fte  aur  ffelb- 
arbeit  gu  f^ma^  finb,  atS  mogu  man  Sieger  brau<^t.   ©lei^raol^I  fe^It  eS  ^ter  u 
ni^t  an  Bioang^mitteln;  aber  eS  gebrt^t  ben  Singebomen  biefeS  SSelttl^eilS  über* 
^aupt  an  Sermdgen  unb  SDauer^aftigfeit 


Sott  ben  t)eif4iebenen  SRacen  ber  SJIenf^en.  439 

bie  Donfommenfte  Sd^eitelung  ber  SSaffer  (Ablauf  nad^  jttel  SReeren),  bie 
fonfi  fein  im  glfidltd^en  ^immeläftrid^e  Uegenber  S^eil  bed  feften  Sanbed 
Don  Sften  ^at.  6iS  tonnte  alfo  in  ben  dlteften  Seiten  troden  unb  betool^nbar 
fein,  ba  \otDOfjH  bie  öjllid^e  ^albinfel  Snbiend,  als  @^ina  (meil  in  it|nen 
ft  bie  $Iflf[e,  an  {latt  fid^  ju  fd^eiteln,  |>aranel  laufen)  in  ienen  Seiten  ber 
Überfc^memmungen  nod^  unbemol^nt  fein  mußten.  $ier  lonnte  jic^  alfo 
in  langen  Seitl&uften  eine  fefie  menfd^Iid^e  Stace  grünben.  S)ai  OliDen« 
gelb  ber  ^aut  bed  ^nbianers,  bie  na^re  Sigeunerfarbe,  mldit  beut  me^r 
ober  tt)eniger  buntein  93raun  anberer  Sftlid^eren  SSilter  gum  ®runbe  liegt, 

10  ijt  aud^  eben  fo  d^aralteripifd^  unb  in  ber  Slad^artung  befi&nbig,  als  bie 
fd^marje  ^arbe  ber  !Reger  unb  fd^eint  jufammt  ber  äbrigen  Silbung  unb 

**  bem  Derfd^iebenen  9latureQe  eben  fo  bie  Sßirtung  einer  trodenen,  mie  bie 
festere  ber  feudalen  $i^e  ju  fein.  9la(^  ^errn  S^eS  finb  bie  gemeinen 
j(ranl^eiten  ber  Snbianer  Derftopfte  ®allen  unb  gefd^ttoDene  Sebern; 

IS  i^re  angebome  Sarbe  aber  ift  gleid^fam  gelbffit^tig  unb  fd^eint  eine  com 
tinuirlic^e  Sbfonberung  ber  inS  93Iut  getretenen  ®aQe  ju  bereifen,  tt)eld^e 
als  feifenartig  bie  Derbidften  Sdfte  DieOeit^t  aufidfet  unb  Derflüd^tigt  unb 
baburd^  n)enigftenS  in  ben  äugern  Steilen  baS  93Iut  abtfll^lt.  Sine  l^ierauf 
ober  auf  etnaS^^nlid^eS  l^inauSlaufenbeSelbftl^ftlfe  ber  katixt,  burd^  eine 

20  gen)if[e  Drganifation  (bereu  SBirfung  fidb  an  ber  $aut  geigt)  baSjenige 
continuirlit^  meggufd^affen,  »aS  ben  Slutumlauf  reigt,  mag  »ol^I  bie  Ur« 
fad^e  ber  falten  ^&nbe  ber  Snbianer  fein*)  unb  Dielleid^t  (toiemol^l  man 


*)  34  ^otte  ^toax  fonft  gelefen*.  boft  biefe  Snbianer  bie  IBefonber^eit  faltet 
^öitbe  bei  großer  ^i^e  l^oben,  unb  ha%  biefeS  eine  gru^t  il^rer  S^ü^tern^eit  unb 

s»  SRögigfeit  fein  foHe.  HÜein  aU  i<^  bad  Vergnügen  l^atte,  ben  aufmerffamen  unb 
einfe^enben  9letfenben,  ^errn  (Sa ton,  ber  einige  3a^re  alS  l^oQAnbifd^et  @onfuI 
unb  6^ef  i^rer  (Stabliffementd  gu  SBaffora  ic.  geftanben,  bei  feiner  2)ur4reife  burd^ 
j^önigdberg  gu  fprec^en,  fo  benad^rid^tigte  er  mt^:  bog,  ald  er  in  @urat  ntit  ber 
@emal^Iin  eined  europAifd^en  (SonfulS  getanat  J^aU,  er  Derrounbert  gen>efen  wdre, 

30  f^wi^ige  unb  falte  ^ftnbe  an  il^r  au  füllen  (bie  (Beraol^nl^eit  ber  ^anbfcl^ul^e 
ifl  bort  nodg  ni^t  angenommen),  unb  ba  er  anbeni  feine  IBefrembung  gedugert, 
gur  Stntroort  befommen  ^dbti  fie  ^ah^  eine  Snbianerin  aur  SRutter  gel^abt,  unb 
biefe  ^tgenf^aft  fei  an  il^nen  erbli^.  Sbenberfelbe  beaeugte  au^,  bog,  menn  man 
bie  ^inber  ber  $arfid  mit  benen  ber  Snbianer  bort  aufammen  fä^e,  bie  Ser- 

35  fd^iebenl^eit  ber  SRacen  in  ber  meinen  Sarbe  ber  erften  unb  ber  gelbbraunen  ber 
ameiten  foglei^  in  bie  $(ugen  falle;  ingleic^en,  bQ%  bie  Snbianer  in  il^rem  IBaue 
nodg  baS  Unterf^eibenbe  an  fic^  ^fttten,  ha%  i^re  @d^enfet  über  bti^  bei  unS  ge- 
»j^^nli^e  Ser^ftltnig  Idnger  »ftren. 


440  9on  ben  Derf^tebenen  9iacen  ber  SRenf^en. 

bieftö  nod^  nid^t  Uoba6)ttt  f)at)  einer  fiberl^aupt  neningerten  Sluto&rme, 
bie  pe  fällig  mad^t,  bie  ${^e  beS  j^lima  ol^ne  SHad^tl^eil  gu  ertragen. 

S)a  l^at  man  nun  SRutl^magungen ,  bie  »enigpen«  (Brunb  genug 
^aben,  um  anbern  3Rutl^magungen  bie  Sßage  gu  l^alten,  toeld^e  bie  S3er« 
fd^iebenl^eiten  ber  SRenfd^engattung  f o  unvereinbar  finben,  bag  fte  bed^alb  & 
lieber  Diele  £oca(f(l^5pfungen  annel^men.  SRit  93oltairen  fagen:  ®ott, 
ber  bas  Stennt^ier  inSapplanb  fd^uf,  um  bai  fSRooi  biefer  !aIten(Begenben 
gu  Dergel^ren,  6er  fc^uf  aud^  bafelbft  ben  Sapplänber,  um  biefeS  Stennt^ier 
gu  effen,  ifi  lein  übler  @infaa  für  einen  S)id^ter,  aber  ein  fd^Iet^ter  Sel^elf 
ffir  ben  ^l^ilofopl^en,  ber  bie  JCette  ber  9latururfa(^en  nid^t  Derlaffen  barf,  lo 
als  ba,  tDO  er  {te  augenfd^einlid^  an  baS  unmittelbare  SSerl^&ngnig  gelnäpft 

SRan  fd^reibt  jje^t  mit  gutem  ®runbe  bie  Derfd^iebenen  Sarben  ber 
®en)dd^fe  bem  burd§  unterfd^ieblid^e  Säfte  gefdDten  @ifen  gu.  S)a  aDeS 
5£^ierblut  @i{en  entl^&It,  fo  l^inbert  und  nid^tS,  bie  Derfc^iebene  f^arbe  u 
biefer  SRenfd^enracen  eben  berfelben  Urfad^e  beigumeffen.  Stuf  biefe  Srt 
»ärbe  etua  bas  Saigfaure,  ober  bad  pl^ospl^orifd^  @aure,  ober  ba«  flfl(^«. 
tig  Saugenl^afte  ber  auSffi^renben  (Bef&ge  ber  $aut  bie  (Sifentl^eild^en 
im  äteticulum  rotl^,  ober  fd^uarg,  ober  gelb  nieberf (plagen.  3n  bem 
®ef(^le(^te  ber  SBei^en  tofirbe  aber  biefeS  in  ben  @&ften  aufgelöfete  @i{en  20 
gar  nid^t  niebergefc^lagen  unb  baburd^  gugleid^  bie  DoHfommene  SRifd^ung 
ber  @dfte  unb  Starte  biefeS  SRenfd^enfd^lagS  Dor  ben  äbrigen  bett)iefen. 
3)od^  biefeS  ift  nur  eine  f^üd^tige  Snreigung  gur  Unterfud^ung  in  einem 
l^elbe,  iDortn  id^  gu  fremb  bin,  um  mit  einigem  Sutraun  auc^  nur  2Rutl^^ 
magungen  gu  »agen.  95 

SBir  l^aben  Dier  menfd^Iid^e  Stacen  geg&l^lt,  worunter  aDe  SRannig^ 
faltigleiten  biefer  ©attung  foEen  begriffen  fein.  SQe  Sbartungen  aber 
bebürfen  bod^  einer@tammgattung,  bie  mir  entueber  für  fd^on  erlofd^en 
ausgeben  ober  ans  ben  Dorl^anbenen  biejenige  auSfud^en  muffen,  toomit 
loir  bie  Stammgattung  am  meipen  Dergleid^en  Idnnen.  f^reilit^  fann  man  so 
ni(^t  l^offen,  jje^t  irgenbtt)o  in  ber  SSelt  bie  urfprünglid^e  menfc^Iid^e  ®e» 
ftalt  unDerdnbert  angutreffen.  @ben  auS  biefem  ^ange  ber  Statur,  bem  93o« 
ben  aQerttdrtiS  in  langen  Seugungen  anguarten,  mug  fe^t  bie  SRenfd^enge« 
ftalt  allenthalben  mit  SocalmobificaKon  behaftet  fein.  SIDein  ber  (Srbftridb 
Dom  Slften  bis  gum  52ften  (Brabe  ber  breite  in  ber  alten  SSelt  (meldte  » 
aud^  in  Slnfe^ung  ber  ^eDblterung  ben  Flamen  ber  alten  SBelt  gu  Derbienen 
f(^eint)  »irb  mit  Sted^t  für  benjlenigen  gel^alten,  in  loeld^em  bie  glfidlid^fte 


^on  bell  Derfi^iebenen  9(actn  ber  ^enfc^en.  441 

SRifd^ung  ber  Sinfläffe  ber  t&ltern  unb  l^etgern  0egenben  unb  attd^  ber 
gtbitt  Steid^t^um  an  @rbgef(^öpfen  angetroffen  ttirb;  too  aud^  ber  SRenfd^, 
meil  er  Don  ba  aus  ju  oDen  SSerpflangungen  gleid^  gut  gubereitet  i{l,  am 
toentgften  oon  feiner  Urbilbung  abgemtd^en  fein  mfi^te.  $ier  finben  »ir 

5  aber  jtoar  loeige,  bod^  brfinette  (Sinuol^ner,  toeld^e  ®eftalt  mir  alfo  ffir 
bie  ber  @tammgattung  n&d^fte  annel^men  »oDen.  SSon  biefer  fd^eint  bie 
l^od^blonbe  t)on  jarter  »eiger  ^aut,  rit^Iid^em  $aar,  bleid^btauenaugen 
bie  n&(^{te  norblid^e  Sbartung  gu  fein ,  meiere  jur  S^it  ber  9l5mer  bie 
norblid^en  ®egenben  Don  S)eutfd^Ianb  unb  (anbem  Setoeidtl^finiern  nad^) 

10  toeiter  ^in  na(^  Often  bis  gum  altaifd^en  ©ebflrge,  aDenodrtS  aber  un^ 
ermeglid^e  SSdIber  in  einem  giemlic^  falten  Srbftrid^e  betool^nte.  !Run  l^at 
ber  (Sinflug  einer  lalten  unb  f endeten  Suft,  meldte  ben  Säften  einen 
^ang  gum  Sforbut  gugiel^t,  enblid^  einen  gemiffen  Sd^Iag  9Renf(^en  l^er» 
Dorgebrad^t,  ber  bis  gur  Seft&nbigleit  einer  Stace  tourbe  gebiel^en  fein, 

15  menn  in  biefem  ßrbftridbe  nic^t  fo  ^&ufig  frembe  SSermifd^ungen  ben 
l^ortgang  ber  Sbartung  unterbrod^en  Ratten.  93ir  lönnen  biefe  alfo  gum 
menigften  als  eine  8nn&^erung  ben  mirtlic^en  Stacen  beig&l^Ien,  unb  als» 
bann  merben  biefe  in  SSerbinbung  mit  ben  9latururfad^en  il^rer  (Sntfiel^ung 
Pd^  unter  folgenben  8(brig  bringen  taffen. 

20  @tammgattung. 

Seige  oon  brünetter  Sarbe. 
Srfte  Stace,  ^od^blonbe  (9{orbI.  @ur.)  oon  feuchter  ^fttte. 
Smeiteälace,  ^ferrotl^e  (Smerit.)  oon  trodlner  J(äUe. 
3)ritte  ätace,  Sd^ttarge  (@enegambia)  Don  feud^ter  $i^e. 
35         SSierte  9lace,  Dlioengelbe  (Snbianer)  oon  trodtner  ^i|e. 


4.  SSon  ben  ©elegenl^eitSurfad^en  ber  ®rünbung 

oerfd^iebener  9iacen. 

SBBaS  bei  ber  aRannigfaltigfeit  ber  Stacen  auf  ber  6rbfld(^e  bie  größte 
6(^nierigtett  mac^t,  toetd^en  (Srfl&rungSgrunb  man  aud^  annel^men  mag, 
30  ift:  ba^  ä^nli(^e  2anb<  unb  ^immelsflrid^e  bod^  nid^t  biefelbe  SRace  ent» 
l^alten,  ba^  Smerifa  in  feinem  l^eigeften  Xlima  feine  oftinbifd^e,  nod^  oiel 
weniger  eine  bem  Sanbe  angeborne  9legergeftalt  geigt,  bag  eS  in  Arabien 
ober  $erfien  fein  einl^eimifc^eS  inbifc^eS  Dlioengelb  giebt,  ungead^tet  biefe 


442  ^on  ben  oerf^tebenen  fRoan  bet  Sü^enf^en. 

£änber  in  j^lima  unb  Suftbefd^affenl^eit  mit  jenem  Sanbe  fel^r  fiberein^ 
lommen,  u.  f. ».  SSad  bie  erfiere  biefer  @(^n)ierigteiten  betri^,  fo  I&gt 
fie  {tdb  aud  ber  8lri  ber  9et)5IIerung  biefeS  ^immelSftrictS  foglidb  genug 
beantoorten.  3)enn  »enn  einmal  burd^  ben  langen  Slufentl^alt  feintf 
StammDoIfö  im  91. 0.  Don  S[fien  ober  beS  benad^barten  Smerita  f{(^  eine  » 
Siace  mie  bie  ie^ige  gegränbet  l^atte,  fo  tonnte  biefe  burt^  feine  fernere 
Sinßüffe  be0  klxma  in  eine  anbere  älace  oerttanbelt  »erben.  3)enn  nur 
bie  @tammbilbung  tann  in  eine  9tace  ausarten;  biefe  aber,  too  fie  einmal 
SBurjel  gefaxt  unb  bie  anbern  j^eime  erftidtt  ^at,  miberjtel^t  aDer  Um« 
formung  eben  barum ,  meil  ber  (Sl^arafter  ber  ätace  einmal  in  ber  Qzü^  lo 
gungisiraft  fibermiegenb  geworben. 

Sßad  aber  bie  2ocaIität  ber  SHegenace  betrifft,  bie  nur  Sfrita*)  (in 
ber  größten  SoQIommenl^eit  @enegambia)  eigen  ift,  ingleid^en  bie  ber 
inbifd^en,  m\6)t  in  biefeiS  Sanb  eingefd^Io^en  ifi  (au^er  too  fte  ofiiodrtd 
l^albft^Iäd^tig  angeartet  gu  fein  fd^eint):  fo  glaube  id^,  bag  bie  Urfad^e  » 
baDon  in  einem  inldnbifc^en  9){eere  ber  alten  3eit  gelegen  ^abe,  toeld^eS 
fotool^I  ^inbiflan,  ali  8(frtfa  oon  anbern  fonft  naiven  Sänbem  abgefonbert 
getialten.  S)enn  ber  Srbftrid^,  ber  oon  ber  ©renge  IDaurienS  über  bie 
SRungalei,  fleine  Suc^arei,  $erfien,  Arabien,  9lubien,  bie  Sal^ara  bis 
6apo  Slanco  in  einem  nur  toenig  unterbrod^enen  Sufammenl^ange  fort»  so 
gel^t,  fte^t  feinem  größten  Sil^eite  nad^  bem  Soben  eines  alten  SReereS 
a^nlid).  S)ie  2&nber  in  biefem  @tri(^e  finb  baS,  toaS  93uad^e  $Iatteform 
nennt,  nämlid^  ^ol^e  unb  mel^rent^eilS  magered^t  gefteüte  ßbenen,  in  benen 
bie  bafelbfl  befinbli(^en  ©ebürge  nirgenb  einen  tteitgeftredtten  Sbl^ang 
l^aben,  inbem  il^r  f^ng  unter  ^origontalliegenbem  @anbe  oergraben  ifl:  n 
ba^er  bie  ^Iflffe,  bereu  eS  bafelbft  »enig  giebt,  nur  einen  birjen  £auf 
l^aben  unb  im  @anbe  Derftegen.  Sie  jinb  ben  SaffinS  alter  SReere  ä^nlid^, 
meil  fie  mit  $ö^en  umgeben  finb,  in  i^rem  ^nmenbigen,  im  ©angen  be« 
trad^tet,  SSofferpag  l^alten  unb  bal^er  einen  Strom  toeber  einnel^men,  nod^ 
auSlaffen,  überbem  aud^  mit  bem  €anbe,  bem  9lieberfd^Iag  eines  alten,  lo 
rul|igen  SKeer«,  gröfetent^eil«  bebecft  finb.  hieran«  wirb  e«  nun  begreif» 

*)  3n  bem  feigen  fübli^en  9BeItftri(^e  gtebt  eS  ou^  einen  Hetnen  @tamm 
\>on  iRegerS,  bie  fic^  biS  au  ben  benachbarten  Snfeln  auiSgebreitet,  \)on  benen  mon 
megen  ber  ^ermengung  mit  SRenf^en  t>on  inbi|(!^em  ^alh\<l^laq  htimf^  glauben 
foUte,  bag  fie  nid^t  biefen  @egenben  angeboren,  fonbem  oor  ^IterS  bei  einer  » 
@emeinf^aft,  barin  bie  ^IRalaQen  mit  ^frifa  geftanben,  na^  unb  na<^  ^erfiber- 
geführt  roorben. 


fßoii  ben  oetfd^tebeiten  SRncen  ber  SRenfd^en.  443 

Ud^:  tt)ie  ber  inbtfd^e  Sl^aratter  in  $erften  unb  Srabien  ni(^t  l^abe  SBurjel 
faffen  (önnen,  bie  bamalS  nod^  jum  S3aifin  eines  SReereS  bienien,  ald 
^inbifian  Dermutl^Iid^  lange  beDolfert  toar;  ingleid^en,  mie  {id^  bie  Sieger« 
race  fotool^I,  als  bie  inbtfc^e  unDermengi  Don  norbif(^em  S3(ute  lange  3^it 

5  erhalten  lonnte,  meil  fie  baDon  burd^  eben  biefed  SReer  abgefd^nitten  toar. 
S)ie  Slaturbefc^reibung  (Sußanb  ber  9latur  in  ber  je^igen  3ett)  i[t  lange 
nid^t  l^inreid^enb,  Don  ber  SRannigfaltigfeit  ber  abartungen  ®runb  an» 
gugeben.  9Ran  mug,  fo  fel^r  man  aud^  unb  gtoar  mit  Sted^t  ber  f^re(^]^eit 
ber  SReinungen  feinb  ifl,  eine  ®efd^i(^te  ber  9latur  loagen,  toetd^e  eine 

lu  abgefonberte  SSiffenfd^aft  ifi,  bie  tool^I  nad^  unb  nad^  Don  SReinungen  gu 
@inftd^ten  forträdlen  fönnte. 


!Die  pl^^ftfd^e  ©eograpl^ie,  bie  xäf  l^ieburti^  anlunbige,  gel^Srt  ju  einer  3bee, 
melti^e  id^  mir  Don  einem  nu^Iid^en  atabemifd^en  Unterrid^t  mad^e,  ben  id^  bie 
Vorübung  in  ber  Jtenntnig  ber  SSelt  nennen  lann.  2)ie[e  SBelttenntnig  ift 

1.)  ed,  »eld^e  baju  bient,  allen  fonfl  ertDorbenen  9Bijfenf(^aften  unb  @e{d^idnid^fetten 
bad  ^ragmatifd^e  gu  oerfd^affen,  baburd^  fie  nid^t  blog  ffir  bie  (Sd^ule, 
fonbern  für  bad  8 eben  brau^bar  werben,  unb  »oburd^  ber  fertig  geworbene 
8e]^rling  auf  ben  Sc^aupla^  fetner  93e{timmung,  nAmIi(^  in  bie  98elt,  einge- 
führt »irb.  i>kx  liegt  ein  gmiefad^ed  Selb  Dor  i^m,  moDon  er  einen  Dorldufigen 

3ü  9(brig  nStl^ig  l^at,  um  aOe  fünftige  Srfal^rungen  barin  nad^  Siegeln  orbnen  gu 
fSnnen:  ndmlid^  bie  Statur  unb  ber  9Renfd^*  Seibe  @tudFe  aber  mfijfen  barin 
foSmoIogif (^  ermogen  merben,  ndmlic^  nid^t  nad^  bemienigen,  mad  il^re  ®egen- 
ftdnbe  im  @ingelnen  SRertofirbiged  entl^alten  (^l^^fit  unb  empirifd^e  (Seelen- 
lel^re),  fonbern  »ad  i§r  Ser^dltnig  im  (Sangen,  »orin  {ie  {teilen  unb  barin  ein 

25  ieber  [elbft  [eine  SteUe  einnimmt,  und  angumerlen  giebt  2)ie  erftere  Unter* 
meifung  nenne  i(^  p^Qfifc^e  ©eograpl^ie  unb  babe  fie  gur  @ommerDorIe[ung 
beftimmt,  bie  gmeite  9(ntl^ro))ologie,  bie  icbfur  benäBinter  aufbel^alte.  2)ie 
übrige  SSorlefungen  biefeS  balben  Sabred  ftnb  fc^on  ge^origed  Drtd  offentlid^ 
angegeigt  »orben.O 

30  *)  Die  Worte  S)te  —  morben,  welche  in  A'  hinter  der  Abhandlung  folgen, 

fehlen  in  A'. 


YY-tT 


6a$  '^^tfanf^ropin  ßetreffenb. 


1. 

©effau  1776. 

erfted  @täd  beS  p^ilantl^ropinifd^en  ^xii\t>&,  mitgetJ^eilt  Don  Der« 
brüberten  3ugenbfreunben  an  ä^ormfinber  ber  SRenfd^l^eit,  befonberiS 

6         loeld^e  eine  ©c^uberbefferung  beginnen,  unb  an  SSäter  unb  SRfitteri 

tt)el(4e  jfinber  xn^  Seffanifd^e  ^l^ilantl^ropin  fenben  loollen. 

Stiematö  ift  loo^l  eine  billigere  ^orberung  an  ba&  menfd^Uc^e  ®e« 

fd^Ied^t  getl^an  unb  niemaliS  ein  fo  groger  unb  {t(^  felbft  ausbreiten  ber 

Stu^e  baffir  uneigennfi^ig  angeboten  loorben,  atö  eS  l^ier  Don  Ferren  Sa» 

10  febom  gefd^iel^t,  ber  fic^  fammt  feinen  rul^mmürbigen  Sßitgel^ülfen  l^ie^: 
mit  ber  äßo^Ifa^rt  unb  SSerbefferung  ber  SRenfc^en  feierlid^  gemeint  ^at. 
S)aS,  Mooxan  gute  unb  f(^Ie(]§te  jföpfe  ^^^rl^unberte  l^inburd^  gebrütet  fja^ 
ben,  koaS  aber  o^ne  ben  feurigen  unb  ftanbbaften  (Sifer  eines  einjigen 
einfel^enben  unb  ruftigen  3RanneS  nod^  eben  fo  Diel  S^^rl^unberte  in  bem 

15  @(^ooge  frommer  9Bünf(]§e  mürbe  geblieben  fein,  ndmlid^  bie  dd^te,  ber 
9latur  foiDol^I  als  aKen  bürgerli(]§en  Qmizn  angemeffene  Srjiel^ungS» 
anftolt,  baS  fielet  {e^t  mit  feinen  unerniartet  fd^nellen  äBirlungen  mirllid^ 
ba  unb  forbert  frembe  93eiplfe  auf,  nur  um  ftd^,  fo  mie  fte  fe^t  ba  ift,  gu 
ertoeitern,  il^ren  @amen  über  anbere  £finber  auS^uftreuen  unb  il^re  &aU 

90  tung  gu  Dereioigen.  S)enn  barin  l^at  iaS,  loaS  nur  bie  (Sntmidelung  ber 
in  ber  Sßenfc^l^eit  liegenben  natürlichen  Anlagen  ift,  einerlei  @igenf(]§aft 
mit  ber  allgemeinen  SRutter  9latur:  ba^  fte  il^re  @amen  nid)t  auSgel^en 
Idgt,  fonbern  |i(^  felbft  DerDielfdltigt  unb  il^re  ©attung  erl^dlt.  3ebem 
gemeinen  äBefen,  febem  einzelnen  äBeltbürger  ift  unenblid^  baran  gelegen, 

95  eine  Slnftalt  lennen  gu  lernen,  moburc^  eine  gang  neue  Drbnung  menf^« 
Ii(]§er  Singe  anl^ebt  (man  !ann  ftd^  Don  berfelben  in  biefem  9(rc{)iD  unb 
ber  Safeboio'fd^en  @(!^rift:  f^fir  JfoSmopoUten  (Sttoai  gu  lefen  k.  k. 


448  tbtffAte,  bo«  f^f^anäfoipm  Mrefffnb. 

bdel^ren),  unb  bte,  tDenn  fte  f^nell  an^ebreitet  toirb,  eine  fo  gtofte  nnb 
f 0  toett  l^inandfel^be  Steform  int  fSritKitleben  f o»o^I|  att  int  bfirgeriictai 
SBefen  hervorbringen  mng,  al8  man  ft^  bei  flfi^tigent  Süd  ni^t  leii^t 
Dorflenen  mö^te.  Um  beSmtOen  ifl  ti  and^  ber  etgentli(i[|e  Senif  febe^ 
SRenf^enfrennbeS,  btefen  no^  garten  Jteim,  fo  i^iel  an  i^m  ifl,  mit  6org«    » 
fall  )u  pflegen,  )u  befdi|ü|en,  ober  t^n  ttenigflenS  bem  Sc^n^e  berer,  bie 
mit  einem  gnten  SBiOen  bad  Vermögen  oerbinben  (Snted  ^u  t^nn,  nnab» 
Idfftg  gu  empf eitlen;  benn  toenn  er,  toie  ber  glüAt^e  8nfang  hoffen  Idgt, 
einmal  jum  oollftinbigen  Sa(i[|dt]^ume  gelangt  fein  toirb,  fo  merben  bie 
grfl^te  beffelben  ft^  balb  in  aOe  Ednber  nnb  bis  )nr  fpiteflen  Sla^fom«  10 
menfi^aft  oerbreiten.   9)er  13  te  SRai  ffl  in  biefer  abft^t  ein  mid^tiger 
Sag.  auf  benfelben  labet  ber  feiner  €a4e  ge»iffe  SRann  bie  gele^rtefle 
unb  einfe^enbfte  SR&nner  bena(]§barter  @t(ibte  nnb  Untoerfit&ten  gum 
@4auen  bedjenigen  ein,  toai  fie  blogen  (Srg&^Inngen  ju  glauben 
fd^koerli^  tt)ürben  bemogen  toerben  fbnnen.  3)a8  ®ute  ^at  eine  unmiber^  u 
ftel^Iid^e  (gemalt,  loenn  tS  angefd^auet  koirb.  2>ie  6timme  oerbienfboDer 
unb  beglaubigter  S)eputirter  ber  SRenf^l^eit  (»ooon  tt)ir  eine  gute  in ja^l 
gu  biefem  Songreffe  loflnfc^en)  mflgte  bie  aufmerffamfeit  (SuropenS  auf 
bai,  load  fie  fo  na^e  angelet,  notl^wenbig  rege  mad^en  unb  ed  gur  tl^&tigen 
S^eilne^mung  an  einer  fo  gemeinnfi^igen  Snftalt  belegen.  3e^t  mu^  » 
ti  fc^on  febem  SRenfd^enfreunbe  gum  größten  Sergnügen  unb  gu  nid^t 
minber  reigenber  Hoffnung  ber  ^Rad^folge  eines  fo  eblen  SeifpielS  gerei« 
d^en:  ba^  (loie  in  ber  legieren  S^i^ung  gemelbet  morben)  baS  tß^ilant^ro« 
pin  bur4  eine  anfel^nlid^e  93ei^filfe  Don  ^ol^er  $anb  megen  feiner  9ort< 
bauer  ge^d^ert  loorben.  @8  ift  bei  fold^en  Um{linben  au^  ni(^t  gu  gmei«  sd 
fein:  bog  nic^t  oon  allerlei  ©egenben  $en|ioniften  l^ingu  eilen  foDten,  um 
fi(^  in  biefer  Snftalt  bie^lfi^e,  baran  ed  oielleid^t  balb  gebrechen  .mbd^te, 
gu  oerfid^ern;  voaS  aber  benen,  bie  eine  fd^neUe  Ausbreitung  bed  ®nten 
fel^nlid^  loünfd^en,  am  meiflen  am  bergen  liegt,  n&mlid^  baS  Sbfenben  ge« 
fd^icfter  6anbibaten  na(^  3)effau,  um  fid§  in  ber  pl^ilant^ropifd^en  @rgie*  so 
^ungSart  gu  belel^ren  unb  gu  üben,  biefeS  eingige  Mittel,  in  furgem  aller« 
lodrtS  gute  @d^ulen  gu  l^aben,  baS  fd^eint  eine  ungefdumte  Sufmerffamfeit 
unb  gro^mflt^igen  Seiftanb  oermögenber  ©önner  oorgfiglid^  gu  erforbern. 
3n  ISraartung:  bag  biefer  äBunfd^  aud§  balb  in  feine  (Srffillung  gel^e,  ifi 
es  allen  Seigrem  foioo^I  in  ber  ^x'voaU  aU  5ffentlid^en  Sc^uluntemeifung  » 
fe^r  gu  empf eitlen:  ft^  ber  Safeboio'fc^en  @(^riften  unb  oon  il^m  l^rauS« 
gegebenen  Sc^ulbfid^er  fokool^I  gu  eigener  SSelel^rung,  als  ber  legieren  gur 


«uffA^e,  bad  9^tIant(ropm  Utnfftnh.  449 

Übung  i^rer  otiDertrauten  Sugenb  gu  bebienen  unb  baburd^,  fo  üiel  als 
oorldufig  gef(|)e^en  lann,  i^re  Unteraeifung  fcbon  fe^t  pl^ilantl^ropifc^  gu 
machen.  Stofltt  in  ber  Jtanterfd^en  Sud^^anblung  15  gr. 


2. 

5  an  bad  gemeine  Sefen. 

68  fe^lt  in  ben  gefttteten  Sdnbern  üon  (Suropa  ni^t  an  ßrgiel^ungS« 
anftalten  unb  an  tool^Igemeinteni  Slei^e  ber  Seigrer,  febermann  in  biefem 
@tflde  gu  S)ien{len  gu  fein,  unb  gleic^mol^l  ift  ed  ie^t  einleud^teub  betDi^ 
fen,  ba^  fie  inSgefammt  int  erften  3uf4nitt  i^erborben  finb,  ba^,  meti  aOeS 

10  barin  ber  Slatur  entgegen  arbeitet,  baburc^  bei  miUm  ni(^t  bai  ®ute  auS 
beut  SRenfd^en  gebracht  merbe,  toogu  bie  9latur  bie  8nlage  gegeben,  unb 
bag,  »eil  tt)ir  t^ierifd^e  ®efd^5))fe  nur  bur«^  auSbilbung  gu  SRenf^en 
gemacht  »erben,  mir  in  lurgein  gang  anbre  SRenfc^en  um  un8  fe^en  »ür* 
ben,  »enn  biefenige  Srgiel^ungSmet^obe  aDgemein  in  @4»ang  Idme,  bie 

»  »eiSli^  Qu8  ber  Statur  felbft  gegogen  unb  nid^t  Don  ber  alten  ®e»o]^n« 
l^eit  Dörfer  unb  unerfal^rener  3^itatter  fHaotfc^  nac^geal^mt  »orben. 

(6i  ifi  aber  oergeblid^  biefed  $eil  beS  menf4Ii(|)en  (Sef^Ie^t«  oon 
einer  aOmd^Ud^en  ©(^utoerbefferung  gu  erwarten.  @ie  muffen  umge« 
fd^affen  »erben,  »enn  et»ad  (8uteS  aud  i^nen  entfielen  foD:  »eil  fie  in 

M  i^rer  urfprfinglid^en  Sinri^tung  fe^Ier^aft  {tnb,  unb  felbfi  bie  Seigrer  ber« 
felben  eine  neueSilbung  annehmen  muffen«  Slid^t  eine  langfameSlef  orm, 
fonbem  eine  f^neOe  ateoolution  fann  biefeS  bemirfen.  Unb  bagu  gehört 
nii^tfl  »eiter,  atö  nur  eine  @d^ule,  bie  nad^  ber  deuten  SRet^obe  oon 
(Srunbe  auS  neu  angeorbnet,  oon  aufgeRdrten  SRdnnern  ni^t  mit  lo^n« 

2»  faltigem,  fonbem  ebelmfltl^igem  ISif er  bearbeitet  unb  »dl^renb  i^rem  gfort» 
fd^ritte  gur  SoDfommenl^eit  i^on  bem  aufmerifamen  8uge  ber  jCenner  in 
aDen  Sdnbern  beobachtet  unb  beurt^eilt,  aber  au^  burd^  ben  i^ereinigten 
Seitrag  aller  9tenf(benfreunbe  biö  gur  (Srreid^ung  il^rer  SSoDfidnbigfeit 
unterftfl^t  unb  fortgeholfen  »flrbe. 

90  (Sine  foI(4e  6(^ule  ift  nic^t  blo^  für  bie,  »eld^e  fte  ergießt,  fonbern, 
»eld^eS  unenblid^  »ic^tiger  ift,  burd^  biejenige,  benen  fie  (Selegenl^eit 
giebt,  f{4  na(^  unb  na^  in  groger  3a^t  ^^i  '^^^  ^(^^  ^^  »a^ren  Sr« 

jrait'l  Ct^riftfi.    9cifc  U.  29 


450  Sluffä^f,  hai  $^t(ant^ropin  betreffenb. 

giel^ungSmet^obe  gu  Beßrem  }u  bilben,  ein  @amforn,  ))ermitte(ft  beffen 
forgfältlger  ^fließe  in  furjcr  Seit  eine  5WenflC  »ol^l  untcrtticfcncr  ^c^rer 
eraat^fen  fann,  bie  ein  gangeS  2anb  balb  mit  guten  Sd^ulen  bebecten 
merben. 

2>ie  Semü^ungen  \>ti  gemeinen  SefenS  aOer  Sänber  foDten  nun  5 
barauf  guerft  gerietet  fein,  einer  folcben  Wufterfd^ule  Don  aOen  Orten 
unb  ßnben  ^anbrei^ung  gu  tl^un,  um  jte  balb  gu  ber  gangev  SSoIirommen« 
l^eit  gu  verhelfen ,  bagu  {te  in  {td^  felbfl  fc^on  bie  QueDen  entl^filt.  3)enn 
il^re  Einrichtung  unb  Anlage  fofort  in  anberen  Sänbern  nac^al^men  gu 
tDoUen  unb  {te  felbft,  bie  baS  erfte  üoDftfinbige  Seifpiel  unb  ^flangfc^ule  lo 
ber  guten  ßrgiei^ung  merben  foll,  inbeffen  unter  SRangel  unb^inberniffen 
in  il^rem  f^ortfcl^ritt  gur  SSoDtommenl^eit  aufhalten,  bai  ^eigt  fo  utel:  oU 
ben  @Qmen  Dor  ber  Steife  auöfden,  um  ^ernad^  Uniraut  gu  ernten. 

6ine  fol^e  (Srgie^ungSanflalt  ift  nun  nid^t  mel^r  blog  eine  ft^dne 
3bee,  fonbern  geigt  ftc^  mit  fid^tbaren  Semeifen  ber  Sbanlic^feit  beffen,  15 
»Q«  Idngft  geiDfinfd^t  morben,  in  t^&tigen  unb  {td^tbaren  Semeifen.  ®e» 
mig  eine  (Srfd^einung  unferer  Seit,  bie,  obgmar  Don  gemeinen  Sugen  über« 
fe^en,  iebem  Derftdnbigen  unb  an  bem  SBol^I  ber  äRenfc^^eit  t^eUnel^men* 
ben  Sufc^auer  üiel  mic^tiger  fein  mug,  a\&  ba8  gidngenbe  3l\6itS  auf  bem 
iebergeit  uerdnbeilidden  @(^aupla^e  ber  großen  äßelt,  U)oburd^  baS  93efte  30 
bed  menfc^Uc^en  ®efd^led^ts,  mo  nic^t  gurftcfgefe^t,  bod§  ni^t  um  ein  ^aar 
breit  meiter  gebrad^t  mirb. 

S)er  bffentUd^e  9hif  unb  Dornel^mli^  bie  Dereinigte  @timmen  ge« 
miffen^after  unb  einfel^enber  jfenner  au8  Derfd^iebenen  S&nbern  merben 
bie  Sefer  biefer  S^itung  fc^on  baS  2)effauifd^e  (Sbucationdinftitut  n 
(^^iläntl^ropin)  a\»  bai&ienige  eingige  (ennen  gelehrt  l^aben,  »a«  biefe 
aRerfmale  ber  93ortreffIi(^feit  an  ftd^  trdgt,  kooDon  e«  eine  nid^t  ber  ge< 
ringften  ift:  bag  eiS  feiner  (Sinrid^tung  gemdg  aDe  il^m  im  anfange  etma 
nod^  an^&ngenbe  ^el^Ier  natürlid^er  SBeife  Don  felbft  abnierfen  mug.  S)ie 
bamiber  {td^  ^ie  ober  ba  regenbe  SlnfdÜe  unb  büstoeilen  Sc^md^fc^riften  so 
(bereu  eine,  ndmlid^  bie  SRangeUborfifc^e,  neuerlich  Don $enn 93afe* 
boio  mit  ber  eigentl^ümlic^en  äBflrbe  ber  Sted^tfd^affenl^eit  beanttoortet 
un)rben)  finb  fo  gemö^nlidje  ©riffe  ber  Slabelfuc^t  unb  bed  {td^  auf  feinem 
3Rifte  Dert^eibigenben  alten  ^erfommenS,  ba^  eine  rul^ige  ©leid^gülttg« 
U\t  biefer  9irt  £eute,  bie  auf  aUeS,  xoaS  ftd^  atö  gut  unb  ebel  anlftnbigt,  ss 
iebergeit  ]^dmif(^e  Stiele  "loerfen,  Dielmel^r  einigen  SSerbac^t  megen  ber 
äßittelmdgigfeit  biefeiS  fid^  er^ebenben  ®uten  erregen  m&^te. 


$[uff&^e,  bod  ^^tlant^ropin  betreffenlr.  451 

ffilefem  ^npltutc  nun ,  m\6)ti  bct  aWcnfc^l^cit  unb  alfo  Icr  Sl^ciU 
nel^mung  iebeiS  SBeltbfirgerS  gemibmet  ift,  einige  $ulfe  gu  leiften  (meiere 
einzeln  nur  Hein,  aber  bur(i^  bie  SRenge  mid)tig  nerben  fann)  mirb  ie^t 
bte  (Selegettl^eit  bargeboten.   äBoIlte  man  feine  SrftnbungiSfraft  anftren- 

5  gen ,  um  eine  ©elegenl^eit  gu  erbenfen ,  loo  burdd  einen  geringen  Seitrag 
\iai  grogtmoglid^e,  bauerl^aftefte  unb  allgemeine  ®ute  be[5rbert  merben 
fönnte,  fo  mügte  eö  bo(!^  biej|enige  fein,  ba  ber  @ame  beiS  ®uten  felbft, 
bamit  er  ftd^  mit  ber  ^t\\  verbreite  unb  Deremige,  gepßegt  unb  unterl^al* 
ten  merben  fann. 

10  S)iefen  SSegriffen  unb  ber  guten  SReinung  gufolge,  bie  loir  un8  Don 
ber  2i^^  mol^I  benfenber  ^erfonen  unfereS  gemeinen  SBefend  mad)en,  be« 
giel^en  mir  un8  auf  baiS  21fte  @tud  biefer  geleierten  unb  politifc^en  S^i» 
tung  jufammt  ber  93eilage  unb  feigen  einer  gal^Ireidjen  Pränumeration 
entgegen:  oon  allen  Ferren  beiS  geiftlid^en  unb  Sd^ulftanbed,  Don  @Itern 

15  uberl)au{)t,  benen,  maö  ju  befferer  93ilbung  i^rer  jfiuber  bient,  nid^t  gleich« 
gültig  fein  fann,  ja  felbft  Don  benen,  bie,  ob  ftegleid^nid^t  j^inberl^aben, 
bod^  e^ebem  ald  j(inber  Srgiel^ung  genoffen  unb  eben  barum  bie  SSerbinb» 
Ui^^feit  ertennen  merben,  mo  nid^t  gur  ä^erme^rung,  bod^  menigftenS  gur 
93ilbung  ber  ^enfd^en  baiS  irrige  beigutragen. 

20  9(uf  biefe  Don  bem  2)effauifc^en  Sbucationdinftitut  l^erauSfommenbe 
SRonatdfd^rift  unter  bem  Sitel  ^Abagogifc^e  Unterl^anblungen 
mirb  nun  bie  Pränumeration  mit  2  SÜtl^Ir.  10  gr.  unferS  ©elbeö  ange» 
nommen.  $lber  ba  megen  ber  no(^  ni(f)t  gu  beftimmenben  Sogenga^I  am 
(Snbe  beS  ^(AjXt^  einiger  9lad^fdbug  Derlangt  merben  fönnte,  fo  mürbe  ti 

25  Dielleid^t  am  beften  fein  (bod^  mirb  biefed  iebermannd  ä3eUebeu  an^eim 
geftellt),  ber  93ef5rberung  biefeS  äSerfö  einen  S)ufaten  Pränumeration^« 
meife  gu  mibmen,  mo  aldbann  {ebem,  ber  ed  oerlangen  mürbe,  ber  äber> 
fc^ug  richtig  gurüctbegal^lt  merben  foD.  3)enn  gebac^ted  ^nfiitut  mad^t 
ftdb  bie  Hoffnung:  ba^  ed  Diele  ebelbenfenbe  $erfonen  in  aOen  Säubern 

30  gebe,  bie  eine  folc^e  ®elegenl)eit  midig  ergreifen  mürben,  um  bei  biefer 
SSeranlaffung  über  ba8  ^ränumerationSquantum  noc^  ein  freimilligeS 
fleineS  ©efc^enf,  atö  einen  ^Beitrag  gur  Unterftü^ung  bed  feiner  93oIl' 
fommenl^eit  na^en,  aber  burd^  ben  ermatteten  93eiftanb  nid^t  bei  Seiten 
fortgel^olfenen  S^^ftitutiS,  l^ingu  gu  fügen.   S)enn  ba,  mie  ^err  D.  6. 9%. 

35  Süf^ing  (mödjentl.  giatfer.  S.  1776.  ©tütf  16)  fagt,  bie  Regierungen 
{ewiger  3^it  gu  ^d^ulDerbefferungen  fein  ®elb  gu  l^aben  fd^einen,  fo  mirb 
ed  bod^  enblic^,  mofern  fold^e  nid^t  gar  ungefd^el^en  bleiben  foH,  auf  be* 

29* 


452  KttffAt^e,  bod  ^^ilantttotrfn  beireffenb. 

mittelte  $r{))at))erfonen  anfontmen,  biefe  fo  loi^tige  oDgemeine  8ngele« 
gen^ett  burd^  grogmfitl^igen  Seitrag  felbfi  ^u  befirbem. 

2)ie  ^ftnumeration  i^iefiged  Drtd  mirb  bei  {)emt  ^of .  Jtant  in  ben  Sor- 
mittagdflunben  Don  10  bid  9ta(bmittag  gegen  1  Vi^x  unb  in  ber  $anterf<^en  Sudb- 
banblung  )u  aBer  Seit  gegen  ^r&numerationdfd^ein  abgegeben. 


Anmerkungen. 


cßnitDUti  itnb  'gCnRünbigung  eines  ^olTegti  bei 

p(t)|)f($en  ^eogrop^ie. 


Herausgeber:  Paul  GedaD. 


EinleitaDg. 

Die  Schrift  diente  als  Einladung  zu  Kants  Vorlesungen.  Ihre  Datirung 
auf  das  Jahr  1757,  wie  sie  Borowski  giebt,^)  ist  sichergestellt  durch  den  zuerst 
von  £.  Amoldt  mitgetheilten  Censurvermerk:*)  den  13.  April  1757.  M.  Immanuel 
Kants  (Snttourf  unb  ^nffmbigung  etned  6ot(egii  ber  $bt)fifcf}en  ©eograp^ie. 

Ein  Originaldruck  der  Schrift  war  den  Herausgebern  der  s&mmtlicfaen  Werke 
nicht  zugänglich,  die  Ausgabe  verdankt  einen  solchen  dem  Paulus-Museum  ih 
Worms.  Die  Yergleichung  ergab,  dass  in  dem  ersteü  Neudruck  der  Schrift,*)  auf 
welchen  alle  späteren  sich  stützten,  Auslassungen  vorgenommen  worden  sind.  Es 
fehlt  die  Colleganzeige  (oben  9ao~10ii)  und  die  Überschrift  zu  der  furzen  Se* 
trac^tung  (oben  10i3-i5).  Die  Colleganzeige  bringt  eine  neue  Bestätigung^)  dafür, 
dass  das  Colleg  über  Physische  Geographie  im  Sommersero ester  1757  gelesen 
wurde  und  ergänzt  ausserdem  das  Yerzeichniss  der  uns  bekannt  gewordenen 
Vorlesungen  Kants.*) 

Drucke:  Tl.  Srnmonuel  S^ani^  (Snttourf  unb  ^nfünbiguug  eineS  6o0egU 
ber  pt)^flfd)en  ©eogrop^ie,  nebft  bem  ^n^ange  einer  furzen  iBetrod^tung  über  bie 
groge:  ob  bie  SBeftminbe  in  unfern  ®egenben  borum  feucht  fe^n,  metl  f!e  über 
ein  groffe«  ÜReer  [treiben. 


')  Darstellung  des  Lebens  und  Characters  Immanuel  Kant's  von  L.  £.  Bo- 
rowski, 1804,  S.  56. 

*)  Act.  Fac.  Philos.  Tom.  V  p.  252.  Vgl.  £.  Amoldt,  Kritische  Excurse  im 
Gebiete  der  Kantforschung,  1894,  S.  285. 

')  Sammlung  einiger  bisher  unbekannt  gebliebenen  kleinen  Schriften  von 
Immanuel  Kant    Zweite  sehr  vermehrte  Auflage  1807  (Nicolovius),  S.  336—350. 

^)  In  den  Act.  Fac.  Phil.  a.  a.  0.  findet  sich  unter  dem  13.  April  die  An- 
zeige des  Collegs  über  Physische  Geographie. 

»)  Vgl.  E.  Arnoldt  a,  a.  0.  S.  525/6. 


456    Snttourf  tuib  tinffinbigung  eined  Sonegit  bct  p^^flf^m  flleograp^ie. 

Am  Ende  der  Schrift  steht  unter  der  Schlussliaie:  Mnigdberg,  gebnidft  bc9 
3.  9'  S)rtefl,  Adnifil.  ^reufi.  pHoU.  8ud)brutfer. 

Ein  Neudruck  ist  zu  Lebzeiten  Kants  nicht  erfolgt 


Sachliche  ErUatemngeii« 

4 14  eorcniud]  Vgl.  E.  lu  I  4449. 

4 14  9u{fon]  Vgl.  Histoire  naturelle  g^n^rale  et  particuliere,  1749  ff..  Bd.  L 

4i5  8ulof0]  Vgl.  E.  zu  1 4449. 

4 17  Steifen]  » Allgemeine  Historie  der  Reisen  zu  Wasser  und  zu  Lande*, 
Amsterdam,  1747—74.    21  Bde. 

417.18  ®öttinflif(!6e  ~  Reifen]  ^Sammlung  neuer  und  merkwürdiger  Reisen  zu 
Wasser  und  zu  Lande.*    Gottingen,  1750—57.    11  Theile. 

4 18  bod  ^amburgifd^e  SOVaga^in]  »Das  Hamburgische  Magazin  oder  Ge- 
sammelte Schriften  aus  der  Natur,  Vorsehung  und  gesammten  Wissenschaften." 
Hamburg,  1748—63.    26  Bände. 

4 18  Seipiiger  ^Dloga^in]  „Allgemeines  Magazin  der  Natur,  Kunst  u.  Wissen- 
schaften.''   Leipzig,  1753—61.    12  Bände. 

85  SinnAud]  Die  Hypothese  Linne's  wird  in  §  77  der  Rink'schen  Ausgabe  der 
Physischen  Geographie  dargestellt:  ®ott  bobe,  ha  bie  gan^e  (Erbe  anfAngIi(!b  mit 
SReer  bebecft  mar,  eine  einjige  Snfel,  bie  flc^  in  ein  Oebirge  erl^ob,  unter  ben 
Äquator  gefegt,  barauf  ober  aUe  oerf^iebene  8rten  oon  Sbteren  unb  ^flanjen 
na4  bet  8erf(!^iebenbett  ber  SSArme  unb  Mlit,  bie  ben  t>erf(!biebenen  ^dben  gemdg 
mar,  b^^^ufgefe^t.  S)iefe  Snfel  fyiht  iAbtli(!b  bur(!b  bod  tJinfpfilen  ber  ©ce  neucd 
8anb  gemonnen,  unb  fo  fei  aüed  fefte  8anb  in  ber  golge  Dieler  Sa^r^unberte  bur4 
ben  9lnn)Q(!bd  beö  SReered  entflonben. 

829  SBoobmarb]  John  W.,  geb.  1665  in  Derbyshire,  gest  1728  in  Gresham 
College.  —  Von  seinen  geographisch-geologischen  Werken  seien  erwähnt;  .An 
essay  towards  a  natural  history  of  the  earth'  (London  1695  S  1702  >,  1723', 
1726^;  lateinische  Übersetzung  bei  Scheuchzer,  Historia  Telluris);  »Specimen 
Geographiae  Physicae*'  (Zürich  1704);  „An  attempt  towards  a  natural  history 
of  the  fossils  of  England**  (London  1728—29).  Woodward  glaubte,  bie  Sfinb« 
flut  f^abt  olle  aRatede  ber  Srbe,  aRetaÜe,  Steine,  Srbe  u.  f.  m.  oufgeUft,  biefe 
ober  bAtte  f!(^  no^  unb  na6)  gefenft,  boraud  »Aren  bie  Srbf^i^ten  entfianben, 
bie  Diele  Körper  frember  ^rt  in  ficb  f^Iiegen.  (Rinks  Ausgabe  der  Phys.  Geo- 
graphie.) 

829  Surnet]  Thomas  B.,  geb.  um  1635  in  Croft,  gest  1715  in  Charterhouse. 
Er  veröffentlichte  seine  Theorie  unter  dem  Titel  »Telluris  theoria  sacra,  orbis  nostri 
originem  et  mutationes  generales,  quas  aut  jam  subiit  aut  olim  subiturus  est,  com- 
plectens'.  (2  Bände  1681:  de  Diluyio  et  Paradiso ;  Bd.  3  u.  4  1689:  de  con- 
flagratione  mundi  et  de  futuro  rerum  statu.)  Der  erste  Theil  seines  Werkes  ist 
eine  Geologie  neptunistischen  Charakters,  entbehrt  jedoch  wissenschaftlicher  Be* 


Leaarten.    Orthographie,  Interpunetion  und  Sprache.  457 

grnndong  und  fand  daher  Yon  mehreren  Seiten  lebhaften  Widerspruch.  In  einem 
zweiten  Werke,  «Archaeologiae  Philosophicae  sive  doctrina  antiqua  de  rerum 
originibus*'  (1693),  versuchte  B.  seine  Theorie  weiter  auszubauen. 

8»  fB^tflon]  Vgl.  E.  SU  I  465 u.  Die  geologischen  Veränderungen  be- 
trachtete W.  als  Einwirkungen  Ton  Kometen,  die  Erde  war  nach  seiner  Meinung 
im  Anfange  selbst  ein  Komet    (Rinks  Ausgabe  der  Phys.  Geographie  §  77.) 

829  Sdbni)]  Die  Yon  Kant  berührte  Hypothese  findet  sich  in  der  Schrift 
»Protogaea*.  Diese  entstand  1691  als  Ergebniss  der  Studien  Leibnizens  über 
den  Bergbau  im  Harz.  Die  Leipziger  „Acta  eruditorum*  yeröifentlichten  1693 
nur  einen  Abriss  der  Schrift,  das  ganze  Werk  wurde  erst  1749  aus  dem  Nach- 
lasse des  Philosophen  von  Christian  Ludwig  Scheid  herausgegeben,  und  zwar 
unter  dem  Titel:'  .Protogaea  sive  de  prima  facie  telluris  et  antiquissimae  histo- 
riae  vestigüs  in  ipsis  naturae  monumentis  dissertatio*'.  Nach  Leibnizens  Ansicht 
folgte  auf  eine  plutonische  Urbildung  der  Erde  eine  neptunische  Umbildung. 

829  SBuffon]  B.  meinte,  die  Strömungen  des  die  ganze  Erde  bedeckenden 
Urmeeres  hätten  die  Unebenheiten  und  Gebirge  bewirkt,  das  Meer  hätte  sich 
nach  und  nach  zurückgesogen  und  die  Höhen  trocken  gelassen.  (Rinks  Ausgabe 
der  Phys.  Geographie  §  77.) 

10»  aRudf^enbroef]  VgL  E.  zu  I  118»,  E.  zu  149323. 

Uli  Stolbt]  Peter  K.,  richtiger  Kolb  (1675—1726).  Hauptwerk:  Caput 
Bonae  Spei  Hodiemum.  Das  ist  Vollständige  Beschreibung  des  Africanischen 
Vorgebirges  der  Guten  Hofnung,  1719,  abgekürzte  Ausgabe  1745. 


Lesarten. 

52S  (Sirfni^er]  (Sjimitier  ||  9u  in]  Frey  um,  auf?  Nicolovius 

Paul  Gedan. 


Orthographie,  Interpanetioii  und  Spraehe. 

Vorbemerkung.  Die  vier  kleinen  Schriften,  welche  den  II.  Band  ein- 
leiten, sind  sich  zwar  zeitlich  benachbart  und  zum  Tbeil  aus  demselben  Verlage 
hervorgegangen;  trotzdem  ist  eine  zusammenfassende  Behandlung  ihrer  sprach- 
lichen Erscheinungen  nicht  zweckmässig.  Zwar  fehlt  es  nicht  an  gemeinsamen 
Eigenthümlichkeiten,  doch  lassen  sich  solche  auch  in  Drucken  verschiedener 
Jahrzehnte  nachweisen,  ohne  dass  wir  darum  zu  einer  Zusammenstellung  schreiten 
müssten,  und  ihre  Unterschiede  sind  zahlreich  genug  und  erklären  sich  rielfach 
aus  dem  verschiedenartigen  Inhalt. 

Qrthofraphle«  Der  Vocalismus  in  Sntmurf  unb  tCnfünbigung  eined 
(SoUegii  ber  pt^^fifc^en  (Beogropt^ie  weist  mehrmals  e  statt  A  auf:  ermeget,  netn« 
Ii(^,  anbertpertd;  ee  in  Sd^meere;  sehr  häufig  ep:  Senfble^,  ^te^^eit,  SD^e^nung 


458    Cnttoutf  uitb  tCnffinbiüutig  eined  GoflegU  lex  p^^fif^en  fllebgro^^ie. 

(auch  aReinung),  aioe^,  ame^ter,  be^be,  bre^fadb»  bc^,  aUnltt^,  feuerft^e^mb,  fep, 
fe^n  (Verb.);  dazu  a\)  in  8^0^.  —  Gonsonanten.  Dehnnngs-]^  fehlt  in  Dor» 
nemt((!^,  ^öte;  es  stört  in  ^ttx^öfjimt,  Sßkberbo^Iung,  oerlol^n.  Dasu  kommt 
t^:  9ltbntofp]^Are,  @4i{fart]^,  SRonat^e.  Der  stimmlose  Chittural  erscheint  als  c 
in  Klimata  trots  griechischer  Abkunft,  sehr  h&ufig  als  cf  im  Auslaut  und  Tor  t: 
$]^9H(fr  So0i(t,  WlHapffißd  u.  a.,  @truAur,  $robu<Itei  (SonredTtton.  Ferner  stört 
die  Schreibung  des  scharfen  f- Lautes:  ff  nach  langen  Vocalen  in  groffed,  flteffen, 
beitfe,  auffer  imd  vielen  anderen,  6  im  Auslaut,  so' (Srbfreig,  6ewei6t^ikmer.'I>ie 
•Verbindimg  qu  tritt  öfter  auf:  OmHc,  liqoator,  bfqt>fm.  Das  Verhältniss  von 
einfacher  und  Doppelconsonanz  ist  nicht  durchweg  dasselbe -wie  in  der  neueren 
Orthographie:  fan  (immer),  3((if^ofe,  Segrif,  ^ofnung;  ^flegerinnr  morinn^ 
barinn,  innt&nbif4,  WorrAfien,  unterlnbif^.  —  Anfangsbuchstaben.  Adjective, 
die  zusammen  mit  Substantiven  fest  gewordene  geographische  Benennungen  bil- 
den, haben  mehrfach  die  Minuskel.  Andererseits  tritt  zuweilen  der  Grossbach- 
stabe ohne  Berechtigung  auf:  i^ugelförmioftt;  Seflttt^en  . . .  Dfltt^^n  . . .  Oegenb; 
auch  nach  Semikolon  u.a.  —  Wortverbindung  war  herzustellen  in  fo  roo^U 
ob  g(ei(^,  Soged  SAnge,  3<ifl^  S^^t^n.  —  Eigennamen  bedurften  mehrfach 
der  Änderung:  9J2ufc^enbroe(f,  Slfopulfo,  Seibni^. 

Interpnnotion.  Komma  fehlt  häufig  an  Satzgrenzen,  zuweilen  zwischen 
gleichartigen  Satztheilen,  sonst  selten  (bei  der  Apposition,  dem  Infinitiv  mit 
um  in,  vor  ober,  bo(().  Oberflüssig  gesetzt  ist  es  nicht  oft:  vor  Satzgliedern, 
die  durch  unb  angefügt  sind,  und  zur  Abgrenzung  adverbialer  Bestimmungen. 
— -  Nur  vereinzelt  steht  Semikolon,  wo  wir  Komma,  Komma,  auch  Punkt,  wo 
wir  Semikolon  erwarten. 

Sprache.  Laute.  Der  Umlaut  fehlt. nur  einmal  in  abbangeit.  —  Ab- 
leitungssilben ermangeln  hie  und  da  der  Synkope:  gröffeften,  gehörete  (Imperf.), 
erbötet,  gefolget,  obgeformeten.  —  Entsprechende  Beispiele  für  das  e  der  Flexions- 
silbe in  der  3.  Pers.  Sing.  Präs.  sind  wegen  des  häufigen  Vorkommens  dieser 
Form  zahlreicher:  ermArmet,  nennet,  {cremet;  feblet;  fübret.  geboret;  fcbret bet,  bat* 
leget,  ermeget,  lieget;  ftebet,  mebet,  ftretc^et,  f äffet.  Stimmhafte  und  stimmlose 
Verschlusslaute,  Spiranten,  Resonanten  und  Liquiden,  sind  gleichmässig  vertreten; 
neben  schwachen  Verben  finden  sich  starke.  -^  Urfacb  tritt  wie  gewöhnlich  nur 
vereinzelt  auf.  —  Gleichfalls  1  mal  steht  ©iebenbeö.  —  Die  Flexion  bietet 
fe^n  «»  fliib  3  mal,  es  feien  4  mal,  —  die  Wortbildung  der  Adverbien  je  1  mal 
barinnen  (sonst  barinn),  fonften.  —  Syntax.  Der  Dat.  Plur.  des  Artikels  heisst 
4  mal  öenen.  uor  mit  Acc.  steht,  wie  zu  erwarten,  noch,  wo  Drucke  der  Spätzeit 
für  haben. 

Ewald  Frey. 


*  *. 

Herausgeber:  Kurd  Lasswitz. 

Einleltang. 

Die  vom  1.  AprÜ  1758  datirte  Abhandlung  wurde  von  Kant  der  Ankündigung 
seiner  Vorlesungen  für  das  betreffende  Sommerhalbjahr  beigegeben.  Das  Original 
hat  8  Seiten  in  Quart.  In  den  Akten  der  Facultät  (1758,  Tom.  V  S.  279)  findet 
sich  die  Eintragung:  Gensurae  Decani  scripta  sequentia  sunt  exhibita:  d.  31.  Mart. 
M.  Kant  0^euer  ^egrtf  her  Seinegung  unb  Utüt^e,  unb  ber  bamit  oertnüpften  gol« 
gerungen. 

Die  Schrift  ist  ein  interessantes  Zeichen,  wie  frühzeitig  einige  Grund- 
gedanken der  3J{etQp^t)f!fd)en  ^Cnfang^grAnbe  ber  9taturtDiffenf(^aft  von  Kant 
ausgebildet  wurden. 

Drnoke:  1.  ^.  Smmdnttel  j^antd  fflemx  ße^rbegriff  ber  Bewegung  unb 
Otu^e,  unb  ber  bamit  nerfußpften  Folgerungen  in  ben  erften  @rflnben  ber  Statur* 
»iffenfc^aft.  moburd)  jugleid)  feine  S^orlefungen  in  biefem  falben  Sabre  ongeffinbigt 
werben.   S)en  Iften  ttpril  1758.  Itdnigdberg,  gebnitft  bei)  ^o^onn  griebric^  trieft. 

2.  Sammlung  einiger  bi^b^i^  unbefaiint  gebliebener  fletiier  ©diriften  Don 
Immanuel  ^ant.  {^erauiSgegeben  non  griebrid^  ^^eobor  fRmt  ^önigeberg,  1800. 
S.  7—23. 

3.  Smmauuel  Äant'«  öermifc^te  ©c^riften.  Äönigöberg  1807.  Bd.  IV  S.  7—23. 

Sachliche  ErUuterangen. 

163  (Sattel]  Descartes  im  Anfang  der  Meditationes  de  prima  philosophia 
(1641)  und  der  Principia  philosopbiae  (1644). 

1712  iBrablei)]  S.  I  23l3Sff.  und  sachl.  Erl.  dazu. 

20ij^-20.  Die  Stelle  ist  von  hervorragender  Wichtigkeit,  weil  sie  Kants 
damalige  Stellung  zum  Begriff  der  Femkraft  klarlegt,  in  der  er  nur  den  Aus- 
druck eines  Gesetzes,  nicht  eine  Eigenschaft  der  Materie  sieht. 

223  Seibniaend]  S.  Erl.  zu  I  873. 


460  SRener  8e^rbegriff  ber  f&ttotqunq  unb  Stnl^. 


Lesarten. 

1616  <Begenfiönbfn]  ®efienfhtnbeii  ||   17»  einer]  einen  ||   19»  umgebenben] 

Lasflwitz  umgebenen  ||    19i9  beit]  Schubert  bem  ||   2134  ber]  ben  ||  23i7  boD- 

fontmen]  Hartenstein  DoHlommene  ||  25i.s  Mje^en]  Lasswits  »erfe^ten  ||  25u 

gtöger]  großer,  grögered?  Hartenstein.  || 

Knrd  Lasswitx. 


Orthographie^  Interpanetioii  und  Sprache. 

(Mhognphle.  Yocale.  Zu  den  Schreibungen  nemli(^,  ©^roeere  und 
den  Beispielen  für  e^  vgl.  die  vorangehende  Schrift  »teber  =  gegen  überwiegt; 
das  die  Dehnung  bezeichnende  e  fehlt  selten.  —  Consonanten.  Dehnungs-bi 
d,  Consonanten  Verdoppelung  und  -Vereinfachung  sind  ähnlich  wie  in  (SntDutf 
unb  Snfünbigung  behandelt  Als  Besonderheiten  fallen  auf:  die  Verwendung 
von  f,  X.  B.  jDbjeft,  @efunbe,  refpeftioe,  von  i  nach  kurzen  Yocalen,  so  in  Sluged, 
Ser^dltnifte,  geroigen,  bagelbe.  Im  Auslaut  wird  §  mehrfach  durch  0  vertreten: 
ba^  (Conjunction),  meid;  vor  Consonanten  durch  f:  müfle.  Neben  bartnn  er- 
scheinen morin,  barin;  neben  trift  —  Segriff.  —  Anfangsbuchstaben.  Un- 
gewöhnliche kleine  bezw.  grosse  Buchstaben  treten  zuweilen  auf,  wohl  theOs 
durch  Druckfehler  hervorgerufen:  tl^ot  (Subst.),  S)enfen  (Verb.),  ^otemifi!^  (Adv.). 
An  andere  Drucke  aber  erinnern  nic^td  förperli^em,  9e3iebungtoetfe;  —  ebenso 
die  Schreibungen  der  Eigennamen  SBolf,  Seibni^. 

InterpnnetloB.  Zum  Fehlen  des  Kommas  vgl.  wieder  die  vorangehende 
Abhandlung,  auch  zu  seiner  Setzung  vor  unb  sowie  bei  adverbialen  Bestimmungen. 
Manchmal  bezeichnet  es  rein  rhetorisch  eine  Pause,  indem  es  die  Glieder  eines 
Satzes  in  zwei  Gruppen  trennt  —  Kolon  fehlt  manchmal;  Punkt  steht  zuweilen, 
wo  Fragezeichen  erwartet  wird. 

Spraehe.  Laute,  aldbenn  und  je  1  mal  börfen,  mfirfte  (sonst  mtrfen) 
bieten  die  einzigen  Stammsilbenvocale,  die  nicht  geduldet  wurden.  —  Zum 
Capitel  der  Ableitungssilben  liefern  wieder  die  Verben  Material:  rul^ete  (Ind. 
Imp.),  erbeClete,  oufbdreten  (Conj.  Imp.);  gere^tfertiget  beneftiget,  aurütfgeleget, 
bemerfet,  beftimmet  (Part  Perf.),  entfernetere.  Doch  sind  beim  Part  auch  die 
synkopirten  Formen  häufig.  Von  Adverbien  ist  allein  Dorbero  zu  nennen.  — 
Für  Flexionsvocale  kommen  in  Betracht:  @efe^e,  ferne  und  die  Verbalformen 
feblet,  mAl^ret,  erfidret,  obftrol^iret,  bienet.  rubet,  Riebet,  augeftel^et,  fielet,  treibet, 
doch  überwiegt  Synkope.  —  Flexion,  fe^n  steht  3 mal  für  finb.  —  Wort- 
bildung, je^o  findet  sich  an  2  Stellen.  —  Syntax.  23»  ist  das  Adjeetiv 
nach  einem  Pronomen  stark  flectirt:  ein  iegli^ft  meiner  ^6rper.  not  m.  Acc 
steht  stets  statt  ffir.  Je  1  mal  finden  wir  benn  &=  bann,  mann  <»  tottm.  fSer* 
bältnig  ist  3  mal  als  Femin.  belegt 

Ewald  Frey. 


'^exM  einiger  'SSefrac^fitngen  u6er  ben 

©pfimismMs. 

Herausgeber:  Kurd  Lasswitz. 

EiDleitimg. 

Die  Schrift  diente  als  Einladung  zu  Kants  Vorlesungen  für  das  Winter- 
halbjahr 1759/60.  Die  Wahl  des  Themas  steht  in  Zusammenhang  mit  dem 
Streit  über  den  Optimismus  und  die  beste  der  Welten,  welcher  besonders  leb- 
haft geworden  war  durch  die  yon  der  Berliner  Akademie  (1763)  für  das  Jahr 
1755  gestellte  Preisaufgabe,  „On  demande  l'examen  du  Systeme  de  Pope,  contenu 
dans  la  proposition:  Tout  est  bien.*  Schon  die  Stellung  der  Aufgabe,  yor- 
nehmlich  aber  die  Ertheilung  des  Preises  an  die  Abhandlung  von  A.  F.  Reinhard 
(s.  E.  31 29)  hatte  yielfache  Gegenschriften,  unter  andern  auch  yon  Hendelssohn, 
Lessing,  Waser  und  Wieland  heryorgerufen  (A.  Harnack,  Gesch.  d.  k.  pr.  Akademie 
d.  Wiss.  I,  404  ff.).  Zu  diesen  Schriften  kamen  im  October  des  Jahres  1759 
drei  Schriften  hinzu,  yon  denen  zwei  Daniel  Weymann,  eine  Kant  zum  Verfasser 
hatten.  Am  6.  October  habilitirte  sich  Weymann ')  in  Königsberg  mit  einer  Disser- 
tation: „De  mundo  non  optimo*.  Am  5.  October  reichte  Kant  seine  Schrift  der 
Gensur  ein,  sie  erschien  mit  dem  Datum  S)en  7.  Dctober.  Darauf  yerfasste 
Weymann  eine  neue  Schrift:  .Beantwortung  des  Versuchs  Einiger  Betrachtungen 
über  den  Optimismus",  welche  am  13.  October  der  Gensurbehörde  yorlag  und 
unter  dem  14.  October  erschien,  Verleger  war  in  allen  Fällen  J.  F.  Driest  in 
Königsberg. 

Titel  und  Inhalt  der  zuletzt  genannten  Schrift  zeigen  deutlich,  dass  Wey- 
mann in  Kants  Schrift  einen  Angriff  auf  seine  Dissertation  erblicken  zu  müssen 
glaubte.  Seine  Ansicht  stimmt  aber  nicht  mit  dem  thatsächlichen  Verlauf  überein, 


')  Weymann  wurde  im  Jahre  1732  in  Brieg  geboren  und  starb  in  Königs- 
berg im  Jahre  1795  Vgl.  Möller,  Geschichte  des  altstädtischen  Gymnasiums  zu 
Königsberg.    Theil  H  Abschn.  2  S.  11.    Königsberg  1849. 


462  Oerfud^  einiger  9dr(i<!^tungen  über  ben  DpHmtdmiid. 

wie  Kant  ihn  in  einem  ungedruckten  Brief ')  an  Lindner  Tom  28.  Oct.  1759  *) 
schildert:  tdl^ier  geigte  fid^  neulid^  ein  Metecrum  auf  betn  ocabemifdjen  ^ort^nt 
^tx  M*  Weymann  fuc^te  bur<!^  eine  3iemlt(!^  unorbentlid^  unb  nni>erf}&nbli4  se« 
f^riebene  dh/eriation  mieber  ben  OptimUmus  feinen  erflen  Suftritt  auf  biefem  Spater, 
welii^eiS  ebenfo  wo^t  ald  bad  ^ilferbingf^e*)  Harlequins  fytt,  solenne  ju  mai!^en. 
3(^  Wuq  i^nt  wegen  feiner  befannten  Unbefd^eibenl^it  ob  i^m  ^  opponinn,  aber 
in  einem  propammate,  meld^eiS  id^  ben  Sag  na(!^  feiner  dufertat:  austeilen  lie^, 

—  bert^eibigte  ic^  fflr^lic^  ben  optimitmut  gegen  Cmßus,  o^ne  an  We^mann  ju 
benfen.  ©eine  (Stalle  mar  gteic^wo^I  aufgebrad;t.  Soig^nben  @onntag  fam  ein 
IBogen  ooii  i^m  ^erand,  barinn  er  fic^  g^gen  meine  oermeinten  Angriffe  Dert^ibtgte 

—  Dotier  Unbef^eiben^eiteit,  Ql^erbre^ungen  u.  b.  g.  S)ad  Urtbeil  bed  PubUd  unb 
bie  fl^tbare  UnauftAnbigfeit,  ftd^  mit  einem  Cydopen  auf  tfaufif^i&ge  ein^ulolen, 
unb  Aberbanpt  bie  SRettuitg  eined  93ogend,  ber  t^ieflei^t,  »enn  feine  9)ert^ibtgung 
^erouiSfouimt,  fc^on  unter  bie  t^ergegene  2)inge  gehört,  geboten  mir  auf  bie  an« 
ftditbigfte  9(rt,  bad  ifl  burc!^  fc^toeigen,  au  antworten,  ^ad  finb  unfere  groge 
wringe,  wovon  wir  fleinen  (Keifter  und  wunbern,  bag  braugen  niii^t  me^r  baoon 
gefproc^en  wirb.  Die  Briefstelle  giebt  zugleich  den  Grund  an,  weshalb  bei  Wey- 
mann  jene  irrthümlicbe  Auffassung  entstehen  konnte.  Kant  setzte  sich  in  seiner 
Schrift  mit  ('rusius  auseinander,  an  welchen  sich  Weymann  eng  anschloss;  da- 
her er  die  gegen  jenen  gerichteten  Angriffe  auf  sich  selbst  beziehen   konute. 

Drucke:  1.  ^erfuc^  einiger  S3etrd(^tungen  über  ben  Dptimidmud  non  M. 
3mmauue(  llant,  wobur(^  er  a"gt^i<^  f^in^  ^orlefungen  auf  bad  beoorftel^enbe  S^^t 
auffiubigt.  2)en  7.  October,  1759.  jtönigdberg,  gebrudt  be^  Sodann  griebric^  2)rteft. 

2.  3inmanuel  5^ant'd  nermifc^te  ©c^riften.  J^önigSberg  1807.  Bd.  IV  S.  351 
bis  361. 


Sachliche  Erlftoterongren. 

31ss  dtein^arb]  Adolf  Friedrich  Reinhard  (1728—1783)  studirte  Jura  und 
Theologie,  schliesslich  wurde  er  Assessor  am  Reichskammergericht  zu  Wetzlar. 
Die  Preisschrift  wurde  mit  anderen  zur  Bewerbung  eingetroffenen  Arbeiten  ge- 
druckt unter  dem  Titel:  „Dissertation  qui  a  remporte  le  prix  propose  par  PAca- 
demie  royale  des  sciences  et  heiles  lettres  de  Prusse  sur  Poptimisme.*  Berlin 
1755.     Vgl.  zu  Kants  Citat  a.  a.  0.  S.  32.    R.  war  ein  Anhänger  von  Grusius. 

3219  (S^egner  bed  Dptimiömud]  Vgl.  Crusius,  Entwurf  der  nothwendigen 
Vernunftwahrheiten.    2te  Aufl.  1753  §386. 

3320  SBenn  fic^  jemanb]  Grusius  a.  a.  0.  §  388. 

Paul  Menzer. 

*)  Von  B.  Groethuysen  der  Ausgabe  mitgetheilt. 

»)  Vgl.  X  22,  23. 

'}  Ililferding,  von  Geburt  Italiener,  war  Schauspielunteruehmer  und  spielte 
in  Königsberg  in  den  Jahren  1740  und  1742/3.  Vgl.  A.  Hagen,  Geschichte  des 
Theaters  in  Preussen.    Neue  Preuss.  Prov.  Blätter  X  S.  423  ff.    1850. 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  463 


Lesarten. 

319  mfi^te]  Hartenstein  nififfe  ||  dli2  merbeii]  nfirben?  Rosenkranz  ||  3 He 

föntiten]  Hartenstein  fonttten  ||  34 3d  aUetn]  allen?  Rosenkranz.    Aber  vgl.  35? 

Quem  (Bef^Opfe.  || 

Kurd  Lasswitz. 

Orthographie^  Interpunetton  und  Sprache. 

Orthographie.  Der  Yocalismus  bietet  keine  bemerkenswerthen  Unter- 
schiede von  dem  des  vorher  besprochenen  Druckes,  —  dgl.  der  Gonsonantis- 
mus,  nur  dass  ff  nach  langen  Vocalen  öfter  belegt  ist:  gri^ffered,  und  Verein- 
fachung des  ff  mehrmals  beliebt  wird:  Srefitcbfett,  rrdfnen,  bewafnet  (doch  Segriff). 
Beides  erinnert  an  die  erste  Abhandlung  des  Bandes.  —  Anfangsbuchstaben. 
Substantivirte  Adjective  haben  oft  die  Minuskel:  bod  hefte,  etmad  pontiUeiS.  Das 
erste  Wort  nach  einem  Kolon  hat  öfter  einen  grossen  Anfangsbuchstaben,  auch 
wenn  es  keine  directe  Rede  einleitet;  ebenso  nach  Semikolon.  Die  Schreibungen 
(BDS^,  @Dtt  wurden  im  Neudruck  nicht  beibehalten.  —  Zur  Interponotion 
Tgl.  die  vorigen  Drucke. 

Sprache.  Laute.  Je  t  mal  stehen  aldbetiti.  »firfltc^  (sonst  loirfltc^),  Unter- 
fc^eib  (1  mal  Unterfc^ieb).  —  Die  Superlativformen  grOfiefte  und  gröfte  sind  gleich 
stark  vertreten.  —  Einer  Synkope  der  Ableitungssilbe  ermangelt  nur  n>A^(ete. 
—  Häufiger  sind  entsprechende  Belege  der  3.  Pers.  Sing.  Pr&s.:  beftimmet,  ge> 
jiemet,  bebienet,  fd^etnet,  erneuet,  irret,  aufhöret,  nörgelet,  benfet.  Doch  ist  auch 
hier  der  Yocal  meist  geschwunden.  —  2  mal  steht  ferne.  —  Die  Flexionsform 
fe^n  =  finb  tritt  1  mal,  —  die  Wortbildung  ntemalen  2  mal  (neben  memold) 
auf.  —  Syntax.  Zu  t)or  =  ffir  vgl.  die  beiden  ersten  Drucke,  benn  ist  1  mal 
zeitlich  gebraucht. 

Ewald  Frey. 


^ebanßen  Bei  bm  früfseitigen  '^6fe6en  bes 
iberm  gofann  "^mbti^  von  ^wä. 

Herausgeber:  Paul  Mens  er. 

EinleitiiBg. 

Ober  die  Veranlassung  der  Schrift  giebt  ihr  Inhalt  hinreichenden  Auf- 
schluss.  Sie  wurde  am  4.  Juni  1760  dem  Decan  der  philosophischen  Facultät 
zur  Gensur  vorgelegt  (Act  Facult.  Phil.  Tom.  V  p.  338). 

In  letzter  Stunde  konnte  ein  Originaldruck  aus  dem  Besiti  des  Kurländisehen 
Provinzial-Museums  in  Mitau^  für  die  Ausgabe  benutzt  werden. 

Die  Schrift  umfasst  8  Seiten  in  Quart  Unter  Kants  Namensunterschriit 
auf  dem  Titelblatt  findet  sich  eine  Zierleiste  von  Totenschädeln  und  unter  dieser 
die  Verlagsangabe:  Königsberg,  gedruckt  bey  Johann  Friedrich  Driest  Ein  Neu> 
druck  erschien  in  Fr.  Th.  Rink  „Sammlung  einiger  bisher  unbekannt  gebliebener 
kleiner  Schriften  von  Immanuel  Kant*,  Königsberg  1800  (S.  24—33). 


Sachliche  ErlinternngeiL 

39  si  Vgl.  T.  Lucreti  Gari,  De  rerum  natura  ed.  Brieger,  Leipzig  1899, 
V.  223  f. 

4034  ^aQer]  Vgl.  »Unvollkommenes  Gedicht  über  die  Ewigkeit*  v.  14—16. 

42 13  Vgl.  Pope,  .Versuch  vom  Menschen*,  aus  dem  Englischen  übersetzt 
von  B.  H.  Brokes,  1740  S.  11. 

4317.18  iftiigem  ^rm  SBniber]  Wilhelm  Ernst  v.  F.  (1739—1794). 

43»  Xi^U]  Johann  Gottfried  T.  (1704—1772),  seit  1729  Professor  der 
Physik  in  Königsberg. 

4336  Sun!]  Johann  Daniel  F.  (Funck)  1721-1764,  vom  Jahre  1749  ab 
Lehrer  der  Rechtsgelehrsamkeit  in  Königsberg,  1763  Griminalrath.  Vgl.  Pisanski, 
Preussische  Litteraturgeschichte,  1876,  S.  602. 

0  Den  Hinweis  verdankt  der  Herausgeber  A.  Warda. 


Leaarten,  Orthographie,  Interpimetion  und  Sprache.  465 


Lesarten. 

447  iät]  di  II 

Paul  Menzer. 

Orthographie,  Interpmietioii  und  Sprache. 

Orthographie.  Yocale.  Es  finden  sich  ^aa^  und  h&ofig  feelifl,  QSIfld- 
feeligfrit.  e^  ist  wie  in  den  andern  Drucken  gebraucht  Neben  wieberfd^rt  u.  &. 
steht  ftubierrn.  —  Gonsonanten.  Angeführt  seien:  gebobme  —  Dornetnlit^; 
SCcabemie.  (Sat^ebralfirc^e  —  Sefonud;  (Sl^oracfter;  befligen  —  (eiffm,  auffer  u.  a., 
ba6  (Pron.);  9{dt^el;  f^ofnungöooll,  ontrift  —  entioerffen,  ab^uniffm.  —  Mit  grossen 
Anfangsbuchstaben  beginnen  mehrfach  Adjective,  obwohl  sie  ihre  eigentliche 
grammatische  Bedeutung  bewahrt  haben:  Kblic^en;  mit  kleinen  andere,  die  sub- 
stantiyirt  sind:  biefer  glfl^eelige,  ind  innerfte. 

InterpnBetloD.  Komma  vermissen  wir  h&ufig  an  Satzgrenzen,  besonders 
vor  eingeschobenen  S&tzen,  weniger  hinter  ihnen;  auch  vor  Infinitiven  mit  um  — 
^u  und  bei  Appositionen.  Dagegen  stört  es  mehrfach  bei  adverbialen  Bestimmungen, 
vor  unb  sowie  als  Bezeichnung  von  Pausen  im  Satze;  vgl.  Steuer  ^(^rbegriff  b. 
Seweg.  u.  8lube.  Der  Punkt  steht  zuweilen,  obwohl  die  vorangehenden  Sätze 
Frage-  oder  Ausrufungszeichen  verlangen. 

Spraehe.    Laute.    Je  Imal  belegt  sind  oud^ubruden;  aUbenn,  wfirfte, 

rofirflicQ.  —  Das  e  der  Ableitungssilben  ist  h&ufig  erhalten:  gröffeften  (l  mal  neben 

gr5|te);  fü^rete,  mo^nde,  brodele  (Ind.  Imp.);  auvOdgeffif^ret,  gefteOet,  gefrönet, 

gelanget  u.  a.;  —  ebenso  das  e  der  3.  Pers.  Sing.  Pr&s.:  f feinet,  bemetnet,  fennet, 

erfüllet,  tbeilet,  fft^ret,  nerlieret,  dugefte^et,  geltet,  titoaä^,  ennftget  n.  a.;  Imal 

findet  sich  unorganisches  e:  entflöge.   —   Vgl.  noch  ferne;  auffobert.   —  Zur 

Wortbildung   vgl.  niemalen  (Imal);   —   zur  Syntax  die  mehrfach  belegte 

schwache  Flexion  des  Adjectivs  nach  Pr&pos.  ohne  Artikel:  mit  longfamen  ^ritt, 

femer  einmaliges  aUem  biefen.  Vereinzelt  steht  benenienigen,  benen  «»  ben,  mann 

=  menn  (daneben  das  letztere),  stets  bor  =  für. 

Ewald  Frey. 


«ABfi  e«virtcK.  «cifc  n.  30 


Pie  idf^t  $pi|flnbiflfteif  ber  mer 

Herausgeber:  Kurd  Lasswitz. 

Etnleitiiiig. 

Ober  Anlass  und  Abfassungszeit  der  Schrift  sagt  Kant  in  ihr  selbst  Fol- 
gendes: 34  tofirbe  mir  au  fe^r  fctmct^eln,  wenn  ic^  glaubte,  ba^  bie  Vrbeit  oon 

einigen  ©tunben  tiermftgenb  fein  werbe,  ben  Jtoloffen  umaufifiraen SWeine 

^fic^t  ifl  nur,  ate^enfctaft  au  geben,  weswegen  i4  in  bem  logtf^en  Vor- 
trage, in  welkem  t4  ntc^t  aütß  meiner  (2linfi4t  gem&g  einrichten  fann,  fonbem 
manii^e^  bem  ^errf^enben  (S^ef^madC  a»  OefaUen  t^un  mug,  in  btefen  SJ^aterien 
nur  Iura  fein  werbe,  um  bie  Btii,  bie  tdi  babet  gewinne,  aut  wirlti^en  (Erweiterung 
nü(^li4er  ü^infi^ten  au  oerwenben.'}  Wir  haben  daher  in  der  Schrift  eine  Ein- 
ladungsschrift Kants  zu  seinen  Vorlesungen  zu  sehen.  Diese  Bestimmung  muss 
für  ihre  Datirung  massgebend  sein.  Das  Yerzeichniss  der  Vorlesungen  zeigt  nun, 
dass  Kant  in  jedem  der  für  uns  in  Betracht  kommenden  Semester  *)  Logik  las.*) 
Einen  Terminus  ad  quem  gewinnen  wir  aus  Hamanns  Gitat  unserer  Schrift  in 
seinen  »Fünf  Hirtenbriefen  das  Schuldrama  betreffend*'.^)  Ober  die  Abfassungs- 
zeit dieser  Briefe  finden  wir  in  Hamanns  Brief  an  Lindner  vom  27.  October  1762 
die  Notiz:  „Briefe  das  Schuldrama  betreffend,  habe  ich  angefangen,'^)  und  dann 
theilt  er  am  5.  Januar  1763  Lindner  mit,  dass  er  an  Nicolai  die  Hirtenbriefe 
überschickt  habe.  Das  Gitat  aus  Kants  Schrift  findet  sich  in  dem  4ten  Brief, 
welchem  Hamann  das  Datum  „Den  17.  des  Wintermonats^  (November)  gegeben 
hat.   Vor  diesem  Tage  also,  frühestens  aber  vor  dem  27.  October,  muss  die  Schrift 


»)  Oben  S.  57 18-26. 

2)  Es  kann  an  die  Semester  1761/2,  1762,  1762/3  gedacht  werden.  Vgl. 
B.  Erdmann,  Reflexionen  zu  Kants  Kritik  der  reinen  Vernunft,  1889,  Vorwort, 
S.  XVIL 

»)  Vgl.  Amoldt  a.  a.  0.  S.  634  f. 

*)  Hamanns  Schriften.  Herausgegeben  von  Friedrich  Roth.  1821  ff.  Zweiter 
TheU  S.  427.    Das  Gitat  bezieht  sich  auf  oben  S.  49  lo. 

»}  A.  a.  0.  III  S.  175  und  179. 


Sachliche  Erläutenmgen.    Lesarten.  467 

Kants  in  Hamanns  Händen  gewesen  sein.  Der  Terminus  a  quo  lässt  sich  mit  einiger 
"Wahrscheinlichkeit  auf  folgende  Weise  gewinnen.  Die  Schrift  wird  erst  im  Catalog 
der  Ostermesse  1763  aufgeführt ^  W&re  sie  schon  zum  Wintersemester  1761 
oder  Sommersemester  1762  erschienen,  so  muss  auffallen,  dass  sie  nicht  im  Mess- 
catalog  der  Octobermesse  1762  angezeigt  wurde."}  Erschien  sie  aber  zu  Beginn 
des  Wintersemesters  1762/3,  so  ist  ihr  Fehlen  im  Catalog  der  Michaelismesse 
1762  nicht  weiter  auffallend,  da  dieser  am  7.  October  1762  bereits  in  Berlin 
k&uflich  zu  haben  war.')  Kants  Golleganzeige  bei  dem  Decan  fand  am  1 1.  October*) 
statt.  Einige  Tage  früher  wurden  in  der  Regel  die  betreffenden  Einladungs- 
schriften dem  Decan  zur  Censur  vorgelegt  und  erschienen  dann  sehr  bald  dar- 
auf. Bei  dem  geringen  Umfang  unserer  Schrift  konnte  sie  in  kurzer  Zeit  ge- 
druckt werden  und  Hamann  konnte  sie  bereits  für  seine  Schrift  benutzen. 

So  l&sst  sich  schliessen,  dass  die  Schrift  zu  Beginn  des  Wintersemesters 
1762/3  erschienen  ist  Diese  Auffassung  streitet  nicht  mit  den  vorhandenen 
Notiien  und  beseitigt  die  bei  einer  der  früheren  Datirungen  bestehende  Schwierig- 
keit, die  verspätete  Anzeige  im  Messcatalog  zu  erklären. 

Drncke:  1.  2)ie  falfc^e  ©pit^finbigfeit  ber  x>ier  f^Qogillif^en  Siguren  enotefen 
Don  SR.  Smmattuel  Staut    jtdnigdberg,  be^  go^ann  S^cob  Aanter.    1762. 

2. Frankfurt  und  Leipzig,  1797  (Nachdruck). 

8.  3.  Stani^  fömmtltdje  fletne  ©djriften.  ifla^  ber  3^iifotge  georbnet  Mnigd- 
berg  unb  8eipaig.  1797/8.    Bd.  II  S.  113—144  (Nachdruck). 

4.  Smmanuel  jeant'iS  Dermlf^te  ©Triften.    ^aUe  1799  (Tieftrunk).    Bd.  I 

S.  585-610. 

Paul  Menzer. 

Sachliche  Erlftnterungen. 

5433  (Srufit  8ogtf]  Vgl.  E.  zu  I  393 19.  Logik  =  Weg  zur  Gewissheit  und 
Zuverlässigkeit  d^r  menschlichen  Erkenntniss.    Leipzig  1747. 

5923  berfil^mteii  (belehrten]  Vgl.  Georg  Friedrich  Meiers  Versuch  eines  neuen 
Lehrgebäudes  von  den  Seelen  der  Thiere.  Halle  1749.  Von  der  Vernunft  der 
Thiere,  S.  29  ff.  Die  Erzählung,  auf  welche  Kant  anspielt,  wird  von  einer  Kuh 
mitgetheilt 

Lesarten. 

475  finb]  ff^n  II  47u  bog  ed]  Tieftrunk  bafi  ||  484  aufäUtg]  Tieftrunk 
not^menbig  ||  4832  bebiene  icl}]  bebiene  ||  50i8  ed]  er?  Lasswitz  ||  50as  foQ;]  foH, 

')  Ä.  a.  0.  S.  340. 

*)  Dass  Kanter  bei  Besorgung  der  Anzeigen  im  Messcatalog  nicht  immer 
zuverlässig  war,  ergiebt  sich  allerdings  aus  X  118.  Doch  kann  dieser  in  Bezug 
auf  Kants  grössere  Schriften  vereinzelte  Fall  natürlich  nicht  als  Widerlegung 
der  obigen  Beweisführung  betrachtet  werden. 

*)  Berlinische  Nachrichten  von  Staats-  und  Gelehrten  Sachen  No.  120. 

*)  Act  fac.  Phil.  V  p.  405. 

30* 


468  ^\t  folf^e  6pt|finbigfeit  ber  Dier  f^Qogiflif^en  gi(|iiren. 

Der  Sinn  erfordert  den  Zosati:  loo^I  irbo4  Hnen  Dtrmrngtnt  (Wille,  Kant- 
Stadien  YIII,  336).  Dann  mosste  es  besser  weiter  heissen:  biefer  nftmlt^.  Das 
biefer  aber  des  Textes  bezieht  sich  auf  Zeile  20—24.  Der  ganze  Satz  bedürfte 
einer  ümgestaltnng,  ich  habe  mich  daher  damit  begnügt,  das  Komma  durch  ein 
Semikolon  zu  ersetzen.  ||  5096  no<!^]  nad)  ||  51i5  ©a^^e]  Zus.  Menzer;  TgL  Z.  18 
II  51»  fo]  Zus.  Lasswits  ||  53n  gönn]  Druckversehen  anstatt  gtgur  ||  54»  ei^ 
l^ltene]  Hartenstein  entbaltene  ||  56»  fo  iß  e«]  Tieftrunk  fo  tf!  ||  57a8  fft^ren] 
ffibre  II 588  fteinen]  fletneren?  Hartenstein  ||  60do(5rfeiiiitiufTe]  (Srfrnntniffen  wegen 
bem;  Yielleicht  auch  ben  —  Grfenntniffen  ||  61a  unermeiditcbe]  Tieftrunk  itnoer- 
me^llci^e  ||  61  r  einer]  einem  Rosenkranz.  Tieftrunk  hat  Jenem.  || 

Kurd  Lasswitz. 


OrUiogni^ey  Interpimetion  und  Spnehe. 

Von  den  drei  Schriften,  welche  der  Kantersche  Verlag  in  den  Jahren  1762 
und  1768  der  Öffentlichkeit  übergab,  gilt  im  Allgemeinen,  was  über  das  sprach- 
liche Verh&ltniss  der  Abhandlungen  der  ersten  Gruppe  in  der  Vorbemerkung 
zu  den  betr.  Zusammenstellungen  gesagt  ist  Auch  sie  werden  daher  am  besten 
getrennt  besprochen. 

Ortlioirnipliie.  Vocale.  In  S)te  falfc^e  @pi|finbigfett  ber  oier  f^nogifUfc!^ 
Siguren  erinnert  an  die  genannte  Gruppe  das  e  in  nemlitb«  je^len,  ermegen,  das 
CQ  in  gte^beit,  SRe^nutig,  ^we^te,  bre^,  be^be,  fe^,  fr^n,  das  ie  in  wieberfprec^en. 

—  Mehr  Anstoss  erregen  die  Consonanten.  Zwar  weicht  der  Gebrauch  des 
dehnenden  (  Yon  dem  unsrigen  wenig  ab:  Dontemtid^  —  millffl^rltc!^;  ebenso  die 
Schreibung  des  harten  Gutturals:  @ubie!t  (zuweilen  ©ubfeä),  $iAbifat;  Subjecft, 
SogtdC  (und  8ogtI).  —  Aber  die  Verwendung  des  stimmlosen  f  stört  Nach  langen 
Vocalen  ist  ff  die  Regel:  ^eiffen,  f^lieffen,  Sflffe  u.  s.  w.  (nicht  aber  nach  kurzen 
|:  Oe^eimniffe,  geftbloffen) ;  ebenso  d  vor  Gonsonant  und  im  Auslaut:  meßbar, 
Sernunftf4lud,  Qer^ültnid.  —  Die  dentale  Affricata  wird  öfter  durch  |  bezeichnet: 
fiont^,  g&n^lic^,  fiür^en ;  Ygl.  noch  als  Beispiel  phonetischer  Schreibung  rügel^oft. 

—  Auch  die  Gonsonantendehnung  fehlt  oder  findet  sich  häufig  gegen  heutigen 
Brauch;  bei  Resonanten:  fomt,  Demimt,  Slnagram;  Jtentniffe,  genant  befant,  fdnte, 
fan;  seltener  bei  Liquiden:  algemein,  mtl;  Srtbum.  Wie  gewöhnlich  macht  uns 
auch  das  f  zu  schaffen:  StDti^tl,  i&u^tn,  megiuerffen;  andrerseits  SSegrif  (selten 
Sefltiff).  —  Anfangsbuchstaben.  Substantivirte  Adjective  sind  oft  klein  ge- 
druckt: bad,  aUed  oemünftige.  Die  Schreibung  (BDtteiB  erinnert  an  die  Ab- 
handlung Aber  ben  Dptimidmud. 

InterpimetloD»  Komma  fehlt  oft  an  Satzgrenzen,  zuweilen  vor  dem  In- 
finitiv mit  um  ju.  Cberflüssig  gesetzt  ist  es  meist  nicht,  ein  Vorzug,  den  die 
beiden  nächsten  Kanterschen  Drucke  nicht  theilen;  doch  steht  es  mehrfach,  wo 
sich  besser  Kolon  empfahl. 

Spraehe.  Laute.  aUbenn  ist  fest,  wie  fast  stets  in  diesen  Jahrzehnten. 
1  mal  kommt  Unterfc^eib  vor.   2  mal  fehlt  der  Umlaut:  audgebnttft  —  Das  e  der 


Orthographie,  Interponction  und  Sprache.  469 

Yerbalen  Ableitungssilben  finden  wir  selten  erhalten;  im  unflectirten  Part  Perf.: 
beja^etp  nerndnet  je  2  mal;  im  flectirten:   entfernete  3  mal  (daneben  entfernten). 

—  Die  Kanzleiform  nunme^ro  ist  nur  1  mal  belegt  —  Häufiger  hält  sich  e  in  der 
Flexionssilbe:  erteilet,  nennet,  erfennet,  nerfte^et,  fielet,  beruhet,  fitegeti  ^ofc^et. 

—  Einzelbelege  sind  anfa^e  und  das  Adverb  ferne.  —  erfobem  steht  an  3  Stellen. 

—  Die  Flexion  bietet  nach  altem  Brauche  fe^n  =  finb  (9  mal),  «  feien  (3  mal). 

—  Wortbildung.  2  mal  steht  fonften  neben  fonfl.  —  Syntax.  Schwache 
Flexion  des  Adjectivs  nach  Präposition  ohne  Artikel  erscheint  nur  1  mal  in 
uon  erheblichen  ^hi^eni  öfter  aber  bei  Für-  und  Zahlwörtern:  t>ou  einen  jeben, 
t>on  aUeu  bemienigen,  ju  i^ren  etgent^flmli<!^en  ßmede.  Ob  Druckfehler  vorliegen 
oder  falsche  Analogiebildungen  nach  einem  bei  Adjectiven  nicht  seltenen  Brauch, 
bleibt  fraglich.    Erwähnt  sei  noch  einmaliges  benen  =  ben  und  benen|ent0en. 

—  t)or  » ffir  und  banor  waren  wiederum  zu  erwarten.  —  iQer^ftttni^  ist  1  mal 

Femininum. 

Ewald  Frey. 


Per  einaig  mö0ß(fe  ^eweisgrunö  p  einer 
?emon(lrtttion  5e$  ?afera$  ^otte$. 


Herausgeber:  Paul  Meuzer. 


Einleitung. 

Ober  die  Dauer  der  Arbeit  an  dieser  Schrift  hat  Kant  sich  an  zwei  Stellen 
geäussert.  Er  nennt  den  Setoeidgninb  einmal  ein  tnü^fam  gefammelted  9au< 
ger&t^  und  kurz  darauf  heisst  es:  2)ie  Setrac^tunoen,  bte  id^  barlege,  flnb  bie 
Solge  eine«  langen  9{a(^ben!end,  aber  bie  ^rt  bed  8ortrageg  l^at  bad  9)l7eif- 
mal  einer  unooUenbeten  Sudarbeitung  an  fic^,  in  fo  fem  Derfc^iebene  Sefc^ftftigungen 
bie  ba^u  erforberlt(!^e  S^it  nidftt  übrig  gelaffen  l^aben.^  Diese  Angaben  reichen 
nicht  aus,  um  die  Zeit,  welche  das  lange  ÜRac^benfen  einerseits,  die  Ku^arbettung 
andererseits  in  Anspruch  nahmen,  näher  zu  bestimmen.  Die  Schrift  erschien 
in  der  zweiten  Hälfte  des  December  1762.  Hamann  schreibt  hierüber  an  Nicolai 
unter  dem  21.  Christmonat  1762:  „Das  Wenigste  von  Beyliegendem  habe  bisher 
noch  durchlesen  können;  und  der  einjige  mögliche  ^^meidgrunb  hat  eben  die 
Presse  verlassen." ')  Von  diesem  Datum  aus  lässt  sich  —  unter  Annahme  eines 
normalen  Druckyerlaufs  —  schliessen,  dass  das  Manuscript  im  Spätherbst  des 
Jahres  1762  abgeschlossen  war. 

«Gleich  nach  Erscheinung  dieser  Schrift  wurden  hier  (in  Königsberg)  einige 
unwichtige  Bedenklichkeiten  von  M.  Weymann')  geschrieben.*^}  Weymanns 
Schrift  hatte  den  Titel  «Bedenklichkeiten  über  den  einzig  möglichen  Beweisgrund 
des  Herrn  M.  Kants  zu  einer  Demonstration  des  Daseyns  Gottes"  und  erschien 
im  Jahre  1763  in  Kanters  Verlag.  Die  Dedication  ist  datirt  vom  U.  Januar  1763. 

Drucke:  1.  ^tx  einzig  mOglic^e  SBemei^grunb  au  einer  S)emonftration  bed 
2)afe9nd  ©otted,  oon  Tl.  3mmanuel  jlant.  MM^Sbttq,  bei  Sol^ann  3a!ob 
j^anter.    1763. 


')  Vgl.  oben  S.  66. 

')  Vgl.  Vierteljahrsschrift  für  Litteraturgeschichte  1888  Bd.  I  S.  120.  Den 
Hinweis  auf  diesen  Brief  verdanke  ich  A.  Warda. 

■)  Ober  Weymann  vgl.  oben  S.  461  A.  1. 

*)  Borowski  a.  a.  0.  S.  61.  Vgl.  Hamanns  Schriften  HI  S.  179/80.  Kants 
und  Weymanns  Schrift  wurden  zugleich  zur  Jubilatemesse  1763  angezeigt. 


Sachliche  Sriäatenmgen.  471 

2.  2)er  einzige  m^liäie  SBeweid  Dom  2)afe9n  ü^otte^,  bon  Sntmanufl  Stant 
j^önigdberg,  1770.    fbet^  Sodann  S^cob  Kanter. 

8.  ^er  einaig  ntögUc^e  Seioddgninb  ju  einer  ®emon{hation  bed  S)afe9nd 
®otte«  uon  Smmanuel  ^ant.  j^önigdberg;  1788  [falschlich  für  1763J.  SeQ  Sodann 
Safob  Jtanter.    9{eue[r]  unDerftnberter  ftbbnid  1794. 

4. 9leue  Hufloge.    Seipaig  1794  (Nachdnick). 

5.  3.  ^ontd  fAmmtti^e  Heine  ©Triften  na^  ber  Belifolqt  georbnet.  j^önigd- 
berg  unb  Setpatg  1797/8  Bd.  11  S.  145—288  (Nachdrack). 

6.  SmmanurI  RanVi  x>ermif(^te  e^tiften.  ^aUe  1799  (Tieftnmk).  Bd.  II 
S.  55—229. 

Saehllehe  Erlftatemngen. 

654  Lucretius]  De  rerum  natura  52/3. 

6836.36  j^odmotogif^en  SBriefen]  Der  Titel  lautet:  „Cosmologische 
Briefe  über  die  Einrichtung  des  Weltbaues.  Angefertigt  Ton  J.  H.  Lambert^. 
Augsburg  1761. 

766  SBoIffif^e  (STÜdrung  bed  2)afehtd]  Vgl.  Philosophia  prima,  sive 
ontologia  ....  Autore  Christiano  Wolfio.  Francofurti  et  Lipsiae  1730  §  174 
und  „Yernünftige  Gedanken  yon  der  Welt  und  der  Seele  des  Menschen''  Halle 
1720  §  14. 

768  SBaumgarten]  Vgl.  Metaphysica  ed.  ITI  Halae  1750  §55. 

7627  arufiud]  Vgl.  £.  zu  I  393»  und  in  Bezug  auf  die  Textstelle: 
Christian  August  Grusii,  Entwurf  der  nothwendigen  Vernunft- Wahrheiten,  wiefern 
sie  den  zufälligen  entgegen  gesetztet  werden.    2^  Aufl.  Leipzig  1753.  §  46—48. 

7716  6ruf  in«]  Vgl.  a.  a.  0.  §  58. 

98 30 ff.  SRaupertuid]  Die  nichtige  (SfntbedPung  nennt  M.  das  „principe  de  la 
moindre  quantite  d'action*'.  Es  lautet  „dans  le  choc  des  corps  le  mouyement  se 
distribue  de  maniere,  que  la  quantite  d'action,  que  snppose  le  changement  arriv^, 
est  la  plus  petite  qu'il  soit  possible.  Dans  le  repos  les  corps,  qui  se  tiennent 
en  equilibre,  doivent  etre  telleroent  situ^s,  que  s'il  leur  arrivalt  quelque  petit 
mouvement,  la  quantite  d'action  serait  la  moindre**.  Essay  de  cosmologie,  Leide 
1751  p.  21.  Vgl.  auch  Histoire  de  Pacademie  royale  des  sciences  et  helles  lettres 
1746  S.  268—294  u.  d.  Titel  „les  loix  du  mouvement  et  du  repos  deduites  d'un 
principe  m^taphysique**. 

9936  ^ret^froge]  Der  Wortlaut  war  folgender:  Si  la  verite  des  principes 
de  la  statique  et  de  la  mecanique  est  necessaire  ou  contigente.  Die  Aufgabe 
wurde  im  Jahre  1756  auf  1758  gestellt,  dann  auf  1760  yerlängert,  ohne  dass  der 
Preis  erteilt  wurde. 

10486  8lajQ  Vgl.  E.  zu  I  44427.  Ober  das  Erdbeben  auf  Jamaica  vgl.  die 
dort  angegebene  deutsche  Übersetzung  aus  dem  Jahre  1698  S.  217  ff. 

105o  Bbiftond  ^^(orie  t)on  ber  @iinbf(utt)]  Vgl.  E.  zu  I  465ii.  Eine 
deutsche  Übersetzung  des  Werkes  erschien  im  Jahre  1755  in  Wittenberg.  Vgl 
dort  besonders  S.  166 ff.  Ausser  auf  die  Darstellung  bei  Buffon  „Histoire  naturelle** 


472  Semeidgnmb  5U  einet  S)emonftration  beiB  2)afetnd  ®otted. 

Bd.  I  p.  173  sei  verwiesen  auf:  »Obersetzimg  der  allgemeinen  Welthistorie*,  1746, 
Erster  TheU,  2te  Aufl.  §  223  ff. 

lllsa  HO]  Vgl.  Johann  Peter  Süssmilch,  Die  göttliche  Ordnimg  in  den 
Veränderungen  des  menschlichen  Geschlechts,  2te  Aufl.  1761/2  S.  118ff.  S.  ge- 
traut sich  nicht,  ein  „MitteWerhältniss  der  Heirathenden  zur  Zahl  der  Lebenden 
zu  bestimmen*.  Seine  Zahlen  schwanken  zwischen  »unter  SOiuid  115*.  Kant 
hat  wohl  die  Mitte  genommen  aus  folgender  Angabe  S.'s:  »Will  man  aber  für 
Dörfer,  die  vom  Ackerbau  leben,  wie  unsere  Brandenburgischen  und  die  in 
Finnland,  etwas  annehmen:  so  wurde  das  Yerhältniss  wie  1  zu  108  bis  115 
können  gebraucht  werden**  (S.  147).  Vgl.  auch  S.  121,  wo  die  Zahl  für  Berlin 
auf  HO  angegeben  und  bemerkt  wird:  »Dies  stimmt  mit  den  Brandenburgischen 
Dörfern  fast  völlig  uberein'^. 

114)0  2)oppeIte  Sroge]  Kant  denkt  hier  an  die  Evolutionstheorie  und 
die  Theorie  der  Epigenesis.    Vgl.  Jhitif  bet  Urt^etldfraft  §  81. 

11438  @4immel]  Kant  bezieht  sich  wohl  auf  »Des  Herrn  Joseph  Monti 
Abhandlung  vom  Schimmel.  Aus  den  Commentar.  Scient.  Bonon.  T.  III  p.  148*. 
Hamburger  Magazin  XIX  563-587,  1757.    Vgl.  auch  ebenda  XX  &  582  ff. 

11496  SBaum  ber  2)tQne]  Vgl.  Maupertuis  Venus  physique  b^  ed.  1748 
S.  125:  »lorsque  l'on  mele  de  Targent  et  de  Pesprit  de  nitre  avec  du  mercure 
et  de  Peau,  les  parties  de  ces  matieres  viennent  d'elles  memes  s'arranger  pour 
form  er  une  Vegetation  si  semblable  a  un  arbre,  qu'on  n'a  pu  lui  en  refuser  le 
nom  (arbre  de  Diane). 

1154  innerliche  gormen  bed  <&erm  oon  IBuf fon]  Vgl.  Histoire  naturelle  etc. 
1749  Bd.  II  cap.  II  De  la  r^production  en  gdneral.  Far  den  Ausdruck  innerli^ 
Sonn  vgl.  ebenda  p.  34. 

1155.6  ®efet^en  ber  Segierben  unb  beiS  9Cbf(^eued]  Vgl.  Maupertuis  Oeuvres 
1756.  Bd.  n  p.  146/7. 

11726  ©octor^in]  John  Hill  (1716(?)-1775),  ursprunglich  Apotheker,  war 
auf  verschiedenen  Gebieten,  besonders  dem  der  Naturwissenschaft  schriftstellerisch 
th&tig.  Er  schrieb  unter  anderm:  A  general  natural  history,  London  1748—52. 
Die  Versuche  Hills  werden  in  den  Jahren  1753  —  1758  raitgetheilt,  für  unsere 
Stelle  kommt  der  13.  vornehmlich  in  Betracht,  a.  a.  0.  1757  S.  233—290. 

12036.37  93^iflonf(^en  S^eorie]  Vgl.  E.  zu  1059. 

1226f.  @ikbmtl(^]  Vgl.  a.  a.  0.  in  der  ersten  Auflage  Gap.  V  „Von  der  Fort- 
pflanzung und  Verhältniss  des  männlichen  und  weiblichen  Geschlechtes*  bes. 
§  61.  Diese  Ansicht  wird  in  der  2t«n  Auflage  in  der  von  Kant  angegebenen 
Weise  widerlegt  §  423—424.  Ein  neuer  Erklärungsversuch  wird  dann  in  §  430 
gemacht. 

12718  Surnet]  Vgl.  E.  zu  899.  Zu  der  Stelle  vgl.  seine  Schrift:  Telluris 
theoria  sacra.  1681.  In  der  dritten  Aufl.  1702  findet  sich  seine  Theorie  über  die 
Entstehung  der  Gebirge  S.  37  ff.  Kant  giebt  B.'s  Ansicht  nicht  genau  wieder. 
Vgl.  ebenda  S.40:  „Notandum  vero,  quamvis  mundi  veteris  dissolutionem  et  rationes 
diluvii  secunduffl  ordinem  causarum  naturalium  ezplicemus,  quod  eo  magis  clare 


Lesarten.  473 

et  distincte  intelliganiuri  non  ideo  in  poenam  humani  generis  ordinatum  fuisse 
diluvium,  singolisque  ipsius  motibus  praefuisse  providentiam,  inficiamur:  imo  in 
eo  elucet  maxime  sapientia  divina,  quod  mondum  naturalem  morali  ita  coaptet  et 
attemperet,  ut  hoius  ingeno  illius  ordo  et  dispositio  semper  respondeat 

1805]  Vgl.  £.  zu  17010.  Die  Stelle  war  nicht  aufzufinden.  Der  Sßtxqwtxh 
Derftänbifle  ist  wahrscheinlich  Bergrath  Borlach  in  Kosen.  Vgl.  Anfangsgr.  d. 
angew.  Mathematik,  2te  Aufl.  S.  39. 

J31S8  Spötterei  eine^  Voltaire]  Vgl.  Oeuvres  completes  ed.  Holand  1878, 
XVIII,  S.  103.  Die  Stelle  steht  im  Dictionnaire  pbilosophiques  Artikel  Gauses 
finales  Sect.  II. 

1351.3  nac^  bem  8e(rgebdube  k)erfd)iebener  tReuern]  Es  ist  etwa  an  Raj 
(a.  a.  0.  S.  135/6)  und  Burnet  (vgl.  £.  zu  127 13)  zu  denken. 

137a2.33  Vgl.  Pope  a.  a.  0.  S.  35.    Das  Gitat  ist  nicht  genau. 

141 5  SRaupertuid]  Vgl.  I  254  f.  und  a.  a.  0.  Gap.  VI. 

1424  SBuffon]  Vgl.  E.  zu  I  277ao. 

14419  aRairan]  Vgl.  E.  zu  I  45  is. 

14816  ^JRiltond  Simbu0  ber  C^ttelfeit]  Vgl.  Paradise  lost  III  v.  495.  Limbus 
wird  an  der  Stelle  auch  das  Paradies  der  Thoren  genannt. 

15681  bei  anbern]  Vgl.  F.  Gbr.  Baumeister,  Institutiones  metaphysicae. 
Wittenbergae  et  Senrestae  1738  p.  545  ff.  und  Grusius,  Entw.  d.  nothw.  Vernunft- 
Wahrheiten,  2te  Aufl.  §  235. 

15733.34  @(^ii(e  ber  Bolffifc^en  $^ito[op^en]  Vgl.  J.  G.  Daries  Elementa 
metaphysices.  Ed.  nova  Jenae  1754.  Darin  Elementa  theologiae  naturalis 
§  44ff.  Baumgarten  a.  a.  0.  §  851  und  dazu  §  308—310.  F.  Ohr.  Baumeister 
a.  a.  0.  §  780ff. 

1587  anflefodbten  mtrb]  Vgl.  E.  zu  I  393 19. 

16013  ^er^amd]  Vgl.  £.  zu  I  254i9. 

16018  SRieuwent^t«]  Bemard  Nieuwentyt  (1654—1718).  Sein  Hauptwerk 
hat  den  Titel:  Eet  regt  Gebruik  der  Wereltbeschouningen  und  erschien  1715. 
In  franzosischer  Obersetzung  erschien  es  1725  (Paris),  1727,  1760  (Amsterdam). 
Die  Übersetzung  Yom  Jahre  1727  (durch  den  Arzt  Noguez)  hat  den  Titel: 
Pexistence  de  dieu,  d^montr^e  par  les  menreilles  de  la  nature;  oü  Ton  traite  de 
la  structure  du  corps  de  Phomme,  des  elements,  des  astres  et  de  leurs  divers  effets. 

16122  SIteimarud]  Der  Titel  genauer:  Die  vornehmsten  Wahrheiten  der 
natürlichen  Religion  in  zehn  Abhandlungen  auf  eine  begreifliche  Art  erklärt  und 
gerettet    Hamburg  1754  u.  o. 

Lesarten. 

Dem  Druck  wurde  der  Text  der  ersten  Auflage  aus  dem  Jahre  1763  (A^) 
zu  Grunde  gelegt  Um  den  Druck  der  Auflagen  aus  den  Jahren  1770  (A')  und 
1794  (A*)  hat  sich  Kant  wohl  kaum  gekümmert.  Dies  geht  vor  Allem  daraus 
hervor,  dass  die  von  ihm  zu  A'  angegebenen  Druckfehler  in  A^  und  A*  nur 


474  ^etDeidgntnb  ju  einer  S)emonf!ratton  bed  S)afeind  (SSotted. 

etwa  för  das  erste  Viertel  der  Schrift  berücksichtigt  wurden  und  Versehen  wie 
fQ'iU  for  iBilb  stehen  blieben.  A^  hat  ausserdem  die  Sorrebe  ohne  erkennbaren 
Grund  fortgelassen  und  es  fehlt  für  die  (Srfte  9(bt^eilimg  die  entsprechende  Be- 
zeichnung, während  eine  solche  für  die  2^«  und  3t«  Slbt^eilung  vorhanden  ist. 
A'  wird  auf  dem  Titelblatt  als  neue[r]  unoerAnberter  Hbbtudf  der  Ausgabe  1763 
(falschlich  1783)  bezeichnet.  So  bringt  A'  die  IBorrebe  wieder  zum  Abdruck, 
schliesst  sich  aber  dann  in  Seiten-  und  Zeilenordnung,  von  geringeren  Ab- 
weichungen abgesehen,  durchaus  an  A'  an.  Eine  Vergleichung  des  Textbestandes 
Yon  A^  im  Verhältniss  zu  A' und  A^  ergab  denn  auch,  dass  die  beiden  letzteren 
einander  in  Bezug  auf  Sprache,  Orthographie  und  Interpunction  im  Ganzen 
näher  stehen.  So  ist  jene  Bezeichnung  nicht  zu  streng  zu  nehmen.  Femer 
bringen  A'  und  A'  dieselben  Verbesserungen  gegenüber  dem  Text  von  A'.  Eine 
ganze  Menge  der  in  A'  zahlreichen  Druckfehler  ist  verbessert  und  einige  Emen- 
dationen  des  Inhalts  sind  gemacht.  Doch  lassen  sich  die  letzteren  aus  der  Arbeit 
eines  aufmerksamen  Setzers  oder  Correctors  erklären.  A*  bringt  dann  wieder 
einige  neue  Verbesserungen  des  Textes  der  bezeichneten  Art  Neben  dieser 
Übereinstimmung  im  Ganzen  treten  aber  Abweichungen  zwischen  A'  und  A^ 
in  Sprache,  Orthographie  und  Interpunction  hervor  und  jeder  der  beiden  Drucke 
weist  besondere  Druckversehen  auf. 

Das  nachstehende  Verzeichniss  führt  die  Abweichungen  der  Auflagen  nur 
in  so  weit  auf,  als  sie  den  Inhalt  berühren. 

652  Ne]  A»  Nee  A^  ||  65 12  ^u]  fehlt  A»  ||  66 n  wiaen]  fehlt  A»  ||  67 19  er] 
Menzer  ed  A  ||  6734  i^ren]  Tieftrunk  i^rer  A  ||  6824  l^in]  A»  l^n  A\  \\ 

72 16  iBeftimmung]  Zus.  Menzer,  ein  einaiged?  Wille  (Kantstudien  VIII 
S. 336/7)  II  7333  i^ren  SWerTmoIen]  Menzer  il^reii  SRerfmoIe  A»-»  ij^rem  ÜWerfmale  A», 
Tieftrunk,  Rosenkranz,  Hartenstein,  Schiele»)  Vgl.  7386  und  74i8  ||  74?  bie] 
Menzer  ba^  A  ||  7523  finb]  Menzer  ift  A  i^e^ie^ung  —  ift?  Rosenkranz,  Harten- 
stein II  7526  \<Ü]  Zus.  Menzer  ||  762  er]  Zus.  Menzer  ||  7681  er  fehlt  A»  ||  77 so 
ber  rechte]  Wille  bte  rechten  A  ||  783  ober]  aber?  Wille  ||  80i9  Sufommen- 
ftlmmung]  Wille  Siiftimmung  A  ||  82i  rourbe]  Tieftrunk  würbe  A  ||  8233  aflem 
3)ennic^en]  Tieftrunk  allen  beiiflic^en  A,  vgl.  8433  ||  8326  in  fehlt  A>  ||  858  5] 
A*'»  2  A»  II  8521  aller]  Menzer  anbcrer  A  ||  87 15  93erneliiungen]  Tieftrunk  53er- 
etntgitngen  A  ||  889  ed]  Schiele  i^n  A  ||  8983  in]  Tieftrunk  im  A  ||  91i7  anberem] 
Rosenkranz  (anberm)  anbem  A  ||  9123  feien]  fei  A  ||  926.7  roa^rn^men]  Tieftrunk 
loa^rjunel^men  A.  || 

9513  ben]  Tieftrunk  bem  A  ||  9535  eS  fehlt  A»  ||  9726,2?  3:age  imf(^äbll^] 
Menzer  Zaqt  btefen  äBec^fel  unfdj&blic^  A.  Ich  nehme  an,  dass  blefen  SBed)feI 
später  von  Kant  übergeschrieben,  ben  Überfc^ritt  aber  nicht  ausgestrichen  wurde. 
Man  konnte  auch  an  eine  Beseitigung  von  ben  Überfc^ritt  denken  und  dafür 
btefen  ^ec^fel  einsetzen.    Hartenstein  schreibt  bei  bem  Überfd^ritt  ||  995  ^^er* 

0  Vgl.  Phüos.  Bibl.  Bd.  47  II,  Leipzig  1902. 


Orthogpraphie,  Interpunction  und  Sprache.  475 

fc^teben^eiten]  Ai->  8erf4ieben^fit  A>  ||  103?  abnehme]  Tieftrunk  abnehmen  A  || 
104»  ed]  Zusatz  Tieftrunk  ||  110»  eingefeben]  Tieftrank  einfeben  A  ||  UOss 
wefentlidjften]  Ai-3n>eMU(^n  A'll  11132  110]  Hartenstein,  Rosenkranz,  Schiele 
haben  naschlich  10;  vgl.  E.  xu  der  Stelle.  ||  11233  bad]  Tieftrunk  baft  A  ||  117  la  bem- 
na4]  Wille  benno4  A  ||  llSse  auferlegt]  A  aufgelegt?  Tieftrank  ||  11989  juttauen] 
Menzer  auautrauen  A  ||  1225  fi^]  Zusatz  Tieftrunk  ||  122i4  eefd)Ie(btd]  Zusatz 
Tieftrank  ||  125?  ein]  A^*'  fein  A*  ||  12634  fönnte]  Tieftrank  fonnte  A  ||  1277 
btefem]  A>  biefen  A'-'  ||  1284  biefen  (SRaterien)]  Tieftrank  bieje  (diinbe)  A, 
Schiele  ||  12837  eine  angenommene  ftbrrnati^rlic^e]  Tieftrank,  Hartenstein,  Rosen- 
kranz einer  ongenommenen  übernatflrlid)en  A  ||  13129  ben]  Tieftrunk  bem  A  || 
13285  geben,  bo4  hefteten  mu6,  nic^t?  Wille  ||  13237  aufjubalten]  Tieftrank 
Qufgel^atten  A  ||  13339.33  bm  —  allen]  unter  ollen  ben  grdgeflen  SRaum  einfdjUegt? 
Hartenstein  ||  13734  merbe]  Rosenkranz  merben  A  ||  138i3  nichtig]  Tieftrank 
mistig  A  ||  ISSas  melden]  Tieftrank  melc^er  A  ||  14437  Urfacfte]  A'  Urfac^en  A'-» 
II  14533  f{4  —  merben]  Menzer  fi^  fehlt,  werbe  A  na4  bem  ^afie  {!(!b  loerben? 
Rosenkranz  ||  146 is  befanben]  Wille  beflnben  A  ||  1483  ben]  A*  bem]  A'*>  || 
1526  fletne]  A«  Hein  A'-'  ||  153i3  berubenber]  Tieftrank  berö^renber  A  ||  15239 
fo  tpobl]  Hartenstein  fowol^I  A  ||  15332  einen]  Rosenkranz,  Hartenstein  ein  A  |j 

155»  Möge]  Hartenstein  groge  A  ||  156i7  mügte]  Hartenstein  mugte  A  || 
15838  ouf  SBegrtffe]  Menzer  au«  Begriffen  A  ||  1626  5]  Tieftrank  6  A  || 

Paul  Menzer. 


Orthographie,  Interpnnetioii  und  Spraehe. 

(Mhof^phie*  Der  Yocalismus  ist  derselbe  wie  im  vorher  besprochenen 
Drack.  —  Der  Gonsonantismus  weicht  in  mancher  Hinsicht  ab.  Dehnungs-^ 
fehlt  ausser  in  Dornemlic^  besonders  in  mar  und  seinen  Zusammensetzungen, 
wird  aber  dafür  gesetzt  in:  9labme,  @ee|tr0^me  (daneben  @tröme),  9{innfabl,  SiH- 
ffib^r  Verfobneni  mablen,  ne^mUd);  vgl.  dazu  barbötbe.  —  d  steht  selten  statt  f : 
SRetapb^fiif;  dagegen  finden  wir  öfter  f,  wo  wir  c  erwarten:  ^robufte,  ^r&bifat; 
C;  wo  wir  f  schreiben:  (Sofodbaum,  $unct  (neben  ^unft),  codmologifc^.  —  g  ersetzt 
in  Ableitungssilben  der  Adjective  zuweilen  das  richtigere  c^:  falflgt,  gleich« 
fdrmtgt  —  Die  f* Laute  sind  ähnlich  wie  im  vorangehenden  Dracke  behandelt; 
doch  finden  wir  vorwiegend  %  nach  kurzen  Vocalen:  (^fentnige,  ©c^tfibe,  migen, 
laben.  —  Auch  die  Gonsonantenvereinfachung  bietet  keine  wesentlichen  Ab- 
weichungen, nur  ist  sie  h&ufiger  bei  I:  Steen,  al^ugrog.  algemein,  f ölten,  moUe; 
und  f :  iSegrif.  Dorlteflicb.  antritt,  unbrftbift,  wogegen  ff  seltener  auftritt:  lauffen.  — 
AnfangsbuchstaUen.  Die  Majuskel  erscheint  mehrfach  am  unrechten  Orte: 
^nft  )u  ©Riffen,  Siebente,  bte  Uitermebütbe  (Sröge  u.  A.  Vgl.  im  übrigen  die 
Bemerkungen  über  den  vorangehenden  Drack.  —  Zusammensetzung.  Zu- 
sammengerückt wurden  im  Neudrack  fo  mof|l,  fo  glet(3^,  ob  ^mar,  ein  anber, 


476  SBeweidgrunb  5U  einer  2)emonflration  bed  S)ofeind  (SSotted. 

über  bem.  —   Eigennamen.     Erwähnt  seien  ^oltdre,  n)i)Ifif(3^.  —  Besonders 
anzuführen  ist  die  Wortbildung  <S)at)lb$firQ6e  136 17. 

InterpanotloD.  Komma  fehlt  oft  an  Satzgrenzen,  zuweilen  Yor  dem  In- 
finitiv mit  um  5U,  bei  Appositionen  und  verwandten  Bestimmungen.  Es  steht 
häufig  vor  Satztheilen,  die  durch  unb  angeknüpft  werden;  umschliesst  mehrfach 
adverbiale  Bestimmungen,  bezeichnet  zuweilen  Pausen  im  Satze  und  tritt  öfter 
unnöthiger  Weise  zu  Klammern.  —  Semikolon  und  Komma  oder  Kolon  mussten 
im  Neudruck  öfter  ausgetauscht  werden. 

Sprache«  Laute.  Ungewöhnlichen  Umlaut  bietet  nur  1  mal  Oorfdmt 
(sonst  0:  befomt,  !omt,  anfomt).  Dagegen  fehlt  er  öfter:  ab^ongett;  ein^^ebrucft, 
einbrudfte;  ungal^Iige,  Uber^euguiig.  In  den  letzten  beiden  Fällen  liegen  wohl 
Druckfehler  vor.  —  Auch  sonst  bieten  die  Stammsilbenvocale  Anlass  zu  Ein- 
griffen: aldbenn  (stets),  untrieglid^  (2  mal),  bOrfen  (1  mal;  sonst  stets  ä),  ftftnben 
(4  mal),  entfiunbe  (wohl  Druckfehler;  1  mal),  ^erumfc^munQ  (1  mal).  —  Ab- 
leitungssilben. Im  Superlativ  ist  das  e  mehrfach  erhalten:  gröffefler  (häufig;  doch 
auch  grögtr),  [c^neCfeflen,  me^reflen;  auch  im  Ind.  Imperf.:  erfüUete,  Derfü^Iete, 
fü^retcn,  jeigeten;  im  Conjunct  Imperf.:  relmete,  eInrÄumete,  le^irete,  erftdrete, 
»el^ete,  prüfcte,  forfcftete;  fagetc,  aeigete;  im  flectirten  Part  Perf.:  üerbünnete,  cnt- 
femeten;  am  häufigsten  aber  im  unflectirten:  eingerdumet,  üerbienet,  oorgefieQet, 
gefül^ret,  bejal^et,  erreichet,  gemägiget,  angemerlet  u.  s.  w.  Die  vorangehenden 
Consonanten  sind  sehr  verschiedenartig.  —  Von  Adverbien  mit  kanzleimässigem 
o-Suffix  kommen  vor:  t)orl)ero  (1  mal),  nunme^ro  (2  mal).  —  Flexionssilben. 
Gollectiva  haben  das  t,  mehrfach  erhalten :  93Qugerdt^e,  (^ttoiö^tt,  ©trafgerit^te 
(auch  Strafgericht),  ©efe^e.  Sehr  häufig  ist  andrerseits  Urfac^.  —  Adjective  und 
Adverbien,  in  fo  ferne  überwiegt,  unnütze  steht  1  mal,  ebenso  fre^erS  ^tlh  (Druck- 
fehler?). —  Verba.  Sehr  oft  bewahrt  ist  e  in  der  3.  Pers.  Sing.  Vgl.  die  ent- 
sprechenden Belege  beim  Part  Perf.  —  Unorganisches  e  haben  erhielte,  gefc^a^e.  — 
Der  Consonantismus  bietet  {{oberung ,  erfoberU(!b  u.  A.  (daneben  seltener  die 
Formen  mit  r).  —  Flexion.  Pronomina.  Einzel^le  sind  bererjenigen,  benem 
jenigen.  —  Verba.  fe^n  steht  für  fmb  45,  für  feien  8  mal;  zweifelhaft  scheinen 
8  Belege:  804,  8831,  96i9,  lOOs,  IIO22,  12525,  14483,  162ia.  —  Wortbildung. 
Auch  die  Adverbien  nöthigen  oft  zu  Eingriffen:  o^ngefe^r  (seltener  ungefe^r), 
ol^nerad^tet  (daneben  unerod^tet),  felbften,  fonften  (auch  foiift),  barinnen  (häufiger 
bartn,  morin,  l^ierin),  niemalen  (auch  niemaliS),  jej^o  (und  |e^t);  vereinzelt:  l^inban 
gefegt,  öfterer.  Vgl.  dazu  die  erweiterten  Adjectiv-Comparative  bi(!^terem  und 
fc^mererern  (1  mal).  —  Syntax.  Die  Adjectivflexion  nach  Fürwörtern,  Zahl- 
wörtern und  Präpositionen  stört  öfter;  manchmal  mag  der  Wechsel  zwischen 
starken  und  schwachen  Endungen  durch  Druckfehler  hervorgerufen  sein.  Bei- 
spiele für  unzulässige  starke  Flexion  sind:  ein  jeber  Dorfommenber  öegriff,  üKer 
biiS^er  {vorgetragener  gu  meinem  i99emeife  gel^driger  @rftnbe,  einer  auf&Qigen,  aber 
mit  groger  SBeiiSl^eit  äbereinftimmenber  (Sinbeit  (Druckfehler?),  mit  einem  und 
ni(^t  begreiflichem  Serm^gen;  für  schwache  Flexion:  ju  irgenb  etmad  ^enflid^en, 
in  irgenb  etmad  Sirflic^en,  t)on  minber  ooQIommenen  fixt,  ju  einigen  Oormonbe, 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  477 

unfer  enimorfene  DntoIootfAe  Setoei^.  —  Vgl.  noch  zur  Pronominalflexion:  Don 
btefen  Planeten  (Sing.)/  innerhalb  »eichen  (dgl.),  in  meieren  (dgl.,  Datiy),  mit 
feinen  Stilen,  be^  ieolitben  ^rftbicatei  non  etroad  anbem,  nttt  feinen  innem  Qer- 
mögen;  und  die  starke  Flexion  in  jeber  anberer  HBegebenl^eiten.  Die  Artikel- 
formen  benen  und  berer  sind  verhältnissmässig  zahlreich  (12  und  5  Belege). 
1  mal  begegnet  Ellipse  des  ic^.  —  Auch  bei  den  Zahlwörtern  finden  wir  schwache 
Endungen,  wenn  auch  seltener  als  beim  Pronomen:  ju  ollen  biefem,  allen  Kn« 
fdjeine  noc^.  —  Präpositionen,  nor  ist  statt  für  gesetzt,  entsprechend  norje^t, 
banor;  o^ne  regiert  1  mal  den  Dativ,  sonst  den  Accusativ.  14635  steht  auf- 
fallend um  i^r.  —  Conjunctionen.  Sehr  häufig  hat  benn  temporale  Bedeutung.  — 
Geschlecht.    Ser^&Itnig  ist  3  mal  Femininum,  sonst  Neutrum. 

Ewald  Frey. 


'pe(fiDft5||ftf  (fii$itfit||reii. 


Herausgeber:  Kord  L »88 witi. 


Eialeitns. 

In  Bezog  auf  die  Schrill  findet  sich  in  den  Act  Fac  »lil.  Tom.  V  p.  428 
die  Eintragung:  ,d.  UL  Jun.  M.  Kants  Serfuct  bcn  Qennf  her  SRegattnen  Qrdften 
in  bie  SBe Itmetb^t  dn^uffi^en,  nebft  bem  Sln^nge  etnrr  ^i)brobi)nainif4Kn  tüif« 
gäbe*.  Cber  diesen  flnbang  ist  nichts  Näheres  bekannt  Angeseigt  wurde  die 
Schrift  erst  zur  Ostermesse  1764. 

Ihneke:  1.  f^nfu^  ben  Begriff  ber  negotinen  üröbfti  in  bie  fBeltmetfi^it 
rinauffil^ren  non  d)e.  Smmonuel  £ont  ^aitigöberg,  bei)  3otaitn  3acob  j^anter  1768. 

2. Neueste  Auflage,  Grätz  1797  (Nachdruck). 

3.  3.  Staute  fAmmtIid)e  flrine  64riften.  fftad^  ber  3ettfoIge  georbnet.  Mntg^ 
berg  unb  ^txp^xq  1797/98  Bd.  II  S.  53—112  (Nachdruck). 

4.  Smmonuel  5tant'd  nermif(^te  ©Triften,  ^ae  1799.   Bd.I  S.  611— 676. 


Sachliche  Erläntemngen. 

16830  (Suler]  S.  E.  zu  I  3783.  Kant  meint  die  Abhandlung:  .Reflexions 
sur  Pespace  et  le  temps*  im  angeführten  Bande  der  Eist  de  PAcad.  p.  324—333. 

169u  (Sruflud]  S.  E.  1  393 19.  Die  Schrift  hat  den  Titel:  „Anleitung,  über 
natürliche  Begebenheiten  ordentlich  und  vorsichtig  nachzudenken''.    Leipzig  1749. 

16913  9een)ton]  Der  Vergleich  findet  sich  in  den  der  Optik  von  1717  an- 
gehängten Fragen  in  der  31.  (Opera  omnia  ed.  Horsley,  London  1779,  T.  IV.) 
Die  Vorstellung  Newtons  ist,  dass  die  kleinsten  Körpertheilchen  anziehende 
Kr&fte  von  grösster  Stärke  bei  der  Berührung  besitzen.  Beim  Zusammenschluss 
der  Atome  vermindern  sich  diese  um  so  mehr,  je  grosser  die  zusammengesetzten 
Thelle  werden,  und  gehen  unter  Umständen  in  abstossende  Kräfte  über.  Dies 
findet  etwa  in  der  Entfernung  statt,  die  wir  heute  eine  moleculare  nennen,  und 


Lesarten.  479 

in  der  Newton  die  Wirkungsweite  der  chemischen  Sjüfte  sieht  Die  Gravitations- 
wirkung darf  hiermit  nicht  verwechselt  werden.  Näheres  in  Lasswitz,  Geschichte 
der  Atomistik,  Bd.  II  p.  568,  569.    VgL  Lesarten  169 15. 

17010  jl&fhier]  Abraham  Gotthelf  K.,  geb.  1719  zu  Leipzig,  gast  1800  zu 
Göttingen.  Kästner  definirt  a.  a.  0.  (3.  Aufl.  1774  S.  62):  „Entgegengesetzte 
Grössen  beissen  Grössen  von  einer  Art,  die  unter  solchen  Bedingungen  betrachtet 
werden,  dass  die  eine  die  andre  vermindert*  Er  betont  die  Relativität  des 
Negativen. 

17013  $^Uofop^en]  Es  ist  wohl  Crusius  gemeint  Vgl.  „Weg  zur  Gewiss- 
heit« etc.  §  7. 

18182  Sffauperluid]  Essai  de  philosophie  morale.    Berlin  1749.  Gap.  3. 

185 i.a  ÜRudfdjenbroef]  S.  E.  I,  1189.  Vgl.  Elementa  Pbysicae  2  teAufl.  1751 
Gap.  XXVI   De  igne.   bes.  §§  788,  793. 

185S2  lipinud]  Franz  Ulrich  Theodor,  geb.  1724  zu  Rostock,  gest  1802  zu 
Dorpat  Längere  Zeit  Professor  der  Physik,  Hitglied  der  Ak.  d.  W.  zu  St  Peters- 
burg, Director  des  Gadettencorps  daselbst.  Vgl.  Sermo  academicus  de  simili- 
tudine  vis  electricae  atque  magneticae.  Petropoli  1758.  Eine  Obersetzung  er- 
schien in  Bd.  XXII  des  Hamburger  Magazins  1759. 

18610  Tlai^ia^  iOcl]  Theologe,  geb.  1684  zu  Gttava  in  Ungarn,  meist  in 
Pressburg,  wo  er  1749  starb.  Schrieb  unter  anderm  ein  vierbändiges  Werk 
Notitia  Hungariae  nova  historico-geographica,  divisa  in  partes  quattuor.  Viennae 
Austriae  1735—1742. 

18616  Soer^aone]  S.  £.  I,  208 19. 

1861»  SQCobi]  Johann  Friedrich  J.  (1712-1791)  1735  Magister  der  Philo- 
sophie in  Göttingen,  dann  Prediger  an  verschiedenen  Orten,  zur  Zeit  seines  Auf- 
satzes in  Hannover.  „Sammlung  einiger  Erfahrungen  und  Anmerkungen  über  die 
Wärme  und  Kälte  in  freier  Luft*  Zusammengetragen  von  Hrn.  Job.  Friedr. 
Jacobi.    Hamb.  Mag.  1758  XXI  S.  16  f. 

18623  |[ptnud]  S.  E.  zu  185  32. 

191 23  9leimorud]  Vemunftlehre,  Hamburg  und  Kiel  1756.  §  35. 

19813.14  gef^&^t]  S.  £.  zu  I,  11 7  und  168. 

20311  Srufiud]  S.  £.  I,  393i9.    Vgl.  Metaphysik  §  34ff.,  Logik  §  140ff. 


Lesarten. 

1683  anbete]  anbem  ||  I6811  bann]  benn  ||  168is  geben]  gtebt?  Lasswitz  || 
1696  no4]  na4  ||  169u  ber]  Lasswitz  ba,  ba  er  Tieftrunk,  dann  konnte  aber 
das  er  ^schlich  auf  Crusius  bezogen  werden  ||  169 15  Seite]  Hier  will  Wille 
(Kantstudien  VIII  S.  836)  einfügen  flc^  nerminbemb  immer  no4  eine  anatel^enbe 
bleibt.  Eine  Lücke  liegt  aber  wohl  nicht  vor,  da  es  hier  nur  auf  den  Vor- 
zeichenwechsel ankommt  Newton  meint,  dass  die  Kraft  in  vermehrter  Weite 
keine  anziehende  bleibt,  sondern  in  eine  abstossende  übergeht;    anziehend  ist 


480  ^erfuc^  ben  begriff  ber  negotioen  ©rdgen  in  bie  SBeUmeid^eit  elnauffll^rett. 

sie  nur  in  unmittelbarster  Nähe  der  kleinsten  Theilchen,  der  Übergang  in  die 
Abstossung  findet  aber  schon  sehr  nahe  an  den  Körpern  statt.  Vgl.  Erl.  hierzu. 
Es  genügt  zur  Verdeutlichung  der  Stelle,  die  Worte  boc^  ....  JIdrpem  in 
Kommata  zu  schliessen.  ||  16926  2.]  1.  || 

17219  fein]  entgegengefe^te  fein?  Lasswitz  ||  1766  eine]  ein«  ||  1777  bad] 
Zus.  Tieftrunk  ||  1784  einem]  einen  || 

18136  ifi]  Lasswitz  ob^Angt,  aU  eine  Solge  ....  obl^Angt  Hartenstein  || 
18127  eine]  einer  ||  18330  pe]  Lasswitz  ed  ||  18434  fönne]  f5nnen  ||  185ii  5t5r- 
per]  Zus.  Lasswitz  ||  185 12  Jene  Materie  biefe  Sftrme]  Lasswitz  jenen  bieie  SRoterie 
ber  SBdrme  ||  185i3  berfelben]  beffdben  (im  Zusammenhang  mit  185i2)  ||  185» 
ber]  Lasswitz  bed  || 

19023  ^ätte]  WiUe  (a.  a.  0.)  schlägt  l^tte  vor,  aber  l^dtte  ist  richtig,  denn 
die  Bewegung  ist  eben  nicht  hervorgebracht,  sondern  zur  Hemmung  verbraucht.  || 
19610  Üllur]  9lun  ||  19620  ber]  beiS  ||  20090  anberer]  anbeten  ||  200s6  i^n]  ed?  || 
20123  badjenige]  Zus.  Lasswitz  |{  201 2»  inbem]  Lasswitz  bie,  inbent,  bie  fo  Tief- 
trunk II  20226  vor  ^^eifteiS  ist  enblic^en  einzusetzen  ||  203»  bann]  benn  ||  304? 

enbigen]  enbiget  || 

Kurd  Lasswitz. 

Orthographies  Iiiterpimction  und  Sprache. 

Orthographie.  Vocale.  Doppelvocale  haben  üJ^aag,  ©c^roeere,  «^eerb. 
e  steht  ziemlich  häufig  für  ä:  C^rmegung,  o^ngefe!)r,  allennertd,  besonders  oft 
nemli(!^.  Über  e^  vgl.  die  früheren  Drucke,  roieber  =  gegen  findet  sich  wohl, 
doch  herrscht  roiber.  —  Consonanten.  Dehnungs-^  fehlt  in  SBar^eit  und  ver- 
wandten Wörtern,  femer  in  marne^men,  t)ümem(i(^ ;  es  steht  in  U)iUffi^rIi4,  t)er« 
lol^ren.  —  c!  und  besonders  !  sind  beliebt:  ^atbematidf,  ©ubfedtt,  ^ugenmerdf, 
abftradt;  ©pefulation.  tlbflraftion,  ^rftbifat,  ©ubjeft.  —  6  ist  öfter  nach  kurzen 
Yocalen  gesetzt:  ^enntniBe«  ^agtDfc^ulb,  juDerlägig,  (oget.  f,  S  stehen  sehr  häufig 
vor  Consonanten  und  im  Auslaut:  üBemufife^U;  mfifte,  9Ridbeutung,  Slnlod  u.  a. 
—  Einfache  Consonanz  statt  doppelter  fällt  wie  in  den  beiden  älteren  Kanterschen 
Drucken  bei  nt,  t\,  i  und  f  auf  (s.  0.).  —  Zuweilen  steht  ^  statt  3:  ^Reifti  Qkib* 
gei^.  —  Anfangsbuchstaben.  Erwähnenswerth  ist  allein  die  Minuskel  sub- 
stantivirter  Adjective,  die  recht  oft  erscheint:  menig ^ mo^red.  —  Von  Namen 
wurden  geändert  ©alliiäi,  ©tag^rit,  SadoII. 

Interpiinetioii.  Komma  fehlt  oft  an  Satzgrenzen,  zuweilen  bei  Appo- 
sitionen, sowie  Infinitiven  mit  um  ^u,  o!)ne  ^u.  Es  steht  häufig  vor  unb  nebst 
Satztheilen,  manchmal  bei  adverbialen  Bestimmungen,  Klammem,  hinter  benn 
(benn,  menn),  zerlegt  Sätze  in  Gmppen  von  Satzgliedern,  trennt  Genitiv- Attribute 
von  ihren  Beziehungswörtern. 

Sprache.  Laute.  Der  Umlaut  fehlt  in  QudgebrudK*(l  mal,  sonst  ü),  bntdfe 
(2  mal),  aufamnten^angenben  (daneben  abhängen).    Er  findet  sich  auffallend  in 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  481 

9}&l^eii  (1  mal).  —  aldbenn  steht  regelmässig,  ttfirfltcb  wechselt  mit  ttltflic^i 
überwiegt  aber.  Nur  einmal  belegt  ist  bdrfte.  —  Ableitungssilben.  Neben  dem 
Superlativ  mel^refle  (2  mal)  treten  eine  Anzahl  Partidpialformen  auf,  in  denen  e 
bewahrt  ist:  t)emeinet«  oorgeftellft,  ongefflllet,  geirret,  bejabet,  gefc^ft^^t.  Ver- 
einzelt sind  nunme^ro,  Plegien  (Druckfehler?).  —  Flexionssilben.  Einige  Gollective 
haben  e  bewahrt:  ®egengett)i4te  (daneben  Gleit^gemi^t),  (Beirdnfe  (aber  ©efc^Iec^t, 
(Befe^).  —  In  der  3.  Pers.  Sing.  Pr&s.  ist  e  noch  oft  erhalten.  Die  vorangehenden 
Gonsonanten  sind  nicht  nur  Nasale  (etfrnnet,  ftiinmet),  Liquiden  (ffl^Iet,  lehret) 
und  Spiranten  (heftetet),  sondern  auch  Verschlusslaute  (leget,  benfet)  und  Affri- 
caten  (fe^et).  1  mal  belegt  ist  einfo^e.  —  Statt  in  fo  ferne  findet  sich  selten  in 
fo  fem.  —  Gonsonanten.  9uffobening  ist  7  mal  gedruckt  (daneben  seltener  er« 
foibert).  —  Flexion,  fe^n  vertritt  meist  finb  (20  mal),  suweilen  feien  (3  mal). 
—  Wortbildung.  Ältere  Adverbformen  sind  fonften  (4  mal  neben  fonft),  iej^o, 
Dorjeto,  onje^o  (je  1  mal;  daneben  onieftt),  o^iigefel^r  (1  mal).  —  Syntax.  Die 
Flexion  der  Adjectiva  und  Pronomina  erregt  auch  in  diesem  Drucke  mehrfach 
Anstoss:  ein  {eglic^ed  poütioed  ßeic^en;  t)on  etmad  anbem,  oon  {eben  (Sing.),  in 
ieben  Sofle,  in  einen  j^drper  (Dat).  benen  (2  mal),  berer  (l  mal)  finden  sich  als 
Formen  des  Artikels.  —  t)or  steht  im  Sinne  von  für.  entsprechend  Dorjef^t.  In 
räumlicher  Bedeutung  regiert  es  2  mal  auffallender  Weise  den  Acc,  so  173 i.s, 
obwohl  kurz  vorher  die  richtige  Gonstruction  sich  findet  (Druckfehler?).  —  Je 
1  mal  belegt  sind  mann  =  wenn,  benn  »  bonn.  —  8et()dltni6  hat  an  2  Stellen 

weibliches  Geschlecht. 

Ewald  Frey« 


ttanVie^'xifUn.    Orrfe.*n.  31 


itiib  (^i$a0fiteti. 


Herausgeber:  Paul  Menzer. 


Efaileltiiiigr. 

Die  Schrift  wurde  am  8.  October  1763  dem  Decan  rar  Genrar  ^  Torgelegt 
Ober  die  Zeit  ihres  Erscheinens  giebt  Hamanns  Brief  an  Lindner  vom  1.  Februar 
1764  Aufschluss:  „Eben  jetzt  arbeite  ich  an  Kant's  Beobachtungen  über  das 
Gefähl,  die  ich  gern  ein  wenig  umständlich  und  Torzüglich  recensirt  sehen 
wollte.'^')  Aus  dieser  Mittheilung  geht  hervor,  dass  die  Schrift  damals  schon 
erschienen  war  und  sie  ist  deshalb  Yor  den  Aufsatz  8erfu4  ü6eT  bie  ^anf^etten 
bt^  ^Opfed  gestellt  worden.  Vergleicht  man  femer  das  Datum  des  Censurrer- 
merkes  mit  Hamanns  Nachricht,  dass  der  Ziegenprophet  am  13.  Januar  1764  er- 
schien,') so  ergiebt  sich,  dass  das  Hanuscript  der  ^Beobachtungen  längst  abge- 
schlossen war,  als  Kant  Anlass  fand,  sich  über  diesen  und  das  Thema  des  Auf- 
satzes zu  äussern. 

Draeke:   1.  ^Beobachtungen  fiber  bad  ®effi^l  be«  @d^önen  unb  Q^^benen 
bon  Wl.  Sntmanuel  j^ont.    ^dnigdberg,  Ut)  So^nn  3acob  j^anter,  1764. 
2. 1766. 

3. «Riga,  be^  fjriebric^  ^artfno^,    1771.    [Vignette:   Füllhorn  mit 

Blumen,  Hercurstab,  Blattguirlanden.] 

4. [Vignette:  Melone  (?)  mit  Blumenzweigen.] 

5. [Vignette:  Cartouche  mit  Zweigen.] 

6. Sf^euefte  5(ufIoge.  ©rd^,  gebrudt  be^  «nbreoö  Se^fam  1797  (Nach- 
druck). 


')  Acta  Fac.  Phil.  Tom.  V  p.  448. 

*)  A.  a.  0.  III  S.  212/3.    Die  Recension  erschien  in  den  «Konigsberger  ge- 
lehrten und  politischen  Zeitungen^  am  30.  April  1764. 
>)  A.  a.  0.  Hl  S.  286. 


Sachliche  Erl&aterungen.    Lesarten.  483 

7.  3.  StaiAi  fämmtli^e  fleine  Sd^nften  nod^  ber  S^itfolge  georbnet.  5^5nigd« 
berg  unb  Beipatg  1797/8.    Bd.  U  S.  289-378. 

8.  Smmanuel  S^anV^  oennifc^te  ©c^nften.  8»etter  iBonb.  l^aUt  1799  (Tief- 
tronk).    S.  347— 434. 


Saehliehe  ErläntenmgeiL 

208 18  U)ie  19ak)le  betteltet]  B.  citirt  aus  Thomas  Lansias,  In  Mantissa  orat. 
p.  792. 

20920  (Sara^ond  S^raum]  Der  Titel  des  Magazins  heisst:  Bremisches  Magazin 
zur  Ausbreitung  der  Wissenschaften  und  Künste  und  Tugend.  Von  einigen  Lieb- 
habern derselben  mehrentheils  aus  den  englischen  Monatsschriften  gesammelt 
und  herausgegeben.  Der  4'^«  Band  erschien  im  Jahre  1761.  G.'s  Traum  wird 
als  „eine  morgenländische  Erzählung'^  bezeichnet  Kant  citirt  übrigens  nicht 
genau. 

2109.10  ^offelquifl]  D.  Friedrich  Hasselquists  . . .  Reise  nach  Pal&stina  in 
den  Jahren  1749—1752.  Rostock  1762.  Die  Beschreibung  der  Pyramiden  findet 
sich  dort  S.  82—94.    Vgl.  bes.  S.  85. 

21226  ^onma^]  Jonas  H.  (1712—1786).  Vgl.  Herrn  Jonas  Hanway  zuver- 
lässige Beschreibung.  Nebst  einer  unpartheyischen  Historie  des  grossen  Eroberers 
Nadir  Kuli  oder  Kuli  Chams.    Hamburg  und  Leipzig  1754.    2ter  Theil  S.  396. 

22936  %xau  S)acter]  Anna  D.  (1654—1720),  Frau  des  Philologen  Andre  D. 
und  selbst  in  dem  Fache  ihres  Mannes  thätig. 

2301  SRarquifin  non  ^^ofielet]  Vgl.  E.  zu  I  45 11. 

23012  ^onteneUe]  Vgl.  Entretiens  sur  la  pluralite  des  mondes,  Paris  1686i 
Die  Unterhaltungen  finden  mit  einer  Dame  statt. 

230 14  9((gQrottt]  Vgl.  le  Neutonianisme  pour  les  dames,  Amsterdam  1741. 

2532  ^unte]  Vgl.  Hume,  Philosophical  works  ed.  Green  &  Grose  1874/5, 
III  p.  253. 

25432  8abQt]  Jean  Baptiste  L.  (1663—1738)  war  französischer  Missionar. 
Vgl.  Voyage  du  pire  Labat  aux  iles  de  l'Amerique.    Haye  1724,  Bd.  II  p.  54* 


Lesarten. 

Von  den  IBeobat^tungen  sind  Originaldrucke  aus  den  Jahren  1764,  1766 
und  1771  vorhanden.  Die  beiden  ersteren  erschienen  bei  Kanter,  im  Jahre  1771 
ist  Hartknoch  der  Verleger.  Eine  Vergleichung  der  Drucke  ergab,  dass  Kant 
sich  um  die  späteren  nicht  gekümmert  hat,  und  deshalb  ist  A*  dem  Neudruck 
zu  Grunde  gelegt  worden.  A*  weist  gegenüber  A^  zwar  Verbesserungen  der 
Interpunction  auf,  doch  konnte  diese  Änderungen  der  Setzer  oder  Gorrector  vor- 
nehmen.   Verbesserungen  des  Inhalts  sind  ausser  bei  28880  kaum  vorhanden, 

81* 


484        Oeobad^tungen  ühtt  ba^  (Beffi^l  be0  S^dnen  unb  (Sr^abenen. 

selbst  an  den  Stellen  nicht,  wo  sie  leicht  möglich  waren  (z.  B.  3397).  Dagegen 
ist  eine  grosse  Zahl  von  Verschlechterungen  in  A'  eu  finden  (z.  B.  209  lo,  21390> 
22411,  234u  u.  a.  m.). 

Wie  das  Verzeichnlss  der  Drucke  schon  angiebt,  existiren  drei  verschiedene 
Drucke,  deren  Titelblatt  gleichmässig  das  Jahr  1771  zeigt  Es  ist  wahrschein- 
lich, dass  der  bei  Aufzählung  dieser  Drucke  an  erster  Stelle  genannte  (A*)  auch 
der  älteste  ist,  denn  er  stimmt  in  Bezug  auf  Seiten-  und  Zeileneintheilung,  von 
wenigen  Ausnahmen  abgesehen,  peinlich  genau  mit  A^  und  A'  überein,  während 
A*  und  A^  erheblich  in  dieser  Hinsicht  abweichend  sind.  Als  Druckvorlage  für 
A*  diente  anscheinend  ein  Exemplar  von  A'.  Das  Lesartenverzeichniss  zeigt, 
dass  A'  die  in  A*  enthaltenen  Abweichungen,  selbst  wenn  sie  Verschlechterungen 
des  Textes  sind,  in  vielen  Fällen  beibehält  (z.  B.  209 lo,  234 u,  25434,  264»). 
Doch  sind  auch  einige  Verbesserungen  gegenüber  A'  vorhanden  (z.  B.  213», 
22411,  25310).  Ferner  hat  A*  bei  21825  gegenüber  A**'  die  bessere  Lesart 
Diese  Verbesserungen  stehen  an  Zahl  aber  weit  zurück  hinter  den  vielen  Druck- 
fehlern und  Verschlechterungen  des  Textes  in  A*  z.B.  21l2a.2S,  219 n,  2396). 
Schliesslich  finden  sich  Unterschiede  des  Textes,  deren  Grund  sich  nicht  erkennen 
lässt,  da  der  Inhalt  sie  nicht  erforderlich  macht  (z.  B.  20823,  21026,21118,31429 
u.  a.  m.).  So  kann  auf  besondere  Sorgfalt  bei  Herstellung  des  Druckes  oder  eine 
Hitwirkung  Kants  mit  Sicherheit  nicht  geschlossen  werden. 

A'  hat  dann  anscheinend  als  Druckvorlage  für  A^  und  A^  gedient.  Dies 
lässt  sich  daraus  schliessen,  dass  beide  die  gekennzeichneten  Lesarten  von  A* 
enthalten  (vgl.  z.  B.  219i7).  —  Die  Drucke  sind  im  Ganzen  correcter  und  eine 
grosse  Zahl  von  Druckfehlem  ist  verbessert.  Auch  die  Vergleichnng  der  sprach- 
lichen Eigenthümlichkeiten  zeigte,  dass  A^  und  A^  A'  näher  stehen,  wenn  sich 
{luch  eine  Anzahl  von  Übereinstimmungen  mit  A*  nachweisen  Hessen.  Doch 
können  diese  auf  den  Setzer  zurückgeführt  werden.  Ausserdem  weisen  A*  und 
A^  gemeinsame  Abweichungen  inhaltlicher  Art  von  A'  auf.  Sie  werden  hier  be- 
sonders mit  Hinzufügung  der  Lesarten  von  A'  und  A'  aufgeführt: 

21087  worben]  A»-»-*«*  werben  A»  ||  215is  ©erfleüung]  A»  SorflcHuiig 
AI. «.4.5  II  2177  ©efeUlöfeit]  A»-»  ©ffÄaiöfelt  A»-*-*  ||  229io  bem]  A'-»-*-*  ben  A»  || 
24285  aber]  A'-»  ober  A*-«  ||  242i3  3)anf]  A>-»  Gong  A*-*  ||  249 n  Qorafigeu  A»-» 
Scrgnügen  A«-*  ||  252u  erlaubten]  A>-»  erlouben  A»-*-*  ||  2564  romonift^  A'-» 
romantlfc^c  A«-*  ||  256ii  In]  A»-»  in  bie  A*-«  || 

Dies  Verzeichnlss  zeigt  zugleich,  dass  A^*'^  theils  mit  A'  gegenüber  A**', 
theils  mit  A^*>  gegenüber  A'  übereinstimmen,  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  aber 
eine  von  A>'*  abweichende  Lesart  haben.  Welcher  der  beiden  Drucke  (A*,  A*) 
der  ältere  sei,  lässt  sich  nicht  mehr  feststellen.  Die  in  ihnen  vorhandenen, 
wenig  zahlreichen  Abweichungen  betreffen  nur  Interpunction  und  Sprache.  A^ 
hat  eine  grossere  Zahl  von  Druckfehlem  als  A^  Ob  die  drei  Drucke  9ämmtlich 
im  Jahre  1771  erschienen,  ist  nicht  zu  entscbe^  ^^ber  wenig  wahrscheiiüich. 
Im  folgenden  Verzeichi^n^ht  das  Sigel  aI|IH^  drei  Drucke  des  Jahres 
1771,  sie  haben  ausser  dei^^^^^eführten  aiAS^^yien  die  gMohci  Lesart 


Orthographie,  Inlerpunction  und  Sprache.  485 

207»  Q(!M4ßtr]  A<->  gdfliel^et  A*  j|  206u  t«]  WUle  fif  A  ||  SOS» 
Qm;)fintiungtn]  Ti«ftnink  tSrfinbungrn  A  ||  SOSn  nttS  n>lr  nun]  A'->  bat  iDlr 
tt«t  A»  II  30910  ^filnhil]  A'  ^tntt^Wt  A'-'  ||  209»  mit  bon  tUtiit  tiant 
Wille  I!  älOK  Qlitnmtmbc]  A'-'  jc^lmmtmbt  A'  |i  2obti&n0t  A''>  Sobe&mofl 
A>  {{  älOso  not^]  Zosati  Memer;  nach  dem  Origiaal  || 

211»  loie]  A'-'  aiä  A>  ||  211»  fo]  feUt  A'  jj  21129.13  Ia<^bf  Snub«i] 
A<->  lai^cnben  Sttunbe  A'  ||  Sil»  mte]  Ai*  aU  A*  ||  212u  [ftnnen]  fonnt 
TieftniDk  ||  213»  btntn  bti  S^Otitn]  Ai->  htm  Si^Sntn  A>  |{  213w  tSufd^fn] 
A'-*  toufc^en  A*  ||  2Uii  ift  (daa  ersie)]  fehlt  A'->  {[  21433  romanif«]  A'-> 
romanhaft  A>;  vgl  256«  im  Verzeichniaa  auf  S.  481.  ||  315ifi  Sc^aiffinnigfeit] 
A"'»  b«r  SdiarffInniBifit  A«  ||  21S»  roitö]  lotrbtn?  Meoier  ||  216m  oon]  A'-' 
DoiA>  II  218»  nit^t  im]  A>  imnii^t  Ai-<  1|  918sin)aö]  A'-*  unb  naS  A*  ||  219ii 
füf|!i]  A>-)  in^lt  A*  II  3211t  um  btx]  A>  bei  um  A'-*  [|  224ii  nibtigt]  A'-*  auf 
bist  A*  II  32411  bmQ^t  ift]  A'-'  fl4  btmä^t  A'  ||  325i  b»]  A>  tx  &'■*  \\  23530 
inneni]  A'-»  btn  innmt  A«  ||  2265  aai]  fehlt  A»  |[  226»  ao]  A'-i  btm  A«  |t 
227«  eine]  A'  einen  A"-'  || 

328U  m3nnlt4en]  A<-*  nämli^en  A*  ||  32831  jufllei(^}  A'-'  ou^  jugCtt^ 
A>  11  23910  btm]  A'-*  btn  A>  ||  329»  nur  te  i^]  A'-*  tS  \\t  nur  A>  ||  229» 
bir]  A'-'  nie  A>  ||  2308  aii  ba]  A'-'  ali  A*  ||  230i<  aufju)rid|n(nj  A'  nnju. 
jHc^ntn  A'->  ||  23210  ft^t]  A'  |e^  A'-'  ||  233i  lafltn  mfiffen]?  Wille  ||  233is 
[ein]  Tieftnink  feiner  A  ||  234i(  gemeine]  A'  geb^ime  A*-'  ||  234m  fic]  Zusatz 
Harlemtein  ||  2'äiu.zii  ift  oerft^menbet  morben]  A'-'  petfdinenbct  raoibeii  tft  A*  [{ 
23510  g»"n'flW"n]  A'-»  Seinlgleiten  A'  ||  28Öi7  oW]  Ä'-»  für  A>  ||  238i6  tDOö) 
AI-'  ba«  A'  II  23830  e«]  fehlt  A>  ||  338»  er]  Hemer  fie  A  1|  239e  Selige«]  A>-> 
Sefiteii  A*  II  2S9i  ei|elid)e]  Tieftrank  e^Tlittje  A  ||  239u  Strfriniguna]  A<-* 
eetfeineiune  A*  ||  2403«  aufS]  A*  nnf  A'-'  ||  24090  roae]  A'-*  ba«  A*  |[  241i8 
aU]  A<-'  \üx  A>  II  243«  ju]  fehlt  A>  ||  242»  unglet^}  A'-'  unflleid|fn  A>  || 
24231  Selntgreiten]  A'->  Qrin^len  A*  || 

24310  obtr  steht  in  A>  hinler  Spanier  ||  345u  ben]  fehlt  A*  ||  351ai 
er]  Wille  fle  A  {|  252ii  bie]  A>->  ber  A>  [[  352»  oon]  fehlt  A<  ||  353io  ein]  A<-* 
Don  A>  II  258«  ^unbirlfDOK]  A'-'  Don  tlunbert  A*  |[  3543(  uiib]  A'  niil)tA*-'|| 
354M  Ober]  fehlt  A'->  |j  235%  auslief]  A<->  f|inaueilef  A>  ||  255k  faleten  A' 
folgen  A»-'  1| 

PanI  Henter. 


OrthogimpUe,  Interpnnetion  nnd  Sprache. 

OrUiographte.    UUmilii  der  Drack  nur  geringen  Umfang  hat,  aöthigt  er 
doch  lu  »abireichen  HlngnSen.    Vocale.    Zwar  sind  störende  Doppelvocale  selten 
und  in  der  Sauptsnche  auf  Wiaai,  gtmin'r  maagen   (blafig  neben  Hitmatiung, 
lagen)  beschränkt.     Dafür  aber  mit  e  statt  &  auf  in  Srjetilung,  emegeR, 
hsefi^teiitt,  titmü^,  DotlWTU  und  ist  eq  sehr  h&afig  inStamnuilbeu: 


! 


486        Sroboc^tungen  ftbet  bad  Scfü^l  Mi  &^mn  imb  di^benen. 

« 

9)e))nung,  frei),  ^toe^te«  fe^,  fei^n,  bef4nrl)tr,  fd^tri^nb,  emgeiofi^tet,  ffi^It4,  boy 
(doch  Beift>iel,  Seileib,  SeifaU),  belyberlel)  und  in  Ableitungssilben:  ^ort^, 
Sartore^,  (Bafiere^,  @4mei(^fle9,  Vapogel).  a^  fand  sich  in  {>ai)n.  Ungewöhn- 
lich ist  i  statt  ie  in  fficidbeitdininei  Surnir,  gric^if^;  andrerseits  steht  tc  in 
Oiefonii  oudgiengen.  —  Gonsonanten.  Hier  bedurfte  es  sehr  oft  der  Änderung. 
Dehnnngs-b  steht  in  (Kingebobme,  oerlo^r,  gemobUeiS,  t(  in^artbel),  9bentbener, 
^offart^  (daneben  i^offfirtiger),  borbiet^en;  b  fehlt  in  fBorfd)einlid)fett,  oer^Iet, 
fcölicb«  t)omttnIi(b  (aber  mobl).  —  Die  gutturale  Tennis  wird  mehrfach  durch  c 
bezeichnet,  wo  wir  t  setzen:  ScIoDe,  (Sorl,  (Sreuj^,  oft  durch  f,  wo  wir  c  ge- 
brauchen: Snftinit,  fpefulatio,  abfiroft,  beltfat,  auch  durch  (f:  Solcf,  ^rancfcetcib, 
fiatd,  unoermerdt  (daneben  SIenbmetf,  ©t&rfe,  flnft).  —  Die  dentale  AffricaU 
erscheint  oft  als  (:  @i^crt,  9let^bar!eit,  ^ditoex^n,  Slefiben^,  grönftt  (daneben 
@d)tner3en,  gän^lic^  u.  a.).  —  Unter  den  Labialen  ßJlt  n  auf  in  Sefttgfett, 
fangniniftb  (aber  Quelle).  —  Auch  die  dentale  Spirans  macht  Schwierigkeiten, 
soweit  sie  tonlos  erscheint  Nach  langen  Vocalen  ist  sie  oft  durch  fT  bezeichnet: 
gröffered,  genieffen,  beiffenben  (neben  größerer,  genießen;  nach  kurzen  finden  vir 
immer  ff:  (Bebfimniffe,  Deronlaffen  u.  s.  w.}.  Vor  Gonsonant  und  im  Auslaut 
wird  sie  vielfach  durch  f.  d  bezeichnet:  iBemuflfe^n,  Sinftemtd,  midtrautf4,  gro^- 
m&tbtg,  genießbar,  IM  (doch  auch  gintlemig,  9lnlag,  fldfit  u.  a.).  —  Gonsonanten- 
dehnung  und  einfache  Gonsonanz  entsprechen  gleichfalls  nicht  immer  den  für 
unsere  Ausgabe  massgebenden  Grundsätzen,  indessen  sind  die  Abweichungen 
massig,  l  statt  11  bieten:  »i(,  folte,  roolten,  gleicbfotd;  dagegen  steht  Suftpaflafi. 
m  statt  mm  hat  gefamt  (auch  ^ufammt);  n  statt  nn  9efanti(!boft,  fentlid),  fönte 
(aber  fonn).  f  findet  sich  in  Begrtf,  trift.  t)ortref[t(b  (aber  .^offnung),  andrer- 
seits Sliidfd^roeiffung.  Sutt  t  erwarten  wir  tt  in  81ät(!ben,  fitlt4  (neben  fittltib}; 
daneben  steht  2;ittf(.  —  Auf  Einzelerscheinungen  (tbörigt,  Sermanbftbaft  u.  a.) 
gehe  ich  nicht  ein.  —  Auch  die  Anfangsbuchstaben  finden  oft  nicht  tinsere 
Billigung.  Die  Minuskel  haben  substantivisch  gebrauchte  Adjective:  bod  fdjdne, 
ein  fangninifcber,  bod  (Krnftbaft'erbabene,  niel  orttgeö,  etmod  groged,  nt(^td  tior* 
tbeilboftered;  vgl.  ^arl  bem  amOlften  (h&ufiger  freilich  bod  (Srbabene,  ein  ^offdrttger, 
nitbtd  Bel(ibigenbe^).  —  Die  Majuskel  stört  in  eigentlichen  Adjectiven:  JOiiginal, 
Sfelbaft,  btn  (Botbifc^en  (töefcbmoff),  ig^ptifcbe  $^ramibe;  femer  nach  Semi- 
kolon: ^aber,  dagegen,  2)ad,  (2^^.  —  Unzulässig  erscheint  die  Trennung  von 
fo  gor,  fo  mobl,  in  bem,  fura  um,  gemiffer  maben,  feiner  ©eitiS.  !Dl<rnf(ben  (Gattungen. 
—  Eigennamen.  Anstoss  erregen  die  Schreibungen  B^cuigud,  Sucretta,  ^O' 
nalbefcbi. 

Interpunetlon*  Komma  ist  an  Satzgrenzen  in  der  Regel  gesetzt,  fehlt 
aber  doch  sehr  oft,  zuweilen  bei  Infinitiven  mit  um  ju,  o^ne  ju,  vor  aber,  fonbem, 
hinter  Apposition.  —  Dass  es  adverbiale  Bestimmungen  nicht  einschliesst^  über- 
rascht uns  angenehm.  Dagegen  steht  es  oft  vor  Satztheilen,  die  durch  unb  an- 
gefugt werden  und  keineswegs  immer  umfänglich  sind.  Zuweilen  erzeugt  es  im 
Satze  Pausen,  ohne  dass  ein  bestimmter  Satztheil  es  hervorgelockt  va  haben 
scheint,  21783.    Andere  Abweichungen  sind  unbedeutend. 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  487 

Spraohe.  Laute.  Stammsilbenvocale.  Der  Umlaut  fehlt  Imal  in  oud* 
brudfett,  ist  je  1  mal  gesetzt  in  ^eranfdmmt  (sonst  fommt).  genennet  (sonst  nann« 
ten,  flenannt).  —  Je  1  mal  belegt  sind  bdrfen,  ftfinbe,  beftünbe,  oufftünbe.  Immer 
steht  oldbentt.  —  Yocale  der  Ableitungssilbeu.  Einmaliges  obent^eurltc^  ist  wohl 
Druckfehler  (sonst  abent()euerlt(^}.  —  Im  Superlativ  ist  e  mehrfach  erhalten: 
grORefte,  me^re[le,  feinefte,  geiflre icbefler.  Verbalformen  bieten  es  im  Indic.  Imp. : 
flammete,  erflarrrte,  mel^rete,  ^etgeten;  im  Conj.  Imp.:  beftimmete,  ^eigete;  im  un- 
flectirten  Part.  Perf.:  gfjiemet,  geneniiet,  geme^net,  entflettet,  gef flirret,  t^erioe^ret, 
bemfibet^  eingetseil^ft,  gef^ä^et  (doch  auch  Synkope  in  beurt^eilt  und  nach  Ver- 
schlusslauten); im  flectirten:  entfemetefier,  emgeme^ticte.  Ein  Einzelbeleg  ist  die 
Adverbial bildung  itunnie()ro.  —  Flexionssilben.  Von  neutralen  Substantiven 
haben  noch  das  e  (Blei^gemtc^te,  ©^dfergebic^te.  2563  steht  Slbent^euere  (Plur.; 
Druckfehler?).  —  Die  3.  Pers.  Sing.  Präs.  weist  oft  noch  e  auf  (wenngleich  die 
Synkope  überwiegt):  jäl^Ift,  gefellet,  erfftllet,  bemaltet,  l^dmiet,  »o^net,  f feinet, 
Derbienft,  nennet;  ge^et,  bentl^et,  gef4ie^et,  l^errfc^et,  befaffet,  Raffet;  flfi^et,  ft^ä^et, 
tröget;  bemeget,  nterfet,  erftretfet.  —  3  mal  findet  sich  fo^e.  —  ferne  ist  regelmässig 
(daneben  mofem).  —  Gonsonanten.  fobern,  erfobert  bilden  die  Regel,  forbeni 
ist  vereinzelt.  234 1?  und  an  einigen  andern  Stellen  ist  getropft  belegt.  — 
Flexion,  benenjentgen,  benenfelben,  bererjentgen  stehen  vereinzelt  fet^n  vertritt 
10 mal  flnb.  Imal  feien.  Zweifelhaft  bleiben  2283«,  23118,  24332,3«,  24682.  — 
Wortbildung.  Es  finden  sich  i^t  (Imal),  j[et^o  (2  mal),  felbften  (Imal),  fonflen 
(7  mal).  —  Syntax.  Yerh&ltnissmässig  oft  sind  adjectivische  Attribute  schwach 
flectirt,  wenn  sie  ohne  Artikel  hinter  Präpositionen  stehen;  z.  B.  in  ungleichen 
9noa6e,  oon  prd^tigen  ^udbrud  u.  s.  w.,  ))on  gefunbem  unb  berben  @^efd)madfe 
2503.3,  im  Ganzen  9  mal.  Die  angemessene  Flexion  überwiegt  allerdings.  — 
Fälschlich  ist  dann  die  schwache  Endung  auch  auf  Fürworter  übertragen  worden, 
wenn  nicht  Druckfehler  vorliegen:  mit  {eben  tlugenblicfe  21037,  t)on  biefen  (&teU 
^aften  234 1;  vgl.  Don  ben  gütigen  .  .  .  SBo^ImoQen  245 is  (Druckfehler?),  Don 
allem  biefen  236  s.  —  benen  steht  6  mal  «  ben,  keineswegs  immer  im  Sinne  eines 
Demonstrativ-Pronomens,  vgl.  22182,  berer  3  mal  «=  ber.  —  Die  Zahlwörter  ^mei 
und  bret  finden  wir  je  1  mal  flectirt  nach  Präposition  in  attributiver  Stellung: 
bon  aroe^en  SJ^enft^en,  Don  biefen  bre^en  Gattungen.  —  Aufzüge  Rection  von 
Verben  bieten  i^n  entgegen  ge^et  21233  (Druckfehler?),  bor  feinere  9ugen  ber« 
birgt  er  fic^  2243,  gehört  in  htm  Bufonimen^ang  22423,  Dor  ben  Srrtl^iim  tet» 
maleret  25036.8?  (auf  derselben  Seite  Z.  24.  25:  Dor  biefer  Studfc^meifung  bema^ret). 
—  Präpositionen.  Dor  steht  mit  1  Ausnahme  statt  für,  entsprechend  baoor, 
Dorje^t.  utn  ist  240 is  mit  dem  Dat.  verbunden:  um  i^r.  —  Oonjunctionen.  benn. 
ist  nur  24526  zeitlich  gebraucht  —  Geschlecht  23786  findet  sich  bem  perfifc^en 
SRace.  —  Ungewöhnliche  Wortstellung  bietet  im  ni^t  mtnbeften  21825.36;  einen 
Fehler  in  der  Beziehung  Don  Aönig  Sari  ben  jioölften  22520.21.    In   beiden 

Fällen  ist  Druckfehler  möglich,  doch  nicht  sicher. 

Ewald  Frey. 


'^erM  ^^(^  ^i^  jtianß$etten  bes  Jtopfes. 

Herausgeber:  Max  Köhler. 

Elnleltang 

Die  äussere  Veranlassung  zu  diesem  Aufsats,  der  anonym  in  den  „Konigs- 
bergsche  Gelehrte  und  Politische  Zeitungen«,  4*«— 8«««  Stück,  Tom  18—27*«»  Fe- 
bruar 1764  erschien,  lag  nach  dem  Zeugniss  Yon  Borowski  (a.a.O.S.64)  in  dem  Auf- 
treten eines  halbverrückten  Schwärmers,  Namens  Jan  Pawlikowicz  Zdomozyrskich 
Komamicki,  der  sich  in  Gesellschaft  eines  Knaben  und  einer  Viehherde  damals 
bei  Königsberg  aufhielt ;  seine  wunderliche  Art  erregte  ein  solches  Aufsehen,  dass 
Hamann,  der  Herausgeber  der  „Königsbergsche  Gelehrte  und  Politische  Zeitungen **, 
es  «unseren  Verbindlichkeiten  gemäss«  hielt,  „mit  einer  Nachricht  davon  unsere 
Leser  zu  unterhalten«.  In  dem  Auszuge,  den  Borowski  (a.  a.  0.  206  ff.)  von  dieser 
Nachricht  (vgl.  Hamanns  Schriften,  ed.  Roth  III,  236 ff)  giebt,  lautet  sie: 

„Es  ward  aus  dem  sogenannten  Baumwalde  im  Amte  Alexen,  ein  Aben- 
theurer,  ohngefthr  50  Jahre  alt  —  ein  neuer  Diogenes  und  ein  Schaustuck  der 
menschlichen  Natur  nach  Königsberg  gebracht.  Er  suchte  das  Lächerliche  und 
Unanständige  seiner  Lebensart  mit  einigen  Feigenblättern  aus  der  Bibel  zu  be- 
mänteln. Dieserwegen  und,  weil  er  bis  dahin  ausser  einem  kleinen  8jährigen 
Knaben,  eine  Heerde  von  14  Kühen,  20  Schaafen  und  46  Ziegen  umherführte, 
erhielt  er  hier  den  Namen  eines  Ziegenpropheten  von  der  ihn  angaffenden  Menge. 
Ausser  der  Zierde  eines  langen  Barts,  wiess  er  sich,  in  rauche  Thierhäute  ge- 
kleidet, die  er  um  den  nackten  Körper  umschlug,  —  ohne  Unterschied  der  JahreS' 
Zeiten  barfuss  und  mit  unbedecktem  Haupte.  Eben  so  der  Junge.  Ein  Paar 
Kühe  dienten  ihm  zu  seinem  Angespann,  von  der  Milch  der  Schaafe,  wozn  bis- 
weilen Butter  und  Honig  kam,  nährten  sich  beide.  Nur  an  hohen  Festtagen 
erlaubte  er  sich,  das  Fleisch  seiner  Heerde  zu  kosten,  welches  er  in  Honig  sottete. 
Er  genoss  davon  nichts,  als  die  rechte  Schulter  und  Brust,  das  übrige  ver- 
schenkte er  oder  verbrannte  es  nach  3  Tagen  zu  Asche.  An  der  Verwandelung 
dieser  menschlichen  Gestalt  war  eine  vor  7  Jahren  erfahrne  Krankheit  schuld, 
die  in  Unverdaulichkeit  und  Magenkrämpfen  bestand.  Nach  einem  iwanzigtägigen~ 
Fasten  wollte  er  Jesum  mehrere  male  gesehen  haben.  Er  hatte  ihm  das  Gelübde 
einer  siebenjährigen  Wahlfahrt  getban,  an  welcher  nun  nur  noch  swei  Jahre 


Sachliche  Erllaterongfen.  489 

fehlten.  Da  man  ihn  bei  Alexen  im  Walde  antraf,  hatte  er  bereits  den  grossten 
Theil  seiner  Heerde  verloren.  Er  kam  mit  seinem  Buben  und  mit  der  Bibel  in 
der  Hand  an,  aus  welcher  er  jedem,  der  ihm  etwa  Fragen  vorlegte,  bald  einen 
passenden,  oft  aber  auch  ganz  unpassenden  Spruch  citirte  u.  f.  Jeder  ging  hin 
und  betrachtete  den  Abentheurer  und  seinen  Buben.  Auch  K[ant],  der  sein  Gut- 
achten über  die  sonderbare  Erscheinung  zu  geben,  von  Hehreren  aufgefordert  ward, 
ging  hin  und  machte  folgendes  Raisonnement  bekannt: 

IBet  hem  Slnf^auen  unb  9n(drfn  bed  begeiflerten  gounud  unb  feinrd  Sßubtn 
tft  fftr  fold^e  Singen,  me^e  bie  ro^e  SRatur  gerne  audfp&l^en,  bie  unter  ber  Buc^t 
ber  9Renfd^en  gemeintj^Iic^  fel^t  unfenntlic^  wirb,  bod  üRerfmflrbigfte  —  ber  f leine 
9B übe,  ber  in  ben  Sßdlbem  aufgemachten,  a0en  ^ef^merü^feiten  ber  SBittentng 
mit  frö^lic^ex  9Runtetfeit  %xoii  du  bieten  gelernt  ^at,  in  feinem  ®efid()te  feine  ge< 
meine  gretmfli^igfeit  geiget  unb  non  ber  Möben  Serlegenldeit  ntd^td  an  f!(!^  (at, 
bie  eine  Sßitfung  ber  jhte^tfc^aft  ober  ber  eramungenen  K^tfamfeiten  in  ber 
feinem  (^^te^ung  n>irb  unb,  fur^  ju  fagen  (wenn  man  ba^ienige  wegnimmt,  wad 
einige  SRenfc^en  fc^on  an  il^m  oeiberbt  ^aben,  bie  i(n  leieren  (Belb  forbem  unb 
naf4en),  ein  nollfommned  Sttnb  in  bemjenigen  Oerfianbe  au  fein  fd^eint,  »ie 
ed  ein  (5;perimentalmoralift  »iknfc^en  fann,  ber  fo  biliig  wftre,  nic^t  tf^tt  bie 
@d^e  bed  ^erm  Stouffeau  ben  fc^önen  ^imgefpinfien  beiaujA^Ien,  aU  bid  erfie 
geprfifet  l^ätte.  ßum  »enigflen  bürfte  biefe  löerounbemng,  au  weither  ni^t  alle 
Bufcbauer  f&big  finb,  weniger  au  beladen  fein,  aU  biejenige,  barin  {ened  berufene 
fct)lefif(^e  5^inb  mit  bem  golbnen  3<^6n  t)iele  beutfd)e  Oelel^rte  oerfe^t  (at,  e!)e  fie 
bur^  einen  (Bolbfddmibt  ber  ^ü\it  ikber^oben  würben,  mit  ber  (Srflänmg  biefed 
äBunberiS  fi4  I&nger  au  ermüben." 

Diesem  Raisonnement,  das  ohne  Kants  Namen  mit  leichter  Änderung  der 
einleitenden  Worte  {fRadj  bem  Urtl^eil  eined  l^iefigen  (S^ele^rten,  möchte  in  obiger 
9{a4ri4t  non  unferm  begeifterten  Sounud,  fflr  9ugen,  welche . . . . )  zugleich  mit 
dem  Bericht  Hamanns  im  3t«B  Stück  der  „Konigbergsche  Gelehrte  und  Politische 
Zeitungen**  veröffentlicht  wurde,  folgte  noch  die  weitere  Mittheilung:  «Wir  kün- 
digen hiemit  zugleich  den  ersten  Originalversuch  in  unsem  nächsten  Blättern 
an,  und  versprechen  uns  für  die  Zufriedenheit  unserer  Leser  mehrere  Bey träge 
von  der  Gefälligkeit  dieses  scharfsinnigen  und  gelehrten  Gönners".  Im  nächsten 
Stück  begann  der  Abdruck  des  Serfuc^d  fiber  bie  Shranf^eiten  bed  j^opfed. 

Ein  Neudruck  erschien  zu  Lebzeiten  Kants  in:  @ommIung  einiger  bidl^r 
unbefannt  gebliebener  fleiner  ©c^riften  oon  Smmanuel  j^ont.  herausgegeben  Don 
Sriebric^  S^eobor  SRinf,  jlönigdberg  1800,  S.  34—55. 


Saehliehe  Erläntenrngen. 

200»  6Iat>iud]  phristoph  Schlüssel,  lat  Glavius,  geb.  1587  in  Bamberg, 
gest.  1612  in  Rom,  war  ein  bedeutender  Mathematiker  und  ist  bekannt  durch 
seinen  Antheil  an  der  Kalenderverbessejrung  Gregors  XIIL 


490  Serfuc^  über  bie  ^ronü^etten  bed  ^opfed. 

26039  Drbite]  Orbil,  nach  dem  Namen  des  römischen  Grammatikers  Orbilius 
Pupillus,  des  Lehrers  des  Horaz  (Rpist.  II,  1,  70  f.),  gebildet,  bezeichnet  allgemein 
Scbultyrann.  Vgl.  Sanders,  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache,  Leipzig  1863, 
II,  478.  Über  ein  französ.  Pamphlet  aus  dem  Jahre  1764,  das  für  die  Znchtigungs- 
methode  der  Jesuiten  den  Ausdruck:  orbilianisme  einführte,  s.  Q.  Gompayre, 
Histoire  critique  des  doctrines  de  Teducation  en  France,  Paris  1879,  II,  244. 

2629  $l)rTbo]  Vgl.  Diogenes  Laertius  IX,  68. 

26986  ^erroffon]  Jean  Terrasson,  1670—1750,  seit  1713  Iflitglied  der  Aca- 
demie  fran^aise,  schrieb:  Dissertation  critique  sur  Plliade  d'Homere  1725;  S^thos, 
histoire  ou  vie  tiree  des  monnments-anecdotes  de  l'ancienne  Egypte,  1731;  La 
Philosophie  applicable  a  tous  les  objets  de  Tespnt  et  de  la  raison,  nach  seinem 
Tode  von  D'Alembert  1754  herausgegeben.  Die  von  Kant  erw^nte  Unter- 
scheidung findet  sich  in  diesen  Werken  nicbt. 

27024  S3o4enf4rift]  Der  Arzt.  Eine  medicinische  Wochenschrift,  Hamburg, 
VI.  Theil  1761.  Sie  wurde  verfasst  und  herausgegeben  von  Job.  Aug.  Unzer  zu 
Altona.  Die  Aufsätze,  auf  die  Kant  Bezug  nimmt,  sind:  im  150^0  Stück:  Vom 
Zusammenhang  des  Verstandes  mit  der  Verdauung;  im  151t«n  Stuck:  Beweis, 
dass  alle  Arten  des  Unsinns  durch  die  Verbesserung  der  Verdauung  curirt 
werden  müssen;  im  152ten  Stück:  Derselbe  Beweis  insbesondere  von  einigen 
hitzigen  Deliriis. 

27116  ^Beobachtungen  bed  (Brom]  Jonathan  Swift,  1667—1745.  Vgl.  llcpi 
ßaOou;:  s.  Anti-Sublime.  Das  ist:  D.  Swifts  neueste  Dicht-Kunst,  oder  Kunst  in 
der  Poesie  zu  kriechen. .  .  .  Aus  dem  Englischen  ins  Deutsche  übersetzt,  Leipzig 
1733,  Cap.  III,  S.  77  ff.  (Works  ed.  Sir  Walter  Scott,  1883,  XIII,  29  ff). 


Orthographie^  Interpnnction  und  Sprache. 

Orthog^phle.  Vocale.  aa  kommt  in  ^aa^,  ongemoogt  (daneben  9nnioger) 
vor,  e  statt  ä  in  nemlicä^^öerbrenget  (aber  ermähnt),  —  e^  ist  wie  immer  h&ufig:  (Sdjle^er, 
©c5ret)er,fret)e,öerme^nten  (auch  ÜWeinung),  bex^bt,  3n)et)ten«,bre^,yet)n.be^;S3e^^äIfe, 
^ropb^d^Qiing;  tlr^ene^,  ©c^elmereQ,  manc^erle^.  —  mteber  ist  stets  die  Schreibung 
für  gegen,  andrerseits  findet  sich  ^tne  statt  ÜRtene.  —  Consonanten.  t^örigt 
ist  vereinzelt.  Dehnungs-1^  steht  in  fflaf)n\e,  empö^rt,  gefpül)ret,  mahlen  (pingere), 
ne^mlic^;  niemal^ld;  fehlt  in  roar^aft,  uornemüc^.  —  f  steht  in  ^oftor,  c  in 
cat^arctifc^,  d  öfter  statt  f:  Sogidfer,  Dnomaftidf,  Tlaif^tmaixä,  edel^aft  (aber 
n)irf(i(^,  oerftörft  u.  a.).  —  f«  d  finden  wir  vor  Consonant  und  im  Auslaut:  vooffi» 
bemuft,  mufte,  Wi^hrcmd^,  roeid  (doch  auch  beifit,  t)eri)agt,  Snlog),  andrerseits 
25i(j^terpret6.  —  Zwischen  Vocalen  steht  ß  sehr  oft:  Serbältnlge,  begerd,  heften, 
ntfifte  (daneben  faffen,  Raffen,  $offenretger).  —  ^  statt  3  bieten  ®et^,  Sr^t  (aber 
S(r5ene^).  —  Störende  Doppelconsonanz  ist  selten,  z.  B.  borlnn ;  Vereinfachung 
häufiger:  folte;  I5nte,  unfentll^,  fan  (auch  lönnten,  fonn) ;  Dortreflic^,  «^ofnungd« 
lofen.  —  Kleine  Anfangsbuchstaben  haben  substantivirte  Adjective  mehr- 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  491 

fach:  ntddtd  befferefl»  ettoad  böfed,  bed  begehrten;  vgl.  auch  bur^  oemftnfteln.  Meist 
aber  steht  die  Majuskel  (ber  ^oc^mfltbige).  Nach  Semikolon  findet  sich  zuweilen 
grosser  Anfangsbuchstabe.  —  Zusammensetzung.  Zusammengerückt  wurden 
fo  XDofH,  fo  gar,  oh  ^inar,  feit  bem.  —  Eigennamen.  Wir  erwähnen  die 
Schreibungen  ^^neod,  Setben,  pol^Inif^. 

InterpimetlOB«  Komma  fehlt  am  häufigsten  an  Satzgrenzen,  ist  aber  auch 
hier  in  der  Regel  angewandt.  Selten  vermissen  wir  es  nach  Apposition,  vor  In- 
finitiv mit  um  3U,  zwischen  gleichartigen  Satztheilen,  die  unverbunden  sich 
folgen  26437.  «^  Oberflüssig  scheint  es  uns  oft  bei  adverbialen  Bestimmungen, 
Selten  vor  unb  nebst  Satztheil.  Rein  rhetorisch  ist  es  in  benn,  ba;  bermdgen, 
ba^]  auch  26087  vor  b^t^t,  wo  es  eine  Pause  im  Satze  schafft.  —  Semikolon 
steht  manchmal,  wo  Kolon  besser  ist,  z.  B.  3648. 

Sprache.  Laute.  Umlaut  haben  fdmmt,  onTömmt  (je  1  mal;  sonst 
fontmt).  ^b^m^iY^f  (!^imQrif4,  dxnbxudt  sind  wohl  Druckfehler  (sonst  ^l^hn&re, 
audsubrflden  u.  a.).  —  oldbenn  bildet  die  Regel  (2  mal  steht  olSbann).  —  Ab- 
leitungssilben. Je  1  mal  belegt  sind  die  Superlative  f^ftrfefte,  gröfieflen,  ttte^refte. 
Der  seltene  Ind.  Imperf.  schwacher  Yerba  hat  Synkope,  im  Conjunctiv  aber 
finden  sich  t)erfud^ete,  ffil^reten.  Kinige  Belege  liefert  auch  das  unflectirte  Part. 
Perf.:  entbebret,  gefpfibret  (neben  geehrt,  gerfibrl),  ge^öbnet,  t)erf(bonet,  geboffet, 
beraiifd:et;  keine  das  flectirte:  selbst  nach  Liquida  und  Resonanz  ist  das  e  nicht 
erhalten  geblieben.  — •  2  mal  steht  das  Adverb  nadfytxo  (neben  halber).  —  Flexions- 
silben. Recht  häufig  ist  e  in  der  3.  Fers.  Sing.  Präs.  gebieret,  umfebret  (neben 
aerftöbrt,  entbebrt);  füdet,  fflblet  (neben  ffiblt);  einräutttet;  modlet,  fiebet,  Riebet 
(neben  ma(bt,  DeTflebOi  mäfd^et,  b^Ti^f4et  (neben  l^eigt,  lägt,  nerfcbliegt);  au^fe^et, 
becfet,  t)eTbrünget,  nbtbtget  (neben  bflnft,  fagt  u.  a.).  — -  Unorganisches  e  haben 
fab^r  ^ielie  (je  1  Beleg).  —  Stets  steht  in  fo  ferne.  ~  Zum  Gonsonantismus  vgl. 
gepropft  (2  mal).  Den  Übergang  zur  Flexion  giebt  das  selten  in  damaligen 
Drucken  vorkommende  gefd:;i(bt  26526.  —  Flexion.  Die  Femininform  51DO  ist 
i  mal  belegt  (sonst  ^totXji).  —  fet)n  vertritt  2  mal  finb.  —  Wortbildung.  Je 
1  mal  stehen  fonften  (neben  fonft),  borinnen  (öfter  bortnn).  —  Syntax.  Er- 
wähnt sei  der  Dativ  benen{eingen,  die  Verbalconstruction  gefiebert  t)or  bie  Un* 
gereimtl^eit  269 13.    oor,  ^tenor  stehen  neben  gleichbedeutendem  ffir,  bofür.    mann 

ist  2  mal  conditional  =  menn,  so  259  s. 

Ewald  Frey. 


'SCnfeiMung  Ü6ei  6te  Peufß^fietf  bei  ^tmbß^ 
bei  nafüifi($en  'S^eofogte  itnb  bei  'S^oiof. 


Heraasgeber:  Kurd  Lasswitz. 


Elnleitmig. 

Die  Abhandlung  entstand  aaf  Veranlassung  des  Preisausschreibens  der 
Berliner  Akademie  der  Wissenschaften.  Die  Acten  derselben  enthalten  darüber 
folgende  Eintragungen:  »28.  Hai  1761.  La  classe  de  philosophie  a  agree  une 
question,  proposee  pour  le  prix  de  1763  par  M.  le  professeur  Sulzer.  Apres 
qu'elle  aura  encore  circule  dans  la  classe,  le  secretaire  en  dressera  Tenonce 
pour  Tassembl^e  publique.*  Dies  geschah  am  4.  Juni:  »Tl  (le  secretaire)  a 
indique  la  question  que  la  classe  de  philosophie  speculative  propose  pour  la 
meme  ann<^e.  On  Pannoncera  comme  a  Tordinaire  par  un  programme.**  Den 
Wortlaut  des  Preisausschreibens  bringen  die  „Berlinische  Nachrichten  yon  Staats- 
und Gelehrten  Sachen*  in  No.  75  am  23.  Juni  1761: 

Die  Classe  der  tiefsinnigen  Philosophie  schl&gt  jetzo  auf  das  Jahr 
1763  nachstehende  Frage  yor: 

Man  will  wissen:  Otr  die  Metaphysischen  Wahrheiten  überhaupt,  und  be- 
sonders die  ersten  Grundsätze  der  Theologiae  naturalis,  und  der  Moral,  eben  der 
deutlichen  Beweise  fähig  sind,  als  die  geometrischen  Wahrheiten,  und  welches, 
wenn  sie  besagter  Beweise  nicht  HLhig  sind,  die  eigentliche  Natur  ihrer  Gewiss- 
heit ist,  zu  was  Yor  einem  Grade  man  gemeldete  Gewissheit  bringen  kann,  und 
ob  dieser  Grad  zur  yölligen  Ueberzeugung  zureichend  ist? 

Man  ladet  die  Gelehrten  aller  Länder,  nur  die  ordentlichen  Mitglieder  der 
Academie  nicht,  ein,  über  diese  Frage  zu  arbeiten.  Der  Preiss,  welcher  in  einer 
goldenen  Gedächtniss-Mfinze,  fünfzig  Ducaten  schwer,  bestehet,  soll  dem- 
jenigen gegeben  werden,  dem,  nach  dem  Urtheil  der  Academie,  seine  Arbeit 
am  besten  gelungen  ist.  Die  sauber  und  recht  leserlich  geschriebenen  Ab- 
handlungen werden  dem  beständigen  Secretair  derAcademie,  Herrn  Professor 
Formey,  zugeschickt;  die  Zeit  zu  ihrem  Empfang  ist  bis  auf  den  isten  Janu&r 
1763  bestimmt,   hernach  aber  wird  man  durchaus  keine  mehr  annehmen,  die 


Einleitung.  493 

Entschnldigongen  wegen  ihrer  langsamen  Einsendung  mögen  auch  beschaffen 
seyn,  wie  sie  wollen. 

Man  ersucht  zugleich  die  Verfasser,  sich  nicht  zu  nennen,  sondern  bloss 
eine  Sinnschrift  zu  erwählen,  und  selbiger  einen  zugesiegelten  Zettel  beyzufügen, 
aus  welchem  man,  mit  der  Sinnschrift,  ihren  Namen,  und  ihre  Wohnung,  er- 
sehen kann. 

Das  Urtheil  der  Academie  wird  den  Slsten  May  1763.  in  ihrer  öffentlichen 
Versammlung  bekannt  gemacht  werden. 

Aus  Kants  Brief  an  Formey  Yom  28.'Juni  1763  erfahren  wir,  dass  dieser 
unter  dem  31.  December  1762  den  Empfang  des  Hanuscripts  bestätigt  hatO  Es 
kam  also  gerade  noch  zur  rechten  Zeit.  So  erhalten  Kants  Bemerkungen  über 
die  Abfassungszeit  seiner  Schrift  erwünschte  Erläuterung.  In  der  3la^x\ä^i  oon  ber 
(5tnri(^tung  fetner  S^orlefunoen  etc.  nennt  er  sie  ein  luqe  unb  eilfertig  obgefolte 
®d)rtft,*)  und  in  der  ^lac^f^rift  zur  Unterführung  heisst  es:  Sßod  bie  Sorgfalt, 
Stbgemeffenl^ett  unb  3i'^li4f^it  ber  ^u^ffi^rung  onlangt,  fo  ^obe  t^  Heber  etmaiS 
in  ^nfel^ung  berfelben  oerf&umen  wollen,  old  mtd§  bobur^  ^inbern  au  (äffen, 
fte  aur  gehörigen  B^tt  ber  $rikfung  au  ikbergeben.*)  Wir  werden  des* 
halb  annehmen  dürfen,  dass  Kant  nur  kurze  Zeit  an  der  Schrift  gearbeitet  hat 
und  dass  diese  erst  am  Ende  des  Jahres  fertig  wurde.  Im  Zusammenhang  des 
über  die  Abfassungszeit  des  Semeidgrunbed  Gesagten^)  ergiebt  sich  demnach, 
dass  Kant  wohl  nach  Vollendung^)  dieser  Hauptschrift  des  Jahres  1762  in  den 
letzten  Monaten  die  Preisschrift  ausarbeitete. 

Die  Acten  der  Akademie  berichten  dann  weiter  unter  dem  28.  Hai  1763 
„Les  deux  pieces  No.  XX  et  XXVIII  out  balanc^  quelque  temps  les  suffrages 
qui  sont  enfin  r^unis  en  fayeur  du  Nro.  XX,  mais  avec  la  clause  qu'en  declairerait 
dans  Tassemblee   publique  que   le  N.  XXVIII  en  approchait  autant  quUl  ^tait 
possible  et  meritait  les  plus  grands  eloges. 

Am  2.  Juni  1763  wurde  in  öffentlicher  Sitzung  die  Ertheilung  des  ersten 
Preises  an  Mendelssohn  beschlossen.  Am  21.  Juni  bringt  dann  die  schon  ge- 
nannte Zeitung  folgende  Mittheilung: 

«Die  Königl.  Academie  der  schönen  Künste  und  Wissenschaften 
hat  folgendes  Programma  bekannt  gemachet: 

Da  die  philosophische  Classe  Tor  zwey  Jahren  zur  Preiss-Frage  aufgeworfen 
hatte:  .  .  .?  So  hat  es  sich  gefunden,  dass  bey  der  öffentlichen  Versammlung 
der  Academie  yom  2ten  Junii  dieses  Jahres  besagte  Academie  declarirte,  dass 
sie  bey  ihrer  Versammlung  vom  31sten  May  einer  gewissen  Piece  den  Preiss 


>)  X  38/9. 

>)  Vgl.  unten  S.  308i«.i7  und  X  39. 

»)  Vgl.  oben  S.  301 6ff. 

<)  Vgl.  oben  S.  470. 

^)  Die  Möglichkeit,  dass  Kant  noch  während  der  Ausarbeitung  des  8emeii8< 
grunbe^  auch  schon  an  der  Preisschrift  arbeitete,  ist  natürlich  nicht  ganz  aus- 
zuschliessen. 


494  Unterfud^ung  über  bie  2)eutti<i^!eit  ber  (i(runbf&1^e  ic. 

ertheilet  hatte,  und  nach  Erofhung  des  versiegelten  Zettels  fand  sich,  dass  der 
geschickte  hiesige  Jude  Moses,  Mendels  Sohn  der  Verfasser  dieser  Piece 
wäre:  die  Academie  erklärte  aber  zugleich,  dass  das  deutsche  Memoire,  welches 
zur  Devise  hatte: 

Verum  animo  satis  haec  vestigia  parva  sagaci 
Sunt,  per  quae  possit  caetera  cognoscere  tute 
der  Schrift  des  gelehrten  Juden,  welche  den  Sieg  davon  getragen  hatte,  beynahe 
gleich  w&re.** 

Dies  war  wohl  die  Berliner  3^itung,  aus  welcher  Kant  die  Nachricht  er- 
hielt, ba6  feine  Slb^anblung  Dor  btejenige  erflärt  morbeit,  meiere  ber  $reidf4rift 
am  nä(!brten  gefommen  roöre.i)  Weiter  theilt  Kant  in  dem  Brief  seine  Absicht 
mit,  einen  ^n^ang  beträ(^tlt(!^r  (Srmeiterungen  unb  einer  n&l^eren  (Srflftrung  der 
Schrift  zu  geben.  Dieser  Plan  blieb,  obgleich  Formey  in  seiner  Antwort  vom 
5.  Juli  1763')  ihm  zustimmte,  unausgeführt.  Zugleich  erfahren  wir  aus  Formeys 
Brief  den  Grund  der  Verzögerung  des  Druckes  der  Preisschriften.  Die  mehr- 
fach genannte  Zeitung  bringt  erst  am  24.  April  1764  eine  Nachricht,  nach  welcher 
die  beiden  Abhandlungen  in  der  Leipziger  Jubilate-Messe  1764  zu  bekommen 
sind.  Am  16.  Mai  1764  berichtet  Hamann  an  Lindner:  „Die  akademischen  Preis- 
und  Wettschriften  .  .  .  sind  angekommen.*') 

Drucke:  1.  Unter  dem  im  Text  vorgedruckten  Titel  zusammen  mit  Mendels- 
sohns Abhandlung  auf  p.  67  ff.  in  „Dissertation  qui  a  remporte  le  prix  propos^ 
par  PAcademie  Royale  des  sciences  et  belles-lettres  de  Prusse,  sur  la  nature,  les 
especes,  et  les  degres  de  Pevidence  avec  les  pieces  qui  ont  concouru.  a  Berlin 
chez  Haude  et  Spener,  Libraires  du  Roi  et  de  PAcad^mie.    MDCCLXIV.* 

2.  3.  j^antd  fdmmtlic^e  fletne  ^(^riften.  fHadi  ber  3eitfoIge  georbnet.  j^önigö* 
berg  unb  Cetpaig,  1797/8.    Bd.  II  S.  479—526  (Nachdruck). 

3.  Smmanuel  j^ont«  üermifc^te  ©t^riften.  ^ofle,  1799  (Tieftrunk).  Bd.  II 
S.  1—54. 

Paul  Menzer. 

Sachliche  Erlänternngen. 

273  5Wotto]  Aus  Lucretius  ,De  rerum  natura*  ed.  Brieger  1894  I  403  f. 

27721  äBoIff]  Elementa  matheseos  universae,  Halao  1717,  I  S.  96  (Praefatio 
zu  den  Elementa  geometriae). 

28319  ©arburton]  William  W.,  geb.  1698  zu  Newark,  gest.  1779  zu 
Gloucester.  Vgl.  Hm.  Wilhelm  Warburtons  critische  Abhandlung  von  dem  Erd- 
beben und  Feuerflammen  etc.  Aus  dem  Englischen  übersetzt.  Gotha  1755  S.  18  ff. 

28833  $(ugurtinud]   In  den  „Confessiones'*  Liber.  XI  cap.  XIV.    Die  Stelle 


»)  Kants  Brief  an  Formey  vom  28.  Juni  1763,  X  88/9. 

')  X  40. 

3)  A.  a.  0.  III  S.  227. 


Lesarten.    Orthographie,  Inierpunction  und  Sprache.  495 

lautet:  »Quid  est  ergo  tempos?  Si  nemo  ex  me  quaerat,  scio;  si  quaerenti  ex- 
plicare  yelim,  nescio;  fidenter  tarnen  dico,  scire  me. 

29013  ©auDaqe]  Francois  Boissier  de  Sauvages  de  la  Groix,  Mediciner  und 
Botaniker  (1706—1767).  Vgl  «Betrachtungen  über  die  Seele  in  der  Erstarrung 
und  Schlafwanderung*  im  Hamburger  Magazin  VIT  S.  489—512. 

293  98  ff.  (Snifiud]  S.  E.  zu  1 89319. 


Lesarten. 

2774  etnd]  eine  Hartenstein  ||  27726  finb]  Zus.  Hartenstein  ||  27928  uner« 
roetdli^e]  unermeglic^e  Tieftrank  ||  281  u  unermeidittiben]  unermegUc^en  Tieftrunk  || 
28132  i^n]  Auf  fRanm  zu  bezieben,  daher  ed  bei  Hartenstein  und  Rosenkranz 
nicht  berechtigt  ||  282 18  SerfäHunö  SerfaHung  || 

28328  fie]  Lasswitz  eiS  ||  28422  bem]  ben  Tieftrank  ||  28531  audaei^net] 
Hartenstein  oufaei^net  ||  285  ss  ba9  eine  in  bem  anbem]  Tieftrunk  eine  in  ber 
anbern  || 

29537  bie  ber]  bie  ||  29633  bem  aj^etap^tjfifer]  Tieftrunk  ber  mtap^t^^t  \\ 
2974  SJ^ögli^feit]  ÜJ^dglic^feit  ||  29736  lönnen]  fann?  Hartenstein  j|  2985  noc^] 
Tieftrunk  na4  ||  2993  meiere  ed]  Hartenstein  melcbed  ||  2993  fei]  feien?  Lasswitz. 
Scheint  mir  nicht  auf  ^Betrachtung,  sondern  auf  S)inge(S  ober  Begriffes  zu  be- 
ziehen. II  29935  fie]  Tieftrunk  ed  || 

Eurd  Lasswitz. 


Orthographie^  Interpunctioii  und  Sprache. 

Orthographie.  Yocale.  e  haben  nemlid^,  anbermertd;  e^  Sl'^e^nung,  %te^* 
^ett,  ame^,  aroe^te,  bre^,  be^be,  fe^,  fe^n,  bet),  Se^fpiel,  bet)na]^e,  mon^eile^.  — 
Consonanten.  Dehnungs-^  fehlt  in  Domemlic^,  (S^runbroai^eit  (aber  roa^r« 
nehmen,  mo(I),  ist  gesetzt  in  »iUfü^rlic^.  c,  f,  d  sind  im  Allgemeinen  wie  heute 
gebraucht.  Mehr  Anstoss  erregt  f,  9:  ^eift,  (Srfenntnid,  gemdd  (doch  meist  g:  gemig/ 
unetme6Iid|);  besonders  ff  nach  langer  Silbe:  groffer,  lieffen,  fi^Iieffen,  (eiffen, 
auffer^olb  u.  s.  w.;  selten  6  nach  kurzem  Vocal:  SJ^eging  (meist  ff:  9Biffenfd|aft). 
(  steht  yereinzelt:  itreu^bogen.  —  Verdoppelung  der  Consonanten  ist  selten 
störend:  barinn,  l^ierinn,  Sifc^off,  ebenso  Vereinfachung:  indgefomt,  doch  oft 
SSegrif.  —  Anfangsbuchstaben.  Hier  und  da  findet  sich  die  Minuskel  in 
substantivirten  Adjectiven,  z.  6.  üiel  kOQ^red,  und  die  Majuskel  nach  Semikolon. 
—  Im  Ganzen  giebt  also  die  Orthographie  wenig  Anlass  zu  Eingriffen. 

Interpunctioii.  Komma  fehlt  öfter  an  Satzgrenzen,  zuweilen  noch  an 
andern  Stellen,  z.  B.  hinter  b.  i.  Überflüssig  scheint  es  uns  häufig  bei  adverbialen 
Bestimmungen,  sowie  yor  unb  nebst  Satztheil,  in  bagegen,  menn;   üome^mlt^, 


496  Unterfu^uiiQ  Aber  bie  ^euilid^Ieit  bei  OninbfA)^  tc. 

ba;  ti&mniibr  bo|;  fonbenf,  »eit;  bdbur^i  ba6  u.a.  DemonstratiTa  werden  za- 
weilen  an  folgende  Relativs&txe  angeschlossen:  ,  oon  benen  bte  295 ts,  der  Satx 
wird  manchmal  in  xwei  Theile  zerlegt  und  eine  Pause  geschaffen:  ,  bie  27921.  — 
Komma  steht  mehrfach  statt  Kolon,  s.  B.  277  ii,  und  Semikolon,  z.  B.  290».  — 
Auch  andere  Zeichen  finden  wir  an  Stellen,  wo  wir  sie  nicht  erwarten,  so 
Semikolon  öfter,  wo  wir  Kolon  setzen,  s.  B.  292 ii,  Kolon  statt  Komma  Tor  bol 
27730,  2903  u.  a.,  Fragezeichen  statt  Ausrufungszeichen  289s,  Punkt  statt  Aus- 
rufungszeichen 2777  u.  a.,  statt  Fragezeichen  275  is  u.  a. 

Spracbe«  Laute.  Der  Umlaut  giebt  keinen  Anlasa  zu  Änderungen,  da- 
gegen die  Stammsilbenyocale  in  oldbenn  (stets),  wfirfltd^,  mficfen  (dgl.),  ödrftrn 
(1  mal).  —  Ableitungssilben.  Es  finden  sich  die  Superlative  gröffefter  (4  mal, 
ebenso  oft  größte),  f(^mereften  (1  mal  neben  fdymerfte),  mebrefle  (2  mal);  die  Im- 
perfectformen  einrdumrte,  einffib^e  (Indic),  gebdrete,  erflfirete  (GonjuncD;  die 
Participien  fubfumtret,  geirret,  gefleUet,  entfernet,  Dermeinet.  Synkope  überwiegt 
und  ist  im  flectirten  Particip  überall  durchgeführt.  —  Ober  Adverbien  ist  nichts 
zu  sagen.  —  Flexionssilben.  Das  e  der  3.  Pers.  Sing.  Pr&s.  ist  oft  erhalten:  inet, 
nennet  u.  a.,  flebet,  a^^b^t  u.  a,  boffet,  fafTet,  Derftiflpfet,  entfpringet  u.  a,  öfter 
allerdings  beseitigt.  —  Immer  steht  in  fo  ferne.  —  Consonanten.  1  mal  findet  sich 
erfobert  (sonst  erforbert,  erforberIt(b).  —  Flexion,    fe^it  steht  14  mal  für  finb, 

2  mal  für  feien  (1  mal  ist  das  damals  sehr  seltene  fe^en  belegt);  zweifelhaft  bleibt 
die  Deutung  28737,  29514.  -~  Wortbildung,  unadb^^^e  (1  mal)  ist  vielleicht 
rein  orthographisch  und  nicht  als  falsche  Analogiebildung  zu  betrachten.  —  fonjien 
(neben  fonft),  je^o,  obnerad^tet  (neben  ungeodytet)  treten  je  1  mal  auf.  —  Syntax. 
Die  Flexion  adjectivischer  Attribute  erfordert  im  Allgemeinen  keine  Eingriffe.  Er- 
wähnt sei  hier  aber  oud  aOen  bteiem  285 15.  —  benen  steht  1  mal  =  ben.  — 
üor  ist  stets  im  Sinne  von  ffir  gesetzt,  vgl.  baoor.  obne  regiert  2846  den  Datir: 
o^ne  ibr.  —  benn  steht  2  mal  zeitlieh  «  bann,  z.  B.  284  u.  —  Ser^&ltnid  hat 

3  mal  weibliches  Geschlecht. 

Ewald  Frey. 


feiner  '^^orfefunflen  in  bem  '§BinterJtt(6enjaSre 

»on  1765—1766. 

Herausgeber:  Kurd  Lasswitz. 

Dineke:  1. j^önigdberg,  be^  Sodann  3acob  j^anier. 

2.  @omm(ung  einiger  bid^er  unbefonnt  gebliebener  Heiner  @<i^nften  üon 
Smmanuel  ^ant.  {x^^QUdgegeben  Don  griebric^  ^eobor  9iinl.  ^Onigdberg,  1800. 
S.  56—70. 

Sachliche  Erlftaternngeii. 

308i6f.  Vgl.  oben  S.  273-301. 

31328  Oitat  aus  Terentius,  He&uton  timorumenos  y.  80. 


Lesarten. 

3074  au]  Zus.  II  3082  feiten]  foUten  ||  8085  tfl]  in  ||  31034  kueld^em]  totlä^  \\ 

31134  DonJ  Zus.  II  31224  p^^fif^e,  morolif^]  p^^ßfc^-ntorolif«^*  ||  312s2  mel<^ed] 

Lasswits  totl6)t  \\  313 n  ben]  bie  || 

Kurd  Lasswits. 


Orthographie^  Interpnnctioii  und  Sprache. 

Orthographie.  Vocale.  aa  finden  wir  in  Snaadflob;  e  in  ermegen,  nent« 
lidb,  anennertd;  e^  in  SJ^^e^nung,  fre^Itc^,  a^^^i  ^^^^»  be^be,  fe^n,  be^berle^,  SBe^« 
fall;  ie  in  ©tubierte,  »ieber  (gegen).  —  Consonanten.  Hierher  gehört  b^^rt* 
n&digt,  wohl  auch  un5&l^li(!b  (vgl-  den  yorigen  Druck,  Wortbildung).  Dehnungs-^ 
steht  in  9lQ^mt,  tb  in  borbietbet;  (  fehlt  in  nornemlid^,  onm&lig.  —  c  findet  sich 
in  griechischen  Wörtern:  (So^mologie,  (Sritil;  d  ist  sehr  häufig:  aRat^emotid, 
JtaHt'l  e<^rfftcv.   Seife.  II.  32 


498   ^'  Sntmanuel  Stani9  9^a^rid6t  Don  ber  (Stnrid|tung  feiner  ^orlefungen  ic, 

8ogicf,  Slbftracfte  u.  s.  w.  —  Aach  f,  9  stören  oft:  müfle,  C^rfenntuid,  $(nlad, 
9J?aadfiab,  ini$braud|e,  roetd.  Andrerseits  findet  sich  bog  (Artikel).  Selten  ist  g 
nach  kurzem  Vocal :  juoerlög^gc.  —  Vereinzelt  sind  SRei^,  SSenoanbfd^oft,  QneQe, 
Obarantotne  (aber  bequem).  —  Einfachen  Consonanten  bieten  5^entniffe  (meist 
örfenntniffe,  Wnnten  u.  s.  w.),  S5ortrefli(^!eit,  ontrift,  betrift,  Snbeßrif;  Doppel- 
consonanten  borinn,  toortnn,  ©tuffe.  —  Kleine  Anfangsbuchstaben  haben 
öfter  substantivirte  Adjective:  ha^  einfot^e  unb  odgemeinfte.  grosse  Adjective  in 
eigentlicher  Bedeutung:  ^d)tfam,  j^örperltc^en  Statut  u.  a.  Vgl.  noch  die  Schrei- 
bung ®Dtt.  —  Zusammensetzung,  fo  gar,  onberer  @eitd  wurden  zusammen- 
gerückt, (£ntbe]^rlid)f(^önen  getrennt.  —  Eigennamen.  Geändert  wurde  die 
Schreibung  von  (Suclibed,  ©(^aftdbur^. 

Interponetion»  Komma  fehlt  oft  an  Satzgrenzen,  zuweilen  yor  Infinitiv 
mit  ol^ne  ju,  vor  fonbem,  ober,  vor  oder  hinter  Appositionen,  die  durch  b.  t., 
ndmli4  eingeleitet  sind,  zwischen  gleichartigen  Satztheilen.  —  Es  steht  öfter  vor 
unb  nebst  Satztheil,  bei  adverbialen  Bestimmungen,  bildet  Pausen  im  Satze  vor 
bod  30732,  vor  eine  30933,  löst,  gleichfalls  rein  rhetorisch,  das  durch  nähere 
Bestimmungen  beschwerte  Substantiv  von  seinem  Artikel  ab:  bte,  .  .  .  ^ev 
gletc^ung,  31237— 3l3i,  was  in  damaliger  Zeit  nicht  selten  ist;  steht  falsch  bei 
Klammem,  z  B.  30935.36.  —  Andre  Zeichen.  Mehrfach  ist  Semikolon  gesetzt, 
währenb  wir  Komma  oder  Kolon  erwarten;  Kolon  statt  Punkt  307 9  u.  a.,  Punkt 
statt  Kolon  309 13. 

Sprache.  Laute.  Zum  Capitel  der  Stammsilbenvocale  gehört  einmaliges 
rofirflic^.  —  Ableitungssilben.  Ich  nenne  die  Superlative  fd^raerefle  (2  mal), 
gröfeefte  (1  mal),  die  unflectirten  Participien  ge^jöret,  ge^ö^ilet,  gelemet,  Dorgeleget, 
gelanget,  neben  denen  die  synkopirten  Formen  überwiegen;  das  2  mal  belegte 
nunme^ro  (sonst  ba^er,  tor^er).  —  Flexionssilben.  In  @ebiete  ist  das  e  bewahrt, 
öfter,  doch  verhältnissmässig  selten  in  der  3.  Pers.  Sing.  Präs. :  nennet,  lernet, 
benil^et,  löget,  erf(^nappet.  —  Consonanten.  3078  steht  ^te,  das  unsere  Ausgabe 
entsprechend  Kants  späterem  Brauche  nur  in  Zusammensetzungen  duldet.  — 
Flexion,  ^»o  erscheint  1  mal  als  Femininform  des  Zahlworts,  sonst  dient  als 
diese  5n)e9.  —  Wortbildung.  Ältere  Adverbformen  sind  ziemlich  häufig: 
felbften,  fonften,  barinnen  stehen  mehrmals,  1  mal  |e^o  (doch  auch  barinn,  luorinn, 
ie^t).  —  Syntax.  Der  Dativ  Plur.  des  Artikels  heisst  2  mal  benen.  31034 
findet  sich  nac^  meieren  (Sing.,  vielleicht  Druckfehler).  —  Dor  erscheint  stets,  wo 
wir  ffir  erwarten.  —  benn  ist  1  mal  temporal,  Serl^dltniö  1  mal  weiblich  ge- 
braucht. 

Ewald  Frey. 


%xame  eitted  ^dflex(t^ex5,  erfduferf  bur($  '®rdume 

bei  'gSefapJpPß. 


Herausgeber:  Paul  Henzer. 


Einleitung. 

Der  Titel  der  Schrift  deutet  ihre  doppelte  Veranlassung  an.  Doch  liegt 
die  Darstellung  der  Gründe,  welche  Kant  zur  Kritik  der  Metaphysik  seiner 
Zeit  führten,  ausserhalb  des  Rahmens  dieser  Einleitung  und  es  werden  deshalb 
hier  nur  die  Angaben  yerwerthet,  welche  über  Kants  Entschluss,  sich  mit 
Swedenborg  auseinanderzusetzen,  Aufschluss  geben.  Kants  Brief  an  Fr&ulein 
Charlotte  von  Knobloch ')  und  die  in  diesem  mitgetheilten  Thatsachen  zeugen 
yon  seinem  lebhaften  Interesse  für  den  Geisterseher.  Die  entscheidende  Ursache 
zur  Abfassung  seiner  Schrift  giebt  Kant  dann  selbst  in  dem  $orberi(^t  durch 
den  Hinweis  auf  boiS  unoefifime  9ln^a(ten  befonnter  unb  unbefannter  ^reiinbe  an.*) 
Zwei  Stellen  aus  Briefen  an  Mendelssohn  kommen  hierfür  ebenfalls  in  Betracht. 
In  dem  Brief  yom  7.  Februar  1766  nennt  Kant  die  Slrdume  eine  glei^fam  abge* 
brungene  @4rift,  sie  ent^AIt  me^r  einen  flfK^ttgen  (Snttourf  Don  bet  9rt,  tote  man 
Aber  berglei^en  J^ragen  urt^etlen  foOe  aU  bie  ^udfü^rung  felber.')  Der  Äusserung 
im  f^orberi^t  der  Schrift  entsprechend  heisst  es  dann  in  dem  Brief  vom  8.  April 
1766:  3(^  meid  ni^t,  ob  ®ie  be^  S^urd^Iefung  biefet  in  atemlid^er  Uuorbnung  ab- 
gefegten ©(^nft  einige  Aenn^eic^en  üon  bem  UnmiUen  werben  bemerft  (üben,  momit 
td§  fie  gefd^rieben  (obe;  benn  ba  t4  einmal  burd^  bie  Sormigtge  Qhrfunbigung  na4 
ben  vißontn  ht9  ©c^mebenbergd  foroo^I  be^  $erfo^nen,  bie  i^n  (S^elegenl^eit  Ratten 
felbfl  5u  fennen,  aI(S  au4  oetmittelft  einiger  (Sorrefponben^  unb  anlegt  bur4  bie 
^rbe^fdiaffung  feiner  Sßerfe  üiel  ^atte  au  reben  gegeben,  fo  fa^e  id^  mol^I,  bai  ic^ 
ni^t  e^er  Dor  bie  unabMgige  92ac^frage  »firbe  fftu^^e  ^ahtn,  aU  W  i^  mic^  ber 
be^  mir  üermut^ten.j^enntnid  aller  biefer  anecdoten  entlebigt  (ötte.^) 


>)  Vgl.  X  40  ff. 

»)  Vgl.  oben  S.  318 19  f. 

«)  X  65. 

*)  X  66.  Vgl.  auch  oben  867  lo  f. 

32 


500    2rSumc  cineö  Öciflerfe^er^,  erlfiutcrt  burrf)  Sroiimc  bcr  3)?ctop]^t)fTf. 

Über  die  Abfassungszeit  unserer  Schrift  sind  wir  verhältnissmässig  gat 
orientirtJ)  Den  Buchhändlern  Kanter  wurde  vom  Senat  der  Universität  eine  Strafe 
von  10  Reichsthalern  auferlegt,  weil  sie  die  Schrift  „absque  Censura  und  Imprimatur 
abgedruckt^  hatten.  Darauf  richteten  sie  unter  dem  5.  März  1766  eine  Vorstellung 
an  das  Etatsministerium,  in  welcher  es  heisst :  „Es  ist  nemlich  das  Mscpt  des  Mag. 
Kant  höchst  unleserlich  geschrieben,  und  wegen  seiner  dermahligen  vorgestande- 
nen Reise  nach  Goldap  blätterweise  zum  Drucke  eingesandt,  so  dass  er  bey  der 
Correctur  so  viel  Neuerungen  vornehmen  müssen,  dass  dieser  tractat  nur  allererst, 
nachdem  er  reine  abgezogen  worden,  in  seiner  jetzigen  Beschaffenheit  erschienen, 
weshalb  es  dieser  Umstände  wegen  theils  den  Professoribus  unmöglich  gewesen, 
diesen  tractat  zu  censiren,  theils  aber  hätten  dieselbe  eine  ganz  andere  Schrift 
censirt,  wenn  man  sie  ihnen  vor  der  Abdruckung  derselben  eingehändigt  hätte^.^ 
Nach  allen  diesen  Mittheilungen  dürfen  wir  wohl  auf  eine  nicht  allzu  lange  Zeit 
der  Abfassung  unserer  Schrift  schliessen.  Durch  den  Censurvermerk,  nach 
welchem  die  gedruckte  Schrift  am  31.  Januar  1766  vorgelegt  wurde,^)  wird 
Kants  Aufenthalt  in  Goldap  näher  bestimmt.  Er  wird  in  den  Herbstferien  dort 
gewesen  sein  und  hat  kurz  vor  seiner  Abreise  die  noch  unfertige  Schrift  „blätter- 
weise zum  Druck  gegeben".  Die  Abfassung  der  Schrift  fällt  also  höchst  wahr- 
scheinlich ganz  in  das  Jahr  1765. 

Die  Schrift  erschien  anonym.  Doch  hat  Kant  die  Anonymität  nicht  zu 
erhalten  gesucht,  wie  aus  seinem  Brief  an  Mendelssohn  vom  7.  Februar  1766 
hervorgeht.*) 

Draoke:  1.  Traume  etneS  ©etfterfel^er^,  erläutert  burc^  ^rüume  ber  !Dleta« 
pl^^fl^    ÄönigSbcrg  bet)  Solftann  Sacob  Konter  1766.  (A») 

2. gRIgo  unb  Weiau,  be\)  Sol&onn  griebrit^  ^artfnot^  1766.  (Titel- 
vignette Rosenzweige  darstellend.)    (A^) 

3. Von  A'  kenntlich  unterschieden  durch  die  Titelvignettte,  welche 

einen  sitzenden  nackten  Genius,  der  in  den  Händen  einen  Blumenstock  hält,  dar- 
stellt.6)    (A») 

4. 3.  Äont«  fömmtUt^c  ffeine  ©c^rlften.    Sflot^  ber  Seitfolge  georbnet. 

Äöntgöberö  unb  ßelpalg  1797/8.    Bd.  II  S.  379—478. 

5. 3.  Äant'ö  öermiMte  ©Triften.    J&oUe  1799.     (Tieftrunk)  Bd.  II 

S.  247—346. 


1)  Durch  A.  Wardas  Mittheilungen  in  der  Altpr.  Mon.  Bd.  XXXVII  S.  535  f. 
Anmerkung. 

')  Akten  des  akademischen  Senats  zu  Königsberg  (Censur  und  verbotene 
Bücher  betr.  C.  13). 

3)  Acta  Fac.  Phil.  Tom.  V  S.  638. 

*)  X  65. 

*)  Nach  C.  Kehrbachs  Unterscheidungen.    Vgl.  die  Lesarten. 


Sachliche  Erläuterungen.  501 


Sachliche  Erläaternngen. 

315  Citat  aus  Horatius,  De  Arte  poetica  v.  7/8. 

3223  $^i(ofop^en]  Vgl.  Daries,  Elementa  Metaphysices.  Psychologia  ratio- 
ualis  §  4,  und  Baumgarten,  Metaphysica  §  742  ff. 

3254  Schulleiter]  Vgl.  Daries  a.  a.  0.  Psychologia  rationalis  §  103  und  bes. 
Corollar  I,  wo  die  Kantische  Formulierung  sich  findet:  totam  animam  in  toto 
corpore  omnibusque  partibus  corporis  organicis  praesentem  esse. 

32631  ideae  materiaUs]  Vgl.  Passiones  animae  I  art.  XXIIlff.  XXXV,  XLII. 
Zu  dem  Ausdruck  vgl.  Chr.  Wolff,  Psychologia  rationalis  §  102  ff.,  F.  C.  Baumeister, 
Philosopbia  definitiva  cd.  III  S.  181. 

327 1  Seibniaend  fd^er^^after  (SinfoU]  Vgl.  M.  G.  Hansche,  Godefridi  Guilelmi 
Leibnitii  Principia  philosophiae  more  geometrico  demonstrata.  Frankfurt  und 
Leipzig  1728  p.  135. 

32911.12  Ckat  aus  Virg.  Aeneis  VI.  268/9. 

33033  8oer^aaDe]  Vgl.  E.  zu  I,  208i9.  Zu  der  Stelle  vgl.  Elementa  chemiae 
1732  vol.  1  S.  64:  ,alimenta  plantarum  radicibus  externis,  animalium  intemis, 
hauriuntur". 

33129  @ta(I]  Georg  Ernst  St.,  geb.  1660  in  Ansbach,  seit  1694  Professor 
der  Medicin  in  Halle,  1716  Leibarzt  des  Königs  von  Preussen,  gestorben  1734 
in  Berlin.  Vgl.  Stahls  Theoria  medica  vera.  Halae  1708.  Darin  Sect.  I  Phy- 
siologia  Membrum  I.  De  scopo  seu  fine  corporis,  bes.  p.  18.  Vgl.  auch  die  Schrift: 
De  vera  diversitate  corporis  mixti  et  vivi ....  demonstratio.    Halae  1707. 

33131  .pofmann]  Friedrich  H.,  geb.  1660  in  Halle,  seit  1693  Professor  der 
Medicin  daselbst,  1709  Leibarzt  des  Königs  von  Preusseu,  1712  zurück  nach 
Halle,  starb  dort  im  Jahre  1742.  Vgl.  seine  Schrift:  Philosopbia  corporis  humani 
vivi  et  sani.    Liber  I.  Sect.  I  cap.  I— III,  Opera  omnia  1740  I  p*  26 ff. 

33817  gemiffe  $t)t(ofopben]  Vgl.  z.B.  Daries,  a.a.O.  Psychologia  empirica  §26. 

33934  Senforium  bcr  @eele]  Vgl.  e!  zu  32631. 

341  ai  ^Qd)0  be  ^robe]  Die  Anecdote  war  nicht  aufzufinden.  Es  ist  anzu- 
nehmen, dass  sie  aus  früherer  Zeit  auf  B.  übertragen  wurde.  Vgl.  Diogenes 
Laertius  I.  34,  wo  die  Anecdote  von  Thaies  erzählt  wird. 

3424  SriftoteleS]  Es  liegt  ein  Irrthum  Kants  vor.  Das  Citat  ist  ein  Frag- 
ment Heraclits.     Vgl.  H.  Diels,  Herakleitos  von  Ephesos  1901.    Fragm.  89. 

34519  (SQrteftu<$]  Vgl.  E.  zu  326  ai. 

34824  ^ubibrad]  Vgl.  Samuel  Butlers  Hudibras,  ein  satyrisches  Gedicht 
wider  die  Schwärmer  und  Independenten  zur  Zeit  Carls  des  Ersten,  in  neun 
Gesängen.    Aus  dem  Englischen  übersetzt.    Hamburg  und  Leipzig  1765  S.  292/3. 

3536  CiUt  aus  Virg.  Aeneis  VI,  266. 

3549  ©c^roebenberg]  Kants  Schreibart  ist  nach  den  Principien  der  Ausgabe 
für  Swedenborg  erhalten.  S.  wurde  im  Jahre  1688  zu  Stockholm  geboren  und 
starb  im   Jahre  1772   in   London.    Über  sein  Leben  und  die   von  Kant  mit- 


502    Xräume  mti  0eifletff^evf,  tMatai  hm^  Srditme  bor  Wldap^}^ 

getheilten  Erz&hlmigen  Tgl.  Tafel,  SannDlung  von  Urkunden  betreffend  das  Leben 
and  den  Gharacter  Emanael  Swedenborgs,  Tübingen  1839—45  in  Tier  Abtfaeilungen. 

355 10  (2^3&blunflen]  VgLbierzn  Kants  Brief  an  Fräulein  Charlotte  T.Knobloch 
Tom  10.  Aagust  1763(?),  X  40ff. 

357)0  Hrtemibor]  aus  Ephesos,  schrieb  ein  Bach  Ovctpoxpcxtxo. 

357 34  ff.  KpoDoniud  non  S^ne]  Pythagoreer  des  ersten  Jahrbanderts  n.  Chr., 
stand  im  Ruf,  magische  Kanst  und  die  Gabe  der  Weissagung  zu  besitzen.  Flavius 
Pfailostratus  (um  200  n.  Chr.)  schrieb  eine  romanhafte  Biographie  des  ApoUonios. 

357 30.31  Citat  aus  Horatius,  Epist  II  2,  208/9. 

35913  Citat  aus  Virg.  Bucol.  III,  65. 

3e0i  iirtoflo]  Flasche  im  Mond.    Gesang  34,  Strophe  67  ff. 

360u  Sitcom]  Vgl.  Sammlang  satyrischer  und  ernsthafter  Schriften,  Frank- 
furt und  Leipzig  1739  No.  II  Yitrea  fracta  etc.    S.  45-90. 

360 1&  Der  Titel  lautet  ausführlich:  Arcana  coelestia,  quae  in  scriptura  saera 
seu  Terbo  domini  sunt  detecta.  Una  cum  mirabilibus,  quae  Tisa  sunt  in  mundo 
spirituum  et  in  coelo  angelorum.    Londini  1749—56.    8  Bände. 

36031  D.  Johann  August  Emesti,  Neue  theologische  Bibliothek,  darinnen 
von  den  neuesten  theologischen  Büchern  und  Schriften  Nachricht  gegeben  irird. 
Leipzig  1760.    Dort  im  6.  Stück  S,  515—527. 

36728.29  Citat  aus  Virg.  Aeneis  II,  793. 

37329  (Sanbibe]  Vgl.  Candide  ou  l'optimisme.  I.  partie  am  Schlnss. 


Lesarten. 

C.  Eehrbach  hat  zuerst  das  Verhältniss  der  vorhandenen  Originaldrucke 
klargestellt.  Er  kommt  zu  dem  Resultat,  ^dass  aus  dem  Jahre  1766  wenigstens 
drei  typographisch  verschiedene  Drucke  von  ungleicher  Güte  ezistiren*  *)  Der 
Wechsel  des  Verlages  wird  jetzt  aufgeklärt  durch  die  in  früheren  Ausgaben 
fortgelassene  Mittheilung  aus  Kants  Brief  an  Lambert  vom  31.  Dec.  1765:  (Sr 
(Kanter)  ift  mit  feinem  vorigen  ^atiblungdbebienten  ^^n  Hartknoch,  ber  feine 
affairen  onte^t  in  Riga  üermottet,  in  Compagnie  getreten. *)  Ober  die  äusseren 
Unterscheidungsmerkmale  der  drei  Ausgaben  orientirt  die  am  Schluss  der  Ein- 
leitung gegebene  Aufzählung  der  Drucke.  Ausführlicher  bespricht  Kehrbach  dies 
Verhältniss.  Auch  hat  er  ein,  allerdings  nicht  vollständiges,  Verzeichniss  der 
Varianten  gegeben.  Es  fehlen  die  in  nachfolgender  Zusammenstellung  unter 
32214,  32911,  33034,  33335,  334i8,  338i5,  3464,  346i6,  3472,  356i4,  35730,  35730, 
35832,  36918  aufgeführten  Lesarten.^) 

Vergleicht  man  die  Drucke  auf  ihre  Correctbeit,  so  zeigt  sich,  dass  A'  den 
beiden  anderen  vorgezogen  werden  muss.    Die  Abweichungen,  welche  A'  und  A' 

')  K.'8  Ausgabe  in  Reclams  Universal-Bibliothek  S.  IX. 

»)  X  52. 

^)  Ausnahmsweise  sind  auch  offenbare  Druckfehler  aufgenommen. 


.  .  Lesarten.  5Q3 

enthalten,  geben  selten  eine  richtigere  Lesart.  Dagegen  weisen  sie  $ine  Anzahl 
grober  Versehen  auf,  wie  z.  B.  358 14.  Deshalb  wurde  A'  dem  Texte  zu  Grunde 
gelegt.  Die  Annahme  Kehrbachs,i)  dass  A'  der  erste  Druck  sei,  findet  jetzt 
eine  sichere  Bestätigung  durch  die  in  der  Einleitung  mitgetheilten  Thatsachen 
und  die  oben  citirte  Briefstelle. 

Es  bleibt  noch  übrig,  das  Verhältniss  von  A'  zu  A'  zu  bestimmen.  Eine 
Vergleichung  der  Lesarten  zeigt,  dass  A'  allein  von  A*  nur  in  einem  Fall  (346 i), 
w&hrend  A'  mehrfach  von  A^  abweicht  (vgl.  z.B.  354»,  35527,  357ao,^358s3, 
363»,  36480,  36488).  Dasselbe  Resultat  ergab  die  Vergleichung  der  Sprache, 
A'  weicht  hierin  vielfach  von  A'  ab,  w&hrend  A'  fast  überall  mit  A>  überein- 
stimmt Sehr  lehrreich  ist  die  Beobachtung  eines  Druckfehlers  (vgl.  838i9X 
A>  hat  richtig  oergefeUfj^afteten,  A'  üergefeQfd^aftenten,  A*  DergefeUfc^aftntbeitp 
Da  anzunehmen  ist,  dass  der  der  ersten  Ausgabe  inhaltlich  und  sprachlich  am 
nächsten  stehende  Druck  zugleich  auch  zeitlich  ihr  am  nächsten  steht,  so  komme 
ich  zu  der  Ansicht,  dass  A'  der  zweite,  A'  der  dritte  Druck  ist  Dem  entspricht 
auch,  dass  A'  die  Versehen  von  A'  und  noch  einige  neu  hinzukommende  .  ent- 
hält   A'  wird  also  wohl  als  Druckvorlage  für  A'  gedient  haben. 

In  dem  folgenden  Verzeichniss,  wie  auch  bei  Aufzählung  der  Drucke^  ist 
trotzdem  die  von  Kehrbach  gegebene  Reihenfolge  und  Bezeichnung  der  Drucke 
•beibehalten  worden  (A'^A,  A'=B,  A'=C  bei  Kehrbach).  Es  erschien  zweck- 
mässig, von  dieser  nicht  abzuweichen,  um  späterer  Vergleichung  nicht  zu  grosse 
Schwierigkeiten  zu  bereiten. 

31717  unb]  obn?  Wille  (Kantstudien  VIII  S.  388/9)  ||  3188  ^inaud]  A' 
Iftlerau«  A>-»  || 

32089  erriditet]  A'  erretd^et  A'**  ||  322  m  (Sntfd^eibungen]  A^  (^^ntfd^Iie^ungen 
A«-«  II  32230  Surücfflogung]  Menzer  ßurüdfftoßung  A  ||  32827  bcffelben]  Wille 
bcrfelben  A  ||  32484  fc^mera^often]  A»-»  Wmcra^afteflen  A»  ||  32627  bicfen]  Tief- 
trunk  beffen  A  ||  32724  mo^I  fehlt  A'*>  ||  32812  auSma^en?  Menzer  ||  32829  Rnb] 
feien?  Hartenstein  ||  329ii  soia  fehlt  A'**  ||  3309  ee]  Tieftrunk  fie  A  ||  33084 
SBurael]  A^-»  ffiuraeln  A»  ||  3319  biefen]  A^  biefem  A'-»  ||  ouf]  ouö?  Hartenstein  || 
33320  Hinen]  Wüle  i^r  A  ||  33335  Stelle]  A'-'  $^clle  A^  ||  334 is  um]  A»-»  unb  A'  || 
3356  iebe«]  Kehrbach  jebe  A  ||  3359  Seineggrftnben]  A*  Semegungdgrfinben  A^*'  jj 
33515  bedfelben]  Menzer  berfelben  ||  335i7  !D?Qterte]  SRoterien?  Menzer;  vgl.  33522.  jj 
33620  SRoteden]  Tieftrunk  SJ^^aterie  A  ||  337 13  ni^t  ober  ff]  Es  fehlt  das  Subject 
zu  befugt  ift.  Kant  schwebte  anscheinend  ber  Tlen^d^  als  solches  vor,  wozu  ihn  die 
beiden  er  veranlassen  konnten.  Da  die  Emendation  zweifelhaft  blieb,  wurde 
nicht  geändert.  ||  338 15  üergefeKfd^afteten]  DergefeUfc^aftenben  A',  üergefeH- 
fd^aftetiten  A*  ||  33832  befidtigen]  Hartenstein  befl&tigt  A  ||  33839  werben]  Tief- 
trunk loirb  A  II  34215  bemo^nt]  Hartenstein  bemo^nen  A  jj  34331  Srdumem]  A^ 


»)  A.  a.  0.  S.  IK/X. 


504   Zräiime  eine«  Mfierfetec«.  cdantert  biir4  Sr&nntc  bei  S^dot^^fil. 

3:r&umen  A>*>  ||  844»  fBicfntta]  fBirai^Idtl  WiUe  ||  345»  ienn  —  biefcr] 
Menzer  intern  —  birfem  A  t|  3464  befie^]  A"-«  bcfle^  A»  ||  3468  bic]  A» 
ber  A*"*  II  34610  er]  in  Bexiebnng  m  ber  Denoonene  9^enf<^  oben  Z.  4.5  ||  346i£ 
benfenben]  A«-»  benfenbe«  A'  ||  347«  it^lidm]  A>  iegUcben  A»-»  |j  347io  «e- 
f&tl]  A>  eeficbt  A'*s  II  347  s  dhitiDfiTfen]  Hartenstein  (üninftrfen  A  ||  350s  brr 
ber]  ber  A***  ||  853«  ber]  Menzer  benen  A  || 

35810  benlelben]  Tieftronk  bemfelben  A  ij  354i5  dbfa^t]  A**' abgefaßt  A'|| 
354  83  gerufen]  A'  berufen  A*-*  ||  35597  M]  A^*  fie  A'  ||  356 14  tooranft^lAen]  A^ 
öoronf*icfen  A»-»  ||  357a  finben]  A»  flnbet  A»-«  ||  35780  «o^««]  A>-»  »agts  A»  i| 
35731  portentaque]  Tieftmnk  protentague  A  ||  358i4  gnugfamer]  A>  gronfamer  A*-*  || 
35818  bei]  A'  auf  A>*'  ||  35831  9<iraUenien]  Druckfehler  in  A'  ||  tlnbenniil^e] 
ttnenbU4e?  Hartenatein  ||  3604  berfelben]  WUle  beffelben  A  ||  361»  nur}  A'-' 
nun  A'  II  361m  Terminen]  oerirren?  Tieftnmk  ||  3638  Sogen]  A>-*  8oge  A^  ||  364 ss 
erregen]  Hartenstein  erregt  A  ||  364ao  ©ubfiiiena]  A>-*  ^ubftana  A'  ||  364»  er 
fehlt  in  A'  ||  36584  finb]  Menzer  ift  A  ||  366»  aflen]  Tieftronk  aUem  A  ||  369i8 
be«]  A^  ber  A*-*  II  36937  t^rrm]  Zusatz  Hartenstein  j|  3703  @d)»ierigfeiten]  Harten- 
stein @d)n>ierigrett  A  ||  371»  unb]  Zusatz  Frey  Aber  neue  ^griffe?  Rosenkranz, 
Kehrbach  ||  3726  aU^  Zusatz  Wille,  al«  gunbament?  Kehrbach  || 

Paul  Menzer. 


Orthographie^  Interpnnetton  und  Sprache. 

Orthographie.  Yocale.  aa  haben  SBaoge,  9Roag,  ©diaole;  e  findet  sich 
selten  für  d:  n<rmU4,  b^roorbrengen  (aber  gegenm&rtig,  enoA^nten.  er§&btt).  e^ 
ist  wie  immer  häufig:  SRe^nung. . meinet,  fre^,  be^be,  ^wet^  (aber  gioette,  ^mti* 
beutig),  fet)n,  be^,  oQerlei),  l^artbc^Uc^feit  (aber  $b<>ntafei).  —  Consonanten. 
Dehnungs-b  und  t^  sind  meist  wie  heute  gebraucht  (doch  ^art^e^lid^feit;  Der« 
ntutli4).  Ähnliches  gilt  von  c,  i,  ä  (doch  Subiffufi;  ttbitroftton,  6pefulatton) 
und  von  den  f-Lauten  (als  Ausnahmen  erscheinen  SRidbraucb;  Semetg;  @eifter' 
einfifigen,  unfd^lflbig;  ^eiffen,  ©toffed).  —  Vereinzelte,  doch  auch  in  manchen 
andern  Drucken  sich  findende  Schreibungen  sind  9lA|eI,  Deft,  pneomattfcb  (aber 
bequem,  OueOe).  —  Wenig  ist  femer  über  Consonanteuvereinfachung  zu  be- 
richten, matertel,  foUe,  mil;  nimt,  famt  sind  Ausnahmen  von  der  Regel.  Da- 
gegen steht  sehr  häufig  f  für  ff :  ^ofninig,  öfnen.  trfft,  a3fgrlf,  ^nflgrif,  ®tof.  — 
Anfangsbuchstaben.  Substantivirte  Adjective  sind  nur  selten  klein  ge- 
schrieben: ba(S  üorne^mße,  nic^td  öbnlt^e^;  auch  Adjective  in  ursprünglicher 
Bedeutung  selten  gross:  meine  Vermeintliche  @rflnbe.  —  Zusammensetzung. 
Zusammengerückt  wurden  einer  ©eitS,  anberer  @eitd,  fo  gar.  —  Im  Ganzen 
weicht  somit  die  Orthographie  des  Druckes  von  der  unsrigen  nicht  erheblich  ab. 

Interpanction.  Komma  fehlt  nur  an  Satzgrenzen  häufig,  ist  aber  auch 
da  meist  gesetzt.    Selten  vermissen  wir  es  bei  prädicativ  gestellten  Attributen, 


Orthographie,  luterpimciion  und  Sprache.  505 

z.  B.  82933,  vor  ober,  ob^ipar,  Infinitiv  mit  um  ^u,  vor  der  Anrede,  hinter  Appo- 
sition.  Manchmal  lie^  wohl  einfach  Druckversehen  vor.  —  Andrerseits  ist  es 
nur  zuweilen  überflussig  gesetzt,  so  besonders  vor  Satztheilen,  die  durch  unb 
angefügt  sind.  Diese  sind  dann  in  der  Regel  durch  nähere  Bestimmungen  oder 
angeschlossene  Nebensätze  belastet,  zuweilen  aber  nur  kurz.  Hingegen  fehlt  das 
Komma  hier  in  der  überwiegenden  Zahl  der  Belege,  mehrfach  selbst  dann,  wenn 
die  Länge  des  Satztheils  eine  vorangehende  Pause  erklärlich  machen  würde. 
Bei  adverbialen  Bestimmungen  steht  das  Zeichen  seltener  als  in  andern  Drucken, 
und  ganz  vereinzelt  sind  Fälle  wie  Komma  vor  Genitiv-Attributen  331 19  (hinter 
Sehen),  zur  Bezeichnung  einer  Pause  im  Satze  357 1  (vor  felbft),  zwischen  baburc^, 
ba%\  borum,  meil  u.  a.  —  Es  steht  manchmal  statt  Kolon,  so  3696.  »  Andere 
Zeichen.  Wir  finden  zuweilen  Semikolon  statt  Komma  330 19,  statt  Kolon  35816; 
Punkt  statt  Ausrufungszeichen  869  e  u.  a.,  statt  Fragezeichen  3304  u.  a. 

Sprache«  Laute.  Stammsilben.  Der  Umlaut  fehlt  in  abbangenb  (1  mal 
neben  ^ufammeii^&ngenbe),  steht  in  fdmmt  (1  mal  neben  fommt).  —  Stets  be- 
gegnen wir  aldbenn.  2  mal  Unterfc^eib,  1  mal  üerabfc^eibete  (neben  überwiegendem 
Unterfdiieb).  —  Ableitungssilben.  Neben  $^ontafie  begegnet  2  mal  $^antafet. 
Einmaliges  obent^eurlic^rten  ist  nicht  noth wendig  Druckfehler.  —  Die  Superlative 
weisen  öfter  noch  e  auf:  me^reßen,  Üdreflen,  fetnefte,  grögefte  (neben  ge^etmfteit, 
rat^famfien).  —  Auch  in  schwachen  Verbalformen  ist  es  nicht  selten;  so  im 
Ind.  Imp.:  üert^etleten,  l^infc^ieleten  (häufiger  ert^eilten,  befeelte,  beehrte,  meinte  u.a.); 
öfter  im  Gonj.  Imp.:  offenbareten,  ^ugefeUeten,  mattete,  nfigete  (aber  fogte,  f^redfte, 
beliebten);  sehr  häufig  im  unflectirten  Part.  Perf.:  gehöret,  gefüt)ret  (neben  auf« 
gebort,  üerfpfirt,  organifirt),  etffiUet,  üorgefteUet,  aufummengebaHet  (neben  ge^üblt, 
mttgetbeilt,  oorgeftrUt).  oudgetrüumet,  entfernet,  gebienet;  errei^^t  (neben  unter« 
fud)t),  ooraudgefe^et,  oerfnupfet  (neben  Derfnüpft),  be^geleget,  geit5tbiget  (neben 
erlangt).  Auch  die  seltener  auftretende  flectirte  Form  hat  es  manchmal:  eiit« 
pOete,  abgetrenneien,  entfernete  (aber  auch  auegebebnter,  entfernten).  Im  Ganzen 
überwiegt  doch  die  Synkope.  —  Von  Adverbien  sind  vereinzelt  belegt:  nun« 
mebro.  oorbero,  noc^bero  (manchmal  nunmebr,  meist  üorber,  nodi^er,  stets  baber).  — 
Flexionssilben.  Zu  nennen  sind  die  Substantive  @erfifte,  @ebtrne,  ^opbifte  (aber 
®Ieid)gemid)t.  ($$ef(ben!  u.  a.);  die  zahlreichen  Belege  für  e  in  der  3.  Pers.  Sing. 
Präs.  starker  und  schwacher  Verba.  Die  Beispiele  entsprechen  den  angeführten 
Participien;  hinzu  kommen  miberftebet,  berubet.  etnftebet  (häufiger  ftebt,  berubt, 
ftebt  u.  a.).  Auch  hier  ist  überwiegend  Synkope  eingetreten.  —  Unorganisches  e 
bietet  allein  fabe  (2 mal).  —  fo  ferne  steht  meist  (selten  mofern).  —  Flexion. 
Zu  benenfenigeu  (2  mal),  benenfelben  (1  mal)  vgl.  Syntax,  Pronomen.  —  fe^n  ver- 
tritt 28  mal  finb,  6  mal  feien,  entfalten  32037  ist  vielleicht  nur  Druckfehler  statt 
entfoltet.  —  Wortbildung.  Die  Adverbial  formen  mussten  oft  geändert  werden: 
barinnen  (1  mal),  fonften  (6  mal;  meist  fonft),  mr^rmaten  (3  mal),  obngefebr  (2  mal), 
je^o  (1  mal;  auch  je^t),  Dorie^o  (1  mal),  i^o  (8  mal),  t^^t  (4  mal;  vgl.  i^ig,  1  mal).  — 
Syntax.  Mehrfach  stört  die  starke  Flexion  der  Adjective  nach  Pronomen,  sei 
es,  dass  sie  substantivisch  gebraucht  sind:  ein  jeber  ^ernftnfttger  (2  Belege),  sei 


506    träume  etned  (S^etflerfe^riS,  erl&utert  bur4  Si^umc  ber  9Retap^))fif. 

68,  dass  sie  adjectivische  Attribute  sind:   in  btefem  dngebtlbetem  SSaume,  und 

i^rem  gebörigem  ®leid)getoid)t.  —  Hingegen  missfaUen  uns  schwache  Endongen 

nach  Pr&position  ohne  Artiliel:  Don  fdrperUdjen  S^uQf,  nadb  t)oIIbrad)ten  Sdilafe, 

t)on  an  fi(!b  grögenn  @en)t(bte.  —  Vgl.  dazu  die  Pronomina:  ton  iegtid^  (Sing.), 

tüü  aUtm  biefrn.  —  benen  steht  18  mal  »  ben,   berec  1  mal  =  ber.  —  Flexion 

▼on  3roei  bietet  mit  §me^en  Sikiten  (1  mal).  —  Ungewöhnliche  Yerbalconstniction 

ist  belegt  in  mornen  tox  m.  Acc  322i4.i6,  fidb^m  Dor  m.  Acc.  356».  —  nor  ist 

stets  im  Sinne  Ton  für  gesetzt;  o^ne  regiert  32826  den  Datiy,  sonst  den  Accur 

satiy.  —  Weibliches  Geschlecht  weisen  ^ebflrfntg  (2  mal)  und  ^er^Attnift  (Smrnl; 

aber  auch  Neutrum)  auf. 

Ewald  Frey. 


"^on  5em  erffen  ^runbe  5e5  '^nterf($iebes 
5ei  ^egenben  im  %arme. 

Henosgeber:  Kurd  Lasswitz. 

Drneke:  1. In  den  Konigsberger  Frag-  und  Anzeigongsnacbrichten 

Stock  6—8. 

2.  Sammlung  einiger  bidl^er  unbelannt  gebliebener  fleiner  Sänften  t>on 
Smmanuel  j^ant.  .herausgegeben  t^on  griebric^  S^eobor  Stinf.  j(dnig«berg  1800. 
S.  71-80. 

8.  Smmanuel  ^anf d  oermif^ie  S^riften.  ftbnigdberg  1807.  Bd.  IV 
8.  71-80. 

Saehliehe  Erlftntenuigeii. 

3777  8oer^oobe]  S.  E.  zu  I  908i9.  Vgl.  Elementa  cbemiae  I  p.  2. 
»  37713  Analy$in  $iiiu]  Nach  Leibniz  ist  die  r&nmliche  Ansdehnung  nicht 
(wie  bei  Descartes)  als  gegeben  vorauszusetzen,  sondern  durch  das  Denken  zu 
erzeugen.  Es  ist  die  Aufgabe  der  Analysis  Situs  als  einer  neu  zu  schaifenden 
Wissenschaft,  das  Qualitative  in  der  Bedeutung  der  geometrischen  Figuren  zu 
untersuchen  und  dadurch  die  Analysis  der  Grösse  als  eine  Analysis  der  Lage 
zu  erg&nzen.  (Vgl.  u.  a.  L.'s  Math.  Schriften  ed.  G.  J.  Gerhardt  Bd.  V  p.  179.) 
Ausführlicheres  und  Quellennachweise  in  E.  Cassirer,  Leibniz*  System,  Marburg 
1902,  Kap.  3. 

378»  duUx]  S.  £.  zu  168»),  wo  dieselbe  Abhandlung  dtirt  ist 

380»  aRariotte]  S.  E.  zu  I  502  is. 

380»  nfloa]  Don  Antonio  de  UUoa,  geb.  1716  zu  Sevilla,  gest  1795  zu 
Isla  de  Leon  bei  Gadix,  hoher  spanischer  Marineoffizier,  Mitglied  der  Royal 
Society.  Vgl.  Redacion  del  viage  a  la  America  meridional,  übers.  Amsterdam 
1752. 

3815  SiyrrOi]  Giovanni  Alfonso  B.,  1008—1679,  bekannt  durch  seine 
Corpuscnlartheorie  und  seine  physikalische  Theorie  der  Jupiterstrabanten.    Vgl. 


50H    ^oit  bent  erften  ®runbe  beS  Unterfd^tebed  ber  @egenben  im  SRaume. 

Des  Herrn  Alphonsus  Borelli  Bemerkungen  von  der  ungleichen  Stärke  der  Äugen, 
woraus  man  scbliessen  kann,  dass  das  linke  Auge  die  Objecte  gemeiniglich  vid 
deutlicher  sehe  als  das  rechte.  Hamburger  Magazin,*  Bd.  XXUI,  1759,  S.  641 — 645. 
Dort  übersetzt  aus:  J.  B.  Denis,  Recueil  des  memoires  et  Conferences  sur  les 
arts  et  les  sciences  presentees  ä  Monseigneur  le  Dauphin  pendant  l'annee  1672, 
a  Amsterdam  1673.    S.  295—298. 


Lesarten. 

377 10  ftanben]  Von  Hartenstein  in  beftanben  geändert,  weil  irrthümlich  auf 

JCunfiftflcfe  bezogen.    Das  Wort^  bezieht  sich  aber  auf  (S^emiften  und  bedeutet : 

sich  befanden.  (Vgl.  I  10 13.  ||  37935  ber]  Zus.  Lasswitz  |[  381 3S  eine]  Hartenstein 

etned  ||  382?  i^r  oegenftbergeftellte]  Lasswitz  gegen  i^r  fibergefleQte  ||  382 ii  ber] 

Lasswitz  be^.    Wohl  besser  als  die  Kant  vennuthlich  vorschwebende  Beziehung 

auf  Körper  (Z.  4).  || 

Eurd  Lasswitz. 


Orthographie^  Interpnnetioii  nnd  Sprache. 

Orthographie.  Vocale.  Wie  gewöhnlich  betrefifen  die  Änderungen  vor- 
zugsweise e,  welches  durch  d  ersetzt  ist:  (Srroegung,  nemü4,  oUertpertd;  ep  in 
meinet,  amel),  bre^,  fei),  fe^n,  IBt^fpiel,  einerle^.  Dazu  kommt  ie  in  ^rebterflein, 
n)ieberfpre(!^en  und  seltenes  aa:  @aamen.  —  Gonsonanten.  Dehnungs-^  ist  meist 
wie  heute  gesetzt;  es  fehlt  in  Dorneintic^.  —  Consonantisches  t,  in  den  Drucken 
eine  ungewöhnliche  Erscheinung,  gemahnt  uns  an  Kants  eigene  Schreibweise,  die 
es  in  seiner  älteren  Zeit,  besonders  den  70er  Jahren,  bevorzugt:  tebe,  beni' 
ienigen,  bedienigen.  —  c  und  l  gruppiren  sich  keineswegs  nach  der  Abstammung 
der  Wörter:  Slcabemie  —  Slbftraftion,  Sertifolflät^e  u.  a.  VgL  auch  cörperlic^ 
(meist  Körper)  —  Sehr  beliebt  ist  d:  9WetQpl)l|ritf,  ^hd^anider,  ©ebonrfc  (daneben 
Wirflieb).  —  d  steht  für  g  in  ^eölunfl.  ^erb&ltnid  (aber  auch  ^erbdltnig),  ntt^ 
Ilngen  u.  v.  a.  Mehrfach  findet  sich  ff  in  langer  Silbe:  umftoffen,  auffer.  Ein«el- 
falle  sind  ©irl^ältnifee  (sonst  ff:  SBerDoItniffe,  »briffe«),  jereift-  —  t  fehlt  in 
©emanbfjeit,  stört  in  (SöibenJ,  burc^freuden  (aber  iQtr^en^,  einzig).  —  Die  Con- 
sonantendehnung  weicht  von  der  heute  üblichen  nicht  ab;  dagegen  miss^ltuns 
^mehrfach  Vereinfachung:  fan  (stets;  aber  fönnten,  unl(rnntli(^)i  Segrif,  ^egrifd 
stets).  Vereinzelt  zeigen  sich  indgefamt,  motten  (neben  rotfl),  25Iat.  —  Anfangs- 
buchstaben. Nur  dass  Adjective  öfter  mit  grossem  Buchstaben  .beginnen, 
stört:  .^ori^iontal,  $eipenbifular,  mit  ©eograp^ifc^en  (5^enntiüffen)  u.  a. 

Interpunctioiu  Komma  fehlt  fast  nur  an  Satzgrenzen,  da  aber  oft.  — 
Gesetzt  ist  es  meist  richtig;  doch  entbehren  wir  es  gern  bei  adverbialen  Ber 
Stimmungen  (wenige  Belege),  vor  Satztheilen^  die  durch  unb  angefügt  sind  (dgh)« 
nach  aUcIn,  benn-(vg}.  auch  unb,  menn;  unb,. um  .  . .  jiö-  —  Wir  erwarten  sutt 


^  "^ 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  509 

seiner  Semikolon  380 19;  Punkt  3794.  —   Andere  Zeichen.    Semikolon  steht 
mehrfach  für  Komma,  so  380 16;  Kolon  statt  Punkt  378 ii. 

Sprache.  Laute.  Stammsilbenvocale.  1  mal  belegt  ist  Unterfc^eib  (sonst 
immer  Unterf(!^ieb).  —  Ableitungssilben.  Der  Superlativ  flärerte  (neben  oUge* 
tneinflen),  die  Participialformen  gefö^ret,  geTe^ret  (sonst  stets  Synkope:  unberül^rt, 
itmgefe^rt,  befttmtnt  u.  s.  w.),  gefteüete  (sonst  Synkope:  atigefft^rten  u.  a.)  sind 
yereinzelt.  —  Flexionssilben.  1  mal  steht  @efd)i(fe  (neben  (S5efe^).  —  In  der 
3.  Sing.  Präs.  ist  e  ziemlich  häufig  noch  erhalten,  besonders  nach  1^:  besieget, 
fie^iet  (selten  befte^t),  ge^et,  jtef)et,  und  nach  n:  iDo^net,  meinet,  fd)etnet;  seltener 
nach  I:  tl^eilet,  DorfleÜet;  sonst  nur  noch  je  1  mal  in  maditt,  geiget  (hier  über- 
wiegt entschieden  Synkope).  —  2  mal  steht  in  fo  ferne  (neben  in  wie  fem).  — 
Flexion.  Als  Femininum  tritt  1  mal  jroeene  auf  (öfter  jwe^).  —  fel)n  steht 
=  fiiib  in  6  Fällen.  —  Wortbildung,  Ausser  einem  Beleg  für  fonflen  finden 
wir  nichts  Aufl^lliges.  —  Syntax.  Zur  Flexion  adjectivischer  Attribute  vgl.  beQ 
ollen  Slu^gebe^nten  (Sing.)  37726.27;  zur  Verwendung  von  benen  als  Artikelform 
37922  und  (zum  Beweise,  dass  keineswegs  immer  demonstrativische  Bedeutung 
zu  Grunde  liegt)  37821.  —  Zum  Capitel  der  Verbalconstruction  führe  ich  an: 
onfommen  auf  m.  Dat.  38233.34.  —  Dor  steht  1  mal  =  fär.  38033  findet  sich 
be^  ©etten  (Druckfehler?)' neben  381  ii  be^  6ette.  —  benn  steht  1  mal  temporal. 
SBer^nltnid  hat  ausser  an  1  Stelle  neutrales  Geschlecht.  —  Aufifallig  ist  die  Wort- 
stellung gegen  t^r  übergefteüte  3827. 

Ewald  Frey. 


De  mundi  sensibilis  atque  intelligibilis 

forma  et  principiis. 


HerauBgeber:  Erich  Adickes. 


Efnleitiuig. 

Am  15.  H&rz  1770  starb  nach  einer  langwierigen.  Krankheit  der  ordentliche 
Professor  der  Mathematik  an  der  Königsberger  Universit&t,  Oberhofprediger  Lang- 
bansen.  Vermittelst  eines  von  Kant  selbst  vorgeschlagenen  Stellentaosches  wurde 
ihm  durch  Gabinetsordre  vom  31.  März  1770  die  ordentliche  Professar  der  Logik 
und  Metaphysik  übertragen  (X  86-90).  Schon  am  15.  Dcc.  1769  rechnete  Kant 
mit  einer  oieüetd^t  no^en  vaeance  (X  79),  wobei  er  ohne  Zweifel  den  Tod  Lang- 
hansens im  Auge  hatte.  Doch  ist  es  unwahrscheinlich,  dass  er  schon  damals  an 
die  Ausarbeitung  seiner  Dissertation  ging,  deren  öffentliche  Yertheidigung  er 
vorschriftsmässig  beim  Antritt  der  neuen  Stelle  leiten  musste.  Gerade  in  den 
Jahren  1769—70  waren,  wie  der  handschriftliche  Nachlass  zeigt,  seine  Gedanken 
sehr  im  FIuss,  und  alle  Wahrscheinlichkeit  spricht  dafür,  dass  er  die  Dissertation 
erst  in  den  Monaten  April— August  des  Jahres  1770  ausgearbeitet  hat 

Sie  wurde  in  Königsberg  gedruckt  und  von  dem  Buchhändler  Kanter 
dtemlic^  fp&t  unb  nur  in  geringer  S<^^^  ohne  Ankündigung  im  Messkatalog  nach 
auswärts  verschickt  (X  118). 

Dnick68  1.  —  —  Regiomontiy  Stanno  regiae  aulicae  et  aeademteae  typo- 
graphiae, 

2.  ^ont:  i^rfi^ere  no4  ntc^t  gefainmelte  fletne  Sänften.  Sin^  (in  Wirk- 
lichkeit: Webel  in  Zeitz).    1795.    S.  1—44. 

3.  JTant:  ®dmmtH^e  netne  (Sänften,  ^dnigdberg  unb  Setpaig  (in  Wirii- 
lichkeit:  Voigt  in  Jena).    Bd.  UL    1797.    S.  1—63  (in  deutscher  Obersetzung). 

4.  J^ont:  9)erntif^te  @d)riften.  ^c^te  unb  Dollßdnbtge  Hudgabe.  ^aQe, 
in  ber  9tengerf(^en  )93uc^^anblung.  1799.  Bd.  II  S.  435— 88  (auf  S.  489-566: 
deutsche  Obersetzung  von  J.  H.  Tieftrunk).    Vgl.  zu  letzterer  Ausgabe  XII  206. 

Im  ersten  Band  des  Briefwechsels  beziehen  sich  auf  Kants  Ernennung  zum 
Ordinarius  und  auf  die  Dissertation   die  Nrn.  44,  48-59,  62,  63,  65,  70,  71. 


Sachliche  Erl&atemngen.  511 

Soweit  die  dortigen  Angaben  die  bald  auftauchenden  Pl&ne  einer  Umarbeitung 
und  Erweiterung  der  Dissertation  betreffen,  sowie  die  Rolle,  welche  diese  Pläne 
und  die  Dissertation  selbst  in  der  äusseren  Entstehungsgeschichte  der  JhrtttY 
ber  reinen  Vernunft  spielen,  sind  sie  von  B.  Erdmann  in  seiner  Einleitung  zum 
letzteren  Werk  CIV  570 ff.)  verwerthet.  Ergänzend  füge  ich  noch  hinzu,  dass 
Kant  im  Sept.  1770  mit  dem  Plan  umgeht,  ein  paar  Sogen  zu  der  Dissertation 
hinzu  3u  t^un,  um  fie  auf  fftnftige  SRejfe  audjugeben,  barinn  er  bie  geiler  ber 
<5ilfertig!ett  oerbeffem  unb  seinen  @tnn  beffer  beftimmen  min  (X  94).  2>ie  erf)e 
unb  bterte  section,  meint  er  ebenda  Lambert  gegenüber,  lönnen  al^  unerheblich 
fibergangen  merben,  aber  in  ber  ^me^ten,  brttteit  unb  fünften,  ob  i^  folci^e  jmar 
megen  meiner  Unp&dti(!^feit  gar  nicbt  ju  meiner  S3efriebigung  aufgearbeitet  f^ahe, 
fc^etnt  mir  eine  ^atttie  3u  liegen,  meiere  toofjii  einer  forgfditigem  unb  meit« 
(duftigeren  9(u4ffi^rung  mfirbig  mdre.  Im  Juni  1771  plant  er  statt  der  Neu- 
herausgabe der  Dissertation  ein  Werk  unter  bem  ^itel:  S)ie  (Bren|^en  ber  @inn> 
lid^feit  unb  ber  Vernunft  (X  117).  Er  bedauert,  dass  die  Dissertation  so  geringe 
Verbreitung  gefunden  hat:  meil  biefe  ber  text  ifi,  inorfiber  ba&  Weitere  in  ber 
folgenben  @^rift  fod  gefagt  merben,  mei(  aud)  mand)e  abgefonberte  (BebanTen  bann 
borfommen,  meldte  ic^  fc^merüc^  irgenb  an^uffi^ren  gelegen^eit  l^aben  bfirfte  unb 
bo4  bie  dUsertaiion  mit  il^ren  (^e^Iern  feiner  neuen  Slufloge  mfirbig  f^eint,  fo 
berbriegt  ed  mic^  etmad,  bog  biefe  ^(rbeit  fo  gefcl^minbe  ha^  @4t(IfaI  aller  menfc^« 
liefen  SBemfi^ungen,  nemlic^  bie  Sergeffen^eit,  erbulben  mfiffen  (X  118). 

Hinzuweisen  ist  noch  auf  eine  kleine  Schrift  des  „Respondenten*^  Marcus  Herz: 
Betrachtungen  aus  der  speculativen  Weltweisheit  (Königsberg,  1771.  J.  J.  Kanter, 
kl.  80.  158  S.).  Vgl.  X  1 18, 120, 121, 127, 128, 135, 139.  Das  Werk  ist  der  Haupt- 
sache nach  eine  deutsche  Bearbeitung  von  Kants  Dissertation;  Kant  selbst  nennt 
es  eine  Copey  derselben  (X  135)  und  beurtheilt  es  nicht  gerade  günstig  (X  127, 
1,35,  139).  Doch  kann  es  immerbin  an  manchen  Stellen,  wo  die  Dissertation 
gar  zu  kurz  ist,  zur  Feststellung  und  Erläuterung  der  Ansichten  Kants,  wenn 
auch  nur  mit  grösster  Vorsicht,  herangezogen  werden. 


Sachliche  Erläuterungen. 

39997  Ergo  fl/c]  Diese  Worte  sollen  m.  E.  den  Beweis  für  die  Kontinuität 
der  Zeit  abschliessen;  statt  des  ete.  würde  es  also  vollständig  heissen:  iempus 
€$t  quantum  eontinuum.  Die  Abkürzung  E  oder  E,  für  Ergo  findet  sich  mehrfach 
auch  in  Kants  Bemerkungen  zu  G.  Fr.  Meiers  Auszug  aus  der  Vernunftlehre 
(cf.  die  Durchschussseiten  zu  p.  100,  103  in  Kants  Handexemplar). 

400 3 ff.  Kaestnerua]  Der  vollständige  Titel  des  Werks  lautet:  Anfangsgründe 
der  hohem  Mechanik,  welche  von  der  Bewegung  fester  Korper  besonders  die 
praktischen  Lehren  enthalten.  Abgefasst  von  Abraham  Gotthelf  Kästner.  Der 
mathematischen  Anfangsgründe  vierter  Theil;  erste  Abtheilung.  Göttingen. 
1766.   424  S.  80.    2.  sehr  verbesserte  und  vermehrte  Auflage.    1793.    Der  be- 


512  ^^  mundi  sensibilis  atqut  intelligihilis  forma  et  principiis. 

treffende  Passus  findet  sich  im  3.  Abschnitt,  Absatz  188  (S.  353/4  der  ersten, 
S.  547  der  zweiten  Aufl.)  und  lautet:  „Das  Gesetz  der  Stetigkeit  in  der  Geo- 
metrie, wird  bei  krummen  Linien  un?erbrüchlich  in  Acht  genommen;  aber  kann 
es  auch  bei  geradelinichten  Figuren  beibehalten  werden?  Ist  es  schlechterdings 
unmöglich,  dass  ein  Punct  seinen  Weg  plötzlich  ändert,  so  kann  kein  Punet 
in  dem  Umfange  eines  Vierecks  oder  Dreiecks  herumgehen.  Wenn  also  das 
Gesetz  der  Stetigkeit  in  der  Geometrie  so  grosse  Ausnahmen  leidet,  so  kann 
dieses  schon  einen  Zweifel  erregen,  ob  es  auch  in  der  Mechanik  ganz  allgemein 
sein  mag." 

400 34 f.  Anglorum  philosophi  .  .  .  Leibnizius  et  asseclae^  Diese  Stelle  kehrt, 
ebenso  wie  die  verwandte  403 28 f.,  404 1  (post  AngloSj  yeometrarum  piurimis  .  .  . 
post  Leibnizium,  nostratum  plurimi)  in  der  ^tHif  bcr  reinen  lüemunft  (III  63—64, 
IV  41—42)  inhaltlich  unverändert  wieder.  Zur  Sache  vgl.  Vaibingers  Erläute- 
rungen in  seinem  Commentar  zum  letzteren  Werk  Bd.  11,  1892,  S.  412 — 422. 

40133  ubiquUas  temporis  (ttl  cum  Newtono  loquar)]  Kant  scheint  eine  Stelle 
im  Scholium  generale  am  Schluss  der  „Philosophiae  naturalis  principia  mathe- 
matica**  im  Sinn  zu  haben.  Es  heissl  da  im  4.  Absatz:  Dens  „durat  semper, 
et  adest  ubique,  et  cxistendo  semper  et  ubique,  durationem  et  spatium  constituit. 
Cum  unaquaeque  spatii  particula  sit  semper,  et  unumquodque  durationis  in- 
divisibile  momentum  ubique,  certe  rerum  omnium  fabricator  ac  dominus  uon 
erit  nun  quam,  nusquam.''  Die  erste  Ausgabe  der  Principia  (1687)  enthält 
das  Scholium  noch  nicht.  In  der  mir  vorliegenden,  von  Th.  Le  Seur  und 
Fr.  Jacquier  commentirten  Quart- Ausgabe  steht  die  citirte  Stelle  im  3.  Bande 
(Genevae,  1742)  S.  674. 

403  28  f.,  404 1  Anglos  .  .  .  Leibnizium]  S.  E.  zu  40034  f. 

40828  Wol/fius]  Cf.  seine  „Cosmologia  generalis,  raethodo  scientifica  per- 
tractata"  (Ed.  nova.  Francofurti  et  Lipsiae.  1737.  A9,  §  48,  60,  61),  sowie 
seine  „Vemünfftigen  Gedancken  von  Gott,  der  Welt  und  der  Seele  des  Menschen, 
auch  allen  Dingen  übeihaupt*  (8.  Aufl.  Halle,  1741.  8^.  §  548—550;  man 
vgl.  aber  auch  §  948—950,  die  einen  andern  Beweis  gegen  die  Mehrheit  von 
Welten  bringen;  ihm  entspricht  in  Wolffs  „Theologia  naturalis"  P.  I,  1736,  der 
Paragraph  117). 

41015.16  Malebranchius]  In  Malebranches  Werk  „De  la  recherche  de  la 
verite'  (Paris  1675,  7.  Aufl.  ebenda  1721)  lautet  die  Oberschrift  von  Chap.  VI 
im  zweiten  Theil  des  dritten  Buches :  ,Que  nous  voyons  toutes  choses  en  Dien.* 
In  der  lateinischen  Übersetzung  (Genevae,  1691)  heisst  es:  „Nos  omnia  in  Deo 
videre." 

41413.14,  41917  Eulerus]  Leonhard  Euler  (1707—1783)  gab,  zunächst  anonym, 
„Lettres  ä  une  princesse  d'AlIemagne  sur  divers  sujets  de  Physique  et  de  Philo- 
sophie" heraus.  Sie  erschienen  zuerst  1768—1772  in  drei  Bänden;  die  beiden 
ersten  wurden  1769  ins  Deutsche  übersetzt  unter  dem  Titel:  »Briefe  an  eine 
deutsche  Prinzessinn  über  verschiedene  Gegenstände  aus  der  Physik  und  Philo- 
sophie.   Aus  dem  Französischen  übersetzt"  (Leipzig).    Kants  Verweis  auf  Bd.  II 


Lesarten.  5X3 

S.  49 — 52  scheint  sich  auf  die  deutsche  Ausgabe  zu  beziehen  (die  erste 
französische  liegt  mir  nicht  vor),  und  zwar  auf  den  Schluss  des  92.,  sowie  den 
grössten  Theil  des  93.  Briefes.  Die  Briefe  waren  an  die  älteste  Tochter  des 
Harkgrafen  von  Brandenburg-Schwedt  gerichtet. 

Erich  Adickes. 


Lesarten. 

Es  sind  zwei  Drucke  vorhanden,  welche  sich  dadurch  von  einander  unter- 
scheiden, dass  der  eine  (A^)  auf  dem  Titelblatt  das  Datum  XXI.  Aug.,  der  andere 
(A*)  XX.  Aug.  führt.  An  Stelle  der  bei  Aufzählung  der  Drucke  angegebenen 
Druckerei  steht  in  A':  Impensis  lo.  lac.  Eanteri.  In  A'  fehlt  ausserdem  die 
Widmung. 

3879  guae]  quae  disquisitio?  Adickes  ||  38720  poMi6i7t«,  et]  Adickes  possibilis 
et]  posterius  ist  Subject  zu  ptrtinet,  |{  38827  qua\  Tieftrunk  quo  \\  391 11.12  respectu 
—  datum  —  comparcuiüci]  Adickes  re^ectu  —  datum  —  comparativa  ||  394? 
empirici]  Kant  unter  Errata  empiricae  \\  394 12  sensitivi]  Thomas  sensitivae  \\  394 19. 13 
in  indtfinituni]  Kant  schreibt  sonst,  sogar  im  Gegensatz  zu  einem  dabeistehenden 
definitus  (vgl.  40519.20,  41534),  infinitus  (Thomas)  ||  39528 /nt«]  Kant  unter  Errata 
usus  II  39683  ipsi per  Uhertatem  inesse]  Kant  unter  Errata  ipsiinesse  \\  397l3  detwr] 
Hartenstein  datur  \\  399 12  iuncios]  Hartenstein  iunctas  \\  39924  absque  datis  ullis] 
absque  ullis?  Adickes;  an  einer  ganz  ähnlichen  Stelle  (4043)  fehlt  </a/t>  auch;  die 
Stellung  des  Wortes  vor  entibus  ist  auffallig;  der  Gegensatz  betrifft  die  relationes 
einerseits,  die  entia  relata  anderseits,  wobei  es  aber  ganz  gleichgültig  ist,  ob 
diese  entia  erfahrungsmässig  im  Raum  ausser  uns  gegeben  (dcud)  oder  Producte 
der  Phantasie  (Constructionen  in  der  reinen  Anschauung)  sind;  ich  nehme  an, 
dass  Kant  erst  hat  schreiben  wollen:  absque  datis  ullis  erga  se  invicem  relatis^ 
dann  aber  für  deuis  das  richtigere  entibus  eingeschoben  und  vergessen  hat,  das 
ursprüngliche  datis  auszustreichen  (Adickes).  [Doch  vgl.  4137, 41733  (Thomas).]  || 
39927  Ergo  etc]  Hartenstein  E  etc.  Als  Randnotiz  von  Kant  (vgl.  zu  4015),  der 
entsprechend  §  15  auch  hier  einmal  die  Abschnitte  mit  Buchstaben,  nicht  mit 
Ziffern,  bezeichnen  wollte,  zu  tilgen?  Thomas  ||  39935  intermediam']  Tieftrunk 
inter  mediam  \\  4015  mensuramt  sed"]  Kant  unter  Errata  mensuram  nempe  motutH^ 
sed  II  404 1  m  actualibus']  Tieftrunk  inactualibus  \\  40426  eoordinante]  coordinantis? 
Adickes.  Cf.  401 11. 12,  406  21. 22  und  zu  406 19.  jl  40430  eaienus]  Adickes  extenus, 
hactenus  Tieftrunk;  vgl.  397 1.  jj  4054  ahstracia']  Tieftrunk  abstractum  \\  405? 
nonnist]  Zus.  Adickes;  vgl.  402 1.  ||  405 19  spatium  et]  Zus.  Tieftrunk  ||  40526  in- 
teüeetus]  Hartenstein  inteUectui;  inteüeetui  —  coneludenti  (vgl.  39432,  401 14.15  und 
zu  40615)?  Thomas  ||  4069  muhitudo  numerando]  Kant  unter  Errata  multitudo  sit 
numerando  \\  406 10  distincte]  Tieftrunk  distineta  \\  40614  quamlibet]  Hartenstein 
quemlibet  \\  40615  dedarantt]  Thomas  declarantis  \\  40616.17  sensu  —  obieetorum] 
sensuum  —  obieetis?  Adickes  ||  406 19  eoordinante]  coordinantis?  Adickes.  Gf.  40111.12, 
«ant*«  e^xifUn.   8«tf(.  H.  33 


514  ^^  mundi  senaibUii  atffu  iMtUi^ünlit  forma  et  primeipiU. 

406fi.29  and  lu  404».  ||  40791  au$\  Tieftnmk  tZZcu  ||  409ii  qmiibet\  Kftnt 
unter  Errata  guaeÜbei  ||  411  ii  vana]  Kant  unter  Errata  mana  ||  412s4  emumiiatulmm] 
Tieftmnk  emmtianda  \\  4138  eofieiptafiir]  Adickes  eandpimr  \\  4159(roNe^pCiai]  Zaa. 
Thomas.  Gf.  4187,»,s8,  415  is,»,  416»,  4177,io,8S.  ||  4169  dMa]  Tieftnuik 
dubiia  II  4182.3  conoenieniiam  cum  —  ««if,  pro  —  iiafiira,  »obU]  Adickes  c^m- 
venitntiamf  cum  —  «m,  pro  —  natura  sio6m.  Die  Änderung  der  Satzzeichen  hat 
hier  eine  Sxnnes&nderung  zur  Folge;  nach  der  Interpunction  des  Originals  must 
convenienüam  mit  pro  ipsnu  tm^ulari  natmra  Terbunden  werden  (so  anch  Tieftrank 
in  seiner  Obersetzimg  der  Dissertation  Bd.  II  S.  568),  es  gehört  aber  zu  out  Über* 

—    —   UMU. 

Emil  Thomas. 


%ecenfion  von  ^oscafb  ^nfi. 


Herausgeber:  Kurd  Lasswitz. 


Einleitung. 

Die  Sehrift  erschien  anonym  am  23.  Augost  1771  in  den  ^Konigsbergischen 
gelehrten  und  politischen  Zeitaugen*,  Stuck  67.  Kants  Verfasserschaft  wird  ge- 
sichert durch  eine  handschriftliche  Anmerkung  you  Kraus  zu  Walds  Ged&chtniss- 
rede  (nach  Reicke,  Kantiana,  1860): 

S.  15.  »Die  originalsten  Autoren,  wie  paradox  sie  auch  sein  mochten, 
waren  seine  lieblingsautoren.  Daher  nahm  er  selbst  den  Moscati,  der  den 
aufrechten  Gang  des  Menschen  als  Quelle  vieler  Krankheiten  und  mithin  als 
nicht  naturgem&ss  vorstellte,  in  einer  Recension  in  Schutz.  Denken  und  wo  mög- 
lich immer  was  Neues,  die  gewohnlichen  Begriffe  überflügelndes  Denken  war  für 
seinen  regen  Geist  Bedürfhiss.  Daher  seine  Liebe  für  alle,  wenn  auch  noch  so 
paradoxen  Schriften.*' 

Ein  Neudruck  ist  zu  Lebzeiten  Kants  nicht  erschienen.  Die  Schrift  wurde 
erst  bekannt  durch  Reickes  Abdruck  in  den  Kantiana  S.  66^68. 


SacUiehe  Erlftatemngen. 

42417.  is  etblid^]  Der  Sinn  ist  »angeborene^.  Wille  schl&gt  vor  (Kant- 
stadien ym  S.  339)  „erhebliche".  Der  Vergleich  mit  der  Originalstelle  zeigt 
aber,  dass  erMid)e  beizubehalten  ist  Die  Stelle  lautet  (S.  26/27):  „Ist  es  nun 
nicht  leicht  einzusehen,  dass  die  grösseren  obem  Blutgefässe,  der  grössere  Kopf 
and  die  grössere  Menge  Bluts,  die  bei  dem  Menschen  zu  seinem  Unterschiede 
von  den  vierfüssigen  Thieren  dahin  kommt,  uns  eine  unvermeidliche  erbliche 
organische  Neigung  zum  Schlage,  zum  Sehwindel,  zu  Kopfschmerzen  und  zum 
Wahnwitze  giebt* 


OmJo  XCCCMIIINI  IMNI  WUmUttm  9tfttfL 


4341S  hl]  Zus.  Wifle  .|  424«  Si^he]  Der  Tondüa^  tob  Wflle  «GhiliAde« 
wäre  ni  bflligeii,  wenn  nicht  im  Original  Sliabe  stinde.  Die  Stelle  lautet:  «und 
endlich  die  gmxe  kli^che  Iliade  Ton  nblen  ZoflUen.*  || 

Kurd  Lasswitz. 


Orthogn^Uey  Intennmetton  nd  Sprache. 

In  aller  Käne  sei  erwihnt,  was  derÄndenmg  bedurfte.  Orthographie. 
Voeale:  nmagredft;  frriy,  belebe,  a>^W^«  f^P"»  ^9i  »ieber  (=  gegen;  auch 
»iber).  Gonsonanten:  oomrmlt4;  Gebart^,  @<bö^nnnitrr;  S)oftor;  Ser^Itnid, 
®fiotö^;  gfiffen,  {>eTHorfd)ifffiiiig  (meist  |);  tMi,  bonmi).  —  Interpunction. 
Komma  fehlt  iwischen  gleichartigen  Satitheilen  433  is,  3  mal  an  der  Satzgrenxe, 
sonst  noch  vereinzelt;  ist  3  mal  vor  imb  nebst  Satstheil  gesetzt,  3  mal  bei  ad- 
Tcrbialen  Bestimmungen,  auch  noch  in  einigen  andern  Fällen.  Semikolon  steht 
statt  Kolon  434 14,  Kolon  statt  Semikolon  425s  und  mehrfach  für  Komma,  z.  B. 
42494.  —  Sprache.  Ich  begnnge  mich  mit  der  Aufzählung  der  Formen:  b^ 
fdmmt  (1),  gelernet  1;  sonst  Synkope),  oor^ro  (1),  jtef^et  (1),  fte^t  (1),  glttfd^ef 
(1 ;  meist  Synkope),  Dor  =  für  (3). 

Ewald  Frey. 


"§0X1  ben  Deif($ie5enen  %acm  btx  ^enf($en. 


Heraosgebar:  Max  Köhler. 


Einleitinig« 

Der  Aufsatz  erschien  jur  SInFänbioung  her  Sorlefungen  ber  pl^^fifd^en  &to» 
fftapJ^ie  im  ©ommerbolbja^r  1775.  Nähere  Mittheilangen  über  die  äusseren  Um- 
stände seiner  Entstehung  liegen  nicht  Tor,  auch  nicht  über  die  Veranlassung, 
aus  der  Kant  ihn  der  erweiternden  Umarbeitung  unterzog,  in  der  er  ihn  im 
nt^n  Theil  von  J.  J.  Engels  „Philosoph  für  die  Welt''  1777  noch  einmal  ver- 
ölFentlichte.  Dass  diese  Umarbeitung  Ton  Kant  selbst  herrührt,  ergiebt  sich  so- 
wohl aus  dem  Zeugoiss  des  Herausgebers  (vgl.  S.  125  «gütigst  mitgetheilt  Yon 
Herrn  Professor  Kant  in  Königsberg'')  als. auch  aus  den  an  der  Spitze  der  Les- 
arten angezogenen  Briefen. 

Drneke:  1.  9on  ben  Derfc^iebenen  $Racen  ber  Ttm\ä^tn  aar  9(nfflnbigung 
bet  IBotlefungen  ber  ^^))fif(^en  ©eogrop^te  im  @ommer^aIbenj[o^re  1775,  t)on 
Smmanuel  Stant  ber  809.  unb  9Ret  orbentf.  $rof.  ^löntgdberg,  gebrudtt  be^ 
®.  8.  Wartung,  ^5nig(.  ^of-  unb  Slcobem.  lBu(^bru(fer. 

2. 3-  3.  öngel,  S)er  ^ftUofop^i  für  bic  Bett,  Mp^iq  1777.    n.  TheU 

S.  125-164. 

8.  Smmanuel  ^ani^  frfll^ere  no4  nid^t  gefammette  üetne  @^riften,  8ina, 
auf  Sofien  bed  ^eroudgeberd.    17»5.    S.  87—106. 

4.  3*  ^ontd  fümmtlic^e  Heine  @4rtften.  SRod)  ber  geitfolge  georbnet.  ftdnigd* 
Berg  unb  geipalfl  1797/8.    Bd.  3  S.  65—90. 

5.  Smmanuel  ftant'd  Dermifc^te  ^djrtften,  ^alfe  in  ber  SRengerf^en  iBu^* 
Ijianblung,  1799.    Zweiter  Band  S.  607—682. 


Sachliche  ErUnteroiigeii. 

42910  Sfiffonfd^e  SRegel]  Vgl.  Histoire  naturelle:  histoire  de  T&ne.  Ed.  par 
0.  S.  Sonnini,  Paris  1808,  XXU  279ff. 

431tt  Ota^ette]  Otaheite,  nach  englischer,  Otahiti,  nach  französischer  Schrei- 
bimg des  18.  Jahrhunderts,  :»  «das  ist  Tahiti^  die  grösste  der  fransösischen 


518  ^on  ben  Derf^iebenen  fftac^n  ber  S^enfc^. 

Gesellschaftsinseln,  wurde,  nachdem  schon  1606  der  Spanier  Quiros  auf  ihr  ge- 
landet, 1767  von  S.  Wallis  neu  entdeckt  und  dann  1768  von  Bougainyille  und 
1769  Yon  Cook  besucht  Vgl.  den  auf  Grund. von  Cooks  und  J.  Banks'  Tage- 
büchern gearbeiteten  Bericht  Ton  Cooks  erster  Reise  in  J.  Hawkesworth,  Ge- 
schichte der  Seereisen  und  Entdeckungen  im  Südmeer,  übersetzt  Yon  J.  Fr.  Schiller, 
Berlin  1774,  II,  185. 

431 M  ^Raupettuid]  Vgl.  Systeme  de  la  nature,  these  LVI,  Oeuvres,  Lyon 
1756,  II,  159. 

4329  SRiebul^r]  Carsten  Niebuhr  (Vater  des  Historikers),  1733—1815,  ist 
bekannt  durch  seine  Reise  nach  Arabien,  die  er  als  Geograph  bei  einer  vom 
König  Friedrich  V.  ausgestatteten  Gesellschaft  1761  Yon  Kopenhagen  aus  antrat 
und  als  der  einzig  Oberlebende  durchführte,  nachdem  alle  anderen  Geßihrten 
schon  im  ersten  Jahre  den  Strapazen  erlegen  waren.  1767  kehrte  er  nach  Kopen- 
hagen zurück  und  veröffentlichte  daselbst  die  Ergebnisse  in  seiner  „Beschreibung 
von  Arabien^  1772  und  „Reisebeschreibung  nach  Arabien  und  die  angrenzenden 
Länder*  1774/8. 

43323  Dtal^eite]  A.  a.  0.  S.  240. 

43613  Srana]  David  C.  Cranz,  1723—1777,  begleitete  als  Schreiber  den 
Grafen  Zinzendorf  auf  verschiedenen  Reisen.  Als  Ergebniss  eines  einjährigen 
Aufenthaltes  in  Grönland  erschien:  Historie  von  Grönland,  Leipzig  1765.  Vgl. 
S.  177  ff. 

43715  örgippdcr]  Herodoti  historia  lib.  IV  c.  23  (St.  291).  Über  die  Lesart 
^OpyiefiTraiot  vgl.  Herodoti  Musae,  ed.  Creuzer-Baehr,  Leipzig  1832,  H,  324,  nota. 

43726  2>eguigned]  Joseph  de  Guignes,  1721—1800,  französ.  Orientalist. 
Vgl.  seine  Histoire  generale  des  Huns,  Paris  1756,  I,  seconde  partie,  16  ff. 

439 13  3^^^]  Edward  Ives,  gest  1786,  englischer  Schiffsarzt  und  Reisender. 
Vgl.  A  voyage  from  England  to  India  in  the  year  1754  . . .  also  a  joumey  from 
Persia  to  England  by  an  unusual  route,  1773,  übersetzt  von  Chr.  W.  Dohm, 
Leipzig  1774/5,  Teil  II,  erster  Anhang  des  Verfassers. 

4406  9)o(tairen]  Voltaire  vertheidigte  die  Ursprunglichkeit  der  Lappen  ins- 
besondere gegen  Buffon,  der  sie  in  seiner  Histoire  naturelle  von  den  Samojeden 
ableitete.  Vgl.  Essai  sur  les  moeurs  et  Tesprit  des  nations,  eh.  119  und  Histoire 
de  l'empire  de  Russie  eh.  1  (Ed.  Garnier,  Paris  1878—85.  XII,  222 f.;  XVI,  400). 

44223  ^uac^e]  Philippe  Buache,  1700—1773,  ist  hervorragend  als  Kartograph 
und  durch  sein  methodisches  Studium  der  plastischen  Bodenverhältnisse.  Ober 
die  Einführung  des  Begriffs  des  plateau  vgl.  s.  Essai  de  geographie  physique 
in  den  M^moires  de  l'Academie  Royale  des  Sciences,  annee  1758,  p.  404. 


Lesarten. 

Zu  Grunde  gelegt  ist  die  zweite,  durch  zahlreiche  Zusätze  erweiterte  Be- 
arbeitung, auf  welche  auch  alle  späteren  Erörterungen  hinsichtlich  einer  Fort- 
führung des  hier  behandelten  Themas  Bezug  nehmen  (vgl.  den  Briefwechsel  mit 


Lesarten.  519 

Breitkopf  X  211,  XII  364,  mit  J.  J.  Engel  X  237,  238  f.  und  die  Einleitung  der 
aSefümmuno  be«  iQegnffd  einer  S^enfc^en-SHace  1785).  Nur  sind  die  Eingangs- 
und  die  Schlussworte  der  ersten  Bearbeitung,  wie  im  Text  bemerkt,  hinzugefügt. 

4296  (Bottungen]  ©otiung  A>  ||  429io-u  2)a]^r  ntug  —  »erben]   S)Q^er 

—  inerben  mu6  A^  ||  429  n  t^erf^offt]  A^  nerfdiaffen  A*  ||  429 1»  aweite]  anleite 
ober  AI  ||  429s3  aeugen]  eraeugen  A^  ||  430ii  SBerfd^ieben^eiten]  8erfd)teben- 
l^eit  A^   II   43014  feigen]  finb  A>  ||  430n  ^tü^tn}  eraeugen  A'  ||   430i3.s4  unb 

—  nad^arten]  Zusatz  A'  ||  430»  ni4t]  unb  A'  ||  430ao  oemiutbü^]  Zus.  A*  || 
43084  ber  fBeigen]  Zus.  A*  ||  43037  fie]  fie  bi^metlen  A^  ||  431s  einerlei]  eben 
beffelben  A^  ||  431 19  beffelben]  berfelben  A*  ||  43186-37  (Sin  —  gtünben]  Zus.  A*  || 
4823-6  3(^  —  fbnnen]  34  glaube  mit  nier  Slocen  berfelben  audaulangen,  um  aOe 
erbliche  unb  fi4  perpetuitenbe  Unterfc^tebe  berfelben  bauon  obleiten  au  fönnen  A^  || 
43216  etmod]  weniger  A>  ||  43223  onge^enbe]  ange^enbe,  ober  audge^enbe  A'  jj 
43235  anaune^men]  anaune^men,  bie  lef^te  aber  burc^  $^erpf[onaung  in  einen  an- 
bem  8anbf)ri4  fon  it^xex  alten  Btace  etmod  nerloren  l^at,  obgleich  no^  nt^t  völlig 
ausgeartet  tft.  A>  ||  432 S7  ^emorgebroc^t.]  l^emorgebrac^t  (ot.  A^  ||  4334  ein- 
geartete] eingeartete  ober  ^alb  ausgeartete  A^  ||  433 13  ber  SBirfung]  ben  fBir- 
fungen  A^  jj  433i3  in  falten  SBfItfirid)en]  im  falten  äBeltftrf^e  A^  ||  43di5-i9 
ber  —  amerifanif^e]  Zus.  A*  ||  43333—4843  (Sben  —  bemeifen]  9u4  tidgt  bie 
9rt,  mie  bie  übrige  unDoüfornmene  SRacen  aud  biefen  abgeleitet  werben  f5nnen, 
baau  bei,  bie  genannte  a(S  ®runbracen  anaufe^en  A>  ||  4346  $ludmidelung] 
Hudmicfelung  beffelben  A>  ||  43435  @inne]  ^ebeutung  A^  ||  43520  bem  —  grem- 
be«]  Zus.  A»  II  43523  perpetuirten]  perpetuiren  A>  ||  436«  beffelben,  b.  i.  — 
afflclren.]  beffelben  afflciren,  b.  i.  —  ©eroegung.  A>  ||  436  is  ©lei^moW  3n- 
beffen  A'  ||  436s8  bod^  fd)on]  Zus.  A'  ||  43635  bltnaenbe]  bltnaembe  A^  ||  4375 
blinaenbe]  bltnaembe  A'  ||  43732  eingearteten]  eingearteten,  ober  oieUeic^t  ^alb 
ausgearteten  A>  ||  4386-25  S)ie  —  iß]  2)ie  grbgte  feud)te  .^i^^e  beS  warmen 
i^Itma  mug  hingegen  an  einem  $oIfe,  beffen  frud)tbarRe  8anbrtri4e  gerabe  bie« 
jentge  finb,  worin  ber  (Sinflug  non  beiben  am  (eftigften  tft,  wenn  eS  ie|^t  alt 
genug  ifl,  um  feinem  IBoben  oöllig  anauarten,  S^irfungen  ^ti^en,  bie  ben  t>ori4ten 
gar  fe^r  entgegen  gefe(^t  finb.  S)er  Serluft  ber  @dfte  bur^  ^(uSbflnßung  (wegen 
ber  ^xl^t  ber  Sßeltgegenb)  erforberte  unb  bie  ^il^t  bewirf te  eS:  bog  bie  5^eime 
beS  ^aareSwuc^feS,  alS  einer  Serfc^wenbung  berfelben«  au^^^fl^^alten  würben, 
auger  auf  bem  .Raupte.  S)ie  ^aut  mugte  geblt  fein,  bamit  btefe  9(udbünftung 
oerminbert  würbe.  (®ie  fd)warae  garbe  berfelben  fann  alS  eine  9lebenfolge  bur^ 
bie  SaHung  ber  C^ifent^eile,  welche  in  aQem  S^terblute  enthalten  finb,  oermittelft 
ber  befonbem'iSigenf^aft  ber  auSbünflenben  @dfte  angefe^en  werben.)  2>er  SBBuc^S 
ber  f4wammi($ten  Steile  beS  MrperS  mugte  in  einem  l^eigen  unb  feud^ten  j^lima 
aune^men;  ba^er  bie  bidfe  ©tfilpnafe  uub  3Burftlippen.  Jhtra  eS  entfprang  ber 
9leger,  ber  feinem  jtlima  wo^l  angemeffen  ift:  fiarf,  fletfc^ig,  gelenf,  b'on  warmem 
a3Iut  ava  9Rifd)ung  unb  oon  trägem  wegen  @4Iaff^eit  ber  (Befdge  ift.  A^  || 
43833-37  Um  —  S)auer^aftigfeit]  Zus.  A»  ||  4898  im  -  tiegenber]  Zus.  A'  ||  4396 


520  9on  ben  Derfd^iebencn  SHiicen  ber  9Rciif^. 

—440s  ^ter  —  ertragen]  ^amoIiS  f^etnt  ott<!^  Mefed  Sanb  Don  alleii  Sfabm         ( 
tCjientf  lange  3^t  abgefc^ntiten  gewefen  ju  fein.    5S)enn  ber  gro^  €anbfhrtcb,  ber 
a»ifc^en  bem  mudtag-  unb  bcm  altaififeen  Oebirgei  imgleid^  a">if4^  ^ 
fleinen  Suii^arei  unb  Säurten  üine  liegt  unb  ^tnbifian  norbrofirtd  ob«         \ 
fc^neibet,  fo  U)ie  anbererfettiS  ^rfleii  unb  Srabten,  n>el(^  t%  roeftm&rtd  oon  ber  J 

fibrigen  9Belt  abfonbem,  finb  S&nber,  bie  gu  bem  fD^eeie  ^in  entncber  gar  leinen,  | 

ober  nur  na^e  an  ben  ^ftflen  einen  furgen  Slbbang  ^ben  (Quad^e  nennt  ber> 
gleiten  ^o^  unb  magrec^t  gefteHte  Sdnber  $Iattefomien)  unb  alfo  gleic^fam  Oofftnd 
alter  SReere,  bie  nad)  unb  nat!b  eingetrocfnet  finb,  rote  ber  @anb,*)  ber  bie  %\h^ 
berfelben  faft  allentbalben  bebeA  unb  Dermut^Itc^  ein  9lteberf(I^Iag  ber  alten, 
ruhigen  Baffer  \%  ed  ^  beftdtigen  f^eint. 

«^inbifian  alfo,  in  iener  Qitxi  abgefc^nitten  oon  ber  übrigen  Seit  (n>eU^ 
man  auc^  oon  ^frifa  oermittelfi  ber  fBfifle  ©abara,  bem  fld^tbaren  IBaffin  eined 
alten  ^ttit^j  fagen  Tann),  fonnte  in  langen  3^ttläuften  eine  fefle  menf(|^i(!be  dtoce 
grönben.  S)ad  Düoengelb  ber  ^aut  bed  3nbianerdi  bie  malere  3^d^un^arbe, 
xotl6^  bem  mel^r  ober  weniger  bunfeln  S3raun  anberer  ofllic^en  f)dl!er  gum  (Srunbe 
liegt,  ift  ebenfo  c^aralteriftifc^  unb  in  ber  lRad)artung  beflAnbig,  ald  bie  fd^nrarae 
garbe  ber  9leger  uub  fAetnt  giifammt  ber  fibrigen  ^ilbung  unb  bem  oerfc^iebenen 
^latunüe  eben  fo  bie  9Birfung  einer  trocfenen,  mie  bie  letztere  ber  feueren  ^i^ 
au  fein.  S)er  Snbianer  giebt  in  ber  9)ermtf4ung  mit  bem  Seiften  ben  gelben 
SJ^eftiaeni  wie  ber  $(merifaner  ben  9lotben,  ober  ber  le^tere  mit  bem  Sieger 
ben  j^abugl  (ben  fc^waraen  j^araiben),  meiere  indgefammt  Slenblinge  finb  unb 
i^re  iftblunft  oon  deuten  9lacen  beioetfen. 

Srögt  man:  mit  welker  ber  ledigen  9{acen  ber  erße  SJlenf^enflamm  »o^t 
mdge  bie  meifte  &t)nli4!eit  gebabt  b^ben,  fo  mirb  man  ft(4,  miemobl  obne  jened 
SJorurtbetl,  megen  ber  anmaftlid^  grögeren  ^oEfommen^eit  einer  {^arbe  Don  ber 
anbern  oermut^lic^  fflr  bie  ber  Seiften  erflören.  2)enn  ber  9)2enf(b,  beffen  Hb* 
Tdmmlinge  in  alle  ^immel^flric^e  einarten  follten,  fonnte  bt^au  am  gefd)i(fteflen 
fein,  menn  er  uranfAnglitb  bem  temperirten  ^Itma  angemeffen  war:  weil  foldb^ 
awifc^en  ben  Aufterften  &rAnaen  ber  3uftänbe,  barin  er  gerat^en  foHte,  mitten  inne 
liegt.    Unb  ^iefelbfi  finben  mir  auc^  oon  ben  dlteften  Briten  ^er  bie  State  ber 


*)  ^te  $latteformen  l^eiften  (Sbenen:  weil  ber  Suft  ber  in  ibrem  3nnem 
beftnblicben  Gebirge  mebrentbeild  mit  boi^aon^^^  liegenbem  @anbe  bebedt  ift,  unb 
fle  alfo  feinen  meiterftrecften  Stbbang  ibred  ^43obend  b^ben.  Seewegen  fte  aujd^ 
otele  glfiffe  enthalten,  bie  im  @anbe  oerfiegen  unb  hcA  3)2eer  nidjt  erreid)en,  ein 
Umftanb,  ben  man  fonft  nirgenb  in  ber  Seit  antrifft.  Sllle  ©anbwüften  finb  bobe 
(Sbenen  ($latteformen),  unb  alle  ^o^en  (Sbenen  finb  Sanbmfiften:  ein  merfmfirbiger 
@aj^  Aber  bad  ^anmerf  ber  (Srbe.  @ie  finb  ald  trocfrne  Safftnd  anaufeben,  weil 
fie  oon  ^b^tn  eingefd)loffen  finb,  unb  bafieim(5lanaen  Safferpaft  balten,  ibr 
@anb  aber  fiber  ben  Quft  brr  näcbften  ober  inmenbigen  (Gebirge  erbebt  ift,  fo 
nebmen  fie  leinen  %\\\^  ein  unb  laffen  feinen  aud.  ^er  (Spürtet  oon  ber  (^renae 
landend  on  über  bie  9)7ungalei,  fleine  SBucbarei,  $erfien,  Slrabien  92ubien,  bie 
©abara  bid  au  (Sapo  blanco  ift  baiS  einaige,  mad  man  oon  biefer  Urt  auf  ber  (Srbe 
antrifft  unb  aiemlitb  aufomnienbängenb  audfie^t. 


Orthographie,  Interpunction  and  Sprache.  521 

'iBeiften.  A>  j|  440a  bie]  tDÜä^t  A>  ||  440is--44dii  ^an  —  fönnte]  Zus.  A>  || 
440 35  52f)en]  Hartenstein  32ßeit  A>  || 

Max  Kohler. 


Orthographie^  Interpimctioii  und  Sprache. 

OrtliOflprapliie.  Vocale.  Als  Beleg  für  e  statt  &  findet  sich  ne^Iii^  (aber 
aOeno&rtiS  u.a.).  —  e^  ist  wieder  recht  h&afig:  SRe^nung,  frr^tic^,  )iDd),  Vottfit, 
httjht,  btl),  fe^n,  einerlei,  SRungale^,  93u(^areQ.  —  Gonsonanten.  Neben 
^aitni^faUtgffit  steht  f(!^n>ammigt  Dehnungs-^  ist  nicht  selten:  ne^mUi^  (auch 
nemli^),  ged^lt  (auch  £)l),  ungeflö^rt,  eingeholten.  —  f  steht  öfter,  wo  c  su  er- 
warten wäre:  Solalttdt,  8oFalf(^5pfun0,  8o!aI'3Robift!ation,  Süetif ulum ;  andrerseits 
©corbut.  —  d  ist  im  Auslant  oft  zu  finden:  ©eb&^tnid  u.  a.,  SBafferpad  (aber 
^brt^,  größte);  andrerseits  begegnen  wir  ^ugUc^.  —  ff  folgt  sehr  oft  auf  einen 
langen  Vocal  oder  Diphthong:  (eiffen,  SSeiffe,  Äiiffctn,  groffrr  (doch  auch  fc).  — 
^enoanbfcl^aft,  nejfdmttg  sind  yereinzelt.  —  Gonsonanten- Verdoppelung  bieten 
inortnitf  barinni  (Bema^Itnn,  Snbtanerinn  (aber  inl&nbifc^,  Snmenbigen).  —  Vgl. 
dagegen  betrift.  —  Anfangsbuchstaben,  im  Sxott^itn  %afit,  (Stner  9<^milie 
bieten  eine  auch  nicht  durch  Betonung  gerechtfertigte  Majuskel  (vgl.  im  erflem 
Sode).  —  Adjecti?ische  Ableitungen  von  Völker-  und  Ländernamen  haben  oft 
grosse  Anfangsbuchstaben:  ^unntfc^Ci  SRungoüf^e,  ^a(mudfifd)e  Staa,  —  Die 
Schreibung  der  Eigennamen  musste  häufig  geändert  werden:  ©c^teni  Saplanb, 
(^^utmou;,  j^almufen. 

InterpuietioB«  Komma  fehlt  sehr  selten,  steht  aber  gern  vor  unb,  sowie 
bei  adverbialen  Bestimmungen.  Erwähnt  sei  noch  437  ii,  wo  wir  Punkt  statt 
Fragezeichen  erwarten.    Sonstige  Einzelheiten  können  fibergangen  werden. 

Sprache«  Die  Zahl  der  einer  Änderung  bedürftigen  Formen  ist  ausser- 
ordentlich gering:  fömmt  (1);  —  gröfiefte  (öfter  grdftte);  gendt^tget  (aber  be« 
fifttigt),  gef&IIet  (aber  geafi^It),  gef&Qeten  (aber  gefleHte ;  Synkope  ist  die  Regel) ; 
ie(^o  (1);  —  ge^et,  toiberfle^t  (aber  gefc^iebt»  fitffi,  orrficbO,  anerbet  (aber  bletbti 
f treibt),  befldtiget,  jdget  (aber  entfpringt;   auch  hier  waltet  Synkope  vor).  — 

na4  dve^en  SReeren.  — 

Ewald  Frey. 


itanVi  eAriftcn.    Snfc  U.  34 


^ttfPie,  bos  '^Jtfttiiföropiii  ßefreffenb. 

Heraasgeber:  Paul  Menzer. 

Einleitong. 

1. 

Der  erste  der  beiden  Aufs&tze  erschien  anonym  am  28.  März  1776  in  den 
„Königsbergische  Gelehrte  und  Politische  Zeitungen".  Kants  Verfasserschaft 
wird  gesichert  *)  durch  seinen  eigenhändigen  Entwurf,  dessen  Benutzung  R.  Reicke 
dem  Herausgeber  freundlichst  gestattete. 

Der  Aufsatz  wurde  zuerst  durch  den  Neudruck  in  R.  Reickes  Kantiana 
1860  (S.  70—72)  wieder  bekannt  gemacht 

2. 

Der  zweite  Aufsatz  erschien,  mit  R.  unterzeichnet,  am  27.  März  1777  in 
derselben  Zeitung.  Der  Anlass  lag  wohl  in  den  pecuniären  Schwierigkeiten  des 
Philanthropins,  über  welche  Campe  Kant  berichtet  hatte.^  Kants  Verfasserschaft 
wird  gesichert  >)  durch  die  einleitenden  Worte,  mit  denen  der  Aufsatz  in  den  ^Päda- 
gogischen Unterhandlungen,  herausgegeben  von  J.  B.  Basedow  und  J.  H.  Campe. ^ 
Dessau  1777,  S.  296—801,  abgedruckt  wird:  „. . .  eben  so  merkwürdig  und  ehrend 
ist  uns  die  auf  Unpartheylichkeit  und  Kenntniss  unserer  Zwecke  gegründete 
Empfehlung  des  berühmten  Herrn  Professors  Kant,  welche  in  dem  25.  Stücke 
der  Konigsbergiscben  gelehrten  und  politischen  Zeitungen  enthalten 
ist."     Unter  dem  Artikel  steht  hier  der  Tollständige  Name  Kant. 

Ein  Neudruck  erschien  zuerst  in:  Karl  von  Raumer,  Geschichte  der  Päda- 


0  Vgl.  auch  die  Nachschrift  zu  Kants  Brief  an  Chr.  H.  Wolke  vom  28.  März 
1776:  :Be^ltegenDe(S  6latt  foU  einen  f leinen  iöemetS  non  ber  Hc^tung  abgeben, 
barinn  2)ero  3nftitut  in  ^iefigen  @egenben  ju  fommen  anhebt. 

»)  Vgl.  X  187. 

»)  Vgl.  auch  Kants  Brief  an  F.  W.  Regge  vom  22.  März  1777:  SSBad  ba« 
$ranumeratti)ndgef(^äfte  auf  bte  pabagogifdie  Unter^anblungen  betrtft,  fo  mirb 
ben  nüc^flen  S)ünnerftog  eine  ^lufmanterung  baju,  imgletc^en  eine  Sn^etge,  toit 
fie  fo  mo\iU  M  bie  ©ubfcrtpitonen  angefteUet  toerben  foUen,  in  ber  ^anterfd^en 
Bettung  ju  lefen  fe^n. 


Sachliche  Erlftatenmgen.  523 

gogik,  Stuttgart  1843  ff.,  Bd.  II  S.  269-^272.   AUgemeiBer  bekannt  wurde  der  Auf- 
satz erst  durch  Reickes  Kantiana  (S.  72— 76).>) 


Sachliche  Erlänternngen. 

1. 

447  s  p(Uant]^ropinif<!6ed  ^rd^ivi]  Es  erschienen  im  Jahre  1776  drei  Stücke 
des  Archiys. 

447 0  2)efTautf^  ^^ttontl^ropm]  Ober  Kants  Beziehungen  zum  Philanthro- 
pin Ygl.  die  Briefe  No.  98—100,  103,  104,  107,  109,  110,  118,  123,  125,  129. 

447 S7  IBafebom'fd^e  @c^rtft]  Der  Titel  lautet  genauer:  „Für  Cosmopoliten 
Etwas  zu  lesen,  zu  denken  und  zu  thun.  In  Ansehung  eines  in  Anhalt-Dessau 
errichteten  Philanthropins  oder  Pädagogischen  Seminars  yon  ganz  neuer  Art, 
die  schon  alt  sein  sollte.  Ein  Antrag  an  Eltern,  an  Studirende,  an  solche,  welche 
die  Nothwendigkeit  guter  Werke  practisch  glauben,  an  Woblth&ter  armer  zur 
P&dagogie  geschickter  Genies,  und  an  Staatsmänner,  die  ihren  Monarchen  von 
etwas  Anders  als  von  Finanzen  und  Miliz  Vorstellungen  thun  dürfen.  Mindestens 
zum  Anlasse  einiger  Discurse  aufgesetzt  oder  wiederholt  von  Job.  Beruh.  Basedow, 
Fürsorger  des  Philanthropins  in  Dessau."    Leipzig  1775. 

44811  13  te  Tlai]  An  diesem  Tage  und  den  beiden  folgenden  fand  eine 
öffentliche  Prüfung  der  Schüler  des  Philanthropins  statt,  zu  welcher  Basedow 
in  dem  ersten  Stück  des  Archivs  einlud. 


')  Von  dem  Abdruck  des  dritten  von  Reicke  Kant  zugeschriebenen  Auf- 
satzes vom  24.  August  1778  (a.  a.  0.  S.  76 — 81)  wird  hier  abgesehen.  Schon 
Hartenstein  (S.  W.  IL  S.  XI)  hat  Kants  Verfasserschaft  bezweifelt  mit  den  Worten: 
.Abgesehen  von  dem  über  ein  pädagogisches  Detail  sich  mit  einer  gewissen  Red- 
seligkeit ausbreitenden  Inhalt  ist  mir  namentlich  die  Wendung,  mit  welcher  am 
Schlüsse  das  Philanthropin  selbstredend  eingeführt  wird,  viel  zu  theatralisch." 
Hartenstein  versucht  dann  W.  Crichtons  Verfasserschaft  wahrscheinlich,  zu 
machen  unter  Hinweis  auf  Kants  Brief  an  diesen  vom  29.  Juli  1778.  Es  heisst 
dort:  $(ud  her  (Einlage  loerben  (&w:  ^odje^no:  erfe^en,  bog,  nod^bem  mir  bte  legten 
Stflcfe  ber  pübogog:  Unter^anbl:  ^um  nertbetlen  fiberfd)t(ft  morben,  Don  mir  er* 
mortet  rotrb,  bad  ^ublifum  ouf^  neue,  foroo^I  ^ur  ^ortfe^iing  ber  Praenumeration, 
a(d  fiber^Qupt  5um  So^IiooQen  unb  äBobttbun  gegen  bod  instüut  aufjumuntem. 
34  bin  Qu4  baju  non  ^er^en  bereit  unb  miUig;  oQein  i4  Rnbe  bod);  bog  ber 
(Sinfiud  meit  gröBer  fe^n  mflrbe,  inenn  (2^n>:  ^o^^S^^rm:  fi(i)  biefer  (&Q4e  Dorjüg- 
lt4  angunebmen  beliebeten  unb  ibren  !Rabmen  unb  $$eber  junt  ISBeften  berfelben 
nerroenben  motten  (X  218).  Hartensteins  Ansicht  erhält  eine  neue  Stütze  durch 
Kants  Brief  an  Christian  Heinrich  Wolke  vom  4.  August  1778,  in  welchem  es 
heisst:  ^6)  ^ahe  ^(ün  ^ofprebiger  Doctor  Criehton  bte  liste  ber  blöder  $ränume« 
rirenben  unb  ben  Sluftrag,  ben  i^  batte,  3bre  ^ngeleoenbeit  ffinftig  burcb  dffent« 
lic^e  iinffinbtgung,  eo//(ytrung  unb  anberweitige  ^Semerbungen  oufd  befte  ju  treiben, 
flbergeben,  unb  er  bot  foI4<  gerne  übernommen  (X  221).  So  ergiebt  sich, 
dass  Kants  Verfasserschaft  äusserst  unwahrscheinlich ,  die  Crichtons  aber  sehr 
wahrscheinlich  ist.  Auch  Reicke  nimmt  Kant  nicht  mehr  als  Verfasser  in  An> 
Spruch. 


524  «uffAt^t,  hH  W¥XMAffn^  Mreffenb. 

44898  fe^tcitn  Scünno]  In  der  Nanuner  rom  25.  Hin  1776  der  Königi- 
bergiscben  Zeitung. 

448m  SelWfc  fon  l^o^er  ^nb]  Gemeint  ist  die  Schenknng  des  Fdrsten 
Leopold  Friedrich  Frans  Tun  Anhalt-Dessan. 

2. 

45081  SRongeldborfifi!^]  Karl  Ehregott  Hangelsdorf,  geb.  zu  Dresden  im 
JAhre  1748»  1770  Magister,  bis  1777  Lehrer  am  Philantbropin,  1782  Professor 
der  Beredsamkeit  und  Geschichte  in  Königsberg,  starb  dort  im  Jahre  1802. 
H.  schrieb  im  Jahre  1777  das  «Erste  Wort  an  das  Poblienm,  den  königl.  Däni- 
schen Prof.  Basedow  betreffend"  (Leipiig).  Daranf  antwortete  das  Institat  mit 
der  Schrift:  ,An  das  Publikum,  die  Mangelsdorfsche  Schmähschrift  wider  das 
Dessauische  Educationsinstitut  und  den  Professor  Basedow  betreffend**  Dessau 
1777.    M.  Hess  ein  ^Zweytes  Wort^  im  selben  Jahre  folgen. 

45118  21fte  €tfltf  biefer  fielebrten  unb  ^»olüifd^  deituno]  Das  Stoek  ist 
Yom  13.  M&rz  1777  und  bringt  die  „Anzeige  einer  Monatsschrift  Yon  pädago- 
gischem Inhalte,  welche  mit  dem  nächsten  Osterquartal  ihren  Anfang  nehmen 
soll**.  Sie  ist  unterzeichnet:  „Das  Dessauische  Educationsinstitut''  und  diente 
für  Kants  Darstelhmg  mehrfach  als  Voriage. 

45181  $äbagogi|(^e  Unter^anblungen]  herausgegeben  yon  J.  B.  Basedow 
und  J.  H.  Campe.    Dessau  1777—79. 

451 88  iBflf^ing]  Anton  Friedrich  B.  (1724— 1793),  Oberconsistorialrath  und 
Director  des  Gymnasiums  zum  grauen  Kloster  in  Berlin,  gab  die  Zeitschrift 
heraus:  „Wöchentliche  Nachrichten  Ton  neuen  Landebarten,  geographischen,  sta- 
tistischen und  historischen  Büchern  und  Schriften**  1773 — 1787.  Vgl.  dort  a.  a.  0. 
S.  131. 

Lesarten. 

449  le  Dörfer]  ro^er?  Hartenstein  ||   450is.ie]  Der  Text  ist  hier  offenbar 

verderbt,  doch  wurde,  da  eine  ganz  sichere  Emendation  nicht  möglich  schien, 

von  einer  solchen  abgesehen.  || 

Paul  Menzer. 


Orthographie,  Interpunetioii  und  Sprache. 

Orthographie.  Die  zwei  Aufsätze  sind  gleichartig  behandelt  und  können 
daher  zusammen  besprochen  werden.  Der  Vocalismus  weist  häufiges  e^  auf: 
^er^nmq,  fre^iniQig,  fe^erlic^,  fe^n,  htt^,  SBe^^üIfe,  einerlei;  vgl.  a^r  9Ra)).  Einzel- 
fälle sind  (Soamen;  bamteber.  —  Gonsonanten«  Hervortretende  Zage  fehlen. 
Neben  p^tlantropinifc^  stehen  angebot^en,  SBo^Ifart^;  neben  (Sbufationftinfütttt 
—  (Sodmopoliten,  fclaDtfd).  Die  Schreibung  des  stimmlosen  f  stört  zuweilen: 
gleiffe,  groffer  (meist  6);  unabWS^g  cmeist  ff);  müjlf.    1  mal  steht  crnbte«.  — 


Orthographie,  Interpunction  und  Sprache.  525 

Doppelconsonans  bietet  barimi,  Vereinfachang  fati  (meist  fann),  {»ofnung,  Qor« 
treflt<!^feit.  —  Anfangsbuchstaben.  Einige  Änderungen  waren  nöthig,  so  bei 
mangeleborfifcte,  belieben  (Substant).  —  Zusammengezogen  wurden  fo  wol^li 
fo  fort,  ob  amar. 

Interpnnetloii.  Komma  fehlt  sehr  selten:  nur  1  mal  an  der  Satzgrense, 
451  e  zwischen  gleichartigen  Satztheilen,  vereinzelt  vor  ob  ^mar,  nach  Apposition. 
—  öfter  stört  sein  Vorhandensein,  besonders  vor  unb  nebst  Satztheil,  vor  und 
hinter  adverbialen  Bestimmungen  (doch  fehlt  es  manchmal  vor  oder  hinter  ihnen, 
manchmal  auch  ganz).  —  Falsch  gesetzt  oder  überflüssig  ist  es  zuweilen  bei 
Klammem.  —  Eine  Pause  im  Satze  schafft  es  45026  vor  alö,  45028  vor  alle. 

Spraehe.  Laute.  Stammsilbenvocale.  1  mal  belegt  ist  aliSbenn.  —  Ab- 
leitungssilben, e  hat  sich  in  den  Superlativen  einfe^enbefte,  grögeflen  gehalten, 
ebenso  in  den  unflectirten  Participien  gemeldet,  gelonget,  nQ(3^geabmet  (häufiger 
begegnen  wir  Synkope:  mitgetbeilt,  geteert,  gepflegt  u.  s.  w.).  —  Flexionssilben; 
Hier  ist  das  Yerb&Itniss  der  Formen  ähnlich:  ge^Oret,  btenet,  fte^et  (aber  meist 
fehlt  e:  gef(3^ie^t,  angebt,  fdjetnt,  fe^It,  ma(3^t  u.  s.  w.).  —  Consonanten.  Nur 
Soberutig,  f Obern  fallen  auf.  —  Wortbildung.  1  Beleg  für  i|^t  neben  sonstigem 
{e^t,  ie^ig  findet  sich.  —  Syntax.    Zu  erw&hnen  sind:   mit  (o^nfu(3^ttgen  .  .  . 

ebelmüt^igen  (Sifer;  tior,  batior  =  fflr,  bafflr  (je  1  mal). 

Ewald  Frey. 


ÜNIVTRSITT 


Jtaat't  «(Stiften.    9B«rer.  II.  35