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Full text of "Korrespondenz-blatt für die höheren Schulen Württembergs"

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HARVARD  UNIVERSITY 


UBRARY  OF  TBE 

6RADUATE  SCHOOL 
OF  EDUCATION 


Oberschule 

Öhringen 


Lehr  - , -pdierei 


''  ^^  fWmWJ  UNIVERS« 

^  (-  "7         wiawn  icHooL  oF  Eouaiwi 


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Korrespondenz-Blatt 


für  die 


Höheren  Schulen  Württemberg^ 


Herausgegeben 


von 


Dr.  Th.  Klett  und        O.  Jaeger,  Oberstudienrat 

Rektor  des  K.  Gymnasiums  Rektor  der  K.WUhelms-Realschule 

in  Cannstatt  in  Stuttgart 


Zwölfter  Jahrgang  1905 

Oberschule         •- 

Öliringen         ^ 

Lehrerbücfaer^      ^     j 


Stuttgart 

Druck    und    Verlag   Ton    W.  K  ohi  liammer 

1905 


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Inhalts- Übersicht. 


A.  Amtliche  Bekanntmaoliimgeii. 

Amtliche  Bekanntmachung,  betreifend. OitoHarnacks  ,,Schillei'^  65. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend   die  Einführung  neuer  Auflagen 

von  Schulbüchern  100. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  die  deutsche  Marine  und  Kolonial- 

Bibliothek  „Auf  weiter  Fahrt«  103. 
Amtliche  Bekanntmachung,   betreffend   das   Schiller-Portrait  von   Karl 

Bauer  194. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  den  deutschen  Schulkongreß  für 

Schulgesundhcitspfiege  in  Stuttgart  194. 
Amtliche  Bekanntmachung,   betreffend   den  Geradhalter  von  Otto  Wil- 

king  326. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  die  Erwerbung  der  Mitgliedschaft 

der  Gesellschaft  für  deutsche  Erziehungs-  und  Schulgeschichte  326. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  den  „Deutschen  Konversationsklub« 

in  Paris  327. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  das  im  Kaiserlichen  Gesundheits- 
amt bearbeitete  Pilzmerkblatt  382. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  die  „Deutsche  Seebücherei«  427. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  die  Zeitschrift  ,,Kind  und  Kunst«  459. 
Amtliche   Bekanntmachung,   betreffend    vier   Tafeln   vorgeschichtlicher 

Gegenstände   aus   Mitteldeutschland,    herausgegeben    von   Beun- 

dorf  460. 
Amtliche  Bekanntmachung,  betreffend  die  Sammlung  „Wurttenibergischcr 

Volksbücher«  460. 

B.  Prüfnngs-Aufgabeii. 

I.  Kealistische  Dienstpriifung  1904  20. 
II.  ,.  „  1904  33. 

Prüfung  für  Präzeptors-  und  Uea]lehrer.sstellcn  1904  201. 
Evangelisches  Lande x amen  1904  241. 
Katholisches  „  19ü4  244. 


IV  Inhalts-Cbersicilt. 

Evangelische  Koiikursprüfung  1904  289. 
Katholische  „  1904  291. 

I.  Humanistische  Dienstprflfuug  1904  294. 
II.  „  „  1904  296. 

G.  Pädagoglsclies  und  Dldaktisclies. 

T  hier  er,  Zur  deutschen  Sprachlehre  8. 
y/'Elben,  Über  die  Frage  der  Hausaufgaben  41.  81. 
^    Scholl,  Beiträge  zum  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache  210. 

Ackerknecht,  Zur  Verdeutschung  und  Erklärung  der  Fachausdrucke 
in  der  Sprachlehre  247. 

Rayhrer,  Der  erste  Ferienkurs  in  London  257. 

Klett,  Zur  Verdeutschung  der  grammatischen  Kunstausdrücke  296. 
^^  Mayer.  M.,  Die  Hausaufgaben  .^n  der  Realschule  804. 
-^  Mayer,  0.,  Korreferat  über  die  Hausaufgaben  361. 

Schiele,  Die  neueste  Reform  in  der  französischen  Rechtschreibung  410. 

Jäger.  Praktisches  Sprachstudium  im  Ausland  456. 

D.  PMlologisclies  und  Historisolies. 

Weiler,  Imagines  Tubingenses  68.  98. 

Nestle,  E.,  Zu  der  Mitteilung  über  Kaiser  Trajan  und  Papst  Gregor  64. 

Nestle,  E.,  Zu  Markus  9,  43—47  97. 

Nestle,  E.,  Sina  und  Tabor  223. 

Schiele,  Die  neueste  Reform  in  der  französis^chen  Rechtschreibung  410. 

E.  Mathematisolies  nnd  NaturwissenscliaftliolLes. 

Hammer,    Prüfungsaufgaben    in   Trigonometrie    und    mathematischer 

Geographie?  50. 
Keppler,  Ein  oftmals  wiederholter  Trugschluß  II  37G. 
Fischer,  Das  Mondrätsel  379. 
Haag,  Kleinigkeiten?  469. 

F.  Vereinswesen. 

Rayhrer,  Jahresbericht  des  Württembergischen  Vereins  für  neuere 
Sprachen  im  Jahre  1903/4  90. 

Cramer,  Die  XV.  Landesversammlung  des  Württeuibergisclien  Gym- 
nasiallehrervereins 281. 

Meltzer,  Rückblick  auf  die  Versammlung  deutscher  Pliilologen  und 
Schulmänner  in  Hamburg  410.  443. 

Bericht  über  die  Jahresversammlung  des  Vereins  realistischer  Lehrer 
Württcuibcrg.s  449. 


luhalts-übersiclit.  V 

&.  Statistisches. 

Gramer,  Kauditlateuliste  auf  1.  Januar  1906  2. 

Statistische  Nachrichten  über  den  Stand  der  humanistischen  Schulen 
in  Württemberg  anf  1.  Januar  1905  121. 

Statistische  Nachrichten  Über  den  Stand  der  realistischen  Schulen  iu 
Württemberg  auf  1.  Januar  1905  135. 

Statistische  Nachrichten  über  den  Stand  der  Elementarschulen  in  Würt- 
temberg auf  1.  Januar  19Ö5  148. 

Statistische  Nachrichten  über  den  Stand  des  höheren  Mädchenschul- 
wesens in  Württemberg  auf  1.  Januar  1905  150. 

Znsammen  Stellung  der  mit  den  Zeugnissen  der  öffentlichen  hölieren 
Schulen  verbundenen  Berechtigungen  153. 

Übersicht  Über  die  der  K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen 
untergeordneten  Lehranstalten,  nebst  Angabe  der  dabei  ange- 
stellten Lehrer  und  Beamten  nach  dem  Stande  vom  1.  April  1905 163. 

Ordnung  der  technischen  Inspektionen  der  ein-  und  zweiklassjgen  Latcin- 
und  Realschulen  Württembergs  für  Georgii  1904/7  189. 

Alphabetisches  Namenverzeichnis  der  technischen  Inspektoren  der  ein- 
und  zweiklassigen  Latein-  und  Realschulen  Württembergs  für 
Georgii  1904/7  191. 

Ortsregister  der  höheren  Lehranstalten  193. 

H.  VersoMedenes. 

Nachruf  für  Direktor  Dr.  Adolf  von  Rapp  1. 
Kayhrer,  Der  erste  Ferienkurs  in  London  257. 
Hirzel,  Archäologischer  Kursus  in  Italien  325. 
Mitteilung  an  unsere  Leser  441. 


I.  Literarischer  Berioht. 


Ad  ick  es,  Charakter  und  Welt- 
anschauung 462. 

Agahd,  Homerbuch  und  Ergän- 
zung des  Elementarbuchs  467. 

Ahrens,  Scherz  und  Ernst  in 
der  Mathematik  355. 

AUendorf,  Ästhetischer  Kom- 
mentar zur  Odyssee  341  und 
B88. 

Auerbach  s.  Walleustcin. 

Bald  am  US,  Webers  Lehr-  und 
Handbuch   der  Geschichte  384. 

Bardt,  Zur  Technik  des  Über- 
«ctzcii.s  latcinix'her  Prosa  'SM. 


Baur,  Lehr-  und  Übungsbuch  der 
allgemeinen  Arithmetik  und 
Algebra  114. 

Baur,  Rechenbuch  393. 

Berlepschy  Der  gesamte  Vogel- 
schutz 479. 

Bernhard,  Darstellende  Geome- 
trie 390. 

B  i  d  I  i  n  g  m  a  i  e  r ,  Zu  den  Wundem 
des  Südpols  478. 

B I  a  y  d  e  8 ,  Spicilegium  Sophocleum 
195. 

B  ii  c  k  e  1  e  r ,  Stereometrischc  Auf- 
gaben 2:34. 


VI 


lulinlts-Libersiclit. 


Bull  da,  Die  PHanz':  in  der  deko- 
rativen Kunst  285. 

B  r  n  u  d  1  und  Keller,  Jahrbuch 
der  deutschen  Shakespeare-Ge- 
•sellscliaft  72. 

B  r  u  n  n  e  r  s.  Hemniehnjf>nir. 

Busch,  Keine Htorciiengeschichtcn 
mehr  77. 

C  a  11  w  e  y ,  Preller-Mappen  des 
Kunstwarts  357. 

Conrad,  Revision  der  Sehlegel- 
schen  Shakespeare-Übersetzung 
478. 

('  u  r  t  i  u  s ,  Griechische  Schulgrani- 
uiatik  107. 

D  a  m  m  h  0 1  z ,  Englisches  Lehr-  und 
Lesebuch,  B,   2.  Teil,   B.  I  475. 

Deutsche  Klassiker  in  Schulaus- 
gaben 344. 

Deutsche  Literatur  345. 

D i  c  k  m  a n n ,  Aus  d.  französischen  u. 
englischen  Schulbibliothek  269. 

Dorenwell  s.  Lehmann. 

Drenkhahn,  Cicero»  Rede  für 
Sextius  332. 

F  c  h  1  e  i  8  e  n ,  Sammlung  der  wich- 
tigsten Bestimmungen  tÜr  die 
Gelehrten-  u.  Realschulen  Würt- 
tembergs 358. 

F  ü  g  n  e  r ,  Cäsarsätze  zur  Einübung 
der  lateinischen  Svntax  383. 

Gansberg,  Streifzüge  durch  die 
Welt  der  Großstadtkinder  227. 

(xastpar,  (iutachten  über  die 
Schularztfrage  in  Stuttgart  236. 

Gebhardt,  der  Sextaner  227. 

G  i  1 1  e ,  Philosophisches  Lesebuch 
in  systematisclier  Anorduug  67. 

Ci  o  ni  m  e  1  und  S  c  li  i  c  k  ,  Lesebuch 
für  die  zweite  Klasse  der  Ele- 
mentarschulen 385. 

Goethes  Werke,  herausgegeben  von 
Heinemann  70. 

(jroli,  Aurea  dii-ta  47L 


G  r  u  I'  8  k  y ,  Griechisches  Übungs- 
buch 334, 

Gruppe  Württemberg  der  Gesell- 
schaft für  deutsche  Erziehungs- 
und Schulgeschichte  460. 

H  a c  h  t  m  an  n ,  Die  kunstgeachicht- 
lidie  Verwertung  von  Ciceros 
IV.  Verrina  226. 

Uartel  s.  Curtius 

H  einem  an  u  s.  Goethe. 

H  e  i  n  i  c  h  e  n ,  Lateiniscli-deulsches 
Schulwörterbuch  68. 

H  e  i  u  t  z  e ,  Die  deutschen  Familien- 
namen 274. 

H  e  I  m  o  1 1 ,  Weltgeschichte  110. 

H  e  m  m  e  1  m  a  y  e  r  und  B  r  u  n  n  e  r, 
Lehrbuch  der  Chemie  und  Mine- 
ralogie 354. 

H  o  r  n  e  m  a  n  n ,  Griechische  Schul- 
grnmmatik  467. 

Hubatsch,  Homers  Odyssee  und 
Ilias  im  Auszug  194. 

Jacob y  und  Sauer,  Quellen- 
schriften zur  Hamburgischen 
Dramaturgie  283. 

.lag er,  Homer  und  Horaz  im 
Gvmnasial  unter  rieht  337. 

Jäger   s.  a.  Müller. 

Juraschek,  Die  Staaten  Euro- 
pas 477. 

Kägi,  Griechische  Schulgramma- 
tik 228. 

K  a  1  u  z  a  und  T  h  u  r  a  u ,  E.  Kosch- 
witz,  ein  Lebensbild  356. 

Karst,  Die  antike  Idee  der  Öku- 
mene 103. 

Kehrbach,  Monumenta  Germa- 
niae  Paedagogica  224,  328. 

Keller  s.  Brandi. 

Klaiber,  Die  Schwaben  in  der 
Literatur  der  Gegenwart  386. 

Kleiber,  Lehrbuch  der  Physik 
388. 

K  ü  c  h  s.  Vogt. 


Inhaltö-Überdicht 


VII 


Körner,  Lehrbuch  der  Physik  387. 

Kotelmann,  Handbuch  der  Er- 
ziehungs-  ii.  Unterrichtslehrc  38. 

Kräpelin,  Naturstudien  276. 

Kretschiner,  Historische  Geo- 
graphie von  MitteIeurot)a  476. 

Kühnem ann,  Schiller  348. 

Lachmaun  s.  Lessing. 

Lamparter,  ChristlichesGl  aubens- 
leben  428. 

Lang,  Untersuchungen  zur  Geo- 
graphie der  Odyssee  428. 

Lehmann  u.  Dorenwell,  Deut- 
sches Sprach-  und  Übungsbuch 
1.  Heft  472. 

Lessings  Werke,  herausgegeben  von 
Lachmann  343. 

L  ö  r  c  h  e  r ,  Erläuterungen  z  um 
dritten  Band  des  deutschen 
Lesebuchs  für  die  höheren  Schu- 
len Württembergs  472. 

Ludwig,  Die  Milbenplage  der 
Wohnungen  77. 

Ludwig,  Präparationen  zu  den 
Oden  des  Q.Horatius  Flaccus  225, 

— ,  —  zu  den  Satirendes  Horaz268. 

— ,  die  Satiren  des  Horaz  über- 
setzt 268. 

Meyer,  Großes  Konversations- 
lexikon 117,  394. 

Meyer,  Die  Naturkräfte  115. 

Meyer,  Das  deutsche  Volkstum 
272. 

Müllenhoff  s.  Vogel. 

Müller  und  Jäger,  Lateinische 
und  griechische  Schulausgaben 
227. 

Niese,  Geschichte  der  griechischen 
und  makedonischen  Staaten  seit 
der  Schlacht  bei  Ohaeronea  106. 

Otto,  Odyssee  in  der  Sprache  der 
Zehnjährigen  erzählt  342. 

Paulsen,  Die  höheren  Schulen 
Dentschlands  65. 


Pf  äff,  Liederbuch  195. 

P  0  i  n  c  a  r  c ,  Wissenschaft  und  Hy- 
pothese 465. 

R  a  i  c  h ,  Fichtes  Ethik  und  Stellung 
zum  Problem  des  Individualis- 
mus 461. 

Ui  e n  h  ar  d  t.  Die  Vorschriften  über 
die  Ausbildung  für  das  reali- 
stische Lehramt  in  Württemberg 
488. 

Ritter,  Piatons  Dialoge  I  37. 

Rö seier  s.  Vogel. 

Rug*e,  Kleine  Geographie  113. 

Samberger,  Schillerbildnis  277. 

Sauer  s.  Jacob v. 

S  c  h  c  r  m  a  n  u  ,  der  erste  punische 
Krieg  im  Lichte  der  livianischen 
Tradition  383, 

Schick  8.  Gommel. 

Schlegel  s.  Conrad. 

Schmarsow,  Unser  Verhältnis  zu 
den  bildenden  Künsten  108. 

S  c  h  m  i  d ,  Lehrbuch  der  Mineralo- 
gie und  Geologie  477. 

Schmidt,  Schülerkommentar  zu 
Cäsars  gallischem  Krieg  833. 

Schmidt,  Lehrbuch  der  lateini- 
schen Sprache  829. 

Scholl,  Der  französische  Glaube 
427. 

Schulze  s.  Woltze. 

Schumann,  Lehrbuch  der  ebenen 
Geometrie  78. 

Shakespeare  s.  Conrad. 

Sie  bort,   Kirchengeschichte  109 

Stegmann,  Hilfsbuch  für  den 
lateinischen  Unterricht  der  obe- 
ren Klassen  333. 

Thurau  s.  Kaluza. 

Vendryes,  Trait6  d'accentuation 
grecque  231. 

Vogel,  Müllenhoff  u.  Röseler, 
Leitfaden  für  den  Unterricht  in 
der  Botanik  236. 


VIII 


Inhalts- (MiersiHit. 


Yogt  und  Roch,  Geschichte  der 
dentsohen  Literatur  B.  II  69. 

V  o  ß ,  Homers  Odyssee  mit  Einlei- 
tung von  Weineok  340. 

Wächter,  Das  Wichtigste  der 
organischen  Chemie  862. 

Wallen  stein  und  Auerbach, 
Übungen  für  die  dentscheSprach- 
stunde  479. 

W  e  i  d  n  e  r ,  Tacitus'  Annalen  und 
Historien  105. 

W ei  neck  s.  Voß. 


Weise,  Schrift-  und  Buchwesen 
in  alter  und  neuer  Zeit  273. 

Weise,  Praktische  Anleitung  zum 
Anfertigen  deutscher  Aufsätze 
844. 

Wendung,  Urmarkus  485. 

Woltze  und  Schulze,  Die  Saal- 
burg 73. 

Z  c  h  m  e ,  Die  Kulturverhältnisse  des 
deutschen  Mittelalters  282. 

Zittel,  Geschichte  der  Geologie 
und  Paläontologie  854. 


Direktor  Dr.  Adolf  v.  Rapp  f- 

Am  Morgen  des  15.  Januar  ist  erschütternd  schnell  der 
Leiter  unseres  höheren  Schulwesens,  Direktor  Dr.  Adolf  v.  Rapp, 
aus  diesem  Leben  abberufen  worden.  Eine  stille  Gelehrten- 
natur, hat  er  sich  im  Dienst  der  humanistischen  Schule  Würt- 
tembergs als  Lehrer  wie  als  Mann  der  Wissenschaft  gleicher- 
massen  ausgezeichnet.  Als  er  dann  Mitglied  und  seit  1898 
Leiter  der  Ministerialabteilung  für  die  Höheren  Schulen 
Württembergs  geworden  war,  hat  er  sich  in  die  ihm  von 
Haus  aus  fernerliegenden  Aufgaben,  die  in  diesen  Stellungen 
an  ihn  herantraten,  mit  der  ganzen  Gewissenhaftigkeit  seines 
Wesens  eingearbeitet;  und  mit  den  Fortschritten,  die  das 
letzte  Jahrzehnt  dem  höheren  Schulwesen  Württembergs  ge- 
bracht hat,  bleibt  sein  Name  aufs  engste  verknüpft.  Es  wurde 
ihm  nicht  leicht,  seiner  konservativen,  allem  Neuen  gegenüber 
zunächst  eher  ablehnenden  Natur  die  Zustimmung  zu  irgend- 
welchen tiefer  eingreifenden  Änderungen  abzugewinnen; 
um  so  wärmeren  Dank  verdient  er  dafür,  dass  das  Neue,  wo 
es  seinem  prüfenden  Urteil  sich  wirklich  als  das  Bessere  er- 
wies, an  ihm  einen  warmen  Freund  und  entschiedenen  För- 
derer fand.  Dabei  war  seine  ganze  Amtsführung  von  dem 
Geist  herzlichen  Wohlwollens  getragen,  das  sich  im  Verkehr 
von  Mensch  zu  Mensch  hinter  der  Zurückhaltung  einer  vor- 
nehm bescheidenen  Persönlichkeit  mehr  oder  weniger  ver- 
bergen mochte,  aber  in  verständnisvoller  Fürsorge  für  das 
Wolil  der  ihm  unterstellten  Beamten  und  Lehrer  um  so  schöner 
zutage  trat.  Von  der  Verehrung,  die  der  edle  Charakter  des 
Entschlafenen  und  die  Reinheit  seiner  Gesinnung,  der  hohe 
Ernst  seiner  Auffassung  von  den  Pflichten  seines  Berufs  und 
die  wohltuende  Milde  seines  abgeklärten  Urteils,  seine  tief- 
gründige Gelehrsamkeit  und  die  Weite  seines  Gesichtskreises 
jedem  einllössten,  der  ihm  näher  trat,  gaben  die  an  seinem 
Sarg  gesprochenen  Worte  beredtes  Zeugnis.  Sein  Andenken 
wird  in  der  Dankbarkeit  derer,  die  mit  ihm  und  unter  ihm 
arbeiten  durften,  fortleben. 


Korr«8pondanablatt  10O5,  Heft  1. 


Kandidatenliste  0  auf  1.  Januar  1905. 

Bearbeitet  von  Prof.  Cr  am  er  in  Heilbronn. 

(Spalte  I  gibt  die  fortlaufende  Nummer  nach  dem  Lebensalter,  II  Name, 
III  Geburtstag,  IV  Prüfungsjahr  [a  Frühjahr,  b  Herbst],  V  Bemerkungen, 

VI  Nummer  nach  dem  Prüfungsalter.) 

I.  Hnmanistisclie  Kandidaten  mit 

A.  ProfessoratsprQfung  (IS)^ 

(Nach  der  Prüfungsordnung  vom  28.  Novembi'r  18ö5.) 

1.  Spiro,  Dr.  Ludwig  30.  Jan.    65      89b  1 

2.  Holder,  Karl  7.  März  67      95  5—7 

3.  Bracher  I,  Paul  2.  April  67      98  11— U 

4.  Kiderlen,  Paul  13.  Nov.  67      93  2—4 

5.  Kretschmer,  Dr.  Hermann  19.  April  68      93  2—4 

6.  Wagner,  Max  14.  Nov.  69      95  5—7 

7.  Rupp,  Dr.  Gottlieb  27.  März  70      93  2—4 

8.  V.  Fischer  I,  Philipp         15.  Sept.  71      97  9—10 

9.  Diehl,  Dr.  Adolf  6.  März  72      97  9—10 

10.  Gössler,  Dr.  Peter  17.  Mai     72      95  5—7 

11.  Lutz,  Friedrich  12.  Nov.  73      9ü  8 

12.  Schermann,  Dr.  Max         15.  Nov.  73      98  11—14 

13.  Kolb,  Wilhehn  19.  Jan.    74      98  11—14 

14.  Weber,  Adolf  10.  März  74      99  15-18 

15.  Leuze  I,  Dr.  Oskar  30.  Mai     74      98  11—14 

16.  Hcsler,  Dr.  Rieh.  30.  Aug.   74      99  15—18 

17.  Ziemssen,  Dr.  Ludwig      17.  Febr.  76      99  15—18 

18.  Kleinknecht,  Ludwig        27.  Febr.  76      99  15—18 

B.  DienatprOfung  (23+7). 

(Nach  der  Prüfungsordnung  vom  21.  Miirz  1898.) 

1.  Weinmann,  Thomas       6.  Mära  72      Ol*)   Ol-)  3—7 

2.  Geiser,  Joseph  13.  Febr.  76      03      04  15-23 

3.  Burkhardt,  Georg       14.  Febr.  76      03      04    theol.  ex.  98  15—23 


*)  Die  zahlreichen  Anfragen  betr.  Dienstalters-  und  Kandidatenliste 
veranlassen  mich  zu  der  Bitte,  es  mOge  jeder  Anfrage  auch  eine  Ant- 
wortmarke beigelegt  werden. 

*)  Jahr  der  Erstehung  der  ersten  und  zweiten  Dienstprlifung;  durch 
die  zweite  wird  erst  die  Anstellungsfähigkeit  erlangt. 


Kandidatenliste  auf  1.  Jannar  190ft. 


4.  Mayr,  Eugen 

4.  März  76 

02 

04 

15-23 

5.  Bausenhardt,  Karl 

27.  Okt.     76 

Ol 

04 

15-23 

6.  Bracher  IL,  Thcod. 

6.  Dez.    76 

03 

04 

15-23 

7.  Kopp,  Joseph 

18.  Dez.    76 

m 

04 

15—23 

8.  Krauss,  Nath. 

25.  Jan.    77 

00 

Ol 

3—7 

9.  Hoffmann,  Theod. 

12.  Febr.  77 

00 

Ol 

8—7 

10.  Schall,  Franz 

26.  März  77 

00 

Ol 

3-7 

11.  Hacker,  Dr.  WUh. 

9.  Mai     77 

00 

02 

8—10 

12.  Binder  I.,  Herrn. 

14.  Okt.    77 

99 

00 

1—2 

13.  Zoller,  Max 

8.  Nov.  77 

00 

Ol 

3-7 

14.  Klaiber,  Hans 

29.  Nov.  77 

00 

00 

1—2 

15.  Weller,  Dr.  Herrn. 

4.  Febr.  78 

04 

04 

15-28 

16.  Ostertag,  Otto 

17.  Juni   78 

Ol 

02 

8—10 

17.  Öhler,  Friedr. 

6.  Okt.   78 

Ol 

02 

8-10 

la  Leuze  ü,  Dr.  Oskar 

15.  Jan.    79 

02 

03 

11—14 

19.  Knapp,  Walter 

24.  Febr.  79 

03 

03 

11—14 

20.  Stuppel,  Erwin 

21.  Juni    79 

02 

03 

11—14 

21.  Gehring,  Friedrich 

31.  Juli     79 

02 

03 

11-14 

22.  Wolf,  Adolf 

21.  Dez.   79 

03 

04 

15-23 

23.  Ludwig,  Karl 

20.  Sept.  81 

03 

04 

15-23 

24.  Nägele,  Dr.  Ant. 

15.  Jan.    76 

04 

— 

Priester 

— 

25.  Angstenberger,Dr.Fi 

'.  19.  Febr.  76 

04 

— 

n 

— 

26.  Kapff,  Dr.  Rud. 

15.  Okt.  76 

04 

— 

theo!,  ex. 

99      - 

27.  Krämer,  Ludw. 

18.  März  80 

04 

28.  Rapp,  Adolf 

26.  Nov.  80 

04 

— 

29.  Fischer  IL,  Eug. 

25.  März  81 

04 

— 

30.  Binder  IL,  Paul 

28.  Okt.  81 

04 

— 

II.  Bealistlsolie  Kandidaten  mit 

A.  ProfessorataprOfung  (3). 

(Nach  der  Prüfungsordnung  vom  20.  Juli  1864.) 

a)  Sprachlich-geschichtlicher  Richtung  (2). 

1.  Fromm,  Ernst  18.  März  71      98  1 

2.  Löflfler,  Kari  7.  Jan.    75      99  2 

b)  Mathematisch-naturwissenschaftlicher  Richtung  (1). 
1.  Stübler,  Dr.  Eugen  3.  Juli     73      00  1 

B.  ReallehrerprOfung  (2). 
(Nach  der  Prüfungsordnung  vom  20.  Juli  1864.) 

1.  Scheuffele,  Richard  17.  Dez.    68      93  1 

2.  Horsch,  Gottlob  30.  Mai     78      99  2 


Kaadidateiilute  aof  1.  Januar  1905. 

C.  DieatiprifBH  (35  +  42). 

(Xach  der  FrüfunKsordminfr  vom  12.  .Si-ptemhvr  1K*>.) 
a)  .Sprachlii^h-ge.schichtlicher  Hichtau;^  (17  +  1^). 

S— 17 
2—3 
S— 17 
8—17 
1 

-4 — 7 
8—17 
S— 17 
4-7 

8—17 
8—17 
8—17 
4—7 
4 — 7 
8—17 
8-17 
theol.  ex.  93      — 


L  KdoU,  Alfred 

2.  Juni 

71 

03«) 

04 

• 

2.  .Stricker,  En^en 

2.  Jan. 

73 

00 

02 

3,  EhiD^er,  Anton 

6.  Okt. 

75 

03 

04 

4«  Allmann,  Aog. 

6.  April 

76 

02 

04 

5.  Zeller,  GusUv 

22.  Jan. 

77 

00 

Ol 

6.  Schmid  If,  Max 

5.  März 

77 

Ol 

03 

7.  Fflciderer  I,  Wolfjr. 

26.  Sept. 

77 

03 

04 

8.  Ehcrfaardt,  Dr.  Ad. 

10.  Dez. 

77 

03 

04 

9.  PfleidererII,Dr.Wi! 

[i.ll.  Juni 

78 

02 

03 

10.  Scbttchmann,  Hu^o 

31.  JnU 

78 

Ol 

02 

11.  Mohr,  Wilh. 

6.  Mfirz 

79 

03 

04 

12.  Pfiüterer,  Ernst 

6.  Mai 

79 

02 

04 

13.  Harschar,  Adolf 

15.  Mai 

79 

03 

04 

14.  Kall  I,  Emil 

10.  Juni 

79 

02 

03 

15.  Votteler,  Otto 

16.  Aujr. 

79 

02 

03 

16.  WOrthner,  Alb. 

26.  Mai 

80 

03 

04 

17.  Wanner,  Rieh. 

16.  Dez. 

81 

03 

04 

18.  Dürr,  Wilh. 

25.  Nov. 

70 

04 

19.  Schmidt  I,  Guido 

4.  Febr. 

76 

03 

20.  Weiß,  Anton 

18.  Juni 

76 

04 

— 

21.  Zwick,  Karl 

4.  Aug. 

76 

04 

22.  Dietzel,  Franz 

21.  Aug. 

77 

04 

23.  Iloll,  Jul. 

30.  April 

78 

04 

— 

24.  Hoch,  Dr.  Walter 

25.  .Mai 

78 

04 

25.  Kämmerer,  Bemh. 

24.  März 

79 

04 

26.  EnUlen,  Wilh. 

5.  Febr. 

80 

04 

27.  Maurer,  Otto 

12.  März 

80 

04 

28.  Wendel,  Hugo 

20.  April 

80 

(M 

— 

29.  Kroiimer,  Dr.  Wilh. 

17.  Juni 

80 

04 

iüK  Bosch,  Ludw. 

7.  Juli 

80 

04 

31.  BojuH,  Gottfr. 

20.  8ei»t. 

80 

in 

32.  8ch  unter,  Max 

27.  Okt. 

80 

03 

33.  Widmann,  Gast. 

29.  Okt. 

80 

04 

— 

34.  HOsch,  Max 

14.  Dez. 

80 

04 

— 

35.  HaulT,  Han» 

3.  Sept. 

81 

04 

36.  Hohbach,  Nath. 

4.  Dez. 

81 

04 

b)  Mathematisch-naturwissenschaftlicher  Richtung  (18  +  23). 

1.  Wolbach,  Rieh.  20.  Aug.  66      03      04  10—18 

2.  Seibold,  Dr.  Wilh.         1.  Okt    75      03      (»4  10-18 

*)  S.  die  Anmerkung  zu  I  B. 


Kandidatculistc  auf  1.  Januar  1905. 


3.  KöstliD,  Eberh. 

11.  Sept  77 

Ol 

03 

2-9 

4.  Geiger,  Dr.  Paul 

18.  Nov.   77 

Ol 

02 

1 

5.  Wagner,  Paul 

31.  Mai     78 

02 

03 

2-9 

6.  Färber,  Dr.  Alfr. 

7.  Okt.    78 

03 

04 

10    18 

7.  Langbein,  Heinr. 

16.  Okt.    78 

02 

04 

10—18 

8.  Schick,  Dr.  Theod. 

1.  März  79 

02 

03 

2-9 

9.  Fener,  Dr.  Kichard 

22.  März  79 

02 

03 

2-9 

10.  Banzhaf,  Herrn. 

14.  Juni    79 

02 

03 

2-9 

11.  Keinath,  Otto 

22.  Nov.  79 

02 

03 

2-9 

12.  Dehler,  Hans 

23.  Nov.  79 

Ü3 

04 

10    18 

13.  Gleroser,  Julius 

4.  März  80 

02 

04 

10-18 

14.  Kaiser,  Aug. 

20.  März  80 

03 

04 

10—18 

15.  Endriss,  Dr.  Wilh. 

6.  Mai    80 

02 

03 

2    9 

16.  Beutel,  Eug. 

15.  Aug.  80 

03 

04 

10    18 

17.  Dietterle,  Fritz 

15.  Sept  80 

02 

03 

2—9 

18.  Käser,  Friedr. 

13.  Febr.  81 

03 

04 

10-18 

19.  Reinöhl,  Dr.  Friedr. 

15.  Dez.   70 

03 

— 

— 

20.  Bernecker,  Adolf 

13.  Mai     75 

04 

— 

21.  Erlewein,  Joseph 

29.  Mai     75 

04 

— 

22.  Wolf,  Dr.  Eugen 

17.  Mai     76 

04 

— 

— 

23.  Klenk,  Alb. 

8.  Sept.  76 

04 

— 

24.  Hofacker,  Emil 

2.  Dez.    76 

04 

— 

— 

25.  Maier,  Dr.  Hermann 

14.  Mai     77 

02 

— 

— 

26.  Weinmar,  Hans 

26.  Nov.   77 

03 

— 

27.  Lang,  Dr.  Paul 

28.  Juni    78 

04 

28.  Marstaller,  Theod. 

28.  Mai     79 

04 

— 

29.  Tränkle,  Kich. 

23.  Juni    79 

04 

— 

— 

30.  Gros,  Walter 

16.  Nov.    79 

04 

31.  Köbele,  Walter 

8.  Jan.    80 

Ol 

— 

32.  Nick,  Dr.  Oskar 

11.  Febr.  80 

04 

33.  Kall  II,  Kuno 

12.  Febr.  80 

03 

34.  Sturz,  Christian 

16.  Juli     80 

03 

— 

— 

35.  Hermann,  Heinr. 

12.  Okt.    80 

03 

36.  Köpf,  Emil 

22.  Okt.   80 

04 

37.  Schwenk,  Erich 

11.  Juni   81 

04 

38.  Schmid  III,  Oskar 

29.  Juni   81 

04 

— 

— 

39.  Canter,  Ernst 

11.  Okt.   81 

04 

40.  Oberdörfer,  Dr.  Rieh. 

7.  März  82 

04 

— 

41.  Reiff,  Wilh. 

11.  Sept.  82 

04 

AUgemeine  Bemerkungen. 

1.   Die  Zahl   der  vollständig  (d.  h.  mit  Lehrprobe)  ge- 
prüften Kandidaten  beträgt  am  1.  Januar  1905; 


6  Kandidateuliste  auf  1.  Januar  1905. 

für  I  A 18 

B 28  (+  7) 

für  IIA 8 

B 2 

C 35  (4-42) 

zusammen    81  (+  49). 

2.  Der  durchschnittliche^)  jährliche  Zugang  beträgt: 
I.  auf  humanistischer  Seite  6,8,   IL  auf  realistischer  Seite  15,7. 

3.  Der  durchschnittliche  Abgang  (durch  erstmalige  An- 
stellung auf  Lebenszeit)  beträgt:  I.  auf  humanistischer  Seite  8,3,  II.  auf 
realistischer  Seite  15,5. 

4.  Als  durchschnittliches  Anstellungsalter  ergibt  sich 
I.  auf  humanistischer  Seite  34,88  Jahre,  II.  auf  realistischer  Seite 
30,41  Jahre. 

5.  Alter  der  definitiv  angestellten  Lehrer: 

I.  Humanisten 

im  Alter  von  20-29  30-39  40-49  50—59  60—69  70—79  Jahr.  zus. 

1.  an  ob.  Klass.     0  8  53         33         10  0  104 

2.  „  mittl.  „         0  33  76  31  8  1 149_ 

Zus.     ..    0         41         129         64  18  1  253') 

II.  Realisten 

1.  an  ob.  Klass.     1  26  58         27  10  0  122 

2.  „  mittl.  „       40  48  70         49  15  0 222 

Zus.    .    .   41  74         128         76        25  0  844') 

6.  Durchschnittlicher  jährlicher  Abgang.von  definitiv 
angestellten  Lehrern  (durch  Pensionierung  oder  Tod):  I.  auf 
humanistischer  Seite  6,5,  II.  auf  realistischer  Seite  7,5. 

7.  Das  durchschnittliche  Lebens- und  Dienstalter  beim 
Ausscheiden  aus  dem  Dienst.  Es  mögen  dabei  die  vergleichenden 
Zahlen  von  anderen  Berufsarten  wiederholt  werden  (aus  SWD.  1901 
S.  89).  Beim  Ausscheiden  aus  dem  Dienst  (durch  Pensionierung  oder 
Tod)  betrug 

für  in  d.  Zeit  von    d.  Lebensalter     d.  Dienstalter  x?l®o^®* 

T  *n  70 

Evang.  Geistliche     1890—1899    64  Jahr  9  Mon.    31  Jahr  7  Mon.    45,63 
Finanzbeamte  „  61     ,,    1    „        34    ,,    2    „        45,16 

Land- u.  Amtsrichter         „  59    „    4    „        28    „    6    „       44,19 

*)  Die  sämtlichen  Durchschnitte  beziehen  sich  auf  die  letzten  10  Jahre. 

')  Dazu  kommen  8  an  Unterklassen  angestellte  ak.  geb.  Lehrer, 
21  kath.  und  1  evang.  Geistlicher,  also  Gesamtsumme  der  Humanisten  288. 
(Erledigt  2  Prof.,  3  op  und  8  Stellen  für  kath.  Geistliche.) 

')  Dazu  1  an  Unterklassen  angestellter  ak.  geb.  Lehrer,  also  Gesamt- 
summe der  Realisten  345.    (Erledigt  1  Rekt,,  t  Prof.,  5  or  Stellen.) 


« 


»  ff 


Kandidatenliste  auf  1.  Januar  1905.  7 

für  in  d.  Zeit  von    d.  Lebensalter     d.  Dienstalter  *l|i^o/* 

Oberförster               1890—1899  58Jahr9Mon.  29Jahr5Mon.  50,00 

Verwaltungsbeamte          „  57  „    2  ,,  28  „    2  „  43,48 

Ak.  geb.  Lehrer  1830— 1899  56  „  10  ^  27  „    3  ^  50,09 

„       „          „          1830—1869  54  „  10  „  26  „    5  .  57,01 

1870—1899  58  „    1  „  28  „    0  „  45,93 

1830—1839  56  „    9  „  27  „    8  „  75,00 

1840—1849  48  „    1  „  21  „  V,  «  68,89 

1850—1859  55  „    6  „  27  „    7  „  49,21 

1860-1869  57  ^    8  „  28  ^    3  „  50,67 

1870—1879  59  „    6  ,,  29  „    3  „  42,86 

1880—1889  58  „    7  „  28  ^  Vs  n  44,17 

1890—1899  56  „    2  „  26  „    0  ^  51,85 

1891—1900  55  „    4  „  25  „    3  „  50,44 

1892-1901  55  „  11  „  25  „  10  „  53,85 

1893—1902  56  „    2  ^  26  „    0  ^  54,55 

1894-1903  66  .,    7  „  26  .    5  „  51,16 

^       „          „           1895-1904  56  „    4  „  26  „    5  „  49,29 

8.  Durchschnittliche  Erreichung  des  höchsten  Ruhe- 
go h  a  1 1  s.  Der  Höchstbetrag  des  Ruhegehalts  wird  erreicht  mit  Antritt 
des  40.  Dienstjahres.    Es  haben  erreicht  (in  %)  40  und  mehr  Dienstjahre: 

.     ,     r/  ..           unter  d.  Ausgeschictl.    unter  den  Pen- 
in der  Zeit  von  r.u^^u^..^^  .,: :^-*^« 


n 


ff 


Ji 

1  UUI    £j\jlt   VUll 

überhaupt 

sioniertcn 

£vang.  Geistliche 

1890  -1899 

19,77 

28,67 

Finanzbeamte 

n 

29,03 

50,00 

Land- 

u.  Amtsrichter         „ 

27,91 

41,67 

Oberförster 

ff 

13,89 

27,78 

Verwaltungsbeamte 

ff 

28,26 

46,15 

Ak.g 

eb.  L 

ehrer 

1830    1899 

15,89 

26,45 

n 

n 

•» 

1830    1869 

17,87 

30,34 

r» 

n 

17 

1870—1899 

14,7 

25,13 

r» 

T« 

n 

1830    1839 

25,00 

50,00 

r» 

»• 

ff 

1840—1849 

6,67 

21,43 

ff 

n 

» 

1850    1859 

19,05 

31,25 

n 

f* 

7» 

1860    1869 

21,33 

29,73 

n 

V 

I» 

1870-1879 

15,13 

23,53 

n 

n 

» 

1880    1889 

20,83 

35,82 

V* 

»5 

» 

1890—1899 

7,41 

13,46 

r^ 

rs 

VI 

1891    1900 

7,22 

14,03 

ff 

» 

»* 

1892    1901 

7,69 

14,81 

n 

rs 

V 

1893—1902 

8,26 

16,36 

r» 

n 

1894    1903 

8,53 

15,87 

» 

ff 

v 

1895—1904 

10,00 

16,9 

g  Thierer, 

Die  hier  angegebenen  Prozentzahlen  werden  tatsächlich  etwas  höher 
sein  (jedenfalls  nicht  bedeutend),  da  bei  den  einzelnen  Lehrern  teilweise 
auch  noch  die  anständige  Dienstzeit  mitgerechnet  wird,  die  sich  unserer 
Kenntnis  entzieht.  In  der  Hauptsache  wird  es  dabei  bleiben,  daß  von 
den  im  Dienst  befindlichen  Lehrern  rund  10%  Aussicht  haben,  den  Höchst- 
betrag des  Ruhegehalts  zu  erreichen.  Auffallend  mag  erscheinen,  daß 
hier  wie  auch  beim  Lebens-  und  Dienstalter  die  Zahlen  in  den  letzten 
Jahren  gestiegen  shid,  und  man  wird  sich  hüten  müssen,  daraus  falsche 
Schlüsse  zu  ziehen. 


Zur  deutschen  Sprachlehre. 

Herr  Oberstadienrat  Hau b er  verdient  großen  Dank  für  die 
Anregung,  die  er  mit  seinem  Aufsatz  in  .  Nr.  11  des  letzten 
Jahrgangs  dieser  Blätter  gegeben  hat.  Der  Aufforderung,  die  er  an 
nns  Schalmänner  richtet,  ihm  behilflich  zu  sein  in  seinem  Streben 
nach  Schaffung  einheitlicher  deutscher  Bezeichnungen  für  die  Sprach- 
lehre, folge  ich  gerne.  Denn  seit  einer  Reihe  von  Jahren  bin 
ich  durch  meine  berufliche  Tätigkeit  zu  der  Überzeugung  ge- 
langt, daß  eine  andere  Behandlung  des  deutschen  Sprachunterrichts 
ganz  notwendig  ist.  Wohl  besteht  seit  längerer  Zeit  die  Forderung, 
daß  das  Deutsche  im  Mittelpunkte  des  Unterrichts  stehen  soll,  aber 
daß  gerade  hier  noch  sehr  viel  zu  tun  ist,  weiß  jeder  Einsichtige. 
Wie  oft  bin  ich  selbst  schon  von  Fachgeoossen  gefragt  worden, 
„ja,  was  soll  man  denn  treiben  im  deutschen  Unterricht?  Deutsche 
Grammatik  ist  doch  etwas  Schreckliches,  die  Schüler  haben  doch 
schon  vorher  Grammatik  genug. ^^  Ja,  das  ist  wahr,  sie  haben  vor- 
her Grammatik  genug!  Und  genug  an  ihr  haben  sie  auch!  Ein 
Wunder  ist  es  ja  nicht ;  denn  für  die  meisten  ist  es  ein  Strafgesetz- 
buch mit  so  und  so  viel  Paragraphen,  deren  Übertretung  unter  Um- 
ständen schwer  bestraft  wird.  Und  jetzt  soll  gleichsam  auch  zu 
den  fremdsprachlichen  noch  ein  deutsches  ,, Strafgesetzbuch"  hinzu- 
kommen !  Und  dazu  noch  deutsche  Bezeichnungen,  deutsche  Kunst- 
ausdrücke! Wozu  denn  das  noch?  man  ist  doch  mit  unseren  bis- 
herigen lateinischen  Termini  auch  ausgekommen!  Solche  Einwürfe 
bekommt  man  zu  hören  von  Fachgenossen  und  Nichtfachgenossen. 
Und  ich  muß  sagen,  sie  sind  nicht  ganz  unberechtigt,  wenn  man  nichts 
weiter  bezwecken  wollte,  als  statt  der  lateinischen  Termini  deutsche 
„Kunstausdrücke"  in  der  Grammatik  einzuführen.  Aber  ich  meine, 
das  Bestreben  sollte   darauf  hinausgehen,   den  Unterricht  in  der 


Zur  deutschen  Sprachlehre.  9 

deutschen  Sprache  anf  ganz  andere  Grundlagen  zu  stellen  und  im 
deutschen  Unterricht  deutsche  Sprachlehre  zu  treiben  und  nicht 
Grammatik  in  herkömmlichem  Sinn.  Denn  diese  Grammatik  ist 
oft  wirklich  nichts  anderes  als  „Buchstabenkram^';  was  ja  eigent- 
lich die  genaue  Übersetzung  ergibt.  Und  dieser  Buchstabenkram 
ist  daran  schuldig,  daß  so  vielen  ihre  Schulzeit  zur  Qual  wird,  und 
daß  der  Erkenntnistrieb;  der  doch  so  stark  ist  in  unsern  Kindern, 
ehe  sie  zur  Schule  kommen,  so  rasch  erlischt,  sobald  sie  eine  Zeit- 
lang in  der  Schule  sind,  daß  das  Lernen  ihnen  auf  einmal  ein 
bitteres  „Muß^^  wird  und  ihnen  zur  ^^sittlichen  Pflicht^  gemacht 
werden  muß!  Das  gilt  von  allen  Schulen,  auch  von  der  Volks- 
schule. Das  muß  uns  doch  zu  denken  geben  und  den  Gedanken  nahe 
legen,  ob  nicht  mit  der  Tradition,  der  von  der  mittelalterlichen 
Scholastik  noch  so  manches  anhaftet,  ganz  zu  brechen  ist. 

Da  ist  nun  der  beste  Punkt,  wo  wir  einsetzen  können,  unsere 
Muttersprache.  Wenn  wir  den  Unterricht  in  ihr  auf  andere  Grund- 
lagen stellen,  so  wird  das  auch  auf  den  anderen  Sprachunterricht 
seinen  segensvollen  Einfluß  haben;  besonders  viel  erhoffe  ich  da- 
von für  den  Unterricht  in  den  alten  Sprachen.  Ich  bin  überzeugt, 
daß  dann,  wenn  wir  auch  im  altsprachlichen  Unterricht  mit  der 
vielhundertjährigen  Tradition  brechen,  aber  auch  nur  dann  der 
so  viel  angefochtene  Unterricht  in  diesen  Sprachen  wieder  zu  Ehren 
kommen  wird  und,  was  die  Hauptsache  ist,  unsere  Schüler  wieder 
mehr  Lust  und  Liebe  zu  ihm  bekommen  werden.  Dann  werden 
auch  die  Angriffe  auf  die  humanistische  Bildung  von  selbst  auf- 
hören. Denn  sie  gehen  doch  —  abgesehen  von  denen,  die  die  alten 
Sprachen  gar  nicht  kennen  und  folgerichtig  sich  auch  kein  Urteil 
erlauben  sollten  —  leider  auch  zu  einem  großen  Teil  von  denen 
aus,  denen  der  Unterricht  in  den  alten  Sprachen  zur  Qual  gewor- 
den ist.  Ich  habe  vorhin  angedeutet,  mau  solle  deutsche  Sprach- 
lehre nicht  im  Sinne  des  herkömmlichen  Grammatikunterrichts  geben, 
und  das  würden  wir  tun,  wenn  wir  nichts  weiter  bezweckten,  als 
statt  der  lateinischen  Termini  deutsche  KunstausdrUcke  zu  schaffen. 
Es  ist  gewiß  richtig,  daß  „wenn  jeder  in  die  höheren  Schulen  eintre- 
tende Schüler  die  grammatischen  Begriffe  in  deutscher  Sprache  sich 
angeeignet  hat,  dies  für  den  gesamten  ferneren  Sprachunterricht 
die  erwünschte  Wirkung  haben  muß,  daß  dieser  von  Anfang  an 
und  grundsätzlich  unter  den  Gesichtspunkt  der  Muttersprache  ge- 
stellt  wird".  Aber  dies  kann  meines  Erachtens  nur  erreicht  wer- 
den, wenn  der  Schüler  wirklich  „Begriffe"  bekommt,  wenn  er  eine 


10  Thiercr, 

genaue  Einsicht  in  die  einzelne  sprachliche  Erscheinung  erhält. 
Dies  geschieht  aber  nicht  durch  einfache,  wenn  auch  noch  so  durch- 
dachte Übersetzung  der  lateinischen  Termini,  sondern  nur  da- 
durch,  daß  man  den  Schüler  in  der  sprachlichen  Werkstätte  selbst 
arbeiten  läßt  und  ihn  so  anleitet,  daß  er  den  sprachlichen  Er- 
scheinungen selbst  einen  Namen  geben  kann.  Dadurch  entsteht 
Lust  und  Liebe  zur  Sache,  und  der  deutsche  Sprachunterricht  wird 
eine  Quelle  der  Freude  fUr  den  Schüler  und  jede  Stunde  ist  ihm 
ein  Genuß!  Was  ich  da  sage,  sind  nicht  leere  Worte;  es  ist  auf 
praktische  Erfahrung  gegründet.  Wie  ich  das  meine,  will 
ich  im  folgenden  ausführen. 

Ich  gebe  nicht  nur  deutsche  Ausdrücke,  sondern  gleichsam 
Richtlinien,  wie  solche  Ausdrücke  vom  Schüler  gefunden  werden 
können.  Dabei  verhehle  ich  nicht,  daß  man  auch  bei  dieser  Art 
des  Unterrichts  dann  und  wann  einzelnes  noch  ^.überliefern"  muß. 
Was  ich  vorbringe,  beruht  einesteils  auf  Erfahrungen,  die  ich  als 
Lehrer  gemacht  habe,  zum  andern  auf  Anregungen,  die  ich  schon 
als  Student  in  den  Vorlesungen  von  Friedrich  Paulsen  in  Berlin 
und  Rudolf  Hildebrand  in  Leipzig  erhalten  habe;  besonders  viel 
lehrreiche  Anregungen  aber  habe  ich  in  den  letzten  Jahren  erhalten 
auch  durch  einen  früheren  Schüler  Paulsens,  Berthold  Otto.  Und 
ich  möchte  diesem  Manne  meinen  Dank  dadurch  ausdrücken,  daß 
ich  die  Fachgenossen  auf  seine  pädagogische  Tätigkeit  aufmerksam 
mache,  die  er  allerdings  nicht  als  staatlicher  Lehrer  entfaltet,  son- 
dern als  Lehrer  seiner  eigenen  Kinder  und  als  Schriftsteller.  Hier 
wirkt  er  besonders  segensreich  und  anregend  für  jung  und  alt  durch 
Herausgabe  des  „Hauslehrers"  0,  einer  Wochenschrift  für  geistigen 
Verkehr  mit  Kindeni.  Außerdem  mache  ich  aufmerksam  auf  seine 
„Beiträge  zur  Psychologie  des  Unterrichts"  (Leipzig,  Scheffer)  und 
auf  seinen  im  gleichen  Verlag  erschienenen  „Lehrgang  der  Zukunfts- 
schule" nach  psychologischen  Experimenten  für  Eltern,  Erzieher  und 
Lehrer  dargestellt".  Li  dem  zuletzt  genannten  Buche  können  die 
Fachgenossen  reiche  Anregung  für  deutschen  Anfangsunterricht  fin- 
den und  zugleich  sehen,  wie  grammatische  Begriffe  mit  Kindern 
erarbeitet  werden  können.  Die  deutschen  Ausdrücke,  die  dort 
gegeben   sind   und   im  folgenden  zum  großen  Teil  vorgeführt  wer- 

*)  Der  Hauslehrer,  Wochcnsilirift  für  den  geistigen  Verkehr  nüt 
Kindern,  herausg.  von  Bcrtliold  Otto.  Ersclicint  joden  Sonntag  und 
kostet  viertcljährh'ch  1,60  Mk.  durch  die  Post  oder  durch  den  Buch- 
handel.   Postzeitungsliste  3522. 


Zur  deutschen  Sprachlolirc.  1] 

den,  muten  allerdings  manchmal  zunächst  sonderbar  au^  und  es 
zeigt  sich,  „daß  es  bei  Sprachschöpfungen  mit  dem  Material  der 
jedermann  geläufigen  Muttersprache  besonders  schwer  ist,  es  jeder- 
mann recht  zu  machen/^  Aber  das  möchte  ich  aus  praktischer 
Erfahrung  heraus  betonen,  daß  die  grammatischen  Begriffe;  die  so 
erarbeitet  werden,  für  die  Schüler  keine  Scheiubegriffe  mehr  sind, 
sondern  durchaus  verständlich,  und  daß  ein  solcher  Unterricht  für 
Schüler  und  Lehrer  eine  Freude  ist.  Ich  gehe  nun  zur  eigentlichen 
Arbeit  über,  zu  zeigen,  wie  die  Bezeichnungen  für  die  sprachlichen  * 
Erscheinungen  gefunden  werden  können. 

Durch  einen  richtigen  Anschauungsunterricht  gewinnen  die  Kin- 
der schon  früh  die  klare  Vorstellung,  daß  sie  überall,  im  Wohn- 
zimmer, im  Schulzimmer,  auf  der  Gasse  u.  s.  w.  von  Dingen  um- 
geben sind,  und  man  kann  schon  junge  Kinder  zu  der  Erkenntnis 
bringen,  daß  die  „ganze  Welt^^  aus  lauter  Dingen  besteht.  Die 
Kinder  wissen  auch,  daß  jedes  Ding  seinen  Namen  hat,  daß  jedes 
Ding  durch  ein  gewisses  Wort  bezeichnet  wird.  Ein  Wort,  durch 
das  ein  Ding  bezeichnet  wird,  heißen  wir  deshalb  Dingwort 
(Substantiv).  Die  Dinge,  die  die  Kinder  kennen,  sind  entweder  aus 
Holz  oder  Eisen  oder  Stein  oder  Bein  oder '  Haut  und  Knochen 
usw.,  sie  bestehen  ans  Steifen,  sind  Stoffdinge;  so  ergibt 
sich  das  Stof  f  ding  wort  (Conkretum),  oder  sie  bestehen  —  und  dazu 
kann  man  bei  gelegener  Zeit  die  Kinder  leichter  führen,  als  man 
denkt  —  nur  in  Gedanken,  sind  also  Gedankendinge,  daher 
Gedankendingwort  (Abstraktum).  Die  Dinge,  die  die  Kinder  um 
sich  sehen.  Tische,  Stühle  usw.  sind  nicht  alle  gleich,  sie  haben  ge- 
wisse Zeichen,  Merkmale,  Eigenschaften,  an  denen  man  sie  erkennt, 
durch  die  sie  von  andern  Dingen  gleicher  oder  ähnlicher  Art  unter- 
schieden werden.  Auch  diese  Merkmale,  Eigenschaften  werden  durch 
ein  Wort  bezeichnet  und  die  Schüler  bringen  von  selbst  den  Na- 
men Eigenschafts-  oder  Merkmal  wort  (Adjektiv).  Ein  solches 
Merkmal,  eine  solche  Eigenschaft  kann  einem  Ding  bleibend  an- 
haften, oder  kann  nur  vorübergehend  sein:  Das  Ding  kann 
etwas  tun  oder  leiden,  sich  in  irgend  einem  Zustand  befinden; 
wenn  ein  Ding  etwas  tut,  ist  es  in  Tätigkeit;  daraus  gewinnen 
wir  das  Tätigkeitswort  (Verb um).  Wenn  Kinder  hier  den 
Ausdruck  „Tuwort"  bringen,  so  ist  auch  dieser  nicht  von  der  Hand 
zu  weisen,  cfr.  Tuform  als  Vorschlag  von  H.  Ein  Ding  ist  einmal 
oder  oft  vorhanden,  man  kann  die  Dinge  zählen:  Zahlwort  (Nu- 
merale).    Wenn  mau  von  einem  Ding  etwas  erzählt,  sagt  man  nicht 


12  Thierer. 

immer  den  Namen  des  Dings,  man  gebraucht  für  den  Namen  des 
Dings  ein  anderes,  kürzeres  Wort ;  dieses  Wort,  das  man  für  ein  Ding 
oder  für  den  Namen  eines  Dinges  setzt,  heißt  deshalb  Fürwort 
(Pronomen).  Die  Tätigkeit  eines  Dinges  kann  näher  bestimmt 
werden;  gcschielit  dies  durch  ein  einzelnes  Wort,  so  kann  dies  den 
Namen  Bestimmungswort  (Adverbium)  erhalten;  sehr  oft  aber 
kann  die  Tätigkeit  nicht  durch  ein  einzelnes  Wort  bestimmt  wer- 
den, man  braucht  dazu  ein  anderes  Dingwort.  Ich  nehme  den 
Satz:  „Der  Knabe  schreibt  mit  der  Feder."  Hier  ist  „mit  der 
Feder^^  Bestimmung  zu  ,,sclireibt",  aber  nicht  Feder  allein;  da- 
mit Feder  Bestimmung  werden  kann,  muß  ein  anderes  Wort  vor 
Feder  treten:  wir  erarbeiten  so  das  Vorwort  (Präposition). 
Aber  nicht  nur  ein  Dingwort  kann  Bestimmung  werden,  die  Tätig- 
keit kann  auch  durch  einen  Satz  bestimmt  werden.  Diesen  Satz 
aber  muß  ich  verbinden  mit  dem  Hauptsatz,  wir  gewinnen  das 
Bindewort.  (Beispiel:  Der  Vater  schlägt  aus  Zorn,  und  der  Va- 
ter schlägt,  weil  er  zornig  ist.) 

Damit  haben  wir  die  Namen  für  die  hauptsächlichsten  Wort- 
arten gewonnen,  Termini,  die  man  die  Schüler  selbst  finden  lassen 
kann.  Und  das  ist  viel  wert,  mehr  als  man  denken  möchte:  die 
Schuler  haben  die  Namen  gleichsam  selbst  geschaffen,  sie  sind 
ihnen  verständlich,  sie  behalten  sie  und  verwechseln  sie  nicht.  Ich 
will  diese  Namen  für  die  Wortarten  jetzt  nochmals  zusammenstellen, 
und  die  bisher  übliche  lateinische  Bezeichnung  in  Klammern  beifügen. 

1.  Dingwort  (nomen  substantivum) ;  Stotfdingwort  (nomen  sub- 
stantivum  concretum);  Gedankendingwort  (nomen  substantivum  ab- 
stractum);  Merkmalwort  oder  Eigenschaftswort  (nomen  adjectivum), 
Zahlwort  (nomen  numerale);  Fürwort  (pronomen);  Tätigkeitswort 
oder  Tuwort  (Verbum) ;  Bestimmungswort  (nomen  adverbiale) ;  Binde- 
wort (conjunclion).  An  Geschlechtswort  für  Artikel  ist  wohl  nichts 
auszusetzen,  ebenso  an  Ausrufwort  für  Interjektion.  Daß  man  den 
nominalen  Wörtern  zusammen  den  vorgeschlagenen  Namen  Nenn- 
wörter gibtM,  damit  bin  ich  einverstanden,  dagegen  möchte  ich 
Hauptwort,  Sachwort,  Beiwort,  Zeitwort,  Umstandswort  beseitigt 
wissen,   und  zwar  aus  folgenden  Gründen. 

Beim  Unterricht  der  Sprachlehre  muß  man  von  der  Betrach- 
tung des  Satzes  ausgehen  und  im  Satz  ist  das  Hauptwort 
das  Prädikat.    Schon  aus  diesem  Grund  verbietet  sieh  „Hauptwort", 

^)  Diesen  Torniiniia  wendet  auch  Homeniann  in  seiner  Parallel- 
gram  matik  an. 


Zur  deutschen  Sprachlehre.  13 

nocli  mehr  aber  von  dem  Gesichtspunkt  aus^  daß  der  SchUler  das 
Wort  von  sich  aus  nicht  finden  wird.  Sach  wort  scheint  mir  des- 
halb zu  eng,  weil  der  Mensch,  das  Pferd,  der  Hund  usw.  keine 
Saclien  sind,  wohl  aber  mit  Ding  bezeichnet  werden.  Beiwort 
ist  nichts  weiter  als  eine  Übersetzung  und  nicht  einmal  eine  deckende 
von  Adjektiv  und  ist  ganz  schemenhaft :  es  bezeichnet  nichts  wesent- 
liches und  der  Schüler  kann  sich  dabei  nichts  denken,  es  ist  also 
ftlr  ihn  ein  „Fremdkörper".  Als  Zeitwort  wird  der  SchUler  wohl 
ein  Wort  wie  heute,  gestern,  Tag,  Jahr  usw.  bezeichnen,  aber 
nie  wird  er  von  sich  aus  schreiben,  gehen,  .^chlngen  usw.  als 
ein  Zeitwort  ansehen  oder  erklären.  Die  vorgeschlagenen  Be- 
zeichnungen für  die  einzelnen  Fürwörter  eignen  sich  wohl,  doch 
möchte  ich  für  ^.eignendes"  Fürwort  die  sonst  übliche  Bezeich- 
nung besitzanzeigendes  Fürwort  belassen  wissen,  und  für  re- 
latives Pronomen  „Bindefürwort"  in  Vorschlag  bringen.  Dies  er- 
gibt sich  aus  der  Satzlehre.  Damit  wollte  ich  meine  Bemerkungen 
über  die  Wortarten  abschließen,  da  überdachte  ich  über  Nacht  in 
einer  schlaflosen  Stunde  nochmals  die  Sache  und  besann  mich  noch- 
mals über  das  Geschlechtswort.  In  unserer  Zeit  der  „Sittlichkeit" 
könnte  vielleicht  in  manchen  Kreisen  auch  dies  Wort  „sittliche"  Be- 
denken erregen^),  abgesehen  davon,  daß  in  gebildeten  Kreisen  ein 
weibliches  Wesen  häufig  als  femini  generis  bezeichnet  wird,  woraus 
hervorgeht,  daß  der  Unterschied  zwischen  genus  und  sexus  niciit  immer 
fest  sitzt.  Solchen  Bedenken  könnte  vielleicht  abgeholfen  werden  durch 
Einführung  einer  neuen  Bezeichnung.  Ziehen  wir  das  nahe  Ter- 
wandtscliaftsverhältnis  zwischen  Artikel  und  Demonstrativpronomen 
in  Betracht  und  erinnern  wir  uns,  daß  wir  künftig  statt  Demonstrativ- 
pronomen Zeigefürwort  sagen  wollen,  so  ergibt  sich  mühelos 
Zeiger  für  Artikel.  Wenn  ich  nun  noch  anfüge,  daß  man  für 
pronomen  determinativum,  das  in  der  von  H.  gegebenen  Übersicht 
ausgelassen  ist,  bestimmendes  Fürwort  sagen  kann,  will  ich  von 
den  Wortarten  übergehen  zur  Satzlehre. 

Die  Satzlehre  muß  überhaupt  in  den  Mittelpunkt  des  Anfangs- 
unterrichts gestellt  werden.  Schon  die  richtigen  und  verständlichen 
Bezeichnungen  für  die  Wortarten  ergeben  sich  teilweise  nur  aus  der 
Satzlehre,  in  erhöhtem  Maße  ist  dies  bei  der  Formenlehre  der  Fall. 
Ich  werde  in  einem  späteren  Aufsatz  über  Anfangsunterricht  in  La- 
tein, wofür  ich  in  diesen  Blättern  Raum  zu  finden  hoffe,  mich  dar- 
über auslassen^  warum  ich  es  für  durchaus  verfehlt  halte,  das  La- 

')  Solchen  „Kreisen"  ist  so  oder  so  nicht  zu  helfen.      Die  Red. 


14  Thierer, 

teinische  mit  der  Deklination  und  gerade  mit  der,  die  für  den  S  ehü- 
1er  die  schwerste  ist,  zu  beginnen.  Daß  wir  bei  dem  Unterricht  in  der 
Muttersprache  uns  von  dieser  ganz  unglilcklichen  Tradition  freizu- 
machen haben^  sollte  keines  Wortes  weiter  bedürfen,  und  ich  will 
deshalb  auch  keines  weiter  verlieren;  wenigstens  vorerst  nicht. 

Wir  drücken  unsere  Gedanken  in  Sätzen  aus,  wir  sprechen 
immer  in  einem  Satz.  Der  einfachste  Satz  besteht  nach  der  üblichen 
Terminologie  aus  Subjekt  und  Prädikat  oder,  wenn  kein  besonderes 
Subjektswort  da  ist,  nur  aus  Prädikat.  Dafür  war  bis  jetzt  die 
Bezeichnung  „nackter  Satz^'  im  Gebrauch ;  dieser  nackte  Satz  konnte 
auch  noch  Bekleidungsstücke  bekommen.  Dies  war  ein  ganz  treff- 
liches Bild,  an  dem  jedes  Kind  seine  Freude  hat,  und  das  ist  anch 
etwas  wert.  Ich  möchte  deshalb  diesem  plastischen  Ausdruck  den 
Vorzug  geben  vor  dem  „ganz  einfachen  Satz^^  und  ich  denke,  es 
wird  niemand  an  dem  „nackt^^  Anstoß  nehmen:  Die  deutsche  Nackt- 
heit und  die  importierte  „Nudität^  decken  sich  ja  gottlob  nicht! 
—  Die  Sätze  werden  aufgebaut,  man  spricht  vom  Satzbau.  Die 
Schüler  kennen  allerlei  Bauten,  ganz  einfache  ohne  jeden  Schmuck, 
nur  bestehend  aus  Wänden  und  Dach,  aber  sie  kennen  auch 
schöne  kunstvolle  Bauten,  Kirchen  und  prächtige  Säle;  da  sehen 
sie,  daß  die  hohen  Gewölbe  und  Decken  von  Säulen  und  Pfeilern 
getragen  sind;  diese  Pfeiler  usw.  sind  die  Träger  des  Baues, 
und  da  der  Satz  auch  ein  kunstvoller  Bau  ist,  so  braucht  er  auch 
solche  Satzträger  oder  einfach  Träger  (=  Subjekt).  Von 
diesem  Träger  spricht  man  nun  im  Satze  oder  sagt  etwas  über 
ihn  aus.  Daraus  entwickelt  sich  der  Spruch  oder  die  Aussage 
(==  Prädikat).  Aussage  ist  ja  ganz  üblich,  aber  die  Praxis  des 
Unterrichts  lehrt,  daß  die  Schüler,  unsere  lateinlernenden  Schüler, 
später  dadurch  in  Zwiespalt  kommen ;  denn  später  müssen  sie  scharf 
unterscheiden  zwischen  Aussage  und  Aufforderung,  und  eine 
Verwechslung  wird  oft  schwer  geahndet.  Deshalb  würde  ich  dem 
„Spruch"  den  Vorzug  geben.  In  jedem  Satz  erfahren  wir  aus  dem 
Spruch,  was  das  Ding,  das  Träger  ist,  tut  oder  leidet,  kurz  was 
in  dem  Satz  vorgeht  (denn  die  Handlung  des  Satzes  bezeichnet 
einen  Vorgang):  wir  haben  einen  Vorgangssatz;  oder  wir  er- 
fahren aus  dem  Spruch,  w  i  e  das  betr.  Ding  ist  (der  Spruch  gibt 
uns  ein  Merkmal,  eine  Eigenschaft  anj:  wir  haben  einen  Eigen- 
schaftssatz;  oder  der  Spruch  gibt  uns  an,  was  das  Ding  ist, 
zu  welcher  Art  das  Ding  gehört  (auf  die  Frage:  was  ist  ein 
Ding?  will   ich  immer  wissen,  zu  welcher  Art  von  Dingen  es  ge- 


Zur  deutschen  Sprachlehre.  l^ 

hört):  wir  haben  also  einen  Artsatz.  Verwandle  ich  einen  Eigen- 
schaftssatz^  z.  B.  der  Hnnd  ist  schwarz  in  eine  Dingbenen- 
n u n g  oder Dingbeschreibnng oder Dingbezeichnung  (einen 
solchen  Ausdruck  müssen  wir  in  die  Sprachlelire  einführen) :  Der 
schwarze  Hund,  so  findet  der  Schüler  von  selbst^  daß  schwarz  die 
Eigenschaftsangabe  zu  Hund  ist,  Eigenschaftsangabe  =  Attribnt; 
er  findet  auch,  daß  es  einfache  und  satzförraige  Eigenschafts- 
angaben gibt.  Wenn  man  heute  einen  akademisch  gebildeten  Mann 
fragt:  was  ist  Attribut?  und  zwar  so  fragt,  daß  er  einem  andern 
diesen  Ausdruck  erklären  soll,  so  kommt  er  in  Verlegenheit  und 
weiß  sich  nur  mit  der  Übersetzung  „BeifUgung^^  zu  helfen ;  unseren 
Schülern  aber,  die  noch  kein  Latein  können,  ist  Attribut  ein  un- 
verstandener Schall  und  Beifügung  etwas  Unwesentliches,  mit  dem 
sie  nichts  anzufangen  wissen;  dagegen  an  der  selbsterarbeiteten 
Eigenschaftsangabe  (oder  auch  Merkmalsangabe)  haben  sie  nicht 
nur  eine  Freude,  sondern  sie  wissen  auch,  was  es  ist,  und  es  kommt 
keine  Verwechslung  vor.  Was  ich  da  sage,  beruht  auf  Erfah- 
rung, und  zwar  auf  vielfacher.  Es  kommt  auch  keine  Ver- 
wechslung mehr  vor  mit  der  Apposition,  die  doch  auch  eine  },Bei- 
fügung"  ist.  Bis  jetzt  versteht  der  Schüler  (und  viele  Alten) 
den  Wesensunterschied  zwischen  Apposition  und  Attribut 
nicht,  er  kann  ihn  nicht  eindeutig  erklären,  es  sind  für  ihn 
Lautgruppen,  die  er  durch  hundertfache  Übung  schließlich  wenn 
es  gut  geht,  recht  verwendet,  aber  wie  gesagt,  in  das  Wesen 
dringt  er  nicht  ein.  An  diesem  Beispiel  zeigt  sich  ganz  besonders 
deutlich,  was  bei  einer  Übersetzung  der  lateinischen  Termini  her- 
auskommt. Über  ein  Seheii^wissen  kommt  der  Schüler  nicht  hin- 
aus. Hier  kommt  nur  Klarheit  herein,  wenn  man  vom  Satz  aus- 
geht, und  das  wird  noch  klarer,  wenn  wir  die  Apposition  ver- 
deutschen. Als  Beispiel  wähle  ich  den  Satz:  Cicero  ist  Konsul. 
Der  Schüler  findet  sofort :  der  Spruch  antwortet  auf  die  Frage  was 
ist  Cicero?  er  weiß,  daß  er  hier  einen  Artsatz  hat;  verwandelt  er 
diesen  Satz  in  eine  Dingbenennung  (s.  o.),  so  erhält  er  den  Konsul 
Cicero  und  findet  ohne  Schwierigkeit  ganz  von  selbst,  daß  Konsul 
zu  Cicero  Artangabe  (=  Apposition)  ist.  Und  an  wenigen  Bei- 
spielen bildet  er  sich  selbst  die  Regel  über  die  Stellung  der  Art- 
angabe. Wie  leicht  kann  man  dann  da  im  Lateinischen  an- 
knüpfen !  So  hätten  wir  deutsche  Ausdrücke  gewonnen  für  Subjekt, 
Prädikat,  Attribut  und  Apposition,  die  wohl  etwas  fremd  klingen, 
aber  den  von  H.  genannten  Erfordernissen  entsprechen.    Aber  nur 


16  Thierer, 

u  11  vS  klingen  sie  fremd,  die  wir  die  anderen  Ausdrücke  schon  kennen, 
nicht  aber  dem  Schüler,  der  sie  sich  selbst  als  Eigentum  erarbeitet. 
Das  ist  nicht  nur  für  den  Schüler  alles  wert,  sondern  auch  für  den 
Lehrer  überaus  wichtig :  er  tritt  in  ein  ganz  anderes  Verhältnis  zu 
seinen  Schülern.  Das  weiß  ich  nicht  nur  aus  Erfahrung,  sondern 
das  bestätigen  mir  auch  meine  beiden  Lehrer  an  der  Vorklasse  und 
Klasse  I,  die  seit  einiger  Zeit  in  meinem  Sinne  unterrichten,  mit 
der  größten  Freude. 

Der  nackte  oder  einfache  Satz  erhalt  noch  Bekleidungstücke, 
wird  erweitert,  die  Handlung  wird  näher  bestimmt:  wir  erhalten 
Bestimmungen  des  Orts,  der  Zeit,  der  Art  und  Weise,  des 
Grundes  usw.;  diese  Bestimmungen  können  einfach  sein  (da, 
dort,  gestern,  heute  usw.),  sie  können  aus  einem  Vorwort  und 
einem  Dingwort  oder  gar  aus  einem  Satze  bestehen:  so  gewinnen 
wir  einfache,  dingwortliche  und  satz förmige  Bestim- 
mungen. (Adverbiale  des  Orts  usw.).  In  dieser  Weise  läßt 
sich  die  Satzlehre  leicht  anschaulich  geben  und  lassen  sich  die  Be- 
griffe von  den  Schülern  anstandslos  entwickeln  und  feststellen. 
Schwieriger  wird  die  Sache,  wenn  die  Objekte  hinzutreten;  das 
zeigen  schon  die  verschiedenen  Vorschläge  und  die  Bezeichnungen 
für  die  Kasus  und  das  Genitiv-,  Dativ-  und  Akkusativobjekt.  Hier 
läuft  es  überall  auf  die  Bezeichnungen  Wer-Fall,  Weß-Fali  usw. 
hinaus;  das  ist  doch  etwas  rein  Äußerliches,  das  das  Wesen 
der  Sache  nicht  bezeichnet,  auch  hier  muß  sich  &er  Schüler  mit 
einem  Scheinwissen  begnügen.  Und  wenn  ich  die  von  H.  für  die 
verschiedenen  Objekte  vorgeschlagenen  Bezeichnungen  Wen-Gegen- 
stand,  Wem-Gegenstand,  Weß-Gegenstand  betrachte  und  mir  über- 
lege, so  glaube  ich,  daß  Herr  Oberstudienrat  Hauber  die  Namen 
auch  ,nur  der  Not  gehorchend'  geschöpft  hat,  ich  habe  da  nament- 
lich das  bestimmende  Wem  —  Was  —  im  Auge.  Aus  einer  per- 
sönlichen Aussprache  mit  Herrn  Oberstudienrat  Hauber  weiß  ich, 
daß  er  Gegenstand  für  Objekt  für  die  allein  treffende  Bezeichnung 
hält,  und  vom  Gesichtspunkt  der  Übersetzung  aus  ist  dies  ganz 
gewiß  richtig.  Nun  bemerkt  Herr  Oberstudienrat  Hauber  in  einer 
Anmerkung  zu  seinem  Aufsatz  selbst,  daß  sein  Vorschlag  die  vielen 
anderweitigen  Verwendungen  und  Bedeutungen  des  Wortes  gegen 
sich  habe.  Das  aber  wäre  für  mich  nicht  ausschlaggebend;  beim 
Anfangsunterricht  in  der  Sprachlehre,  wo  klare  unzweideutige  Be- 
griffe erzeugt,  erarbeitet  werden  sollen,  darf  sich  der  Lehrer  nicht 
fragen:   wie  komme   ich    mit    einem   solchen  Ausdruck   zustande, 


Zur  deutschen  Sprachlehre.  17 

sondern  ,,wie  verhalten  sich  meine  Schüler  einem  solchen  Ausdruck 
gegenüber?  können  sie  das  Wesen  der  Sache  erfassen?  erzeuge 
ich  nicht  bloß  ein  Scheiuwissen?  und  in  dieser  Beziehung  bin 
ich  den  vorgeschlagenen  Ausdrücken  gegenüber  nicht  sicher.  Die 
Lehre  von  den  Objekten  läßt  sich  auch  nur  gewinnen,  wenn  man 
vom  Satze  ausgeht  und  einen  gegebenen  Satz  mit  Akkusativobjekt 
aus  der  Tuform  {=  Aktivum)  in  die  Leideform  (Passivum)  umsetzt 
[Diese  beiden  Termini,  Tuform  und  Leideform,  sagen  mir  ganz  zu, 
noch  mehr  als  Tatschilderung  und  Leidensschilderung.] 
Sehr  anschaulich  gibt  B.  Otto  in  seinem  genannten  Buche  S.  97  ff. 
diese  Umsetzung  eines  Vorgangs  ans  der  Tuform  in  die  Leideform 
und  gewinnt  auf  diese  Weise  für  Akkusativobjekt  den  Terminus 
Nennung  des  Dulders.  Ich  zweifle  nicht  im  mindesten,  daß 
dieser  Terminus  bei  den  meisten,  ja  fast  allen  Fachgenossen,  die 
ihn  zum  erstenmal  hören,  nicht  nur  ein  bedenkliches  Eopfschtttteln 
sondern  ein  kräftiges  Aul  oder  eine  noch  stärkere  Äußerung  ihres 
verletzten  Innern  zur  Auslösung  bringen  wird.  Man  kann  darüber 
lachen  und  wird  darüber  lachen.  Aber  wenn  ein  Lehrer  z.  B.  von  der 
Ministerialabteilung  den  Auftrag  erhielte,  das  Akkusativobjekt  acht  bis 
nennjährigen  Schülern  so  zu  erklären,  daß  sie  den  Vorgang  vrirklich 
verstehen,  daß  sie  sich  ihn  zum  bewußten  Eigentum  erwerben,  daß  jedes 
Seh  ein  wissen  ferne  ist,  und  wenn  er  eine  deckende  Bezeichnung 
dafür  finden  soll,  dann  würde  ihm  nach  einigem  Nachdenken  das 
Lachen  vergehen.  Ich  glaube,  er  würde  schließlich  mit  Freuden 
zu  „Nennung  des  Dulders^'  sich  bekehren.  Übrigens  haben  die  alten 
Römer,  als  ihnen  ihre  Grammatiker  aus  der  griechischen  nräoig 
oiziarixi]  einen  Accusativus,  einen  AnklagefaU,  auftischten,  wohl 
nicht  weniger  erstaunte  Gesichter  gemacht!  Damit  wir  aber  die 
Hauptsache  nicht  vergessen,  wir  dürfen  wieder  nicht  an  uns  denken, 
sondern  an  unsere  Schüler,  und  diese  stehen  der  Sache  ganz  anders 
gegenüber.  Diese  sind  nicht  mit  einem  fremden,  unverständlichen 
Ausdruck  belastet,  auf  den  sie  schon  stolz  sind,  ihnen  ist  die  Sache 
neu  und  der  Vorgang,  an  dem  sie  diese  grammatische  Neuerschei- 
nung kennenlernen,  macht  ihnen  zur  Abwechslung  einmal  Freude 
und  erweckt  nicht  Heulen  und  Zähneklappen.  (Als  Beispiel  ist 
nämlich  der  Satz  gewählt^  der  sich  mit  einem  in  der  Schule  nicht 
seltenen  Vorgang  beschäftigt:  ,,Der  Lehrer  haut  den  Schüler.") 
Daß  die  Schüler  auf  diese  Weise  das  Wesen  der  grammatischen  Er- 
scheinung begreifen,  davon  habe  ich  mich  praktisch  überzeugt.  Der 
Schüler  findet  dann  ganz  von  selbst  die  Regel:  was  in  der  Tu* 

Konretpondensblatt  1906,  Heft  1. 


18  Thierer, 

ibKjn  Nennung  des  Dulders  ist,  wird  in  der  Leideform  Trä- 
ger und  was  in  der  Tuform  Träger  ist,  wird  in  der  Leideform 
Bestimmung  der  tätigen  Person  oder  Sache.  Wie  gesagt, 
ohne  weiteres  bringt  der  Schüler  selbst  diesen  sprachlichen  Vor- 
gang auf  die  Regel.  Dann  gibt  es  auch  nicht  mehr  so  viele  ,^dumme^^ 
Buben,  die  die  ,,einfache^^  Regel  nicht  begreifen:  ,,Was  im  Aktiv 
Objekt  ist,  wird  im  Passiv  Subjekt. ^^ 

Aus  dem  Vorhergehenden  ist  ersichtlich,  daß  Kasus  mit  „Nen- 
n  ung"  verdeutscht  werden  kann,  und  wir  würden  folgende  Termini 
gewinnen:  für  Nominativ  Nennung  des  Trägers,  für  Akkusativ 
Nennung  des  Dulders,  für  Genetiv  ließe  sich  Nennung  des  Besitzers 
gebrauchen  und  für  Dativ  schlägt  Otto  Nennung  des  Teilhabers  vor. 
Gegen  diese  Termini  läßt  sich  gewiß  manches  einwenden,  aber  das 
Wesen  der  Sache  treffen  sie,  die  Schüler  erhalten  eine  klare  Er- 
kenntnis und  ,, werden  nicht  auf  den  Schein  der  Erkenntnis  einge- 
drillt^^  Und  das  ist  immer  die  Hauptsache;  übrigens  erwirbt  sich 
jeder  ein  Verdienst,  der  etwas  besseres  beibringt.  So  viel  von  den 
Objekten:  wir  sehen  daraus,  daß  die  „Tücke  des  Objekts^^  sich 
nirgends  mehr  zeigt,  als  in  der  Lehre  über  sein  eigenes  Wesen. 
Ich  will  diesen  Absatz  über  das  Objekt  schließen  mit  einer  argen 
Ketzerei:  ob  ein  Terminus  etwas  taugt,  darüber  sind  eigentlich 
nicht  wir  Lehrer  die  kompetentesten  Beurteiler,  sondeni  die  Schüler ! 
Was  sie  verstehen,  nehmen  sie  an  und  behalten  es  als  ihr  Eigentum. 

Über  die  verschiedenen  Handlungsarten  (Genera  verbi)  habe 
ich  schon  kurz  mich  dahin  ausgesprochen,  daß  die  Bezeichnungen 
„Tuform"  und  „Leideform^^  mir  zusagen,  und  auch  gegen  die  vor- 
geschlagenen deutschen  Bezeichnungen  für  die  Tempora  läßt  sich 
nicht  viel  einwenden.  Vielleicht  werde  ich  später  im  Laufe  des 
Jahres,  wenn  ich  mit  den  Schülern  meiner  Vorklasse  die  Tempus- 
lehre von  ihrem  Standpunkt  aus  durchgenommen  habe,  meine  Er- 
fahrung in  diesem  Blatte  niederlegen.  Statt  „Aussagearten"  möchte 
ich  „Sprech weisen"  vorschlagen,  weil  der  Konjunktiv  keine 
Aussage  ist.  Für  Indikativ  ließe  sich  wohl  besser  statt  „Sageform" 
„Bericht"  empfehlen  und  gegen  „Fügeform"  habe  ich  das  schon 
öfter  geäußerte  Bedenken,  daß  es  für  die  Schüler  zu  abstrakt  ist, 
daß  sie  selbst  auf  den  Ausdruck  nicht  kommen  können,  daß  man 
ihn  ihnen  „überliefern"  muß,  ohne  daß  er  ihnen  klar  würde.  Vor 
einigen  Wochen  habe  ich  au  meiner  1.  Klasse  in  einer  Viertelstunde 
die  lateinischen  Konjunktivformen  aller  vier  Konjugationen  im 
Beisein  des  Klassenlehrers  eingeübt,  was  deshalb  ir.öglich  ist,  weil 


2nr  deutschen  Sprachlehre.  19 

diese  Schüler  die  Konjugationen  nicht  ^^gelemt"^  nicht  „memoriert^' 
habeu^  sondern  sich  selbst  haben  entstehen  lassen :  so  sind  die  Kon- 
jugationsformen ihnen  keine  bloßen  Wortklänge^  sondern  sie  sehen 
in  die  Formen  hinein,  sie  können  zwischen  den  Buchstaben  lesen 
—  intellegunt  — ^!  Ich  habe  ihnen  da  gesagt,  daß  sie  schon 
lateinisch  gesprochen  haben,  ehe  sie  in  die  Lateinschule  gegangen 
seien,  und  als  sie  mich  ungläubig  ansahen,  habe  ich  sie  gefragt: 
„nun,  wie  ruft  ihr  denn,  wenn  der  König  nach  Geislingen  kommt?" 
und  da  haben  sie  alle  fröhlich  geantwortet :  vivat  hoch  I  Von  dem 
vivat  wurde  rasch  der  Stamm  und  die  Endung  festgestellt  und  als 
besonderes  „Zeichen"  das  a  gefunden  und  als  Übersetzung  von  den 
Schülern  gegeben  „er  lebe"  und  dies  „er  lebe"  auf  meine  Frage 
von  den  Schülern  als  ;, Wunsch"  bezeichnet;  das  a  wurde  also  als 
Wunschzeichen  festgestellt  und  die  Form  als  „Wunschform".  Dies 
alles  von  den  Schülern.  Ich  faßte  dann  zusammen,  was  wir  ge- 
funden hatten  und  sagte:  „vivat  ist  also  eine  Wansch  form,  der 
Lateiner  heißt  dies  Konjunktivus,  diese  Wortform  kann  ich  euch 
aber  erst  erklären,  wenn  ihr  noch  mehr  Lateinisch  könnt.  Und  so 
möchte  ich  für  Konjunktivus  Wunschform  vorschlagen  statt 
„Fügeform".  Befehlsform  kann  man  gut  sagen,  aber  auch  Gebot, 
denn  der  Imperator  ist  der  Gebieter  und  dem  Gebot  lässt  sich 
leicht  das  Verbot  gegenüberstellen!  Mit  Mittelform  bin  ich  nicht 
einverstanden,  diese  Bezeichnung  beruht  auf  äusserlicher  Auffassung. 
Um  hier  eine  Bezeichnung  zu  finden,  geht  man  am  besten  von  einem 
Satz  in  der  Leideform  aus,  z.  B.  der  Apfel  wurde  gegessen,  ver- 
wandelt diesen  Satz  in  eine  Dingbezeichnung  (s.  o.)  =  der 
gegessene  Apfel  und  so  wird  „gegessen"  als  eine  Eigens chafts- 
form  festgestellt^  und  man  erhält  eine  Tätereigenschaftsfo  rm 
und  eine  Duldereigenschaftsform  (Partie.  Act.  und  Passivi). — 
Nennform  für  Infinitiv  ist  recht;  schwieriger  ist  die  Frage  betr. 
die  verba  transitiva  und  intransitiva.  Von  „wenhaft"  „wenlos", 
wie  von  H.  vorgeschlagen  wird,  weiß  ich  nicht,  wie  es  auf  die 
Schüler  wirkt.  Für  prädikatives  Substantiv  und  prädikatives  Ad- 
jektiv, kann  man  wohl  „aussagendes"  (H.)  oder  spruchhaftes  Ding- 
wort und  Eigenschafts-  bezw.  Merkmalswort  sagen.  Jedenfalls  muß 
man  zum  Verständnis  den  Schülern  ausführen,  daß  z.  B.  die  Sätze 
,die  Römer  machten  den  Cicero  zum  Konsul'  und  ,Reicbtum  allein 
macht  nicht  glücklich'  eigentlich  verstümmelt  sind  ^)  aus  „die  Römer 

^)  Diesen  Satz  kann  die  Redaktion  nicht  unwidersprochen  hinaus- 
gehen lassen. 


20  ^'  Realistiiicfae  Diaistprfitang  190(. 

machten^  daß  Cicero  Konsul  warde*'  und  «,ECeiehtam  alleiii  macht 
nicht,  daß  die  Menschen  glttcklich  sind".  Das  ist  denn  anch  die 
richtige  Vorfoereitnng  für  die  lateinische  Übersetzung.  —  So  bin 
ich  für  diesmal  am  Ende  angelangt.  Was  ich  Ober  den  Abschnitt 
C  n,  die  Satzarten  zn  sagen  bezw.  daran  zu  ändeni  hätte,  geht  ans 
dem  bisherigen  hervor.  Und  ehe  ich  zn  einer  kurzen  Schlnßbe* 
merknng  komme,  möchte  ich  nur  noch  bemerken,  daß  in  Hs.  Vor- 
schlägen der  Abschnitt  ttber  die  Lautlehre  fehlt,  niid  dieser  Teil 
der  Grammatik  ist  doch  gar  nicht  unwesentlich.  Darüber  hat  im 
^  Hauslehrer^  außer  Berthold  Otto  namentlich  auch  Pfarrer  Spieser 
in  Waldhambach  ganz  treffliche  Ausführungen  gegeben,  die  als  gute 
Grundlage  zu  einer  Erörterung  dienen  können.  Meine  Zeit  erlaubt 
mir  diesmal  nicht,  weiter  darauf  einzugehen,  da  der  Redakteur  mir 
einen  Termin  gestellt  hat,  so  daß  das  Mannskript  hente  abgehen  muß. 

Zum  Schluß  möchte  ich  nur  den  Wunsch  aussprechen:  mögen 
recht  viele  Fachgenossen  dieser  Frage  sich  widmen  und  in  die  Er- 
örterung eintreten,  dabei  aber  nicht  nur  von  theoretischen  Ge- 
sichtspunkten sich  leiten  lassen  und  nicht  nur  daran  denken,  was 
ihnen  gefällt,  sondern  was  für  unsere  Schüler  brauchbar  ist,  denn 
gerade  in  dieser  Frage  gilt  der  Satz,  daß  allo  Theorie  grau  und 
nur  grün  des  Lebens  goldener  Baum  ist. 

Geislingen,  Weihnachten  1904.  A.  Thicrcr. 


L  Realistische  Dienstprüfung  1904. 

A.  SpracUiclL-geschiclitliclie  Richtung. 

Deutsche  Literatur. 

1.  Historisches  im  Nibelungenlied. 

2.  Johann  Fischart  nnd  seine  Schriften. 

3.  Der  deutsche  Roman  im  18.  Jahrhundert. 

4.  Goethe  zwischen  Strassburg  und  Weimar. 
Verlangt  die  Behandlung  von  1  oder  2  und  3  oder  4. 

Französischer  Aufsatz. 

Zur  Auswahl: 

Les  origines  du  roroan  courtois. 

L*hotel  de  Rambouillet. 

Victor  Hugo  commc  poete  dramatique. 


L  Realistische  Dienstprttfimg  1904.  21 

Französische   Komposition. 

Ein  allgemeiner,  unwiderstehlicher  Hang  nach  dem  Neuen  und 
Ausserordentlichen,  ein  Verlangen,  sich  in  einem  leidenschaftlichen 
Zustande  zu  fühlen,  hat,  nach  Sulzers  Bemerkung,  der  Schaubühne 
die  Entstehung  gegeben.  Erschöpft  von  den  höheren  Anstrengungen 
des  Geistes,  ermattet  von  den  einförmigen,  oft  niederdrückenden 
Geschäften  des  Berufs  und  von  Sinnlichkeit  gesättigt,  mußte  der 
Mensch  eine  Leerheit  in  seinem  Wesen  fühlen,  die  dem  ewigen  Trieb 
nach  Tätigkeit  zuwider  war.  Unsere  Natur,  gleich  unfähig,  länger 
im  Zustande  des  Tiers  fortzudauern,  als  die  feineren  Arbeiten  des 
Verstandes  fortzusetzen,  verlangte  einen  mittleren  Zustand,  der  beide 
widersprechende  Enden  vereinigte,  die  harte  Spannung  zu  sanfter 
Harmonie  herabstimmte  und  den  wechselsweisen  Übergang  eines 
Zustandes  in  den  anderen  erleichterte.  Diesen  Nutzen  leistet  über- 
haupt nun  der  ästhetische  Sinn  oder  das  Gefühl  für  das  Schöne. 
Da  aber  eines  weisen  Gesetzgebers  erstes  Augenmerk  sein  muß, 
unter  zwei  Wirkungen  die  höchste  herauszulesen,  so  wird  er  sich 
nicht  begnügen,  die  Neigungen  seines  Volkes  nur  entwaffnet  zu 
haben;  er  wird  sie  auch,  wenn  es  irgend  nur  möglich  ist,  als 
Werkzeuge  höherer  Pläne  gebrauchen  und  in  Quollen  von  Glück- 
seligkeit zu  verwandeln  bemfiht  sein,  und  darum  wählte  er  vor 
allen  andern  die  Bühne,  die  dem  nach  Tätigkeit  dürstenden  Geist 
einen  unendlichen  Kreis  eröffnet,  jeder  Seelenkraft  Nahrung  gibt, 
ohne  eine  einzige  zu  überspannen,  und  die  Bildung  des  Verstandes 
und  des  Herzens  mit  der  edelsten  Unterhaltung  vereinigt. 

(Schiller,  Prosaische  Schriften.  Die  Schaubühne  als  eine  mora- 
lische Anstalt  betrachtet.) 

Französisches  Diktat,  zugleich  Exposition. 

Done  Elvire: 

Avant  que  vous  parliez,  je  demande  instamment 
Que  vous  daigniez,  seigneur,  m'6couter  un  moment. 
D6jA  la  renomm^e  a  jusqu  'ä  nos  orcilles 
Porto  de  votre  bras  les  soudaines  merveilles ; 
Et  j^admire  avec  tous  comme  en  si  peu  de  temps 
II  donne  a  nos  destins  ces  succes  eclatants. 
Je  sais  bien  qu'un  bienfait  do  cette  cons6quence 
Ne  saurait  demander  trop  de  reconnaissance, 
Et  qu*on  doit  toute  ehose  ä  Texploit  immortel 


22  !•  Realistische  Dienstprüfung  1904. 

Qui  replace  mon  fr^re  an  trdne  paternel. 

Mais,  quoi  qne  de  son  coeur  vons  offrent  les  hommages, 

Usez  en  gön^reux  de  tous  vos  avantageS; 

Et  ne  permettez  pas  qne  ce  conp  glorienx 

Jette  aar  moi,  seignenr,  an  joug  imp^rieux; 

Que  votre  amour,  qui  sait  quel  intöret  m^anime^ 

S'obstine  k  triompher  d'un  refus  legitime. 

Et  veuiile  que  ce  fr^re,  oü  l'on  va  m'exposer, 

Commence  d'etre  roi  pour  me  tyranniser. 

Leon  a  d'autres  prix  dont;  en  cette  occurrencc, 

II  peut  mieux  honorer  votre  kaute  vaillance; 

Et  c'est  k  vos  vertus  faire  un  present  trop  bas, 

Que  vous  donner  un  coeur  qui  ne  se  donne  pas. 

Peut-on  Stre  jamais  satisfait  en  soi-meme, 

Lorsque  par  la  contrainte  on  obtient  ce  qu'on  aime? 

C'est  un  triste  avantage,  et  l'amant  genereux 

A  ces  oonditions  refuse  d'Stre  heureux; 

n  ne  veut  rien  devoir  k  cette  violence 

Q«i*exercent  sur  nos  coeurs  les  droits  de  la  naissance, 

Et  pour  Tobjet  qu*il  aime  est  tonjours  trop  z^l^, 

Pour  Boufirir  qu'en  victime  ü  lui  soit  immole. 

Ce  n'eat  pas  qne  ce  coeur  au  mörite  d*un  autre 

Pr6tende  reserver  ce  qu'il  refuse  au  vötre; 

Non,  seigneur;  j'en  r^ponds,  et  vous  donne  ma  foi 

Que  personne  jamais  n^aura  pouvoir  sur  moi. 

(Moliöre,  Don  Qarcie  de  Navarre  V,  5). 

Englischer  Aufsatz. 
Zur  Auswahl: 

1.  Shelley,  the  man  and  poet. 

2.  Christian  life  and  thought  in  Alfred's  England. 

3.  The  humorists  of  the  18**»  Century. 

Englische  Komposition. 

„Poesie  ?''  erwiderte  Anna,  indem  sie  einen  trüben,  wehmütigen 
Blick  auf  die  Berge  gegenüber  warf.  ,,Eine  Poesie,  die  mir  das 
Herz  durchschneidet.  Mir  erscheint  dieses  fröhliche  Treiben  wie 
ein  Bild  des  Lebens.  Unter  langem  Jammer  und  Ungemach  ein 
Tag  der  Freude,  der  durch  seine  hellen,  freundlichen  Strahlen  das 


I.  Realistische  Dienstprüfung  1904.  23 

öde  Dunkel  umher  nur  noch  deutlicher  zeigt,  aber  nicht  aufhellt! 
0,  kenntest  du  erst  das  Leben  dieser  Armen  näher!  Wenn  du 
sie  beim  ersten  Erwachen  des  Frühlings  sehen  könntest!  Jeder 
Winter  verwüstet  ihre  steilen  Gärten;  der  Schnee  löst  sie  auf  und 
reißt  ihre  beste,  fruchtbarste  Erde  mit  sich  hinab.  Aber  rastlos 
zieht  jung  und  alt  heraus.  Die  Erde,  die  ihnen  das  Wasser  nahm, 
tragen  sie  wieder  hinauf,  und  legen  sie  sorglich  um  ihre  Reben 
her.  Vom  frühesten  Morgen,  in  der  Glut  des  Mittags,  bis  am 
späten  Abend  steigen  sie,  schwer  beladen,  die  steilen,  engen  Treppen 
hinan.  Welche  Freude,  wenn  dann  der  Weinstock  schön  steht, 
aber  wie  bitter  ist  zugleich  ihre  Sorge;  denn  der  kleinste  Frost 
kann  ihre  zarte  Pflanze  vernichten.  Und  fällt  nun  der  böse  Tau 
oder  eine  kalte  Nacht,  wie  schauerlich  ist  dann  ihr  Geschäft  an- 
zusehen. Alle,  selbst  die  kleinsten  Kinder,  strömen  noch  vor  Tag 
in  den  Weinberg,  dort  legen  sie  alte  Stücke  von  Kleidern  und 
Tüchern  neben  die  Rebstöcke  und  brennen  sie  an,  daß  der  qual- 
mende Rauch  die  zarte  Pflanze  schützen  möchte.  Wie  arme  Seelen, 
ins  Fegfeuer  verbannt,  schleichen  sie  um  die  kleinen  zuckenden 
Feuer  und  durch  die  Schleier,  die  der  Rauch  um  sie  zieht.  Die 
Kleinen  rennen  umher,  sie  können  noch  nicht  berechnen,  welches 
Unglück  sie  sehen,  aber  die  Männer  und  Weiber  wissen  es  wohl; 
es  ist  eine  kühle  Morgenstunde,  die  das  Werk  langer,  mühsamer 
Wochen  zerstört  und  sie  oline  Rettung  noch  tiefer  in  die  Armut 
senkt.^  ,, Wahrhaftig!  du  bist  krank,  Anua!^^  sagte  der  alte  Herr, 
indem  er  lächelnd  zu  ihr  trat  und  doch  nicht  ohne  leise  Besorg- 
lichkeit,  seine  Hand  auf  ihre  schöne  Stime  legte,  „du  warst  ja 
doch  sonst  so  fröhlich  im  Herbst,  gabst  solchen  bösen  Gedanken 
niemals  Raum  und  freutest  dich  mit  den  Fröhlichen,  bist  du  krank  ?^^ 
W.  Hauff,  Das  Bild  des  Kaisers  S.  80,  81  (Reclam). 

Englisches  Diktat,  zugleich  Exposition. 

King  Henry.    I  pray  theo,  bear  my  former  answer  back: 

Bid  them  achieve  me  and  then  seil  my  bonos. 

Good  God!  why  should  they  mock  poor  fellows  thusV 

The  man  that  once  did  seil  the  lion^s  skin 

While  the  beast  lived,  was  killed  with  hunting  him. 

A  many  of  our  bodies  shall  iio  donbt 

Find  native  graves;  upon  the  which,  I  trust, 

Shall  witness  live  in  brass  of  this  day's  work; 


24  I-  Realistische  Dienstprüfunp:  1904. 

And  those  that  leave  their  valiant  bones  in  France^ 

Dying  like  men,  though  buried  in  yonr  dnnghillS; 

They  shall  be  famed;  for  there  the  snn  shall  greet  tbem. 

And  draw  their  honours  reeking  np  to  heaven; 

Leaving  their  earthly  parts  to  choke  your  clime, 

The  smell  wherof  shall  breed  a  plague  in  France. 

Mark  then  abonnding  valonr  in  our  Engiish, 

That  being  dead,  like  to  the  bnllet^s  grazing, 

Break  ont  into  a  second  coarse  of  mischief; 

Killing  in  relapse  of  mortality. 

Let  me  speak  prondly:  teil  the  constable 

We  are  bat  warriors  for  the  working-day; 

Our  gayness  and  our  gilt  are  all  besmirch'd 

With  rainy  marching  in  the  painfal  field; 

There*8  not  a  piece  of  feather  in  oar  host  — 

Good  argumenta  I  hope,  we  will  not  fly  — 

And  time  has  worn  us  into  slovenry; 

Bat,  by  the  mass,  our  hearts  are  in  the  trim; 

And  my  poor  soldiers  teil  me^  yet  ere  night 

They'U  be  in  fresher  robes,  or  they  will  pluck 

The  gay  new  coats  o'er  the  French  soldiers*  heads 

And  turn  them  ont  of  Service.    If  they  do  this,  — 

As;  if  6od  please,  they  shall,  —  my  ransom  then 

Will  soon  be  levied.  Herald,  save  thou  thy  labonr; 

Come  thon  no  more  for  ransom,  gentle  herald; 

They  shall  have  none,  I  swear,  but  these  my  joints ; 

Which  if  they  have  as  I  will  leave  *em  them, 

Shall  yield  them  little,  teil  the  constable. 

W.  Shakespeare,  King  Heniy  V.  Act  IV.  Sc.  III. 

Geschichte. 

1.  Die  peloponnesische  Hegemonie  Spartas  bis  Mantinea  362. 

2.  Alexander  der  Grosse. 

3.  Gregor  Vn. 

4.  Die  deutsche  Reformation  1517 — 21. 

5.  Der  Ursprung  des  7jährigen  Kriegs. 

6.  Das  Jahr  1866. 

Zu  beantworten  sind  2  Fragen,  eine  ans  der  deutschen  Ge- 
schichte (4 --6),  eine  aus  der  übrigen  Geschichte  (1 — 3). 


T.  Realistische  Dienstprüfung  1904.  25 

Geographie. 

A  1.  Wesen,  Bedeutung  and  Verbreitung  der  Gletscher. 

2.  Die  geographische  Verbreitung  der  Wälder  und  ihre  Be- 
deutung für  die  Umgebung. 

8.  Die  Meeresströmungen. 
B  1.  Großbritannien. 

2.  Nordafrika. 
Zu  B  eine  Kartenskizze. 
Aus  jeder  der  Gruppen  A  und  B  eine  Aufgabe. 

B.  Hatliematiscli-naturwlsseiLscliaftliclie  Riclituug. 

Erste  Abteilung. 

Höhere   Algebra. 

1.  Die  Rekursionsformeln  zu  entwickeln,  die  zur  Bestimmung 
von  Zähler  und  Nenner  der  Näherungswerte  eines  Kettenbruchs 
dienen. 

2.  Die  Wurzeln  der  Gleichung  6.  Grades 

f(x)  =  X»  —  6x*  -f  7x*  +'12x>  —  12x»  —  16  x  —  4  =  0 
können  mathematisch  genau  (nicht  bloss  näherungsweise)  bestimmt 
werden ;  warum  ist  dies  möglich,  und  wie  lautet  die  in  ihre  Linear- 
faktoren zerlegte  Funktion  f(x)? 
Keine  Hilfsmittel  zulässig. 

A  n  a  I  y  s  i  s. 

1.  Für  die  Raumkurve 

x2  +  y»=a« 
X«  +  z*  =  ax 

sollen  bestimmt  werden :  ihre  Kulminationspunkte  in  Beziehung  auf 
die  Horizontalebene;  ferner  Schmiegungsebene  und  Hauptnormale 
in  einem  beliebigen  Punkt  der  Kurve. 

2.  Geometrische  Deutung  und  Auswertung  des  Doppelintegrals 

3.  Zu  zeigen,  daß 

(y*  ■♦-  yz)  dx  +  (z*  +  xz)  dy  +  (y'  —  xy)  dz  =  0 
eine  totale   exakte  Differentialgleichung  ist  und   ihr  Integral   auf- 
zustellen. 


26  ^  Realistische  Dienstprüfiin^  1904. 

4.  Die  Kiemannsche  Verzweigungsfläche  der  Funktion 

2, 4/     -, 

ZU  konstruieren. 

Verlangt  ausführliche  Behandlung  von  drei  Aufgaben. 
Keine  Hilfsmittel  zulässig. 

Analytische  Geometrie. 

1.  Man  soll  die  Kurve 

xV  +  x»  +  y«  — 2xy(x  +  y4-l)  =  0 
sowohl  im  rechtwinkligen  als  auch  im  Dreiecks-Koordinaten-System 
(bezogen  auf  ein   gleichseitiges  Dreieck)   nach   ihrem   ungefähren 
Verlauf  zeichnen  und  ihre  Singularitäten  angeben. 

2.  Die  Horizontalspur  der  Tangantenfläche  der  Kaumkurve 

X»  +  y«  =  a« 
X«  -f-  z«  ==  ax 

soll  bestimmt  und  untersucht  werden;  insbesondere  ist  auch  diejenige 
Form    der  Gleichung   aufzustellen,    aus   der   alle  Asymptoten  der 
Kurve  auf  einmal  abzulesen  sind. 
Keine  Hilfsmittel  zulässig. 

Synthetische   Geometrie. 

1.  Ein  Lichtstrahl,  der  von  einem  gegebenen  Punkt  innerhalb 
eines  einfachen  Vierecks  mit  spiegelnden  Seiten  ausgeht,  wird  der 
Reihe  nach  von  diesen  Seiten  zurückgeworfen.  Man  soll  die  Rich- 
tung jenes  Lichtstrahls  so  bestimmen,  dass  der  letzte  zurückge- 
worfene Strahl  parallel  zn  ihm  wird. 

2.  Eine  Kurve  2.  Ordnung  zu  konstruieren,  von  welcher  ein 
Brennpunkt,  die  zugehörige  Leitlinie  und  eine  Tangente  gegeben 
sind. 

B.  Den  Satz  zu  beweisen:  Alle  Hyperbeln^  die  einem  Kreis- 
viereck umschrieben  sind,  haben  parallele  Axen. 

(Anleitung:  Die  Richtungen  der  Axen  halbieren  die  Winkel 
der  zwei  Paar  Gegenseiten  des  Vierecks.) 

Darstellende  Geometrie. 

Die  Grundrißspnr  eines  Drehungskegels  von  schiefer  Lage 
und  seine  Durchdringungskurve  mit  einer  Kugel  sollen  konstruiert 
werden. 


1.  Realistische  Dienstprüfnng  1904.  27 

Anf  die  unabhängige  Bestimmung  des  Kegelumrisses  in  beiden 
Projektionen  und  die  Konstruktion  ausgezeichneter  Punkte  der 
Dnrcbdringungskurve  wird  Wert  gelegt. 

Die  Spitze  des  Kegels  (welche  auf  der  nutzbaren  Zeichenfläche, 
die  nach  Abzug  eines  Randes  von  passender  Breite  tibrigbleibt^ 
so  weit  als  möglich  links  angenommen  werden  möge)  befinde  sich 
20  cm  über  der  Grundrißebene,  22  cm  vor  der  Aufrißebene;  die 
nach  rechts,  hinten,  unten  gehende  Axe  des  Kegels  bilde  im  Grund- 
riß 45^^,  im  Aufriß  60'^  mit  dem  Grundschnitt;  der  ganze  Öffnungs- 
winkel des  Kegels  betrage  30^  (also  der  Winkel  einer  jeden 
Mantellinie  mit  der  Kegelaxe  lö'^).  Die  Kugel  liege  auf  der 
Grundrißebene  und  habe  10  cm  Halbmesser ;  ihr  Mittelpunkt  befinde 
sich  12  cm  vor  der  Aufrißebene  und  sein  in  der  Richtung  des 
Grundschnitts  gemessener  Abstand  von  der  Kegelspitze  sei  18  cm. 

Blattgröße :  35  cm  Breite,  50  cm  Höhe. 

Eine  kurze  Beschreibung  der  Konstruktion  ist  beizufügen. 

Trigonometrie  und  mathematische  Geographie. 

1.  Die  Längen  der  drei  Höhen  eines  ebenen  Dreiecks  verhalten 
sich  wie  die  Zahlen  101,  102,  103.  Was  sind  die  Winkel  dieses 
Dreiecks?  (auf  0',1  genau). 

2.  In  einem  ebenen  Dreieck  sind  zwei  Seiten  100,000  und 
50,000  Meter  lang  und  der  Winkel  zwischen  beiden  beträgt  179*^0'  0''. 
Die  dritte  Seite  des  Dreiecks  soll  auf  1  mm  genau  ohne  Anwendung 
trigonometrischer  Zahlen  berechnet  werden. 

3.  Ein  Schiff  will  von  A  nach  B  auf  dem  Großkreis  zwischen 
beiden  Punkten  fahren;  die  geographischen  Koordinaten  der  zwei 
Punkte  sind: 

geogr.  Breiten  geogr.  Längen 

A  (pi  =  +  37<>  42',5  60U2',0  w.  v.  Greenwich 

B  <pf  =  +  49«51',5  4P   7',3   ,     „       „       „ 

Welcher  Kurs  (Winkel  mit  dem  Meridian)  ist  im  Punkt  A  zu 
steuern  und  wieviel  beträgt  dieser  Kurswinkel  beim  Passieren 
der  Meridiane  55^^,  45^^  w.  Gr.  und  endlich  in  B?  Wie  lang  ist 
der  Bogen  AB  in  km?  Es  ist  sphärisch  zu  rechnen, 
R= 6375  km. 

Was  ist  ferner  der  (konstante)  Kurswinkel  für  die  Fahrt  auf 
der  Loxodrome  von  A  nach  B  statt  auf  dem  Großkreis?  Und 
um  wie  viel  ist  der  Loxodromenbogen  A  B  länger  als  der  Groß- 
kreisbogen? 


28 


I.  Realistisclie  DienstprUfiiii^  1904. 


(Anleitung:  Loxodromen  auf  einer  Umdrehungsfläclic  sind 
Kurven^  die  die  Meridiankurven  der  Umdrehungsfläche  unter  kon- 
stantem Winkel  a  sehneiden.  [«  =  0  gibt  einen  Meridian,  a  =  90** 
einen  Parallelkreis  der  Umdrehungsfläche.]  In  der  s.  g.  Mercator- 
Abbiidung  der  spliärischen  Erdoberfläche  [normale  zylindrische 
,,konforme^^  Abbildung]  werden  die  Erdmeridiane  als  parallele 
Gerade  abgebildet^  deren  Abstand  gleich  dem  entsprechenden  Äqua- 


(i^df) 


torbogen  ist,  die  Parallelkreise  bilden  sich  ab  als  Schar  zu  den 
Meridianbildern  senkrechter  Gerader  und  zwar  ist,  wie  ein  oo  kleines; 
von  benachbarten  Kugelmeridianen  und  Kugelparallelkreisen  gebil- 
detes Viereck  zeigt,  das  ,,konform"  in  die  Ebene  übertragen  werden 

1 


soll,  dv  =  R  • 

'     "  cos  9 

kreisbilder   ist  y  =  R  •  log  nat  tg  (    .-  + 


df/    oder    das    „Abstandsgesetz"    der   Parallel- 

qp  \ 

2  1 ,   die  y  vom  Aqua- 

torbild  aus  gerechnet.    In  dieser  Abbildung  auf  die   Ebene  ist 
das  Bild  jeder  Loxodrome  eine  gerade  Linie,  die  denselben 
Winkel  mit  den  Meridianbildern   einschließt,   wie  ihr  Original  auf 
der  Kugel.    Nach  diesen  Angaben  sind  a  und  ß  zu  berechnen.) 
Zugelassene  Hilfsmittel:  Log.-Tafeln. 


Analytische  Mechanik. 

1.  Ein  sehr  dünner  geradliniger  Stab  von  der  Länge  1,  dessen 

Schwerpunkt   sich  in  i  von    einem   Endpunkt    befindet,    ruht    mit 

beiden    Endpunkten    auf    einem    aufrecht    stehenden    Kreisbogen. 
Für   welchen  Neigungswinkel    gegen    die   Horizontale   befindet   er 
sich  im  Gleichgewicht,  wenn  an  den  Auflagerstellen  keine  Reibung 
wirkt?    Welches  ist  der  Druck  auf  diese  letzteren? 
(2  Lösungen  verlangt,  darunter  eine  graphische.) 

2.  Man  soll  die  Meridiankurve  einer  Drehungsfläche  mit  senk- 
rechter Achse  so  bestimmen,  daß  eine  kleine  schwere  Kugel,   die 


I.  Realistische  Dienstprfifun;^  1904.  g9 

an  beliebiger  Stelle  auf  die  Fläche  gebracht  wird  und  durch  einen 
Stoß  eine  wagrechte  Geschwindigkeit  von  gegebenem  Betrag  y^ 
erhält,  sich  in  einem  Parallelkreis  der  Fläche  weiterbewegt.  (Von 
Reibung  werde  abgesehen.) 

Theoretische  Physik. 

Mechanik:  1.  Ein  horizontaler  Stab  von  rechteckigem  Quer- 
schnitte sei  an  einem  Ende  festgemacht  und  werde  durch  eine  am 
anderen  Ende  angreifende  Kraft  gebogen.  Es  soll  seine  Gestalt 
abgeleitet  werden  für  den  Fall,  daß  die  Höhe  des  Stabes  und  die 
Senkung  am  Ende  gegen  die  Länge  des  Stabes  zu  vernachlässigen 
sind. 

2.  Es  soll  das  Trägheitsmoment  einer  Kugel  in  bezug  auf  einen 
Durchmesser  derselben  bestimmt  werden. 

Wärme:  1.  Ein  Gas  dehne  sich  bei  konstanter  Temperatur  T 
ans  vom  Volumen  V  zu  V  gegen  einen  äußeren  Druck  p.  Wieviel 
Wärme  wird  absorbiert? 

2.  Es  ist  abzuleiten,  welche  nutzbare  Arbeit  vermittelst  einer 
thermodynamischen  Maschine  aus  einer  Wärmemenge  höchstens  zu 
gewinnen  ist. 

Licht:  1.  Aus  der  Wellentheorio  des  Lichts  ist  zu  beweisen, 
daß  das  Licht  stets  (auch  bei  Spiegelungen  und  Brechungen)  sol- 
chen Weg  einschlägt,  für  welchen  die  optische  Weglänge  einen 
extremen  Wert  (Maximum  oder  Minimum)  besitzt.  (Prinzip  von 
Formet.) 

2.  Was  versteht  man  unter  dem  Auflösungsvermögen  eines 
Gitters  und  wovon  ist  dies  abhängig? 

Elektrizität:  1.  Eine  leitende  Kugel  sei  zur  Erde  abgeleitet. 
Außerhalb  befinde  sich  eine  punktförmige  Elektrizitätsmenge,  »wie 
groß  ist  in  einem  beliebigen  Punkt  der  Oberfläche  die  elektrische 
Dichtigkeit? 

2.  Eine  der  Erdanziehung  nicht  unterliegende  Masse  m  sei 
geladen  mit  der  elektromagnetisch  gemessenen  Elektrizitätsmenge  e 
und  dringe  mit  der  Geschwindigkeit  v  in  ein  Magnetfeld  von  der 
Stärke  H  ein.  Es  soll  abgeleitet  werden,  welche  Bahn  sie  im 
Felde  beschreibt, 

Chemie  (als  Nebenfach). 

1.  Welche  Bedeutung  hat  die  Ermittlung  des  Gefrier-  und 
Siedepunkts  von  Lösungen  für  die  Chemie? 


30  I*  RealistiBche  Dieoatprüfang  1904. 

2.  Anf  welche  Weise  lassen  sich  Chlorverbindungen  der  Elemente 
aus  ihren  Oxyden  darstellen  und  wie  verhalten  sich  die  verschiedenen 
Chloride  gegenüber  dem  Wasser  V 

Zweite  Abteilung. 

Chemie  (als  Hauptfach). 

1.  Was  versteht  man  unter  IsomeriC;  welche  Ursachen  bedingen 
diese  Erscheinung  und  wie  viele  Arten  von  Isomerie  werden  danach 
unterschieden  ? 

2.  Das  Chrom  und  seine  wichtigsten  Verbindungen  sind  zu 
beschreiben. 

3.  Welche  wichtigeren  organischen  Säuren  finden  sich  natürlich 
in  den  Pflanzen  vor,  welche  Zusammensetzung,  Konstitution  und 
Eigenschaften  haben  sie^  und  welche  wichtigeren  Umsetzungsprodukte 
lassen  sich  aus  ihnen  erhalten? 

Bei  ausfuhrlicher  Bearbeitung  genügt  die  Bearbeitung  von  zwei 
dieser  Aufgaben. 

Mineralogie  und  Geologie. 

Die  germanische  und  alpine  Trias,  eine  vergleichende  Gegen- 
überstellung, 

oder: 

Die  gesteinsbildenden  Mineralien  und  ihre  Bedeutung  für  die 
Klassifikation  der  Eruptivgesteine, 

oder: 

Die  geologische  Erscheinungsform  der  Eruptivgesteine. 

Der  ausführlichen  Beantwortung  einer  dieser  Aufgaben  wird 
der  Vorzug  gegeben. 

Botanik. 

1.  Der  Einfluß  der  Wärme  auf  das  Pflanzenleben. 

2.  Spezielle  Morphologie  der  Blüte  und  Frucht. 
Beide  Aufgaben  sind  zu  bearbeiten. 

Zoologie. 

1.  Es  sollen  die  Tatsachengruppen,  welche  zugunsten  der 
Deszendenzlehre  (im  engeren  Sinne)  sprechen,  übersichtlich  zu- 
sammengestellt und  bezüglich  ihrer  Beweiskraft  miteinander  ver- 
glichen werden. 

2.  Organisation  und  Einteilung  der  Cephalopoden. 
Beide  Aufgaben  sind  zu  bearbeiten. 


I.  Realistische  ÜieDstprüfnng  190^.  31 

Algebra  und  Niedere  Analysis. 

1.  Jemand  hätte  bei  einem  Jahreszinsfuß  von  4%  zur  Ab- 
tragung einer  Schuld  zwölf  gleiche  jährliche  Zahlungen  im  Betrag 
von  je  2663  Mk.  88  Pf.  zu  leisten.  Wieviel  müßte  er  jedesmal 
bezahlen,  wenn  er  in  derselben  Zeit  seine  Schuld  durch  halbjähr- 
liche Zahlungen  abtragen  wollte  und  wie  groß  ist  die  ganze  Schuld- 
summe? 

2.  Die  Deklination  der  Sonne  beträgt  im  Oktober 

am    1.  Okt.  —  30 19'  am  21.  Okt.  —  lO»  50' 

„     11.    „     -70   9'  „    31.     „     -140  14' 

Wie  groß  ist  sie  am  18.  Oktober? 

3.  Gegeben  die  zwei  Gleichungen 

ax»  — 2x«  +  2x=l=0    und  ax«  — 4x+l  =  0 
Dieselben   haben   eine   gemeinsame  Wurzel.     Wie   groß  ist  a 
und  welches  sind  die  Wurzeln  beider  Gleichungen? 

4.  x^  —  3x'  4"  2x  —  40  =  0.  Eine  Wurzel  dieser  Gleichung 
nach  der  regula  falsi  zu  finden  (auf  vier  Dezimalen). 

Differential-  und  Integralrechnung. 

1    u— "^=^4^ -  - 

^'  ^~   2x«    ^x(e«x— 1)/ 

x  =  0 

2.  Einer  gegebenen  Kugel  vom  Halbmesser  r  soll  eine  Pyra- 
mide mit  quadratischer  Basis  und  gleichen  Seitenkanten  einbe- 
schrieben werden,  daß  der  Inhalt  derselben  ein  Maximum  werde. 

3.  Die  Achsen  einer  Ellipsenschar  fallen  in  die  Koordinaten- 
achsen und  ihre  Summe  ist  =  25.  Welches  ist  die  Gleichung  der 
Umhfillungslinie  ? 

4.  Die  Kurve  x*-|-x*y*  —  a*y*  =  0  zu  quadrieren  von  x  =  0 
bis  x  =  a. 

Elementare  Geometrie.     • 

1.  Gegeben  zwei  Kreise  K  und  K',  sowie  Punkt  P  auf  K.  Einen 
Kreis  zu  zeichnen,  der  K  in  P  berührt  und  K'  in  den  Endpunkten 
eines  Durchmessers  schneidet. 

2.  In  eine  Kugel  von  Halbmesser  r  sollen  zwei  einander  be- 
rührende Kugeln  so  einbeschrieben  werden,  daß  ihre  Mittelpunkte 
auf  einem  Durchmesser  liegen  und  die  Summe  ihrer  Inhalte  gleich 
der  Hälfte  des  Inhalts  der  gegebenen  Kugel  ist.  Verlangt  Berech- 
nung der  Radien  und  geometrische  Konstruktion  der  Mittelpunkte. 


32  1.  Realistische  Dienstprüfung  1904. 

3.  In  einem  Punkte^  der  ii  (5)  m  über  dem  Spiegel  eines  Sees 
liegt,  wird  der  Elevationswinkel  «  (16^^  10'  20")  der  Spitze  eines 
Berges  und  der  Depressionswinkel  ß  (17^  20' 40")  seines  Spiegel- 
bildes gemessen.  Wie  hoch  liegt  die  Spitze  des  Berges  Über  der 
Seeoberfläche  und  wie  weit  ist  sie  in  der  Luftlinie  vom  Beobach- 
tungspunkte  entfernt? 

4.  Von  einer  Hyperbel  sind  gegeben  eine  Asymptote,  die 
Richtung  der  zweiten  Asymptote  und  zwei  Punkte.  Es  soll  mittelst 
des  Satzes  von  Pascal  die  zweite  Asymptote  bestimmt  und  eine 
einfache  Methode  zur  Konstruktion  weiterer  Punkte  angegeben 
werden. 

Analytische  Geometrie. 

1.  Eine  Ellipse,  deren  Mittelpunkt  mit  dem  Koordinatenursprung 
und  deren  Achsen  mit  den  Koordinatenachsen  zusammenfallen,  hat  die 

Halbachsen  Y^  und  -^  V84.  Ein  auf  dasselbe  Koordinatensystem  be- 
zogener Kreis  mit  dem  Mittelpunkt  (^»-ö')  ^^^  ^^^  Radius  \/  2 

schneidet  die  Ellipse  in  zwei  reellen  Punkten,  deren  Koordinaten 
ganze  Zahlen  sind.  Für  das  vom  Koordinatenursprung  und  jenen 
zwei  Schnittpunkten  bestimmte  Dreieck  sollen  die  Koordinaten  des 
Schwerpunkts  berechnet  werden. 

2.  Werden  durch  den  Scheitel  einer  Parabel  zu  einer  variabeln 
Tangeute  derselben  sowohl  die  Parallele  als  die  Senkrechte  gezogen, 
so  liegen  die  Punkte,  in  welchen  sie  von  dem  Brennstrahl  nach 
dem  Berührungspunkte  geschnitten  werden^  auf  einem  Kreise,  dessen 
Gleichung  gefordert  ist. 

y» 2y  -h  2 

3.  Diskutiere  die  Kurve,  deren  Gleichung  x  =  ,,T::r~v  +  1  ^®*' 

4.  Es  ist  zu  zeigen,  daß  von  einem  gegebenen  Punkte  an  eine 
Ellipse  im  allgemeinen  vier  Normalen  möglich  sind,  deren  Fußpunkte 
auf  einer  gleichseitigen  Hyperbel  liegen. 

Darstellende   Geometrie. 

In  einer  zur  Vertikalebene  parallelen  Ebene  ist  ein  Kreis  von 
6  cm  Radius  beschrieben;  im  Abstand  4V2  cm  vom  Mittelpunkt 
ist  in  derselben  Ebene  eine  zur  Horizontalebene  senkrechte  Gerade 
AB  gezogen  und  im  oberen  Schnittpunkt  A  mit  dem  Kreis  die 
Tangente  AG. 


11.  Realistische  Dienstprtifung  1904.  33 

Der  Kreis  wird  am  die  Achse  AB  gedreht;  es  soll  die  Schnitt- 
linie der  hierdurch  erzeugten  Umdrehungsfläche  mit  der  durch  die 
Tangente  AC  senkrecht  zur  Vertikalebene  gelegten  Ebene  kon- 
stmiert  und  in  einem  der  konstruierten  Funkte  soll  die  Tangente 
an  die  Schnittkurve  gezogen  werden. 

Ffir  die  Konstruktion  der  einzelnen  Punkte  der  Schnittkurve 
sollen  womöglich  verschiedene  Methoden  angegeben  werden. 

Physik. 

1.  An  einem  Faden  von  der  Länge  rm  wird  ein  Gewicht  von 
Pkg  im  vertikalen  Kreis  mit  konstanter  Oeschwindigkeit  nmal 
p.  See.  geschwungen;  wie  groß  ist  in  einem  beliebigen  Punkt  der 
Bahn  die  Spannung  des  Fadens;  wo  hat  sie  ihr  Maximum  und 
Minimum  ?  Welches  ist  mindestens  die  Tragkraft  des  FadenS;  wenn 
er  nicht  "-^ißen  aoll? 

2.  Auf  der  Seitenfläche  AC  eines  gleich- 
schenkligen Prismas  vom  <  y  und  vom 
Brechungskoeffizienten  n  fällt  unter  dem 
Einfallwinkel  x  der  Strahl  DE;  er  wird 
nach  EF  gebrochen,  an  CB  total  reflektiert 
und  tritt  senkrecht  zur  Basis  AB  aus ;  wie 
groß  ist  der  Brechungswinkel  y  bei  E  und  der 
Einfallswinkel  X?  Saubere  Zeichnung!  (Bem. 
über  totale  Reflexion  verlangt).  Welche  Be- 
ziehung zwischen  n  und  y  muß  stattfinden, 
damit  bei  F  totale  Reflexion  eintritt? 

3.  Ein  Körper  von  p  kg  Gewicht,  und  der  spezifischen  Wärme  c 
filllt  h  m  herunter;  welches  ist  am  Ende  seine  lebendige  Kraft? 
um  wieviel  Grad  würde  seine  Temperatur  steigen,  wenn  seine 
ganze  lebendige  Kraft  in  Wärme  umgewandelt  wttrde? 

4.  Kurze,  aber  genaue  Beschreibung  einer  jetzigen  Haustelephon- 
anlage I 

n.  Realistische  Dienstprüfung  1904. 

Deutscher  Aufsatz. 

Inwiefern  gilt  auch  für  den  Erzieher  das  Wort  Max  Piccolo- 
minifl  fiber  Wallenstein: 

Und  eine  Lust  ist*s,  wie  er  alles  weckt 
Und  stärkt  und  neu  belebt  um  sich  herum, 

KoRMpoodMSbUtt  1906,  Heft  1. 


34  n.  RealisdBche  Dienstprafting  1904. 

Wie  jede  Kraft  sich  ansspricht;  jede  Gabe 
Gleich  deutlicher  sich  wird  in  seiner  Nähe! 
Jedwedem  zieht  er  seine  Kraft  hervor^ 
Die  eigentümliche;  und  zieht  sie  groß ? 

Französische  Komposition. 

Vor  einigen  Monaten  hat  das  ganze  literarische  Deutschland 
den  hundertsten  Jahrestag  (anniversaire)  des  Todes  von  Kant  ge- 
feiert. Bei  dieser  Gelegenheit  haben  die  Zeitungen  Züge  aus 
seinem  täglichen  Leben  erzählt,  von  denen  wir  einige  erwähnen 
wollen. 

Das  Leben  Kants  war  mit  der  Genauigkeit  eines  Uhrwerks 
(appareil  dMiorlogerie)  geregelt.  Jeden  Morgen  weckte  ihn  der  alte 
Soldat^  den  der  Philosoph  in  seinen  Dienst  genommen  hatte,  mit 
den  Worten  auf:  „Es  sind  noch  5  Minuten  bis  5  Ubr.^'  Nicht 
einmal  in  40  Jahren  ist  dieser  treue  Diener  gonöti^  gewesen, 
diese  Worte  seinem  Herrn  zu  wiederholen,  der  den  Wert  der  Zeit 
zu  gut  kannte,  als  daß  er  sie  in  nutzlosem  Schlaf  vergeudete 
(gaspiller).  Um  5  Uhr  trank  Kant  eine  Tasse  Tee  und  rauchte 
eine  Pfeife.  Um  7  Uhr  ergriff  er  die  Feder  und  schrieb  bis  V*  auf 
1  Ulir;  dann  begab  et*  sich  in  den  Speisesaal.  Jeden  Tag  waren 
fünf  bis  sechs  Gäste  geladen,  das  Mittagessen  des  Philosophen  zu 
teilen.  So  viel  Vergnügen  Kant  daran  fand,  zu  reden,  während  er 
bei  Tische  war,  so  sehr  hütete  er  sich,  während  des  langen  Spazier- 
gangs, den  er  täglich  machte,  wenn  seine  Gäste  fortgegangen  waren, 
den  Mund  zu  öffnen.  Nachdem  er  zwei  Stunden  lang  umhergegangen 
war,  kehrte  er  nach  Hause  zurück,  nahm  aber  während  des  Abends 
die  Feder  nicht  mehr  zur  Hand. 

Französisches  Diktat. 

Depiiis  cinq  ans  cnviron,  la  famille  royale  de  Prusse  etait 
troublee  par  des  querelies  violente^.  Le  roi  Fred^ric-Guillauuio 
avait  pris  en  aversion  son  fils  Fred^rie.  II  lui  avait  d'abord  d^plii 
(fue  cet  enfant  eüt  d'autres  fa9ons  que  les  siennes,  qiril  itit  delicat, 
incapable  de  supporter  la  fatigue;  qu*il  n^aimät  ni  la  table,  ni  ie 
vin,  ni  le  tabac,  ni  la  cliasse,  ni  la  grosse  gait^,  ni  la  compagnie 
des  militaires.  „Je  voudrais  savoir,  avait-il  dit  un  jour,  ce  qui 
se  passe  dans  cette  petite  tete.  Je  vois  bien  qu'il  ne  pense  pas 
comme  moi,^'  et  11  avait  adresse  au  prince,  de  van  t  une  nombreuse 
assistance,  un  discours  accompagne   de  pctites   tapes  siir  la  Jone, 


11.  Realistische  Dienstprilfung  1904.  35 

qai  deviDrent  de  plus  en  plus  fortes  et  finirent  par  ressembler  k 
des  soaffiets.  Le  prince  royal  avait  donze  ans  quand  se  produi- 
sit  en  pablic  ce  premier  t^moignage  da  d^saccord  entre  son  pöre 
et  lui«  Impatient  de  tonte  contradiction,  persnade  que  sa  fa^on 
de  Yoir  et  de  faire  ^tait  la  seule  qni  convint  au  gonvernement  de 
la  FrnBBe,  Fr^dMc-Gnillaume  en  vint  vite  ä  penser  qne  c*6tait 
an  grand  malhenr  d*avoir  nn  h^ritier  comme  ceiui-lA.  Le  prinoe 
rojal,  en  effet,  avait  sa  politiqne  opposee  ä  celle  de  son  pere; 
et  si  jenne  qa*il  ffit,  Tattente  de  Phöritage  lai  paraissait  longne. 

Englische  Komposition. 

Jahrhanderteiang  hatten  die  europäischen  Kaufleiite  mit  Indien 
Handel  getrieben  and  Seide,  Edelsteine  and  Gewürze  (spices)  znrttck- 
gebracht.  Allein  das  Auftreten  des  Propheten  Moliammed  (Mahomet) 
nnd  die  Eroberungen  seiner  fanatischen  Anhänger  machten  es  fQr 
christliche  Karawanen  gefährlich,  auf  (by)  den  Überlandwegen  nach 
dem  Osten  za  reisen.  Am  Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts 
machten  sich  (to  set  0.  s.)  die  Spanier  und  Portugiesen  daran, 
einen  Seeweg  za  entdecken.  Die  von  Kolnmbus  geführten  Spanier 
fahren  westwärts  und  hielten  Amerika  irrtümlich  für  die  Küste 
Asiens.  Im  Jahre  1497  segelte  Vasco  da  Gama  um  das  Kap  der 
Guten  Hoffnnhg  in  den  Indischen  Ozean.  Seine  Matrosen  waren 
wie  die  des  Kolnmbus  meaterisch  (mutinoas)  und  wünschten  ihren 
Kapitän  zur  Umkehr  za  zwingen.  Allein  er  legte  den  Steuermann 
(pilot)  in  Fesseln  and  warf  Seekarten  (Charts)  und  Kompasse  über 
Bord.  Es  war  nnn  ebenso  gefährlich  umzukehren  als  weitet 
(=  vorwärts)  za  fahren,  deshalb  segelten  sie  weiter  und  sichteten 
nach  einer  elfmonatlichen  Seereise  die  Westküste  von  Indien. 
Während  der  nächsten  hundert  Jahre  trieben  die  Portugiesen  einen 
blühenden  Handel  mit  dem  Osten,  allein  sie  waren  unfähig,  ein 
großes  Kolonialreich  za  gründen,  wie  die  Spanier  es  im  Westen 
getan  hatten.  Gegen  das  Ende  des  sechzehnten  Jahrhunderts 
erschienen  sowohl  die  Holländer  als  auch  die  Engländer  auf  dem 
Schaaplatz. 

Englisches  Diktat. 

Before  the  end  of  the  sixteenth  Century  Shakespeare  and  his 
fellow-piayers  had  bnilt  themselves  a  summer  theatre  —  the  famous 
Olobe,  on  Bankside.  Old  pictares  of  the  Globe  Theatre,  which  Ben 
Jonson  declares  wKs  the  glory  of  the  bank^  show  as  a  high  round 


36  n.  RealietiBche  Dienstpnifung  1904. 

building  anroofed,  except  for  a  narrow  slopiog  (abschttssig)  canopy 
round  the  wallS;  and  looking  far  more  like  a  barn  than  a  theatre. 
The  difference  is  great  indeed  between  a  play  of  Shakespeare's 
produced  as  it  would  be  in  London  to-day,  and  the  same  play  as 
Shakespeare  would  have  seen  it  performed  at  the  Olobe  Theatre. 
The  stage  was  open  to  the  sky  even  in  winter.  Boys  acted  the 
women^s  parts,  and  of  scenery  there  was  little  or  none.  Close 
round  the  stage,  which  was  raised  on  a  scaffolding;  pressed  the 
poorer  members  of  the  audience,  who  had  to  stand  all  the  time. 
The  Performance  usually  began  at  one  o^clock,  and  was  announced 
by  the  hoisting  of  a  flag.  Ladies  came  in  masks.  Gentlemen 
smoked  ^'the  new  Indian  herb  tobacco  by  an  Instrument  formed 
like  a  little  ladle  (Löffel)".  The  whole  audience  ate  and  drank, 
and  played  cards  when  the  play  was  dull  or  the  intervals  long. 

Arithmetik. 

1.  A  kauft  am  18.  Februar  7  Stück  S'^/oige  wtlrttembergische 
Staatsobligationen  jede  im  Nennwert  von  500  Mark  zum  Kurs  von 
90,20  Mark,  Zinstermine  V.5  und  Vu-  a)  Wieviel  hat  er  fllr  die 
Obligationen  einschließlich  der  Stückzinsen  zu  bezahlen  ?  b)  Zu  wie- 
viel Prozent  verzinst  sich  das  in  diesen  Obligationen  angelegte  Kapital? 
c)  Zu  welchem  Kurs  hätte  er  die  Obligationen  kaufen  müssen,  da- 
mit sich  dasselbe  zu  SVs^/o  verzinst  hätte? 

2.  Ein  Kaufmann  bezieht  eine  Ware,  von  der  ihn  der  Zentner 
im  Einkauf  180  Mark  kostet.  Dazu  kommen  noch  Unkosten  im 
Betrag  von  T'/a^/o  des  Einkaufspreises.  Wie  teuer  muß  er  das 
Kilogramm  verkaufen,  wenn  er  noch  16^/s  ^/o  gewinnen  will,  obgleich 
674^/0  der  Ware  unbrauchbar  geworden  sind? 

3.  A  kauft  dreierlei  Sorten  einer  Ware  zu  45,  40  und  34  Pfg. 
das  Ü.  Er  mischt  dieselben,  wobei  er  von  der  zweiten  IVsmal 
soviel  nimmt  als  von  der  ersten.  Im  ganzen  stellt  er  114  ff  Mischung 
her,  die  er  mit  16Vs"/o  Gewinn  um  51  Mark  87  Pfennig  verkauft. 
Wieviel  ff  nahm  er  von  jeder  Sorte?    (Probe.) 

4.  Jemand  hat  zwei  Kapitalien,  das  erste  zu  4%,  das  zweite 
zu  5  "/o  ausgeliehen  und  nimmt  jährlich  360  Mark  Zins  ein.  Hätte 
er  das  erste  Kapital  zu  5^/o,  das  zweite  zu  4%  ausgeliehen,  so 
würde  er  9  Mark  mehr  Zins  einnehmen.  Wie  groß  ist  jedes  der 
zwei  Kapitalien?    (Algebraische  Lösung  ungültig,) 


Literarischer  Bericht.  37 

Geometrie 

1.  Kreisviereck  ans  a,  b  -j-  ^  ^^7}  "^  (e'b).  (Analysis  und 
KonstmktioD.) 

2.  Ein  gegebenes  Dreieck  in  ein  Parallelogramm  mit  Diag.  e 
und  ^  a  zu  verwandeln.    (Konstruktion^  Beweis.) 

3.  Kreis  aus  L,  K,  P  auf  L.    (Analysis  und  Konstruktion.) 

4.  Gegeben  3  Punkte  A,  B  und  C.  Eine  Gerade  so  zu  zeichnen^ 
daß  ihre  Abstände  von  den  Punkten  A^  B  und  C  sich  ^ie  m :  n :  p 
verhalten.    (Analysis,  Konstruktion  und  Determination.) 


Literarischer  Bericht. 

Konstantin  Ritter,  P] atons  Dialoge.  Inhaltsdarstellungen  (I) 
der  Schriften  des  späteren  Alters.  219  S.  8^  Preis  4.50  Mk. 
Stuttgart,  W.  Kohlhammer,  1903. 
Was  der  Verfasser  mit  seinem  Kommentar  zu  den  „Gesetzen"^  be- 
gonnen hat,  das  hat  er  fortgesetzt  für  „die  Platonischen  Schriften  des 
späteren  Alters'*,  nämlich  Parmenides,  Sophistes,  Politikos,  Philebos, 
Timaios  und  das  Fragment  Kritias,  in  Form  von  „Inhaltsdarstellungen*', 
ergänzt  durch  eine  Übersicht  über  die  Antithesen  des  Parmenides  und 
fiber  die  BegriffseinteiluDgen  des  Sophistes  und  Politikos  und  durch 
eine  Disposition  des  Philebos;  dazu  kommt  ein  eingehendes  Register 
fiber  die  in  jenen  Dialogen  vorkommenden  philosophischen  Begriffe. 
Die  Selbstbeschränkung,  die  sich  der  Verfasser  auferlegt  hat,  lediglich 
den  Gedankengang  der  betreffenden  Dialoge  in  allen  seinen  Wendungen 
zu  verfolgen  und  auf  den  einfachsten  Ausdruck  zu  bringen,  verdient 
alle  Anerkennung;  denn  sie  ist  das  Mittel,  dem  Leser,  dem  die  Mühe, 
die  weitausgesponnenen  und  in  ihrer  Kompliziertheit  ermüdenden  Aus- 
führungen des  Originals  selber  durchzuarbeiten,  erspart  werden  soll, 
doch  einen  bezüglich  des  philosophischen  Gedankengehalts  vollwertigen 
Ersatz  für  das  Original  zu  bieten.  Es  sind  die  in  manchem  Betracht 
interessantesten,  aber  auch  die  schwierigsten  Platonischen  Dialoge,  mit 
denen  sich  unsere  Schrift  beschäftigt.  Über  die  Schwierigkeit  braucht 
man  kein  Wort  weiter  zu  verlieren.  Was  das  andere  betrifft,  so  ist  es 
ein  höchst  erfrenliches  Ergebnis  der  Platonischen  Studien  der  letzten  Jahr- 
zehnte, daB  der  Verfasser  kaum  einen  Widerspruch  zu  befürchten  hat, 
wenn  er  die  genannten  Dialoge  als  diejenigen  des  späteren  Alters  Pia- 
tons bezeichnet;  und  deren  eigenartiges  Interesse  besteht  darin,  daß 
Piaton  in  ihnen  den  Übergang  von  der  spekulativen  Konstruktion  zu 
der  philosophischen  Beschäftigung  mit  der  Wirklichkeit  sich  gebahnt 
und  vollzogen  hat,  unter  Festhaltung,  aber  zugleich  mit  wesentlicher 


38  Literarischer  Bericht 

Modifikation  der  Ideenlehre,  sowohl  nach  ihrer  Fassung  als  nach  dem 
Maß  der  ihr  für  das  platonische  Philosophieren  zukommenden  Bedeu- 
tung. Für  eine  Bearbeitung,  wie  es  die  Rittersche  ist,  eignen  sich  diese 
Dialogo  insofern  besonders  gut,  als  ihnen  dadurch,  daß  sie  auf  den 
kürzesten  und  einfachsten  Ausdruck  ihres  philosophischen  Gehalts  zu- 
rückgeführt werden,  nichts  wirklich  Wertvolles  genommen  wird;  denn 
den  Charakter  schriftstellerischer  Kunstwerke  in  dem  Sinn,  daß  sie  als 
solche  eine  selbständige  ästhetische  Würdigung  beanspruchen  dürften, 
haben  sie  nicht,  und  er  kann  ihnen  also  auch  nicht  durch  eine  auf  die 
Herausstellung  des  Gedankengehalts  beschränkte  sprachlich-logische 
Analyse  abgestreift  werden.  Diese  Analyse  selbst  ist  mit  einer  Gewissen- 
haftigkeit, Vollständigkeit  und  durchsichtigen  Einfachheit  durchgeführt, 
die  des  lebhaftesten  Dankes  aller  Freunde  philosophischer  Wissenschaft 
und  besonders  Platonischer  Studien  gewiß  sein  darf;  es  ist  wohl  nicht 
zuviel  gesagt,  wenn  man  ihr  den  Wert  einer  adäquaten  Wiedergabe 
dessen,  was  Piaton  sagen  wollte,  zuerkennt.  Eine  Darlegung  dessen, 
was  der  Verfasser  im  einzelnen  bietet,  unterbleibt  wohl  besser,  weil 
sie  lediglich  ein  Auszug  aus  dem  sein  könnte,  was  sich  selbst  als  einen 
Auszug  alles  Wesentlichen  aus  den  betreffenden  Platonischen  Dialogen 
gibt.  Nur  eine  Kleinigkeit  sei  angemerkt :  x^P^'^^C  l^^o^  ivsxa  Politikos 
Kap.  39  heißt  dach  w^ohl  nicht  „aus  Bequemlichkeit**,  sondern  „um 
persönlicher  Annehmlichkeit  willen",  was  ebenso  der  Bedeutung  dos 
ätammcs  x^'^P  entsprechen  dürfte,  wie  es  als  Bezeichnung  der  Genuß- 
sucht passend  der  Gewinnsucht  entgegengestellt  wird. 

Canostott.  Th.  Klett. 


Handbuch  der  Erziehuug^s-  und  Unterrichtslehrc.     U.  Band, 

2.  Abteilung,  2.  Hälfte.    Schulgesoiidheitsptiege  von  Dr.  med. 

et  phil.  Ludwig  Kotelmann.    Preis  geheftet  5  Mk.    München, 

C.  H.  Becks  Verlagsbuchhaudlung,  1904. 

Das  vorliegende  Werk  ist  die   zweite  Auflage   des  1895   zuerst 

erschienenen  Buches,  das  schon  damals  große  Anerkennung  fand.    Auf 

jeder  Seite  merkt  man  dem  Verfasser  an,  wie  sehr  er  in  den  Fragen 

der  Sc^hnlgesundheitspflege  sich  auskennt  und  wie  klar  und  bündig  er 

dieselben  darzustellen  vermag.    Wohl  gibt  es  manche  Werke  ähnlicher 

Art,  aber  keines,  das  so  viele  Voraüge  in  sich  vereinigte.    Natürlich 

bieten  die  großen  Handbücher  manche  Einzelheiten,  die  hier  fehlen; 

dafür  ist  aber  auch  der  Stoff  auf  200  Seiten  zusammengedrängt  uud 

ebendies  macht  das  Buch   für  die  Gesamtheit  der  beteiligten  Kreise 

ungemein  wertvoll.  R. 


Neu  erschienene  BAcher.  —  AnkaDdlgiingen.  39 

Neu  erschienene  Bücher. 

Itt  H  BS!  nniBOKUsh,  j*ds  Im  alDiKlnen  in  b*(pr>o)i*n.  Dia  TIUI  dar  alnUnfnSaD 
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■  aadiing  dir  Dtoht  beipioobaDanBaetaaikODDtnwIr  unt  aber  ntcht  alnUiiaD. 

ioe,  EiufDbniDg  in  die  französische  Konversation  auf  Grnnd  der 
Aosahauung.    Ausgabe  B.    Hanouver,  Verlag  vüh    Carl  Heyer. 

cklen.burg,  Der  erste  sell>stäiii:ii);e  Geschichtsanterricht  auf  hei- 
matlicher Grundlage  in  Theorie  und  Praxis.  Hierzu  ein  Schüler- 
hea    Ibid. 

as,  E.  GuillaLiinin  Tableaux  ChampOtres.  Für  den  Schulgebranch 
ausgewählt  and  in  französischer  Sprache  erklärt.  Berlin,  Weid- 
mann sc  ho  Buchhandlung. 

ckmann,  Thomas  Carljle.  Eine  Auswalil  ans  seinen  Werken. 
Zusammengestellt  und  mit  Biographie  und  Kommentar  für  den 
Schul  gebrauch  und  tarn  Selbststudium,    Ibid. 

(Fortsetzung  s.  S.  3  des  Umschlags.) 


Ankündigungen. 


Kvang.  Ueistlicher,  Anfang  30er,  viele  Juhre  in  den  Tropen  in 
Pfarr-  und  Scbolamt  tätig,  nmsiknliseli,  der  ingllaohen  Spraobe  in  Woit 
nnd  Schrift  mächtig,  auch  zum  Unterricht  in  ftltsi  SprachM,  Deutseh, 
Gsschlohte,  flflographie  etc.  befähigt,  sucht  auf  Ostern  1905 

passendefs  liebranit 

an  privater  oder  staatlicher  Mittel Bchnl«  eventuell  G^mnaslyn. 

Gefl.  Offerten  mit  Gohaltaangabe  unter  Chiffre  Z.  ]>.  4S4  an 
Budolf  Mwwe,  Zfirleh. [Z.  389c] 


eiMlQS^-HABHSNÜlHSf 

HAdittef  Ribilt  UdHie  Raten.  »Uhr.  Qmnlle.  Pluioi  a.  HanoMlUS 
la  nnIMai  bd  Knrf  Abmg  dw  «idc  -  DlMlr.  tMMbtft  BnUs-hcl. 
Staec.  1  -  PUX11'<>S  ■**  Mi  iMit  ucmlAI  rrtsr  SMmiiUMDCI  (Pst.  Rnd.) 

^^  Wilh.  Rudolph,  Giessen  s^r.is«. 


VollstÜMdlce 


ibeisenden  wir  auf  Wunsch  gern  franko. 
Stuttgart.       W.  Kohlbanuner, 
VerlagsbuchhaDdlung, 


40  Ankündignngen. 

Terlag  ton  Hermann  Gegenlas  In  Halle* 

Vierzig^  Jahre« 

Vor  40  Jahren  erschien  znerst  and  gehört  seitdem  wohl  zn  den 
bekanntesten  und  weitverbreitetsten  fremdsprachigen  Lehrbüchern: 

Lehrbuch  der  Englischen  Sprache 

von  [18 

Dr.  F.  W.  Qesenius. 

Teil  I:    Elenienta:*bach    der  engligehen  Sprache  nebst  Lese-   nnd 
Uebungsstücken.    26.  Auflage.    1908.    Preis  gebunden  2.40  Mk. 

Teil  II:  Grammatik  der  englischen  Sprache  nebst  Uebungsstücken. 
17.  Auflage.    1908.    Preis  gebunden  8.20  Mk. 

Als  besonders  hei-vorzuhebende  Vorzüge  dieses  Buches  sind  in 
allen  darüber  erschienenen  Rezensionen  anerkannt  worden: 

1.  Weise  Beschränkung  und  zweckmässige  Anordnung  des  Stoffes. 
Kürze  und  Präzision  in  der  Fassung  der  grammatlichen  Regeln, 
vortreffliche  Beispiele  zur  Erläuterung  derselben,  bequeme  Tabellen 
für  die  Rektion  der  Verben,  Adjektive  und  Präpositionen. 

2.  Die  Reichhaltigkeit  und  Mannigfaltigkeit  der  Uebungsbeispiele, 
sowie  die  Auswahl  der  Lesestücke,  welche  Interesse  erwecken 
und  zu  Sprechübungen  und  Reproduktionen,  sowie  zu  Exerzitien 
trefflich  verwendet  werden  können. 


Neubearbeitungen  des  „Lehrbuches  der  englischen  Sprache" 
nach  den  neuen  Lehrplänen: 


Ottraiur.W.,  EngliioheSpraohUhre. 
Ausgabe  A.  VOUlg  nsn  bearbeitet  Ton 
Prof.  Vt.  Ernst  Beitel,  Oberlehrer  an 
den  Franekaiohen  Stiftni^n. 

I.  Teil.  Sclmlgrammatik  nebet 
Lete-  und  üebungsitfloken.  8.  Auflage 
1M8.    Gebunden  8.50  Mk. 

II.  Teil.    Lese- und  Üebungsbaoh 


QHtBltU-BfgtlfBngllBOheSpraohlehre. 
Ausgabe  B.  YOllig  neu  bearbeitet ron 
Prof.  Dr.  Brnit  Begel,  Oberlehrer 
an  der  Oberrealschale  der  Frenokeschen 
Stiftungen. 

Unterstufe.  Dritte,  nach  den  Bestim- 
mungen Ton  IBOl  Terihderte  Auflage  in 


nebst  kurier  8  jnonymik.   Mit  einem  Plan  >  neuer  Reohtsohieibung.    Mit  einer  Karte 

Ton     London     nnd     Umgebung.      1696.  '  der  britischen  Inseln  und  einer  englisohen 

Gebunden  8.25  Mk.  |  MOnstafel.    1904.    Preis   geb.    1.80  Mk. 
duraluf.W.,  Englische  Spraohlehrr. 


VOUlg  neu  bearbeitet  von  Prof.  Dr. 
Ernst  Begel,  Oberl.  an  den  Frencke- 
schfn  Stiftungen.  Ausgabe  ffir  hOh. 
Mftdchenschttlen.  5.  Auflage.  1904. 
Gebunden  8.50  Mk. 
OmisIuF.W.,  Kuragefasste  englische 
Sprachlehre.  Völlig  neu  bearbeitet 
Ton  Prof.  Dr.  Ernst  Begel,  Oberl. 
au  den  Pranckeschen  Stiftuugen.  8.  Aufl. 
1901.      In  Sobulband  gebunden  9.90  Mk. 


Oberstufe  fOr  Knabenschulen. 
Zweite,  nach  den  Bestimmungen  ron  1901 
▼erinderte  Auflage  in  neuer  Bechtschrei* 
bung.  Mit  einem  Plane  von  London  nnd 
Umgebung.    1908.    Preis  geb.  1.40  Mk. 

Oberstufe  ffir  Mftdehenschulen. 
Zweite,  naeh  den  Bestimmungen  von 
1901  Terinderte  Auflage  in  neuer  Beeilt« 
Schreibung.    1908.    Preis  geb.  i.40  Mk. 


In  vierzig  Jahren  wurden  vom  Lehrbuch  nebst  seinen  Neubear- 
beitungen 547  000  Exemplare  abgesetzt,  also 

weit  fiber  eine  halbe  Million. 


Avsfnhrllche  YerlagSTerieieli niese  kostenlos. 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hausaufgaben. 

Von  Prof.  Dr.  Eiben. 

Gehalten  auf  der  14.  Landesversammlung  des  WÜrtt  Gymnasiallehrer- 
vereins am  7.  Mai  1904. 
(Abgedruckt  mit  einigen  Auslassungen.) 

Als  an  einem  der  ersten  Tage  nach  den  Weihnachtsferien  unser 
verehrter  Vereinsvorstand  mich  aufforderte,  ein  Referat  über  die 
Hausaufgaben  bei  der  heurigen  Landesversammlnng  zu  übernehmen, 
da  verhehlte  ich  mir  die  eigentümlichen  Schwierigkeiten  und  auch 
die  [Judankbarkeit  dieser  Aufgabe  keineswegs;  doch  sollten  solche 
Erwägungen  kein  Abhaltungsgrund  sein. 

In  der  Öffentlichkeit  war  diese  Frage  wieder  aufgerollt  worden 
durch  einen  Artikel  im  Schwäbischen  Merkur  vom  5.  November  v.  J., 
in  welchem  von  einem  Arzt  für  die  Schüler  unserer  höheren  Lehr- 
anstalten ein  auskömmlicher  Feierabend  verlangt  und  zur  Sicher- 
stellung eines  solchen  „Beseitigung  und  Verbot  der  schriftlichen 
Hausaufgaben  allenthalben^^  gefordert  wurde.  Gegeu  das  erste  Ver- 
langen wird  kein  Billigdenkender  etwas  einzuwenden  haben;  über 
das   vorgeschlagene  Mittel  kann   man  verschiedener  Ansicht  sein. 

Es  ist  heute  selbstverständlich  nicht  meine  Aufgabe,  aUe  Stim- 
men, die  in  den  letzten  Monaten  zur  sogenannten  Schulnot  sich 
erhoben,  gleichsam  phonographisch  zu  reproduzieren.  Von  allen 
weitausgreifenden  Schulreformvorschlägen  können  wir,  denke  ich, 
im  voraus  absehen  und  uns  heute  auf  die  Frage  beschränken: 
Was  kann  nach  der  Ansicht  der  Lehrerschaft  derhuma- 
nistischen  Schulen  Württembergs  geschehen,  um  eine 
Überbürdung  der  Gymnasial  Schüler  mit  Hausaufgaben 
zu  verhüten? 

Über  die  Berechtigung  und  Zweckmäßigkeit  der  Einrich- 
tung der  Hausaufgaben  im  allgemeinen  bedarf  es  in  dieser 
Versammlung  nicht  vieler  Worte.  Neben  den  Unterrichtsstunden 
ist,  sollte  man  denken,  noch  so  viel  Zeit  übrig,  daß  die  Schule 
diese  füglich  zum  Teil  für  ihre  Zwecke  heranziehen  darf;  nicht  als 
ob  sie  eine  Verpflichtung  fühlte,  für  Beschäftigung  der  Jugend  in 
der  ganzen  nicht  durch  den  Unterricht  ausgefüllten  Zeit  zu  sorgen. 

Wenn  von  der  Notwendigkeit  der  Hausaufgaben  wir  Lehrer 
fest  überzeugt  sind,  jedenfalls   fester  als  unsere  Schüler  und  zum 

Korrespondansblatt  1905,  Heft  2. 


42  Eiben, 

Teil  auch  deren  Eltern,  so  verkennen  wir  darum  doch  gewiß  nicht 
die  Notwendigkeit  der  Erholung.  So  gut,  wie  wir  selber, 
ja  noch  nötiger  brauchen  unsere  Schttler  täglich  einige  Stunden, 
über  die  sie  frei  verfügen  können.  Solche  sind  aber  ftlr  die  Schüler 
notwendig  nicht  bloß  zur  Erholung,  sondern  auch  damit  sie  Gelegen- 
heit haben,  neben  den  Aufgaben  für  die  Schule,  die  nun  doch  ein- 
mal für  die  SchtUer  mehr  oder  weniger  eine  Zwangsarbeit  sind,  irgend 
einer  Beschäftigung  sich  hinzugeben,  zu  der  sie  eigene  Neigung 
und  individuelle  Befähigung  treibt.  Eine  rechtzeitige  Gewöhnung 
an  eine  solche  freiwillige  Tätigkeit  ist  meines  Erachtens  auch 
für  das  spätere  Leben  mindestens  ebenso  wichtig,  als  die  Erziehung 
zu  selbständiger  Pflichtarbeit.  Nur  dadurch  ist  es  möglich,  der 
Jugend  die  für  ihren  Standpunkt  so  natürliche,  aber  doch  banausische 
Vorstellung  allmählich  abzugewöhnen,  daß  zwischen  Arbeit  und 
Vergnügen  ein  unversöhnbarer  Gegensatz  bestehe;  nur  so  haben 
insbesondere  die  Eltern  genügend  Gelegenheit,  angeborene  Nei- 
gungen ihrer  Kinder  rechtzeitig  zu  erkennen. 

Wie  steht  es  nun  in  dieser  Beziehung  bei  uns  in  Württemberg? 
Haben  unsere  Gymnasialschüler  neben  den  Anforderungen  der  Schule 
noch  genügend,  freie  Zeit  zur  Verfügung? 

Der  Erlaß  über  die  Hausaufgaben  vom  19.  März  1896 
bestimmt  folgendes: 

1.  Die  Hausaufgaben  ....  sollen  für  die  Schüler  der  Klassen 
I — lil  [alter  Bezeichnung]  an  den  vollen  Schultagen  nicht  mehr  als 
1  Stunde,  an  den  schulfreien  Nachmittagen  nicht  über  Vh  Stunden, 

2.  für  die  Schüler  der  IV.  Klasse  nicht  mehr  als  Vh  Stunden, 
bezw.  2  Stunden  in  Anspruch  nehmen. 

3.  Für  die  übrigen  Klassen  wird  in  Übereinstimmung  mit 
dem  Lehrplan  von  1891  die  auf  die  Hausaufgaben  zu  verwendende 
Zeit  an  vollen  Schultagen  auf  IVs — 2,  an  schulfreien  Nachmittagen 
auf  2 Vi — 3  Stunden  festgesetzt. 

Gewähren  diese  Bestimmungen  unseren  Schülern  hinreichend 
freie  Zeit  zur  Erholung,  sowie  zu  anderweitigen  Studien?  Ich 
stehe  nicht  an,  die  Frage  mit  ja  zu  beantworten,  zumal  da  auch 
von  der  Seite,  die  die  ganze  Bewegung  ins  Leben  gerufen  hat,  der 
Erlaß  als  ein  Bundesgenosse  für  ihre  Bestrebungen  bezeichnet  wird. 
Die  geltenden  Bestimmungen  sind  human,  namentlich  wenn  es  in 
der  Ausführung  den  Lehrern  gelingt,  unter  dem  erlaubten  Höchst- 
maß zu  bleiben,  von  dem  doch  wohl  anzunehmen  ist,  daß  es  als 
Arbeitszeit  für  die  minderbegabten  und  doch  gewissenhaften  Schüler 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hausaufgaben.  43 

gilt;  hnman  aoeh  insofern,  als  sie  schon  durdi  ihre  Existenz  das 
Bestreben  der  Behörde  zu  erkennen  geben,  eine  Überbttrdnng  zu 
verhüten.  Eine  Umfrage  bei  den  andern  deutschen  Gymnasiallehrer- 
vereinen,  betr.  das  Vorhandensein  amtlicher  Bestimmungen  ttber  die 
Hausaufgaben  ergab  nämlich,  daß  in  einer  grossen  Anzahl  von  Vereins- 
gebieten ^)  keine  amtlichen  Bestimmungen  bestehen;  die  hierher 
gehörigen  Antworten  erwähnen  zum  Teil  Vereinbarungen  an  ein* 
zelnen  Anstalten  und  zwar  teilweise  nach  preußischem  Muster. 
Wo  amtliche  Bestimmungen  vorhanden  sind,  beziehen  sie  sich  teils, 
wie  in  Württemberg,  auf  die  tägliche  Arbeitszeit,  so  in  Baden  und 
Elsaß-Lothringen,  teils  auf  die  zulässigen  Anforderungen  jedes 
Fachs  auf  jeder  Altersstufe  (lediglich  zeitlich  bemessen  in  Sachsen- 
Weimar,  qualitativ  näher  bezeichnet  in  Preußen,  Brannschweig  und 
Sachsen),  teils  auf  beides  zugleich,  so  in  Bayern  und  Hessen.  Einzel- 
heiten mitzuteilen  würde  zu  weit  führen. 

Dagegen  ist  es  notwendig,  einen  Blick  zu  werfen  auf  die 
älteren  wttrttembergischen  Verordnungen,  zumal  da 
sie  grundsätzlich  auch  heute  noch  gelten,  insofern  als  durch  den 
Erlaß  vom.  19.  März  1896  nur  die  entgegenstehenden  Bestimmungen 
der  früheren  Erlasse  aufgehoben  sind.  Der  älteste  Erlaß  ist  der 
vom  16.  Dezember  1854. 

Eine  Vergleichung  dieses  ältesten  und  der  verschiedenen  weiteren 
Erlasse  zeigt  deutlich  auf  selten  der  Behörde  das  Bestreben,  die 
Anforderungen  herabzusetzen,  und  demgegenüber,  zugleich  als 
wiederholten  Anlaß  zu  erneutem  behördlichem  Eingreifen,  auf  selten 
einzelner  Schulen  oder  einzelner  Lehrer  die  Neigung,  unter  will- 
kürlicher Auslegung  oder  mangelhafter  Beachtung  der  bestehenden 
Vorschriften  für  die  Hausaufgaben  mehr  Zeit  herauszuschlagen.  Grund- 
sätzliche Bedeutung  kommt  besonders  dem  Erlaß  vom  26.  April  1883 
zu,  der  auf  Grund  einer  vorhergegangenen  Rektorenkonferenz  aus- 
gegeben wurde.  Da  derselbe  bei  Fehleisen  leider  nicht  abgedruckt 
ist,  so  muß  ich  die  wichtigste  Stelle  daraus  vorlesen:  „Die  Kon- 
ferenz hielt  daran  fest,  daß  die  Forderung  der  gänzlichen  Beseiti- 
gung der  Hausaufgaben  als  unberechtigte,  die  Zwecke  der  Schule 
nach  der  Seite  des  Unterrichts  und  der  Erziehung  gefährdende  ab- 
zuweisen sei;  dagegen  aber  wurde  ebenso  entschieden  betont,  daß 
es  eine  gänzliche  Verkennung  der  Aufgabe  der  Schule  wäre,  wenn, 
wie  dies  ...  da  und  dort  schon  geschehen  ist,  in  Mißachtung  oder 

*)  Bremen,  Hamburg,  Lübeck,  Mecklenburg-Schwerin,  Oldenburg, 
Reuss  ä.  L.,  Sachsen- Altenburg,  Sachsen-Meiningen. 


44  Eiben, 

verkehrter  Anwendung  der  bezüglich  der  Hausaufgaben  bestehenden 
Vorschriften  der  häuslichen  Arbeit  die  Hauptaufgabe  des  Lernens 
zugewiesen  und  dem  Priyatfleiß  das  zu  erreichen  zugemutet  würde^ 
was  dem  Schüler  im  öffentlichen  Unterricht  geboten  werden  sollte. 
Die  ünterrichtsverwaltung  hat  es  von  jeher  für  ihre  Pflicht  erachtet^ 
die  häusliche  Arbeit  des  Schülers  zu  den  Leistungen  desselben  im 
öffentlichen  Unterricht  in  das  richtige  Verhältnis  zu  setzen  und  ins* 
besondere  dafUr  zu  sorgen,  daß  mit  Rücksicht  auf  die  seine  geistige 
Kraft  und  Ausdauer  hinlänglich  in  Anspruch  nehmende  tägliche 
Schularbeit  die  durch  die  Fertigung  der  Hausaufgaben  an  seine 
Leistungsfähigkeit  herantretenden  Ansprüche  möglichst  beschränkt 
und  ihm  zu  seiner  leiblichen  und  geistigen  Erholung  und  zur  Er- 
haltung der  jugendlichen  Freudigkeit  und  Frische  die  nötige  freie 
Zeit  gewonnen  werde." 

Das  Bestreben  möglichst  viel  mit  den  Schülern  zu  erreichen^ 
wobei  Jeder  Lehrer  wenigstens  von  seinen  eigenen  Fächern  meint, 
daß  darin  eher  zuwenig  als  zuviel  geleistet  werde"^  kann  im 
Grund  genommen  nach  dem  Zeugnis  des  verstorbenen  Kanzlers 
Rttmelin  „dem  Lehrerstand  nur  zur  Ehre  gereichen,  da  man  bei 
anderen  Berufszweigen  über  zu  kleinen  und  nur  hier  über  zu  großen 
Dienst-  und  Pflichteifer  zu  klagen  pflegt".  So  äußert  sich  Rümelin 
in  Nr.  IH  seiner  1881  verfaßten  Miscellanea  (Reden  und  Aufsätze, 
N.  F.,  S.  538).  Er  behandelt  daselbst  den  gegen  das  moderne 
deutsche  Gymnasium  gerichteten  Vorwurf  der  Dberbürdung  mit 
stofflichem  Wissen  und  rechnet  ihn  zu  den  Dingen,  ,,die  nicht  oft 
genug  und  nie  von  zu  vielen  gesagt  werden  können".  Dieses  Urteil 
über  das  Gymnasium  ist,  wohlgemerkt,  gefällt  worden  10  Jahre^ 
bevor  durch  einen  Erlaß  der  Kultministerialabteilung  die  Ver- 
setzungsprUfung  für  die  württ.  Gymnasien  einheitlich  geregelt  und 
die  Zahl  der  Prüfungsfächer  gegenüber  von  früher  erheblich  ver- 
mehrt wurde.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  seither  das  Bestreben, 
in  möglichst  vielen.  Fächern  möglichst  ansehnliche  Erfolge  zu  er- 
reichen, sich  nur  noch  steigern  mußte.  Dazu  kommt,  daß  die 
Nichtprüfungsfächer  wenigstens  für  den  Durchschnitt  der  Semester- 
zeugnisse im  ganzen  in  Betracht  kommen,  der  bei  der  Versetzung 
ebenfalls  zu  berücksichtigen  ist. 

Nun  sollte  man  meinen,  durch  unsere  eingehenden  Bestimmungen 
über  das  Maß  der  Hansaufgaben  sei  wenigstens  dafür  genügend 
gesorgt,  daß  die  rühmenswerte  Strebsamkeit  in  allen  Fächern  nicht 
in  nachteiliger  Weise  auf  das  Gebiet  der  häuslichen  Arbeiten  über- 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hausaufgaben.  45 

greift.  Dagegen  ist  folgendes  zu  bemerken.  Es  kann  vorkommen, 
daß  bestehende  Vorschriften  mit  der  Zeit  in  Vergessenheit 
geraten.  Nun  gibt  ja  allerdings  der  Erlaß  vom  19.  März  1896 
unter  Hinweis  auf  den  vom  6.  April  1888  sehr  genaue  Vorschriften, 
wie  die  Einhaltung  der  Bestimmungen  über  die  Hausaufgaben  jeder- 
zeit kontrolliert  werden  solle:  durch  die  Verpflichtung  zu  dies- 
bezüglichen regelmäßigen  Einträgen  in  die  Diarien,  durch  ein  vom 
Klassenlehrer  apzufertigendes  Schema  ftlr  die  wöchentlichen  Haus- 
aufgaben seiner  Klasse,  durch  einen  in  den  ersten  Monaten  jedes 
Scliuljahrs  abzuhaltenden  Lehrerkonvent  zur  Prüfung  des  Maßes 
der  Hausaufgaben  an  allen  Klassen;  Weisungen,  wie  sie  sich  auch 
in  den  preußischen  und  hessischen  Vorschriften  über  die  Hausauf- 
gaben finden. 

Es  ist  aber  andererseits  auch  leicht  zu  verstehen,  wie  mau 
dazu  kommt,  solche  Kontrollbestimmungen  nicht  jahraus 
jahrein  in  derselben  Strenge  anzuwenden.  So  mag  es  hier  und 
dort  z.B.  mit  den  Hausaufgabenkonventen  gehen:  ist  im  Lehr- 
plan  alles  beim  alten  geblieben,  so  erspart  man  sich  einen  solchen 
Konvent  um  so  lieber,  je  lebhafter  man  davon  überzeugt  ist,  daß 
jeder  längere  Konvent  stets  mehr  oder  weniger  eine  Beeinträchti- 
gung des  regelmässigen  Schulbetriebs  bedeutet.  Es  wird  also  inner- 
halb der  Lehrerkollegien  keine  große  Sehnsucht  vorhanden  sein, 
jene  Hausaufgabenkonvente  wieder  einzuführen,  wo  sie  etwa  in 
Abgang  gekommen  sein  sollten.  Die  Leiter  und  die  Lehrer  einer 
Anstalt  sind  sich  ja  bewußt,  jederzeit  die  Mittel  in  der  Hand  zu 
haben,  um  Übel  ständen  in  betreif  der  Hausaufgaben  abzuhelfen, 
falls  solche  sich  je  wieder  einstellen  sollten. 

Das  Mißliche  ist  bloß,  daß  letzteres  nur  ganz  allmählich 
und  unmerklich  zu  geschehen  pflegt.  Unmerklich  zunächst 
einmal  für  die  große  Mehrzahl  derjenigen,  die  es  in  allererster  Linie 
merken  sollten,  für  die  Mehrzahl  der  Schüler.  Denn  diese  reagiert 
gegen  Überbürdung  mit  Hausaufgaben  sozusagen  automatisch:  je 
mehr  die  Schule  ihnen  zumutet,  desto  weniger  muten  sie  sich  selber 
zu,  nicht  sowohl  quantitativ  (denn  die  schriftlichen  Arbeiten  wenig- 
stens müssen  eben  einmal  abgeliefert  werden),  als  vielmehr  quali- 
tativ, nach  dem  Rezept:  rasch  und  schlecht.  Daß  die  nicht  so 
leicht  kontrollierbaren  Präparatious-  und  Kepetitiousaufgaben  ein 
besonders  einladendes  Objekt  für  Anwendung  der  Selbsthilfe 
gegen  Überbürdung  sind,  soll  nur  kurz  angedeutet  werden.  So 
kommt    es,     daß   man    von    vielen    früheren    Gymnasisten,    wenn 


46  Eiben, 

von  Überbttrdang  mit  Hausaufgaben  die  Rede  ist,  die  Äußerung 
hören  kann:  ,,Wir  waren  nicht  überbürdet !^^  sei's  mit,  sei's  ohne 
das  Eingeständnis:  ,,Wir  waren  nie  präpariert^^  Andererseits  hört 
man  aber  auch  das  Urteil,  daß,  wer  wirklich  allen  Anforderungen 
der  Schule  nachkommen  wollte,  recht  viel  zu  tun  hatte.  Es  soll 
damit  selbstverständlich  nicht  gesagt  sein,  daß  eine  Überbürdung 
der  gewissenhaften  Schüler  überall  mit  unbedingter  Notwendigkeit 
eintreten  müsse;  aber  die  Möglichkeit  ihres  Eintritts  ist  stets  vor- 
handen, und  oft  liegt  tatsächlich  Überbürdung  vor,  ohne  daß  der 
Lehrer,  geschweige  denn  der  Anstaltsleiter  eine  Ahnung  davon  hat* 
Die  regelmäßigen  Hansaufgabeneinträge  in  die  Diarien  ent- 
halten ja  eigentlich  nie  etwas  Auffallendes.  . 

„Aber  die  Elter n?^^  wird  man  fragen,  ,^die  sind  doch  mit 
Klagen  gleich  bei  der  Hand  ?^^  Ich  erlaube  mir  dies  zu  bezweifeln. 
Es  handelt  sich  in  erster  Linie  um  die  Eltern  fleißiger,  gewissen- 
hafter Schüler;  solange  die  Jungen  nicht  lamentieren,  werden  auch 
die  Alten  keinen  unangenehmen  Gang  antreten.  Und  vollends  zum 
Anstaltsvorstand  zu  gehen  und  sozusagen  den  Lehrer  des  eigenen 
Sohnes  wegen  zu  großer  Anforderungen  zu  verklagen,  tragen  die 
Eltern  aus  leicht  ersichtlichen,  mehr  oder  weniger  achtenswerten 
Gründen  häufig  Bedenken. 

Kurz,  Überbttrdung  kann  eintreten  und  immer  mehr  um  sich 
greifen,  ohne  daß  die  „berufenen  Organe"  es  merken.  Wenn  dann 
schließlich  in  dieser  oder  jener  Zeitung  auf  das  Bestehen  einer 
Überbürdung  hingewiesen  wird,  so  ist  man  in  Lehrerkreisen  nur 
zu  leicht  geneigt,  dies  als  Anmaßung  eines  Urteils  von  selten  Un- 
berufener zu  verurteilen.  Und  doch  trifft  auch  in  diesem  Fall,  am 
wieder  mit  llUmelin  zu  reden,  „wie  in  allen  praktischen  Fragen  die 
bekannte  Schwierigkeit  zu,  daß  die  Fachmänner  beteiligt,  interessiert 
und  darum  nicht  unbefangenen  Urteils  sind,  die  Laien  aber  der 
Sachkunde  entbehren.  Darüber  ist  niemals  ganz  wegzukommen; 
doch  darf  man  im  vorliegenden  Fall  sagen :  Die  Lehrer  sind  nicht 
allein  die  Beteiligten  und  Wissenden ;  den  Vätern  kommt  auch  eine 
Stimme  zu ;  den  Ärzten  wird  der  Mund  ebensowenig  zu  verschließen 
sein;  und  die  Interessiertesten  sind  schließlich  die  Schüler  selbst, 
bei  welchen  wenigstens  Urteil  und  Erinnerung  der  dem  Gymnasium 
Entwachsenen  nicht  mißachtet  werden  kann." 

Wenn  man  von  der  in  den  Hausaufgabenerlassen  verlangten 
Anfertigung  eines  Schemas  fOr  die  Hausaufgaben  im  Lauf  der 
Zeit  hier  und  da  abgekommen  ist,  so  mag  daran  einmal  die  richtige 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hausanfgaben.  47 

Erkenntnis  achald  sein^  daß  es  in  der  Frage  der  Haosaufgaben; 
wie  in  so  mancher  anderen  Schnlfrage,  weniger  anf  Reglements 
als  auf  ein  geeignetes  Eingreifen  des  Lehrers  und  auf  ein  besonnenes 
Znsammen  wirken  von  Schule  und  Haus  ankommt.  Dazu  tritt  aber 
wohl  noch  ein  weiterer  Grund,  nämlich  das  Gefühl,  daß  es  wirklich 
nicht  leicht,  ja  kaum  möglich  ist,  die  „berechtigten  Forderungen^' 
der  verschiedenen  Fächer  in  dem  von  der  Behörde  festgesetzten 
Rahmen  für  die  tägliche  Hausarbeitszeit  unterzubringen. 

Am  meisten  ins  Gedränge  wird  bei  dem  Versuch,  einen  wöchent* 
liehen  Hausarbeitsplan  auszuarbeiten  und  dabei  jede  Überbflrdung 
zu  vermeiden,  der  damit  betraute  Klassenlehrer  an  denjenigen 
Wochentagen  kommen,  auf  welche  Unterrichtsstunden  in  fakul- 
tativen Fächern  angesetzt  sind.  Eine  Berücksichtigung  der 
fakultativen  Fächer  durch  Anwendung  des  geringeren  Maßes  der 
zugelassenen  Arbeitszeit  ist  durch  den  Erlaß  vom  19.  März  1896 
vorgesehen  und  verlangt,  aber  nur  für  die  7.  Klasse  alter  Bezeichnung. 
Meines  Erachtens  ist  es  jedoch  auch  für  die  höheren  Klassen  durch- 
aus notwendig,  daß  ihnen  trotz  fakultativer  Fächer  ein  täglicher 
Feierabend  ermöglicht  wird,  und  zwar  nicht  nur  durch  das  beliebte 
Mittel  der  Selbsthilfe:  ,)Hat  man  keinen,  so  macht  man  einen ^^ 
Es  nimmt  sich  ja  auf  dem  Papier  ganz  schön  ans,  daß  die  Schüler 
der  drei  obersten  Klassen,  wenn  sie  um  4  Uhr  heim  kommen,  nur 
noch  Vli,  höchstens  2  Stunden  und  an  „schulfreien^*  Nachmittagen 
nur  2V8,  höchstens  8  Stunden  für  die  Schule  zu  arbeiten  und  die 
übrige  Zeit  zur  Selbstbeschäftigung  und  Erholung  frei  haben.  In 
Wirklichkeit  gestaltet  sich  die  Sache  wesentlich  anders  infolge  der 
fakultativen  Stunden,  „an  welchen  ein  großer  Teil  der  Schüler 
teilnimmt".  Die  Probe  mache  man  einmal  am  Stundenplan  einer 
Oberseknnda  mit  ihren  34  Pfiichtstunden,  zu  denen  noch  Hebräisch, 
Englisch  und  Italienisch  kommen,  so  daß  für  einen  großen  Teil  der 
Schüler  an  vollen  Schnltagen  der  Untemcht  beinahe  täglich  bis 
5  Uhr,  1— 2mal  sogar  bis  6  Uhr  dauert.  Es  ist  klar,  daß  neben 
7— Sstttndigem  Unterricht  und  2  Stunden  häuslicher  Arbeit,  welche 
der  Hausaufgabenerlaß  für  Schüler  der  drei  obersten  Klassen  an- 
zusetzen ohne  Einschränkung  gestattet,  von  einer  genügenden  Er- 
holungszeit nicht  mehr  die  Rede  sein  kann;  vollends  ist  nicht  an- 
zunehmen, daß  nach  9 — lOstündiger  Arbeit  in  der  Schule  und  für 
die  Schule  ein  junger  Mensch  noch  Lust  und  Kraft  habe,  einer 
freiwilligen  Arbeit  oder  einer  auch  nur  einigermaßen  ernsthaften 
Lieblingsbeschäftigung  sich  hinzugeben.    Nun  aber  sind  die  fakul- 


48  Eiben, 

tativen  Fächer  von  Staats  wegen  gewiß  nicht  nur  ftir  einige  wenige 
besonders  Begabte  eingeführt;  der  Erlaß  vom  19.  März  1896  setzt 
voraus,  daß  ein  großer  Teil  der  Schtller  daran  teilnimmt;  sie  sind 
also  Schulfächer;  keine  Privatstunden  und  vollends  keine  Erholungs- 
stunden;  die  Schüler  bekommen  darin  Zeugnisse  und  -Aufgaben. 
Es  muß  daher  auch  neben  diesen  Fächern  noch  genügend  Zeit  zur 
Erholung  und  Selbstbeschäftigung  übrig  sein.  Und  dafür  hat  die 
Schule  zu  sorgen,  sie  darf  diese  Sorge  nicht  den  Schülern  zuschieben. 
Es  läßt  sich  dies  meines  Erachtens  machen  durch  eine  entsprechende 
Änderung  der  Ziffer  3  der  Bestimmungen  über  die  für  jeden  Tag 
anzusetzende  Hausaufgabenzeit,  wie  ich  sie  in  meiner  zweiten  These 
vorgeschlagen  habe. 

Die  Schwierigkeit,  in  dem  festgesetzten  zeitlichen  Rahmen  die 
auf  den  nächsten  Tag  fälligen  mündlichen  und  schriftlichen  Haus- 
aufgaben unterzubringen,  wächst  natürlich  durch  die  vorgeschlagene 
Einengung  dieses  Rahmens.  Aber  sie  besteht  schon  an  und  für 
sich  insofern,  als  die  württembergischen  Verordnungen  über  die 
Hausaufgaben  die  Ansprüche  der  einzelnen  Fächer  weder 
quantitativ  noch  qualitativ  näher  begrenzen.  In  dieser  Be- 
ziehung gehen  am  gründlichsten  zu  Werke  die  hessischen  Verord- 
nungen, die  nicht  bloß  ein  Höchstmaß  der  Zeit  für  die  Hausauf- 
gaben an  jedem  Tag  ansetzen,  sondern  auch  bei  verschiedeneu 
Fächern  nähere  Bestimmungen  über  Art  und  Zweck  der  Arbeiten 
für  dieselben  geben.  Ähnliche  Bestimmungen  enthalten  auch  die 
preußischen  Lehrpläne  vom  Jahr  1901  bei  jedem  Fach.  Fürchten 
Sie  nun  aber  nicht,  daß  ich  darum  unser  Heil  in  einem  unbedingten 
Anschluß  an  eine  preußisch-hessische  Hausaufgabenbetriebsgemein- 
schaft sehe. 

Unser  württembergisches  Gymnasium  hat  mancherlei  berech- 
tigte Eigentümlichkeiten,  die  ^s  ohne  Grund  nicht  aufgeben  sollte. 
Dazu  gehört  vor  allem  das  lateinische  Argument.  Damit 
komme  ich  zur  speziellen  Betrachtung  unserer  württembergischen 
Hausaufgabenarten;  eine  erschöpfende  Behandlung  dieser  Materie 
in  meinem  Vortrag  dürfen  Sie  übrigens  weder  erwarten  noch  be- 
fürchten. Der  Lehrplan  vom  16.  Februar  1891  verordnet,  daß  ins- 
besondere an  den  Oberklassen  gegenüber  der  Exposition  die  Be- 
handlung der  Grammatik  und  der  Betrieb  der  Komposition  zurück- 
zutreten hat  und  letztere  vorherrschend  unter  dem  Gesichtspunkt 
der  Erhaltung  der  grammatischen  Sicherheit  und  erst  in  zweiter 
Linie  als  Übung  in  der  stilistischen  Gewandtheit  zu  behandeln  ist. 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hausaufgaben.  4Q 

Ich  mochte  bezweifeln,  ob  diese  Verordnung  an  allen  württemfoergi- 
sehen  Gymnasien  streng  befolgt  wird,  und  bin  fttr  meine  Person  in 
der  Tat  auch  überzeugt,  daß  die  Beibehaltung  des  lateinischen 
Arguments  bis  in  die  obersten  Klassen  vorzugsweise  mit  Rücksicht 
auf  Erhaltung  der  grammatischen  Sicherheit  sich  nicht  genügend 
rechtfertigen  läßt,  daß  vielmehr  der  Hauptgew  inn  dieser  Übungen, 
je  höher  hinauf  sie  betrieben  werden,  desto  mehr  auf  dem 
stilistischen  Gebiet  erzielt  wird.  Welchen  Wert  hat  es  z.  B., 
daß  dem  Obergymnasisten  je  und  je  Gelegenheit  gegeben  wird, 
gegen  die  verschiedenen  Regeln  zu  verstoßen,  die  es  in  betreff  der 
Übersetzung  von  deutschen  Daß-Sätzen  durch  ut,  ne,  quod,  quin, 
quominus  oder  mit  dem  Accusativus  cum  Infinitivo  gibt  ?  Er  muß 
diese  Regeln  freilich  einmal  gehabt  und  verstanden  und  auch  kompo- 
sitionsweise gründlich  eingeübt  haben.  Dann  ist  er  aber  auch  jeder- 
zeit imstande,  in  der  Schriftstellerlektüre,  was  doch  die  Haupt- 
sache ist,  einen  derartigen  Satz  richtig  aufi^ufassen  und  deutsch 
wiederzugeben;  und  je  mehr  er  lateinisch  liest,  je  mehr  ihm  in  der 
Exposition  Beispiele  für  jene  Regeln  (z.  B.  für  das  so  wichtige 
tantum  abest,  ut  — ,  ut  — !)  vorkommen,  desto  mehr  geht  ihm  der 
lateinische  Sprachgebrauch  in  Fleisch  und  Blut  über,  wenn  es  ihm 
auch  vieUeicht  in  der  Komposition  anfangs  noch  passieren  kann, 
aus  Leichtsinn  oder  Gedankenlosigkeit  dagegen  zu  verstoßen.  Das- 
selbe gilt  in  noch  erhöhtem  Maße  in  betreflf  der  Sicherheit  in  der 
lateinischen  Formenlehre:  ein  Obergymnasist,  dem  in  der  Kompo- 
sition Minerva  in  ihrem  Zorn  ein  facitur  in  die  Feder  fließen  läßt, 
kann  trotzdem  in  der  Exposition  ein  beachtenswertes  Verständnis 
fttr  die  lateinische  Sprache  zeigen.  Dienen  also  die  Kompositions- 
übungen  nur  dem  Zweck  der  Exposition,  dann  sind  sie  in  den 
höheren  Klassen  entbehrlich.  Um  der  Erhaltung  der  grammatischen 
Sicherheit  willen  lohnen  sie  die  darauf  verwandte  Mühe  nicht,  wohl 
aber  dann,  wenn  sie  sich  in  den  höheren  Klassen  höhere  Ziele 
Blecken;  dann  wächst  der  Mensch,  d.  h.  der  Schüler,  mit  seinen 
höheren  Zwecken.  Gibt  ja  doch  auch  Schwend^)  den  hohen 
Bildungswert  der  lateinischen  Komposition  zu.  „Der  Latein- 
schüler muß  ....  in  der  Komposition  beständig  Kompliziertes  in 
Einfaches,  Feines  in  Rohes,  Abstraktes  in  Konkretes  verwandeln, 
d.  h.  den  logischen  Vorgang  der  Definition  unzähligemale  wieder- 
holen.*' Statt  „Feines  in  Rohes^'  empfiehlt  es  sich  vielleicht  zu 
sagen  oder  mindestens  dem  noch  beizufügen:  ,, Unklares,  Phrasen- 

*)  Schwend,  Gymnasium  oder  Realschule?  S.  38. 


50  Hammer,  Aufgaben  aus  der  realistischen  Lehramts- 

haftes in  Klares,  Natttrlicbes."  „Wenn  man  sich  etwas  klar  und 
deutlich  machen  will/'  sagt  Treitschke  im  ersten  Band  seiner 
Politik  (8.  366),  „muß  man  sich  den  Gedanken  in  lateinischer  Sprach- 
form konstruieren,  man  kann  dann  keinen  Denkfehler  mehr  begehen/^ 
Gerade  darum  ist  diese  Art  sprachlicher  Schulung  von  so  hervor- 
ragend praktischer  Bedeutung  für  alle  diejenigen  Berufsarten, 
deren  Objekt  nicht  die  stumme  Natur,  die  unbelebte  Materie^ 
sondern  die  ,, redebegabten  Menschenkinder^'  sind.  Aus  den  Ge- 
bieten der  Geschichte,  des  politischen  und  sozialen  Lebens  sind  die 
Themata  für  die  lateinischen  Argumente  vorzugsweise  genommen, 
und  zwar  sind  es  in  den  obern  Klassen  mehr  und  mehr  moderne 
deutsche  Originaltexte  mit  all  den  stereotypen  Begriffen  und  Schlag- 
wörtern, mit  denen  unsere  modernen  Sprachen  um  sich  zu  wei*feu 
pflegen.  Diese  fortgesetzte  Gewöhnung,  dem  wahren  Sinn  von 
Wörtern  nnd  Redensarten  auf  den  Grund  zu  gehen,  erzeugt  am 
sichersten  jenen  geistigen  Habitus,  der  den  wirklich  Gebildeten  vom 
Halbgebildeten  unterscheidet.  (Schluss  folgt.^ 


Aufgaben  aus  der  realistischen  Lehramtsprüfung  in 
Trigonometrie  und  mathematischer  (reographie. 

Von  E.  Hammer. 

Zum  drittenmal  möchte  ich  hier  die  Aufgaben  der  Lehramts- 
prüfung in  dem  obengenannten  Fache  und  ihre  Lösungen  kurz 
besprechen,  und  zwar  die  aus  den  Jahren  1903  und  1904.  Wie 
früher  habe  ich  dabei  den  trigonometrischen  und  mathematisch- 
geographischen Unterricht  in  der  Oberrealschule  im  Auge. 

1.  Bei  der  ersten  Aufgabe  von  1903:  „In  einem  ebenen  recht- 
winkligen Koordinatensystem  sind  gegeben  zwei  Punkte  A  imd  B: 
A  I  X.  =  —  17  421,34  ya  =  +  16  427,83 

B  I  Xb  =  —  17  873,62  yi,  =  -^-16  051,45 

zur  Bestimmung  der  Koordinaten   eines  Punktes  B'  nahe  bei  B 

sind  gemessen: 

Strecke  BB'  =  1,02  Meter, 

in  B'  der  Winkel  zwischen  B  links  und  A  rechts  =  116*^,1. 
Was  sind,  auf  1  cm  genau,  die  Koordinaten  des  Punkts  B'?    (Ein- 
fachste Rechnung  mit  Begründung)^^  habe  ich  eine  in  den  Zahlen 
für  B',  ja  auch  nur  in  der  anzustellenden  Überlegung  richtige  Lösung, 


Meter; 


prüfüng  in  TrigoDometrie  und  mathematbeher  Geographie.       51 


nach  nan  20jähriger  Prttfnngserfahrnng,  kaum  erwarten  dürfen.  Dazu 
ist  der  ganze  trigonometrische  Unterricht,  den  die  Lehramtskandidaten 
ihrer  Zeit  selbst  genossen  haben  (er  liegt  ja  dazu  meist  weit 
hinter  ihnen  in  wesenlosem  Scheine),  und  damit  yielfach  auch  der, 
den  sie  selbst  erteilen  werden,  zum  Teil  wenig  angetan.  Abgesehen 
war  es  hier  auf  folgende  Überlegung:  1.  Wie  genau  muß  der 
Richtungswinkel  (BB')  ^)  bekannt  sein,  ^j^ 

damit  auf  BB'  =  1,02  m  Länge  der 
Endpunkt  B'  dieser  Strecke,  deren 
Koordinaten  auf  1  cm  genau  berechnet 
werden  sollen,  um  nicht  über  V»  cm 
falsch  zu  liegen  kommt  V  Antwort :  auf 


m-?  =  0''>28 


(1) 


+X 


"■ 


+^A 


(im  Kopf  rechnen,  praktisch  genau  ^/2oo 

von  57^,3).      2.   Um  wieviel  unter-  ^A. 

scheiden  sich,  bei  BB'  =  1,02  m,   im  1    /oc 

„schlimmsten^^  Fall  die  Richtungs- 
winkel (BA)  und  (B'A)?  Antwort: 
der  Richtungswinkel  (BA)  ist,  vgl. 
Fig.  1,  um  a  größer  (B'A)5  je  nach  Fig.  1. 

der  Richtung  der  von  B  ausgehenden,  im  Vergleich  mit  BA  kurzen 
Strecke  BB'  schwankt  der  Winkel  a  zwischen  dem  Minimum  0  (BB' 
in  der  Richtung  gegen  A  oder  geradlinig  von  A  abgekehrt)  und 
einem  Maximum,  dem  angedeuteten  ,, schlimmsten^^  Fall,  eintretend, 
wenn  BB'  quer  (normal)  zu  BA  liegt.  In  diesem  Fall  ist,  mit  genügender 
Näherung  (solang  z.  B.  BB'  nicht  über  V5o  von  BA  wird), 

Rechnet  man  (vorläufig,  also  z.  B.  rasch  mit  der  Quadrattafel)  ge- 
nähert, z.  B.  auf  1  m,  die  Länge  von  BA  aus,  so  findet  man  BA  = 
588  m  und  damit  also 

a  max -yg    •  O '   ,0, 


>)  Wenige  Dinge  in  der  praktischen  Mathematik  haben  bekanntlich 
60  viele  Namen  und  Bezeichnungen  erhalten,  wie  der  Winkel,  der  eine 
bestimmte  Richtung  in  der  Ebene  des  rechtwinkligen  Koordinaten- 
systems festlegt;  allgemein  üblich  ist  ja  sogar  noch  nicht  einmal  die 
«Beziehung''  des  Winkels  auf  die  x-Achse.  Der  obengebrauchte  Name 
ist  wohl  der  beste. 


62 


Hammer,  Aufgaben  aus  der  realistischen  Lehramts- 


oder  (ohne  jedes  Rechenhilfsmittel  genügend) 

«mm,  =  OM.  (2) 

Vergleicht  man  dieses  Ergebnis  (2)  mit  der  nach  (1)  erforderlichen 
Genauigkeit,  so  zeigt  sich,  daß  hier  a  vollständig  vernachlässigt 
werden  darf,  daß  bei  der  verlangten  Schärfe  der  Rechnung  (BA)  = 
(B'A),  also  auch  der  Winkel 

3  =  180"  — 11 6«,1=63'>,9  gesetzt  werden  darf; 
B  ist  in  Wirklichkeit  um  a  kleiner  als  dieser  Betrag,  aber  der  Unter- 
schied kommt  nicht  in   Betracht.     Man   hat  also  nur,  mit  3-  bis 
höchstens  4stelligen  Logarithmen  den  Richtungswinkel  (BA)  auszu- 
rechnen, wie  immer  nach 

Vo.  — —  vk 

(BA)  =:  arc  tg  -         '      (Endpunkt  voran !),  hieraus 

X»  —  Xb 

(BB')=(BA)-|-B  zu  bilden,  wobei  es  aufO'^,1  und  mehr  gar 
nicht  ankommt,  ^und  hieraus  endlich  die  algebraischen  Zuschläge 
zu  den  Koordinaten  von  B,  um  die  von  B'  zu  erhalten, 

1,02  .  cos  (BB')      und       1,02  .  sin  (BBO 
zu  berechnen.    Für  die  ganze  Rechnung  von  Beginn  bis  zum  Schluß 
braucht  man  nichts  als  den  Rechenschieber;  will  man  logarithmisch 
rechnen,  so  sieht  die  Rechnung  folgendermaßen  aus: 


y«-yb=+ 376,4 

EScba) 

Xa  —  Xb  =  -H  452,3 


2.5766 
0.114 

2JB554 

9.9202 
2.769) 


Ax       I  9.382n  I  Ax=-0,24 


cös(BB')    9.373  n 


1,02 
sin  (BBQ 

Ay  " 


0.009 
9.988 

9.997 


Ay  =4-0,99, 


(BA)=  39»,8 
+  B=  63«,9 

(BBO  =  103«,7 

(besser  103®,6, 

tg  (BA)   9.9202    '^as  aber  ganz 

(BA    2.769)     gleichgült.  ist) 

(BA=588nj,ft.o.> 

somit  die  Koordinaten  von  B': 

X  =  —  17  873;62  —  0,24  =  —  17873,86 
y  =  4- 16  051,45  +  0,99  =  +  16  052,44. 

Ich  darf  den  Raum  dieser  Zeitschrift  nicht  zur  ausftlhrlichen 
Aufzählung  der  von  den  Kandidaten  versuchten  Auflösungen  in 
Anspruch  nehmen,  so  lehrreich  diese  zum  Teil  wären;  angedeutet 
sei  nur,  daß  mehrere  Kandidaten  sich  in  der  Genauigkeit  der 
Rechnung  des  Winkels  a  gar  nicht  genug  tun  konnten  (0'',001  kam 
vor),  ebenso  in  der  Genauigkeit  der  (aber  natürlich  falschen)  Ko- 
ordinaten von  B'  (0,01  und  0,1  mm).  Mehrfach  wurde  Kontrolle- 
rechnung von  A  aus  versucht,  die  bei  der  Einfachheit  der  vor- 
stehenden Überlegung  und  Rechnung  (die  füglich  ganz  im  Kopf 
gemacht  werden  kann)  ganz  überflüssig  ist;  ein  Kandidat  wollte  B' 


prfifung  in  Trigonometrie  und  mathematischer  Geographie.       53 

analytisch-geometrisch  als  Schnittpunkt  zweier  Kreise  rechnen,  Kreis 
über  BA  als  Sehne  mit  dem  Peripheriewinkel  116^,1  und  Ej-eis  um 
B  mit  1,02  m  Halbmesser,  hat  dann  aber  die  Durchftihmng  in  Zahlen 
glücklicherweise  unterlassen  (nebenbei  bemerkt,  hätte  er  auf  kurzem 
Weg  von  dieser  Betrachtungsweise  aus  zu  einer  der  vorstehenden 
ähnlichen  Lösung  gelangen  können);  ein  in  den  Zahlen  richtiges 
Resultat  hat  niemand  erreicht. 

2«  Aufgabe  von  1903:  „Auf  einer  Kugelfläche  von  124,5  mm 
Halbmesser  soll  mit  dem  Zirkel  ein  Kleinkreis  so  gezogen  werden, 
daß  das  diesem  Kleinkreis  einbeschriebene  gleichseitige  sphärische 
Dreieck  an  Fläche  gleich  Vd  des  Oktanten  der  Kugeloberfläche  wird. 
Wie  ist  zu  verfahren?" 

Antwort:  Es  ist  die  Sehne  x  =  2r  •  sin -5^ zu  rechnen,  (denn 

diese  allein  kann  man  „in  den  Zirkel  nehmen"),  die  auf  der  Kugel 
von  r  =  124,5  mm  Halbmesser 
dem  sphärischen  ümkreishalb- 
messer  K  des  verlangten  gleich- 
seitigen Dreiecks  entspricht. 
Dieses  gleichseitige  Dreieck  ist 
durch  seinen  Exzeß  bestimmt, 
d.  h.  es  ist  also  der  Winkel 
des    gleichseitigen    Dreiecks  /     ^.^-^        jff^^^^-^s/^l*  3^* 


OC'IO 


gegeben.     Der  Exzeß  ist  ^/s 

von  90^,  denn  der  Kugelober- 

flächenoktant  hat  90*^  Exzeß;  Fig.  2. 

oder  die  Winkelsumme  ist  180^  -f  30^  =  210«  oder 

a  =  70^      \  =  35^ 

Hieraus  wollten  nun  mehrere  Kandidaten  die  Seite  des  Drei- 
ecks bestimmen,  z.  B.  aus 

cos  a  =  ctg  70^  .  ctg  35^      (vgl,  Fig.  2), 
andere  auf  anderem  Weg;  aber  die  Kenntnis  von  a  ist  ganz  über- 
flttssig.      Mehrere   Lösungen   haben   die   freilich   wichtige   Formel 
benützt : 


also  hier 


=V' 


ctg  R  -  ^  f  ^^®  ^^  ""  *)  ^^*  (^  "  ^^  ^^^^  (°  "■  ^^ 


—  cos  o 


ctg  R  =  a/"-?^'4°  ~ 'l  (3) 


C08  0 


64 


Hammer,  Aufgaben  ans  der  realistiBcben  Lehramts- 


8a 
wo  a  =  -g-  =  105®  und  a  —  a  =  35®  ist,  also  die  Rechnung  sehr 

einfach  so  aussieht: 


cos  (o  — a) 


cos*  (o  —  a) 
E(— coso) 


ctgR 


9.91886 


9.74008 
0.58700 


0.32708 


0.16354 


a-a=   35« 
o  =  105« 

.    R 

sm  2 

2r 

9.4716 
2.3962 

2r8m2 

1.8678 

R  =  34«27',5 

~  =  17»  13',8 
2r  =  249  mm 

X  =  73,75  mm 


Aber  auch  wer  die  Formel  (3),  bei  deren  numerischer  Anordnung 
es  bei  nicht  weniger  als  4  Kandidaten  nicht  ohne  Fehler  abging, 
nicht  gerade  auswendig  vorrätig  hat,  kommt,  sogar  noch  einfacher 
als  durch  (3),  zum  Ziel,  indem  er  beachtet,  daß  die  drei  Höhen  des 
gleichseitigen  Dreiecks  im  sphärischen  Mittelpunkt  Winkel  von  60® 
herstellen,  also  R  Hypotenuse  eines  rechtwinkligen  Dreiecks  mit 
den  Winkeln  60^  und  35®,  d.  h. 

cos  R  =  ctg  60^  .  ctg  35®  (4) 

ist,  wobei  noch  für  ctg  60^^  =  y^  keine  Logarithmentafel  gebraucht 

wird  (log  3  auswendig  0.47712).  Die  vollständige  Rechnung  ist 
damit  diese: 


1:V^ 

ctg36*> 

9.76 144 
0.15  477 

R  =  34«  27',5 
2  =  IV  13',8 

cosR 

9.91 621 

9.4716 

2.3962 

1.8678 

.    R 
sm  -g- 

2r  =  249,0  mm 
X  =  73" /*  mm. 

2r 

X 

1 

Nur  die  in  R  erforderliche  Schärfe    ist  noch   zu  überlegen;    bei 

124,5  mm  Kugelhalbmesser  entspricht  dem  Kugelzentriwinkel  1®  auf 

'1 
der  Oberfläche  der  Bogen  124  •  ^«  =  rund  2,2  mm,  also  1'  nur  etwa 

0,0036  mm  (^/«so  mm).  Da  nun  in  x  der  vorliegenden  Aufgabe  jeden- 
falls die  Genauigkeit  von  Vio,  im  äußersten  Fall  V20  mm  ausreicht, 
so  kommt  es  auf  1'  oder  selbst  einige  '  in  R  nicht  an,  so  daß  die 
Rechnung  aus  cos  beim  Betrag  34®  nicht  zu  beanstanden  ist. 

Wie  stets  bei   allen  Aufgaben  aus   der  Kreis-  und  Kngelrech- 
nung  zeigte  sieh  auch  hier  wieder,  daß  die  Kandidaten  den  richtigen 

180* 
Gebrauch  der  Zahl  ()®  = nicht  gentLgend   kennen,  z.  B.  haben 


Prüfung  in  Trigonometrie  und  matheroatiseber  Geographie.       55 

mehrere  Kandidaten  umständlich  aus  der  Gleichung 

,     s        1     4wr* 

P        3       8 
endlich  gefolgert 

1 

dann  aber  zunächst  n(}  ruhig  stehen  lassen  (=180^!);  ja  es  kam 
vor,  daß;  indem  für  n  und  q  verschieden  genaue  Näherungswerte 
genommen  wurden^  logarithmisch  berechnet  wurde  s  =  108002''y5 
(statt  108000"  =  30'^);  und  zwar  wurde  (besonders  geschickte  Rech- 
nung!) durch  östellige  Rechnung  £  auf  7  Ziffern  gefunden.  — 

3.  Aufgabe  von  1903:  „Die  Sterne  auf  wie  viel  „Quadratgraden^^ 
der  ganzen  scheinbaren  Sphäre  (ohne  Rtteksiclit  auf  die  Refraktion) 
kommen  allmählich  im  Lauf  des  Jahres  einem  Beobachter  zu  Ge- 
sicht, je  nachdem  die  geographische  Breite  seines  Beobachtungsorts 
0*>  oder  45«  oder  90»  beträgt?'' 

Durch  eine  „Anleitung^^  war  der  Gebranch  des  „ Quadratgrads ^' 

der  Astronomen  erläutert:  ein  sphärisches  Dreieck  mit  e^  Exzeß 

ISO* 
enthält  q^  -  b^=^ •  s^  „Quadratgrade".     Die   Anleitung    wurde 

vielfach  nicht  richtig  verstanden;  ein  ganz  richtiges  Ergebnis  ist 
von  keinem  Kandidaten  erreicht  worden.  Am  anschaulichsten  wird 
vielleicht  der  Begriff  des  Quadratgrads  an  einem  gleichschenkligen 
Quadrantendreieck  mit  dem  Winkel  1«  (Dreieck  mit  2  Seiten  je 
=  90",  also  auch  die  zwei  Gegenwinkel  =  90  ^,  dritte  Seite  1*', 
also  auch  Gegenwinkel  1^;  Hälfte  eines  Kugelzweiecks  von  1*' 
Winkel);  dieses  Dreieck  enthält  (>"  =  57,296  Quadratgrade  (qu): 
denkt  man  sich  auf  seinen  Seiten  90^  von  den  rechten  Winkeln 
aus  Abschnitte  von  je  P,  so  wird  das  erste  der  so  gebildeten  Vier- 
ecke schon  nahezu  1  qu  enthalten,  die  Fläche  der  Vierecke  aber 
um  so  mehr  abnehmen,  je  weiter  sie  sich  von  der  Seite  P  ent- 
fernen (dem  Winkel  1^  nähern).  Man  überschlägt  leicht,  daß  das 
ganze  Dreieck  nur  etw^a  60  qu  (genauer  p^'  qu)  enthalten  wird. 

Die  ganze  Kugeloberfläche  umfaßt  720^  •  q''  =  41 253  qu,  die 
Halbkugelfläche  20626  qu,  je  auf  1  qu  abgerundet. 

Ein  Beobachter  in  einem  Punkt  des  Äquators  würde,  wenn  die 
Sterne  auch  sichtbar  wären,  solange  die  Sonne  über  dem  Horizont  ist, 
in  einem  Tag  alle  Sterne  des  Himmelsgewölbes  zu  Gesicht  bekommen; 
in  Wirklichkeit  erblickt  er  aber  diese  Gesamtfläche  des  gestirnten 
Himmels  erst  im  Lauf  eines  Jahres  allmählich  in  seinen  stets  halb- 


56  H-ammer,  Aufgaben  aus  der  realistischen  Lehramts- 

tägigen  Nächten.  Jedenfalls  erscheinen  ihm  aber  alle  41 253  qu. 
Umgekehrt  hat  ein  Beobachter  in  einem  Pol  der  Erde  im  Lauf 
seiner  halbjährigen  Nacht  stets  dieselbe  Halbkugel  des  Himmels 
'über  und  um  sich;  er  würde  auch,  wenn  er  während  seines  halb- 
jährigen Tags  die  Sterne  sehen  könnte,  keine  andern  Sternbilder 
erblicken,  er  übersieht  im  ganzen  Jahr  nur  dieselben  20626  qu. 
Zwischen  diesen  beiden  Extremen,  der  ,,8phaera  recta''  und 
der  „sphaera  parallela^'  der  alten  Eosmographen,  müssen  also 
alle  Fälle  der  ,,spbaera  obliqua^^  liegen  für  (absolut) 

90«  >  7)  >  0". 
Für  <^  =  45«,  nach  was  noch  gefragt  ist,  lautet  die  unmittelbar  an 
der  Figur  abzulesende  Antwort 

180  (2  -f  V2)  .  57,296  qu  =  35  212  qu  (auf  1  qu  abgerundet) ; 
allgemein  ist  die  für  den  Beobachtungsort  rp  sichtbar  werdende  Zahl 
der  Quadratgrade  der  Himmelstiäche 

360  (1  +  cos  (f)  .  ^«  qu   oder  41 252,96  .  cos«  -|  qu.  (5) 

Von  den  3  Aufgaben  des  Jahres  1904  war  die  erste  wieder  eine 
„künstliche"  oder  ,, Schulaufgabe",  bei  der  es  sich  nur  um  richtige 
Zahlenrechnung  handelte : 

„Die  Längen  der  drei  Höhen  eines  ebenen  Dreiecks  verii alten 
sich  wie  die  Zahlen  101,  102,  103.  Was  sind  die  Winkel  dieses 
Dreiecks  (auf  0',1  genau)?" 

Es  ist,  wenn  h^  die  Höhe  auf  a,  \  auf  b,  h3  auf  c  bezeichnet : 

a :  b  :  c :  =  j^-  :  j;^  :  j^^-  =  (hg  .  h.,) :  (hg  •  h^) :  (h^  •  )\^  )         (6) 

nnd  diese  letzte  Form   der  Proportion   für  die  Seiten  ist  deshalb 

am  bequemsten,  weil  man  sich  aus  den  gegebenen  Verhältniszahlen 

die  für  h^  •  hj  u.s.f.  leicht  im  Kopf  bildet 

(101  X 102  =  10  000  +  200  +  100  -f  2  =  10  302  u.s.f. ). 
Man   erhält   aus   diesen   Zahlen   für  die   Seiten  des  Dreiecks 

nach  der  gewöhnlichen  Rechnungsweise  mit  58telligen  Logarithmen 

folgende  Wiukelwerte: 

Y=59o  2',i 
ß=59"59M 
a  =  60»  58',9 


y/2  =  290  31'  2" 
ß/j  =  29«  59'  33" 
a/,  =  30«29'27" 


90^   0'   2"       also  Widerspruch  0',1, 

■ 

womit  der  Genauigkeitsforderung  der  Aufgabe  genügt  ist.   —  Mit 
6 — Tstelligen  Logarithmen  findet  man 

y  =  59^  2'  5",3  ß  =  59"  59'  2",7  «  =  60^^  58'  52'',0. 


pFÜfang  in  Trigonometrie  und  mathematischer  Geographie.       57 

Zu  beachten  ist  etwa  für  den  elementaren  Unterricht  der  Satz: 

im  ebenen  Dreieck  geht  vom  Scheitel  des  kleinem  Winkels  die 

lungere  Höhe  aus  und  umgekehrt. 

Bei  dieser  Aufgabe  ist  von  den  Kandidaten  z.  T.  künstlich 

gerechnet  worden.    Um  symmetrisch  zu  verfahren,  wurde  z.B.  auf 

einen  Ausdruck  für  die  Fläche  F  des  Dreiecks  in  den  drei  Höhen 

ausgegangen  (vgl.  Hammer,  Trigonometrie,  2.  Aufl.  1897,  S.  252), 

womit  allerdings  die  Winkel  einfach  zu  berechnen  sind  nach 

hs  •  hs  .    ^       h«  •  hl  .  h, .  ha . 

8ina  =  ~2p-»       Bmß  =  -^Y;       8^^y  =  ~2F~'  ^'^ 

allein  der  Ausdruck  für  F  in  h^,  h^,  \i^  ist  etwas  umständlich  zu  ent- 
wickeln. Es  hat  auch  kein  Kandidat  auf  diesem  Weg  ein  richtiges  Resul- 
tat erhalten.   Noch  häufiger  wurde  unsymmetrisch  verfahren,  z.  B.  von 

8ina:sinj$  =  h2 :  h^     und     sina  :  sin  (a -|- /S)  =  h^  rh^ 
ausgehend  folgender  Ausdruck  für  cosfi  gefunden: 

,,.  Ä  _  »^1'  »'«•  +  h.»h.^-h3*b,« 

cos/S  = 2h3.h,.h,* (8) 

(woraus  noch  von  einem  Kandidaten  sin  ß  entwickelt  wurde,  um 
dann  auch  aus  dem  entsprechenden  Ausdruck  sin  a  zu  rechnen, 
y  aber  —  nach  y  =  180^  —  [/?-}"  «])•  ^^^'  Ausdruck  (8)  für  die  cos 
der  Winkel  in  den  Höhen  ist  auf  verschiednen  Wegen  entwickelt 
worden;  etwas  bequemer  für  die  Rechnung  ist 

2  -    - 
haha 

oder  endlich  (wenn  auch  diese  Form  zunächst  scheinbar  nicht  so 

symmetrisch  ist) 

COS  «  =  -^-  -^ 1^- (10) 

*^ 

Selbstverständlich  sind  durch  zyklische  Vertauschung  die  Formeln 
für  cosß  und  cos/  aufzustellen;  ein  Kandidat  hat  nach  (10)  wenig- 
stens sehr  nahezu  richtige  Winkelwerte  berechnet  (größter  Fehler  0',8). 
Aber  alle  diese  Versuche  können  gegen  den  im  Anfang  angegebenen 
nächstliegenden  Weg  nicht  aufkommen.  Fast  alle  Kandidaten  haben 
gegen  die  Symmetrie  der  Bezeichnungen  verstoßen  (z.  B.  h  Höhe 
auf  a,  h'  auf  C;  h''  auf  b  u.  dgl.);  man  kann  bei  ähnlichen  Auf- 
gaben nicht  genug  auf  die  Wichtigkeit  strenger  Symmetrie  in  der 
Bezeichnung  hinweisen! 

Korretpondexublatt  1906,  Heft  2. 


56  Hammer,  Aufgaben  aus  der  realistischen  Lehramts- 

tägigen  Nächten.  Jedenfalls  erscheinen  ihm  aber  alle  41253  qu. 
Umgekehrt  bat  ein  Beobachter  in  einem  Pol  der  Erde  im  Lauf 
seiner  halbjährigen  Nacht  stets  dieselbe  Halbkugel  des  Himmels 
'über  und  um  sich;  er  würde  auch,  wenn  er  während  seines  halb- 
jährigen Tags  die  Sterne  sehen  könnte,  keine  andern  Sternbilder 
erblicken,  er  übersieht  im  ganzen  Jahr  nur  dieselben  20626  qu. 
Zwischen  diesen  beiden  Extremen,  der  „sphaera  recta''  und 
der  ,,sphaera  parallel a"  der  alten  Kosmographen,  müssen  also 
alle  Fälle  der  „sphaera  obliqua^^  liegen  für  (absolut) 

90«  >  ^  >  0^ 
Für  (p  =  4:b^,  nach  was  noch  gefragt  ist,  lautet  die  unmittelbar  an 
der  Figur  abzulesende  Antwort 

180  (2  +  V5) .  57,296  qu  =  35  212  qu  (auf  1  qu  abgerundet) ; 
allgemein  ist  die  für  den  Beobachtungsort  (f  sichtbar  werdende  Zahl 
der  Quadratgrade  der  Himmelstläche 

360  (1  -f  cos  (p) '  ^«  qu   oder  41 252,96  •  cos«  ^  q«.  (5) 

Von  den  3  Aufgaben  des  Jahres  1904  war  die  erste  wieder  eine 
„künstliche"  oder  „Schulaufgabe",  bei  der  es  sich  nur  um  richtige 
Zahlenrechnung  handelte : 

„Die  Längen  der  drei  Höhen  eines  ebenen  Dreiecks  verhalten 
sich  wie  die  Zahlen  101,  102,  103.  Was  sind  die  Winkel  dieses 
Dreiecks  (auf  0',1  genau)?" 

Es  ist,  wenn  h^  die  Höhe  auf  a,  h^  auf  b,  h^  auf  c  bezeiclinet  : 

a :  b  :  c :  =  j-j-  :  j^  :  j^  =  (hg .  hg) :  (hg  .  h^) :  (h^  •  hg  )         (6) 

und  diese  letzte  Form  der  Proportion  für  die  Seiten  ist  deshalb 
am  bequemsten,  weil  man  sich  aus  den  gegebenen  Verhältniszahlen 
die  für  h^  •  h^  u.s.f.  leicht  im  Kopf  bildet 

(101  X 102  =  10  000  +  200  -I- 100  4-  2  =  10  302  u.s.f. ). 
Man   erhält   aus   diesen   Zahlen   für  die   Seiten  des  Dreiecks 
nach  der  gewöhnlichen  Rechnungsv/eise  mit  5stelligen  Logarithmen 
folgende  Wiukelwerte : 


y/2  =  29«B1'  2" 
ß/a  =  29«  59'  33" 
a/,  =  30«  29'  27" 

90«   0'   2" 


Y  =  59«  2',1 
ß  =  59«  59M 
«  =  60«  58\9 


also  Widerspruch  0',1, 

womit  der  Genauigkeitsforderung  der  Aufgabe  genügt  ist.   —  Mit 
6 — Tstelligen  Logarithmen  findet  man 

y  =  59  ^  2'  5'',3  ß  =  59^^  59'  2",7  «  =  60''  58'  52",0. 


prttfung  in  Trigonometrie  und  mathematischer  Geographie.       57 

Za  beachten  ist  etwa  für  den  elementaren  Unterricht  der  Satz: 
im  ebenen  Dreieck  geht  vom  Scheitel  des  kleinem  Winkels  die 
längere  Höhe  ans  und  umgekehrt. 

Bei  dieser  Aufgabe  ist  von  den  ELandidaten  z.  T.  kttnstUeh 
gerechnet  worden.  Um  symmetrisch  zu  verfahren^  wurde  z.B.  auf 
einen  Ausdruck  für  die  Fläche  F  des  Dreiecks  in  den  drei  Höhen 
ausgegangen  (vgl.  Hammer,  Trigonometrie,  2.  Aufl.  1897,  S.  252), 
womit  allerdings  die  Winkel  einfach  zu  berechnen  sind  nach 

ha  •  h,  .  hj .  h,  h, .  h, . 

sina  =  -2p-»       8in/9  =  -2^,-»       Biny=z-^^.  (7) 

allein  der  Ausdruck  für  F  in  h^,  h^,  h^  ist  etwas  umständlich  zu  ent- 
wickeln. Es  hat  auch  kein  Kandidat  auf  diesem  Weg  ein  richtiges  Resul- 
tat erhalten.   Noch  häufiger  wurde  unsymmetrisch  verfahren,  z.  B.  von 

sin  a :  sin  /?  =  hj :  h^     und     sin  a  :  sin  (a  -|-  /?)  =  hj  :  h^ 
ausgehend  folgender  Ausdruck  für  cosfi  gefunden: 

^^*^  = 2h3.h,.h,« (8) 

(woraus  noch  von  einem  Kandidaten  sin  ß  entwickelt  wurde,  um 
dann  auch  aus  dem  entsprechenden  Ausdruck  sin  a  zu  rechnen, 
y  aber  —  nach  y  =  180^  —  [/?  +  «]).  Der  Ausdruck  (8)  für  die  cos 
der  Winkel  in  den  Höhen  ist  auf  verschiednen  Wegen  entwickelt 
worden;  etwas  bequemer  für  die  Rechnung  ist 

cosaJä-lX^^  (9) 

2-*- 

oder  endlich  (wenn  auch  diese  Form  zunächst  scheinbar  nicht  so 
symmetrisch  ist) 

Selbstverständlich  sind  durch  zyklische  Vertauschung  die  Formeln 
für  cos^^  und  cos/  aufzustellen;  ein  Kandidat  hat  nach  (10)  wenig- 
stens sehr  nahezu  richtige  Winkelwerte  berechnet  (größter  Fehler  0',8). 
Aber  alle  diese  Versuche  können  gegen  den  im  Anfang  angegebenen 
nächstliegenden  Weg  nicht  aufkommen.  Fast  alle  Kandidaten  haben 
gegen  die  Symmetrie  der  Bezeichnungen  verstoßen  (z.  B.  h  Höhe 
auf  a,  h'  auf  c,  h"  auf  b  u.  dgl.) ;  man  kann  bei  ähnlichen  Aul- 
gaben  nicht  genug  auf  die  Wichtigkeit  strenger  Symmetrie  in  der 
Bezeichnung  hinweisen! 

Korreapondensblatt  1006,  Heft  8. 


60 


Hammer,  Aufgaben  auB  der  realistiBchen  Lehramts- 


Die  Gerade,  in  die  sich  die  Kugelloxodrome  mit  dem  konstanten 
Meridianwinkel  a  in  der  Mercatorebene  abbildet,  scbliesst  mit  den 
geradlinigen  parallelen  Meridianbildern  (Abstände  '=  den  ent- 
sprechenden Äquatorbögen  der  Kugel)  denselben  Winkel  a  ein,  die 


(tf^dj) 


Fig.  4 


loSf> 


läigsL 


T^Tbene. 


Abbildung  ist  „winkeltreu^.  Aus  dieser  Forderung  der  „Konformität^ 
der  winkeltreuen  zylindrischen  Abbildung  ergibt  sich  das  Abstands- 
gesetz  der  geradlinigen  Parallelkreisbilder  vom  Äquatorbild  zunächst 
in  der  Form 

dy  =  R.-^ 

^  cos  9 

und  hieraus  fttr  y,  vom  Maßstab  der  Abbildung  abgesehen,  die 
Gleichung 

y  =  R.lognat(45'>+-|)  (13) 

Alles  dies  war  angegeben,  und  es  handelte  sich,  abgesehen  von  der 
Rechnung  für  den  Großkreis,  nur  darum,  für  die  Lozodrome  nach 
diesen  Angaben  a  und  s  zu  berechnen. 

FUr  den  Großkreis  war  zu  beachten,  daß  der  Bogen  nur 
18  bis  19^  lang  ist  (Schätzung  aus  den  geogr.  Koord.  wie?),  demnach 
bei  der  von  den  meisten  Kandidaten  vorgezogenen  Rechnung  nach 
den  Grundformeln  des  sphärischen  Dreiecks  (cos  a  =  . . . .,  dann 
die  Winkel  nach  dem  Sinussatz)  die  erreichbare  Genauigkeit  nicht 
groß  ist;  dem  Fehler  von  1  Einheit  der  5.  Log.  Dez.  in  log  cos  a 
entspricht  ein  Fehler  von  V* — V»'  in  a  oder,  da  1' Bogen  fast  2  km 
lang  (1,85)  auf  der  Erdoberfläche  vorstellt,  ein  Fehler  von  rund 
Vs  km.  Da  außerdem  neben  a  auch  die  Winkel  ß  und  /  im  Anfangs- 
und Endpunkt  verlangt  sind  (Kurs  in  A  gleich  /?,  inB  gleich  180*^  —  y), 
so  rechnet  man  besser  nach  den  Delambreschen  Gleichungen  oder, 
falls  diese  nicht  auswendig  vorhanden  sind,  den  Neperschen  Glei- 
chungen, womit  sin  ^/^  und  damit  a  scharf  bestimmt  wird,  endlich 
die  Winkel  nach  dem  Sinussatz. 


prttfung  in  Trigonometrie  und  mathematischer  Geographie.       6 1 

Man  erhält  durch  dstellige  logarithmische  Rechnung: 
Kurs  in  A  =  42U8'  (genauer  42'>48',1) 
„      „    B  =  56«  30'  (      „       öö'»  29',6), 
^roßkreisbogen  a  =  IS'^  32'  16",  entsprechende  Länge 

R  .  arc  a  =  6375  •  ^ J^-^l^  =  2062,6  ki«, 

wobei  diese  Entfernung  jedenfalls  auf  0,1  km  richtig  ist. 

Die  Frage  nach  dem  Rurswinkel  auf  den  Schnittpunkten  mit 
den  Meridianen  55^^  und  ib^  W.  Gr.  war  besonders  gestellt,  um  den 
Kandidaten  die  allmähliche  Zunahme  des  orthodro mischen  Kars- 
winkels von  42*^,8  auf  56*^,5  vor  Augen  zu  führen.  Hier  ist  z.  T. 
recht  künstlich  gerechnet  worden.  Die  Aufstellung  der  Bedingung 
dafür,  daß  drei  durch  ihre  geographischen  Koordinaten  (A,  qp)  ge- 
gebene Punkte  der  KugeloberAäche  demselben  Großkreis  angehören, 
nämlich 

tg  91  sin  (^,2  —  ^.3)  4-  tg  (p,  sin  (^3  —  kj)  +  tg  tp.^  sin  (k^  —  X^)  =  0, 

vereinfacht  die  Rechnung  hier  nicht:  man  kann  damit  allerdings 
bequem  die  Breite  ip^  rechnen,  in  dem  der  Meridian  k^  vom  Groß- 
kreisbogen {kl  <pi)  {k2  fpf)  geschnitten  wird,  muß  aber  dann  noch  den 
Sinussatz  für  den  Knrswinkel  daselbst  anwenden ;  besser  direkt,  in- 
dem in  dem  zu  berechnenden  Dreieck  P^PgPol  oder  P2P3P0I  jetzt  zwei 
Winkel  und  die  zwischenliegende  Seite  bekannt  sind,  während  nur 
der  dritte  Winkel  gesucht,  also  die  Formel 

cos  a  =  —  cos  ß  cos  y-\-Binß  sin  y  cos  a 

anzuwenden  ist.  Man  findet  die  Kurswinkei  (dies  ist,  wie  oben, 
stets  der  Winkel  zwischen  dem  Groß  kr  eisbogen  [in  der  Richtung 
der  Fahrt,  also  gegen  B  hin],  mit  dem  Nordzweig  des  Meridians) 

auf  55'>  Länge  W.  Gr 46^^  28'  (genauer  46^  27',8) 

n  45'  „  ,>  n  ....53'»34'(  „  53^34',0), 
also  Werte,  die,  wie  schon  angedeutet,  die  Zunahme  der  Kurswinkel 
von  A  gegen  B  hin  zeigen.  (Ein  Kandidat  hat  die  Endkurswinkel 
42*^,8  und  56'^,5  richtig  ausgerechnet,  für  die  eben  berechneten 
Kurswinkel  dazwischen  aber  67'^,4  und  2P,1  erhalten  und  ruhig 
stehen  lassen.) 

Was   nun   die    loxodromische   Rechnung   angeht,    so   liest 
man  für  den  Kurswiukel  a  aus  der  Mercatorabbildung  unmittelbar  ab : 
ie   ~  RCJ^rcX^  — arcXt),    wo  k^  —  X^  =  19«  84' J  ist arc  (X,  —  XJ 

*"'R)lognattg(45«+24*»55',75)— lügcuat(45'>  +  18"51',25)l~'  i ^g ^9" 55^75 ^    ^ 

tg  68«  51',25 


g2       Hammer,  Aufgaben  auB  der  realist.  Lehramtsprüfung  etc^ 

Die  Ansrechnung  dieses  Ausdrucks,  den  wenigstens  so  ziemlich 
alle  Kandidaten  angeschrieben  haben,  ist  aber  wieder  nur  einem 
einzigen  gelungen!  Wenn  man  zur  Ausrechnung  des  Zählers  eine 
genflgend  ausführliche  arc-Tafel  (östellig  in  guten  östelligen  loga- 
rithmischen Tafeln)  hat  und  zur  Verwandlung  der  zunächst  zu 
Gebot  stehenden  log^^  in  die  log  nat  nach 

lN=-^log"N    mit  J  =  2,30258509... 

M  AI  IQ 

noch  Tafeln  der  Vielfachen  der  Zahl  ^  verwenden  kann,  wie  sie  in 

mehreren  logarithmischen  Tafelsammlungen  sich  finden  (vielstellig 
z.  B.  in  der  schönen  Tstelligen  Schrönschen  Tafel,  Sstellig  bei  Gauß, 
Gstellig  bei  Rex),  so  wird  die  Rechnung  äußerst  bequem:  Man  findet 
dann  5stellig: 

0,34 171 1  9.53  365 


tga  =  n 


0,29  530 


M7026 
0.06  339 


a  =  49n0',0 


als  den  konstanten  loxodromischen  Winkel.  Auch  die  logarithmi- 
sche Rechnung  des  Nenners  in  (14)  ist  aber  selbstverständlich  so 
einfach,  daß  ich  sie  hier  weglasse,  obgleich,  wie  gesagt,  sämtliche 
Kandidaten  mit  Einer  Ausnahme  an  dem  log  log  gestrauchelt  sind. 
Zu  beachten  ist,  wie  nahe  der  loxodromische  Kurswinkel  a  =  49*^2 
mit  dem  Mittel  der  Anfangs-  und  Endkurswinkel  für  den  Groß- 
kreisbogen ttbereinstiramt:  dieser  Durchschnitt,  ^--  (42^,8-}- 56^,5) 
=  49^,6,  ist  nur  um  rund  Va®  größer  als  a. 

Um  schließlich  die  Länge  des  Loxodromenbogens  zu  berechnen 
(dies  ist  von  keinem  Kandidaten  ausgeführt  worden),  ist,  nach  dem 
cxD  kleinen,  bei  A  gebildeten  rechtwinkligen  Kugeldreieck,  vgl.  Fig.  4, 

A^      R-d9 

d8  = -,  /lo) 

cosa  ^     ' 

somit 

8=    -  ^^ 


J^«*   R.dy 
cos  OL 
9i 


wobei  a  konstant  und  bereits  ausgerechnet  ist,  oder  es  wird 

8  = arc  ((f  2  —  9i) ;  (16) 

die  östellige  Rechnung  sieht  also  folgendermaßen  aus: 


Weller,  Imagines  Tnbingenses.  63 

arc(qp,  — 9,)  ;  9.32  646    _  <P?  —  9i  =  12«  9;,0 
E  cos  a     0.18  451  ,  arc  (  )   =  0,21 206 
K     3.80448  ;  729' 


od.  log.  nach 


s     8  31545  ^  p' 


8  =  2067,5  km 

I 

Der  Loxodromenbogen  ist  also  hier,  bei  gegen  2100  km  Länge, 
nur  um  rund  5  km  länger  als  die  Kürzeste,  der  Großkreisbogen  a. 
Schärfere  Rechnung  gibt  dasselbe;  z.  B.  werden  die  Zahlen  bei 
durchaus  6stelliger  Rechnung  (Bremiker— Albrecht  mit  Verwendung 

der  arc-Tafel  und  der  w -Vielfachen-Tafel  bei  Schrön") 

M 

0  Riil  70fi4. 
*^*  =  |S5W'  log  tga  =  0.063  389,  «  =  49^10' 0", 

log  a  =  3.315  449,  s  =  2067,51  km, 

während  Gstellige  Rechnung  des  Großkreisbogens  (nach  den  Delambre- 
schen Gleichungen)  •/2=9"  16'8",68,  a=  18 ^32'  17'',4  oder  2062,64 km 
liefert.  In  der  Tat  ist  also  der  Loxodromenbogen  nur  um  4^9  km 
länger  als  der  Großkreisbogen. 


Imagines  Tubingenses. 

Von  Dr.  Weller-Stuttgart. 
Aula. 

Fert  via  directo  tacita  ad  convallia  tractu 

Ex  hominum  turba  de  strepituque  fori: 
Conspicuas  podiis,  vivus  quae  pampinus  omat, 

Dextera  magnificas  pars  habet  ecce  domos; 
Laeva  salutiferis  pars  est  memorabilis  hortis, 

Flore  peregrinis  arboribusque  viget. 
In  medio  genius  sub  ramis  serta  ministrat 

Aurea  divinas  implicitura  comas: 
Nempe  tnas,  Charitis  qui  dulcia  sacra  colebas, 

Dum  subiit  mentem  nox  tenebrosa  tuam. 
lamque  viae  finis:  sub  latis  aedibus  altos 

En  puteos,  quorum  nunc  silet  unda  loquax. 
Intus  enim  Sophiae  dulcis  scatit  unda  perennis. 

Et  iuvenes  multi  sacra  fluenta  bibnnt. 


$4      Nestle,  Zu  d.  Mitteilg.  üb.  Kaiser  Trajan  u.  Papst  Gregor. 

Atria  iam  patefacta  nitent  intrantibus  ampla^ 

Est  partes  dignis  conspicuasque  yiris: 
Despicit  en  Suebae  stirpis  par  nobile  vatum, 

Schellingas  docto  iangitar  Hegelio; 
Hie,  qui  mensus  eras  caelnm,  fraudatas  at  usu 

Lucis  ab  humano,  docte,  farore  tuae. 
Aureus  hie  fnlget  titulns,  qui  nuntiat  illos^ 

Qui  mortem  iuvenes  oppetiere  bonam: 
Armis  parta  tegit  procul  hos  iam  terra  iacenteS; 

Sed  memor  in  vivis  usque  valebit  amor. 
At  subito  campana  sonat:  Concurrit  in  aulam 

De  scalis  facili  vivida  turba  pede. 
Taenia  laeta  tegit  laetos  hilarisque  galerus, 

Vix  stimulo  vexat  pallida  cura  caput: 
Seu  vaga  terribilis  formido  examinis  instat, 

Seu  quid  inezplicitum  solvere  fata  negant. 
Dum  foribus  iuvenes  et  progrediuntur  et  intrant, 

Sermonum  varios  percipis  aure  sonos: 
lamque  gravis  lenteque  fluens  vox  Suebica  vincit, 

Acrior  Arctoo  iam  datnr  ore  sonus. 
Sicut  iuncta  feros  pepulit  gens  Tentona  Oallos, 
.    Hie  quoque  Pieriis  iuncta  rigatur  aquis. 
Optima  V08;  iuvenes,  confirmet  lympha  benigna, 

Ut  decoret  meritos  laurea  palma  viros. 


Zn  der  Ifitteilung  über  Kaiser  Trajan  und  Papst  (Tregor. 

Zu  meiner  Mitteilung  tlber  Kaiser  Trajan  und  Papst  Oregor 
den  Grossen  (Korrespondenzblatt  1904  S.  411)  verwies  mich  Professor 
Viktor  Chauvin  in  Lüttich  auf  die  Legenda  aurea  des  Jacobus 
de  Voragine.  Er  hatte  die  Freundlichkeit,  aus  der  seltenen  franzö- 
sischen Übersetzung  (La  legende  doree  par  Jacques  de  Voragine 
traduite  du  latin  .  .  .  par,  M.  6.  B[runet]  Paris,  1854.  Denxl6me 
s^rie,  pp.  42 — 44)  mir  den  ganzen  Passus  abzuschreiben.  Weiter 
fUgte  er  bei,  daß,  wenn  er  sich  nicht  täusche,  auch  Thomas  von 
Aquino  den  Fall  in  seiner  Summa  bespreche.  Ein  katholischer 
Kollege  wird  letzteres  leicht  nachweisen  können;  die  ganze  Stelle 


Amtliche  Bekanntmachimg.  —  Literarischer  Bericht.  55 

der  Legenda  ^nrea  abzndrucken,  reicht  der  Raum  des  Blattes  nichts 
so  anziehend  sie  ist. 

Manlbronn.  £b.  Nestle. 

Zu  1904  S.  454  Anmerkung  die  Ergänzung,  daß  das  Eucho« 
logion  (ed.  rom.  p.  352,  ed  Goar  575)  piniQX^xat  (nicht  dnaQXBTai) 
hat  und  proficiscitur  übersetzt. 


Amtliclie  Bekanntmachung. 

Die  Verlagsbuchhandlung  von  Ernst  Hofmann  &  Co.  in  Berlin 
hat  das  Buch  „Schiller"  von  Otto  Harnack,  nunmehr  Professor 
an  der  Technischen  Hochschule  in  Stuttgart,  in  zweiter  Auflage 
herausgegeben  und  liefert  das  Werk,  dessen  Ladenpreis  7  Mark 
beträgt,  ,,den  Mitgliedern  staatlicher  und  städtischer  Behörden^'  zum 
Vorzugspreis  von  5  Mark,  der  sich  bei  größeren  Bezügen  noch 
weiter  stufenweise  ermäßigt.  Den  Schul  vorständen  wird  das  Buch 
zur  Anschaffung  für  die  Schul-  und  Schttlerbibliotheken  und  für 
Schülerprämien  empfohlen. 

Stuttgart,  den  4.  Februar  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

Abieiter. 


Literarischer  Bericht 

F.  Paulsen,    Die    höheren    Schulen    Deutschlands    und    ihr 

Lehrerstand  in  ihrem  Verhältnis   zum   Staat  und  zur 

geistigen  Kultur.    Braunschweig,  Vieweg. 

Ein   Wort    zur   Empfehlung   dieses    bekannten,    auf   dem   ersten 

deutschen  Oberlehrertag  gehaltenen  Vortrags,  durch  den  Paulsen  seinen 

^oßen  Verdiensten  um   unsere  Sache  und  unseren  Stand  ein  weitere» 

hinzugefügt  hat,  ist  in  diesen  Blättern  überflüssig.   Man  möchte  wünschen, 

man   könnte  manchen  Kreisen  und  Gruppen   die  Lektüre  dieser  Rede 

zur  Auflage   machen.     Einmal   denjenigen  unserer  Kollegen,  die  uns 

einen  guten  Rat  zu  geben  glauben,  wenn  sie  uns  vorschlagen,  auf  den 

Titel    Philologen    zu    verzichten    und     uns    dafür    Schulmänner    zu 

heißen  und  als  solche  zu  fühlen ;  sodann  denjenigen  Vertretern  anderer 

Stände,  die  unser  Schulstundenpensum  an  dem  Maßstab  der  Bureau- 

Btandenarbeit  messen  und   uns   nicht   genügend  „beschäftigt^^  flnden. 


65  LiterariBcher  Bericht. 

weil  sie  über  die  Bedingungen  unserer  Arbeit  sich  keine  eigene  Au- 
schaunng  erwerben  konnten,  endlich  innerhalb  und  außerhalb  der 
Schulwelt  den  vielen  Reformern,  die  über  dem  mancherlei  an  sich 
Guten,  Wünschenswerten  und  Nachahmungswürdigen,  das  sie  ander- 
wärts finden  und  das  sie  unserer  Schule  zugute  kommen  lassen  möch- 
ten, den  Gedanken  außer  acht  lassen,  daß  durch  die  seitherige  Geschichte 
unseres  Schulwesens  wie  durch  unseren  nationalen  Charakter  eine 
gewisse  Kontinuität  der  Entwicklung  gegeben  ist,  an  die  alles  Neue 
angeknüpft  werden  muß  und  die  nicht  ungestraft  abgebrochen  würde. 
Für  diejenigen  Kollegen,  die  das  Schriftchen  noch  nicht  kennen,  seien 
einige  Lesefrüchte  hergesetzt,  die  als  Reiz  und  Lockung  wirken  mögen, 
das  Ganze  kennen  zu  lernen. 

„Bei  aller  Gleichartigkeit  der  Bildungsmittcl  und  Ziele,  die  mit 
der  geschichtlichen  Einheit  der  abendländischen  Kultur  gegeben  ist, 
tritt  doch  eine  bemerkenswerte  Verschiedenheit  der  Akzentuierung 
hervor.  Fällt  in  Deutschland  der  Hauptakzent  auf  die  wissenschaftliche 
Ausbildung,  so  liegt  er  in  Frankreich  auf  der  literarisch-rethorischen,  iu 
England  auf  der  Ausbildung  der  Willensseite.  Das  englische  Bildungs- 
ideal ist  dargestellt  in  dem  selbständigen,  kraftvollen,  entschlossenen 
Mann,  der  durch  Selbstbeherrschung  und  disziplinierte  Willensenergie 
zur  Führung  im  Kreis  der  Genossen,  zur  Beherrschung  der  Erde  sich 
tüchtig  gemacht  hat  und  berufen  fühlt.  Das  französische  Ideal  ist  der 
vollkommene  Redner  oder  Schriftsteller,  der  durch  lebendige,  klare, 
formvollendete  Darstellung  seiner  Ideen  und  Gedanken  die  Hörer  oder 
Leser  fesselt  und  mit  sich  fortreißt.  Das  deutsche  Bildungsideal  ist 
der  selbständige  Denker  und  Forscher,  der,  unbekümmert  um  die  Welt 
und  ihr  Urteil,  allein  in  die  Sache  vertieft,  der  Wahrheit  nachgräbt, 
ohne  erst  zu  fragen,  wozu  sie  nützt  oder  gut  ist!  —  „Die  leitende 
Idee  unserer  deutschen  Gelehrtenschule  ist  und  bleibt,  daß  Lehrer,  die 
in  einem  Fach  selbständige,  vielleicht  auch  produktive  Gelehrte  sind, 
ihre  Schüler  zu  wissenschaftlicher  Arbeit  in  elementarer  Form  anleiten, 
in  ihnen  den  Trieb  zu  eigener  Beobachtung  und  Sammlung,  Unter- 
suchung und  Prüfung,  den  Forschertrieb  und  den  Wahrheitssinn  ent- 
wickeln. Einen  solchen  Unterricht  können  nur  Lehrer  geben,  die  selbst 
in  der  wissenschaftlichen  Arbeit  drin  stehen.  Und  darum  ist  es  nicht 
unwichtig,  daß  wenigstens  der  eine  und  andere  unter  ihnen  Proben 
auch  der  Öffentlichkeit  vorlegt;  es  wird  dadurch  die  wissenschaftliche 
Atmosphäre  gesehaffen,  die  mit  ihren  unsichtbaren  Wirkungen  das 
Ganze  durchdringt  und  mit  unmerklichem  Anhauch  auch  die  Schüler 
umgibt.  Natürlich,  es  ist  nicht  jedem  möglich,  wissenschaftliche  Arbeiten 
zu  schaffen  uud  drucken  zu  lassen;  es  ist  auch  nicht  einmal  zu  wünschen. 
Die  Schule  bedarf  auch  solcher  Lehrer,  die  ganz  und  mit  Einsetzung 
aller  Kräfte  der  Jugend  dienen;  es  sind  durchaus  nicht  minderwertige, 
auch  nicht  wissenschaftlich  inferiore  Elemente,  die,  verzichtend  auf  Ute- 


Literarischer  Bericht.  67 

rarische  Tätigkeit,  mit  sokratischer  Liebe  geistiges  Leben  in  den 
Seelen  empfänglicher  Knaben  und  Jünglinge  zu  zeugen  fQr  ihre  ganze 
Arbeit  ansehen.  Aber  ebenso  bleibt  es  wichtig,  daß  der  Gymnasial- 
lehrerstand auch  durch  tüchtige  wissenschaftliche  Leistungen  in  der 
(.ielehrtenwelt  jederzeit  vertreten  ist,  auch  um  der  Schule  willen,  um 
der  wissenschaftlichen  Atmosphäre  willen.'' 

Stuttgart.  S  a  k  m  a  n  n. 


A.  Gille,  Philosophisches  Lesebuch  in  systematischer  An- 
ordnung« Halle  1904. 
Dem  philosophischen  Lesebuch  von  Dessoir  und  Mcnzer,  das  vor 
einiger  Zeit  in  diesen  Blättern  besprochen  wurde,  ist  nun  schon  ein 
zweites  nachgefolgt,  ein  erfreulicher  Bewein  dafür,  daß  der  glückliche 
Gedanke  einer  philosophischen  Chrestomathie  für  Zwecke  des  Unter- 
richts Schule  zu  machen  beginnt.  Gilles  Werk  unterscheidet  sich  von 
dem  seiner  Vorgänger  nach  der  Seite  der  Anordnung,  wie  nach  der 
der  Auswahl.  Während  diese  durch  ihre  Proben  zugleich  einen 
philosophiegeschichtlichen  Tberblick  geben  wollen,  legt  Gille  die  Glie- 
derung der  philosophischen  Einzeldisziplinen  zugrunde:  Erkenntnis- 
theorie und  Logik,  Psychologie,  Rechts-  und  Staatsphilosophie,  Ethik 
und  Heligionsphilosophie.  Ob  die  Metaphysik,  die  der  Verfasser  gänz- 
lich dem  Fachstudium  auf  der  Universität  vorbehalten  möchte,  mit 
Kecht  ausgeschlossen  wird,  möge  dahingestellt  sein.  Daß  sie  in  dem 
leidenschaftlichen  Streben  der  Jugend  nach  Weltanschauung  mehr 
Anknüpfungspunkte  finden  würde,  als  etwa  Erkenntnistheorie  und 
Psychologie,  ist  kaum  zu  bezweifeln.  Sodann  gibt  Gille  nur  moderne 
Literatur,  der  älteste  der  vertretenen  Namen  ist  der  Kants,  außer  ihm 
und  J.  St.  Mill  durften  nur  Zeitgenossen  die  Proben  liefern:  E.  Zeller, 
P.  Volkmann,  H.  Höffding,  F.  Paulsen,  W.  Wundt  u.  a.  Nun  ist  es 
gewiß  kein  Mangel  an  Gilles  Auswahl,  daß  die  antike  und  mittelalter- 
liche Philosophie,  die  bei  Dessoir  und  Menzer  einen  breiten  Raum 
einnimmt,  bei  ihm  nicht  vertreten  ist.  Denn  die  Bedingungen,  unter 
denen  die  Gedankenentwioklung  im  Altertum  und  Mittelalter  stand, 
sind  so  kompliziert,  daß  das  Begreifen  auch  einem  wohlgeschulten  histo- 
rischen Sinn  nicht  leicht  wird.  ,,Wer  Botanik  lernen  will,  beginnt  nicht 
mit  der  Paläontologie '^  sagt  treffend  einer  unserer  jüngeren  Philosophen, 
der  den  Glauben  an  den  pädagogischen  Wert  der  griechischen  Philo- 
sophie zur  Einfuhrung  in  das  Verständnis  philosophischer  Probleme 
nicht  teilen  kann.  Allein  der  Kreis,  in  den  uns  Gille  stellt,  ist  nun 
doch  wohl  gar  zu  modern.  Die  Klassiker  der  neueren  Philosophie 
mag  man  nicht  gerne  missen.  Ich  fürchte,  diese  Auszüge  aus  moder- 
nen Einleitungen,  Vorträgen,  Handbüchern  sind  vielfach  zu  leicht  und 


t>8  LiterariBcher  Bericht. 

zu  glatt ;  sie  leisten  den  propädeutischen  Dienst  nicht,  genQgend  znr  Anf- 
bietang  der  geistigen  Kräfte  zu  spornen.  Die  gute  Tendenz  hat  den 
Verfasser  zum  Teil  auch  zur  Anfnahme  von  minder  Wertvollem  verleitet 
Der  Auszug  aus  Reinke  z.  B.  (S.  139:  Die  Erkenntnis  Gottes  ans  der 
Natur)  ist  theologisch  unerlaubt  dilettantisch.  Sodann :  Wanim  ist  für 
die  Logik  Mill  der  einzige  Vertreter,  wenn  wir  doch  Sigwart  haben, 
in  dem  sich,  für  propädeutische  Zwecke  zumal,  geradezu  unübertreffliche 
Partien  finden  ließen?  Die  ideale  Chrestomathie  wäre  diejenige,  die 
in  der  klassischen  philosophischen  Literatur  die  klassischen  Stellen 
für  die  typischen  philosophischen  Probleme  zu  finden  wüßte.  Klassisch 
wären  in  unserem  Fall  die  Stellen,  die  ohne  weite  Umwege  über 
unumgängliche  historische  Vorkenntnisse  so  direkt  als  möglich  in  die 
Dialektik  des  Problems  selbst  einzuführen  vermöchten. 

Stuttgart.  8  a  k  m  a  n  n. 


Heinichen,  Lateinisch-deutsches  Schulwörterbuch.  7.  Aufl. 
Bearbeitet  von  Wagen  er.  XXIV  und  937  Seiten.  Lex.  8. 
Geb.  7.50  Mk.    Leipzig,  Teubner,  1903. 

Die  Anlage  dieses  nunmehr  in  7.  Auflage  erscheinenden  Wörter- 
buchs darf  als  bekannt  vorausgesetzt  werden.  Es  soll  nach  der  Vorrede 
zur  1.  Auflage  ein  lateinisch-deutsches  Schulwörterbuch  im  strengeren 
Sinn  des  Wortes,  d.  h.  weder  mehr  noch  weniger  als  ein  Wörterbuch 
für  Schüler  sein,  das  mithin  unmittelbar  nur  den  Bedürfnissen  der  Schüler, 
aber  auf  allen  Stufen  des  Gymnasiums  und  in  gehörigem  Maße  Rech- 
nung trägt  und  genügt.  Für  die  Praxis  geschaffen,  hat  es  sich  in  der 
Praxis  bewährt  und  erfüllt  seinen  Zweck  vollkommen.  Jede  neue  Auf- 
lage stellt  eine  Verbesserung  dar;  hat  ja  doch  der  bekannte  Tacitns- 
erklärer  Dräger  in  der  ersten  der  beiden  von  ihm  besorgten  Auflagen 
(der  vierten  des  Buchs)  nicht  weniger  als  50Ü00  Änderungen  angebracht. 
Ebenso  ist  der  jetzige  Herausgeber  C.  Wagener  bemüht  die  Brauchbar- 
keit des  Buches  auf  jede  Weise  zu  fördern.  Ihm  verdankt  dieses  eine 
Änderung  der  veralteten  Lesarten  nach  den  besten  Texten  und  eine 
Regelung  der  lateinischen  Orthographie  nach  den  neuesten  Unter- 
suchungen, eine  Ergänzung  des  Grammatischen  durch  Hinzufügung  des 
Wichtigsten  aus  der  Formenlehre,  desgl.  des  Sachlichen  durch  Vermeh- 
rung der  Artikel  über  Mythologie,  Geschichte,  Geographie  und  sonstiger 
Realien,  endlich  die  Durchführung  der  Kürzen-  und  Längenbezeichnung 
der  Vokale,  auch  der  in  Positionssilben  stehenden,  in  einer  Weise,  wie 
sie  meines  Wissens  kein  anderes  Wörterbuch  bietet.  Dagegen  war  der 
Herausgeber  vorsichtig  und  zurückhaltend  in  betreff  der  Etymologie 
und  Semasiologie ;  hier  fand  entsprechend  dem  Zwecke  des  Buches  nur 
das  vollkommen  Sichere  Anfnahme.    Wertvoll  ist  auch  für  strebsame 


Literarischer  Bericht.  69 

Schüler  der  dem  Wörterbuch  vorausgeschicl^te  Abriß  der  römischen 
Literatur  und  lateinischen  Stilistik.  Auch  bei  einem  Vergleich  mit 
andern  neueren  Wörterbüchern,  z.  B.  dem  von  Stowasser,  verliert  das 
vorliegende  nichts.  Heinichen-Wagener  gibt  eine  reichlichere  Zusammen- 
stellnng  der  vorkommenden  Verbindungen  (vgl.  z.  B.  die  Artikel  pericnlnm 
und  peritus  bei  Heinichen- Wagener  und  bei  Stowasser),  bietet  also  dem 
Schüler  für  die  Komposition  mehr,  desgl.  für  die  Exposition  mehr 
Übersetzungen.  Die  deutschen  Bedeutungen  sind  nicht  so  ins  einzelne 
auseinander  genommen  (vgl.  z.  B.  den  Artikel  documentum),  was  manchen 
erwünschter  ist  Das  Format  ist  handlich,  ganz  wie  beim  griechischen 
Wörterbuch  von  Benseler-Kägi ;  der  Druck  ist  zwar  etwas  kleiner 
als  bei  Stowasser,  aber  (wegen  des  gleichen  Durchschusses)  darum 
nicht  weniger  übersichtlich,  der  Einband  (Halbfranz)  tadellos. 

Stuttgart.  Th.  Drück. 


deschichte  der  deutschen  Literatur  von  Prof.  Dr.  Friedrich 
Vogt  und  Prof.  Dr.  Max  Koch.  Zweite,  neubearbeitete 
und  vermehrte  Auflage.  Zweiter  Band :  Von  Opitz*  Reform 
bis  zur  Gegenwart.  599  Seiten.  Leipzig  und  Wien,  Verlag 
des  Bibliographischen  Instituts,  1904. 
Größere  Veränderungen  als  der  erste  weist  der  zweite  Band  dieser 
Literaturgeschichte  auf.  .  Nicht  bloß  sind  auch  hier  sehr  willkommene 
weitere  Abbildungen,  besonders  im  Text,  sowie  sehr  eingehende  Lite- 
raturnachweise (über  60  S.)  dazu  gekommen,  sondern  das  Werk  hat 
auch  an  Gehalt  bedeutend  gewonnen:  überall  ist,  auch  in  Einzelheiten, 
die  sorgsam  nachbessernde  Hand  zu  erkennen;  namentlich  aber  hat 
sich  der  Verfasser  mit  Erfolg  bemüht,  die  in  der  ersten  Auflage  da 
und  dort  zu  bemerkende  Ungleichheit  durch  Ergänzungen  und  genauere 
Ausführung  dessen,  was  in  der  ersten  Auflage  allzu  skizzenhaft  ge- 
blieben war,  zu  beseitigen.  Zwar  kommt  das  Mehr  von  rund  80  Seiten, 
das  der  beiden  Auflagen  gemeinsame  Stoff  in  der  zweiten  erhalten  hat, 
zum  Teil  auf  Rechnung  des  ebenfalls  zu  begrüßenden  Umstands,  daß 
manches,  was  sich  in  der  ersten  Auflage  mit  kleinem  Druck  begnügen 
mußte,  nun  seiner  Bedeutung  entsprechend  und  zum  Vorteil  des  einheit- 
lichen Eindrucks  groß  gedruckt  ist;  aber,  um  nur  Eines,  allerdings  das 
weitaus  Wichtigste,  hervorzuheben :  Schiller  ist  in  der  zweiten  Auflage 
nun  wirklich  sein  Recht  geworden.  Sodann  hat  die  Fortführung  der 
Literaturgeschichte  bis  auf  die  Gegenwart  dem  Verfasser  Anlaß  ge- 
geben, sein  Werk  zu  einem  in  sich  abgeschlossenen  zu  machen :  formell, 
sofern  an  die  Stelle  des  früheren  letzten  Hauptabschnitts  „vom  Ende 
der  Befreiungskriege  bis  zur  Gegenwart^  nun  eine  wirkliche  Gliederung 
getreten  ist  mit  den  zwei  Hauptabschnitten  „vom  Ende  der  Befreiungs- 


70  Litenmcher  Bericht. 

krieg^e  bis  znr  Reichs^^Ddon^  and  ^vom  Beginn  der  siebziger  Jahre 
bis  znr  Gegenwart^,  »aehKch,  sofern  eine  einheitliche  AaffassuDg  viel 
entschiedener  als  in  der  ersten  Auflage  bis  zn  Ende  durchgeführt  ist 
Das  Bezeichnende  dieser  Auffassung  ist,  daß  an  die  zu  betrachtenden  Er- 
scheinungen in  glucklicher  Vereinigung  der  doppelte  Maßstab  ihrer  kfinst- 
lerischen  Eigenart  und  ihrer  Bedeutung  für  die  Entwicklung  des  deutschen 
Geisteslebens  als  der  Sache  des  deutschen  Volkes  gelegt  wird,  oder  kurz 
gesagt  die  Verbindung  des  ästhetischen  und,  wenn  man  das  Wort  nivht 
mißverstehen  will,  des  sittlichen  Gesichtspunktes.  Der  Verfasser  nimmt 
sehr  entschieden  Stellung  nicht  bloß  in  seinem  Urteil  über  künstlerischen 
Wert  oder  Unwert,  sondern  auch  zu  den  Fragen,  von  deren  Lösung 
die  Zukunft  unseres  Volkes  abhängt  Daß  er  dabei  mit  einzelnen  Vr- 
teilen  bei  den  verschiedensten  Seiten  Widerspruch  hervorrufen  wird, 
liegt  in  der  Natur  der  Sache;  aber  nirgends  wird  man  die  Sicherheit 
der  Führung  und  nirgends  das  ehrliche  Bestreben  vermissen,  auf  Grund 
eigener  genauer  Kenntnis  von  dem  mit  gutem  Recht  gewählten  Stand- 
punkt der  Beurteilung  aus  jeder  Erscheinung  gerecht  zu  werden. 
Cannstatt.  Th.  Klett 


Goethes  Werke  0*  Unter  Mitwirkung  mehrerer  Fachleute  heraus- 
gegeben von  Prof.  Dr.  Heinemann.  Kritisch  durchgesehene 
und  erläuterte  Ausgabe.  Band  U,  DI,  IV,  VU,  X,  XI,  Xm 
je  2  Mk.  Leipzig,  Bibliographisches  Institut. 
Band  2  und  3  (Bearbeiter  Heinemann  und  Dr.  EUinger)  bringen 
als  Fortsetzung  des  1.  Bandes,  die  „Gedichte^;  sie  zeigen  auch  diesel- 
ben Vorzüge  wie  dieser.  Gerade  bei  den  Gelegenheitsgedichten  war 
sehr  viel  über  Persönlichkeit,  Entstehung  usw.  zu  sagen,  weshalb 
auch  die  Anmerkungen  zuweilen  einen  breiten  Raum  einnehmen.  An 
die  Gedichte  schließt  sich  in  Band  2  noch  „Hermann  u.  Dorothea"  an, 
dessen  Quellen  und  Vorbilder  ausführlicli  erörtert  werden.  Dabei  spricht 
Ellinger  die  Ansicht  aus,  daß  es  Goethe  gelungen  sei,  den  Hexameter 
dem  Geiste  der  deutschen  Sprache  anzupassen  (S.  345).  Das  wird  nicht 
jedermann  zugeben.  Unser  Friedr.  Th.  Vischer  wenigstens,  der  so 
goldene  Worte  über  dieses  Werk  geschrieben  hat,  dachte  darüber  ganz 
anders.  Band  4  enthält  die  Achilleis  (Dr.  Ellinger),  den  Reineke 
Fuchs  (Dr.  Klee)  und  den  Westöstlichen  Diwan  (Ellinger).  Dem  an  letzter 
Stelle  genannten  „unvergleichlichen**  Werke  wird  besondere  hohes  Lob 
gespendet.  „Nirgends  hat  man  es  mit  einer  frostigen  Kostümdichtung, 
mit  toten  Nachahmungen  zu  tun,  sondern  mit  Selbstbekenntnissen,  die 
unmittelbar  aus  dem  Erlebnis  herausgewachsen  sind"  (S.  192).    In  Bau d  S 

*)  Vgl.  Korrespondenzblatt  1902  S.  191  ff.,  1904  S.  67  f. 


Literarischer  Bericht.  71 

(Dramen  in  Prosa:  Götz,  Egmont,  Clavigo,  Stella,  Geschwister,  Groß- 
Kophta,  Bürgergeneral)  tritt  Th.  Matthias,  der  Verfasser  des  trefflichen 
Baches  „Sprachleben  und  Sprachschädeu**,  als  Mitarbeiter  auf.  Sein 
Urteil  ist  besonnen  und  wohlbegrUndet.  Den  Kevolutionsdramen  gegen- 
über findet  er,  bei  aller  Ehrfurcht  vor  Goethe,  doch  Worte  herzhaften 
Tadels.  Besonders  gelungen  scheint  mir  die  Einleitung  zu  dem  ganz 
unerquicklichen  Groß-Kophta,  die  eine  köstliche  Schilderung  des  Erz- 
schwindlers Kagliostro  enthält  Band  X  und  XI  sind  von  Dr.  Maync 
bearbeitet,  dem  bekannten  Mörike- Biographen.  Sie  enthalten  den 
Schluß  der  Lehrjahre,  die  Novellen  und  die  Wanderjahre.  W^as  Maync 
hierzu  schreibt,  hat  Geist  und  Feuer.  Am  meisten  gespannt  war  ich 
auf  die  Erklärung  des  vielerörterten  „Märchens"  in  den  „Unterhal- 
tungen deutscher  Ausgewanderten''.  Auch  hier  bewährt  sich  der  feine 
Takt  and  «Geschmack  dieses  Gelehrten.  Er  rühmt  die  „Edelsteinpracht'', 
die  in  jeder  Zeile  des  Märchens  glänzt  und  schimmert  (X,  212),  er  be- 
richtet auch  gewissenhaft  über  die  zahlreichen  Erklärungen  zu  diesem 
Werke ;  aber  er  lehnt  es  ab,  sich  einer  dieser  Deutungen  anzuschließen, 
weil  man  die  Parallelen  nicht  zu  Tode  hetzen  dürfe.  Das  ist  wohl  das 
richtige  Wort.  Die  Ausdeutung  muß  sich  auf  die  allgemeinen  Grund- 
linien beschränken,  die  Goethe  selbst  Schiller  gegenüber  als  „Idee" 
der  Dichtung  bezeichnet  hat.  Das  Köstlichste  aber,  der  unbeschreib- 
liche Farben-  und  Stimmungszauber,  will  nicht  gedeutet  sondern  empfun- 
den sein.  Band  XIII  schließt  sich  an  XII  an,  dessen  Vollendung  er 
bringt  (Dichtung  und  Wahrheit  3—4).  Die  „biographischen  Einzelheiten'' 
bilden  den  Schluß. 

Durch  diese  Bände  ist  die  1.  Hälfte  des  G esamt Werkes,  „der 
kleine  Goethe'',  abgeschlossen.  Überblickt  man  das  Ganze,  so 
wird  man  sagen  müssen,  daß  das  Bibliographische  Institut  mit  dieser  Aus- 
gabe eine  Tat  vollbracht  hat,  die  Bewunderung  verdient.  Trotz  der  Viel- 
heit der  Mitarbeiter  herrscht  doch  strenge  Einheitlichkeit  in  der  Durch- 
führung der  leitenden  Grundsätze.  Die  Ausgabe  beweist,  daß  es  möglich 
ist,  den  Bedürfnissen  des  großen  Leserkreises  und  denen  der  engeren 
Gemeinde  der  Fachleute  zugleich  gerecht  zu  werden.  Jenen  dienen  die 
„Fußnoten",  die  auf  das  Notwendigste  beschränkt  sind,  weil  nichts  so 
stört,  wie  die  fortwährende  Unterbrechung  der  Lektüre  durch  „Erläu- 
terungen"; diesen  die  „Anmerkungen",  die  alle  Nachweise  für  tieferes 
Stadium  liefern.  Und  welch  gewaltiger,  weit  zerstreuter  Stoff  ist  in 
diesen  Anmerkungen  verarbeitet  und  fruchtbar  gemacht!  Darum  — 
wer  immer  eine  neue,  auf  der  Höhe  der  heutigen  Forschung  stehende  und 
dabei  billige  Goethe- Ausgabe  sucht,  der  greife  zu! 

Stuttgart.  Grotz. 


72  Literarischer  Berieht 

Jahrbueh  der  deutschen  Shakespeare-Gesellschaft.  Heraus- 
gegeben von  Alois  Brandl  und  Wolfgang  Keller. 
Vierzigster  Jahrgang.    Berlin^  Langenscheidt. 

Mancher  mag  wohl  besorgten  Blicks  auf  die  Berge  philologischer 
Literatur  blicken,  die  sich  allmählich  um  unsere  Dichterheroen  her  auf- 
türmen, und  so  könnte  sich  wohl  der  Verehrer  des  Dichters  und  Menschen 
Shakespeare  fragen,  ob  wohl  das  menschliche  und  poetische  Verständ- 
nis des  großen  Briten  unter  uns  in  demselben  Verhältnisse  wachse, 
wie  die  Shakespeare-Philologie.  Nun  ist  ja  gewiß  richtig,  daß  nicht 
immer  Korn  gemahlen  wird,  wenn  die  philologische  MUhle  klappert. 
Andererseits  aber  haben  diese  40  Bände  Jahrbücher  noch  niemand 
verhindert,  seineu  Shakespeare  zu  genießen,  sich  in  ihn  zu  vertiefen 
und  auch  ein  Wort  über  ihn  zu  sagen,  letzteres,  das  Mitreden,  aller- 
dings auf  die  Gefahr  hin,  daß  man  von  einem  Freund  kritischen  Be- 
strebens darauf  aufmerksam  gemacht  wird,  man  habe  da  den  grund- 
legenden Artikel  von  X,  dort  die  entscheidende  Notiz  von  Y  übersehen. 
Und  dann  sind  wir,  wenn  irgendwo  so  bei  Shakespeare,  doch  immer 
wieder  auf  den  Historiker  und  auf  den  Philologen  angewiesen.  Ohne 
ihre  Hilfe  bekommen  wir  keine  Antwort  auf  die  hundert  Fragezeichen, 
die  bei  jeder  neuen  Shakespeare-Lektüre  immer  neu  wieder  auftauchen. 
Und  hier  haben  sich  die  Jahrbücher  lange  schon  als  treffliche  Fund- 
gruben der  Nachforschung  bewährt.  Der  Name  der  Herausgeber  bürgt 
dafür,  daß  nichts  Minderwertiges  darin  zum  Worte  kommen  darf. 
Hervorgehoben  sei  aus  dem  reichen  Inhalt  des  vorliegenden  40.  Bandes : 
der  Bericht  über  die  Enthülhmg  des  Shakespeare-Denkmals  in  Weimar 
mit  der  Festrede  von  Brandl,  ein  Aufsatz  von  Marie  Gothein  über  die 
Frau  im  englischen  Drama  vor  Shakespeare,  eine  Besprechung  der 
400  Stellen  in  Shakespeare,  die  sich  auf  die  Weidmannskunst  beziehen 
von  H.  Löwe,  der  nachweist,  daß  der  Dichter  ein  hirschgerechter 
Jäger,  ein  Weidmann  im  besten  Sinn  des  Worts  gewesen  sein  muß, 
dem  auch  nicht  ein  jagdzoologischer  Schnitzer  nachzuweisen  sei;  so- 
dann ganz  besonders  ein  anregender  Artikel  von  Münch:  ^Gedanken 
eines  Poeten  in  Shakespeares  Stadt^,  ein  Bericht  über  Shakespeare- 
Aufsätze  des  jnngirischen  Dichters  Yeats,  in  denen  neben  Vorschlägen 
für  ein  ideales  Shakespeare-Theater  interessante  Reflexionen  über 
das  innere  Verhältnis  des  Dichters  zu  seinen  Helden  hervorzuheben 
sind,  illustriert  an  einer  Vergleichung  Richards  U.  und  Heinrich  V. ; 
endlich  eine  Arbeit  von  Hermann  Reich,  dem  Verfasser  des  Mimus, 
der  den  Mann  mit  dem  Eselskopf  im  Sommemachtstraum  auf  die  an- 
tiken Mimen  zurückzuführen  sucht. 

Stuttgart.  S  a  k  ni  a  n  n . 


Literarischer  Bericht.  73 

Die  Saalburg.  6  Blatt  in  Farbendrack  (60  x  B2  cm)  von  Archi- 
tektnrroaler  Peter  Woltze;  Preis  15  Mk.  Mit  begleitendem 
Text  von  Dr.  E.  Schulze;  Preis  30  Pfg.  Gotha,  Verlag 
von  Friedrich  Andi*eas  Perthes. 
Blatt  1/2  (Doppelblatt)  gibt  das  Gesamtbild  des,  durch  Professor 
L.  J  a  c  o  b  i  teilweise  wiederhergestellten,  Kastells ;  Blatt  3  Einzelbilder 
der  porta  decumana,  des  sacellum,  der  principia  und  des  atrium ;  Blatt  4 
eine  Karte  des  obergermanischen  und  rätischen  Limes,  sowie  Bilder  von 
den  Vorrichtungen,  die  das  Überschreiten  des  Limes  an  andern  Stellen  als 
auf  den  vorgesehenen  Wegen  zu  hindern  bestimmt  waren,  und  insbeson- 
dere von  einem  Wachtturm;  Blatt  5  zeigt  uns  eine  fabrica,  ein  hypo- 
caustum  und  canabae;  Blatt  6  das  Äußere  und  das  Innere  des  Mithräums. 
Der  erklärende  Text  gibt  einen  Überblick  über  die  Geschichte  des 
Kastells  und  des  Limes,  sowie  eine  Beschreibung  beider  und  ihrer  Teile. 
Die  bildlichen  Darstellungen  verdienen  unbedingtes  Lob,  ebenso  der 
erklärende  Text,  der  mit  richtiger  Beschränkung  auf  das  Wesentliche 
den  Vorzug  einfachen  und  klar  verständlichen  Ausdioicks  verbindet; 
nur  auf  S.  19  hat  sich  ein  Versehen  eingeschlichen,  da  die  Fortsetzung 
der  Odenwaldlinie  des  Limes  über  Wimpfen  nach  Cannstatt  den  An- 
schluß des  obergermanischen  an  den  rätiscben  Limes  bei  Lorch  eben 
noch  nicht  brachte,  wie  ja  aus  der  Karte  und  auch  aus  der  übrigen 
Darstellung  selbst  hervorgeht;  vielmehr  war  dieser  Anschluß  erst  mit 
der  Vorschiebung  der  Grenze  nach  Osten  durch  Antoninus  Plus  herge- 
stellt. Aber  alles  in  allem  dürfen  wir  in  dieser  Veröffentlichung  ein 
hervorragend  wertvolles  Anschauungs-  und  Lehrmittel  begrüßen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sei  auch  empfehlend  hingewiesen  auf  die 
Saalburg,  Modellbogen  mit  Anleitung  zur  selbständigen  Herstellung 
eines  altrömischen  Kastells  als  Spielburg  für  Knaben,  von  Peter  Woltze, 
Nr.  10  der  Sammlung  „Spiel  und  Arbeit",  herausgegeben  von  Otto 
Robert,  im  Verlag  von  Otto  Maier  in  Ravensburg,  Preis  3.50  Mk.; 
vorausgesetzt  ist,  daß  der  Knabe  außer  dem  Schneiden  und  Pappen 
die  Handhabung  der  Laubsäge  versteht. 

Cannstatt.  Th.  Klett. 


Lehrbuch  der  ebenen  Geometrie  für  die  ersten  8  Jahre  des  geo- 
metrischen Unterrichts  von  E.  Schumann,  Oberstudienrat. 
Stuttgart  und  Berlin,  1904. 
Jeder  Lehrer  wird  das  von  einem  erfahrenen  Schulmann  geschrie- 
bene Buch  mit  Nutzen  lesen,  besonders  junge  Anfanger  werden  in  den 
Merksätzen  beherzigenswerte  Winke  für  den  Geometrieunterricht  finden. 
In  Beantwortung  der  Frage,  ob  sich  das  Buch  für  die  Hand  der  Schüler 
eignet,  soll  hier  über  Kleinigkeiten  weggegangen  werden.    Durch  die 

KoTTtttpondezutblatt  1906,  Heft  a. 


74  Literarischer  Bericht 

nachgesandten  Berichtigungen  sind  auch  die  meisten  Druckfehler  imd 
Versehen  ausgemerzt;  leider  ist  aber  von  den  verschiedenen  Zeichen 
für  Kongruenz  gerade  das  unrichtige  gewählt.  An  Ansserlichkeiten  ist 
noch  zu  beanstanden  die  Wiederholung  von  Figuren  an  Stellen,  wo  sie 
nicht  mehr  recht  passen. 

Mit  Recht  verzichtet  der  H.  Verfasser  auf  die  Methoden  der  neueren 
Geometrie;  er  „will  den  Anfänger  in  der  Hauptsache  denselben  Weg 
fahren,  den  die  Geometrie  von  ihren  Anfangen  an  gegangen  ist''.  Da- 
bei werden  selbstverständlich  die  Verbesserungen  benützt,  welche  der 
geometrische  Unterricht  seit  Euklid  erfahren  hat 

Ihrer  Bedeutung  entsprechend  widmet  er  der  Symmetrielehre  einen 
ganzen  Abschnitt.  Die  Beweise  könnten  aber  kürzer  durch  Umklappen 
erledigt  werden.  Viel  geringere  Bedeutung  als  der  axialen  Symmetrie 
(Symmetrie  schlechtweg)  kommt  der  „zentralen  Symmetrie''  zu.  Der 
Begriff  der  diametralen  Lage,  der  an  dieser  Stelle  für  die  nämliche 
Eigenschaft  benützt  wird,  würde  hinreichen,  um  die  Eigenschaften 
einer  zentrischen  Figur  zu  beleuchten.  Die  zentrale  Symmetrie  wird 
dann  noch  zum  Lösen  von  Transversalenaufgaben  benützt,  was  auf  die 
Konstruktion  eines  Parallelogramms  hinausläuft,  ist  also  auch  hier 
überflüssig. 

Daß  außer  den  Zusätzen  auch  manche  Hauptsätze  in  Frageform 
eingekleidet  sind,  soll  den  Zweck  haben,  die  Schüler  die  neuen  Wahr- 
heiten selbst  finden  zu  lassen.  Diese  so  sehr  berechtigte  Forderung 
wird  aber  am  besten  erfüllt,  wenn  man  beim  Unterricht  das  Buch 
schließen  läßt.  Das  System  des  Buches,  das  bei  Spiecker  ein  wohl- 
geordnetes, vollständiges  und  übersichtliches  genannt  werden  darf, 
dient  dann  zur  Repetition. 

Jeder  Lehrer  der  Geometrie  wird  mit  Genugtuung  den  Satz  lesen : 
„es  gibt  kaum  ein  Schulfach,  das  an  sich  so  geeignet  wäre,  zu  wissen- 
schaftlicher Arbeit  zu  erziehen,  wie  die  Geometrie."  Zur  Gewöhnung 
an  wissenschaftliches  Denken  erscheint  aber  unerläßlich,  daß  der  jugend- 
liche Geist  einen  Oberblick  über  die  strengen  Schlußfolgerungen  des 
Systems  gewinne.  Diese  Obersicht  ist  bei  Schumann  nicht  recht  ge- 
wahrt. Das  System  ist  auch  nicht  ganz  lückenlos,  wenn  die  Zusätze 
„Auf  einer  Geraden  kann  in  einem  ihrer  Punkte  nur  ein  Lot  errichtet 
von  einem  Punkt  außerhalb  einer  Geraden  kann  auf  sie  nur  ein  Lot 
gefallt  werden''  auf  die  nicht  bewiesenen  Eigenschaften  des  Kreises 
zurückgeführt  werden,  daß  eine  Gerade  einen  Kreis,  oder  daß  2  Kreise 
sich  nur  in  2  Punkten  schneiden.  Daß  der  Lehre  von  der  Propor- 
tionalität die  wichtigsten  Sätze  aus  der  Proportioncnlehre  vorangestellt 
sind,  ist  um  so  wichtiger,  als  manche  Schulen  ein  Algebrabach  im  Ge- 
brauch haben,  das  diese  Lehre  nicht  enthält  Beigefügt  sollte  noch 
werden  die  fortlaufende  Proportion,  die  bei  dem  Verhältnis  der  3  Seiten 
notwendig  wird ;  wünschenswert  wäre  auch  noch  eine  Bemerkung  über 


Literarisejier  Berieht.  75 

das  umgekehrte  Verhältnis  f  b :  a  =  — :  ^  j.  Die  Erklärung  der  Ähnlich- 
keit zweier  Figuren  erscheint  gesucht  Der  Satz  vom  Verhältnis  der 
Höhen  eines  Dreiecks  findet  sich  nicht,  dagegen  ist  einem  Satz  von 
2  gleichen,  einander  nicht  entsprechenden  Seiten  in  ähnlichen  Dreiecken 
eine  über  Gebühr  hervorragende  Bedeutung  zuerkannt  worden. 

Am  meisten  Widerspruch  wird  das  zum  Zweck  des  Zitierens  vom 
H.  Verfasser  zusammengestellte  System  von  Abkürzungen  für  die  Lehr- 
sätze finden.  Man  lasse  die  Anfänger  die  Sätze  nur  wörtlich  anführen; 
dabei  sind  Abkürzungen  wie  W.  für  Winkel,  P.  für  Punkt  usw.  zu 
empfehlen.  Später  kann  vielfach  mit  einem  einzigen  Wort  angedeutet 
werden,  um  was  es  sich  handelt.  Niemals  aber  dürfen  im  Text  die 
üblichen  mathematischen  Zeichen  benützt  werden.  Das  könnte  zu  Fehlern 
führen,  wie  der  auf  S.  98,  der  selbstverständlich  nur  ein  Versehen  ist : 

BB'  +  CC  JL  AM' 

Als  Beispiel  einer  strengen  Beweisführung  dienen  die  Sätze  über 
Mittellinie  und  Mittelparallele  im  Dreieck.  Daß  beide  identisch  sind,  folgt 
einfacher  aus  dem  Axiom  von  der  Geraden.  Eine  jedesmalige  Unter- 
scheidung (ML  ^  I  u.  II,  M  II  /^  I  u.  II)  erscheint  unnötig,  wenn  man  den 
Satz  eben  in  derjenigen  Form  zitiert,  in  welcher  er  gerade  gebraucht  wird. 

Bei  der  Bezeichnung  des  Dreiecks  ABC  geht  der  H.  Verfasser  im 
Sinn  des  Uhrzeigers  um  das  Dreieck  herum;  ebenso  beim  Viereck. 
Hier  bringt  die  Änderung  den  Vorteil,  daß  nunmehr  das  Parallelogramm 
auf  der  Seite  a  als  Grundlinie  steht.  Die  Bezeichnung  Rhomboid  für 
ein  ungleichseitiges  Parallelogramm,  Trapezoid  fQr  ein  beliebiges  Vier- 
eck erscheint  in  manchen  Fällen  zweckmäßig.  Das  Parallelogramm 
wird  definiert  als  ein  Viereck  mit  parallelen  Gegenseiten.  Dem  Autor 
&o\\  unbenommen  bleiben,  die  Sätze  in  möglichst  kurzer  Form  auszu- 
sprechen, dem  Lehrer  die  richtige  Deutung  überlassend.  Doch  möchten 
wir  der  schärferen  Fassung  den  Vorzug  geben,  da  der  Gegensatz 
zwischen  einem  und  zwei  Paaren  von  Parallelen  besonders  eindrücklich 
hervorgehoben  werden  sollte. 

Bekanntlich  erklärt  der  H.  Verfasser  dem  eingebürgerten  Worte 
^halbieren**  den  Krieg  und  setzt  dafür  „hälftig  teilen''.  Er  braucht  aber 
auch  das  Substantiv,  das  nun  Halbteilung  heißt.  Das  zugehörige  Verbum 
wäre  „halbteilen'',  wozu  er  sich  doch  nicht  entschließen  kann;  einen 
richtigen  Ersatz  findet  er  also  nicht,  denn  er  muß  ja  zwei  Wörtchen 
benützen.  Wenn  er  für  fehlerhaft  erklärt  „2  Geraden  schneiden  sich",  so 
^'eht  hier  seine  wohlgemeinte  Sprachreinigung  zuweit.  Der  Gebrauch 
des  Pronomens  „sich*^  an  Stelle  des  längeren  „einander^,  ist  so  all- 
gemein verbreitet,  daß  sich  der  H.  Verfasser  schwerlich  mit  Erfolg 
dagegen  'stemmen  wird.  Schwerfällig  wird  auch  der  Gebrauch  des 
Wörtchens  „einander'',  wenn  er  sagt  „2  Größen  sind  einander  gleich*^, 
statt  einfach :  2  Größen  sind  gleich ;  2  Geraden  sind  (einander)  parallel. 


76  Literarischer  Bericht 

Nicht  als  Verbesserung  erscheint  die  Einführung  des  Wortes  „Hypote- 
nusenabschnitt für  Kathetenprojektion^',  ebensowenig  „Qnerlinie**  bei 
2  Parallelen.  Das  Zeichen  für  Winkel  ist  bei  Spiecker  besser  ohne 
Bogen.  Die  Unterscheidung  von  Bogengraden  und  Wiukelgraden  kann 
den  Anfänger  nur  irreführen.  Daß  die  6steUigen  Zahlen  für  p'  u.  p" 
auswendig  gelernt  werden  sollen,  ist  eine  Forderung,  der  nur  geringer 
praktischer  Wert  beizumefisen  sein  dürfte.  Das  Zeichnen  eines  Lotes 
sollte  nicht  allein  durch  Drehen,  sondern  auch  mit  Parallel  Verschiebung 
des  Schiebdreiecks  gezeigt  werden.  Diese  hat  sich  im  Gebrauch  mehr 
bewährt  als  jenes,  da  das  Umlegen  des  Schiebdreiecks  eine  Fehlerquelle 
in  sich  birgt. 

Die  treffenden  Bemerkungen  über  den  geometrischen  Stil  (S.  38) 
werden  im  wesentlichen  schon  längst  in  der  Schulpraxis  geübt.  Von 
D  fällen  wir  das  (nicht  ein)  Lot  DF  aut  BC.  Es  soll  uns  recht  sein, 
wenn  die  Schüler  künftig  einfach  sagen  ^Fälle  DFJ^BC".  Auf  der 
Strecke  BC  schneiden  Avir  BX  =  q  ab,  auch  wenn  q  >>  BC,  da  wir  längst 
daran  gewöhnt  sind,  in  BC  nicht  allein  die  Strecke,  sondern  auch  die 
unendlich  lange  Gerade  zu  erblicken,  die  wir  nicht  erst  zu  verlängern 
brauchen.  Der  H.  Verfasser  geht  aber  weiter.  Auf  BC  schneidet  er 
CY  =  p  ab,  wenn  dies  auf  der  Verlängerung  von  BC  geschehen  soll. 
Solange  diese  knappste  Ausdrucks  weise  nicht  allgemein  angenommen 
ist,  wird  man  nicht  umhin  können,  in  einem  solchen  Fall  von  der  Ver- 
längerung zu  sprechen.  Dabei  soll  allerdings  mit  BC  oder  CB  die 
Richtung  angegeben  sein,  in  welcher  verlängert  werden  muß.  In  man- 
chen Fällen  wird  es  sich  kaum  vermeiden  lassen,  das  Wort  „verlängern"^ 
auch  dann  noch  zu  benützen,  wenn  der  Zeichner  in  wohl  verstandenem 
Interesse  die  betreffende  Gerade  schon  lang  genug  gezogen  hat 

Bei  der  ersten  Besprechung  der  geometrischen  Aufgaben  (§  51—55) 
wird  dem  Anfl&nger  von  der  Analysis  nichts  gesagt,  was  auch  durchaus 
begründet  erscheint.  Dagegen  findet  sich  schon  am  Schluß  von  §  63 
unvermittelt  der  Satz  „Analysis  wie  Konstruktion  sind  vollständig  und 
unzweideutig,  dabei  aber  so  kurz  als  möglich  anzugeben**.  Dies  dürfte 
wohl  für  alle  4  Teile  gelten.  Freilich  ist  zu  bemerken,  daß  nicht  alle 
Aufgaben  sich  zur  Behandlung  nach  den  üblichen  4  Teilen  eignen.  Bei 
vielen  macht  der  Beweis  erhebliche  Schwierigkeiten,  und  kann  am  ehe- 
sten entbehrt  werden,  besonders  wenn  „die  Rücksicht  auf  den  Beweis 
den  Verzicht  auf  die  einfachste  Gestaltung  der  Konstruktion  nötig 
machen  kann**  (S.  104).  Bei  manchen  Aufgaben,  wie  bei  Verwandlungs- 
aufgaben wird  keine  eigentliche  Analysis  gemacht,  sondern  nur  im  all- 
gemeinen der  Weg  zur  Lösung  angegeben;  hier  wird  der  vollständige 
Beweis  unentbehrlich.  Die  Aufgabe,  ein  Parallelogramm  in  ein  anderes 
mit  gegebener  Seite  zu  verwandeln,  sollte  nicht  allein  mit  den  Ergän- 
ztmgsparallelogrammen,  sondern  auch  durch  Verwandlung  eines  Drei- 
ecks gelöst  werden,  das  gleich   der  Hälfte  des  Parallelogramms  ist. 


Literarischer  Bericht.  77 

Die  Verteilung  des  Stoffes  und  die  Anordnung  der  einzelnen 
Abschnitte  paßt  gut  in  den  Lehrplan  der  höheren  Schulen.  Insbe- 
sondere ist  die  Flächenberechnung  am  Schluß  des  zweijährigen  Unterrichts 
viel  leichter  als  Proportionalität  und  Ähnlichkeit.  Die  Sätze  über 
Potenzlinien,  sowie  das  Taktionsproblem  gehören  nicht  in  das  dritte, 
sondern  erst  in  das  vierte  Jahr.  Überflüssig  ist  für  das  dritte  Jahr 
der  trigonometrische  Anhang.  Der  H.  Verfasser  scheint  also  an  eine 
teilweise  Benützung  des  Buches  in  Kl.  VII  (Realschule)  gedacht  zu 
haben.  Der  Obungsstoff  ist  auf  die  einzelnen  Abschnitte  verteilt  und 
sehr  reichlich  zugemessen.  Neben  den  guten  alten  Aufgaben  findet 
man  viele  neue  von  jedem  Grade  der  Schwierigkeit.  Die  schwierigsten 
j»ind  entweder  durch  die  vorhergehenden  vorbereitet,  oder  mit  Anlei- 
tung versehen.  Der  heutigen  Lehrerschaft  wird  die  Trennung  von 
einem  Buche,  wie  dem  Spieckerschen,  an  dem  die  meisten  mathemati- 
!>ches  Denken  gelernt  haben,  schwer  fallen.  Wir  möchten  indes  der 
Hoffnung  Raum  geben,  der  für  seine  Aufgabe  besonders  befähigte  und 
begeisterte  Verfasser  möge  bald  in  die  Lage  kommen,  sein  Buch  einer 
Neubearbeitung  zu  unterziehen.  Dann  wird  sich  auch  bei  seiner  Ein- 
führung bemerkbar  machen,  welch  günstige  Folgen  die  NeueinfÜhruug 
eines  guten  Buches  hat,  wenn  das  alte  schon  zu  lange  in  Benützung 
gestanden  ist. 

Stuttgart.  F.  H. 


Die  Milbenplage  der  Wohnungen,  ihre  Entstehung  und  Be- 
kämpfung.     Sammlung  naturwissenschaftlich-pädagogischer 
Abhandlungen.     Von  Prof.  Dr.  Friedrich  Ludwig.     Leipzig 
•     uDd  Berlin^  Teubner  1904. 
Die  Bedeutung  der  Milben  für  die   menschlichen  Wohnungen  er- 
scheint hier  in  einem  überraschenden  Lichte.    Besonders  überraschend 
i^t  der  Nachweis,  daß  die  heutzutage  als  beste  geltende  Art  der  Desin- 
fektion mit  Turmelin  und  Ammoniak    sich  völlig  wirkungslos  erwies. 

R. 

Keine  Storchengeschichten  mehr.  Von  Dr.  W.  Busch.  Preis 
3  Mk.  Leipzig;  P.  Weber. 
Verfasser  steht  auf  dem  Standpunkt,  der  heutzutage  von  manchen 
Seiten  her  als  der  einzig  richtige  bezeichnet  wird,  die  Kinder  sollen 
über  sexuelle  Fragen  möglichst  aufgeklärt  werden.  Die  vorliegende 
Schrift  hat  den  Berichterstatter  nicht  im  geringsten  davon  überzeugt, 
daß  diese  Aufklärungsversuche  wirklich  segenbringend  sind.  Die  richtige 
Aufklärung  erfordert  jedenfalls  sehr  viele  Weisheit,  die  nur  wenigen 
zuzutrauen  ist.  R. 


7  g  Neu  erachienene  Bücher.  —  Ankflndigungen. 

Neu  ersohienene  Bücher. 

^t0^  Bei  der  grotten  Men^e  der  nnt  Bugehenden  neuen  literarieohen  Ersohelnnngtu 
ist  ee  oni  anmOglioh,  Jede  im  einseinen  sa  betpreoben.  Die  Titel  der  einlsuf enden 
Bfioher,  die  wir  aninabrntloi  der  Koblbammeracben  Yerlagebaobbandlnng  sn  über- 
senden bitten,  werden  regelmittig  im  nlohsten  Hefte  TerOffentlicht;  »ufBOok' 
aendang  der  nicht  beaproobenen  Bücher  kOnnen  wir  nna  aber  nicht  einlaaaen. 

Aus  dem  Verlag  von  Hermann  Beyer  &  Söhne  in  Langensalza 
sind  folgende  Werke  eingegangen: 
Junge,    Beiträge    zur   Methodik    des    naturkundlichen    Unterrichu. 

1.  Aufl.    1904. 
6  r  o  t  h ,  Naturstudien.  Theoretisch-praktisches  Handbuch  für  die  Lehrer 

der  Naturgeschichte.    2.  Aufl.    1904. 
Flügel,  Die  Sittenlehre  Jesu.    5.  Aufl.    1904. 
Bibliothek  pädagogischer  Klassiker.     10.  Band.      Comenius'  große 

Unterrichtslehre,  übersetzt  von  Lion.    5.  Aufl.    1904. 

(Fortsetzung  s.  S.  3  des  Umschlags.) 


Ankündigimgen. 


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Höchster  Rabatt  Kleinste  Raten.  20iähr.  Garantie.  Planof  u.  Hanooliimw 
zu  vermieten;  bei  Kauf  Abzug  der  Miete.  -  Ilinttr.  Kataloge  gnrtla-freL 
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Das  KSnigreicl)  morneitiberd. 

Sine  IBefdireiliimg  nad)  itreifen^  SHerämtern  unb  Semeinbea« 

^flev  S&wx^x  Mgemeine  iBefd^reibung  bed  Sanbe«  unb  (Sinsdie« 
f^reibnng  [amtlicher  Obcrämtei*  unb  ^emeinben  bed  92e(!arfreife9* 
@in  fiarfer  ionb  oon  684  Seiten  @ropoftaösgormat  mit  6  harten  unb 

6  Xafelii  5ÖilbnlJfen.  ^l^rci«  fein  gcbunbcn  6  cÄ  70  ^,  ungcbunben  5  Jt  60  ^. 
^ad  ganje  Set!  erfc^eint  in  t\tx  '^änben,  )u]ammen  ettoa  2200  Seiten 

fiarf,  mit  ftatttn,  ^(nftl^ten  unb  anbeten  beigaben.  Im  Sauf  t>on  etn^a 

jtt)et  3o^^«w-    @efamt|)rel«  für  ade  üier  ^^&nbc  (oon  ungleici^er  ©tarfe) 

geBunben  ca.  25  c^,  ungeBunben  ca.  20  Jk 

^fir  alte  Sfirttembetger  non  gtogem  unb  Meilbenbetn  98erte! 

$r0be)eftc   ouf   ::öerrangen   umfonft  unb  portofrei,    33anb  1  aut^  jur 

(5inpd)t  er^ältUc^. 


AnkUndigangen. 


79 


Oynuiasium  Tübing^en. 

Durch  Anschloß  des  Gymnasiums  an  das  städtische  Elektrizitäts- 
werk ist  eine  vor  4  Jahren  gekaufte,  gut  erhaltene 

Akkumiilatorenbatterte 

mit  6  Zellen  von  24  Ampörestunden,  Kapazität  in  Uolzkasten,  entbehrlich 
geworden  und  soll  verkauft  werden.  Die  Batterie  ist  mit  Pachvtrop 
zur  Parallelschaltung  der  Zellen  ausgerichtet  und  kann  auch  an  Orten, 
wo  keine  Elektrizität  zu  haben  ist,  durch  eine  Gülchersche  Thermosäule 
geladen  werden.  Auf  Wunsch  könnte  auch  eine  gebrauchte  Thermo- 
säule abgegeben  werden.  [2 
Nähere  Auskunft  erteilt  Professor  Paulos. 


Die  soeben  erschienene  11.  Auflage  von 

erleb-Sehröer 

englisches  Wörterbuch 


kostet 


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in  2  Sanzleincnbänden  je  ]Kk.  7i0 
in  2  Qalblederbänaen  je  JKk.  8.50. 

Paul  ITeir  Terlag  (Carl  Büchle) 

Stuttgart. 


Anzug-Stofre! 


i^^üäST}'' 


9 

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•  DCCKCr  a.  Harz  P.  131. 

liefert  allein  seit  1880  den  anerkannt 

unübertroffenen  Holland»  Tabak. 

Ein  10  Pfd.-Beutel  fko.   acht  Mk. 


80  Ankündigungen. 

Terlag  toh  Hermann  Gesenlag  In  Halle« 

Vierzig^  «fahre. 

Vor  40  Jahren  erschien  zuerst  und  gehört  seitdem  wohl  zu  den 
bekanntesten  und  weitverbreitetsten  fremdsprachigen  Lehrbflchem: 

Lehrbuch  der  Englischen  Sprache 

von  [18 

Dr.  F.  W.  Gesenius. 

Teil  I:    Elementarbnoh    der   englischen   Sprache  nebst  Lese-   und 
Uebungsstücken.    26.  Auflage.    1903.    Preis  gebunden  2.40  Mk. 

Teil  II:  Grammatik  der  englisohen  Sprache  nebst  Uebungsstücken. 
17.  Auflage.    1903.    Preis  gebunden  3.20  Mk. 

Als  besonders  hervorzuhebende  Vorzüge  dieses  Buches  sind  in 
allen  darüber  erschienenen  Rezensionen  anerkannt  worden: 

1.  Weise  Beschränkung  und  zweckmässige  Anordnung  des  Stoffe». 
Kürze  und  Präzision  in  der  Fassung  der  grammatischen  Regeln^ 
vortreffliche  Beispiele  zur  Erläuterung  dei-selben,  bequeme  Tabellen 
für  die  Rektion  der  Verben,  Adjektive  und  Präpositionen. 

2.  Die  Reichhaltigkeit  und  Mannigfaltigkeit  der  Uebungsbeispiele, 
sowie  die  Auswahl  der  Lesestücke,  welche  Interesse  erwecken 
und  zu  Sprechübungen  und  Reproduktionen,  sowie  zu  Exerzitien 
trefflich  verwendet  werden  können. 


Neubearbeitungen  des  „Lehrbuches  der  englischen  Sprache" 
nach  den  neuen  Lehrpiänen: 

fttltainir.W.,  Englische  Spraohlehre.  (}MniU-B«f«],Enfrli  aohe  Sprachlehre. 

Ausgabe  A.     VOUlg   ueu  bearbeitet  Ton  I        Ausgabe  B.    YOUig  neu  bearbeitet  Ton 

Prof.  Dr.  Ernst  Beirel,  Oberlehrer  an  i        Prof.    Dr.    Ernst    fieRel,    Oberlehrer 

den  Franckeschen  Stiftnogeo.  an   der  Oberrealscbnle  der  Franekeschen 

I.  Teil.      Schulgrammatik    nebst  Stiftungen. 
Lese-  und  UebungsstOcken.    8.  Auflage 

1903.     Uebunden  8.60  Hk.  Unterstufe.     Dritte,    nach   den  Bestim- 

II.  Teil.  Lese-  und  Uebungsbach  mungen  von  1901  yeränderte  Auflage  in 
nebst  knrser  Synonymik.  Mit  einem  Plan  neuer  Rechtschreibung.  Mit  einer  Karte 
▼on  London  und  Umgebung.  1896.  der  britischen  Inseln  und  einer  englischen 
Oebnnden  2.26  Mk.  Münstafel.     1904.     Preis    geb.    1.60   Mk. 

Gtiraiuf.W.,  Englische  Sprachlehre. 

Völlig    neu     bearbeitet    von     Prof.    Dr.  Oberstufe    fOr    Knabenschulen. 

Ernst  Begel,  Oberl.  an  den  Francke-  Zweite,  nach  den  Bestimmungen  Ton  1901 

sehen  Stiftungen.     Ausgabe  für  hOh.  rerftudert«  Auf  läge  in  neuer  Bechtschrei« 

Mädchenschulen.    6.  Auflage.    1904.  bung.    Mit  einem  Plane  yon  London  und 

Gebunden  S.60  Mk.  Umgebung.    1908.    Preia   geb.   2.40  Mk. 

Qluaioif.W.,  Rurige fasste  englische 

Sprachlehre.     Voiüg   neu    bearbeitet  |    Oberstufe    fflr    Midohensohulen. 

▼on   Prof.    Dr.    Ernst   Begel,    Oberl.  Zweite,    nach    den    Beetimmungen    Ton 


an  den  Franckeschen  Stiftungen.  9.  Aufl. 
1901.      In  Schnlband  gebunden  2.20  Mk. 


1901  Terftnderte  Auflage  in  neuer  Recht- 
schreibung.   1908.     Preis  geb.  2.40  Mk. 


In  Vierzig  Jahren  wurden  vom  Lehrbuch  nebst  seinen  Neubear- 
beitungen 547  000  Exemplare  abgesetzt,  also 

i^eit  über  eine  halbe  Million. 

AasfAhrliche  Terlagsrerieichnisse  kostenlos« 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hausaufgaben. 

Von  Prof.  Dr.  Eiben. 

Gehalten  auf  der  14.  Landesversammlung  des  Wfirtt  Gymnasiallehrer- 

y  er  eins  am  7.  Mai  1904. 
(Abgedruckt  mit  einigen  Auslassungen.) 

(Schluss.) 

Hat  die  griechische  Komposition  denselben  Effekt? 
Wenn  ja,  so  drängt  sich  die  Frage  auf,  ob  es  notwendig  und  ob 
genügend  Zeit  dazn  vorhanden  ist^  einem  und  demselben  Ziel  gleich- 
zeitig auf  zwei  verschiedenen  Wegen  zuzustreben:  „Swer  zwene 
wege  welle  gän^  der  muoz  lange  Schenkel  hän^*  sagt  Freidank. 
Meines  Erinnerns  enthielten  aber  selbst  in  der  guten  alten  Zeit,  da 
man  das  Griechische  schon  mit  den  Elfjährigen  begann,  die  Themata 
ftlr  griechische  Komposition  in  den  obersten  Klassen  erheblich 
weniger  stilistische  Schwierigkeiten  als  die  lateinischen.  Heutzutage 
dienen  sie  sicherlich  nur  noch  der  Erhaltung  der  grammatischen 
Sicherheit;  und  wenn  die  deutschen  Texte  dafür  noch  so  modern 
aussehen,  so  sind  sie  doch  ifein  säuberlich  fürs  Übersetzen  ins 
Griechische  vor-  und  zubereitet.  Welchen  Zweck  aber  hat  die 
„Erhaltung  der  grammatischen  Sicherheit^^,  wenn  einmal 
durch  genügende  Erklärung  und  Einübung  die  Formenlehre  und  die 
Hauptlehren  der  Syntax  den  Schülern  zum  Verständnis  gebracht 
worden  sind?  Glaubt  man,  daß  für  die  Zwecke  der  Exposition 
die  Fähigkeit  korrekt  griechisch  zu  schreiben  wirklich  einen 
erheblichen  Nutzen  habe?  Die  einmal  eingeübten  und  kimmer 
wieder  vorkommenden  attischen  Formen  bei  Xenophon,  Lysias^ 
Demosthenes,  Plato  erkennen  die  Schüler  spielend,  wenn  sie  viel- 
leicht auch  in  ihren  Hebdomadarien  noch  recht  viele  Fehler  in  der 
Formenlehre  machen.  Sätze  mit  ort,  iva,  wäre,  Infinitiv-  und  Parti- 
zipialkonstruktionen  übersetzen  sie,  sogar  noch  ehe  die  darauf  be- 
züglichen Regeln  systematisch  durchgenommen  und  eingeübt  sind, 
tadellos  ins  Dentsche,  auch  wenn  ihnen  im  Hebdomadar  in  dieser 
Beziehung  bisweilen  noch  etwas  Menschliches  passiert,  z.  B.  oÜa 
mit  Infinitiv  oder  vofU^w  on.  Ganz  von  gelbst  werden  die  Schüler 
in  der  Komposition  allmählich  immer  sicherer,  je  mehr  sie  expo- 
nieren^  wenigstens  solange  sie  nur  attische  Schriftsteller  exponieren. 
Aber  o  wehe!  Schon  im  dritten  griechischen  Jalir  fängt  der  Homer 
an:   der  wirft  alsbald  seine  Schatten  auf  die  Sicherheit  im  schrift- 

XorrMpondensbUtt  1806,  H«ft  8. 


82  Eiben, 

liehen  Gebrauch  der  attischen  Formenlehre,  wie  sich  in  den  Hebdo- 
madarien  deutlich  zeigt;  während  andererseits  die  Schüler  eine 
ganze  Menge  neuer  Formen  sich  ohne  große  Schwierigkeit  an- 
eignen,  trotzdem  sie  dieselben  nicht  kompositionsweise  einüben, 
sondern  im  Gegenteil  aufs  strengste  angehalten  werden,  solche  in 
den  Hebdomadarien  aufs  sorgfältigste  zu  vermeiden.  Und  wie  geht 
es  erst  im  vierten  griechischen  Jahr,  in  Obersekunda?  An  vielen 
Anstalten  bekommt  der  Schüler  das  ganze  Jahr  über  keinen  einzigen 
gedruckten  Satz  in  attischem  Dialekt  zu  lesen,  und  doch  muß  er 
fortgesetzt  seine  attischenHebdomadarien  machen,  natürlich 
„zur  Erhaltung  der  grammatischen  Sicherheit^'  —  etwa  mit  Rück- 
sicht auf  die  spätere  Lektüre  von  Demosthenes  und  Plato?  Gewiß 
nicht!  Wer  den  jonisch-epischen  Dialekt  nach  dem  attischen  sich 
zu  eigen  gemacht  hat,  wird  auch  später  den  attischen  mühelos 
wieder  erkennen,  wenn  er  zu  ihm  zurückkehrt.  Die  „Erhaltung  der 
grammatischen  Sicherheit^'  ist  vielmehr  notwendig  lediglich  wegen 
des  Examens.  Oder  aus  welchem  anderen  Grunde  verwendet  ein 
Lehrer  des  Griechischen  an  Obersekunda  sechs  Wochen  lang  fast 
von  jeder  griechischen  Expositionsstunde  20  Minuten  auf  die  Repeti- 
tion  der  unregelmäßigen  Verba,  obgleich  eine  Wiederholung  der 
Formenlehre  im  Lehrplan  für  Obersekunda  gar  nicht  vorgesehen 
ist?  Wahrhaftig  nur  „der  Not  gehorchend,  nicht  dem  eigenen  Trieb" 
und  in  dem  klaren  Bewußtsein  von  dem  Gegensatz,  in  welchen  er 
sich  dadurch  setzt  zu  dem  Lehrplan,  der  vorschreibt:  „An  den 
Oberklassen  tritt  die  Lektüre  der  griechischen  Schriftsteller  in  den 
Vordergrund  I" 

Der  Gedanke,  die  griechische  Komposition  in  die  ihr  gebührenden 
Grenzen  zurückzuweisen^  ist  in  Württemberg  schon  alt.  Der  Zweifel^ 
inwieweit  auf  dieselbe  verzichtet  werden  kann^  ist  auch  deutlich 
zwischen  den  Zeilen  zu  lesen  in  der  10.  von  den  Thesen,  die  seiner- 
zeit Oberstudienrat  Dorn  der  Rektorenkonferenz  im  Jahr  1883  vor^ 
legte.  Eine  Annäherung  an  den  preußischen  Betrieb  der  lateinischen 
und  griechischen  Komposition  an  Oberklassen  wird  da  für  nicht 
wünschenswert  erklärt  und  dazu  folgendes  bemerkt:  „Selbstveiständ* 
lieh  ist,  daß  gegenüber  der  Lektüre  der  Schriftsteller,  durch  welche 
die  Schüler  in  den  Geist  und  das  Kulturleben  des  klassischen  Alter- 
tums eingeführt  werden  sollen,  die  Komposition,  welche  als  freie 
geistige  Arbeit  durch  sämtliche  Gymnasialklassen  beizubehalten 
ist;  doch  insofern  zurücktritt,  als  durch  dieselbe  vorzugsweise  die 
im   mittleren  Gymnasium   erworbenen  grammatischen,  lexikalischen 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hausaufgaben.  83 

und  stilistischen  Kenntnisse  erhalten,  erweitert  und  vertieft  werden." 
Was  ist  nun  eigentlich  der  Fall?  Tritt  sie  zurück,  oder  tritt  sie 
nicht  zurück?  Nach  meiner  Ansicht  sollte  ein  prinzipieller 
unterschied  gemacht  werden  zwischen  lateinischer 
und  griechischer  Komposition:  erstere  soll  um  ihrer  selbst 
willen  bis  in  die  oberste  Klasse  beibehalten^werden,  letztere  aber 
endlich  einmal  wirklich  zurücktreten,  und  zwar  nicht  bloß 
dadurch,  daß  man  in  Zeugnisheften  und  -Formularen  der  Exposition 
den  Vortritt  gestattet,  dabei  aber  ruhig  bis  zum  Abgang  aus  Ober- 
sekunda die  Leute  im  Griechischen  ausschliesslich  auf  Grund  ihrer 
Prüfnngsleistung  in  der  Komposition  beurteilt! 

Mit  der  neuen  Dienstvorschrift,  die  neben  der  Versetzungs- 
prüfung eine  wesentliche  Mitberücksichtigung  der  von  den  Schülern 
in  der  ELlasse  erworbenen  Zeugnisse  anordnet,  ist  den  Schülern 
für  die  griechische  Komposition  wenig  geholfen.  Wenn  ich  nicht 
weiß,  ob  der  nächsthöhere  Kollege  in  der  Korrektur  der  Prüfungs- 
arbeiten ,,kommiß"  ist  (entschuldigen  Sie  den  militärischen  Aus- 
druck!), und  außerdem,  wenn  ich  meinen  Schülern  ihre  einge- 
wurzelten Lieblingsfehler  abgewöhnen  will,  so  muß  ich  selbst  ,,kom- 
miß"  sein,  d.  h.  pedantisch  korrigieren;  nach  der  Fehler- 
zahl richten  sich  aber  im  wesentlichen  die  Zeugnisse  der  einzelnen 
Arbeiten.  Will  ich  liberal  sein,  so  werde  ich  vielleicht  nach  preußi- 
schem Muster  „Fehlern  gegen  die  Akzentlehre  eine  entscheidende 
Bedeutung  nicht  beilegen" ;  aber  ganz  ignorieren  kann  ich  sie  doch 
nicht,  zumal  wenn  sie  halbdutzendweise  in  einer  Arbeit  vorkommen. 
Und  was  ist  der  Effekt?  Der  Schüler  wird  unter  Umständen  nicht 
versetzt,  nicht  weil  er  kein  Verständnis  für  das  Griechische  hat, 
noch  auch  weil  er  in  meiner  Klasse  nichts  gelernt  hat,  sondern  zur 
Strafe,  zur  Strafe  für  chronischen  oder  auch  nur  bei  Klassen- 
arbeiten und  Prüfungen  akut  auftretenden  Leichtsinn  und  nament- 
lich auch  —  und  das  ist  ein  weiterer,  nicht  zu  unterschätzender 
Gesichtspunkt  —  weil  er  allerlei  Kleinigkeiten  wieder  vergessen 
hat,  die  er  irgend  einmal  in  einer  früheren  Klasse  gelernt,  aber 
trotz  „fortgesetzter  Übungen  im  Übersetzen  aus  dem  Deutschen  ins 
Griechische"  seither  nicht  mehr  gehabt  hatte;  es  sei  denn,  daß  in 
der  Exposition  bei  jeder  passenden  und  unpassenden  Gelegenheit 
nach  dergleichen  grammatischen  Mücken  geschlagen  wurde. 
Von  solchen  Kleinigkeiten,  die  aber  als  Schwierigkeiten  einzig  und 
allein  für  die  Komposition,  nicht  für  die  Exposition  in  Betracht 
kommen,  wimmelt  ja   die  griechische  Formenlehre.    Ich  darf  hiei* 


84  Eiben, 

wohl  an  den  trefflichen  Aufsatz  von  Wessely:  „y^ie  kann  der 
griechische  Unterricht  auf  einfachere  Weise  sein  Ziel  erreichen?^' 
im  57.  Band  der  Zeitschrift  für  das  Gymnasialwesen,  S.  505  ff., 
erinnern.  Wessely  hat  auf  Omnd  seiner  Theorie  nnd  gründlicher 
statistischer  Arbeiten  anderer  eine  „  Vereinfachte  griechische  Schnl- 
grammatik^*  in  diesem  Jahr  bei  Tenbner  erscheinen  lassen.  Ich 
glaube  aber;  auch  wenn  wir  mit  einem  prinzipiell  anderen  Betrieb 
der  griechischen  Komposition  einen  Versuch  machen  wollen,  brauchen 
wir  darum  nicht  gleich  die  bei  uns  eingefdhrten  Grammatiken  ab- 
zuschaffen. Der  ganzen  Not  ist  auf  viel  einfachere  Weise  abzu- 
helfen. Ist  die  griechische  Komposition  nicht  um  ihrer  selbst  willen, 
sondern  nur  dazu  da,  um  ein  grttitdliches  Verständnis  des  Expo- 
sitionsstoffs zu  erzielen,  so  gelte  hier  das  Wort:  ,,An  ihren  Früchten 
sollt  ihr  sie  erkennen!^*  und  man  gestatte  nach  hessischem  Muster 
(Verfügung  vom  Jahr  18831)  schriftliche  griechische  Kompositions- 
übungen nur  in  beschränktem  Maße  und  nur  zur  Einübung  der 
betreffenden  grammatischen  Formen  und  Regeln  (in  Hessen  nur  bis 
Untersekunda  einschließlich),  entziehe  ihnen  aber  jeden  entscheidenden 
Einfluß  auf  die  Beurteilung  der  jeweiligen  Reife  der  Schüler,  schaffe 
also  jede  Prüfung  und  Bezeugnissung  in  griechischer  Komposition 
grundsätzlich  ab.  Man  prüfe,  wenn  nun  schon  einmal  geprüft  sein 
muß,  einzig  und  allein  in  griechischer  Exposition;  man  mag  dann 
zur  Sicherung  der  Gründlichkeit  an  zweifelhaften  Stellen,  wo  der 
Übersetzende  unter  Umständen  sich  durchschwindeln  könnte,  eine 
Auskunft  formaler  oder  syntaktischer  Art  über  einzelne  Wörter 
des  vorliegenden  Textes  verlangen. 

Welch  große  Entlastung  der  Schüler  auch  hinsichtlich  der 
häuslichen  Arbeit  daraus  erwüchse,  springt  ohne  weiteres  in  die 
Augen.  Der  Hauptgewinn  aber  wäre  meines  Erachtens,  daß  Schüler 
und  Eltern  dem  Beginn  des  griechischen  Unterrichts  nicht  mehr, 
wie  bisher,  mit  einem  gewissen  Grauen  entgegen-  und  mit  dem- 
selben Gefühl  seinem  Betrieb  zusehen  und  vollends  später  in  der 
Erinnerung  darauf  zurückschauen  würden,  daß  vielmehr  die  griechische 
Lektüre  ungehinderter  als  bisher  und  erst  im  vollen  Sinne  Jederzeit 
ihre  Anziehungskraft  auf  die  Jugend  ausüben^^  würde,  wie  es  im 
württembergischen  Lehrplan  heißt,  und  daß  der  griechische  Unter- 
richt in  Wahrheit  zu  dem  würde,  was  er  von  Rechts  wegen  sein  soll : 
die  Krone  des  gesamten  Gymnasialunterrichts. 

Aus  der  Abschaffung  der  griechischen  Komposition  als  eines 
besonderen  Zeugnis-  und  Prüfungsfachs  brauchen  für  die  französische 


Vortrag  über  die  Frage  der  Hansanfgaben.  85 

Komposition  keipe  Konsequenzen  gezogen  zu  werden.  Das  Französische 
ist  eine  lebende  Sprache;  hier  gilt  es  nicht  nur,  die  Schüler  so  weit 
zn  fördern,  daß  sie  auch  schwierigere  Schriftsteller  ohne  große 
Mühe  lesen  können,  sondern  auch  im  mündlichen  und  schriftlichen 
Gebrauch  der  fremden  Sprachen  eine  gewisse  Geläufigkeit  zu  er- 
zielen. Dagegen  erlaube  ich  mir  die  unmaßgebliche  Ansicht  zu 
äußern,  daß  französische  Kompositionsübungen  an  schwereren 
deutschen  Originaltexten  zu  der  beschränkten  Zeit,  die  das  Gym- 
nasium dem  Französischen  widmen  kann,  in  keinem  Verhältnis 
stehen:  denselben  Wert  für  allgemeine  Verstandesbildung  wie  die 
lateinische  Komposition  haben  sie  nicht,  und  einen  praktischen 
Nutzen  haben  sie  höchstens  für  einige  wenige  Schüler,  die  im 
späteren  Leben  als  moderne  Philologen  vielleicht  einmal  in  den 
Fall  kommen  können,  über  wissenschaftliche  Dinge  in  französischer 
Sprache  sich  ergehen  zu  müssen;  doch  für  deren  Bedürfnisse  mag 
die  Hochschule  sorgen. 

In  betreff  der  übrigen  Schulfächer  und  ihrer  Ansprüche  an 
die  häusliche  Arbeit  kann  und  muß  ich  mich  aus  verschiedenen 
Gründen  noch  kürzer  fassen. 

Gegen  die  Mathematik  üört  man  häufig  den  Vorwurf  er- 
heben, daß  ihre  Hausarbeiten  die  Schüler  des  Gymnasiums  unver- 
hältnismäßig stark  in  Anspruch  nehmen.  Wo  regelmäßige  Haus- 
arbeiten in  Mathematik  gegeben  werden,  mag  das  hier  und  da  zu- 
treffen; liegt  ja  bei  mathematischen  Aufgaben  die  Gefahr  ganz  be- 
sonders nahe,  daß  man  sich  sozusagen  darein  verbeißt.  Hinsicht- 
lich der  mathematischen  Hausaufgaben  scheint  übrigens  die  Praxis 
bei  uns  eine  sehr  verschiedene  zu  sein.  Der  Lehrplan  vom  Jahr 
1891  enthält  darüber  keine  Bestimmungen.  Der  preußische  Lehr- 
plan schreibt,  beiläufig  bemerkt,  vor  selbständigere  häusliche  Aus- 
arbeitungen in  den  oberen  Klassen  neben  den  regelmäßigen  Klassen- 
Übungen  in  der  Regel  alle  vier  Wochen. 

Diejenigen  Fächer,  in  denen  die  Schüler  einen  bestimmten 
Fonds  an  positivem  Wissen  sich  notwendig  aneignen  müssen,  wie 
Geschichte,  Literaturgeschichte,  Kirchengeschichte ,  Geographie, 
Naturwissenschaften,  haben  selbstverständlich  das  Recht,  die  häus- 
liche Arbeit  für  ihre  Zwecke  in  Anspruch  zu  nehmen.  Doch  gilt 
es  hier  ganz  besonders,  den  im  Erlaß  vom  26.  April  1883  auf- 
gestellten Grundsatz  zu  betätigen,  daß  nicht  „der  häuslichen  Arbeit 
die  Hauptaufgabe  des  Lernens  zugewiesen  und  dem  Privatfieiß  das 
zu  erreichen  zugemutet  werden  darf,  was  dem  Schüler  im  öffent- 


86  Eiben, 

liehen  Unterricht  geboten  werden  sollte/'  Die  Zeit  zn  einem  er- 
sprießlichen colloqainm  mit  den  Schülern  bei  jedem  geeigneten 
Anlaß,  besonders  repetitionsweise  am  Ende  oder  Anfang  jeder 
Stunde,  kann  gewonnen  werden,  wenn  der  Lehrer  den  Spruch 
beherzigt:  ,,In  der  Beschränkung  zeigt  sich  erst  der  Meister^  und 
dementsprechend  seinem  soliloquium  ein  gutes  Stück  wertlosen 
Wissensstoffs  entzieht. 

Aus  dem  soeben  verlesenen  Satz  des  Erlasses  vom  26.  April 
1883  ergibt  sich  eigentlich  ganz  von  selbst  die  Verwerflichkeit  vor- 
lier  angesagter  Exploratorien.  Solche  bedeuten  bekanntlich 
eine  besonders  schwere,  zwar  nur  vorübergehende,  aber  bei  der 
grossen  Zahl  der  in  Betracht  kommenden  Fächer  doch  ziemlich 
häufige  Inanspruchnahme  der  den  Schülern  zugestandenen  freien 
Zeit.  Denn  die  üblichen  umfangreichen  Vorbereitungen  darauf 
lassen  sich  in  dem  für  häusliche  Arbeiten  vorgesehenen  zeitlichen 
Rahmen  schlechterdings  nicht  unterbringen  und  geben  dann  zudem 
in  der  Hauptsache  eben  ein  Bild  von  den  Kenntnissen,  welche  die 
Schüler  durch  einen  oft  recht  gedankenlosen  „Privatfleiß^'  meistens 
nur  auf  eine  kurze  Spanne  Zeit  zusammengerafft  haben,  wodurch 
der  dauernde  Gewinn,  den  sie  im  ^.öffentlichen  Unterricht"  sich  an- 
eignen, so  in  den  Hintergrund  gedrängt  wird,  daß  er  kaum  mehr 
zu  erkennen  ist.  Die  Erfahrung  zeigt  überdies,  daß  die  Mehrzahl 
der  Schüler,  wenn  sie  wissen,  daß  die  Exploratorien  zur  Zeugnis- 
gewinnung vorher  angesagt  werden,  die  viel  nützlichere  Repetition 
von  Stunde  zu  Stunde  sich  schenkt  und  ihre  ganze  Hoffnung  auf 
die  ,,Schanzarbeit"  setzt.  Uuangesagte  schriftliche  Repetitionen  in 
der  Geschichte  halte  ich  seit  einigen  Jahren  ausschließlich  und  habe 
damit  nur  gute  Erfahrungen  gemacht.  Ich  riskiere  dabei  allerdings 
ein  paar  wirklich  schlechte  Arbeiten  von  schwachen  oder  faulen 
Schtllern;  das  ist  mir  aber  vorkommendenfalls  immer  noch  lieber, 
als  wenn  ich  einem  gedankenlosen  Schaffer  unter  sauersüßer  An- 
erkennung seines  glUckhaften  ,,Fleißes^^  das  Zeugnis  ,,befriedigend^* 
hinzuschreiben  mich  entschließen  muß. 

Auch  die  württembergische  Rektorenkonferenz  im  Jahr  1883 
war  der  Ansicht,  daß  die  Exploratorien  nicht  die  einzige  Quelle 
der  Beurteilung  der  Schüler  in  dem  betreffenden  Fach  sein  und 
nur  kurze  Zeit  vorher  angesagt  werden  sollten,  wenn  sie  überhaupt 
angesagt  würden.  In  Hessen  darf  Tag  und  Stunde  derselben  nicht 
früher  als  am  Tage  vorher  den  Schülern  bekanntgegeben  werden. 
Ich  meine,  wir  sollten  die  Konsequenz  ziehen  und  vorher  angesagte 


Vortrag  über  die  Frage  der  Haasaufgaben.  Qj 

Ezploratorien  grundsätzlich  abschaffen.  Der  ungesunden  Streberei 
mancher  Schüler  ist  selbst  die  ambrosische  Nacht  nicht  heilig;  es 
ist  oft  geradezu  unheimlich,  was  manche  Schüler  in  wenigen  Stunden 
und  auf  —  wenige  Stunden  sich  einzutrichtern  vermögen. 

Den  Zweck,  für  außerordentliche  Hausarbeiten,  die 
im  wöchentlichen  Schema  nicht  berücksichtigt  sind,  Platz  zu  ge- 
winnen, verfolgt  mein  in  These  3  unter  Buchstaben  c  gemachter 
Vorschlag.  Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  als  mehrfach  bewährt 
auch  die  Einrichtung  empfehlen,  neben  der  Hauptaufgabe  über  den 
Samstagnachmittag,  dem  lateinischen  Argument,  andere  Aufgaben, 
besonders  altsprachliche  Präparationen,  zu  erlassen. 

Damit  komme  ich  auf  die  alltäglichste  aller  Hausaufgaben  des 
Gymnasiums  und  zugleich  zum  Schlüsse  meines  Vortrags,  zu  der 
hänsliehen  Präparation.  Unser  württembergischer  Haus- 
aufgabenerlaß vom  19.  März  1896  enthält  in  dieser  Beziehung  so 
treffliche  Anweisungen,  daß  es  überflüssig  ist,  darüber  hier  ausführ- 
lich zu  reden.  Dettweiler  in  seiner  ,,Didaktik  und  Methodik 
des  Lateinischen^'  ^),  deren  Studium  uns  der  Erlaß  empfiehlt,  sagt 
mit  Recht  (S.  157):  „Die  Frage,  inwieweit  häusliche  Vorbereitung 
zu  verlangen  sei,  ist  für  die  Methodik  nicht  grundsätzlich.  Ebnet 
man  im  voraus  —  und  das  verlangt  auch  der  württembergische 
Erlaß  —  in  den  zur  häuslichen  Präparation  bestimmten  Abschnitten 
besondere  Schwierigkeiten  für  die  betreffende  Stufe  durch  vorher- 
gehende kurze  Besprechung,  namentlich  durch  Erklärung  von  Aus- 
drücken, die  sprachlich  und  inhaltlich  nicht  im  Erfahrungskreis  des 
Schülers  liegen,  so  ist  es  ganz  gleichgültig  für  die  Lektüre  des 
Schriftstellers,  ob  sich  der  Schüler  nun  zu  Hanse  einen  Abschnitt 
selbst  zurechtlegt,  oder  ob  man  diesen  ganz  in  der  Schule  durch- 
nimmt. Es  ist  dies  eine  Frage,  die  sich  nur  im  Zusammenhang 
mit  der  über  das  hygienisch  zulässige  Maß  der  Hausarbeit  beant- 
worten läßt.^'  So  Dettweiler.  Damit  aber  ist  die  Präparation 
als  dasjenige  Feld  häuslicher  Arbeit  gekennzeichnet,  auf  dem  man 
sich  am  leichtesten  an  die  durch  die  behördliche  Verfügung  ge- 
gebene zeitliche  Beschränkung  der  täglichen  Hausarbeit  anpassen 
und  auch  auf  die  Verhältnisse  solcher  Schüler  Rücksicht  nehmen 
kann,  die  durch  fakultative  Fächer  an  gewissen  Tagen  besonders 
belastet  sind,  zumal  da  ja  unser  Erlaß  regelmäßige  Übungen  im 
unvorbereiteten  übersetzen  in  allen  Klassen  vorschreibt.    Im  übrigen 

')  lu  Baumeister,  Handbuch  der  Erziehungs-  und  Unterrichtslehre, 
in.  Band,  Abschnitt  JII. 


88  Eiben, 

ist  an  diesem  Teil  nnseres  württembergischen  Hansaufgabenerlasses 
besonders  zu  rühmen^  daß  er  schablonenhaftes  Schematisieren  ver- 
meidet nnd  es  dem  Lehrer  überläßt,  je  nach  der  Altersstufe  der 
Schüler  nnd  den  Schwierigkeiten  oder  besonderen  Eigentümlichkeiten 
eines  Schriftstellers  sich  selbst  die  jeweilig  beste  Methode  ausfindig 
zu  machen. 

Es  kann  aber  allerdings  Fälle  geben,  wo  ohne  ein  festes  Schema 
nicht  auszukommen  ist.  Und  ein  solcher  Fall  ist  nach  meiner  Über- 
zeugung die  Regulierung  der  täglich  oder  wöchentlich  sich  wieder- 
holenden Hausaufgaben.  Ich  betone  die  Notwendigkeit  der  An- 
fertigung eines  Schemas  für  diesen  Zweck  nicht  aus  blindem 
Respekt  vor  dem  Buchstaben  der  bestehenden  Verordnung;  ich  be- 
trachte das  Schema,  so  wie  ich  es  mir  denke,  nicht  als  einen 
uniformierenden  Stundenplan  für  die  Hausarbeit  der  Schüler,  an 
den  sie  sich  strikte  zu  halten  haben;  wohl  aber  scheint  mir  das 
Vorhandensein  eines  nach  Vereinbarung  der  beteiligten  Lehrer  ins 
einzelne  ausgearbeiteten  Hausaufgabenschemas  unerläßlich  zur 
Ermöglichung  einer  täglichen  Selbstkontrolle  der  Lehrer  hinsichtlich 
ihrer  Ansprüche  an  die  häusliche  Arbeit;  denn  der  Unterrichts- 
stundenplan allein  stellt  den  Lehrern  nicht  mit  überzeugender  Deut- 
lichkeit vor  die  Augen,  inwieweit  sie  sich  an  jedem  einzelnen  Tag 
mit  ihren  Anforderungen  für  jedes  Fach  mit  Rücksicht  auf  die 
ebenso  berechtigten  Anforderungen  der  anderen  Fächer  einschränken 
müssen. 

Thesen  habe  ich  auf  ausdrücklichen  Wunsch  unseres  Vereins- 
vorstands abgefaßt,  weniger  um  damit  meine  Stellung  zur  Haus- 
aufgabenfrage nach  allen  Seiten  hin  grundsätzlich  zu  präzisieren, 
als  zu  dem  Zweck,  einige  praktische  Anhaltspunkte  für  die  Debatte 
zu  geben.    Möge  sie  einen  ersprießlichen  Verlauf  nehmen! 

Leitsätze: 

1.  Eine  Überschreitung  der  Bestimmungen  des  Erlasses  vom 
19.  März  1896  über  die  auf  den  einzelnen  Altersstufen  zulässige 
Arbeitszeit  kann  nur  dadurch  dauernd  verhütet  werden,  daß  das 
zu  diesem  Zweck  vorgeschriebene  Schema  bei  jeder  Änderung 
des  Stundenplans,  also  zu  Beginn  jedes  Halbjahrs,  neu  angefertigt 
wird. 

Aus  diesem  Schema  muß  deutlich  zu  ersehen  sein,  aufweiche 
Weise  in  den  für  jeden  Tag  vorgesehenen  zeitlichen  Rahmen  die 
regelmäßigen  Hausaufgaben  von  Tag  zu  Tag  sich  zu  teilen  haben, 


Vortrag  ttber  die  Frage  der  Hansanfgaben.  89 

beaw.  an  welchem  Wochentag  die  über  mehrere  Tage  anfgegebenen 
Arbeiten  am  zweckmäßigsten  untergebracht  werden. 

2.  Die  im  Erlaß  vom  19.  März  1896  für  die  frühere  VII.  Klasse 
angeordnete  Rttcksichtnahme  auf  die  fakultativen  Schulfächer  bei 
Bemessung  der  täglichen  Hausaufgabenzeit  sollte  auf  alle  Klassen 
ausgedehnt  werden  und  durch  folgende  Fassung  des  betreffenden 
Absatzes  deutlicher  zum  Ausdruck  kommen: 

„Für  die  tlbrigen  Klassen  (d.  h.  von  Klasse  V  fr.  Bez.  an  auf- 
wärts) wird  als  Höchstmaß  der  auf  die  Hausaufgaben  zu  verwen- 
denden Zeit  festgesetzt:  nach  4 stündigem  Unterricht  3  Stunden, 
nach  östttndigem  27s,  nach  6  stündigem  2,  nach  Tstttndigem  1;  nach 
8  stündigem  V«  Stunde.  In  die  Unterrichtszeit  sind  die  faki^iltativen 
Schulfächer  einzurechnen,  doch  ist  eine  außerordentliche  Belastung 
einzelner  Wochentage  durch  Unterrichtsstunden  bei  Anlegung  des 
Stundenplans  tunlichst  zu  vermeiden.^* 

3.  Die  Anforderungen  der  einzelnen  Fächer  an  die  häusliche 
Arbeit  können  in  dem  vorgeschriebenen  zeitlichen  Rahmen  nur  dann 
untergebracht  werden,  wenn  sie  gemäß  dem  Erlaß  vom  26.  April  1883 
durch  einheitliche  Regelung  mehrerer  Punkte  möglichst  beschränkt 
werden.    Zu  diesem  Zweck  empfielht  sich: 

a)  die  grundsätzliche  Abschaffung  der  Prüfung  und  Bezeug- 
nissung  in  griechischer  Komposition  behufs  Entlastung  des 
griechischen  Unterrichts  von  der  fortgesetzten,  hemmenden 
Rücksichtnahme  auf  den  Zweck,  den  Schülern  die  Fähigkeit 
ebes  korrekten  schriftlichen  Gebrauchs  des  attischen 
Dialekts  beizubringen,  bezw.  zu  erhalten; 

b)  das  Verbot  des  Vorheransagens  von  Exploratorien  zur  Ermitt- 
lung  des   in   einzelnen  Fächern  erreichten  Kenntnisstandes; 

c)  die  Anordnung,  daß  alle  nicht  regelmäßig  jede  Woche  sich 
wiederholenden  Hausaufgaben,  wie  z.  B.  Hansaufsätze,  nur  über 
solche  Tage  gegeben  werden,  an  denen  eine  regelmäßige 
schriftliche  Hausarbeit  etwa  infolge  einer  Klassenarbeit 
ausfällt. 


90  Bayhrer,  Jahresbericht  des  Württembergisehen 

Jahresbericht  des  Württembergischen  Vereins  für 
neuere  Sprachen  im  Jahre  19031904. 

Erstattet  vom  Schriftführer  Professor  Dr.   Rayhrer. 

Der  Wttrttembergische  Verein  für  neuere  Sprachen  hielt  im 
Vereinsjahr  1903/04,  wie  tlblich,  7  Versammlungen  ab,  4  in  Plochingen, 
3  in  Stattgart. 

Bei  der  ersten  am  1.  November  1903  in  Plochingen  stattgehabten 
Versammlung  legte  Professor  Wagner-Stuttgart  nach  dreijähriger 
Tätigkeit  sein  Amt  als  Vorstand  nieder.  An  seiner  Stelle  wurde 
Professor  Dr.  Sak  mann -Stuttgart  gewählt.  Professor  Silcher- 
Rentlingen  wurde  als  Kassier  und  Professor  Dr.  Rayhrer- Stutt- 
gart als  Schriftführer  wiedergewählt. 

Den  Vortrag  hielt  Professor  Finckh -Reutlingen  Über  „An- 
sichten über  die  Entstehung  der  Sprache^^  Abgesehen 
von  der  Annahme  eines  göttlichen,  wunderbaren  Ursprungs  der 
Sprache,  kann  man  nativistische  und  empiristisclie  Theorien  unter- 
scheiden. Nach  der  Auffassung  des  NativLsmus  ist  die  Sprache 
durch  Natur,  ohne  jede  Beteiligung  des  menschlichen  Willens,  ent- 
standen. Der  Empirismus  dagegen  weist  der  Erfahrung  irgendwie 
eine  Rolle  bei  der  Sprachentstehung  zu  und  fasst  die  ersten  Sprach- 
bewegungen der  ersten  Menschen  als  willktirliche  Bewegungen  auf. 
Innerhalb  jeder  dieser  Hauptrichtungen  finden  sich  extreme  und 
gemäßigtere  Ansichten.  Die  Annahme  eines  Wesenszusammenhangs 
zwischen  Sprechen  und  Denken,  von  der  der  extreme  Nativismus 
(Heraklit,  W.  v.  Humboldt,  K.  Heyse  und  Renan)  ausgeht, 
widerspricht  den  Tatsachen,  und  seine  Erklärung  des  Sprach- 
ursprungs aus  der  ,,Sprachkraft^^  ist  gar  keine  Erklärung.  Ebenso 
scheitert  die  „Erfindungstheorie^^  des  extremen  Empirismus  (Demo- 
krit,  Maupertuis,  Tiedemann,  Locke,  A.  Smith),  wonach  die  Sprache 
Erzeugnis  planvoller  Übereinkunft  unter  den  Menschen  ist,  an  der 
Schwierigkeit,  daß  eine  derartige  ,,Eriindung"  der  Sprache  das 
Vorhandensein  einer  Sprache  schon  vorausgesetzt  (Herder).  Die 
von  dem  gemäßigten  Nativismus  aufgestellte  Refiextheorie  (Lazarus, 
Steinthal,  Max  Müller)  nimmt  an,  daß  bei  den  ersten  Menschen 
zwischen  bestimmten  Vorstellungen  und  den  Sprachmuskeln  ein 
Mechanismus  eingeschaltet  war,  vermöge  dessen  die  Vorstellungen 
die  Sprachwerkzeuge  so  in  Bewegung  setzten,  daß  bestimmte  Laute 
herauskamen,  die  den  erzeugenden  Vorstellungen  ähnlich  waren. 
Dieser  verwickelte  Vorgang  läßt  sich  beim  heutigen  Menschen  nicht 


Vereins  fttr  neuere  Sprachen  im  Jahre  1908/1904.  91 

mehr  nachweisen.  Der  Empirismus  in  seiner  vorsichtigen  Form 
dagegen  (J.  Grimm,  Lotze,  Whitney,  Tylor^  Madvig,  Marly)  geht 
aus  von  heute  noch  wirksamen  elementaren  Geisteskräften.  Er 
betrachtet  die  Sprache  zwar  als  eine  menschliche  Erwerbung,  doch 
so,  daß  die  Menschen  durchaus  planlos,  nur  getrieben  vom  augen- 
blicklichen Hitteilungsbedttrfnis  und  geleitet  durch  das  unbewußte 
Walten  der  Assoziationstätigkeit,  zu  Verständigungsmitteln  gelangten, 
zu  nachahmenden  Gebärden,  zu  nachahmenden  Lautzeichen  und 
endlich  zu  konventionellen  Wörtern. 

In  Stuttgart  sprach  sodann  am  8.  Dezember  1903  Professor 
Dr.  Freiherr  von  Westenholz  über  „die  beiden  Hamlet- 
Quart  os*'.  Der  Redner  knüpfte  daran  an,  daß  das  laufende  Jahr 
ein  Hamletgedenkjahr  ist:  vor  300  Jahren,  im  Jahre  1603,  ist  die 
erste  gedruckte  Hamletausgabe  erschienen.  Dieser  Ausgabe  (A) 
folgte  im  nächsten  Jahr  eine  zweite  (B)  mit  dem  Anspruch,  gegen- 
ttber  der  ersten  vermehrt  und  verbessert  zu  sein,  in  der  Tat  fast 
um  /s  größer  als  jene.  Die  Ansichten  über  das  Verhältnis  zwischen 
A  und  B  gehen  sowohl  in  England  als  in  Deutschland  sehr  aus- 
einander. Entweder  faßt  man  A  als  den  ersten  Entwurf  des  Dichters 
auf,  den  er  selbst  später  zu  B,  der  ,,Vulgata^,  verarbeitet  hat. 
Oder  nimmt  man  an,  A  sei  ein  Raubdruck  von  B.  Gegen  die  erste 
Annahme  spricht  die  innere  Un Wahrscheinlichkeit  eines  solchen 
Verfahrens;  gegen  die  zweite  besonders  der  Umstand,  daß  die  Ab- 
weichungen nicht  bloß  aus  Streichungen,  sondern  auch  aus  sonstigen 
Änderungen  bestehen.  Aus  einer  genauen  Vergleichung  an  der 
Hand  der  Viktorschen  Parallelausgaben  geht  vielmehr  hervor,  daß 
B  das  echt  Shakespearesche  Werk  ist.  A  dagegen  ist  eine  Be- 
schneidnng  von  B  zum  Zweck  der  BUhnenauftÜhrung,  also  ein 
Regieexemplar,  und  zwar  ein  solches,  das  von  einem  nicht  sehr 
gründlich  gebildeten  Fachmann  fttr  Wandervorstellungen  einer 
kleineren  Truppe  zurechtgemacht  worden  ist.  So  erklären  sich 
leicht  die  vorgenommenen  Veränderungen:  alles  fttr  die  Btthne 
Überflttssige,  fttr  die  Wahrung  des  Zusammenhangs  Unnötige,  auch 
alles  Schwulstige  wurde  gestrichen;  schwer  verständliche  oder 
schwer  aussprechbare  Worte  und  femliegende  Anspielungen  oder 
Vorstellungen  sind  durch  einfachere  und  bekanntere  ersetzt;  ja 
selbst  Namen  sind  geändert  und  Szenen  umgestellt,  um  dem  Zu- 
hörer das  Verständnis  zu  erleichtem  oder  die  Aufführung  auch 
einer  Truppe  von  bescheidenem  Personenbestand  zu  ermöglichen. 
Eine  Erklärung  endlich  fttr  den  angeblichen  Hauptunterschied  der 


92  Rayhrer,  Jahresberieht  des  Wttrttembergischen 

beiden  Ausgaben,  daß  Hamlet  in  A  19jährig,  in  B  SOjährig  sei, 
braucht  nicht  gegeben  zn  werden^  da  jenes  Alter  sich  ans  A  nicht 
herauslesen  läßt. 

Den  dritten  Vortrag  hielt  in  Plochingen  am  7.  Februar  1904 
Professor  Dr.  Voretzsch-Tübingen  über  „Die  Oberonsage". 
Redner  sprach  dabei  über  die  Oberonsage,  ihren  Ursprung  und 
ihre  Wandlungen  von  den  ersten  Anjfängen  bis  in  unsere  Zeit.  Der 
Zanberstab  der  Romantik  versetzt  uns  mit  einem  Schlag  ins  germa- 
nische Heidentum  zurück ;  denn  Oberen  ist,  wie  schon  Grimm  nach- 
wies, kein  anderer  als  der  deutsche  Waldgeist  Alberich:  damit 
stehen  wir  auf  dem  Boden  der  niederen  Mythologie.  Alberich  ge- 
hört zu  den  guten  Lichtalben,  die  zusammen  mit  den  bösen  Schwarz- 
alben die  niederen  Geister  ausmachen,  die,  da  sie  keine  eigentlichen 
Gottheiten  waren,  sich  leicht  ins  Cliristentum  hinüberretten  konnten. 
Diese  Lichtalben  spielen  oft  in  Sagen  und  Märchen,  besonders  in 
den  „ Siegfriedmärchen ^^,  die  Rolle  eines  hilfsbereiten  Geistes,  ge- 
wöhnlich im  Zusammenhang  mit  einer  Brautwerbung.  In  dieser 
Rolle  erscheint  auch  AlbiBrich  in  der  deutschen  Ortnitsage;  er  hat 
das  Aussehen  eines  4jährigen  Kindes,  obgleich  er  schon  viele 
100  Jahre  alt  ist,  und  besitzt  die  Gabe,  sich  unsichtbar  zu  machen. 
Der  Alberich  des  Nibelungenlieds  entspricht  diesem  Bild  allerdings 
nicht  ganz.  Durch  die  alten  Franken  gelangt  der  deutsche  Alberich 
nach  Gallien,  wo  wir  ihm  öfters  wieder  begegnen,  so  bei  dem 
Chronisten  Jacques  de  Guise,  und  wo  er  sogar  mit  der  Merowinger- 
sage  in  Zusammenhang  gebracht  wird.  Das  Hauptwerk  aber,  in 
dem  Alberioh  als  Alberon  (Auberon,  Oberon)  auftritt,  ist  das  alt- 
französische  Epos  Huon  de  Bordeaux  aus  dem  Anfang  des  13.  Jahr- 
hunderts. Redner  gibt  von  diesem  umfangreichen,  nacli  einem  be- 
stimmten Plan  durchkomponierten  Werk  eine  klare  Analyse.  Zwei 
Elemente  lassen  sich  darin  unterscheiden:  ein  historisches,  die 
Mordtat  Huons,  und  ein  mythisches,  das  Eingreifen  Alberons.  Der 
Name  und  das  hilfsbereite  Wesen  Alberons  weisen  unbedingt  auf 
den  deutschen  Alberich,  trotz  der  Ähnlichkeit  Alberons  mit  den 
bretonischen  Zwergen.  In  den  abenteuerlichen  Ergänzungsepen  zu 
Huon  z.  B.  entfaltet  sich  ungezügelte,  mittelalterliche  •  Chronisten- 
phantasie. Oberons  Geschlecht  wird  auf  Judas  Makkabäus  zurück- 
geleitet und  ihm  Cäsar  und  die  bretonische  Fee  Morgue  als  Eltern 
gegeben;  interessant  ist  dabei  die  'j^atsache,  daß  sich  auch  Be- 
ziehungen zwischen  der  Oberonsage  und  der  Herzog-Emstsage  er- 
geben.   Redner  schilderte  sodann,  wie  die  Oberonsage  von  Frank- 


Vereins  für  neuere  Sprachen  im  Jahre  1903/1904.  93 

reich  ans  überall  hin  den  Weg  geixinden  hat.  Hier  kommt  in 
Spensers  n^^^i'y  Queen"  ein  ganz  neues  Motiv  herein:  der  Streit 
Oberons  mit  seiner  Gattin  Titania.  Ober  den  Ursprung  dieser 
Gestalt  scheint  Ohaucer  in  seinen  Canterbury  Tales  Anfschloß  zn 
geben :  danach  wäre  Titania  anf  Proserpina,  Plntos  Gattin,  aurück- 
anfuhren.  Dnrch  Chancer  und  Spenser  wird  Shakespeare  im 
Sommemachtstraum  beeinflußt.  Interessant  dabei  ist,  daß  hier  alle 
Zttge  wiederkehren:  das  hilfsbereite  Eingreifen  Oberons  in  die  Ge- 
schicke der  Liebenden  und  die  Auffassung  Oberons  als  eines  Licht- 
alben, dem  Puck  als  Schwarzalbe  gegenübersteht.  In  neuerer  Zeit 
wurde  die  französische  Oberonsage  durch  die  1778  vom  Grafen 
von  Tressan  veröffentlichte  Biblioth^que  universelle  des  Romans 
populär.  Auf  Tressan  geht  Wieland  zurück,  unter  gieiohaeitiger 
Benützung  auch  der  englischen  Darstellung.  Wielands  Oberen  wird 
wieder  ins  Französische  und  Englische  übersetzt,  und  auf  der  eng- 
lischen Übersetzung  beruht  das  Textbuch  zu  Webers  Oper.  Wie- 
land und  Weber  bezeichnen  die  Endpunkte  in  der  Sagenentwioklung. 
Doch  hat  der  Oberen  damit  seine  Lebenskraft  noch  nicht  verloren : 
Reineke,  Bechstein,  Giacoso  und  G.  Paris  verliehen  dem  alten  Stoff 
neuen  Reiz.  Zum  Schluß  seiner  Ausführungen  zeigte  der  Redner 
durch  einen  Vergleich  zwischen  Wieiands  Oberen  und  dem  alt- 
französischen  Huon,  wie  das  Neue  nur  durch  Kenntnis  des  Alten 
recht  gewürdigt  wird. 

Am  13.  März  sprach  sodann  in  Stuttgart  Professor  Dr.  Schwend- 
Stnttgart  über  den  „neusprachlichen  Unterricht  an  Ober- 
klasse n^.  In  Anknüpfung  an  seine  Schrift:  „Gymnasium  oder 
Realschule?^  führte  der  Redner  folgendes  aus:  Als  die  Realschule 
sich  langsam  nach  oben  ausbaute,  war  das  Muster,  nach  dem  sie 
ihren  sprachlich-geschichtlichen  Unterricht  gestaltete,  das  Gymna- 
sium. Namentlich  wurden  die  neueren  Sprachen  durchaus  unter 
dem  Gesichtspunkt  der  Grammatik  gelehrt.  Dieser  „alten^^  Methode 
gegenüber  verlangten  die  Reformer  eine  stärkere  Betonung  des 
praktischen  Zwecks  der  modernen  Sprachen,  indem  die  grammati- 
kalisehen  Übungen  zugunsten  von  Konversation  und  Aufsatz  zurück- 
gedrängt werden  sollten.  Bei  diesen  unbedeutenden  und  den  Bil- 
dnngswert  des  fremdsprachlichen  Unterrichts  eher  schwächenden 
als  stärkenden  Besserungen  darf  die  Reform  nicht  stehen  bleiben. 
In  zwei  Richtungen  muß  der  Unterricht  noch  stärker  umgestaltet 
werden.  Die  Lektüre  ist  in  seinen  Mittelpunkt  zu  stellen  und 
unter  strenger  Ausscheidung  aller  nicht  ktinstlerisch  oder  gesohicht- 


94  Rayhrer,  Jahresberieht  des  WürttembergiBchen 

lieh  bedeutenden  Schriftwerke  nach  geschichtlichen  Gesichtspunkten 
zu  ordnen,  so  daß  die  Schüler  in  die  Kulturentwioklung  des  fran- 
zösischen und  englischen  Volkes  eingeführt  werden.  Ferner  ist 
die  Methode  der  Textbehandlung  zu  vervollkommnen.  An  Stelle 
des  bloßen  Übersetzens  soll  eine  exakte,  in  dialogischer  Form  und 
nach  ästhetischen  und  historischen  Gesichtspunkten  verfahrende 
Analyse  treten.  Auf  diese  Weise  wird  der  Schüler  nicht  nur  in 
das  Verständnis  der  modernen  Kultur  eingeleitet,  sondern  auch 
sein  Verstand  geschärft  und  sein  Geschmack  verfeinert.  —  Um  den 
Beweis  für  die  Durchführbarkeit  der  von  ihm  erhobenen  Forde- 
rungen zu  liefern,  zeigte  der  Redner  an  einem  Abschnitt  aus 
Corinne  von  Madame  de  Staäl  (Karneval  in  Rom),  wie  die  schrift- 
stellerische Eigentümlichkeit  und  die  literarhistorische  und  all- 
gemein kulturelle  Bedeutung  eines  Schriftstellers  auch  in  der 
Schule  dargelegt  werden  können,  und  wies  durch  Vergleichung  mit 
dem  entsprechenden  Abschnitt  aus  Goethes  italienischer  Reise  dar- 
auf hin,  wie  die  Methode  vergleichender  Betrachtung  sich  als 
wertvolles  Hilfsmittel  für  solche  Textbehandlung  darbiete. 

Den  fünften  Vortrag  hielt  in  Stuttgart  am  2.  Mai  1904  Ober- 
reallehrer  H ähnle- Ludwigsburg  über  Henry  Thomas  Buckles 
„History  of  Oivilsation  in  Bngland^^,  erschienen  1857— 61. 
B.,  der  von  1821 — 1862  gelebt  und  in  dem  genannten  Buch  sein 
Lebenswerk  niedergelegt  hat,  iBt  zwar  religiösen  Regungen  nicht 
unzugänglich,  aber  im  ganzen  kühler  Verstandesmensch.  Der  Grund- 
gedanke seines  Werks  ist  der,  Geschichte  nach  naturwissenschaft- 
licher Methode  zu  schreiben.  Er  führt  deshalb  alle  historischen 
Erscheinungen  in  letzter  Linie  auf  die  physikalische  Geographie 
zurück.  Für  die  Erklärung  des  Menschen  als  geistiges  und  soziales 
Wesen  liefert  das  Material  die  Statistik.  Die  aus  ihr  sich  er- 
gebende Regelmäßigkeit  führt  zur  Leugnung  der  Willensfreiheit. 
Ein  Zweck  der  Geschichte,  sittliche  Faktoren  in  der  Geschichte, 
werden  von  B.  nicht  anerkannt.  Auch  von  dem  schwer  zu  be- 
stimmenden Begriflf  der  Masse  will  er  nichts  wissen.  Der  Fortschritt 
der  Menschheit  ist  nur  von  der  Entwicklung  des  Verstandes  ab- 
hängig. Mit  solchen  Anschauungen  wird  er  natürlich  ein  Feind  der 
Theologie,  die  ihn  als  Materialisten  in  Verruf  bringt,  und  jeder 
Regierungsform,  die  das  Volk  zu  bevormunden  sucht.  Trotz  der 
Nüchternheit  seiner  Grundsätze  zeigt  B.  als  Künstler  bedeutende 
Fähigkeiten,  und  seine  Schilderung  der  europäischen  Hauptvölker 
bietet  dem  Leser  mannigfachen  Genuß.    Am  besten  gelungen  sind 


Vereins  für  neuere  Sprachen  im  Jahre  190^1904.  95 

die  Darstellungen  der  spanischen  und  schottischen  Geschichte,  die 
den  zweiten  Band  ausfüllen  und  die  Vorarbeiten  für  das  nicht  mehr 
erschienene  Hauptwerk  —  die  englische  Geschichte  —  bilden  sollten. 
Nicht  bloß  in  dem  Umstand,  daß  diese  Vorarbeiten  ein  ganzes 
Werk  vorstellen,  berührt  sich  B.  mit  Chamberlains  „Grundlagen 
des  19.  Jahrhunderts",  sondern  überall  wird  man  zur  'Vergleichung 
der  beiden  Persönlichkeiten  angeregt.  Diese  dürfte  zugunsten 
Chamberlains  ausfallen.  Der  Ausgangspunkt  ist  bei  beiden  derselbe, 
eine  rein  naturwissenschaftliche  Weltanschauung.  Dann  aber  trennen 
sich  ihre  Wege:  B.  ist  reiner  Verstandesmensch  und  Demokrat, 
Ch.,  der  Aristokrat,  hält  ehrfurchtsvoll  vor  den  Schranken  still;  wo 
das  Wissen  aufhört  und  das  Glauben  beginnt. 

In  Plochingen  hielt  am  5.  Juni  1904  Professor  Roller-Stutt- 
gart einen  Vortrag  über  „Dante  Gabriel  Rossetti".  Dante 
Gabriel  Rossetti  (1828—82;  war  ein  Sohn  des  als  Flüchtling  in 
London  lebenden  italienischen  Dichters  und  Danteforschers  Gabriel 
Rossetti.  Schon  in  seiner  frühen  Jugend  entwickelte  sich  in  ihm 
eine  große  Vorliebe  für  Literatur  und  Kunst,  insbesondere  Malerei. 
Nach  mehrjährigem  Studium  auf  der  K.  Kunstakademie  in  London 
gründete  er  im  Jahr  1848  mit  den  Malern  Hunt  und  Millais  die 
„Präraphaelitenbrüderschaft",  die  in  der  italienischen  Kunst  vor 
Raphaels  Auftreten  das  Vorbild  für  ihr  Schaffen  erblickte  und  eine 
Rückkehr  zur  höchsten  Einfachheit,  ^Y^hrhaftigkeit  und  Innerlich- 
keit forderte.  Diese  ursprünglich  aus  drei,  später  aus  mehr  Mit- 
gliedern bestehende  Brüderschaft  wurde  der  eigentliche  Ausgangs- 
punkt der  englischen  Malerei.  Im  Jahr  1854  lernte  Rosetti  den 
hervorragenden  Kunstkritiker  Ruskin  kennen,  der  sein  Freund  und 
Beschützer  wurde,  und  einen  großen  Einfluß  auf  ihn  ausübte.  Um 
dieselbe  Zeit  gründete  Rossetti  mit  dem  Dichter  Morris  und  dem 
Maler  Borne  Jones  eine  neue,  unter  dem  Namen  „Oxford  Union"  be- 
kannte Brüderschaft,  der  die  Neubelebung  des  englischen  Kunst- 
gewerbes und  die  Übertragung  der  Kunst  auf  die  Dinge  des  täg- 
lichen Lebens  hauptsächlich  zu  verdanken  ist.  Rossettis  dichterische 
Tätigkeit  begann  gleichzeitig  mit  seinen  ersten  Versuchen  in  der 
Malerei:  er  übersetzte  einen  Teil  des  Nibelungenliedes,  die  Er- 
zählung „Der  arme  Heinrich"  von  Hartmann  von  Aue  und  eine 
große  Anzahl  Sonette  vordantischer  Dichter,  die  zusammen  mit 
Dantes  „Vita  nuova"  1861  erschienen.  Zugleich  verfaßte  er  eigene 
Balladen  und  Sonette,  die  er  aber  vorerst  nicht  veröffentlichte, 
sondern  seiner  nach  zweijähriger  glücklicher  Ehe  verstorbenen  Frau 


96       Rayhrer,  Jahresbericht  d.  Wttrtt.  Vereins  f. neu.  Sprachen. 

in  den  Sarg  legte.  Erst  7  Jahre  später,  1869,  ließ  er  sich  bewegen^ 
den  Sarg  öffnen  und  die  Gedichte  drucken  zu  lassen.  Sie  er- 
schienen 1871  unter  dem  Titel  „Poems^*  und  ersielten  einen  großen 
Erfolg  durch  die  plastische  Schönheit  der  Form,  die  Kraft  und 
Melodie  der  Sprache  und  die  dichterische  Zartheit  der  Empfindung. 
Mitten  in  sdiner  Freude  an  diesem  Erfolg  wurde  der  krankhaft 
empfindliche  Dichter  durch  eine  scharfe  Kritik,  in  welcher  ihm 
Unsittlichkeit  vorgeworfen  wurde,  tief  verletzt.  Die  letzten  Jahre 
seines  Lebens  verbrachte  er  in  selbstauferlegter  Einsamkeit,  von 
Schlaflosigkeit,  die  er  durch  schädliche  Mittel  zu  heben  suchte, 
und  Hypochondrie  geplagt,  nur  von  wenigen  treuen  Freunden  um- 
geben. Im  Jahr  1881  erschien  unter  dem  Titel  „Ballads  and 
Sonnets^^  eine  zweite  Sammlung  von  Gedichten,  die  ebenfalls  mit 
großem  Beifall  aufgenommen  wurden.  Am  9.  April  1882  starb 
dieser  bedeutende  Dichter  und  Künstler,  von  dem  mit  Recht  gesagt 
werden  kann,  er  habe  seine  Gedichte  nicht  nur  geschrieben,  sondern 
auch  gemalt. 

Professor  Zell  er- Ulm  sprach  endlich  am  3*  Juli  1904  in 
Plochingen  über  „Eduard  Mörike,  ein  Charakterbild." 
Der  überlaute  Preis  Mörikes  aus  Anlaß  der  Jahrhundertfeier,  so 
führte  d^  Redner  aus,  rief  auch  starke  Gegnerschaft  hervor,  die 
vor  allem  den  Menschen  als  weibischen,  weinerlichen  Egoisten  an- 
griff. Mensch  und  Dichter  lassen  sich  aber  bei  ihm  nicht  trennen. 
Überaus  reich  war  er  allerdings  als  Künstler  ausgestattet.  Er 
besaß  einmal  eine  ungemeine  Feinfühligkeit  der  Sinne.  Diese 
waren  so  scharf,  daß  der  Sonnenschein  des  Tages  ihn  verletzte, 
und  er  sich  nur  im  Dämmerlicht  wohl  fühlte.  Dafür  hörte  und  sah 
er  aber  auch,  was  andere  nicht  hören,  und  glaubte  mit  Hilfe  seiner 
feineren  Organe  in  das  geheimnisvolle  Wesen  der  Natur  selbst  ein- 
zudringen. Die  Kehrseite  dieser  großen  Empfindlichkeit  für  äußere 
Reize  war  seine  Energielosigkeit  Eine  zweite  gefährliche  Gabe 
war  seine  übermächtige  Phantasie,  die  ebenso  unerschöpflich  wie 
lebhaft  und  tief  war.  Träume  und  Gesichte  spielen  eine  große 
Rolle  bei  ihm.  So  machte  er  Entdeckungsfahrten  in  das  Gebiet 
des  Unterbewußten,  das  ihm  als  die  eigentliche  Wirklichkeit  er- 
scheint. Hinter  dieser  alles  in  allem  schauenden  Phantasie  tritt 
die  Reflexion  zurück,  weshalb  er  es  nie  zum  Dramatiker  brachte. 
Das  Problem  seiner  Charakterbildung  war  nun  bei  Mörike,  zwischen 
Sinnlichkeit  und  Phantasie,  Impressionismus  und  romantischer  Nei- 
gung Harmonie  herzustellen,   überhaupt  nicht  in  raffinierter  Natnr- 


Nestle,  Zu  Markus  9,48—47.  97 

sehwelgerei  oder  im  Geister-  and  Oespensterschaaen  aufzugehen. 
Dazu  half  ihm  sein  lauteres  Gemüt,  wo  Phantasie  und  Sinnlichkeit 
sicher  gediehen,  vor  allem  aber  seine  stete  Selbsterziehung,  die 
eine  Seibstbeschränkung  auf  das  ihm  Gemäße  bedeutete.  Er  hat 
seine  Individualität  rein  und  lauter  erhalten  und  so  das  Problem 
der  Bildung  fär  sich  gelöst.  Er  ist  echt,  deshalb  sind  es  auch 
seine  Dichtungen. 

Zu  Markus  9,  43—47. 

An  das  ernste  Wort  Jesu,  daß  es  nötig  sei,  sich  vor  Ärgernis 
zu  retten  selbst  mit  Aufopferung  eines  seiner  Glieder,  Hand,  Fuß 
oder  Auge,  lassen  sich  zwei  lehrreiche  sprachliche  Beobachtungen 
anknüpfen,  eine  für  das  Deutsche,  die  andere  für  das  Griechische. 

Die  erste  betrifft  die  Beugung  des  Zahlworts  zwei:  Luther 
schrieb  noch  „zwo  Hende",  „zween  Füße",  „zwey  Augen". 
Schon  Goethe  war  über  diesen  Unterschied  nicht  mehr  sicher.  Im 
Götz,  wo  er  einmal  altertümlich  und  volkstümlich  reden  will,  sagt 
er,  (Dritter  Akt,  zweiter  Auftritt):  „Der  eine  hat  eine  Hand,  der 
andere  nur  ein  Bein!  Wenn  sie  denn  erst  zwo  Hand  hätten  und 
zwo  Bein,  was  wollet  ihr  dann  tun?"  Und  zwar  schrieb  Goethe 
in  allen  Bearbeitungen  so  (A,  B,  C  in  der  kritischen  Ausgabe  von 
Baeehtold;  Freiburg,  2.  Ausg.  1888);  nur  in  dem  Druck  Bb  d.  i. 
in  der  8-bändigen  Ausgabe  von  1787,  der  allerdings  der  verbreitetste 
wurde  und  im  wesentlichen  allen  Cotta-Ausgaben  von  1806  an  zu- 
grunde liegt,  wurde  daraus  „zwey  Hände"  und  „zwey  Beine". 
Unser  Volk  unterscheidet  noch  genau:  Zween  Ochsen,  zwu  Küh, 
und  zwei  Kälble.  Da  es  selten  ist,  dass  man  alle  drei  Geschlechter 
so  bequem  beisammentrifft,  wird  es  schon  erlaubt  sein,  eine  solche 
sprachliche  Beobachtung  an  diesen  Text  anzuknüpfen. 

Die  zweite  betrifft  den  griechischen  Artikel.  Alle  bisher  ge- 
druckten Ausgaben  lesen:  rag  Svo  /slQoigy  rovg  Svo  nodag,  dto 
oq&aXfioig.  Wetstein  konnte  im  Jahr  1751  mitteilen,  daß  von 
allen  bis  dahin  verglichenen  Handschriften  nur  der  Codex  D 
(Bezae)  rag  weglasse.  Bis  zum  Jahr  1862  konnte  Tischendorf 
nur  eine  einzige  von  Scrivener  verglichene  Handschrift  nachtragen, 
die  diese  Auslassung  teilt.  Er  bemerkt  dazu  „ut  Mt",  wo  man 
18,  8  gleichfalls  ohne  Artikel  ^  ivo  /jlgag  rj  Sio  noS ag  i/owa 
liest;  cod.  D  mit  Umstellung  ^  dvo  nodag  rj  6vo  yHQug.  Weiter 
führt  Tischendorf  an  „similiter  al.  pauc.  om.  xovg  V.  45".    Welche 

KonetpondwiBblaU  1906,  Heft  8. 


98  Weller,  Images  TabingenBes. 

oder  wie  viele  Handschriften  das  sind,  weiß  ich  nicht;  das  ist  auch 
minder  wichtig  als  die  Tatsache,  daß  V.  47  bei  den  Augen  keine 
einzige  Handschrift  bekannt  zu  sein  scheint,  der  den  Artikel  bei- 
gefügt hatte.  Luthers  Übersetzung  hat  auf  den  Artikel  keine 
Rücksicht  genommen;  ebensowenig  Weizsäcker:  „Mit  zwei  Händen, 
Füßen,  Augen  ^.  Nur  die  englische  Revised  Versins  war  wieder 
so  pünktlich  das  zu  tun;  thy  two  hands,  thy  two  heet,  two  eyes, 
während  Gurt  Stage  gerade  umgekehrt  „mit  zwei  Händen,  mit 
zwei  Füßen,  mit  deinen  beiden  Augen^*  übersetzt,  was  um  so 
unrichtiger  ist,  als  es  im  vorhergehenden  fiov6(p&aXfiog  und  nicht 
ereQOipd-aXfiog  heißt.  Es  ist  eine  Kleinigkeit,  das  Fehlen  oder 
Setzen  des  Artikels;  aber  lehrreich  für  die  Zuverlässigkeit  der 
handschriftlichen  Überlieferung:  daß  unter  den  Hunderten  von 
Handschriften,  die  verglichen  wurden,  nur  so  wenige  sich  finden, 
die  sich  eine  Änderung  erlaubten.  Beim  Schreiber  des  Codex  D 
kommt  für  die  Weglassnng  des  Artikels  in  Betracht,  daß  er  allem 
nach  ein  Lateiner  war,  und  das  Lateinische  einen  Artikel  nicht 
kennt.  Es  ist  eine  interessante  sprachpsychologische  Frage,  wie 
eine  Sprache,  die  keinen  Artikel  kennt,  in  derlei  Fällen  empfinden 
ließ.  Darauf  soll  hier  nicht  eingegangen  werden.  Ich  wollte  nur 
auf  eine  ELleinigkeit  hinweisen,  die,  wie  unsere  Übersetzungen  und 
Kommentare  zeigen,  meist  übersehen  wird. 

Maulbronn.  Eb.  Nestle. 


Imagines  Tubingenses. 

Von  Dr.  W  e  11  e  r  -  Stuttgart. 
Mons  Anatolicus. 

Qua  Cava  pendenti  sub  muro  callis  erat,  nunc 

Commodus  est  vicus  magnificusque  simul. 
Exurgunt  arcus  utrimque  altaeque  columnae 

Per  planumque  levis  iam  rota  currit  iter. 
Civicus  huic  animus  fuit  auctor,  credite^  vico. 

Quem  precor  hoc  animo  fata  mauere  velint. 
Adde,  quod  haec  posuit  monumenta  liberrima  regia 

Gratia,  qui  dignum  providns  auxit  opus. 
At  facili  pede  vicinum  conscendite  montem, 

Cui  tegitur  pulchris  arcibus  omne  iugum. 
Non  arces  equitum,  struxit  quas  cana  vetustas. 

Sunt,  sed  crede  hilaros  hio  habitare  lares. 


Weller,  Imagines  TnbingenBes.  99 

De  tum  floitant  anris  vexilla  iooosis 

Tnrgida:  Laetomm  cantica  laeta  sonant. 
Qaisqois  ibi  fortis  laeto  certamine  pagnat. 

Pro  patria  quondam  forte  sit  ingenium. 
Sed  iam  conspicitur  turris  te  Caesare  digna. 

Quem  sancta  quis  non  cum  pietate  colit? 
Ante  lapis  solidas,  qno  scnlptus  ,,AheQea8^*  ille, 

Caias  dextra  potena  condidit  imperiam; 
Dorus  et  ipse  lapis,  Inctans  qno  fracta  simnltaS; 

Imperiiqne  salns  qno  beue  nixa  viget. 
Firma  sed  en  tnrris  longinqnos  prospicit  agros 

Et  concina  simnl,  qnod  decet  ingennos. 
lamqne  revelato  capnt  et  cole  nnmina  Divi, 

Viva  snper  oelsas  cnins  imago  fores: 
Acria  qni  claro  Instrabat  Inmine  bella, 

Is,  cni  pro  popnlo  cnra  patema  fnit. 
Natns  adest,  qni  dos  dnxit  Sigfridus  nt  alter, 

Dnm  dedemnt  maestos  tristia  fata  rogos. 
Dexter  ades  princeps,  qni  lumine  vallis  amico 

Moenia  despeetas  per  patrinmqne  solum, 
Per  virides  clivos  tacitäqne  in  yalle  reductä 

Ceonobii  mnltis  hospita  tecta  tni. 
Nnnc  age  conscendam  celsae  fastigia  tnrris, 

Visere  nbi  circa  me  loca  cnncta  invat: 
Hie  iuga  caeruleo  placide  porrecta  colore. 

Hie  flnvio  et  valli  coningialis  amor; 
Oanns  ad  oceasnm  longas  vapor  obtegit  oras, 

Silva  sed  incertis  emicat  Atra  ingis. 
Atqne  iternm  ad  montes  ocnlos  vertamns  acntos; 

Scilicet  et  montes  mnlta  referre  qnennt: 
In  medio  mons  altns,  equis  bona  pascna  qnondam, 

Nescia  cnm  Christi  Tentona  terra  fnit; 
Creditnr  hoc  mnnita  loco  Oermanica  pnbes 

Virtutem  Latus  opposnisse  dolis. 
Circnmfnsa  vides  nebnlis  iuga  Stanfia  laeva, 

ZoUernnm  dextra  tollit  in  alta  capnt. 
Nnbila  dimmpens  sol  victor  prodit:  Amica 

Luce  nitent  yalies  et  iuga  laeta  nitent. 
Nil  patria  malus  visant  tna  sidera,  Phoebe, 

Bint  eadem  Suevo  semper  amica  solo. 


100  Amtliche  Bekanntmachungen. 

Oollis  Waldhusiensis. 

Templa  Coronidae  praeter  praeterque  sepulcra 

Per  mala,  per  mortes  continnamus  iter. 
Maesta  super  moros  spectant  monumenta  dicata 

Vatibns  et  doctis  grataque  signa  piis. 
Ne  tarnen  ure,  dolor,  remove  mordentia  tela: 

Semita  iam  campos  serpit  in  Eiysios. 
Leniter  assnrgens  hortos  alit  arvaque  collis, 

Faucibns  umbrosis  desilit  unda  loquax. 
Mentibns  abductis  a  ventaris  et  ab  actis 

Ingredimor  vallis  iam  coenntis  iter, 
Qnod  subito  ad  collis  viridantia  desinit  arva; 

Scandimus  et  sursum  non  properante  pede. 
Sit  mora  luminibus:  post  te  porreota  colore 

En!  iuga  caeruleo  conspicienda  iacent. 
Arcis  in  extremo  turres  tectumque  recessu; 

Incubat  et  tectis  urbis  amica  quies. 
Purpureus  vapor  incertas  circumfluit  oras, 

Aureus  e  caelo  manat  in  arva  nitor. 
Vesper  adest:  Phoebusque  cadit,  procul  ecce  sacellum 

Emicat  ardenti  iuce  rnbente  polo; 
At  passim  placidis  tellus  obducitur  umbris, 

Et  sensim  tenebras  induit  ora  silens. 
Regredimur:  iamiam  taciti  super  aequora  mundi 

Proveniunt  fulvo  sidera  parva  choro. 


Amtliche  Bekanntmaohungen. 

Die  Ministerialabteilung  ist  veranlaßt,  die  bei  der  Herausgabe 
von  Schulbüchern  beteiligten  Lehrer  auf  die  nachstehenden  Erlasse 
vom  16.  Februar  1893  Nro.  944  und  vom  12.  Januar  1903  Nr.  143, 
betreffend  die  Neuauflagen  von  «Schulbttchern,  hinzuweisen.  Dabei 
wird  bemerkt,  daß  künftig  in  den  Fällen,  in  denen  die  in  der 
Neuauflage  eines  eingeführten  Schulbuchs  vorgenommenen  Ände- 
rungen die  gleichzeitige  Benützung  der  älteren  Auflagen  unmög- 
lich machen  oder  erheblich  erschweren,  stets  die  Frage  wird 
erwogen  werden,  ob  nicht  ein  anderes  Lehrbuch  einzuführen  sei, 
weil  die  Zulassung  einer  derart  umgestalteten  Neuauflage  einer 
Neueinführung  gleichkommt,  und  daß  es  deshalb  im  eigenen  Inter- 


Amtliohe  BekaDutmao^angen.  101 

esse  der  Verleger  und  Verfasser  liegt,  daß  in  den  neuen  Auflagen 
nur  einem  wirklichen  Bedürfnis  entsprechende  Ände- 
rungen unter  Beachtung  der  Ziffer  3  des  Erlasses  vom  16.  Februar  1893 
vorgenommen  werden.  Den  Verlegern  und  Verfassern  wird  anheim- 
gegeben, bei  jeder  neuen  Auflage  vor  der  Ausgabe  rechtzeitig  einen 
Abzug  mit  Angabe  der  vorgenommenen  Änderungen  der  Ministerial- 
abteilung  zum  Vergleich  mit  der  früheren  Auflage  vorzulegen. 
Stuttgart,  den  4.  Februar  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

In  Vertretung:  Abieiter. 


Die  Ministerialabteilung  für  Gelehrten-  und  Realschulen  sieht 
sich  veranlaßt,  den  Rektoraten  und  Vorsteherämtem  der  ihr  unter- 
stellten Unterrichtsanstalten  unter  Bezugnahme  auf  §  9  der  Dienst- 
vorschriften für  die  Vorstände  und  Lehrerkollegien  der  Gymnasien, 
der  Lyzeen  und  Realanstaiten  und  auf  §  23  der  Instruktion, 
betreffend  die  Aufsicht  über  die  drei-  und  mehrklassigen  Gelehrten- 
und  Realschulen,  nachstehendes  zu  eröffnen: 

1.  Es  ist  darauf  hinzuwirken,  daß  den  Eltern  und  Vertretern 
der  Schüler,  soweit  immer  möglich,  durch  den  Wechsel  in  den 
Schulbüchern  ein  Mehraufwand  nicht  erwächst. 

2.  Vor  allem  ist  hiernach  ein  zu  häufiger  und  vielleicht  nicht 
immer  genügend  begründeter  Wechsel  in  den  Schulbüchern  zu  ver- 
meiden. 

3.  Wenn  eine  neue  Ausgabe  eines  im  Gebrauch  befindlichen 
Lehrbuchs  nötig  geworden  ist,  so  folgt  hieraus  nicht,  daß  alle 
Schüler  einer  Klasse,  auch  diejenigen,  welche  schon  im  Besitz  einer 
früheren  Auflage  sind,  sich  der  neuen  Auflage  bedienen.  Die  Mini- 
sterialabteilung verkennt  nicht,  daß  der  Besitz  verschiedener  Auflagen 
in  einer  Klasse  für  Lehrer  und  Schüler  manche  Unzuträglichkeiten 
im  Gefolge  hat.  Allein  denselben  kann  in  der  Hauptsache  begegnet 
werden,  wenn  Verfasser  und  Verleger  bei  Herstellung  einer  neuen 
Auflage  den  Gesichtspunkt  im  Auge  bebalten,  daß  in  einer  Klasse 
auch  die  letzten  vorhergegangenen  Auflagen  noch  gebrauchsfähig 
bleiben.  Zu  diesem  Zwecke  sollten  in  der  neuen  Auflage  stets  auch 
die  Seiten-  und  Paragraphenzahlen  der  letzten  Auflage  auf  leicht 
erkenntliche  Weise  den  Zahlen  der  neuen  Auflage  beigedruckt  werden. 
Auch  wo  dies  nicht  geschehen  ist,  kann  wohl  die  Fortbenützung 
älterer  Ausgaben  ermöglicht  werden,  wenn  der  Lehrer  sich  die  Mühe 


102  Amtllehe  BekanntniMliiuigeii. 

nimmty  den  Schfllem  die  Seitenzahlen  der  letzten  neben  den  Seiten- 
zahlen der  neuesten  Auflage  zn  bezeichnen. 

4.  Die  Ministerialabteilnng  ist  nicht  gemeint;  die  Verfasser  der 
eingeführten  und  genehmigten  Lehrbficher  hindern  zn  wollen,  anf 
Grand  der  in  der  Schale  gemachten  Erfahrangen  die  bessernde  Hand 
an  ihr  Werk  zu  legen  und  es  dadurch  immer  zweckmäßiger  fBr 
den  Schulgebrauch  zu  gestalten. 

Sie  bat  sich  jedoch  der  Wahrnehmung  nicht  verschließen  können, 
daß  nicht  immer  eine  Veränderung  in  der  Fassung  und  im  Ausdruck 
zugleich  auch  eine  wesentliche  Verbesserung  enthält.  Um  also  den 
Absichten  der  Behörde  nach  allen  Seiten  zu  entsprechen,  werden 
es  sich  die  Verfasser  von  Lehrbüchern,  deren  Gebrauch  in  der 
Schule  zugelassen  oder  empfohlen  ist,  zum  Grundsatz  machen  müssen, 
bei  Herstellung  einer  neuen  Auflage  nur  in  dringenden  Fällen 
Änderungen  des  Textes  vorzunehmen.  Sie  und  die  Verleger  werden 
um  so  leichter  sich  zu  dieser  Selbstbeschränkung  entschließen,  einen 
je  größeren  Nutzen  sie  sich  durch  die  behördliche  Genehmigung 
der  Einführung  ihres  Lehrbuchs  verschaflft  haben. 

5.  Würde  ein  Lehrbuch  aus  Anlaß  seiner  Neuauflegung  eine 
so  gründliche  und  durchgreifende  Umgestaltung  erfahren,  daß  die 
früheren  Auflagen  daneben  nicht  mehr  wohl  verwendbar  erscheinen, 
so  wäre  die  Genehmigung  der  Behörde  für  die  Zulassung  dieser 
Auflage  von  neuem  nachzusuchen. 

Das  ....  erhält  den  Auftrag,  nicht  bloß  selbst,  auch  durch 
die  Überwachung  des  Gebrauchs  der  verschiedenen  Auflagen  eines 
Jjehrbuchs,  den  Absichten  der  Behörde  gerecht  zu  werden,  sondern 
dies  auch  durch  Mitteilung  vorstehenden  Erlasses  den  Lehrern, 
insbesondere  den  Verfassern  von  Lehrbüchern,  nahezulegen.  In 
Anstandsfällen  wäre  an  die  Behörde  besonders  zu  berichten. 

Dieser  Erlaß  ist  unter  die  Normalien  aufzunehmen. 

(gez.)  Dorn. 

Die  Kultministerialabteilung  sieht  sich  veranlaßt,  in  Erinnerung 
zn  bringen,  daß  nach  §  9  der  Dienstvorschrift  für  die  Vorstände 
vom  6.  Dezember  1877  und  §  13  der  Instruktion,  betreffend  die 
Aufsicht  über  die  drei-  und  mehrklassigen  Gelehrten-  und  Realschulen, 
vom  19.  Oktober  1876  vor  Einführung  neuer  Lehrbücher  stets  die 
Genehmigung  der  Kultministerialabteilung  einzuholen  ist.  Handelt 
es  sich  dabei  um  ein  noch  nicht  au  württembergischen  Schulen  im 
Gebrauch  befindliches  Lehrbuch,  so  ist  der  Antrag  eingebend  zu 


Amtliche  Bekanntmaehangen.  —  LiterarlBoher  Bericht        103 

begründen  and  zugleich  von  dem  Antragatelier  oder  dnrch  Vermitt- 
lung des  Verlegers  ein  Exemplar  des  Buchs  der  Kultministerialab- 
teilnng  zur  Prüfung  vorzulegen.  Hierbei  wird  bemerkt,  daß  nur 
Lehrbücher,  welche  den  Bestimmungen  der  Ministerialverfttgung  vom 
22.  April  1890  über  die  Beschaffenheit  der  Lehrmittel  genügen,  die 
Genehmigung  erhalten  können. 

Zugleich  wird  auf  den  Erlaß  vom  13.  Februar  1893  hingewiesen, 
wonach  ein  häufiger  Wechsel  in  den  Schulbüchern  zu  vermeiden  ist. 
Die  in  diesem  Erlaß  enthaltenen  Bestimmungen  über  den  Gebrauch 
älterer  Auflagen  eines  Lehrbuchs,  insbesondere  Ziffer  5,  sind  genau 
einzuhalten ;  namentlich  ist  es  verboten,  ohne  die  vorherige  Geneh- 
migung der  Kultministerialabteilung  von  den  Schülern  die  Anschaf- 
fung der  neuesten  Auflage  eines  Lehrbuchs  zu  verlangen. 

Bei  gleichartigen  Anstalten  und  bei  Schulem  am  gleichen  Ort 
ist  auf  tunlichste  Übereinstimmung  in  den  Lehrmitteln  Bedacht  zu 
nehmen. 

Vorstehendes  ist  sämtlichen  Lehrern  urkundlich  zu  eröffnen. 

(gez.)  Bapp. 

*  * 

« 

Die  in  dem  Verlag  von  Wilhelm  Weicher  in  Leipzig  erschienene 
Deutsche  Marine- und  Eolonial-Bibliothek  „Auf  weiter 
Fahrt",  begründet  von  Dr.  Julius  Lohmeyer,  fortgeführt  von 
Kapitänleutnant  Wislicenus,  Selbsterlebnisse  zur  See  und  zu 
Lande,  mit  Originalbeiträgen  deutscher  Marineoffiziere,  Kolonial- 
truppenführer  und  Weltreisender,  bisher  3  Bände,  Preis  je  gebunden 
4.50  Mk.,  wird  hiermit  den  Schulvorständen  zur  Anschaffung  für 
die  Schülerbibliotheken  und  zu  Schülerprämien  empfohlen. 

Stuttgart,  den  23.  Februar  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

Abieiter. 


Literarischer  Bericht 

J.  Kaerst,  außerordentlicher  Professor  an  der  Universität  Leipzig. 

Die  antike  Idee  der  Ökumene  in  ihrer  politischen  und 

kulturellen    Bedeutung.      Akademische    Antrittsvorlesung. 

34  S.    1.20  Mk.    Leipzig,  Teubner,  1903. 

Der  Verfasser  der  neuen  „Geschichte  des  hellenistischen  Zeitalters** 

erörtert  hier  in   äußerst  lehrreicher  Weise   den   antiken  Begriff  der 


104  Literirifeher  Bericht 

Ökumene,  die  er  als  ^eine  einheitliche,  durch  ein  gemeineamee  Cresets 
zoBammengehaltene  Kultarwelt,  in  der  die  Menschheit  zn  einem  un- 
trennbaren Ganzen  verbunden  ist*',  definiert*  Kr  zeigt,  wie  diese 
Idee,  welche  die  mittelalterliche  christliche  Kirche  vom  Griechentum 
Übernommen  hat,  mit  ihren  Wurzeln  zurückreicht  in  die  Periode  der 
griechischen  Stadtstaaten.  Ohne  auf  die  geographische  Seite  der 
Sache  näher  einzugehen,  entwickelt  der  Verfasser,  wie  schon  die 
griechische  Polis  auf  einem  religiös-ethischen  Staatsbegriff  beruhte, 
wie  dann  in  den  verschiedenen  Entwürfen  von  Idealstaaten,  namentlich 
in  dem  Piatos  eine  über  die  Volksanschauungen  hinausgehende  uni- 
versale philosophische  Religion  ausgestaltet  wurde,  die  aber,  da  sie 
nur  das  Eigentum  weniger  bevorzugter  Geister  sein  konnte,  zu  einer 
Degradierung  und  Bevormundung  der  Masse  ffthren  muBte,  zumal  das 
sittliche  Leben  als  abhängig  von  der  richtigen  Erkenntnis  gedacht 
wurde.  Zugleich  fühlte  sich  das  philosophische  Individuum  nicht  mehr 
an  die  enge  Welt  kleinstaatlichen  Gemeinschaftslebens  gebunden  und 
dies  führte  zu  einem  individualistischen  Universalismus.  Dazu  kam 
nun  die  politische  Zusammenfassung  eines  großen  Teils  der  Welt  im 
Reich  Alexanders  des  Großen  und  schließlich  im  Römischen  Reich. 
Dies  war  der  geeignete  Boden  für  die  hellenistische  Weltphilosophie 
des  Stoicismus.  Vor  der  Idee  eines  universalen  Zusammenhangs,  der 
die  ganze  Welt  erfüllt,  trat  der  Unterschied  zwischen  Griechen  und 
Barbaren  und  zwischen  den  einzelnen  Nationen  überhaupt  zurück. 
Die  Ideen  des  Kosmopolitismus  und  der  Humanität  treten  die  Herrschaft 
an.  Rom  gibt  der  Welt  ein  einheitliches  Recht  und  auch  auf  dem 
Gebiet  der  Religion  bahnt  der  Synkretismus  der  religiösen  Einheit  der 
Ökumene  den  Weg.  Die  Vorstellung  von  der  einheitlichen  gesetz- 
mäßigen Leitung  der  Welt  findet  schließlich  ihren  Ausdruck  in  der 
Göttlichkeit  des  Monarchen,  der  das  Abbild  des  Leiters  des  Weltalls 
ist  Diese  Gedanken  hat  das  im  Lauf  des  4.  Jahrhunderts  zuerst  Duldung, 
dann  bald  darauf  Alleinherrschaft  erlangende  Christentum  übernommen. 
„Eine  einheitliche,  bis  in  das  einzelne  feststehende,  das  Einzelleben 
bindende  Wahrheit  und  eine  der  einheitlichen  Wahrheit  entsprechende 
Organisation  sind  ja  die  beiden  Pfeiler,  die  den  Bau  der  katholischen 
Kirche  stützen'^  (S.  21  f.).  Heutzutage  steht  dem  Weltstaat  und  der 
Weltknltur  der  nationale  Staat  und  die  nationale  Kultur,  der  organi- 
satorischen Einheit  der  Ökumene  eine  umfassende  ideale  Kulturgemein- 
schaft gegenüber,  die  nicht  in  verpflichtenden  Organisationsformen 
ausgeprägt  ist.  Aber  all  das  erwuchs  auf  dem  einheitlichen  vom 
Altertum  geschaffenen  Lebensgrund.  „Die  Idee  der  Ökumene  hat  ihr 
großes  Erziehungswerk  vollbracht." 

Dies  die  Hauptgedanken  des  schönen  Vortrags,  der  auch  einmal 
wieder  zeigt,  wie  sehr  wir  für  das  Verständnis  der  Gegenwart  ein 
intensives  Eindringen  in  das  geistige  Erbe  des  Altertums  nötig  haben. 


Literariaoher  Berioht  105 

Widenpreohen  mOoht«  ich  nar  der  Behaaptnng  des  Verfassers  (S.  16), 
ans  der  Tatsache,  daß  die  Erde  keine  natürlichen  Herren-  und  Sklaven- 
Stellungen  biete,  seien  „im  Altertum  direkte  entsprechende  Folgerungen 
nicht  gezogen  worden^.  Ich  erinnere  an  die  Lehre  des  Sophisten 
Hippias  von  der  natürlichen  Gleichheit  aller  Menschen,  an  das  Wort 
des  Alkidamas  (Mess.  fr.  1):  „Gott  hat  uns  alle  frei  geschaffen;  niemand 
hat  die  Katur  zum  Sklaven  gemacht'^  an  zahlreiche  hierhergehörige 
Stellen  in  den  Dramen  des  fiuripides  (s.  mein  Buch  über  ihn  S.  855  ff.) 
und  endlich  an  die  Polemik  des  Aristoteles  gegen  diese  Auffassung  der 
Sklaverei,  die  deren  weite  Verbreitung  zur  Voraussetzung  hat.  Wenn 
keine  rechtliche  Emanzipation  der  Sklaven  auf  Grund  dieser  Anschauung 
erfolgte,  so  hatte  dies  seine  Ursachen  in  den  wirtschaftlichen  Verhält- 
nissen: auch  die  christliche  Kirche  hat  die  Sklaverei  einfach  als  ge- 
gebene Tatsache  übernommen  und  war  auBorstande,  sie  von  sich  aus 
abzuschaffen. 

SchOntal.  W.  Nestle. 


Tacitns'  Annalen  und  Historien  in  Auswahl.    Für  den  Sehnl- 
gebrauch   herausgegeben   von  A.  Weidner.     3.  Auflage. 
Mit  einem  Anhang:  Die  Briefe  des  jüngeren  Plinius  und  des 
Trajan  und  Monumentum  Ancyranum.  Bearbeitet  von  D  r.  R  n  d. 
Lange.    Mit  4  Karten  und  27  Abbildungen.    Geb.  1.80  M. 
Leipzig,  0.  Freytag  1905. 
Die  vorliegende  Ausgabe   der  '  Weidnerschen   Auswahl  aus    den 
historischen  Schriften  des  Tacitus,  die  von  R.  Lange  bearbeitet  worden 
ist,  unterscheidet  sich  von  der  2.  Auflage  zu  ihrem  Vorteil  durch  eine 
Reihe  von  Änderungen,  Wegfall  der  Germania,  Anordnung  der  einzelnen 
Stücke  in  der  Reihenfolge  wie  sie  bei  Tacitus  stehen,  Beseitigung  der 
Inhaltsangaben  am  Rand  u.  a.    Mit  Recht  ist  ferner  der  Herausgeber 
konservativer  gewesen  als  Weidner,  der  eigenen  Vermutungen  allzuviel 
Raum  gegOnnt  hatte,  und  hat  er  sich  im  wesentlichen  an  Halm  und 
Nipperdey-Andresen  angeschlossen.  (Nebenbei  bemerkt,  ist  es  ein  bedauer- 
liches Zeugnis  für  den  Rückgang  der  philologischen  und  im  besonderen 
der  Taciteischen  Studien  in  Deutschland,  daß  es  12  Jahre  dauerte,  bis  von 
der  klassischen  Ausgabe  der  Annalen  von  Nipperdey  eine  neue  Auflage 
nötig  wurde.)  Bei  dem  ersten  Buch  der  Annalen  (diesem  „Wunderwerk^, 
wie  es  genannt  worden  ist)  könnte  man  vielleicht  wünschen,  daß  es 
vollständig  aufgenommen  worden  wäre,  wie  es  in  der  Auswahl  von 
Stegmann  geschehen  ist;  die  weggelassenen  Kapitel  73 — 81  enthalten 
doch  manches  bemerkenswerte  und  für  die  Charakteristik  des  Tiberius 
(wie  des  Tacitus)  wichtige.    Sehr  dankenswert  ist  der  Abdruck  des 
Monumentum  Ancyranum  (nach  der  größeren  Ausgabe  Hommsens)  im 


106  Literariflcher  Bericht 

Anhang.  Von  den  Karten  genügt  die  der  Rheinlande  in  keiner  Weise  für 
die  Feidzflge  des  Germanikus.  Die  zahlreichen  Abbildungen  (großen- 
teils auch  in  der  Ausgabe  der  Historien  von  J.  Müller-Christ  1908 
enthalten),  über  deren  Aufnahme  in  eine  Schülerausgabe  man  verschie- 
dener Meinung  sein  kann,  stehen  zum  Teif  auf  einer  sehr  niederen  Stufe 
technischer  Ausführung.  Die  Bezeichnung  der  bekannten  kapitolinischen 
Büste  als  Arminius  und  der  Statue  in  der  Loggia  da  Leinzi  in  Florenz 
als  Thusnelda,  wenn  auch  mit  Fragezeichen,  wäre  besser  unterblieben. 

In  dem  Verzeichnis  der  Eigennamen  ist  bei  Aliso  die  neuerdings 
übliche  Ansetzung  bei  Haltem  nicht  berücksichtigt.  Der  Germane 
Catualda  (Ann.  2,  62.  63)  wird  als  Gote  bezeichnet  (wie  freilich  fast 
überall,  auch  bei  Pauly-Wissova  geschieht);  aber  Tacitus  sagt  doch, 
daß  G.  von  Marbod  vertrieben  zu  den  Goten  flüchtete,  also  eben  kein 
Gote  war. 

Alles  in  Allem  genommen  darf  diese  Auswahl  aus  Tacitus  wohl 
empfohlen  werden. 

Tübingen.  P.  Knapp. 


Benedictus  Niese,  Geschichte  der  griechischen  und  make- 
donischen Staaten  seit  der  Schlacht  bei  Chaeronea,  3.  Teil. 
(188—120  V.  Chr.).    Gotha,  F.  A.  Perthes,  1903. 
Dieser  letzte  Band  des  von  uns  schon  im  Jahrgang  1902  besprochenen 
Werkes  behandelt  im  11.  Buch  die  Geschichte  Griechenlands  und  der 
hellenistischen  Staaten  vor  189—172 :  im  12.  Buch  den  Untergang  Make- 
doniens  und  den  Krieg  zwischen  Antiochus  Epiphanes  und  Ägypten; 
im  18.  Buch  den  Orient  vor  168 — 120;  im  14.  Buch  Makedonien,  Griechen- 
land und  Vorderasien  166 — 130  v.  Chr.    Das  Bezeichnende  des  Zeitraums 
findet  Niese  darin,  daß  die  hellenistische  Staatenwelt,  die  Trümmer  eines 
großen  Reiches,  zwar  die  Einheit  der  Kultur  und  des  geistigen  Lebentt 
festhält,  politisch  aber  sich  immer  weiter  spaltet  und  völlig  von  Rom 
abhängig  wird.     Rom   geht  auch  ganz  bewußt  darauf  aus,   sich   die 
Oberherrlichkeit  zu  erhalten  und  keine  andere  Macht  zu  selbständiger 
Stellung  kommen  zu  lassen.    Wenn  Mommsen  der  Ansicht  ist,  daß  die 
Römer  gewissermaßen  gegen   ihren  innersten  Willen  genötigt  worden 
seien,   sich  des  Orients  anzunehmen,   insbesondere  .>daß  nur  von  der 
verächtlichen  Unredlichkeit  oder  schwächlichen  Sentimentalität  es  ver- 
kannt  werden   kann,    daß   es   mit   der   Befreiung   Griechenlands    den 
Römern  vollkommen   ernst  war   und  daß   die  Griechen   selbst  schuld 
waren,  wenn   die  römische  Absicht  nicht  in  Erfüllung  ging"  —  so  ist 
Niese  offenbar  dieser  Meinung  nicht.    Die  Unsicherheit  der  griechischen 
Zustände  und  die  beständige  Zwietracht  der  Griechen  kam  den  Römern 
vielmehr  nach  Niese   „willkommen  zu  Hilfe*^,    als   sie  sich  zu  Herren 
Griechenlands   machen   wollten,     Was   die   hervorragenden   Personeq 


Literarlseher  Berieht  107 

dieser  Zelt  betrifft,  bo  beurteilt  Niese  S.  99. 158  den  Persens  im  Wesent- 
lieben  dem  Herkommen  f:emäß;  er  war  nicht,  wie  sein  Vater,  den 
Weibern  nnd  dem  Wein  ergeben,  sondern  nüchtern,  von  stattlicher 
Gestalt,  in  kriegerischen  Obnngen  tüchtig;  aber  er  war  ohne  Ent- 
schlossenheit, ängstlich  und  zaudernd,  nnd  in  Hinsicht  des  Geldes 
knauserig;  sein  Verhalten  gegen  die  Bastamer,  das  nach  Ihne  einfach 
der  sehr  verständlichen  Vorsicht  vor  diesen  Barbaren  entsprang,  ftlhrt 
Niese  auch,  wie  die  Tradition,  auf  Geiz  zurück.  Obwohl  Perseus  ein 
Feind  Roms  war,  wünschte  er  doch  keinen  Krieg  mit  ihm ;  wenn  dieser 
gleichwohl  ausbrach,  so  war  es,  weil  Makedonien  die  größte  Militär- 
macht des  Ostens  war,  Perseus  doshalb  mit  Naturnotwendigkeit  Roms 
Nebenbuhler  in  der  Hegemonie  über  Griechenland  und  das  natürliche 
Haupt  aller  romfeindlichen  Elemente  wurde.  Philopömcn  wird  S.  52ff. 
mit  off'enbarer  Sympathie  behandelt;  seinen  Tod  führte  er  insofern 
selbst  herbei,  als  er  zu  ritterlich  war,  die  jungen  Leute  aus  den  besten 
Familien,  die  ihm  gegen  die  Messenier  gefolgt  waren,  im  Stich  zu  lassen 
nnd  sich  selbst  zu  retten ;  alle  Ehren,  die  dem  Toten  von  den  Achäern 
erwiesen  wurden,  zählt  Niese  S.  55  gewissenhaft  auf.  Eumenes  II.  war 
nach  S.  63  ein  geschickter,  fähiger  Regent,  keine  glänzende,  volkstüm- 
liche Persönlichkeit,  aber  in  den  Geschäften  erfahren,  tapfer,  ehrgeizig 
und  freigebig;  nur  seine  Gesundheit  war  schwach;  aber  er  hatte  eine 
Stütze  an  seinen  Brüdern  Attalos,  Philetäros  und  Athenäos;  das  per- 
tcamenische  Königshaus  bot  das  seltene  Beispiel  einer  einträchtigen 
königlichen  Familie.  Niese  gibt  im  Anhang  eine  große  Anzahl  von 
Berichtigungen  und  Nachträgen,  die  von  seiner  außerordentlichen  Be- 
herrschung des  Stoffes  zeugen;  doch  läßt  er  sich  nicht  immer  auf  eine 
ausreichende  Würdigung  des  Nengefundenen  ein.  Der  Brief  des  Anti- 
^ooos  an  die  Skepsier  wird  z.  H.  S.  877  erwähnt ;  das  Bezeichnendste 
daran  aber,  daß  Antigonos  seinen  angeblichen  Eifer  für  die  griechische 
Freiheit  betont,  wie  wenn  das  sein  Hauptziel  wäre  (Köhler,  Berl.Akad.  1901), 
wird  nicht  hervorgehoben. 

Stuttgart.  G.  Egelhaaf. 


Gurtius-y.  Harte  1.     Griechische  Schnlg^rammatik.    24.  Auf- 
lage.   Bearbeitet  von  Florian  Weigel.    299  S.  gr.  8'^,  geheftet 
2  Kr.  60  H.,  geb.  3  Kr.  10  H.     Wien   1903,  Fr.  Temsky. 
Der  Neubearbeiter  dieser  Grammatik,   die   einstmals   zuerst   der 
Schale  die  Ergebnisse  der  Sprachwissenschaft  zugänglich  machte,  hat 
sich  bestrebt,  die  Fortschritte  der  letzen  Jahre  auf  diesem  Gebiete  zu 
verwerten.    So  ist  z.  B.  die  gegenwäiüg  geltende  Theorie  des  Vokal- 
ablauts  folgerichtig   durchgeführt  und  in  der  Syntax  vor  allem  die 
entscheidende    Bedeutung    der   Aktionsart    endlich    in    einer   Weise 
gewürdigt,  die  den  neueren  Forschungen  in  genügender  Weise  Bech- 


108  Literarischer  Bericht 

nong  trägt.  Daß  9*^1}  in  seinem  Verhältnis  zu  ßaXs  ebenfalls  auf  den 
Ablaut  znrfickgeht  nm  d^d  zweisilbige  «Basen'*  in  Betracht  kommen, 
kann  der  Verfasser  aus  Hirts  Veröffentlichungen  leicht  ersehen,  und  daß 
Ulrfsv  5ti  dKoMvot  nicht  bedeutet  „er  sagte,  daß  er  sterbe**,  ergibt 
sich  aus  dem  punktuellen  Charakter  der  Basis,  wie  denn  der  echte 
Aoriststamm  auf  die  Zeitstufe  der  Vergangenheit  nnd  Zuknnft  beschränkt 
sein  dürfte.  Dies  scheinen  mir  Streitberg,  Herwig,  Delbrück  u.  a.  er- 
wiesen zu  haben.  Sonstige  Kleinigkeiten  erwähne  ich  hier  nicht,  sondern 
gebe  meiner  Freude  über  das  Buch  Ausdruck,  das  zweifellos  unter  die 
allerbesten  Hilfsmittel  des  griechischen  Unterrichts  zu  rechnen  ist,  und 
das  die  Verlagshandlnng  in  einer  Weise  ausgestattet  hat,  daß  ebenso 
den  Anforderungen  der  Schönheit  wie  der  Augenschonung  volle  Gerech- 
tigkeit widerfährt.  Wo  es  nicht  eingeführt  ist,  wird  es  dem  Lehrer 
des  Faches  vortreffliche  Dienste  leisten,  wegen  der  pädagogisch  und 
wissenschaftlich  betrachtet  ausgezeichneten  Durcharbeitung  des  Stoffes, 
der  besonders  auch  den  homerischen  und  herodoteischen  Dialekt  aus- 
führlich in  sich  begreift 

Gannstatt  Meltzer. 


A.  Schmarsow^  Unser  Verhältnis  zu  den  bHdenden  Künsten. 

Sechs   Vorträge    Aber   Kunst    und   Erziehung.     160  S.    8^. 

Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1903. 
£in  frischer,  belebender  Hauch  weht  uns  aus  diesen  Vorträgen 
entgegen,  zuweilen  auch  ein  kräftiger  Windstoß,  eine  scharfe  Brise,  die 
htftreinigend  in  den  Knnsterziehungsrummel  der  Zeit  hineinbläßt. 
„Ich  zweifle  ernstlich,  ob  wir  durch  Kunst  überhaupt  schon  erziehlich 
wirken  können,  wie  jene  Wandbilder  in  den  Schulen  durch  ihre 
stille  Gegenwart  allein  es  fertig  bringen  sollen.*^  —  „Die  Kunst  ist 
eine  Auseinandersetzung  des  Menschen  mit  der  Welt,  in  die  er  gestellt 
ward.^  —  ^Aller  Kunstgenuß  beruht  auf  eigener  Tätigkeit,  auf  einem 
inneren  Nachschaffen,  und  diese  selbsttätige  Mitwirkung  kann  ebenso- 
wenig entbehrt  werden  als  beim  Kunstschaffen/*  —  „Der  Ausgangspunkt 
der  ganzen  schöpferischen  Tätigkeit  liegt  im  menschlichen  Subjekt,  und 
zwar  im  vollen  natürlichen  Zusammenhang  seiner  leiblichen  wie  seeli- 
schen Organisation/  —  „Unsere  leibliche  Organisation  bestimmt  ursprüng- 
lich all  unsere  Auffassung  der  Dinge,  und  zwar  nicht  nur  der  orga- 
nischen Natur,  sondern  auch  der  sogenannten  unorganischen.^'  —  ,,Diese 
unmittelbare  und  ursprüngliche  Auffassung  unserer  Sinne  und  unserer 
Sinnesart  ist  aber  im  Grunde  die  eigentlich  ästhetische^:  unter- 
streiche eigentlich  und  setze  ästhetische  in  Anführungszeichen,  und  die 
so,  gegenüber  der  landläufigen,  wesentlich  vertiefte  Auffassung  des 
Begriffs  der  Ästhetik  tritt  klar  vor  Augen.  Nun  gewinnt  auch  der 
Titel  noch  eine  tiefere  Bedeutung:  er  will  nicht  bloß  sagen,  welches 


Literariseher  Bericht.  109 

daa  Yerhftltnis  unserer  Zeit  zu  den  bildenden  Künsten  sei,  sondern  wie 
sich  der  Mensch  zn  ihnen  verhalte,  und  die  weiteren  Ausfllhrungen  bilden 
nun  eine  höchst  Überraschende  Bestätigung  des  alten  Satzes  icdvxoiv 
Xpi]|iATa>v  {lixpov  Sy^wio^  in  seiner  Anwendung  auf  die  bildenden  Künste. 
So  wird  in  den  folgenden  Vorträgen  aus  diesem  persönlichen  Ver- 
hältnis des  Menschen  zn  den  Künsten  eine  ganz  neuartige  Ästhetik 
entwickelt,  als  deren  Grundbedingung  die  Ausdrucks fähigkeit 
bezeichnet  wird,  so  daß  auch  die  Erziehung  zur  Kunst  bei  der  Pflege 
dieser  Fähigkeit  einzusetzen  hätte.  „Die  künstlerische  Brziehung  unseres 
Volkes  kann  nur  angebahnt  werden,  wenn  wir  die  Ausdrucksfähigkeit 
des  Körpers  unserer  geistigen  Durchbildung  entsprechend  anzupassen 
versuchen.^  Denn  damit  wächst  von  selbst  das  Verständnis  für  die 
Gebilde  der  Kunst,  der  Plastik  in  der  Körperlichkeit,  der  Architektur 
in  der  Baumgestaltung,  der  Malerei  in  der  Vortäuschung  von  Körper- 
lichkeit und  Raum  weite.  —  Daß  fiir  diese  Betrachtungsweise  die 
Pflege  des  Sinnes  für  das  organische  Geschöpf  an  sich,  der  Freude 
an  der  nackten  Schönheit  des  Menschen  unerläßlich  ist,  versteht 
sich  von  selbst;  und  eine  solche  ästhetische  Erziehung  möchte  am  Ende, 
befürchtet  der  Verfasser  (S.  139),  mit  ethischen  Oberzeugungen  in 
Widerspruch  kommen.  Das  wird  sie  auch,  wenn  sie  in  so  extremer 
Weise  gefordert  vrird,  wie  hier.  Mir  scheint  der  Verfasser  überhaupt 
gegen  das  Ende  seine  Folgerungen  zu  sehr  auf  die  Spitze  getrieben 
zu  haben,  namentlich  in  seinem  einseitigen  Zeugnis  für  die  Urkraft  der 
räumlich-körperlichen  Schwestern  der  Malerei.  Sollte  man  nicht  auch 
hier  des  Wortes  eingedenk  bleiben:  es  sind  mancherlei  Gaben,  aber 
es  ist  ein  Geist?  Körper  und  Raum  ist  nicht  alles  und  nicht  das  Ein- 
zige in  der  Kunst.  Das  ist  auch  nicht  die  Meinung  des  Verfassers, 
aber  mit  ihrem  einseitigen  Hervorkehren  streift  er  nahe  daran,  daß 
man  es  von  ihm  glauben  könnte.  Die  von  ihm  aufgestellte  Kunstlehre 
ist  jedenfalls  das  Beachtens-  und  Beherzigenswerteste,  was  in  neuester 
Zeit  über  diesen  Gegenstand  gesagt  wurde,  aber  auf  dem  von  ihm 
itufgezeigten  Wege  der  Kunsterziehung  werden  ihm  wenige  bis  ans 
letzte  Ziel  zu  folgen  sich  entschließen  können. 

Calw.  Weizsäcker. 


Kirchengeschichte   für  höhere  Schulen   von    S.  Paul  Siebert, 
Oberlehrer  am  K.  K.  Angnsta-Gymnasium  zu  Charlottenborg. 
IV  und  192  S.,  geb.  1.60  Mk.    Leipzig  und  Berlin,  B.  6. 
Teubner,  1904. 
Ein  nettes  Buch,  das  sich  insbesondere  durch  Bezug  auf  Erzeug- 
nisse der  deutschen  Literatur  auszeichnet,  die  im  Bereich  der  Lektüre 
der  Oberklassen  liegen.    So  finden  sich  in  den  Anmerkungen  genannt 


110  Litenuriselier  Berieht 

Schiifteo  von  Kinkel,  Herder,  Frejrtag,  Ibsen,  Kingsley,  Weber, 
Seheffel,  Walther  von  der  Vogelweide,  Einhard,  Wildenbmch,  Lessing, 
Konr.  Ferd«  Meyer,  Shakespeare,  Leoan,  Wiehert  usw.  Bei  der  preus- 
sischen  Oeschichte  regelmäßig  ein  Hinweis  auf  die  Siegesallee  in  Berlin. 
FQr  eine  neue  Aaflage  sei  bemerkt:  Polykarps  Tod  f&llt  jedenfalls 
nicht  ins  Jahr  159  (ob  156  oder  166?);  diiTÜLrföiAtva  (umstrittene 
Bacher)  gibt  es  im  N.  T.  nicht,  nur  dtviOrrötisva  (S.  18).  Lnther  appel- 
lierte, wie  es  im  Text  dentseh  richtig  heißt,  von  dem  .nicht  gnt" 
unterrichteten  Papst:  in  der  Anmerkung  einmal  wieder  falsch  a  male 
informato;  so  deutlich  durfte  man  nicht  sein,  die  Formel  heißt  non 
bene  (S.  64).  Reuchlins  Grammatik  heißt  nicht  de  rndimentis  linguae 
hebraicae  (S.  58),  sondern  de  rud.  hebraicis.  Luthers  Bibel  ist  nicht 
„nach  der  LXX''  geordnet,  sondern  nach  der  Vnlgata  (S.  76).  Heißt 
es  bei  den  Jesuiten  wörtlich  „quasi  cadavera  essent^  (S.  85)?  Erfreut 
war  ich  S.  44  zu  lernen,  daß  der  Spruch  per  aspera  ad  astra,  von 
dem  Kinzler  in  seinem  „Klassischen  Immergrün"  sagt:  Ursprung  un- 
bekannt; vielleicht  nur  Umbildung  von  dem  Virgilischen  „sie  itur  ad 
astra^,  auf  den  Merkvers  des  Triviums  und  Quadriviums  zurückgehe: 

lingua,  tropus,  ratio;  numerus,  tonus,  angulus,  astra. 
Der  neue  thesaurus  belegt  den  Spruch  unter  asper  und  astrum  nicht, 
und  kennt  bei  asper  unter  den  hierher  gehörigen  „opposita"  nur  pros- 
per  und  secundus.  So  bietet  das  Buch  allerlei  Anregung.  Warum 
die  21  Artikel  der  Aug^stana  im  Anhang  nach  der  Stereotyp  ausgäbe 
von  Bertelsmann  in  Gütersloh  und  nicht  nach  Kolde  oder  Tschackert 
gegeben  sind,  weiß  ich  nicht  Durch  die  Beifügung  der  letzteren  soll 
das  Buch  für  den  gesamten  Religionsunterricht  in  den  oberen  Klassen 
höherer  Lehranstalten  ausreichen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  mag  angeführt  werden,  daß  die  Calwer 
Kirchengeschichte  nun  schon  in  der  24.  Auflage  vorliegt: 

Christliche  Kirchengeschichte.  Herausgegeben  vom  Calwer  Ver- 
lagsverein. Mit  66  Abbildungen.  Vierundzwanzigste,  verbesserte  Auf- 
lage. IV  und  804  S.,  geb.  1.70  Mk.  Calw  und  Stuttgart,  Vereinsbuch- 
handlung 1905. 

Maulbronn.  £b.  Nestle. 


H  e  1  m  0 1 1 ;  Weltgeschichte.  8.  Band :  Westeuropa,  2.  Teil : 
Atlantischer  Ozean.  Von  Kleinschmidt,  Zwiedineck-Sttdenhorst, 
FriedjuDgy  Egelhaaf,  R.  Mayr  und  Weule.  Mit  7  Karten 
und  16  Tafeln  in  Farbendruck,  Holzschnitt  und  Ätzung. 
Leipzig  und  Wien,  Bibliographisches  Institut,  1903*). 

*)  Durch  den  Tod  des  früheren  Rezensenten  (Rektor  Dr.  Treuber) 
ist  eine  Verzögerung  in  der  Besprechung  entstanden. 


Literarischer  Bericht.  XII 

Der  8.  Band  führt  die  Geschichte  Westeuropas,  die  der  7.  begonnen 
hat,  zn  Ende.  Nicht  weniger  ahi  6  Mitarbeiter  sind  daran  beteiligt. 
Den  1.  Teil  „Westeuropa  im  Zeitalter  der  Revolutionp  Napo- 
leons I.  und  der  Reaktion*^  hat  Professor  Dr.  A.  Kleinschmidt 
geschrieben.  Er  ist  anregend  zu  lesen,  wenn  man  den  Gang  der  Geschichte 
im  wesentlichen  schon  kennt,  anschauliche  und  zusammenhängende 
Erzählung  gibt  er  nicht  Die  „gesetzgebende  Versammlung**  ist  auf  zwei 
Seiten,  der  Sturz  der  Gironde  auf  zwei  Linien  abgemacht.  Das  Maassen- 
sche  Zollgesetz  wird  Seite  98  wohl  erwähnt,  aber  seine  Bestimmungen 
bleiben  ebenso  dunkel  wie  etwa  der  Inhalt  des  Liudnerschen  „Manu* 
Skripts  aus  Süddeutschland**  (S.  119).  Der  französischen  Revolution 
gegenüber  steht  Kleinschmidt  so  ziemlich  auf  dem  Standpunkt  Sybels. 
Von  den  groBen  Männern  der  Zeit  findet  nur  Mirabeau  Gnade  vor 
seineu  Augen  („Der  größte  Franzose  seines  Jahrhunderts**).  Danton  ist 
ihm  ^trotz  seiner  wunderbaren  Begabung  ohne  eine  Ader  höheren  geistigen 
Lebens,  ein  Athlet  im  Genuß  und  im  Verbrechen*  (S.  19).  Die  Dar- 
stellung der  deutschen  Geschichte  ist,  wie  begreiflich,  stark  von  Treitschke 
beeinflußt.  —  Befremdlich  sind  einzelne  sprachliche  Wendungen:  S.  8d 
„Pius  hat  ihm  den  Star  gestochen^';  S.  87  „Gebietiger** ;  S.  75  „Der  von 
ihm  gegrafte  Gamet**.  —  S.  12  „Die  neuen  Departements,  die  nicht 
nach  Berg  und  Fluß  benannt  wurden*^  —  muß  wohl  heißen  „nur**.  Der 
Selbstmordversuch  Robespierres  (S.  22)  wird  als  sicher  angenommen,  eben- 
so die  Erzählung  Bourriennes  über  Napoleons  Verhalten  am  20.  Juni  1792 
(S.  15).  Mettemich  hatte  seine  berühmte  neunstündige  Unterredung  mit 
Napoleon  im  Marcolinischen  Palast  nicht,  wie  er  selbst  angibt,  am  23. 
sondern  am  26.  Juni  1813.  S.  87  ^Der  gotische  Stil  beherrschte  den 
Geschmack**  gilt  nur  für  ganz  kurze  Zeit,  worauf  alsbald  der  Neu- 
klassizismus  in  die  Höhe  kam. 

Im  2.  Teil  behandelt  Professor  Dr.  H.  v.  Zwiedineck-Südenhorst 
^Diestaatlichen  und  gesellschaftlichen  Neugestaltungen 
in  Europa  zwischen  1830  und  1859.**  Daß  der  Verfasser  in  Öster- 
reich lebt,  merkt  man  zuweilen  an  der  Stoffverteilung.  Während  die 
Revolutionen  in  Wien,  Ungarn  und  Italien  ziemlich  ausführlich  behandelt 
sind,  kommen  die  Berliner  Märztage  so  kurz  weg,  daß  eine  Stellung- 
nahme zu  den  Streitfragen,  die  sich  daran  knüpfen,  gar  nicht  nötig 
war  (S.  179).  Die  Darstellung  hat  mehr  Fluß  und  Zusammenhang  als 
die  Kleinschmidts.  Der  Standpunkt  ist  etwa  der  des  gemäßigten. 
Liberalismus.  Doch  fehlt  es  auch  nicht  an  schroffen  Wendungen.  Die 
Radikalen  sind  dem  Verfasser  „Narren  und  Schurken^  (S.  207).  „Im 
Jahr  1849  ging  das  Erbe  einer  unfruchtbaren  Genialität  an  die  nackte 
Dummheit  über**  (S.  230).  —  Der  Jesuitismus  „will  auf  Fälschung  der 
Religion  eine  neue  Weltordnung  aufbauen**  (S.  285);  „er  erhält  die 
Pflege  des  Blöd-  und  Wahnsinns  recht  lebendig"  (S.  150).  Den  Dualis- 
mus behandelt  der  Grazer  Professor  mit  anerkennenswerter  Vorurteils- 


112  Literariaeker  Bericht. 

losigkeit:  mit  dem  alten  römisch-deutschen  Kaisertum  ging  auch  der 
Anspruch  der  Habsburger  auf  die  Führung  der  deutschen  Nation  ver- 
loren. —  S.  243  heUSt  es,  Cavour  sei  der  Antwort  auf  das  Osterreichische 
Ultimatum  mit  der  Annahme  der  englischen  Vermittlung  ausgewichen, 
während  er  doch  das  Ultimatum  am  26.  April  regelrecht  ablehnte.  — 
Das  „KOnigsgesetz''  stammt  nicht  aus  dem  Jahr  1660  sondern  1665,  und 
Gagem  wurde  nicht  am  29.  sondern  am  24.  Juni  zum  Präsidenten 
gewählt.—  Derd.Teil  „Die  Einigung  I  taliens und  Deutschlands 
1859—66'*  hat  zum  Verfasser  Dr.  H.  Friedjung,  jenen  Wiener  Schrift- 
steller, der  mit  seinem  Buche  »Der  Kampf  um  die  Vorherrschaft  in 
Deutschland**  vor  7  Jahren  so  viel  Aufsehen  erregte.  Ein  kundigerer 
Führer  and  unparteiischerer  Richter  hätte  sich  für  diese  Zeit  kaum 
finden  lassen.  Sein  Urteil  über  Napoleon  III.  stimmt  nicht  ganz  mit 
dem  Zwiedinecks  überein.  Während  dieser  in  ihm  nur  einen  „geschickten 
Abenteurer**  „mit  bescheidener  Begabung"  sieht,  schreibt  ihm  jener 
„einen  weiten  Umfang  geistiger  Interessen  und  feines  Verständnis  für 
die  Bedürfnisse  seiner  Zeit**  zu.  Seine  Rolle  aber  hatte  er  von  dem 
Augenblick  an  ausgespielt,  als  er  Bismarck  gegenüber  den  Weg  der 
Unterhandlungen  betrat,  statt  den  der  Tat  (Juli  1866) ;  S.  287  ist  die  Dar- 
stellung schief,  weil  die  Aufeinanderfolge  der  Ereignisse  gestört  wurde. 
Der  Vorschlag  Napoleons  zu  einem  Kongreß  erfolgte  schon  Ende  Mai 
1866,  während  der  geheime  französisch -österreichische  Vertrag  erst 
14  Tage  später  (12.  Juni)  abgeschlossen  wurde. 

Oberstudienrat  Dr.  Egelhaaf  hat  „  W  esteuropaindenJahren  1866 
bis  1902^  übernommen,  also  gerade  denjenigen  Zeitraum,  der  aus  den 
bekannten  Gründen  der  geschichtlichen  Behandlung  zurzeit  noch  die 
größten  Schwierigkeiten  bietet.  Und  doch  dürfte  gerade  dieser  Teil 
am  meisten  das  Gefühl  der  Befriedigung  wecken.  Soweit  die  Vorgänge 
überhaupt  aufgehellt  sind,  werden  sie  hier  zum  geschlossenen,  farbigen 
Bilde  zusammengefaßt,  in  einer  Darstellung,  deren  klarer  Fluß  vorteil- 
haft absticht  von  der  zerhackten,  chronikartigen  Schreibweise  in  anderen 
Teilen  des  Werkes.  Mit  Sybel  wird  Kaiserin  Eugenie  vorsichtig  rein- 
gewaschen (S.  826  vergleiche  Übrigens  auch  Egelhaaf  über  den  „Anteil 
der  Kaiserin  Eugenie  am  Kriege  1870**  in  den  Grenzboten  1904  S.  628  ff.). 
Daß  die  „Engländerinnen^  die  Beschießung  von  Paris  zu  hindern  suchten, 
soll  nicht  ganz  richtig  sein,  trotz  Bismarcks  und  Roons  Denkwürdigkeiten 
(S.342).  „Westeuropas  Wissenschaft,  Kunst  undBildungs- 
wesenvoml6.Jahrhundertbiszur  Gegenwart^  zu  behandeln, 
mag  auch  keine  Kleinigkeit  gewesen  sein.  Überhaupt,  welche  verschieden- 
artigen Gebiete  sollte  mau  nicht  selbständig  durchdringen,  wenn  man 
es  unternimmt,  den  ganzen  Strom  des  geistigen  Lebens  einer  Zeit  au 
schildern  t  Und  doch,  was  aus  einem  solchen  Oberbliok  werden  kann, 
wenn  ein  Mann  von  Geist  und  Kraft  anfaßt,  das  zeigt  uns  Professor 
Dr.  R.  Mayr.    Welche  Fülle  des  Inhalts!    Alle  Völker  und  Persönlich- 


Litcuratiscber  Bericht.  113 

keften,  alle  Künste  und  Wissenschaften,  Akademien  und  Presse,  Schul- 
kampf und  Oberbilrdungsfrage,  alle  göttlichen  und  menschlichen  Dinge 
kommen  hier  zur  Sprache,  und  nicht  etwa  wie  sonst  in  Form  einer 
trockenen  Anhäufung  von  Namen  und  Zahlen,  sondern  in  einer  Darstellung 
Ton  blendender  Frische  und  verblüffender  Sicherheit  des  Urteils.  Auch  wer 
aat  einem  der  hier  berührten  Gebiete  sich  zu  Hause  fühlt,  wird  diese 
geistreichen  Ausführungen  mit  Genuß  lesen.  —  Den  Schluß  des  Ganzen 
bildet  ein  Aufsatz  über  „die  geschichtliche  Bedeutung  des 
AtlantischenOzeans",  geschrieben  von  demselben  Prof.  Dr.  Weule, 
der  schon  in  den  früheren  Bänden  die  geschichtliche  Bedeutung  des 
Indischen  und  Stillen  Ozeans  aufgehellt  hat  Wertvoll  sind  auch  die 
Beilagen  zu  diesem  Bande,  z.  B.  die  3  Bekanntmachungen  des  Moniteur, 
die  sich  auf  die  Hinrichtung  Ludwigs  XVI.  beziehen,  6  Porträttafeln 
und  anderes. 

Um  diese  Besprechung  nicht  allzu  sehr  zu  belasten,  habe  ich  eine 
Anzahl  Druckfehler  und  Verstöße,  die  mir  beim  Durchlesen  auffielen, 
anmittelbar  dem  Verlage  mitgeteilt. 

Stuttgart.  G  r  o  t  z. 


Sophns  Rüge,  Kleine  Geographie.    Für  die  untere  Lehrstufe 
in  drei  Jahreskursen.    Siebente,  verbesserte  Auflage.    Besorgt 
von  Dr.  W.  Ruge^  Oberlehrer  am  König- Albert-Gymnasium 
in  Leipzig.     Vm  und  284  S.     8^     Leinwandband  2.50  Mk. 
Leipzig,  Verlag  von  Dr.  Seele  &  Co.,  1904. 
Der  Forderung,  wie  sie  z.  6.  Michael  Geistbeck  aufgestellt  hat, 
die  Geographie  in  gcistbildender  Weise  zu  lehren,  ist  in  der  Kleinen 
Schulgeographie   vom   verstorbenen   Geographen   Sophus   Kuge   in 
wirklich  musterhafter   und  meisterhafter  Methode  entsprochen  worden. 
Musterhaft,   weil  die  Grundbegriffe    der  allgemeinen   Geographie*)  in 
drei  aufsteigenden,    sich   erweiternden  Stufen  oder,  wie  der  Terminus 
lautet,   in  konzentrischen  Kreisen^  sich  für  die  III. — V.  Klasse  wieder- 
holen, und  daran  sich  1.  die  Geographie  Deutschlands,  2.  die  der  außer- 
deutschen Länder  Europas,  3.  die  der  außereuropäischen  Erdteile  an- 
schließen, und  weil  der  physischen  Geographie  nebst  den  Erörterungen 
über  die  jeweilige  Bevölkerung  und  ihre  Beschäftigung  ein  breiterer  Raum 
gegönnt  ist  als  der  politischen  Geographie.    Meisterhaft,  weil  das   alles 

*)  £s  kommen  u.  a.  zur  Besprechung:  Horizont,  Gestalt  und  Größe 
der  Erde,  Sonnensystem,  Wasser  und  Meer,  Bewegungen  und  Strömungen 
des  Meeres,  Landseen,  fließende  Landgewässer,  Sumpf  und  Moor,  das 
Land  und  seine  Gliederung,  Luft  und  Luftdruck,  Wolken  und  Regen, 
vulkanische  Kräfte,  Pflanzen,  Tierwelt,  der  Mensch  und  die  Völker ^ 
geographische  Maße  und  Übungen  im  Kartenlesen. 

XorrMpond«asbUtt  1906,  Heft  8. 


114  Literarisober  Beriebt 

oboe  Stoff&bedadoDg,  sondern  mit  glücklicher  Anpassung  an  die  Fas~ 
sangskraft  nnd  das  Bedürfnis  der  Quartaner  und  Tertianer  dargeboten 
wird  in  lesbarem,  flüssigem  Stil.  Nor  eins  haben  wir  vermißt:  ein 
alphabetisehes  Register,  sowie  vergleichende,  statistische  und  graphische 
Obersichtstabellen  zur  raschen  Orientierung  über  die  Größe  der  Erdteile 
mit  ihren  Staaten  und  Städten  nebst  den  BevGikerungs-  und  Einwohner- 
ziffem,  über  Stromlängen  und  höchste  Erhebungen.  Aber  auch  so  be- 
grüßen wir  die  7.  Auflage  des  kleinen  Rüge  mit  großer  Genugtuung 
and  dem  lebhaften  Wunsche,  derselbe  möchte  sich  auch  in  unseren 
württembergischen  höheren  Lehranstalten  mehr  und  mehr  einbürgern. 
Er  verdient  es  wirklich.  Denn  das  Bessere  ist  der  Feind  des  Guten. 
Bei  Württemberg  (S.  34)  stößt  man  wieder  auf  die  irrtümliche  Gesamt- 
bezeicbnung  des  Schwäbischen  Juras  als  der  „Rauhen^  (statt  ,,Schwäbi- 
schen^  Alb;  auch  vermißt  man  unter  den  Industriestädten  ReutÜDgen, 
das  neben  Eßlingen  und  Heilbronn  unter  den  ersten  Fabrik-  und  Handels- 
städten mit  gutem  Gewissen  genannt  werden  konnte. 

Tübingen.  Hesselmeyer. 


Banr,  L.,  Lehr-  und  Übungsbuch  der  allgemeinen  Arithmetik 
und  Algebra  zum  Gobraucb  an  höheren  Lehranstalten,  sowie 
zum  Selbstunterricht.    VIII  n.  291  S.    Stuttgart,  A.  Bonz,  1904. 

Das  Buch  beginnt  mit  den  vier  Grundrechnungsarten,  welchen  die 
Potenzen,  Wurzeln  und  Logarithmen  folgen.  Dann  kommt  die  Lehre 
von  den  Gleichungen  und  den  Schluß  bilden  die  arithmetischen  und 
geometrischen  Reihen  mit  Zinzeszius-  und  Rentenrechnung.  Jedem  Ab- 
schnitt gehen  die  in  demselben  zur  Anwendung  kommenden  Lehrsätze  und 
Formeln  voraus.  Der  Beweis  dieser  Sätze  wird  in  der  Regel  an  Zahlen- 
beispielen geführt,  von  denen  sodann  durch  Verallgemeinerung  der 
gefundenen  Formel  auf  den  entsprechenden  Satz  mit  ßuchstabenzahl- 
zeichen  übergegangen  wird. 

Am  Schlüsse  der  Grundrechnungsarten,  sowie  der  Rechnung  mit 
Potenzen,  Wurzeln  und  Logarithmen  folgt  je  ein  Abschnitt  passend 
ausgewählter  Wiederholungsaufgaben. 

Bei  den  eingekleideten  Aufgaben,  die  auf  Gleichungen  I.  Grades 
mit  einer  Unbekannten  führen,  wurden  die  Übungen  in  Gruppen 
gegliedert:  Teilungsaufgaben,  Prozent-,  Gewinn-  und  Verlust-,  Rabatt- 
und  Diskont-,  Termiureehnung;  Bewegungsaufgaben;  Aufgaben  aus  der 
Raumlehre  und  aus  der  Physik ;  Mischungsrechnungen  und  zuletzt  ver- 
mischte Aufgaben. 

Im  Vorwort  sagt  der  Verfasser,  daß  der  in  seinem  Buche  enthaltene 
Cbungsstoff  zum  großen  Teile  neu  und  von  ihm  gesammelt  sei,  wobei 
namentlich  die  in  Schulblättern  veröffentlichten  Aufgaben  aus  ver- 
schiedenen Prüfungen  eine  reiche  Ausbeute  geliefert  hätten. 


Literarisoher  Bericht.  116 

Die  Anlage  des  Baches  entspricht  im  allgemeinen,  was  Anordnung, 
Umfang  und  Schwierigkeit  der  Aufgaben  betrifft,  den  Aufgabensamm- 
lungen von  Bardey  und  seinen  Nachfolgern.  Das  Buch  kann  daher 
den  Mathematik  leb  rem  an  Mittelschulen  zur  Prüfung  und  zum  Gebrauch 
gut  empfohlen  werden.  Für  eine  etwaige  spätere  Auflage  wäre  zu 
wttDSchen,  daß  die  Zerlegung  von  Ausdrücken  wie  a'  -f~  ^'>  ^'  —  ^'  u^^* 
in  Faktoren  erst  nach  der  Division  eingeschoben  würde,  damit  die 
Schuler  imstande  sind,  den  zweiten  Faktor  durch  Ausführung  der  Divi- 
sion aufzufinden.  Die  Seite  57  aufgestellte  Erklärung  von  „direkt  und 
umgekehrt  proportionalen  Größen^'  ist  nicht  einwandfrei,  da  eine  Größe 
sich  im  Vergleiche  mit  einer  andern,  von  der  sie  abhängig  ist,  in  dem- 
selben Sinne  ändern,  d.  h.  z.  B.  auch  zunehmen  kann,  ohne  daß  sie 
ihr  proportional  ist. 

Die  auf  9  Seiten  behandelten  diophantischen  Gleichungen 
hätten  ohne  Beeinträchtigung  des  Schulbuchs  als  entbehrlich  weg- 
gelassen werden  können. 

Schließlich  möge  noch  erwähnt  werden,  daß  das  Buch  in  seiner 
Brauchbarkeit  nur  gewinnen  könnte,  wenn  eine  erhebliche  Anzahl  ent- 
behrlicher Fremdwörter  beseitigt  würde. 

Der  Verfasser  hat  sein  Buch  in  erster  Linie  für  Schullehrerseminare 
bestimmt;  dasselbe  dürfte  jedoch  auch  den  Lehrern  an  humanistischen 
und  realistischen  Schulen  willkommen  sein,  da  es  eine  reichhaltige 
Sammlung  praktisch  ausgewählter  Übungsaufgaben  enthält,  die  sich 
zur  Benützung  neben  den  anderen  in  den  Schulen  eingeführten  Büchern 
für  die  Hand  des  Lehrers  eignen  und  ergiebigen  Stoff  zu  weiteren 
Cbungen  oder  zur  Abwechslung  in  der  Aufgabenstellung  und  besonders 
auch  zur  Auswahl  für  Klassenarbeiten  liefert.  Der  bekannte  Verleger 
hat  dem  mit  sehr  anerkennenswerter  Sauberkeit  und  Deutlichkeit 
aasgeführten  Drucke  des  Buchs,  sowie  seiner  durchweg  guten  Ausstat- 
tang alle  Sorgfalt  gewidmet. 

Stuttgart.  Krug. 


Wilhelm  Meyer,  Die  Naturkräfte.    Ein  Weltbild  der  physi- 
kalischen und  chemischen  Erscheinungen.    Mit  474  Ab- 
bildungen im  Text  und  29  Tafeln  in  Farbendruck,  Holzschnitt 
und  Ätzung.     Leipzig  und  Wien,  Bibliographisches  Institut, 
1903. 
Der  Charakter  des   vorliegenden  Werkes  ist  durch  seinen  Unter- 
titel gekennzeichnet;   dasselbe   will  kein  Lehrbuch  der  Chemie  und 
Physik  sein,   sondern   ein  Bild  von  dem  inneren  Zusammenhang 
der  verschiedenen  physikalischen  und  chemischen  Erscheinungen  geben. 
Dieser  Gesichtspunkt  ist  für  den  Verfasser  bei  der  Auswahl  der  Einzel- 


116  Literarischer  Bericht 

holten  aus  der  unendlichen  Fülle  des  Stoffs  maßgebend  gewesen; 
manches,  was  sich  sonst  wohl  in  Lehrbüchern  ähnlichen  Umfangs  findet, 
ist  der  Erhaltung  des  Oberblicks  über  das  Ganze  zu  lieb  übergangen, 
anders  dagegen,  was  in  letzterer  Beziehung  besonders  zweckdienlich 
schien,  dafür  aufgenommen  worden.  Den  so  abgegrenzten  Stoff  hat 
der  Verfasser  in  der  Weise  yerarbeitet,  daß  er  zunächst  die  einzelnen 
Teilgebiete  der  beiden  Wissenschaften  übersichtlich  darstellt  und  aus 
dem  hierdurch  gewonnenen  Material  in  einem  dritten  „die  Stufenfolge 
der  Naturvorgänge*^  Überachriebcnen  Teile  sein  eigentliches  „Weltbild^ 
aufbaut. 

Um  eine  möglichst  große  Genauigkeit  hinsichtlich  der  in  den 
beiden  ersten  Teilen  geschilderten  Tatsachen  und  Forschungsergebnisse 
zu  erzielen,  stützt  sich  der  Verfasser  vorwiegend  auf  zwei  Werke, 
deren  Zuverlässigkeit  allgemein  anerkannt  ist,  nämlich  auf  die  Ex- 
perimentalphysik von  Riecke  und  (Hlr  die  chemischen  Untersuchungen 
der  neueren  Zeit)  auf  die  theoretische  Chemie  von  Nernst;  zu  größerer 
Sicherheit  sind  außerdem  einzelne  Abschnitte  von  Autoritäten  des  be- 
treffenden Spezialgebiets  durchgesehen  worden,  so  die  Kapitel  über 
Wärme  und  Elektrizität  von  Riecke. 

Daß  dagegen  andererseits  in  den  zusammenfassenden  Abschnitten 
das  hypothetische  Element  eine  grosse  Rolle  spielt  und  daß  bei  der 
Konstruktion  des  Weltbilds  aus  den  mit  ^.geradliniger,  gleichmässig 
schneller  Bewegung^  ausgestatteten  ^«Uratomen^  die  Phantasie  die 
Hauptbaumeisterin  sein  musste,  ist  in  der  Natur  der  Sache  und  den 
Grenzen  des  menschlichen  Erkennens  begründet;  auch  hat  der  Verfasser 
an  den  kritischen  Stellen  dafür  gesorgt,  daß  nicht  etwa  ein  der  streng- 
wissenschaftlichen Forschungsweise  und  speziell  der  Erkenntnistheorie 
femer  stehender  Leser  Erfahrungstatsachen  und  Forschungsergebnisse 
mit  hypothetischen  Erklärungsversuchen  verwechselt,  beziehungsweise 
mit  Annahmen  und  Darstellungsformen,  die  von  den  Männern  der  Wissen- 
schaft zum  Zweck  einer  übersichtlichen  Gruppierung  der  verschiedenen 
Erscheinungsreihen  gewählt  wurden.  Bei  anderen  Forschem,  die  auf 
einem  im  ganzen  oder  im  einzelnen  abweichenden  Standpunkt  stehen, 
hätte  natürlich  das  „Weltbild^  auch  wieder  ein  anderes  Ansehen  ge- 
wonnen; hierin  muß  dem  subjektiven  Element  ein  weitgehendes  Recht 
eingeräumt  werden. 

Man  könnte  sich  nur  die  Frage  vorlegen,  ob  die  Aufgabe,  die  sich 
der  Verfasser  in  dem  allgemeinen  Teile  stellte,  nicht  an  sich  ein 
allzugewagtes,  über  die  Leistungsfähigkeit  der  heutigen  Wissenschaft 
hinausgehendes  Unternehmen  war.  Dies  wäre  unseres  Erachtens  aller- 
dings der  Fall,  wenn  die  Arbeit  als  ein  Versuch  betrachtet  werden 
wollte,  die  erfahrungsgemäß  feststehenden  einzelnen  Tatsachen  aus 
einem  System  von  Hypothesen  in  streng  logischer,  deduzierender  und 
die  zu  machenden  Einwände  entkräftender  W^eise  abzuleiten.    Das  ist 


Literarischer  Berieht.  117 

aber  offenbar  nicht  die  Absicht  des  Verfassers;  er  will,  wenn  wir  nns 
nicht  täasehen,  dem  denkenden  Leser  Überhaupt  eben  die  Möglich- 
keit vor  Angen  führen,  daß  in  die  Fülle  der  Naturerscheinungen  ein 
innerer  Zusammenhang  gebracht  werden  kann,  ohne  aber  den  Weg, 
der  ihn  zu  diesem  Ziele  führt,  als  den  einzig  richtigen  oder  als  einen 
uotwendigerweise  richtigen  hinstellen  zu  wollen.  Damit  ist  er  aber  in 
dankenswerter  Weise  einem  Bedürfnis  entgegengekommen,  das  auch 
außerhalb  der  streng  wissenschaftlichen  Kreise  von  jedem  Naturfreund 
tief  empfunden  wird,  und  wir  möchten  wünschen,  daß  besonders  auch 
die  strebsamen  Schüler  unserer  obersten  Klassen,  denen  ja  viele  der 
vom  Verfasser  gebotenen  Einzelheiten  schon  bekannt  sind,  ans  dem 
Buche  „ein  einheitliches  Bild  von  dem  Zustandekommen  der  Naturer- 
scheinungen**  gewinnen  möchten,  selbst  wenn  sie  durch  spätere  Studien 
dahin  geführt  werden  sollten,  einzelnen  Zügen  desselben  eine  etwas 
andere  Form  zu  geben. 

Hervorzuheben  ist  noch  die  reiche  und  geschmackvolle  Ausstattung, 
die,  in  Verbindung  mit  der  Gediegenheit  des  Inhalts,  dem  Buche  sicher 
einen  weiten  Leserkreis  verschaffen  wird. 

Stuttgart.  J  a  e  g  e  r. 


Meyers  Grosses  Konyersationslexikon,  Band  VII  (Franzensbad 
bis  Olashaos)  nnd  Band  VIU  (Glashütte  bis  HantÜttgler),  1904. 
Den  Wert  dessen,  was  das  Meyersche  Konversationslexikon  bietet, 
za  veranschaulichen,  ist  unter  den  Artikeln  der  beiden  neuesten  Bände 
vielleicht   keiner  geeigneter  als  der  über  Großbritannien.    Auf  rund 
57  Seiten  gibt  er  in  30  Abschnitten,  zu  denen  2  Karten  hinzukommen, 
eine  Darstellung  von  Land  und  Leuten,  vom  jetzigen  Stand  und  von 
der  Entwicklung  der  wirtschaftlichen,  kirchlichen  und  Bildungsverhält- 
niese,  der  staatlichen  und  gesellschaftlichen  Einrichtungen,  des  Heer- 
wesens und  der  Marine,  des  Kolonialreichs  und  eine  politische  Geschichte 
des  Königreichs  von  der  Römerzeit  bis  auf  die  Gegenwart;  unter  um- 
fassender Verwertung  der  Statistik  ist  hier  in  übersichtlicher  Gliederung 
alles  geboten,   worüber  der  Gebildete  Belehrung  suchen  kann,  soweit 
es  sich  nicht  um  Sondergebiete  wissenschaftlicher  Forschung  handelt, 
und  für  letztere  finden  sich   die  eingehendsten  Literaturnachweise.    In 
der  politischen  Geschichte  ist,   ohne  daß   die  älteren  Zeiten  zu  kurz 
kämen,  die  Ausführlichkeit  der  Behandlung  der  Bedeutung  der  Gegen- 
stände für  die  Fragen  der  Gegenwart  glücklich  angepaßt;  daß  dabei 
der  ganze  Zeitraum  von  1885  bis  auf  die  Gegenwart  unter  der  Überschrift 
.Der  Kampf  um  Irland"  steht,  dürfte  auf  einem  Versehen  beruhen.    Der 
Wert  des   Gebotenen   tritt  in  Artikeln,   wie  „Glas*',   „Griechenland", 
»tioethe'',  „Geschütz^,  „Gericht*'  (mit  seinen  Zusammensetzungen),  und 


118 


Neu  erschienene  Btloher.  —  Ankttodigungen. 


vielen  andern,  die  den  Wert  selbständiger  Abhandlangen  haben,  ebenso 
überzeugend  entgegen.  Als  Punkte,  die  der  Berichtigung  bedürfen, 
seien  erwähnt  Band  Yll  S.  826  unter  Gibraltar:  ,,La  Linea,  die  die  Grenze 
des  „neutralen  Bodens**  im  Norden  bezeichnet** '  (vielmehr  im  Süden, 
wie  die  beigegebene  Karte  zeigt);  Band  VIIIS.  511  unter  Guise:  „Der 
Tod  des  einzigen  Bniders,  Heinrichs  III.^  (das  Komma  gehört  weg  und 
ist  für  den  Laien  ganz  irreführend);  S.  379  unter  Großbritannien  (Marine): 
„Trafalgar  1803**  (Druckfehler  statt  1805).  In  dem  Artikel  über  Goethe 
kann  das  Urteil  S.  163 :  „Selten  ist  daher  ein  so  törichtes  Wort  aus- 
gesprochen, wie  das  von  dem  „grüßen  Heiden"  Goethe*',  im  unmittel- 
baren Anschluß  an  den  Satz,  daß  Goethe  Pantheist  gewesen  sei,  be- 
fremden; daß  Goethe  ein  tief  religiöser  Mann  gewesen,  ist  durch  die 
allerdings  etwas  tendenziös  zugespitzte  Bezeichnung  als  „großer  Heide" 
ja  keineswegs  ausgeschlossen;  liegt  doch  den  höheren  Religionen  des 
Heidentums  eine  panth  eis  tische  Weltanschauung  zugrunde. 

GannsUtt.  Th.  Klett. 


Neu  ersohienene  Bücher. 

Bai  dar  grostan  Manfj^o  dar  am  xugebandan  neuaa  liiararischen  Krachainungan 
iat  ea  nni  nnmOglioh,  jada  im  ainsalnen  su  beapraohan.  Dia  Tital  dar  ainlanfandan 
Bflehar,  dia  wir  aoinahmalos  dar  Kohlhammarachan  Varlagabnohhandlnng  xu  fibar- 
aandan  bittan,  wardan  regalmftaaig  im  nichatan  Hafta  TarOff antlioht ;  auf  Bllok- 
aandang  dar  nicht  baaproohanan  Bflchai  kOnnan  wir  una  abar  nicht  ainlaaaan. 

Becker,  Methodik  des  geographischen  Unterrichts.  Leipzig  und 
Wien,  Franz  Deuticke. 

Möller,  Orientierung  nach  dem  Schatten.  Studien  über  eine  Touristen- 
regel. Wien,  in  Kommission  bei  Alfred  Holder,  K.  und  K.  Hof- 
und  Universitäts-Buchhäiidler. 

Hüter,  Schüler-Kommentar  zu  Sophokles  Antigone.  Wien,  F.  Tempsky 
und  Leipzig,  G.  Freytag. 

Effert,  Grundriß  der  mathematischen  und  physikalischen  Geographie. 
Würzburg,  Stahel'sche  Verlags-Anstalt. 

(Fortsetzung  s.  S.  3  des  Umschlags.) 


Ankündigungen. 


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du  S^minaire. 


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Hevlaa  V0n  ül«  |t^^ll^iiittitter  in  ^titttgart* 


@6  «fd^cint  in  neuer  •45caibcitung  unb  ifl  buv(^  jebe  ^u^^anb» 
lung  3U  begießen: 

Da$  H^nigreicl)  mttmcmberg. 

litte  Sefdjreiliutto  nad)  flrrtfen,  Steramtrrn  niib  Srmeiniien. 

<$erait$gefle6en  vom  ^  ^iatiflif^m  j;aitbe5iimt 

^tfttt  iBonb:  Mgemetne  ^efc^reibung  be6  £anbed  unb  (Etnaelbe« 
ff^teibnng  fämtli(!^er  Oberämtev  unb  (^enieinben  bed  ^Jitdathti\t9. 
(an  Jlarfer  33anb  üon  684  Seiten  ©rogoftaü^gormat  mit  6  Itartcn  unb 

6 tafeln  -iBUbniffen.  ^:prei«  fein  gebunben  6  «Ä  70  ^,  ungebunben 5  c^  60  ^. 

Stoeiter  iBütih:  ^f^maratoalbfreid  (toirb  bemnäc^fl  ausgegeben). 
5)a«  ganje  ffierf  erf c^eint  in  bier  *3änben,  äufammen  etwa  2200  Selten 

fiarf,  mit  Statttn,  1ln\i6^ttn  unb  anbeten  beigaben,  im  Sauf  bon  etn>a 

ättei  galten.    Oefamtprei«  für  aöe  biet  iöSnbc  (bon  ungleicher  ©t&rfc) 

gebunben  ca.  25  Jk,  ungebunben  ca.  20  Jii 

gfflt  alle  äßfitttembeirget  t^on  großem  nitb  hltxbvxitm  Sterte ! 

VtobeHefte  auf  Verlangen  umfonfl  unb  portofrei   93anb  1  au^  jur 

einfielt  er^ältlic^. 


X30  Ankündigungen. 

ypriaic  ton  Hermann  Gesenin»  In  Halle. 

Vierzig^  Jahre. 

Vor  140  Jahren  erschien  zuerst  und  gehört  seitdem  wohl  zu  den 
bekanntesten  und  weitverbreitetsten  fremdsprachigen  LehrbQchem: 

Lehrbuch  der  Englischen  Sprache 

von  [18 

Dr.  F.  W.  Gesenius. 

Teil  I:    Elementarbnch   der  englisehen   Spraehe  nebst  Lese-   und 
Uebnngsstücken.    26.  Auflage.    1908.    Preis  gebunden  2.40  Mk. 

Teil  II:  Grammatik  der  englischen  Spraehe  nebst  Uebungsstücken. 
17.  Auflage.    1903.    Preis  gebunden  8.20  Mk. 

Als  besonders  hervorzuhebende  Vorzüge  dieses  Buches  sind  in 
allen  darüber  erschienenen  Rezensionen  anerkannt  worden: 

1.  Weise  Beschränkung  und  zweckmässige  Anordnung  des  Stoffes. 
Kürze  und  Präzision  in  der  Fassung  der  grammatischen  Regeln, 
vortreffliche  Beispiele  zur  Erläuterung  derselben,  bequeme  Tabellen 
für  die  Rektion  der  Verben,  Adjektive  und  Präpositionen. 

2.  Die  Reichhaltigkeit  und  Mannigfaltigkeit  der  Uebungsbeispiele, 
sowie  die  Auswahl  der  Lesestücke,  welche  Interesse  erwecken 
und  zu  Sprechübungen  und  Reproduktionen,  sowie  zu  Exerzitien 
trefflich  verwendet  werden  können. 


Neubearbeitungen  des  ,,Lehrbuche8  der  englischen  Sprache 
nach  den  neuen  Lehrpiänen: 


(iMialuF.W.,  Englische  Sprachlehre. 
Ausgabe  A.  YOUig  neu  bearbeitet  Ton 
Prof.  Br.  Ernst  Baffel,  Oberlehrer  an 
den  Franckesohen  Stiftungen. 

I.  Teil.  Schal grammatik  nebst 
Les»>  und  Uebnngsstfioken,  8.  Auflage 
1908.    Gebunden  8.60  Mk. 


OlMsiu-B«f  tl«  E  n  gli  s  c  he  8  p  ra  0  h  lehr  e. 
Ausgabe  B.  Völlig  neu  bearbeitet  toh 
Prof.  Dr.  Ernst  Begel,  Oberlehrer 
an  der  Oberrealschule  der  Franckesohen 
Stiftungen. 

Unterstufe.    Dritte,   nach   den  Bestim- 


II.  Teil.    Lese- und  Uebungsbuoh   I  mungen  tou  1001  rerinderte  Auflege  in 

nebst  kurser  Synonymik.    Mit  einem  Plan  neuer  Rechtschreibung.    Mit  einer  Karte 

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Gebunden  9.26  Mk.  MünsUfel.     1004.    Preis   geb.    1.80   Mk. 
OtOtsiOif.W.,-  Englische  Sprachlehre.    | 

völlig    neu    bearbeitet    Ton    Prof.    Dr.    i  Oberstufe    für    Knabenschulen. 


Ernst  Begel|  Oberl.  an  den  Francke-  '  Zweite,  nach  den  Bestimmungen  Ton  1901 
sehen  Stiftungen .  Ausgabe  fflrhOh.  '  rerlnderte  Auflage  in  neuer  Becbtsohrei- 
M  tdohenschuleu.    6.  Auflage.    1904.    1        bung.    Mit  einem  Plane  Ton  London  und 


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ftmatalf.W.,  Kursgefassteenglisohe 
Sprachlehre.  Völlig  neu  bearbeitet 
▼on  Prof.  Dr.  Ernst  Begel,  Oberl. 
an  den  Franckesehen  Stiftungen.  9.  Aufl. 
1901.      In  Schulband  gebunden  9.90  Mk. 


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1901  Terftnderte  Auflage  in  neuer  Becht- 
schreibnng.    1908.    Preis  geb.  9.40  Mk. 


In  vierzig  Jahren  wurden  vom  Lehrbuch  nebst  seinen  Neubear- 
beitungen 547  000  Exemplare  abgesetzt,  also 

ireit  über  eine  halbe  Million. 

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Statistisohe  Naohrichten  über  den  Stand  der  humani- 
stisohen  Schulen  in  Württemberg  auf  1.  Januar  1905. 

I.   Statütiaohe   Tabelle    Aber    den   Stand   der   hnmaniatiichen 
Schulen  in  WOrttembei^  auf  1.  Januar  1905. 


jLehr-  ; 

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Heimat     1 

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II.  OTnanen 

iinjotatt. 

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">>ere  Abteilung 

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4 

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10 

8  - 

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10 

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BiltLa.unt  , 

10 

10 

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279 

10 

212 

48 

18 

1 

209 

55 

15'    49 

<-ii!>raBdEDiblBn  1*0«,  Han 


122     Stand  der  humanist.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1905. 


7.  Ludwigsburg, 
obere  Abteilung 
inittLu«unt  „ 

8.  Ravensburg, 
obere  Abteilung 
rnitÜ.  u.  unt.  ^ 

9.  Reutlingen, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  ^ 

10.  Rottweii, 
obere   Abteilung 
mitU.  u.  unt.  „ 

11.  Stuttgart, 
£b.-Lua.-Gymn., 
obere   Abteilung 
mittLu.  unt.  „ 

12.  Stuttgart, 
Karlsgymnasium, 
obere  Abteilung 
mittLu. unt  y, 

18.  Tübingen, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt  ^ 

14.  Ulm, 


8|i    9    3     2oO.+17.(.Q„ 
7  —.1  183  +28  i}*^ 


'I    13  237  — 
26151    6 


175 
420. 


^.}595 


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150   18    7!  — 
331    71  17'   1 


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215ll  250l'  4ti 
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378   18   24   12ä  - 


137.  16    9i  1  •  133     8  2^.  162  m 
317   75  25'  1     383   18   17,  115   - 

63!  11    1  — '     59'     8     s\    75' 


151!  19    1 


141-  23     7 


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obere  Abteilung  jl    4'    7  —      58    -14  iojwv 
mitau.unt  ,        '!    6.:    7-    172   +   7'!'®" 


39     8  11t—'     39'    7   12lj    5Ö    1< 
107   55  10|— .1  122i  43     Tl    401   -^ 


Obere  Abteilung  .  . ',  72  106    9 
MittL  u.  unt  Abteil.  .102 113  ;  6 


1468   +25  VoiV4   768  65U49    1  .  7051118  645!,1432j44i 
2835 '+16  r^"*  1879  852  IMi  4  2197  384:254    750,-  8:| 


III.  Progymnasien 

1.  Öhringen^ 
obere  Abteilung 
mittl.  u.  nnt.  ~ 

lY.  RMlgymnasien  ,1 

1.  Gmünd, 
obere   Abteilung  j^ 
mittl.  u.  unt  .. 


1     2  —      12   +   2 

3     4  —    118         5 


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9 
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3  14  - 


8     3     1 
69  38    11 


7!.  2j 


'    5|!    6    1     135   +37  1,-0      78   52    5  -      68.  13   54*:  —  ;i35 
I  11:    7    0     338  +   2  i*'"*      82  252    4  —    25)1    33    14     15  -^ 


stand  der  litiinuDfst.  Schulen  in  WDrttemb.  auf  1.  Jan.  1905.     I2'i 


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ober»  Abteihing 
mirt).  IL  nnt.  r 
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mittl.  D.  udL  „ 
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.  Büblingen, 
nbwe  Abteilung 

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.^bteadesGymu.) 
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I.  SflrtiogeD, 
"t>tR  Abteilung 
üititl.  o.  nnt  „ 


I  IiaUiiiBOliilni 
Aalen 
Alteasteig . 
Backnang 
Balingen 
Beilatein 
Kexii^heiiD 


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Sitz 

der 

Schule 


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7.  Biberach   .  . 

8.  Bietigheim   . 

9.  Blaubeuren  . 

10.  Böniügheim . 

11.  Brackenheim 

12.  Buchau  .  .  . 

13.  Ehingen .  .  . 

14.  Freud enstadt 

15.  Friedrichshafen 

16.  Gaildorf.  .  . 

17.  Giengen  .  .  . 

18.  Göppingen  . 

19.  Großbottwar 

20.  Gtiglingen    . 

21.  Heidenhehn . 

22.  Herrenberg  . 

23.  Hohenheim  . 

24.  Horb 

25.  Rirchberg.  . 

26.  Kirchhehn  u. 

27.  Langenburg 

28.  Lauffen  .  .  . 

29.  Lauphcim  .  . 

30.  Leonberg  .  . 

31.  Leutkirch  .  . 
d@.  Marbach.  .  . 

33.  Markgröningen 

34.  Mengen  .  .  . 

35.  Mergentheim 

36.  Munderkingen 

37.  Murrhardt    . 

38.  Nagold   .  .  . 


Lehr- 
stellen 


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Statistisohe  Naohrichten  über  den  Stand  der  humani- 
stischen Schulen  in  Württemberg  auf  1.  Januar  1905. 

L   Statistbche   Tabelle    ttber    den   Stand   der   humanistischen 
Schulen  in  Württemberg  auf  1.  Januar  1905. 


Sitz 
der 

Schule 


L  EfaiigeÜBOlie 
Seminarien 

Blaobeuren 
Maulbronn  .  .  . 
SchOntal      .  .  . 
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Hall, 

obere   Abteilung 

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Heilbronn, 
obere  Abteilung 
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KorrespondenxblAtt  1905,  Heft  4  n.  6. 


122     Stand  der  humanist.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1905. 


Sitz 

der 

Schule 


7.  Ludwigsburg, 
obere  Abteilung 
mittl.  u.  unt  „ 

8.  Ravensburg, 
obere  Abteilung 
mittl.  u.  unt.  ^, 

9.  Reutlingen, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

10.  Rottweil, 
obere  Abteilung 
mittl.  u.  unt  „ 

11.  Stuttgart, 
Eb.-Lud.-Gymn., 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  ,, 

12.  Stuttgart, 
Karlsgymnasium, 
obere  Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

13.  Tübingen, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  ,, 

14.  Ulm, 

obere  Abteilung 
mittl  u.  unt.  „ 

Obere  Abteilung  .  . 
Mittl.  u.  unt.  Abteil. 

III.  Progymnasien 

1.  Öhringen, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt  ,. 

lY.  Realgymnasien 

1.  Gmünd, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 


StWHl  diT  hmnanist.  Schulen  in  Wflrttemb.  auf  1.  Jan.  1906.     ]  25 


]  24     ^txad  4er  haniaobt.  Schiileo  in  Wömcmb.  aaf  t.  Jan.  1H05. 


Sitz 

der 

Schale 


7.  Biberach   .  . 

8.  Bieti^eim  . 

9.  Blaabearen  . 

10.  Bönnighenn . 

11.  BrackenbeiiD 

12.  Buchau  .  .  . 
18.  Ebingen .  .  . 

14.  FrendenKtadt 

15.  Frie4lrich»hafen 

16.  Gaildorf.  . 

17.  (lienffen  .  . 

18.  Göppingen 

19.  Groftbottwar 

20.  (i^figlingen 

21.  ileidenheiiii 

22.  Uerrenberg 

23.  Hohenlieim 

24.  Horli .... 

25.  Rirchberg. 

26.  KirclduMiii  ii 

27.  Langenburg 

28.  Lauffen  .  . 

29.  Laupheim  . 

30.  Leonberg  . 
81.  Leutkirch  . 

32.  Marbach .  . 

33.  MarkgrO  Hingen 

84.  Mengen  .  .  . 

85.  Mergentheim 

36.  Mnnderkingen 

37.  Murrhardt 

38.  Nagold   .  . 


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Konfenion 
der  Schüler 


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8tMHl  der  humanlat.  Schulen  in  WUrttemb.  auf  1.  Jan.  1906.     125 


Neckarsulm 
Ncuenstatit 
Uhenidorf 

Pfallinpen . 
Koienfetd  . 
KiHtenbuix 

Saolgan  .  . 

Schorndorf  (a. 
.  ^thramberg 

.  Spajrh innren 
•  Snli  ,  ,  , 

Trtbiatig 

Taltlingen 

.  Vaihingen 
.  Waiblinf^en 
ffalilsee 
.  Wangen  . 
■  Wanibcrg 
.  Wie^eiuteig 
. Wfldberg  . 
,  IViDoeoden 

[|125,110| 

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+  11' 


+  7f 
+  4 


13     16'     21     2 


32       9  166  134 


—61 11299  796   32  j    3;i287   468  1375 |J4U  1166 1 


i:i25     2    -.     69  j    401  27 


30|!+30|i     ifO;  —   . 
47    +2:")      40  1     2  ,  - 


6'    ll!    4l|  l;. 


126     Stand  der  hunianist.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1906. 


Sitz 

der 

S  c  li  u  1  e 


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I  stellen 

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Konfession 
der  Schüler 


9) 


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"^    <» 

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O 


5id 


ZoMnmenstellung. 

Bemmarien,  Gymna- 
sienitProgymnasien 

obere  Abteilung  .  .|  77,|i20 
untere        .,  .  .  105 117 


9 

es 

u 

OD 


Heimat 
der  Schüler 


9 


0) 


•*     'S  ■ 


-< 


^ 


9  1655 !  +  36 
6  2953  +  11 


4608 


zusammen  .  .  182' 


237 


Realgymnasien  nnd 
Realprogynmasien 

obere  Abteilung  .  . 
untere        „  .  . 

zusammen  .  . 

Lateinschulen 
VI— VIII 

Alle  Gelehrten- 
sohnlen  zusammen 

obere  Abteilung  .  . 
untere         „  .  . 

zusammen  .  . 


15  4608 


+  47-1608 


952 
1980 

2932 


29 
61 


32 

58 


o 
9 


596  +  67| 
1993  1+  47 


2589 


650 
855 

1505 


52   1 
114   4 


716 
ß266 


121 
422 


818 
265 


'1608  4' 
757,11 


166 


483 
11467 


94 
458 


18 
61 


5^982 


1 

7 


365 
1643 


543ll083!'2365  5 


59 
227 


172! 
123  i 


35 
42 


90'  90 


134| 


119 


14  2589 1;+114^589  1950 


10,2313  -  2412313  1358 


552 


923 


79   8! 2008 


34 


3  1388 


286 


522 


295 


45^6 


403  !  432 


106 1152 
300294 


14 
25 


2251 
7259 


-hl03  —   .1435 
+  84   —    4800 


744 
2236 


70i  211081 
20914!5297 


180 

im 


990 
791 


161U 
1231 


406^;446  39 


9510i4-137 


9510! 6235 


2980  27916 


6378  1  $S1 1781  28421 


Bemerkungen  zu  obiger  Tabelle: 

1.  2  Repetenten  (darunter  1  theol.). 

2.  1  Vikar. 

3.  1  (theol.)  Vikar. 

4.  1  Vikar,    außerdem  2  Repetenten   am  Pensionat  (darunter 
1  theo!.). 

5.  2  Vikare. 

6.  Die  zwei  jüngsten  Jahrgänge  der  Lateinschüier  besuchen  — 


stand  der  Humanist.  Schulen  in  WUrttemb.  auf  1.  Jan,  1905.     127 

außer  im  Lateinischen  —  die  (gemeinschaftliche)  Unterklasse  der 
dortigen  Realschule,  sind  aber  hier  gezählt. 

7.  Die  Unterklasse  der  Lateinschule  wird  als  gemeinschaftlich 
auch  Ton  Realschülern  besucht,  welche  aber  nicht  hier,  sondern  bei 
den  Realschulen  gezählt  sind. 

8.  In  der  (lateinlosen)  unteren  Abteilung  der  Unterklasse  der 
Lateinschule  befinden  sich  und  sind  mitgezählt  auch  solche  Schüler, 
welche  nachher  in  die  Realschule  übertreten. 

9.  In  der  (lateinlosen)  Vorklasse  der  Lateinschule  belinden 
sich  und  sind  mitgezählt  auch  solche  Schüler,  welche  nachher  in  die 
Realschule  übertreten. 

10.  5  Jahresklassen,  2  Parallelklassen. 


Unter  diesen  Schülern  sind  außerordentliche  (hospitie- 
rende) :  an  Oberklassen  14,  an  Mittel-  und  Unterklassen  161,  darunter 
68  vom  Lateinischen  dispensierte  und  •72  Mädchen. 

Von  den  300  Klassen  der  unteren  Abteilung  waren  Unter- 
klassen oder  Kollaboraturklassen  im  Sinne  der  studien- 
rätlichen  Bekanntmachung  vom  1*  Oktober  1859  (Reg.Bl.  S.  148) 
an  den  größeren  Anstalten  55,  an  den  Lateinschulen  51,  zu- 
sammen 106. 

Auf  die  einzelnen  Klassen  verteilen  sich  die  Schüler  der 
^ßeren  Anstalten  in  folgender  Weise: 


* 

'  Vor- 
{klüssen 

I 

11 

III 

IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

IX 

Gymnasien: 

__ 

1 

t 
1        , 

Zahl  der  Klassen    . 

17 

17 

17 

18 

17 

16 

18 

18     18 

18 

Schüler ' 

442 

528 

528 

496 

441 

400 

492 

349 

315 

312 

Durchschnitt  .  .  .  .' 

26 

31 

31 

27 

26 

25     27 

19     17 

17 

Realgymnasien: 

\ 

, 

Zahl  der  Klassen    . 

i       5 

7 

6 

6       6       6       7 

4 

4 

4 

Schüler 

225 

241 

220 

220 

210  ;  197  1  209 

83'    94'     84 

Durchschnitt   .... 

1     45 

1 

34 

37     37     35 

1 

33     29 

21  i    231     21 

1 

Realprogymnasien : 

1 
1 

1 

1 

Zahl  der  Klassen    . 

3 

4 

4 

4 

5 

5'      5 

5 

___       — 

Schüler 

94 

121 

121 1106 '132   112 

106 

26 

1 

Durchschnitt   .... 

1 

31 

30 

30 

26 

26 

22 

21 

5 

— 

128     ^tand  der  linmanist.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1905. 

An  den  Lateinschulen  beträgt  die  Sohfllerzahl  einer  Klasse 
durchschnittlich  17. 

Auf   die    vier   Kreise    des    Landes    verteilen   sich,  die 
Schüler  der  humanistischen  Schulen  in  folgender  Weise: 
Neckarkreis :      Oberkl.  950,  Unter-  u.  Mittelkl.  31 18,  zus.  4068  Schttl. 
Schwarzw.Kr. :        '„      467,  „  1393,     „    1860     „ 

Jagstkreis:  „      349,  „  1127,     „    1476     „ 

Donaukreis:  „      458,  ^  1621,     „    2106      „ 

II.  In  dem  Bestand  der  humanistischen  Schulen  sind  während  des 
Kalenderjahres  1904   nachstehende  Veränderungen  eingetreten: 

Am  Gymnasium  in  Ehingen  wurde  eine  weitere  Parallel- 
klasse der  oberen  Abteilung  errichtet,  ohne  Änderung  in  den  Lehr- 
stellen; femer  wurde  eine  Vorklasse  mit  einer  Hilfslehrstelle  neu 
errichtet. 

Am  Realgymnasiunt  in  Gmünd  wurde  eine  Parallelklasse 
der  oberen  Abteilung  und  eine  (realistische)  Hilfslehrstelle  der 
mittleren  Abteilung  neu  errichtet. 

Am  Realgymnasium  in  Stuttgart  wurde  eine  weitere 
Parallelklasse  der  unteren  Abteilung  mit  einer  Hilfslehrstelle  er- 
richtet. 

Am  Realgymnasium  in  Ulm  wurde  eine  Parallelklasse 
der  oberen  Abteilung  mit  einer  Hilfslehrstelle  neu  errichtet. 

In  Schorndorf  wurde  die  bisherige  zweiklassige  Latein- 
schule als  selbständige  Schule  aufgehoben  und  als  ,,Latein- 
abteilung^^     der    nunmehr    sechsklassigen    Realschule    ange- 


gliedert. 


An  der  Lateinschule  in  Neckarsulm  wurde  eine  der 
Latein-  und  Realschule  gemeinschaftliche  Unterklasse  mit  einer 
Hilfslehrstelle  neu  errichtet. 

An  der  Lateinschule  in  Giengen  wurde  die  Präeeptors- 
stelle  aufgehoben. 

in.  Was  den  Wechsel  der  Schüler  vom  1.  Januar  1904 
bis  1.  Januar  1905  betrifft,  so  sind 
A.Aus   den  humanistischen  Schulen  ;ranz  ausgetreten,   und 
zwar: 
1.  aus  den  Oberklassen: 

in  Oberklassen  von  realistinchen  Schulen    .     .     12 
,.  ein  Schullehrerseminar 1 


Stand  der  humanist  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1905.     1 29 

in  eine  andere  öffentliche  Schale   des  Landes      1 
„  den  Privatunterricht  oder  eine  Privatanstalt      5 
„  das  elterliche  Haus  zurückgetreten    ...      4 
nach  Erwerbung  des  Abiturientenzeugnisses  aus- 
getreten       395 

(darunter  von  den  Realgymnasien  60) 
und  zwar  mit  der  Absicht,  sich  zu  widmen 

a)  dem  Studium  an  einer  Universität  .  299 

(darunter  von  Realgymnasien  19) 

b)  d.  Studium  an  einer  tecbn.  Hochschule    44 

(darunter  von  Realgymnasien  33) 

c)  dem  Studium  an  einer  andern  aka- 
demischen Anstalt 10 

(darunter  von  Realgymnasien  2) 

d)  einem  andern  Studium 3 

(darunter  von  Realgymnasien  1) 

e)  dem  militärischen  Beruf     ....    25 

(darunter  von  Realgymnasien  5) 

f)  einem  sonstigen  Beruf 14 

(darunter  von  Realgymnasien  0) 
nach  Erwerbung  des  Reifezeugnisses  für  Prima 

ausgetreten 27 

(darunter  von  Realgymnasien  und  Real- 
progymnasien 12) 

nach  Erwerbung   des  Zeugnisses  der  wissen- 
schaftlichen Befähigung  ftlr  den   einjährig- 
freiwilligen  Militärdienst  ausgetreten  .     .     .  266 
(darunter  von  Realgymnasien  und  Real- 
progymnasien 147) 
und  zwar  mit  der  Absicht,  sich  zu  widmen 

a)  einem  gewerblichen  Berufe     ...    28 

(darunter  von  Realgymnasien  und  Real- 
progymnasien 10) 

b)  dem  kaufmännischen  Beruf    .    .     .  1H4 

(darunter  von  Realgymnasien  und  Real- 
progymnasien 86) 

c)  dem  mittleren  Beamtendieust ...     69 

(darunter  von  Realgymnasien  und  Real- 
progymnasien 36) 

d)  einem  anderen  Studium  oder  Beruf    35 

(darunter  von  Realgymnasien  und  Real- 
progymnasieu  15) 


130     Stand  der  humanist.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1905. 

in  eine  militärische  Bildnngsanstalt    ....  2 

zu  Gewerbe  und  Handel 10 

zur  Landwirtschaft 3 

zu  einer  anderen,  im  obigen  nicht  bezeichneten 

Beschäftigung 4 

ans  dem  Lande  weggezogen 24 

»gestorben 4 

zusammen  758  Schüler. 
2.  Aus  den  Mittel-  und  Unterklassen: 

in  Oberklassen  von  realistischen  Schulen   .    .  16 

,,  Mittel-  und  Unterklassen  von  realistiHchen 

Schulen 224 

.,   Elementarschulen 4 

„  Volksschulen 94 

„  ein  Schullehrerseminar  oder  eine  Präparanden- 

anstalt 4 

.,   eine  andere  öffentliche  Schule  des  Landes  9 

,,  den  Privatunterricht  oder  eine  Privatanstalt  68 

,.,  das  elterliche  Haus  zurückgetreten    ...  37 

,,  eine  militärische  Bildungsaustalt    ....  4 

zu  Gewerbe  und  Handel 167 

zur  Landwirtschaft 15 

zu  irgend  einer  im  obigen  nicht  bezeicimeten 

Beschäftigung 38 

aus  dem  Lande  weggezogen 101 

gestorben 11 

zusammen  792  Schüler. 
Somit  sind  aus  den  humanistischen  Schulen  überhaupt  aus- 
getreten 1550  Schüler. 
B.  Aus  Mittel-  und  Unterklassen  in  Oberklassen  übergetreten  smd 
im  ganzen  810  Schüler,  darunter  554  an  derselben  Anstalt. 

Aus  Oberklassen  von  humanistischen  Schulen  in  Oberklassen 
einer  anderen  humanistischen  Schule  sind  übergetreten  108 
Schüler;  aus  Mittel-  und  Unterklassen  von  humanistischen 
Schulen  in  Mittel-  und  Unterklassen  einer  anderen  humanistischen 
Schule  sind  übergetreten  377  Schüler. 
0.  In  die  humanistischen  Schulen  sind  neu  eingetreten,  und  zwar: 
1.  in  die  Oberklassen: 

aus  Oberklassen  von  realistischen  Schulen      .      3 
„    einer  anderen  öffentlichen  Schule  des  Landes       1 


1f 
?1 


Stand  der  humanist.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1906.     13  i 

• 

aas  dem  Privatunterricht  oder  Privatanstalten    12 

.,    dem  elterlichen  Haus 7 

von  anßerhalb  des  Landes  hergezogen  ...    28 

zusammen  51  Schüler, 
2.  in  die  Mittel-  und  Unterklassen: 

aus  Mittel-  und  Unterklassen  von  realistischen 

Schulen 43 

.,    P^lementarscliulen 620 

Volksschulen 617 

besonderem,  in  der  Volksschule  eingerich- 
tetem Vorbereitungsunterricht 127 

aus  einer  anderen  öffentlichen  Schule  des  Landes    33 
.,    dem  Privatunteiricht  oder  Privatanstalten  115 

,.    dem  elterlichen  Haus 4 

von  außerhalb  des  Landes  hergezogen  ...    77 

zusammen  1636  Schüler. 
Somit  sind  in  die  humanistischen  Schulen  überhaupt  neu 
eingetreten  1687  Schüler. 

Da  nach  A  1550  Schüler  aus  den  humanistischen  Schulen  ausge- 
treten sind,  ergibt  sich  die  oben  verzeichnete  Zunahme  von  137  Schülern. 

IV.  Am  Turnunterricht  haben  teilgenommen  7731  Schüler. 

Von  diesen  kamen  auf  die  Oberklassen  der  größeren  An- 
stalten 1980,  auf  die  Mittel-  und  Unterklassen  der  größeren  An- 
stalten 3980,  auf  die  Lateinschulen  1771,  darunter  von  6  Latein- 
schulen, an  welchen  nur  im  Sommer  Turnunterricht  erteilt  wird, 
154  Schüler. 

V.  Im  Kalenderjahr  1904  sind  seitens  der  betreffenden  Lehr- 
anstalten ausgestellt  worden:  Zeugnisse  bestandener  Abiturienten- 
prüfung 296  (darunter  von  den  Realgymnasien  60),  Zeugnisse  der 
wissenschaftlichen  Befähigung  für  den  einjährig-frei- 
willigen Militärdienst  758  (darunter  von  den  Realgymnasien 
und  Realprogymnasien  239). 

VI.  Uauptlehrstellen  bestanden  an  den  öffentlichen  humani- 
stischen Schulen  am  1.  Januar  1905  446,  Hilf sl ehrstellen  39, 
zusammen  485  Lehrstellen. 

Von  der  Gesamtzahl  der  Lehrstelleu  befanden  sich 
a)  auf    der    Ober-(Profes8ors-)Stufe    166,    nämlich    an    den 
Seminarien  12,  an  den  Gymnasien  und  Progymnasien  118 


132     Stand  der  humanlBt.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1905. 

(9  proy.)y  an  den  Realgymnasien  und  Realprogymnasien  36 

(5  prov.); 

b)  auf  der  Mittel-  (Oberpräzeptors-)  Stufe  218^  nämlich  an  den 
Mittelklassen  der  grösseren  Anstalten  132  (12  prov.),  an 
den  Lateinschulen  86  (8  prov.) ; 

c)  auf  der  Unter-(Präzeptors-)  Stufe  101,  nämlich  an  den  grösseren 
Anstalten  58  (3  prov.),  an  den  Lateinschulen  43  (2  prov.)  ^^ 

Von  den  485  Lehrstellen  waren  humanistisch  379,  nämlich 
a)  bei  den  größeren  Anstalten  an  Oberklassen  119  Professors- 
stellen (darunter  12  proy.)^  an  Mittelklassen  101  Oberpräzeptors- 
stollen  (darunter  8  prov.),  an  Unterklassen  56  Präzeptorsstellen 
(darunter  8  prov.);  b)  an  Lateinschulen  64  Oberpräzeptorsstellen 
(darunter  6  prov.),  39  Präzeptorsstellen  (darunter  2  prov.). 

Außerdem  waren  26  humanistische  Stellen  mit  Kirchenstellen 
verbunden,  nämlich  4  an  Mittelklassen,  22  an  Lateinschulen. 

Realistische  Haupt- undHilfslehrstellen  befanden  sich  an 
den  humanistischen  Schulen  im  ganzen  72,  nämlich  an  Oberklassen  der 
Gymnasien  und  Progymnasien  25  (wovon  0  prov.),  der  Realgymnasien 
und  Realprogymnasien  18  (wovon  2  prov.),  an  Unter-  und  Mittel- 
klassen 26  (wovon  4  prov.),  an  Lateinschulen  3  (2  prov.). 

Hierzu  kommen  noch  3  Professorsstellen  für  evangelischen 
Religionsunterricht  und  Hebräisch;  1  Hauptlehrstelle  für  Turn- 
unterricht auf  der  Professoratsstufe ;  endlich  2  Hauptlehrstellen  für 
Singen  und  Schönschreiben  an  Mittel-  und  Unterklassen. 

Nicht  gerechnet  unter  den  485  Haupt-  und  Hilfslehrstellen  sind 
18  Vikars-  und  Repetentenstellen. 

YU.  Von  detinitiven  Lehrstellen  waren  am  1.  Januar  1904 
unbesetzt:  1  Rektorsstelle  an  einem  Gymnasium;  1  Oberpräzeptors- 
stelle  an  einer  größeren  Anstalt  (mit  geistlichem  Amt  verbunden), 
9  Oberpräzeptorsstellen  an  Lateinschulen  (davon  7  mit  geistlichem 
Amt  verbunden);  4  Präzeptorsstellen  an  Lateinschulen  (davon  1 
mit  geistlichem  Amt  verbunden). 

Aufgehoben  wurden  im  Kalenderjahr  1904:  1  Prä- 
zeptorsstelle  an  einer  Lateinschule. 

*)  Von  den  Präzeptors-  (frülier  KoUaborators-)  Stellen  (im  Sinn  der 
Btudienrätlichcn  Bekanntmachung  vom  1.  Okt.  1859)  ist  1  (in  Ehinj^eiO 
mit  dem  Gelialt  von  Stellen  an  Mittelklassen  ausgestattet,  4  (je  1 
in  Biberach,  Friedrichshafen,  Horb,  Leutkircli)  sind  Präzeptorats- 
kaplaneieu. 


Stand  der  buinanist.  Schulen  in  Württemb.  auf  1.  Jan.  1905.     133 

In  Erledigung  kamen:  2  Rektorsstellen  an  Realprogym- 
naaien;  18  Professorsstellen  (darunter  6  realistische^  1  ftlr  Religion); 
17  Oberpräzeptorsstellen  an  größeren  Anstalten  (darunter  7  rea- 
listische), 12  Oberpräzeptorsstellen  an  Lateinschulen;  2  Präzeptors- 
stellen  an  größeren  Anstalten,  5  Präzeptorsstellen  an  Lateinschulen. 

Besetzt  wurden:  1  Rektorsstelle  an  einem  Gymnasium; 
15  Professorsstellen  (darunter  5  realistische,  1  für  Religion);  15 
Oberpräzeptorsstellen  an  größeren  Anstalten  (darunter  6  realistische) ; 
11  Oberpräzeptorsstellen  an  Lateinschulen  (davon  2  mit  geistlichem 
Amt  verbunden);  1  Präzeptorsstelle  an  einer  größeren  Anstalt; 
7  Präzeptorsstellen  an  Lateinschulen. 

Hiernach  waren  am  1.  Januar  1905  unbesetzt:  3  Professors- 
stellen, 2  Oberpräzeptorsstellen  an  größeren  Anstalten  (darunter 
1  realistische),  10  an  Lateinschulen  (darunter  7  mit  geistlichem 
Amt  verbunden);  1  Präzeptorsstelle  an  einer  größeren  Anstalt, 
1  an  einer  Lateinschule  (mit  geistlichem  Amt  verbunden). 

Durch  diese  Besetzungen  kamen  22  unständige  Lehrer 
aufdefinitiveStellen,  nämlich:  10  humanistische,  4  realistische 
Professoratskandidaten,  3  Präzeptoratskandidaten,  5  Eollaboratur- 
kandidaten;  ferner  traten  2  realistische  Lehrer  und  1  evangelischer 
Geistlicher  in  den  Dienst  an  Gelehrtenschulen  über. 

Ausgeschieden  sind  27  ständig  angestellt  gewesene  Lehrer, 
nämlich  durch  Obertritt  in  die  Behörde  1,  in  den  Realschuldienst  7, 
in  den  Dienst  an  höheren  Mädchenschulen  1,  in  den  Kirchendienst  2, 
durch  Versetzung  in  den  Ruhestand  10,  durch  Tod  6. 

VIII.  Auf  Lebenszeit  angestellt  waren  am  1.  Januar  1905 
an  den  humanistischen  Schulen  im  ganzen  429  Lehrer,  darunter 
60  realistische,  nämlich:  ' 

a)  an  Oberkiassen 148,  darunter  41  realistische, 

b)  „    Mittel-  und  Unterklassen        175,         „         18  „ 

c)  ,,    Lateinschulen 106,         „  1  ,, 

Auf  humanistischen  Stellen  waren  am  1.  Januar  1905  341  Lehrer 
auf  Lebenszeit  angestellt.  (Nicht  gerechnet  sind  hierbei  die  Inhaber 
der  mit  kirchlichen  Ämtern  verbundenen  Lehrstellen.) 

Von  den  aufgeführten  341  Lehrern  haben  erstanden  die  Pro- 
fessoratsprüfnng  135,  die  beiden  Dienstprüfungen  für  das  huma- 
nistische Lehramt  4,  die  Präzeptoratsprüfung  (ohne  eine  höhere 
Prttfang)  115,  die  Lateinkollaboraturprüfnng  (ohne  eine  höhere 
Prüfung)  81,  keine  der  erwähnten  Prüfungen  6. 


124     Stand  der  humaniät.  Schulen  in  WUrttemb.  auf  1.  Jan.  1905. 


Sitz 

der 

Schule 


7.  Biberach   .  . 

8.  Bietigheim   . 

9.  Blaubeuren  . 

10.  Bönnigheim. 

11.  Brackenheim 

12.  Buchau  .  .  . 

13.  Ehingen .  .  . 

14.  Freudenstadt 

15.  Friedrichshafen 

16.  Gaildorf.  .  . 

17.  Giengen  .  .  . 

18.  Göppingen  . 

19.  Großbottwar 

20.  Güglingen    . 

21.  Heidenheim . 

22.  Hen-enberg  . 
28.  Hohenheim  . 

24.  Horb 

25.  Kirchberg.  . 

26.  Kirchheim  u. ' 

27.  Langenburg 

28.  Lauffen  .  .  . 

29.  Laupheim  .  . 
80.  Leonberg  .  . 

31.  Leutkirch  .  . 

32.  Marbach.  .  . 
88.  Markgrö  ningen 

34.  Mengen  .  .  . 

35.  Mergentheim 

36.  Munderkingen 

37.  Murrhardt    . 

38.  Nagold   .  .  . 


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Stand  der  realist.  Schulen  in  Wttrttb.  auf  1.  Jan.  1905.       135 

Stellvertreter  2,  in  anden!^'eitiger  inländischer  Unterrichtstätigkeit 
stehend  1;  krank  1. 

Kandidaten,  welche  die  beiden  Dienstprüfungen  für  das 
humanistische  Lehramt  erstanden  haben:  24,  davon  verwendet 
als  Hilfslehrer,  Vikare  oder  Repetenten  17,  als  Aratsverweser  oder 
Stellvertreter  3,  in  Privatdiensten  1,  beurlaubt  3; 

Präzeptoratskandidaten  1,  in  Privatdiensten  3; 

Kandidaten  für  Präzeptorsstellen  (bezw.  für  Latein- 
schulen geprüfte  Kollaboraturkandidaten),  welche  weder 
lebenslänglich  angestellt  noch  im  aktiven  Volksschuldieivst  verwen- 
det sind,  waren  es  11,  davon  als  Hilfslehrer  oder  Amtsverweser 
(teilweise  an  Realschulen)  verwendet  8,  3  studierten. 


Statistische  Nachriohten  über  den  Stand  der  reali- 
stisohen  Schulen  in  Württemberg  auf  1.  Januar  1905. 

I.  statistische  Tabelle  über  den  Stand  der  realistisshen  Schulen 
in  Württemberg  auf  1.  Januar  1905. 


Sitz 

der 
Schule 


Lehr- 
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2.  £ßlingen, 
obere  Abtei  hu  g 
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3.  Göppingen, 
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4.  Hall,  I      i 
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136       Stand  der  realist.  Schulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905. 


Sitz 

der 

Schule 


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5.  Heilbronn, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.unt.  „ 

6.  Ravensburg, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

7.  Reutlingen, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

8.  Stuttgart, 
Fr.-Eug.-Realsch. 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

9.  Stuttgart, 
Wilh.-Realschule., 
obere    Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

10.  Ulm, 

obere    Abteilung 
mittl.  u.  unt  „ 

Obere  Abteilung  .  . 
Mittl.  u.  unt.  Abteil. 


II.  RealBohnlen  mit 
2  ober.  Jahreskursen 

1.  Aalen, 

obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

2.  Biberach, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

8.  Heidenheim, 
obere  Abteilung 
mittl. u.unt.  „ 

4.  Ludwigsburg, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 


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92 

Stand  der  realist.  Schulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905.       137 


Sitz 

der 

Schule 


Lehr- 
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der  Schüler 


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G.  Tübingen, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

Obere  Abteilung  .  . 
Mittl.  u.  unt.  Abteil. 

III.  ReaLschulen  mit 
1  oberen  Jahreskurs 

1.  Crailsheim, 
obere    Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

2.  Ehingen, 

obere   Abteilung 
mittl.  u.nnt.  „ 

3.  Freudenstadt, 
obere   Abteilung 
mittl.  u.  unt.  „ 

4.  Kircbheim, 
obere  Abteilung 
mittLu.unt.  „ 

0.  Schorndorf, 
obere  Abteilung 
mittl.  u.  nnt.  „ 

6.  Schwenningen, 
obere  Abteilung 

_  mittl.  u.  unt.  „ 

".  Sindelfingen, 
obere   Abteilung 
mittl.  n.  unt.  „ 

^.  Stuttgart,  6kl. 
(nene)  Realschule 
obere  Abteilung 
nüttl.u.unt.  „ 

9.  Tuttlingen, 
obere   Abteilung 
mittLu.unt.  „ 

Obere  Abteilung  .  . 
Mittl.  u.  unt.  Abteil. 


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24 

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7 

14 
53 

25 
191 


32  175 
100  502 


Korregpondenzblatt  1906,  Heft  4  n.  6. 


138       Stand  der  reallst.  Schulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905. 


Lehr- 1 


Sitz 

der 

Schule 


IV.  Realsohnlen 
ohne  01)erkla88en 

1.  Alpirsbach  .  . 

2.  Altshausen  .  . 

3.  Backnang  .  .  . 

4.  Baiersbronn    . 

5.  Balingen    .  .  . 

6.  Bietigheim    .  . 

7.  Blaubeuren  .  . 

8.  Bopfingen .  .  . 

9.  Buchau   .... 

10.  Buttenhausen. 

11.  Creglingen  .  . 

12.  Dornhan.  .  .  . 

13.  Dornstetten.  . 
U.Dürrm.-Mühlack 

15.  Ehingen  .... 

16.  Ellwangen    .  . 

17.  Eningen  .... 

18.  Feuerbach   .  . 

19.  Friedrichshafen 

20.  Gaildorf.  .  .  . 

21.  Giengen  .... 

22.  Heimsheim  .  . 

23.  Herrenberg  .  . 

24.  Heubach    .  .  . 

25.  Horb 

26.  Isny 

27.  Knittlingcn  .  . 

28.  Künzelsau    .  . 

29.  Langcnau  .  .  . 

30.  Lauplieim  .  .  . 

31.  Leonberg  .  .  . 

32.  Leutkirch  .  .  . 

33.  Lorch 


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6 

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6 
6 


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6 


Stand  der  realist.  Schalen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905.       139 


1 

1 

Lehr- 

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Konfession 

Heimat 

1 

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der 

Schule 

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Hilfslehrstellen 

Schüler 

Gegen  1.  Jan. 

- 
Evangelische 

Katholiken 

Israeliten 

Sonst  einer  Konf. 

Einheimische 

Im  Umkreis 
wohnende 

Auswärtige 

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36.  Mergentheim  .  . 

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37.  Metzingen .... 

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20 

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38,  Möckmühl.  .  .  . 

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2.      I 

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+  5, 

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1 

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39.  Münsingen   .  .  . 

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41.  Neckarsulm.  .  . 

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24 

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1 

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28 

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1 
1 

1 

48.  Neuenbürg  .  .  . 

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1 

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1      1 

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44.  NeuflFen 

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39 

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1      1 

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20 

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45.  Niederstetten .  . 

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48.  Obemdorf .  .  .  . 

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2 

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8 

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6 

47.  Rottenburg  .  .  . 

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+  81 

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48.  Saulgau  ..... 

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37 

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6 

49.  Schramberg    .  . 

4 

2 

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22 

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12 

2 

24 

6 

50.  Spaichingen    .  . 

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1   — 

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1    24 

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2 

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1 

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25 

5    - 

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7 

2 

6 

52.  Tettnang  .  .  .  . 

1 

1                             i 

1 

28 

—   1 

1      2 

26    - 

17 

11 

8 

53.  Trossingen  .  .  . 

1 

1 

,       1       - 

36 

6 

36 

—    — 

35 

1 

14 

54.  üntergröningeu 

'l    1 

1      — 

1            1 

24,1         4' 

21 

8 

—    — 

10 

14 

1 

55.  Urach 

,     f 

2     2 

119    —   3 

111 

8 

118 

1 

15 

56.  Vaihingen.  .  .  . 

2 

1      1 

65    +    3 

1 

65 



— 

32 

33 

4 

57.  Waiblingen  .  .  . 

'    3 

2 

1 

1 

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1 

8 

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16 

10 

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1     2 

1   1 

1' 

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3 

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1 

25 

1 

6 

59.  Wangen 

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1 

1 

52 

-   3 

10 

42 

:         44 

6 

2 

28 

60.  Weikersheim  .  . 

1 

1 



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11 

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1 

15 

2 

1 

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61.  Weü  der  Stadt 

2 

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1 

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21 

13 

— 

17 

17 

-1    7 

62.  Welzheim  .  .  .  . 

1    1 

'  1 

26,1  +   6 

26 

23 

2 

1 

1 

63.  Wildbad 

2 

2 



77 

+   6 

'    74 

3    — 

— 

64 

12 

1 

14 

64.  Winnenden  .  .  . 

2 

1 

61 

1    60 

1|- 

54 

6 

1 

3 

6 

121 

96   17  i 

3173 

+  104 

2189 

883 

96  j     5; 

2376 

719 

78 

642 

■ 

1.  Bürgerschule 
Stuttgart 
(Kl.  III-VIII) 

28 

29 

1 
1294 

i 

!  +  161 

1188 

101 

4 

1 

1: 

1 
1238 

52 

4 

32 

1 
1 

140       Stand  der  realist.  Schulen  in  Wüi^ttb.  auf  1.  Jan.  1905. 


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Konfession 

Heimat 

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der  Schüler 

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Einheimische    ' 

im  Umkreis 
wohnende 

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der 

Schule 

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Katholiken 

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Oberrealschnlen  nnd ;! 

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Oherklassen 

obere  Abteilung  .  i  70 
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Niedere  Realschulen  I!121 


I     I 


I    i 


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96 


17 


Bürgerschule         2B|'  29 


+  71 


7260  +280 
Bl73iLfl04 
129i+161| 


jss 


1^ 


8173; 


1294: 


1195*  329 
5879  1176 

83 

189 

i  810  291  458 
16  Ö568 1265!  427 

2189   883 

96 

52376 

719 

78 

11881  101 

4 

1 

11238 

52 

4, 

11557 
2131 


32 


Gesamtzahl  .  435391166113286:^16:1328610451 


2489  322  24:,9992 


2327 


967 


4362 


Unter  dieser  Gesamtzahl  befinden  sich  308  außerordentliche 
Schüler  und  hierunter  262  Mädchen;  femer  237  Schüler,  deren 
Eltern  außerhalb  des  Landes  wohnen. 

Den  Klassen  nach  verteilen  sich  die  Schüler  wie  folgt: 


Vor- 
klasse 


II 


in 


IV 


VI 


VII 


villi  IX 


1.  Oherrealschulen 

Anzahl  der  Klassen 
Schüler 


» 


ImDurchschnitt  sind 
in  1  Klasse  Schüler 

2.  Realschulen  mit 
2  Oberklassen 

Anzahl  der  Klassen 

y,         „    Schüler 

ImDurchschnitt  sind 

in  1  Klasse  Schüler 

3.  Realschulen  mit 
1  OberUasse 

Anzahl  der  Klassen 

„         „    Schüler 

ImDurchschnitt  sind 

in  1  Klasse  Schüler 


22 

808 

36,7 


7 
207 


22     21 
841  '  775 

38,2  !36,9 


8       8 
287   262 


21,    19 
780   679 

34,8  35,7 


19 

19 

10 

10 

550   587 

1 

2215 

193 

28,9 

30,9 

22,3 

19,3 

1 

29,6    35,9  32,7 


2    I    10 
72     326 


7 
236 

83,7 


9 


291   295 
36,0    .32,5  32,3  ,32,8 


7 
204 

29,1 


9 
269 

29,9 


7 
196 

28,0 


9 
233 

25,9 


6 

192 

32,0 


10 
154 

15,4 


35;  - 

5,8  i  - 


175 1^     - 


19,4 


Stand  der  realist.  Schulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905.       141 

An  den  niederen  Realschulen  kommen  auf  1  Klasse  im 
Durchschnitt  26,2  Schüler. 

Auf  die  Kreise  des  Landes  verteilen  sich  die  Schüler 
folgendennassen  : 


evang. 


kath. 

Israelit. 

sonstige 
Kon- 
fession 

im 
ganzen 

624 

145 

16 

6  412 

639 

25 

4 

2  768 

314 

97 

4 

1823 

912 

55 
322 

^,^_^ 

2  283 

2  489 

24 

13  286 

'i 

1.  Neckarkreis !  5  627 

2.  Schwarz  waldkreis    .  j  2  100 

3.  Jagstkreis |  1  408 

4.  Donaukreis    .  .     .  .  i  1  316 

zusammen 10  451 


Bemerkungen  zu  obiger  Tabelle. 

1.  1  Vikarsstelle. 

2.  2  Vikarsstellen. 

8.  1  Vikarsstelle  gemeinsam  mit  dem  Realgymnasium. 

4.  Hierzu    kommen  noch   die  Schüler  der  Lateinabteilungen, 
60  daß  die  Realschule  Crailsheim  im  ganzen  216  Schüler  hat. 

5.  Hierzu   kommen   noch    die  Schüler  der  Lateinabteilungen, 
so  daß  die  Realschule  Schorndorf  im  ganzen  204  Schüler  hat. 

6.  Die  Unterklasse  ist  gemeinsam  mit  der  Lateinschule. 

7.  Die  Realschule  steht  unter  dem  Rektorat  des  Gymnasiums. 

8.  Die  Vorklasse  ist  gemeinsam  mit  der  Lateinschule. 

9.  Die    Latein-    und    Realschule    stehen    unter  gemeinsamem 
Vorsteheramt. 

10.  Die  Schüler  des  ersten  Jahrgangs  besuchen  die  Unterklasse 
der  Lateinschule. 


IL  Im  Bestände  der  realistischen  Schulen  sind  während  des 
Kalenderjahres  1904  nachstehende  Veränderungen  eingetreten: 

An  der  Oberrealschule  in  Oannstatt  wurde  eine  Hilfs- 
lehrstelle in  eine  Reallehrersstelle  umgewandelt  und  eine  pro- 
visorische Parallelklasse  an  der  mittleren  Abteilung  mit  einer  Hilfs- 
lehrstelle neu  errichtet. 

An  der  Oberrealschule  in  Eßlingen  wurde  eine  provi- 
sorische Parallelklasse  an  der  unteren  Abteilung  mit  einer  Hilfs- 
lehrstelle neu  errichtet. 

An  der  Oberrealschule  in  Göppingen  wurde  eine  Hilfs- 
lehrstelle  in  eine  Reallehrersstelle  umgewandelt. 


142       Stand  der  realist.  Schulen  in  Wflrttb.  auf  1.  Jan.  1905. 

An  der  Oberrealschule  in  Heilbronn  wurde  eine  provi- 
sorische Parallelklasse  an  der  mittleren  Abteilung  mit  einer  Hilfs- 
lehrstelle neu  errichtet. 

Von  der  Friedrich-Engens-Realschule  in  Stuttgart 
wurden  6  Klassen  mit  4  definitiven  Hauptlehrstellen  (8  Oberreal- 
lehrersstellen  und  1  Reallehrersstelle)  und  2  Hilfslehrstellen  abgetrennt 
und  aus  denselben  unter  Neuerrichtung  der  Rektorsstelle  und  einer 
weiteren  Hilfslehrstelle  eine  neue  Gklassige  Realschule  ge- 
bildet. 

An  der  Wilhelms-Realschule  in  Stuttgart  wurde  eine 
Hilfslehrstelle  in  eine  Oberreallehrersstelle  umgewandelt. 

An  der  Oberrealschule  in  Ulm  wurde  eine  provisorische 
Parallelklasse  an  der  unteren  Abteilung  mit  einer  Hilfslehrstelle 
neu  errichtet. 

An  der  Realschule  in  Aalen  wurde  eine  provisorische 
Parallelklasse  an  der  mittleren  Abteilung  mit  einer  Hilfslehrstelle 
neu  errichtet. 

An  der  Realschule  in  Heiden  heim  wurde  eine  provi- 
sorische Parallelklasse  au  der  unteren  Abteilung  mit  einer  Hilfs- 
lehrstelle neu  errichtet. 

In  Schorndorf  wurden  die  4klas8ige  Realschule  und 
die  2klassige  Lateinschule  vereinigt  und  unter  Neuerrichtung 
der  Rektorsstelle  und  zweier  Oberreallehrersstellen  zu  einer  6k las- 
sigen Realschule  mit  Lateinabteilungen  ausgebaut. 

An  der  Realschule  in  Schwenningen  wurde  eine  Hilfs- 
lehrstelle in  eine  Oberreallehrersstelle  umgewandelt. 

An  der  Realschule  in  Backnang  wurde  eine  Oberreal- 
lehrersstelle neu  errichtet. 

An  der  Realschule  iuBietigheim  wurde  eine  Reallehrers- 
stelle neu  errichtet. 

In  Buttenhausen  wurde  durch  Stiftung  des  Kommerzienrats 
L.  Bernheimer  in  München  eine  einklassige  Realschule  errichtet 
und  derselben  der  Name:  ^^Bernheimersche  Realschule^* 
beigelegt 

An  der  Realschule  in  Giengen  wurde  eine  Reallehrers- 
stelle neu  errichtet. 

An  der  Realschule  in  Lorch  wurde  eine  provisorische 
Unterklasse  mit  einer  Hilfslehrstelle  neu  errichtet. 

An  der  Realschule  in  Mergentheim  wurde  eine  provi- 
sorische Mittelklasse  mit  einer  Hilfslehrstelle  neu  errichtet. 


stand  der  realist.  Schulen  in  Wilrttb.  auf  1.  Jan.  1905.        143 

An  der  Realschule  in  Neckarsalm  wurde  eine  provi- 
sorische Unterklasse  mit  einer  Hilfslehrstelle  neu  errichtet. 

An  der  Realschule  in  Oberndorf  wurde  eine  Hilfslehr- 
stelle in  eine  Reallehrersstelle  umgewandelt. 

An  der  Realschule  in  Rottenburg  wurde  eine  provi- 
sorische Mittelklasse  mit  einer  Hilfslehrstelle  neu  errichtet. 

An  der  Realschule  in  Schramberg  wurde  eine  provi- 
sorische Mittelklasse  mit  einer  Hilfslehrstelle  neu  errichtet. 

ni.  Was  den  Wechsel  der  Schüler  vom  1.  Januar  1904 
bis  1.  Januar  1905  betrifft,  so  sind 

A.  aus    den   realistischen    Schulen   (einschließlich    der  Klassen 
III — VIII  der  Bürgerschule)  abgegangen: 

a)  aus  den  Oberklassen: 

in  eine  Oberklasse  einer  Gelehrtenschule        3 
„      „     Mittel-  oder  Unterklasse  einer  Ge- 
lehrtenschule  — 

„   ein  Schullehrerseminar 2 

„   eine  andere  öffentliche  Schule    ...        6 
„      „  Privatschul,  od.  in d. Privatunterricht        7 

in  das  elterliche  Haus 6 

nach  Erwerbung  des  Abiturientenzeugnisses 
zum  Studium  an  der  Universität  .  10 
zum  Studium  an  der  Technischen 

Hochschule 99 

an  eine  andere  akademische  Anstalt  4 
zu  einem  anderen  Studium  ...  3 
zu  dem  militärischen  Beruf  .  .  7 
zu  einem  sonstigen  Beruf    .     .     .     12     135 

nach  Erwerbung  d.  Reifezeugnisses  f.  Prima  41 
nach  Erwerbung  des  Einjährigenzeugnisses 
zu  einem  gewerblichen  Beruf  .  .  75 
zu  einem  kaufmännischen  Beruf  .  316 
zum  mittleren  Beamtendienst  .  .  160 
zu  einem  andern  Studium  oder  Beruf    62     613 

in  eine  militärische  Bildungsanstalt     ...     1 

zu  Gewerbe  und  Handel 36 

zur  Landwirtschaft 1 

zu  einer  anderen  Beschäftigung  ....         4 


144       Stand  der  realist.  Schulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905. 

aus  dem  Lande  weggezogen 8 

gestorben  Bind 5 

Zusammen  868  Schaler 
b)  aus  den  Mittel-  und  Unterklassen: 

in  eine  Oberklasse  einer  Gelehrtenschule 
„     eine    Mittel-    oder   Unterklasse    einer 

Gelehrtenschnle 43 

„   eine  Elementarschule 13 

,,     ,,     Volksschule 193 

„   ein  Schullehrerseminar  oder  eine  Prä- 

parandenanstalt 30 

„   eine  andere  öffentliche  Schule    ...  8 

„   den  Privatunterricht 79 

ins  elterliche  Haus 76 

in  eine  militärische  Bildungsanstalt      .     .  2 

zu  Gewerbe  und  Handel 914 

zur  Landwirtschaft 34 

zu  einer  anderen  Beschäftigung  ....  10 

aus  dem  Lande  weggezogen 69 

gestorben 13 

Zusammen  1484  Schüler. 

B.  Aus    den  mittleren  Klassen  in  die    oberen    sind  über- 
getreten 8i)0;  darunter  722  an  derselben  Anstalt. 

Aus  einer  Oberklasse  in  eine  Oberklasse  einer  anderen  An- 
stalt sind  69,  aus  einer  Mittel-  ode^  Unterklasse  in  eine  Mittel- 
oder Unterklasse  einer  anderen  realistischen  Schule  524  Über- 
getreten; aus  einer  Oberklasso  einer  realistischen  Schule  in 
eine  Unterklasse  0. 

0.  Eingetreten  sind  im  Laufe  desselben  Kalenderjahrs : 
a)  in  die  Oberklassen: 

aus  einer  Oberklasse  einer  Gelehrtenschule  12 
„     einer  Mittel-   oder  Unterklasse  einer 

Gelchrtenschule 16 

anderen  öffentlichen  Schule  .     .  8 
Privatschule    oder    dem   Privat- 
unterricht      13 

,,    dem  elterlichen  Haus 12 

von  außerhalb  des  Landes 18 

Zusammen       79  Schüler 


^T       " 


1' 


stand  der  reaii^t.  Schulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905.        145 

b)  in  die  Mittel-  und  Unterklassen: 

aus  einer  Oberklasse  einer  Oelehrtenschule  — 
„     Mittel-  und   Unterklassen   einer   Oe- 
lehrtenschule    224 

,,   Elementarschulen 1061 

,,   Volksschulen 1054 

„   Vorbereitnngsklassen  der  Volksschulen  379 

f,   einer  anderen  öffentlichen  Schule  .    .  19 

,,    dem  Privatunterricht 50 

.,       „     elterlichen  Haus 8 

von  ausserhalb  des  Landes 94 

Zusammen  2889  Schfiler. 
Die  Gesamtzahl  der  im  Jahre  1904  ausgetretenen  Schüler  ist 
daher  2352,  der  eingetretenen  2968. 

Daraus  ergibt  sich  wieder  ein  Zuwachs  von  616  Schülern. 

IV.  Am  Turnunterricht  haben  teilgenommen  am  1.  Jan.  1905: 
an  den  Oberklassen  der  25'  Realanstalten    .     .     .     1376 

„     Mittel-  und  Unterklassen 5872 

.,      ,,     Realschulen 3159 

Zusammen  10407  Schüler. 
Nur   im    Sommer   haben    Turnunterricht    erhalten    nach    dem 
^tand  vom  1.  Juli  1904: 

an  Realschulen 246  Schüler. 

V.  Zeugnisse  bejstandener  Reifeprüfung  sind  im  Kalenderjahr 
1904  ausgestellt  worden  135;  Zeugnisse  wissenschaftlicher  Be- 
fähigung für  den  einjährig-freiwilligen  Dienst  806. 

VI.  Am  1.  Januar  1905  bestanden  an  den  realistischen  Schulen 
(mit  Einschluli  der  Klassen  VII  und  VIII  der  Bürgerschule)  im  ganzen 
437  Hauptlehrstellen^  worunter  66  provisorische.   Von  diesen  gehören 

a)  der  Professoratsstufe  an  92  (10  prov.),  sämtlich  an  den  oberen 
Abteilungen  der  25  realistischen  Schulen  mit  Oberklassen; 

b)  der  Oberreallehrerstufe  229  (22  prov.),  nämlich  147  (18  prov.) 
an  den  mittleren  Abteilungen  der  Schulen  mit  Oberklassen^ 
73  (4  prov.)  an  den  Realschulen  ohne  Oberklassen  und  9  an 
den  Klassen  VII  und  VIII  der  Bürgerschule; 

c)  der  Reallehrerstufe  116  (34  prov.),  wovon  76  (21  prov.)  auf 
die  Schulen  mit  Oberklassen  und  4,0(13  prov.)  auf  die  Ke.il- 
schulen  ohne  Oberklasseu  fallen. 

Hierzu  kommen  noch  15  Vikarsstellen. 


146       Stand  der  realist.  Schulen  in  Wtirttb.  auf  1.  Jan.  1905. 

VII.  Von  definitiven  Lehrstellen  waren  am  1.  Januar  1904 

^  Oberreal-      Beal- 

Rektorate  *aj,-„,atB     1  ehrer-       lehrer- 
jessorate      ^^^,1^^       «teilen 

erledigt 0  0  5  2 

neu  errichtet  wurden  im  Jahr  1904        2  0  7  5 

in  Erledigung  kamen  „       „       v  1  8  15         10 

besetzt  wurden  „       „       ?,  2  8  23         16 

erledigt  waren  am  1.  Januar  1905  10  4  1 

Hierbei  wurden  27  Lehrer  erstmals  auf  Lebenszeit  angestellt. 
Von  diesen  haben  16  die  Professoratsprtlfaiig  oder  höhere  Dienstprü- 
fung, 1  die  frühere  Reallehrerprtifung  und  die  Kollaboraturprüfung 
oder  die  Prüfung  für  Reallehrersstellen  erstanden.  Durch  Tod  sind 
im  Kalenderjahr  1904  8  Lehrer  abgegangen,  durch  Pensionierung  7, 
durch  Austritt  aus  dem  Dienst  der  Ministerialabteilung  2. 

VlIL  Am  1.  Januar  1905  waren  auf  Lebenszeit  angestellt: 
an  den  Oberklassen  der  realistischen  Schulen  mit 

Oberklassen 80  Lehrer 

an  den  Mittel-  und  Unterklassen  dieser  Schulen     .179       ,, 

an  niederen  llealscliulen 96 

Zusammen  355  Lehrer. 
Hierzu  kommen  noch  64  realistische  Lehrer,  welche  an  huma- 
nistischen Schulen  ihre  Anstellung  gefunden  haben,  und  zwar 
41  Lehrer  der  oberen  und  23  der  mittleren  Klassen  dieser  Schulen 
und  der  Lateiuschulen,  sowie  9  realistische  Lehrer  an  den  Klassen  VII 
und  VIII  der  Bürgerschule. 

Ferner  waren  am  1.  Januar  1905  angestellt  am  höheren 
Lehrerinnenseminar  2,  an  höheren  Mädchenschulen  34  realistische 
Lehrer,  so  daß  die  Gesamtzahl  der  am  1.  Januar  1904  definitiv 
angestellten  realistischen  Lehrer  464  beträgt. 

Aus  der  Gesamtzahl  der  hier  angeführten  Lehrer  haben  171  die 
Professoratsprüfimg  oder  die  höhere  Dienstprüfung,  169  die  frttliere 
Reallehrerprüfung  erstanden. 

Das  Lebensalter,  in  dem  dieselben   zu   erstmaliger  Anstellung 
gelangt  sind,  gleichviel  auf  welcher  Stufe  des  Lehrdienstes,  beträgt 
für  die  Lehrer  mit  ProfessoratsprUfung  oder  höherer  Dienstprüfung 
im  Dnrchsciniitt  der  letzten  5  Jahre  28,4  Jahre, 
„  ,,  des       „        Jahrs      26,8       „     . 

Für  die  auf  der  Oberstufe  angestellten  Lehrer  ist  das  mittlere  An- 
stellungsalter auf  dieser  Stufe 

im  Durchschnitt  der  letzten  5  Jahre  38,5  Jahre, 
„  ,,  des       ,,        Jahrs      37,6       „     . 


Stand  der  realist.  Schulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905.       147 

IX.  Im  Jahre  1904  haben  die  I.  höhere  DieiistprUfun^  fQr  daB 
realistische  Lehramt  bestanden  B4  Kandidaten 

a)  die  Prtlfnng  sprachlich-historischer  Richtung    ...     17 

b)  ,,  „         mathemat.  -  naturvvissenschaftl.  Richtung 

I.  Abteilung 8 

IL  Abteilung 9. 

Die  IL  höhere  DienstprUfung  bestanden  20  Kandidaten 

a)  die  Prüfung  sprachlich-historischer  Richtung   ...     10 

b)  „  „        mathemat.-naturwissenschaftl.  Richtung 

L  Abteilung 7 

IL  Abteilung 3 

'  Es  bestanden  ferner  die 

Prüfung  für  Realiehrersstellen 18. 

Die  Zahl  der  vollständig  geprüften  Kandidaten  des  realisti- 
schen Lehramts,  welche  am  1.  Januar  1905  noch  nicht  auf  Lebenszeit 
angestellt  waren  und  welche  für  den  Dienst  an  Realschulen  in 
Betracht  kommen  können,   beträgt  36,   und  zwar  Kandidaten  mit: 

A.  Realistischer  Professoratsprüfuug 

1.  sprachlich-geschichtlicher  Richtung 2 

2.  mathematisch-naturwissenschaftlicher  Richtung   .     .     1. 

B.  U.  Dienstprüfung  für   das  höhere  Lehramt 

1.  sprachlich-geschichtlicher  Richtung 16 

2.  mathematisch-naturwissenschaftlicher  Richtung.     .     17. 

Diese  Kandidaten  haben  die  Prüfung  in  den  Jahren  1898  -1904 
bestanden.  Von  denselben  waren  an  Gelehrtenschulen  4,  an  Real- 
schulen 28  und  an  höheren  Mädchenschulen  1  verwendet. 

Außer  diesen  36  vollständig  geprüften  Kandidaten  haben  noch 
42  die  I.  höhere  Dienstprüfung  für  das  realistische  Lehramt  be- 
standen, und  zwar  19  in  sprachlich-geschichtlicher  Richtung,  23  in 
mathematisch-naturwissenschaftlicher  (11  in  der  I.  Abteilung  und 
12  in  der  IL  Abteilung),  so  daß  sich  die  Gesamtzahl  der  noch  nicht 
zur  definitiven  Anstellung  gelangten   Kandidaten  auf  78  beläuft. 

Kandidaten  für  Reallehrersstellen,  welche  für  die  Anstellung 
an  realistischen  Schulen  in  Betracht  kommen  und  weder  lebens- 
länglich angestellt  noch  im  Volksschuldienste  unständig  verwendet 
sind,  waren  es  am  1.  Januar  1904  58. 


148 


Stand  der  Eiementarachalen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905. 


Statistische  Naohriohten  über  den  Stand  der  Elementar- 
schulen in  Württemberg  auf  1.  Januar  1905. 

An  den  nachbenannten  17  Orten  bestehen  sogenannte  Ele- 
mentarschulen,  welche  Knaben  in  zwei  bis  drei  Jahrgängen 
zum  Eintritt  in  die  höheren  Schulen  vorbereiten.  Außerdem  besteht 
in  Stuttgart  eine  eigens  zur  Vorbereitung  auf  die  Btlrgerschule 
bestimmte  Elementarschule. 

Der  stand  der  einzelnen  Elementarschulen  am  1.  Januar  1905 

m 

ergibt  sich  aus  der  nachstehenden  Tabelle: 


Sitz 
der 


Elementarschule 


OS 


Lehr- 

stellen , 

**• 

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ei 

ȴ- 

X    : 


1.  Cannstatt 

2.  Eßlingen 

—8.  Feuerbacli 

4.  Gmünd 

5.  Göppingen 

6.  Heidenheim 

7.  Heilbronn 

8.  Kirchheim 

9.  Ludwigsbnig   .  .  .  . 
—10.  Metzingen 

11.  Nürtingen 

12.  Öhringen     

18.  Reutlingen 

14.  Stuttgart : ') 

a)  städt.  Elementarschule 

b)  Elementar klassen  der 

Bürgerschule  .  .  .  . 

15.  Tübingen    

16.  Ulm 

--  17.  Urach 


6 
5 
3 
1 
4 
2 
5 
2 
4 
1 
1 
l 
3 


5 


1 
2 
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162 
86 

183 
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157 
24 
27 
27 

148 


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4-45 
+  6 
+  3 
4-  6 
9 

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2 

4    5 


Konfession 
der  Schüler 


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Heimat 
der  Schüler 


9  — 
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5  — 

19  2 

2  — 

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24 
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29l23     6  1103   4-33    879  1 175    37112  1084 


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2 
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-  ,  212 


3 


1  :    1 


54    4    8 


487  50  2  1 

77  12  2  - 

145  56  11  — 

-  54 


519 

86 

186 

51 


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32  - 
22   — 

2  — 

20  — 

20  - 
6    — 

28,    1 

4    — 

^    - 
—      1 

17      2 

I 

19  j  2 
3'  2 
9    17 

3  — 


871  65:21  13477  4-84:2862 


517 


84    1413242 


210   25 


M  1  Vikar. 


Stand  der  Elementarschulen  in  Württb.  auf  1.  Jan.  1905.      149 

Im  Kalenderjahr  1904  wurden  an  der  städtischen  Elementar- 
schule in  Stuttgart  eine  Klasse  mit  einer  Hilfslehrstelle  und  an 
der  Elementarschule  in  Feuerbach  2  Klassen  mit  einer  üilfslehr- 
stelle  neu  errichtet. 

Die  Schttlerzahl  der  Elementarschulen  hatte  sich  am  1.  Januar 
1904  belaufen  auf  3393. 

Von  diesen  sind  während  des  Kalenderjahres  1904  ausgetreten 
1850,  und  zwar: 

in  eine  humanistische  Schule 620 

davon 
in  ein  Gymnasium  oder  Progymnasium    .     .    330 
y,     „     Realgymnasium  od.  Realprogymnasium    234 


71 


eine  Lateinschule  oder  Reallateinschule  .      56 


in  eine  Realschule 1061 

„      .,     Volksschule 74 

„    den  Privatunterricht  oder  eine  Privatanstalt    .     .  16 

„   das  elterliche  Haus  zurück 45 

aus  dem  Lande  weggezogen 23 

gestorben 11 

Eingetreten  sind  1934,  und  zwar: 

aus  einem  Oymnasium 1 

,,        ,,      Realgymnasium       3 

aus  einer  Realschule 13 

„        ,,      Volksschule 363 

.,     besonderem,   in  der  Volksschule  eingerichtetem 

Vorbereitungsunterricht 24 

,,     dem  Privatunterricht  oder  einer  Privatanstalt    .  39 

„       „     elterlichen  Haus 1472 

von  ausserhalb  des  Landes  hergezogen 19 

Es  sind  somit  84  Schaler  mehr  eingetreten  als  ausgetreten,, 
wodurch  sich  auf  1.  Januar  1905  die  Gesamtzahl  3477  ergibt. 

Nach   den  vier  Kreisen  des  Landes  verteilen  sich  die  3477 
Schüler  folgendermaßen : 

Neckarkreis 2487 

Schwarzwaldkreis 344 

Jagstkreis 179 

Donaukreis 467. 


1 50     Statist.  Nachrichten  üb.  d.  Stand  d.  höh.  Mädchenschul wesens. 

Statistische  Nachrichten  über  den  Stand  des  höheren 
Mädchenschnlwesens  in  Württemberg  auf  1.  Jan.  1905. 

A.  Höheres  Lehrerinnensexninar. 

I.  Zahl  der  Abteilungen  am  1.  Janaar  1905     ....  3 
II.  Zahl  der  Seminar  ist  innen  am  1.  Januar  1905: 

1.  im  älteren  Kurs 12 

2.  im  mittleren  Kurs 12 

3.  im  jüngeren  Kurs 12 

III.  Zahl  der  außerordentlichen  Schülerinnen: 

1.  im  älteren  Kurs 23 

2.  im  mittleren  Kurs : 14 

3.  im  jüngeren  Kurs 15 

IV.  Zahl  der  geprüften  Schülerinnen: 

Im  mittleren  Kurs  bestanden  an  Ostern  1904  den  ersten  Teil 
der  Prüfung: 

1.  Seminaristinnen 12 

2.  außerordentliche  Schülerinnen .  23 

3.  nicht  im  Seminar  ausgebildet — 

Im  oberen  Kurs  bestanden  an  Ostern  1904  den  zweiten  Teil 

^er  Prüfung: 

1.  Seminaristinnen 12 

2.  außerordentliche  Schülerinnen 16 

3.  nicht  im  Seminar  ausgebildet — 

V.  Nach  dem  Bekenntnis  befanden  sich  unter  den  Schülerinnen 
•des  Seminars: 

evangelische 72 

katholische 11 

israelitische 1 

von  sonst  einer  Konfession 4 

Nach  der  Heimat: 

aus  Stuttgart 46 

im  Umkreis  wohnende 8 

aus  dem  übrigen  Württemberg 34 

solche,   deren  Eltern  außerhalb  des  Landes  wohnen  5 

VI.  Zahl  der  ständig  angestellten  Lehrer   .' 3 

„       „         „                „           Lehrerinnen    ....  2 
Im  Nebenamt  waren  im  Seminar  tätig: 

Lehrer 4 

Lehrerinnen       1 


Statist.  Nachrich teD  üb.  d.  Stand  d.  höh.  Mädchensch al wesens.     151 

B.  Höhere  Mädchenschulen. 

I.  StatisÜBche  Tabelle  über  den  Stand  der  höheren  Mädchen- 
schulen am  1.  Januar  1905. 


Haupt-    1         ||  i,n  [ 
lehrstellen  Fach- 1  '^q.  ' 

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8 

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1.  Seholen  im  Sinne 
d.  Art.  1  d.  Gesetzes 
Tom  30.  Dezbr.  1877 

(öffentliche): 

1.  Camistatt  .  . 

2.  Eßlingen  .  .  . 

3.  Göppingen    . 

4.Hall 

5.  Heilbronn  .  . 
6.Komtal  .  .  . 
7.  Ladwigsburg 
3.  Reutlingen  . 
9.  Stuttgart, 

König.-Kath.-Stift 
10.  Stuttgart, 

König.-Oiga-Stift 
IL  Tübingen  .  .  .  . 
12.  Ulm 

Zasammeu  .  . 

2.  Sehulen  im  Sinne 
1  Art.  2  d.  Gesetzes 
Tom  30.  Dezbr.  1877 

(private) : 
1  Biberach   .  . 

2.  Ellwangen  . 

3.  Feuerbach    . 
L  Gmünd   .  .  . 

5.  Ravensburg 

6.  Stuttgart,  Evang 
Töchterinstitut . 

Znsammen  . 

Im  ganzen  in  den  18 
höheren  Mädchen- 
schulen    


10  5 

l(i  5 

I  13  7 

'    8  5 

:  1^  9 

8|  8 

10 


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11 


2 
3 
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6;  3 


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2010- 


12 
10 


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135  71  20 


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2L|  2I  1 
1  -    2  2 


10' 2'  6' 


1 
4 
1 


260- 
269-h 
337|4- 
223! -h 
363 
73' 
214' 
387-- 


2 

15 
5 
3 
16 
3 
2 
15 


'  220  14||  25  1 

245  19!  3!,  2 

298;  18  21- 

185  11  23!  4 


~,  616"-|-  30 


.  7  2 
2  2 


6  31 


11 
0 


4 
2 

3 


3 

I 

3 
4i 


—  3454- 

—  297:+ 

—  380  + 


40 
12 


227 
237 
311 
191 
279;  38  46 — !'  331 


73,  -  -I- 
189,  15  8  2, 


347i  36:  3 


512 

275 
251 

23il  265 


1 


41  59i  4 


25 
191 
365 

567 


23 
24 
24 
23 

27 

4 

15 

16 

27 


3i  1 

2 

5 


6 

D 

18 


1  1 


i= 


8 


2 
2 


26  27  7  37644-  903139324 


3   2 

I  I 

4'— 


3,  1 
2 


3   7   6 


68'+ 
24; 

137  + 
53' 
110 


15  5^—  338  1 
36  9  1  273  1^ 
81 1  32'  2,1  328!j  4§ 

284|173384!;246 


10 
8 
2 
9 
5 

44 
8 
6 

22 

6 
10 


37 
17 
19 
13 
50 
16 
28 
28 

92 

22 
21 


4; 

2 

18,  128 


411  27 


4|!_53 
|13i  396 


65     1 


2q!    21     2;!-||    23   — 


15 
13 


52 

87 


5     3i,  1'  112 


564^       4   561 


-1;      II 

22     l! 


—     53. 

-,1    7c 


1 1  52ö|  23 


2i 
1 

251  — 


34 


15 


9 
4 
2 
7 
14 

49 


"39!|12|  3|  5|13||— I  4,22|1Ö,  956||  -  12    889;   56     9'  2  t  854j  83;i  1911   85 


17483 


23ill 


4415 


30  49 


17 


4720+  78  4028 


380  293194238 


329,153 


1 52     Statist.  NachricbteD  üb.  d.  Stand  d.  höh.  Mädchenschulwesens. 

Hierunter    befinden    sich    144    außerordentliche    Schtllerinneit 
und  67  Knaben. 

II.  Veränderungen  im  Bestand  des  höheren  Mädchenschul  wesen?^ 

während  des  Kalenderjahrs  1904. 
Neuerrichtet  wurden: 

an  der   höheren  Mädchenschule  in  Göppingen  1  Klasse, 
„   dem  Königin  Katharinastift     ,,    Stuttgart     1       „ 
„      „  „        Olgastift  „  „  3       „ 

III.  Was  den  Wechsel  der  Schülerinnen  betrifft,  so  sind  im  Kn- 
lenderjahr  1904  aus  der  höheren  Mädchenschule  abgegangen : 

in  eine  humanistische  Schule 19 

,,     „     realistische  Schule 19 

„     „      Volksschule 59 

.,  das  höhere  Lehrerinnenseminar  in  Stuttgart    .     .      29 
„  eine  andere  öffentliche  Schule  des  Landes      .     .      25 

„  den  Privatunterricht 98 

ins  elterliche  Haus  zurückgetreten 450 

zu  einem  Berufe  übergetreten 4 

aus  dem  Lande  weggezogen 97 

gestorben 8 

im  ganzen     .     .     .    808. 
Eingetreten  sind: 

von  einer  humanistischen  Schule 4 

realistischen  Schule H 


1^        11 


,,        ,,      Elementarschule 2 


71 


;,      Volksschule 220 

„        „      anderen    öffentlichen  Schule  des  Landes  8 

aus  dem  Privatunterricht  oder  einer  Privatanstalt   .  45 

„       ,,     elterlichen  Hause 518 

von  außerhalb  Landes  hergezogen 91 

im  ganzen  .  .  .  8Süy, 
somit  sind  im  vergangenen  Kalenderjahr  78  Schülerinnen  mehr 
eingetreten  als  ausgetreten. 

Die  oben  aufgezählten  Schulen  hatten  am  1.  Januar  1904 
zusammen  4642  Schülerinnen,  am  1.  Januar  1905  4720  Schülerinnen^ 
woraus  sich  wieder  ein  Zuwachs  von  78  Schülerinnen  ergibt. 

Am  Turnunterricht  nahmen  teil  am  I.Jan.  1905  3468  Schülerinnen. 

Am  Handarbeitsunterricht  nahmen  teil  am  1.  Januar  1905 
4040  Schülerinnen. 


Anhan«:.  153 

Anhang. 

Zusammenstelluiig   der   mit   den   Zengnlssen   der  öffentliolieD 

höheren  Schulen  verbundenen  Berechtigungen  ^). 

A.  Gymnasien  und  Progymnasien. 

I.  Sämtliche  Gymnasien,  niederen  evangelisch- tlieologischen 
Seminarien  und  Progymnasien  haben  die  Berechtigung  zur  Au s- 
Btellung  von  Zeugnissen  über  die  wissenschaftliche 
Befähigung  für  den  einjährig-freiwilligen  Militär- 
dienst, 

§  90,  2  a  und  b  der  deutschen  Wehrordnung  (Reg.Bl.  1901 
S.  275). 
Dieses  Zeugnis  berechtigt  zugleich 

1.  zum  Eintritt  in  die  landwirtschaftliche  Hochschule  zu  Hohen- 
heim  in  der  Eigenschaft  eines  ordentlichen  Studierenden, 

Organische  Bestimmungen  vom  8.  November  1883  §  15 
(Reg.Bl.  S.  316) ; 

2.  zur  Zulassung  zur  Ausbildung  für  den  mittleren  Dienst  der 
Verkehrsanstalten, 

K.  Verordnung  vom  4.  November  1902  (Reg.Bl.  S.  553); 

3.  zur  Zulassung  zu  der  niederen  Finanzdienstprüfung, 

K.  Verordnung  vom  16.  Juli  1892  §  24  (Reg.Bl.  S.  313); 

4.  zur  Zulassung  zu  der  niederen  Justizdienstprüfung, 

K.  Verordnung  vom  31.  Juü  1899  (Reg.Bl.  S.  557); 

5.  zur  Zulassung  zur  niederen  Verwaltungsdienstprflfung, 

K.  Verordnung  vom  1.  Dezember  1900  (Reg.Bl.  S.  905); 

6.  zur  Zulassung  zu  der  Prüfung  der  Apothekergehilfen  und 
der  Apotheker, 

Bekanntmachung  des  Reichskanzlers  vom  4.  März  1875  §  4 
(Reg.Bl.  S.  169  ff.),  desgl.  vom  13.  November  1875  §  3 
(Reg.Bl.  8.  578). 

IL  Die  Zeagnisse  der  Reife  für  die  Prima(Klasse  VIII 
und  IX)  eines  Gymnasiums  machen  die  Beibringung  der  unter  I. 
erwähnten  Zeugnisse  über  die  wissenschaftliche  Befähigung  für  den 
di^ährig-freiwilligen  Militärdienst  entbehrlich^ 
§  90, 4  der  Wehrordnung  von  1888. 

*)  Soweit  die  im  nachätehenden  aufgeführten  Berechtigungen  von 
der  ErfüUnng  weiterer  Erfordernisse  außer  den  betreffenden  Schul- 
zeugnissen abhängig  sind,  wird  auf  die  diesfalls  bentehenden  Vor- 
schriften verwiesen. 

Korrefi|)ondenzb1att  1005,  Heft  4  u.  6. 


154  Anhang. 

Sie  berechtigen  ferner 

1.  zur  Zulassung  zu  der  PortepeefähnrichsprUfung, 

Kaiserl.  Verordnung  über  die  Ergänzung  der  Offiziere  des 
Friedensstandes  vom  11.  März  1880  §  3; 

2.  zur  Zulassung  zu  der  Eintrittsprttfung  als  Kadett  der  Kaiser- 
lichen Marine  (Seekadettenprttfung)^ 

Vorschriften  über  die  Ergänzung  des  Seeoffizierkorps  vom 
17.  April  1899  (s.  Anm.  M; 

3.  zur  Zulassung   als  Aspirant   für   den  Militär-  und  Marine- 
Intendantursekretariatsdienst, 

Erlaß  des  K.  Preuss.  Kriegsministeriums  vom  4.  April  1860; 

4.  zur  Zulassung  zu  der  zahnärztlichen  Prüfung, 

Bekanntmachung  des  Bundesrats  vom  5.  Juli  1889  §  4 
(Württ.  Reg.Bl.  von  1889  S.  290  ff.); 

5.  zur  Zulassung  zur  pharmazeutischen  Vorprüfung, 

Bekanntmachung  des  Reichskanzlers  vom  18.  Mai  1904  §  5 
(Württ.  Reg.Bl.  von  1904  S.  171  ff.). 
Schüler,  welche  die  VII.  Klasse  eines  Gymnasiums  mit  Erfolg 
besucht  haben  und  auf  Grund  einer  mathematischen  Ergänzungs- 
prüfung in  die  Fachschule  für  Vermessungswesen  aufgenommen 
worden  sind,  werden  beim  Zutreffen  der  übrigen  Zulassungs- 
bedingungen zur  Feldmesserprüfung  zugelassen  werden. 

Erlass  des  K.  Ministeriums  des  Kirchen-  und  Schulwesens 
an  die  Direktion  der  Baugewerkeschule  vom  30.  März  1903 
Nr.  2005. 

Schülern  von  Progymnasien,  welche  den  zweiten  Jahrgang 
der  Oberklasse  durchlaufen  haben,  kann  das  Zeugnis  der  Reife  für 
Prima  eines  Gymnasiums  ausgestellt  werden,  wenn  sie  in  einer 
besonderen,  an  ihrer  Anstalt  zu  erstehenden  Reifeprüfung  mindestens 
die  Durchschnittsnote  „genügend^'  erreicht  haben. 


^)  Nach  Erlaß  des  K.  Ministerium»  des  Kirchen-  und  Schulweäens 
vom  9.  November  1900  soll  gemäß  Kaiserlicher  Verordnung  für  die 
Zöglinge  der  K.  württ.  höheren  Lehranstalten,  deren  Schulschhiß  im 
Juli  stattfindet  zum  Eintritt  als  Scekadett  in  die  Kaiserliche  Marine 
die  Beibrinping  der  Bescheinigung  des  Lehrerkollegiums  im  April  über 
die  vorjinssichtliche  Versetzung  in  die  8.  Klasse  gleichbedeutend  sein  mit 
der  Beibringung  des  Zeugnisses  der  Reife  für  die  Priina,  und  die  Beibrin- 
gung der  Bescheinigung  des  Lehrerkollegiums  im  April  über  das  voraus- 
sichtliche Bestehen  der  Reifeprüfung  für  die  Zöglinge  der  9.  Klasse  gleich- 
bedeutend mit  der  Vorlegung  eines  volifrültigcu  Ahitnrientcnzeugnisses. 


Aiilian«,'.  155 

Ebenso  hjiben  die  niederen  evangeÜBch-tlieologischen  Seminarien 
in  Manlbronn  und  Schön tal  die  Berechtigung,  solchen  Zög- 
üageS;  welche  den  zweiten  Juhreskurs  nüt  Erfolg  absolviert  haben, 
diej^igen  in  Blaubeuren  und  Urach  dagegen  solchen,  welche 
ein  halbes  Jahr  dem  Seminar  angehört  haben,  Reifezeugnisse  fttr 
die  Prima  eines  Gymnasiums  ayjBzustellen, 

Erlaß  der  K.  Kultministerialabteilung  für  Gelehrten- 
und  Realschulen  vom  8.  April  1875  Nr.  1390. 

III.  Die  auf  Grund  der  AbiturientenprUfung  eines  Gym- 
nasiums oder  auf  Grund  der  Aufnahmeprüfung  in  das  evangelisch- 
theologische  Seminar  oder  das  Wilhelinsstift  in  Tübingen  erwor- 
benen Reifezeugnisse  machen  die  Beibringung  der  unter  I  er- 
wJUinten  Zeugnisse  über  die  wiRsenschaftliche  Benihigiing  für  den 
ehgährig-freiwilligen  Militärdienst  entbehrlich, 
§  90, 4  der  Wehrordnung  von  1888. 

Sie  gewähren  ferner  folgende  Berechtigungen: 

1.  Immatrikulation  bei  jeder  Fakultät  der  Universität  Tübingen, 
das  Reifezeugnis  eines  Gymnasiums  jedoch  bei  den  theo- 
logischen Fakultäten  nur  dann,  wenn  dasselbe  auch  ein  Zeug- 
nis tlber  Kenntnisse  im  Hebräischen  enthält^ 

Min.Verf.  vom  19.  Juni  1873  Ziff.  10  (Reg.Bl.  8.  280) ; 

2.  Zulassung  zum  Eintritt  in  eine  der  Abteilungen  der  K.  Tech- 
nischen Hochschule  zu  Stuttgart  in  der  Eigenschaft  eines 
ordentlichen  Studierenden, 

Organische    Bestimmnngen     vom     17.   Juni    18^5     §    10 
(Reg.Bl.  S.  284) ; 
8.  Zulassung  zur  Aufnahme  in  die  Kaiser  Wilhelms-Akademie 
fttr  das  militärärztliche  Bildungswesen  zu  Berlin, 

Bestimmungen  für  die  Aufnahme  in  die  Kaiser  Wilhelms- 
Akademie  fttr  das  militärärztliche  Bildungswesen  zu 
Berlin  vom  10.  September  1901; 

4.  Zulassung  zum  tierärztlichen  Studium  und  zur  Prüfung  für 
Tierärzte, 

Bekanntmachung  des  Reichskanzlers  vom  26.  Juli  1902 
(Reg.Bl.  S.  428) ; 

5.  Zulassung  zu  den  höheren  Justizdienstprüfungen; 

K.  Verordnung  vom  7.  Dez.  1903  §  7  Ziff.  3  (Reg.Bl.  S.  583); 

6.  Zulassung  zur  Ausbildung  für  den  höheren  Dienst  der  Ver- 
kehrsanstalten, 

K.  Verordnung  vom  4.  November  1902  TReg.Bl.  S.  553); 


156  Aiiliaii^j;. 

7.  Zulasdung   zu    der  Staatsprüfung  für   den  h(>heren   Verwal- 
tungsdienst, 

K.  Verordnung  vom  7.  Dezember  1903  §  1  (Reg.Bl.  8.  591); 

8.  Zulassung  zur  ärztlichen  Vorprüfung  und  Approbationsprttfung, 

Bekanntmachung  des  Reichskanzlers  vom  28.  Mai  1901, 
betr.  die  Prüfungsordnung  für  Ärzte  §  6  (Reg.Bl.  8. 164) ; 

9.  Zulassung  zur  Prüfung  für   den  ärztlichen  8taatsdien8t  und 
für  die  öffentliche  Aufstellung  als  Gerichtswrmdarzt, 

K.  Verordnung  vom  17.  Juli  1876  §  2a  (Reg.Bl.  8.287); 

10.  Zulassung  zu  den  evangelisch-theologischen  Dienstprttfungeiii 

vgl.  Min. Verf.  vom  21.  Februar  1829  (Reg.Bl.  8. 113 ff.); 

11.  Zulassung  zu  einem  katholischen  Kirchenamt, 

vgl.  Gesetz   vom  80.  Januar  1862  Art.  3  (Reg.Bl.  8.  60); 

12.  Zulassung  zu  den  Rabbinatsdienstprttfungen, 

vgl.  Gesetz  vom  25.  April  1828  Art.  52  (Reg.Bl.  S.  317), 
Min.Verf.  vom   31.  Januar  1834  §  3  (Reg.Bl.  8.  113); 

13.  Zuhissung  zur  Dienstprüfung  für  das  humanistische  Lehramt, 

Min.Verf.  vom  21.  März  1898  (Reg.Bl.  8.  85  ff.); 

14.  Zulassung  zur  Dienstprüfung  für  das  realistische  Lehramt, 

Min. Verf.  vom  12.  September  1898  (Reg.Bl.  8.  180  ff.); 

15.  Zulassung  zu  der  Staatsprüfung  für  den  höheren  Finanzdienst, 

K.    Verordnung   vom    7.   Dezember    1903    §    1    (Reg.Bl. 
S.  598) ; 

16.  Zulassung  zu  den  Forstdienstprüfungen,  einschließlich  der 
Vorprüfung, 

K.  Verordnung  vom  2.  Nov.  1895  §  10  (Reg.Bl.  3.  325) ; 

17.  Befreiung  von  der  Ablegung  der  Portepeefähnrichsprüfung, 

Kaiserl.  Verordnung  über  die  Ergänzung  der  Offiziere  des 
Friedensstandes  vom  11.  März  1880  §  3; 

18.  Befreiung  von  der  Ablegung  der  EintrittsprUfung  als  Kadett 
der  Kaiserlichen  Marine,  falls  in  der  englischen  Sprache  das 
Prädikat  „gut"  erreicht  ist, 

Vorschriften  über  die  Ergänzung  des  Seeoffizierkorps  vom 
17.  April  1899  (s.  Anm.  1  8.  32) ; 

19.  bei  Vorlegung  eines  Ergänzungszeugnisses  im  EngUsohen 
Zulassung  zu  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Vor- 
prüfung und  zu  den  Staatsprüfungen  im  Hochbau-,  Bau- 
ingenieur und  Maschineningenieurfach, 

K.  Verorilming  v.  18.  April  1892  §  2  Ziff.  1  (Reg.Bl.  S.  150). 


Anhang.  157 

Das  Reifezeugnis  eines  wttrttembergischen  Gymnasiums 
gewährt  ferner 
20.  für  Angehörige  des  Deutschen  Reiches  in  jedem  andern 
deutschen  Bundesstaate  diejenigen  Berechtigungen^  welche  in 
diesem  Staate  mit  dem  Reifezeugnis  eines  demselben  an- 
gehörenden Gymnasiums  verbunden  sind, 

vgl.  K.  Verordnung  vom  9.  November  1874  (Reg.Bl.  S.  211), 
Bekanntmachung  des  K.  Ministeriums  des  Kirchen-  und 
Schulwesens  vom   22.  April   1899  (Reg.Bl.   8.  171  ff.). 

B.  Realgymnasien  und  Realprogymnasien. 

I.  Sämtliche  Realgymnasien  und  Realprogymnasien  haben  die 
Berechtigung  zur  Ausstellung  vonZeugnissen  Uberdiewissen- 
sehaftliche  Befähigung  für  den  einjährig-freiwilligen 
Militärdienst, 

§  90, 2a  und  b  der  deutschen  Wehrordnung  (Reg.Bl.  von 
1901  S.  275). 
Dieses   Zeugnis   gewährt   zugleich    die  unter  A,  I,  1—6  auf- 
geführten Berechtigungen. 

II.  Die  Zeugnisse  der  Reife  für  die  Prima  (Klasse  YIII 
und  IX)  eines  Realgymnasiums  machen  die  Beibringung  der 
unter  I  erwähnten  Zeugnisse  über  die  wissenschaftliche  Befähigung 
für  den  einjährig-freiwilligen  Militärdienst  entbehrlich, 

§  90, 4  der  Wehrordnung. 

Sie  gewähren  ferner  die  unter  A,  11,  1 — 5  juifgeführten  Be- 
rechtigungen. 

Schülern  von  Realprogymnasien,  welche  den  zweiten  Jahrgang 
der  Oberklasse  durchlaufen  haben,  kann  das  Zeugnis  der  Reife  für  die 
Prima  eines  Realgymnasiums  ausgestellt  werden,  wenn  sie  in  einer 
besonderen,  an  ihrer  Anstalt  zu  erstehenden  Reifeprüfung  min- 
destens die  Durchschnittsnote  „genügend^^  erreicht  haben. 

Durch  ein  Zeugnis  über  den  regelmässigen  Besuch  der  YIL 
Klasse  (Obersekunda)  und  die  erlangte  Reife  zur  Aufnahme  in  die 
Vin.  Klasse  (Unterprima)  eines  Realgymnasiums  wird  der  Nach- 
weis über  die  Vorbildung  für  die  Zulassung  zur  Prüfung  der  Feld- 
messer geführt  (K.  Verordnung  vom  21.  Oktober  1895,  Reg.BL 
S.  301  ff.  §  6).  Ferner  sind  von  dem  K.  Ministerium  des  Innern 
▼orbehältlich  der  Prüfung  im  einzelnen  Fall  bis  auf  weiteres  solche 
Kandidaten  zur  Feldmesscrprüfunp:  zujjelassen,   welche  auf  Grund 


158  Anhang. 

des  erfolgreichen  Besuchs  der  Klasse  VII,  bezw.  der  obersten  Klasse 
eines  RealprogymnasininS;  und  der  erfolgreichen  Erstehung  der  am 
Ende  des  Sommerhalbjahrs  vorgeschriebenen  Klassenprüfung  durch 
Beschluß  des  Lehrerkonvents  das  Zeugnis  der  Reife  für  die 
Klasse  VIII  eines  Realgymnasiums  erlangt  haben. 

III.  Die  auf  Grund  der  Abiturientenprftfung  eines  Real- 
gymnasiums erworbenen  Reifezeugnisse  machen  die  Bei- 
bringung der  unter  I  erwähnten  Zeugnisse  über  die  wissenschaftliche 
Befähigung  für  den  einjährig-freiwilligen  Militärdienst  entbehrlich, 
§  90,  4  der  AVehrordnung  von  1888. 

Sie  gewähren  ferner  folgende  Berechtigungen: 

1.  Immatrikulation  bei  der  Universität  Tübingen,  und  zwar: 

a)  bei  der  philosophischen  Fakultät  fdr  das  Studium  der  Ge- 
schichte, der  neueren  Sprachen  und  ihrer  Literaturen, 

b)  bei  der  juristischen  Fakultät, 
e)    .,      ..  medizinischen  Fakultät, 

d)  ,,      .,  staatswissenscliaftlichen  Fakultät, 

e)  ,^      ..  naturwissenschaftlichen  FakultUt, 

Min.Verf.  vom  19.  Juni  187B  Ziff.  10  (Reg.Bl.  S.  280 ff.); 
vgl.  die  Prüfungsordnung  für  Ärzte  vom  28.  Mai  1901 
(Reg.Bl.  8.  164),  und,  die  K.  Verordnungen  vom 
7.  Dezember  1903,  betr.  die  Befähigung  für  den  höheren 
Justiz-,  Verwaltungs-  und  Finanzdienst  (Reg.Bl.  S.  583); 

2.  Zulassung  zum  Eintritt  in  eine  der  Abteilungen  der  K.  tech- 
nischen Hochschule  zu  Stuttgart  in  der  Eigenschaft  eines 
ordentlichen  Studierenden, 

Organische  Bestimmungen  vom  17.  Juni  1885  §  10  (Reg.Bl. 
S.  284); 

3.  Zulassung  zur  Aufnahme  in  die  Kaiser  Wilhelms- Akademie 
für  das  militärärztliche  Bildungswesen  zu  Berlin, 

Bestimmungen  über  die  Aufnahme  in  die  Kaiser  Wilhelms- 
Akademie  für  das  militärärztliche  Bildungswesen  KU 
Berlin  vom  10.  September  1901; 

4.  Zulassung  zum  tierärztlichen  Studium  und  zur  Prüfung  fttr 
Tierärzte, 

Bekanntmachung  des  Reichskanzlers  vom  26.  Juli  1902 
i  Reg.Bl.  S.  428); 

5.  Zulassung  zu  den  höheren  Justizdienstprüfungen, 

K.  Verordnung  vom  7.  Dezember  1903  §  7  Ziff.  3  (Reg.Bl. 
S.  583); 


Anhang.  1 59 

6.  Zulassung  zur  Ausbildung  fUr  den  höheren  Dienst  der  Ver- 
kehrsanstalten, 

K.  Verordnung  vom  4.  November  1902   (Reg.Bl.  S.  553) ; 

7.  Zulassung  zu  der  Staatsprüfung  für  den  höheren  Verwal- 
tungsdiensty 

K.  Verordnung  vom  7.  Dezember  1903  §  1  r Reg.Bl.  S.  591); 

8.  Zulassung  zur  ärztlichen  Vorprüfung  und  Approbationsprüfung^ 

Bekanntmachung  des  Reichskanzlers  vom   28.  Mai  1901, 
betr.  die  Prüfungsordnung  für  Ärzte  §  6  (Reg.Bl.  S.  164); 

9.  Zulassung  zur  Dienstprttfung  für  das  realistische  Lehramt, 

Min. Verf.  vom  12.  September  1898  (Reg.Bl.  S.  180) ; 

10.  Zulassung  zu  der  Staatsprüfung  für  den  höheren  Finanzdienst, 

K.  Verordnung  vom  7.  Dezember  1903  §  1  (Reg.Bl.  8.  598); 

11.  Zulassung  zu  den  Forstdienstprüfungen,  einschließlicli  der 
Vorprüfung, 

K.  Verordnung  vom  2.  November  1895  §  10  (Reg.Bl.  S.  325); 

12.  Zulassung  zu  den  Dienstprüfungen  im  Berg-,  Hütten-  und 
Salinenweseu, 

K.  V'erordnung  vom  30.  Dezember  1852  §  5  (Reg.Bl.  von 
1853  S.  4) ; 

13.  Zulassung  zu  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Vor- 
prüfung und  zu  den  Staatsprüfungen  im  Hochbau-,  Bau- 
ingenieur- und  Maschineningenieurfache, 

K.  Verordnung  vom  13.  April  1892  §  3  Ziff.  1  (Reg.Bl.  S.  150); 

14.  Befreiung  von  der  Ablegung  der  Portepeeftlhnrichsprüfung, 

Kaiserl.  Verordnung  über  die  Ergänzung  der  Offiziere  des 
Friedensstandes  vom  11.  März  188d  §  3; 

15.  Befreiung  von  der  Ablegitng  der  Eintrittsprüfung  als  Kadett 
der  Kaiserl.  Marine,  falls  in  der  englischen  Sprache  das 
Prädikat  „gut"  erreicht  ist, 

Vorschriften  über  die  Ergänzung  des  Seeoffizierkorps  vom 
17.  April  1899  (s.  Anm.  1  S.  32). 
Das  Reifezeugnis  eines  württembergischen  Realgymnasiums 
gewährt  femer: 

16.  für  Angehörige  des  Deutschen  Reiches  in  jedem  anderen 
deutschen  Bundesstaate  diejenigen  Berechtigungen^  welche  in 
diesem  Staate  mit  den  Reifezeugnissen  eines  demselben  an- 
gehörenden Realgymnasiums  verbunden  sind,  soweit  das 
Reifezeugnis  solche  in  Württemberg  selbst  gewährt, 

Bekanntmachung  des  Ministeriums  des  Kirchen-  und  Schul- 
wesens vom  22.  April  1889  (Reg.Bl.  S.  171). 


160  Anhaiißf. 

Das  Reifezeuguis  eines  deutschen  Realgymnasiums,  ergänst 
durch  das  Zeugnis  über  die  erfolgreiche  Erstehung  einer  an  einem 
wtirttembergischen  Gymnasium  abgelegten  Ergänzungsprttfnng 
im  Lateinischen  und  Griechischen,  ist  dem  Reifezeugnis 
eines  deutschen  Gymnasiums  gleich  zu  achten, 

Verfügung  des  K.  Ministeriums  des  Kirchen-  und  Schulwesens 
vom  14.  Dezember  1903  Ziff.  2  (Reg.Bl.  S.  605). 

C.  Realistische  Schulen. 

I.  Sämtliche  Realschulen  mit  Oberklassen  haben  die  Berechtigung 
zur  Ausstellung  von  Zeugnissen  für  die  wissenschaftliche 
Befähigung  für  den  einjährig-freiwilligenMilitärdienst, 

§  90,  2  a,  b  und  c  der  deutschen  Wehrordnung  (Reg.Bl. 
von   1901  S.  275,   vgl.  auch  Reg.Bl.  von  1904  S.  71). 
Dieses  Zeugnis   gewährt   zugleich   die   unter  A.  1.  1—5  auf- 
geführten Berechtigungen. 

II.  Die  Zeugnisse  über  die  bestandene  Schlußprüfung  der 
6  klassigen  Realschulen  machen  die  Beibringung  der  unter  1  er- 
wähnten Zeugnisse  über  die  wissenschaftliche  Befähigung  f(ir  den 
einjährig-freiwilligen  Militärdienst  entbehrlicli, 

§  90,  4  der  Wehrordnung. 

m.  Die  Zeugnisse  der  Reife  für  Prima  (Klasse  VIII 
und  IX)  einer  Oberrealschulc  machen  die  Beibringung  der  unter 
I  erwähnten  Zeugnisse  über  die  wissenschaftliche  Befdhigimg  für  den 
einjährig-freiwilligen  Militärdienst  entbehrlich, 
§  90,  4  der  Wehrordnung. 
Sie  berechtigen  zugleich  zur  Zulassung  zur  Fähnrichsprüfung 
(Oberrealschüler  haben  in  der  Fähnrichsprüfung  die  fehlende  Kennt- 
nis des  Lateinischen  durch  Mehrleistungen  in  anderen  vorgeschrie- 
benen Prüfungsfächern  auszugleichen), 

K.  Württ.  Militär-Verordnungsblatt  vom  25.  März  1902  S.  49. 
Berechtigung   zur   Ablegung   der   Seekadettenprüfung.     Ober- 
realschüler haben    gute   Leistungen  in   Französisch  und   Englisch 
michzu  weisen, 

Raiserl.  Verordnung  vom  28.  Juni  1902. 
Ein   Zeugnis  über  den   regelmäßigen  Besuch  der  Klasse  VII 
(Obersekunda)  und  die  erlangte  Reife  zur  Aufnahme  in  Klasse  VIU 
(Unterprima)    einer   Oberrealschule    berechtigt    zur    Zulassung   zur 
Feldmesserprüfung, 

K.  Verordnung  vom  21.  Oktober  1895  (Reg.Bl.  S.  303). 


Allhang.  1  (J  l 

Das  Zeugnis  der  Keife  fllr  Prima  einer  Oberrealschnle  berech- 
tigt zur  Zulassung  zur  pharmazeutiscben  VorprQfung,  wenn  der 
Inhaber  den  Nachweis  erbringt,  daß  er  bereits  bei  der  Zulassung 
rar  Apothekerlaufbahn  in  der  lateinischen  Sprache  diejenigen  Keiin- 
nisse  besessen  habe,  welche  fUr  eine  Versetzung  nach  der  Obersekunda 
eines  Resilgymnasiums  notwendig  sind  (Reg.Bl.  von  1904  S.  171  ff.). 

Femer  sind  von  dem  K.  Ministerium  des  Innern  vorbehaltlich 
der  Prüfung  im  einzelnen  Fall  bis  auf  weiteres  solche  Kandidaten 
Kor  Feldmesserprüfung  zugelassen,  welche  auf  Grund  des  erfolg- 
rdehen  Besuchs  der  YII.,  bezw.  der  obersten  Klasse  einer  Real- 
schule  mit  2  Oberklassen  und  der  erfolgreichen  Erstehung  der  am 
Ende  des  Sommerhalbjahrs  vorgeschriebenen  Kiassenprllfung  durch 
Beschluß  des  Lehrerkonvents  das  Zeugnis  der  Reife  für  die 
Klasse  VUI  einer  Oberrealschule  erlangt  haben. 

IV.  DieaufGrundder  A  biturient  enprUfung  einer  Ober  real- 
» c b u  1  e  erworbenen  Reifezeugnisse  machen  die  Beibringung  der 
anter  I  erwähnten  Zeugnisse  über  die  wissenschaftliche  Befähigung 
ftir  den  einjährig-freiwilligen  Militärdienst  entbehrlich, 
§  90,  4  der  Wehrordnung. 

Sie  gewähren  ferner  folgende  Berechtigungen: 

1.  Immatrikulation  bei  der  nuturwisseuscliaftlichen  Fakultät  und 
mit  Ergänzung  durch  ein  Zeugnis  über  die  erfolgreiche  Er- 
stehung  der  Reifeprüfung  eines  Gymnasiums  oder  Realgym- 
nasiums im  Fach  der  lateinischen  Sprache  auch  Immatrikulation 
bei  der  philosophisohen  Fakultät  der  Universität  Tübingen, 

mn.Verf.  vom  14.  Februar  1876   Ziff.  11    (Reg.Bl.  S.  64) 
und  vom  14.  Januar  1899  (Reg.Bl.  S.  26) ; 

2.  Zulassung  zum  Eintritt  in  eine  der  Abteilungen  der  K.  tech- 
nischen Hochschule  zu  Stuttgart  in  der  Eigenschaft  eines 
ordentlichen  Studierenden, 

Organische  Bestimmungen  vom  17.  Juni  1885  §  10  (Reg.Bl. 
S.  284),  Min.Verf.  vom  22.  Dezember  1891  (Reg.Bl.  S.  3öl) ; 

3.  Zulassung  zur  Dienstprflfung  für  das  realistische  Lehramt, 
für  Kandidaten  der  sprachlich-geschichtlichen  Richtung,  jedoch 
nur  mit  Ergänzung  durch  ein  Zeugnis  über  die  erfolgreiche 
Krstehung  der  Ergänzungsprüfung  im  Lateinischen  (s.  u.), 

Min. Verf.  vom  12.  September  1898  (Reg.Bl.  S.  180  ff.); 

4.  Zulassung  zu  den  Dienstprüfungen  im  Berg-,  Hütten-  und 
Salinenwesen, 

K.  Verordnung  vom  30.  Dez.  1852  §  5  (Reg.Bl.  von  1853  S.  4) ; 


162  Anhang. 

5.  ZuUsBnng  zu  der  mathematisch-naturwissenschafüicben  Vor- 
prttfang  itnd  zn  den  Staatsprüfungen  im  Hochbau-,  Bau- 
ingenieur- und  Maschincningenieurfach^ 

K.  Verordnung  vom  13.  April  1892  §  3  ZiflF.  1  (R^.BL 
S.  150) ; 

6.  ZulaBBung  zum  tierärztlichen  Studium  und  zur  Prüfung  für 
Tierärzte, 

Bekjuiutaiachung  des  Reichskanzlers  vom  26.  Juli  1902 
(Reg.Bl.  S.  428); 

7.  Zulassung  zur  Ausbildung  für  den  höheren  technischen  Dienst 
der  Verkehrsanstalten, 

K.  Verordnung  vom  4.  Nt»veuiber  1902  (Reg.Bl.  8.553);. 

8.  Befreiung  von  der  Ablegun«»'  der  PortepeefähnrichHprUfungy 

Kaiserl.  Verordnung  von»  6.  Februar  1902  (K.  Württ. 
Militärverordnungsblatt  S.  29) ; 

9.  Befreiung  von  der  Seekadettenprilfung.  Die  Abiturienten  der 
Oberrealschulen  haben  die  fehlende  Kenntnis  des  Lateinischen 
durch  das  Mindestprädikat  ihrer  Schulen  ),gut^'  in  der  eng- 
lisclien  und  französischen  Sprache  auszubleichen. 

Kaiserl.  Verordnung  vom  28.  Juni  11)02,  Marine- Verord- 
nungsblatt von  1902  S.  211. 

Das  Reifezeugnis,  ergänzt  durch  ein  Zeugnis  über  die  erfolg- 
reiche Bestehung  einer  an  einem  wttrttembergisehen  Realgymnasium 
abgelegten  Ergänzungsprüfung  im  Lateinischen,  i^t  dem  Reifezeugnia 
eines  deutschen  Realgymnasiums  gleichzuachtcn. 

Das  Reifezeugnis  ergänzt  durch  ein  Zeugnis  über  die  erfolg- 
reiche Bestehung  einer  an  einem  wttrttembergisehen  Gymnasium  abge- 
lagten  Ergänzungsprttfung  im  Lateinischen  und  Griechischen^  ist  dem 
Reifezeugnis  eines  deutschen  Gymnasiums  gleichzuachtcn. 

Verfügung  de»  K.  Ministeriums  des  Kirchen-  und  Schul- 
wesens vom  16.  September  1903  Ziff.  112  (Reg.Bl.  1903 
S.  605). 

D.  Höhere  Mädchenschulen. 

Die  Erstehung  der  Abgangsprüfung  aus  der  obersten  Klasse 
einer  deutschen  vollausgebanton  und  staatlich  anerkannten  höheren 
Mädchenschule  berechtigt  zur  Zulassung  zur  Dienstprdfung  fttr 
Zeichenlehrer  und  Zeichenlehrerinnen   (Reg.Bl.  von  1903   S.  513)» 


Cbersicht  der  höheren  LehranatalteB,  Lehrer  ete.  in  WfiiHI^     1^ 

Übersicht 

iber  did  der  K.  Hlnisterial-Abtelliiiig  für  die  höheren  Schxdea 
unterstellten  Lehranstalten,  nebst  Angabe  der  dabei  ange- 
stellten Lehrer  nnd  Beamten  nach  dem  Stande  vom  1.  April  1905. 

A.  Die  evangelisch-theologischen  Seniinarien. 

a)  Das  höhere  evangelisch-theologische  Seminar  in 

Inspektorat:  Dr.  v.  Buder,  Professor,  Ephorus,  erster  Inspektor, 
Kr.0.2c.  Kr.O.M.  K.O.M.l.  J.M.2.  (K.71.).  Dr.  v.  Grill,  Professor, 
zweiter  Inspektor,  Kr.0.2c.  J.M.2.  Dr.  v.  Fischer,  Professor, 
dritter  Inspektor,  Kr.0.2c. 

Ephorns:  Dr.  v.  Bnder,  Professor.  10  Repetenten.  Ökonoraiever- 
walter:  Hochstetter,  Kanzleirat,  zngleich  Ökonomieverwalter 
am  Wilhelmsstift.  Arzt :  Dr.  Landerer,  Sanitätsrat,  Oberamts- 
wnndarzt.  Musiklehrer:  Dr.  Kau  ff  mann,  ausserordentlicher 
Professor,  Universitätsmusikdirektor.  1  Assistent  des  Seminar- 
arztes.   —    1   Hausmeister.     2   Unteranfseher.      3    Aufwärter. 

1  Repetenten-  und  9  Seminaristendiener. 

h)  Die  vier  niederen  evangelisch-theologischen  (Yorbereitangs-) 

Seminarien  in 

].  Blaubeuren. 

Ephorus:  Vay hinger,  Fr.0.3a.  J.M.2.  Professoren:  Fischer, 
Dr.  Heege.  2  Repetenten.  Okonomieverwalter :  Kielmeyer, 
Kameralverwalter.  Arzt:  Dr.  Bau r,  Oberamtsarzt.  Musiklehrer: 
Weitbrecht.  —  2  Diener. 

^.  Urach. 

Ephorus:  Dr.  Jetter,  Fr.0.3a.   Professoren:  Dr.  Eitle,  Hirzel. 

2  Repetenten.  Ökonomieverwalter:  Sippel,  Oberamtspiieger. 
Fr.O.Sb.  Arzt:  Dr.  Pf  äfflin,  Oberamtsarzt.  Musiklehrer:  Bopp. 
—  2  Diener. 

3.  Maulbronn. 

Ephorus:  Paulus,  Fr.0.3a.  Professoren:  Dr.  Nestle,  (K.71.), 
Dr.  Mettler.  2  Repetenten.  Ökonomieverwalter:  Volz, 
Kameralvervv alter.  Arzt:  Dr.  Georgii,  Oberamtsarzt.  Musik- 
lehrer: Haasis.  —  2  Diener. 


164     Übernicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lelirer  etc.  in  Württb. 

4.  8ch5ntal. 

EphoruB:  Traub.  Professoren:  Beckh,  Dr.  Nestle.  2  Repetenten, 
ökonomieverwalter :  Laurösch^  Kameralverwalter.  Arzt: 
Dr.  Junginger.   Mnsiklehrer:  Kirschmer.  —  2  Diener. 

B.  Die  Gymnasien,  Progymnasien  und  Lateinschulen. 

a)  Oyinnasien  in 

1.  Ganiistatt. 

(lü  Klnssen,  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Klett^  Fr.O.Sa.^  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Klett,  Rektor;  Koch, 
Dr.  Dttrr,  Schmidt,  Widmann,  Dr.  Mäule,  zugleich  Privat- 
dozent an  der  Technischen  Hochschule,  Kall  er,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Lörcher,  Gut, 
Fischhaber,  Professoren;  Schlenker,  Oberpräzeptor;  Geiger, 
Dinkel,  PrIUseptoren.  Turnlehrer:  St  ab  1er.  Zeichenlehrer: 
Brau nii Her,  Professor.     1  Vikar. 

(14  Klassen,  8  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Hehle,  Fr.0.3a.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Hehle,  Rektor;  Dr.  Rief, 
zugleich  Konviktsvorstand,  Btt  öl  er,  Dr.  Sporer,  Metzieder, 
Dr.  Trunk,  Baur,  Dr.  Greiner,  Stöhr,  Professoren; 
3  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Bolsinger, 
Steinhauser,  Professoren;  Schumni,  Dr.  Schutzbach,  Ober- 
präzeptoren.  Zeichenlehrer:  Stetter.  Gesanglehrer:  Zoller, 
Musikdirektor.    2  Hilfslehrer.  —  1  Diener. 

3.  lillwaiiii^en. 

(10  Klassen,  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dreher,  Fr.O.Ba.,  zugleich  Vorstand  der  Realschule. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dreher,  Rektor;  Schneider, 
Fr.0.3a.,  StUtzle,  Miller,  Dr.  Hiemer,  Dr.  Malzacher, 
Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Dr.  Kurtz, 
(K.71.  Pr.E.K.2.),  Gfri5rer,  Professoren;  Heine,  Fischer, 
Nastold,  Oberpräzeptoren ;  Kieninger,  Joas,  Präzeptoren. 
Zeichenlehrer:  Huberich,  Professor.    1  Vikar.  —  1  Diener. 


Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.     165    * 

4.  liftAlin^en. 

(10  Klassen,  4  obere,  6  mittlere  und  imtere.) 

Bektor:  Mayer,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule;  Fr.0.3.a. 

J.M..^. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Mayer,  Bektor;  Motz, 
Dr.  Wagner,  Dr.  Ganzenmüller,  Benuer,  Professoren. 
1  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Zimmer,  J.M.2« 
(K.71.  Pr.E.K.2.),  Hochstetter,  Walter,  Professoren; 
Oslander,  Oalmbach,  Oberpräzeptoren;Dipper,  V.K.,  Erehl, 
Präzeptoren.  Fachlehrer  für  Mathematik  und  Turnen:  Schnizer, 
Keallehrer.     Zeichenlehrer:  Schwenzer,  Professor.     1  Vikar. 

5.  Hau. 

(10  Klassou,  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Bektor:  Dr.  John,  Fr.0.3a.  (K.71.). 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  John,  Bektor.  Dr.  Kolb, 
Dr.  Fehleisen,  Wetzel,  Dr.  Gttnzler,  Müller,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Beiniger, 
Professor;  Keller,  Lauer,  Bruckmann,  Oberpr&zeptoren; 
Weitbrecht,  Schnirring,  Präzeptoren.  1  realist.  Hilfslehrer. 
Zeichenlehrer :  L  ö  f  f  I  e  r.    Turnlehrer  :Klöpfer.    1  Vikar. 

6.  Heilbronn. 

(18  Klassen,  6  obere,   darunter  2  realistische,  12  mittlere   and   untere, 

darunter  2  realistische.) 

Bektor:  Dr.  Dürr,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule,  Fr.O.Sa. 

A.  Qymiasiale  llasteD  (Vorklasse  und  I— IX). 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Dürr,  Bektor;  L  e  c h  1  e r, 
zugleich  Inspektor  der  Tumanstalt  und  Vorstand  des  Pensionats, 
Hartmann  (K.71.),  Dangel,  Gramer,  Wunder,  Dr.  Kom- 
mereil, Dr.  Lang,  Calmbach,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Buch  1er,  Kern, 
Feucht,  Münzenmaier,  Föll,  Essich,  Professoren;  Speer, 
(K.71.),  Gunser,  Schlüren,  Oberpräzeptoren;  Zluhan,  Hof- 
mann, Mühlhäuser,  Boller,  V.K.,  Präzeptoren.  Zeichenlehrer: 
Stahl, Professor,  Sitzler,  Lampe.  Turnlehrer:  Hohenacker, 
Thumm,  Oberlehrer.  1  Vikar,  zugleich  Bepetent  für  das 
Pensionat.  —  1  Diener. 


166     Cbet'Mcht  der  bökeren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  iu  Wtiittb. 

B.  R«alg|«aMiale  limtu  (lY— YII). 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung :  D  a  n  g  e  l ,  Dr.  L  a  n  g  ^  Professoren. 

b)  Lehrer  a«  der  mittleren  Abteilung:  Kern,  Müjizenm.iier; 
Professoren.     Sohlüren,  Oberpräzeptor. 

G.  Mit  Um  <}yoiiA«iiB  ferbuilMci  Paiioiat 

Vorstand:  Lechler,  Professor.  3  Repetenten,  wovon  1  zugleich 
Vikar  am  Gymnasium. 

7.  Ijudwi^sbnr^^. 

(12  Klassen,  4  obere,  8  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Erbe,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule,  Fr.0.3a. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Erbe,  Rektor;  Krocken- 
berger,  Raunecker,  Rieber,  Kley,  Dr.  Wagner,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Fischer, 
Professor;  Hieber,  Hüzel,  Belschner,  Oberpräzeptoren. 
Hähnle,  Oberreallehrer;  Kussmaul,  Schübelin,  Präzep- 
toren.  2  Hilfgdehrer.   Zeichenlehrer:  Gnant,  Professor.    1  Viktfr. 

8«  Ravensbnriif. 

(10  Klassim,  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Seh  ermann. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Schermann,  Rektor; 
Schweizer,  Fr.O.Ba.,  Dr.  Landwehr,  Geiselhart,  Bökeler, 
B eiser,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Humm,  Prä- 
zeptoratskaplan,  Professor;  Straub,  Dr.  Niki  aus,  Präzeptorats- 
kaplan,  Flaig,  Wölfflen,  Oberpräzeptoren;  Maier,  Ma^g, 
Präzeptoren.    Zeichenlehrer:  Bosch,  Oberreallehrer. 

9.  Remtlinitfeii. 

-  (10  Klassen,  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Votteler,  zugleich  Vorstand   der  Elementarschule. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Votteler,  Rektor;  Bil- 
finger,  Dr.  Sauerbeck,  Rupp,  Strölin,  Böhringer, 
Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  U artmann, 
Fuchs,  Professoren;  Schiele,  Hartmann,  Oberpräzep- 
toren; Aickelin,  Bröckel,  Präzeptoren.  Zeichenlehrer: 
S chmidt,  Professor.  Turnlehrer:  Held.  Gesanglehror :  Schön- 
hardt,  Musikdirektor.     1  Vikar. 


Cliersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.     167 

IG.  Rottwell. 

(14  Klaäseu,  8  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Eble,  Oberstudl^nrat,  Fr.O.Sa.  J.M.2. 

a)  Lehrer  &n  der  oberen  Al>teilniig:  Dr.  Eble^  Oberstudienrat, 
Dr.Baltzer,  Fr.O.Sa.^  Blersch,  Schmid,  Dr.  Kottmanii; 
zugleich  KonviktSTorstand,  Zolier,  Dr.  Ehrenfried,  Fischer, 
Dr.  Krieg;  Profeseoren.    3  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abt^lung:  Egg  1er, 
Fischer,  Professoren;  Dr.  Mock,  Geiger,  Daiber,  Ober- 
präzeptoren.  Reiner,  Ott,  Präzeptoren.  Zeichenlehrer:  Dur  seh. 
1  Diener. 

11.  I§ltntti:art. 

I.  Eteriiar4*Lii«ig8-SyaaMiHi. 

(20  Klassen.  8  obere.  12  mittlere  und  untorü.) 

Rektor:  Dr.  Straub,  Obersty dienrat,  Kr.0.3.    Fr.O.Ba. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Hauptlehrer:  Dr.  Straub, 
Oberstndienrat;  Sauer,  Fr.O.äa.,  Dr.  Haas, Fr.O.S.a.,  Straub, 
Fr.0.3a.  (K.71.),  Dr.  Weihenmajer,  Dr.  Drück,  Dr.  Meyer, 
Süskind,    Cranz,    zugleich    Mitglied    der    Zentralstelle    ftlr 

Gewerbe  und  Handel,  Dr.   Sakmann,   Dr.  Eiben , 

Kessler,  Vorstand  der  Turnlehrerbildungsaustalt,  Professoren. 
Fach-  und  Hilfslehrer:  Für  evangelischen  Religionsunterricht: 
Dr.  Mosapp,  Schulrat.  Für  katholischen  Religionsunterricht: 
Kohler,  Kaplan.  Für  italienische  Sprache :  C  att an eo,  Professor, 
itaL  Vizekonsul,  zugleich  Hilfslehrer  an  der  Technischen 
Hochschule.     1  Vikar. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Hauptlehrer: 
Märklin,  Wintterlin,  Bräuhäuser,  Schaumann,  Kapff, 
Dr.  Pfeiffer,  Ostermayer,  Dölker,  Dürr,  Professoren; 
Dr.  Schmid,  Oberpräzeptor;  Eberhard,  V.K.,  Fick,  Aichele, 
Narr,  Braun,  Katz,  Präzeptoren.  Gussmann,  Turnlehrer. 
1  Hilfslehrer.  Fach-  und  Hilfslehrer:  Für  evangelischen  Reli- 
gionsunterricht: Dr.  Mosapp,  Schulrat,  Di p per,  Stadtpfarrer. 
Für  katholischen  Religionsunterricht :  K  o  h  1  e  r ,  Kaplan.  1  Vikar. 
Kassier  des  Gymnasiums:  v.  Fische r-WeikerHthal,  Kauzlei- 
rat.  —  1  Diener.     1  Dienergehilfe. 

B.  KarlsgymnaslBii. 
(20  Klassen,  8  obere,  12  mittlere  und  nntorc.) 
Rektor:   Dr.  Egelhaaf,   Oberstudienrat,    zugleich   Hilfslehrer  an 
der  Technischen  Hochschule,  sowie  Mitglied  der  W.  Kommission 


168     Obersicht  der  höheren  Lehran8talteu,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

fUr  Landesgeschichte  und  Ersatzmann  fttr  Mitglieder  des  Dis- 
ziplinargerichts ftlr  evangelische  Geistliche,  Fr.0.3a. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Hauptlehrer:  Dr.  Egelhaaf, 
Oberstiidienrat;  Dr.  Weidlich,  Fr.O.Sa.,  Dr.  Heintzeler, 
zugleich  Inspektor  der  Elementarschule,  Dr.  Ludwig,  Dr. 
Planck,  Dr.  Mayser,  Dr.  Hieber,  Dr.  Grotz,  Dr.  Meltzer, 
Dr.  Junker,  Dr.  Kies,  Kern,  Professoren.  2  Hilfslehrer. 
Fach-  und  Hilfslehrer:  FUr  evangelischen  Religionsunterricht: 
Traub,  Stadtpfarrer;  für  katholischen  Religionsunterricht:  Dr« 
Zorell,  Kaplan.  Für  italienische  Sprache:  Cattaneo,  Pro- 
fessor, italienischer  Vizekonsul.  Für  Zeichnen:  Ebenhusen. 
Fttr  Turnen:  Reiß,  Turnlehrer.     1  Vikar. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Hauptlehrer: 
Albrecht,  (K.71.),  Feucht,  J.M.2,  Schöttle,  Mohl,  Kirsch- 
mer,  Dr.  Richter,  Dr.  Müil.er,  Professoren;  Weismann, 
Müller,  Dr.  Reik,  Oberpräzeptoren;  Maag,  Schairer,  Beiz, 
Sohaich,  Schuler,  Prüzeptoren.  Fach-  und  Hilfslehrer: 
Für  evangelischen  Religionsunterricht:  Gros,  Lumpp,  Werner, 
Stadtpfarrer.  Fttr  katholischen  Religionsunterricht:  Dr.  Zorell, 
Kaplan.  Fttr  Zeichnen:  Ebenhusen.  Fttr  Turnen:  Reiß, 
Turnlehrer.  1  Vikar.  Kassier  des  Gymnasiums:  städtischer 
Rechnungsrat  Barchet,  Vorstand  der  städt.  Schulpflege  und 
Stiftnngsverwaltung.   —   1  Diener.     1  Dienergehilfe.     1  Heizer. 

IS.  Tftblnffen. 

(10  KlaäHcn,  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Knapp,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule,  Mit- 
glied der  W.  Kommission  fttr  Landesgeschichte,  Fr.0.3a. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Knapp,  Rektor;  Paulus, 
Fr.O.Sa.,  Dr.  Knapp,  (K.71.),  Nägele,  zugleich  Vorstand  der 
höheren  Mädchenschule,  J.M.2.,  Österlen,  K.O.M.I.,  Dr. Ritter, 
zugleich  Privatdozent  an  der  Universität,  Stahlecker,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Wörz, 
Dr.  Hesselmeyer,  Professoren;  Stiugel,  Dr.  Eberle, 
Oberpräzeptoren;  Waldmttller,  Salzner,  Präzeptoren. 
Zeichenlehrer:  Merz.  Turnlehrer:  Sturm,  zugleich  Uni- 
versitätstumlehrer.     1  Vikar. 

18.  Ulm. 

(10  KlasseU)  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Hirzel,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule,  Fr.O.Sa. 


Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.      1 69 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Hirzel,  Rektor- 
Dr.  Knapp ;  zugleich  Inspektor  der  Tumanstalt  und  Mitglied 
der  Württ.  Kommission  für  Landesgeschichte,  Fr.O.Sa.^  Mahler, 
Holzer,  Dr.  Müller,  Dr.  Baumeister,  Dr.  Ziegler,  Profes- 
soren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Böhm  (K.71.), 

Kallhardt,  Dr.  Kap  ff,  Professoren;  Dr.  Kieser, , 

Oberpräzeptoren ;  Mollenkopf,  Pfeiffer,  Präzep  toren. 
Zeichenlehrer:  Kim  mich,  Professor,  Schmalzried.  Gesang- 
lehrer: Graf,  Professor,  g.M.f.K.u.W.a.B.d.Fr.O.  Turnlehrer: 
Hörsch,  Fischer.     1  Vikar. 

b)  Progynmasium  in 

Öhringen. 

(4  Klassen,  1  obere,  3  mittlere  un<l  untere.) 

Rektor:  Dr.  Barth,  ^zugleich  Vorstand  der  Elementarschule,  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Barth,   Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Goppelt,  Pro- 
fessor; Bader,  Dr.  Well  er,  zugleich  Mitglied  der  Württ. 
Kommission  für  Landesgeschichte,  Oberpräzeptoren;  Renken- 
berger,  Oberreallehrer;  Schock,  Präzeptor.  Zeichenlehrer: 
—    1  Diener. 

c)  Lateinschnlen. 

Aalen.  Vorstand:  L  Oberpräzeptor:  Glökler,  11.  Oberpräzeptor: 
Veitinger.    Präzeptor:  Schairer. 

Altenstetff.  Oberpräzeptor:  Zimmer,  Präzeptor:  Treuber. 
1  Hilfslehrer. 

Backnanil^.  Oberpräzeptor:  Seh  erb,  Professor.  Präzeptor: 
Widmann. 

Balinitren.   Oberpräzeptor:   Dr.  Fahrion.     Präzeptor: 

Beilstein«    Oberpräzeptor  Völter. 

Beslc^heim.  Oberpräzeptor:  Dr.  Kohl  ei  ß.  Präzeptor:  Schrot  er. 

Biberaeh*  Rektor:  Bruder,  Professor.  Präzeptoratskapläne : 
Ott,  Oberpräzeptor,  Hohl,  Präzeptor.  1  Hilfslehrer.  Zeichen- 
lehrer: Weiß,  Professor,  Kopp.  Turn-  und  Schreiblehrer: 
Groß,  zugleich  an  der  Realschule.  Gesanglehrer:  Löhle, 
Buttschardt,  Musikdirektoren. 

Bietli^lieiin.      Oberpräzeptor:  Wiest. 

Blanbeiiren.  Oberpräzeptor:  Müller.  Präzeptor:  Storz. 
1  Hilfslehrer. 

Korreapondenzblatt  1005,  Hoft  4  u.  6. 


170     Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

Bönnls^heim.  Oberpräzeptor :  F  a  u  1  ^  Professor.  Präzeptor : 
KümmeL 

Brackenlieiiii.  Oberpräzeptor:  Bihl.  Präzeptor:  Bait in ger^V.K. 

Buehaii*     Präzeptoratskaplan: 

Sibiiisen.  Oberpräzeptor:  Baur.  Präzeptor:  Notz.  Zeichen- 
lehrer: Landenberger. 

Freadenstadt.  Vorstand:  L  Oberpräzeptor  Kübel.  IL  Ober- 
präzeptor      Präzeptor:  Bitzer. 

Friedriclishafeii.  Präzeptoratskaplan:  Kresser,  Oberpräzeptor. 

Craildorf.    Oberpräzeptor:  Leibbrand.     Präzeptor:  Wolfarth. 

Gieng^en  a.  B.    Oberpräzeptor :  £  1  w  e  r  t. 

GKppins^^n.  Rektor:  Grüns ky,  Professor,  J.M.2.  Oberpräzeptor: 
Braun.  Präzeptoren:  Seyfang,  Groß.  Zeichenlehrer: 
Gmelich.    Turnlehrer:  Rau,  Fr.O.M.  K.O.M.l.    2  Hilfslehrer. 

Crrossbottwar.  Oberpräzeptor:  FölL 

Gü^liiillfeit.     Oberpräzeptor:    Widmann. 

Heidenheim.  Vorstand:  L  Oberpräzeptor  Dr.  Kreuser,  Profes- 
sor.   IL  Oberpräzeptor:  Haug.     Präzeptor:  Ölschläger. 

Herrenber^^.  Oberpräzeptor:  Weiß.    Präzeptor:  Sattler. 

Hoheniteim.     Oberpräzeptor:  Krumm,  Präzeptor:  Klett. 

Horb.  Präzeptoratskapläne :  S t e i n e r,  Oberpräzeptor,  Schneider- 
han, Präzeptor. 

Kireliberig;  a.  d.  J.  Oberpräzeptor  und  zweiter  Stadtpfarrer: 
Diez. 

Kirchheim  a.  T.  Rektor :  Knödel.  Oberpräzeptor :  F  ab  e  r , 
Professor.  Präzeptor:  Riethmüller.  Zeichenlehrer:  Trucken- 
m  Uli  er,  Professor. 

Ijan|!i:enbari2f.  Oberpräzeptor:  Bai  tinger. 

liaaffen.    Oberpräzeptor: Präzeptor:  Rinn. 

lianpheim.     Oberpräzeptor:    WolfangeL      Präzeptor:   Spät. 

lieonberg;.    Oberpräzeptor:  Wille.     Präzeptor:  Daiber. 

JLentliireh.  Oberpräzeptor:  Braun.  Präzeptoratskaplan: Schiele,, 
Präzeptor. 

Marbach.    Oberpräzeptor:  Dr.  Schott.    Präzeptor:  Eitle. 

Marliicröiiiiiseii.  Oberpräzeptor:  Böcklen.  Präzeptor:  Hall  er. 

Mengten.     Präzeptoratskaplan: ,  Oberpräzeptor. 

Mer|g:entbeiiii.  Rektor:  Dr.  Pohlhammer.  Oberpräzeptoren : 
Sauter,  Dr.  Hauff,  Seuffer.  Präzeptor: Zeichen- 
lehrer: Villforth.     1  Hilfslehrer. 

Muiiderli^iiiSeii.  Präzeptoratskaplan: 


Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.     171 

Hurrhardt.    Oberpräzeptor:  Herzog.    Präzeptor:  Dr.  Keller. 
Waipold.    Oberpräzeptor:  Hall  er.    Präzeptor:  YeyhL 
Heckarsulni.  Präzeptoratskaplan:  Zimmermann, Oberpräzeptor. 

1  Hilfslehrer. 
Henenstadt.  Oberpräzeptor:  Wei die.  Präzeptor:  Fr ohnmey er. 
Oberndorf  a.  H.    Oberpräzeptor :  S  c  h  m  i  d ,  Professor. 
PfnUlnil^eii.  Oberpräzeptor:  Mollenkopf. 
Rosenfeld.    Oberpräzeptor:  Menge. 
Bottenbnr^^.      Rektor:   Eremmler,  Dompräbendar,    zugleich 

Vorstand  der  Realschule  (P.p.E.&P.).  Oberpräzeptoren: , 

Stumpp,  Dr.  Kimmich.     Präzeptor:  Sorg.     2  Hilfslehrer. 

Zeichenlehrer:  Reitze. 
Saulfan.   Präzeptoratskaplan:  Dr.  Kolb,  Oberpräzeptor. 
S^heer.  Präzeptoratskaplan:  Stoker,  Oberpräzeptor. 
Srhrambers:.   Oberpräzeptor:  Knobloch.  Zeichenlehrer:  Merz, 

Professor. 
SpaieUns^en.    Oberpräzeptor;  Stadler.    Präzeptor:  El  wert. 
Suis.     Oberpräzeptor :   Moser. 

Tettnanx^.    Präzeptoratskaplan: 

Tnttllnu^en.  Oberpräzeptor :  S  c h a b e r ,  Präzeptor :Beiswenger. 
Urach.  Oberpräzeptor:  Dr.  Eisele.  Präzeptor:  Dr.  Leibius. 
TaUiiniceii  a.  d.  £•    Oberpräzeptor:  Dr.  Haus  er.    Präzeptor: 

Reutter. 
l¥aibliiix^eii.  Oberpräzeptor:  Attinger.   Präzeptor:  Weinmar. 
'Waldsee.     Präzeptoratskaplan:  Hang,  Oberpräzeptor. 
W^aneen.    Präzeptoratskaplan :  Dr.  Funk,  Oberpräzeptor. 

Welnsbers.     Oberpräzeptor: Präzeptor:  Dipper. 

'Wiesensteiit*.    Präzeptoratskaplan: 

^IFildberff.     Oberpräzeptor:  Balderer. 

W^iniiendeii.    Oberpräzeptor:  Ziemßen.    Präzeptor:  Pflomm. 

C    Realgymnasien,   Realprogymnasien,   Reallateinschulen. 

a)  Realgymnasien  in 
1.  Gmünd. 

(16  Klassen,  5  obere,  11  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Klaus^  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule,  Fr.O.Sa. 
J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung :  Dr.KlauS;  Rektor;  Bürklen,  zu- 
gleich Vorstand  der  höheren  Privatmädchenschule,  Dr.  Seefelder, 
Berner,  Schumacher,  Geiger,  Professoren.    1  Hilfslehrer. 


172     Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteihing:  Dr.  Woltz^ 
Dr.Breininig,  Oberpräzeptoren,  Keppler,  Dr.  Geck,  Ober- 
reallehrer,  Dr.  Hang,  Oberpräzeptor,  Präzeptoratskaplan. 
Maurer,  Oberpräzeptor.  Irion(K.71.),  Präzeptor.  6  Hilfslehrer. 
Zeichenlehrer:  Pfletschinger,  Oberlehrer,  Fischer.  Turn- 
lehrer: Bühler. 

1t*  Stuttgart« 

(28  Klassen,  9  obere,  19  mittlere  und  untere.) 

Rektor :  E  h  r  h  a  r  t ,  Oberstudienrat,  zugleich  außerordentIiche& 
Mitglied  der  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen,  Fr.O.Sa. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung :  Hauptlehrer:  Ehrhart,  Ober- 
studienrat. Krug,  I-Y.O.Sa.,  Dr.  Konr.  Miller  (P.p.E.&P.P.Jub. 
K.2.),  Müller,  O.O.,  Lang,  zugleich  Hilfslehrer  an  der 
Tierärztlichen  Hochschule,  Bonhöffer,  J.M.2.,  Minner  (K.71.), 
Rist,  Zech,  Lachenmaier,  Dr.  Jul.  Miller,  Haug, 
Dölker,  zugleich  Inspektor  der  Tumanstalt,  Dr.  Scholl^ 
Professoren.  2  Hilfslehrer.  Fach-  und  Hilfslehrer:  Für  kathoL 
Religionsunterricht:  Kohl  er,  Kaplan.     1  Vikar. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Hauptlehrer: 
Herzog,  Fladt,  Memminger,  Kuhn,  Hähnle,  Fanser, 
Calmbach,  Müller,  Richter,  Seiferheld,  Eitle,  Professoren; 
Murthum,  Dr.  Breit  weg,  Oberpräzeptoren;  Dr.  Wildermuth, 
Oberreallehrer;  Wendel,  Lindmaier,  Harr,  Fick,  Bazlen, 

Boßler,  Präzeptoren.     Rettenmaier,    Turnlehrer , 

Schreiblehrer.  2  Hilfslehrer.  Fach-  und  Hilfslehrer:  Für  kath. 
Religionsunterricht:  Kohler,  Bentele,  Kapläne.  Für  Zeich- 
nen: Herwig,  Zeichenlehrer.  1  Vikar.  Kassier  des  Realgym- 
nasiums: V.  Fische r-Weikersthal,  Kanzleirat.  1  Diener. 
1  Dienergehilfe.     1  Heizer. 

3.  Ulm. 

(11  Klassen,  5  obere,  zum  Teil  mit  den  Realklassen  kombiniert,  6  mittlere 

und  untere.) 

Rektor:  Neu  ff  er,  zugleich  Rektor  der  Oberrealschule,  Fr.0.3a.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung  (außer  den  bei  der  Roalanstalt 
genannten):  Dr.  Barthelmeß  (K.71.),  Schauffler,  Professoren. 
1  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Schulte s, 
Mezger,  Brost,  Professoren;  Koch  (K.71.),  Oberpräzeptor; 
Pflüger,  Streng,  Präzeptoren.    Schreiblehrer:  Witte,  Ober- 


Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Wtlrttb.     173 

lehren     Zeichenlehrer:  Kim  mich;  Professor,   Schmalzried. 
Gesanglehrer:  Graf,  Professor.   Turnlehrer:  Hörsch,  Fischer. 

b)  Realprogymnasien  in 

1.  BSbllniifeii« 

(7  Klassen,  2  obere,  5  mittlere  und  untere.) 

Rektor: 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung: Rektor;  Kruck, 

Professor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Rühle,  Dr. 
Dieter,  Oberpräzeptoren ;  Dr.  Borst,  Oberreallehrer;  Bühl  er, 
Präzeptor.    1  Hilfslehrer.    Zeichenlehrer:  Btthl. 

2.  Calw. 

(8  Klassen,  2  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Weizsäcker,  J.M.2. 

n)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Weizsäcker,  Rektor; 
Hory,  Professor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung :  Beutter,  Pro- 
fessor; Steudel,  Oberpräzeptor;  Schmehl,  Müller,  Oberreal- 
lehrer; Bäuchle,  Jett  er,  Präzeptor  en.  Zeichenlehrer:  Dinkel- 
acker. 

3.  Creisliniifeii. 

(8  Klassen,  2  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  T  hier  er. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  T  hier  er,  Rektor; 
Dr.  Groß,  Professor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Fetscher, 
Dr.  Lauer,  Professoren;  Brönnle,  Dr.Vogt,  Dr.  Winternitz, 
Oberpräzeptoren.  Haidle, Präzeptor.  Zeichenlehrer: Fetscher, 
Ziegler,  Professoren. 

(8  Klassen,  2  obere,  6  mittlere  und  untere.) 
Rektor:  Dr.  Komm  er  eil,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Dr.  Komm  er  eil,  Rektor; 
Kautter,  Professor,  J.M.2.     1  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung :  Ramsperger, 
Steudel,  Professoren;  Sturm,  Oberreallehrer;  Wieland,  Ober- 
präzeptor; Ruthardt,  Köhler,  Präzeptoren.  Zeichenlehrer: 
Enslin.     Turnlehrer:  Kocher. 


174     Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

o)  Reallateinsohule. 

Hiedlini^eii. 

(5  mittlere  und  untere  Klassen.) 

Vorstand:  Professor  Dr.  Fürst,  Präzeptoratskaplan.  Oberreallehrer: 

Bnz,    Professor;    Oberpräzeptoren:    Wiedmann,     y 

Präzeptoratskaplan.    Präzeptor:  Schob.     1  Hilfslehrer.    Turn- 
und  Zeichenlehrer:  Mayer. 

D.  Oberrealschulen  und  Realschulen, 
a)  Oberrealsohulen. 

1.  Cannstatt. 

(22  Klassen,  6  obere,  17  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Mayer,  Fr.0.3a.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung :  Mayer,  Rektor;  Dr.  P 11  g r i  m, 
Schölkopf,  Dr.  Schmid,  Silcher,  Dr.  Abel e^  Professoren. 

1  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Maulen,  Wüst, 
Eley,  Soldner,  Professoren;  Katzmaier,  Wieler,  Eitel, 
Schnürle,  Oberreallehrer;  Rau,  lUenberger,  Hoss^  Her- 
mann, Clement,  Reallehrer.  4  Hilfslehrer.  1  Vikar.  Zeichen- 
lehrer: Braumiller^  Professor.    Turnlehrer:  St  ab  1er. 

(18  Klassen,  5  obere,  13  mittlere  und  untere.) 
Rektor:  Haage,  Fr.0.3a. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Haage,  Rektor;  Schirmer^ 
Eberhardt    (K.71.),    Schmid,    Dietmann,    Professoren. 

2  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Mayer^  Geh- 
ring, Professoren;  Mayer,  Maier,  Frank,  Haller,  Dr.  Müller, 
Oberreallehrer;    Gaiser,    Beyer  lein,    Herre,    Reallehrer. 

3  Hilfslehrer.    Zeichenlehrer:   Schwenzer,  Professor.     Turn- 
lehrer: Schnizer,  Reallehrer. 

3«  GKppiniifeii. 

(14  Klassen,  4  obere,  10  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Hirsch,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule. 
a)  Lehrer   an   der   oberen  Abteilung:    Hirsch,    Rektor,   Klein- 
knecht, Dr.  Hack,  Teufel,  Walter,  Professoren. 


Cbersicht  der  höheren  Lehranstalteu,  Lehrer  etc.  in  Württb.     175 

a)  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  M  a  u  t  h  e  (K.Tl.),  Professor^ 
Esslinger;  Köhler^  König,  Gonser,  Dieterle,  R.M.2.,  Ober- 
reallehrer. Eisele,  V.K.,  Dambach,  Mast;  Reallehrer.  BHilfs- 
lehren     Zeichenlehrer:   Kolb,    (4m euch.      Turnlehrer:   Rau. 

4.  Hau. 

(10  Klassen,  4  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Diez. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Diez,  Rektor;  Säzler,  Fach, 
Strenger,  Dr.  Schweitzer,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Fritz,  Schmieg, 
Kraiss,  Stecher,  Oberreallehrer;  Mayer,  Wittmann,  Real- 
lehrer.  1  Vikar.  Zeichenlehrer:  Löffler.  Turnlehrer:  Klopfer. 

5.  Heilbroim. 

(21  Klassen,  5  obere,  16  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Widmann,  Fr.0.3a.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung :  Widmann,  Rektor;  Baisch, 
Fr.0.3a.,  Weber,  Braun,   Schaufler,   Wolf,   Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Binder, 
Thomaß,  Böhringer,  Stahl,  Kauffmann,  Professoren; 
Seybold,  Hole,  Seefried,  Kröner,  Oberreallehrer;  Kneile, 
Aberle,  Vöhringer,  Behringer,  Reallehrer.   4  Hilfslehrer. 

1  Vikar.     Zeichenlehrer:    Eberbach.      Turnlehrer:    Hohen- 
acker.    Thumm,  Oberlehrer. 

6.  BaTensbarn:. 

(11  Klasseu,  5  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Rettinger. 

a)  Lehrer  an  der  oberer  Abteilung :  Rettinger,  Rektor,  A n d  1  e r, 
Riehm,  Seiz,  Beischer,  Professoren.     1  Hilfslehrer. 

b)  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Zimmermann, 
Schönleber,  s.ldw.M.,  Vetter,  Haug,  J.M.2,  Professoren. 
Schnabel,  Reallehrer.  1  Hilfslehrer.  Zeichenlehrer:  Bosch, 
Oberreallehrer. 

7.  Reatling^en. 

(17  Klassen,  5  obere,  12  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Höchstetter  Fr.0.3a.  (K.71.). 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Höchstetter,  Rektor; 
Dr.  Steudel,    Finckh,    Sucher,    Kauzmann,    Professoren. 

2  Hilfslehrer. 


176     Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung :  Hezel;  Bitzer, 
Wandel^  Stttbler^  Professoren;  Bernhardt,  Vaihinger, 
Stöckle,  Oberreallehrer;  Sattler,  Böhm,  Gruber^  Real- 
lehrer. 2  Hilfslehrer.  1  Vikar.  Zeichenlehrer:  Schmidt, 
Professor.  Gesanglehrer:  Schönhardt,  Musikdirektor.  Turn- 
lehrer: Held. 

8.  Stuttgart. 

A.  Fri64rleli-Eigeii-B«alsekile. 

(24  Klassen,  6  obere,  18  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Schumann,  Oberstudienrat,  zugleich  Lehrer  für  Geo- 
graphie an  der  Technischen  Hochschule  Kr.0.3.  Fr.O.Sa.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Schumann,  Oberstudienrat; 
Dr.  Bretschneider,  zugleich  Inspektor  der  Turnanstalt,  so- 
wie Hilfslehrer  an  der  Technischen  Hochschule,  Fr.0.3a.  (K.71.), 
Entreß,  Dr.  Diez,  zugleich  Privatdozent  an  der  Technischen 
Hochschule  und  Lehrer  an  der  Akademie  der  bildenden  Künste, 
Dr.  Haag,  Schiele,  Strobel,  Dr.  Ruoß,  Dr.  Schwend, 
zugleich  Hilfslehrer  an  der  Technischen  Hochschule,  Dr.  Rayhrer, 
Schmidt,  gr.g.M.f.K.u.W.a.B.d.Fr.O.,  Professoren.    1  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  S  omni  er, 
Fach,  Förstler,  Fr.0.3b.  J.M.2.,  Groh,  Jauß,  Acker- 
knecht, Schöttle,  Keck,  Mützel,  Professoren;  Kauff- 
mann,  Oberreallehrer;  Schnabel,  Schock,  Wölfflen, 
Bäßler,  Offner,  Reallehrer.  Renz,  Turnlehrer.  4  Hilfs- 
lehrer. 2  Vikare.  Fachlehrer  für  evang.  Religionsunterricht: 
Stadtpfarrer  Höckh.    Fachlehrer  für  kath.  Religionsunterricht: 

Dr.    Zorell,     Kaplan.      Fachlehrer    für    Zeichnen: 

Fachlehrer  für  Turnen:  Blank.  Kassier  der  Anstalt:  städt. 
Rechnungsrat  Barch  et,  Vorstand  der  städt.  Schulpflege  und 
St  iftungs  Verwaltung.  —  1  Diener. 

B.  WilkelBB-Reilseliile. 

(24  Klassen,  6  obere,  18  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Jäger,  Oberstudienrat,  Fr.0.3a.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Jäger,  Oberstudienrat;  Haag, 
Blum,  Wagner,  zugleich  Inspektor  der  Elementarschule,  Wcng, 
Zech,  Rettich,  Professoren.     2  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung :  Schrägle,Birk, 
Größler,  Montigel,  Oberreutter,  Ziegler,  Haag, 
Wauner,    Professoren;    Ensslen,    Petri,    Henne,    Seitz, 


Cbersioht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.     177 

Eisenmann,  .....  .,  Oberreallehrer.    Walter,  Griesinger, 

Widmann,  Braun,  Staiger,  Reallehrer.  Turnlehrer:  Mayer. 
1  Hilfslehrer.  2  Vikare.  Fachlehrer  für  evang.  Religionsunterricht : 
Stadtpfarrer  Dr.  Walther,  Gros  und  Blind.  Fachlehrer  für  kath. 
Religionsunterricht:  ELaplan  Dr.  Steinhäuser,  Vikar  K  eich  er 
und  Vikar  Ruß.  Kassier  der  Anstalt:  städt.  Rechnungsrat 
Barch  et,  Vorstand  der  städt.  Schulpflege  und  Stiftungsver- 
waltung. —  1  Diener. 

9.  Ulm. 

(12  Klassen,  4  obere,  8  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Neu  ff  er,  zugleich  Rektor  des  Realgymnasiums. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung  (zum  Teil  auch  am  Real- 
gymnasium verwendet) :  Neuffer,  Rektor;  Sauter,  Dr. Weißer, 
Marmeln,  Zeller,  Lebküchner,  Professoren. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  imteren  Abteilung:  Claus,  Hosch, 
Rleinfelder,  Hang,  Professoren;  Lusser,  Oberreallehrer; 
Griesinger,  Wimmer,  Reallehrer.  2  Hilfslehrer.  Schreiblehrer: 
Witte,  Oberlehrer.  Zeichenlehrer:  Schmalzried.  Gesanglehrer: 
6r a f , Musikdirektor.  Turnlehrer :Hörsch, Fischer.  1  Vikar. 

b)  Realschulen, 
a)  Reiliekileii  nlt  swel  «kerei  Jahreikiriefl : 

1«  Aalen. 

(0  Klassen,  2  obere,  7  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  RommeL 

Äl  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung :  Rommel,  Rektor;  Grunsky, 
Professor. 

b|  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Harr  er,  Beur- 
len,  Liomin,  Waibel,  Oberreallehrer;  Weller,  Mackh, 
Reallehrer.     1  Hilfslehrer.     Zeichenlehrer:  Zeller. 

tt.  Biberach. 

(8  Klassen,  2  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  ..... 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung: Rektor;  Metzger, 

Professor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Nisch,  Professor, 
Klingel,  Laudsperger,  Häberlen,  Oberreallehrer;  Ege, 
Közl e,  Reallehrer.   Zeichenlehrer :  Weiß,  Professor,  zugleich  an 


178     Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

der  Lateinschule,  g.M.f.K.u.W.  Turn-  und  Schreiblebrer:  Groß^ 
zugleich  an  der  Lateinschule.  Gesanglehrer:  Löhle,  Butt- 
schar d  t ,  Musikdirektoren. 

3.  Heidenheiin. 

(10  Klassen,  2  obere,  8  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Malter,  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Malter,  Rektor;  Rommel, 
Professor,  8.M.V.M.  (K.71.). 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Gaus,  Pro- 
fessor, g.M.f.K.u.W.  Gehring,  Dietrich,  Stumpp,Oberreallelirer; 
Leyen Setter,  Kienle,  Reallehrer.  2  Hilfslehrer.  Zeichen- 
lehrer: Hahn. 

4.  liudwiiifflbiirii:. 

(13  Klassen,  2  obere,  11  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Hörz,  Fr.O.Sa.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Hörz,  Rektor;  Bück,  Professor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Riecke,  Fein, 
Professoren.  D  engl  er,  Bonhöffer,  Oberreallehrer;  Franck, 
V.K.,  Schwarz,  Groß,  Illg,  Reallehrer.  4  Hilfslehrer.  1  Vikar. 
Zeichenlehrer:  Gnant,  Professor. 

5.  Rottweil. 

(7  Klassen,  2  obere,  5  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Schmidt,  Fr.0.3a.  J.M.2. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Schmidt,  Rektor;  Schmid, 
Professor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Grundler, 
Döser,  Schäfle,  Professoren;  Keller,  Oberreallehrer;  Stehle, 
Reallehrer.    Zeichenlehrer:  Dur  seh. 

6.  Tubinireii. 

(9  Klassen,  2  obere,  7  mittlere  und  uutere.) 

Rektor:  Kr  1mm eh 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Krimmel,  Rektor;  Sauer, 
Professor.    1  Hilfslehrer. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung :  Nies,  Halst, 
A  u  e  r ,  Professoren.  H  o  u  o  1  d ,  Oberreallehrer ;  R 1  e  c  k  e  r, 
Illmmelreicher,  Reallehrer.  1  Hilfslehrer.  Zeichenlehrer: 
Merz.    Turnlehrer:  Sturm,   Universitätsturnlehrer. 


Cbereicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.     179 

ß)  lAtUehilei  mit  eken  9lktnn  Jthreiknn. 

]•  Crailsheim. 

(8  Klassen,  1  obere,  7  mittlere  und  untere  mit  Lateinabteilungen.) 

Rektor:  Fleischmann. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Fleischmann;  Rektor. 

b)  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Dederer,  Strauss, 
Oberreallehrer,  Dr.  Her tl ein,  Oberpräzeptor,  Klein,  Oberreal- 
lehrer, Bihler,  Reallehrer,  Dölker,  Präzeptor.     1  Hilfslehrer. 

ft»  Ebln^eii. 

(6  Klassen,  1  obere,  5  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Gntscher. 

aj  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Gutscher,  Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Kugel,. 
Schnapper,  Hochstetter,  Kiefner, Oberreallehrer;  Brändle, 
Reallehrer.      Zeichenlehrer:    Landenberger. 

3.  Frendenstadt« 

(6  Klassen,  1  obere',  5  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Hang,  Fr.O.Sa. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Hang,  Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Henninger, 
Professor,  J.M.2.,  Weikart,  Dietterle,  Oberreallehrer;  Graf, 
Reallehrer,  J.M.3.   1  Hilfslehrer.   Zeichenlehrer:  Hauser. 

4.  Ki]rc]i]ieiina«T. 

(7  Klassen,  1  obere,  6  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Schönig,  S.M.V.M.  (K.71.),  zugleich  Vorstand  der  Ele- 
mentarschule. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Schönig,  Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Wied,  Beiß  er, 
Gauger,  Klein,  Oberreallehrer;  Hofmann,  Riethmtlller, 
Reallehrer.    Zeichenlehrer:  Truckenmüller,  Professor. 

5.  8c]ioriidorf. 

(8  Klassen,  1  obere,  7  mittlere  und  untere  mit  Lateinabteilungen.) 

Rektor:  Grözinger. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Grözinger,  Rektor. 

b)  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Binz,  Oberreallehrer; 
Dr.  Riecke,  Oberpräzeptor ;  Burkhardtsmaier,  Müller, 
Dr.  Ho  ff  mann,  Oberreallehrer.  Groß  mann,  Präzeptor, 
Bosch,  Reallehrer. 


180     Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

6.  l^chweiiiiiitipeii. 

(6  Klassen,  1  obere,  5  mittlere  und  untere.) 
Rektor:  Heinz. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Heinz,  Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Fromm, 
Breunlin,  Dr.  Lörcher,  Oberreallehrer.  Scholl,  Reallehrer. 
1  Hilfslehrer.    Zeichenlehrer:  Unger. 

7.  Sindellliii^eii« 

(6  Klassen,  1  obere,  i)  mittlere  und  untere.) 

Rektor:  Dr.  Hartranft. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung :  Dr.  Hartranft,  Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Kälber,  Pro- 
fessor; Fries,  Schittenhelm,  Oberreallehrer; Real- 
lehrer.     1  Hilfslehrer.      Zeichenlehrer:   Reuff. 

(8  Klassen,  1  obere,  7  mittlere  und  untere.) 
Rektor:  Huwald,  zugleich  Vorstand  der  Elementarschule,  Fr.O.Sa. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Huwald,  Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Holl,  Bau- 
meister,   Professoren.     Herter,    Oberreallehrer.      Epple, 

Reallehrer.    3  Hilfslehrer. 

< 

9.  Tuttlimireii. 

(6  Klassen,  1  obere,  5  mittlere  und  untere.) 
Rektor:  MttUer. 

a)  Lehrer  an  der  oberen  Abteilung:  Müller,  Rektor. 

b)  Lehrer  an  der  mittleren  und  unteren  Abteilung:  Schöllhammer, 
Henninger,  Dr.Moser,  Hohnerlein,  Oberreallehrer;  Haus  er, 
Reallehrer.    Zeichenlehrer:  Gansmüller. 

r)  Realschulen  ohae  Oberklusen. 
Alpirsbach.     Oberreallefhrer :  Bauer.     Reallehrer:   Brück  er. 
Altshaasen.    Oberreallehrer:  Sigerist. 
Backnans^.      Oberreallehrer:    Mergenthaler,    Professor,    Dr. 

Wendelstein.     Reallehrer:  Talmon-Gros.     2  Hilfslehrer. 
Baiersbronn.    Oberreallehrer:  Speer. 

Balingen.  Oberreallehrer:  Imendörffer.  Reallehrer:  Bader. 
Bleti^^heim*  Oberreallehrer:  Dr.  Haizmann.  Reallehrer:  Vogt. 
Blaubeurcn.     Oberreallehrer :  Iv  o  c  h  e  n  d  ö  r  f  e  r. 


Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.     ] Hl 

Boplliii^eii.    Oberreallehrer: 

Bochan«    Oberreallehrer:  H  aus  er.     1  Hilfslehrer. 

Buttenhansen*  Bernheimersche  Realschule.  Oberreallehrer : 
Rabe. 

Creslliiseii.     Oberreallehrer:  Schnitzler. 

Domhan.    Oberreallehrer:  Rinck. 

Dornstetten.    Oberreallehrer :  Schwenk. 

DürrmenB-llEfililacker.  Oberreallehrer:  Dr.  Reif  f.  Reallehrer: 
Knöller.     1  Hilfslehrer. 

Ehini^eii.    Oberreallehrer:  Schad.    Reallehrer:  Mttller. 

Ellw^ani^eii.  Vorstand :  D  r  e  h  e  r ,  Rektor  des  Gymnasiums.  Ober- 
reallehrer: Schweitzer,  Professor.  Reallehrer:  Eisenhardt. 
Zeichenlehrer:  Huberich,  Professor. 

Enini^eii«     Oberreallehrer:  Rentter.     Reallehrer:  Seyerlen. 

Fenerbaeh.  Vorstand:  Wilhelm,  Professor,  zugleich  Vorstand 
der  Elementarschule.  Oberreallehrer  K  a z.  Reallehrer:  Fischer. 

Frledriehshafen.  Oberreallehrer:  Dr.  Diez.   Reallehrer:  Frey. 

Gaildorf«    Oberreallehrer:  Oberkampf. 

Gicuiffeit.     Oberreallehrer:   -Dieterlen.      Reallehrer:   Heinle, 

Heimslieiiii«    Oberreallehrer:  Schwarz. 

Herrenberff.    Oberreallehrer :  R  a  1 1. 

Heiibaeh.   Oberreallehrer:  Wagner. 

Horb.    Oberreallehrer:  Ehingen    Reallehrer:  Nothhelfer. 

Isny.    Oberreallehrer:  Drescher.    Reallehrer:  Mundle. 

KnlttUni^en.    Oberreallehrer:  MühlschlegeL 

Kfinselsau.  Vorstand:  Oberreallehrer  Dr.  Seibold.  Oberreal- 
lehrer: Schmid.    Reallehrer:  F  aus  er. 

Laiii^enaa.    Oberreallehrer: 

Lanpheim*    Oberreallehrer:  Schweizer. 

lioonberit:.    Oberreallehrer:  Bück. 

Ijentkirch.  Oberreallehrer :  Palm.  Reallehrer :  Schmolz. 
Zeichenlehrer:  Zorn. 

liOreh.   Oberreallehrer:  Kneile.     1  Hilfslehrer. 

Hanlbronn.    Oberreallehrer:  KnölL 

Mensen.    Oberreallehrer:  Reiner,  Fr.0.3b.     1  Hilfslehrer. 

Hers^iitheiin.  Oberreallehrer :Hildenbrand,  Müller.  2  Hilfs- 
lehrer.    Zeichenlehrer:  Villforth. 

lletEinseii.  Vorstand:  Professor  Maier,  zugleich  Vorstand  der 
Elementarschule.  Oberreallehrer:  Eberhardt.  Reallehrer:  Enk^ 
1  Hilfslehrer. 


182     Obersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Wtirttb. 

Mttckmfihl«      Oberreallehrer :     Braun.      Reallehrer :      Nagel 

(K.71.  Pr.E.K.2.). 

Münsinseii.      Oberreallehrer:    Sander.      Reallehrer:    Kaom. 

BTai^old.  Oberreallehrer:  Weinmann,  zugleich  gerichtlicher  Dol- 
metscher  für   die  polnische   Sprache.      Reallehrer  Bodamer. 

Xeckursuliii.  Oberreallehrer:  Neff.  1  Hilfslehrer,  gemein- 
schaftlich mit  der  Lateinschule. 

Jfereslieiiii.     Oberreallehrer:  Marschall,  Professor. 

Ifeuenbüri;.     Oberreallehrer:  Hahn.    Reallehrer:  Widmaier. 

IfenlTeii.    Oberreallehrer:  Bruder. 

Ifiederstetten.    Oberreallehrer:  Grüner. 

Oberndorf.    Oberreallehrer:  Dehn.    Reallehrer:  König. 

Rottenbnri;.  Vorstand:  Kremmler,  Dompräbendar  und  Rektor 
der  Lateinschule.    Oberreallehrer:  Thuma.    Reallehrer:  Schik. 

1  Hilfslehrer.    Zeichenlehrer:  Reitze. 

S^anl^au«    Oberreallehrer:  Dr.  Knapp.    Reallehrer:  Mannhart. 
JS^chramberic«        Oberreallehrer:    Ostreiche  r.       Reallehrer: 
Schmierer.     2  Hilfslehrer.     Zeichenlehrer:  Merz,  Professor. 
JStpaicbinc^en.    Oberreallehrer:  Strauß. 
S^ulz.    Oberreallehrer:  Frieß. 
Tettnanff.    Oberreallehrer:  Gnant,  Professor. 
Trossln^eii.   Oberreallehrer :  R  e  e  s. 
Uiiterc:rönins:eii.    Oberreallehrer:  Mauz. 
Urach.       Oberreallehrer:      Weiß.      Reallehrer:      Widmann. 

2  Hilfslehrer. 

TaUünc^en  a«  d.  £•    Oberreallehrer:  Nuß.     1  Hilfslehrer. 

Watblinc^en.    Oberreallehrer:  Bau  der.    Reallehrer:  Fichtel. 

Waldsee.    Oberreallehrer:  Bok.     1  Hilfslehrer. 

Wanden.    Oberreallehrer:  Bolter,  Professor.     1  Hilfslehrer. 

Weikersheim.      Oberreallehrer:  Burkhardt. 

Well  der  Stadt.  Oberreallehrer:  Schmid.   Reallehrer:  Frick. 

l¥elzheiin.     Oberreallehrer:  B teurer. 

l¥lldbad.  Oberreallehrer:  Dr.  Pfeffer.   Reallehrer:  Kirschmer. 

Winnenden.    Oberreallehrer:  Kür n er. 

£•  Bürgerschule  in  Stuttgart. 

(40  Klassen,  worunter  7  provisorisch.) 

Rektor:  Hils^  zugleich  Vorstand  der  kaufm.  Fortbildungsschule^ 
Fr.0.3.a. 


Obersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb.     183 

Hauptlehrer:  a)  an  Klasse  YII  und  VIII:  Hils,  Rektor,  Broß, 
Stooß  (K.71.),  Traub,  Professoren.  Henzler,  Groß, 
Pfeifle,  Glökier,  Fahl,  Oberreallehrer; 

b)  an  Klasse Vnnd VI:  Schäfer,  Reallehrer;  Wolpert,  Real- 
lehrer; Schumm,  Reallehrer;  Wein  mar,  Reallehrer;  Dilger, 
Reallelirer;  Heß,  Reallehrer;  Bauer,  Birkhold,  Reallehrer; 
Gösele,  Reallehrer; 

c)  an  Klasse  III  und  IV :  Hildenbrand,  J.M.3.,  Lauxmann, 
Clauß,  Rumpel,  Oberlehrer,  Kr.O.M.;  Stark,  Reiff,  Rehm, 
Schlenker,  Schneider,  Schäfer,  Illg; 

d)  an  Klasse  I  und  H:  Frieß,  Bachmann,  Strecker, 
Merz,  Klett.    7  Hilfslehrer.    2  Vikare. 

F.  Elementarschulen, 

welche  für  die  humaniätischen  und  realiätischen  Lehranstalten  vorbereiten. 

1.  Cannstatt  (6  Klassen). 

Vorstand:  Dr.  Klett^  Rektor  des  Gymnasiums.  Lehrer:  Schlen- 
ker, Oberlehrer;  Gaub,  Klotz,  Reuß,  Elementarlehrer. 
2  Hilfslehrer. 

ft»  !E»sliiiffen  (5  Klassen). 

Vorstand:  Mayer,  Rektor  des  Gymnasiums.  Lehrer:  Klotz, 
Schairer,  Oberlehrer;  Bauer,  Kaller,  Lay er,  Elementarlehrer. 

3«  Fenerbaeh  (3  KlasHcn). 

Vorstand:  Professor  Wilhelm,  Vorstand  der  Realschule.  Lehrer: 
Pflomm,  Elementarlehrer,  zugleich  Turnlehrer  an  der  Real- 
schule.    1  Hilfslehrer. 

4.  Omtind  (1  Klasse). 

Vorstand:  Dr.  Klaus,  Rektor  des  Realgymnasiums.  Lehrer:  Müller. 

5.  GUppins^en  (4  Klassen). 
Vorstand:  Hirsch,  Rektor  der  Oberrealachule.  Lehrer:  Wißmann, 
Pfäffle,  Oberlehrer.    2  Hilfslehrer. 

6.  Heidenheim  (2  Klassen). 
Lehrer:  Löffler,  Elementarlehrer.     1  Hilfslehrer. 

7«  Hellbronn  (5  Klassen). 
Vorstand:  Dr.  Dürr,  Rektor  des  Gymnasiums.    Lehrer:  Wagner, 
T  0 1 1,  Oberlehrer  ;El8er,  Knödel,  Ziegler,  Elementarlehrer. 


184     Übersicht  der  höheren  Lehranstalten,  Lehrer  etc.  in  Württb. 

8.  Kirehheim  (2  Klassen). 
Vorstand:   Schönig,  Rektor  der  Realschule.    Lehrer:  Deuschle^ 
Elementarlehrer.    1  Hilfslehrer. 

9.  liUdwiffsbari;  (4  Klassen). 
Vorstand:    Erbe,    Rektor   des    Gymnasiums.      Lehrer:   Löbich^ 
Saut  er,  Oberlehrer ;  R  o  h  r , ,  Elementarlehrer. 

10.  Metsinc^en  (1  Klasse). 

Vorstand:   Professor  Mai  er,   Vorstand   der  Realschule.     Lehrer: 
H  i  e  b  e  r ,  Elementarlehrer. 

11.  H &rtini:en  (1  Klasse). 

Vorstand:  Dr.  Kommerell,  Rektor  des  Realprogymnasiums.  Lehrer: 
Klaiß,  Oberlehrer. 

12.  ö]urinc:en  (1  Klasse). 

Vorstand:  Dr.  Barth,  Rektor  des  Progymnasiums.    Lehrer: 

13.  Reutlinc^en  (3  Klassen). 
Vorstand:  Dr.  Votteler,  Rektor  des  Gymnasiums.    Lehrer:  Heß, 
Oberlehrer;  Schwarz,  Elementarlehrer.     1  Hilfslehrer. 

14.  S^tntt^art  (29  Klassen,  worunter  6  provisorisch). 
Vorstand:  Huwald,  Professor.  Inspektoren:  Heintzeler,  Wagner, 
Professoren.  Lehrer:  Wacker,  Kr.O.M.,  J.M.3.,  Böhrihger, 
Feucht,  Weidler,  Scheu,  Gommel,  Braun,  Schick, 
Oberlehrer;  Walz,  Reallehrer;  Höschele,  Seybold,  Wolf, 
Elementarlehrer;  Schwegelbaur,  Kibler,  Sauter,  Hansel- 
mann, Schwarz,  Sieder,  Vollmer,  Held,  Luz,  Boger, 
Kehle,  Eberbach,  Elementarlehrer.  6  Hilfslehrer.  1  Vikar.  — 
1  Diener. 

15.  Tfibinffen  (2  Klassen). 
Vorstand :  Dr.  Knapp,  Rektor  des  Gymnasiums.    Lehrer :  Thomas, 
Oberlehrer.    Do  st  er,  Elementarlehrer. 

16.  Ulm  (5  Klassen). 
Vorstand:  Dr.  Hirzel,  Rektor  des  Gymnasiums.    Lehrer:  Mühl- 
häuser, Witte,  Schuon,  Vötsch,  Oberlehrer;  Enz,  Elemen- 
tarlehrer. 

17«  Uriieh  (1  Klasse). 
Lehrer:  Armbruster,  Oberlehrer. 


Anhang.  185 

G.  Höhere  Mädchenlehranstalten. 
A.  Das  höhere  Lehrerinnenseminar  xn  Stuttgart. 

Rektor  :Heintzeler^  Oberetadienrat,  Rektor  des  Königin  Katharina- 
stifts. Haoptlehrer:  Dr.  Krimmel,  Finckh,  Dr.  Bopp^ 
Professoren.  Lehrerinnen  und  Erzieherinnen:  Steinmayer, 
K.O.M.I.,  Mayer.  Hilfslehrer:  Oonz,  Professor  (s.  Königin 
Katharinastift),  Dr.  med.  Fetz  er ,  Professor,  Mangold,  kath. 
Stadtpfarrer.  Turnlehrerin:  Fetz  er  (s.  Königin  Katharina- 
stift).    1  Diener  (s.  Königin  Katharinastift). 

B.  Die  höheren  Mädohensohuleu. 

a)  Bie  iffeitUehei  hikerei  IMcheiiehilei 

(im  Sinne  des  Art.  1  iles  Gesetzen  vom  30.  Dezember  1877). 

1.  Cannataü« 

Rektor:  Conz,  Fr.0.3a.    J.M.2.    (K.71.) 

Hauptlehrer  in  den  oberen  Klassen :  Conz,  Rektor  (s.  o.);  Endriß, 
Professor;  sonstige  Hauptlehrer:  Dr.  Weisen böhler,  Ober* 
reallehrer;     Rentschier,    Nerz,    Oberlehrer.    1  Hilfslehrer. 

Lehrerinnen:  Tafel,  Mayer;  Weißmann,  Beyerle,  Zeichen- 
iehrerin:  Kern;  Tum-  und  Arbeitslehrerin:  MUnch. 

Sft.  Basliiiffeii. 

Rektor:  Frey. 

Haaptlehrer  an  den  oberen  Klassen:  Frey,  Rektor;  sonstige 
Hauptlehrer:  Pfleiderer,  Oberreallehrer,  Reusch,  Bäuch- 
len,  Riecke,  Reallehrer,  Böhringer,  Hauptlehrer.  Fach- 
lehrer: Finckh,  Stadtpfarrer.    Zeichenlehrer:  Kaiser. 

Lehrerinnen:  Pfaff,  Späth.    Arbeitslehrerinnen:  Hang,  Cloß. 

3«  OSppini^en. 

Rektor:  KazenwadeL 

Hauptlehrer  au  den  oberen  Klassen:  Kazenwadel,  Rektor;  son- 
stige Hauptlehrer:  Marchthaler,  Lorenz,  Rau,  Eiseu- 
braun,  Bttrkle,  Reallehrer;  Heber,  Oberlehrer.  2  Hilfs- 
lehrer. 

Lehrerinnen:  Kioherer,  Kelber.    Arbeitslehrerin:  Sc  hm  id. 

4.  Hau. 

Rektor:  Dr.  Knieser. 

HsuptUehrer  an  den  oberen  ELlasseu:  Dr.  Knieser,  Rektor;  son- 
stige Hauptlehrer:  Krookenberger,  Oberreallehrer;  Hees, 
Bandtel,  Oberlehrer;  Gokenbaoh,  Hauptlehrer. 

KorreMpondcnzblatt  1906,  Heft  4  u.  6. 


186  Anhang. 

Lehrerinnen:  Schwarz^  Losch,  Reinhardt.  Arbeitslehrerin: 
Ilager.     1  HilfBlehrerin. 

5.  Hellbronn. 

Rektor:  Desselberger,  Fr.O.Sa.  J.M.2.  (K.7L) 
Hauptlehrer  an  den  oberen  Klassen:  Desselberger,  Rektor; 
Rath;  Professor;  sonstige  Hanptlehrer:  Barr,  Professor^ 
Reichstatt,  Dr. Kochendörfer,  Isenberg,  Oberreallehrer; 
Herrmann,  Reallebrer;  Klenk,  Deines,  Oberlehrer;  Sitzler, 
Zeichenlehrer;  Stärk,  kath.  Dekan. 
Lehrerinnen:  Durst,  Prttckner,  Deck,  Hörner.  Arbeits- 
lehrerinnen: Braun,  Schleehauf. 

6.  Kornthal. 

Rektor:  Decker,  Fr.0.3a.    J.M.2. 

Hauptlehrer   an   den   oberen  Rlasseu:   Decker,  Rektor;  sonstige 

Hauptlehrer:  Stahlecker,  Oberreallehrer;  Krauß,  Oberlehrer. 

Kr.O.M. 
Lehrinnen:  Schmid,  Strölin,  Rößler,  Dold. 

7.  Ijiidwli^bnri;. 

Rektor:  Seeger. 

Hauptlehrer  an  den  oberen  Klassen:  Seeger,  Rektor;  sonstige 
Hauptlehrer:  Dr.  Weller,  Oberreallehrer,  Bezler,  Reallehrer; 
Hohenstatt,  Beitter,  Oberlehrer. 

Lehrerinnen :  Förstner,  Christiane,  Forst ii er,  Friederike, 
Künkelin,  Bechter.  Zeichenlehrerin:  Paret.  Arbeits- 
lehrerin: Btthler. 

H.  Bentlini^eia. 

Rektor:  Eßlinger. 

Hauptlehrer  an  den  oberen  Klassen:  Eßlinger,  Rektor; 
Dr.  Haußer,  Hohenacker,  Hocker,  Oberreallehrer;  Kiefner, 
Strohecker,    Reallehrer;    Weinhardt,  Oberlehrer. 

Lehrerinnen:  Berini,  Krais,  Klein,  Gaub;  Arbeitslehrerin: 
Hummel;  Zeichenlehrerin:  Keim. 

9.  8tnttc:art. 

a)  Königin  Katharinastift. 

Rektor:  Heintzeler,  Oberstudienrat,  zugleich  Rektor  des  höheren 
Lehrerinnenseminars,  Kr.0.3.    Fr.O.S.a.    (P.R.A.0.4.) 

Hauptlehrer  an  den  oberen  Klassen:  Heintzeler,  Oberstudien- 
rat; Bräuhäuser,  (K.71.),  Dr.  Dinkelacker,  Roth,  Ban- 
de r  e  t  F.(  >.3.a.,  Professoren ;  sonstijs:«»  Hauptlehrer:  Müller,  Fr.0.3b. 


Anhang.  187 

J.M.2.,  Dr.  Rumm,  Dr.  Mann,  Oberreallelirer  5  Zier  er, 
Oberlehrer.  Fachlehrer:  Conz,  Fr.O.Sa.,  Metzger,  Fr.O.Sb., 
Professoren;  Kimmerle,  Sing-  nnd  Turnlehrer. 
Lehrerinnen:  Leclair,  K.O.M.I.,  Wessinger,  K.O.M.I.,  Ebner, 
Mttller,  Fleischmann,  Holzer,  Merkle,  K.O.M.I.,  Bor- 
nand,  Heller,  Vollmer.  Faclilehrerin :  Scheerer,  Tanz- 
lehrerin, K.O.M.I.,  Fetz  er,  Tumlehrerin,  K.O.M.l.  Arbeita- 
lehrerinnen:    Weegmann,    K.O.M.l.,    Holzer,    Brodbeok, 

Würich. 

b)  Königin  Olgastift. 

Rektor:  Dr.  Kapff,  Fr.O.Sa. 

Hanptlehrer  an  den  oberen  Klassen:  Dr.  Kapff,  Rektor;  Werner, 

Professor, ;  sonstige  Hauptlehrer:  Mayer,  Reallehrer, 

V.K.  J.M.2.,  Besson,  Professor;  Schmid,  Oberlehrer.  Fachlehrer: 
Bühl,  Gärtner,  Dr.  Fauser,  Dr.  Grotz,  Seifriz. 

Lehrerinnen:  Schön,  Agnes  K.O.M.l.,  Kraiß,  Schön,  Amanda 
Sailer,  Fohmaun,  Geck;  Riecke,  Arbeitslehrerin:  Färber, 
K.O.M.I.,  Scheerer,  Tanzlehrerin  (s.o);  Steiner,  Turnlehrerin. 

10.  Tfibinffen. 

Vorstand:  Nägele,  Professor  am  Gymnasium,  zugleich  Fachlehrer. 
Hauptlehrer:    Dr.   Lawton,   Professor;    Schwarz,   Brösamlen, 

Reallehrer;  Schwarzenhölzer,  Oberlehrer. 
Lehrerinnen:    Reinhardt,   Berta,    Tritschler,    Desselberger, 

Wolff,  Zeichenlehrerin:  Reinhardt;  Turn-  und  Arbeitslehrerin: 

Schneider. 

11.  Ulm. 

Rektor:  Dr.  Magirus. 

Hauptlehrer  an  den  oberen  Klassen:  Dr.  Magirus,  Rektor;  Berg, 
Professor;  sonstige  Hauptlehrer:  Dr.  Frick,  Oberreallehrer; 
Schwarz,  Dußler,  Kraushaar,  Oberlehrer;  Streicher, 
Walter,  Hauptlehrer;  Fachlehrer:  Ma  gg,  kath.  Dekan, 
Rödelsheimer,  israel.  Lehrer. 

Lehrerinnen:  A.  Krauß,  Moser,  Borel.  Arbeitslehrerinnen: 
M.  Krauß,  Mayer,  Schreiber. 

b)  PrlvatsDitalten 
(im  Sinne  des  Art.  2  des  obengenannten  Gesetzes). 

1.  Biberach. 
Vorstand:  Maurer,  Reallehrer. 
Hanptlehrer:  Maurer,  Reallehrer.     1  Hilfslehrer. 
Lehrerin:  Baumann. 


188  AnhariK. 

Vorstand:   Dr.  Mal  zach  er,   Professor  am  Gymnasittm  daselbst^ 

zugleich  Fachlehrer. 
Lehrerinnen:  Tafel,  Rttck. 

8«  Fenerbaeh. 

Vorstand:  Oeiger,  Keallehrer. 

Hanptlehrer:  Geiger. 

Lehrerinnen :  Zippe rleu,  Vötter. 

4.  Gmfind. 

Vorstand:   Bttrklen,   Professor  am  Realgymnasium  daselbst,  zu* 

gleich  Fachlehrer. 
Hauptlehrer:  Kiesel,  Oberlehrer. 
Lehrerinnen:  Pfann,  Sauber  schwarz. 

3.  Baveiiflbiirff. 

Vorstand :  G  a  n  z  e  n  m  U 1 1  e  r. 

Hauptlehrer:  Ganzenmülier. 

Lehrerinnen:  Frisch,  Schefbuch,  Liesching,  Reber. 

Evaugelisclies  Töchteriiistitut. 

Vorstand:  Dietrich,  Rektor. 

Hauptlehrer:  Dietrich,  Rektor;  Müller,  Oberrealleh^er;  Götz, 

Reallehrer;  Felder,  Liebeudürfer,  Kammerer,  Mezger, 

Kram  er,  Oberlehrer.     1  Hilfslehrer. 
Lehrerinnen:  Kurtz,  K.O.M.I.,  Blech,  Brttgel,  Ritter,  Kober, 

Letter,   Dietrich.     Arbeitslehrerinnen:    Feyler,    Strölin. 


H.  Die  Turnlehrerbildungsanstalt  in  Stuttgart. 

Vorstand  und  Hauptlehrer:  Keßler,  Professor,  zugleich  Haupt- 
lehrer für  das  Turnen  am  Eberhard-Ludwigs-Gymnasium  in  Stutt- 
gart. K.O.M.l.  (LK.Bb.).  Ärztlicher  Hilfslehrer:  Dr.  med.  Fetz  er, 
Professor.  Kassier:  v.  Fischer-Weikersthal,  Kanzleirat» 
Hausmeister:  Schädle,  Fr.O.M.    J.M.3. 


Die  techn.  Inspekttonen  sämtl.  ein-  u.  zweiiil.  Healsoiiulen.      189 


Ordnung  der  teohnisohen  Inspektionen 

der  ein-  und  zweiklassigen  Latein-  und  Realschaleii  Wflrttembergs 

nr  Georgü  1904/1907. 


Ort 

T  ü  c  h  n  i  8  r  h  ü  r  Inspektor 

Zahl 

der 

Klassen: 

der  Lehranstalt 

]          1 

1 
Name          { 

Haag 

Titel 

.  1 

Rektor 

Wohnort 
Freudenstadt 

Alpirsbaeh    .    .    . 

- 

2 

Altshausen    .    .    . 

R 

Dr.  Weisser 

Professor 

Ulm 

1 

Backnang     .     .    . 

L 

Mayer 

Rektor 

1 

Eßlingen 

2 

Baiersbronn .     .    . 

H 

Hang 

1 

Freudenstadt 

1 

Balingen  .... 

'  L 

Vottelor 

» 

Reutlingen 

2 

Balingen  .... 

.  R 

Gutscher 

» 

Ehingen 

2 

Beilstein  .... 

1   L 

Lech  1er 

Profe.s«or 

Heilbronn 

1 

Besigheim     .    .    . 

'   L 

Lechler 

r 

•n 

2 

Bietigheim    .    .    . 

1   1. 

Dr.  Drück 

w 

Stuttgart 

2 

Biatigheim    .    .    . 

R 

Mayer 

Rektor 

Cannstatt 

2 

Blanbeuren   .    .    . 

.   L 

Dr.  Hirzcl 

.• 

Ulm 

2 

Blaabeuren  .    .    . 

'   R 

Neuifer 

«« 

n 

2 

Bönnigheim  .    .     . 

1   L 

Dr.  Dürr 

T) 

Heilbronn 

2 

Bopfingen     .    .    . 

R 

Maiter 

•n 

Heidenheini 

1 

Brackenheini     .    . 

L 

Dr.  Dürr 

n 

Heilbronn 

2 

Buchau     .... 

L 

Dr.  Knapp 

Professor 

Ulm 

2 

Buehaii     .... 

R 

Dr.  Weisser 

« 

r) 

2 

Bnttenhausen    .    . 

i  R 

Dr.  Junker 

1                 r» 

Stuttgart 

1 

Creglingen    .    .    . 

R 

Fach 

» 

Hall 

1 

Domhan  .... 

R 

Krimmel 

[       Rektor 

Tübingen 

1 

Domstetten  .     .    . 

.   R 

Hang 

1       »• 

Freudenstadt 

'      1 

Dürrm.-Mtthlacker 

R 

Mayer 

•» 

Cannstatt 

3 

Ehingen    .... 

L 

Votteler 

ji 

Reutlingen 

2 

Ehingen    .... 

R 

Neuffer 

" 

Ulm 

2 

Rningen    .... 
Friedrichshafen 

'  R 

Höchstetter 

*« 

Reutlingen 

2 

L 

Dr.  Scherinann 

«* 

Ravensburg 

2 

Friedrichshafen 

R 

Rettinger 

1 

.^ 

«^ 

2 

Gafldorf  .... 

L 

Dr.  John 

1            • 

Hall 

2 

Gaildorf  .... 

R 

Jiiger 

O.-Studicnrat 

Stuttgart 

1 

Giengen    .... 

L 

Dr.  Hirzel 

Hektor 

Ulm 

2 

Giengen    .... 

R 

Maiter 

» 

Heidenheim 

2 

Großbottwar     .     . 

"   L 

Maver 

»^ 

Eßlingen 

1      l 

Gü^lingen     .    .    . 

L 

Dr.  Dürr 

n 

Heilbronn 

;       1 

Heimsheim    .    .    . 

R 

Schiele 

Professor 

Stuttgart 

'      1 

Herrenberg  .    .    . 

L 

Dr.  Ludwig 

>i 

r> 

2 

fierrenberg  .    .    . 

R 

Dr.Bretschneider 

«n 

W 

2 

Henbach  .... 

R 

Rommel 

Rektor 

Aalen 

1 

Hohenheim    .     .    . 

L 

Dr.  Planck 

Professor 

Stuttgart 

2 

Horb 

L 

Dr.  Kottiuanii 

Tj 

Rottweil 

2 

Horb 

R 

Krimmel 

Rektor 

Tflbiniron 

1 

*)  L  =1^  Lateinschule,  R  =  Realschule. 


190      Die  techn.  Inspektionen  sämtl.  ein-  u.  zweikl.  Realschulen. 


Ort 
der  Lehranstalt 


Name 


Technischer  Inspektor 
Titel 


Wohnort 


-.8 

«t  o  <* 


Ingelfingen 
.Isny      .    . 
Kirchberg 
Knittlingen 
Langen  au 
Langenburg 
Lauffon 
Laupheini 
Laupheiiu 
Leonberg . 
Leonberg . 
Leutkircn 
Leutkirch 
Lorch  .    . 
Marbach   . 
Markgrö  niligen 
Maulbronn 
Mengen 
Mengen     . 
Mergentheim 
Möckmühl 
Münsingen 
Munder  kingeu 
Murrhardt 
Nagold 
Nagold 
Neckarsulm 
Neckarsulm 
Neresheim 
Neuenbürg 
Neuenstadt 
Neuffen 
Niederstet  ten 
Obemdorf 
Obemdorf 
Pfullingen 
Rosenfeld 
Saulgau    . 
Saulgau    . 
Scheer 
Schorndorf 
Schramberg 
Schramberg 
Spaicliingen 
Spaichingcn 
Sulz      .    . 
Sulz      .    . 
Tettnang  . 


L 
K 
L 
R 
R 
:  L 
L 
L 
R 
L 

I  R 
I   L 

R 

R 

L 

L 

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L 

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R 

L 

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L 

R 

R 

R 

L 

R 

R 

L 

R 

L 

L 

L 

R 

L 

L 

L 

R 

L 

R 

L 

R 

L 


Dr.  John 

NeufFer 

Dr.  John 

Schiele 

Sauter 

Dr.  John 

Lechler 

Dr.  Hirzel 

Dr.  Weisser 

Dr.  Grotz 

Dr.Bretschneider 

Dr.  Landwehr 

Neuffer 

Haage 

Dr.  Planck 

Dr.  Klett 

Schiele 

Rief 
8 au t er 
Diez 
Strobel 
Jäger 
Rief 
Mayer 
Dr.  Egelhaaf 
Dr.Bretschneider 
Kley 
Strobel 
Maiter 
Hl  um 
Kley 
llöchstetter 
Diez 
Dr.  Eble 
Schmidt        1 
Bilfinger 
Dr.  Knapp 
Dr.  Schermann  ; 
Sauter 
Rief  ! 

Dr.  Herzog  | 
Dr.  Eble 
Krinimel 
Dr.  Eble 
Schmidt 
Dr.  Knapp 
Krimmel 
Dr.  Landwehr  I 


Rektor 


Professor 

Rektor 
Professor 

Rektor 
Professor 

n 

Rektor 

Professor 

Rektor 

Professor 


Hektor 

Professor    ■ 

0.-Studienrat| 

Professor 

Rektor       . 

O.-StudienratI 

Professor    | 

i 
'1 


Hektor 

O.-Studienrat 

Rektor 

Professor 

Hektor 

Professor 

n 

V 

O.-Studienrat 

Rektor 
O.-Studienrat 

Hektor 

T) 

Professor 


Hall 

Ulm 

Hall 
Stuttgart 

Ulm 

Hall 
Heilbronn 

Ulm 


n 


Stuttgart 

n 

Ravensburg 

Ulm 
Eßlingen 
Stuttgart 
(^annstatt 
Stuttgart 
Ehingen 

Ulm 

Hall 
Stuttgart 

Ehingen 
Eßlingen 

» 

Ludwigsburg 

Stut^art 
Heiden  heim 

Stuttgart 

Ludwigsburg 

Reutlingen 

Hall 
Rottweil 

n 

Reutlingen 

Tübingen 

Ravensburg 

Ulm 

Ehingen 

Stuttgart 

Rottweil 

Tübingen 

Rottweil 

Tübingen 

n 

Ravensburg 


1 
2 
1 
1 
1 
1 
2 
2 
2 
2 
2 
2 
2 
1 
2 
2 
1 
2 
2 
B 
2 
2 
1 
2 
2 
2 
1 
1 
1 
2 
2 
1 
1 
2 
2 
1 
1 
2 
2 
1 
2 
2 
3 
2 
2 
1 
1 
1 


Alphabet.  Nameuvci^zeichnis  der  technischen  Inspektoren.     19] 


/%                 A. 

•4^ 

Technischer  Insi 

>ektor 

-  1 

Ort 

^iS 

r*    Irf    BP 

der  Lehranstalt 

J  5 

Xanie 

1 

Titel 

Wohnort 

e«  ®  S 
>c  'ö  pS 

Tettnang .     .     .    .  jj  K 

Rettinger 

Rektor 

Ravensburg 

1 

Trossingen    . 

1  R 

Schmidt 

n 

Rottweil 

1 

Tuttlingen     . 

L 

Dr.  Eble 

U.-Studienrat 

n 

2 

Untergröningen 

R 

Jäger 

»? 

Stuttgart 

1 

Urach  .    ,     . 

;  L 

Biltinger 

Professor 

Reutlingen 

2 

Urach  .    .    . 

1  R 

Jäger 

O.-Stndienrat 

Stuttgart 

4 

Vaihingen     .    . 

L 

Dr.  Drück 

Professor 

n 

2 

Vaihingen     .    . 

R 

Mayer 

Rektor 

Oannstatt 

2 

Waiblingen   .    . 

L 

Dr.  Klett 

>? 

rt 

2 

Waiblingen   . 

R 

Schumann 

O.-Studienrat 

Stuttgart 

2 

Waldsee   .    . 

L 

Geiselhart 

Professor 

Ravensburg 

2 

Waldsee   .    . 

R 

Andler 

.'? 

rt 

2 

Wangen    .     . 

L 

Geiselhart 

ri 

n 

1 

Wangen    .     . 

R 

Andler 

n 

it 

2 

Weikersheim 

R 

Diez 

Rektor 

Hall 

1 

Weil  der  Stadt  . 

R  ' 

Schiele 

Professor 

Stuttgart 

2 

Weinsberg     .     . 

L   , 

Gramer 

n 

Heilbronn 

2 

Welzheim      .    . 

R  ' 

Haage 

Rektor 

Esslingen 

1 

Wiesensteig  .     . 

L 

Dr.  Knapp 

Professor 

Ulm 

;    1 

Wildbad  .    .    , 

R 

Blnm 

w 

Stuttgart 

2 

Wildberg .     .    . 

1    L 

Dr.  Egelhaaf 

O.-Studienrat 

» 

1 

Winnenden   .     . 

1,   L 

Dr.  Klett 

Rektor 

Cannstatt 

2 

Winnenden   .     . 

j  R  ! 

Schumann 

O.-Studienrat 

Stuttgart 

2 

Alphabetisches  Namenverzeichnis 

der  TechnisolieiL  Inspektoren  der  ein-  und  zweiklassigen  Lateln- 
und  Realsclinlen  für  Georgli  1904/1907. 


Inspektor 


i3  es 

J  - 

98 


Ort  der  Lehranstalt 


Andler,  Professor  an   der   Oberrealschule  in     R 

Ravensburg. 
Bflfinger,  Professor  am  Gymnasium  in  Reut-     L 

lingen. 
Bhim,  Professor   an  der  Wilhelms-Realschule     R 

in  Stuttgart. 
Dr.  Bretschneider,  Professor  an  der  Friedrich-     R 

Engens-Realschule  Stuttgart. 
Gramer,  Professor   am   Gymnasium   in   Heil-     L 

brenn.  i 

^)  L  =  Lateinschulen,  R  =  Realschulen. 


Waldsee,  Wangen  i.  A. 

Pfullingen,  Urach. 

Neuenbürg,  Wildbad. 

Herrenberg,      Leonberg, 

Nagold. 
Weinsberg. 


192     Alphabet.  NiAuenvenBeiobuis  der  teohnischen  luMpektoreo. 


Inspektor 


Ort  der  Lehranstalt 


Diez,  Kektor  an  der  Oherrealschule  in  Hall.      R 

Dr.  Drück,  Professor  am  Eberhard-Ludwigs-     L 

Oymnasium  in  Stuttgart. 
Dr.  IMirr,    Rektor    am   Gymnasium   in   Heil-     L 

brenn. 
Dr.  £ble,   Oberstudienrat,   Rektor   am   Gyni-  I  L 

nasium  in  Rottweil. 
Dr.  Egelbaaf,  Oberstudienrat,  Rektor  am  Karls-     L 

gymnasium  in  Stuttgart. 
Fach,  Professor  an  der  Oberrealschule  in  Hall.     R 
Geiselhart,  Professor  am  Gymnasium  in  Ravens-     L 

bürg. 
Dr.  Grotz,   Professor  am  Karlsgymnasiiiiii  in     L 

Stuttgart 
Gut^cher,  Rektor  an  der  Realschule  in  Ehingen.     R 
Haage,  Rektor  an  der  Oberrealschule  in  Eß-     R 

lingen. 
Hang,  Rektor  an  der  Realschule  in  Freuden-     R  | 

Stadt. 
Dr.  Herzog,  Professor  am  Eberhard-Ludwigs-     L 

Gymnasium  in  Stuttgart. 
Dr.  Hirzel)  Rektor  am  Gymnasium  in  Ulm.         L 

Höchstetter,  Rektor  au  der  Oberrealschule  in   i  R 

Reutlingen. 
Jäger,   Oberstudienrat,   Rektor   au    der  Wil-     R 

helms-Realschule  in  Stuttgart 
Dr.  John,  Rektor  am  Gymnasium  in  Hall.  L 

Dr.  Junker,  Professor  am  Karlsgymnasium  in  R 

Stuttgart 

Kley,  Professor  am  Gymnasium  in  Ludwigsburg.  L 

Dr.  Klett,  Rektor  am   Gymnasium  in   Cann-  L 

statt 

Dr.  Knapp,  Rektor  am  Gymnasium  in  Tübingen.  L 

Dr.  Knapp,  Professor  am  Gymnasium  in  Ulm.  L 

Dr.  Kottmann,   Professor   am  Gymnasium  in  L 

Rottweil. 
Erimmol,  Rektor  an  der  Realschule  in  Tübingen,   i  R 

I 

I 
Dr.  Landwehr,   Professor   am  Gymnasium   in   ,  L 

Ravensburg.  ' 

Lechlcr,   Professor   am   Gymnasium    in   Heil-  j  L 

brenn. 
Dr.  Ludwig,   Professor   am    Karlsgymnusium     L 

in  Stuttgart. 
Maiter,  Hcktor  an  der  Realschule  in  Heidenheini.      K 


Mergentheim,     Niederstet- 

ten,  Weikersheim. 
Bietigheim,  Vaihingen. 

Bönnigheim,  Brackenheim, 

Güelingen. 
Oberndorf,      Scbramberg, 

Spaichingen,Tuttlingen. 
Nagold,  Wildberg. 

Creglingen. 
Waldsee,  Wringen. 

Leonberg. 

Balingen. 

Lorch ,    Welzheiin. 

Alpirsbach ,    Baiersbronn, 

Domstetten. 
Murrhardt,    Großbottwar. 

Blaubeuren,Giengen,Laap- 

heim. 
Eni n gen,  Nenifen. 

Gaildorf,  Münsingen,  Unter- 
gröningen,  Urach. 

Gaildorf,  Ingelfingen, 
Kirehberg,Langenburg. 

Buttenhausen. 

Neckarsulm,  Neuenstadt. 
Markgröningen,  Waib- 
lingen, Wmn  enden. 
Rosenfeld,  Sulz. 
Buchau,  Wiesensteig. 
Horb. 

i. 

Dornhan,    Horb,    Schräm- 

berg,  Sulz. 
Lcutkirch,  Tettnang. 

Beilstein,  Beaigheim,  Lauf- 

fen. 
Herrenberg. 

Boptingen,  Giengen,  Neres- 
heim. 


Ortsregigter  der  höheren  LehrsinaUlteii. 


193 


luBpektor 


Ort  der  Lehranstalt 


Mayer,  Kektor  an  der  Oberrealschule  in  Cann- 

statt. 
Mayer,  Rektor  am  Gymnasium  in  Eßlingeu. 


R 
L 


NenfTer,  Rektor  an  der  Oherrealschule  in  Ulm.     \l  ' 


Dr.  Planck,  Professor  am  Karlsgymnasium  in 

Stuttgart. 
Bettiuger,  Rektor  an  der  Oberrealanstalt  in 

Ravensburg. 
Rief.  Professor  am  Gymnasium  in  Ehingen. 

Bommel,  Rektor  au  der  Realschule  in  Aalen. 
Santer,  Professor  am  Realgymnasium  in  Ulm. 

Dr.  Schermaun,  Rektor  am  Gymnasium  in 
Ravensburg. 

Schiele,  Professor  an  der  Friedrich- Kugcns- 
Realschnle  in  Stuttgart. 

Schmidt,  Rektor  an  der  Realschule  in  Rott- 
weil. 

Schomann,  Oberstudienrat,  Rektor  an  der 
Friedrich-Eagens-Realschule  in  Stuttgart. 

Strobel,  Professor  an  der  Friedrich-Eugens- 
Realschule  in  Stuttgart. 

Votteler,  Rektor  am  Gymnasium  in  Reut- 
lingen. 

Dr.  Weisser,  Professor  an  der  Oberrealschule 
in  Ulm. 


I 


R 

L 

R 
R 

L  I 

I 

Ri 

I 

R 
R 
L 
R 
R 


Bictigheim ,  Dfirrmenz- 
Mühlacker,  Vaihingen, 

Backnang,  Großbottwar, 
Murrhardt. 

Blaubeuren,  Ehingen,  Isny, 
Leutkirch. 

Hohenheim,  Marbach. 

Friedrichshafen,  Tettnang. 

Mengen,  Munderkingen, 

8cheer. 
Heubach. 
Langenau,   Mengen,   Saul- 

gau. 
Friedrichshafen,    Saulgau. 

Ueiüifllieim,  Knittlingen, 
Maulbronn,  Weil  der  Stadt. 
Obcrndoif,      Spaicliingen, 

Trossingeu. 
Waiblingen,  Win  neu  den. 

Mörkmilhl,  Neckarsulm. 

Balingen,  Ehingen. 

Altshausen,  Buchau,  Laup- 
lieim. 


Ortsregister  der  höheren  Lehranstalten. 


Aaleu 

Bictigheim 

Crailsheim 

Eßlingeu 

Großbottwai 

Alpirsbach 

Blaubeuren 

1  Creglingen 

Fe u erb ach 

Güglingen 

Altensteig 

Böblingen 

'  Donihnn 

Freudenstadt 

Hall 

Altshausen 

Bönnigheim 

'  Dornstetten 

Friedrichs- 

Heidenheim 

Backnan^^ 

Bopfinjren 

Dürrmenz- 

hafen 

Heil  brenn 

Baierahronn 

Brackenheim 

Mahlacker 

Gaildorf 

Heimsbeim 

Balingen 

Buchau 

Ehingen 

Geislingen 

Herrenber«? 

Beilstein 

Buttenhausen. 

Ehingen 

Giengen 

Heubach 

Besigheini 

Calw 

1  Ellwangen 

Gmünd 

Hohenliüini 

Biberacli 

Cann.rttatt 

Eningeii 

Göppingen 

Hori» 

194        Amtliche  Bekanntmachungen.  —  Literarischer  Bericht. 


Ifigelüngen 

Marbach 

1  Neuflfen 

Scliorndorf 

Vaihingen 

Isny 

Markgröningeii 

,  Niodevsti'.ttcn 

Scliraniberg 

j  Waiblingen 

Kirchberg 

Maulbronn 

Xürtinpiu 

Schwonningen 

Waldsee 

Kirchheim  u.T.j  Mengen 

(iberndorf 

Sindelfingen 

!  Wangen 

Knittlingen 

Morgen  th  ei  ni 

'  Öhringen 

Spaichingen 

Weikersheim 

Komtal 

Metzingen 

,  Pt'uUingen 

Stuttgart 

Weil  der  Stadt 

Künzclsau 

Möckmühl 

Ravensburjr 

Siilz 

Weuisberg 

Langenau 

MüuHJngen 

Reutlingen 

Tettuaug 

Welzheim 

Langenburg 

Munderkingen 

Riedlingen 

Trossingen 

Wiesensteig 

Lanffen 

Murrhardt 

1  Rosenfeld 

Tübingen 

Wildbad 

Laupheim 

Nagold 

!  Rottenburg 

Tuttlingen 

Wihlberg 

Leonberg 

NeckarBulm 

[  Rottweil 

Ulm 

Wiimonden 

Leutkircli 

Ncresheim 

Saniprau 

l'nter- 

1 

Lorch 

N(Micnbürg 

Schon* 

gröningen 

Ludwigsburg 

Neuenstadt 

,  Srhöntal 

rrncli 

Amtliche  Bekanntmaohungen. 

Anläßlich  der  diesjährigen  Schillerfeier  wird  das  im  Verlag* 
von  B.  G.  Teubner  in  Leipzig  erschienene   Schiller-Portrait 
von   Karl   Bauer    (farbige    Originallithographie,    Preis    ungerahmt 
8  Mk.)  zur  Anschaffung  fttr  Schuiräume  empfohlen. 
Stuttgart;  den  6.  April  1905. 

K.  Ministerialabteilung  ftlr  die  höheren  Schulen. 

Abieiter. 


.'» 


Am  14.  und  15.  Juni  1905  wird  der  Deutsche  Kongreß 
für  Schnlgesundheitspflege  in  Stuttgart  abgehalten  werden. 
Hierauf  werden  die  Vorsteher  und  Lehrer  sämtlicher  Schulen  hier- 
mit aufmerksam  gemacht. 

Stuttgart,  den  25.  April  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

A  b  1  e  i  t  e  r. 


Literarischer  Bericht 

Uomers  Odyssee   und  Ilias  im  Auszug«    In  neuer  Übersetzung 
von  Direktor   Dr.  Hubatsch.     Bielefeld  und  Leipzig,   Ver- 
lag von  Velhagen  und  Klasing,  1904. 
Auf  je  80  Seiten  Kleiuoktav  eine  Auswahl  aus  Odyssee  und  Ilias 

(warum  nicht  für  eine  (''bcrsetzung  die  umgekehrte  Reihenfolge?)  wird 


Literarischer  Bericht.  I95 

manchem  zu  wenig  erscheinen,  so  auch  dem  Referenten,  zumal  für  die 
Utas,  wo  man  z.  B.  Buch  IX  ungern  vermißt.  Aber  auch  abgesehen 
▼on  solchen  einzelnen  Partien,  wird  man  sagen  dürfen,  daß,  wer  wirk- 
lich Homer  kennen  lernen  will,  sich  schon  entschließen  muß,  zum 
ganzen  zu  gi*eifen.  Vielleicht  soll  dazu  die  Auswahl  Lust  macheu. 
Sie  ist  insofern  dazu  uicht  ungeeignet,  als  die  Übersetzung  im  Vers- 
maß des  Originals  sich  angenehm  liest. 

Cannstatt.  Th.  Klett. 

F.  H.  M.  BlaydeS;  Spieilegium  Sophocleuiii,  commentariuin 
Perpetuum  in  Septem  Sophoclis  fabulas  continens.  529  S. 
HaliB  Sax.    In  orph.  libr.  1903. 

Der  bekannte  Herausgeber  griechischer  Tragödien  und  Komödien 
stellt  hier  zusammen,  was  er  sicli  seit  dem  Erscheinen  seiner  Sophokles- 
ausgaben „ad  poctae  sermonem  illustrandum  et  meutern  explicandam*' 
notiert  hat.  Ich  habe  nicht  das  ganze  Werk  durchgearbeitet,  sondern 
nur  Stichproben  gemacht.  Weitaus  der  ji^rößte  Teil  der  sehr  knapp 
gehaltenen  Bemerkungen  bezieht  sich  auf  den  Sprachgebrauch  des 
Dichters  im  Vergleich  mit  sonstigen  griechischen  Schriftstellern:  so 
werden  z.  B.  zu  dem  Gebrauch  des  bloßen  Genetivs  beim  Passiv 
Philokt.  3  nanpd^  xpa^sig  die  entsprechenden  Stellen  aus  Sophokles, 
Aschylus,  Euripides,  Herodot  und  Honn^r  beigebracht.  Manchmal  wird 
die  lateinische  oder  englische  Übersetzung  eines  Ausdrucks  gegeben. 
Unter  den  Parallelstellen  zu  Öd.  Col.  1224  V  ff.  fehlen  Gert.  Hom.  et 
Hes.  74  f.  und  Menander  bei  Plut.  Cons.  ad  Ap.  34.  Dagegen  gehört 
Antigone  721  nicht  hicrlier.  Auch  Äsch.  fr.  395  hat  einen  etwas  ab- 
weichenden Sinn,  indem  das  Nichtgeborensein  hier  nur  einem  unglück- 
liehen Leben,  nicht  dem  Leben  überhaupt,  vorgezogen  wird  wie  im 
Peirithous  des  Euripides  (oder  vielmehr  Kritias)  fr.  596.  Auch  das 
herangezogene  fr.  449  des  ouripideischen  Kresphontes  (es  sollte  nicht 
mehr  nach  der  ersten  Auflage  der  Fragmente  von  Nauck  zitiert  werden 
,452"!)  gibt  wie  Her.  V.  4  eine  andere  Nuance  des  Gedankens.  Wurde 
Her.  Vni.  138  angeführt,  »(»  hätte  auch  Xeu.  An.  I.  2,13  nicht  fehlen 
dürfen.  Bei  der  Beziehung  von  Antig.  909  f.  zu  Herodot  IIL  119 
erklärt  sich  Blavdes  für  die  Priorität  der  letzteren  Stelle.  Die  Stärke 
des  Buchs  liegt,  wie  gesagt,  in  der  Sammlung  des  sprachlichen  Materials 
und  damit  leistet  es  ohne  Frage  gute  Dienste. 

Schöntal.  W.  Nestle. 

Liederbuch  von  K.   H.  S.  Pf  äff.     Strasburg.     1.50  Mk.     Heitz, 

und  Mandel.    1898. 

Das  ansprechende  Büchlein  enthält  (redichte  eines  für  Kaiser  und 

Reich  und  für  deutsche  Vorzeit  begeisterten  Sängers,  der,  aus  württem- 

bergiechem  Schuldien.-^t  hervorgegangen,  seine  Kraft  lange  Jahre  dem 


196 


Ankündigungen. 


reichsländischen  Schuidienst  gewidmet  Iiat  und  nun  in  wohlverdienter 
Ruhe  wieder  in  der  alten  Heimat  lebt.  Wir  linden  in  der  Sammlung 
teils  Gelegenheitsgedichte  filr  patriotische  Gedenktage  und  Festfeiem, 
so  zum  Geburtstag  von  Kaiser  Wilhelm  I.  und  IL,  Rismarck,  Moltke, 
zur  26jährigen  Jubelfeier  der  Raiserverkttndigung  in  Versailles,  zu  einer 
Denkmalseinweihung  für  Kaiser  Friedrioh,  auch  eine  lieihe  kleinerer  lyri- 
scher Gelegenheitsgedichte;  teils  hat  dem  Verfasser  die  Begeisterung 
für  deutsche  Vorzeit  die  Feder  geführt.  Diese  Gedichte  in  edler  Sprache 
mit  prächtigen,  echt  epischen  Bildern  geschmückt,  haben  bleibenden 
Wert;  so  der  düstere  Sang  von  Gelimer,  das  ergreifende,  groß  ange- 
legte Lied  von  Tejas.  Wie  dieses  die  Versündigung  des  byzantinischen 
Kaisertums  am  Germanentum,  so  brandmarkt  das  umfangreiche  Gedicht 
Fehrbellin  die  Sünden  Habsburgs  gegen  den  Großen  Kurürsten  und 
gegen  deutsches  Volkstum  in  kräftigen  Zügen.  Die  Liedersammlung 
dürfte  sich  besonders  zur  Anschaffung  für  Schülerbibliotheken  eignen. 
Ulm.  Kies  er. 


■WWT^i- 


Ankündigungen. 


3n  bet  S^ttbexf^tn  '^exta^s^anbtunq  au  ^reiBurg  im  ^ret^gau 
ftnb  in  neuer  9(uf[age  etf^ienen  unb  fönnen  bnrd^  aQe  '-Buc^^anblunf^en 
bqogen  toetben: 

Anleitung  |um  Xinearfcttfencn, 

mit  ht\onhtttt  ^ettttffi^ttgnng  bt§  geioerlilt^iett  unb  ter^nifdien  ^tUf^ntn^, 

al0  Xs^rmüftl  fät  Xtfpxt  unti  Schüler 

an  ben  verfd^iebenen   gcmerbncQen  unb  teij^nifci^cu  Se^ranflalten,  fon^ie  ^um 

ee(bfl)lubium. 

:üon  ^^Tofcffor  tt*  9slaliar» 

loeilanb  jtonrettor  ber  ilantonift^uU  unb  Sorftanb  ber  ^ortbi(bung8f<^ulc  in  St.  OciUen. 

3c^n  |>efte.     Oucr.8". 

(Srjled  {)eft:  $a^  geometriff^e  Sinearsett^ntn«  mt  143  ^tcjurcn  auf 
20  lithographierten  3€i<l)iiun««tofeln.  (Scc^ftci^erbcffeTteSluftage. 
(VIII  u.  64.)    @eb.  in  £einn}.  Jk  2.20. 

Vierte 9  ^eft:  Sie  fnUt'  ttnb  fatal\tipti\:i^ttmt.  Wit  225  %'mxcn 
auf  82  lithographierten  3etd^nunAdtafeln  unb  26  ^ol^fc^nitten.  dritte, 
oerbcffcrte  ^Jluflage.    (VIII  u.  164.)    ®c6.  in  Scinro.  «Ä  4.80. 

©le  übrigen  ^cfte  entl^altcn:  2.  5Dic  (^(emcnte  ber  barfleffenbcn 
©eomettie.  3.  S)ie  »eitere  2(u«fü^rung  ber  redUiuintUgen  ^rcjcftioniart. 
5.  T^ie  2cl^rc  von  ber  93eleud)tung  unb  ©cbottierung.  6.  5)ie  @&ulenorbnunaen 
unb  bo«  ©ic^tigjie  über  ©aueiitmürfe  k.  7.  ©ie  iüic^tigften  ©teinfonftruf^ 
tionen.  8.  ©ie  »Utigflen  ^otjfonftruftioncn.  9.  ^'ie  mic^tigfien  (Jifen* 
fonflruFticnen.     10.  Tit  »ic^tigilen  üÜ^afcbinenelementc. 

3ebe^  .fteft  bi(bet  ein  für  {ic^  befle^enbed  ©anged  unb  »irb  einzeln  abgegeben. 

®efanitprei«  ber  jel^n  ^eftc  geb.  Ji  47.70. 


An  kündigungen. 


197 


Wertvolle  geologtech-petrographlsche  Handbücher, 

In  der  Herdersctaen  Yerlagshandlnng  zu  Freibarg  im  Breisgau 

sind  erschienen  und  können  durch  alle  Huchbandlungen  bezogen  werden : 

Dr.  £nist  Weinschenk, 

a.  o.  Profestor  der  Petrograpbie  an  der  UniTertitftt  München: 

Gnmdzfige  der  Gestelnslnindee  zwei  Teile,  gr.  8^ 

Früher  ist  erschienen :  Soeben  wurde  ausgegeben : 

I.  Allgemeine  Gesteinskande  als      II.  Spezielle  Gesteinskimde  mit 


Grundlage  der  Geologie.  Mit 
47  Textfiguren  und  3  Tafeln. 
(VIII  u.  166.)  4  e«;  geb.  in 
Leinwand  4.60  «A 


besonderer  Berücksichtigung 
der  geologischen  Verhältnisse. 
Mit  133  Textfigureu  und  8  Ta- 
feln. (VIII  u.  332.)  9  ^Ä ;  geb. 
in  Leinw.  9.70  cMl 

„Ein  Lehrbuch  der  petrograpliisclien  Geologie  wie  das  vorliegende 
hat  in  den  letzten  Jahrzehuten  vollständig  gefehlt,  und  man  wird  dem 
Verfasser  fttr  den  vorliegenden  Beginn  eines  solchen  dankbar  sein. 
Die  Diktion  des  Buches  ist  knapp  und  klar  gehalten ;  es  werden  mit 
ausreichenden  Literaturangaben  alle  in  neuester  Zeit  von  neuem  an- 
geschnittenen Fragen  in  anregender  Weise  behandelt.  .  .  .  £s  bietet 
das  Buch  für  jeden  Anregung  und  Belehrung  in  Fülle.  .  .  ." 

(Petermanns  Mitteilungen,  Gotha  1904,  Heft  5.) 

Von  demselben  Verfasser  sind  erschienen: 

Die  gesteinsMIdenden  MineraUen.    ?^!arr^und 

18  Tabellen,    gr.  8'.    (Vlil  u.  146.)    Geb.  in   Leinwand  5.60  Ut. 
Die  Tabellen  apart  1.60  «4t  [7 

Anleitiug  zum  Gebranch  des  Polarisations- 

m11ri*AGkniia        *''»*  ^^  Textfignren.     gr.  Q\    (VI  u.  124.) 
JUllkrusiiUys.       3  ^.  ^^^^   j^  Leinwand  3.50  Jk 


dll30 
•a. 


e«: 


PIANOS->H*BMONIUIIIIS 

Höchster  Rabatt     Kleinste  Raten.    20jahr.  Oanmtie.    Planot  u.  HarmMlMM 

zn  veimieten;  bei  Kauf  Abzag  der  Miete.  -   niattr.  Kataloge  gnilit-frel. 

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Wilh.  Rudolphp  dessen  gegr.  i85i. 

3n  unfcrem  23erlage  ijl  foeben  erfd^lcncn  unb  i?on  unö  felb|i  foroie  burd^ 
alle  ^uc^^anblungen  ju  Bejle^en: 

Debert  Dr.  P.  narzi$$u$  0.  $.  B. 

»eil.  SReftor  t>on  ©t.  ©te^ljan. 

Catelniscbe  Stflflbungeit 

8"  208  ©citen  brofdjiert  2.80  W.  gebunben  3.60  Wlf. 
Tm  ^xcunhtn  unb  ©Aülern  bcd  unt>erge^It(!^en  Setters  gemtbmet. 
2»tt  bem  woJ^lgcttoffenen  öllbni«  bc«  ^öerfaffer«.  8] 


Bu00lmr0. 


Sranifelb^t'fiftie  Sudi^anbluttg* 


Die  soeben  ei-schieneiie  11.  Autlage  vim 

Grleb-^chröer 

englisches  Wörterbuch 

kostet  21] 

in  2  ganzleinenbhien  je  ]Kk.  7.50 
in  2  ^albleaerblnaen  je  yk.  3.50. 

Paul  Neff  Verlag  (Carl  Biichle) 
Stuttgart. 


B.  Becker  ;;|rp'i''3f 

I   lielVrt  iillein  ecit  1880  den  anerkannt 
Liilicrtrofl'eQeu   Holllnd.  Tkbab. 
t  I'fd.-Üeiilcl  Iko.   acht  Mk. 


ftrltg  WB  W.  IdlkiBBer  !■  Stitlgirt.  —  ti  hiltha  dirch  j«d«  Bidbudliig. 

Beftte  Touristenkartc! 

KARTE 

württemb.  Schwarzwaldvereins. 

Erste  Serie: 
I.  Baden 'Baden-Herrenalb.  III.  Frcudensladl-Oppenau. 

II.  Pforzheim-Wildbad-Catw.  IV.  Wildberg-Hoib-DomBtetten. 

V.  Alpitsbach-Schramberg-Hausach. 

Jedus   niM  i.iifyc/..s;^„   in  'n„clR-iir>irmiit   M.    1.50.   imaufaezOEen  M.   1.—. 


Ankündigungen. 


199 


In  der  Uerderschen  YerlAgshaiiillaiig  za  Freibarg  im  ßreisgaii  ist 
soeben  erschienen  und  kann  durch  alle  Buchhandlungen  bezogen  werden: 

Das  Studium  der  Zoologie 

mit  besonderer  Rücksicht  auf  das  Zeichneu   der   Tier  formen. 
Ein  Handbuch  zur  Vorbereitung  auf  die  Lehrbefähiping  für  den 
naturgeschichtliohen  Unterricht  an  höheren  Lehranstalten.    [3 

Von  Dr.  Hermann  Landois, 

Professor  der  Zoologie  an  der  Uniyereft&t  Mflneter  i.  W. 

Mit  685  Abbild.  Lex.8^   (XX  u.  802).  15 Mk.;  geb.  in  Lein w.  16.40 Mk. 

Ober  Zweckuiid  Bestimmung  des  Buches  sagt  der  Verfasser 
im  Vorwort;  „Mit  vorliegendem  Buche  beabsichtigen  wir  nicht,  Zoologen 
von  Fach  auszubilden,  sondern  es  soll  die  Studierenden  der  Zoologie 
auf  den  Lehrberuf  an  höheren  Schulen  vorbereiten,  ihnen  ein  Repeti- 
torium  zum  Examen  sein  und  den  Lebrci*n  bei  der  Ausübung  des  Lehr- 
amtes als  Manuale  zur  Unterlage  des  Vortrages  dienen.  .  .  l 'nser  Buch 
soll  kein  Lehrbuch  der  Zoologie  sein,  welches  „Zoologen  von  Fach"  all- 
seitig genügt.  Derartige  Lehrbücher  hat  die  deutsche  Literatur  in  hin- 
reichender Anzahl  und  vortrefflichster  Art  aufzuweisen,  sondern  es 
bezweckt,  wissenschaftlich  wie  praktisch  geschulte  Lehrer  der  Zoologie 
für  Gymnasien  heran-  und  fortbilden  zu  helfen.  Um  das  vorliegende  Buch 
aber  auch  gleichzeitig  der  Forst-  und  Landwirtschaft  dienlich  zu  gestal- 
ten, wurde  den  forst-  und  landwirtschaftlich  wichtigen  Tieren  besondere 
Berücksichtigung  gewidmet.  Auch  den  Ärzten  dürfte  das  Buch  genügen." 


Zcthm  t)l  in  ber  ^txhttf^tn  ^txta^5panhtun%  ju  ^rei0itrg  tw 

9Std5§att  erfc^ienen  unb  fann  burd)  ade  ^^^uc^^aitblunc^en  Br^o^en  merben: 

^trduc^er  naö^  i^rem  Idaubc,  ncbft  45lütcn«  unb  ^tncfpemXabetlen.  v^cd^flc, 
oerbcffcvte  2luftaflc.  ÜRit  124  iöilbcrii.  12«.  (VIII  u.  138.)  (^eb. 
in  fieinnjanb  mit  'I)ecfcn|)rcffung  1.40  ofk  5] 

gvüber  finb  in  bcr  fllcid^en  tjerncbnicn  'i(u«ftiittunc^  (12*)  erfcblencn: 

3irn»eii9»4feiit  für  S^afbffiaiietgftttgrr,  im  ^^lifc^lii^  an  „Unfeve 
SSäume  unb  <Sträuc^er"  b«rauögcacbcn.  »^roeite,  oerbcffevteSluflac^c. 
3Rit  254  Silbern.    (VIU  n.  196.)    (iJcb.  2  Jk. 

9nfete  ^rftirgsdrumen.  %[&  (^rgan^unc^  ;(um  „ ^^^ ;  u  ui e  n  b  ü  c^  [ e  i  n 
für  ©olbfpajierc^änqer"  ^crau^qcgeben.  OJiit  t>i€len  '^itbcrn.  12^ 
(VIII  u.  200.)    @€b.  3  .€ 

9nfete  ^etxeibtatUn  unh  ^f(b6fitinfn.  ^etltmtuunc;  unb  '^t- 
fc^tcibung  unferer  ©ctreibcpffonjen,  axiäi  bcr  ipid) tieferen  Jutterqeroäcbfe, 
j^elbs  unb  SÖicfcnblumcn.  ^ weite,  öerme^tte  kuflav^.  3Jiit  200 
.^olifAnitten.    (VIII  u.  204.)    ®eb.  in  lieber-- ^Nmitation  2  J. 

i^nfitt  SSeerengfw&cftff.  ^•^cfiiinmunq  unb  ^^efc^reibiiiui  ber  ein^ 
^cimifc^en  beeren fräuter  unb  ©ecvcnböl^cv.  Wlit  72  .r-^oljfcbnittcn.  (A5cb. 
in  8eber«3mitation  1.30  ofk. 

$5iefe  po^juKHrcn  '-Rücfticiu  [inb  ihmi  ber  l'vcffe  irec^cn  ber  fiKip^^f"/  aber 
Haren  rarficnun*^  unb  ive^^cn  bcr  reicben  unb  oorjüc^licbcn  '^Uuftvatiou 
jebeni  lUaturfreunb  bcftcn^  cnivfol>lcu  u^orben. 


200  »  Ankündigungen. 

Verlag  Toa  Hermann  Gegentus  in  Halle. 

Vierzig^  Jahre. 

Vor  40  Jahren   erschien  zuerst  und  gehOrt  seitdem  wohl  zu  den 
bekanntesten  und  weitverbreitetsten  fremdsprachigen  Lehrbüchern: 

Lehrbuch  der  Englischen  Sprache 

von  [18 

Dr.  F.  W.  Gesenius. 

Teil  I:    Elementarbaoli    der  enarliBehen   Spraehe   nebst   Lese-   und 
Uebnngsstücken.    26.  Auflage.    1903.    Preis  gebunden  2.40  Mk. 

Teil  II:  Grammatik  der  engligehen  Sprache  nebst  Uebungsstücken» 
17.  Auflage.    1908.    Preis  gebunden  a20  Mk. 

Als  besonders  hervorzuhebende  Vorzüge  dieses  Buches   sind  in 
allen  darüber  erschienenen  Rezensionen  anerkannt  worden: 

1.  Weise  Beschränkung  und  zwecku):is8ige  Anordnung  des  Stoffes. 
Kürze  und  Präzision  in  der  Fassung  der  grammatischen  Regeln, 
vortreffliche  Beispiele  zur  Erläuterung  derselben,  bequeme  Tabellen 
für  die  Rektion  der  Verben,  Adjektive  und  Präpositionen. 

2.  Die  Reichhaltigkeit  und  Mannigfaltigkeit  der  Uebungsbeispiele^ 
sowie  die  Auswahl  der  Lesestücke,  welche  Interesse  erwecken 
und  zu  Sprechübungen  und  Reproduktionen,  sowie  zu  Exerzitien 
trefflich  verwendet  werden  können. 

Neubearbeitungen  des  ,,Lehrbuche8  der  englischen  Sprache" 
nach  den  neuen  Lehrplänen: 

ftMtBiluf.W.y  RngÜBohe  Spraohlehro.  (}|italni-Bfgll,Eaglisobe  Spraohlthre. 

Aatgftbe  A.     VOUig  xi«u  bearbeitet  ron  AuBgabeB.    YOUig  neu  bearbtit«!  tob 

Prof.  Dr.  Ernst  Befrei,  Oberlehrar  an  Prof.   Dr.    Ernst   Begel,    Obarlahrer 

dan  Franckeeohan  Stlftangan.  an  dar  Obarrealtchale  dar  Franokaeohen 

I.    Teil.      Sohalgrammatik    nebtt  Stiftungen. 
Laie-  und  UebungtstflokeD.    8.  Auflage 

1908.     Gebunden  8.50  Mk.  Unterstufe.    Dritte,    nach  dan  Bestim- 

n.  Teil.    Leea-  und  Uebungibnch  mungan  ron  1001  Tarindarta  Auflage  in 

nebet  kurier  Synonymik.   Mit  einem  Plan  neuer  Reehtaohcaibong.    Mit  einer  Kart» 

Ton     London     und     Umgebung.      1606.  der  britiiehan  Inseln  und  einer  ouglleehen 

Gebunden  8.16  Mk.  Mttnstafel.     1004.    Preis   geb.    1.80   Mk. 

ttMtnioif.W.y  Englische  Spraohlehrn. 

Völlig    neu    bearbeitet    ron    Prof.    Dr.  Oberstufe    für    Knabansohuleak 

Brust  Begell  Oberl.  an  dan  Franoka*  S weite,  nach  den  Bestimmungau  Ton  1001 

sehen  Stiftungen.    Ausgabe  fttr  hOh.  veränderte  Auflage  in  neuer  Bechtschrei- 

Mftdchensohulen.    6.  Auflege.    1004.  bung.    Mit  einem  Plane  tou  London  und 

Gebunden  8.60  Mk.  Umgebung.    1008.    Preis  gab.  8.40  Mk. 

ftMialuf.V.f  Rurige fassteengli sehe  ' 

Spraohlehre.    Völlig  neu   bearbeitet  '    Oberstufe    fUr    Mftdeheneohulen. 

Tun   Prof.   Dr.    Ernst  Begel,   Oberl.  I       Zweite,    naoh    den    Bestimmungen   von 

an  den  Pranckesohen  Stiftungen.  8.  Aufl.  1       lOOl  Terinderte  Auflage  in  neuer  Beoht- 

1001.      In  Sohulband  gebunden  3.80  Mk.  |        Schreibung.    1008.    Preis  geb.  8.40  Mk. 

In  yiei*zig  Jahren  wurden  vom  Lehrbucli  nebst  seinen  Neubear- 
beitungen 547  000  Exemplare  abgesetzt,  also 

ireit  über  eine  halbe  Million. 

Insfllhrllche  Verlags Terzeleholsse  kostenlos. 


Prüfling  für  Präzeptors-  und  Reallehrersstellen  1904 

Pildagogik. 

1.  Pestalozzis  Bedeutung  für  die  Lehrkunst. 

2.  Wie  verhalten  sich  die  Forderungen,  die  Herbart  an  den 
Unterricht  stellt :  Weckung  vielseitigen  Interesses  und  Bildung  eines 
sittlichen  Charakters,  zueinander? 

Religion. 

1.  Welches  sind  und  wo  liegen  die  hauptsächlichsten  Ebenen 
des  heiligen  Landes? 

2.  Die  Geschichte  vom  reichen  Jüngling  samt  der  von  Christus 
daran  geknüpften  Lehre  soll  wieder  erzählt  und  ihre  religiös-sitt- 
liche Bedeutung  entwickelt  werden. 

3.  In  welchem  Zusammenhang  steht  und  wie  erklärt  sich  der 
Sprucii  Christi:  „Ihr  sollt  nicht  wähnen,  daß  ich  kommen  sei, 
Frieden  zu  senden  auf  Erden.  Ich  bin  nicht  kommen,  Frieden  zu 
senden,  sondern  das  Schwert"? 

Deutscher  Aufsatz. 
Welche  Gefahren  bringt  die  Kultur  einem  Volke? 

Deutsche  Grammatik. 

1.  Einteilung,  Bildung  und  Deklination  der  Zahlwörter. 

2.  Gegen   welche  Regeln    verstoßen    folgende  Sätze  und  wie 
sind  sie  zu  berichtigen. 

:i)  Du  wirst  die  Brücke  sein,  über  welche  die  Spanier  ins  Land 
setzen  und  sie  abbrechen  werden,   wenn  sie  darüber  sind. 

b)  Reise-Damen  und  -Hen*en  können  durch  Vertrieb  eines 
erstklassigen  Artikels  an  nur  feine  Leute  täglich  bereits 
zehn  Mark  verdienen. 

c)  Alle  Versuche,  in  der  Sache  eine  Einigung  herbeizuführen, 
liaben  nichts  bezweckt. 

d)  Kleines  Kindergeschrei  störte  allnächtlich  die  dringende 
Ruhe  des  zahlreichen  Familienvaters. 

e)  Ein  besserer  Mechanikus  sucht  sich  als  Maschinenmeister 
zu  verändern. 

f)  In  scharfem  Trab  in  eine  Querstraße  einbiegend,  wurde 
ein  alter  Greis  überfahren. 

KorrotpoDdeaiblatt  1906,  Heft  6. 


202  Prüfung  für  Präzeptors-  und  Reallehrersstellen  1904. 

g)  Diese  Nacht   entstand   in   einer   am  Leonhardsplatz  sich 

befindlichen  Wirtschaft  Streit  und  ist  ein  Beteiligter  mit 

einer  scharfen  Stichwunde  iu  das  Ki*ankenhau3  überführt 

worden. 

3.  Folgendes  Satzganze  soll  nach  Satzarten,   Satzgliedern  und 

Wortarten  zerlegt  und  in  einem  Satzbilde  dargestellt  werden. 

Obschon  Cäsar  wohl  wnßte,  daß,  wenn  Pompejus  gesiegt  hätte, 
dieser  weder  ihn  noch  seine  Anhänger  geschont  haben  würde,  so 
war  er  doch  nach  errungenem  Siege  zu  milden  Sinnes,  um  denen, 
die  gegen  ihn  gekämpft,  etwas  zuleide  zu  tun. 

Lateinische  Komposition. 

Kurze  Zeit,  nachdem  man  den  Camilius  in  die  Verbannung 
gestossen  hatte,  dessen  Anwesenheit  nach  Livius  Ansicht  eine  Er- 
oberung der  Stadt  unmöglich  gemacht  hätte,  wurden  die  Römer 
durch  die  Unbesonnenheit  ihrer  Gesandten,  welche  das  Völkerrecht 
verletzten,  in  einen  Krieg  mit  den  Galliern  verwickelt.  Als  diese 
die  Ausliefeiomg  der  Gesandten  verlangten,  wäre  der  Senat  bereit 
gewesen,  sich  diesem  offenbar  billigen  Verlangen  zu  fügen;  aber 
bei  der  Masse  überwog  das  Mitleiden  mit  den  Landsleuten  die  Ge- 
rechtigkeit, die  man  gegen  die  Fremden  hätte  beachten  sollen. 
Ob  der  Senat  es  für  billig  halte,  hieß  es,  so  tapfere,  um  das  Wohl 
ihres  Vaterlandes  verdiente  Männer  dem  Feinde  zu  grausamer 
Bestrafung  auszuliefern  ?  Ob  man  gegen  Barbaren  das  Völkerrecht 
beachten  müsse?  Was  man  denn  von  jenen  zu  fürchten  habe? 
Sie  sollten  nur  kommen,  dann  werden  sie  sehen,  welcher  Unter- 
schied sei  zwischen  einem  Römer  und  einem  Barbaren. 

Und  gerade  als  hätte  sie  Gott  verblendet,  schickten  die  Römer, 
statt  sich  mit  aller  Macht  gegen  den  Feind  zu  rüsten,  dessen  Stärke 
sie  zwar  nicht  aus  Erfahrung,  aber  doch  vom  Hörensagen  kannten, 
ungenügende  Streitkräfte  unter  unerfahrenen  Führern,  eine  Sorg- 
losigkeit,  die  sich   bitter  rächen  sollte,   als  es  zum  Sclilagen  kam. 

Lateinische  Exposition. 
Hannibal  Sagunto  capto  Caii;haginem  Novam  in  hibema  con- 
cesserat.  ibique  auditis,  quae  Romae  quaeque  Carthagine  acta 
decretaque  essent,  seque  non  ducem  solum  sed  etiam  causam  esse 
belli,  partitis  venditisque  reliquiis  praedae  nihil  ultra  differendum 
ratus  Hispani  generis  milites  convocat.  „Credo  ego  vos,"  inquit, 
..Hocii,  et  ipsos  cernere,  pacatis  Omnibus  Hispnniae  populis  aut  tinien- 


Prüfung  für  Präzeptors-  und  lleallehrerastellen  1904.  203 

dam  nobis  militiam  exercitusque  dimittendos  esse  ant  in  alias 
terras  transferendum  bellum;  ita  enim  bae  gentes  uon  pacis  solum 
sed  etiam  victoriae  bonis  florebunt,  si  ex  aliis  gentibus  praedam  et 
gloriam  quaeremus.  Itaque  cum  longinqua  a  domo  instet  militia 
incertarnque  sit^  quando  domos  vestras  et  quae  cuique  ibi  cara  sunt 
yisuri  sitis,  si  quis  vestrum  suos  invisere  vult,  commeatum  (Urlaub) 
do.  Primo  vere  edico  adsitis,  ut  diis  bene  iuvantibus  bellum  ingentis 
gloriae  praedaeque  futurum  incipiamus."  Omnibus  fere  visendi 
domos  oblata  ultro  potestas  grata  erat;  et  iam  desiderantibus  suos 
tt  longins  in  futurum  providentibus  desiderium.  Per  totum  tempus 
hiemis  quies  inter  labores  aut  iam  exhaustos  aut  mox  exhauriendoft 
renovavit  oorpora  animosque  ad  omnia  de  integre  paticnda.  Vere 
primo  ad  edictuni  couvenere« 

Französische  Komposition. 
Die  Entdeckung  neuer  Goldfelder  (aurifere)  hat  für  die  Ein- 
bildungskraft immer  etwas  Anziehendes.  Sobald  man  Gold  in 
irgendeiner  Gegend  gefunden  hat,  eilen  Abenteurer  aller  Nationen 
dorthin.  Sie  glauben  dort  ihr  GiUek  zu  machen^  und  in  der  Hoff- 
nung auf  Erfolg  trotzen  sie  Gefahren  jeder  Art.  Seit  beinahe 
10  Jahren  hat  man  sie  nach  den  Öden  Ufern  des  Yukonflusses  (le 
Yukon)  strömen  sehen.  Sie  haben  sich  weder  durch  das  rauhe 
Klima  noch  durch  die  vielen  Entbehrungen  entmutigen  lassen.  Und 
kaum  ist  das  Gerücht  umgegangen  (courir),  daß  in  Sttdaustralien 
Gold  entdeckt  worden  sei,  als  eine  Menge  Fremder^  die  von  den 
Vereinigten  Staaten,  von  Kanada,  von  Japan,  von  Großbritannien 
und  von  Deutschland  kamen  (Part,  pres),  dort  gelandet  sind.  Diese 
erinnerten  sich  daran,  daß  vor  50  Jahren  Tausende  sich  nach  dem 
australischen  Boden  in  Bewegung  gesetzt  hatten  (==  sich  bewegt 
—  gegen),  von  dessen  mineralischen  Reichtümern  man  sicii  un- 
glaubliche Dinge  erzählte.  In  der  Tat  scheinen  die  neuen  Felder 
sich  nicht  zu  erschöpfen.  Je  tiefer  man  gräbt,  desto  schöner  wird 
das  Gold,  das  man  dort  sammelt  (Oompos^  von  cueillir).  Vermittelst 
vervollkommneter  Werkzeuge  gelingt  es,  tiefer  als  (=  unterhalb  von) 
400  Fuß  hinabzukommen.  Die  Minen,  durch  deren  Erträge  die 
Einkünfte  Australiens  ungeheuer  wachsen,  sind  nicht  weniger  als 
700  Meilen  von  Adelaide  (weg).  So  verführerisch  auch  die  Berichte 
darüber  sind,  so  wird  man  doch  gut  daran  tun,  genauere  Er- 
kundigungen einzuziehen,  ehe  man  leichtfertig  nach  jenem  fernen 
Lande  abreist. 


20-4  Prüfung  für  Präzeptors-  und  lleallehrerüstcllen  1904. 

Französisches  Diktat. 

Le  lia  et  le  liseron  (=  Winde). 

Un  magniiique  lis,  dans  sa  blanche  parure, 

Proroenant  ses  regards  sur  la  fraiche  verdure, 

Aper9ut  a  ses  pieds  nn  pauvre  liseron 

ilui  de  sa  douce  voix  lui  demandait  pardon. 

,,Pardon!    De  quoi,  mon  eher?    Parle-moi  sans  contrainte. 

Bannis  de  ton  esprit  la  frayeur  et  la  crainte; 

Je  ne  suis  pas  mechant,  pourquoi  donc  avoir  peur? 

Kaconte-moi  ta  peine  et  dis-moi  ta  sonffrance; 

.le  voudrais  dans  ton  coeur  faire  entrer  Pespörancel 

—  Comme  vous  etes  hon,  dit  la  petite  fieur: 
Que  cela  fait  de  bien  de  trouver  un  bon  cwur! 
Voyez.  je  suis  ici  dans  un  endroit  si  sombre! 
J'adore  le  soleil  et  suis  toujours  dans  Pombre; 
Je  grelotte  de  froid  et  pleure  tous  les  jours: 
Ayez  pitie  de  moi,  veuez  &  mon  secours! 

—  Tu  manques  de  soleil,  c'est  la  ce  qui  t^afflige? 
Enroule  tes  anneaux  tout  autcmr  de  ma  tige; 

Tu  ne  tarderas  pas  a  trouver  uu  rayou 

Qui  te  rechauffera,  eher  petit  liseron.'* 

Aussitot  fait  que  dit;  notre  petite  plante 

Grimpe  tout  doucement  et  la  voila  contente; 

A  Paide  d*un  ami  (Dieu  m^en  donne  un  pareil) 

Elle  ('tale  ses  fleurs  aux  ravons  du  soleil. 

(Magnat.) 

Französische   Exposition. 

Le  saniedi  entin,  la  disette  cessa.  Comme  on  <Uait  moinsfiiom- 
breux  et  que  des  vivres  arrivaient  de  toutes  parts,  on  passafd'un 
coup  de  Textreme  denuement  a  Pabondance  la  plus  large.  On  eut 
ä  volonte  du  pain,  de  la  viande,  du  vin  meme,  on  mangea  du 
lever  au  coucher  du  soleil,  a  en  mourir.  La  nuit  tomba,  qu'on 
mangeait  encore,  et  Pon  mangea  jusqu^au  lendemain  matiu.  Beau- 
conp  eu  creverent. 

Enfin,  pour  la  derniere  fois,  on  venait  d'entendre  les  sonneries 
si  gaies  des  clairons  fran^ais;  et  Ton  marchait  maintenant,  en  route 
pour  PAllemagne^  parmi  le  troupeau  des  prisonniers,  que  prece- 
daient  et  suivaient  des  pelotons  de  soldats  prussiens^  taiidis  que 


Prüfung  für  Präzeptors-  und  lleallehrersstelleu  1904.  205 

<l'autre8  les  surveillaient;  A  gauche  et  A  droite,  la  baionnette  au 
fusil.  On  n'entendait  plus,  A  chaque  poste,  que  les  trompettes  alle- 
mandes,  aux  notes  aigres  et  tristes. 

C^etait  un  autre  supplice,  ce  convoi  pitovable  de  prisouniers, 
des  soldats  sans  armes,  les  mains  ballantes  (HclileukerDd),  menea 
comme  des  moutons,  dans  un  pietüiement  hatif  et  peureux.  Vetus 
de  loques,  souilids  d'avoir  ete  abandonnc^s  dans  ieur  ordure^  amaigris 
par  un  jeüne  d'une  grande  semaine,  ils  ne  ressemblaient  plus  qu*A 
des  vagabonds,  des  rodeurs  louches,  que  des  gendarmes  auraient 
ramasses  par  les  routes.  (Zola^  La  DebAcle.) 

Englische  Kompositition. 

Bonn,  eine  der  ältesten  Städte  am  Rheiu/ist  schon  zur  (über- 
setze: „so  frühe  wie'')  Zeit  der  Römer  gegründet  worden  und  darf 
sich  einer  Geschichte  rühmen,  wie  sie  nur  wenige  Städte  auf- 
weisen (to  record)  können.  Erstmals  wird  die  Bonner  Gegend 
von  den  römischen  Geschichtschreibern  erwähnt,  die  die  Feldzüge 
des  Drusus  und  Germanikus  gegen  unsere  Vorfahren  beschrieben 
haben.  Gegenüber  der  Mündung  des  Siegflusses  bauten  die  Römer 
ein  befestigtes  Lager,  und  nach  kurzer  Zeit  entwickelte  sich  letzteres 
za  einer  Stadtanlage  (borough).  Außerhalb  des  castrum  bon- 
nense  aber,  in  den  fruchtbaren  Gefilden,  waren  mit  Fresken 
•fresco)  geschmückte  und  mit  allem  Luxus  jener  Zeit  ausgestattete 
römische  Villen  zu  sehen. 

Die  Stadt  Bonn  hat  eine  hervorragende  Rolle  bei  der  Gründung 
des  ersten  Deutschen  Reiches  insofern  gespielt,  als  hier,  auf  einem 
Schiffe  mitten  auf  dem  Rhein,  im  Jahre  921  die  Grenzen  Frank- 
reichs und  Deutschlands  von  Kaiser  Heinrich  dem  Ersten  und  König 
Karl  von  Frankreich  festgelegt  wurden.  Die  Glanzperiode  aber  in 
der  Geschichte  Bonns  begann  mit  der  Regierung  der  Kurfürsten 
von  Cöln,  und  unter  diesen  tat  vor  allem  Kurfürst  Clemens 
August  (hervorzuheben!)  viel,  um  die  Stadt  zu  verschönern.  Nach 
der  Regierung  der  Kurfürsten  kam  die  traurige  Zeit  der  franzö- 
sischen Herrschaft,  bis  zuletzt  die  Stadt  1815  in  den  Besitz  Preußens 
überging  und  sich  seitdem  stets  des  besonderen  Wohlwollens  des 
HohenzoUernhauses  erfreut.  Die  1818  gegründete  Friedrich-Wilhelms- 
rniversität  hat  die  Ehre  gehabt,  den  verstorbenen  Kaiser  Friedrich, 
den  Kaiser  Wilhelm  den  Zweiten  und  den  jetzigen  Kronprinzen, 
«owie  viele  andere  deutsche  Fürsten  unter  ihren  Studenten  zu  zählen. 


206  Prüfung  für  Präzeptora-  und  Reallehrersstellen  1904. 

Englisches  Diktat. 

For  the  history  of  the  Honse  of  Lancaster  and  York  we  are 
fortanate  in  possessing  an  unrivalled  interpreter  in  our  great  dra- 
matic  poet  Shakespeare.  A  regulär  seqnence  of  historical  plays 
exhibits  to  us  nearly  the  whole  chain  of  leading  events  of  this 
period.  Followiug  the  guidance  of  such  a  master  mind^  we  realize 
for  ourselves  the  men  and  actions  of  the  period  in  a  way  we 
cannot  do  in  any  other  epoch.  And  this  is  the  more  important, 
as  the  age  itself^  especially  towards  the  close,  is  one  of  the  most 
obscure  in  English  history.  During  the  period  of  the  Wars  of  the 
Roses  we  have,  comparatively  speaking,  very  few  contemporary 
narratives  of  what  took  place,  and  anything  like  a  general  history 
the  times  was  not  written  tili  a  much  later  date.  But  the  doings 
of  that  stormy  age,  —  the  glitter  of  chivalry  and  the  horrors  of 
civil  war  —  all  left  a  deep  Impression  upon  the  mind  of  the  nation, 
which  was  kept  alive  by  vivid  traditions  of  the  past  at  the  time 
that  our  great  dramatist  wrote.  Hence  notwithstanding  the  mea- 
greness  of  ancient  chronicles,  we  have  singnlarly  little  difficulties 
in  understanding  the  spirit  and  character  of  the  times. 

(J.  Gairdner,  The  Houses  of  Lancaster  and  York.) 

Englische  Exposition. 
The  characteristic  beauty  of  England,  the  beauty  in  which 
she  has  no  rival  is  the  beauty  of  her  scenery.  The  land  combines 
the  highest  cnltivation  with  sylyan  greenness ;  it  is  a  land  of  lovely 
homes.  The  eastem  counties  are  flat  and  tarne.  But  elsewhere 
the  country  is  rolling,  and  from  every  rising  ground  the  eye  ranges 
over  a  landscape  of  extraordinary  iinish.  The  finish,  which  is 
the  product  of  immense  wealth  laid  out  on  a  smali  area,  is  perhaps 
more  striking  than  anything  eise  to  the  stranger  who  comes  from 
a  raw  land  of  promise  >).  Trees  being  left  in  the  hedge  rows  as 
well  as  in  the  pleasure  grounds  and  in  the  copses  (Unterholz), 
which  serve  as  Covers  for  game,  the  general  appearance  is  that 
of  a  Y^oodland,  though  every  rood  of  land  is  under  the  highest 
(tillage  =  culture).  Gray  church  towers,  hamlets,  mansions,  homes- 
teads,  cottages,  showing  themselves  everywhere,  fill  the  landscape 
with  human  interest.  The  sweetest  season  is  spring,  when  the 
May  is  in  bloom,   and  the  air  is  füll  of  its  fragrance,  when  the 


*)  Tlie  author  lives  in  Cauatla. 


Prüfung  für  Präzeptors-  und  ReallehrerssteHeu  1904.  207 

meadows  are  füll  of  primroseS;  the  banks  of  violets.  Then  you 
feel  tlie  joyous  spirit  that  breathes  through  certain  idyllic  passages 
of  Shakespeare.  (Goldwin  Smith,  A  trip  to  England.) 

Algebra. 

1.  Berechne  ohne  zunächst  eine  Wurzel  auszuziehen  das  fol- 
gende Quadrat  _ 

( V5T2'v^"  -  Vö  -  2  Viv  y. 

2.  Berechne  x  aus  folgender  Gleichung: 

1        1^      _       4        ^1 1        _   a^  +  b» 

ax       a*  —  ab      ax  —  bx      bx       a*  -j-  ab       a^b  —  ab'. 

3.  Aus  der  Zahl  14  und  einer  vierzifferigen  Zahl  bilde  ich  da- 
durch zwei  sechszifferige  Zahlen,  daß  ich  die  Zahl  14  das  erstemal 
links  vor,  das  zweitemal  rechts  hinter  die  yierziiferige  Zahl  stelle. 
Wie  heißt  diese  vierzifferige  Zahl,  wenn  von  den  beiden  erhaltenen 
sechszifferigen  Zahlen  die  zweite  gerade  doppelt  so  groß  ist  als 

die  erste? 

Geometrie. 

1.  In  den  größeren  von  zwei  konzentrischen  Kreisen  eine  Sehne  zu 
legen,  welche  durch  den  kleinen  Kreis  in  drei  gleiche  Stücke  geteilt  wird. 

2.  Gegeben:  Gerade  L,  Punkt  P  auf  L  und  beliebig  noch 
Punkt  P'.  Um  P'  einen  Kreis  zu  zeichnen,  der  L  in  X  und  Y  so 
schneidet,  daß  das  Rechteck  aus  PX  und  PY  einem  gegebenen 
Quadrate  gleich  werde. 

3.  Über  den  Seiten  eines  gleichseitigen  Dreiecks  als  Sehnen 
sind  Kreisbögen  beschrieben,  welche  je  60  Bogengrade  messen 
und  innerhalb  des  gleichseitigen  Dreiecks  liegen.  Wie  groß  ist  der 
Flächeninhalt  der  von  den  3  Kreisbögen  umschlossenen  Figur, 
wenn  die  Seite  des  gleichseitigen  Dreiecks  gleich  a  ist? 

Bei  Nr.  1  und  2  verlangt:  Konstruktion,  Beweis  und  Deter- 
mination. 

Arithmetik. 
1.  Genau  zu  berechnen: 

17.^-8j-:l,l 
17  ]  :  0,575  —  22,928571^  •  •  • 

i.       +    --^     . 

2g -3,2:4  2  +  ^  =  ^3! 

11^2'^ +8,5 


208  Prüfung  für  Präzeptors-  und  Reallelirersstellen  1904. 

2.  Wieviel  Hektoliter  kommen  einem  württembergischeu  Scheifel  . 
gleich,  wenn  9  württembergische  =  29  preußische  Schefi'el  sind? 
1  preußischer  Scheftel  füllte  den  Hohlraum  eines  Quaders  von  1^/^^ 
preußischem  Fuß  Länge,  IV«  preußischem  Fuß  Breite  und  1  preus- 
sischem  Fuß  Höhe  aus,  und  51  preußische  Fuß  sind  =  16  Meter. 
(Auf  3  Dezimalen  mit  Kettensatz  zu  rechnen.) 

B.  Eine  Uhr,  die  stündlich  um  10  Sekunden  nachgeht,  wird 
am  Montag  9  Uhr  15  Minuten  vormittags  richtig  gestellt.  Wieviel 
Uhr  ist  es,  wenn  die  Uhr  Montag  Mittemacht  zeigt  und  um  wieviel 
wird  man  ihre  Zeiger  am  Dienstag  mittags  um  12  Uhr  (richtige 
Zeit)  ändern  müssen,  damit  die  Uhr  wieder  richtig  zeigt?  Die 
gesuchten  Zeitangaben  sind  auf  Minuten  und  Sekunden  zu  berechnen.) 

4.  Ein  5400  Liter  haltender  Behälter  wird  durch  B  Röhren 
bei  gleichzeitiger  Öffnung  in  24  Minuten  gefüllt.  Die  erste  Röhre 
allein  würde  zur  Füllung  des  Behälters  BO  Minuten  länger  brauchen 
als  die  dritte  allein  und  durch  die  dritte  Röhre  laufen  in  der 
Minute  45  Liter  weniger  hinzu  als  durch  die  erste  und  zweite  zu- 
sammen. Wie  lange  würde  jede  Röhre  allein  zur  Füllung  des 
leeren  Behälters  brauchen? 

5.  Die  Staatsschuld  eines  Landes  vermehrte  sich  während  eines 
Kriegs  um  V*  ihres  vorherigen  Betrags.  In  den  20  darauffolgenden 
Friedensjahren  wurden  nun  500  Millionen  der  Schuld  getilgt  und 
am  Ende  dieser  Zeit  wurde  außerdem  der  Zinsfuß  von  ^^I^^U  auf 
4'V(^  herabgesetzt,  so  daß  nunmehr  der  jährliche  Zinsbetrag  der 
Schuld  wieder  dieselbe  Höhe  wie  vor  dem  Kriege  erreicht  hatte. 
Wie  groß  war  die  Schuld  vor  dem  Kriege? 

6.  Ein  Kaufmann  bestellte  in  Hamburg  1840  kg  Kaffee,  das 
Kilogramm  zu  1.60  Mk.  Bei  der  Ankunft  der  Sendung  ergab  sich, 
daß  er  von  der  bestellten  Sorte  nur  1425  kg  erhalten  hatte  und  daß 
der  Rest  aus  einer  geringeren  Sorte  bestand,  für  die  er  20  *Vo  weniger 
bezahlte.  Er  verkaufte  den  besseren  Kaffee  mit  12V2"/o  und^den 
geringeren  mit  halbsoviel  Prozent  Gewinn.  Wieviel  Prozent  gewann 
er  am  ganzen  Geschäft? 

7.  Ein  Kapital  von  4800  Mk.  wächst  mit  seinen  einfachen 
Zinsen  in  einer  Anzahl  von  Jahren  auf  6972  Mk.  an,  indem  es  V^ 
der  ganzen  Zeit  zu  BVa^/^^,  V*  der  ganzen  Zeit  zu  3^4%  und  den 
Rest  derselben  zu  4  ^|^^  verzinst  wurde.  Wie  lange  stand  das  Kapital 
auf  Zinsen? 

8.  Ich  habe  zwei  Rechnungen  über  erhaltene  Waren  zu  be- 
zahlen.   Die  erste  lautet  auf  680  Mk.,  die  zweite  auf  560  Mk.    Da 


Prüfung  fiir  Präzeptors-  und  Reallelirersstellen  1904.  209 

mir  nun  bei  der  Barzahlung  der  ersten  IVi'^/o  mehr  Skonto  als 
bei  der  zweiten  Rechnung  gewährt  wurden,  so  kann  ich  die  ganze 
Schuld  mit  1163.30  Mk.  bar  tilgen.  Wieviel  Prozent  Skonto  erhielt 
ich  auf  jede  Rechnung? 

(Verlangt  bei  allen  Aufgaben  eine  reinarithmetische.  Über- 
sichtlich geordnete  Lösung.) 

Geschichte. 

1.  Die  zweite  spartanische  Hegemonie  (403 — 371)  und  ihr  Sturz. 

2.  Die  Unterwerfung  des  hellenischen  Ostens  durch  die  Römer 
(200—133). 

3.  Der  große  Kurfürst  von  Brandenburg  im  Kampf  gegen 
Ludwig  XrV. 

4.  Die  schleswig-holsteinische  Frage  seit  1848  und  ihre  end- 
gültige Lösung. 

Nr.  1  und  2  stehen  zur  Wahl  des  Kandidaten,  3  und  4  sind 
beide  zu  beantworten. 

Geographie. 

1.  Der  Vollmond  und  die  mit  ihm  zusammenhängende  Ver- 
finsterungserscheinung  soll  erklärt  werden  mit  Angabe  der  Größe 
der  Periode  und  des  noch  vom  Vollmond  abhängigen  StUckes  unserer 
Zeitrechnung. 

2.  Die  Gliederung  der  NordseekUste  von  der  Sclieldemünduug 
bis  zur  jütländlschen  Grenze  anzugeben  mit  Aufzählung  der  ein- 
mündenden Flüsse,  der  vorgelagerten  Inseln  und  der  wichtigsten 
Seeplätze. 

3.  In  welchem  Größenverhältnis  steht  Bayern  zum  Deutschen 
Reich  nach  Land-  und  Einwohnerz^ahl?  Welches  sind  die  wichtigsten 
bayrischen  Verkehrslinien  und  welches  die  Hauptgegenstände  der 
Ein-  und  Ausfuhr? 

Naturgeschichte. 

1.  Bewegungserscheinungen  im  Pflanzenreiche. 

2.  Die  Gefäßkryptogamen,  ihre  Einteilung  und  wichtigsten  ein- 
heimi«chen  Vertreter. 

3.  Das  Darmsystem  der  Tiere  mit  besonderer  Berücksichtigung 
der  einzelnen  Klassen  der  Wirbeltiere. 

4.  Die  Weichtiere,  ihre  Einteilung  und  das  Wesentliche  über 
^en  Bau  der  einzelnen  Klassen. 


210  Scholl, 

Beiträge  zum  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache. 

Von  Uealleluer  Scholl  in  Schwenningen. 

Der  Unterricht  in  Sprachen  überhaupt  hat  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten eine  starke  Wendung  in  der  Richtung  auf  die  praktische 
Brauchbarkeit  der  Sprachkenntnisse  gemacht.  Dabei  sind  die  neueren 
Sprachen  bahnbrechend  gewesen  und  die  neue  Methode  ist  bis  zu 
der  Forderung  eines  reinen  Konversationsunterrichts  vorangeschritten. 
Was  hier  zuviel  oder  zuwenig  geschehen  ist;  das  zu  untersuchen 
ist  nicht  der  Zweck  dieser  Zeilen.  Wie  kräftige  Wogen  aber  die 
Bewegung  schon  geschlagen  hat^  geht  daraus  hervor,  daß  sie  bis 
in  das  Gebiet  der  alten  Sprachen  ihre  Wirkung  geltend  gemacht 
hat;  so  daß  mau  geradezu  den  Vorschlag  hören  könnte,  auch  die 
alten  Sprachen  durch  Unterhaltung  in  dem  betreffenden  Idiom  neu 
zu  beleben  und  den  Schüler  dadurch  zurückzuversetzen  in  das  ur- 
eigene  Leben  der  alten  Völker  (cf.  Balley,  Lea  langues  dassiques 
sont-elles  des  langues  mortes?  Bäle  et  Geneve  1899).  Wenn  das 
siuch  nüchternen  Schulmännern  zuweit  gegangen  schien,  so  konnte 
der  Unterricht  in  den  alten  Sprachen  sich  dem  Drange  des  Modernen 
doch  insofern  nicht  entziehen,  als  er  den  Satz  anstatt  der  reinen 
Form  zum  Ausgangspunkt  zu  machen  vorzog  (vgl.  die  Lehrbücher 
von  Herzog  und  Fick  für  Latein). 

Alle  diese  Wandlungen  sind  jedoch  am  Unterricht  in  der  eigenen 
Sprache  bis  jetzt  spurlos  vorübergegangen.  Der  deutsche  Grammatik- 
unterricht beginnt  nach  wie  vor  mit  der  Lautlehre,  durchackert  die 
Formenlehre  und  versucht  auf  diesem  zerrissenen  Grunde  eine 
Satzlehre  aufzubauen.  Es  ist  höchste  Zeit,  den  eigenen  Leib  nicht 
länger  der  neuschaffenden  Kraft  des  Fortschritts  zu  entziehen, 
wiewohl  ja  leicht  begriffen  wird,  daß  Experimente  lieber  an  andern 
zuerst  gemacht  werden.  Die  Zeit  des  unsicheren  Experiments  ist 
zwar  für  die  neueren  Sprachen  noch  immer  nicht  ganz  vorbei;  aber 
eine  Erfahrung  ist  sicher  dabei  reif  geworden:  der  Satz  ist  das 
kleinste  lebendige  Ganze  der  Sprache,  von  ihm  muß 
daher  jede  Sprachlehre  ausgehen. 

Diese  Forderung  soll  nun  noch  eingehender  begründet  werdea 
insbesondere  in  bezug  auf  den  deutsch-grammatikalischen  Unterricht. 

Wenn  die  Sprache  ein  lebendiger  Organismus  ist,  so  müssen 
die  Gesetze  der  Biologie  auch  in  ihrem  Bereich  gelten  und 
für  den  Unterricht  maßgebend  sein.  Wie  die  Aufgabe  und  Be- 
deutung eines  Naturobjekts  nur  dann  ganz  verstanden  werden  kann. 


Beiträge  zum  Unterricht  in  der  deutschen  Sprach^.  211 

wenn  seine  Eigenschaften  und  Funktionen  aus  seiner  Umgebung 
heraus  erklärt  werden^  wenn  also  das  Einzelne^  sowohl  das  Organ 
als  das  Individuum,  die  Fühlung  mit  dem  Ganzen  auch  während 
der  Beschreibung  nicht  verliert,  so  kann  auch  das  sprachliche  Ob- 
jekt, das  Wort  und  seine  Form,  nur  innerhalb  seines  organischen 
(ranzen,  des  Satzes,  richtig  erfaßt  und  nach  seinem  biologischen 
Werte  gewtlrdigt  werden.  Das  wird  auf  der  Unterstufe  für  das 
Kind  unbewußt  nur  durch  entsprechende  Stoffanordnung,  auf  der 
mittleren  und  oberen  Stufe  aber  immer  mehr  absichtlich  und 
schließlich  mit  bewußtem  Hinweis  erreicht  werden,  so  daß  der 
•Schaler  als  Resultat  des  Sprachunterrichts  eine  anschauliche  Vor- 
stellung von  dem  lebendigen  Zusammenhang  der  Sprachteile  ge- 
winnt, wie  eine  solche  sich  ihm  von  der  unter  dem  Gesetz  der 
Anpassung  zweckmäßig  gestalteten  Zusammengehörigkeit  der  Organe 
eines  Individuums  und  der  Individuen  einer  Lebensgemeinschaft  im 
Verlauf  eines  modernen  naturwissenschaftlichen  Unterrichts  auf- 
drängt. 

Es  folgt  also:  Formenlehre  und  Satzlehre  dürfen 
nicht  mehr  nacheinander,  sondern  müssen  mit-  und 
ineinander  behandelt  werden. 

Ein  zweites  außerordentlich  wichtiges  Gesetz  der  Biologie  ist 
das  der  Entwicklung.  Es  ist  eine  wesentliche  Aufgabe  des  Unter- 
richts, alles  Geschehen,  von  dem  er  den  Schülern  berichtet,  auch 
einzugliedern  in  den  entwicklungsgeschichtlichen  Zu- 
sammenhang, der  das  ungeheure  Reich  alles  Lebendigen  auf 
eine  gemeinsame,  richtunggebende  Formel  bnngt.  Das  ist  die 
Aufgabe  der  Etymologie.  Zwar  weist  der  Lehrplanentwurf  der 
Klasse  V  diese  Aufgabe  zu  und  führt  die  Klasse  VII  ins  Mittel- 
hochdeutsche ein.  Jedoch  darf  wohl  mit  Recht  bezweifelt  werden, 
ob  damit  jener  Forderung  auch  Genüge  geleistet  wird.  Man  kann 
vielmehr  ohne  die  Reife  des  Schülers  zu  überschreiten,  schon  auf 
der  Unterstufe  mit  etymologischen  Betrachtungen  beginnen,  ja  man 
muß  es  im  Interesse  des  Rechtschreib-  und  Leseunterrichts.  Einer 
der  Mittelpunkte  dieser  Bestrebungen  ist  Karlsruhe.  Rektor  Treutlein 
am  dortigen  Reformgymnasium  beginnt  im  Sexta  mit  solchen  Übungen, 
Bildererklämng,  Herleitung  von  Ortsnamen  u.  ä.  Er  spricht  sich 
eingehend  darüber  ans  in  der  Programmbeilage  vom  Jahre  1901. 
Größere  Werke  über  diesen  Gegenstand  sind  erschienen  von  Wilke, 
Waag,  die  Bedeutungsentwicklung  unseres  Wortschatzes  (Lahr  i.  B. 
1901)  Wortkunde,  (Leipzig,  1899). 


212  .Scholl, 

FUr  die  Hand  der  Schüler  existiert  jedoch  noch  kein  brauch« 
hares  Büchlein;  auch  ist  der  Versuch  einer  Verteilung  auf  die 
einzelnen  Klassen  meines  Wissens  noch  nicht  in  ^Ößerem  Umfang 
als  in  der  ohen  erwähnten  Programmbeilage  gemacht  worden. 

Es  wäre  daher  zu  fordern:  Der  eigentliche  Gramm atik- 
unterricht;  der  voih  Bau  der  gesprochenen  und  ge- 
schriebenen Sprache  handelt,  erfährt  eine  wesent- 
liche Ergänzung  durch  den  Unterricht  in  Etymologie, 
der  von  der  entwicklnngsgeschichtlichen  Entstehung 
der  Sprachteile,  von  ihrem  allmähHchen  Werden 
redet.  Während  jener  volle  2  Stunden  beanspruchen  muß,  könnte 
dieser  sich  unten  mit  V2  Stunde  begnügen  und  würde  nach  oben 
hin  allmählich  an  Umfang  zunehmen  und  in  Anlehnung  an  den 
Vorschlag  des  Lehrplanentwurfs  in  Klasse  V  seinen  Schwerpunkt 
haben. 

Nach  dieser  notwendigen  Abschweifung  kehre  ich  zurück,  um 
die  Vorausnahme  des  Satzes  noch  weiter  zu  begründen.  Der  Unter- 
richt in  der  fremden  Sprache  sollte  die  Einführung  in  die  eigene, 
das  Verständnis  der  fremden  das  der  eigenen  Sprache  voraussetzen. 
Jener  kann  das  aber  nicht,  wenn  diese  einen  ganz  anderen  Weg  zu 
befolgen  hat,  auf  dem  sie  den  Satz  erst  erreicht,  wenn  jene  längst 
sein  Verständnis  erwartet.  In  richtiger  Erkenntnis  dessen  verlangt 
der  Lehrplan  für  die  Elementarschulen  und  die  Vorklassen  etc.: 
,Jm  dritten  Schuljahr  hat  der  deutschsprachliche  Unterricht  zugleich 
die  Aufgabe,  die  Erlernung  der  Fremdsprachen  vorzubereiten." 
Diese  Aufgabe  kann  nur  erfüllt  werden,  wenn  jede  im  fremdsprach- 
lichen Unterricht  auftretende  Form  dem  Schüler  schon  aus  dem 
eigensprachlichen  Unterricht  bekannt  ist,  also  nur  wieder  in  Er- 
innerung gerufen  zu  werden  braucht.  Diese  Forderung  ist  seither 
ganz  besonders  in  bezug  auf  den  Satz  nicht  erfüllt.  Man  mußte 
vielmehr  erst  während  der  ttbertragnng  aus  der  einen  Sprache  in 
die  andere  das  „Konstruieren"  einüben.  Dadurch  geht  für  den 
fremdsprachlichen  Unterricht  viel  Zeit  und  Kraft  verloren  und  die 
grammatische  Schulung  erreicht  ihr  Ziel:  ,. Einblick  in  den  Bau  und 
die  Eigenart  der  Muttersprache"  nur  unvollständig,  schon 
deshalb,  weil  der  Satzbau  jeder  Sprache  charakteristische  Ver- 
schiedenheiten aufweist  und  der  einer  fremden  Sprache  also  nicht 
geeignet  sein  kann,  die  Eigenart  gerade  der  Muttersprache  dem 
Verständnis  des  Schülers  nahe  zu  bringen. 

Hierher  gehört  auch  noch,   was   der  Lehrplanentwurf  für  die 


Beiträge  zum  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache.  213 

Oberrealschnleu  8.  10  Bagt :  „Im  Auge  ist  zu  behalten,  daß  an  den 
Realschulen  dem  Unterricht  in  der  französischen  Sprache  auch  die 
Aufgabe  zufällt,  dem  Schüler  eine  angemessene  sprachlich-logische 
Bildung  zu  verschaffen  und  ihm  das  Verständnis  für  den  Bau  eines 
sprachlichen  Organismus  zu  eröffnen/^  Hiermit  ist  also  auf  ein 
formales  und  biojogisches  Ziel  hingewiesen,  und  es  ist  un- 
zweifelhaft richtig,  daß  der  fremdsprachliche  Unterricht  zur  Er- 
reichung dieses  doppelten  Zieles  ein  sehr  wichtiges  und  bedeutendes 
Stück  beiträgt,  daß  er  insbesondere  auf  die  schon  vorhandene 
sprachlic^he  Bildung  klärend,  ergänzend  und  ver- 
tiefend einwirkt  und  durch  die  absichtliche  oder  unabsicht- 
liche Gegenüberstellung  und  Vergleichung  zweier  Idiome  „das  Ver- 
ständnis für  den  Bau  eines  sprachlichen  Organismus*'  noch  besser 
eröffnet,  als  ein  einziger  Sprachtypus  das  vermag.  Dies  kann 
jedoch  keineswegs  so  zu  verstehen  sein,  daß  der  deutschsprachliche 
Uuterric'ht  nun  eine  solche  Aufgabe  nicht  hätte,  daß  dieser  also 
nicht  vollwertig  eingeschätzt  würde.  Es  wäre  nicht  einzusehen, 
warum  gerade  die  deutsche  Sprache  eine  derartige  Forderung  nicht 
oder  nicht  in  erster  Linie  erfüllen  könnte,  da  sie  an  Schönheit  des 
Baues  und  bei  pädagogisch  richtigem  Vorgehen  auch  an  Klarheit 
der  Organisierung  und  schließlich  an  Reichtum  der  Formen  anderen 
Sprachen  sicher  nicht  nachsteht. 

Vielmehr  geht  eine  starke  Bewegung  durch  unser  Volk,  die 
gestützt  auf  den  Wunsch  des  deutschen  Kaisers  das  nationale 
Element  weit  mehr  als  seither  in  den  Vordergrund  des  gesamten 
Unterrichts  stellen  will.  Erst  ganz  neuerdings  hat,  nicht  allzulange 
nach  der  Vortragsreise  von  Arthur  Schulz,  auch  Professor  Korne- 
mann  in  Tübingen  vor  einem  dankbaren  Publikum  ein  gewichtige» 
Wort  zur  Sache  der  nationalen  Erziehung  gesprochen.  Auch  ist 
durch  die  Vermehrung  der  Stundenzahl  des  Deutschen  die  Ver- 
wirklichung dieses  Ziels  um  einen  bedeutenden  Schritt  näher  gerückt. 

Es  wäre  aber  sehr  zu  begrüßen,  wenn  in  der  endgültigen  Fest- 
legung des  Lehrplans  für  die  Oberrealschulen  das  doppelte  Ziel 
der  formalen  und  biologischen  Aufgabe  nicht  bloß  für  den  fremd- 
sprachlichen, sondern  ausdrücklich  auch  für  den  eigen- 
sprachlichen  Unterricht  aufgestellt  würde. 

Damit  wäre  dann  der  Forderung  Rechnung  getragen:  der 
deutschsprachliche  Unterricht  in  erster  Linie  hat 
aof  die  logischen  und  organischen  Zusammenhänge 
des  Sprachbaues  hinzuweisen.     Der  französische  und 


\ 

\ 

f 
I 


214  Scholl, 

englische  (im  Gymnasium  griechische  und  lateinische) 
Sprachunterricht  iiat  das  gewonnene  Resultat  zu  ver- 
tiefen und  zu  ergänzen. 

In  bezug  auf  die  Muttersprache  muß  nun  weiterhin  zugegeben 
werden,  was  der  Lehrplanentwurf  8.  6  nu^führt :  r^^i*  Unterricht 
in  der  deutschen  Sprachlehre  hat  ins  Auge  «u  fassen,  daß  es  sich 
nicht  um  eine  fremde,  sondern  den  Schülern  schon  vertraute 
Sprache  handelt  ...  Die  deutsche  Sprachlehre  soll  daher  soweit 
möglich  von  den  Schülern  selber  aus  dem  Kreise  des  ihnen  Be- 
kannten gewonnen  werden^'.  Der  erste  Satz  dieser  Bemerkungen 
kann  sich  jedoch  nur  auf  das  allgemeine  Sprachgefühl  beziehen, 
das  der  Schüler  seiner  Umgangssprache,  die  häufig  stark  mund- 
artlich gefärbt  ist,  verdankt;  das  läßt  auch  der  folgende  Satz  des 
Lehrplanentwurfs  deutlich  erkennen.  Die  Schriftsprache  ist  viel- 
mehr für  den  Schüler  insofern  neu,  als  sie  einerseits  eine  ganze 
Anzahl  von  Begriffen  enthält,  die  seinem  Wortvorrat  noch  nicht 
angehören,  und  andererseits  eine  reichere  Formen-  und  Satzlehre 
besitzt  als  seine  Sprechsprache.  Bekanntlich  werden  der  Genetiv 
und  das  Imperfekt  fast  gar  nicht  mehr,  eine  ganze  Reihe  anderer 
Formen  mit  stark  reduzierten  Endungen  oder  wie  der  Dativ  Plurali.s 
ganz  ohne  solche  angewendet.  Die  Satzlehre  der  Schriftsprache 
ist  weitaus  komplizierter  als  die  der  Mundart.  Jedenfalls  fehlt 
selbst  den  Schülern,  die  ein  verhältnismäßig  reines  Deutsch  sprechen, 
das  Bewußtsein  von  der  Art  des  Baus  und  der  Formen.  Und  um 
sie  zu  diesem  Bewußtsein  und  die  meisten  von  ihnen  erst  zu 
richtiger  Anwendung  zu  erziehen,  darf  nicht  der  für  sie  höchstens 
dem  Sinne  nach,  nie  aber  in  bezug  auf  seinen  organischen  Zn- 
sammenhang durchsichtige  Satz  des  Hochdeutschen  also  des  Lese- 
buchs zugrunde  gelegt  werden.  Das  kann  wohl  die  Methode  der 
oberen  Klassen  und  des  wissenschaftlichen  Unterrichts  nimmermehr 
aber  der  in  ,,den  Bau  und  die  Eigenart ''  der  Sprache  erst  ein- 
führenden unteren  und  mittleren  EJassen  sein.  Auch  im  Deutschen 
also  —  in  dem  zum  Teil  noch  neuen,  im  ganzen  noch  unbewußten 
Schriftdeutsch  nämlich  —  muß  komponierend,  aufbauend 
vorgegangen  werden.  Wenn  der  Schüler  von  den  einzelnen  Satz- 
gliedern eine  klare,  scharf  abgegrenzte  Vorstellung  bekommen  soll, 
wenn  er  jederzeit  imstande  sein  soll,  sich  über  sie  bewußtermaßen 
eine  so  deutliche  Rechenschaft  abzulegen,  daß  ihre  Kenntnis  bei 
den  kompositorischen  Übungen  in  einer  Fremdsprache  ein  zuver- 
lässiger Führer  sein  kann,  so  muß  auch  der  deutsche  Satz  in  der- 


Beiträge  zum  Unterricht  In  der  deutschen  Sprache.  215 

selben  rein  synthetischen  Weise  vor  seinen  Augen  entstanden 
und  durch  Übung  seinem  Gedft^^htnis  eingeprägt  sein,  wie  später 
der  fremde.  Die  Analyse  eines  Lesebuchsatzes  kann  hier  das  Bild 
nur  verwirren,  das  die  theoretische  Erklärung  eines  Satzglieds  im 
Schttler  hervorgerufen  hat.  Dieses  muß  vielmehr  solange  rein  und 
einfach  bleiben,  bis  durch  die  fortschreitende  Synthese  auch  weitere 
syntaktische  Schwierigkeiten  dem  Schttler  vertraut  geworden  sind. 
Wenn  also  die  oben  zitierte  Fordenmg  des  Lehrplans :  der  deutsch- 
sprachliche Unterriciit  hat  die  Erlernung  der  Fremdsprachen  vor- 
zubereiten —  erfüllt  werden  soll,  so  muß  verlangt  werden: 

Die  Satzlehre  geht  rein  synthetisch  vor,  gleich- 
zeitig begleitet  sie  die  Formenlehre  in  analytisch- 
synthetischem  Gange.  In  bezug  auf  die  Elementar- 
schulen ist  völlig  zu  billigen,  was  der  für  sie  geltende  Lehrplan 
S.  5  sagt:  „Als  Ziel  ist  vielmehr  anzustreben,  daß  der  Schüler 
über  die  gegebenen  Sprachformen  Rechenschaft  zu  geben  wisse 
(analytisches  Verfahren).  ^^  Das  Ziel  ist  also  hier  keine  wissen- 
schaftliche Synthese,  wissenschaftlieh  insofern  sie  auf  die  logischen 
und  organischen  Zusammenhänge  des  (nach  pädagogischen  Rück- 
sichten) vor  den  Schülern  emporwachsenden  Sprachbaus  hinweist, 
sondern  eine  bloß  praktische  Analyse,  praktisch,  weil  sie  nur  auf 
augenblicklich  notwendige  Zvrecke  ihre  Aufmerksamkeit  richtet, 
z.  B.  auf  das  Erkennen  der  Wortarten  im  Uechtschreibunterricht, 
auf  vorbereitende  Übungen  zum  synthetischen  Sprachunterricht  — 
insbesondere  möglichste  Sicherheit  im  Erfragen  der  Fälle  am  besten 
mit  Hilfe  der  Lektion  einer  Anzahl  der  bekanntesten  Verba  inner- 
halb 3 — 4gliedriger  Sätze.  Auf  alles,  was  praktisch  noch  nicht 
verwendbar  ist,  sollte  verzichtet  werden,  so  auf  die  Formenlehre 
des  Fürworts  (mit  Ausnahme  von  Kom.,  Sing,  und  Flur,  des  persön- 
lichen Fürworts)  und  auf  die  Konjugation  des  Zeitworts  mit  Aus- 
nahme von  Präsens  und  Imperfekt. 

Ehe  ich  nun  zur  Zusammenstellung  eines  genaueren  Lehrplans 
schreite,  möchte  ich  noch  einen  Punkt  erledigen,  der  mir  sehr 
wichtig  scheint  und  die  Erklärung  des  Satzbaus  betrifft. 

Es  ist  mir  unbekannt,  seit  wie  lange  und  welcher  Autorität 
zuliebe  in  der  Satzanalyse  der  Brauch  eingeführt  ist,  gewisse  Zeit- 
wörter, nämlich  diejenigen,  von  denen  ein  prädikativer  Nominativ 
abhängig  ist,  insbesondere  aber  das  Zeitwort  sein  —  selbst  in 
Fällen  wo  ein  anderes  Satzglied  folgt  (Gott  ist  im  Himmel)  —  ihres 
grammatischen  Werts  völlig:  zu   berauben   und   sie  mit   dem    ganz 


216  Scholl, 

inhaltslosen  Teiminus  ,,Kopula  oder  Satzband"  zu  belegen.  Dieses 
wissenschaftlich  durch  nichts  zu  begrtlndende  Vorgehen  hat 
sich  in  sämtliche  Schnllehrbücher  eingeschlichen  und  fast  nnaus- 
rottbar  festgesetzt.  Erst  vor  wenig  Jahrzehnten  sind  Reform- 
bestrebungen dagegen  aufgetreten.  Sie  sind  von  Prof.  Franz  Kern 
in  Berlin  ausgegangen,  der  seine  Vorschläge  mehrfach,  insbesondere 
aber  in  seiner  1885  (Berlin,  Nicolai-Stricker)  erschienenen  Satzlehre 
begründet  und  zusammengestellt  hat.  Diese  Vorschläge  sind  von 
Blatz  in  seine  bekannten  Grammatikwerken  aufgenommen  worden, 
haben  aber  trotzdem  in  den  elementaren  Lehrbüchern  mit  Aus- 
nahme derjenigen  von  Kahnmeyer  und  Schulze  (Leipzig  und  Biele- 
feld 1896)  noch  keinen  Eingang  gefunden.  Die  Reformen  Kerns 
sind  nicht  nur  wissenschaftlich,  sondern  vor  allem  auch  pädagogisch 
außerordentlich  wertvoll  und  beziehen  sich  auf  mehrere  Punkte, 
von  denen  hier  nur  zwei  ausführlicher  besprochen  werden  sollen: 
1.  die  Wiederherstellung  des  Prädikatswerts  für  sämtliche,  auch 
die  in  ihrer  Bedeutung  abgeschwächten  Zeitwörter  also  Verzicht 
auf  die  Bezeichnung  Kopula.  2.  Die  Einteilung  der  Satzglieder 
bezogen  auf  das  Prädikat  als  Mittelpunkt  in  solche  erster  und 
höherer  Ordnung,  unmittelbare  und  mittelbare.  Bezüglich  der  wissen- 
schaftlichen Begründung  verweise  ich  auf  Kern  selbst;  ich  möchte 
nur  der  pädagogischen  Bedeutung  der  beiden  Punkte  noch  einige 
Worte  widmen. 

Man  vergleiche  folgende  Sätze:  die  Sonne  leuchtet;  die  Sonne 
ist  ein  Himmelskörper;  die  Sonne  ist  am  Himmel;  die  Sonne  ist 
oben ;  die  Sonne  kreist  am  Himmel ;  die  Sonne  steht  oben.  Subjekt 
ist  in  allen  die  Sonne,  das  Prädikat  in  den  vier  ersten  der  Rest  des 
Satzes,  in  den  zwei  letzten  das  Verb.  Warum?  Und  wie  will  man 
das  den  Kindern  einleuchtend  begründen?  Zu  sagen,  die  Bedeu- 
tung des  Verbums  sein  —  ein  Hilfszeitwort  ist  es  hier  sicher  nicht, 
sondern  ein  selbständiges  —  sei  abgeschwächt,  geht  vielleicht  an  in 
dem  Satze:  die  Sonne  ist  ein  Himmelskörper,  keineswegs  aber  im 
folgenden:  die  Sonne  ist  am  Himmel.  Hier  ist  der  Zustand  des 
Seins,  der  Existenz  ebenso  vollwertig  ausgedrückt  wie  in  dem 
anderen  die  Tätigkeit  des  Kreisens.  Das  Satzglied  ,,ist"  wird  als 
Kopula  bezeichnet,  kreist  und  steht  nicht! 

Warum  haben  diese  ein  Recht  Prädikat  zu  sein,  jenes  nicht? 
Weiterhin  der  Satzteil  „ein  Himmelskörper '^  wird  <ils  Prädikats- 
nomen bezeichnet,  folgerichtig  auch  die  Satzteile:  am  Himmel  und 
oben.     Letzteres  Wort  ist  kein   Nomen,  kann  aber  als   Satzglied 


Beiträge  zum  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache.  217 

ein  »olches  werden!  Und  das  Satzglied  ,,am  Ilimmel^*  einfach  als 
Nomen  zu  definieren  oder  zu  sagen  ein  Präpositionalkasus  ist  ein 
Nomen^  geht  doch  nicht  wohl  an.  Ich  frage,  wo  bleibt  da  die 
gerade  für  den  schwierigen  abstrakten  Unterricht  in  Sprachlehre  so 
notwendige  Klarheit  und  Durchsichtigkeit?  Und  wie  will 
man  denn  nach  der  seitherigen  Methode  die  folgende  Verwandlung 
unterbringen:  £r  nennt  ihn  einen  Schelm  —  er  wird  von  ihm  ein 
Schelm  genannt?  Wie  endlich  soll  der  Schüler  Sicherheit  im  Eon- 
Htmieren  und  Übersetzen  solcher  Sätze  bekommen,  wenn  ihm  im 
Deutschen  schon  nicht  klar  geworden  ist,  daß  er  hier  ein  besonderes 
Satzglied  das  Prädikativ  im  Akkusativ  und  das  Prädikativ  im 
Nominativ  vor  sich  hat,  ebenso  wie  „ein  Himmelskörper^  Prädi- 
kativ im  Nominativ  ist,  abhängig  vom  Prädikat  „ist",  und  daß 
..am  Himmel"  stets  Adverbiale  des  Orts  ist,  das  einmal  abhängig 
von  ,,ist",  das  anderemal  von  „kreist^^! 

Kern  (und  Blatz)  definiert:  das  Prädikat  bezeichnet  den 
Verbalinhalt  (Tätigkeit  oder  Zustand)  und  wird  ohne  Ausnahme 
durch  ein  fiuites  Verb  ausgedrückt.  Das  Subjekt  bestimmt  die 
Verbalperson,  die  an  sich  —  das  innere  Subjekt  —  schon  im 
Verbum  liegt,  durch  ein  Substantiv  oder  Pronomen  personale. 
Alle  übrigen  „unmittelbar^^  vom  Prädikat  abhängigen  Satzteile  — 
Objekte,  Adverbialien,  Prädikative,  heißen  primär  oder  erster  Ord- 
nung, deren  Bestimmungen  sekundär  oder  zweiter  Ordnung  u.s.w. 

Das  ist  klar  und  ruft  auch  bei  schwächeren  Schülern  noch 
den  Eindruck  der  Klarheit  hervor.  Das  entspricht  den  Anforde- 
rungen der  Logik  und  den  Gesetzen  des  organischen  Auf  baus.  Die 
Kemschen  Reformen  werden  also  gleichzeitig  wichtigen  pädagogi- 
schen und  wissenschaftlichen  Rücksichten  gerecht. 

Wenn  auch  nach  Einführung  dieser  Verbesserungen  die  Resul- 
tate des  grammatischen  Unterrichts  noch  nicht  befriedigen,  so 
liegt  das  an  anderen  Umständen.  Der  erste  und  wesentlichste  der- 
selben wird  wohl  noch  für  einige  Zeit  Ideal  bleiben:  die  Verschie- 
bung des  gesamten  abstrakt-sprachlichen  Unterrichts  um  ein  Jalu* 
später  der  deutsche,  also  erst  im  4.  Schuljahr  beginnend,  der  fremd- 
sprachliche erst  im  5.,  also  in  Klasse  n.  Die  jeder  konkreten 
Anschauung  fremden  Beziehungen  der  Grammatik  werden  von  8  bis 
9jährigen  Schülern  selbst  im  günstigsten  Falle  nicht  so  völlig  klar 
verstanden,  daß  ein  zuverlässiger,  dauernder  Grund  für  den  Weiterbau 
vorhanden  wäre.  Dies  wird  besonders  bei  schwächeren  Schülern 
8s)  lange  der  Fall  sein,   bis  Unterrichtsstoff  und  Reife  des  Schülers 

Korreepondenxblatt  1906,  Heft  6. 


218  Scholl, 

zusammentreffen.  Diese  Verschiebung  schließt  nicht  aus,  daß  der 
fremdsprachliche  Unterricht  sc^hon  im  4.  Schuljahr,  Klasse  I,  in- 
duktiv vorbereitet  wird  durch  Konversation,  Exposition  und  Dictees 
leichtester  Form,  während  in  Klasse  II  erst  die  Komposition  beginnt, 
fußend  auf  dem  deutschgrammatikalischen  Unterricht. 

Im  folgenden  möchte  ich  nun  den  Versuch  machen,  eine  an 
die  im  vorstehenden  entwickelten  Grundsätze  sich  anschließende 
Stoffverteilung  vorzuschlagen,  ohne  vollständig  sein  zu  wollen. 

Elementarklasse  I:  die  verschiedenen  Laute  und  ihre  Aus- 
sprache (Stimmtlbungen,  System  Fenerlein  u.  a.);  Unterscheidung  der 
drei  Hauptwortarten :  Hauptwort — vorerst  auf  die  Frage:  wer  oder  was  V 
Dingy  Person;  Zeitwort  —  was  tut  das  Ding,  die  Person?  Tätigkeit; 
Eigenschaftswort — attributiv :  was  für  ein  ?  prädikativ :  wie?  Merkmal, 
Eigenschaft;  Artikel,  keine  Frage,  Geschlecht,  Begleiter  des  Haupt^^orts. 

Elementarklasse  II.  Stimmübungen;  Veränderung  der  Haupt- 
wortarten: Fall,  Zahl,  Geschlecht;  Person,  Zahl,  Zeit.  Fragen:  Wer, 
wessen,  wem,  wen  ?  was  für  ein,  was  für  eines,  was  für  einem,  was  für 
einen?  was  tut,  was  tat?  Bedeutung:  Darbietung  der  Formen  stets  im 
Satzzusammenhang.  Vom  Zeitwort  nur  Gegenwart  und  Vergangenheit, 
Grundform  und  Mittelwort,  vom  persönlichen  Fürwort  nur  soviel  als 
die  Konjugation  erfordert.    Wortbildung  durch  Vor-  und  Nachsilben. 

Diese  Vorschläge  sind  möglichst  im  Rahmen  derjenigen  des 
Lehrplanentwurfs  gehalten.  Da  mir  aber  sehr  viel  daran  gelegen 
war,  einem  wichtigen  pädagogischen  Prinzip  Rechnung  zu  tragen, 
das  die  meisten  grammatikalischen  Lehrbücher  zu  einem  großen 
Teil  vernachlässigen,  nämlich  dem  Grundsatz,  daß  der  Stoff  der 
geistigen  Reife  des  Schülers  angepaßt  sein,  also  stets  vom  Leichten 
zum  Schweren  fortschreiten  soll,  so  waren  einzelne  Abweichungen 
nicht  zu  vermeiden,  beispielsweise  die  Verschiebung  des  Passivs 
in  Klasse  I,  die  Verteilung  des  einfachen  Satzes  auf  fast  sämtliche 
Klassen ,  der  Formenlehre  auf  4  Klassen.  Andererseits  mußten  Stoffe, 
die  erfahrungsgemäß  ziemlich  schwierig  sind,  der  Fremdsprache  wegen 
schon  etwas  früher,  als  vielleicht  gut  wäre,  erledigt  werden,  so  ins- 
besondere der  Konjunktiv,  der  jedoch  in  Klasse  III  bei  Gelegenheit 
der  Nebensätze  nochmals  zu  ausführlicher  Darstellung  gelangt.  Auch 
ist  erwähnenswert,  daß  in  Schulen  ohne  Vorklasse  die  vorliegenden 
Vorschläge  nur  in  ziemlich  verkürzter  Form  ausgeführt  werden 
könnten,  da  außerdem  die  Lklasse  solcher  Schulen  eben  auch  nur 
5  Wochenstunden  für  Deutsch  zur  Verfügung  hat,  eine  Zeit,  die  für 
die  ohnehin  recht  dürftig  vorbereiteten  Schüler  sicher  zu  kärglich  ist. 


Beiträge  zum  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache. 


219 


Aus:  Satzlehre.      I       Formenlehre. 

Yorklasse  (III.  Schul- 
jahr) : 

Subjekt  und  Prädikat ;  |  Substantiv     im     Nom. 

Sinj?.  und  Plur. ;  Pro- 


Objekt im  Akk.; 


Objekt  im  Dat.; 
Objekt  im  Gen.; 


nomen  personale 
ebenso  Verb  um  im 
Infinitiv,  Präsens, 
Imperfekt,  stark  und 
schwach. 

Substantiv  und  Pron. 
pers.  im  Akk.  tran- 
sitive und  intransitive 
Zeitw. 

Subst.  und  Pron.  im 
Dativ. 

Dasselbe    im    Genetiv. 

Zusammenstellung  der 
Deklination  des 

Haupt-  und  Fürworts. 
Adjektivisches     Attri- ;  Deklination  und  Kom- 
bnt.  paratiou     der     Ad- 

jektive, Formenlehre 
der  Pronomina  poss. 
demonstr.  indef.  des 
Numerale  und  des 
Partizips. 
Substantivisches  Attri- 1 
bot.  I 

Akk.-Objekt nach  haben   Die    einfachen    Zeiten 

der  Zeitw.sein,  haben, 


Wortbildungs- 
lehre*). 


Eingehende  Uepetition 
der  Vor-  und  Nach- 
silben ;  Aufstellung 
von  Wortfamilien. 

Erklärung  leicht  ver- 
ständlicher Sprach- 
bilder. 

Ersetzen  dialektischer 
Ausdrücke  durch 
hochdeutsche. 

Die  bekanntesten  Vor- 
und    Familiennamen. 


werden. 


Prädikativ     im    Nom.   Dieselben  alsHilfszeitw. 

nach  sein  und  werden. '     bei  andern  und  bei 

I      sich  selbst. 
Die  seither  behandelten   Zusammenstellung    der 

Teile   des  einfachen       Formenlehre         des 

Satzes     mit    zusam-       Aktivs. 

mengesetzten  Zeiten. ; 


')  Die  Vorschläge  sind 
im  Anschluss  an 
Treutlein  und  Wilke 
gemacht  und  wollen 
nur  andeutungsweise 
verstanden  sein. 


220 


Scholl, 


Aus:  Sillzlehre. 


Klasse  I. 

Adverbiale  ohne  Prä- 
position. 

Adverbiale  mit  Prä- 
position. 

Der  einfache  Satz  im 
Passiv. 

Indirekte*  Kedeweise 
nncli  ileu  Verben  des 
Sa  1:008  und  Denkens. 

Verbind iinp^  von  Haupt- 
sätzen. 


Klasse  II. 
Die  übrigen  Wortarten 
als  Subjekt. 

lutiuitivobjekt. 


F  o  rni  e  n  1  e  h  r  e. 


Das  Adverb. 


Die  Präposition. 


Das  Passiv. 


Konjunktiv   und    Kon- 
ditionalis. 


Beiordnende  Konjunk- 
tionen. 


Substantivierung  der 
verschiedenen  Wort- 
arten. 

Formenlehre  der  Prae- 
tcrito-Praesentia. 


Inf.  mit  zu  als  Präpo- 
sitionalobjekt. 

Inf.  mit  um  —   zu  als 
positives,    mit    ohne 
—   zu   als  negatives 
Adverbiale       des 
Zwecks. 

Das  un))ersönliche  und 
doppelte  Subjekt. 


Der  Nebensatz  erster 
Ordnung,  soweit  er 
auf  ein  entsprechen- 
des Satzglied  zurück- 
führbar ist. 


Die  unbestimmten  und 
unpersönlichen  Für- 
wörter. 

Kepetition  der  Formen- 
lehre des  Fürworts. 

Pronomen  relat.  Kon- 
jnnkt.  subord. 


Wortbildung  8- 
lehre. 


Sprachbilder ; 

seltene  und  gewählte 
Ausdrücke ; 

Vokal-    und     Konson- 
nantenwechsel, 
Klangwirkungen ; 

geographische  Namen 
(mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der 
Heimat) ; 

leichtere  Synonyme, 
Gegensätze,  ver- 

wandte Begriffe; 
Wortfamilien. 


Bilder  und  Synonymen ; 


geographische  und 

naturwissenschaft- 
liche Namen  aus  dem 
Stoff  der  Klasse; 

Familiennamen ; 

Zeitbegriffe  (die  hiebei 
notwendigen  Er- 
klärungen aus  der 
Mythologie  sollten  in 
der  Lesestunde  vor- 
bereitet werden,  wo 
deutsche  Sage  und 
Göttergeschichte 
noch  immer  fast  gar 
nicht  zur  Geltung 
kommt). 


Beiträge  znm  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache. 


221 


Aus:  Satzlehre. 

Klasse  III. 
Satzglieder  und  Neben- 
sätze liöherer  Ord- 
nang,  einfache  Fälle, 
parallele  Klassifi- 
ziernng  der  Satz- 
glieder und  Sätze. 


Formenlehre. 


Repet.  aus  der  Formen- 
lehre :  Paradigmen 
der  variabelnNomina, 
Konjugations-  und 
Deklinationsklassen  ,* 
Einteilung  der  Sub- 
stantive. 

Zusammenstellung  der 
Wortarten. 


Repetitionen    aus    der 
Formenlehre,      stili- 
stische    Regeln, 
Sprachd  unim  h  ei  ten. 


Wortbildung»-    . 
lehre. 

Schwierigere  Fälle  von 
Bildern,  Synonymen, 
Homonymen,  Klang- 
wirkungen,   Namen ; 

Wortgeschichten  aus 
dem  Grebiet  von 
Nahrung  und  Klei- 
dung, Haus  und  Fa- 
milie, Natur  und 
menschlichen  Be- 
schäftigungen. 

Fremdwörter,  einge- 
bürgerte Wörter; 

Wortgeschichten  au» 
den  Gebieten  des 
Heerwesens,  Staats- 
und Rechtswesens, 
der  Kulturgeschichte 
(der  Germanen). 

Bildliche  Redensarten 
und  Sprichwörter. 


Klasse  IV. 

Satzglieder  und  Neben- 
sätze höherer  Ord- 
nung, schwierigere 
Fälle,  insbesondere: 
Prftpositionalkasus, 
adverbiales  Attribut, 
sekundäre  Bestim- 
mungen des  Infinitivs. 

Klassifizierung  der  Ne- 
bensätze nach  ihrer 
Bedeutung. 

Klasse  V. 
Repetitionen,   Ellipsen,  Lautlehre    und     Laut- 

Perioden.  '  i     wandel; 

;  Entstehung     und     Be- 
Bemer- 1      deutung   von   Silben 
und  Endungen; 

'  Fremdwörter  und  Bil- 

I 

der. 

Die  Tabelle  ist  so  aufzufassen,  daß  die  beiden  vorderen 
Rabriken,  Satz-  und  Formenlehre  gemeinsam,  die  Wortbild nngslehre 
dagegen  in  besonderem  Gang,  aber  in  engem  Anschluß  an  Recht- 
schreiben und  Aufsatz  behandelt  werden.  An  dem  Satze:  „Der 
Knabe  schreibt/^  kann  erledigt  werden  1.  die  logische  Beziehung 
der  Satzglieder  ausgedrtlckt  durch  die  Frage;  2.  die  organische 
Beziehung  derselben:  Tätigkeit  und  Tätigkeitsperson  (die  Namen 
Subjekt  —  Satzgegenstand,  Prädikat  —  Aussage  sind  eine  Schöpfung 


StilintiKSche 
kun  gen. 


222     Scholl,  Beiträge  zuni  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache. 

der  alten  Anschauang,  welche  die  biologische  Bedeutung  der  Satz- 
teile nicht  berücksichtigt).  3.  Der  formale  Ausdruck  dieser 
Beziehungen  durch  Fall,  Zahl^  Geschlecht  und  durch  Person,  Zahl, 
Zeit.  Die  Vorbereitung  dieser  dreifaclien  Wertung  jedes  Satzteils 
im  Elementarunterricht  versuchte  ich  in  der  Tabelle  anzudeuten; 
daher,  und  um  die  gemeinsame  Behandlung  von  Satz-  und  Formen- 
lehre wenigstens  in  einer  Klasse  (III.  Schuljahr)  klar  zu  zeigen, 
die  grössere  Ausführlichkeit  am  Anfang.  Um  die  logische  Beziehung 
der  Satzglieder  dem  Schiller  sicher  einzuprägen,  sollten  die  Fälle 
und  Zeiten  nicht  numeriert,  sondern  nach  ihrer  Frage  oder  Be- 
deutung benannt  werden.  Die  Bezeichnungen  1.  Fall,  1.  Vergangen- 
heit sind  sinnlos.  Die  biologische  Bedeutung  des  Artikels,  des 
Partizips  etc.  muß  später  in  Klasse  IV  oder  V  nachgeholt  werden, 
w^nn  das  Verständnis  hierftlr  vorhanden  ist. 

Die  Grundlage  der  gesamten  vorstehenden  Ausführungen  ist 
die  biologische  Betrachtungsweise  des  Sprachgebäudes.  Dabei  haben 
mich  nicht  allein  wissenschaftliche  und  objektiv  pädagogische  Ge- 
sichtspunkte geleitet,  sondern  ganz  besonders  die  Absicht^  den 
grammatischen  Unterricht  so  zu  gestalten,  daß  er  imstande  ist,  das 
Interesse  des  Schülers  zu  erregen,  ihm  Freude  zu  bereiten.  Das 
schien  mir  allein  dadurch  möglich,  daß  ich  das  Leben  in  der 
Sprache,  also  den  organischen  Wert  jedes  Glieds  in  den  Vorder- 
grund stellte,  also  gerade  den  Wert,  der  seither  völlig  vernach- 
lässigt wurde.  Ich  habe  auch  wirklich  beobachtet,  daß  der  Schüler 
eine  freudige  Verwunderung  an  den  Tag  legt,  wenn  man  ihn  dazu 
veranlaßt,  solche  lebendige  Beziehungen  selbst  zu  entdecken;  man 
hat  hier  eine  willkommene  Gelegenheit  —  die  einzige  im  sprach- 
lichen Unterricht  —  mit  konkreter  Anschauung  zu  kommen,  indem 
man  passende  Sätze  durch  die  Schüler  darstellen  oder  umgekehrt 
ans  der  Darstellung  den  Satz  bilden  läßt.  ,,Der  Schüler  öffnet  daa 
Buch^^;  die  Tätigkeit  des  Öffnens  wird  vom  Schüler  ausgeführt 
und  bezieht  sich  auf  das  Buch  (Tätigkeitsperson  und  Beziehungs- 
sache). Reiche  Gelegenheit,  den  Sprachunterricht  für  den  Schüler 
angenehm  zu  gestalten,  bieten  dann  die  etymologischen  Betracb- 
tnnj^en,  Wortgeschichten  und  Bildererklärungen. 


Nestle,  Sina  und  Tabor.  223 

Sina  und  Tabor 

in  Schillers  Karlsschnlrede  von  1779. 

In  der  ersten  seiner  zwei  ,,Karl88chiilreden"  sagt  Schiller 
(Säkular- Ausgabe  11^4): 

„Tugend  das  harmonische  Band  von  Liebe  und  Weisheit.  So 
spricht  der  Gesetzgeber  aus  den  Donnern  von  Sina!  So  der 
Gottmensch  auf  dem  Tabor!^^ 

Zu  letzterem  Wort  macht  der  Herausgeber  \Yalzel  die  An- 
merkung (S.  (K)l): 

„Tabor,  der  Schauplatz  der  Verklärung,  wird  mit  dem  Berge 
verwechselt,  auf  dem  Christus  die  Bergpredigt  hielt/^  Bei  dieser 
Anmerkung  ist  vorausgesetzt,  daß  der  Berg  der  Verklärung  wirk- 
lich der  Tabor  gewesen  sei,  was  keineswegs  sicher  ist,  und  daß 
er  nicht  der  Berg  der  Seligpreis ungen  sei,  was  doch  schon 
Hieronymus  annahm.  Nach  Hieronymus  dachten  simpliciores 
beim  Berg  von  Mt.  5  an  den  Ölberg,  er  lieber  an  den  Tabor;  die 
Tradition,  die  den  Kam  Hattin  bei  Tiberias  dafür  erklärt,  ist  erst 
im  13.  Jahrhundert  und  nur  bei  Lateinern  nachzuweisen.  Ob  sich 
des  Hieronymus  Deutung  auch  noch  bei  protestantischen  Erklärern 
in  Schillers  Zeit  findet,  kann  ich  nicht  belegen.  Statt  „verwechselt^^ 
hätte  also  Walzel  jedenfalls  „gleichgesetzt^^  sagen  sollen. 

Aber  merkwürdiger  ist  mir,  daß  Schiller  ^Sina^^  schreibt  und 
nicht  Sinai.  Sina  ist  bei  Luther  die  neutestamentliche  Form  des 
Namens  (Act.  7,  80.  38;  Gal.  4,  24.  25),  die  ich  in  den  mir  zur  Hand 
befindlichen  Ausgaben  zuletzt  in  einem  Druck  von  1782  finde,  fm 
Alten  Testament  schrieb  auch  Luther,  wie  wir  jetzt  dnrchgehends, 
von  Anfang  an  Sinai.  Aber  Sina  ist  die  richtige  Aussprache, 
wie  nicht  bloß  die  Septuaginta  (2iva)y  sondern  vor  allem  das 
Arabische  zeigt,  auf  das  hier  nicht  näher  eingegangen  werden 
kann.  Die  Vulgata  hat,  ähnlich  wie  Luther,  im  Neuen  Testament 
überall,  im  Alten  Testament  an  einzelnen  Stellen  Sina,  an  anderen  Sinai. 
Genaue  Handschriftenvergleichungen  liegen  erst  für  die  Apostel- 
geschichte vor  und  bestätigen  Sina.  Es  wird  unmöglich  sein,  auch 
nicht  nötig,  die  Aussprache  „Sinai'^  aus  dem  Munde  unseres  Volkes 
wieder  zu  verdrängen;  aber  da  noch  nicht  einmal  in  hebräischen 
Wörterbüchern  und  Sprachlehren  oder  in  Kommentaren  die  Er- 
kenntnis durchgedrungen  ist,  daß  der  semitische  Namen  Sina,  nicht 
Sinäj,  noch  weniger  Sin(ai)  oder  gar  Sinai  lautet,  freue  ich  mich 
um  80  mehr  aus  Anlaß  des  Schillerjahrs  auf  dies  Sina  zu  stoßen. 


224  Literarischer  Bericht. 

Vielleicht    wirkt   bei   Schiller  Klopstock  nach;   vgl.  Messias  V, 

352  f. 

die  schreckenvolle  Posaune, 

Die  auf  Sina  erklan«^;  daß  unter  ihr  bebte  des  Bergs  Fuß. 

Dagegen  jetzt  im  Evangelischen  Gesangbuch  für  Württemberg 
384,  2  (von  Gerve) : 

Nicht  aus  {  Sina  is  Ge. wittern. 

In  nnsern  lutherischen  Bibeln  hätte  man  eher  das  Alte 
Testament  nach  dem  Neuen,  als  das  Neue  nach  dem  Alten  berich- 
tigen dürfen,  wenn  man  überhaupt  den  von  Luther  eingehaltenen 
Unterschied  verwischen  wollte. 

Maulbronn.  Eb.  Nestle. 


Literarischer  Bericht. 

Monumentn  Germaniae  Paedagogrica«    Im  Auftrag  der  Gesell- 
schaft für  deutsche  Erziehungs-  und  Schulgeschichte  heraus- 
gegeben von  Karl  Kehrbach.    BandXXXlI:  Die  päda- 
«^ogische  Reform    des   Oomenius  in  Deutschland 
bis    zum   Ausgange    den    17.   Jahrhunderts.      Von 
Dr.  Joh.  Kvacala,  Professor  an  der  Universität  Dorpat. 
II.  Band.    Historischer  Überblick^  Bibliographie,  Namen-  und 
Sachregister.    VI  u.  238  S.    Berlin,  A.  Hofmann  &  Comp.  1904. 
Der  2.  Band  des  sclion  früher  hier  besprochenen  Werkes  (cf.  Jahr^. 
1904,  S.  318  f.)  steht  seinem  Vorgänger  an  Umfang  nach,  überragt  iliu 
aber  an  Bedeutsamkeit  des  Inhalts.    AU8  den  losen  Steinen,  die  der 
1.  Band  in  Form  von  Briefen,  Schulordnungen,   Kegesten  etc.   bereit- 
stellte, ersteht  nun  der  einheitliche  Gesamtbau,  das  Bild  des  Einwurzeins 
und  Vorschreitenn  der  cumenianischcn  Neuerungen  in  deutschen  Landen. 
Mit  jeder  Schrift  aus  Comenius'  Feder  wächst  die  Zahl  derer,  die  sich 
für  seine  lebensvollen  Gedanken  zu  erwärmen  vermögen ;  so  reiht  sich 
an  einen  Hartlib  ein  Hübner  und  Redinger.  an  einen  Jungius  ein  Rave 
und  Hesenthaler.    Bald   waren  es  die  nnitarisch-konfessionelleu   oder 
die  chiliastischcn,  bald  die  irenischen   oder  die  ijansophischen  Ideen, 
welche  die  einzelneu  zu  dem  vielseitigen  Böhmen  hinzogen;  waren  sie 
aber  einmal  in  seinem  Bannkreis,  so  wurden  sie  zuletzt  fast  alle  mehr 
oder  weniger  begeisterte  Apostel  gerade  seiner  didaktischen  Reformen. 
Auch  Süddeutschland,   insbesondere  Scliwaben,  tru^  sein  wesentliches 
Teil   bei  %u  diesem  Sie^eszug.     Den  persönlich  so  bescheidenen  Haller 
Präzeptor  Joh.  Geo  Seybold,  in   dessen   lateinischen  Schulbüchern   mit 
ihren   ellenlangen  Titeln   der  comenianische  Same   seine  ersten  Früchte 


Literarischer  Bericht.  225 

tnigi  bezeichnet  Kvacala  geradezu  ,,al8  den  wohl  fruchtbarsten  unter 
den  deutschen  Didaktikem  des  17.  Jahrliunderts".  —  Für  die  zahllosen 
Rinnsale  der  Einzelforsch nng  über  den  comenianischen  Einfluß  in  Deutsch- 
land, die  noch  ihrer  Erschließung  harren,  bilden  die  2  Bände  der 
Monumenta  Gerraaniae  Pädagogica  die  feste  Grundlage  des  sicherflie- 
ßenden  Strömet«.  / 

Marbach  a.  N.  E.  Schott. 


Ludwig^  Dr.  Professor^  Präparation  zu  den  Oden  des  Q.  Hora- 
tius  Flaccus.  Teubner,  1903. 
Eine  Eigentiimlichkeit  dieser  Schülerpräparation  ist,  wie  der  Ver- 
fasser in  der  ,, Vorbemerkung^  selbst  erwähnt,  daß  mit  größerer  Aus- 
führlichkeit behandelt  wird  besonders  die  Bestimmung  von  Örtlichkeiten, 
die  auf  des  Dichters  Leben  und  Schriften  Bezug  haben,  ferner,  daß 
zahlreiche  Parallelstellen  ans  andern  Schriftstellein  angeführt  werden, 
aue  Schiller  etwa  ein  Dutzend,  ferner  aus  Goethe,  Uhland,  Schlegel, 
Novalis,  Mörike,  Heine,  Hauff,  Rieh.  Wagner  und  Leuthold.  Auch 
anfs  Englische  und  Französische  ist  manchmal  verwiesen,  ferner  auf  Bilder 
in  Luckenbachs  „Kunst  und  Geschichte'^  und  andere  Kunstdeukmäler.  — 
Der  Präparatiou  ist  in  einer  Einleitung  eine  kurze  und  gute  Übersicht 
Über  die  horazische  Metrik  vorausgeschickt.  Jede  Ode  hat  eine  deut- 
sche Überschrift,  entweder  kurz,  wie  z.  B.:  „Der  Retter  aus  der  Not** 
<I,  2),  Geleitsgedicht  (L  3),  Preis  des  Weines  (1, 18),  An  Vergilius  (1, 24), 
Hurra !(!)  (1,37),  Aber  diesmal!  (11,18),  Der  Ausstichwein  (111,21), 
Vergänglichkeit  (IV,  7) ;  oder  etwas  ausführlicher :  Nun,  da  der  Lenz 
ins  Land  gekommen,  besingt  die  Liebe  und  den  Wein!  (1,4).  Welt- 
sehmerz gelindert  durch  Weinhist  (I,  7).  Was  kümmert  mich  draußen 
der  Regen,  wenn  im  Herzen  die  Sonne  scheint?  (I,  9).  Und  geflügelt 
diesen  Mauern  sah  ich  das  Verderben  nah*n !  (T,  15).  Ach !  sie  haben 
einen  guten  Mann  begraben,  und  mir  war  er  mehr  (I,  24).  Das  Gold 
ist  nur  Chimäre;  versteht's  zu  brauchen  fein!  (11,2).  Dich,  mein  stilles 
Tal,  grüß,  ich  tausendmal  (II,  6).  Im  Leid  halt  aus,  im  Glück  halt  ein! 
<ll,  10).  Ruhe  ist  das  beste  Gut  (II,  16).  —  Von  den  Oden  sind  weg- 
gelassen :  1, 13.  16. 17.  19.  23.  25.  27. 30. 33.  36 ;  II,  4. 5. 8. 11. 12. 19 ;  III,  7. 
10-12. 14.  15.  19.  20.  26-28;  IV,  1.  6.  10.  11. 13,  also  32.  Das  erscheint 
mir  etw^s  viel;  und  ich  sehe  nicht  i'in,  warum  man  I,  17  und  27;  II, 
11  und  19;  III,  12  und  28;  IV,  6  (Prooemium  zum  Carm.  Saec.)  und  11 
weglassen  soll.  —  Den  Schülern  ist  mit  dieser  gründlichen,  reichhaltigen 
Präparation  zu  den  Oden  de.s  Hora/  ein  bedeutendes  Hilt's-  und  ¥jY- 
leichterungsmittel  an  die  Hand  gegeben.  Ja,  ich  würde  sogar  manches, 
besonders  die  modernen  Dichterzitate,  gern  vermissen  und  es  dem 
Lehrer  gönnen,  wenn  er  diese  oft  übeiTaschenden  Parallelen  zur  Be- 
lebung des  Unterrichts   erst  in   der   Stunde   selbst  mündlich   mitteilen 


226  LitcrariBcher  Bericht. 

dürfte.  Ich  stehe  überhaupt  noch  auf  dem  veralteten  Standpunkt, 
daß  ich  das  Aufschlagen  unbekannter  Wörter  in  einem  großen,  all- 
gemeinen Wörterbuch  nicht  für  ein  ,, zeitraubendes,  au  sich  wertloses 
Wälzen  des  Lexikons"'  halte,  wie  es  in  dem  Vorwort  einer  anderen  Prä- 
parationensammlung heißt,  und  daß  icli  deshalb  den  Schülern  auch  heute 
noch  zumute,  sich  ohne  gedruckte  Präparationen  auf  Horaz  vorzube- 
reiten. Den  Kollegen  aber,  die  sich  mit  der  neuen  Mode  befreundet 
haben,  sind  diese  2  Hefte  Horazpräparationen  von  Professor  Ludwig 
(zusammen  zu  1.20  Mk.)  für  die  Hand  der  Schüler  sehr  zu  empfehlen; 
ja,  sie  werden  auch  dem  Lehrer  manches  Nene  und  Anregende  (z.  B. 
in  den  Zitaten)  bieten. 

Urach.  P.  Hirzel. 


Hachtmann,  Karl,  Die  Verwertung  der  vierten  Rede  Cieeros 
gegen  C.  Verres  (de  signis)  für  Unterweisungen  in  der 
antiken  Kunst.  Zweite,  sorgfältig  durchgesehene  Auflage. 
Xn  und  64  Seiten.  Gotha,  F.  A.  Perthes,  A.-G.,  1904. 
Daß  die  erste  Auflage  dieser  kleinen  vor  9  Jahren  als  Beilage 
zum  Programm  des  Gymnasiums  zu  Bernburg  erschienene  Schrift  bald 
vergriffen  war,  darf  als  ein  Zeichen  angesehen  werden,  daß  sie  einem 
Bedürfnis  entsprochen  hat  Wo  die  Rede  im  Unterricht  gelesen  wird, 
kann  der  Lehrer  einem  Eingehen  auf  die  behandelten  Kunstwerke  und 
ihre  Künstler  nicht  wohl  ausweichen.  Er  bedarf  also,  wenn  er  auf 
diesem  Gebiet  nicht  selber  wohl  bewandert  ist,  selbst  einer  Orientie- 
rung, die  er  in  größeren  Werken  nicht  so  rasch  finden  kann,  wie  in 
einem  eigens  zu  diesem  Zweck  hergestellten  Kompendium.  In  solchem 
Falle  mag  das  vorliegende  Büchlein  gute  Dienste  tun,  indem  es  in  zwei 
Abteilungen  zuerst  die  in  der  Rede  erwähnten  Künstler  und  ihre  Haupt- 
werke kurz  behandelt  (S.  1 — 22)  und  dann  die  wichtigsten  Götter-  und 
Heroenbilder  im  Anschluß  an  Kunstwerke,  die  in  der  Rede  erwähnt 
werden,  bespricht.  Was  der  Verfasser  hier  bringt,  ist  alles  wohl  be- 
dacht und  sorgfältig  ausgewählt,  auch  in  der  Hauptsache  durchweg 
zuverlässig.  Zu  beanstanden  dürfte  nur  sein,  daß  S.  6  f.  als  polykle- 
tischcr  Heratypus  immer  noch,  wenn  auch  mit  Einschränkung,  die  soge- 
nannte Famesische  Büste  in  Neapel  angeführt  wird,  nachdem  durch 
argivische  Münzen  erwiesen  ist,  daß  diese  Vermutung  Brunns  sich  nicht 
aufrecht  erhalten  läßt,  vgl.  Springer-Michaelis,  Handbuch  der  K.-G.  V  227. 
Der  vom  Verfasser  dargebotene  Stoff  ist  also  gut  verwendbar,  wenn 
auch,  wie  er  selbst  sagt,  keineswegs  alles,  was  besprochen  wird,  auch 
verwendet  werden  niuß.  Daß  er  mehr  bietet,  als  man  braucht,  ist 
jedenfalls  besser,  als  zu  wenig.  Anders  steht  die  Frage,  ob  die  vom 
Verfasser  vorgeschlagene  Art  der  „Verwendung"  der  Rede  die  richtige 
ist.     Aber  es  wäre  unbillig,  hierüber  mit  ihm  rechten  zu  wollen,  da  er 


Literarischer  Bericht.  227 

nicht  weiter  wollte,  als  einen  der  verschiedenen  Wege  vorzeichnen,  die 
im  Anschluß  an  die  Lektüre  eingeschlagen  werden  können.  Und  gewiß* 
werden  viele  sich  gerne  und  mit  Nutzen  von  diesem  kundigen  und 
erfahrenen  Führer  leiten  lassen. 

Calw.  P.  Weizsäcker. 


Gehhardt,  Der  Sextaner.  120  lateinische  Einzelttbuugen  für 
Haus  und  Schule.  64  Seiten.  Preis  1.60  Mk.  Leipzig, 
Bernhard  Richters  Buchhandlung,  1903. 

Der  Zweck  des  Büchleins  ist,  den  angehenden  Gymnasiasten  auch 
neben  der  Schularbeit  Gelegenheit  zu  geben,  sich  in  lateinischer  Fonneu- 
uod  Satzbildung  zu  üben,  die  Vokabelkenntnis  zu  befestigen  und  For- 
inensicherheit  zu  ei'zielen:  kurzum  das  Büchlein  soll  eine  Ergänzung 
der  Arbeit  der  Schule  sein.  Den  Übungen  ist  der  Wortschatz,  den 
die  Lehrbücher  von  Müller-Ostermann  und  Busch -Fries  bieten,  zugrunde 
gelegt.  Die  Beispiele  sind  geschickt  gewählt  und  geeignet,  den  vom- 
Verfasser  beabsichtigten  Zweck  zu  erfüllen,  wofern  heutzutage  noch 
!:$extaner  zu  finden  sind,  die  Lust  haben,  nach  der  Schularbeit  ihre 
Kenntnissein  der  bezeichneten  Richtung  zu  befestigen  und  zu  erweitern.  — 
Der  verhältnismäßig  hoh^  Preis  des  Büchleins  wird  seiner  Verbreitung 
hinderlich  sein. 

Stuttgart.  Kirschmer. 


Lateinische  und  griechiache  Sehulausgaben,  herausgegeben  von 
H.  J.  M  tili  er  und  0.  Jäger.  Bielefeld  und  Leipzig,  Ver- 
lag von  Velhagen  und  Klasing. 

Aus  dieser  Sammlung  liegen  dem  Referenten  vor:  Euripides 
Iphigenie  bei  den  Taurern,  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Muff;  Text  1.10  Mk, 
Kommentar  80  Pf.  Euripides  Medea,  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Muff; 
Text  1  Mk.,  Kommentar  70  Pf.  Piatons  Dialoge  Laches  und  Euthyphron,. 
bearbeitet  von  Geh.  Schulrat  Dr.  von  Bamberg;  Text  1  Mk.,  Kom- 
mentar 50  Pf.  Cäsars  Bürgerkrieg,  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Kleist; 
Text  1.80  Mk.,  Kommentar  60  Pf.  Ciceros  philosophische  Schriften,  erstes 
Heft  (Tusc.  I  und  V),  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  von  Boltenstem,  Text 
1.40  Mk.,  Kommentar  1  Mk.  Ciceros  rhetorische  Schriften  (Auswahl 
au«  de  or.,  Brutus  und  orator),  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Reel,  Text 
1.80  Mk. 

Der  günstige  Eindruck,  den  die  äußere  Ausstattung  dieser  Samm- 
hing macht,  wird  durch  die  Ausführung,  die  der  Plan  in  den  vor- 
liegenden Bearbeitungen  gefunden  hat,  bestätigt  Die  Einleitungen 
geben  alles  für  den  Schüler  Wesentliche  in  knapper  und  lei<'ht  ver- 


228  Literarischer  Hcricht. 

ständlicher  Form,  ohne  dem  Lehrer,  iler  etwa  o^enauer  auf  das  be- 
treffende Gebiet  oder  den  zu  behandelnden  Schriftsteller  eingehen 'will, 
vorzugreifen.  Daß  die  Heransgeber  sich  eine  gewisse  Freiheit  in  der 
Anpassung  des  Textes  an  das  Verständnis  der  Schüler  gestattet  haben, 
daß  insbesondere  der  überlieferte  Text  in  Cäsars  bellum  civile  an 
manchen  Stellen  den  Erfordernissen  des  Sinns  oder  dem  stehenden 
Sprachgebrauch  des  Schriftstellers  entsprechend  geändert  worden  ist, 
wird  als  richtig  anzuerkennen  sein,  ebenso  die  Beschränkung  von  II,  29 
auf  die  Sätze,  die  dem  Verständnis  keine  Schwierigkeiten  bereiten. 
Von  den  ausgelassenen  BUchem  der  Tuskulanen  ist  eine  kurze  Inhalts- 
übersicht in  der  Einleitung  gegeben.  Die  Auswahl  aus  Ciceros  rhe- 
torischen Hauptschriften  ist  geschickt  auf  Ergänzung  des  aus  de  oratore 
entnommenen  Hauptteils  durch  Abschnitte  aus  Brutus  und  orator  an- 
gelegt, mit  kurzer  Inhaltsangabe  für  die  ausgelassenen  Partien.  Die 
Dramen  des  Euripides  und  die  platonischen  Dialoge  sind  mit  Hecht 
ohne  Kürzung  gegeben.  Ober  das  Maß  dessen,  was  der  Kommentar 
bietet,  um  den  Schülern  ihre  Aufgabe  zu  erleichtern,  wird  man  immer 
verschiedener  Meinung  sein  können:  die  Herausgeber  wollten  lieber 
zuviel  als  zuwenig  geben.  Wenn  damit  erreicht  wird,  was  einer 
der  Herausgeber  sich  als  möglichen  Gewinn  davon  verspricht,  daß 
nämlich  Schüler  dadurch  ermutigt  werden,  auch  in  Privatlektüre  sich 
mit  dem  Gebotenen  zu  beschäftigen,  so  wird  das  auch  diejenigen 
freuen,  die  an  sich  weniger  für  richtiger  gehalten  hätten. 

Cannstatt.  Th.  Klett. 


Kaegi;  Griechische  Schulf^^rainmatlk.  G.Auflage.  1903.  Beriin, 
Weidmann. 
Die  vorliegende  6.  Auflage  von  Kaegis  griechischer  Schulgrammatik 
unterscheidet  sich   nur  durch  wenige  Zusätze  und  Veränderungen  von 
der  letzten  Auflage. 

1.  Die  wichtigsten  Änderungen  sind  folgende: 

In  §  61,3  wird  der  Komparativ  y&paixepoz  usw.  nicht  mehr  durch 
Abwerfung  des  Stammauslauts-o,  sondern  durch  Ableitung  von  einem 
neuen  Stamm  erklärt.  Der  Vorgang  der  attischen  Reduplikation  findet 
in  §  100,5  eine  bessere  rmschreibung.  Die  Regeln  über  Pronom.  reflex. 
sind  übersichtlicher  gefaßt  und  etwas  erweitert  (z.  B.  8oxä>  (ioi).  In 
der  Tempuslehre  ist  nichts  Wesentliches  geändert,  vielmehr  nimmt  der 
Verfasser  seinen  im  Vorwort  zur  4.  AuHage  motivierten  zuwartenden 
Standpunkt  immer  noch  ein. 

2.  Die  Zusätze  beziehen  sich  hauptsächlich  auf  den  Abschnitt  über 
die  Sprache  der  homerischen  Gedichte  und  Herodots.  Auf  das  Zu- 
sammenstellen  der  Formen   des  Coni.  Aor.  mit  solchen   des  Futurums 


Literarischer  Bericht.  229 

infolge  kurzen  Bildevokala  wird  ausdrücklich  aufmerksam  gemacht. 
§234,1  ist  die  BemerkuDg  hinzugekommen,  daß  bei  Uomer  und  üero- 
dot  gewisse  Dativformen  des  Prononi.  pers.  auch  genetivisch  gebraucht 
werden. 

3.  Wunschzettel  für  die  nächste  Auflage. 

§5,1:  Die  schwankende  Quantität  von  i  sollte  wie  bei  a  und  u 
durch  Böglein  und  Strich  angegeben  sein.  Übrigens  würde  sich,  wie 
für  die  Konsonanten,  auch  für  die  Vokale  eine  tabellarische  Übersicht 
empfehlen  nach  Kürze  und  Länge,  so  daß  o^  i  und  i>  zweimal  geschrie- 
ben werden  müßten. 

§6,2:  Da  man  über  die  Gleichung  S  =  xa,  f^z=na  doch  noch  nicht 
ganz  einig  ist,  wäre  es  für  die  ächulgrammatik  besser,  die  drei  Doppel- 
konsonanten in  die  „tabellarische  Übersicht*'  unter  die  betreffenden 
Uroppen  der  Gutturale  usw.  einzusetzen  mit  dem  Zusatz  -}-  o. 

§  26,2  Aist  wieder  zu  lesen:  Es  „kann  im  Anlaut  ^  stehen,  wenn 
dem  auslautenden  9  ein  d*  folgt.**  Darf  also  auch  'ctxd{pd>ai  geschrieben 
werden?  id'päqp^iijv  als  seltene  Form  bliebe  wohl  besser  ganz  weg. 
Derartige  Formen  werden  übrigens  nicht  mehr  durch  den  Hinweis 
aaf  {^pi^^o)  erklärt.  Mit  Recht;  denn  sie  haben  mit  dem  Gesetz  der 
Hauchdissimulation  nichts  zu  tun. 

§  31,7  b :  Lange,  betonte  Endsilben  „haben  in  Genetiven  und 
Dativen  immer  den  Zirkumflex^*.    Aber  attische  Dekliuatiou!? 

§34,3:  Der  Akzent  im  Gen.  Plural,  der  I.Deklination  könnte  den 
Schülern  mit  Hinwei8  auf  die  vollere  lateinische  Endung  wohl  erklärt 
werden. 

§  57  sollte  die  verschiedene  Quantität  der  Eudung-a  im  Feminin 
der  Adjektiva  graphisch  deutlich  und  überaichtlich  hervorgehoben  sein. 
£beD8o  dürfte  §  77,8  die  Ableitung  der  Konjunktiven  düngen  mit  ihrem 
Bildevokal  von  dem  Indikativ  (und  zwar  durchweg  alle  Numeri  und 
Personen)  und  §97  die  Gegenüberstellung  der  Formen  des  Praesens  bezw. 
Imperf.  und  derjenigen  des  Aorist.  II  in  einem  klaren  Bilde  vorgefiihrt  sein. 

§  77,1  schlage  ich  als  Klammerzusatz  vor  bei  ..4  Modi . .  .**  (verbum 
finitnm),  bei  „Verbalnomina  .  .  .**  (verbum  inflnitum);  denn  gerade 
ober  solche  viel  angewandten  Grundbegriffe  herrscht  oft  Unklarheit. 

§  76  wäre  gewiß  ein  Hinweis  auf  die  in  §  137  (allerdings  unvoll- 
ständig) behandelten  Brüche  am  Platz. 

§  122,2  fehlt  das  bei  der  Demostheneslektüre  bald  aufstoßende 
ÄKooTtpifjao(iai ;  in  der  Kepetitionstabelle  ist  es  angeführt. 

§  153  könnte  noch  beigefügt  werden  xdXo^,  I^tjv  x^P^v  =  mea  gratia. 

§  157,3  A4:  .^die  Speise  als  Nahrungsmittel  steht  im  Akk.**  Deut- 
licher wirkte  die  Übersetzung  im  nachfolgenden  Beispiel:  „göouotv 
=  8ie  nähren  sich  von  ..." 

§  163  Fußnote  vermißt  man  den  Ausdruck  icoXXou  £Siov  y^Y^s^^o^^ 
tivi  =  bene  mereri  de  aliquo,  ebenso  in  ^170  die  Übersetzung  v(m  ßt(f. 


230  Literarischer  Bericht. 

§  1734  '  Ii)  ^^^^^  Beispiel  Anab.  1,4,16  äollte  das  Futurnm  änaiv^asTs 
-etwa  mit  (!)  versehen  sein.  , 

§  182  könnten  tiir  die  Komposita  hie  und  da  treffendere  Wörter 
gewählt  werden.  Mit  diitplßiog  (so  bei  Koch)  prägt  sich  z.  ß.  die  Be- 
deutung von  dfiqpi  und  der  ursprünglich  adverbiale  Gebrauch  der 
Präpositionen  dem  Schüler  viel  rascher  ein.  Die  Heispiele  für  den 
Gebrauch  der  Präpositionen  sind  oft  zu  mager:  für  bloßes  hA  ßXdßtl 
-wäre  etwa  vorzuschlagen  Snl  ßXdß^  xi)^  dXr^^'tiac  =  auf  Kosten  der  W'.; 
bei  icapd  in  der  Bedeutung  ^wegen'^  fehlt  die  Analogie  prope-propter; 
unter  den  Komposita  von  fmö  fehlt  ütco^'^a  =  suspicio. 

§  184,1  b  vermisst  der  in  die  Anabasis  eingeweihte  Tertianer  und 
Sekundaner  das  Beispiel  „d-uo^ai  =  opfere,  um  meine  Zukunft  zu  er- 
forschen**. 

§  193,2  muß  unter  den  deutschen  Umschreibungen  des  griechischen 
Potentialis  auch  die  Umschreibung  durch  Futurnm  erwähnt  werden, 
und  zwar  mit  dem  Znsatz:  der  griechische  Potentialis  wird  nie  durch 
Futurum  ausgedrückt. 

§  216,1:  Für  unsere  Lateiner  ist  bei  Set  die  Bemerkung  uötig: 
(meist  mit  aktivem  Infinitiv.) 

Da  §  225  erst  für  eine  höhere  Stufe  bestimmt  ist,  kanu  bei  „&pa 
=  füglich^  in  Klammer  gesetzt  werden  (dpaptaxco).  Daß  bi  häufig  be- 
gründet, und  überhaupt  der  Gebrauch  der  Partikeln  müßte  wenigsten.'« 
mit  dem  Hinweis  auf  treffende  Stellen,  ohne  sie  (der  Raumersparnis 
halber)  dem  Wortlaut  nach  zu  geben,  belegt  werden. 

§  228,3  muß  modifiziert  werden :  die  angeführten  Beispiele  kommen 
teilweise  auch  ohne  Prothese  vor,  und  das  prothetische  s  vor  an- 
lautendem p  steht  gewöhnlich  an  bestimmten  Yersstellen. 

§  229,2 :  6&p6oiia  als  Akkusativ  sollte  erklärt  werden  unter  §  231  A. 

In  den  Repetitionstabellen  wäre  nachzutragen  S.  XIII  unter 
dvixop.ai:  dvsxxö^  und  dvdoxexog,  S.  XV  unter  xa(a>:  das  Hauptwort 
xaöjia,  S.  XXVII  unter  oTpiqpco  =  drehe :  auch  die  Bedeutung  „wende- 
wegen  des  folgenden  xaxaoxpiqpoiJkai  =  überwinde. 

Die  Vorteile,  die  für  den  praktischen  Unterricht  daraus  erwachsen, 
daß  man  oft  Schwierigkeit  bereitende  syntaktische  Erscheinungen  aus 
der  ursprünglich  beiordnenden  Satzfugung  ableitet  und  an  ihr  erklärt, 
sind  leider  auch  in  dieser  Auflage  des  sonst  verdienstvollen  Buches 
nicht  verwertet.  Es  bietet  sich  hier  dem  Lehrer  eine  ungezwungene 
Gelegenheit,  auf  den  lebendigen  Sprachgebrauch  im  Munde  der  Kleinen 
hinzuweisen.  Beispiele  von  Unterordnung  der  Sätze  hört  man  ver- 
einzelt schon  früh  in  der  Kinderstube. 

Beim  Erzählen  solcher  Beispiele,  die  durch  eigene  Beobachtung 
zu  vermehren  alle  selbst  in  der  Lage  sind,  kann  man  unsere  14 — 15jäli- 
rigen  Schüler  bald  zu  der  Erkenntnis  bringen,  daß  und  warum  solche 
Äußerungen   „altklug"  genannt  werden.    Die  Parallele  hierzu  in  der 


Literarischer  Bericht.  231 

Geschickte  der  meuschlichen  Sprache  ist  sofort  gezogen,  die  tote 
Sprache  lebt  wieder  auf.  Man  wende  nicht  ein,  eine  derartige 
Betrachtung  sei  Sache  des  Lehrers  und  nicht  Aufgabe  der  Schul- 
grammatik.  Gerade  hier  handelt  es  sich  um  verständnisvolle  Ordnung. 
Ein  Beispiel:  man  erklärt  die  Folgesätze;  die  Partikel  cboxs  wird  in 
ihre  Bestandteile  zerlegt  *),  und  es  ergeben  sieh  zwei  Hauptsätze,  die 
beide  eine  selbständige  Tatsache  mitteilen.  Danach  können  die  Fälle, 
wo  &ax8  mit  Infinitiv  steht,  leichter  erkläi't  werden.  Wie  macht  es 
unsere  Grammatik?  In  einer  Anmerkung  zu  den  Folgesätzen  ist  mit 
kleinerer  Schrift  zu  lesen:  ,,*Qoxs  führt  auch  Hauptsätze  ein:  und  so, 
darum,  daher. ^*  Während  also  dieser  Paragraph  tatsächlich  einer 
Änderung  bedarf,  wird  es  in  anderen  Abschnitten  (Finalsätze,  Bedingungs- 
sätze) genügen,  wenn  eine  kurze  Vorbemerkung  über  das  richtige 
Verhältnis  aufklärt. 

Der  sonst  so  brauchbaren  Wegweiserin  im  kunstvollen  Gebäude 
der  griechischen  iSprache,  der  uns  Schwaben  liebgewordenen  Kägischen 
Grammatik,  die  nun  auch  in  italienischer  Sprache  erschienen  ist,  wün- 
schen wir  eine  fröhliche  Entwicklung. 

Cannstatt.  Kretschmer. 


V  e  n  d  r  y  e  8 ,  J.y  Traite  d'acccntuation  grecque.   XVIII  und  275  S. 

(Nonvelle  Collection  a  Tusage  des  Classes  XXVTI).    Paris, 

Kiincksieck  1904. 
Infolge  meiner  Beobachtungen  in  griechischen  Handschriften  und 
alten  Drucken  (s.  1904,  367 — 371)  war  ich  auf  diese  neue  griechische 
Akzentlehre  begierig.  Sie  ist  Viktor  Henry,  Professor  des  Sanskrit 
und  der  vergleichenden  Grammatik  des  Indogermanischen,  gewidmet 
und  gibt  in  der  Hauptsache  eine  im  Jahr  1902/3  an  der  Universität 
Glermond-Ferraud  gehaltene  Vorlesung  wieder,  ist  also  für  Studenten 
bestimmt,  eignet  sich  aber  auch  für  den,  der  griechischen  Elementar- 
unterricht zu  erteilen  hat.  Trotz  ihrer  386  Paragraphen  und  ihrer 
geschichtlichen  Einleitung  berührt  sie  die  von  mir  erörterte  Sache 
mit  keiner  Silbe;  im  übrigen  habe  ich  manches  aus  ihr  gelernt.  Im 
Fall  eines  zweisilbigen  Enklitikons,  das  auf  ein  Perispomenon  folgt, 
entscheidet  sie  sich  in  §  88  gegen  G.  Hermann.  Woher  es  kommt, 
daß  -umgekehrt  die  meisten  deutschen  und  englischen  Ausgaben  des 
griechischen  Neuen  Testaments  in  diesem  Fall  dem  Enklitikon  seinen 
Akzent  lassen,  ist  mir  unbekannt  (Lachmann,  Tischendort,  Weiß, 
Westcott-Hort    usw.).     An    der    ersten    derartigen    Stelle    des    Neuen 

')  Erwünschte  Voraussetzung  hierfür  ist  freilich,  daß  die  Schüler 
unserer  6.  Klasse  schon  etwas  Homer  gelesen  haben  und  &z  in  der 
Bedeutung  „so"  kennen. 


232  Literarischer  Bericht. 

Testaments  (Mt.  2,2)  schwanken  die  Ausgaben  zwischen  nou  ioxiv, 
n,  §otIv,  n.  gottv  (letzteres  bei  Lachinann  und  Bhiß).  Mit  der  Einzelheit 
§  91,  daß  bei  Substantiven  wie  xXt}ia^,  qpotvig,  x^pog  die  letzte  Silbe 
vor  einem  Enklitikon  keinen  Akzent  bekommt,  werden  wir  unsre 
Schüler  verschonen.  Als  Vokativ  von  AöeX^pdc  wird  §  255  dÖsX^e 
gelehrt ;  alle  Ausgaben  des  Neuen  Testaments  haben  an  den  5  Stellen, 
wo  er  vorkommt,  AdsXcpe.  Ebenso  der  Codex  Vaticanus  an  den  3,  an 
denen  er  erhalten  i»t.  Im  griechischen  Alten  Testament  kommen 
30  Belege,  davon  im  Tobias  allein  21,  der  Pariser  Thesaurus  gibt  nur 
einen,  Philostr. 84  Boiss.  *A96Xq>£  xal  «pUt  mit  dem  Zusatz:  Et  hie,  si 
Criticis  veteribus  credere  velimus,  Attice  scribemus  "AÖeXcpt.  Vid.  Ammou. 
in  lAÖx^poc,  novTjpdc,  Schol.  Aristoph.  Flut.  220.  ad  Charit.  384  (433). 
Wenn  man  bei  dXdwcrjg  nicht  sicher  weiß,  wie  der  Vokativ  heißt,  so 
sollte  doch  bei  einem  Wort  wie  dSeXtpög  die  Analogie  der  neu- 
griechischen Aussprache  einen  Rückschluß  ii^estatten.  Wofür  spricht 
diese? 

Maulbronn.  Eb.  Nestle. 

A.  ZehmC;  die  Kultiirverhältnisse  des  deutschen  Mittelalters. 

Im  Anschluß  an  die  LektUre  zur  Einführung  in  die  deutschen 
Altertümer  im  deutschen  Unterricht.  Mit  80  Abbildungen. 
Zweite  verbesserte  und  vermehrte  Auflage  1905.  196  Seiten, 
geb.  2  Mk.  Leipzig,  G.  Freytag;  Wien,  F.  Tempsky. 
Das  Büchlein  soll  nach  der  Vorrede,  ,,dem  deutschen  Unterricht 
zunächst  dienen,  indem  es  die  Lektüre  mhd.  Dichtungen  zu  beleben, 
zu  vertiefen,  anziehend  zu  gestalten,  die  aus  ihnen  gewonnenen  kultur- 
geschichtlichen Anschauungen  zu  Bildern  zu  gruppieren  sucht**.  Es  ist 
ein  Kompilation  aus  den  bekannten,  die  Kulturgeschichte  des  Mittel- 
alters oder  einzelner  Teile  derselben  behandelnden  Werken  von 
A.  Schultz,  Weinhold  usw.  und  wird  seinem  Zweck  für  die  Schule  im 
allgemeinen  genügen,  der  Lehrer  wird  nach  wie  vor  auf  die  wissen- 
schaftlichen Quellenwerke  angewiesen  sein.  Daß  es  ein  gewagtes 
Unternehmen  ist,  die  deutschen  Altertümer  von  Tacitus  bis  zum  perma- 
nenten Reichstag  von  Regensburg,  ja  bis  zur  Krönung  Josephs  II.  auf 
180  Seiten  zu  behandeln,  wovon  noch  Raum  für  80  Abbildungen  ab- 
geht, weiß  der  Verfasser  selbst;  dabei  ist  noch  stets  Rücksicht  auf  die 
nordischen  Verhältnisse  und  auf  die  nhd.  kulturgeschichtlichen  Dichtungen 
genommen.  Überhaupt  ist  die  Vielgestaltigkeit,  die  seit  Anfang  in 
der  deutschen  Kultur  herrschte,  hinderlich  für  derartige  Kompendien; 
der  Verfasser  kann  sich  rechtfertigen  damit,  daß  er  das  »Schwergewicht 
auf  diejenige  Kultur  legte,  die  in  den  zur  Lektüre  bestimmten  mhd. 
Dichtungen  zutage  tritt.  Einige  Partien  (wie  über  Bewaffnung,  auch 
unter  den  Staatsaltertümem)  sind  jjanz  ordentlich  gelungen. 


Literarischer  Bericht.  233 

Für  eine  spätere  Auflage  wären  einijre  Mängel  und  Versehen  zu 
l>erichtigen. 

Im  Quellenverzeichniü  8.  5,  ilas  doch  auch  dazu  da  ist,  uin  zu 
weiteren  Studien  anzuregen,  fehlt  einiges  sehr  wichtige:  die  Werke 
der  Grimm,  Heynes,  die  Kechtsgeschichte  von  H.  Brnnner  und  sogar 
der  Grundriss.  —  Da  Verfasser  die  mhd.  Dichter  fast  immer  in  nhd. 
Übersetzung  zitiert,  so  mögen  die  Schreibungen:  Hettel,  Frute  und 
d^l.  hingehen;  schlimmer  ist:  Walter,  unerlaubt:  die  Ekkehards  S.  95. 

—  S.  13:  Daß  zwischen  Wehrhaftmachung  und  Mündigkeit  zu  unter- 
scheiden ist,  zeigt  MQllenhoflf  DA.  IV  258.  —  8.  25:  „Ich  gebiete  Lust** 
nsw.;  die  Ableitung  des  Wortes  von  ahd.  hlosen  durfte  nicht  weg- 
bleiben. —  S.  40:  Die  Übersetzung  Tac.  Germ.  7.  duces  ex  virtute 
suuiuDt:  ;,ihre  Heerführer  nehmen  sie  aus  den  Mannschaften^  ist 
faldch.  —  8.  45:  Beim  Unterschied  der  Stände  heißt  es:  „Nur  An- 
gehörige desselben  Standes  durften  miteinander  verkehren,  kämpfen, 
heiraten •".  —  S.  67:  „Einen  Mörder  ermittelte  man  durch  das  Bahr- 
recht"; ich  denke,  daß  man  höchstens  „Nichtmördcr"  durch  dasselbe 
ermittelt  hat.  —  Das  Wort  lautet  mhd.  fürspreche.  —  S.  91 :  Die  Notker 
aiiH  St.  Gallen  sollten  nie  ohne  nähere  Bezeichnung  genannt  werden. 

—  S.  109:  Was  ist  der  Geldwert  der  mhd.  marc?  —  S.  111  steht: 
^balt  d.  h.  die  Kühnheit^;  der  ganze  Abschnitt  über  Namengebnng 
steht  nicht  am  richtigen  Platze  uud  ist  in  dieser  Fassung  so  gut  wie 
wertlos.  —  S.  107 :  Das  Nibelungenlied  soll  ein  interessantes  Städtebild 
von  Worms  geben!  —  S.  147  altn.  Wodan?  —  S.  153  hat  Herwig  eine 
Lilie  im  Wappen;  Gudr,  1373:  sebleter.  —  S.  144  wäre  passende  Ge- 
legenheit gewesen,  das  älteste  Zeugnis  für  die  deutsche  Heldensage 
anzuführen,  Tac.  ann.  II  88;  desgleichen  S.  161,  was  F.  Niedner  in 
seinem  trefflichen  Schriftchen  über  das   mhd.  Turnier  ausgeführt  hat. 

—  S,  175:  Kocke  ist  sohwm. 

Von  den  Abbildungen  sind  viele  überflüssig,  insbesondere  die  der 
Hauwerke,  da  ja  doch  kein  Versuch  gemaclit  >vird,  Baustile' zu  erklären^ 
und  mit  Lnckenbach  II  wird  das  Büchlein  doch  nicht  in  die  Schranken 
treten  wollen.  Der  frei  werdende  Raum  könnte  besser  anderweitig 
verwendet  werden. 

S.  48  kommt  Maximilian  vor  Ottokar  S.  49;  das  Bild  der  Burg 
Wildenstein  S.  83,  das  seit  vielen  Jahrzehnten  in  derartigen  Werken 
spukt,  kann,  wer  an  Ort  und  Stelle  war,  nach  seinem  landschaftlichen 
Teile  nur  für  ein  Phantasiebild  erklären. 

Ulm  a.  D.  Schauffler. 


U.  Jacoby  und  A.  Sauer,  Quellenschriften  zur  Hamburgischen 
Dramaturgie.  I.  Richard  III.  v.  Chr.  Felix  AVeiße. 
91  Seiten.    Berlin,  Behrs  Verlag,  1904, 

Xorrespondensblatt  t906,  Heft  6. 


234  Literarischer  Bericht. 

Das  Büchlein  bildet  das  130.  Heft  des  großen  Sammelwerks: 
Deutsche  Literaturdenkmale  des  18.  und  19.  Jahrhunderts.  In  der 
Einleitung  wird  der  Nachweis  versucht,  daß  Lessings  Dramaturgie  immer 
noch  wert  sei,  in  den  oberen  Klassen  ernsthaft  behandelt  zu  werden. 
„Um  aber  dem  Schüler  wie  jedem  Gebildeten  eine  genauere  Verglei- 
chung  mit  Shakespeares  Trag<kiie  und  zugleich  eine  Nachprüfung  der 
von  Lessing  hervorgehobenen  Mängel  des  Weißeschen  Dramas  möglich 
zu  machen,  .schien  uns  ein  Neudruck  von  Weißes  Richard  notwendig. ~ 
Diesem  Neudruck  liegt  nicht  die  erste,  sondern  die  durchaus  umgear- 
beitete 2.  Auflage  vom  Jahre  1765  zugi'unde.  —  Die  Einleitung  (32  Seiten) 
ist  mit  großer  Sach-  und  Literaturkenntnis  geschrieben.  Wer  die  Drama- 
turgie wirklich  noch  gründlich  behandeln  will,  der  kann  Gewinn  von 
dem  Büchlein  haben. 

Stuttgart.  Groz. 

Bö  ekel  er  9  A.^  Professor  am  Gymnasium  in  Ravensburg.  Stereo- 
metrische Aufgaben  aus  den  Reifeprüfungen  der  Gymnasial* 
Abiturienten.  88  Seiten.  1.20  Mk.  Ravensburg  1904. 
Wie  Martus  eine  Auswahl  aus  den  in  den  Jahresberichten  der 
höheren  Lehranstalten  veröffentlichten  Aufgaben  zusammengestellt  hat, 
so  hat  der  Verfasser  es  unternommen,  noch  nicht  veröffentlichte  Auf- 
gaben zusammenzustellen,  die  bei  den  Reifeprüf unf?en  der  württem- 
bergischen Gymnasien  gegeben  worden  sind.  Die  Sammlung  enthält 
544  Aufgaben  und  bietet  eine  viel  größere  Mannigfaltigkeit  als  eine, 
die  der  Erfindungsgabe  eines  einzelnen  entstammt.  Verwandte  Auf- 
gaben sind  in  Gruppen  zusammengefaßt,  die  durch  kurze  Randbezeich- 
nungen  kenntlich  gemacht  sind.  Außer  Aufgaben  über  die  Berechnung 
der  gewöhnlichen  Körper  kommen  auch  solche  über  Zusammensetzungen 
und  Schnitte  von  Körpern  vor;  manche  davon  setzen  Bekanntschaft 
mit  der  Trigonometrie  voraus.  Zahlreiche  Aufgaben  handeln  von  dem 
absoluten  und  dem  spezifischen  Gewicht,  und  bei  56  Aufgaben  kommt 
das  Archimedische  Prinzip  zur  Anwendung.  Den  einzelnen  Abschnitten 
sind  die  wichtigeren  Formeln  vorangestellt;  bei  Abschnitt  8,  Kugelzoue, 
könnten  noch 

2  eh  =  (ri*  —  r,^  —  h»)     und    2  Rh  =r:  V  [h*  +  {r,  +  i.y]  [h*  +  (r,  —  r.)''] 
hinzugefügt  werden. 

Wie  bei  den  Reifeprüfungen,  so  fehlen  auch  in  der  Sammlung 
Aufgaben  einfachster  Art.  Wenn  auch  jeder  Lehrer  solche  Aufgaben 
ohne  Mühe  anfertigen  kann,  so  ist  es  doch  manchmal  erwünscht,  einen 
Vorrat  davon  nebst  Resultaten  zur  Verfügung  zu  haben.  Vielleicht 
entschließt  sich  der  Verfasser,  seine  Sammlung  später  nach  dieser 
Richtung  hin  zu  vervollständigen.  Da  das  Buch  wohl  in  erster  Linie 
für  die   Hand  des   Lehrers   bestimmt  ist,    so  wäre  es  zweckmäßig  ge- 


Literarischer  Bericht.  235 

wesen,  die  Resultate  den  Aufgaben  gleich  beizufügen ;  aber  auch  lern- 
bej^ierige  Schüler  werden  durch  mitgeteilte  Resultate  zur  Selbsttätigkeit 
ermuntert.  Mit  der  in  der  Vorrede  angekündigten  Herausgabe  der 
Resultate  könnte  auch  ein  ausführliches  Inhaltsverzeichnis  verbunden 
werden,  das  der  vorliegenden  Sammlung  leider  fehlt,  so  daß  Aufgaben 
bestimmter  Art  erst  nach  langem  Blättern  gefunden  werden  können. 
Das  Buch  wird  in  erster  Linie  den  Mathematiklehrern  an  Gymnasien 
willkommen  sein;  aber  auch  für  andere  Lehranstalten  bietet  es  eine 
Fülle  von  anregendem  Übungsstoff. 

Cannstatt.  Pilgrim. 

Bouda,  Die  Pflanze  in  der  dekorativen  Kunst,  II.  Teil^ 
12.  Blatt.     Prag,  Koci. 

Das  von  der  Verlagsbuchhandlung  B.  Koci  in  Prag  herausgegebene 
Voriagenwerk  „die  PÜanze  in  der  dekorativen  Kunst^  IL  Teil,  gezeichnet 
von  Professor  A.  Bouda,  ist  eines  der  besten  Werke,  welche  zur 
Förderung  kunstgewerblicher  Studien  veröffentlicht  wonlen  sind. 

Ausgehend  von  der  Überzeugung,  daß  allem  künstlerischen  Schaffen 
(his  Studium  der  Natur  zugrunde  gelegt  werden  soll,  hat  der  Verfasser 
vorliegende  Sammlung  in  2  Teilen  entworfen.  Deui  ersten  Teil,  den 
nach  der  Natur  gezeichneten  Studien,  ist  immer  eine  Verwendung  der- 
selben zu  kunstgewerblicher  Ausschmückung  gegenübergestellt. 

Beide  Teile  zeichnen  sich  durch  die  einfache  und  ins  Große  gehende 
Art  der  Darstellung  in  der  vorteilhaftesten  Weise  aus. 

Besonders  hervortretend  ist  die  bei  der  erdeuklich  einfachsten 
Farbengebung  und  Zeichentechnik  erzielte  naturgetreue  Wirkung  der 
Studien,  welche  dann  in  dem  dazugehörigen  Blatt  in  geschickter  Weise 
ihre  kunstgewerbliche  Verwendung  finden.  Besonders  schätzenswert 
sind  auch  die  von  Professor  Bouda  angegebenen  Farbenmischungen 
bei  deren  einfacher  Zusammenstellung  so  kräftige  und  doch  harmonisch 
wirkende  Gegensätze  hervorgebracht  werden  krmnen. 

Das  vorliegende  Werk  kann  aber  nur  von  einer  V)ereits  auf  höherer 
Stufe  der  künstlerischen  Entwicklung  angelangten  Kraft  nutzbringend 
verwendet  werden,  indem  dieselbe  einen  Zweig  der  in  dem  Werke 
vorgeführten  Studien  in  der  einfachen  und  großen  Darstellungsweise 
Boudas  nach  der  Natur  malt,  und  indem  dann  diese  Studien,  Bouda- 
Hche  Kompositionen  variierend,  in  freier  Weise  kunstgewerblich  ver- 
wendet werden. 

In  der  dem  Werke  beigegebenen  Erläuterung  hat  Professor  Bouda 
erklärt,  daß  die  Kompositions-Vorlagen  zu  kunstgewerblichen  Fach- 
studien bestimmt  sind;  an  allgemeinen  Lehranstalten  werden  sie  daher 
wohl  kaum  Verwendung  finden  können,  doch  werden  sie  auch  dort  in 
der  Hand  des  Lehrers  gute  Dienste  leisten. 

Stuttsrart.  Haag. 


236  Literarischer  Bericht. 

Vogel,  Müllenhoff  und  Röseler.  Leitfaden  für  den  Unter- 
richt in  der  Botanik.  Heft  11,  Karsns  3  und  4.  Neue 
verbesserte  und  verniehrte  Ausgabe  mit  18  Tafeln  in  Drei- 
farbendruck nach  Aquarellen  von  A.  Schmalfnß.  204  Seiten. 
Preis  kartoniert  1.40  Mk.     Berlin  1899.     Winkelmann  und 

Söhne. 

Was  in  <ler  Besprechung  des  I.  Heftes  von  dem  Heferenten  hin- 
sichtlich der  Schönheit  der  farbigen  Tafeln,  der  Zweckmäßigkeit  der 
scheniatischen  Zeichnungen,  der  Anordnung  und  methodischen  Verar- 
beitung des  Stoffs,  besonders  des  reichhaltigen  biologischen,  gesagt 
worden  ist,  gilt  in  vollem  Maß  auch  von  diesem  IL  Heft.  Referent 
kann  sich  also  auf  die  Inhaltsangabe  beschriiukeu.  Der  I.  Kurs  ent- 
hält vergleichende  Beschreibungen  von  Ptlanzen  mit  schwieligerem 
Blütenbau  (Kätzchenträger,  Gräser  usw.),  die  Erweiterung  der  mor- 
phologischen und  biologischen  Begriffe,  die  Bildung  von  Familiencha- 
rakteren  und  Übungen  im  Bestimmen,  endlich  wieder  eine  systematische 
Zusammenstellung  der  Erläuterungen.  Im  IV.  Kurs  werden  behandelt 
die  Gymnospermen  und  Kryptogamen,  die  wichtigsten  ausländischen 
Pflanzen  und  im  Zusammenhang  damit  die  dabei  vorkommenden  scliwie- 
rigeren  morphologischen  und  biologischen  Verhältnisse,  dann  die  Klassen 
des  natürlichen  Systems  und  die  Grundbegriffe  der  Pflanzengeographie 
und  Paläontologie.  Darauf  folgt  eine  Obersicht  des  natürlichen  Systems 
die  systematische  Zusammenstellung  der  Erläuterungen  und  im  Anhan^r 
eine  Übersicht  über  die  wichtigsten  Pflanzenformen  und  Vegetationsfor- 
mationen, Pflanzenzonen,  Pflanzenregionen  und  Florengebiete.  Von 
kleineren  Ausstellungen  seien  erwähnt:  S.  6:  Weißbuche.  Bei  uns  sagt 
man  allgemein  Hagebuche,  welche  Bezeichnung  gar  nicht  erwähnt  ist. 
S.  35:  Bedeutung  der  Spaltöffnungen.  Der  Ausdruck  „Atmung*^'  ist 
irreführend,  besser  stünde  ,,Assimilation".  S.  43:  In  Figur  80  und  31 
fehlt  die  Erklärung  der  Buchstaben.  S.  117:  Bei  Figur  94  steht: 
A  cT  Blüte  (statt  ?  Blüte).  S.  150:  Warum  Jungles  und  Jungle- 
w  ä  1  d  e  r,  statt  der  allgemein  üblichen  Dschungeln  und  Dsehungel- 
wälder? 

Das  Buch  sei  der  Beachtung  der  Fachlehrer  aufs  wärmste  empfohlen. 

Schw.  Hall.  Diez. 

Gutachten  über  die  Schularztfrage  iu  Stuttgart.  Von 
Dr.  Gastpar.  Stuttgart,  Kohlhammer,  1904. 
Das  vorliegende  umfangreiche  (rutachten  bietet  ungemein  viel 
Interessantes,  vor  allem  dadurch,  daß  weitau»  die  meisten  Volksschüler 
einer  eingehenden  Untersuchung  unterzogen  werden  konnten.  Das 
überraschende  Ergebnis  war,  daß  ..nach  -/s  der  Schüler  wegen  irgend- 
eines Gebrechens  gesehen  werden  muß".    Von  100  Kindern  entsprechen 


Neu  erschienene  Bücher.  —  Ankündigungen.  237 

nur  16,7  allen  Anforderungen  in  gesundheitlich  er  Beziehung.  Auf  Grund 
hiervon  kommt  der  berichterstattende  Stadtarzt  zum  Ergebnis,  daU 
das  Bedürfnis  nach  schulärztlicher  Beaufsichtigung  der  Schuljugend 
entschieden  zu  bejahen  ist.  Eine  erfolgreiche  Tätigkeit  setzt  jedoch 
die  Lösung  der  Geldfrage  voraus,  damit  jedem  kranken  Schulkind  auch 
das  Notwendige  verordnet  werden  kann.  Hierauf  folgt  eine  genauere 
Darlegung,  wie  sich  der  schulärztliche  Dienst  am  besten  einrichten 
ließe,  welche  Geldmittel  hierfür  nötig  sein  werden,  wie  diese  Mittel 
aufgebracht  werden  könnten  usf.  Im  Anhang  findet  noch  die  Frage 
eine  Erörterung,  ob  die  Errichtung  einer  Schulzahnklinik  zu  empfehlen  sei. 
St.  A.  K. 


Neu  erschienene  Bücher. 

^ff'  Bei  der  groisen  Menfi^o  der  ans  sugebenden  neuen  literarischen  Erccheinuugrn 
iit  et  nni  unmSglich,  Jede  im  einselnen  su  besprechen.  Die  Titel  der  einlanfenden 
Bficher,  die  wir  ausnahmslos  der  Kohlhammerschen  Verlagsbnohhandlnng  sn  Aber- 
senden  bitten,  werden  regelmässig  im  n&chsten  Hefte  rerOffentlicht ;  anfBflek- 
sendang  der  nicht  besprochenen  Bficher  kOnnen  wir  uns  aber  nicht  einlassen. 

Geißler,  Die  Kegelschnitte  und  ihr  Zusammenhang  durch  die  Kontinui- 
tät der  Weitenboheftungen.    Mit  50  Figuren.    Jena,  Schmidt,  1905. 

Dannemann,  Leitfaden  für  den  Unterricht  im  chemischen  Laboratorium. 
3.  Auflage.    Hannover,  Hahn,  1905. 

Eugleder,  Zeichenski/.zeu  zum  naturkundlichen  Unterrieht  nach  bio- 
logischen GruudsJitzen.     Heft  T.     München,  Kelterer. 

(Fortsetzung  s.  S.  3  des  Umschlags.) 


Ankündigungen. 


Carl  FlemmiBg,  Verlag,  Buch-  und  Kuiistdruckerei,  A.U.«  («logau« 


Neu  erschienen! 


Zur  Einführung  in  höheren  Schulen  bestens  empfohlen: 

Erdkunde  für  höhere  Lehranstaiten 

von  Dn  Adolf  Pahde,  Professor  am  Realgymnasium  in  Krefeld. 

I.  Teil;  Unterstufe  (für  Sexta  und  Quinta).  Mit  16  Vollbildern 
und  14  Abbildungen  im  Text.  In  Ganzleinwand  gebunden  1.80  Mk. 
II.  Teil :  Mittelstufe,  erstes  Stück  (fürQuartaund  Untersekunda). 
Mit  8  Vollbildern  und  3  Abbildungen  im  Text.  In  (ianzlcinwand 
gebunden  1.80  Mk. 
in,  Teil :  Mittelstufe,  zweites  Stück  (f  ü  r  U n  t  e  r  t  e  r  t  i  a).  Mit  8  Voll- 
bildern und  6  Abbildungen  im  Text.  In  (lanzleinwand  gebunden 
2.40  Mk.  flO 

IV.  Teil :  Mittelstufe,  dritte»  Stück  (f  ü  r  0  b  e r  t  er  t  i  a  u  n  d  \V  i  e  d  e  r- 

holungen  auf  der  Ober  .stufe).     Gebunden  2  Mk. 
V.  Teil :  Oberstafe  (f  ü  r  0  b  e  r  s  e  k  u  n  d  a  und  Prima).     A.  Die  Erde 
als  Weltkörper.     B.  Physische  Erdkunde.     C.  Erdkunde  der  Lebe- 
wesen.   D.  Anhang.   Mit  39  Abbildungen  im  Text,  gebunden  2.50  Mk. 


238  Ankündigungen. 


Die  soeben  erschienene  11.  Anflage  von 

«rieb-Hcbröer 

englisches  Wörterbuch 

kostet  21] 

in  2  ganzleinenbänden  je  Jfk.  7.50 
in  2  f  alblederbänden  je  JUk.  8.50. 

Paul  Keff  Verlag  (Carl  Büchle) 

Stuttgart. 


von 

die  30 

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Höchster  Rabatt  Kleinste  Raten.  20iähr.  Garantie.  Pianos  u.  Hannoaiimit 
zu  vermieten;  bei  Kauf  Abtng  der  Miete.  -  Ulottr.  Kataloge  gratls-frel. 
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Soeben  ift  cvfc^ien«n: 

^i^^tltVf  Dr.  €rnfl»  ^i^^iofttioiten  511  bcutfd)eii  9tuff&$cn 

fttt  Xtvüü  unb  €tfunba.    Sterte  oevbcfjerte  '2Iuf(ayie.    1.  $fft. 
126  Z.  cir.  8  brofc^.  1.40  3Kf.    II.  .g>eft:  151  ^.  c^x.  8  Bvofdi.  1.60  3Kf. 
1;cbc«  ^cft  be^anbelt  na^cju  200  I^emata.  [12 


Kin  stiller  Wansch 

so  manches  Amateur-Photographen  ist  der  Besitz  oin er  Camera  mit  gutem 
Anastigmat,  insbesondere  eines  (joerz-Objelitives.  Wer  bisher  vor  der 
einmali';:en  holien  Harau.sgabe  zarückschrecltte)  beachte  den  unserem 
Blatte  beiliegenden  Prospekt  der  Firma  Stöckig  &  (Jo.,  Dresden,  Boden- 
bach, Zürich.  Die  von  dieser  Firma  in  Handel  gebrachten  Union-Cameras 
werden  jetzt  ausschließlich  mit  Anastigmaten  der  bekannten  optischen 
Anstalten  ( i  o  (;r  t  z  -  Berlin  und  Meyer- Gfh'litz  ausgerüstet. 


Ankündigungen. 


i>39 


Horaz-  n.  Ttiukydides- 
Bearbeiter 

vou  rühriger  Verlagsbuchhandlung 

(iefl.  Anträge  unter  D  2S«»  an 
Haasensteiu  k  Vogler  A.Cir«  Stutt- 
gart erbeten.  [3 


VoUständi^e 

Verzeiehnisse  anseres  Verlags 

übersenden  wir  auf  Wunsch  gern  franko. 

Stuttgart.       W.  Eohlhammer, 

Verlagsbuchhandlung. 

In  August  Neumanns  Verlag, 
Fr.  Lnkas  in  Leipzig  erschien  so- 
eben die  vierte  verbesserte  Auf- 
lage, 7.— 10.  Tausend  von 

Einführung 

in  den  [5  M.] 

franz.  kaofin.  Rriefwefiiscl. 

Zum  Gebrauch  an  kaufmännischen 
Schulen  und  zum  SelbstunteiTicht. 

Von  Prof.  Dr.  J.  B.  Peters. 

Leiter  der  kaafm.  Schule  ku  Bochum. 

Vierte  verbesserte  Auflage.   7.  bis 
10.  Tausend.    Preis  geb.  2  Mk. 


BR^r^t^Äf  in  Seesen 
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liefert  allein  seit  1880  den  anerkannt 

unübertroftenen  Holland.  Tabak. 

Ein  10  Pfd.-Beutel  fko.   acht  Mk. 


Anzug- Stoffe! 


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w« 


£eam>en'wai| 
GcLehrten-Vertande  [ 


»i.%vj,f'*<  /Tr.v/Wr/  X 


Fr.  Grub,  Verlag  in_Stuttgart. 

Nachstehende  Werke  meines  Ver- 
lags empfehle  ich  der  besonderen 
Beachtung  der  Herren  Lehrer: 
Doule,  Prof.  Dr.  W.,  Leliriinch 
der  Experimentalphysik  für 
höhere  Lehranstalten.  Dntte, 
verbesserte  Auflage.  1905.  VIII  u. 
380  S.  8».  Mit  420  Textabbildun- 
gen, einer  Spcktraltafel  und 
560  Uebuugsanf^aben.  Preis  ele- 
gant in  Leinen  gebunden  3.60  Mk. 
— ,  dasselbe — ,  Mit  einem  Anhang: 
Astronomische  Erdkunde^  vou 
Prof.  0.  Hart  mann.  1905» 
VIII  u.  380  u.  VIlI  u.  52  S.  8^ 
Mit  420  u.  16  Textabbildungen, 
einer  Spcktraltafel  u.  560  u.  100 
Febungsaufgaben.  Preis  eleg. 
in  Leinen  geb.  4.40  Mk. 
Bartmann,  Prof.  0.»  Astrono- 
mische Erdkunde.  1905.  VIII  u. 
52  S.  mit  16  Textabbildungen  u. 
100  üebungsaufgaben.  Preis  ge- 
heftet 80  Pf. 
Henniger,  Prof.  Dr.  K.  A.»  Lehr- 
buch der  Chemie  und  Mineralo- 
gie mit  Einschluß  der  Elemente 
der  Geologie.  1904.  VII  u.  478  S. 
8^  Mit  260  Textfiguren  und  einer 
Spektraltafel.  Preis  eleg.  in  Lei- 
nen geb.  4.50  Mk. 
L  i  p  p ,  Prof.  Dr.  A.,  Lehrbuch  der 
Chemie  und  Mineralogie  fttr  den 
Unterricht  an  höheren  Lehran- 
stalten. Dritte  verbesserte  Auf- 
lage. 1905.  VIII  u.  362  8.  8^  Mit 
130  Textfiguren  u.  einer  Spektral- 
tafel. Preis  eleg.  in  Leinen  geb. 
3.80  Mk.  [11 

Schumann,    Oberstudienrat   E., 
Lehrbuch  der  ebenen  Geometrie 
für  die  ersten  drei  Jahre  geo- 
metrischen Unterrichts  an  höhe- 
ren Hchnlen.  1904.  IX  u.  202  S.  8«. 
Mit  87  Textfiguren.    Preis  eleg. 
in  Leinen  geb.  2.20  Mk. 
Von  diesen  in  Württemb.  gut  ein- 
geführten Lehrbüchern  sind  für  das 
kommende  Schulj.  weitere  Neuein- 
führuugen   in  Aussicht  genommen 
und  können  Exemplare  zur  Ansicht 
durch  jede  Buchhandlung  bezogen 
werden. 


240  Ankündigungen. 

Yerlasr  von  Hermann  Gesenias  in  Halle« 

Vierzig^  Jahre« 

Vor  40  Jahren   erschien   zuerst  und   gehört  seitdem  wohl  zu  den 
bekanntesten  und  weitverbreitetsten  fremdsprachigen  Lehrbüchern:    ' 

Lehrbuch  der  Englischen  Sprache 

von  [18 

Dr.  F.  W.  Gesenius. 

Teil  I:    Elementarbuch    der   englischen   Sprache   nebst  Lese-  und 
Uebuugsstücken.    26.  Auflage.    1908.    Preis  gebunden  2.40  Mk. 

Teil  II:  Grammatik  der  englischen  Sprache  nebst  Uebuugsstücken. 
17.  Auflage.    1908.    Preis  gebunden  3.20  Mk. 

Als  besonders  hei-vorzuhebende  Vorzüge  dieses  Buches  sind  in 
allen  darüber  erschienenen  Rezensionen  anerkannt  worden: 

1.  Weise  Beschränkung  und  zweckmässige  Anordnung  des  Stoffes. 
Kürze  und  Präzision  in  der  Fassung  der  grammatischen  Regeln, 
vortreffliche  Beispiele  zur  Erläuterung  derselben,  bequeme  Tabellen 
für  die  Rektion  der  Verben,  Adjektive  und  Präpositionen. 

2.  Die  Reichhaltigkeit  und  Mannigfaltigkeit  der  Uebungsbeispiele, 
sowie  die  Auswahl  der  Lesestücke,  welche  Interesse  erwecken 
und  zu  Sprechübungen  und  Reproduktionen,  sowie  zu  Exerzitien 
trefflich  verwendet  werden  können. 

JMt"  Neubearbeitungen  des  „Lehrbuches  der  englischen  Sprache*' 

nach  den  neuen  Lehrplänen: 

Oninlnir.  W.,  Englisoha  Sprachlehre,  i    Qitfsiu-Bigll,  Eiifrli  «che  Sprachlehre. 

Attigabe  A.     Völlig  neu  bearbeitet  Ton  I        Ausgabe  B.    Völlig  neu  bearbeitet  Ton 

Prof.  Dr.  Ernst  Beprel,  Oberlehrer  an  |        Prof.    Dr.    Ernst    Regel,    Oberlehrer 

den  Franckeichen  Stiftungen.  an    der  OberreaUchnle  der  FrMickeechen 

I.  Teil.      Schalgrammatik    nebst  Stiftucgon. 
Lese-  and  Uebangsstfloken.    8.  Auflage 

190S.     Gebanden  3.60  Mk.  Unterstufe.     Dritte,    nach   den  Be»tim- 

II.  Teil.  Lese-  undUebungsbuch  mungen  rou  1001  rerlnderte  Aaflage  in 
nebet karcerSTttonymik.  Mit  einem  Plan  neuer  Reohtsohreibung.  Mit  einer  Karte 
▼on  London  nnd  Umgebung.  1896.  der  britischen  Inseln  nnd  einer  englischen 
Oebnnden  2.26  Mk.  '        MUnstafel.     1904.    Preis   geb.    1.80   Mk. 

OfinitU  f  .W.  (BnglischeSprachlehrp. 

Völlig    nea    bearbeitet    von    Prof.    Dr.  Oberstufe    far    Knabensehulen. 
Ernst  Hegel,  Oberl.  an  den  Francke-   ,       jSweite,  nach  den  Bestimmungen  Ton  1901 

sehen  Stiftungen.     Ausgabe  fflr  höh.  veränderte  Auflage  in  neaer  Aechtschrei- 

Mftdchens  chul  en.    6.  Auflage.    1904.  bung.    Mit  einem  Plane  Ton  London  nnd 

Uelinnden  8.60  Mk.  Umgebung.    1908.    Preis  geb.   2.40  Mk. 

OtUBilU f.W.,  Rursgefasste  englische 

Sprachlehre.     Völlig   uou    bearbeitet  Oberstufe    für    Mtdohenschaleo. 

Ton   Prof.    Dr.    Ernst   Regel,    Oberl.  Zweite,    nach    den    Bestimmungen    Ton 


an  den  Franckeschen  Stiftungen.  2.  Aufl. 
1901.      In  Schalband  gebunden  9.20  Mk. 


1901  rer&nderte  Auflage  in  neuer  Recht- 
schreibnng.    1908.    Preis  geb.  2.40  Mk. 


In  vierzig  Jahren  wurden  vom  Lehrbuch  nebst  »einen  Neubear- 
beitungen 547  000  Exemplare  abgesetzt,  also 

TFeit  über  eine  halbe  Millioiie 

Ausfnhrliche  YerlairsverKeichnisse  kofltenloK. 


Evangelisches  Landexamen  1904. 

Religio  ns  aufgaben. 

I.  Katechismas: 
Das  achte  Gebot  und  seine  Erklärung. 

n.  Biblische  Geschichte: 
Die  Teilung  des  Reichs. 

m.  Sprucherklärung: 
Wie  lautet  das  Gleichnis  vom  Sauerteig  und  was  bedeutet  es? 

Deutscher  Aufsatz. 
Freuden  und  Leiden  des  Landmanns. 

Lateinische  Komposition. 

Kaum  hat  man  sich  von  der  Aufregung  erholt,  in  die  der  so- 
genannte Burenkrieg  alle  Welt  versetzt  hatte,  so  erhebt  sich  schon 
wieder  Kriegslärm  im  fernen  Osten  von  Asien.  Trotz  der  fried- 
liebenden Gesinnung,  die  der  russische  Kaiser  vor  etlichen  Jahren 
zm*  Schau  getragen  hat,  indem  er  die  Berufung  von  Abgeordneten 
der  meisten  Staaten  zum  Zweck,  einen  dauernden  Frieden  auf  der 
Welt  zu  vereinbaren,  anregte,  sehen  wir  Russen  und  Japaner  sich 
in  erbitterten  und  blutigen  Gefechten  schlagen.  Fragen  wir  nach 
dem  Anlaß  dieses  Krieges,  so  läßt  sich  allerdings  sagen,  die  Japaner 
haben  die  Feindseligkeiten  eröffnet  durch  einen  Angriff  auf  die 
russische  Flotte.  Aber  wer  möchte  es  ihnen  besonders  verübeln, 
wenn  sie  bei  dem  unaufhörlichen  Vorrticken  der  Russen  nach  dem 
benachbarten  Festland  und  bei  der  Unvermeidlichkeit  eines  Zusammen- 
stosses  beider  Mächte  lieber  den  Feinden  zuvorkommen  wollten? 
Den  eigentlichen  Zankapfel  bildet  die  Halbinsel  Korea,  die  zwischen 
den  japanischen  Inseln  und  China  gelegen  immer  zwischen  der  Ober- 
herrschaft Chinas  und  Japans  hin-  und  hergezogen  wurde.  Jetzt 
aber,  da  die  Russen  den  günstigsten  Hafen,  welcher  den  Zugang 
zn  dem  nördlichen  chinesischen  Meerbusen  beherrscht,  besetzt  haben, 
und  zugleich  in  der  rückwärts  liegenden  Provinz  immer  weiter  vor- 
dringen, war  Gefahr,  daß  Japan  von  dem  benachbarten  Festland 
ganz  abgeschnitten  würde.     (Buri,  Russi,  Japani,  Chinenses.) 

XorrMpondenibUtt  1906,  Heft  7. 


243  Evangelisches  Landexamen  1904. 

Lateinische  Exposition. 
Die  Zerstörung  von  Alba  Longa  durch  die  Römer. 
Legiones  ad  diruendam  Albam  missae  ubi  intravere  portas, 
non  quidem  fuit  tumultus  ille  nee  pavor,  qualis  captarum  esse  urbinm 
solet,  cum  effractis  portis  stratisve  ariete  muris  aut  arce  vi  capta 
clamor  hostilis  et  cursus  per  urbem  armatorum  omnia  ferro  ilam- 
maque  miscet;  sed  silentium  triste  ac  tacita  maestttia  ita  defixit 
omnium  animoS;  ut  prae  metu,  quid  relinquerent,  quid  secum  efferrent, 
deficiente  consilio  rogitantesque  alii  alios  nunc  in  liminibus  starent, 
nunc  errabundi  domos  suas  pervagarentur.  Ut  vero  iam  fragor 
tectorum,  quae  diruebantur,  ultimis  urbis  partibus  audiebatur  pul- 
visque  ex  distantibus  locis  ortus  velut  nube  inducta  omnia  imple- 
verat;  raptim  quibus  quisque  poterat  elatis,  cum  tecta,  in  quibus 
natus  quisque  educatusque  esset,  relinquentes  exirent,  iam  continens 
agmen  migrantium  impleverat  vias;  vocesque  etiam  miserabiles 
exaudiebantur  mulierum;  cum  obsessa  ab  armatis  templa  praeterirent 
ac  velut  captos  reliuquerent  deos.  Egressis  urbem  Albanis  Romanus 
passim  publica  privataque  omnia  tecta  adaequat  solo  unaque  hora 
quadringentorum  annorum  opus,  quibus  Alba  steterat,  excidio  ac 
ruinis  dedit. 

Griechische  Komposition. 
Der  Feldherr  der  Japaner  (lanavoi)^  welche  Port  Arthur 
(o  ^Aq&ovQioq  h/ii^v)  belagern^  soll  die  Soldaten,  welche  er  entsandte, 
um  einige  Schiffe  gerade  im  Eingang  zum  Hafen  zu  versenken,  mit 
folgenden  Worten  angefeuert  haben  (na^o'^vvo)):  „Meine  Kinder, 
ich  sende  euch  an  den  allergefährlichsten  Ort,  von  wo  keiner  (mehr) 
wiederkehren  wird.  Aber  glaubt  mir,  ich  beneide  die  Väter  und 
die  Mütter,  deren  Söhnen  es  vergönnt  sein  wird  fürs  Vaterland  zii 
sterben  (Aor.).  Gehet  und  zeigt,  daß  wir  Japaner  an  Mannesmut 
hinter  keinem  Volk  der  Welt  zurückstehen!  Ihr  seid  wenige,  da- 
rum muß  jeder  von  euch  fast  Unmögliches  leisten.  Verliert  einer 
die  rechte  Hand,  so  gebrauche  er  die  linke,  kommt  einer  um  beide 
Hände,  so  soll  er  mit  den  Füßen  arbeiten!  Wenn  aber  einer  vor 
dem  sichern  (==  bevorstehenden,  ivLavri^i)  Tode  zurUckbebt,  so  soll 
er  jetzt  (noch)  vom  Unternehmen  zurücktreten;  er  wird  nicht  im 
geringsten  von  mir  getadelt  werden."  Da  alle  erklärten  völlig 
bereit  (Superl.)  zu  sein  zu  sterben,  schloß  er:  „Besteigt  (Aor.)  jetzt 
eure  Schiffe,  mit  welchen  ihr  alle  zugrunde  gehen  werdet!  Aber 
über  euren  Tod  möge  der  Feind  sich  nicht  freuen  (Aor.)!  Möget 
ihr  alle  sterben  (Aor.)  erst  nach  j2:lücklich  vollbrachtem  Werke! 


Evängeksches  Landexamen  lM4.  243 

Firanzösische  Komposition. 

Ohne  Zweifel  habt  ihr  alle,  die  ihr  in  diesem  Saale  sitzt, 
schon  einen  Wolf  gesehen  in  einer  Menagerie,  aber  keiner  wird 
einem  Wolf  im  Wald  begegnet  sein,  weil  es  bei  nns  seit  lange 
keine  Wölfe  mehr  gibt.  Aber  ausserhalb  (hors  de)  Deutschlands, 
in  Rußland  und  sogar  in  Frankreich,  sind  sie  keineswegs  ausge- 
rottet (ezterminer),  obgleich  ihre  Zahl,  wenigstens  in  Frankreich, 
sehr  abgenommen  hat.  Wenn  die  französisclien  Jäger  sich  ihrer 
Pflichten  früher  erinnert  hätten,  so  wäre  es  ihnen  bereits  gelungen, 
sie  vollständig  auszurotten,  was  in  England  vor  200  Jahren  geschehen 
ist.  In  Frankreich  ist  am  4.  August  1882  ein  Gesetz  veröffentlicht 
worden,  nach  welchem  für  jeden  erlegten  (=  getöteten)  Wolf  ein 
Preis  bezahlt  wird.  Hat  ein  Wolf  Menschen  angegriffen,  so  erhält 
derjenige,  der  ihn  getötet  hat,  200  Francs.  S  o  sind  in  den  Jahren 
1882—1901  mehr  als  9000  Wölfe  erlegt  worden  (=  umgekommen). 
Dem  Wolf  fehlt  es  nicht  an  List,  er  ist  noch  viel  vorsichtiger 
(pmdent)  als  der  Fuchs,  dessen  Vetter  er  ist.  Den  Jäger,  der  sich 
ihm  nähert,  hört  oder  riecht  er  auf  (Ä)  die  größte  Entfernung  und 
läuft  so  schnell,  daß  ihn  kein  Hund  einholt.  Aber  beim  Anblick 
eines  Menschen  entflieht  er,  ausser  wenn  er  (4  moins  que-ne  mit 
Subj.)  ganz  ausgehungert  ist  (=vor  Hunger  stirbt). 

Die  Zahlen  sind  zu  übersetzen! 

Mathematik. 

1.  Berechne  den  Ausdruck: 

4025 


.4  /.„4950     •   .8\ 
^'9~i^^90Ö9""^^i3J- 


7475 


1,25  ^2,5  +  3|-  +  5,8  —  8,0555  •  •  •  •] 

2.  Ein  Besitzer  von  2  Kaufläden  A  und  B  erhielt  früher  von 
A  700  Mark  mehr  Pacht  als  von  B.  Jetzt  bringt  B  490  Mark 
mehr  als  A,  weil  A  um  20  "/u  gesunken  und  B  auf  das  IVsfache 
gestiegen  ist.    Wie  groß  ist  die  heutige  Gesamteinnahme? 

3.  Jemand  kaufte  ein  Faß  Wein  für  383  Mark.  Die  Hälfte 
davon  und  noch  10  Liter  verkaufte  er  mit  12  "/^  Gewinn,  ^Is  des 
Restes  mit  9  ^h  Gewinn  und  V5  des  Restes  war  unbrauchbar.  Dadurch 
betrug  der  Gewinn  des  ganzen  Geschäftes  nur  90  Pfennig.  Wieviel 
Liter  enthielt  das  FaßV 

4.  Zeichne  über  a  =  5  cm  als  Hypotenuse  ein  gleichschenklig- 
rechtwinkliges Dreieck  ABC.    Halbiere  den  Winkel  ABO  durch  BD ; 


244  Katholisches  Landexamen  1904. 

errichte  auf  BD  das  Mittellot;  welches  BC  in  E  und  die  Verlänge- 
rung von  AC  in  F  schneidet;  ziehe  noch  DE  und  BF  und  beweise,  daß 
1.  DE  II  AB,  2.  BF  ±  BC  und  3.  AF  =  AB  ist. 

I ' 1 

5  cm. 


Katholisches  Landexamen  1904. 

Deutscher  Aufsatz. 

Die  Pflege  der  Leibesübungen  im  Altertum  und  in  der 
Gegenwart. 

Lateinische  Komposition. 

Im  Jahr  1761,  dem  für  Friedrich  den  Großen  schwersten  des 
ganzen  Siebenjährigen  Kriegs,  schmolzen  seine  Machtmittel  immer 
mehr  zusammen,  ohne  daß  von  irgendeiner  Seite  Hilfe  in  Aussicht 
zu  stehen  schien;  des  Königs  Willenskraft  blieb  trotzdem  un- 
erschütterlich. Es  war  die  reinste  Wahrheit,  wenn  er  im  Sommer 
des  genannten  Jahres  an  den  berühmten  englischen  Staatsmann  Pitt 
schrieb:  „Zwei  Triebfedern  sind  es,  die  mein  Handeln  bestimmen: 
die  eine  ist  das  Ehrgefühl  und  die  andere  das  Wohl  des  Staates, 
den  der  Himmel  mir  zum  Regieren  gegeben  hat.  Sie  schreiben  mir 
zwei  Gebote  vor,  einmal,  nie  etwas  zu  tun,  worüber  ich  zu  erröten 
hätte,  wenn  ich  meinem  Volke  Bede  stehen  müsste,  sodann,  für 
meines  Vaterlandes  Heil  und  Ruhm  den  letzten  Tropfen  meines 
Blutes  hinzugeben.  Mit  solchen  Grundsätzen  weicht  man  seinen 
Feinden  nie;  mit  solchen  Grundsätzen  hielt  Rom  sich  aufrecht 
gegen  Hannibal  nach  der  Schlacht  von  Kanuä;  mit  solchen  Grund- 
sätzen behauptete  sich  eure  große  Königin  Elisabeth  gegen  Philipp  II. 
und  die  unüberwindliche  Flotte ;  mit  solchen  Grundsätzen  hat  Gustav 
Wasa  Schweden  (Sueci)  aus  der  Knechtschaft  aufgerichtet  und  den 
Tyrannen  Christian  aus  dem  Lande  gejagt;  und  mit  gleicher  Seelen- 
größe, mit  Tapferkeit  und  Ausdauer  haben  die  Prinzen  von  Oranien 
(Arausionensis)  die  Republik  der  Niederlande  (Batavi)  gegründet. 
Das  sind  die  Vorbilder,  denen  ich  zu  folgen  entschlossen  bin.^^ 

Lateinische  Exposition. 

Galli,  cum  inter  incendia  ac  ruinas  captae  urbis  nihil  superesse 
praeter  armatos  hostes   viderent,   nequiquam   tot  cladibus   territos 


Katholisches  Landcxameu  1904.  245 

nee  flexuros  ad  deditionem  animos,  ni  vis  adhiberetur,  experiri 
ultima  impetamque  facere  in  arcem  statnunt.  Prima  luce  signo 
dato  multitudo  omnis  in  foro  instrnitnr;  inde  clamore  sublato  ac 
testudine  facta  subeunt.  Romani^  qua  signa  ferri  videbant, .  ea  robore 
virornm  opposito  scandere  hostem  sinunt^  quo  successerit  magis  in 
ardunm,  eo  pelli  posse  per  proclive  facilius  rati.  Medio  fere  clivo 
restitere  atque  inde  ex  loco  superiore  impetu  facto  tanta  strage 
fudere  Gallos,  ut  nunquam  postea  nee  pars  nee  universi  temptaverint 
tale  pugnae  genus.  Itaqne  omissa  spe  per  vim  atque  arma  subeundi 
obsidionem  parant,  cuius  ad  id  tempus  immemores  quod  in  urbe 
fnerat  frumentum  incendiis  urbis  absnmpserant.  Igitur  exercitu 
diviso  partim  per  finitiroos  populos  praedari  placuit  partim  obsideri 
arcem,  ut  obsidentibus  frumentum  populatores  agrorum  praeberent. 

Griechische  Komposition. 

Als  nach  dem  Tode  des  Satrapen  von  Äolis  Pharnabazos 
(^  AioXLqj  0aQvußa^og)f  zu  dessen  Herrschaft  dieses  Land  gehörte, 
die  Satrapie  einem  andern  übertragen  wollte,  kam  des  Verstorbenen 
Frau,  namens  Mania  (Mana),  zu  ihm  mit  der  Bitte,  sie  zur  Herrin 
des  Landes  zu  machen  (xa&lazijfii  Aor.);  sie  versprach  nämlich, 
die  Steuern  jedes  Jahr  ebenso  pünktlich  zu  bezahlen  (Inf.  Fut.), 
wie  es  bisher  geschehen  war,  and  sich  in  allem  andern  möglichst 
zuvorkommend  gegen  ihn  zu  zeigen  (Inf.  Fut.).  Und  Pharnabazos 
gewährte  ihre  Bitte;  Mania  aber  war  nicht  bloß  für  das  Wohl  ihrer 
Untertünen  aufs  eifrigste  besorgt,  sondern  gewann  auch  zu  den 
Städten,  die  sie  überkommen  hatte,  noch  eine  Anzahl  anderer  am 
Meere  gelegener,  teils  durch  Überredung  teils  mit  Hilfe  eines  grie- 
chischen Söldnerheeres.  So  war  es  nicht  zu  verwundern,  daß 
Pharnabazos  sie  sehr  hoch  schätzte  und  zuweilen  sogar  zu  Rate 
zog.  Als  sie  aber  über  40  Jahre  alt  war,  fiel  sie  der  Treulosigkeit 
ihres  Schwiegersohnes,  der  auf  ihren  Ruhm  eifersüchtig  war,  zum 
Opfer.  Aber  auch  er  sollte  seine  Absicht  nicht  erreichen ;  denn  der 
lakedämonische  Feldherr,  der  damals  für  die  Freiheit  der  griechischen 
Städte  in  Kleinasien  kämpfte,  entsetzte  ihn  bald  darauf  der  Herrschaft, 
die  er  seiner  Schwiegermutter  entrissen  hatte. 

Französische  Komposition. 
Ein  französischer  Oberst,  dessen  Schenkel  (la  cuisse)  eine 
Kugel    getroffen    hatte,     wurde    in    ein    nahes    Haus    gebracht 
(transporter)  und  die  Ärzte,  die  man  bedurfte,  holte  ein  Adjutant. 


246  Katholisches  Landexamen  190d. 

Bald  kamen  sie  und  begannen  das  verwundete  Bein  zu  unter- 
suchen (sonder).  Der  Patient  war  ohnmächtig  geworden,  ehe 
sie  erschienen  waren;  aber  unter  (entre)  ihren  Händen  wachte 
er  wieder  auf.  Immer  suchten  und  untersuchten  sie,  die  Sache 
verlängerte  sich  unangenehm.  Zuerst  hielt  er  tapfer  aus  und 
schwieg  standhaft,  obwohl  er  große  Schmerzen  litt.  Aber  immer 
erneuern  sie  ihre  Versuche  (la  tentative),  seine  Leiden  ver- 
schlimmern sich,  er  weiß  nicht  einmal,  was  sie  wollen,  man  ver- 
hehlt es  ihm  augenscheinlich;  endlich  siegt  der  Schmerz,  er 
bricht  das  Schweigen:  zürnen  Sie  mir  nicht,  meine  Herren,  aber 
ich  kann  es  nicht  mehr  aushalten.  Was  machen  Sie  denn  (donc)  V 
Sagen  Sie  es  mir?  —  Wir  bemühen  uns  die  Kugel  zu  finden,  die 
Sie  ins  Bein  bekommen  haben,  antworteten  sie.  —  Bomben  und 
Granaten  (=  tausend  Bomben  la  bombe)!  rief  der  Oberst,  das 
mußten  Sie  mir  früher  (früh  =  tot)  sagen;  ich  habe  sie  in  der 
Tasche  (la  poche). 

Mathematik. 


1. 


(4,875:7-;2-^2-)(9A-3-|-.l,65....) 


(5,833 


:  1,11 ^)  ('^4  ~  ^Ö" "  ^»"^^^^SÖTU . . .  .j 


2.  Zu  einem  Unternehmen  gibt  A  ^/s  von  B  und  noch  300  Mk., 
C  ^/g  von  A  und  noch  1000  Mk.  Bei  der  Verteilung  des  Gewinns 
erhält  jeder  den  5.  Teil  seiner  Einlage.  Wieviel  erhält  jeder  vom 
Gewinn,  wenn  auf  A  und  C  zusammen  1700  Mk.  kommen? 

3.  Jemand  kauft  von  einer  Ware  175  kg,  das  Kilogramm  durch- 
schnittlich zu  3.20  Mk.  Er  verkauft  ^/t  der  Ware  mit  doppelt  so- 
viel Prozent  Gewinn  als  den  Rest.  Wieviel  Prozent  beträgt  sein 
Gewinn  an  den  beiden  Posten,  wenn  der  Erlös  vom  Rest  um  V5 
größer  ist  als  der  Erlös  vom  ersten  Posten? 

4.  Zeichne  das  gleichschenklige  Dreieck  ABC  aus  der  Grund- 
linie BC  =  6  cm  und  dem  Winkel  an  der  Spitze  =  IV3  R  (Kon- 
struktion beschreiben).  Errichte  sodann  auf  AC  in  C  das  Lot,  das 
die  Verlängerung  von  BA  in  E  schneidet  und  auf  AB  in  B  das 
Lot,  das  die  Verlängerung  von  CA  in  D  schneidet,  und  ziehe  DE. 
Zu  beweisen,  daß  DE  parallel  BC  ist. 

' ^ • 

o  cm 


Ackerknecht,  Z.  Verdeutschg.  n.  Erklärg.  d.  Fachausdr.  otc.     247 

Zur  Yerdeutsohung  und  Erklärung  der  Fachausdrücke 

in  der  Sprachlehre. 

Von  Professor  J.  Ackerknecht. 

Heft  11  des  Korrespondenzblattes  von  1904  enthält  einen  Bei- 
trag von  Herrn  Oberstudienrat  Hauber  über  ,,die  grammatischen 
Grundbegriffe  in  deutscher  Bezeichnung^*,  mit  entsprechenden  Vor- 
schlägen, die  umso  wertvoller  und  dankenswerter  sind,  als  sie  von 
so  maßgebender  Seite,  von  einem  Vertreter  unserer  Unterrichts- 
verwaltung  selbst,  ausgehen.  Das  erwähnte  Heft  (vom  November 
1904)  habe  ich,  obgleich  es  auch  einen  Aufsatz  von  mir:  „Wie 
lehren  wir  die  Verdeutschung  von  Plusquamperfectum  usw.?^  ent- 
hält, besonderer  Umstände  halber  erst  mehrere  Monate  später  zu 
Gesicht  bekommen,  weshalb  meine  Stellungnahme  zu  den  erwähnten 
Vorschlägen  etwas  verspätet  kommt.  Und  doch  möchte  ich,  da 
ausdrücklich  zu  deren  Erörterung  aufgefordert  wird,  meine  Ansicht 
nicht  ganz  unterdrücken,  umso  weniger,  als  es  sich  hier  um  eine 
Frage  handelt,  mit  der  ich  mich  selbst  während  einer  langen  Reihe 
von  Jahren  wiederholt  beschäftigt  habe. 

Herr  Oberstudienrat  H.  beginnt  mit  dem  Hinweis  auf  die  Vor- 
schrift unseres  amtlichen  Lehrplans,  wonach  in  unseren  höheren 
Schulen  die  Kunstausdrücke  der  Sprachlehre  in  den  zwei  ersten 
Schuljahren  in  deutscher,  im  dritten  Schuljahr  neben  der  deut- 
schen auch  in  lateinischer^)  Bezeichnung  gelehrt  und  ein- 
geübt werden  sollen.  Was  nun  zunächst  meinen  grundsätzlichen 
Standpunkt  in  dieser  Frage  betrifft,  so  bin  ich  der  Ansicht,  dass 
dem  Schüler  —  abgesehen  vielleicht  von  den  zwei  ersten  Schul- 
jahren —  unter  Umständen  nicht  bloß  eine  (muttersprachliche) 
Bezeichnung  für  den  betr.  grammatischen  Begriff  erklärt  werden 
sollte,  wenn  auch  vielleicht  für  den  laufenden  Gebrauch  in  den 
meisten  Fällen  nur  je  ein  Ausdruck  dafür  von  ihm  verlangt 
wird.  Jedenfalls  sollte  ihm  meines  Erachtens  neben  einer  (unter 
Umständen  auch  mehreren)  deutschen  Bezeichnung  der  betr.  fremd- 
sprachliche Ausdruck  nicht  bloß  bekannt,  sondern  —  später 
vielleicht  sogar  in  erster  Linie  —  durchaus  geläufig  sein,  schon  im 

')  Lateinisch,  aber  „in  deutscher  Form^,  d.  h.  also  mit  „ein- 
gedeutschter**  lateinischer  Benennung  (vgl.  weiter  unten  die  Fuß- 
note zu  Nr.  31).  —  „Eindeutschen"  (vgl.  „germanisieren")  =  *  dem 
Deutschen  einverleiben,  ganz  ins  Deutsche  aufnehmen  oder  einbürgern 
(in  deutsche  Form  umgestalten  =  deutsch  umformen) ;  vgl.  z.  B. :  ein- 
reihen, einbeizen,  einsacken,  einkerkern,  einsargen,  einschiffen  u.  ä. 


248  Ackerknecht,  Zur  Verdeutschung  und 

Interesse  unseres  fremdsprachlichen  Unterrichts  0;  umso  mehr,  als  fast 
alle  diese  Ausdrucke^  wenn  auch  in  mehr  oder  weniger  veränderter 
Form,  wirkliche,  allen  Schulsprachen  gemeinsame  Weltwörter 
geworden  sind.  Was  sodann  die  zu  wählende  muttersprachliche 
Bezeichnung  anbelangt,  so  bin  ich,  wie  Herr  Oberstudienrat  H.,  der 
Ansicht,  daß  sie  womöglich  die  wichtigste  Seite  des  betr.  gram- 
matischen Begriffs  [H.:  ,,eine  möglichst  wesentliche  oder  bezeich- 
nende Seite  desselben"]  ausdrücken  muss  (vgl.  meinen  oben  er- 
wähnten, im  Februar  1904  geschriebenen  Aufsatz  am  Schluss),  und 
daß  sie,  entsprechend  den  von  Herrn  Oberstudienrat  H.  aufgestellten 
drei  Grundsätzen,  sein  soll:  I.  grammatisch  und  logisch-richtig 
n.  verständlich  (für  alle  Schüler  der  betr.  Unterrichtsstufe)  und 
TU.  kurz  —  drei  Erfordernisse,  die  Herr  Oberstudienrat  H.  selbst 
als  „teilweise  untereinander  in  Widerstreit  stehend"  bezeichnet  und 
von  denen  das  zweite  mir  viel  wichtiger  erscheint  als  das  dritte'). 

Zu  den  einzelnen  Vorschlägen  selbst  übergehend,  bemerke  ich 
zum  voraus,  daß  ich  mit  den  vorgeschlagenen  Verdeutschungen, 
unter  denen  sich  m.  Er.  sehr  glückliche  neue  Wortschöpfungen  be- 
finden, völlig  einverstanden  bin,  sofern  ich  hier  keine  anderweitigen 
Bezeichnungen  vorschlage  ^). 

Zu  A.  Wortarten. 

1.  Für  Substantiv  schlage  ich  vor:  Dingwort^)  oder 
[wie  H.]  Hauptwort. 

^)  Einem  Realschüler  sollte  z.B.  neben  „Subjekt^  mit  der  Zeit 
auch  „sujet*'  geläufig  sein. 

'  ')  So  halte  ich  z.  B.  die  für  Interjektion  vorgeschlagene  Bezeichnung 
„Ausrufwort**  (ebenso  auch  „Empfindungswort**)  für  treffender  und  ver- 
ständlicher (und  darum  auch  für  zweckmäßiger)  als  etwa  das  kürzere 
„Rufwort"  (vgl.  „Rufname**). 

')  Die  mit  einem  *  versehenen  Bezeichnungen  sind  von  mir  selbst 
geschöpfte  Neubildungen,  wobei  allerdings  die  Möglichkeit  nicht  aus- 
geschlossen ist,  daß  vielleicht  doch  auch  ein  bereits  von  andern  ge- 
fundener Ausdruck,  welcher  (ohne  daß  dies  mir  heute  noch  bewußt 
wäre)  etwa  vor  Jahren  mir  schon  irgendwie  einmal  aufgestoßen  sein 
könnte,  als  von  mir  selbst  gefunden  bezeichnet  ist. 

*)  „Ding**  =  Bezeichnung  alles  dessen,  was  ist  (Sanders)  —  ob 
sinnlich  wahrnehmbar  oder  nur  in  der  Vorstellung  (nur  „in  Gedanken*') 
vorhanden.  Wir  sprechen  ja  z.  B.  auch  von  „geschehenen  Dingen**, 
also  von  Vorkommnissen  (Handlungen).  Femer:  es  ist  „ein  köstlich 
Din  g**  (z.  B.  um  die  Freiheit  —  bloßer  Begriff  bezw.  Zustand)  =  etwas 
Köstliches;  also  auch  allgemein:  ein  Ding  =  ein  Etwas. 


Erklärung  der  Fachausdrucke  in  der  Sprachlehre.  249 

2.  Konkretes  Substantiv  =  Sinnendingwort  [H.:  Sachwort]  M« 
B.  Abstraktes  Substantiv  =  G6dankendingwort[H.:  Denk- 
wort]. 

4.  Adjektiv  =  Eigenschaftswort  oder  [wie  II.]  Beiwort. 

5.  Reflexiv  =  selbstbeztiglich*  [H.:  rückweisend],  ein 
Ausdruck,  der  m.  Er.  die  grammatische  Verwendung  der  betr.  Für- 
wörter und  Zeitwörter  noch  schärfer  bezeichnet  als  etwa  „znrQck- 
zielend"  oder  „rückweisend"  (vgl.  auch  „rückbezüglich^^  =  relativ). 

6.  Relativ  =  rückbezüglich  [H. :  beziehend  —  vgl. :  Waren  von 
jemand  „beziehen^^]. 

7.  Possessiv  =  besitzanzeigend  oder  zueignend  [H.:  eignend 
—  vgl.:  es  „eignet"  sich  zu  etwas]. 

8.  Demonstrativ  =  hiuzeigend  [H. :  zeigend]. 

9.  Determinativ  [fehlt  bei  H.]  =  bestimmend. 

10.  Verb  =  Zeitwort  [H.]  oder  Tätigkeitswort. 

11.  Präposition  =  Vorsetzwort*  [H.:  Vorwort]  oder  Ver- 
hältniswort. 

12.  Subordinierende  Konjunktion  =  unterordnendes  Binde- 
wort [H.]  oder  Nebensatz-Bindewort*. 

13.  Koordinierende  K.  =  beiordnendes  [IL]  oder  gleich- 
stellendes* Bindewort  oder  (nach  seiner  hauptsächlichsten  Ver- 
wendung) =  Hauptsatz-Bindewort*. 

Zu  B.  Formenlehre. 

■ 

14.  Flektierbare  bezw.  flektierte  Nennwörter  (Hauptwort,  Bei- 
wort, Fürwort,  Zahlwort)  =  veränderliche  *  (biegbare  *)  bezw.  v  e  r- 
änderte*N.  [H. :  flektiert  =  gebogen];  —  Gegenteil:  unver- 
änderlich (unbiegbar  oder  biegungslos)  bezw.  unverändert  [H.: 
ungebogen,  biegungslos]. 

15.  Partikeln  [bei  H.  nicht  erwähnt],  d.  h.  Umstandswort,  Vor- 
setzwort, Bindewort  und  Ausrufwort  =  Starrwörter  (unbiegbar, 
außer  gewissen  steigerbaren  Umstandswörtern). 

16.  Deklination  =  Fallbildung  [H.]   oder  Fallbiegung. 

17.  Genitiv  =  Wessenfall  oder  [IL]  Wesfall. 

18.  Positiv  =  Grundstufe  oder  [H.]  erste  (Steigerungs-) 
Stufe  =  erster  Grad; 

*)  Die  Sinnendingwörter  werden  eingeteilt  [bei  H.  nicht  erwähnt] 
in:  1.  Eigennamen;  2.  Gattungsnamen  oder  m.  Er.  besser 
Gattungsdingwörter  *;  3.  Stoffnaraen  oder  Stoffdingwörter* 
nnd  4.  Sammelnamen  oder  Sammeldingwörter*;  z.  B.  Gebirge, 
Heer  sind  „Sammeldinge"  ♦,  B  erg,  Soldat  die  zugehörigen  ^Einzeldinge«  *. 


250  Acker  knecht,  Zar  Verdeutschung  und 

Komparativ  =  Mittelstufe*  =  zweite  Stufe  [H.]  oder  höhere 
Stufe  =  höherer  Grad; 

Superlativ  =  Höchststufe*  oder  [H.]  dritte  Stufe  =  höchster 
Grad. 

19.  Konjugation  =  Zeitabwandlung*  oder  [H.]  Abwandlung 
=  Zeitbiegung  oder  Zeitenbildung*  [vgl.  Nr.  16 H. :  Fallbildung]. 

20.  Aktiv  =  Tätigkeitsform  oder  [H.]  Tuform;  aktive  (Zeiten) 
=  tätige  oder  [H.]  tuende. 

21.  Tempora  =  Zeitformen  oder  [H.]  Zeiten. 

22.  Imperfekt  =  (vgl.  meinen  oben  erwähnten  Aufsatz)  un- 
vollendete Vergangenheit*^)  oder  auch  —  rein  äußerlich 
betrachtet  und  bezeichnet  —  „einfache"  Vergangenheit*, 
weil  nicht  (mit  einem  Hilfszeitwort)  zusammengesetzt  [H.:  Ver- 
gangenheit]. 

23.  Perfekt  =  (vgl.  meinen  oben  erwähnten  Aufsatz)  Jetzt- 
vergangenheit* [H.:  Vollendung];  da  diese  Zeitform  etwas  als 
Jetzt  vergangen"  (in  bezug  auf  die  Jetztzeit  vollendet)  hinstellt. 
Auch  wird  sie  —  ein  das  Gedächtnis  unterstützendes,  wenn  auch  rein 
äußerliches  Kennzeichen  für  unsere  jüngeren  Schüler  —  mit  der 
„Jetztzeit"  (Gegenwart)  des  Hilfszeitworts  zusammengesetzt^).  Vgl. 
hierzu  auch:  Plusquamperfekt  =  [H.]  Vorvergangenheit  (sozu- 
sagen die  „Vorher- Vergangenheit").  —  Diese  Verdeutschung  der  drei 
Vergangenheitsformen  halte  ich  für  die  (auch  jtlngoren  Schülern) 
am  leichtesten  erklärbare«  Herr  Oberstudienrat  Hauber  verdeutscht : 
Imperfekt  bezw.  Perfekt  =  Vergangenheit  bezw.  Vollendung, 
zwei  Begriffe;  deren  Unterscheidung  jüngeren  Schülern  schwer  fallen 
dürfte.^)  Außerdem  wäre  dann  das  Imperfekt  die  „Vergangenheit" 
schlechtweg  (par  excellence);  sozusagen  die  „Hauptvergangenheit"  *. 
Und  doch  ist  für  den  jüngeren  Schüler  (nebenbei:  auch  für  den 
französischen   —   nach   P.  Passy-Paris)    eigentlich   das   Perfekt 

')  Z.  B. :  Damals  (bei  meinem  Eintreffen)  lernte  er  „gerade"^  seine 
Aufgaben.    [Das  Lernen  war  also  „damals"  noch  ^nicht  vollende t*^.] 

')  Z.B.:  Er  hat  seine  Aufgaben  —  Jetzt"  —  schon  gelernt 
Das  Lernen  ist  also  nj^tzt  vollendet''  (für  die  Jetztzeit  vergangen). 
Die  genauere,  aber  m.  Er.  für  jüngere  Schüler  weniger  leicht  ver- 
ständliche Bezeichnung  (vgl.  auch  die  nächstfolgende  Fußnote)  wäre 
daher:  „Jetzt- Vollendung"  [Vollendung  hier  im  Sinne  von  „Vollendet- 
heit" —  vgl.  „Vollkommenheit"],  eigentlich  die  „vollendete  Gegenwart**. 

")  „Vollendung**  wird  überdies  vom  Sprachgefühl  unserer  Schüler 
wohl  ausschließlich  als  Handlung  aufgefaßt  (wie  z.  B.  in :  die  „Vollen- 
dung" einer  Arbeit). 


Erklärung  der  Fachausdrücke  in  der  Sprachlehre.  251 

die  „Hauptver^angenheit^^,  nämlich  die  unseren  Kleinen  in  ihrer 
heimischen  „Redesprache^'  fast  allein  geläufige  Zeitform  der  Ver- 
gangenheit; während  das  Imperfekt  für  sie  im  allgemeinen  nur 
eine  „papierene"  Vergangenheitsform  der  Schriftsprache  darstellt. 

24.  Modus  =  Aussageart  [H.]  oder  Aussageform^  (Sprech- 
weise). 

25.  Indikativ  =  gewisse  Aussage  form*')  oder  Gewiß- 
heitsform [H. :  Sageform]; 

Konjunktiv  =  ungewisse  Aussageform  *  oder  Ungewißheits- 
form [H.:  FUgeform];  z.  B.:  „Man  sagt  (gewisse  Aussageform), 
daß  er  noch  lebo  (ungewisse  A.).^*  —  Allerdings  wird  der  Kon- 
junktiv 'auch  für  die  Sprechweise  des  Wunsches  gebraucht; 
z.B.:  „Er  lebe  hoch!"  Es  kann  jedoch  gar  keine  deutsche  Be- 
zeichnung geben  —  ebensowenig  wie  eine  fremdsprachliche  (latei- 
nische) —  welche  den  Sinn  sämtlicher  möglichen  Fälle  der  Ver- 
wendung dieser  „Aussageart"  in  sich  schließen  könnte.  (Vgl.  meinen 
mehrerwähnten  Aufsatz  am  Schluß.) 

26.  Imperativ  =  Befehlsform  —  vgl.  Gewißheitsform^  Bedingungs- 
form [H.:  Befehlform]. 

27.  Konditional  [bei  H.  nicht  erwähnt]  =  bedingende  (bedingte) 
Aussageform*  oder  Bedingungsform. 

28.  Infinitiv  =  Grundform  oder  [H.]  Nennform  (vgl.  oben 
Nr.  14  „Nennwort"). 

29.  Partizip  =  Mittelwort  [H.]  oder  Mittelform  [H.], 
d.  h.  Mittelding  zwischen  Zeitwort  (vgl.:  Der  Schüler  ward  ge- 
straft) und  Eigenschaftswort  (vgl.:  der  gestrafte  Schüler;  der 
strafende  Lehrer);  und  zwar  [bei  H.  nicht  erwähnt]  Mittelwort 
der  Gegenwart  oder  Gegen warts-Mittelform*  und  Mittelform 
der  Vergangenheit  oder  Vergangenheits-Mittelwort*.  Die 
in  ihrer  Fassung  weniger  logische  Bezeichnung  „vergangene  Mittel- 
form" *  [wörtlich  =  „Participe  passe"  —  vgl.  die  Fußnote  zu  Nr.  25] 
wäre  wohl  weniger  zu  empfehlen. 

30.  Transitives  Verb  =  Wen-Zeitwort*  oder  [H.]  wen- 
haftes  Zeitwort^);   eine  Bezeichnung,  die  m.  Er.  jedem  Schüler 

*)  Die  logische  „Unebenheit",  die  in  der  Ausdrucksweise  „gewisse 
und  ungewisse  Aussageform"  liegt,  würde  ich  ebenso  ruhig  hinnehmen 
wie  etwa  die  in  „Participe  pas86-',  das  „Auswärtige  Amt"  in  Berlin 
u.  dergl. 

*)  Wen-haft  =  „wen"  (bei  sich)  „habend"  =  mit  „wen**  —  mit 
einem  „Wen-Zielding"  (s.  Nr.  33)  -  „behaftet". 


252  Acker knecht,  Zur  Verdeutschung  und 

leicht  verständlich   gemacht  werden  kann  und  daher  als  glückliche 
Neubildung  zu  begrüßen  ist;  desgl.: 

intransitiv  =  [H.]  wenlos,  womit  allein  das  Wesen  und 
der  Gebrauch  der  betr.  Zeitwörter  völlig  unzweideutig  be- 
zeichnet ist;  nicht  aber  mit  der  sonst  üblichen  Bezeichnung  „ziellos" 
(desgl.  transitiv  =  „zielend"),  die  für  gewisse  Fälle  geradezu  wider- 
sinnig ist.  So  sind  z.  B.  die  Zeitwörter :  entgegengehen,  zustreben 
(einem  Ziele!),  folgen,  drohen  u.  ä.  —  bedürfen  (wessen?  —  auch 
wenhaft  gebraucht),  sich  bemächtigen,  gedenken  u.  ä.  zwar  „in- 
transitiv", ihrem  Sinn  nach  jedoch  sicherlich  nicht  „ziellos",  sondern 
geradezu  „zielend"  (nicht  aber  „transitiv"!).  Vgl.  hierzu  auch 
weiter  unten  die  zweite  Fußnote  zu  Nr.  33. 

Zu  C.  Satzlehre  (Syntax). 

31.  Zum  „Verbum  finitum  eines  Satzes"  wtlrde  ich  etwa 
folgende  Erklärung  geben: 

Mit  Ausnahme  des  Infinitivs  und  der  Partizipien  kann 
ein  Zeitwort  in  allen  übrigen  Zeiten  die  drei  Personen 
(Personenformen*)  der  Einzahl  und  der  Mehrzahl  bilden  (und  zwar 
mittels  besonderer  Endungen  =  „Personenzeichen"*;  vgl.  oben 
Nr.  25:  man  sagt,  er  lebe).  Das  Verb  ist  dann  „der  Person 
nach  bestimmt"  —  in  einer  bestimmten  Person  stehend  —  oder 
„personbestimmt"  ==  finitum  und  heißt  daher: 

Verbum  finitum  (das  „finite  Verb"^)  =  personbe- 
stimmtes oder  personenbildendes  Zeitwort*  oder  Per- 
sonen-Zeitwort*. 

Herr  Oberstudienrat  11  au b er  verdeutscht: 

V.  finitum  =  personhaftes  Z.  =  Z,  in  Aussageform.  Aller- 
dings ist  „personhaft"  soviel  wie  „personhabend"  (mit  einer  der 
Personenformen  „behaftet").  Doch  könnte  dieser  Ausdruck  nament- 
lich bei  jüngeren  Schülern  zu  unklarer  oder  falscher  Auffassung 
und  Deutung  des  Wortbegriffs  Anlaß  geben  und  durch  die  Erinne- 
rung an  ähnliche,  ihnen  bereits  geläufige  Wortbildungen  —  wie 
z.  B.  geisterhaft  (=  geister artig),  fabelhaft,  flegelhaft,  krüppelhaft 
u.  dergl.  —  in  seiner  unmittelbaren  Verständlichkeit  für  jüngere 
Schüler  beeinträchtigt  werden,  was  bei  dem  Ausdruck  „wenhaft" 
(Nr.  30)  —  mit  seinem  Gegenteil  „wenlos"  —  m.  Er.  doch  weniger 
der  Fall  ist.     Ferner  kann  in  Beispielen  wie:   „Das  Unternehmen 

*)  Desgleichen  ließe  sich  vielleicht  für  „Futurum  exactum"  als 
„eingedeutschte"  Form  setzen:  „das  exakte  Futur"*  =  [H.]  Vor- 
zukunft. 


Erklärung  der  Fachausdrucke  in  der  Sprachlehre.  253 

ist  geglückt^*  —  das  Partizip  wohl  als  ein  in  Form  der  Aus- 
sage stehendes  Zeitwort  bezeichnet  werden,  «ohne  aber  darum  das 
finite  Verb  des  Satzes  [H. :  das  Zeitwort  „in  Aussageform^^]  zu  sein. 

32.  Zum  Wesen  des  Subjekts  gehört:  1.  daß  es  stets  auf 
die  Frage  ,,wer?^^  steht;  2.  daß  es  das  aussagende  Zeitwort  (Aus- 
sage-Zeitwort) —  oder  genauer:  das  personenbildende  (personbe- 
stimmte) Zeitwort  —  in  Personen-  und  Zahlform  nach  sich  „richtet". 
Ich  schlage  daher  als  Verdeutschung  vor: 

Subjekt  =  das  Werding*  oder  Richtding*^)  oder 
Richtwort*  des  Satzes.  Übrigens  besteht  schon  neben  der  all- 
gemein üblichen  und  in  unseren  Volksschulen  amtlich  eingeführten 
Verdeutschung  „Satz  gegen  stand"  auch  noch  die  m.  Er.  eben- 
falls nicht  unpassende  Bezeichnung  „Hauptding"  des  Satzes. 

Herr  Oberstudienrat  Hauber  verdeutscht: 

Subjekt  =  das  Wer  =  der  (Satz-)Stand  oder  Urständ  [allen- 
falls auch  „Unterstand"  2)].  Da  übrigens  das  Subjekt  im  Vergleich 
zu  den  anderen  Satzgliedern  [H.]  oder  Satzteilen  [H.]  nicht  nur 
etwas  als  selbständig  Gedachtes,  sondern  auch  schon  äußerlich, 
seiner  unabhängigen,  unflektierten  Form  nach,  etwas  „Selbstän- 
diges" darstellt,  so  könnte  es  vielleicht  noch  passender  als  mit 
„Urständ"  oder  „Unterstand"  mit  dem  —  jüngeren  Schülern  freilich 
m.  Er.  ebenfalls  nicht  gerade  leicht  und  unmittelbar  verständlichen 
—  Ausdruck  „Selbstandswort"  („Selbstand")  des  Satzes 
bezeichnet  werden,  Grimms  Wörterbuch  (X.  Band,  von  1900)  be- 
zeichnet mit  „Selbst-Stand"  ein  selbständiges  (einziges,  ungeteiltes) 
Ding  und  gibt  „Selbststand- wort"  als  Übersetzung  von  substan- 
tivum  (s.  0.  „Unterstand")  an. 

Zu  den  allgemein  üblichen  Bezeichnungen  „grammatisches" 
und  „logisches  Subjekt"  [bei  H.  nicht  erwähnt]  noch  eine 
kurze  Bemerkung: 


*)  D.  h.  das  die  Personen-  und  Zahlform  der  Aussage  „richtende 
(bestimmende)  Ding".  [Betr.  „Ding"  s.  Fußnote  zu  Nr.  1.]  Vgl.  hierzu 
z.  B.  „Richtschnur**  =  die  Schnur,  welche  die  Richtung  bestimmt  oder 
nach  der  etwas  gerichtet  wird. 

*)  Der  „Unterstand"  =  das  Unter-ständige  (wörtlich  =  lat. 
snb-stantivum)  =  das  Unterstellte  =  das  Untergeordnete,  Unter- 
worfene =  sub-jectum.  Das  Wort  „Subjekt**  im  grammatischen 
Sinn  bedeutet  also  wohl  ursprünglich:  das  der  Betrachtung  oder  Be- 
sprechung „Unterworfene"  =  der  „Gegenstand*^*  der  Besprechung.  Vgl. 
oben:  der  „Satzgegenstand'''  =  das  „Hauptding"   des  Sat7.cs. 


2S4  Ackerknecht,  Zur  Verdeutschung  und 

In  Sätzen  wie  z.B.:  „Es  eilen  die  Stunden^'  unterscheidet 
man  zwischen  1.  d^m  grammatischen  (=  scheinbaren^ 
äußerlichen)  Subjekt  oder  „Subjektsank findiger'^  „es^^  und 
2.  dem  logischen  (denkrichtigen)  oder  wirklichen  (eigentlichen) 
Subjekt  („die  Stunden").  Im  Deutschen  „richtet"  sich  das  aus- 
sagende bezw.  das  „personenbildende"  Zeitwort  nach  dem  „wirk- 
lichen Richtdiug"  (Werding)*,  im  Französischen  nach  dem 
scheinbaren. 

33.  Das  Objekt^)  ist  nach  seinem  Wesen  und  seinem  Gebrauch 
in  der  Sprachlehre  die  mehr  oder  weniger  notwendige  Er- 
gänzung zum  Prädikat  —  Objekt  =  Prädikats-Er- 
gänzung; Aussage-Ergänzung  —  und  zwar  entweder  zu  einem 
ergänzungsbedUrftigen^)  Aussage-Zeitwort  [z.B.:  Er  be- 
darf des  Trostes]  oder  zu  einem  aussagenden  Eigenschafts- 
wort oder  Beiwort  [z.B.:  Er  ist  des  Trostes  bedürftig],  — 
kann  jedoch  auch  unabhängig  von  einer  Satzaussage  als  Ergänzung 
(als  ergänzende Beiftlgung  oder  Bestimmung)  zu  einem  attributiven 
Eigenschaftswort  oder  [H.]  beifügenden  Beiwort  gebraucht 
werden  [z.  B.:  ein  des  Trostes  bedürftiger  Mensch]  und  ist  in 
diesem  Fall  m.  Er.  gewissermaßen  als  ein  „unechtes"  *  (d.  h.  nicht 
zu  einer  Satzaussage  gehöriges)  Objekt^ anzusehen. 

In  allen  drei  obigen  Fällen  aber  bezeichnet  das  Objekt  das 
Ziel  oder  das  Ding  [H.:  den  Gegenstand],  auf  das  die  Tätigkeit 
des  Zeitworts  oder  Tätigkeitsworts  [z.  B. :  Er  waltet  seines  Amtes] 
oder  auf  das  —  auch  im  Fall  seiner  „unechten"  Verwendung  — 
die  Eigenschaft  des  Beiworts  oder  Eigenschaftsworts  gerichtet 
ist  oder  hinzielt;  z.  B.:  Er  kennt  den  Weg,  ist  des  Weges 
kundig  [ein  des  Weges  kundiger  Führer];  er  ist  der  Ehre  würdig, 
des  Lebens  überdrüssig,  der  Tat  verdächtig,  des  Vergehens  schuldig 
—  seinem  Retter  dankbar  (für  die  Rettung  dankbar)  usw. 


*)  Ob-jeetum  =  das  Entgegen-geworfene,  Entgegengestellte  = 
das  Gegenständige  =  [H.]  der  „Gegenstand^  [„Unterstand^  =  sub- 
jectum  8.  bei  Nr.  32]. 

»)  Ergänzungöbedürftig  —  oder  „zielend«!  (s.  o.  Nr.  30)  — 
sind  nicht  nur  die  transitiven  Zeitwörter  (Wen-Zeitwörter),  sondern 
auch  diejenigen  intransitiven  (wenlosen),  die  eine  Ergänzung  im  Wesfall 
oder  Wemfall  bedürfen,  zum  Unterschied  von  den  völlig  ergänzungs- 
losen —  oder  völlig  „ziellosen"!  (s.  Nr.  30)  —  d.  h.  von  denjenigen  in- 
transitiven Zeitwörtern,  die  überhaupt  kein  Objekt  bei  sich  haben  oder 
bei  sich  htibcn  können. 


£rkläning  der  F^schausdrüoke  in  der  Sprachlehre.  2^6 

Ich  schlage  daher  als  passende  und  leicht  erklärbare  Ver- 
deatschong  vor: 

Objekt  =  Zielding*  =  Ziel*  oder  Ergänzung;  und 
zwar: 

,,echtes^^  *  Objekt  =  Zielding  des  Satzes  oder  der  Aussage* 
=  Satz-Ziel*  oder  Aussage-Ziel*  (Prädikats-Ziel)  =  Aussage-Er- 
gänzung* [H.:  (Satz-)Gegen8tand] ;  z.  B.: 

Genitiv-Objekt  =  Ziel(ding)  im  Wessenfall*  = 
We8-Ziel(ding)*  oder  Wes-Ergänzung*  [H.:  Wes-Gegen- 
stand];  —  desgl.: 

Dat-Obj.  =  Wem-Ziel*   Akk.-Obj.  =  Wen-Ziel*; 

Präpositions-Objekt  [bei  H.  nicht  erwähnt]  =  V o r s e t z- 
wort-Ziel*  =  Vorsetzwort-Ergänzung*  =  Verhältniswort- 
Ziel*  oder  Verhältnis(wort)-Objekt;  z.B.:  Er  schreibt  an  den 
Freund  oder  (mit  Wem-Ziel)  dem  Freund(e). 

34.  Apposition  =  der  (zu  dem  betr.  ^^Beziehungswort"  ge- 
hörige) erklärende  Beisatz  =  Beisatz-Hauptwort*  [H.: 
beifügendes   Hauptwort   —   vgl  hierzu:   beiftlgend  =  attributiv]. 

35.  Ein  nicht  erweiterter  einfacher  Satz  =  ganz  ein- 
facher [H.]  oder  nackter  Satz. 

36.  Hauptsätze  =  selbständige*  oder  [H.]  unab- 
hängige Sätze:  teils Behauptnngssätze  (Mitteilungssätze)  oder 
Aussagesätze  [H.:  Sagesätze],  teils  [wie  H.]  Fragesätze^  Wunsch- 
sätze, Befehlssätze  oder  Ausrufsätze. 

37.  Nebensätze  =  unselbständige*  oder  [H.]  abhängige 
oder  untergeordnete*  Sätze  (vgl.  Nr.  12). 

38.  Über  die  (aus  mehreren  ,,einfachen"  Sätzen)  „zusammen- 
gesetzten" Sätze  dürfte  das  Wesentlichste  in  aller  Kürze  etwa 
folgendermaßen  zu  erklären  sein: 

Wenn  man  lauter  Hauptsätze  miteinander  ,, verbindet" 
[meist  je  durch  ein  beiordnendes  ,,Bindewort"y  s.  Nr.  13]  —  z.  B. : 
Der  Vater  wurde  krank,  ,,und"  die  Mutter  war  gestorben  —  so 
entsteht  eine  „Hauptsatz-Verbindung"**)  oder  kurzweg 
„Satzverbindung"  [H.]. 

39.  Wird  aber  einem  Hauptsatz  (oder  mehreren)  noch  ein 
Nebensatz  (s.  Nr.  37)  oder  „untergeordneter"   Satz  hinten  oder 


*)  Ich  gebrauche  die  Bezeichnung  ^Hauptsatz-Verbindung  oder 
Satzverbindung^  schon  von  jeher,  um  damit  der  Verwechslung  von 
Satzverbindung  und  Satzgefüge  wirksam  zu  begegnen. 


256     Ackerkneoht)  Z.  Verdeutschg.  u.  Erklärg.  d.  Fachausdr.  etc. 

vom  bezw»  innerhalb  ,,angefügt"  bezw.  „eingefügt^^  [meist  durch 
ein  „unterordnendes^^  Bindewort^  s.  Nr.  12],  so  entsteht  ein  ,,Satz- 
geftige"  [H.];  z.B.:  Der  Vater  wurde  krank,  „als"  die  Mutter 
gestorben  war;  oder:  Der  Vater  wurde,  als  die  Mutter  gestorben 
war,  schwer  krank. 

40.  Hat  man  ferner  mehrere  miteinander  verbundene  einfache 
Sätze  (Hauptsätze  oder  Nebensätze),  die  ein  gleichlautendes 
Satzglied  haben  —  z.  B.  [mit  gleichem  Prädikat]:  Der  Vater 
wurde  krank,  und  die  Mutter  wurde  krank  —  so  kann  man 
sie  zu  einem  einzigen  Satz  „zusammenziehen",  indem  man  das 
gleichlautende  Satzglied  nur  einmal  setzt,  und  es  entsteht  so  (durch 
eine  Art  Verkürzung)  ein  „zusammengezogener"  Satz 
[H.:  zusammengesetzter  Satz]  mit  mehreren  Satzgliedern 
der  gleichen  Art  (mit  einem  „mehrfach  vorhandenen"  Satzglied)*); 
z.  B.  mit  mehreren  Subjekten  (mit  „mehrfachem  Subjekt"):  Der 
Vater  und  die  Mutter  wurden  krank.  —  Auf  diese  Weise  wird 
m.  Er.  der  „zusammengezogene"  Satz  von  den  „zusammengesetzten 
Sätzen"  —  in  ihrem  gewöhnlichen  Sinne  von  Satzverbindungen  und 
Satzgefügen  —  in  deutlicher  und  leicht  verständlicher  Weise  unter- 
schieden. 

Wenn  nun  auch  weder  in  den  Vorschlägen  des  Herrn  Ober- 
studienrat Hauber  noch  in  meinen  eigenen  Ausführungen  die  Fach- 
ausdrücke  der   Sprachlehre   vollständig  behandelt   sind  und  z.  B. 


*)  Die  in  den  Stuttgarter  Oberrealschulen  eingeführte  Auersche 
deutsche  Schulgrammatik  (vgl.  §  103  am  Schluß)  bezeichnet  —  in  Über- 
einstimmung mit  einigen  ähnlichen  Lehrbüchern  anderer  Verfasser  — 
z.  B.  den  Satz:  „Ich  kam,  sah,  siegte^'  als  einfachen  Satz  „mit 
mehrgliedrigem  Prädikat"  (m.  Er.  besser:  „mit  mehreren  Prädikaten"), 
da  hier  die  Znsammenziehung  derart  sein  soll,  daß  die  zwei  verkürzten 
Sätze  „ich  sah**  und  „ich  sicf^te'*  nicht  mehr  deutlich  erkennbar 
seien.  Meines  Erachtcns  sollte  man  von  solchen  (und  vielen  andern!) 
allzu  feinen  und  gekünstelten  Unterscheidungen  und  Spitzfindigkeiten 
in  einer  deutscheu  „ Schulgrammati k^^  gänzlich  absehen,  da  ihre  Be- 
handlung im  Unterricht  wohl  nur  einen  unfruchtbaren  Zeitverlust  be- 
deutet und  dazu  angetan  ist,  die  Schüler  mit  der  deutschen  Sprach- 
lehrstunde, die  ohnehin  einen  für  sie  wenig  anziehenden  Lehrstoff  bietet, 
gründlich  „anzuöden".  —  Jedenfalls  sollte  ein  Satz,  der  durch  „Zu- 
sammenziohung"  (aus  mehreren  einfachen  Sätzen  mit  gleichem  Satzglied) 
entstehen  kann,  m.  Er.  auch  als  „zusammengezogener  Satz*  .bezeichnet 
werden. 


ttajrhrer,  Der  erste  F^erienkurs  in  London.  2Sf 

di^jeDigön  der  Lautlehre  gänzlich  fehlen^),  so  wäre  es  doch  schon 
als  ein  großer  Fortschritt  zu  begrüßen,  wenn  wenigstens  über  die 
Verdeutschung  der  hier  behandelten,  für  den  Schulgebrauch 
nötigsten  grammatischen  „Grundbegriffe^^  —  über  deren  unklare 
Auffassung  die  ttblicheu  fremdsprachlichen  Bezeichnungen  dem  Denk- 
trägen so  bequem  hinweghelfen  —  eine  Verständigung  und  Einigung 
erzielt  würde*). 


Der  erste  Ferienkurs  in  London 

18.  Juli  bis  12.  August  1904. 
Von  Professor  Dr.  Rayhrer,  Stuttgart. 

Wer  als  Lehrer  der  neueren  Sprachen  ins  Ausland  geht  und 
nicht  einen  besonderen  wissenschaftlichen  Zweck  dabei  verfolgt, 
wird  sich  bei  seinem  Aufenthalt  von  einer  dreifachen  Absicht 
leiten  lassen.  Er  will  seine  Kenntnis  der  fremden  Sprache  er* 
weitern  und  befestigen,  namentlich  seine  Fertigkeit  im  mündlichen 
Gebrauch  derselben  vervollkommnen;  er  will  einigen  Einblick  ge- 
winnen in  den  Betrieb  der  fremdländischen  Schulen,  in  Schulsprache 

^)  In  der  Lautlehre  gebrauche  ich  z.  B.  für  Diphthong  „Zwie- 
laut*** für  Muta  „Verschlußlaut"  usw.  [Vgl.  meine  ^Methodische 
Anleitung  zur  französischen  Aussprache",  Lehrerausgabe;  —  z.  B.  auch 
„mouillierte"  =  jotierte*  Laute  u.  a.]  —  Nach  den  amtlichen 
«Regeln  für  die  deutsche  Rechtschreib i>ng'*  von  1902 
(Seite  4)  ist  Diphthong  =  ,,Doppellaut^.  Die  Selbstlautverbindungen 
au,i  eu,  ei  sind  jedoch  in  Wirklichkeit  keine  „doppelten"  Laute  wie 
z.  B.  diu  wirklich  doppelt  (zweifach)  lautenden  aa,  oo,  eee  in 
Kanaan,  Zoologie,  Laokoon,  Oolith,  Schneeebene,  Alleeen,  Armeeen, 
Orehideeen,  Ideeen  u.  a. 

*)  Nach  Empfang  meines  Mannskripts  ist  von  der  Schriftleitung 
des  Korresp.Bl.  (Herrn  Rektor  Dr.  K  l  e  1 1)  die  Frage  angeregt  worden, 
ob  ich  nicht  auch  zu  den  Thierer sehen  Vorschlägen  (Korresp.Bl. 
1905,  Heft  1)  Stellung  nehmen  wollte.  Ich  habe  jedoch  Abstand  davon 
genommen  und  bemerke  nur,  daß  ich  diesen  Vorschlägen,  soweit  sie 
nicht  in  meinen  Ausführungen  bereits  enthalten  sind,  im  allgemeinen 
nicht  zustimmen  könnte.  Daß  wir  auch  in  der  Sprachlehre,  wie  in 
jedem  andern  Fach,  in  katechisierender  (fragender)  Weise  unterrichten 
und  nach  Möglichkeit  —  bezw.  soweit  es  zweckmäßig  erscheint  — 
unsere  Schüler  zum  (teil weisen)  Selbstfinden  des  ».darzubietenden**  (oder 
vielmehr  durch  geschickte  Fragestellung  ,,zu  entwickelnden^')  Lehrstoffes 
veranlassen,  versteht  sich  ja  wohl  von  selbst 

Korretpondeiublatt  1906,  Heft  7. 


288  Rayhrer, 

und  Schulordnung;  und  er  will  neue  Eindrfloke  sammeln  von  der 
Art  und  Gesittung  des  Landes  und  Volkes.  Ein  Ferienkurs  pflegt 
seinem  ganzen  Wesen  nach  nur  einem  Teil  dieser  Ansprüche  zu 
genttgeu;  die  übrigen  müssen  durch  besondere  Bemühungen  be* 
friedigt  werden,  soweit  nicht  schon  der  Aufenthalt  im  fremden  Lande 
und  der  Verkehr  mit  seinen  Bewohnern  dies  bewirkt.  Der  erste 
Ferienkurs  in  London  hat  nun  in  höherem  Maße  als  wenigstens 
die  französisch-schweizerischen  Veranstaltungen  derselben  Art  auch 
weitergehenden  Anforderungen  genügt  oder  zu  genügen  gesucht: 
genügt;  weil  die  unterscheidende  Eigenart  der  Inselbewohner  gegen- 
über den  Europäern  des  Festlands  auch  bei  dieser  Gelegenheit  auf 
Schritt  und  Tritt  zutage  trat;  zu  genügen  gesucht,  indem  der  Kurs 
der  vorher  ergangenen  Ankündigung  entsprechend  und  noch  mehr 
in  seiner  Ausführung  mancherlei  unerwartete  Belehrungen  und  Auf- 
schlüsse bot. 

Schon  für  die  Unterbringung  der  Besucher  war  in  einer 
für  diese  sehr  bequemen  Weise  gesorgt.  Wer  sich  einige  Wochen 
vor  dem  Beginn  des  Kurses  anmeldete,  bekam  einen  Bogen  zuge- 
sandt, den  er  nur  auszufüllen  brauchte,  um  eine  passende  Unter- 
kunft nicht  zu  weit  vom  Imperial  Institute,  South  Kensington,  dem 
Heim  des  Kurses,  nachgewiesen  zu  erhalten.  Es  waren  Zimmer 
für  1  oder  2  Personen  vorgesehen,  der  Preis  mit  Verköstigung 
betrug  25 — 45  Schilling  für  den  einzelnen.  Man  sorgte  dafür,  daß 
nicht  zwei  Angehörige  desselben  Volkes  in  demselben  Hause  unter- 
gebracht wurden,  damit  die  Muttersprache  möglichst  wenig  gebraucht 
werde.  Die  Beschaffenheit  von  Wohnung  und  Kost,  sowie  die 
übrigen  Verhältnisse  richtete  sich  natürlich  nach  der  Bezahlung. 
Im  allgemeinen  aber  glaubten  die  Kursbesucher  auf  die  Fragen  des 
Direktors  und  seiner  Gehilfinnen  versichern  zu  können,  daß  sie  in 
ihren  Pensionen  „comfortable^^  seien,  wobei  dann  die  nicht  selten 
zu  hörende  Aussprache  „komfortehber*  eine  willkommene  Unterlage 
für  spätere  Belehrungen  bot. 

Wie  schon  diese  Aussprache,  so  zeigte  die  bald  geschlossene 
Bekanntschaft  mit  den  Besuchern,  daß  ziemlich  viele  derselben 
nicht  bloß  zum  ersten  Male  nach  London  gekommen  waren,  sondern 
überhaupt  erst  seit  einiger  Zeit  englisch  lernten,  Leute,  die  wohl 
hauptsächlich  durch  die  Ankündigung  von  Sprechübungen  für  „ele- 
mentary  and  advanced  students^^  angezogen  worden  waren.  Doch 
waren  auch  viele  gründlich  gebildete  Teilnehmer  beiderlei  Geschlechts 
anwesend.   Eine  stattliche  Zahl  stellten,  wie  immer,  die  Deutschen. 


tter  erste  Ferienkurs  in  London.  25d 

Mit  ihren  66  Mann  (darunter  4  Schwaben)  standen  sie  an  der 
Spitze  der  vertretenen  Länder.  Im  ganzen  waren  Angehörige  von 
etwa  15  verschiedenen  Völkern  anwesend.  Hier  machte  sich  offen- 
bar sowohl  die  Bedeutung  Londons  als  Mittelpunkt  des  Weltver- 
kehrs als  auch  seine  Lage  im  Nordwesten  Europas  geltend.  Stark 
war  der  Besuch  aus  Frankreich,  Holland  und  Skandinavien.  Aber 
auch  Italien,  Spanien  und  Argentinien  waren  der  Einladung  gefolgt. 
Die  bei  Kursen  französischer  Zunge  stets  zahlreich  vorhandenen 
Russen  glänzten  „Verhältnisse  halber^*  durch  gänzliche  Abwesenheit ; 
dagegen  hatte  das  siegessichere  Japan  einen  seiner  Söhne  geschickt, 
der  während  seines  zweijährigen  Aufenthalts  in  Europa  zunächst 
das  verbündete  England  besuchte.  Mit  dem  Rufe  Londons  als  Hort 
des  Familienlebens  hing  es  wohl  zusammen,  daß  auch  einige  Ehe- 
paare an  dem  Kurs  teilnahmen. 

Doch  von  den  Schülern  zu  den  Lehrern  und  ihren  Dar- 
bietungen! Der  veranstaltende  Ausschuß  setzte  sich  zusammen 
aus  Mitgliedern  der  University  of  London  —  früher  bekanntlich 
nur  eine  Pfüfungsbehörde,  seit  1900  eine  Hochschule  mit  einer 
Anzahl  von  Colleges  — ,  aus  Vertretern  der  Teachers  Guild  of 
Great  Britain  and  Ireland,  die  schon  seither  Ferienkurse  für  Eng- 
länder auf  dem  Festlande  geschaffen  hatte,  und  aus  Kräften,  d.  h. 
einer  Dame  vom  Board  for  the  Extension  of  University  Teaching. 
Der  tatsächliche  Veranstalter  und  ausführende  Leiter  war  Professor 
Walter  Rippmann,  M.  A.,  Lehrer  des  Deutschen  am  Queen's 
College,  einer  zu  der  University  of  London  gehörigen  Anstalt  für 
höhere  Mädchenbildung,  zugleich  vom  Londoner  Stadtschulrat  be- 
auftragter Inspektor  höherer  Schulen  aller  Gattungen,  auch  Heraus- 
geber verschiedener  Schulbücher  zur  Erlernung  des  Deutschen  und 
Französischen.  Aus  einer  ursprünglich  schwäbischen  Familie  stam- 
mend, zum  Teil  auf  deutschen  Schulen  und  Universitäten  ausgebildet 
—  er  hat  auch  eine  Zeitlang  das  Eberhard-Ludwigs-Oymnasium  in 
Stuttgart  und  das  Lyzeum  in  Öhringen  besucht  — ,  spricht  er 
fließend  deutsch,  wenn  auch  mit  leichtem  englischen  Anflug.  Neben 
seiner  Gewandtheit  und  Bildung,  seinem  Witz  und  seiner  Liebens- 
würdigkeit befähigte  ihn  also  jedenfalls  auch  der  Umstand  zur 
Leitung  eines  ftU"  Ausländer  bestimmten  Kurses,  dass  er  Sprache 
und  Sitte  mindestens  eines  fremden  Landes  kennt.  Auch  der 
Stab  seiner  gewöhnlich  bei  ihrem  ersten  Auftreten  mit  empfehlenden 
Worten  eingeführten  Mitarbeiter  beiderlei  Geschlechts  war  gut  ge- 
wählt.   Am  meisten   entsprachen   dem  deutschen  Geschmack  nach 


260  Rayhrer, 

Aasseben,  Auftreten  und  Darbietangen  Dr.  Edwards,  der  gelebrt«'. 
Pbonetiker  der  Universität  und  Mitinspektor  Rippmanns,  der  auf 
Grund  einer  Arbeit  Über  japanische  Lautlehre  in  Paris  zum  Doktor 
gemacht,  auch  das  Deutsche  und  Französische  für  seine  Aufgabe 
genügend  kannte,  und  Dr.  Heath,  Direktor  im  Board  of  Edu- 
cation  —  bei  uns  etwa  einem  vortragenden  Rat  im  Kultministeiium 
entsprechend  — ,  der  seine  wirklich  schwierige  Aufgabe,  in  einer 
Stunde  über  die  englische  Schulgesetzgebung  zu  unterrichten,  mit 
meisterhafter  Klarheit  und  Kürze  zu  lösen  verstand.  Eine  ganz 
andere  Gestalt  war  der  Vortragskflnstler  des  Kurses  und  des 
Queen's  College,  Mr.  Macdonald,  der  in  4  Stunden  bekannte 
und  unbekannte  Stücke  in  gebundener  und  ungebundener  Rede  mit 
gutem  Ausdruck  und  unter  großem  Beifall  zu  Gehör  brachte.  Die 
heiteren  Abschnitte  gelangen  ihm,  der  schon  äußerlich  den  Charakter- 
komiker  darstellte,  entschieden  besser  als  die  ernsten  und  traurigen, 
unter  denen  Miltons  Lycidas  besonders  unglücklich  gewählt  war. 
Der  gemütliche  alte  Herr,  den  man  auch  auf  Ferienkursen  gern 
sieht  und  hört,  war  vertreten  durch  den  Herausgeber  des  ,,Joumal 
of  Education",  Mr.  Francis  Storr,  der  eine  Stunde  lang  über  die 
öffentlichen  Schulen  in  England  sprach,  freilich  mit  seinem  „chat^ 
oder  „gossip^^,  wie  er  selbst  seinen  Vortrag  nannte,  die  Eleganz 
einer  „causerie"  nicht  erreichend.  Eher  gelang  es  Mr.  Brereton, 
in  seiner  Vergleichung  der  französischen  und  englischen  Schulen 
etwas  wie  eine  ,,esquisse^'  zu  bieten,  und  seine  Gegenüberstellung 
der  Schulknaben  zu  beiden  Seiten  des  Kanals  war  jedenfalls  mit 
,.esprit^^  ausgeführt.  Rein  auf  englischem  Boden  bewegten  sich  dann 
wieder  Mr.  Hall  Griff  in,  der  Literarhistoriker,  und  Mr.  Graham 
Wallas,  der  Kenner  von  Staats-  und  Gemeindeverfassung.  Griffin, 
Professor  für  englische  Literaturgeschiche  am  Qneen^s  College,  be- 
handelte mit  dem  Tonfall  des  gebildeten  englischen  Predigers, 
freilich  auch  mit  einer  erst  allmählich  leichter  verständlichen  Aus- 
sprache, in  vier  Vorlesungen  die  ganze  englische  Literaturgeschichte 
des  vorigen  Jahrhunderts,  eine  Aufgabe,  die  auch  bei  reichlicher 
Benützung  grapliischcr  Mittel  zur  Darstellung  der  zeitlichen  Ver- 
hältnisse nicht  befriedigend  gelöst  werden  konnte.  Nur  die  letzte 
Stunde,  in  der  der  Vortragende  bei  Carlyle  und  Ruskin  länger  ver- 
weilte, war  eigentlich  genußreich  zu  nennen.  Des  letzteren  Auf- 
fassung von  Art  und  Aufgabe  der  Kunst  schien  sich  der  Redner 
ganz  zu  eigen  gemacht  zu  haben.  Was  er  bei  reichlicher  Zeit  und 
beschränktem  Stoff  leisten  konnte,  zeigte  ein  abendlicher  ändert- 


Der  erste  Ferienkurs  in  London.  261 

halbstündiger  Vortrag  (mit  zahllosen  Lichtbildern  vom  Ort  der 
Geschichte)  über  Robert  Broweings  seltsames  und  schwieriges  Ge- 
dicht „The  Ring  and  the  Book",  wobei  der  Redner  vorzüglich  zu 
erzählen  und  vorzutragen  wußte.  Mr.  Wal  las,  der  es  untemahra, 
die  öffentlichen  Einrichtungen  in  Staat  und  Gemeinde  in  zwei  Vor- 
lesungen zu  behandeln,  hatte,  wie  Griffin,  ein  sehr  umfangreiches 
Gebiet  gewählt.  Doch  entledigte  er  sich  seiner  Aufgabe  mit  Ge- 
schick und  Erfolg.  Mit  feinem  Lächeln  beleuchtete  er  die  Schwächen 
des  geschichtlich  Gewordenen  auf  beiden  Gebieten,  die  wachsenden 
Gefahren  und  Schwierigkeiten  des  parlamentarischen  Systems,  die 
Rttckständigkeit  der  großen  Stadtverwaltungen  gegenüber  denjenigen 
des  Festlands,  die  Abneigung  des  Engländers  gegen  wissenschaft- 
liche Beschäftigung  mit  den  einschneidenden  Fragen  und  gegen 
Anstellung  von  besoldeten,  studierten  und  nichtstudierten  Beamten, 
dabei  überall  Ausblicke  in  die  Erfordernisse  und  Möglichkeiten  der 
Zukunft  eröffnend.  Das  Bedürfnis  des  deutschen  Hörers  wurde 
freilich,  was  die  Art  des  Auftretens  und  Vortrags  betrifft,  erst  voll 
befriedigt,  als  in  der  vierten  Woche  Professor  Vietor- Marburg  er- 
schien, um  in  anderthalbstündiger  Rede  über  den  englischen  Unter- 
richt an  deutschen  Schulen  und  Universitäten  zu  berichten.  Gegenüber 
der  vielfach  schauspielerischen  Art  der  englischen  Redner  in  ihren 
Bakkalaureus-,  Magister-  und  Doktortalaren  machte  sein  schlichtes 
Aussehen  und  Auftreten,  sein  Vortrag  fast  ohne  jede  Gebärde,  sein 
einfacher  schwarzer  Gehrock  schon  äußerlich  den  Eindruck  des 
Grundtüchtigen  und  Tiefernsten.  Von  Rippmann  mit  der  Bemerkung 
eingeführt,  daß  Vietor  keiner  Einführung  bedürfe,  entschuldigte  sich 
dieser  zunächst  in  englischer  Sprache,  weil  er  seinen  Vortrag 
deutsch  halte  —  sein  Englisch,  sagte  er,  würde  allzu  sehr  den 
Eindruck  des  „Made  in  Germany"  machen  — ,  und  behandelte 
dann  seine  Aufgabe  mit  meisterhafter  Gründlichkeit  und  Übersicht- 
lichkeit. 

Aber  auch  von  den  übrigen  Rednern  wurde  inhaltlich  vielerlei 
und  Gutes  geboten,  und  die  beschränkte  Zeit  von  je  einer  Stunde 
war  meist  nur  zu  reichlich  ausgefüllt.  Den  größten  Aufwand  an 
Zeit  erforderten  übrigens  innerhalb  der  schon  genannten  Vorlesungen 
und  neben  denselben  drei  Gruppen  von  Vorträgen  und  Übungen, 
die  dem  ganzen  Kurs  sein  Gepräge  gaben.  Sie  gehörten  sozusagen 
zum  täglichen  Brot,  auch  wenn  nicht  jede  Gruppe  alle  Tage  ver- 
treten war,  denn  sie  hingen  unter  sich  wieder  enge  zusammen.  Es 
waren  die  Vorlesungen  und  Übungen  über  Phonetik,   die  Vorträge 


262  Rayhrer, 

über  die  Methode  des  neusprachlichen  Unterrichts,  die  Reden  über 
das  englische  Schulwesen. 

Was  man  in  den  Vorlesungen  und  Übungen  über 
Phonetik  hörte,  die  Dr.  Edwards  mit  Unterstützung  von  Professor 
Rippmann  hielt,  war  in  der  Hauptsache  nichts  Neues.  Doch  war 
schon  die  Tatsache  von  großem  Wert,  daß  —  meines  Wissens  zum 
erstenmal  —  von  englischen  Universitätsprofessoren  für  Ausländer 
über  englische  Aussprache  vorgetragen  wurde.  Durchweg  wurde 
eine  starke  Abneigung  gegen  das  Eindringen  der  Londoner  Mund- 
art in  die  Sprache  der  Gebildeten  zur  Schau  getragen.  Vor  der 
Aussprache  von  „mucli'*  =  matsch  und  von  ,,town^^  =  tfton  wurde 
gewarnt;  Übertreibungen  und  Altertümlichkeiten,  wie  die  Aussprache 
von  „welP^  mit  sehr  stark  zurückgebogener  Zungenspitze  und  von 
„which"  mit  hörbarem  h-w  wurden  verworfen,  und  ersteres  der 
Mundart,  letzteres  den  höheren  Töchterschulen  zugewiesen.  In 
manchen  Fällen  trat  auch  Unsicherheit  hervor,  so  bei  der  feineren 
oder  gröberen  Aussprache  von  „sure^^,  und  gewisse  Unterschiede 
bei  den  Mitlautern,  die  sogar  in  unsern  Schulen  gelehrt  werden, 
wie  die  Verschiedenheiten  bei  b,  d,  g  und  dem  Zungen-r,  wurden 
nicht  erwähnt.  Dagegen  erfuhr  man  einiges  Beachtenswerte  über 
die  Veränderung  des  Werts  der  Selbstlauter  je  nach  der  Betonung 
und  über  den  Ton  der  Wörter  im  Zusammenhang  des  Satzes.  Dem 
von  Rippmann  erteilten  Rat,  im  ersten  fremdi^rachlichen  Unterricht 
Lautzeichen  zu  verwenden,  kann  ich  trotz  seines  Vorgangs  in  dem 
von  ihm  herausgegebenen  ersten  englischen  Lesebuch  nicht  bei- 
stimmen. Die  angestellten  phonetischen  Übungen  litten  übrigens 
beträchtlich  unter  der  zu  großen  Zahl  der  Teilnehmer  —  der  ganze 
Kurs  war  dabei  zugegen  —  und  an  mangelnder  Stimmanstrengung 
der  zumeist  weiblichen  Vortragenden. 

Wenn  schon  bei  dieser  Oelegenheit  manche  Winke  für  den 
Unterricht  gegeben  wurden,  so  befaßte  sich  eine  Reihe  von  Vor- 
trägen Rippmanns  mit  der  gesamten  Methode  des  neusprach- 
lichenUnterrichts.  So  sehr  dieser  Gegenstand  dem  Vortragenden 
als  begeistertem  Anhänger  neuerer  Bestrebungen  und  Inspektor  höherer 
Schulen  nahe  lag,  so  konnte  man  sich  doch  fragen,  ob  es  angezeigt 
war,  denselben  vor  einer  Zuhörerschaft  von  Ausländem  zu  be- 
handeln, die  sich  großenteils  zu  Hause  schon  mit  diesen  Fragen 
befaßt  hatten  oder  deren  heimatliche  Wissenschaft  wenigstens  den 
Engländern  erst  die  neuen  Wege  zu  weisen  begonnen  hatte.  Doch 
wurden  immerhin  einem   Teil   der  Anwesenden  ganz  offenbar  bis 


Der  erste  Ferienkurs  in  London.  263 

dahin  ungeahnte  Tiefen  der  Lehrkunst  erschlossen^  das  Ganze  wurde 
mit  Frische  und  Wärme  vorgetragen,  und  einzelne  Schilderungen 
waren  von  vorzüglichem  Humor  erfüllt.  Und  auch  wem,  abgesehen 
von  Kleinigkeiten,  nichts  Neues  geboten  wurde,  der  mußte  doch 
mit  freudigem  Staunen  bemerken,  wie  ernsthaft  jenseits  des  Kanals 
die  Umgestaltung  des  neusprachlichen  Unterrichts  betrieben  wird, 
der  übrigens  jetzt  schon  in  den  Mädchenschulen  besser  sein  soll 
als  in  den  Knabenschulen.  Rippmann  selbst  steht  vollständig  auf 
Seiten  der  Reform  und  vertritt  ihre  einzelnen  Forderungen  mit 
Nachdruck.  Auch  er  will  übrigens,  wie  die  „vernünftigen"  Reformer, 
die  Muttersprache  nicht  ganz  aus  dem  Unterricht  verbannt  wissen, 
und  legt  Wert  auf  inhaltlich  ansprechende  und  bildende  Lese- 
stücke. Es  ergab  sich  hier,  wie  in  der  Abneigung  gegen  die  alten 
Sprachen  als  Bildungsmittel,  eine  weitgehende  Übereinstimmung 
zwischen  seinen  Ausführungen  und  dem  entsprechenden  Teil  der 
Vorlesung  Victors,  der  seinen  bekannten  Standpunkt  mit  Schärfe 
vertrat. 

Wie  die  Vorträge  des  Direktors  dem  Ausländer  einen  deut- 
lichen Einblick  in  die  einsetzende  Besserung  auf  dem  von  ihm  be- 
handelten Gebiet  gewährten,  so  zeigten  die  schon  erwähnten  Vor- 
träge über  das  englische  Schulwesen  und  die  englische  Schulgesetz- 
gebung, daß  sich  alle  Fragen  der  Erziehung  und  des  Unterrichts 
in  England  gegenwärtig  im  Fluß  befinden.  Es  ist  wahrhaft  er- 
staunlich, zu  sehen,  wie  die  fachmännischen  Kreise  jetzt  dem  hei- 
mischen Schulwesen  dieselbe  Beurteilung  widerfahren  lassen,  die 
von  den  Bewohnern  des  Festlands  und  von  den  englischen  Humoristen 
und  Satirikern  schon  längst  geübt  wird.  Viel  zu  sehr  und  viel 
zu  lange  —  so  tönt  es  wieder  und  wieder  —  haben  Staat  und 
Gemeinde  die  Bildung  der  Kinder  dem  Willen  oder  Nichtwillen  der 
Eltern,  dem  Bedürfnis  von  Körperschaften  und  Zünften,  dem  Unter- 
nehmungsgeist oder  der  Gewinnsucht  Unberufener  überlassen.  So 
bildeten  sich  die  bekannten  Mißstände  heraus:  die  Stellung  des 
Anstaltsvorstands,  gewöhnlich  eines  Geistlichen,  mit  seiner  vielfach 
unmöglichen  dreifachen  Aufgabe  als  Lehrer,  Rektor  und  Pensionats- 
inhaber, der  Mangel  an  Einrichtungen  zur  Ausbildung  der  Lehrer 
und  die  große  Anzahl  —  etwa  V3  sind  es  noch  —  nicht  fach- 
männisch geschulter  Lehrer,  ihre  ungenügende  Bezahlung  und  unter- 
geordnete gesellschaftliche  Stellung,  die  erbärmliche,  auf  das  Ein- 
pauken nnd  Auswendiglernen  eingerichtete  Unterrichtsweise  mit  den 
ungezählten  Prüfungen,  die  geringen  Leistungen  der  Schuler,  selbst 


264  Kayhrer, 

in    der  Mattersprache.    Gerade   die  reich  mit  Geldmitteln  ausge- 
statteten  und   deshalb   sehr   unabhängigen  altbertlhmten  Colleges, 
wo  die  Jugend  der   ersten  Familien  des  Landes  ihre  Ausbildung 
genießt,  sind  dringend  einer  Umgestaltung  bedürftig;  mit  ihrer  ein- 
seitigen Bevorzugung  der  alten  Sprachen  sind  sie  völlig  hinter  der 
Zeit  zurückgeblieben;  ihre  tatsächlichen  Erfolge  in  der  geistigen 
Bildung   der  Insassen  sind  minderwertig,    was   den  nicht  wunder- 
nehmen wird^  der  z.  B.   die  dunkeln,  nur  aufs  notdürftigste  aus- 
gestatteten Lehrzimmer  in  dem  sonst  so  prächtigen  Eton  College 
gesehen  hat;  ihr  bloßes  Dasein  und  Sosein  ist  ein  Hindernis  für 
die    Hebung    des  höheren    Schulwesens    überhaupt.     Aber    schon 
das  vorige  Jahrhundert  hat  wirksame  Anfänge  der  Besserung  all 
dieser  Zustände  gemacht,  und  das  neue  schreitet  auf  dieser  Bahn 
fort.    Die   Gesetzgebung  hat  eine  oberste  Schulbehörde  (Board  of 
Education)  und  Bezirks-  und  Ortschulräte  geschaffen;  die  Gemeinden 
und  Grafschaften  haben  durch   den  Bau  von  Schulen  und  die  Be- 
.zahlung  von  Lehrern  dafür  zu  sorgen,  daß  der  Schulzwang  durch- 
geführt werden  kann.     Ein  großer  Fortschritt  ist   dadurch  erzielt 
worden,   daß   schon  auf  Anregung  des   Prinzgemahls  Schulen  mit 
einer  gewissen  Stundenzahl  für  Naturwissenschaften  —  etwa  unseren 
Oberrealschulen  entsprechend  —  Staatsunterstützung  erhielten,  wor- 
unter  dann   freilich   der  Unterricht  in   den  neueren   Sprachen  zu 
leiden  hat.    Um   eine  Besserung  auf  letzterem  Gebiet  zu  erzielen, 
fordern  die  Inspektoren  Professor  Rippmann  und  Dr.  Edwards  in 
ihrem  neuesten  Bericht  für  die  Grafschaft  London  unter  anderem 
Einrichtung   von  Lesezimmern  mit  fremdsprachlichen  Anschauungs- 
stoffen für  Schüler,  Anstellung  fachmännisch  gebildeter  Lehrer  neben 
oder  an  Stelle  der  den  fremdsprachlichen  Unterricht  seither  erteilenden 
Klassenlehrer,  mehr  und  höhere  Beiträge  für  den  Besuch  von  Ferien- 
kursen und  für  mehrmonatlichen  Aufenthalt  im  Ausland,  Schaffung 
von  Wanderlehrern    mit    gutem    Gehalt    zur  Vertretung    während 
dieser  Zeit  und  —  last  not  least  —  Ernennung  eines  neusprachlich 
geschulten    Mitglieds    der    Oberschulbehörde.       Die    Vereinigung 
höherer   Lehrer   ihrerseits    verlangt   Neuordnung   der   Gehaltsver- 
hältnisse,   genügende   Vorbildung   der   Bewerber   und   regelmäßige 
Besichtigung   der  Anstalten    durch   technische   Inspektoren.    Auch 
auf  anderen  Gebieten  des  Schulwesens  sind  vielversprechende  An- 
sätze zur  Besserung  gemacht  und  manche  Versuche  neuester  Art 
im  Gang.    Für  arme  Kinder  werden  Ferienschulen  gegründet,  in 
ländlicher    Umgebung    erheben    sich    Anstalten    mit   gleichmäßiger 


Der  erste  Ferienkurs  in  London.  265 

Übung  in  körperlieher  und  geistiger  Arbeit^  in  London  selbst  er- 
zielt eine  höhere  Schale  mit  gemeinsamer  Erziehung  beider  Ge- 
schlechter gute  Erfolge.  Auch  die  Universitätsbildung  wird,  wie 
der  Rektor  der  University  of  London,  Sir  Arthur  Rttcker,  in  der 
den  Kurs  eröffnenden  Ansprache  ausführte,  fortschreitend  im  Sinne 
vielseitigerer  Unterrichtsgebiete,  zahlreicherer  Anstalten  und  höherer 
staatlicher  Unterstützungen  ausgestaltet,  und  die  Bewegung  für 
Yolkshochschulkurse,  über  die  ein  Vortrag  des  Sekretärs  für  London, 
Mr.  Roberts,  unterrichtete,  eine  Bewegung,  die  in  England  frei- 
lich viel  notwendiger  und  berechtigter  ist  als  bei  uns,  hat  im  ganzen 
Lande  große  Ausdehnung  gewonnen. 

Von  dem  Ferienkurs  für  Ausländer,  der  ja  auch  eine  Neuerung 
auf  dem  Gebiet  des  Hochschulwesens  in  England  ist,  habe  ich  zunächst 
noch  die  Sprech-  und  Aufsatzübungen  zu  erwähnen.  Wer 
nicht  zum  erstenmal  nach  England  kam,  schon  einige  Gewandtheit  im 
Sprechen  hatte  und  sich  in  einer  guten  Pension  befand,  konnte  sich 
die  18  halbe  Stunden  Sprechübungen  großenteils  schenken.  Die  Ge- 
sprächsgegenatände,  fürsorglich  für  jede  Stunde  festgesetzt,  waren 
zwar  gut  gewählt,  die  aus  etwa  je  zwölf  Mitgliedern  bestehenden 
Abteilungen  waren  weise  gemischt  und  die  Lehrkräfte  zum  Teil 
vorzüglich.  Auch  daß  die  meisten  Stunden  im  Garten  stattfanden, 
mochte  für  manche  seinen  Reiz  haben.  Aber  es  ist  kein  Ver- 
gnügen und  kein  Gewinn,  das  grausige  Gestotter  von  Anfängern 
im  Englischen  auch  während  der  Ferien  anzuhören,  und  auch 
zn  Füßen  einer  Lehrerin  oder  gar  Studentin  zu  sitzen  und  sich 
von  einer  solchen  Fragen  stellen  zu  lassen,  war  für  den  älteren 
männlichen  Besucher  kein  erhebendes  Gefühl.  Um  diesen  Übungen 
aufzuhelfen,  wurden  mit  Recht  in  der  letzten  der  Kritik  gewid- 
meten Stunde  Lese-  und  Yortragsübungen  vorgeschlagen.  Mehr  zu 
empfehlen  waren  die  Übungen  im  Aufsatz,  genauer  in  der  schrift- 
lichen Wiedergabe  vorgelesener  Stücke.  Wer  hier  das  Glück  hatte, 
einen  gebildeten  Lehrer  mit  gutem  Stilgefühl  zu  bekommen,  der 
konnte  bei  den  immer  schwieriger  werdenden  Stücken  und  bei  der 
nachfolgenden  Besprechung  wirklich  etwas  lernen,  und  diese  Übungen 
bieten  auch  wohl  einen  Fingerzeig,  wie  die  oft  behandelte  Frage 
der  fremdsprachlichen  Aufsätze  an  den  höheren  Schulen  ohne  zu 
hohe  Anforderungen  an  die  Schüler  und  ohne  zu  große  Korrektur- 
last ftlr  die  Lehrer  gelöst  werden  kann. 

So  konnte  der  Kurs  in  Hauptvorlesungen  und  Übungsstunden 
dem  Lehrer  vom  Ausland  mancherlei  Anregung  geben,  dem  Lehrer, 


266  Rayhrer, 

weil  er  im  Unterschied  von  den  französischen  Sprachkursen  vor- 
wiegend das  Schulwesen  und  die  Lehrmethode  behandelte,  dem  Aus- 
länder, weil  er  im  Unterschied  von  den  englischen  Sommermeetings 
ganz  für  Nichtengländer  berechnet  war.  Er  wird  noch  fruchtbarer 
werden,  wenn  er,  wie  für  dieses  Jahr  geplant  ist,  von  vornherein 
von  AnfUngern  als  Teilnehmern  absieht,  wenn  femer  die  Zahl  der 
Hörer  beschränkt  wird,  und  er  wird  auch  noch  genußreicher  werden, 
wenn  die  von  den  Besuchern  gegebenen  Anregungen  auf  Abhaltung 
von  Vorlesungen  über  Kunst  und  kleinere  Literaturgebiete  u.  a. 
beachtet  werden. 

Neben  den  Stunden  der  Arbeit,  von  denen  ich  seither  gesprochen, 
habe    ich    noch    die    sozusagen   außeramtlichen   Gelegen- 
heiten der  Unterhaltung  und  Belehrung  zu  erwähnen,  die 
von  den  Leitern  des  Kurses  veranstaltet  wurden.    Und  da  wurde 
nun  eine  wahre  Überfülle  geboten,  und  wer  alles  mitmachte,  wozu 
er  eingeladen  war,  für  den  waren  auch   die  von   1  Uhr  ab  stets 
freien  Nachmittage  und. die  ganz  freien  Samstage  zum  großen  Teil 
ausgefüllt.   In  ganztägigen  Ausflügen  wurden  Oxford  und  Cambridge 
besichtigt.    Eine  hübsche  Wasserfahrt  auf  eigenem  Dampfer  brachte 
den  lieblichen  Oberlauf  der  Themse  hinauf,  nach  Hampton  Court, 
eine  andere  hinab  nach  Greenwich.    Bumham  Beeches  und  Epping 
Forest  wurden  zu  Fuß  oder  zu  Wagen  besucht.    Der  Genuß  dieser 
Ausflüge  wurde  auch  dadurch  nicht  unerheblich  gestört,  daß  die 
Leiter,  zum  Teil  selbst  mit  den  Öttlichkeiten  noch  nicht  genügend 
bekannt,   erst   im  Laufe  der  Zeit  lernten,   ihre  Schar  ohne  Ver- 
spätung nach   Hause  zu  bringen.    Wer  wollte,  konnte  auch   den 
Kristallpalast,   die   Paulskathedrale,    die   königlichen  Marställe  in 
Buckingham  Palace  in  Gesellschaft  besichtigen.    An  Schulen  wurden 
außer   dem  College   von  Eton   besonders  zwei  zur  University  of 
London   gehörige  Anstalten   für  höhere  Mädchenbildung  besucht: 
das  außerhalb  Londons  prächtig  auf  dem  Land  gelegene  HoUoway 
College,  und  Bedford  College,  in  London  selbst  befindlich,  mit  einem 
Lebrerinnenseminar  verbunden.    Einladungen  zu  Preisverteilungen, 
Schlußfeierlichkeiten  und  überhaupt  zur  Besichtigung  ergingen  auch 
von  anderen  Anstalten  und  Vereinen.    Die  ehrwürdige  Zunft  der 
Fischhändler  lud  zu  einem  ,,at  home^^  in  ihrem  prächtigen  Gesell- 
schaftshaus an  der  London  Bridge  ein,  und  Professor  Rippmann 
selbst  sah  an  zwei  Sonntagen  eine  beschränkte  Anzahl  von  Gästen 
in  seinem  schönen  Heim.   Zwei  Veranstaltungen  sollten  dazu  dienen, 
die  Teilnehmer  am  Knrse  mit  den  Lehrern  und  Lehrerinnen  und 


Der  erste  Ferienkurs  in  London.  267 

miteinander  bekanntzumachen  und  sie  einem  größeren  Kreis  von 
Londonem  vorzustellen.  Die  eine  war  eine  ,,conver8azione"  (musi- 
kalische Abendunterhaltung)  in  einer  Halle  des  Imperial  Institute^ 
in  der  ersten  Woche  des  Kurses  von  den  Leitern  selbst  gegeben. 
Die  andere  brachte  ein  ,,Student's  Concert";  von  den  musik-  und 
theaterliebenden  Mitgliedern  des  Kurses  selbst  veranstaltet,  die  sich 
dabei  nach  Völkergmppen  schieden.  Die  Darbietungen,  unter  anderem 
französische  Lustspiele,  deutsche  und  skandinavische  Volkslieder,  eine 
hinter  spanischer  Wand  auf  der  Mandoline  gespielte  Serenade,  mittel- 
alterliche japanische  Schwerttänze,  fanden  teils  wegen  der  dilet- 
tantischen Art  des  Vortrags,  teils  wegen  ihrer  Fremdartigkeit 
keineswegs  den  ungeteilten  Beifall  der  englischen  Zuhörer.  Und 
die  Aufführenden,  wie  auch  Professor  Rippmann,  empfanden  mit 
Bedauern,  daß  die  Vorbereitungen  für  den  Abend  zu  viel  Gelegen- 
heit zum  Gebraach  der  Muttersprache  geboten  hatten.  Es  war 
deshalb  ein  guter  Gedanke,  wenn  ftlr  das  nächste  Jahr  die  Dar- 
stellung englischer  Stücke  und  der  Vortrag  englischer  Gesänge 
angeregt  wurde. 

Abgesehen  von  den  erwähnten  Mängeln,  die  dem  Ganzen  gegen- 
über doch  nur  Kleinigkeiten  bedeuten  imd  sich  zum  großen  Teil 
aus  der  Neuheit  der  Veranstaltung  auf  englischem  Boden  erklären, 
war  der  Eindruck,  den  der  deutsche  Teilnehmer  von  dem  Kurse 
mit  nach  Hause  nahm,  ganz  überwiegend  günstig.  Und  die  Be- 
merkungen, die  der  Kursbesucher  in  diesem  kleinen  Ausschnitt 
modernen  englischen  Lebens  machte,  konnte  der  aufmerksame  Be- 
obachter des  gegenwärtigen  Englands  bestätigend  verallge- 
meinem. Nicht  bloß  auf  dem  von  dem  Inselvolke  seit  Jahrhunderten 
besonders  vernachlässigten  Gebiet  der  Schule,  sondern  auch  in  zahl- 
reichen anderen  Teilen  des  öffentlichen  Lebens  hat  eine  kräftige 
Vorwärtsbewegung  eingesetzt«  „Wir  ändern  langsam,  aber  wir 
ändern",  sagte  einmal  Mr.  Wallas  mit  berechtigtem  Seitenblick 
auf  die  grundstürzenden,  aber  bald  erlahmenden  Franzosen,  und 
Dr.  Heath  bemerkte:  „In  einem  Lande  mit. unbeschränkter  Preß- 
freiheit dringen  gute  Gedanken  unfehlbar  durch,  auch  wenn  sie  ein 
Menschenalter  dazu  brauchen."  Und  so  scheint  es  in  der  Tat  im 
heutigen  England  zu  sein.  Die  gewaltigen  Pläne  Chamberlains 
finden  bei  den  Gebildeten  sich  steigernden  Beifall;  die  Frage 
der  allgemeinen  Wehrpflicht  ist  angeregt  und  wird  nicht  zur  Ruhe 
kommen,  bis  sie  früher  oder  später  im  bejahenden  Sinne  entschieden 
ist;   die   parlamentarischen  Einrichtungen   werden  als  nicht  mehr 


268  Literarischer  Bericht. 

recht  zweckentsprechend  erkannt^  und  über  neue  Formen  ftir  das 
Verhältnis  von  Volk  und  Regierung  wird  nachgedacht;  die  Ge- 
meindeverwaltungen beschäftigen  sich  in  immer  wachsendem  umfang 
mit  der  Sorge  für  Gesundheit  und  Sicherheit  der  Bürger;  beschneiden 
zu  diesem  Zweck  die  geliebte  unbedingte  Bewegungsfreiheit  der 
einzelnen  und  errichten  Arbeiterwohnungen,  Krankenhäuser  und 
Kinderheime;  der  Kampf  gegen  die  Trunksucht  wird  weitergeitihrt, 
die  Gefahr  der  frdhen  Heiraten  allmählich  erkannt;  sogar  die  mangel- 
hafte Höflichkeit  der  Bedienung  in  Läden  und  das  anmassende 
Betragen  des  Durchschnittsengländers  auf  Reisen  wird  in  den  öffent- 
lichen Blättern  ernsthaft  besprochen.  Und  stellt  man  den  steigenden 
Erfolgen  des  Heilsarmeegenerals  Booth  um  innere  Erneuerung  der 
unteren  Schichten  den  Propheten  Ruskin  zur  Seite,  der  die  Ge- 
bildeten an  ihre  Pflichten  erinnert,  betrachtet  man  neben  dem  Vor- 
wärtsstreben auf  dem  Gebiet  der  inneren  Verwaltung  die  un- 
leugbaren Erfolge  der  äußeren  Politik  Englands,  so  wird  man  be- 
kennen mtissen :  wir  Deutsche  haben  bei  dem  Wettbewerb  in  Handel 
und  Industrie,  bei  dem  Kampf  um  die  Herrschaft  auf  der  See  und 
in  anderen  Weltteilen,  bei  dem  Ringen  um  die  Führerschaft  auf 
dem  Gebiet  der  geistigen  Kultur  mit  einem  Gegner  zu  tun,  der  in 
gar  keiner  Weise  zu  gering  eingeschätzt  werden  darf.  Ein  starkes, 
gesundes  und  unermeßlich  reiches,  die  Schäden  seiner  seitherigen 
Abgeschlossenheit  erkennendes  und  auf  allen  Gebieten  im  Fortschritt 
befindliches  Volk  ist  es,  das  uns  gegenübersteht.  Dieser  Eindruck 
erinnert  den  Vaterlandsfreund  von  neuem  an  die  Aufgabe,  dem 
deutschen  Volke  in  selbstbewußter  Ausbildung  seiner  Eigenart  und 
stetiger  Entwicklung  seiner  Kräfte  den  geistigen  Besitz  und  die 
Weltstellung  zu  verschaffen,  die  ihm  gebühren. 


Literarischer  Bericht 

Ludwig,  H.  Dr.  Professor,  Des  Q.  Horatius  Flaccus  Satiren 

übersetzt.  82  S.  1.20  Mk.  Karlsruhe,  Gutsch.  o.  J. 
—  Priiparation  zu  den  Satiren  des  Horaz«  Heft  L  Buch  L 
36  S.  60  Pf.  Teubner,  1904. 
Die  beiden  Bäudchen  von  Ludwig  können  jedem  Amtsgenossen 
warm  empfohlen  werden.  Die  Übersetzung  ist  gut  deutsch,  trifft  den 
Ton  der  Satire  glücklich,  ist  meistens,  wenn  auch  nicht  immer,  me- 
trisch recht  gelungen.    (So  scheint  uns  die  Übersetzung  von  U,l  me- 


titerarischer  Öericht.  269 

trisch  besser  als  II,  5,  vgl.  letztere  Satire  V.  2. 14.  22. 25),  so  daß  zum 
Lesen  auch  fQr  Nichtkenner  das  auch  einen  rechten  Genuß  bildet,  wo- 
bei dann  auch  nicht  in  Betracht  kommt,  daß  die  Zahl  der  Verse  in 
den  einzelnen  Satiren  zwischen  Text  und  Übersetzung  nitht  immer 
stimmt  Während  die  Übersetzung  sämtliche  Satiren  beider  Bücher 
enthält,  fallen  in  der  SchUlerpräparation  zum  ersten  Buche  die  Satiren 
2.5.  8  aus  begreiflichen  Gnlnden  weg,  was  man  bei  der  5.  Satire  be- 
dauern, aber  nicht  ändern  mag.  Eine  kurze  Einleitung  gibt  Auskunft 
fiber  Bezeichnung,  Richtung  und  Abfassungszeit.  Die  Angaben  zu  den  ein- 
zelnen Satiren  sind  reichhaltig  an  Zahl  und  Inhalt,  jedesmal  geht  eine  kurze 
Inhaltsangabe  voraus  mit  mutmaßlicher  Abfassungszeit.  Manchmal  gehen 
die  Angaben  über  die  Grenzen  des  für  die  Schüler  Wissenswerten  und 
Erforderlichen  hinaus,  auch  die  vielen  Hinweise  auf  das  Französische 
erscheinen  dem  Referenten  meist  entbehrlich,  namentlich  wenn  gär 
keine  deutsche  Übersetzung  dabei  ist;  auch  der  deutsche  Ausdruck 
geht  zuweilen  zu  weit,  wenn  auch  zugegeben  werden  muß,  daß  der 
Stoff  wie  die  Behandlung  dazu  verführt.  Im  übrigen  wird  auch  jemand, 
der  sonst  kein  Freund  der  Schülerpräparationen  ist,  zugeben,  daß 
bei  den  Satiren  des  Horaz  eine  solche  am  ehesten  gerechtfertigt  ist, 
und  daß  außerdem  in  diesem  besonderen  Fall  Ludwig  ein  sehr  brauch- 
bares Hilfsmittel  geschaffen  hat. 

Stuttgart.  S.  Herzog. 


Aus  der  franzKsischen  und  englischen  Schulbibliothek,  heraus- 
gegeben von  Otto  E.  A.  Dickniann;  Rengers  Verlag,  Leipzig, 
von  der  nun  148  Bände  erschienen  sind,  liegen  uns  vor: 

1.  Journal  d'un  Interpröte  en  Chine  par  le  Comte  d^H^risson. 
Für  den  Schulgebrauch  erklärt  von  Dr.  Arnold  Krause,  weiland  Profes- 
sor am  Friedrichs- Werderschen  Gymnasium  zu  Berlin;  Leipzig  1903; 
,  2.  Röcits  d'Aventures  et  Expöditions  au  Pole  Nord  par  Jules  Gros. 
Mit  einer  Karte  der  Nordpolarregion.  Für  den  Schulgebrauch  herausge- 
geben von  Ludwig  Hasberg;  Leipzig  1903; 

8.  Une  famille  pendant  la  Guerre  1870/1871  par  M»«  B.  Boissonnas. 
Onvrage  couronnö  par  l'Acadömie  Fran^aise.  Für  den  Schulgebrauch 
bearbeitet  von  Max  Banner,  Oberlehrer  am  Goethe-Gymnasium  in  Frank- 
furt a.  M.;  Leipzig  1903. 

In  No.  1  schildert  ein  scharfsichtiger  und  wohlunterrichteter  Teil- 
nehmer der  französischen  Expedition  nach  China  vom  Jahre  1860,  der 
durch  sein  Nouveau  Journal  d^un  Officier  d'Ordonnance  in  der  Schul- 
bibliothek vertretene  d'H6risson  (Reihe  A,  Band  81)  seine  Erlebnisse 
während  des  Feldzugs,  den  er  in  der  nächsten  Umgebung  des  Oberbe- 
fehlshabers mitgemacht  hat.   Die  Darstellung  zeichnet  sich  durch  Frische 


270  Literarischer  ßericht 

und  UrsprüDglichkeit  aus  und  ist  von  einem  erquickenden  Hauch  gesunden 
Humors  durchweht.  Der  ursprüngliche  Text  ist  ohne  Unterbrechung 
des  Zusammenhangs  so  gekürzt,  daß  das  Bändchen  im  Laufe  eines 
Schuljahres  mit  einer  oberen  Klasse  durchgearbeitet  werden  kann.  Hier- 
zu sollte  aber  ein  Sonder  Wörterbuch,  wie  ein  solches  andern  Bändchen 
beigegeben  ist,  nicht  fehlen.  Es  kommt  eine  solche  Menge  ungewöhn- 
licher Vokabeln  vor,  daß  zu  befürchten  ist,  das  Aufsuchen  derselben 
im  Lexikon  werde  das  Interesse  der  Schüler  selbst  in  oberen  Klassen 
erlahmen.  —  Für  den  am  31.  Oktober  1902  verstorbenen  Herausgeber 
hat  sein  Kollege,  Wilhelm  Nottebohro,  Berlin,  die  Drucklegung  des 
Bändchens  übernommen. 

No.  2  enthält  4  Erzählungen  des  durch  eine  große  Anzahl  interes- 
santer und  spannender  Reiseberichte  bekannten  französischen  Reisenden, 
Jules  Gros,  und  zwar:  I.  Les  demiers  Peaux-Rouges ;  IL  Le  Tresor  des 
AncStres;  HL  A  Travcrs  les  Glaces;  IV.  L*£xp6dition  du  Capitaine 
De  Long  au  Pole  Nord. 

Die  fesselnden  Erzählungen,  die  reich  an  packenden  Situationen 
sind,  hin  und  wieder  jedoch  auf  Wahrscheinlichkeit  zugunsten  eines 
starken  Effekts  verzichten,  sind  zur  Lieblingslektüre  der  französischen 
Jugend  geworden  und  eignen  sich  wegen  ihres  Inhalts  und  der  einfachen, 
klaren  Sprache  für  die  Mittelstufe  unserer  Schulen,  und  zwar  ebenso 
für  Knaben  wie  für  Mädchen.  Durch  das  beigegebene  Wörterbuch, 
das  durch  jede  Buchhandlung  bezogen  werden  kann,  sowie  durch  eine 
ausreichende  Anzahl  von  Anmerkungen  wird  die  Übersetzung  angemessen 
erleichtert. 

No.  3  ist  eine  von  der  Verlagsfirma  Hetzel  &  Co.  in  Paris  auto- 
risierte Ausgabe  von  45  Briefen,  die  von  den  verschiedenen  Ange- 
hörigen einer  französischen  Familie  während  des  deutsch-französischen 
Krieges  geschrieben  worden  sind.  Der  Briefwechsel  beginnt  am  6.  Sep- 
tember 1870  und  endet  am  18.  Januar  1871,  umfaßt  also  die  wichtigste 
Zeit  des  Krieges.  In  den  ausgewählten  Briefen  sind  nur  wenige 
Abstriche  gemacht.  Das  Originalwerk  hat  die  28.  Auflage  erlebt,  ist 
durch  den  Minister  des  öffentlichen  Unterrichts  zur  Einführung  empfohlen, 
von  allen  Schul-  und  Volksbibliotheken  angeschafft  und  wird  von  der 
Stadt  Paris  bei  ihren  regelmäßigen  Preisverteilungen  als  Geschenk 
verwendet.  Es  ist  leicht  einzusehen,  daß  dabei  vor  allem  der  Inhalt, 
aus  welchem  das  in  Frankreich  herrschende  Kriegselend  zu  ersehen 
ist,  hierbei  die  Hauptrücksicht  bildet.  Immerhin  kann  man  die  Sammlung 
auch  als  Ehrenbrief  für  die  deutsche  Armee  ansehen. 

Ein  Sonderwörterbuch  wäre  auch  für  dieses  Bändchen,  das  zur 
Lektüre  in  oberen  Klassen  empfohlen  werden  kann,  erwünscht  —  Statt 
der  Angabe  der  Lage  einzelner  Orte,  die  für  deutsche  Schüler  nur  eine 
untergeordnete  Bedeutung  haben,  wäre  in  den  Anmerkungen  die  Erklä- 
rung einzelner  ungewöhnlicher  Ausdrücke  passender. 


LiterarUclier  Bericht  ä7l 

AuB  derselben  Sammlnng  liegen  uns  noch  folgende  in  der  letzten 
Zeit  erschienene  Bändchen  vor : 

1.  Les  deux  Auberges  (L'ours  et  TAnge)  von  Jean-Jacques  Porchat 
Fflr  den  Schulgebranch  erklärt  von  Fritz  Strohmeyer.  Mit  einer  Karten- 
skizze. —  Band  147. 

2.  AlfVed  de  Müsset.  Auswahl.  Für  den  Schulgebrauch  bearbeitet 
von  Ernst  Danuheißer.    Band  145. 

3.  A  Short  History  of  the  Norman  Conquest  of  England  von  Ed- 
ward A.  Freeman.  Für  den  Schulgebrauch  bearbeitet  von  Fritz  Meyer. 
Mit  2  Karten.    Band  148. 

4.  Six  Tales  by  Modem  English  Authors  with  Preface  and  Notes. 
Editcd  by  Fr.  Lotsch.    Band  146. 

ad  1.  Eine  sehr  anziehende  Geschichte  des  bekannten  Schweizer 
Jugendschriftstellers,  die  sich  neben  ihrem  feinen  Humor  dadurch  aus- 
zeichnet, daß  sie  sich  von  moralisierender  Belehrung  ganz  freihält. 
Sie  ist  als  sehr  passende  Lektüre  für  die  oberen  Klassen  von  Gymnasien, 
Realanstalten  und  Mädchenschulen  sehr  zu  empfehlen. 

ad  2.  Die  ^gereifte  deutsche^  Jugend  soll  nach  Ansicht  des  Bear- 
beiters mit  den  Werken  des  unsterblichen  Franzosen  bekannt  gemacht 
werden.  Ob  die  aus  sämtlichen  Gebieten  seines  Schaffens  zusammen- 
getragenen Stoffe  selbst  für  die  ^gereifte  deutsche**  Jugend  eine  passende 
Schullektüre  bilden,  möchten  wir  stark  bezweifeln.  Wo  kann  Margot, 
D  ne  fant  jurer  de  rien,  II  faut  qu^une  porte  soit  ouverte  ou  ferm6e, 
Don  Paez  selbst  in  der  obersten  Klasse  ohne  gelegentliches  Erröten 
gelesen  werden.  Es  gibt  so  viele  andere  Stoffe,  welche  unbedenklich 
auch  der  „gereiften"  Jugend  in  die  Hand  gegeben  werden  können; 
warum  sollte  man  zu  dem  vorliegenden  greifen?  —  Wir  lassen  Alfred 
de  Musset  seine  literarischen  Vorzüge,  aber  zur  Schullektüre  eignen 
sich  seine  Werke  nicht,  eher  zur  Privatlektüre  für  Studierende. 

ad  8.  Dieses  Bändchen  gibt  eine  eingehende  Darstellung  der  Erobe- 
rung Englands  durch  die  Normannen  mit  dem,  was  voranging  und  nach- 
folgte, entnommen  einer  im  Jahr  1880  erschienenen  kurzen  Bearbeitung 
von  Freeman's  in  6  Bänden,  1867—1876,  herausgegebenem  Werk :  The 
History  of  the  Norman  Conquest  of  England.  Wo  man  in  einer  Klasse 
Zeit  hat,  sich  mit  diesem  in  der  ganzen  englischen  Geschichte  vielleicht 
folgenreichsten  Ereignis  in  ausgedehnter  Weise  zu  beschäftigen,  wird 
man  dieses  Bändchen  sicher  mit  Nutzen  verwenden.  Insbesondere 
Studierenden  der  englischen  Sprache  und  Geschichte  möchten  wir  es 
angelegentlich  empfehlen.  Die  deutschen  Anmerkungen  sind  reichlich 
gegeben.  Auch  ist  für  dieses,  wie  fUr  die  andern  Bändchen,  ein  Sonder- 
wörterbuch durch  jede  Buchhandlung  zu  beziehen. 

ad  4.  Der  Herausgeber  hat  sich  vorgenommen,  1.  Tales  ohne  Slang, 
2.  solche,  welche  geeignet  sind,  alle  Leser  zu  interessieren,  und  8.  solche, 
welche  belehrend  sind,  zu  geben,  und  er  hat  wohl  seinen  Zweck  er- 


272  LiterariBcher  äericiit 

reicht  Die  Verfasser  der  Tales  sind  Robert  ßarr,  Ralph  Henry  Bar- 
bour,  A.  Conan  Doyle,  Ouida  (Louisa  de  la  Ramöe),  M.  E.  Braddon, 
Mtb.  Craik.  —  Schriftsteller  und  Schriftstellerin  der  Ncazeit  Die  Vor- 
rede enthält  kurze  Notizen  über  dieselben.  Die  englischen  Noten  er- 
klären solche  Ausdrücke,  die  wenig  gebraucht  und  nicht  in  Wörter- 
büchern gefunden  werden;  es  wäre  sehr  zu  wünschen,  daß  sie  reich- 
licher gegeben  wären.  Zur  Lektüre  in  einer  oberen  Riasse  ist  die 
Sammlung  wohl  zu  empfehlen.  Auch  der  Studierende  der  englischen 
Sprache  wird  sie  mit  Nutzen  lesen,  da  sie  viele  Ausdrücke  der  modernen 

■  

Umgangssprache  enthält.  Nr.  5  würde  besser  durch  eine  andere  Tale 
ersetzt,  die  keine  Andentungen  auf  Liebesaffären  enthielte ;  der  Schul- 
unterricht kann  in  dieser  Beziehung  nicht  zu  vorsichtig  seih. 

Stuttgart.  G.  A. 

Das  deutsche  Volkstum,  herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Hans 
Meyer.  Zweite,  neubearbeitete  und  vermehrte  Auflage. 
840  S.  in  2  Teilen.  Leipzig  und  Wien,  Bibliographisches 
Institut,  1903. 
Es  war  ein  schöner  Gedanke,  das  deutsche  Volkstum  als  Inbegriff 
der  gegenseitigen  Beziehungen  zwischen  dem  deutschen  Volkscharakter 
und  dessen  Schöpfungen  in  einer  Reihe  von  Monographien  zum  Gegen- 
stand einer  umfassenden  Darstellung  zu  machen;  und  die  Notwendig- 
keit einer  zweiten  Auflage  schon  nach  wenigen  Jahren  ist  ein  erfreu- 
licher Beweis  ebensosehr  für  die  verständnisvolle  Aufnahme,  die  dieser 
Gedanke  in  weiten  Kreisen  des  deutschen  Volkes  gefunden  hat,  wie 
für  die  glückliche  Art,  in  der  er  verwirklicht  worden  ist.  Die  zweite 
Auflage  weist  nicht  nur  eine  Berichtigung  und  Ergänzung  mancher 
Einzelheiten,  sowie  eine  Vermehrung  der  bildlichen  Darstellungen  auf, 
sondern  sie  ist  durch  Hinzufdguug  eines  Abschnittes  über  deutsche 
Erziehung  und  deutsche  Wissenschaft  wesentlich  vervollständigt  worden. 
Daß  die  bildlichen  Darstellungen,  die  der  Verlag  seinen  Werken  mit- 
gibt, vortrefflich  sind,  weiß  man;  hinsichtlich  der  Zahl  (im  ganzen  44) 
ist  weise  Beschränkung  geübt,  und  die  Auswahl  war  erfolgreich  be- 
müht, das  für  die  Entwicklung  der  verschiedenen  Seiten  des  deutschen 
Volkstums  Bedeutungsvollste  herauszuheben.  Die  Namen  der  Mitarbeiter 
(Meyer:  Volkstum,  I^irchhoff:  Geographie,  Ilelmolt:  Geschichte,  Weise: 
Sprache,  Mogk:  Sitten  und  heidnische  Religion,  Seil:  Christentum, 
Lobe:  Recht,  Thode:  bildende  Kunst,  Köstlin:  Tonkunst,  Wychgram: 
Dichtung,  Zimmer :  Erziehung  und  Wissenschaft)  bürgen  für  eine  sach- 
verständige Behandlung  der  Gegenstände.  So  verschieden  diese  sind, 
so  manchfaltig  zeigt  sich  die  Eigenart  der  Mitarbeiter.  Aber  ein  ge- 
meinsamer Zug  geht  doch  durch  das  Ganze,  die  Beziehung  alles 
Einzelnen  auf  denselben  beheiTSchenden  Mittelpunkt  und  im  Zusammen- 


Litei'arUeher  SeHctit.  273 

hang  damit  die  möglichste  Vermeidung  der  Polemik.  Freilich  Hegt 
hier  auch  die  Schwierigkeit  des  ganzen  Unternehmens:  die  Aufgabe, 
das  „Deutschtum^  in  seine  einzelnen  Betätigungen  zu  verfolgen  und 
die  einzelnen  Erscheinungen  als  Erzeugnisse  dieses  „ Deutsch tums**  auf- 
zufassen, legt  die  Gefahr  eines  Zirkels  vielfach  nahe,  und  dieser  Ein- 
druck wird  vielleicht  für  die  am  stärksten  sein,  die  in  das  einzelne 
Gebiet  nicht  einen  genügenden  Vorrat  positiver  Kenntnisse  mitbringen, 
um  die  Richtlinien  mit  dem  anschaulichen  Stoff  des  wirklichen  Lebens 
umkleiden  zu  können.  Es  ist  allerdings  ein  echt  deutscher  Zug,  aber 
ein  Zug,  der  zugleich  einen  Mangel  bedeutet,  diese  Neigung  mehr  über 
die  Dinge  zu  sprechen,  als  die  Dinge  selbst  sprechen  zu  lassen.  Nicht 
als  ob  die  Behandlung,  auch  der  abstrakteren  Gebiete,  konkrete 
Züge  vermissen  ließe;  aber  sie  dienen  oft  mehr  der  Beurteilung,  als 
daß  sie  zu  Bildern  verbunden  wären,  die  das  Leben  in  seiner  Un- 
mittelbarkeit vor  uns  hinstellen.  Eines  aber  wird  man  dem  Werk  un- 
bedingt zuerkennen,  und  das  ist  etwas  Großes:  daß  es  für  jeden 
Deutschen  eine  Fülle  patriotischer  Anregung  und  Anleitung  enthält, 
und  xwar  im  besten  Sinn  des  Worts,  nämlich  dazu,  sich  in  das  Wesen 
und  die  Geschichte  seines  Volkes  zu  vertiefen  und  daraus  ein  Ver- 
ständnis für  das  zu  schöpfen,  was  diesea  Volk  dem  Einzelnen  ist  und 
was  jeder  Einzelne  seinem  Volk  sein  soll  und  kann. 

Cannstatt.  Th.  Klett. 

Weise,  0.  Prof.  Dr.;  Schrift-  und  Buchwesen  in  alter  und 
neuer  Zeit.  Zweite,  verbesserte  Auflage.  Mit  37  Abbildungen 
im  Text.  (Ans  Natur  und  Geisteswelt.  4.  Bändchen.)  154  S. 
1  Mk.,  geb.  1.25  Mk.    Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1903. 

Die  zweite  Auflage  dieser  in  1899  H.  7  S.  269  warm  empfohlenen 
Schrift  hat  nicht  nur  Einzelheiten  verbessert,  unter  anderem  gerade 
auch  nach  den  Winken  dieses  Blattes,  sondern  ein  neues  Kapitel  zum 
Schluss  erhalten,  über  Bücherliebhaberei  und  Sammeleifer  (Exlibris, 
Postkarten,  Seltenheiten).  Liegt  bei  der  neuhinzugekommenen  Angabe, 
daß  die  Pariser  Nationalbibliothek  im  Jahr  1792  für  einen  1469  in 
Geislingen  von  Kaplan  Beichenbach  gefertigten  Einband  gegen  4000  Fr. 
bezahlt  habe,  ein  Versehen  für  1892  vor?  Die Spencer-Eylands-Bibliothek 
in  Manchester  besitzt  eine  Biblia  pauperum,  auf  deren  Einband  in 
eingepreßter  Schrift  der  Name  des  einstigen  Besitzers  Ulrich  Geislinger, 
Lektor  der  Minoriten  in  Ulm  und  dieses  Buchbinders  Johannes  Reichen- 
bach  von  Geislingen  mit  der  Jahreszahl  1467  eingedruckt  ist.  Es  wäre  der 
Mühe  wert,  dem  Manne  weiter  nachzugehen.  Weises  Buch  über  die 
Schaft  verdient  so  viele  Auflagen,  wie  sein  früheres  über  unsere 
Muttersprache. 

Maulbronn.  Eb.  Nestle. 

KorrMpoodaDiblatt  1906,  Heft  7. 


274  Litermrisoiier  Beriokt 

Prof.  A.  He  int  26;  Die  deutschen  Familiennamen,  g^sohiohtUoh 
geographisch,  sprachlich.  Zweite  verbesserte  und  sehr  rer- 
mehrte  Auflage.    Halle,  Waisenhaus. 

Heintzes  deutsche  Familiennamen  wurden  gleich  bei  ihrem  ersten 
Erscheinen  im  Jahre  1882  mit  großem  Beifall  aufgenommen:  waren 
sie  doch  der  erste,  wohlgelungene  Versuch,  die  wesentlichen  Er- 
gebnisse der  neueren  Forschungen  über  diese  Namen  dem  Kreise 
aller  Gebildeten  nicht  bloß  in  Bruchstücken,  sondern  mit  einer  ge- 
wissen Vollständigkeit,  in  übersichtlicher  und  handlicher  Form  nahe- 
zubringen. Diese  Bedeutung  kommt  auch  der  vorliegenden  «weiten 
Auflage  zu;  sie  ist  in  der  Tat,  wie  der  Titel  besagt,  vielfach  umge- 
staltet und  —  ohne  Beeinträchtigung  der  Handlichkeit  —  sehr  ver- 
mehrt worden,  und  zwar  ebensowohl  im  ersten  Teile,  der  „Abhandlung**, 
als  im  zweiten,  dem  „Namenlexikon*',  wofür  ich  lieber  „Namenbuch* 
sagen  möchte.  Es  ist  z.  B.  der  anziehende  Abschnitt  von  der  Verteilung 
der  Familiennamen  über  die  einzelnen  deutschen  Gaue  auf  den  doppelten 
Umfang,  das  Namenbuch  von  89  auf  72  Seiten  angewachsen.  Daß  die 
vorgenommenen  Veränderungen  auch  Verbesserungen  sind,  unterliegt 
keinem  Zweifel ;  so  verdient  das  Werk  auch  in  seiner  neuen  Gestalt  die 
wärmste  Empfehlung.  Einige  Bemerkungen,  die  ich  beifügen  möchte, 
sollen  dieses  Urteil  nicht  abschwächen,  sondern  nur  eine  bescheidene 
Beisteuer  zu  der  hoffentlich  bald  erscheinenden  dritten  Auflage  bieten. 

Zu  S.  6  und  78.  Bei  den  Einwanderungen  verdient  wohl 
Erwähnung,  daß  in  Württemberg  im  17.  Jahrhundert  viele  Waldenser, 
im  18.  zahlreiche  Salzburger  Aufnahme  gefunden  haben. 

Zu  S.  17.  Einzuschränken  ist  wohl  der  Satz,  daß  die  Namen 
der  obersten  Götter  nicht  zu  Personennamen  verwendet  worden 
seien.  Eine  Ausnahme,  die  unseren  Familiennamen  „Donner*'  betrifft, 
gibt  Heintze  in  der  Abhandlung  selbst  zu;  im  Namenbuch  wird  es 
wenigstens  für  möglich  erklärt,  daß  die  mit  „Fro^,  „Wod**,  „Irmin**  und 
ning'*  beginnenden  Namen  mit  den  Göttemamen  Frö,  Wuotan,  Irmin 
(Beiname  Wnotans)  und  Inguio  zusammenhangen. 

Zu  S.  22  Anm.  und  87  Mitte.  Die  Kürzung  der  Vornamen 
im  Anlaut  möchte  ich  nicht  mit  Heintze  als  sehr  selten  betrachten 
und  keinenfalls  auf  den  Einfluß  fremder  Sprachen  zurückführen.  In 
Schwaben  wird  u.  a.  das  entschieden  auf  der  ersten  Silbe  betonte 
^Friederiken  allgemein  zu  „Rike"  verkürzt,  ohne  daß  jemand  dies  als  fremd- 
ländisch empfände ;  dementsprechend  scheint  es  uns  natürlicher,  Namen 
wie  „Mundt" ....  und  „Mundigel'^,  „Nante**  und  „Nanz^,  „Warth",  „Wik* 
von  den  weitverbreiteten  und  wohlerhaltenen  Vornamen  „Sigmund**, 
„Ferdinand**,  „Sigwart**,  „Ludwig^  als  von  den  fast  unkenntlich  ge- 
wordenen Zusammensetzungen  mit  den  Bestimmungswörtern  „Nand^, 
„Wart**,  „Wig**  herzuleiten. 


Literarischer  Berieht.  275 

Zu  S.  S6 — 88.  Unter  den  zusammengesetzten  Sohnesnamen 
dürften  schon  hier  Bildungen  wie  „Josenhans^  und  „Elsenhans"  anzu- 
führen sein.  —  Sohnesnamen  auf  er  finden  sich  wie  in  Kärnten  so 
aneh  in  Sohwaben;  vgl  Danzer,  Kanzer,  Bezler,  Hegler,  Denneler 
Q.  a.  —  Als  weitere  Verkürzungen  von  „Alexander^  und  „Jaeobus^ 
mdehten  wir  «Sander  und  ,,Köbel(e)"  (Abwerfung  von  Anfangsilben!) 
einsetzen.  —  Eine  Ausnahme  von  dem  Satze,  daß  die  Verkleinerungs- 
form auf  z  sich  bei  Fremdnamen  überhaupt  nicht  finde,  bildet  „Matz'' 
von  ^Hatthias^;  vgl  Grimms  Wörterbuch. 

Zu  S.  42.  Sulzer  bedeutet  im  Mhd.  allerdings  auch  „Gefangen- 
wärter^;  die  gewöhnliche  (wohl  auch  ursprüngliche)  Bedeutung  ist 
aber:  Verfertiger  von  Sulzen,  Rüttler. 

Zu  S.  45.  Stott  „Im  Mittelalter  bildete  sich  in  Süddeutschland 
Mhatttig  schon  ein  freier  Bauernstand"  hieße  es  ohne  Zweifel  richtiger: 
Dureks  Mittelalter  hindurch  erhielt  sich  ....  ein  freier  Bauernstand. 

Zu  S<  56.  Seeger  mag  im  Niederdeutschen  aus  „Sigher^  ent- 
standen sein;  im  oberdeutschen  Sprachgebiet  kann  es  nur  entweder 
einen  Sägmüller  oder  (aus  mhd.  sager)  einen  Sprecher,  Erzähler,  An- 
geber bezeichnen,  vgl.  Leichensäger. 

Zu  S.  49/50.  Als  einfache  Familiennamen,  die  ursprünglich 
einen  Körperteil  bezeichneten,  müssen  wir  doch  wohl  ^Kopf^,  „Fues^, 
„Füeßle",  vielleicht  auch  „Mäule«  anerkennen.  —  Daß  die  sogenannten 
Satznamen  (z.  B.  Traugott,  Lebrecht,  Wagehals)  durchweg  als  Befehl- 
sätze aufgefaßt  werden  sollen,  will  mir  immer  noch  nicht  einleuchten. 
Warum  sollte  der  erste  Teil  nicht  (wie  in  den  Zusammensetzungen 
„Treibeis",  „Druckschrift"  usw.)  einem  Mittelwort  entsprechen  ?  Die  völlig 
übereinstimmenden  griechischen  Bildungen  AY7]o(Xaoc,  4>iXögevoc,  (iiaa- 
^^vaio^,  (fipoLQKiQ  u.  a.  sind  unseres  Wissens  nie  anders  erklärt  worden. 

Kleine  Versehen  sind:  S.  15  „Cariovalda"  statt  „Char  .  .  .** 
und  S.  76  „im  vorigen  Jahrhundert"  statt  „im  18.  Jahrhundert". 

Bei  einigen  in  der  Abhandlung  aufgeführten  Namen  sucht  der 
Leser  vergebens  nach  einer  Erklärung:  Dromtra,  Krumtum,  Zumtrum 
(8.  1);  Boemund  und  Milo  (S.  21);  Augurwadel  (S.  60);  Gürzenich 
(S.  61);  Schrayshuon  (S.  82). 

Nicht  folgerichtig  verfährt  der  Verfasser  bei  der  Mehrzahl- 
bildung der  Personennamen.  Er  gibt  ihnen  im  allgemeinen 
keine  Mehrzahlendung:  12  verschiedene  Hermann  (S.  27);  die  ein- 
heimischen Konrad  und  Heinrich  (S.  39);  das  Land  der  Gutenberg 
und  Luther,  der  Leibnitz  und  Humboldt,  der  Goethe  und  Schiller,  der 
Schamhorst,  Stein  und  Bismarck  (S.  70).  In  zwei  Anmerkungen  aber 
(S.  96  und  48)  kommt  das  niederdeutsche  Mehrzahl-s  herein:  der 
Drudings,  30000  Schulzes.  —  Goethe  schreibt  „die  Stolberge",  Uhland 
„Konrade^y  Schiller  gar  „unsere  Hippokrate" :  warum  sollten  wir  nicht 
auch   sagen   und  schreiben   dürfen:  „das  Land  der  Gutenberge  und 


276  Literarischer  Beriebt. 

Luther,  der  Leibnize  und  Humboldte,  der  Goethe  und  Schiller,  der 
Scfaarnborste,  Steine  und  Bismarcke^?  Daß  diese  AuBdrucksweise 
schlecht  klinge,  wird  wohl  niemand  behaupten«  Aus  welchem  anderen 
Grunde  aber  sollten  sich  die  Eigennamen  gegen  die  oberdeutsche 
Behandlung  spröder  verhalten  als  gegen  das  niederdeutsche  s? 

Einiges  hätte  ich  noch  bezüglich  des  Abschnitts  über  die  schwä- 
bischen Familiennamen  auf  dem  Herzen;  vielleicht  darf  ich  mich  später 
darüber  aussprechen. 

Ludwigsburg.  Erbe. 


Naturstudien.  Von  Karl  Kräpelin.  Volksausgabe.  Ausgewählt 
vom  Hamburger  Jugendschriften-Ausschuß.  Mit  Zeichnungen 
von  Schwindrazheim.  110  S.  Geb.  1  Mk.  Leipzig  und  Berlin, 
Verlag  von  G.  B.  Teubner,  1905. 

Die  „Naturstadien"  von  Dr.  Karl  Kräpelin,  die  von  1896  an  in 
drei  Abteilungen  (^im  Hause"  „im  Garten"  „in  Feld  und  Wald")  er- 
schienen, bilden  einen  wertvollen  Besitz  vieler  Jugendbibliotheken. 
Man  kann  nur  wünschen,  daß  sie  durch  die  billige  Volksausgabe  wei- 
tere Verbreitung  finden. 

Kräpelin  gibt  nicht  wie  einst  Masius  Studien  von  kunstvoller 
Art  und  fast  malerischer  Wirkung,  sondern  seine  „Studien"  sind  zwang- 
lose Gespräche  eines  Vaters  mit  seinen  drei  Knaben,  auf  deren  Alters- 
unterschied in  keiner  Weise  Rücksicht  genommen  wird.  Aus  der  Fülle 
wissenschaftlichen  Materials  schöpfend,  weiß  der  Verfasser  den  Blick 
auf  das  Nächste  und  Unbedeutendste:  auf  das  Mückchen,  den  Wurm, 
das  Staub-  oder  Sandkorn  zu  lenken,  um  zuerst  das  Sehen,  das  richtige 
Beobachten  zu  lehren,  dabei  auch  den  genauen  Ausdruck  sorgfaltig 
zu  pflegen.  Dann  aber  führt  er  mit  sokratischer  Kunst  vom  Nächsten 
und  Kleinsten  in  die  Weite  und  Tiefe,  von  der  treuen  Beachtung  des 
scheinbar  Unbedeutenden  zur  Ehrfurcht  vor  dem  großen  Zusammen- 
hang der  Dinge.  So  sind  es  nach  Form  und  Geist  Meisterstücke  des 
Anschauungsunterrichts,  höchst  anregend  fUr  die  Jugend  nnd  voll 
reicher  Belehrung  auch  für  Erwachsene. 

Was  die  gebotene  Auswahl  betrifft,  so  ist  sie  eine  wohlgelungene 
zu  nennen;  doch  mußten,  da  die  Abschnitte  unverändert  abgedruckt 
sind,  gar  zu  viele,  die  man  ungern  mißt,  wegbleiben.  Trotz  der  nicht 
leichten  Aufgabe  möchten  wir  wünschen,  daß  bei  einer  neuen  Auflage 
unter  Kürzung  einzelner  Pai'tien  noch  weitere  Stücke  Aufnahme  finden 
könnten. 

C,  C. 


Literarischer  Bericht.  —  Notiz.  —  Neu  erschienene  Bücher.     277 

In  demselben  Verlag  ist  erschienen: 
„Streifzüge  durch  die  Welt  der  Grossstadtkinder^  von  F. 

Gansberg.    214  S.    Preis  3.20  Mk.,  1905. 

Die  Ausführung  des  glücklichen  Gedankens,  in  Gestalt  anschau- 
licher Lebensbilder  eine  Anleitung  zu  fruchtbarem  Anschauungsunter- 
richt in  GroßstadtBchulen  zu  geben,  verdient  jedenfalls  das  Lob,  daß 
sie  au8  dem  Erfahrungskreis  von  Großstadtkindem  schöpft  und  eine 
reiche  Auswahl  bietet;  doch  ist  eine  gewisse  Ungleichheit  zwischen 
sehr  eingebender  Ausführung  und  bloßen  Andeutungen  zu  bemerken, 
und  mancher  Lehrer  würde  vielleicht  dort  weniger,  hier  mehr  wünschen. 
Das  da  und  dort  verwendete  Plattdeutsch  müßte  bei  der  Benützung 
durch  den  heimischen  Dialekt  ersetzt  werden. 

C.  K. 

Sehilier-Bildnis  von  LeoSamberger;  herausgegeben  vom  Dürer- 
bunde.   Kleine  Ausgabe  (Meisterbilderformat)  25  Pf«,   Große 
Ausgabe  (46Va  X  347»  cm)  2  Mk.    Kunstverlag  Georg  D.  W. 
Callwey;  München. 
Auch  nach  den  Tagen  der  Festfeier  ist  es  nicht  zu  spät,  auf  das 
in  Auffassung  und  Ausführung  ausgezeichnete  Schiller- Bildnis  von  Sam- 
berger  hinzuweisen   und   auf  die   außerordentlich   günstigen   Bezugs- 
bedingungen, die  der  Dürerbund  dem  Verlag  zu  stellen  ermöglicht  hat; 
in  kleiner  Ausgabe  kostet   das  Bild   bei  Bezug  von  25  Exemplaren 
20  Pf.,  von  50  an  15  Pf.,  von  500  an  10  Pf. ;  auch  für  die  große  Aijp- 
gabe  ist  eine  Preisermäßigung  bei  Bezug  größerer  Partien  bis  zu  75  Pf. 
vorgesehen.    Es  wird  hier  wirklich  ein  Andenken  von  bleibendem  Wert 
geboten. 

Gannstatt.  Th.  K. 


Notiz. 

„Heft  8  und  9  werden  im  Laufe  des  Septembers  in  Form  eines 
Doppelheftes  erscheinen.^'  Die  Redaktion. 


Neu  ersohienene  Bücher. 

Bei  der  grossen  Menge  der  ans  zugehenden  neuen  literarischen  Erscheinungen 
ist  es  uns  unmöglich,  Jede  im  einseinen  su  besprechen.  Die  Titel  der  einlaufenden 
Bfioher,  die  wir  susnahmslos  der  Kohlhammerschen  Verlagsbuchhandlung  su  Über- 
senden bitten,  werden  regelmässig  im  n&ohsten  Hefte  TerOfTentlicht ;  anfBflek- 
sendung  der  nicht  besprochenen  Bücher  kOnnen  wir  uns  aber  nicht  einlassen. 

Sahr,  Deutsche  Literaturdenkmäler   des  16.  Jahrhunderts.     II  Hans 

Sachs.    Leipzig,  G.  J.  GOschen^sche  Verlagshandlung. 
Mahl  er,  Physikalische  Aufj^abensammlung.    Ibid. 


278  Neu  erschienene  Bücher.  —  Ankündigungen. 

Grimsehl,  Angewandte  Potentialtheorie  in  elementarer  Behandlung. 
Ibid. 

Caner,  Beigaben  zu  Ilias  und  Odyssee.    Leipzig  und  Wien,  G.  Frey- 
tag, F.  Tempsky. 

Hoffmann,  William  Howitt.    Visits  To  Remarkable  Places,    Ibid. 

Köcher,  James  Anthony  Froude.    Oceana.    Ibid. 

Müller,  Schillerbüchlein  für  Schule  und  Haus.    Ibid. 

Strzemcha,  Friedrich  von  Schiller.    Wilhelm  Teil.    Ibid. 

(Fortsetzung  s.  S.  8  des  Umschlags.) 

Dem  Inhaber  der  bekannten  Piano-  und  Harmonium-Firma  Wilh. 
BudolphinGiessen  wurde  von  Sr.  KOnigl.  Hoheit  dem  Grosshersog 
von  Hessen  der  Charakter  als  Hoflieferant  erteilt;  die  Firma  war  vor 
kurzem  mit  der  Lieferung  eines  Flügels  in  das  Jagdschloß  Wolfsgarten 
betraut  worden,  nachdem  sie  bereits  im  Frühjahr  ein  gleiches  Instrument 
im  Schloß  Ronirod  aufgestellt  hatte. 


Ankündigungen. 


3n  ber  S^tt^ttf^tn  ^ttta%s^ßnbtnu^  )u  ^teiSttrg  im  Streif  gau  ftnb 
f oeben  erfc^ienen  unb  !önnen  burc^  aüe  iBuc^^anblungen  besooen  werben : 

mtxttia,  Dr.  8»v  ä;  MSi:  m^Bn^^  fftr  ben  ^nf  er- 
rfd|t  in  hct  bettffd^en  ^efd^ii^ie.  gn  btci  xciien.  ©r.s». 

IL  ^eutffte  (Bef^ic^tt  »om  ^eninn  ber  ^mtit  bi^  snr  S^ronüeffeignng 
^9riebri(4^  M  trogen,     ^ithtt  unb  aä^tt,  oerSefferte  Suflai^e. 
(IV  u.  e.  141—240)  1.20  Mk. ;  (<cB.  in  ^alBIcinmanb  Mk.  1.60. 

ffVÜJttt  ift  erf^ienen:  I.  ^tntf^  ^if^mu  m«  ^ra  iütün  ^tHtu  Ito  t«»  MH*«iC 
^M IKtt l«r<ll(f i.  6ie6te  unb  ac^te,  oerbef  ferteXuf  läge.  Mk.  i.iO;  geb.  Mk.3.80 
lU.  'pfifft  #ff4i4t(  M»  ^<tr  Y9r««Scllf igttttf  ^xMtU^  ^  #r«f(ii  $U  |«r  ^tgctt- 
»«rl,  ntbft  einem  Xn^ang.    ^Onfte  unb  fed^^e  Xu f  läge.    Mk.  i.eo;  geb.  Mk.  s.— 

3  u  ö  e  r  I  ä  f  f  la  f  e 1 1  ber  tatfäe^Ii^cn  «ngaben,  f orflf altifje  ®  i  cft  t  u  n  ft  bcS 
©toffe«,  übeTrt(^tH($e  Q)  l  i  e  b  e  r  u  n  g ,  audoiebif^e  IBerücffi^ticiunfi  ber  JT  u  1 1  u  t« 
gefc^ic^te,  fitegenbe,  in  ber  beutfc^en  Sefd^id^te  t>on  einem  »armen  {»aud^e 
oatetl&nbifc^er  ^egetflenina  burc^tvel^te^arfienunn:  baS  ftnb  bie  anerfannten 
^ot}üge  bed ISerfed.  Bun&c^fi  für  bie  mittleren  jeiQffen(Ouorta  bie  Unter« 
fefunba  einfd^tteglic^)  beflimmt,  bietet  ed  eine  folc^e  ©toffaudma^i,  bag  e«  auc^ 
in  ben  0  b  e  r  e  n  mit  gutem  Erfolg  benü^t  toerben  fann.  [15 

Schwerins,  K.,  ^^''''I^j;ot::^^JZTcSi::  Sammlnng  von  Auf- 
gaben ans  der  Arithmetik  mr  höhere  Lehranstalten. 
Zweite,  verb.  Aufl.  gr  8«.    III.  Lehrgang  (VIII  u.  S.  149—246) 
Mk.  1.20;  geb.  in  Halbleinwand  Mk.  1.50. 

Frtther  sind  erMhienen :  I.  L  e  h  r  g  a  n  g.  80  Pf. ;  geb.  Mk.  1.10.  11.  L  •  h  r  g  a  n  ff. 
Uk.  1.80 ;  geb.  Mk.  l.uO.  Die  S  Lehrg&nffe  in  einem  Bande  Mk.  8.20 ;  i^eb.  in  Halb- 
leder Mk.  8.60.  Fttr  die  Hand  des  Lehrers  gratis :  Begleitwort  aar  Sammlung  tod 
Aufgaben  aus  der  Arithmetik  (12). 

—  n.  Dr.  W.Krimpholf,!f."4Tw",«To"El)ene  Geometrie. 

Nach  den  neuen  Lehrplänen  bearbeitet.   F  tt n  f  t  e  A  u f  1  ag  e.   Mit 
154  Figuren.   Gr.  8«  (VIII  u.  136)  M  k.  1.60 ;  geb.  in  Halbleder  Mk.  2. 


Anklliidigatigen.  3^9 


BRArtf^r  in  Seesen 
.  X3CI..JLC1    a.HaraP.191.  I 

liefert  allein  aeitiaSOden  anerkannt  , 
onübertruffenen  HoIIKod.  Tabak.  , 
Ein  10  Pfd.-Beutel  fkv.  acht  Hk. 


In  der  Herderacben  Verlagahandlnng  zu  Frelbnrf  im  Brels- 

fsv  ist  Boeben  erschienen  und  kann  durch  alle  Bachhandlungen  be- 
logen werden: 

jCerders  {ilDeratlas  zur  Xanstgeschichte. 

Erster  Teil:    Altertum    und    Mittelalter.        [13 
7ö  Tafeln  (Quer-Fotio)  mit  720  Bildern.   8  Mk. 

Der  zweite  [Schluä-)  Teil,  enthaltend  die  „Neuzeit",  wird  Ende  1905 
erscheinen.  —  Die  UnteraehrifteD  sind  in  deutsober  und  französischer 
Sprache  gegeben;  ein  erklärendes  Inhaltsverzeichnis  für  das  ganze 
Werk  soll  dem  zweiten  Toll  beigefügt  werden. 

Herders  Bilderatlas  der  Kunstgeschichte  wUl  ein  nach  pädagogi- 
schen Grundsätzen  sorgsam  ausgewähltes  und  mit  Hilfe  der  modernen 
Repro  du  ktionsv  erfahren  niü  glich  st  naturgetreu  wiedergegebenes 
Ansohauuuganiaterial  für  den  Unterricht  in  der  Kunstgeschichte  an  den 
hObereu  Schulen  bieten.  Die  Zusammenstellung  der  Bilder  erfolgte 
unter  der  fachmänoischen  Leitung  des  Herrn  Dr.  Joseph  Sauer,  Privat- 
dozent  an  der  Universität  Freiburg.  Dabei  wurden  auch  solche  Denk- 
mäler berücksichtigt,  die  erst  in  neuester  Zeit  in  den  Bereich  der  Eunst- 
studien  einbezogen  worden  sind.  Jede  Epoche  soll  trotz  der  durch  den 
Zweck  gebotenen  Beschränkung  eine  geschlossene  Darstellung  von 
Anfang,  Höhepunkt  und  Herabsteigen  bieten.  Bei  dieser  Auswahl  im 
Verein  mit  dem  handlichen  Format  und  der  soi^fiiltigen  Ausstattung 
durfte  der  Atlas  sich  als  vorzügliches  Uiltsmittel  beim.  Unterricht 
erweisen. 


HSduter  Ribitt     Ndofle  Elstn.    »lihr.  Osnntie.    Plwo*  d-  HunMlnM 
tu  Mnaielcn)  bd  Knit  Üu|  der  MId*.  -   Dlaslr.  Kalaloc«  fratts-IrsL 

^^  Wilh. Rudolphi  Gieuen  w.m. 


Verlag  von  ff.  Kohlhammer  iu  »tnttgart. 

Die  Vorsehriften  Über  die  PrQfang  und  Bestelinns  d<r 

jlffeiltliehen   FddmeSSer   nnd  die  AusfiihmDg  der  Ver- 
messungaarbeiteD  im  Königreich  Württemberg.  Preis  90  ^. 
P^Od'f^  fnr  bae  ftanigcei^  SBütttemberg  vom  7.  Oftobei 
1874  nebft  aJonaufl«ootfc6tfften.    ^reifl  i  Ji  2ö  ^. 


38Ö  Anktbdigiiii^en. 


Ein  Liederschatz  für  Studenten  und  fürs  deutsche  Volk. 

In  der  Herdersohen  Yerlagshaadlnng  zu  Frelborg  im  Breisf^au 

ist  soeben  erschienen  und  kann  durch  alle  Buchhandlungen  bezogen 
werden : 

Beisert,  Dr.  Karl^  Deutsche  liieder.     Klavierausgabe 

des  Deutschen  Kommersbuches.  Ergänzangslieft  enthaltend 
62  Lieder  mit  Klavierbegleitung.  Hoch  4<^  (VI  und  68) 
Mk.  2. — ;  geb.  in  Leinwand  mit  Deckenpressung  Mk.  3. — 

Früher  lind  Ton  daniBelben  Heraasgaber  erschienen: 

(Hauptwerk):  Deutsche  Ijteder.  Klavierausgabe  des  Deutschen 
Kommersbuches.  Enthaltend  557  der  beliebtesten  Vaterlands-  Stu- 
denten- und  Volkslieder,  sowie  ein-  und  zweistimmige  Solo-Gesänge 
mit  Klavierbegleitung.  Hoch  4^  (VIII  u.  460  Seiten  nebst  U  Seiten 
Anhang).   Gebunden  in  Leinwand  mit  Deckenpressung  Mk.  16. 

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Unfet  2)  e  u  t  f  c^  e «  Ä  0  m  m  c  r  «  b  u  (§ ,  oon  Dr.  Ä.  9fieifett  §iftotif(§*fTitif<l^ 
bearbeitet,  ifina(^  bem  übereinfiimmenben  Urteil  au(^  ber  »iffenf^aftUc^en  jtritif 
ein  wa^rc«  3Wu|letbuc^  feiner  21rt ;  c«  enthält  fafl  800  unfcrer  fc^önflen  alten  unb 
neuen  ^oterlanb«,:*  ©tubenten«  unb  fonfligen  ^olfdlieber  unb  fiedt  ftc^  fo  qU 
eine  Sammlung  oon  faum  me^r  au  überbletenbec  9{eic^l^altigfeit  unb  Sßannig« 
fattlgfelt  bat. 

^UTC^  ben  in  mel^rfac^er  ^tnfi(^t  felbflanbigen  Sludbau  be«  „^eutf  c^en 
J^ommerdBu(9e6"  unb aanj  bef onberd  burd^  bie  er^eblic^e S^^^  ^^ neuauf- 
genommenen Ortginolmelobten  ergab  fic^  t)on  fetbfl  bad  ^ebürfnid  iüx  eine  eigene 
JllaDierau^gabe  bedfclben.  ^ie  „SDeutfd^en  Sieber",  bie  ie^t  ein  dr^ 
gänjungd^eft  ermatten  ^aben,  finb  nic^t  blog  ein  Sicberbuc^  für  ben  jungen  ober 
alten  ©tubenten,  fonbern  fte  ftnb  tt>eaen  i^te«  reiben  unb  uielfeitigen  ^it^alted 
unb  ber  hti  ber  Sudita^l  ber  Sieber  burdbgef ü^rten  @runbi&1^e  auc^  ein  toitfü^e« 
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Die  XV.  Landesversammlmig  des  württembergisohen 
Grymnasiallehrerverems  am  20.  Mai  1905 

war  Ton  rnnd  200  Teilnehmern  besucht  und  fand  wie  bisher  in 
Stuttgart  im  Stadtgartensaale  statt,  der  eine  geschmackyolle  Aus- 
stellung von  ktlnstleriscben  Wandbildern  aus  dem  Tenbnerschen 
Verlag  enthielt  Den  Vorsits  ftthrte  als  Stellvertreter  Rektor 
Dr.  Knapp-Tttbingen,  der  die  Versammlung  um  10  ühr  mit 
der  Begrtlßung  der  Gäste  eröffnete.  Als  solche  waren  er- 
schienen: von  der  Unterrichtsrerwaltung  Direktor  Dr.  y.  Abieiter, 
zugleich  in  Vertretung  seiner  Exzellenz  des  Herrn  KultministerS; 
femer  die  Oberstudienräte  Hauber,  Dr.  Herzog  und  Rektor  Ehrhart, 
Oberkonsistorialrat  Binz ;  von  der  Landesuniversität  die  Professoren 
Dr.  Busch,  Dr.  Gundermann  und  Dr.  Schmid ;  ton  den  befreundeten 
Vereinen  in  Hessen  und  Baden  Direktor  Block  von  Wimpfen  und 
die  Professoren  Armbrnster  und  Gramer  von  Karlsruhe.  Mit  warmen 
Worten  gedachte  der  Vorsitzende  zunächst  des  schmerzlichen  Ver« 
luates,  den  das  wtlrttembergische  Schulwesen  erlitten  durch  den 
allzufrtthen  Hingang  des  Direktors  Dr.  v.  Rapp  (15.  Januar),  und 
die  Versammlung  gab  durch  Erheben  von  den  Sitzen  den  Geftlhlen 
dankbarer  Verehrung  für  den  Verstorbenen  sichtbaren  Ausdruck. 
Mit  lebhafter  Genugtuung  begrüßte  es  der  Redner,  daß  an  die 
Spitze  der  Ministerialabteilung  wieder  ein  ehemaliges  Mitglied  des 
Standes  berufen  worden  sei.  Rückhaltloses  Vertrauen,  so  konnte 
er  versichern,  bringe  der  ganze  Stand  dem  neuen  Direktor  ent* 
gegen,  der,  mit  allen  Verhältnissen  aufs  gründlichste  vertraut,  die 
Freuden  und  Leiden  des  Standes,  seine  Wünsche  und  Sorgen,  seine 
Stärke  und  seine  Schwächen  aus  eigener  Erfahrung  so  genau  kenne. 

Nun  wurde  in  die  Tagesordnung  eingetreten. 

L  Prof.  Dr.  Gundermann  von  Tübingen  erhielt  zuerst 
das  Wort  zu  dem  wissenschaftlichen  Vortrag  über  ,,Römische 
Geschickte  und  deutsche  Sage^S  Jahrhundertelang  standen 
in  vorhistorischer  Zeit  Italien  und  Deutschland  in  regem  Handels- 
verkehr und  tauschten  nordischen  Bernstein  und  südliche  Kunst- 
erzengnisse  aus;  die  alten  Handelsstraßen  für  diesen  Verkehr  haben 
uns  zahlreiche  Bodenfunde  der  letzten  Jahrhunderte  aufgedeckt. 
Nachdem  dieser  Femverkehr  jedenfalls  lange  gedauert  hatte,  er- 
folgte zu  Ende  des  2.  Jahrhunderts  die  erste  nähere  Berührung 
beider  Völker  durch  den  Zug  der  Oimbem  und  Teutonen,  deren 

Korretpondeniblatt  1905,  Heft  8  u.  9. 


282  Gramer,  Die  XY.  Landesyersaminlung  des 

Anstarm  von  Marins  abgeschlagen  wnrde.  Von  da  an  blieb  die 
Sicherung  der  Nordgrenze  die  erste  Sorge  Roms.  Nachdem  Cäsar 
die  Rheingrenze  gesperrt  hatte,  wnrden  die  Germanen  in  Gallien 
rasch  zu  römischen  Provinzialen.  Unter  Angustus  wurde  der  Rhein 
überschritten,  Bataver  und  Friesen  wurden  Roms  Verbündete, 
römische  Kastelle  wurden  angelegt  bis  zur  Lippe.  Die  Niederlage 
des  Varus  wurde  Anlaß,  daß  auch  die  Schriftsteller  sich  mit  diesen 
Barbaren  des  Nordens  mehr  beschäftigten  (Strabo,  Plinius,  Taci- 
tus).  Eine  gründliche  Romanisierung  hat  das  deutsche  Volk  (ab- 
gesehen vom  Nordwesten)  erlitten,  wenn  ihm  auch  das  größte  Opfer, 
der  Verlust  seiner  Sprache,  erspart  blieb.  Bis  tief  ins  Mittelalter 
lag  das  Schwergewicht  deutschen  Lebens  in  den  alten  Römer- 
gebieten, Die  altdeutsche  Sprache  ist  gesättigt  mit  römischen 
Wörtern;  in  der  Keramik  wirken  die  römischen  Vorbilder  jahr- 
hundertelang nach  (erst  die  Stürme  der  Völkerwanderung  bringen 
die  alte  La  T6ne-Kultur  wieder  zum  Vorschein).  Die  deutschen  Städte 
wie  Bonna,  Sumelocenna  bei  Rottenburg,  Vetera  bei  Xanten  (wohl 
ein  keltisches  Wort;  nicht  zu  ergänzen  castra)  zeigen  überein- 
stimmend drei  Bestandteile:  zuerst  ein  römisches  Lager,  dann 
Niederlassung  von  römischen  Händlern,  endlich  Ansiedlungen  von 
Eingeborenen. 

Bei  diesen  reichen  Wechselbeziehungen  zwischen  römischer  und 
germanischer  Bevölkerung,  wie  sie  namentlich  auch  die  Limes- 
grabungen zutage  gefördert,  liegt  die  Frage  nahe,  wie  sich  die 
geschichtlichen  Ereignisse  der  Römerzeit  widerspiegeln  in  den  Er- 
zählungen, Liedern  und  Geschichten  der  Germanen.  Im  Sagen- 
kreis Dietrichs  von  Bern,  wo  sich  das  Märchenhafte  ganz 
gut  scheiden  läßt  vom  Geschichtlichen,  ist  keine  Spur  von  Römer- 
tum  zu  finden,  trotzdem  das  römische  Reich  eben  erst  zu  Grabe 
gegangen  war.  Zu  erklären  ist  dies  daraus,  daß,  wie  alle  mili- 
tärischen Stellen  im  Reich  mit  Goten  besetzt  waren,  so  auch  die 
Sage  dieses  Volkes  nur  Goten  einfuhrt,  durchweg  Mitglieder  des 
Militäradels.  Merkwürdig  berührt  dabei  die  Stellung  Hildebrands, 
des  Waffenmeisters  des  heranwachsenden  Dietrich.  Der  Titel  Waffen- 
meister ist  nichts  anderes  als  die  wörtliche  Übersetzung  des  latei- 
nischen armorum  magister;  diesen  Titel  hatte  .seit  der  Vereinigung 
der  beiden  Ämter  des  magister  equitum  und  peditum  unter  Dio- 
kletian der  Höchstkommandierende  des  Reiches  (so  Stilicho  B95  im 
Westreich).  Unter  germanischem  Namen  hat  also  dieses  römische 
Amt  den  Untergang  des  Reiches  überdauert. 


wflrttembergidchen  GytDDasiallehrervereiDS*  283 

Bei  der  Nibelungenaage  hat  nicht  nur  das  ganze  Mittel- 
alter,  sondern  auch  die  folgende  Zeit  den  Inhalt  der  Sagendichtung 
immer  als  historische  Begebenheiten  angesehen.    Erst  im  Zeitalter 
der  Romantik  wollte  man  Naturyorgänge  in  der  Sage  wiederfinden 
(Wilmanns):    Sigfrid  ist  der  junge  Tag,   der  die  Sonne,   die 
schlafende  Jangfran,   weckt;  fortschreitend  aber  wandelt  sich  der 
Tag   in  Nacht,   der  Flammenball   verschwindet,   Tag  und   Sonne 
gleiten  ins  Reich  der  Finsternis  hinab.    Diese  Natnrsymbolik 
ist  nach  dem  Vortragenden  vollständig  abzuweisen  als  Produkt 
der  Stndierstube,  nicht  aber  der  Volksphantasie.    Es  ist  zurttckzu- 
kehren  zu  dem  geschichtlichen  Weg,  auf  dem  Mono,  freilich  unter 
dem   Widerspruch   der   Gebrttder   Orimm   und   der   Mehrzahl   der 
neueren  Oelehrten,  versucht  hat,  Sigfrid  mit  Arminius  gleichzusetzen. 
Zwingende  Beweise  lassen  sich  für  diese  Gleichsetznng  nicht  bei- 
bringen, immerhin  aber  scheinen  drei  Funkte  dafür  zu  sprechen: 
1.    Die    Übereinstimmung    der    Tatsachen    zwischen 
Sage  und  Geschichte.  Sigfrid  ist  vaterlos  wie  auch  Arminius; 
mit  Waffengewalt  gewinnen  beide  die  Braut,  die  ihnen  nur  10  Jahi^ 
bleibt;  beide  fallen  durch  Arglist  der  eigenen  Verwandten;  beiden 
stirbt  der  Sohn  dreijährig.    Westfalen,  wo  die  Sigfridsage  wurzelt, 
ist  auch  die  Heimat  des  Arminius,  und  hier  ist  auch  die  Schmied- 
sage zu  Hause,  wie  sie  im  Sigfridlied  begegnet.   In  Xanten  wächst 
Sigfrid  auf;   dort   im  Lager  bei  Vetera  aber  leisteten  die  nord- 
deutschen Germanen  ihre  erste  Dienstzeit  im  römischen  Heere  ab, 
ahio  auch  wohl  Arminius.    2.  Die  größte  Schwierigkeit  macht  die 
Entsprechung  der  Namen.    Die  Erklärung  des  Namens  Ar- 
minius als  germanisch  ist  abzuweisen;  der  Name  muß  römisch 
sein,  so  gut  der  Bruder  den  römischen  Namen  Flavus  trägt.    Auch 
war   Arminius  ja   römischer   Bürger   und    hatte   den   Rang  eines 
römischen  Ritters.    Nach  Mommsen   war   es   eine  Forderung  des 
Dienstes,  bei  dem  die  Sprache  die  lateinische  war,  daß  der  ins 
Heer  eintretende  Germane  sich  einen   römischen  Namen  beilegte« 
Ein  römischer  Gentilname  Arminius  (aus  dem  Etruskischen  abzu- 
leiten)  ist  aus  der  Raiserzeit  nachweisbar.    Bestimmend  bei  Wahl 
eines  solchen  Namens  konnte  nicht  bloß  das  ins  Ohr  fallende  An- 
klingen des  Namens  an  den  heimischen  sein,  sondern  wohl  auch 
das,   daß   er  sich  in  der  Bedeutung  mit  dem  alten  Namen  deckte. 
So  konnte  etwa  von  arma  in  der  Bedeutung  „Macht,  Eraft^  ein 
Arminius  gebildet  werden  als  in  der  Bedeutung  entsprechend  einem 
Sigo  (Kurzform  von  Sigfrid).   Als  Stütze  für  diese  Erwägungen  hin- 


284  Cr  am  er,  Die  XV.  LandeBversammluDg  des 

sichtlich  des  Namens  lassen  sich  verwerten  einmal  die  germanischen 
Göttemamen;  die  in  den  Steininschriften  noch  einen  römischen 
Namen  neben  sich  haben,  sodann  die  zahlreichen  germanischen 
Personennamen  in  den  rheinischen  Inschriften.  Bei  Namen  von 
Verwandten  läßt  sich  hier  vielfach  die  AUiteration  beobachten.  In 
diese  Kategorie  würde  es  nun  sehr  gnt  passen,  daß  die  Verwandten 
von  Arminius-Sigfrid  Namen  tragen  wie  Sigmund,  Segestes  (bei 
Flavus  wissen  wir  eben  den  deutschen  Namen  nicht).  Weiter 
könnte  der  Name  des  Drachen  Fafner,  bei  dem  nach  Grimm  die 
menschliche  Natur  noch  deutlich  hervorschimmert,  eine  germanische 
Übersetzung  des  Namens  Varus  sein  (fafner  =  Umarmung,  ausge- 
gebreitete  Arme;  varus  =  ausgespannt).  Es  hat  kein  Bedenken, 
in  dem  Hort,  den  der  Drache  bewacht,  das  römische  aerarium  zu 
sehen,  das  für  germanische  Begriffe  jedenfalls  einen  bedeutenden 
Schatz  enthielt,  da  es  ja  das  aerarium  von  drei  Legionen  war« 
Der  Name  Nibelungen  endlich  wird  gewöhnlich  mythologisch 
gedeutet  als  ,Kinder  der  Finsternis'  (Nlfelheim,  nebel),  und  man 
vorsteht  darunter  die  Zwerge,  die  das  Gold  in  der  dunkeln  Erde 
bewachen.  Als  spätere  Besitzer  des  Schatzes  können  auch  die 
Burgundenkönige  wohl  so  heißen ;  aber  dann  käme  der  Name  auch 
mit  demselben  Recht  dem  Sigfrid  zu,  der  ihn  nie  führt.  Diese 
Schwierigkeit  würde  sich  ganz  gut  lösen  auf  folgendem  Weg*  Eine 
althochdeutsche  Glosse  erklärt  das  Wort  nebulo  als  skrat,  d.  h.  Geist, 
Unhold.  Da  Augustus  auf  den  Münzen  Divi  filius  heißt,  so  könnte 
nebulo  die  Übersetzung  von  divus  sein  und  bedeuten  „der  unter 
die  Götter  Aufgenommene^^  Davon  könnte  mit  der  Silbe  -ung  ein 
Patronymikon  gebildet  sein :  Nibelungen  =  Nachkommen  des  Augustus, 
seine  Mannen,  also  Römer.  Dann  wäre  erklärt,  warum  Sigfrid  = 
Arminius  nie  Nibelung  heißt,  wohl  aber  die  Burgunden,  die  nach 
Ammianus  Marcellinus  Nachkommen  der  Römer  sein  sollten.  Diese 
Übersetzung  würde  ihrem  Charakter  nach  passen  zu  Übersetzungen 
wie  mons  Jovis  =  Gotthard  oder  zu  der  Übersetzung  der  Wochen- 
tage, die  zwischen  dem  1.  und  4.  nachchiistlichen  Jahrhundert  ent- 
standen sein  mögen.  3.  Bei  der  Lokalisation  kommt  die 
Frage  nach  dem  Ort  der  Teutoburger  Schlacht  ins  Spiel.  Fast 
alles  weist  auf  die  Gegend  östlich  vom  Osning  ins  Land  von  Lippe- 
Detmold.  Nun  berichtet  ein  isländischer  Abt,  der  um  1150  eine 
Pilgerfahrt  ins  gelobte  Land  unternahm,  von  seiner  Reise  durch 
Westsachsen,  zwischen  Paderborn  und  Mainz  seien  zwd  Dörfer 
Namens  Horus  und  Kiliander.    Hier  sei  die  Gnitaheide,  wo  Sigurd 


mn  wdrtiembergischen  GymnasiallehrervereiDS.  286 

den  Fafner  erschlug.  Die  beiden  Dörfer  sind  zu  suchen  an  der 
Werra  im  nordwestlichen  Teil  von  Lippe-Detmold.  Gelänge  es, 
hier  ein  oder  mehrere  römische  Lager  za  finden,  dann  wäre  die 
Probe  gemacht  auf  das  Exempel  Arminius  =  Sigfrid. 

U.  Auf  diesen  überaus  fesselnden  Vortrag,  für  den  der  Vor- 
sitzende den  wärmsten  Dank  der  Versammlung  aussprach,  folgte 
der  Geschäftsbericht,  den  der  stellvertretende  Vorsitzende  er- 
stattete. 1.  Die  Berufung  des  bisherigen  Vorstandes  Dr.  Herzog 
in  die  Untemchtsverwaltung  (29.  März)  ist  zwar  für  den  Verein 
und  seine  Bestrebungen  sehr  erfreulich,  bedeutet  aber  andererseits 
einen  empfindlichen  Verlust.  V^ar  er  doch  wie  wenige  geeignet 
für  die  Vorstandsstelle  durch  unermüdliche  Arbeitskraft,  hervor- 
ragende Geschäftsgewandtheit,  unvergleichliche  Personenkenntnis, 
gewinnende  Liebenswürdigkeit,  nicht  zum  wenigsten  auch  durch  die 
Gabe  des  schnellen  Blicks  und  des  raschen  Entschlusses.  Sieben 
Jahre  hat  er  den  Verein  geleitet,  zugleich  6  Jahre  die  Geschäfte 
des  Redakteurs  besorgt  Was  der  Verein  in  dieser  Zeit  erreicht 
hat,  wobei  die  Hauptarbeitslast  stets  auf  den  Schultern  des  Vor- 
standes ruhte,  davon  gab  der  Vorsitzende  in  gedrängten  Zügen  ein 
anschauliches  Bild  und  schloß  daran  die  Mitteilung,  daß  der  Aus- 
schuß einstimmig  der  Versammlung  vorschlage,  den  bisherigen  Vor- 
stand, Oberstudienrat  Dr.  Herzog,  in  Anerkennung  seiner  hervor- 
ragenden Verdienste  um  den  Verein  zum  Ehrenmitglied  zu 
ernennen.  Mit  freudiger  Zustimmung  wurde  dieser  Antrag  von 
der  Versammlung  zum  Beschluß  erhoben.  2.  Mitgliederzahl 
des  Vereins.  Eingetreten  sind  im  abgelaufenen  Vereinsjahr  24, 
ausgetreten  16  Mitglieder,  jetziger  Stand  381.  3.  Die  Eingabe  um 
Fortbezahlung  des  Gehalts  und  der  Dienstalterszu- 
lagen an  unständige  Lehrer  während  der  Ferien  (vgl. 
in  diesen  Blättern  1904,  249)  ist  von  der  Behörde  zustimmend  be- 
antwortet worden  (SWD  1904,  276).  4.  Auf  die  am  20.  Juni  v.  J. 
abgegangeneEingabe  betr.  Titel  der  unständigen  Lehrer  (Gleich- 
stellung mit  den  andern  unständigen  akademisch  gebildeten  Beamten 
durch  Verleihung  der  Titel  Referendar  und  Assessor;  vgl.  1904,  249) 
ist  eine  Antwort  noch  nicht  erfolgt.  5.  Die  Eingabe  betr.  Titel  der 
ständigen  Lehrer  (vgl.  1904,  250)  ist  von  der  Behörde  ab- 
lehnend beschieden  w^orden  (SWD  1904,  456).  6.  Der  vorjährige 
Beschluß,  in  Verbindung  mit  dem  Verein  der  realistischen  Lehrer 
der  Staatsregierung  eine  Denkschrift  über  die  Wünsche 
des   höheren  Lehrers  tan  des   zu   überreichen,   ist  vom  Aus- 


286  Cr  am  er,  Die  XV.  Landesversammlang  des 

sobnß  nicht  ausgeführt  worden^  da  die  damalige  yoraussetztmg 
dieses  Beschlusses,  nämlich  die  bevorstehende  Änderung  des  Be- 
amtengesetzes, sich  als  irrig  erwies.  Bei  der  Aussichtslosigkeit 
weiterer  Schritte  angesichts  der  ungünstigen  Finanzlage  des  Staates 
war  die  Versammlung  mit  dieser  Haltung  des  Ausschusses  einver- 
standen. 7.  Die  Resolution  der  vorjährigen  Landesversammlung,  betr. 
die  Ansprüche  der  seminaristisch  gebildeten  Lehrer  (1904, 
252)  hat  dem  Verein  Angriffe  aus  Abgeordnetenkreisen  zugezogen.  Dem 
gegenüber  erklärt  der  Vorsitzende  unter  dem  Beifall  der  Versamm- 
lung, daß  auch  die  Äußerungen  von  Abgeordneten  der  Kritik  nicht 
entzogen  seien,  und  daß  der  Verein  sich  auch  künftig  das  Recht 
nicht  verkümmern  lassen  werde,  gegen  irrige  und  schiefe  Auf- 
fassungen Einsprache  zu  erheben.  8.  Ein  Vorschlag,  bei  der 
Landesversammlung  nach  dem  Muster  der  realistischen  Versamm- 
lung Sektionssitzungen  einzuführen,  war  vom  Ausschuß  abge- 
lehnt worden  (SWD  1904,  131),  und  die  Versammlung  billigte 
diesen  Standpunkt.  9.  Der  Kassenbericht,  erstattet  von  Prof. 
Fauser,  ergab  als  VereinsvermOgen  2100  M.;  die  Rechnung  war 
geprüft  von  Prof.  Zech.    Dem  Kassier  wurde  Entlastung  erteilt 

m.  Wahlen.  Zum  Vorstand  wurde  dem  Ausschußantrag 
entsprechend  Rektor  Dr.  Klett  von  Cannstatt  durch  Zuruf  ge- 
wählt. Sodann  waren  für  die  an  Mittelgymnasien  beförderten  Ober- 
präzeptoren  Flaig  und  Schiele  zwei  neue  Ausschußmitglieder  als 
Vertreter  der  Landschulen  zu  wählen.  Die  geheime  Abstimmung 
ergab:  Oberpräzeptor  Ha  11  er -Nagold  (93  Stimmen)  und  Ober- 
präzeptor  Föll-Qroßbottwar  (86). 

rv.   Anfragen  des  Verbandsausschusses  in  Eisenach. 

1.  Das  Bedürfnis  nach  einer  Haftpflichtversicherung  wurde 
entsprechend    früheren    Beschlüssen    verneint    (SWD    1905,    176). 

2.  Schaffung  einer  Rechtsschutzkommission,  wobei  Straf- 
fälle Sache  des  Oesamtverbandes  wären,  Zivilsachen  dagegen  den 
Landesverbänden  vorbehalten  blieben.  Die  Versammlung  beauftragt 
den  Ausschuß,  über  die  Gründung  einer  Rechtsschutzkommission 
für  Zivilfälle  der  nächsten  Landesversammluug  Vorschläge  zu 
machen.  Die  Straffälle  betreffend  hält  der  württ  Verein  eine 
solche  Gründung  nicht  für  ein  dringendes  Bedürfnis,  wird  sich 
aber  bei  etwaigen  Schritten  des  Gesamtverbandes  nicht  ausschließen. 

V.  Mit  der  Frage  der  Hausaufgaben  hatte  sich  schon 
die  vorjährige  Versammlung  beschäftigt,  aber  aus  Mangel  an  Zeit 
nur  den  Bericht  des  einen  Referenten,  Prof.  Dr.  Eiben,  entgegen- 


württembergisohen  Gymnasiallehrorvereins.  287 

nehmen  können,  während  der  diesjährigen  Versammlang  der  zweite 
Vortrag  von  Rektor  Mayer*Eßlingen  tiber  diese  Frage  sowie  die 
Besprechnng  der  Leitsätze  der  beiden  Referenten  vorbehalten  blieb. 
Den  berechtigten  Kern  der  Überbttrdungsklagen  fand  der  Referent 
nicht  sowohl  in  Fehlem  seitens  einzelner  Lehrer,  als  in  der  gegen- 
wärtigen Organisation  begründet.  Das  alte  Gymnasium  hat  zu 
seinen  Aufgaben  zwei  neue  und  schwierige  dazubekommen,  die 
modernen  Sprachen  und  die  Mathematik.  Es  sind  jetzt  nicht 
weniger  als  23  Fächer,  teils  sehr  stoffreich,  teils  unbegrenzter 
Steigerung  fähig.  In  jedem  dieser  Fächer  liegt  das  natürliche  Recht 
zur  Sonderexistenz,  und  so  ist  der  Begriff  der  Nebenfächer  ganz 
geschwunden.  Der  Unterricht  hat  etwas  Hastiges  angenommen, 
die  SchtUer  gelangen  nicht  mehr  zu  der  nötigen  Sicherheit.  Wir 
befinden  uns  in  einer  ähnlichen  Bedrängnis  wie  ums  Jahr  1840, 
die  damals  zur  Ausscheidung  der  Realschulen  geführt  hat.  Da 
dieses  Mittel  jetzt  versagt  ist,  so  bleibt  nnr^)  Verbesserung  der 
Methode.  Es  muß  wieder  unterschieden  werden  zwischen  Haupt- 
und  Nebenfächern;  die  Nebenfächer  müssen  sich  bescheiden  lernen, 
müssen  eine  dienende  Stellung  einnehmen,  ihre  Aufgabe  fast  ganz 
innerhalb  der  Unterrichtsstunden  erfüllen.  Daneben  erhofft  der 
Referent  eine  Entlastung  der  Schüler  von  folgenden  Vorschlägen: 
a)  Wiederentfernung  der  Mathematik  aus  Kl.  IV  und  V;  b)  Er- 
mäßigung der  Ansprüche  im  obligatorischen  Mathematiknnterricht 
unter  Einrichtung  eines  weitergehenden  fakultativen  Unterrichts  in 
der  Mathematik;  c)  Wegfall  der  griechischen  Komposition  aus  den 
Prüfungsfächern  von  El,  VII  und  aus  den  Hausaufgaben  von 
Kl.  VII — IX.  Endlich  möchte  er  eine  Änderung  anregen  d)  für 
die   Gewinnung    des   Geschichtszeugnisses    bei   der   Reifeprüfung; 

')  Sollte  nicht  noch  eine  andere  Möglichkeit  nahe  liegen?  Der 
Referent  erwähnt  selbst,  in  welchem  Maß  die  Unterrichtszeit  für 
das  Lateinische  allmählich  beschnitten  wurde.  Während  diesem 
Fach  an  Mittel-  und  Unterklassen  im  Jahre  1840  noch  102  und  bis  vor 
13  Jahren  immer  noch  82  Stunden  zu  Gebot  standen,  verfügt  es  jetzt 
nnr  noch  über  50  Stunden.  Und  selbst  diese  Zahl  erleidet  noch  einen 
Abzug  durch  den  späteren  Schulbeginn  in  den  Wintermonaten  und 
durch  den  Konfirmandenunterricht.  Eine  so  gewaltige  Verringerung 
der  Unterrichtszeit  kann  auch  durch  die  denkbar  größte  Verbesserung  der 
Methode  nicht  ausgeglichen  werden.  Viel  näher  läge  es,  anzuerkennen, 
daß  unter  den  heutigen  Verhältnissen  eben  die  früheren  Ziele  nicht 
mehr  erreicht  werden  können,  also  die  Forderung  zu  erheben,  daß 
das  Lehrziel  herabgesetzt  werde. 


I 

/ 1 


388  Gramer,  Die  XV.  Landesversammlan^  des 

dasselbe  sollte  zur  Hälfte  gewonnen  werden  aus  dem  Semester» 
zeagnis,  znr  Hälfte  aus  einem  GeschichtsanfsatE  Aber  allgemein 
gehaltene  Fragen.  Grandsätzlich  festgehalten  wttnscht 
er  dagegen  die  Hansanfgaben,  insbesondere  anch 
schriftliche^  in  den  bisher  ttblichen  Formen.  An  den 
Schaltagen,  deren  es  im  Jahr  etwa  240  sind,  soll  der  SchUler  nnd 
die  Kraft  des  Schülers  der  Schale  gehören.  Von  größter  Wichtig* 
keit  ist  dabei  aber  eine  genaue  Kontrolle  der  Zeit,  die  der  Schiller 
tatsächlich  auf  seine  Hausaufgaben  verwendet. 

Die  Debatte  umfaßte  nach  dem  Vorschlag  des  Vorsitaenden 
zunächst  die  allgemeinen  Grundsätze,  bei  denen  sich  Übereinstim* 
mung  ergab.  Dagegen  bei  der  Besprechong  der  technischen  Fragen 
(Präparation,  Repetition,  Vokabellemen,  Exploratorien,  Empfehlung 
der  fakultativen  Fächer)  kam  es  zu  lebhaften  Auseinandersetzungen, 
die  hier  im  einzelnen  wiederzugeben  der  Raum  nicht  gestattet*  Wir 
verweisen  hierfür  auf  den  eingehenden  Bericht  in  den  8WD 1905, 193 
und  beschränken  uns  darauf,  die  Namen  der  Mit^ieder  anzuftihren, 
die  sich  an  der  Debatte  beteiligten  (außer  den  beiden  Referenten 
Rektor  Mayer  und  Prof.  Dr.  Eiben  noch  die  Rektoren  Erbe,  Dr.  Hehle, 
Dr.  Klett,  Dr.  Knapp,  Votteler,  die  Professoren  Dr.  Qrotz,  Lechler, 
Dr.  Meltzer,  Dr.  Miller,  Dr.  Ritter,  Oberpräzeptor  Dr.  Hertlein),  und 
festzustellen,  daß  die  Ansichten  durchaus  geteilt  waren.  Auf  eine  Ab- 
stimmung wurde  verzichtet  und  die  Erörterung  der  vom  Referenten 
vorgeschlagenen  einschneidenden  Änderungen  vertagt.  Als  Ergebnis 
konnte  der  Vorsitzende  zum  Schluß  die  Meinang  der  Versammlung 
dahin  zusammenfassen:  Die  Klagen  über  Oberbürdung  gerade  beim 
Gymnasium  sind  im  allgemeinen  unbegründet,  wenn  man  auch  einen 
berechtigten  Kern  zugeben  will.  Jedenfalls  ist  an  den  Hausauf- 
gaben grundsätzlich  festzuhalten. 

VI.  Anregungen  aus  der  Mitte  der  Versammlung. 
Ein  Antrag  von  Oberpräzeptor  Dr.  Hertlein,  das  Mittagessen 
künftig  später  anzusetzen,  da  die  Zeit  für  die  Verhandlungen  zu 
kurz  sei,  fand  nicht  die  genügende  Unterstützung.  Auf  eine  An- 
regung von  Prof.  Dr.  Kapff-Ulm,  der  Wirtschaftsbetrieb  solle 
wegen  unerträglicher  Störung  der  Verhandlungen  räumlich  davon 
getrennt  werden,  konnte  bei  den  gegebenen  Verhältnissen  nicht 
weiter  verfolgt  werden.  Mit  dem  Wunsche,  daß  auch  die  diesjährige 
Versammlung  ihre  Früchte  tragen  möge  für  den  Stand  wie  ftlr  die 
Schule,  schloß  der  Vorsitzende  gegen  drei  Uhr  die  Versammlung. 
Heilbronn.  Gramer. 


EvftQgelische  EonkursprüfuDg  1904.  289 

Erangelisohe  Konknrsprüfong  1904. 

Religion. 

Was  ist  nach  Jesn  Lehre  das  rechte  Verhalten  seiner  Jünger 
zur  irdischen  Welt  und  zu  ihren  Gütern? 

Deutscher  Aufsatz. 

Thema:  Die  Teilung  der  Arbeit,  ihre  Ursachen  und  ihre  Wir- 
kung auf  den  Menschen. 

Lateinische  Komposition. 

Die  Catilinarische  Verschwörung  ist  weniger  bemerkenswert 
wegen  der  Gefahr;  in  die  sie  den  römischen  Staat  gebracht  hat, 
als  deshalb,  weil  sie  einen  vollen  Einblick  in  die  schweren  und 
zum  Teil  unheilbaren  Schäden  gewährt,  an  denen  das  damalige 
Rom  krankte.  Daß  das  römische  Reich  auf  die  Dauer  in  die  Hände 
einiger  Abenteurer  kommen  würde,  die  nicht  etwa  gleiche  politische 
Anschauungen,  sondern  einzig  und  allein  großer  Geldmangel  und 
noch  größere  Habsucht  und  Genußsucht  zusammengeführt  hatten, 
das  war  nicht  wohl  denkbar.  Immerhin  hatte  Cicero  ein  Recht, 
sich  ein  Verdienst  daraus  zu  machen,  daß  er  diese  gefährlichen 
Leute  ohne  Störung  der  öffentlichen  Ordnung  teils  zum  Verlassen 
Roms  gezwungen,  teils  durch  Verhaftung  unschädlich  gemacht  hatte. 
Wenn  man  sich  nun  aber  eben  diese  Leute  ansah,  die  der  be- 
stehenden Ordnung  den  offenen  Krieg  angekündigt  hatten,  mußte 
da  nicht  jeder  Patriot  darüber  erschrecken,  daß  die  sämtlichen 
Führer  der  Verschwörung  der  herrschenden  Klasse  angehörten? 
Eine  Republik^  in  der  die  Masse  der  Bürger  nur  für  Brot  und  Spiele 
Sinn  hatte  und  viele  Angehörige  der  maßgebenden  Kreise  so  herunter- 
gekommen waren,  daß  sie  nur  noch  von  einer  allgemeinen  Um- 
wälzung etwas  zu  hoffen  hatten,  war  reif  zum  Untergang. 

Lateinische  Exposition. 
Cic.  ad  fam.  VII  3,  3  u.  4. 

Griechische  Exposition. 
Piaton,  Menez.  247  E  fin.  248. 

Hebräische  Exposition. 
Kohdet  9,  7—12. 


S90  Evangelische  KoDkursprafmig  1904. 

Französische  Komposition« 

Es  scheint,  daß  Bernhard  von  Weimar  an  einer  Art  von  Pest 
gestorben  ist,  die  in  14  Tagen  Tausende  von  Menschen  in  seinem 
Lager  hinweggeraflft  hatte.  Die  schwarzen  Flecken  (la  tache),  die 
an  seinem  Leichnam  hervorbrachen  (6clater),  die  eigenen  Worte 
des  Sterbenden  und  die  Früchte,  die  sein  plötzlicher  Tod  Frank- 
reich ernten  ließ,  erweckten  den  Verdacht,  die  Franzosen  hätten 
ihn  vergiftet,  eine  Annahme,  die  in  Anbetracht  der  übrigen  Um- 
stände darchans  nicht  als  erwiesen  gelten  kann.  Auf  ihn  liatten 
die  Verbündeten  alle  ihre  Hoffnungen  gesetzt.  Der  kühne  Plan 
Bernhards,  am  Rhein  sich  einen  Staat  zu  gründen,  wurde  durch 
seinen  vorzeitigen  Tod  vereitelt.  In  ihm  verloren  die  Protestanten  den 
größten  Feldherrn,  den  sie  seit  Gustav  Adolf  besessen  hatten,  die  Katho- 
liken ihren  gefährlichsten  Feind.  Und  was  das  Schlimmste  war, 
Frankreich  gewann  nicht  nur  seine  Eroberungen,  sondern  auch 
seine  ganze  Armee. 

Geschichte. 
Frankreichs  Vordringen  gegen  die  Rheingrenze  von  der  Mitte 
des  16teu  bis  zum  Anfang  des  19ten  Jahrhunderts. 

Algebra  und  Trigonometrie. 

1.  Berechne  x,  y  und  z  aus  folgenden  3  Gleichungen: 

1.  1  +  1  +  1  =  _16 

X    '    y        z 

2.1  +  1-^  =  68 
X    '    y        z 

X        y        z 

2.  Zwei  Radfahrer  A  und  B  üben  sich  auf  einer  kreisförmigen 
Bahn.  Durchmessen  sie  die  Bahn  in  derselben  Richtung,  so  über- 
holt A  den  B  immer  je  nach  4  Minuten  35  Sekunden  wieder,  durch- 
fahren dieselben  aber  die  Bahn  in  entgegengesetzter  Richtung,  so 
begegnen  sie  sich  immer  je  nach  25  Sekunden  wieder.  Wie  groß 
ist  die  Geschwindigkeit  eines  jeden  der  beiden  Radfahrer  und  wie 
lang  ist  die  Bahn,  wenn  A  zu  48  m  gerade  1  Sekunde  weniger 
braucht  als  B? 

3.  Um  die  Entfernung  eines  Punktes  A  von  einem  Punkte  B, 
der  von  A  aus  nicht  sichtbar  ist,  zu  bestimmen,  hat  man  von  zwei 
Punkten  C  und  D  aus,  welche  zu  beiden  Seiten  von  A  mit  A  in 
einer  Geraden  Uegen,  die  Winkel  AGB  =  40^^  24'  und  ADB  =  70'>  36' 


Katholische  Konkursprüfung  1904.  291 

bestimmt  imd  weiterhin  noch  die  Längen  der  Strecken  AG  =  57^26  m 
und  AD  =  38,48  m  gemessen. 

Wie  groß  er^bt  sich  hieraus  die  Länge  der  Strecke  AB? 

Geometrie  und  Stereometrie. 

1.  Innerhalb  eines  Kreises  liegen  zwei  Pnnkte  A  und  B.  Auf 
dem  Kreise  selbst  einen  dritten  Punkt  X  so  zu  finden,  daß  die 
Halbierungspunkte  der  von  X  durch  A  und  B  gezogenen  Sehnen 
einen  gegebenen  Abstand  a  voneinander  haben. 

'  2«  Ein  gegebenes  Quadrat  in  einen  Rhombus  zu  verwandein, 
dessen  Diagonalen  sich  wie  zwei  gegebene  Strecken  m  und  n  ver- 
halten. 

3.  An  einem  Wtlrfel  von  der  Kante  a  werden  sämtliche  Ecken 
so  abgeschnitten,  daß  alle  S'eitenquadrate  des  ursprünglichen  Wttrfels 
in  reguläre  Achtecke  übergehen. 

Wie  groß  ist  der  Kubikinhalt  des  Restkörpers? 


Katholische  Konkursprüfung  1904. 

Religion. 
A.  Glaubenslehre. 

1.  Die  Lehre  von  der  göttlichen  Welterhaltung. 

2.  Die  Notwendigkeit  der  göttlichen  Gnade  zum  Heil  und  die 
freie  Mitwirkung  des  menschlichen  Willens. 

3.  Die  Wirkungen  des  Taufsakramentes. 

B.  Sittenlehre. 

1.  Die  Bedeutung  des  freien  Willens  für  das  sittliche  Handeln. 

2.  Wie  versündigt  man  sich  gegen  die  Ehre  des  Nächsten. 

Deutscher  Aufsatz. 
Bedeutung  des  Handels  für  die  menschliche  Kultur. 

Lateinische  Komposition. 

Fern  von   seiner  Heimat,   fUr  deren   Wohl  und   Gedeihen   er 

alle  seine  physischen  und  geistigen  Kräfte  eingesetzt  hatte,  ist  Paul 

Krüger,  das  ehemalige  Oberhaupt  der  südafrikanischen  Burenrepublik 

(B<»ri),vorwenigen  Tagen  dahingeschiedenmitdem  wehmütigen  Gefühl, 


293  Katholische  Konkursprüfnng  1904. 

daß  die  SelbBtändigkeit  seines  Volkes,  wenigstens  nach  menschlicher 
Voraassicht,  nnwiederbringlich  dahin  ist.  Die  Tragik  seines  Schick- 
sals kann  nicht  yerfehien,  in  d^n  weitesten  Kreisen  anfriohtiges 
Mitgefühl  wachzumfen.  Es  läßt  sich  schwerlich  ein  vollkommenerer 
Typos  des  Burentnms  finden  als  Krttger,  dessen  Lebensgeschiohte 
man  kennen  muß,  am  die  Geschichte  seines  Volkes  seit  dem  letzten 
Halbjahrhundert  zu  verstehen.  Wem  von  uns  sollte  er  nicht  als 
Mensch  wie  als  Staatslenker  höchst  achtungswert  erscheinen,  der 
mit  der  Rechtschaffenheit  und  Charakterfestigkeit  eines  Buren  die 
Klugheit  und  Geschicklichkeit  eines  europäischen  Diplomaten  zu 
verbinden  wußte?  Wenn  die  kleinen  Burenstaaten  dem  englischen 
Weltreich  fast  drei  Jahre  lang  erfolgreichen  Widerstand  zu  leisten 
und  Schlappen  beizubringen  vermochten,  infolge  deren  die  Eng- 
länder wiederholt  in  eine  höchst  kritische  Lage  kamen,  so  ist  dies 
das  Verdienst  Krttgers,  der  sich  längst  auf  den  Krieg  vorbereitet 
hatte,  ohne  daß  Albion  etwas  davon  merkte.  Nur  der  Übermacht 
seines  Gegners  ist  das  mit  todverachtendem  Heroismus  kämpfende 
Häuflein  der  Buren  schließlich  unterlegen. 

Lateinische  Exposition. 
Liv.  XL,  5. 

Griechische  Exposition. 
Thuk.  VIII,  45. 

Hebräische  Exposition. 
Numeri  14,  1—10. 

Französische  Komposition. 

Aus  Italien  zurückgekehrt,  suchte  Napoleon  durch  neue  kolos- 
sale Unternehmungen  den  Glorienschein,  der  ihn  umgab,  noch  zu 
vermehren,  die  Phantasie  seiner  Nation  zu  reizen  und  ihren  En- 
thusiasmus zu  entflammen.  Er  fürchtete,  daß  eine  längere  Untätig- 
keit, ein  wiederholtes  Auftreten,  den  Zauber,  den  er  ausübte,  ver- 
schwinden lassen  könnte.  In  Paris  behält  man  nichts  im  Gedächtnis, 
sagte  er.  Bleibe  ich  lange  hier,  ohne  etwas  zu  tun,  so  bin  ich 
verloren.  Eine  Berühmtheit  in  diesem  großen  Babylon  wird  leicht 
durch  eine  andere  ersetzt,  und  hat  man  mich  nur  dreimal  auf  der 
Bühne  gesehen,  so  wird  man  mich  nicht  mehr  beachten. 

In  raschem  Siegeslauf  bemächtigte  er  sich  bald  darauf  Ägyptens 
und  als  er  aus  diesem  Lande  zurückkehrte,  flog  ihm  das  Gefühl 


Katholische  Konknrsprttfting  1904.  293 

des  Volkes  entgegen,  daß  er  ein  geringeres  Übel  ftls  die  Kriegsnot 
sei,  daß  er  die  innere  Ratlosigkeit,  Barbarei  und  Zerstörung  zn 
heilen  vermöge.  Wohin  er  kam,  umgab  ihn  ein  einziger  Aosbruch 
unermeßlichen  Jubels  und  glühender  Begeisterung;  Städter  und 
Bauern,  Soldaten  und  Bürger  drängten  sich  mit  nie  endendem  Rufen 
um  seinen  Wagen.  Niemals  hat  eine  große  Nation  sich  mit  un« 
bedingterer  Hingebung  einem  einzigen  in  die  Arme  geworfen. 

Geschichte. 

1.  Der  Schmalkaldische  Krieg  und  der  Augsburger  Reichstag 
von  1547—48. 

2.  Äußere  und  innere  Politik  des  Großen  Kurfttrsten  (mit  Aus* 
Schluß  der  sozialen  Tätigkeit). 

3.  Josephs  II.  äußere  Politik  und  ihre  Erfolge. 

4.  Die  territorialen  Veränderungen  Preußens  von  1772 — 1866 
und  ihre  Bedeutung. 

Zu  beantworten:  1  oder  2.  —  3  oder  4. 

Algebra  und  Trigonometrie. 

1.  x2  — 2xy4-3y»  =  22 

3x«  — 2xy+  y«  =  6. 

2.  Von  einer  arithmetischen  Reihe  mit  fünf  Gliedern  ist  die 
Summe  der  Glieder  25.  Das  Produkt  des  ersten  und  fünften  Gliedes, 
vermehrt  um  das  doppelte  Quadrat  des  dritten  Gliedes,  ist  59.  Wie 
heißt  die  Reihe? 

3.  A  legt  am  1.  Januar  1905  eine  gewisse  Summe  zu  4%  an, 
um  vom  1.  Januar  1906  ab  eine  jährliche  Rente  von  4000  Mk. 
15mal  zn  beziehen.  B  will  gleichzeitig  eine  Summe  einbezahlen, 
um  vom  gleichen  Zeitpunkt  ab  eine  gleich  hohe  Rente  gleich  oft 
zu  erhalten,  konnte  aber  sein  Geld  nur  zu  3V2  ^/o  anbringen.  Wie- 
viel muß  er  mehr  anlegen? 

4.  Von  einem  Turme  aus,  dessen  Höhe  h  =  55,8  m  ist,  sieht 
man  2  mit  dem  Fußpunkt  des  Turmes  in  einer  horizontalen  Ge- 
raden liegende  Punkte  unter  den  Depressionswiukeln  a  =  40^  8' 
und  /S  =  26®  27'.  Wie  weit  sind  diese  Punkte  voneinander  entfernt? 

Geometrie  und  Stereometrie. 
1.  Gegeben  ein  Kreis  und  ein  Punkt  außerhalb  desselben;  durch 
den  Punkt  eine  Sekante  zu  ziehen,  von  der  das  Stück  außerhalb 
des  Kreises  halb  so  groß  ist  als  das  Stück  innerhalb  des  Kreises. 


294  !•  Hnmanistische  Dienstprüfung  1904. 

2.  Dreieck  aus  a,  b:c  und  h^ 

3.  Von  einem  regulären  Tetraeder  sind  drei  von  einer  Ecke 
ausgehende  Kanten  Mantellinien  eines  Kegels,  der  die  dieser  Ecke 
gegenüberliegende  Tetraederfiäche  zur  Grundfläche  hat.  Wie  ver- 
halten sich  die  beiden  Körper  ihrem  Inhalt  und  ihrer  Oberfläche 
nach? 

4.  über  eine  Strecke  AB  =  20  cm  ist  (als  Hypotenuse)  nach 
der  einen  Seite  ein  gleichschenklig-rechtwinkliges  Dreieck  ABC  und 
nach  der  anderen  Seite  ein  gleichseitiges  Dreieck  ABD  errichtet 
und  die  ganze  Figur  um  die  Verbindungslinie  der  Spitzen  CD  ge- 
dreht worden. 

Wie  groß  ist  der  Radius  einer  Kugel,  die  mit  dem  Körper 
gleichen  Inhalt  hat  und  wie  groß  der  Radius  einer  zweiten  Kugel, 
die  mit  dem  Körper  gleiche  Oberfläche  hat? 


L  Hmnanistisohe  Dienstprüfang  1904. 

Lateinische  Komposition. 

Über  den  hohen  Wert  der  antiken  Literatur  und  Kunst,  nicht 
nur  fllr  die  gelehrte,  sondern  auch  für  die  allgemeine  Bildung,  ist 
heutzutage  nur  eine  Stimme:  nicht  minder  einig  scheint  die  öffent- 
liche Meinung  auch  in  der  Ungunst  zu  sein,  mit  welcher  die  Fach- 
gelehrten angesehen  werden,  deren  Vermittlung  man  doch,  wie  es 
scheint,  den  Besitz  und  Genuß  dieser  so  hoch  geschätzten  klassischen 
Bildung  zu  danken  hat.  Daß  die  Philologen  vorzugsweise  zu 
denen  gehören,  welche  „Staub  fressen,  und  mit  Lust^^,  Leute,  die 
imstande  sind,  über  den  Tüpfel  überm  J,  über  Interpunktion  und 
Wortstellung  ernsthaft  zu  streiten,  pflegt  auch  von  solchen  mit 
Überlegenheit  geltend  gemacht  zu  werden,  die  bei  einem  Kontrakt 
über  Mein  und  Dein  die  Künste  haarspaltender  Interpretation  zu 
schätzen  wissen.  Und  die  Archäologen,  Künstlern  und  Kunstlieb- 
habern gleich  unbequem,  wenn  sie  auf  so  einfache  und  präzise 
Fragen,  wann  und  von  wem  ein  Kunstwerk  verfertigt  sei?  was  es 
darstelle  und  wie  es  zu  benennen  sei  ?  —  nicht  gleich  präzise  Ant- 
worten bei  der  Hand  haben,  gelten  auch  gemeiniglich  für  solche, 
„die  den  Wein  keltern,  aber  nicht  trinken^^ 

Lateinische  Exposition. 
Gi&  disp.  Tusc.  U  cap.  14  §  32,  Mitte  bis  §  84. 


I.  Humanistische  Dienstprüfung  1904.  395 

Griechisohe  Komposition. 

Die  hellenische  und  auch  die  römische  Volksmeinung  war  der 
naiven,  vom  natürlichen  Egoismus  eingegebenen  Ansicht,  daß  man 
seinen  Freunden  Wohl,  seinen  Feinden  Übles  tun  müsse.  Und  in- 
dem Sulla  sich  als  Grabschrift  bestimmte:  „er  ließ  sich  von  keinem 
Freunde  im  Wohltun,  von  keinem  Feinde  im  Übeltun  übertreffen^^ 
glaubte  er  alle  seine  Graasamkeiten  gerechtfertigt;  und  hatte  sie 
wohl  auch  in  den  Augen  des  Volkes  gerechtfertigt.  Selbst  die 
Philosophie  blieb  lange  an  diesem  naturalistischen  Prinzip  der 
menschlichen  Beziehungen  haften.  Noch  der  Sokrates  des  Xenophon 
erklärt,  daß  ihm  derjenige  höchst  lobenswert  erscheint,  der  den 
Feinden  im  Übeltun,  den  Freunden  im  Wohltun  zuvorkommt.  Plato 
hingegen  geht  darüber  sehr  entschieden  hinaus,  indem  er  gegen 
diese  Ansicht  geltend  macht,  daß  die  Gerechtigkeit  als  menschliche 
Tagend  niemanden,  auch  den  Feind  nicht  in  seiner  menschlichen 
Tüchtigkeit  schädigen  dürfe,  was  notwendig  geschähe,  wenn  der 
Gerechte  dem  Feinde  Übles  zufügte.  Die  Stoa  geht  noch  weiter 
als  Plato.  Nicht  bloß  keinen  Schaden,  sondern  sogar  Gutes  tun 
soll  man  jedem,  selbst  dem,  der  sich  feindselig  stellt.  Mindestens 
seit  Ohrysipp  herrscht  die  aus  ihrer  Allbeseeltheitslehre  sich  er- 
gebende Vorstellung,  daß  alle  Menschen  untereinander  verwandt 
und  auf  enge  Gemeinschaft  miteinander  angewiesen  seien.  Die 
römische  Stoa  hat  mit  der  Theorie  der  Gleichheit  aller  Menschen 
Ernst  gemacht.  Jede  Seele  ist  ihr  ein  Fragment  {dnoanacfia  wurde 
angegeben),  ein  Teil  des  Göttlichen.  Also  sind  alle  Menschen  Söhne 
Gottes,  alle  untereinander  Brüder,  die  Alten  sind  ebensogut  die 
Väter  aller  Jüngeren  wie  ihrer  eigenen  Kinder.  Es  gibt  keinen 
Unterschied  des  Ranges  zwischen  Herren  und  Sklaven,  Vornehmen 
und  Geringen. 

Griechische  Exposition. 
Demosthen,  HI  Phil.,  47—51. 

Französischer  Aufsatz. 

1.  L'^pop^e  frauQaise  du  moyen  äge  compar6e  ä  T^popie  ho- 
m^riqne. 

2.  Quels  po^tes  de  Pantiquitö  dassique  ont  servi  de  modales 
anx  po^tes  fran^ais  de  la  reuaissance? 

3.  Voltaire  et  Rousseau. 
1—3  zur  Wahl. 


296  n.  Humanistische  Dienstprflfiing  1904. 

Geschichte. 

1.  Das  spartanische  Königtum  bis  anf  Kleomenes  m. 

2.  Geschichte  der  Btadt  Eorinth. 

3.  Pompejns« 

4.  Anrelianns. 

5.  Die  Hanptphasen  in  der  Geschichte  des  deutschen  König- 
tums im  Mittelalter. 

6.  Die  Ursachen  der  Kreuzzlige. 

7.  Gibt  es  Vorläufer  der  Reformation  Luthers  im  Mittelalter? 

8.  Der  Rückgang  des  oberdeutschen  und  hansischen  Handeb 
im  16.  Jahrhundert. 

9.  Die  Umwandlung  der  staatlichen  Verhältnisse  Deutschlands 
im  napoleonischen  Zeitalter. 

10.  Der  deutsche  Zollverein. 

NB.  Auswahl  aus  1 — 4  und  5 — 10.   (Zwei  Fragen  sind  zu  be- 
antworten.) 


IL  Humanistische  Dienstprüfung  1904. 

Deutscher  Aufsatz. 
Thema:  Homerfragen  und  Homerkritik  im  Altertum. 


Zur  YerdeutschuDg  der  grammatisclien 

Kunstausdrüoke. 

Die  Vorschläge  Oberstudienrat  Haubers  für  Verdeutschung 
grammatischer  Grundbegriffe  haben  kein  so  vielfaches  Echo  gefun- 
den, wie  die  Wichtigkeit  der  Frage  erwarten  ließ  —  von  Einzel- 
bemerkungen ist  der  Schriftleitung  nur  eine  zugegangen  — y  dafür 
aber  ein  um  so  lebhafteres  in  den  beiden  Aufsätzen  von  Rektor 
Thierer  und  Professor  Ackerknecht.  Wenn  nun  auch  ich  noch  dazu 
das  Wort  ergreife;  so  geschieht  es,  weil  nach  meiner  Ansicht  die 
Frage  so  wichtig  ist,  daß  niemand  mit  dem  zurückhalten  sollte, 
was  er  auf  Grund  seiner  Erfahrungen  zu  einer  möglichst  glück- 
lichen Lösung  der  Frage  etwa  beitragen  kann.  Wichtig  ist  die 
Frage  deshalb,  weil  die  Schwierigkeit  der  Einprägnng  und  Hand- 
habung bei  den  deutschen  Kunstausdrücken  in  gewissem  Sinn  viel 


Elett,  Zur  Verdeutschung  d.  grammat.  Konstausdrücke.     297 

größer  ist  als  bei  den  lateinischen^  sei  es  in  lateinischer  oder  „ein- 
gedeutschter" Form.  Diese  Schwierigkeit  liegt  vor  allem  daran, 
daß  der  deutsche  Ausdruck  sehr  leicht,  ja  oft  mit  Notwendigkeit 
durch  den  einfachen  Wortlaut  Vorstellungen  erweckt  oder  zu  Vor- 
stellnugsverbindungen  Anlaß  gibt,  die  zu  dem,  was  der  grammatische 
Ausdruck'  soll,  in  einem  störenden  oder  verwirrenden  Sinnverhältnis 
stehen,  weil  dem  deutschen  Kunstausdruck  für  das  Bewußtsein  des 
Schillers  die  gewöhnliche  Wortbedeutung  des  betreffenden  Ausdrucks 
anhaftet,  die  enger  oder  weiter  sein  oder  auch  in  ein  ganz  anderes 
Gebiet  führen  kann;  außerdem  ist  bei  den  deutschen  Fachausdrucken 
eine  gewisse  Schwerfälligkeit  oft  kaum  zu  vermeiden,  die  an  die 
kindliche  Redefertigkeit  sehr  hohe  Anforderungen  stellt.  Demgegen- 
über besitzen  die  fremdsprachlichen  Ausdrücke  den  unersetzlichen 
Vorzug,  daß  sie  für  uns  ausschließlich  nur  die  grammatische  Funktion 
als  solche  bezeichnen  und  deshalb  in  jedem  beliebigen  Zusammen- 
hang verwendet  werden  können,  ohne  jede  Gefahr  einer  für  das 
Ohr  oder  das  Verständnis  unerwünschten  Vermischung  von  Ver- 
schiedenartigem. Ich  ziehe  hieraus  nicht  den  scheinbar  naheliegen- 
den Schluß,  daß  auf  die  Einführung  deutscher  Kunstausdrücke 
einfach  verzichtet  werden  soll  —  denn  die  Zeiten,  wo  der  gram- 
matische Unterricht  mit  dem  fremdsprachlichen  einfach  zusammen- 
fiel, sind  nun  einmal  vorüber  — ,  wohl  aber  den  andern,  daß  bei 
der  Einfuhrung  deutscher  Kunstausdrücke  nicht  vorsichtig  genug 
verfahren  werden  kann,  damit  jene  Gefahren  der  Schwerfälligkeit 
und  des  Zusammenfließens  verschiedener  Vorstellungen  oder  auch 
der  Inkongruenz  zwischen  dem  Umfang  dessen,  was  der  Kunstaus- 
druck  bezeichnen  soll,  und  dessen,  was  er,  genau  genommen,  be- 
zeichnen würde  oder  doch  bezeichnen  kann,  auf  ein  möglichst  ge- 
ringes Maß  beschränkt  werden;  und  ich  halte  demnach  für  eine 
besonders  wichtige  Forderung  die,  daß  der  Knnstausdruck  möglichst 
freizuhalten  ist  von  jeder  naheliegenden  Möglichkeit,  bei  ihm 
noch  an  etwas  anderes  zu  denken  als  eben  an  den  Inhalt  und  Um- 
fang des  grammatischen  Begriffs,  um  dessen  Bezeichnung  es  sich 
handelt.  Ausdrücke  wie  ,,der  Wenfall"  entsprechen  demgemäß  ganz 
dem,  was  ein  grammatischer  Kunstausdruck  nach  meiner  Ansicht 
sein  soll.  Aus  demselben  Grund  glaube  ich  auch,  daß  wirklich 
eingebürgerte  Kunstausdrücke,  wenn  irgend  möglich,  beibehalten 
werden  sollten,  die  zugleich  den  andern  Vorteil  bieten,  daß  sie  in 
den  Familien  geläufig  sind. 

Aus  dem  Gesagten  geht  schon  hervor,   daß  ich  mich  ebenso 

Korretpondenxblatt  1906,  Heft  8  u.  9. 


298  Klett, 

wie  A.  zu  den  Thiererschen  Vorschlägen  insoweit  ablehnend  ver- 
halten muß,  als  sie  darauf  hinauskommen,  möglichst  viel  oder  einen 
möglichst  tiefen  Sinn  in  den  Kunstausdruck  zu  legen;  ich  hoffe 
nach  dem  Gesagten  nicht  mißverstanden  zu  werden,  wenn  ich  sage: 
es  sollte  vielmehr  möglichst  wenig  Sinn  in  dem  Kunstausdruck 
liegen.  Das  Bemühen,  den  Schülern  dazu  zu  helfen,  daß  sie  von 
ihrem  Standpunkt  aus  das  finden  können,  was  sie  sich  nun  für  die 
Dauer  einzuprägen  haben,  verdient  alle  Achtung.  Welcher  Lehrer, 
der  wirklich  einer  ist,  teilte  dieses  Bestreben  nicht?  Aber  daß  der 
Gang,  den  ein  Lehrer  in  eigener  Gedankenarbeit  sich  ausgedacht 
hat,  deshalb,  weil  er  ihn  mit  der  Freude  und  Sicherheit  des  Ent- 
deckers zu  gehen  und  zu  führen  weiß,  nun  auch  dem,  der  ihn  nur 
von  dem  Entdecker  übernimmt,  sich  ähnlich  fruchtbar  erweisen 
sollte,  halte  ich  für  ausgeschlossen.  Nicht,  daß  die  Schüler  selbst 
den  Kunstausdruck  finden  können  —  und  es  sind  7 — 10jährige 
Schüler!  —  ist  die  Hauptsache,  sondern  daß  er  ihnen  verständlich 
gemacht  werden  kann.  Vielmehr  müssen  möglichst  objektive  Kri- 
terien über  die  Wahl  der  KnnstausdrUcke  entscheiden,  und  sind 
diese  gewählt,  d.  h.  für  alle  Schulen  festgestellt,  dann  mögen  die 
Lehrer  miteinander  wetteifern  in  dem  Suchen  nach  der  besten  Art, 
sie  ihren  Schülern  mund-  und  denkgerecht  zu  machen.  Ich  kann 
auf  die  einzelnen  Th/schen  Vorschläge  nicht  eingehen,  will  aber 
meine  Bedenken  an  einigen  Beispielen  veranschaulichen:  „Eigen- 
schaftsangabe =  Attribut  ist  viel  zu  eng,  da  es  bekanntlich  auch 
substantivische  Attribute  gibt  und  nicht  einmal  alle  adjektivischen 
(was  natürlich  von  den  Adjektiven  überhaupt  gilt)  eine  Eigenschaft 
bezeichnen  (vgl.  die  obere  Stadt  etc.),  desgleichen  „Artangabe^ 
für  Apposition  (vgl.  Cato  der  Ältere  etc.);  „Tu-"  oder  „Tätigkeits- 
wort" für  Verbum  ist  ebenfalls  zu  eng,  weil  es  auf  Wörter  wie 
liegen  nicht  paßt  und  zudem  die  Möglichkeit  einer  wirklich  adä- 
quaeten  und  möglichst  einfachen  Bezeichnung  des  Aktivs  nimmt; 
wolun  man  aber  mit  dem  Grundsatz,  die  Schüler  alles  finden  zu 
lassen,  kommt,  zeigt  am  besten  der  Ausdruck  „Dulder"  für  Akku- 
sativobjekt: angenommen,  es  begegnet  einem  unserer  kleinen  Schüler, 
was  ja  immerhin  möglich  ist,  der  Satz  „Der  fromme  Dulder  segnete 
seine  Verfolger",  welche  Verwirrung  müßte  da  in  dem  kindlichen 
Kopfe  entstehen! 

Auch  die  Vorsehläge  von  H.  und  A.  kann  ich  nicht  alle  im 
einzelnen  durchgehen,  sondern  ich  will  nur  versuchen;  nnter  Be- 
gründung der  Bedenken,  die  ich  gegen  einzelne  habe,  auf  einige 


Zur  Yerduutschang  der  grammatischen  EunstausdrÜcke.      399 

Punkte  hinzuweisen,  die  für  die  Entscheidung  ins  Gewicht  fallen 
können. 

Für  „Hauptwort^*  spricht  nicht  bloß,  daß  es  eingebürgert  ist: 
zwar  ist  für  den  Satz  das  Verbum  mindestens  ebenso  wichtig  als 
das  Substantiv;  aber  das  Kind  kann  sich  wohl  einen  Gegenstand, 
ein  Ding  für  sich,  nicht  aber  einen  Vorgang  für  sich  (sondern  diesen 
nur  als  Vorgang  an  einem  Gegenstand)  vorstellen,  und  deshalb  ist  dem 
Kind  der  Gegenstand  das  Wichtigste,  die  „Hauptsache",  und  also 
das  Wort,   das  den  Gegenstand  bezeichnet,  das  „Hauptwort"  (das 
gesteht  sogar  unfreiwillig  Th.  zu;  denn  wenn  man  dem  Kind  sagt, 
das  Subjekt  sei  das,  was  den  Satz  trage,  so  wird  ihm  schwer  aus- 
zureden sein,  daß  dies  der  wichtigste  Teil  des  Satzes  sei);  »Ding- 
wort"  würde  sich  begrifflich  gut  eignen,  aber  dem  Kind  wird  es 
nicht  einleuchten  wollen,  daß  „Mann"  ein  Dingwort  sei,  zumal  man 
ihm  den  Unterschied  der  Geschlechter   eben   mit  Hilfe   von  „der 
Mann,  die  Frau,  das  Ding"  am  einfachsten  klar  macht.   Zu  „Denk- 
wort" bildet  „Sachwort"  keinen  Gegensatz;  denn  es  werden  auch 
Abstrakta  als  Sachen  bezeichnet  (z.  B.   „die  Befreiung  war  eine 
schwierige  Sache"),  und  „Denkwort"  kann  nur,  dann  aber  gut,  ge- 
rechtfertigt werden,  wenn  man  es  erklärt  als  Wort,  das  etwas  be- 
zeichnet,  was  (nur)  mit  dem  Denken  erfaßt,  aber  nicht  mit  den 
Sinnen  wahrgenommen  wird ;  als  Gegensatz  ergibt  sieh  also  „Sinnen- 
wort" oder  „Wahmehmwort";  daß  dies  die"  beiden  Unterarten  des 
Hauptworts  sind,  kann  einem  Kind,  dem  man  überhaupt  mit  dem 
Unterschied  zwischen   konkret  und  abstrakt  kommen  darf,   leicht 
begreiflich  gemacht  werden,  die  doppelte  Zusammensetzung  „Sinnen- 
hauptwort" (A.  „Sinnendingwort")  ist  also  wohl  entbehrlich.    Den 
Verzicht  auf  das  eingebürgerte  „Eigenschaftswort"  zu  Gunsten  von 
„Beiwort"  halte  ich  deslialb  für  notwendig,  weil  die  Schwierigkeit, 
die  daraus  entsteht,  daß  es  Hauptwörter  gibt,  die  eine  Eigenschaft 
bezeichnen,  für  einen  kindlichen  Verstand  kaum  zu  bewältigen  ist; 
auch  trifft  es,  wie  schon  gesagt,  streng  genommen  nicht  einmal  für 
alle  Adjektive  zu,  daß  sie  eine  Eigenschaft  bezeichnen.  Bei  den  Für- 
wörtern möchte  auch  ich  das  „bestimmende"  um  so  weniger  missen, 
als  dessen  gewöhnliche  Nichtbeachtung  die  Hauptschuld  daran  trägt, 
daß  unsem  Schülern  das  falsche  „dieser,  welcher"  so  schwer  abzu- 
gewöhnen ist.    „Zueignendes  Fürwort"  ist  deutlicher  als  „eignendes"; 
jedenfalls  ist   „besitzanzeigend"   zu  verwerfen;  denn  das  Possesiv 
bezeichnet  nicht  den  Besitz,  sondern  den  Besitzer.    Gegen  „rück- 
bezüglich" für  Relativ  habe  ich  das  Bedenken,  daß  der  Relativsatz 


300  Klett, 

(vgl.  Sät2e  mit  „wer^*)  häufig  voransteht;  „beziehend"  halte  ich  fttr 
eine  gute  Bezeichnung  des  Relativpronomens,  das  den  betreifenden 
Satz  auf  ein  Hauptwort  oder  ein  bestimmendes  Fürwort  ^bezieht"; 
man  bekäme  dann  „bezogene^*  und  (durch  ein  Bindewort)  „gebundene" 
Nebensätze  (was  mir  leichter  zu  handhaben  scheint,  als  „Fürworts- 
nebensatz"  und  „Bindewurtsnebensatz",  woran  man  allenfalls  auch 
denken  könnte).  „SelbstbezUglich"  für  reflexiv  ist  begrifflich  sehr 
gut  und  wilrde  zu  „Selbstand"  für  Subjekt  trefl'lich  passen;  aber  die 
Verwendung  desselben  Wortes  „beziehen"  (das  für  relativ  nicht  zu 
entbehren  sein  dürfte)  für  zwei  verschiedene  grammatische  Begriffe 
desselben  Gebiets  wird  besser  vermieden;  und  „rückweisend"  für  re- 
flexiv ist  sicherlich  ebenfalls  eine  ganz  entsprechende  Bezeichnung, 
die  auch  dem  Anfänger  leicht  verständlich  gemacht  werden  kann,  (daß 
auch  das  Reflexivum  dem  Subjekt  vorangeht,  kommt  zwar  vor,  ist 
aber  eine  verhältnismäßig  seltene  Ausnahme).  Unter  „Partikel"  können 
a)  Präpositionen,  b)  Konjunktionen  und  c)  Interjektionen  (nicht 
aber  Adverbien)  subsumiert  werden ;  es  gibt  aber  auch  d)  Partikeln 
im  engeren  Sinn,  die  nichts  von  alledem  sind,  sondern  einen  selb- 
ständigen Gedanken  in  kürzester  Forih  ausdrücken  w^ie  ja,  leider 
(manche  dieser  letzteren  Wörter  sind  sowohl  Adverbien  als  Partikeln, 
z.  B.  „eben"  =  vorhin  und  „eben"  =  ich  meine  das  und  nichts 
anderes,  ich  meine  es  so  und  nicht  anders);  man  kann  aber  wohl 
mit  „Starrwort"  für  Partikel  im  weiteren  Sinn  (=  a,  b,  c,  d)  und 
im  engeren  Sinn  (=  d)  auskommen  (will  man  für  letztere  eine  be- 
sondere Bezeichnung,  so  könnte  man  etwa  an  „Kurzwort"  oder 
„Kürzwort"  denken).  Gegen  ^Vorwort"  für  Präposition  habe  ich 
das  Bedenken,  daß  „Vorwort"  in  ganz  anderer  Bedeutung  geläufig 
ist,  und  daß  es  auch  im  Deutschen  „Präpositionen"  gibt,  die  ihrem 
Kasus  nachstehen;  ich  möchte  an  „Verhältniswort"  festhalten  als 
einfacher  und  eingebürgerter  Bezeichnung  der  Funktion  der  »Prä- 
positionen".  Gegen  „Hauptsatzbindewort"  scheint  mir  zu  sprechen, 
daß  es  ebenso  wie  im  Haupt-  auch  im  Nebensatz  vorkommt  und  nicht 
den  Hauptsatz  als  solchen  einleitet  wie  das  „Nebensatzbindewort" 
den  Nebensatz;*  „beiordnende"  nnd  „unterordnende  Bindewörter" 
ist  doch  eine  klare  und  zur  Aufklärung  dienende  Bezeichnung. 
£ine  Schwierigkeit  entsteht  allerdings,  wenn  die  Bezeichnung  „Satz- 
verbindung^' auf  die  Verbindung  beigeordneter  Sätze  beschränkt 
wird,  weil  dann  in  „Bindewort"  das  Wort  „binden"  eine  weitere 
Bedeutung  hat  als  in  „Satzverbindung"  (s.  u.). 

Die  Biegung  der  Nennwörter  aln  Formenbildung  zu  bezeichnen, 


Zur  Verdeutschung  der  grammatischen  Kunstausdrücke.       301 

möchte  ich  widerraten,  da  auch  die  Biegung  der  Zeitwörter  eine 
Formenbildung  ist;  es  genügt,  „Nennwortsbiogung"  und  „Zeit- 
wortsbiegung^^  zu  unterscheiden  und  speziell  Deklination  als  „Fall- 
bildung^^i  Konjugation  als  „Abwandlung^^  zu  bezeichnen.  Sodann 
wäre  es  genauer,  zwischen  ,, biegsamem"  und  „biegungslosem ^^, 
„gebogenem**  und  „ungebogenem"  Nennwort  zu  unterscheiden. 
Der  Positiv  ist  genau  genommen  keine  „Stufe"  (bei  Adjektiven, 
die  eine  Steigerung  ausschließen,  z.  B.  allmächtig,  kann  man  von 
einer  solchen  nicht  sprechen) ;  ich  hielte  für  richtiger,  von  der„  Grund- 
form" des  Adjektivs  die  erste  und  zweite  Stufe  der  Steigerung 
(=  Komparativ  und  Superlativ)  zu  unterscheiden. 

Eine  verwickelte  Sache  ist  es  um  die  Bezeichnung  der  Verbal- 
formen,  weil  gerade  hier  verschiedene  berechtigte  Interessen  mit- 
einander in  Widerstreit  gerieten.  Ehierseits  wird  man  nicht  umhin 
können,  statt  „Zeit",  „Gegenwart"  etc.,  „Zeitform",  „Gegenwarts- 
form" zu  sagen,  wenn  man  nicht  Sätze  bekommen  will,  wie  folgender: 
„Welche  Zeit  [=  Zeitform,  Tempus]  bezeichnet  hier  [nämlich  in 
einem  Satz  mit  praes.  bist.]  die  Vergangenheit?  Antwort:  Die 
Gegenwart  [=  Gegenwartsform,  Praesens)".  Andererseits  wird  man 
für  die  genaue  Bezeichnung  der  modi  und  genera  verbi  auch  nicht 
auf  die  Verwendung  deutscher  Komposita  verzichten  können; 
daraus  folgt,  daß  zur  Bezeichnung  der  „Zeiten"  je  nach  den 
Umständen  die  genauere  Bezeichnung  (Kompositum  z.  B.  „Gegen- 
wartsform") oder  die  ktlrzere  (Simplex  z.  B.  „Gegenwart")  zuzu- 
lassen und  anzuwenden  ist,  desgleichen  mindestens  auch  noch  bei 
den  ^^Handlungsarten"  („Tuform"  oder  „das  Tun",  „Leideform"  oder 
„das  Leiden").  Was  die  Bezeichnung  des  Imperfekts  und  Perfekts 
betrifft,  so  glaube  ich,  das  mau  am  besten  täte,  auf  Bezeichnungen, 
die  der  besonderen  Bedeutung  der  beiden  Zeitformen  gerecht  werden 
sollen,  zu  verzichten;  denn  man  wird  keine  finden,  die  ganz  be- 
friedigen, aus  dem  einfachen  Grund,  weil  der  Sprachgebrauch  nicht 
bloß  jede  dieser  Zeitformen  für  sich  in  verschiedenem  Sinn  an- 
wendet, sondern  dazu  auch  noch  beide  in  ein  und  demselben  Sinn 
i^S^*'  })g68tern  sttlrzte  ein  Bergsteiger  ab"  und  „gestern  ist  ein 
Bergsteiger  abgestürzt",  wo  wir  beidemal  von  einer  Handlung 
hören,  die  „vollendet"  und  Jetzt  vergangen"  ist,  und  wo  beidemal 
diese  beiden  Gesichtspunkte  gleich  wenig  in  Betracht  kommen) ;  ich 
glaube,  daß  man  am  besten  auskommt  mit  den  Bezeichnungen  „ein- 
fache" und  „zusammengesetzte  Vergangenheitsform",  „Vorvergangen- 
heitsform" (abgekürzt:  „einfache"  und  „zusammengesetzte  Vergangen- 


S02  Klett, 

heit";  „Vorvergangenheit^*).  Was  die  modi  betrifift,  so  erhebt  sich  hier 
vor  allem  die  Schwierigkeit,  daß  „Aussage"  als  deutsche  Bezeichnung 
des  Prädikats  nicht  wohl  zu  entbehren  ist  und  doch  gewöhnlich 
in  dem  bekannten  engeren  Sinn  („Aussagesatz"  im  Gegensatz  za 
„Heischesatz")  gebraucht  wird.  Man  wird  ftlr  die  Grammatik  im 
Interesse  der  Deutlichkeit  die  letztere,  engere  Bedeutung  fallen 
lassen  mUssen  und  sie  etwa  durch  („bejahende"  oder  „verneinende") 
„Behauptung"  ersetzen:  „Sageform"  für  Indikativ  hat  das  für  mich 
untiberwindliche  Bedenken,  daß  „sagen"  nicht  in  einem  engeren 
Sinn  gebraucht  werden  kann  als  „aussagen" ;  „FUgeform"  für  Kon- 
junktiv wäre  an  sich  sehr  schön,  aber  hat  das  gegen  sich,  daß  in  dem 
„Satzgefüge"  (s.  u.),  das  man  für  die  Bezeichnung  eines  Hauptsatzes 
mit  einem  oder  mehreren  Nebensätzen  nicht  wird  entbehren  wollen,  es 
sich  nicht  bloß  um  konjunktivische  Nebensätze  handelt,  und  deshalb 
für  den  Anfänger  die  Gefahr  einer  Unklarheit  entsteht.  Daß  eine 
sachlich  ganz  entsprechende  Bezeichnung  für  Konjunktiv  gefunden 
werden  kann,  darf  als  ausgeschlossen  gelten;  aber  „Ungewißheitsform" 
ist  schwer  zu  handhaben,  zumal  in  Verbindung  mit  anderen  Kunst- 
ausdrttcken,  und  der  „Befehlform"  entsprächen  am  besten  Zusammen- 
setzungen mit  Verbalstämmen;  ich  möchte  deshalb  für  Indikativ 
und  Konjunktiv  „Behauptungsform"  und  „Wunschform"  (Th.)  vor- 
schlagen (die  Schwierigkeit,  daß  dem  deutschen  und  lateinischen 
Konjunktiv  im  Griechischen  teils  der  Konjunktiv  teils  der  Optativ 
entspricht,  bleibt,  wie  man  sich  auch  entscheiden  mag,  dieselbe  und 
ist  von  der  Art,  daß  die  Minderheit  von  Schülern,  die  Griechisch 
lernen  werden,  sich  mit  ihr  muß  abfinden  können;  und  die  „gemil- 
derte Behauptung"  drückt  der  Deutsche  häufig  in  Wunschform  aus, 
nämlich  durch  „möchte");  der  „Aussagefoim"  nach  unterschiede 
man  also  Behauptungs-,  Wunschform-  und  Befehlsätze,  wozu  noch 
die  Frage-  und  Ausrufsätze  kommen,  die  ihren  Modus  von  den 
beiden  ersten  Satzarten  entlehnen.  Einen  besonderen  Konditional 
im  Deutschen  zu  unterscheiden  halte  ich  nicht  für  richtig,  da  die 
zusammengesetzten  Formen  des  coni.  imperf.  und  plusquamperf. 
im  Bedingungssatz  überhaupt  besser  vermieden  werden  und  auch 
im  bedingten  Hauptsatz  mit  den  einfachen  Formen  wechseln. 
Demnach  würde  die  genaue  Bezeichnung  einer  Form  des  verb. 
fin.  beispielsweise  lauten  „zusammengesetzte  Vergangenheit  der 
Wunschform  des  Tuns  in  der  ersten  Person  der  Mehrzahl",  umständ- 
licher als  die  lateinische  Bezeichnung,  aber  immerhin  nicht  unhandlich. 
Gegen  „Nennform"  für  Infinitiv  habe  ich   das  Bedenken,  daß 


Zur  Verdeutschung  der  grammatischen  Kunstansdrücke.       303 

das  Partizip  so  gut  wie  der  Infinitiv  Nennwort  ist;  ich  würde  also 
lieber  „Orandform"  und  ,,Mitteiform^^  oder  ^^Beiwortsform^^  als  „un- 
bestimmtes Zeitwort^*  dem  (der  Person  nach)  „bestimmten  Zeitwort^^ 
gegenüberstellen;  gegen  „personhaftes  Zeitwort'*  scheint  mir  die 
Gefahr  der  Verwechslung  mit  dem  doch  aach  unentbehrlichen  „per- 
sönlichen^' bezw.  „unpersönlichen^*  Verbum  zu  sprechen. 

Was  die  Bezeichnung  der  Satzteile  betrifft,  so  schlägt  E.  Nestle 
im  Anschluß  an  den  deutschen  Sprachverein  für  Objekt  „Ergän- 
zung** vor;  aber  in  einem  Satz  wie  „die  Sachen  stehen  gut**  ist 
das  Umstandswort  eine  ebenso  notwendige  Ergänzung  wie  irgend 
ein  Objekt.  Objekt  mit  „Satzgegenstand**  wiederzugeben  trage  ich 
Bedenken,  weil  der  Gegenstand,  mit  dem  es  der  Satz,  die  Satz- 
aussage direkt  zu  tun  hat,  das  Subjekt  ist;  dieser  Einwand  trifft 
auf  das  bloße  „Gegenstand**  unmittelbar  nicht  zu,  denn  das  Objekt 
ist  Gegenstand  der  durch  ein  Verbum  oder  Adjektiv  ausgedrückten 
Tätigkeit;  aber  das  Wort  kommt  sehr  häufig  und  in  verschiedenen 
Anwendungen  vor,  wie  H.  selbst  sagt,  auch  ist  „Gegenstand  im 
Satz**  schwerfällig:  mir  scheint  „Ziel**  (A.),  woraus  sich  „zielhaft** 
und  „ziellos^  für  Yerba  (und  Ajektiva)  mit  bezw.  ohne  Objekt 
ergibt,  die  glücklichste  Wiedergabe.  Zwischen  „Selbstand**,  „Ur- 
ständ** und  „Unterstand**  für  Subjekt  kann  die  Wahl  weh  tun: 
die  beiden  ersten  sind  dem  Kind  wohl  leichter  verständlich  zu 
machen;  aber  auch  „Unterstand**  als  das,  was  der  Betrachtung 
der  Aussage  „untersteht**,  dürfte  keine  zu  großen  Schwierigkeiten 
bereiten,  und  ist  wohl  mit  Rücksicht  auf  „Subjekt**,  „sujet**  vorzu- 
ziehen. Wenn  die  Apposition  mit  Hilfe  des  Worts  „beifügen**  be- 
zeichnet wird,  so  sollte  dieses  nicht  auch  für  Attribut  verwendet 
werden,  da  es  nicht  bloß  adjektivische  Attribute  gibt,  sondern  auch 
substantivische  im  Genetiv  oder  mit  Präposition,  die  so  gut  wie  die 
Apposition  Anspruch  auf  die  Bezeichnung  „beifügendes  (beigefügtes?) 
Hauptwort**  hätten.  Ich  würde  „Beifügung*'  (erklärende  oder  unter- 
scheidende) für  Apposition  vorschlagen  und  „Bestimmung**  für  Attri- 
but, das  auch  in  dem  prädikativischen  Gebrauch,  wie  ihn  das  Deutsche 
hat  („der  weise  Sokrates**),  das  betr.  Substantiv  genauer  bestimoit, 
nur  dann  nicht,  wie  gewöhnlich,  in  unterscheidendem,  sondern  „aus- 
sagendem** Sinn,  sofern  es  über  das  betreffende  Substantiv  etwas 
aussagt,  was  zur  Aussage  des  Satzes  in  einer  unmittelbaren  Be- 
ziehung des  Sinns  steht. 

Hinsichtlich  der  Bezeichnung  der  Satzarten  treffen  im  wesent- 
lichen H.  und  A.  zusammen.    Ich  habe  hier  vor  allem  das  Bedenken, 


304  Mayer, 

daß  die  an  sich  so  einleuchtenden  Bezeichnungen  „zusammengesetzter" 
oder  „zusammengezogener  Satz^^  für  Sätze  mit  zwei  oder  mehr 
gleichen  Gliedern  (z.  B.  Subjekten)  auf  den  Fall  nicht  passen,  wo 
zwei  Glieder  derselben  Art  flir  eine  einfache  Aussage  unent- 
behrlich sind,  wie  in  „A  und  B  wechseln";  ich  würde  deshalb 
„mehrgliedriger  Satz"  vorziehen.  Statt  „ganz  einfacher  Satz"  und 
„erweiterter  einfacher  Satz"  dürfte  „einfacher  Satz"  und  „erweiterter 
Satz"  genügen.  Sodann  müßte  „Satzverbindung"  natürlich  jede  Ver- 
bindung beigeordneter  Sätze  heißen,  ob  diese  Haupt-  oder  Neben- 
sätze sind.  Es  kommt  aber  hier  noch  die  Schwierigkeit  wegen  des 
„Bindeworts"  (s.  o.)  in  Betracht:  sollen  alle  Konjunktionen  Binde- 
wörter heißen,  dann  muß  auch  „Satzverbindung"  sowohl  eine  Ver- 
bindung beigeordneter  Sätze  als  ein  „Satzgefüge"  bezeichnen;  für 
erstere  könnte  man  etwa  „Satzreihe"  sagen.  Wir  bekämen  dann  etwa 
folgende  Typen  der  Beschreibung  eines  Satzgefüges:  1.  „ein  Satz- 
gefüge bestehend  aus  einfachem  oder  erweitertem,  ev.  mehrgliedrigem, 
Hauptsatz  und  einfachem  oder  erweitertem,  ev.  mehrgliedrigem,  (be- 
zogenem oder  gebundenem)  Nebensatz" ;  2.  „ein  Satzgeftlge,  bestehend 
aus  einer  Satzreihe  als  Hauptsatz  und  einer  Satzreihe  als  Neben- 
satz" (woran  sich  die  nähere  Beschreibung  der  „Satzreihen"  schließen 
würde);  3.  „ein  Satzgefüge  bestehend  aus  einem  (einfachen  etc.) 
Hauptsatz  und  einem  Nebensatz,  der  selbst  wieder  ein  Satzgeftlge 
ist ;  dieses  letztere  besteht  aus  einem  (einfachen  etc.)  übergeordneten 
und  einem  einfachen  (etc.)  untergeordneten  Satz^\  Daß  letzterer 
Fall  ffir  Schüler,  um  die  es  sich  zunächst  handelt,  nicht  ausge- 
schlossen ist,  zeigt  folgendes  Beispiel :  „Als  der  Fuchs  sah,  daß  ihm 
die  Trauben  zu  hoch  hingen,  sagte  er". 

Gannstatt  Th.  Klett. 


Die  Hausaufgaben  an  der  Realschule. 

Vortrag  von  Rektor  Mayer,  gehalten  bei  der  Jahresversammlung  des 
Vereins  realistischer  Lehrer  am  20.  Mai  1906. 

Die  jedem  Schulmann  und  besonders  jedem  Vorstand  einer 
höheren  Schule  bekannten  Klagen  tlber  die  Überbtlrdung  der  Schttler 
der  höheren  Unterrichtsanstalten  durch  Hausaufgaben  sind  zwar 
keineswegs  bloß  eine  Erscheinung  der  neueren  Zeit;  doch  sind  sie 
unleugbar  in  den  letzten  Jahrzehnten  häufiger  und  stärker  zutage 
getreten   als  früher.    Sie  haben   dabei   die  Eigentümlichkeit,  daß 


Die  Hausaufgaben  an  der  Realschule.  305 

sie  oft  fUr  längere  Zeit  verstummen ,  um  dann,  angeregt  durch 
einen  Zeitungsartikel  oder  ein  Vorkommnis  im  Schulleben^  wieder 
lauter  in  die  Öfifentlichkeit  zu  dringen.  Vor  nicht  ganz  zwei  Jahren 
erlebte  Württemberg  wieder  eine  solche  Periode,  in  der  die  Haus- 
aufgaben-Frage lebhafter  erörtert  wurde,  und  die  Folge  davon  war 
diesmal  die  Oründung  des  Stuttgarter  „Vereins  für  Schulgesund- 
heitspflege", dem  auch  außerhalb  der  Hauptstadt  viele  Persönlich- 
keiten des  Landes  angehören^  und  der  sich  zum  Zweck  setzte, 
ausreichende  Garantien  dafür  zu  schaffen;  daß  die  Hausaufgaben 
in  unseren  höheren  Schulen  auf  das  im  Interesse  der  Gesundheit 
unserer  Jugend  notwendige  Maß  beschränkt  werden.  Der  Verein 
veranlaßte  alsbald  nach  seiner  Gründung  eine  Eingabe  an  die 
Unterrichtsverwaltung,  welche  um  Abstellung  der  Überbürdung 
durch  Hausaufgaben  bat  und  sich  mit  über  1200  Unterschriften 
aus  allen  Teilen  des  Landes  bedeckte.  Diese  Eingabe  wird  ohne 
Zweifel  eine  Neuregelung  der  Hausaufgaben  durch  die  Ministerial- 
abteilung  zur  Folge  haben,  wie  eine  solche  vor  22  Jahren  durch 
den  Erlaß  vom  26.  April  1883  und  vor  9  Jahren  durch  den  Erlaß 
vom  19.  März  1896  geschehen  ist.  Der  älteste  Erlaß  über  Haus- 
aufgaben ist  jetzt  gerade  ein  halbes  Jahrhundert  alt  —  er  stammt 
vom  16.  Dezember  1854  —  und  enthält  in  seinen  Grundzttgen 
schon  alle  die  Gesichtspunkte,  die  auch  noch  heute  bei  der  Beur- 
teilung dieser  Frage  maßgebend  sind.  Uns  Lehrern  kann  es  ja 
nur  lieb  sein,  wenn  diese  Angelegenheit  seitens  der  Behörde  in 
einer  bestimmten  Form  geordnet  wird,  weil  wir  dadurch  nicht  nur 
genaue  Anhaltspunkte  über  die  uns  zustehenden  Befugnisse  er- 
halten, sondern  auch  gegenüber  den  manchmal  etwas  weitgehenden 
Forderungen  des  Hauses  gedeckt  werden.  Auch  uns  liegt  die  Sorge 
für  die  Gesundheit  unserer  Schüler  so  sehr  am  Herzen  als  irgend- 
jemand, und  an  Wohlwollen  für  die  uns  anvertraute  Jugend  lassen 
wir  uns  von  niemand  übertreffen,  nicht  einmal  von  den  Eltern. 
Und  wenn  uns  auch  unsere  tagtägliche  Erfahrung  zeigt,  daß  die 
Gesundheit  unserer  Schüler  noch  durch  ganz  andere  Dinge  ge- 
fährdet wird  als  durch  die  Arbeit  und  die  Aufgabe  der  Schule,  so 
z.  B.  durch  übermäßige  Musik-  oder  SportsUbungen,  durch  ver- 
frühte gesellschaftliche  Anforderungen,  durch  Alkoholgenuß  und 
durch  zu  große  Nachsicht  des  Hauses  gegenüber  schlimmen  Gewohn- 
heiten der  Jugend,  so  sind  wir  doch  fest  entschlossen,  unsererseits 
alles  zu  tun,  damit  der  Schule  nicht  mit  Recht  der  Vorwurf  ge- 
macht werden  kann,   daß   sie  durch  zu  große  Anforderungen  die 


306  Mayer, 

OesuDdheit  der  Jugend  schädige.  Die  Gesundheit  der  Schüler  ist 
auch  in  den  Augen  der  Lehrer  ein  so  hohes  Gut,  daß  sie  es  sich 
niemals  nachsagen  lassen  werden,  sie  haben  zu  seiner  Minderung 
irgendwie  beigetragen. 

Das  Zusammenfallen  der  Zunahme  der  Überbttrdungsklagen  in 
den  letzten  Jahrzehnten  mit  der  raschen  Entwicklung  der 
höheren  Schule  in  Württemberg  wie  im  übrigen  Deutschland 
scheint  auf  einen  inneren  Zusammenhang  hinzudeuten,  dessen 
Vorhandensein  sich  auch  sonst  nahe  legt.  Vor  einem  Menschen- 
alter,  im  Jahr  1870,  betrug  die  Bevölkerungszahl  Württem- 
bergs 1818539  Seelen,  die  Zahl  der  Schüler  der  höheren  Lehr- 
anstalten 11 291 ;  die  Zahl  der  letzteren  war  also  0,62  %  der  ganzen 
Bevölkerung.  Im  Jahre  1904  war  die  Bevölkerung  auf  2169480 
Seelen,  die  Schülerzahl  der  höheren  Schulen  aber  auf  22062,  d.h. 
auf  1,02  %  der  Bevölkerung  gestiegen,  also  annähernd  auf  das 
Doppelte.  Die  Bevölkerungskreise,  denen  diese  Schüler  ange- 
hören, sind  heute  ungefähr  dieselben  wie  vor  30  Jahren;  es  sind 
vorzugsweise  die  Kreise  der  höheren  und  niederen  Beamten  und 
Lehrer,  der  Geistlichkeit,  des  Handels  und  Gewerbes  in  den  größeren 
und  kleineren  Städten ;  die  ländliche  Bevölkerung  stellt  heute  kaum 
einen  wesentlich  höheren  Prozentsatz  zu  den  Schülern  der  höheren 
Schulen  als  vor  30  Jahren.  Da  nun  im  ganzen  anzunehmen  ist, 
daß  die  die  höheren  Schulen  benutzenden  Kreise  früher  wie  jetzt 
hauptsächlich  ihre  begabteren  Söhne  dahin  schickten,  so  ergibt 
sich  aus  dem  ungemein  raschen  Anwachsen  der  Schülerzahl,  daß 
unter  ihren  jetzigen  Schülern  sich  verhältnismäßig  mehr  schwächer 
begabte  befinden,  als  unter  den  früheren.  Daß  dies  für  die 
Realschulen  noch  in  höherem  Maß  gilt,  als  für  die  Gymnasien, 
wissen  wir  alle  nur  zu  gut.  Nun  wollen  aber  die  schwächer  be- 
gabten Schüler  nach  dem  Wunsch  ihrer  Eltern  und  Lehrer  ihr  Ziel 
nicht  weniger  erreichen  als  die  besser  begabten;  auch  wird  man  die 
ersteren  nicht  ohne  weiteres  aus  den  höheren  Schulen  ausschließen 
können ;  denn  abgesehen  davon,  daß  auch  Leute  von  mittlerer  Begabung 
sich  später  im  Leben  trefflich  bewähren,  wird  man  nicht  sagen  können, 
daß  die  höheren  Schulen  nur  für  die  ganz  vorzüglichen  Köpfe  da  seien. 
Ein  Reformvorschlag  in  einer  der  neuesten  Nummern  des  ^^Merkur^^, 
der  im  übrigen  manches  Beachtenswerte  enthält,  möchte  aus  der 
Realschule  eine  vornehme,  moderne  Eliteschule  machen.  Das  sollte 
sie  aber  gerade  nach  dem  Willen  ihrer  Gründer  kaum  sein,  und 
wenn  man  sie  jetzt  dazu  machen  wollte,   würde  sie  sich  bald  ent- 


Die  HaiiBaufgaben  an  der  Realschule.  307 

• 

Völkern,  und  an  ihrer  Stelle  eine  andere  Schule  geschaffen  werden. 
Wir  werden  uns  also  wohl  oder  ttbel  wie  die  Gymnasien  darein  finden 
müssen,  auch  Leute  von  mittlerer  Begabung  unter  unseren  Schülern 
zu  haben.  Wenn  nun  diese  mittleren  Schüler  es  ihren  Kameraden 
gleichtun  wollen,  und  die  Lehrer  sie  anspornen  und  auch  anstrengen 
müssen,  so  liegt  allerdings  schon  aus  diesem  Grunde  die  Möglich- 
keit der  Überbürdung  jetzt  näher  als  früher. 

Dazu  kommt  noch  ein  Zweites.  Unsere  höheren  Schulen  haben 
in  den  letzten  Jahrzehnten  infolge  der  wirtschaftlichen  Entwicklung 
eine  erhebliche  Umgestaltung  erfahren.  Das  Gymnasium  sah 
sich  genötigt,  der  Mathematik,  den  Naturwissenschaften  und  dem 
Zeichnen  einen  größeren  Raum  in  seinem  Lehrplan  za  gönnen; 
auch  das  Realgymnasium  und  die  Oberrealschule  haben  ihren  Lehr- 
plan weiter  ausgebildet,  wobei  das  Drängen  nach  Berechtigungen 
keine  geringe  Rolle  gespielt  hat.  Nun  haben  diese  Umgestaltungen 
der  Lehrpläne  fast  durchweg  die  Eigentümlichkeit,  daß  auf  der 
einen  Seite  neue  Fächer  und  neue  Anforderungen  herandrängen, 
während  von  den  alten  Fächern  und  Anforderungen  nichts  ver- 
schwinden will.  Es  soll  neben  den  neuen  Anforderungen  auch  in 
den  seitherigen  Fächern  im  ganzen  dasselbe  Lehi*ziel  erreicht  wer- 
den. Wenn  nun  ein  dienst-  und  pflichteifriger  Lehrer  dieses  Ziel 
trotz  der  verminderten  Unterrichtszeit  unverkürzt  erreichen  will,  so 
kommt  er  leicht  in  die  Lage,  daß  er  seinen  Schülern  zu  viele  häus- 
liche Arbeiten  zumutet. 

Die  neuere  Entwicklung  unseres  höheren  Unterrichtswesens  hat 
femer  neue  Prüfungsordnungen  für  die  Lehrer  und  damit 
in  größerem  Umfang  als  bisher  den  Übergang  vom  Klassen-  zum 
Fachlehrersystem  gebracht.  Die  Fälle  w^erden  immer  häufiger,  wo 
auch  an  den  Mittelklassen  —  nicht  bloß,  wie  früher,  an  den  Ober- 
klassen —  die  Hauptfächer  in  melirere  Hände  gelegt  werden  müssen. 
Wenn  die  Fächer,  die  bei  den  Hausaufgaben  in  Betracht  kommen, 
von  einem  und  demselben  Lehrer  gegeben  werden,  so  ist  er  sich 
stets  bewußt,  was  die  Schüler  von  einem  Tag  zum  andein  an 
häuslicher  Arbeit  zu  leisten  haben,  und  er  kann,  wenn  er  einmal 
genötigt  ist,  den  Bogen  in  einem  Fach  straffer  zu  spannen,  ihn  in 
einem  anderen  lockerer  lassen.  Wenn  aber  diese  Fächer  von  meh- 
reren Lehrern  gegeben  werden,  so  tritt  ein  solcher  Ausgleich  nicht 
ein,  und  gerade  die  besten  Lehrer  sind  bemüht,  die  ihren  Fächern 
nach  ihrer  Ansicht  zustehenden  Ansprüche  auf  den  Hausfleiß  der 
Schüler  so  gewissenhaft  als  möglich,   d.  h.  in  den  meisten  Fällen 


808  Mayer, 

80  ausgiebig  als  möglich  zur  Geltung  zu  bringen.  Wohl  muß  nach 
der  bestehenden  Vorschrift  hier  ein  bestimmter  Plan  eingehalten 
werden;  allein  das  Bestreben  der  Lehrer,  in  möglichst  vielen 
Fächern  möglichst  viel  zu  erreichen  —  ein  Bestreben;  das  ihnen 
im  Grunde  genommen  nur  zur  Ehre  gereichen  kann  — ,  veranlaßt 
sie  gar  zu  leicht  zu  Überschreitungen  dieses  Planes,  die  beim 
Klassenlehrersystem  eher  vermieden  werden  können.  So  hat  gerade 
die  fortschrittliche  Entwicklung,  die  unser  höheres  Schulwesen  in 
den  letzten  Jahrzehnten  in  bezug  auf  die  Lehrpläne ,  Prüfungs- 
ordnungen usw.  erfahren  hat,  dazu  beigetragen,  die  Möglichkeit 
der  ÜberbUrdung  der  Schiller  durch  Hausaufgaben  zu  fördern. 

Daß  diese  Möglichkeit  der  Überbtirdung  auch  an  der  Real- 
schule besteht,  soll  durchaus  nicht  in  Abrede  gezogen  werden. 
Die  Bewegung  gegen  die  Überbtirdung  scheint  zwar  vor  zwei 
Jahren,  wie  auch  in  früheren  Fällen,  zunächst  gegen  die  Gymnasien 
gerichtet  gewesen  zu  sein;  auch  erscheint  es  denkbar,  daß  die 
Realschüler  in  der  Tat  wegen  der  größeren  Mannigfaltigkeit  und 
Abwechslung  ihrer  Fächer,  sowie  wegen  des  steten  Auftretens  neuer 
Fächer  in  den  Oberklassen  eine  Überbttrdung  weniger  leicht  empfin- 
den. Allein  wer  den  Sachverhalt  genau  und  aus  langjähriger  Er- 
fahrung kennt,  gesteht  zu,  daß  die  Klagen  über  Überbürdung  zwar 
nicht  allgemein  und  nicht  immer  in  dem  vollen  Umfang,  in  dem  sie 
vorgebracht  werden,  auch  nicht  bei  allen,  die  sich  gefallen,  darin 
einzustimmen,  aber  doch  in  manchen  Fällen  berechtigt  sind,  und 
daß  auch  die  Realschule  allen  Grund  hat,  zu  ihrer  Abstellung  die 
Hand  zu  bieten. 

Ein  radikales  Mittel,  diesen  Klagen  ein  Ende  zu  machen,  wäre 
nun  allerdings,  die  Hausaufgaben  vollständig  zu  verbieten, 
und  es  gibt  vielleicht  Lehrer,  die  gegen  diese  Lösung  der  Frage 
gar  nichts  einzuwenden  hätten,  vorausgesetzt,  daß  das  Lehrziel 
aller  Klassen  und  die  Anforderungen  bei  den  Prüfungen  ent- 
sprechend herabgesetzt  würden.  Allein  so  einfach  liegt  die  Sache 
denn  doch  nicht,  und  bis  jetzt  hat  sich  auch  meines  Wissens  nur 
eine  Unterrichtsbehörde  gefunden,  die  bis  zur  Abschaffung  der 
Hausaufgaben  gegangen  wäre,  nämlich  der  Vorstand  des  Schul- 
wesens im  Kanton  Zürich,  der  im  Jahre  1890  durch  eine  besondere 
Verfügung  anordnete,  daß  in  den  Elementar-,  d.  h.  Volksschulen 
—  also  nicht  in  den  höheren  Schulen  —  von  allen  Hausaufgaben 
abzusehen  sei.  Bei  uns  richten  auch  die  eifrigsten  Vorkämpfer  in 
der  Überbürdungsbewegung  ihre  Angriffe  nur  gegen  ein  Übermaß 


Die  Hausaufgaben  an  der  Realschule.  309 

von  Hausaufgaben.  Das  Elternhaus  aber  wünscht,  daß  die 
Schüler  Hausaufgaben  erhalten,  und  nicht  selten  tritt  der  Fall  ein, 
daß  ein  Vater  oder  eine  Mutter  sich  beim  Schulvorstand  darüber 
beschwert;  daß  der  Sohn  zu  wenig  oder  gar  keine  Hausaufgaben 
bekomme.  Mir  ist  in  meiner  25jährigen  Tätigkeit  aU  Rektor  diese 
Klage  viel  öfter  entgegengebracht  worden  als  die  Klage  über  Über- 
bttrdung.  Die  Eltern  unserer  Schüler  in  ihrer  übergroßen  Mehrheit 
wollen^  daß  ihre  Söhne  in  der  und  für  die  Schule  arbeiten, 
für  ihre  Zukunft  arbeiten  lernen. 

Es  kbnnte  sich  aber  weiter  fragen,  ob  unsere  höheren  Schulen 
nicht  wenigstens  auf  die  s c h r i f 1 1  i c h e n  Hausarbeiten  verzichten 
können  oder  sollen.  Diese  Frage  könnte  wohl  nur  ein  Versuch  ent- 
scheiden, und  es  wäre  sehr  interessant,  welches  nach  einem  solchen 
Versuch  die  Ergebnisse  der  Jahresschlußprüfung  wären.  F(lr  die 
Beurteilung  der  Frage  der  Hausaufgaben  würde  dann  eine  wertvolle 
Erfahrung  vorliegen. 

Wie  die  Dinge  jetzt  stehen,  halte  ich  mit  der  gesamten  päda- 
gogischen Welt  daran  fest,  daß  die  mündlichen  und  schriftlichen 
Hausaufgaben  wegen  ihres  hohen  pädagogischen  Wertes  un- 
entbehrlich und  darum  in  unseren  höheren  Schulen  beizube- 
halten sind.  Sie  sollen  den  Schüler  zunächst  nötigen,  das  in  der 
Schule  Gelernte  sich  sicher  und  fest  anzueignen.  Der  Schüler  muß 
von  Klasse  zu  Klasse  eine  gewisse  Menge  stofflichen  Wissens  er- 
werben, das  er  sich  nicht  während  des  Unterrichts,  sondern  nur  zu 
Hause  gedächtnismäßig  zu  eigen  machen  kann.  Es  gibt  zwar 
Lehrer,  die  mit  einer  gewissen  vornehmen  Geringschätzung  auf  alle 
Gedächtnisarbeit  blicken.  Sicher  mit  Unrecht;  denn  gerade  die 
Gedächtniskraft  ist  es,  die  der  selbständigen  geistigen  Arbeit  die 
nötige  Unterlage,  das  nötige  Rohmaterial,  wenn  dieser  Ausdruck 
gestattet  ist,  liefert,  und  die  daher  nicht  vernachlässigt  werden 
darf,  sondern  geübt  und  gepflegt  werden  muß.  —  Durch  die  Haus- 
aufgaben sollen  die  Schüler  ferner  an  eine  gewisse  Ordnung  und 
Sauberkeit  in  der  schriftlichen  Darstellung'  gewöhnt  werden. 
Die  Übung  in  der  Schule  reicht  hiezu  nicht  aus.  Wohl  soll  auch 
hierin  die  Schule  das  meiste  tun;  aber  der  Schüler  darf  nicht  auf 
den  Gedanken  kommen,  daß  er  sich  in  diesem  Punkt  zwar  in  der 
Schule  anstrengen  müsse,  aber  zu  Hause  gehen  lassen  dürfe;  er 
muß  sich  gerade  auch  zu  Hause  der  Pflicht  strengster  Pünktlichkeit 
und  Ordnungsliebe  bewußt  sein;  sonst  schwebt  das,  was  in  der 
Schule  geschieht,  in  der  Luft. 


310  Mayer, 

Zu  diesen  schulmäßigen  Gründen  der  Unentbehrlichkeit  der 
Hausaufgaben  kommen  noch  solche  allgemein  ethischer  Art. 
Unsere  Schüler  müssen  lernen,  daß  die  Arbeit  und  der  richtige 
Gebrauch  der  Zeit  eine  sittliche  Pflicht  eines  jeden  Menschen  ist, 
und  daß  es  auch  jetzt  noch  dem  Manne  gut  ist,  wenn  er  in  seiner 
Jugend  das  Joch  der  Arbeit  trägt,  damit  er  die  Erholung  und  die 
Ruhe  nach  der  Arbeit  um  so  besser  zu  würdigen  weiß.  Die  Wort- 
führer im  Kampf  gegen  die  Hausaufgaben  meinen,  die  Schüler 
müssen  recht  viel  freie  Zeit  haben,  und  sie  werden  schon  den 
richtigen  Gebrauch  von  ihr  machen.  Wer  die  Schuljugend  unserer 
großen  Städte  in  ihrer  freien  Zeit  beobachtet,  glaubt  nicht  recht 
an  diese  schöne  Behauptung.  Es  gibt  ja  sicher  manche  erfreulichen 
Ausnahmen,  besonders  überall  da,  wo  die  Söhne  eine  ernste  Auf- 
sicht im  Elternhaus  genießen.  Aber  wie  viele  schlimmen  Erfah- 
rungen müssen  die  Lehrer  und  besonders  die  Schulvorstände  mit 
einem  großen  Teil  ihrer  Schüler  machen!  Wie  oft  legen  sogar 
polizeiliche  und  gerichtliche  Mitteilungen  ans  Rektorat  Zeugnis  da- 
von ab,  welch  fatalen  Gebrauch  unsere  Schüler  von  ihrer  freien 
Zeit  machen!  Die  Klagen  über  die  Zunahme  der  Roheit  der  Ju- 
gend sind  nicht  ganz  unberechtigt.  Dazu  noch  das  oft  wie  eine 
Seuche  grassierende  Lesen  von  Romanen,  das  Zusammensitzen  beim 
Kartenspiel  und  dgl.,  das  ihre  Einbildungskraft  vergiftet,  ihren 
Geist  verödet  und  sie  zu  ernster,  anhaltender  Arbeit  untauglich 
macht.  Da  ist  es  doch  viel  vernünftiger,  sie  geben  sich  zielbewußt 
der  Arbeit  für  die  Schule  und  damit  für  ihre  Zukunft  und  für  ihre 
geistige  und  sittliche  Vervollkommnung  hin.  Wenn  sie  dies  mit 
dem  rechten  Ernst  tun,  dann  werden  die  Hausaufgaben  für  sie  auch 
nach  und  nach  der  Weg  zu  selbständiger,  geistiger  Arbeit. 
Wenn  ein  Schüler  einmal  Geschmack  an  eigener,  geistiger  Tätigkeit 
gefunden  hat,  wenn  ihm  die  geistige  Arbeit  ein  Genuß,  ein  Trost 
gegen  Langeweile,  wenn  sie  ihm  lieber  ist  als  das  Öde  Treiben  eines 
großen  Teils  der  Jugend  im  Alter  von  15  bis  20  Jahren,  dann  ist 
für  ihn  die  Frage  der  Hausaufgaben  gelöst,  ihr  hoher,  erzieherischer 
Wert  erreicht. 

Im  Schulbetrieb  selbst  aber  spielen  die  Aufgaben  eine  dienende, 
untergeordnete  Rolle,  aus  der  sie  nicht  heraustreten 
dtlrfen.  Die  Vorbereitung,  Darbietung  und  Entwicklung  des  Lern- 
stoffs, ja  selbst  die  erste  Aneignung  und  Übung  kommt  nicht  ihnen, 
sondern  lediglich  der  unterrichtenden  Tätigkeit  des  Lehrers  zu. 
In  dieser  Hinsicht   sagt    der   preußische   Hausaufgabenerlaß  vom 


Die  Hausaufgaben  an  der  Realschule.  311 

10.  November  1884  ganz  richtig:  „Es  wird  als  zweifellose  Forde- 
rung an  das  Unterrichtsverfahren  anerkannt,  daß  im  sprachlichen 
Unterricht  die  Einprägung  der  Formen  und  des  Wortschatzes  einer 
zu  erlernenden  fremden  Sprache  im  wesentlichen  durch  die  Lehr- 
stunden selbst  herbeizufuhren  ist,  und  der  häuslichen  Arbeit  nur 
der  Abschluß  der  sicheren  Aneignung  zuzufallen  hat;  —  daß  zur 
Vorbereitung  auf  die  fremdsprachliche  LektUre,  wo  sie  zuerst  ein- 
tritt, bestimmte  Anleitung  zu  geben  ist  — ;  daß  die  häuslichen 
Aufgaben  zu  schriftlicher  Übersetzung  in  eine  fremde  Sprache 
durch  die  mündlichen  Übungen  in  den  Schulstunden  vollständig 
vorbereitet  sein  mUssen.  Ebenso  ist  auf  dem  mathematischen  Ge- 
biet zu  verlangen^  daß  die  zur  häuslichen  Bearbeitung  gestellten 
Aufgaben  durch  die  Lehrstunden  vollständig  vorbereitet  werden 
und  in  keiner  Weise  das  durch  den  Unterricht  entwickelte  Können 
der  Kinder  Überschreiten.  Überhaupt  ist  zu  fordern,  daß  die  häus- 
liche Beschäftigung  der  Kinder  in  keinem  Falle  als  Ersatz  dessen 
benützt  werden  darf,  was  die  Lehrstunden  bieten  können  und 
sollen,  sondern  als  Fortsetzung  und  ergänzender  Abschluß 
des  Erfolges  der  Lehrstunde.^^ 

Es  wäre  ein  verhängnisvoller  Fehler,  wenn  der  Lehrer,  wie  es 
in  früheren  Zeiten  auch  in  den  Oberklassen  der  Realschulen  vor- 
gekommen sein  soll;  seine  Schtüer  zur  Erlangung  größerer  Klarheit 
auf  das  Lehrbuch  und  damit  auf  ihren  häuslichen  Fleiß  verweisen 
wollte,  etwa  mit  den  Worten:  „Geht  das  nun  im  Buch  vollends 
durch,  dann  wird  es  schon  ganz  klar  werden^^  Die  Schaffung 
größtmöglicher  Klarheit,  das  ist  eben  der  Zweck  und  soll  das  Er- 
gebnis des  Unterrichts  sein.  Wo  das  Lehrbuch  klarer  ist  als 
der  Unterricht,  wo  der  Schüler  dem  ersteren  mehr  verdankt  als 
dem  letzteren,  da  ist  es  um  die  Schule  schlimm  bestellt,  und  da 
spielen  die  Hausaufgaben  nicht  die  ihnen  allein  zukommende  unter^ 
geordnete  Rolle.  Zu  einem  klaren,  auch  für  die  schwächer  begabten 
Schüler  faßlichen  Unterricht  gehört  vor  allem,  daß  der  Lehrer 
seinen  Stoff  allseitig  beherrscht,  daß  er  sich  gründlich  auf  jede 
Lehrstunde  vorbereitet,  alles  Entbehrliche  und  Unnötige,  was  bloßer 
Gedächtnisballast  und  für  die  wirkliche  Geistesbildung  bedeutungs- 
los ist,  ausscheidet  —  wir  schleppen  von  Jahr  zu  Jahr  eine  Masse 
von  Dingen  mit,  die  wir  ohne  Schaden  über  Bord  werfen  könnten 
— ,  dafür  aber  das  Wesentliche  und  Wichtige  um  so  lichtvoller  und 
eindringlicher  behandelt.  Dadurch  erhält  dann  auch  der  Schüler 
das  Bewußtsein,  daß  er  seiner  Aufgabe  gewachsen  ist.    Mit  der 


312  Mayer, 

Lebendigkeit,  Frische  und  Klarheit  des  Unterrichts  stellt  sich  anch 
beim  Schüler  Freudigkeit  und  Lust  an  der  Arbeit  ein;  Ärger  und 
Unmut  schwinden,  und  dann  erst  ist  auch  die  rechte  Stimmung 
für  die  Hausaufgaben  vorhanden,  deren  beste  Vorbereitung  eben 
ein  klarer,  lichtvoller,  alle  Schwierigkeiten  hebender  Unterricht  ist. 
Ob  die  Hausaufgaben  im  Unterricht  mit  mehr  oder  weniger  direkter 
Bezugnahme  vorbereitet  werden,  hängt  von  dem  Alter  der 
Schüler  und  von  der  Natur  des  Gegenstandes  ab.  Regel  soll  sein, 
daß  keine  Hausaufgabe  gegeben  werden  darf,  auf  die  der  Schüler 
nicht  durch  den  Unterricht  wenigstens  mittelbar  vorbereitet  ist,  die 
nicht  aber  auch  von  seiner  Seite  ein  gewisses  Maß  von  Nachdenken 
und  Anstrengung  fordert  Im  einzelnen  ist  hier  viel  Umsicht  und 
Takt  nötig,  und  fUr  die  praktisch-methodische  Ausbildung  unserer 
jungen  Kollegen  ist  auch  in  diesem  Punkt  ein  interessantes  Gebiet 
eröffnet. 

Aus  ihrer  dem  eigentlichen  Unterricht  dienstbaren  Rolle  dürfen 
die  Hausaufgaben  auch  nicht  am  Schluß  des  Schuljahrs  und 
vor  den  Zeugnisterminen  heraustreten.  Diese  Zeiten  sind  ja  die 
schlimmsten  in  bezug  auf  die  Hausaufgaben.  In  ihnen  pflegen 
manche  Lehrer  auf  einen  bestimmten  Tag  schriftliche  Prüfungen 
anzusagen  mit  der  Weisung,  den  ganzen  behandelten  Lehrstoff  gut 
zu  repetieren,  da  von  den  Leistungen  bei  diesen  Prüfungen  die 
Zeugnisnote  und  alles,  was  damit  im  Zusammenhang  steht,  abhänge. 
Nun  beginnt  der  Schüler  zu  „büffeln^,  um  für  diesen  bestimmten 
Tag  das  gewünschte  Maß  stofflichen  Wissens  bereit  zu  haben  und 
es  —  sofort  wieder  zu  vergessen!  Für  alle  anderen  Fächer  sind 
die  Schüler  in  diesen  Tagen  reine  Nullen,  weil  iiir  ganzes  Interesse 
auf  diesen  einen  Punkt  konzentriert  ist.  Die  Einrichtung  dieser 
unsinnigen  und  zweckwidrigen  Prüfungen  gibt  den  Überbttrdungs- 
klagen  am  meisten  Stoff;  sie  verdienen,  daß  sie  geradezu  ver- 
boten werden.  Selbstverständlich  muß  der  Lehrer  den  Kenntnis- 
stand jedes  einzelnen  Schülers  erforschen;  aber  dies  geschieht  nicht 
dadurch,  daß  er  sie  für  einige  Wochen  mit  übermäßigen  Wieder- 
holungsarbeiten quält,  während  er  für  gewöhnlich  hübsch  vom 
Katheder  herab  doziert,  sondern  dadurch,  daß  er  unter  weiser 
Ausnützung  der  Zeit  und  unter  Vermeidung  des  zwecklosen  Herum- 
redens über  belanglose  Dinge  die  Schüler  Stunde  für  Stunde  durch 
kurzes  Abfragen  nötigt,  Rechenschaft  von  ihrem  Fleiß  und  ihrem 
Wissen  abzulegen,  und  daß  er  durch  kurze,  über  das  ganze  Jahr 
verteilte    und    nicht    vorher    ausdrücklich   angesagte    schriftliche 


Die  Hausaufgaben  aü  der  Realschule.  313 

Prüf  an  gen  sich  zu  Überzeugen  Tersncht,  ob  sein  Unterricht  ftlr 
die  Schiller  yerstftndlich  und  anregend;  und  ob  ei^  erfolgreich  war. 
Das  Ergebnis  dieser  Prüfungen  wird  ihm  bald  sagen^  ob  seine 
Methode  richtig  war,  oder  wo  etwa  eine  bessernde  Hand  angelegt 
werden  muß^  ob  die  Mtthle  bloß  geklappert^  oder  ob  sie  auch  Rom 
gemahlen  hat;  besondere  Hausaufgaben  gewähren  diese  Deutlich- 
keit nicht. 

Wshrend  die  bisherigen  grundsätzlichen  Ausführungen  wohl 
bei  keinem  auf  Widerstand  stoßen,  der  nicht  geradezu  ein  Gegner 
aller  und  jeder  Hausaufgabe  ist,  beginnen  die  Schwierigkeiten,  so- 
bald es  sich  darum  handelt,  das  Maß  der  Hausaufgaben  fest- 
zustellen, denn  die  gegen  sie  vorgebrachten  Klagen  richten  sich  ja, 
wie  erwähnt,  nur  gegen  ihr  Übermaß.  Wann  beginnt  nun  das 
Übermaß?  Die  Antwort  lautet  in  der  Regel:  Es  ist  vorhanden, 
wenn  die  Hausaufgaben  die  Ausnutzung  der  unterrichtsfreien  Zeit 
zu  gesundheitlichen  Zwecken  und  zur  Pflege  von  besonderen  Lieb- 
habereien, wie  Musik  usw.  unmöglich  machen.  Was  nun  die  letz- 
teren betrifft,  so  muß  gesagt  werden,  daß  auf  alle  Fälle,  und  be- 
sonders wenn  es  sich  um  minder  begabte  Schfller  handelt,  der 
Zweck  der  Schule,  dein  ja  auch  die  Hausaufgaben  dienen,  vor 
ihnen  den  Vorrang  zu  beanspruchen  berechtigt  ist  Wie  die 
Pflicht  vor  dem  Vergnügen,  so  kommt  die  ernste  Schularbeit  vor 
den  Liebhabereien.  Anders  steht  es  mit  der  Ausnützung  der 
unterrichtsfreien  Zeit  zu  gesundheitlichen  Zwecken.  Für  diese 
Zwecke  muß  Zeit  vorhanden  sein.  Nur  soll  diese  der  Gesundheit 
zu  widmende  Zeit  auch  wirklich  zweckentsprechend  verwendet 
werden.  In  der  Regel  hat  der  Lehrer  in  diese  Frage  nichts  dreinzu- 
reden; der  Schüler  und  seine  Eltern  wissen  das  am  besten.  Was  wir 
aber  in  dieser  Hinsicht  in  neuerer  Zeit  gesehen  haben,  hat  bei  uns  nicht 
selten  ein  Kopfschütteln  verursacht.  Ein  großer  Teil  unserer  Jugend 
hat  sich  dem  Sport  in  die  Arme  geworfen,  betreibt  ihn  aber  leiden- 
schaftlicher als  die  Engländer,  von  denen  er  stammt.  Einzebe 
geben  sich  dem  Radfahren  hin,  und  zwar  mit  einem  Eifer,  daß  sie 
an  den  Tagen  nach  einer  langen,  übermäßigen  Fahrt  in  der  Schule 
absolut  nicht  zu  gebrauchen  sind.  Wenn  sie  für  ihre  Gesundheit 
etwas  dabei  gewinnen  würden,  so  wäre  es  gut,  und  wir  würden 
uns  dabei  beruhigen  können.  Aber  nicht  einmal  das  ist  der  Fall: 
der  Arzt  muß  ihnen  ihre  Fahrten  wegen  beginnender  Herzleiden 
nicht  selten  verbieten.  Ähnliche  Erfahrungen  hat  man  schon  mit 
dem  Fußball  gemacht,  gegen  den  ein  Kollege  von  uns  seine  Schrift 

KorretpondensblaU  1906,  Heft  8  a.  9. 


314  Mayer, 

von  der  ^^Deatschen  Fußlümmelei^*  geschlendert  hat,  ja  selbst  mit 
dem  Rudern.  Man  glaube  ja  nicht;  daß  ich  ein  Gegner  des  Schüler- 
sports sei;  im  Gegenteil!  ich  schätze  ihn  und  habe  früher  meine 
Schuler  stets  dazu  ermuntert.  Aber  seit  ich  die  angeführten  Er- 
fahrungen gemacht  habe,  glaube  ich  nicht  mehr  an  alles,  was  der 
deutschen  Jugend  in  tönenden  Worten  von  den  gesundheitsfördern- 
den Wirkungen  des  Sports  yerkündet  wird.  Ich  gebe  daher  auch 
nicht  ZU;  daß  die  Hausaufgaben  ohne  weiteres  den  sportlichen 
Übungen  zulieb  zurücktreten  müssen,  wenn  ich  auch  entschieden 
dafür  eintrete,  daß  sie  die  Ausnützung  der  unterrichtsfreien  Zeit 
zu  wirklichen  gesundheitlichen  Zwecken  nicht  unmöglich 
machen  dürfen. 

Was  nun  das  Höchstmaß  der  für  Hausarbeiten  freibleiben- 
den Zeit  betrifft;  so  ist  es  schwierig,  einen  für  alle  SchtUer  und 
alle  Tage  passenden  Maßstab  zu  finden.  Man  hat  in  einzelnen 
Staaten  die  mittlere  Zeit,  die  die  blinder  von  mittlerer  Begabung 
tatsächlich  auf  ihre  Hausarbeiten  verwendeten,  ermittelt,  ärztliche 
Kommissionen  zu  Rat  gezogen  und  danach  die  behördlichen  Vor- 
schriften getroffen.  Demgemäß  wurden  in  Preußen  und  Hessen, 
wo  die  Vorschriften  beinahe  gleich  sind,  für  das  10.  nnd  11.  Lebens- 
jahr 1  bezw.  Vl^f  für  das  12.  und  13.  Lebensjahr  2,  für  das  14. 
und  15.  Jahr  2y%  für  das  16. --18.  Jahr  3V2  Stunden  für  tägliche 
Hausaufgaben  festgesetzt,  wobei  der  Sonntag  frei  zu  bleiben  hat  — 
Vorschriften,  denen  im  ganzen  auch  die  Bestimmungen  des  würt- 
tembergischen Hausaufgaben -Erlasses  vom  19.  März  1896  ent- 
sprechen. Bei  den  diesen  Vorschriften  vorausgegangenen  Erhebungen 
hatte  sich  herausgestellt,  daß  einzelne  Schulen  über  diesen  Satz 
hinausgegangen  waren;  in  Halle  z.  B.  betrug  die  Zahl  der  Pflicht- 
stunden in  Schule  und  Haus  für  die  14jährigen  Schüler  der 
höheren  Schulen  9— 9V4,  für  die  18— 20jährigen  lOV«  Stunden, 
ohne  daß  Klagen  w^egen  überbürdung  stattgefunden  hätten.  Zu 
den  vorhin  genannten  Sätzen  sind  die  preußischen  und  hessischen 
Behörden  gelangt  —  wie  bereits  erwähnt  —  im  Einvernehmen  mit 
ärztlichen  Kommissionen,  die  nach  eingeli enden  Untersuchungen  zu 
der  Überzeugung  gelangten,  daß  das  Maß  der  täglichen  Arbeitszeit 
des  Schülers  in  Schule  und  Haus  vom  10.— 18.  Lebensjahr 
zwischen  öVs  und  8V2  Stunden  liegen  solle. 

Ich  bin  in  meinen  Vorschlägen,  wie  Sie  aus  den  Leitsätzen  er- 
sehen, noch  um  je  V2  Stunde  hinter  diesen  Sätzen  zurückgeblieben, 
und  zwar  aus  folgenden  Gründen:  Bei  der  Neuordnung  des  Lehr- 


'     Die  Hansaufgaben  an  der  Bealschule.  315 

planSy  der  unter  dem  15.  Juli  1903  für  unsere  Oberrealsohulen  er- 
schienen ist,   wurde  im  allgemeinen  eine  Übereinstimmung  mit  den 
preußischen  Lehrplänen  angestrebt.   Dieses  Ziel  wurde  auch  soweit 
erreicht,   daß   sich   in    den   meisten  Fächern    eine   Gleichheit   der 
Stundenzahl   ergab,    mit  Ausnahme   der   Mathematik.    In    diesem 
Fach    tritt    unser   Lehrplan    in    einen    bewußten    Gegensatz    zum 
preußischen:  wir  haben,  einschließlich  der  darstellenden  Geometrie 
in  den  drei  oberen  Klassen,  66  Stunden  Rechnen  und  Mathematik; 
die  preußischen  Oberrealschulen   unter  Hinzurechnung   von   sechs 
Stunden   Linearzeichnen   in   den    drei   oberen   Klassen   53.    Diese 
größere  Betonung  der  Mathematik  in   den  Oberklassen  hat  auch 
unser  Verein  in  seiner  Jahresversammlung  vom  Jahre   1903  aus- 
drücklich aus  dem  Grund  beizubehalten  gewünscht,  weil  sie  die 
Voraussetzung  der  günstigeren  Studienbedingungen  unserer  Abitu- 
rienten an  der  Technischen  Hochschule  ist.    Den  einzigen  Vorzug, 
den  unsere  Abiturienten  vor  denen  des  Gymnasiums  haben,   wollen 
wir    nicht    verlieren;    w^ir    halten    an    ihm    fest    und    haben    uns 
darum   auch  vor  zwei  Jahren  einstimmig  für  das  Mehr  von  Mathe- 
matik erklärt,   das  unsere  Schüler  um   dieser  günstigeren  Beding- 
ungen willen  auf  sich  nehmen  müssen.   Sie  haben  es  bisher  geleistet; 
sie  werden  es  auch  in  Zukunft  können.    Wenn  nun  aber  dadurch 
unsere  Gesamtstundenzahl  gegenüber  den  preußischen  Lehrplänen 
etwas  höher  ist  —  280  gegen  272,  wobei  in  die  letztere  Zahl  die 
zehn  wahlfreien  Stunden  des  Linearzeichnens  eingerechnet  sind  — , 
so  möchte  ich  dies  dadurch  ausgleichen,  daß  ich  für  die  Arbeitszeit 
des  Schülers  in  Schule  und  Haus  nur  5  bis  8,  statt  5Vs  bis  87* 
Stundenr  vorschlug.    Dieser  Normalarbeitstag  erscheint  gewiß  nicht 
zu  lang;  er  wird  eher  manchen  zu  kurz  sein,  selbst  manchen  Eltern, 
die  nicht  in  der  Lage  sind,  ihre  Kinder  in  der  schulfreien  Zeit  zu 
beaufsichtigen.     Wenn  man  für  den  Schlaf  8 — 9  Stunden,  oder  für 
die  Jüngsten  noch  mehr  rechnet,   so   haben  sie  reichlich  Zeit  für 
Mahlzeiten,  Erholung,  etwaige  Musik-  und  sonstige  Übungen,  Spiel 
und  Bewegung  im  Freien,  mäßige  Sportsübungen,  selbst  für  den 
in  Aussicht  stehenden  Turnspielnachmittag.    Die  deutsche  Schule 
darf  dem  gegenwärtig  allgemein  herrschenden  Bestreben,  die  Jugend 
möglichst  zu  entlasten,  nicht  aus  Gutmütigkeit  und  falscher  Humani- 
tät zu  weit  entgegenkommen;  sie  darf  die  Jugend  nicht  der  Arbeit 
entwöhnen ;  sie  muß  ein  arbeitsgewohntes,  arbeitsfähiges  Geschlecht 
erziehen,   das   den   immer  steigenden  Anforderungen  der  Zeit  ge- 
wachsen ist  und  den  Ruf  der  deutschen  Arbeitstüchtigkeit  fortpflanzt. 


316  Mayer, 

Ton  großer  Wichtigkeit  ist  nnn  die  f^age,  wie  sich  die  ein- 
zelnen Schulfächer  in  die  häusliche  Arbeitszeit  der  Schüler  zu 
teilen  haben.  Am  einfachsten  löst  sich  diese  Frage  da,  wo  nur 
ein  Lehrer  in  Betracht  kommt.  In  diesem  Fall  besteht  nur  die 
Gefahr,  daß  der  Lehrer  einer  etwaigen  Liebhaberei  zu  sehr  nach- 
gibt und  wichtigere  Dinge  vernachlässigt,  daß  er  seine  Schüler 
z.  B.  Schnecken  und  Versteinerungen  suchen  läßt  und  dafür  Sprachen 
und  Rechnen  versäumt.  Ihm  ist  entgegenzuhalten,  daß  der  Haus- 
fleiß der  Schüler  in  erster  Linie  den  Fächern  zugute  kommen  soll, 
die  ein  Durcharbeiten  und  Durchdringen  und  damit  die 
Fortsetzung,  Übung  und  Ergänzung  des  in  der  Schule  Gelernten 
bedürfen.  —  Schwieriger  wird  die  Sache,  wenn  zwei  oder  mehr 
Lehrer  sich  in  den  Hausfleiß  der  Schüler  zu  teilen  haben.  Wenn 
es  da  am  gegenseitigen  Entgegenkommen  und  Nachgeben  an  der 
Rücksicht  auf  das  Wohl  der  Jugend  und  auf  die  bestehenden  Vor- 
schriften fehlt,  wo  nur  das  Streben  nach  hervorragenden  Leistungen, 
ein  Übereifer  und  Sichvordrängen,  wenn  auch  auf  Kosten  der  be- 
rechtigten Interessen  anderer,  herrscht,  so  können  die  Schüler  in 
eine  üble  Lage  kommen,  und  es  bleibt  ihnen  nichts  anderes  übrig, 
als  das  bekannte  Mittel  der  Selbsthilfe  anzuwenden,  oder  durch 
ihre  Väter  vor  der  Öffentlichkeit  die  Überbürdungsklage  zu  erheben. 
Der  Lehrer  sollte  sich  in  diesen  Fällen  stets  vergegenwärtigen,  daß 
er  nur  ein  einzelnes,  dienendes  Glied  an  einem  Ganzen  ist,  und 
daß  das  Interesse  des  Ganzen,  also  der  Schule  und  der  Schüler, 
das  Zurücktreten  des  einzelnen  dringend  gebietet.  Wenn  er  dies 
tut,  so  wird  er  anerkennen  müssen,  daß  nicht  alle  ünterrichtsfUcher 
gleichen  Anspruch  auf  den  häuslichen  Fleiß  der  Schüler  haben, 
daß  einzelne  seiner  Kollegen  vielleicht  mehr  Recht  darauf  haben, 
als  er  selbst,  weil  gewisse  Fächer  vor  anderen  einen  Vorrang  haben, 
einzelne  sogar  ganz  ausscheiden  müssen. 

Zu  den  letzteren  gehören  in  unseren  höheren  Schulen  unstreitig 
das  Zeichnen  und  das  Schreiben.  Was  das  Zeichnen  betrifft, 
so  werden  zwar  nicht  viele  Lehrer  allgemeine  Hausaufgaben  in 
diesem  Fach  geben;  dagegen  kommt  es  nicht  selten  vor,  daß  ein- 
zelne SchtUer  die  Aufgabe  erhalten,  eine  oder  mehrere  Zeichnungen, 
die  in  den  Unterrichtsstunden  unvollendet  blieben  oder  verdorben 
wurden,  zu  Hause  zu  fertigen.  Die  Erfahrung  lehrt,  daß  der  Schüler 
damit  viel  zu  viel  Zeit  verliert.  Es  fehlt  ihm  zu  Hause  die  nötige 
Sammlung  und  Bequemlichkeit;  er  muß  die  Zeichnung  wieder  und 
wieder  anfangen,  gerät  in  Aufregung,   und  was  er  schließlich  zu- 


Die  Hansaufgaben  an  der  Realschule.  317 

Stande  bringt,  entspricht  bei  weitem  nicht  der  vielen  aufgewandten 
Zeit,  die  er  anderen,  wichtigeren  Dingen  entziehen  muß.  Darum 
keine  Zeichnungen  als  Hausaufgaben!  Aber  auch  keine  Schreib- 
Übungen  oder  wiederholtes  Abschreiben  von  fehlerhaften  Arbeiten! 
Durch  derartige  Aufgaben  werden  die  Schüler  geradezu  an  ein 
hudeliges  und  zugleich  gedankenloses  Schreiben  gewöhnt.  Wenn 
Strafarbeiten  bei  einem  Schüler  nötig  sind,  so  soll  er  sie  in  der 
Schule  unter  der  Aufsicht  eines  Lehrers  fertigen;  sie  sollen  einen 
Gegenstand  haben,  der  den  Schüler  zum  Denken  nötigt,  und 
sollen  außerdem  nachher  vom  Lehrer  durchgesehen  werden.  Ist 
dies  nicht  der  Fall,  so  schaden  sie  mehr  als  sie  nützen,  und  es 
ist  nur  schade  um  die  nutzlos  aufgewandte  Zeit. 

In  andern  Fächern  können  zwar  mündliche,  aber  es  sollten 
darin  nie  auch  schriftliche  Hausaufgaben  gegeben  werden.  Dazu 
gehören  Geschichte  und  Geographie  einer-,  die  Naturwissenschaften 
andererseits.  Wenn  in  diesen  Fächern  ein  Leitfaden  benützt  wird, 
so  kann  den  Schülern  gesagt  werden,  daß  sie  das  in  der  Schule 
Behandelte  zu  Hause  nachlesen,  um  es  sich  besser  einzuprägen. 
Die  Antworten  auf  die  Wiederliolungsfragen,  mit  denen  unbedingt 
jede  Lehrstunde  dieser  Fächer  beginnen  muß,  werden  dem  Lehrer 
zeigen,  ob  seine  Weisung  befolgt  wurde,  und  wo  es  fehlt.  Schrift- 
liehe Hausaufgaben  in  diesen  Fächern  sind  überflüssig. 

Es  bleiben  somit  für  die  schriftlichen  Hausaufgaben  nur  die 
Sprachen:  Deutsch,  Französisch  und  Englisch  einerseits,  und  die 
Mathematik  andererseits,  und  wenn  den  ersteren  in  den  Unter- 
nnd  Mittelklassen,  so  wird  den  letzteren  an  den  Oberklassen  ein 
gewisser  Vorrang  eingeräumt,  ein  Vorrang,  der  sozusagen  natur- 
gemäß ist,  weil  er  der  Fassungsgabe  und  der  geistigen  Entwick- 
lung der  Kinder  und  darum  auch  den  Forderungen  des  Lehrplans 
entspricht.  Schon  seit  langer  Zeit  hat  man  freilich  wahrgenommen, 
daß  der  Vorrang  der  Mathematik  an  den  Oberklassen  der  württem- 
bergischen Oberrealschulen  zu  bedeutend  ist,  daß  die  Sprachen  zu 
sehr  in  den  Hintergrund  gerückt  sind,  und  daß  sie  nicht  die  ihrer 
Bedeutung  für  die  geistige  Ausbildung  der  Jugend  entsprechende 
Berücksichtigung  finden.  Der  neue  Lehrplan  von  1903  hat  den 
letzteren  daher  mehr  Stunden  zugewiesen,  so  daß  jetzt  auf  die 
Sprachen  mit  philosophischer  Propädeutik  bei  uns  eine  Gesamt- 
stundenzahl Ton  108,  in  Preußen  eine  solche  von  106  entfällt.  Da 
die  Geschichte  in  beiden  Lehrplänen  mit  18  Stunden  bedacht  ist, 
so   kann  jetzt   nicht   mehr   gesagt   werden,    daß    die    sprachlich- 


318  Mayer, 

geschichtlichen  Fächer  an  unserer  Oberrealschule  weniger  Ranm 
finden^  als  an  den  preußischen.  Dennoch  ist  nicht  zu  verkennen, 
daß  trotzdem  an  unseren  Oberklassen  die  Sprachen  neben  der 
Mathematik  einen  schweren  Kampf  um  die  Gunst  und  den  Fleiß 
der  Schüler  zu  kämpfen  haben.  Dies  kommt  in  erster  Linie  da- 
her, daß  die  mathematischen  Fächer  für  die  meisten  Schüler  einen 
Reiz  besitzen,  den  die  Sprachen  nicht  mehr  für  sie  haben.  Die 
Sprachen  treiben  sie  schon  seit  den  ersten  Klassen;  das  Interesse 
für  sie  hat,  wenn  sie  in  die  oberen  Klassen  eintreten,  seinen  Höhe- 
punkt längst  überschritten,  und  es  gehört  eine  ungewöhnliche  An- 
spannung der  geistigen  Kraft  des  Lehrers  dazu,  um  in  diesen 
Klassen  den  fremdsprachlichen  Unterricht  für  die  Schüler  anregend 
und  fruchtbringend  zu  gestalten.  Die  mathematischen  Fächer  be- 
sitzen dagegen  den  Reiz  der  Neuheit  und  einer  fremdartigen  Aus- 
drucksweise. Zuerst  tritt  die  Geometrie  an  sie  heran,  in  Klasse  VI 
kommt  Algebra  und  Stereometrie  dazu,  in  Klasse  VII  Trigonometrie 
und  darstellende  Geometrie,  in  Klasse  VIII  niedere  Analysis  und 
analytische  Geometrie  und  in  Klasse  IX  höhere  Analysis.  Dieser 
durch  die  Natur  der  Sache  gegebenen  und  pädagogisch  äußerst 
wirksamen  Steigerung  haben  die  Sprachen  nichts  gegenüberzu- 
stellen. Außerdem  hat  die  Lösung  einer  mathematischen  Aufgabe 
für  den  Schüler  den  Reiz  der  Möglichkeit  einer  vollendeten  Leistung. 
Wenn  er  die  gewiesenen  Wege  richtig  geht,  die  gelernten  Formeln 
überall  richtig  anwendet,  so  hat  er  am  Schluß  die  Befriedigung, 
eine  tadellose  Lösung  geliefert  zu  haben:  er  erhält  einen  8er! 
Wie  selten  gelingt  ihm  dies  bei  einem  Aufsatz,  oder  einer  fran- 
zösischen oder  englischen  Komposition!  Hier  sind  die  Möglich- 
keiten der  Ausdrucksweise  und  des  logischen  Aufbaus  viel  mannig- 
faltiger, die  Gefahr,  etwas  nur  annähernd  oder  halb  richtig  zu 
machen  viel  größer!  Der  Genuß  einer  glatten,  vollkommenen 
Leistung  bleibt  dem  Schüler  hier  meist  versagt!  Dazu  kommt 
noch  etwas  anderes:  Dem  Schüler  ist  bekannt,  daß  er,  wenn  er  in 
den  Rieben  Fächern:  Trigonometrie,  niedere  Analysis,  analytische 
Geometrie,  höhere  Analysis,  darstellende  Geometrie,  Physik  und 
Chemie  in  der  Reifeprüfung  statt  der  Note  4  =  „genügend"  die 
Note  5  =  „befriedigend"  erreicht,  nach  einer  behördlichen  Ver- 
fügung vom  14.  September  1893  von  der  auf  der  Hochschule  ab- 
zulegenden Vorstaatsprüfung  befreit  ist  Diese  Prüfung  ist  ihm  so 
wenig  sympathisch,  und  der  Vorteil,  von  ihr  befreit  zu  sein,  er- 
scheint ihm  so  groß,  daß  er  alles  daran  setzt,   um  in  den  sieben 


Die  Hausaufgaben  an  der  Realschule.  31  g 

Fächern  den  enehnten  5  er  zu  erreichen.  Wenn  daneben  die  sprach- 
lichen Fächer  vernachlässigt  werden  müssen,  was  tnt's  ?  Er  braucht 
bei  der  Reifeprüfung  ja  nur  im  Durchschnitt  die  Note  4  zu 
erreichen,  und  wenn  er  nur  den  genannten  5  er  siebenmal  erreicht, 
so  besteht  er,  auch  wenn  er  in  den  drei  Sprachfächern  die 
Note  4  nicht  davonträgt.  Unter  diesen  Umständen  ist  es  vom 
Standpunkt  der  Schüler  aus  nicht  zu  verwundem,  wenn  sie  in  den 
Oberkiassen  die  Sprachen  etwas  auf  die  leichte  Achsel  nehmen, 
auch  bei  der  Aufwendung  ihres  häuslichen  Fleißes,  und  es  erscheint 
darum  im  Interesse  ihrer  gleichmäßigen  Ausbildung  gerechtfertigt, 
wenn  verlangt  wird,  daß  die  beiden  Hauptgebiete  des  Realschul- 
unterrichts, das  sprachliche  und  das  mathematische,  sich  in  an- 
nähernd gleicher  Weise  in  die  für  die  Hausaufgaben  verfügbare 
Zeit  zu  teilen  haben.  Auch  wäre  es  vielleicht  angezeigt,  wenn 
bestimmt  würde,  daß  die  Befreiung  von  der  Vorstaatsprüfung  nur 
denjenigen  zuteil  wird,  deren  Reifezeugnis  auch  in  den  Sprachen 
Noten  aufweist,  die  nicht  unter  eine  gewisse  Grenze,  etwa  einen 
4er,  heruntergehen. 

Damit  die  Hausaufgaben  in  dem  Organismus  des  Schullebens 
die  ihnen  zukommende  Rolle  in  der  richtigen  Weise  ausüben  und 
den  ihnen  zugewiesenen  Raum  nicht  überschreiten,  bedürfen  sie 
einer  dauernden,  sorgfältigen  Überwachung,  die  dem  Schulvor- 
stand auferlegt  ist,  der  sich  nach  dem  jetzigen  Wortlaut  der  Dienst- 
vorschrift ,,von  dem  Umfang  und  der  Art  der  Hausaufgaben  und 
der  genauen  Einhaltung  der  darüber  bestehenden  Vorschriften  fort- 
während in  Kenntnis  zu  erhalten  hat^^  Zu  diesen  Vorschriften  ge- 
hört besonders  die  Anfertigung  eines  Planes,  nach  dem  die  Auf- 
gaben Tag  für  Tag  gegeben  werden  dürfen.  Zur  Aufstellung  und 
Einhaltung  dieses  Planes  bedarf  es  eines  einträchtigen  Zusammen- 
arbeitens  aller  an  einer  Klasse  tätigen  Kollegen,  eines  reichen  Maßes 
von  Wohlwollen  für  die  Schüler,  vielleicht  auch  von  Entsagung  auf 
Lieblingswünsche  im  Interesse  des  Ganzen.  Für  die  Einhaltung 
dieses  Planes  ist  durch  den  mehrfach  erwähnten  Erlaß  vom  19.  März 
1896  der  Klassenlehrer  verantwortlich  gemacht,  wie  überhaupt  von 
selten  der  Behörde  alles  geschehen  ist,  um  den  Hausaufgaben  ihre 
richtige  Stellung  in  der  Ökonomie  der  Schulen  zu  wahren  und 
ihrem  Überwuchern  vorzubeugen. 

Als  ein  sehr  zweckmäßiges  Mittel,  um  die  richtige  Handhabung 
der  Hausaufgaben  im  Schulorganismus  zu  beobachten  und  sie,  wenn 
nötig,  richtig  zu  stellen,  erscheint  mir  die  jeweilige  Erforschung 


320  •  Mayer, 

der  Zeit,  welche  die  Schiller  tatsächlich  auf  die  Fertignng 
ihrer  häuslichen  Arbeiten  verwenden.  Selbstverständlich  dttrfen 
hierbei  nicht  die  besten  Schüler;  die  vordersten  der  Klasse,  ver- 
wendet werden,  sondern  Leute  von  mittlerer  Begabung  und  Leistungs- 
fähigkeit. Die  geringsten  und  langsamsten  Schüler  zu  beobachten 
hat  natürlich  auch  keinen  Sinn;  das  gäbe  auch  keinen  zuverlässigen 
Maßstab;  nach  dem  sich  die  ganze  Schule  zu  richten  hätte.  Wenn 
die  langsamen  Schüler  mehr  Zeit  für  ihre  Hausaufgaben  brauchen 
als  die  fleißigen  und  lebhaften;  so  wird  es  niemand  verwundem. 
Dr.  Jäger-Stuttgart  hat  vorgeschlagen;  die  Schüler  unter  jeder  an- 
gefertigten Arbeit  die  aufgewandte  Zeit  anschreiben  zu  lassen;  und 
dieser  Vorschlag  hat,  wie  es  scheint;  mehrfachen  Beifall  gefunden. 
Mir  scheint  er  so  unpraktisch  als  möglich.  Das  Ergebnis  dieser 
Untersuchung  könnte  nur  die  Feststellung  seiu;  daß  ein  Schüler, 
der  seine  Arbeit  mehrfach  unterbricht  oder  bei  ihr  unterbrochen 
wird;  viel  länger  braucht  als  der,  der  standhaft  bei  ihr  bleibt  und 
sie  in  einem  Zug  beendet.  Das  ist  aber  etwaS;  was  wir  schon 
lange  wissen.  Zu  den  Proben;  wie  wir  sie  für  unsere  Zwecke 
brauchen;  genügen  vielmehr  wenige  Schüler;  aber  es  müssen 
Leute  von  unbedingter;  erprobter  Zuverlässigkeit  sein;  die  dem 
Lehrer  genau  das  angeben;  was  sie  wahrgenommen  haben.  Wenn 
es  Leute  von  geringer  Begabung  sind,  schadet  es  gar  nichts.  Ich 
habe  selbst  mehrfach  derartige  Proben  gemacht  und  stets  war  mir 
das  Ergebnis  wertvoll;  u.  a.  einmal  mit  einem  der  letzten  Schüler 
der  Klasse.  Es  war  ein  Lehrerssohn  von  einem  benachbarten  Dorf; 
der  nicht  nur  ganz  zuverlässig,  sondern  auch  über  den  Verdacht 
der  Benützung  fremder  Hilfe  absolut  erhaben  war.  Sein  Vater  war 
von  der  Sache  verständigt;  und  so  erhielt  ich  bis  auf  die  Minute 
genaue  Angaben.  Dasselbe  war  der  Fall  beim  Pensionär  einer 
einfachen;  zurückgezogen  lebenden  Familie.  Das  Ergebnis  entsprach 
nicht  überall  meinen  Erwartungen :  Die  Schüler  brauchten  manchmal 
das  dreifache;  in  anderen  Fällen  auch  wieder  bloß  die  Hälfte  von 
der  Zeit;  die  für  die  Ausführung  einer  Hausaufgabe  geschätzt  wor- 
den war.  An  manchen  Tagen  mußten  sie  die  den  Hausaufgaben 
zugewiesene  Zeit  überschreiten,  an  andern  brauchten  sie  kaum  die 
Hälfte  davon;  der  wöchentliche  Durchschnitt  entsprach  ungefähr 
genau  dem  erlaubten  Maß;  blieb  aber  eher  darunter  als  daß  er  es 
überstieg.  Ich  kann  die  Anstellung  einer  solchen  Probe  allen 
Kollegen  nur  empfehlen;  denn  es  entspringen  allerlei  Vorteile  dar- 
aus: nicht  nur  diejenigen  Schüler,  denen  die  Beobachtungen  auf- 


Die  Hausaufgaben  an  der  Healscbule.  321 

getragen  sind,  sondern  auch  die  meisten  anderen  sind  bemttht,  ihre 
häuslichen  Arbeiten  sorgfältiger  als  sonst  zu  fertigen;  die  Klagen 
über  Überbttrdung  verstummen  in  solcher  Zeit  ganS;  und  der  Lehrer 
gewinnt  einen  sicheren  Maßstab  für  das,  was  er  billigerweise  von 
allen  seinen  Schülern  verlangen  kann.  Nur  muß  man  sich  hüten, 
diese  Proben  mit  solchen  Leuten  zu  machen,  die  Tag  für  Tag 
stundenweise  auf  dem  Fahrrad  sitzen,  oder  die  gerne  im  Kreis 
gleichgesinnter  Genossen  ein  Spielchen  zu  machen  lieben,  oder  die 
häufige  Kunden  der  Leihbibliotheken  sind  usw.  Bei  diesen  Schülern 
wäre  das  Ergebnis  wohl  kaum  befriedigend;  aber  bei  ihnen  werden 
wir  auch  Klagen  über  Überbttrdung  durch  Hausaufgaben  nicht  be- 
sonders ernst  nehmen. 

Ein  ganz  erprobtes  Mittel,  den  richtigen  Gang  der  Hausauf- 
gaben zu  regeln,  besteht  endlich  darin,  daß  der  Lehrer  sich  Tag 
für  Tag  überzeugt,  was  er  seinen  Schülern  zugemutet  hat, 
und  wie  sie  seinen  Weisungen  nachgekommen  sind.  Tut  der 
Lehrer  das  nicht,  so  ist  sowohl  der  erzieherische  Zweck  als  auch 
der  didaktische  Nutzen  der  Hausaufgaben  in  Frage  gestellt.  Der 
Schüler  muß  sich  bei  ihrer  Ausarbeitung  bewußt  sein,  daß  das 
prüfende  Auge  des  Lehrers  über  alles  kommen  wird,  was  er  tut, 
und  daß  auch  seine  häuslichen  Leistungen  einer  zwar  wohlwollen- 
den aber  ernsten  Beurteilung,  unter  Umständen  einer  scharfen  Rüge 
ausgesetzt  sein  werden.  Wenn  er  weiß,  daß  sein  Lehrer  zwar  der 
Form  halber  Aufgaben  gibt,  ihre  Ausarbeitung  aber  nicht  kontrol- 
liert^ so  nimmt  er  sie  auch  nicht  ernst,  und  was  dabei  heraus- 
kommt hat  keinen  Wert*  Sorgt  der  Lehrer  aber  durch  genügende 
Durchsicht  der  Hefte  dafür,  daß  auch  von  dem,  was  zu  Hause  ge- 
schieht^ stets  Rechenschaft  abgelegt  werden  muß,  überzeugt  er  sich 
davon,  ob  die  Schüler  ohne  fremde  Hilfe  gearbeitet,  und  ob  ei  das 
beim  Unterricht  Dargebotene  richtig  erfaßt,  durchdrungen  und  sich 
angeeignet  hat,  so  wird  er  bald  auch  in  seiner  sonstigen  Schul- 
arbeit fühlen,  welche  Unterstützung  ihm  die  Hausaufgaben  in  der 
Ausbildung  und  Förderung  der  Jugend  gewähren. 

Damit  bin  ich  mit  meinen  Ausführungen  zu  Ende;  Sie  werden 
ihnen  angemerkt  haben,  daß  sie  nicht  aus  den  theoretischen  An- 
schauongen  der  in  unserer  Zeit  ziemlich  üppig  aufschießenden 
Hausaufgaben-Literatur  stammen,  sondern  aus  den  jahrzehntelangen 
Erfahrungen  im  praktischen  Schuldienst,  und  nur  aus  diesen! 
Alles  andere  habe  ich  beiseite  gelassen,  auch  solche  Fragen,  die 
mit  den  Hausaufgaben  in  näherer  oder  entfernter  Beziehung  stehen. 


322  Mayer, 

wie  Privat-  nnd  Naclihilfestanden,  Schalarbeitsstunden,  die  an 
manchen  Unterrichtsanstalten  einen  so  breiten  Raum  einnehmen, 
Yersetzangsprüfungen  usw.  Sie  haben  aus  dem  Gesagten  yielleicht 
entnommen^  daß  nach  meiner  Auffassung  auch  bei  der  Lösung  der 
Hausaufgaben-Frage  der  Lehrer  die  Hauptperson  ist.  Seine  Treue 
und  Gewissenhaftigkeit,  seine  Liebe  zur  Jugend,  die  Lebendigkeit, 
Frische  und  Anschaulichkeit  seines  Unterrichts,  seine  ganze  Per- 
sönlichkeit sind  die  Momente,  von  denen  der  Stand  dieser  Frage 
in  einer  Klasse  abhängt. 

Sie  wird  jedoch  auch  von  anderen,  außerhalb  der  Persönlich- 
keit des  Lehrers  liegenden  Faktoren  beeinflußt,  die  nicht  tibersehen 
werden  dürfen.  Ich  habe  schon  in  meiner  Einleitung  auf  einige 
solcher  Faktoren  allgemeiner  Art  hingewiesen,  wie  die  außerordent- 
liche Zunahme  der  Schüler  der  höheren  Schulen,  die  Umgestaltung 
der  Lehrpläne  im  Sinn  einer  größeren  Anpassung  an  die  Anforde- 
rungen der  wirtschaftlichen  Entwicklung  unserer  Zeit,  die  Ände- 
rungen in  den  Prüfungsordnungen  fUr  die  Lehrer,  der  sich  voll- 
ziehende Übergang  vom  Klassen-  zum  Fachlehrersystem  usw.  Ich 
möchte  in  meinem  Schlußwort  noch  auf  einiges  hinweisen,  was 
ebenfalls  in  Beziehung  zu  der  ganzen  Angelegenheit  steht.  Bei 
der  Einführung  der  mitteleuropäischen  Einheitszeit  wurde  für  die 
drei  Wintermonate  vom  15.  November  bis  15.  Februar  die  tägliche 
Schulzeit  um  eine  halbe  Stunde  gekürzt.  Unterrichtsstofl'  und  Lehr- 
ziel blieben  aber  dieselben,  und  die  Lehrer  haben  ihr  Möglichstes 
getan,  um  den  Ausfall  durch  intensiveren  Unterrichtsbetrieb  zu  er- 
setzen. Vor  wenigen  Tagen  hat  der  Vizepräsident  unserer  Abge- 
ordnetenkammer bei  der  Beratung  des.  Kultetats  den  Wunsch  ge- 
äußert, die  Zeit  des  späteren  Schulanfangs  möchte  schon  am 
1.  November  beginnen  und  erst  am  1.  März  schließen,  und  es 
scheint  alle  Aussicht  vorhanden  zu  sein,  daß  dieser  Wunsch  in 
Erfüllung  geht.  Uns  Lehrern  steht  es  natürlich  nicht  zu,  einen 
Einwand  zu  erheben;  aber  eine  einfache  Rechnung  zeigt  uns,  daß 
wir  auf  diese  Weise  in  den  vier  wichtigsten  Arbeitsmonaten  des 
Jahres:  November,  Dezember,  Januar  und  Februar,  jede  Woche 
von  der  kostbarsten  Lernzeit  drei  Stunden,  also  durchschnittlich 
volle  10%  der  Unterrichtszeit  gegenüber  von  früher  verlieren, 
während  unsere  Lehraufgabe  dieselbe  geblieben  ist.  —  Die  Neu- 
gestaltung des  Lehrplans  von  1903  brachte  ebenfalls  in  verschie- 
denen Fächern  eine  Verminderung  der  Unterrichtszeit,  nicht  aber 
eine  solche  des  Unterrichtsstoffs  und  -ziels;  vielmehr  soll  das  seit- 


Die  Hansaufgaben  an  der  Realschule.  323 

herige  Lehrziel  auch  in  der  verkürzten  Zeit  erreicht  werden.  — 
Seit  dem  Herbst  1903  wird  an  der  Unterklasse  kein  Französisch 
mehr  gegeben.  Im  ganzen  bleibt  aber  selbstverständlich  das  Lehr- 
ziel im  Französischen  dasselbe,  und  zwar  so,  daß  schon  vor 
der  IV.  Klasse,  in  der  Englisch  und  Geometrie  einsetzt,  die  Schüler 
ungefähr  ebensoweit  sind  wie  vorher;  sie  müssen  also  in  drei 
Kla&sen  leisten,  was  früher  in  vier.  —  Im  laufenden  Sommer  soll 
an  den  größeren  Schulen  des  Landes  ein  Versuch  mit  Spielnach- 
mittagen gemacht  werden:  einzelne  Klassen  oder  Klassengruppen 
versammeln  sich  unter  der  Leitung  des  Turnlehrers  auf  dem  Spiel- 
platz zu  Turnspielen;  der  Besuch  dieser  Spiele  ist  für  alle  Schüler 
verbindlich;  sie  sollen  im  ganzen  zwei  Stunden  dauern,  wobei  der 
Gang  zu  und  von  dem  Spielplatz  nicht  gerechnet  werden  darf. 
Die  Schüler  bekommen  über  den  freien  Nachmittag,  den  sie  dem 
Spiel  widmen,  keine  Hausaufgaben;  die  den  Hausaufgaben  zuge- 
wiesene Zeit  vermindert  sich  also  dadurch  um  etwa  V5  ihrer 
wöchentlichen  Dauer!  Wir  sehen  aus  alledem,  wieviel  nur  in  den 
letzten  10  bis  15  Jahren  von  der  Unterrichtszeit  der  höheren  Schulen 
nach  und  nach  abgebröckelt  ist.  Heutzutage  scheint  dies  ja  auch 
in  der  Lehrerwelt  nicht  sehr  schwer  genommen  zu  werden;  wurde 
ja  doch  allen  Ernstes  der  Vorschlag  gemacht,  jede  Unterrichts- 
stunde auf  V«  ihrer  Dauer  zu  beschränken^  um  alle  wissenschaft- 
lichen Fächer  auf  den  Vormittag  verlegen  und  den  Nachmittag 
ganz  der  körperlichen  Ausbildung  und  der  Pflege  der  Gesundheit 
widmen  zu  können.  Ob  dies  überhaupt  möglich  ist,  könnten  nur 
zahlreiche  Versuche  entscheiden.  Ehe  solche  angestellt  sind,  wird 
einem  ernsthaften  Schulmann  der  Zweifel  nicht  verwehrt  werden 
können,  ob  bei  dieser  Abbröckelung  nicht  die  Übung  des  Ge- 
lernten, die  doch  für  die  Arbeit  der  Schule  von  elementarster 
Wichtigkeit  ist,  zu  kurz  kommt.  Nicht  alle  Lehrer  sind  der  An- 
sicht, daß  man  z.  B.  bei  3  stündigem  Unterricht  in  der  Geometrie 
dieselbe  Sicherheit  in  den  Unterrichtserfolgen  erzielt  wie  bei  4  stün- 
digem. So  sehr  wir  uns  daher  auch  mit  unserer  Jugend  Über  jede 
ihr  gewährte  Erleichterung  freuen,  so  können  wir  doch  die  Frage 
nicht  abweisen,  ob  es  möglich  ist,  in  einer  erheblich  verisürzten 
Unterrichtszeit  denselben  Stoff  zu  bewältigen  wie  früher,  und  ob 
nicht  der  Versuch,  es  zu  tun,  zu  einer  verhängnisvollen  Überbür- 
dung der  Lehrer  führen  müsse,  deren  Anzeichen  sich  leider  schon 
jetzt  bemerkbar  machen. 

Einer  Zeitungsnachricht  zufolge  haben  wir  in  nicht  allzu  langer 


324  Mayer,  Die  Hausaufgaben  an  der  Realschule. 

Zeit  eine  Yollständig  neue  Begelang  der  Unterrichtszeit  einschließ- 
lich der  Hausaufgaben  zu  gewärtigen.  Eine  befriedigende  Lösung 
alier  damit  zusammenhängenden  Fragen  wird  aber  erst  dann  ge- 
funden sein,  wenn  nicht  nur  der  Umfang  der  Zeit  fUr  Unter- 
richt und  Hausaufgaben  neu  geordnet;  sondern  auch  der 
Umfang  des  in  dieser  Zeit  zu  bewältigenden  Lehrstoffes  in  der 
richtigen  Weise  bestimmt,  wenn  alles  Unnötige  und  Entbehrliche 
ausgeschieden,  jeder  Auswuchs  mit  allem,  was  wohl  der  Hochschule 
nicht  aber  der  Mittelschule  gemäß  ist,  abgeschnitten,  das  Wesent- 
liche aber  in  einen  methodischen,  anregenden  und  belebenden  Zu- 
sammenhang untereinander  gebracht  ist. 

Der  Besprechung  waren  6  Leitsätze  unterbreitet,  die  mit 
unwesentlicher  Änderung  in  folgender  Form  einstimmig  angenommen 
wurden. 

1.  Die  Klagen  über  die  Oberbürdung  der  Scbtller  der  höheren 
Unterrichtsanstalten  durch  Hausaufgaben  hängen  mit  der  neueren 
Entwicklung  des  höheren  Unterrichtswesens  aufs  engste  zusammen 
und  verdienen  auch  seitens  der  Realschule  aUe  Beachtung,  wenn  auch 
eine  wirkliche  Uberbttrdung  nicht  zugegeben  werden  kann. 

2.  Die  Hausaufgaben  müssen  grundsätzlich  beibehalten  werden, 
weil  sie  ein  Mittel  sind: 

a)  die  Schüler  zur  Befestigung  des  in  der  Schule  Gelernten 
anzuhalten ; 

b)  sie  an  Ordnung  und  Sauberkeit  in  der  schriftlichen  Dar- 
stellung zu  gewöhnen; 

c)  sie  zu  zweckmäßiger  Verwendung  ihrer  freien  Zeit  anzuleiten; 

d)  sie  nach  und  nach  zu  selbständiger  geistiger  Arbeit  zu  e^ 
ziehen. 

3.  Damit  die  Hansaufgaben  ihrem  Zweck  in  der  richtigen  Weise 
dienen,  dürfen  sie  im  Schulbetrieb  aus  der  ihnen  zukommenden, 
untergeordneten  Rolle  nicht  heraustreten.    Dazu  gehört: 

a)  sie  dürfen  nie  als  Ersatz  dessen  angesehen  werden,  was  der 
Unterricht  zu  leisten  hat; 

b)  der  Lehrer  hat  durch  sorgfältige  Ausnutzung  der  Zeit,  durch 
gründliche  Vorbereitung  und  durch  eine  klare  Methode  dafür 
zu  sorgen,  daß  die  Hauptarbeit  der  Schüler  in  die  Unterrichts- 
zeit fällt,  und  daß  auch  die  Hausaufgaben  mittelbar  oder 
unmittelbar  vorbereitet  werden; 

c)  die  Hausaufgaben  dürfen  auch  vor  den  schriftlichen  Prüfungen 
keine   besondere  Steigerung  erfahren;  der  Lehrer  hat  daher 


Hirzel,  ArchäologiBcher  Kurans  in  Italien.  326 

darauf  zn  verziehten,  die  Schüler  vor  diesen  Prttfangen  zn 
übermäßigen  Wiederholangsarbeiten  zu  nötigen. 

4.  Die  Ausnutzung  der  unterrichtsfreien  Zeit  zu  gesundheit- 
lichen Zwecken  darf  durch  die  Hausaufgaben  nicht  unmöglich  ge- 
macht und  ein  bestimmtes  Höchtmaß  derselben  daher  nicht  über- 
schritten werden.  Dieses  Höchstmaß  ist  so  zu  berechnen,  daß  die 
Zeit  für  Unterricht  und  Hausaufgaben  zusammen  an  den  Unter- 
klassen nicht  über  5 — 6^  an  den  Mittelklassen  nicht  über  6 — 7  und 
an  den  Oberklassen  nicht  über  7 — 8  Stunden  täglich  beträgt. 

5.  In  bezug  auf  die  Anforderungen ,  welche  die  einzelnen 
Fächer  an  den  Fleiß  der  Schüler  zu  stellen  berechtigt  sind,  gilt 
Tor  allem  der  Grundsatz,  daß  die  Fächer,  die  ein  Durcharbeiten 
und  Durchdringen  des  Gelernten  durch  die  Schüler  beanspruchen, 
bei  den  Hausaufgaben  in  erster  Linie  berücksichtigt  werden  müssen. 
Daher  soll: 

a)  das  Zeichnen  und  Schreiben  als  solches  nie  Gegenstand  der 
Hausaufgaben  sein; 

b)  in  Geschichte,  Geographie  und  den  Naturwissenschaften  keine 
schriftliche  Hausaufgabe  gegeben,  und 

c)  die  den  Hausaufgaben  zugewiesene  Zeit  zwischen  den  beiden 
*  Hauptgebieten  der  Realschule,    dem   sprachlichen   und   dem 

mathematischen,  in  annähernd  gleicher  Weise  verteilt  werden. 

6.  Um  die  richtige  Behandlung  der  Hausaufgaben  vor  Zufällig- 
keiten zu  schützen,  ist  nötig,  daß 

a)  in  jeder  Klasse  zu  Beginn  jedes  Halbjahrs  durch  gegenseitige 
Verständigung  der  Lehrer  ein  Schema  angefertigt  wird,  nach 
dem  die  Hansaufgaben  Tag  für  Tag  gegeben  werden; 

b)  der  Klassenlehrer  dieses  Schema  durch  jeweilige  Erforschung 
der  Zeit,  die  die  Schüler  tatsächlich  auf  die  Hausaufgaben 
verwenden,  richtig  stellt; 

c)  jeder  Lehrer  sich  von  der  richtigen  Erledigung  der  von  ihm 
aufgegebenen  Qausarbeiten  überzeugt. 


Arofiäologischer  Kursus  in  Italien. 

Der  Herr  Generalsekretär  des  Kaiserlichen  archäologischen 
Instituts  läßt  mir  wiederum,  auf  amtlichem  Wege,  in  der  Absicht 
ihr  eine  Verbreitung  in  weiteren  Kreisen  zu  geben,  die  Mitteilung 
zukommen,  daß  „der  diesjährige  Kursus  des  Instituts  zur  Anschau- 


326  Amtliche  Bekanntmachangon. 

ung  antiker  Kunst  in  Italien  ansfällt^^;  auch  diesesmal  mit  dem 
wichtigen  Beisätze,  daß  „das  immer  noch  nicht  von  einer  Entschei- 
dung über  diese  Kurse  überhaupt  herrühre,  sondern  nur  dadurch 
veranlaßt  sei,  daß  der  neueingetretene  erste  Herr  Sekretär  nicht 
gleich  zu  Anfang  sich  der  Sache  widmen  konnte^^ 

Ulm.  Hirzel. 


Amtliche  Bekanntmachungen. 

Schullehrer  Otto  Wilking  in  Kaiserslautem  hat  unter  der 
Bezeichnung  ,,Gerad ehalter ^^  einen  einfachen  Apparat  (ges.  gesch.) 
konstruiert,  der  dazu  bestimmt  ist,  bei  Schülern  das  gesundheitschäd- 
liche Vorbeugen  beim  Schreiben  und  Lesen  zu  verhindern.  Der 
Apparat  ist  in  drei  verschiedenen  Größen  (nach  der  Körpergröße  des 
Schülers)  und  für  1  oder  2  Schüler  eingerichtet  zu  haben ;  er  ist  an 
jedem  Tisch  und  jeder  Schulbaunk  bequem  zu  befestigen  und  wieder 
wegzunehmen.  Der  Preis  beträgt  1.50  Mk.  bezw.  2  Mk.  Zur  Probe- 
zusendung  ist  der  Erfinder  gerne  bereit. 

Da  der  Apparat  für  den  erwähnten,  hygienisch  wichtigen  Zweck 
als  nicht  ungeeignet  erscheint,  werden  die  Schulvorstände  und  Lehrer 
hiermit  darauf  aufmerksam  gemacht. 

Stuttgart,  den  5.  August  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

Abieiter. 


Von  der  Gesellschaft  für  deutsche  Erziehungs-  und 
Schulgeschichte  hat  sich  neuerdings  die  Gruppe  Württem- 
berg neu  konstituiert,  und  beabsichtigt,  im  Jahr  1906  ein  zweites 
„Württemberger  Heft"  herauszugeben. 

Aus  diesem  Anlaß  wird  den  der  Ministerialabteilung  unterstellten 
Lehranstalten  und  Lehrern,  von  welchen  bisher  nur  eine  verhältnis- 
mäßig kleine  Zahl  der  Gesellschaft  beigetreten  ist,  im  Hinblick 
sowohl  auf  die  allgemeinen  Ziele  der  Gesellschaft,  als  auf  den  Wert 
der  von  ihr  veranstalteten  Veröffentlichungen  empfohlen,  die  Mitglied- 
schaft der  Gesellschaft  zu  erwerben.  Der  Jahresbeitrag  beträgt 
5  Mk.,  wogegen  die  von  der  Gesollschaft  herausgegebenen  „Mittei- 
lungen" und  „Beihefte"  den  Mitgliedern  unentgeltlich  und  portofrei 
zugehen. 


Amtliche  BekanntmachuDgen.  327 

AnmeldaDgen  zum  Beitritt  sind  an  den  ersten  Vorsitzenden  der 
Grnppe  Württemberg  Oberschulrat  Dr.Brttgel  in  Eßlingen,  die  Jahres- 
beiträge an  den  Kassier  MittelschuUehrer  S  e  y  1 1  e  r  in  Stuttgart,  Falben- 
hennenstrasse  4  zu  richten. 

Stuttgart,  den  22.  August  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schalen. 

I.  V.:  Hauber. 


Seit  Anfang  1904  hat  sicli  in  Paris  (15  u.  17  rue  Auber, 
Paris  IXe,  Telephon  291 — 85)  unter  dem  Vorsitz  des  Herrn  Louis 
Foubert,  ehemaligen  Zöglings  der  höheren  Handelsschule  daselbst, 
ein  ^Deutscher  Konversationsklub^^  gebildet.  Derselbe  soll  zunächst 
Franzosen,  die  sich  fUr  die  deutsche  Sprache  interessieren,  ins- 
besondere solchen,  die  sich  durch  einen  Aufenthalt  in  Deutschland 
mit  unserer  Sprache  bekannt  gemacht  haben,  die  Möglichkeit  ge- 
währen, ihre  Kenntnisse  sich  zu  erhalten  und  sie  zu  vervollkommnen. 
Der  Klub  besitzt  einen  Lesesaal,  der  den  ganzen  Tag  und  auch 
abends  geöffnet  ist;  daselbst  sind  deutsche  und  französische  Zeitungen, 
Zeitschriften  und  Bücher  aufgelegt;  jede  Woche  einmal  findet  eine 
Zusammenkunft  mit  Vortrag  und  mit  Erörterung  in  deutscher  Sprache 
statt  Der  Klub  unterhält  Beziehungen  zu  ähnlichen  Vereinigungen 
ia  Deutschland,  unter  anderem  zu  dem  Zweck,  an  dieselben  die- 
jenigen seiner  Mitglieder,  die  einen  Aufenthalt  in  Deutschland  zu 
nehmen  wünschen,  zur  Beratung  und  Förderung  ihrer  Studien  ver- 
weisen zu  können.  Daftlr  ist  der  Klub  bereit,  Deutschen,  die  sich 
behufs  sprachlicher  Ausbildung  in  Paris  aufhalten  und  die  ihm 
empfohlen  sind,  als  Klubmitglieder  zuzulassen,  ihnen  mit  Hat  an 
die  Hand  zu  gehen  und  Auskunft  zu  erteilen,  desgleichen  ihnen 
Gelegenheit  zu  Übungen  in  französischer  Konversation  und  zu  Vor- 
trägen in  französischer  Sprache  zu  verschaffen  und  ihnen  in  jeder 
Hinsicht,  z.  B.  auch  durch  Angabe  guter  Familienpensionen  den 
Aufenthalt  in  Paris  zu  erleichtern  und  angenehm  zu  machen. 

Auf  diese  bedeutsame  und  dankenswerte  Veranstaltung  werden 
die  Lehrer  der  höheren  Schulen,  insbesondere  diejenigen,  welche 
in  Paris  einen  der  Ausbildung  in  der  französischen  Sprache  gewid- 
meten Aufenthalt  nehmen  wollen,  mit  dem  Bemerken  aufmerksam 
gemacht;  daß  sich  in  letzterem  Fall  der  Beitritt  zum  Klub  behufs 
möglichst  fruchtbarer  Ausnützung  eines  Pariser  Studienaufenthalts 
empfehlen   durfte  und   daß  zu  wünschen  wäre,  wenn  den  Bestre- 


338       Amtliche  Bekanntmachungen.  —  Literarischer  Bericht. 

bimgen  des  Klubs,  der  mit  seinen  Einrichtongen  anch  erreichen  will, 
daß  auf  dem  neutralen  Gebiet  der  Kunst  und  Wissenschaft  Deutsche 
und  Franzosen  sich  zum  gemeinsamen  Wohl  beidw  Länder  besser 
kennen  lernen^  auch  von  selten  der  Lehrer  aA  den  höheren  Schulen 
Württembergs  möglichste  Förderung  zuteil  würde. 

Im  Anschluß  wird  noch  ein  Auszug  ans  den  Klnbsatzungen 
mitgeteilt: 

„Extraits  des  Statuts: 

Article  Premier.  —  L' Association  dite  „Deutscher  Conver- 
sationsdub"  a  pour  but  de  grouper  les  personnes  s'intöressant  k 
la  langue  allemande;  eile  favorise  6galement  Tötude  des  arts  et  de 
la  litt^rature  allemande. 

Art.  m.  —  Elle  se  compose:  1^  de  membres  actifs;  2^  de 
membres  correspondants ;  3®  de  membres  honoraires. 

Art.  V.  —  Pour  etre  membre  actif,  il  faut:  V  Stre  francais; 
2^  etre  agr6ö  par  le  Gomit6;  3^  payer  une  cotisation  annuelle  de 
20  francs. 

Art.  VI.  —  Pour  etre  membre  correspondant^  il  faut:  1^  habiter 
la  province  on  si  P  on  habite  Paris,  6tre  ^tranger;  2^  payer  une 
cotisation  annuelle  de  10  francs. 

Art.  VII.  —  Poür  6tre  membre  honoraire,  il  faut:  1^  §tre 
agr66  par  le  Comit^;  2^  faire  un  don  annuel  d*au  moins  30frane8. 

Art.  Xm.  —  Le  Club  organlse  des  soiröes,  des  Conferences, 
et  fonrnit  ä  ses  adh^rents  des  journaux,  revues  et  livres  allemands. 

Art.  XV.  —  Tonte  question  politique  ou  religieuse  est  exclue 
de  la  conversation.^ 

Stuttgart,  den  22.  August  1905. 

K.  Ministerialabteilung  Tür  die  höheren  Schnlen. 

L  V.:  Weigle. 


literariaoher  Bericht 

Monumenta  Germaniae  Paedagogica«  Im  Auftrag  der  Gesell- 
schaft für  deutsche  Erziehungs-  und  Schulgeschichte  heraus- 
gegeben von  Karl  Kehrbach.  Band  XXXL  Pestalozzi- 
Bibliographie.  Von  August  Israel,  K.  Sachs.  Ober- 
schulrat. 3.  Band:  Schriften  und  Aufsätze  über 
Pestalozzi.  L VIH u. 639 S.  Berlin; A. Hofmann u. Co.  1905. 


Literarischer  ßericbt.  329 

Der  8.  (SchluB')Band  der  vorliegenden  Bibliographie  ist  wieder 
ein  reifes  Erzeugnis  deutschen  Gelehrtcnfleißes,  worin  der  Verfasser, 
Oberschulrat  Israel,  alle  über  Pestalozzi  handelnden  Schriften  und  Auf- 
sätze, also  sämtliche  sekundären  Quellen  Über  sein  Leben  und  Wirken, 
im  ganzen  gegen  1600  Einzelpublikationen,  zusammengetragen  und  viel- 
fach kurz  charakterisiert  hat.  Denn  neben  diejenigen  Abhandlungen, 
die  in  ihrer  vollen  Ausdehnung  sich  mit  dem  großen  Schweizer  und 
seinen  Ideen  beschäftigen  und  seinen  Namen  meist  auch  in  ihrem  Titel 
führen,  treten  hier  aus  gi'Oßeren  Werken,  Bepertorien  und  geschicht- 
lichen Darstellungen  der  Pädagogik  alle  irgendwie  hierhergehörigen 
Teile  und  Kapitelausschnitte,  um  den  Rahmen  des  Ganzen  möglichst 
lückenlos  zn  schließen.  Die  Anordnung  des  gewaltigen  Materials  ist 
innerhalb  der  sachlichen  Hauptrubriken  rein  chronologisch  nach  dem 
Erscheinungsdatum.  Wie  gewichtig  Pestalozzis  Einfluss  in  der  päda- 
gogischen Welt  zugenommen,  zeigt  schon  äußerlich  der  Umfang  der 
Literatur  auf  seinen  150.  Geburtstag  im  Jahr  1896  gegenüber  dem, 
was  die  Zentenarfeier  von  1846  ins  Leben  rief.  Unter  den  württ 
Autoren  steht  Karl  Aug.  Friedr.  Zeller  (1774—1846)  obenan.  (Für  1896 
ist  sogar  eine  Notiz  des  „Wahren  Jakob'<  erwähnt).  —  Gegen  dieses 
ganze  bibliographische  Unternehmen  ist  nun  allerdings  von  anderer 
Se|te  her  das  prinzipielle  Bedenken  erhoben  worden,  ob  es  sich  denn 
lohne,  auch  die  kleinsten  Ergüsse  über  irgendeine  Lebensbeziehung 
eines  großen  Mannes  der  Nachwelt  gleichsam  zum  Aufbewahren  zu 
übergeben.  Nicht  ganz  mit  Unrecht  Wozu  frommt  es  z.  B.,  den  Ort, 
wo  die  „Verkaufsanzeige  über  Pestalozzis  Mineralienkabinett^  steht, 
oder  wo  sich  irgendwelche  über  ihn  angefertigte  Distichen  vorfinden, 
zu  verewigen?  Andrerseits  muss  eine  Bibliographie,  wenn  sie  ihrem 
Zwecke  dienen  soll,  vollständig  sein;  jede  Sichtung  bildet  hier  bei 
aller  Gewissenhaftigkeit  und  Sachkenntnis  des  Verfassers  eine  subjektive 
Entscheidung.  Das  Buch  selbst  aber  bedeutet  sicherlich  keinen  Ab* 
Bchluß  der  Pestalozziliteratur,  sondern  muntert  nur  auf  zu  weiterem 
Ausschöpfen  des  tiefen  Gedankeninhalts  des  Mannes,  der  von  sich  be- 
kannte: „Mein  einziges  Buch,  das  ich  seit  Jahren  studiert,  ist  der 
Mensch.'' 

Marbach  a.  N.  E.  Schott 


F.  Schmidt,.  Lehrbuch  der  lateinischen  Sprache  für  vor- 
gerücktere Schüler.  Wiesbaden,  0.  Nemnich,  1903. 
Voran  steht  eine  Reihe  von  Übungsstücken,  die  die  Formenlehre 
veranschaulichen;  jedes  Stück  ist  von  einer  Präparation  begleitet;  dann 
folgt  eine  systematische  Übersicht  über  die  Formenlehre ;  fünf  Anhänge 
behandeln  den  lateinischen  Versbau,  Kalender,  lateinische  Zitate, 
lateinische  Hymnen;  den  Schluß  bilden  Lesestücke,  hauptsächlich  aus 

KonefpondensblAtt  1906,  Heft  8  n.  9. 


330  Literariacher  Beriobt 

Nepos  und  Cäsar.  Auf  deutsche  Übungsstücke  ist  ganz  yerziebtet; 
Ersatz  soll  wohl  durch  Rückübersetzung  gegeben  werden;  oder  meint 
Verfasser,  auf  das  Hinüberübersetzen  ganz  verzichten  zu  können? 
sollen  etwa  lateinische  Sprechübungen  (Fragen  sind  wenigstens  in  die 
vorderen  Übungsstücke  eingefügt)  an  ihre  Stelle  treten? 

Wer  das  Büchlein  gründlich  durchgearbeitet  hat,  besitzt  eine  hin* 
reichende  Kenntnis  der  lateinischen  Formenlehre  und  einen  nicht  un- 
bedeutenden Wortvorrat.    Ob  der  eingeschlagene  Weg  der  beste  oder 
auch  nur  der  kürzeste  ist,  ist  eine  andere  Frage.    Die  Kenntnis  der 
Formenlehre  soll  offenbar  in  der  Hauptsache  durch  Induktion  gewonnen 
werden ;  ist  es  aber  dann  gut,  gleich  im  ersten  Stück  Formen  von  drei 
verschiedenen  Konjugationen  und  Deklinationen  zu  bringen?  Nur  ein 
sehr  geschickter  Lehrer  wird  auf  einer  solchen  Grundlage  wirkliche 
Ergebnisse  erzielen;   ftir  den  Selbstunterricht  scheint  mir  das  Bach, 
entgegen  der  Ansicht  des  Verfassers,  wenig  geeignet ;  Fragen  wie  „auf 
welcher  Seite  der  Insel  liegt  Palermo?";    »was  für  Hunde  ruft  man 
Pluto?*"  scheinen  mir  diesen  Zweck  nicht  wesentlich  zu  fördern.    Nicht 
recht  verständlich  sind  die  vielen  Wiederholungen ;  wenn  Verweise  auf 
das  System  der  Formenlehre  doch  unumgänglich  sind,  warum  müssen 
wir  dann  die  Regel  über  die  Präpositionen  dreimal  (S.  8,  18,  24),  die 
Regel  über  die  Städtenamen  ebenso  oft  lesen  (S.  16,  24,  96)?  Warum 
wird   der  Nom.  c.  Inf.  dreimal  unmittelbar  hintereinander  in  derselben 
Weise  erklärt  (S.  14, 19,  21).?  lucus  a  non  Incendo  steht  S.  78  und  S.  85 
u.  s.  f.   Dagegen  vermißt  man  ungern  eine  Übersicht  über  die  wichtigsten 
Eraoheinungen    der  lateinischen  Satzfügung.     Ganz   praktisch  ist  die 
Bezeichnung   des   Geschlechts    durch   vorangestelltes   hie,   haec,    hoc; 
ebenso  die  Anführung  der  Wörter  gleichen  Stammes  in  der  Präparation 
(Wörter  wie  capito,  furax   könnten  freilich  entbehrt  werden);  endlich 
die  Erinnerung  an  verwandte  Ausdrücke  modemer  Sprachen,  Fremd- 
wörter, Inschriften,    Redensarten,   wenn    auch    manchmal    die    Dinge 
an  den  Haaren  herbeigezogen  werden;    daß  bei  janua  die  Inschrift 
eines  elsäßischen  Trappistenklosters,  bei  affluere  neben  afflnent  das  nur 
nach  der  Bedeutung  entsprechende  englische  Wort  tributary  angeführt 
wird,  dient  der  Sache  nicht.    Was  hat  der  Name  des  deutschen  Volks- 
stammes Treviri  mit  vir  zu  tun  (S.  29)?     Auch  sonst  sind  Versehen 
zu  bemerken.  S.  77  wird  favete  linguis  erklärt  seid  den  (!)  Zungen  günstig. 
S.  2  steht   luclfer,   luclfera.     S.  69  wird   favilla  mit  Staab   übersetzt 
(ric^btig  steht  S.  71  Asche).    Neu  ist  mir  die  Übersetzung  von  naturam 
expellas  furca  mit  „die  Natur  mit  dem  Pranger  austreiben^  (S.  62). 
Die  Bezeichnung  Pentameter  gehört  auch  zu  S.  63,  18  (wie  zu  S.  64, 
25).    Die  Posaune  verbreitet  nicht   einen  Ton,   sondern  einen  SchaU 
(S.  69). 

Stuttgart.  J.  Miller. 


LiterariBcher  Bericht  331 

C.  Bar  dt,  Zur  Technik  des  Übersetzens  lateinischer  Prosa. 

67  Seiten.  Geb.  60  Pf.  Leipzig  und  Berlin,  B.  G.  Teubner,  1904. 
Es  ist  sehr  erfreulich,  daß  dieses  kleine  Buch  aus  dem  etwas  ver- 
steckten Platz,  an  dem  es  ursprünglich  untergebracht  war  —  als  Hilfs- 
heft   zu    des   Verfassers   Kommentar    der   „ausgewählten   Briefe    aus 
ciceronischer  Zeit^  —  hervorgezogen  und  durch  die  neue  (Titel-)Ausgabe 
in  helleres  Licht  gestellt  worden  ist;   denn  es  gehört  zu  dem  Besten 
und  Wertvollsten,  was  über  die  Technik  des  Übersetzens  geschrieben 
worden  ist     Wenn  ein  Mann  von  so  viel  Geist  und  Geschmack  wie 
C.  Bardt   das  Wort  ergreift,   so  ist  man  von  vornherein  überzeugt, 
daß  er  etwas  zu  sagen  hat  und  auch  wo  er  schon  Bekanntes  sagt  — 
und  das  ist  hier  der  Natur  der  Sache  nach  häufig  der  Fall  —  es  in 
eine  anziehende  Beleuchtung  zu  rücken  weiß.    Wie  der  Titel  besagt, 
unterscheidet  sich  die  Schrift  von  dem  bekannten  anregenden  Buch 
P.  Cauers  über  die  „Kunst  des  Übersetzens*'  schon  durch  die  Begrenzung 
der  Aufgabe  auf  lateinische  Prosa,  während  Cauer  Griechisch  und  Latein, 
Prosa  und  Poesie  (mit  besonderer  Vorliebe  Homer)  in  den  Kreis  seiner 
Betrachtung  zieht.    Aber  auch  die  Art  der  Behandlung  ist  eine  andere ; 
die  Hauptgesichtspunkte,  die  für  die  Übersetzung  aus  lateinischer  Prosa 
ins  Deutsche  in  Betracht  kommen,  sind  in  der  vorliegenden  Schrift  in 
mehr  systematischer  Weise  geordnet  und  zusammenhängend  dargestellt; 
es  ist  eine  wirkliche  Anleitung  zum  Übersetzen,  die  auch  für  Schüler 
bestimmt  und  recht  wohl  geeignet  ist.  Dabei  ist  niemand  weiter  als  der 
Verfasser  von  der  Meinung  entfernt,  als  ob  die  Kunst  des  Übersetzens 
in  ihrem  höchsten  und  feinsten  Sinn  gelehrt  werden  könne;  nur  die 
mehr  handwerkliche  Seite  dieser  Tätigkeit  will  er  darstellen.    Übrigens 
sollen  seine  Bemerkungen  auch  in  den  Dienst  des  Übersetzens  aus  dem 
Deutschen  ins  Lateinische  treten;  und  in  der  Tat  wird  die  lateinische 
„Komposition"  nur  dann  „eine  der  Prima  (und,  darf  man  hinzufügen, 
in  beschränkterem  Sinn  auch  der  Sekunda)  würdige  Geist esgymnastik** 
sein,  wenn  sie,  wie  es  glücklicherweise  bei  uns  zu  Land  bis  jetzt  der 
Fall  ist,  nicht  bloß  Repetition  der  Grammatik  sein  soll,  sondern  in 
Umgestaltung  des  Ausdrucks  und  Satzbaus  anregende  Aufgaben  stellt. 
Die  Beispiele,  die  für  die  allgemeineren  Gesichtspunkte  der  Übersetzungs- 
praxis (von  „Regeln''  wird  man  ja  hesser  nicht  reden)  gegeben  werden, 
sind  sämtlich,  der  ursprünglichen  Bestimmung  der  Schrift  entsprechend, 
den  Briefen  Ciceros  und  seiner  Bekannten  entnommen;  das  ist  ein  ge- 
wisser Nachteil,  sofern  die  den  Briefen  eigentümliche  Periodenform, 
wie  der  Verfasser  selbst  ausführt,  eine  andere  ist,  als  die  historische 
und  die  oratorische  Periode;  doch  finden  sich  ja  immerhin  auch  in 
Briefen   Satzbildungen,    die    sich   der    historischen   oder   oratorischen 
Periode  nähern.    Mit  Beifügung  des  lateinischen  Textes  werden  zahl- 
reiche Übersetzungen  kleinerer  Abschnitte  gegeben ;  sie  sind  meisterhaft 
und  für  Liebhaber  stilistischer  Dinge  eine  Quelle  genußreicher  Anregung, 


332  Literarisclier  Berieht 

freilieh  wohl  auch  der  BeschämuDg  über  die  eigenen  Leistungen.  Im 
übrigen  muß  auf  die  Lektüre  der  Schrift  selbst  verwiesen  werden;  nur 
einige  Oberschriften  seien  verzeichnet:  Lateinische  Satzbildung;  Deutsche 
Satzbildung ;  Behandlung  lateinischer  Infinitivkonstruktionen  („leider  gilt 
immer  noch  die  Wiedergabe  durch  den  Deß-Satz  als  die  eigentlich 
normale");  Beseitigung  von  Nebensätzen  (in  guter  deutscher  Prosa 
findet  sich  äußerst  selten  ein  Konsekutivsatz,  fast  gar  keine  Finalsätze); 
Begriffspaare;  Bildersprache  (besonders  anregendes  Kapitel);  andeutende 
Rede;  prosaischer  Charakter  der  lateinischen  Sprache;  Vertauschung 
der  Ausdrucksmittel  (umfangreichster  Abschnitt).  Ein  Sachregister  und 
ein  Register  der  besprochenen  lateinischen  Wörter  sind  angefügt. 

Wenn  die  Schrift  die  „Technik  des  Obersetzens  lateinischer  Prosa** 
darstellt,  so  ist  damit  nicht  ausgeschlossen,  daß  sie  gelegentlich  auch 
dem  Obersetzen  lateinischer  Poesie,  wenigstens  wenn  sie  sermoni  pro- 
pior  ist,  Dienste  leistet.  S.  34  wird  die  hübsche  Bemerkung  gemacht, 
daß  im  Lateinischen  oft  „die  Gebärde,  die  begleitende  Bewegung,  die 
nach  außen  sichtbare  Aktion  genannt  wird,  wo  der  entsprechende 
seelische  Vorgang,  die  Wendung  des  Gesprächs,  der  Akt  der  Höflich- 
keit gemeint  ist*';  das  führt  auch  für  Horaz  Sat.  1,  9,  59  occnrram  in 
triviis  auf  die  Übersetzung  „begrüßen^.  Ähnlich  gilt  für  Horaz  Sat 
1,  4,  125  die  Bemerkung  S.  27,  daß  „der  Lateiner  in  hundert  Fällen 
einen  Brand,  eine  Feuersbrunst,  ein  Entflammen  sieht,  wo  wir  bei 
wörtlicher  Wiedergabe  nur  den  Eindruck  haben,  daß  ungeschickt  aus 
dem  Lateinischen  übersetzt  wird**  usw. 

Die  Schrift  zeigt  in  ihrem  Teil  aufs  neue  in  glänzender  Weise 
„das  Lateinische  in  seinem  Recht  als  wissenschaftliches  Bildungsmittel^ 
—  nicht  zum  wenigsten  dadurch,  daß  sie  lehrt,  wie  es  bei  einem  wirklichen 
Obersetzen  aus  dem  Lateinischen  ins  Deutsche  (und  umgekehrt)  mit 
einem  mehr  oder  weniger  mechanischen  Betiieb  nicht  getan  ist.  Kein 
Lehrer  des  Lateinischen  an  höheren  Klassen  sollte  an  diesem  libellns 
aureus  vorbeigehen;  aber  auch  strebsame  Schüler  werden  reichen  Ge- 
winn daraus  schöpfen. 

Tübingen.  P.  Euapp. 

0.  Drenkhaho;  Gymnasialdirektor,  Giceros  Bede  ftir  Sextius. 
Für  Schüler  erklärt.    Text  71  Seiten,  Erläuterungen  71  Seiten. 
Berlin,  Weidmann,  1904. 
Der  Text  ist  der  von  G.  F.  W.  Müller.    Die  Anmerkungen  mit  vor- 
ausgeschickter Einleitung  sind  in  einem  besonderen  Heftchen  gedruckt, 
das  ins  Buch  hineingelegt  werden  kann.    Sie  geben  außer  grammatischen 
und  sachlichen  Erläuterungen  sehr  viele  Erleichterungen  fürs  Obersetzen 
nach  Art  der  Schülerpräparationen. 

Schöntal.  W.  Nestle. 


Literarischer  Bericht.  333 

FügneTfF,,  Cftsarsätze  zur  Einfibimg  der  lateinischen  Syntax 
in  Tertia.  3.  Auflage.  IV  und  58  Seiten.  1  Mk.  Berün, 
Weidmann,  1904. 
Vor  19  Jahren  habe  ich  in  dieser  Zeitschrift  Über  die  erste  Auflage 
berichtet,  die  zweite  kenne  ich  nicht,  die  dritte  ist  nach  allen  Seiten 
hin  wesentlich  erweitert  (die  erste  Auflage  zählte  89  Seiten),  Anstände, 
die  ich  damals  erhoben  habe,  sind  teilweise  beseitigt  und  das  Buch 
überhaupt  wesentlich  verbessert.  Daß  manches  fehlt,  wird  sich  wohl 
aus  dem  Anschluß  an  die  mir  nicht  zur  Verfügung  stehende  Bearbeitung 
der  EUendtschen  Schnlgrammatik  durch  Fries  erklären.  Die  Zitate 
sind  sorgfältig,  im  Anschluß  an  Fttgners  Onsärausgabe,  die  allerdings 
vom  Meuselschen  Texte  abweicht,  ohne  daß  das  für  den  eigentlichen 
Zweck  des  Buches  in  Betracht  käme.  Die  Zitate  stimmen  ebenfalls 
nicht  immer  in  der  Paragraphenzahl  mit  den  übrigen  Ausgaben.  Druck- 
fehler ist  mir  einer  aufgestoßen :  V.  4,87  passnum.  Für  den  Lehrer  ist 
das  Buch  jedenfalls  ein  brauchbares  Hilfsmittel,  da  sich  die  Sammlung 
entsprechend  den  Anforderungen  in  lateinischer  Komposition  leicht  noch 
erweitem  läßt. 

Schmidt,  J.,  Schülerkommentar  zu  Cäsars  gallischem  Krieg, 

4.  Auflage.  172  Seiten.  1.50  Mk.  Leipzig,  Freytag,  1904. 
Diese  Ausgabe  ist,  wie  eine  Vergleichung  von  60  Kapiteln  aus  allen 
sieben  Büchern  ergibt,  nichts  als  ein  unveränderter  Abdruck  der  III. 
(im  Jahrgang  1902  besprochenen)  Auflage ;  ein  Druckfehler  ist  beseitigt, 
dafür  hat  sich  1. 40,4  iquod  ein  anderer  eingeschlichen.  Daß  der  deutsche 
Ausdruck  nicht  auch  einer  Verbesserung  fähig  wäre  oder  gewesen  wäre, 
möchte  man  bezweifeln ;  auch  der  lateinische  Text  ist  derselbe  geblieben, 
desgleichen  die  unnötig  zahlreichen  Quantitätsbezeichnungen.  Sonst  gilt 
auch  von  dieser  Auflage  dasselbe,  was  von  der  vorhergehenden  gesagt 
wurde,  daß  sie  empfohlen  werden  kann,  wenn  man  überhaupt  Schüler- 
kommentare und  Schülerpräparationen  für  notwendig  und  zulässig  hält. 

Stegmann,  C,  Prof.  Dr.,  in  Norden,  Hilfshuch  für  den  lateini- 
schen Unterricht  der  oberen  Klassen.    IV  n.  132  Seiten. 
Geb.  1.40  Mk.    Leipzig  und  Berlin,  Teubner,  1904. 
Das  Buch  ist  die  (6.)  allerdings  vollständig  umgearbeitete  Auflage 
von  L.  Meißners  kurzgefaßter  lateinischer  Synonymik  nebst  Antibarbarns. 
Die  seitherige  unbequeme  Trennung  der  Synonymik  und  des  Antibar- 
barus  in  zwei  gesonderten  Teile  mit  dem  wenig  übersichtlichen  Druck 
der  einzelnen  Artikel  nnd  zwei  Kegistem  ist  beseitigt.    Das  vorhandene 
phraseologische  Material  wurde  erweitert,  alphabetisch  angeordnet,  wobei 
die  Zeitwörter  als  Stichwörter  dienen,  die  Einzelbemerkungen  des  Anti- 
barbarns  sind  in  Fußnoten  verwiesen  und  die  Synonyma  stehen  au 


334  Literarischer  Bericht. 

den    betreffenden    Stellen,    beim    Substantiv     da,     wo    dieses    dem 

« 

Alphabet  nach  hereingehören  würde,  unter  dem  Strich,  so  daß  der 
Schüler  alles  leicht  finden  kann. 

Das  Verzeichnis  ist  sehr  reichhaltig,  aber  doch  mit  weiser  Beschran- 
kung, die  Auswahl  der  Phrasen  beschränkt  sich  nicht  einseitig  auf 
Cäsar  und  Cicero,  der  Druck  ist  korrekt,  doch  ist  S.  129  ein  sehr 
störender  Druckfehler  stehengeblieben  in  memoriam  iredirere  für 
redigere,  reducere.  Vermissen  wird  man  vielleicht  unter  den  negativen 
Adjektiven  eine  Übersetzung  für  .»unmöglich^,  bei  interest  „es  ist  ein  Unter- 
schied'^  ein  Beispiel  mit  dem  Infinitiv  usw. 

Im  übrigen  ist  das  Buch  ein  vorzügliches  Hilfsmittel,  das  sich  auch 
durch  seine  Ausstattung  vorteilhaft  auszeichnet. 

Stuttgart  S.  Herzog. 

G  r  u  n  8  k  y ,  Ferd.^  Griechisches  Übuiigshuch.  Z  weiter  Teil.  Für 
Klasse  V  (Obertertia),  in  Zweiter  Auflage  bearbeitet  unter  Mit- 
wirkung von  G.  Bräuhäuser.  X  und  167  Seiten.  Geb.  3Mk. 
Stuttgart,  Ad.  Bonz  &  Komp.,  1905. 

Dem  im  Korrespondenzblatt  1904  Seite -846  ff.  besprochenen  L  Teile 
des  griechischen  Übungsbuches  ist  nun  auch  der  II.  Teil  in  neuer 
Bearbeitung  nachgefolgt. 

Da  gegen  das  anerkannt  gute  Unterrichtsbuch  von  manchen  Seiten 
das  Bedenken  erhoben  worden  war,  daß  es  zu  viele  Schwierigkeiten 
enthalte,  so  hat  der  Verfasser  es  als  seine  wichtigste  Aufgabe  betrachtet, 
den  Übungsstoff  leichterzu  gestalten.  Es  sind  deshalb  schwie- 
rige Dichterstellen  mit  Recht  weggelassen  und  durch  leichtere  Sätze 
ersetzt  und  auch  sonst  sehr  viele  Schwierigkeiten  aus  dem  Wege 
geräumt  worden.  Immerhin  fordert  Grunskys  Buch  auch  in  seiner 
jetzigen  Gestalt  vom  Schüler  noch  eine  tüchtige  Denkarbeit,  wie  sie 
aber  in  den  humanistischen  Schulen  doch  wohl  verlangt  werden  darf; 
daß'  den  Schülern  zu  viel  zugemutet  werde,  wird  man  nicht  behaupten 
können. 

Das  Buch  gliedert  sich  in  die  Abschnitte  zur  Einübung  der  Konju- 
gation auf  -\u  und  der  unregelmäßigen  Verba  (S.  1 — 67),  zur  Ein- 
übung der  Syntax  (58 — 101)  und  zur  Wiederholung  des  gesamten  Übungs- 
stoffes (101—118).  Der  erste  Teil  enthält  außer  den  griechischen  Sätzen 
kurze  deutsche  Sätzchen  und  Satzteile  zur  Einübung  einzelner  Formen, 
sodann  längere  deutsche  Sätze  und  zusammenhängende  Stücke.  Vom 
Beginn  der  Syntax  (S.  58  ff.)  an  werden  nur  noch  deutsche  Texte 
geboten,  da  vorausgesetzt  wird,  daß  nebenher  ein  Schriftsteller  oder 
ein  griechisches  Lesebuch  gelesen  werde. 

Ein  Hauptvorzug  des  Buches  besteht  in  der  engen  Verbin- 
dung von  Formenlehre  und  Syntax,  welche  schon  im  ersten 


Literariaoher  Bericht.  335 

Teile  des  Übangabnches  (für  Klasse  IV)  konsequent  and  geschickt  durch- 
geführt ist.  Daß  diese  Verbindung  das  Richtige  ist,  wird  heutigentags 
wohl  von  den  meisten  anerkannt.  Wenn  der  Schüler  die  einfachsten 
syntaktischen  Regeln  schon  bei  Zeit  neben  der  Formenlehre  her,  all- 
mählich, in  langsamem  Tempo  lernt  und  an  dem  Stoff  der  Formenlehre 
stetig  einübt,  so  bleiben  sie  viel  sicherer  und  tiefer  haften  und  gehen 
viel  leichter  in  Fleisch  und  Blut  über,  als  wenn  (nach  der  früheren 
Methode)  der  Kopf  des  Schülers  zuerst  ausschließlich  mit  Formen  ange- 
füllt wird,  dann  aber  plötzlich  eine  ganze  Menge  syntaktischer  Regeln 
zumal  auf  ihn  einstürmt ;  ganz  abgesehen  von  dem  großen  Vorteil,  daß  bei 
einer  frühzeitigen  Mitbehandlung  der  Syntax  der  Übungsstoff  bedeutend 
interessanter  und  anregender  sich  gestalten  läßt.  Außer  der  Lehre  von 
der  Kongruenz,  dem  Artikel,  den  Pronomina,  den  Kasus  und  Präpo- 
sitionen werden  in  diesem  zweiten  Teile  von  der  Modussyntax  (gleich- 
zeitig neben  den  Verba  auf  -)it  und  den  unregelmäßigen  Verba)  ein- 
geübt:  Unabhängige  und  abhängige  Urteils-,  Frage-  und  Begehrungs- 
sätze, Konstruktion  der  Verba  des  Glaubens  und  Sagens,  der  Wahr- 
nehmung, der  Verba  mit  Infinitiv  Futuri,  Folgesatz  (nur  &oxb  mit 
Infinitiv,  nicht  auch  mit  Indikativ),  Prädikatsnomen  beim  Infinitiv, 
Partizipium  (griechische  Verba  mit  Partizipium,  welche  deutschen  Adver- 
bien entsprechen,  wie  ^Mvco,  XavO-ivo)  u.  a.,  xalicsp  und  cb^  [aber  nicht 
£t8]  beim  Partizipium),  £v  mit  Konjunktiv  in  Relativ-,  Bedingungs-  und 
Zeitsätzen  bei  Futurbegriff  im  Obersatz.  Dagegen  wurde  aus  der  ersten 
Auflage  weggelassen:  sorgen,  daß  — ,  Nominativ  des  Partizipiums 
bei  gleichem  Subjekt  nach  den  Verben  der  Wahrnehmung,  Partizipium 
bei  finden,  sich  erinnern,  vergessen,  Konstruktion  der  Verba  der  Gemüts- 
bewegung, Negation  (iV)  beim  Infinitiv  nach  den  Verben  hoffen,  drohen, 
versprechen,  schwören,  dLv  mit  Konjunktiv  im  verallgemeinernden  Relativ- 
satz. 

Gegen  die  Reihenfolge  der  syntaktischen  Regeln  dürfte  sich 
kaum  etwas  einwenden  lassen;  nur  hinsichtlicht  der  Unterscheidung 
der  attributiven  und  prädikativen  Wortstellung  (ol  ^eOYovxeg  noXi\ii.oi 
und  oC  noXi[iiot,  fpidyovzB^)  macht  sich  im  Unterricht  des  Unterzeichneten 
regelmäßig  das  Bedürfnis  geltend,  die  Unterscheidung  schon  viel  früher 
anzugeben,  als  dies  bei  Grunsky  (Stück  45)  geschieht.  Was  den 
Umfang  der  Regeln  aus  der  Modussyntax  anlangt,  so  möchte  Referent 
auf  Grund  seiner  Erfahrungen  das  nunmehr  von  Grunsky  Gebotene 
als  das  höchste  zulässige  Maß  dessen  bezeichnen,  was  mit  Nutzen 
in  dieser  Klasse  neben  dem  sonstigen  reichlich  bemessenen  Lernstoff  einge- 
übt werden  kann.  Vor  einer  weiteren  Ausdehnung  ist  entschieden  zu 
warnen,  namentlich  z.  B.  vor  einer  Hereinziehung  der  Unterscheidung 
von  &<JX9  mit  Infinitiv  und  Indikativ,  wodurch  bei  der  zweifelhaften 
Natur  der  meisten  Fälle  der  Schüler  auf  dieser  Stufe  nur  nutzlos  ge- 
quält und  viel  Zeit  versäumt  würde. 


336  Literarischer  Bericht. 

Die  Stacke  zur  Wiederholung  des  gesamten  Übungsstoffes 
(früher  Seite  86—90,  jetzt  Seite  101—118)  sind  bedeutend  vermehrt 
worden,  was  zu  begrüßen  ist  Besondere  Anerkennung  verdient  in 
diesen  Stücken,  wie  auch  sonst  überall,  der  schöne,  durchweg  korrekte 
deutscheAusdruck,  der  nirgends  an  das  berüchtigte  ^^Schuldeut^eh" 
erinnert.  Auch  das  Vokabularium  hat  eine  wesentliche  Erweiterung 
erfahren,  indem  viele  Wörter  aus  dem  ersten  Teile  wiederholt  wurden, 
um  Wortgruppen  zu  bilden  und  Wortfamilien  zusammenzustellen.  Nur 
sollten  dabei  die  neuen  und  die  alten  Wörter  im  Druck  noch  deutlicher 
voneinander  geschieden  werden,  da  (bei  den  Verweisungen)  manchmal 
Zweifel  hinsichtlich  der  Zählung  entstehen  können.  Die  Auswahl  der  in 
das  Vokabularium  aufgenommenen  Wörter  ist  als  eine  äusserst  glückliche 
und  gelungene  zu  bezeichnen.  Über  einzelne  Wörter  läßt  sich  natürlich 
streiten;  man  kann  das  eine  oder  andere  Wort  für  entbehrlich  halten 
und  dafür  ein  anderes  aufgenommen  wünschen.  Aber  ein  Schüler,  der 
die  Wörter  des  Vokabulars  im  ersten  und  zweiten  Teile  von  Grunskys 
Übungsbuch  sich  zu  eigen  gemacht  hat,  wird  im  Obergymnasium  bei 
der  Klassikerlektüre  sehr  leicht  tun,  und  es  wäre  daher  nach  der  Über- 
zeugung des  Referenten  im  Interesse  des  griechischen  Untenichts  über- 
haupt, wie  speziell  der  Klassikerlektüre  im  Obergymnasium  sehr  zu 
wünschen,  daß  die  sichere  Aneignung  eines  griechischen  Wortschatzes, 
etwa  in  dem  Umfang,  wie  ihn  Gruuskys  Vokabularium  bietet,  durch 
die  Entziehung  des  deutsch-griechischen  Wörterbuchs  bei  der  Aufnahme- 
prüfung ins  Obergymnasium  und  beim  Landexamen  (ebenso  wie  im 
Französischen)  für  alle  Schüler  zur  Notwendigkeit  gemacht  würde. 
Freilich  wäre  die  Voraussetzung  dafür  die  Benützung  des  gleichen 
Übungsbuchs  in  den  württembergischen  Schulen. 

Endlich  ist  außer  dem  (auch  schon  in  der  ersten  Auflage  enthal- 
tenen) Verzeichnis  der  Eigennamen  (Seite  150 — 152)  auch  noch 
ein  deutsches  alphabetisches  Wörterverzeichnis  (Seite  153 — 167) 
beigegeben  worden,  welches  den  Fundort  der  einzelnen  Wörter  angibt 

Bei  der  außerordentlichen  Sorgfalt,  mit  der  das  Buch  gearbeitet 
ist,  dürfte  an  Einzelheiten  nur  sehr  wenig  zu  verbessern  sein: 
S.  ISO,  266  ist  xX(}ia£  (mit  Akut)  aus  der  ersten  Auflage  stehen  geblieben; 
S.  69,  6  fehlt  bei  der  Erzählung  von  Lykurgs  Tode  noch  immer  die 
Pointe:  er  ließ  seine  Mitbürger  schwören,  seine  Gesetze  nicht  anzutasten, 
bevor  er  nach  Hausef  zurückgekehrt  sei;  S.  185,  895  (und  S.  28  A.  1) 
ist  nach  Kühner-Blass  I,  2  (8.  Auü.  1892)  S.306  zwar  xpu9a  (mit  Verkür- 
zung), dagegen  Xd^pq,  (mit  Jota  subscr.)  zu  schreiben.  S.  120,  52  würde 
iMptx(d>8(Lai  besser  mit  liidxiov  verbunden,  während  für  das  Anziehen 
des  x^'ccbv  das  eigentliche  Wort  §v5üöod«i  ist;  S.  18  Z.  2  soll  es  wohl 
kaufet  statt  verkaufet  heißen;  der  Satz  gleich  zu  Anfang  des  Buches 
(S.  1,  2)  über  den  voD^  des  Anaxagoras  ist  entschieden  zu  schwer  und 
sollte  durch  einen  leichteren  ersetzt  werden ;  bei  ^vtujiovsuq)  (S.  187, 438) 


Literarischer  Bericht.  337 

sollte  außer:  erwühne,  erzähle,  auch  die  andere  Bedentang:  erinnere 
mich,  mit  dem  vorauszustellenden,  auch  beide  Bedeutungen  enthaltenden 
„gedenke"  angeführt  werden.  In  dem  Verzeichnis  der  Eigennamen 
vermisse  ich  z.  B.  x6  Alyaiov  (S.  102,  18)  und  4>cdx86c  (S.  16  f.).  Von 
Druckfehlern  scheint  das  Buch  fast  ganz  frei  zu  sein;  gefunden  habe 
ich  nur  S.  26  2)  und  8)  statt  8)  und  4),  S.  62  Z.  11:  601  st  600. 

Die  Ausstattung  des  Buches,  Druck,  Papier  wie  Einband  sind  vor- 
züglich und  machen  dem  Verlag  alle  Ehre. 

So  ist  Grunskys  Griechisches  Übungsbuch  in  seiner  neuen  Bearbei- 
tung ein  ausgezeichnetes  Unterrichtsbuch,  das  in  seiner 
Gediegenheitvonnnrganz  wenigen  Schulbüchern  erreicht 
wird  und  nicht  so  leicht  übertroffen  werden  kann,  eine 
Zierde  unserer  württembergischen  Schulliteratur,  ein  Buch,  das  wert 
wäre,  „das"  griechische  Übungsbuch  der  württembergischen  Schulen  zu 
werden,  aber  auch  außerhalb  der  schwarz-roten  Grenzpfahle  die  weiteste 
Beachtung  und  Verbreitung  verdient. 

Mergentheim.  Fr.  Pohlhammer. 


Homer  und   Horaz  im   Gymnasial-Unterricht.     Von    Oskar 

Jäger.  211  S.  geb.  5  Mk.  München;  C.  H.  Becksche  Ver-  ^ 
lagsbuchhandlnng.  1905. 
Es  ist  die  reife  Frucht  einer  Lebensarbeit,  zugleich  das  Bekenntnis 
zu  einem  in  dieser  Lebensarbeit  erprobten  didaktischen  Ideal  und  eine 
Anleitung  zn  der  Erfüllung  der  in  diesem  Ideal  für  die  humanistische 
Schule  enthaltenen  Aufgabe,  was  der  geistesfrische  Verfasser  darbietet; 
eine  Gabe,  die  des  besten  Dankes  seitens  der  Beschenkten,  einer 
fruchtbaren  und  segensreichen  Anwendung  auf  die  eigene  Lehrtätigkeit, 
sicher  sein  darf.  Die  besondere  Kunst  des  Verfassers,  den  Stoff  der 
Schularbeit  unter  Gesichtspunkte  zu  steilen,  die  der  Sache  entnommen 
sich  scheinbar  von  selbst  darbieten  und  doch  den  Gegenstand  in  ein 
neues,  überraschendes  und  weite  Perspektiven  eröffnendes  Licht  rücken, 
bewährt  sich  schon  in  der  Wahl  des  Themas,  in  der  Zusammenstellung 
der  dichterischen  Zeugen  einer  jugendlichen,  Kultur  erzengenden,  und 
einer  alternden,  kulturgesättigten  Periode:  dort  eine  „selige  Zeit  des 
Werdens**  mit  der  Fähigkeit  und  dem  Bedürfnis,  der  Fülle  der  aus 
dem  kleinen  und  großen  Leben  zuströmenden  Eindrücke  in  der  Ent- 
deckerfreude des  Schauens  und  schöpferischen  Gestaltens  Herr  zu 
werden,  hier  eine  Weltbetrachtung,  für  die  das  „nil  adrairari**  der 
Weisheit  letzter  Schluß  ist.  Mit  Recht  betont  der  Verfasser,  daß  die 
Einführung  in  ein  durch  eigene  Arbeit  zu  erwerbendes  Verständnis 
von  Schriften,  die  als  klassische  Erzeugnisse  und  Zeugnisse  des  Geistes 
dieser  zwei  Epochen  aller  Menschheitsentwicklung  betrachtet  werden 
dürfen,   ein   unübertreffliches   Mittel   der  Vorbereitung   für   das   selb- 


338  Literarischer  Berieht. 

ständige  wissenschaftliche  Studium  ist.  Die  für  den 'Unterricht  ideale 
Voraussetzung,  die  der  Verfasser  macht,  daß  die  ganze  Homer-  und 
Horazlektüre  in  der  Hand  eines  und  desselben  Lehrers  liegt,  wird 
freilich,  wie  auch  der  Verfasser  weiß,  meistens  ein  Ideal  bleiben;  um 
so  dankenswerter  ist  es,  wenn  die  verschiedenen  Lehrer,  die  sich  ge- 
wöhnlich in  die  Aufgabe  teilen,  durch  ein  Werk,  wie  das  vorliegende, 
auf  eine  Behandlung  hingewiesen  werden,  die  dem  idividuellen  Moment 
bei  Lehrern  und  Schülern  volle  Rechnung  trägt  und  doch  das,  was 
allein  einen  wirklich  fruchtbaren  Unterricht  verbHrgen  kann,  zu  ein- 
leuchtender Geltung  bringt.  Dies  ist  kurz  gesagt  die  Betrachtung  der 
Gedichte  in  ihrem  Verhältnis  zu  den  Dichtem  selbst  und  zu  dem  Pub- 
likum dieser  Dichter,  ein  Gesichtspunkt,  an  dessen  Stelle  nur  zu  leicht 
d'er  des  gelehrten  Interesses  einer  späteren  Zeit  als  der  beherrschende 
tritt,  während  dieser  letztere  jedenfalls  in  der  Schule  nur  so  weit  Be- 
rechtigung hat,  als  gelehrtes  Wissen  ein  für  uns  unentbehrliches  Mittel 
zur  Aufhellung  von  Einzelheiten  oder  ein  ungesuchter  Nebenertrag 
der  auf  jenes  Hauptziel  gerichteten  Arbeit  ist. 

Für  Horaz  liegt  die  Sache  einfach,  aber  zwischen  Homer  und  dem, 
was  Jäger  will,  steht  die  „homerische  Frage".  Mit  ihr  wird  Jäger 
in  geistvoll  resoluter  Weise  fertig:  die  Widersprüche  in  den  homerischen 
Dichtungen  sind  ihm  ein  Beweis  eben  dafür,  daß  die  Gestalt,  in  der 
diese  Dichtungen  vorliegen,  nicht  das  Werk  eines  nachträglichen  Be- 
arbeiters und  Sammlers  ist;  denn  der  hätte  seine  Aufgabe  eben  in  der 
Ausmerzung  jener  Widersprüche  gefunden,  während  sie  den  Dichter 
nicht  kümmern,  einen  Shakespeare  so  wenig  wie  Homer,  weil  der 
Dichter  sich  an  das  hält,  was  und  wie  er  es  in  jedem  Fall  als  Dichter 
braucht.  So  kommt  Jäger,  unter  billiger  Berücksichtigung  des  ^quan- 
doque  bonus  dormitat  Homerus^,  dazu  —  unter  Ausscheidung  der  zweiten 
Nekyia  aus  der  Odyssee,  des  Schiffskatalogs  und  allenfalls  der  Doloneia 
aus  der  Ilias  und  mit  Vorbehalt  der  Berechtigung  zum  Ausmerzen 
etwa  sich  findender  „erweislich  dummer  Verse"  —  beide  Epen  für  die 
Werke  Eines  Dichters,  Homers,  zu  erklären ;  und  es  ist  ihm  eine  Haupt- 
aufgabe des  Homererklärers,  der  er  selbst  mit  besonderer  Liebe  nach- 
geht, hinter  den  Werken  die  Persönlichkeit  ihres  Schöpfers  zu  suchen 
und  aus  ihnen  das  Bild  dieser  Persönlichkeit,  soweit  möglich,  zu  re- 
konstruieren. Über  die  Stellung  Jägers  zur  homerischen  Frage  mit 
ihm  zu  rechton  wäre  sicherlich  nicht  angezeigt.  Denn  einerseits  muß, 
um  von  vielen  sich  darbietenden  Beispielen  nur  eines  anzuführen,  der 
Gedanke,  was  die  Kritik  über  den  Goetheschen  Faust  wohl  zu  sagen 
hätte,  wenn  wir  zufällig  über  dessen  Verfasser  so  wenig  wüßten,  wie 
wir  über  den  oder  die  Verfasser  von  Ilias  und  Odyssee  wissen,  der 
Kritik  des  Ausscheidens  und  Trennens  gegenüber  doch  recht  vor- 
sichtig machen ;  und  andererseits  ist  für  Jäger  gerade  seine  Auffassung 
ein  Hauptmittel  und  ein  Hauptimpuls,  Wege  zu  finden,  die  in  das  Herz 


Literariflcher  Bericht.  339 

der  homerischen  Dichtung  hineinführen.  Es  ist  nm  so  weniger  ange- 
zeigt, als  der  Wert  dessen,  was  Jäger  bietet,  durch  eine  abweichende 
Stellung  zu  Einzelfragen  der  Kritik  nicht  wesentlich  berührt  wird. 

Ein  Bedenken  habe  ich  allerdings,  daß  nftmlich  das  Bestreben, 
ein  einheitliches  Bild  von  der  Dichterpersönlichkeit  Homers  zu  ge- 
winnen, vielleicht  doch  manchmal  dazu  geführt  hat,  einzelnen  Partien 
der  Dichtung  etwas  von  ihrer  Eigenart  zu  nehmen,  so  besonders  in 
II.  I,  4d2 — 611,  wo  die  souveräne  Art,  wie  der  Dichter  mit  den  Ge- 
stalten der  olympischen  Götterwelt  nmspringt,  und  der  übermütige 
Humor,  womit  er  fast  in  Einem  Atem  die  Majestät  und  die  menschlichen, 
allzumenschlichen  Schwächen  des  Göttervaters  zeichnet,  mir  bei  Jäger 
nicht  zu  ihrem  vollen  Recht  zu  kommen  scheinen;  auch  die  Feinheit, 
womit  Hephäst  der  Götterversammlung  über  die  durch  den  Streit 
zwischen  Zeus  und  Here  geschaffene  peinliche  Situation  dadurch  hin- 
weghilft, daß  er  sie  auf  seine  Kosten  zum  Lachen  bringt,  kommt  dabei 
zu  kurz.  Die  „Schwächen*^  von  II.  II  heben  sich,  wie  ich  glaube,  in 
der  Hauptsache,  wenn  man  davon  ausgeht,  daß  der  Dichter  die  innere 
Unsicherheit  Agamemnons  zeichnen  will,  die  sich  daraus  ergibt,  daß 
er  vor  der  doppelten  Frage  steht,  wie  es  ohne  Achill  gehen  wird,  und 
welches  die  Stimmung  des  Heeres  ist  angesichts  der  durch  Agamem- 
nons Schuld  geschaffenen  Lage,  dass  diesem  Heer  von  jetzt  an  der 
Beste  der  Achäer  fehlen  wird.  Auch  darauf  hätte  vielleicht  hingewiesen 
werden  dürfen,  daß  die  Kunst  des  Dichters,  bei  allem  Spielen  mit  dem 
Wunderbaren  lebenswahr  zu  bleiben,  sich  nirgends  mehr  bewährt,  als 
in  der  Art,  wie  er,  statt  das  von  Zeus  der  Thetis  gegebene  Versprechen 
mit  geschäftsmännischer  Promptheit  einlösen  zu  lassen,  der  natürlichen 
Entwicklung  der  Dinge  Zeit  läßt,  dem  Zorn  des  Achilleus,  sich  in  die 
Seele  des  Helden  einzufressen,  den  handelnden  göttlichen  und  mensch- 
lichen Personen,  in  einer  ganz  neuen  Situation  erst  Stellung  zn  nehmen 
und  sich  zu  betätigen,  und  wie  er  so  sich  selber  die  Möglichkeit  schafft, 
zu  spannen  und  zu  überraschen,  indem  er  seine  Hörer  einen  an  Schön- 
heiten reichen  Weg  führt,  der  bei  dem  eigentlichen  Ziel  gerade  dann 
ankommt,  wenn  es  vom  Dichter  vergessen  zu  sein  scheint  und  dem 
Hörer  in  Vergessenheit  zu  kommen  anfangt.  Auch  zugunsten  des 
alten  Nestor  möchte  ich  ein  Wort  einlegen,  den  freilich  nur  eine  schmale, 
aber  eine  sehr  deutliche  Grenze  von  der  Rolle  des  komischen  Alten 
trennt:  manches,  was  Nestor  sagt,  erscheint  doch  nicht  so  trivial,  wie 
Jäger  findet,  wenn  man  näher  zusieht,  z.  B.  II.  IX,  78,  wo  Diomedes 
jedenfalls  nicht  zugeben  würde,  daß  diese  Nacht,  d.  h.  der  Erfolg  der 
Gesandtschaft  an  Achill,  über  das  Schicksal  des  Griechenheers  ent- 
scheide (wie  sie  denn  auch  in  der  Tat  nicht  darüber  entschieden  hat); 
oder  wenn  man  dem  Dichter  das  ihm  sonst  von  Jäger  so  eifrig  gewahrte 
Recht,  von  tatsächlichen  Voraussetzungen,  soweit  sie  ihm  nicht  passen, 
abzusehen,   konsequenterweise   überall   zugesteht:   zu  II.  V,  364  z.  B. 


340  Literarischer  Bericht. 

darf  doch  daran  erinnert  werden,  daß  die  Kampfszenen  der  Ilias  von 
einer  durchgeführten  Gliederung  des  Heeres  kaum  eine  Spur  zeigen, 
wie  sie  denn  auch  von  einer  Beteiligung  der  Masse  des  Heeres  so 
gut  wie  nichts  wissen ;  der  Dichter  hätte,  wenn  er  wirklich  den  Nestor 
hier  eine  bloße  Trivialität  aussprechen  lassen  wollte,  das  doch  in 
Agamemnons  Antwort  irgendwie  andeuten  lassen  müssen,  etwa  mit 
einem  val  d^  xauxd  ys  icdvra,  yipov,  xaxdt  }ioTpov  Ssiics^,  das  IL  I,  286 
so  treffend  das  Nutzlose  der  an  sich  übrigens  auch  ganz  wohl  ange- 
brachten Mahnung  Nestors  zum  beiderseitigen  Nachgeben  bezeichnet. 
Andererseits  durfte  wohl  auch  darauf  hingewiesen  werden,  daß  es  der 
Dichtung,  besonders  wo  es  sich  um  kompliziertere  Vorgänge  und  Fragen 
des  Innenlebens  handelt,  nicht  an  Stellen  fehlt,  die  ein  unverkennbares 
Ringen  des  Gedankens  mit  dem  Ausdruck  zeigen,  nicht  so  sehr  in  den 
einzelnen  Worten  als  in  der  ganzen  Anlage,  vgl.  besonders  IL  IX, 
606—512  und  650—699;  auch  was  IL  II  an  wirklichen  Schwächen  hat, 
dürfte  wesentlich  hierher  gehören:  es  ist,  wie  wenn  der  Dichter  eine 
Entdeckungsfahrt  in  einem  ihm  noch  wenig  vertrauten  Gebiet  machte, 
während  andere  Partien,  vgl.  z.  B.  IL  XXIV,  gerade  auch  die  Kunst, 
in  der  Seele  zu  lesen,  zur  Meisterschaft  ausgebildet  zeigen. 

Diese  Bemerkungen  sollen,  wie  viel  oder  wenig  Gewicht  im  ein- 
zelnen ihnen  beigelegt  wird,  nur  zeigen,  daß  das  Jägersche  Buch,  weit 
entfernt  dem  Benutzer  eine  gebundene  Marschroute  vorzuschreiben, 
vielmehr  dem  Sehen  mit  eigenen  Augen  freiesten  Spielraum  läßt  und 
gerade  dazu  auffordert,  auch  die  Schüler  zum  Sehen  mit  eigenen  Augen 
anzuleiten  in  einem  Gebiet,  das  so  verständlich  ist,  daß  jeder  Schüler 
sich  selbst  am  Urteilen  und  am  Genießen  aktiv  beteiligen  kann,  und 
dessen  Gehalt  und  Schönheit  doch  nie  auszuschöpfen  ist.  Wenn  das 
Jägersche  Buch  in  seiner  trefflichen  Ausstattung  auch  äußerlich  den 
Eindruck  eines  wertvollen  gslviov  macht,  so  darf -doch  vielleicht  im 
Interesse  möglichst  weiter  Verbreitung  der  Wunsch  ausgesprochen 
werden,  daß  für  eine  zweite  Auflage  der  Preis  etwas  herabgesetzt 
werde.  In  dieser  können  dann  auch  einige  Verschreibungen  berichtigt 
werden:  so  steht  S.  74  derselbe  Satz  mit  ziemlich  denselben  Worten 
oben  im  Text  und  unten  in  der  Anmerkung;  S.  166,  Z.  9—11  findet 
sich  ein  Anakoluth ;  S.  129  heißt  es,  Nestor  sei  beim  Besuch  Tolemachs 
in  Pylos  20  Jahre  älter  als  in  der  Ilias,  während  es  nur  10  sind,  was 
an  der  Richtigkeit  des   dort  Ausgeführten  im  übrigen  nichts  ändert 

Cannstatt.  Th.  Klett. 

Homers  Odyssee  in  der  Übersetzung  von  J.  H.  Voß.    Schalaasgabe 
mit  Einleitung  ond  Erläaterungea  von  Dr.  Franz  Weineck. 
1.20  Mk.    Stuttgart  und  Berlin,  J.  G.  Cotta  Nachf.,  1902. 
Die  Einleitung  gibt  volkstümlichen  Bericht  von  der  Homerischen 

Sage  und  Frage,  vom  Hexameter  und  von  J.  H.  Voss.    Die  „Frage*' 


Literarisclier  Bericht.  341 

wird  ferner  durch  die  Gestaltung  des  Textes  selbst  beantwortet,  indem 
die  späteren  Zutaten  wegbleiben  und  die  Geschichte  des  Odysseus  von 
der  Entlassung  aus  Ogygia  bis  zur  Begrüßung  durch  Gattin  und  Vater 
sich  auf  wesentliche  5600  Verse  verkürzt.  Den  Homerischen  Altertümern 
dient  sodann  ein  dreifacher  Anhang:  1.  Anmerkungen  je  nach  Folge 
und  Bedarf  der  Verse;  darum  2.  alphabetische  Vorführung  der  Sach- 
nnd  Stichwörter;  S.  eine  Reihe  Aufsatzthemen  von  sehr  ungleicher 
Tragweite  und  Faßbarkeit. 

Schulausgabe  nennt  sich  das  hübsche  Buch  wohl  für  Realschulen, 
deren  obere  Klassen  wenigstens  im  Spiegel  der  deutschen  Klassiker 
die  sonnigen  Auen  Homers  erschauen.  Für  Gymnasien  hieße  es 
Schul  er  ausgäbe,  wäre  also  beiläufig  ein  Geschenk  an  den  Tertianer. 
Urteilt  ein  solcher,  der  deutsche  Homer  in  der  kleidsamen  Prosa  un- 
seres Gustav  Schwab  sei  ihm  lieber  als  im  zweifelhaften  Hexameter- 
zuschnitt eines  Voss,  so  fühlen  wir  sehr  mit  ihm  und  gehen  unserer- 
seits von  dem  metrischen  Gefühl  eines  Platen,  Minckwitz,  Donner  un- 
gern wieder  ab.  Uns  freut  aber  jeder  neue  Versuch,  aus  dem  alten 
Homer  die  Tugend  der  Jugend,  die  Urwüchsigkeit  des  Dichtens  und 
Trachtens  zu  erschließen.  Der  vorliegende  Versuch  empfiehlt  sich 
noch  durch  den  mäßigen  Preis  und  —  „ceterum  ceuseo^  in  dieser  Zeit 
des  augenverderblichen  Firnisses  —  durch  ein  Papier,  das  zum  Lesen 
und  Schreiben  gleich  angenehm  ist. 

Stuttgart  P.  Feucht 

Karl  Altendorf;  Prof.,  Oberlehrer  am  Oroßherzoglichen  Gym- 
nasium zu  Offenbach  a.  M.,  Ästhetischer  Kommentar  zur 
Odyssee.  79  Seiten.  Gießen,  E.  Roth,  1904. 
Das  Büchlein  verspricht  viel,  hält  aber  wenig.  Verfasser  will  (im 
Anschluß  an  C.  Bothes  homerische  Studien)  den  wissenschaftlichen  Nach- 
weis der  Einheitlichkeit  der  Odyssee  erbringen  und  zugleich  einen 
ästhetischen  Kommentar  der  Dichtung  geben.  Was  das  erstere  betrifft, 
so  wird  mehr  behauptet  als  bewiesen,  daß  fast  die  gesamte  Homer- 
forschung seit  Wolf  sich  auf  Irrwegen  bewegte.  Der  Verfasser  hat 
es  aber  offenbar  selbst  zu  keiner  klaren  Anschauung  von  der  Ent- 
stehung der  Odyssee  gebracht:  denn  er  spricht  bald  von  den  „Liedern 
älterer  Sänger**,  aus  „denen  der  Dichter  der  Odyssee  geschöpft  hätte 
(S.  6)",  bald  von  „einzelnen  Liedern"  innerhalb  der  Odyssee,  wofür 
ihm  das  VL  Buch  ein  besonders  charakteristisches  Beispiel  ist.  Die 
meisten  Anstöße  werden  mit  dem  „quandoque  bonus  dormitat  Homerus** 
erledigt,  andere  wie  X.  34  ff.  mit  einem  Stoßseufzer:  „Ja  was  findet 
der  Mensch  nicht  alles  bedenklich,  wenn  er  einmal  mißtrauisch  geworden 
ist^  (S.  37),  oder  es  wird  einfach  auf  Grund  der  „Empfindung^  geurteilt 
(S.  51  f.).  Selbst  d  266—369  gilt  nicht  als  Interpolation;  auch  die 
zweimalige  Verwendung  des  Motivs  der  Kührung  in  demselben  Gesang 


343  Literarischer  Bericht 

erregt  keinerlei  Bedenken.  Und  trotz  allem  kommt  der  Verfasser  nm 
die  Annahme  einiger  Einschiebsel  nicht  herum.  Noch  schlimmer  als 
um  die  Kritik  ist  es  aber  um  die  Ästhetik  bestellt:  sie  äussert  sich  in 
Redensarten  wie:  „alles  meisterhaft,  kein  Wort  zu  wenig,  keines  zn 
viel**  (S.  34);  „es  gibt  nnr  einen  Homer^!  (S.  56);  „eine  Perle  der 
Dichtkunst^  (S.  69) ;  „auch  eine  dichterische  Perle"  (S.  60) ;  und  in  Ab- 
geschmacktheiten wie :  „welche  Wohltat  ein  warmes  Bett  ist,  weiß  der, 
der  es  immer  hat,  kaum  zu  würdigen*  (zu  e  486);  oder  (zu  £  149): 
„in  Anbetracht,  daß  Kleider  Leute  machen,  ist  er  (Od.)  ja  in  sehr  un- 
günstiger Lage ;  also  bleibt  ihm  gar  nichts  übrig  als  in  Reden  zu  zeigen, 
was  er  für  ein  Mann  ist";  xVjxexo  8i  7(ß^Q  (XIX.  204):  „Den  Ausdruck, 
,ihr  Gesicht  zerschmolz^  haben  wir  im  Deutschen  nicht ;  aber  wir  können 
ims  die  Sache  doch  ganz  gut  vorstellen :  das  Gesicht  gleicht  dem  Schnee, 
der  beim  Schmelzen  zusammenfällt,  entstellt  wird  und  zerfließt"  (S.  61); 
über  epische  Ruhe:  «unsere  ,hochspannenden'  Romane  sind  ebensowenig 
auf  den  besten  Geschmack  berechnet  als  etwa  eine  Branntweinkneipe" 
(S.  62).  Doch  genug  von  dieser  „Ästbetik^^,  über  die  der  Leser  selbst 
das  Urteil  fällen  mag. 

Schöntal.  W.  Nestle. 


OttO;  Helene,  Odyssee  in  der  Sprache  der  Zehnjährigen  erzählt 

Mit  10  VoUbUdern  von  Fr.  Prell  er.  VUI  u.  102  Seiten. 
2.25  Mk.    Leipzig,  K.  G.  Tb.  Scheffer. 

Die  Ausstattung  ist  vorzüglich,  insbesondere  die  10  ganzseitigen 
Einschaltbilder,  Autotypien  in  zarter  gelblicher  Tönung.  Die  Wieder- 
gabe der  Odyssee  in  Altersmundart  scheint  dagegen  dem  Referenten 
grundsätzlich  verfehlt:  es  ist  einmal  ein  Unterschied  zwischen  erzählt 
und  gelesen,  und  das  Kind  soll  auch  an  der  Form  dessen,  was  es  liest, 
etwas  lernen ;  und  das  ist  an  diesem  Buche  unmöglich,  vollends  für  süd- 
deutsche Kinder,  die  den  Text  großenteils  überhaupt  nicht  verstehen. 
Einmal  macht  sich  die  Unfähigkeit  ,,her"  und„  hin^  zu  unterscheiden  ganz 
unangenehm  aufdringlich,  die  Form  „ran^  wird  zu  Tode  gehetst,  häufig 
ist  die  Darstellung  ganz  unkindlich,  manches  geradezu  unverständlich : 
„die  Schaffnerin,  die  aufpassen  mußte,  daß  alles  da  war  und  überhaupt 
darüber  zu  sagen  hatte^  S.  36,  manches  im  Zusammenhang  widersinnig, 
„Ich  möchte,  Apoll  träfe  ihn  mit  seinem  Pfeile;  Apollo  war  nämlich 
der  Gott  des  Gesanges^  S.  78,  die  Darstellung  der  Aufstellung  der  Äxte 
vor  dem  Bogenschuß  ist  ganz  verfehlt,  in  den  Eigennamen  finden  sich 
Druckfehler. 

Summa  Snmmarum.  Der  Versuch  scheint  uns  grundsätzlich  ver- 
fehlt und  jedenfalls  die  Ausführung  mangelhaft 

Stuttgart.  S.  Herzog. 


Literarischer  Bericht.  343 

Gotthold  Ephraim  Lessings  sämtliche  Schriften.  Heransgegebeii 
Ton  Karl  Lachmann.  Dritte,  aufs  neue  durchgesehene  und 
yermehrte  Auflage,  besorgt  durch  Franz  Muncker.  17.  Band 
XIV  u.  429  Seiten,  19.  Band  VII  u.  431  Seiten,  ä  4.50  Mk. 
Leipzig,  G.  J.  Göschen,  1904. 
Die  beim  Abschluß  der  Neuansgabe  der  eigentlichen  Werke  Lessings 
in  Aussicht  gestellte  Ergänzung  durch  eine  vollständige  Sammlung  der 
Briefe  von  imd  an  Lessing  beginnt  mit  den  beiden  obengenannten  Bänden 
zu  erscheinen.  Sie  ist  auf  fiinf  Bände  berechnet,  von  denen  zwei  die 
Briefe  Lessings,  drei  die  an  Lessing  enthalten  sollen.  Der  erste  Brief- 
band enthält  die  Briefe  Lessings  von  1743  bis  Ende  1771,  im  ganzen 
334  Nummern,  der  dritte  die  Briefe  an  ihn  vom  Januar  1746  bis  De- 
zember 1770.  In  den  beiden  Vorreden  spricht  sich  Muncker  haupt- 
sächlich über  die  bei  der  Herausgabe  befolgten  Grundsätze  aus.  Dabei 
wird  man  es  mit  besonderem  Beifall  begrüßen,  daß  der  Herausgeber 
auch  die  nichterhaltenen  Briefe,  deren  Inhalt  aber  mindestens  zum  Teil 
erschlossen  werden  kann,  mit  aufgenommen  hat.  „Wir  überschauen 
so  bequemer  und  immerhin  vollständiger,  was  Lessing  alles  an  Briefen 
verfasst  und  empfangen  hat,  mit  welchen  Personen  er  namentlich  den 
schriftlichen  Gedankenaustausch  pflegte,  welche  Fragen  ihn  und  seine 
Korrespondenten  der  Reihe  nach  beschäftigen".  So  wird  es  auch  nie- 
mand tadeln,  daß  die  Briefe  an  Lessing,  obwohl  streng  genommen 
nicht  zu  seinen  Schriften  gehörig,  in  diese  Sammlung  seiner  Schriften 
aufgenommen  sind.  Sie  sind  als  Ergänzung  dieser  fast  nicht  zu  ent- 
behren. 

Ein  nicht  zu  unterschätzender  Vorzug  dieser  Ausgabe  ist  es,  daß 
durch  die  Numerierung  der  Briefe  ein  beständiges  Verweisen  auf  den 
Brief,  der  jeweils  antwortet  oder  beantwortet  wird,  ermöglicht  und 
durchgeführt  ist  Daß  die  Anmerkungen  auf  das  bescheidenste  Maß 
des  Notwendigen  eingeschränkt  sind,  kann  man  nur  gutheißen,  da  der 
Zweck '  der  Ausgabe  nicht  ist,  einen  Kommentar  zu  den  Briefen  zu 
geben.  Dagegen  darf  nicht  verschwiegen  werden,  daß  bei  dem  kleinen 
Druck  der  Anmerkungen  und  Vorbemerkungen,  der  sonst  an  Schärfe 
nichts  zu  wünschen  übrig  läßt,  die  Zahlen  vielfach  sehr  undeutlich  sind. 
Als  günstig  und  zweckmäßig  ist  es  auch  zu  begrüßen,  daß  der 
erste  Band  der  Briefe  an  Lessing  gleichzeitig  mit  dem  ersten  seiner 
eigenen  Briefe  ausgegeben  wurde,  so  daß  man  sie  beständig  neben- 
einander benützen  kann.  Auf  den  Inhalt  der  Briefe  einzugehen,  kann 
nicht  die  Aufgabe  dieser  Anzeige  sein,  die  sich  nur  auf  die  Tätigkeit 
des  Herausgebers  zu  beschränken  hat.  Soweit  ich  diese  bis  jetzt  ver- 
folgt habe,  kann  ich  nur  feststellen,  daß  derselbe  seine  Aufgabe  in 
musterhafter  Weise  gelöst  hat.  Möge  es  ihm  vergönnt  sein,  dieselbe 
bald  zu  einem  glücklichen  Ende  zu  führen. 

Calw.  P.  Weizsäcker. 


344  Literarischer  Bericht 

V  Weise,  Prof.  Dr.  0.,  Praktische  Anleitung  znm  Anfertigen 
deutscher  Aufsätze.  Siebte  völlig  umgearbeitete  Auflage 
der  ,,prakti8chen  Anleitong"  von  Dr.  Cholevius.  141  Seiten. 
Leipzig,  Teubner^  1904. 
Dem  Verfasser  dieses  Büchleins  ist  es  gelungen,  auf  einem  Boden, 
der  durch  Überproduktion  abgewirtschaftet  ist,  noch  eine  schöne  Frucht 
zu  pflücken.  Die  Abstammung  von  dem  Buche  des  Dr.  Cholevius  ist 
nicht  mehr  zu  erkennen.  Was  Weise  bietet,  ist  eine  selbständige  Arbelt, 
in  welcher  nur  wenige  Seiten  der  früheren  Aufnahme  fanden.  Den 
größeren  Teil  füllt  die  „praktische  Anleitung^  aus,  eine  feinsinnige 
Aufsatzlehre,  geschmückt  mit  einer  Fülle  vortrefflicher  Beispiele.  Das 
Buch  enthält  aber  außerdem  noch  einige  nützliche  Sachen,  so:  „Be- 
obachtungen über  die  Kunst  zu  denken^;  „Was  heißt  lesen ?^  „Ober- 
sicht über  eine  Reihe  lesenswerter  Schriften^  usw.  Mag  sein,  daß  das 
Buch  von  Vockeradt  (Praktische  Ratschläge  für  die  Anfertigung  des 
deutschen  Aufsatzes)  für  die  Hand  des  Schülers  zweckmäßiger  ist,  weil 
seine  «Handgriffe**  so  recht  dem  Bedürfnis  der  Jugend  entgegenkommen. 
Für  den  Gebrauch  des  Lehrers  aber  wüßte  ich  kein  geeigneteres  Hilfs- 
mittel zu  nennen,  als  das  vorliegende  Werkchen,  dessen  Verfasser 
übrigens  durch  „Unsere  Muttersprache,  ihr  Werden  und  ihr  Wesen** 
längst  aufs  beste  bekannt  ist.  Groz. 


An  Sehnlansgaben  deutscher  Klassiker  sind  der  Redaktion  vor- 
gelegt worden  und  verdienen  teils  für  den  Gebrauch  beim  Unterricht 
teils  für  das  Privatstudium  warme  Empfehlung: 

Schillers  Wa  1 1  e  n  s  t  e  i  n ,  von  Franz  Ullsperger,  bereits  in  2.  Auf- 
lage, mit  einem  Kärtchen  und  ausführlicher  Einleitung,  gebunden  1.26  Mk., 
Verlag  von  G.  Frey  tag  in  Leipzig.  —  Von  den  „Schulausgaben 
klassischer  Werke**,  welche  der  Verlag  von  B.  G.  Teubner 
im  Jahr  1888  ins  Werk  gerufen  hat,  sind  bis  jetzt  68  Hefte  erschienen; 
neuestens:  Grillparzer;  dessen  Kommentierung  österreichischen  Fach- 
männern anvertraut  wurde,  nämlich  Sappho,  mit  einer  biographischen 
Skizze  über  Grillparzer  und  einer  Einleitung  zum  Stück  aus  der  Feder 
von  Franz  Frosch;  von  demselben  auch  König  Ottokars  Glück 
und  Ende;  ferner  das  goldene  Vlies  (in  8  Teilen;  der  Gastfreuud; 
die  Argonauten  und  Medea)  und  die  Ahn  fr  au  von  Franz  Steinz,  so- 
wie der  Traum  ein  Leben  von  Ferdinand  Zimmert  Die  Erläute- 
rungen zuLibussaund  Ein  Bruderzwist  im  Hause  Habsburg 
hat  Professor  A.  Lichtenheld  in  Wien  übernommen,  der  sich  bereits 
in  seinen  „Grillparzer-Studien*'  als  feinsinniger  Kenner  der  Grillparzer- 
schen  Muse  gezeigt  hat.  Daß  Lichtenheld  aber  auch  in  Goethe  und 
Schiller  zu  Hause  ist,  zeigt  seine  Bearbeitung  von  Hermann  und 


Literarischer  Bericht  $46 

Dorothea  und  Faust  I.  Teil,  sowie  von  Kabale  und  Liebe, 
während  Franz  Frosch  Schillers  Wilhelm  Teil  übernommen  hat. 
Der  Preis  jedes  broschierten  Heftes  beträgt  50  Pf.;  das  goldene  Vlies 
stellt  ein  Doppelheft  dar  und  kostet  1  Mk.    Druck  und  Papier  sind  gut. 

Zum  Schluß  teilen  wir  mit,  daß  von  der  Gottaschen  „Hand' 
bibliothek",  welche  sich  die  löbliche  Aufgabe  gesetzt  hat,  die  Haupt- 
werke der  deutschen  und  ausländischen  schönen  Literatur  in 
gut  ausgestatteten  und  billigen  Einzelausgaben  (ohne  Kommentar !) 
zu  bieten,  weiter  erschienen  sind: 

Schiller,  die  Jungfrau  von  Orleans,  30  Pf.  H.  von  Kleist,  Michael 
KdUhaas,  25  Pf.  Th.  A.  Hoffmann,  Kater  Murr,  90  Pf.  Gottfried 
Keller,  die  3  gerechten  Kammacher,  80  Pf.  Heinrich  Seidel,  der  Rosen- 
könig, 40  Pf.  Calderon,  der  Richter  von  Zalamea,  ffir  die  deutsche 
Bflhne  übersetzt  von  A.  Wilbrandt  30  Pf. 


Deutsche  Literatur.  Die  erhöhte  Pflege,  welche  unserer  Mutter- 
sprache und  unserer  schönen  Literatur  zunächst  in  der  Schule,  aber 
auch  in  weiteren  Kreisen  der  Gebildeten  zuteil  wird,  hat  in  den  letzten 
Jahren  eine  solche  Fülle  von  neuen  Ausgaben  und  Erläuterungen 
deutscher  Literatur  werke  hervorgerufen,  daß  ihre  Besprechung  im 
einzelnen  den  knappen  Raum  unserer  Zeitschrift  weit  übersteigen  würde. 
So  müssen  wir  uns  begnügen,  in  aller  Kürze  auf  die  neuesten  Er- 
scheinungen, die  uns  zur  Einsicht  vorliegen,  hinzuweisen,  indem  wir 
es  dem  Leser  überlassen,  da,  wo  dasselbe  Werk  in  verschiedenen 
Sammlungen  wiederkehrt,  sich  je  nach  Bedürfnis  für  die  eine  oder  andere 
Ausgabe  zu  entscheiden,  deren  jede  ihre  besonderen  Vorzüge  hat. 

L  Graesers  Schulausgaben  klassischer  Werke,  bei 
B.  G.  Teubner  in  Leipzig,  Preis  50  Pf.  jedes  Heft  kartoniert. 

Dem  Titel  entsprechend  sind  auch  Homer,  Shakespeare  und  Mo- 
liöre  in  deutscher  Übertragung  in  den  Kreis  der  Bearbeitung  herein- 
gezogen. Die  Ausgaben  sind  durchweg  für  das  Bedürfnis  der  Schule 
bestimmt  Die  jedem  Werk  vorausgeschickte,  knapp  gehaltene  Ein- 
leitung gibt  die  nötige  Auskunft  über  Entstehung  des  Werkes,  Stoff 
und  Art  der  Behandlung;  am  Schluß  des  Ganzen  werden  einzelne 
Stellen  durch  Anmerkungen  erläutert;  Fußnoten  sind  vermieden.  Die 
Sammlung  ist  1883  begonnen  worden  und  umfaßt  jetzt  68  Hefte,  die 
bereits  in  über  500000  Exemplaren  verbreitet  sind.  Zu  den  früher 
erschienenen  sind  neuestens  getreten: 

Goethes  Iphigenie  auf  Tauris  (Heft  1)  von  Dr.  A.  Lichtenheld. 
Schillers  Jungfrau  von  Orleans  (Heft  7)  von  Hans  Kny.  Shakespeares 
Macbeth  (Heft  15)  von  Dr.  V.  Langhans.  (Obersetzung  von  Dorothea 
Tieck.)     Lessings    Emilia   Galotti    (Heft  16)    von    Prof.   A.  Rebhann. 

Korretpondensblatt  1906,  Heft  8  «.  9. 


346  Literariflclier  Bericlit. 

Goethes  Egmont  (Heft  29)  von  Prof.  L.  Blume.  Schillers  Wallensteio 
(Heft  80/31)  von  Dr.  E.  Kastle.  Shakespeares  Hamlet  (Heft  50)  von 
Dr.  V.  Weilen  (Text  nach  Schlegel,  mifc  neueren  Berichtigungen). 

Die  Bearbeiter  der  genannten  Hefte  sind  sämtlich  österreichische 
Kollegen. 

IL  Erst  1903  ins  Leben  getreten  ist  ein  zweites  Unternehmen, 
gleichfalls  im  Verlag  von  B.  G.  Teubner,  Leipzig  und  Berlin: 

Deutsche  Schulausgaben,  herausgegeben  von  Direktor  Dr. 
Gaudig  und  Dr.  G,  Frick.  Kartoniert  40 — 50  Pf.,  in  hübschem  Leio- 
wandband  60 — 75  Pf.  Die  Ausgaben  bieten  in  großem,  schönem 
Druck  zunächst  den  Text  des  Stücks  für  Schulgebrauch  und  Selbst- 
unterricht mit  kurzen  Fußnoten;  ein  Anhang  gibt  in  tabellarischer 
Form  das  Wichtigste  über  das  Leben  und  die  Werke  des  Dichters, 
nötigenfalls  auch  über  den  geschichtlichen  Hintergrund  der  Dichtung. 
Ein  „Durchblick*'  faßt  zusammen,  was  über  den  Aufbau  des  Kunst- 
werks und  über  die  bedeutsamsten  Anschauungen  und  Begriffe  zu 
wissen  notwendig  ist    Bis  jetzt  liegen  uns  vor: 

1.  Schiller,  Wallenstein  I  und  IL  Kartoniert  zusammen  80  Pf., 
gebunden  1.20  Mk.,  von  Dr.  G.  Frick.  In  diesen  Bändchen  ist  die 
Zeittafel  zu  Schillers  Leben  und  weiterhin  zur  Geschichte  Wallensteins 
gegeben.  2.  Schiller,  Wilhelm  Teil,  von  Dr.  H.  Gaudig.  3.  Lessing, 
Minna  von  Barnhelm,  von  Dr.  G.  Frick.  4.  Goethes  Gedichte  in  Aus- 
wahl, von  Dr.  G.  Frick.  Kartoniert  60  Pf.,  gebunden  75  Pf.  (A.  Natur- 
leben. B.  Menschenleben.  C.  Dichtkunst  und  Dichter;  im  ganzen 
82  Gedichte.  Der  Anhang  enthält  u.  a.  eine  Reihe  Gedichte  anderer 
Verfasser,  bzw.  Volkslieder,  welche  zu  Goetheschen  Gedichten  in  ver- 
gleichende Beziehung  gesetzt  werden  können.) 

Wenn  die  bisher  erwähnten  Ausgaben  in  erster  Linie  für  die  Hand 
des  Schülers  bestimmt  sind,  so  bietet  sich  dagegen  das  folgende 
Buch  dem  Lehrer  an  als  gründlicher  und  zuverlässiger  Wegweiser 
durch  die  klassischen  Schuldramen. 

III.  Der  gemeinsame  Titel  des  groß  angelegten  Werkes  lautet:  „Aus 
deutschen  L es ebü ehern.''  Epische,  lyrische  und  dramatische 
Dichtungen,  erläutert  für  die  Oberklassen  der  höheren  Schulen  und 
für  das  deutsche  Haus.  Das  Unternehmen  ist  von  Frick  begonnen 
und  die  Fortsetzung  nach  seinem  Tod  vom  Verleger  (Theodor  Hof- 
mann,  Leipzig  und  Berlin)  an  Dr.  Gaudig  übertragen  worden.  Der 
uns  in  8.  Auflage  vorliegende  V.  Band  (1904)  enthält  auf  524  Seiten 
groß  Oktav  einen  überaus  gründlichen,  auch  mit  wertvollen  didaktischen 
Winken  ausgestatteten  Kommentar  zu  Maria  Stuart,  Jungfrau 
von  Orleans,  Braut  von  Messina,  Wilhelm  Teil,  Demetrius. 
Der  Lehrer,  der  sich  die  Mühe  nimmt,  diesen  Kommentar  durchzuar- 
beiten  und  durchzudenken,  findet  hier  die  reichste  Belehrung  über 
alle  geschichtlichen   und  ästhetischen  Frngen,  welche  sich  an  die  ge- 


L 


Literarischer  Bericht.  347 

nannten  Dramen  knüpfen.  —  In  diesem  Zusammenhang  dürfen  wir  auch 
auf  ein  eben  erschienenes  Heft  (Karlsruhe,  Friedrich  Gutsch.  Preis  60  Pf.) 
hinweisen,  in  welchem  £.  von  Sallwürk  die  wichtigsten  Quellen  zu- 
sammengestellt hat,  deren  sich  Schiller  .ftbr  seinen  Teil  nachweislich 
bedient  hat.  Es  sind  dies  in  erster  Linie  natürlich  Tschudis  Chronicon 
(S.  9—32),  Etterlins  Eronika  (S.  37-42)  und  J.  von  Müller  (S.  47—51). 

IV.  Für  Schillers  Wallenstein  besitzen  wir  aus  dem  Verlag  von 
Heinrich  Bredt  in  Leipzig  („Die  deutschen  Klassiker,  erläutert  und 
gewürdigt  für  höhere  Lehranstalten,  sowie  zum  Selbststudium'')  den 
großen  Kommentar  von  M.  Evers  in  3  Teilen.  Der  2.  Teil,  welcher 
zunächst  die  Erklärung  des  Prologs  enthält  und  dann  aufs  genaueste 
den  Gang  der  Handlung  durch  alle  3  Stücke,  sowie  den  dramatischen 
Aufbau  klarlegt,  ist  1904  bereits  in  3.  Autlage  erschienen. 

Y.  Aus  dem  Verlag  von  Ferdinand  Schöningh  in  Paderborn 
sind  1904  neu  erschienen  an  Ausgaben  deutscher  Klassiker: 

1.  Lessing,  Über  die  Fabel  und  Literaturbriefe,  mit  ausführlichen 
Erläuterungen  (Fußnoten)  für  den  Schulgebrauch  und  das  Privatstudium, 
vom  K.  Seminarlehrer  Lütteken,  in  graue  Leinwand  gebunden  1.50  Mk. 

2.  Grillparzer,  Das  goldene  Vließ.  Mit  einem  Bildnis  des  Dichters, 
von  Dr.  Crohn.  Gebunden  1.60  Mk.  —  Der  Anhang  bietet  u.  a.  49  Auf- 
satzthemata über  die  drei  Stücke  „Gastfrennd'',  „Argonauten''  und 
„Medea". 

3.  Dichter  des  19.  Jahrhunderts  von  Seminarlehrer  Weicken. 
Gebunden  1.80  Mk.  Es  sind  lyrische  und  epische  Dichtungen  aus  der 
Zeit  nach  Goethes  Tode,  von  Hoffmann  von  Fallersleben  bis  auf  Avenarius 
und  Fritz  Lienhard,  mit  kurzen  biographischen  Einleitungen. 

Von  Ausgaben  ausländischer  Klassiker  desselben  Verlags 
liegt  uns  als  neueste  Bearbeitung  vor: 

Shakespeares  Richard  IL  von  Prof.  Dr.  Wamke.  Gebunden 
1.20  Mk.  Die  Einleitung  bietet  das  Wissenswerte  über  die  Historien 
Shakespeares,  die  Quelle  des  Dichters  und  die  Personen  des  Stücks 
in  der  Geschichte.  Der  Text  (in  der  Schlegelschen  Übersetzung)  ist 
darch  Fußnoten  erläutert;  der  Anhang  läßt  in  der  Form  von  Fragen 
und  Antworten  noch  einmal  die  einzelnen  Scenen  und  das  Drama  im 
ganzen  am  Leser  vorüberziehen. 

VI.  Noch  verzeichnen  wir  von  den  Ästhetischen  Erläuterungen 
für  Schule  und  Haus,  die  unter  Leitung  von  Prof.  Dr.  Lyon  zu 
deutschen  Dichtern  des  19.  Jahrhunderts  im  Verlag  von 
B.  G.  Teubner  erscheinen,  die  neuesten  Hefte  zum  Preis  von  je  50  Pf. 
broschiert : 

1.  Zu  C.  Ferd.  Meyers  Jürg  Jenatsch,  von  Prof.  Dr.  Sahr. 

2.  Zu  Grillparzers  Ahnfrau,  von  Geh.  Regierungsrat  Matthias. 

3.  Zu  Sudermanns  Heimat,  von  Prof.  Dr.  Boetticher. 

4.  Zu  Ferd.  Avenarius  als  Dichter,  von  Dr.  G.  Heine. 


^4d  Literarischer  Bericht. 

VII.  Endlich  erwähnen  wir  noch  zwei  Leitfäden  der  deutschen 
Literatur,  Yon  österreichischen  Kollegen  verfaßt,  die  in  erster  Linie 
die  Bedürfnisse  der  österreichischen  Schulen  im  Auge  haben: 

1.  Die  Hauptwerke  der  deutschen  Literatur  im  Zu- 
sammenhang mit  ihrer  Gattung  erläutert  von  Prof.  Dr.  Nagel 
(dem  Verfasser  der  „Maturitätsfragen«),  2  Mk.  1904.  Wien  und  Leip- 
zig, Franz  Deuticke.  Die  Lyrik  wird  sehr  kurz  behandelt,  ausführlich 
die  epische  Dichtung  und  der  Roman,  sowie  die  Bühnendichtung  bis 
auf  Grillparzer  und  Hebbel. 

2.  Geschichte  der  deutschen  Nationalliteratur,  zum 
Gebrauch  an  österreichischen  Schulen  und  zum  Selbstunterricht  bear- 
beitet von  Paul  Strzemcha,  Direktor  der  deutschen  Landesoberreal- 
schule in  Brunn.  1904.  Wien  und  Leipzig,  Franz  Deuticke.  Gebunden 
2.10  Mk.  Das  Buch  hat  bereits  die  7.  Auflage  erlebt  und  behandelt, 
nach  Perioden  geordnet,  die  wichtigsten  Werke  von  der  ältesten  Zeit 
bis  auf  die  Gegenwart.  Daß  hierbei  die  österrdchischen  Dichter  nicht 
zu  kurz  kommen,  ist  natürlich.  Der  letzte  Paragraph  ist  den  dichten- 
den Frauen  gewidmet,  unter  denen  als  jüngste  die  Ungarin  Marie 
Eugenie  delle  Grazie  aufgeführt  ist,  die  Verfasserin  von  „Schlagende 
Wetter^.  Bei  allen  bedeutenderen  Werken  sind  Inhaltsangaben  beigefügt 

Stuttgart.  H.  Planck. 


Kühnemann,  Eugen,  Rektor  der  K.  Akademie  Posen,  Prof.  Dr., 
Schiller.  Xn  n.  614  Seiten.  8^  geb.  6.50  Mk.  München, 
0.  H.  Beck  (Oskar  Beck). 
Wenn  der  Verfasser  sein  Werk  einfach  „Schiller"  betitelt,  so  hat 
dies  die  besondere  Bedeutung,  daß  seine  Endabsicht  daraufgeht,  Schillers 
Genius  und  Persönlichkeit  zu  zeichnen  oder  vielmehr  zu  bestimmen,  begriff- 
lich zu  fassen.  Zu  diesem  Zwecke  wird  allerdings  das  Material  von 
Schillers  Leben  und  Wirken  im  ganzen  Umfang  herangezogen,  in 
erster  Linie  die  Dramatik.  Es  ist  aber  damit  die  Meinung  des  Ver- 
fassers und  das  Wesen  dieses  Buches  noch  nicht  erschöpft :  Kühnemann 
will  auch  Schiller  wieder  „lebig  machen",  und  zwar  ihn  nicht  bloß 
lebendig  vor  uns  hinstellen,  sondern  ihn  zugleich  für  die  Gegenwart 
unmittelbar  wirksam  werden  lassen.  Ich  möchte  sagen:  Eühnemanns 
Werk  hat  nicht  nur  historischen,  sondern  auch  dogmatischen  Charakter. 
Aus  Schiller  schöpfend  trägt  der  Verfasser,  Kantianer,  uns  seine  Lebens- 
anschauung vor,  eine  solche,  mit  welcher  wir  Menschen  von  heute  aus- 
kommen sollen ;  wobei  wir  eben  die  Beruhigung  gewinnen,  daß  wir  uns 
nicht  auf  Tagesmeinung,  eine  ephemere  Philosophie  stellen,  sondern 
uns  gerade  anschließen  an  die  besten  Ergebnisse  neuerer  deutscher 
Geistesgeschichte,  daß  wir  auf  zuverlässigem  historischem  Grund  und 
Boden  stehen.    Dabei,  wie  bei  Schiller  selbst,  so  bei  dessen  Interpreten 


.  Literariseher  Bericht.  349 

keine  Verknöchernng,  kein  eisernes  Band,  sondern  nur  ein  Rahmen 
aus  organischem  Gebild,  dehnbar,  fernerer  Entwicklung  Raum  lassend, 
ja  geradezu  auf  eine  solche  berechnet,  das  Ganze  zukunftskräftig  und 
zukunftsfreudig. 

Ein  solches  Buch  ist  namentlich  für  uns  Erzieher  und  Lehrer  wie 
gemacht,  falls  es  diesen  seinen  Intentionen  entspricht;  und  es  entspricht 
ihnen  wirklich.  Wir  bekommen  hier  also  nebenbei  eine  vollständige 
Schillerbiographie,  eine  Darstellung  der  Entwicklung  und  der  Werke 
Schillers  nach  allen  Seiten.  Ganz  im  Vordergrund  stehen  die  Dramen, 
mit  Recht;  denn,  wenn  Schiller  so  hervorragt,  wie  es  der  Fall,  so  ver- 
dankt er  dies  seinen  Dramen.  Im  ersten  Teil  dominieren  „die  Räuber^, 
im  zweiten  der  „Wallenstein",  auch  hier  billigerweise;  denn  hier  und 
dort  kann  keines  der  Schauspiele  aufkommen  neben  diesen  beiden,  die 
erst  allen  übrigen  Licht  und  Glanz  verleihen.  So  berührt  schon  diese 
bestimmte  Ordnung  des  reichen  Stoffs,  diese  sichere  Führung  durch 
die  Räume  und  Zeiten  Schillerschen  Schaffens  und  Schillerscher  Her- 
.vorbringungen  äußerst  wohltuend.  Aber,  wie  nun  das  Werk  eigent- 
lich darin  gipfelt,  daß  es  vop  dem  Kern  Schillerscher  Persönlichkeit 
und  Genialität,  nämlich  von  seiner  mit  höchstem  —  wenn  die  Synthesis 
erlaubt  —  realistischem  „Willensidealismus*',  nicht  „Traumidealismus", 
verbundenen  gi'oßartigen,  über  dem  Ideenreichtum  oft  nicht  mehr  ge- 
sehenen dramatischen  Gestaltungskraft,  die  aus  sich  begriffen,  nicht  mit 
leeren,  vagen  ästhetischen  Kriterien,  vollends  nicht  mit  problematisch 
modernen  naturalistischen  Maßen,  solchen  Eintagsfliegen,  gemessen  wer- 
den wiU,  uns  einen  Begriff  zu  geben  sucht,  —  wie  dieses  zutrifft,  so 
ist  bei  diesem  größeren  Zuge  des  ganzen  Werks  auch  schon  die  Ana- 
lyse der  Dramen  an  sich  nicht  die  gewöhnliche  und  herkömmliche ;  sie 
verläßt  die  ausgefahrenen  philologischen  und  technischen  Geleise,  und 
wir  bekommen  wirklich  im  großen  und  im  kleinen  überall  Neues  zu 
hören.  Kühnemann,  jedem,  der  sich  mit  Schiller,  Kant,  Herder  schon 
beschäftigt  hat,  kein  Unbekannter,  ist  philosophischer  Literator;  die 
Heranziehung  des  philosophischen  Elements  ist  aber  in  jedem  Sinn,  ob 
wir's  allgemeiner  oder  spezieller  nehmen,  gerade  bei  dem  Dichterphilo- 
sophen Schiller  nicht  bloß  erwünscht,  sondern  unbedingtes  Erfordernis. 
Schiller  ist  kein  naiver  Dichter,  der  uns  ä  la  Bartels  ein  „Bild  vom 
Leben*'  geben  will;  ja  freilich  ein  Bild  vom  Leben,  aber  nicht  ein 
solches  von  Zufälligkeiten  und  Abnormitäten,  sondern  ein  derartiges, 
daß  durch  all  das  Gewebe  von  einzelnen,  detaillierten  Lebensmomenten 
die  großen  und  notwendigen  Formen  der  natürlichen  und  sittlichen 
Welt-  und  Lebensordnung   greifbar   und  ergreifend  hin  durchleuchten. 

So  wie  Schiller  in  der  Betrachtung  der  Dinge  nirgends  stehen 
bleibt  beim  Zufälligen  und  Vergänglichen,  sondern  das  Notwendige  und 
Ewige  sucht,  die  platonische  Idee,  den  festen  Typ,  der  bleibt,  wenn 
schon   alles   im   Flusse  ist,  so  ist  dasselbe  bei  seiner  Darstellung  der 


350  Literarischer  Bericht. 

Fall,  und  wir  ergründen  sie  erst  vollkommen,  wenn  wir  diese  bestim- 
menden Linien  herausarbeiten.  Aber  wir  werden  dem  Dichter  freilich 
erat  wirklich  gerecht,  wenn  wir  auch  auf  seine  quellende  schöpferische 
Phantasie  achten,  die  es  ihm  möglich  macht,  die  Wirklichkeit,  inner- 
halb deren  allein  jene  Gesetze  gegeben  sind,  nachzubilden  und  täuschend 
sie  uns  auf  den  Brettern  vorzuführen.  Und  auch  hier  Schiller  im  rech- 
ten und  vollen  Licht  zu  zeigen,  ist  Verfasser  nicht  minder  befähigt, 
bei  welchem  sich  mit  der  philosophischen  Kritik  die  künstlerische, 
kunstsinnige  Art  aufs  glücklichste  verknüpft.  In  den  vier  Jugend- 
dramen bildet  nach  Kühnemann  mehr  oder  weniger  das  politische  und 
philosophische  Bekenntnis  des  Dichters  den  Gegenstand  und  eigentlichen 
Inhalt,  dem  er  sein  künstlerisches  Gestalten  leiht.  Im  Räuber  Moor, 
der  den  des  FamiliengefUhls  baren  Bruder  neben  sich  hat,  wandert  die 
Sataasgestalt  aus  dem  Epos  bei  Milton  und  Klopstock  durchs  Drama  zur 
Lyrik  in  den  Helden  Byrons.  Doch  nicht  eigentlich  Karl,  sondern  die 
Gottheit  selber  ist  der  handelnde  und  siegende  Held  des  Stückes,  in 
welchem  an  der  sittlichen  Weltordnung  der  Räuber  scheitert,  der, 
zur  Verzweiflung  getrieben,  nun  meinerseits  den  Weltenrichter 
spielen  will,  in  der  Wahl  der  Mittel  fehlgreifend  und  die  Grenzen 
des  Menschlichen  überschreitend.  In  den  „Räubern*^  schöpft  der  welt- 
unkundige Dichter,  der  seine  Wel  tun  kundigkeit  freilich  auch  sehr  er- 
härtet, noch  ganz  aus  der  eigenen  staunenswerten  Fülle,  der  Jüngling 
bereits  darstellend  mit  der  Technik  des  gewiegten  Dramatikers  und 
auch  Theatralikers;  im  „Fiesko"  greift  er  zur  Geschichte  und  nimmt 
aus  der  Zeit.  Die  Losung  der  Zeit  ist  republikanische  Freiheit;  und 
so  entsteht  „ein  republikanisches  Trauerspiel^.  Indem  der  Dichter  der 
Menschheit  zur  Zeit  und  zur  Geschichte  sich  wendet,  gibt  er  sich  selbst 
nicht  auf;  denn  in  der  Geschichte  lebt  sich  die  Menschheit  aus.  Doch 
ist  der  „Fiesko*'  zu  abstrakt,  die  einzelnen  Figuren  sind  zu  sehr  hier 
Schulbeispiele  von  Begriffen.  Die  fortgeschrittene  Technik,  die  immer- 
hin der  „Fiesko^  zeigt,  verbindet  sich  mit  dem  Leben  der  „Räuber^ 
in  ^,Kabale  und  Liebe''.  Hier  interessiert  bei  Kühnemann  namentlich 
die  bis  ins  einzelne  verfolgte  Parallele  mit  „Emilia  Galotti'^'  und  die 
ausgeführte  Gegenüberstellung  des  großen  Kunstverstandes  des  vor- 
klassischen Tragikers  bei  geringerer  Gestaltungskraft  einerseits  und  der 
Schillerschen  künstlerischen  und  ästhetischen  Unreife  bei  enormem  dra- 
matischem Können  andererseits,  das  es  hier  Schiller  ermöglicht,  den 
Lehrer  oder  Hörer  über  so  viel  Unwahrscheinliches  hinwegzutäuschen. 
„Don  Carlos*^,  wieder  an  die  Geschichte  anschliessend,  bereits  den 
Gegner  nicht  mehr  karikierend,  sondern  mit  Würde  behandelnd,  doch 
„das  Lied  vom  Königssohn,  der  ein  wahrer  Mensch  sein  wird*',  noch 
immer  weniger  künstlerisches  Gestalten  der  objektiven  Welt,  als  sub- 
jektiver Erguß,  „Predigt^,  noch  jünglingshaft,  aber  ebendarin  auch  die 
wahre  Menschheit  bietend,  die  ihre  Seele  entfaltet  gegen  alle  Erstarrung. 


Literariflober  Bericht  361 

Mit  dem  „Wallenstein*'  gewinnt  Schiller  seinen  eij^enen  tragischen  Stil, 
Ton  jetst  ab  jenes  subjektive  Verfahren  yerlassend,  nur  noch,  wie  ge- 
sagt, im  künstlerischen  Gestalten  der  Wirklichkeit  begriffen.  Die  an- 
tike Schicksalsidee  wird  umgeschmiedet  in  die  unerbittliche  Notwendig- 
keit der  Lebenszusammenhänge  und  der  strengen  Ordnung  der  sitt- 
lichen Ideen;  die  Götter  der  Alten  sind  ausgeschaltet.  Im  Unterschied 
von  der  Shakespeareschen  Individualisierung  bei  Schiller  nun  die  tiberall 
hervortretende  allgemeine  Gesetzlichkeit;  gegenüber  Shakespeares  ge- 
nialer Fülle  bei  Schiller  diese  überlegene  Kunst  der  Konzentration. 
Zum  Besten  bei  der  Behandlung  des  „Wallenstein^  scheint  uns  die 
Ausführung  dieses  Gedankens  zu  zählen,  wie  sich  mit  wahrhafter  Or- 
donnanz nicht  bloß  die  ganze  weitschichtige  Handlung  um  den  einen 
bewegt,  sondern  auch  alle  Figuren,  Realisten  und  Idealisten,  um  ihn 
sich  stellen,  sein  Wesen  je  besonders  widerstrahlend.  Vorzüglich  sind 
die  Erörterungen  über  die  Idealisten  im  Drama  Max  und  Thekla,  und 
eben  auch  über  ihre  Beziehung  zu  Wallenstein.  Auch  sie,  und  sie  erst 
recht,  sind  seine  Geschöpfe,  leibliche  Tochter  und  geistiger  Sohn;  hier 
wird  der  Held,  im  Glauben  der  Liebe,  „in  seiner  Wesenheit  aufgefaßt, 
wie  das  reine  Herz  ihn  glaubt*^.  „Er  wird  auch  er  selbst  erst  ganz 
durch  sie.  Das  Herz  kommt  hinzu,  von  dem  wir  bis  dahin  wenig  ge- 
merkt.^ Und  wenn  der  Dichter,  um  ein  volles  Bild  vom  Leben  zu 
geben,  neben  die  Bealisten  diese  Idealisten  stellt,  die  doch  auch  zum 
Ganzen  gehören,  dies  Idyll  bietet,  hineingestellt  in  die  rauhe  Kriegs- 
zeit mit  ihrem  harten  Egoismus,  so  zeigt  er  uns,  als  echter  Realist,  in 
Verbindung  mit  dem  Idyll  sofort  „die  häßliche  Wirklichkeit  der  Dinge^, 
wenn  „die  Unschuldigen  mit  Glück  und  Leben  zahlen  für  die  Schuld 
der  Väter^.  So,  mit  der  feinen  Kunst  des  philosophischen  und  ästhe- 
tischen Erklärers,  führt  uns  der  Verfasser  die  Dramen  der  Reifezeit 
vor,  unerschöpflich  in  Aufstellung  neuer  fruchtbarer  Gesichtspunkte, 
die  weiter  hier  zu  verfolgen  der  Raum  verbietet:  ,Maria  Stuart',  das 
„Gedicht  vom  Tode'*,  diese  „tragische  Satire^,  ,die  Jungfrau  von  Or- 
leans' mit  dem  „rechten  Sonntagskind^',  das  am  ewigen  Alltagsleben 
zugrunde  gehen  muß,  diese  „tragische  Elegie'^,  endlich  den  „TelF,  dies 
„dramatische  Idyll'',  Schillers  „Märchendichtung"  unter  den  Dramen, 
mit  dem  Tyrannen  Geßler,  dem  „rechten  Märchenkönig",  wo  der  Dichter 
mit  dem  naiven  Stoffe  in  echt  volkstümlicher  Poesie,  die  das  Volk  und 
seinen  Helden  malt,  beide  gleich  groß,  die  tiefste  politische  und  histo- 
rische Wahrheit  und  Weisheit  offenbart.  Dazwischen  hinein  die  „Braut^, 
als  Werk  rein  tragischen  Stils  neben  „Wallenstein"  sich  stellend.  Beller- 
manns Schillerdramen  sind  gewiß  schätzenswert,  und  die  neueste  Auf- 
lage wird  noch  besonders  gerühmt ;  das  Kühnemannsche  Buch  hat  aber  nicht 
bloß  mehr  Ausdehnung,  über  den  gesamten  Schiller,  sondern  entschie- 
den auch  eine  ganz  andere  begriffliche  und  geistige  Intensität.  Von 
Harnack  und   Berger    unterscheidet  es   sich    eben    schon   durch   den 


352  Litertrischer  Bericht. 

philosophischen  Charakter,  in  biographischer  Fülle  und  Rundung  natfir- 
lich  hinter  Berger  zurücktretend;  wiewohl  auch  die  biographischen 
Partien  ganz  prächtig  zu  lesen  sind.  Neben  den  führenden  Motiven 
verleiht  viel  geistvolles  Beiwerk  im  kleinen,  von  tiefer  psychologischer 
Kunde  zeugend,  dem  Werk  einen  besonderen  Reiz. 

Die  Sprache  ist  eine  volkstümliche,  wenn  sie  auch,  dem  Gehalte  ent- 
sprechend, einige  Anforderungen  an  die  Übung  des  Lesers  stellt.  Jeden- 
falls liest  sich  das  Buch  um  vieles  leichter  als  Kühnemanns  ^^Herder*'  (1895), 
dessen  teilweise  Schwierigkeit  eben  auch  mit  dem  schwierigen  Herder- 
schen  Stoffe  zusammenhängt;  von  der  Not  einer  befriedigenden  Herderdar- 
stellung weiß  wohl  schon  jeder  Lehrer  der  Literatur  zu  erzählen. 
Manche  auch  hier  bei  „Schiller"  sich  findenden  Knappheiten  des  Stils, 
die  eine  oder  andere  Wiederholung  oder  Unrichtigkeit  im  Druck  — 
sicher  nur  wenige  —  können  in  einer  zweiten  oder  vielmehr  dritten  und 
vierten  Auflage  —  denn  es  sind  sofort  zwei  Auflagen  erschienen  — 
beseitigt  werden.  Dem  Werk  vorangestellt  ist  eine  wohlgelungene 
Wiedergabe  der  Schillerbüste  von  Dannecker  in  Kupferdruck.  Druck, 
Papier  und  Einband  des  Werks  sind  von  dem  Beckschen  Verlag,  der 
ja  auch  Bergers  Schillerbuch  ausgehen  läßt,  vornehm  dargeboten.  Wir 
können  das  Studium  des  Kühnemannschen  Schillerbuchs,  zugleich  an 
des  Verfassers  „Schillers  philosophische  Schriften  und  Gedichte",  Leipzig, 
Dürr,  1902,  auch  in  diesen  Blättern  seinerzeit  besprochen,  erinnernd, 
jedem  Lehrer,  jedem  Schillerfreund  und  Schillerhasser  nur  angelegent- 
lichst empfehlen,  dieses  Buchs,  das  den  „Schiller  für  Männer"  zeigen 
will,  und  bei  welchem  es  sich  wieder  einmal  bewährt,  wie  die  Großen 
der  Geschichte,  wenn  das  legendarische  Bild  aufgelöst  wird,  nicht  ver- 
lieren, sondern  gewinnen. 

Ulm.  Baumeister. 


W  a  c  h  t  e  r ;  Rektor  Dr.;  Das  Wichtigste  der  organischen  Chemie. 

51  Seiten.  Preis  1  Mk.^  München,  Oldenbourg^  1900. 
Die  organische  Chemie  wird  auf  den  Mittelschulen  sich  stets  mit 
einem  kleinen,  ausgewählten  Stoffe  zu  beschäftigen  haben.  Während 
bei  uns  in  Württemberg  die  Auswahl  dem  Belieben  des  Lehrers  an- 
heimgestellt ist,  existieren  in  Bayern  engere  Vorschriften,  an  die  sich 
der  vorliegende  Leitfaden  anschließt;  derselbe  ist  bestimmt  für  die 
Hand  des  Schülers  und  für  Studierende  der  Chemie. 

Das  Gebotene  ist  übersichtlich,  kurz  und  doch  klar  dargestellt 
Nach  Voranstellung  einer  kleinen  Tabelle  der  Paraffine  und  ihrer 
Substitutionsprodukte  folgt  eine  kurze  Behandlung  derselben,  welche 
das  Wesentliche  trefflich  hervorhebt.  Bei  der  Beschreibung  der  Kohlen- 
hydrate sind,  dem  neuesten  Standpunkte  entsprechend,  die  Zuckerarten 
mit  ihren  Strukturformeln   aufgeführt.    Die  Beschreibung   der  Eiweiß- 


Literarischer  Bericht.  353 

körper,  der  Fette,  die  Herstellnng  von  Wein,  Bier,  Essig,  Spiritus,  der 
Seifen  und  Farbstoffe,  welche  zusammen  über  die  Hälfte  des  Buches 
einnehmen,  zeigen,  daß  es  dem  Verfasser,  einem  auf  dem  Gebiete  der 
Chemie  erfahrenen  Schulmanne,  daran  lag,  das  im  Leben  dem  Schüler 
am  nächsten  Liegende  zu  erläutern  und  ihm  die  Augen  zu  öffnen  über 
die  wichtigsten  chemischen  Vorgänge  im  Haushalt  des  Menschen. 

Das  Werkehen  dürfte  sich  nach  dem  Gesagten  auch  für  unsere 
württembergischen  Schulen  eignen. 

Bei  einer  neuen  Auflage  könnten  folgende  Wünsche  des  Beferenten 
berücksichtigt  werden. 

Statt  ungesättigte  Kohlenstoffverhindnngen  sind  solche,  bei  denen 
der  Kohlenstoff  scheinbar  nicht  vierwertig  ist,  dürfte  es  heißen:  „sind 
solche,  bei  denen  die  Kohlenstoffatome  mit  zwei  oder  mehr  Valenzen 
unter  sich  verbunden  sind. 

Auf  der  Tabelle  S.  5  dürfte  eine  Bemerkung  C„  H^+ 1  =  Alkyl  = 
Alkoholradikal  angegeben  werden ;  damit  würden  die  Ausdrücke  „resp." 
S.  10  fallen  können.  S.  6  statt  Ca  Cl  (OCl)  -f  x  Ca  (OH),  die  übliche 
Form :  Ca  (CIO),  +  Ca  Cl,. 

S.  8  sollte  die  gegenwärtig  massenhafte  Verwendung  des  Cjankalis 
in  der  Galvanoplastik  und  der  Metallurgie  des  Goldes  angeführt  sein. 
Unter  Isomerie  fehlt  die  Metamerie. 

S.  17  „Traubenzucker,  farblose  resp.  weiße  Masse  aus  Alkohol, 
löslich  in  Wasser"  scheint  ein  Druckfehler  zu  sein. 

S.  17  sollte  die  alkalische  Kupferlösung  mit  Rücksicht  auf  S.  18 
auch  als  Fehlingsche  Lösung  bezeichnet  sein.  S.  20  sollte  es  heißen: 
„die  Schießbaumwolle  verbrennt,  in  der  Luft  angezündet,  rauchlos  und 
ohne  Asdienrückstand.  S.  22  statt  Eiweiß  „Milchalbumin".  Als  wesent- 
licher Bestandteil  fehlt  Phosphorsaure  Salze,  die  doch  für  die  Knochen- 
bildnng  des  Säuglings  wichtig  sind.  S.  24  „die  Hefesporen  haften  an 
den  Hülsen  der  Traube''  wäre  besser  als  teilen  sich  mit. 

S.  24  ist  angegeben,  daß  jeder  Wein  nach  der  Gärung  mit  Hause- 
blase  geschönt  und  mit  einem  Heber  abgelassen  werden  muß;  dies  ist 
ein  Irrtum  (vgl.  Kessler,  Der  Wein  und  seine  Behandlung).  S.  80 
sollte  das  essigsaure  Aluminium  nicht  fehlen,  welches  in  der  Arznei- 
kunde das  Goulardsche  Wasser  beinahe  ganz  verdrängt  hat.  Da  ein 
chemisches  Buch  durch  Angabe  der  medizinischen  Verwendungen  nur 
gewinnen  kann  und  der  Verfasser  im  Vorwort  seines  Buches  auch 
Mediziner  und  Pharmazeuten  als  Studierende  ins  Auge  faßt,  so  möchte 
der  Referent  ihm  den  Kommentar  der  Pharmacopoe  von  Hager  empfehlen. 

S.  34  statt  Raseneisenstein  würde  es  besser  heißen  Eisenfeile  oder 
ein  Oxjd  des  Eisens. 

S.  41  dürfte  mit  Rücksicht  auf  die  Neutürkischrotfärberei  neben 
öl  anch  sulfoniertes  Öl  angeführt  sein.  Was  die  Behandlung  der 
Farbstoffe  anlangt,  so  hätte  der  Referent  es  für  besser  gehalten,  sie 


364  Literarischer  Bericht 

nach  dem  Gesichtspunkte  ihrer  praktischen  Verwendang  in  basische, 
schwachsaure,  saure  Farbstoffe  und  Benzidinfarbstoffe  einzuteilen  und 
das  Verhalten  dieser  vier  Gruppen  gegen  Pflanzen-  und  Tierfasem 
anzugeben,  damit  so  Experimente  für  das  Färben  von  Baumwolle, 
Wolle  und  Seide  angedeutet  worden  wären,  anstatt  ihre  komplizierten 
Strukturformeln  aufzuzählen  und  zu  erläutern.  Die  gewünschte  Ein- 
teilung selbst  wird  ja  in  den  Farbverzeichnissen  aller  Farbfabriken 
eingehalten  und  bei  Färb  versuchen,  welche  an  dieser  Stelle  im  Unter- 
richt vorgeführt  werden  sollten,  ist  sie  von  ausschlaggebender  Bedeutung. 
Cannstatt.  Buoss. 

F.  von  Hemmelmayer  nnd  Dr.  Brunner,  Lehrbuch  der 
Chemie  und  Mineralogie.  Für  die  vierte  Klasse  der  Real- 
schulen. 182  S.  Geb.  2,40  Mk.  Prag  und  Wien,  Tempsky,  1900. 

Das  Buch  scheint  für  österreichische  Realschulen  bestimmt  und 
den  betreffenden  Lehrplänen  angepasst  zu  sein.  Die  zwei  ersten  Ab- 
schnitte führen,  vom  Einfachen  zum  Zusammengesetzten  fortschreitend, 
in  die  Formen  künstlicher  Kristalle  und  die  Chemie  ein.  Die  Ver- 
bindungen von  C,  Mg,  Zn,  Na,  Pb,  Hg,  mit  0,  S,  Cl  werden  experi- 
mentell vorgeführt,  ebenso  die  Zusammensetzung  des  Wassers  und  der 
Salzsäure.  Nun  erst  kommt  die  Theorie  der  Moleküle,  Atome,  Valenzen 
und  die  chemischen  Formeln,  wobei  die  Gewichts-  und  Volumverhält- 
nisse obiger  Verbindungen  zugrunde  gelegt  werden.  Der  nun  folgende 
systematische  Teil  der  Chemie,  von  Seite  46  an,  beginnt  mit  Wasser- 
stoff und  schließt  mit  den  Metallen  ab,  denen  noch  ein  kurzer  Anhang 
der  organischen  Chemie  folgt.  Die  Mineralogie  (von  Leitenberger  be- 
arbeitet) ist  in  der  Art  mit  der  Chemie  verflochten,  daß  der  Beschrei- 
bung von  jedem  Element  eine  solche  über  sein  Vorkommen  im  Mineral- 
reich und  seine  Kristallform  (aber  ohne  Weißsche  oder  Naumannsche 
Bezeichnung)  vorangeht. 

Die  zwei  ersten  Abschnitte  sind  nach  methodischen  Grundsätzen 
abgüfasst,  es  sind  anfangs  hier  sogar  chemische  Ausdrücke  wie  Metall- 
oxyde durch  Metallkalke,  z.  B.  Quecksilberkalk,  ersetzt.  Die  Darstellung 
ist  klar  und  erfüllt  im  systematischen  Teil  alle  Anforderungen  eines 
Schulbuches  vom  vorliegenden  Umfang.  In  der  organischen  Chemie 
muß  die  passende  Auswahl,  welche  getroffen  wurde,  anerkennend  her- 
vorgehoben werden. 

Cannstatt.  R  u  o  s  s. 

K.  A.  Zittel;  Geschichte  der  Geologie  und  PalKontologie  bis 
Ende  des  19«  Jahrhunderts,    München  und  Leipzig,  1899. 
In  dem  groß  angelegten  Werke  sind  für  die  Entwicklung  der  geo- 
logischen Erkenntnis  vier  Perioden  unterschieden: 


Literarischer  Bericht.  356 

1.  das  geologische  Wissen  des  Altertums; 

2.  die  Anfänge  der  Versteinerungskande  bis  Buffon; 

8.  das  heroische  Zeitalter  der  Geologie  1790—1820  (Werner,  ▼.  Buch, 
Humboldt,  Guvier  n.  A.); 

4.  die  neuere  Entwicklung  der  Geologie  wird  in  einzelnen  Kapiteln 
abgehandelt:  Eosmische,  physiogpraphische,  dynamische,  topogpraphische 
Geologie,  Formationslehre,  Gesteins-  und  Versteinerungskunde. 

Mit  Spannung  verfolgt  der  Geologe  die  Entwicklung  seiner  Wissen- 
schaft, die  manchmal  auf  verschlungenen  Wegen  zur  Erkenntnis  der  Wahr- 
heit führte.  Den  einzelnen  Abschnitten  sind  in  dankenswerter  Vollständig- 
keit Literaturnachweise,  biographische  Notizen  über  hervorragende  Geo- 
logen in  Fußnoten  angefügt,  v.  Alberti  und  Quenstedt  werden  als  ,,die 
Begründer  der  schwäbischen  Geologie"  bezeichnet,  die  „ grundlegenden^ 
und  „klassischen''  Werke  des  ersteren  über  die  Trias  nach  Verdienst 
gewürdigt  „Quenstedts  Beispiel  zeigt,  was  ein  einzelner  genialer  Mann  mit 
den  bescheidensten  äußeren  Mitteln  zu  leisten  vermag."  Die  Verdienste 
seiner  Schüler  0.  Fraas  und  Oppel  werden  gebührend  hervorgehoben. 
Die  Arbeiten  H.  Ecks  über  die  Erforschung  des  Schwarzwalds  sind 
rühmend  angeführt;  doch  vermissen  wir  den  Hinweis  auf  die  von  ihm 
durchgeführte  Gliederung  des  Rotliegenden  und  des  Buntsandsteins, 
sowie  auf  den  von  ihm  geführten  Beweis,  daß  der  Zechstein  am  Öst- 
lichen Rande  des  Schwarzwaldes  fehlt.  Ein  Autorenverzeichnis  mit  bei- 
gesetzten  Seitenzahlen  ermöglicht  es,  ein  Bild  von  der  Gesamttätigkeit 
des  einzelnen  Geologen  zu  gewinnen.  Bei  der  fast  unübersehbaren 
Menge  der  geologischen  Arbeiten  aus  den  letzten  Jahrzehnten  kann 
man  nicht  erwarten,  sämtliche  Spezialarbeiten  erwähnt  zu  finden.  Mit 
der  nüchternen  Notiz,  daß  das  oberschwäbische  Diluvium  von  Bach, 
Stendel  und  Penck  untersucht  worden  sei,  kann  sich  aber  der  Schwabe 
nicht  zufrieden  geben.  Die  schwäbische  Geologie  besitzt  einen  voll- 
ständigen Literaturnachweis  von  H.  Eck,  veröffentlicht  bis  1900  in  den 
Mitteilungen  der  badischen  geologischen  Landesanstalt  und  weiterge- 
führt durch  Schutze  als  Beilage  zu  den  Jahresheften  des  vat.  nat. 
Vereins.    Die  angehäuften  Schätze  warten  auf  den  Geschichtsschreiber. 

Stuttgart.  F.  Haag. 


Ahrens,  Seherz  und  Ernst  in  der  Mathematik,  geflügelte  und 
ungeflUgelte  Worte.  Leipzig,  Teubner,  1904. 
Ein  sehr  interessantes  Buch,  aus  dessen  Titel  freilich  nicht  leicht 
in  ganz  zutreffender  Weise  auf  den  Inhalt  geschlossen  werden  kann. 
Der  letztere  besteht  teils  aus  Aussprüchen,  die  von  bedeutenden  Mathe- 
matikern herrühren  und  ihren  Schriften,  Vorträgen,  Briefen  usw.  ent- 
nommen sind,  teils  aber  aus  Urteilen,  Notizen,  überhaupt  Bemerkungen 
verschiedener  Art,  die  von  sach-  oder  personenkundiger  Seite  über 


.366  Literarischer  Beriebt. 

hervorragende  Mathematiker  gemacht  wurden.^)  Sachlich  besiehen 
sich  beiderlei  „ Worte*'  entweder  anf  die  wissenschaftliche  Stel- 
lung des  betreffenden  Gelehrten,  auf  seine  Auffassung  mathematischer 
naturwissenschaftlicher  oder  allgemeinerer  erkenntnis-theoretischer  Sätze 
und  Probleme,  oder  aber  auch  auf  seine  allgemein-menschlichen  Eigen- 
schaften und  Eigentümlichkeiten.  Allerdings  hat  sich  der  Verfasser  nicht 
die  Aufgabe  gestellt,  seinen  Stoff  so  zu  gestalten,  daß  aus  seiner  Zusammen- 
stellung ein  einigermaßen  vollständiges  Bild  der  einzelnen  Persönlichkeiten 
gewonnen  werden  konnte.  Das  würde  schon  die  große  Freiheit,  um  nicht 
zu  sagen  Willkür,  der  Anordnung  trotz  des  sehr  ausführlichen  Rasters 
schwierig,  jedenfalls  umständlich  machen.  Seine  Absicht  war  es  viel- 
mehr, das  von  ihm  zu  seiner  eigenen  Unterhaltung  und  Erholung  ge- 
sammelte Material  auch  anderen  Fachgenossen  zugänglich  zu  machen, 
damit  es  auch  diesen  „Unterhaltung  und  Erheiterung  in  Mußestunden** 
gewähre.  Dieser  Zweck  ist  jedenfalls  vollständig  erreicht,  wenn  auch 
der  „Scherz**  hinter  dem  „Ernst"  naturgemäß  sehr  zurücktritt,  und 
Worte,  wie  das  von  Fanny  Hensel  über  J  acobi  (p.  127)  [»Was  kann  der 
grob  sein!  .  .  .  Ich  hätte  ihn  wohl  mit  Schönlein  zusammensehen 
mögen,  wer  da  das  gröbste  Wort  behalten  hätte"*]  oder  humoristische 
Züge,  welche  das  gänzliche  Aufgehen  des  Mathematikers  in  seiner 
Wissenschaft  illustrieren,  wie  die  von  Weierstraß  (p.  159)  und 
von  Lambert  (p.  760)  verhältnismäßig  selten  sind.  Jedem  Leser 
wird  es  gewiß  Freude  machen,  häufig  aber  auch  in  mehr  als  einer 
Beziehung  Belehrung  bringen,  wenn  er  beim  Durchlesen  des  Buches  an 
Namen,  die  für  ihn  im  Laufe  der  Zeit  nahezu  identisch  geworden  sind 
mit  kurzen  Bezeichnungen  für  die  oder  jene  abstrakten  wissenschaftlichen 
Wahrheiten,  nun  auch  die  mehr  oder  minder  deutliche  konkrete  Vorstel- 
lung menschlicher  Persönlichkeiten  mit  ihren  Vorzügen  und  ihren 
Schwächen  anzuknüpfen  vermag  und  wenn  er  damit  sozusagen  in  den 
Bekanntenkreis  seiner  Lieblingsmathematiker  eingerückt  ist. 

Stuttgart.  J  a  e  g  e  r. 

M.  Kai  uz  a  und  G.  Thurau,  E.  Koschwltz,  ein  Lebensbild. 
Berlin,  Weidmann,  1904. 
Die  Verfasser  geben  einen  Abriß  vom  Leben  und  ein  Bild  der 
wissenschaftlichen  Tätigkeit  des  verstorbenen  Romanisten,  d^r  in 
weiteren  Kreisen  durch  seinen  energischen  Widerstand  gegen  die  neu- 
sprachliche Beformbewegung  bekannt  geworden  ist.  Koschwitz  erscheint 
uns  als  ein  Mann  von  ungewöhnlicher  Rührigkeit  und  sympathischem 

^)  Besonders  bevorzugt  sind  in  beiderlei  Beziehungen  Gauß  und 
J  a  c  o  b  i ,  aber  auch  Jfamen  wie  die  eines  Euler,  Helmholtz,  Kronecker, 
Lagrange,  Laplace,  Legendre,  Newton,  Poincarö  u.  a.  kehren  häufig 
wieder. 


Liierarischer  Bericht  367 

Wesen.  Es  ist  von  Interesse  zu  erfahren,  daß  er  selbst  mehrere  Jahre 
im  praktischen  Schuldienst  gestanden  ist.  Darüber  dagegen  werden 
wir  nicht  recht  klar,  wie  Koschwitas,  der  anfangs  das  Berechtigte  an  der 
Refonnbewegung  nicht  verkannte,  dazu  kam,  in  seiner  Zeitschrift  für 
französischen  und  englischen  Unterricht  einen  Ton  anzuschlagen,  der 
unseres  Erachten»  eines  wissenschaftlich  hervorragenden  Mannes  nicht 
recht  wfirdig  und  nicht  um  das  geringste  vornehmer  war,  als  der  seiner 
Gegner.  Persönliche  Mißhelligkeiten  zu  Marburg  scheinen  den  ver- 
dienten Gelehrten  mehr  als  gebührend  beeinflußt  zu  haben.  Eine  so 
schwere  Anklage,  wie  sie  S.  10  zu  lesen  ist,  „Marburg  trägt  die  Haupt- 
schuld an  seinem  zu  frühen  Tode"  sollte  jedenfalls  nicht  ohne  einleuch- 
tende Begründung  erhoben  werden.  Man  vergleiche  Victors  Entgeg- 
nung in  den  „Neueren  Sprachen^  1905  XIII 55  ff.,  aus  der  man  freilich 
über  die  Marburger  Angelegenheit  auch  nicht  klug  wird. 

Stuttgart.  J.  Miller. 


Preller-Mappen  des  Kimstwarts,  München,  Georg  D.  W.  C  all w  ey, 
Knnstwartverlag,  1904. 
Die  hundertste  Wiederkehr  des  Geburtstags  Friedrich  Prellers 
d.  A.  hat  den  „Kunstwart"  veranlaßt,  drei  Bildermappen  zu  billigem 
Preise  herauszugeben,  in  denen  uns  dessen  Lebenswerk,  die  Odyssee- 
Landschaften,  16  Blatt,  8  Mk.,  dann  die  bisher  so  gut  wie  unbekannten 
Nordischen  Landschaften,  9  Bl.  8  Mk.,  und  seines  Sohnes  Bilder  zur 
Ilias,  12  Blatt  2.50  Mk.,  dargeboten  werden.  Die  letzteren  sind  für 
eine  bei  Bruckmann  in  München  erschienene  Prachtausgabe  der  Ilias 
gezeichnet,  die  nicht  mehr  im  Handel  ist.  Um  so  willkommener  ist 
ihre  neue  Reproduktion  nach  den  Originalen  in  größerem  Format.  Es 
ist  gewiß  kein  Tadel,  wenn  wir  sagen,  daß  sie  an  die  Odysseebilder 
des  Vaters  „nicht  hinkönnen''.  Wenn  wir  sie  an  diesem  Maßstabe 
nicht  messen,  sind  es  teils  liebliche,  teils  großartige  Landschaften,  in 
denen  sich  nur  die  Staffage  größtenteils  etwas  zu  vordringlich  geltend 
maeht,  nicht  zum  Vorteil  des  eigentlichen  Landschaftsbildes.  Doch 
darf  das  nicht  zu  sehr  betont  werden,  da  sich  die  Bilder  eben  nicht 
als  Ilias  1  an dschaften,  sondern  als  Bilder  zur  Ilias  einführen. 
Anders  die  Bilder  des  Vaters  Preller.  Diese  wollen  in  erster  Linie 
Landschaften  geben,  in  denen  die  Scenen  aus  der  Odyssee  nur  die  be- 
lebende Staffage  bilden.  Hier  tut  sich  eine  Fülle  von  Schönheit  vor 
uns  auf,  Vorgänge  und  Landschaften  stehen  überall  in  harmonischem 
Verhältnis  zu  einander,  und  es  ist  überflüssig,  noch  ein  Wort  zu  ihrem 
Lobe  zu  sagen.  Sie  sprechen  für  sich  selbst  und  sie  sprechen  zum 
Herzen.  Leider  konnten  aus  urheberrechtlichen  Gründen  nicht  die 
Originale  in  Weimar  der  Reproduktion  zugrunde  gelegt  werden.  Aber 
auch  die  getreuen  Kopien  des  jüngeren  Preller,  die  dieser  als  Vorlagen 


358  Literanscher  Bericht 

für  die  große  farbige  Reproduktion  des  Cyklas  (München,  Fr.  Brack- 
mann) anfertigte  und  nach  denen  die  Bilder  der  vorliegenden  Mappe 
ausgeführt  sind,  geben  uns  eine  vorzügliche  Vorstellung  von  dem 
herrlichen  Werk  des  Vaters,  zu  dem  man  immer  mit  neuem  Genüsse 
zurückkehrt  Die  prächtige  Holzschnittausgabe  desselben  (Leipzig, 
Alphons  Dürr  1877)  behauptet  jedoch  daneben  immer  noch  ihren  selb- 
ständigen Wert.  Etwas  ganz  Neues  sind  für  die  weitesten  Kreise  die 
Nordischen  Landschaften  des  älteren  Preller.  Auf  dem  Titelblatt  ist 
ein  prächtiges  Porträt  desselben  nach  Zeichnung  seines  Sohnes  gegeben. 
Die  Landschaften  sind  bis  auf  zwei  (Sturm  am  Vorgebirge  von  Skude 
und  Brandung  an  der  skandinavischen  Rüste),  die  nach  Ölgemälden 
hergestellt  sind,  einer  Mappe  entnommen,  die  von  der  Witwe  des 
jüngeren  Preller  dem  Eunstwartsverlag  zur  Vervielfältigung  überlassen 
wurde.  Auch  hier  wollen  wir  nicht  auf  Einzelnes  eingehen,  sondern 
nur  die  Leser  einladen,  sich  diese  Mappe  beizulegen,  vor  der  man  fast 
ein  Bedauern  empfindet,  daß  Prell  er  nicht  auch  die  nordische  Land* 
Schaft  noch  mehr  kultiviert  hat,  für  deren  Auffassung  er  ein  so  vei^ 
ständnisvolles  Auge  hatte.  Man  muß  es  dem  Kunstwart  dank  wissen, 
daß  er  nun  diese  Werke  durch  billige  Ausgaben  zum  Gemeingut  Vieler 
gemacht  hat 

Calw.  P.  Weizsäcker. 


Professor  Dr.  G.  Fehleisen^  Sammlung  der  wichtigsten  Be- 
stimmungen für  die  Gelehrten-  und  Realschulen  Würt- 
tembergs.   Stuttgart,  W.  Kohlhammer,  1900. 
Die  vorliegende  Sammlung  enthält  vor  allem   die  Bestimmungen, 
die  für  den  Unterrichtsbetrieb  an  den  höheren  Schulen  Württembergs 
maßgebend  sind,  so  die  Lehrpläne  mit  Ergänzungen,   den  Erlaß  über 
die  Hausaufgaben,  die  Verfügung  über  Maturitäts-  und  Konkursprüfung 
und  die  Berechtigungen  der  Anstalten.    Femer  finden  wir  in  der  Samm- 
lung die  Verfügungen  betr.  Gesundheitspflege  und  medizinalpolizeiliche 
Visitation.    Die  Sammlung  ermöglicht  aber  nicht  nur  die  Orientierung 
über  den  Schulbetrieb,  sondern  teilt  auch  die  Bestimmungen  mit,  durch 
welche  die  Zulassung  zum  höheren  Lehramt  (Verfügung  betr.  die  Dienst- 
prüfungen für  das  humanistische  und  realistische  Lehramt)  und  die 
rechtliche  Stellung  der  Lehrer  geregelt  werden. 

Die  Benützung  des  Buchs  wird  durch  die  Inhaltsangabe  und  das 
ausführliche  alphabetische  Register  sehr  erleichtert. 

Die  Sammlung  der  Bestimmungen,  die  mancherlei  Mühe  ver- 
ursachte, entsprach  einem  längst  empfundenen  Bedürfnis  und  fand  da- 
her dankbare  Aufnahme,  um  so  mehr,  da  sie  sich  zur  Zeit  ihres  Er- 
scheinens rühmen  konnte,  keine  wichtige  Bestimmung  weggelassen  zu 
haben.    Nun  aber  sind  inzwischen  zahlreiche  neue  Bestimmungen  hin- 


Nea  erschienene  Bücher.  —  Ankündigungen.  359 

zugetreten,  die  es  wünschenswert  erscheinen  lassen,  die  Sammlung  möge 
bald  in  neuer,  ergänzter  xVuflage  erscheinen,  um  das  praktische  Hilfs- 
mittel zu  bleiben,  das  sie  anfänglich  war. 

Hall.  Wetzel. 


Neu  erschienene  Bücher. 

0^*  Bai  der  groBseu  Menf^a  der  ans  xugehenden  neuen  Htererlechen  Eracheinnugen 
iit  es  nns  unmOglioh,  Jede  im  einzelnen  sa  besprechen.  Die  Titel  der  einUafenden 
Bflcher,  die  wir  ausnahmslos  der  Kohlhammerschen  Verlagsbuchhandlung  cn  fl her- 
senden bitten,  werden  regelmässig  im  nftchsten  Hefte  TerOffentlieht ;  auf  Bttok- 
sendung  der  nicht  besprochenen  Bttoher  kOnnen  wir  uns  aber  nicht  einlaasen. 

Stoll,  Alkohol  und  Kaffee  in  ihrer  Wirkung  auf  Herzleiden  und  ner- 
vöse Störungen.    Leipzig,  Verlag  Reichs-Medizinal-Anzeiger. 

Bökel  er,    S^ereometrische   Aufgaben    aus    den   Reifeprüfungen    der 
Gymnasialabiturienten.    Ravensburg,  Verlag  von  Friedr.  Alber. 

Klassiker  der  Kunst  in  Gesamtausgaben.    Stuttgart,  Druck  und  Verlag 
Deutsche  Verlagsanstalt. 

Herders   Bilderatlas    zur  Kunstgeschichte.     I.   Teil:    Altertum   und 
Mittelalter.    Freiburg  i.  Br.,  Herdersche  Verlagshandlung. 

Samberger,  Schiller-Bildnis.    München,  Georg  D.W.  Callwey,  Kunst- 
verlag. 

(Fortsetzung  s.  S.  3  des  Umschlags.) 

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Der  heutigen  Nummer  liegt  Über  Pianos  und  Harmoniums  der 
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m.  Teil  I  HmelstDfe,  tweltes  StOok  (f  ü  r  U  n  t  e  r  t  e  r  t  i  a).    Mit  6  Yoll- 
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IV.  Teil!  Mittelstufe,  drittes  StBok  (f  ür  Obertertia  und  Wieder- 
holunKen  auf  der  Oberstufe).     Gebunden  2  Hk. 
T.  Teilt  Oberstufe  (fUrObersekunda  und  Prima).     A.  Die  Erde 
als  WeltkOrper.    B.  Physische  Erdkunde.    C.  Erdkunde  der  Lebe- 
wesen.   D.  Anbang.   Mit  39  Abbildungen  fm  Text,  gebunden  3.60  Mk. 


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Zu  Beginn  des  Schuljahrs  emp- 
fohlen und  in  vielen  Anstalten 
eingeführt :  1 

ZutammenhlnpeidsStflokezurEln*  ' 
flbuiD  fnm.  8  pra  oh  reg  eil,  stiifcn- 
weisu  geordnet.  Von  ProfcBsor 
H.  Benter.  4.  Antl.  Geb.  1  Hk. 
Hierzu  ist  erschienen: 
übaraetxuig  der  iHsammenh  Ingen- 
den  Stiche  zur  ElnObung  franz. 
Spraobraa«)!  von  Prof.M.  Renter, 
2.20  Mk.  Keb.  2.&0  Mk. 

Dieser  Schlüssel  wird  nur  an 
Lehrer  abgegeben. 
ZuMnmaibaiMnde  Stecke  lur  Eta- 
Ubung  Bogl.  SprachregelD,  zusam- 
mengestellt von  Prof.  M.  Keater, 
Geb.  80  Pf.  [17 

Hieran  ist  ersrhienen: 
uberaet»ng  der  engl.  StDoke  von 
Prof.  M.  Beuter.  Geb.  2  H.  Nur 
für  Lehrer. 
Übenetzung  der  Abtolutorlaltuf- 
gaben  aus  der  franz.  und  engl. 
Sprache  an  den  humanistischen 
Gymnasien,  Realgymnasien  und 
Realschulen  Bayerns  von  Dr. 
W.  Stenerwald,  Gymn.-Prof.  in 
München.  3.  vermehrte  Auflage, 
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Die  antike 

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.  Korreferat  über  die  Hausaufgaben 

auf  der  LandesversammluDg  des  Württembergischen  Gymnasiallehrer- 

vereins  in  Stuttgart  am  20.  Mai  1905. 

Von  Rektor  Mayer-EIßlingen. 

Meine  Herren !  Ich  glanbe,  ich  kann  auf  Ihren  Beifall  rechnen^ 
wenn  ich,  um  Zeit  zu  sparen,  mit  Unterdrückung  jeder  weiteren 
Vorrede  sofort  an  die  Begründung  meiner  Leitsätze  gehe. 

Satz  I. 
In   den  Überbürdungsklagen  der  Neuzeit    ist  ein  be- 
rechtigter Kern. 

Damit  leugne  ich  nicht,  daß  dieser  Kern  in  einer  sehr  dicken 
Schale  zu  stecken  pflegt.  Denn  die  Lage  unserer  Schüler  kann 
ich  im  allgemeinen  keineswegs  so  bejammernswert  finden,  wie  sie 
der  Öffentlichkeit  so  oft  dargestellt  worden  ist.  Ich  muß  auf  Grund 
eigener  Erfahrungen,  die  ich  als  Lehrer  und  Rektor,  als  Vater  und 
dereinst  als  Pensionsvater  sowie  im  Verkehr  mit  verständigen  Eltern 
in  30  Schuljahren  geschöpft  habe,  in  jenen  Klagen  und  Anklagen  und 
den  damit  verbundenen  Forderungen  viel  ungerechte  Verallgemeine- 
rung, viel  Übertreibung,  viel  ungenierte  Karrikatur  der  Wirklichkeit 
unseres  Schullebens,  häufig  den  Versuch,  ftlr  Fehler  und  Mängel  der 
Schuler  die  Schule  und  den  Lehrer  verantwortlich  zu  machen,  auch 
nicht  ganz  selten  das  Bestreben  sehen,  nach  Untugenden,  verkehrten 
Anschauungen  und  gesellschaftlichen  Unsitten  des  Hauses  die  Schule  zu 
modeln.  Die  kraftlosen  Schatten  und  die  blassen  Gesichter,  die  man 
speziell  gegen  das  Gymnasium  mobil  zu  machen  pflegt,  imponieren  mir 
auch  nicht  sonderlich,  da  ich  sie  schon  von  den  Anmeldungen  zur  Ele- 
mentarschule her  zu  gut  kenne,  überdies  pflegen  sie  ihre  Heimat 
nicht  da  zu  haben,  wo  harte  Arbeit  wohnt.  Und  ich  beklage  die 
ewigen  Bemitleidungen  unserer  Schüler  um  ihrer  selbst  willen.  Sie 
verderben  uns  unsere  jungen  Leute,  wie  ein  Kind  selten  gerät,  das 
einen  strengen  Vater,  aber  eine  weichliche  Mutter  hat. 

Aber  trotz  alldem  gebe  ich  zu,  es  ist  auch  ein  berechtigter 
Kern  in  diesen  Klagen.  Lange  Zeit  ist  von  dem  Publikum  auf  die 
Schule  hineingesündigt  worden,  indem  ihr  unter  dem  Protest  der 
Schulmänner  immer  neue  Aufgaben  aufgezwungen  worden  sind. 
Das  hat  uns  eine  forcierte  Fächerwirtschaft  mit  ihrer  Hast, 
mit  ihrer  Hochspannung  auf  allen  Seiten,  mit  ihrer  einseitigen 
Pflege  der  Vielwisserei  gebracht.  Jetzt  hat  offenbar  der  Wind  um- 

Korroipond«nsblatt  1906,  Heft  10. 


362  Mayer, 

geschlagen^  jetzt  heißt  es:  Wir  brauchen  keine  Vielwisser;  wir 
brauchen  gesunde,  kräftige,  tüchtige,  deutsche  Männer.  Dies  be- 
deutet doch  jedenfalls  eine  Abkehr  von  einer  ungesunden  früheren 
Richtung  und  ist  als  solche  erfreulich. 

Außerdem  bezweifle  ich  gar  nicht,  daß  es  im  einzelnen  Über- 
bürdungen der  Schüler  derzeit  gibt,  nicht  nur  da  und  dort,  bei  diesem 
und  jenem  Lehrer  und  für  diesen  und  jenen  Schüler,  sondern,  zeit- 
weise wenigstens,  fast  überall.  Es  mag  das  seinen  nächsten  Grund 
freilich  haben  in  Fehlern,  die  von  selten  der  betreffenden  Lehrer, 
trotz  Vorschriften,  Hausaufgabenschema  und  redlichstem  Willen, 
gemacht  worden  sind  und  gemacht  werden,  seinen  tieferen  Grund 
aber  hat  es  in  der  derzeitigen  Organisation  unserer  Schulen. 

Satz  II. 

DieOrganisation  unserer  Schulen  hat  große  Schwierig- 
keiten, aus  denen  leicht  Überbürdungen  der  Schüler 
im  Unterricht  und  mit  Hausaufgaben  erwachsen. 

Ich  finde  diese  Schwierigkeiten  und  Überbürdungsgefahren  in 
unsern  vielen  Lehrstunden,  in  unsem  vielen  Lehrfächern 
mit  ihrer  Eigenart  und  in  der  Knappheit  der  den  einzelnen  Fächern 
zugemessenen  Zeit. 

1.  Unsere  Stundenpläne  sind  mit  Lehrstunden  überfüllt, 
ich  meine  in  Klasse  m — Vn.  Da  sind  es  mit  dem  Turnen  34  bis 
35  Stunden;  in  Klasse  IV  und  V  zwängt  sich  noch  in  etlichen 
Wintermonaten,  bei  uns  dreimal  von  11 — 12  Uhr  der  Konfirmanden- 
nnterricht  herein;  mit  diesem  werden  es  dann  leicht  mehr  als 
35  Stunden.  Stenographieunterricht  hat  man  auch  zugelassen.  In 
den  Oberklassen  kommen  noch  weitere  fakultative  Fächer  hinzu: 
Englisch,  Zeichnen  —  zu  beidem  sollen  die  Schüler  erst  noch  er- 
muntert werden  —  Hebräisch  und  Italienisch.  Das  gibt  häßliche 
Stundenpläne.  Da  ist  für  den  einzelnen  Schüler  keine  Rede  mehr 
davon,  daß  ihm  zwei  Nachmittage  wirklich  schulfrei  bleiben,  daß 
fünf  Vormittagsstunden  vermieden  werden  können.  Da  gibt  es 
Schultage  mit  sieben,  ich  höre  gar  mit  acht  Lehrstunden»  Das  ist 
an  sich  zu  viel,  auch  haben  Hausaufgaben  keinen  rechten,  jedenfalls 
keinen  fröhlichen  Platz  mehr. 

2.  Zu  dieser  Vielheit  der  Lehrstunden  kommt  als  Gefahr  und 
Schwierigkeit  die  Vielheit  der  Lehrfächer.  Man  kann  heut- 
zutage in  der  Tat  von  kaleidoskopischem  Fächerbetrieb  sprechen. 
Es  werden  im  Gymnasium,  das  Turnen  mit  eingeschlossen  und  die 


Korreferat  über  die  Haasaufgaben.  3^3 

verschiedenen  Gebiete  der  Naturwisflenschaften  und  der  Mathematik 
besonders  gezählt,  im  ganzen  26  Fächer,  von  Klasse  IV  an  neben- 
«inander,  abgesehen  von  den  fakultativen  Fächern,  10 — 13  Fächer, 
diese  aber  eingerechnet  bis  zu  17  Fächer  gleichzeitig  nebeneinander 
betrieben.  Da  jagt  auf  dem  Stundenplan  und  jagt  in  den  Köpfen 
der  Schüler  ein  Fach  das  andere,  eine  Art  geistiger  Tätigkeit  die 
hindere,  und  da  sproßtttppig  das  ganz  besonders  üble  Unkraut 
des  Vielerlei  der  Hausaufgaben. 

Von  unsern  vielen  Fächern  sind  die  meisten  außerordentlich 
stoffreich.  Ich  erinnere  an  die  weiten  Qebiete  der  Botanik, 
Zoologie,  Chemie,  Physik,  Mineralogie,  Geographie,  Geschichte:  die 
andern  sind  unbegrenzter  Steigerung  in  den  Anforderungen  fähig 
—  so  die  mathematischen  Wissenschaften  und  die  Sprachen.  An- 
statt nun,  wie  sie  gedacht  sind,  zur  Einheit  sich  ohne  weiteres  zu- 
sammenzufinden, als  dienende  Glieder  zum  Ganzen  der  Bildung  des 
jungen  Menschen  sicJi  zusammenzuschließen,  liegt  in  jedem  dieser 
Fächer  das  ni^türliche  Verlangen  nach  dem  Recht  der  Sonder- 
existenz :  die  stoffreichen  wollen  in  dem  ganzen  Umfang  ihres  Stoffes 
sich  vor  den  Schülern  ausbreiten  und  begehren  in  ihrer  ganzen 
Massenhaftigkeit  Einlaß  in  den  Köpfen;  die  geistesgymnastischen 
verlangen  ein  Maß  der  Fertigkeit  und  der  Sicherheit  in  der  Leistung, 
das  über  die  gesunde  Möglichkeit  hinausgeht. 

Zudem  werden  schließlich  alle  Fächer  wie  Pflicht-  oder 
Zwangsfächer  behandelt.  Am  Schlüsse  stehen  Zeugnisse  und 
Prüfungen  für  Schüler  und  Lehrer.  Darum  zieht  denn  auch  hinter 
dem  Heer  der  Fächer  die  Meute  der  Repetitionen  und  Explora- 
torien  her.  Und  der  Schüler  soll,  ob  er  will  oder  nicht,  in  allen 
diesen  Fächern  etwas  leisten.  Der  weniger  gewissenhafte  Leicht- 
fuß behilft  sich;  der  Gewissenhafte,  Ängstliche  und  Schwerfällige, 
der  aber  darum  noch  keineswegs  der  Untüchtige  ist,  tut  schwer. 

3.  Die  dritte  Schwierigkeit  liegt  in  der  Knappheit  der 
einzelnen  Fächern  zugemessenen  Zeit,  oder  in  einem 
gewissen  Mißverhältnis  zwischen  Unterrichtszielen  und  zugemessener 
Unterrichtszeit. 

So  scheint  mir  der  Mathematik  im  Verhältnis  zu  ihren 
derzeitigen  Unterrichtszielen  diejenige  Übungszeit,  im  Rahmen  der 
gesetzlichen  Hausaufgabenzeit,  nicht  zur  Verfügung  gestellt  werden 
2U  können,  welche  die  Mehrzahl  der  Schüler  doch  bedürfte. 

Wie  knapp  dem  Lateinischen  und  dem  Griechischen 
die  Zeit  zugemessen  ist,  empfindet  jeder  Lehrer  dieser  Fächer.   Der 


364  Mayer, 

Unterricht  hat  etwas  Hastiges  angenommen^  und  die  Schüler  er- 
langen nicht  mehr  die  nötige  Sicherkeit.  Gestatten  Sie,  daß  ich. 
ein  Streiflicht  geschichtlicher  Betrachtung  im  VorUbereilen  auf  das 
Lateinische  werfe.  Anno  1840  hatte  das  Lateinische  auf  der  Unter- 
und  Mittelstufe  in  Eßlingen  102  Stund  en,  bis  vor  14  Jahren  noch 
82,  heute  hat  es  nur  noch  50,  und  selbst  von  diesen  50  Stunden  macht 
die  ^U  Stundenzeit  im  Winter,  und  da  und  dort,  wie  ich  höre,  der 
Konfirmandenunterricht  noch  recht  empfindliohe  Abstriche.  Nun 
sind  zwar  die  Anforderungen  in  der  Komposition  seither  zurück- 
gegangen, wiewohl  die  gegenwärtigen  Übungsbücher  von  Herzog 
für  anspruchsvoller  gelten  als  z.  B.  Hoizer  und  Warschauer  waren,, 
und  die  Landexamens-,  Maturitäts-  und  Konkursthemata  haben 
nicht  aufgehört  recht  kräftige  Forderungen  zu  stellen  —  jedenfalls 
aber  werden  dieselben  Schriftsteller  wie  dereinst  heute  noch  im 
Unter-  wie  im  Obergymnasium  gelesen! 

Ganz  besonders  dürftig  ausgestattet  ist  das  Französische 
in  IV  und  V.  In  Klasse  in  begonnen  mit  4  Stuitllen  wird  es  in 
IV  und  V  fortgesetzt  mit  2  Stunden.  Wie  manchmal  fällt  von 
diesen  2  Stunden  erst  noch  eine  aus !  Und  Grammatik,  Komposition, 
Exposition  (,,Lektüre  im  Anschluß  an  eine  Chrestomathie^^  sagt  der 
Lehrplan)  samt  den  schriftlichen  Übungen  und  deren  Besprechung 
sollen  in  dieser  Zeit  besorgt  und  die  Schüler  tüchtig  dabei  gefor- 
dert werden.  Dazu  soll  das  Ohr  der  Schüler  durch  Sprechübungen 
an  das  fremde  Idiom  gewöhnt  werden.  Das  ist  wiederum  zuviel 
und  für  das  Gros  der  Schüler  schwer  möglich  ohne  kräftige  In- 
anspruchnahme ihres  Privatfleißes.  Dabei  ist  das  so  knapp  aus- 
gestattete Fach  in  derselben  Zeit  zum  Examensfach,  zum  Land- 
examensfach avanciert. 

Kurzum:  Unser  heutiges  Gymnasium  „hat  zum  alten  Pensum 
der  Gelehrtenschule,  dem  klassischen  Unterricht  hinzugenommen: 
1.  den  Kursus  in  den  modernen  Sprachen  und  2.  den  in  den  modernen 
Wissenschaften  (Mathematik  und  Naturwissenschaften).  Es  hat  so- 
mit zu  seiner  alten  Aufgabe  eine  oder  zwei  im  ganzen  und  großen 
gleich  schwere  hinzugefügt^'  (Berlin.  Dez.Konf.  1890).  Daher  die 
große  Stundenzahl,  daher  die  vielen  Fächer  und  daher  die  Enge, 
in  welcher  die  wichtigsten  Fächer  sich  befinden,  und  daher  endlich 
gar  zu  leicht  Überbürdung  auch  mit  Hausaufgaben. 

Wo  liegt  die  Abhilfe?  Gegen  das  Jahr  1840  hin  war  eine 
ähnliche  Bedrängnis  in  unsern  Schulen,  sie  führte  zur  Ausscheidung 
des   Realismus,    zur   Gründung    eigener   Realschulen.      Dann    erst 


Korreferat  über  die  Hausaufgaben.  355 

'konnten  die  altklassiscben  Sclinlen  wieder  ihres  Lebens  froh  werden. 

Eine   ähnlich   saaber e  Ausscheidung   und    organische  Lostrennung 
.können  wir  heute  nicht  mehr  vornehmen.     Wir  mfissen  auf  andere 

Weise  zu  helfen  suchen. 

Satz  m. 

Dieftc    Schwierigkeiten    kOnnen    zum   Teil    durch  Ver- 
besserung der  Methode  überwunden  werden. 

1.  Unbedingt  muß  stärker  wieder  betont  werden  der  Unter- 
schied zwischen  Haupt-  und  Nebenfächern.  In  diesen 
„müssen  wir  uns  beschränken,  um  für  die  Hauptfächer  die  Arbeits- 
kraft und  Arbeitsfreudigkeit  der  Schüler  zu  erhalten'^  Ich  schätze 
die  Nebenfächer  keineswegs  gering,  ich  möchte  sie  auch  nicht  ober- 
flächlich behandelt  wissen,  auch  ich  sähe  sie  gerne  mit  den  aller- 
tüchtigsten  Lehrern  besezt;  aber  sie  müssen  sich  bescheiden  lernen, 
müssen  als  dienende  Glieder  an  das  Ganze  sich  anschließen,  dürfen 
für  sich  keine  breite  Sonderexistenz  beanspruchen  und  müssen,  da- 
mit den  Hauptfächern  die  Hausaufgabenzeit  im  wesentlichen  zur  Ver- 
fügung bleibt,  ihre  Aufgabe  fast  ganz  —  ganz  wäre  vielleicht  (?)  zuviel 
verlangt  —  innerhalb  der  Unterrichtsstunde  selbst  erfüllen.  Ich  bin  in 
dieser  Beziehung  in  einigem  Gegensatz  zu  dem  Herrn  Referenten,  der 
die  häusliche  Arbeit,  wie  es  scheint,  hauptsächlich  eben  für  die  Neben- 
fächer in  Anspruch  nehmen  möchte.  Bei  meiner  Auffassung 
können  wir  dann  aber  freilich  die  40-Minuten-Lektionen  nicht 
brauchen  —  wir  seufzen  genug  unter  den  winterlichen 
^U  Stunden  —  denn  si-e  verkürzen  die  Stunde  umihren 
fruchtbarsten  Teil  und  hemmen  entweder  das  Fort- 
schreiten, wenn  es  im  besten  Zug  ist,  oder  lassen  sie 
nicht  zu  die  ausgiebige  Besprechung  des  dargebotenen 
Stoffes  zum  Zweck  der  Repetition  und  Zueignung 
durch  Verknüpfung,  Vertiefung,  Vergeistigung. 

2.  Müssen  alle  die  stofflichen,  realistischeren  Fächer 
sich  von  der  Schwere  ihrer  Stofflichkeit  recht  gründ- 
lich entlasten  zugunsten  der  geistigen  Anregung,  Belebung  und 
Schulung  der  Schüler.  Daß  es  in  keinem  Fach  ohne  die  Aneignung 
fester,  sicherer  Kenntnisse  geht,  weiß  ich  wohl;  ich  habe  aber  auch 
den  Eindruck,  daß  die  Kenntnisse  nur  zu  oft  als  toter  Stoff  über- 
Jlefert,  nicht  als  geistige  Samenkörner  eingepflanzt  werden.  In 
welch  krassem  Mißverhältnis  bei  unsern  Schülern  oft  das  Einzel- 
wissen und  die  Fähigkeit  denkender  Betrachtung  steht,  zeigt  zu- 
teilen in  verblüffender  Weise  der  Aufsatz,  wenn  es  gilt  ein  Thema 


366  Mayer, 

zu  bearbeiten,   das  aus  dem  Gebiet  der  stoffliclien  Fächer   zu  illn- 
Btriereo  wäre. 

Die  Geschichte  vor  allem  ist  ein  Faeb,  das  zeitweise,  nament- 
lich vor  der  Reifeprüfung,  nnsre  Schiller  stofflich  aufs  schwerste 
belastet.  Die  Menge  der  vorgeschriebenen  Geschichtszahlen 
dürfte  revidiert  werden.  Da  wird  viel  rein  nur  für  den  Examens- 
tag und  ohne  Verständnis  gelernt«  Außerdem  muß  ein  guter 
Unterricht  die  Last  des  Stoffes  fttr  die  Schüler  heben. 
Ein  solcher  besteht  natürlich  nicht  darin,  daß  man  vor  den  Schüler 
zur  Ergänzung  seines  Lehrbuclis  eine  sandkornartige  Masse'  von 
Notizen  ausschüttet,  oder  gar  daß  man  ihm  zu  dem  Lehrbuch  hin, 
das  er  kauft,  ein  zweites  umfang-  und  stoffreicheres  diktiert.  Viel- 
mehr wird  er  vor  allem  Übersiclit  und  Ordnung  in  die  Mannigfaltig- 
keit des  Stoffes  bringen  durch  klare  Disposition,  durch  kräftige 
Gruppenbildung,  durch  helle  Beleuchtung  von  bedeutsamen  Gesichts- 
punkten aus,  durch,  ich  möchte  sagen,  jene  plastische  Behandlung, 
welche  bedeutende,  voll  und  breit  ausgeführte  Vordergründe  und 
leichte,  nicht  mit  Detail  überladene  Hintergrtlnde  schafft.  Aber 
auf  die  Darbietung  des  Stoffs  muß  hier  ganz  besonders  notwendig 
dessen  mündliche  Repetition  folgen,  nicht  im  Sinne  polizei- 
mäßiger Einzelkontrolle  sondern  im  Dienst  der  Durcharbeitung  des 
Stoffs  mit  dem  Schüler.  Diese  muß  gi'ößzUgig  gehalten  sein  und 
den  Schüler  üben  in  der  Kunst,  das  Wesentliche  herauszufinden^, 
in  seiner  Bedeutung  zu  erkennen,  und  mit  dem  aufgenommenen 
Stoff  auch  zu  operieren,  d.  i.  das  einzelne  in  größere  Zusammen- 
hänge zu  bringen  und  einzureihen.  Was  aber  die  Reifeprüfung  in 
Geschichte  anbelangt,  so  möchte  ich  die  Frage  anregen,  ob  es  nicht 
zweckmäßig  wäre,  zur  einen  Hälfte  das  Semesterzeugnis  gelten  zu 
lassen  und  zur  andern  an  Stelle  der  bisherigen  Geschichts fragen 
einen  Geschichtsaufsatz  treten  zu  lassen,  der  eine  geschichtliche 
Betrachtung  allgemeinerer  Art  verlangte. 

Satz  IV. 
Zum  Teil  erfordern  aber  die  vorhandenen  Schwierig- 
keiten Änderungen  in  der  Organisation. 

Solche  Änderungen  erfordern  Opfer;  daran  ist  kein  Zweifel. 
Wer  soll  sie  bringen?  Überall  wird  deren  Zumutung  wie  eine 
Ungerechtigkeit  und  schmerzlich  empfunden  werden.  Und  doch 
dürften  sie  unumgänglich  notwendig  sein.  Wir  haben  uns  im  Gym- 
nasium gar  zu  viel  und  gar  zu  vielerlei  zur  Aufgabe  machen  lassen» 


KoiTeferat  Über  die  Hausaufgaben.  367 

Ohne  jene  Opfer  wird  die  Plage  in  imsrem  Heere  nicht  aufhören 
nnd  werden  die  ergrimmten  Götter  der  Öffentlichkeit  nicht  zur 
Ruhe  kommen. 

1.  Und  so  ist  zu  empfehlen  Abschaffung  der  grie- 
chischen Komposition  als  Prtlfungsfach  in  KlasseVn 
und  als  Hausaufgabenfach  in  Klasse  VII — IX. 

Der  Herr  Referent  hat  mit  guten  Gründen  Einschränkung 
der  griechischen  Komposition  vorgeschlagen.  Jedoch  so- 
lange die  griechische  Grammatik  einzuüben  ist,  also  bis  Klasse  VI, 
mindestens  aber  bis  Klasse  V  einschließlich,  wünschte  ich  sie  bei- 
behalten als  Prüfungs-  wie  als  Hausanfgabenfach.  Dagegen  in 
Klasse  YII  wird  sie  neben  der  Lektüre  nebensächlich  und  als  Prü- 
fungsfach, neben  Homer  und  Herodot,  geradezu  hinderlich.  Hier 
schon  möchte  auch  ich  sie  als  Prüfungsfach  und  von  hier  an  als 
Hausaufgabenfach  aufgegeben  und  auf  Übungen  innerhalb  der  Unter- 
richtszeit beschränkt  sehen. 

2.  Geboten  erscheint  die  Wiederentfernung  der 
Algebra  und  Geometrie  aus  Klasse  IV  und  V. 

Klasse  IV  und  V  halte  ich  für  entschieden  überlastet.  Das 
Alter  der  Schüler  —  vielfach  schon  das  angebende  Entwicklungs- 
alter —  ist  noch  nicht  sehr  tragfähig.  Die  Anforderungen  der 
lateinischen  Sprache  in  Grammatik,  Komposition  und  Exposition 
steigern  sich  recht  bedeutend,  namentlich  in  Klasse  IV,  das  Grie- 
chische setzt  kräftig  ein,  das  Französische  dürftigst  begabt  soll 
doch  gedeihlich  fortschreiten,  und  nun  drängt  sich  zu  allem  Über- 
fluß noch  die  Mathematik  herein,  und  in  den  Wintermonaten  will 
auch  der  Konfirmandenunterricht  noch  seinen  Platz  finden.  So 
kommen  mir  diese  zwei  Klassen  vor  andern  wie  Gärten  vor,  in 
denen  der  habsüchtige  Eigentümer  alle  Bäume  zu  eng  gesetzt  hat. 

Unter  diesen  Umständen  scheint  mir  die  Wiederentfernung 
der  Mathematik  aus  diesen  Klassen  geboten. 

Ihr  Beginn  dürfte  auch  verfrüht  sein.  Überdies,  wollen  wir 
denn  realistischer  sein  als  das  Realgymnasium?  Und  glauben  wir 
denn,  daß  unsere  Gymnasisten  soviel  stärkere  Schultern  haben  als 
die  Realgymnasisten  ?  Wieviel  leichter  tragen  diese  in  Klasse  IV 
und  V!  Sie  haben  kein  Griechisch,  auch  nicht  als  Ersatz  dafür 
Englisch.  Und  Geometrie  beginnen  sie  erst  in  Klasse  V,  Algebra 
erst  in  VI! 

Namentlich  dem  Französischen  könnte  die  Hinterlassenschaft 
der  Mathematik  in  Klasse  IV  und  V  zugute  kommen. 


368  Mayer, 

3.  Zu  erwägen  wäre  eine  Ermäßigung  der  An- 
sprttcbe  der  Mathematik  im  obligatorischen  Unter- 
richt des  Obergymnasiums  unter  Einrichtung  eines 
weitergehenden  fakultativen  Mathematikunterrichts. 

Schon  als  Konsequenz  der  Entfernung  der  Mathematik  aus 
Klasse  IV  und  V  ergäbe  sich  die  Einschränkung  der  ma- 
thematischen Anforderungen  im  Obergymnasium. 

Deren  Notwendigkeit  ergibt  sich  mir  aber  auch  aus  anderen 
Betrachtungen.  Sie  scheint  mir  das  Korrelat  der  Zulassung 
so  vieler  fakultativer  Fächer  im  Obergymnasium.  Man  kann 
es  ja  beklagen,  daß  alle  diese  Fächer  Einlaß  bekommen  haben; 
aber  nun  sind  sie  einmal  da;  man  muß  auch  zugeben,  daß  manchen 
Schuler  Anlage,  Neigung,  der  fernere  Bildungsweg  und  sein  Berafs- 
ziel  auf  sie  hinweist.  Denken  wir  uns  nun  aber  den  Schüler,  der 
diesen  in  ihm  selbst  gelegenen  Motiven  oder  der  amtlichen  Er- 
munterung gefolgt  ist  und  sich  an  diesen  Fächern  beteiligt  —  für 
ihn  steht  die  Sache  dann  so :  Alle  jene  3  verschiedenen  Kurse,  der 
alten  Sprachen,  der  neueren  Sprachen  und  der  Naturwissenschaften 
mit  der  Mathematik,  machen  dann  ausgedehnte  Ansprüche  an  ihn. 
Das  aber  ist  ftlr  einen  gewöhnlichen  Schttlerkopf  zuviel.  Für  ihn 
muß  eine  Erleichterung  eintreten  können.  Wo  ist  sie  zu  finden ? 
Gibt  man  zu,  daß  die  alten  Sprachen  das  Rückgrat  des  Gymnasiums 
sind  und  bleiben  müssen,  so  wird  man  hier  nicht  noch  weiter  min- 
dern wollen«  Was  bleibt  dann  übrig,  als  daß  die  beiden  andern, 
die  modernen  Kurse,  der  mathematisch-naturwissenschaftliche  und 
der  neusprachliche  einander  Konzessionen  machen,  beziehungsweise 
jener  etwas  von  seinem  alten  Besitz  zugunsten  des  jüngeren  Ein- 
dringlings aufgibt? 

Icli  bin  weit  entfernt,  den  wissenschaftlichen  Wert  der  Mathe- 
matik und  den  praktischen  und  bildenden  Wert,  den  sie  für  viele 
hat,  zu  leugnen;  ich  will  auch  nicht  oiine  weiteres  mich  zu  dem 
Glauben  an  die  relative  Seltenheit  mathematischer  Begabung  be- 
kennen; wohl  aber  stimmen  meine  Eindrücke  zu  dem  Ausspruch 
eines  liervorragenden  Mathematikers  *),  daß  ^^der  Menschennatur  das 
mathematische  Denken  im  Grunde  zuwider  sein  müsse"  und  daß 
demgemäß  auch  ,,bei  einem  großen,  ja  sogar  bei  einem  größeren 
Teil    der   Schüler    die   Früchte    des    Mathematikunterrichts   recht 


*)  Festrede,  gehalten  in  der  öffentlichen  Sitzung  der  K.  bayrischen 
Akademie  der  Wissenschaften  in  München  am  14.  März  1904.  Beilage 
zur  Allgemeinen  Zeitimg  vom  14.  und  16.  März  1904. 


Korreferat  über  die  Hausaufgaben.  3^9 

ktiminerliche  sind^^  Warum  wollen  wir  solchen  Schülern  in  einem 
Gebiet,  das  nicht  im  eigentlichen  Mittelpunkt  unsres  Unterrichts  steht, 
nicht  eine  gewisse  Freiheit  der  Teilnahme  zugestehen,  waram  ihnen 
nicht  die  Hinwendung  zu  Fächern,  für  die  sie  vielleicht  mehr 
Freudigkeit  haben,  erleichtern? 

Endlich  noch  eine  dritte  Betrachtung!  Das  eigentliche  und 
höchste  Ziel  gymnasialer  Bildung  ist  doch  die  Vorbereitung  auf  die 
Universitätsstudien.  Betrachte  ich  nun  von  diesem  höchsten  Ge- 
sichtspunkt aus  die  Sache,  so  ist  es  mir  doch  recht  zweifelhaft, 
ob  wirklich  das  Gymnasium  das  Recht  hat,  dasjenige  Maß  mathe- 
matischer Kenntnisse  von  allen  seinen  Schülern  zu  verlangen,  das 
es  derzeit  fordert.  Reife  für  die  meisten  akademischen  Studien  ist 
auch  ohne  jene  da.  Wenn  dem  aber  so  ist,  dann  tritt  wohl  das 
Recht  des  elterlichen  Willens  in  Kraft,  und  der  ginge  recht  häußg 
auf  eine  Beschränkung  der  mathematischen  Forderungen  im  Ober- 
gymnasium zugunsten  anderer  Fächer. 

Aus  diesen  Gründen  wage  ich  den  Satz  IV,  3 :  Zu  erwägen  wäre 
eine  Ermäßigung  der  Ansprüche  der  Mathematik  im  obligatorischen 
Unterricht  des  Obergymnasiums  unter  Einrichtung  eines  weiter- 
führenden fakultativen  Mathematikunterrichts.  Daß  die  Änderung 
der  Organisation  nicht  ohne  Schwierigkeit  ist,  erkenne  ich  an. 
Daß  sie  nicht  unmöglich  ist,  scheinen  die  Selekten  zu  beweisen,  die 
da  und  dort  schon  eingerichtet  worden  sind.  Das  ist  mir  aber 
gewiß,  daß  die  Lockerung  des  Zwangs  der  Teilnahme  an  dem 
Mathematikunterricht  wie  vielen  Eltern  und  Schülern,  so  auch  den 
Mathematiklehrern  eine  gewisse  Erlösung  bringen  würde.  Mit  der 
verhältnismäßigen  Freiwilligkeit  würde  sicher  auch  Freude  und 
Strebsamkeit  der  Schüler  sich  erhöhen. 

Und  nun  kann  ich  meinen  Weg  schneller  verfolgen,  und  nach- 
dem ich  den  Boden,  auf  dem  unsre  Hausaufgabennot  zu  wachsen 
pflegt,  betrachtet  und  nach  meiner  Meinung  geordnet  habe,  zu  den 
Hausaufgaben  selbst  übergehen. 

Dabei  bin  ich  in  der  angenehmen  Lage,  mit  den  die  Materie 
behandelnden  und  ordnenden  Erlassen  mich  fast  durchaus  einver- 
standen erklären  zu  können. 

Satz  V. 

Hausaufgaben  sind  prinzipiell  festzuhalten. 

In  dem  Erlaß  vom  Jahr  1883  heißt  es :  ,,Die  Forderung  gänz- 
licher Beseitigung   der  Hausanijgaben   ist   eine   unberechtigte,   die 


370  Mayer, 

Zwecke  der  Schule  nach  der  Seite  des  Unterrichts  und  der  Er- 
ziehung gefährdende.^^  Die  Hausaufgaben  werden  für  zweckmäßig 
und  unentbehrlich  erklärt,  sofern  sie  einerseits  eine  Ergänzung  des 
Schulunterrichts  bilden,  andererseits  dem  pädagogischen  Interesse 
der  Gewöhnung  des  Schillers  an  Selbsttätigkeit  und  eine  geordnete, 
gewissenhafte  Benützung  der  Zeit  dienen^). 

Ich  bin  hiermit  vollständig  einverstanden  nnd  werde  nur 
weniges  noch  hinzufügen.  Die  Schule  hat  heutzutage  allen  Grand, 
daran  festzuhalten,  daß  die  Schultage  der  Schule  gehören,  d.  i.  daß 
die  Kraft  nnd  das  Interesse  der  Schüler  an  diesen  Tagen  ihr  und 
ihren  Fächern  gehört  —  solcher  Tage  sind  es  im  Jahr  etwa  240, 
auf  die  übrigen  120  mag  das  Elternhaus  die  Hand  decken.  Be- 
harren wir  nicht  darauf,  so  werden  wir  es  bald  erleben,  daß  Maische 
Indianer-  und  Räubergeschichten,  daß  aller  mögliche  Sport,  daß 
die  Straßenbummelei  mit  ihren  Anhängseln,  daß  unter  den 
Auspizien  des  deutschen  Vaters  und  der  deutschen  Mutter  veran- 
staltete Tanzstunden  und  Tanzkränzchen  Kopf  und  Herz  unsrer 
Schüler  in  jenem  Maße  einnehmen,  bei  welchem  die  Schule  mit 
ihren  strengen  Anforderangen  an  Arbeit,  Konzentrierung  und  Ver- 
tiefung nur  noch  als  unleidlicher  Überrest  altvaterischer  Rigorosität 
und  Morosität  angesehen  und  behandelt  wird. 

Also:  Hausaufgaben  sind  prinzipiell  festzulialten. 

Satz  VI. 
Prinzipiell     festzuhalten    sind     die    bisher    üblichen 
Formen  der  Hausaufgaben,  insbesondere  schriftliche 

Hausaufgaben. 

Sehe  ich  die  Hausaufgabenheftchen  durch,  welche  unsre  Schüler 
zu  führen  pflegen,  so  heißt  es  da  überwiegend :  Repetieren,  Leraen. 
Dabei  handelt  es  sich  um  die  Repetition  dessen,  was  in  der 
Schule  sei  es  in  den  Sprachen  oder  der  Mathematik  oder  sonst  wo 
geübt  und  getrieben  worden  ist,  und  um  das  L  ernen  von  Wörtern, 
Regeln,  Sprüchen,  Liedern,  ELatechismus,  deutschen  Gedichten,  Ge- 
schichte, Geographie,  Physik,  Chemie,  Mineralogie,  um  das  kleine 
und  große  Einmaleins,  um  Algebra,  Geometrie,  Trigonometrie. 

Dieses  mündliche  Repetieren  und  Lernen  ist  verhältnismäßig 
am  wenigsten  angefochten.  Gerade  der  schwächere  Schüler,  für 
den  am  meisten  nach  Erleichterung  gerufen  wird,  braucht  es  auch 

*)  Vgl.  die  trefflichen  Ausführungen  auf  der  Berliner  Dezember- 
Konferenz  1890  von  Virchow  S.  119  f. 


Korreferat  über  die  Hausaufgaben.  371 

am  meisten.  Daß  beim  Unterncht  stofflich  Maß  gehalten 
werden  soll,  habe  ich  bereits  betont.  Ob  nicht  im  religiösen 
Memorieren  bei  unsern  evangelischen  Schillern  noch  weitere  Ent- 
lastung eintreten  könnte,  möchte  ich  gerne  der  geneigten  Erwägung 
der  hohen  Behörde  anheimgeben:  den  Katechismus  in  der  bis- 
herigen Ausdehnung  lernen  zu  lassen  dünkt  mir  nicht  wohlgetan. 
Was  aber  gegen  den  belastenden  Regelkram  der  Grammatik 
vorgebracht  wird,  scheint  mir  im  wesentlichen  auf  Unkenntnis 
unsres  heutigen  Betriebs  und  auf  mangelhafter  Einsicht  in  schuU 
technische  Dinge  zu  beruhen;  von  großem  Wert  ist  das  systema- 
tische Lernenlassen  von  Vokabeln   durch  alle  Klassen  hindurch. 

Was  die  Exploratorien  anbelangt,  so  halte  ich  diese  für 
unentbehrlich,  wünschte  aber  auch,  daß  sie  selten  und  unangesagt 
vorgenommen  würden.  Natürlich  muß  Unterrichtsbehandlung, 
Themastellung  und  Kritik  solchem  Verfahren  dann  billige  Rechnung 
tragen. 

Aber  die  schriftlichen  Hausaufgaben!  In  unseren  Haus- 
aufgabenbüchlein finden  sich  als  Hausaufgaben  auch  deutscher  Auf- 
satz, lateinisches,  griechisches^  französisches  Argument,  lateinische, 
griechische  Periode  oder  lateinische,  griechische,  französische  Prä- 
paration oder  Schreiben  der  in  der  Schule  komponierten  oder 
exponierten  fremdsprachlichen  Abschnitte;  endlich  Rechen-  und 
Matliematlkaufgaben.  Also  selbständigere  Arbeiten  zu  Hause? 
Was  ist  davon  zu  halten? 

Es  finden  diese  Aufgaben  sehr  starke  Anfechtung.  Eine  radikale 
Forderung  lautet:   Überhaupt  keine  schriftlichen  Hausaufgaben!- 

Das  glaub^  ich ;  das  wäre  vor  allem  der  Bequemlichkeit  vieler 
Schüler  und  vieler  Eltern  höchst  angenehm.  Derjenige  Schüler, 
der  die  Hausarbeit  am  nötigsten  hat,  würde  dann  immer  recht  bald 
sich  und  seine  Umgebung  von  jeder  Schulsorge  und  jeder  Rück- 
sichtnahme auf  sein  Arbeiten  befreien  mit  dem  beglückten  und 
beglückenden  Ausruf:  „Ich  bin  fertig!  Ich  kann  mein  Sach!"  und 
der  Lehrer  würde  durch  alle  Klassen  hindurch  dieselbe  böse  Er- 
fahrung machen,  die  der  Elementarlehrer  schon  so  häufig  macht, 
wenn  er  seinen  Schülern  einen  Abschnitt  zu  öfterem  Durchlesen 
daheim  aufgibt.  Aber  schriftliche  Aufgaben  sind  wertlos:  sie 
werden  abgeschrieben!  Ich  setze  Erfahrung  gegen  Erfahrung 
und  sage:  der  ordentliche  und  gewissenhafte  Schüler  schreibt 
sie  nicht  ab.  Er  bemüht  sich  selbst  mit  seinem  Aufsatz,  seinen 
Argumenten,   seiner  Präparation,   seinen  Rechen-  und  Mathematik- 


372  Mayer, 

aufgaben^     und     sie    werden    für    ihn    wertvolle    selbständige 
Übungen. 

Für  solche  ist  auf  der  Berliner  Dezemberkonferenz  des  Jahres 
1890  namentlich  ein  Mediziner,  und  zwar  kein  Geringerer  als 
Virchow  eingetreten.  Er  verlangt  ,,ein  gewisses  Maß  häuslicher 
Arbeit  zur  Gewöhnung  an  eigene  Tätigkeit^^  ,,Man  erlangt 
sonst  nicht  die  selbständige  Entwicklung  der  Schüler,  welche  sie 
befähigt;  sich  im  Leben  selbst  zu  helfen  und  jede  neue  Aufgabe, 
die  sich  darbietet,  soweit  als  möglich  mit  eigenen  Kräften  zu  ver- 
folgen." Er  fordert  solche  selbständige  Arbeit  im  Interesse  der 
Charakterbildung  der  Schüler  und  sagt:  „Die  Zahl  der  Charaktere 
wird  kleiner.  Auch  das  hängt  zusammen  mit  dem  Nachlaß  der. 
eigenen  Arbeit  auf  der  Schale;  denn  nur  durch  selbstätige  Arbeit  lernt 
der  Schüler  gegenüber  äußeren  Schwierigkeiten  Widerstand  zu 
leisten  und  die  Mittel  des  Widerstands  und  des  Siegs  in  der 
eigenen  Kraft,  in  seiner  Natur,  in  seinem  Wesen  zu  suchen. ^^ 

Zu  den  geschmähtesten  Aufgaben  gehört  das  Schreiben- 
lassen der  komponierten  und  exponierten  Abschnitte. 
„Wertlos,  sinnlos!"  Ich  gebe  auf  Grund  eigener  Erfahrung  und 
der  Beobachtung  bei  anderen  das  gar  nicht  zu.  Im  Gegenteil! 
Sie  sind,  je  jünger  der  Schüler  ist,  um  so  wertvoller,  wertvoll  zur 
Übung,  wertvoll  zur  Selbstkontrolle  bei  der  unmittelbaren  Re- 
petition  zu  Hause  und  als  Unterlage  für  später  sich  wiederholende 
Repetitionen.  Ja  selbst  meinen  Neunern  pflege  ich  den  Rat  zu 
geben :  Repetieren  Sie  Ihren  Horaz,  Ihren  Tacitus  mit  der  Feder 
in  der  Hand,  und  das  zu  Ihrer  Selbstkontrolle.  Ich  wünschte,  wir 
könnten  Komposition  und  Exposition,  wenigstens  in  den  unteren 
und  mittleren  Klassen,  regelmäßig  schreiben  lassen :  unsere  Schüler 
würden  in  den  Sprachen  viel  sicherer. 

Was  die  Präparation  betrifft,  so  habe  ich  schon,  lange 
Zeiten  hindurch,  unpräpariert  übersetzen  lassen,  der  Regel 
nach  lasse  ich  aber  derzeit  präparieren.  Ich  tue  das  nicht  nur, 
weil  ich  das  für  den  Unterricht  förderlich  finde,  wenn  der  Schüler 
vorher  seinen  Text  durchliest  samt  allem,  was  er  noch  darüber 
hinaus  mit  dem  Text  sich  beschäftigt,  sondern  noch  mehr  damit 
der  Schriftsteller  in  stärkerem  Maß  seine  Aufmerksamkeit  und  sein 
Interesse  konzentriert,  eine  beherrschende  Stellung  im  Bewußtsein 
des  Schülers  behält.  Aber  andererseits:  unumgänglich  notwendig, 
einen  Tag  wie  den  a.nderen,  ist  Präparation  nicht.  Kommen  sonst 
größere  Arbeiten,  so  kann  sie  auch  aussetzen. 


Korreferat  über  die  Hausaufgaben.  373 

Gedruckte  Präparationen  tan  gate  Dienste  bei  der 
ersten  Einführung  in  einen  Schriftsteller^  sie  erleichtern  den  An- 
fang nnd  bieten  eine  solide  Grundlage  für  das  höchst  wesentliche 
Memorieren  der  Wörter.  Zn  lang  beibehalten  lähmen  sie  die 
Selbsttätigkeit  des  Schülers  und  machen  ihn  bequem. 

Im  übrigen  enthält  der  Hausaufgabenerlaß  vom  Jahr 
1896  über  das  Präparierenlassen  treffliche  Winke. 

Also  prinzipiell  sind  auch  alle  die  gewöhnlichen  Arten 
nnsrer  schriftlichen  Hansanfgaben  festzuhalten;  soweit  sie  aber 
tatsächlich  fallen  gelassen  werden  wollen,  hat  das  zu  geschehen 
nicht  weil  sie  wertlos  oder  gar  sinnlos  sind ,  sondern  trotzdem^ 
daß  sie  wertvoll  sind,  aus  Schonung  der  Kraft  und  Zeit  unsrer 
Schüler.  Daß  ich  die  Hauszeit  der  Schüler  für  die  Nebenfächer 
möglichst  wenig  in  Anspruch  genommen  wissen  möchte,  habe  ich 
erwähnt. 

Satz  VII. 

Zu    beschränken    ist   die  Hausaufgabenzeit   in 

Klasse  IV— V. 

Mit  dem  Erlaß  des  Jahres  1896  halte  ich  nach  der  jetzigen 
Ordnung  der  Dinge  in  der  Vorklasse  und  in  Klasse  I  und  IE 
„eine  Überbürdung  für  .  . .  ausgeschlossen^^  Soweit  gehe  ich  aber 
doch  nicht,  daß  ich  sage  „für  völlig  ausgeschlossen^^  In  der  Vor- 
klasse wohl;  diese  tritt  sogar  einigermaßen  auf  der  Stelle.  Aber 
gleich  in  Klasse  I  und  n  macht  das  Lateinische  starke  Anforderungen. 

Einverstanden  bin  ich  mit  der  weiteren  Bestimmung  in  dem 
Erlaß  des  Jahres  1896,  nach  welcher  für  die  Schüler  unsrer  jetzigen 
m.  Klasse  die  Hausaufgaben  an  vollen  Schultagen  nicht  mehr 
als  IV2  Stunden,  an  den  schulfreien  Nachmittagen  nicht  mehr  al& 
2  Stunden  in  Anspruch  nehmen  sollen. 

Anders  stelle  ich  mich  zu  der  Ordnung  fttrKlasselV  undV: 
hier  sollen  „nicht  mehr  als  IV2 — 2,  bezw.  2'/2 — 3  Stunden"  auf- 
erlegt werden.  Das  mag  bei  der  gegenwärtigen  Organisation  fast 
notwendig  sein;  aber  an  sich  ist  es  zuviel  und  darum  eine  Ände- 
rung in  diesen  Klassen  Bedürfnis.  An  Tagen,  an  welchen  der 
12 — 14jährige  Knabe,  den  auch  seine  körperliche  Entwicklung  leicht 
schon  müde  macht,  nach  6 — 7  anstrengenden  Schulstunden  heim- 
kommt, ist  eine  Belastung  mit  Hausaufgaben,  die  weitere  Vit  bis 
2  Standen  angestrengten  Arbeitens  erfordern,  leicht  zuviel.  So  be- 
merkt man  auch  gerade  in  diesen  Klassen  öfters  gegen  das  Ende 
längerer  Schulzeiten  eine  gewisse  Abspannung. 


374  Mayer, 

Dieselbe  Zeit  wie  für  Klasse  IV  und  V  ist  auch  zulässig  ftlr 
Klasse  VI  — IX. 

In  Klasse  VI  hat  der  Schüler  nach  meiner  Erfahrung^  selbst 
abgesehen  von  fakultativen  Fächern,  für  sein  sich  entwickelndes 
Alter  genug  zu  tun. 

Mehr  kann  man  von  ihm  verlangen  in  VII — IX;  tüchtige, 
konzentrierte  Arbeit  ist  ihm  hier  sogar  recht  gesund,  ich  wünschte 
nur  mehr  Berücksichtigung  seiner  Begabung  und  Neigung,  das 
fakultative  System  weiter  ausgebaut,  damit  seine  Arbeit  fröhlicher 
und  gedeihlicher  werde. 

Satz  Vlll. 
Von   besonderer   Wichtigkeit    ist    die    Kontrolle    der 
Zeit,    welche    der    Schüler    tatsächlich    braucht    zur 

Fertigung  seiner  Hausaufgaben. 

Welcher  Lehrer  und  welcher  Leiter  einer  Anstalt  hat  nicht 
schon  die  überraschendsten  Klagen  über  ÜberbUrdung  von  unbe- 
dingt glaubenswürdigen  Eltern  vernommen,  trotzdem  daß  auf  dem 
Hausaufgabenschema  alles  voi-tretflich  geklappt  hatte,  und  eben  wenn 
er  gemeint  hatte,  durch  vorsichtige  Beobachtung  der  bestehenden 
umsichtigen  Verordnungen   dem  Übel   sicher  vorgebeugt  zu  haben? 

Woher  kam  das?  Der  Schüler  war  durch  seine  Auf- 
gabe ganz  anders  in  Anspruch  genommen,  als  der 
Lebreres  einge. schätzt  hatte.  Ich  betrachte  es  darum  als  eine 
sehr  wichtige  Sache,  daß  nicht  eben  nur  die  objektive  Aufgabe  durch 
Eintrag  ins  Diarium  u.  dgl.,  sondern  daß  die  Zeit,  die  der  einzelne 
Schuler  zu  ihr  tatsächlich  braucht,  im  Auge  behalten  wird. 

Von  diesem  Gedanken  aus  haben  wir  an  unserer  Anstalt  schon 
seit  dem  Jahr  1895  Hausaufgabenbüchlein,  2  für  jede  ein- 
zelne größere  Klasse;  eines  derselben  führt  einer  der  besseren, 
eines  einer  der  schwächeren  Schüler,  aber  weder  dieses  noch  jenes 
immer  derselbe  Schüler,  sondern  wöchentlich  wechselndjetzt  dieser  dann 
der  nächste.  In  diese  Heftchen  schreiben  die  betreffenden  Schüler, 
jedesmal  mit  Nameusunterschrift,  täglich  ihre  sämtlichen  Hausauf- 
gaben und  Schularbeiten,  einschließlich  Strafarbeiten,  Vorbereitung 
auf  Repetitionen  und  Exploratorien  u.  dgl.;  bei  jeder  Arbeit  merken 
sie  an,  wieviel  Zeit  sie  wirklich  darauf  verwendet  haben.  Die  einzelnen 
Lehrer  sind  gebeten,  die  Heftchen  regelmäßig  durchzusehen,  und 
allwöchentlich  werden  sie  vom  Rektor  revidiert.  Meine  Erfahrung 
mit  dieser  Einrichtung  ist  die:  Unbedingt  zuverlässig  sind  auch 
diese  Heftchen    nicht;    nach   häutigen   Zeugnissen   der  Eltern   sind 


Korreferat  über  die  Hausaufgaben.  375 

die  Schuler  geneigt;  ihre  wirkliche  Arbeitszeit  zu  nieder  (nicht 
zu  hoch!)  einzusetzen.  In  der  Hauptsache  aber  geben  sie  doch 
ein  richtiges  Bild  von  der  häuslichen  Arbeit  der  Schüler  und  dem 
tatsächlichen  Anspruch  der  einzelnen  Fächer  an  sie; 
sie  sind  mir  des  öfteren  schon  wertvolle  Waffen  übertriebenen  Be- 
hauptungen des  Publikums  gegenüber  gewesen,  und  sie  wirken, 
wie  verständige  Eltern  mich  schon  versichert  haben,  nicht  als  un- 
fehlbare, aber  doch  als  wirksame,  selbsttätige  Regulatoren. 

Damit  bin  ich  zu  Ende.  Sie  haben  gesehen,  meine  Herrn,  daß 
ich  wohl  einige  Wünsche  hatte  in  Beziehung  auf  Änderung  in  der 
Organisation  unserer  Schule,  weuige  aber  in  Beziehung  auf  die 
Hausaufgabenordnung  selbst. 

Leitsätze. 

1.  In  den  Überbürdungsklagen  der  Neuzeit  ist  ein  berechtigter 
Kern  (S.  361). 

2.  Die  Organisation  unserer  Schulen  hat  große  Schwierigkeiten, 
aus  denen  leicht  ÜberbUrdungen  der  Schüler  im  Unterricht  und  mit 
Hausaufgaben  erwachsen  (S.  362). 

3.  Diese  Schwierigkeiten  können  zum  Teil  durch  Verbesserung 
der  Methode  überwunden  werden  (S.  365). 

4.  Zum  Teil  aber  erfordern  sie  Änderungen  in  der  Organi- 
sation (S.  366). 

a)  Zu  empfehlen  ist  Abschaffung  der  griechischen  Komposition 
als  Prüfungsfach  in  VII  und  als  Hausaufgabenfach  in  VII 
bis  IX  (S.  367). 

b)  Geboten  erscheint  die  Wiederentfernung  der  Mathematik  aus 
IV  und  V  (S.  367). 

c)  Zu  erwägen  wäre  eine  Ermäßigung  der  Ansprüche  der  Mathe- 
matik im  obligatorischen  Unterricht  des  Obergymnasiums 
unter  Einrichtung  eines  weitergehenden  fakultativen  Mathe- 
niatikunterricbts  (S.  369). 

5.  Prinzipiell  festzuhalten  sind  Hausaufgaben  (S.  369). 

6*  Prinzipiell  festzuhalten  sind  die  bisher  üblichen  Formen  der 
Häusaufgaben,  insbesondere  schriftliche  Hausaufgaben  (S.  370). 

7.  Zu  beschränken  ist  die  Hausaufgabenzeit  in  Klasse  IV 
und  V  (S.  373). 

8.  Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  die  Kontrolle  der  Zeit, 
welche  der  Schüler  tatsächlich  auf  seine  Hausaufgaben  zu  ver- 
wenden hat  (S.  374). 


376  Keppler, 

Ein  oftmals  wiederholter  Trugschluß  n. 

In  Heft  12,  Jahrgang  1904,  des  KorreBpondenzblatts  erklärt 
Herr  Tli.  D.,  daß  ihn  meine  Kritik  des  Spiekerschen  Lehrsatzes 
§  59  in  Heft  2  „nicht  recht  befriedigt^'  habe,  ohne  aber  anzudeuten, 
worin  das  „Unbefriedigende^  bestehe.  Ich  begreife  wohl,  daß  ein 
Satz,  welcher  etwas  als  falsch  nachweist,  uns  nicht  recht  befriedigen 
kann,  solange  wir  an  diesem  Falsclien  festhalten  wollen.  Spieker 
sucht  in  dem  genannten  Lehrsatz  das  Axiom  zu  beweisen,  (als 
solches  wird  es  ja  wohl  allgemein  anerkannt),  daß  die  Gerade  der 
kürzeste  Weg  zwischen  zwei  Punkten  ist.  Bei  diesem  Versuch 
begegnet  ihm  aber  ein  eirculus  in  demonstrando,  wie  ich  in  Heft  2 
Seite  64 — 66  nachgewiesen  habe.  Herr  Th.  W.  bemüht  sich  nun 
in  Heft  12,  den  Spiekerschen  Lehrsatz  §  59  samt  Zusatz  zu  ver- 
teidigen, mit  einer  Darstellung,  von  der  er  hofft,  daß  sie  „vielleicht 
als  einwandfrei  anerkannt"  werden  möge.  Nach  meiner  Ansicht 
ist  aber  diese  Hoffnung  nicht  begründet,  und  ich  sehe  mich  ver- 
anlaßt, der  Sache  zulieb,  gegen  die  Darstellung  in  Heft  12  einige 
Einwendungen  zu  machen. 

Diese  Darstellung  scheint  mir  nämlich  wiederholt  in  denselben 
Fehler  zu  verfallen,  der  dem  von  mir  als  falsch  nachgewiesenen 
Zusatz  des  §  59  bei  Spieker  zugrunde  liegt:  das  vorauszusetzen, 
was  erst  bewiesen  werden  soll  (petitio  principii).  Sie  operiert 
ganz  naiv  mit  dem  Ausdruck  ,^Ab8tand  zweier  Punkte",  welcher 
Ausdruck  doch  den  Begriff  der  Strecke  als  des  kürzesten  Wegs 
zwischen  zwei  Punkten  notwendig  voraussetzt.  Unter  dem  Abstand 
eines  Punktes  A  von  einem  Punkt  B  versteht  man  ja  nicht  etwa 
die  Richtung  AB,  sondern  die  Strecke  AB  liinsichtlich  ihrer  Länge, 
d.  h.  nichts  anderes  als  den  kürzesten  Weg  von  A  nach  B,  wenn 
es  erlaubt  ist,  sich  an  die  ,, psychologische  Übereinstimmung  der 
Raumanschauung  aller  Menschen^^  zu  halten,  auf  welche  auch  Herr 
W.  sich  beruft.  Gewiß  läßt  sich  auf  Grund  dieser  Übereinstimmung 
behaupten,  daß  der  Begriff  der  Länge  überhaupt  (also  auch  der 
Begriff  Abstand,  Entfernung,  lineare  Größe  etc.)  den  Begriff  der 
Geraden  als  des  kürzesten  Weges  zwischen  zwei  Punkten  schon  in 
sich  schließt.  Damit  soll  natürlich  nicht  gesagt  sein,  daß  etwa 
eine  Kurve  an  sich  keine  Länge  habe,  sondern  vielmehr  nur  dies, 
daß  wir,  um  diese  Länge  schärfer  zu  fassen,  um  sie  als  lineare 
Größe  mit  anderen  linearen  Größen,  respektive  mit  einer  Längen- 
einheit, zu  vergleichen,  uns  dieselbe  stets  auf  eine  Gerade  zurück- 


Ein  oftmals  wiederholter  Trugschluß  II.  377 

geführt  denken.  Auch  die  Länge  eines  Bogens  ist  nichts  anderes, 
als  der  kürzeste  Weg  zwischen  seinen  Endpunkten  —  nachdem 
der  Bogen  rektifiziert;  d.  h.  ohne  den  Abstand  seiner  unendlich 
nahen  Punkte  zu  yerändern;  zu  einer  Geraden  ausgestreckt  worden 
ist.  In  allen  mathematischen  Darstellungen  wird  ja  auch  dem 
Knrvenelement  der  Charakter  einer  geradlinigen  Strecke  beigelegt^ 
mit  diesem  wesentlichsten  Postulat,  daß  sie  der  kürzeste  Weg 
zwischen  ihren  Endpunkten  sei,  und  es  ist  leicht  zu  zeigen,  daß 
ohne  dieses  Postulat  viele  wichtige  Resultate  der  elementaren 
Mathematik  sowie  der  Analysis  in  Frage  gestellt  wären. 

Auch  die  in  der  Abhandlung  in  Heft  12,  Seite  457,  vorge* 
schlagenen  geraden,  respektive  gebrochenen  Linienzüge  müssen  dieses 
axiomatische  Postulat  erfüllen,  ehe  man  überhaupt  damit  operieren 
kann,  d.  h.  sie  enthalten  ganz  unvermeidlich  in  einzelnen  Teilen 
Voraussetzungen  von  dem,  was  man  mit  ihrer  Hilfe  beweisen  will. 
Ich  kann  hier  nur  auf  den  wichtigsten  Abschnitt  der  Darstellung 
eingehen,  womit  allerdings  das  Ganze  derselben  hinfällig  wird,  näm- 
lich ,,die  verneinende  Antwort  auf  die  Frage  2^',  Seite  458.  Diese 
Antwort  soll  gegeben  sein  mit  dem  Satz:  „in  jedem  Dreieck  ist 
die  Summe  zweier  Seiten  größer  als  die  dritte  Seite^^,  wozu  noch 
beigefügt  wird:  „der  Beweis  dieses  Satzes  steht  Spieker  §  59;  er 
wird  nicht  angefochten  und  braucht  also  hier  nicht  weiter  besprochen 
zu  werden^^  Darauf  habe  ich  zu  bemerken,  daß  schon  in  diesem 
Satze,  soweit  der  Begrifif  der  Länge  einer  Seite  darin  vorkommt, 
eben  damit  auch  die  axiomatische  Vorstellung  der  Geraden  als  des 
kürzesten  Weges  zwischen  zwei  Punkten  mit  hereinspielt,  und  daß 
er  deshalb  mit  einer  gewissen  Einschränkung  verstanden  werden 
muß.  In  Heft  n,  Seite  65,  habe  ich  nachgewiesen,  daß  zwar  der 
genannte  Satz  richtig  ist,  aber  nur  in  seiner  ganz  wörtlichen  Be- 
deutung: daß  zwar  in  jedem  Dreieck  ABC  die  Strecke  AB  kleiner 
ist  als  die  Summe  der  Strecken  AC  und  BO,  daß  aber  darum  AB 
durchaus  niicht  kleiner  sein  müsse  als  jede  denkbare  (z.  B.  krumme) 
Linie  von  A  über  B  nach  C.  Letzteres  kann  nicht  bewiesen  werden, 
und  bei  dem  Versuch  es  zu  beweisen,  im  Zusatz  zu  §  59,  hat 
Spieker  für  die  Strecken  AC  und  BC  stillschweigend  vorausgesetzt, 
was  er  für  die  Strecke  AB  beweisen  wollte,  nämlich  daß  sie  die 
kürzesten  Linien  zwischen  ihren  Endpunkten  seien. 

Ich  wiederhole  noch  allgemeiner  und  noch  bestimmter:  man 
kann  zwar  mit  aller  Schärfe  beweisen,  daß  die  Strecke  AB  kürzer 
ist,  als  irgend  ein  gebrochener  Linienzug  von  A  nach  B,  und  zwar 

Korrespondenxblatt  1906,  Heft  10. 


378         Keppler,  Ein  oftmals  wiederholter  Trug^schluß  li. 

im  Raum,  nicht  nur  in  der  Ebene ;  aber  man  kann  nicht  beweisen^ 
daß  AB  kflrzer  sei,  als  jede  nur  denkbare  (z.  B.  krumme)  Linie 
von  A  nach  B,  indem  bei  jedem  Versuch^  dieses  zu  beweisen,  die 
dazu  verwendeten  Linien  irgendwo  mit  dem  Begriff  der  Länge  auch 
das  Postulat  des  kürzesten  Wegs  zwischen  zwei  Punkten  in  die  Dar- 
stellung hineinbringen.  Wenn  schon  im  Dreieck  jede  Konstruktion 
ihren  Zweck  verfehlt,  welche  beweisen  will,  daß  eine  Seite  nicht 
nur  kürzer  ist  als  die  Summe  der  beiden  anderen  Seiten^  sondern 
überhaupt  die  kürzeste  zwischen  ihren  Endpunkten  mögliche  Linie^ 
so  ist  dasselbe  der  Fall,  nur  in  wiederholtem  Maße,  bei  einer  mehr- 
fach gebrochenen  Linie,  und  vollends  bei  den  sonst  so  handlichen 
in  eine  Kurve  einbeschriebenen  polygonalen  Zügen.  Denn  ein  circnlus 
in  demonstrando  wird  nicht  dadurch  gutgemacht  (kein  Kreis  wird 
dadurch  rectifiziert),  daß  man  ihn  zu  wiederholten  Malen  durchläuft. 

Die  gemeinsame  Quelle  des  Irrtums  dieser  und  ähnlicher  Dar- 
stellungen liegt  wohl  in  der  Verkennung  der  wichtigen  Wahrheit, 
daß  die  fundamentalen  Begriffe:  Oerade,  Richtung,  Strecke,  Länge^ 
Kürzester  Weg,  Bestimmtsein  durch  zwei  Punkte,  Ähnlichkeit  aller 
Teile  etc.,  worauf  man  gewöhnlich  die  grundlegenden  Definitionen 
der  Geometrie  aufbauen  will,  durchaus  nicht  als  voneinander  ge- 
trennt (oder  gar  als  nacheinander  bestehend)  zu  betrachten  sind, 
sondern  vielmehr  auf  gleichzeitig  nebeneinander  bestehenden  und 
gleichbedeutenden  —  wenn  nicht  formal  identischen  so  doch  in 
ihrem  Wesen  coincidenten  —  axiomatischen  Grundvorstellungen 
beruhen.  Wenn  ich  z.  B.  zwei  Punkte  A  und  B  durch  eine  Gerade 
AB  verbinde,  so  habe  ich  damit  nicht  nur  die  Richtung  AB,  sondern 
auch  die  Strecke  AB,  die  Länge  AB  und  den  kürzesten  Weg  von 
A  nach  B  durchlaufen,  und  ich  darf  nicht  nachträglich  die  Vor- 
stellung der  Länge  AB  oder  die  der  Strecke  AB  oder  die  des 
kürzesten  Weges  von  A  nach  B  als  etwas  Neues,  von  der  Grund- 
vorstellung der  Geraden  AB  verschiedenes  behandeln.  Es  ist  so- 
mit überhaupt  unlogisch,  beweisen  zu  wollen,  daß  die  Gerade  der 
kürzeste  Weg  zwischen  zwei  Punkten  sei,  und  ganz  besonders  un- 
logisch, dies  durch  Konstruktionen  in  der  Ebene  beweisen  zu  wollen. 
Denn  die  Gerade  ist  hier  der  primäre,  die  Ebene  der  sekundäre 
Begriff:  die  Ebene  wird  mittelst  der  Geraden  definiert  und  enthält 
in  ihrem  Begriff  schon  das  Postulat,  daß  der  kürzeste  Weg  irgend 
zweier  ihrer  Punkte  ganz  in  sie  fallen  muß. 

Übrigens  enthält  die  Darstellung  in  Heft  12  Seite  459  noch 
einen  anderen  Irrtum,  über  den  ich  mich  nicht  wenig  gewundert  habe. 


Fischer,  Das  Mondrätsel.  379 

Es  wird  da  behauptet^  daß  meine  Illustration  Seite  66^  womit  ich 
4en  Zusatz  von  Spieker  §  59  ad  absurdum  führen  wollte,  das  ganze 
Problem  in  die  Geometrie  der  Zylinderfläche  verschiebe.  Das  ist 
unrichtig.  Ich  beschränke  mich  bei  meiner  Darstellung  durchaus 
nicht  auf  den  Zylinder  als  zweidimensionales  Ranmgebiet  —  eine 
derartig  beschränkte  Betrachtung  würde  auch  bei  der  Diskussion 
einer  allgemein  geometrischen  Grundwahrheit,  wie  ein  Satz  über 
die  Gerade  doch  sein  muß;  gar  keine  entscheidende  Kraft  haben 
—  ich  nehme  den  Zylinder  als  Körper  im  Raum  und  mache  daran 
ein  stereometrisches  Experiment.  Ich  wickle  nämlich  ein  Dreieck 
ABC  auf  eine  ZylinderflächC;  so  daß  AB;  AC;  BO;  ohne  ihre  Länge 
zu  ändern;  schraubenförmige  Bogen  werden,  und  daher  immer  noch 
Bogen  AB  kleiner  ist  als  Bogen  AC  -\-  Bogen  BC;  aber  doch  größer 
ist  als  die  durch  den  Zylinder  führende  Sehne  AB.  Mit  andern 
Worten;  ich  zeige;  daß  soweit  der  Lehrsatz  §  59  etwas  beweist; 
die  Seite  AB  wohl  kleiner  sein  kann,  als  die  Summe  der  Seiten 
AG  und  BC;  ohne  deshalb  überhaupt  die  kürzeste  Linie  von  A  nach 
B  sein  zu  müssen;  wie  im  Zusatz  zu  §  59  behauptet  wird. 

Ich  füge  bei;  daß  ich  den  von  mir  als  unrichtig  bezeichneten 
Satz  bis  jetzt  trotz  eifrigen  Suchens  noch  in  keinem  englischen 
oder  französischen  Geometriebuch  gefunden  habe.  Im  Euclid  steht 
er  jedenfalls  nicht,  und  es  scheint  mir  auch  ganz  undenkbar;  daß 
jemals  ein  antiker  Geometer  sich  einen  so  aller  Logik  widersprechenden 
Trugschluß  hätte  zu  schulden*  kommen  lassen. 

Schw.  Gmünd.  J.  H.  Keppler. 


Das  Mondrätsel 

Im  Jahrgang  1902  S.  154  ff.  der  Besonderen  Beilage  des  Slaats- 
anzeigers  hat  „R.  B."  „Das  Mondrätsel^^  besprochen;  die  Frage 
nämlich;  ob  der  Mond  Achsendrehung  habe  oder  nicht.  Das  Pro- 
gramm des  Reutlinger  Gymnasiums  für  das  Schuljahr  1903/4  bringt 
eine  Abhandlung  über  ,,  Wechselbeziehungen  zwischen  Erde  und 
Mond^';  in  der  (Abschnitt  II)  in  der  Kürze  der  Gedankengang 
wiederholt  wird;  mit  dem  R.  B.  seine  These  beweisen  will:  der 
Mond  hat  keine  Achsendrehung.  Es  scheint  demnach;  daß  R.  B.; 
<der  im  Staatsanzeiger  seine  Anschauung  mit  höchst  auffallender 
Grobheit  gegen  andere  Leute  vorträgt;  für  diese  Anschauung  Ah- 
Siänger  gewinnt.     Da  heutzutage  jede  Schule;  sogar  jede  Volks- 


380  Fischer, 

Bchule;  das  ,,MondrätseP^  in  den  Kreis  ihres  Unterrichta  zieht,^ 
durfte  es  nicht  wertlos  sein,  jenen  Angriffen  gegenüber  die  alte^ 
wie  mir  dünkt  auch  jetzt  noch  richtige  Ansicht  zu  verteidigen. 

Ich  will  mich  nicht  lang  aufhalten  bei  dem  ganz  bedenklichen 
Satz,   mit   dem  die  beiden  Erörterungen  des  Problems  beginnen: 
bei  der  Rotation  eines  Kreises  um  seine  eigene  Achse  kommt  ledig* 
lieh  die  Rotation   aller  seiner  Punkte  zu  dieser,  seiner  Achse   ia 
Betracht.    Ich  weiß  nicht,  wie   man  zu  einer  solchen  Behauptung 
kommen    kann,   anders   als   etwa  so,   daß  man  in  der  Mitte  des 
rotiecenden  Kreises,   der  rotierenden  Kugel  eine  Art  von  festem 
Kern  annimmt,  der  nicht  mit  an  der  Rotation  teil  hat,  so  wie  wir 
etwa  einen  Globus  um   seine  feste,  materielle  Achse  sich  drehen 
lassen.    Aber  weiter :  die  ganze  Beweisführung  der  beiden  Abhand- 
lungen, ruht  lediglich  auf  einer  willkürlichen  Definition,   die  freilich 
nicht  als  solche  ausgesprochen,  sondern  nur  stillschweigend  voraus- 
gesetzt ist.     Gehen  wir  von  dem  einfachsten  Fall  aus:  die  Achsea 
zweier  Kugeln  M  und  £  stehen  senkrecht  auf  einer  Ebene,  der- 
selben,  in   welcher  sich  M  in  kreisförmiger  Bahn  um  E  bewegt'). 
Man  definiert   nun:   ^^von  Achsendrehung  der  Kugel  M  reden   wir 
dann,    wenn    während    der   Kreisbewegung    derselben    um    E   eia 
Äquatordurchmesser  derselben  seine  Richtung  ändert  in  Beziehung 
auf    die    Verbindungslinie    der    beiden    KugelmitteU 
punkte".     So   folgt  nun  freilich  ohne  weiteres  die  Behauptung: 
der  Mond  hat  keine  Achsendrchung.    Aber  in  den  letzten  Worten 
jener  üefmition   liegt   doch   die   offenbarste  Willkür*).     Wie  un- 
berechtigt   diese  Art    der  Beweisführung   ist,   läßt   sich   auf   ver- 
schiedene Weise  noch   weiter   zeigen,  z.  B.  so:  niemand  wird  be- 
haupten wollen,   daß  die  Entscheidung  der  Frage:   Achsendrehung 
oder  nicht?   abhängig  sein  könne  von  der  Größe  der  Mondbahn. 
Lassen  wir  nun,  ohne  sonst  etwas  zu  ändern,  die  Mondbahn 
kleiner  und  kleiner  werden  und  sie  zuletzt  zum  Punkt  zusammen- 
schwinden, so  haben  wir  die  unzweifelhafteste  Achsendrehung  vor 
uns.     Es   widerspricht   aber    durchaus    der  im  Gesamtgebiet  der 

^)  Streng  genommen  kann  man  ja  allerdings  von  der  Achse  einer 
Kngel  nicht  reden,  außer  in  Beziehung  auf  eine  mindestens  gedachte 
Achsen  d  r  e  h  u  n  g. 

*)  Man  «age  lieber  einfach:  „Eine  Kugel  M,  die  bei  ihrem  Umlauf 
um  die  Kugel  E  dieser  stets  dieselbe  Seite  zukehrt,  hat  keine  Achsen- 

ilrehung;   beim  Mond   ist  jenes  der  Fall,   also — ",  so  wird  die 

WillkUrlichkeit  des  ganzen  Vei*fahrens  vollends  ganz  deutlich ! 


Das  Mondrätsel.  381 

3ilatheinatik  und  Mechanik  üblichen  Auffassungsweise  und  Ter- 
minologie,  zu  sagen :  hier,  an  diesem  Punkt  der  stetigen  Entwicklung 
itritt  plötzlich  auf^  was  vorher  nicht  da  war,  nämlich  Achsendrehung. 
Oder  verfolgen  wir  die  Entwicklung  in  umgekehrter  Richtung,  gehen 
wir  davon  ans,  daß  die  Achse  der  rotierenden  Kugel  in  einem 
Punkt  festliegt,  und  lassen  wir  dann,  ohne  sonst  irgend  etwas 
^u  ändern,  diesen  Punkt  selbst  irgend  eine,  z.  B.  eine  kreis- 
förmige Bewegung  machen :  soll  dann  auf  einmal  mit  dem  Einsetzen 
dieser  Bewegung  nicht  mehr  Achsendrehung  heißen,  was  vorher 
Achsendrehung  war?  oder  soll  dies  der  Fall  sein  dann,  wenn 
'Zwischen  der  Zeit  der  Rotation  und  der  Geschwindigkeit  der  Fort- 
bewegung der  Achse  selbst  ein  bestimmtes  Verhältnis  besteht? 
Alle  diese  Annahmen  sind  doch  ganz  unmöglich! 

Aber  selbst,  wenn  jemand  die  eben  dargelegten  Gedanken  ab- 
lehnen wollte:  wir  haben  ja  bei  alledem  uns  immer  nur  mit 
einer  Bahn  der  Kugel  M  beschäftigt,  der  die  Mondbahn  in  Wirk- 
lichkeit gar  nicht  gleicht.  Zwar  schließt  jener  Abschnitt  des  Reut- 
llnger  Programms  mit  dem  Satz:  ,,der  Mond  hat  keine  Rotation 
um  eine  eigene,  durch  seinen  Mittelpunkt  gehende  Achse.  Diese 
Tatsache  ändert  sich  nicht,  von  welchem  Standpunkt 
aus  wir  den  Mond  auch  betrachten  mögen,  ob  von  der 
Erde  aus  oder  von  einem  Punkt  außerhalb  der  Erde^^ 
Aber  genau  das  Gegenteil  ist  der  Fall!  Eben  nur,  wenn  man 
lediglich  die  Beziehung  des  Mondes  zur  Erde  berücksichtigt,  kann 
man  überhaupt  auf  die  Frage  kommen,  ob  der  Mond  Rotation 
besitze  oder  nicht.  Nehmen  wir  dagegen  unseren  Standpunkt  sonst 
irgendwo  im  Weltall,  so  wird  niemand  auf  die  Idee  geraten,  hier 
Achsendrehung  leugnen  zu  wollen.  Hat  eine  Kugel,  die  sich  in 
der  durch  die  Figur  angedeuteten  Weise   bewegt,  Achsendrehung 


<-« 


oder  nicht?  Doch  ohne  allen  Zweifel  ja!  Verschwindet  etwa  die 
Achsendrehung  dann,  wenn  wir  der  zunächst  als  geradlinig  ange- 
nommenen Bahn  irgend  eine  beliebige  Krümmung  geben  ?  oder  haben 
wir  das  Recht  Achsendrehung  zu  bestreiten,  wenn  ein  Punkt  E 
in  der  Weise  neben  M  sich  hinbewegt,   daß,  während  der  bis- 


3^2  Amtliche  Bekanntmachung. 

her  als  Achsendrebuug  bezeichneten  Bewegung,  irgend 
ein  AqaatordurcbmeBser  von  M  stets  auf  E  hinweist  V  Ich  denke,, 
man  braucht  diese  Fragen  nur  zu  stellen,  um  sofort  zu  erkennen,, 
daß  nur  Willktir  sie  verneinen  kann.  Eben  von  dieser  Art  aber 
ist  die  Bewegung  des  Mondes:  er  bewegt  sich  so  wie  die  Figur 
zeigt  —  mit  dem  Unterschied,  daß  seine  Bahn,  im  Verhältnis  zu 
irdischen  Entfernungen  und  zu  seiner  eigenen  Größe  fast  unmerklich^. 
gekrUmmt  ist  und  unter  Erfüllung  der  besonderen  Bedingung, 
daß  sein  Äquatordurchmesser  a  b  stets  auf  einen  ihn  begleitenden 
Punkt,  die  Erde  gerichtet  ist. 

Das  Reutlinger  Programm  selber  enthält  die  Figur,  welche  die 
richtige  Gestalt  der  Mondbahn  annähernd  darstellt  Auch  R.  B. 
hatte  auf  diese  Gestalt  hingewiesen.  Beide  haben  sieh  auffallender^^ 
weise  in  ihrer  Verwerfung  der  Achsendrehung  des  Mondes  nicht 
iiTC  machen  lassen.  . 

Also  wenn  man  es  für  wortvoll  hält  zu  irgend  einem  besonderen 
Zweck  zu  sagen:  „der  Mond  hat  keine  Achsendrehung  in  Be- 
ziehung auf  die  Linie  Mond-Erde^'  oder  dergleichen,  so  mag 
man  das  tun  und  sich  darüber  verständigen;  aber  ohne  diese  Ein- 
schränkung haben  wir  kein  Recht  ihm  Achsendrehung  abzusprechen» 

Blaubeuren.  P.  Fischer. 


Amtliche  Bekanntmaohiing. 

Von  dem  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt  bearbeiteten  Pilz- 
merkblatt ist  eine  Neuauflage  erschienen. 

Dieses  Pilzmerkblatt  enthält  eine  Beschreibung  der  wichtigsten 
eßbaren  Pilze,  sowie  derjenigen  giftigen,  welche  am  leichtesten  mit 
solchen  verwechselt  werden  können^  und  gibt  außerdem  einen  über- 
blick über  die  Bedeutung  der  Pilze  als  Nahrungsmittel  und  über 
die  Erkennung  und  die  erste  Hilfe  bei  Pilzvergiftungen.  Dasselbe 
wird  hiermit  wiederholt  zur  Anschaffung  für  die  einzelnen  SchuU 
klassen  mit  dem  Anheimgeben  weiterer  Verbreitung  durch  die  Lehrer 
empfohlen.  Der  Preis  des  im  Verlag  von  Julius  Springer  in 
Berlin  N.  erschienenen  Blattes  beträgt  10  Pf.  (einschließlich  Porta 
und  Verpackung  15  Pf.),  bei  größeren  Bezügen  noch  weniger. 

Stuttgart,  den  16.  September  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen^ 

Abieiter. 


I^^rklärung.  —  Literarischer  Bericht.  333 

Erklärung. 

Eine  Entgegnung,  die  Herr  K.  Alt endorf  anf  die  Bespre- 
chung seines  Buchs  durch  W.  Nestle  (s.  S.  341  f.)  eingesandt  hat, 
weist  darauf  hin, 

1.  daß  S.  11,  14  und  25  seines  Buchs  eine  Angabe  dessen 
enthalten,  was  er  unter  Einzelliedern  der  nach  seiner  Ansicht  von 
einem  Dichter  verfaßten  Odysse  versteht,  8. 25  mit  Wortdefinititon ; 

2.  daß  das  Urteil  S.  51  f.  nicht  einfach  auf  Grund  der  Empfin- 
dung gefällt  wird,  sondern  in  einem,  ganz  ausdrücklich  der  Empfindung 
gegenübergestellten,  „Verstandsbeweis^^    seine   Begründung   erhält; 

3.  daß  die  Wendungen  ,,e8  giebt  nur  einen  Homer^',  „eine 
Perle  der  Dichtkünste^,  „auch  eine  dichterische  Perle^*  als  einleitende 
Worte  stehn,  die  in  nachfolgenden  Ausführungen  begründet  werden. 


Literarischer  Bericht. 

Dr.  Max  Scher  mann,  Der  erste  punisehe  Krieg  im  Lichte  der 
livianischen  Tradition.    Ein  Beitrag  zur   Geschichtschrei- 
bung des  Livius  und  seiner  Nachfolger.    2.50  Mk.    Tübingen, 
Verlag  der  H.  Lauppschen  Buchhandlung,  1905. 
Die  vorliegende  Arbeit  will  die  Lücke,  die  durch  den  Verlust  der 
livianischen  Bücher  XVI — XIX  in  der  national-römischen  Geschichts- 
überlieferung entstanden  ist,  nach  Tunlichkeit  ausfüllen.    Dieser  Auf- 
gabe ist  der  Verfasser,   der  Zeugnis  von  einer  weitreichenden  Kennt- 
nis der  nachlivianisehen,   römischen   und   spätgriechischen  Geschichts- 
literatur ablegt,   auf  dem  Wege  einer  mühsamen   kritischen  Sanimei- 
arbeit  aus  den  Periochen  und  den  zahlreichen  Fasten,  aus  dem  weiten 
Kreise  der  Epitomatoren  und  Abbreviatoren  nnd  der  verschiedenen 
nach  klassischen  Historiker  in  anerkennenswerter  Weise  gerecht  gewor- 
den.   Dabei   war  sich  der  Verfasser  wohl  bewußt,  daß  aus  dieser  mit 
sorgsamer,  sachlicher  und  sprachlicher  Vergleichung  und  Abwägung 
gewonnenen  Überlieferungsmasse  nicht  der  ursprüngliche  Livius  erstehen 
werde,  da  er  häufig  der  durch  die  Mittelquellen  zwischen  dem  Livius- 
original  und  dessen  Nachfolgern  hervorgerufenen  Trübung  der  ursprüng- 
lichen livianischen  Tradition  Erwähnung  tut. 

Mit  dieser  Einschränkung  läßt  sich  aber  doch  von  einer  Kekon- 
stniktion  dieser  livianischen  Partie  reden,  deren  Ergebnis  man  im  ganzen 
Beifall  spenden  wird,  wenn  freilich  bei  der  Natur  der  Sache  im  einzelnen 
Falle  der  Hypothese  ein  weiter  Spielraum  gelassen  werden  muß.  In 
verschiedenen  Fällen  setzt  sich  die  Arbeit  mit  den  augenblicklich  leb- 
haft ventilierten  chronologischen  Fragen  auseinander  und  wendet  wohl 


384  Literarischer  Bericht. 

zum  erstenmal  die  von  Prospero  Yarnese  (Studi  di  Storia  autica  lieft  III, 
Roma  1902)  und  J.  Beloch  (Griechische  Geschichte  III,  2.  Abteilung  1904, 
215  und  281  ff.)  aufgestellten  chronologischen  Tesen  nach  kritischer 
Auseinandersetzung  mit  den  abweichenden  Ansichten  auf  die  Fest- 
legung der  Ereignisse  des  1.  punischen  Krieges  an. 

Wichtig  ist  auch  der  methodische  Gewinn  der  Arbeit,  besonders 
für  die  Erkenntnis  der  Arbeitsweise  desLivius.  Der  Verfasser  geht 
den  livianischen  Quellen  nach  und  eröffnet  manchen  Ausblick  in  das 
dunkle  Gebiet  der  Annalisten,  von  denen  er  namentlich  die  jüngeren 
als  Gewährsmänner  des  Livius  annimmt.  Ebenso  interessant  ist  der 
Einblick  in  die  Werkstätte  der  nachlivianischen  Historiker,  wobei  sich, 
entgegen  der  bisherigen  Ansicht,  die  von  Wölfflin  (Archiv  f.  Lexicogr. 
und  Gramm.  XII  S.  333— 344 ;  XIII  S.  69-97  und  173— 180)  aufgestellte 
These  in  vollem  Umfang  bestätigt,  daß  selbst  die  spätesten  Epitomatoren 
und  Breviarien verfertiger  nicht  mechanisch  abschneben,  sondern  viel- 
fach kontaminierten. 

So  finden  wir  die  auch  in  der  Eornomannschen  Schrift  (Die  neue 
Livius-Epitome  aus  Oxyrhynchus,  Leipzig  1904)  aufgestellten  (Grund- 
sätze für  die  Behandlung  der  Nachlivianer  uud  ihres  Verhältnisses  zum 
Liviusoriginal  bei  der  Rekonstruktion  eines  wichtigen  Teiles  der  livia- 
nischen Darstellung  mit  Umsicht  und  Sachkenntnis  angewandt  und  zu- 
gleich bestätigt.  Das  Buch  wird  in  stofflicher  und  methodischer  Hin- 
sicht beim  Studium  der  behandelten  Epoche  wie  für  die  Kenntnis  der 
Arbeitsweise  des  Livius  und  seiner  Nachfolger  Gewinn  und  mannigfache 
Anregung  bieten. 

Rottweil.  Kottraann. 


Oeorg    Webers    Lehr-    und  Handbuch    der   Weltgeschichte. 

21.  Auflage.    Vollständig  neu  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Alfred 

Baldamus.  Leipzig,  Engelmann,  1902 ff. 
Webers  zweibändiges  Lehrbuch  erscheint  nunmehr  in  einer  neuen 
Auflage  in  vier  Bänden,  von  denen  der  erste  (Altertum)  von  Prof.  Dr. 
Ernst  Schwabe  in  Meißen,  der  zweite  (Mittelalter)  von  Baldamus  selbst, 
der  vierte  (Neueste  Zeit  seit  1789)  von  Moldenhauer  und  Baldamus  be- 
arbeitet sind.  Der  erste  Band,  der  im  ersten  Druck  mancherlei  Schwächen 
aufwies,  wird  in  einem  Neudruck  vorgelegt.  Band  111  (1517 — 1789) 
wird  von  den  Professoren  Dr.  Richard  Friedrich  und  Ernst  Lehmann 
im  Lauf  des  Jahres  1906  herausgegeben  werden.  Der  alte  Weber  ist 
das  nun  freilich  nicht  mehr;  die  Umänderungen  waren  naturgemäß  so 
groß,  daß  tatsächlich  ein  fast  völlig  neues  Werk  entstanden  ist,  da» 
unter  der  alten,  Tausenden  lieb  gewordenen  Flagge  ausgeht.  Aber  es 
ist  eine  Freude,  daß  wir  ein  Werk  erhalten  haben,  das  zwischen  viel- 
bändigen Weltgeschichten  und  mageren  Grundrissen  die  Mitte  hält,  und 


Literainscher  Bericht.  385 

4a8,  obscbon  iu  seinen  einzelnen  Teilen  ungleich,  doch  im  großen  die 
wichtigsten  Hauptergebnisse,  des  jetzigen  Wissens  weiteren  Kreisen 
vermittelt. 

Stuttgart.  G.  Egelhaaf. 


Lesebueli  für  die  zweite  Klasse  der  filementarschulen  luid 
höheren  Mädchenschuieji  von  J.  Gomroel  und  M.  Schick, 
Oberlehrer  an  der  Elementarschule  in  Stuttgart.  Verlag  von 
J.  F.  Steinkopf  in  Stuttgart;  1905. 

Wir  freuen  uns  des  Erscheinens  eines  neuen  Lesebuchs  für  Elementar- 
schulen anzeigen  zu  können,  welches  nach  seinem  Inhalt  sowohl  als  auch 
nach  seiner  äusseren  Ausstattung  sich  dem  „Deutschen  Lesebuch  für 
die  höheren  Schulen  Württembergs"  würdig  an  die  Seite  stellt  und  die 
von  demselben  offen  gelassene  Lücke  aufs  beste  ausfüllt.  Es  ist  hervor- 
gegangen aus  der  praktischen  Erfahrung  zweier  bewährter  Elementar- 
lehrer und  dem  vorgeschriebenen  Lehrplan  sowohl  als  auch  den  Fähig- 
keiten und  Bedürfnissen  der  Schüler  des  2.  Schuljahrs  angepaßt.  In 
erster  Linie  soll  es  ein  gediegenes  Buch  zum  Lesen  sein,  durch  dessen 
vollständige  Behandlung  die  Schüler  diejenige  Lesefertigkeit  erlangen 
sollen,  die  sie  beim  Eintritt  in  die  höheren  Schulen  brauchen.  Ein 
Sprachbuch  soll  es  zunächst  nicht  sein;  die  nötige  deutsche  Grammatik 
soll  als  ein  besonderes  Buch  daneben  hergehen.'  Dem  Sachunterricht 
dagegen  soll  es  auch  dienen.  Dafür  sorgen  im  besonderen  17  ausgewählte 
Beschreibungen.  Vor  allem  aber  soll  das  Buch  die  Kinder  anregen, 
ihre  Einbildungskraft  beleben,  ihr  Gemüt  erwärmen,  ihr  Herz  ermuntern 
und  begeistern.  Dazu  dient  ein  Schatz  von  57  Gedichten,  darunter 
wahre  Perlen  kindlicher  Poesie.  Reich  vertreten  sind  sodann  das  Märchen 
und  die  Fabel  (zusammen  50  Nummern),  weiterhin  die  einfache  Erzäh- 
lung (27  Stücke]  und  endlich  das  Rätsel  und  der  Sinnspruch  (13  Stücke). 
Unter  den  Yerfassem  der  einzelnen  Lesestücke  findet  man  alte  und  neue, 
zum  Teil  weniger  bekannte  Namen.  Neben  Grimm,  Bechstein,  Chrof, 
Schmid  treten  Andersen,  Seidel,  Dieffenbach,  Trojan  auf.  Der  in  dem 
Buche  waltende  Geist  ist  dem  christlichen  Glauben  und  christlicher  Sitte 
angemessen.  Was  ein  frohes  Kinderherz  befriedigen  kann  und  soll, 
kommt  darin  zum  Ausdruck,  auch  Lust,  Scherz  und  Humor.  Kurz,  es 
ist  ein  schönes  Buch,  in  welchem  auch  Erwachsene  gerne  lesen,  welches 
Mütter  vielleicht  als  Kinderbuch  fürs  Hans  benützen  werden. 

Insbesondere  aber  wird  für  die  Schüler  an  der  Hand  dieses  Buches 
der  Gang  durch  das  Schuljahr  von  Herbst  zu  Herbst  ein  erfreulicher 
werden,  so  daß  sie  am  Ende  des  Sommerhalbjahrs  mit  Lust  und  Befrie- 
digung das  prächtige  Schlußgedicht  von  H.  Weidul  lesen  können :  Hurra, 
Hnrra!  Nun  sind  die  Ferien  da!  F. 


386  Literarischer  Bericht. 

Die  Schwaben  iu  der  Literatur  der  Gegenwart  von  Dr.  Tli. 
K 1  a  i  b  e  r.    142  Seiten.    Stuttgart,  Strecker  &  Schröder,  1905. 

Ich  habe  vor  Jahren  hier  aaf  das  Werk  hingewiesen,  das  anser 
Landsmann  Klaiber  —  in  Gemeinschaft  mit  0.  Lyon  —  veröffentlichte: 
„Die  Meister  des  deutschen  Briefs^.  Das  kleine  Bündchen,  das  er  uns 
heute  bietet,  kann  ebenso  warm  empfohlen  werden.  Es  ist  in  der  Haupt- 
sache aus  einem  im  Stuttgarter  Zweigverein  des  Allg.  Deutschen  Sprach- 
vereins gehaltenen  Vortrag  erwachsen. 

Denen  „dort  draußen  in  der  Welt",  die  da  glauben  möchten,  es 
habe  einmal  eine  schwäbische  Dichterschule  gegeben,  aber  seitdem  sei 
im  Schwabenlande  längst  aller  Sang  verschollen,  will  das  Büchlein  zu- 
rufen: „die  Nasen  eingespannt,  auch  manchen  Mann,  auch  manchen 
Held  gebar  das  Schwabenland^'.  Und  auch  wir  Schwaben  haben  es 
nötig,  daß  wir  auf  sie  aufmerksam  gemacht  werden.  Hat  mir  doch 
manch  ein  Freund  nach  dem  Vortrag  gestanden,  er  habe  heute  zum 
erstenmal  von  einem  so  eigenartigen,  phantasie-  und  spracbgewaltigen 
Dichter  wie£duard£ggert  gehört,  und  mir  ging's  ebenso !  Und  der  Kenner 
wird  erst  recht  entzückt  sein  von  den  feinsinnigen  Würdigungen  und 
anschaulichen  Charakterschilderungen  eines  andern  Kenners,  der  selbst 
Künstler  ist.  Wenn  Klaiber  von  Isoide  Kurz  sagt  „neben  den  präg- 
nanten, sentenziösen  Betrachtungen  und  Bemerkuuf^en,  die  sie  da  und 
dort  wie  Goldkörner  hinstreut,  geben  besonders  auch  schöne,  blanke 
Bilder  ihrer  Sprache  einen  festlichen  Glanz^,  so  kann  man  dasselbe  von 
seiner  Darstellung  rühmen.  Man  höre,  wie  der  Eindruck  von  K.  G.  Voll- 
möllers Dichtung  wiedergegeben  wird:  „Das  Ganze  erinnert  an  alte 
Gobelins,  die  in  verlasseneu  Sälen  hängen.  Oft  wandelt  uns  bei  dieser 
und  ähnlichen  Dichtungen  etwas  an  von  den  seltsamen  Angstgefühlen,  die 
wir  in  langen  hallenden  Korridoren  leerer  Schlösser  empfinden,  wo  alte 
Waffen  an  den  Wänden  klirren  und  vor  den  Fenstern  hohe  Ulmen  sich 
stöhnend  wiegen**.  Ist  das  nicht  selbst  wieder  Poesie ?  Ebenso  köstlich 
ist  in  der  Einleitung  die  Schilderung  des  Liedeifrühlings,  der  mit 
U bland  und  seinen  Freunden  angebrochen  ist:  „Leise  verschwebend, 
wie  Lieder  der  Mädchen  im  fernen  Wiesengrund,  bald  frischer  und 
kecker,  bald  wehmutsvoll,  glitten  Kerners  volkstümliche  Weisen  darüber 
hin.  Wie  ein  tanzender  Mückenschwarm  im  Sonnenschein  blitzten  und 
leuchteten  Karl  Mayers  zierliche  Liedchen^.  Überall  ist  das  Gesagte 
veranschaulicht  und  belegt  durch  Proben,  und  überall  sind  diese  Proben 
bezeichnend  für  die  Grundanschauung  und  Grundstimmung,  wie  für  den 
Stil  des  Dichters:  so  für  Christian  W^agner  „die  Anemonen*,  für 
CaesarFlaischlen  „D.is  ist  das  Lcben*^,  f  ür  H.  H  e  s  s  e  die  Betrach- 
tung über  die  Wolken  aus  dem  ,,Petcr  Camenzind*"  etc.  Für  die  Stil- 
eigentümlich  keiten  hat  Klaiber  ein  äusserst  feines  Ohr;  stilistische 
Betrachtungen,  Vergleichung  mit  den  sonst  in  der  modernen  Literatur 
hervortretenden  Richtungen  bildeten  bei   dem  Vortrag  das  einigende 


Literarischer  Bericht.  387 

Band,  das  mancher  hier  ungern  vermissen  wird.  Bescheiden  schließt 
der  Verfasser:  „Ein  liebevoller,  feinhöriger  Spürsinn  hat  hier  ein  weite» 
Feld  der  Betätigung.  Zunächst  aber  ist  es  notwendig,  überhaupt  ein- 
mal sich  eine  Vorstellung  und  ein  Urteil  darüber  zu  bilden,  was  die 
Schwaben  in  der  Literatur  der  Gegenwart  bedeuten  und  leisten.'^' 
Möehteu  sich  doch  recht  viele  auf  diesem  Feld  betätigen  an  der  Hand 
dieses  trefflichen  Führers! 

Stuttgart.  Mann. 


Körner;   Lehrbuch   der   Physik  für  höhere  Lehraustalten, 

bearbeitet  von  Professor  Dr.  Richter.  6  Mk.  533  S.  Leipzig 
und  Wien;  Franz,  1900. 

Bei  vorliegendem  Werke  handelt  es  sich  um  die  deutsche  Ausgabe 
eines  in  Österreich  sehr  verbreiteten  Lehrbuches.  Dasselbe  berück- 
sichtigt namentlich  die  praktischen  Anwendungen  der  Physik.  Eine 
Menge  Apparate  der  technischen  Mechanik,  die  man  in  andern  Physik- 
bücbem  wohl  kaum  finden  dürfte,  sind  in  wohlgelungenen,  eleganten 
und  einfachen  Figuren  abgebildet:  Materialprüfungsmaschinen  für  Ab- 
scher-Drack-Zugfestigkeit,  Gasmotoren,  Wasser-  und  Windmotoren, 
Dampfmaschinen,  Eismaschinen,  sehr  viel  Meß-  und  Präzisionsapparate, 
die  verschiedenen  Dynamomaschinen,  Telegraphen  und  drgl.  sind  aus- 
führlich behandelt.  Die  Mechanik  wird  weniger  rechnend  als  praktisch 
durchgeführt;  die  Entwicklungen  sind  einfach,  manchmal  unter  sicht- 
licher Vermeidung  trigonometrischer  Funktionen  (z.  B.  S.  56:  Ausschlag 
einer  Analysen  wage).  Es  dürfte  jeder  Lehrer  Neues  durch  das  Buch 
erfahren.  Ausserdem  sind  zahlreiche  Aufgaben,  besonders  auch  aus 
der  Elektrotechnik,  eingeschaltet  und  gelöst.  Meterologie,  Nautik  und 
Astronomie  finden  Berücksichtigung. 

Die  Mechanik  ist  mit  dem  relativen  Maßsystem  durchgeführt  (Kraft 
das  kg),  Elektrizität  und  Magnetismus  dagegen  mit  dem  absoluten  Maß- 
system; diese  doppelte  Art  der  Rechnung  wäre  besser  unterblieben. 
Das  absolute  Maßsystem  ist  sehr  dürftig  durchgeführt  und  nicht  immer 
einwandsfrei,  so  steht  Seite  352:  „Die  Horizontalkomponente  des  Erd- 
magnetismus ist  0,176  Dynen".  Den  Zusammenhang  von  Ohm,  Volt 
und  Amp.  mit  dem  absoluten  Maßsystem  umgeht  der  Verfasser,  indem 
er  das  Amp.  durch  die  ausgeschiedene  Kupfermenge,  das  Ohm  durch 
die  Quecksilbersäule  definiert;  ebenso  fehlt  auch  dem  Buch  der  Poten- 
tialbegriff. Dagegen  sind  die  Kraftlinien,  ihre  Bedeutung  und  Dar- 
stellung ausführlich  behandelt.  8.  46  wird  die  lose  Rolle  als  einarmiger 
Hebel  aufgefaßt  (wie  ja  allgemein  üblich).  Ich  halte  dies  für  unzu- 
lässig, da  der  Drehpunkt  variabel.  Die  ganze  Entwicklung,  welche 
IVs  Seite  einnimmt  (und  ähiiliche  Entwicklungen  auf  den  folgenden 
Seiten)  hätten  bedeutend  gekürzt  und  weit  allgemoiner  gegeben  werden 


388  Litentriscber  Bericht. 

könneD.  Als  Beispiel!  An  der  losen  Rolle  ist  Gleichgewicht,  wenn 
die  Resultante  der  auf  sie  wirkenden  Kräfte,  wie  viel  es  anch  sein 
mögen,  Null  ist.  Es  wirken  P,  P,  Q,  also  muß  die  Resultante  aus  den 
beiden  P  gleich   und  entgegengesetzt  Q  sein.    Die  Ähnlichkeit  zweier 

Dreiecke  gibt  dann   sogleich  P  =  Q  • 

S.  54:  Bei  der  Analysenwage  iät  vollkommene  Symmetrie  und 
gleiches  Gewicht  der  Schale  nicht  erforderlich,  wie  der  Verfasser  glaubte 
(vgl.  Kohlrausch,  praktische  Physik).  S.  56  fehlen  Schrauben  am  Ende 
der  Wagebalken  zur  Einstellung  auf  Null. 

S.  109  ist  bei  Umrechnung  der  Aräometergrade  in  spezifisches 
Gewicht  von  einer  empirischen  Formel  die  Rede,  diese  Formel  ist  aber 
eine  streng  mathematische,  in  der  die  spezifischen  Gewichte  von  zwei 
gewissen  Kochsalzlösungen  auftreten. 

S.  149  findet  sich  das  Grahamsche  Diffusionsgesetz,  dieses  ist  aber 
bekanntlich  experimentell  widerlegt  worden;  S.  821:  Neben  den  zwei 
aufgeführten  Methoden  zur  Bestimmung  der  spezifischen  Wärme  der 
Gase  bei  konstantem  Volumen  hätte  eine  weitere,  die  einfachste, 
die  auf  drei  Ablesungen  eines  AneroYdbarometers  unter  dem  Rezipienten 
sich  stützt,  erwähnt  werden  können.  S.  335:  Die  aufgenommene  Be* 
Stimmung  des  Wärmeäquivalents  nach  Puluy  ist  sehr  lobenswert; 
indessen  gibt  es  noch  eine  andere,  weit  einfachere  Bestimmung  von 
Oantoni-Gerosa:  Fallenlassen  von  Quecksilber,  Bestimmung  der 
Temperatur  desselben  vor  und  nach  dem  Fall,  Berechnung  der  Wärme- 
menge aus  der  spezifischen  Wärme  des  Quecksilbers. 

Stuttgart.  Ruoss. 


Kleiber,  Lehrbuch  der  Physik  zum  Gebrauch  an  realistischen 
Mittelschulen.  4  Mk.  280  S.  München,  Verlag  Olden- 
bourg,  1900. 

Unter  Ausscheidung  aller  Probleme,  die  nur  auf  Grund  einer  ver- 
kappten Differenzial-  und  Integralrechnung  zu  erledigen  sind,  hat  der 
Verfasser  ein  nach  methodischen  Grundsätzen  geschriebenes  Schulbuch 
herausgegeben.  Die  wichtigen  Formeln  und  Gesetze  sind  mit  Schildern 
im  Texte  eingerahmt,  was  der  Übersichtlichkeit  sehr  zustatten  kommt. 

Die  Mechanik  ist  anschaulich  und  elementar  behandelt.  Die  nähere 
mathematische  Vertiefung  derselben  erfolgt  in  passender  Weise  erst 
am  £nde  des  Buches ;  das  dort  Behandelte  ist  mustergültig,  es  schließt 
ab  mit  der  Lehre  von  der  Energie.  In  der  Elektrizität  und  dem 
Magnetismus  sind  den  Kraftlinien  und  den  praktischen  Maßen  (Volt 
usw.)  besondere  Aufmerksamkeit  geschenkt,  ohne  an  den  Schüler  größere 
Vorkenntnisse  als  die  der  4  Spezies  zu  stellen.  Figuren  und  Text  sind 
klar  und   deutlich.    Das  Buch   muß  als  Schulbuch  empfohlen  werden 


Literarischer  Bericht.  389^ 

S.  9  statt  „Molekulare  Poren^  würde  man  besser  Intermolekular* 
räume  sa^en.  Der  Nachweis  der  intermoleknlarräume  für  Flüssigkeiten 
und  Gase  fehlt,  er  würde  weit  anschaulicher  als  der  aufgeführte  Ver- 
such Pettenkofers  zeigen,  daß  die  Körper  den  Kaum  nicht  vollständig 
erfüllen. 

S.  83:  Die  Auffassung  des  Drehmomentes  als  Kraft  ist  zwar  un- 
gewöhnlich, kann  aber  in  vorliegender  Fassung  gebilligt  werden.  S.  96^ 
fehlt  das  vertikale  Maximum-  und  Minimumthermometer.  S.  103  hätte 
die  Ausdehnung  fester  Körper  in  einfacherer  Weise  dargetan  werden 
können:  Einspannung  eines  Stabes  an  einem  Ende  in  ein  Stativ,  er- 
wärmen an  diesem  Ende  von  unten  mit  einem  Bunsenbrenner;  es  er- 
folgt dann  Hebung  des  freien  Endes. 

S.  109:  Beim  „Wärmeinhalt  des  Menschen  und  Ration  eines  Eskimos 
nach  Liebig^  hätten  die  neueren  physiologischen  Ergebnisse,  die 
Vierorotsche  Ration  und  ihr  Wärmewert  angegeben  werden  sollen, 
weil  dieselben  für  Massen  Verpflegungen  als  Grundlage  dienen. 

S.  120  und  123:  Der  Unterschied  zwischen  eigentlichem  Gas  und 
kondensierbarem  Gase  ist  unberechtigt  und  wäre  besser  unterblieben. 
S.  148:  ^Der  Nachweis,  daß  ein  in  den  magnetischen  Meridian  ge« 
haltener  Eisenstab  uhignetisch  wird,  läßt  sich  nur  mit  einer  sehr  kleinen, 
schwachen  Magnetnadel  nachweisen*'  ist  nicht  richtig;  eine  lange, 
starke  ist  ebenso  gut  dazu  geeignet.  Es  fehlt  hier  eine  Angabe  über 
experimentelle  Bestimmung  von  Polen  oder  aber  über  das  magnetische 
Paradoxon.  S.  147:  Hier  ist  zum  ersten  Male,  ganz  unvermittelt,  von 
einem  Dyn  =  V««?  g  die  Rede;  der  Referent  glaubt,  daß  in  der  voraus- 
gehenden Mechanik  die  Einführung  schon  möglich  gewesen  wäre. 
S.  148:  „Horizontale  Komponente  des  Erdmagnetismus  ist  gleich  V» 
Dyn".  Dies  sind  doch  eigentlich  bei  der  Dimension  g  *^»  cm  ~  '^«  sec  *"  * 
keine  Dynen!  S.  152  und  S.  216:  Die  Einführung  neuer  oder  alter, 
entbehrlicher  Begriffe  und  Maße  kann  der  Referent  nicht  billigen,  der 
Schüler  hat  mit  dem  Verständnis  der  vorhandenen  schon  seine  Mühe,  also 
L£  (Ladungseinheit  statt  eloktrostatischer  Einheit)  und  SM  (Sieraensmeter) 
wären  besser  unterblieben.  S.  156:  Potendal-Elektrizitätsgrad,  1  Volt-Ein- 
heit des  Elektrizitätsgrades.  Ich  glaube  nicht,  daß  durch  eine  solche  Einfüh- 
rung ein  tiefgehendes  Verständnis  erreicht  wird;  namentlich  vermisse  ich 
hier  den  Unterschied  zwischen  Dichte  der  Elektrizität  und  Potential.  S.  168 
ist  die  Wirkung  der  Influenzmaschine  wirklich  gut  und  einfach  er- 
läutert, wie  es  Referent  noch  nirgends  getroffen,  auch  ist  die  Figur 
die  denkbar  einfachste. 

Der  Referent  will  nicht  unerwähnt  lassen,  daß  am  Schlüsse  dea 
Buches  eine  Biographie  von  Galilei,  Guericke,  Newton,  Ohm,  Caraday 
und  R.  Mayer  angefügt  ist. 

Stuttgart.  Ruoss. 


390  Literarischer  Bericht. 

Darstellende  Geometrie  mit  Einschluß  der  SchatteHkonstruk- 
tionen  und  der  Perspektive.  Als  Leitfaden  fttr  den  Unter- 
richt an  technischen  Lehranstalten,  Oberrealschulen  und 
Realgymnasien,  sowie  zum  Selbststudium  herausgegeben  von 
Dr.  Max  Bernhard,  Professor  an  der  K.  Baugewerkschule 
Stuttgart.  Mit  311  Figuren  im  Texte.  Zweite,  verbesserte 
und  stark  vermehrte  Auflage.  Preis  brosch.  5.20  Mk.,  geb. 
5.80  Mk.  Stuttgart,  Heinrich  Enderlen,  K.  Hofbuchhändler, 
1905. 

Die  vor  kurzem  erschienene  zweite  Auflage  des  Berahardschen 
Lehrbuchs  weist  gegenüber  der  ersten  Auflage  von  1901  eine  Reihe 
von  einschneidenden  Änderungen  auf;  es  dürfte  deshalb  eine  erneute 
Besprechung  des  Buches  in  diesen  Blättern  am  Platz  sein.  Referent 
benützt  gerne  die  Gelegenheit,  sich  über  das  Bemhardsche  Werk  aus- 
zusprechen, das  er  seit  dessen  Erscheinen  kennt  und  dem  Unterrieht 
zugrunde  legt. 

Beginnen  wir  mit  der  Frage  der  Bezeichnung.  Es  ist  ein  un- 
zweifelhafter Vorzug,  daß  bei  Beruhard  eine  bestimmte  Bezeichnung 
der  Raumgebilde  und  ihrer  Projektionen  konsequent  durchgeführt  ist, 
und  wir  können  nicht  zugeben,  daß  die  Bemhardsche  Bezeichnung 
umständlicher  sei,  als  etwa  die  Giiglersche,  welche  wohl  in  Württem- 
berg noch  am  meisten  gebraucht  wird  und  z.  B.  auch  bei  Göller, 
Schattenkonstniktionen  und  Beleuchtungskunde  auftritt.  Wer  übrigens 
an  Bezeichnungen,  wie  5'"'  in  Fig.  188  und  ahnlichen  Anstoß 
nimmt,  mag  fär  seine  Zwecke  eine  andere  wählen;  es  wird  dies,  wie 
ich  aus  Erfahrung  versichern  kann,  keinerlei  Schwierigkeiten  bereiten, 
man  hat  ja  ohnehin,  sobald  der  Schüler  einigermaßen  vorgeschritten 
ist,  kaum  mehr  nötig,  von  den  Projektionen  usf.  viel  zu  reden,  sondern 
es  genügt,  den  stereometrischen  Gedanken  klar  zu  legen.  Daß  auch 
die  Technische  Hochschule  die  Bemhardsche  Bezeichnung  bevorzugt, 
dürfte  gleichfalls  für  die  Annahme  der  letzteren  sprechen.  Im  ganzen 
legen  wir  aber  diesem  Punkt  überhaupt  keine  entscheidende  Be- 
deutung bei. 

Die  Vorzüge  der  ersten  Auflage  sind  bekannt:  musterhafte  Klar- 
heit des  Textes,  der  niemals  zu  kurz  und  niemals  zu  ausführlich  ge- 
halten ist,  die  Figuren  fast  alle  von  einer  Schönheit  und  Anschaulich- 
keit, wie  sie  wenig  andere  Werke  aufweisen,  in  der  Stoffwahl  eine 
weise  Beschränkung  auf  das  Notwendige  und  praktisch  Verwertbare,  da- 
zu die  stete  Heranziehung  von  Aufgaben  aus  dem  Gebiet  der  Anwendungen. 
Gerade  die  letzteren  Aufgaben  gewähren  eine  nie  versiegende  Fülle  von 
Anregungen ;  insbesondere  sind  die  Schattenkonstruktionen  von  größtem 
Wert  und,  wie  Verfasser  mit  Recht  betont,  so  bald  als  möglich  zur 
Belebung  des  Unterrichts  einzuflechten. 


Literarischer  Bericht.  391 

Daß  einige  Icleine  Versehen  der  1.  Auflage  (z.  B.  b"  und  c"  in 
Fig.  201  der  1.  Auflage  vertauscht)  berichtigt  und  einzelne  Figuren 
durch  andere  (vgl.  z.  B.  Fig.  138  der  1.  Auflage  und  Fig.  179  der 
2.  Auflage)  ersetzt  sind,  ist  hervorzuheben;  der  Text  hat  eine  sehr  sorg- 
fältige Durchsicht  erfahren. 

Mit  besonderem  Dank  begrüßen  wir,  daß  der  Verfasser  den  ver- 
alteten Konstruktionsinethoden  (besonders  mit  Benützung  der  Ebenen- 
spuren), wie  sie  so  manches  Lehrbuch  ftlllen,  nur  einen  engen  Raum 
gewidmet  hat,  um  dafür  den  praktischen  Anwendungen  Platz  zu  schaffen. 
Es  verhält  sich  hier  ähnlich,  wie  in  der  Trigonometrie,  wo  nicht  oft 
und  scharf  genug  betont  werden  kann,  daß  nur  die  stete  Bezugnahme 
auf  die  Aufgaben  der  geodätischen  Praxis  den  Unterricht  anregend 
gestaltet  und  weit  wichtiger  ist  als  die  Beschäftigung  mit  Problemen, 
die  mit  algebr.iischen  und  geometrischen  Künsteleien  gespickt  sind. 
Es  ist  nicht  richtig,  daß  durch  Betonung  der  praktischen  Aufgaben 
der  Unterricht  den  Charakter  eines  Fachunterrichts  erhalte;  im  Gegen- 
teil, gerade  für  solche  Schüler,  die  später  sich  anderen  Studien  widmen, 
ist  es  besonders  wertvoll,  einen  Einblick  in  die  Anwendungen  der 
Mathematik  zu  erhalten. 

Neu  hinzugekommen  sind  u.  a.  Bemerkungen  über  ebene  Kurven, 
ihre  Krümmungsverhältnisse,  singulären  Punkte  usf.,  sowie  die  Rekti- 
fikation des  Kreises.  Ober  Raumkurven  findet  sich  nicht  viel,  wer 
diese  aber  ausführlicher  behandeln  will,  wird  leicht  die  nötigen  Er- 
gänzungen hinzufügen;  zahlreiche  Figuren  des  Buches  geben  Anhalts- 
punkte hiefür.  Die  Kegelschnitte  haben  eine  gründlichere  Behand- 
lung erfahren,  alles  ist  mit  mustergültiger  Knappheit  und  Eleganz  ent- 
wickelt, so  ist  unter  anderem  die  Herleitung  des  Satzes  über  die  Brenn- 
punktseigenschaft der  Ellipsentangente  aus  dem  Prinzip  von  Roberval 
von  verblüffender  Einfachheit.  Daß  z.  B.  für  die  Krümmungshalbmesser 
der  Ellipse  die  Ergebnisse  der  Rechnung  benützt  sind  und  auch  an 
anderen  Stellen  sich  Hinweise  auf  die  analytische  Geometrie  finden,  wird 
jeder  Sachverständige  billigen;  mit  kunstvollen  und  mühsamen  synthe- 
tischen Beweisen  ist  für  die  Schule  nichts  gewonnen.  Einige  Begriffe  der 
projektiven  Geometrie  sind  mit  Geschick  und  Takt  verwendet.  Mit 
Freude  haben  wir  auch  die  Konstruktion  von  Rytz  für  die  Achsen  der 
Ellipse  aus  konjugierten  Durchmessern  dem  Werk  einverleibt  gefunden. 

Bei  der  Parabel  wäre  vielleicht  die  der  Fig.  132  entsprecbende 
Konstruktion  durch  Einteilung  der  Seiten  eines  Rechtecks  beziehungs- 
weise 'ParallelogramiBS  noch  hinzuzufügen;  sie  ist  bequemer  als  die 
Brennpunktskonstruktion  und  nicht  minder  genau. 

Bei  den  neu  aufgenommenen  Fehlerkurven  ist  eine  Auswahl  ge- 
troffen, die  nur  gebilligt  werden  kann;  mit  Hilfe  einer  Fehlerkurve 
lassen  sich  z.  B.  in  Fig.  197  die  am  weitesten  links  und  rechts  ge- 
legenen Punkte  der  Schnittkurve  ermitteln,  wie  dies  de  la  Goumerie 


392  Literariseher  Berich' 

ausgeführt  hat.  Neu  sind  «'luch  die  Kollkurven,  es  ist  hier  mit  Kürze 
und  Klarheit  alles  wesentliche  zum  Teil  durch  kinematische  Betrach- 
tungen abgeleitet. 

Von  weiterem  Neuen  erwähnen  wir  die  konstruktive  Durchführung 
einiger  Aufgaben:  Schnitt  eines  Kegels  (und  eines  Drehungsparaboloids^ 
mit  einer  Dreiecksebene,  Durchstoßung  einer  Geraden  mit  einer  Kugel. 

Bei  den  Drehflächen  sind  hinzugekommen:  die  Darstellung  der 
Flächen  mit  geneigter  Drehachse,  die  Unterscheidung  der  drei  Typen 
von  Flächenpunkten,  der  Schnitt  der  Ringfläche  mit  einer  Berühruags- 
ebene.  Hier  lassen  sich  leicht  vom  Lehrer  Bemerkungen  über  die 
Indikatrix  anknüpfen  und  auch  für  die  Fig.  197,  218,  223  verwerten, 
wo  die  Tangenten  in  einem  Doppelpunkt  zu  konstruieren  sind. 

Sehr  nützlich  werden  sich  ferner  die  •  nunmehr  in  weit  größerer 
Anzahl  gestellten  Übungsaufgaben  erweisen ;  zum  Teil  sind  es  Prüfungs- 
aufgaben der  Technischen  Hochschule.  Durch  Angabe  bestimmter 
Maße  sind  der  konstruktiven  Ausführung  die  Wege  geebnet. 

Die  Aufgaben  über  Durchdringungen  bilden  nach  Auswahl  und 
Behandlung  einen  Glanzpunkt  des  Bernhardschen  Buches.  Neben  zahl- 
reichen neuen  Übungsaufgaben  erwähnen  wir  die  Bestimmung  der 
scheinbaren  Doppelpunkte  in  Fig.  227,  sowie  das  in  Nr.  15  8.  187  ge- 
gebene Verfahren  zur  Ermittelung  des  Durchschnitts  zweier  Drehflächen, 
deren  Achsen  einander  nicht  treffen.  Zu  den  früheren  Beispielen  aus  dem 
Hochbau  sind  nun  auch  solche  sluh  dem  Maschinenbau  getreten;  natür* 
lieh  wird  hier  der  Lehrer  das  auswählen,  was  seiner  Neigung  und  der  Ver- 
anlagung der  Schüler  entspricht;  es  ist  ja  Abwechslung  in  diesen  Dingen 
sehr  erwünscht.  Wem  aber  diese  Anwendungen  zu  weit  gehen,  der 
mag  sie  ohne  Schaden  des  Zusammenhangs  überschlagen. 

Bei  den  Schattenkonstruktionen,  deren  Wert  schon  oben  betont 
wurde,  sind  u.  a.  hinzugefügt  die  schief  gestellten  zylindrischen  Flächen 
und  der  hübsche  Satz  über  den  Schlagschatten  der  Schraubenlinie. 
Die  Weglassung  der  Beleuchtungslehre  ist  vom  Standpunkt  der  würt- 
tembergischen Oberrealschule  aus  zu  billigen,  da  die  Anfertigung  von 
Licbtstufenzeichnungen  bekanntlich  eine  ziemlich  zeitraubende  Arbeit  ist. 

Der  neu  hinzugetretene  Abschnitt  über  Zentralperspektive  führt 
den  Aufanger  in  außerordentlich  geschickter  Weise  in  dieses  Gebiet 
ein,  so  daß  er  befähigt  sein  dürfte^  auch  schwierigere  Zeichnungen  in 
dieser  Projektionsart  auszuführen.  Hauptsächlich  durch  die  Aufnahme 
dieses  Abschnitts  hat  sich  der  Umfang  des  Buches  vermehrt;  wir  er- 
blicken aber  in  dieser  Vermehrung  zugleich  eine  erhebliche  Verbesserung. 

Vielleicht  dürfen  wir  noch  einem  Wunsch  Ausdruck  geben.  Sollte 
es  sich  mit  den  Zwecken  des  Buches  vereinigen  lassen,  so  wäre  es  sehr 
erwünscht,  wenn  die  Flächen  zweiter  Ordnung  und  die  Konoidflächen, 
die  ja  auch  technisch  verwertet  werden,  in  der  nächsten  Auflage  Be> 
rücksichtigung  finden   könnten.    Nach  Ansicht  des  Referenten  würde 


Literarischer  Bericht  393 

es  sich  nar  nm  wenige  Figuren  mit  kurzem  Text  handeln;  die  Be- 
gründong  könnte  der  analytischen  Geometrie  überlassen  bleiben.  Um 
den  Umfang  des  Bnches  nicht  zn  sehr  anschwellen  zu  lassen,  dürfte 
yielleioht  die  stereometrische  Einleitung  etwas  gekürzt  werden. 

Wir  sind  so  dem  Verfasser  in  raschem  Gang  durch  sein  Terdienst« 
volles  Werk  gefolgt  und  fassen  unser  Urteil  dahin  zusammen:  das 
Bemhardsche  Werk  ist  in  hohem  Grad  geeignet,  der  darstellenden 
Geometrie  und  ihren  Anwendungen  neue  Freunde  zn  erwerben.  Mögen 
auch  diejenlgoi  Kollegen,  welche  bisher  dem  Buch  femer  standen,  einen 
Versuch  nicht  scheuen ;  selbst  wer  die  Anwendungen  ganz  verschmäht, 
wird  auch  aus  dem  theoretischen  Stoff  Vorteile  ziehen,  und  wäre  es 
nur  der  eine  Vorteil,  daß  weniger  Zeit  durch  Diktieren  verloren  geht. 

Göppingen.  Dr.  Hack. 


Baur,  Ludwig,  Professor  am  K.  SchuUehrerseminar  in  Sanlgau, 
Reehenbuch  in  Aufgaben  und  Auflösungen  sowie  zum 
Selbstunterricht.    3.  Auflage.    Stuttgart^  Steinkopf. 

Der  Verfasser  hat  in  früheren  Jahren  eine  vornehmlich  Hir  reifere 
Schulamtszöglingeund  angehende  Lehrer  bestimmte  „Aufgabensammlung^ 
und  in  einer  besonderen  Schrift  ^Resultate  nebst  Auflösungen  und 
Erläuterungen  zu  den  arithmetischen  Aufgaben^  veröffentlicht  und  später 
bei  einer  Neuauflage  „Aufgabensammlung*^  und  „Erläuterungen*'  in 
einem  Buch  zusammengefaßt  und  miteinander  verschmolzen.  Von 
diesem  „Rechenbuch**  ist  nun  eine  weitere  (3.)  Auflage  erschienen,  welche 
durch  Aufnahme  neuer  und  gründlichere  Behandlung  früher  schon  ent- 
haltener Rechnungsarten  zu  einem  wirklichen  Lehrbuch  der  Arithmetik 
ausgestaltet  wurde.    Dasselbe  gliedert  sich  in  folgende  13  Abschnitte: 

L  Die  4  Grundrechnungsarten  mit  reinen  und  benannten  ganzen 
Zahlen ;  II.  Sätze,  Fragen  und  Aufgaben  aus  der  Zahlentheorie ;  III.  die 
4  Grundrechnungsarten  mit  Brüchen;  IV.  Verwandlung  der  gemeinen 
Brüche  in  Dezimalbrüche  und  umgekehrt.  Abgekürzte  Multiplikation 
und  Division;  V.  einfache  und  zusammengesetzte  Schlnßrechnung.. 
Kettensatz;  VI.  Prozentrechnung;  VII.  Zinsrechnung;  VIIL  Staats-  und 
Wertpapiere,  Aktien ;  IX.  Rabatt-  und  Diskontorechnung ;  X.  Terminrech« 
nung;  XI.  Teilungsrechnung ;  XII.  Mischungsrechnung;  XIII.  Vermischte 
Aufgaben.  —  Anhang:  Münz-,  Maß-  und  Gewichtsverhältnisse.  — 

Die  ganze  Anlage  des  Buches  verrät  den  praktischen  Schulmann. 
Der  Rechenstoff  ist  in  seinen  einzelnen  Abschnitten  nach  dem  Grad  der 
Schwierigkeit  und  Zusammengehörigkeit  in  der  Weise  geordnet,  daß 
jeder  Abschnitt  mit  leichteren  Aufgaben  beginnt  und  durch  Beiziehung 
neuer  Verhältnisse  zu  schwierigeren  Fällen  aufsteigt,  welche  jedoch 
durch  ihre  Aufeinanderfolge  so  vorbereitet  werden,  daß  der  Schüler 

XoTraspondensbUtt  1906,  Heft  10. 


394  Literarischer  Bericht. 

bei  deren  Lösung  keinen  besonderen  Schwierigkeiten  mehr  begegnen 
sollte.  Eine  Reihe  sogenannter  algebraischer  Aufgaben  wurde  unter 
der  Bezeichnung  „Denkübungen"  nach  dem  Grade  der  Schwierigkeit 
denjenigen  Abschnitten  des  Buches  beigegeben,  zu  denen  sie  nach  ihrer 
rechnerischen  Bedeutung  gehören.  Durch  anschauliche  Erklärungen  und 
durch  instruktive,  an  geeigneten  Stellen  eingefügte  Musterbeispiele  mit 
Lösungen  wird  der  Wert  des  Buches  noch  erhöht.  Ein  reichhaltiger 
Abschnitt  „vermischter  Aufgaben^  dürfte  —  abgesehen  von  Repetitions> 
zwecken  —  namentlich  dazu  dienen,  die  Selbstständigkeit  des  Schülers 
zu  erproben  und  zu  fördern  und  denselben  anzuleiten,  für  die  einzelnen 
Aufgaben  die  geeignetste  Lösungsform  zu  finden  und  anzuwenden.  Das 
Buch  ist  zunächst  für  Präparautenschulen  bestimmt,  eignet  sich  aber 
bei  seiner  vorzüglichen  Darstellung  und  Behandlung  des  Rechenstoffes 
in  gleicher  Weise  für  andere  Unterrichtsanstalten,  sowie  zum  Selbst- 
unterricht. Es  zählt  unstreitig  zu  den  besten  Lehrbüchern  der  Arith- 
metik und  verdient  die  Beachtung  der  weitesten  Kreise. 

K.  Zink. 


Meyers  Grosses  Konyersations  Lexikon,  6.  Aufl.;  Band  IX: 
Hautgewebe — Jorncus^  und  Band  X:  Jonier — Eimon.  Leipzig, 
Bibliographisches  Institut,  1905. 
Die  beiden  Bände  bieten  wieder  eine  Fülle  von  Belehrung  und 
Anregung  in  den  einschlägigen  Artikeln  und  den  vortrefflichen  Illustra- 
tionen, die  beigegeben  sind.  Die  Freunde  der  Naturwissenschaft  und 
Technik,  der  Geschichte  und  Altertumswissenschaft,  der  Geographie  und 
der  politischen  Wissenschaften  kommen  gleichermaßen  auf  ihre  Rechnung, 
und  Artikel  wie  ,,Japan^  zeigen  das  erfreuliche  Bestreben,  Gründlich- 
keit mit  Berücksichtigung  der  aktuellsten  Gegenwart  zu  vereinigen; 
wo  der  Gegenstand  eigene  Stellungnahme  des  Verfassers  erfordert,  wird 
dieser  nicht  ausgewichen,  aber  jede  aufdringliche  Geltendmachung  des 
eigenen  Standpunktes  und  alle  Polemik  vermieden.  Tafeln,  wie  die 
der  bildlichen  Darstellung  der  „Hochzeitkleider''  (von  Tieren)  oder  der 
Käfer  gewidmeten,  zeigen  eine  Verbindung  von  Naturwahrheit  und 
Schönheit  der  Ausführung,  die  den  weitestgehenden  Ansprüchen  genügen 
dürfte.  Es  sind  nur  wenige  und  nebensächliche  Bemerkungen,  die  ich 
nach  dem  Durchlesen  einer  Reihe  von  Artikeln  zu  machen  habe.  Ein 
Bildnis  Hebbels  wäre  wohl  vielen  Lesern  willkommen.  Daß  die  Wieder- 
herstellung des  Ott-Heinrichbaues  in  Aussicht  stehe,  ist  vielleicht  zuviel 
gesagt,  wie  denn  der  Verfasser  selbst  auf  der  nächsten  Seite  (61)  von 
einer  Agitation  gegen  die  Wiederherstellung  des  Heidelberger  Schlosses 
spricht.  Zu  dem  Artikel  Homberg,  der  es  lediglich  mit  der  badischen 
Stadt  im  Kreis  Villingen  zu  tun  hat,   wird  eine  Monographie  über  die 


Neu  erschienene  Bttcher.  395 

«Barg  Homberg  am  Neckar^  zitiert,  die  mit  der  im  Schwarzwald  gelegenen 
Stadt  nichts  zu  tun  hat ;  die  Barg,  die  dem  Götz  von  Berlichingen  ge- 
hörte und  in  seiner  letzten  Lebenszeit  als  Wohnsitz  diente,  hätte  eine 
selbständige  £rwähnang  verdient.  Im  Artikel  Kimon  wird  Kition  als 
Stützpunkt  der  phönikischen  Macht  auf  der  Insel  Kypers  bezeichnet; 
von  phönikischer  Macht  kann  aber  für  jene  Zeit  doch  eigentlich  nicht 
die  Rede  sein,  sondern  nur  von  persischer  Macht,  deren  Stützpunkt  die 
phönikische  Stadt  Kition  war. 

Cannstatt.  Th.  Klett 


Neu  ersohienene  Bücher. 

0^*  B«i  d«r  grossen  Kenga  der  uns  sugebenden  neuen  literarisohen  Srsehelnnugen 
ist  es  ans  unmöglich,  Jede  im  eins^Inen  su  besprechen.  Die  Titel  der  einl«ufenden 
Bfleher,  die  wir  susnAhmslos  der  Kohlhammersohen  YerUgsbuchhandlnng  su  flber- 
senden  bitten,  werden  regelmässig  im  nftohsten  Hefte  Terflffentlieht ;  aufBflok- 
sendung  der  nioht  besproohenen  fittcher  kOnnen  wir  uns  eher  nicht  einleesen. 

Menge,  Taschenwörterbuch  der  lateinischen  und  deutschen  Sprache. 
Teil  2,  Deutsch-Lateinisch.  Berlin-Schöneberg,  Langenscheidtsche 
Verlagsbuchhandlung  (Prof.  G.  Langenscheidt). 

Schmidt,  H.  von  Kleists  Werke.  3.  Band.  Leipzig  und  Wien,  Biblio- 
graphisches Institut 

Grillparzers  Werke.  Herausgegeben  von  Rudolf  Franz.  S.Band: 
Des  Meeres  und  der  Liebe  Wellen ;  4.  Band :  £in  treuer  Diener 
seines  Herrn ;  5.  Band ;  Der  Traum  ein  Leben.    Ibid. 

Württembergische  Geschichtsquellen.  Herausgegeben  von  der  Württem- 
bergischen Kommission  ftlr  Landesgeschichte.  Siebenter  Band. 
Urkundenbuch  der  Stadt  Eßlingen.  [IL  Band.  Stuttgart,  Druck 
und  Verlag  von  W.  Kohlbammer. 

Widmann,  Fischer  u.  Feiten,  Illustrierte  Weltgeschichte.  2.,  3. 
u.  4.  Lieferung.  München,  Allgemeine  Verlags-Gesellschaft, 
m.  b.  H. 

Wilder  mann,  Jahrbuch  der  Naturwissenschaften  1904—1905.  Frei- 
burg i.  Br.,  Herdersche  Verlagshandlung. 

Meyers  Großes  Konversations  Lexikon.  Band  10.  Leipzig,  Bibliogra- 
V     phisches  Institut. 

Stöhr,  Leitfaden  der  Logik  in  psychologisierender  Darstellung.  Leip- 
zig und  Wien,  Franz  Deuticke. 

Haastert,Le  Commerce  de  France  samt  Wörterbuch.  Leipzig,  G.  Frey- 
tag, Wien,  F.  Tempsky. 

Meyer,  Differential-  und  Integralrechnung  II.  Band.  GOschensche 
Verlagshandlnng. 

Sauer,  £uphorion.  Zeitschrift  für  Literaturgeschichte;  11.  Band.  Leip- 
zig und  Wien,  Carl  Fromme. 

Nagl  u.  Zeidler,  Deutsch-Österreichische  Literaturgeschichte.     Ibid. 


396  ^®Q  erschienene  Bücher. 

Raich,  Fichte,  seine  Ethik  und  seine  Stellung  zum  Problem  des  Indi- 
vidualismus.   Tübingen  und  Leipzig,  J.  G.  B.  Mohr  (Panl  Siebeck). 

Lamparter,  Christliches  Glaubensleben.    Ibid. 

Stephan,  Herder  in  Bückeburg  und  seine  Bedeutung  für  die  Rirchenge- 
schichte.    Ibid. 

S  tri  gl,  Sprachliche  Plaudereien.    Wien  und  Leipzig,  Leopold  Weiss. 

Melber,  Blätter  für  das  Gymnasial-Schulwesen.  Heft  5,  6,  7  u.  8. 
München,  J.  Lindauersche  Buchhandlung,  (Schöpping). 

Schenmann,  Von  der  Eroberung  der  Landschaft.  Dresden,  Gewerbe- 
Buchhandlung,  Ernst  Schürmann. 

Kalthoff,  Schule  und  Kulturstaat    Leipzig,  R.  Voigtländers  Verlag. 

Schmalz,  Antibarbarus  der  Lateinischen  Sprache  nebst  einem  kurzen 
Abriß  der  Geschichte  der  lateinischen  Sprache  und  Vorbemerkungen 
über  reine  Latinität  von  J.  Ph.  Krebs.  Basel,  Benno  Schwabe, 
Verlagsbuchhandlung. 

Fr  ick,  Die  Räuber.  Schauspiel  in  5  Aufzügen  von  Friedrieh  von 
Schiller.    Leipzig  und  Berlin,  Verlag  von  B.  G.  Teubner. 

Frick,  Gotthold  Ephraim  Lessing.    Philotas,    Ein  Trauerspiel.    Ibid. 

Machold,  Hermann  und  Dorothea.  Bürgerliches  Epos  in  neun  Ge- 
sängen von  Wolfgang  von  Goethe.    Ibid. 

Weise,    Ästhetik  der  deutschen  Sprache.    Ibid« 

Hartmann,  Die  höhere  Schule  und  die  Gesundheitspflege.    Ibid. 

Vahlen,  Abstrakte  Geometrie.    Ibid. 

Fritsche,  Shakespeare.  The  Merchant  of  Venice.  Berlin,  Wcid- 
mannsche  Buchhandlung. 

B  a  d  k  e ,  The  Gounties  of  England.    Ibid. 

Fritsche,  Les  Pr^cieuses  Ridikules.    Ibid. 

Weissenfeis,  Auswahl  aus  Victor  Hugo.    Ibid. 

Strehlke,  Le  Gid  von  P.  Corneille.    Ibid. 

Schmidt,  Shakespeares  Julius  Cäsar.    Ibid. 

Jonas,  Deutsche  Aufsätze  für  die  Mittelklassen  höherer  Schulen.   Ibid. 

Burda ch,  Schiller-Rede.  Gehalten  bei  der  Gedächtnisfeier  in  der 
Philharmonie  zu  Berlin,  am  8.  Mai  1905.    Ibid. 

Schneider,  Bellum  Africanum.    Ibid. 

Classen,  Thukydides.    6.  Band.    Ibid. 

Richter,  Xenophon  in  der  römischen  Literatur.    Ibid. 

Schiebe,  Zu  Ciceros  Briefen.    Ibid. 

Trendelenburg,  Erläuterungen  zu  Piatos  Meuexenus.    Ibid. 

Jahn,  Aus  Vergils  Dichterwerkstätte.    Georgica  IV.  281—568.    Ibid. 

Kohlrausch  u.  Märten,  Tumspiele  nebst  Anleitung  zu  Wettkämpfen 
und  Tumfahrten  für  Lehrer,  Vorturner  und  Schüler  höherer  Lehr- 
anstalten. Hannover  und  Berlin,  Verlag  von  Carl  Meyer  (G.  Prior). 

Müller,  Lateinisches  Lesebuch  nach  Nepos,  Livius,  Curtius,  für  die 
Quarta  höherer  Lehranstalten.    Ibid. 


Neu  erschienene  Bücher.  397 

!Zühlsdorff,  Die  Psychologie  als  Fundamental  Wissenschaft  der  Päda- 
gogik in  ihren  Grundzügen.    Ibid. 

Maulik,  Gotthold  Ephraim  Lessing.  Laokoon  oder  über  die  Grenzen 
der  Malerei  und  Poesie.  Leipzig,  Vorlag  von  G.  Freytag,  Wien, 
F.  Tempsky. 

Älschker,  Friedrich  von  Schiller,  Maria  Stuart.    Ibid. 

Bünger,  Auswahl  aus  Xenophons  Hellenika.    Ibid. 

£  1  o  u  ö  e  k ,  Vergilfl  Aeneis.    Ibid. 

Spieß,  Die  Lyrik  des  19.  Jahrhunderts.    Ibid. 

»Christ,  Homers  Ilias.    Ibid. 

Klag  es,  Fremdländisches  Liederbuch  für  gemischten  Chor.  Berlin, 
Groß-Liohterfelde,  Chr.  Friedrich  Vieweg. 

JSberhard,  Handbuch  der  Akademischen  Vereinigungen  an  den  deut- 
schen  Universitäten.     Leipzig,  Verlag  von  K.   G.  Th.  SchefTer. 

Judeich,  Topographie  von  Athen.  München,  C.  H.  Becksche  Ver- 
•  lagsbuchhandlung,  Oskar  Beck. 

^enewein,  Vom  Romantischen  bis  zum  £mpire.  Leipzig,  Friedrich 
Rothbarth,  Verlagsbuchhandlung. 

.Hahn,  Physikalische  Freihandversuehe.  Unter  Benutzung  des  Nach- 
lasses von  Direktor  Prof.  Dr.  Beruh.  Schwalbe.  Berlin,  Otto 
Salle,  Verlag. 

Schwering  u.  Kriraphoff,  £bene  Geometrie.  Freiburg  i.  Br.,  Her- 
dersche  Verlagshandlung. 

-Schwering,  Sammlung  von  Aufgaben  aus  der  Arithmetik  für  höhere 
Lehranstalten.    Ibid. 

Hertens,  Hilfsbuch  für  den  Unterricht  in  der  deutschen  Geschichte. 
IL  Teil.    Ibid. 

Selbst  u.  Schäfer,  Handbuch  zur  Biblischen  Geschichte.    Ibid. 

-Schwahn,  Diktate  für  die  unteren  Klassen  höherer  Lehranstalten. 
Leipzig  und  Berlin,  B.  G.  Teubner,  Verlag. 

Segger,  Rechenbuch  für  die  Vorschule  höherer  Lehranstalten.  Heft  1  — 3. 
Ibid. 

Weise,  Dr.  Karl  Menges  Dispositionen  und  Musterentwürfe  zu  deutschen 
Aufsätzen.    Ibid. 

8m olle,  Wolfgang  von  Göthe.    Dichtung  und  Wahrheit.    Ibid. 

Wickenhagen,  Jahrbuch  für  Volks-  und  Jugendspiele.     Ibid. 

•Oüthling,  Vergils  Aeneide.    Ibid. 

Wecklein,  Ausgewählte  Tragödien  des  Euripides.  2.  Bändchen. 
Ibid. 

Xohlrausch,  Lehrbuch  der  praktischen  Physik.    Ibid. 

^ch eff  er,  Zentralorgan  für  Lehr-  und  Lenimittel.  Heft  10.  Leipzig, 
Verlag  von  K.  G.  Th.  Scheflter. 

JSaure,  Auswahl  französischer  Gedichte  für  Schule  und  Haus.  Berlin, 
Verlag  von  F.  A.  Herbig. 


398  Ankündigungen. 

A 1 1  h  o  f ,  OeachkliUtafeln  filr  die  einzelnen  Klassen  höherer  Leliniiietiilten. 

Weimar,   A.    Uiischkc   Nachf.  (R.  BnehmaDn)    Hofbiichhandlnng. 
FunkeD,  2.  Jiiliheft.    München,  Verlag  der  Funken  Ct.  m.  Ii.  H. 
Selbnt  n.  Schäfer,  Hnndbuch  zur  Biblischen  Geschichte.     Preiburg' 

i  Dr.,  Rerdersche  Verlftgshandlunt^. 
■Schoell,    Der   evanKelische  Glaube.  Ilir  die  Ge^renwart  dargestellt. 

Heifbronn,  Verlag  von  Engen  Salser. 
Dentsches  Lesebuch    für   höhere  I^hranstalten.      HeraDsgegeben   von 

Rudolf  Lehmann.    SechsWr  Teil.     l.  u.  H.   Halbband.     Leipzig, 

Verlag  G.  Preytag. 
GQrke,  Jules  Sandeau.    Hadeleine.     Hietii  ein  W'irterbuch.     Leipzig, 

G.  Freytag,  Wien,  F.  Tempsky. 
Strohmeyer,  Läon  (lautier  Epop^es  Fran^aises.    Hiczn  ein  Wörter- 
buch.   Ibid. 
V.  Schnbert-Soldern.    Die  menschliche  Erziehnng.  T  ilbi  Dg  en,  Verlag 

der  II.  Lauppschen  Buehhanillung, 


Ankündigungen. 


.  OeCKCr  a.Harz  f.  131. 
I  liefert  allein  Hoitl88üden  anerkannt 
I  unttbertroffenen  Holl&nd.  Tmbkk. 
Kin  10  Pfd.-Uoutcl  fko.   «cht  Hk. 


PHNOS-rHARMONIUMSr- 

Köchiier  Ribatl     Kleinste  Raten     XOt^r.  OinnMe.      PlUM*  «.  HafniBnIiiM 

tu  «rmlalui;  bei   Kauf  Abiiig  *v  MIM«.  -  lllutr.  Kataftai  gratli-lrai. 

RUD.  PHTEHT-PUHIIIOS  nlf  bl*  Jstlt  unsrrsloM  fluttr  SllMiiiBallni|l 

Wilh.  Rudorph,  «ÄÄ  Gie»»en  ffi. 


Son  @ntft  $ol}er  (Ulm). 

CSwtittT  $anb   her  „'SaiftcnnnBfn  t*S   ia   uirtttttthtxiifita  9tWiltte", 

I)(riiuegc)iebtn  ddii  ber  SommiffiDn  für  Sanbctgtfi^ii^te ) 

-         182  Ztitm.     l«t.  8°,  mit  iWet(n6(iIaaen.     'P«i*  3  aRatf.    — — 

(^un^  äfft  9u(^^anblungtn  tt^aitli^.) 

«ttlag  Hon  m.  9oWtammtt  fn  «hrttflart. 


Ankündigungen. 


399 


311  ber  ^ert^erfi^en  '^ttta^^t^tinhtun^  |tt  ^reiSurg  im  SSrH^gau 

ftnb  foeben  erfi1)ienen  unb  f önnen  burd^  aQe  ^^u^^anblungen  belogen  toetben : 

findi,   ^eter,  «^^TpranVÄr'  ^td^enßu^  für   hie 
nuteten  Raffen  Qö^eter  ^el^tanftatten.  8«  (iv  u.  286) 

2.50  anr. ;  geb.  in  Seintoanb  8  ^f.  »eglettlDOrt  für  ben  ^e^ret  grati«. 
^ad  9u$  fliegt  ben  ^nforberungen  ber  ge()cntt>artiQ  geltenben  ))reußt< 
f(^en  £e^rp(&ne  adieittg  geregt  au  n>erben,  inbem  ed  ^tlfdmittel  fein  toid 
2ur  (Sx^klun^  ooQen  ^crflänbrnfied  ber  9ftec^entt)eifen,  )ur  (^reic^ung  oon 
SRec^enoeläufigfeit  jur  '<öefä^tgung  ber  @d^üler,  bie  erworbene  gertigfeit  auf 
bie  oerfc^iebenen  ^^er^ältntffe  M  Sebend  anjuioenben. 

W,  mifitlm,  c^e9t6ui9  het  netgCei^enben  f  rbSef^rei- 

Sung  für  bie  oberen  ftlaffen  ^ö^erer  Se^ranf!alten  unb  gum  @elbft< 

Unterricht,  ^c^tjel^nte,  üerbeff erte  Siuflage,  bearbeitet  r)on  Dr.  inh- 

tttg  92eninann,  '^rofeffor  ber  Q)eogra))^ie  an  ber  UniDerfttat  greiburg  im 

23rei«gau.    @r.  8«  (XVl  unb  892)  Smt;  geb.  in  ^albleber  3.60  Wtt. 

Sin  bem  ^runb|}(an  be^  ^uc^ed,  bad  nunmehr  auf  ein  fünfgigja^riged 

^efle^en  gurücfblicft,  ifl  nid)td  S^cfentlici^ed  gcanbert  worben;  ee  ermeift  ftc^ 

feit  langer  Qtit  a{€  ein  gefc^ä^ted  .^Ufdmittei  für  ben  geograp^ifc^en  Unter- 

ric^t  unb  n^irb  ber  i^m  geftedtcn  Aufgabe,  bem  geograi>^i)c^en  Unterrit^t  in 

ben  oberen  Pfaffen  ^ö^crcr  Untcrrid^töanilalten  —  gleichgültig  teelc^cr  9lrt 

unb  »elci^en  Se^r))Iand  —  fon)ie  bem  <SeIbflunterric^t  gu  bienen,  in  oorgügs 

lieber  ®eife  gerecht.  [21 


@oebeu  ift  bei  und  erfd^ienen  ber 
I.  ^anb  ber  [20 

Sfittteml.  MUUiin 

Sagen  unb  ®(f4td^tcu 

herausgegeben  o.  ^.  Se^rerunt.^iUerein, 

192  eciten  unb  4  ^oObifber 

in  l^übfc^em  &einn>anbbanb  1  Vif. 

ein  8n4  ffir  jeben  S&ürttemHerger ! 

S^Unnli  u.  ^oftntian» 

jf^utvata%j  ^tnU^attj  ^inbenftr.  9. 


W.  Kohlhammers  Verlag,  Stuttgart. 


^v'syv'  ^y\^  w  \y  ^•>v^ 


Die  antike 

Aeneiskritik. 

Aus  den  Schollen  und  andern  Quellen 

zusammengestellt  von 

Professor  Dr.  M.  Oeorn^ü* 

Vm  u.  570  S. 

Preis  hroschiert  lo  Mark. 


Schulvorstand 
der  höheren  Lehranstalt 

Varel,  4.  Oktober  1906. 

An  der  höheren  Bttrgerschule 
zn  Varel  (Oldenburg),  welche  zu 
einer  für  Knaben  und  Mädchen  ge- 
meinsamen Realschule  aufgebaut 
werden  soll,  wird  zu  Ostern  1906 

ein  Oberlehrer 

fitr  neuere  Sprachen  gesucht  Das 
Gehalt  wird  für  den  Fall  des  Auf- 
baues auf  8000  bis  6300  Mk.  mit  zwei- 
jährigen Zulagefristen  von  300  Mk. 
festgesetzt  werden. 

Die  Stelle  kann  auch  durch  einen 
wissenschaftlichen  Hilfslehrer  mit 
einem  Gehalte  bis  2600  Mk.  besetzt 
werden.  [6  M 

Bewerbungen  mit  Lebenslauf  u. 
Zeugnissen  sind  bis  zum  1.  Nov.  1905 
bei  dem  unterzeichneten  Vorstände 
schriftlich  einzureichen.  Nähere  Aus- 
kunft wird  gern  erteilt. 


400 


AnkQndigungen. 


Matlieiiiatiker! 


[18 


Von  einer  großen  süddeutschen  Lebensversicheriingsgesell- 
Schaft  wird  ein  staatlich  geprOfter  Mathematiker  mit  gaten  Zeug- 
nissen und  nicht  Ober  30  Jahre  alt  zur  Unterstützung  des  ersten 
Mathematikers  gesucht.  Pensionsberechtigte  aussichtsvolle  Lebens- 
stellung. Anerbieten  mit  Lebenslauf,  Photographie  und  Grehalts- 
anspruch  vermittelt  unter  X.  Y.  Z.  die  Expedition* 


3n  ber  ^txhnf^tn  '9^ta%^^anbtuu^  }u  ^rciinrg  im  Qrei^gan  ftnb 
foeben  erf(^ientn  unb  fonnen  burc^  alle  6uc^^anblungeu  belogen  merbcn: 

»ergoU»,  «iigeii,  l^^r^f^'^'^IX  ^tu^xt^nttt  ntt6 

^1ll(tf(t%»     (fin  furjcr  ßeitfabcn  befoiibet«  jut  JJorbeteitung  für  ben 

antritt  an  ©^miiapen  unb  «Rcalfc^ulen.   12«  (VIII  unb  28)  Äart  50  ¥f. 

rad  ^ü(!blein  enthalt  in  furjer  C^ntmicflung  bie  nötigen  iRec^enrecieln 

in  fotrcftcr  unb  fürjefler  gorm  imb  Ifl  ju  gemeinjamcr  Arbeit  für 

Sekret  unb  ©d^üler  befltmmc. 

Dressel,  Ludwig,  S.  J.,  Elementares  Lehrbuch 

Cler  1:  tiySlR  nach  den  neuesten  Anschauungen  für  höhere 
Schulen  und  zum  Selbstunten-icht.    Dritte,  vermehrte  und 
umgearbeitete  Auflage.    Mit  665  in   den  Text  gedruckten 
Figuren.    Zwei  Bände.    Gr.  8«  (XXVI  n.  1064)  16  Mk.;  geb.  in 
Leinwand  Mk.  17.60. 
Der  Verfasser  will  den  Leser  kurz  und  bündig,  dabei  aber  doch 
zuverlässig  und  gründlich  über  den  neuesten  Stand  der  physikalischen 
Wissenschaft  unterrichten.    Er  hat  sein  Buch  in  erster  Linie  für 
solche  geschrieben,  welche  die  am  Gymnasium  und  an  der  Realschule 
gebotene  Vorbildung  erhalten  haben  und  nun  ihre  Kenntnisse  anf- 
frischen,  vertiefen  und  erweitem  wollen.    Den  Schwerpunkt  seiner 
Darstellungen  verlegt  der  Verfasser  darein,  ein  richtiges  Verständ- 
nis der  Forschungsergebnisse  zu  vermitteln;   dabei  unterläßt  er  es 
jedoch  nicht,  auch  auf  die  praktische  Verwertung  der  Wissenschaft^ 
liehen  Forscnungsergebnisse  in  der  Technik  und  im  gewöhnlichen 
Leben  gehörige  Rücksicht  zu  nehmen. 

mUmmn,  Dr.  Otto,  *  **Ä"af?r^  ^l^lfoMtfi^e 

"^tOpähtUtih  für  ben  ©ijmuafialuntevric^t  unb  ba«  ©elbjtflubium. 
2  Xeile.    (»r.  8^ 

(?r|ler  ZtiX:  »Ofllf*  3n>eite,  oerbcfferte  Auflage.  (IV  u.  134) 
1.80  Mk.  (2.20  K);  geb.  in  ficinwanb  2.30  Mk.  (2.80  K.).  —  gür  bie 
$anb  be«  2cl^rerö  (4)  gratl«. 

grüner  Ift  erfc^tcnen:  3»citerXeiI:  Sm)litif4t  ^»«ä^^töflle*  (IV 
u.  174)  2.40  Mk.  (2.80  K.);  geb.  2.90  Mk.  (8.30  K.).  —  gut  bie  ^anb 
bed  Setter«  (6)  gratis. 

mit  Qxtai  bed  f.  f.  SO^iniflertum«  für  jtultu«  unb  Unterricht  in  Sien 
jum  Se^rgebrauc^e  an  ©^mnaften  mit  beutfc^er  llnterrid)tdf|>ra(^e  aügemein 
Sugclaffen.  [19 


Rückblick  auf  die  Yersammlmig  deutscher  Philologen 

und  Schulmänner  in  Hamburg. 

So  lockend  und  dankbar  es  auch  wäre^  in  breiterer  Schilderung 
darzulegen,  was  die  alte  Hansestadt  alles  getan  hat,  um  in  den 
Teilnehmern  an  der  gelehrten  Versammlung  das  lebhafte  Gefühl 
zu  erwecken,  auf  diesem  Boden  der  Arbeit  um  die  Güter  dieser 
Erde  herzlich  willkommen  zu  sein,  so  muß  ich  mir  doch  versagen, 
näher  auf  diese  Seite  einzugehen  und  mich  mit  der  Versicherung 
begnügen,  daß  die  Art,  wie  wir  aufgenommen  wurden,  sowohl  den 
geistigen  Interessen  als  der  Gastfreundschaft  der  ersten  Seestadt 
Deutschlands  das  glänzendste  Zeugnis  ausstellte ;  von  den  1600  Teil- 
nehmern, unter  denen  sich  400  Damen  befanden,  wird  jeder  mit 
aufrichtiger  Dankbarkeit  an  die  erhebenden  Eindrücke  zurückdenken, 
die  er  auch  in  dieser  Hinsicht  erbalten  hat  vom  ersten  Empfang 
an  bis  zu  der  von  etwa  800  Personen  unternommenen  Fahrt  zur 
Ruhestätte  Bismarcks  im  Sachsenwalde. 

Nur  eine  Darbietung  machen  wir  namhaft,  die  Festaufführuug 
des  Königs  Ödipus  von  Sophokles  und  des  Kyklops  von 
Euripides,  beide  für  die  Bübne  unserer  Zeit  bearbeitet  von  A.  Wil- 
brandt  und  in  Szene  gesetzt  von  dem  Regisseur  des  Deutschen 
Theaters  Freiherm  Alfr.  von  Berger.  Entsprechend  der  Moderni- 
sierung war  der  Chor  viel  unmittelbarer  in  die  Handlung  herein- 
gezogen als  dies  im  Altertum  üblich  war.  Auch  war  die  Darstel- 
lung der  Tragödie  durchaus  im  Stile  des  psychologischen  Realismus 
gehalten,  während  das  Satyrspiel  etwas  von  der  Offenbachiade  ab- 
bekommen hatte.  Bei  den  Philologen  strengster  Richtung  gab  dies 
Anlaß  zu  gelehrten  Anmerkungen,  aus  denen  sich  freilich  ergab, 
daß  auch  nach  oder  vielleicht  eben  infolge  der  neuesten  eindringen- 
den Forschungen  über  den  Ursprung  und  das  Wesen  des  antiken 
Dramas  niemand  sich  eine  wirkliche  Vorstellung  davon  machen 
kann.  Harmloser  Genießenden  gab  die  Modernisierung  Gelegenheit, 
unmittelbar  die  geradezu  erstaunliche  Kraft  des  hellenischen  Geistes 
zu  bewundern,  der  zwei  Hervorbringungen  derselben  Gattung  zu 
schaffen  vermochte,  noch  heute  die  eine  von  erschütternder  Tragik, 
die  andere  von  sprudelnder  Ausgelassenheit.  In  gewissem  Sinne 
bildeten  diese  Vorführungen  den  besten  Anschauungsunterricht  für 
die  Vorträge,  denen  wir  uns  nunmehr  zuwenden. 

Wie  umfassend,  ja  geradezu  allumspannend  das  Gebiet  ist,  auf 

Korrospondensblatt  1906,  Heft  11. 


402  Meltzer,  Rückblick  auf  die  Verearamlung 

ileni  äich  die  deutseben  Philologenversammlungen  bewegen,  mag 
zunächst  ein  kurzer  Überblick  über  die  Stoffe  lehren,  die  hier  be- 
handelt werden.  Wir  finden  da  vertreten  nicht  bloß  Philologie  und 
Archäologie,  sondern  au(^h  alte  und  neue  Kunstgeschichte,  Religions- 
kunde, Philosophie,  Naturwissenschaft  und  Pädagogik.  An  die  all- 
gero einen  Sitzungen  mit  ihrer  Einführung  in  Fragen,  an  denen  die 
Gebildeten  überhaupt  teilnehmen,  schlielk^n  sich  die  Verhandlungen 
von  nicht  weniger  als  10  Sektionen  an;  es  sind  dies  die  philo- 
logische, pädagogische,  archäologische,  germanische,  historiscli- 
epigraphische,  romanische,  englische,  indogermanische,  mathematisch- 
naturwissenschaftliche  und  orientalische. 

Aus  der  unübersehbaren  Fülle  greifen  wir  einiges  heraus,  was 
uns  bescmders  des  Berichtes  wert  erscheint. 

Den  Reigen  eröffne  die  Philologie  im  engeren  Sinne!  Hier 
sprach  Prof.  H.  Di  eis  aus  Berlin  über  den  lateinischen, 
griechischen  und  deutschen  Thesaurus.  Ausgehend  von 
dem  Gedanken,  daß  der  Zersplitterung  im  modernen  Betriebe  der 
AVissenschaft  doch  in  der  erfreulichsten  Weise  auch  immer  stärker 
werdende  Bestrebungen  der  Zusammenfassung  gegenübertreten,  legte 
er  zunächst  den  Gang  dar,  den  durch  eine  lange  Reihe  von  Irr- 
tümern und  Schwierigkeiten  hindurch  der  lateinische  Thesaurus 
genommen  habe,  dessen  Vollendung  auf  Grund  der  vielen  Erfah- 
rungen nunmehr  in  absehbarer  Zeit  erwartet  werden  dürfe.  Da- 
gegen sei  der  griechische  Thesaurus  nur  eine  wenn  auch  noch  so 
wohlgemeinte  Utopie:  denn  zu  ihm  fehle  es  noch  an  allen  Vor- 
arbeiten als  da  sind  kritische  Textausgaben,  Wortverzeichnisse  zu 
den  einzelnen  Schriftstellern,  Durchforschung  der  Mundarten  usw. 
Auch  werde  der  Umfang  und  dementsprechend  der  Preis  ins  Un- 
geheuerliche wachsen.  Erreichbar  sei  bis  auf  weiteres  etwa  nur 
die  Herstellung  einer  Anzahl  von  Fachlexika.  Endlich  der  deutsche 
Tliesaurus  habe  zwar  bekanntlich  an  dem  Grimmschen  Wörterbuch 
einen  Vorläufer,  aber  auch  nicht  mehr.  Denn  dieses,  von  Anbeginn 
ohne  methodischen  Plan  begonnen,  schleppe  sich  ohne  rechte  Lebens- 
kraft mühselig  weiter.  Auch  hier  müsse  durch  umfassende  Vor- 
arbeiten erst  ein  neuer  Grund  gelegt  werden,  worauf  man  dann 
etwa  in  einem  halben  Jahrhundert  an  die  eigentliche  Aufgabe  werde 
herantreten  können.  Diesen  Ausführungen  stellt  sich  ein  Beschluß  der 
germanischen  Sektion  zur  Seite,  in  dem  die  zur  Verwirklichung 
dieses  j^roßen  nationalen  Gedankens  nötigen  Schritte  näher  be- 
zeichnet wurden. 


deutsclier  Philologen  und  Schulmänner  in  liamburg.  403 

Prof.  F.  So  Im  Ben  aus  Bonn  zeigte,  daß  die  griechische 
Etymologie  durch  stärkere  Betonung  der  inhaltlichen  und  wort- 
geschichtlichen Seite  einerseits,  durch  Heranziehung  moderner  Mund- 
Wirten  andererseits  noch  mancherlei  lehrreiche  Aufschlösse  erhalten 
könne;  bei  der  Berücksichtigung  archäologischer  Funde  versteht 
mau  z.  B.  warum  die  Böoter  aus  xoduei^a  (,,Vierfnß")  TQiTiei'a 
.(,. Dreifuß ^^)  gemacht  haben. 

Prof.  A.  Thumb  au«  Marburg  verbreitete  sich  tlber  Prin- 
zipienfragen der  Koine-Forschung.  Er  betonte,  daß  die 
Kenntnis  des  Neugriechischen  dabei  so  gut  wie  unentbehrlich  sei 
nnd  ferner,  daß  die  besonders  von  Deißmann  vertretene  Anschau- 
ung von  der  Notwendigkeit  die  sog.Hebraismen  der  Sprache  des  Neuen 
Testaments  auf  das  allergeringste  Maß  einzuschränken  sicli  immer  mehr 
bestätigt  habe;  selbst  Ausdrücke  wie  ak  ovofiu,  iv  oVo/mrt  oder 
^v  ^a/atQa  im  instrumentalen  Sinn  (,,mit  dem  Schwerte^*)  lassen 
sich  schon  in  den  von  der  h.  Schrift  ganz  unberührten  ptolemäischen 
Papyri  belegen,  um  zu  schweigen  von  Wörtern  wie  awvTjQy  die 
durchaus  aus  dem  Gedankenkreise  des  augusteischen  Zeitalters 
heraus  zu  verstehen  sind.  Es  ist  zu  verlangen,  daß  die  Theologen 
von  den  Ergebnissen  der  Koinephilologie  eingehende  Kenntnis 
nehmen,  dann  werden  voreilige  Schlüsse  aus  der  Sprache  auf  die 
Entstehung,  z.  B.  der  Evangelien,  von  selbst  wegfallen.  Mit  dem 
Wunsche,  daß  sich  mehr  Mitarbeiter  einstellen  möchten  vom  Schlage 
nnseres  Berufsgenossen  Edwin  Mayser,  scJiloß  der  Redner. 

Hatte  er  die  Beziehungen  zwischen  klassischer  Philologie  nnd 
Theologie  hauptsächlich  vom  sprachlichen  Standpunkt  aus  beleuchtet, 
so  hoben  Prof.  J.  Geffken  aus  Hamburg  und  Prof.  W.  Soltau 
ans  Zabern  i.  E.  die  inhaltlichen  Berührungen  beider  Gebiete  her- 
vor. Der  erstere  entwickelte  in  seinem  Vortrage  tlber  Alt  ehr  ist- 
liche Apologetik  und  griechische  Philosophie,  wie  im 
Anfange  die  jüdische  Sekte  höchstens  eine  plehecida  philoftophorum 
gewesen,  wie  dann  aber  ein  immer  breiterer  Strom  griechischen 
Denkens  in  die  allmählich  sich  bildende  Kirche  eingedrungen  sei, 
bis  die  großen  alexandrinischen  Gelehrten  wie  Klemens  und  Ori- 
genes  die  heidnische  Wissenschaft  sich  völlig  zu  eigen  machten. 
Soltan  hatte  sich  das  Thema  erwählt  Römische  Geschichts- 
forschung und  Bibelkritik«  Schon  die  Methode  in  der  Be- 
handlung biblischer  Fragen  kann  vieles  entnehmen  von  dem  besonders 
seit  Schwegler  in  der  Erforschung  der  römischen  Geschichte  üblichen 
Verfahren.  Sodann  jribt  es  Funde,  die  für  beide  Gebiete  von  Wichtigkeit 


404  Meltzer,  Rückblick  auf  die  Yersammlang 

sind,  z.  B.  die  kleinasiatiscben  Inschriften  zu  Ehren  des  Augnstus^ 
die  zugleich  das  Vorbild  von  Luc.  11^  14  sind.  Weiter  ist  di«^ 
Kenntnis  der  Eaiserzeit  die  Voraussetzung  für  die  richtige  Auf- 
fassung der  neutestamentlichen  Zeitgeschichte.  Die  Wunderfrage 
kann  für  diese  richtig  nur  der  lösen ,  der  jene  mitheranzieht. 
Endlich  ist  die  ganze  Verfassung  der  ELirche  entlehnt  von  der 
heidnischen  Staats-  und  Gemeindeverfassung:  XaoV,  x>l^^oc,  6idy.oyoi, 
TiQsaßvTSQOt,  iniaxonoi  sind  zusammenzuhalten  mit  plehs,  demiuoftesy 
maghfratus,  und  auch,  der  Zug  zur  monarchischen  Spitze  stammt 
daher  ebenso  wie  die  Traditions-  und  S  ukzessionstlieorie  der  katholischen 
Kirche.  Wenn  Dr.  med.  und  phil.  J.  Kotelmann  ans  Hamburg 
Über  die  Augenkrankheit,  an  welcher  Paulus  in  Ga- 
lati en  litt,  handelte,  so  sind  an  diesem  Thema  nicht  weniger  als 
drei  Wissenschaften  beteiligt:  Medizin,  Philologie  und  Theologie. 
Da  begreift  man  denn  leicht,  daß  sich  auch  86  evangelische  Geist- 
liche zasammengetan  hatten,  um  dem  Kongreß  eine  in  elegantem 
Latein  abgefaßte  Adresse  zu  widmen,  worin  sie  den  Philologen  und 
Vertretern  der  Wissenschaft  überhaupt  von  dem  Tage  der  Refor- 
matoren an  bis  heute  danken  für  die  Verdienste,  die  sie  sich  um 
die  Erklärung  der  h.  Schriften  wie  um  die  Ausrüstung  zum  seel- 
sorgerlic.hen  Amt  erworben  haben;  auch  auf  dem  Titelblatt  des 
jeden  Morgen  frisch  ausgegebenen  ,, Tageblatts ^^  grüßte  den  Leser 
das  Standbild  des  Reformators  der  Hansestadt,  Johannes  Bugenhagen. 

Unter  den  archäologischen  Vorträgen,  die  natürlich,  wie  auch 
sonst  eine  große  Zahl,  durch  Lichtbilder  erläutert  wurden,  seien 
genannt  der  von  E.  Petersen  aus  Berlin  (früher  in  Rom)  über 
die  Ära  Pacis  Augusti  und  ihre  Vorbilder  und  ganz  besonders 
der  von  A.  Conze  Pro  Pergamo.  Es  war  wirklich  ergreifend» 
wie  der  hochverdiente  greise  Gelehrte,  der  nunmehr  von  seinem  so 
ruhmvoll  und  erfolgreich  bekleideten  Amte  als  Leiter  der  k.  Museen 
zurücktritt,  dem  jüngeren  Gesclilechte  die  Fortführung  und  Erhal- 
tung seines  Lebenswerkes  ans  Herz  legte,  dem  er  nicht  weniger 
als  30  Jahre  unermüdlicher  Hingabe  gewidmet  hatte. 

Prof.  F.  Koepps  Vorlührung  der  Ausgrabungen  bei 
Haltern  würden  an  Bedeutung  gewonnen  haben,  wenn  es  sich 
hätte  zeigen  lassen,  daß  wir  hier  endlich  das  vielgesuchte  Aliso 
gefunden  hätten. 

Prof.  L.  Roberts  aus  Halle  Vortrag  über  P  an  dorn  möge 
uns  überleiten  zu  den  kultur  geschieht  liehen  Themen.  An  der  Hand 
von  Vasenbildern   und    Textstellen    skizzierte   er   den    tiefsinnigen 


deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Hamburg.  405 

Mythos  in  seiner  Entwicklung  von  Hesiod  bis  auf  Goethe,  wobei 
er  augenscheinlich  in  Verfolgung  der  von  der  ausgezeichneten  eng- 
lischen Religionshistorikerin  Jane  E.  Harrison  in  ihrem  grundlegenden 
Buche  Prüleijomena  to  the  Studi/  of  (rreek  religion,  Oxford  1902,  ge- 
gebenen Deutung  in  Pandora  die  Erde  wiederfand,  die  eben  in  dem 
Fasse  {ni&og)  ihr  Abzeichen  hat. 

Verwandte  Bahnen  schlug  ein  Prof.  K.  Zacher  aus  Breslau 
mit  Vermutungen  über  die  dämonischen  Urväter  der 
Komödie.  Der  Redner  konstruierte  mit  Ktlhnheit,  aber  nicht  ohne 
Wahrscheinlichkeit  einen  Maaog  von  satyrhaften  Wesen,  xoßüXin,  deren 
Namen  in  unseren  meist  fälschlich  aus  deutschem  Sprachgut  hergelei- 
teten ,Kobolden'  weiterleben;  obwohl  ihre  Deutung  vom  modernen 
sprachwissenschaftlichen  Standpunkt  aus  mancherlei  Bedenken 
hervorzurufen  geeignet  war,  so  bewegten  sich  doch  inhaltlich 
die  Ausführungen  durchaus  auf  der  Richtungslinie  der  besonders  von 
J.  Harrison  kürzlich  für  die  Tragödie  eingeschlagenen  Wege,  und  mir 
scheint,  daß  hier  eine  tiefliegende  Ader  angeschlagen  worden  ist;  lehr- 
reich wäre  auch  die  Frage,  ob  diese  auf  niedriger  Stufe  stehenden 
Wachstumsgeister  der  vorhellenischen  Bevölkeningsschicht  dem  von 
der  englischen  Forscherin  so  genannten  lauer  statum,   zugehören. 

Ein  Thema  von  eigentümlichem  Reize  führte  mit  der  von 
früheren  Versammlungen  her  an  ihm  gewohnten  feinsinnigen  Schärfe 
ans  Prof.  Dr.  E.  Bethe  in  Gießen;  es  hieß  Liebe  und  Poesie. 
Anknüpfend  an  neuere  Theorien,  wenn  ich  richtig  erraten  habe, 
besonders  von  0.  Jespersen  und  nach  ihm  B.  Delbrück,  wonach 
in  der  Liebe  der  Ursprung  der  Dichtung  und  der  Sprache  zu  suchen 
ist,  gedachte  Bethe  zu  zeigen,  daß  die  durch  ihre  Vollständigkeit 
besonders  wertvolle  Geschichte  der  griechischen  Dichtkunst  dieser 
Annahme  nicht  günstig  sei.  Homer  kenne  neben  der  Leidenschaft 
nur  die  eheliche  Treue.  Aber  auch  Archilochos,  die  erste  scharf- 
ausgeprägte Individualität  auf  hellenischem  Boden,  wurde  zu  seinen 
Versen  auf  Neobule  getrieben  nicht  etwa  durch  Liebe,  sondern 
«lurch  den  Ingrimm  des  verschmähten  Bewerbers,  und  war  kein 
sentimentaler  Liebhaber,  sondern  ein  schlimmer  Weiberläufer.  Auch 
in  der  folgenden  Zeit  spielten  Rücksichten  der  Familie  und  Legi- 
tiniHt  eine  entscheidende  Rolle,  nicht  aber  zarte  Minne  der  Ge- 
schlechter. Es  war  (um  einen  Ausdruck  Treitschkes  zu  gebrauchen) 
eine  männische  Gesellschaft  und  in  dieser  entwickelte  sich  vielmehr 
der  naidixog  6Q0)g.  In  diesen  dem  Apollon  geweihten  Verhältnissen 
zwischen   Gleich^eschlechtisren    fand    ein    beseliisrendes    Geben    und 


406  M  e  1 1  z e  r,  Rfickblick  auf  die  Versaramliuig 

Nehmen,  ein  völliges  Sichverstehen  statt,  hier  blühte  der  dyoir  aof. 
Auch  die  Frauen  fanden  die  höchste  seelische  Befriedigung  nicht 
im  Verkehr  mit  einem  Manne,  sondern  in  einer  oft  heißen  Zunei- 
gung von  Weib  zu  Weib.  Eine  solche  Tatsache  muß  man  nicht  sittlich 
verurteilen,  sondern  verstehen  wollen.  Äsehylos  und  Platoii  teilen 
diesen  Standpunkt;  bei  ihnen  findet  sich  kein  Wort,  bei  So- 
phokles höchstens  eine  Andeutung  von  dem,  was  wir  Liebe  nennen. 
Dies  hat  sich  erst  dem  Euripides  geoffenbart,  ja  es  geht  als  Haupt- 
motiv durch  alle  seine  Dichtungen  hindurch.  Noch  als  Greis  hfs- 
schäftigt  er  sich  mit  der  romantischen  Liebe  und  in  der  Andromeda 
tritt  uns  die  Neigung  des  reinen  Mädchens  zum  reinen  Manne  ent- 
gegen. Seitdem  ist  das  Motiv  nicht  wieder  aus  der  Weltliteratur 
verschwunden;  es  klingt  weiter  durch  die  Komödie  Menander> 
und  durch  die  alexandrinische  Zeit:  „Des  Mädchens  Klage"^  ist  ganz 
modern  empfunden.  Ebenso  ist  ApoHonius  Khodius  und  der  Roman 
durchtränkt  von  diesem  Geiste;  die  spannendsten  Gesänge,  der 
zweite  und  der  vierte,  in  Virgils  Äneis  atmen  ihn.  Aber  auch 
die  romanisch-germanische  Kultur  des  Mittelalters,  die  sich  nicht 
frei  aus  sich  heraus  hat  entfalten  dttrfen,  sondern  auf  Schritt  und 
Tritt  von  der  antiken  Überlieferung  beeinflußt  worden  ist,  hat  die 
sentimentale  Liebe  vom  Altertum  übernommen  und  bis  auf  den 
heutigen  Tag  ist  sie  nicht  verstummt  —  Man  sieht  leicht:  wir  haben 
in  diesem  Betlieschen  Vortrag  ein  verkleinertes  Gegenstück  zu  dem 
Versuche,  den  etwa  E.  Norden  in  der  „Antiken  Knnstprosa^'  oder 
W.  Reich  im  ^Mimus^^  im  großen  unternommen  haben  und  der 
durchaus  der  kulturhistorischen  Auffassung  der  gegenwärtigen  Alter- 
tumswissenschaft entspricht ;  er  läuft  hinaus  auf  das  Bestreben,  eine 
Erscheinung  des  griechisch-römischen  Lebens  zunächst  in^^den  ver- 
schiedenen Stufen  ihrer  einheimischen  Entwicklung  darzulegen  und 
dann  ihre  Fortwirkung  auf  die  Folgezeit  vorzuführen.  Ob  freilicli 
bei  dem  letzteren  Bemühen  nicht  gelegentlich  die  eigentlich  trei- 
bende Kraft  verdrängt  wird  durch  das,  was  man  das  auslösende 
Moment  nennt?  Mir  scheint,  die  Gedanken,  die  Houston-Stewart- 
(Jhamberlain  vom  Standpunkt  des  germanischen  Rassenmenschen 
geltend  gemacht  hat,  verdienen  hier  als  Gegengewicht  einseitiger 
Betonung  des  Weiterlebens  der  Antike  ernsthafte  Beachtung.  Auch 
hatte  ich  den  Eindruck,  daß  Bethe  mit  einer  Quafernio  Ter- 
nilmrum  arbeitete,  wenn  er  die  Liebe,  aus  der  die  Ethnologen 
und  Völkerpsychologen  Dichtung  (und  Sprache)  herleiten  wollen 
und  worunter  sie  natürlich  einfach  den  Mann  und  Weib  zusammen- 


deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Hamburg.  407 

swingenden  Naturtrieb  verstehen,   nun  auf  eiBmal  eindchräukte  auf 
die  sittsame  Schwärmerei  unserer  Tage. 

An  historischen  Vorträgen  hörte  ich  besonders  den  von  Prof. 
£d.  Meyer  aus  Berlin  über  Alexander  den^  Großen  und  die 
absolute  Monarchie.  Während  in  weiten  Kreisen  die  Meinung 
herrscht,  daß  das  Gottesgnadenkönigtum  zu  uns  vom  Morgenlande 
hergekommen  sei,  führte  der  Redner  aus,  daß  diese  Auffassung  nur 
für  ihre  äußerlichen  Formen  und  Gebräuche  zutretfe,  die  auch  auf 
anderen  Gebieten  —  in  viel  höherem  Maße  als  man  gemeinhin  denke  — 
auf  orientalischem  Vorgange  beruhten.  Allein  inhaltlich  sei  nicht  das- 
selbe der  Fall,  vielmehr  hätten  wir  es  hier  mit  einer  wesentlich  helle- 
nischen Entwicklung  zu  tun.  Im  Oriente  bestehe  zwischen  Menseli 
und  Gott  eine  unüberbrückbare  Kluft  und  der  erstere  sei  das  Ge- 
schöpf des  letzteren;  nach  griechischer  Vorstellung  dagegen  seien 
die  beiden  im  Grunde  weseuseins.  Dazu  tritt  dann  die  hellenisch- 
politische Theorie,  anhebt nd  mit  Sokrates;  nach  ihm  soll  im  Staate 
der  Beste  herrschen,  ein  Gedanke,  der  sich  bei  Aristoteles  zur  Idee 
des  nafA(iaou.tvq  verdichtet.  Von  solchen  Monarchen  heißt  es  dann 
geradezu  mit  dürren  Worten,  sie  seien  Vsol  iv  dvt^ownoi^y  utrot  - 
yd()  aiai  vofxoq.  In  der  Praxis  trat  natürlich  an  die  Stelle  der 
philosophischen  dgav/i  die  Macht  und  man  gelaugte  von  selbst 
zu  Gestalten  wie  Lysander,  der  sich  schon  vergöttern  ließ.  So 
verherrlicht  Aristoteles  den  Hermias  von  Atarneus  als  einen  Heros 
und  Isokrates  stellt  dem  Philipp  in  Aussicht,  er  werde  ein  Gott 
werden,  wenn  er  die  Perser  besiege.  Alexander  vollends  unternahm 
den  Zug  nach  dem  Ammonium  durchaus  in  der  klaren  Absicht, 
sich  zum  Gotte  erheben  zu  lassen  und  damit  auf  die  Griechen  zu 
wirken.  Sein  Plan  wurde  aufgenommen  von  Cäsar,  und  wenn  ihn 
auch  Augustus  und  Tiberius  wieder  haben  fallen  lassen,  da  sie  nur 
prineipes  sein  wollten,  so  ist  er  doch  schon  von  Domitian  wieder 
ergriften  und  von  Diocletian  zur  Grundlage  der  neuen  Verfassung 
gemacht  worden.  Hiermit  ist  der  Ausgangspunkt  für  Mittelalter 
und  Neuzeit  gewonnen.  Nur  anhangsweise  erwähnt  sei,  dass  Prof. 
r.  Wilcken  aus  Hidle  auf  einem  WUrzbur<;er  Papyrus  die  höchst 
interessante  Schilderung  eines  Lagergenossen  des  Hannihal,  Sosytos, 
über  eine  Seeschlacht  zwischen  Römern  und  Karthagern  zu  Beginn 
des  zweiten  punischen  Krieges  gefunden  liat. 

An  diese  Themen  aus  der  alten  Geschichte  sei  eines  aus 
unserer  eigenen  gereiht!  Prof.  Ür.  K.Jakob  aus  Tübingen  ver- 
breitete sich  in  fesselnder  und  von  warmer  vaterländischer  Bereiste- 


408  Meltzer,  Raekblick  auf  die  Yersammlung 

rung  getragener  Darlegung  über  G.  Freytags  „Ahnen-  im 
Spiegel  dentscher  Geachichte.  Trotz  aller  Anerkennimg 
von  Büchern  wie  die  von  Kämmel,  Lindner  n.  a.  fehlt  es  doch 
immer  noch  au  einem  allseitig  zn  empfehlenden  Werke  Aber  den 
Werde^^ang  unsereK  Volkes.  Da  springen  nnn  trotz  einzelner  Mängel 
die  » Ahnen^  anfs  erwünschteste  in  die  Lücke.  Oberall  mht  anf  dem 
Staatliehen  das  Schwergewicht,  es  ist  stets  ein  entscheidender  Wende- 
punkt gewählt,  die  Zeitlage  ist  genau  begrenzt  und  die  Darstellung 
aucli  in  dem  vielangefochtenen  sechsten  Bande  vortrefflich. 

Au  dieser  Stelle  v.ürde  sich  passend  anschließen  die  germa- 
nische Sektion.  Allein  ihre  Verhandlungen  bewegten  sich  dieses 
Mal  überwiegend  auf  so  spezialistischem  Gebiet,  daß  ich  mich  dar- 
über kurz  fassen  möchte.  Prof.  £.  Mogk  aus  Leipzig  sprach 
über  Das  Verhältnis  der  Volkskunde  zur  deutschen 
Philologie  und  bezeichnete  als  ihr  Ziel  die  Darstellung  des 
GemUtslebens  des  gemeinen  deutschen  Mannes  von  der  Urzeit  bis 
lieute;  diese  Aufgabe  fällt  zwar  aus  dem  eigentlichen  Rahmen  der 
deutschen  Philologie  heraus,  aber  sie  kann  nicht  gelöst  werden 
ohne  ihre  Hilfe  und  ihre  Lösung  wird  ihr  andererseits  zugut  kommen. 

über  Hebbel  als  Tragiker  verbreitete  sich  in  tiefgründiger 
Weise  Prof.  Krumm  aus  Kiel.  Der  rpaytxcJrarog  der  neueren 
Dichter  stößt  viele  ab.  Denn  er  wurzelt  im  Pessimismus.  Das 
Leben  des  Individuums  schließt  die  tragische  Schuld  notwendig  in 
sicli,  weil  sein  Wille  zur  Vereinzelung  führt,  der  gegenüber  der  so 
oft  iHlschlich  als  Umstürzler  gebrandmarkte  Dichter  das  Recht  des 
Allgemeinen  betont.  Im  ganzen  steht  er  den  Alten  näher  als 
Shakespeare,  ist  es  ihm  auch  nicht  vergönnt  gewesen,  dieselbe 
Kraft  der  Selbstobjektivierung  zu  erreichen,  wie  dieser  und 
Goethe,  so  steht  er  doch  an  Geschlossenheit  über  Ibsen.  Obwohl 
er  keine  Heimatkunst  im  modernen  Sinne  hat  schaffen  wollen,  so 
ist  er  in  seiner  gigantischen  Urkraft  doch  nur  zu  verstehen  aus 
seinem  Niedersachsen-,  oder  noch  genauer  gesagt,  aus  seinem  Dith- 
marschentum  heraus. 

Zum  Beschluß  sei  erwähnt,  daß  Prof.  G.  Witkowski  von 
L(^jpzi<;  die  Forderung  aufstellte,  Goethes  Faust  in  einer  wissen- 
schaftlichen Bearbeitung  herauszugeben,  in  der  alles,  was  jemals  Be- 
achtenswertes über  diese  Dichtung  geschrieben  worden  ist,  zusammen- 
getragen wäre.  Der  Antragsteller  versah  sich  selber  der  Wahrschein- 
lichkeit, daß  dies  ohne  einige  stattliche  Bände  nicht  zu 
maelien  sein  werde.    Vielleicht  ist  es  angesichts  solch  spezialistischer 


(leuUcher  Philologen  und  Schulmänner  in  Hamburg.  409 

Geainnangstüchtigkeit  mauciiem  Leser  ein  Trost,  zu  hören,  daß 
auch  die  Philosophie  zu  ihrem  Rechte  kam.  Liz.  A.  Metz  legte 
in  gewandter  Weise  dar,  welche  Rolle  der  Pflichtbegriff  inner- 
halb goethescher  Ethik  spielt,  wobei  insbesondere  die  durch- 
au>(  auf  dem  Boden  des  Natürlichen  verweilende  Auffassung  „des 
großen  Heiden '  zu  klarer  Anschauung  gebracht  wurde.  Höchst 
denkwürdig  war  das  Bekenntnis,  das  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr. 
J.  Reinke  aus  Kiel  ablegte  ttber  Dogmen  und  Tendenzen 
in  der  Wissenschaft.  Das  Ergebnis  läßt  sich  kurz  in  die 
Sätze  zusammenfassen,  daß  der  Mechanismus  zwar  ein  sehr  wert- 
volles heuristisches  Prinzip  sei,  der  Teleologie  aber  als  unabweis- 
barer Ergänzung  bedürfe,  während  der  Monismus  tlberhaupt  nichts 
sei  als  eine  logische  Abstraktion,  der  in  der  Welt  der  Wirklichkeit 
nichts  notwendig  zu  entsprechen  brauche;  bei  der  Andersartigkeit 
der  organischen  Erscheinungen  sei  der  Vitalismus  keineswegs  über- 
wunden und  der  Dualismus  bleibe  nach  wie  vor  eine  berechtigte, 
ja  wie  heute  die  Dinge  liegen,  vielleicht  die  mehr  berechtigte 
Hypothese. 

Im  erfrischendem  Gegensatz  widerum  zu  diesen  spekulativ-akade- 
mischen Erörterungen  standen  die  temperamentvollen  Auslassungen  von 
Prof.  A.Lichtwarkaus  Hamburg  über  Künstler! sehe  Bildung 
auf  örtlicher  und  nationaler  Grundlage.  Ausgehend  von 
der  Tatsache,  daß  vor  kurzem  in  einer  höhereu  Töchterschule  seiner 
Vaterstadt  das  Aufsatzthema  gestellt  worden  sei  „Michel  Angelos 
Moses  im  Lichte  vqn  Lessings  Laokoon^^  wandte  er  sich  nicht 
bloß  gegen  derartige  didaktische  Verstiegenheiteu,  sondern  auch 
^^egen  den  klassizistischen  Zopf  und  betonte,  daß  vor  allem  die 
t'inheimisclie  Kunst  erfaßt  werden  müsse,  für  welche  die  Nieder- 
länder von  unschätzbarer  Wichtigkeit  seien.  Der  Redner  hat  in 
Hamburg  als  Direktor  des  dortigen  Kunstmuseums  Gelegenheit  ge- 
liabt,  seine  Ansichten  praktisch  zu  verwirklichen  und  erbot  sich  zu 
Führungen  in  den  ilim  unterstellten  Sammlungen,  eine  Gelegenheit, 
von  der  ausgiebiger  Gebraucli  gemacht  wurde. 

Den  Zusammenhang  deutscher  Kunst  mit  der  der  Renaissance 
und  damit  der  des  Altertums  zeigte  an  einer  in  der  Hamburger  Kunst- 
halle befindlichen  Handzeichnung  A.  Dürers  und  deren  Vorbild, 
♦•inem  italienischen  Kupferstich  von  1494,  Dr.  A.  Warburg  aus 
Hamburg.  Man  sieht  einesteils  eine  in  Form  und  Inhalt  echt 
antike  Darstellung  unmittelbar  in  die  Formenwelt  der  italienischen 
Frührenaissance   eintreten  in  der  typischen  pathetisclien  Gebärden- 


410  ^)chiele, 

spräche  der  griechischen  Kunst  (z.  B.  in  der  Niobegruppe),  und 
andemteils  beobachtet  man,  wie  Dürer  mit  einer  uns  Neueren 
höchst  auffallenden,  ja  anstößigen  Unbefangenheit  die  Vertreter  des 
theatralischen  antikisierenden  Muskelkolorits,  Mantegna  und  Palla- 
jnolo,  nachahmt.  Trotzdem  bleibt  er  ein  großer  urwüchsiger  Künstler 
von  deutscher  Art;  denn  nachdem  er  von  seineu  Vorbildern  den 
Sinn  für  den  klaren  Umriß  der  bewegten  Menschengestalt  gelernt 
hat,  überwindet  er  den  gestikulierenden  Manierinmus  und  bildet 
seine  eigene  Art  aus.  Wir  haben  die  Grundgedanken  dieses  Vor- 
trags etwas  ausführlicher  mitgeteilt,  weil  man  an  ihm  recht  deutlich 
erkennt,  wie  in  der  welthistorischen  Fortwirkung  des  Altertums  die 
beiden  Richtungen,  die  antike  und  die  moderne,  sich  gegenseitig 
durchdringen  und  in  der  Betraclitung  jede  für  sich  abgeschätzt 
werden  muß. 

Indem  ich  auf  die  mathematisch-naturwisseuschaftliche 
und  die  orientalische  Sektion,  welche  mit  der  Sitzung  der  deutsch- 
morgenländischen  Gesellschaft  verbunden  war,  nicht  näher  eingehe, 
führe  ich  zu  ihrer  allgemeinen  Charakterisierung  nur  an,  daß  in  der 
ersteren  Prof.  H.  Schubert  aus  Hamburg  über  Die  Probleme 
der  Ganzzahligkeit  in  der  algebraischen  Geometrie, 
in  der  letzteren  Prof.  Lidzbaraki  aus  Kiel  über  Die  Namen 
der   Alphabetbuchstaben   sprach.  (Schluß  fol«rt.) 


Die  neueste  Reform  in  der  französischen  Recht- 
schreibung. 

\'on  Profej<sor  S  c  li  i  el  o. 

Wenn  die  bekannten  P^rlasse  Leygues'  vom  31.  Juli  1900  und 
vom  26.  Februar  1901  die  Vereinfachung  des  Unterrichts  in  der 
französischen  Syntax  (vgl.  Neues  Korrespondenzblatt,  Jahrgang  1901, 
Heft  6  und  7)  betrafen,  handelt  es  sich  jetzt  um  eine  rein  ortho- 
graphische Frage. 

Schon  am  5.  Dezember  1901  hatte  der  Oberschulrat  die  Ein- 
setzung einer  Kommission  behufs  Vereinfachung  der  Ms  jetzt  üb- 
lichen Rechtschreibung  beantragt  und  am  11.  Februar  190B  be- 
stellte der  Unterrichtsminisler  eine  solche  mit  Paul  Mever,  dviu 
bekannten  Direktor  der  Ecole  don  Chartes,  als  Vorsitzendem,  in 
20  Sitzungen,  vom  Juni  190'^  bis  Herbst  1904,  entledigte  sich  die- 


Die  neueste  Reform  in  der  französischen  Rechtschreibung.     4]] 

.selbe  ihrer  Aufgabe  und  ihr  Vorsitzender  reichte  alsdann  einen 
Bericht  über  ihre  Tätigkeit  bei  der  Akademie  ein. 

Die  Kommission  erblickt  das  Ideal  einer  Rechtschreibung  in 
einer  rein  phonetischen  Schrift^  wo  jeder  Lant  nur  durch  ein  Zeichen 
unzweideutig  wiedergegeben  würde,  hält  aber  dieses  Ideal  vorerst 
für  unerreichbar.  Ihre  Aufgabe  war  daher,  zu  vereinfachen,  d.  h. 
in  den  Fällen,  wo  verschiedene  Zeichen  zur  Wiedergabe  eines  und 
desselben  Lautes  verwendet  worden  sind,  das  einfachste  und  klarste 
zu  wählen.  Die  Neuerungen  finden  ihre  Begründung  in  der  Analogie 
oder  in  der  Sprachgeschichte.  Wenn  Inkonsequenzen  untergelaufen 
sind,  so  liegt  dies  an  der  vielköpfigen  Kommission,  die  teils  kühnere, 
teils  schüchternere  Mitglieder  zählte.  Immerhin  hat  sich  dieselbe 
sorgfältig  davor  gehütet,  etwas  vorzuschlagen,  was  bei  künftiger 
vollständigerer  Reform  nicht  unbedingt  beibehalten  werden  könnte. 

Im  folgenden  will  ich  versuchen,  einen  klaren  Überblick  über 
diese  vorgeschlagenen  Neuerungen  der  Kommission  zu  geben,  wo- 
bei ich  zugleich  die  Ansicht  der  Akademie  und  meine  eigene  bei 
Gelegenheit  zum  Ausdruck  bringe. 

I.  Akzente:  Der  acccnt  aigu  und  accent  grave  dienen  zur 
Bezeichnung  des  geschlossenen  und  offenen  e- Lautes.  Das  ist 
gut,  und  man  möchte  (namentlich  wir  Lehrer  des  Französischen) 
sogar  eine  weitere  Verwendung  derselben  zur  einheitlichen  Be- 
zeichnung der  geschlossenen  und  offenen  c-,  o-  und  nc-Laute 
wünschen,  also  etwa:  evenement,  broc  und  bloc,  les  «bufs  und  un 
(Buf.  Der  accent  grave  hat  aber  auch  unterscheidende  Bedeutung 
in  den  Wörtern  a,  lä,  oii  und  dejä.  Diese  Verwendung  hält  die 
Kommission  für  unnütz  und  verwin*eud  und  möchte  ihn  entfernt 
wissen;  die  Akademie  aber  findet  die  Unterscheidung  wohl  ange- 
bracht und  will  nur  deja  gestatten. 

Wir  schreiben  religieux,  aber  irreligieux,  avonement  (aucli 
avenement)  neben  Evenement,  je  cederai,  reglerai  neben  j'achcterai 
und  je  celerai.  Die  Kommission  will  irreligieux  schreiben  und 
allgemein  vor  einem  e  sourd  v  setzen,  da  tatsächlich  stets  offen 
gesprochen  werde.  Die  Akademie  hält  an  dem  Unterschied  in  der 
Aussprache  fest.  Wir  natürlich  könnten  uns  ül)er  die  einholt  11  che 
Verwendung  des  gravis  nur  freuen. 

Der  accent  circonflexe  bezeichnet  entweder  den  Ausfall  cmucs 
Vokals  in  age  (früher  aage),  du  (deu)  —  oder  eines  Konsonanten 
in  arret,  voüte  (arrest,  volte)  —  und  endlich  die  Länge  und  Klang- 
farbe  des  Vokals,    wie   in  theätre,    dome.     Der  Gebrauch  ist  heut- 


412  Schiele, 

zutage  sehr  an  regelmäßig.  Man  schreibt  z.  B.  schon  lange  chutC; 
joute,  otage  aber  immer  noch  du,  assidüment,  d^voüment  oder 
devoaement.  Ferner  cOne,  dorne  zur  Bezeichnung  des  langen,  ge- 
schlossenen o-Lantes,  aber  trotzdem  zone.  Der  Beschloß  der 
Kommission  geht  nun  dahin,  den  circnmflex  überall  da  zu  entfemen, 
wo  die  Silbe  naturgemäß  lang  ist  (namentlich  vor  Konsonant  -f-  i')? 
also:  traitre,  naitre,  croutO;  voute;  sodann  auf  i  und  n,  wo  kein 
merklicher  Unterschied  in  der  Aussprache  sich  ergibt,  z.  B.  ile, 
Hute,  die  Konjunktivformen  zu  schreiben  rendit,  mourut;  auch  tin- 
mes,  vinmes  neben  qu'il  tint,  vint,  welch  letztere  zwei  überhaupt 
kurz  zu  sprechen  sind.  Aus  Analogie  ergäbe  sich  aimames,  aimates, 
quMl  aimat,  obwohl  hier  die  Aussprache  noch  schwankt.  Die 
Akademie  stellt  sich  auf  den  Standpunkt,  daß  es  gut  sei,  wenn 
man  (in  der  Schrift)  unterscheide  und  fernerhin  schreibe:  du,  qu'il 
rendit,  mourüt,  tint,  vint  etc.;  angenommen  hat  sie  assidument, 
voute,  devoument,  ile,  flute,  maitre,  croute.  Bedenkt  man  die  Lässigkeit 
und  Unsicherheit  der  meisten  Franzosen  im  Gebrauch  der  Akzente,  so 
hätte  man  der  Kommission  gerne  besseren  £rfolg  wünschen  mögen. 
II.  Das  Trema  wurde  bis  jetzt  auf  e,  i  und  u  vor  anderen 
Vokalen  gesetzt,  um  anzudeuten,  daß  sie  mit  letzteren  keine  Diph- 
thongen bilden,  z.  B.  Noel,  haYr,  SaUl.  Auf  i  und  u  ist  es  bei- 
zubehalten, nicht  aber  auf  e;  denn  oe  ist  immer  zweisilbig,  und 
ich  halte  nicht  umsonst  meine  Schüler  zu  peinlich  genauer  Schreibung 
von  Wörtern  wie  c«Bur,  soeur  mit  ob  au  und  verweise  sie  auf  das 
zweisilbig  lautende  moelle,  moellon  ohne  Trema.  Wenn  das  nutzlose 
h  einmal  gefallen  ist,  könnte  man  sehr  gut  für  das  i  einen  aus- 
gedehnteren Gebrauch  des  Tremas  brauchen,  z.  B.  traison,  ebair. 
Endlich  bezeichnet  das  Trema  noch  den  Halbvokal  in  Wörtern 
wie  aYeul,  paYen,  baYonnette  (neben  payen  und  bayonnette).  In 
solchen  Fällen  stand  früher  aligemein  y,  z.  B.  Bayonne,  bayadcre, 
mayonnaise.  Denken  wir  aber  an  Wörter  wie  payer,  abbaye,  ayez, 
so  verstehen  wir  die  Verwirrung  in  der  Aussprache  bei  unseren 
Schülern.  Um  Klarheit  zu  schaffen,  sollte  y  nur  überall  da  ge- 
braucht werden,  wo  es  durch  seinen  ersten  Bestandteil  (y  =  i  -|- j) 
den  vorausgehenden  Vokal  in  der  Aussprache  trübt,  also  in  payer, 
i'uyal,  tuyau  etc.,  aber  sonst  durch  Trema  ersetzt  werden,  also  nur 
baiadere,  maYonuaise,  caYer  (:=  cahier).  Über  diese  Frage  schweigt 
sich  die  Akademie  aus,  Noel  verwirft  sie  wegen  Gefährdung  der  Aus- 
sprache (etwa  n"al),  und  wenn  in  Wörtern  wie  trahison  h  durch 
Trema  ersetzt  würde,  so  bedeute  das  keine  Erleichterung. 


Die  neueste  Reform  in  der  französischen  Reelitschreil)un^.     4^3 

III.  Einfache  und  zusammengesetzte  Vokale. 

1.  Der  Laut  a  wird  unregelmäßig  bezeichnet  in  femme^  das 
man  früher^  wenn  auch  nicht  allgemein,  nasal  gesprochen  hat.  Im 
Mittelalter  hat  man  häufig  geschrieben  fame  und  diese  Schreibung 
wäre  wiederherzustellen.  Die  Akademie  ist  aus  etymologischen 
Gründen  unbedingt  dagegen,  ein  Zeitungsschreiber  aber  meint,  das 
zu  fame  gehörige  Adjektiv  wäre  dann  fameux! 

2.  Die  aus  lateinischem  an,  en  und  in  entstandenen  Nasal- 
laute an  und  en  sind  seit  dem  12.  Jahrhundert  in  der  Aussprache, 
nicht  aber  in  der  Schreibung  zusammengefallen.  Die  beste  Reform 
wäre  daher,  überall  an  zu  schreiben,  wo  nasales  a  gesprochen  wird. 
Dadurch  würden  aber  verschiedene  Tausend  Wörter  betroffen,  und 
die  Kommission  hat  deshalb  den  Antrag  nicht  gewagt,     (schade!) 

3.  ien  wird  bekanntlich  verschieden  gesprochen  in  bien,  chien, 
tient  usf.  einerseits  und  in  dient,  Orient,  patient  usw.  anderer- 
seits. Für  die  letzteren  will  die  Kommission  iant  vorschlagen; 
die  Akademie  ist  dagegen  aus  etymologischen  Gründen  und  um  die 
Gewohnheitsmenschen  nicht  vor  den  Kopf  zu  stoßen.  Für  unsere 
Schüler  wäre  die  Schreibung  oriant,  cliant  eine  Erleichterung,  weil 
sie  der  allgemeinen  Regel  entspräche. 

4.  aon  in  den  Wörtern  faon  (Junges)  paon  (Pfau)  taon  (Bremse) 
und  in  den  Eigennamen  Craon,  Laon  und  Thaon  erinnert  an  eine 
längst  verschwundene  Aussprache.  Wie  früher  geschriebenes  flaon 
(=  ahd.  fiado  Fladen)  seit  dem  17.  Jahrhundert  zu  flan  geworden 
ist,  so  sollte  man  auch  schreiben  fan,  pan  und  tan,  aber  die  Aka- 
demie fürchtet  die  Verwechslung  mit  pan!  (Interjektion)  Pan 
(Gott)  pan  =  Stück,  Zipfel,  beziehungsweise  tan  =  Gerberlohe  und 
gibt  deshalb  auch  für  faon  nicht  nach. 

5.  eu  =  geschlossenes  oe  und  offenes  oe  wird  verschieden  ge- 
schrieben und  die  Hauptschuld  liegt  an  der  Doppelaussprache  des 
c  und  g.  Wenn  diese  einmal  geschwunden,  und  c  und  g  nur  noch 
Gutturallaute  entsprechend  unserem  deutschen  k  und  g  sind,  lassen 
sich  die  Schwierigkeiten  leicht  heben,  und  unsere  Schüler  brauchen 
sich  nicht  mit  sinnlosen  Wortbildern  wie  etwa  cueillir  zu  plagen. 
Die  Kommission  wagte  es  zwar  noch  nicht,  diesen  Gutturallaut  für 
c  und  g  als  den  alleinigen  vorzuschlagen,  aber  sie  möchte  doch 
schreiben,  neu  (=  nocud  s.  u.)  veu  (=  vceu),  seur  (=  s(Kur);  die 
Akademie  aber  verwirft  diese  Neuerungen  wegen  der  Sonderbarkeit 
der  neuen  Formen. 

Soweit  eu  wie  u,  früher  e-u,  jresprochen  wurde,  hat  die  dritte 


414  Schiele, 

Ausgabe  des  Wörterbuchs  der  Akademie  (1740)  das  e  unterdrückt^ 
das  längst  stnmm  geworden  war,  in  Wörtern  wie  deu  =  du  und 
ven  =  vu  (ohne  circumflex !).  In  heur^  bouheur,  malheur,  die  noch 
im  17.  Jahrhundert  ur,  bonhur,  malhur  gesprochen  wurden,  hat 
man  aber  das  e  belassen  und  dadurch  die  falsche  Aussprache  (»r 
veranlaßt.  Einer  solchen  Fälschung  der  Aussprache  durch  die 
iSchreibung  könnte  noch  vorgebeugt  werden  in  den  Formen  von 
avoir:  eus,  eusse  und  eu,  die  die  Kommission  also  schreiben  möchte: 
US,  usse,  u  (cfr.  fas,  fusse),  was  die  Akademie  im  höchsten  Grade 
,,shocking"  fände.  Bei  den  Wörtern  gageure  (Wette,  vgl.  le  gageur 
der  Wettende),  mangeure  (angefressene  Stelle)  und  vergeure  (Draht) 
ist  Gefahr  vorhanden,  daß  man  fälschlich  oer  statt  ur  spricht,  was 
ich  tatsächlich  bei  gageure  von  einem  Franzosen  schon  gehört  habe. 
Einzig  richtig  wäre  zu  schreiben:  gajure^  manjure  und  verjure, 
was  die  Akademie  aber  nicht  will,  selbst  auf  die  Gefahr  hin,  daß 
einmal  allgemein  gajccr  etc.  gesprochen  würde. 

6.  Der  Nasallaut  in  (e,  oder  ganz  oifenes  a,  nasal  gesprochen) 
wird  wiedergegeben  mit  in,  en,  ain  und  ein,  weil  eben  früher  ver- 
schieden gesprochen  wurde.  Einheitlichkeit  könnte  erzielt  werden 
durch  die  Schreibung  iu  (ich  meine  en,  wenn  nasales  a  durch  an 
wiedergegeben  wird),  aber  dies  erscheint  zu  radikal;  also  beläßt 
man  es  beim  alten.  Nur  sollte  dessein  mit  dessin  zusammenfallen, 
da  sich  erst  seit  dem  17.  Jahrhundert  der  bekannte  Unterschied 
iixiert.  Die  Akademie  ist  dagegen,  weil  sie  die  Unterscheidung  als 
eine  Erleichterung  ansieht.  Da  aber  lat.  designare  und  ital.  diseg- 
nare  auch  Doppelbedeutung  haben  (angeben,  zeichnen)  so  sollte 
nach  meiner  Meinung  es  im  Französischen  auch  gehen. 

IV.  Konsonanten. 
1.  Das  16.  Jahrhundert  hat  bekanntlich  die  französische  Recht- 
schreibung vielfach  mit  Konsonanten  überlastet,  um  dem  lateinischen 
Grundwort  näher  zu  kommen.  Die  dritte  Ausgabe  des  Wörterbuchs 
der  Akademie  bemühte  sich  im  18.  Jahrhundert  besonders  „ä  faire 
disparaitre  toutes  les  supei'fluit^s  qui  pourraient  6tre  retranchees 
Sans  consf^quence",  und  von  denen  viele  von  den  Schriftstellern  gar 
nie  allgemein  angenommen  worden  waren.  So  wurde  seit  1740  die 
Schreibweise  advocat,  bienfaicteur,  subject  und  ähnliche  abgeschafft. 
Da  aber  nie  methodisch  vorgegangen  wurde,  so  blieben  viele  dieser 
,,supertluites  weiter  bestehen.  Diese  Schmarotzerbuchstaben  haben 
nicht  verfehlt,  die  Aussprache  zu  entstellen;  z.  B.  hat  man  das 
p   gesprochen   und  spricht   es   noch  teilweise  in  pr^somption,  pro- 


Die  neueste  Reform  iu  der  t'ranzöfiischen  Keclitschreibuug.     415 

somptneux,  promptitude,  redempteur.  Ja  man  fängt  t^chon  an,  aua- 
zusprechen  dompter  (domitare!),  indodiptable,  mit  p.  Überflüssige 
Konsonanten  verdanken  ihre  Entstehung  auch  falscher  Etymologie, 
s.  6.  d  in  poids,  das  man .  von  pondus  statt  von  pensum  (altfr. 
poix)  ableitete.    (Nicht  zu  verwechseln  mit  la  poix  =  picem  Pech). 

Diese  Konsonanten  sollen  ttberall  verschwinden,  außer  da^  wo 
sie  ausgesprochen  werden,  also  schreibe  mau  cors  (=  corps),  ni 
(=  nid)  neu  (=■  nwud),  doit  (=  doigtj,  pois  (=  poids),  puis 
5=  pnits),  rempar  (=  rempart),  sculter  (=  sculpter),  set  (=  sept), 
vint  (=  vingt).  Bei  cors  könnte  man  einwerfen,  daß  das  p  in 
Corporation,  corporel  wieder  erscheint,  aber  das  sind  gelehrte  Bil- 
dungen ziemlich  neuen  Datums;  zudem  spricht  und  schreibt  man 
auch:  corsage,  corset,  und  schon  Descartes  schrieb  lieber  cors. 
Diese  Reform  hätte  eine  weitere  zur  Folge :  in  Wörtern  wie  compte, 
cumpter  (vgl.  conte,  conter  —  zu  Corneilles  Zeiten  noch  nicht  in  der 
Bedeutung  geschieden!),  dompter,  prompt,  promptitnde,  temps  ist 
das  m  nur  durch  daK  folgende  p  begründet;  fällt  dieses,  so  ergibt 
sich  folgerichtig :  conte,  donter,  pront,  prontitude,  tens,  wie  übrigens 
früher  schon  geschrieben  wurde.  Die  Akademie  verwirft  sclion 
tems  aus  etymologischen  Gründen,  um  so  mehr  tens.  Die  übrigen 
Neuerungen  würden  nach  ihrer  Ansicht  zu  Verwechslungen  fuhren, 
z.  B.  son  doit  doit  etre  coupe,  il  vint  vint  fois.  les  cors  die  Körper 
=  les  cors  die  Hörner,  Hühneraugen! 

Die  vielen  Verben  auf  «Ire  ratlßten  natürlich  auf  ihr  d  im 
Präsens  des  Indikativs  verzichten,  beziehungsweise  in  der  dritten 
Person  Einzahl  t  schreiben  (man  bindet  ja  bekanntlich  ein  t!),  also: 
je  prens,  rens,  cous,  mous;  il  prent,  reut,  cout,  mout,  und  ebenso 
il  vaint  (schon  früher  so  geschrieben)  und  siet  statt  vaine  und  sied. 
Etymologische  Rücksichten  verbieten  diese  sehr  vernunftgemäße 
Neuerung  der  Akademie.  Nur  eines  will  sie  zugeben,  nämlich  dif- 
f6rend  (Streit)  mit  different  und  fonds  (Kapital)  mit  fond,  wie  schon 
Littr^  wollte,  zusammengehen  zu  lassen.  Auch  gegen  die  Schreibung 
pi^  statt  pied  (vgl.  M  und  clef)  hätte  sie  nichts  einzuwenden. 
Sonderbar,  da  doch  richtiger  piet  geschrieben  würde,  wenn  man  an 
pi6toD,  pictiner  und  an  die  Bindung  in  pied  a  terre  (=  t)  denkt. 
Die  früher  gleich  geschriebenen  und  jedenfalls  heute  bei  der  Bindung 
gleich  gesprochenen  quant  und  quand  dürften  dann  wohl  auch  ein- 
heitlich durch  quant  wiedergegeben  werden.  Endlich  sollte  in  dem 
Worte  appas,  das  nichts  anderes  ist  als  der  Plural  von  appat  (ad 
pastum),  das  t  wieder  eingesetzt  werden.    Dem  stimmt  die  Akademie 


416  Schiele, 

zu,  wenn  sie  das  Mustersätzchen  ^bt :  La  retraite  a  pour  vous  des 
appats. 

2.  Doppelkousonanten  mit  nachfolgendem  stummen  e.  Im 
Altfranzödischen  ist  die  Doppelkousonanz  selten,  ausser  ss,  das  die 
stimmlose  Aussprache  zwischen  Vokalen  ausdrücken  soll.  Auch  r 
wird  verdoppelt,  doch  weniger  regelmäßig.  Zur  Zeit  der  Renaissance 
verdoppelte  man  überall  da,  wo  im  Lateinischen  Verdoppelung  be- 
stand und  dehnte  den  Gebrauch  noch  aus;  daher  die  vielen  In- 
konsequenzen. 

11.  Wir  schreiben  belle,  nouvelle  dem  Lateinischen  entsprechend 
mit  11;  aber  cruelle,  echellC;  teile,  quelle,  mortelle,  die  sich  hierauf 
nicht  berufen  können.  Sodann  aber  schreibt  man:  Hdele,  clienteie 
usf.  Die  meisten  Verben  auf  eler  verdoppeln  ihr  l  vor  dem  e 
sourd:  appelle,  appellerai,  doch  schreiben  wir:  epele,  g^le,  harcole 
etc.  Nach  dem  i  gibt  das  11  fälschlich  zu  jotierter  Aussprache  des 
1  Anlaß :  Wir  schreiben  tranquille,  ville  genau  wie  bille,  lille,  vrille 
und  sprechen  doch  verschieden.  Hieraus  erklärt  sich  die  falsche 
Aussprache  von  anguille,  apostille,  camomille  mit  jotiertem  Laut, 
der  etymologisch  ganz  unbegründet  ist.  Nach  o  und  u  ist  Doppel-1 
selten,  z.  B.  colle,  moUe,  bulle,  nulle,  tuUe.  Die  Kommission 
macht  den  ganz  vernünftigen  Vorschlag,  überall  nur  ein  1  zu  schreiben, 
außer  wo  die  jotierte  Aussprache  nach  i  Doppel-1  verlangt.  Das 
oifene  e  soll  einheitlich  mit  accent  grave  bezeichnet  werden;  also 
cruele,  echele,  b(;le,  tele,  quele,  ap^le  (s.  u.),  vile  (=  ville),  tran- 
quile,  buie,  cole.  Die  Akademie  findet  nur  wegen  der  Etymologie 
und  Aussprache  cch^le  gut  und  schreibt  auch  in  Zukunft  so,  be- 
harrt aber  sonst  energisch  bei  der  alten  Schreibweise. 

rr.  Der  Unterschied  in  der  Aussprache  zwischen  einfachem 
und  Doppel-r  ist  meist  un  hörbar.  (£s  handelt  sich  dabei,  wie 
bei  jeder  Doppelkousonanz,  nicht  etwa  um  getrennte  Aussprache 
von  r  -j-  r,  1  +  1  usf.,  sondern  nur  um  ein  längeres  Anhalten  des 
betreffenden  Konsonanten;  wenn  r  =  3  Zeiteinheiten,  rr  etwa 
^4  Zeiteinheiten.)  Daher  schlägt  die  Kommission  überall  Kürzung 
vor  und  will  schreiben  la  guere,  tonnere,  il  ere,  fere  usf.  genau 
so  wie  coh'TC,  frere,  legere  etc.  Die  Akademie  ist  dagegen,  wenn 
sie  auch  zugeben  muß,  daß  rr  nicht  gesprochen  werde. 

Bei  mm  und  iiu  ist  Doppelkousonanz  gereciitfertigt  entweder 
aus  etymologischen  Gründen,  worauf  die  Kommission  keine  Rück- 
sieht nehmen  will,  oder  durch  eine  frühere,  jetzt  veraltete  Aus- 
sprache,    im    IG.  Jahrhundert   hat   mau   noch   homme  wie  hon-me. 


Die  neueste  Reform  in  der  französischen  RechtschreibunK.     417 

somme  wie  son-me  nasal  gesprochen,  vgl.  oben  ferome.  Da  di^ 
Nasalierang  aufgehört  hat,  schreibe  man  jetzt  veruUnfti«^  hoiiu'^ 
BomC;  flame,  grame,  nome  usf.  Ebenso  caue  (=  canne},  niane^ 
bone  (=  bonnej,  die  schon  im  Altfranzösischen  häufig  sind.  Ich 
gestehe,  ich  finde  einen  Unterschied  in  der  Aussprache  von  cane 
=-.  Entenweibchen  nnd  canne  Rohr,  manne  Manna  und  manne  Korb. 
Das  e  vor  dem  n  müßte  dann  natürlich  einen  gravis  erhalten,  z.  B. 
^nemie  (vgl.  chcnevis  Hanfsamej,  ferner  que  je  prcne,  ils  prrnent; 
anciene,  chione,  persione,  que  je  viene  und  tiene  usf.  Diese 
Neuerungen  erscheinen  der  Akademie  viel  zu  kühn  und  sie  will 
nichts  davon  wissen,  von  home  ebenBovvenig  wie  von  fame! 

tt  wtlrde  die  gleiche  Reform  erfordern,  wird  aber  von  der 
Akademie  ebenso  festgehalten  (weil  dadurch  nach  ihrer  Ansicht 
eine  unrichtige  Aussprache  zutage  träte),  wie  das  mm  und  nn. 
Die  Kommission  möchte  also  schreiben :  nete  wie  discrrte,  jcte  wie 
achi'te,  sote  wie  devote  (wie  wären  wir  dankbar!);  ferner  quite 
wie  dite,  hüte  wie  chute,  goute  wie  tonte. 

Bei  pp  und  ff  ist  kein  Unterschied  in  der  Aussprache  zu  merken 
gegenüber  p  und  f,  was  in  der  Natur  der  Laute  liegt,  man  schreibe 
also  beherzt:  döveloper  (cfr.  to  develop!),  il  soufre  wie  soufre 
Schwefel.  Obwohl  schon  im  16.  Jahrhundert  manche  Grammatiker 
einfaches  p  und  f  geschrieben  haben,  wittert  die  Akademie  Gefahr 
für  die  Sprache. 

3.  Doppelkonsonanten  mit  nachfolgendem  hörbarem  Vokal. 
Bei  gelehrten  Wörtern,  die  man  übrigens  mehr  liest,  als  hört,  ist 
immer  noch  Doppelkonsonanz  in  der  Aussprache  hörbar  (s.  oben 
das  bei  rr  in  Klammer  Beigefügte). 

11  hört  man  als  Doppelkonsonanteu  in  gewissen  Wörtern,  die 
die  lateinischen  Präpositionen  ad  und  cum,  und  in  allen,  die  die 
lateinischen  Präpositionen  in  enthalten,  z.  B.  allocation,  collaborer, 
Illusion;  dazu  kommen  noch  andere  wie  belliqueux,  eliipse  usf. 
Solange  diese  Aussprache  besteht,  wird  auch  die  Schreibung  bestehen 
müssen.  Sonst  aber  ist  die  Vereinfachung  angebracht,  vor  allem 
im  Wortinnern  nach  i,  weil  dadurch  fälschlich  Jotierung  des  11  ent- 
stehen kann.  Schon  schwankt  man  in  der  Aussprache  der  Wörter: 
osciller,  scintiller,  vaciller,  die  bekanntlich  nicht  jotiert  gesprochen 
werden  dürfen.  Man  schreibe  1  und  die  richtige  Aussprache  ist 
gegeben;  aber  osciler  usw.  wäre  der  Akademie  eine  zu  ungewohnte 
Schreibweise.  Auf  die  Vorschläge  aleger,  alaiter,  alegresse  (erst 
seit  1835  schreibt  die  sechste  Auflage  des  Wörterbuchs  allegresse), 

Korrespondenzblatt  1900,  Hoft  11. 


418  Schiele, 

imbecilitr  (vgl.  imbecile!),  embelir,  soliciter  (to  solicit)  usf.  er- 
widert die  Akademie,  daß  mehr  oder  weniger  deutlich  11  gesprochen 
werde. 

Für  rr  ergeben  sich  die  nämlichen  Schwierigkeiten,  da  die 
Aussprache  verschieden  ist.  Seit  dem  17.  Jahrhundert  verschwindet 
übrigens  die  Aussprache  des  rr  als  Doppelkonsonanz  und  jetzt  ist 
sie  fast  nur  noch  neben  den  mit  lateinischem  in  und  inter  gebildeten 
gelehrten  Wörtern  hörbar  im  Futurum  und  Konditionalis  der  Verben 
courir,  acquerir,  mourir,  weil  eben  hier  der  ausgefallene  Vokal 
zwischen  zwei  r  stand:  currere,  acquirere,  morire  habeo,  nicht 
aber  in  pourrai  =  potere  habeb,  weshalb  man  nur  ein  r  hier  spricht. 

Gelehrte  Bildungen  mit  deutlicher  Doppelkonsonanz  sind  z.  B. 
interregne,  interroger,  irrationnel,  irrt'solu.  Sonst  wäre  Verein- 
fachung vorzuschlagen,  also  etwa:  corelatif,  corespondre,  boureau, 
cari('re,  charöte  (=  charrette),  charetier,  charoi,  charion,  wie  man 
schon  längst  schreibt:  chariot.  Die  Akademie  ist  damit  nicht  ein- 
verstanden; die  Schreibung  mit  einfachem  r  könnte  eine  lässige 
Aussprache  zur  Folge  haben,  und,  um  die  vom  lateinischen  carrus 
abgeleiteten  Wörter  einander  anzugleichen,  schreibt  sie  in  Zukunft 
lieber  charriot  mit  rr.  Ich  muß  zugeben,  daß  ich  bei  emphatischer 
Aussprache  recht  oft  ganz  deutlich  rr  in  Wörtern  wie  etwa  terreur; 
horreur,  torrent,  und  ähnliche  gehört  habe. 

nun  ist  in  der  Aussprache  kaum  zu  hören,  es  sei  denn  in 
gelehrten  Bildungen,  wie  comm6morer,  immense  usf.  Hier  ist 
Doppelkonsonanz  am  Platz,  sonst  schreibe  man  einfaches  m,  also 
acomoder,  cometre  (=  commettre),  enfiamer  usf.  Die  bekannten 
Adverbien  auf  amment  und  emment  müßten  geschrieben  werden: 
independament,  aparament,  ardament,  welche  Aussprache  sich  schon 
seit  dem  17.  Jahrhundert  findet.  In  grammaire  deutet  das  erste  m 
die  frühere  nasale  Aussprache  an  =  gran-maire ;  nun  da  diese  ver- 
schwunden ist,  sollte  man  gramaire  schreiben,  obgleich  man  oft 
mm  hört.  In  Wörtern  wie  emmailloter,  emmSler,  emmener,  emmieller, 
emmitoufler  hat  sich  der  Nasallaut  erhalten,  man  sollte  sie  also 
besser  mit  en  schreiben.  Das  ist  auch  das  einzige,  was  die  Aka- 
demie zugibt,  so  daß  man  künftig  emmener  und  enmener  schreiben 
darf.  Für  un  gilt  das  bei  mm  Gesagte :  inne,  innocent,  innombrable, 
weil  j^elehrte  Wörter  mit  deutlicher  Doppelkonsonanz  in  der  Aus- 
sprache. Sonst  durchweg  Vereinfachung  (die  aber  nicht  angenommen 
worden  ist)  vorgeschlagen:  abandoner,  anee,  bonet,  conaitre  etc. 

vv.  Die  aus  lateinischem  ad  hergeleiteten  Zusammensetzungen 


Die  neueste  Reform  in  der  französischen  Rechtschreibung.     4[9 

halten  cc  bewahrt,  obwohl  nur  eines  gesprochen  wird,  z.  B.  acco^- 
moder,  accoser.  Dazu  kommen  gelehrte  Bildungen  oder  solche 
Wörter,  bei  denen  etymologische  Rücksichten  obgewaltet  haben, 
z.  B.  baccalaureat,  occuper,  occasiou.  Die  Kommission  schlägt  vor, 
oc  nur  noch  beiznhaiten  1.  da,  wo  es  deutlich  gesprochen  wird, 
z.  B.  occnlte  und  2.  wo  das  zweite  c  Zischlaut  ist,  wie  occident, 
occire  usf. 

gg  ist  fast  völlig  verschwunden ;  wir  schreiben  agr6er  agreger  usf. 
Die  Vereinfachung  ist  also  um  so  mehr  für  die  wenigen  Wörter 
mit  g^  angezeigt,  mit  Ausnahme  selbstverständlich  derer,  die  dem 
zweiten  g  palatalen  Laut  geben,  also:  aglomerer,  agraver,  aber: 
Suggestion. 

Für  tt  ist,  weil  stets  einfaches  t  gesprochen  wird,  die  Ab- 
schaffung angezeigt,  also  abateur,  abatoir,  wie  man  jetzt  sclion 
überwiegend  abatis  =  Schutthaufen  schreibt. 

dd  ist  nur  in  gelehrten  Wörtern,  wo  es  gesprochen  wird,  beizu- 
behalten: addition,  reddition. 

pp.  Die  lateinische  Vorsilbe  ad  hat  in  den  meisten  Zusammen- 
setzungen, die  mit  p  beginnen,  pp  erzeugt,  z.  B.  appetit,  apporter, 
appui.  Die  alte  Schreibung  mit  einfachem  p  hat  sich  aber  erhalten 
in:  apaiser,  apercevoir,  aplanir  usf.  Die  Abschaffung  des  einen 
p,  auch  in  gelehrten  Wörtern,  wo  schon  seit  dem  17.  Jahrhundert 
die  Vereinfachung  anhebt,  ist  durchweg  am  Platze,  also:  oportun, 
opression,  oprobre.  Nur  für  neugeschaffene  Wörter,  wo  pp  auch 
gesprochen  wird,  soll  die  Doppelkonsonanz  bleiben,  z.  B.  hippique, 
hippopotame,  hippophagie. 

bb  ist  selten  und  wo  noch  vorhanden,  zu  vereinfachen :  abaye, 
abesse;  ebenso  ff:  also  afirmer,  afamer,  afaire  usf. 

Wir  sehen,  das  Vorgehen  der  Kommission  ist  nicht  einwand- 
frei. Sie  nimmt  Rücksicht  auf  die  Aussprache  und  schreibt  Doppel- 
konsonanz, wo  solche  gehört  wird.  Die  Frage  ist  nur,  ob  nicht 
manche  Franzosen  hierin  anderer  Meinung  sind  als  die  Mitglieder 
der  Kommission  —  jedenfalls  ist  es  die  Akademie.  Nach  meiner 
Ansicht  könnte  allein  ein  radikales  Vorgehen  mit  Streichung  aller 
iingefUhrten  Doppelkonsonanten  zum  Ziele  führen.  Es  schiene  mir 
das  um  so  unbedenklicher,  als  ja  die  französische  Aussprache  nicht 
getrenntes,  zweimaliges  Ertönenlassen  des  betreffenden  Konso- 
nanten, sondern  nur  längeres  Anhalten  desselben  will.  Das  Franzö- 
sische bekäme  dann  viele  Ähnlichkeit  mit  dem  Spanischen,  dem 
seine  neueste   vereinfachte  Orthographie  recht   gut  ansteht.     Al^er 


420  Schiele, 

die  französischen  Vortragsktiostler  scheinen  noch  viel  anf  die  Doppel- 
konsonanz zu  halten:  Legouvc  spricht  sich  hinsichtlich  de»  iistht*- 
tischen  Wertes  derselben  folgendermaßen  aus:  Essayez  donc  de 
lire,  en  retrancbant  une  ni;  ce  vers  de  Corneille:  ,,Home,  ;'i  qui 
vient  ton  bras  d'iininoler  mon  amant/'  Les  donbles  lettres  sont 
une  arme  pour  Tironie,  pour  la  col6re,  pour  la  grace  elle-mOme. 
Voyez  ce  que  le  redoublement  de  Ts  ajoute  d'elegance  au  mot 
assouplir  (=  geschmeidig  machen),  et  de  niystere  au  mot 
assoupir  (vertuschen). 

4.  Einfache   Konsonanten. 

ü)  Das  h  heißt  entweder  gehauchte^  und  ist  dann  meit<t 
germanischen  Ursprungs,  oder  stummes  und  findet  sieh  in  Wörtern 
lateinischen  oder  griechischen  Ursprungs.  Das  erstere  hat  seineu 
Hauch  verloren,  hat  aber  insofern  noch  etwas  Konsonantisches  an 
sich,  als  es  die  Bindung  und  Elision  hindert.  Das  stumme  h  ist 
vollkommen  bedeutungslos  und  überflüssig.  Dabei  bin  ich  mir  wohl 
bewußt,  daß  man  bei  emphatischer  Aussprache,  vor  allem  gewisser 
Interjektionen  wie  ha!  oho!  hue!  halte!,  namentlich  aber  bei 
französischen  Schweizern  noch  einen  Hauchlaut  hört.  Indessen 
wäre  die  Abschaffung  des  h  fürs  Französische  ebenso  durchführbar, 
wie  fürs  Italienische,  wenn  auch  die  Wörterbücher  hinsichtlich  ihrer 
alphabetischen  Anordnung  eine  ziemliche  Umwälzung  zu  erleiden 
hätten.  Eben  dieser  letztere  Grund  hat  die  Kommission  veranlaßt, 
diesen  radikalen  Vorschlag  noch  nicht  zu  machen. 

b)  g  bezeichnete  im  Lateinischen  den  stimmhaften  Gutturallaut, 
wurde  aber  vor  e  und  i  allmählich  zum  Palatallaut  j;  also  hätte 
mau  einheitlich  vor  e  und  i  den  j  einführen  sollen.  Aber  bis  zum 
17.  Jahrhundert  wurde  der  i  und  j  Laut  gleichförmig  durch  i 
wiedergegeben  (vgl.  das  Lateinische  und  unser  großes  deutschem 
Alphabet !  Ich  lasse  im  Französischen  und  Englischen  immer  genau 
unteischeideu:  I  und  J),  wodurch  die  Einführung  des  j  verzögert 
wurde.  Alsdann  mußte  man,  vor  e  und  i,  gu  schreiben,  um  den 
CUitturallaut  zu  bezeichnen,  so  daß  heutzutage  einerseits  ge  und  j 
einen  und  denselben  palatalen  Laut,  g  aber  zwei  verschiedene 
Laute  vertritt.  Um  aus  der  Verwirrung  herauszukommen,  gäbe  es 
zwei  Mittel :  entweder  dem  g  ein  diakritisches  Zeichen,  ähnlich  der 
Cedille  anzuhängen,  oder  aber,  was  das  einzig  Vernünftige  wäre, 
piilatales  g  stets  durch  j  zu  bezeichnen,  also  zu  schreiben  manjer. 
nblijer  usf.  Weiche  Erleichterung  für  unsere  Schüler,  die  be- 
kanntlich  bis   in    die   obersten  Klassen  immer  wieder  an  der  Au>- 


Die  neueste  Reform  in  der  französischen  Rechtschrei])ung.     421 

«prache  des  g  Btraucheln !  Und  dann,  hat  der  Ersatz  des  guttnralen 
g  und  X  durch  j  etwa  dem  Spanischen  etwas  geschadet?  Im  Gegen- 
teil. Der  von  der  Kommission  vorgeschlagenen  Neuerung  kann 
man  nicht  einmal  etymologische  Bedenken  entgegenhalten,  schreiben 
wir  doch  schon  immer  falsch :  genicvre  =  juniporus  und  gesir  = 
jacere,  dagegen  Jambe  aus  gamba,  das  besser  geambe  sich  schriebe, 
wie  auch  gaje  (statt  gage)  das  mittellateinische  vadium  richtiger 
wiedergäbe,  sofern  man  diese  Etymologie  überhaupt  gelten  lassen 
will  und  nicht  lieber  auf  das  got.  vadi,  ahd.  wetti,  mhd.  wette 
zurückgreift.  Die  Akademie  gibt  zu^  daß  das  g  als  Palatallaut 
dem  j  Boden  abgewonnen  habe,  aber  die  vorgeschlagene  Änderung 
dünkt  ihr  zu  schrecklich.  Ich  aber  würde  es  mit  größter  Freude 
und  herzlichem  Dank  begrüßen,  wenn  g  und  auch  c  nur  noch 
gutturalen  Laut  hätten  und  wir  schreiben  dttrften:  la  gcre,  gerir, 
^'('pe,  so  gut  wie:  ceur  =  coeur,  aceuil  statt  des  schrecklichen  ac- 
<.*iieil,  das  alles  nur  nicht  die  richtige  Aussprache  wiedergibt. 

(•)  s.  Das  stimmlose  s  wird  heutzutage  am  Wortanfange  ge- 
schrieben: s  in  presupposer,  monosyllabe;  c  in  ceder,  cire;  sc  in 
seeltTat,  sceller;  ss  in  presseutir  (neben  pri'supposer),  dissyllabe 
{neben  monosyllabe);  zwischen  Vokalen  ist  es  bald  ss,  z.  B.  casser, 
bald  9  und  ce,  z.  B.  fa^on,  douceatre  (das  man  gescheiter  douQatre 
sehriebe!},  bald  t  mit  i,  z.  B.  patient,  bald  x,  z.  B.  soixante,  bald 
sf,  z.  B.  descendre.  Wir  schreiben  aristocratie  (trotz  oder  wegen 
aristocrate),  inertie  (trotz  oder  wegen  inerte),  preeieux  =  pretiosus, 
aber  ambitieux  =  ambitiosus ;  ferner  sangle  statt  des  alten  besseren 
cengle  von  cingula. 

Das  stimmhafte  s  wird  wiedergegeben  durch  s:  rose,  z: 
dizaine,  x:  deuxieme.  Am  Wortende  ist  s  stumm,  mit  Ausnahme 
der  Bindung,  wo  stimmhaft  gesprochen  wird;  doch  schreibt  man 
ohne  Grund  manche  Wörter  mit  x  und  z  am  Schluß,  z.  B.  chez, 
nez,  riz,  dix,  doux,  croix,  poix,  noix;  bei  den  Pluralen  der  Sub- 
stantive und  Adjektive  auf  al,  au,  eau,  eu  und  der  bekannten  7  Substan- 
tive auf  ou  schreibt  man  gleichfalls  x.  Angesichts  dieser  Wirrnis  vermag 
die  Kommission  nur  teilweise  Besserung  vorzuschlagen,  nämlich : 

aa)  S  t  r  e  i  c  h  u  n  g  d  e  s  t,  wo  es  für  stimmloses  s  steht,  also  aristo- 
cratie, inercie  wie  jetzt  schon  superticie ;  parcial,  terciaire,  ambicieus, 
paciant  ivgl.  beuitier,  pitie  mit  t-Laut);  societe,  nacion,  nocion 
(Vgl.  nous  notions);  accion,  faccion  entsprechend  accident.  Freilich 
bleiben  damit  immer  noch  zwei  verschiedene  Schreibungen  für  den 
nämlichen  Laut  ßi:   ci   und   ssi;   der  Ersatz   des   c  durch  ss  wäre 


422  Schiele, 

das  Gegebene  und  wird  kommen  müBseu,  wenn  c  nur  noch  Gat- 
turalwert hat.  Die  Italiener  und  Spanier  sclireiben  nazione  und 
nacion^der  Aussprache  (tß,  „th^)  entsprechend,  wir  Deutsche  schrecken 
vor  „Nazion"  noch  zurück. 

bb)  X  ganz  für  die  beiden  s-Laute  abzuschaffen  und  dafür 
zu  schreiben  ss,  beziehungsweise  z,  also  soissante  (was  alte  Schreib- 
weise ist,  dem  italienischen  sessanta  und  spanischen  sesenta  ent- 
sprechend) und  sizieme. 

cc)  In  Zusammensetzungen,  wo  der  zweite  Teil  mit  s  beginnt, 
das  stimmlose  s  nur  durch  einfaches  s  wiederzugegeben,  also  etwa 
asembler,  prdsentir,  resouvenir,  disyllabe,  wobei  das  e  unter  Um- 
ständen zu  e  wird.  Dabei  fragt  sich  nur,  ob  Schüler  (ohne  Latein- 
kenntnisse) die  Zusammensetzung  immer  auch  erkennen. 

dd)  Stimmhaftes  s  allgemein  mit  z  zu  schreiben,  wie  schon  jetzt 
gaze,  topaze,  dizaine,  onze,  douze,  also :  caze,  braize,  fraze  (=  phrase). 
roze,  deuzi^^me,  dizi^me. 

ee)  Den  Schluß-z  in  der  zweiten  Person  Plural  noch  beizube- 
halten, also  vous  chantiez,  chantez,  ebenso  (unbegreiflich!)  in 
assez,  chez,  nez  usf.,  wenn  schon  im  13.— 15.  Jahrhundert  sich 
s  für  z  fand;  dagegen  zu  schreiben:  sis,  dis,  pris,  courous,  deus, 
crois  usw.,  bestiaus,  chevaus,  beaus,  feus,  tujaus,  ^maus,  endlich 
bijous,  caillous,  chous,  hibous,  genous,  joujous,  pous.  Die  Akademie 
verwirft  teils  aus  etymologischen  Gründen,  teils  weil  Doppelkonsonanz 
gesprochen  wird,  alle  diese  Vorschläge,  nur  die  berühmten  Sieben 
auf  oux  opfert  sie  und  achreibt  bijous  usf.  und  lindet  auch 
dizieme,  sizieme,  neben  dizain,  dizaine,  onze  —  somit  auch  wohl 
deuzieme  für  richtiger.  Die  konsequente  Durchführung  des  z  müßte 
rückwirkend,  nach  ihrer  Ansicht,  niais,  confus,  clos  wegen  der 
Femininformen  zu  niaiz,  confuz,  cloz  etc.  machen,  daher  ist  sie 
unmöglich. 

d)  Das  jotierte  n  schreibt  man  richtig  gn:  früher  setzte  man 
häufig  ein  i  oder  auch  ein  zweites  n  davor,  welches  aber  den  vorauf^- 
jichenden  Vokal  in  der  Aussprache  nicht  beeinflußte,  z.  B.  gaigner, 
niontaigne  (nicht  e  gesprochen),^ oiguon,  roignon.  Dieses  i  (oder  u» 
ist  fast  überall  unterdrückt  und  hat  sich  nur  in  wenigen  Wörtern 
erhalten,  wo  es  schon  wegen  der  Aussprache  abgeschafft  gehört. 
In  eloiguer  sprechen  wir  schon  falsch  «a,  das  i  muß  also  erhalten 
bleiben,  nicht  so  in  oignon,  moignon,  poigne,  poignard.  Für  oignou 
ist  die  Akademie  einverstanden  und  sie  schreibt  in  Zukunft  >vie 
man  spricht:   og^ion;   moignon   (=  spanisch  muüon,  Stouimel)  und 


Die  neueste  Refoim  in  der  französischen  Rechtschreibung.     423 

poigne  lassen  deutlichen  Diphthongen  hören,  daher  muß  i  verbleiben. 
Ich  erinnere  hier  an  die  Aussprache  der  Eigennamen  Montaigne, 
Cavaignac,  wo  das  i  ebenso  ausgemerzt  gehörte,  wenn  es  eben 
keine  Eigennamen  wären  (cfr.  Schweitzer!);  poignard  glaube  ich 
mehr  ohne  Diphthongen  gehört  zu  haben. 
5.  Gelehrte,    dem    Griechischen   entnommene    Wörter. 

In  Nachahmung  der  griechischen  Äquivalente  hat  man  im  Fran- 
zösischen geschrieben  y,  th,  rh,  ph,  ch;  allmähüg  aber  hat  man 
die  bis  zum  16.  Jahrhundert  eingeftlhrten  Wörter  mehr  in  französisches 
Gewand  gekleidet.  Man  schreibt  schon  länger  cristal,  chimie, 
tr^sor,  trOne,  caractere  (früher  mit  y,  beziehungsweise  h),  frenesie, 
fantome,  flegme,  fren^sie  (statt  mit  ph).  Anlautendes  h  (als  Ersatz 
ftlr  den  spiritns  asper)  ist  verschwunden  in  olographe,  erpetologie. 
Das  einzig  Vernünftige  wäre  eine  radikale  Reform  mit  Abschaffung 
des  h  im  Anfang  der  Wörter,  der  Ersatz  des  ch  durch  c  (vor  e 
und  i  durch  k,  vgl.  jetzt  schon  kilogrammc),  des  ph  durch  f,  rh 
durch  r  und  des  th  durch  t.  Schon  die  letzte  Auflage  des  Wörter- 
buchs der  Akademie  hatte  damit  begonnen,  wenn  sie  bestimmte, 
daß  bei  Aufeinanderfolge  zweier  solcher  Doppelkonsonanzen  bald 
die  eine,  bald  die  andere  (Logik!)  das  h  verlieren  sollte,  also  zu 
schreiben  diphtongue  (Plötz  und  Sachs  schreiben:  diphthongue) 
phtisie,  rythme  (Plötz  und  Sachs  phthisie,  rhythme). 

Da  die  Kommission  das  Verschwinden  des  stummen  h  am  An- 
fang der  "Wörter  nicht  vorzuschlagen  wagte  (vgl.  4  a  obenj,  so  konnte 
sie  auch  hier  nicht  radikal  vorgehen  und  beließ  das  h  als  Ersatz 
für  den  griechischen  Spiritus  asper.  Aber  sie  möchte  schreiben: 
i,  t,  f,  r  statt  y,  th,  ph,  rh  (was  früher  schon  ,,maintes  fuis^'  vor- 
geschlagen worden  sei) ;  für  ch  schlägt  sie  vor  e  und  i  den  k  vor, 
also :  arki^piscopal,  arkeologue  wie  kiiometre.  Die  Akademie  meint, 
das  y  könne  gegen  das  i  zurücktreten,  auch  das  h  bei  rh  möge 
schwinden,  an  th  und  ph  möge  man  nicht  rühren  und  k  sei  ein 
unfranzösischer  Buchstabe,  den  sie  lieber  nicht  einführe,  selbst  auf 
die  Gefahr  hin,  daß  man  einmal  archiepiscopal  ausspräche  wie 
arc'heveque.  Wie  rückständig!  Hat  dem  Italienischen  und  Spanischen 
etwa  die  Verabschiedung  dieser  überÜUssigeu  Buchstaben  geschadet? 
Freilich  wir  Deutsche  schreiben  leider  auch  immer  noch  „Theater**, 
„Photographie",  „Rhythmus"  usf. 

Dies  die  Vorschläge  der  Kommission.  Um  deren  Einführung 
zu  erleichtern,  denkt  P.  Meyer  an  ein  neues  orthographisches  Wörter- 
buch,  in   welchem   die   neuen   Schreibweisen   in  Kursivschrift   sieh 


424  Schiele, 

abheben  würden;  in  Prüfungen  müßten  vorerst  beide  Schreibungen 
zulässig  sein,  die  Lehrer  aber  müßten  die  neuen  lehren. 

Die  Akademie  hat  herzlich  wenig  zugestanden.  Ende  März 
1905  hat  sie,  in  Beantwortung  des  eingereichten  Kommissionsberichts 
folgende   Erklärungen  abgegeben:    1.  sie  verwirft  den    Grundsatz^ 

« 

worauf  der  Ausschuß  für  Vereinfachung  der  Rechtschreibung  sich 
stützt  und  wovon  er  ausgeht^  also  den  Grundsatz  einer  möglichst 
phonetischen  Schreibweise;  eine  solche  erscheint  ihr  höchst  will- 
kürlich, denn  die  Phonetik  ändere  sich  von  Geschlecht  zu  Geschlecht; 
niemand  könne  behaupten,  die  allein  richtige  Aussprache  zu  haben, 
und  wenn  man  eine  solche  auch  annähme,  so  müßte  man  mehrere 
Orthographien  fUr  Frankreich  schaftcn  und  anerkennen. 

2.  Die  Akademie  hängt  sehr  an  der  etymologischen  Sciireibung, 
der  die  Kommission  mehr  oder  weniger  abhold  ist.  Zuweilen  hat 
das  Bestreben,  etymologisch  richtig  zu  schreiben,  allerdings  irre- 
geführt, aber  deshalb  darf  man  es  nicht  aufgeben,  am  allerwenigsten 
in  unseni  Tagen,  denn  die  Gebildeten  und  Gelehrten  verstehen 
unsere  Sprache  besser.  [Man  vergleiche  dazu  temps  (=  tempus) 
etwa  tems,  oder  tans,  oder  gar  tan  geschrieben!  Und  wie  ist\s 
beim  Spreclieu?]  Die  Akademie  verfehlt  nicht,  daran  zu  erinnern, 
daß  beim  Untcrrichtsminister  von  fremden  Gesandten  und  Geschäfts- 
trägern Beschwerden  j^egen  die  geplante  Orthographiereform  vor- 
gebracht worden  sind,  da  letztere  den  Ausländern  das  Studium 
der  französischen  Sprache  entleiden  müßte. 

H.  La  physionomie  des  mots  —  das  äußere  Wortbild  geht  der 
Akademie  sehr  nahe,  und  sie  ist  mit  Brunetiore  einig,  der  schon 
unter  dem  1.  September  1900  schrieb;  „Jedes  Wort  einer  in  fünf 
bis  sechs  Jahrhunderten  hoher  Kultur  entstandenen  Sprache  hat 
persönliche,  Daseinsberechtigunji:,  und  ungestraft  rührt  man  nicht 
daran,  z.  B.  V.  Hugos  Verse:  „Un  frais  partum  sortait  des  touffes 
d^aspliodi'le ;  Les  soufties  de  la  iiuit  tiottaient  sur  Galgaiu^'  schreiben 
zu  wollen:  .,Un  frai  parfuii  sortait  des  toufes  d'asfodele;  Les 
soufles  de  la  nuit  Hotaient  sur  Galgala"  wäre  einfach  ein  Verbrechen. 
Das  äußere  Gewand  der  Wörter  macht  einen  Teil  der  Schönheit 
<ler  Sprache  aus.  (Man  vergleiclie  hierzu  etwa  englisch  daffodil 
und  deutseh  Aflbdil.) 

4.  Der  gewichti;i;ste  Grund  gegen  die  Orthographiereform  liegt 
flir  die  Akademie  aber  in  der  Verwirrung,  die  sie  in  den  meisten 
Ki*>l)fVn  anrieli teu  würdei  Eben  aus  diesem  Grunde  sei  der  Aus- 
sclmß  oft  auf  halbem  Wege  stehen  geblieben.     Zwischen  jetzt  und 


Die  neueste  lleforiQ' in  der  tranzösiächeu  Rechtschreibung.     425 

der  endgültigen  Einführung  der  Neuerungen  würde  aber  die  reinste 
Anarchie  herrschen,  und  zwar  keine  kurze  Zeit.  Überdies  wollen 
sich  die  Radikalen  hierbei  nicht  einmal  bescheiden^  sondern  stellen 
al8  anzustrebendes  Endziel  eine  rein  phonetische  Schreibweise  auf 
—  mit  anderen  Worten,  wenn  mau  den  Anfang  mit  den  vorge- 
sclilageneu  Neuerungen  der  Kommission  machen  wollte,  so  stünden 
damit  Tür  und  Tor  dem  Umsturz  offen. 

5.  Endlich  glaubt  die  Akademie,  daß  nicht  allein  die  gang- 
bare Sprache,  sondern  auch  die  Literatur  unter  der  Reform  zu 
leiden  hätte,  die  Schriftsteller  würden  durch  sie  gehemmt  und 
verwirrt. 

Aus  diesen  Erwägungen  ergab  sich  die  Stellungnahme  der 
Akademie,  die  also  nur  folgende  Punkte  angenommen  hat:  1.  deja 
ohne  gravis;  2.  chute,  joute,  otage  (wie  schon  früher)  und  assidument, 
devoument,  crucitiment  ohne  circumflox;  3.  ile,  flute,  maitre,  naitre, 
traitre,  croute,  voute  und  andere  Wörter  ohne  circumiiex  zu  sehreiben, 
wo  der  Akzent  nur  dazu  dient,  an  ein  ausgefallenes  s  zu  erin- 
nern; 4.  freizustellen  contidentiel  und  confidenciel  und  ähn- 
liche Adjektive,  deren  entsprechendes  Sub!;tantiv  auf  ence  oder 
anee  endigt;  5,  das  Zusammengehen  von  difforend  (Streit)  mit  dif- 
fVrent,  von  fonds  mit  fond  und  von  appas  mit  appats ;  6.  freizustellen 
ennütoutier  und  emmitoufler,  enmener  und  emmener,  enmail-loter  und 
emmail-loter  und  ähnliche,  wo  n  infolge  Zusammentreffens  mit  m  zu  m 
geworden  ist;  7.  ognon  für  oignou;  8.  freizustellen  pied  und  pie; 
9.  die  Pluralbildung  von  bijou,  caillou,  chou,  genou,  hibou,  joujou, 
pou  auf  s ;  10.  echcle  statt  Schelle,  da  ersteres  der  Etymologie  und 
Aussprache  gerecht  wird;  11.  im  einzelnen  Falle  will  die  Akademie 
nach  jeweiliger  Prüfung  das  h  in  der  Verbindung  rh  der  aus  dem 
(iriechiscliou  stammenden  Wörter  ausfallen  lassen  und  12.  den  Ein- 
tritt des  i  in  ebensolchen  Wörtern  an  Stelle  des  y  begünstigen ; 
13.  sie  hat  nichts  gegen  eine  etwaige  Schreibung  von  sizain  (ähn- 
lich dizain  und  dizaiue)  mit  z  und  glaubt  die  Reform  auch  auf 
dizieme,  sizieme  in  Übereinstimmung  mit  onzit'me  und  douzieme 
au}<dehnen  zu  sollen  (deuzirme  hat  sie  vergessen  1). 

Das  Doppel -r  in  den  von  carrus  abgeleiteten  Wörtern  will  sie 
nicht  aufgeben,  im  Gegenteil  chariot  den  übrigen  angleichen  und 
künftig  schreiben  charriot. 

Man  versteht  das  zögernde  Vorgehen  der  Akademie,  wenn  man 
die  EinHüsse  kennt,  unter  denen  sie  steht.  Ihr  Berichterstatter  in 
der  Sache,  E.  Faguet,  hat  sich  schon  im  Februar  dieses  Jahres  zu 


-426     Schiele,  Die  neueste  Reform  in  d.  franz.  Rechtschreibung. 


er 
n 


/ 


der  Frage  geäußert^  und  zwar  wie  folgt :  die  Frage  der  Vereinfachtin 
ist  ziemlich  anwichtig;  denn  solange  man  keine  rein  phonetische 
Schreibweise  einführt,  was  unentwirrbare  Schwierigkeiten  bereiten 
würde,  brauchen  unsere  Kinder  zur  Erlernung  der  Rechtschreibung 
doch  immer  viel  Zeit;  und  seihst  bei  Annahme  aller  Vorschläge 
der  Kommission  würde  man  höchstens  ein  Vierteljalir  gewinnen. 
Dazn  meine  ich :  Ce  serait  autant  de  gagno.  Er  möchte  auf  folgende 
zwei  Punkte  die  Vereinfachung  beschränkt  wissen:  1.  die  Unter- 
drückung der  Doppelkonsonanten  überall  da,  wo  n  i  c  h  t  durch  We^j:- 
lassung  der  Verdopplung  Verwechslung  zweier  Wörter  zu  be- 
fürchten ist  und  2.  die  Französierung  aller  griechischen  Wörter 
ohne  Ausnahme;  die  Etymologie  braucht  hier  nicht  länger  mitzu- 
sprechen, da  man  doch  jetzt  schon  schreibt  fantöme,  Üegmatique, 
frenesie  —  also  auch  farmacie,  frenologie. 

In  ganz  anderer  Tonart  läßt  sich  der  bekannte  Nationalist, 
Dichter  und  Mitglied  der  Akademie  Frangois  Copp6e  vernehmen. 
Er  klagt  die  Neuerer  an  ,)de  pr^parer  le  chambardement  de  la 
langue  frangaise^  en  proposant  Padoption  d'une  orthographe  blocanle 
et  dreyfusiste  (sie!),  laquelle  n'est  qu'une  absurde  fantaisie  de 
pedants,  de  niais  (^ui  fönt  sans  cesse  vibrer  les  r  du  mot  progrrs 
et  du  mot  democratie;  un  acces  de  cuistrerie  democratique  cauB<'' 
par  l'amour  de  la  sacro-sainte  Instruction  primaire.  Les  cliam- 
bardeurs  universitaires  comroettent  le  pire  des  sacrili'ges,  en  portaut 
la  main  sur  Torthographe  actuelle,  coiuparable  pour  sa  beaiite  au 
torse  de  la  Venus  de  Milo  et  au  sourire  de  la  Joconde". 

Sei  dem  wie  ihm  wolle!  Die  bis  jetzt  übliche  franzi'^sische 
Rechtschreibung  ist  mit  ihren  vielerlei  Regelwidrigkeiten,  Ausnahmen 
und  Verwickinngen  weniger  eine  Wissenschaft  als  ein  Lotteriespiel. 
Der  gesunde  Menschenverstand  verlangt  für  gleiche  Aussprache 
gleiche  Schreibweise;  die  Vereinfachung  der  Rechtschreibung  er- 
leichtert die  Erlernung  der  Sprache  und  trägt  zu  ihrer  weiteren 
Verbreitung  bei.  Was  sagen  die  Feinde  der  Neuerungen  zu  folgen- 
dem Satz:  Le  Chirurgien  et  le  chiromancien  chanterent  i\  l'orchestre 
un  Choral  qui  charma  les  echos  de  PAcheron  hinsichtlich  der  Au>- 
sprache  des  ch? 

Im  Grunde  genommen  hätten  die  von  der  ministeriellen  Kuni- 
mission  vorgeschlagenen  Reformen  von  der  Akademie  ausgehen 
sollen;  denn  ihre  Aufgabe  ist  es,  die  Sprache  den  jeweiligen  Re- 
dürfnissen  anzupassen.  Aber  solange  in  dieser  erlauchten  Gesell- 
schaft  Männer,   die   Erfahrung   im    französischen   Unterricht  haben 


Amtliche  Bekanntmachung.  —  Literarischer  ßericht.         427 

oder  gute  Kenntnisse  in  der  französischen  Spracli Wissenschaft  be- 
sitzen; in  der  verschwindenden  Minderheit  sich  befinden,  werden 
die  Bemühungen  der  Reformer  nur  langsam  mit  Erfolg  gekrönt 
werden.  L.  Havet^  vom  Institut  und  Mitglied  der  Kommission, 
meint  ähnlich:  „Wenn  eine  der  fünf  Körperschaften,  die  das  In- 
stitut de  France  ausmachen,  ein  vernünftiges  Anrecht  darauf  hätte, 
in  der  Rechtschreibung  Vorschriften  zu  erlassen,  so  würde  dieses 
Anrecht  sicherlich  einer  Oesellsohaft  von  Orammatikem  und  Ge- 
lehrten, nicht  aber  von  Romanschriftstellern  zukommen^. 

Schließlich  hat  ja  das  letzte  Wort  der  Minister,  und  die  oberste 
Schulbehörde  wird  ihrerseits  Bestimmungen  erlassen.  Die  Frage 
der  Vereinfachung  der  französischen  Rechtschreibung  kommt  nicht 
eher  zur  Ruhe,  als  bis  eine  vernünftige,  einfache  Lösung  (ähnlich 
wie  im  Italienischen  und  vor  allem  im  Spanischen)  gefunden  ist, 
namentlich  wenn  sie  solch  zielbewußte  Vorkämpfer  wie  P.  Meyer 
aufzuweisen  hat. 


Amtliche  Bekanntmaohung, 

Die  im  Verlag  von  Stephan  Geibel  in  Altenburg  erschienene 
,, Deutsche  Seebücherei^  mit  Unterstützung  des  Reiclismarineamts 
herausgegeben  von  Professor  Dr.  J.  W.  Otto  Richter,  wird  hiermit  den 
Schulvorständen  zur  Anschaffung  für  die  Schulerbibliotheken  und 
zu  Schülerprämien  empfohlen. 

Stuttgart,  den  2.  November  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

L  V.:  Weigle. 


Literarischer  Bericht. 

Der   Evangelische    Glaube    für    die    Gegenwart   dargestellt   von 

Dr.  J.  Schoell,  Professor  am  Realgymnasium  in  Stuttgart. 

116  Seiten.     1.30  Mk.,    geb.   1.70  Mk.  u.  2  Mk.     Heilbronn, 

E.  Salzer  1905. 

Ebenso    klar   wie  wann,  aiigcnioin  verätändiich  und  docli  wissoii- 

schaftlich  gründlich,  seinen  ganzen  Ueicbtuni  freilich  nur  erschließend, 

wenn    erklärendes   AVort   oder   sorgfältige^f   Nachdenken    dazu   kommt. 

Nammentlicli  der  vorletzte  Al)schnitt:  das  iicrsönliche  Christentum  (>eine 


428  Literarischer  Bericht. 

allgemein  gültigen  Züge,  seine  besonderen  Formen,  seine  Entstehung) 
sei  denen  empfohlen,  die  aus  einem  einzelnen  Abschnitt  den  Geist  des 
Ganzen  kennen  lernen  wollen.  Überrascht  war  ich  durch  den  Satz 
S.  102,  daß  die  herkOmmlicherweise  dem  Abendmahl  vorausgehende  Ab- 
solution dem  Sinn  des  Abendmahls  geradewegs  —  beiläufig,  ein  Lieblings- 
wort des  V^orfassers  S.  41,  52,  94,  116  —  widerspreche,  sei  doch  das 
Aben<lmahl  selber  die  Absolution,  die  Bezeugung  der  Vergebung  der 
Sünden.  Kann  man  nicht  umgekehrt  diese  Absolution  benützen,  um 
magischen  Sakramentsvorstellungen  entgegenzutreten?  Frei  und  fromm 
zugleich  ist,  wie  dieser  Satz,  das  ganze  Bucli.  —  Falsche  Zahlen  S.  22 
(1.  Kor.  1, 18);  98  (Mt.  28).  S.  62  wieder  einmal :  „Fügung«  statt  „Führung- 
in dem  Wort  des  Siegers  von  Sedan. 

Maulbroun.  Eb.  Nestle. 


Lamparter,  E.;  Stadtpfarrer  in  Schwäbisch  Gmünd,  Christlielies 
Glfiubensleben.     Handbuch   für  den  Religionsunterricht  an 
höheren  Lehranstalten.,  VIIL    132  S.    1.60  Mk.,  geb.  in  Lein- 
wand 2  Mk.     Tübingen,  J.  C.  B.  Mohr,  1905. 
Mit   den   vielen  norddeutschen  Leitfäden  zum  evangelischen  Reli- 
gionsunterricht treten  jetzt  auch  heimische  Kräfte  in  Wettbewerb.    Dieses 
Buch  stammt  aus  dem  Gmüuder  Realgymnasium;   vom  Ueligionslehrer 
des  Stuttgarter  Realgymnasiums  ist  gleichzeitig  eines  angekündigt.   Im 
Deutschen  Volkshlatt  Nr.  142   ist  als  Motto   für  eine  Neuauflage   das 
Straußsche  Wort   empfohlen  worden:   Wir  sind   keine  (evangelischen) 
Christen  mehr.    Ich  denke,  so  gut  wir  noch  Deutsche  sind,  auch  wenn 
wir  nicht  mehr  auf  der  Bärenhaut  liegen  und  Eicheln  essen,  so  gut  kann 
das  Büchlein  unsern  Schülern  lielfeu,  immer  bessere  Christen  zu  werden. 
Das  Buch  faJH  seinen  Stoff  in  den  5  Teilen  zusammen :  Die  Entwicklung 
des  religiösen  Bewußtseins  in  der  Menschheit;  Jesus  Christus,  der  Bote 
und  Bringer   de«  Heils;    Das  Heil  des  christlichen  Glaubens;   Das  Heil 
des  christlichen  Lebens;  Die  Vermittlung  des  Heils  durcli  die  christliche 
Kirche.     Durch    diese    Darstellung   kann    es   auch    anderen,    die  keine 
►Schüler   mehr   sind,    dienen.     Fremdwörter   sind    möglichst   vermieden. 
Maulbronn.  Eb.  Nestle. 


Lang,  Gustav,  Dr.,  Uiitersu(*huiig^^iL  zur  Geog^raphie  der  Odyssee. 

122  S.     Karlsruhe,  Gutsch,  1905. 

Den  Wunsch  mit  dem  ich  meine  Anzeige  der  Gösslerscheu  Schrift 

über    Leukas-lthaka    in    diesen    Blättern    (19ü4    S.  391  ff.)    geschlossen 

habe,  daß  sich  die  Debatte  über  die  Frage  nach  der  Heimat  de»  Odysseus 

nun     erst    recht    erötfnoii    möge,    ist    in    reichem    Maß    in    Erfüllung 


Literarisclier  Bericht.  429 

gegangen.  Eine  gute  (übersieht  über  den  Verlauf,  der  in  letzter  Linie 
von  Draheim  (Berl.  Phil.  W.  1894  S.  63  ff. ;  „Die  Ithakatrage",  Wissen- 
schaftliche  Beilage  zuro  Jahresbericht  des  König  Wilhelm-Gymnasiums  in 
Berlin  1903)  angeregten  und  von  Dörpfeld  weitergeführten  Erörterung 
bis  zu  den  Rezensionen  der  Arbeit  Gösslers  gibt  C.  Rothe  in  der  Zeit- 
schrift für  das  Gymnasialwesen  59  (N.  F.  39)  1905  S.  162  ff.  Seitdem 
sind  die  von  Lang  in  den  Süd  westdeutschen  SchulbUittern  1904  Nr.  10 
bis  12  und  1905  Nr.  1  bis  2  veröffentlichten  Aufsätze  samt  einer  Er- 
widerung Dörpfelds  in  der  zuletzt  genannten  Nummer  hinzugekomnieu. 
Lang  hat  nun  seine  Abhandlungen  in  der  vorliegenden  Broschüre  zu- 
sammengestellt und  mehrere  Abschnitte  hinzugefilgt,  nämlich  ein  Kapitel 
über  die  geologische  Erklärung  der  Veränderung  von  Asteris,  eine 
Untersuchung  über  homerische  Landschaft,  sowie  eine  Darstellung  der 
Topographie  des  homerischen  Ithaka  angewandt  auf  das  heutige  Thiaki 
nebst  einigen  Anhängen,  von  denen  I  und  II  auch  in  den  Südwest- 
deutschen Schulblättern  1905  Nr.  7/8  S.  253  ff.  zum  Abdruck  kamen. 
Da  die  einzelnen  Aufsätze  aufs  engste  miteinander  zusammenhängen, 
fügen  sie  sich  zu  einem  abgerundeten  Ganzen  zusammen  und  es  darf 
gleich  gesagt  werden,  daß  das  Langsche  Buch,  das  in  fortlaufender 
Auseinandersetzung  mit  den  (jegnern  die  aufgeworfenen  Fragen  stets 
von  beiden  Seiten  beleuchtet,  jetzt  von  allen  hierhergehörigen  Scliriften 
die  eingehendste  und  gründlichste  Behandlung  des  Ithakaproblems 
bietet. 

Hinsichtlich  der  im  ersten  Kapitel  erörterten  Frage,  ob  Leukas 
zu  homerischer  Zeit  eine  Insel  oder  eine  durch  einen  4  bis  5  km  breiten 
Isthmus  mit  dem  Festland  verbundene  Halbinsel  gewesen  sei,  erscheint 
trotz  der  auf  den  Leser  überzeugend  wirkenden  Darstellung  des  Ver- 
fassers, zurzeit  noch  Zurückhaltung  eines  entscheidenden  Urteils  ge- 
boten, zumal  Negiis  selbst,  auf  dessen  Forschungen  sich  Lang  haupt- 
sächlich stützt,  zu  andern  Ergebnissen  als  dieser  gekommen  ist,  ferner 
Kolbe  in  der  Erklärung  der  Auffindung  antiker  Grabsteine  im  Sunde  sich 
nunmehr  Dörpfeld  angeschlossen  und  letzterer  selbst  erklärt  hat,  daß 
die  Untersuchungen  über  die  Beschaffenheit  des  Sundes  noch  nicht  ab- 
geschlossen seien.  Aber  so  viel  ist  schon  jetzt  klar:  wenn  Lang  mit 
der  Annahme  eines  in  homerischer  und  noch  bis  tief  in  die  geschicht- 
liche Zeit  bestehenden  Isthmus  recht  hat  —  und  er  kann  sich,  abge- 
sehen vom  geologischen  Befund,  dabei  auf  das  Zeugnis  des  Strabo  X.  2,8 
(•^v  TzozB  jiev  laO-tiög,  vöv  öe  nop%'\i6^  ysoiipq,  ^euxxög)  berufen,  so  fällt 
eine  der  wichtigsten  Stützen  der  Leukashypothese  in  sich  zusanmu'U. 
Denn  mag  auch  zugegeben  werden,  daß  Leukas  trotz  des  Isthuuis 
ebensogut  vf,00fe  heißen  konnte  wie  die  UsXoTidvvYjoog,  so  konimt  doch 
die  ganze  Beweisl'ühruug  mit  den  ^zopy^\ir^ez  und  der  angeblielicn  Fähre 
(Gössler  S.  47  ff.)  in  Wegfall,  da  dann  das  antike  Leukas  auf  dem  Fest- 
lanil   lag  und  keiner  Verbindung  zu  Wasser  bedurfte.     Lang  sii'ht  mit 


430  Literarischer  Bericht. 

»Strabo  Leiikae  in  der  dxxT]  ^iceipoio,  wo  die  Stadt  NTJpixo^  lag  (o)  377  f.). 
OhwoliI  hier  die  Lesarten  schwanken  und  bei  Strabo  auch  N^pixo;  vor- 
kommt, ist  es  gewiß  unberechtigt,  auf  Grund  dieser  Verwechslung  des 
bei  Homer  einmal  genannten  Ni^ptxoc  mit  dem  häufigeren  Ni^piTo^,  nun 
aucii  ß  632  fld-dcxi^v  xal  Ni^pixov  elvootqpuXXov)  in  NiQpiTo;  Leukas  zu 
sehen,  wie  Dörpfeld  und  Lang  (S.  16)  tun.  Daß  beides  verschieden 
ist,  zeigen  doch  sclion  die  Beiwörter  (iÖxx((ievov  nxoXisd'pov  co  377),  wie 
bereits  IStrabo  (X,  2;  12)  erkannt  und  jüngst  Cauer  gleichfalls  erklärt 
liat  (Erfundenes  und  Überliefertes  bei  llomer  in  NJB.  1905  S.  17),  der 
auf  ähnliche  Beispiele  des  ox^|ia  xad*'  oXov  xal  xax&  pipo^  (B  535  f. ;  581  f.) 
verweist.  Mit  Recht  aber  hobt  Lang  die  Schwierigkeit  hervor,  die 
sich  für  Dörpfeld  daraus  ergibt,  daß  für  ihn  Ni^pixog  an  der  Festlands- 
küste  liegen  müßte,  während  er  es  doch  mit  den  8  km  landeinwärts 
gelegenen  Ruinen  von  Palairos  identifiziert,  so  daß  er  den  Ort  in  eine 
Stadt  im  Binnenland  und  ein  Kastell  am  Sunde  spalten  muß.  Döqifeld 
beruft  sich  endlich  in  betreff  der  Namensänderung  darauf,  daß  Leukas 
ja  jedenfalls  seinen  Namen  geändert  haben  müsse.  Dagegen  ist  zu 
sagen,  daß  wir  bei  llomer  (to  377)  nur  von  einer  Stadt  Nerikos  hören, 
die  wahrscheinlich  auf  Leukas  lag.  Der  Name  der  Insel  wird  nicht 
genannt.  Aber  wenn  auch  die  Bezeichnung  des  Leukadischen  Felsens 
((0  311)  zur  Benennung  oder  meinetwegen  Umuennung  von  Stadt  und 
Insel  geführt  hat,  so  ist  das  doch  etwas  ganz  anderes  als  die  Motivierung 
durch  einen  Völkerschub,  für  den  Dörpfeld  auch  jetzt  keinen  stichhaltigen 
Beweis  beigebracht  hat.  Außerdem  erhalten  wir  nach  ihm  zwei  Namens- 
veränderungen (Ithaka-Nerikos-Leukas),  deren  erste  vorläufig  lediglich 
ein  Postulat  ist').  Mit  Recht  findet  es  Lang  künstlich,  daß  Dörpfeld 
B  632  unter  Ithaka  das  heutige  Thiaki,  sonst  aber  Leukas,  unter  Samos 
Kephallenia,  sonst  aber  Thiaki  verstehen  will,  und  Gauer  (a.  a.  0.  S.  16  f.), 
der  der  Leukashypothese  zustinmit,  aber  den  vordorischen  Ursprung 
der  Odyssee  als  völlig  ausgeschlossen  betrachtet,  will  daher  auch  in 
B  unter  Ithaka  noch  Leukn^i  vorstehen:  dann  brauche  die  Odyssee 
nicht  älter  zu  sein  als  der  Schiffskatalog.  D«amit  kommt  man  aber  mit 
der  Motivierung  der  'zweimaligen  Umnennung  vollends  ins  Gedränge. 
So  bleibt  nichts  übrig,  als  daß  eben  hier  wie  dort  Ithaka  =  Ithaka 
(d.  h.  Thiaki)  ist. 

Da  Lang  es  ablehnt,  Leukas  zu  den  i  21  ff.  genannten  Inseln  zu 
rechnen,  glaubt  er  sich  genötigt  D  u  1  i  c  h  i  o  n  anderswo  als  in  Kephal- 
lenia (Same)  zu  suchen  und  da  ist  es  eine  gewisse  Ironie  des  Schick- 
sals, daß  er,  der  sti  streng  an  dem  Insclhegrif!'  von  vfjaog  festhält,  sich 
nun    durch    seine    Hypothese   in    die    Zwangslage    versetzt  sieht,    den 

^)  Daß  solche  Umuenuungen  vorkommen,  ist  ja  zuzugeben:  siehe 
(i«»äsler  S.  75.  Ich  erinnere  noch  an  die  zeitlich  verschiedenen  He- 
nentiungen  des  Bo<len8ees:  Konstanzer  See,  Lacus  Brigantinus. 


Literarischer  Bericht.  431 

Dieliter  denselben  auf  eine  Gegend  anwenden  zu  hülsen,  die  noch  viel 
weniger  Inselcharakter  trägt  als  Leukas,  uäiniich  auf  das  Mündungs- 
gebiet des  Achcloos,  womit  er  eine  Vermutung  Oberhummers  erneuert. 
Der  Grund  für  diese  Annahme,  die  übrigens  Lang  mit  Zurückhaltung 
lind  niisgesprochener  Betonung  ilires  hypothetischen  Charakters  vor- 
trägt, liegt  lür  ihn  in  der  Verbindung,  in  welcher  Dulichion  B  626  mit 
den  Ecbinadeu  erscheint.  Es  gehört  mit  diesen  zum  Keich  des  Epeicr- 
fürsten  Meges  (N  692),  während  Odysseus  die  auf  Ithaka  (Krokyleia, 
Aigilip»),  Samos  und  Zakynthos  wohnenden  Kephallenen  beherrscht. 
]):iß  08  eine  Insel  sei,  ist  nicht  ausdrücklich  gesagt;  aber  wahrschein- 
lich ist  OS  hier  ebensogut  als  eine  solche  gedacht  wie  i  24.  Und  wenn 
nun  einmal,  sei's  hier  oder  dort  oder,  wie  ich  glaube,  beidemal,  „ un- 
klare geographische  Vorstellungen"  (S.  16)  vorliegen,  so  erscheint  mir 
noch  immer  die  alte  Auskunft  am  annehmbarsten,  daß  Same  und 
Dulichion  die  beiden  Hauptorte  von  Kephallenia  waren,  die  der  jonische 
EHchter  irrtümlich  als  zwei  getrennte  Inseln  ansah,  zumal  für  das  Alter- 
tum sogar  eine  xsxpdnoXig  dort  bezeugt  ist  (Strabo  X.  2,  14)  und  der 
Name  Dulicho  noch  heute  an  einem  seiner  Häfen  haftet  (Dörpfcld, 
>üdwestdeut8ehe  Schulblätter  1905  S.  47),  wie  ja  freilich  auch  an  einer 
der  Echiuaden,  was  bei  der  Bedeutung  desselben  nichts  Auffälliges  hat. 

Im  dritten  Kapitel  bemüht  sich  Lang,  die  Klippe  Daskalio  im 
Sund  zwischen  Kephallenia  und  Thiaki  als  die  homerische  Asteris 
zu  erweisen.  Die  Identifikation  ist  nur  möglich  unter  der  Annahme 
bedeutender  Veränderungen  im  Umfang  der  Insel,  wofür  er  die  Analogie 
von  Helgoland  heranzieht.  Wenn  er  außerdem  für  den  Dichter  das 
Recht  in  Anspruch  nimmt,  die  Insel  .,nach  den  Bedürfnissen  seiner 
Dichtung  auszuschmücken",  ferner  ß^rards  Annahme,  daß  ,,der  Dichter 
die  Buchten  und  Vorgebirge  des  nahen  Kephallenia  ....  in  seine 
Vorstellung  von  Asteris  verwoben  habe",  für  denkbar  erklärt  (S.  49) 
und  endlich  ..genaue  Ortskenntnis  der  jüngeren  Dichter  der  Odyssee" 
annimmt  (S.  47),  so  geht  er  fast  soweit  wie  ich,  der  ich  in  d  844  ff. 
(verglichen  mit  5  671  und  o  29,  wozu  noch  n  365  kommt)  den  Zusatz 
eines  jüngeren  ortskundigen  durch  die  Anschauung  von  Arkudi  beein- 
flußten Dichters  sehe  (s.  N.  Korr.Bl.  1904  S.  398).  Nur  über  den  Begriff 
..jüngere  Dichter^  denken  wir  wohl  noch  verschieden.  Es  sind  aber 
die  Ortsangaben  in  d  671  und  o  29  trotz  des  durch  &v  nop^ii^  ersetzten 
^sooTjyOg  nicht  ..noch  genauer"  als  in  8  844  ff.,  wie  Lang  sagt,  sondern 
weniger  genau :  denn  hier  fohlt  gerade  das  Wichtigste,  nämlich  die 
Insel,  und  ebenso  n  365.  Sie  durfte  aber  mindestens  in  der  Warnung 
der  Athene  an  Telemach  als  deutlichste  Ortsbezeichnung  des  drohenden 
Überfalls  nicht  ungenannt  bleiben. 

Der  Abschnitt  über  Ithaka  bietet  im  Vergleich  mit  Menge  und 
andern  nichts  Neues.  Ein  schwacher  Punkt  bleibt  bei  der  Aufsuchung 
*\qy  Kinzelheiten  der  homerischen  Schilderung:  in  der  Wirklichkeit  immer 


432  Literarischer  Bericht 

<!io  Nymphonj^rotte,  die  nun  einmal  weder  von  i\en  antiken  noch  vi»n 
den  inodi'rnen  Geoj^rajdien  an  der  Bucht  von  Wathy  jret'unden  wnrdi. 
Die  eine  Stunde  oberhalb  im  Gebir«je  «gelegene  Tropfsteinhöhle  bewti.-*t 
nichts,  und  ihr  angebliches  Verschwinden  mit  dem  Verschwinden  de^ 
von  Homer  auch  genannten  Ölbaum»  zu  parallelisieren  (8.  86)  seht 
doch  bei  iler  sehr  verschiedenen  Widerstandstalugkeit  beider  Gebilde 
nicht  an.  Wenn  ferner  die  Bucht  von  Molo  »amt  derjenigen  vou  Watliy 
für  kleine  Schiffe  wirklieh  so  gefährlich  ist,  wie  Lang  S.  8S  im  Au- 
bchluß  an  Berard  darlegt,  so  stimmt  das  sehr  wenig  zu  der  Vorstellung 
eines  ruhigen  und  geschützten  Laudungsplatzes,  welche  die  honierisclic 
Schilderung  in  dem  Hörer  erweckt.  Meint  doch  Lang  sogar,  .,mit  seinem  ei- 
genen Schiff  hätte  Odysseus  die  Landung  an  dieser  Stelle  nicht  so  leicht  be- 
werkstelligt"; nur  dem  Wunderschiff  der  i'häaken  sei  das  nniglich  gewesen. 
Noch  ist  ein  Wort  zu  sagen  über  den  meines  Erachtens  wert- 
vollsten Abschnitt  der  ganzen  Schrift,  die  Untersuchung  über  „home- 
rische Landschaft^*  (S.  53—71).  Eine  solche  ist  für  die  Lö>unir 
vou  Fragen  der  homerischen  Topographie  eine  unerläßliche  Vorar- 
beit, wie  ich  in  der  Besprechung  des  Gösslerschen  Buches  ange- 
deutet habe  (N.  Ivorr.BI.  19ü-t  S.  394 ff.;  Lang  S.  109 f.).  Lang  teilt 
den  Stoff  in  drei  Gruppen:  1.  Typische  Merkmale;  2.  Kontrollier- 
bare Einzellandschaft:  3.  Märchenlandschaft.  So  sinnreich  <iie>e  Ein- 
teilung ist,  so  weist,  wie  mir  scheint,  doch  gerade  der  von  Lang 
mit  großem  Fleiß  zusammengetragene  und  gesichtete  Stoff  darauf 
hin,  daß  der  Einschnitt  nicht  zwischen  —  sagen  wir  der  Kürzt* 
halber  —  historischer  und  Märchenlandsehaft  zu  macheu  ist,  sondern 
zwischen  Landschaft  der  Ilias  und  der  Odyssee.  Die  Lektüre  iler 
liangschen  Untersuchung  bestätigte  mir  die  schon  vorher  gemachte 
Beobachtung,  daß  die  Ilias  überhaupt  keine  direkten  Schilde- 
r  u  n  g  e  u  b  e  s  t  i  m  m  t  e  r  E  i  n  z  e  1 1  a  u  d  s  c  h  a  f  t  e n  k  e  n  n  t.  Man  muß  die 
verstreuten  Züge  erst  zusammensuchen  und  sich  daraus  das  Gesamt- 
bild konstruieren,  wie  es  Lang  getan  h:U:  nicht  einmal  ilie  Lage  Trojas 
ist  irgendwo  im  Zusammenhang  geschildert.  Vieles  steckt  in  Gleich- 
nissen und  da  wäre  vielleicht  auch  nach  Lang  noch  manches  zu  linden: 
so  vermisse  ich  die  Kaystrosebene  mit  ihren  Schwänen  (B  461  ff.).  Auch 
dii;  Vt-rreilung  der  Schilderungen  auf  die  einzelnen  IJiicher  wäre  zu 
beachten:  so  liefert  z.  B.  E.  ganz  aiitYallend  viele  Züge  (Lang  S.  62  f.j, 
d{js  auch  sonst  eine  besondere  Eigenaii;  zeigt.  Nirgends  nher  finden 
sich  in  der  Ilias  so  bestimmte  und  aust'ührliche  Landschaftsbeschreibnngen 
wie  in  der  Odyssee.  Srhon  diese  Tatsache  zeigt,  daß  wir  es  in  dem 
Jüngeren  Epo.s  niit  einem  andersartigen,  wir  dürfen  wohl  sagen,  t'orl- 
^»'schritteneren  Stil  zu  tun  lial>en,  was  sich  ja  auch  in  zahlreichen  andern 
Merkmalen    erweist,    wie  jüngst    Inimisch    einleuchtend    gezeigt    hat"'). 

*)  Die  innere  Ijitwirklung  (hs  grieeliischen  K\)o>.     Leipzig,  Teu)- 
ner  IDOL 


liiterarischer  Bericht.  433 

Lang  will  nun,  obwohl  er  zugibt,  daß  „in  der  Geographie  der  Odyssee 
alles  viel  probIematii*cher  ist  als  in  der  Topographie  der  Troas"  (S.  08), 
doch  eine  weitgehende  grundsätzliche  Übereinstimmung  der  ()dy:ssee 
mit  der  Ilias  konstatieren,  indem  es  sich  hier  wie  dort,  wenigstens  bei 
Itliaka,  um  Lokalitäten  handle,  deren  Benennungen  der  Dichter  v(»i'- 
gefunden,  nicht  erfunden  habe :  Koraxfelsen,  Arethusa,  Kheitron,  Neiou. 
Xeriton,  Apollohain,  Hermeshügel,  Phorkysbucht  (S.  66  f.).  Beim  Apollo- 
hain und  Hermeshttgel  kann  nun  Lang  freilich  selbst  die  Analogie  des 
Athenehains  und  Poseidonplatzes  in  der  ,MJirchenIandschaft*  Sclieria 
nicht  in  Abrede  ziehen  (S.  71).  Arethusa  ist  ein  so  vielfach  durch 
ganz  Griechenland  verbreiteter  Quellname,  daß  er  nichts  beweist  [a. 
Pauly-Wissowa  II  1  Sp.  679  ff.).  Der  Berg  Neriton  hat  offenbar  seinen 
Namen  von  Neritos,  dem  Bruder  des  Ithakos  (p  207),  war  also  moIiI 
in  der  Sage  gegeben.  Neion  kann  man  ebensogut  wie  von  dem  an 
seinem  Fuß  entspringenden  Quell  (vatco  S.  83)  von  vVjtog  (zum  Sehifts- 
bauholz  gehörig)  ableiten  ^).  Rheitron  ist  ein  viel  gebrauchtes  Appella- 
tivum,  das  freilich  nur  in  der  Odyssee  als  Eigenname  vorkommt.  Seine 
durchsichtige  Bedeutung  erklärt  Lang  selbst  (S.  84).  Zur  Phorkysbucht 
vgl.  a  72.  Es  bleibt  der  Koraxfelsen.  Wer  will  aber  behaupten,  daß 
ein  Dichter  nicht  ebenso  diesen  und  andere  Namen  erfinden  konnte, 
der  Dutzende  von  Phäakennamen  frei  gebildet  hat^  Beweisen  läßt 
sich  freilich  weder  das  eine  noch  das  andere.  Lang  tadelt  es  (^.  110), 
daß  ich  „die  ganze  Ithakalandschaft  mit  den  Märchenlandschaften  in 
einen  Topf  werfe^.  Aber  einerseits  glaubt  z.  B.  Drerup  nun  auch  das 
Urbild  von  Scheria  in  Kreta  gefunden  zu  haben-)  und  andererseits 
haben  die  Ausgrabungen  in  Hissarlik  nicht  einmal  zur  Auffindung  des 
Priamospalastes  geführt  (Lang  S.  68).  Noch  wichtiger  ist  es  jedoch, 
daß  der  von  Lang  gegen  meine  Auffassung  erliobene  Einwand  geeignet 
erscheint,  diese  vielmehr  zu  bestätigen.  Er  sagt  nämlich,  ,,die  eigent- 
lich geographischen  Formeln  seien  der  Ausdruck  einer  scharfen,  aller- 
dings auf  das  Typische  gerichteten  Beobachtungsgabe  des  Dichters. 
Wo  sie  gleichlautend  oder  in  Anklängen  wiederkehren,  liege  die  Ober- 
einstimmung in  der  Landschaft  begründet"  (S.  110).  Ja,  noch  mehr: 
„Der  Dichter  komponiert  sie  (sc.  die  Märchenlandschaften)  mit  großer 
Kunst  aus  den  uns  hinlänglich  bekannten  Charaktermerkmalen  der 
griechischen  Landschaft  überhaupt  ....  Ja,  es  mag  ihm  dabei  diese 
oder  jene  bestimmte  Landschaft  seines  eigenen  Gesichtskreises  Modell 
gestanden  haben"  (S.  69).  Damit  bin  ich  vollkommen  einverstanden. 
Ich   denke   mir   das   Verfahren   der   homerischen   Dichter  hier  ähnlieli 

^)  Vermutlich  gehen  vaOg  Schiff  und  vadg  Tempel  auf  die  Grund- 
bedeutung „Balken"  zurück. 

'-)  Homer  (Weltgeschichte  in  Charakterbildern).  München-Kirchheim» 
1903,  S.  185. 

Korrespondensblatt  1905,  Heft  11. 


434  Literarischer  Bericht. 

wie  (lau  der  Renaiäsancemaler,  an  die  auch  Cauer  (a.  a.  0.  S.  9)  erinnert: 
Hatten  sie  Jerusalem  oder  Babylon  zu  malen,  so  malte  der  Florentiner 
Florenz,  der  Römer  Rom  usw.  und  fügte  wohl  auch  einige  fremde 
Züge  ein,  wie  Lang  von  den  homerischen  Dichtem  ebenfalls  annimmt. 
Aber  wo  bleibt  der  scharfe  Unterschied  Längs  zwischen  wirklicher 
und  Märchenlandschaft,  wenn  beide  dieselben  der  Wirklichkeit  ent- 
nommenen Bestandteile  aufweisen,  wenn  der  Dichter,  auch  wo  er  die 
Wirklichkeit  schildern  will,  wie  Lang  selbst  für  möglich  hält,  Teile 
verschiedener  Landschaften  (z.  B.  Kephallenia  und  Asteris)  zu  einem 
Bilde  zusammenfügt  oder  ^Entferntes  nach  Bedarf  zusammenrückt^  wie 
die  Nymphengrotte  *)  und  die  Phorkysbucht  (S.  86)?  Der  Verwei»  auf 
die  bestimmten  Namen  führt,  wie  gezeigt,  nicht  weiter  und  selbst  an- 
genommen, er  habe  sie  vorgefunden,  so  konnte  er  doch  die  Örtlich- 
keiten, die  sie  bezeichneten,  frei  gestalten.  Dann  ist  es  aber  ganz 
gleichgültig,  ob  es  sich  um  Märchen-  oder  wirkliche  Landschaften  handelt. 
..Die  Landschaften  des  Nöoxoc,  sagt  Lang,  sind  und  bleiben  erdichtet" 
und  er  bemerkt  ganz  richtig,  daß  von  Gösslers  Bemerkung  über  Scheria, 
08  baue  sich  darauf  keine  eigentliche  ausgedehnte  Handlung  auf,  das 
Oegenteil  richtig  sei  (S.  111).  Aber  meinen  Nachweis,  daß  das  wichtigste 
Stück  der  Ithakesischen  Landschaftsschilderung,  die  Beschreibung  der 
Phorkysbucht  mit  märchenhaften  Zügen  durchsetzt  (v  107  ff.)  und 
aus  Elementen  komponiert  sei,  die  sich  auch  in  der  „Märchenlandschaft^' 
als  typische  Bestandteile  wiederfinden  (N.  Korr.Bl.  1904  S.  396),  verwirft 
er,  ohne  ihn  zu  widerlegen.  Es  ist  jedoch  auch  zu  beachten,  wie  die 
Märchenlandschaft  ganz  realistische  Seiten  aufweist:  ich  erinnere  an 
die  Beschreibung  der  Ziegeninsel  vor  dem  Eyklopenland,  wo  uns  der 
Dichter  nicht  nur  sagt,  wie  die  Insel  ist,  sondern  wie  sie  sein  könnte, 
wenn  man  sie  bebaute  (i  ISO  tf.) :  da  hört  man  den  Kolonisten  reden, 
der  sich  fremdes  Land  anf  seine  Kulturfähigkeit  ansieht.  Außerdem 
steht  die  rationelle  Milchwirtschaft  des  Polyphem  ganz  auf  einer  Linie 
mit  der  S3^steraatischen  Schweine-  und  Kind  Viehzucht  auf  Ithaka^).  Dies 
nur  als  ein  Beispiel  wie  Märchenwelt  und  wirkliche  Welt  den  homerischen 
Dichtern  und  ganz  besonders  denen  der  Odyssee  ineinander  fließen. 

Weiche  ich  so  in  der  Beurteilung  der  einzelnen  Odysseeland« 
Schäften  von  Lang  wesentlich  ab,  so  bin  ich  dagegen  mit  ihm  einig 
in  der  Meinung,  daß  die  Kenntnis  des  griechischen  Westens  nicht  iu 
allen  Teilen  des  Epos  dieselbe  ist.  Der  Verfasser  von  t  hat  hier  ent- 
schieden unklarere  Vorstellungen  als  der  Dichter  der  Telemachie  (z.  B. 

*)  Eine  „Nymphengrotte"  findet  sich  auch  in  der  „Märchenland- 
schaff*  <ler  Ileliosinsel:  p.  317  f. 

-)  Vgl.  Pöhlmann,  ,Die  Feldgenieinsehaft  bei  Homer*  und  ,Au8  dem 
helhMiis(;heii  Mittelalter* :  Ans  Altertum  und  Gegenwart  (1895)  S.  143 
und  181. 


Literarischer  Bericht.  435 

d  601  ff.)*  ^^^  diese  übrigens  den  Taygetos  ignoriert,  obwohl  er  Z  103 
genannt  wird,  bleibt  bestehen:  denn  die  neuerdings  wieder  beliebt  ge- 
wordene Annahme  Strabos  (VIII.  3,  27),  das  Pylos  der  Odyssee  sei  in 
Tripbylien  zu  suchen,  wird  gänzlich  hinfällig  durch  die  Tatsache,  daß 
die  Fahrt  des  Telemach  über  das  am  Messenischen  Golf  gelegene 
Pherai  geht  (f  488).  Man  ist  bei  dieser  Annahme  genötigt,  auch  ein 
zweites,  bisher  völlig  unbekanntes  Pherae  zu  ertinden. 

Doch  ich  habe  die  einer  Rezension  von  rechts  wegen  gesteckten 
Grenzen  längst  überschritten.  Möge  meine  Ausführlichkeit  dem  Ver- 
fasser ein  Beweis  für  das  seiner  Arbeit  entgegengebrachte  Interesse, 
den  Lesern  dieser  Blätter  ein  Zeichen  dafür  sein,  wieviel  Anregung 
der  mit  gründlichster  Sachkenntnis  und  besonnener  Kritik  (besonders 
auch  gegenüber  dem  Börardschen  Buche  „Les  Phöniciens  et  TOdyssee) 
geschriebenen,  mit  mehreren  Karten  und  Bildern  und  einem  sehr  zweck- 
mäßigen Sach-  und  Stellenregister  ausgestatteten  Schrift  zu  entnehmen 
ist.  Wenn  Lang  mit  dem  Herakli tischen  Wort  ,TCöX8|iog  nax^p  icdvxwv^ 
schließt,  so  befindet  sich  Referent  ihm  und  seiner  Gegenpartei  gegen- 
über in  der  von  dem  Sprichwort  gekennzeichneten  Lage:  duobua  liti- 
gantibus  tertius  gaudet 

Schöntal.  W.  Nestle. 


Unuarkus.  Yersach  einer  Wiederherstellung  der  ältesten  Mit- 
teilungen über  das  Leben  Jesu.  Von  Dr.  Emil  Wendung. 
Tübingen,  Mohr,  1905. 

Diese  kritische  Arbeit  eines  FachgenoHsen  werden  gewiß  auch 
Philologen  mit  Genuß  und  Gewinn  lesen  beziehungsweise  studiereu. 
Die  folgende  Besprechung  möge  zeigen,  was  der  Verfasser  darbietet 
und  was  wir  von  seinen  künftigen  Untersuchungen  aiif  dem  Gebiet  der 
philologischen  Evangelienkritik  zu  erwarten  haben. 

Durch  die  merkwürdige  „Struktur"  des  Abschnitts  Markus  4, 1—34, 
die  jedem  unbefangenen  Leser  auffällt,  ist  Wendung  veranlaßt  worden, 
der  Zusammensetzung  des  Markus  überhaupt  von  rein  philologischen 
Gesichtspunkten  aus  näher  nachzugehen.  Das  Ergebnis  der  Prüfung 
liegt  in  der  Broschüre  „Crmarkus"  vor  in  doppelter  Form  1.  S.  1—28 
(mit  den  wertvollen  Anmerkungen  S.  34—41)  40  Thesen  (in  Para- 
graphen); 2.  S.  42 — 71  der  Text  des  Evangeliums  mit  übersichtlicher 
Unterscheidung  der  von  Wendung  angenommenen  drei  Schichten.  Hin- 
geschoben sind  S.  29—33  zwei  Tabellen  über  die  Verteilung  der  Texr- 
stellen  an  die  verschiedenen  Mitarbeiter.  Endlich  finden  wir  S.  72 — 73 
den  Nachweis  über  die  Abweichungen  des  in  der  Scbrift  abgedruckten 
Textes  von  E.  Nestle,  editio  quiota  recognita  (Stuttgart  1904). 

Gehen  v/ir  nun  auf  den  Inhalt  der  Abhandlung  näher  ein !  —  Daß 
Markus  die  Grundlage  von  Matthäus  und  Lukas  ist,  darf  als  au»sgenKicht 


436  Literarischer  Bericht. 

gelten.  Aber  MarkuB  ist  selbst  schon  eine  Komposition  aus  versclüedenen 
Bestandteilen,  doch  nicht  so  —  wie  man  es  sieh  bei  den  sogenannten 
Synoptikern  gewöhnlich  vorstelle  —  daß  verschiedene  Quellen  (z.  B.  eine 
Spruchquelle  und  eine  erzählende  Schrift)  zusammengearbeitet  wären, 
sondern  in  der  Weise,  daß  e  i  n  kurzer  Urbericht  (M')  durch  zwei  weitere 
Hände  (M-  und  Ev  =  letzter  Redaktor)  gegangen  ist.  Die  kritische 
Aufgabe  besteht  demnach  darin,  zunächst  M'  herauszuschälen  und  dann 
den  Anteil  von  M-  und  Ev  zu  bestimmen.  Wendling  beginnt  diese  Ar- 
beit an  einer  Stelle,  wo  die  Merkmale  verschiedener  Herkunft  klar  am 
Tage  liegen,  nämlich  bei  Markus  4,  1—34  (vgl.  V.  1.  9.  26—33  mit 
V.  10  ff.;  das  verräterische  Y^woeaO-e  V.  13;  ferner  slg  nXoXow  V.  1,  xatxd 
jAÖvag  Y.  10  mit  V.  36).  Leicht  ist  hier  zu  erkennen,  daß  mit  einer 
ursprünglichen,  einfacheu  Erzählung  (M^),  deren  Stil  an  den  Abschnitt 
Kap.  2,  1 — 3,  5  erinnert,  eine  zweite  Komposition  (Ev)  verbunden  ist,  der 
eine  völlig  andere  Auffassung  von  der  Person  und  Lehrweise  Jesu  zu- 
grunde liegt.  Denn  während  Jesus  bei  M*  eben  das  Volk  lehrt  und 
von  diesem  mit  staunender  Bewunderung  gehört  wird,  sind  nach  Ev 
nur  die  |i.a6T^xal  würdig  und  fähig,  xö  |i.üoxriptov  aufzunehmen.  —  Ebenso 
wie  4,  1  it*.  sind  Stellen  zu  beurteilen  wie  Markus  2,  22—30  vgl.  mit 
3,  20—1  und  33—5.  Bezeichnende  Beispiele  dafür,  wie  derartige 
Stücke  verschiedener  Herkunft  von  Ev  „verzahnt^*  werden,  sind  in 
Anmerkung  16  genannt.  Im  übrigen  sind  für  Ev  die  ihm  vorliegenden 
Berichte  insofern  ein  noli  me  tangere,  als  er  ihren  Wortlaut  unberührt 
läßt  und  darauf  verzichtet,  die  durch  seine  Einschiebungen  entstehen- 
den Störungen  durch  Textänderungen  zu  verdecken.  —  Eine  weitere 
Einschaltung  des  Ev  3,  6  —  19  zeigt  deutlich  die  stilistische  Eigenart 
von  Ev,  iler,  auch  wo  er  als  Erzähler  auftritt,  die  aus  M*  und  M*  ent- 
nommenen Motive  verallgemeinert  und  steigert  (Anmerkung  21 ;  Mark.  3. 
11.  12.  8),  sowie  in  der  Szenerie  zur  Schablone  und  Unklarheit  neigt 
(V.  18). 

Im  er£>teu  Abschnitt  des  Evangeliums  hat  Ev  nur  wenige  Zusätze 
gemacht;  wo  sich  solche  in  Kap.  1,  1  —  3,  5  linden,  sind  sie  unschwer 
festzustellen  (siehe  z.  B.  1,  34»>  vgl.  mit  3,  11,  12;  1,  39»>;  1,  45  vgl. 
mit  2,  1.  2;  auch  1,  1 — 3.  14*».  15  kommt  auf  Rechnung  des  Ev).  Ab- 
gesehen von  diesen  Zusätzen  und  von  der  ganzen  Einleitung  (1,  4 — 14») 
bildet  der  Abschnitt  1,  16—4,  33  eine  Beihe  von  Erzählungen,  deren 
Stil  und  rStinninmg  durcliaus  einheitlich  sind,  schlicht,  einfach,  kurz, 
oime  Ausscliniückung,  ohne  erbauliche  oder  dogmatisierende  Wendungen, 
nur  Tatsachen  mit  schlagenden  Aussprüchen. 

Von  anderer  Art  ist  ein  zweiter  Erzähler  M',  den  wir  in  4,  35 
bis  5,  43  /iUerst  genauer  kennen  lernen;  er  unterscheidet  sich  von  M^ 
durcii  seinen  breiten,  poetischen,  phantasievoUeu  Stil  ebenso  deutlich 
wir  mit  31*  von  Kv  durch  konkrete  Anschaulichkeit  (5,  24  vgl.  mit 
8,  7  IV.). 


Literarischer  Bericht.  437 

Die  Verß^leichun«;  von  3,  6—19  uiit  Kap.  4,  35—5,  43  zeijjt  weiter, 
i\A&  Ev  von  M'^  abhängig  i»t;  daß  aber  M*  nnd  M-  ihm  bereits  in  der 
Kap.  4  vorhantienen  Verbindung  vorlagen,  geht  daraus  hervor,  das»  Ev 
trotz  des  Einschubs  4,  10  ft.  die  Strandszenerie  4,  1  und  36  beibehalten 
hat.  M*  und  M-  sind  also  nn  sich  und  in  ihrer  Verbindung  älter  als  Ev. 
—  So  erhält  Wendlin.iC  schon  nuf  (Irund  der  Untersuchungen  über 
dieses  erste  Drittel  des  Markus  das  Ergebnis  (§  26  S.  13):  es  sind  drei 
Schichten  zu  unterscheiden :  M*  =  <i'jzotp%-if\iO!.zoL  Jesu  in  knapyiem  aV»er 
anschaulichen»  Erzählungsrahmcn ;  M'-  Erzählungen  von  Wundertaten 
Jesu  in  ausführlicher  zum  Teil  ])oetisch  gehobener  Darstellung;  Ev  = 
Ergänzungen  des  Redaktors  oder  Evangelisten,  beherrscht  von  dog- 
matisierenden  Theorien  und,  soweit  sie  Er/ählung  enthalten,  in  trockener, 
unklarer  Form ;  M*  und  M-  bilden  die  Vorlage  von  Ev. 

Die  Prüfung  wird  nun  auf  die  weiteren  Teile  des  Evangeliums  des 
Markus  ausgedehnt  und  führt  zum  Teil  zu  überraschenden  Ergebnissen. 
Besonders  bemerkenswert  ist  die  Analyse  der  „gnißten  Einschaltung 
des  Ev*  6,  45-8,  27,  die  als  solche  durch  das  deutliche  Hervortreten 
der  bereits  festgestellten  Merkmale  gekennzeichnet  ist;  vgl.  die  Unklar- 
heiten der  Szenerie  in  6,  45.  53 ;  8,  10.  13  und  den  Inhalt  von  7,  34  If., 
wodurch  der  ursi)rüngliche  (bei  Lukas  9,  17.  18  noch  sichtbare)  Zu- 
^annnenhang  von  IJelhsaida  mit  (,'äsarea  Philippi  verdunkelt  ist.  —  In 
der  zweiten  Hälfte  des  Evangeliums  von  8.  27  ff.  an  greifen  die  drei 
Schichten  fortwährend  durcheinander;  insbesondere  ist  zu  beobachten, 
daß  Ev  seine  Vorlage  mit  pragmatisierenden  Gesichtspunkten  durch- 
zieht, vgl.  »lie  ])lanmäßige  Kinschiebung  der  Leidensweissagungen  8,  31; 
9,  30;  10,  32.  Das  Petrusbekenntnis  8,  27  gehört  M*  an;  auf  dieses 
aber  folgte  uri^prünglich  (nicht  wie  bei  Ev  eine  Leidensvorhersage, 
sondern)  mit  'iTcays  x.t.a.  eine  Zurückweisung  des  Messiastitels.  —  Die 
Leidensgeschichte  hat  Ev  nur  mit  wenigen  Zusätzen  versehen;  in  ihrer 
vorlieu:enden  breiten  Ausführung  geht  sie  auf  M^  zurück  (z.  B.  Passah- 
mahl, (4ethsemnne,  Verleugnung  des  Petrus,  alttestamentliche  Anklänge); 
bei  M*  folgte  auf  das  Mahl  in  Hethanien  —  wo  auch  die  echten  Abend- 
mahlsworte gesprochen  wurden  —  unmittelbar:  Verhaftung,  Pilatus, 
Kreuzigung.  Nacii  tlem  kurzen  Bericht  über  diese  letztere  (15,  22.  26. 
27.31.32)  schloß  M^  mit  den  Worten:  xal  xf^  ivdTig  tiipof.  b  'lyjaoög  dyel- 
^(ovyjv  jisYcfcXyjv  e^sTCvsuoev. 

Gegenstand  besonderer  Untersuchung  muß  werden  das  Verhältnis 
des  Markus  zu  den  zwei  andern  Synoptikern.  Daß  Markus  die  Logien- 
stoffe  der  Synoptiker  teilweise  eigentümlieli  bearbeitet  wiedergibt,  da- 
für liegen  deutliehe  Beweise  vor,  z.  B.  Mark.  4,  21 — 2  vgl.  mit 
Matth.  10,  36  und  5,  15;  Mark.  4,  30.  32  mit  Luk.  13,  18.  19.  Es 
legt  sich  aber  auch  die  weitere  Vermutung  nahe,  daß  eine  Keihe  be- 
kannter synoptischer  Logien  erst  durch  Ev  in  <ien  Markus  hereinkamen 
(6,  7—11;  8,  34—9,  1;  10,  42—45;   3,  9-13;  zu  vgl.  auch  das  für  Ev 


438  Literarischer  Bericht.  —  Neu  erschienene  Bücher. 

bezeichnende  scliablonenhafte  npooxoiXsaä^ievos  z.  B.   in  3,  23.  —  Ab- 
nierkung  30).  — 

Zum  Abschluß  ^bt  Wendung  1.  eine  genauere  Charakteristik  »einer 
drei  Verfas»er,  indem  er  —  c.  gr.  salis  zu  verstehen  —  M'  als  Historiker. 
M'  als  Poeten,  £v  als  Dogmatiker  bezeichnet  (in  das  Gebiet  des  letz- 
teren fällt  auch  der  Gebrauch  des  ulög  xoO  dvd'pcbnou  im  do«nnatischeii 
Sinn);  2.  eine  kurze  Vergleichung  des  Sprachgebrauches;  8.  eine  Be- 
merkung über  den  verschiedenen  geschichtlichen  Wert  der  drei  Ver- 
fasser; sicher  ist,  daß  M*  die  erste  Stelle  auch  in  diei»er  Beziehun!; 
einnimmt  und  daß  Ev  sich  schon  weit  von  dem  historischen  Jcsu^> 
entfernt.  Statt  die  Lehre  Jesu  zu  geben,  hat  er  bereits  eine  Lehre 
über  Jesus,  eine  Christologie  vorzutragen. 

Mögen  die  vorstehenden  Mitteilungen  recht  viele  Philologen  und 
Theologen  anregen,  die  Untersuchungen  Wendlings  iiachzuprüten.  Seine 
Methode  ist  vorzüglich;  die  Ergelinisse  sind  in  weitem  Umfang  gut 
begründet.  Unsicherheiten  und  Vermutungen  sind  auf  diesem  Gebiet 
unvermeidlich ;  im  ganzen  aber  ist  Wendlings  Arbeit  ein  neuer  Trium|ih 
von  Wellhausens  Schule. 

Ileilbronn.  G.  L  e  c  h  1  e  r. 

Kienhardt,  Die  Vorschriften  über  die  Ausbildung  für  das 
realistische   Lehramt  in  Württemberg.     (41  S.;  90  Pf., 
Tübingen,  Schnürlen  1905. 
Es  sind  hier  in  übersichtlicher  Weise  die  verseliiedenen  Verfügungen 
und  Bestimmungen  zusammengestellt,  die  sich  auf  die  Ausbildung  für 
das  realistische  Lehramt  und  die  entsprechenden  Dien^tprütiuigen  hv- 
ziehen;  außerdem  findet  sich  ein  Hinweis  auf  verschiedene  andere,  die 
realistischen    Leh ram ts-K an di taten     interessierende    Verfügungen    und 
Bekanntmachungen    des    Ministeriums    des   Kirchen-   und    8chul>ve:sens 
und  der  Ministerialabteilung,  z.  B.  Bestimmungen  betreuend  Verleihung 
von  Staatsunterstützungen  und  Stipendien.    Beigegeben  sind  Formulare 
für  die   verschiedenen  in  Betracht   kommenden   (iesuche.     Die  Schrift 
wird   den  realistischen  Kandidaten  bezüglich  der  von  ihnen  zu  beach- 
tenden Vorschritten  und  Förmlichkeiten  gute  Dienste  leisten. 

Stuttgart,  Jaeger. 

Neu  erschienene  Bücher. 

g0^  Bei  der  groseeu  Menge  der  n&e  sngehenden  ucnen  literarischen  KracbeinungeL 
ist  et  uns  unmöglich,  Jede  im  einseinen  su  besprechen.  Die  Titel  der  einlftnfendeb 
Bttober,  die  wir  eusnahmslos  der  Kohlhammerschen  Verlagsbucbhandlnng  sn  ftber- 
senden  bitten,  werden  regelmässig  im  nächsten  Hefte  Tereffentlicht;  auf  Rück- 
Sendung  der  nicht  besprochenen  Bücher  kOnnen  wir  uns  aber  nieht  einlaisei». 

Sihoute,  Mehrdimensionale  Geometrie.  IL  Teil:  Die  Polytope.    G.  J. 
Gö.schensrhe  Verlagshandlunir,  Leipzig. 


Ankündigungen. 


439 


Gleichen,  Vorlesungen  über  photographische  Optik.     Ibid. 
Lehmann,  Deutsches  Lesebuch  für  höhere  Lehranstalten.    VIL  Teil, 

Leipzig,  Verlag  G.  Freytag. 
Langer,  Deutsche  Diktierstoffe  in  Aufsatzfonn.   Leipzig,  G.  Freytag, 

Wien,  F.  Tempsky. 
Woynar,   Lehrbuch   der  Geschichte   des   Mittelalters   für  die  oberen 

Klassen  der  Gymnasien.    Wien,  F.  Tempsky. 
Sehen  kl   u.   Weigel,    Karl   Schenkls  Übungsbuch  zum  Übersetzen 

aus   dem  Deutschen   ins  Griechische  für  die  Klassen    den  Ober- 
gymnasiums.    Ibid. 
WeitzenbQck,  Lehrbuch  der  französischen  Sprache.    Ibid. 
W  e  i  d  n  er ,  Lylias'  ausgewählte  Reden  mit  einem  Anhang  aus  Xenophons 

Hellen  ika.    Leipzig,  G.  Frey  tag,  Wien,  F.  Tempsky. 
Prammer,  C.  Julii  Oaesaris  Commentarii  de  Bello  (^allico.    Mit  einem 

Anhang:  Das  römische  Kriegswesen  in  Caesars  Gallischen  Kämpfen 

von  Ernst  Kaiinka.     Ibid.  ^ 

Stange,  Auswahl   aus  den  Gedichten   des  P.  Ovidius  Naso.     Leipzig 

und  Berlin,  Druck  und  Verlag  von  B.  G.  Teubner. 
Heraeus,  Livius  Buch  I  und  II  nebst  Auswahl  aus  III  und  IV.   Ibid. 
Landgraf,    Ciceros  Rede  für   den   Sex.    Roscius   aus  Anieria.     Ibid. 
Mayr,  Schillers  Gedichte.     Ibid. 

Matthias,  Aufsätze  aus  Oberklassen.  Leipzig,  Verlag  von  B.  G.  Teubner. 
von  Wölfflin,  Titi  Livii  ab  urbe  Condita.  Liber  XXII.    Ibid. 
Schmitz-Mancy,    Zeitschrift  für  lateinlose   höhere   Schulen.     Ibid. 
Vollbrecht,  Wörterbuch  zu  Xenophons  Anabasis.    Ibid. 
Morsch,    Das   höhere  Lehramt  in  Deutschland  und  Österreich.     Ibid. 
Baumgar teu,  Polaud  u.  Wagner,  Die  Hellenische  Kultur.     Ibid. 

(Fortsetzung  s.  S.  3  des  Umschlags.) 


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in  ^übftbem  üeinwaubbanc  1  2Wt. 

^tit  »n4  für  jtbtn  3i3fitttembtrQcr ! 

SoUanl»  u.  ^ofeitliatte 

^i^ufverfag,  ^futTgart,  ^inbeufir.  9. 


3m  Vertag  oon  ^eprg  ^^nütttn  in  "^ttSingen  erfc^ien: 

9ie  Sorfdjtiftrn  nbrt  iiir  Jln$biliinn(|  fät  Us 
xtaWmt  ftliraint  in  Pütttenilittg  ££5  lll 

St.  3JaniiJcdume  bc«  Älrc^en^  unb  ed^ulirefenö  üom  12.  September  1898 
unter  ikifüjiun»^  ber  einicfelai^ii^cn  ^öeflimmunc^en  tn^bcfonberc  über 
(^niänjungöprüfunneu  ber  ^ealabiturientcn,  :i>crbercitunqöbien|l  unb 
©ttpenbieii,  mit  (^:r  lauter  uneben,  »^on  ^ibtvt  dttetil^arbtf  Uni^ 
Deifitätcaftuav  in  lübinQcn     50  ©citen  8^    ^;>rei«  90  VU 


Soeben  erfc^icn: 

aSon  6-tnft  ^^^Ijet  (Ulm)« 

(^ireitcr  '5anb  bcr  ^^Datfttttunoen  avi§  bcr  ©ürtfcmbergifd)eii  (^cf(<|t^tc'^ 

berauöcjeiiebcn  uou  ber  Äommiffion  für  ßanbeögcjdjicbte.) 
— — -    182  ^eiten.     Ü^r.  8«,  mit  S^^otcnbcilagen.     ^^rei«  3  matt    — — 

(^urch  aüc  'i^ic^ftanblungcu  er^altlic^.) 

tkxiafi  tton  ^«  fto^it^ummtt  in  ^tvttgatt. 


Ifitteilung  an  unsere  Leser. 

Zu  nnserem  lebhaften  Bedauern  sieht  sich  Herr  Rektor  Dr.  Klett 
durch  anderweitige  Geschäfte,  die  seine  Zeit  in  Anspruch  nehmen^ 
genötigt,  aus  der  Redaktion  des  Neuen  Korrespondenzblattes  aus- 
zuscheiden. Letztere  verliert  in  ilim  einen  Mitarbeiter,  der  mit 
einem  ausgebreiteten  Wissen  und  reicher  pädagogischer  Erfahrung 
eine  große  Unbefangenheit  des  Urteils  und  gerechte  Würdigung 
der  yerschiedenartigen  Bestrebungen  auf  dem  Gebiete  des  hölieren 
Schulwesens  verbunden  und  diese  Eigenschaften  ein  Jahrzehnt  hin- 
durch in  den  Dienst  des  Korrespondenisblattes  gestellt  hat;  wir 
fühlen  uns  daher  verpflichtet,  Herrn  Rektor  Dr.  Klett  anläßlich 
seines  Rücktritts  ans  der  Redaktion  unsem  verbindlichsten  Dank 
aoszasprechen. 

Auf  den  1.  Januar  1906  wird  Herr  Professor  Dr.  Grotz, 
Stuttgart,  Olgastrasse  71,  in  die  Redaktion  des  Neuen  Korrespondenz- 
blattes eintreten.  Derselbe  wird  vorzugsweise  die  Schriftleitung  des 
humanistischen  Teiles  besorgen;  wir  bitten  daher  alle  für  letzteren 
bestimmten  Beiträge  künftig  an  ihn  zu  schicken. 

Redaktion  und  Veriagsbuehhandlung* 


Bei  meinem  durch  Übernahme  anderweitiger  Verpflichtungen 
veranlaßten  Rücktritt  von  der  Redaktion  spreche  ich  den  Herrn 
Kollegen  für  die  bereitwillige  und  verständnisvolle  Unterstützung, 
deren  ich  mich  allerseits  erfreuen  durfte,  herzlichen  Dank  aus 
zugleich  mit  der  Hoff'nung,  dass  mein  Nachfolger  in  der  Redaktion 
dasselbe  freundliche  Entgegenkommen  finden  wird. 

Cannstatt,  Dezember  1905. 

Rektor  Dr.  Klett. 


Korretpondeniblatt  1906,  Heft  la. 


442  Meltzer,  Rückblick  auf  die  Veraammlong 

Bückblick  auf  die  Yersammlung  deutscher  Philologen 

und  Schulmänner  in  Hamburg. 

(SchlusB.) 

Schließen  möchte  ich  meinen  Bericht  über  den  wissenschaft- 
lichen Teil  der  Versammlnng  mit  der  Wiedergabe  des  Vortrags 
▼on  Prof.  £•  Ziebarth  an»  Hamburg  über  das  Schulwesen 
▼on  Milet  nicht  bloß  deshalb,  weil  er  der  letzte  war,  sondern 
auch,  weil  er  von  selbst  hinüberfuhrt  zum  zweiten  Teil;  dem  päda- 
gogischen. Bei  den  preußischen  Ausgrabungen  im  Heiligtum  des 
Apollon  Delphinios  wurde  u.  a.  eine  Inschrift  von  89  Zeilen  ent- 
deckt, die  uns  im  Verein  mit  anderen  Funden,  besonders  in  Perga- 
mon,  einen  Einblick  in  die  Schul  Verhältnisse  der  Stadt  sowie  ganz 
Kleinasiens  im  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  gewährt.  Wir  erfahren 
lehrreiche  Einzelheiten  über  Wahl,  Anstellung,  Gehaltäverhältnisse, 
Amtspflichten  der  Lehrer  wie  über  Klassen,  Unterricht,  Prüfungen, 
Ausfluge,  Ferien  der  Schüler;  auch  Schülerhefte  hat  man  jetzt  im 
Papyrusoriginal. 

Zeigte  pns  dieser  Vortrag  das  alte  SchuUeben  mehr  von  der 
humoristischen  Seite^  so  bes('häfti<;te  sich  die  pädagogische  Sektion 
des  Kongresses  mit  ernsten  Fragen  der  Gegenwart.  Einen  Auftakt 
zu  ihren  Verhandlungen  bildete  die  am  3.  Oktober  abgehaltene 
Zusammenkunft  des  Gymnasialvereins.  PhysikusDr.  Pfeiffer 
aus  Hamburg  behandelte  die  Frage:  „Wie  hat  sich  das  huma- 
nistische Gymnasium  gegenüber  den  neuerlichen 
schulhygienischenAufstellungen  und  Ansprüchen  zu 
verhalten?^'  Arzt  und  Lehrer  sollen  in  sehulgesundheitlichen 
Dingen  zusammenwirken,  doch  so,  daß  der  erstere  keine  Befugnis 
zu  selbständigen  Anordnungen  erhält,  sondern  sich  in  den  Organis- 
mus der  Anstalt  einfügt  und  sieh  seine  Verdienste  durch  Beratung 
von  Schülern  und  Lehrern  erwirbt.  Besondere  Unterweisung  der 
Lehramtskandidaten  und  Einführung  der  Schulhygiene  unter  die 
Unterrichtsgegenstände  sind  von  zweifelhaftem  Werte.  Unter  die 
Lupe  zu  nehmen  wäre  auch  einmal  die  Hygiene  der  Häuslichkeit. 
Dem  englischen  Erziehungssystem  ist  das  zu  strenger  Arbeit  an- 
leitende deutsche  vorzuziehen,  das  eine  Entartung  bis  jetzt  noch 
nicht  erzeugt  hat;  der  griechische  Unterricht  sei  für  den  Jüngling  die 
Quelle  der  sciiöiisten  Erinnerungen  etwa  wie  für  das  Kind  die  Jahre, 
da  man  ihm  Märchen  erzählte.  Doch  sind  die  körperlich  wie  mo- 
ralisch sehr  segensreichen  Jugendspiele  tatkräftig  zu  fördern  und 


deutsoher  Philologen  und  Sehalmäim«?  in  Hambarg.         443 

Ton  besonders  bezahlten  Lehrern  saohgeml&ft  zn  leiten.  Oeh.  Medi- 
sinairat  Waldeyer  von  Berlin  stimmte  im  wesentlichen  zn/  hob 
aber  die  Pflicht  des  Gymnasiums  hervor,  die  körperliche  Ausbildung 
neben  der  geistigen  entschiedener  zu  pflegen,  und  redete  ▼ornehmlieh 
der  Schaffung  von  Bädern  das  Wort. 

Oeh.  Rat  Dr.  0.  Jäger  aus  Bonn  verbreitete  sich  über  das 
Thema:   „Wie  hat  sich  das  humanistische   Gymnasium 
gegenüber   der   Behauptung,    daß   der   höhere   Schul- 
unterricht in  Deutschland  zu  wenig  national  gestaltet 
sei,    zu   verhalten?"     Gegenüber  maßlosen   Forderungen   von 
Reformern  sei  festzuhalten  daran,  daß  es  nicht  Aufgabe  des  Gym- 
nasiums sei,  patriotische  Sextaner  und  Quintaner  zu  erziehen,  auch 
nicht  die  Sozialdemokratie  direkt  zu  bekämpfen,  sondern  Jünglinge 
heranzubilden,  die  dereinst  an  den  Aufgaben  unseres  Volkes  mit- 
zuarbeiten  imstande   wären.    Diese   Pflicht    aber    hätten    tüchtige 
Lehrer   sclion    bisher  stets   anerkannt   und   geübt,   wie  denn    die 
Unterrichtsstoffe  auch  in  den  alten  Sprachen  eine  Fülle  dankbarster 
Anknüpfungspunkte  böten.    Das  in  Realgymnasium  und  Realschule 
geübte  Parlieren  der  modernen  Sprachen,  schließe  größere  Gefahren 
in  sich.    Erdkunde  und  Gesciiichte  seien  sowieso  das  eigentlichste 
Gebiet  der  Pflege  des  vaterländischen  Gedankens  und  hier  scheue 
er  sich  sogar  nicht,  einem  leichten  Chauvinismus  ein  gewisses  Recht 
einzuräumen.    Am  besten   aber  würden  wir  national  wirken,  wenn 
wir  die  Jugend  erzögen  einesteils  zum  Arbeiten   am  spröden  Stoff, 
andernteils  zur  Wahrheit,  d.  h.  im  Geiste  dessen,  der  unser  aller 
Vorbild  sei,  Bismarcks.    Herrschte  bei  dieser  Vorversammlung,  wie 
natürlich,  die  pädagogische  Note  allein,  so  spielte  sie  auch  bei  der 
Hauptversammlung  selbst  eine  Rolle  wie  vielleicht  noch  bei  keinem 
der  bisherigen  Philologenkongresse,  so  daß  der  zweite  Vorsitzende, 
Prof.  Dr.  P.  Wendlaud  aus  Kiel  sicherlich  den  Gefühlen  der  Mehr- 
heit Ausdruck  verlieh,  wenn  er  hervorhob,  es  wäre  wünschenswert, 
daß   die  großen  brennenden  Bildungsfragen  der  Gegenwart  nicht 
nur  in   der  Sektion,  sondern  in  den  allgemeinen  Sitzungen  abge- 
handelt würden. 

Gleich  Senator  Dr.  v.  Melle,  der  Leiter  des  hamburgischen 
Schulwesens,  gab  in  seiner  Begrüßungsansprache  eine  von  meister- 
hafter Beherrschung  des  Stoffes  zeugende  und  nach  hohen  (jesiclits- 
punkten  orientierte  Darstellung  dessen,  was  in  der  nicht  nur 
dem  Merkur,  sonriern  auch  den  Musen  dienenden  Hansestadt  alles 
für  Bildungsanstalten  allerdings  überwiegend  der  realistisch-natur- 


444  Meltser,  Rückblick  aaf  die  Versammlang 

wissenschaftlichen  Gattung  geschieht  Zwei  Gedanken  waren  e«^ 
die  er  dabei  besonders  hervorhob,  den  engen  Zasammenhang  zwischea 
der  Arbeit  der  Universität  nnd  der  höheren  Schule,  femer  aber  da» 
Streben  wieder  mehr  von  der  Schabloaisierang  der  Gegenwart  znrtlck- 
zngelangen  zur  Bewegungsfreiheit  früherer  Zeiten.  Sein  Rnf: 
„Mehr  Ktfnnen  als  Wissen!  Mehr  Persönlichkeit  ala 
Dutzendmensch!^*   fand  lebhaften  Widerhall  bei  den  Zuhörern. 

Auch  die  feinsinnige  Ansprache  des  I.  Vorsitzenden,  Sehulrats 
Prof.  Dr.  Brut t  von  Hamburg,  erkannte  die  Teilung  der  Biidungs- 
wege  in  einen  überwiegend  humanistisch  historischen  und  einen  vor^ 
nehnilich  mathematisch-naturwissenschaftlichen  als  vollberechtigt  an. 
Er  würdigte  die  Bedeutung  der  kulturgeschichtlichen  Betrachtung^ 
welche  das  heutige  Forschergeschlecht  dem  Altertum  angedeihen 
lasse  und  durch  die  es  jene  Epoche  der  Menschheit  aus  seiner  klassi- 
zistischen Isolierung  befreit  und  darauf  hingewiesen  habe,  wie  sie 
keineswegs  nur  ein  abgeschlossenes  Ganzes,  sondern  ein  in  sich 
bewegtes  und  fortzeugendes  Glieid  der  Entwicklung  sei.  Ferner 
pries  er  es  als  eine  erlösende  Tat  unseres  Kaisers,  daß  alle  drei  nenn- 
klassigen  Anstalten  nunmehr  als  gleichwertig  anerkannt  seien,  und 
legte  Gewicht  aaf  die  Beförderung  der  Selbsttätigkeit  der  Schüler, 
womit  man  gerade  jn  verschiedenen  Hamburger  Anstalten  praktische 
Versuche  angestellt  hat  und  über  die  Realschuldirektor  Prof.  Dr. 
F.  Bohnert  einen  eigenen  mit  Führung  durch  die  betreffenden  Räum- 
lichkeiten verbundenen  Bericht  erstattete  unter  dem  Titel  Physi- 
kalische Schülerübungen  auf  der  Mittelstufe  der  Real- 
anstalten. 

Das  Sehnen  unserer  Tage  nach  ausgiebigerer  Berücksichtigung 
der  Eigenart  des  Individuums  gegenüber  dem  schematisierenden 
Zwang  der  Schule  kam  noch  öfter  zum  Durchbruch;  u.  a.  hatte 
sich  Geh.  Rat  Uhlig  schon  tags  zuvor  mit  den  von  der  preußi- 
schen Unterrichts  Verwaltung  geplanten  Versuchen  beschäftigt,  in 
dem  Lehrplan  der  oberen  Abteilung  mehr  Wahlfreiheit  zur  Geltung 
kommen  zu  lassen.  Wenn  er  nunmehr  die  Grenzen  solcher  Locke- 
rung des  alten  Gefüges  zu  ziehen  sich  bemühte,  so  fand  die  neue  indi- 
vidualistische Richtung  einen  feurigen  und  aus  warmem  Herzen 
sprechenden  Vorkämpfer  in  Prof.  L.  Gurlitt  ans  Steglitz  bei  Berlin. 
Er  schilderte  in  drastischer  Weise  die  Unterdrückung  der  Persön- 
lichkeit der  Schuler  durch  das  übliche  Lehrsystero,  das  unter  dem 
Einfluß  der  Theologie  eigentlich  immer  von  der  Voraussetzung  aus- 
gehe, die  angeborene  Natur  sei  schlecht  und  die  Hauptaufgabe  be- 


deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Hamburg.         446 

0tehe  darin,  den  Willen  des  Zöglings  zu  brechen.  Au  Stelle  dieser 
trübseligen  Auffassung  sei  zu  setzen  die  andere,  wonach  der  Er- 
zieher Achtung  habe  vor  dem  Guten,  das  in  der  Persönlichkeit 
»eines  Schutzbefohlenen  liege,  und  wonach  er  es  sich  angelegen 
«ein  lasse,  diese  guten  Keime  zum  Wachsen  zu  bringen,  auf  daß 
unser  Volk  dermaleinst  nicht  einen  Haufen  verschulter  und  des 
Eigenwillens  beraubter  Nummern,  sondern  eine  Schar  kräftiger 
lind  selbstbewußter  Männer  und  Frauen  habe,  ein  Ziel,  wie  es 
z.  B.  die  Engländer  vor  unseren  Augen  verfolgen. 

Die  sehr  lebhafte  Erörterung,  bei  der  sich  zeigte,  daß  die  Zu- 
hörerschaft in  zwei  große  Lager  gespalten  wi^r,  die  der  Zustimmen- 
den und  die  der  Ablehnenden,  und  in  der  mit  Recht  auf  die  Ver- 
wechslung der  Begriffe  „Persönlichkeit*^  und  „Individuum*'  durch 
Ourlitt  hingewiesen  wurde,  faßte  schließlich  der  Vorstand  der 
Franckeschen  Stiftungen,  Geh.  Rat  Fries,  mit  glücklicher  Ver-* 
söhnlichkeit  in  das  Urteil  zusammen,  die  von  dem  Optimismus  der 
J.  J.  Rousseau  und  Ellen  Key  durchtränkten  Auslassungen  des 
Redners  müßten  schließlich  das  System  unserer  Staatsschulen  zer- 
sprengen, die  nun  eben  einmal  Massenanstalten  seien.  Andererseits 
jedoch  stimme  er  mit  Gurlitt  und  anderen  Erziehern  unserer  Zeit 
durchaus  in  dem  Wunsche  überein,  daß  es  gelingen  möge,  inner- 
halb des  allgemeinen  Rahmens  die  Eigenart  des  einzelnen  Schülers 
mehr  zu  berücksichtigen;  jedenfalls  liege  nach  dieser  Richtung  die 
Nötigung  ernster  Selbstprüfung  für  den  Lehrer. 

Einen  durch  seine  maßvolle  und  verbindliche  Art  sehr  ge- 
Avinnenden  Eindruck  machte  der  Bericht,  den  Geh.  Rat  Prof.  Dr. 
F.  Klein  aus  Göttingen  erstattete  Über  die  bisherige  Tätig- 
keit und  die  Zielpunkte  der  von  der  Gesellschaft 
deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  niedergesetzten 
Unterrichtskommission.  Er  ging  davon  aus,  daß  der  so  oft 
zwischen  Philologie  und  Naturwissenschaft  aufgestellte  Gegensatz 
;gar  nicht  notwendig  vorhanden  sei.  Gerade  in  der  Gestaltung  des 
mathematisch-naturwissenschaftlichen  und  des  philologisch-histori- 
schen Lehrplans  zeige  sich  eine  auffallende  Übereinstimmung,  so- 
bald man  sich  bei  letzterem  nur  nicht  auf  den  einseitig  klassizistisch- 
Üsthetischen,  sondern  auf  den  von  den  praktischen  Bedürfnissen  wie 
von  der  Forschung  der  Neuzeit  gebieterisch  geforderten  kultur- 
geschichtlichen Standpunkt  stelle,  wie  ihn  z.  B.  Wilamowitz  in 
«einem  griechischen  Lesebuch  und  Cauer  in  seiner  Palaestra  vitae 
vertreten.  Die  Fähigkeit,  naturwissenschaftlich  zu  beobachten,  müsse 


446  M  eltser,  Rückbliek  anf  die  Veraammlaiig 

frflh  gepflegt  und  darum  entweder  der  IJDterricht  in  den  Naiar^ 
Wissenschaften  auf  den  Gymnasien  verstärkt  oder  aber  die  Zalii 
der  leteteren  vermindert  werden.  Auch  könne  die  Aasdehnung  der 
fakultativen  Fächer  Abhilfe  schaffen  gegen  die  zweifellos  augen- 
blicklich bestehende  Überlastung.  Die  Einführung  der  Biologie  sei 
eine  Forderung  der  Notwendigkeit,  wenn  man  Erzeugnisse  wie 
Häckels  Welträtsel  aus  der  Hand  unserer  bei  dem  jetzigen  Ver^ 
tuschungssystem  gegen  die  Schule  mißtrauisch  werdenden  Primaner 
entfernen  wolle,  wobei  es  um  die  Religion  sehr  schwach  bestellt 
sein  müßte,  wenn  sie  von  der  Biologie  Gefahren  fürchte. 

Dies  scheinen  mir  die  Hauptgedanken  dieses  Vortrags,  dem 
lebhafter  Beifall  folgte;  es  sei  darauf  hingewiesen,  daß  der  Redner 
tatkräftige  Schritte  zur  Erreichung  des  von  ihm  und  seinen  Ge- 
sinnungsgenossen angestrebten  Zieles  bei  den  Regierungen  und  vor  der 
•Öffentlichkeit  ankündigte.  Herr  Geh.  Rat  Dr.  Trosien  drückte 
als  Altphilologe  seine  grundsätzliche  Zustimmung  aus,  mahnte  aber, 
noch  zuzusehen,  was  auf  dem  Boden  des  Gymnasiums  nun  auch 
wirklich  ausführbar  sei.  Prof.  R.  Lehmann  aus  Berlin  machte  da- 
rauf aufmerksam,  daß  die  philosophische  Propädeutik,  wenn  sie 
sich  nicht  an  rein  formalistischer  Behandlung  ihres  Stoffes  genügen 
lasse,  sehr  wohl  berufen  sei,  einen  Teil  der  erhobenen  Forderungen 
zu  erfüllen. 

Eine  gegenwärtig  bedeutsame  Frage  unterzog  Gymnasialdirektor 
Prof.  Dr.  Aly  aus  Marbnrg  einer  lichtvollen  Behandlung,  nämlich 
die  über  Universität  und  Schule.  Während  sich  beide,  be- 
sonders dank  der  philosophischen  Facultas  artium,  einst  sehr  nahe 
standen,  ist  dann  eine  Entfremdung  eingetreten,  besonders  infolge 
nicht  bloß  der  Spezialisierung  der  Fachdisziplinen,  sondern  auch  infolge 
der  pädagogischen  Reformbewegung,  der  Aufrollting  der  Standes- 
fragen, des  Kampfes  um  die  Rechte  der  verschiedenen  Schulgattungen 
und  endlich  der  Mehrbelastung.  Die  beiden  ersteren  haben  maucli- 
mal  übers  Ziel  hinausgeschossen,  enthielten  jedoch  viel  Berechtigtes ^ 
der  Schulstreit  ist  durch  die  Gleichberechtigung  der  drei  Anstalten 
erledigt,  die  Überbürdung  wird  vorübergehen.  Dagegen  ist  der 
gelehrte  Charakter  unseres  höheren  Lehrerstandes  ernstlich  bedroht, 
der  früher  so  selbstverständlich  war,  und  es  muß  danach  gestrebt 
werden,  daß  er  die  Fühlung  mit  Universität  und  Wissenschaft  nicht 
verliere.  Darum  sind  die  Bemtihungen  der  Regierungen,  unter  deneA 
dit  preußische  durch  Gewährung  reicher  Mittel  einen  EhrenplatE 
^Biiiaimty  aasuerkennen,  welche  darauf  hinauagehen,  durch  FiMten* 


dentseher  Philologen  und  Schulmjbiner  in  Hamborg.         447 

knrse  ebenso  in  Philologie  nnd  Archäologie  wie  in  NatorwiBsenschafl 
und  neueren  Sprachen  stets  die  Fttlilung  zwischen  Hoch-  nnd  Mittel- 
Bchnie  aufrecht  zu  erhalten,  und  es  muß  ein  Anliegen  der  Unter- 
riehtsverwaltungen  sein,  derartige  Einrichtnngen  mit  allen  Kräften 
zu  pflegen  und  zu  vermehren,  denn  der  Lehrer  an  Universität  wie 
am  Gymnasium  und  Realschule  soll  nie  ein  Fertiger,  sondern  stets 
•in  Werdender  sein. 

In  der  Debatte  betonte  u.  a.  Geh.  Rat  Fries,  daß  di9  didak- 
tische Seite  des  Lehrerberufs  hinter  die  gelehrte  nicht  zu  sehr  zn- 
rUckgestellt  werden  dürfe. 

Ein  spezielleres  Thema  behandelte  Prof.  0.  Weißen fels  aus 
Berlin.  Es  lautete:  ,,Läßt  sich  aus  Übersetzungen  eine 
den  Zielen  des  höheren  Unterrichts  entsprechende 
Vertrautheit  mit  der  alten  Literatur,  Geschichte  und 
Kultur  gewinnen ?^^  Übersetzungen  aus  alten  Sprachen  können 
entweder  treu  sein  oder  frei;  im  ersteren  Fall  haftet  ihnen  das  Ge- 
präge der  Ungeschicklichkeit,  im  zweiten  das  der  Unwahrheit  an. 
Die  Sprache  ist  dem  Gegenstand  nicht  bloß  wie  ein  Kleid  tiber- 
^eworfen,  sondern  wie  eine  Haut  aufs  innigste  mit  ihm  verwachsen. 
Auch  der  Inhalt  antiker  Schriftwerke  wird  von  guten  zusammen- 
fassenden Darstellungen  immer  noch  befriedigender  wiedergegeben 
als  von  Übersetzungen.  Geh.  Rat  Uhlig  betonte,  daß  die  Haupt- 
sache beim  Lesen  der  alten  Schriftsteller  die  geleistete  Arbeit  sei 
nnd  daß  das  Mitteilen  bloßer  Ergebnisse  hier  ebensowenig  das  Ziel 
bilden  könne  wie  in  der  Mathematik,  wo  auch  das  Suchen  und 
Finden  des  Weges  den  Geist  am  meisten  stälile.  Geh.  Rat  Klein 
nahm  nochmals  Anlaß  hervorzuheben,  daß  das  didaktische  Problem 
auf  philologischer  und  naturwissenschaftlicher  Seite  wesentlich  das- 
selbe sei. 

Im  engsten  Zusammenhang  mit  den  pädagogischen  Vorträgen 
standen  die  Ausstellungen,  zu  deren  Besichtigung  eingeladen  war. 
Vielleicht  die  lehrreichste  war  die  in  dem  von  strahlender  Helle 
durchfluteten  Lichthofe  des  Wiihelms-Gymnasiums  veranstaltete, 
welche  das  Reformzeichnen  vorfahrte.  Der  Zeichenlehrer  Fritz 
Müller  hatte  hier  wirklich  merkwirdige  Proben  seiner  neuen  Me- 
thode vorgelegt  Man  sah,  wie  durch  sie  d^  Schaffenstrid^  aller, 
aieiit  etwa  bloß  der  Vorzugsschtller,  zu  munterster  Betätigug  an- 
geregt worden  war.  Der  Quintaner  beginnt  mit  dem  plastischen  Formen 
von  Kugeln,  Äpfeln,  Birnen  und  geht  weiter  bis  zum  LaudschaftsreUef. 
ist  so  die  Fonn  des  Körpers  durch  Test-  und  Gesicbtssinn  in  die 


448    M  e  1 1  z  e  r ,  Biickbl.  auf  d.  Versamml.  dentsclu  Philologen  etc. 

Fingerspitzen  gedrnngen,  so  wird  sie  aus  dem  Gedächtnis  zu  Papier 
gebracht  und  silliouettenartig  projiziert;  dann  erst  kommt  das 
Zeichnen  der  Umrisse  und  endlich  das  Schattieren.  In  Quarta 
folgen  Bäume  und  Tiere  nach  der  Natur,  in  Untertertia  die  Per- 
spektive und  die  Kolorierung.  Natürlich  muß  auch  der  Zeichensaai 
völlig  umgestaltet  werden.  Jedenfalls  ist  die  neue  Methode  ein- 
gehender Beachtung  wert;  ihre  Vertreter  glauben,  daß  sie  dazu  be- 
rufen sei,  bahnbrechend  zu  wirken.  Allem euestens  treten  ihr  die 
im  großen  Stil  durchgeführten  Untersuchungen  des  Münchner  Schul- 
rats Dr.  Kerschensteiner  zur  Seite. 

Außerdem  konnte  man  besichtigen  die  Räume  und  Sammlungen 
für  den  naturwissenschaftlichen  Unterricht  an  der  Oberrealschule 
vor  dem  Holstentor,  sowie  der  auf  dem  Uhlenhorst;  das  natur- 
hiittorische  Museum  am  Steintorwall,  den  botanischen  Oarten.  am 
Stephansplatz ;  das  botanische  Museum  und  Laboratorium  für  Waren- 
kunde am  Lübeckertor.  Die  Stadtbibliothek  hatte  eine  Anzahl 
höchst  wertvoller  Handschriften  und  Drucke  vereint,  darunter  z.  B. 
Humanistenbriefe  von  Melanchthon  bis  Mommsen,  und  Erinnerungen 
an  die  für  Hamburg  besonders  bedeutungsvolle  Zeit  Scaligers. 
Ebenso  hatte  das  Museum  für  Kunst  und  Gewerbe  alle  Antiken 
bequem  in  einem  Saale  untergebracht  und  die  Oeislinger  Metall- 
warenfabrik damit  ihre  galvanoplastischen  Nachbildungen  der  my- 
kenischen  Altertümer  verbunden.  Daß  Prof.  Lichtwark  sich  zu 
Führungen  in  der  Kunsthalle  erbot,  haben  wir  bereits  erwähnt 
Wer  sich  für  sozialpolitische  Fragen  interessierte,  dem  wurde  ein 
Besuch  in  dem  Hause  der  Gesellschaft  „Volksheim^*  empfohlen. 

Reich  bedacht  wurden  wir  auch  mit  Festschriften.  Unter  diesen 
befand .  sich  eine  kleine  Broschüre  von  A.  Baldamus  über  den 
Ursprung  des  Krieges  von  1870.  Sie  behandelt  in  kritisch- 
historischer Weise  einen  von  H.  Kohl  stammenden  Entwurf  über 
diesen  Gegenstand,  der  an  sich  schon  interessant  ist,  an  Wert  aber 
dadurch  noch  erheblich  gewinnt,  daß  ihn  Bismarck  selbst  zweimal 
eigenhändig  durchkorrigiert  hat,  so  daß  man  einen  lehrreichen  Ein- 
blick in  die  geistige  Werkstätte  des  Reichsschöpfers  erhält  In^^ 
haltlich  wird  die  Auffassung  bestätigt,  daß  Frankreich  den  Krieg 
um  jeden  Preis  herbeiführen  wollte  und  Bismarck  sich  durch  die 
Kürzung  der  Emser  Depesche  das  große  staatsmännische  Verdienst 
erwarb,  seinen  Ausbruch  in  den  für  uns  günstigen  Zeitpunkt  zu 
verlegen. 

Möge  dieser  lückenhafte  Bericht  ein  wenn  auch  noch  so  blasset 


Beriebt  über  d.  Jahresversamrolg.  d.  Vereins  real.  Lehrer  etc.     449 

Bild  dessen  geben,  was  die  Philologenversammlung  in  Hamburg  ge- 
i)oten  hati  Sie  war  vor  anderen  ausgezeichnet  durch  die  Vereini- 
gung wisaenschaftUcher  Anregungen  mit  solchen  des  modernen 
Lebens,  wie  sie  Berlin  ausgenommen,  keine  zweite  deutsche  Stadt 
«0  leicht  bieten  kann.  Leider  war  der  Besuch  aus  dem  Sttden^ 
zumal  aus  unserem  Lande,  sehr  spärlich,  was  im  beiderseitigen 
Interesse  außerordentlich  zu  bedauern  ist;  wie  schön  hätte  sich  z.  B. 
ein  Vortrag  über  Euripides,  Ithaka  oder  die  Papyri  von  einem  der 
Unseren  dem  Gesamtrahmen  eingefügt !  Möge  die  49.  im  Jahre  1907 
zu  Basel  stattfindende  Versammlung  das  Versäumte  glänzend  nach- 
holen! H.  Meltzer. 


Bericht  über  die  Jahresversammlung  des  Vereins 
realistischer  Lehrer  Württembergs, 

abgehalten  am  20.  Mai  1905  im  Festsaal  und  in  andern  Räumlichkeiten 
der  Friedrich-fiugens-Realschule  zu  Stuttgart. 

Die  Verhandlungen  in  den  beiden  Abteilungen  begannen  um 
8  Uhr.  In  der  sprachlich-geschichtlichen  hielt  Professor  Riehm- 
Ravensburg  einen  Vortrag  über  „Die  Behandlung  des  deutschen 
Literaturstoffs  an  Klasse  VII^^^  in  der  mathematisch-naturwissen- 
schaftlichen Professor  Dr.  Mäule-Cannstatt  über  „Kausale  Mor- 
phologie" und  Professor  F.  H  a  a  g-  Stuttgart  über  „Das  stereometrische 
Zeichnen  an  Klasse  VI". 

Die  Hauptversammlung  wurde  um  ^h  10  Uhr  vom  Vorsitzenden 
Rektor  Mayer-Gannstatt  in  Anwesenheit  von  147  Mitglieder  und 
der  Ehrengäste:  Staatsminister  des  Kirchen- und  Schulwesens  Exzellenz 
Dr.  von  Weizsäcker,  Ministerialrat  Dr.  von  Balz,  Oberstudien- 
Täte  von  Günzler,  Weigle  und  Dr.  Reiff  eröffnet.  Rektor 
Mayer  begrüßte  sämtliche  Erschienene  und  sprach  den  Ehren- 
gästen den  Dank  der  Versammlung  aus.  Hierauf  hielt  er  die  übliche 
Totenschau  und  gedachte  insbesondere  des  f  Direktors  Dr.  v.Rapp, 
der,  obwohl  aus  dem  Humanismus  und  den  humanistischen  Schulen 
hervorgegangen,  doch  auch  den  Realschulen  seine  liebevolle  Für- 
sorge zuteil  werden  ließ,  ferner  des  f  Professors  Durretsch- 
Reutlingen,  der  durch  letztwillige  Verfügung  20000  Mk.  zu  einer 
Stiftung  für  bedürftige  Witwen  und  Waisen  des  höheren  württem- 
bergischen Reallehrerstandes  bestimmt  hat.  Zum  Andenken  an 
•ämtliche  seit  der  vorigen  Versammlung  Dahingegangene  erhoben 
sich  die  Anwesenden  von  ihren  Sitzen. 


460  Bericht  über  die  Jidiresvenammlang  des 

Zum  Geschäftoberiobt  übergehend  macht  der  Vorsitzende  sodanc 
Mitteilang  ttber  die  Schritte,  die  vom  Ansachuß  in  Ansftthmng  der 
Bescbltteee  der  letzten  Jahres  Versammlung  getan  wurden.  Eine  ge- 
meinsam mit  dem  Gymnasialiehrenrerein  an  die  Rultministerial- 
abteilnng  gerichtete  Eingabe,  diese  möge  Tcrfttgen,  daß  für  an* 
ständig  verwendete  Lehrer  durch  die  Ferien  eine  Unterbrechnng 
im  Fortbezng  ihres  Gehalts  und  der  Dienstalterszulage  nicht  dn- 
trete,  wurde  schon  nach  drei  Wochen  dahin  beantwortet :  „Die  Mini- 
sterialabteilnng  wird,  soweit  die  gesetzlichen  Bestimmungen  und 
die  tatsächlichen  Verhältnisse  es  zulassen,  Juch  fernerhin  für  die 
Fortbezahlung  des  Gehalts  usw.  an  unständige  Lehrer  während  der 
Ferien  besorgt  sein/'  —  Eine  zweite  ebenfalls  gemeinschaftlich  mit 
dem  andern  Verein  gemachte  Eingabe,  es  möge  den  unständigen 
akademisch  gebildeten  Lehrern,  wie  den  übrigen  unständigen  aka- 
demisch gebildeten  Beamten  nach  erstandener  Staatsprüfung  der 
Titel  „Assessor^  bezw.  „Referendar^'  verliehen  werden,  hat  eine 
Beantwortung  bis  jetzt  noch  nicht  gefunden.  —  Dagegen  ist  eine 
frühere  Eingabe,  es  möge  bei  den  Professoren  der  Oberklassen  die 
Zahl  der  zur  Erreichung  des  Höchstgehalts  erforderlichen  Dienst- 
jahre von  27  auf  24  herabgesetzt  werden,  in  erfreulicher  Weise  er- 
ledigt worden.  Zwar  hatte  die  Finanzkommission  die  hierfür  nötige, 
in  den  Etat  eingestellte  und  wohlbegründete  Exigenz  zunächst  akh 
gelehnt;  als  aber  im  Plenum  seitens  der  Herren  Prälat  v.  Demmler 
und  Abg.  Kiemann  der  Antrag  auf  Wiederherstellung  der  Re- 
gierungsvorlage gestellt  und  vom  Eultminister  warm  befflrwortet 
wurde,  fand  er  fast  einstimmige  Annahme.  Der  Vorsitzende  sehlägt 
vor,  die  Versammlung  möge  ihrer  Befriedigung  hierüber  durch  An- 
nahme folgender  Resolution  Ausdruck  geben: 

„Die  Jahresversammlung  des  Vereins  realistischer  Lehrer 
Württembergs  spricht  dem  K.  Kultministerium  und  der  hohes 
Abgeordnetenkammer  ihren  herzlichen  Dank  dafür  ans,  daS 
durch  die  am  16.  Mai  d.  J.  beschlossene  Neuordnung  der 
Gehaltsverhältnisse  der  Lehrer  an  den  Oberklassen  der  höheren 
Schulen  eine  Lücke  der  Gehaltsordnung  von  1901  ausgefüllt 
und  ein  berechtigter  Wunsch  gewährt  wurde^, 
was  einstimmig  geschieht 

Einer  weiteren  Eingabe  unseres  humanistischeB  Brodervereias, 
die  sich  mit  der  Verleihung  des  Professorstitels  und  der  VI.  Rang- 
stufe beschäftigte,  sehloß  sich  der  Ausschuß  aus  Mcht  erkläriichen 
Gründen  nicht  an.    Es  liegt  kein  Grund  zu  der  BoaoiigBis  vor,  «• 


Vereins  realistiacher  Lehrer  Württeinbergs.  451 

heiTsdie  bei  diesen  Yerleibungen  das  Bestreben,  die  eine  Seite  der 
höheren  Lehrerschaft  zum  Nachteil  der  andern  zn  bevorzugen.  Eine 
genaue  vom  Vorsitzenden  bearbeitete  Statistik,  die  sich  auf  sämt- 
liche durch  den  Professorstitel  ausgezeichneten  Oberreallehrer  und 
Oberpräzeptoren;  sowie  auf  die  Professoren  der  VL  Rangstufe,  er- 
8trecl(t,  tut  dar,  daß  früher  die  Wage  sich  allerdings  etwas  mehr 
ingunsten  der  Humanisten  neigte,  neuerdings  aber  das  Bestreben 
unverkennbar  ist,  diesen  Unterschied  auszugleichen  und  die  beiden 
Lehrerkategorien  gleichmäßig  zu  behandeln. 

Der  Hauptgegenstand,  der  den  Ausschuß  im  letzten  Jahr  be- 
schäftigte, war  die  Sammlung  von  Material  zu  einer  Denkschrift 
tber  die  gegenwärtige  Lage  des  höheren  Lehrer- 
standes in  Württemberg.  Den  Anlaß,  gerade  jetzt  an  die 
Abfassung  einer  solchen  heranzutreten,  bot  die  Tatsache,  daß  das 
Gesetz  vom  28.  Juoi  1876  (Beamtengesetz)  von  der  Regierung  einer 
Durchsicht  und  Umarbeitung  unterzogen  werden  soll,  bei  welcher 
Gelegenheit  es  zweckmäßig  erschien,  auch  bezüglich  unserer  Rechts- 
und souKtigen  Verhältnisse  unsere  Wünsche  reclitzeitig  geltend  zn 
machen.  Dem  seitherigen  friedlichen  Zusammengehen  der  beiden 
höheren  Lehrervereine  entsprechend  sollte  die  Denkschrift  von 
beiden  Vereinen  gemeinsam  ausgearbeitet  und  zur  Mitarbeit 
sämtliche  Kollegen,  die  Lust  dazu  haben,  herangezogen  werden. 

Zunächst  wurde  eine  Kommission  niedergesetzt,  bestehend  au« 
den  Vorständen  der  beiden  Vereine,  femer  Professor  Wunder-Heil- 
bronn, Professor  Fauser-Stuttgart,  Professor  Dr.  Schwend-Stuttgart 
und  Professor  Riecke- Ludwigsburg  unter  dem  Vorsitz  von  Rektor 
Mayer-Cannstatt.  Nachdem  sie  das  von  den  Oauvereinen,  Lehrer^ 
koUegien  und  einzelnen  Kollegen  eingegangene  Material  gesichtet 
und  die  leitenden  Grundsätze  aufgestellt  hatte,  wurde  die  Arbeit 
80  geteilt,  daß  zwei  Kommissionsglieder  die  Rechtsfragen,  zwei  die  Ge- 
haltsfragen und  zwei  die  Standesfragen  zur  Bearbeitung  erhielten. 
Ks  wurde  beschlossen,  folgende  Punkte  in  die  Denkschrift  aufzu« 
nehmen : 

1*  In  bezug  auf  die  Rechtsverhältnisse:  Gesetzliche  Regelung 
des  gesamten  höheren  Schulwesens,  Durchftihrung  des  staatliche 
Charakters  der  höheren  Schulen  gegenüber  den  Ansprüchen  der 
Gemeinden  und  demgemäß  Neuordnung  d«r  Befugnisse  der  Stndien- 
kovimission,  Anerkennung  4er  Lehrer  als  Staatsdiener  und  Gldch- 
atellnng  mit  den  übrigen  akademisdi  gebildeten  Beamten,  gleiche 
Titel  fiir  ^e  unständigen  L«hrer  wie  für  die  unständigen  akademisA 


452  Bericht  über  die  Jahresversammlung  des 

gebildeten  Beamten,  Neuregelung  der  Pflichtstundenzahl  unter  Gleich- 
stellung der  Humanisten  und  Renüsten  im  Sinn  einer  Verminderung 
derjenigen  der  letzteren  und  der  Lehrer  an  den  Mittelklassen,  sowie 
mit  Berücksichtigung  des  Lebensalters,  der  ScbUlerzahl  und  der 
Eorrekturlast,  Wegfall  des  Unterschieds  zwischen  den  Landstellen 
und  denen  der  Vollanstalten  usw. 

2.  In  bezug  auf  die  Gehalts  Verhältnisse :  Grundsätzliche  Gleich- 
stellung mit  den  übrigen  akademisch  gebildeten  Beamten,  Über- 
nahme der  Stellvertretungskoäten  durch  den  Staat,  Auszahlung  der 
Gehälter  durch  die  Kameralämter,  Neuregelung  der  Reliktenver- 
Borgung  und  der  Beiträge  hierzu,  Gleichstellung  des  Ge&alts  der 
Land-  und  VoUanstaltslehrer,  Erhöhung  des  Wohnungsgelds  und 
Einstellung  eines  Teils  der  Mietzinsentschädigung  in  das  pensions- 
berechtigte Diensteinkommen  (analog  den  Bezirksbeamten),  Schaf- 
fung von  einigen  weiteren  höheren  Stellen  durch  Teilung  der  großen 
Vollanstalten,  Umwandlung  längst  bestehender  Hilfslehrerstellen  in 
definitive,  Entschädigung  der  Rektoratsassisteuten,  Bibliothekare  usw. 

3.  In  bezug  auf  die  Rangverhältnisse:  Neuregelung  im  Sinne 
der  Gleichstellung  der  höheren  Lehrer  mit  den  übrigen  akademisch 
gebildeten  Beamten  und  nach  Analogie  mit  den  Verhältnissen  in 
Bayern  und  Preußen. 

Bezüglich  der  Frage  des  Vorrttckens  von  Reallehrern  und 
Präzeptoren  auf  die  IL  (frühere  HL)  Klasse  stellt  sich  die  Denk- 
schrift auf  den  Standpunkt,  daß  ein  solches  Vorrücken  weder  grund- 
sätzlich eingeräumt,  noch  grundsätzlich  ausgeschlossen  sein  soll, 
4S0  daß  in  Ausnahmefällen  (wie  dies  auch  der  Herr  Kultminister 
schon  wiederholt  ausgesprochen)  ein  Vorrücken  auf  die  n.  Klasse 
stattfinden  kann,  und  daß,  wenn  dies  vorkommt,  der  betreffende 
Lehrer  zwar  nicht  in  alle  Gehaltsverhältnisse  der  Mittelklassen  ein- 
rücken, wohl  aber  eine  Zulage  erhalten  soll,  deren  Höhe  ungefähr 
dem  Unterschied  zwischen  den  Grundgehalten  der  Unter-  und 
Mittelstufen  entspricht.  Dasselbe  soll  entsprechend  eintreten,  wenn 
ausnahmsweise  einmal  im  Bedürfnisfall  ein  Lehrer  mit  der  früheren 
Reallehrerprüfung  an  eine  Oberklasse  vorrückt,  was  auch  nicht 
grundsätzlich  ausgeschlossen  sein  soll. 

Nach  dem  Beschluß  der  Kommission  soll  ndt  der  endgültigen 
Ausarbeitung  der  Denkschrift  noch  zugewartet  werden,  da  die 
Novelle  zum  Beamtengesetz  noch  nicht  so  rasch  erscheinen  wird; 
auch  solle  die  heurige  Jahresversammlung,  der  sämtliche  Beschlüsse 
der  Kommission    zur   Genehmigung  unterbreitet   werden,   zu  detr 


Vereins  realistischer  Lehrer  Württembergs.  453 

ganzen   Angelegenheit   Stellung   nehmen.     Der   Aasschuß   schlägt 
folgende  Resolution  vor: 

^Die  heurige  Jahresversammlung  des  Vereins  realistischer 
Lehrer  Württembergs  ist  mit  der  Abfassung  einer  Denkschrift 
über  die  Rechts-,  Gehalts-  und  Rangverhältnisse  des  höheren 
Lehrerstands  in  Württemberg  und  mit  ihrer  Vorbereitung  durch 
den  Ausschuß  vollständig  einverstanden." 

Diese  Resolution  wurde  einstimmig  angenommen. 

Zu  den  Beziehungen  des  Vereins  zu  den  auswärtigen  Bruder- 
vereinen übergehend,  verweist  der  Vorsitzende  auf  den  allen  größeren 
Lehrerkollegien  übersandten  gedruckten  Bericht  über  die  am  27.  und 
28.  Dezember  v.  J.  in  Eisenach  abgehaltene  erste  Vorstandssitzung 
des  Verbands  der  Vereine  akademisch  gebildeter  Lehrer  Deutsch- 
lands. Von  zwei  dort  verhandelten  Fragen,  zu  denen  auch  unsere 
heurige  Jahresversammlung  Stellung  nehmen  sollte,  ist  die  eine  „Die 
Haftpflicht  der  Lelirer^*  für  uns  durch  Erlaß  der  Kultmin.-Abteilung 
vom  17.  Juli  1902  erledigt.  Betreffs  der  zweiten  „Einsetzung  einer 
Rechtsschutzkommission^*  hat  sich  bis  jetzt  noch  kein  dringendes 
Bedürfnis  herausgestellt,  so  daß  unsere  gegenwärtige  Versammlung 
es  der  Verbandsleitung  in  Eisenach  überläßt,  in  dieser  Angelegen- 
heit Beschlüsse  zu  fassen.  Es  erhebt  sich  hiergegen  kein  Wider- 
spruch. 

Der  Rechner  gibt  nunmehr  den  Kassenbericht.  Kassenbestand 
Mk.  144.—,  Beiträge  von  398  Mitgliedern  Mk.  398.-—;  Ausgaben 
Mk.  287. — ,  also  Kassenbestand  am  heutigen  Tage  Mk.  255.—. 
Der  Rechner  wird  entlastet. 

Der  Vorsitzende  teilt  noch  mit,  daß  der  Druck  der  Cramerschen 
Dienstaltersliste  mit  bedeutenden  Kosten  verbunden  gewesen  sei, 
welche  teilweise  von  den  beiden  Vereinen  auf  ihre  Kassen  haben  über- 
nommen werden  müssen.  Dafür  hat  der  Verleger  die  Zusage  ge- 
geben, denjenigen  Mitgliedern,  welche  das  Buch  niciit  angeschafft 
haben  oder  anschaffen  wollen,  die  Dienstaltersliste  allein  um  den 
mäßigen  Preis  von  50  Pf.  zu  liefern. 

Der  Punkt  2  der  Tagesordnung  „Bericht  über  die  Verhandlungen 
in  den  Abteilungen^^  fällt  wegen  Zeitmangels  mit  Zustimmung  der 
Gesamtversammlung  weg. 

Man  geht  über  zu  Punkt  3. 

Vortrag  von  Rektor  Mayer- Cannstatt  über  „Die  Hausauf- 
gaben an  der  Realschule^  und  „Leitsätze  hierzu^^ 
(8.  Heft  8  und  ^  dieses  Jahrgangs). 


464  Bericht  aber  die  JahresyenammhiDg  des 

Nach  dem  mit  großem  Beifall  aafgenommeneii  Vortrag  fand 
ttber  die  Leitsätze  eine  kurze  Debatte  statte  an  der  sich  die  Mit- 
glieder Rektor  3  c  h  0  n  i  g  -  Kirchheim,  Rektor  Commerell-  Nürtingen, 
Oberstadienrat  Schumann  -  Stattgart,  Oberstadienrat  W  e  i  gl  e,  Rektor 
Höohstetter- Reutlingen,  Professor  Dr.  Mäule-Cannstatt,  Professor 
Riecke- Ludwigsburg,  Professor  Fach-Stuttgart,  die  Professoren 
Blum,  Dr.  Bretsehneider  und  Dr.  Schwend-Stuttgart,  Ober- 
reallelirer  Dr.  Reiff-Dttrrmenz-MUhlacker,  Professor  Dr.  Pilgrim- 
Cannstatt  und  OberrealleUrer  Immeudörfer  beteiligten.  Sämt- 
liche Leitsätze  wurden  fast  unverändert  gebilligt. 

Punkt  4  der  Tagesordnung:  „Änderung  der  Vereins- 
satzung zum  Zweck  der  Erwerbung  der  Rechte  einer 
juristischen  Person". 

Der  Vorsitzende  trägt  die  Gründe  vor,  aus  welchen  unser  Vereia 
die  Eintragung  in  das  Vereinsregister  seither  nicht  nachgesucht 
habe,  aber  nunmehr  wegen  Annahme  der  Durretschstiftung  hierzu  ge- 
zwungen sei.  Die  neuen  Satzungen  stimmen  im  weäentlichen  mit 
den  alten,  vor  10  Jahren  angenommenen  vollständig  überein.  Es 
ist  nur  dasjenige  neu  aufgenommen,  was  das  Bürgerliche  Gesetz- 
buch jedem  Verein  vorschreibt,  der  die  ReciitsfUhigkeit  erlangen 
will.  Der  Ausschuß  hat  die  neuen  Satzungen  einstimmig  vorg^ 
schlagen.    Es  entspinnt  sich  nur  eine  ganz  kurze  Debatte. 

Professor  Dr.  Mäule-Cannsta'tt  schlägt  vor,  dem  Verein  den 
Titel  „Verein  akademisch  gebildeter  realistischer  Lehrer 
Württembergs"  zu  geben.  Aus  den  Kammerverhandlungen  ist  zn 
ersehen,  daß  der  „Keallehrer-  und  Präzeptorenverein"  gegen  uns 
kämpft,  hier  muß  Klarheit  und  Wandel  geschaffen  und  durch 
Ausschluß  der  Mitglieder  des  letzteren  Vereins  aus  dem  unsrigen 
ein  unsererseits  oft  geäußerter  langjähriger  Wunsch  erfüllt  werden. 

Oberatudienrat  Schumann-Stuttgart:  Wir  hatten  und  haben  von 
jeher  auch  Nichtakademiker  im  Verein  und  weder  Grund  noch  Recht 
diese  hinauszuwerfen.  §  1  wird  mit  allen  gegen  die  eine  Stimme 
Dr.  Mäule^s  angenommen. 

Ebenso  werden  sämtliche  weitere  Paragraphen  einstimmig  an- 
genommen; auf  Autrag  Mäule's  wird  dem  letzten  Wort  des  §  12 
„in  Württemberg"  vorgesetzt. 

In  der  Gesamtabstinimung  findet  der  Entwurf  mit  allen  abge- 
gebenen 82  Stimmen  Annahme. 

Punkt  5  „Verfassung  der  Durretsch-Stiftung." 

Der  vom  Vorsitzenden  vorgelegte  Entwurf  wird  einstimmig  an- 


Vereins  reali8ti8c}ier  Lehrer  Württembergs.  455 

genommen.  Die  Jahresversammlung  erteilt  außerdem  dem  Vorstand 
ausdrücklich  die  Vollmacht^  die  Angelegenheit  der  Durretsch-Stiftung 
«ndgUltig  zum  Abschluß  zu  bringen. 

Die  Jahresversammlung  beschließt  femer  einstimmig,  daß  in 
Zukunft  der  jeweilige  Vorstand  des  Vereins  realistixcher  Lehrer 
Württembergs  in  dieser  Eigenschaft  auch  Vorstand  der  Dur- 
retsch-Stiftung  ist. 

Punkt  6  ,,Anträge  und  Mitteilungen  aus  den  Oauvereinen  und 
aus  der  Mitte  der  Versammlung^^ 

Ein  Gauverein  beantragt,  in  die  Vereinsdenkschrift  auch  den 
Vorschlag  aufzunehmen,  daß  die  Ortszulagen,  weil  sie  einen  un- 
berechtigten Gehaltsunterschied  veranlassen,  grundȊtzlich  abge- 
schafft werden  sollen.  Da  die  Denkschrirtkommission  diesen  Vor- 
schlag ausgeschieden  hat,  so  wird  er  der  Jahresversammlung  zur 
Entscheidung  vorgelegt.  Der  Vorsitzende  gibt  eine  kurze  Ge- 
schichte der  Entstehung  der  Ortszulagen  und  weist  unter  Berufung 
auf  einen  früheren  Vereinsbeschluß  ihre  Berechtigung  nach.  Ober- 
Btudienrat  Schumann  schlägt  vor,  über  ihn  zur  Tagesordnung 
flberzugehen,  was  beschlossen  wird. 

Ein  anderer  Gau  beantragt :  es  soll  in  der  Denkschrift  darauf 
hingewirkt  werden,  daß  der  Gehaltsunterschied  zwischen  den  Lehrern 
der  mittleren  und  oberen  Klassen  verringert  werde.  Ein  derartiger 
Antrag  seheint  auch  anläßlich  der  neuesten  Gehaltsvorlage  einzelnen 
Eammermitgliedern  unterbreitet  worden  zu  sein.  Der  Vorsitzende 
verliest  die  vom  Kultminister  in  der  Kammer  in  dieser  Sache  ab- 
gegebene Erklärung.  Auch  über  diesen  Antrag,  der  eine  lebhafte 
Erregung  hervorruft  und  Veranlassung  zu  verschiedenen  Protesten 
gibt,  wird  zur  Tagesordnung  übergegangen,  und  der  Vorsitzende 
schließt  unter  herzlicher  Daukesbezeuguug  für  die  lebhafte  Teil- 
nahme die  Versammlung. 

Hiernach  fand  im  Gartensaal  des  Hotel  Royal  ein  gemein- 
sames Mittagsmahl  statt.  Der  Vereinsvorstand,  Rektor  Mayer, 
brachte  dabei  den  ersten  Trinkspruch  auf  S.  M.  den  König  aus, 
besonders  auch  an  dessen  Teilnahme  an  der  Sciiiilerfeier  erinnernd. 
Rektor  Krimmel  feierte  den  Kultminister  und  die  Minirtterial- 
abteilung,  Oberstuilienrat  Dr.  lieiff  wünschte  der  Realschule  ein 
fröhliches  Vorwärtsstreben.  Endli<h  gaben  noch  die  Professoren 
Entreß  und  Widmann  den  Dank  der  Vereinsmitglieder  gegen 
die  Vortragenden,  den  Vorstand  und  Ausschuß  des  Vereins  Ausdruck. 


456  Jaeger, 

Praktisches  Sprachstudium  im  Ausland. 

Auch  für  unsere  wttrttember^ischen  nenphilologischen  Lehrer 
und  Kandidaten  dürfte  es  von  Interesse  sein,  die  nachfolgende 
„Anweisung^'  kennen  zu  lernen,  die  in  Zukunft  den  preußischen 
Lehrern,  welche  im  Genüsse  eines  Stipendiums  Frankreich  oder 
England  besuchen,  vor  der  Abreise  eingehändigt  wird,  damit  sie 
bestimmte  Richtlinien  für  ihr  Studium  besitzen.  Wir  entnehmen 
die  Anweisung  der  in  Berlin  erscheinenden  „Monatschrift  fUr  höhere 
Schulen^',  herausgegeben  von  Köpke  und  Matthias  (4.  Jahrg., 
8.  574). 

Stuttgart.  Jaegor. 

Anweisung 

für  Lehrer  des  Französischen  und  Bnglischen  zur 
Benutzung  ihres  mit  staatlicher  Beihilfe  geförderten 
Aufenthalts  in  Ländern  französischer  Zunge  oder  in 

England. 

1.  Die  in  dem  Staatshaushaltsetat  ausgebrachten  Stipendien 
sind  dazu  bestimmt,  den  mit  Unterricht  im  Französischen  oder  Eng- 
lischen zu  betrauenden  Lehrern  den  Aufenthalt  in  Ländern  französi- 
scher Zunge  oder  in  England  zum  Zweck  ihrer  Vervollkommnung 
in  dem  praktischen  Gebrauch  der  betreffenden  Fremdsprache 
zu  erleichtern. 

2.  Dieser  Aufenthalt  im  Auslande  soll  insbesondere  dazu  dienen, 
dem  Stipendiaten  auf  Grund  vorher  erworbener  Kenntnisse  und  Fertig- 
keiten zum  leichten  und  natürlichen  Gebrauch  der  französischen  und 
englischen  Sprache  zu  verhelfen,  ihn  Volk  und  Land  kennen  zu 
lernen,  ihm  eine  Anschauung  von  den  geistigen  und  materiellen  Hilfs- 
mitteln der  fremden  Nation  zu  gewähren  und  ihn  so  zu  befähigen, 
die  erworbenen  Kenntnisse  und  die  erlangte  Fertigkeit  im  Dienste 
der  Schule  praktisch  zu  verwerten.  Der  Studienaufenthalt  wird  um 
so  nutzbringender  sein,  je  besser  und  gründlicher  die  Vorbereitung 
gewesen  ist.  Der  Stipendiat  muß  den  Sprachstoff,  vor  allem  einen 
ausgiebigen  Wortschatz,  schon  mitbringen,  damit  er  seine  ganze  Zeit 
und  Kraft  darauf  verwenden  kann,  ihn  als  festes,  stets  gegenwärtiges 
und  verfügbares  Eigentum  richtig  verwenden  zu  lernen. 

3.  Unter  dieser  Voraussetzung  wird  im  allgemeinen,  bei  gewissen- 
hafter Beschränkung  auf  den  eigentlichen  Zweck  des  Aufenthaltes 
und  bei  sorgfältiger  Benützung  der  gebotenen  Bildungsmittel,  eine 
Zeit  von  sechs  Monaten  genügen. 


Praktiaches  Sprachstudium  im  Ausland.  457 

4.  Der  Stipendiat  soll  diese  Zeit  nicht  zu  philologischen  Arbeiten 
oder  zum  Studium  anf  Bibliotheken  und  in  Handschriftensammlungen 
verwenden,  sondern  vor  allem  den  Umgang  mit  gebildeten  Franzosen 
nnd  Engländern  suchen,  womöglich  durch  Anschluß  an  eine 
gut  empfohlene  Familie.  Er  wird  sich  des  Verkehrs  mit  Lands- 
Ic^ten  und  des  Gebrauchs  der  Muttersprache  zn  enthalten  haben 
und  sich  in  den  ihm  zu  Gebot  stehenden  Monaten  ausschließlich 
den  Erwerb  praktischer  Sprachfertigkeit  nnd  der  sie  fördernden 
Kenntnisse  angelegen  sein  lassen;  besondere  Aufmerksamkeit  ist  der 
Tagesliteratur  zuzuwenden,  deren  Lekttlre  ein  Hauptmittel  bildet, 
in  die  fremde  Yolksnatur  einzudringen.  Gute  Erfahrungen  haben 
einige  Stipendiaten  damit  gemacht,,  daß  sie  täglich  die  neuen  ihnen 
zu  Gehör  oder  zu  Gesicht  kommenden  Ausdrucke  und  Wendungen 
aufzeichneten  und  sich  auf  diese  Weise  fest  einprägten. 

5.  Die  nächste  und  unablässige  Sorge  des  Stipendiaten  wird 
auf  die  Vervollkommnung  seiner  Aussprache  durch  tägliche  Übung 
des  Ohrs  und  der  Zunge  und  auf  die  Gewinnung  derjenigen  Fülle 
von  Anschauungen  und  Bezeichnungen  aus  allen  Gebieten  des  Lebens 
gerichtet  sein,  die  es  ihm  ermöglicht,  schnell  und  sicher  zu  verstehen 
und  schnell  und  ungezwungen  sich  auszudrücken. 

Der  Besuch  von  öffentlichen  Vorlesungen,  guten  Theatervor- 
stellungen, von  Gerichtsverhandlungen,  Sitzungen  politischer  Körper- 
schaften, Predigten  und  Versammlungen  wissenschaftlicher  und  ge- 
meinnütziger Natur  wird  dringend  empfohlen.  Dadurch  und  durch 
unbefangene  Beobachtung  des  gesellschaftlichen,  politischen  und 
künstlerischen  Lebens  wird  er  sich  immer  für  den  Unterricht  wert- 
volle, auf  eigene  Anschauung  gegründete  Kenntnis  des  fremden 
Volkes  und  seiner  Einrichtungen  erwerben  können. 

6.  Behufs  praktischer  Erlernung  der  französischen  Sprache 
empfiehlt  sich  zwar  in  erster  Linie  der  Aufenthalt  in  Frankreich 
selbst,  aber  auch  Belgien  und  die  französische  Schweiz,  besonders 
Genf,  kommen  dafür  in  Betracht.  Ausschließlich  oder  auch  nur 
zuerst  nach  Paris  zu  gehen,  ist  höchstens  für  solche  Stipendiaten 
zu  empfehlen,  die  sich  bereits  früher  im  französischen  Sprachgebiet  auf- 
gehalten haben  und  denen  es,  abgesehen  von  der  Auffrischung  ihrer 
Sprachkenntnisse,  mehr  darauf  ankommt,  das  Leben,  die  Kunst, 
die  Einrichtungen  und  die  gesellschaftlichen  Zustände  Frankreichs 
kennen  zu  lernen.  Um  sich  im  Sprechen  zu  üben,  ist  Paris  nicht 
der  geeignetste  Ort.  Es  ist  schon  schwer,  dort  eine  passende 
Pension  zu  finden,  in  der  Familienanschluß  und  damit  häufigere^ 

Korrespondensblatt  1906,  Heft  12. 


458  Jaeger,  Praktisches  Sprachstadinm  im  Ausland. 

Gelegenheit  zur  Übung  geboten  wird.  Die  meisten  Pensionen  sind 
international,  und  man  trifft  in  ihnen  in  der  Regel  mit  Angeh()rig6n 
fremder  Völker  zusammen,  deren  französische  Aussprache  keines- 
wegs einwandfrei  ist ;  die  Mitglieder  der  Familie  aber  haben  außer 
den  Mahlzeiten  nur  ganz  selten  freie  Zeit  für  die  Stipendiaten  flbrig. 
Dazu  kommt,  daß  der  Zwang,  zu  den  Mahlzeiten  sich  in  der  oft 
weit  entfernten  Pension  einzufinden,  die  Zeit  sehr  zerreißt,  daher 
die  Ausnutzung  empfehlenswerter  Bildungsstätten  erschwert  und 
namentlich  den  für  die  Zwecke  der  Stipendiaten  sehr  wichtigen 
Besuch  der  Theater  fast  unmöglich  macht,  da  das  Diner  fast  über- 
all in  die  Theaterzeit  fällt.  Allen  Stipendiaten,  die  sich  noch  nicht 
längere  Zeit  in  französischem  Sprachgebiet  aufgehalten  haben,  ist 
daher  zu  raten,  daß  sie  zunächst  in  eine  kleinere  Stadt  gehen,  und 
zwar  in  eine  solche,  in  der  sie  möglichst  wenig  Deutsche  treffen, 
damit  sie  darauf  angewiesen  sind,  mehr  mit  der  seßhaften  Bevölke- 
rung in  Berührung  zu  treten  und  sich  in  fremde  Yerhältnisse  ein- 
zuleben. Ein  derartiger  Studienaufenthalt  ist  außerdem  erheblich 
billiger  als  ein  Aufenthalt  in  Paris. 

Für  das  Englische  ist  vor  allem  London  ins  Auge  zu  fassen« 
Danel^en  Manchester,  Oxford,  Cambridge.  Als  geeignete  Vorberei- 
tung für  einen  Aufenthalt  in  England  ist  den  Stipendiaten  nament- 
lich die  Lektüre  modemer  Komödien  (z.  B.  Henry  Arthur  Jones, 
Arthur  W.  Pincro,  John  Oliver  Hobbes)  zu  empfehlen,  welche  die 
gegenwärtige  Umgangssprache  bieten.  Auch  fehlt  es  für  deren 
Erlernung  nicht  an  brauchbaren  Hilfsmitteln,  die  —  schon  in  der 
Heimat  eifrig  benutzt  —  als  gute  Grundlage  für  die  im  Ausland 
fortzusetzenden  Übungen  dienen  können. 

Als  Besuchszeit  empfiehlt  sich  in  den  französisch  redenden 
Landen  im  allgemeinen  die  Zeit  von  Oktober  bis  April,  in  England 
die  von  April  bis  Oktober. 

7.  Nach  der  Rückkehr  hat  jeder  Stipendiat  dem  Herrn  ünter- 
richtsminister  in  französischer,  bezw.  englischer  Sprache  zu  berichten 
über  die  von  ihm  zur  Erreichung  seines  Zweckes  angewandten 
Mittel,  über  den  Entwicklungsgang  seiner  Ausbildung,  über  die 
Förderung,  die  er  erfahren,  über  etwaige  Schwierigkeiten,  die  er 
gefunden  hat,  sowie  über  sonstige  mitteilenswerte  Wahrnehmungen. 


Haag,  Kleinigkeiten.  -^  AmtHehe  Bekanntmaehmigeii.       459 

Kleinigkeiten? 

Ist 

a c 

iBo  darfst  dn  nicht  „übers  Krenz^^  multiplizieren,  sonst  macht  es  der 

Schüler  gerade  so,  wenn 

a       c    , 

In  beiden  Fällen  wird  die  (ganze)  Gleichung  mit  bd  multipliziert^ 
aber  nicht  „durchmultipliziert^'  (durch  und  durch  I).^  Soll  e  auf 
die  andere  Seite  gebracht  werden^  so  darfst  du  nicht  „transponieren", 
sondern  du  sollst  e  auf  beiden  Seiten  abziehen.  Die  Schüler;  die 
so  sehr  zu  mechanischem  Rechnen  neigen,  sollen  stets  eingedenk 
blähen,  daß  die  Algebra  nichts  anderes  ist,  als  eine  fortgesetzte 
Anwendung  der  Grundrechnungsarten. 

Dulde  keine  Fahrläßigkeit  im  Ausdruck :  a  kannst  dn  nur  ein- 
mal mit  sich  selbst  multiplizieren;  bei  Bildung  der  dritten  Potenz 
wird  also  „a  nicht  dreimal  mit  sich  selbst  multipliziert",  sondern 
dreimal  als  Faktor  gesetzt.  Fasse  die  Regeln  möglichst  kurz,  da- 
mit sie  sich  leicht  dem  Gedächtnis  einprägen:  „Mit  einem  Bruch 
wird  dividiert,  indem  man  ihn  umkehrt  und  multipliziert".  Dabei 
wird  häufig  nur  das  Wichtigste  hervorgehoben,  das  Andere  als  selbst- 
verständlich bei  Seite  gelassen :  „Potenzen  mit  gleicher  Basis  werden 
multipliziert,  indem  man  die  Exponenten  addiert". 

Stuttgart.  F.  Haag. 

Amtliche  Bekanntmachungen. 

Die  Vorstände  der  der  Ministerialabteilung  für  die  höheren 
Bchulen  unterstellten  Anstalten  werden  auf  die  im  Verlag  von  Alex. 
Koch  in  Darmstadt  erscheinende  Zeitschrift  „Kind  und  Kunst" 
(Preis  jährlich  14  Mk.)  aufmerksam  gemacht,  welche  wohl  geeignet 
-erscheint,  den  Leser  über  die  neueren  Bestrebungen  auf  dem  Gebiete 
der  Kunsterziehung  auf  dem  laufenden  zu  erhalten. 
Stuttgart,  den  2.  November  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

I.  V.:  Weigle. 


Im  Verlage  von  Friedrich  Brandstetter  in  Leipzig  sind  „Vier 
Tafeln  vorgeschichtlicher  Gegenstände  aus  Mitteldeutschland"  heraus- 


46Q        Amtliche  Bekanntmachungen.  —  Literarischer  Bericht; 

gegeben  von  Paul  Benndorf  (55  X  70  cm  groß;  die  Tafel  zu  3.50  Mk.) 
erschienen.  Auf  dieses  inhaltsreiche  und  vorzüglich  ausgeführte 
Anschauungsmittel  (Lichtdruck  nach  Originalphotographien)  werden 
die  Vorstände  der  Anstalten^  welche  die  zur  Anschaffung  nötigen 
Mittel  besitzen,  aufmerksam  gemacht. 

Stuttgart,  den  16«  November  1905. 

K.  Ministerialabteilung  für  die  höheren  Schulen. 

L  V.:  Weigle. 


Im  Verlage  von  Holland  und  Josenhans  in  Stuttgart  wird  von 
dem  Wttrttembergischen  evangelischen  Lehrerunterstützungsverein 
eine  Sammlung  ,,Wttrttembergi8cher  Volksbücher^'  enthaltend  popu- 
lllre  Darstellungen  aus  Sage,  Geschichte,  Kulturgeschichte  usw.  (der 
Band  1  Mk.)  herausgegeben.  Die  Schulvorstände  werden  auf  diese 
Bände,  die  zu  Schulprämien  und  ftlr  Sohülerbibliotheken  wohl  ge- 
eignet erscheinen,  aufmerksam  gemacht. 

Stuttgart,  den  16.  November  1905. 

K.  Ministerialabteilung  fttr  die  höheren  Schulen.r 

L  V.:  Weigle. 


Literarisoher  Bericht. 

Gesellschaft  für  deutsche  Erziehnngs-  und  Schulgeschlchte^ 
Gruppe  Württemberg. 

In  der  Tätigkeit  der  württembergischen  Gruppe  der  Gesellschaft 
für  deutsche  Erziehungs-  and  Schalgeschichte"  war,  seitdem  sie  im  Jahr  1899^ 
durch  ein  „Württemberg-Heft"  mit  mehreren  wertvollen  Abhandlungen 
(Mitteilungen  der  Ges.  f.  d.  Erz.-  u.  Seh.-  Gesch.  Jahrg.  IX,  1899,  Heft  1) 
ihre  wissenschaftliche  Leistungsfähigkeit  aufs  rühmlichste  bewährt  hatte, 
in  der  letzten  Zeit  ein  gewisser  Stillstand  eingetreten.  Deshalb  wurde 
kürzlich,  anläßlich  einer  Sitzang,  die  am  29.  Juni  dieses  Jahres  im  Hotel 
Royal  in  Stuttgart  stattfand,  eine  Neukonstituierung  der  Gruppe  in  der 
Weise  durchgeführt,  daß  an  Stelle  der  Ausgeschiedenen  durch  Beiwahl 
neue  Mitglieder  in  das  Kuratorium  berufen  wurden,  wobei  man  möglichst 
viele  Schulgattungen  zu  berücksichtigen  suchte.  Zum  I.Vorsitzenden 
wurde  Oberschnlrat  Dr.  Brügel-Eßlingen,  zum  2.  Vorsitzenden  Professor 
Dr.  H.  Planck-Stuttgart,  zum  Schriftführer  Oberpräzeptor  Dr.  Schott-Mar^ 
bach  a.  N.,  zum  Kassier  Mittelschallehrer  J.  Seytter-Stuttgart  ernannt. 
Dem  früheren  Vorsitzenden,  Oberschulrat  Dr.  Gundert,  widmete  der  near 


Literarisoher  Bericht.  461 

Torsitzende  warme  Worte  des  Dankes  fUr  seine  verdienstroUe  Amts- 
iilhrung.  Mit  einem  2.  „Württemberg-Heft**,  für  das  schon  reiches 
Material  vorhanden  ist,  hofft  die  Gruppe  in  Bälde  in  die  Öffentlichkeit 
treten  zu  können.  Bei  ihren  Bestrebungen  rechnet  sie  namentlich  auch 
auf  das  fördernde  Interesse  der  höheren  Schulen  des  Landes  und  der 
an  ihnen  wirkenden  Lehrer.  Verfolgt  sie  doch  in  letzter  Linie  das  weit 
gesteckte  Ziel,  die  historische  Entwicklung  unseres  heimischen  Schul- 
wesens mit  seiner  bewußten  Eigenart  und  gediegenen  Vielseitigkeit  in 
allen  seinen  Zweigen  zu  erforschen  und  wissenschaftlich  zu  bearbeiten, 
und  dadurch  dieser  glänzenden  Kulturleistung  unseres  Volksstammes 
iu  immer  erhöhtem  Maße  die  verdiente  Würdigung  in-  und  außerhalb 
der  schwarz-roten  Grenzpfähle  zu  verschaffen.  Anmeldungen  zum  Bei- 
tritt nehmen  die  obengenannten  Kuratoriumsmitglieder  entgegen.  Der 
Jahresbeitrag  beträgt  für  Einzelne  und  Korporativmitglieder  5  Mk.; 
dafür  eri*olgt  die  portofreie  Zusendung  der  „Mitteilungen <*  und  „Bei- 
hefte*', sowie  Preisermäßigung  auf  die  „Monumenta-Bände. 

Marbacha.N.  E.  Schott. 


Dr.  Maria  Raich:  Fichte,  seine  Ethik  und  seine  Stellung 
zum  Problem  des  Individualismus.  196  S.  Tübingen, 
J.  C.  B.  Mohr. 
Es  ist  erfreulich)  daß  sich  das  philosophische  und  geschichtliche 
Interesse,  das  allzulange  der  eine  Kant  auf  sich  konzentrierte,  in  er- 
höhtem Maße  wieder  der  nachk antischen  Philosophie  zuwendet.  Es 
soll  gewiß  dabei  bleiben,  daß  jeder,  der  sich  philosophisch  bilden  will, 
einmal  die  Schule  der  Vemunftkritiken  gründlich  durchmacht.  Aber 
die  Anschauung,  die  eine  Zeitlang  herrschte,  als  ob  Kant,  im  Prinzip 
wenigstens,  überall  das  letzte  Wort  gesprochen  habe,  als  ob  das  philo- 
sophische Bemühen  sich  kein  höheres  Ziel  mehr  stecken  könne,  als 
eben  Kant  zu  verstehen  und  auszulegen,  sie  war,  wie  wir  jetzt  sehen, 
einseitig  und  unfruchtbar.  Nachdem  der  Neukantianismus  der  letzten 
Jahrzehnte  nun  vorläufig  seine  Dienste  getan  hat,  ist  es  eine  schöne 
und  zeitgemäße  Aufgabe,  die  Schätze  zu  heben  und  fruchtbar  zu 
machen,  die  in  der  Gedankenwelt  unserer  spekulativen  Philosophie 
verborgen  liegen,  verborgen  unter  der  Hülle  einer  Darstellungsform, 
die,  wie  jeder  weiß,  der  es  versucht  hat,  leider  dem  Eindringen 
schwere  Hindemisse  entgegensetzt.  Es  ist  erfreulich,  daß  neben  anderen 
auch  die  Verfasserin  des  vorliegenden  Buchs  sich  in  den  Dienst  der 
gedachten  Aufgabe  gestellt  hat.  Ihr  Buch  ist  eine  gedrängte  Wieder- 
gabe der  ganzen  Fichteschen  Gedankenwelt.  Der  zweite  Teil  des 
Titels  könnte,  nebenbei  gesagt,  irreiührehde  Vorstellungen  über  den 
jfcweiten  Teil  ihre»  Werks  erwecken;  auch  in  diesem  Teil  wird,  wie  im 


46S  Literarischer  Bericht 

ganzen  3ach  nur  referiert  und  nicht  etwa  eine  systematische  Aufgabe 
in  Angriff  genommeu.  Die  Verfasserin  hat  sich  offenbar  mit  großem 
Fleiß  in  Fichte  eingearbeitet  und  sich  so  einen  ehrenvollen  Platz  in 
der  Gelehrtenrepublik  errungen.  Ob  freilich  die  Form,  die  sie  für  ihre 
Darstellung  gewählt  hat,  glQcklich  ist,  mOchten  wir  bezweifeb.  Sie 
läßt  fast  durchgängig  Fichte  selbst  reden,  ganze  Abschnitte  bestehen 
aus  Fichtezitaten»  die  am  leichten  Faden  eines  verbindenden  Textes 
aufgereiht  sind.  Schwerlich  wird  jemand,  der  Fichte  nicht  selbst  genau 
kennt,  von  einem  solchen  Referat  einen  Gewinn  haben.  Männer,  wie 
Fichte,  müssen  für  uns  Heutige  geradezu  übersetzt  werden.  Nur  der, 
der  es  versteht,  ihre  Gedanken  in  unseren  heutigen  Begriffsformen  in 
freier  Weise  wiederzugeben,  wird  ihnen  den  Dienst  erweisen,  sie  wieder 
für  uns  lebendig  zu  machen. 

Stuttgart.  S  a  k  m  a  n  n. 


Erich  Adickes,  Charakter  und  Weltanschaaung.  Tübingen, 
Mohr-Siebeck. 

Die  Grundgedanken  dieser  akademischen  Antrittsrede  sind  kurz- 
gefaßt folgende:  In  der  Metaphysik  ist,  ganz  im  Gegensatz  zu  den 
Erfahrungs Wissenschaften,  kein  wesentlicher  Fortschritt  mehr  denkbar. 
Alle  prinzipiellen  Antworten,  die  auf  ihre  Fragen  möglich  sind,  sind 
schon  gegeben  worden.  Diese  Tatsache  ist  darin  begründet,  daß  der 
Schlüssel  zur  Weltanschauung  des  einzelnen  nicht  in  der  wissenschaft- 
lichen Bearbeitung  der  Erfahrungswelt  und  nicht  in  logischen  Er- 
wägungen zu  suchen  ist,  sondern  im  menschlichen  Herzen,  das  in  seinen 
Typen  sich  durch  die  Zeiten  hin  gleich  bleibt.  So  wäre  also,  nach  A., 
das  Weltbild,  mathematisch  geredet,  die  Funktion  des  Charakters. 
Bestimmte  Typen  von  Weltanschauungen  sind  bestimmten  Typen  von 
Persönlichkeiten  entsprechend  ähnlich.  Diesen  Nachweis  zu  erbringen 
unter  dem  selbstverständlichen  Vorbehalt,  daß  die  Erscheinungen  der 
Wirklichkeit,  des  komplizierten  Charakters  ihrer  Mischformen  wegen, 
in  dem  abstrakten  Schema  nie  ohne  Rest  aufgehen  können,  ist  der 
Zweck  des  Vortrags. 

Nur  in  mittelbarer  Weise  hat  die  Bestimmung  der  Weltanschauung 
durch  den  Charakter  statt  bei  den  heteronomen  Naturen,  d.  h.  den  geistig 
unselbständigen,  anschlußbedürftigen,  die  sich  nach  der  für  sie  maß- 
gebenden Autorität  entscheiden.  Zum  heteronomen  Typus  gehört  nicht 
bloß  der  Konservative,  der  am  Gewohnten  haftet  und  sich  nur  im 
traditionellen  Glauben  wohl  fühlt,  sondern  auch  der  Liebhaber  dea 
Modernen  um  jeden  Preis,  der  als  Jünger  irgend  eines  für  ihn  ton- 
angebenden Meisters  aus  dem  Eigenen  nur  die  Obertreibungen  hinzutut, 
mit  denen  er  die  Lehren  seines  Propheten  vertritt.  Diesem  Mensohen- 
schlag,   in   dessen  starker  Vermehrung  A.  ein   Charakteristikum  der 


Literarischer  Bericht.  463 

Gegenwart  sieht,  hat  Goethe  im  Baccalaureus  seines  Faust  ein  Denk- 
mal gesetzt.  Innere  Notwendigkeit  trägt  die  Verbindung  von  Welt- 
anschauung und  Charakter  bei  den  Autonomen,  und  zwar  sowohl  bei 
den  Dogmatikern  als  bei  den  Agnostikern  oder  Positivisten.  Die  Dog- 
matiker,  d.  h.  die  wirklich  autonomen  Mitglieder  religiöser  Bekennt- 
nisse und  die  VoUblutmetaphysiker  gleichen  sich  darin,  daß  sie  nur  in 
etwas  Abgeschlossenem  Ruhe  finden  können  und  daß  ihre  Lebens- 
tendenz sie  von  innen  heraus  zu  feststehenden  Entscheidungen  dränge. 
Der  Positivist  ist  der  Mann  des  vorsichtigen  Abwartens  und  Prüfens, 
der  Wahrheitsucher,  dem  die  Probleme  interessanter  sind  als  die 
Lösungen.  Er  beschränkt  die  Wissenschaft  auf  die  Welt  der  Erfahrung; 
das  Transzendente,  die  Domäne  des  Dogmatikers,  ist  ihm  verschlossenes 
Gebiet.  Scheiden  sich  die  Geister  auf  die  angegebene  Weise,  wenn 
man  die  Gedankenproduktion  nach  ihrer  mehr  formellen  Seite  be- 
trachtet, d.  h.  nach  dem  Erkenntniswert  und  Gewißheitsgrad  der  Ge- 
danken, so  sehen  wir  eine  andere  Gruppenbildung  sich  vollziehen, 
wenn  man  auf  die  inhaltliche  Verschiedenheit  der  Gedanken  achtet. 
Die  metaphysischen  Hauptprobleme  werden  verschieden  beantwortet 
von  den  Dualisten  und  den  Monisten,  je  nachdem  nämlich  der  Geistes- 
habitus der  Denker  mehr  auf  das  einzelne  in  seiner  gegebenen  Eigen- 
art und  in  seiner  Verschiedenheit  von  anderem  oder  auf  die  großen 
Zusammenhänge  und  Gesetzmäßigkeiten  gerichtet  ist.  Auch  das  Gegen- 
satzpaar Analyse-Synthese,  Verstand-Phantasie  kennzeichnet  die  beiden 
Forschungsarten.  Im  Monisten  waltet  ein  logisch-ästhetischer  Einheits- 
trieb; er  neigt  zum  Determinismus,  den  der  Dualist,  bei  dem  häufig 
religiös-ethische  Momente  entscheidend  wirken,  verwirft,  weil  es  ihn 
in  seinem  innersten  Gefühl  drängt,  dem  Geistigen  eine  Sonderstellung 
zuzuweisen  und  weil  er  sich  in  seinem  eigenen  sittlichen  Erleben 
des  Zwiespalts  von  Geist  und  Materie  bewußt  geworden  ist.  Dem 
theologischen  Problem  gegenüber  wendet  sich  der  A^onlst  dem  Pantheis- 
mus zu,  während  der  Dualist  zwischen  Theismus  und  Deismus  die 
Wahl  hat.  Wohl  ist  ja  das  ursprüngliche  Wesen  der  Frömmigkeit  un- 
abhängig von  den  Vorstellungen  über  Gott;  abei^  die  Praxis  drängt 
doch  auf  eine  religiöse  Begrififswelt  hin  und  richtet  sich  nach  der 
Individualität  der  Frommen.  Der  fromme  Kindesglaube  des  gottver- 
trauenden Theisten  entspricht  dem  Bedürfnis  persönlicher  Gemeinschaft 
mit  dem  Ewigen,  der  Glaube  an  die  Einheit  von  Gott  und  Welt  ent- 
springt bei  dem  Pantheisten  dem  Drang  nach  emer  noch  wesenhaf- 
teren Verbindung  mit  dem  Unendlichen,  die  ausgeprägt  poetischen 
Charakter  trägt  Der  Deismus,  der  Religion  und  Wissenschaft  ver- 
söhnen möchte,  geht  psychologisch  aus  einem  Kompromiß  hervor;  er 
ist  das  theoretische  Korrelat  einer  Geistesart,  in  der  ein  Hang  zum 
methaphysischen  Dualismus  sich  mit  einem  doch  nur  mäßig  entwickelten 
religiösen  Bedürfnis  verbindet. 


464  Literarischer  Bericht. 

Es  ist  interessaDt  zu  sehen,  wie  in  diesem  Vortrag  ein  Erklärungs* 
prinzip,  auf  das  in  philosophiegeschichtliohen  Untersuchungen  häufig, 
aber  doch  immer  nur  gelegentlich,  ad  hoc,  zurückgegriffen  wird,  ge- 
w^issermaBen  systematisch  entfaltet  wird.  Scheint  es  doch  auch,  als 
ob  z.  B.  bei  Dilthey  eine  Psychologie  der  großen  möglichen  Welt- 
anschauungstypen das  letzte  Wort  bleiben  sollte.  Bei  dem  skizzen- 
haften Charakter  eines  Vortrags  ist  es  nur  natürlich,  daß  sich  an 
manchen  Punkten  Fragezeichen  erheben  und  daß  manche  Linien  noch 
nicht  deutlich  genug  gezogen  scheinen.  So  scheinen,  um  ein  Beispiel 
für  das  letztere  zu  geben,  die  beiden  Bilder,  die  der  Verfasser  von 
der  psychologischen  Disposition  des  Positivisten  und  von  der  des 
metaphysischen  Dualisten  entwirft,  etwas  ineinanderzuschwimmen,  und 
doch  sind  die  zugehörigen  Weltanschauungen  scharf  geschiedene  Typen. 
Und  Fragezeichen  lassen  sich  doch  wohl  anbringen  an  der  Differen- 
zierung  der  theologischen  Bewußtseinsstellung  nach  den  Gesichtspunkten 
des  Pantheismus,  Theismus  und  Deismus.  Ist  z.  B.  der  Deismus  wirk- 
lich ein  Typus?  Ist  er  nicht  eine  ganz  konkrete,  mit  den  vom  Ver- 
fasser selbst  ganz  richtig  angegebenen  Bedingungen  ihrer  historischen 
Existenz  verschwundene  Erscheinung?  Ich  wüßte  nicht,  wem  unter 
meinen  Zeitgenossen  ich  den  Namen  eines  Deisten  geben  sollte.  Will 
der  Verfasser  das  Moment  der  Vermittlung  von  Religion  und  Wissen- 
schaft betonen,  dann  ist  der  Name,  filr  das  19.  und  20.  Jahrhundert 
wenigstens,  nicht  glücklich  gewählt.  Weiter:  Ist  es  richtig,  daß  die 
Individualitätstypen  erst  in  der  Gestaltung  der  religiösen  Vorstellangs- 
welt  sich  geltend  machen?  Liegt  der  Ginind  der  theologischen  und 
der  religiösen  Differeneierung  nicht  noch  tiefer,  schon  im  Element  des 
Empfindens  und  der  Stimmung? 

Von  diesen  kritischen  Anmerkungen  bleibt  der  Eindruck  von 
dieser  Antrittsrede  ganz  unberührt,  daß  wir  in  diesem  Nachfolger  Sig> 
warts  einen  Mann  gewonnen  haben,  der  über  eine  bedeutende  Gabe 
akademischen  Lehrtalents  verfügt.  Seine  Forscherindividualität  scheint 
er  in  dieser  Vorlesung,  die  er  dem  Anlaß  und  Publikum  gemäß  wohl 
weniger  fachgemäß,  mehr  exoterisch  halten  zu  müssen  glaubte,  ab- 
sichtlich zurückgestellt  zu  haben.  Er  hat  sich  gewiß  inzwischen  da- 
von überzeugt,  daß  er  unseren  „Stiftlem"  auch  recht  feste  Speise  zu- 
muten darf.  Möge  es  ihm  gelingen,  die  gegenwärtig^  etwas  mehr  als 
billig  schlummernden  philosophischen  Talente  des  schwäbischen  Stammes 
wieder  zu  wecken,  und  mögen  sie  in  seiner  Schule  die  Gabe  der  klaren 
und  gefälligen  Form  sich  aneignen,  über  die  er  offenbar  verfügt.  Denn 
die  Stimmung,  die  zur  Zeit  des  Referenten  im  Stift  herrschte,  und  in 
der. man  etwas  Tadelndes,  Ironisches  zu  sagen,  glaubte,  wenn  man  eine 
Darstellung  „faßlich <*  nannte,  sie  war  doch  eine  Selbstglorifiziemng 
des  formlosen  Schwabentums,  die  besser  verschwindet 

Stuttgart.  S  a  k  m  a  n  n. 


Literarischer  Bericht.  465 

Poincaröy  Wissenschaft  und  Hypothese.  Aatorisierte  deutsche 
Aasgabe  mit  erläatemden  Anmerkangen  von  F.  nnd  L.  Linde- 
mann.    XVI  u.  342  S.    Leipzig,  Teubner,  1904. 

In  einer  Zeit,  in  der  durch  die  weitgehende  Spezialisierang  der 
Naturwissenschaften  in  der  naturwissenschaftlichen  Welt  selbst  das 
Verlangen  nach  Feststellung  des  Einheitlichen  in  der  Mannigfaltigkeit 
der  Forschnngsresultate  wach  gerufen  worden  ist,  und  in  der  ein  Mann 
von  der  wissenschaftlichen  Bedeutung  Ostwalds  das  Jahrzehnte  hindurch 
fast  verpönt  gewesene  Wort  „Naturphilosophie^  auf  das  Titelblatt  einer 
Zeitschrift  setzen  konnte,  deren  Zweck  es  ist,  jenem  Verlangen  Rech- 
nung zu  tragen,  ist  ein  Buch  wie  das  vorliegende  doppelt  willkommen. 
Der  durch  seine  mathematischen  Arbeiten  wohl  bekannte  französische 
Gelehrte  entwickelt  darin  seine  Ansichten  über  das  Wesen  der  mathe- 
matischen Schlußweisen  und  den  erkenntnis-theoretischen  Wert  der 
mathematischen  Physik  in  äußerst  klarer,  dabei  aber  keineswegs  trockener, 
sondern  im  Gegenteil  sehr  anziehender  und  lebendiger  Sprache,  welche 
die  Lektüre  des  gehaltvollen  Werkes  zu  einem  wirklichen  Genuß  macht. 
Der  Gedankengang  des  Verfassers,  soweit  er  sich  in  Kürze  wiedergeben 
läßt,  ist  etwa  folgender. 

Um  die  Ergebnisse  der  mathematischen  und  naturwissenschaftlichen 
Forschung  richtig  bewerten  zu  können,  ist  es  nötig,  sich  von  der  erkennt- 
nis-theoretischen Bedeutung  der  Hypothese,  die  beiden  Wissenschaften 
onentbehrlich  ist,  ein  klares  Bild  zu  machen.  Nach  Poincarö  gibt  es 
drei  Arten  von  Hypothesen:  1.  solche,  deren  Richtigkeit  durch  das 
Experiment  geprüft  werden  kann,  und  die,  wenn  auf  solchem  Wege  be- 
stätigt, zu  fruchtbringenden  Wahrheiten  werden;  2.  solche,  die  „ohne 
uns  irre  zu  führen,  uns  nützlich  werden  können,  indem  sie  nnsem  Ge- 
danken eine  feste  Stütze  geben*';  8.  solche,  die  nur  scheinbare  Hypo- 
thesen sind  und  sich  auf  Definitionen  oder  verkleidete  Übereinkommen 
zurückführen  lassen. 

Diese  letzteren  finden  sich  hauptsächlich  in  der  Mathematik 
nnd  verwandten  Wissenschaften.  Hieraus  schöpfen  diese  Wissenschaften 
Ihre  Strenge,  denn  diese  Obereinkommen  sind  das  Werk  der  freien 
Tätigkeit  unseres  Verstandes,  der,  vom  Experiment  geleitet,  den  be- 
quemsten Weg  einzuschlagen  bestrebt  ist,  aber  sie  beziehen  sich  nur  auf 
nnsere  Wissenschaft  und  nicht  auf  die  Natur.  Nichtsdestoweniger 
lassen  sie  uns  etwas  Reelles  erkennen ;  nnr  sind  dies  nicht,  wie  die  „naiven 
Dogmatiker**  meinen,  die  Dinge  selbst,  sondern  die  Beziehungen 
zwischen  den  Dingen;  außerhalb  dieser  Beziehungen  gibt  es  keine 
erkennbare  Wirklichkeit  Um  die  Richtigkeit  dieses  Satzes  darzutun, 
erörtert  Poincarö  die  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Grundbegriffe 
(Zahl,  Größe,  Raum,  Kraft)  und  Grundoperationen  (Schluß weisen)  ein- 
gehend. Bezüglich  der  mathematischen  Schlußweise  sucht  er  zu  zeigen, 
daß  sie  keineswegs,  wie  man  gewöhnlich  glaubt,  ausschließlich  deduk- 


466  Literarischer  Bericht. 

tiv  ist,  sondern  in  gewissem  Grade  an  der  Natur  der  induktiven  Schloß- 
weise  Anteil  hat  und  gerade  deshalb  so  fruchtbringend  ist,  dabei  aber 
den  Charakter  absoluter  Genauigkeit  bewahrt.  Unsern  Begriff  der 
mathematischen  Größe  und  ebenso  den  des  Raumes  haben  wir  der  Welt 
angepaßt;  die  ersten  Grundlagen  unserer  Geometrie  sind  uns,  wie 
schon  Lobatschewsky  bewiesen  hat,  keineswegs  durch  die  Logik  auf- 
erlegt ebensowenig  haben  sie  ihren  Ursprung  in  der  Erfahrung,  sondern 
sie  sind  nur  C hereinkommen,  aber  allerdings  solche  Übereinkommen, 
bei  deren  Aufstellung  wir  durch  die  Erfahrung  geleitet  werden.  „Es  ist 
ebenso  unvernünftig  zu  imtersuchen,  ob  die  fundamentalen  Sätae  der 
Geometrie  richtig  oder  falsch  sind.**  In  ähnlicher  Weise  sind  die  Prin- 
zipien der  Mechanik  an  dem  konventionellen  Charakter  der  geometri- 
schen Postulate  beteiligt,  diese  „nach  Übereinkommen  festgesetzten  und 
allgemeinen  Prinzipien  sind  die  natürliche  und  direkte  Verallgemeine- 
rung der  experimentellen  und  besonderen  Prinzipien^. 

Bei  den  eigentlichen  physikalischen  Wissenschaften  ändert 
sich  die  Sache;  wir  treffen  eine  ganz  andere  Art  von  Hypothesen  und 
wir  sehen  deren  ganze  Fruchtbarkeit  Die  wissenschaftlichen  Theorien 
sind,  wie  die  Geschichte  lehrt,  allerdings  vergänglich,  aber  sie  sind 
dennoch  nicht  ganz  vergangen;  von  jeder  ist  etwas  übrig  geblieben, 
und  dieses  Etwas  muß  man  sich  bemühen  herauszusuchen,  „weil  nur 
dieses  und  dieses  allein  der  Wirklichkeit  wahrhaft  entspricht^\  Die 
Methode  dieser  Wissenschaften  beruht  auf  Induktion;  da  nun 
aber  die  bei  einer  Erscheinung  vorhanden  gewesenen  Umstände  niemals 
alle  zugleich  wieder  eintreten  werden,  und  wir  niemals  mit  absoluter 
•Sicherheit,  sondern  nur  mit  mehr  oder  minder  großer  Wahrscheinlich- 
keit sagen  können,  ob  die  fehlenden  Umstände  ohne  Wichtigkeit  sind, 
so  handelt  es  sich  auch  darum,  die  Prinzipien  der  Wahrscheinlich- 
keitsrechnung fester  zu  begründen.  Allerdings  muß  der  Verfasser 
des  „Calcul  des  probabilitös*^  gestehen,  daß  er  in  letzterer  Beziehung  selbst 
nur  unvollkommene  Resultate  geben  kann;  „so  sehr  widerstrebt  der 
unbestimmte  Instinkt,  welcher  uns  den  Begriff  der  Wahrscheinlichkeit 
fassen  läßt,  der  Analyse."  Schließlich  erläutert  Poincarö  seine  Auffas- 
sung des  Begriffs  der  Hypothese  und  das  Verhältnis  der  Mathematik 
zur  Naturwissenschaft  an  den  optischen  Theorien  Fresnels  und  Max- 
wells,  und  an  den  (unbewußten)  Hypothesen  Ampöres  and  der  übrigen 
Begründer  der  Elektrodynamik. 

F.  Lindemann,  der  Herausgeber  des  deutschen  Textes,  bat 
letzterer  einen  ganz  zweckentsprechenden  Anhang  von  Erläuterungen 
und  literarischen  Verweisungen  beigegeben,  die  auch  den  in  der  Fach- 
literatur minder  bewanderten  Leser  in  den  Stand  setzen,  die  einzelnen 
besprochenen  oder  angedeuteten  Fragen  eingehender  zu  studieren. 

Die  Übersetzung  selbst,  die  von  Frau  Lindemann  besorgt  worden 
ist,  liest  sich  angenehm;  kaum  daß,  wie  dies  i^brigens  bei  einer  wort- 


Literarischer  Berieht  467 

getreuen  Übersetzung  kaum  zu  vermeiden  ist,  hie  und  da  eine  kleine 
Härte  an  den  fremdsprachlichen  Ursprung  des  Textes  erinnert.  Nur 
bezüglich  einer  Einzelheit  möchte  ich  einem  kleinen  Bedenken  Ausdruck 
geben;  ich  meine  nämlich  den  Gebrauch  des  öfter  wiederkehrenden 
Wortes  ^jklassisch'^  Bekanntlich  hat  „classique^  im  Französischen  neben 
der  deutschen  Bedeutung  des  Wortes  auch  die  Bedeutung  ^schulmäßig^ 
(livre  classique  =  Schulbuch;  auteur  classique  =  Schulschriftsteller  usw.); 
sollte  nicht  diese  letztere  Übersetzung  an  einzelnen  Stellen  die  durch 
den  Zusammenhang  gegebene  sein? 

Ich  empfehle  das  Buch  allen  Kollegen  mathematisch-naturwissen- 
schaftlicher Richtung,  die  für  erkenntnistheoretische  Fragen  Interesse 
haben. 

Stuttgart.  Jaeger. 


R.  A gab d- Hannover^   ^Homerbuch^,   d.  h.    ,, Griechisches    Ele- 

mentarbuch  aus  Homer".   Mk.  2.40.   Göttingen^  Vandenhoeck 

und  Ruprecht;  1904. 
F.  Hornemann- Hannover^    ^tiriechische    Schulg^ammatik. 

I.  Homerische  Formenlehre".   Mk.  2.40.  Ebenda,  1904. 
R.  A gab d,  „Ergänzung  des  Elementarbuchs^.   80  Pf.   Ebenda, 

1905. 
Nicht  bloß  drei  Bände  liegen  vor,  sondern  ein  Dreibund.  Dem 
Frieden  will  dieser  Dreibund  nicht  so  ganz  dienen ;  er  will  eine  neue 
Ordnung  der  Dinge :  Homer  voraus,  dann  Xenophon  und  Überhaupt 
Attisch.  Heinrich  Ahrens  vor  einem  halben,  Fran^ois  Gouin  vor 
einem  Yierteljahrhundert  haben  das  auch  gewollt,  Ahrens  mehr  der 
Sprache,  Gouin  mehr  der  Sache  zu  lieb;  Ahrens  aus  gelehrter  Vor« 
eingenommenheit  fürs  Mundartliche,  Gouin  aus  didaktischer  Neigung 
zum  anschaulichsten  Stoff.  Aber  auch  Ahrens  empfing  die  Anregung 
vom  Didaktiker  Her  hart.  Seither  steht  der  Gedanke,  den  Haus- 
vater Homer  zugleich  Pförtner  sein  zu  lassen,  zur  öffent- 
lichen Diskussion.  Und  eigentlich  freut^s  doch  auch  jeden  Gast,  wenn 
ihn  an  der  Haustür  patriarchalisch  gleich  das  Familienhaupt  empfängt 
Nur  muß  man  dabei  viel  mehr  „Formen^  beobachten  als  bei  einem 
jüngeren  Hausgenossen  oder  einem  geringeren,  der  dienstfertig,  bei 
leichten  Reden  bin  und  her,  die  dunkle  Treppe  hinanfleuchtet  und 
über  den  gegenwärtigen  Hausstand  gefalligst  unterrichtet.  Bei  dieser 
Art  der  Einführung  ins  Griechische  wird  das  Gymnasium  trotz  aller 
Ab-  und  Rücksicht  auf  den  Vater  Homer  verharren.  Weil  aber  das 
Griechische,  unbekümmert  um  die  neueste  Verkürzung  seines  Rechts 
im  alten  Gymnasium,  seinen  Eroberungszug  in  der  ganzen  Welt  modemer 
Begriffe  fortsetzt  und  Reformscbulen  und  Privatsohulen  genug  in  seinen 


468  Literarischer  Bericht 

Kreis  bannt,  so  hat  auch  das  vorliegende  Methodenwerk  anf  Anzeige 
durch  diese  Blätter  und  Zeilen  Anspruch. 

Vormacht  in  der  Trias  ist  das  „Homerbuch"  Agahds,  Sprach- 
lehre  hierzu  sollte  Hornemann  geben,  gibt  aber  so  gründliche 
Sprachwissenschaft,  daß  es  kein  Wunder  ist,  wenn  die  Schul- 
behörde  gegen  die  Einführung  Bedenken  gehabt  hat  Zum  Ersatz  und 
wegen  Erkrankung  Homemanns  das  heurige  „Ergänzungsbuch** 
Agahds.  —  Das  «Homerbuch^  nun  enthält  etwa  dasselbe  dreifache 
Rüstzeug,  wie  unsere  verbreitetsten  Übungsbücher:  1.  Griechische 
Übungsstücke,  zusammen  nur  526  Homerverse,  fast  alles  aus  der 
Cyclopie;  mit  sprachlichem  Kommentar  und  Vokabular  gemäß  Vers- 
folge. 2.  Deutsche  Übungsstücke,  nur  15  Seiten,  lauter  Ab- 
wandlungen und  Retroversionen  homerischer  Sätze.  3.  Einen  gram- 
matischen Kurs  zur  Wechselwirkung  mit  dem  Übersetzungskurs. 
—  Nun  aber  nimmt  der  grammatische  Kurs,  der  anderswo  als  knapper 
Anhang  oder  Einschuß  erscheint,  die  volle  erste  selbständige  Hälfte 
des  ganzen  Buchs  ein;  er  eröffnet  das  Buch  wie  er  den  Unterricht 
in  der  Weise  eröffnen  soll,  daß  eine  Zeitlang  neben  der  grammatischen 
Belehrung  nur  Formenextemporalien  hergehen.  —  Ein  vierter  und  eigen- 
tümlicher Teil  ist  das  Vokabular  nach  Sach Ordnung.  Bei  einem 
Übungsbuch,  das  sich  innerhalb  der  homerischen  Sach  grenze  bewegt, 
gibt  sich  das  verhältnismäßig  leicht,  ist  jedenfalls  zu  loben  und  ander- 
weitig zu  empfehlen. 

Vorgreiflich  habe  ich  schon  etwas  gesagt  gegen  das  anfangliche, 
unheimliche  ÜbergewichtderGrammatik.  Seltsam  berührt  femer 
die  Verwandlung  homerischer  Rhapsodie  in  deutsche 
Übungsprosa,  seltsam  nämlich  den  Homeriden,  der  seinen  Homer  zer- 
pflückt sieht  in  Versgruppen  mit  „sigmatischen  Stämmen"  und  solche 
mit  „Verben,  Kennlaut  2!^  usw.  („Und  muß  ich  so  dich  wieder  finden !") 
Allein  dem  Schüler  tut  das  kaum  so  weh  als  die  Buntscheckigkeit  der 
landläufigen  Übungssätze.  Er  spürt  doch  eine  Einheit  des  Geistes  und 
der  Sprache  heraus.  —  Drittens  muß  man  fragen:  das  Metrum,  im 
steten  Widerstreit  vollends  mit  den  Akzenten,  die  doch  auch  gelernt 
sein  wollen,  ermüdet  es  nicht  den  Anfänger  bei  seinem  ersten  Flug 
über  Hellas  hin,  so  daß  mit  denselben  Flügeln  des  Gesangs,  die  den 
Dädalus  erheben  und  befreien,  der  Knabe  Ikarus  ins  Meer  fällt  und 
ersäuft?  Oder  weicht  man  der  Gefahr  vorläufig  auf  dem  Weg  pro- 
saischer Lesung  aus?  —  Trotzdem  ist  heutzutage,  wo  man  in  der 
Schule  alles  probiert,  auch  diese  ehrliche  Art  Lehrmittel  einer  ehr- 
lichen Probe  wert. 

Warum,  bitte  unter  der  Tür  von  einem  ins  andere  Zimmer,  laden 
die  zwei  größeren  von  diesen  Büchern  nicht  einmal  durch  eine  In- 
haltsübersicht zur  Probe  wie  Besprechung  ein?  Man  muß  die 
Anordnung  erblättern.    Schulgrammatiken  wie  Koch  und  Kägi  geben 


Literarischer  Bericht.  469^ 

wenigstens  genaue  alphabetische  Sach-  und  Wortregister,  folgen 
überdies  einer  herkömmlichen,  bekannten  Ordnung.  Einer  neuen 
Ordnung  ziemt  ein  stramm  ^ Programm^,  buchstäblicher  gedacht  und 
eindringlicher  gemacht  als  irgendein  Vorwort. 

Literarische  und  didaktische  Neuordnung,  in  Wechselwirkung  mit- 
einander, ergeben  hier  von  selbst  den  Grundsatz:  die  Geschichte 
von  der  Bildung  der  Sprachformen  muß  der  Einprägung 
fertiger  Formen  vorangehen.  Daher  jenes  anfängliche  Über- 
gewicht der  Grammatik:  der  Sprachunterricht  ist  zur  starken  Hälfte 
als  Naturgeschichte  der  Sprache  gefaßt.  Die  ganze  Bewegung 
nach  dieser  Seite  ist  allerdings  seit  Jahrzehnten  wirksam  und  frucht- 
bar; nur  ist  sie  im  Gymnasium  Über  ihren  Höhepunkt  hinaus.  Jene 
Verfasser  aber  haben  es  vielmehr  wieder  auf  stärkeren  Antrieb  ab- 
gesehen, Homemann  kühner,  Agahd  vorsichtiger.  So  besonders  im 
Verbum:  mit  ,,bindevokallosen^  Verba  statt  der  oberflächlichen  Unter- 
scheidung „auf  -)ii^  und  einer  entsprechenden  Umordnung  könnten 
wir  uns  gelegentlich  noch  befreunden;  schon  weniger  mit  schwachen 
und  starken,  hoch-  und  mittel-  und  tiefstufigen  Stämmen.  Zu  dem 
Namen  „System"  aber,  worauf  hier  so  viel  Wert  gelegt  wird,  fftr  die 
Verbalformen  der  eintretenden,  mitlaufenden,  abgeschlossenen  Handlung 
(Erscheinung)  muß  ein  wenig  ausgegri£fen  werden:  Von  der  leichten 
Erkenntnis  des  dreifachen  Zeitbegriffs,  Vergangenheit  —  Gegenwart  — 
Zukunft,  schreitet  der  Schüler  äußerst  schwer  zum  Verständnis   der- 

* 

jenigen  zeitlichen  Beziehungen  fort,  die  den  Unterschied  des  lateinischen 
Ipf.  vom  histor.  Pf.,  oder  des  französ.  Imparf.  vom  Passö  Döfini  be- 
gründen. Warum  so  schwer?  Teils  weil  sich  das  Deutsche  in  Formen- 
lehre und  Syntax  über  diesen  Unterschied  wegsetzt,  teils  weil  in  den 
Köpfen  leider  der  Aberglaube  nistet,  das  Imperfekt  stehe  bei 
„Wiederholung*^  oder  „langer  Dauer",  dahingegen  alles  auf  die 
Nebenherdauer  (neben  der  Haupthandlung)  ankommt.  Hat  man  den 
angehenden  Lateiner  oder  Franzosen  oder  Engländer  mit  unendlicher 
Mühe  zur  richtigen  Fragestellung  gebracht,  zur  überaus  notwendigen 
auch  —  denn  man  wird  ob  keinem  falschen  Genus  Substantivi  etwa 
in  Frankreich  so  belächelt  wie  ob  so  einem  falschen  Tempus  Verbi  — , 
80  kommen  die  griechischen  Grammatiken  endlich  daher  und  be- 
weisen, daß  es  eigentlich  neun  griechische  „Tempora^  gebe  und  zeichnen 
zum  Beleg  eine  Tabelle  (z.  B.  Koch  §  96,  Kägi  §  186)  mit  neun  Fächern 
hin,  von  denen  freilich  zwei  gleich  schon  leer  sind,  weil  zweimal  das 
eine  dem  andern  aushilft.  Und  weil  es  im  Schulbuch  steht,  muß  der 
Lehrer  auch  seine  Schüler  einigermaßen  damit  plagen.  Aber  das  hilft 
wenig.  Diese  Tabelle  versteht  mein  Junge  später  einmal,  wenn  er 
Logik  hört,  oder  noch  besser,  wenn  er  Logik  nicht  hört,  sondern 
hat;  aber  weder  Kochs  Bezeichnung  „Beschaffenheit  der  Handlung** 
noch  Kägis  „Zeitart''  noch   Homemanns  „Systemstämme^,  die  ja  zu- 


470  Literarischer  Beriebt 

nächst  dem  Formenverständnis,  dann  aber  auch  der  Syntax  dienen 
sollen,  führen  zur  Sicherheit  des  Griffs  in  den  üppigen  Vorrat 
griechischer  Verbalform eu.  Man  lasse  die  ganae  Rechnung  8  •  3  s=  9 
weg,  setze  die  drei  natürlichen  Tempora  voraus  und  lasse  sodann 
in  allen  einleuchtenden  und  wichtigen  Fällen  die  dreifache  Möglich- 
keit des  Ganges  in  der  Zeit,  des  „Zeitgangs**,  hinzu  erkennen, 
z.  B.  voofjoai  Eingang  oder  Eintritt  (Ingressivus),  icsl^tw  Mitgang 
oder  Nebenherdauer,  xsd^dvat  Ausgang  oder  Ergebnis.  Die  Sprach- 
Weisheit  sitzt  hier  wie  so  oft  alle  Weisheit  und  wie  der  Homo  sapiens 
ipse  am  besten  und  festesten  a  posteriori.  Aorist,  dieser  Proteus, 
läßt  sich  ja  doch  in  keinem  Fachnetz  fangen;  und  das  Imperfekt,  an- 
statt in  seinem  Revier  aufzuräumen,  wildert  im  Nachbarrevier,  daß  es 
nimmer  schön  ist. 

Hiermit  sind  wir  an  der  Syntax.  —  Homerische  Formenlehre  in 
der  Schule:  ein  besuchter  und  gepflegter  Garten.  Homerische 
Syntax:  ein  offen  Stück  Feld,  mehr  nur  mit  attischen  Wirtschafts- 
abföllen  gedüngt.  Auch  Agahd  behandelt  sie  in  seiner  zweiten  Schrift 
nur  als  Anhang  und  nur  die  Kasus.  Langt  es,  wenn  doch  hernach 
die  attische  Syntax  drauf  fußen  soll?  —  D i e  Fragestellung  im  Vor- 
wort, auf  die  er  seine  Stoffdarbietung  im  ganzen  gründet,  wäre  schon 
recht:  1.  welche  (Sprach-)Kenntnisse  aus  Homer  sind  fürs  Attische 
nötig?  2.  —  für  die  Homerlektüre  selbst?  8.  —  für  die  Erkennt- 
nis des  eigenartigen  Baues  der  griechischen  Sprache  über- 
haupt? 

Die  letzte  Frage  geht  keck  über  das  hinaus,  was  man  in  der 
Gegenwart  als  Zweck  und  Wert  des  griechischen  Unterrichts  will 
gelten  lassen,  und  wahrt  dem  Griechischen  das  Recht,  Lehrstoff  zu 
sein  rein  nur  als  Wuudergebilde  des  Menschengeistes,  ohne  Absicht 
auf  die  Literatur.  Die  erste  aber  erinnert  uns  daran,  daß  Agahd 
für  sich  hier  eine  Vorfrage  gestellt  hat:  ob  umgekehrt  attische 
Kenntnisse  zum  Verständnis  Homers  nötig?  Er  hat  die  Frage  durch 
die  Gestaltung  seines  Homerbuchs  bejaht:  es  gibt  ohue  attische  Er- 
gänzung keine  Homergrammatik  für  Anfänger.  Ganz  zu  schweigen 
von  der  Freiheit  des  Dichters,  der  so  gerne  die  Ausnahme  über 
die  Regel  stellt. 

Vor  einigen  Jahren  saß  und  sann  auch  so  einer  an  demselben 
Versuch,  in  der  Schule  den  Weg  von  Homer  nach  Attika  zu  wandeln 
wie  ihn  die  Geschichte  vormals  gegangen  ist.  Die  Grundlegung 
durchs  Attische  und  im  Attischen  erschien  ihm  dann  doch  nnd 
erscheint  ihm  heute  noch  als  das,  was  wir  festhalten,  aber  neugestalten 
sollten;  —  wie,  das  kann  man  in  den  Hall  eschen  „Lehrproben  und 
Lehrgängen''  nachlesen,  wo  ich  zurzeit  Proben,  Plan  und  Über- 
sicht der  ganzen  Arbeit  veröffentliche.  Auf  Anschaulichkeit,  wie  sie 
der  Dichter  liebt,  habe  ich  auch  dort  gehalten,  auch  auf  eine  freie, 


Litersrischer  Bericht.  47] 

ja  poetische  Gestaltung  des  Stoffs.  Aber  die  dichterische  Frei- 
heit Homers  möchte  ich  in  diesem  Zusammenhang  am  liebsten  da- 
hin verstehen,  daß  wir  ihn  freisprechen  von  aller  Bestreitung  der 
Kosten  für  lange,  poesielose  Wort-  und  Silben-  und  Satzexerzitien; 
daß  ihn  vielmehr  unsere  Jugend  bei  genügender  Sprach-  und 
Altersreife  und  weiser  Maßhaltung  des  mündlichen  oder  gedruckten 
Kommentars  fast  noch  mehr  daheim  als  in  der  Schule  mit  Behagen 
lese,  viel  lese,  wiederholt  lese,  laut  lese,  im  Sonntagsrock  lese  und, 
was  gefällt,  mit  geschlossenen  Augen  memoriere.  So  haben  ihn  vor 
Zeiten  die  gelesen,  die  ihn  am  tiefsten  verstanden,  und  haben  sich, 
wenn  sie  die  Augen  für  die  Umgebung  schlössen,  so  ganz  in  ihn  hinein- 
empfunden, daß  sie  endlich  die  Augen  der  Jünger  mit  denen  des 
Meisters  verwechselten,  als  hätte  der  schon  für  immer  die  Augen  zu- 
gehabt. 

Oder  sollte  der  etwa  sein  Augenlicht  eingebüßt  haben,  weil  er 
900  Jahre  vor  Christus  schon  seine  10  000  und  aber  10000  Verse  auf 
Glanzpapier  schreiben  mußte?  Ach  nein!  sogar  1800  Jahre  nach 
Christus  ist  der  angesehenste  Lehi'er  Deutschlands  mit  dem  ange- 
sehensten Arzt,  also  Kant  mit  Hufeland,  in  öffentlichem  Meinungsaustausch 
einig  worden:  das  Zuträglichste  für  die  Augen  sei  schwärzester 
Druck  auf  weißestem  (nicht:  glänzendem!)  Papier.  Das  war 
vor  mehr  als  100  Jahren.  Wie  weit  haben  wir's  nun  heut  gebracht! 
Zwar  die  obigen  Bücher  —  das  allein  wollt  ich  eigentlich  nachtragen 
—  kommen  jener  schonenden  Ausstattung  löblich  nahe.  Es  gibt  also 
doch  noch  treue  Verlegerherzen!  Und  vielleicht  ist,  wie  schon  öfter 
im  Weltlauf,  je  verirrter  die  Menschheit,  um  so  näher  das  HeiL 

Stattgart.  P.  Feucht. 


Aurea  dicta«  Für  Schüler  der  ersten  5  Klassen  des  Gymnasiums. 
Zusammengestellt  von  Karl  Groß,  Gymnasialassistent.  82 
Seiten  Text.    Bamberg,  Buchners  Verlag,  1905. 

Das  Heft  ist  zunächst  für  bayerische  Verhältnisse  geschaffen,  wo 
das  Ministerium  die  „Aneignung  inhaltreicher  Sätze,  Sprichwörter  und 
Denksprüche  aus  (fremden)  Posaikem  und  Dichtem^  vom  Schüler  aus- 
drücklich verlangt  (s.  Rückseite  des  Titelblatts). 

Die  aurea  dicta  erscheinen  zunächst  geordnet  als  Beispiele  für  die 
Formenlehre  und  Syntax. 

In  einer  neuen  Auflage  würden  wir  allerdings  noch  manches  anders 
wünschen :  wir  vermissen  ein  Verzeichnis  der  Abkürzungen  von  Schrift- 
stellemamen  und  Büchertiteln,  eine  noch  vollständigere  Angabe  der  Ori- 
ginalfundstellen für  die  Zitate;  eine  recht  augenfällige  Unterscheidung 


473^  Literarischer  Bericht 

zwischen  Dbersetznng,  deutschem  Parallelzitat  und  Zitat  auf  Grund  einer 
freieren  Ideenassoziation;  endlich  würden  wir  gerne  manche  von  den 
lezten  missen  —  sie  sind  teilweise  zu  weit  hergeholt. 

W.  Z. 


Deutsches  Sprach-  und  Übungsbuch  fOr  die  unteren  und  mittieren 
Klassen  höherer  Schulen«  In  4  Heften.  Herausgegeben  von 
Dr.O.Lehmann  undK.Dorenwell.  I.Heft:  Sexta.  Dritte 
Stereotyp-Anflage.  Preis  steif  geheftet  60  Pf.  91  Seiten  Text. 
Verlag  von  C.  Meyer,  Hannover-Berlin  W.  35,  1905. 

Ein  gewiß  praktisch  wohl  verwendbares  Heft  mit  sehr  reichhaltigem 
grammatikalischem  und  insbesondere  auch  orthographischem  Regel-  und 
vor  allem  Übnngsstoff.  Die  Aufgaben  166  ff.  werden  auch  manchem 
Alteren  Spaß  machen. 

W.  Z. 


Erlänteningen  zum  dritten  Band  des  deutschen  Lesebuchs  für 
die  höheren  Schulen  Württembergs  von  Prof.  Dr.  Lörcher. 
91  S.    Stuttgart,  Zeller  &  Schmidt,  1905. 

Die  Fortsetzung  der  ^Erläuterungen^  kann  nur  dankbar  begrüßt 
werden.  Sie  bieten  dem  Lehrer  in  einfachster  Form  und  ohne  jede 
Beschränkung  seiner  Bewegungsfreiheit  alles,  was  er  wissen  muß,  um 
sich  selbst  ganz  in  den  Qegenständen  heimisch  zu  fühlen,  die  er  mit 
seinen  Schülern  zu  behandeln  hat;  denn  so  selbstverständlich  es  ist, 
daß  er  nicht  alles,  was  er  hier  bequem  beisammen  findet,  nun  auch  in 
seinem  Unterricht  an  den  Mann  bringt,  so  willkommen  muß  es  ihm  doch 
sein,  auf  die  verschiedenen  Fragen,  die  dem  denkenden  Leser  der  so 
mannigfaltigen  Lesebuchstücke  aufsteigen  können,  zuverlässige  Antwor- 
ten vorzufinden,  statt  sie  aus  zum  Teil  vielleicht  weniger  bekannten 
Werken  über  die  verschiedenen  in  Betracht  kommenden  Wissensgebiete 
erst  zusammensuchen  zu  müssen.  Bei  den  Hinweisen  „zur  Behandlung*^ 
ist  im  ganzen  anerkennenswerte  Zurückhaltung  geübt  und  mit  Becht  die 
Rücksicht  auf  die  Mittel,  durch  welche  die  Selbsttätigkeit  der  Schüler 
bei  Auffassung  und  Wiedergabe  des  Gelesenen  angeregt  werden  kann, 
zum  Hauptgesichtspnnkt  gemacht.  Außer  zwei  Druckfehlem  S.  44  Z.  15  v.  u. 
und  S.  45  Z.  15  v.  o.  finde  ich  einige  Kleinigkeiten  anzumerken.  Südlich  von 
Gemsbach  im  Murgtal  liegt  Neueberstein,  wie  S.  15  richtig  angegeben  ist, 
nicht  aber,  wie  S.47  gesagt  wird,  Alteberstein,  das  viel  mehr  nordwestlich 
von  Gemsbach  und  nördlich  vom  Merkur  liegt.    Nicht  alle  zwischen  1265 


Literarischer  Bericht.  473 

und  1619  verBtorbenen  „schwäbischen  Kegenten"  sind  im  Chor  der  Stutt- 
garter Stiftskirche  bestattet  (vgl.  Eberhard  im  Bart).  Die  Reutlinger 
zogen  wohl  nicht  über  die  Alb  (S.  49)  ins  Uracher  Tal,  jedenfalls  nicht 
über  die  Alb  von  dort  zurück,  wenn  sie  unterwegs  Dettingen  verbrannten, 
sondern  durchs  Tiefenbach-  und  Scherbental  (Dettingen-Neuhausen- 
Eningen).  An  eine  Belagerting  Reutlingens  (S.  49,  Anm.  2)  kann  auch 
Uhland  nicht  wohl  gedacht  haben,  sondern  nur  an  eine  Bedrängnis,  in 
welche  die  Stadt  dadurch  geriet,  daß  von  der  Achalm  aus  die  Bürger, 
die  außerhalb  der  Stadtmauern  ihren  Geschäften  nachgehen  wollten, 
gefährdet  waren.  S.  42  sollte  der  erste  Satz  über  Münchhausen  anders 
gefaßt  sein,  da  dieser  nicht  seine  ganze  Lebenszeit  in  Hannover  zubrachte. 
Cannstatt.  Th.  Klett. 


Shakespeares  dramatische  Werke.  Obersetzt  von  Schlegel 
und  Tieck.  Revidiert  von  Hermann  Conrad.  5  Bände, 
geheftet  10  Mk.,  gebunden  15  Mk.  Stuttgart,  Deutsche 
Verlagsanstalt. 
H.  Conrad  hat  sich  im  111.  Band  der  „Preußischen  Jahrbücher^, 
Heft  1,  über  die  SteUung  ausgesprochen,  die  er  zu  der  ihm  noch  von 
Öchelhäuser  angetragenen  und  von  ihm  übernommenen  Aufgabe  einer 
Revision  der  Schlegelschen  Shakespeare-Übersetzung  einnimmt.  Jetzt 
liegt  die  den  hier  ausgesprochenen  Grundsätzen  gemäß  gestaltete  Bear- 
beitung vor.  Den  neueren  Shakespeare-Übersetzungen  gegenüber  hat 
trotz  des  vielen  Guten,  das  diese  im  einzelnen  bieten,  und  trotz  der 
Minderwertigkeit  der  in  das  Schlegelsche  Gesamtwerk  aufgenommenen 
Übersetzungen  von  Baudissin  und  Dorothea  Tieck  die  Schlegelsche 
Shakespeare-Übersetzung  ihren  beherrschenden  Platz  behauptet;  mit 
vollem  sachlichem  Recht,  soweit  Schlegel  selbst  in  Betracht  kommt,^ 
der  als  kongenialer  Nachbilder  Shakespeares  in  den  17  von  ihm  über- 
setzten Stücken  noch  immer  unübertrofifen  dasteht ;  mit  einer  Art  histo- 
rischen Rechts,  soweit  Baudissin  und  D.  Tieck  in  Betracht  kommen; 
denn  obgleich  sie  hinter  der  Meisterschaft  Schlegels  beide  erheblich, 
besonders  aber  letztere,  zurückgeblieben  sind,  so  hat  doch  Schlegel 
dem  Gesamtwerk  seinen  Stempel  aufgedrückt  und  durch  die  im  ganzen 
unerreichte  Höhe,  auf  der  seine  Übersetzungen  stehen,  bewirkt,  daß 
mit  jenem  keine  andere  Übersetzung  in  Wettbewerb  treten  kann.  Dies 
schloß  den  Gedanken  an  eine  neue  Obersetzung  aus.  Andererseits  steht 
die  Yerbesserungsbedürftigkeit nicht  bloß  für  dieBaudissinschen  und  Tieck- 
schen,  sondern  auch  für  die  Schlegelschen  Übersetzungen  fest,  da  die 
Ergebnisse  der  Shakespeare-Forschung  des  19.  Jahrhunderts  zur  Ver- 
fügung stehen,  ohne  die  auch  der  Genius  Schlegels  viele  Einzelheiten 
nicht  recht  ^erstehen  konnte,  abgesehen  von  dem  allgemeinen  mensch- 

Korreipood«niblatt  1906,  Heft  12. 


474  Literarischer  Berieht 

liehen  Schicksal,  dem  auch  Schlegel  nicht  entgangen  ist,  Versehen  und 
Fehler  zu  machen,  die  vermieden  werden  könnten.  Dazu  kommt  noch 
ein  Besonderes :  die  Verkennung  der  Eigenart  der  Rhythmik  der  Shake- 
spearschen  Dramen,  besonders  der  späteren,  die  sich  von  dem  rein 
jambischen  Versmaß  der  Antike  ebenso  weit  entfernt,  als  dieses  von 
der  Schlegelschen  Übersetzung  im  ganzen  streng  und  jedenfalls  häufig 
ohne  bewußte  Anpassung  an  die  Shakespearesche  Rhythmik  durchge- 
führt wird.  Die  hauptsächlichen  Freiheiten,  deren  sich  Shakespeare 
als  dramatisch  wirkungsvoller  Mittel  bedient,  sind  die  Ersetzung  des 
Jambus  durch  den  Trochäus  auch  innerhalb  des  Verses  zur  Hervor- 
hebung des  betreifenden  Worts,  die  Einfügung  einer  überzähligen  Kürze 
vor  der  Cäsur,  um  den  Vers  beweglicher  und  abwechslungsreicher  zu 
machen,  der  Gebrauch  des  Doppeljamb  (uu — ^)  da,  wo  die  Flüchtig- 
keit der  einfachen  Jamben  der  Wucht  des  Gedankens  nicht  gerecht 
würde,  die  Verkürzung  eines  Verses  auf  wenige,  einmal  (nach  dem  Mord 
in  Macbeth)  bis  auf  zwei,  Silben  zur  Erzeugung  bedeutungsvoller  Pausen, 
die  Verlegung  der  Sinnespause  in  den  Vers  hinein,  wodurch  für  das 
Gehör  ungleiche  rhythmische  Reihen  geschaffen  werden  als  ton  malerischer 
Ausdruck  der  Erregung. 

Das  bei  Schlegel  wahrnehmbare  Streben  nach  Einhaltung  des  jam- 
bischen Schemas  bedeutet  aber  nicht  nur  ein  Zurückbleiben  hinter  der 
Kraft  und  Lebensfülle  der  Shakespeareschen  Rhythmik,  sondern  es  geht 
unter  Umständen  auch  auf  Kosten  des  Sinnes,  so  wenn  Schlegel  in 
Julius  Cäsar  IV,  8  schreibt  „Kein  Mensch  trägt  Leiden  besser:  Portia 
stärb^  —  statt  Portia  ist  töt^,  da  es  sich  bei  dem  Leiden  nicht  um 
eine  Handlung,  (^starb*^),  sondern  um  einen  Znstand  („ist  tot**)  handelt. 
Übrigens  meint  Conrad  nicht,  es  müsse  um  jeden  Preis  die  Eigenart 
des  Shakespeareschen  Verses  nachgeahmt  werden  —  an  sich  mit  Recht; 
wenn  er  aber  im  selben  Stück  II,  1  die  von  ihm  selbst  wegen  ihrer  me- 
trischen Abweichung  früher  beanstandete  Übersetzung  Schlegels  ^und 
-würgt  ihn  in  der  Schale'^  nun  doch  beibehalten  hat,  so  fragt  es  sich  doch, 
ob  nicht  eine  andere  Übersetzung  (etwa  „und  tötet  ihn  im  Keim**)  vor- 
zuziehen gewesen  wäre,  die  allerdings  die  strenge  Festhaltung  des 
Bildes  vom  Schlangenei  aufg:ibe,  aber  dafür  neben  der  metrischen  Über^ 
einstimmnng  mit  Shakespeare  auch  den  Verzicht  auf  das  Wort  „würgen** 
voraus  hätte,  das  nicht  bloß  ungewöhnlich  =  „erwürgen**  gebraucht  ist, 
sondern  auch,  so  bestechend  es  zunächst  klingen  mag,  einen  zu  dem 
Charakter  und  der  Stimmung  des  Brutus  kaum  passenden  Stich  ins 
Grausame  hat 

Daß  sich  aus  den  Fortschritten  der  wissenschaftlichen  Erkennt- 
nis höchst  erwünschte  Berichtigungen  ergeben,  zeigen  viele  Bei- 
spiele, so  in  der  bekannten  Stelle  der  Forumszene,  wo  Antonius 
nicht  sagt,  daß  ihm  „Schriftliches'*  (writ),  sondern  „Geist'*  (wit)  fehle. 
«0  in  Hamlet,  der  nicht  sagt,  daß  „Gewissen",  sondern  daß  „das  Denken **, 


Literarischer  Bericht  475 

^aB  conscience  im  Altenglischen  auch  bedeuten  kann,  Feige  aus  uns 
allen  macht.  Daß  bei  Schlegel  auch  solche  Fehler  mitunterlaufen,  die 
schon  nach  dem.  damaligen  Stand  der  wissenschaftlichen  Erkenntnis 
vermieden  werden  konnten,  ist  ein  Tribut,  den  er  der  menschlichen 
Schwäche  gezahlt  hat;  aus  der  großen  Reihe  von  Beispielen,  die  Con- 
rad anftihrt,  sei  der  Vers  aus  Cäsar  1, 1  erwähnt  ^sieh,  wie  die  Schlacken 
ihres  Innern  schmelzen^  (während  die  Schlacken  das  sind,  was  beim 
Schmelzprozeß  übrig  bleibt).  Hier  mag  übrigens  dem  Zweifel  Ausdruck 
gegeben  werden,  ob  Conrad  bei  der  Heilung  einer  von  Schlegel  besonders 
stark  verfehlten  Stelle  im  Kaufmann  von  Venedig  (IV,  1 :  thy  currish 
spirit  govern*d  a  wolf . .  .*^)  radikal  genug  vorgegangen  ist:  wie  Schlegel 
faßt  auch  Conrad  thy  spirit  als  Subjekt,  a  wolf  als  Objekt;  das  ent- 
spricht der  Wortstellung,  aber  nicht  dem  Sinn,  der  die  umgekehrte 
Konstruktion  erfordert;  denn  der  Geist  des  Menschen,  in  den  ein  Wolf 
gefahren  ist,  wird  nicht  dadurch,  daß  er  den  Wolf  regiert,  wölfisch, 
sondern  dadurch,  daß  er  von  diesem  regiert  wird,  wie  ja  auch  sonst 
die  Dämonen  den,  von  dem  sie  Besitz  ergreifen,  beherrschen,  nicht  von 
ihm  beherrscht  werden.  Ein  reiches  Feld  für  Berichtigungen  findet 
Conrad  auch  in  Verstößen  gegen  die  deutsche  Sprache,  von  denen 
allerdings  einzelne,  wie  ^wo^  statt  „wenn^,  „dürfen^  statt  „wagen^, 
wegen  ihres  häufigen  Vorkommens  bei  Schlegel  vom  Leser  kaum  mehr 
als  solche  empfunden  werden.  —  In  allen  diesen  Beziehungen  hat  Conrad 
die  bessernde  Hand  angelegt,  ohne  der  Schlegelschen  Übersetzung  ihre 
Eigenart  abzustreifen,  und  uns  so  das  Schlegelsche  Werk  wiedergegeben, 
unverändert  in  seinem  Kern,  in  dem  Wesentlichen  des  Eindrucks,  den  es 
hervorruft,  aber  befreit  von  Unebenheiten  und  Härten,  Mißverständ- 
nissen und  Unverständlich keiten,  in  der  Sprache  manchmal  nicht  ohne 
eine  gewisse  Einbuße  an  gedrungener  Urwüchsigkeit,  aber  dafür  viel- 
fach mit  kraftvollerem,  dramatisch  wirksamerem  Rhythmus.  Nimmt 
man  hinzu,  daß  die  Ausstattung  des  Werks  bei  höchst  bescheidenem 
Preis  allen  billigen  Anforderungen  entspricht,  so  darf  man  wohl  sagen, 
daß  man  allen  Grund  hat,  dem  Bearbeiter  und  der  Verlagshandlung 
für  diese  Gabe  dankbar  zu  sein,  die  Shakespeare  noch  mehr,  als  er  es 
schon  bisher  war,  zu  einem  Gemeingut  aller  gebildeten  Deutschen 
machen  wird. 

Cannstatt  Th.  Klett 


Dammholz,  Englisches  Lehr-  und  Lesebuch.  Ausgabe  B« 
2.  Teil :  Oberstufe.  Band  I :  Grammatik.  Geb.  2.70.  Mk. 
Die  Anlage  des  Buchs  entspricht  durchaus  den  Forderungen  einer 
guten  Methodik.  Jedes  Kapitel  gliedert  sich  in  8  Teile:  Lesestück, 
Grammatik,  Übungen  (a)  Questions,  b)  Translations,  c)  Exercises).  Beson- 
ders ansprechend  ist  die  klare  Ableitung  der  grammatischen  Regeln 


476  Literarischer  Bericht 

aus  dem  Lehrstoff  entnommeneii  Mastersätzen.  Dageg^en  dürften  die 
Exercises  reichhaltiger  sein ;  die  Questions,  die  viel  Raum  in  Ansprach 
nehmen  und  nicht  als  Sprachilbungen  aufgefaßt  sind,  könnten  fttglich 
wegbleiben.  Die  ziemlich  langen  Lesestücke  behandeln  mit  einer  einzigen 
Ausnahme  alle  die  Geschichte  und  Geographie  des  britischen  Reichs, 
was  zu  einförmig  ist  und  auf  die  Dauer  sehr  ermüdend  wirkend  muß. 
Die  Aussprachebezeichnung  ist  besser  als  in  vielen  andern  Schulbüchern, 
dürfte  aber  noch  mehr  vereinfacht  und  vor  allem  unmittelbar  verständ- 
licher sein.  Das  Buch  ist  für  einen  zwei-  bezw.  dreijährigen  Kursus 
berechnet  und  setzt  einen  Reader  als  nebenhergehend  voraus;  ob  zu 
solcher  selbständiger  Lektüre  die  Zeit  reicht,  ist  mir  fraglich. 

C.  W. 


Kretschmer,  Professor  Dr.  Eonrad^  Privatdozent  an  der  Universi- 
tät Berlin  und  Lehrer  der  Geographie  an  der  Kgl.  Kriegs- 
akademie, Historische  Geog^raphie  von  Mitteleuropa«  650  S. 
München  nnd  Berlin;  Drnck  und  Verlag  von  R.  Oldenborgy 
1904. 
Das  Buch  ist  ein  weiterer  Band  in  dem  von  v.  Below  und  Mein- 
ecke  herausgegebenen  Handbuch  der  mittelalterlichen  und  neueren  Ge- 
schichte. Es  hat  seither  gänzlich  an  einer  zusammenfassenden  Darstel- 
lung der  historischen  Geographie  Deutschlands  gefehlt,  man  war  ganz 
auf  die  allgemeinen  Geschichtswerke  und  die  wirtschaftsgeschichtlichen 
Arbeiten  von  v.  Inama-Sternegg,  Lamprecht  und  Gothein,  oder  auf 
Einzeluntersuchungen  im  Gebiet  der  politischen  oder  der  Kulturgeographie 
angewiesen.  Der  Aufschwung  der  geographischen  Wissenschaft  hat  uns 
nun  gleichzeitig  zwei  Bücher  ähnlichen  Inhalts  geschenkt;  außer  dem 
obigen  noch  das  Buch  von  Bodo  Knüll,  Historische  Geographie  Deutsch- 
lands im  Mittelalter  (Breslau,  Ferdinand  Hirt,  1908).  Dieses  durch 
Wimmers  Historische  Landschafts  künde  angeregte  Buch  behandelt  aber 
nur  die  Kulturgeographie  des  Landes  bis  zum  Beginn  des  14.  Jahr- 
hunderts und  läßt  die  politische  Erdkunde  weg.  Viel  umfassender  ist 
der  Inhalt  des  Buchs  von  Kretscbmer ;  es  umspannt  ebenso  die  politische 
wie  die  Kulturgeographie  vom  Altertum  bis  um  das  Jahr  1770  und 
erfüllt  den  Zweck  eines  Handbuchs  vorzüglich,  über  den  Stand  der 
Forschung  zu  unterrichten,  das  einschlägige  Material  kurz  zu  skizzieren 
und  die  literarischen  Hilfsmittel  namhaft  zu  machen.  Die  Schwierig- 
keiten eines  solchen  Werks  liegen  vor  allem  darin,  daß  eine  systematische 
Behandlung  der  historischen  Geographie  Deutschlands  noch  nie  zuvor 
auch  nur  für  einzelne  Landschaften  versucht  worden  ist,  wie  denn  für 
unser  Württemberg  diese  Disziplin  so  gut  wie  gar  nicht  angebaut  ist. 
Die  Vorarbeiten  zu  dem  Buche  sind  sehr  beschränkte.  Geradezu  riesig 
sind  die  Anforderungen,  welche  die  Aufgabe  in  bezug  auf  die  politische 


Literarischer  Bericht.  477 

Oeographie  an  den  Verfasser  gestellt  hat,  besonders  als  das  Reich  in 
zahllose  Territorien  und  HeiTschaften  auseinander  gefallen  ist;  auch 
nur  einen  Oberblick  über  die  wichtigste  Literatur  zu  bekommen  ist 
außerordentlich  schwer,  und  einzelne  Verstoße  sind  unausbleiblich.  Wich- 
tig wäre  für  Schwaben  und  Franken,  oder  wenigstens  für  das  Gebiet 
des  heutigen  Württemberg,  daß  alle  die  Einzelgebiete  der  historischen 
Geographie  näher  untersucht  und  ausführlicher  behandelt  wilrden; 
möge  das  Buch  dazu  die  Anregung  geben. 

Öhringen.  Karl  Weller. 


Dr.  Franz  von  Juraschek,  Die  Staaten  Europas.  Fünfte 
Auflage.   Lieferung  2—4.   Leipzig-Brünn-Wien  1903  n.  1904. 

Von  diesem  statistischen  Werk,  das  in  8  bis  10  Lieferungen  &  2  Mk. 
vollständig  vorliegen  soll,  sind  weitere  3  Lieferungen  in  unsere  Hände 
gelangt.  Sie  behandeln  die  Bevölkerung  der  europäischen  Staaten 
nach  Geschlecht,  Alter,  Familienstand  und  Gebrechen '),  nach  Nationalität, 
Konfession,  Berufs-  und  Standesangehörigkeit;  femer  nach  dem  Be- 
völkerungswechsel (Geburten,  Sterbefällen,  Wanderungen,  Eheschließung, 
Ehelösung  und  Ehedauer)  und  der  Bevölkerungsentwicklnng  (ob  Ab- 
oder  Zunahme);  endlich  kommt  auch  das  intellektuelle  Leben,  d.  h. 
das  Schulwesen  zur  Behandlung.  Nach  letzterer  Richtung  hin  haben 
wir  hier  eine  reiche  Fundgrube  für  Zahlenmaterial  namentlich  auch  für 
das  Schulwesen  außerhalb  Deutschlands,  worauf  wir  besonders  hin- 
weisen möchten.  Aufgefallen  ist  uns  in  diesem  Abschnitt  S.  804  die 
Behauptung,  daß  in  Württemberg  das  Schuldgeld  in  den  Volksschulen 
durchweg  obligatorisch  sei,  d.  h.  bloß  von  Fall  zu  Fall  nachgelassen 
w^erde,  während  wir  doch  tatsächlich  eine  stattliche  Anzahl  von  Gemeinden 
haben,  die  das  Schulgeld  für  die  Volksschulen  vollständig  abgeschafift 
haben.  Auch  werden  die  Begriffe  Volks-  und  Elementarschule  durch- 
einandergemengt, so  z.  B.  wenn  behauptet  wird,  die  Elementarschulen 
seien  bei  uns  konfessionelle  Schulen,  während  sie  doch  als  Vorschulen 
der  höheren  Schulen  gleich  diesen  interkonfessionell  sind.  Auch  den 
weiteren  Lieferungen  sehen  wir  mit  Interesse  entgegen,  obwohl  sie 
lange  auf  sich  warten  lassen. 

Tübingen.  Hesselmeyer. 

Dr.  Bastian  Schmid,  Lehrbuch  der  MineralogpLe  und  Geolo- 
gie.   2  Teile  in  einem  Band  6  Mk.    Verlag  von  Schreiber^ 
Eßlingen  und  München. 
Anderen,  denselben  Stoff  behandelnden  Lehrbüchern  gleichen  Um- 

fangs  gegenüber  fällt  das  Buch  von  Schmid  auf  durch  die  große  Zahl 

')  Irr-  und  Blödsinnige,  Kretins,  Taubstumme,  Blinde. 


478  Literarischer  Bericht. 

der  beigegebenen,  in  der  Uauptaache  farbigen  Abbildungen.  Bei  der 
Unterrichtsstnfe,  für  welche  das  Bnch  in  erster  Linie  zur  Verwendung 
in  Betracht  kommt,  nämlich  der  obersten  Klasse  unserer  höheren  Lehr* 
anstalten,  könnte  man  vielleicht  geneigt  sein,  besonders  die  Abbildungen 
zur  Mineralogie  als  zu  sehr  auf  den  elementaren  Anschauungsunterricht 
zugeschnitten  zu  bezeichnen ;  aber  sie  sind  so  schön  ausgeftthrt,  daß  sie 
recht  wohl  geeignet  ersebeinen,  den  Schülern  bei  Repetitionen  als  Stütze 
des  Gedächtnisses  zu  dienen  und  die  sonst  für  diesen  Zweck  so  wünschens- 
werte Anschaffung  einer  kleinen  Mineraliensammlung  tatsächlich  entbehr- 
lich zu  machen.  Die  Stoffauswahl  ist  durchweg  geschickt  getroffen.  Die 
Kristallographie  hat  den  für  Oberklassen  angezeigten  umfang;  die 
spezielle  Mineralogie  giebt  die  gewöhnlich  behandelten  Mineralien  in 
einer  da  und  dort  von  der  herkömmlichen  abweichenden  Zusammen- 
stellung. Die  Gesteinslehre,  knapp  gehalten  aber  das  Wesentliche  an- 
führend, ist  vom  heutigen  Standpunkte  aus  behandelt  Im  zweiten  Teil 
des  Lehrbuchs  geht  der  Verfasser  bei  Durchführung  der  allgemeinen 
Geologie  seinen  eigenen,  auf  möglichst  leichte  Einführung  des  Schüler» 
in  das  neue  Wissensgebiet  berechneten  Weg;  auch  hier,  wie  bei  der 
den  Abschluß  des  Ganzen  bildenden  historischen  Geologie,  sind  die  vielen 
Abbildungen  ein  wertvolles  Veranschaulichungsmittel.  Wo  der  Preis 
des  Buches  nicht  hindernd  im  Wege  steht,  kann  die  Benützung  des- 
selben als  Grundlage  für  den  Unterricht  oder  für  die  Schüler  zu  Repeti- 
tionszwecken  angelegentlich  empfohlen  werden.  W. 


F.  Bidlingmaier,  Zu  den  Wundem  des  Südpols,  Brlebniese 
anf  der  deutschen  Sttdpolarexpedition  1901—1903.  Preis  1  Mk» 
Deutsche  Jugend-  und  Yolksbibliothek,  Band  201.   Stuttgart, 
Verlag  von  J.  F.  Steinkopf,  1905. 
Dieses  Büchlein  mit  seinen  168  Seiten  nnd  23  Abbildungen  nach 
Photographien  verdient  in  Lehrerkreisen  die  weiteste  Verbreitung ;  vor 
allem  aber  wünschte  ich,  daß  recht  viele  deutsche  Knaben  dieses  schlichte, 
anschaulich  geschriebene  und  ohne  jegliche  Langweiligkeit  vielfach  be* 
lehrende  Schriftchen  lesen  und  lieb  gewinnen  möchten.  Unser  württem- 
bergischer Landsmann  erzählt  die  vielfachen  Abenteuer  und  Erfahrungen 
der  Polarfahrer  ohne  jede  Großtuerei  oder  Prahlerei.  Vielmehr  leuchtet 
ein  echtes  und  tiefes  Gemüt  z.  B.  aus  den  vom  köstlichsten  Humor  ge* 
würzten  Schilderungen  des  antarktischen  Tierlebens  hervor,  wie  aus 
der  herb-ernsten  Schilderung  der  gedrückten  Stimmung,  die  dem  Ein- 
samen da  draußen  naht.    Vor  allem  aber  ist  das  kleine  Werk  eine 
klassische  Jugendschrift  dank  der  tiefen  Begeistening  für  den 
geistig  überragenden  Führer  der  Unternehmung  Erich  v.  Drygalski,  wie 
ftlr  eine  große  Sache,  die  Wissenschaft 


LiterariBcher  Bericht  —  Nea  erschienene  Bücher.  479 

Vielleicht  dürfen  wir  eine  kleine  Probe  dafür  beigeben  (S.  88): 
^Aber  wenn  du  einen  letzten  Sinn  in  deinen  Beruf  hineinbringen  kannst, 
kann's  denn  ein  anderer  sein  als  der,  Gott  zu  dienen,  den  deine  Seele 
spürt,  als  Kraft,  wenn  sie  ihn  sucht,  als  Druck,  wenn  sie  ihn  meidet? 
Und  was  ist  denn  der  Beruf  dieser  32  Männer  im  Eise  für  ein  anderer, 
als  Gott  zu  suchen,  indem  sie  nach  dem  Walten  seiner  Kräfte  forschen, 
-die  sein  lebendiges  Kleid  wirken  ?  Denn  der  kristallene  Saum  des  leben- 
digen Kleides,  das  wir  Erde  nennen,  das  ist  unser  Eisfeld,  und  das  unauf- 
hörlich tätige  Leben,  das  in  und  unter  und  über  dieser  scheinbar  toten 
Eisdecke  webt,  das  lockt  und  treibt  unseren  Geist  zur  Forschung,  als 
ahnte  er  in  seinem  dunkeln  Drang  die  letzte  Einheit  von  Natur  und 
Oeist." 

Drygälskis  großes  Buch  wendet  sich  an  den  Kopf,  dies  bescheidene 
Büchlein  an  das  Herz  des  Lesers. 

W.  Z. 


Der   gesamte  Yogelschutz,   seine  Begründung  und  AasfQhnmg 
von  Hans  Freihr.  y.Berlepsch.  Neunte  vermehrte  und  ver- 
besserte Auflage.    Halle,  l?'  «. 
Zugleich  in  französ.,  Italien.,  89  ,  russ.,  finn.  und  holländischer 

Sprache  erschienen. 

Die  große  Verbreitung  dieses  sehr  empfehlenswerten  Büchleins 
spricht  am  besten  dafür,  daß  es  gediegen  und  zeitgemäß  ist 

C.  S. 

Berlin.   Übungen  für  die  deutsche  Sprachatande  nach  Hölzeis 
Wandbild  „Berlin^',  bearbeitet  von  Herrn.  Wallenstein  und 
Prof.  Karl  Auerbach  in  Stockholm.    Gießen,  1904. 
Gibt  eine  gute  Anleitung,  wie  durch  den  Unterricht  in  der  Heimat- 
kunde die  Ausbildung  des  Anschauungs-,  Denk-  und  Sprachvermögens 
gefördert  werden  kann. 

C.  -  ö. 


Neu  ersohienene  Bücher. 

^0^  Bei  der  gcoiaen  Henf^e  der  ans  sugehenden  neaen  liter*ri«ctaeii  Ertoheinuiigen 
iet  ee  ane  ttnmOglich,  jede  im  einseinen  sn  besprechen.  Die  Titel  der  einlaufenden 
Bikcherf  die  wir  ■nsnahmaloi  der  Kohlhammertoben  Verlegibuehb»ndlnng  xu  Ober- 
•enden  bitten,  werden  regelm&stig  im  nAcbsten  Hefte  TerOffentlicbt ;  auf  Bflok- 
sendnng  der  niobt  beaprocbenen  Bflober  kOnnen  wir  nne  aber  niobt  einlassen. 

Sauer,  Euphorion.  Zeitschrift  für  Literaturgeschichte.  Zwölfter  Band. 

Leipzig  und  Wien,  Carl  Fromme. 
Brandt,  Sappho.  Ein  Lebensbild  aus  den  Frühlingstagen  altgriechiscber 

Dichtung.    Leipzig,  Friedrich  Rothbarth. 


480 


Ankündigungen. 


Brandl  u.  Keller,  Jahrbuch  der  deutschen  ShakeBpeare-GesellsehafC 
Berlin-Schöneberg,  Laugenscheid tsche  Verlagsbuchhandlung  (Prof» 
6.  Langenscheidt). 

Müller,  Karl  Friedrich  von  Nägelsbachs  lateinische  Stilistik.  Nürnberg, 

Konrad  Geiger,  Verlag. 
Nohl,  Ciceros  Rede  für  den  Dichter  Archias.  Leipzig  u.  Berlin,  Verlag 

von  B.  G.  Teubner. 
Weissenfels,  Des  Q.  Horatius  Flaccus  eämtliche  Werke.  Erster  Teil^ 

Oden  und  Epoden.    Ibid. 
Blass,  Demosthenes  neun  Philippische  Reden.  Für  den  Schulgebrauch 

erklärt  von  C.  Rehdantz.    II.  Heft.    Ibid. 
Kukula,   Briefe  des  jüngeren  Plinius.    Text  und  Kommentar.    Ibid. 
Rosiger,  Piatons  Apologie  und  Kriton.    Hilfsheft.    Ibid. 
Müllern.  Michaelis,  Christian  Ostermanns  lateinisches  Übungsbuch. 

Erster  Teil:  Sexta.    Ausgabe  G.    Ibid. 

(Fortsetzung  s.  S.  3  des  Umschlags.) 


Ankündigungen. 


»fiVnVnVr 


W.  Kohlhammers  Verlag,  Stuttgart. 


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N*    W    w/        ^"w/  ^-f  \  V   -^  ' 


Die  antike 

Aeneiskritik. 

Aus  den  Scholien  und  andern  Quellen 

zusammengestellt  von 

Professor  Dr.  H.  OeOFi^iL 

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